Breslau museal: Deutsche und polnische Geschichtsausstellungen 1900-2010 [1 ed.] 9783412510237, 9783412509385

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Breslau museal: Deutsche und polnische Geschichtsausstellungen 1900-2010 [1 ed.]
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NEUE FORSCHUNGEN ZUR SCHLESISCHEN GESCHICHTE herausgegeben von JOACHIM BAHLCKE Band 27

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VASCO KRETSCHMANN

BRESLAU MUSEAL Deutsche und polnische Geschichtsausstellungen 1900–2010

2017 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN

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Gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien sowie von der Historischen Kommission für Schlesien

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://portal.dnb.de abrufbar.

Umschlagabbildung: Ansicht des Ausstellungsraums „Die Befreiung Breslaus“, Ausstellung „Der Sieg 1945“ (1975‒1980), Historisches Museum Breslau. Der dritte Abschnitt der Ausstellung war dem Verlauf der Belagerung Breslaus bis zur Kapitulation am 6. Mai 1945 gewidmet. An der Decke hing eine polnische Flagge aus dem Zwangsarbeiterlager Breslau-Burgweide, die am Tag der deutschen Kapitulation dort gehisst worden war. Archiwum Muzeum Miejskiego Wrocławia, sygn. MHWr, [bez spisu]/8, „Zwycięstwo 1945“, 1975, str. 131. tytuł: „154–75, fot. Stefan Arczyński“.

© 2017 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Köln Weimar Wien Lindenstraße 14, D-50674 Köln, www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Lektorat: Christoph Roolf, Düsseldorf Umschlaggestaltung: Michael Haderer | GRAFIKDESIGN, Wien Satz: SchwabScantechnik, Göttingen Druck und Bindung: e Hubert & Co GmbH & Co. KG BuchPartner, Robert-Bosch-Breite 6, D-37079 Göttingen Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier Printed in the EU ISBN 978-3-412-50938-5

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Danksagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1. Prolog: Breslau zwischen Polen und Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 1.1. Ein Besuch in Breslau – Eine Geschichte zu kompliziert für das Museum? . . . 14 2. Einleitung: Breslauer Stadtgeschichte im Museum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 2.1. Die Rückkehr des Kulturerbes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 2.2. Die Historischen Museen in Breslau – Ein Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 2.3. Breslau erforschen – Forschungsstand und Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 2.4. Breslau oder Wrocław? Bemerkungen zu einem umstrittenen Stadtnamen .45 2.5. Musealisierung und Stadtgeschichte im Museum – Die Untersuchungsthemen .49 3. M  ethode: Untersuchungsrahmen für eine empirische Museumsanalyse . . . 59 3.1. Ausstellungsanalyse – Methodischer Forschungsstand und -bedarf . . . . . . . . 59 3.2. Das Begriffskonzept Geschichtskultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 3.3. Museen als Produkte der Geschichtskultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 3.4. Das Konzept der Geschichtskultur in den polnischen Geschichtswissenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 3.5. Geschichtskultur gegenüber Gedächtnis und Erinnerung . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 3.6. Methode zur Analyse historischer Ausstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 4. Veduten: Ansichten der alten Stadt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 4.1. Stadtgeschichte in Bildern – Die Museumsabteilung „Alt-Breslau“ von 1908 85 4.1.1. Rundgang – Breslauer Stadtbilder vom Mittelalter bis zur Gegenwart .88 4.1.2. Intention und Organisation – Das alte Breslau im Bilde bewahren . . . 94 4.1.3. Rezeption und Entwicklung der Ausstellungen – Eine „volkstümliche“ Schau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 4.2. Der Städte Königin – Bilder des alten Breslau vor seiner Zerstörung . . . . . . . 104 4.3. Verdecken und Aufdecken einer unbekannten Stadt – Stadtansichten in ­Breslauer Museen 1945–1989 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 4.4. Vom Zauber der Bürgerlichkeit – Die Fotografieausstellung „Unbekanntes Stadtportrait“ von 1992 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 4.4.1. Rundgang – Die prächtige Großstadt der „Belle Époque“ . . . . . . . . . . . 118 4.4.2. Intention und Organisation – „Glanzzeit“ des Breslauer Bürgertums .122 4.4.3. Rezeption und Entwicklung – Bilder einer unbekannten Stadt . . . . . . 125 4.5. Die unbekannte Stadt erkunden – Die Musealisierung des Stadtbildes nach 1989 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

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4.5.1. Fotografien als Zeugnisse der Stadtgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 4.5.2. Expertise für das Stadtbild im Nationalmuseum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 4.5.3. Das Stadtbild in den neuesten Dauerausstellungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .135 5. Judaica: Jüdische Stadtgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 5.1. Der Auftakt zu einem Jüdischen Museum in Breslau – Die große Ausstellung „Judentum in der Geschichte Schlesiens“ von 1929 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 5.1.1. Rundgang – 800 Jahre jüdische Geschichte und Kunsthandwerk . . . . 142 5.1.2. Intention und Organisation – Ein Verein für das Jüdische Museum . . .153 5.1.3. Rezeption und Nachgang der Ausstellung – Der Grundstock für ein jüdisches Museum in Breslau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 5.2. Die Vorgeschichte – „Judaica“ und jüdische Geschichte in den Breslauer Museen 1900–1945 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 5.2.1. Ein Haus der jüdischen Geschichte Schlesiens im nationalsozialistischen Breslau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 5.3. Zeichen des jüdischen Neubeginns – Ein Ausstellungsverbot und das lange Schweigen in der Volksrepublik Polen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 5.4. Ein vergessenes Kapitel – Die Ausstellung „Breslauer Juden 1850–1945“ von 1989 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 5.4.1. Rundgang – Breslaus jüdisches Bürgertum von 1850 bis 1945 . . . . . . . 181 5.4.2. Intention, Organisation und Rezeption – Beginn einer neuen ­Kulturpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 5.4.3. Die lange Nachgeschichte der Ausstellung – Der Skandal von Mainz und die große Neuauflage jüdischer Geschichte in Breslau . . . . . . . . . . 196 5.5. Der alte jüdische Friedhof und die neuen Ausstellungen zur jüdischen Geschichte Breslaus seit den 1980er Jahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 5.5.1. Das deutsch-jüdische und polnisch-jüdische Kulturerbe in den Breslauer Museen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 6. Militaria: Der Kampf um die Stadt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 6.1. Die Stadt der Befreiungskriege – Breslaus Kriegsausstellungen 1900–1945 .225 6.2. Die bedrohte Grenzstadt – Die Ausstellung „Wehrhaftes Deutschland – ­Schlesien im Ansturm der Zeiten“ von 1936 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 6.2.1. Rundgang – Waffen und Bücher, eine Intervention in die ­Dauerausstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 6.2.2. Intention und Organisation – NS-Propagandaorganisationen im Museum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 6.2.3. Rezeption und Entwicklung – Ein Medium lokaler Kriegspropaganda .260 6.3. Rückkehr in die Stadt der Piasten – Die Musealisierung des Zweiten Weltkrieges in den Jahren 1945–1989 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 6.4. Das unterirdische Museum zur „Festung Breslau“ – Die Ausstellung „Der Sieg 1945“ im Partisanenhügel von 1975 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283

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6.4.1. Rundgang – Die sowjetisch-polnische „Befreiung“ Breslaus . . . . . . . . . 286 6.4.2. Intention und Organisation – Medium des ritualisierten Gedenkens .293 6.4.3. Rezeption und Entwicklung – Ein geschichtskulturelles Großprojekt .303 6.5. Kriegstragödie und Widerstand – Der Zweite Weltkrieg und die polnische Revolution im Museum seit 1990 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 6.5.1. Ausstellungen zu den Breslauer Oppositionsbewegungen . . . . . . . . . . . 317 7. Historische Synthesen: Stadtgeschichtliche Dauerausstellungen im Kontext 321 7.1. Museumsobjekte als „Kronzeugen des Deutschtums“ – Die Musealisierung der Stadtgeschichte im Kaiserreich, in der Weimarer Republik und im ­ NS-Staat (1900–1945) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 325 7.2. Eine neue Geschichte Schlesiens – Die Musealisierung der Stadtgeschichte in der frühen Volksrepublik (1945–1956/60) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 7.3. „Breslau war immer eine Stadt Polens“ – Die Musealisierung der Stadtgeschichte in der späten Volksrepublik (1960–1989) . . . . . . . . . . . . . . . . . 337 7.4. Das „multikulturelle“ Erbe – Die Musealisierung der Stadtgeschichte in der Dritten Republik (1989–2010) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345 8. Fazit: Museale Stadtgeschichte zwischen Umbruch und Kontinuität – in Breslau und anderen Stadtmuseen Mitteleuropas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 8.1. Deutsche und polnische Geschichtsausstellungen in Danzig . . . . . . . . . . . . . . 361 8.2. Eine polnische Geschichtstradition in Krakau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 363 8.3. Museale Geschichtskultur in Breslaus Partnerstadt Dresden . . . . . . . . . . . . . . 365 8.4. Westdeutsche Stadtgeschichte in den Kölner Museen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 8.5. Die Gegenwart der Stadtmuseen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 9. Resümee zur Methode: Die Analyse museal transportierter Geschichtskultur .377 10. Z  usammenfassung in deutscher, polnischer und englischer Sprache . . . . . . 381 10.1. Breslau museal – Deutsche und polnische Geschichtsausstellungen 1900–2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 381 10.2. Wrocław muzealny – Niemieckie i polskie wystawy historyczne, 1900–2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 10.3. Breslau/Wrocław Exhibited – German and Polish History Exhibitions 1900–2010 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 385 11. Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 389 11.1. Übersicht der untersuchten Ausstellungen zur Geschichte Breslaus . . . . . . . . 389 11.2. Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 11.3. Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 11.3.1. Verzeichnis der unveröffentlichten Quellen (Archivalien) . . . . . . . . . . 403

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11.3.2. Verzeichnis der Artikel aus Tageszeitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 11.3.3. Verzeichnis der Artikel von Internetseiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 11.3.4. Verzeichnis der veröffentlichten Quellen und Literatur . . . . . . . . . . . . 413 11.4. Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 11.5. Personen- und Ortsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 470

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Danksagung Dieser Band zur neueren Kulturgeschichte der Hauptstadt Niederschlesiens basiert auf meiner Dissertationsschrift, die ich im Juli 2016 am Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften der Freien Universität Berlin vor einer deutsch-polnischen Kommission mit Auszeichnung verteidigt habe. Mit der Entwicklung dieser Untersuchung verbinde ich verschiedene prägende Begegnungen, die über den eigentlichen Forschungs- und Schreibzeitraum zurückreichen. Seit den ersten glücklichen Monaten im östlichen Nachbarland während eines Studienaufenthaltes an der Universität Warschau hat mich die Geschichte Polens tief bewegt und fasziniert. Meine mehrjährigen Forschungen zur Verflechtung der deutschen und polnischen Geschichte und ihrer Anwesenheit in der Gegenwart wären ohne die Motivation und Unterstützung verschiedener Personen und Institutionen nicht möglich gewesen. Zunächst möchte ich meinem Doktorvater, Martin Lücke, für die aufmerksame Betreuung bei Masterarbeit und Dissertation herzlich danken. Für die Zweitbegutachtung danke ich Krzysztof Ruchniewicz (Universität Wrocław/Breslau) sowie Agnieszka ZabłockaKos, Marcin Wodziński und Gertrud Pickhan für ihre wichtigen Hinweise. Hervorheben möchte ich die große Unterstützung bei den Forschungen durch das Städtische Museum Breslau, durch seinen Direktor Maciej Łagiewski und seine Stellvertreterin, Halina Okólska, sowie Beata Domańska und Ewa Lewandowska für die große Hilfe in Archiv und Bibliothek. Auch Robert Heś vom Breslauer Nationalmuseum und vielen weiteren Archivmitarbeitern gilt mein Dank für ihr Entgegenkommen. Die Stipendien der Friedrich-Ebert-Stiftung, des Fritz-Stern-Programms der Deutschen Nationalstiftung und des Deutschen Historischen Instituts in Warschau ermöglichten mir ungestörte Forschungs- und Schreibphasen. Ein besonderer Dank gebührt Joachim Bahlcke für seinen großen Zuspruch, die Studie in die vorliegende Buchreihe aufzunehmen. Mit Hilfe der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und der Historischen Kommission für Schlesien konnten die Pläne bis zum Druck gebracht werden. Sehr dankbar bin ich auch für die motivierenden Worte, das Vertrauen und die Geduld von Freunden und Familie während der Forschungs- und Schreibarbeiten. Zum Gelingen des Textes trugen die aufmerksame Prüfung und Hinweise insbesondere von Dominik Scholz, Dorothea Traupe und Frans Willems bei. Ihnen und allen nicht genannten Helfern gebührt mein Dank. Dieses Buch widme ich der deutsch-polnischen Zusammenarbeit und den nahezu 35-jährigen Verdiensten der Gemeinschaft für Studentischen Austausch in Mittelund Osteuropa e. V. Berlin, im Mai 2017 Vasco Kretschmann

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1. Prolog: Breslau zwischen Polen und Deutschland

Die polnische Metropole Breslau bildet eine Schnittstelle zwischen Deutschland, Polen und Tschechien. Obwohl die Hauptstadt Niederschlesiens über 150 Kilometer von der Landesgrenze entfernt liegt, ist ihr materielles Kulturerbe tief mit beiden westlichen Nachbarstaaten Polens verflochten. Ihr historisches Erbe zeugt von der besonderen kulturellen Vielfalt und zugleich von der Tragik der Geschichte Ostmitteleuropas. Ein Blick in die Wissensspeicher der Stadt, in ihre Bibliotheken und Archive, in ihre Museen und Galerien eröffnet Einblicke in die materielle Kultur der Odermetropole: jahrhundertealte Sammlungen, Gemälde, Skulpturen und Schriften – entstanden im mittelalterlichen Breslau unter den polnischen Herzögen und böhmischen Königen mit ihrer polnisch- und mehrheitlich deutschsprachigen Bewohnerschaft –, frühneuzeitliche Relikte eines wohlhabenden Handelsbürgertums unter der Krone der Habsburger, Zeugnisse der preußischen Eroberung Breslaus im 18. Jahrhundert und ihres Aufstiegs zu einer der wichtigsten Großstädte Preußens.1 Um die Wende zum 20. Jahrhundert prägte ein selbstbewusstes Bürgertum die Stadt, das sich aus der mehrheitlich protestantischen Bevölkerung mit besonders starken katholischen (33 Prozent) und jüdischen (4 Prozent) Minderheiten und einer polnischen Einwohnerschaft von 1 bis 4 Prozent (je nach Zählung) zusammensetzte.2 Die größte Stadt Ostdeutschlands (1939: 630.000 Einwohner) erlebte in den letzten Monaten des Zweiten Weltkrieges durch eine wochenlange Belagerung schwere Zerstörungen. Einen vermeintlichen Bruch sondergleichen in der städtischen Entwicklungsgeschichte stellten die im Sommer 1945 bei der Potsdamer Konferenz von den Siegermächten bestätigten Grenzverschiebungen Polens dar, in deren Vor- und Nachgeschichte nahezu die gesamte Bewohnerschaft der Großstadt und vieler weiterer Gebiete der Region ausge1 Für eine Gesamterzählung zur Breslauer Stadtgeschichte vgl. unter anderem Buśko, Cezary u. a.: Hi­ s­toria Wrocławia, Bd. 1–3. Wrocław 2001; Maciejewska, Beata: Wrocław. Dzieje Miasta. Wrocław 2002; Davies, Norman/Moorhouse, Roger: Microcosm. Portrait of a Central European City. London 2002; Mühle, Eduard: Breslau. Geschichte einer europäischen Metropole. Köln/Weimar/Wien 2015. 2 Nach der Volkszählung von 1925 waren von rund 557.000 Einwohnern „59,7 % Evangelische Chris­ ten, 32,7 % Katholische Christen, 4,2 % Israeliten, 3,1 % Sonstige“. Vgl. Statistisches Amt der Stadt Breslau (Hg.): Kleines statistisches Taschenbuch [6]. Breslau 1932, 16. Über den Anteil der polnischen Bevölkerung in Breslau gibt es nur Schätzungen aufgrund der Differenz zwischen statistischer Erfassung und individueller nationaler Zuordnung wie auch durch Zweisprachigkeiten. Eine Statistik erfasste 1905 8.927 Polen, verschiedene Historiker schätzen die Anzahl auf maximal 20.000, nach dem Ersten Weltkrieg registrierte das polnische Konsulat in Breslau rund 4.000 Polen in der Stadt. Vgl. Zawisza, Alicja: Gdy mowa polska znaczyła przetrwanie. Działalność kulturalno-oświatowa Polaków we Wrocławiu w latach 1918–1939. Muzeum Narodowe we Wrocławiu. Wrocław 1983, 5; Kulak, Teresa: Historia Wrocławia, Bd. 2: Od twierdzy fryderycjańskiej do twierdzy hitlerowskiej. Wrocław 2001, 244, 304. Die jüdische Gemeinde umfasste im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert zwischen 4 und 8 Prozent der Bevölkerung und war damit die drittgrößte Gemeinde Deutschlands. Vgl. Rahden, Till van: Juden und andere Breslauer. Die Beziehungen zwischen Juden, Protestanten und Katholiken in einer deutschen Großstadt von 1860 bis 1925. Göttingen 2000, 32 f.

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tauscht wurde. Ende 1945 lebten in der Stadt noch bis zu 300.000 Deutsche und bereits 33.000 Polen, 1948 waren es noch 2.400 Deutsche und bereits mehr als 250.000 Polen, davon 10 Prozent jüdische Polen.3 Breslau, mit seinem historisch-polnischen Namen Wrocław benannt, stieg zur symbolischen Hauptstadt der „Wiedergewonnenen Gebiete“ auf, denn sie war die größte Stadt der ehemaligen deutschen Ostgebiete, die nunmehr die neuen polnischen West- und Nordgebiete bildeten. Erst 1983 erreichte die Bevölkerung der Stadt wieder den Stand der Vorkriegszeit und zählt heute rund 634.000 Einwohner. Vor diesem Hintergrund erstreckten sich die Prozesse der Ansiedlung, des Wiederaufbaus und der Auseinandersetzung mit dem materiellen Erbe über mehrere Jahrzehnte und unterlagen in der Volksrepublik Polen einem staatsideologischen Deutungsanspruch. Seit dem Übergang in ein demokratisches Staatswesen (1989) konnten die Debatten über die wechselvolle Geschichte und die bedeutenden kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen Breslaus zu seinen Nachbarn in der schlesischen Region ohne staatliche Reglementierung in die Öffentlichkeit treten. Die im 19. Jahrhundert gegründeten Museen und ihre Nachfolger versammeln bis heute die materiellen Zeugnisse eines besonderen kulturellen Reichtums und seiner überregionalen Verflechtung. Diese Schlüsselstellung machte sie zu gestaltenden Akteuren und politischen Instrumenten gleichermaßen. Breslaus Museen hatten großen Anteil daran, die Geschichte der Stadt zu definieren und zu visualisieren – sie standen im Streit zu beweisen, dass Breslau durchweg historisch deutsch oder historisch polnisch gewesen sei, und waren ebenso daran beteiligt, Antworten jenseits dieses nationalisierten Gegensatzes zu finden. Wenn wir uns der kulturellen Praxis des Sammelns und Zeigens zuwenden, den Museen und Ausstellungen, dann fällt zunächst auf, dass die Bauten der Breslauer Museen und ihre Sammlungen vom 19. bis ins 21. Jahrhundert nur wenige Konstanten aufweisen. In der Mehrheit sind die Ausstellungsgebäude im Zweiten Weltkrieg und während der langen Nachkriegszeit zerstört, abgerissen oder geschlossen, die Samm-

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Die unterschiedlichen Prozesse von Zwangsevakuierung und Flucht während der Kampfhandlungen sowie die partielle Rückkehr, die Vertreibung und Aussiedlung der deutschen wie auch der Zuzug und die Ansiedlung der polnischen Bevölkerung erstreckten sich hauptsächlich auf den Zeitraum von Frühjahr 1945 bis 1948. Vgl. Kaszuba, Elżbieta: Między propagandą a rzeczywistością. Polska ludność Wrocławia w latach 1945–47. Wrocław 1997, 39 f., 196 f.; Hofmann, Andreas: Die Nachkriegszeit in Schlesien. Gesellschafts- und Bevölkerungspolitik in den polnischen Siedlungsgebieten 1945–1948. Köln/Weimar/ Wien 2000, 15–36, 90–264; Thum, Gregor: Die fremde Stadt. Breslau nach 1945. München 2003, 135, 148, 531; Kraft, Claudia/Jankowiak, Stanisław: Flucht, Vertreibung und Zwangsaussiedlung der Deutschen aus der Wojewodschaft Breslau (Województwo Wrocławskie) in den Jahren 1945 bis 1950. In: Borodziej, Włodzimierz/Lemberg, Hans (Hg.): „Unsere Heimat ist uns ein fremdes Land geworden …“ Die Deutschen östlich von Oder und Neiße 1945–1950. Dokumente aus polnischen Archiven, Bd. 4. Marburg 2004, 357–712. 1946/47 lebten fast 20.000 jüdische Polen in der Stadt, diese wanderten bis 1968 nahezu vollständig aus. Vgl. Friedla, Katharina: Juden in Breslau/Wrocław 1933–1949. Überlebensstrategien, Selbstbehauptung und Verfolgungserfahrungen. Köln/Weimar/Wien 2014, 373, 406–415.

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lungen verloren, zerstreut oder dezimiert worden.4 An ihrer Stelle wurden neue große Museen gegründet und neue Sammlungen aufgebaut, und trotz dieses radikalen Wandels finden sich auch in der materiellen Geschichtskultur der Oderstadt über das Jahr 1945 hinaus konstante und wieder aufgegriffene Bezüge zu ihrer Vergangenheit. Die vorliegende Studie befasst sich mit den visuell wirkmächtigen Museumsausstellungen des 20. Jahrhunderts. Sie zeigt, zu welchem Zeitpunkt Breslaus Vergangenheit auf welche Weise museal entfaltet wurde. Auskunft gibt sie über den öffentlichen Umgang mit der Vergangenheit einer Stadt, die sinnbildlich für die Geschichte Ostmitteleuropas im 20. Jahrhundert steht. Konkret untersucht sie, welche Bilder einer vergangenen Stadt erzeugt wurden, wie konfessionelle und nationale Minderheiten im Museum vertreten waren und welchen Niederschlag die deutsch-polnische Beziehungsgeschichte in den musealen Schauen fand. Eine neue strukturierte Untersuchungsmethode wird es ermöglichen, in vergangene, bedeutende Museumsausstellungen zu blicken, die symptomatisch für die europäische Nationalismus- und Gewaltgeschichte,5 aber auch für die Wege europäischer Verständigung im 20. Jahrhundert stehen. Breslaus Schicksal ist in Ostmitteleuropa kein Einzelfall. Diese Studie hätte auch in den ehemaligen ostpolnischen Kulturzentren Wilna und Lemberg oder in anderen ehemals ostdeutschen Großstädten wie Danzig, Stettin oder Königsberg verortet werden können. All diese Großstädte der Region haben durch den Zweiten Weltkrieg Grenzverschiebungen und einen radikalen Wandel ihrer Bevölkerungen erlebt. Breslau ist jedoch die größte Stadt mit diesem Schicksal und zählt vor Königsberg zu den zahlenmäßig von Vertreibung und Zwangsmigration am stärksten betroffenen Großstädten.6 Breslau steht im Mittelpunkt dieser Studie, da die Stadt unter den genannten über eine besonders große Anzahl von Museen verfügt und damit die breiteste Untersuchungsgrundlage zur musealen Stadtgeschichte bietet. Zudem blieb Breslau auch nach der

4 Ein kurzer Überblick zu den vielfältigen Museen in Breslau zwischen 1814 und 1997 findet sich bei Więcek, Adam: Muzea wrocławskie od 1814 roku. Wrocław 1997. Zu den Kunstgalerien und historischen Museen vor 1945 vgl. vor allem Łukaszewicz, Piotr (Hg.): Muzea sztuki w dawnym Wrocławiu/ Kunstmuseen im alten Breslau. Muzeum Narodowe we Wrocławiu. Wrocław 1998. 5 Zu den Begriffskonzepten Nationalismus, Nationalstaatsbildung, Exklusion und Gewalt vgl. Langewiesche, Dieter: Nation, Nationalismus, Nationalstaat in Deutschland und Europa. München 2000, 26–31, 35–39. Vgl. auch Anderson, Benedict: Imagined communities. Reflections on the origin and spread of nationalism. London 1983, 83–87, 109–111. 6 Zu den polnischen und deutschen Vertriebenen im Kontext der europäischen Zwangsaussiedlungen im 20. Jahrhundert vgl. Ther, Philipp: Deutsche und polnische Vertriebene. Gesellschaft und Vertriebenenpolitik in der SBZ/DDR und in Polen 1945–1956. Göttingen 1998; Naimark, Norman M.: ­Fires of Hatred. Ethnic Cleansing in Twentieth-Century Europe. Cambridge (MA) 2001; S­ chwartz, ­Michael: Ethnische „Säuberungen“ in der Moderne. Globale Wechselwirkungen nationalistischer und rassistischer Gewaltpolitik im 19. und 20. Jahrhundert. München 2013. Zu den komplexen Kulturlandschaften mittel- und osteuropäischer Städte vgl. die Fallstudien u. a. zu Breslau, Kaliningrad (Königsberg), Lemberg, Lodz, Prag, Stettin, Reval und Wilna in den Konferenzbänden Czaplicka, John/Ruble, A. Blair (Hg.): Composing urban history and the constitution of civic identities. Washington 2003; dies. (Hg.): Cities after the Fall of Communism. Reshaping Cultural Landscapes and European Identity. Baltimore 2009.

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Grenzverschiebung von 1945 das Zentrum eines Gebietes mit einer spezifischen regionalen Geschichte. Städtische Geschichtskulturen, die im 20. Jahrhundert von Grenzverschiebungen, radikalem Bevölkerungswandel, Zerstörung und Wiederaufbau geprägt wurden, beschränken sich allerdings nicht nur auf Ostmitteleuropa. Auch die materialisierten Geschichtskulturen in Straßburg, Triest, Thessaloniki oder Izmir zeugen von der folgenschweren gewaltsamen Migrations-, aber auch der Integrationsgeschichte Europas zwischen dem späten 19. und dem frühen 21. Jahrhundert.7 Die Fragestellung dieser Studie, die Untersuchung der grundlegenden Veränderungen und Kontinuitäten in der Geschichtskultur einer Stadt, steht damit beispielhaft für viele Regionen Europas. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts positionieren sich die europäischen Städte neu – bei dieser Standortbestimmung helfen ihnen ihre kulturellen Wissensspeicher. Die Parallelen und Besonderheiten Breslaus im Kontext Mitteleuropas werden zum Abschluss der vorliegenden Studie aufgegriffen und anhand von vier Beispielen diskutiert: Danzig und Dresden sowie Köln und Krakau dienen als Vergleichsfälle für die Befunde zur Breslauer Geschichtskultur im 20. Jahrhundert. Im Mittelpunkt des vorliegenden Buches stehen die Geschichtsausstellungen der Hauptstadt Niederschlesiens, die anhand einer mehrdimensionalen Untersuchungsstruktur erschlossen werden wird.

1.1. Ein Besuch in Breslau – Eine Geschichte zu kompliziert für das Museum? Die Inspirationen für diese Untersuchung gehen auf ein Auslandssemester in Warschau zurück, von wo aus ich im November 2008 erstmals nach Breslau gereist bin. Als junger Historiker war mir die tragische Geschichte der Stadt in Ansätzen bekannt. So fuhr ich mit großer Neugier nach Breslau, gespannt darauf, wie die Stadt mit ihrer Geschichte umging und was im öffentlichen Raum von ihr noch zu sehen war. Unter anderem suchte ich den Hauptsitz des Historischen Museums im Alten Rathaus auf, das meine hohen Erwartungen jedoch enttäuschte. Außer den historischen Räumen des Gebäudes und einer Ausstellung zu Silberschmiedearbeiten und Büsten Breslauer Bürger gab es dort nichts zu entdecken, auch an keiner anderen Stelle fand ich eine Ausstellung zur neueren Geschichte der Stadt. Das machte auf mich den Eindruck, als ob die Stadt schweige. 7 Magris, Claudio/Ara, Angelo: Triest. Eine literarische Hauptstadt in Mitteleuropa. München 1993; Mazower, Mark: Salonica. City of Ghosts. Christians, Muslims and Jews 1430–1950. London 2004; Claudio Magris/Angelo Ara: Triest. Eine literarische Hauptstadt in Mitteleuropa. München 2005. Zu Straßburg, Triest und Beispielen auch aus Ostmitteleuropa vgl. die Beiträge in den Konferenzbänden Loew, Peter Oliver/Pletzing, Christian/Serrier, Thomas (Hg.): Wiedergewonnene Geschichte. Zur Aneignung von Vergangenheit in den Zwischenräumen Mitteleuropas. Wiesbaden 2006; François, Etienne/Seifarth, Jörg/Struck, Bernhard (Hg.): Die Grenze als Raum, Erfahrung und Konstruktion. Deutschland, Frankreich und Polen vom 17. bis zum 20. Jahrhundert. Frankfurt/Main 2006; Ostermann, Patrick/Müller, Claudia/Rehberg, Karl-Siegbert (Hg.): Der Grenzraum als Erinnerungsort. Über den Wandel zu einer postnationalen Erinnerungskultur in Europa. Bielefeld 2012; Olschowsky, Burkhard (Hg.): Geteilte Regionen. geteilte Geschichtskulturen? Muster der Identitätsbildung im europäischen Vergleich. München 2013.

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War ihre Geschichte gar über 60 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg immer noch zu schmerzhaft, zu umstritten, als dass sie in einem Museum hätte gezeigt werden können? Bei meinem ersten Besuch waren mir allerdings die Debatten der vergangenen Jahre noch nicht bekannt. Mir war damals nicht klar, dass seit fast zehn Jahren die Vorbereitungen für ein bisher beispielloses Projekt liefen – für den Aufbau der ersten großen und umfassenden Dauerausstellung zur Breslauer Stadtgeschichte überhaupt. Nur fünf Monate nach meinem Besuch, am 19. April 2009, wurde in dem aufwändig renovierten Barockpalais der habsburgischen Familie von Spätgen an der Ulica Kazimierza Wielkiego (ehemals Karlsstraße) die Dauerausstellung „1000 Jahre Breslau“ eröffnet. In einer Fülle von annähernd 3.000 Exponaten entfaltete das Städtische Museum die Geschichte Breslaus chronologisch in 25 Räumen. Welche Bedeutung diese Ausstellung für die Kulturlandschaft der Stadt hat, wird erst in einem Rückblick auf bisherige stadtgeschichtliche Ausstellungen in ihrer deutschen und polnischen Zeit deutlich. Denn die neue Exposition markierte nicht nur die erste Dauerausstellung zu einer deutsch-polnischen Verflechtungsgeschichte, sondern war auch der Versuch einer Synthese deutscher und polnischer Geschichtskulturen im öffentlichen Raum. So zeugten die Bezugnahme der Ausstellung auf Teile der Präsentation des Schlossmuseums, welches sich von 1926 bis 1945 in dem ehemaligen preußischen Residenzschloss befunden hatte, wie auch die Herausstellung der kulturellen Lebenswelten des jüdisch-deutschen Bürgertums von einer bewussten Anknüpfung an städtische Vorkriegstraditionen. Die Ausstellung steht in einer Reihe mit anderen kulturellen, wissenschaftlichen und politischen Initiativen, die seit dem Ende der Volksrepublik Polen (1989) den Versuch unternehmen, die Lokalgeschichte von einer überladenen Ideologisierung zu befreien und die transnationale Bedeutung der Region hervorzuheben. Die Ursprünge dieser geschichtskulturellen Emanzipation vom Zentralstaat lassen sich zum einen an den oppositionellen Bewegungen gegen das kommunistische Herrschaftssystem fest­machen, zum anderen handelt es sich bei diesem politisch getragenen Prozess auch um ein offensives Stadtmarketing, um die Schaffung eines Alleinstellungsmerkmals, mit dem das spezifische lokale Erbe als Standortfaktor für ein aufgeschlossenes, wirtschaftliches und kulturelles Umfeld beworben wird. Diese intellektuellen und politischen Tendenzen in der Breslauer Geschichtskultur entsprangen offensichtlich einem gewachsenen Bedürfnis nach Identifikation mit dem eigenen Lebensumfeld durch die Kenntnis seiner Geschichte. Zur Befriedigung dieses Wissensdurstes, zur Vermittlung und Erfahrung der lokalen Vergangenheit tragen im besonderen Maße auch die Museen mit ihren materiell gebundenen, traditionsreichen Sammlungen bei. Der gesellschaftliche Umgang mit Geschichte sowohl auf lokaler wie auf nationaler Ebene ist schwer zu fassen, denn zu viele Akteure und Formate definieren und visualisieren unsere Vorstellungen von der Vergangenheit. Museen hingegen bilden eine Materialisierung der Geschichtskultur, deren Produkte Auskunft über kulturelle Praktiken – des Sammelns und Zeigens von Geschichte – spezifischer Akteure in einem gesellschaftlichen Umfeld geben. Die kulturelle Praxis des absichtsvollen Sammelns und Zeigens reicht zurück bis in die Frühe Neuzeit. Was gesammelt und gezeigt wurde, folgte zumeist den Interessen der privaten oder institutionellen Träger. Zu den fürstli-

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chen Schatzkammern und bürgerlichen Raritätenkabinetten gesellten sich im 19. Jahrhundert die großen und kleinen Museen. Ein besonderes Augenmerk gilt den von lokalen Vereinen und Städten getragenen Institutionen, die unter anderem der regionalen Vergangenheit eine besondere Aufmerksamkeit schenkten. Wandelnde Vorstellungen und Definitionen von „Nationen“ und „Kulturwerten“ brachten einschneidende Konsequenzen für die Anlage und insbesondere für die Präsentation dieser Sammlungen mit sich.8 Museumsgeschichte ist deshalb immer auch eine Geschichte der Vorstellungen über die Vergangenheit und der Selbstbilder einer Zeit. Ausgehend von dieser kulturellen Praxis des lokalen Sammelns und Zeigens eröffnet sich das Untersuchungsfeld der Musealisierung von Stadtgeschichte im 20. und frühen 21. Jahrhundert am Beispiel der deutsch-polnischen Großstadt Breslau. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage nach den Merkmalen, Kontinuitäten, Umbrüchen und Rückbezügen in der musealen Stadtgeschichte wie auch nach den Funktionen stadtgeschichtlicher Ausstellungen. Die geschichtskulturelle Entwicklung, geprägt durch historische Extremfaktoren politischer Ideologien, lässt sich an Ordnungen, Zugängen und ausgewählten Exponaten festmachen: Was waren Merkmale von Stadtgeschichte im Museum zu verschiedenen Zeitpunkten, und wie wirkte sich das Spannungsverhältnis zwischen Kontinuitäten der Museumsbestände und radikaler Neuinterpretation im zeitlichen Verlauf aus? Wie sind die Ausstellungskonstrukte zwischen interessengeleiteten diskursprägenden Generatoren und diskursreflektierenden Indikatoren städtischer Geschichtskultur zu verorten? Der Untersuchung liegt die These zugrunde, dass auch in einer von einschneidenden Neuordnungen geprägten Stadt besondere Kontinuitäten bestanden, die sich am materiellen Kulturerbe, an den Museumsgütern, festmachen lassen. Die Studie prüft daher nicht historische „Fakten“ aus Breslaus Entwicklungsgeschichte seit dem Frühmittelalter, sondern untersucht, wie Vorstellungen von der lokalen Vergangenheit im 20. Jahrhundert museal präsentiert wurden. Sie ist damit ein Beitrag zur Kulturgeschichte einer von vermeintlich radikalen Diskontinuitäten geprägten europäischen Großstadt. Mit einer neuen Methode zur facettenreichen und strukturierten Untersuchung geschichtskultureller Praxis entfaltet und analysiert sie die in den Museen materialisierte Geschichtskultur Breslaus aus verschiedenen Phasen zwischen 1900 und 2010. Die konzeptionellen Grundlagen dieses mehrdimensionalen Untersuchungsansatzes zur historischen Ausstellungsanalyse wurden eigens hierfür entwickelt (Kapitel 2). Die Untersuchung ist zugleich ein Beitrag zur Geschichte Schlesiens im Rahmen der deutsch-polnischen Beziehungen. Erstmals nimmt sie umfassend den musealen Umgang mit dem deutsch-polnischen Kulturerbe, aber auch jenen mit der Konflikt- und Vertreibungsgeschichte in der Hauptstadt Niederschlesiens in den Blick. Ein dritter Schwerpunkt dieser Untersuchung umfasst die jüdische Kulturgeschichte, zu der erst8 Pomian, Krzysztof: Der Ursprung des Museums. Vom Sammeln. Berlin 1988, 55–71, 91–108; ders.: Museum und kulturelles Erbe. In: Korff, Gottfried/Roth, Martin (Hg.): Das historische Museum. Labor, Schaubühne, Identitätsfabrik. Frankfurt/Main 1990, 41–64, hier 43–45, 55 f.

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mals eine Gesamterzählung der Repräsentation jüdisch-schlesischer Geschichte in den Breslauer Museen geboten wird. Dementsprechend stehen drei traditionsreiche Sammlungsgruppen im Mittelpunkt der Untersuchung: Veduten- (Stadtansichten), Judaicaund Militaria-Sammlungen. Breslaus Stadtgeschichte lässt sich hier an herausragenden Ausstellungen des 20. Jahrhunderts festmachen, denn diese entfalten die Vorstellungen der alten Stadt, die Rolle der jüdischen Minderheit wie auch die Konfliktgeschichte Breslaus (Kapitel 4–6). Abschließend werden die Befunde der thematischen Zugriffe am Beispiel der auffällig seltenen stadtgeschichtlichen Dauerausstellungen verknüpft und im Kontext weiterer mitteleuropäischer Stadtmuseen diskutiert (Kapitel 7 und 8). Die in diesen Ausstellungen materialisierten Vorstellungen von Breslaus Vergangenheit, die Erzählungen über seine Bevölkerung, seine Kultur und Konflikte begegnen uns als visuell wirkmächtiger Ausdruck der Kulturgeschichte Ostmitteleuropas.

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2.1. Die Rückkehr des Kulturerbes

Abbildung 1: Die Schilde der Breslauer Stadtwache aus dem 15. Jahrhundert befanden sich seit dem 19. Jahrhundert in den Sammlungen der Breslauer Museen. Um 1946/50 wurden sie ins Warschauer ­A rmeemuseum verbracht; das mittlere Schild wurde 2002 leihweise nach Breslau zurückgegeben.

Bis 1945 war Breslau die größte Stadt der deutschen Ostprovinzen und ist heute die größte Stadt der polnischen Westgebiete. Am Breslauer Museumswesen lassen sich sowohl eine überregionale Leitungsfunktion wie auch eine spezifische lokale Standortbestimmung festmachen, die auf einer breiten Grundlage die Kontinuitäten und Wandlungen in der Definition und Exposition stadtgeschichtlicher Merkmale aufzeigen. Die Musealisierung der Breslauer Stadtgeschichte im 20. Jahrhundert markiert eine Geschichte musealer Geschichtskultur, die besonders deutlich durch Konzepte eines exkludierenden Nationalismus1 in der deutsch-polnischen Beziehungsgeschichte geprägt 1

Langewiesche: Nation, 35–39, 49–54; Kocka, Jürgen: Das lange 19. Jahrhundert. Arbeit, Nation und bürgerliche Gesellschaft. Stuttgart ²2004 [¹2001], 83–89, 94 f.

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wurde. Die Historiker und Museologen strebten danach, die Vergangenheit der Stadt nach nationalen Kriterien zu deuten und damit ein polnisches gegenüber einem deutschen „Kulturerbe“2 auszuschließen, homogene Gruppen zu definieren und klare, zeitliche Zäsuren in der Stadtgeschichte zu setzen. Demnach sei die Kultur und Tradition der Stadt nach der Grenzverschiebung und dem Austausch ihrer Bevölkerung (1945– 47) radikal abgebrochen, die nunmehr polnische habe nichts gemein mit der vorherigen deutschen Stadt.3 Die grundlegende These der vorliegenden Untersuchung widerspricht dieser Geschichtsdeutung. Denn entgegen der Annahme eines radikalen „Traditionsbruches“4 ließen sich zu jedem Zeitpunkt Merkmale von Stabilität in der Geschichtskultur Breslaus feststellen. Diese Stabilität ist der prägenden Kraft der Kulturgüter des Ortes zuzuschreiben. Obwohl die nahezu vollständige Vertreibung und Aussiedlung der deutschen Breslauer einen beispiellosen Umbruch5 im Sinne eines radikalen Wandels in der Stadtentwicklung markiert, zeigen sich am verbliebenen materiellen Kulturerbe neben Prozessen der Beseitigung und Verdrängung auch fortlaufende sowie restaurative Entwicklungen der Aneignung, Aufdeckung und Rückkehr von Geschichtstraditionen. Die Neudefinition des lokalen Kulturerbes begann nicht erst mit den Grenzverschiebungen nach dem Zweiten Weltkrieg (1945) und der Konstruktion einer polnischen Geschichtskontinuität Breslaus. Dieses Ereignis bildete vielmehr den Höhepunkt des deutschen und polnischen Nationalismus. Die nationalistische Umdeutung des lokalen Kulturerbes prägte mit umgekehrten Vorzeichen die Zeit der nationalsozialistischen 2 Die Herausbildung des materiellen „kulturellen Erbes“ im Museum beschreibt Krzysztof Pomian als einen semiotischen Kreislauf, in dem Dinge zu „Zeichen mit Symbolcharakter“ werden. Vgl. Pomian: Museum und kulturelles Erbe, 42–45. Vgl. auch im vorliegenden Kapitel den Abschnitt „Musealisierung und Stadtgeschichte im Museum“. 3 Verschiedene westdeutsche Historiker aus dem Umfeld der Heimatvertriebenen setzten in der Stadtgeschichte Breslaus einen Schlusspunkt im Jahr 1945. Eine Fortsetzung der Stadtgeschichte nach dem „Tod“, „Untergang“ oder „Ende“ der „deutschen Stadt“ wurde ausgeschlossen. Vgl. Goldstein, Walter Benjamin: Tausend Jahre Breslau. Bilder aus Breslaus Vergangenheit. Darmstadt 1974, 421. Für polnische Historiker ging es in der Nachkriegszeit vor allem um die Stiftung einer polnischen Tradition unter Rückgriff auf die Frühgeschichte, dazwischen habe sich die Stadt in einer „600-jährigen Gefangenschaft“ befunden, aus der sie 1945 „zurückgekehrt“ sei. Vgl. Maleczyński, Karol: Wrocław. Miastem polskim. In: Katalog oficjalny Wystawy Ziem Odzyskanych. Wrocław 1948, 133–136, hier 136. 4 Das Bild des „Bruchs“ impliziert das Ende einer Nachfolge. Die Begriffe des „Traditionsbruchs“ (Hannah Arendt) und des „Zivilisationsbruchs“ (Dan Diner) beschreiben vor allem die Verbrechen der Nationalsozialisten, deren Dimension die Kontinuität der Geschichte unterbrochen habe. Sowohl hin­sichtlich der Definition von politischen wie moralischen Brüchen bestehen Zweifel, ob im Bezug auf Kultur und Gesellschaft überhaupt von einem radikalen Bruch gesprochen werden kann, da auch der Nationalsozialismus eine Vor- und Nachgeschichte hatte. Vgl. Vowinckel, Annette: Geschichtsbegriff und Historisches Denken bei Hannah Arendt. Köln/Weimar/Wien 2001, 87–89, 94 f. Auch die tiefen Umwälzungen in der Stadtentwicklung der ehemaligen ostdeutschen Städte infolge des Austauschs ihrer Bevölkerungen beschreiben verschiedene Historiker als Bruch: Gregor Thum spricht am Beispiel Breslaus von einem „Bruch der Tradition“ und „prägende Bruch von 1945“. Vgl. Thum: Die fremde Stadt, 13, 45 f., 151, 405, 524 f. Am Beispiel Danzigs bezeichnet Peter Oliver Loew die Umwandlung der Stadt nach dem Zweiten Weltkrieg als „Traditionsbruch“. Vgl. Loew, Peter Oliver: Das literarische Danzig 1793 bis 1945. Bausteine für eine lokale Kulturgeschichte. Frankfurt/Main 2009, 15. 5 Nach der Begriffsbestimmung des „Duden“ impliziert ein Umbruch eine Umwandlung und verweist im Gegensatz zum Bruch oder Einschnitt auf eine fortlaufende Entwicklung.

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Diktatur (ab 1933) und besaß ihre Vorläufer im 19. Jahrhundert und verstärkt seit dem Ende des Ersten Weltkriegs (1918); sie fand ihren Ausdruck in stark exkludierenden und selektiven Konzepten lokaler Geschichte einer rein „deutschen“ Stadt. Eine rückläufige Tendenz erlebte diese nationalistisch aufgeladenen Interpretationen der Lokalgeschichte bereits kurz vor dem Ende der Volksrepublik Polen (1989). Für die jüngere in Breslau geborene Generation erschien das bewusste Verschweigen der neueren Stadtgeschichte zunehmend als ein bitterer, moralischer und intellektueller Skandal. Erst nach dem politischen Umbruch wurde jedoch eine grundlegende Neuausrichtung in der Definition von Breslaus Geschichte jenseits nationalistischer Verengungen möglich. Ein nicht zu unterschätzender Faktor war dabei die große Überschwemmung von 1997, deren gemeinschaftliche Bewältigung zu einer zivilgesellschaftlichen Auseinandersetzung mit dem bedrohten Kulturerbe der Stadt beitrug.6 Den Prozess des Rückbezuges auf ehemalige städtische Traditionen begleitete nicht nur eine neue Präsentation und Interpretation der in den Breslauer Museumsdepots lagernden Kulturgüter, sondern auch eine schöpferische Aneignung des lokalen Kulturerbes. Im Nachwort des vom Städtischen Museums herausgegebenen Kataloges zur Dauerausstellung „1000 Jahre Breslau“ schrieb der neue Direktor des Breslauer Nationalmuseums Piotr Oszczanowski: „Betrachten wir heute die Hauptstadt Schlesiens, so erinnern wir uns daran, dass wir selbst die wertvollste Generation dieser Stadt sind – wir, die wir das Erbe Breslaus verwalten, die Stadt der Piasten, Luxemburger, Habsburger und Hohenzollern, der im 19. Jahrhundert blühenden und im Zweiten Weltkrieg dem Untergang geweihten Stadt, die nach 1945 zu neuem Leben und nach 1989 zur Freiheit erwachte. Denn in unseren Händen liegt heute die Zukunft Breslaus.“7 Aus diesem Anspruch, Verwalter des gesamten Erbes der Stadt zu sein, leitete sich unmittelbar nach dem Ende der kommunistischen Herrschaft sogar eine an die Hauptstadt gerichtete konkrete Rückgabeforderung ab: Warschau war der Ort, an dem 1945/46 zahlreiche Kunstschätze und Museumsstücke aus den ehemaligen preußischen Provinzen als vermeintliche Kompensation für die weitreichenden Zerstörungen der polnischen Museen durch die deutsche Besatzung verbracht worden waren.8 Zu Zeiten der Volksre6 Zybura, Marek: Breslau und Wrocław. In: Kobylińska, Ewa/Lawaty, Andreas (Hg.): Erinnern, vergessen, verdrängen. Polnische und deutsche Erfahrungen. Wiesbaden 1998, 369–380, hier 373–377; Thum, Gregor: Bollwerk Breslau. Vom Deutschen Osten zu Polens Wiedergewonnenen Gebieten. In: Schultz, Helga (Hg.): Preußens Osten, Polens Westen. Das Zerbrechen einer Nachbarschaft. Berlin 2001, 227–252; ders.: Die fremde Stadt, 14–18, 304 f., 497–502; Ruchniewicz, Krzysztof: Warum Wrocław nicht Breslau ist. Überlegungen zur Nachkriegsgeschichte der Niederschlesischen Hauptstadt. In: ders. (Hg.): Zögernde Annäherung. Studien zur Geschichte der deutsch-polnischen Beziehungen im 20. Jahrhundert. Dresden 2005, 225–240, hier 231–238. 7 Oszczanowski, Piotr: Postscriptum. In: Łagiewski, Maciej/Okólska, Halina/Oszczanowski, Piotr (Hg.): 1000 Jahre Breslau. Führer durch die Ausstellung. Muzeum Miejskie Wrocławia. Wrocław ²2011 [¹2009], 335. 8 Zu den Ausmaßen der Verluste des polnischen Museumswesens während des Zweiten Weltkrieges vgl. Lorentz, Stanisław: Przewodnik po muzeach i zbiorach w Polsce. Warszawa ³1982 [¹1971], 32 f. Über 28 Eisenbahnwaggons und 118 Lkw-Ladungen mit Museumsgütern aus Niederschlesien wurden 1945/46 nach Warschau, Thorn, Posen und Krakau transportiert. Vgl. Krzywka, Łukasz: Oddajcie, co nasze. Raport. In: Gazeta Wyborcza Wrocław am 30. Mai 2000. Zu den Beständen der Transpor-

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publik Polen waren bereits mehrfach einzelne Museumsgüter aus Warschau und anderen zentralpolnischen Städten an Breslau zurückgegeben worden. Nach 1989 wurde diese Frage jedoch erstmals in ihrer gesamten Dimension öffentlich diskutiert, und Breslau appellierte als erste der west- und nordpolnischen Städte an die Warschauer Museen, diese Museumsgüter wieder an ihre alten Sammlungs- und Ausstellungsorte zurückzugeben.9 Damit ging die geistige Aneignung des Breslauer Kulturerbes über ein distanziertes „Verwalten“ hinaus. Die Breslauer Kultureliten begriffen sich als schöpferische „Miterben“ der Kulturgüter,10 wie das folgende Beispiel der dekorativen Schutzschilde der Breslauer Stadtsoldaten aus dem 15. Jahrhundert zeigt: In der Dauerausstellung des Warschauer Museums der Polnischen Armee werden die Schilde aus Breslau seit Jahrzehnten neben den Waffen und Schilden der „Kreuzritter“ präsentiert. Das Armeemuseum verwischt damit deren historischen Kontext, denn sie gehörten der Breslauer Stadtwache zur Zeit der reformatorischen Hussitenkriege (1419–1439), als Schlesien der Krone Böhmens unterstand. Mit den zeitgleichen Kämpfen des Königsreichs Polen und der Hussiten gegen den Deutschen Ritterorden hatten die Kämpfe in Schlesien kaum etwas gemein.11 Um 1900 befanden sich fünf, später insgesamt acht dieser Schilde im Breslauer Museum schlesischer Altertümer sowie im Rathaus. In dieser Zeit wurde ihre histote nach Warschau im Februar und März 1946 vgl. Rutkowska, Maria: Kilka dokumentów z lat czterdziestych. In: Mazur, Zbigniew (Hg.): Wokół niemieckiego dziedzictwa kulturowego na Ziemiach Zachodnich i Północnych. Poznań 1997, 257–300. Neben einer Kompensation für Kulturgutverluste war das vordringlichste Ziel der Verlagerung von Museumssammlungen, „den Bestand an offensichtlich ‚deutschen Kulturgütern‘ in den Westgebieten zu reduzieren“. Vgl. Thum: Die fremde Stadt, 285 f.   9 Verschiedene Rückführungen nach Breslau, zum Teil als Leihgaben, erfolgten u. a. 1956 aus der UdSSR sowie 1968, 1973 und 1981 aus Warschau. Vgl. Bezcenne dzieła sztuki wróciły do Wrocławia. In: Słowo Polskie am 8. August 1968; Łukaszewicz, Piotr: Śląskie Muzeum Sztuk Pięknych/Schlesisches Museum der bildenden Künste. In: ders. (Hg.): Muzea sztuki, 73–94, hier 93. 10 Zur Unterscheidung zwischen einer „verwaltenden“ und „schöpferischen“ Aneignung des Kultur­erbes vgl. Halicka, Beata: Polens Wilder Westen. Erzwungene Migration und die kulturelle Aneignung des Oderraums 1945–1948. Paderborn 2013, 183–185. Nach Zbigniew Mazur war die Formulierung von Jan Józef Lipski missverständlich, die Kulturgüter in den Westgebieten als „Depositum“ bzw. „Leihgabe“ zu bezeichnen, da dieses demnach nur verwaltet, nicht aber vererbt werden könne. Eine schöpferische Aneignung des „Kulturerbes“ impliziert allerdings eine Annahme des Erbes. Vgl. Zybura, Marek: Der Umgang mit dem deutschen Kulturerbe in Schlesien nach 1945. Görlitz 2005, 29 f. Zuerst auf Polnisch: Pomniki niemieckiej przeszłości. Dziedzictwo kultury niemieckiej na Ziemiach Zachodnich i Północnych Polski. Warszawa 1999. 11 Das Polnische Armeemuseum (Muzeum Wojska Polskiego) zeigt im ersten Ausstellungsraum „Wojskowość polska średniowiecza, okresu Odrodzenia i staropolska (X w.. 1 poł. XVII w.)“ neben verschiedenen Hieb- und Stichwaffen vier dekorative Schilde mit einem großen „W“ für den historischen Breslauer Stadtnamen „Wratislavia“, zum Teil auch bemalt mit roten Kreuzen oder dem altdeutschen Spruch „hilf got maria berot als was wir beginnen das ein gut ende gewinne amen“. In der Ausstellung stehen die Schilde fälschlicherweise im Kontext der Schlachten des Königreichs Polen gegen den Deutschen Ritterorden bei Konitz (1454, poln. Bitwa pod Chojnicami) und bei Schwetzin (1462, poln. Bitwa pod Świecinem). Der Objekttext vermerkt lediglich „Schild der Fußtruppen mit W-Symbol für Wrocław“, ihre Herkunft aus den Hussitenkriegen im böhmischen Schlesien fehlt. Vgl. Pawęż piechoty zaciężnej (XV w.). Bitwa pod Chojnicami (1454). In: Kalendarium. Muzeum Wojska Polskiego, http://www. muzeumwp.pl/kalendarium/01/ [Zugriff am 30. März 2015]. Vgl. auch Maciejewska, Beata: Oddajcie, co nasza. Jak Warszawa zagrabiła nam pawęże. In: Gazeta Wyborcza Wrocław am 21. April 2000.

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rische Verwendung noch dahingehend gedeutet, dass sie den „Kämpfen der Breslauer gegen die böhmischen Ketzer“12 entstammten. 1936 bezeichnete sie der Katalog hingegen mit deutlich antislawischer Konnotation als Zeugnisse der „Abwehrkämpfe Breslaus gegen die hussitisch-tschechischen Bestrebungen“.13 Bis sie ihren Weg in die Museumssammlungen fanden, hatten die Schilde in den Breslauer Zeughäusern Jahrhunderte überdauert, zum Teil auch auf dem Dachboden des Rathauses.14 Die Wirren des Zweiten Weltkrieges überstanden lediglich fünf Schilde – 1946 oder 1951/5215 wurden diese mit einer Vielzahl anderer schlesischer Museumsgüter nach Warschau verbracht, als „Lückenfüller“ für die Warschauer Museumssammlungen. Zugleich sollte mit der Verlagerung von Kulturgütern auch der vermeintlich „deutsche Charakter“ der schlesischen Sammlungen verringert werden. Über 45 Jahre zählten die Breslauer Schutzschilde zum unumstrittenen Eigentum des Warschauer Armeemuseums, bis 1991 der neue Direktor des Historischen Museums in Breslau, Maciej Łagiewski, das Warschauer Armeemuseum um eine dauerhafte Leihgabe der symbolhaften Schilde für eine Aufstellung im Rathaus bat. Das Warschauer Museum lehnte ab und rief insbesondere mit seiner konfusen Begründung in Breslau Irritationen hervor: Zum einen seien die Breslauer Schilde bedeutende Relikte der Geschichte des polnischen Militärwesens, zum anderen würden keine Bestände langfristig verliehen, die mit der Niederlage des Deutschen Reiches (1945) ins Museum gekommen seien und darüber hinaus an „das traurige Kapitel der Abtrennung Schlesiens von Polen [14.–15. Jahrhundert] erinnern“ würden.16 Im Verlauf der 1990er Jahre opponierten mehrfach verschiedene Breslauer Journalisten und der Museumsdirektor gegen die aus Warschau diktierte, historisch fragwürdige Interpretation des Breslauer Kulturerbes. Auch eine weitere traditionsreiche Breslauer Museumsikone, die Reliquien12 [Masner, Karl/Seger, Hans]: Überblick über die Sammlungen. In: Schlesiens Vorzeit 1 (1900) 37–54, hier 46. 13 [Meyer-Heisig, Erich]: Wehrhaftes Deutschland. Schlesien im Ansturm der Zeiten. Führer durch die Ausstellung. Breslau 1936, 9. 14 Seger, Hans: Geschichte des ehemaligen Museums schlesischer Altertümer. In: Schlesiens Vorzeit 1 (1900) 1–24, hier 9; Kohlhaußen, Heinrich: Schlesischer Kulturspiegel im Rahmen der Kunstsamm­ lungen der Stadt Breslau. Breslau 1935, 50–53; Stein, Rudolf: Das Rathaus und der Große Ring zu Breslau. Geschichte, Beschreibung und Führer. Breslau 1937, 102. 15 Da sich die Schilde nicht auf den Inventarlisten der Kunsttransporte aus Niederschlesien ins Warschauer Nationalmuseum 1945/46 befinden, ist zu vermuten, dass diese zusammen mit anderen schlesischen Militaria-Sammlungen ins kurzzeitig bestehende Museum der Polnischen Armee in Breslau (1947–1952) gelangten und erst nach dessen Auflösung 1951/52 nach Warschau überführt wurden. Zu den Beständen der Transporte nach Warschau im Februar und März 1946 vgl. Rutkowska: Kilka dokumentów, 257–300. Beata Maciejewska bemerkt, dass die Schilde erst 1951 als Sammlungsbestände des Museums der Polnischen Armee in Warschau erfasst wurden. Vgl. Maciejewska: Oddajcie, co nasza. 16 Fastnacht-Stupnicka, Anna: Tarcze dla pułkownika. In: Gazeta Robotnicza am 18. Oktober 1994. Vgl. auch Julisz: Nie lubią Wrocławia. In: Gazeta Robotnicza am 31. März 1994; Thum: Die fremde Stadt, 522; Brown, Hilary/Fuhrmann, Karolina/Milewicz, Maciej: Geschichtspolitik und lokale Identität in Breslau seit 1989. In: Ther, Philipp/Królik, Tomasz/Henke, Lutz (Hg.): Das polnische Breslau als europäische Metropole. Erinnerung und Geschichtspolitik aus dem Blickwinkel der Oral History/ Polski Wrocław jako metropolia europejska. Pamięć i polityka historyczna z punktu widzenia oral history. Wrocław 2005, 42–52, hier 47 f.

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büste der heiligen Dorothea aus der Rathauskapelle, welche sich seit 1946 im Besitz des Warschauer Nationalmuseums befand, stieg zu einem Symbol für die umstrittene Inbesitznahme des Breslauer Kulturerbes in der Nachkriegszeit auf.17 Einen öffentlichkeitswirksamen Erfolg verbuchte im Jahr 2000 die Breslauer Kulturjournalistin Beata Maciejewska, als sie ihre Ausführungen zu den Merkwürdigkeiten der polnischen Nachkriegsgeschichte mit einer zugespitzten Forderung an die Warschauer Museen verband: „Gebt zurück, was uns gehört!“ Unterstützung erhielt sie für ihre Kampagne unter anderem von der Breslauer Stadtregierung und dem Parlament der Woiwodschaft Niederschlesien. Aus Warschau waren dagegen kritische Töne und Unverständnis zu vernehmen, warum sich Breslau auf ehemals deutsche Museumssammlungen berufe. Die Rückgabeverhandlungen mit dem Warschauer Nationalmuseum brachten schnellere Erfolge als mit dem Armeemuseum: Das Warschauer Nationalmuseum trat noch im selben Jahr die Besitzrechte an der Reliquienbüste an sein Breslauer Pendant ab.18 Aus dem Armeemuseum konnte im Juli 2002 immerhin eines von vier Schilden nach Breslau zurückkehren. Für die restlichen Exemplare einigten sich die Museen auf das Anfertigen von Kopien.19 Die Breslauer Kampagne polarisierte und erlebte ein breites mediales Echo. Sie zeigt exemplarisch das Bestreben der Stadtregierung und verschiedener kulturellen Eliten, das gesamte Kulturerbe Breslaus als Teil einer lokalen Tradition zu begreifen. Zusammen mit der 2009 eröffneten Dauerausstellung, in der die Schilde einen würdigen Platz erhalten haben, markiert die Rückkehr verschiedener Breslauer Kulturgüter aus Warschauer Museen einen vorläufigen Höhepunkt in der öffentlichen Aneignung des historischen Erbes. Die aktuellen Entwicklungen vermitteln einen ersten Eindruck, wie eng verzahnt die Breslauer Museen der ehemals deutschen und heute polnischen Stadt sind. Viele der alten, prächtigen Ausstellungsgebäude existieren nicht mehr und ihre Sammlungen wurden an neue Orte verbracht, und doch zeigt die vorliegende Untersuchung eine Reihe von verblüffenden Kontinuitäten, von dezidierten Rückbezügen auf das alte Erbe, die erst wenige Jahre zurückliegen. Die Neuinterpretationen, Leugnungen und Aneignungen der musealen Güter im Verlauf des 20. Jahrhunderts gilt es zu durchdringen, will man die historischen und aktuellen Dimensionen des Breslauer Kulturerbes begreifen.

17 Woźny, Juliusz: Warszawiacy cwaniacy. Kolejne arcydzieło odjedzie z Wrocławia? In: Wieczór Wrocławia am 25. Juni 1997. 18 Maciejewska: Oddajcie, co nasza; dies.: Pawęża hardego męża. Oddajcie, co nasza. O tarczach, które zagrabiła nam stolica. In: Gazeta Wyborcza Wrocław am 25. April 2000; Krzywka, Łukasz: Oddajcie, co nasze. Raport. In: Gazeta Wyborcza Wrocław am 30. Mai 2000; Maciejewska, Beata: Mamy Dorotę. Dziś minister kultury przekaże nam pierwsze zabytki z Warszawy. In: Gazeta Wyborcza Wrocław am 15. Dezember 2000. 19 Das aus Warschau entliehene Original (Rotes Kreuz auf schwarzem Grund) befindet sich zusammen mit den Kopien zweier weiterer Breslauer Schilde des Armeemuseums in der Dauerausstellung „1000 lat Wrocławia“. Vgl. Adak: Tarcza wróciła do ratusza. In: Gazeta Wyborcza Wrocław am 11. Juli 2002; Maciejewska, Beata: Wojna ze stolicą, czyli jak oddawali, co nasze. In: Gazeta Wyborcza Wrocław am 19. März 2010.

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2.2. Die Historischen Museen in Breslau – Ein Überblick

Abbildung 2: Das ehemalige Ständehaus am Schlossplatz diente seit 1899 als Sitz des Schlesischen ­Museums für Kulturgewerbe und Altertümer. Das Gebäude wurde im März 1945 während der Belagerung Breslaus gesprengt. An seiner Stelle befindet sich seit 2015 das Nationale Musikforum. Die Fotografie zeigt die Fassade des ehemaligen Landtagsgebäudes am Schlossplatz um 1880.

Die Ursprünge der wertvollen Sammlungen und großen Breslauer Museen stehen insbesondere mit zwei Phänomenen im Zusammenhang. In der Frühen Neuzeit spendeten verschiedene wohlhabende Breslauer Patrizier ihre großen Kunst- und Buchsammlungen den kirchlichen und städtischen Bibliotheken. Zusammen mit den Sammlungen der Kirchen und Klöster bildeten diese Spenden aus dem Bürgertum den Mittelpunkt der Schätze des alten Breslaus.20 Die zweite einschneidende Entwicklung war die Säkularisation kirchlichen Besitzes im Zuge der preußischen Reformen im frühen 19. Jahrhundert. Der aus Berlin entsandte Beamte Johann Gustav Gottlieb Büsching (1783–1829) trug in Breslau nicht nur die Kunst- und Kulturschätze aus den Kirchen und Klöstern 20 Zu den bedeutendsten Spendern der Breslauer Kunst- und Altertümersammlungen zählten Thomas Reh­diger (1540–1576), Albrecht von Sebisch der Ältere (1610–1688) und der Jüngere (1685–1748) sowie Johann Sigismund von Haunold (1634–1711). Vgl. Houszka, Ewa: Prehistoria wrocławskich muzeów/Vorgeschichte der Breslauer Museen. In: Łukaszewicz (Hg.): Muzea sztuki, 11–24. Zu den alten Samm­lungen, historischen Gesellschaften und ersten Museumsgründungen in Breslau vgl. Garber, Klaus: Das alte Breslau. Kulturgeschichte einer geistigen Metropole. Köln/Weimar/Wien 2014, 199–225, 421–440.

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Abbildung 3: Das ehemalige Residenzschloss der preußischen Könige und deutschen Kaiser diente seit 1926 als Erweiterung des Schlesischen Museums für Kunstgewerbe und Altertümer. Das Gebäude wurde im Mai 1945 wenige Tage nach der Kapitulation Breslaus durch einen Brand schwer beschädigt und 1969 zu großen Teilen abgerissen. Fotografie um 1880.

Niederschlesiens zusammen, sondern bereitete auch die Präsentationen dieser Güter in einer Galerie vor.21 1815 öffnete dieses erste Breslauer Museum, das Königliche Museum für Kunst und Altertümer im ehemaligen Augustinerstift auf der Sandinsel.22 Das aufstrebende Breslauer Bürgertum mit seinen Vereinen und Gesellschaften bildete am Ende des 19. Jahrhunderts den Motor für die Gründung der beiden größten und bedeutendsten Breslauer Museen. Das von der Provinz getragene Schlesische Museum 21 Hałub, Marek: Johann Gustav Gottlieb Büsching 1783–1829. Ein Beitrag zur Begründung der schlesischen Kulturgeschichte. Wrocław 1997, 67–73. 22 Die Abteilung der Altertümer eröffnete 1818, aus ihr ging 1862 das Museum Schlesischer Altertümer hervor, welches der Museumsverein 1897 an die Stadt Breslau übertrug. Seit 1869 beherbergte das Museum auch die Ratsaltertümer der Stadt Breslau. Vgl. Seger: Geschichte, 1–24; Bandurska, Zofia: Królewskie Museum Sztuki i Starożytności. In: Łukaszewicz (Hg.): Muzea sztuki, 27–36; Garber: Das alte Breslau, 427–438. Einen allgemeinen Überblick der Breslauer Museumsgeschichte enthalten Weger, Tobias: Museen in Schlesien. Gestern und heute/Muzea na Śląsku. Wczoraj i dziś. In: Bauer, Markus u. a. (Hg.): Schlesisches Museum zu Görlitz. Museum für eine europäische Kulturregion/ Muzeum Śląskie w Görlitz. Muzeum europejskiego regionu kulturowego. Dößel 2006, 35–44; Łukaszewicz, Piotr: Das Nationalmuseum in Breslau vor dem Hintergrund der Geschichte der Breslauer Kunstmuseen. In: ders.: Die Blume Europas. Meisterwerke aus dem Nationalmuseum Breslau (Wrocław). Wallraf-Richartz-Museum. Köln 2006, 13–28.

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Abbildung 4: Seit dem 1968/69 erfolgten Abriss mehrerer Gebäude des ehemaligen Schlossmuseums fehlt eine Verbindung zwischen dem Südflügel am Plac Wolności (ehm. Schlossplatz) und dem SpätgenPalais an der Ulica Kazimierza Wielkiego (ehm. Karlsstraße). Die erhaltenen Teile des Südflügels dienen seit 2016 wieder als Ausstellungsgebäude.

der Bildenden Künste eröffnete 1880 in einem neuen repräsentativen Museumsgebäude und beherbergte die alten Gemälde- und Skulpturensammlungen.23 Teile des Altertümermuseums und der Kunstgewerbesammlung wurden 1899 im Schlesischen Museum für Kunstgewerbe und Altertümer vereinigt. Diese von der Stadt getragene Institution erhielt ihren Sitz im ehemaligen Ständehaus am Schlossplatz.24 Die Sammlung von historischem und modernem Kunstgewerbe hatte ihre Wurzeln in der Bildungsbewegung 23 Janitsch, Julius: Beschreibendes Verzeichnis der Gemälde. Schlesisches Museum der Bildenden Künste zu Breslau. Breslau ⁵1908 [¹1886], III–V; Martin, Otto: Das Museum der bildenden Künste in Breslau. Bauform und Bildprogramm. In: Jahrbuch der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau 25 (1984) 179–234; Łukaszewicz, Piotr: Śląskie Muzeum Sztuk Pięknych/Schlesisches Museum der bildenden Künste. In: ders. (Hg.): Muzea sztuki, 73–94. Zur Architektur des Museumsgebäudes vgl. Grzegorczyk, Bożena: Pałace-instytucje dziewiętnastowiecznego Wrocławia. Znak patronatu obywatelskiego. Toruń 2014, 277–295. Zum SMdBK in der NS-Zeit vgl. Codogni-Łańcucka, Diana: Śląskie Muzeum Sztuk Pięknych w okresie Trzeciej Rzeszy. In: Quart. Kwartalnik Instytutu Historii Sztuki Uniwersytetu Wrocławskiego 36/2 (2015) 56–77. 24 Masner, Karl: Die ersten 25 Jahre unseres Museums. In: Schlesiens Vorzeit 8 (1924) 1–4; Seger, Hans: Fünfundsiebzig Jahre Schlesischer Altertumsverein. In: Schlesiens Vorzeit 10 (1933) 1–11; Łukaszewicz, Piotr: Śląskie Muzeum Przemysłu Artystycznego i Starożytności/Schlesisches Museum für Kunstgewerbe und Altertümer. In: ders. (Hg.): Muzea sztuki, 97–122.

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Abbildung 5: Das Spätgen-Palais und seine beiden Anbauten dienten nach dem Wiederaufbau seit 1954 bzw. 1963 wieder als Ausstellungsgebäude für die ethnologischen und archäologischen Sammlungen. Nach grundlegendem Umbau zeigt es seit 2009 als „Königsschloss“ eine Dauerausstellung zur Stadtund Gebäudegeschichte.

des 19. ­Jahrhunderts, nach der die Ausstellungen Vorbilder für die regionale Wirtschaft bieten sollten.25 Diesem Anspruch wurden auch die Breslauer Sammlungen zur schlesischen Früh- und Kulturgeschichte untergeordnet, als „Bild des früheren Kulturlebens unserer Provinz […], in dem das Kunstgewerbe hier aufwuchs“.26 Die Sammlungen und Themen des Museums gingen dabei weit über die Kulturgeschichte Breslaus hinaus. Die Stadtgeschichte, die im Mittelpunkt der vorliegenden Studie steht, verblieb nur als marginaler Bestandteil der Museumssammlungen. Daran änderten auch die mehrfachen Erweiterungen des städtischen Kunstgewerbe- und Altertümermuseums nach dem Ersten Weltkrieg wenig. Neu eröffnet wurden das Haus Albert und Toni Neisser (1920),27

25 Mundt, Barbara: Die deutschen Kunstgewerbemuseen im 19. Jahrhundert. München 1974, 11–14. 26 [Masner, Karl/Seger, Hans]: Überblick über die Sammlungen. In: Schlesiens Vorzeit 1 (1900) 37–54, hier 38, 45. 27 Buchwald, Conrad: Das Haus Albert und Toni Neisser. Ein Führer. Schlesisches Museum für Kunstgewerbe und Altertümer. Breslau ²1921 [¹1920]; Łukaszewicz, Piotr: Dom Alberta i Toni Neisserów. Zapomniany rozdział z dziejów wrocławskich muzeów. In: Roczniki Sztuki Śląskiej 15 (1991) 39–57; ders.: Dom Alberta i Toni Neisserów/Das Haus Albert und Toni Neisser. In: ders. (Hg.): Muzea sztuki, 139–144.

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Abbildung 6: Das 1459 errichtete Zeughaus auf dem Burgfeld (Arsenał Miejski) gehört seit 1973 zum Historischen Museum. Es beherbergt die archäologischen und militärgeschichtlichen Sammlungen. Seit 1979 wurden dort mehrfach große Sonderausstellungen gezeigt.

das ­Breslauer Schloss­museum (1926)28 und das Lapidarium im ehemaligen Bernhardinerkloster (1928).29 Zu den Breslauer Geschichtsmuseen vor 1945 zählten neben dem traditionsreichen Archäologischen Museum der Universität zu Breslau (gegründet 1862, umgezogen 1934)30 auch ein Städtisches Schulmuseum (seit 1889)31 mit einer historischen Sammlung und ein Fürstbischöfliches Diözesanmuseum (seit 1898)32 zur ­katholischen 28 Hintze, Erwin: Führer durch das Schloßmuseum in Breslau. Breslau 1930; Łukaszewicz, Piotr: Muzeum Zamkowe/Schloßmuseum. In: ders. (Hg.): Muzea sztuki, 147–157. 29 Łukaszewicz: Śląskie Muzeum Przemysłu, 110 f.; Gola, Agnieszka/Ławicka, Magdalena: Od klasztoru do muzeum. Dzieje zespołu zabudowań bernardyńskich we Wrocławiu. Muzeum Architektury we Wrocławiu. Wrocław 2009, 195–199. 30 Oehlke, Hedda: Das Archäologische Museum in der Neuen Sandstraße. In: Jahrbuch der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau 3 (1958) 20–23; Bandurska, Zofia: Muzeum Archeologiczne/Archäologisches Museum. In: Łukaszewicz (Hg.): Muzea sztuki, 67–71; Więcek: Muzea wrocławskie, 20, 78. 31 Hübner, Max: Unser Schulmuseum in Wort und Bild. Städtisches Schulmuseums zu Breslau. Breslau 1916. Zu den Sammlungen vgl. Katalog des Städtischen Schulmuseums zu Breslau. Ausstellungs­ verzeichnis. Breslau ⁶1913 [¹1898]; Kulak, Teresa: Das Schulmuseum in den Jahren 1891–1945. In: Zwierz, Maria (Hg.): Breslauer Schulen. Geschichte und Architektur. Wrocław 2005, 80–84. 32 Jungnitz, Josef: Das Breslauer Diözesanmuseum. Breslau 1903; Nowak, Alfons: Führer durch das Erzbischöfliche Diözesanmuseum in Breslau. Breslau 1932; Urban, Wincenty: Muzeum Archidiecezjalne we Wrocławiu oraz katalog jego zbiorów. Lublin 1975, 6–15; Pater, Józef: Muzeum Archidiecezjalne/ Erzbischöfliches Diözesanmuseum. In: Łukaszewicz (Hg.): Muzea sztuki, 125–136.

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­ irchengeschichte der Region. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges prägten die beiden K Schlesischen Museen, also die Gemäldegalerie der Provinz sowie das Kunstgewerbe- und Schlossmuseum der Stadt, das Breslauer Museumswesen. Die Sammlungen des Schlossmuseums und des Schlesischen Museums für Kunstgewerbe und Altertümer erfuhren im Zuge der nationalsozialistischen Kulturpolitik unter dem Verbund „Kunstsammlungen der Stadt Breslau“ eine Neuordnung, und auch das Museum der Bildenden Künste wurde 1933 nach der Entlassung seines Direktors und der Aussonderung eines Teils seiner Sammlungen in eine temporäre Schmäh-Abteilung „Kunst der Geistesrichtung 1918– 1933“ grundlegend umgebaut.33 Im „Dritten Reich“ wuchsen die Breslauer Sammlungen durch eine Bereicherung an den Kunstsammlungen der vertriebenen und ermordeten jüdischen Bevölkerung,34 auch beteiligten sich Breslauer Museumskuratoren am Kunstraub im besetzten Polen und der Sowjetunion.35 Die Planungen für den Aufbau eines zentralen Deutschen Ostmuseums36 in Breslau beendete der Zusammenbruch der deutschen Eroberungspolitik. Vor der 80-tägigen Belagerung Breslaus im Frühjahr 1945 wurden große Teile der Kunstsammlungen in das schlesische Umland evakuiert.37 Viele Museumsobjekte und -gebäude fielen jedoch den Kriegshandlungen zum Opfer, so sprengte die deutsche Festungsbesatzung im März 1945 das Kunstgewerbemuseum im Ständehaus für den

33 Zuschlag, Christoph: „Entartete Kunst“. Ausstellungsstrategien im Nazi-Deutschland. Worms 1995, 157–162; Codogni-Łańcucka: Śląskie Muzeum, 59 f. Zu den Breslauer Kunstausstellungen während der NS-Zeit vgl. Kamiński, Artur: Wrocławskie targi i wystawy w systemie propagandy hitlerowskiej w latach 1933–1944. Wrocław 2001, 238–257. 34 Stolarska-Fronia, Małgorzata: Udział środowisk Żydów wrocławskich w artystycznym i kulturalnym życiu miasta od emancypacji do 1933 roku. Warszawa 2008, 293–299. 35 Museumsdirektor Gustav Barthel und sein Mitarbeiter Erich Meyer-Heisig unterstützten den Bres­ lauer Kunsthistoriker Dagobert Frey bei der Beschlagnahme von Kunstwerken in Polen. Vgl. Störtkuhl, Beate: Deutsche Ostforschung und Kunstgeschichte. In: Piskorski, Jan M./Hackmann, Jörg/ Jaworski, Rudolf (Hg.): Deutsche Ostforschung und polnische Westforschung im Spannungsfeld von Wissenschaft und Politik. Disziplinen im Vergleich. Osnabrück/Poznań 2002, 119–134, hier 130 f.; Arend, Sabine: Studien zur deutschen kunsthistorischen „Ostforschung“ im Nationalsozialismus. Die Kunsthistorischen Institute an den (Reichs-)Universitäten Breslau und Posen und ihre Protagonisten im Spannungsfeld von Wissenschaft und Politik. Berlin 2010, 570–573. Vgl. auch Nicholas, Lynn H.: The rape of Europa. The fate of Europe’s treasures in the Third Reich and the Second World War. New York 1994, 71 f.; Łukaszewicz: Śląskie Muzeum Przemysłu, 119. Der Breslauer Kurator Christian Gündel arbeitete seit 1943 zeitweise für den „Kunstschutz“ in der Sowjetunion. 1944 holte er die Raubkunstausstellung „Schwert und Pflug in Nord-Russland“ ins Breslauer Schlossmuseum. Vgl. Kuhr-Korolev, Corinna/Schmiegelt-Rietig, Ulrike/Zubkova, Elena: Kunst im Krieg. Studien zu Kunstraub und Kunstschutz in der Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg [Publikation in Vorbereitung]. 36 Bandurska, Zofia: Architektura budynków muzealnych/Architektur der Museumsgebäude. In: Łukaszewicz (Hg.): Muzea sztuki, 159–211, hier 181 f.; Störtkuhl, Beate: Moderne Architektur in Schlesien 1900 bis 1939. Baukultur und Politik. München 2013, 366 f. 37 Gębczak, Józef: Losy ruchomego mienia kulturalnego i artystycznego na Dolnym Śląsku w czasie drugiej wojny światowej. Muzeum Narodowe we Wrocławiu. Wrocław 2000; Kowalińska, Maria/ Młynarski, Ryszard/Rozpara, Urszula: Losy ruchomego mienia kulturalnego, artystycznego i archiwalnego Uniwersytetu Wrocławskiego. In: Głowiński, Tomasz (Hg.): Festung Breslau 1945. Historia i pamięć. Wrocław 2009, 235–254.

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Bau eines Flugfeldes. Das Museum der Bildenden Künste brannte infolge von Granatenbeschuss größtenteils aus.38 Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Breslau unter polnische Verwaltung gestellt und hatte bis 1947/48 einen nahezu vollständigen Austausch seiner Bevölkerung zu erdulden. In der Übergangszeit kam es zu weiteren Zerstörungen vieler Baudenkmäler und ihrer Kulturschätze. Plünderungen und Bränden fielen mehrere Kirchen und auch das Schlossmuseum zum Opfer. Noch am 10. Mai 1945 inspizierte eine Delegation der neuen polnischen Stadtverwaltung das Schlossmuseum mitsamt seiner verbliebenen Sammlungen, vier Tage später brannte es fast vollständig aus.39 Zwei Drittel seiner Ruinen wurden 1969 abgerissen, auch das beschädigte Gebäude des Schlesischen Museum der Bildenden Künste wurde nicht wiederaufgebaut und 1964 abgerissen.40 Der Wiederaufbau des Breslauer Museumswesens konzentrierte sich auf verbleibende Flügel des ehemaligen Schlossmuseums, in denen ein Vorgeschichtliches beziehungsweise Archäologisches Museum (1946/63)41 sowie ein Ethnographisches Museum (1954)42 entstanden, und schwerpunktmäßig auf das 38 Gębczak, Józef: Muzeum Śląskie w latach 1945–1956. In: Roczniki Sztuki Śląskiej 1 (1959) 177–239, hier 178. 39 In der Nacht vom 13. auf den 14. Mai 1945 brannte das ehemalige Residenzschloss nahezu vollständig aus. Als Brandstifter werden sowjetische Soldaten vermutet. Vgl. Demidziuk, Krzysztof: W 60. rocznicę powołania Państwowego Muzeum Prehistorycznego we Wrocławiu. In: Wrońska-Cupiał, Beata (Hg.): „Nie ma jak w domu“. O Wrocławiu … dla Macieja Łagiewskiego dyrektora Muzeum Miejskiego Wrocławia w 50. rocznicę urodzin. Muzeum Miejskie Wrocławia. Wrocław 2005, 94–99, hier 96. Zum Schlossbrand vgl. auch Gębczak: Muzeum Śląskie, 178; Łukaszewicz: Muzeum Zamkowe, 156; Tyszkiewicz, Jakub: Od upadku Festung Breslau do stalinowskiego Wrocławia. Kalendarium 1945–1950. Warszawa/Wrocław 2000, 11 f. Zum Vandalismus in der Nachkriegszeit und den Bränden in der Maria-Magdalena-Kirche, der Annenkirche sowie in den Sammlungen der Staats- und Universitätsbibliothek vgl. Thum: Die fremde Stadt, 172–175. 40 Bis auf das Spätgen-Palais mit Anbauten und einer Spitze des Südflügels wurden alle Gebäudeteile der Schlossanlage 1969 abgerissen. Vgl. Bandurska: Architektura budynków muzealnych, 209; Thum: Die fremde Stadt, 481–485. 41 Im teilweise erhaltenen Südflügel des Schlosses begann das Staatliche Vorgeschichtliche Museum (Państwowe Muzeum Prehistoryczne) bereits im Juni 1945 seine Arbeit und zeigte 1946 im Universitätsgebäude die Sonderausstellung „Słowianie na ziemiach śląskich“. 1948 wurde das Museum zu einer Filiale des Staatlichen (Schlesischen) Museums degradiert und 1963 als Archäologisches Museum im wiederaufgebauten Nordflügel (Pałac Spaetgenów) des Schlosses erneut selbständig (bis 1999). Seit 2001 befindet sich das Archäologische Museum im Alten Zeughaus (Arsenał) als Filiale des Städtischen Museums Breslau. Seit 1959 gibt das Museum die Zeitschrift „Silesia Antiqua“ heraus. Vgl. Jamka, Rudolf: Muzeum Prehistoryczne we Wrocławiu. In: Kwartalnik Muzealny 1/1–4 (1948) 148–150; Sarnowska, Wanda: Muzeum Prehistoryczne w latach 1945–47. In: Silesia Antiqua 1 (1959) 257–275; dies. (Hg.): Śląsk w pradziejach Polski. Wystawa. Muzeum Archeologiczne we Wrocławiu. Wrocław/ Warszawa/Kraków 1970; dies.: The Archaeological Museum in Wrocław. In: Annales Silesiae 7 (1977) 53–61; Demidziuk: W 60. rocznicę, 94–99; Smolak, Marzena: Archäologisches Museum. In: Lejman, Beata (Hg.): Museen in Breslau. Wrocław 2012, 14–19. 42 Das Ethnographische Museum wurde 1953 als Filiale des Schlesischen Museums gegründet und hatte von 1954 bis 2004 seinen Sitz im linken Nordflügel des ehemaligen Residenzschlosses. Seit 2004 befindet sich das Museum im ehemaligen Sommerpalais der Breslauer Fürstbischöfe (Websky-Schlößchen). Seit 1961 gibt das Museum die Zeitschrift „Roczniki Etnografii Sląskiej“ heraus. Vgl. Rostworowska, Magdalena: Etnografisches Museum. In: Starzewska, Maria (Hg.): Die Museen in Wrocław. Führer.

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Gebäude der ehemaligen Provinzialregierung: Dort wurde ein zentrales Staatliches beziehungsweise Schlesisches Museum (1947/48) für Kunst und Kulturgeschichte gegründet.43 Die ins Umland ausgelagerten Sammlungen wurden in den Jahren 1945/46 Opfer von Plünderungen und eines massenhaften Abtransports nach Zentralpolen und in die Sowjetunion. Große Teile konnten für die neuen Breslauer Museen gerettet werden, doch noch heute zieren verschiedene Objekte der Breslauer Sammlungen Abteilungen von Warschauer Museen.44 Die Anfänge des neuen Breslauer Museumswesens prägten maßgeblich Wissenschaftler und Museologen aus Lemberg. Aus der ehemaligen ostpolnischen Stadt, die im Zuge der „Westverschiebung“ Polens ein Teil der Ukrainischen Sowjetrepublik geworden war, stammte auch ein bedeutender Teil der neuen Breslauer Kunstsammlungen im Schlesischen Museum und im traditionsreichen OssolińskiNationalinstitut (1946, 1817 in Lemberg gegründet).45 Der schnelle Wiederaufbau des Museumswesens in Niederschlesien sah sich mit der Herausforderung konfrontiert, sich bei einer nur minimalen personellen Kontinuität das Wissen über die Sammlungsgüter anzueignen.46 Die Aufbaujahre lassen sich dabei in drei Phasen der politischen Kontrolle

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Wrocław/Warszawa/Kraków 1974, 40–47; Berendt, Elżbieta/Golla, Hanna: Ethnographisches Museum Wrocław. Muzeum Narodowe we Wrocławiu. Wrocław 2008, 23–31; Żak, Izabela: Ethnografisches Museum. In: Lejman (Hg.): Museen in Breslau, 38–43. Das Staatliche Museum in Breslau wurde 1947 gegründet und im Juli 1948 eröffnet, seit 1950 trug es den Namen Schlesisches Museum in Breslau und fungierte als Zentralmuseum für Niederschlesien und weitere Bereiche der neuen Westgebiete, 1970 erhielt es den Namen Nationalmuseum in Breslau. Seit 1959 gibt das Museum die Zeitschrift „Roczniki Sztuki Śląskiej“ heraus. Vgl. Gębczak, Józef: Muzeum Śląskie w latach 1945–1956. In: Roczniki Sztuki Śląskiej 1 (1959) 177–239; ders.: Historia i rozwój muzeum w latach 1945–1961. In: Markowski, Mieczysław (Hg.): Kalendarz Wrocławski 1962. Przewodnik po wystawach stałych Muzeum Śląskiego we Wrocławiu. Wrocław 1962, 423–425; Łukaszewicz: Das Nationalmuseum, 13–28; Weger, Tobias: Lokal- und Regionalgeschichte in der deutschen und polnischen Geschichtskultur. Schwerpunkt Museen. In: Herget, Beate/Pleitner, Berit (Hg.): Heimat im Museum? Museale Konzeptionen zu Heimat und Erinnerungskultur in Deutschland und Polen. München 2008, 79–101, hier 82–85; Korżel-Kraśna, Małgorzata: Kronika 1947–48. In: Hermansdorfer, Mariusz (Hg.): Muzeum Narodowe we Wrocławiu 1947–2007. Wrocław 2008, 10–16. Zu den Beständen der Transporte nach Warschau im Februar und März 1946 vgl. Rutkowska: Kilka dokumentów, 257–300. Hervorzuheben ist die 2013 erneuerte Galerie für mittelalterliche Kunst des Warschauer Nationalmuseums. Ohne Angaben zur Herkunft der Sammlung zeigt diese zahlreiche Breslauer Objekte, die sich bis 1945/46 in Niederschlesien befunden hatten. Vgl. Porajska-Hałka, Maria (Hg.): Galeria Sztuki Średniowicznej. Muzeum Narodowe w Warszawie. Warszawa 2013; Zybura: Der Umgang, 23 f. Das 1817 gründete Ossoliński-Institut eröffnete 1823 in Lemberg ein Museum mit den Sammlungen des Fürsten Lubomirski. 1946/47 wurden Teile der Sammlungen aus der an die Sowjetunion gefallenen Stadt nach Breslau verbracht, verstaatlicht, 1995 restituiert und um weitere Sammlungen ergänzt. Das Institut bereitet die Neugründung eines Museums der Fürsten Lubomirski vor, 2016 eröffnete es am Rynek ein Pan Tadeusz-Museum. Bereits 1948 eröffnete das Institut in seiner Bibliothek zwei erste Ausstellungen: „Wystawa zbiorów Ossolineum“ und „Dzieje języka polskiego na Śląsku“. Vgl. Pajączkowski, Franciszek: Zakład narodowy im. Ossolińskich we Wrocławiu w 1948 roku. Wrocław 1949, 13 f.; Lejman, Beata: Museum der Fürsten Lubomirski im Ossoliński Nationalinstitut. In: dies. (Hg.): Museen in Breslau, 58–61. Sawicka, Stanisława M.: O program muzealny dla Ziem Odzyskanych. In: Przegląd Zachodni 2/2 (1946) 849–857, hier 854–856. Einer der wenigen Breslauer Museumsassistenten, der einer Zwangs­ aussiedlung nach Deutschland entging und sich in den ersten Nachkriegsjahren am Wiederaufbau des Museumswesens beteiligte, war der Kunsthistoriker Bernhard Stephan (1890–1979). Vgl. Łukaszewicz, Piotr: In memoriam Bernhard Stephan. In: Roczniki Sztuki Śląskiej 15 (1991) 9–12.

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gliedern. Die Mehrzahl der seit 1946 neu aufgebauten Museen wurden 1950 zu Filialen regionaler Zentralmuseen, unter anderem des Schlesischen Museums in Breslau, degradiert, welches unter der direkten Kontrolle des Warschauer Ministeriums für Kultur und Kunst stand. 1956/57 wurde diese zentrale Aufsicht wieder zugunsten regionaler Zuständigkeiten der Woiwodschaften und Gemeinden gelockert und damit eine neue Phase von Museumsgründungen ermöglicht.47 Zu den Sammlungen des Schlesischen Museums in Breslau (seit 1970 Nationalmuseum in Breslau) zählten neben der regionalen und überregionalen Kunst auch die Kulturgeschichte Schlesiens. Ein selbständiges Museum mit stärkeren Bezügen zur Breslauer Stadtgeschichte entstand erst 20 Jahre nach Kriegsende in Form eines Historischen Museums der Stadt Breslau (ein Vorläufer existierte kurzzeitig von 1948 bis 1950) und eines Museums für Architektur und Wiederaufbau als Teil des Verbundes Museum der Stadt Breslau (1965). 1971 gingen aus diesem Verbund ein selbständiges Historisches Museum in Breslau48 und ein Architekturmuseum in Breslau49 hervor. Im Mittelpunkt der vorliegenden Studie stehen stadtgeschichtliche Ausstellungen. Diese zeigte vor allem das Historische Museum mit seinen Abteilungen im Alten Rathaus, im Partisanenhügel, im Städtischen Zeughaus und auf dem Alten Jüdischen Friedhof. Das Historische Museum Breslau und seine Filialen gingen 1993 an die neu geschaffene kommunale Selbstverwaltung über,50 seit 2000 sind sie Teil des Verbundes 47 Orysiak, Stanisław: Muzea na Ziemiach Zachodnich i Północnych. In: Biuletyn informacyjny Zarządu Muzeów i Ochrony Zabytków 87 (1970) 110–115, hier 111, 113 f.; Lorentz: Przewodnik, 37, 39–42. 48 Im Alten Rathaus am Großen Ring bestand von Juli 1948 bis Ende 1950 ein unabhängiges Historisches Museum der Stadt Breslau (Muzeum Historyczne Miasta Wrocławia), bis 1965 war es eine Filia­ le des Schlesischen Museums und bis 1970/71 Teil des Museums der Stadt Breslau (Muzeum Miasta Wrocławia). Hiernach existierte es als selbständiges Historisches Museum in Breslau (Muzeum Historyczne we Wrocławiu) bis zu seiner Eingliederung in den neuen Verbund Städtisches Museum Breslau (Muzeum Miejskie Wrocławia) im Jahr 2000. Vgl. Piątek, Józef: Muzeum Historyczne Miasta Wrocła­ wia. In: Sobótka 3/2 (1948) 587–589; ders.: Muzeum Śląskie w latach 1962–66. In: Roczniki Sztuki Śląskiej 6 (1968) 143–177, hier 156 f., 162 f.; Powołanie Muzeum Historycznego we Wrocławiu. In: Biuletyn informacyjny Zarządu Muzeów i Ochrony Zabytków 90 (1970) 74–76; Trzynadlowski, Jan: L’hôtel de ville de Wrocław en tant que musée. In: Annales Silesiae 6 (1976) 49–55, hier 50–54; Kowalik, Anastazja: The Historical Museum in Wrocław. In: Annales Silesiae 7 (1977) 29–37, hier 33–36; Więcek: Muzea wrocławskie, 55 f., 64–66; Smolak, Marzena: Historisches Museum in Wrocław. In: Lejman (Hg.): Museen in Breslau, 50–57. 49 Das Museum für Architektur und Wiederaufbau (Muzeum Architektury i Odbudowy) entstand 1965 als Filiale des Museums der Stadt Breslau und besteht seit 1971 als unabhängiges Architekturmuseum (Muzeum Architektury). Vgl. Samodzielne Muzeum Architektury we Wrocławiu z dniem 1.I.1971 r. In: Biuletyn informacyjny Zarządu Muzeów i Ochrony Zabytków 90 (1970) 76–77; Czerner, Olgierd/ Turkiewicz, Krystyna: Muzeum Architektury we Wrocławiu. Informator. Wrocław 1975, 3–6; Gola/ Ławicka: Od klasztoru do muzeum, 218–224, 418–430; Czerner, Olgierd: Organizowanie Muzeum Architektury. In: Moniak, Wiesława/Sadowska, Gabriela (Hg.): 50 lat Muzeum Architektury we Wrocławiu. Wrocław 2015, 51–53. 50 Im September 1992 beschloss der Rat der Stadt Breslau die Übernahme des Historischen Museums als eine städtisch getragene Einrichtung. Bisher hatte es den Status einer staatlichen Institution. Vgl. Muzeum dla miasta. In: Gazeta Dolnośląska/Gazeta Wyborcza Wrocław am 22. September 1992; Komunalizacja muzeum. In: Gazeta Dolnośląska/Gazeta Wyborcza Wrocław am 2. März 1993.

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„Städtisches Museum Breslau“, der 2009 die erste chronologische Dauerausstellung zur Stadtgeschichte im Königsschloss eröffnete.51 Auch wenn der Name der Vorgängerinstitution, Historisches Museum Breslau, den Anschein erweckt, hat es ein Museum speziell für Stadtgeschichte im gesamten 20. Jahrhundert nicht gegeben. Alle Breslauer Museen haben in ihrem Ausstellungsprogramm die Lokalgeschichte nur als einen thematischen Aspekt unter vielen betrachtet und oftmals nur beiläufig behandelt. Die Untersuchung der Musealisierung der Breslauer Stadtgeschichte begrenzt sich daher nicht auf das Ausstellungsprogramm einer einzigen Institution, sondern nimmt Expositionen verschiedener Breslauer Museen und ihrer externen Kooperationspartner in den Blick: Dies sind vor allem die Produkte des Schlesischen Museum für Kunstgewerbe und Altertümer (1899–1945), des Schlesischen Museums (1947, seit 1970 Nationalmuseum) und des Historischen Museums (1948–50, seit 1965). Zu den Breslauer Geschichtsmuseen zählen auch das fortgeführte Erzdiözesanmuseum auf der Dominsel (1947 wiedereröffnet),52 das Museum für Post und Telekommunikation (1956, 1921 in Warschau gegründet),53 das Museum für Medaillenkunst (1965),54 das Militaria-Museum (1976)55 und schließlich das Museum der Universität Breslau (1992).56 Die stadtgeschichtlichen Ausstellungen dieser und weiterer Breslauer Museen fließen in den Kontext der Untersuchung ein. Einige kulturhistorische Institutionen müssen jedoch außen vor bleiben, da ihre thematischen Schwerpunkte von denen des 51 Woj: Wokół reformy muzeów. Niepokój jest nieuzasadniony. In: Wieczór Wrocławia am 14. Oktober 1999; Saraczyńska, Agata: Papierowe muzeum. In: Gazeta Dolnośląska/Gazeta Wyborcza Wrocław am 21. Oktober 1999; Smolak: Historisches Museum, 50–57. 52 Wrześniowski, Zygmunt: Przewodnik po Muzeum Archidiecezjalnym we Wrocławiu. Kuria Arcybiskupia Wrocławska. Wrocław 1952; Urban: Muzeum Archidiecezjalne; Pater, Józef: Muzeum Archidiecezjalne we Wrocławiu. Informator. Wrocław 1985. 53 Lipińska, Lucyna: Muzeum Poczty i Telekomunikacji we Wrocławiu. Przewodnik. Wrocław 2001, 7–9; Szafkowska, Magdalena: Museum für Post und Telekommunikation. In: Lejman (Hg.): Museen in Breslau, 86–91. 54 Das Museum für Medaillenkunst entstand 1965 als Filiale des Museums der Stadt Breslau, von 1973 bis 2000 existierte es als selbständiges Museum, seitdem ist es eine Filiale des Städtischen Museums Breslau und verfügt seit 2008 nicht mehr über eigene Ausstellungsräume. Vgl. Więcek, Adam: We Wrocławiu powstaje Muzeum Sztuki Medalierskiej. In: Biuletyn informacyjny Zarządu Muzeów i Ochrony Zabytków 55 (1964) 101–104; ders.: Muzeum Sztuki Medalierskiej we Wrocławiu 1965–1985. Wrocław 1985; ders.: Muzea wrocławskie, 66–68; Kozarska-Orzeszek, Barbara: 40 lat Muzeum Sztuki Medalierskiej 1965–2005. Muzeum Sztuki Medalierskiej, Oddział Muzeum Miejskiego Wrocławia. Wrocław 2005; Smolak, Marzena: Museum für Medaillenkunst. In: Lejman (Hg.): Museen in Breslau, 108–111. 55 Von 1947 bis 1952 bestand in Breslau eine Filiale des Warschauer Museums der Polnischen Armee. Das Breslauer Militaria-Museum entstand 1976 aus den Sammlungen des Historischen Museums und befindet sich seit 1979 im Städtischen Zeughaus (Arsenał), seit 2000 ist das Miliaria-Museum eine Filiale des Städtischen Museums Breslau. Als zweites Waffenmuseum besteht seit 1976 ein Militärtechnikmuseum der Tadeusz-Kościuszko-Offiziersschule (Muzeum Wojsk Inżynieryjnych wyższej szkoły oficerskiej im. Tadeusza Kościuszki), das nur zeitweise öffentlich zugänglich ist. Vgl. Więcek: Muzea wrocławskie, 52 f., 75–77; Zielińska, Irena: Arsenał. Muzeum Oręża, Oddział Muzeum Historycznego we Wrocławiu. Wrocław 1988, 3, 18; Burak, Marek: Arsenał Wrocławski. Przewodnik historyczny. Muzeum Miejskie Wrocławia. Wrocław ²2012 [¹2003], 67–71. 56 Więcek: Muzea wrocławskie, 78; Szafkowska, Magdalena: The University Museum of Wrocław. In: Lejman (Hg.): Museen in Breslau, 118–125.

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vorliegenden Buches abweichen. Um diesen Überblick zu den Kontinuitäten, Umbrüchen und Rückbezügen in der Geschichte des Breslauer Museumswesens und seiner vielfältigen lokalen und überregionalen Bezugspunkte abzurunden, ist ein Blick auf sechs kulturgeschichtliche Institutionen notwendig, die in der folgenden Untersuchung nur am Rande berücksichtigt werden können. Als Beispiel für eine außergewöhnliche Kontinuität steht das Erzdiözesanmuseum auf der Dominsel. 1898 als Museum des katholischen Bistums in einer mehrheitlich protestantischen Stadt gegründet, überlebte es den Zweiten Weltkrieg als organisatorisch abgesonderte Institution. Daher ist es das einzige ehemals deutsche Museum, welches mit seiner Sammlung im polnischen Breslau fortgeführt wurde.57 Seine kirchliche Trägerschaft wie auch das Fehlen einer deutlichen Kommentierung in der Sammlungspräsentation bewahrten das Museum vor Eingriffen der staatssozialistischen Geschichtspolitik. Das Museum, in dessen Sammlungen sich ein Text mit dem ältesten auf Polnisch niedergeschriebenen Satz (1270)58 befindet, avancierte als Konsequenz des radikalen Bevölkerungswandels nach 1945 von einer Institution einer konfessionellen Minderheit zu einem Museum der Mehrheitsbevölkerung. In diesem Zusammenhang soll auch ein Blick auf das Ethnografische Museum in Breslau geworfen werden. Das 1954 aus einer Abteilung des Schlesischen Museums hervorgegangene Museum enthält volkskundliche Sammlungen sowohl zur traditionellen ländlichen Bevölkerung Niederschlesiens aus dem Zeitraum vor 1945 wie auch zu verschiedenen Herkunftsregionen der heutigen Breslauer, vor allem aus den ehemaligen Ostgebieten Polens. Die Sammlungen kultureller Relikte der unterschiedlichen Landbevölkerungen Niederschlesiens stehen daher in einem Zusammenhang mit dem Austausch der regionalen Bevölkerung und werden heute als solche hervorgehoben.59 Die politischen Umstände der Nachkriegszeit bleiben hier allerdings im Hintergrund, sie sind vielmehr ein Thema der Ausstellungen des Stadtmuseums, welche im Folgenden besprochen werden. Museen und Ausstellungen zur Geschichte gesellschaftlicher Minderheiten sind aufgrund ihrer divergierenden historischen Identitätsbilder besonders interessante Erzeug-

57 Nowak: Führer durch das Erzbischöfliche Diözesanmuseum; Urban: Muzeum Archidiecezjalne, 6–15; Pater: Muzeum Archidiecezjalne; Galewski, Dariusz: Erzdiözesanmuseum. In: Lejman (Hg.): Museen in Breslau, 20–25. 58 Ein symbolisch wertvolles Sammlungsobjekt des Diözesanmuseums ist der landesweit älteste auf Pol­ nisch geschriebene Satz im „Heinrichauer Gründungsbuch“ (1270). Ebenfalls in Breslau, in der Universitätsbibliothek, befindet sich der erste Druck auf Polnisch, die „Statuta Synodalia Episcoporum Wratislaviensium“ (1475) des Druckers Kasper Elyan (ca. 1435–1486). Zur symbolischen Aufladung beider Dokumente in der Volksrepublik Polen vgl. Nieckula, Franciszek/Domagała, Jadwiga: Język Polski na Dolnym Śląsku w źródłach pisanych i drukowanych. Wrocław 1979, 13 f., 18 f. Zum Hintergrund des überwiegend lateinischen Textes von 1270 aus dem Kloster Heinrichau vgl. auch Górecki, Piotr: The Text and the World. The Henryków Book, Its Authors, and Their Region, 1160–1310. Oxford 2015. 59 Das Ethnografische Museum zeigte seit 1985 die Dauerausstellung „Das alte und neue Dorf in Niederschlesien“, die 2004 eröffnete Dauerausstellung trägt den Titel „Niederschlesier. Gedächtnis, Kultur, Identität“. Vgl. Berendt/Golla: Ethnographisches Museum, 23–31; Żak: Ethnografisches Museum, 38–43.

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nisse lokaler Geschichtskultur. Weder im „Polnischen Haus“60 in der Heinrichstraße, der zentralen Institution der Breslauer Polonia in der Zwischenkriegszeit, noch in den Räumen der 1991 gegründeten „Deutschen Sozial-kulturellen Gesellschaft in Breslau“61 ließen sich allerdings lokalgeschichtliche Ausstellungen feststellen. Die Projekte des Vereins „Jüdisches Museum zu Breslau“ (1928–1938) und des 2010 eröffneten jüdischen Kulturzentrums in der Synagoge „Zum Weißen Storch“ können dagegen im Folgenden näher untersucht werden. In einem direkten Bezug zu diesem Umbruch in der Breslauer Stadtgeschichte steht auch die fast 800 Kilometer entfernte „Breslauer Sammlung in Köln“. Diese Heimatstube ehemaliger deutscher Breslauer konserviert die Geschichtskultur einer nicht mehr existierenden städtischen Lebenswelt, wobei die museale Geschichtskultur auch hier nicht statisch ist, sondern seit Gründung der Heimatsammlung 1956 innerhalb der „Vereinigung der Heimatgruppen Breslau“ als Mikrokosmos fortlebt. Köln ist seit 1963 Ausstellungsort dieser Sammlung, da die Stadt und die Universität zu Köln 1950 die „Patenschaft“ über das ehemalige deutsche Breslau und die Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau übernommen haben.62 Da sich die „Breslauer Sammlung“ nicht in Breslau befindet, wird sie allerdings in dieser Studie zur musealen Geschichtskultur in Breslau nicht berücksichtigt. Auf Wechselbezüge wird aber dennoch verwiesen, da zahlreiche Leihgaben dieses kleinen Museums seit 2009 in der stadtgeschichtlichen Dauerausstellung des Breslauer Stadtmuseums gezeigt werden und damit an ihren Bezugsort zurückgekehrt sind.63 Wechselbezüge zu den Breslauer Museen ergeben sich zudem in der Tätigkeit des 1958 gegründeten „Verbandes ehemaliger Breslauer und Schlesier in Israel e. V.“ aus Tel Aviv.64 Auch dieser Verband bildet einen von der Stadt separierten 60 Seit 1918 bestand in der Neuen Gasse (jetzt Ulica Nowa) eine polnische Bibliothek, nach der Zerstörung der Einrichtung und des angrenzenden polnischen Konsulates im August 1920 durch deutsche Nationalisten wurde sie 1922 wiedereröffnet. 1928 zog diese in das neu eröffnete „Polnische Haus“ in die Heinrichstraße (jetzt Ulica gen. Józefa Sowińskiego). Vgl. Zawisza: Gdy mowa polska, 6 f.; dies.: Do nich przyszła Polska… wspomnienia Polaków mieszkających we Wrocławiu od końca XIX w. do 1939 r. Wrocław 1993, 10 f. 61 Der Breslauer Minderheitenverein wurde 1991 offiziell zugelassen und zählt gegenwärtig 1.200 Mitglieder. Seine Vorgängerorganisation wurde 1957 in Wałbrzych (Waldenburg) gegründet. Der Verein enthält finanzielle Zuwendungen u. a. durch das deutsche Generalkonsulat in Breslau und das Institut für Auslandsbeziehungen in Stuttgart. Vgl. Thum: Die fremde Stadt, 148 f.; Gambus, Jolanta u. a.: Breslauer in Wrocław. Die deutsche Minderheit nach der Vertreibung. In: Ther/Królik/Henke (Hg.): Das polnische Breslau, 181–194, hier 184; vor allem Waszkiewicz, Ewa: 50 lat niemieckiego towarzystwa społeczno-kulturalnego na Dolnym Śląsku. In: Niemcoznawstwo 17 (2009) 274–281. 62 Perlick, Alfons: Die ostdeutschen Heimatstuben und Heimatsammlungen in Nordrhein-Westfalen. Troisdorf 1964, 119 f., 124 f.; Engel, Walter/Schuh, Hans-Jürgen (Hg.): Ostdeutsches Kulturerbe. Museen, Heimatstuben, Sammlungen in Nordrhein-Westfalen. Bad Münstereifel 2001, 85 f. Zur Geschichte der schlesischen Sammlungen der deutschen Heimatvertriebenen vgl. Bauer, Markus: Schlesien im Museum. Kultur und Geschichte Schlesiens in deutschen und polnischen Museen nach dem Zweiten Weltkrieg. In: Inter Finitimos 10 (2012) 53–70, hier 58–63. 63 Łagiewski, Maciej: Ein Schloss mit Geschichte. Geschichte im Schloss. In: ders./Okólska/Oszczanowski (Hg.): 1000 Jahre Breslau, 9–18, hier 16. 64 Zur Geschichte des Verbandes vgl. Eiden, Maximilian (Hg.): Von Schlesien nach Israel. Juden aus einer deutschen Provinz zwischen Verfolgung und Neuanfang. Görlitz 2010.

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geschichtskulturellen Mikrokosmos, dessen Rückwirkungen auf den Bezugsort an wenigen Stellen im Kapitel zur jüdischen Geschichte Breslaus Erwähnung finden. Schließlich darf in diesem Überblick zu den Breslauer Geschichtsmuseen auch das weitläufige Messe- und Ausstellungsgelände an der Breslauer Jahrhunderthalle (1913) nicht fehlen. Die imposante modernistische Halle und der benachbarte Vier-KuppelPavillon zählen seit 2006 zum UNESCO -Weltkulturerbe und präsentieren seit 2012 in einem „Zentrum der Erkenntnis“65 eine multimediale Dauerausstellung zur Geschichte des Gebäudes und seiner politischen Funktionalisierung in zwei überregional beachteten historischen Großausstellungen, die zum 100. Jahrestag der von Breslau ausgehenden „Befreiungskriege“ 1813–1815 (1913)66 und zur Demonstration des polnischen Erbes der „Wiedergewonnenen Gebiete“ (1948)67 veranstaltet wurden. Die Musealisierung dieser nationalistisch aufgeladenen Sonderausstellungen verknüpft nicht nur zwei gegensätzliche geschichtskulturelle Traditionen Breslaus, sondern führt auch zwei bedeutende Teile der Breslauer Ausstellungsgeschichte vor Augen. Die beiden bereits gut erforschten Großausstellungen richteten sich mit ihren Botschaften an ein überregionales Publikum und erreichten mit einer Besucherschaft von 4,6 und 1,5 Millionen Gästen jeweils eine „nationale“ Bedeutung in Deutschland und Polen. Ebenfalls in den Ausstellungshallen um die Jahrhunderthalle fand 1919 die politische Sonderausstellung „Arbeit und Kultur in Oberschlesien“ als propagandistischer Beitrag zum Konflikt um die deutschpolnische Grenze in Oberschlesien (1918–1922)68 statt, zu Beginn des 21. Jahrhunderts wurden an gleicher Stelle eine Millenniumsausstellung „Breslau – Meine Stadt“

65 Centrum Poznawcze w Hali Stulecia. Vgl. Urbanek, Mariusz: Ständige Ausstellung „100 Jahre Jahr­ hunderthalle“. In: Lejman (Hg.): Museen in Breslau, 136–141; Kretschmann, Vasco: 1000 Jahre Breslau, 200 Jahre „Befreiungskriege“. Die neuen stadthistorischen Dauerausstellungen im Kontext der Musealisierung der Breslauer Stadtgeschichte im 20. Jahrhundert. In: Inter Finitimos 10 (2012) 70–81. 66 Jahrhundertfeier der Freiheitskriege, Mai bis Oktober 1913. Vgl. Masner, Karl/Hintze, Erwin (Hg.): Die Historische Ausstellung zur Jahrhundertfeier der Freiheitskriege Breslau 1913. Breslau 1916. Zur Jahrhunderthalle, dem Ausstellungsgelände und der historischen Großausstellung vgl. Ilkosz, Jerzy: Tereny wystawowe na Szczytnikach. Geneza wystawy stulecia we Wrocławiu w 1913 ruku. In: Sobótka 54/3 (1999) 393–420; Gussone, Nikolaus: Die historische Ausstellung zur Jahrhundertfeier der Freiheitskriege in Breslau 1913. Ein Beitrag zur Gedenkkultur und Geschichtspolitik im Deutschen Kaiserreich. In: Ilkosz, Jerzy/Störtkuhl, Beate (Hg.): Hans Poelzig in Breslau. Architektur und Kunst 1900–1916. Delmenhorst 2000, 451–475. 67 Wystawa Ziem Odzyskanych, Juli bis Oktober 1948. Vgl. Katalog oficjalny Wystawy Ziem Odzyskanych. Wrocław 1948; Tyszkiewicz, Jakub: Sto wielkich dni Wrocławia. Wystawa ziem odzyskanych we Wrocławiu a propaganda polityczna ziem zachodnich i północnych w latach 1945–1948. Wrocław 1997. Zur Jahrhunderthalle und dem Ausstellungsgelände in der Zeit nach 1945 vgl. auch Eiden, Maximilian/Weger, Tobias: Von der „Jahrhunderthalle“ zur „Hala Ludowa“. In: Czapliński, Marek/ Hahn, Hans-Joachim/Weger, Tobias (Hg.): Schlesische Erinnerungsorte. Gedächtnis und Identität einer mitteleuropäischen Region. Görlitz 2005, 221–248. 68 Arbeit und Kultur in Oberschlesien, Oktober 1919. Vgl. Masner, Karl/Eggers, Paul u. a. (Hg.): Führer durch die Ausstellung Arbeit und Kultur in Oberschlesien. Oktoberschau 1919. Breslau ²1919 [¹1919]; Störtkuhl: Moderne Architektur, 136.

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(2000)69 und eine „Europa-Ausstellung“ (2009)70 zur Zeitgeschichte nach 1945 gezeigt. Mit Ausnahme der Ausstellung zum Stadtjubiläum bildete die Geschichte Breslaus in allen genannten Sonderausstellungen lediglich einen untergeordneten Aspekt, weshalb diese überregional bedeutenden Ausstellungen in der folgenden Untersuchung nur in Auszügen behandelt werden. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht die Musealisierung der Breslauer Stadtgeschichte. Daher wird eine ganze Reihe bekannter und beliebter Breslauer Institutionen übergangen. Vorangestellt sei hier das „Panoramagemälde von Racławice“ zur siegreichen Schlacht der polnischen Aufständischen unter General Tadeusz Kościuszko (1746– 1817) gegen die russische Armee 1794. Das 1893/94 in Lemberg entstandene Gemälde erlangte seine symbolische Bedeutungsebene insbesondere mit der Übertragung des Gemäldes aus der ukrainischen Sowjetrepublik nach Breslau (1946) und jahrelangen, politisch umstrittenen Versuchen einer Neuaufstellung. Anfängliche Vorschläge für eine Präsentation des Gemäldes auf dem Partisanenhügel und anderen Orten wurden bereits 195071 diskutiert und scheiterten an Vorbehalten der Staatsspitze wegen der antirussischen Symbolik des Bildes. Erst ein Aufbegehren eines „Gesellschaftlichen Panorama-Komitees“ konnte seit 1980 die Fertigstellung eines bereits 1968 begonnenen Ausstellungsgebäudes herbeiführen, in welchem 1985 das Großgemälde dauerhaft der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Dieses stieg fortan zum Publikumsliebling und bedeutenden Mittelpunkt der Breslauer Museumslandschaft auf.72 69 Die multimediale Sonderausstellung „Wrocław Moje Miasto“ (Juni bis September 2000) wurde anlässlich des tausendjährigen Stadtjubiläums von der Stadtregierung in Auftrag gegeben. Die Präsentation beschränkte sich allerdings auf die Stadtgeschichte seit 1945. Vgl. Dziedziec, Danuta (Hg.): Wrocław Moje Miasto. Dokumentacja, materiały i komentarze wystawy „Moje Miasto“ zorganizowani staraniem Urzędu Miejskiego Wrocławia w dniach 05.06.–25.09.2000 r. Wrocław 2001; Kostołowski, Andrzej: Biegi z przeszkodami. Wystawy: Ziem Odzyskanych (1948) i Wrocław Moje Miasto (2000). In: Quart. Kwartalnik Instytutu Historii Sztuki Uniwersytetu Wrocławskiego 4/1 (2009) 69–92, hier 85–92. 70 Europa to nasza historia, Mai bis August 2009. Das belgische Projekt „Musée de l’Europe“ unter der Leitung von Krzysztof Pomian zeigte in Brüssel die Sonderausstellung „C’est notre histoire!“ (Oktober 2007 bis März 2008) und sollte nach Präsentationen in verschiedenen europäischen Städten dauerhaft in der Nähe des Brüsseler EU-Parlaments installiert werden. Das Vorhaben wurde jedoch nach 2009 eingestellt und durch das konkurrierende Projekt für ein „Haus der Europäischen Geschichte“ (2017 eröffnet) ersetzt. Mit deutlichen Schwerpunkten auf der polnischen Geschichte präsentierte das Musée-Projekt 2009 in Breslau eine modifizierte Version der Brüsseler Ausstellung. Vgl. Pomian, Krzysztof/Remiche, Benoît: Europa to nasza historia. Katalog wystawy. Wrocław 2009; Hartwich, Mateusz: Europa – to nasza historia/Europe – It’s our History. Wrocław (Breslau). 1. Mai 2009–05. August 2009. In: H-Soz-u-Kult, 25. Juli 2009, http://www.hsozkult.de/exhibitionreview/id/rezausstellungen-123 [Zugriff am 25. Januar 2015]; Kaiser, Wolfram u. a.: Europa ausstellen. Das Museum als Praxisfeld der Europäisierung. Köln/Weimar/Wien 2012, 145 f., 163 f., 179. 71 Protokoł nr. 1/50 z posiedzenia Kom. Kultury odbytego w dn. 11.XI.50: APWr, Prezydium Rady Narodowej Miasta Wrocławia, 152, Bl. 10. Auch 1957 war noch eine zeitnahe Ausstellung des Panoramagemäldes im Gespräch. Vgl. Stu żołnierzy wydobywało z piwnic „Panoramę Racławicką“. In: Trybuna Ludu am 12. April 1957. 72 Steinborn, Bożena: Wystawa w kręgu panoramy Racławickiej. Informator. Muzeum Narodowe we Wrocławiu. Wrocław 1980; [Jahn, Alfred]: Sprawozdanie z działalności społecznego komitetu Panoramy Racławickiej w latach 1980–1985. Muzeum Narodowe we Wrocławiu/Społeczny Komitet Panoramy Racławickiej. Wrocław 1995; Stragierowicz, Beata: Panorama i panoramy/The Panorama and

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Ein Ausblick auf die Entwicklung der Breslauer Museumslandschaft zeigt, dass auch nach der Eröffnung der ersten chronologischen Dauerausstellung zur Stadtgeschichte im Frühjahr 2009 die museale Auseinandersetzung mit der Stadtgeschichte eine große Relevanz genießt, da in weiteren Projekten neue Formen der Visualisierung des komplexen, lokalen Kulturerbes gesucht und erprobt werden sollten. Anfänglich unter dem Arbeitstitel „Museum der Westgebiete“ verfestigten sich seit 2005 Pläne für eine Dauerausstellung über die spannungsgeladene Nachkriegsgeschichte Breslaus, den Austausch der Stadtbevölkerung und den Aufbau eines neuen städtischen Gefüges. Das „Geschichtszentrum im Betriebshof “ an der Ulica Grabiszyńska, einer der zentralen Schauplätze des Arbeiterstreiks von 1980, beleuchtet seit September 2016 vor allem die lebensgeschichtlichen Erfahrungen der heutigen Bewohner im Kontext ihrer neuen Heimat. Die Geschichte der Stadt vor 1945 und ihrer vertriebenen Bewohner blieb hier allerdings ausdrücklich ausgeklammert.73 Nicht nur zur Nachkriegsgeschichte Breslaus, sondern auch zum ostpolnischen Kulturerbe und der jüdischen Stadtgeschichte werden neue Dauerausstellungen geplant. Das traditionsreiche Ossoliński-Institut bereitet die Präsentation seiner Sammlungen in einem „Museum der Fürsten Lubomirski“ vor, in direkter Anknüpfung an das ehemalige Lemberger Museum von 1823. Einen Teil seiner Sammlungen zeigt das Institut seit April 2016 in einem „Pan Tadeusz Museum“ am Breslauer Ring, in dessen Mittelpunkt die Handschrift des polnischen Nationalepos von Adam Mickiewicz steht. Schließlich soll als dritter historischer Ort zur jüdischen Kulturgeschichte neben dem Alten Jüdischen Friedhof und dem Kulturzentrum in der Synagoge eine deutsch-polnische Begegnungsstätte und Kunstgalerie im Haus „Open-Heim“ am Plac Solny entstehen – eine Dauerausstellung wird die komplexe Geschichte der Hauses herausarbeiten und an das Schicksal der Familie Oppenheim erinnern.74 Diese große Reihe der aktuellen Ausstellungsprojekte ließe sich noch an anderer Stelle fortsetzen. Die hier aufgeführten jüngsten Beispiele machen

Panoramas. Muzeum Narodowe we Wrocławiu. Wrocław 1995, 4–12; Zybura, Marek: Das Breslauer Raclawice-Panorama. Ein Beitrag zur transnationalen Verflechtung der Geschichtskultur Polens. In: Aust, Martin/Ruchniewicz, Krzysztof/Troebst, Stefan (Hg.): Verflochtene Erinnerungen. Polen und seine Nachbarn im 19. und 20. Jahrhundert. Köln/Weimar/Wien 2009, 61–68, hier 65 f.; Stragierowicz, Beata: Panorama Racławicka. Wizytówka stolicy Dolnego Śląska. W 25. roczniecę udostępnienia malowidła we Wrocławiu. In: Kucharski, Wojciech/Strauchold, Grzegorz (Hg.): Ziemie Zachodnie. Historia i perspektywy. Wrocław 2011, 399–404. 73 Die 2016 eröffnete Dauerausstellung im „Centrum Historii Zajezdnia“, einem ehemaligen Straßenbahn- und Busdepot an der Ulica Grabiszyńska, trägt den Titel „Wrocław 1945–2016“ und wurde durch das 2007 gegründete städtische Kulturinstitut Ośrodek Pamięć i Przyszłość vorbereitet. Vgl. Saraczyńska, Agata: Centrum osiedlonych. In: Gazeta Wyborcza Wrocław am 20. April 2005; Weger: Lokal- und Regionalgeschichte, 95 f.; Kucharski, Wojciech: Das Zentrum Erinnerung und Zukunft in Wrocław/Breslau. In: Inter Finitimos 8 (2010) 251–253; Mutor, Marek: Jakie muzeum? Kilka uwag o projekcie. In: Kucharski/Strauchold (Hg.): Ziemie Zachodnie, 11–20, hier 14 f. 74 Saraczyńska, Agata: Open-Heim, czyli Otwarty Dom. Pomysł na starą kamienicę w centrum. In: Gazeta Wyborcza Wrocław am 2. September 2015; Höhenleitner, Lisa: Das Oppenheim-Haus erzählt mehr als nur eine Geschichte. In: Hartwich, Mateusz/Rada, Uwe (Hg.): Berlin und Breslau. Eine Beziehungsgeschichte. Berlin 2016, 92–97.

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insgesamt deutlich, dass die nunmehr über 25-jährige Phase des dynamischen Ausbaus der Breslauer Ausstellungslandschaft noch nicht an einen Endpunkt gelangt ist.

2.3. Breslau erforschen – Forschungsstand und Quellen Die Herausbildung eines neuen städtischen Charakters nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges und dem Umbruch in der kulturellen Tradition eines in Jahrhunderten symbolisch geformten Raumes machen die ehemals ostdeutschen wie auch die ehemaligen ostpolnischen Großstädte für Studien zur städtischen Geschichtskultur und kulturell-politischen Transformation besonders spannend. Seit den viel beachteten Werken von Bert Hoppe („Auf den Trümmern von Königsberg“, 2000)75 und von Gregor Thum („Die fremde Stadt“, 2003)76 zu den Transformationen Königsbergs (seit 1946 Kaliningrads) und Breslaus nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden eine ganz Reihe solcher Stadtportraits, unter anderem zu Danzig, Grodno, Kattowitz, Lemberg, Posen, Stettin und Wilna.77 Die Prozesse der selektiven materiellen und geistigen Aneignung der Kulturgüter in den neuen polnischen Gebieten beschrieben zunächst Marek Zybura (1999)78 sowie zwei Konferenzbände unter der Leitung von Zbigniew Mazur (1997, 2000).79 Ausführlich befasste sich mit der kulturellen Aneignung auch Beata Halicka 75 Hoppe, Bert: Auf den Trümmern von Königsberg. Kaliningrad 1946–1970. München 2000. Ergänzend Brodersen, Per: Die Stadt im Westen. Wie Königsberg Kaliningrad wurde. Göttingen 2008. 76 Thum, Gregor: Die fremde Stadt. Breslau 1945. Berlin 2003. Auf Polnisch: Obce Miasto. Wrocław 1945 i potem. Wrocław 2006. Auf Englisch: Uprooted. How Breslau Became Wroclaw during the Century of Expulsions. Princeton/Oxford 2011. 77 Loew, Peter Oliver: Danzig und seine Vergangenheit 1793–1997. Die Geschichtskultur einer Stadt zwischen Deutschland und Polen. Osnabrück 2003; ders.: Danzig. Biographie einer Stadt. München 2011; Perkowski, Piotr: Gdańsk. Miasto od nowa. Kształtowanie społeczeństwa i warunki bytowe w latach 1945–1970. Gdańsk 2013; Musekamp, Jan: Zwischen Stettin und Szczecin. Metamorphosen einer Stadt von 1945 bis 2005. Wiesbaden 2010; Mick, Christoph: Kriegserfahrungen in einer multiethnischen Stadt. Lemberg 1914–1957. Wiesbaden 2010; Ackermann, Felix: Palimpsest Grodno. Nationalisierung, Nivellierung und Sowjetisierung einer mitteleuropäischen Stadt 1919–1991. Wiesbaden 2010; Moskal, Anna: Im Spannungsfeld von Region und Nation. Die Polonisierung der Stadt Posen nach 1918 und 1945. Wiesbaden 2013; Tomann, Juliane: Geschichtskultur im Strukturwandel. Öffentliche Geschichte in Katowice nach 1989. Berlin 2016. Zur Metamorphose von Wilna ist bisher keine Monografie erschienen, dafür eine Reihe von Aufsätzen. Vgl. Wendland, Anna Veronika: Lemberg und Wilna als multiple Erinnerungsorte. In: Aust, Martin/Ruchniewicz, Krzysztof/Troebst, Stefan (Hg.): Verflochtene Erinnerungen. Polen und seine Nachbarn im 19. und 20. Jahrhundert. Köln/ Weimar/Wien 2009, 31–60. Zur kulturellen Aneignung und Konstruktion der westpolnischen Region Lebuser Land vgl. Hinrichsen, Kerstin: Die Erfindung der Ziemia Lubuska. Konstruktion und Aneignung einer polnischen Region 1945–1975. Göttingen 2017. 78 Zybura, Marek: Der Umgang mit dem deutschen Kulturerbe in Schlesien nach 1945. Görlitz 2005. Zuerst auf Polnisch: Pomniki niemieckiej przeszłości. Dziedzictwo kultury niemieckiej na Ziemiach Zachodnich i Północnych Polski. Warszawa 1999. Weiterführend: Weger, Tobias/Mańko-Matysiak, Anna/Overgaauw, Eef (Hg.): Das deutsche Kulturerbe in Schlesien. Wege und Perspektiven der Forschung. München 2014. 79 Mazur, Zbigniew (Hg.): Wokół niemieckiego dziedzictwa kulturowego na Ziemiach Zachodnich i Północnych. Poznań 1997; ders. (Hg.): Wspólne dziedzictwo? Ze studiów nad stosunkim do spuścizny kulturowej na Ziemiach Zachodnich i Północnych. Poznań 2000.

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(2013).80 Die Studien zur deutsch-polnisch-jüdischen Verflechtungsgeschichte Niederschlesiens und zum wechselhaften Umgang mit seinem Kulturerbe sind in ihrer Vielfalt und Anzahl kaum zu überblicken. Daher können hier nur einige herausragende Beispiele genannt werden, denn mit der Geschichtskultur Breslaus, dem öffentlichen Umgang mit Geschichte in dem hoch komplexen Raum der „doppelten“ Stadt befassten sich bereits eine ganze Reihe von polnischen und deutschen Historikern und Kulturwissenschaftlern. Hervorgehoben seien hier ein deutsch-polnisches Oral-History-­Projekt zur Breslauer Geschichtskultur von Philipp Ther, Tomasz Królik und Lutz Henke (2005)81 sowie die Studien von Jacek Grębowiec zum Umgang mit Inschriften im öffentlichen Raum (2008)82 und von Piotr Kuroczyński zur Aneignung des städtischen Raumes in Stadtführern (2011).83 In verschiedenen Aufsätzen befassten sich mit der komplexen Geschichtskultur der Stadt bereits Norbert Conrads,84 Krzysztof Ruchniewicz,85 Teresa Kulak,86 Andrzej Zawada,87 Marek Zybura,88 Grzegorz Strauchold89 und zuletzt in einem Beitrag für die „deutsch-polnischen Erinnerungsorte“ Juliane Haubold-Stolle und Magdalena Saryusz-Wolska.90 80 Halicka, Beata: Polens Wilder Westen. Erzwungene Migration und die kulturelle Aneignung des Oderraums 1945–1948. Paderborn 2013. 81 Ther, Philipp/Królik, Tomasz/Henke, Lutz (Hg.): Das polnische Breslau als europäische Metropole. Erinnerung und Geschichtspolitik aus dem Blickwinkel der Oral History/Polski Wrocław jako metropolia europejska. Pamięć i polityka historyczna z punktu widzenia oral history. Wrocław 2005. 82 Grębowiec, Jacek: Inskrypcje w przestrzeni otwartej Wrocławia na tle jego ikonosfery (do 1945 r.). Wrocław 2008. Auf Deutsch: Inschriften im öffentlichen Raum in Wrocław/Breslau. Münster 2014. Zuvor: Der Umbau der Breslauer Ikonosphäre nach dem Zweiten Weltkrieg vor dem Hintergrund der Ausbildung einer neuen regionalen Identität. In: Loew/Pletzing/Serrier (Hg.): W ­ iedergewonnene Geschichte, 36–46. 83 Kuroczyński, Piotr: Die Medialisierung der Stadt. Analoge und digitale Stadtführer zur Stadt Breslau nach 1945. Bielefeld 2011. 84 Conrads, Norbert: Breslau. Identitäten und kulturelles Gedächtnis. In: Weber, Matthias u. a. (Hg.): Erinnerungsorte in Ostmitteleuropa. Erfahrungen der Vergangenheit und Perspektiven. München 2011, 139–158. 85 Ruchniewicz, Krzysztof: Warum Wrocław nicht Breslau ist. Überlegungen zur Nachkriegsgeschichte der Niederschlesischen Hauptstadt. In: ders. (Hg.): Zögernde Annäherung. Studien zur Geschichte der deutsch-polnischen Beziehungen im 20. Jahrhundert. Dresden 2005, 225–240. 86 Kulak, Teresa: Wrocław in der Geschichte und in der Erinnerung der Polen. In: Weber (Hg.): Erinnerungsorte, 159–176. 87 Zawada, Andrzej: Stadt der Begegnung. In: ders.: Niederschlesien. Land der Begegnung. Dresden 2005, 61–88. 88 Zybura, Marek: Breslau und Wrocław. In: Kobylińska, Ewa/Lawaty, Andreas (Hg.): Erinnern, vergessen, verdrängen. Polnische und deutsche Erfahrungen. Wiesbaden 1998, 369–380. 89 Strauchold, Grzegorz: Wrocław okazjonalna stolica Polski. Wokół powojennych obchodów rocznic historycznych. Wrocław 2003. 90 Haubold-Stolle, Juliane/Saryusz-Wolska, Magdalena: Breslau. Die doppelte Geschichte einer Stadt. In: Traba, Robert/Hahn, Hans Henning (Hg.): Deutsch-polnische Erinnerungsorte, Bd. 1: Ge­teilt – gemeinsam. Paderborn 2015, 235–256. Zum „kulturellen Gedächtnis“ Breslaus und Danzigs in Film und Literatur vgl. Saryusz-Wolska, Magdalena: Wobec braku tożsamości. O powojennych obrazach Wrocławia. In: Zybura, Marek/Dębski, Andrzej (Hg.): Wrocław będzie miastem filmowym … Z dziejów kina w stolicy Dolnego Śląska. Wrocław 2008, 213–226; dies.: Pamięć kulturowa Gdań-

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Jenseits dieser Metaebene der Breslauer Kulturgeschichte ist bis heute keine auf breiten archivalischen Studien basierende Stadtgeschichte Breslaus erschienen. Verschiedene Ansätze einer Gesamterzählung Breslauer Geschichte vom Frühmittelalter zur Gegenwart enthalten eine dreibändige, populärwissenschaftlich gestaltete Reihe „Die Geschichte Breslaus“ der Breslauer Historiker Cezary Buśko, Teresa Kulak und Włodzimierz Suleja (2001),91 das umfangreiche Werk „Microcosm: Portrait of a Central European City“ von Norman Davies und Roger Moorhouse (2002)92 sowie eine neue Gesamterzählung der „Geschichte einer europäischen Metropole“ von Eduard Mühle (2015).93 In seinem Umfang und seiner Detailliertheit beispiellos ist das neue Werk des Literaturwissenschaftlers Klaus Garber „Das alte Breslau“ (2014). Diese ausführliche Kulturgeschichte beschränkt sich allerdings vorwiegend auf Erscheinungen des Breslauer Kulturlebens von der Frühen Neuzeit bis ins 19., in Auszügen bis ins frühe 20. Jahrhundert.94 Vor 1989 schien eine stadtgeschichtliche Gesamterzählung auf beiden Seiten nicht möglich zu sein. Deutsche Gesamterzählungen zur Breslauer Stadtgeschichte ließen die Entwicklungen seit 1945 unberücksichtigt.95 Eine umfangreiche Monografie unter dem Titel „Tausend Jahre Breslau“ (1974) basierte in großen Teilen noch auf der über 1000-seitigen Stadtchronik von 1888.96 Auch auf polnischer Seite fehlte in der lange Zeit einzigen einschlägigen wissenschaftlichen Monografie zur „Geschichte Breslaus“ (1958)97 das 19. und 20. Jahrhundert vollständig – die Erzählung endete im Jahr 1807. Eine erste „Geschichte Breslaus“ (1948)98 führte sogar nur bis zum Jahr 1526. Im Bereich der Kulturgeschichte erschien allerdings bereits 1956 eine Studie zur Entwicklung des

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ska i Wrocławia. doświadczenia i ślady. In: Kapralski, Sławomir (Hg.): Pamięć, przestrzeń, tożsamość. Warszawa 2010, 239–256; dies.: Asymetrie pamięci. Gdańsk i Wrocław. In: dies.: Spotkania czasu z miejscem. Studia o pamięci i miastach. Warszawa 2011, 221–356. Buśko, Cezary u. a.: Historia Wrocławia, Bd. 1–3. Wrocław 2001. Ohne wissenschaftlichen Anmerkungsapparat erschienen darüber hinaus Kaczmarek, Michał u. a. (Hg.): Wrocław. Dziedzictwo wieków. Wrocław 1997; Kulak, Teresa: Wrocław. Przewodnik historyczny. Wrocław 1997; Maciejewska, Beata: Wrocław. Dzieje Miasta. Wrocław 2002. Davies, Norman/Moorhouse, Roger: Microcosm. Portrait of a Central European City. London 2002. Zugleich auf Polnisch: Mikrokosmos. Vratislavia, Breslau, Wrocław. Portret miasta środkowoeuropejskiego. Kraków 2002; auf Deutsch: Die Blume Europas. Breslau, Wrocław, Vratislavia. die Geschichte einer mitteleuropäischen Stadt. München 2002. Mühle, Eduard: Breslau. Geschichte einer europäischen Metropole. Köln/Weimar/Wien 2015. Auf Polnisch: Historia Wrocławia. Warszawa 2016. Garber, Klaus: Das alte Breslau. Kulturgeschichte einer geistigen Metropole. Köln/Weimar/Wien 2014. Goldstein, Walter Benjamin: Tausend Jahre Breslau. Bilder aus Breslaus Vergangenheit. Darmstadt 1974 [ohne wissenschaftlichen Apparat]. Noch 1993 erschien eine Studie zur Breslauer Stadt­geschichte, die alleine die „deutsche Stadt“ in den Blick nahm. Vgl. Elze, Günter: Breslau. Biographie einer deutschen Stadt. Leer 1993. Weiß, Friedrich G. Adolf: Chronik der Stadt Breslau von der ältesten bis zur neuesten Zeit. Breslau 1888. Długoborski, Wacław/Gierowski, Józef/Maleczyński, Karol: Dzieje Wrocławia do roku 1807. Warszawa 1958. Maleczyński, Karol: Dzieje Wrocławia, Bd. 1: Do roku 1526. Katowice/Wrocław 1948.

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Stadtbildes bis zur Gegenwart.99 Die gesamte Zeitspanne berücksichtigten auch eine umfassende Studie zur „Kunst Breslaus“ (1967)100 und eine zur „Geschichte und Kultur Breslaus“ (1978).101 Alle Publikationen waren durch die politischen Rahmensetzungen und die Zensur geprägt. In der bebilderten Ausgabe von 1978 wurde sogar ganz auf wissenschaftliche Anmerkungen verzichtet. Zur vielfältigen Breslauer Museumslandschaft und ihrer knapp zweihundertjährigen Geschichte liegen bereits zwei Übersichtswerke vor. Hervorragend ist die von Piotr Łukaszewicz herausgegebene Studie „Kunstmuseen im alten Breslau“ (1998),102 welche einen Überblick über die Mehrzahl der Kunst- und Geschichtsmuseen Breslaus von 1815 bis 1945 liefert. Die polnische Zeit einschließend berücksichtigt Adam Więcek in seinem kurzen Überblick „Breslauer Museen seit 1814“ (1997)103 auch die naturwissenschaftlichen Museen der Stadt bis zum Ende des 20. Jahrhunderts. Eine Zusammenfassung der Breslauer Museumsgeschichte formulierte auch Tobias Weger in zwei Aufsätzen.104 Eine Dokumentation zur Ausstellungstätigkeit des größten Breslauer Museums bildet die umfangreiche Chronologie „Das Nationalmuseum in Breslau 1947–2007“ (2008)105 von Mariusz Hermansdorfer. Zahlreiche visuelle Eindrücke der aktuellen Museumslandschaft Breslaus vermittelt zudem ein von Beata Lejman herausgegebener Bildband (2012).106 Dieser Gesamtübersicht entsprechend gaben bereits Fritz Geschwendt (1927)107 und Maria Starzewska (1973)108 Übersichten zu sämtlichen Gattungen der Breslauer Museen heraus. Die drei Werke erlauben jeweils einen zeitgenössischen Überblick zu den sehr unterschiedlichen Phasen der Breslauer Museumsgeschichte. Alle genannten Untersuchungen verbleiben jedoch auf der Ebene von Institutionengeschichten, die oftmals die Sammlungsschwerpunkte und die Architektur der Gebäude  99 Maleczyński, Karol/Morelowski, Marian/Ptaszycka, Anna: Wrocław rozwój urbanistyczny. Warszawa 1956. 100 Broniewski, Tadeusz/Zlat, Mieczysław (Hg.): Sztuka Wrocławia. Wrocław/Warszawa/Kraków 1967. 101 Świechowski, Zygmunt (Hg.): Wrocław jego dzieje i kultura. Warszawa 1978 [ohne wissenschaftlichen Apparat]. 102 Łukaszewicz, Piotr (Hg.): Muzea sztuki w dawnym Wrocławiu/Kunstmuseen im ehemaligen Breslau. Wrocław 1998; ders.: Das Nationalmuseum in Breslau vor dem Hintergrund der Geschichte der Breslauer Kunstmuseen. In: ders.: Die Blume Europas. Meisterwerke aus dem Nationalmuseum Breslau (Wrocław). Wallraf-Richartz-Museum. Köln 2006, 13–28. 103 Więcek, Adam: Muzea wrocławskie od 1814 roku. Wrocław 1997. 104 Weger, Tobias: Museen in Schlesien. Gestern und heute/Muzea na Śląsku. Wczoraj i dziś. In: Bauer, Markus u. a. (Hg.): Schlesisches Museum zu Görlitz. Museum für eine europäische Kulturregion/ Muzeum Śląskie w Görlitz. Muzeum europejskiego regionu kulturowego. Dößel 2006, 35–44; ders.: Lokal- und Regionalgeschichte in der deutschen und polnischen Geschichtskultur. Schwerpunkt Museen. In: Herget, Beate/Pleitner, Berit (Hg.): Heimat im Museum? Museale Konzeptionen zu Heimat und Erinnerungskultur in Deutschland und Polen. München 2008, 79–101 [der zweite Aufsatz enthält wissenschaftliche Anmerkungen]. 105 Hermansdorfer, Mariusz (Hg.): Muzeum Narodowe we Wrocławiu 1947–2007. Wrocław 2008. 106 Lejman, Beata (Hg.): Muzea Wrocławia. Wrocław 2012. Auf Deutsch: Museen in Breslau. Wrocław 2012. 107 Geschwendt, Fritz (Hg.): Durch Breslaus Museen. Ein Führer. Breslau 1927. 108 Starzewska, Maria (Hg.): Muzea wrocławskie. Przewodnik. Wrocław/Warszawa/Kraków 1973. Auf Deutsch: Die Museen in Wrocław. Führer. Wrocław/Warszawa/Kraków 1974.

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einschließen, nicht aber die Themen und Inhalte ihrer Ausstellungen. Mit Ausnahme einer Studie von Artur Kamiński zur nationalsozialistischen Propaganda im Breslauer Ausstellungswesen zwischen 1933 und 1945 (2001)109 wurden bisher die in den Museen und Ausstellungen transportierten historischen Deutungsangebote grundlegend vernachlässigt. Der Beitrag der vorliegenden Studie besteht insbesondere in einer tiefgreifenden Durchdringung der Produkte musealer Deutung und Visualisierung. Eine weitere Herausforderung dieser Untersuchung besteht darin, die Vielzahl der Breslauer Geschichtsausstellungen strukturiert zu erfassen und fundiert zu untersuchen, wofür thematische Schwerpunkte formuliert und ein systematischer Untersuchungsrahmen entwickelt werden. Das Spannungsfeld musealer Geschichtskultur zwischen Neuordnungen und Kontinuitäten wird daher sowohl in drei thematischen Zugängen wie auch abschließend in einem chronologischen Fokus auf die großen Dauerausstellungen zur Breslauer Geschichte im 20. Jahrhundert aufgeschlüsselt. Als Grundlage der empirischen Untersuchung dienten die Verwaltungsakten der Breslauer Museen (Ausstellungsdrehbücher, Korrespondenzen, Fotografien) und ihrer übergeordneten Behörden wie auch die Ausstellungspublikationen (Kataloge, Begleitbücher) und die mediale Rezeption (Zeitungsartikel). Die Forschungen zur Breslauer Museumsgeschichte bis 1945 konzentrierten sich vor allem auf die Dokumentenabteilung des Breslauer Nationalmuseums (Gabinet Dokumentów Muzeum Narodowego we Wrocławiu, MNWr)110 und das Breslauer Staatsarchiv (Archiwum Państwowe we Wrocławiu, APWr):111 Im Nationalmuseum hat sich ein großer Bestand der Akten des Schlesischen Museums für Kunstgewerbe und Altertümer wie auch des Schlesischen Museums der Bildenden Künste erhalten. Im Staatsarchiv befinden sich neben den Akten der Stadt Breslau und der Provinz Schlesien/Niederschlesien vor 1945 auch die Unterlagen der polnischen Behörden, des Nationalrats der Stadt Breslau und der Woiwodschaft sowie des Woiwodschaftskomitees der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (Polska Zjednoczona Partia Robotnicza, PZPR). Zu den Geschichtsmuseen im polnischen Breslau konzentrierten sich die für diese Studie unternommenen Forschungen vor allem auf das Archiv des Städtischen Museums Breslau (Archiwum Muzeum Miejskiego we Wrocławiu, MMWr), das Breslauer Staatsarchiv und das Archiv der Neuen Akten in Warschau (Archiwum Akt Nowych, AAN). Während zum Historischen Museum (Städtisches Museum) ein sehr umfangreicher Bestand an Jahresberichten und Ausstellungsdrehbüchern ausgewertet werden konnte, beschränken sich die Unterlagen zu den Ausstellungen des Schlesischen Museums (Nationalmuseum) auf die Akten der Stadt und Woiwodschaft sowie des Kulturministeriums in Warschau. 109 Kamiński, Artur: Wrocławskie targi i wystawy w systemie propagandy hitlerowskiej w latach 1933– 1944. Wrocław 2001. 110 Bandurska, Zofia: Archivalien der ehemaligen Breslauer Kunstmuseen. In: Jahrbuch des Bundesinstituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa 12 (2004) 71–98. 111 Żerelik, Rościsław/Dereń, Andrzej: Staatsarchiv Breslau. Wegweiser durch die Bestände bis zum Jahr 1945. Archiwum Państwowe we Wrocławiu. München 1996; Drozd, Józef/Gołaszewski, Janusz: Archiwum Państwowe we Wrocławiu 1811–2011. Przeszłość i współczesność. Archiwum Państwowe we Wrocławiu. Wrocław 2011.

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Die Verwaltungsakten des Breslauer Nationalmuseums sind bisher nicht inventarisiert. Die Untersuchungen zu den Breslauer Museen ergänzten Forschungen im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Berlin (GStA), dem Herder-Institut für historische Ostmitteleuropaforschung in Marburg/Lahn und dem Jüdischen Historischen Institut in Warschau (Żydowski Instytut Historyczny, ŻIH). Die zahlreichen Breslauer Ausstellungspublikationen und Tageszeitungen wie auch die deutsche und polnische Forschungsliteratur fanden sich in den Bibliotheken des Städtischen Museums (Biblioteka Muzeum Miejskiego we Wrocławiu) und des Nationalmuseums (Biblioteka Muzeum Narodowego we Wrocławiu) sowie in der Abteilung für Schlesisch-Lausitzer Geschichte der Universitäts­ bibliothek Breslau (Gabinet Śląsko-Łużycki Biblioteki Uniwersyteckiej we Wrocławiu), der Niederschlesischen Bibliothek Breslau (Dolnośląska Biblioteka Publicz­na), der Bibliothek des Ossoliński-Nationalinstituts in Breslau (Biblioteka Zakładu Narodowego im. Ossolińskich), der Nationalbibliothek Warschau (Biblioteka Narodowa w Warszawie) und der Staatsbibliothek zu Berlin.

2.4. Breslau oder Wrocław? Bemerkungen zu einem umstrittenen Stadtnamen Die Hauptstadt der Region Niederschlesien (polnisch: Dolny Śląsk) und der gleichnamigen Woiwodschaft Niederschlesien (poln. Województwo dolnośląskie) weist mit ihrer polnischen Bezeichnung „Wrocław“ [phonetisch: ˈvrɔtswaf] und mit ihrer deutschen Bezeichnung „Breslau“ zwei Namensbezeichnungen auf, deren Verwendung im 20. Jahrhundert vor dem Hintergrund der deutsch-polnischen Beziehungen mit einer bis heute umstrittenen Symbolik aufgeladen wurde. Denn seit dem Zweiten Weltkrieg wurde die Verwendung des einen oder des anderen Namens häufig als politisches Statement verstanden. Der Gebrauch beider Stadtnamen reicht jedoch weit über das Jahr 1945 zurück. Der Stadtname Wrocław war keine politische Neuerfindung aus der Nachkriegszeit, wie dies bei zahlreichen west- und nordpolnischen Kleinstädten oder der sowjetischen Umbenennung von Königsberg (Ostpreußen) in Kaliningrad (1946) der Fall war. Die Namen Breslau und Wrocław weisen stattdessen eine etymologische Verwandtschaft auf, das heißt sie entstammen beide einem slawischen Wortstamm, der vermutlich auf den böhmischen Fürsten Vratislav zurückgeht. Dieser wurde im lateinischen Stadtnamen „Vratislavia“ schriftlich festgehalten. Vom slawischen Wortstamm ausgehend entwickelte sich der Stadtname seit dem Mittelalter im Deutschen wie im Polnischen unterschiedlich, sie existierten also parallel. An die jeweils in der Stadt dominierende Gebrauchssprache geknüpft, visualisierte der britische Historiker Norman Davies die Kapitel seiner Stadtgeschichte: Wrotizla (1000–1335), Wretslaw (1335–1526), Presslaw (1526–1741), Bresslau (1741–1871), Breslau (1871–1918, 1918–1945) und Wrocław (seit 1945).112 An der historischen Namensentwicklung wird der gemeinsame Ursprung der 112 Bei dieser vereinfachten etymologisch-zeitspezifischen Entwicklung des Stadtnamens fallen parallele Verwendungen und andere fremdsprachliche Namensformen weg. Vgl. Davies/Moorhouse: Microcosm, 12. Zum Ursprung des Stadtnamens und zu den verschiedenen Varianten des deutschen Stadt­

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beiden so unterschiedlich klingenden Namen deutlich. Daher handelte es sich 1945 bei der Umbenennung von Breslau in Wrocław lediglich um eine Übersetzung des Namens im Zuge der Eingliederung der Stadt in das polnische Staatswesen und nicht um eine Neuerfindung eines Stadtnamens, wie dies beispielsweise bei der Umbenennung der niederschlesischen Stadt Reichenbach in Dzierżoniów geschehen war.113 Die parallele Verwendung des deutschen und polnischen Stadtnamens ist demzufolge wesentlich älter als der Wechsel der staatlichen Zugehörigkeit der Stadt nach dem Zweiten Weltkrieg. Auch im preußischen Breslau publizierten im 18. und 19. Jahrhundert Verlage polnische Ausgaben mit dem Verlagsort „w[e] Wrocławiu“,114 und der dortige Flughafen warb 1929 um Gäste aus dem nahe gelegenen Polen auf Polnisch: „Korzystajcie z komunikacji lotniczej do Breslau (Wrocławia)! [Nutzt die Flugverbindungen nach Breslau!]“.115 Erst im Zuge der Polonisierung Breslaus nach dem Zweiten Weltkrieg und der Unsicherheiten über den künftigen politischen Status der Stadt begann eine Phase der extremen Politisierung des Namensgebrauchs. „Aus Breslau wurde Wroclaw [sic!]“116 – unter dem Slogan wurde der Einschnitt in der staatlichen und kulturellen Zugehörigkeit der Stadt auch sprachlich hervorgehoben. In den Debatten über die Anerkennung der neuen deutsch-polnischen Grenze entlang von Oder und Lausitzer Neiße wurde die Namenswahl zu einem politischen Bekenntnis: „Wroclaw oder Breslau? Niemand auch wird in der Wahl der Bezeichnung zögern, der heute Gelegenheit hat, diese Stadt zu

namens zwischen dem 13. und 18. Jahrhundert führt Eduard Mühle folgende Varianten auf: „Brezlau­ we, Bretzlau, Bresslab, Breczlaw, Preszlaw, Bresslow, Preßlawe“. Vgl. Mühle: Breslau, 11, 18. 113 Die Stadt Reichenbach im Eulengebirge hieß 1945/46 kurzzeitig Rybach, bevor die Kommission zur Neubestimmung der Ortsnamen in Anlehnung an den schlesischen Bienenforscher Jan Dzierżoń (1811–1906) den Stadtnamen Dzierżoniów festlegte. Zur Bestimmung der polnischen Ortsnamen in den West- und Nordgebieten nach 1945 vgl. Kochański, Witold: O nazwy polskie na ziemiach odzyskanych. In: Przegląd Zachodni 2/2 (1946) 857–858; Wagińska-Marzec, Maria: Ustalanie nazw miejscowości na Ziemiach Zachodnich i Północnych. In: Mazur (Hg.): Wokół niemieckiego dziedzictwa, 367–416; Thum: Die fremde Stadt, 338–349. Aufschluss über historisch etablierte Übersetzungen bieten auch polnischsprachige Ausgaben preußischer Gesetzestexte aus dem 18. Jahrhundert. Um 1750 wurden darin Breslau mit „Wrocław“, Liegnitz mit „Lignica“ (heute „Legnica“), Glogau mit „Głogow“, aber Grünberg mit „Grynberga“ und Reichenbach mit „Reychenbach“ übersetzt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts übersetzten hingegen in Krakau publizierte Karten diese Städte mit „Wrocław, Lignica, Głogów, Ziel.góra [und] Reichenbach“. Demnach bestanden vor 1945 für einige größere niederschlesische Städte durchaus polnische Namensversionen. Vgl. Tomaszewski, Stanisław: Mapa Polski ku upamiętnieniu uchwalenia przez Sejm pruski prawa o wywłaszczeniu Polaków z ziemi ojczystej oraz zakazu używania języka polskiego na zebraniach. Kraków [um 1910]. 114 Kiedroń, Stefan: Einige Worte über das Wort Breslau. In: Hałub, Marek/Stucke, Frank (Hg.): Kulturwissenschaft. Dresden/Wrocław 2006, 41–59, hier 58. 115 „Werbung für die Flugverbindungen von Breslau, herausgegeben von der Deutsch-Polnischen Handels­ kammer, 1929“ bei Łagiewski, Maciej/Okólska, Halina: Raum 21. Erster Weltkrieg, Weimarer Republik, Jüdische Gemeinde. In: Łagiewski/Okólska/Oszczanowski (Hg.): 1000 Jahre Breslau, 267–286, hier 274. 116 Jerrig, Friedrich Otto: Aus Breslau wurde Wroclaw. Ein Streifzug durch die polnisch gewordene Hauptstadt Schlesiens. Hannover 1949.

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besuchen, die als Teil für das Ganze steht“,117 hieß es 1949 in einer Publikation aus der DDR . Damit erfuhr die Namensverwendung in Polen, der DDR und der Bundesrepublik eine politische Aufladung durch eine Tabuisierung des deutschen Namens oder seiner bewussten Verwendung, um politische Ziele der Beibehaltung des Status quo beziehungsweise einer Rückgewinnung auszudrücken. Die staatlichen Stellen der Volksrepublik Polen versuchten nicht nur deutsche Beschriftungen aus ihrem Einflussbereich zu verbannen, sondern auch den Gebrauch der deutschen Namensbezeichnung in allen Sprachen zu unterbinden.118 Mit dem alleinigen Gebrauch des polnischen Namens sollte der staatliche und kulturelle Wandel der Stadt rhetorisch untermauert werden: „Aus Breslau ist wieder Wroclaw [sic!], aus Danzig wieder Gdansk [sic!], aus Stettin wieder Szczecin und aus den vielen Dörfern sind wieder polnische Dörfer geworden.“119 Eine strenge Zensur überwachte in Polen die Verbannung des Namens aus der Öffentlichkeit. Sogar in wissenschaftlichen Studien wurde die Verwendung der deutschen Ortsbezeichnung gestrichen, wie der bedeutende polnische Historiker Tomasz Szarota 1968 erfahren musste.120 Die besondere politische Absicht hinter dieser Sprachpolitik wird auch darin deutlich, dass vereinzelt die Verwendung des Wortes „Breslau“ dennoch zugelassen wurde, wenn es sich um einen symbolhaft aufgeladenen, ausschließlich negativ behafteten Begriff handelte. So erschienen die polnischen Buchtitel „Upadek ‚Festung Breslau’ [Der Zusammenbruch der Festung Breslau]“ (1963) und „Dżuma w mieście Breslau [Die Pest in der Stadt Breslau]“ (1975).121 Die selektive Verwendung deutscher Begriffe, zumeist für Aspekte der nationalsozialistischen Verbrechen, reduzierte die deutsche Anwesenheit in Breslau auf ein fremdes und kurzzeitiges Element. Dem neuen Sprachgebrauch folgte auch die Kulturpolitik der DDR , die frühzeitig die neue politische Situation anerkannte, wohingegen in der Bundesrepublik der Widerstand gegen den politisch motivierten Namen oftmals mit grenzrevisionistischen Zielen verbunden war. In den ersten Jahrzehnten des Kalten Krieges hielten in Westdeutschland viele Autoren nicht nur aus sprachlich-historischer Pragmatik an der deutschen Bezeichnung fest, der Begriff „Breslau“ stand auch als Symbol für politische Ansprüche auf die Stadt, insbesondere aus dem Umfeld der Vertriebenenverbände. Diese Rhetorik 117 Kaisch, Henryk: Breslau oder Wroclaw? In: Blick nach Polen 1/2 (1949) 33–35, hier 33. Eine Analyse des gesamten Artikels findet sich bei Dzikowska, Elżbieta: Gedächtnisraum Polen in der DDR-Literatur. Fallstudien über verdrängte Themen. Wrocław 1998, 87 f.; Preiwuß, Kerstin: Ortsnamen in Zeit, Raum und Kultur. Die Städte Allenstein/Olsztyn und Breslau/Wrocław. Berlin 2012, 163–165. 118 Preiwuß: Ortsnamen, 163. 119 Wloch, Karl: Gespräche über Oder und Neisse. (Ost-)Berlin 1952, 53. 120 Das Zensuramt Główny Urząd Kontroli Prasy, Publikacji i Widowisk ordnete in einer Studie des Historikers Tomasz Szarota über die Ansiedlung in Niederschlesien die Übersetzung jeglicher deutscher Ortsbezeichnungen, auch für die Zeit vor 1945, durch neue polnische Namen an. Zudem musste Szarota seine Ausführungen zum sowjetisch-polnischen Verhältnis und der Situation der deutschen und jüdischen Bevölkerung überarbeiten. Vgl. Szarota, Tomasz: Osadnictwo miejskie na Dolnym Śląsku w latach 1945–1948. Wrocław 1969; ders.: Moja rozmowa na ul. Mysiej. In: Romek, Zbigniew (Hg.): Cenzura w PRL. Relacje historików. Warszawa 2000, 205–213, hier 208. 121 Jonca, Karol/Konieczny, Alfred: Upadek „Festung Breslau“ 15 II–6 V 1945. Wrocław/Warszawa/ Kraków 1963; Tausk, Walter: Dżuma w mieście Breslau. Hg. v. Ryszard Kincel. Warszawa 1973.

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verstärkte sich in der Bundesrepublik in dem Maße, in dem sich linksalternative und sozialdemokratische Milieus durch eine bewusste Verwendung des polnischen Namens von den revisionistischen Gebietsforderungen abgrenzten.122 Im deutschen Sprachgebrauch führte die „Eindeutschung“ des polnischen Stadtnamens zu einer Reihe von Wortneuschöpfungen: Zumeist aus drucktechnischen Gründen wurde „Wroclaw“ statt „Wrocław“ geschrieben, aber es lassen sich auch Versuche einer Adjektivisierung wie „Wrocławer Künstler“123 feststellen. In vielen Fällen dürfte der Name im Deutschen ausgesprochen worden sein, wie er hier niedergeschrieben wurde: „Wrozlav“ – so taucht der Stadtname noch 2009, vermutlich ohne Absicht, in einem Aufsatz von Aleida Assmann auf.124 Mit der offiziellen Anerkennung der polnischen Westgrenze durch die Bundesrepublik Deutschland (1970 bzw. 1990/91) sowie dem Ende des Kalten Krieges ebbten sowohl der innerdeutsche Namensstreit wie auch das Eintreten Polens für eine alleinige Verwendung des polnischen Namens in der deutschen Sprache ab. Seit 1990 machte sich eine zunehmende parallele, gemischte beziehungsweise nicht systematische Verwendung des deutschen wie des polnischen Namens in deutschsprachigen, teilweise auch in polnischsprachigen Texten breit. Sowohl in polnischsprachigen wie auch in deutschsprachigen Texten wird häufig zur Betonung der 1945 erfolgten Neuordnung für die Beschreibung aller Phänomene vor 1945 „Breslau“ und nach 1945 „Wrocław“ gebraucht. Diese rhetorische Betonung des staatlichen und kulturellen Umbruchs nach dem Zweiten Weltkrieg lässt sich allerdings nicht immer konsequent durchhalten, wenn die Stadt als überzeitlicher geografischer Ort Erwähnung finden soll. In diesem Fall verleihen die Autoren der Stadt dann den Doppelnamen „Breslau/Wrocław“.125 An dieser unsystematischen Namensverwendung wird durchaus Kritik geübt, da sie sich auf einen einzigen historischen Moment bezieht. Der Breslauer Germanist Stefan Kiedroń fordert deshalb: „Keine Zeitgrenze soll die Namensgebung bestimmen (vor 1945 ‚Breslau‘, nach 1945 ‚Wrocław‘), sondern lediglich die verwendete Sprache.“126 Denn bezeichnenderweise setzen sich insbesondere Vertreter der Breslauer Germanistik für eine nicht-politisierte und nicht-zeitabhängige Namensverwendung ein, Breslau durchweg in deutschsprachigen Texten und Wrocław durchweg in polnischsprachigen Texten zu schreiben.127 Wie dies zumeist selbstverständlich bei westeuropäischen Städten der Fall ist, solle auch der Breslauer Stadtname in der jeweiligen Sprache des Textes gebraucht werden: Straßburg (franzö-

122 Preiwuß: Ortsnamen, 163. 123 Orłowska, Danuta: Wrocławer Künstler und ihre Stadt. Sonderausstellung im Museum für Geschichte der Stadt Dresden. Dresden 1978. 124 Assmann, Aleida: Geschichte findet Stadt. In: Csáky, Moritz/Leitgeb, Christoph (Hg.): Kommunikation, Gedächtnis, Raum. Bielefeld 2009, 13–28, hier 19. 125 Zur „politischen Korrektheit“ beim Gebrauch der Städtenamen und zu Eingriffen der Zensur vgl. Saryusz-­Wolska: Asymetrie pamięci, 222 f. 126 Kiedroń: Einige Worte, 41. 127 Kiedroń: Einige Worte, 58 f. Nach Gregor Thum hatte die Breslauer Germanistik „immer schon ein positiveres Verhältnis zur deutschen Geschichte der Region“. Thum: Die fremde Stadt, 518.

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sisch: Strasbourg, polnisch: Strasburg), Mailand (italienisch: Milano, polnisch: Mediolan) oder München (englisch/französisch: Munich, italienisch: Monaco, polnisch: Monachium). Auch in anderen Sprachen existieren eigene Varianten des Breslauer Stadtnamens, allerdings ist die Übersetzungspraxis nicht immer eindeutig. Denn im Gegensatz zum Ungarischen (Boroszló), Tschechischen (Vratislav), Italienischen und Spanischen (Breslavia) gibt es, um nur einige Beispiele zu nennen, im Französischen und Englischen keine eigenen Bezeichnungen für die schlesische Hauptstadt. Daher wurde bis 1945 der deutsche Name Breslau und wird seit 1945 der polnische Name Wroclaw/Wrocław verwendet. Deutlich wird dies in den großen englischen und französischen Enzyklopädien, in denen jeweils zu Beginn des Eintrags die polnische beziehungsweise deutsche Übersetzung in Klammern mitgenannt und diese Angabe in den Auflagen nach dem Zweiten Weltkrieg lediglich umgedreht wurde.128 Bei Breslau und Wrocław handelt es sich um einen einzigen Ort, es besteht eine geografische und in großen Teilen auch eine topografische Kontinuität des Stadtraums. Daher wird auch in der vorliegenden Studie bewusst auf eine rhetorische Abgrenzung von Breslau gegenüber Wrocław verzichtet. Diese Entscheidung erfolgt sowohl aus sprachpraktischen Überlegungen wie auch aus dem Einwand, dass eine begriffliche Fixierung auf die Stadt vor und nach 1945 zu einer deutlichen Begrenzung der Perspektiven führen würde – zu einer alleinigen Konzentration auf den „Bruch 1945“ in der wechselvollen tausendjährigen Stadtgeschichte. Der Begriff „Breslau“ steht hier als Bezeichnung für den geografischen Ort und falls es historisch erforderlich ist, wird zwischen einem böhmischen, habsburgischen, preußischen, deutschen oder polnischen Breslau unterschieden. Für die Untersuchung der musealen Definition dieser tausendjährigen Stadtgeschichte ist zunächst eine Erörterung der musealen Praxis notwendig, bevor auf deren Grundlage eine Methode zur Ausstellungsanalyse entwickelt wird.

2.5. Musealisierung und Stadtgeschichte im Museum – Die Untersuchungsthemen Bibliotheken und Archive sind kulturelle Wissensspeicher – diese verwalten das geschriebene Wort vergangener Epochen. Zu den kulturellen Speichermedien zählen aber auch die Museen – diese bewahren das materielle Kulturerbe. Ob Kunstwerke oder ehemalige Gebrauchsgegenstände, Museen deponieren und exponieren die historischen Relikte für künftige Generationen. Die Relevanz der Dinge und Bilder, der materiellen Kultur im gesellschaftlichen Umgang mit Geschichte erkannten die Geschichtswissenschaften im Zuge des cultural und des visual turn, der neben den traditionell rezipierten Schriftquellen neue Untersuchungsräume für die akademische Wissenschaft eröffnete. In den Museen hingegen besaßen die dreidimensionalen Objekte immer schon eine Relevanz als historische Artefakte und Relikte – die museale Praxis verknüpfte sie in unterschiedlichen Zeiten mit unterschiedlichen Erzählungen. Dieser spezifische 128 Beispiele sind die großen Universalenzyklopädien „Encyclopædia Britannica“ (1910, 1964) und „Encyclopédie/­Encyclopédique Larousse“ (1928, 1964).

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Prozess, begriffen als eine Geschichte der musealen Geschichtskultur, steht im Mittelpunkt der vorliegenden Studie, die sich als Beitrag zum Kernbereich der visuellen und materiellen Kulturgeschichte versteht.129 Als Grundlage der Untersuchung der Breslauer Geschichtsausstellungen im 20. Jahrhundert werden zunächst das Theoriekonzept der Musealisierung und eine Definition von Stadtgeschichte im Museum erörtert. Hieran knüpft die Entwicklung dreier Untersuchungsthemen als Strukturelemente der Studie an. In einem Methodenkapitel wird ein neues Analyseraster entwickelt und theoretisch verortet. Auf der Grundlage dieser Vorüberlegungen beginnt anschließend die empirische Untersuchung der Geschichtsausstellungen im deutschen und polnischen Breslau. Die Musealisierung der Stadtgeschichte beschreibt einen Prozess der Präsentation städtischer Vergangenheitsbezüge in Museen und Ausstellungen. Musealisierung versteht sich hierbei nicht als ein einmaliger Vorgang der Überführung eines Gegenstandes ins Museum, sondern beschreibt einen stetigen Prozess der gegenwartsgebundenen Befragung und Neuinterpretation eines Museumsgegenstandes im zeitlichen Verlauf. Der französisch-polnische Philosoph und Museologe Krzysztof Pomian bezeichnet die Musealisierung130 als einen Prozess, in dem Gegenstände aus ihrem ursprünglichen, alltäglichen Gebrauchskontext herausgelöst und in einen musealen Kontext überführt werden. Der Zweck und die Bedeutung der Gegenstände ändern sich, denn sie werden zu „Zeichen mit Symbolcharakter“ und zu einem Bestandteil schützenswerten kulturellen Erbes.131 Die zentrale Rolle des Objekts, des musealen Gegenstandes macht das Museum zu einem Sacharchiv, einem „Sammel- und Zeigeort der materiellen Kultur“.132 Allerdings geht von den Objekten keine unmittelbare Repräsentation der Vergangenheit aus. Die Überreste, wie der Geschichtstheoretiker Johann Gustav Droysen (1808– 1884) die musealen Gegenstände bezeichnete,133 verkörpern lediglich Fragmente der Vergangenheit. Ihre beschränkte, unvollkommene Überlieferung bedarf der Ergänzung durch eine Redimensionierung der Einzelobjekte auf verschiedene Weise, zum Beispiel „erklärend, erzählend, ambiental oder inszenatorisch“.134 Die Ausstellungsproduzen-

129 Gerritsen, Anne/Riello, Giorgio: Writing Material Culture History. Introduction. In: dies. (Hg.): Writing Material Culture History. London/New York 2015, 1–13, hier 3–5; Paul, Gerhard: Von der Historischen Bildkunde zur Visual History. In: ders. (Hg.): Visual History. Ein Studienbuch. Göttingen 2006, 7–36, hier 11–14. 130 Zu den Ursachen der kulturellen Musealisierungspraxis gibt es verschiedene Deutungen. Diese reichen von einer kompensatorischen Funktion in der Moderne, einem Bedürfnis nach Relikt­authentizität bis hin zu einem Bedürfnis von Fremdheits- und Alteritätserfahrungen. Vgl. Korff, Gottfried: Museums­ dinge. Deponieren – exponieren. Köln/Weimar/Wien 2002, 168 f.; Zacharias, Wolfgang: Zeit­ phänomen Musealisierung. In: ders. (Hg.): Zeitphänomen Musealisierung. Das Verschwinden der Gegenwart und die Konstruktion der Erinnerung. Essen 1990, 9–30, hier 10–14. 131 Pomian: Museum und kulturelles Erbe, 43 f. 132 Korff, Gottfried/Roth, Martin: Einleitung. In: dies. (Hg.): Das historische Museum, 9–37, hier 16. 133 Droysen, Gustav Johann: Historik, Bd. 1. Historisch-kritische Ausgabe von Peter Leyh. Stuttgart 1977, 70 f. 134 Korff/Roth: Einleitung, 18.

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ten beziehungsweise die Kuratoren135 verfahren bei ihren Praktiken ähnlich wie die Historiker bei der narrativen Form der Geschichtsdarstellung – um eine historische Anschauung zu bewirken, werden die res factae mit den res fictae verbunden. Diese Verbindung des Bruchstückhaften beschreibt die Inszenierung von Museumsobjekten. Sie ist notwendig, wenn eine Museumspräsentation mehr als eine bloße Archivierung von Überresten sein möchte. Zugleich markiert das Bruchstückhafte den Kern des dauerhaften Musealisierungsprozesses. Die vereinzelten Gegenstände fordern stets zu neuer Aneignung, Erklärung und Deutung heraus.136 Museen und Ausstellungen sind damit sowohl durch eine bewahrende (deponierende) wie durch eine interpretierend-aktualisierende (exponierende) Beziehung zur Vergangenheit gekennzeichnet.137 Dieser Deutungszusammenhang richtet sich sowohl nach der gegenwärtigen historischen Erkenntnis wie auch nach gesellschaftlich-politischen Interessen. Die museale Erzeugung von Geschichtsbildern durch eine kontextualisierende „Redimensionierung von Relikten der Vergangenheit“138 erfolgt damit immer aus der Sicht und der Interessenkonstellation der jeweiligen Gegenwart. Das Museum lässt sich damit als Repräsentationsort begreifen. Repräsentiert wird hier nicht ein Abbild städtischer Geschichte, sondern der kulturelle Prozess der Konstruktion lokaler Vergangenheitsbezüge.139 Das Museum als Ort historischer Sinnbildung ist daher eine Objektivierung des Umgangs mit Geschichte in der Öffentlichkeit. Ein Geschichtsmuseum hebt Deutungsmuster der Vergangenheit hervor und definiert sich zumeist über die Aufgabe, Wissen zu vermitteln und damit einen Bildungsauftrag zu erfüllen.140 Als eine öffentliche Institution nimmt das Museum neben Aufgaben des Zeigens und Vermittelns auch solche des Sammelns, Bewahrens und Forschens wahr. Der öffentliche Charakter bezieht sich hier nicht nur auf die oftmals kommunale oder staatliche 143 Als Kurator wird in der vorliegenden Studie der Autor des Ausstellungskonzeptes oder Ausstellungsleiter bezeichnet. Die Produzenten einer Ausstellung umfassen darüber hinaus häufig den Museumsdirektor, verschiedene Museumsassistenten und vorgesetzte Behörden. Da eine Ausstellung aus der Zusammenarbeit mehrerer Personen in einem institutionellen Gefüge entsteht, wird ausdrücklich ausgeschlossen, dass das Narrativ einer Ausstellung durchweg dem Geschichtsbewusstsein des Kurators entspricht. Nach der Definition von Anke te Heesen ist ein Ausstellungskurator ein Ausstellungsmacher, der sich in der Gegenwart vor allem durch eine zeitlich befristete Projektarbeit der Ausstellungskommunikation auszeichnet. Demgegenüber ist ein Kustode zumeist dauerhaft für die Bearbeitung einer Museumssammlung verantwortlich. Vgl. Heesen, Anke te: Theorien des Museums zur Einführung. Hamburg 2012, 24–28. 136 Korff/Roth: Einleitung, 18–22. 137 Korff: Museumsdinge, 169 f. 138 Korff: Museumsdinge, 170. 139 Museen und deren Ausstellungen produzieren eigene Anschauungen der Welt, keinesfalls spiegeln oder reproduzieren sie Abbilder der Gesellschaft. Nach diesem konstruktivistischen Verständnis beschreibt „Repräsentation“ einen schöpferischen Prozess. Vgl. Baur, Joachim: Was ist ein Museum? Vier Umkreisungen eines widerspenstigen Gegenstands. In: ders. (Hg.): Museumsanalyse. Methoden und Konturen eines neuen Forschungsfeldes. Bielefeld 2010, 15–48, hier 37 f. 140 Nentwig, Franziska: Die Stadt und ihr Gedächtnis. Standortbestimmung. In: Gemmeke, Claudia/ Nentwig, Franziska (Hg.): Die Stadt und ihr Gedächtnis. Zur Zukunft der Stadtmuseen. Bielefeld 2011, 9–15, hier 12 f.

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Trägerschaft, sondern führt vor Augen, dass alle institutionellen Tätigkeiten der Expositionsabsicht für die Öffentlichkeit untergeordnet sind.141 Beachtenswert ist hierbei, dass die Öffentlichkeit des Museums nur selten die gesamte Gesellschaft umfasst. Denn die Geschichte des Museums im 20. Jahrhundert ist vor allem eine Geschichte der Öffnung von Sammlungen, die neben gebildeten, bürgerlichen Eliten142 auch zunehmend breitere Gesellschaftsschichten ansprechen sollten. Der Entwicklungsprozess neuer Vermittlungskonzepte, aber auch neuer Formen einer gesellschaftlichen Verankerung des Museums befindet sich bis heute in ständiger Fortentwicklung. Museumsausstellungen sind hierbei zeitgebundene Produkte, die den Stand wissenschaftlicher und museologischer Debatten ebenso wie ästhetische Trends oder technische und mediale Entwicklungen widerspiegeln.143 Die museale Formsprache einer historischen Ausstellung und insbesondere der Stellenwert der Exponate gegenüber den vermittelnden Medien bilden die Kernfrage museologischer Debatten seit dem späten 19. Jahrhundert.144 Deutliche Unterschiede in der Intention, der Gestaltung und im thematischen Zuschnitt von Ausstellungen lassen sich zwischen Dauerausstellungen und Sonder- und Wanderausstellungen feststellen. Dauerausstellungen versammeln meistens repräsentative Objekte einer musealen Sammlung und sind thematisch umfassend angelegt. Nach innen wie nach außen gelten sie als „Visitenkarte“ des Hauses und prägen das Selbstverständnis des Museums. Ihrer Intention nach sind sie „zeitlos-überzeitlich konzipiert“ und suggerieren damit einen objektiven Blick auf die Vergangenheit und eine dauerhaft gültige Deutung der Museumsdinge. Die grundlegende Dynamik und Historizität musealer Präsentationen wird dagegen in Sonderausstellungen deutlicher. Sie sind häufig konzeptionell und gestalterisch experimenteller und konzentrierten sich auf einen thematischen oder zeitlichen Aspekt.145 In der vorliegenden Untersuchung wird daher eine Unterscheidung zwischen Dauer- und Sonderausstellung nicht alleine am Zeitraum ihrer Präsentation festgemacht, sondern auch ihr thematischer Zuschnitt berücksichtigt. Denn die Übergange zwischen beiden Formen sind hierbei nicht immer eindeutig: Eine über mehrere Jahre präsentierte Gemäldesammlung zu einem spezifischen Motiv wäre nach klassischer Definition durchaus eine Dauerausstellung, obwohl sie in ihrer thematisch zugespitzten Auswahl einer Sonderausstellung entspräche. Aufgrund dieser Definitionsbreite wird in den einzelnen Fallstudien jeweils abgewogen, um welche Ausstellungsform es sich dabei handelt. 141 Pomian: Museum und kulturelles Erbe, 50. 142 Das Bürgertum dominierte den Wirtschaftsaufschwung des 19. Jahrhunderts. Die „bürgerliche Kultur“ prägte das Vereins- und Bildungswesens sowie Berufs- und Karrierebilder und beeinflusste die gesellschaftliche Entwicklung überproportional. Am Ende des 19. Jahrhunderts umfasste das Bürgertum etwa 7 Prozent der Gesamtbevölkerung in Deutschland, unter Einschluss des „Kleinbürgertums“ waren es 15 bis 20 Prozent. Vgl. Kocka: Das lange 19. Jahrhundert, 115, 120 f. 143 Habsburg-Lothringen, Bettina: Dauerausstellungen. Erbe und Alltag. In: dies. (Hg.): Dauerausstellungen. Schlaglichter auf ein Format. Bielefeld 2012, 9–18, hier 11. 144 Hochreiter, Walter: Vom Musentempel zum Lernort. Zur Sozialgeschichte deutscher Museen 1800– 1914. Darmstadt 1994, 3. 145 Habsburg-Lothringen: Dauerausstellungen, 9 f.

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Das Sammeln und Zeigen von Dingen entspringt dem Versuch, die Vergangenheit als etwas materiell Verfestigtes in die Gegenwart zu übertragen und damit Wissen zu vermitteln und Identität zu stiften. Die musealisierten Dinge übernehmen damit eine bedeutende gesellschaftliche und kulturelle Funktion.146 Die Anthropologin Sharon J. Macdonald zeigt hierzu, wie die Museumsgründungen im 19. und frühen 20. Jahrhundert den Versuch darstellten, die „Öffentlichkeit zu kultivieren und nationalstaatliche Identität zu artikulieren“,147 weshalb die historische und kulturelle Bedingtheit von Identitäten an der Institution des Museums besonders deutlich wird. Die Auswahl und Ordnung von Artefakten stiftete nationale wie auch lokale Identitäten als in sich abgeschlossene und stimmige Konstrukte und bestimmte damit den Aus- und Einschluss von kulturellen Gruppen. Das Museum ist daher ein Ort der Herrschaft, an dem Bedeutung generiert und spezifische Erkenntnisweisen bereitgehalten werden.148 Der Besitz eines Museums wurde zu einer „performativen Äußerung eigener Identität“,149 ab dem späten 19. Jahrhundert auch zunehmend auf lokaler oder regionaler Ebene in den Stadt- und Landesmuseen. Getragen von einem bürgerlichen Vereinswesen, prägten die lebhaften Diskurse um die „eigene“ nationale und regionale Kultur und Geschichte die Konstruktion und Differenzierung von Identitätsbildern im 19. und 20. Jahrhundert.150 Eine Untersuchung der Musealisierung von (Stadt-)Geschichte aus historischer Perspektive eröffnet nicht nur den Blick auf den Wandel der musealen Formsprache, der Positionierung der Exponate als zentrale Elemente der musealen Präsentation, sondern verdeutlicht auch, welche Identitätsbilder durch die museale Vergangenheitsdeutung der städtischen Kulturinstitutionen vertreten wurden. Entgegen zahlreicher Bestrebungen im 20. Jahrhundert zu einer Öffnung des Museums für alle sozialen Gruppen bleibt das Museum eine Institution in einem normierenden Machtgefüge. Damit ist es nicht Ausdruck eines gesamtgesellschaftlichen Umgangs mit Geschichte, sondern ein gruppenspezifisches Produkt kultureller und politischer Eliten. Als Ort bürgerlicher Selbstverständigung und der Erziehung der Bevölkerungsmassen hat das Museum im 20. Jahrhundert einen mehrfachen Wandel in seiner Aufgabendefinition erfahren.151 In der Hochphase nationalistischer Konfrontation im frühen 20. Jahrhundert erhielt die museale Praxis der Selektion und Definition von Geschichte eine ungemein hohe politische Bedeutung. Viele Museumssammlungen, entstanden im 19. Jahrhundert unter 146 Die Identitätsstiftung gilt als Wunschbild und der Bildungsauftrag als Aufgabe städtischer Museen. Vgl. Nentwig: Die Stadt, 12 f.; Flügel, Katharina: Einführung in die Museologie. Darmstadt ²2009 [¹2005], 24. 147 Macdonald, Sharon J.: Nationale, postnationale, transkulturelle Identitäten und das Museum. In: Beier-de Haan, Rosmarie (Hg.): Geschichtskultur in der zweiten Moderne. Frankfurt/Main 2000, 123–148, hier 130. 148 Heesen: Theorien, 165; Breuer, Constanze/Holtz, Bärbel/Kahl, Paul: Kultur, Politik, Museum im ‚langen’ 19. Jahrhundert. In: dies. (Hg.): Die Musealisierung der Nation. Ein kulturpolitisches Gestaltungsmodell des 19. Jahrhunderts. Berlin 2015, 7–16, hier 9 f. Zur Nationalstaatsbildung und Herrschaft vgl. Kocka: Das lange 19. Jahrhundert, 89 f. 149 Macdonald: Nationale, postnationale, transkulturelle Identitäten, 123, 127, 132. 150 Kunz, Georg: Verortete Geschichte. Regionales Geschichtsbewusstsein in den deutschen Historischen Vereinen des 19. Jahrhunderts. Göttingen 2000, 36–48; Kocka: Das lange 19. Jahrhundert, 121 f. 151 Baur: Was ist ein Museum, 30.

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weniger politisierten Vorzeichen als unsystematische Raritäten- und Schausammlungen, erfuhren zu Beginn des 20. Jahrhunderts nicht nur eine grundlegend neue Aneignung und Interpretation, sondern erlebten auch folgenschwere Eingriffe in ihre Bestände. Wenn Wissen als politischer Machtfaktor genutzt wird, bedeutete das für autoritäre Regime auch nicht selten eine selektive Säuberung der kulturellen Speichermedien. Sie verbannten unliebsame Museumsexponate ins Depot oder ließen sie gänzlich verschwinden.152 Solch eine materielle Intervention war oftmals nur die letzte Konsequenz ideologischer Eingriffe in die Museen. Denn viele Museumsobjekte sind für politische und propagandistische Interpretationen aufgrund ihrer prinzipiellen Deutungsoffenheit geradezu prädestiniert, zumal sie von vielen Besuchern als Abbilder oder Spiegel der Geschichte wahrgenommen werden und damit ihre bewusste Auswahl und Rahmung unberücksichtigt bleiben.153 Die unterschiedliche Herkunft der Museumsdinge entsprach durchweg einem gemeinsamen Prinzip: Es waren Gegenstände, denen Kulturbedeutung beigemessen wurde und deren Erinnerungswert an Erfahrungsbereiche aus dem Stadtraum anknüpfen konnte. Der enge räumliche Bezug konnte zu einem konkreten Verständnis der Inhalte beitragen, und der enge personelle Bezug zwischen Museum und Publikum eröffnete Möglichkeiten gemeinsamen Handelns.154 Das Stadtmuseum steht damit in einer Mittlerposition in einem begrenzten geografischen und kulturellen Raum. In sozialgeschichtlicher Perspektive lassen sich die Gründungen von Heimat- oder Stadtmuseen und der Aufbau lokalgeschichtlicher Sammlungen als ein Ausdruck regionalen Bewusstseins des Bürgertums begreifen. Der Museologe Martin Roth erläutert zu dieser sozialen Praxis in seiner Studie zum „Heimatmuseum“: „Das Sammeln von Zeitzeugnissen zur Darstellung und Vermittlung einer eigenen Geschichte war Ausdrucksform des sich politisch emanzi­ pierenden Bürgers. Motiviert durch die Erschütterungen der napoleonischen Ära und der daraus resultierenden nationalen Besinnung, entwickelte sich ein breites Geschichtsinteresse, dem nicht nur die historischen Wissenschaften und die Volkskunst, sondern auch viele historische Museen ihren Ursprung verdanken. Dies manifestierte sich insbesondere im Zusammenschluß in Geschichts-, Altertums- und Museumsvereinen.“155 Bürgerliche Altertums- und Museumsvereine haben sich jedoch keineswegs nur mit lokaler Geschichte befasst; gerade die antiken Hochkulturen bildeten häufig den Grundstock ihrer Sammlungen von Altertümern. Die zu Beginn des 20. Jahrhunderts gegründeten Heimat- und Stadtmuseen bewegten sich mit ihren Sammlungen meist zwischen überregionalen und lokalen Orientierungen – zu ihren Beständen konnten 152 Extreme Beispiele für staatsideologische Eingriffe in Bibliotheks- und Museumsammlungen sind die Bücherverbrennungen sowie der Verkauf und die Vernichtung von unliebsamen Gemälden durch die Nationalsozialisten. Vgl. Zuschlag: „Entartete Kunst“; Fleckner, Uwe (Hg.): Angriff auf die Avantgarde. Kunst und Kunstpolitik im Nationalsozialismus. Berlin 2007. 153 Beil, Christine: Der ausgestellte Krieg. Präsentationen des Ersten Weltkriegs 1914–1939. Tübingen 2004, 24; Thiemeyer, Thomas: Geschichtswissenschaft. Das Museum als Quelle. In Baur (Hg.): Museumsanalyse, 73–94, hier 87 154 Reif, Heinz/Heinze, Sigrid/Ludwig, Andreas: Schwierigkeiten mit Tradition. Zur kulturellen Praxis städtischer Heimatmuseen. In Korff/Roth (Hg.): Das historische Museum, 231–247, hier 233, 235 155 Roth, Martin: Heimatmuseum. Geschichte einer deutschen Institution. Berlin 1990, 31

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sowohl Sammlungen zu Kunst, Kunsthandwerk, Völkerkunde, Geologie und Zoologie wie auch zum klassischen Altertum und zur National- und Lokalgeschichte zählen. Eine dezidiert auf den lokalen Raum beschränkte Institution ließ sich in diesem Prozess noch nicht ausmachen, denn die in der Praxis der lokalen Museen zumeist verwendeten Bezeichnungen „Heimatmuseum“ oder „Stadtmuseum“ konnten sowohl eine dörfliche Erinnerungsstube als auch ein Großstadtmuseum beschreiben.156 Je nach Größe der Institutionen betreuten die Sammlungen ehrenamtliche Amateure oder fachwissenschaftlich ausgebildete Professionelle.157 An der Sammlungsvielfalt der Stadt- und Heimatmuseen wird deutlich, dass lokale Museen inhaltlich nicht unbedingt einem Stadtgeschichtsmuseum entsprechen mussten. Die Bezeichnung „Stadtmuseum“ erlaubt daher keine Aussagen über die thematischen Schwerpunkte der Institution. Der Name kann sich sowohl auf den lokalen Sammlungsbezug als auch auf den kommunalen Träger beziehen. Nicht jedes Stadtmuseum beschränkt sich auf regionale Sammlungen, und zugleich kann Stadtgeschichte auch ein Thema von Landes- und Nationalmuseen sein. Die Begriffe Stadt- oder Heimatmuseum haben demnach eine doppelte Konnotation: Als hilfreich erweist sich hierbei eine Differenzierung zwischen städtischen Museen in Bezug auf den Träger und stadtgeschichtlichen Museen in Bezug auf die Sammlung. Diese Definition berücksichtigt allerdings noch nicht das Ordnungsprinzip des Museums als drittes Unterscheidungskriterium. Stadtgeschichtsmuseen zählen zu den kulturhistorischen Museen, dessen Ordnungsprinzip vereinfacht ausgedrückt, nach dem Modell des Frankfurter Museologen Otto Lauffer (1874–1949), die Untersuchung des „Gebrauchszwecks“ ist, während in Kunstmuseen die Behandlung der „Form“ und in Kunstgewerbemuseen die Betrachtung des „Materials“ im Vordergrund stehen.158 Auch diese Definition bleibt angreifbar, da es sich bei den Ordnungsprinzipien lediglich um theoretische Ideale handelt. Schließlich enthalten auch Stadtgeschichtsmuseen Gemälde und andere Kunstwerke, die sowohl als Ausdruck des Stils einer Epoche, aber insbesondere bei Historiengemälden nicht selten auch als „historische Quelle“ Verwendung fanden, ohne dass ihr intentionaler Gebrauchszweck berücksichtigt wurde. Die kulturelle Praxis des Sammelns und Zeigens in Museen und Ausstellungen sprengt in ihrem vielfältigen Erscheinungsbild jeden engeren Definitionsversuch. Zur praktischen Handhabe wird deshalb hier ein Stadtmuseum über seine – überwiegend lokalgeschichtlich definierte – Sammlung begriffen. Diese offene Definition trägt dem Umstand Rechnung, dass Sammlungen, die Existenzgrundlage lokaler Museen, oftmals aus dem Sammlungseifer einzelner, kulturell aktiver und vermögender Bürger oder Interessensvereine hervorgegangen sind. Im Idealfall konnten Stadtmuseen schlichtweg eine Sammlung aus alten städtischen Besitztümern übernehmen – wie dies der polnische 156 Roth: Heimatmuseum, 13, 30. 157 Reif/Heinze/Ludwig: Schwierigkeiten, 236, 240. 158 Lauffer, Otto: Das historische Museum. Sein Wesen und Wirken im Unterschied von den Kunst- und Kunstgewerbemuseen. In: Museumskunde 3/1–4 (1907) 1–14, 78–99, 179–185, 222–245; Roth: Heimatmuseum, 47; Hartung, Olaf: Kleine deutsche Museumsgeschichte. Von der Aufklärung bis zum frühen 20. Jahrhundert. Köln/Weimar/Wien 2010, 7.

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Museologe Zdzisław Żygulski (1921–2015) als zentrales Merkmal städtischer Museen definiert: „Die städtischen Museen nehmen unter den historischen Museen einen wichtigen Platz ein. Zumeist entstammten sie kommunalen Sammlungen mit Dokumenten, Herrschaftsabzeichen, Waffen, Münzen und Medaillen, verschiedenen Instrumenten zur Amtsausübung, wie auch Kunstwerken, welche die Rathäuser, Zeughäuser und andere Gebäude des städtischen Besitzes seit dem Mittelalter verwahrten.“159 Der hier skizzierte Prozess der Musealisierung hat den kulturellen Funktionsrahmen der Geschichtsmuseen abgesteckt. Ihr lokaler Zuschnitt steht im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung und bedarf einer genaueren Erörterung bei der Definition von Stadtgeschichte. Denn diese dient der Formulierung von drei stadtmusealen Schwerpunktthemen, die als ordnende Schnittstellen eine zeitlich ausgedehnte Untersuchung lokaler Geschichtsausstellungen ermöglichen. Die analytischen Schnittenstellen ergeben sich aus einem prüfenden Blick in die Sammlungen und Ausstellungen verschiedener Stadt- und Heimatmuseen.160 In nahezu allen Institutionen lässt sich eine grobe Verdichtung bei den von Żygulski genannten lokalgeschichtlichen Zeugnissen, den Urkunden, Münzen, Waffen und Kunstwerken, ausmachen. Ergänzend aufzuführen sind hier archäologische Relikte, ehemalige Haushalts- und Zunftgegenstände sowie Fotografien. Neben den hier genannten Sammlungsgruppen ist ein Blick in die neuere Forschung zur Stadt- und Regionalgeschichte in Deutschland und Polen für die Bestimmung stadtmusealer Schwerpunkthemen von Nutzen. In der akademischen Forschungslandschaft bestehen die Unterschiede darin, dass in Polen die Stadt- und Regionalgeschichte in den Geschichtswissenschaften längere Zeit einen geringeren Stellenwert einnahm, gar als konträr zum nationalen Paradigma empfunden wurde, während in Deutschland bereits im 19. Jahrhundert Regionalgeschichte als Baustein zu einer Nationalkonstruktion angesehen wurde. Beiden Ländern ist allerdings gemein, dass in den Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg eine deutliche Zunahme von stadt- und regionalgeschichtlichen Studien zu beobachten war. Eine Besonderheit markieren hier Studien zum historischen deutsch-polnischen Grenzraum, da diese seit 1989 Anlässe für Perspektivwechsel boten – eine Alternative zu einer zentralistischen und nationalistisch geprägten Geschichtsschreibung.161 159 Żygulski, Zdzisław: Muzea na świecie. Wstęp do muzealnictwa. Warszawa 1982, 98, poln. Original: „Wśród muzeów historycznych ważne miejsce zajmują muzea miejskie, wywodzące się przeważnie z municypalnych zbiorów dokumentów, oznak władzy, broni, monet i medali, różnych instrumentów niezbędnych do sprawowania urzędów, a także dzieł sztuki, przechowywanych od czasów średniowiecznych w ratuszach, arsenałach i innych budynkach będących własnością miasta.“ 160 Vgl. die Ausführungen zu den Stadtmuseen in Danzig, Krakau, Dresden und Köln im Kapitel 8 der vorliegenden Untersuchung („Fazit: Museale Stadtgeschichte zwischen Umbruch und Kontinuität“). 161 Zur Stadt- und Regionalgeschichte in Deutschland und Polen vgl. Kraft, Claudia: Lokal erinnern, europäisch denken. Regionalgeschichte in Polen. In: Osteuropa 56/11–12 (2006) 235–244, hier 238– 241; Krzoska, Markus: Stadtgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert. In: ders./Röskau-Rydel, Isabel (Hg.): Stadtleben und Nationalität. Ausgewählte Beiträge zur Stadtgeschichtsforschung in Ostmitteleuropa im 19. und 20. Jahrhundert. München 2006, 11–29; Traba, Robert: Historia. Przestrzeń dialogu. Warszawa 2006, 111–117; Stępnik, Andrzej: Główne kierunki w historiografii regionalnej i lokalnej. In: Spyra, Janusz (Hg.): Kronikarz a historyk. Atuty i słabości regionalnej historiografii. Cieszyn 2007, 34–53, hier 38–45; Hackmann, Jörg: Landes- und Regionalgeschichte im deutsch-pol­ nischen Kontext. In: Herget/Pleitner (Hg.): Heimat im Museum, 67–78, hier 69–77.

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Auch wenn die Überschneidungen zwischen einer wissenschaftlichen und einer musealen Entfaltung von Stadtgeschichte begrenzt bleiben, hilft bei der Bestimmung von analytischen Oberthemen ein Blick auf politik- und kulturgeschichtliche wie auch sozial- und wirtschaftsgeschichtliche Forschungsthemen zur Stadtgeschichte. Grobe Verdichtungen zeichnen sich in der Forschung insbesondere bei folgenden Themenfeldern ab: die Stadtentwicklung und ihr Umland (Geografie), die soziale, wirtschaftliche und kulturelle Struktur der Stadt (Soziologie), die Stadt und Ideologien, Konflikte und Kultur (Politik- und Kulturgeschichte).162 Zwar vermögen solch schlaglichtartige Bündelungen nicht der Vielfalt der Untersuchungen zur Stadtgeschichte gerecht werden, für die Formulierung von drei thematischen Schnittstellen in der vorliegenden Studie ist diese Übersicht jedoch ausreichend. Als thematischer Zugang zu den Geschichtsausstellungen wurden thematische Schnittstellen gewählt, die einerseits diese Verdichtungen der Forschungen berühren und andererseits von den musealen Sammlungsschwerpunkten ausgehen, denn unterhalb der Kontinuität dieser Oberthemen und Sammlungsgruppen lässt sich die Entwicklung stadtgeschichtlicher Musealisierung auch über einen längeren Zeitraum hinweg besonders detailliert untersuchen. Als thematische Schnittstellungen für die Untersuchung von Geschichtsausstellungen wurden folgende drei Sammlungsgruppen bestimmt: 1. Veduten- (Stadtansichten), 2. Judaica- und 3. Militaria-Sammlungen. Die Stadtansicht (Vedutenmalerei und Druckgrafik), eine künstlerische Verarbeitung der städtischen Topografie in Gemälden, Zeichnungen und Drucken, stellt eine der ältesten lokalgeschichtlichen Sammlungsgruppen dar. Angesichts der rasanten räumlichen und baulichen Entwicklung der Städte im 19. Jahrhundert zählte um die Jahrhundertwende die Bewahrung der Topografie der vormodernen Stadt durch die Sammlung und Präsentation von Stadtansichten zu den Hauptzielen stadtmusealer Tätigkeit.163 Eine zweite in der vorliegenden Arbeit untersuchte Sammlungsgruppe sind die Judaica – Relikte der lokalen jüdischen Kultur und Kunst. Diese Sammlungsgruppe dient als Beispiel für den musealen Umgang mit Hinterlassenschaften von konfessionellen, kulturel162 Stadtgeschichtsforschung ist ein thematisch vielfältiges und in ihrem Umfang kaum zu überblickendes Forschungsfeld. Zu den verschiedenen Zugängen und Ordnungsansätzen vgl. Matzerath, Horst: Lokalgeschichte, Stadtgeschichte, Historische Urbanisierungsforschung? In: Geschichte und Gesellschaft. Zeitschrift für Historische Sozialwissenschaft 15 (1989) 62–88, hier 83–86; Flachenecker, Helmut: Stadtgeschichtsforschung als Akt der Selbstvergewisserung. In: Historisches Jahrbuch 113 (1993) 128–158, hier 132–156; Schmilewski, Ulrich: Stadtgeschichte. In: Bahlcke, Joachim (Hg.): Historische Schlesienforschung. Methoden, Themen, Perspektiven zwischen traditioneller Landesgeschichtsschreibung und moderner Kulturwissenschaft. Köln/Weimar/Wien 2005, 383–405, hier 402 f.; Nolte, Paul: Jenseits der Urbanisierung? Überlegungen zur deutschen Stadtgeschichte seit 1945. In: Lenger, Friedrich/Tenfelde, Klaus (Hg.): Die Europäische Stadt im 20. Jahrhundert. Wahr­ nehmungen, Entwicklung, Erosion. Köln/Weimar/Wien 2006, 477–492, hier 478–480; Johanek, Peter: Landes- und Regionalgeschichte in Deutschland und Österreich. Divergierende Wege in der Erforschung der Geschichte kleiner Räume. In: Spyra (Hg.): Kronikarz, 54–78, hier 54–64. 163 Zur konservatorischen Absicht lokaler Museumsvereine vgl. Roth: Heimatmuseum, 30–35; Hochreiter: Vom Musentempel, 184 f. Zur Geschichte der Stadtansicht in Malerei und Druck vgl. Günther, Lutz P.: Die bildhafte Repräsentation deutscher Städte. Von den Chroniken der frühen Neuzeit zu den Websites der Gegenwart. Köln/Weimar/Wien 2009, 30–177.

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len und sozialen Minderheiten. Die museale Repräsentation von Minderheiten markiert im konflikthaften und nationalisierten 20. Jahrhundert einen besonderen Indikator für die wandelnde Konstruktion gesellschaftlicher Identitätsbilder. Über eine JudaicaSammlung verfügten bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts neben verschiedenen Synagogengemeinden auch einige kulturhistorische Landes- und Stadtmuseen.164 Als drittes Themenfeld wurden Militaria-Sammlungen gewählt. Die oft traditionsreichen Waffensammlungen stammten nur teilweise aus einem lokalen Verwendungszweck und kündeten neben der militärtechnischen Entwicklung von Kriegen und Ereignissen, die für die städtische Entwicklung einschneidend waren. Die Ausstellung von Waffen erlebte in ihrer ideologischen Aufladung einen besonders deutlichen Wandel im 20. Jahrhundert.165 Die museale Entfaltung dieser drei Schwerpunkte, der Stadtansichten, der Judaicaund Militaria-Sammlungen, lassen sich nur im „Wechselverhältnis mit den sozialen, politischen, ökonomischen und geistigen Spannungen der hervorbringenden Zeit“166 sowie den leitenden Konzepten musealer Präsentationen im 20. Jahrhundert begreifen. Die drei Untersuchungen werden deshalb in den geschichtlichen und museumstechnischen Kontext verortet. Die mit den Deutungen dieser Sammlungen durch Ausstellungen verbundenen Neuordnungen und Kontinuitäten geben sowohl Aufschluss über die Definition von Stadtgeschichte wie auch der damit verbundenen funktionalen Rolle historischer Museen. Das Erzeugen identitätsstiftender Angebote durch eine stetige Deutung und Inszenierung musealer Objekte im zeitlichen Verlauf und der Wandel institutioneller Zielsetzungen werden im zeitlichen Kontext der wechselvollen Geschichte einer ostmitteleuropäischen Großstadt, für die Breslau ein herausragendes Beispiel darstellt, besonders deutlich. Für eine tiefgründige Erschließung dieser musealen Produkte in historischer Perspektive bedarf es einer methodischen Grundlage, die auf dem breiten theoretischen Forschungsstand zur empirischen Museumsanalyse aufbaut. Denn eine Methode zur Untersuchung von museal transportierter Geschichtskultur aus vergangenen Jahrzehnten hat sich bislang nicht etablieren können. Daher wird vor der empirischen Untersuchung der Breslauer Geschichtsausstellungen in einem gesonderten Kapitel eine universelle und strukturierte Methode zur historischen Ausstellungsanalyse entwickelt, die dem geschichtstheoretischen Konzept der Geschichtskultur entspringt. Die empirische Untersuchung der Breslauer Geschichtsausstellungen beginnt im Anschluss an dieses methodenorientierte Kapitel. 164 Zur Geschichte der Judaica-Sammlungen in Deutschland vgl. Hoppe, Jens: Jüdische Geschichte und Kultur in Museen. Zur nichtjüdischen Museologie des Jüdischen in Deutschland. Münster 2002; Kohn, Helga: Judaica im Museum. In: Die Zukunft beginnt in der Vergangenheit. Museumsgeschichte und Geschichtsmuseum. Historisches Museum Frankfurt. Gießen 1982, 368–375. Zu den Samm­lungen in Polen vgl. Piątkowska, Renata/Sieramska, Magdalena: Muzeum Żydowskiego Instytutu Historycznego. Zbiory artystyczne. Warszawa 1995. 165 Zur Musealisierung der modernen Kriege in Deutschland, Frankreich und Großbritannien vgl. Thiemeyer, Thomas: Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln. Die beiden Weltkriege im Museum. Paderborn/München 2010, 95 f. 166 Hartung: Kleine deutsche Museumsgeschichte, 25.

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3.1. Ausstellungsanalyse – Methodischer Forschungsstand und -bedarf Eine Methode zur Analyse vergangener Geschichtsausstellungen begegnet einer zweifachen Herausforderung: Sie muss sich im Erfahrungswissen des breiten Feldes der Museums- und Ausstellungsanalyse verorten und zugleich den spezifischen Anforderungen einer historischen Perspektive gerecht werden. Kurz gesagt, es bedarf eines methodischen Ansatzes, der berücksichtigt, dass vergangene Ausstellungen nicht mehr für einen sinnlich-wahrnehmenden Rundgang und Besucherbeobachtungen zur Verfügung stehen. Die methodischen Ansätze zur Ausstellungsanalyse verschiedener Disziplinen wie den Kulturwissenschaften, der Geschichtswissenschaft und -didaktik, der Ethnologie, Soziologie oder auch der Museologie divergieren je nach fachlichem Erkenntnisinteresse erheblich. Ihnen zufolge lassen sich Museen und Ausstellungen unter anderem als kommunikativer Prozess (Zeichensystem), als sozialer Handlungsraum, als geschichtskultureller Repräsentationsort, als intentionaler Lernort oder als eine historische Quelle begreifen. Es besteht ein Bedarf, dieses breite Feld zusammenzuführen, denn viele dieser Ansätze sind bisher weder ausreichend praktisch erprobt noch konsensfähig als anwendbare methodische Grundlage bestätigt worden. Am Fehlen allgemeiner etablierter Analysemethoden wie auch der Unzulänglichkeit bestehender disziplinspezifischer Ansätze machen sowohl die Museumstheoretikerin Anke te Heesen ihre Forderung nach einem „Set von methodischen Instrumenten“ wie auch die Historikerin Kristiane Janeke ihr Plädoyer für die Entwicklung eines interdisziplinären Instrumentariums1 fest: „Die Entwicklung von Leitfragen sollte unter Einbeziehung aller beteiligten Disziplinen erfolgen, ausgehend von den zentralen Begriffen des Objekts, des Raums und des Konzepts. Ziel ist es, Auswahl und Charakter der Exponate, Museums- und Ausstellungsgestaltung, wissenschaftliche Inhalte und Ausstellungskonzept sowie unterschiedliche Formen der Vermittlung gleichwertig bei der Analyse zu berücksichtigen.“2 Diese Synthese verschiedener Analyseansätze unter Berücksichtigung der hier vorgeschlagenen Elemente (Auswahl und Charakter der Exponate, Ausstellungsgestaltung, Inhalte, Konzept und Vermittlungsformen) bildet den Kern einer Ausstel1 Heesen: Theorien, 12. Eine ausführliche Übersicht verschiedener Ansätze der Ausstellungsanalyse u. a. aus den Geschichtswissenschaften, den Kultur- und Museumswissenschaften sowie der Soziologie enthält Janeke, Kristiane: Zeitgeschichte im Museum. Museen in der Zeitgeschichte, Version 1.0. In: Docupedia-Zeitgeschichte, 8. März 2011, https://docupedia.de/zg/Zeitgeschichte_in_Museen [Zugriff am 25. Januar 2015]. 2 Janeke: Zeitgeschichte, 17.

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lung. Zugleich bleiben hier jedoch zentrale Dimensionen einer Ausstellung unberücksichtigt, wie ihr geschichtskultureller Kontext, der vor allem die politisch-zeitlichen Bezüge und die Rezeption einer Ausstellung in der Gesellschaft beachtet. Darauf aufbauend wird in diesem Kapitel ein neuer Analyseansatz entwickelt, der neben der musealen Formsprache und den narrativen und materiellen Inhalten auch den politisch-gesellschaftlichen Kontext des Ausstellungsortes und der -produzenten in zeitgenössischer wie auch historischer Perspektive umfasst. Nicht zu unterschätzen ist ferner, dass sich eine Ausstellung durch die Handlungen und Erfahrungen der Ausstellungsmacher wie auch der Rezipienten konstituiert. Diese verschiedenen Dimensionen berücksichtigen bisher in der neueren Forschung am umfassendsten die Beschreibungs- und Analysemodelle aus dem Umfeld der Kulturwissenschaften. Als Grundlage für die Entwicklung einer Methode, mit der sich vergangene stadtgeschichtliche Ausstellungen analysieren lassen, werden daher zunächst aktuelle Ansätze der interdisziplinären Ausstellungs- und Museumsanalyse diskutiert und auf dieser Grundlage die spezifischen Anforderungen an eine Methode zur Analyse nicht mehr existierender Ausstellungen abgeleitet. Die Begründung einer Untersuchungsmethode erfolgt in diesem Kapitel in fünf Schritten: Nach der Diskussion aktueller Ansätze der Museumsanalyse eröffnet ein genauerer Blick auf den Begriff der Geschichtskultur die methodische Funktionalisierung des Konzeptes für einen strukturierten Analyseansatz. Da es hier um die Entwicklung eines Untersuchungsrahmens geht, der unabhängig vom Breslauer Fallbeispiel, der deutschen und polnischen Geschichtswissenschaft als Methode zur Analyse vergangener Geschichtsausstellungen dienen soll, stützt sich die Begründung des hier entwickelten Konzeptes auf zwei weitere Schritte: Diese sind eine Diskussion und ein Abgleich des Konzeptes mit dem Begriff Geschichtskultur in den polnischen Geschichtswissenschaften wie auch mit den kulturwissenschaftlichen Gedächtnis- und Erinnerungskonzepten. Auf Grundlage dieser Ergebnisse wird abschließend das hier entwickelte Konzept einer geschichtskulturellen Museumsanalyse dargelegt und begründet. Mit den Chancen und Grenzen der Nutzung dieses Konzeptes in der vorliegenden Untersuchung der Breslauer Geschichtsausstellungen befasst sich am Ende der Studie ein gesondertes Resümee zur Methode. Die Untersuchung der Geschichte der Geschichtskultur einer Großstadt in ihrem deutsch-polnischen Kontext bildet einen Beitrag zur Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts. Daher wird die solide Basis der geschichtswissenschaftlichen Quellen­kritik um die methodischen Erweiterungen des cultural turn ergänzt: Im Mittelpunkt der Begründung einer strukturierten Analysemethode stehen daher Untersuchungsansätze aus verschiedenen verwandten Disziplinen zum gesellschaftlichen Umgang mit Geschichte. Neuere kultur- und kommunikationswissenschaftliche Ansätze zur Erfassung und Interpretation bestehender Ausstellungen basieren vor allem auf der Semiotik. Rezipiert werden in der Forschung vor allem die semiotischen Analyseraster von Martin R. Schärer und Jana Scholze. Eine Erweiterung dieses Analyserasters um performative Aspekte hat Angela Jannelli vorgenommen. Die Konzepte der drei Auto-

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ren werden hier als Desiderat der aktuellen, kulturwissenschaftlichen Ansätze zur Museumsanalyse vorgestellt und daraus Rückschlüsse für die hier zu entwickelnde Analysemethode gezogen. Martin R. Schärer3 versteht eine Ausstellung als „Ort der Veranschaulichung von abwesenden Sachverhalten mit Dingen als Zeichen“.4 Eine Ausstellung impliziert damit ein Bedeutungssystem in einem kommunikativen Prozess (Semiose) zwischen Menschen, Sachverhalten und Zeichen. Die Ausstellungssituation bestimmen folglich vier Elemente: Sachverhalte (Botschaft), Vermittler (Sender), Ausstellung (Medium) und Besucher (Empfänger). Eine Erschließung des Mediums erfolgt mit dem Mittel der Semiotik, die Lektüre beziehungsweise Decodierung eines Zeichensystems. Für ein Verständnis der Ausstellung werden mindestens die drei Kategorien Raum (Metakontext), Bild (Objekte und Inszenierung) und Sprache (Mischformen einer ästhetischen, didaktischen, theatralen oder assoziativen Sprache) erfasst.5 Allerdings versteht Schärer den kommunikativen Prozess einer Ausstellung nicht als determiniert, sondern identifiziert in einer Ausstellungssituation „Aspekte einer asymmetrischen Massenkommunikation“, bei der die Rezeption des Besuchers aufgrund seiner „persönlichen Realität“ einen „großen unberechenbaren Moment“ darstellt.6 Auch Jana Scholze7 erschließt Formen der Ausstellungsgestaltung mit Hilfe der Semiotik. Sie versteht die Exposition als einen Ort, an dem Signifikations- (Nichtintentionalität) und Kommunikationsprozesse (Intentionalität) stattfinden. Das Ziel der Analyse ist das Aufdecken von Codes, die „zu Aussagen über vermittelte Zusammenhänge, Kenntnisse und Erfahrungen“ – Ästhetik, Didaktik und Poetik von Ausstellungen – führen.8 Im Mittelpunkt ihres analytischen Vorgehens stehen drei „Lesarten“: die Denotation, die Herleitung der Gebrauchsfunktion des Objektes – Konnotation, individueller Kontext eines Objektes – und die Metakommunikation, also der Einfluss des Kontextes auf den Zeichengebrauch des Objektes.9 Die Kritik an diesen Analysemethoden richtet sich vor allem auf die begrenzte Perspektive des semiotischen Ansatzes. Denn die räumliche Dimension einer Ausstellung werde auf absichtsvoll gesetzte Zeichen reduziert. Damit falle der Besucher in die Rolle eines passiven Rezipienten. Zu bemängeln ist auch, dass die hier sinnliche und

3 Martin R. Schärer entwarf 2003 im Rahmen seiner theoretischen Fassung des Komplexes „Ausstellung“ eine Methode zur Ausstellungsanalyse. Vgl. Schärer, Martin R.: Die Ausstellung. Theorie und Exempel. München 2003. 4 Schärer, Martin R.: Theorie der Ausstellung. In: Vieregg, Hildegard K. (Hg.): Studienbuch Museumswissenschaften. Impulse zu einer internationalen Betrachtung. Baltmannsweiler 2007, 48–54, hier 48. 5 Schärer: Die Ausstellung, 44, 99. 6 Schärer: Theorie der Ausstellung, 48 f. 7 Jana Scholze entwickelte 2004 anhand der Untersuchung musealer Präsentationen in Oxford, Ams­ terdam, Leipzig und Berlin eine Methode zur Ausstellungsanalyse. Vgl. Scholze, Jana: Medium Aus­ stellung. Lektüren musealer Gestaltung in Oxford, Leipzig, Amsterdam und Berlin. Bielefeld 2004. 8 Ebd., 12 f. 9 Ebd., 30–39.

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unmittelbar leibliche Erfahrung von Ausstellungsbesuchen außer Acht gelassen werde.10 Diesbezüglich nimmt Angela Jannelli11 eine Erweiterung vor: Ihre Untersuchung folgt einem Vorgehen, welches „klassische semiotische Analyseverfahren mit performativen Ansätzen verbindet“. Anstatt eines Zeichensystems erfasst Jannelli Ausstellungen als Orte räumlich-kommunikativen Handelns.12 Ihr Modell verfolgt daher den Ansatz, Ausstellungen „nicht nur auf der Basis der Bedeutung zu lesen“, sondern sie „hinsichtlich ihrer sinnlichen Wirkung wahrzunehmen“. Dieser Schritt markiert für Jannelli eine „Verlagerung des Schwerpunkts von der kognitiven auf die sinnliche Dimension von Ausstellungen“. Im Mittelpunkt stehen dabei die „Materialität der Objekte“, „ihre Wahrnehmung“ und die „Handlung der beteiligten Akteure“.13 Daher wird eine Ausstellung sowohl als „Anordnung von Dingen im Raum“ wie auch als „Handlungsraum“ betrachtet. Auf der ersten Ebene wird nach Strukturierungen durch Objektarten und -ordnungen gefragt, während auf der zweiten Ebene die Interpretationen, Erklärungsmuster und Ausstellungswege der „Museumsmacher“ erfasst werden.14 Als Konsequenz des performativen Ansatzes folgert Jannelli, keine Unterscheidung „zwischen ‚objektiven‘ und ‚subjektiven‘ Erzählungen“ wie auch „zwischen Dingen und Menschen“ vornehmen zu können.15 Zusammenfassend zeigt sich, dass die neueren Ansätze der kulturwissenschaftlichen Ausstellungsanalyse neben der kognitiven Erfassung beziehungsweise Lektüre von musealen Präsentationen einen Schwerpunkt auf die Dimension der leiblich-sinnlichen Wahrnehmung und Handlung in musealen Räumen durch Veranstalter und Besucher legen. Die Subjektivität der individuellen Wahrnehmung und die Konstituierung von Ausstellungen als Handlungsräume verdeutlichen den konstruktivistischen Aspekt von Kultur. Für eine analytische Erfassung dieser sinnlichen und performativen Dimensionen von Ausstellungen stellt sich in erster Linie die Aufgabe, den Ort betreten und erfahren zu können. Wenn diese „symbolisch verfasste kulturelle Äußerungsform“16 der musealen Präsentation aus historischer Perspektive – wie in der vorliegenden Studie – also in der Rückschau erschlossen werden soll, hat dies eine einschneidende Konsequenz: Der Handlungsraum einer Ausstellung ist nicht mehr leiblich erfahrbar und mit allen Sinnen wahrzunehmen. Die Analyse ist auf materielle Überlieferungsbestände angewiesen. Bildliche Dokumentationen der Ausstellungsästhetik und schriftliche Überlieferungen der Rezeption können eine sinnliche wie auch performative Analyseebene kaum ausreichend bedienen. Auch ist es fraglich, ob der Ansatz der Semiotik, die Aus10 Schärer: Theorie der Ausstellung, 54; Jannelli, Angela: Wilde Museen. Zur Museologie des Amateur­ museums. Bielefeld 2012, 77 f. 11 Angela Jannelli entwickelte ihre Methode zur Ausstellungsanalyse anhand der spezifischen Anfor­ derungen der „Wilden Museen“, kleiner Amateurmuseen. 12 Jannelli: Wilde Museen, 71. 13 Ebd., 71 f. 14 Ebd., 76 f. 15 Ebd., 114. 16 Ebd., 99.

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stellung als eine kommunikative Situation zu erschließen, für die historische Perspektive auf den musealen Umgang mit Geschichte handhabbar ist: Die Objektarrangements stehen nicht mehr im Detail zur Verfügung, und es lässt sich nicht mehr prüfen, ob die Erfahrungen und Erkenntnisse der Besucher den Intentionen und Botschaften der Ausstellungsmacher entsprachen. Eine Ausnahme bildet die begrenzte Perspektive der medialen Rezeption. Aus den hier vorgestellten kulturwissenschaftlichen Ansätzen bleibt die Erkenntnis, dass eine Erschließung vergangener Ausstellungen mindestens vier Ebenen berücksichtigen sollte: das Produkt beziehungsweise das Medium (inhaltliche Ebene), die Ordnung von Dingen im Raum (Präsentationsebene), die Produzenten, Motoren beziehungsweise Sender und ihre Botschaft (politische Ebene) wie auch die Rezipienten oder Empfänger (öffentliche Ebene). Für aktuelle Ausstellungen ließe sich als fünfte Dimension eine performative Ebene (soziale Handlung) hinzunehmen. Die Untersuchung der Produkte des öffentlichen Umgangs mit Geschichte in einem städtischen Kontext aus historischer Perspektive anhand des Mediums „Museum und Ausstellung“ begegnet einer Vielschichtigkeit kultureller Spuren. Nicht nur Themen und Interpretationen, auch Präsentationsformen (museale Formsprachen) und Konzepte (Intentionen) durchliefen in den zurückliegenden Jahrzehnten einen ständigen Wandel. Notwendig ist hier eine Analysemethode, die sich dem Medium auf verschiedenen Erkenntnisebenen nähert. Die Untersuchung nicht mehr existierender Ausstellungen und eine Auseinandersetzung mit der Geschichte des Museums bildeten bisher vor allem ein Forschungsfeld der traditionellen Geschichtswissenschaften.17 Methodische Reflexionen zu diesen Analysen lassen sich nur sehr selten finden. Für die Entwicklung einer neuen, strukturierten Methode zur historischen Ausstellungsanalyse stellt sich daher besonders die Frage nach den bisherigen forschungspraktischen Ansätzen, denn auffällig selten finden sich Methoden zur Erschließung und Auswertung vergangener Ausstellungen unter den Beiträgen interdisziplinärer Sammlungen zur „Museumsanalyse“.18 Eine Ausnahme bildet das Konzept von Katrin Pieper: In ihrem Beitrag zu den „Resonanzräumen“19 unternimmt sie eine Annäherung an das Museum mit dem Begriffskonzept „Erinnerungskultur“20 und charakterisiert Ausstellungen als „Generatoren und Indi17 Pomian: Der Ursprung; Roth: Heimatmuseum; Hochreiter: Vom Musentempel; Hartung: Kleine deutsche Museumsgeschichte. 18 Zu einem interdisziplinären Überblick über Ansätze der Museumsanalyse vgl. Baur (Hg.): Museums­ analyse; Thiemeyer, Thomas: Museen verstehen. Methoden. Tübingen, 29. Oktober 2015–30. Oktober 2015. In: H-Soz-Kult, 22. September 2015, http://www.hsozkult.de/event/id/termine-28895 [Zugriff am 30. September 2015, Publikation der Tagungsbeiträge in Vorbreitung]. 19 Pieper, Katrin: Resonanzräume. Das Museum im Forschungsfeld Erinnerungskultur. In: Baur (Hg.): Museumsanalyse, 187–212. 20 Katrin Pieper definiert „Erinnerungskultur“ als ein bewusstes „Erinnern“ an Ereignisse, Persönlichkeiten und Prozesse, eine trennscharfe Abgrenzung zur Geschichtskultur unterlässt sie jedoch. Vgl. Pieper: Resonanzräume, 195 f. Zum Begriffskonzept „Erinnerungskultur“ vgl. innerhalb des vorliegenden Kapitels den Abschnitt „Geschichtskultur gegenüber Gedächtnis und Erinnerung“.

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katoren“ erinnerungskultureller Tendenzen. Damit solle beschrieben werden, dass Ausstellungsthemen gesellschaftlich-politischen Prozessen folgen (Produkte), diese aber auch beeinflussen (Motoren). Bemerkenswert ist vor allem, dass Pieper zur Analyse der Repräsentation erinnerungskultureller Tendenzen in Ausstellungen neben einem zeitlich synchronen auch einen diachronen Vergleich – einen Vergleich nicht mehr bestehender Ausstellungen – anführt. In ihrem Ansatz fehlen allerdings noch konkrete Parameter oder Kategorien wie auch Anmerkungen zu den unterschiedlichen Anforderungen an Analysen bestehender und vergangener Ausstellungen. Mit den Besonderheiten einer Analyse vergangener musealer Präsentationen beschäftigt sich in Ansätzen auch Thomas Thiemeyer.21 Thiemeyer nähert sich Ausstellungen mit der geschichtswissenschaftlich-kritischen Methode des Quellenstudiums. Hierfür präzisiert er acht quellenkritische Analysefragen22 zu den drei Dimensionen „Produzent (Ausstellungsmacher), Produkt (Ausstellung) und Rezipient (Besucher)“.23 Gesondert geht Thiemeyer darauf ein, dass die Analyse vergangener Ausstellungen einer Rekonstruktionsarbeit aus Textquellen, Abbildungen und mündlichen Überlieferungen bedürfe. Das Erschließen von Ausstellungen aus historischer Perspektive setze aus Fragmenten ein neues Bild zusammen und sei damit von der Überlieferungslage stark abhängig. Die inhaltliche Analyse sei neben der Ergänzung um Fotografien und Abbildungen auch auf die Sicht der Produzenten wie auch der Rezipienten angewiesen. Hier zeigt Thiemeyer die Nähe der historischen Museumsanalyse zum „klassischen Forschungsfeld des Historikers“, da es in beiden Fällen um das Auffinden und Deuten von fragmentarischen Spuren geht. Allerdings verbleiben klassische geschichtswissenschaftliche Untersuchungsansätze oftmals bei übergreifenden Beschreibungen und Geschichten des Phänomens Museum und damit bei einer übergreifenden Sozial- oder Institutionengeschichte. Eine Auseinandersetzung mit den konkreten Produkten der Musealisierung fehlt zumeist. Auch Thiemeyer macht deutlich, dass eine gegenwartsbezogene wie auch historische Analyse des Museums als klassische geschichtswissenschaftliche Quelle, als Gegenstand hermeneutischer Analyse, kaum geeignet sei, um das sinnliche Potential, die Raumwirkung und die Materialität der Dinge zu erfassen.24 Als Antwort auf diese Unzulänglichkeit verweist er auf die kulturwissenschaftliche Performanztheorie, wie sie auch in den soeben erwähnten Ansätzen von Angela Jannelli aufgegriffen wurde. Mit dieser Schlussfolgerung verharrt Thiemeyer allerdings ausschließlich bei 21 Thomas Thiemeyer leitet seinen Aufsatz mit Überlegungen zum geschichtsdidaktischen Konzept der Geschichtskultur nach Jörn Rüsen ein. Für sein anschließendes Analysekonzept beschränkt er sich allerdings ausschließlich auf die geschichtswissenschaftliche Methode des Quellenstudiums. Vgl. Thiemeyer: Geschichtswissenschaft, 73–94. 22 1) Wer ist der Autor der Quelle? 2) Was ist die Position des Autors? 3) Wer ist Adressat der Quelle? 4) Entstehungsdatum, Entstehungsort, Situation der Quelle? 5) Zweck der Quelle? 6) Was sind zentrale Begriffe der Ausstellung? 7) Welche Form hat die Quelle? 8) Wie ist die Quelle formal aufgebaut? Vgl. ebd., 84–89. 23 Ebd., 82. Eine Anwendung dieser Quellenkritik in der Museumsanalyse findet sich bei Tomann: Geschichtskultur im Strukturwandel, 105–113. 24 Ebd., 89 f.

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den Zugängen zur Analyse gegenwärtiger, erfahrbarer Ausstellungen und übergeht damit das primäre Forschungsfeld der Geschichtswissenschaft – die Untersuchung vergangener Ausstellungen. Als sinnlicher Erfahrungs- und Wahrnehmungsraum stehen schriftlich und bildlich überlieferte Präsentationen nicht mehr zur Verfügung. Diese Einschränkung schließt allerdings nicht zwangsläufig aus, die Leitlinien der musealen Formsprache, also das ästhetische Erscheinungsbild einer Ausstellung, aus historischer Perspektive untersuchen zu können. Die geschichtswissenschaftliche Methode des kritischen Quellenstudiums ist hierfür in der Tat zu begrenzt, da sie zu sehr der ihr immanenten kognitiven Ebene von Schriftstücken verhaftet bleibt. Die reine Textlektüre wird einer Ausstellung nicht gerecht, denn neben dem historisch-politischen Kontext, den Produzenten und Rezipienten von Ausstellungen, sind besonders auch die museale Formsprache, die Ordnung der Dinge und die Gestaltung des Raumes zu berücksichtigen. Auf Grundlage dieses Befundes soll im Folgenden eine mehrdimensionale Durchdringung historischer musealer Produkte entwickelt werden. Notwendig ist eine Analysemethode, die sich dem Medium der Geschichtsausstellung auf mehreren Erkenntnisebenen nähert: Primär zählen hierzu eine Inhaltsebene und eine Präsentationsebene. Damit finden die thematischen Bezüge und Ausstellungsinhalte wie auch die Präsentationsästhetik Berücksichtigung. Eine Erschließung vergangener Ausstellungen im historischen Kontext sollte allerdings darüber hinausgehen und auch nach den Veranstaltern, den Absichten und der Rezeption musealer Präsentationen fragen. Dabei stößt eine Untersuchung der Wirkung und Wahrnehmung des Ausstellungsarrangements auch bei einer umfassenden fotografischen und medialen Ausstellungsdokumentation an unüberwindbare Grenzen. Nur in Einzelfällen lässt sich die zeitgenössische Rezeption von Ausstellungen aus noch erhaltenen Besucheroder Gästebüchern erschließen. Zuverlässigere Subjektiv-Quellen sind Besprechungen in Presseerzeugnissen. Diese entsprechen allerdings einer medial deutenden, teils staatsoffiziellen Perspektive. Die spezifische Herausforderung der historischen Perspektive erfordert eine Begrenzung der zu untersuchenden Dimensionen auf überlieferbare Ausstellungsaspekte. Hierzu zählen alle Schriftzeugnisse und Publikationen wie Kataloge, Begleitbücher, Texttafeln und Presseartikel oder interne Unterlagen wie Konzepte, Exponatlisten und Protokolle. Für eine Erschließung von Ästhetik und Präsentationsform sind Fotografien und Zeichnungen unverzichtbar. Im Mittelpunkt der Ausstellungsanalyse steht somit eine Rekonstruktionsarbeit auf der Grundlage von Text- und Bildmaterialien. Dies geschieht im Bewusstsein, immer nur Teilbereiche der nicht mehr existierenden Ausstellung offenlegen zu können. Gefordert ist eine strukturierte Analysemethode, die eine Vergleichbarkeit und diachrone Erschließung des musealen Umgangs mit Vergangenheit gewährleistet. Zudem trägt das für diese Untersuchung notwendige Such- und Analyseraster dem Anspruch Rechnung, eine universelle Methode zur Analyse vergangener historischer Ausstellungen zu entwickeln. Dem Erkenntnisinteresse, Aufschluss über die museale Repräsentation von Stadtgeschichte in einem Jahrhundert zu erhalten, steht die grundlegende Herausforderung gegenüber, eine

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tragfähige Heuristik zu entwickeln, mit der sich museale Präsentationsformen systematisch erfassen, auswerten und geschichtswissenschaftlich interpretieren lassen. Für die Formulierung einer solchen Methode ist das geschichtsdidaktische Begriffskonzept der Geschichtskultur aufgrund seiner theoretischen Strukturierung prädestiniert.

3.2. Das Begriffskonzept Geschichtskultur Geschichte ist ein gesellschaftliches Konstrukt. Eine historische Analyse des öffentlichen Umgangs mit Geschichte geht davon aus, dass „Geschichte immer nur als Bewusstseinsinhalte, als ‚Vorstellungen von und Einstellungen zur Vergangenheit‘ existiert“.25 Das von Karl-Ernst Jeismann begründete zentrale geschichtsdidaktische Begriffskonzept des Geschichtsbewusstseins beschreibt historisches Denken als eine lebensweltliche Funktion, denn es gelte „den Geschichtsunterricht als Funktion und Faktor des übergreifenden gesellschaftlichen Prozesses [zu] sehen, in dem sich Vorstellungen über Vergangenheit unter den Bedingungen der jeweiligen Gegenwart immer neu- und umbilden“.26 Mit der Berücksichtigung von „Geschichte in der (außerschulischen) Öffentlichkeit und in der Alltagswelt“27 vollzog die geschichtsdidaktische Forschung seit 1977 eine Öffnung von einer Schuldidaktik zu einer Wissenschaft historischen Bewusstseins in der Gesellschaft. In einer zweiten Ausrichtungsphase (1990–1999) wurde das Geschichtsbewusstsein als geschichtsdidaktische Kategorie und Forschungskonzept durch Jörn Rüsen um das Konzept der Geschichtskultur erweitert. Der Begriff Geschichtskultur ist allerdings älter, er wurde im deutschsprachigen Raum erstmals 1984 als Titel einer internationalen geschichtsdidaktischen Bibliographie verwendet und dort als „kommunikativer Prozeß historisch-politischer Identitätsfindung und Verständigung“28 bezeichnet. Jörn Rüsen positionierte zum Begriffskonzept Geschichtsbewusstsein die Geschichtskultur als die „praktisch wirksame Artikulation von Geschichtsbewusstsein im Leben einer Gesellschaft“.29 Geschichtskultur wurde damit zur zentralen Kategorie, wenn es um den Umgang mit Geschichte in der Öffentlichkeit geht. 25 Wolfgang Hasberg (2004) in Bezug auf Jeismann, Karl-Ernst: Didaktik der Geschichte. Die Wissenschaft von Zustand, Funktion und Veränderung geschichtlicher Vorstellungen im Selbstverständnis der Gegenwart. In: Kosthorst, Erich (Hg.): Geschichtswissenschaft. Didaktik, Forschung, Theorie. Göttingen 1977, 9–33, hier 13. Vgl. Hasberg, Wolfgang: Erinnerungskultur. Geschichtskultur, Kulturelles Gedächtnis. Geschichtsbewusstsein. 10 Aphorismen zu begrifflichen Problemfeldern. In: Zeit­schrift für Geschichtsdidaktik 3 (2004) 198–207, hier 203. 26 Jeismann, Karl-Ernst: „Geschichtsbewußtsein“. Überlegungen zu einer zentralen Kategorie der Geschichts­didaktik. In: Süßmuth, Hans (Hg.): Geschichtsdidaktische Positionen. Bestandsaufnahme und Neuorientierung. Paderborn 1980, 179–222, hier 183. 27 Schönemann, Bernd: Geschichtskultur als Forschungskonzept der Geschichtsdidaktik. In: Zeitschrift für Geschichtsdidaktik 1 (2002) 78–86, hier 78. 28 Pellens, Karl/Quandt, Siegfried/Süssmuth, Hans (Hg.): Geschichtskultur – Geschichtsdidaktik, internationale Bibliographie. Paderborn 1984, 7. 29 Rüsen, Jörn: Was ist Geschichtskultur? Überlegungen zu einer neuen Art, über Geschichte nachzudenken. In: ders./Füßmann, Klaus/Grütter, Heinrich Theodor (Hg.): Historische Faszination. Geschichts­ kultur heute. Köln/Weimar/Wien 1994, 3–26, hier 5.

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Das Begriffskonzept Geschichtskultur

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Eine genaue Definition von Geschichtskultur und ihr Verhältnis zum Geschichtsbewusstsein sind allerdings bis heute umstritten. Bernd Schönemann deutete das Verhältnis von „Geschichtsbewusstsein und Geschichtskultur als zwei Seiten einer Medaille“. Geschichtsbewusstsein sei ein „individuelles Konstrukt, das sich in Internalisierungsund Sozialisationsprozessen aufbaut“, und Geschichtskultur ein „kollektives Konstrukt, das auf dem entgegengesetzten Wege der Externalisierung entsteht und uns in Objektivationen […] gegenübertritt“.30 Dieser Gegenüberstellung von individuellem Geschichtsbewusstsein und kollektiver Geschichtskultur widerspricht Wolfgang Hasberg. Nach ihm gelte die Rüsen’sche Formel vom „Geschichtsbewusstseins in der Gesellschaft“ nur, wenn man berücksichtige, „dass es in individuellen und kollektiven Ausprägungen vorhanden sei, die sich […] gegenseitig bedingen, indem sie sich externalisieren, sich so in den unterschiedlichsten Ausdruckformen der Geschichtskultur objektivieren und als solche wiederum von kollektiven und individuellen Trägern von Geschichtsbewusstsein internalisiert werden“.31 Hasberg versuchte hier eine Klärung der Vielfalt geschichtskultureller Vergegenständlichungen (Objektivationen) mittels einer Neudefinition des Geschichtsbewusstseins als individuelles wie auch als kollektives Konstrukt. Allerdings bleibt hier unklar, wie sich ein kollektives Bewusstsein konstituiert und wie sich „kollektive Ausprägungen“ des Geschichtsbewusstseins von „Ausdrucksformen der Geschichtskultur“ unterscheiden. Es ist anzunehmen, dass Hasberg mit dem Konzept eines kollektiven Bewusstseins von einem gesellschaftlich-kulturellen statt einem mental-neuronalen Konstrukt ausgeht, wie dies auch in der später noch zu besprechenden kulturwissenschaftlichen Gedächtnistheorie der Fall ist.32 Zu einer Klärung des Verhältnisses von Geschichtskultur und -bewusstsein erscheint eine Auseinandersetzung mit dem Kulturbegriff unabdingbar. Lars Deile betont, dass „Kultur“ sowohl den „Prozess des Hervorbringens als auch die Wertschätzung eines Produkts“ umfasse. Demnach bezeichne Kultur „die Auseinandersetzung zwischen Individuum und Gesellschaft durch Prozesse von Internalisierung und Externalisierung“.33 Geschichtskultur beschreibt damit nicht bloß eine kollektive Auseinandersetzung mit Geschichte, sondern auch gruppenspezifische oder individuelle Prozesse. Veranschaulichen lässt sich das Verhältnis von Geschichtsbewusstsein und Geschichtskultur in einem von Deile entwickelten „Bild eines äußeren und inneren Kreises“. Der große, äußere Kreis symbolisiert „Geschichtskultur als gesamtes Feld der Anwesenheit von Vergangenheit in der Gegenwart“, während in einem inneren Kreis „Geschichts30 Schönemann, Bernd: Geschichtsdidaktik und Geschichtskultur. In: Mütter, Bernd/Schönemann, Bernd/Uffelmann, Uwe (Hg.): Geschichtskultur. Theorie, Empirie, Pragmatik. Weinheim 2000, 26–58, hier 44. 31 Hasberg, Wolfgang: Erinnerungs- oder Geschichtskultur? Überlegungen zu zwei (un-)vereinbaren Konzeptionen zum Umgang mit Gedächtnis und Geschichte. In: Hartung, Olaf (Hg.): Museum und Geschichtskultur. Ästhetik, Politik, Wissenschaft. Bielefeld 2006, 32–59, hier 52. 32 Assmann, Aleida: Der lange Schatten der Vergangenheit. Erinnerungskultur und Geschichtspolitik. München 2006, 31–36. 33 Deile, Lars: Didaktik der Geschichte, 8. In: Docupedia-Zeitgeschichte, 27. Januar 2014, http://­ docupedia.de/zg/Didaktik_der_Geschichte [Zugriff am 12. November 2015].

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bewusstsein individuell entsteht“.34 Geschichtskultur ist damit die „Symbolwelt“, in der „Geschichtsbewusstsein entsteht, geformt und verändert wird“ und nicht bloß eine „durch Externalisierung gewonnene Manifestation von Geschichtsbewusstsein“.35 Für eine empirische Untersuchung von Geschichtskultur ist eine weitere Ebene in diesem Kreismodell von zentraler Bedeutung. Nach Marc Ullrich bilden die Produkte des individuellen, gruppenspezifischen und kollektiven Umgangs mit Geschichte, die geschichtskulturellen Objektivationen, einen dritten Kreis zwischen der äußeren Geschichtskultur und dem inneren Geschichtsbewusstsein. Die geschichtskulturellen Objektivationen (auch bezeichnet als Produkte historischen Denkens oder Materialisierungen historischer Sinnbildung)36 sind Ausdruck des durch das Symbolsystem der Geschichtskultur geprägten individuellen Geschichtsbewusstseins. In diesen Objektivationen materialisiert sich das Geschichtsbewusstsein, und zugleich geben sie damit Aufschluss über Bereiche des „symbolischen Gesamtsystems“ der Geschichtskultur.37 Für die empirische Erforschung von Geschichtskultur ist hier zu beachten, dass auch die Gesamtheit aller geschichtskulturellen Objektivationen nicht mit der Geschichtskultur als Gesamtsystem gleichgesetzt werden kann, da die Objektivationen durch das soziale Handlungsfeld individueller Produzenten mit ihrem jeweiligen Geschichtsbewusstsein verzerrt werden. Diesen grundlegenden Unterschied zwischen dem geschichtskulturellen Wissens- und Symbolsystem und den geschichtskulturellen Objektivationen gilt es im Auge zu behalten, wenn im Folgenden Museumsausstellungen als Objektivationen beziehungsweise Produkte der Geschichtskultur analysiert werden sollen.

3.3. Museen als Produkte der Geschichtskultur Geschichtskulturelle Objektivationen nehmen eine „Mittlerrolle“ zwischen Geschichtskultur und Geschichtsbewusstsein ein. Damit versinnbildlichen sie das individuelle Geschichtsbewusstsein der Produzenten und sind zugleich Teil des Symbolsystems der Geschichtskultur.38 Geschichtsmuseen und -ausstellungen sind Kulturprodukte – sie sind stetiger Veränderung ausgesetzt und reflektieren sowohl den „Prozess des Hervorbringens“ als auch die „Wertschätzung eines Produktes“39 der Geschichtskultur. Die Analyse dieser geschichtskulturellen Objektivationen gibt Aufschluss über die „Vorstellungen von und Einstellungen zur Vergangenheit“40 als Ausdruck des individuel34 Ebd., 9. 35 Ullrich, Marc: Transkulturalität und Geschichtskultur. In: ders.: Geschichtsdidaktik und Transkulturalität. Theoretische Dimensionen historischen Lernens in der pluriformen Gesellschaft [Arbeits­ titel, Dissertation in Vorbereitung, Fassung: 9. Juli 2015], 23. 36 Schönemann: Geschichtsdidaktik, 44; Pandel, Hans-Jürgen: Geschichtskultur als Aufgabe der Geschichtsdidaktik. Viel zu wissen ist zu wenig. In: Oswalt, Vadim/Pandel, Hans-Jürgen (Hg.): Geschichts­ kultur. Die Anwesenheit von Vergangenheit in der Gegenwart. Schwalbach 2009, 19–33, hier 28. 37 Ullrich: Transkulturalität, 24 f. 38 Ebd., 24. 39 Deile: Didaktik, 8. 40 Jeismann: Didaktik, 13.

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len Geschichtsbewusstseins. Museen sind soziale Handlungsräume und unterliegen damit den sozialen Faktoren von Macht und Herrschaft. Sie reflektieren vor allem das Geschichtsbewusstsein gesellschaftlich einflussreicher Akteure. Diese Mittlerfunktion geschichtskultureller Produkte im kommunikativen Verhandlungsprozess verschiedener Akteure fasst Hans-Jürgen Pandel treffend zusammen: „Kulturelle Objektivationen sind Produkte (‚Werke‘) des Geschichtsbewusstseins von Politikern, Künstlern, Schriftstellern, Dramatikern und Ausstellungsdesignern. Leben in der Geschichtskultur ist Auseinandersetzung mit den Produkten anderer, in denen sich deren Geschichtsbewusstsein niedergeschlagen hat.“41 Bei einer Untersuchung des Museums als Produkt der Geschichtskultur sind aufgrund der Anwesenheit sozialer Machtfaktoren wie auch der Auseinandersetzung mit dem erweiterten Kulturbegriff zwei Konsequenzen zu ziehen: Erstens sind Museen und Ausstellungen als geschichtskulturelle Objektivationen nicht als Spiegel des gesamten gesellschaftlich vorhandenen Geschichtsbewusstseins zu verstehen, sondern unterliegen „politischen Implikationen und Einflussnahmen“42 – auch in demokratisch verfassten Staaten. Zweitens schließt auch eine quantitativ umfangreiche Analyse von Geschichtsausstellungen einen Rückschluss auf die Geschichtskultur in ihrer Gesamtheit aus, da Ausstellungen Objektivationen beziehungsweise Produkte individueller und gruppenspezifischer historischer Sinnbildung (des Geschichtsbewusstseins) sind. Museale Produkte werden von der sie umgebenden Geschichtskultur beeinflusst und prägen diese nachhaltig, aber sie bilden nur einen Teilaspekt ab, denn einen direkten Rückschluss auf das Symbolsystem der Geschichtskultur gibt es nicht. Wenn im Folgenden von musealer, städtischer oder nationaler Geschichtskultur gesprochen wird, dann geschieht dies im Hinblick auf empirisch begründete Aussagen über geschichtskulturelle Objektivationen. Es wird konsequenterweise eine größtmögliche Annäherung an den Umgang mit Geschichte in Ausstellungen, an die kulturellen Praktiken des Sammelns und Zeigens wie auch an die gesellschaftlich wirkmächtigen, akzeptierten oder oktroyierten Erzählungen angestrebt. Im Umkehrschluss impliziert museale Geschichtskultur „sowohl zufällige und ungewollte Repräsentationen […] als auch bewusste Rekonstruktionen von Vergangenheit sowie intentionale Inszenierungen von Geschichte, die nicht unbedingt einem bestimmten Niveau, Tendenzen oder gar Hauptsträngen von Geschichtsbewusstsein im Leben einer Gesellschaft entsprechen müssen“.43 Die Untersuchung von Museen und Ausstellungen ermöglicht es daher, empirisch gesicherte Aussagen über den Umgang mit Geschichte seitens kultureller Akteursgruppen treffen zu können, da hier konkrete, materiell belegte, geschichtskulturelle Objektivationen in den Blick genommen werden. Die in Ausstellungen materialisierten Objektivationen zeichnen sich allerdings auch dadurch aus, dass sie nicht bloß ein Ausdruck der politischen und wissenschaftli41 Pandel: Geschichtskultur als Aufgabe, 28. 42 Thünemann, Holger: Holocaust-Rezeption und Geschichtskultur. Zentrale Holocaust-Denkmäler in der Kontroverse. Idstein 2005, 21. 43 Thünemann: Holocaust-Rezeption, 22.

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chen Kultur sind, sondern vor allem eine wirkmächtige ästhetische Qualität besitzen. Die visuelle Kraft der musealen Formsprache gilt es daher bei einer Untersuchung von Ausstellungen genauso zu beachten wie die von Wissenschaft und Politik geprägten Narrative und institutionellen Funktionen von Museen. Am Beispiel der Wechselwirkung kognitiv-wissenschaftlicher, politischer und ästhetischer Dimensionen in Historischen Museen hat Jörn Rüsen bereits 1988 angemahnt, dass eine „ausschließlich unter politischen Geschichtspunkten“ durchgeführte Untersuchung musealer Produkte zwangsläufig zu einer „Verkürzung“ der Perspektive führe.44 Ihm zufolge besteht die Geschichtskultur aus einem Zusammenspiel der drei Dimensionen Kognition, Politik und Ästhetik.45 In jeder dieser Dimension wird auf unterschiedliche Weise historischer Sinn gebildet und transportiert. Durch diese Strukturierung erhält die Begriffskonzeption eine heuristische Funktion und ist daher prädestiniert für die empirische Forschung. Im Folgenden werden aus dieser Dimensionierung Ebenen für eine empirisch belastbare Analysemethode entwickelt. Bei einer Analyse geschichtskultureller Ausprägungen sollte darauf geachtet werden, dass sich die kognitive, politische und ästhetische Dimension nach Rüsens Verständnis stets durchdringen und „am besten […] ihre kulturelle Orientierungsfunktion“ dann erfüllen, wenn sie in „relativer Autonomie“ existieren. Dies hat zur Konsequenz, dass eine signifikante Dominanz einer Dimension eine Ideologisierung, Politisierung oder Irrationalisierung der Geschichtskultur hervorruft.46 Am Beispiel des Museums mahnt Rüsen, dass bei einer politischen Durchsetzung einer vermeintlichen „Wahrheit zur Ideologie […] die Offenheit und Vieldeutigkeit historischer Erfahrungen verloren“ gehen. In einem Museum, dass ausschließlich der „offiziellen Lehre“ folge, verliere „die sinnliche Anschauung der Vergangenheit […] ihr mediales Eigengewicht in der historischen Deutung“.47 Aufgrund dieser heuristischen Wechselbeziehung sollte eine Analysemethode die Dimensionen in ihrer Interdependenz erschließen und die Ergebnisse auf Dominanzen prüfen. Zu berücksichtigen ist auch, dass Rüsen die Dimensionierung in einem anthropologischen Interesse auslegte und damit eine Übereinstimmung mit den mentalen Operationen des Denkens, Wollens und Fühlens vornahm wie auch die Prinzipien Wahrheit, Macht und Schönheit als Ableitungen der Kategorien Wissenschaft, Politik und Kunst interpretierte.48 Diese Auslegung der Dimensionen basiert bei Rüsen auf seiner 44 Rüsen, Jörn: Für eine Didaktik historischer Museen. In: ders./Ernst, Wolfgang/Grütter, Heinrich Theodor (Hg.): Geschichte sehen. Beiträge zur Ästhetik historischer Museen. Pfaffenweiler 1988, 9–20, hier 11. 45 In der Folge schlug Jörn Rüsen eine Ergänzung seiner Ursprungsdimensionen durch eine emotionale, weltanschauliche und religiöse Dimension beziehungsweise in einem neueren Beitrag auch um eine moralische Dimension vor. Vgl. Rüsen, Jörn: Geschichtskultur. In: Bergmann, Klaus (Hg.): Handbuch der Geschichtsdidaktik. Seelze-Verber ⁵1997 [¹1979], 38–41, hier 39; ders.: Fünf Dimensionen der Geschichtskultur. In: Tomann, Juliane/Nießer, Jacqueline (Hg.): Angewandte Geschichte. Neue Perspektiven auf Geschichte in der Öffentlichkeit. Paderborn 2014, 48–57. Zu den Vorschlägen anderer Geschichtsdidaktiker für Erweiterungen des Dimensionen-Modells vgl. im vorliegenden Kapitel den Abschnitt „Methode zur Analyse historischer Ausstellungen“. 46 Rüsen: Für eine Didaktik, 13–15; ders.: Was ist Geschichtskultur, 18–21. 47 Rüsen: Für eine Didaktik, 15. 48 Rüsen: Was ist Geschichtskultur, 17.

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Definition, nach der die „Sinnressource der menschlichen Lebenspraxis“ aus den folgenden vier mentalen Aktivitäten gebildet wird: „Geschichtskultur ist nun jener Teil von Wahrnehmung, Deutung, Orientierung und Zwecksetzung, in dem es um Zeit als Bestimmungsfaktor des menschlichen Lebens geht.“49 Bernd Schönemann wendet ein, dass sich das Begriffskonzept jedoch auf verschiedene Erkenntnisfelder übertragen lässt und daher nicht zwingend anthropologischen Fragestellungen, sondern, in seinem Fall, auch wissenssoziologischen Erkenntnisinteressen angepasst werden kann.50 Allerdings sollen in der vorliegenden Studie weder die mentalen noch die sozialen Ursachen und Funktionen des gesellschaftlichen Konstruktes Geschichtskultur im Mittelpunkt stehen, sondern eine Heuristik für die empirische Erfassung und Auswertung konkreter geschichtskultureller Objektivationen, den Produkten geschichtskultureller Institutionen, in einer historischen Perspektive entwickelt werden. Während Jörn Rüsen und Bernd Schönemann mit ihren Fragestellungen eine Analyse vergangener Geschichtskulturen einschließen, also ausdrücklich eine Geschichte der Geschichtskultur seit der Aufklärung hervorheben,51 stellt Hans-Jügen Pandel demgegenüber die These auf: „Objekte der Geschichtskultur […] sind dadurch definiert, dass sie gegenwärtige rhetorische, ästhetische, simulative und literarische Hervorbringungen sind.“52 Pandel verorte eine Untersuchung historischer Geschichtskulturen in der „Kulturgeschichtsschreibung“, da eine „Geschichtsrezeptionskultur“ „nicht ernsthaft Gegenstand von Unterricht“ sein könnte.53 Hier erschließt sich jedoch nicht, warum eine Auseinandersetzung mit Konstruktivität und Perspektivität von Geschichte in historischer Dimension kein Lernpotential haben könnte und eine geschichtsdidaktische Untersuchung von geschichtskulturellen „Vergangenheitsreferenzen“ auf die Gegenwart beschränkt bleiben sollte, da der öffentliche Umgang mit Geschichte spätestens seit der Aufklärung ein historisches gewordenes Phänomen darstellt. Marko Demantowsky wendet darüber hinaus ein, dass auch eine geschichtskulturelle Gegenwartsanalyse, die in eine geschichtsdidaktische Pragmatik einmünden soll, geradezu historischer geschichtskultureller Erfahrungsräume als Voraussetzungsanalyse und Vergleichsmaßstab bedarf, wenn sie sich auf dem erreichten Stand des wissenschaftlichen Diskurses bewegen will. Sowohl für eine kulturgeschichtliche wie auch für eine geschichtsdidaktische Untersuchung gilt, dass ohne eine detaillierte Kenntnis des geschichtskulturellen „Gewordenseins“ und ihres „Zukunftsbezugs“ sich die Geschichtskultur der Gegenwart nicht untersuchen lässt.54 49 Ebd., 6. 50 Schönemann: Geschichtsdidaktik, 46. Vgl. zu Schönemanns wissenssoziologischen Erweiterungen der Dimensionen der Geschichtskultur im vorliegenden Kapitel den Abschnitt „Methode zur Analyse historischer Ausstellungen“. 51 Rüsen: Was ist Geschichtskultur, 23 f.; Schönemann: Geschichtsdidaktik, 47–55. 52 Pandel: Geschichtskultur als Aufgabe, 27. 53 Pandel, Hans-Jürgen: Geschichtskultur. In: Barricelli, Michele/Lücke, Martin (Hg.): Handbuch Praxis des Geschichtsunterrichts, Bd. 1. Schwalbach 2012, 147–159, hier 148 f. 54 Demantowsky, Marko: Geschichtskultur und Erinnerungskultur. Zwei Konzeptionen des einen Gegenstandes, Historischer Hintergrund und exemplarischer Vergleich. In: Geschichte, Politik und ihre Didaktik. Zeitschrift für historisch-politische Bildung 33/1–2 (2005) 11–20, hier 15.

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Methode: Untersuchungsrahmen für eine empirische Museumsanalyse

In der Forschungsliteratur zum Komplex „Museum und Geschichtskultur“ fällt auf, dass sich die überwiegend theoretischen Reflexionen, aber auch die empirischen Analysemodelle und pragmatischen Forderungen zumeist auf den Aspekt des historischen Lernens im Museum beschränken.55 Neben Fragen der Differenzierung zwischen schulischem und musealem Lernen macht sich diese Beschränkung auch am Begriff des Lernortes fest. In erster Linie ist dieser Fokus auf geschichtsdidaktische und unterrichtspraktische Ursprünge des Begriffskonzeptes Geschichtskultur zurückzuführen. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass historisches Lernen und historisches Denken beziehungsweise historische Sinnbildung häufig synonym verwandt werden, obwohl ersteres stärker auf den Prozess abzielt, während historische Sinnbildung sowohl einen Vollzug als auch ein Produkt treffend beschreibt. Museen sind also nicht nur Lernorte, sondern auch Produkte historischer Sinnbildung. Dies bedeutet, dass das Erkenntnispotential der Geschichtskultur über Aspekte des Lernens hinausgeht. Geschichtsmuseen lassen sich daher nicht bloß als Vermittlungsagenturen begreifen, sondern als Orte historischer Sinnbildung, die der „Wahrnehmung, Deutung, Orientierung und Zwecksetzung“56 von Vergangenheit dienen – sie sind Produkte beziehungsweise Materialisierungen wissenschaftlicher, politischer, ästhetischer und gesellschaftlicher Entscheidungen (Repräsentation) und ermöglichen kognitive Prozesse des Reflektierens (Lernen). Die oft gestellte Frage, „was ist am Museum das eigentlich ‚Geschichtskulturelle‘?“57, lässt sich damit in einem Satz beantworten: Museen sind sowohl Orte des Vollzugs historischer Sinnbildung wie auch Produkte historischer Sinnbildung. In ihrer klassischen „nicht-dialogischen“ Form sind museale Ausstellungen Ausdruck der historischen Sinnbildung ihrer Produzenten und Orte des Sinnbildungsprozesses der Rezipienten. Damit wäre auch das Konzept des Museums als „Kommunikationsort“ beschrieben. Bei der geschichtskulturellen Ausstellungsanalyse vergangener Ausstellungen liegt das Interesse auf einer strukturierten Erfassung und Auswertung musealer Produkte als Ausdruck historischer Sinnbildung. „Die Geschichtskultur hat […] eine Geschichte, das heißt Menschen sind zu verschiedenen Zeiten unterschiedlich mit Geschichte umgegangen, haben zu verschiedenen Zeiten ein unterschiedliches Bewusstsein von und über Geschichte ausgebildet.“58 Denn die Herausbildung der modernen Museumslandschaft ist Ausdruck einer veränderten Geschichtskultur und damit eine Folge bedeutender Veränderungen im Geschichtsbewusstsein verschiedener Akteure.59 Martin Schlutow hat in seiner theoretisch und methodisch fundierten Untersuchung aktueller Museumsausstellungen das Erkenntnispotential von Ausstellungsanalysen auf den Punkt gebracht, indem er feststellte, „dass 55 Hochreiter: Vom Musentempel; Schönemann, Bernd: Museum als Institution der Geschichtskultur. In: Hartung (Hg.): Museum, 21–31; Völkering, Tim: Flucht und Vertreibung im Museum. Zwei aktuelle Ausstellungen und ihre geschichtskulturellen Hintergründe im Vergleich. Berlin 2008; Schlutow, Martin: Das Migrationsmuseum. Geschichtskulturelle Analyse eines neuen Museumstyps. Berlin 2012. 56 Rüsen: Was ist Geschichtskultur, 6. 57 Jacobmeyer, Wolfgang: Labor, Schaubühne, Identitätsfabrik, Musentempel, Lernort. In: Mütter/ Schönemann/Uffelmann (Hg.): Geschichtskultur, 142–155, hier 153. 58 Hartung: Kleine deutsche Museumsgeschichte, 16. 59 Ebd., 16 f.

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sich über die Sammel- und Ausstellungspraxis eines Museums sowohl Rückschlüsse auf das Geschichtsbewusstsein der sozialen Träger eines Museums – der Gründungsväter, Sammler, Forscher und Ausstellungsgestalter – ziehen lassen als auch vorsichtig formulierte Verallgemeinerungen bzgl. geschichtskultureller Grundhaltungen in der Gesellschaft möglich erscheinen.“60 Die in Ausstellungen materialisierten Produkte der Geschichtskultur erlauben darüber hinaus auch Rückschlüsse über die Vergangenheitsdeutungen, Gegenwartsverständnisse wie auch die Zukunftsperspektiven im Geschichtsbewusstsein der Produzenten in Vergangenheit und Gegenwart61 – soweit die Überlieferung des Quellenmaterials dies zulässt. Bevor auf Grundlage des Begriffskonzeptes ein strukturiertes Such- und Analyseraster zur Untersuchung vergangener historischer Ausstellungen entwickelt wird, soll ein Blick auf geschichtskulturelle Analysekonzepte in den polnischen Geschichtswissenschaften wie auch auf das kulturwissenschaftliche Konzept der Erinnerungskultur Parallelen und Unterschiede zu dem hier entwickelten Untersuchungsansatz aufzeigen und diesen damit als universelle Analysemethode verankern.

3.4. Das Konzept der Geschichtskultur in den polnischen Geschichtswissenschaften Während im deutschsprachigen Raum der Begriff „Geschichtskultur“ erstmals 1984 in einer internationalen Bibliographie zur Geschichtsdidaktik auftauchte, reicht der Ursprung des vergleichbaren polnischen Begriffs „kultura historyczna“62 wesentlich länger zurück. Bereits 1908 schrieb der Lemberger Historiker Stanisław Zakrzewski über die Unzulänglichkeit einer zeitgenössischen Geschichtskultur hinsichtlich eines fehlenden historisch gefütterten Traditionsbewusstseins der Massen.63 Neben dieser normativen Begriffsverwendung hielt eine reflektierende Auseinandersetzung, beispielsweise zur Geschichtskultur im mittelalterlichen Polen, nach dem Zweiten Weltkrieg in die polnischen Geschichtswissenschaften Einzug. Brygida Kürbisówna stellte 1958 folgende Definition auf: „Geschichtskultur ist […] eine Form, durch welche die Gesellschaft ihre Haltung gegenüber der Vergangenheit und der Gegenwart zum Ausdruck bringt und die Gegenwart als ein Ergebnis von vergangenen Ereignissen verstanden wird.“64 Insgesamt blieb die geschichtswissenschaftliche Verwendung des Begriffs jedoch ein Randphänomen der Historiographiegeschichte, auch nach dem Eingang des Begriffskonzeptes in die polnische 60 Schlutow: Das Migrationsmuseum, 28. 61 Zum „Zeitbewusstsein“ vgl. Jeismann: „Geschichtsbewusstsein“, 179–222. 62 Die polnischen Begriffe „świadomość historyczna“ und „kultura historyczna“ lassen sich ins Deutsche sowohl als Geschichtsbewusstsein und Geschichtskultur wie auch als Historisches Bewusstsein und Historische Kultur übertragen. Bei den Übersetzungen aus dem Polnischen handelt es sich um eine Interpretation des Autors. Terminologische Ungenauigkeiten können nicht ausgeschlossen werden. 63 Zakrzewski, Stanisław: Zagadnienia historyczne. Lwów 1908, 5 f. Vgl. auch Maternicki, Jerzy: Wielokształtność historii. Rozważania o kulturze historycznej i badaniach historycznych. Warszawa 1986, 304–312. 64 Kürbisówna, Brygida zitiert nach Maternicki: Wielokształtność historii, 321, poln. Original: „Kultura historyczna jest […] formą, przez którą społeczeństwo wyraża swój stosunek do przeszłości i do teraźniejszości. A chodzi o współczesność rozumianą jako wynik wydarzeń przeszłych.“

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Geschichtsdidaktik. Wie in der Bundesrepublik Deutschland entwickelte sich auch in der Volksrepublik Polen in den 1970er und 1980er Jahren aus der Unterrichtsmethodik eine Fachdidaktik, die mit den Begriffskonzepten des „Geschichtsbewusstseins“ (poln. „świadomość historyczna“) und der „Geschichtskultur“ auch außerschulische Vergangenheitsbezüge in den Blick nahm.65 In Polen stand jedoch in der Anfangsphase eine kollektive Perspektive auf das Geschichtsbewusstsein im Mittelpunkt, wie an der Definition von Andrzej Feliks Grabski deutlich wird: „Die Gesamtheit der gesellschaftlichen Vorstellungen über die Vergangenheit, die im Bewußtsein der Kollektive fungieren, bilden das Geschichtsbewußtsein.“66 Vergleichbar mit den geschichtspädagogischen Forschungen in der DDR sollten die Inhalte und Strukturen des gesellschaftlichen Geschichtsbewusstseins messbar gemacht werden.67 In diesem Zusammenhang trat das Begriffskonzept Geschichtskultur nur selten in Erscheinung und wurde auch nicht vom Geschichtsbewusstsein abgegrenzt. Der Begriff tauchte wieder 1979 als Titel eines Aufsatzbandes „Vergangene und gegenwärtige Geschichtskultur“68 des Geschichtstheoretiker und -didaktikers Jerzy Maternicki zur Historiographiegeschichte und der historischen Bildung in Polen im 19. und frühen 20. Jahrhundert auf. Hier diente er allerdings nur als nicht näher definierte Klammer für Phänomene des früheren und heutigen Umgangs mit der Vergangenheit. Sowohl in der Volksrepublik wie auch im demokratischen Polen nach 1989 befasste sich Jerzy Maternicki von allen polnischen Historikern und Geschichtstheoretikern am ausführlichsten mit dem Konzept der Geschichtskultur. 1986 entwickelte er in seiner umfangreichen Monografie zur „Geschichtskultur und den historischen Forschungen“69 eine eigene Begriffsdefinition: „Geschichtskultur ist im weiteren Sinne ein fester Bestandteil der durch Erkenntnisse und Erlebnisse von Vergangenheit bedingten Systeme, Werte und Verhaltensmuster von Gesellschaften sowie die Nutzung des vorhandenen Wissens über die Vergangenheit in verschiedenen kognitiven Situationen und in der praktischen Anwendung“.70 1993 präzisierte und erweiterte Maternicki diese Definition zu Beginn seines Kapitels im Sammelband „Geschichtsdidaktik“: „Geschichtskultur besteht aus einer Sammlung von Werten und Verhaltensmustern, die sich auf die Erkenntnis, das Erleben und die 65 Centkowski, Jerzy: Poland. In: Pellens, Karl/Quandt, Siegfried/Süssmuth, Hans (Hg.): Historical Culture. Historical Communication, International Bibliography. Frankfurt/Main 1994, 295–305, hier 297 f. 66 Grabski, Andrzej Feliks: Probleme der Erforschung des Geschichtsbewußtseins. In: Engelbert, Ernst/ Küttler, Wolfgang (Hg.): Probleme der geschichtswissenschaftlichen Erkenntnis. (Ost-)Berlin 1977 [Köln 1977], 155–160, hier 157. 67 Der Lehrstuhl Geschichte der Arbeiterbewegung am Institut für Gesellschaftswissenschaften beim Zentralkomitee der SED versuchte mit soziologischen Methoden den „bisher erreichten Stand bei der Herausbildung des sozialistischen Geschichtsbewußtseins […] festzuhalten“. Meier, Helmut/Schmidt, Walter (Hg.): Geschichtsbewußtsein und sozialistische Gesellschaft. Beiträge zur Rolle der Geschichts­ wissenschaft, des Geschichtsunterrichts und der Geschichtspropaganda bei der Entwicklung des sozialistischen Bewußtseins. (Ost-)Berlin 1970, 17. 68 Maternicki, Jerzy: Kultura historyczna dawna i współczesna. Studia i szkice. Warszawa 1979, 7. 69 Maternicki: Wielokształtność historii. 70 Ebd., 9, poln. Original: „W znaczeniu węższym kultura historyczna to utrwalone w danym społeczeństwie lub określonej jego części systemy i wartości i wzorce zachowań związane z poznawaniem i przeżywaniem przeszłości, a także wykorzystywaniem posiadanej wiedzy na jej temat w różnych sytuacjach poznawczych i działalności praktycznej.“

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Anwendung von historischem Wissen durch einzelne gesellschaftliche Gruppen bezieht. Geschichtskulturelle Manifestationen waren und sind sehr unterschiedlich. Einige sehr Charakteristische sind: Die Fixierung im Schrifttum oder nur im Alltagsgedächtnis, die Sammlung und Speicherung von Dokumenten, die Denkmalpflege, die historische Forschung, die Verbreitung von historischem Wissen, die Pflege von nationalen, familiären, beruflichen Traditionen etc. Geschichtskulturelle Ausdrucksformen finden wir in einer religiösen Predigt und politischen Rede, in Straßenbenennungen und Rechtsakten. Institutionen der Geschichtskultur sind sowohl Universitäten wie auch Schulen, Klöster und Behörden, Verlage und Museen, die Familie und Massenmedien.“71 Es wird hier eine Differenzierung zwischen geschichtskulturellen Manifestationen, Ausdrucksformen und Institutionen vorgenommen. Während er in seiner Monographie von 1986 die Genese und Verwendung des Begriffs in der polnischen Historiographie seit dem 19. Jahrhundert darlegte, entwickelte er in seinem Beitrag von 1993 ein forschungspraktisches Konzept zur Untersuchung der „Werte, Verhaltensmuster und Produkte“72 der Geschichtskultur aus historischer Perspektive. Maternicki geht von vier „Kreisen der Geschichtskultur“ aus. Diesen liegt die These zugrunde, dass ein Zusammenhang zwischen der Verbreitung historischer Überlieferungsformen bestimmter gesellschaftlicher Gruppen und der durch sie repräsentierten „geschichtskulturellen Stufe“, von der Hochkultur bis zur Trivialkultur, bestehe. Demnach bildet die „wissenschaftliche Kultur den engsten Kreis, die populärwissenschaftliche Kultur einen etwas weiteren Kreis, die Populärkultur, geprägt durch Populärliteratur, historische Romane, Kalender etc., einen noch weiteren Kreis, und der weiteste Kreis bildet die mündlich-bildliche Kultur, basierend auf gesprochener Sprache (mündliche Überlieferung, Predigten) und visuell übermittelten Inhalten (Bilder, Portraits etc.)“.73 Einschränkend merkt er an, dass durchaus gleiche Überlieferungsformen von verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen genutzt werden und diese „Kulturkreise“ sich gegenseitig durchdringen. In dem Modell der „Kulturkreise“ verdeutlicht Maternicki die komplexe Zusammensetzung der Geschichtskultur durch verschiedene geschichtskulturelle Praktiken 71 Maternicki, Jerzy: Teoretyczne i metodologiczne podstawy dydaktyki historii. In: ders./Majorek, Czesław/Suchoński, Adam (Hg.): Dydaktyka historii. Warszawa 1993, 10–115, hier 88, poln. Original: „Kultura historyczna jest to zespół wartości i wzorów zachowań związanych z poznawaniem, przeżywaniem i wykorzystywaniem wiedzy historycznej przez poszczególne grupy społeczne. Przejawy kultury historycznej były i są bardzo różne. Oto niektóre, bardziej charakterystyczne: utrwalanie na piśmie lub tylko w pamięci bieżących wydarzeń, gromadzenie i przechowywanie dokumentów, opieka nad zabytkami, prowadzenie badań historycznych, upowszechnianie wiedzy historycznej, kultywowanie tradycji narodowych, rodzinnych, zawodowych itd. Objawów kultury historycznej doszukujemy się w kazaniu religijnym i przemówieniu politycznym, w nazewnictwie ulic i aktach ustawodawczych. Instytucjami kultury historycznej są zarówno uniwersytety, jak i szkoły powszechne, domy zakonne i urzędy państwowe, wydawnictwa i muzea, rodzina i środki masowego przekazu.“ 72 Maternicki: Teoretyczne i metodologiczne podstawy, 88, poln. Original: „wartości, modele (wzorce) zachowań i wytwory.“ 73 Ebd., 89, poln. Original: „cztery zasadnicze kręgi kultury historycznej: pierwszy najwęższy, to krąg kultury naukowej, drugi, nieco szerszy, to krąg kultury popularnonaukowej, trzeci jeszcze szerszy, to krąg kultury popularnej, kształtowanej przez literaturę popularną, powieść historyczną, kalendarze itp., i czwarty, najszerszy, oparty na słowie mówionym (tradycja ustna, kazania) i treściach przekazywanych drogą wizualną (obrazki, portrety itp.) […], to krąg kultury oralno-obrazkowej.“

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von unterschiedlicher gesellschaftlicher Reichweite. Mit dieser sozialen Dimension der Geschichtskultur beschreibt Maternicki einen Zusammenhang zwischen verschiedenen Produkten der Geschichtskultur und unterschiedlichen Bildungsniveaus, die beispielsweise im 19. Jahrhundert durch den verbreiteten Analphabetismus noch sozial segregativer gewirkt haben als in der Gegenwart.74 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Geschichtskultur nach Maternicki Wertesysteme und Verhaltensmuster bestimmter gesellschaftlicher Gruppen hinsichtlich ihrer Erkenntnis von und ihres Umgangs mit Geschichte als auch die daraus entstandenen Produkte beschreibt. Im Vergleich zur deutschen Geschichtsdidaktik fällt bei dieser Definition eine Reihe von Parallelen wie auch Unterschieden auf. Im Vordergrund steht hier wie bei Bernd Schönemann vor allem ein wissenssoziologisches Erkenntnisinteresse, das nach den sozialen Funktionen von Geschichtskultur fragt. Der zweite Schwerpunkt liegt auf den geschichtskulturellen Objektivationen, auf den Produkten, die durch das individuelle Geschichtsbewusstsein bestimmter Akteure geprägt werden. In beiden Konzepten steht das individuelle Bewusstsein in einem Zusammenhang mit dem Werte- und Symbolsystem der Geschichtskultur. Für die empirische Forschung ist besonders Maternickis Definition von vier geschichtskulturellen Kreisen interessant. Wie bei Jörn Rüsens anthropologischen Dimensionen oder Bernd Schönemanns wissenssoziologischen Dimensionen lassen sich geschichtskulturelle Objektivationen hinsichtlich ihrer Verortung in den Kreisen der wissenschaftlichen, populärwissenschaftlichen, populären oder mündlich-bildlichen Kultur untersuchen. Der Erkenntnisschwerpunkt liegt hier vor allem auf den gesellschaftlichen Trägern und damit einer Erkundung von Geschichtskultur als sozialer Ordnung. Dieser Ansatz bietet vor allem Aufschlüsse über den Aushandlungsprozess zwischen Individuen und der Gesellschaft. Bei einer Untersuchung geschichtskultureller Produkte wie einer Analyse musealer Ausstellungen würden hier in erster Linie die Akteure und Rezipienten berücksichtigt werden, während die kognitive und ästhetische Dimension, die narrativen Sinnbildungsangebote wie auch die ästhetischen Ausprägungen der Museumsschau, im Hintergrund blieben. Angesichts dessen wird im Folgenden versucht, in einem Analysemodell neben der Kognition und Ästhetik auch die Akteure und Rezipienten gleichrangig zu berücksichtigen.

3.5. Geschichtskultur gegenüber Gedächtnis und Erinnerung Im Zusammenhang einer Methode zur Analyse von Geschichtsausstellungen in historischer Perspektive sind vor allem auch die geläufigen kulturwissenschaftlich-gedächtnistheoretischen Konzepte des kollektiven beziehungsweise kulturellen Gedächtnisses und der Erinnerungskultur zu prüfen. Denn auch das von Aleida und Jan Assmann entwickelte 74 Zum Zusammenhang von Geschichtskultur und Bildungsschichten vgl. ebd., 89. Auf Deutsch: Die Motive des historischen Interesses. In: Traba, Robert/Loew, Peter Oliver (Hg.): Deutsch-polnische Erinnerungsorte, Bd. 5: Erinnerung auf Polnisch. Paderborn 2015, 189–202 [Übersetzung in Auszügen aus ders.: Wielokształtność historii].

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Konzept von Gedächtnis und Erinnerung umfasst sowohl individuelle wie auch kollektive Formen der historischen Sinnbildung und diente daher der kultur- und geschichtswissenschaftlichen Forschung als Analysemethode – wie dies bereits am Beispiel des Aufsatzes von Katrin Pieper zu Museen als Resonanzräumen der Erinnerungskultur deutlich wurde.75 Das Konzept unterscheidet zwischen dem Gedächtnis des Individuums als virtuelles mentales System mit neuronaler Grundausstattung und dem kulturellen Gedächtnis als mentales System auf kulturell-sozialer Grundlage.76 Diese kulturell fixierten Erinnerungen, unter anderem anhand so genannter Erinnerungsorte77 oder Erinnerungsräume, sind die zentralen Elemente des übergeordneten Begriffskonzeptes der Erinnerungskultur – neben der Geschichtskultur dem zweiten zentralen Begriffskonzept zum öffentlichen Umgang mit Geschichte. Die konzeptionellen Fassungen der Erinnerungskultur und ihre Abgrenzung vom Konzept der Geschichtskultur variieren allerdings sehr stark. Karin Pieper beschreibt Geschichtskultur und Erinnerungskultur als „weitgehend identisch“. Sie unterscheidet die Konzepte lediglich darin, dass Geschichtskultur „pointierter nach den lebenspraktischen Orientierungsfunktionen historischer und kultureller Erinnerungen im Zusammenhang mit historischer Sinnbildung“ frage, während Erinnerungskultur „stärker auf den Gebrauchsmoment der Vergangenheit für die Gegenwart und der Formierung historisch begründeter Identitäten […] mit Akzent auf den speziellen Interessen der Trägergruppen“ setze.78 Stefan Troebst definiert Erinnerungskultur als reines „Produkt primär staatlicher Symbol­vorgaben […,] während die Geschichtskultur […] zumindest zu Teilen von den Forschungsergebnissen der Geschichtswissenschaft geprägt wird“.79 Christoph Cornelißen fasst in einer Bestandsaufnahme Erinnerungskultur als einen „formalen Oberbegriff für alle denkbaren Formen der bewussten Erinnerung an historische Ereignisse, Persönlichkeiten und Prozesse […]. Als Träger dieser Kultur treten Individuen, soziale Gruppen oder sogar Nationen und Staaten in Erscheinung.“80 Auch Vadim Oswalt und Hans-Jürgen Pandel machen einen Unterschied an der Frage nach den Akteursgruppen fest: „Erinnerungskulturen sind jeweils durch ihre sozialen Trägergruppen gekennzeichnet, die durch bestimmte soziale Milieus, Generationen u. ä. definiert sind. Geschichtskultur hingegen wird vor allem in ihren Manifestationen sichtbar und ist deshalb Teil einer ‚Vergangenheitsvergegenwärtigungskultur‘.“81 Demnach ließe sich eine Verdichtung darin ausmachen, dass geschichtskul75 Pieper: Resonanzräume, 187–212. 76 Assmann: Der lange Schatten, 31–36. 77 Das Konzept der Erinnerungsorte nach Etienne François und Hagen Schulze ist an die französischen Lieux de mémoire nach Pierre Nora angelehnt. Vgl. François, Etienne/Schulze, Hagen (Hg.): Deutsche Erinnerungsorte. Eine Auswahl. München 2004, 8–12. 78 Pieper: Resonanzräume, 196. 79 Troebst, Stefan: Jalta versus Stalingrad, GULag versus Holocaust. Konfligierende Erinnerungskulturen im größeren Europa. In: Faulenbach, Bernd/Jelich, Franz-Josef (Hg.): „Transformationen“ der Erinnerungskulturen in Europa nach 1989. Essen 2006, 23–50, hier 26. 80 Cornelißen, Christoph: Was heißt Erinnerungskultur? Begriff, Methoden, Perspektiven. In: Geschich­ te in Wissenschaft und Unterricht 54 (2003) 548–559, hier 555. 81 Oswalt, Vadim/Pandel, Hans-Jürgen: Einführung. In: dies. (Hg.): Geschichtskultur. Die Anwesenheit von Vergangenheit in der Gegenwart. Schwalbach 2009, 7–13, hier 9.

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turelle Untersuchungen ihren Schwerpunkt auf die Materialisierungen des Umgangs mit Vergangenheit in ihren kognitiven, politischen und ästhetischen Objektivationen legen, während erinnerungskulturelle Forschungen wissenssoziologische Prozesse des Umgangs mit der Vergangenheit untersuchen würden. Hinsichtlich einer forschungspraktischen Übertragbarkeit der Begriffskonzepte auf eine Analysemethode zur empirischen Erschließung historischer Ausstellungen ist das Begriffskonzept Geschichtskultur allerdings wegen seiner theoretischen Strukturierung gegenüber den unscharfen Begriffskonzepten Erinnerungskultur als auch Geschichtspolitik82 eindeutig prädestiniert. Die Erinnerungs- und Gedächtnistheorie nimmt eine Abgrenzung zwischen einer vergangenheitsbezogenen Erinnerung und der Geschichtswissenschaft vor. Diese Trennung führt zu einem substantialistischen Geschichtsbegriff: Dem Konzept liegt eine Trennung zwischen einer durch die Geschichtswissenschaft rekonstruierten „Historie“ einerseits und andererseits den Gedächtnissen verschiedener Gruppen zugrunde.83 Diese positivistische Geschichtsvorstellung verkennt, dass Geschichte erst durch Wissenschaft genauso wie durch Politik und weitere gesellschaftliche Akteure konstituiert wird. Diesem Konstruktionscharakter von Geschichte trägt das Konzept der Geschichtskultur Rechnung, welches die Gesamtheit der gesellschaftlichen Vorstellungen von der Vergangenheit in den Blick nimmt.

3.6. Methode zur Analyse historischer Ausstellungen Die geschichtsdidaktische und geschichtswissenschaftliche Forschung hat eine Reihe von theoretischen Überlegungen und pragmatischen Forderungen an Museen und Ausstellungen formuliert. Auf den ersten Blick wenig überraschend führen Untersuchungen, die an einen disziplinären Standpunkt gebunden sind, zu unterschiedlichen Ergebnissen. Zugespitzt formuliert wird ein Historiker die „historischen Fakten“ einer Ausstellung prüfen, während sich ein Didaktiker für die Vermittlungsansätze oder ein Kulturanthropologe für die menschliche Handlungspraxis interessiert. Ein Beispiel 82 Edgar Wolfrum beschreibt Geschichtspolitik als „öffentliche Konstruktionen von Geschichts- und Identitätsbildern, die sich über Rituale und Diskurse vollziehen“. Wolfrum, Edgar: Geschichtspolitik in der Bundesrepublik Deutschland. Der Weg zur bundesrepublikanischen Erinnerung 1948–1990. Darmstadt 1999, 32. Damit lässt sich Geschichtspolitik als eine untergeordnete Dimension der Geschichtskultur begreifen, denn trotz ihrer Wirkmächtigkeit bleiben politische Motive bei der Verhandlung des konkurrierenden Geschichtsbewusstseins von Individuen und Gruppen nur ein Aspekt neben wissenschaftlichen und ästhetisch-formgebenden Dimensionen. 83 Wolfgang Hasberg präzisiert: Geschichtsbewusstsein ist eine mentale Größe und zugleich wie Erinnerung und Gedächtnis auch eine kollektive Größe, die sich „stets in der Reziprozität von Individuum und Gesellschaft ausbildet“. Damit ist „nicht Geschichtskultur, sondern historisches Bewusstsein […] der Äquivalenzbegriff zum kulturellen Gedächtnis resp. zur kollektiven Erinnerung“. Vgl. Hasberg: Erinnerungs- oder Geschichtskultur, 44, 51, 55. Auch Bernd Schönemann lehnt das Konzept der Erinnerungskultur ab, jedoch differenziert er nicht zwischen individuellen und kollektiven Formen historischen Bewusstseins und begründet folglich bei der Erinnerungskultur eine „mangelnde begrifflich-theo­ retische Fundierung […], denn es gibt kein kollektives Subjekt, das sich erinnern könnte“. Schönemann: Museum, 22.

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Methode zur Analyse historischer Ausstellungen

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sind die Ausstellungsanalysen des Geschichtsdidaktikers Karl Heinrich Pohl, der seine „Kriterien für gute Historische Museen“ alleine an normativen Vermittlungsprinzipien festmacht, ohne die Intentionen der Ausstellungsmacher zu reflektieren.84 Um Museen möglichst umfassend in den Blick zu nehmen, ist daher ein interdisziplinärer Ansatz zu bevorzugen, der verschiedene Dimensionen einer Ausstellung berücksichtigt. Analysemethoden zu einer empirischen Erschließung von geschichtskulturellen Ausprägungen im musealen Bereich wurden bisher selten formuliert – noch geringer ist ihre operationalisierte Ausgestaltung und praktische Erprobung. Ein Beispiel für eine geschichtskulturelle Analyse von bestehenden Ausstellungen, die nicht nur Lernpotentiale, sondern auch die Präsentationsformen und historischen Deutungsangebote in ihrem politisch-gesellschaftlichen Kontext umfassend betrachtet, ist die bereits genannte Studie von Martin Schlutow zu den Migrationsmuseen.85 Das in der vorliegenden Untersuchung zu entwickelnde Analyseraster knüpft an verschiedene Forschungen zu historischen Geschichtskulturen an, unter anderem zum öffentlichen Umgang mit städtischer Vergangenheit in Danzig (1793–1997),86 zur Museumsgeschichte und -politik in Bayern (19.–20. Jahrhundert)87 sowie zu Historischen Ausstellungen in Wien (1918–1938)88 und zu Ausstellungen zu Flucht und Vertreibung

84 Pohl, Karl Heinrich: Wann ist ein Museum „historisch korrekt“? „Offenes Geschichtsbild“, Kontroversität, Multiperspektivität und „Überwältigungsverbot“ als Grundprinzipien musealer Geschichts­ präsentation. In: Hartung (Hg.): Museum und Geschichtskultur, 273–286; ders.: Der kritische Museumsführer. Neun Historische Museen im Fokus. Schwalbach/Ts. 2013, 28–32. Zur geschichtsdidaktischen Untersuchung von Museen vgl. Borries, Bodo von: Präsentation und Rezeption von Geschichte im Museum (1997). In: ders.: Lebendiges Geschichtslernen. Bausteine zu Theorie und Pragmatik, Empirie und Normfrage. Schwalbach 2003, 226–235. 85 Martin Schlutow entwickelt ein geschichtskulturelles Suchraster, welches er um kulturwissenschaft­ liche Konzepte ergänzt, und nimmt damit eine Analyse hinsichtlich der „Sammel- und Ausstellungspraxis“ vor. Daraus leitete er „pragmatische Forderungen“ an das Museum als Lernort ab. Vgl. Schlutow: Das Migrationsmuseum, 38. 86 Peter Oliver Loew untersucht mit seiner geschichtskulturellen Fragestellung auf differenzierte Weise die Geschichte der lokalen Geschichtskultur in Danzig. Vgl. Loew: Danzig und seine Vergangenheit, 10. 87 Andreas Michler nimmt auf Grundlage von vier wissenssoziologischen Dimensionen am Beispiel der bayerischen Museumspolitik in der Nachkriegszeit eine „Analyse vergangener Geschichtskultur“ vor. Vgl. Michler, Andreas: Museumspolitik in Bayern 1945–1955. Zwischen amerikanischer Innovation und bayerischer Tradition. Neuried 2004. Eva Bendl stellt ihrer detaillierten Langzeituntersuchung lediglich theoretische Überlegungen zu den überwiegend geschichtsdidaktischen Begriffskonzepten „Geschichtsbild“, „Geschichtspolitik“ und „Geschichtskultur“ voran, ohne daraus jedoch eine Untersuchungsstruktur abzuleiten. Vgl. Bendl, Eva: Inszenierte Geschichtsbilder. Museale Sinnbildung in Bayerisch-Schwaben vom 19. Jahrhundert bis in die Nachkriegszeit. Berlin 2016. Zu den Begriffskonzepten vgl. ebd., 38–46. 88 Christian Kniescheck beschreibt das Medium Ausstellung als ein Analysefeld der Geschichtskultur. Eine analytische Heuristik leitet er daraus jedoch nicht ab, sondern nähert sich historischen Ausstellungen mit den Kategorien „Anlässe, Ziele, Themen/Inhalte/Exponate, Kontextualisierungen, Geschichts- und Wirklichkeitsverständnis/BesucherInnen- und Gegenwartsbezüge, Größe/Aktionsfeld und Wirksamkeit“. Vgl. Kniescheck, Christian: Historische Ausstellungen in Wien 1918–1938. Ein Beitrag zur Ausstellungsanalyse und Geschichtskultur. Frankfurt/Main 1998.

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(2005–2007).89 Die Konvergenz der geschichtskulturellen Untersuchungen besteht darin, dass alle Studien in ihren theoretischen Grundüberlegungen mehr oder weniger präzise Frage- und Analyseraster entwickeln, welche kognitive, ästhetische und politische Fragestellungen berühren. Grundlegend ist hier das Raster der „sieben ‚W‘ der Geschichtskultur“ von Peter Oliver Loew zur Erschließung städtischer Geschichtskultur in historischer Perspektive: „Wo war welche Geschichte wann, wie und warum präsent, von wem und mit welchem Ziel wurde sie thematisiert?“90 Auf diesen theoretischen Grundüberlegungen baut das hier entwickelte Such- und Analyseraster zur empirischen Untersuchung historischer Geschichtsausstellungen auf und präzisiert die drei etablierten Hauptdimensionen der Geschichtskultur nach Jörn Rüsen mittels einer grundlegenden Erweiterung. Vorschläge für Erweiterungen der kognitiven, ästhetischen und politischen Dimensionen lassen sich mehrfach finden. Zumeist richten diese normative Forderungen an geschichtskulturelle Produkte, etwa durch eine zusätzliche emotionale, weltanschauliche, religiöse, moralische, ökonomische oder vermittelnde Dimension der Geschichtskultur.91 Für die Ausstellungsanalyse bedarf es allerdings einer Erweiterung, die das geschichtskulturelle Produkt in einen gesellschaftlichen Kontext stellt, die nach der Deutung beziehungsweise der Rezeption dieses Produktes fragt. Der Aspekt der Kommunikation und Rezeption ist besonders stark und sogar beinahe einseitig deutlich vertreten in Bernd Schönemanns Erweiterung und Funktionalisierung der Rüsen’schen Dimensionen für eine wissenssoziologische Erkundung von Geschichtskultur. Er sieht eine Ergänzung der politischen, kognitiven und ästhetischen Dimensionen um viertens eine institutionelle, fünftens eine professionelle, sechstens eine mediale und siebtens eine publikumsspezifische Dimension vor. Die Erweiterung basiert laut Schönemann auf der „Idee einer kulturell durchformten Kommunikation, die auf eine spezifische Weise Geschichte als Bedeutung erzeugt, zwischenspeichert und transportiert“.92 Sein Erkenntnisinteresse zielt auf ein kollektives mentales System, welches Geschichtskultur konstituiert. Institutionen kommt hier eine bedeutende Funktion zu, da sie in ihrer Stetigkeit meistens nicht nur die Lebensspanne von Individuen übertref89 Tim Völkering formuliert einen geschichtskulturellen Forschungszugang, den er in die Theoriediskussionen über historisches Bewusstsein und Gedächtnis einbettet. In seinem Analyseraster bezieht er sich jedoch nur indirekt auf die geschichtskulturellen Dimensionen. Hier arbeitet er mit den Kategorien „Kontext und Konzeption“, die auch als Kriterien eines anschließenden Vergleichs dienen. Eine Reflexion der Ergebnisse im Raster der geschichtskulturellen Dimensionen nimmt er allerdings im Schlusskapitel vor. Vgl. Völkering: Flucht, 129 f. 90 Loew: Danzig und seine Vergangenheit, 10. 91 Beispiele einer Ergänzung der drei Dimensionen nach Jörn Rüsen lassen sich in verschiedenen theoretischen Konzeptionen feststellen (hier ausgeführt im Unterkapitel „Museen als Produkte der Geschichtskultur“). Eine empirische Erprobung dieser Modifizierungen zur Ausstellungsanalyse fehlt jedoch bisher. Jan-Holger Kirsch plädiert für die Ergänzung um eine ökonomische Dimension. Vgl. Kirsch, ­Jan-Holger: Nationaler Mythos oder historische Trauer? Der Streit um ein zentrales „Holocaust-­Mahnmal“ für die Berliner Republik. Köln/Weimar/Wien 2003, 20. Karl Heinrich Pohl bestimmt als vierte Dimension den didaktischen Aspekt der „Vermittlung“. Es bleibt allerdings unklar, wie der Lernerfolg von Ausstellungsbesuchern gemessen werden soll. Vgl. Pohl: Der kritische Museumsführer, 21 f. 92 Bernd Schönemann begründet sein Analyseraster aus einem wissenssoziologischen Verständnis von Geschichtskultur. Vgl. Schönemann: Geschichtsdidaktik, 46.

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fen, sondern auch Denk-, Handels- und Empfindungsprozesse standardisieren. Professionen, Medien und Publika bezeichnet Schönemann unter Verweis auf Jan Assmann als „Träger des kollektiven Gedächtnisses“. Schönemanns Raster bewegt sich mit einer Betonung der einzelnen „Träger“ vor allem im Bereich der Untersuchung von Prozessen historischer Sinnbildung. Damit dient Schönemanns Erweiterung nicht primär einer empirischen Erkundung von geschichtskulturellen Produkten beziehungsweise Objektivationen, den materialisierten Erscheinungen des Umgangs mit Vergangenheit, sondern einer Erkundung von Geschichtskultur als sozialer Ordnung, um Aufschluss über die „Hardware der Gesellschaften, mit der sie ihre Vergangenheit konstruieren“, zu erhalten.93 Für eine diachrone Untersuchung musealer Präsentationen, die auch die „Professionen, Medien und Publika“ berücksichtigen, bedarf das geschichtskulturelle Raster einer abweichenden Modifikation. Um ein Ungleichgewicht zwischen den drei grundlegenden Dimensionen Rüsens und gleich vier akteurszentrierten Erweiterungen Schönemanns zu vermeiden, werden die sozialen Dimensionen Schönemanns in eine neue Systematik integriert. Seine publikumsspezifische und mediale Dimension gehen in einer zusätzlichen öffentlichen Dimension auf, während institutionelle und professionelle Aspekte sowohl diese öffentlichkeitsbezogenen wie auch politischen Wirkungsfelder betreffen und daher durch die politische wie auch die öffentliche Dimension abgedeckt werden. Diese neue Analysemethode mit ihren vier Untersuchungsdimensionen kognitiver, ästhetischer, politisch-zeitlicher und öffentlichkeitsbezogener Aspekte musealer Präsentationen integriert damit auch die analytischen Erweiterungen Schönemanns. Zugleich wurde die neue Analysemethode dahingehend konzipiert, dass sie auf Grundlage eines Suchrasters funktionalisierbar ist und vergangene Geschichtsausstellungen sowohl strukturiert und tiefgründig durchdringt wie auch kontextualisierend in hoher Anzahl erschließen kann. Als analytische Zugänge wurden hierfür (A.) die „mehrdimensionale Tiefenuntersuchung“ und (B.) die „reduzierte kontextualisierende Ausstellungsanalyse“ entwickelt: A. Die (exemplarische) mehrdimensionale Tiefenuntersuchung: Die Tiefenuntersuchung historischer Ausstellungen arbeitet mit vier Dimensionen. Ausgehend von der methodischen Leitfrage „Was wurde wie, wann und warum, von wem und für wen museal gezeigt?“, werden für die Untersuchung historischer Ausstellungen analytische Leitfragen präzisiert, die die (1.) kognitiven, (2.) ästhetischen, (3.) politisch-zeitlichen wie auch (4.) öffentlichkeitsbezogenen Aspekte musealer Präsentationen berücksichtigen. Auf der Inhaltsebene (1. Kognition) wird untersucht, was in den Ausstellungen gezeigt wurde – und was nicht. Hier geht es um eine Erfassung, welche geschichtlichen Aspekte thematisiert wurden und welche Interpretation von Geschichte durch eine solche Auswahl vorgenommen wurde. Die zweite Dimension, die Präsentationsebene (2. Ästhetik), erschließt, wie Vergangenheit museal präsentiert wurde. Diese Ebene bezieht sich auf die museale Formsprache, also die eingesetzten darstellerischen Mittel und ausstellungskonzeptionellen Trends vor dem jeweiligen institutionellen und 93 Ebd., 46; ders.: Geschichtskultur, 82.

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zeitlichen Hintergrund. Diese inhaltlich-formsprachlichen Aspekte einer Ausstellung bedürfen einer Ordnung und Interpretation unter Berücksichtigung der politischen Intention und Rezeption der Ausstellung. Auf der politischen Absichtsebene (3. Politik) wird erörtert, wann und warum die festgestellten Aspekte der Stadtgeschichte gezeigt wurden. Eng verknüpft mit der Absicht und Implikation der Ausstellung sind die Rezeptionsebene und die Frage, an wen sich die Ausstellung richtete und wie auf sie reagiert wurde (4. Öffentlichkeit). Dieser Untersuchungsaspekt fragt nach dem Zielpublikum vor dem Hintergrund der gesellschaftlich-sozioökonomischen wie auch der bildungspolitischen Entwicklung musealer Präsentationen und den politisch-medialen Reaktionen. Da die einzelnen Analyseebenen Interdependenzen und Überschneidungen unterliegen, wird im konkreten analytischen Vorgehen in drei getrennten Schritten verfahren. Der erste Schritt bezieht sich auf (1.) die Inhalts- und (2.) die Präsentationsebene, die beide deskriptiv-interpretierend erschlossen werden. Dadurch entsteht ein narrativer „Rundgang“ durch die Ausstellung, in dem Themen, zentrale Objekte und ihre Ordnung beleuchtet werden. Im zweiten und dritten Schritt geht es bei der politischen Absichtsebene (3.) und der Rezeptionsebene (4.) um die Interpretation und Einordnung der Ergebnisse in die Rahmenbedingungen („Intention und Organisation“) und Hintergründe („Rezeption und Entwicklung – Nachgang“) der Ausstellung. Die Schlagwörter „Rundgang“, „Intention und Organisation“ und „Rezeption und Entwicklung“ strukturieren jeweils die Unterkapitel der Ausstellungsbesprechungen. Die Anwendbarkeit und Vergleichbarkeit dieser vierdimensionalen Analyse gewährleistet ein standardisiertes Suchraster.94 Es erhebt insgesamt 15 Daten. Neun Daten entfalten die Inhalts- und Präsentationsebene und sechs Daten die Absichts- und Rezeptionsebene der Geschichtsausstellung. Das Suchraster zu den Inhalten und der Ästhetik einer Ausstellung umfasst (1.) den Ausstellungstitel, (2.) den Veranstalter/Ort, (3.) den Ausstellungstyp, (4.) den Zeitraum, (5.) die Größe/Räume, (6.) die Epoche/Themen/ Gliederung, (7.) die Exponatgruppen/Typen/Herkunft, (8.) die Highlights/Ordnung/ Rahmung und (9.) die begleitenden Publikationen. Für den zweiten und dritten Schritt werden in dem Suchraster die Daten zur intentionalen und öffentlichen Ebene der Ausstellung erschlossen. Diese bestehen aus (1.) dem Hintergrund des Veranstalters und des Kurators, (2.) dem Konzept/Motiv/Anlass/Ziel und der Finanzierung, (3.) der Zielgruppe, (4.) den Besucherzahlen, (5.) dem organisatorischen Vorlauf/Nachgang der Ausstellung sowie (6.) der Rezeption in Medien und Besucherbüchern. Die fast vollständige Abdeckung dieser Daten ist Voraussetzung für eine tiefgründige und umfassende Analyse der historischen Ausstellung. Je nach Materiallage werden gezwungenermaßen verschiedene Daten im Suchraster stärker und schwächer belegt werden. Gegebenenfalls sind hier kleinere Modifikationen im Suchraster notwendig. Um die 94 Ein Beispiel einer Ausstellungsanalyse mit Hilfe eines strukturierten Suchrasters enthält die Studie von Martin Große Burlage zu kulturhistorischen Großausstellungen. Große Burlage erfasst in tabellarischen Übersichten 17 Ausstellungsdaten. Hierzu zählen: Titel, Ort, Zeitraum, Veranstalter, Ausstellungstyp, Schirmherr, thematischer und epochaler Schwerpunkt, Motive, Ziele, Zielgruppen, Exponate, Exponatszahl, Leihgeber, Katalog und Besucherzahlen. Vgl. Große Burlage, Martin: Große historische Ausstellungen in der Bundesrepublik Deutschland 1960–2000. Münster 2005, 10 f., 177–182.

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Vergleichbarkeit mit anderen Ausstellungsanalysen nicht zu gefährden, sollten diese allerdings nicht zu grundlegenden Änderungen der 15 erhobenen Daten führen. Lassen die überlieferten Quellen zu der untersuchten Ausstellung in ihrem – geringen – Umfang eine Erhebung von nur weniger als zehn Daten zu, ist von einer Tiefenuntersuchung abzusehen. Als Quellenbestände wird historisches Material aus folgenden drei Kategorien erschlossen: (1.) Museumseigene Publikationen wie Kataloge, Begleitbücher oder Berichte in Jahrbüchern/Zeitschriften, (2.) externe Publikationen wie Artikel und Besprechungen aus Zeitungen und Zeitschriften und (3.) interne Unterlagen wie Konzeptpapiere und Ausstellungsdokumentationen. Im Einzelnen sind das Korrespondenzen, Exponatlisten und Protokolle, Fotografien und Zeichnungen. Im Idealfall lassen sich die Unterlagen um Verwaltungsakten der kooperierenden Institution und der beaufsichtigenden beziehungsweise leitenden Behörden ergänzen. Für die zeitliche und technische Verortung einer tiefgründig analysierten Ausstellung ist eine kontextualisierende Entfaltung vor- und nachlaufender Expositionen notwendig. Hierfür bedarf es einer Erschließung möglichst vieler Museumspräsentationen in einer reduzierten Durchdringung. Die Verflechtung von tiefen und reduzierten Analysen ermöglicht es, Musealisierungsprozesse über einen langen Zeitraum auf multiplen Ebenen zu verknüpfen und sie einander diachron gegenüberzustellen. Darüber hinaus gibt der ausstellungsthematische und -technische Kontext einer Ausstellung Aufschluss über Kontinuitäten und Neuerungen der untersuchten Präsentation. Im Folgenden wird hierfür als zweites Analyseraster die „kontextualisierende Ausstellungsanalyse“ vorgestellt: B. Die (reduzierte) kontextualisierende Ausstellungsanalyse: In Anlehnung an die „Tiefenanalyse“ erfasst die reduzierte Durchdringung in erster Linie ausgewählte Untersuchungskategorien aus der kognitiven und politischen Dimension einer Ausstellung. Es gilt zu klären, was, wann und warum gezeigt wurde, bevor diese Erkenntnisse anschließend in einer Entwicklungslinie zu verorten sind. In dieser zweidimensionalen Kurzerfassung bleiben damit die Präsentationsebene (ästhetische Dimension) wie auch in ihrer Tiefe die Rezeptionsebene (öffentliche Dimension) weitgehend unberücksichtigt. Das standardisierte Suchraster besteht hier für jede Untersuchung aus sieben Daten. Erfasst werden (1.) der Titel, (2.) der Ort, (3.) der Zeitraum, (4.) der Veranstalter und Kurator, (5.) der Ausstellungstyp, (6.) die Themen/Epoche sowie (7.) das Motiv, der Anlass und die Ziele. In Einzelfällen sollten auch die mediale Rezeption und mit der Ausstellung verbundene Publikationen Berücksichtung finden. Als Quellen für die Abdeckung dieser Daten dienen vor allem museumseigene Publikationen wie Ausstellungskataloge/ Begleitbücher und Jahrbücher sowie die mediale Verarbeitung in Zeitungen und Zeitschriften. Mit der Erschließung von Musealisierungsbeispielen als Ergänzung zur Tiefenuntersuchung wird auf fundierte Weise beleuchtet, wie Stadtgeschichte zu unterschiedlichen Zeitpunkten museal präsentiert wurde und welche geschichtskulturelle Entwicklung in diesem lokalen Rahmen stattgefunden hat. Die Operationalisierung des geschichtskulturellen Begriffskonzeptes in Form eines kategorial differenzierten und strukturierten Analyseinstrumentariums gewährleistet eine

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diachrone Vergleichbarkeit und besondere Durchdringung der Produkte historisch-musealer Geschichtskultur auf multiplen Ebenen. Im Prozess der Musealisierung werden die Museumsobjekte zu Symbolträgern, deren Bedeutung immer wieder neu generiert und interpretiert wird. Sie zeigen, wie sich in einem Jahrhundert die gesellschaftliche Bedeutung und Interpretation von Geschichte gewandelt hat, welche Narrative definiert, welche Formen gewählt und welche politisch-zeitlichen Anforderungen bestimmt wurden. Übertragen auf den großstädtischen Kontext Breslaus, der als herausragendes Beispiel für die ehemaligen deutschen Ostprovinzen und die neuen polnischen Westgebiete steht, entfaltet die hier entwickelte Analysemethode besonders deutlich die Umbrüche und Kontinuitäten in der Musealisierung von Geschichte. Die einschneidenden Neuinterpretationen in der museal transportierten Geschichtskultur blieben dabei nicht auf den deutsch-polnischen Grenzraum beschränkt. Wie im Fazit gezeigt wird, führte auch in Westdeutschland und in Zentralpolen der zeitlich-kulturelle Wandel zur Neudefinition von Stadtgeschichte in Form und Sprache. Die größere Kontinuität in den Museumsbeständen und den Themenschwerpunkten der Stadtgeschichte haben dieser Neudefinition hier lediglich einen subtileren Charakter verliehen. Demgegenüber war in Breslau diese Neudefinition mit dem Bevölkerungsaustausch nach 1945 besonders radikal und auch eine direkte Notwendigkeit einer gänzlich neuen Stadtgesellschaft. Dennoch bleibt der Blick dieser Untersuchung nicht auf die Folgen der Grenzverschiebungen nach dem Zweiten Weltkrieg beschränkt. Denn auch die politischen Zäsuren nach der Novemberrevolution (1918), dem Beginn der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland (1933), der Entstalinisierung in Polen (1956) oder nach dem politischen Umbruch von 1989 haben vor dem Hintergrund der Kontinuität vieler Museumsbestände zu Neuordnungen in den Präsentationen geführt. Die Lebendigkeit der materiellen Kultur im Museum, also der Interpretationsgeschichte von Objekten, entfaltet die folgende Untersuchung am Beispiel von drei Sammlungsgruppen im Kontext der Breslauer Museen: Für die Studie wurden knapp 200 Ausstellungen aus den Jahren 1899 bis 2012 erschlossen – und aus der Vielzahl der kultur- und stadtgeschichtlichen Ausstellungen drei stadtmuseale Schwerpunktthemen mit einem Kernbestand von insgesamt sechs Tiefenuntersuchungen definiert. Je zwei dieser detaillierten Ausstellungsanalysen bilden den Mittelpunkt der drei folgenden Themenkapitel: „Veduten: Ansichten der alten Stadt“, „Judaica: jüdische Stadtgeschichte“ und „Militaria: Der Kampf um die Stadt“. In einem Schlusskapitel werden die Befunde dieser thematischen Untersuchungen zusammengeführt und am besonderen Beispiel der seltenen stadtgeschichtlichen Dauerausstellungen herausgearbeitet, wie die Merkmale von musealer Stadtgeschichte Kontinuitäten, Unterbrechungen und Neuinterpretationen unterlagen.

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4. Veduten: Ansichten der alten Stadt

4.1. Stadtgeschichte in Bildern – Die Museumsabteilung „Alt-Breslau“ von 19081 Im Januar 1908 eröffnete das Schlesische Museum für Kunstgewerbe und Altertümer die Ausstellung „Alt-Breslau“. Sie war die erste Breslauer Ausstellung, die Stadtgeschichte nicht als Momentaufnahme, sondern als Entwicklungsgeschichte mehrerer Jahrhunderte zeigte. Mit einer Laufzeit von fast 25 Jahren bildete sie eine der am längsten bestehenden Ausstellungen Breslaus. In thematischer und materieller Hinsicht war sie deutlich zugespitzt, denn ihr Objektbestand beschränkte sich hauptsächlich auf Stadtansichten: Dies waren künstlerische Darstellungen der städtischen Topografie und Ikonografie auf Druckgrafiken und Gemälden vom Mittelalter bis in die Gegenwart. Die Konzentration dieser einzigen spezifisch stadtgeschichtlichen Abteilung auf bildhafte Exponate mag verwundern, wenn man bedenkt, welch große regional- und lokalgeschichtliche Sammlung das 1899 gegründete Schlesische Museum übernommen hatte. Um die Jahrhundertwende definierte sich dieses Museum jedoch in erster Linie als „Kunstgewerbemuseum“, dessen Ordnungsprinzip nicht die Politik- und Kulturgeschichte der Region war, sondern eine kunstgeschichtliche Entwicklung des „Stils“. Die bedeutenden prähistorischen und die kulturgeschichtlichen Sammlungen bildeten hier gewissermaßen nur den Hintergrund für die wesentlich breiteren kunstgewerblichen Ausstellungsräume.2 Die Gemäldegalerie „Alt-Breslau“ gehörte zur kulturgeschichtlichen Sammlung des Hauses, zu deren Bestandteilen auch Ausstellungen mit Münzen und Waffen sowie Relikte der Handwerkszünfte, Gerichte, Bauern und Bergwerke zählten. Hier wird gezeigt, dass die lokalgeschichtliche Begrenzung und chronologische Ordnung von „Alt-Breslau“ eine konzeptionelle Neuheit sondergleichen in der Breslauer Museumslandschaft markierte. Obwohl es sich bei der Ausstellung um die dauerhafte Präsentation einer Museumssammlung handelte, wies sie in ihrer thematischen Zuspitzung die inhaltlichen und konzeptionellen Charakteristika einer Sonderausstellung auf. Die Exposition Breslauer Stadtansichten entsprang hierbei einer konkreten Motivation – der Bewahrung des alten Stadtbildes angesichts der bislang beispiellosen Modernisierung und Industrialisierung der europäischen Großstädte im späten 19. Jahrhundert. Sie war Ausdruck einer europaweit erstarkenden Geschichtskultur des städtischen Bürgertums und erster Initiativen zur Denkmalpflege: „Als ein städtisches Institut hat unser Museum die Ehrenpflicht, der Nachwelt eine Erinnerung an das eigenartige alte Stadtbild aufzu1

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Auf dem Kapitel 4.1 basiert der zusammenfassende Aufsatz Kretschmann, Vasco: Lokale Geschichts­ kultur im Museum. Die Dauerausstellung „Alt-Breslau“ des Schlesischen Museums für Kunstgewerbe und Altertümer. In: Bahlcke, Joachim/Gehrke, Roland (Hg.): Institutionen der Geschichtspflege und Geschichtsforschung in Schlesien. Von der Aufklärung bis zum Ersten Weltkrieg. Köln/Weimar/ Wien 2017. S. 323–340. [Masner, Karl/Seger, Hans]: Überblick über die Sammlungen. In: Schlesiens Vorzeit 1 (1900) 37–54, hier 38, 45.

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bewahren, das dem Ausbau Breslaus zu einer modernen Großstadt seit einem Jahrhundert in steigender Schnelligkeit zum Opfer fällt.“3 Derart direkt formulierten die Ausstellungskuratoren, der Museumsdirektor Karl Masner (1858–1936) und sein Assistent Erwin Hintze (1876–1931), die kompensatorische Funktion ihrer neuen Ausstellung. Damit trafen sie den Nerv großer Teile des Bürgertums, das die großstädtische Moderne ablehnte und lieber den Blick auf das Mittelalter und die Frühe Neuzeit als vornehmlich letzte Epochen eines geschlossenen Weltbildes richtete.4 Die vormoderne Stadt wurde hier in einem verklärend-nostalgischen Blick betrachtet. Als vormodern galt vor allem jene Stadtmorphologie, wie sie vor der Entfernung ihrer Festungsanlagen und Stadttore ab 1807 existiert hatte. Die Planierung des historischen Befestigungsgürtels war auf Befehl der französischen Besatzung erfolgt und wurde in Breslau besonders konsequent umgesetzt.5 Die Aufmerksamkeit der Ausstellung galt den Bauten und Straßenzügen der einstmals befestigten Stadt, dem späteren Altstadtbereich – insbesondere jenen Gebäuden, die in der Modernisierungsphase des späten 19. Jahrhunderts durch neue Bauten ersetzt worden waren. Angesichts der großflächigen Zerstörungs- und Umbauphasen im 20. Jahrhundert erscheint aus heutiger Perspektive der Wandel des Stadtbildes im 19. Jahrhundert vergleichsweise marginal. Für die Breslauer Bevölkerung zu Beginn des Jahrhunderts war jedoch die zurückliegende Entwicklung schlichtweg beispiellos und wurde häufig als Verlust beschrieben.6 Als Ausdruck des verlorenen alten Breslau galten neben den Stadttoren und Zeughäusern auch der innere Stadtgraben, der Stadtohle-Fluss mit seinen Brücken und Stegen. Auch nachdem der stinkende Flusslauf 1866–1869 wegen einer Cholera-Epidemie zugeschüttet worden war, blieben die verschachtelten Giebelhäuser in der zur Gasse ausgebauten Weißgerber Ohle bis 1945 ein beliebtes Bildmotiv der romantischen, vormodernen Stadt.7

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Masner, Karl/Hintze, Erwin: Führer durch die Abteilung Alt-Breslau. Schlesisches Museum für Kunstgewerbe und Altertümer. Breslau 1908, 1. 4 Düwel, Jörn/Gutschow, Niels: Städtebau in Deutschland im 20. Jahrhundert. Ideen, Projekte, Akteure. Stuttgart/Leipzig/Wiesbaden 2001, 44 f., 50–53. Zur „Zivilisationskritik“ an der Moderne vgl. Speitkamp, Winfried: Verwaltung der Geschichte. Denkmalpflege und Staat in Deutschland 1871– 1933. Göttingen 1996, 29 f. 5 Conrads: Breslau, 153. 6 Kulak: Historia Wrocławia, 228 f.; Zabłocka-Kos, Agnieszka: Wohnen in der City. Die Breslauer Altstadt im 19. Jahrhundert. In: Janatková, Alena/Kozińska-Witt, Hanna (Hg.): Wohnen in der Großstadt 1900–1939. Wohnsituation und Modernisierung im europäischen Vergleich. Stuttgart 2006, 77–89, hier 84 f.; dies.: Die Entstehung der modernen Metropole. Breslau in der Zeit von 1806 bis 1945. In: Harasimowicz, Jan (Hg.): Das Bild von Wrocław/Breslau im Laufe der Geschichte. Wien 2008, 55– 70, hier 59 f. 7 Zur Rezeption des Breslauer Stadtbildes vgl. Habel, Paul: Das Stadtbild Breslaus vor hundert Jahren. In: Die Woche – Sondernummer: Breslauer Ausstellung 1913 zur Jahrhundertfeier der Freiheitskriege (1913) 28–33; Harasimowicz, Jan: Posłowie. Architektura Wrocławia w rysunku i grafice. In: ders. (Hg.): Atlas Architektury Wrocławia, Bd. 2. Wrocław 1998, 222–315, Szafkowska, Magdalena: Dawne zaułki Wrocławia. Malarstwo, grafika, fotografia/Alte Breslauer Winkel. Malerei, Grafik, Fotografie. Muzeum Narodowe we Wrocławiu. Wrocław 2001.

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Wie in anderen europäischen Großstädten führte die Industrialisierung im 19. Jahrhundert auch in Breslau zu einer Verachtfachung der Bevölkerung und dementsprechend zu einem rasanten Wachstum der Stadt, welches im Vergleich zu anderen Großstädten noch bescheiden war. 1813 zählte Breslau eine Bevölkerung von 63.000, 1875 waren es bereits über 239.000 und 1908 493.000 Einwohner. Insbesondere nach 1871 entstanden in vielen europäischen Städten um das alte Zentrum herum ausgedehnte Stadtviertel im so genannten Baustil der Gründerzeit. Der Altstadtbereich war allerdings durch die Errichtung moderner Geschäftshäuser ebenfalls von Umbauten betroffen. Er erlebte einen Rückgang der Wohnbevölkerung und entwickelte sich zu einer Innenstadt, der vornehmlich Geschäfts- und Verwaltungsfunktionen zukam.8 Die deutlichen Konsequenzen dieses Wachstumsprozesses für die Breslauer Altstadt wurden bereits 1931 in einer ausführlichen stadtgeografischen Studie festgehalten.9 Die Altstadt hatte in großen Teilen ihr vormodernes Antlitz verloren, die Erinnerung hieran wurde zu einem Wirkungsfeld des Museums. Die Ausstellung „Alt-Breslau“ versammelte Bilder der alten Stadt vom 15. bis zum 19. Jahrhundert, so genannte „Stadtansichten“ oder „Veduten“. Diese umfassten sowohl frühneuzeitliche Stadtpanoramen und Karten, alte Holzschnitte und Kupferstiche, wie auch Zeichnungen, Gemälde und Aquarelle ausgewählter Häuserpartien aus späteren Jahrhunderten. Wie bei allen Veduten ist eine Stadtansicht hierbei nicht als eine wirklichkeitsgetreue Wiedergabe eines früheren Zustandes zu verstehen, sondern bleibt eine künstlerische Interpretation. Der Einfluss von „spätmittelalterlichen Leit- und Vorstellungsbildern“ auf die Konstruktionen von Stadtpanoramen wie auch Versuche einer objektivierten „Landschaftsschilderung“ in der späteren Druckgrafik prägten die Interpretationen. Mit dem Aufkommen fotografischer Aufnahmen gewann vor allem die malerische Interpretation von Gebäudepartien an Bedeutung.10 Die Ausstellungskuratoren entschlossen sich daher, bewusst von „Darstellungen der Stadt durch die 8 Zimmermann, Clemens: Innenstädte 1880 bis heute. Funktionen und bauliche Gestalt im Wandel. In: Die alte Stadt. Vierteljahreszeitschrift für Stadtgeschichte, Stadtsoziologie, Denkmalpflege und Stadt­ entwicklung 35/4 (2008) 324–336, hier 326 f. Zur Entwicklung der Breslauer Innenstadt im 19. und frühen 20. Jahrhundert vgl. vor allem Zabłocka-Kos, Agnieszka: Zrozumieć miasto. Centrum Wrocławia na drodze ku nowoczesnemu city 1807–1858. Wrocław 2006, 13 f., 284–348. Vgl. auch Ilkosz, Jerzy: Przekształcenia urbanistyczne centrum Wrocławia w latach 1900–1940. In: Rocznik Wrocławski 5 (1998) 175–202, hier 176–178; Zabłocka-Kos, Agnieszka: „Staliśmy się obywatelami wielkiego miasta“. Przemiany przestrzenne centrum Wrocławia po połowie XIX wieku. In: Sobótka 65/3 (2010) 297–320; Kononowicz, Wanda: Rozwój urbanistyczny Wrocławia i planowanie w latach 1850–1914. In: Eysymontt, Rafał u. a. (Hg.): Leksykon architektury Wrocławia. Wrocław 2011, 69–76. 9 Müller, Emil: Die Altstadt von Breslau. Citybildung und Physiognomie. Ein Beitrag zur Stadtgeographie. Breslau 1931, 26–53. 10 Zur Geschichte der Stadtansichten vgl. Schmitt, Michael: Vorbild, Abbild und Kopie. Zur Entwicklung von Sehweisen und Darstellungsarten in druckgraphischen Stadtabbildungen des 15. bis 18. Jahrhunderts am Beispiel Aachen. In: Jäger, Helmut/Petri, Franz/Quirin, Heinz (Hg.): Civitatum Communitas. Studien zum Europäischen Städtewesen. Köln/Wien 1984, 322–354; Günther: Die bildhafte Repräsentation, 30–177. Ein Verzeichnis der ältesten Ansichten deutscher Städte enthält Bachmann, Friedrich: Die alten Städtebilder. Ein Verzeichnis der graphischen Ortsansichten von Schedel bis Merian. Stuttgart ²1965 [Leipzig ¹1939].

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Kunst“11 zu sprechen und Fotografien aus der Museumsabteilung auszuschließen. Die Zusammenstellung der Ausstellung war zugleich Zeugnis einer ersten vom Bürgertum getragenen Bewegung zum Denkmalschutz und gibt daher Aufschluss über die gesellschaftliche Rolle des Museums, vor allem als ein bewahrendes Institut.12 Ein kleines 1899 eingerichtetes „Breslauer Zimmer“ und eine Sonderausstellung mit dem Titel „Alt-Breslau im Bilde“ von 1905 gelten als Vorläufer der Dauerausstellung von 1908. In der Forschung wurde bereits detailliert beschrieben, mit welchen alten Stadtansichten und vielzähligen zeitgenössischen Gemälden und Grafiken die Ausstellungen die topografische Entwicklung Breslaus nachzeichneten.13 Die städtische Entwicklungsgeschichte war in diesen frühen Ausstellungen noch deutlicher einer kunstgeschichtlichen Perspektive untergeordnet. Ein genauerer Blick auf die Dauerausstellung von 1908 und ihre Vorläufer zeigt aber auch, wie Stadtgeschichte erstmals museal definiert wurde und wie das Museum mit diesem neuen Ansatz ein wesentlich breiteres Publikum erreichte. Die chronologische Ordnung und die thematischen Schwerpunkte der Ausstellungen standen für einen neuen Ansatz, Stadtgeschichte im Museum zu erzählen. Für dessen Verständnis bedarf es eines genaueren Blicks auf den Aufbau der Ausstellung.

4.1.1. Rundgang – Breslauer Stadtbilder vom Mittelalter bis zur Gegenwart Die Dauerausstellung „Alt-Breslau“ befand sich im alten Ständehaus am Schlossplatz (jetzt Plac Wolności), dem Hauptsitz des Schlesischen Museums für Kunstgewerbe und Altertümer. Im Mittelsaal des Erdgeschosses wurden in drei Raumabschnitten die Ausstellungskapitel zum 15. bis 18. Jahrhundert, zum 18. Jahrhundert und zum 19. Jahrhundert entfaltet.14 Im ersten Raum hingen in schlichten schwarzen Bilderrahmen die ältesten Breslauer Stadtansichten. Neben kleinen Kärtchen mit Titel und Jahr ermöglichten dem Betrachter an den Rahmen angebrachte Nummern eine Orientierung in der Chronologie und der Besprechung im Begleitheft. Die ersten Abbildungen der Stadt waren Panoramaansich11 Masner/Hintze: Führer, 1. 12 Zur Rolle der Geschichtsvereine bei der Herausbildung des Denkmalschutzes vgl. Speitkamp: Verwaltung der Geschichte, 114–119; Swenson, Astrid: The Rise of Heritage. Preserving the Past in France, Germany and England 1784–1914. Cambridge 2013, 66–78. 13 Mit der Ausstellung „Alt-Breslau“ befasste sich vor allem Łukaszewicz, Piotr: Adelbert Woelfl. Malarz dawnego Wrocławia/Der Maler des Alten Breslau. Muzeum Narodowe we Wrocławiu/Haus Schlesien. Museum für Landeskunde Königswinter-Heisterbacherrott. Wrocław 1993; ders.: Śląskie Muzeum Przemysłu Artystycznego, 101 f.; vor allem ders. (Hg.): Ikonografia Wrocławia, Bd. 1: Grafika. Muzeum Narodowe we Wrocławiu. Wrocław 2008, 11–25. Erwähnung fand die Ausstellung bereits bei Schreiner, Rupert: Breslau. Ansichten aus sechs Jahrhunderten. Ostdeutsche Galerie Regensburg. Regensburg 1983, 2 f.; Czerner, Olgierd: Wrocław na dawnej rycinie. Wrocław/Warszawa/Kraków 1989, 10; Garber: Das alte Breslau, 440–442. 14 Der Rundgang durch die Ausstellung basiert vor allem auf dem Begleitheft zur Ausstellung, verschiedenen Zeitungsartikeln und Fotografien aus den Sammlungen des Breslauer Nationalmuseums (MNWr), z. T. abgebildet in der Studie von Piotr Łukaszewicz. Vgl. Masner/Hintze: Führer; Łukaszewicz (Hg.): Ikonografia Wrocławia, Bd. 1, 11–25.

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Abbildung 7: Der erste Raum der Ausstellung „Alt-Breslau“. Die Fotografie zeigt Stadtansichten aus dem 15.–18. Jahrhundert, darunter befindet sich die Vitrine der Münzsammlung. In der Mitte ist das ­ä lteste Stadtpanorama Breslaus aus der „Weltchronik“ von Hartmann Schedel (1493) zu sehen.

ten, so genannte „Stadtprospekte“. Breslau wurde erstmals 1493 in der berühmten „Weltchronik“ des Humanisten Hartmann Schedel (1440–1514) abgebildet. Der in Nürnberg gedruckte Holzschnitt mit dem Titel „Bressla“ zählt bis heute zu den bekanntesten Stadtansichten Breslaus und hat in zahlreichen Neuauflagen Verbreitung gefunden.15 In der Ausstellung erhielt die Abbildung einen zentralen Platz. Das kleine Begleitheft erläuterte ausführlich die Perspektivität und Intention dieser ersten, oftmals symbolisch überzeichneten Stadtansichten: „Und wie der Prospekt die Stadt von außen sieht, ist er auch 15 Zum Panorama der Schedelschen Weltchronik (1493) und allgemein zur Geschichte der Breslauer Stadtansichten vgl. Knötel, Paul: Altbreslau im Bilde. In: Schlesische Monatshefte 2/6 (1925) 313– 317; Barthel, Gustav: „Der Staette Koeniginn“. Das Stadtbild Breslaus in der Schau des Künstlers. Breslau 1944, 28; Czerner: Wrocław na dawnej rycinie, 12; Harasimowicz: Posłowie, 223 f.; Łukaszewicz (Hg.): Ikonografia Wrocławia, Bd. 1, 35. Zu zwei neu entdeckten Panoramen von 1537 und 1668 vgl. Marsch, Angelika: Das Breslau-Panorama von 1668. Die Geschichte eines wieder entdeckten Breslau-Panoramas. In: Eysymontt, Rafał/Marsch, Angelika: Breslau-Wrocław 1668. Eine wieder entdeckte Stadtansicht/Odnaleziony widok panoramy miasta. Schlesisches Museum zu Görlitz/ Muzeum Architektury we Wrocławiu. Görlitz 2005, 7–29.

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Abbildung 8: Der dritte Raum der Ausstellung „Alt-Breslau“ versammelte Stadtansichten von der ­Wende zum 20. Jahrhundert. Im Mittel­punkt standen 14 Gemälde und Zeichnungen des bedeutendsten Malers des alten Breslau, Adelbert Woelfl (1825–1896). Sie befinden sich rechts neben dem Durchgang.

zunächst für den Fremden bestimmt, zu seiner Belehrung oder zur Erinnerung. Ihm soll er einen imposanten Eindruck von der Bedeutung, der Ausdehnung, der Wehrhaftigkeit der Mauern, der Anzahl der Kirchen oder anderen für den Ort charakteristischen Bauten verschaffen. […] Es darf als unbedingt sicher gelten, daß dem Holzschnitte eine an Ort und Stelle gemachte Zeichnung zugrunde liegt, die erst durch die Arbeit des Holzschneiders verallgemeinert und schematisiert worden ist.“16 Von Anfang an machte die Ausstellung deutlich, dass es sich bei den alten Ansichten nicht um Abbildungen realer Stadttopografien, sondern immer um künstlerische Interpretationen handelte. Einen Vergleich der vielfältigen Darstellungsformen boten neun weitere Stadtansichten, zumeist Kupferstiche aus dem 17. und 18. Jahrhundert, die die älteste Abbildung Breslaus umringten. Damit ließen sich die ersten Panoramen aus der böhmisch-ungarischen Zeit (bis 1526) und der habsburgischen Zeit (bis 1741) Breslaus vergleichen. Die großen Panoramen präsentierten vor allem die bedeutende und wohlhabende Bürgerstadt der Frühen Neuzeit. Der gewählte Blick von Süden her zeigte die Silhouette der Bürgerkirchen in der Innenstadt und verstellte dahinter die Kaiserburg und den bischöflichen Dom; dies war ein Ausdruck der selbstbewussten und einflussreichen Breslauer Kaufmanns- und Bürgerschaft.17 Eine zweite Perspektive auf die topografische Entwicklung boten alte Stadtpläne. Auch hier zählt das älteste Exemplar zu den bis heute am meisten reproduzierten Ansich16 Masner/Hintze: Führer, 2 f. 17 Conrads: Breslau, 151 f.

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ten. Der farbige Stadtplan von 1562, gezeichnet von Bartholomäus Wayner (auch: Barthel Weihner), zeigt eindrucksvoll die rasterförmige Anlage der Breslauer Bürgerstadt: „In dem klaren, allerdings das Straßennetz übertrieben regelmäßig wiedergebenden Grundrisse liegt das Breslau vor uns, wie es sich aus seinen frühsten Anfängen nach dem Mongolenbrande von 1241 nach und nach entwickelt hat und bis zum Anfange des 19. Jahrhunderts in allen wesentlichen Zügen geblieben ist.“18 In dieser historischen Einordnung wurde darauf Bezug genommen, dass das heutige Zentrum Breslaus erst im 13. Jahrhundert als Plan- und Siedlungsstadt neben der alten Piastenburg auf der Dominsel aus dem 11. Jahrhundert entstanden ist. Erst im 19. Jahrhundert überschritt die Stadt mit dem Entfernen der Befestigungsanlagen den heutigen Altstadtbereich.19 Zu den herausragenden Exponaten der Ausstellung zählte auch der zweitälteste Stadtplan der Sammlung, erschienen 1587 bei Georg Braun und Franz Hogenberg in Köln. Dieser Plan diente aufgrund „seiner großen Genauigkeit in den geometrischen Abmessungen“ als Grundlage für zahlreiche folgende Pläne. Fünf weitere Stadtpläne, der jüngste von 1843, ermöglichten hier einen Vergleich. Hieran schlossen sich zehn Einzelansichten verschiedener bedeutender Breslauer Gebäude, wie des Rathauses, der Bibliotheken, Zeughäuser, Stadttore und der kaiserlichen Burg, an. Eine Abkehr von der rein topografischen Entwicklungsgeschichte markierte das große Gemälde einer Plenarsitzung des Breslauer Rates von 1667. Das Gruppenbild mit den 23 Amtsträgern, nach einer Vorlage aus dem Breslauer Rathaus, stand sinnbildlich für die herausragende Bedeutung der Breslauer Kaufmanns- und Bürgerschaft in der städtischen Selbstverwaltung zur böhmischen und habsburgischen Zeit. Neben dem Gemälde stand ein „gotisches Messingkruzifix von 1498“, auf welchen bis ins 19. Jahrhundert der „Bürgereid“ abgelegt worden war. Auf die Kulturgeschichte Breslaus verwiesen auch zwei bemalte Holzfiguren in den Trachten eines russischen und eines polnischen Kaufmanns aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Interessant ist hierzu die Erläuterung des Begleitheftes: Diese Holzfiguren „erinnern an die ehemaligen blühenden Handelsbeziehungen Breslaus nach Russland und Polen. Der russische und polnische Handelsmann sind vom Mittelalter bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts dem Breslauer in den Mauern seiner Stadt wohlbekannte Erscheinungen und gern gesehene Gäste gewesen.“20 Bezeichnenderweise strich das Museum den zweiten Satz in den nach 1918 herausgegebenen Auflagen des Begleitheftes. Ob dies in einem politischen Zusammenhang zu den Grenzstreitigkeiten mit dem neuen polnischen Staate stand, lässt sich nur vermuten. 18 Masner/Hintze: Führer, 4 f. Der Stadtplan von Weyner (Weihner) wurde erst 1826 im Ratsarchiv wieder entdeckt und neu aufgelegt. Vgl. Habel, Paul: Die Stadtpläne Breslaus vom 16. bis 18. Jahrhundert. In: Schlesische Monatshefte 2/8 (1925) 393–399, hier 394; Harasimowicz: Posłowie, 224–226; Okólska, Halina (Hg.): Wrocław na planach XVI. XX wiek. Muzeum Historyczne we Wrocławiu. Wrocław 1999. Kürzer und mit weniger Abbildungen auf Deutsch: Okólska, Halina/Szykula, Krystyna (Hg.): Breslau auf alten Plänen 1562–1946. Wrocław 2003. 19 Zur städtebaulichen Entwicklung Breslaus vgl. die Beiträge in der Text- und Bildsammlung Młynarska-Kaletynowa, Marta (Hg.): Śląsk. Atlas historyczny miast polskich/Schlesien. Historischer Atlas polnischer Städte, Bd. 4/1. Wrocław 2001. 20 Masner/Hintze: Führer, 8.

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Zu den dreidimensionalen Objekten aus der Breslauer Stadtgeschichte zählten auch verschiedene Hauszeichen oder Hausmarken, Schilder und Portalteile mit Namen von abgerissenen Stadthäusern, wie „Zum Kinast“ oder „Blauer Ochse“. Mit diesen Schildern endete der Einschub von kulturgeschichtlichen Objekten in die Sammlung der Stadtansichten. Anknüpfungen an die breitere Kulturgeschichte Breslaus fanden sich jedoch auch unter den Stadtdarstellungen im Ausstellungsraum zum 18. Jahrhundert. Hier standen vor allem 27 Zeichnungen aus Breslauer Stammbüchern im Mittelpunkt. Stammbücher waren Alben von Breslauer Bürgern, in denen sich ihre Kontaktpersonen mit Texten und Zeichnungen verewigten. Aufgrund der darin enthaltenen Miniaturmalerei besaß das Breslauer Museum über 60 dieser Stammbücher aus dem 16. bis 18. Jahrhundert. Doch nur eines enthielt gleich mehrere Darstellungen aus dem Leben des alten Breslau – und bildete nach Bekunden der Museumsdirektion durch seine eindrucksvolle Vielfalt den Anstoß, die Abteilung „Alt-Breslau“ einzurichten.21 Aus dem Stammbuch des Breslauer Händlers David Jaenisch zeigte die Ausstellung 25 der 32 Bilder des Miniaturmalers Johann Georg Wangner (auch: Wagner) aus der Mitte des 18. Jahrhunderts: „Alle entstammen der Gedankenwelt des wohlhabenden Kaufmanns und führen in die Interessensphäre desjenigen Standes, der in dem Leben Breslaus jener Zeit die erste und ausschlaggebende Rolle spielte.“22 Auf den Beginn der preußischen Zeit verwiesen Darstellungen der Einnahme Breslaus 1741 und des Besuchs Friedrichs des Großen auf der Breslauer Messe 1742. Die Mehrheit der Bilder zeigten Orte des Breslauer Handels wie den Salzring, den Pockoyhof oder die Oderschifffahrt. Auch Figuren des „Breslauer Handels“ zählen zu den Bildmotiven, „wie der reiche Kaufmann, der elegante Pole, der Jude, der Fuhrmann, der Schäfer, der Packträger, der Wagenknecht oder die Schmarotzer des Marktes, die Musikanten und Bärentreiber“.23 Diese Stereotype waren keine Seltenheit in den zeitgenössischen Gemälden und wurden in der Ausstellung als „Breslauer Volkstypen“ bezeichnet. Auch zwei Gemälde aus dem „Schweidnitzer Keller“, dem Breslauer Ratskeller, präsentierten diese „Volkstypen“ aus dem Handelsleben. Die zweite Objektgruppe des Ausstellungsraumes bildeten Breslauer Stadtansichten aus dem 17. und 18. Jahrhundert auf Guckkastenbildern, Glaspokalen, Porzellangeschirr, verschiedenen Medaillen und Pfefferkuchenformen. Letztere wurden als „Kunst­ äußerung aus dem Volke“ beschrieben. Die Formen der „Pfefferküchler“ zeigten „aus dem sie umgebenden Leben mit frischen Humor“ neben Tieren und Wappen auch verschiedene Marktszenen und Figuren, wie etwa den „Sandmann“, einen Sandhändler, und den 21 Zu den Breslauer Sammlungen mit Stammbüchern und Miniaturmalerei vgl. Masner, Karl: Schlesische Stammbücher und ihre künstlerische Ausstattung. In: Schlesiens Vorzeit 4 (1907) 137–170; [ders.]: Die wichtigsten Veränderungen im Museum in den Jahren 1899–1924. In: Schlesiens Vorzeit 8 (1924) 148–151, hier 148; Oszczanowski, Piotr/Gromadzki, Jan: Theatrum Vitae et Mortis. Graphik, Zeichnung und Buchmalerei in Schlesien, 1550–1650. Wrocław 1995. 22 Masner/Hintze: Führer, 9. Das Museum hatte das Buch 1903 in einer Kunsthandlung in den Niederlanden erworben, wohin es sein englischer Vorbesitzer verkauft hatte. Vgl. Masner: Schlesische Stammbücher, 153 f. 23 Masner/Hintze: Führer, 10 f.

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„Breslauer Fezpopel [Fetzpopel]“, eine sagenumwobene alte Breslauerin aus der Zeit um 1700.24 Der zweite Ausstellungsraum vereinigte damit neben Stadtansichten vor allem Personendarstellungen aus Breslaus Zeit als bedeutende mitteleuropäische Handelsstadt. Für den dritten Ausstellungsraum, der Exponate aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert enthielt, erläuterte der Begleitband zum historischen Hintergrund: „Es ist für Breslau die Zeit der Entwickelung zur modernen Großstadt, eine Periode des unerbittlichen Kampfes gegen das alte traditionelle Stadtbild und die architektonische Physiognomie der einzelnen Straßenzüge. Den Ausgangspunkt der baulichen Neugestaltung bildet die 1807 auf Anordnung Napoleons vollzogene Niederlegung der Festungswerke und die 1810 angeordnete Einziehung der rings um die alte Stadtgrenze gelegenen kirchlichen Ländereien. Der damit einsetzenden Bautätigkeit auf dem Vorgelände der alten Stadt und der Anlegung von Vorstädten folgt bald auch die Umgestaltung der inneren Stadt.“25 Der Ausbau und die Modernisierung Breslaus seit dem frühen 19. Jahrhundert wurden hier zu einem regelrechten „Vernichtungszug gegen das alte Stadtbild“ dramatisiert – wohingegen dem ebenfalls starken Wandel der inneren Stadt zwischen dem Mittelalter und der Frühen Neuzeit26 keine Beachtung geschenkt wurde. Breslaus Wachstum und Modernisierung im 19. Jahrhundert schufen ein Bewusstsein für eine kulturelle Bedeutung älterer Stadt- und Gebäudeteile. Oftmals ging diese neue Wertschätzung mit einer romantisch-verklärenden Sicht auf das Vergangene und einer selektiven Betrachtung der Stadt einher. In den zurückliegenden Epochen des 15. bis 18. Jahrhunderts berücksichtigten die Künstler in ihren prächtigen Stadtpanoramen und Abbildungen bekannter Handels- und Verkehrsplätze noch alle vorhandenen Stadtteile. Im 19. Jahrhundert und frühen 20. Jahrhundert dagegen beschränken sich die künstlerischen Darstellungen der Stadt vor allem auf die alten „malerischen“ Stadtteile, die den Kuratoren zufolge ein Bild bieten sollten, „das dem Einheimischen eine ihm lieb gewesene Häuserpartie oder einen künstlerisch bemerkenswerten Ausschnitt aus dem dahinscheidenden alten Breslau festhalten soll“.27 Nach Interpretation der Kuratoren war diese Beschränkung im Motiv jedoch nicht ein Ausdruck „romantischer Altertümelei […], sondern der Mangel an Werten der Gegenwart, die denen der Vergangenheit malerisch ebenbürtig sind“. Dies war eine deutliche Kritik an der neuen Architektur Breslaus. Zugleich wiesen die Kuratoren am Ende des Begleitheftes auch darauf hin, dass eine „Versöhnung mit der Gegenwart“ gelingen könnte, wie „dies in Paris geschehen ist, wo das moderne Stadtbild in der Malerei eine große Rolle spielt“.28 Den direkten Verweis auf die französische Hauptstadt, dem europäischen Reflexions24 Masner/Hintze: Führer, 14. Zu den Pfefferkuchenformen vgl. auch [Masner, Karl]: Vermehrungen der Sammlungen. In: Schlesiens Vorzeit 4 (1907) 193–205, hier 197 f. In einem kleinen Glaskasten zeigte der Schweidnitzer Keller des Rathauses eine Gipsfigur des Breslauer Fetzpopels. Vgl. Stein, Rudolf: Der Schweidnitzer Keller im Rathaus zu Breslau. Breslau 1940, 114 f., 119. 25 Masner/Hintze: Führer, 14. 26 Der Wandel der Altstadt am Ende des 19. Jahrhunderts ließ sich jedoch in seiner Intensität allenfalls mit dem Wandel des Stadtbildes im 14. Jahrhundert vergleichen. Vgl. Zabłocka-Kos: Wohnen, 84. 27 Masner/Hintze: Führer, 15. 28 Ebd., 19.

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punkt des Stadtumbaus im 19. Jahrhundert, strich das Museum in den Neuauflagen nach dem Ersten Weltkrieg. Doch der „Mangel an den Werten der Gegenwart“ verblieb als Schlusswort und Erklärungsansatz für die alleinige Beschränkung der Bild-Motive auf die Breslauer Altstadt. Allerdings widerspricht ein Vergleich mit den am Ende des 19. Jahrhunderts entstandenen Zeichnungen und Gemälden dieser Behauptung, die Künstler würden nur die alten Stadtteile erfassen. Tatsächlich gehörten viele zeitgenössische Gebäude wie die neuen Bahnhöfe, Ausstellungshallen und Verwaltungsgebäude zu den Motiven der Künstler.29 Daher sind die Gründe für die Beschränkung der Galerie auf Altstadtpartien alleine in der Intention der Kuratoren und der Sammlungspolitik des Museums zu suchen. Der letzte Ausstellungsraum zum 19. Jahrhundert versammelte über 70 Stadtansichten. Zu den Hauptbestandteilen der Sammlung zählten mehrere Gemälde und Zeichnungen des schlesischen Malers Adelbert Woelfl (1825–1896). Neben zahlreichen Motiven bedeutender Gebäude präsentierte die Ausstellung auch zeitgenössische Gemälde, die ein Auge auf die „Stimmung“ der Motive, auf eine „eigenartige oft schmerzliche Melancholie“ warfen. Hervorgehoben wurden hier die Stadtansichten des Professors der berühmten Königlichen Kunst- und Gewerbe-Akademie zu Breslau, Max Wislicenus (1861–1957). Für den Erwerb dieser Neuinterpretationen des Stadtbildes hatte das Museum sogar einen eigenen Ankaufsetat aufgelegt. Seit Eröffnung der Dauerausstellung konnte damit der zeitgenössische Teil der Ausstellung noch erheblich erweitert werden. Mit dieser Mission verband das Museum gleichsam die Aufgabe, Künstler mit dem Anfertigen von Gemälden zu beauftragen, so beispielsweise für die Nordwestseite des Breslauer Rings, an dem ein Bürogebäude errichtet werden sollte:30 „Die Museumsdirektion betrachtet es dabei als ihre besondere Pflicht, in einer Zeit, die mit dem letzten Besitze an alten Bauten in unserer Stadt rapide aufräumt, […] eine Sammlung von Bildern zusammenzubringen, die wenigstens einen Teil der zum Abbruch bestimmten Bauwerke oder Bautengruppen für die Erinnerung festhalten soll.“31 Wie an der Absicht der Ausstellungsleitung deutlich wird, verband das Museum mit seiner Abteilung „AltBreslau“ einen missionarischen Auftrag, das alte Stadtbild zu konservieren – sowohl durch ihre Sammlungspraxis als auch durch die Beauftragung von Kunstwerken.

4.1.2. Intention und Organisation – Das alte Breslau im Bilde bewahren Betrachten wir nun die Absichtsebene der Ausstellung genauer, dann wird deutlich, dass nur ein Teilaspekt der Geschichte Breslaus vom Mittelalter bis zur Gegenwart im Zentrum dieser einzigen lokalgeschichtlichen Abteilung stand – die Entwicklung des Stadtbildes. Die Kuratoren verbanden zugleich ein explizites und ein implizites Ziel mit 29 Zu einer Übersicht Breslauer Motive im späten 19. Jahrhundert vgl. Łukaszewicz (Hg.): Ikonografia Wrocławia, Bd. 1, 246–293. Vgl. auch Schreiner: Breslau, 147–215. 30 Łukaszewicz (Hg.): Ikonografia Wrocławia, Bd. 1, 16. 31 Masner/Hintze: Führer, 18.

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ihrer Ausstellung: Deutlich formulierten sie im Begleitheft und in anderen Besprechungen, dass es ihnen bei der Ausstellung darum ging, „zu zeigen, wie die Kunst Breslau, das Stadtbild mit seinen Einzelheiten, und sein Volksleben dargestellt hat […]. In der Geschichte der Auffassung des Stadtbildes durch die Kunst liegt die übersichtlichste und lehrreichste Geschichte der Veränderungen in der Physiognomie der Stadt selbst.“32 Hier ging es um einen diachronen Vergleich verschiedener Stadtdarstellungen vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Die dieser Bildergalerie hinzugefügten dreidimensionalen Objekte, wie das bereits erwähnte Messingkreuz des Breslauer Rates oder die Pfefferkuchenformen, wurden hier lediglich als eine Ergänzung betrachtet, „die das Leben der Bevölkerung von Breslau schildern und […] durch ihre örtlichen Beziehungen auf die politische und wirtschaftliche Vergangenheit Breslaus Streiflichter […] werfen“33 solle. Hinter dieser Entwicklungsgeschichte Breslaus mit einem klaren Schwerpunkt auf dem Wandel des äußeren Erscheinungsbildes verbarg sich jedoch auch ein implizites Ziel, nämlich die Ablehnung der Breslauer Altstadtmodernisierung. Wie bereits in der Besprechung der Abteilung zum 19. Jahrhundert gezeigt, wurde der rasante Wandel Breslaus zwischen 1807 und der Jahrhundertwende mit einem Werteverlust gleichgesetzt. Darum erhofften sich die Kuratoren durch den Ankauf und die Beauftragung von Kunstwerken zu den vom Umbau betroffenen Häuserpartien, „der Nachwelt eine Erinnerung an das eigenartige alte Stadtbild aufzubewahren“. Dass hinter dieser Praxis nicht bloß eine sichernde oder speichernde Motivation, sondern gleichsam eine Wertung der jüngeren Entwicklungen stand, geht aus der Wortwahl sehr deutlich hervor: Als „Vernichtungszug gegen das alte Stadtbild“ und als „Periode des unerbittlichen Kampfes gegen das alte traditionelle Stadtbild“ wurde der Ausbau Breslaus beschrieben.34 „Aber gerade in ferner Zeit war von allem anderen eher die Rede als vom Schutze des alten Stadtbildes; gerade damals begann die unbarmherzige Vernichtung der schönen alten baulichen Anlagen, der wir heute wieder Einhalt gebieten wollen, wo es fast zu spät ist. An die Stelle der Zeugen einer kunstreichen Vergangenheit traten erst die einer kunstarmen, später die einer kunstprotzigen Zeit.“35 Der Ausstellungskurator kritisierte hier nicht nur den Verlust alter Gebäude durch einen fehlenden Denkmalschutz, sondern zugleich auch den historistischen Baustil der Gründerzeit. Damit formulierte die Ausstellung eine deutliche Zurückweisung der zeitgenössischen Architektur. Die Kritik der Ausstellungsmacher an der aktuellen Baupolitik stützte sich dabei auf große Teile der öffentlichen Meinung. Als beratendes Gremium hatte der Breslauer Oberbürgermeister Georg Bender Anfang 1905 eigens die Gründung eines „Ausschus-

32 [Masner, Karl/Seger, Hans]: Bericht über das IX. Etatsjahr, 1. April 1907 bis 31. März 1908. In: Schlesiens Vorzeit 5 (1909) 229–252, hier 231. 33 Masner/Hintze: Führer, 1. 34 Ebd., 14. 35 Buchwald, Conrad: Alt-Breslau im Bilde. Ausstellung im Kunstgewerbemuseum. In: Schlesische Zeitung am 26. April 1905.

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ses Alt- und Neu-Breslau“ zur „Erhaltung der alten baulichen Schönheiten der Stadt“36 initiiert. Durch die Arbeit des Ausschusses unter dem Vorsitz des Provinzialkonservators Ludwig Burgemeister (1863–1932) sollten nicht nur die „Denkmäler der Vergangenheit in unserer Stadt vor der Zerstörung, Entstellung und Vergessenheit“ geschützt, sondern auch eine „schöne Gestaltung des Stadtbildes in der Zukunft“ beeinflusst werden.37 Bezeichnend für die konservatorischen Absichten des Ausschusses war, dass sich unter seinen 13 Gründungsmitgliedern gleich drei Mitarbeiter des Kunstgewerbemuseums befanden: Neben dem Direktor Karl Masner waren dies seine langjährigen Assistenten Hans Seger und Conrad Buchwald.38 Letzterer war der Organisator der Sonderausstellung „Alt-Breslau im Bilde“, die bezeichnenderweise im Jahr der Gründung des Ausschusses „Alt- und Neu-Breslau“ stattfand. Die Zusammenarbeit zwischen Ausschuss und Museum zeigte sich auch im folgenden Jahr, in dem das Kunstgewerbemuseum zu einer Vortragsreihe über die Arbeitsfelder des Ausschusses einlud.39 Das Museumswesen war damit eng verbunden mit den gesellschaftlichen Debatten um die Entwicklung des Breslauer Stadtbildes zur Zeit der Jahrhundertwende. Wie in vielen europäischen Ländern zu dieser Zeit sprach die Stadt Breslau dem Denkmalschutz40 damit erstmals eine Bedeutung zu. Überhaupt besaß die Stadtverwaltung erst seit fünf Jahren stärkere Einflussmöglichkeiten auf die bauliche Entwicklung, da ihr zu Beginn des Jahrhunderts die Staatsregierung die Verantwortung für die „Bau- und Wegepolizei“ und damit für den Erlass von Bauordnungen übertragen hatte.41 Ausdruck des neuen Stellenwertes der historischen Architektur war es auch, dass die Stadtverwaltung auf Vorschlag des Museums Schlesischer Altertümer, der Vorgängerinstitution des Schlesischen Museums für Kunstgewerbe und Altertümer, eine fotografische Dokumentation der Breslauer Straßenzüge in Auftrag gab, um die Umbauprozesse in der Altstadt festzuhalten. Mit der beratenden Arbeit der Kommission wie auch der umfangreichen Fotosammlung42 verhinderte die Stadtverwaltung in vielen Fällen 36 Heilberg, Adolf: Breslaus großstädtische Entwicklung unter Georg Bender (1891–1912). In: Zeitschrift des Vereins für Geschichte Schlesiens 53/2 (1919) 9–37, hier 16. Der Ausschuss „Alt- und Neu-­Breslau“ hatte keine Entscheidungs-, sondern nur eine beratende Funktion. Zu den Zusammenhängen des Ausschusses und der schlesischen Heimatschutzbewegung vgl. Nowosielska-Sobel, Joanna: Od ziemi rodzinnej ku ojczyźnie ideologicznej. Ruch ochrony stron ojczystych (Heimatschutz) ze szczególnym uwzględnieniem Śląska (1871–1933). Wrocław 2013, 224 f. 37 Das Gründungsschreiben und die Satzung des städtischen Ausschusses vom 6. Januar 1905: APWr, Wydział Samorządowy Prowincji, 1115, Bl. 23. Für die Kopien der Akten zum Ausschuss danke ich Grzegorz Grajewski. 38 APWr, Wydział Samorządowy Prowincji, 1115, Bl. 21–23. 39 Die Vortragsreihe umfasste im Winter 1906 sechs Referate „über alle Zweige des Arbeitsgebietes“ des Ausschusses. Vgl. APWr, Wydział Samorządowy Prowincji, 1115, Bl. 76. 40 Zur Herausbildung des Denkmalschutzes im 19. Jahrhundert vgl. Swenson: The Rise of Heritage, 114–128, 317–320, 329–331. 41 Heilberg: Breslaus großstädtische Entwicklung, 15. 42 Das Museum Schlesischer Altertümer empfahl 1859 dem Magistrat die Anlage einer fotografischen Dokumentation historischer Gebäude anlässlich des Abrisses des Leinwandhauses am Ring. Vgl. Zabłocka-Kos: Zrozumieć miasto, 358. Über 100 der ca. 2.000 Fotografien des Bildarchivs in der Universitätsbibliothek (Biblioteka Uniwersytecka we Wrocławiu) wurden 1992 und 1994 in der Sonderausstel-

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zwar nicht weitere Abrisse, aber sie förderte einen Aushandlungsprozess zwischen der Wertschätzung historischer Gebäude und Investitionen in eine Modernisierung der Innenstadt. Die Ausstellung entstand damit in einer Zeit der großen Debatten über den Schutz der alten Bausubstanz vor einer „ungestümen, kapitalorientierten Expansion“.43 Aus dieser Bewegung zum lokalen Denkmalschutz bezog die Ausstellung zum alten Breslau ihre Argumente. Wenn wir uns über diese politische Dimension der Ausstellung im Klaren werden, mag es überraschen, dass das Museum die Einrichtung und Eröffnung der Dauerausstellung im Januar 1908 weder öffentlich herausstellte noch besonders feierte. Die Ausstellungseröffnung am 12. Januar 1908 war lediglich Teil des Rahmenprogramms der Feierlichkeiten zum 50. Jubiläum der Gründung des Vereins für das Museum Schlesischer Altertümer. Die neue Galerie spielte in den feierlichen Ansprachen des schlesischen Oberpräsidenten, des Breslauer Oberbürgermeisters und weiterer Ehrengäste keine Rolle.44 Diese Zurückhaltung des Museums bei der Ausstellungseröffnung ist in der langen Vorgeschichte der Galerie zu suchen. Nach Auffassung des Museums handelte es sich bei der neuen Dauerausstellung nur um einen fälligen Schritt für „das schon längst gewünschte Heim [der] Abteilung ‚Alt-Breslau‘“.45 Diese Aussage bezog sich auf den fast zehnjährigen Vorlaufszeitraum der Dauerausstellung. Bereits mit der Eröffnung des Schlesischen Museums für Kunstgewerbe und Altertümer 1899 wurde in der „Kulturgeschichtlichen Abteilung“ ein „Breslauer Zimmer“ (Raum 6 im Rundgang) eingerichtet. Diesen Raum bezeichneten die Kuratoren in ihrem Jahresbericht als „bescheidenen Anfang für eine Abteilung […], deren systematische Ausgestaltung wir von der Zukunft erwarten“. Schon hier formulierte das Museum Pläne, „eine kleine, gewählte Galerie von Ölbildern und Aquarellen mit Breslauer Motiven zu schaffen“, und dies mit der bekannten konservatorischen Motivation: „Die Physiognomie des alten Breslau, einer der interessantesten Städte Deutschlands, verändert sich in unseren Tagen mit rapider Schnelligkeit. Ihren malerischen Reiz auch für die Zukunft festzuhalten ist eine ebenso dankbare als unabweisliche Aufgabe.“46 Das Breslauer Zimmer enthielt bereits eine Reihe von Breslauer Ansichten und anderen in der der Galerie von 1908 präsentierten Stücken, wie das Kruzifix des Stadtrats von 1498. Mit der Präsentation von „lokalen Erinnerungen“ wie „Stammbüchern, Gratulationskarten und Erinnerungsblättern“ oder die Schlüssel der alten Stadttore und Siegelstempel war die kleine Ausstellung in ihrem

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lung „Unbekanntes Stadtportrait“ des Historischen Museums (Muzeum Historyczne we Wrocławiu) gezeigt. Vgl. Bińkowska, Iwona/Smolak, Marzena: Nieznany portret miasta. Fotografie Wrocławia z 2 połowy XIX i początku XX w. Arsenał Wrocławski. Muzeum Historyczne we Wrocławiu i Biblioteka Uniwersytecka we Wrocławiu. Toruń 1992. Zabłocka-Kos, Agnieszka: Die Entwicklung Breslaus in den Jahren 1807–1918. In: Młynarska-­ Kaletynowa (Hg.): Śląsk, 24–28, hier 28; dies.: Wohnen, 86. Einen ausführlichen Bericht über die Feierlichkeiten enthält der Artikel: 50jähriges Stiftungsfest des Schlesischen Altertumsvereins. In: Breslauer Zeitung am 14. Januar 1908. [Masner/Seger]: Bericht über das IX. Etatsjahr, 231. [Masner/Seger]: Überblick über die Sammlungen, 45.

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Profil aber noch wesentlich breiter gefasst. Hier spiegelte sich auch noch die anfänglich stärker gewichtete Mission, „als städtisches Institut […] auch das Museum für die Geschichte der Stadt Breslau zu werden“.47 Abgesehen von der hier besprochenen Abteilung zum alten Breslau blieb das Museum bis 1945 jedoch vor allem ein kunstgewerbliches und kulturgeschichtliches Museum, in dem ganz Niederschlesien berücksichtigt wurde, weshalb es als ein kulturhistorisches Landesmuseum fungierte. Einen Durchbruch für die Sammlung von Stadtansichten zum alten Breslau markierte die große Sonderausstellung „Alt-Breslau im Bilde“ im Frühjahr 1905. Die Ausstellung erstreckte sich über vier Räume im zweiten Stockwerk und den großen Lichthof. Sie versammelte über 300 Stadtansichten, von denen die Mehrheit Leihgaben von Privatleuten, Breslauer Bibliotheken und Museen war, vor allem aus dem Schlesischen Museum der Bildenden Künste. Nie mehr sollten vor 1945 derart viele Gemälde und Zeichnungen zur Breslauer Topografie zusammenhängend gezeigt werden. In ihrer Schwerpunktsetzung war sie vergleichbar mit der Dauerausstellung von 1908. Auch hier begann die Präsentation mit den ersten Ansichten aus dem 15. und 16. Jahrhundert und führte bis in die Gegenwart. Allerdings war der Anteil neuerer Arbeiten in der Sonderausstellung wesentlich größer. Einerseits verband sich mit dem letzten Ausstellungsteil eine erste Retrospektive auf den „bedeutendsten Architekturmaler Breslaus“, den 1896 verstorbenen Maler Adelbert Woelfl, und andererseits wurden in der gleichen Ausstellung Arbeiten aktueller schlesischer Künstler zum Verkauf angeboten. Der Katalog zählte in seiner überarbeiteten Fassung 319 Positionen, wovon der Ausstellungskurator Conrad Buchwald fast 100 neuere Arbeiten als käuflich gekennzeichnet hatte.48 Auch wurde dem Publikum ein über ein Meter langer Kupferstich zum Verkauf angeboten, ein eigens für die Ausstellung angefertigter neuer Abschlag der historischen Kupferplatte des Breslauer Stadtpanoramas nach Jacob Lindnitz von 1667.49 Die zahlreichen privaten Leihgeber erreichte Conrad Buchwald durch Anzeigen, unter anderem im „Breslauer Gemeindeblatt“50 und durch einen vielfach verschickten Aufruf im Februar 1905: „Die Ausstellung soll enthalten Darstellungen von Strassenbildern und Bauten aus dem alten Breslau in Gemälden, Aquarellen, Zeichnungen, Pastellen, Radierungen, Lithografien usw. Besonders gedacht ist an Werke von der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts an bis zur Gegenwart. Wir bitten alle Besitzer von derartigen Bildern oder Kunstblättern unser Unternehmen durch Leihgaben freundlichst zu unterstützen.“51 Ausgewiesene Breslauer Kunstsammler wie der Mäzen Albert Neisser (1855–1916), aber auch andere Vertreter des gehobenen Breslauer Bürgertums wie der in Czernowitz geborene Professor Johann Freiherr von Mikulicz-Radecki (1850–1905)

47 Ebd., 45. 48 [Buchwald, Conrad]: Ausstellung Alt-Breslau im Bilde. Schlesisches Museum für Kunstgewerbe und Altertümer. Breslau ²1905 [¹1905]. 49 Buchwald: Alt-Breslau im Bilde. Zum Panorama von Lindnitz vgl. Marsch: Das Breslau-Panorama, 16 f. 50 Alt-Breslau im Bilde. In: Breslauer Gemeindeblatt 4/6 (1905) 91. 51 MNWr, SMfKuA, I/130, Bl. 7.

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beteiligten sich an der Ausstellung. Die Anlieferung, Versicherung und Rücksendung der Bilder zog einen umfangreichen Schriftverkehr nach sich, der bis heute erhalten ist.52 Die im Vergleich zur späteren Dauerausstellung noch deutlichere Schwerpunktsetzung auf Stadtansichten aus dem 19. Jahrhundert begründeten die Veranstalter erneut mit der Absicht, „die Erinnerungen an das eigenartige alte Stadtbild, das jetzt immer mehr dahingeopfert wird, systematisch festzuhalten und zu sammeln“. Hier wurde direkt Bezug genommen auf die Pläne zu einer dauerhaften Alt-Breslau-Ausstellung im Schlesischen Museum. Als Reaktion auf die Ausstellung beschloss der Breslauer Magistrat, ab dem 1. April 1906 jährlich „einen Betrag von 1000 Mark zur Erwerbung von Bildern mit Alt-Breslauer Motiven“ dem Museum zur Verfügung zu stellen.53 Das Museum definierte in seiner repräsentativen Gesamtschau und Ankaufspolitik gleichsam einen lokalpatriotischen Beitrag, eine Erwiderung auf das ungeliebte, vor allem im Westen Deutschlands verbreitete Klischee, Schlesien sei eine rückständige Region: „Gerade für unsere Provinz, die so lange an der Unterschätzung seiner künstlerischen Produktionskraft gelitten hat und noch jetzt leidet, sind solche Veranstaltungen mit einem territorial beschränkten Programme das gegebene Mittel, alte Vorurteile aus der Welt zu schaffen und in der Bevölkerung das Gefühl der Heimatliebe zu kräftigen.“54 Dieser ausdrückliche Bezug auf die Heimatstadt wurde auch zu einem Leitprinzip für die dauerhafte Einrichtung einer Ausstellung zum alten Breslau im Januar 1908. Wenn wir die Ausstellungen von 1905 und 1908 vergleichen, fallen zunächst die Unterschiede in ihren Ausmaßen und Schwerpunktsetzungen auf. Die Sonderausstellung von 1905 begann ebenfalls bei der ältesten Stadtansicht und dem ältesten Stadtplan Breslaus, die deutliche Mehrzahl bildete allerdings jüngere Stadtdarstellungen und erstreckte sich dank der zahlreichen Leihgaben über fünf Räume. Im Gegensatz zu der 1908 eröffneten, auf drei Räume begrenzten und stärker entwicklungsgeschichtlich angelegten Ausstellung der Museumssammlung verband sich mit dem Katalog der Sonderausstellung keine historische Erläuterung – er bestand lediglich aus einem nummerierten Verzeichnis.55 Eine ausführliche Einordnung der verschiedenen Katalognummern in eine Gesamterzählung fand sich erst in einem Beitrag des Ausstellungs­ kurators Conrad Buchwald für die „Schlesische Zeitung“ am 26. April 1905, vier Tage vor Schließung der Ausstellung.56 Allerdings sollte die zurückhaltende narrative Verknüpfung der Exponate der Popularität der Ausstellung von 1905 keinen Abbruch tun. Vielmehr wird im folgenden Abschnitt zu zeigen sein, dass die Sonderausstellung in den sechs Wochen ihrer Öffnungszeit (12. März bis 30. April 1905) einen regelrechten „Besucheransturm“ auslöste, wie ihn bisher noch keine Ausstellung des Museums erlebt hatte. 52 die Archivmappe MNWr, SMfKuA, I/130. 53 [Masner, Karl/Seger, Hans]: Bericht über das VI. Etatsjahr, 1. April 1904 bis 31. März 1905. In: Schlesiens Vorzeit 4 (1907) 175–192, hier 187 f. 54 [Masner/Seger]: Bericht über das VI. Etatsjahr, 187 f. 55 [Buchwald]: Ausstellung Alt-Breslau im Bilde. 56 Buchwald: Alt-Breslau im Bilde.

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4.1.3. Rezeption und Entwicklung der Ausstellungen – Eine „volkstümliche“ Schau Die Eröffnung der Ausstellung „Alt-Breslau im Bilde“ feierte das Museum im März 1905 mit einer Vielzahl geladener Gäste. Die Eröffnung der Dauerausstellung hingegen wurde im Januar 1908 nicht gesondert gefeiert, sondern war, wie bereits erwähnt, Teil des Rahmenprogramms zur 50. Wiederkehr des Tages, an dem der Verein für das Museum Schlesischer Altertümer gegründet worden war. Die deutliche Zurückhaltung bei dieser Neueröffnung einer Dauerausstellung zum alten Breslau ist vermutlich auf den geringeren Neuheitswert zurückzuführen. Während die Ausstellung von 1905 erstmals und nur kurzzeitig eine Vielzahl an geliehenen und museumseigenen Darstellungen zum alten Breslau versammelte, eröffnete 1908 in kleinerer Form eine hieraus hervorgegangene dauerhafte Präsentation der Museumssammlung. Diese stadtgeschichtliche Gemäldegalerie entsprach in ihrer thematischen Zuspitzung und Auswahl durchaus einer Sonderausstellung, wobei sie sich durch ihre lange Laufzeit zu einem Kontinuitätspfeiler des Breslauer Museumswesens im frühen 20. Jahrhundert entwickelte. Die Sonderausstellung „Alt-Breslau im Bilde“ hatte lediglich sechs Wochen lang geöffnet. Gleichsam erlebte das Museum in diesen Monaten den bisher größten Besucherandrang mit fast 18.000 Gästen.57 Die Organisatoren der Ausstellung und die Tageszeitungen deuteten als Ursache hierfür nicht die künstlerische Brillanz der ausgestellten Gemälde, sondern vor allem ein lokalhistorisches und persönliches Interesse des Publikums. Ein Journalist der „Breslauer Zeitung“ erklärte die Motivation dahingehend: „Uns Breslauer interessieren aber natürlich in erster Reihe die Darstellungen jener Teile der Stadt, die heute bereits verschwunden sind, an die sich aber Erinnerungen aus der Kindheit, Erzählungen unserer Eltern und Voreltern und sonstige historische Reminiszenzen verknüpfen.“58 Auch der Kurator der Ausstellung resümierte: „Allerhand Erinnerungen aus der Väter und Großväter Tagen, Erzählungen und Erlebnisse aus der eigenen Kindheit, die Ehrfurcht vor der ‚guten alten Zeit‘, die Liebe zur Heimatstadt, das alles zusammen bildet ein enges Verbindungsband zwischen Bild und Beschauer. Man merkt garnicht, daß man nicht nur sehen, sondern auch lernen soll. Man schmeckt den Löffel Kunsterziehungsmedizin nicht, weil er gut schmeckt, und man mit anderem beschäftigt ist.“59 Hier deutete Conrad Buchwald an, dass das eigentliche Ziel der Ausstellung nach wie vor die künstlerische Bildung und damit eine Gesamtschau der künstlerischen Verarbeitung von Ansichten der alten Stadt war. Der Mehrheit des Publikums unterstellte er dagegen ein rein nostalgisches Interesse an der alten Topografie: „Sie ist sicher die volkstümlichste aller bisherigen Ausstellungen des Museums. Während sich sonst der im Verhältnis zur Einwohnerzahl immerhin doch sehr eng begrenzte Interessentenkreis für alle künstlerischen Unternehmungen bei uns bald erschöpft, hat die Anziehungskraft dieser Ausstellung seit ihrer Eröffnung noch 57 Das Museum zählte im März 1905 7.907 und im April 1905 9.799 Besucher. Dies waren nahezu doppelt so viele wie in den anderen Monaten. Vgl. [Masner, Karl/Seger, Hans]: Besuch der Sammlungen 1904/05. Besuch der Sammlungen 1905/06. In: Schlesiens Vorzeit 4 (1907) 189, 209. 58 M. S.: Alt-Breslau im Bilde. In: Breslauer Zeitung am 9. April 1905. 59 Buchwald: Alt-Breslau im Bilde.

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nicht nachgelassen. Die Besucher eilen auch nicht, wie sonst wohl, flüchtigen Fußes durch die Räume; man kann sie die einzelnen Bilder bei öfteren Besuchen mit Liebe betrachten, studieren und genießen sehen.“60 In diesem Resümee des Kurators zeigt sich eine Neudefinition der Rolle des Museums. Hatten sich Ausstellungen bisher an ein kleines und gebildetes Publikum gerichtet, welches das Fachwissen für ein Verständnis der Exponate mitbrachte, so öffnete sich das Museum mit visuell leicht zugänglichen Präsentationen einem breiteren Interessentenkreis. Eine deutlich verstärkte Hinwendung zur Ansprache und Bildung aller Gesellschaftsschichten setzte sich allerdings erst in den Jahrzehnten nach dem Ersten Weltkrieg durch.61 In den Breslauer Tageszeitungen fanden sich 1905 durchweg lobende Worte für die große Sonderausstellung des Museums. Die „Breslauer Zeitung“ betonte sogar: „So besitzt die Ausstellung im Kunstgewerbe-Museum nicht bloß lokalpatriotische Bedeutung, sondern führt uns auch ein gutes Stück Breslauer Kunstgeschichte vor, wie es so übersichtlich bisher kaum jemals zusammengestellt war. […] Der Mühe, welche darauf verwandt worden ist, entspricht in erfreulicher Weise der Erfolg, den sie errungen hat: selten wohl ist eine der zahlreichen Veranstaltungen dieses rührigen Museums so gut besucht gewesen und hat so einmütiges Lob gefunden, wie die gegenwärtige.“62 1908 hingegen waren die mediale Aufmerksamkeit und das öffentliche Lob wesentlich zuhaltender. Die „Schlesische Zeitung“ erwähnte die Ausstellung nur am Rande, und zwar als Teil der ausführlichen Berichte über die Jubiläumsfeiern des Altertumsvereins.63 Auch die „Breslauer Zeitung“ berichtete zu der Neueröffnung der Ausstellung lediglich, dass „zur 50jährigen Stiftungsfeier des Schlesischen Altertumsvereins […] zugleich die Einrichtung der neuen Abteilung ‚Alt-Breslau‘ und ‚Münzen und Medaillen‘ beendet worden [ist], und für beide ein gedruckter Führer erschienen [ist]“. Anschließend druckte sie einen knappen Rundgang durch die neue Ausstellung ab, ohne eine Wertung vorzunehmen.64 Die Ordnung und die Schwerpunkte der Ausstellung sollten fast 25 Jahre lang bestehen bleiben, bis die Abteilung 1932 endgültig aufgelöst wurde. Die Abteilung „Alt-Breslau“ bildete damit eine der zentralen Konstanten im Schlesischen Museum für Kunstgewerbe und Altertümer. Mit dem 1906 eingerichteten sammlungsspezifischen Einkaufsetat, der 1915 kurzzeitig um ein Programm zur Künstlerförderung in Kriegszeiten ergänzt wurde, erweiterte das Museum die Sammlungen auch über die Inflationszeit nach dem Ersten Weltkrieg hinaus. Das kleine Begleitheft zur Ausstellung von 1908 legte das Museum während der Laufzeit viermal neu auf und erweiterte es jeweils geringfügig. Erstmals von Museumsdirektor Karl Masner und dessen Assistenten Erwin Hintze herausgegeben, beteiligte sich an der zweiten Auflage (1918) auch wieder der Kurator 60 Ebd. 61 Roth: Heimatmuseum, 18; Hochreiter: Vom Musentempel, 191–194; Hartung: Kleine deutsche Museums­geschichte, 14–16. 62 M. S.: Alt-Breslau im Bilde. 63 Jubiläum des Schlesischen Altertumsvereins. In: Schlesische Zeitung am 13. Januar 1908. 64 Neueröffnete Abteilungen des Kunstgewerbemuseums. In: Breslauer Zeitung am 12. Januar 1908.

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Conrad Buchwald, welcher die Sonderausstellung von 1905 entwickelt hatte. Die dritte (1922) und vierte Auflage (1927) betreute jeweils der spätere Museumsdirektor Erwin Hintze. Die beiden letzten Auflagen enthielten zusätzlich zwölf Abbildungen herausragender Exponate. Hierzu zählten der bereits genannte Breslauer Stadtplan von 1562, ein Kupferstich mit dem Stadtpanorama nach Christian Winckler von 1730, mehrere Miniaturbilder aus dem Jaenisch-Stammbuch und verschiedene Ölbilder und Aquarelle aus dem 19. Jahrhundert unter anderem mit Ansichten von Stadttoren und Brücken am ehemaligen inneren Stadtgraben.65 Auch nach dem Ersten Weltkrieg behielt die Ausstellung über mehr als zehn Jahre, in nur geringfügig veränderter Form, ihre Sinnstiftung als Sehnsuchtsort des vormodernen Breslau. Ein Blick auf die Jahre der Weimarer Republik zeigt, dass das Museum bis zur Auflösung der Abteilung keine Aktualisierungen zuließ. Die Straßenzüge der Gründerzeit und die Jahrhunderthalle, die großen Kaufhäuser oder auch die architektonische Moderne der 1920er Jahre blieben von der Abteilung ausgeschlossen. Auch ein Appell des Lokalhistorikers Paul Habel (1862–1937), den ersten Breslauer Stadtplan von 1562 mit einer fotografischen Luftaufnahme aus dem 20. Jahrhundert zu kontrastieren, blieb ohne Folgen.66 Mit größerer kritischer Distanz als seine Vorgänger schrieb der Museumskurator Ernst Scheyer (1900–1985) 1931 in einem Beitrag für die „Schlesische Zeitung“, dass das alte Breslau für die „Generation der Aufklärung und des hellen Klassizismus […] mittelalterlich zurückgeblieben, eng und düster, alt und staubig, räucherig und rostig, ja schmutzig und stinkend“ in Erscheinung getreten sei. Erst die Bewegung der Romantik habe „die Stadt in ihrer mittelalterlichen, herben und ernsten Schönheit ästhetisch wieder entdeckt“. Scheyer verurteilte in seinem Beitrag nicht mehr den Ausbau Breslaus zu einer Großstadt und die Auswirkungen auf die Altstadt, vielmehr beschrieb er nüchtern, wie die wichtigsten Breslauer Maler der Romantik Adelbert Woelfl und Adolf Dressler noch im 19. Jahrhundert vor den Umbauten alte Gebäudepartien malerisch festhielten und diese heute unter anderem für die Museumsabteilung „Alt-Breslau“ erhalten hatten. Ihre bewahrende Sinnstiftung hatte die Galerie damit bis zuletzt nicht verloren.67 Noch 1929, zum 30. Jubiläum des Schlesischen Museums für Kunstgewerbe und Altertümer, rückte die Tageszeitung „Breslauer Neueste Nachrichten“ die Abteilung „Alt-Breslau“ als „besonders interessant für den Breslauer“ in den Mittelpunkt ihrer Würdigung des Museums, da sie das „Werden unserer Stadt“ zeige.68 Wenige Monate zuvor war die Schau alter Stadtansichten zeitweise für die große Sonderausstellung zum 65 Masner, Karl/Hintze, Erwin: Führer durch die Abteilung Alt-Breslau. Breslau ¹1908; Conrad Buchwald/Masner, Karl: Führer durch die Abteilung Alt-Breslau. Breslau ²1918; Hintze, Erwin: Führer durch die Abteilung Alt-Breslau. Breslau ³1922; Hintze, Erwin: Führer durch die Abteilung Alt-­Breslau. Breslau 41927. 66 Habel: Die Stadtpläne Breslaus, 398. 67 Scheyer, Ernst: Das Breslauer Stadtbild des vorigen Jahrhunderts in der Kunst. In: Schlesische Zeitung am 25. Juli 1931. 68 Erneuerungsarbeiten am Altertumsmuseum. Aus dem Ständehaus wurde vor 30 Jahren das Museum. In: Breslauer Neueste Nachrichten am 3. August 1929.

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„Judentum in der Geschichte Schlesiens“ abgebaut worden.69 Ihr Wiederaufbau in alter Ordnung nach Beendigung der Sonderausstellung ist ein sicheres Indiz für ihre anhaltende Bedeutung. Der letztmalige Abbau 1932 sollte ebenfalls nur vorübergehend erfolgen, um in dem vom Platzmangel geplagten Museum Raum für eine Sonderausstellung zum 70. Geburtstag des schlesischen Schriftstellers Gerhart Hauptmann zu schaffen. Überraschenderweise blieb jedoch diesmal eine Wiedereröffnung der Galerie aus, obwohl sie Museumsdirektor Masner noch im gleichen Jahr als „ein Liebling des Publikums“ hervorgehoben hatte. 70 Das Museum plante allerdings eine Neuaufstellung zu einem späteren Zeitpunkt an anderer Stelle, vorzugsweise im neu hinzugewonnenen zweiten Stockwerk des Schlossmuseums.71 Diese Pläne verwarf jedoch der ab 1933 amtierende Direktor im Zuge seiner grundlegenden Neuordnung des Museums. Die bisher vorwiegend nach materialgebundenen beziehungsweise thematischen Ordnungsprinzipien gruppierten Sammlungen wie kirchliche Kunstschätze, Relikte der Innungen und Zünfte oder eben auch die Stadtansichten sollten in einer großen chronologischen Entwicklungsgeschichte aufgehen. Damit verlor auch die einzige lokalgeschichtlich zugeschnittene Gemäldegalerie ihre Existenzgrundlage. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Abteilung „Alt-Breslau“ Stadtgeschichte vor allem als eine Geschichte des Stadtbildes seit dem 15. Jahrhundert erzählte. Die Bilder ergänzten Relikte aus der städtischen Blütezeit der bedeutenden Handelsund Bürgerstadt. Diesbezüglich definierte das Museum als „Alt-Breslau“ vor allem den städtischen Kosmos zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert, bis zur preußischen Eroberung. Bezeichnend hierfür ist auch die ausdrückliche Beschränkung der Abteilung zum 19. und 20. Jahrhundert auf Gebäude, die bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts existiert hatten. Damit fassten die Kuratoren das Profil der versammelten Stadtansichten sogar noch enger und wählten das Stadtbild des 18. Jahrhunderts als Schwerpunkt der Ausstellung. Ansichten aus früheren Jahrhunderten machten in der Summe nur einen Bruchteil der Sammlung aus. Alle neueren Entwicklungen des Ausbaus und der Modernisierung im späten 19. Jahrhundert wurden nicht nur ausgeblendet, sondern darüber hinaus mit negativen Attributen belegt und abgewiesen. Diese Rhetorik und Praxis zeigen sehr deutlich, wie das Museum mit dieser Abteilung eine kompensatorische Rolle einnahm – eine Abwendung von der Gegenwart. Als museumswürdig galten in der Abteilung vor allem die Habsburgerzeit Breslaus und damit ein begrenztes Gebiet der städtischen Topografie, nämlich die spätere Altstadt. Zugleich zeigte das Museum in anderen Abteilungen auch Relikte früherer und späterer Epochen, und zwar aus der mittelalterlichen oder preußischen Geschichte Breslaus, wie noch an anderer Stelle zu zeigen sein wird. Die Besonderheit der Abteilung „AltBreslau“ lag allerdings in ihrer Funktion, das Stadtbild des 18. Jahrhunderts zu bewahren. 69 [Buchwald, Conrad] C. B.: Das Judentum in der Geschichte Schlesiens. In: Schlesische Zeitung am 14. Februar 1929. 70 MNWr, SMfKuA, I/266, Bl. 138. 71 MNWr, SMfKuA, I/4, Bl. 49; MNWr, SMfKuA, I/266, Bl. 138. Vgl. auch Masner, Karl: Die Tätigkeit der Städtischen Kunst-Sammlungen, September 1931 bis Dezember 1932. In: Schlesische Monatshefte 10/1 (1933) 30–31.

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Für die konservatorische Praxis der Abteilung wurden sogar eigens Künstler beauftragt, Museumsobjekte herzustellen – Werke zum Altstadtbereich anzufertigen, die dann für mehrere Jahrzehnte die kleine Dauerausstellung bestücken sollten –, während Breslau von neuen wegweisenden Formen der architektonischen Moderne72 geprägt wurde und zu einer Metropole mit mehr als 615.000 Einwohnern (1932) anwuchs.

4.2. Der Städte Königin – Bilder des alten Breslau vor seiner Zerstörung Die Auflösung der Gemäldegalerie „Alt-Breslau“ im Herbst 1932 und ihre Integration in eine neu geordnete Dauerausstellung zur Kulturgeschichte Schlesiens (entstanden zwischen 1933 und 1939) markierten das Ende der Überblicksdarstellung zur topografischen Entwicklung Breslaus. Die Breslauer Stadtansichten wurden fortan als Teil schlesischer Landesgeschichte gezeigt, als Ausdruck der regionalen Stellung des Schlesischen Museums für Kunstgewerbe und Altertümer. Mit dem Abbau der Ausstellung zum alten Breslau wurde umso deutlicher, dass das Museum in erster Linie als zentrale Institution für regionale Kulturgeschichte in Schlesien und nicht als stadtgeschichtliches Museum fungierte. Zugleich machte die Auflösung der kleinen Galerie deutlich, dass die Kunstgeschichte nur ein untergeordnetes Sammlungsprinzip des Museums bildete; die bedeutendste Gemäldesammlung Schlesiens befand sich hingegen in einem anderen Haus, dem Schlesischen Museum der Bildenden Künste. Bereits vor der kurzzeitigen Zusammenführung aller Gemälde zum alten Breslau in der Sonderausstellung von 1905 hatte sich eine große Zahl Breslauer Stadtansichten im Schlesischen Museum der Bildenden Künste befunden. Dem 1880 gegründeten Kunstmuseum ging es in seinen Präsentationen jedoch weniger um die topografische Entwicklung der Stadt als vielmehr um die Qualität der künstlerischen Verarbeitung. In seinem Rundgang fanden sich 1908 alleine über acht Gemälde des bedeutenden Breslau-Malers Adelbert Woelfl (aus den Jahren 1861 bis 1891) – mit Ansichten der großen Kirchen, der Ohlebrücken, der Bürgerhäuser am Ring, dem Rathaus und dem alten Leinwandhaus. Auch die Gemälde der Breslauer Historienmaler Adolph von Menzel (1815– 1905), Julius Scholtz (1825–1893) oder Adolf Dressler (1832–1881) zeigten Szenen der alten Stadt und ihrer Geschichte. Von Bedeutung waren insbesondere die in der Nachkriegszeit nach Deutschland abgeschobenen Historiengemälde von Menzel (mit dem Titel „Huldigung der schlesischen Stände vor Friedrich dem Großen im Fürstensaale des Rathauses zu Breslau am 7. November 1741“, 1855), von Dressler („Österreichische Gefangene auf dem Freiburger Bahnhof 1866“, ca. 1866) und von Scholtz („Musterung der Freiwilligen von 1813 vor König Friedrich Wilhelm III . zu Breslau“, 1866).73 Diese ausdrucksstarken Stadtbilder und Historiengemälde im Rundgang des Breslauer Kunst72 Störtkuhl: Moderne Architektur, 235–363. 73 Janitsch: Beschreibendes Verzeichnis, 162–164, 225 f., 259 f., 286–290. Zu den Sammlungen des Schlesischen Museums der Bildenden Künste vgl. Łukaszewicz: Śląskie Muzeum Sztuk Pięknych, 73–94; Conrads: Breslau, 153.

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museums zeigten einmal mehr ein grundlegendes Problem der Galerie „Alt-Breslau“. Als Abteilung eines kulturhistorischen Museums für Kunstgewerbe und Altertümer erhielt diese in erster Linie künstlerisch zweitklassige Gemälde mit einem historischen beziehungsweise architektonischen Aussagewert. Gemälde von hoher künstlerischer Qualität, wie historisch sinnstiftend sie auch sein mochten, sammelte zuerst Breslaus Gemäldegalerie, das Schlesische Museum der Bildenden Künste. Vor diesem Hintergrund ist auch die Auflösung der Ausstellung „Alt-Breslau“ und ihre Aufteilung auf die kulturhistorischen Sammlungen nach 1933 zu verstehen. Zu dieser Entscheidung dürften zudem in dieser Zeit eingeführte konservatorische Vorgaben beigetragen haben, nach denen weder Grafiken noch Aquarelle dauerhaft Tageslicht ausgesetzt sein sollten.74 Die Idee einer Neuordnung der Breslauer Museumssammlungen ab 1933 war nicht direkt eine Folge nationalsozialistischer Kulturpolitik, sondern stand vielmehr im Zusammenhang mit der Suche nach neuen Zugängen und Ordnungsprinzipien für die Relikte regionaler Geschichte. Die Handwerksaltertümer, Kirchenschätze, Miniaturbilder, Münzen und Medaillen wurden jetzt chronologisch zusammengefasst mit charakteristischen Titeln wie „Ritterliche Kultur“, „Die bürgerliche Zeit“, „Humanismus und Renaissance“, „Der Barock“ und „Von Friedrich dem Großen bis heute“.75 Auch die große Sammlung alter Stadtansichten verteilte sich auf diese Räume. Die Ansichten des alten Breslau bildeten darin zusammen mit kunsthandwerklichen Erzeugnissen so genannte Epochenbilder schlesischer Geschichte, wohingegen die topografische Entwicklung Breslaus in den Hintergrund rückte. Die verteilten Stadtansichten waren fortan Teil der Sammlungsgruppe „Ansichten schlesischer Landschaften und schlesischer Städte, Kupferstiche, Holzschnitte, Aquarelle vom 16.–19. Jahrhundert“.76 Die Neuordnung der Ausstellungen war das Werk des neuen Direktors Heinrich Kohlhaußen (1894–1970), der im Oktober 1933 vom Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe auf die freie Stelle des langjährigen Direktors Karl Masner berufen wurde.77 Er versprach sich in der plakativen Ordnung nach Epochen einfachere Zugänge für die breite Bevölkerung zum Museum und damit zur nationalsozialistischen Propaganda. Ein Zeugnis dieses Ansatzes ist der erste Gesamtführer durch die Museumssammlung, der „Schlesische Kulturspiegel“ von 1935. Den Stadtansichten vom alten Breslau schenkte er darin kaum Beachtung, weder das erste Stadtpanorama von 1493 noch der alte Stadtplan von 1592 fanden Erwähnung. Breslau als politisches und kulturelles Zentrum Schlesiens bildete den Mittelpunkt der Ausstellung, jedoch konnte seine topografische Entwicklung nicht mehr zur Geltung kommen. Die ehemalige Abteilung „Alt-Breslau“ wurde lediglich zu einem ergän74 Łukaszewicz (Hg.): Ikonografia Wrocławia, Bd. 1, 25. 75 die Gliderung der Broschüre: Kohlhaußen: Schlesischer Kulturspiegel. 76 Barthel, Gustav: Die Kunstsammlungen der Stadt Breslau. In: Die Hohe Straße 1 (1938) 296–307, hier 303. 77 Kaczmarek-Löw, Klara: Heinrich Kohlhaußen in Breslau. Stand und Perspektiven der Forschung. In: Löw, Luitgard Sofie/Nuding, Matthias (Hg.): Zwischen Kulturgeschichte und Politik. Das Germanische Nationalmuseum in der Weimarer Republik und der Zeit des Nationalsozialismus. Nürnberg 2014, 75–90.

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zenden Element neben den zumeist kunsthandwerklichen Exponaten. Direktor Kohlhaußen erwähnte diese einst so bedeutende Sammlungsgruppe nur an einer Stelle im Abschnitt zum preußischen Breslau: „Breslauer Stadtansichten, wie sie gerade in diesen Räumen [„Von Friedrich dem Großen bis heute“] besonders häufig sind, hat der Besucher schon von der Raumgruppe der Renaissance ab hin und wieder bemerkt. Sie stehen jeweils in innigem Zusammenhange mit den neben ihnen ausgestellten Kunstwerken, die oft nicht nur der gleichen Zeit, sondern einer unmittelbaren Umgebung entstammen.“78 Stadtansichten fanden sich seit 1934 vor allem in einem neuen lokalgeschichtlich orientierten Raum, dem „Breslauer Zimmer“ im Schlossmuseum. Hier hingen die Bilder von Adelbert Woelfl, aber auch Andenken an lokale Dichter und Schriftsteller wie Karl von Holtei, Joseph von Eichendorff und Gustav Freytag. Teile der alten Galerie wurden aber auch auf allgemeine Ausstellungsräume im Schlossmuseum zur Miniaturmalerei oder zur schlesischen Kultur im 19. Jahrhundert verteilt. Der 1938 eröffnete „Saal des Breslauer Stadtrats“ im zweiten Stockwerk des alten Ständehauses zeigte hingegen keine Stadtansichten, im Mittelpunkt standen hier vor allem die Wappentafeln der Breslauer Ratsherrn aus der Zeit von 1558 bis zum Ende der habsburgischen Herrschaft (1741).79 Die Breslauer Stadtansichten dienten seit 1933 nicht mehr der Verklärung der alten Stadt, sondern waren wie andere Exponate Relikte der geschichtlichen Entwicklung. Bezeichnend für die Abkehr von dieser einst so deutlichen Fokussierung auf den Altstadtbereich war auch die Aufnahme neuer Motive. Die Jahrhunderthalle (1913), das Wasserhebewerk an der Oder (1868–1871) oder die von Gründerzeit und Moderne geprägte Schweidnitzer Straße avancierten zu Bildmotiven des Museums. Inwiefern die Aufteilung der Breslauer Stadtbilder kulturpolitisch motiviert war, ist nur schwer einzuschätzen. Auf eine Geringschätzung der Altstadt sollte jedoch nicht geschlossen werden. Denn in den dreißiger Jahren wurden sogar von dem Architekten und Denkmalpfleger Rudolf Stein (1899–1978) Pläne für eine bauliche Rekonstruktion des Breslauer Rings in seinem Erscheinungsbild um 1800 ausgearbeitet. Mit seinen „Rekonstruktionszeichnungen“ und einem detaillierten „Holzmodell des Großen Ringes zu Breslau um 1800“ wollte Stein an die „verlorene Großartigkeit des alten Ringes“ erinnern.80 Interessanterweise sollten seine Studien noch von großer Bedeutung für den historisierenden Wiederaufbau der inneren Altstadt im polnischen Breslau sein.81 Die stärkere Betonung des überlokalen Fokus des Museums wurde besonders im Frühjahr 1942 deutlich, und zwar in einer großen Sonderausstellung im Schlossmuseum zu „Schlesiens Landschaft in Gemälden, Graphik und Handzeichnungen des 19. Jahr78 Kohlhaußen: Schlesischer Kulturspiegel, 108 f. 79 Barthel: Die Kunstsammlungen, 298; Łukaszewicz: Śląskie Muzeum Przemysłu, 118; ders.: Muzeum Zamkowe, 151; ders. (Hg.): Ikonografia Wrocławia, Bd. 1, 25. 80 Stein, Rudolf: Der Große Ring zu Breslau. Breslau 1935, XIf. Vgl. seine Studien zu den Breslauer Bürgerhäusern und dem Rathaus: ders.: Das Breslauer Bürgerhaus. Breslau 1931; ders.: Das Rathaus und der Große Ring. Breslau 1937. 81 Thum: Die fremde Stadt, 465 f. Zuvor: Czerner, Olgierd: Rynek Wrocławski. Wrocław/Warszawa/ Kraków 1976, 10 f., 110.

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hunderts“. Im Mittelpunkt standen hier Leihgaben der Sammlung Albrecht Haselbachs (1892–1979). Sie zeigten die Provinz, die Kleinstädte und die weite Landschaft, wohingegen Breslau übergangen wurde. Dabei enthielt die Sammlung Haselbach auch einen großen Bestand an Breslauer Ansichten. Sie wurde 1945 außerhalb Schlesiens verbracht und befindet sich heute zweigeteilt in der Ostdeutschen Galerie Regensburg und im Schlesischen Museum in Görlitz.82 Das alte Breslau erlangte in der Museumsarbeit der 1930er und 1940er Jahre nicht mehr die Bedeutung, die es in den ersten Jahrzehnten genossen hatte. Die große Sammlung Breslauer Ansichten blieb allerdings eine der Schätze des Museums, besonders in der Forschungsarbeit des letzten Direktors der Breslauer Kunstsammlungen. Noch 1944 veröffentlichte Gustav Barthel (1903–1972) die für lange Zeit umfangreichste Studie zum „Stadtbild Breslaus in der Schau des Künstlers“. Hier bilanzierte er im Detail „450 Jahre Breslauer Stadtbild“. Es drängte sich der Eindruck auf, dass Barthel die großflächigen Zerstörungen Breslaus bereits vorausahnte und der bisherigen Stadtentwicklung ein Resümee widmen wollte. Zugleich beschwor er indirekt die fanatischen 80-tägigen Verteidigungskämpfe Breslaus im Frühjahr 1945. Seine Einführungsworte erschienen geradezu zynisch angesichts des sich bereits 1943/44 abzeichnenden militärischen Zusammenbruchs nach dem beispiellosen deutschen Angriffs- und Vernichtungskrieg: „Die Züge des Stadtbildes schließen sich zusammen wie die Linien in einem durch die Stürme der Geschichte gereiften Antlitz, und die Stadt ersteht vor uns gleich einer starken, in sich geschlossenen Persönlichkeit, mit der wir unser Leben verbinden.“83 Der Kunsthistoriker Piotr Łukaszewicz nannte Barthels Buch darum auch „eine Art Abschied von der Stadt gerade vor ihrer Zerstörung und den dieser Stadt gewidmeten Kunstsammlungen“.84 Die Sicherung und Auslagerung der Breslauer Kunstsammlungen begannen bereits 1943. Eine der letzten Sonderausstellungen in den teilweise geleerten Räumen des Schlossmuseums zeigte noch 1944 alte Grafiken mit Breslauer Motiven.85 Sie war die letzte Ausstellung vor Breslaus Zerstörung. Die Stadt wurde bei den wochenlangen Kämpfen im Frühjahr 1945 zu 68 Prozent verwüstet, neben den nahezu ausradierten westlichen und südlichen Stadtvierteln wurde auch die Altstadt zu 50 Prozent beschädigt. Viele der Breslauer Stadtansichten sind in ihren Sicherungsdepots verbrannt oder in den ersten Nachkriegsmonaten verschollen. Eine beträchtliche Anzahl konnte jedoch gerettet werden und einer neuen historischen Sinnstiftung im nunmehr polnischen Breslau dienen. Es bleibt festzuhalten, dass die Dauerausstellung „Alt-Breslau“ angesichts des rasanten Wachstums Breslaus im 19. Jahrhundert das Schöne und Alte konservieren wollte und sie damit ein Ausdruck der romantischen Geschichtskultur des Breslauer Bürgertums war. 82 Schmidt, Eva: Lob der Heimat. Schlesiens Landschaft in Gemälden, Graphik und Handzeichnungen des 19. Jahrhunderts. Kunstsammlungen der Stadt Breslau. Breslau 1942. Zu den Breslauer Ansichten der Sammlung Haselbach vgl. Schreiner: Breslau; Marsch, Angelika/Popp, Dietmar (Hg.): Zeit-­Reisen. Historische Schlesien-Ansichten aus der Graphiksammlung Haselbach/Podróże w czasie. Dawne widoki Śląska na grafikach z kolekcji Haselbacha. Marburg/Wrocław 2007. 83 Barthel: „Der Staette Koeniginn“, 22. 84 Łukaszewicz (Hg.): Ikonografia Wrocławia, Bd. 1, 28. 85 Ebd., 28.

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Das Museum für Kunstgewerbe und Altertümer generierte hier eine Stadtgeschichte der topografischen Veränderung Breslaus vom Spätmittelalter bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts. In seiner Sammlungspraxis ergriff es deutlich Partei für die Bewahrung der vormodernen Stadt und schloss bis zuletzt die Wahrzeichen des modernen Breslau aus seiner Galerie aus. Mit dem Ende der Ausstellung 1932 verschwand auch die Verehrung der vormodernen Stadt aus dem Museum. Die Stadtansichten wurden Teil der kulturgeschichtlichen Sammlungen und zugleich als vermeintliche Zeugen einer singulär deutschen Stadtgeschichte politisch aufgeladen. Am Ende dieser Geschichte wurden nicht nur große Teile der Stadt zerstört, sondern auch viele der Ansichten des alten Breslau vernichtet.

4.3. Verdecken und Aufdecken einer unbekannten Stadt – Stadtansichten in Breslauer Museen 1945–1989 Als eine nunmehr polnische Stadt bedurfte Breslau einer polnischen Geschichte. Die vom deutschen Vernichtungskrieg und von sowjetischen Grenzverschiebungen gezeichnete neue Stadtbevölkerung suchte nach einer Sinnstiftung für die Umsiedlung in eine fremde Großstadt. Bei dieser zusammenfassenden Betrachtung der Entwicklung stadtgeschichtlicher Ausstellungen in der Volksrepublik Polen ist die neue Deutung des materiellen Erbes der Stadt, ihrer Architektur sowie ihrer Museumsobjekte von zentraler Bedeutung. Nach dem Zweiten Weltkrieg präsentierte sich die nunmehr in den „Wiedergewonnenen Gebieten“, den neuen polnischen West- und Nordgebieten, gelegene Stadt in großen Teilen als eine Trümmerwüste und als ein Architekturwerk des Kriegsgegners. Die Mehrheit der Gebäude Breslaus war im 19. und frühen 20. Jahrhundert zu preußischdeutscher Zeit errichtet worden. Entsprechend kamen der Altstadt und besonders der Dominsel mit ihren Relikten des polnisch-böhmischen Mittelalters, aber vor allem der habsburgischen Frühen Neuzeit eine besondere Bedeutung zu – hier sollte die Sinnstiftung einer polnischen Stadt anknüpfen. Die neuen Machthaber und Kultureliten zogen entschieden die Architektur der habsburgischen Stadt der Architektur aus preußischer Zeit vor. Demnach galt die Gotik als polnisch und hervorzuheben, der Barock als vorpreußisch und erhaltenswert, hingegen der Klassizismus, insbesondere aber die historistische Gründerzeitarchitektur als deutsch und verabscheuenswert. In diesem Sinne sollte die zerstörte Altstadt im Stile um 1800, im „habsburgischen Antlitz“, wiederaufgebaut werden. Neben den Bauarchiven waren hier auch die Stadtansichten, die Kupferstiche und Zeichnungen aus dem 18. und 19. Jahrhundert wichtige Vorlagen für den selektiven Wieder­aufbau der Breslauer Altstadt. Zugleich wurden ebenfalls die Pläne aus der NSZeit zu einem historisch anmutenden Umbau der Altstadt miteinbezogen – nur wurde dieser scheinbar frühere Zustand jetzt als sinnstiftend für das polnische Breslau gedeutet.86 86 Stein: Der Große Ring; ders.: Das Rathaus; Czerner: Rynek, 110; Czechowicz, Bogusław u. a.: Budwole mieszkalne. In: Harasimowicz, Jan (Hg.): Atlas Architektury Wrocławia, Bd. 2. Wrocław 1998, 5–151, hier 37–45; Thum: Die fremde Stadt, 434–494. Zur Entwicklung der rekonstruierten Altstadt vgl. Tamáska, Máté: Bedeutungsebenen der rekonstruierten Altstadt von Wrocław. In: Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung 62/1 (2013) 1–39, hier 3, 6, 13–28.

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Diesen Konstruktionsprozess begleiteten auch die neuen Breslauer Museen. Den Großteil der Sammlungen alter Stadtansichten verwaltete und präsentierte zunächst das 1948 eröffnete Staatliche beziehungsweise Schlesische Museum in Breslau (seit 1970 unter dem Namen Nationalmuseum). Teile der alten Sammlungen aus deutscher Zeit, die die kritischen Monate vor und unmittelbar nach dem Kriegsende überstanden hatten, waren nach Warschau ausgelagert, in Teilen aber in den folgenden Jahrzehnten zurückgegeben worden. Stadtbilder und Historiengemälde, die zu offensichtlich auf Ereignisse aus der preußischen Geschichte Bezug nahmen, die gar auf den preußischen König Friedrich II. oder die Befreiungskriege verwiesen, wurden als Freundschaftsgeschenk an die DDR abgeschoben, denn im polnischen Breslau besaßen sie keine Anschlussfähigkeit mehr.87 Alte Holzschnitte, Kupferstiche, Gemälde und Aquarelle mit Stadtansichten waren hingegen von größtem Wert für neue Interpretationen und Präsentationen der lokalen Vergangenheit. Für das hochgeschätzte Mittelalter waren, je nach Definition der Epoche, mit Ausnahme des mehrfach genannten Panoramas von 1493, allerdings keine Stadtansichten vorhanden, sodass Modelle und Zeichnungen auf Grundlage archäologischer Forschungen Ersatz leisten mussten.88 Zu den herausragenden neu geschaffenen Exponaten zählte hier ein Modell der „Gród wrocławski“, der Breslauer „Burg“ aus dem 10. Jahrhundert im Bereich der heutigen Dominsel. Diese ist vermutlich aus einer 1952 eröffneten Ausstellung zu den Befestigungs- und Verteidigungsanlagen des alten Breslau hervorgegangen.89 Für die Epochen seit der Frühen Neuzeit führte hingegen eine Reihe der erhaltenen Sammlungen das Antlitz des alten Breslau vor Augen. Bei einer Betrachtung der im Folgenden aufgeführten, ersten Ausstellungen zur Topografie des alten Breslau in der Volksrepublik Polen fällt eine besondere narrative Zurückhaltung für diese mit Stadtansichten illustrierbaren Epochen (vom 15. bis zum 20. Jahrhundert) auf. Tiefgründig aufgerollt wurde hingegen das kulturelle und politische Leben der Region für die Epo87 Das Warschauer Ministerium für Kultur und Kunst bereitete 1953 eine umfangreiche Rückgabe von deutschen Sammlungen aus Polen vor. Neben den Sammlungen der Preußischen Staatsbibliothek zu Berlin und des Märkischen Museums (Berlin) umfassten die Bestände Gemälde verschiedener deutscher Maler. Ein Teil der Gemälde wurde 1953/54 in der Berliner Sonderausstellung „Deutsche Malerei. Freundschaftsgeschenk des polnischen Volkes an das deutsche Volk“ gezeigt. Vgl. Brockdorff, Cay: Deutsche Malerei. Freundschaftsgeschenk des polnischen Volkes an das deutsche Volk. Staatliche Museen zu Berlin. (Ost-)Berlin 1954; Łukaszewicz: Śląskie Muzeum Sztuk Pięknych, 93; ders. (Hg.): Ikonografia Wrocławia, Bd. 1, 28 f. Die Planungen, Debatten und Listen zur Rückgabe deutscher Kulturgüter aus Polen dokumentieren die Verwaltungsunterlagen des Ministerstwo Kultury i Sztuki: AAN, MKiS, 6/3, t.1, Bl. 322–326, 451–456. Zur Gemäldeausstellung vgl. AAN, MKiS, 5/63, Bl. 3–7. Die Sowjetunion übergab 1956 den Potsdamer Schlössern einen Teil der Gemälde aus dem Breslauer Schlossmuseum. Vgl. Łukaszewicz: Muzeum Zamkowe, 156 f. 88 Zahlreiche Zeichnungen zur topografischen Entwicklung des frühmittelalterlichen Breslau enthält Kaźmierczyk, Józef: Wrocław lewobrzeżny we wczesnym średniowieczu, Bd. 1. Wrocław 1966. 89 „Warownie i obrona dawnego Wrocławia“, Ratusz, 1952–[1960]. Vgl. Heś, Robert: Warownie i obrona dawnego Wrocławia, 1952–przed 1960. In: Hermansdorfer (Hg.): Muzeum Narodowe, 40. Das Modell der „Gród wrocławski“ entstand in den frühen 1950er Jahren. Abgebildet in Żuławiński, Jan: Wystawa historyczna „10 wieków Śląska“. In: Markowski (Hg.): Kalendarz Wrocławski 1962, 433– 443, hier 435; Sarnowska (Hg.): Wystawa, 178. Seit 2009 steht das Stadtmodell im ersten Raum der Dauerausstellung „1000 Jahre Breslau“ (Muzeum Miejskie Wrocławia).

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chen des Mittelalters, als noch starke polnische Einflüsse greifbar waren.90 Somit rückte diese historische Entwicklungsgeschichte in späteren „fremden“ Jahrhunderten in den Hintergrund. Für diesen Zeitraum kam den alten Stadtbildern im Museum eine zentrale Bedeutung zu: Die visuell eindrucksvollen Stadtansichten füllten eine Lücke, denn sie boten Einblicke in das historische Aussehen Breslaus, ohne über die historische Situation der Epochen Aussagen treffen zu müssen. Die ersten stadtgeschichtlichen Ausstellungen entstanden bereits in den frühen 1950er Jahren. „Breslau auf alten Plänen und Ansichten“ hieß eine erste Ausstellung mit Stadtansichten. Parallel zu den umfangreichen Wiederaufbaumaßnahmen in der Altstadt war die Ausstellung 1951/52 im alten Rathaus zu sehen. Diese Sonderausstellung zeigte einen „Überblick über die Stadtentwicklung wie auch die Architektur im Stadtraum vom 12. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts“.91 Am Beginn standen ebenfalls die älteste Stadtansicht Breslaus aus der Schedel’schen Weltchronik von 1493 und der zweitälteste Stadtplan von Braun und Hogenberg (1587). Die Ausstellung betonte, die Stadtentwicklung seit dem 12. Jahrhundert zu zeigen, obwohl es für die Epochen vor dem 15. Jahrhundert keine historischen Abbildungen gab. Daher versammelte sie neben den historischen Originalen auch einen neu angefertigten „Plan unserer Stadt vor der Zeit der deutschen Kolonisation“92 – wie es die Lokalzeitung „Gazeta Robotnicza“ in ihrer Ausstellungsbesprechung erläuterte. Eine Erweiterung der Exponate zur Stadtentwicklung schloss auch bisher noch nicht gezeigte Bestände von Kupferstichen aus dem späten 18. und frühen 19. Jahrhundert ein. Vor allem die Bilder der Zeichner Friedrich Bernhard Werner (1690–1776), Friedrich Gottlob Endler (1763–1822) und Heinrich Mützel (1797–1868) erlangten große Bedeutung für die weiteren Ausstellungen und Forschungen über das alte Breslau.93 Die beim Publikum beliebte erste Ausstellung wurde sogar im Frühjahr 1956 erneut gezeigt, nämlich unter dem Titel „Das alte Breslau in Grafiken und Zeichnungen“, und um weitere, vom Warschauer Nationalmuseum zurückgegebene Zeichnungen Mützels ergänzt.94 90 Zu den ersten Breslauer Geschichtsausstellungen zählten die 1948 eröffnete Schau „Pradzieje Śląska“ bzw. „Śląsk starożytny i wczesnośredniowieczny“ und seit 1952 „Wrocław Średniowieczny“. Vgl. Gluziński, Wojciech: Wrocław Średniowieczny. Miasto i ustrój do początku XV wieku. Muzeum Śląskie we Wrocławiu, Oddział Muzeum Historyczne we Wrocławiu. Wrocław 1952; Sarnowska, Wanda: Śląsk starożytny i wczesnośredniowieczny. Przewodnik po wystawie archeologicznej Muzeum Śląskiego we Wrocławiu. Wrocław 1954. 91 Gębczak: Muzeum Śląskie, 204, poln. Original: „Wystawa czasowa […] dała przegląd urbanistycznego rozwoju miasta oraz form jego architektury na przestrzeni od XII do połowy XIX w.“ 92 Wrocław w dawnych planach i widokach. Ciekawa wystawa w Muzeum Historycznym. In: Gazeta Robotnicza am 27. November 1951, poln. Original: „reprodukcja planu naszego miasta sprzed okresu kolonizacji niemieckiej.“ 93 Zu Heinrich Mützel vgl. Steinborn, Bożena: Rysunki Henryka Mützela. In: Roczniki Sztuki Śląskiej 1 (1959) 107–120. Zur Ausstellung von 1952 vgl. Zieliński, Andrzej: Wrocław na dziewiętnastowiecznej rycinie. Wrocław 1988, 12; Czerner: Wrocław, 11; vor allem Heś, Robert: Wrocław w dawnych planach i widokach, 1952. In: Hermansdorfer (Hg.): Muzeum Narodowe, 40–41. 94 Heś, Robert: Wrocław w dawnych planach i widokach, 1952/Dawny Wrocław w grafice i rysunkach, 1956. In: Hermansdorfer (Hg.): Muzeum Narodowe, 40 f., 73.

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Die Ausstellung war von zweifacher Relevanz für die kulturell interessierte neue Stadtbevölkerung. Zum einen bot sie erstmals Einblicke in die topografische Entwicklung der Stadt bis ins frühe 19. Jahrhundert und zum anderen zeigte sie die historischen Stadtbilder, die als Vorlage für den zeitgleich stattfindenden Wiederaufbau der Breslauer Altstadt dienten. Auffällig ist die Vermeidung einer Einbettung der visuellen Ausstellungsmedien in eine Erzählung der Geschichte Breslaus. Im Gegensatz zur zeitgleich eröffneten Ausstellung zum „Mittelalterlichen Breslau“,95 in der die deutlich polnisch geprägte Geschichte Breslaus vom 10. bis zum Beginn des 15. Jahrhunderts fundiert nachgezeichnet wurde, bezog sich die Schau der Stadtansichten aufgrund der zeitlichen Beschränkung ihrer Exponate schwerpunktmäßig nur auf die von einer mehrheitlich deutschsprachigen Stadtbevölkerung geprägten Jahrhunderte. Die alten Stadtbilder boten sich hier als Kompromiss an – sie erlaubten es, eine städtebauliche Entwicklungsgeschichte zu präsentieren, ohne einen kultur- oder politikgeschichtlichen Kontext erläutern zu müssen. Eine klare kultur- oder politikgeschichtliche Deutung enthielt hingegen die vom Schlesischen Museum entwickelte Dauerausstellung „Zehn Jahrhunderte Schlesien“ von 1954. Wie im Kapitel zu den Dauerausstellungen noch ausgeführt wird, war die Geschichtspräsentation von der fragwürdigen These eines sozialen und nationalen Gegensatzes zwischen einer Klasse polnischer Bauern und Handwerker gegenüber deutschen „Feudalherren“ geprägt. Da für diese stark marxistisch und nationalistisch aufgeladene Sozialgeschichte der Region die Belege fehlten, dienten die älteste Ansicht Breslaus (1493) oder Grafiken schlesischer Städte des Zeichners Friedrich Werner (18. Jahrhundert) der Illustration. Der bis 1963 geöffnete Ausstellungsrundgang nahm auf die einzelnen Motive und ihren kulturellen Kontext keinen Bezug.96 Zusammenfassend betrachtet ist festzuhalten, dass es in den meisten Städten der neuen West- und Nordgebiete Polens in den ersten Jahrzehnten zu einem Leitprinzip der musealen Praxis zählte, Stadtansichten früherer Jahrhunderte zu zeigen und Anzeichen des „deutschen Charakters“ dieser Städte zu vermeiden. Diese Ausstellungspraxis ging so weit, dass auch auf historischen Drucken deutsche Bildunterschriften verdeckt oder in der Reproduktion retuschiert wurden. Von dieser Praxis der Fälschung und Zensur zeugen historische Druckgrafiken, deren deutsche Titel durch polnische Titel überklebt und damit die Originale beschädigt wurden, wie auch die mehrfache Reproduktion der ältesten Ansicht Breslaus (1493) ohne die historische Überschrift „Bressla“.97 95 Gluziński: Wrocław Średniowieczny. 96 Haisig, Marian: Scenariusz wystawy historycznej „Dzieje Śląska“ (tytuł roboczy), 15.10.1953: AAN, MKiS, 5/26, Bl. 22, 27; Zawiszanka, Alicja [Zawisza, Alicja]: Dziesięć wieków Śląska. Wystawa historyczna. Informator. Muzeum Śląskie we Wrocławiu. Wrocław [1958]. Vgl. auch in der vorliegenden Untersuchung im 7. Kapitel den Abschnitt „Die Musealisierung der Stadtgeschichte in der frühen Volksrepublik“. 97 Zur zensierten Reproduktion der Stadtansicht aus der Weltchronik von Schedel (1493) vgl. die Abbildung „Wrocław według drzeworytu z r. 1493“ in Komaszyński, Michał: Tysiąc lat Wrocławia. Wrocław 1960, [ohne Seite]. Vgl. Zybura: Breslau, 376 f. Ein Beispiel einer überklebten historischen Druckgrafik bildet die „Lithografie Breslauer Rathaus von 1907 (Nr. 650)“; verschiedene Lithografien von Ludwig

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Weniger propagandistisch aufgeladen und wesentlich reicher mit Stadtansichten ausgestattet war die große Ausstellung „Schlesische Städte in Grafiken des 15. bis 20. Jahrhunderts“ (Mai und Juni 1959). Auch hier stand nicht die Stadtgeschichte im Mittelpunkt, sondern die Entwicklung der Stadtansichten bis in die Gegenwart. Die Ausstellung gab einen umfangreichen Überblick, dokumentiert in einem Begleitheft der verantwortlichen Kuratorin Danuta Ostowska. Wie 50 Jahre zuvor in der Alt-Breslau-Ausstellung wurde der Besucher über die Perspektivität und Überzeichnung der spätmittelalterlichen Scholzschnitte aufgeklärt: „Sie geben uns einen allgemeinen Überblick über das Aussehen und den Charakter der Stadt des späten Mittelalters. Eine Aussage, inwieweit sie in ihrer Präsentation der Phantasie und Wahrheit entspringen, ist heute nicht leicht zu treffen. […] Die Stadtansicht war eher ein Symbol statt eines wirklichkeitsgetreuen Bildes.“98 Ähnlich wie in der Ausstellung von 1952 blieb das Narrativ auf einer rein technischen Ebene. Das Heft informierte über die Werke und Techniken der bedeutendsten Künstler aus allen Jahrhunderten und überging dabei den kulturellen und politischen Kontext. Neben den alten Stadtplänen aus dem 16. Jahrhundert dominierten in der Ausstellung Kupferstiche der bereits genannten, produktivsten schlesischen Zeichner: Friedrich Bernhard Werner und Friedrich Gottlob Endler. Gemeinsam mit den ältesten Ansichten und Stadtplänen bilden die Stiche dieser Künstler bis heute den visuellen Kanon des alten Breslau. Den starken topografischen Wandel Breslaus in den vergangenen Jahrzehnten nahm erstmals 1961 die Ausstellung „Breslau – gestern, heute und morgen“ in den Blick. Sie zeigte neben alten Stadtansichten vor allem die großflächigen Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges und den umfassenden Wiederaufbau. Entstanden unter der Schirmherrschaft der Lokalregierung, dem Nationalrat der Stadt Breslau, war die Ausstellung im Rathaus ein Projekt zur politischen Werbung, die den Wiederaufbau und die Stadtentwicklung gleich bis zum Jahr 1985 (!) darstellen und vorhersagen sollte. Der Veranschaulichung dienten hier vor allem Zeichnungen und Reproduktionen von Fotografien. Dem „typischen kapitalistischen Gebäude vom Beginn des 19. Jahrhunderts, dessen Grundsatz die maximale Ausnutzung jeden Meters der Bauparzelle war“, wurden eine „Bilanz der Trümmer“ und „neue architektonische Formen“ gegenübergestellt. Letztere zeigten große Pläne und Modelle. Die Ausstellung skizzierte deutlich die Stadtentwicklung der alten Innenstadt, umgeben durch die weitläufigen Wohnviertel des 19. Jahrhunderts. Zugleich betonte sie die Bauphasen nach dem „Abfluss der deutschen Bevölkerung“, den Wiederaufbau des Breslauer Rings im „historischen Stil“ und die neuen großen Bauoffensiven, die besonders notwendig seien, da die „Stadtbevölkerung bis 1985 auf

Angerer, entstanden um 1910, wurden 1950 in der Mappe „Dawny Wrocław w grafice I“ mit aufgedruckten polnischen Titeln erneut veröffentlicht. Vgl. Łukaszewicz (Hg.): Ikonografia Wrocławia, Bd. 1, 334, 332–338. 98 Ostowska, Danuta: Miasta śląskie w grafice XV–XX więku. Wystawa czasowa. Informator. Muzeum Śląskie we Wrocławiu. Wrocław 1959, 2, poln. Original: „Dają one ogólne wyobrażenie o wyglądzie i charakterze miasta z okresu późnego średniowiecza. Stwierdzenie jak daleka sięgała fantazja i prawda w ich przedstawieniu nie jest dziś rzeczą łatwą. […] Widok miasta był raczej symbolem aniżeli jego rzeczywistym obrazem.“

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ungefähr 750.000 Einwohner anwachsen“ werde.99 Diese Ausstellung stand ganz im Zeichen der Stadtentwicklung und griff der Entstehung eines ganz besonderen Breslauer Museumstyps voraus. In den 1960er Jahren entstanden zwei weitere museale Institutionen, in deren Sammlungen Stadtansichten einen bedeutenden Anteil hatten. Dies waren das 1965 vom Schlesischen Museum abgespaltene „Historische Museum der Stadt Breslau“ (seit 1971: Historisches Museum in Breslau) und ein „Museum für Architektur und Wiederaufbau“ (seit 1971: Museum für Architektur), das erste Architektur-Museum Polens. Das Museum mit einem landesweiten Fokus auf die architektonische Entwicklung vom Mittelalter bis zur Gegenwart eröffnete seinen Hauptsitz im ehemaligen Bernhardinerkloster, in dem sich seit 1928 ein Lapidarium mit Steinskulpturen befunden hatte. Einen deutlichen Akzent setzten in der Sammlung dennoch die Relikte der Architektur Breslaus. Neben alten Fassadenelementen waren dies auch diverse Stadtansichten seit dem 15. Jahrhundert. Zum 15. Jahrestag der Museumsgründung eröffnete das Architekturmuseum 1980 eine Dauerausstellung unter dem bereits bekannten Titel „Breslau – gestern, heute und morgen“. Diese über zwei Jahrzehnte bestehende Ausstellung zeigte hingegen wesentlich fundierter und differenzierter die „tausendjährige Entwicklung der Architektur und Stadtplanung“.100 Zu ihren zentralen Exponaten zählten zwei große Stadtmodelle Breslaus aus der Zeit unmittelbar vor der preußischen Eroberung (1741) und um 1980.101 Eng verbunden mit dem Engagement Olgierd Czerners, dem langjährigen Gründungsdirektor des Breslauer Architekturmuseums und heimlichen Unterstützer der Opposition in den frühen 1980er Jahren, spielte die Architekturgeschichte bereits zur Zeit der Volksrepublik eine Pionierrolle bei einer tiefgründigeren Auseinandersetzung mit der lokalen Geschichte aller Epochen. Meilensteine markierten bereits die beiden Ausstellungen von 1971 und 1972, „Der Breslauer Ring vom 13. bis 20. Jahrhundert“ und „Das Breslauer Rathaus vom 13. bis 19. Jahrhundert“, welche in einer bislang beispiellosen Detailarbeit die Entwicklung des zentralen Platzes des deutschsprachigen Patriziats im Mittelalter darlegten. Auch formulierte Czerner bereits eine deutliche Kritik am selektiven und phantasievollen Wiederaufbau des Breslauer Rings in den 1950er Jahren.102 99 [Żabiński, Ryszard]: Wrocław. wczoraj, dziś i jutro. In: Markowski (Hg.): Kalendarz Wrocławski 1962, 398–419. 100 Dni Wrocławia pod znakiem historii. In Wieczór Wrocławia am 3./4. Mai 1980; Czerner, Olgierd/ Kohlberger, Danuta: Muzeum Architektury we Wrocławiu. Informator. Wrocław 1989, 28. 101 Die Ausstellung „Wrocław – wczoraj, dziś i jutro“ bestand von 1980 bis 2002 und wurde 1992 umfassend erneuert. Vgl. Moniak/Sadowska: 50 lat Muzeum Architektury, 37, 56. Zur Geschichte und den Sammlungen des Architekturmuseums vgl. auch Czerner/Turkiewicz: Muzeum Architektury, 3–6; Gola/Ławicka: Od klasztoru do muzeum, 218–224, 418–430. 102 „Rynek wrocławski od XIII do XX w.“, MAWr, 1971/72; „Ratusz wrocławski od XIII-XIX w.“, MAWr, 1972. Vgl. Czerner: Rynek, 103–127. Zur selektiven Aufbaupolitik nach 1945 vgl. Harasimowicz, Jan: Wstęp. In: ders. (Hg.): Atlas Architektury Wrocławia, Bd. 1. Wrocław 1997, V–VII, hier Vf.; Thum: Die fremde Stadt, 462–474. Zu Museumsdirektor Olgierd Czerner vgl. Adamski, Artur: „Olgierd Czerner (1929-)“. In: Łątkowska, Mirosława/Waligóry, Grzegorz (Hg.): Encyklopedia Solidarności. Opozycja w PRL 1976–1989, Bd. 1–6. Warszawa/Katowice 2010–2015, http://www.encyklopedia-solidarnosci.pl/wiki/index.php?title= Olgierd_Czerner [Zugriff am 29. Juni 2015].

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Das Historische Museum hingegen verblieb noch längere Zeit bei einer lückenhaften und national definierten Darstellung der Breslauer Geschichte. Stadtansichten bildeten auch hier ein beliebtes Medium für Ansätze einer geschlossenen Entwicklungsgeschichte. Ein großer Publikumserfolg war im Mai 1977 die Sonderausstellung „Breslauer Landschaft“ unter der Leitung von Ewa Łepkowska. Sie war das Ergebnis eines neuen Sammlungsschwerpunktes der Museumsabteilung „Breslaus Vergangenheit“, in welcher vor allem Stadtbilder seit 1945 gesammelt werden sollten.103 Die Sonderausstellung zeigte allerdings mit einer Vielzahl von Grafiken und Gemälden aus deutscher und polnischer Zeit, darunter zahlreiche Leihgaben des National- und Architekturmuseums, vor allem ein romantisches Bild des alten Breslau: „Während der Feiern zu den ‚Breslauer Tagen‘ möchten wir an die städtebauliche und architektonische Entwicklung der Stadt im Laufe der Jahrhunderte erinnern, an die Schönheit ihrer Denkmäler, an den einzigartigen Charme ihrer alten Gassen, an die Breslauer Parks und Boulevards an der Oder. Dieser Spaziergang durch das alte und neue Breslau unter Führung herausragender Zeichner und Maler ermöglicht es allen Besuchern, Breslau aufs Neue kennenzulernen. Es ist eine Wanderung durch seine 500-jährige Geschichte.“104 Im Mittelpunkt standen neben den bekannten Zeichnungen von Werner, Mützel und Endler auch zahlreiche Aquarelle und Gemälde aus der Nachkriegszeit, unter anderem der Absolventen der Staatlichen Hochschule der Bildenden Künste. Auch in dieser Ausstellung dominierten Motive aus der Altstadt, während sich neuere Gebäude nur vereinzelt unter den Exponaten fanden. Entgegen der Ankündigung, eine Reise durch fünf Jahrhunderte der Breslauer Geschichte unternehmen zu wollen, enthielt diese Ausstellung nur eine sehr zurückhaltende historische Erzählung. Hier zeigte sich einmal mehr, dass Stadtansichten im musealen Kontext vor allem ein geschichtspolitisch opportunes Medium bildeten. Sie ließen die Visualisierung einer geschlossenen Entwicklungsgeschichte zu, ohne Aussagen über den politischen und kulturellen Kontext treffen zu müssen. Große Sonderausstellungen mit Stadtansichten zählten daher neben den an anderer Stelle besprochenen Ausstellungen zum Ende des Zweiten Weltkrieges zu den geschichtskulturellen Schwerpunkten der alljährlich vom 6. bis 9. Mai gefeierten „Breslauer Tage“. Im Mai 1983 fand eine fast identische Ausstellung wie 1977 im Rathaus statt. In der großen Sonderausstellung „Breslau an der Oder“ zeigte das Historische Museum ebenfalls Druckgrafiken und Zeichnungen (16.–20. Jahrhundert) aus den eigenen Sammlungen und denen des Architektur- wie auch des Nationalmuseums.105 Letzteres besitzt bis heute die größte Sammlung alter Breslauer Stadtansichten. 40 Jahre nach Kriegsende entwickelte das Natio103 Sprawozdanie z działalności MHWr Dział Dziejów Wrocławia za lata 1976–1978: MMWr, MHWr, 1/89, Bl. 3; Kowalik, Anastazja (Hg.): Muzeum Historyczne we Wrocławiu. Informator. Wrocław 1976, 12; Łepkowska, Ewa: Pejzaż Wrocławski. Muzeum Historyczne we Wrocławiu. Wrocław 1977. 104 Łepkowska: Pejzaż Wrocławski, poln. Original: „W czasie obchodów ‚Dni Wrocławia‘ chcemy przypomnieć rozwój urbanistyczny i architektoniczny miasta na przestrzeni wieków, piękno jego zabytków, niepowtarzalny urok starych uliczek, wrocławskiej zieleni i nadodrzańskich bulwarów. Ten spacer po dawnym i nowym Wrocławiu, w którym przewodnikami będą wybitni graficy i malarze, umożliwi wszystkim zwiedzającym poznanie Wrocławia na nowo. Prześledzenie jego dziejów na przestrzeni 500 lat.“ 105 Współpraca z mediami 1983–1987: MMWr, MHWr, 4/18, Bl. 45; Czerner: Wrocław, 11.

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nalmuseum eine ganze Ausstellungsreihe unter dem Titel „Das bekannte und unbekannte Breslau in Grafiken und Zeichnungen“. Eröffnet wurde der Zyklus im Februar 1985 mit einer Ausstellung zur „Ersten Stadtbefestigung“. Ihr folgten im Januar 1986 die Ausstellung „Breslauer Panorama“ und im September 1986 „Straßen und Plätze des alten Breslau“.106 Insbesondere letztere Ausstellung war eine bedeutende Neuheit in ihrem Anspruch, die starke städtebauliche Veränderung Breslaus am Ende des 19. Jahrhunderts vorzustellen. Sie zeigte verschiedene nicht mehr existente Gebäude und erläuterte die radikale Veränderung bestimmter Orte im Stadtraum. Im Mittelpunkt standen ausgewählte Stadtbereiche, wie die Heiliggeiststraße (ulica świętego Ducha), der Ritterplatz (plac Nankiera), der Königsplatz (plac 1. Maja/Jana Pawła II), die Schweidnitzer Straße (ulica Świdnicka), die Weißgerbergasse (ulica Białoskórnicza), der Neumarkt (plac Nowy Targ) oder der Schlossplatz (plac Wolności). Die Ausstellung machte mit einer Vielzahl von Drucken und Zeichnungen einzelne Veränderungsschritte zwischen dem 16. und 20. Jahrhundert nachvollziehbar. Das Begleitheft informierte ausführlich, wann welches bedeutende Gebäude abgerissen beziehungsweise ersetzt wurde. Tiefgründig recherchiert wurden für die Ausstellung auch topografische Veränderungen vor 1945. Im Mittelpunkt standen hier besonders die Umbauten im 19. Jahrhundert, wie die Zuschüttung der Stadtohle beziehungsweise der Weißgerber Ohle (1866) oder der Abriss des Zeughauses am Ritterplatz (ulica Piaskowa) 1908 zur Errichtung der Markthalle Nummer I.107 In dieser letzten großen Ausstellung mit Stadtansichten aus der Zeit der Volksrepublik war bereits eine deutliche Veränderung im Umgang mit der lokalen Geschichte zu beobachten. Die dargestellten Ansichten wurden mit konkreten historischen Informationen verbunden und damit neue Zugänge zur Breslauer Geschichte des 18., 19. und frühen 20. Jahrhunderts eröffnet. Ein zweites bedeutendes Medium zur Veranschaulichung des Stadtbildes im historischen Verlauf waren neben den gedruckten, gezeichneten oder gemalten Stadtansichten die fotografischen Sammlungen. Die Bilder der in Trümmern liegenden Stadt und der ersten Aufräum- und Aufbauarbeiten waren bereits seit den 1950er Jahren vielfältig verbreitet worden, unter anderem in Ausstellungen zum Kriegsende und der Nachkriegszeit.108 Bilder mit Straßenszenen aus dieser „Pionierzeit“ zeigte unter anderem im Mai 1984 die Ausstellung „Breslauer Fotografen 1945–1948“.109 In der Motivauswahl 106 Hryniewicz, Artur: Pierwsza fosa miejska. Muzeum Narodowe we Wrocławiu. Wrocław 1985; ders.: Ulice i place dawnego Wrocławia. Muzeum Narodowe we Wrocławiu. Wrocław 1986; ders.: Panoramy Wrocławia. Muzeum Narodowe we Wrocławiu. Wrocław 1986 (Wrocław znany i nieznany w grafice i rysunku). Vgl. auch Zawisza, Alicja: Muzeum Narodowe we Wrocławiu w latach 1983–1987. In: Roczniki Sztuki Śląskiej 15 (1991) 175–207, hier 182; Heś, Robert: Pierwsza fosa miejska, 1985. In: Hermansdorfer (Hg.): Muzeum Narodowe, 369; ders.: Ulice i place dawnego Wrocławia, 1986. In: Hermansdorfer (Hg.): Muzeum Narodowe, 383. 107 Hryniewicz: Ulice i place, 6 f. 108 Neben Ausstellungen zeigten zahlreiche Bildbände Fotografien der Innenstadt um 1945 und zum Vergleich im zeitgenössischen Zustand. Beispiele sind Rutkiewicz, Ignacy: Wrocław. Polskie miasto nad Odrą. Wystawa fotograficzna i seria przeźroczy. Towarzystwo Miłośników Wrocławia. Wrocław 1968; ders./Czerner, Olgierd: Wrocław wczoraj i dziś. Warszawa 1973. Vgl. in der vorliegenden Untersuchung das Unterkapitel 6.3 („Die Musealisierung des Zweiten Weltkrieges“). 109 Sprawozdanie z działalności MHWr za lata 1982–1985: MMWr, MHWr, 1/60, Bl. 25.

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wurde vor allem auf die großen Zerstörungen, den Wiederaufbau und die Arbeit der neuen polnischen Verwaltung Wert gelegt. Konflikte mit der sowjetischen Militärverwaltung oder die Aussiedlung der deutschen Stadtbevölkerung sollten dagegen nicht gezeigt werden. Im Gegensatz zu alten Grafiken und Zeichnungen waren Fotografien von einer größeren Unmittelbarkeit und historischen Aussagekraft geprägt, was sie für die politisch sensible Museumsarbeit nur bestimmte Zeitabschnitte interessant sein ließen – zumeist war dies ausschließlich die Zeit nach 1945. In der Summe dominierten in den Ausstellungen und Bildbänden Fotografien des zerstörten Breslau um 1945 und der wiederaufgebauten, modernen polnischen Stadt. Demgegenüber wurden Fotografien Breslaus aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert nur sehr selten gezeigt, da sie die „fremde“ deutsche Stadt abbildeten. Auch diese zurückhaltende Praxis änderte sich in den 1980er Jahren. Eine aufsehenerregende Neuheit stellte kurz nach dem Zusammenbruch der Volksrepublik Polen eine große Fotoausstellung zum alten Breslau der Jahrhundertwende dar: „Ein unbekanntes Stadt­portrait“ hieß eine erstmals 1992 und erneut 1994 gezeigte Ausstellung, die im Folgenden genauer vorgestellt wird.

4.4. Vom Zauber der Bürgerlichkeit – Die Fotografieausstellung „Unbekanntes Stadtportrait“ von 1992 Im Mai 1992 eröffnete das Historische Museum eine große Sonderausstellung mit Fotografien Breslauer Straßenszenen um 1900. Das Museum nannte diese Ausstellung „Ein unbekanntes Portrait der Stadt“. Der Titel verwies auf die Folgen des besonderen Schicksals der Stadt im 20. Jahrhundert – dem Austausch ihrer Bewohnerschaft (1945–1947) und die sich daran anschließende strikte staatliche Geschichtspolitik bis zum Zusammenbruch der Volksrepublik Polen 1989. Die Ausstellung betonte den sonderbaren Befund, dass am Ende des Kalten Krieges das Stadtbild Breslaus, wie es bis zur Mitte des Jahrhunderts existiert hatte, im öffentlichen Diskurs seiner Bewohnerschaft nahezu unbekannt gewesen war. Es fehlte ein zentrales Kapitel der neueren Entwicklungsgeschichte in der städtischen Geschichtskultur. In vielen mitteleuropäischen Städten erinnerte nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges eine ganze Flut von nostalgischen Bildbänden und Ausstellungen an die Stadtlandschaft der Jahrhundertwende und des frühen 20. Jahrhunderts. Trotz der allgemeinen Euphorie über einen modernistischen Wiederaufbau übten bereits kaum 20 Jahre nach dem Krieg historische Fotografien der Jahrhundertwende eine enorme Anziehungskraft aus. Das verlorene Stadtbild, „so wie es war“, wurde sowohl im Westen wie im Osten Mitteleuropas zum Thema zahlreicher Bildbände.110 Auch wenn die 110 Verschiedene Beispiele aus Deutschland und Polen sind Jeżewski, Andrzej: Warszawa na starej fotografii. Warszawa 1960; Roth, Eugen: München. So wie es war. Düsseldorf 1965. In der Reihe „So wie es war“ des Droste-Verlags erschienen seit den 1960er Jahren Bildbände mit historischen Fotografien zu nahezu allen größeren deutschen und ehemals deutschen Städten.

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Geschichte der Verwendung historischer Stadtfotografien in Bildbänden bisher kaum erforscht wurde,111 bestätigen erste Sichtungen die These, dass im Gegensatz zu westdeutschen oder zentralpolnischen Städten insbesondere in Breslau und einigen anderen ostmitteleuropäischen Orten die Bilder der Belle Époque für viele Jahrzehnte keine Verbreitung gefunden hatten.112 Dies war nicht nur eine Folge des nahezu vollständigen Austauschs der Bevölkerung und damit des Verlustes kulturellen Wissens, sondern vielmehr eine direkte Folge der staatlich gelenkten Kulturpolitik vor 1989. An die moderne preußische Großstadt sollte nicht erinnert werden.113 Allerdings konnte bereits im vorangegangenen Kapitel gezeigt werden, dass das alte Breslau sehr wohl Thema von Bildbänden und Ausstellungen gewesen war, jedoch war dies fast ausschließlich die vormoderne Stadt bis 1800, abgebildet auf einer Vielzahl alter Holzschnitte und Kupferstiche. Seltsam entrückt wirkte die Stadt auf diesen künstlerischen Darstellungen aus fernen Epochen. Präzise fotografische Aufnahmen von Orten der Stadt vor kaum hundert Jahren, mit belebten Straßen und repräsentativen Fassaden, übersät mit deutschen Werbeschildern und Firmennamen, widersprachen hingegen zu eindringlich dem geschichtspolitischen Postulat einer polnischen Tradition. Bereits im Mai 1989, noch vor den ersten (halb-)demokratischen Wahlen in Polen seit dem Zweiten Weltkrieg, zeigte das Historische Museum in einer Ausstellung zum Kriegsende neben den allseits bekannten Bildern der zerstörten Stadt um 1945/46 eine erste Auswahl von Fotografien Breslaus zwischen 1900 und 1930. Aus dieser Recherche entwickelte die Ausstellungskuratorin Marzena Smolak eine Mappe mit fotografischen Reproduktionen, die sich seit 1991 vielfach verkaufte. Auch die Breslauer Historikerin Iwona Bińkowska veröffentlichte im gleichen Jahr eine ganze Reihe von Stadtfotografien der Jahrhundertwende. Zusammen entwickelten beide Autorinnen 1992 für das His111 Bildbände mit Stadt- und Landschaftsfotografien erscheinen bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts. Die Publikation historischer Stadtfotografien setzte vermutlich erst in den 1950er/1960er Jahren ein. Die zahlreichen Forschungen zur Geschichte der Stadtfotografie in Bildbänden bzw. Fotobüchern vernachlässigen bisher diese Praxis des Rückgriffs auf historische Fotografien und einer Gegenüberstellung von Fotografien verschiedener Zeitphasen. Zum Forschungsstand vgl. Noell, Matthias: Stadtbilder und Städtebücher. Der reproduzierte Blick auf die Stadt. In: Brandt, Sigrid/Meier, Hans-­Rudolf (Hg.): Stadtbild und Denkmalpflege. Konstruktion und Rezeption von Bildern der Stadt. Berlin 2008, 80–93; Günther: Die bildhafte Repräsentation, 204–227; Dogramaci, Burcu: Metropolen im Buch. Großstadtfotografie in den zwanziger und dreißiger Jahren. In: ders. (Hg.): Großstadt. Motor der Künste in der Moderne. Berlin 2010, 205–211; Heiting, Manfred (Hg.): Deutschland im Fotobuch. 287 Fotobücher zum Thema Deutschland aus der Zeit von 1915 bis 2009. Göttingen 2011. 112 Bildbände mit historischen Fotografien Breslaus stammten vor 1989 nahezu ausschließlich aus West­ deutschland. Beispiele sind Müller, Konrad: Breslau wie es war. Goslar 1949; Holst, Niels von: Breslau. Ein Buch der Erinnerung. Hameln 1950; Stumpe, Friedrich: Breslau in 144 Bildern. Leer (Ostfriesl.) 1955; Hupka, Herbert (Hg.): Breslau. Hauptstadt Schlesiens. In 71 Bildern. München 1955; ­Scheyer, Ernst: Breslau. So wie es war. Düsseldorf 1969; Trierenberg, Heinrich: Heimat Breslau. Bild einer deutschen Stadt im Spiegel der Geschichte. Mannheim 1980. Vor 1989 gab es nur wenige polnische Publikationen, die Fotografien Breslaus zwischen 1871 und 1944 enthielten: Czerner: Rynek. 1977, 80–87; Świechowski: Wrocław. 1978, 368 f. Hingegen keine historischen Fotografien, sondern lediglich zeitgenossische Bilder historischer Gebäude enthält der mehrmals neu aufgelegte Band Mierzecka, Janina: Stary i nowy Wrocław. Wrocław 1960. 113 Zybura: Breslau, 374–378; Thum: Die fremde Stadt, 320–324, 475–488.

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torische Museum die Sonderausstellung „Unbekanntes Stadtportrait“. Wie ein genauerer Blick auf diese Aufsehen erregende Ausstellung zeigen wird, spielte das Historische Museum eine zentrale Rolle in dieser heißen Phase der geschichtskulturellen Transformation Breslaus. Das Ende der Zensur eröffnete Räume für neue Definitionen lokaler Geschichte und der Verbreitung von Wissen über den eigenen Wohnort. Zugleich war die Popularität der alten Fotografien nicht unbedingt Ausdruck des Interesses an der deutschen Geschichte der Stadt, sondern rührte vor allem aus einer allgemeinen Faszination für den repräsentativen Stil des Bürgertums um 1900 – als Kontrast zum gerade abgeschafften Sozialismus.

4.4.1. Rundgang – Die prächtige Großstadt der „Belle Époque“

Abbildung 9: Die Fotografien der Ausstellung „Unbekanntes Stadtportrait“ (1992) wurden im großen Saal im Ostflügel des Zeughauses vor einer nostalgisch anmutenden Kulisse präsentiert. Neben Laternen und Schildern zählte auch ein historisches Fotografenatelier zur Szenografie der Ausstellung.

Die Sonderausstellung „Unbekanntes Stadtportrait“ erstreckte sich von Mai bis Juli 1992 über zwei Säle im Nord- und Ostflügel des Breslauer Zeughauses. Sie zeigte in Bilderrahmen 106 originale fotografische Abzüge aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert. Nicht nur die Motive, sondern auch die historischen Beschriftungen der aus Archiven stammenden Fotografien deuteten auf den historischen Wert der versammelten Exponate.

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Abbildung 10: Neben den über hundert Fotografien veranschaulichte auch ein großformatiger Stadtplan aus den ersten Dekaden des 20. Jahrhunderts die Topografie und Straßennamen der deutschen Stadt.

Der erste Ausstellungsraum, der große Saal im Ostflügel enthielt die Mehrheit der ausgestellten Bilder. Gerahmt und beschriftet hingen die Fotografien in topografischen Gruppen, umgeben von einer historisch anmutenden Szenografie. Historische Parkbänke vor schmiedeeisernen Zäunen sowie alte Laternen, Briefkästen und alte Schilder deuteten eine Straßensituation an. Weitere dominante Raumelemente waren ein historisches Fotografieatelier und ein großer Breslauer Stadtplan aus dem frühen 20. Jahrhundert. Der zweite Ausstellungsraum im Gewölbegang enthielt dagegen keine szenografischen Ausstellungselemente.114 Der Rundgang begann am zentralen Platz der Stadt, dem Breslauer Ring. Um 1860 angefertigte Fotografien zeigten Fassaden des Rathauses, der Bürgerhäuser und des alten bis 1859 bestehenden Leinwandhauses. Die Beschriftungen klärten über die abgebildeten Motive auf, unter Bezug auf die heutigen Straßennamen, das Jahr und den Fotografen. Im Katalogband erfuhr der Besucher auch, wann welche Häuser um die Jahrhundertwende errichtet beziehungsweise abgerissen worden waren, und zum Teil auch, wer ihre Architekten waren. Da die Fotografien aus einem Zeitraum von über fünfzig Jahren stammten, von ca. 1860 bis 1910, in der Mehrheit aber um 1900 aufgenommen 114 Der hier nachgezeichnete Rundgang stützt sich auf Planungsunterlagen aus dem Museumsarchiv (Muzeum Miejskie Wrocławia), dem Begleitband zur Ausstellung und einer fotografischen Dokumentation der Ausstellung. Für die Übersendung der Fotografien danke ich Tomasz Gąsior.

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wurden, konnte der Besucher bei einigen Orten die Veränderungen des Stadtbildes in dieser Epoche vergleichen. Zudem ließen sich an bekannten Wahrzeichen und den aktuellen Straßennamen auch Bezüge zum heutigen Stadtbild herstellen. Es wurde jedoch nicht ausdrücklich angegeben, welche Gebäude den Zweiten Weltkrieg oder spätere Umbauphasen überstanden hatten. Eine Fotografie von 1903 zeigte das zweite Breslauer Zeughaus (am Ritterplatz, heute Plac Biskupa Nankiera, erbaut 1519/51), welches 1908 abgerissen und durch die bis heute bestehende Markthalle Nummer I ersetzt worden war, ebenfalls zu sehen auf einer Fotografie von 1909. Die so zeitnahe Wiedergabe städtebaulicher Veränderungen verwies auf den Entstehungskontext der meisten Aufnahmen. Sie entstammen der bereits genannten Dokumentation der städtischen Baubehörden, die sich als Sammlung in der Breslauer Universitätsbibliothek erhalten hat. Fotografisch festgehalten wurden nicht nur die zahlreichen neuen Gebäude und Straßenzüge, sondern auch im Altstadtbereich die Abrisse historischer Bauten, die ihre Funktion verloren hatten. Die Kuratorinnen erklärten hierzu im Begleitband, dass um die Jahrhundertwende „viele veraltete Objekte“ durch „künstlerisch attraktive und für die damaligen Zeiten moderne Bauwerke“ ersetzt wurden, denn „im 19. Jahrhundert stiegen die zivilisatorischen Bedürfnisse der Breslauer Bewohner wesentlich“.115 Errichtet wurden neben neuen Markthallen und Kaufhäusern auch neue Schulen, Krankenhäuser und Schwimmbäder. Neben diesen neuen repräsentativen Gebäuden an oftmals menschenleeren Straßen zeigte die Ausstellung auch von Betriebsamkeit zeugende Straßenszenen. Der geschäftige Innenhof der städtischen Schlachthöfe von 1895, eine Menschenmenge vor einem brennenden Haus am Blücherplatz (plac Solny) oder der von Fuhrwerken gesäumte Neumarkt (plac Nowy Targ) um 1900 zählen hierzu. Ausnahmen bildeten auch Fotografien von Feierlichkeiten, wie der Enthüllung des großen Kaiser-Wilhelm I.-Denkmals 1896 an der Schweidnitzer Straße (ulica Świdnicka) oder der festlich geschmückte Tauentzienplatz 1906 (plac Kościuszki). Vereinzelt waren auch Innenansichten neuer Gebäude zu sehen, so die Schwimmhalle an der Zwingerstraße (ulica Teatralna) mit Badegästen, Schülerinnen beim Haushaltsunterricht und beim Sportunterricht um 1900 oder die Säle der neuen Städtischen Sparkasse und der neuen Bau- und Maschinenbauschule am Lehmdamm (ulica Prusa). Die jüngste Fotografie der Ausstellung zeigte den Innenraum der sich im Bau befindlichen Jahrhunderthalle um 1912/13. Die über hundert ausgestellten Fotografien bildeten die schlesische Großstadt sowohl als alte Wohn- und Arbeiterstadt mit engen Gassen und schmutzigen Fassaden wie auch als großbürgerlich-repräsentatives Regionalzentrum ab. Die Arbeiterquartiere, die engen Hinterhäuser und Industriebauten zählten jedoch nur selten zu den Bildmotiven. Breslau erschien vor allem als eine repräsentative Metropole, geprägt von preußischen Großbauten, wie dem Königlichen Schloss, dem Ständehaus am Schlossplatz, dem Pavillon auf der Liebichhöhe oder auch der Neuen Synagoge. Hinzu kamen die vielen Denk115 Bińkowska, Iwona/Smolak, Marzena: Nieznany portret miasta. Fotografie Wrocławia z 2 połowy XIX i początku XX w. Arsenał Wrocławski. Muzeum Historyczne we Wrocławiu i Biblioteka Uniwersytecka we Wrocławiu. Toruń 1992, 11 f.

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mäler preußischer Könige und Generäle. Die Ausstellung versammelte Ansichten all dieser Gebäude und Straßenzüge mit ihren vielen deutschen Werbeschildern. Ohne Zurückhaltung wurde hier die fotografische Dokumentation einer deutschen Großstadt entfaltet und dennoch deutlich gemacht, dass die Ausstellung nur einen subjektiven Ausschnitt zeigen konnte: „Mit einer anderen Auswahl an Fotografien hätte man sicherlich ein anderes Bild Breslaus erhalten, in welchem andere Aspekte des vielseitigen, großstädtischen Lebens hervorgehoben würden.“116 Die beigefügten Erläuterungen der Kuratorinnen informierten vor allem über die Stadtentwicklung Breslaus, nicht aber über die politische und soziale Situation. Fundiert beschrieben sie den Ausbau Breslaus zu einer modernen Großstadt, beginnend bei der Niederlegung der Stadtbefestigung zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Den vollständigen Abriss der Stadtmauern deuten sie als „glückliche Situation […] im Vergleich mit vielen anderen europäischen Städten“. Denn dieser Schritt „schaffte große Möglichkeiten der territo­rialen Entwicklung und bewahrte wesentliche Teile der alten Bebauung vor dem Abriss“.117 Mit den Informationen und Bildern der Ausstellung konnten die Besucher nachvollziehen, wie sich diese entscheidenden Jahre in Breslaus Stadtentwicklung zugetragen hatten. Es war die Gründerzeitepoche, welche trotz der großen Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges bis heute große Teile des Stadtbildes prägt und damit das Lebensumfeld für einen bedeutenden Teil der gegenwärtigen Breslauer Bevölkerung bildet.118 Durch die Ausstellung wurde einem Gutteil dieser Gebäude und Wohnviertel wieder eine historische Bedeutung verliehen. Abschließend war es den Kuratorinnen ein Anliegen, über den Hintergrund der präsentierten Fotosammlung aufzuklären. Schließlich bilden auch Fotografien Autorenwerke, die nur einen ganz bestimmten Ausschnitt festhalten und einer Intention unterliegen. Die Mehrheit der ausgestellten Fotografien entstanden im Auftrag der städtischen Baubehörde. Mit der Sammlung wollten sie vor allem die Veränderung der Architektur dokumentieren, weshalb Personen auf der Mehrheit der Bilder fehlen oder nur eine untergeordnete Position einnehmen. Die wenigen Bilder belebter Straßen, Plätze und Räume sollten hingegen ausdrücklich das städtische Leben festhalten. Diese noch vor 1945 vom Breslauer Magistrat an die Stadtbibliothek übergebene Sammlung überdauerte fortan in der Universitätsbibliothek. Um den spezifischen historischen Entstehungshintergrund der Fotosammlung deutlich zu machen, entschieden sich die Kuratorinnen bewusst dafür, die fotografischen Abzüge im Original mit Beschriftungen und Stempeln zu zeigen. Daher verzeichneten sie auch die Hintergründe der einzelnen von der Stadt beauftragten Fotografen. Die Mehrheit der Bilder stammte vom herausra116 Bińkowska/Smolak: Nieznany portret, 7, poln. Original: „Dokonując innego wyboru fotografii, można by z pewnością stworzyć odmienny obraz Wrocławia, akcentujący inne aspekty tak skomplikowanego zjawiska jakim jest życie wielkiego miasta.“ 117 Ebd., 11 f. 118 Zur historischen und gegenwärtigen Architektur Breslaus vgl. Harasimowicz, Jan (Hg.): Atlas Architektury Wrocławia, Bd. 1–2. Wrocław 1997/98; Eysymontt, Rafał u. a. (Hg.): Leksykon Architektury Wrocławia. Wrocław 2011.

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genden Breslauer Fotografen Eduard van Delden (1850–1920) und seinem Nachfolger Heinrich Götz (1866–1931). Der Begleitband zur Ausstellung lieferte hierzu nicht nur die Kurzbiografien von sieben Fotografen, sondern auch Angaben zu über 30 Breslauer Architekten und Künstlern des 19. und frühen 20. Jahrhunderts.119 Am Ende des Rundgangs gelangte der Besucher in den Nachbau eines historischen Fotoateliers, eine Leihgabe des Filmmuseums aus Lodz. Die großen historischen Geräte verdeutlichten die Besonderheit des fotografischen Handwerks um die Jahrhundertwende. Allerdings verzichteten die Kuratorinnen darauf, die verschiedenen dreidimensionalen Objekte zu erläutern. Letztlich verblieben sie zusammen mit den aufgestellten Bänken, Briefkästen und Laternen eine rein dekorative Szenerie für die historischen Fotografien.

4.4.2. Intention und Organisation – „Glanzzeit“ des Breslauer Bürgertums In der Museumsausstellung sollte das alte Breslau der Jahrhundertwende wiederauferstehen. Es erschien auf den ausgewählten Bildern vor allem als eine prächtige, repräsentative und bürgerliche Stadt. Die Ausstellung hatte damit einen deutlichen nostalgischen Einschlag, der durch die aufgestellten historischen Bänke und Zäune, Laternen und Briefkästen noch verstärkt wurde. Stärker als die Kuratorinnen betonte der Museumsdirektor, Maciej Łagiewski, die verklärende Absicht der Ausstellung: „Mein Traum war einmal ein Spaziergang durch das Breslau, das es nicht mehr gibt. Jetzt kann ich die Besucher unseres Museums zu einer solchen Reise in die Vergangenheit einladen.“120 Mit der ausgestellten Fotosammlung der Stadt um 1900 verband sich vor allem etwas Schönes und Nostalgisches. Die Besucher sollten nicht nur über diese Epoche informiert werden, sondern gleichsam eine „Zeitreise“ erleben. Diese positive Betrachtung einer Epoche aus der deutschen Zeit Breslaus war eine Neuheit, denn bisher hatten (populärwissenschaftliche) Bücher und Ausstellungen über die preußischen und deutschen Jahrhunderte Breslaus meistens zurückhaltend, teilweise abwertend informiert, aber diese Jahre niemals verklärt. Zu dieser geschichtskulturellen und visuellen Lücke machte der Direktor deutlich: „Das romantische Breslau fehlte in den Museen: die alten Schilder von Geschäften und Institutionen, die Gaslaternen, die schmiedeeisernen Pumpen und Zäune, das Kopfsteinpflaster. […] [D]ie Fotos [hingegen] zeigen auch das alltägliche Leben der damaligen Einwohner, den unverwechselbaren Zeitgeist, nach dem wir uns sehnen.“121 Die Ausstellungsmacher verstanden den nostalgischen Einschlag und ihre Absicht, ein unbekanntes Kapitel der Stadtgeschichte zu veranschaulichen, als Antwort auf die zurückliegende Geschichtspolitik vor 1989. Bekanntlich war Stadtgeschichte dort einseitig unter einer nationalpolnischen Per119 Bińkowska/Smolak: Nieznany portret, 117–120. Zum Breslauer Stadtbild als fotografisches Motiv vgl. Bińkowska, Iwona: Fotografia. In: dies./Szopińska, Elżbieta (Hg.): Leksykon Zieleni Wrocławia. Wrocław 2013, 44–46. 120 Łagiewski, Maciej: Schlesiens kulturelles Erbe. Hindernis oder Brücke?/Śląskie dziedzictwo kulturowe. Przeszkoda czy pomost? In: Transodra. Deutsch-polnisches Informationsbulletin/Polsko-­Niemiecki biuletyn informacyjny 10–11 (1995) 93–97, hier 95. 121 Łagiewski: Schlesiens kulturelles Erbe, 95.

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spektive definiert und verschiedene Aspekte der lokalen Kulturgeschichte marginalisiert worden. Auch im Stadtbild sollten die sichtbaren Spuren des deutschen Breslau ausgelöscht werden, was größtenteils in der historisch selektiven Baupolitik zwischen 1945 und 1970 vollzogen wurde.122 Der Museumsdirektor bezeichnete dieses Vorgehen als eine politische Praxis, „aus dem Stadtbild alles zu entfernen, was an das alte Breslau erinnerte“.123 Vor diesem Hintergrund markiert das Ende der Volksrepublik einen deutlichen Umbruch im Umgang mit der Stadtlandschaft. Denn mit dem Einsetzen der Transformationszeit begann die neue demokratische Stadtregierung mit restaurativen Baumaßnahmen im Altstadtbereich, die der bisherigen Gestaltungspraxis entgegengesetzt waren. Den Neuanfang im Umgang mit den historischen Bedeutungsebenen im öffentlichen Stadtraum symbolisierte die Wiederverlegung von Kopfsteinpflaster anstelle von Teerflächen und eine Installation von historisch anmutenden Bänken und Laternen auf öffentlichen Plätzen.124 Anlässlich dieses Beginns einer ästhetischen Neuorientierung im öffentlichen Raum, der sogenannten „Revitalisierung der Altstadt“, entstand die Ausstellung zum „Unbekannten Stadtportrait“. Zugleich wurde in dieser bedeutenden Ausstellung und bei der Umgestaltung des Breslauer Altstadtbereichs ein interessanter Zwiespalt in dieser Hinwendung zur Vergangenheit deutlich. Mit der Exposition historischer Hausfassaden und der Aufstellung historisch anmutender Laternen oder der Instandsetzung historischer Bauten verbanden sich noch keine direkten Definitionen der politischen und kulturellen Hintergründe der Orte. Zunächst ließ dieser Geschichtsbezug eine allgemeine Hinwendung zu einer Ästhetik der Jahrhundertwende, vor allem jener der bürgerlichen Lebenswelten, offensichtlich werden, wie sie in anderen europäischen Städten bereits seit den 1970er und 1980er Jahren zu beobachten war. Da es in Breslau jedoch um die Jahrhundertwende kein nennenswertes polnisches Bürgertum gab, bedeutete dieser Rückbezug unweigerlich eine Hinwendung zur deutschen Vergangenheit.125 Hier lassen sich drei Entwicklungsphasen ausmachen: Zunächst verwies dieser Rückbezug vor allem auf eine bildhafte Ebene der Ästhetik der Belle Époque. In der Folge verband sich damit aber auch eine schrittweise Aneignung der deutschen Geschichte Breslaus im öffentlichen Raum, und vor diesem Hintergrund setzte in den 1990er Jahren ein gradueller Prozess der Aufdeckung und Sichtbarmachung deutscher Kapitel der Stadtgeschichte ein. Der Historiker Karl Schlögel deutete 1997 den dynamischen geschichtskulturellen Wandel Breslaus als eine Faszination für den „Zauber der Bürgerlichkeit“. Der Sozialismus habe die Entfaltung einer Stadtgesellschaft verhindert, als Spätfolge des 122 Zur Breslauer Baupolitik vor 1989 vgl. Thum: Die fremde Stadt, 367–392, 434–494. 123 Łagiewski: Schlesiens kulturelles Erbe, 95. 124 Zur Renovierung des Breslauer Rings und der Altstadt vgl. Ossowitz, Tomasz: Die Planung des Stadtraums von Breslau nach der Kommunalreform im Jahr 1990. In: Harasimowicz (Hg.): Das Bild von Wrocław/Breslau, 83–102, hier 87 f.; Suleja, Włodzimierz: Historia Wrocławia, Bd. 3: W Polsce Ludowej, PRL i III Rzeczypospolitej. Wrocław 2001, 162; Davies/Moorhouse: Microcosm, 494; Thum: Die fremde Stadt, 515 f. 125 Thum: Die fremde Stadt, 514 f.

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Bevölkerungs­austausches konnte sich Breslau daher am Ende der Volkrepublik nicht wie Krakau auf ein altes städtisches Establishment stützen.126 Nach 1989 setzte nicht nur ein rasanter politischer, sondern auch ein kultureller Wandel ein. Die Aneignung bürgerlicher Lebenswelten ging einher mit einem neuen Unternehmertum, zivilgesellschaftlichen Initiativen und der Ausprägung lokaler Identitäten. Mit der neuen kommunalen Selbstverwaltung verstärkte sich auch ein Bewusstsein für das spezifische Kulturerbe der eigenen Stadt. Für das neue Selbstverständnis reichte die polnische Nation als alleiniger Definitionsmaßstab nicht mehr aus, sodass auch die tiefer zurückreichenden Traditionen des Lokalen, Bürger einer Stadt zu sein, an Bedeutung gewannen. Schlögel sah in dieser neuen Verortung der Stadt sogar gleich eine zweite Stadtgründung nach 1945: „Die Neubegründung Breslaus aus dem Geist der Bürgergesellschaft ist nicht weniger wichtig als der Wiederaufbau der zerstörten Stadt. Sie ist fast so etwas wie ein zweiter Gründungsakt.“127 Mit dem Ende von 45 Jahren Staatssozialismus setzte eine intensive Orientierungssuche ein – eine Suche nach Tradition in einer Stadt, in der kaum eine Familie eine längere Ortsgeschichte aufweisen konnte. Die beiden Ausstellungskuratorinnen Marzena Smolak und Iwona Bińkowska sollten bei dieser Suche nach der Geschichte des Lebensumfeldes eine Schlüsselposition einnehmen. Ihre Recherchen in Bildarchiven führten unabhängig voneinander zur Publikation großformatiger Mappen mit fotografischen Reproduktionen Breslauer Stadtbilder um 1900. Marzena Smolak hatte bereits als Kuratorin für das Historische Museum im Mai 1989 in der Ausstellung „Tragödie einer Stadt – Ein Bild der Zerstörungen“ die seit den 1960er Jahren wiederholt gezeigten Fotografien der Trümmerwüste um 1945 erstmals um Bilder Breslaus um 1900 und 1930 als Kontrastpunkt erweitert.128 Für diese Ausstellung recherchierte und fügte sie neben den gut 150 unmittelbaren Nachkriegsfotografien knapp 50 Bilder aus der sogenannten „Glanzzeit“129 Breslaus aus den Sammlungen der Universitätsbibliothek hinzu. Für das Historische Museum entwickelte Smolak noch im gleichen Jahr eine Mappe unter dem Titel „Fotografien des alten Breslau“ mit 20 Reproduktionen aus ihrer Ausstellung (13 Bilder um 1900, 5 um 1930 und 2 um 1945/46). Auch verfasste sie einen historischen Abriss, in dem sie erläuterte, dass Breslau zur Jahrhundertwende in den „Grenzen des deutschen Staates […] ein großes Industrie- und Handelszentrum“ war, „bis 1871 sogar die zweitgrößte Stadt nach Berlin“, sich danach allerdings weniger dynamisch als andere deutsche Städte entwickelte. Hierauf folgte eine Skizze der rasanten Stadtentwicklung im 19. Jahrhundert.130 In einer ers126 Schlögel, Karl: Breslau oder vom Zauber der Bürgerlichkeit (1997). In: ders.: Promenade in Jalta und andere Städtebilder. München/Wien 2001, 240–251, hier 250 f. 127 Schlögel: Breslau, 251. 128 Dział Dziejów Wrocławia i Dolnego Śląska, Sprawozdanie z działalności w roku 1989: MMWr, MHWr, 1/90, Bl. 26–28. 129 Tragedia miasta. Tę wystawę trzeba zobaczyć. In: Słowo Polskie am 5. Mai 1989; Wystawa w ratuszu o zagładzie miasta. Trzeba koniecznie zobaczyć. In: Wieczór Wrocławia am 11. Mai 1989. 130 Smolak, Marzena: Fotografie dawnego Wrocławia. Muzeum Historyczne we Wrocławiu. Wrocław 1991. Mit einer Auswahl von 16 weiteren Fotografien wurde die beliebte Bildermappe 2013 erneut herausgeben: Smolak, Marzena: Fotografie dawnego Wrocławia/Aufnahmen des alten Breslau. Muzeum Miejskie Wrocławia. Wrocław [2013].

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ten Textversion von 1989 wurde eingangs noch in zwei Absätzen hervorgehoben, dass „viele herausragende Polen“ die Stadt im 19. Jahrhundert „auf der Suche nach Spuren des Polentums“131 besuchten. Diese Passagen einer in der Volksrepublik fast zwanghaft praktizierten Betonung von Verbindungen Breslaus zur polnischen Kultur wurden in einer Überarbeitung gestrichen. Vermutlich aufgrund der wirtschaftlichen Umbrüche konnte das Historische Museum die Bildermappe erst 1991 veröffentlichen. Sie wurde zu einem regelrechten „Verkaufsschlager“ in den Buchhandlungen. Hinzu kam im gleichen Jahr ein erheblich größeres Publikationsprojekt der Lokalhistorikerin Iwona Bińkowska. Unabhängig vom Historischen Museum publizierte sie in einem Thorner Verlag fünf Mappen mit Fotografien Breslauer Plätze, Straßen, Stadthäuser und Parks um die Jahrhundertwende.132 Beide Publikationen schmückten in den 1990er Jahren die Wände zahlreicher Breslauer Cafés und Restaurants. Die bürgerliche Stadt der Belle Époque bildete einen Sehnsuchtsfaktor – weitgehend unabhängig von der politischen oder kulturellen Zugehörigkeit Breslaus.

4.4.3. Rezeption und Entwicklung – Bilder einer unbekannten Stadt Die Ausstellungserfolge des Historischen Museums in Breslau zählten zu den herausragenden Indikatoren für das große öffentliche Interesse an den so lange abgelehnten Epochen der Breslauer Geschichte. Die im Mai 1992 eröffnete Ausstellung zum „Unbekannten Stadtportrait“ der Jahrhundertwende wurde aufgrund des Publikumsandrangs sogar um einen Monat bis Juli 1992 verlängert. Auch das Medienecho stützte die positive Rezeption der Ausstellung. Die Breslauer Ausgabe der Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“ berichtete ausführlich über die Ausstellung und verwies dabei auf ein interessantes Spannungsverhältnis der alten Fotografien für die heutigen Breslauer: „Auf den präsentierten Fotografien wurde ein Bild Breslaus festgehalten, das es nicht mehr gibt – alte Gassen und Innenhöfe, abgerissene Gebäude und zerstörte Denkmäler. Es ist aber auch eine Stadt, die überdauert hat – denn der heutige Breslauer findet auf den vergilbten Fotografien auch Architekturfragmente, die heute umgebaut sind oder sich in einer neuen Umgebung befinden.“133 Diese Mischung aus Fremdheit und Wiedererkennungswert machte den Reiz der Fotoausstellung zum alten Breslau aus. 131 Teksty do wydawnictwa fotografie dawnego Wrocławia, 1989: MMWr, MHWr, [bez spisu]/55, Bl. 1. 132 Bińkowska, Iwona/Klimek, Stanisław: Wrocław. Fotografie z przełomu XIX i XX wieku. 1. ­Rynek/2. Place/3. Ulice/4. Budowle miejskie/5. Parki. Toruń 1991. Zugleich auf Deutsch und Eng­lisch: Wrocław/Breslau. Fotos aus der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Toruń 1991; dies.: Wrocław. Photographs from the turn of the 19 th and 20 th centuries. Toruń 1991 [²1993, ³2002, 42007]. 133 Podsiadły, Magda: Na podwórzu Rzeźni Miejskiej w dawnym Wrocławiu. In: Gazeta Dolnośląska/ Gazeta Wyborcza Wrocław am 2. Juni 1992, poln. Original: „Na prezentowanych zdjęciach utrwalony został obraz Wrocławia, który już nie istnieje. stare zaułki i podwórka, wyburzone budynki i zniszczone pomniki. Jest także miasto, które przetrwało. współczesny wrocławianin odnajduje na pożółkłych fotografiach fragmenty architektury, dziś przebudowanej lub w nowym otoczeniu.“

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Abbildung 11: Die Ausstellung „Unbekanntes Stadtportrait“ wurde 1994 im Alten Rathaus erneut gezeigt. Die historischen Fotografien präsentierte sie vor der Kulisse des Geschäftslokals „Neddermann“, das sich vor dem Zweiten Weltkrieg am Breslauer Ring befunden hatte.

Der Ausstellungstitel „Ein unbekanntes Portrait der Stadt“ hingegen machte nicht nur neugierig auf die Inhalte der Ausstellung, sondern unterstellte der Besucherschaft zugleich auch eine breite Wissenslücke. Dieser durchaus provokante Werbeslogan ersetzte erst in der letzten Vorbereitungsphase der Ausstellung den bereits von der Bildermappe bekannten wesentlich nüchterneren Arbeitstitel „Fotografien des alten Breslau“.134 Vor dem Hintergrund der selektiven Geschichtskultur der Volksrepublik erklärte der Museumsdirektor den Ausstellungstitel damit, dass „bis dahin [1989/92] nur das zerstörte und wiederaufgebaute Breslau allgemein bekannt“135 war. Dieser These lässt sich allerdings nur mit deutlichen Abstrichen zustimmen. Es ist zu simpel, von einem schlichtweg unbekannten Stadtbild als Ausdruck fehlenden Wissens über die städtische Kultur- und Architekturgeschichte zu sprechen. Wie im vorangegangenen Kapitel gezeigt wurde, präsentierten die lokalen Museen bereits seit den 1950er Jahren alte Holzschnitte und Kupferstiche mit Stadtansichten aus allen Epochen, und seit den 1980er Jahren fanden sich sehr tiefgründige Ansätze, die Breslauer Stadtentwicklung im 19. und frühen 20. Jahrhundert mit Hilfe alter Stiche und Zeichnungen

134 Wystawa czasowa „Fotografie dawnego Wrocławia“, 1992: MMWr, MHWr, 4/200. 135 Łagiewski: Schlesiens kulturelles Erbe, 95.

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Abbildung 12: Historische Möbelstücke, die an ein großbürgerliches Wohnzimmer erinnerten, bildeten 1994 den Hintergrund des zweiten Ausstellungsraumes im Alten Rathaus.

zu erläutern.136 Ausdruck dessen war insbesondere die Ausstellungsreihe des Nationalmuseums „Das bekannte und unbekannte Breslau in Grafiken und Zeichnungen“ (1985/86).137 Die erstmals 1989 und dann in größerem Umfang 1992 ausgestellten Fotografien waren hingegen vor allem in der Deutlichkeit ihrer Visualisierung, in ihrer Detailhaftigkeit unmittelbarer und markierten damit eine neue Dimension öffentlicher Diskurse. Auch die Popularisierung von Wissen über die rasante Stadtentwicklung zu Beginn des Jahrhunderts spielte in den Ausstellungen eine Rolle. Allerdings gab es auch hierzu bereits in der Volksrepublik eine Reihe von vornehmlich fachwissenschaftlichen Publikationen. 1956 erschien eine Studie zur „Stadtentwicklung Breslaus“,138 in der auch vereinzelt Fotografien der Stadt um 1900 abgebildet wurden; in der Mehrheit wurden allerdings auch für die Zeit vor 1945 Nachkriegsfotografien verwendet. Besonders reich bebildert, auch mit Fotografien der Jahrhundertwende, wurden 1976 und 1978 zwei Bände zur Geschichte des „Breslauer Rings“ und zur „Geschichte und Kultur Breslaus“.139 Auf wissenschaftlicher Ebene stellte die vom Direktor des Architekturmuseums

136 Eine Vielzahl an Druckgrafiken zum Stadtbild Breslaus enthalten die beiden Bildbände: Zieliński: Wrocław; Czerner: Wrocław. 137 Hryniewicz: Ulice i place. 138 Maleczyński/Morelowski/Ptaszycka: Wrocław rozwój. 139 Czerner: Rynek; Świechowski: Wrocław jego dzieje.

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geleitete Konferenz „Stadtzentrum – Zentrum Breslaus“140 von 1984 einen Meilenstein in der Auseinandersetzung mit der Breslauer Stadtentwicklung des 19. und frühen 20. Jahrhunderts dar. Es kann also keine Rede davon sein, dass am Ende der Volksrepublik die Bilder und das Wissen um die preußisch-deutsche Stadtgeschichte nicht vorhanden gewesen wären – nur blieb dieses Wissen auf eine kleine gesellschaftliche Gruppe beschränkt. Die großen Popularisierungsmedien wie Bildbände und Ausstellungen waren hier vor 1989 deutlich zurückhaltender. Zu nah und eindringlich wirkten die alten Fotografien der Breslauer Straßenzüge mit preußischen Denkmälern und einer Vielzahl deutscher Aufschriften. Vermutlich war es auch deshalb kein Zufall, dass sich für die erste große stadtgeschichtliche Dauerausstellung „Aus Breslaus Vergangenheit“ von 1980 nur in den ersten Planungsunterlagen zwei Abschnitte mit 17 Fotografien der Stadt fanden, die zwischen 1866 und 1929 entstanden waren. Die eröffnete Ausstellung verzichtete insgesamt auf die lokale Architekturgeschichte des 19. und frühen 20. Jahrhunderts.141 Eine Exposition von über 100 nostalgisch inszenierten Fotografien zum bürgerlich-repräsentativen Breslau um 1900 wäre vor 1989 nur schwer vorstellbar gewesen, aber gänzlich verborgen waren diese Bilder nicht. Als Folge der offiziellen Zensur und Selbstzensur wurden in den Bildbänden und Ausstellungen aus der Zeit der Volksrepublik deutsche Inschriften bei der Reproduktion von Druckgrafiken und Fotografien oftmals sogar aus den Bildern retuschiert oder herausgeschnitten. Wie bereits im Kapitel zum historischen Kontext ausgeführt, wurde noch 1983 bei einer Reproduktion der ältesten Breslauer Stadtansicht (1493) der Schriftzug „Bressla“ entfernt.142 Dies waren Versuche, sich der Unmittelbarkeit dieser historischen Relikte zu entziehen. Auch deshalb entschieden sich die Kuratorinnen 1992 dafür, die in der Universitätsbibliothek erschlossenen Fotografien in ihrer historischen Materialität, als Originalabzüge einschließlich historischer Notizen, auszustellen. Dem historischen Relikt kam in dieser geschichtskulturellen Transformationsphase eine besondere Ausdruckskraft zu. Hinsichtlich der Rezeption und Popularität dieser Ausstellung ist nach den vornehmlichen Besuchergruppen zu fragen. Diese lassen sich leider nur noch sehr bruchstückhaft rekonstruieren. Nach Angaben des Historischen Museums war die Ausstellung besonders bei den jungen Breslauern beliebt. Dies dürfte vor allem ein Ausdruck dessen sein, dass bereits in den letzten Dekaden der Volksrepublik die Neuaneignung der Geschichte Breslaus vor allem von Oppositionellen und Vertretern der jungen Generation getragen wurde. Eine zweite bedeutende Besuchergruppe der Ausstellung waren „ehemalige Breslauer“.143 Besonders in den 1980er und 1990er Jahren wurde Breslau zu 140 Czerner, Olgierd/Małachowicz, Edmund/Lose, Stanisław: Centrum miasta – Centrum Wrocławia. Materiały konferencji naukowej zorganizowanej w dniach 5–7 grudnia 1984 r. we Wrocławiu. Polska Akdemia Nauk, Oddział we Wrocławiu/Komisja Architektury i Urbanistyki. Wrocław/Warszawa/ Kraków 1986. 141 Wystawa „Z dziejów Wrocławia“, część 1000–1335 r./część 1740–1939 r., 1980: MMWr, MHWr, [bez spisu]/31, Bl. 47 f. 142 Zybura: Breslau, 376. 143 Łagiewski: Schlesiens kulturelles Erbe, 95.

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einem beliebten Reiseziel in Schlesien geborener Deutscher. Die Bedeutung dieser Zielgruppe für das Historische Museum zeigte sich auch in der konsequent zweisprachigen Ausfertigung des Katalogbandes zum „Unbekannten Stadtportrait“.144 Für den Erfolg der Ausstellung spricht auch, dass sich das Historische Museum zwei Jahre nach der Ausstellung zu einer Neuauflage der Exposition im Breslauer Rathaus entschloss. Dieselben Fotografien wurden seit Juni 1994 erneut, allerdings in einer neuen und aufwändigeren Szenografie der Öffentlichkeit präsentiert. Aus Sperrholz errichtete das Museum die Fassaden einer Breslauer „Apotheke“ und des Fachgeschäfts „Carl Neddermann“ vom Breslauer Ring. Hierneben wurde ein Raum mit Wohnzimmermöbeln, Wanduhr und Sekretär des gehobenen Bürgertums der Jahrhundertwende eingerichtet. Dieses Arrangement verstärkte noch einmal die bürgerlich-idyllische Perspektive der Ausstellung.145 Die mediale Rezeption war auch bei dieser Neuauflage groß und durchweg positiv. Die Tageszeitung „Wieczor Wrocławia“ lobte anlässlich der sommerlichen Ausstellungseröffnung: „Wir empfehlen diese Exposition im kühlen Museum sowohl jetzt in der Hitze als und auch später, an herbstlichen Tagen, denn die Ausstellung wird bis Jahresende geöffnet sein.“146 Auch die Tageszeitung „Słowo Polskie“ empfahl einen Besuch der Ausstellung „alleine um sich vorstellen zu können, wie sehr sich Breslau im Verlauf des letzten Jahrhunderts verändert hat“. Neben einer ausführlichen Würdigung der aufwändigen Ausstellungsszenografie, die „uns in die Stimmung der Epoche bringt“, stellte die Journalistin allerdings auch die ziemlich doppeldeutige rhetorische Frage: „Wer überhaupt erinnert sich denn noch an das Schlösschen auf dem Plac Powstańców Śląskich [Hindenburgplatz] […]? Oder an den großartigen Neptunbrunnen aus dem 19. Jahrhundert auf dem Plac Nowy Targ [Neumarkt]? Oder an das monumentale Kaiser-Wilhelm-I.-Denkmal an der Kreuzung Ulica Świdnicka und Podwale [Schweidnitzer Straße/Stadtgraben]? […] Dank dieser Fotografen […] können Sie die Stadt betrachten, wie sie noch nicht einmal die Breslauer kennen, obwohl sie täglich durch ihre Straßen schlendern.“147 144 Mit zweisprachigen Texten erschienen die Kataloge: Bińkowska, Iwona/Smolak, Marzena: Nieznany portret miasta. Fotografie Wrocławia z 2 połowy XIX i początku XX w. Arsenał Wrocławski. Muzeum Historyczne we Wrocławiu i Biblioteka Uniwersytecka we Wrocławiu. Toruń 1992; dies.: Nieznany portret miasta. Fotografie Wrocławia z 2. połowy XIX i początku XX w. Ratusz Wrocławski. Muzeum Historyczne we Wrocławiu i Biblioteka Uniwersytecka we Wrocławiu. Wrocław 1994. 1997 wurde jeweils auf Deutsch und Polnisch eine überarbeitete Auflage herausgegeben. 145 Nieznany portret miasta, Ratusz Wrocławski, Juni 1994 bis September 1995. Für die übermittelten Fotografien danke ich Tomasz Gąsior. 146 Sach: Nieznany portret miasta. In: Wieczór Wrocławia am 5.–7. August 1994, poln. Original: „Polecamy tę ekspozycję w chłodnym muzeum teraz na upalne i także później, na jesienne dni, albowiem wystawa czynna będzie do końca roku.“ 147 Brol, Ewa: Wrocław nieznany. In: Słowo Polskie am 14. Juli 1994, poln. Original: „Któż bowiem pamiętać może ‚pałacyk‘ na placu Powstańców Śląskich […]? Albo wspaniałą XIX-wieczną fontannę z Neptunem na Nowym Targu? Albo monumentalny pomnik Wilhelma I na skrzyżowaniu Świdnickiej i Podwala? […] Dzięki zdjęciom […] obejrzeć można miasto, jakiego nie znają nawet wrocławianie, choć codziennie przechadzają się jego ulicami.“

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Auch in diesem Zuspruch für die Ausstellung wurde wieder eine Unwissenheit der heutigen Breslauer beschworen. Es drängt sich auch der Eindruck auf, dass mit dieser Betonung von Unwissen weder ein verpasster Besuch der Ausstellung noch ausschließlich jüngere Menschen oder gar die Folgen der selektiven Geschichtskultur der Volksrepublik gemeint waren, sondern vielmehr auf die Folgen des nahezu vollständigen Austauschs der Breslauer Stadtbevölkerung in den Jahren 1945–1947 verwiesen wurde. Aufgrund des radikalen Schicksals Breslaus konnte nur eine winzige Minderheit der heutigen Bewohner die Stadt vor dem Krieg oder ihre Reste, wie z. B. die Denkmäler in den Trümmern von 1945, gesehen haben – und daher diese Frage aus dem „Słowo Polskie“ mit „Ja“ beantworten. Doch die dramatische Tragweite dieses Wissensverlustes einer ganzen Stadt wurde weder in den Begleitmaterialien zur Ausstellung noch in den Artikeln der Tageszeitungen direkt angesprochen. Es blieb eine verschwiegene Mystik um die Metaebene dieser zeitlichen, aber auch räumlich oder kulturell scheinbar entfernten Welt des alten Breslau. Gänzlich unbekannt dürften die alten Gebäude und Straßenzüge allerdings, wie bereits angeführt, nur einem Teil der breiten Stadtbevölkerung gewesen sein. Denn lokalhistorisch Interessierten oder regelmäßigen Museumsbesuchern waren schon mehrere der gezeigten Motive aus der Vorkriegszeit in früheren Ausstellungen oder Büchern begegnet. In einer Rezension über den Begleitband deutete die Historikerin Małgorzata Ruchniewicz den Ausstellungstitel deshalb auch dahingehend, dass für die Breslauer vor allem die bereits vor 1914 im Zuge der Modernisierung abgerissenen Gebäude unbekannt gewesen seien. Darüber hinaus habe sich die Ausstellung besonders großen Interesses erfreut, da sie Bauten einer „fruchtbaren Zeit der städtischen Architekturentwicklung“ zeige, deren Relikte sich heute aufgrund ihrer „Schönheit und soliden Verarbeitung“ besonderer Wertschätzung erfreuten.148 Dieser Hinweis macht noch einmal deutlich, dass im Mittelpunkt der Ausstellung die Stadtentwicklung vor allem in den Jahrzehnten vor dem Ersten Weltkrieg stand und nicht allgemein das Breslauer Stadtbild, wie es bis 1944/45 existiert hatte. Zudem rückte die Konzentration der Ausstellung auf eine ausgewählte Sammlung, also auf die fotografische Dokumentation der Baubehörde aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert, die Fotografien in einen bestimmten historischen Zusammenhang der Stadtentwicklung. Der nostalgische Blick auf die Jahrhundertwende enthielt damit konkrete Bezüge zum historischen Geschehen. Die große Fotoausstellung „Unbekanntes Stadtportrait“ von 1992 und 1994 markierte, abschließend betrachtet, auch in ihrer zeitlichen Perspektive einen Meilenstein bei der Musealisierung der Breslauer Stadtgeschichte. Das Historische Museum zeigte nicht nur erstmals einen umfangreichen Bestand historischer Fotografien des alten Breslau, sondern verortete diese auch im Narrativ einer aufstrebenden deutschen Großstadt am Beginn des 20. Jahrhunderts. Nach dem Auftakt mit der Ausstellung des Architekturmuseums zu den „Breslauer Juden 1850–1945“ vom Mai 1989 definierte das Historische Museum mit seiner Foto148 Ruchniewicz, Małgorzata: „Nieznany portret miasta. Fotografie Wrocławia z 2. połowy XIX i początku XX w. (ze zbiorów Biblioteki Uniwersyteckiej), oprac. Bińkowska, Iwona i Marzena Smolak, wyd. 2 uzupełnione, Wrocław 1997, ss. 160“. In: Rocznik Wrocławski 5 (1998) 277–279, hier 278 f.

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grafieschau ein weiteres bisher kaum behandeltes Kapitel der Stadtgeschichte. Zugleich reflektierte es mit seiner nostalgischen Inszenierung einen gesellschaftlichen Rückbezug auf bürgerliche Lebenswelten nach dem Ende des Staatssozialismus. Die beliebten Ausstellungen und ihr Begleitband prägten nachhaltig die visuelle Geschichtskultur Breslaus. Nach der Präsentation von 1994 wurde sogar noch 1997 eine erweiterte Version des Ausstellungsbandes auf Polnisch und Deutsch herausgegeben.149 Die Fotoausstellung zur Jahrhundertwende bildete damit den Auftakt zu einer neuen, tiefgründigeren und spezialisierten Reihe der musealen Präsentationen alter Stadtansichten in den Breslauer Museen. Unmittelbar an die Neuauflage der besprochenen Fotoausstellung schlossen zum 50. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges (1995) sowohl eine überarbeitete Version der Fotoausstellung mit Bildern der „Zerstörungen – Breslau 1945“ wie auch eine viel beachtete Sonderausstellung zur Geschichte der Schweidnitzer Straße an – Breslaus zentraler Geschäfts- und Verkehrsstraße im 19. und 20. Jahrhundert.150 Diese besonders detaillierte Auseinandersetzung mit der Geschichte bedeutender Straßen und Stadtteile, begleitet von einer ganzen Flut öffentlich kaum bekannten historischen Bildmaterials, bildete die Fortsetzung der visuellen Aneignung der neueren Geschichte Breslaus.

4.5. D  ie unbekannte Stadt erkunden – Die Musealisierung des Stadtbildes nach 1989 4.5.1. Fotografien als Zeugnisse der Stadtgeschichte Die Ansichten des alten Breslau blieben aufgrund ihrer visuellen Ausdruckskraft und ihrer scheinbaren Unmittelbarkeit in den Breslauer Museen ein beliebtes Exponat. Ihre ganze Bandbreite vom mittelalterlichen Holzschnitt, über den neuzeitlichen Kupferstich bis hin zu Ölgemälden, Aquarellen und Fotografien wurden nach 1989 noch zahlreicher zu Ausstellungsobjekten der Breslauer Museen: Das Historische Museum, das Architekturmuseum und das Nationalmuseen zeigten diese beliebten Medien in ganz unterschiedlichen Kontexten – sowohl als Relikte der lokalen Kulturgeschichte, als Zeugen der topografischen Entwicklung wie auch als Produkte der Künstler. Hinsichtlich der Musealisierung der Stadtgeschichte ist seit den politischen Umbrüchen von 1989 eine bisher unbekannte Aufgeschlossenheit und historische Tiefe zu allen geschichtlichen Epochen festzustellen. Insbesondere drei neue Entwicklungslinien prägten die 20 Jahre bis 2010: Eine Konzentration auf die Geschichte einzelner Stadtteile wie auch einzel149 Bińkowska, Iwona/Smolak, Marzena: Nieznany portret miasta. Fotografie Wrocławia z 2. połowy XIX i początku XX w. Ratusz Wrocławski. Muzeum Historyczne we Wrocławiu/Biblioteka Uniwersytecka we Wrocławiu. Wrocław ²1997 [¹1992/94]. Zugleich auf Deutsch: Unbekanntes Porträt einer Stadt. Breslau. Fotografien aus der 2. Hälfte des 19. Jh. und vom Anfang des 20. Jh. Ratusz Wrocławski. Muzeum Historyczne we Wrocławiu/Biblioteka Uniwersytecka we Wrocławiu. Wrocław ¹1997. 150 Ostrowska-Kębłowska, Zofia: Ulica Świdnicka we Wrocławiu. Ratusz Wrocławski. Muzeum Historyczne we Wrocławiu. Wrocław 1995; Smolak, Marzena: Wrocław 1945. Album zniszczeń. Wrocław 1995 [²2000]. Auf Deutsch: Breslau 1945. Zerstörung einer Stadt. Wrocław 1995 [²2000].

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ner Künstler, größere und dauerhafte Ausstellungen zur Breslauer Topografie sowie Anfänge einer Musealisierung des sozialistischen Breslau. Die erwähnte Ausstellung zur Schweidnitzer Straße im Alten Rathaus (1995) war in dieser Entwicklung von besonderer Bedeutung. Sie zeigte in einem bisher unerreichten Detail nicht nur die topografische Geschichte, sondern auch die Kulturgeschichte von Breslaus repräsentativer Geschäftsstraße. Anhand dieser zentralen Straße ließ sich ein konkreter Ausschnitt der Breslauer Stadtgeschichte über einen langen Zeitraum verfolgen. Zugleich unterlag auch diese Präsentation der Geschichte einer innerstädtischen Hauptstraße wieder einem nostalgischen Einschlag, wobei auch ihre Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und der Wiederaufbau der „Stalingrader Straße [poln. Ulica Stalingradzka]“ (bis 1957) Teil der Präsentation waren.151 Zusammen mit der Neuauflage der Ausstellung von Fotografien der zerstörten Stadt 1945/46 in der Ausstellung „Zerstörungen – Breslau 1945“ versammelte das Historische Museum im Frühjahr 1995 zum 50. Jahrestag des Kriegsende ein breites Panorama der jüngeren Stadtgeschichte. Fotografien historischer Straßenszenen waren seit 1990 von zentraler Bedeutung für eine Auseinandersetzung mit der jüngeren Stadtgeschichte. Bilder der unmittelbar zurückliegenden Gewaltexzesse auf den Breslauer Straßen während der Proteste und Streikbewegungen gegen die kommunistische Regierung zeigte das Historische Museum bereits 1990 und 1996 in großen Ausstellungen zum zehnjährigen Jubiläum der Solidarność unter dem Titel „Monate der Hoffnung“ und besonders ausführlich in der Sonderausstellung „Kriegszustand in Breslau 1981–1983“.152 Mit diesen noch an anderer Stelle genauer besprochenen Ausstellungen153 verharrte das Museum nicht mehr nur in seiner Rolle, eine Institution für die Konservierung historischer Stadtbilder zu sein, sondern beteiligte sich an gegenwärtigen, zeitgeschichtlichen Debatten. Besonders eindrucksvoll wurde dieser aktuelle Bezug Ende August 1997, nur einen Monat nach der verheerenden Flutkatastrophe vom Juli: In den Räumen des Rathauses zeigten über 20 Fotografen der Breslauer Tageszeitungen „Robotnicza Gazeta Wrocławska“ und „Gazeta Wyborcza“ Bilder der überschwemmten Stadt in der Ausstellung „Flut und Menschen“. Ergänzt wurde diese Exposition um historische Fotografien der Flut von 1903, die in der politischen Debatte über die Versäumnisse von 1997 eine bedeutende Rolle spielte.154 2007 erhielt dieses einschneidende Ereignis der neueren Geschichte Breslaus noch einmal öffentliche Aufmerksamkeit: Das Historische Museum versammelte eine große fotografische Sammlung und über 20 Stel-

151 Zwierz, Maria: Dzieje ulice Świdnickiej. In: Ostrowska-Kębłowska: Ulica Świdnicka, 11–30. 152 Wrocławskie uroczystości 10-lecia „Solidarności“. In: Wieczór Wrocławia am 3. September 1990; Gomułkiewicz, Piotr u. a.: Stan wojenny we Wrocławiu 1981–1983. Informator wystawy. Dolnośląska Fundacja Gospodarcza Centrum. Wrocław 1996. 153 Vgl. in der vorliegenden Untersuchung im Kapitel 6.5 den Abschnitt „Ausstellungen zu den Breslauer Oppositionsbewegungen“. 154 Woźny, Juliusz: Zapis kataklizmu. In: Wieczór Wrocławia am 28. August 1997; Kal: Powódź, ludzie i fotoreporterzy. In: Gazeta Dolnośląska/Gazeta Wyborcza Wrocław am 29. August 1997.

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lungnahmen von Breslauer Persönlichkeiten.155 Die kollektiven Rettungsaktionen in der bedrohten Stadt bewerten verschiedene Historiker als ein Ereignis, welches nach Erlangung der kommunalen Selbstverwaltung 1993 auch zu einem vertieften lokalen Selbstbewusstsein beitrug, zu einem vorläufigen Höhepunkt in der mentalen Aneignung der Stadt und ihres Kulturerbes.156 Gut 20 Jahre nach dem politischen Umbruch von 1989 gewannen historische Fotografien als Exponate der Stadtgeschichte eine neue Dimension. Während sich die zuvor besprochenen Ausstellungen zum „Unbekannten Stadtportrait“ (1992/94) und zur Schweidnitzer Straße (1995) vor allem auf den Innenstadtbereich konzentrierten, setzte eine Ausstellungsreihe zu spezifischen Stadtteilen eine Professionalisierung in diesem Bereich in Gang: Beginnend bei der Nikolai-Vorstadt (2010) und der Schweidnitzer Vorstadt (2011) versammelten die von lokalhistorischen Konferenzen begleiteten Ausstellungen eine Vielzahl von Fotografien vom 19. bis ins 21. Jahrhundert.157 Mit der Musealisierung einzelner Stadtteile erreichte die Auseinandersetzung mit der Geschichte des eigenen Wohnortes eine weitere Vertiefung. Noch eine zweite Beobachtung ist als Befund dieser Untersuchung festzuhalten: Die Musealisierung der Stadtgeschichte des Zeitraums 1945 bis 1989 begrenzte sich zunächst auf eine Auseinandersetzung mit den großen Traumata, den Konfrontationen mit dem kommunistischen Regime. 20 Jahre nach dessen Ende fanden aber auch immer zahlreicher Alltagserinnerungen Eingang in den musealen Kontext: Dies waren Fotografien von Straßenszenen der 1950er und 1960er Jahre, dem Aufblühen der wiederaufgebauten Stadt. Die belebte Stadtlandschaft der ersten Dekaden des polnischen Breslau war erstmals 2011 und 2013 ein Thema von Ausstellungen. Das Historische Museum übernahm dafür ganze Nachlässe einzelner Fotografen in seine Sammlungen.158 Die zeitliche Distanz erlaubte zunehmend eine nostalgische Betrachtungsweise dieser historischen Epoche – Szenen des Alltagslebens und persönliche Erinnerungen überlagern in den fotografischen Stadtbildern die politischen Umstände der stalinistischen Repression.

155 Okólska, Halina/Kot, Jerzy Bonifacy (Hg.): Wrocław. Powódź wszech czasów 1997. Fotografie i rozmowy. Muzeum Miejskie Wrocławia. Wrocław 2007. 156 Davies/Moorhouse: Microcosm, 495 f.; Ruchniewicz: Warum Wrocław nicht Breslau ist, 238; vor allem Kajdanek, Katarzyna: Znaczenie powodzi 1997 r. w procesie wrastania mieszkańców Wrocławia. In: Kucharski/Strauchold (Hg.): Ziemie Zachodnie, 389–398, hier 393 f. 157 Smolak, Marzena (Hg.): Przedmieście Mikołajskie we Wrocławiu. Katalog wystawy. Muzeum Miejskie Wrocławia. Wrocław 2010; Okólska, Halina (Hg.): Przedmieście Mikołajskie we Wrocławiu. Materiały z sesji naukowej. Muzeum Miejskie Wrocławia. Wrocław 2011; Okólska, Halina/Górska, Hanna (Hg.): Przedmieście Świdnickie we Wrocławiu. Materiały z sesji naukowej. Muzeum Miejskie Wrocławia. Wrocław 2012. Folgende wissenschaftliche Tagungen fanden hierzu statt: Przedmieście Mikołajskie we Wrocławiu (2010), Przedmieście Świdnickie we Wrocławiu (2011), Przedmieście Oławskie we Wrocławiu (2012), Przedmieście Odrzańskie we Wrocławiu (2013). 158 Smolak, Marzena: Wrocław lat sześćdziesiątych XX wieku na fotografiach Tomasza Olszewskiego. Wrocław 2011; ders.: Wrocław lat pięćdziesiątych XX wieku na fotografiach Stefana Arczyńskiego. Muzeum Miejskie Wrocławia. Wrocław 2013.

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4.5.2. Expertise für das Stadtbild im Nationalmuseum Die fotografischen Sammlungen avancierten zu einem beliebten Ausstellungsmedium, insbesondere im Historischen Museum. Im Mittelpunkt der Exposition von Stadtansichten aller drei besprochenen Breslauer Museen standen aber auch die klassischen Stadtbild-Medien wie Kupferstiche und Gemälde. Im Nationalmuseum rückten vor allem die Schöpfer dieser Stadtansichten, die Zeichner und Maler des alten Breslau, in den Fokus von Retrospektiven. Den bereits aus den ersten Stadtbildausstellungen zu Alt-Breslau (seit 1905) bekannten Künstlern widmete das Nationalmuseum umfangreiche Sonderausstellungen. Parallel zu der Ausstellungsreihe „Breslauer Motive in der Malerei“ (1993– 1996) zeigte das Nationalmuseum Sonderausstellungen zu den herausragenden Schöpfern von Stadtansichten wie den Zeichnern Heinrich Mützel, 1797–1868, Otto Ferdinand Probst, 1866–1923 (beide 1993), und Friedrich Gottlob Endler, 1763–1822 (1994).159 Im Herbst 1993 veranstaltete das Nationalmuseum zusammen mit dem Haus Schlesien aus Königswinter bei Bonn eine große Sonderausstellung für den „Maler des alten Breslau“ Adelbert Woelfl (1823–1896). Unter der Leitung des Breslauer Spezialisten für alte Stadtansichten Piotr Łukaszewicz entstand hier ein besonders detailreiches Bild des alten Breslau, indem verschiedene Sammlungen des Breslauer und Warschauer Nationalmuseums, des Breslauer Architekturmuseums und Teilen der Sammlung Haselbach aus Deutschland zeitweilig zusammengeführt wurden.160 Auch dem zweiten großen Maler des alten Breslau und der schlesischen Landschaften Adolf Dressler (1833–1881) widmeten das Breslauer und Warschauer Nationalmuseum eine Sonderausstellung (1997).161 Die großen Schauen zu den deutschen Breslau-Malern unterlagen vor allem einem kunsthistorischen Interesse. Das Nationalmuseum verfügt über die mit Abstand größte Sammlung an Stadtansichten und eine ausgesprochene Expertise in diesem Metier. Die hier dargelegte Übersicht muss aufgrund der Vielzahl seiner Projekte lückenhaft bleiben. Neben einer kleineren Ausstellung zu „Breslau auf alten Karten, 16.–19. Jahrhundert“ (1994)162 sollen hier vor allem zwei weitere Beispiele besprochen werden. Die Sonderausstellung „Die alten Gassen Breslaus“ (2001) versammelte Gemälde, Grafiken und Fotografien eines zentralen Motivs der romantisch verklärten Altstadt. Im Detail erläuterte sie, wie die Mehrzahl dieser Gassen aus dem 1866 aufgelösten inneren Stadtgraben entstanden und in welchen Formen die verwinkelten Straßenzüge vor 1945 künstlerisch interpretiert wurden.163 Den Höhepunkt aller bisherigen Stadtansichtsausstellungen 159 Heś, Robert: Adalbert Woelfl. Malarz dawnego Wrocławia, 1993. In: Hermansdorfer (Hg.): Muzeum Narodowe, 482; ders.: Widoki Wrocławia w grafice E. Endlera, 1994. In: Hermansdorfer (Hg.): Muzeum Narodowe, 490. 160 Łukaszewicz: Adelbert Woelfl. 161 Łukaszewicz, Piotr/Kozak, Anna (Hg.): Obrazy natury. Adolf Dressler i pejzażyści śląscy drugiej połowy wieku XIX/Bilder der Natur. Adolf Dressler und die schlesischen Landschaftsmaler in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Muzeum Narodowe we Wrocławiu. Wrocław 1997. 162 Heś, Robert: Wrocław w dawnej kartografii XVI–XIX wiek, 1994. In: Hermansdorfer (Hg.): Muzeum Narodowe, 499. 163 Szafkowska: Dawne zaułki.

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organisierte 2008/09 ebenfalls das Nationalmuseum. Der bereits genannte Kurator Piotr Łukaszewicz überbot mit seiner riesenhaften Sonderausstellung „Das Antlitz der Stadt“ sowohl bei der Anzahl der zusammengetragenen Grafiken und Gemälde wie auch bei ihrer wissenschaftlichen Bearbeitung alle bisherigen Bestandsaufnahmen164 zu den Stadtansichten Breslaus um ein Vielfaches. Die beiden umfangreichen, üppig bebilderten Katalogbände sind als Forschungswerk zur „Ikonografie Breslaus“ von größter Bedeutung.165 An dieser Stelle lässt sich gleichsam von einem vorläufigen Schlusspunkt in der Musealisierung von Stadtbildern sprechen. Genau hundert Jahre nach Eröffnung der ersten Überblicksausstellung zum alten Breslau (1905/08) wurde mit dieser musealen Bestandsaufnahme eine Art Abschluss gefunden. Nicht mehr nur der romantisch-verklärte Altstadtbereich oder ausschließlich das Stadtbild politisch „erinnerungswerter“ Epochen, sondern alle von der Kunst rezipierten Stadtteile vom ersten Holzschnitt (1493) bis zu den Aquarellen und Radierungen der 1960er Jahre fanden hier Berücksichtigung. In der kunstwissenschaftlichen Erschließung der Breslauer Stadtbilder steht das Nationalmuseum unangefochten an der Spitze. Wenn wir uns hingegen die Entwicklung der musealen Geschichtskultur, die Deutung von Stadtgeschichte anschauen, stechen vor allem das Architekturmuseum und das Historische Museum hervor.

4.5.3. Das Stadtbild in den neuesten Dauerausstellungen Die Gründung eines Museums für Architekturgeschichte versetzte Breslau in die glückliche Lage, eine eigene Institution für die Musealisierung seines Stadtbildes zu besitzen. Obwohl das Haus 1965 mit einem überregionalen Anspruch gegründet wurde, zählte die städtebauliche Entwicklung Breslaus vom frühen Mittelalter bis in die Gegenwart immer auch zu den Schwerpunktthemen des Architekturmuseums. Bereits 1989 publizierte der damalige Museumsdirektor Olgierd Czerner die bisher größte Bestandsaufnahme des Breslauer Stadtbildes in Grafik und Zeichnungen.166 Neben Fassadenelementen zählen architektonische Zeichnungen und historische Druckgrafiken, beginnend beim ältesten Breslauer Holzschnitt aus der Schedel’schen Weltchronik, zu den Sammlungen des Museums. Die Entwicklung des Stadtbildes in einem geschlossenen Überblick ließ sich in dieser Breslauer Institution von 1980 bis 2002 in der bereits besprochenen Dauerausstellung „Breslau – gestern, heute, morgen“ nachverfolgen. Das in Polen einzigartige Architekturmuseum bildet auch heute eine zentrale Institution zur architek-

164 Bedeutende Übersichten von Stadtansichten enthielten bis dahin Barthel: „Der Staette Koeniginn“; Schreiner: Breslau; Czerner: Wrocław. 165 Łukaszewicz, Piotr (Hg.): Ikonografia Wrocławia, Bd. 1: Grafika/Bd. 2: Rysunek i akwarela, obrazy olejne, dioramy, medalierstwo, rzemiosło artystyczne. Muzeum Narodowe we Wrocławiu. Wrocław 2008; Bandurska, Zofia: Ikonografia Wrocławia. Pocztówki. Muzeum Narodowe we Wrocławiu. Wrocław 2008. Alle Publikationen gingen hervor aus der Ausstellung: „Oblicza Miasta“, Muzeum Narodowe we Wrocławiu, November 2008 bis Januar 2009. 166 Czerner: Wrocław.

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tonischen Stadtentwicklung.167 In der vergangenen Dekade organisierte das international vernetzte Museum eine Vielzahl herausragender Ausstellungen zur Architektur der Breslauer Moderne im 20. Jahrhundert, wie zum Architekten Hans Poelzig (2000), zur 1913 errichteten Breslauer Jahrhunderthalle (2005) oder der großen Breslauer Werkbundausstellung von 1929 (2009).168 Die verschiedenen deutsch-polnischen Kooperationen führten auch 2007 zu einer Präsentation der bedeutenden Stadtansichtensammlung „Haselbach“ in Breslau.169 Zusammen mit dem Kulturamt der Stadt Breslau, dem Kunsthistorischen Institut der Breslauer Universität und deutschen Partnern konnten mehrfach Wanderausstellungen entwickelt werden, wie etwa „Breslau im Luftbild der Zwischenkriegszeit aus den Sammlungen des Herder-Instituts Marburg“ (2008).170 Abschließend soll nun gezeigt werden, wie bei der musealen Definition von Stadtgeschichte die Druckgrafiken und Fotografien des alten Breslau in dauerhafte Ausstellungsformen des Historischen Museums Einzug gehalten haben. Bezeichnend für die neue Dauerausstellung ist, dass viele der seit 1989 gewählten Ausstellungsthemen hier Eingang gefunden haben und sich damit das Historische Museum (seit 2000 Städtisches Museum) zu einem Speicher musealer Geschichtskultur entwickelte. Vor der Eröffnung der großen Dauerausstellung des Städtischen Museums im Frühjahr 2009 waren Stadtansichten nicht nur in den besprochenen Fotografie- und Kunstausstellungen zu sehen – zu den herausragenden Sonderausstellungen über die Stadtentwicklung zählte auch die große Präsentation „Breslau auf Plänen des 16. bis 20. Jahrhunderts“ von 1999. Die Kuratorinnen Halina Okólska und Krystyna Szykuła versammelten im großen Saal des Alten Rathauses 95 historische Stadtpläne aus fünf Breslauer Sammlungen, unter anderem aus der bedeutenden Privatsammlung des Antiquars Andrzej Jaworski, der Universitätsbibliothek und dem Bauarchiv am Architekturmuseum. Eingerahmt von ausführlichen historischen Erklärungen präsentierte die Ausstellung historische Karten vom vielfach gezeigten ältesten Breslauer Stadtplan von 1562 bis hin zu einen Plan von 1957, der noch auf einer modifizierten Vorkriegsausgabe basierte.171 Als Andenken an diese Ausstellung verblieb die vermutlich zweitgrößte Breslauer Museumspubli167 Gola/Ławicka: Od klasztoru do muzeum, 218–224, 418–430; Moniak/Sadowska: 50 lat Muzeum Architektury, 37, 56. 168 Diese drei Ausstellungen aus dem Programm des Muzeum Architektury we Wrocławiu wurden mit dem polnischen Museumspreis „Sybilla“ ausgezeichnet. Für eine Übersicht zum Ausstellungsprogramm 1965–2015 vgl. die zum 50. Jubiläum des Museums herausgegebene Broschüre: Moniak/Sadowska: 50 lat Muzeum Architektury, 64–84. Zu den Ausstellungen: Ilkosz, Jerzy/Störtkuhl, Beate (Hg.): Hans Poelzig in Breslau. Architektur und Kunst 1900–1916. Delmenhorst 2000; Ilkosz, Jerzy: Hala Stulecia i Tereny Wystawowe we Wrocławiu. Dzieło Maksa Berga. Muzeum Architektury we Wrocławiu. Wrocław 2005; Urbanik, Jadwiga: WUWA 1929–2009. Wrocławska wystawa Werkbundu. Muzeum Architektury we Wrocławiu. Wrocław 2009. 169 Marsch/Popp: Zeit-Reisen. 170 Eysymontt, Rafał/Urban, Thomas: Wrocław na fotografii lotniczej z okresu międzywojennego ze zbiorów Instytut Herdera w Marburgu. Marburg/Wrocław 2008. 171 Kaszewski, Cezary: Stare plany Wrocławia. In: Słowo Polskie am 30. Juni 1999, Maciejewska, Beate: Gdzie jest ta ulica. Wystawy. Mapy Wrocławia w ratuszu. In: Gazeta Dolnośląska/Gazeta Wyborcza Wrocław am 29. Juni 1999. Die Exponate der Ausstellung stammten aus folgenden Sammlungen: Ze

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kation überhaupt, eine großformatige Mappe mit Reproduktionen von 43 historischen Stadtplänen und einem Verzeichnis von über 132 Karten aus der Breslauer Geschichte.172 Ein besonders eindrucksvolles Zeugnis Breslauer Geschichtskultur war 2001 eine Kunstausstellung des Historischen Museums mit Zeichnungen und Aquarellen des deutschen Breslauers Paul Rose, der in seinen Stadtansichten gleich drei Epochen der Breslauer Geschichte vereinigte. Der Breslauer Zeichner musste seine Heimatstadt erst fünf Jahre nach Kriegsende verlassen, und so fanden sich in seinem Nachlass Breslauer Stadtansichten aus der Zeit der Weimarer Republik, des Nationalsozialismus und der Kriegs- und Nachkriegszeit unter sowjetisch-polnischer Verwaltung. Hier wurde ein Vergleich des Stadtbildes aus der Hand eines Künstlers möglich, dessen Nachlass als sein letzter Wille bereits 1980 aus der DDR dem Historischen Museum in Breslau übergeben worden war.173 Die besondere Geschichte der Sammlung wurde hier genauso zu einem Ausdruck für Kontinuitäten und Umbrüche in der Breslauer Stadtgeschichte wie die in ihr festgehaltenen Motive der Stadt. Zur Präsentation von „Bildern einer Welt, die es nicht mehr gibt“ konnten die Sammlungen ehemaliger Breslauer in besonderem Maße beitragen. Ebenfalls 2001 eröffnete das Historische Museum eine Ausstellung mit 50 Radierungen des Künstlers Hugo Ulbrich mit Motiven der Stadt zu Beginn des 20. Jahrhunderts – allesamt waren sie Leihgaben des Museums „Haus Schlesien“ aus Königswinter.174 Durch die Zusammenarbeit mit deutschen Institutionen wie dem Herder-Institut Marburg, der Ostdeutschen Galerie Regensburg oder dem Schlesischen Museum zu Görlitz erlebte die Präsentation von Stadtansichten zum alten Breslau eine deutliche Ausweitung. Dieser offensive Rückbezug auf die Motive der Stadt vor dem Zweiten Weltkrieg unterstreicht die hier aufgezeigte Entwicklung von der Entdeckung zur Aneignung einer vermeintlich unbekannten Stadt durch das Breslauer Geschichtsmuseum. Stadtansichten in verschiedenen Kontexten, als Kunstwerke und historische Relikte, finden sich auch in den 2009 eröffneten Dauerausstellungen „1000 Jahre Breslau“ und die „Kunst Breslaus 1850–1945“. Diese verdeutlichen den bemerkenswerten Umstand, dass das im Städtischen Museum aufgegangene Historische Museum hundert Jahre nach Eröffnung der Dauerausstellung „Alt-Breslau“ vor einer vergleichbaren Herausforderung stand, Stadtansichten als ikonografische Quellen wie auch als künstlerische Interpretationen zu präsentieren: In den Dauerausstellungen finden wir hierzu gleich drei Ansätze. Die Sammlungen zum habsburgischen Breslau enthalten im Raum zum Stadtrat (Raum 4) den ältesten Stadtplan (als Reproduktion von 1825) oder auch einen zbiorów Biblioteki Uniwersyteckiej we Wrocławiu, Zakładu Narodowego im. Ossolińskich, Muzeum Historycznego we Wrocławiu, Archiwum Budowlanego Miasta Wrocławia oraz prywatnej kolekcji Andrzeja Jaworskiego. 172 Okólska: Wrocław na planach. Als umfangreichste Publikation eines Breslauer Museums ist die 1916 herausgegebene Dokumentation der Großausstellung „Jahrhundertfeier der Freiheitskriege“ (1913) zu bezeichnen. Vgl. Masner/Hintze: Die Historische Ausstellung [1916]. 173 Smolak, Marzena: Wrocław Paula Rosego. In: Wrońska-Cupiał (Hg.): „Nie ma jak w domu“, 70–79. 174 Grafiki Hugona Ulbricha, Ratusz Wrocławski, November 2001 bis Januar 2002. Vgl. Nogaj, Magda: Obrazy świata, którego już nie ma. In: Gazeta Wyborcza Wrocław am 15. November 2001.

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detailreichen Kupferstich mit Stadtpanorama und Einzelansichten beider Zeughäuser, der Burg und dem Rathaus (von Nicolaus Häublein, 1668). Besonders vielfältig ist das Breslauer Stadtbild des 18. Jahrhunderts durch Ansichten von Friedrich Bernhard Werner175 vertreten (ab Raum 8). Eine interessante Lösung wurde auch für Teile der fotografischen Sammlung Breslauer Stadtansichten und Portraits aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert gefunden. Die Kuratorinnen der besprochenen Sonderausstellung „Unbekanntes Stadtportrait“ entwickelten für den Rundgang zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert die Szenografie eines „Ateliers“ (Raum 19), welches viele aus vorherigen Ausstellungen bekannte, aber auch neu erschlossene Ansichten des alten Breslau versammelt. In den Räumen zum Zweiten Weltkrieg und der Volksrepublik dienen Fotografien dagegen wieder als Visualisierungsmedien, die neben dreidimensionalen Exponaten Bezüge zu bestimmten historischen Ereignissen, öffentlichen Versammlungen, Kriegseinwirkungen, Migrationsbewegungen oder Demonstrationen herstellen.176 Die Ölgemälde und Aquarelle des romantisch-verklärten alten Breslau, unter anderem von Woelfl und Dressler, wurden Teil einer Gemäldegalerie „Breslauer Kunst von 1850 bis 1945“ im gleichen Haus.177 Hier stehen sie als künstlerischer Ausdruck ihrer Zeit und geben Einblicke in die Interpretation der Stadt durch die Kunst in einer Epoche des rasanten Wandels des Breslauer Stadtbildes. Im Gegensatz zur Galerie „Alt-­Breslau“ wurde hier versucht, noch deutlicher eine Linie zwischen Zeugnissen der historischen Topografie und der künstlerischen Interpretationen zu ziehen – eine Linie, die „Stadtansichten“ im 20. Jahrhundert in unterschiedlichen musealen Kontexten und mit wandelnden politischen und auch ästhetischen Absichten immer wieder neu interpretierte und verortete.

175 Durch die Zeichnungen Werners sind aus Schlesien im 18. Jahrhundert besonders viele Ansichten überliefert. Vgl. Marsch, Angelika: Friedrich Bernhard Werner (1690–1776). Ein europäischer Ansich­ tenzeichner aus Schlesien. Würzburg 1995. Vgl. auch Oszczanowski, Piotr: Kunst. Kunsthandwerk. In: Łagiewski/Okólska/Oszczanowski (Hg.): 1000 Jahre Breslau, 165–184, hier 166. 176 Die Ausführungen beziehen sich auf den Zustand der Dauerausstellung „1000 Jahre Breslau“ vor ihrer umfassenden Ergänzung im Frühjahr 2016. Zu den besprochenen Sammlungen des Breslauer Stadtmuseums vgl. im Begleitbuch zur Ausstellung: Łagiewski/Okólska/Oszczanowski (Hg.): 1000 Jahre Breslau, 55–76, 158–168, 253–260, 267–334. 177 Łagiewski, Maciej/Trzynadlowski, Jan J.: Sztuka Wrocławia 1850–1945. W galerii Muzeum Miejskiego Wrocławia. Muzeum Miejskie Wrocławia, Oddział Muzeum Sztuki Mieszczańskiej. Wrocław 2009.

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5. Judaica: Jüdische Stadtgeschichte

5.1. Der Auftakt zu einem Jüdischen Museum in Breslau – Die große Ausstellung „Judentum in der Geschichte Schlesiens“ von 1929 Die Ausstellung „Das Judentum in der Geschichte Schlesiens“ im Schlesischen Museum für Kunstgewerbe und Altertümer war die bedeutendste Sonderausstellung zur Geschichte und Kultur der deutschen Juden in der Weimarer Republik. Die Tageszeitung „Breslauer Neueste Nachrichten“ vom 4. Februar 1929 lobte die Ausstellung als eine „überraschende Leistung“ und als das Verdienst der „Begabung“ des Museumskurators Prof. Erwin Hintze (1876–1931), denn „eine Ausstellung, die auf das Publikum wirken soll, muß anschaulich sein“. Als „anschaulich“ galt nicht nur die beeindruckende Sammlung jüdischer Ritualgegenstände und Artefakte aus der Geschichte Schlesiens, sondern auch „die Art der Gruppierung und Anordnung“, durch die „die Dinge verlebendigt“ wurden.1 Die vom 3. Februar bis 17. März 1929 gezeigte Ausstellung bot den 13.000 Besuchern „einen geschlossenen Durchblick durch die Geschichte der schlesischen Judenheit von ihren Anfängen bis zum Erlaß des preußischen Judengesetzes von 1847“.2 Diesen großen Zuspruch des Publikums erhielt das Kooperationsprojekt des Breslauer Vereins „Jüdisches Museum e. V.“ und des Schlesischen Museum für Kunstgewerbe und Altertümer auch deshalb, da es jüdische Geschichte als einen integralen Bestandteil der schlesischen Landesgeschichte erzählte. Jüdische Kulturgeschichte wurde hier mit der Stadt- und Landesgeschichte verflochten, was die Präsentation zudem auch für ein nicht-jüdisches Publikum interessant machte. Die nur sechs Wochen gezeigte Ausstellung war aufgrund ihrer Einzigartigkeit als große jüdische Sonderausstellung bereits mehrfach Gegenstand der Forschung.3 Allerdings wurden die Korrespondenz mit den Leihgebern sowie die Objektverzeichnisse

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Dr. St: Das Judentum in der Geschichte Schlesiens. In: Breslauer Neueste Nachrichten am 4. Februar 1929. 2 Cohn, Willy: Das wissenschaftliche Ergebnis der Breslauer Ausstellung: Das Judentum in der Geschichte Schlesiens. In: Zeitschrift für die Geschichte der Juden in Deutschland 1/2 (1929) 163. 3 Deneke, Bernward: Das Judentum in der Geschichte Schlesiens. Ein Rückblick auf die Ausstellung Breslau 1929. In: Schlesien. Kunst, Wissenschaft, Volkskunde 34/2 (1989) 78–88; Hoppe, Jens: Jüdische Geschichte und Kultur in Museen. Zur nichtjüdischen Museologie des Jüdischen in Deutschland. Münster 2002, 269–281; Rauschenberger, Katharina: Jüdische Tradition im Kaiserreich und in der Weimarer Republik. Zur Geschichte des jüdischen Museumswesens in Deutschland. Hannover 2002, 190–204; Stolarska-Fronia, Małgorzata: Udział środowisk Żydów wrocławskich w artystycznym i kulturalnym życiu miasta od emancypacji do 1933 roku. Warszawa 2008, 277–293; dies.: Muzeum Żydowskie we Wrocławiu. In: Rocznik Wrocławski 11 (2009) 141–156; Ascher Barnstone, Deborah: The Breslau Jewish Museum. „Disintegration of the Manifest World“. In: Journal of Modern Jewish Studies 12/3 (2013) 459–478.

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bisher nicht erschlossen, auch verschiedene Fotografien blieben unberücksichtigt.4 Unter dem Gesichtspunkt der Musealisierung von Lokalgeschichte versinnbildlicht die Ausstellung einen weiteren Aspekt – die zentrale Frage des Dazugehörens zur städtischen Gesellschaft, des jüdischen Anteils an der Geschichte Breslaus. Auch deshalb endete die Erzählung der Ausstellung im Jahr 1850, in welchem die nahezu vollständige rechtliche Gleichstellung der Juden in Preußen erfolgte. Das Ziel der Ausstellung formulierte der Architekt und Kunsthistoriker Prof. Alfred Grotte (1872–1944) unumwunden: „Sie sollte den Beweis erbringen, daß das Judentum mit den Geschicken des schlesischen Landes seit 800 Jahren verbunden ist.“5 Jüdisches Leben nicht gesondert, sondern als einen integralen Bestandteil der Landesgeschichte zu zeigen, war deshalb das Leitprinzip der historischen Schau. Breslau verblieb in mehreren Abschnitten dieser Ausstellung als einer unter vielen Orten des historischen Geschehens in der Region, da der schlesischen Hauptstadt für das jüdische Leben Schlesiens aufgrund der mehrmaligen Ausweisung seiner jüdischen Bewohner lange Zeit nicht die Zentralität zukam, die sie als politischer Mittelpunkt der Provinz genoss. Jedoch erwuchs im 19. und frühen 20. Jahrhundert Breslau zu einem führenden Zentrum jüdischen Lebens.6 Breslau hatte die drittgrößte jüdische Gemeinde Deutschlands – nach Berlin und Frankfurt am Main –, geprägt durch einem kulturellen Pluralismus zwischen einer durch die Aufklärungsbewegung „Haskala“ bestimmten Unter-, Mittel-, und Oberschicht und einer kleineren Gruppe orthodoxer Juden aus Osteuropa.7 Insbesondere das akkulturierte, teils assimilierte jüdische Bürgertum 4 Erstmals erschlossen wurde der Bestand im Archiv des Breslauer Nationalmuseums (Gabinet Dokumentów Muzeum Narodowego we Wrocławiu, MNWr, SMfKuA, I/380). Am Jüdischen Historischen Institut in Warschau haben sich acht Fotografien des „Photogr. Ateliers Heinrich Klette, Breslau“ erhalten, die zum Bestand des Jüdischen Gemeindearchivs in Breslau zählten. Für die freundliche Übermittlung von Kopien dieser Bilder danke ich Jan Jagielski. Vier dieser Ausstellungsfotografien finden sich auch im Bildband von Łagiewski, Maciej: Breslauer Juden 1850–1944. Ein vergessenes Kapitel der Geschichte. Muzeum Miejskie Wrocławia. Wrocław 22011 [11996], 137, 140 f. Auf Polnisch: Wrocławscy Żydzi 1850–1944. Zapomniany rozdział historii. Muzeum Miejskie Wrocławia. Wrocław 32010 [11994, 21997]. 5 Grotte, Alfred: Das Judentum in der Geschichte Schlesiens. In: Menorah 7/5–6 (1929) 273–277, hier 277. 6 Zur Geschichte der Juden in Breslau vgl. Brilling, Bernhard: Geschichte der Juden in Breslau von 1454–1702. Stuttgart 1960; ders.: Zur Geschichte der Juden in Breslau, die ersten in Breslau wohnhaften Juden 1697–1707. In: Jahrbuch der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau 12 (1967) 126–143; ders.: Geschichte der Juden in Breslau 1702–1725. In: Jahrbuch der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau 16 (1971) 88–126; Maser, Peter: Breslauer Judentum im Zeitalter der Emanzipation. In: Jahrbuch der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau 29 (1988) 157–176; Ziątkowski, Leszek: Ludność żydowska we Wrocławiu w latach 1812–1914. Wrocław 1998; ders.: Dzieje Żydów we Wrocławiu. Wrocław 2000; Hettling, Manfred/Reinke, Andreas/ Conrads, Norbert (Hg.): In Breslau zu Hause? Juden in einer mitteleuropäischen Metropole der Neuzeit. Hamburg 2003; Friedla, Katharina: Juden in Breslau/Wrocław 1933–1949. Überlebensstrategien, Selbstbehauptung und Verfolgungserfahrungen. Köln/Weimar/Wien 2014. 7 Die orthodoxe Gemeinde war vergleichsweise klein und setzte sich aus ansässiger und zugezogener Bevölkerung zusammen. Vgl. Lenarcik, Mirosława: A Community in Transition. Jewish Welfare in Breslau-Wrocław. Leverkusen/Farmington Hills 2010, 38, 138.

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spielte eine entscheidende Rolle in den kulturellen Institutionen, in Vereinen und der Kommunalpolitik. Die jüdische Ober- und Mittelschicht war in vielen Bereichen der mehrheitlich protestantischen Bürgergesellschaft integriert und vertrat selbstbewusst ihre Interessen.8 Jedoch war die jüdische Identität und Vergemeinschaftung nicht allumfassend, sondern von einer „situativen Ethnizität“ bestimmt. Dies bedeutete, dass es durchaus miteinander vereinbar war, Teil einer jüdischen Subkultur zu sein und zugleich als ein anerkanntes Mitglied der allgemeinen Stadtgesellschaft hervorzutreten.9 Mit der Wirtschaftskrise und dem wachsenden Antisemitismus nach dem Ersten Weltkrieg wurde diese spezifische Konstellation des städtischen Bürgertums jedoch brüchig. Das Gefühl der Zugehörigkeit und Sicherheit erodierte, und die jüdischen Breslauer sahen sich mit einer wachsenden antisemitischen Diskriminierung und Gewalt konfrontiert.10 Vor dem Hintergrund des angespannten gesellschaftlichen Klimas sollte die Breslauer Großausstellung die feste Zugehörigkeit der jüdischen Breslauer zur mehrheitlich christlichen Stadtgesellschaft demonstrieren. Deutlich wurde diese Absicht bereits in der Mission des 1928 gegründeten Vereins zur Errichtung eines jüdischen Museums in Breslau: Er sollte die „Geschichte der schlesischen Judenheit, ihr[en] zähe[n] Kampf um die jahrhundertealte Heimat“ herausstellen, da „ihr Einfluß auf Kultur, Wissenschaft und Wirtschaftsleben des Landes so wenig bekannt“11 sei. Durch die Kooperation des jüdischen Museumsvereins mit einem städtischen Museum wurde dieses Ziel in einem öffentlichkeitswirksamen Projekt verwirklicht. Ein genauerer Blick auf die Konzeption und die Inhalte der Ausstellung zeigt, dass das ausstellungstechnische Potential des städtischen Museums wie auch die wertvollen und aussagekräftigen Leihgaben bedeutender Institutionen und privater Kunstsammler für den Erfolg dieser Auftaktveranstaltung des Vereins entscheidend waren.

  8 Das hohe Niveau der sozialen Integration in die nichtjüdische Mehrheitsgesellschaft beschreibt in seiner Studie Rahden, Till van: Juden und andere Breslauer. Die Beziehungen zwischen Juden, Protestanten und Katholiken in einer deutschen Großstadt von 1860 bis 1925. Göttingen 2000, 20, 326–329. Leszek Ziątkowski deutet dagegen die soziale Integration der Breslauer Juden als reines Oberschichtenphänomen. In der Mittel- und Unterschicht habe eine Kluft zur nichtjüdischen Gesellschaft bestanden, die in Breslau sogar größer war als anderswo. Vgl. Ziątkowski: Geschichte, 81.   9 Rahden: Juden, 19, 328. Andreas Reinke zeigt zum jüdischen Vereinswesen in Breslau, dass dieses Ausdruck einer Gleichzeitigkeit von jüdisch-partikularen Aktivitäten und der Betätigung in allgemeinen Vereinen war. Vgl. Reinke, Andreas: Gemeinde und Verein. Formen jüdischer Vergemeinschaftung. In: Hettling/Reinke/Conrads (Hg.): In Breslau zu Hause, 131–147. 10 Wichtige Faktoren für den Verlust politischen Einflusses des jüdischen Bürgertums waren die Abschaffung des Dreiklassenwahlrechts mit Gründung der Republik und die Vernichtung des Kapitalver­ mögens durch die Hyperinflation. Vgl. Rahden: Juden, 317 f., 321. Zur Unterdrückung und Aus­ löschung jüdischen Lebens in Breslau nach 1933 vgl. auch Ascher, Abraham: A Community under Siege. The Jews of Breslau under Nazism. Stanford 2007. 11 Grotte, Alfred: Was soll das neue Jüdische Museum enthalten? In: Verein Jüdisches Museum E.V. zu Breslau. Breslau 1928, 11–14, hier 12. Erneut in: Mitteilungen des Verbandes 58 (1994) 14.

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5.1.1. Rundgang – 800 Jahre jüdische Geschichte und Kunsthandwerk

Abbildung 13: Die Szenografie der Ausstellung „Das Judentum in der Geschichte Schlesiens“ (1929) prägte im Lichthof des Kunstgewerbemuseums ein Podium für die Thora-Lesung, welches aus der geschlossenen Synagoge von Zülz in Oberschlesien (poln. Biała Prudnicka) stammte.

Inhaltlich und ästhetisch gliederte sich der Ausstellungsrundgang in drei Bereiche. Während zunächst anhand historischer Relikte eine Chronologie der jüdischen Geschichte Schlesiens von 1050 bis 1850 gezeigt wurde, versammelte der zweite Ausstellungsbereich nach Gattungen sortierte jüdische „Kultgeräte“, rituelle Gegenstände jüdischer Feste und Feiern. Der dritte Bereich der Ausstellung nahm wiederum Bezug auf die historische Entwicklung jüdischen Lebens in Schlesien, und zwar anhand alter Drucke und Portraits jüdischer Bürger. Entsprechend dem Arbeitsschwerpunkt des Museums für Kunstgewerbe und Altertümer hatte das rituelle Kunsthandwerk einen bedeutenden Anteil an der Ausstellung: Von den 576 verzeichneten Ausstellungsstücken umfassten die Objekte in den geschichtlichen Bereichen der Schau mit 232 Objekten etwas weniger als die Hälfte. Wenn auch die Geschichte des schlesischen Judentums im Ausstellungstitel hervorgehoben wurde, so bildete damit die umfangreiche Sammlung kulturhandwerklich wertvoller Ritualgegenstände wie Thoraschreine und -vorhänge, Kidduschbecher, Hawdala- und Chanukkaleuchter zahlenmäßig den Hauptteil der Ausstellung.

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Abbildung 14: Der dritte Bereich der Ausstellung versammelte Handschriften, Drucke und über 20 Portraits zur jüdischen Regionalgeschichte. In der Mitte wurden die Brüder David und Jonas Fraenckel gezeigt, deren soziale Stiftungen von großer Bedeutung für die jüdische Gemeinde waren.

Die jüdische Geschichte Schlesiens bildete für die Dauer der Ausstellung den Mittelpunkt des Museums. Sowohl der große Lichthof des Museums wie auch die Räume der Dauerausstellung „Alt-Breslau“ im Erdgeschoss wurden hierfür geräumt. Die Szenografie des Lichthofes bestimmte besonders ein Exponat, welches sinnbildlich für die jüdische Kultur und ihre lange historische Tradition in Schlesien stand: In der Raummitte war der aus der ehemaligen Synagoge von Zülz in Oberschlesien (poln. Biała Prudnicka) stammende Almemor, ein hölzernes Podium für die Thora-Lesung, wiedererrichtet worden. Die Ortschaft Zülz war für die jüdische Geschichte von besonderer Bedeutung, da sie neben Glogau (poln. Głogów) die einzige Stadt Schlesiens war, aus der im 16. Jahrhundert die Juden nicht vertrieben wurden. Diese Gemeinde mit der längsten Kontinuität jüdischen Lebens in Schlesien war jedoch nach dem Emanzipationsedikt von 1812 so stark von Abwanderung betroffen, dass sich die jüdische Gemeinde 1914 auflöste.12

12 Zur Geschichte und den Ritualgegenstände der 1914 aufgelösten Synagogengemeinde von Zülz vgl. Brann, Marcus: Der Silberschatz der Zülzer Judengemeinde. In: Ost und West. Illustrierte ­Monatsschrift für das gesamte Judentum 18/10 (1918) 335–356. Vgl. auch Grotte, Alfred: Jüdische Sakralkunst in Schlesien. In: Menorah 4/5 (1926) 273–278.

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Um diesen kulturgeschichtlichen Mittelpunkt herum entfaltete sich die jüdische Geschichte in einer dichten Chronologie. Eine große Karte Schlesiens führte in die Ausstellung ein. Diese von dem Kölner Schuldirektor Erich Klibansky (1900–1942) für die Ausstellung angefertigte Übersicht zeigte die ältesten jüdischen Siedlungen Schlesiens und die Jahre ihrer ersten urkundlichen Erwähnung. Als „älteste Denk­mäler der Betätigung des Judentums in Schlesien“13 wurden Silberfunde aus dem 10. und 11. Jahrhundert ausgestellt, die mit jüdischen Händlern in Verbindung gebracht wurden. Ein zweites Dokument aus dem 10. Jahrhundert war eine Urkunde zu jüdischem Grundbesitz im Dorf Klein Tinz bei Breslau um 1150. An dieser Urkunde machte sich die frühe und dauerhafte Anwesenheit jüdischen Lebens in Schlesien fest. Belege aus dieser Frühzeit waren auch „alte Grabsteine als steinerne Zeugen ihrer Jahrhunderte“.14 In dieser Reihe stand auch ein Gipsabguss der Breslauer Mazewa von 1203. Sie gilt bis heute als „das älteste jüdische Grabmal in Polen“ und ist seit 2009 in der Dauerausstellung „1000 Jahre Breslau“ wie auch als digitale Kopie im neuen Jüdischen Museum in Warschau zu sehen.15 Dieser Grabstein vom mittelalterlichen jüdischen Friedhof vor dem Ohlauer Tor wurde erst 1917 bei Bauarbeiten am Breslauer Dom gefunden und befand sich danach lange Zeit auf dem jüdischen Friedhof an der Lohestraße (heute Ulica Ślężna). Bereits im Jahr der Ausstellung bezeichnete der Warschauer Historiker Majer Bałaban (1877–1942) den Fund „als ältesten Grabstein auf piastischer Erde“ und verwies damit auf seine Bedeutung für die polnisch-jüdische Geschichte.16 Die Ausstellung zeigte zum Schicksal dieses ältesten jüdischen Breslauer Friedhofs eine Pergamenturkunde aus dem Breslauer Stadtarchiv: „König Johann von Böhmen erlaubt am 27. September 1345 der von Schulden bedrückten und der Wiederherstellung ihrer Befestigungen bedürftigen Stadt Breslau, alle Steine des dortigen ‚mit der Stadt verbundenen‘ Friedhofs der Juden zur Ausbesserung der Festungswerke zu benutzen.“17 Urkunden zur Zerstörung jüdischer Friedhöfe wie auch zur Zulassung und Auflösung jüdischer Siedlungen machten mehrfach die direkte Abhängigkeit jüdischen Lebens von herrschaftlichen Erlassen deutlich. An diesen Schwerpunktsetzungen zeigte sich das Grundprinzip der historischen Erzählung – die Betonung einer engen Verflechtung 13 Hintze, Erwin (Hg.): Katalog der vom Verein „Jüdisches Museum Breslau“ in den Räumen des Schlesischen Museums für Kunstgewerbe und Altertümer veranstalteten Ausstellung „Das Judentum in der Geschichte Schlesiens“. Breslau 1929, 7. 14 Grotte: Das Judentum, 275. 15 In der 2014 eröffneten Dauerausstellung des Jüdischen Museums Warschau „POLIN“ werden an zwei Bildschirmen digitale Kopien und Übersetzungen des ältesten Grabsteins gezeigt. Im Breslauer Stadtmuseum wird das Original als „das älteste jüdische Grabmal in Polen“ ausgestellt. Vgl. Madera, Paweł/Gross, Monika: Raum 3. Unter der Krone Böhmens. In: Łagiewski/Okólska/Oszczanowski (Hg.): 1000 Jahre Breslau, 41–53, hier 51. Zuerst erforscht von Brann, Marcus: Ein neuer Grabsteinfund in Breslau. In: Monatszeitschrift für Geschichte und Wissenschaft des Judentums 62/2 (1918) 97–107. Vgl. Łagiewski, Maciej: Stary cmentarz żydowski we Wrocławiu. Muzeum Architektury we Wrocławiu. Wrocław 1986, 6–8. 16 Bałaban, Majer: Zabytki historyczne Żydów w Polsce. Warszawa 1929, 110 f., Abb. 10. Für eine Biografie des bedeutenden polnisch-jüdischen Historikers vgl. Gotzen-Dold, Maria: Mojżesz Schorr und Majer Bałaban. Polnisch-jüdische Historiker der Zwischenkriegszeit. Göttingen 2014. 17 Hintze (Hg.): Katalog, 11.

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zwischen einer jüdischen und einer allgemeinen Entwicklungsgeschichte Schlesiens. Dafür wurden im historischen Teil der Ausstellung nicht nur Dokumente politischer Verfügungen, sondern auch die Portraits von Herzögen und Königen versammelt. Die folgenden Beispiele zeigen, wie anhand politikgeschichtlicher Relikte die Umstände jüdischen Lebens in Schlesien veranschaulicht wurden. Ein Gipsabguss des heute im Breslauer Nationalmuseum gezeigten Grabmals Herzog Heinrichs IV. (um 1256–1290) aus der Breslauer Kreuzkirche diente in der Ausstellung als Referenzpunkt für ein jüdisches Schutzprivileg von 1270: Dieses begegnete den 1267 von der erzbischöflichen Provinzialsynode erlassenen „drückenden Bestimmungen, wie das Tragen gehörnter Hüte als Erkennungszeichen, das Wohnen im Ghetto und andere strenge Absonderungsmaßnahmen“.18 Neben der Diskriminierung jüdischen Lebens machten die Hintergrundinformationen des Kataloges auch auf die Verflechtung zwischen der schlesischen und polnischen Geschichte aufmerksam. Zum Grabmal Heinrichs IV. hieß es ferner, dass der Herzog sich für sein Schutzprivileg ein „Statut“ König Ottokars II. von Böhmen (um 1232–1278) und einen „polnischen Judenschutzbrief “ des Herzogs Boleslaws IV.“ (poln. Bolesław IV Kędzierzawy, 1120/1–1173) zum Vorbild nahm. Darin wurden die schlesischen Juden unter die Rechtsprechung des Herzogs gestellt, jüdische Gerichte für innerjüdische Streitigkeiten eingesetzt, eine Lizenz für den Geldhandel erteilt und die Personen- und Eigentumssicherheit verbürgt. Das Schutzprivileg, dessen Original oder Abschrift in der Ausstellung nicht gezeigt wurde, bildete während des Mittelalters die „wesentliche Grundlage für die Existenzbedingungen der in Schlesien lebenden Juden“.19 Zur Entwicklung jüdischen Lebens in Breslau versammelte die Ausstellung verschiedene Archivdokumente aus dem 14. Jahrhundert, teils in Original, teils als fotografische Kopie. Die bedeutende Breslauer Judengasse (später Ursulinerstraße, heute Ulica Uniwersytecka) erwähnte erstmals ein Kaufvertrag von 1347, der sich im „Schöffenbuch“ erhalten hatte. Dort wurde auch für das Jahr 1352 die älteste Synagoge Breslaus20 in dieser Straße nachgewiesen und der „Erwerb eines Grundstückes in Breslau außerhalb der Judengasse durch einen Juden“ im Jahr 1356 eingetragen. Zur Orientierung veranschaulichte ein Breslauer Stadtplan von 1562 den Verlauf dieser mittelalterlichen Judengasse. Ein Exponat, über welches „mancher Betrachter der Ausstellung […] erstaunt gewesen“21 sein mag, bildete das Gedenkkreuz für den Inquisitor Johann von Capistrano (auch: Johannes Capistranus, 1386–1456). Laut dem Katalog führte Capistrano 1453 „auf Veranlassung des Breslauer Bischofs Peter Nowak und im Einverständnis mit dem Rat der Stadt Breslau“ bei seinen Predigten auf dem Salzring (später Blücherplatz, heute 18 Ebd., 9. 19 Ebd., 9 f. 20 Die Forschungen zur Geschichte der Breslauer Synagogen gehen maßgeblich auf den an der hier besprochenen Ausstellung beteiligten Kunst- und Architekturhistoriker Alfred Grotte (1872–1944) zurück. Vgl. Kos, Jerzy Krzysztof: Schlesische Synagogen. Bestandsaufnahme einer zerstörten Baugattung. In: Brämer, Andreas/Herzig, Arno/Ruchniewicz, Krzysztof (Hg.): Jüdisches Leben zwischen Ost und West. Neue Beiträge zur jüdischen Geschichte Schlesiens. Göttingen 2014, 407–445, hier 413 f. 21 Cohn: Das wissenschaftliche Ergebnis, 164.

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Plac Solny) „Anklagen gegen die Juden, denen man Hostienschändung und die Tötung eines christlichen Knabens zum Zwecke des Blutopfers vorwarf “.22 Infolgedessen wurden 41 Juden verbrannt. Zur Einordnung der einzelnen Objekte half im Katalog neben den ausführlichen Objekttexten auch eine historische Einführung des heute für seine Tagebücher bekannten Breslauer Historikers Willy Cohn (1888–1941).23 Er erläuterte zu den Ereignissen von 1453: „Der im Mittelalter häufige grundlose Vorwand der Hostienschändung wurde auch damals wieder erhoben, und eine schwere Anklage warf am 2. Mai 1453 sämtliche Juden Breslaus ins Gefängnis. 41 von ihnen wurden am 4. Juli 1453 auf dem Salzring, dem heutigen Blücherplatz verbrannt, die übrigen 318 aus der Stadt vertrieben.“24 In den folgenden zwei Jahrhunderten gab es in Breslau keine jüdische Gemeinde mehr. Mit der Aufstellung dieses Gedenkkreuzes in der Ausstellung wurde beim Publikum bewusst eine Irritation provoziert, um dieses traumatische Ereignis der „Vertreibung“ und Unterbrechung der „Kontinuität“ jüdischen Lebens in Breslau ins Bewusstsein zu rufen.25 Dieses Kreuz zeigte ebenfalls, wie Objekte des Schlesischen Altertumsmuseums in der Ausstellung neu interpretiert wurden, indem sie in einen Zusammenhang mit der jüdischen Landesgeschichte gebracht wurden. Als Repräsentanten antijüdischer Vertreibungs- und Unterdrückungspolitik galten auch die drei habsburgischen Kaiser Ferdinand I. (1503–1564), Maximilian II. (1527– 1576) und Rudolf II. (1552–1612). Das ausgestellte „Juden-Patent Kaiser Rudolfs II. vom 26. März 1582“ verkündete die „Austreibung der Juden aus Schlesien“. Ausgenommen von dieser Vertreibung waren lediglich Zülz und Glogau, die sich „im 17. Jahrhundert zu einem Mittelpunkte jüdischen Gemeindelebens“26 entwickelten. Zur Bedeutung der Stadt Zülz für das jüdische Kulturerbe Schlesiens betonte Willy Cohn in seiner Einführung: „Zülz kann den Ruhm für sich in Anspruch nehmen, ein ‚Mokaum [Makom] Zadik‘, ein gerechter Ort, gewesen zu sein, der niemals die Juden vertrieben hat. So haben sich in dieser Stadt durch die Jahrhunderte jüdische Kunstschätze erhalten, die

22 Hintze (Hg.): Katalog, 12. Die Verantwortung Capistranos für die Ermordung der Breslauer Juden ist in der Forschung umstritten. Vielmehr seien nicht die Predigten des Inquisitors wie auch des Breslauer Bischofs, sondern wirtschaftliche Motive als Ursachen für die Ausschreitungen auszumachen. Vgl. Mühle: Breslau, 109. 23 Cohn, Willy: Als Jude in Breslau 1941. Aus den Tagebüchern von Studienrat a. D. Dr. Willy Israel Cohn. Hg. v. Joseph Walk.Gerlingen 1984 [Im Auftrag des Verbandes ehemaliger Breslauer und Schlesier in Israel. Jerusalem 1975]; ders.: Verwehte Spuren. Erinnerungen an das Breslauer Judentum vor seinem Untergang. Hg. v. Norbert Conrads. Köln/Weimar/Wien 1995; ders.: Kein Recht, nirgends. Tagebuch vom Untergang des Breslauer Judentums 1933–1941, Bd. 1–2. Hg. v. Norbert Conrads. Köln/Weimar/Wien 2006; ders.: Kein Recht, nirgends. Breslauer Tagebücher 1933–1941. Eine Aus­ wahl. Hg. v. Norbert Conrads. Köln/Weimar/Wien 2008. Auf Polnisch: Żadnego prawa, nigdzie. Dziennik z Breslau 1933–1941. Wrocław 2010. 24 Cohn, Willy: Einleitung. Die Geschichte der Juden in Schlesien. In: Hintze (Hg.): Katalog, 1–6, hier 2. 25 Das Gedenkkreuz für den Inquisitor Capistrano stand ursprünglich auf dem Breslauer Salzring (Blücherplatz), wurde später am Haus Nr. 9 am Salzring angebracht und kam nach dessen Abbruch im 19. Jahrhundert in die Sammlung des Schlesischen Altertumsmuseums. Vgl. Cohn, Willy: Ausstellung. Das Judentum in der Geschichte Schlesiens. In: Schlesische Monatshefte 6/2 (1929) 82–83. 26 Hintze (Hg.): Katalog, 15.

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wir gegenwärtig zeigen können.“27 Aus den Beständen der 1914 aufgelösten Gemeinde in Zülz versammelte der zweite Ausstellungsraum neben dem Almemor im Lichthof verschiedene rituelle Gegenstände. Dass es nach der Vertreibung der Juden aus Breslau 1453 in der Stadt noch eine „schwankende und unsichere Existenzmöglichkeit“ für jüdische Bewohner gab, zeigte die Ausstellung mit einem Schreiben sechs Breslauer Innungen an den Stadtrat von 1635 „entgegen dem Wunsche der Breslauer Kaufmannschaft, die Juden nicht gänzlich abzuschaffen“,28 sowie einem „Judenverzeichnis“ von 1697 und einer „Judenordnung“ von 1702 mit Bestimmungen zur dauerhaften oder zeitweiligen Duldung von Juden in Breslau. Zu einer Fotografie des jüdischen Friedhofs von Dyhernfurth (poln. Brzeg Dolny) erläuterte der Katalogtext, dass hier zwischen 1689 und 1761 auch die meisten Breslauer Juden ihre letzte Ruhestätte fanden. Bekanntheit erlangte die hebräische Druckerei in Dyhernfurth, welche zwischen 1667 und 1834 „in ganz Schlesien und Polen […] erfolgreich arbeitete“.29 Gleich mehrere Druckerzeugnisse, wie eine Jüdische Zeitung von 1772 in deutscher Sprache mit hebräischen Schriftzeichen, wiesen auf diese bedeutende Einrichtung jüdischer Kultur in Schlesien hin. Die Ausstellung betonte in ihrer Erzählung immer wieder die lange Tradition jüdischen Lebens in Schlesien und führte sowohl die überregionalen Verflechtungen der Gemeinde wie auch ihre Abhängigkeit von politischen Verfügungen vor Augen. Die Eroberung Schlesiens durch Preußen in der Mitte des 18. Jahrhunderts war von großer Bedeutung für eine rechtliche Gleichstellung der schlesischen Juden. Inszeniert wurde dieser einschneidende Wandel mit der Gegenüberstellung zweier großer Gemälde aus den Sammlungen des Schlossmuseums: Maria Theresia von Österreich (1717–1780) neben ihrem Rivalen Friedrich II. von Preußen (1712–1786). Eine Zuspitzung erfuhr die Erzählung darin, dass ein erneuter „Abweisungsbefehl gegen die Breslauer Juden“ von November 1740 durch „das im Dezember 1740 erfolgte Einrücken Friedrichs des Großen in Schlesien […] verhindert“ werden konnte. Zum Beginn der preußischen Zeit in Schlesien wurde im Einzelnen auf die neuen Verfügungen zur rechtlichen Stellung der jüdischen Gemeinden eingegangen. Die Ausstellung zeigte eine „Declaration“ von 1754, nach der die Juden in „Generalprivilegierte, Privilegierte, Tolerierte, Fix-Entristen mit begrenzter Aufenthaltserlaubnis und in Schutzgenossen“30 klassifiziert wurden. Auch wenn mit der preußischen Eroberung Schlesiens für die jüdische Bevölkerung rechtliche Verbesserungen folgten, differenzierte die Ausstellung auch hier in ihrer Gesamterzählung. Der Historiker Willy Cohn betonte in seiner historischen Einordnung zum Katalog: „Im allgemeinen hat auch der preußische König an der Praxis festgehalten, die Juden als Fremde anzusehen, die nur unter besonderen Bedingungen geduldet werden sollten. Sein Interesse geht ganz im Sinne seiner Wirtschaftspolitik darauf hinaus, ihre Ansiedlung nur so weit zuzulassen, als sie im Interesse des Handels mit Rußland und Polen liegt.“31 27 28 29 30 31

Cohn: Einleitung, 3. Hintze (Hg.): Katalog, 16. Ebd., 17 f. Ebd., 23. Cohn: Einleitung, 3.

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Einen besonderen Schwerpunkt setzte die Ausstellung auf die Bedeutung der Juden für die überregionalen Wirtschaftsbeziehungen Schlesiens und die damit verbundenen Institutionen der Breslauer Gemeinde im 18. Jahrhundert. Zwei 1928 angefertigte Kostümfiguren stellten einen „Breslauer Juden in der Tracht vom Anfang des 18. Jahrhunderts“ und einen „polnischen Juden aus der Zeit, da Schlesien an Preußen kam“,32 dar. Daneben zeigten fünf Zeichnungen und Fotografien Gebäude, die im 17. und 18. Jahrhundert „schlesischen Landjuden und polnischen Handelsjuden […] in Breslau als Gasthöfe und Unterkunftsstätten“ dienten. Neben dem „Pokoy-Hof “ waren dies das „Hirschel“, das „Goldene Rad“ und die „Fechtschule“. In letzterer befand sich seit 1744 auch die „litauisch-wolhynische Betstube“.33 Den neuen Aufschwung jüdischen Lebens im preußischen Schlesien visualisierte eine zweite von Erich Klibansky erstellte Karte. Sie verzeichnete die „jüdischen Ansiedlungen in der Zeit von ca. 1740 bis 1807“. Ein beigefügtes Verzeichnis informierte über die von Juden bewohnten schlesischen Städte und ihren jüdischen Bevölkerungsanteil in den Jahren 1770, 1780, 1800 und 1807. Die neue politische und gesellschaftliche Situation der Juden im preußischen Schlesien hob die Ausstellung sowohl durch einen Wechsel in der Präsentation wie auch in der Erzählung hervor. Bisher präsentierten sich die jüdischen Bewohner Schlesiens als eine anonyme, größtenteils politisch passive Gruppe – diskriminiert und abhängig von politischen Entscheidungen. Anonym blieben die schlesischen Juden auch, weil die Ausstellung für die historische Entwicklung bis ins späte 18. Jahrhundert keine Biografien präsentierte und herausstellte. Mit der Wende zum 19. Jahrhundert änderte sich diese Praxis. Einen ersten biografischen Zugang bildete die Einführung des Breslauer Landrabbiners und Händlers Joseph Jonas Fraenckel (1721–1793). 1755 erteilte ihm Friedrich II. in Potsdam die „Instruktion für den schlesischen Landrabbiner“ und verlieh ihm 1765 das „General-Schutz- und Handels-Privilegium“, in welchem er die „Rechte christlicher Kaufleute“ aufgrund seiner „weitreichenden Handelsbeziehungen nach Rußland, Polen, Litauen, der Moldau und Wallachei“34 erhielt. Mit einem lebensgroßen Gemälde gezeigt wurde Carl Georg Heinrich Graf von Hoym (1739–1807), seit 1770 schlesischer Provinzialminister. Der Minister galt im Ausstellungsnarrativ als eine besonders positiv besetzte Figur und wurde als „entschiedener Förderer jüdischer Interessen“ bezeichnet, da sich Graf von Hoym bei Friedrich Wilhelm II. für eine „humane Verfassung gegenüber den Juden“ einsetzte. Auch ging auf ihn die Gründung der Königlichen Wilhelms-Schule in Breslau zurück, „die berufen war, die Juden in die allgemeine Kultur einzuführen“.35 Als Ausdruck der „besonderen Zuneigung der Juden“ präsentierte die Ausstellung den so genannten „Hoym-Taler“. Diese Sonderprägung der Breslauer Münze mit dem Geburtsdatum des Grafen, die auf eine Anregung der „Münz-Entrepreneurs Hirsch Simon und Isaak Daniel Itzig“36 zurückging, erschien allerdings ohne Erlaub32 Als Vorlagen dienten ein Ölgemälde von 1711 und eine Miniaturdarstellung von 1740. Vgl. Hintze (Hg.): Katalog, 21. 33 Ebd., 21 f. 34 Ebd., 24. 35 Ebd., 26. 36 Ebd., 26.

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nis aus Berlin und wurde daher unmittelbar nach der Ausgabe wieder eingezogen. Der „Hoym-Taler“ gehörte bereits im 19. Jahrhundert zur Sammlung des Museums Schlesischer Altertümer und war in dieser Ausstellung eines der wenigen nicht geliehenen Exponate, die sich direkt auf die Geschichte der schlesischen Juden bezogen. Hier wird auch noch zu zeigen sein, wie die seit jeher gültige Interpretation des „Hoym-Talers“ als Dank der jüdischen Breslauer für den Grafen nach 1933 antisemitisch aufgeladen wurde. Der rechtlichen Emanzipation der jüdischen Bevölkerung zu Beginn des 19. Jahrhunderts räumte die Ausstellung besonders viel Platz ein – sie bildete sogleich das Finale der historischen Erzählung. Das „Edikt betreffend die bürgerlichen Verhältnisse der Juden im Preußischen Staate“37 von 1812 gilt als eines der bedeutendsten Dokumente aus der Geschichte der schlesischen Juden. Friedrich Wilhelm III . (1770–1840) und Staatskanzler Karl August von Hardenberg (1750–1822) ehrte die Ausstellung daher durch zwei lebensgroße Büsten aus der Sammlung des Schlossmuseums. Als Symbol für die rechtliche Emanzipation der Juden als Staatsbürger galt auch der Breslauer Soldat Meier Hilsbach, der „erste jüdische Leutnant in der preußischen Armee“. Eine Fotografie seines Grabsteins auf dem jüdischen Friedhof an der Claasenstraße (heute Ulica Gwarna), sein Entlassungsschein und eine Verleihungsurkunde der Kriegsgedenkmünze für den „freiwilligen Jäger des Corps von Lützow“ Carl Friedrich Reveck verwiesen auf die Teilnahme jüdischer Schlesier an den Befreiungskriegen (1813–1815) gegen die napoleonische Besatzung.38 Der Militärdienst war Juden vor der rechtlichen Emanzipation zumeist verwehrt geblieben und galt in der Ausstellung als Ausdruck für die Integration und den Patriotismus der jüdischen Schlesier. Der historische Teil der Ausstellung im Lichthof endete mit einem Gemälde Friedrich Wilhelms IV. (1795–1861) und einem Preußischen Gesetzblatt vom 23. Juli 1847, in dem die „bürgerlichen Verhältnisse, die Kultus- und Unterrichtsangelegenheiten und allgemeinen Bestimmungen für die Juden“39 verkündet wurden. Diese bedeutende rechtliche Verbesserung für die schlesischen Juden war aus einem innerjüdischen Streit über eine konservative oder liberale Ausrichtung der Breslauer Gemeinde hervorgegangen. Mit der Einsetzung von Synagogengemeinden durch das Preußische Judengesetz von 1847 durften die Gemeinden ihre Vorstände, Beamten und Rabbiner fortan selbst wählen.40 Die Ausstellung zeigte hierzu die Niederschrift über die Audienzverhandlungen von 1841 bei Friedrich Wilhelm IV. zum Gesuch des Breslauer Rabbiners Abraham Geiger (1810–1874) um eine „staatliche Regelung der schwebenden Streitfragen“.41 In seiner historischen Einführung zum Katalog stellte Willy Cohn zur Bedeutung dieser Neuordnung von 1847 abschließend fest, dass durch diesen Erlass die preußischen Juden zwar in religiösen Fragen eine gewisse „Autonomie“ und im Allgemeinen die „gleichen Pflichten und gleichen bürgerlichen 37 38 39 40

Ebd., 30. Ebd., 31. Ebd., 33. Brämer, Andreas: Ist Breslau „in vielfacher Beziehung Vorort und Muster für Schlesien“? Religiöse Entwicklungen in den jüdischen Gemeinden einer preußischen Provinz im 19. Jahrhundert. In: ders./ Herzig/Ruchniewicz (Hg.): Jüdisches Leben, 217–258, hier 240–248. 41 Hintze (Hg.): Katalog, 33.

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Rechte“ erhielten, im Staats- und Kommunaldienst sie aber weiterhin Einschränkungen unterlagen. „Immerhin konnte der Kampf um die Emanzipation in der Hauptsache als beendigt angesehen werden, und auch der schlesische Jude, dessen Dasein ein halbes Jahrtausend vorher oftmals schwer bedroht war, konnte in der Provinz, die ihm zur Heimat geworden, als Bürger seinem Berufe nachgehen.“42 Die formale rechtliche Gleichstellung in der Mitte des 19. Jahrhunderts diente als historischer Endpunkt der Ausstellung. Die Betonung dieser staatlichen Regelung drückte die Hoffnung aus, dass damit die jüdischen Breslauer zu einem integralen Bestandteil der städtischen Gesellschaft geworden waren. Die historische Ausstellung erzählte vor allem eine Geschichte politischer Diskriminierung und Emanzipation, während die Entwicklung der gesellschaftlichen Integration und Ausgrenzung hier nicht problematisiert wurde. Zum gesellschaftlichen Leben der jüdischen Gemeinde und des jüdischen Bürgertums enthielt die Ausstellung nur zwei kleine Bereiche. Neben einer Galerie mit Portraits jüdischer Bürger am Ende der Ausstellung war dies die „jüdisch-theologische Gruppe“ im Übergang vom kulturgeschichtlichen zum kunsthandwerklichen Ausstellungsbereich. Dieser versammelte knapp 20 Exponate aus den Nachlässen bedeutender schlesischer Rabbiner – vom ersten „wissenschaftlichen Buch eines Juden in Schlesien“, das Rechtsgutachten eines Rabbi Benjamin, gedruckt 1632 in Krakau, bis zu den Lithografien der aus dem innerkonfessionellen Streit von 1841 bekannten Breslauer Rabbiner Salomo Abraham Tiktin (1791–1843) und Abraham Geiger. Der liberale Rabbiner Geiger wurde zugleich als einer der „Begründer der modernen jüdischen Wissenschaft“43 hervorgehoben. Die beiden folgenden Räume zeigten eine reiche Sammlung von Kultgegenständen, geordnet nach ihrem Gebrauchszusammenhang – in der Synagoge, zu jüdischen Festen, Hochzeiten und bei der Beschneidung, bis zu rituellen Gegenständen für den Hausgebrauch. Zwischen zwei Thoravorhängen (Parochet) befand sich eine Nachbildung des Aron-Hakodesch, des Thoraschreins der Synagoge von Zülz, der sich „durch besonderen Aufwand in der Ausstattung“44 auszeichnete. Die Erläuterungen des Kataloges zu den einzelnen Gruppen der „Kultgeräte“ berücksichtigten auch die nicht mit jüdischen Riten vertrauten Besucher. Zum Thoraschrein erklärte der Katalog: „Er hat in Deutschland seinen Platz stets an der Ostwand als Hinweis auf die Lage von Jerusalem und dient der Aufbewahrung der pergamentnen Thorarollen mit der Niederschrift des Pentateuch [fünf Bücher Mose] nebst der ihnen zugehörigen Ausstattung, bestehend in der Wimpel [sic!], dem Mäntelchen, den Rimonim [„Granatapfel“-Aufsätze für die Stäbe der Thorarolle, d. Vf.], der Krone, dem Thoraschild und dem Zeiger.“45 In einer großen stilistischen Vielfalt wurden diese der Thora zugehörigen Gegenstände in den Vitrinen entlang der Wände ausgestellt. Mehrheitlich waren sie Leihgaben aus schlesischen Synagogengemeinden. Aus der kleinen Judaica-Sammlung des Schlesischen Museums stammten zwei Thoravorhänge von Breslauer Synagogen, die links und rechts des Eingangs ausgestellt wurden. 42 43 44 45

Cohn: Einleitung, 6. Hintze (Hg.): Katalog, 36. Ebd., 37. Ebd., 37.

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Von den insgesamt über 340 ausgestellten rituellen Gegenständen illustrierte der Katalog 26 mit einer fotografischen Abbildung. Neben einer Ansicht des im Lichthof gezeigten Almemor der Synagoge von Zülz wurden neun der Thora zugehörige Gegenstände aus dem 18. und 19. Jahrhundert abgebildet. Ihre regionale Herkunft blieb nicht auf Schlesien beschränkt, so fanden sich in der Ausstellung unter anderem auch Augsburger und Danziger Arbeiten. Weitere Exponate, die mit einer Abbildung hervorgehoben werden, waren Becher und Seder-Schüsseln für das Passach-Fest, Behälter für die Beschneidungszeremonie (Brit Mila), Hawdala-Leuchter, Besamim-Büchsen (Gewürzbehälter für den Sabbat), Etrog-Dosen für das Laubhüttenfest (Sukkot), ChanukkaLampen und der „Thron des Elias“ aus der Synagoge von Zülz. Diese Gegenüberstellung gleich mehrfacher Ausführungen der rituellen Gegenstände erläuterte der Kunsthistoriker Alfred Grotte in der Zeitschrift „Menorah“ als „eine lehrreiche Zusammenstellung von Varianten zu jedem Einzelgegenstand, erstaunlich für die Phantasie des Künstlers und seine geistvolle Anpassung an die verschiedenen Zeitstile“.46 Entsprechend der Ordnungsprinzipien eines Kunstgewerbemuseums standen in diesem Ausstellungsteil die Kunstfertigkeit und Formenvielfalt der Exponate im Vordergrund. Allerdings ließen die versammelten Objekte auch Rückschlüsse auf die Diskriminierung jüdischen Lebens zu. Der Kunsthistoriker Grotte betonte hierzu in seinem Beitrag, dass es sich bei den ausgestellten Gegenständen teils um für den „jüdischen Kulturzweck erstellte Stücke“ und teils um aus „christlich-profanen Zwecke[n]“47 adaptierte Stücke handelte, da Juden bis ins 19. Jahrhundert der Zugang zur Gold- und Silberschmiede verwehrt blieb. Dieser Umstand verwies auf die enge Verflechtung des jüdischen und nicht-jüdischen Kunsthandwerks.48 Alfred Grotte, der maßgeblich an der Gründung des Breslauer Museumsvereins beteiligt war, hatte bereits 1928 angeführt, dass eine ausgebreitete Präsentation der gesellschaftlichen Verflechtung und stilistischen Vielfalt jüdischen Kunsthandwerkes auch eine politische Botschaft enthalte – sie solle antisemitischen Parolen die Grundlage entziehen: „So soll und wird unser Museum segenreich wirken können; es wird das alte Vorurteil zerstören helfen von der rein materialistischen Einstellung des Judentums, von seiner angeblichen Kunstfeindlichkeit, es wird endlich den Anteil erweisen, den das deutsche Judentum des Ostens an Kultur und Geistesleben unseres engeren Vaterlandes besitzt.“49 Die jüdische Landes- und Kunstgeschichte Schlesiens bildete daher den Mittelpunkt der Ausstellung. Zum jüdischen Anteil an der regionalen Geschichte zählte auch das jüdische Kulturerbe in den Breslauer Sammlungen, welches der dritte Teil der Ausstellung im vierten Ausstellungsraum präsentierte. Ausgestellt wurden Handschriften, Drucke und Portraits. Als herausragende Exponate galten eine Breslauer Tuschezeichnung von 1694 mit dem Titel „Zwei Juden im großen und kleinen Gebetsmantel“ und eine „Miniatur aus der Machsor-Handschrift der Staats- und Universitätsbibliothek Bres46 47 48 49

Grotte: Das Judentum, 276. Ebd., 277. Deneke: Das Judentum, 83 f. Grotte: Was soll das neue Jüdische Museum, 14.

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lau“.50 Diese bis heute in Breslau und Dresden erhaltene Breslauer Handschrift von der Wende des 13./14. Jahrhunderts stand in der Ausstellung in einer Reihe mit verschiedenen Gebetsbüchern nach deutschen, polnischen, italienischen und anderen Riten aus dem 13. bis 18. Jahrhundert. Über diesen in Vitrinenschränken versammelten wertvollen Schriften befand sich gleichsam als Abschluss der Ausstellung eine Portraitgalerie mit über 20 Bildern von Juden aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Beginnend bei Samuel Oppenheimer (1630– 1703), „Hofjude Kaiser Leopolds I.“, der „durch seinen Handel auch zu Schlesien in engeren Beziehungen“51 stand, wurden insbesondere verschiedene schlesische Kaufleute und Bankiers aus dem späten 18. und frühen 19. Jahrhundert gezeigt. Der Katalog informierte sowohl über die Biografien wie auch über die Maler der Bilder. Zu den Brüdern David (1771–1837) und Jonas Fraenckel (1773–1846, auch: Fränkel) werden ihre sozialen Stiftungen in Breslau vorgestellt, wie das „Fraenckelesche Hospital, die Knaben- und Mädchenwaisenanstalt, das Zufluchtshaus für unverschuldet herabgekommende jüdische Familien, die Darlehenskasse zur Verbeugung der Armut, das Seminar zur Heranbildung von Rabbinern und Lehrern [und] Stiftungshäuser [, die] 350 Familien des Mittelstandes aller Konfessionen billige, gesunde Wohnungen“52 gewährten. Die zum Abschluss der Ausstellung versammelten Portraits jüdischer Bürger verliehen der Gemeinde ein Gesicht – die Repräsentation des assimilierten jüdischen Bürgertums, das sich als integraler Teil der Breslauer Gesellschaft verstand. Beginnend mit der historischen Entwicklungsgeschichte im Lichthof, führte der Ausstellungsrundgang zu den Räumen des jüdischen Kunsthandwerks und endete mit einer Galerie der Persönlichkeiten Schlesiens. Mit landesgeschichtlich-wissenschaftlichem Anspruch wurden hier die Inhalte der Ausstellung mit den Präsentationsformen verknüpft. Das stimmungsvolle Interieur eines zentral platzierten Almemor und einer großen kunsthandwerklichen Sammlung entsprach dabei einem bereits bekannten Erscheinungsbild jüdischer Museumspräsentationen.53 Dies galt sowohl für die zahlreichen Judaica-Sammlungen im jüdischen Museumswesen,54 unter anderem in Frankfurt am Main, Mainz, Worms, Berlin, Danzig, Wien, Prag und Warschau, aber auch für die jüdischen Abteilungen im nichtjüdischen Museumswesen,55 unter anderem in Hamburg, Nürnberg, Kassel und Braunschweig. Viele dieser Einrichtungen zeigten ihre Sammlungen jedoch alleine in einem völkerkundlichen oder teilweise kunsthisto50 Hintze (Hg.): Katalog, 114. Die Machsor-Schrift (Katalognummer: 491) befindet sich heute in der Biblioteka Uniwersytecka we Wrocławiu und wurde zusammen mit ihrem Gegenstück aus der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden digitalisiert. 51 Hintze (Hg.): Katalog, 117. 52 Hintze (Hg.): Katalog, 119 f. 53 Rauschenberger: Jüdische Tradition, 269. 54 Zur Geschichte des jüdischen Museumswesens in Deutschland bis 1938 vgl. Rauschenberger: Jüdische Tradition, 59–163; Hoppe: Jüdische Geschichte, 261–269. 55 Zur Geschichte der nichtjüdischen Museologie des Jüdischen in Deutschland bis 2000 vgl. Hoppe: Jüdische Geschichte, 68–164.

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rischen Kontext – ein historischer Aussagewert oder ein regionaler Bezug der Exponate waren hier oftmals zweitrangig. Als „eine von einigen jüdischen Einwohnern besuchte Trödelbude“56 wurden diese bestehenden jüdischen Museumspräsentationen als Gegenbeispiel zur Breslauer Ausstellung von einer der damals führenden europäischen Kunstzeitschriften, dem „Cicerone“, kritisiert. Breslau führte hingegen durch einen dezidiert regionalen Bezug den jüdischen Anteil an der Landesgeschichte und die Vielfalt schlesisch-jüdischen Kunsthandwerks vor Augen. Die Begrenzung auf Schlesien war vermutlich gar der Grund für den großen Erfolg dieser Ausstellung, die während ihres sechswöchigen Präsentationszeitraumes 13.000 Gäste zählte, unter denen sich nach Angabe des Vereins „auch eine große Anzahl von nichtjüdischen Mitbürgern“ befunden hatten. Allerdings war die Ausstellung lediglich zu den kurzen Öffnungszeiten des Museums, „werktags 10–1 Uhr, sonntags 11–2 Uhr“, allerdings bei freiem Eintritt, zugänglich.57 Für eine breitgefächerte Besucherschaft spricht vor allem die regionalgeschichtliche Konzeption, da durch eine „Verankerung mit dem Heimatlichen der Kreis der Interessenten wächst“58 – also auch ein an allgemeiner Landesgeschichte interessiertes Publikum diese Ausstellung besuchte –, wie es der Journalist der Tageszeitung „Breslauer Neueste Nachrichten“ betonte.

5.1.2. Intention und Organisation – Ein Verein für das Jüdische Museum Diese positive Rezeption in einer nicht-jüdischen Zeitung verwies auf das zentrale Ziel des Museumsvereins, nach dem der Aufbau eines Jüdischen Museums in Breslau nicht bloß eine Angelegenheit der jüdischen Glaubensgemeinschaft sein dürfe, sondern zu einer „Bereicherung der Allgemeinheit“ beitragen solle.59 Aus dem Vorstand der drittgrößten jüdischen Gemeinde Deutschlands entstand Ende 1927 die Initiative „für Ostdeutschland, insbesondere für Schlesien, eine Sammelstätte der noch vorhandenen Kunst- und Kulturdenkmäler jüdischer Vergangenheit zu schaffen“.60 Der Anwalt der Breslauer Synagogengemeinde und Redakteur der Gemeindeblätter, Ernst Rechnitz, führte den Erfolg der Ende Oktober 1927 gezeigten Sonderausstellung „Die jüdische Frau – Das jüdische Haus“ der „Sozialen Gruppe für erwerbstätige jüdische Frauen und 56 H. Gr: [Das Judentum in der Geschichte Schlesiens], Breslau. In: Der Cicerone 21/6 (1929) 170–172, hier 170. 57 Der Verein hielt in seinem Jahresbericht fest: „Die Tatsache, daß während einer beschränkten Besuchs­ zeit in sieben Wochen [sic!] 13.000 Besucher die Ausstellung im hiesigen Kunstgewerbemuseum besichtigten, gibt hierfür [Worte der Anerkennung] am besten beredtes Zeugnis.“ 1. Jahresbericht des Vereins Jüdisches Museum E.V. zu Breslau, 29. März 1928 bis 30. Sept. 1929. Breslau 1929, 7. Zu den kurzen Öffnungszeiten vgl. das Einladungsschreiben, Jüdisches Museum e. V., 15. Januar 1929: ŻIH, Gminy Żydowskie Prowincji Śląskiej, 106/89, Bl. 109. 58 Dr. St.: Das Judentum [am 4. Februar 1929]. 59 Rechnitz, Ernst: Die Entstehung des Jüdischen Museums. In: Verein Jüdisches Museum E.V. zu Breslau. Breslau 1928, 7–10. Erneut in: Mitteilungen des Verbandes 35 (1974) 8; Mitteilungen des Verbandes 58 (1994) 14. 60 Silberberg, Max: Vorwort. In: Hintze (Hg.): Katalog, III–IV, hier III.

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Mädchen in Breslau“61 als hauptsächlichen Beweggrund an, eine dauerhafte Ausstellung zur jüdischen Kultur zu schaffen. Am 18. Mai 1928 wurde der Verein „Jüdisches Museum“ ins Vereinsregister unter folgendem Vereinszweck eingetragen: „Der Verein bezweckt die Sammlung und Erhaltung 1. von jüdischen Altertümern, welche geschichtlichen, kulturellen oder künstlerischen Wert besitzen. 2. von Archivalien, Handschriften und Druckwerken, welche die jüdische Geschichte und Literatur betreffen. 3. von Abbildungen denkwürdiger Persönlichkeiten, Baulichkeiten und Gegenständen, sowie sie für die Geschichte des Judentums von Interesse sind. Sowie deren Ausstellung in würdigen Räumen. Auf Sammlung von Gegenständen, welche für die Geschichte und Kultur der Breslauer, Schlesisch-Posenschen und östlichen Judenschaft von Bedeutung sind, soll besonders Rücksicht genommen werden.“62 Über die Pläne zur Gründung eines Jüdischen Museums berichtete bereits im Juli 1928 die Zeitschrift „Schlesische Monatshefte“.63 Auch bei den nicht-jüdischen Kultureliten der Stadt stieß die Initiative auf großes Interesse. Schon vor der offiziellen Vereinsgründung regte der Leiter des Breslauer Schlossmuseums und Kurator am Schlesischen Museum für Kunstgewerbe und Altertümer, Prof. Erwin Hintze, an, als Auftakt „zunächst einmal eine Ausstellung zu veranstalten und durch diese die Ziele des Vereins der Allgemeinheit vor Augen zu führen“.64 Er schlug nicht nur das Thema der Ausstellung vor, sondern übernahm auch die „Organisation des Aufbaus und Abfassung des Kataloges“. Erwin Hintze war vor allem mit Studien zu Breslauer Goldschmiedeund Zinngußarbeiten bekannt geworden und hatte sich in diesem Zusammenhang auch mit aus Silber und Zinn gefertigten jüdischen Ritualgegenständen befasst.65 Die wissenschaftlichen und organisatorischen Vorbereitungen der Ausstellung im Winter 1928/29 unterstützten auch die Museumsmitarbeiterin Eva Schmidt (1902–1985) und der Rabbiner Louis Lewin (1868–1941) als fachkundiger „Berater auf jüdisch-wissenschaftlichem Gebiet“. Dem neu gegründeten Verein stellte die Museumsdirektion ab Juli 1928 einen Raum im Schlossmuseum für eine Jahresmiete von 120 Reichsmark zur Verfügung.66 Von Seiten des Vereins wurde die Hoffnung geäußert, im Schlossmuseum 61 Die kunsthandwerkliche Ausstellung „Die jüdische Frau. Das Jüdische Haus“ wurde am 30. und 31. Oktober 1927 im Kammermusiksaal des Breslauer Konzerthauses gezeigt. Die Ausstellung entstand unter der Leitung von Edith Lachmann und der Mitarbeit von Alfred Grotte. Vgl. Lewkowitz, Albert: Die jüdische Frau. Das jüdische Haus. In: Breslauer Jüdisches Gemeindeblatt 4/11 (1927) 172. Vgl. auch Hoppe: Jüdische Geschichte, 269; Rauschenberger: Jüdische Tradition, 190. 62 Auszug aus den Satzungen des Vereins. In: Verein Jüdisches Museum E.V. zu Breslau. Breslau 1928, 19–21. Der Verein erlebte in den Jahren ein enormes Mitgliederwachstum von 47 (1928) auf 239 (1931) Personen. Zu den einzelnen Mitgliedern und Sitzungen des Vereins zwischen 1928 und 1931 vgl. 1. Jahresbericht des Vereins Jüdisches Museum E.V. zu Breslau, 29. März 1928 bis 30. Sept. 1929. Breslau 1929; 2. Jahresbericht des Vereins Jüdisches Museum E.V. zu Breslau, 1. Okt. 1929 bis 30. Sept. 1931. Breslau 1931. 63 Landsberger, Franz: [Jüdisches Museum Breslau]. In: Schlesische Monatshefte 5/7 (1928) 312. 64 Silberberg: Vorwort, III. 65 Hintze, Erwin: Die Breslauer Goldschmiede. Eine archivalische Studie. Breslau 1906: 103. Vgl. auch die siebenbändige Reihe: ders.: Die deutschen Zinngießer und ihre Marken, Bd. 1–7. Leipzig 1921– 1931. 66 APWr, Akta Miasta Wrocławia, 31840, Bl. 3.

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als „Museumsabteilung ihr Heim aufschlagen“ zu können,67 jedoch war der Raum zu keinem Zeitpunkt ein Bestandteil des Museumsrundgangs. Die Besichtigung der Schausammlung des Vereins bedurfte einer gesonderten Anmeldung.68 Unmittelbar vor der Eröffnung der großen Sonderausstellung am 3. Februar 1929 konzentrierte sich die gesamte Vereinsarbeit neben dem Aufbau einer eigenen Sammlung auf die Akquise von Leihgaben. Bereits im Juli 1928 rief der Verband der Synagogengemeinden in Niederschlesien die Gemeinden der Region auf, „Kultusgegenstände, die nicht im Gebrauch sind, […] dem Jüdischen Museum geschenkweise oder leihweise zu überlassen“.69 Ausgehend vom neu gegründeten Vereinsbüro in der Striegauer Straße (heute Ulica Strzegomska) unter der Schriftleitung des Breslauer Kaufmanns Felix Perle wurden ab Oktober 1928 gezielt einzelne Besitzer von Objekten um Leihgaben für die Ausstellung gebeten.70 Im Dezember 1928 versandte der Verein zudem einen Serienbrief zusammen mit einer Informationsbroschüre und einem Fragebogen an verschiedene kulturelle Einrichtungen und staatliche Leitungsstellen wie den Landeshauptmann der Provinz Niederschlesien und den Oberbürgermeister zu Breslau. Der Brief informierte über die Vereinsgründung und die Planung einer „grösseren öffentlichen Ausstellung“ zu Beginn des Jahres 1929 und bat um Unterstützung des Vorhabens. Im Fragebogen wurde anhand von fünf Fragen um Auskunft gebeten, welche Gegenstände der Absender dem Verein „als Geschenk […] oder leihweise“ überlassen würde und welche Kontakte aus dem „Bekanntenkreise“ ebenfalls angeschrieben werden dürften.71 Die beiliegende Broschüre mit dem Titel „Verein Jüdisches Museum E.V. zu Breslau“ enthielt drei Aufsätze zu den allgemeinen Aufgaben jüdischer Museen und zur Entstehung und Zielsetzung des Jüdischen Museums in Breslau.72 Während die staatlichen Leitungsstellen wie Provinzialverwaltung und Magistrat auf ihre musealen Einrichtungen verwiesen, war die Akquise von Leihgaben bei Bibliotheken und Archiven, bei schlesischen Synagogengemeinden und beim jüdischen Bürgertum höchst erfolgreich. Für die Veranstaltung einer solch umfassenden Schau an Relikten aus der jüdischen Geschichte Schlesiens waren die Organisatoren auf eine beträchtliche Anzahl an Leihgaben von Institutionen und Privatpersonen angewiesen, denn nur 67 Rechnitz: Die Entstehung, 8. 68 Hoppe: Jüdische Geschichte, 275. 69 Der Verband der Synagogen-Gemeinden der Provinz Niederschlesien an den Vorstand der ­Syna­gogen-Gemeinde Trachenberg, 24. Juli 1928: ŻIH, Gminy Żydowskie Prowincji Śląskiej, 106/442, [ohne Nr.]. 70 Der Verein bat den Vorstand der Synagogengemeinde in Trachenberg (heute Żmigród) um die Leihgabe zweier Waschutensilien von 1832, die diese daraufhin für die Ausstellung nach Breslau sandte. Vgl. Jüdisches Museum e. V. an Herrn Hamel, 05. Oktober 1928: ŻIH, Gminy Żydowskie Prowincji Śląskiej, 106/442, [ohne Nr.]. 71 APWr, Akta Miasta Wrocławia, 31840, Bl. 1–3; APWr, Wydział Samorządowy Prowincji, 632, Bl. 35 f. 72 Verein Jüdisches Museum E.V. zu Breslau. Breslau 1928. Der Band enthält u. a. Aufsätze von Georg Hermann, Ernst Rechnitz und Alfred Grotte. Ausgewählte Beiträge wurden 1974 und 1994 erneut in der Zeitschrift des Verbandes ehemaliger Breslauer und Schlesier in Israel e. V., Tel Aviv, abgedruckt: Mitteilungen des Verbandes 35 (1974) 8; Mitteilungen des Verbandes 58 (1994) 14–15.

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knapp ein Viertel der Ausstellungsgegenstände wurden aus der in wenigen Monaten aufgebauten Vereinssammlung gestellt. Die junge Vereinssammlung sollte langfristig erheblich ausgebaut werden und damit einen repräsentativen Charakter erhalten. Allerdings verstand sich bereits vor der Gründung des Museumsvereins das 1924 gegründete Archiv der Synagogengemeinde zu Breslau als zentraler Sammlungsort für Dokumente zur Geschichte der Juden in Breslau und Schlesien. Neben dem Gesamtarchiv der deutschen Juden in Berlin war es das einzige wissenschaftliche jüdische Gemeindearchiv in Deutschland.73 Der Archivleiter Rabbiner Aron Heppner (1865–1938) bekräftigte den Anspruch, Akten und Bücher, aber auch Bilder und Kultgegenstände zur jüdischen Geschichte im Archiv zu sammeln. Als im Januar 1929 dem Museumsverein ein „Bürgerbrief für Raffael Bloch vom 21. Juli 1848“ geschenkt wurde, klagte Heppner dem Synagogenvorstand sein Bedauern, dass dieses Dokument vom Stifter nicht dem Archiv angeboten wurde. Der Synagogenvorstand, der die Gründung des Museumsvereins mitinitiiert hatte, bezog eine vermittelnde Position zwischen seinem Archiv und dem Museumsverein. Als Heppner im März 1929 beim Gemeindevorstand um den Ankauf eines „Miniaturbildes des Hoffaktors Lichtenstedt, Glogau“ bat, wurde dies abgelehnt und ein Angebot an den Museumsverein empfohlen.74 Langfristig sollte sich das Synagogenarchiv auf historische Dokumente in Papierform und das Museum auf Bilder und dreidimensionale Gegenstände konzentrieren. Für die große Sonderausstellung im Februar und März 1929 waren sowohl die Sammlungen des Breslauer Synagogenarchivs wie auch des Museumsvereins nur von geringer Bedeutung. Von den 576 verzeichneten Ausstellungsobjekten waren mehr als drei Viertel Leihgaben. Zu den größten leihenden Institutionen zählten neben verschiedenen schlesischen Synagogengemeinden das Breslauer Staatsarchiv, das Stadtarchiv, die Stadtbibliothek, die Staats- und Universitätsbibliothek, die Bibliothek des Jüdisch-Theologischen Seminars (Fraenckel’sche Stiftung), das Gesamtarchiv der deutschen Juden Berlin, die Kunstsammlung der Jüdischen Gemeinde Berlin, das Jüdische Museum Wien und schließlich der Organisator der Ausstellung, das Schlesische Museum für Kunstgewerbe und Altertümer mit seiner Filiale im Schlossmuseum. Nahezu ein Drittel der ausgestellten Exponate, insbesondere der rituellen Gegenstände, bildeten Leihgaben von Privatpersonen aus Schlesien, aber auch aus Österreich, Berlin, Frankfurt am Main und Worms. Damit konnte die Ausstellung den größten jemals gezeigten Bestand an Relikten der jüdischen Geschichte Schlesiens aus regionalen und überregionalen Sammlungen an einem Ort zusammentragen.75 Der Ausstellungskatalog verzeichnete zu allen 576 Exponaten den Leihgeber mit Namen. Eine interessante Ausnahme bildet die mehrfache Angabe „Schlesischer 73 Zur Geschichte des Archiv der Synagogengemeinde Breslau vgl. Brilling, Bernhard: Das Archiv der Breslauer jüdischen Gemeinde. In: Jahrbuch der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau 18 (1973) 258–284. 74 ŻIH, Gmina Żydowska we Wrocławiu, 105/290, Bl. 212–215, 287–290. Für die Hinweise und die Kopien der Akten danke ich Dorothea Warneck. 75 Zu den Leihgebern vgl. Hintze (Hg.): Katalog; vor allem das Verzeichnis MNWr, SMfKuA, I/380, Bl. 111 f.

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Privatbesitz“ und „Österreichischer Privatbesitz“. Auf Grundlage der Unterlagen des Museumsarchivs konnte hier der größte private Leihgeber identifiziert werden. Aus einem Verzeichnis mit 57 Katalognummern geht hervor, dass alle als schlesischer Privatbesitz verzeichneten Katalognummern aus Neustadt in Oberschlesien (poln. Prudnik) stammten.76 Da die Synagogengemeinde Neustadt (OS.) im Katalog namentlich genannt wurde, ist mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen, dass es sich hierbei um den Neustädter Textilfabrikanten, Kommerzienrat und Mäzen Max Pinkus (1857– 1934) handelte. Max Pinkus war für seine einzigartige Schlesienbibliothek bekannt,77 von seinem Vater Josef Pinkus (1829–1909) hatte er eine umfangreiche Sammlung an „Handwerkkunst und Gegenständen des jüdischen Religionskultus“78 geerbt. Zugleich war er Mitglied des Vorstandes des jüdischen Museumsvereins zu Breslau und galt als Unterstützer des Ausstellungsvorhabens. An der Person Max Pinkus wird deutlich, welche große und bedeutende Rolle das schlesisch-jüdische Mäzenatentum beim Aufbau des Jüdischen Museums in Breslau, aber auch im gesamten Breslauer Museumswesen spielte. Zum Vorstand des jüdischen Museumsvereins zählten neben Max Pinkus viele bedeutende Kunstsammler und Industrielle, wie Max Silberberg (1878–1942) und Leo Smoschewer (um 1870–1938), der Anwalt Ismar Littmann (1878–1934) oder der Rittergutsbesitzer Paul Schottlaender (1870–1938). Viele der Vorstandsmitglieder des Museumsvereins waren ebenfalls engagierte Mitglieder im Vorstand des Schlesischen Museums der Bildenden Künste oder auch der Breslauer Gesellschaft der Kunstfreunde. Seit Ende des 19. Jahrhunderts engagierte sich das aufstrebende jüdische Bürgertum in Breslauer Vereinen und prägte das Kulturleben der Stadt. So spielten jüdische Mäzene auch eine wichtige Rolle in der 1803/09 gegründeten Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur, die maßgeblich zur Eröffnung des Schlesischen Museums der Bildenden Künste im Jahr 1880 beitrug.79 Nach dem Ersten Weltkrieg bekleideten Vertreter des gehobenen jüdischen Bürgertums in vielen Vereinen und Kuratorien exponierte Stellen. Das Mäzenatentum bildete eine tragende Säule des Kunstlebens und des Sammlungs- und Ausstellungswesens Breslaus.80 Gleichzeitig war Breslau als Heimstätte des

76 MNWr, SMfKuA, I/380, Bl. 79–85. 77 Reinhart, Walter A./Arbor, Ann (Hg.): Max Pinkus. 3. Dezember 1857 bis 19. Juni 1934. München 1958. 78 Baron, Akadiusz: Erinnerungen von Max Pinkus und ihr historischer Zusammenhang. In: ders./Izabela Zaprucka, Julia (Hg.): Max Pinkus we wspomnieniach/Max Pinkus in Erinnerungen. Muzeum Miejskie Dom Gerharta Hauptmanna. Jelenia Góra 2010, 5–22, hier 7. 79 Garber: Das alte Breslau, 408 f., 436–439; vgl. auch Gerber, Michael Rüdiger: Die Schlesische Gesellschaft für vaterländische Cultur (1803–1945). Sigmaringen 1988, 59 f. 80 Winzeler, Marius: Jüdische Sammler und Mäzene in Breslau. Von der Donation zur „Verwertung“ ihres Kulturbesitzes. In: Baresel-Brand, Andrea/Müller, Peter: Sammeln, Stiften, Fördern. Jüdische Mäzene in der deutschen Gesellschaft. Magdeburg 2008, 131–156, hier 135–143; Stolarska-Fronia: Udział środowisk, 228–299; Palica, Magdalena: Von Delacroix bis van Gogh. Jüdische Kunstsammlungen in Breslau. In: Brämer/Herzig/Ruchniewicz (Hg.): Jüdisches Leben, 390–406.

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Jüdisch-Theologischen Seminars ein wissenschaftliches Zentrum jüdischen Lebens81 – der Historiker und Verleger Felix Priebatsch (1867–1926) bezeichnete Breslau 1926 gar als „Hauptsitz der jüdischen Wissenschaft auf der ganzen Erde“, während Berlin bloß der „Hauptort jüdischen Lebens“ in Deutschland sei.82 Dieser nicht ganz ernst gemeinte Vergleich unterstrich, welche intellektuelle Kraft Breslau für die Ausrichtung einer Großausstellung besaß. Insgesamt ist festzuhalten, dass die aufwändige Organisation und die Dimensionen der Großausstellung zur jüdischen Kultur und Geschichte die große Bedeutung des Projektes für die jüdische Gemeinde widerspiegelten: In einer beispiellosen Vielfalt konnten für zwei Monate die Relikte der jüdischen Kultur Schlesiens in einem Breslauer Museum versammelt und zugleich die organisatorischen Grundlagen für ein eigenständiges Jüdisches Museum gelegt werden. Die inhaltlichen Ziele des Ausstellungsprojektes gaben Aufschluss über das Selbstverständnis des kulturell engagierten jüdischen Bürgertums: In der bereits vorgestellten Informationsbroschüre des Museumsvereins nannte der Kunsthistoriker Alfred Grotte als Ziel des Museums, den historischen Beitrag vorzuführen, „den das deutsche Judentum des Ostens an Kultur und Geistesleben unseres engeren Vaterlandes besitzt“.83 In ihrem Selbstverständnis als deutsche Bürger war es den Vereinsmitgliedern ein besonderes Anliegen, Versuchen einer Ausgrenzung und Diskriminierung der jüdischen Bevölkerung zu begegnen. Die reiche Geschichts- und Kunstausstellung argumentierte daher auf zwei Ebenen: Die große Sammlung jüdischer Ritualgegenstände sollte den antisemitischen Vorurteilen einer „angeblichen Kunstfeindlichkeit“ und „materialistischen Einstellung des Judentums“84 begegnen und zugleich anhand der Verflechtung von Relikten der jüdischen und politischen Geschichte Schlesiens die lange Tradition jüdischen Lebens in der Region demonstrieren. Die Region Schlesien wurde hierbei als eine „Völkerbrücke“ begriffen, die durch ein „Zusammenstoßen Wiener und italienischer, slawischer und böhmisch-mährischer mit deutscher Kunst“ besonders „reiche Aufschlüsse“ vermittele.85 Diese Anmerkung zum kulturellen Erbe der Region zeigte, dass die Initiatoren des jüdischen Museums einerseits die historisch vielfältige Kulturgeschichte Schlesiens als Reichtum hervorheben wollten, aber zugleich auch die nationale Zugehörigkeit der schlesischen Juden als deutsche Bürger definierten. Diese Botschaft fand auch in der medialen Öffentlichkeit breiten Anklang.

81 Kirsch, Guido (Hg.): Das Breslauer Seminar. Jüdisch-Theologisches Seminar (Fraenckelscher Stiftung) in Breslau 1854–1938. Gedächtnisschrift. Tübingen 1963; Fuchs, Konrad: Zur Entstehung, Entwicklung und Schließung des Jüdisch-Theologischen Seminars zu Breslau (Fraenckelsche Stiftung). In: Jahrbuch der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau 31 (1990) 301–306. 82 Priebatsch, Felix: Geschichte der Juden in Schlesien. In: Menorah 4/5 (1926) 257–261, hier 261. 83 Grotte: Was soll das neue Jüdische Museum, 14. 84 Grotte: Was soll das neue Jüdische Museum, 14. 85 Rechnitz: Die Entstehung, 9.

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5.1.3. R  ezeption und Nachgang der Ausstellung – Der Grundstock für ein jüdisches Museum in Breslau Sehr wohlwollend begleitete die jüdische und nicht-jüdische Presse das Ausstellungsprojekt. Die „Breslauer Neuesten Nachrichten“ lobten, dass hier nicht einfach „Ausstellungsobjekte historisch nebeneinander gestellt“ würden, sondern durch die „Art der Gruppierung und Anordnung […] eine überraschende Leistung gelungen“ sei. Neben der „dekorativen Gesamtanordnung“ wurde für den kunsthandwerklichen Teil die Auswahl an „Dingen, denen man das unvermeidliche Wort ‚Qualität‘ zusprechen muß“, betont und zugleich das Bedauern geäußert, „daß es sich hier nur um eine zeitlich begrenzte Ausstellung und nicht um den Grundstock des geplanten Museums handelt, daß die Dinge wieder auseinandergerissen werden müssen. Hoffentlich aber wird das gute Gelingen das Vertrauen der Privatsammler und Gemeinden stärken, sie veranlassen, ihre Schätze nicht nur für die Ausstellung, sondern für dauernd als Leihgaben zur Verfügung zu stellen.“86 Die gleiche Zeitung wies auch einen Monat später nochmals auf den von Erwin Hintze verfassten Ausstellungskatalog hin. Er gelte aufgrund seiner „Gründlichkeit und Ausführlichkeit in der Behandlung des Materials“ als ein bisher „noch nicht vorhandenes Handbuch für jüdische Altertümer“. Anschließend wurden verschiedene jüdische Ritualgegenstände vorgestellt und ihre Bedeutung der Leserschaft erläutert.87 Auch die traditionsreiche „Schlesische Zeitung“ widmete der Ausstellung einen ausführlichen Artikel mit einer detaillierten Beschreibung der Exponate.88 Allerdings verzichtete diese auf eine Wertung der Schau. In der jüdischen Presse ließ sich eine ganze Reihe von Artikeln zu der Breslauer Ausstellung feststellen. In der Mehrheit handelte es sich hierbei allerdings um Berichte, die Unterstützer der Ausstellung wie Willy Cohn und Alfred Grotte verfasst hatten. Cohn hielt in einem Beitrag als Ergebnis der Ausstellung für die Geschichtswissenschaft fest, dass von ihr eine Anregung „für eine neue Art der Verbindung lokalgeschichtlicher, jüdischer und allgemeingeschichtlicher Forschung“ ausgegangen sei, da die versammelten „Ausstellungsgegenstände nicht nur jüdischer Herkunft waren, sondern […] auch alle die Dokumente herangezogen wurden, die Persönlichkeiten zu charakterisieren geeignet waren, die mit den Juden irgendwie in Berührung traten“. Auch die Begrenzung auf den schlesischen Raum sah Cohn als Grund für den Erfolg der Ausstellung an, denn hätte man sich nicht geografisch „beschränkt, so wäre vielleicht die Mannigfaltigkeit größer gewesen, dafür hätte aber das wissenschaftliche Ergebnis nur klein sein können“. Willy Cohn schloss mit dem Wunsch ab, „daß das deutsche Judentum in ähnlicher Weise für die anderen Gebiete des Reiches solche Sammlungen organisierte, die in bewußter Beschränkung auf einen kleinen Raum dort wissenschaftlich einwandfreies Material zusammenstellten“.89 86 Dr. St.: Das Judentum [am 4. Februar 1929]. 87 Dr. St: Das Judentum in der Geschichte Schlesiens [2]. In: Breslauer Neueste Nachrichten am 4. März 1929. 88 [Buchwald, Conrad] C. B.: Das Judentum in der Geschichte Schlesiens. In: Schlesische Zeitung am 14. Februar 1929. 89 Cohn: Das wissenschaftliche Ergebnis, 163–164.

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Mit dieser großen Sonderausstellung wollte der Jüdische Museumsverein auch einen Impuls für eine wissenschaftliche Professionalisierung des jüdischen Ausstellungs­wesens geben. Für den 10. März 1929 lud er deshalb zu einer „Zusammenkunft der Leiter aller jüdischen Museen“ nach Breslau ein. Diese Tagung von Museologen aus Deutschland, Österreich, Polen und der Tschechoslowakei bildete die Gründungsveranstaltung für eine „Arbeitsgemeinschaft für Sammlungen jüdischer Kunst und Altertümer“,90 die neben einer Vernetzung des jüdischen Museumswesens auch zentrale Fragen einer zukünftigen Ausrichtung klären sollte. Während die Vertreter aus Breslau eine regionale Beschränkung der Museumsvereine forderte, war insbesondere das Jüdische Museum Berlin daran interessiert, zu einer „zentralen Forschungsstelle und Repräsentanz der deutschen Juden“ zu werden.91 Auch stand zur Debatte, ob selbständige jüdische Museen oder jüdische Abteilungen in Stadt- oder Landesmuseen der öffentlichen Vermittlung jüdischer Kulturgeschichte besser dienen würden.92 Auch wenn es nicht gelang, die Arbeitsgemeinschaft als regelmäßig stattfindendes Forum zu etablieren, erhielt der Verein für diese Initiative hohe Anerkennung, an die sogar noch 1939 das Jüdische Museum in Warschau erinnerte.93 Bereits 1929 widmete der polnisch-jüdische Historiker Majer Bałaban in seinem Buch zu den jüdischen Geschichtsdenkmälern der Breslauer Ausstellung einen längeren Absatz, in dem er auch den „reichen und schön illustrierten Katalog“ als ein „erfreuliches Andenken an diese Ausstellung“ lobte.94 Der umfangreiche Katalog wurde von verschiedenen Seiten hervorgehoben, da er nicht bei einer „bloßen Aufzählung“ der Exponate stehenblieb, sondern „jede Nummer mit knappen Worten in ihren geschichtlichen und kulturellen Zusammenhang“95 einordnete. Die detaillierten Erläuterungen markierten eine Neuheit in der musealen Vermittlung von Geschichte und machten den Katalog zu einem „ausgezeichneten illustrierten Führer“, der ein „dauerndes Denkmal […] und ein wissenschaftlich wertvolles Nachschlagewerk“96 bleiben werde. Alfred Grotte konnte bei diesen Worten freilich noch nicht vorhersehen, dass die Mehrheit der im Katalog verzeichneten Gegenstände schon bald verstreut und vernichtet sein sollte. 90 1. Jahresbericht, 8. 91 Zu den Tagungen der Arbeitsgemeinschaft in Breslau und Mainz vgl. Rauschenberger: Jüdische Tradition, 200–203. 92 Brock-Nannestad, Margarethe: Jüdische Museologie. Entwicklungen der jüdischen Museumsarbeit im deutsch-jüdischen Kulturraum. In: Purin, Bernhard (Hg.): Jüdische Kultur in Museen und Ausstellung bis 1938. Wien 1995, 55–70, hier 64–66. 93 Majer Bałaban betonte bereits 1929, dass sich der Breslauer Verein nicht mit der Ausstellung begnügte, sondern zugleich eine Tagung jüdischer Museologen aus ganz Europa organisierte. Vgl. Bałaban: Zabytki historyczne, 25. An die Teilnahme Bałabans an dieser Zusammenkunft erinnerte 1939 eine Publikation des Jüdischen Museums Warschau. Vgl. Gerber, Rafał: Muzeum im. Mathiasa Bersohna przy Gminie Wyznaniowej Żydowskiej w Warszawie. Warszawa 1939, 22. 94 Bałaban: Zabytki historyczne, 24, poln. Original: „Bogaty i pięknie illustrowany katalog ułożony przez prof. Erwina Hintzego przy pomocy uczonych żydowskich dra Louisa Lewina i docenta Izraela Rabina stanowi miłą pamiątkę z tejże wystawy.“ 95 Klibansky, Erich: Besprechungen. Katalog der Ausstellung „Das Judentum in der Geschichte Schlesiens“, vergriffen. In: Zeitschrift des Vereins für Geschichte Schlesiens 64 (1930) 303–304, hier 304. 96 Grotte: Das Judentum, 274.

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Der Katalog stieß auf solch großes Interesse, dass er noch während der Ausstellung vergriffen war und seitdem als bibliothekarische Rarität gilt. Eine Anfrage aus Moskau Ende Juni 1929 konnte das Museum nur noch mit dem Verweis auf den antiquarischen Buchhandel vertrösten.97 Aufgrund des umfangreichen Bestandes an Leihgaben zog die Ausstellung nach ihrer Schließung eine mehrjährige Verwaltungsarbeit nach sich. Während die großen Institutionen wie Archive, Bibliotheken und Museen ihre Leihgaben unmittelbar nach Abschluss der Ausstellung zurückerhielten, erlaubten viele private Leihgeber einen Verbleib ihrer Gegenstände in der Schausammlung des Vereins im Schlossmuseum, teilweise sogar bis 1933. Die Museumsassistentin Elvira Meder, die die Judaica-Leihgaben im Schlossmuseum verwaltete, sowie Erwin Hintze und Louis Lewin sandten ab dem 25. März 1929 die Leihgaben an ihre Besitzer zurück. Im Begleitschreiben dankten sie den Leihgebern „zugleich im Namen des Vorstandes des Vereins Jüdisches Museum“.98 Auch wenn es sich bei dem Ausstellungsprojekt um eine enge Zusammenarbeit zwischen Museum und Verein handelte, verblieb eine organisatorische Trennung zwischen dem Museum als Gastgeber der Ausstellung, dem vom Verein im Schlossmuseum angemieteten Sammlungsraum und dem Vereinsbüro in der Striegauer Straße. Der Vereinsvorsitzende Max Silberberg und sein Schriftführer Felix Perle leiteten die Rückgabeanfragen von Leihgebern an Hintze, Lewin und Meder zur Bearbeitung weiter. Sogar für Übergaben von Sammlungsgegenständen aus dem Raum im Schlossmuseum an den Verein wurden Übergabe-Quittungen ausgestellt – auch diese Verwaltungsunterlagen haben sich in dem genannten Aktenfund erhalten. Das Büro im Schlossmuseum war sichtlich bemüht, möglichst viele Leihgaben in seiner Schausammlung belassen zu dürfen. Auf ein Schreiben des Kuratoriums der ­Fraenckel’schen Stiftungen vom 29. April 1929 mit der Anfrage um Rückgabe des Privilegienbriefs für die Glogauer Juden (1708) und eines Thoravorhangs entgegnete Meder mit der Bitte, dies zu überdenken. Doch das Kuratorium bekräftigte am 15. Mai seine Bitte um Rückgabe.99 Mit der Mehrheit der Leihgeber wurden Vereinbarungen getroffen, ihre Gegenstände für einen bestimmten Zeitraum oder sogar bis auf Widerruf im Schlossmuseum zu belassen. Auch der bedeutendste private Leihgeber, Max Pinkus, beließ vorerst die Mehrheit seiner historischen und rituellen Objekte im Museum. Am 9. Juli 1929 verlangte er lediglich die Rückgabe des „Privilegienbriefs Kaiser Leopolds“ (Katalognummer 50).100 Im Dezember 1929 wurde dann im „Katalog-Verzeichnis Neustadt O/S“ von seinen 57 in der Ausstellung gezeigten Exponaten die Rückgabe von 24 Gegenständen aufgeführt. Die restlichen 33 Exponate verblieben dauerhaft in der Schausammlung des Museumsvereins.101   97 MNWr, SMfKuA, I/165, Bl. 217 f.; 1. Jahresbericht, 8.   98 MNWr, SMfKuA, I/380, Bl. 145, 148–152.   99 MNWr, SMfKuA, I/380, Bl. 103 f. 100 MNWr, SMfKuA, I/380, Bl. 98. 101 MNWr, SMfKuA, I/380, Bl. 79–85.

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Als Aufbewahrungsort diente neben dem Raum im Schlossmuseum auch das Archiv der Synagogengemeinde. In beiden Räumen arbeitete der Assistent des Synagogenarchivs Bernhard Brilling (1906–1987) unter anderem an der Katalogisierung der wachsenden Vereinssammlung.102 In das Archiv überführte der Verein sowohl Gegenstände aus eigenem Besitz wie auch entliehene Objekte. Archivleiter Heppner war daher auch an der Rücksendung von Leihgaben beteiligt. Zu den größten Überführungen von Leihgaben in das Synagogenarchiv zählten 16 Archivalien zur Geschichte der Glogauer Gemeinde im Februar 1933.103 Diese Verlagerung von Sammlungsstücken erfolgte bereits unter den Vorzeichen der Auflösung des Sammlungsraumes im Schlossmuseum. Dieser Einschnitt bedeutete einen radikalen Wandel in der Musealisierung der jüdischen Stadtgeschichte – wie im folgenden Kapitel gezeigt wird. Die Zusammenarbeit zwischen Kunstgewerbemuseum und Verein war bis 1933 nicht nur ein Symbol für die Zugehörigkeit der jüdischen Kultur zur schlesischen Landes- und Breslauer Stadtgeschichte, sondern auch Ausdruck der prägenden Kraft des jüdischen Bürgertums für das Breslauer Kulturleben.

5.2. Die Vorgeschichte – „Judaica“ und jüdische Geschichte in den Breslauer Museen 1900–1945 Der Verein „Jüdisches Museum“ zu Breslau verwahrte seit 1928 seine stetig wachsende Sammlung in einem Raum des zum Schlesischen Museum für Kunstgewerbe und Altertümer gehörenden Schlossmuseums. Allerdings war diese Schausammlung weder als Ausstellung aufgestellt, noch war sie im Rundgang des Schlossmuseums verzeichnet. Nach Anmeldung zeigten die Mitarbeiter des jüdischen Museumsvereins jedoch jedem interessierten Besucher diese Räume.104 Die ursprünglichen Pläne bei der Vereinsgründung, nach der großen Sonderausstellung im Frühjahr 1929 in absehbarer Zeit ein eigenständiges Jüdisches Museum in Breslau als „eine neue Stätte Zierde unserer Stadt und Provinz und Gemeinde“105 zu eröffnen, gingen nicht in Erfüllung. Zunächst fand die 1928 begonnene Zusammenarbeit zwischen Museum und Verein seine Fortsetzung noch im Jahr der besprochenen Sonderausstellung in einer weiteren kleineren Ausstellung im Lichthof des Schlesischen Museums. Die bisher wenig bekannte Sonderausstellung anlässlich des 75-jähigen Bestehens des Jüdisch-Theologischen Seminars zu Breslau106 war unter dem Titel „Ausstellung jüdischer Stickereien und Vorhänge schle102 2. Jahresbericht, 3. Zum Wirkungsfeld des deutsch-jüdischen Historikers Bernhard Brilling in der Vor- und Nachkriegszeit vgl. Honigmann, Peter: Das Projekt von Rabbiner Dr. Bernhard Brilling zur Errichtung eines jüdischen Zentralarchivs im Nachkriegsdeutschland. In: Hödl, Klaus (Hg.): Historisches Bewusstsein im jüdischen Kontext. Strategien, Aspekte, Diskurse. Innsbruck 2004, 223–242. 103 MNWr, SMfKuA, I/380, Bl. 74 f. 104 2. Jahresbericht, 3; Hoppe: Jüdische Geschichte, 275. 105 Rechnitz: Die Entstehung, 9. 106 Die Festgesellschaft zum 75. Jahrestag des Seminars wurde am 2. November 1929 von Erwin H ­ intze durch die Ausstellung geführt. Das Grußwort hielt Max Silberberg. Vgl. Rothschild, Lothar: Die Geschichte des Seminars von 1904 bis 1938. In: Kirsch (Hg.): Das Breslauer Seminar, 121–166, hier 156. Zur zweiten Ausstellung des Vereins, hier irrtümlich auf das Jahr 1930 datiert, vgl. auch ­Stolarska-Fronia: Muzeum Żydowskie, 150 f.

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sischer Herkunft“ vom 1. bis 10. November 1929 zu sehen. Diese zweite Ausstellung des Jüdischen Museumsvereins zeigte hauptsächlich Bestände aus der Vereinssammlung mit vorwiegend rituell-kunsthandwerklichem Anspruch, die „durch die Tätigkeit des Vereines dem sicheren Verderben entrissen worden, dem sie in den kleinen, armen zum Teil aufgelösten Gemeinden preisgegeben waren“.107 Die kleine Ausstellung zeigte noch deutlicher, dass es dem Verein neben der Hervorhebung der jüdisch-schlesischen Kulturgeschichte auch um die Bewahrung und Rettung des jüdischen Kulturerbes ging. Neben Thoravorhängen mit Stickereien aus dem 18. und 19. Jahrhundert und anderen Textilien zählten zu den wichtigsten Exponaten „ein Exemplar der Rudimenta von Johannes Reuchlin, gedruckt zu Pforzheim 1506, aus dem Besitz des Breslauer Reformators Johann Heß“, welches sich mit „Elementen der hebräischen Sprache befaßt“, und eine Druckgrafik vom Breslauer Karlsplatz, „der seit einigen Monaten zu Ehren des dort geborenen großen Agitators Lassalle seinen Namen führt. Früher spielte der Karlsplatz [heute Plac Bohaterów Getta], der im Volksmunde scherzhaft ‚Judenbörse‘ genannt wurde, als Mittelpunkt der jüdischen Siedlung eine Rolle.“108 Die Umbenennung eines zentralen Breslauer Platzes nach einem berühmten jüdischen Breslauer, der als Gründer der ersten deutschen Arbeiterpartei, des Allgemeinen Deutschen Arbeitsvereins (1863), international bekannt wurde, war von geschichtlicher und symbolischer Bedeutung. Anlässlich der Eröffnung hob der Historiker Willy Cohn die Einweihung des Lassalleplatzes besonders hervor, da er mit seiner populärwissenschaftlichen Studie „Ein Lebensbild Ferdinand Lassalles“ (1921)109 zur Erinnerung an den Arbeiterführer beigetragen hatte. Der Breslauer Arbeiterbewegung sollte bereits 1928 ein Raum im Schlossmuseum mit Andenken an Lassalle gewidmet werden.110 Letztendlich wurden aber weder der Museumsraum noch ein Verweis auf Lassalle in der zuvor besprochenen großen Sonderausstellung zur jüdischen Geschichte realisiert. Die kleinere zweite Ausstellung des Vereins war zugleich die letzte Ausstellung in Kooperation mit dem Museum. Nach den beiden Sonderausstellungen im Frühjahr und Herbst 1929 musste der Verein aufgrund finanzieller Nöte vorerst auf weitere Ausstellungsprojekte verzichten – darunter auf eine große Ausstellung zeitgenössischer jüdischer Künstler, die in Zusammenarbeit mit dem Schlesischen Museum der Bildenden Künste im Frühjahr 1930 gezeigt werden sollte.111 Nachteilig für den Verein erwies sich auch, dass sein wichtigster Unterstützer im Schlesischen Museum für Kunstgewerbe und Altertümer und Kurator der großen Sonderausstellung am 1. August 1931 unerwartet verstarb. Erwin Hintze war noch im Oktober 1929 zum Direktor des Museums aufgestiegen. Zum Gedächtnis an diese in kulturellen und wissenschaftlichen Fachkreisen als herausragend angesehene Persön107 [Cohn, Willy] Dr. W.C.: Zweite Ausstellung des Vereins Jüdisches Museum in Breslau. In: Menorah 7/11–12 (1929) 634. 108 Cohn, Willy: Zweite Ausstellung des Vereins Jüdisches Museum in Breslau. In: Zeitschrift für die ­Geschichte der Juden in Deutschland 1/4 (1929) 329. 109 Cohn, Willy: Ein Lebensbild Ferdinand Lassalles, der Jugend erzählt. Stuttgart 1921. 110 MNWr, SMfKuA, I/266, Bl. 9. 111 Ascher Barnstone: The Breslau Jewish Museum, 469.

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lichkeit wurde Anfang November 1931 im Lichthof des Museums eine „GedächtnisAusstellung für Professor Erwin Hintze“ veranstaltet. Neben Exponaten aus seinen Forschungsfeldern zur schlesischen Goldschmiedekunst und zum Zinn- und Eisenguss fand sich in der Ausstellung auch eine Thorarolle mit Rimonim-Aufsatz und Zeiger. Die „Schlesische Volkszeitung“ erklärte zu der Thorarolle: „Sie soll auf die Verdienste hinweisen, die sich Hintze um die erste Ausstellung des Vereins ‚Jüdisches Museum‘ erworben hat.“112 Hintzes Verdienst war es, dass er 1928 die Zusammenarbeit zwischen dem Museum und dem neu gegründeten jüdischen Museumsverein vorschlug und die Ausstellung tatkräftig kuratierte. Damit begründete er ein herausragendes Projekt der Breslauer Museumslandschaft, das ihm überregionale Aufmerksamkeit und Anerkennung einbrachte und zugleich das Projekt eines jüdischen Museums in Breslau über die Grenzen Schlesiens hinaus bekannt machte. Noch 1937 erhielt das Museum ein an Hintze adressiertes Schreiben, in dem sich Fritz Arlt (1912–2004) vom „Rassenpolitischen Amt“ der NSDAP-Gauleitung Schlesien nach den beiden von Erich Klibansky ausgearbeiteten Übersichtskarten zur Geschichte der jüdischen Siedlungen in Schlesien erkundigte. Die Museumsdirektion verwies auf den bereits sechs Jahre zurückliegenden Tod Hintzes und empfahl die Kontaktaufnahme zum Verein Jüdisches Museum113 – denn das Museum hatte seine Zusammenarbeit mit dem Verein im Herbst 1933 abrupt beendet. Was als großes Kooperationsprojekt zwischen dem jüdischen Museumsverein und dem Schlesischen Museum begonnen hatte – von der Überzeugung getragen, den „Anteil der deutschen Juden an deutschen und europäischen Kulturleistungen auf künstlerischen, wissenschaftlichen, sozialen, philosophischen, merkantilen, kurz in allen schöpferischen Gebieten“114 zu demonstrieren – und seit 1928 beide Sammlungen unter einem Dach vereinigt hielt, endete 1933 abrupt. Der Wahlsieg der Nationalsozialisten im Januar 1933 wirkte sich unmittelbar auf die städtische Kulturpolitik aus. Am 25. September 1933 unterzeichnete Maria Weger, die Mitarbeiterin von Felix Perle im Museumsverein, das letzte Protokoll des Sammlungsraums im Schlossmuseum: „Sämtliche Schlüssel des Jüdischen Museums sowie Kataloge und Aktenmappen habe ich heute für Herrn Felix Perle ausgehändigt bekommen.“115 Damit endete die sechsjährige institutionelle Verschränkung der beiden musealen Einrichtungen – zugleich begann ein neues Kapitel des Jüdischen Museums in Breslau, wie im folgenden Kapitel gezeigt wird.

112 Gedächtnis-Ausstellung für Professor Erwin Hintze. In: Schlesische Volkszeitung am 3. November 1931. 113 Schreiben von Fritz Arlt, 11. Januar 1937: MNWr, SMfKuA, I/167, Bl. 165. Eine Karte mit jüdischen Siedlungen erstellte Fritz Arlt für seinen antisemitischen Artikel: Arlt, Fritz: Die Juden in Schlesien. In: Der Schlesische Erzieher 66/11 (1937) 154–157. Zum SS-Mann und Kriegsverbrecher Fritz Arlt vgl. auch den folgenden Abschnitt. Vgl. Burleigh, Michael: Germany Turns Eastwards. A Study of ‚Ostforschung‘ in the Third Reich. London 2002, 201, 214–216; Klee, Ernst: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Frankfurt/Main 2003, 18. 114 Hermann, Georg: Von Psombüchsen und alten Haggaden. In: Verein Jüdisches Museum, 1–6, hier 5. 115 MNWr, SMfKuA, I/380, Bl. 70.

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Zunächst lohnt sich jedoch ein Blick auf die Geschichte der Judaica-Ausstellungen in Breslau als Vorlauf zur großen Ausstellung von 1929. Ihre Leitmaxime war es gewesen, jüdische Geschichte als integralen Bestandteil der Landes- und Stadtgeschichte zu begreifen. In der drittgrößten jüdischen Gemeinde Deutschlands führte der wachsende Antisemitismus in der Weimarer Republik zu der Überzeugung, dass es eines großen öffentlichkeitswirksamen Projektes bedurfte.116 Beim Direktor des Schlesischen Museums für Kunstgewerbe und Altertümer, Hans Seger (1864–1943), und seinem Kurator Erwin Hintze stieß der Verein mit seinem Ausstellungsvorhaben auf offene Ohren. Die Entscheidung für eine Zusammenarbeit mit dem Verein dürfte aber auch begünstigt haben, dass die eigene Judaica-Sammlung des städtischen Museums nur aus einem Siegelring und drei kunsthandwerklich wertvollen Textilien bestand – zwei Thoravorhängen und einer Matzen-Decke.117 Dennoch bildete auch die jüdische Lokalgeschichte für das Museum kein vollkommen unbekanntes Terrain, denn bereits in früheren Ausstellungsprojekten hatte es Artefakte der jüdischen Kulturgeschichte, zumeist Leihgaben, versammelt. In der Sonderausstellung schlesischer Miniaturmalereien, die vom 8. Oktober bis 8. November 1903 gezeigt wurde, waren neben mittelalterlichen Buchillustrationen, Portraits aus Barock- und Neuzeit, Landschaftsminiaturen und Stammbüchern auch hebräische Handschriften vertreten. Als Leihgaben der traditionsreichen Schaffgothsch’schen Majoratsbibliothek aus Bad Warmbrunn (poln. Cieplice Śląskie-Zdrój)118 waren in der Ausstellung neben arabischen, türkischen und persischen auch zwei hebräische Handschriften aus Polen von 1716 und 1719 zu sehen.119 Allerdings erschienen die jüdischen Exponate in dieser Ausstellung noch als exotische Schriftzeugnisse. 23 Jahre später war dies anders, als sich 1926 die Direktoren der Breslauer Staats- und Universitätsbibliothek und der Stadtbibliothek entschlossen, in einer Sonderausstellung im Schlesischen Museum für Kunstgewerbe und Altertümer die wertvollsten Bestände der Breslauer Archive und Bibliotheken auszustellen. Zu den beteiligten Institutionen zählten neben den beiden Veranstaltern und dem Staats- und Stadtarchiv auch die Bibliothek des Jüdisch-Theologischen Seminars und das Kuratorium der Fraenckel’schen Stiftung. Zu den „geschichtlich oder künstlerisch hervorragenden Stücken“, die als „Zeugnisse für die geistige Kultur Schlesiens“ angepriesen

116 Zu einem verstärkten jüdischen Geschichtsbewusstsein als Reaktion auf zunehmenden Antisemitismus vgl. Brilling: Das Archiv, 260; Rauschenberger: Jüdische Tradition, 268. 117 Der Siegelring befand sich seit 1906 in der Museumssammlung und wurde von Marcus Brann erforscht. Vgl. Brann, Marcus: Ein mittelalterlicher Siegelring mit hebräischen Inschriften. In: Schlesiens Vorzeit 4 (1907) 63–65. Im Katalog von 1929 sind die vier Objekte der Museumssammlung mit dem Nummern 23, 146, 150, 414 verzeichnet. Vgl. Hintze (Hg.): Katalog, 12, 38–40, 97. Auf der Fotografie „Die Ausstellung mittelalterliche Kunst im Treppenhaus, Aufnahme nach 1900“ ist ersichtlich, dass bereits vor dem Ersten Weltkrieg die Thoravorhänge im SMfKuA ausgestellt wurden. Vgl. Łukaszewicz: Śląskie Muzeum Przemysłu, 104. 118 Zur Schaffgothsch’schen Majoratsbibliothek, eine der bedeutendsten Bibliotheken Schlesiens, vgl. Garber: Das alte Breslau, 378 f. 119 Hintze, Erwin: Miniaturen-Ausstellung. Ausstellung von Miniaturmalereien aus schlesischem Besitze oder schlesischer Herkunft. Schlesisches Museum für Kunstgewerbe und Altertümer. Breslau 1903, 12.

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wurden,120 gehörten auch sieben hebräische Handschriften und drei Privilegienbriefe. Während die liturgischen Pergamenttexte aus dem 13. und 14. Jahrhundert keinen Bezug zur schlesisch-jüdischen Geschichte besaßen, handelte es sich bei den drei Privilegienbriefen um aussagekräftige Artefakte der jüdisch-schlesischen Geschichte, die auch in der Ausstellung von 1929 einen zentralen Platz einnahmen. Ausgestellt wurden der erneuerte Privilegienbrief von Kaiser Joseph I. für die Glogauer Juden (1708) sowie die „Instruction“ (1755) und das „Handels-Privilegium“ (1765) des preußischen Königs für den „Breslauschen Landrabbiner Joseph Jonas Fraenckel“. Zu den Fraenckel-Exponaten wurde betont, dass es sich um die „einzige aus älterer Zeit erhaltene Instruktion für die Amtsführung eines Landrabbiners“ handelte und dass Fraenckel „in Anbetracht seiner weitreichenden Handelsbeziehungen nach Rußland, Polen, Littauen, der Moldau und Wallachei die Rechte christlicher Kaufleute“ erhielt. Sein Enkel war der „Kgl. Kommerzienrat Jonas Fraenckel“, welcher das Jüdisch-Theologische Seminar und die „Fraenckel’schen Wohfahrtsanstalten“ stiftete.121 Auch wenn von den insgesamt 395 präsentierten Sammlungsstücken der Breslauer Archive nur ein kleiner Teil Bezüge zur jüdischen Stadtgeschichte enthielt, so zeugte die Beteiligung des Jüdisch-Theologischen Seminars an dem Kooperationsprojekt von Stadt- und Staatsbibliothek von einer selbstverständlichen Zusammenarbeit jüdischer und nicht-jüdischer Institutionen. Auch bei dieser Ausstellung übernahm das Schlesische Museum die organisatorische Leitung. An den Kurator Prof. Conrad Buchwald (1867–1931) sandte der Seminardozent Israel Rabin neben den Exponaten des Seminars auch die beiden Fraenckel-Privilegien vom Kuratorium und eine Pergamenturkunde mit Siegel, den „Privilegienbrief Kaiser Leopolds I. für die Zülzer Juden“ (1699) aus dem Besitz der Synagogengemeinde Neustadt in Oberschlesien. Letztere wurde jedoch nicht in die Ausstellung integriert und am 13. September zurückgesandt – vermutlich, da es sich nicht um ein Objekt einer der in Breslau beheimateten Sammlungen handelte.122 Das pulsierende Kunst- und Kulturleben Breslaus in der Zeit der Weimarer Republik war ohne das Engagement des jüdischen Bürgertums nicht vorstellbar. Besonders aktiv war das Ausstellungs- und Sammelwesen im Bereich der modernen und zeitgenössischen Kunst. Neben der Akademie für Kunst und Kunstgewerbe (1911–1932), dem Schlesischen Museum der Bildenden Künste und zahlreichen privaten Galerien war auch die Villa der Familie Neisser ein bedeutender Ort des kulturellen Lebens in Breslau. Nach dem letzten Willen des renommierten Dermatologen Prof. Albert Neisser (1855–1916) sollte dieser „Brennpunkt des Breslauer Kunstlebens“ um 1900 als Museum an die Stadt übergehen. Das „Haus Albert und Toni Neisser“ wurde im Juni 1920 als eine Filiale 120 Aus Breslauer öffentlichen Bibliotheken und Archiven. Katalog der Ausstellung im Kunstgewerbemuseum. [Schlesisches Museum für Kunstgewerbe und Altertümer] Breslau 1926, 3. 121 Aus Breslauer öffentlichen Bibliotheken, 18 f., 40. 122 MNWr, SMfKuA, I/138, Bl. 139, 179. In der großen Ausstellung von 1929 findet sich dieser Privilegienbrief von 1699 als Katalognummer 50 aus dem Besitz von Max Pinkus wieder. Somit hat Max Pinkus auch noch unmittelbar vor Gründung des Jüdischen Museums in Breslau seine Sammlung zur Geschichte der schlesischen Juden erweitert. Die Rückgabe des Privilegienbriefs an Max Pinkus belegt: MNWr, SMfKuA, I/380, Bl. 98.

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des Schlesischen Museums für Kunstgewerbe und Altertümer eröffnet und fand seine Funktion als „Denkmal für die Geschichte der Wohnkultur in den letzten 25 Jahren (1895–1920) mit ihrer bunten Stilmannigfaltigkeit“.123 Die wertvolle Innenausstattung des Jugendstilkünstlers Fritz Erler (1868–1940) blieb erhalten, und einige Räume wurden durch kunstgewerbliche Exponate des Museums ergänzt. Nur schwerlich ließ sich die Villa Neisser als die größte und wertvollste Spende eines jüdischen Mäzens an die Breslauer Museen bezeichnen, da das Ehepaar Neisser zum Christentum übergetreten war. Im Breslauer Kulturleben der Weimarer Republik war der religiöse Hintergrund von geringer Bedeutung. Nach 1933 wurden jedoch die jüdischen Wurzeln der Stifter als Vorwand für die Schließung der Museumsfiliale herangezogen, obwohl sich für deren Erhalt die Stadt mit Annahme des Erbes verpflichtet hatte. Allerdings muss auch gesagt werden, dass bereits vor 1933 Pläne zur Schließung des Gebäudes aufgrund niedriger Besucherzahlen und hoher Kosten existierten.124 Der Hauptgrund für die Auflösung des Museums im März 1934 war jedoch ein ganz anderer, nämlich die Umwidmung des Gebäudes als neue Residenz des Breslauer Oberbürgermeisters.125 Die nationalsozialistische „Säuberung“ in der Breslauer Kulturlandschaft markierte einen tiefen Umbruch in den Institutionen und Sammlungen sowie bei ihren Mitarbeitern. Als erste waren die Bildungsträger in den Schulen und Museen von den Entlassungen aus dem Staatsdienst betroffen. Ernst Scheyer (1900–1985), der letzte Leiter der „Villa Neisser“ und Kurator am Schlesischen Museum für Kunstgewerbe und Altertümer, sah sich bereits 1933/34 zur Emigration gezwungen.126 Die neue NS-Kulturpolitik erzwang auch im September 1933 die Auflösung der Räume des jüdischen Museumsvereins im Schlossmuseum. Zynischerweise gelang der ursprüngliche Plan zur Einrichtung eines selbständigen Jüdischen Museums in Breslau erst infolge dieser staatlichen Separations- und Isolationspolitik.

123 Buchwald: Das Haus, 6. Zur Geschichte und Ausstellung der Villa Neisser vgl. auch Łukaszewicz: Dom [1991], 39–57; ders.: Dom [1998], 139–144. 124 APWr, Akta Miasta Wrocławia, 32491, Bl. 104. Zwischen April 1930 und März 1931 besichtigten lediglich 1.440 Personen das Neisser-Haus. Vgl. MNWr, SMfKuA, I/259, Bl. 320. Vgl. auch Winzeler: Jüdische Sammler, 138. 125 Auch der pensionierte Museumsdirektor Karl Masner (1858–1936), der im Dachgeschoss der Villa seine Wohnung hatte, war von der Nutzungsänderung des Gebäudes betroffen. Trotz mehrerer Protestbriefe an den Magistrat wurde er im Oktober 1934 zum Verlassen der Wohnung gezwungen. Als Ersatz erhielt er die Wohnung eines jüdischen Professors der Kunstgewerbeschule. Vgl. APWr, Akta Miasta Wrocławia, 32500, Bl. 198–215. 126 Ernst Scheyer organisierte zusammen mit Karl Masner die große Gerhart-Hauptmann-Ausstellung (1932). 1933/34 emigrierte er über die Niederlande in die Vereinigten Staaten und konnte dort seine kunstgeschichtlichen Forschungen fortsetzen. Vgl. Schwerin, Kurt: Die Juden im wirtschaftlichen und kulturellen Leben Schlesiens. In: Jahrbuch der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau 25 (1984) 93–177; Stolarska-Fronia: Udział środowisk, 268–273.

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Judaica: Jüdische Stadtgeschichte

5.2.1. Ein Haus der jüdischen Geschichte Schlesiens im nationalsozialistischen Breslau

Abbildung 15: Im Gebäude des Jüdischen Waisenhauses an der Gräbschener Straße (heute Ulica Gra­ biszyńska) war von 1933 bis 1938 das Jüdische Museum zu Breslau untergebracht. Das Gebäude diente nach dem Krieg als Grundschule der nunmehr polnisch-jüdischen Gemeinde.

Breslaus Jüdisches Museum existierte als eine selbständige Institution von 1933 bis 1938. Jedoch war die Eröffnung eines neuen Museums in diesem Fall kein Ausdruck einer gestiegenen gesellschaftlichen Bedeutung seiner Sammlungen, sondern schlichtweg eine Folge von Ausgrenzung und Diskriminierung. Der Vorsitzende des jüdischen Museumsvereins, Max Silberberg, und sein Mitarbeiter Felix Perle konnten in kürzester Zeit für die große Vereinssammlung neue Museumsräume in der „Israelitischen Waisenverpflegungsanstalt“ in der Gräbschener Straße (Gebäude erhalten, heute Ulica Grabi­ szyńska 61–65) gewinnen und den Umzug aus dem Schlossmuseum dorthin organisieren. Bereits am 19. November 1933 eröffnete das Jüdische Museum mit einer umfangreichen Dauerausstellung zur jüdischen Geschichte und Kultur in Schlesien.127 In ihrer formalen Anordnung entsprach das Museum der besprochenen Ausstellung von 1929, histo127 Schwerin, Kurt: Das Jüdische Museum in Breslau wurde am 19. November eröffnet. In: C.V.-Zeitung am 23. November 1933. Willy Cohn notierte in seinem Tagebuch, dass er bereits am 15. November 1933 die Räume des neuen Jüdischen Museums besichtigen konnte, am 18. die offizielle Vorbesichtigung und am 19. November die Eröffnung stattfand. Vgl. Cohn: Kein Recht, Auswahl, 28 f.

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rische und rituell-kunstgewerbliche Exponate zeugten von der langen Tradition jüdischen Lebens in Schlesien. Das Zielpublikum war allerdings diesmal ausschließlich die jüdische Gemeinde und nicht mehr, wie vier Jahre zuvor, das gesamte Breslauer Bürgertum. Auch die Höhepunkte der neuen Dauerausstellung entsprachen der Ausstellung von 1929, obwohl der Verein in den Jahren bis 1933 seine Sammlung auf beachtliche 1.200 Exponate erweitern und damit auch ohne Leihgaben eine umfassende Dokumentation entfalten konnte. Im Mittelpunkt standen erneut die Nachbildung des ältesten jüdischen Grabsteins Schlesiens von 1203, eine Abbildung des Friedhofs von Dyhernfurth, der den Breslauer Juden bis ins 18. Jahrhundert als Begräbnisstätte diente, oder auch eine Huldigungsadresse der jüdischen Breslauer in deutscher und hebräischer Sprache an König Friedrich Wilhelm II. von 1786. In der historischen Erzählung der Ausstellung wurden die thematischen Schwerpunkte beibehalten: die lange Anwesenheit jüdischen Lebens in Schlesien, die Unterdrückung und Vertreibung aus den meisten Gemeinden bis zum Ende der Habsburger Zeit wie auch die schrittweise Emanzipation im preußischen Staat. Weitere Exponate des historischen Raumes waren Urkunden, Handschriften und Drucke, wie die in der zweiten Ausstellung von 1929 gezeigte wertvolle hebräische Grammatik von Johannes Reuchlin (1518). An den Wänden hingen Portraits „bedeutsamer jüdischer Persönlichkeiten aus der Schlesisch-Posenschen Geschichte“, unter anderem von Abraham Geiger, Hirsch Kalischer und den Gebrüdern David und Jonas Fraenckel. Der zweite Raum dieser Ausstellung enthielt „Kunst- und Kulturgegenstände in überragender Fülle und von teilweise bedeutenden künstlerischen Wert“.128 Besonderen Anklang fand in den jüdischen Zeitungen der erste Ausstellungsraum, der in die Synagoge des Waisenhauses integriert wurde. An den Wänden wurden verschiedene Thoravorhänge der Vereinssammlung ausgestellt. „Beim Betreten des Museums umfängt einen sogleich eine wirkliche Atmosphäre jüdischer Innigkeit“,129 lobte der Breslauer Historiker Willy Cohn die identitätsstiftende Symbolik des Raumes. Die „Centralvereins-Zeitung“ hielt anlässlich der Eröffnung fest: „Hier ist ein Werk entstanden, auf das nicht nur die Breslauer Gemeinde, sondern alle deutschen Juden stolz sein können.“130 Damit war ein bedeutender Richtungswechsel erfolgt: Ziel des Museums war es nun nicht mehr, jüdische Kulturgeschichte als integralen Bestandteil der Landesgeschichte Schlesiens einem auch nicht-jüdischen Publikum zu vermitteln, sondern eine nach innen gerichtete affirmative Identitätspolitik für die bedrohte Gemeinde zu betreiben. Der Ausschluss aus dem Breslauer Kulturleben machte das Jüdische Museum zu einer rein jüdischen Institution. Diese Separation war eine Konsequenz der brutalen Diskriminierung aller jüdischen Breslauer. Willy Cohn, der seine Anstellung als Lehrer verloren hatte, schrieb über das neue Jüdische Museum: „für jeden, der heute um neue Formen seines

128 Schwerin: Das Jüdische Museum. 129 Cohn, Willy: Das neue jüdische Museum in Breslau. In: Jüdisch-Liberale Zeitung am 20. Februar 1934. 130 Schwerin: Das Jüdische Museum.

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Judentums ringt, werden diese Räume Kraftquelle und Wiedergeburt sein.“131 Die Verunsicherung des jüdischen Bürgertums durch die Ausgrenzungserfahrungen führte zu einem gesteigerten jüdischen Geschichtsbewusstsein. Hier zeigt sich, wie sich das neue Museum für eine von umfassender Diskriminierung betroffene Gruppe der Breslauer Bevölkerung zu einem Ort des Rückzugs und der Suche nach einer neuen historischen Sinnbildung entwickelte. Trotz der drastischen Umbrüche setzte der Museumsverein seine Ausstellungsarbeit auch nach der Einrichtung des Museums mit großem Einsatz fort. Zwischen Oktober und November 1934 wurde eine Sonderausstellung „Jüdische Künstler aus Deutschland“ mit alten und neuen Gemälden veranstaltet. Die Ausstellung ähnelte in ihrer Konzeption den gescheiterten Planungen von 1930, allerdings wurde jetzt auch der Verkauf von Bildern ermöglicht, um den Not leidenden Künstlern zu helfen. Sogar noch zwischen November 1936 und Januar 1937 fand eine Sonderausstellung mit dem Titel „Das jüdische Bildnis in Schlesien 1800–1860“ statt, in der mit 120 Ölbildern, Pastellen, Miniaturen und Lithografien an die Tradition der schlesischen Juden erinnert wurde.132 Auch die Erweiterung der Sammlung wurde trotz dieser schwierigen Umstände fortgesetzt. Neben der Aufnahme von Gegenständen aus den sich auflösenden Gemeinden Schlesiens infolge der Emigrationswellen133 bemühte sich die Museumsverwaltung auch aktiv und selbstbewusst bei den städtischen Behörden um Ausstellungsgegenstände. Als im Zuge der nationalsozialistischen Umbenennungspolitik zahlreiche Namen aus dem Stadtbild verschwanden, versuchte das Museum die Erinnerung an jüdische Persönlichkeiten in der Stadt zu bewahren. Im Juni 1933 erreichte das Museum die Herausgabe der Gedenktafel für Ferdinand Lassalle vom ehemaligen Lassalle-Platz – wie der Karlsplatz (heute Plac Bohaterów Getta) von 1929 bis 1933/34 hieß. Im April 1935 schrieb wiederum der Büroleiter des Museums, Felix Perle, an den Breslauer Polizeipräsidenten, „ob nicht auch die Fränkel-Gedenktafel, welche am Fränkelplatz kürzlich abgenommen worden ist, gleichfalls unserem Museum zugeführt werden kann“. Die nur knapp ausgefallene Antwort lautete, „dass aus staatspolitischen Gründen gegen Aufstellung der Tafel im jüdischen Museum nichts einzuwenden ist“. Über deren Verbleib gaben in der Folge der Polizeipräsident, das Kulturamt und auch das Hochbauamt I der Stadt Breslau keine weiterführende Auskunft.134 Die Lebenssituation der jüdischen Breslauer verschärfte sich 1938 deutlich. Seit Juni jenes Jahres zeichnete sich ab, dass der Verein seine Museumsräume aufgeben musste – die genauen Gründe hierfür bleiben jedoch unklar.135 Eine Plünderung des Museums 131 Cohn: Das neue jüdische Museum. Zur innerjüdischen Zielgruppe des Museums vgl. auch ­Stolarska-Fronia: Muzeum Żydowskie, 154; Ascher Barnstone: The Breslau Jewish Museum, 460. 132 Zu den beiden Kunstausstellungen vgl. Stolarska-Fronia: Udział środowisk, 288 f.; inbes. dies.: Muzeum Żydowskie, 151–154, dies.: Jüdische Künstler in Breslau. Eine Einleitung. In: Brämer/Herzig/ Ruchniewicz (Hg.): Jüdisches Leben, 371–389, hier 380. Zuvor auch: Ascher: A Community, 92 f. 133 Hoppe: Jüdische Geschichte, 277, 280. 134 APWr, Akta Miasta Wrocławia, 31840, Bl. 5–9. 135 Schwerin, Kurt: Jüdische Arbeit in Breslau. In: C.V.-Zeitung am 3. November 1938. Vgl. auch Rauschenberger: Jüdische Tradition, 204; Ascher Barnstone: The Breslau Jewish Museum, 473.

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während des Pogroms am 9. November 1938, wie dies bei den jüdischen Museen in Mainz und Frankfurt am Main geschah,136 gilt der Überlieferung nach als unwahrscheinlich, vielmehr ist zu vermuten, dass das Museum am 9. November von der Gestapo für immer geschlossen und die Museumsräume samt ihres Inhalts dem Verein entzogen wurden. Auskunft dazu geben die Erinnerungen von Kenneth James Arkwright (Klaus Aufrichtig), der zeitweise in einem Kinderheim lebte, das seit Juli 1939 im Gebäude des jüdischen Waisenhauses untergebracht war: „In der ersten Etage des Gebäudes befanden sich die Restbestände des Jüdischen Museums […]. Die Ausstellungsräume, auch die historische Synagoge, wurden während der Reichspogromnacht von der Gestapo verriegelt. Gegen Ende 1939 wurden wir angenehm überrascht. Die Gestapo schloss das Museum auf, beschlagnahmte alle Gegenstände aus Edelmetall, und wir durften die kleine Synagoge nun freitags wieder nutzen.“137 Die Breslauer Museen beteiligten sich aktiv an der so genannten „Verwertung“ der Kunstsammlungen des jüdischen Bürgertums – die Listen der Plünderungen privater Sammlungen haben sich als Zeugnisse erhalten,138 von der Sammlung des Jüdischen Museums fehlt dagegen jede Spur. Ob Teile der Sammlung eingeschmolzen oder nach Prag für die Errichtung eines nationalsozialistischen „Zentralen Jüdischen Museums“ gesandt wurden, verbleibt im Bereich der Mutmaßungen.139 Einige wenige Objekte der Sammlung sind heute im Jüdischen Historischen Institut in Warschau nachweisbar.140 136 Hoppe: Jüdische Geschichte, 281. 137 Kenneth James Arkwright wuchs als Klaus Aufrichtig in Breslau auf. Vgl. Arkwright, Kenneth J­ ames: Jenseits des Überlebens. Von Breslau nach Australien. Hg. v. Katharina Friedla/Uwe Neumärker. Berlin 2011, 39. Zu der Angabe von Gerhard Scheuermann, dass Jüdische Museum „ist als ständige Aus­ stellung bis 1939 (!) erhalten geblieben; danach wurden alle Gegenstände vom Staat beschlagnahmt“, fehlt ein Beleg. Vgl. Scheuermann, Gerhard: Das Breslau-Lexikon, Bd. 2. Dülmen 1994, 1836. 138 Zur Beteiligung des SMfKuA bei der Plünderung der Breslauer Verkaufsräume von Max Pinkus 1936 vgl. MNWr, SMfKuA, I/167, Bl. 118 f. Für ein Gemäldeverzeichnis von 1939 mit Sammlungsstücken mehrerer jüdischer Kunstsammler aus Breslau, u. a. von Carl Sachs, Leo Smoschewer, Max Silberberg und Max Pinkus, vgl. APWr, Wydział Samorządowy Prowincji, 624, Bl. 201 f. Eine kurze Darstellung bei Winzeler: Jüdische Sammler, 144–147; Stolarska-Fronia: Udział środowisk, 297 f. 139 Małgorzata Stolarska-Fronia nimmt an, dass Teile der Museumssammlung konfisziert und nach Prag gesandt wurden, wo ein „Museum für ausgestorbene Rassen“, ein 1942 von der SS gegründetes „Zentrales Jüdisches Museum“, entstehen sollte. Vgl. Stolarska-Fronia: Udział środowisk, 292. Zum jüdischen Museum in Prag vgl. Potthast, Jan Björn: Das jüdische Zentralmuseum der SS in Prag. Gegnerforschung und Völkermord im Nationalsozialismus. Frankfurt/Main 2002, 102 f., 193 f. 140 Hierzu zählt ein Thoravorhang (Parochet) von 1783 aus dem Besitz der Synagogengemeinde Langendorf in Oberschlesien (heute Wielowieś), im Katalog von 1929 mit der Nr. 148 verzeichnet. Er wurde 1977 vom Jüdischen Historischen Institut in Warschau erworben, im Katalog von 1995 mit der Nr. 33 und der Inventarnummer C–270 verzeichnet. Vgl. Hintze (Hg.): Katalog, 39; Piątkowska/Sieramska: Muzeum Żydowskiego, 28. Ohne nähere Angaben zu machen, verweist auch Adam Więcek auf einige in Warschau erhaltene jüdische Museumsexponate aus Breslau: Więcek: Muzea wrocławskie, 40. Das Thoraschild aus der Sammlung der Breslauer Sklower-Synagoge des Silberarbeiters Georg Kah­ lert d. J. (1732–1772), Breslau um 1762/72 (Katalognummer von 1929, 219), gehört allerdings nicht zur Sammlung des Jüdischen Historischen Instituts in Warschau. Hierbei handelte es sich 1989 um einen Irrtum. Vgl. auch in der vorliegenden Untersuchung das folgende Unterkapitel 5.4 („Die Ausstellung ‚Breslauer Juden 1850–1945‘ von 1989“).

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Ein ähnliches Schicksal wie das Jüdische Museum erfuhren das Archiv und die Bibliothek der Breslauer Synagogengemeinde. Verschlossen seit dem Novemberpogrom von 1938, entwendete seit Februar 1939 der Leiter des „Rassenpolitischen Amtes“ der schlesischen NSDAP-Gauleitung, Fritz Arlt, große Teile der Sammlungsbestände.141 Es war jener bereits erwähnte Amtsleiter, der sich im Januar 1937 beim Schlesischen Museum nach den für die Ausstellung von 1929 angefertigten Karten zur Geschichte der jüdischen Siedlungen erkundigt hatte. Während die Gewalt gegen die jüdische Bevölkerung weiter eskalierte, war ihre lange Geschichte in Schlesien zu einem Forschungsobjekt des „Landesamts für Rassen- und Sippenforschung“ unter der Leitung des SS-Manns Arlt geworden. Der Historiker Willy Cohn schilderte detailliert in seinen Tagebüchern, wie er im Sommer 1939 mehrmals von Arlt zur Unterredung einbestellt wurde und seine Forschungsergebnisse zur jüdischen Geschichte weitergeben musste.142 Hier zeigt sich, wie skrupellos die nationalsozialistischen Behörden die Vernichtung der jüdischen Kulturinstitutionen betrieben und zugleich das gesammelte Wissen und Kulturerbe jener Institutionen für ihre mörderischen Ziele „verwerteten“. Zum Jüdischen Museum in Breslau notierte Willy Cohn noch kurz vor seiner Ermordung 1941, dass „diese Ausstellungsgegenstände, soweit sie nicht beschlagnahmt worden sind, längst in aller Welt zerstreut [sind], und der gedruckte Katalog und jene Aufsätze sind wohl das, was die Zeiten am längsten überdauern werden“.143 Mit der Schließung und Plünderung des Jüdischen Museums 1938/39 sollten die letzten Spuren jüdischer Geschichte in Breslau aus dem öffentlichen Raum verbannt werden. Zugleich erhielt ein offen geäußerter Antisemitismus Einzug in die seit 1933 verstärkt politisierten und propagandistisch aufgeladenen Ausstellungen des Schlesischen Museums für Kunstgewerbe und Altertümer. Bei der großen Münzenausstellung von 1939 mit dem Titel „Die ‚geprägte‘ Geschichte Schlesiens“ wurde auch wieder der von 1929 bekannte Hoym-Taler von 1781 ausgestellt. Als Propagandamittel der „jüdischen Gegenseite“ bezeichnete ihn jetzt der langjährige Museumskurator Christian Gündel (1903–1969) im Ausstellungskatalog. Er betonte, dass die „Breslauer Judenschaft […] sogar an die königlichen Münzen […] sich herangewagt“ habe. Zu einer Medaille von 1696, die angeblich von Bauern wegen eines Preisanstiegs erhängte jüdische Getreidehändler zeigte, notierte Gündel im Katalog: „das Volk [ließ] den Kornjuden vom Teufel am Baume aufknüpfen, wenigstens auf der Münze.“144 Die Museumsmitarbeiter der 141 Brilling: Das Archiv, 271; Cohn: Kein Recht, Bd. 2, 734. Auch die Bibliothek des Jüdisch-Theologischen Seminars mit der bedeutenden mittelalterlichen Schriftsammlung Leon Vit Saravals wurde 1939 geplündert und größtenteils nach Berlin transportiert. Ein Teil konnte nach 1945 wiederaufgefunden werden. Vgl. Friedla: Juden, 197; Kichler, Jerzy: Wiedergewonnene jüdische Geschichte. In: Hartwich/Rada (Hg.): Berlin und Breslau, 85–91, hier 87. 142 Cohn: Kein Recht, Bd. 2, 667–677, 690. Zu den rassistischen Forschungen von Fritz Arlt vgl. Meck­ lenburg, Frank: Von der Hitlerjugend zum Holocaust. Die Karriere des Fritz Arlt. In: Matthäus, Jürgen/Mallmann, Klaus-Michael (Hg.): Deutsche, Juden, Völkermord. Der Holocaust als Geschichte und Gegenwart. Darmstadt 2006, 87–101, hier 94 f. 143 Cohn: Verwehte Spuren, 511. 144 Gündel, Christian: Führer durch die Ausstellung „Geprägte“ Geschichte Schlesiens. Münzen als Zeugen schlesischer Geschichte und Kultur. Kunstsammlungen der Stadt Breslau. Breslau 1939, 7.

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Städtischen Kunstsammlungen zogen nicht nur eine rhetorische Trennlinie zwischen jüdischer und nicht-jüdischer Gesellschaft, sondern beschönigten auch direkt die Ermordung von Juden. Das städtische Museum war damit zu einem Ort geworden, der zur Ausgrenzung und Ermordung eines Teils der Breslauer Bevölkerung aufrief. In einem Zeitraum von weniger als zehn Jahren wandelte sich das Museum von einer Bühne der Exposition und integrativen Definition von Stadtgeschichte zu einem Medium ausgeprägter Hasspropaganda.

5.3. Z  eichen des jüdischen Neubeginns – Ein Ausstellungsverbot und das lange Schweigen in der Volksrepublik Polen Im Mai 1945 lag Breslau in Trümmern. Von der einst drittgrößten jüdischen Gemeinde Deutschlands waren nur noch wenige Spuren geblieben. Nahezu alle nicht emigrierten jüdischen Breslauer waren zwischen 1941 und 1944 in deutsche Konzentrationslager deportiert und ermordet worden. Zwischen 400 und 1.800 überlebende Juden kehrten 1945 in ihre Heimatstadt zurück.145 Von der neuen Verwaltung als deutsche Bürger betrachtet, hatten die Breslauer Juden in der jetzt polnischen Stadt keine Zukunft. Das jüdische Komitee fand weder bei der polnischen Verwaltung noch bei den zugezogenen polnischen Juden Anerkennung und Unterstützung – bis Mitte 1946 wurden die deutschen Juden in die sowjetische Besatzungszone ausgesiedelt.146 Zugleich wurde Niederschlesien zu einem Magnet für überlebende polnische Juden. In der Hochphase des Bevölkerungsaustausches zwischen 1946 und 1948 waren fast 10 Prozent der Breslauer Bevölkerung polnische Juden. Knapp 17.000 lebten im November 1946 in der Stadt. Damit besaß Breslau in dieser Zeit nach Lodz die größte jüdische Bevölkerungsgruppe in ganz Polen. Für viele Holocaust-Überlebende war die Region jedoch nur eine Durchgangsstation Richtung Westen – ein anderer Teil wollte allerdings dauerhaft im neuen Polen bleiben, jedoch nicht an die Orte ausgelöschten polnisch-jüdischen Lebens der Vorkriegszeit zurückkehren.147 Die große Neue Synagoge Breslaus war am 145 Jonca, Karol: Die Vernichtung der schlesischen Juden 1933–1945/Zagłada śląskich żydów w latach 1933–1945. In: Bździach, Klaus (Bearb.): ‚Wach auf, mein Herz, und denke’ Zur Geschichte der Beziehungen zwischen Schlesien und Berlin-Brandenburg von 1740 bis heute/’Przebudź się, serce moje, i pomyśl’ Przycznek do historii stosunków między Śląskiem a Berlinem-Brandenburgią od 1740 roku do dziś. Berlin/Opole 1995, 317–327, hier 325–327. Über die Anzahl der überlebenden Breslauer Juden gibt es sehr divergierende Angaben. Einschließlich Mischlinge sollen es mehr 1.000 gewesen sein. Vgl. Lenarcik: A Community, 177; vor allem Hirsch, Helga: Gehen oder bleiben? Deutsche und polnische Juden in Schlesien und Pommern 1945–1957. Göttingen 2011, 31–33; Friedla: Juden, 341 f. 146 Szaynok, Bożena: Ludność żydowska na Dolnym Śląsku 1945–1950. Wrocław 2000, 42 f., 108; Lenarcik: A Community, 174–179; Hirsch: Gehen, 45–51; Friedla: Juden, 347–360. 147 Zur jüdischen Ansiedlung in Niederschlesien nach 1945 vgl. Bronsztejn, [Szyja]: Z dziejów ludności żydowskiej na Dolnym Śląsku po II wojnie światowej. Wrocław 1993; Waszkiewicz, Ewa: Kongregacja Wyznania Mojżeszowego na Dolnym Śląsku na tle polityki wyznaniowej Polskiej Rzeczypospolitej Ludowej 1945–1968. Wrocław 1999; Ziątkowski: Geschichte, 113–123; Szaynok: Ludność, 19–25; Hofmann: Die Nachkriegszeit, 332–349; Lenarcik: A Community, 170–174; Hirsch: Gehen,

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9. November 1938 in den Flammen des Pogroms zerstört worden, das klassizistische Gebäude der älteren Synagoge „Zum Weißen Storch“ hingegen überlebte den Krieg relativ unbeschadet – ihren Zerstörungsgrad bezifferten polnische Konservatoren 1949 auf lediglich 3 Prozent.148 Der Mittelpunkt des kulturellen Lebens der neuen jüdischen Gemeinde Breslaus blieben diese alte Synagoge und die Räume der Verwaltung der ehemaligen deutsch-jüdischen Gemeinde an der Ulica Włodkowica (zuvor Wallstraße).149 Früh begann die Selbstorganisation der neuen jüdischen Gemeinde, eigene Bildungs- und Kultureinrichtungen, wie Kulturhäuser und Volksuniversitäten,150 förderten das Entstehen einer neuen jüdischen Gemeinschaft: Am 17. Juni 1945 wurde in Rychbach (zuvor Reichenbach, seit 1946 Dzierżoniów) das Jüdische Woiwodschaftskomitee in Niederschlesien (Wojewódzki Komitet Żydowski, später Wojewódzki Komitet Żydów Polskich na Dolny Śląsk, WKŻ) mit einem eigenen Kulturkomitee gegründet. Das Bedürfnis, in der fremden Umgebung ehemals deutscher Städte eigene identitätsstiftende Bezüge herauszustellen, war bei der jüdisch-polnischen Bevölkerung ebenso stark ausgeprägt wie bei den anderen polnischen Bewohnern Niederschlesiens. Damit entsprach das Selbstverständnis der jungen polnisch-jüdischen Gemeinde dem offiziellen Bild der polnischen Ansiedlung – zwischen personellem Neuanfang und historischer Kontinuität. Die Gemeinde trug zum Aufbau des polnischen Staates in den neuen Gebieten bei und berief sich dabei auf die ins Mittelalter zurückreichende Tradition jüdischen Lebens in der Region. Dieses ambivalente Bild ergibt sich auch aus den ersten Ausstellungsprojekten. Die staatlichen und kommunalen Ausstellungen beschränkten sich allerdings zunächst auf Kunstschauen und die slawische Frühgeschichte der Region. Dabei reichten auch die Spuren jüdischen Lebens in Breslau zurück bis ins 13. Jahrhundert, als die Stadt noch zum polnisch-piastischen Staat gehörte. Dieser bedeutende traditionsbildende Aspekt sollte jedoch erst in späterer Zeit eine Rolle spielen. Erste jüdische Kunstausstellungen in Breslau verwiesen oftmals auf die traumatischen Erlebnisse während des zurückliegenden Krieges. Bereits am 7. August 1946 eröffnete in Breslau die von der Kulturabteilung der WKŻ in ihren Räumen organisierte Ausstellung „Menschliches Martyrium 1939–1945“ mit Gemälden von Rafał Mandelzwajg. Der Warschauer Künstler hatte während seiner Exilzeit in der Usbekischen Sowjetrepublik die Verfolgung und Ermordung der polnischen Juden auf Bildern festgehalten und zeigte nun seine Werke in Breslau zum ersten Mal in Polen.151 5­ 6–75. Zum Forschungsstand der jüdischen Geschichte in Niederschlesien nach 1945 vgl. Ruchniewicz, Krzysztof/Ruchniewicz, Małgorzata: Das neue jüdische Leben in Polen. Juden in Niederschlesien nach 1945. In: Brämer/Herzig/Ruchniewicz (Hg.): Jüdisches Leben, 473–502, hier 478 f. 148 AAN, Naczelna Dyrekcja Muzeów i Ochrony Zabytków, 3/85, Bl. 33. 149 Zabłocka-Kos, Agnieszka: In search of new ideas. Wrocław’s “Jewish district“, yesterday and today. In: Murzyn-Kupisz, Monika/Purchla, Jacek (Hg.): Reclaiming memory. Urban regeneration in the historic Jewish quarters of Central European cities. Kraków 2009, 325–342, hier 333 f. 150 Szaynok: Ludność, 116 f. 151 „Martyrologia ludzka 1939–1945“, Lokal Komitetu Żydowskiego we Wrocławiu, August 1946–[?]. Vgl. ŻIH, CKŻP, Wydział Kultury i Propagandy, 303/XIII/246(2), [ohne Nr.]; Berszczywka, [?]: Katalog wystawy prac malarskich Rafała Mandelzwajga. Wrocław 1946; Bronsztejn: Z dziejów, 74.

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Die neue jüdische Gemeinde Breslaus versuchte ihre kulturelle Autonomie zu bewahren, aber zugleich ihre Zugehörigkeit und ihren Anteil am Aufbau des neuen polnischen Staates hervorzuheben. Drei Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges wollte die polnische Staatsregierung in Breslau durch eine aufwändige Großausstellung die historische Zugehörigkeit der „Wiedergewonnenen Gebiete“ zu Polen, wie die neuen polnischen West- und Nordgebiete genannt wurden, und auch die wirtschaftlichen Erfolge beim Wiederaufbau dieser Region demonstrieren. Die staatlich organisierte „Ausstellung der Wiedergewonnenen Gebiete (Wystawa Ziem Odzyskanych, WZO)“ setzte sich aus einem geschichtlichen und einen wirtschaftlichen Ausstellungsbereich zusammen.152 Die WKŻ plante, in Verbindung mit den Feiern zum dritten Jahrestag der jüdischen Ansiedlung in Niederschlesien eigene Pavillons für beide Ausstellungsteile zu konzipieren. Mit Unterstützung des Zentralkomitees der Juden in Polen (Centralny Komitet Żydów w Polsce, CKŻP) wandte sich der Vorsitzende der WKŻ , Jakub Egit (1908–1996), im März 1948 an die Ausstellungsleitung unter Wiktor Kościński, mit der Bitte, auf dem Ausstellungsgelände das „Martyrium der jüdischen Nation im Krieg und den Anteil dieser Bevölkerung an der Bewirtschaftung der Westgebiete“ in zwei Pavillons präsentieren zu dürfen.153 Im Detail waren dies ein Pavillon zur Geschichte der Juden in den neuen polnischen Westgebieten und ein Pavillon zum jüdischen Genossenschaftswesen, außerdem im Stadtzentrum eine beleuchtete Schautafel mit einem „Diagramm zu den jüdischen Erfolgen“.154 Im April 1948 genehmigte die Warschauer Ausstellungsleitung zunächst nur den Pavillon für den historischen Ausstellungsteil, später auch den Pavillon zur Arbeit der jüdischen Produktionsgenossenschaften in Niederschlesien, mit dessen Planung sich die jüdische Organisation zur Entwicklung der Arbeitsleistung (Organizacja Rozwoju Twórczości, ORT) befasste. Mitte Mai war die Projektplanung abgeschlossen. Die WKŻ entwarf ein halbrundes Ausstellungsgebäude, vor dessen Eingang eine große Skulptur eines jüdischen Bergmanns mit Fackel aufgestellt werden sollte. Mit Texten auf Polnisch und Jiddisch, Schautafeln und Exponaten aus Nieder- und Oberschlesien wie auch aus Stettin sollte der jüdische Pavillon folgende sechs Themenfelder zeigen: „1. Die Geschichte der Juden in Niederschlesien bis 1933 und ihr Martyrium in der Nazi-Zeit, besonders in den sich in diesen Gebieten befindlichen Lagern; 2. Die Pionier-Funktion der jüdischen Bevölkerung beim Anschluss dieser Gebiete (mit Betonung der Ansiedlung in Dzierżoniów [ehemals Reichenbach]) und bei der Polonisierung der West- und Nordgebiete; 3. die Repatriierung aus der UdSSR ; 4. die Entwicklung der jüdischen Ansiedlung in den Wiedergewonnenen Gebieten, unter Berücksichtung des Wandlungsprozesses der Berufsstrukturen dieser Bevölkerung, ihr Anteil am Aufbau Polens, vor allem in Niederschlesien; 5. die Gleichberechtigung der Juden im demokratischen Polen und ihre Aufgabe in der neuen gesellschaftlichen Wirklichkeit; 6. die Errungenschaften der jüdischen Bevölkerung: Beschäftigung in den Bergwerken, Industriebetrieben 152 Pruszyński, Ksawery: Wystawa Ziem Odzyskanych Wrocław 1948. Warszawa 1948, 4 f. 153 Tyszkiewicz: Sto wielkich dni, 113. 154 Szaynok: Ludność, 169 f. Zum jüdischen Pavillion auch Szaynok, Bożena: Żydowskie nowe życie we Wrocławiu i na Dolnym Śląsku. In: Żuk, Piotr/Pluta, Jacek (Hg.): My, Wrocławianie. Społeczna przestrzeń miasta. Wrocław 2006, 135–150, hier 146 f.

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[…] und in der Landwirtschaft; Entwicklung des Schulwesens, Erziehungswesens […]; Kunst und Kultur (Niederschlesisches Jüdisches Dramatisches Theater, Musik- und Tanzschulen, Verlagswesen.“155 Die Pionierfunktion der etwa 7.000 polnischen Juden, die unmittelbar nach der Befreiung aus den Konzentrationslagern in Niederschlesien geblieben waren,156 wie auch die in den vergangenen drei Jahren neu geschaffenen Strukturen in dieser Region standen im Mittelpunkt der Präsentation. Zugleich bildeten den Ausgangspunkt der Erzählung nicht nur die traumatischen Erfahrungen der Juden während des Krieges, sondern auch die historische Tradition jüdischen Lebens in Niederschlesien vor 1933. Damit stellten die Ausstellungsplaner zwei Jahre nach der Aussiedlung der überlebenden deutschen Juden aus Breslau eine die deutsche und polnische Nationalität übergreifende Tradition des Judentums in dieser Region her. Zu diesem Ausstellungsteil haben sich leider keine detaillierten Planungsunterlagen erhalten. Nachdem die Bauarbeiten am Pavillon in großen Teilen bereits Ende Juni abgeschlossen waren, stand zwei Wochen vor der Ausstellungseröffnung die erste Begehung der Ausstellung durch eine Regierungsdelegation an. Der Vorsitzende der WKŻ , Jakub Egit, führte die von dem Direktor des Informations- und Propagandaministeriums, Antoni Bida (1897–1980), angeführte Gruppe, begleitet von Vertretern des Breslauer Sicherheitsamtes und sowjetischen Beratern, durch den jüdischen Pavillon. Anschließend konfrontierte die Delegation Egit mit ihrer rigorosen Entscheidung: Sie verwarf die gesamten Vorbereitungen und verkündete die Auflösung des jüdischen Pavillons, da dieser „zu stark eine Eigenart der jüdischen Gemeinde in Polen unterstreichen“ würde. Alle Widersprüche und Verhandlungsversuche blieben ohne Erfolg.157 Diese überraschende Wende in der staatlichen Kulturpolitik war ein folgenschweres Signal. Das Verbot eines eigenen jüdischen Pavillons kurz vor Eröffnung der international beachteten Großausstellung bedeutete gleichsam die Zurückweisung des jüdischen Anteils an der Geschichte und am Wiederaufbau Polens. Damit stellte die Breslauer Propaganda-Schau bereits die ideologischen Weichen für den „antizionistischen“ Kurs der Volksrepublik (bis 1952 offiziell 155 Opis pawilonu osiedla żydowskiego na WZO we Wrocławiu: AAN, Ministerstwo Ziem Odzyskanych, 1545, zit. nach Tyszkiewicz: Sto wielkich dni, 114, poln. Original: „1. dzieje Żydów na Dolnym Śląsku do 1933 r. i martyrologię w czasach hitlerowskich, zwłaszcza w obozach znajdujących się na tym terenie; 2. pionierską rolę ludności żydowskiego na przyłączonych terytoriach (z podkreśleniem znaczenia skupiska w Dzierżoniowie) i w repolonizacji ziem zachodnich i północnych; 3. repatriację z ZSRR; 4. rozwój skupiska żydowskiego na Ziemiach Odzyskanych, z uwzględnieniem procesu zmiany struktury zawodowej tej ludności, jej udział w odbudowie Polski, przede wszystkim na terenach Dolnego Śląska; 5. równouprawnienie Żydów w demokratycznej Polsce i ich zadania w nowej rzeczywistości społecznej; 6. osiągnięcia ludności żydowskiej: – zatrudnienie w kopalniach, zakładach przemysłu ciężkiego, lekkiego, spółdzielczości oraz rolnictwie; – rozwój szkolnictwa, opieki na dzieckiem (internaty, domy dziecka), młodzieżą, starcami i inwalidami; – kultura i sztuka (Dolnośląskie Żydowskie Teatr Dramatyczny, szkoły: muzyczna i tańca artystycznego, wydawnictwa).“ Fotografien eines Modells und der Baustelle des von Chaim Hanft entworfenen Pavillons zeigt das Jüdische Museum Warschau „POLIN“ seit Oktober 2014 in seiner Dauerausstellung. 156 Szaynok: Ludność, 19–25; Lenarcik: A Community, 170. 157 Tyszkiewicz: Sto wielkich dni, 117, poln Original: Pawilon, „która zbyt mocno podkreślać miała odrębność żydowskiej w Polsce.“

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„Republik Polen“) – mit ihrem gesellschaftlichen Konzept einer homogenen Nation. Die Breslauer Ausstellung sollte die „polnischen Verdienste in den Wiedergewonnenen Gebieten und ein einheitliches Bild dieser dauerhaft von Polen beherrschten Gebiete“158 zeigen. Ein jüdischer Pavillon passte nicht in dieses Paradigma, er widersprach ihm sogar diametral und musste daher aus der Ausstellung entfernt werden.159 Nach seiner Emigration bezeichnete Jakub Egit die Hoffnung der jüdischen Polen, im neuen Staat eine Heimat finden zu können, als eine große Illusion.160 Eine sichtbare kulturelle Eigenständigkeit der jüdischen Polen wurde nicht geduldet. Für die Eröffnung der Ausstellung der Wiedergewonnenen Gebiete am 21. Juli 1948 wurde der jüdische Pavillon auf Empfehlung des Premierministers Józef Cyrankiewicz (1911–1989) dem Polnischen West-Bund übertragen, seine Ausstellung entfernt und die Exponate auf andere Ausstellungsbereiche verteilt. Dagegen würdigte die Regierungsspitze offiziell die Präsentation der sozialistischen Vereinigung jüdischer Produktionsgenossenschaften Solidarność (1946–49) im Pavillon der Genossenschaften, der im Wirtschaftsbereich der Ausstellung aufgebaut war.161 Die Staatsregierung schränkte jüdisches Leben in Polen nicht aufgrund einer ethnischen Definition ein, sondern lehnte es als Ausdruck einer kulturell sichtbaren Minderheit ab. Die seit den gefälschten Wahlen von 1947 mit absoluter Macht regierenden polnischen Kommunisten, seit 1948 zusammengeschlossen in der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PZPR), beschränkten schrittweise die Autonomie jüdischer Organisationen. Zum 1. September 1949 erfolgte die Verstaatlichung jüdischer Bildungs-, Erziehungs- und Pflegeinstitutionen – die neue Erziehung sollte der Maxime folgen, die „Jugend von nationalistischen und zionistischen Einflüssen zu befreien“.162 Auch im jüdischen Kulturwesen wurde zunehmend die Durchsetzung des Sozialistischen Realismus propagiert.163 Das jüdische Kulturleben in Breslau widersetzte sich noch einige Zeit dem Assimilationsdruck. Von großer Bedeutung war dabei die Premiere der Wanderausstellung „Wiedergefundene jüdische Kunst“ am 6. Februar 1949. Die von der Jüdischen Gesellschaft zur Förderung der schönen Künste (Żydowskie Towarzystwo Krzewienia Sztuk Pięknych, ŻTKSP) organisierte Ausstellung mit Werken polnisch-jüdischer Künstler reiste durch mehrere niederschlesische Städte und erlebte einen großen Publikumserfolg. 1949 beschränkten sich die Kunstausstellungen der ŻTKSP noch nicht auf jüdische Kulturhäuser und ein nahezu ausschließlich jüdisches Publikum. Auch in den Räumen des 158 Tyszkiewicz: Sto wielkich dni, 117, poln. Original: „Wystawa wrocławska miała pokazać polski dorobek na Ziemiach Odzyskanych i jednolity obraz tych terytoriów, na trwale opanowanych przez Polaków.“ 159 Tyszkiewicz: Sto wielkich dni, 117. 160 Jakub Egit emigrierte 1957 nach Kanada und veröffentlichte dort seine Autobiografie, in der er seine große Enttäuschung über die Unterdrückung der jüdischen Kultur in der Volksrepublik Polen zum Ausdruck brachte. Vgl. Egit, Jakub: Grand Illusion. Toronto 1991. 161 Szaynok, Bożena: Krótka historia pawilonu żydowskiego. In: Odra 36/4 (1996) 20–22, hier 21. 162 Mizgalski, Jerzy: 60-lecie TSKŻ. Towarzystwo Społeczno-Kulturalne Żydów w Polsce/Kultur Gezelshaftlekher Farband fun di Yidn in Poyln. Warszawa 2010, 21. 163 Szaynok: Krótka historia, 22.

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Historischen Museums der Stadt Breslau wurde am 15. Oktober 1949 eine Ausstellung mit über 200 Skulpturen jüdischer Künstler eröffnet.164 Diese Kunstausstellung im Rathaus blieb die einzige jüdische Ausstellung in einem öffentlichen Museum Breslaus für über 30 Jahre. Die jüdische Geschichte der Region fand erst nach 1980 wieder Erwähnung in einem Breslauer Museum, wie im folgenden Kapitel genauer ausgeführt wird. Bis 1950 wurden alle jüdischen Organisationen in Polen aufgelöst. Als einzige jüdische Kulturorganisation durfte die staatlich eingesetzte Gesellschaftlich-Kulturelle Gesellschaft der Juden in Polen (Towarzystwo Społeczno-Kulturalne Żydów w Polsce, TSKŻ), gegründet am 29. Oktober 1950, bestehen. Als Aufgabenbereich definierte die TSKŻ den Erhalt und die Verbreitung der jiddischen Sprache, die Verbreitung jüdischer Kultur wie auch die Erinnerung an den Warschauer Ghetto-Aufstand.165 Eine große Außenwirkung auf ein nicht-jüdisches Publikum verband sich hiermit allerdings nicht. Somit hat es auch bis 1989 keine Beteiligung der TSKŻ an Ausstellungen in öffentlichen Museen in Breslau gegeben. Bereits im Sommer 1946 wurde der ehemalige Karlsplatz in Breslau nach den Helden des Warschauer Ghetto-Aufstandes (Plac Bohaterów Getta) benannt (1929–1933 trug er den Namen Lassalleplatz, im 18. und 19. Jahrhundert auch Judenplatz, 1945/46 zeitweise Plac Żydowski). Dieser Ort wurde damit der einzige Gedenkort Breslaus an ein historisches polnisch-jüdisches Leben. Die in der Volksrepublik herausgegebenen Stadtführer verknüpften mit diesem Platz sogar Bezüge zur Geschichte der deutsch-jüdischen Breslauer.166 In den kommunalen und staatlichen Museen Breslaus fand sich jedoch nach 1950 keine einzige Ausstellung zur jüdischen Geschichte und Kultur. Damit wurde auch das mittelalterliche und frühneuzeitliche jüdisch-polnische Kulturerbe Schlesiens nicht als Bestandteil der polnischen Tradition Breslaus angesehen. Die „polnische Nation“ blieb bis in die 1980er Jahre das alleinige Parameter für das Aufspüren erinnernswerter Aspekte der Lokalgeschichte Breslaus. Das Gedenken an den Holocaust wurde in der volksrepublikanischen Geschichtspolitik häufig verwischt – offiziell wurde nicht zwischen jüdischen und polnischen Opfern der deutschen Vernichtungspolitik unterschieden. Deutlich wurde dies unter anderem in der Ausstellung „Kinder klagen an“ (Oktober–Dezember 1974) des Historischen Museums und der Regionalen Kommission zur Erforschung der hitleristischen Verbrechen (Okręgowa Komisja Badania Zbrodni Hitlerowskich). Mit drastischen Fotografien verwies die Ausstellung auf die 2,2 Millionen ermordeten jugendlichen „polnischen Bürger“ in den deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagern. Obwohl 164 Der Anlass der Kunstausstellung im Historischen Museum der Stadt Breslau war die Breslauer Jahres­ tagung der ŻTKSP. Vgl. Bronsztejn: Z dziejów, 74 f. 165 Mizgalski: 60-lecie TSKŻ, 7. 166 Zum „Plac Bohaterów Getta“ finden sich in den staatlichen Stadtführern bereits 1963 und 1970 kurze Abrisse der jüdischen Geschichte Breslaus vom Mittelalter bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts. Sie betonten, wie üblich in den Stadtführern aus der Volksrepublik Polen, polnisch-jüdische Handelskontakte nach Breslau. Außergewöhnlich sind hier vereinzelte Bezüge auf deutsch-jüdische Wissenschaftler um 1900. Vgl. Roszkowska, Wanda: Wrocław. Przewodnik po dawnym i współczesnym mieście. Warszawa 1963, 197 f. [21970], 172 f. Auf Deutsch: Stadtführer Wrocław. Warszawa 1970, 141 f.

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der Titel von einer 1947 erschienenen Publikation der Jüdischen Historischen Kommission, dem Vorgänger des Jüdischen Historischen Instituts in Warschau, stammte, erwähnte die Ausstellung nicht den überwiegenden Anteil jüdischer Opfer.167 Auch die in Niederschlesien gelegene Gedenkstätte des ehemaligen Konzentrationslagers GroßRosen, die zeitweise dem Historischen Museum in Breslau unterstand, verschwieg, dass es sich bei den zahlreichen „polnischen Bürgern“ in der Mehrheit um verfolgte Juden handelte.168 Bis in die 1980er Jahre wurde im Gedenken an das „polnische Martyrium“ während der deutschen Besatzung keine Differenzierung der Opfergruppen zugelassen. Zu einem nahezu vollständigen Zusammenbruch des jüdischen Kulturlebens Breslaus führte insbesondere die große Auswanderungswelle nach der antisemitischen Kampagne von 1968 und der damit verbundenen Schließung der Breslauer Synagoge (bereits 1966 angeordnet) und des Breslauer Jüdischen Theaters. Ende 1949 hatten in Breslau noch über 12.000 Juden gelebt, nach den so genannten „Märzereignissen“ von 1968 verblieben in Breslau lediglich 400–500 Juden. Das kulturelle und religiöse Leben der Gemeinde war um 1970 kaum noch existent, die jüdischen Kulturdenkmäler waren dem Verfall preisgegeben.169

5.4. E  in vergessenes Kapitel – Die Ausstellung „Breslauer Juden 1850–1945“ von 1989 Eine Ausstellung zur Geschichte der deutsch-jüdischen Gemeinde bedeutete im Frühjahr 1989 gleich eine zweifache Neuerung – eine kleine geschichtskulturelle Revolution. Denn diese rückte ein bisher politisch nicht gewolltes und in weiten Teilen der Bevölkerung schlichtweg unbekanntes Thema in die Öffentlichkeit. Das Ende der ungeliebten Volksrepublik zeichnete sich ab, die Verhandlungen des Regimes mit der Oppositionsbewegung Solidarność hatten am 6. Februar 1989 begonnen. Noch während dieser angespannten Phase der Verhandlungen am Runden Tisch zeigte das Breslauer Architekturmuseum eine große Ausstellung zu den jüdischen Breslauern. Nur einen Monat war sie zwischen dem 10. März und 14. April 1989 geöffnet. Mehrere tausend Besucher verschafften sich jedoch einen Eindruck, wie das deutsche Breslau um die Jahrhundert167 Zof: Dzieci oskarżają. Wystawa w Muzeum Historycznym. In: Słowo Polskie am 1. November 1974. Zur 1947 erschienenen Publikation „Dzieci oskarżają“ von Maria Hochberg-Mariańska und Noe Güss vgl. Żbikowski, Andrzej: Die Erinnerung an den Holocaust in Polen. In: Brumlik, Micha/Sauerland, Karol (Hg.): Umdeuten, verschweigen, erinnern. Die späte Aufarbeitung des Holocaust in Osteuropa. Frankfurt/Main 2010, 113–124, hier 118. 168 Czerkawski, Andrzej/Dunin-Wąsowicz, Marek: Gross-Rosen. Rada Ochrony Pomników Walki i Męczeństwa. Warszawa 1968. Die vom Historischen Museum Breslau entwickelte Dauerausstellung in der Gedenkstätte Groß-Rosen wurde am 30. Juni 1974 eröffnet. Vgl. Sław: Historia męką pisana. In: Gazeta Robotnicza am 11. September 1974. Zur Gedenkstätte in Groß-Rosen vgl. Sawicka, Barbara: KZ Gross-Rosen. Geschichte und Erinnerung. In: Czapliński/Hahn/Weger (Hg.): Schlesische Erinnerungsorte, 249–264, hier 260 f. 169 Ziątkowski: Geschichte, 116, 123; Lenarcik: A Community, 173, 217 f.; Ruchniewicz/Ruchniewicz: Das neue jüdische Leben, 497–499.

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wende ausgesehen und welchen Anteil die große jüdische Gemeinde daran gehabt hatte. Es war die Endphase einer Epoche – das Ende der politisch motivierten Marginalisierung des deutschen Kulturerbes und eines besonders selektiven Umgangs mit der lokalen Vergangenheit. Die Auflösung staatlich verordneter Geschichtsbilder setzte eine große Sehnsucht nach Wissen über den eigenen Wohnort frei. Die Breslauer Tageszeitung „Wieczór Wrocławia“ stellte anlässlich der Ausstellungseröffnung fest: „Wir wissen heute nur wenig über die Industriellen und Bankiers jüdischen Ursprungs. Obwohl wir auf die Spuren ihrer Aktivität stoßen – auch heute noch.“170 Eine besonders sichtbare Spur im Stadtraum war der alte jüdische Friedhof. „Die Ausstellung ist nur einer der Arbeitsschritte zu einem Problemfeld, der Geschichte der Breslauer Juden. Sie steht in einem engen Zusammenhang […] mit den Arbeiten auf dem jüdischen Friedhof an der Ulica Ślężna, einer außergewöhnlichen historisch, kulturell und künstlerisch wertvollen Nekropole“,171 erläuterte die katholische Zeitschrift „Nowy Życie“ das Zustandekommen der Ausstellung. Die ersten Restaurierungsarbeiten auf dem verfallenen Gräberfeld begannen 1981, seit 1983 standen sie unter der Leitung des neuen Assistenten am Breslauer Architekturmuseum, Maciej Łagiewski. Dem Kurator stellte sich die Aufgabe, neben der Restaurierung des Geländes auch die biografischen und kulturellen Hintergründe der hier beerdigten Juden zu erforschen. Die Ergebnisse seiner wissenschaftlichen Arbeit publizierte er erstmals 1984 in der Broschüre „Der älteste Friedhof Breslaus“172 und stellte das Friedhofsgelände zwischen Januar und Februar 1984 in einer kleinen Ausstellung des Architekturmuseums vor. Fünf Jahre später, im Frühjahr 1989 sollte auch die mit dem Friedhof verbundene Geschichte bisher unbekannter Institutionen und die Biografien unbekannter Breslauer präsentiert werden. Stadtgeschichte machte sich hier an herausragenden Persönlichkeiten aus dem Breslauer Bürgertum fest, „die in der Stadt noch heute greifbare Spuren hinterlassen haben, zumeist in Gestalt von Familiengräbern“173 auf dem alten Friedhof an der Ulica Ślężna. Nicht nur Breslauer, sondern auch Personen, die einen bedeutenden Teil ihres Lebens in der Stadt verbracht hatten, sowie ihre Institutionen und Wirkungsstätten bildeten den thematischen Gegenstand der Ausstellung. Derart umfassend und tiefgründig war bisher weder die deutsch-jüdische Kultur noch insgesamt die Geschichte Breslaus im 19. und frühen 20. Jahrhundert in einem Breslauer Museum nach 1945 gezeigt worden. 170 Wieczorek, Hanna: Wrocławscy Żydzi. Historia zamknięta w fotogramach i obrazach. In: Wieczór Wrocławia am 24.–27. März 1989, poln. Original: „Niewiele wiemy obecnie o przemysłowcach i bankierach pochodzenia żydowskiego. Choć na ślady ich działalności natykamy się i dzisiaj.“ 171 Roszkowska, Wanda: Żydzi wrocławscy 1850–1945. Wokół wystawy w Muzeum Architektury. In: Nowy Życie. Dolnośląskie pismo katolickie 7/13 (1989) 14–15, hier 14, poln. Original: „Wystawa to tylko jeden z etapów prac nad zagadnieniem, historią wrocławskich Żydów. Ma ona ścisły związek, […] z pracami prowadzonymi na Cmentarzu Żydowskim przy ul. Ślężnej, z niezwykle cenną historycznie, kulturowo i artystycznie nekropolią.“ 172 Łagiewski, Maciej: Najstarszy cmentarz Wrocławia. Żydowski cmentarz przy ul. Ślężnej. Muzeum Architektury we Wrocławiu. Wrocław 1984. 173 Łagiewski, Maciej: Wrocławscy Żydzi 1850–1944. Muzeum Historyczne we Wrocławiu. Wrocław 1994, 6.

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Die jüdische Geschichte Breslaus bildete einen Türöffner zur Stadtgeschichte der Jahrhundertwende. Die Tageszeitung „Wieczór Wrocławia“ verzeichnete eine allgemeine „Zunahme des Interesses an jüdischer Geschichte und Kultur“.174 Denn erst ein Jahr zuvor war das in Breslau andauernde museale Verschweigen jeglicher jüdischer Kulturgeschichte mit zwei Ausstellungen zur polnisch-jüdischen Geschichte und der Eröffnung des Friedhofsmuseums gebrochen worden. Das Leitmotiv der Ausstellung war damit ein wahrhaft unbekanntes Kapitel der Stadtgeschichte, da es den Horizont auf die Geschichte vor 1945 ausdehnte. Zugleich sah sich der Kurator Łagiewski in der Kontinuität einer geschichtskulturellen Tradition, nämlich der Exposition jüdisch-schlesischer Geschichte – als zeitliche Fortsetzung der Ausstellung von 1929 zum „Judentum in der Geschichte Schlesiens“ (1050–1850) sollte die Geschichte der jüdischen Breslauer bis zu ihrem Ende erzählt werden.175

5.4.1. Rundgang – Breslaus jüdisches Bürgertum von 1850 bis 1945 In zwei Sälen des 1965 eröffneten Architekturmuseums im ehemaligen Bernhardinkloster wurde die jüdische Kulturgeschichte Breslaus von der rechtlichen Emanzipation um 1850 bis zur nahezu vollständigen Vernichtung der einst großen jüdischen Gemeinde am Ende des Zweiten Weltkrieges ausgebreitet. Die Inhalts- und Präsentationsebene der Ausstellung war von einer sachlichen Vermittlung biografischer Studien dominiert. Sachlich wirkten vor allem die auf 64 Stellwand-Tafeln aufgeklebten Schwarz-Weiß-­ Reproduktionen von Fotografien und Dokumenten mit kurzen Überblickstexten. Dem Kurator standen weder eine große Objektsammlung noch die technischen Mittel für eine aufwändige Inszenierung zur Verfügung. Dennoch konnte die Ausstellung neben den Schautafeln einige dreidimensionale Relikte aus dem Leben der jüdischen Breslauer versammeln. Der erste Ausstellungsraum zeigte in Vitrinen Ritualgegenstände aus der Sammlung der Jüdischen Gemeinde Breslau, Thorakronen, -mäntel und Aufsätze für die Thorastäbe „Rimonim“, sowie Gebetsbücher, Gemälde und einen bruchstückhaft erhaltenen Aron-Hakodesch – den Thoraschrein aus der verfallenen Breslauer Synagoge „Zum Weißen Storch“. Diese Exponate begleiteten knapp 20 thematische Tafeln zu den Orten jüdischen Lebens in Breslau, den Institutionen und ihren Gesellschaften. Im zweiten Raum folgten die Biografien von mehr als 40 jüdischen Breslauern. Zunächst soll ein Blick auf die einführenden Tafeln geworfen werden. Zum Thema „jüdisches Wohnviertel“ präsentierte die Ausstellung die Ansiedlungen im Breslauer Stadtgebiet anhand undatierter Gebäude- und Straßenansichten aus der Vorkriegszeit. Der Begleittext und die Bildunterschriften hierzu bezogen sich zum Teil alleine auf die gegenwärtigen polnischen Straßennamen. Dies erleichterte den Besuchern die Orientierung, auch wenn dadurch die Historizität vieler Orte verloren 174 Wieczorek: Wrocławscy Żydzi, poln. Original: „Wzrasta zainteresowanie dziejami i kulturą Żydów.“ 175 Wrocławscy Żydzi w latach 1850–1945. Tę wystawę warto zwiedzić. In: Wieczór Wrocławia am 14. März 1989.

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Abbildung 16: Die Ausstellung „Breslauer Juden 1850–1945“ (1989) sollte an die Tradition des Jüdischen Museums in Breslau anknüpfen und sah sich als Fortführung der genau 60 Jahren zuvor eröffneten Sonderausstellung „Das Judentum in der Geschichte Schlesiens“. Gleich vier Ausstellungstafeln (Nr. 16–19) behandelten die Sammlungen des Jüdischen Museums.

ging: „Seit dem 17. Jahrhundert siedelten die Breslauer Juden infolge der verschiedener Behördenerlässe in der Umgebung des ehemaligen Juden-Platzes (plac Bohaterów Getta) an den heutigen Straßen Ulica Kazimierza Wielkiego, Złote Koło, Antoniego, Ru­skiej, Nowotki, Włodkowica.“176 Vor 1945 hießen diese Orte Karls- oder Lassalle­platz, 176 Ausstellungstafel „Dzielnica żydowska“, poln. Original: „Od wieku XVII wskutek różnych nakazów władz wrocławscy Żydzi osiedlali się w okolicach dawnego placu Żydowskiego (pl. Bohaterów Getta) przy dzisiejszych ul. Kazimierza Wielkiego, Złote Koło, Antoniego, Ruskiej, Nowotki, Włodkowica.“ [Eigene Übersetzung]. Alle 64 Ausstellungstafeln von 1989 wurden 1990 in einem deutschen Ausstellungskatalog fotografisch abgebildet und begleitend ins Deutsche übersetzt. Der Herausgeber griff allerdings bei der Übersetzung in die Inhalte der Ausstellung ein, daher bezieht sich die Analyse

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Abbildung 17: Ausstellungstafel Nr. 7 zur Geschichte der jüdischen Friedhöfe in Breslau. Die 1981 begonnene Restaurierung und Erforschung des verfallenen jüdischen Friedhofs an der Ulica Ślężna bildete die inhaltliche Grundlage für die Ausstellung über die Geschichte der deutsch-jüdischen Breslauer. Auf den thematischen und biographischen Ausstellungstafeln fanden die Gräber des jüdischen Friedhofs eine besondere Würdigung.

­ arlsstraße, Goldene-Rade-Gasse, Antonienstraße, Reuschestraße, Graupenstraße, K Wallstraße. Die Schwarz-Weiß-Fotografien aus dem Zeitraum 1900 bis 1930 zeigten Gebäude aus diesem Stadtteil, in denen sich unter anderem eine koschere Fleischerei, das Gasthaus „Pokoyhof“ und die kleine „Landessynagoge“ befanden. Zugleich wies der Text darauf hin, dass seit dem Emanzipationsedikt von 1812 das jüdische Bürger­tum vor ausschließlich auf das polnische Original. Zu den inhaltlichen Eingriffen des Herausgebers vgl. im weiteren Verlauf dieser Untersuchung. Die Texte der Ausstellungstafeln wurden folgender Publikation entnommen: Łagiewski, Maciej: Breslauer Juden 1850–1945. Katalog zur Ausstellung. Hg. v. Josef Joachim Menzel, im Auftrag der Historischen Kommission für Schlesien und des Ludwig-­PetryInstituts für ostdeutsche Landes- und Volksforschung Mainz. St. Augustin 1990.

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allem in die südlichen Stadtteile zog oder sich in den Vorstädten niederließ. Damit entwickelte sich das „alte jüdische Wohnviertel“ um die Jahrhundertwende vor allem „zum Handelszentrum kleiner Kaufleute aus Osteuropa“. Die folgenden Ausstellungstafeln zur „Organisation der Gemeinde“ zeigten unter anderem Gruppenfotos des Gemeindevorstandes um die Jahrhundertwende und das Verwaltungsgebäude der Synagogengemeinde. Der Begleittext ging detailliert auf den Anteil der jüdischen Breslauer an der Gesamtbevölkerung ein: „1850 zählte die Gemeinde 7.384 Mitglieder; um die Jahrhundertwende wohnten hier schon 19.743 Juden, das waren 4,7 % der Einwohner der Stadt (422.709). 1925 betrug die Zahl der Juden 23.240 oder 4,2 % der Einwohner Breslaus.“ Der Text betonte zudem, dass der „niedrige Prozentanteil der jüdischen Bevölkerung keineswegs eine untergeordnete soziale Position“ anzeige, sondern die „Breslauer jüdische Gemeinde“ von „Bedeutung“ war. Hierzu wurde auch das preußische Wahlrecht nach Steuerklassen angeführt und betont, dass „unter den wohlhabendsten Bürgern 65 % Juden“ waren, „welche nach dieser Rechtsordnung Einfluss in Politik und Wirtschaft“ ausübten. Ihre „religiöse und moralische Pflicht“ war es, einen Teil ihrer Einkünfte für gemeinnützige Zwecke zu spenden.177 Durch diese kurzen, aber präzisen Ausführungen erhielt der Ausstellungsbesucher einen Überblick über den zentralen Stadtteil jüdischen Lebens und das Sozialgefüge der jüdischen Breslauer. Gleichsam machte sich an diesen Beschreibungen bereits der thematische Fokus der Ausstellung fest – das jüdische Bürgertum stand hier im Mittelpunkt. Allerdings konnte bereits bei diesen ersten vier Tafeln der Trugschluss entstehen, dass die jüdischen Breslauer auch in der Neuzeit in einem geschlossenen Viertel, wie in einem mittelalterlichen Judenghetto, gelebt hätten und die Mehrheit der jüdischen Bevölkerung wohlhabend gewesen wäre. Dabei pflegte auch die Mehrheit der jüdischen Breslauer keinen bürgerlichen Lebensstil.178 Zugleich ist die Bedeutung dieser einführenden Ausstellungstafeln nicht zu unterschätzen. Denn der Mehrheit des Publikums hätte im Frühjahr 1989 schlichtweg das Vorwissen zum Verständnis der einzelnen Biografien gefehlt. Bis zum Ende der Volksrepublik waren zur Geschichte der deutsch-jüdischen Breslauer auf Polnisch keine populärwissenschaftlichen Publikationen erschienen, und auch die fachwissenschaftliche Forschung zu diesem Thema war sehr dünn und einseitig.179 177 Ausstellungstafel „Organizacja gminy“. 178 Die Sozialstruktur der Breslauer Juden war keinesfalls primär bürgerlich, jedoch „wesentlich bürgerlicher als die der anderen Breslauer“. Zur Sozialstruktur vgl. Rahden: Juden, 34, 37 f. Zur Entwicklung des Viertels um den ehemaligen Judenplatz (Karlsplatz) mit seiner gemischten, teils jüdischen Bevölkerung vgl. Zabłocka-Kos: In search, 333. 179 Bis Anfang der 1990er Jahre erschienen auf Polnisch zur Geschichte der deutschen Juden in Breslau und Niederschlesien keinerlei umfassende Studien oder Monografien. Vor 1989 erschienen lediglich Aufsätze von Karol Jonca, Alfred Konieczny und Franciszek Połomski zur Verfolgung und Vernichtung der Breslauer Juden in den Jahren 1933 bis 1945, zumeist in der Publikationsreihe „Studia nad Faszyzmem i Zbrodniami Hitlerowskimi“. Allerdings fand sich bereits vor 1970 in den auf Polnisch und Deutsch herausgegebenen staatlichen Stadtführern ein kurzer Abriss zur jüdischen Geschichte Breslaus vom Mittelalter bis ins frühe 20. Jahrhundert. Vgl. Roszkowska: Wrocław [1963], 197 f. Auf Deutsch: Stadtführer, 141 f.

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Die weiteren einführenden Thementafeln versammelten Präsentationen zu den Breslauer Synagogen, den jüdischen Friedhöfen, Schulen, Stiftungen, zum Verlags- und Pressewesen, dem jüdischen Krankenhaus und dem Jüdischen Museum. Zwei Tafeln fassten die Geschichte der Breslauer Synagogen zusammen. Den beiden herausragenden Breslauer Synagogen, der 1872 eingeweihten liberalen Neuen Synagoge, der zweitgrößten Synagoge Deutschlands, und der 1829 eingeweihten Synagoge „Zum Weißen Storch“, ging eine Geschichte mehrerer kleiner Synagogen voraus. Neben privaten Synagogen wohlhabender Familien waren dies territorial bezogene Synagogen, welche auf die Herkunft jüdischer Händler aus Schlesien und ganz Ostmitteleuropa verweisen. In Breslau gab es unter anderem eine Glogauer, Zülzer, Kalischer, Krotoschiner, Wolhynier, Lemberger, Lissaer und Litauische Synagoge (letztere auch Sklower Synagoge genannt). Viele der kleinen Synagogen wurden im 19. Jahrhundert geschlossen, als die preußischen Behören auf den Bau eines gemeinsamen Tempels drängten. Die versammelten Fotografien zeigten Ansichten vieler bereits um 1900 abgerissener Gebäude, aber auch der großen Neuen Synagoge und eine der Synagoge „Zum Weißen Storch“ – welche „sich heute [1989] in einem ruinösen Zustand befindet“.180 Durch Bezüge zu den aktuellen Orten in der Stadt wie auch zur zentral- und ostpolnischen Herkunft vieler Breslauer Synagogengemeinden wurden für die Ausstellungsbesucher Referenzpunkte in diesem unbekannten Kapitel der Stadtgeschichte gesetzt. Jüdische Schulen existierten in einer Zeit, als vielen Juden der Zugang zu öffentlichen Schulen noch verwehrt wurde, wie die „berühmte Breslauer Wilhelmsschule (1790–1846)“ oder auch Privatschulen. Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert besuchte die große Mehrheit der Juden öffentliche Schulen, erst 1920 entstand wieder eine jüdische Schule.181 Der Kurator verwies in seinen Publikationen und Vorträgen immer wieder auf die Assimilation der jüdischen Gemeinde.182 In der Ausstellung fehlte jedoch neben der Aufzählung und den Abbildungen zum jüdischen Schulwesen der Hinweis, dass es sich hierbei um ein Randphänomen handelte. Die hier vorgenommene Identifizierung „jüdischer“ Institutionen in der Breslauer Stadtlandschaft führte dem Ausstellungsbesucher die Anwesenheit jüdischen Lebens in der Stadt in ihrer Breite vor Augen. Hinsichtlich der Definition von Stadt- und Sozialgeschichte konnte jedoch auch hier der Eindruck einer von der Mehrheitsgesellschaft abgesonderten jüdischen Gemeinde entstehen. Dabei handelte es sich in der Mehrheit um einen stark assimilierten Teil der Breslauer Stadtbevölkerung, deren Religion nur ein „situatives“ Identitätsmerkmal unter vielen bildete.183 180 Ausstellungstafel „Synagogi II“. Zur Geschichte der Synagogen in Breslau und Schlesien vgl. Kos: Schlesische Synagogen, 407–445. 181 Ausstellungstafel „Szkoły“. Zur Geschichte der jüdischen Schulen vgl. Ziątkowski, Leszek: Jüdisches Schulwesen in Breslau bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. In: Zwierz, Maria (Hg.): Breslauer Schulen. Geschichte und Architektur. Wrocław 2005, 49–55. 182 Ausführlich im 1994 erschienenen Begleitbuch zur Ausstellung Łagiewski: Wrocławscy Żydzi [1994], 6–12. 183 Zur Assimilation und Akkulturation der Breslauer Juden vgl. Rahden: Juden; Ziątkowski: Die Geschichte; Hettling/Reinke/Conrads (Hg.): In Breslau zu Hause.

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Auch die Tafel zum „Presse- und Verlagswesen“ erweckte mit ihren Reproduktionen der Titelseiten des „Breslauer Jüdischen Gemeindeblattes“ und der „Jüdischen Zeitung für Ostdeutschland“ zunächst das Bild einer Separation jüdischen Lebens. Hierneben wurden allerdings die Verleger Felix Priebatsch (1867–1926) und Salo Schottlaender (1844–1920) vorgestellt, deren Verlage unter anderem wissenschaftliche Bücher sowie Tageszeitungen herausgaben, die allesamt nicht konfessionell gebunden waren.184 Hier erschloss sich nur auf den zweiten Blick, dass die jüdischen Breslauer als Herausgeber wie auch als Leser mit dem nicht-jüdischen Pressewesen eng verflochten waren. Die jüdische Presse stellte für die Mehrheit der Juden nur ein zusätzliches Informationsmedium dar. Hieran wird deutlich, dass das Leitmotiv der Ausstellung, jüdische Kulturgeschichte herauszustellen, in einen Zwiespalt führte. Einerseits sollten die jüdischen Breslauer als integraler Teil der Breslauer Gesellschaft und andererseits als selbstbewusste Vertreter jüdischer Kultur und Religion dargestellt werden. Eine für die jüdische Kultur und Religion europaweit bedeutsame Institution war das Jüdisch-Theologische Seminar. Dem Breslauer Seminar und seinen Dozenten widmete Maciej Łagiewski gleich drei Ausstellungstafeln. Neben dem Gründer des Seminars, Jonas Fraenckel (auch Fränkel, 1773–1846), wurden zehn mit dem Seminar verbundene Rabbiner und drei Professoren vorgestellt und abgebildet.185 Aus dem Nachlass Fraenckels wurde 1853 in der Wallstraße ein Gebäude angekauft, „in dem es Hörsäle, Lehrerräume, eine Bibliothek und eine Betkapelle gab. Die Bibliothek besaß eine der besten Sammlungen von Judaica in Europa.“ Der Text ging auf die renommierte Rabbiner- und Lehrfakultät ein und betonte, dass hier bis 1903 „452 Personen aus ganz Europa, darunter auch viele Polen“, studierten. Den Abschluss bildete eine Sequenz zur Schließung des Seminargebäudes 1938 und den Abriss in der Nachkriegszeit.186 Besonders ausführlich beleuchtete die Ausstellung das Jüdische Museum in Breslau. Vier Tafeln zeigten über 20 Objekte seiner Sammlung. Für den Kurator Łagiewski war die Geschichte des Jüdischen Museums ein besonderes Anliegen, da er seine Ausstellung als eine narrative Fortsetzung der im Jüdischen Museum gezeigten Ausstellung verstand. 1929 entfaltete die Breslauer Ausstellung die jüdische Geschichte Schlesiens von 1050 bis 1850, und 1989 wurde diese Geschichte bis 1945 ergänzt.187 Die Texttafel enthielt daher zahlreiche Details aus der Geschichte des Jüdischen Museum. Im Mittelpunkt stand die erste Ausstellung „,Juden in der Geschichte Schlesiens‘ in den Räumen 184 Ausstellungstafel „Wydawnictwa, Prasa“. Zur Geschichte der jüdischen Verleger in Breslau vgl. die Beiträge im Sammelband von Bonter, Urszula u. a. (Hg.): Verlagsmetropole Breslau 1800–1945. München 2015. 185 Im Einzelnen sind das die Rabbiner Dr. Saul Horowitz (1858–1921), Oberrabbiner Dr. Zacharias Frankel (1801–1875), Rabbiner Dr. David Rosin (1823–1894), Rabbiner Prof. Dr. Israel Levy (1840–1917), Rabbiner Dr. Pinchas Neustadt (1823–1902), Rabbiner Dr. Daniel Fraenkel (1821–1890), Rabbiner Dr. Manuel Joel (1826–1890), Rabbiner Dr. Ferdinand Rosenthal (1838–1921), Rabbiner Dr. Abraham Geiger (1810–1874), Prof. Dr. Jacob Guttmann (1845–1919), Prof. Dr. Heinrich Graetz (1817–1891) und Prof. Dr. Markus Brann (1849–1920). Vgl. Ausstellungstafeln „Żydowskie seminarium teologiczne I–III“. 186 Ausstellungstafel „Żydowskie seminarium teologiczne I“. 187 Łagiewski: Wrocławscy Żydzi [1994], 5.

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des Schlesischen Museums für Altertum und Kunstgewerbe“. Es wurden 200 historische Dokumente aus dem Zeitraum 1050–1850 neben „Kunsthandwerk und Kult-Objekten“,188 insgesamt 500 Exponate, gezeigt und von 30.000 Besuchern besichtigt, wie es zu den Dimensionen und zeitlichen Schwerpunkten der Ausstellung hieß. Zu den Zielen des Vereins erläuterte der Text lediglich, dass nach 1918 in Breslau „eine besonders intensive geistige und kulturelle Entwicklung“ einsetzte und neue Museen eröffnet wurden. Der „letzte Sitz des Museums [war] in einem Gebäude in der Gräbschenerstr. 61–65 [ulica Grabiszyńska], wo bis 1938 Ausstellungen organisiert wurden“.189 Obwohl der biografische Ansatz in der hier besprochenen Ausstellung überwog, ging der Text nicht auf die bedeutenden Persönlichkeiten hinter dem Museumsprojekt ein. Eine weitere Besonderheit der Sektion zum Jüdischen Museum verband sich mit den Abbildungen von Judaica-Exponaten. Erstmals wurden die Besucher hier über die Herkunft der gezeigten Reproduktionen aufgeklärt – sie stammten mit einer Ausnahme aus dem Katalog von 1929. Zu einem der abgebildeten Exponate erfuhr der Besucher sogar etwas über seinen heutigen Aufbewahrungsort: Ein Thoraschild aus einer „Breslauer Werkstatt von 1753, ehemals Eigentum der Breslauer Synagoge ‚Zum Tempel‘, heute in den Sammlungen des Jüdischen Museums in Warschau“.190 Eine genauere Prüfung dieser Angabe zeigt allerdings, dass diese Zuordnung des Thoraschildes voreilig war. Tatsächlich gilt die in der Ausstellung von 1929 als Nummer 212 verzeichnete „Arbeit des Silberarbeiters Georg Kahlert d.j., Breslau 1753, Synagoge zum Tempel, Breslau“191 bis heute als verschollen. Zu der falschen Angabe könnte geführt haben, dass sich in der Museumssammlung des Warschauer Jüdischen Historischen Instituts zwei Breslauer Thoraschilder befinden, die den Exponaten von 1929 ähneln. Aus der Hoffnung, eine materielle Kontinuität zwischen der Breslauer Ausstellung von 1929 und der Ausstellung von 1989 herstellen zu können, ergab sich sogar eine zweite falsche Zuordnung. Der Ausstellungskurator Łagiewski konnte bereits im Frühjahr 1989 die beiden Breslauer Thoraschilder aus der Warschauer Sammlung als Leihgaben nach Breslau holen. Diese erhielten als Thoraschilder „1761–72, Georg Kahlert“ und „um 1816, Christian A. Wilcke“ einen zentralen Platz in der Ausstellung. Ersteres zierte die Titelseite des 1994 herausgegebenen Begleitbuchs zur Ausstellung; hierzu wurde allerdings der Katalogtext von 1929 für Nummer 219 angeführt: „Thoraschild aus der Sklowerschul (Sklower-Synagoge) in Breslau […]. Arbeit des Silberarbeiters George Kahlert, Breslau um 1770/76 (jetzt im Jüdischen Museum Warschau).“192 Eine 188 Ausstellungstafel „Muzeum Zydowskie I“ 189 Ausstellungstafel „Muzeum Zydowskie I“. Die Übersetzung 1990 änderte den Inhalt: Łagiewskis Angabe, dass im letzten Sitz des Museums in der Gräbschener Straße bis 1938 Ausstellungen gezeigt wurden, wurde dahingehend geändert: „Sitz des Jüdischen Museums zu Breslau war das Gebäude in der Gräbschenerstraße Nr. 61–65, wo bis 1939 [!] Ausstellungen stattfanden.“ Vgl. Łagiewski: Breslauer Juden [1990], 54. 190 Ausstellungstafel „Muzeum Zydowskie II“. 191 Hintze (Hg.): Katalog, 54. 192 Begleitbuch zur Ausstellung: Łagiewski: Wrocławscy Żydzi [1994], 4. Eine Abbildung der Katalog­ nummer 219 von 1929 findet sich im Aufsatz Grotte: Jüdische Sakralkunst.

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Prüfung der Bestände des Jüdischen Historischen Instituts zeigt jedoch, dass es sich bei dem abgebildeten Exemplar um ein von der Lemberger Synagoge in Breslau erworbenes Thoraschild von Georg Kahlert (1732–1772), entstanden im Zeitraum 1762–1772, handelt.193 Die Detailbeschreibungen stimmten weder mit Nummer 219 noch mit 212 oder einem anderen in der Ausstellung von 1929 gezeigten Thoraschild überein. Wäre diese Zuordnung richtig gewesen, hätte tatsächlich durch ein Exponat ein materieller Zusammenhang zwischen den Präsentationen von 1929 und 1989 hergestellt werden können.194 Zu einer eindrucksvollen visuellen Bereicherung von Łagiewskis Ausstellung trugen zahlreiche originale Ritualgegenstände Breslauer Herkunft bei. Im Ausstellungsraum versammelten sich über 20 Rimonim und Thorakronen, große Chanukka-Leuchter, Thoraschilder, eine Thora und Gebetsbücher. Alle Exponate stammten aus Sammlungen der Breslauer Gemeinden vor 1945 und konnten als Leihgaben der gegenwärtigen Jüdischen Gemeinde in Breslau und des Jüdischen Historischen Instituts in der Ausstellung zusammenhängend gezeigt werden. Allerdings enthielten die Tafeln keine Informationen zu diesen Exponaten. Ohne Angaben zu ihrem Verwendungszusammenhang oder zu ihrer Geschichte blieben sie rein dekorativ – jüdisches Kunsthandwerk ohne eine historische Dimension. Eine bedeutungsvolle Ausnahme bildeten hier nur die Bruchstücke eines Aron-Hakodesch mit Parochet (Thoraschrein mit Vorhang) aus der zur Ruine verfallenen Synagoge „Zum Weißen Storch“. Wie gezeigt wird, trugen diese Bruchstücke in einer späteren Neuauflage der Ausstellung zu einer öffentlichen Diskussion über den verwahrlosten Zustand der Breslauer Synagoge bei. Im Gegensatz zur Ausstellung von 1929 standen im Mittelpunkt der Ausstellung von 1989 nicht die Vielfalt des jüdischen Kunsthandwerks in Schlesien, sondern die Biografien von über 40 herausragenden deutsch-jüdischen Breslauern. Die vier Tafeln zum Jüdischen Museum bildeten den Übergang in den zweiten Ausstellungsraum, welcher ein detailliertes Geflecht der Breslauer Persönlichkeiten versammelte. Ein Blick auf die vielfältigen biografischen Portraits zeigt die übergeordneten Themenfelder der Ausstellung. Diese reichten von Persönlichkeiten aus dem Kunst- und Kulturleben, über die Breslauer Sozialdemokratie, berühmte Frauen und Wissenschaftler bis hin zu den großen Bank- und Handelshäusern. Einige hier genannte Beispiele geben einen Eindruck von der Vielfalt des jüdischen Bürgertums und machen zugleich deutlich, dass nur besonders sichtbare Persönlichkeiten in der Präsentation berücksichtigt wurden. Die ersten Ausstellungstafeln versammelten Persönlichkeiten aus dem Kunst- und Kulturleben – wie den Maler und Kunstkritiker der „Breslauer Zeitung“, Siegfried Laboschin (1868–1929), die impressionistische Malerin Clara Sachs (1862–1921) und den 193 Piątkowska/Sieramska: Muzeum Żydowskiego, 24. 194 Das einzige Exponat aus der Ausstellung von 1929, das im Jüdischen Historischen Institut Warschau nachgewiesen werden konnte, ist ein Thoravorhang (Parochet) von 1783 aus dem Besitz der Synagogengemeinde Langendorf in Oberschlesien (heute Wielowieś), im Katalog von 1929 mit der Nr. 148 verzeichnet. 1977 vom Jüdischen Historischen Institut in Warschau erworben, im Katalog von 1995 mit der Nr. 33 und der Inventarnummer C-270 verzeichnet. Dieses Objekt wurde nicht in der Bres­ lauer Ausstellung 1989/94 gezeigt. Vgl. Hintze (Hg.): Katalog, 39; Piątkowska/Sieramska: Muzeum Żydowskiego, 28.

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Maler Eugen Spiro (1874–1972).195 Im Mittelpunkt stand hier das Haus von Albert und Toni Neisser, welches zu einem „Zentrum für Kunst und Musik“ und nach 1920 zu einer „Abteilung des Breslauer Kunstmuseums mit Sammlungen bürgerlicher Wohnkultur aus der Wende des 19./20. Jahrhunderts“ geworden war.196 Kurze Texte und zahlreiche Fotografien entfalteten die Lebenswege und Wirkungsfelder der 40 in der Ausstellung besprochenen Personen. Am häufigsten zählten zu den fotografischen Reproduktionen Portrait- und Familienfotos, aber auch Ansichten von Grabsteinen und Wohngebäuden. Die mehrmals angeführten Grabsteine verwiesen auf den Ursprung der Ausstellungen – die Studien des Kurators zur Geschichte des alten jüdischen Friedhofs an der Lohestraße. Einen weiteren thematischen Einschub bildete eine Tafel zum Ersten Weltkrieg. Sie zeigte ein „Flugblatt des 1919 entstandenen Reichsbundes Jüdischer Frontsoldaten“ und eine „Gedenktafel für die 450 gefallenen Mitglieder der jüdischen Gemeinde in Breslau“. Der Texte betonte sowohl die hohe Anzahl „jüdischer Soldaten“, die vielen Auszeichnungen, als auch den Umstand, dass die jüdischen „Helden des Ersten Weltkrieges […] in die nationalsozialistischen Vernichtungslager kamen“.197 Auf diese Tafel folgte der Themenkreis Ferdinand Lassalle und die Breslauer Sozialdemokratie. Zu Lassalle zeigte die Ausstellung eine historische Fotografie seines Geburtshauses sowie das Grabmal der Familie Lassalle auf dem Friedhof an der Lohestraße von 1874 und nach der Wiederherstellung von 1959/84. Auch „das Traditionsbanner der SPD im Besitz der Friedrich-Ebert-Stiftung […], die Rote Fahne – Symbol der Breslauer Lassalleaner“ wurde abgebildet.198 Die Tafel „Sozialdemokratie“ stellte verschiedene Breslauer Persönlichkeiten vor, wie Louis Cohn (1821–1911), „Teilnehmer der blutigen Straßenkämpfe in Breslau am 7. Mai 1849“, und den Reichstagsabgeordneten Max Kayser (1853–1888).199 Welche Bedeutung die jüdische Herkunft für diese Personen hatte, wurde in der Ausstellung nicht erörtert. Bis auf wenige Hinweise zu konfessionellen Übertritten zum Christentum ließen sich zumeist nur Vermutungen zur Bedeutung des Judentums für die hier versammelten Breslauer anstellen. Auch der Themenkreis zu berühmten Frauen aus Breslau zeigte die Breite der als „jüdisch“ definierten Breslauer Persönlichkeiten. Hierzu zählten unter anderem die 1998 heilig gesprochene Ordensschwester Edith Stein (1891–1942), die erste weibliche Stadtratsabgeordnete in Deutschland, Paula Ollendorff (1860–1938) oder die Schriftstellerin Friederike Kempner (1836–1904).200 Gemeinsam war allen vorgestellten Personen nur, dass sie Vertreter des Bürgertums waren, teils auch des Großbürgertums, wie der „wohlhabende Gutsbesitzer“ Julius Schottlaender (1835–1911) – der „einzige jüdische Majoratsherr in Deutschland“.201 Besonders zahlreich zeigte die Ausstellung Wissen195 Zum Wirkungsfeld der genannten jüdischen Künstler aus Breslau vgl. Stolarska-Fronia: Jüdische Künst­ler, 377–381. 196 Ausstellungstafel „Albert i Toni Neisser“. 197 Ausstellungstafel „Wojna światowa 1914–1918“. 198 Ausstellungstafeln „Ferdinand Lassalle I–II“. 199 Ausstellungstafel „Socjaldemokracja“. 200 Ausstellungstafel „Friederike Kempner/Alfred Kerr“. 201 Ausstellungstafel „Julius Schottländer“.

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schaftler. Hierzu zählten der „Botaniker und erster Professor in Preußen mosaischen Glaubens“ Ferdinand Julius Cohn (1828–1898)202 und der Nobelpreisträger Fritz Haber (1868–1934). Sechs Tafeln versammelten über 30 Universitätsprofessoren und Mitglieder des Breslauer Stadtrates und der Handelskammer. Den dritten Schwerpunkt der Ausstellung bildeten die Firmen, Bankhäuser und Handelshäuser. Die Entwicklungsgeschichte der Firmen wurde mit den Biografien ihrer Breslauer Gründer und Erben verflochten. Die Texte beschrieben oftmals die genauen geografischen Orte und auch die Nachkriegsentwicklung der Firmen. Im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts wurde in Breslau eine Reihe später bedeutender Privatbanken gegründet. Hierzu zählten das „Bankhaus Ernst Heimann“ am Ring, „in beiden Häusern befinden sich bis heute Bankinstitute“,203 die „Bank Prinz & Marek Jr.“ in der Schweidnitzer Straße und das „Bankhaus Alexander“ am Königsplatz, dessen repräsentatives Gebäudes „bedauerlicherweise […] Mitte der sechziger Jahre abgerissen wurde und an seiner Stelle ein mit Sicherheit nützliches aber unschönes Woiwodschaftskrankenhaus errichtet wurde“.204 Auch bei den großen Waren- und Handelshäusern dürften den Ausstellungsbesuchern viele der vorgestellten Orte bekannt gewesen sein. Durch die geografischen Verknüpfungen gab die Ausstellung diesen Orten ihre geschichtliche Bedeutung zurück: Das neoklassizistische „Handelshauses Louis Lewy Jr.“, dem „bedeutendsten Unternehmen der Konfektionsindustrie Schlesiens“, ist den „heutigen Bewohnern Breslaus als Modehaus Elegancja bekannt“.205 Das „Kaufhaus der Gebrüder Barasch“ am Ring, das größte Breslauer Kaufhaus der Jahrhundertwende, „dient jetzt als Kaufhaus Feniks“.206 Über zwölf Tafeln präsentierten die Geschichte verschiedener Breslauer Firmen, Bank- und Handelshäuser – teils nur mit einer Fotografie unter Angabe der Gründer und der Adresse, teils als kleines Firmenportrait mit mehreren Fotografien und historischen Bezügen bis zur Gegenwart. Der Ausstellungsrundgang endete mit einer Sequenz aus vier Tafeln zu den Themen „Antisemitismus“, „Boykott 1933“, „Emigration“, „Kristallnacht 9.–10. November 1938“ und einer unbetitelten Tafel zur Ermordung der Juden. Optisch grenzte sich diese Sequenz in ihrer Typografie ab – die Titel wurden in weißer Schrift auf schwarzem Grund gedruckt. Die Fotografien der Tafel „Antisemitismus“ beschränkten sich auf die NS-Zeit. In der Mitte der Tafel war Adolf Hitler auf einer mit Hakenkreuzfahnen dekorierten Tribüne am 31. Juli 1935 auf dem Breslauer Schloßplatz (heute Plac Wolności) zu sehen. Der Text erklärte, dass am 15. September 1935 die Nürnberger Gesetze „Über die Reichsbürgerschaft“ und über den „Schutz von deutschem Blut und deutscher Ehre verabschiedet“ wurden. Diese „sanktionierten die Rechtsungleichheit, die auf den Kriterien ‚Blut und Rasse‘ beruhte“.207 Zwei Fotografien zeigten mit Hakenkreuzen beschmierte Grabsteine und ein demoliertes Gebäude, auf den ein Galgen und antisemitische Paro202 Ausstellungstafel „Ferdinand Cohn“. 203 Ausstellungstafel „Bank Ernst Heimann“. 204 Ausstellungstafel „Bank Alexander“. 205 Ausstellungstafel „Dom handlowy Louis Lewy jr.“. 206 Ausstellungstafel „Dom handlowy Braci Barasch“. 207 Ausstellungstafel „Antysemityzm“.

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len gemalt waren. Die Bildunterschrift erklärte, dass es sich um den Friedhof und ein „sakrales Gebäude“ in Trebnitz (poln. Trzebnica) handelte. Eine Übersetzung der Parole oder ein Datum fehlten. Weitere Elemente der Tafel waren zwei Presseartikel aus den Zeitungen „Der Stürmer“ und „Schlesische Tageszeitung“. Die Fotografien, antisemitischen Parolen und Karikaturen konnten den Eindruck entstehen lassen, Antisemitismus hätte sich auf die NS-Zeit beschränkt. Der kurze Überblickstext betonte allerdings, dass schon „in der Zwischenkriegszeit der Antisemitismus in Deutschland zunahm“ – also auch die Weimarer Republik einschloss.208 Die staatlichen Gewaltaktionen nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten zeigte die folgende Tafel „Boykott 1933“. Neben einer großen Fotografie des Breslauer Wertheim-Kaufhauses enthielt die Tafel ein „Verzeichnis der bekanntesten jüdischen Firmen in Breslau – eine Broschüre für Mitglieder der NSDAP “. Nicht näher erläutert wurden eine Fotografie zu „Boykott-Aufrufen“ mit einem SA-Mann mit Plakat auf Deutsch und Englisch sowie zwei Zeitungsartikeln aus der „Breslauer Tageszeitung“ – ebenfalls ohne Datum und ohne Übersetzung.209 Auffällig waren hier zwei längere Zitate zur Schließung des Kaufhauses Wertheim und der Beschmierung von Schaufenstern jüdischer Geschäfte durch die SA aus dem Tagebuch des Breslauer Handelsvertreters Walter Tausk (1890–1941). Dieses war 1973 zuerst auf Polnisch unter dem Titel „Dżuma w mieście Breslau [Die Pest in der Stadt Breslau]“ veröffentlicht worden. Tausk beschrieb in seinem Tagebuch die zunehmende Ausgrenzung und Diskriminierung der jüdischen Breslauer.210 Diese Ausstellungstafel zum „Boykott“ und die beiden folgenden hatten neben den Zitaten keinen einordnenden Text mehr. Im Mittelpunkt der Tafel zu „Emigration“ standen verschiedene Anzeigen der „Jüdischen Winterhilfe“, unter anderem Inserate verschiedener Reisebüros für Schiffspassagen nach Amerika. Die sieben Anzeigen enthielten weder eine Beschriftung noch eine Übersetzung auf Polnisch. Die einzige Beschriftung der Tafel bezog sich auf einen Gesetzesauszug „Seit 1938 bekamen alle Juden in Deutschland zusätzliche Pflicht-Vornamen: die Männer – Israel, die Frauen – Sara“.211 Die Ausstellungstafel „Kristallnacht 9.–10. November 1938“ zeigte die Titelseite der „Schlesischen Tageszeitung“, welche über das „verzweifelte Attentat auf einen deutschen Botschaftsrat durch den polnischen Juden Herszel Grynszpan“ berichtete. Zu den antisemitischen Gewaltaktionen am 9. November verwies eine Fotografie der Neuen Synagoge „einige Monate bevor sie in der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 ausbrannte und abgerissen wurde“. Zu zwei Fotografien geplünderter jüdischer Geschäfte führte die Tafel eine weitere Beschreibung der Plünderungen aus dem Tagebuch von 208 Ausstellungstafel „Antysemityzm“. 209 Ausstellungstafel „Bojkot 1933“. 210 Die Aufzeichnungen von Walter Tausk befinden sich in der Universitätsbibliothek Breslau und wurden zuerst in Polen publiziert: Tausk, Walter: Dżuma w mieście Breslau. Hg. v. Ryszard Kincel. Warszawa 1973. Auf Deutsch: Breslauer Tagebuch 1933–1940. Hg. v. Ryszard Kincel. (Ost-)Berlin 1975 [Frankfurt/Main 1977]. Die Zitate der deutschen Übersetzung stammen aus der Auflage (Ost-)Berlin 41988, 36, 53. 211 Ausstellungstafel „Emigracja“.

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Tausk an und stellte dieses den Rechtfertigungen aus der „Nazipresse“ gegenüber. Als „auf die Ereignisse vom November 1938 folgenden Schritte“ erläutert die Tafel eine „Liste vom Wohnungsentzug betroffener Juden“ und eine „polizeiliche Erlaubnis für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel“.212 Auch hier fehlten Daten und Herkunft der gezeigten Dokumente. Die letzte Ausstellungstafel zur Ermordung der jüdischen Breslauer (zur Shoah) hob sich optisch durch ihren schwarzen Hintergrund und die fehlende Überschrift ab. Die Tafel begann mit einem Zitat des Rabbiners Leo Baeck (1873–1956): „Für uns Juden aus Deutschland ist eine Geschichtsepoche zu Ende gegangen. Eine solche geht zu Ende, wenn immer eine Hoffnung, ein Glaube, eine Zuversicht endgültig zu Grabe getragen werden muß. Unser Glaube war es, daß deutscher und jüdischer Geist auf deutschem Boden sich treffen und durch ihre Vermählung zum Segen werden können. Dies war eine Illusion – die Epoche der Juden in Deutschland ist ein für alle Mal vorbei.“213 Unter dem Zitat zeigte die Tafel einen anonymen Jungen mit einem Judenstern an der Jacke und zwei Fotografien der Erschießung von Juden neben einer mit Leichen gefüllten Grube. Die Beschriftung zu den Fotografien fasste die Ermordung der jüdischen Breslauer zusammen, ohne jedoch genau auf die Fotografien einzugehen: „Der Prozess der Vernichtung der Breslauer Juden begann im Jahre 1941. Im August gab es noch 7.985 Juden. Anfänglich wurden sie in die Lager Tormersdorf in der Lausitz und Theresienstadt in Nordböhmen deportiert. Weitere Deportationen in den Jahren 1941–1943 erfolgten in Richtung Riga, Kaunas und Minsk. Keine der nach Osten deportierten Personen überlebte.“214 Mit diesen drastischen Bildern endete der Ausstellungsrundgang. Die Shoah bildete den Schlusspunkt der Ausstellung und führte den unwiederbringlichen Untergang der großen jüdischen Gemeinde Breslaus vor Augen. Die wenigen Überlebenden der Lager, die jüdischen Zwangsarbeiter in der „Festung Breslau“ oder auch die parallele Existenz einer schrumpfenden deutsch-jüdischen und einer wachsenden polnisch-jüdischen Gemeinde in der unmittelbaren Nachkriegszeit waren nicht Teil dieser Ausstellung. Damit lassen sich drei thematische Schwerpunkte der Erzählung jüdischer Geschichte in Breslau ausmachen. Neben den Institutionen jüdischer Kultur sind das die Biografien von herausragenden Persönlichkeiten zwischen dem späten 19. Jahrhundert und 1945 wie auch die schrittweise Ausgrenzung und Ermordung der jüdischen Breslauer seit 1933. Mit dem Anspruch, Orte jüdischen Lebens hervorzuheben und die Biografien ausgewählter Breslauer vorzustellen, verknüpften sich verschiedene Konsequenzen für die Definition von Stadt- und Sozialgeschichte. Die 212 Ausstellungstafel „Noc kryształowa 9–10 XI 1938“. 213 Das Zitat stammt vermutlich aus Gidal, Nachum T.: Die Juden in Deutschland von der Römerzeit bis zur Weimarer Republik. Gütersloh 1988, 426. 214 Ausstellungstafel ohne Titel. Auch hier griff die Übersetzung 1990 in den Inhalt des Textes ein und schrieb statt „Keine …“. „Nur wenige der nach Osten deportierten Personen überlebten.“ Der Satz „Keine der nach Osten deportierten Personen überlebte“ wurde auch 1994 (dt. Ausgabe 1996) im Begleitbuch zur Ausstellung belassen und erst in der Neuauflage von 2010 (dt. Ausgabe 2011) in „Bei­ nahe keine der Personen, die nach Osten abtransportiert wurden, überlebte“ geändert. Vgl. Łagiewski: Breslauer Juden [1996]; ders.: Breslauer Juden [2011], 234.

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Ausstellung präsentierte vor allem eine Geschichte des jüdischen Bürgertums. Dieser Fokus schloss andere, weitaus größere soziale Schichten aus und vermied auch die Frage, was „jüdisch sein“ in unterschiedlichen Milieus für eine Bedeutung hatte. Wie im folgenden Abschnitt ausgeführt wird, beruhte der Ursprung der Ausstellung und damit ihr thematischer Schwerpunkt auf den Untersuchungen zum alten jüdischen Friedhof in Breslau – jüdisch zu sein verband sich hier vor allem mit dem Ort des Begräbnisses.

5.4.2. Intention, Organisation und Rezeption – Beginn einer neuen Kulturpolitik Der Kurator der Ausstellung, Maciej Łagiewski, wurde bereits 1983 zum Leiter der neuen Abteilung des Architekturmuseums auf dem verwahrlosten jüdischen Friedhof berufen. Mit dem neuen Arbeitsbereich stellte sich für den jungen Verwaltungsjuristen die Herausforderung, die deutsch-jüdische Geschichte Breslaus, insbesondere einzelne Biografien, für die polnische Wissenschaft von Grund auf zu erschließen. Die Erforschung der Breslauer Stadtgeschichte bedeutete für Łagiewski bereits vor seiner Berufung nicht nur ein berufliches, sondern auch ein politisches Unterfangen. Der „wenig bekannten Geschichte“ und den „Geheimnissen“ Breslaus maß der junge Jurist eine große Bedeutung bei. Als Unterstützer der Solidarność-Gewerkschaft verlor Łagiewski 1982 als Folge staatlicher Repressionen seine Stelle als Akademischer Lehrer für Kunstgeschichte an der Breslauer Sportakademie (Akademia Wychowania Fizycznego).215 Jedoch bereits ein Jahr darauf betraute der langjährige Direktor des Architekturmuseums, Prof. Olgierd Czerner, ebenfalls ein Unterstützer der Solidarność-Gewerkschaft und der Untergrundpresse, Łagiewski mit den konservatorischen Arbeiten auf dem alten jüdischen Friedhof. Wie im folgenden Kapitel noch zu zeigen sein wird, hatte Direktor Czerner bereits mit der Übernahme des vom Abriss bedrohten Friedhofsgeländes in die Obhut des Museums eine Abweichung vom parteitreuen Kurs in der Breslauer Kulturpolitik vollzogen. Seine Kollegin und Direktorin des Historischen Museums, Danuta Orłowska, hatte eine Übernahme des Friedhofs noch entschieden abgelehnt.216 Mit Rückendeckung von Direktor Czerner und mit Unterstützung der Mitarbeiter Magdalena Belof und Tadeusz Włodarczak vollendete Maciej Łagiewski innerhalb von sechs Jahren seine Studien zur Erschließung des Friedhofs und die Vorbereitungen zu der großen Breslauer Ausstellung im Frühjahr 1989. Nachdem 1987 die ersten Wiederinstandsetzungsarbeiten auf dem Friedhof abgeschlossen waren, erschloss Łagiewski auch die deutsche Forschung zur Geschichte und zu den Biografien der jüdischen Breslauer während eines Forschungsaufenthaltes in der Bundesrepublik Deutschland. Die Ergebnisse publizierte er 1991 in seiner ausführlichen Fachstudie „Sprechende Grab215 Bubnicki, Rafał: Wrocławscy Żydzi 1850–1944. Przypominanie historii. Z Maciejem Łagiewskim, dyrektorem Muzeum Historycznego we Wrocławiu. In: Rzeczpospolita am 21./22. Mai 1994; Zajonz, Michael: Königsschloss. Die Blume Europas. In: Der Tagesspiegel am 22. August 2009. 216 Szafkowska, Magda: Nekropolia przetrawała do dziś. Początki ratowania cmentarza żydowskiego we Wrocławiu. In: Gazeta Wrocławska am 8./9. Dezember 2001; Adamski: „Olgierd Czerner (1929–)“.

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steine [Macewy mówią]“.217 Die besprochene Ausstellung präsentierte bereits im Frühjahr 1989 viele dieser Forschungsergebnisse erstmals der Öffentlichkeit. Für die große Sammlung der auf den Ausstellungstafeln gezeigten Fotografien dienten als Bezugsquellen neben der Breslauer Universitätsbibliothek das Universitäts- und Staatsarchiv, das Bauarchiv des Breslauer Architekturmuseums sowie die Zentralbibliothek in Köln. Der Aufenthalt in der Bundesrepublik ermöglichte es Łagiewski zudem, Kontakte zu über 20 Nachfahren von ehemaligen jüdischen Breslauern unter anderem in Deutschland, den Vereinigten Staaten, Israel und der Schweiz herzustellen.218 Darunter befanden sich die Enkelin des Pelzfabrikanten Moritz Boden und der Sohn des Schriftstellers Emil Ludwig-Cohn und Enkel des Mediziners Hermann Cohn.219 Durch die Kontakte erhielt Łagiewski zahlreiche Familienerinnerungen, in der Regel Informationen und Fotografien, aber auch Exponate für seine Ausstellung. Entgegen der großen gesellschaftlichen Bedeutung und der breiten öffentlichen Aufmerksamkeit für die Breslauer Ausstellung war es dem Architekturmuseum 1989 nicht möglich, weder einen Katalog noch eine Broschüre zu der Ausstellung zu veröffentlichen. Ein Grund hierfür mag vor allem die wirtschaftliche Krise in der Volksrepublik gewesen sein. Eine Verbreitung fanden die Inhalte der Ausstellung dennoch. Zum einen wurde in den Ausstellungsräumen Łagiewskis Broschüre zum alten jüdischen Friedhof von 1986 verkauft, und gleichzeitig widmete sogar die staatliche Presse der Ausstellung nicht viele, aber ausführliche Besprechungen. Der „Wieczór Wrocławia“ fasste in zwei bebilderten Artikeln die Inhalte der Ausstellung zusammen und hob viele der besprochenen Personen namentlich hervor – mit Abbildung sogar Ferdinand Lassalle und Edith Stein.220 Der zweite Beitrag stellte darüber hinaus Bezüge zum heutigen Stadtraum her, indem er darauf verwies, dass sich im Breslauer Nationalmuseum Zeichnungen von Siegmund Laboschin und „leider […] nur ein Bild“ von Clara Sachs erhalten haben. Auch ging der Artikel auf die heutigen Kaufhäuser „Feniks“ und „Kameleon“ ein, die 217 Łagiewski, Maciej: Macewy mówią. Wrocław 1991 Auf Deutsch: Das Pantheon der Breslauer Juden. Der Friedhof an der Lohestraße in Breslau. Hg. v. Friedrich-Carl Schultze-Rhonhof. Berlin 1999. 218 In der ersten Auflage des Begleitbandes zur Ausstellung von 1994 dankt Łagiewski namentlich 11 Personen für ihre Unterstützung. Diese Liste der Unterstützer erweitert sich in der dritten polnischen Auflage (2010) auf folgende 24 Personen: S. Maria Amata Neyer (Ordo Carmelitarum Discalceatorum) aus Köln (Deutschland), Susanne M. Batzdorff aus Santa Rosa (USA), Liselotte Felisch-Boden aus Traustein (Deutschland), Dagmar Nick aus München (Deutschland), Ilse Dietrich aus München (Deutschland), Roland Müller aus Dresden (Deutschland), G. Fraenkel aus Jerusalem (Israel), Daniel und Joseph Walk aus Jerusalem (Israel), Leopold von Saint-George aus Köln (Deutschland), Alice Hainauer aus London (Großbritannien), Gerhard Spanier aus Swansea (Großbritannien), Peter Spiro aus London (Großbritannien), Björn Spiro aus Kopenhagen (Dänemark), Christel und Eckhard Sturm aus Hofheim/Taunus (Deutschland), Ernst Jokl aus Lexington (USA), Gerhard G. Korn aus Hamden (USA), Gordon Ludwig aus Moscia (Schweiz), Irene Newhause aus Ausburn (USA), Rudolf Petersdorf aus Ojai (USA), Sigurd Schottlaender aus Basel (Schweiz), Hans Schottländer aus München (Deutschland), Albert und Nancy Strauss aus Chapel Hill (USA), Stephen T. Falk aus Wayne (USA), Günter Böhm aus Santiago (Chile). 219 Bereits im März 1989 namentlich erwähnt bei Wieczorek: Wrocławscy Żydzi. 220 Wrocławscy Żydzi w latach 1850–1945 [am 14. März 1989]; Wieczorek: Wrocławscy Żydzi.

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einst wie „viele der repräsentativen Gebäude Breslaus wohlhabenden jüdischen Familien gehörten“. „Breslau wurde einst die letzte Stadt des Westens und die erste Bastion des Ostens genannt“221 – erläuterte der „Wieczór Wrocławia“ die verschiedenen kulturellen Einflüsse auf die Stadtentwicklung. Insgesamt bilanzierte der Beitrag, dass sich die „Ausstellung […] ungeheuchelter Beliebtheit erfreut“ habe und die „Besucher gerne das Handbuch zum ‚Alten Jüdischen Friedhof in Breslau‘ kaufen, sich [allerdings] fragen, wann es [denn] möglich sein wird, die Nekropole an der Ulica Ślężna besuchen zu können“.222 Diese kritische Nachfrage bezog sich vermutlich auf die bis Mitte April dauernde jährliche Winter-Schließung des Friedhofs. Das Gelände war bereits seit 1988 für das Publikum geöffnet. Parallel zur Ausstellung im März 1989 war eine Besichtigung aufgrund der Winterpause jedoch nicht möglich gewesen. Eine weitere längere Besprechung der Ausstellung erschien erst im Juni 1989 – zwei Monate nach dem Ende der Ausstellung. Dieser Artikel in der katholisch-oppositionellen Zeitschrift „Nowy Życie“ nahm die Würdigung der Ausstellung auch zum Anlass für längere Ausführungen zur Wiederherstellung des alten jüdischen Friedhofs und zu einer Abrechnung mit der bisherigen Kulturpolitik der Ausradierung deutscher und jüdischer Spuren. Das Ergebnis der Ausstellung bezeichnete die Autorin als eine „Revolution“, „weil außer dem Erkenntnisgewinn auch diskret die Absurdität der Vorstellungen von einer ethnischen Homogenität der Breslauer Gesellschaft durchschien“.223 Die Ausstellung hatte mit dem volksrepublikanischen Mythos einer homogenen Gesellschaft gebrochen, auch wenn sie das nur in historischer Dimension tat – die polnisch-jüdische Gemeinde nach 1945 fehlte weiterhin. Auch die Funktion und Vorzüge einer Ausstellung als Medium gegenüber einem Handbuch wurden hervorgehoben und dabei besonders auf ein symbolträchtiges Ausstellungsobjekt Bezug genommen: Das Handbuch „vermittelt eines jedoch nicht, weil es das gar nicht kann – das, was flüchtig ist und im Kontakt zwischen Besucher und Objekt entsteht – es überträgt nicht diesen elektrischen Funken, in welchem sich plötzlich eine verschwundene Vergangenheit offenbart, hervortretend aus dem verstümmelten Rahmen und zerknitterten goldenen Satin des Aron-Hakodesch, einem Altar-Gewand, das noch vor zwanzig

221 Wieczorek: Wrocławscy Żydzi, poln. Original: „Wiele z reprezentacyjnych budynków Wrocławia należało właśnie do zamożnych żydowskich rodzin. […] Dzięki fundacji Juliusa Schottlaendera, właściciela dóbr ziemskich, powstał park Południowy. […] Wrocław nazywany był niegdyś ostatnim miastem Zachodu i pierwszym bastionem Wschodu.“ 222 Wieczorek: Wrocławscy Żydzi, poln. Original: „wystawa […] cieszy się niekłamaną popularnością. Zwiedzający chętnie kupują przewodniki po ‘Starym Cmentarzu Żydowskim we Wrocławiu’ i dopytują się kiedy będzie można zwiedzać tę nekropolię przy ul. Ślężnej.“ 223 Roszkowska: Żydzi wrocławscy, 14, poln. Original: „Wystawa okazała się rewelacją, m. in. także dlatego, że poza wartościami poznawczymi ukazał dyskretnie absurdalność rozumowania o etnicznej jednolitości społeczeństwa wrocławskiego.“ Die katholische Zeitschrift „Nowy Życie“ galt als oppositionell und war von sichtbaren Streichungen durch die Zensur betroffen, so in der März-Ausgabe, als sie über einen Besuch Lech Wałęsas in Breslau berichtete.

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Jahren Zeuge eines Mysteriums, eines Ritus gewesen war“.224 Es handelte sich um den bereits genannten Aron-Hakodesch (Thoraschrein) aus der zur Ruine verfallenen Breslauer Synagoge „Zum Weißen Storch“. Diese war bereits 1966 wegen ihres schlechten Bauzustands geschlossen worden. Der Kurator Maciej Łagiewski hatte die erhaltenen Teile des Thoraschreins aus dem verfallenen Gebäude für seine Ausstellung gerettet. Dieses Exponat wurde nicht nur zu einem eindrucksvollen dreidimensionalen Beleg für einstiges jüdisches Leben in Breslau, sondern klagte indirekt auch den rücksichtslosen Umgang der städtischen Behörden mit dem jüdischen Kulturerbe an. Die gegenwärtige jüdische Gemeinde Breslaus war dagegen nicht Teil dieser Ausstellung, doch die Leihgabe ihrer Sammlung jüdischer Ritualgegenstände und die Präsentation der bruchstückhaften Reste des Aron-Hakodesch aus der ehemaligen Synagoge trugen zur Thematisierung heutiger jüdischer Kultur in Breslau bei. Am 14. April 1989 schloss die Ausstellung im Architekturmuseum, ihr weiteres Schicksal war zu diesem Zeitpunkt ungewiss. Der „Wieczór Wrocławia“ spekulierte bereits im März 1989,225 dass die Ausstellung in West-Berlin gezeigt werden würde, was allerdings nicht verwirklicht werden konnte. Erst diese Möglichkeit, die Ausstellung erneut zeigen zu können, an neuen Orten und in einem neuen politischen Kontext, hat maßgeblich zu ihrem großen Erfolg und ihrer weitreichenden Bekanntheit beigetragen. Zwischen 1990 und 1996 konnten die Schautafeln ohne die begleitenden Originalobjekte als Wanderausstellung über zehnmal in Deutschland und zweimal in Polen gezeigt werden.

5.4.3. Die lange Nachgeschichte der Ausstellung – Der Skandal von Mainz und die große Neuauflage jüdischer Geschichte in Breslau Die Schautafeln der Breslauer Ausstellung wurden in Deutschland mit ihrer polnischen Beschriftung gezeigt und daneben Schilder mit deutschen Übersetzungen angebracht – auch ein Katalog wurde auf Deutsch herausgegeben.226 Als Partner für die 224 Roszkowska: Żydzi wrocławscy, 14, poln. Original: „Nie przekaże jednak, bo to niewykonalne z natury rzeczy, tego, co ulotne I co powstaje w kontakcie zwiedzającego z przedmiotem, nie przekaże tej elektrycznej iskry, w której objawia się z naglą umarła przeszłość emanująca z okaleczonej ramy i pomiętego złotawego atłasu Aron-hakodesz, szaty ołtarzowej, jeszcze przed dwudziestu laty świadka misterium, rytu.“ 225 Wrocławscy Żydzi w latach 1850–1945 [am 14. März 1989]. 226 Łagiewski: Breslauer Juden [1990]. Im Katalog wurden alle 64 Ausstellungstafeln abgebildet und ihre Texte ins Deutsche übersetzt. Bei der Übersetzung wurde allerdings mehrmals in die Inhalte eingegriffen. So wurde der Satz der Tafel „Cmentarze [Friedhöfe]“: „Das älteste jüdische Grabdenkmal in Polen“ in „Das älteste jüdische Grabdenkmal in Schlesien“ geändert. Josef Joachim Menzel bezeichnete im Vorwort diese Änderungen als „sprachliche Glättung und […] gelegentliche Bereinigung von sachlichen Missverständnissen“. Vgl. auch die Anmerkungen in den vorausgegangenen Fußnoten. Łagiewski erhielt vor Druck des Kataloges keinen Einblick in die Übersetzungen. Vgl. Scheffczyk, Thomas: Schwerpunkt: Ostforschung. „… unter polnischer Verwaltung, von Rußland geduldet.“ In: Mainzer Unipress. Mainzer StudentInnenzeitung 265 (1990) 270–271. Peter Wörster merkt in se-

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Abbildung 18: Die Ausstellung „Breslauer Juden 1850–1944“ wurde 1994 erneut gezeigt. Im großen Saal des Zeughauses ergänzten Ritualgegenstände aus der Breslauer Gemeindesammlung die Ausstellungstafeln von 1989. Im Mittelpunkt standen zwei große Chanukka-Leuchter, die sich bis 1938 in der Neuen Synagoge Breslau befunden hatten.

Abbildung 19: Die Bruchstücke des Aron-Hakodesch (Thoraschrein) aus der verfallenen Synagoge „Zum Weißen Storch“ begleiteten sowohl 1989 als auch 1994 die 64 Tafeln der Ausstellung. In der Mitte des Schreins hingen zwei Breslauer Thoraschilder aus den Sammlungen des Jüdischen Historischen Instituts in Warschau.

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Abbildung 20: Der Abschluss der Ausstellung befand sich 1994 in einem Gewölbegang des Zeughauses, an dessen Ende unter einem zerbrochenen Schild aus der Synagoge „Zum Weißen Storch“ die Ausstellungstafeln zur Deportation und Ermordung der jüdischen Breslauer angeordnet waren.

­ räsentationen in Mainz, Wiesbaden und Stuttgart konnte Maciej Łagiewski die KonP rad-Adenauer-Stiftung, die Historische Kommission für Schlesien und das LudwigPetry-Institut für ostdeutsche Landes- und Volksforschung gewinnen. Die örtliche Vorbereitung, Übersetzung und Betreuung der Ausstellung leitete der Mainzer Universitätsprofessor Josef Joachim Menzel, zugleich Leiter des außeruniversitären LudwigPetry-Instituts. Mit der Eröffnung der Ausstellung am 13. Dezember 1990 im Mainzer Rathaus verband sich jedoch ein äußerst kontroverser Vorgang: Die Ausstellung war ohne Zustimmung Łagiewskis um eine abschließende Tafel mit dem Titel „Nach der Kapitulation 1945“ erweitert worden. Der Inhalt der Tafel stammte aus der „Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa“ von Theodor Schieder.227 Es war ein „Quellenzitat zum Schicksal der wenigen überlebenden jüdischen Breslauer nach der Kapitulation der Stadt 1945“,228 das die Aussiedlung deutscher Juden aus dem polnischen Breslau im November 1945 beschrieb. Als eine „ungeheuerliche Relativierung des von Deutschen an Juden begangenen Völkermordes“ bezeichnete ein Vertreter vom Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) der Universität Mainz die nachträgliche iner Rezension zum Ausstellungskatalog weder die sprachlichen Eingriffe noch die problematische Erweiterung der Ausstellung an: Wörster, Peter: Breslauer Juden 1850–1945. Katalog zur Ausstellung. 1990. In: Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung 45/2 (1996) 270–271. 227 Schieder, Theodor: Die Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus den Gebieten östlich der ­Oder-Neisse, Bd. 1/2. [Bonn 1954]. 228 Menzel, Josef Joachim: Vorwort. In: Łagiewski: Breslauer Juden [1990], 9–10, hier 9.

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Ergänzung der Ausstellung.229 Offensichtlich handelte es sich um einen Eingriff in die Dramaturgie der Ausstellung, da ihre Erzählung jetzt nicht mehr mit der letzten Deportation und Ermordung der jüdischen Breslauer im Jahr 1944, sondern nun mit der Vertreibung und Aussiedlung der Deutschen aus Breslau in der Nachkriegszeit endete. Bei der Eröffnung der Ausstellung durch den Mainzer Oberbürgermeister Herman-Hartmut Weyel und den Mainzer Kulturdezernenten Anton Maria Keim distanzierte sich Keim von der Ergänzung. Er habe erst aus der Zeitung davon erfahren: „Die Einzigartigkeit der deutschen Verbrechen kann und darf nicht relativiert werden.“230 Łagiewski, als Autor der Ausstellung, wurde bei der Übersetzung und Drucklegung des Kataloges „vor vollendete Tatsachen“ gestellt.231 Nach eigenem Bekunden habe er im Vorfeld der Mainzer Ausstellung weder etwas von der „Tradition der Ostforschung“ am LudwigPetry-Institut noch von den Vorwürfen gegen Institutsleiter Menzel, wiederholt Holocaust und Vertreibung gleichzusetzen, gewusst.232 Vier Tage nach der Eröffnung war die umstrittene Tafel ohne Billigung Menzels „von Unbekannten abgehängt“ worden,233 die Ausstellung war noch bis zum 13. Januar 1991 zu sehen. Der Eingriff überschattete die Berichte über die Premiere der Ausstellung in Deutschland, trug ihr aber sogleich auch große Aufmerksamkeit und viele lobende Stimmen ein: Durch die Ausstellung „wird das blühende Leben von einst wieder lebendig. In mühevoller Kleinarbeit sammelten Maciej Lagiewski und seine Mitarbeiter des Breslauer Architektur-Museums Dokumente und Fotos über das jüdische Leben in der Oderstadt zwischen 1850 und 1945“, stellte die „Mainzer Zeitung“ das Verdienst des Breslauer Kurators heraus.234 Weitere Stationen der Ausstellung in Deutschland waren das Rathaus von Wiesbaden (18. Januar bis 24. Februar 1991), die Universitätsbibliothek Stuttgart (11. März bis 12. April 1991),235 Hannover, Münster, das Jüdische Kulturmuseum in Augsburg (26. September bis 30. Oktober 1991), Würzburg, die Universitätsbibliothek Marburg an der Lahn (eröffnet am 12. März 1992), Oldenburg und als einzige ostdeutsche Stadt Görlitz. Im Jüdischen Kulturmuseum Augsburg-Schwabing bildete die Ausstellung sogleich die Eröffnungsschau des an die Synagoge angeschlossenen Kulturmuseums. Die „Süddeutsche Zeitung“ stellte sie anlässlich der Eröffnung gleichsam in einen neuen 229 Scheffczyk: Schwerpunkt Ostforschung. 230 Eisenhuth, Peter H: Mainzer Uni-Professor sorgt für Wirbel. Menzel ergänzte eigenmächtig polnische Ausstellung über Juden in Breslau. In: Mainzer Rhein-Zeitung/Mainz-Aktuell am 14. Dezember 1990. 231 Ebd. 232 Scheffczyk: Schwerpunkt Ostforschung. 233 Slotwinski, Thomas K: Leid auch nach dem Krieg. Breslauer Juden-Ausstellung. Kompromiß für den Kompromiß? In: Mainzer Rhein-Zeitung am 18. Dezember 1990. 234 Anlässlich der Eröffnung in Stuttgart betonte Norbert Conrads vermutlich in Bezug auf die Eingriffe in Mainz: „Der von den Deutschen beschlossene und ins Werk gesetzte jüdische Holocaust geschah eine knappe Zeitspanne vor der deutschen Katastrophe von 1945, und ich meine, diese Aufeinanderfolge von zweierlei Untergang ist in ihren Ursachen und negativen Qualitäten jeweils so verschieden, daß sich ein Vergleich, geschweige denn eine Aufrechnung beider verbieten.“ Conrads, Norbert: Breslauer Juden. In: ders. (Hg.): Zehn Jahre Forschungen zur schlesischen Geschichte am Historischen Institut der Universität Stuttgart. Stuttgart 1995, 112–117, hier 117. 235 Neumann, Conny: Vermittler zwischen West und Ost. „Jüdisches Schlesien“. Eine Ausstellung in Augs­burg. In: Süddeutsche Zeitung am 28./29. September 1991.

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Kontext: „Die deutsche Vergangenheitsbewältigung, von Peinlichkeiten und Überreaktionen begleitet, ist eine mühsame Sache. Selbstbewußt geben hingegen die jüdischen Gemeinden Hilfestellung, reichen versöhnend die Hand, nicht ohne den Weg zu weisen auf die vielen Dokumente dessen, was man ihnen angetan hat. Im Jüdischen Kulturmuseum Augsburg steht während der nächsten Wochen ein solcher Wegweiser: ‚Jüdisches Schlesien – Breslauer Juden 1850–1945‘.“236 Hieran zeigte sich der besondere Erfolg der Ausstellung. Sie wurde als ein Wegweiser zu dem jüdischen Kulturerbe in Deutschland begriffen. Diese Rezeption macht deutlich, dass Łagiewski mit seinem Ausstellungsprojekt in Deutschland nicht nur verschiedene, teils gegensätzliche Gruppen ansprechen, sondern auch Unterstützer für sein Projekt gewinnen konnte. Zur Eröffnung der Augsburger Ausstellung sprachen neben einem Vertreter der jüdischen Gemeinde auch der Arbeitsminister des Freistaates Bayern, der Kulturattaché der Polnischen Botschaft, der Mainzer Institutsleiter Menzel und Kurator Łagiewski.237 Die „Augsburger Zeitung“ resümierte zu der Veranstaltung: Hier wurde „deutsch-jüdische Vergangenheit […] als Gegenstand kultureller Verständigung in deutsch-polnischer Gegenwart betrachtet.“238 Neben dem deutschen Publikum zählten die ehemaligen jüdischen Breslauer und ihre Nachfahren zu Łagiewskis Interessentenkreis. Viele ehemalige Breslauer reisten eigens zu den Ausstellungseröffnungen an. Der „Verband ehemaliger Breslauer und Schlesier in Israel e. V.“ erörterte im Dezember 1991 sogar eine Präsentation der Ausstellung in Israel. Diese bedeutende Station der Wanderausstellung konnte aus unbekannten Gründen jedoch nicht verwirklicht werden. Aus dem 1958 gegründeten Verband mit Mitgliedern auf allen Kontinenten erhielt Łagiewski seit 1989 Zuspruch für seine konservatorische Leistung auf dem jüdischen Friedhof. Seine Ausstellung fand in der deutschsprachigen Verbandszeitschrift, wie auch in anderen

236 Zur Eröffnung der Ausstellung am 26. September 1991 sprachen Julius Spokojny (Vorsitzender des Stiftungsrates des Jüdischen Kulturmuseums Augsburg/Schwaben), Gebhard Glück (Bayerischer Staatsminister für Arbeit, Familie und Sozialordnung), Nawojka Cieslinska (Kulturattaché der Republik Polen in der Bundesrepublik Deutschland), Josef Joachim Menzel (Universität Mainz und Ludwig-­ Petry-Institut) und Maciej Łagiewski (Architekturmuseums Breslau). Die Redebeiträge wurden 1993 in einer Schriftenreihe des Hauses des Deutschen Ostens in München veröffentlicht. Vgl. Kühnel, Heinz (Hg.): Juden in Breslau 1850–1945. Beiträge zu einer Ausstellung. München 1993. 237 Ki: Das jüdische Schlesien im Blick. Ausstellung im Kulturmuseum wurde politisch gewürdigt. In: Augsburger Zeitung am 28. September 1991. 238 In der Ausgabe von 1992 wurde kurz über die Erörterung einer Ausstellungspräsentation in Israel auf der Mitgliederversammlung am 23. Dezember 1991 berichtet und eine Rezension der Ausstellung von Willi Müller abgedruckt. Vgl. D. R.: Generalversammlung des Vereins Ehemaliger Breslauer. In: Mitteilungen des Verbandes 56 (1992) 18; Müller, Willi: Berühmte Köpfe, die Geschichte machten. Wiesbaden zeigt Ausstellung über „Breslauer Juden 1850–1945“. In: Mitteilungen des Verbandes 56 (1992) 22. Zuerst in: Allgemeine Wochenzeitung der Juden in Deutschland am 14. März 1991. 1997 wurde das Begleitbuch zur Ausstellung besprochen und 2001 ein Interview mit Maciej Łagiewski abgedruckt. Vgl. Hauschner, M. E.: Geschichte der Breslauer Juden von 1850–1944. In: Mitteilungen des Verbandes 62 (1997) 2; [John, Koch]: Eine Konvergenz der Kulturen und Völker. Ein Gespräch mit dem Historiker Maciej Lagiewski. In: Mitteilungen des Verbandes 70 (2001) 6. Zuerst in: Aufbau am 29. Juni 2000.

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deutschen Publikationen, jedoch erst mit der Ausstellungspräsentation in Deutschland nach 1990 Beachtung.239 Viele bisher unbekannte Fotografien und Originalobjekte, die Łagiewski durch Kontakte bei den Ausstellungspräsentationen erhalten hatte, wie auch das große Besucherinteresse in Deutschland veranlassten den Kurator, seine Ausstellung zwischen April und Juni 1994 erneut in Breslau zu zeigen. Seit 1991 die Funktion des Direktors des Historischen Museums bekleidend, konnte er für die Ausstellung zwei große Säle im Nord- und Ostflügel des alten Zeughauses nutzen und die Schautafeln durch einen im Vergleich zu 1989 größeren Bestand an Originalrelikten rahmen. Der neue Titel der Ausstellung lautete „Breslauer Juden, 1850–1944“. Das Jahr 1944 wurde als Schlusspunkt betont, da 1994 genau vor 50 Jahren die letzte Deportation von Juden aus Breslau in die Vernichtungslager stattgefunden hatte. Finanzielle Unterstützung wurde dem Ausstellungsprojekt durch die Breslauer Filiale der staatlichen PKO -Bank zuteil, die ihren Sitz im Gebäude der ehemaligen HeimannBank am Breslauer Ring hatte. Für die Publikation der Ausstellungsinhalte in einem großformatigen und reich bebilderten Begleitband konnte Łagiewski die Münchener Schriftstellerin Dagmar Nick als Finanzier gewinnen. Nick war in Breslau geboren und befasste sich in verschiedenen Gedichten wiederholt mit der Stadt ihrer Kindheit.240 Im nunmehr demokratischen Polen entfaltete die Ausstellung eine neue Wirkung. Die Reste des Thoraschreins aus der verfallen Synagoge waren erneut mahnendes Symbol der Ausstellung. Anlässlich der Eröffnung am 19. April 1994, zu der neben Dagmar Nick auch Sigurd Schottlaender aus Basel als Ehrengast anreiste, sagte der Vizepräsident der Stadt Breslau, Krzysztof Turkowski, den Plänen der Breslauer Jüdischen Gemeinde, die Besitzrechte an der Synagoge zurückzuerlangen und das Gebäude wiederaufzubauen, „die Hilfe der Stadt bei diesem Vorhaben“ zu. Auch der deutsche Generalkonsul Bruno Weber bekundete seinen Willen zur Unterstützung.241 Die offizielle Rückgabe des zur Ruine verfallenen Gebäudes an die Jüdische Gemeinde Breslau erfolgte dann 1996. Damit konnte die Ausstellung zu einem Neuanfang der Breslauer Kulturpolitik gegenüber der jüdischen Gemeinde beitragen. 1994 bildeten die Ritualgegenstände aus der Gemeindesammlung den visuellen Mittelpunkt der Ausstellung. Im großen Saal des Zeughauses standen zwischen den 239 Dagmar Nick publizierte in den 1980er und 1990er Jahren in der Zeitschrift „Schlesien. Kunst, Wissenschaft, Volkskunde“ verschiedene Gedichte. 1998 erschien ihr familienbiografisches Buch: Nick, Dagmar: Jüdisches Wirken in Breslau. Eingeholte Erinnerung. Der Alte Asch und die Bauers. Würzburg 1998. 240 Iza: Żydzi wrocławscy. In: Gazeta Robotnicza am 20. April 1994, poln. Original: „Wiceprezydent Wrocławia Krzysztof Turkowski obecny na otwarciu obiecał pomoc miasta w tym zamierzeniu. W podobnym duchu wypowiadaj się konsul Weber.“ 241Maciejewska, Beata: Klucz do zniszczonego świata. Wystawa „Wrocławscy Żydzi 1850–1944“. In: Gazeta Dolnośląska/Gazeta Wyborcza Wrocław am 3. Juni 1994, poln. Original: „To część historii tego miasta, a więc także naszej historii. Należałoby jeszcze dodać, że powinien ją koniecznie obejrzeć każdy mieszkaniec Wrocławia. […] Wybitni mężowie stanu i społecznicy, wielcy finansiści i uczeni, artyści i żołnierze, rzemieślnicy i robotnicy chodzili niegdyś tymi samymi ulicami, po których my chodzimy, mieszkali w tych samych domach … Pozostały po nich macewy na cmentarzu przy ul. Ślężnej.“

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Holzbalken in der Raummitte zwei große silberne Chanukka-Leuchter, welche sich bis 1938 in der Neuen Synagoge befunden hatten. Hierneben versammelten zwei Vitrinen über 20 Thorakronen und Rimonim-Aufstecker, Thoramäntel und Thorazeiger. In der Mitte des bruchstückhaften Breslauer Thoraschreins hingen die bereits besprochenen Thoraschilder aus der Sammlung des Warschauer Jüdischen Historischen Instituts. An der gleichen Wand standen vier Vitrinen mit Gebetsbüchern aus den Beständen des Jüdisch-Theologischen Seminars und Schriften jüdischer Autoren, darüber hingen Portraits und Stadtansichten aus den Sammlungen des Nationalmuseums und des Historischen Museums. Am Ende des Raums hing ein großer Stadtplan Breslaus um 1900 neben einem Chanukka-Leuchter mit polnischem Adler, welcher aus der litauischen Synagoge stammte. In dieser neuen Inszenierung blieben die thematischen Schwerpunkte der Ausstellung bestehen, jedoch erweiterte Łagiewski die Schau um mindestens fünf Tafeln. Beispielsweise wurde die Tafel zum Chemiker Fitz Haber um eine Tafel zu seiner Ehefrau Clara Haber-Immerwahr (1870–1915) ergänzt, die als erste Frau einen Doktortitel für Chemie an der Breslauer Universität erwarb. Der zweite Ausstellungsraum befand sich in einem Gewölbegang, an dessen Ende unter der zerbrochenen Gebotstafel aus der Synagoge „Zum Weißen Storch“ die Ausstellungstafeln zur „Kristallnacht“ und inhaltlich erweitert zwei Tafeln zur Vernichtung der jüdischen Breslauer mit dem Titel „Deportation und Vernichtung“ hingen. Die ergänzte Tafel zeigte eine Auflistung der „Deportationen jüdischer Bevölkerung“ vom 25. November 1941 bis zur letzten Deportation am 8. November 1944. Daneben zeigten vier Fotografien die Erschießung nackter Frauen: „Hinrichtung jüdischer Frauen am 15. Dezember 1941 in Liepaja (Lettland)“. In einer Neuauflage des Kataloges wurde zu den Bildern auch die Quelle benannt, es handelte sich um eine „Photoserie von SSMann Carl Sturm“. Im Gegensatz zur Ausstellungsversion von 1989 wurden 1994 alle Fotografien beschriftet, jedoch verblieben bei den drastischen Mordszenen auf beiden Tafeln als Motive anonyme, bloßgestellte Opfer. Bei den schockierenden Bildern von der Ermordung von Juden war es nicht eindeutig, ob diese aus Breslau stammten. Die Neuauflage der Ausstellung fand einen noch deutlicheren Widerhall in der regionalen und überregionalen Presse: Die bekannte Kulturjournalistin Beata Maciejewska bezeichnete die Ausstellung in der „Gazeta Dolnośląska“, einer Regionalausgabe der „Gazeta Wyborcza“, als „Schlüssel zu einer verlorenen Welt“ und resümierte: „Das ist ein Teil der Geschichte dieser Stadt, also auch unserer Geschichte. Es bleibt hinzuzufügen, dass sie unbedingt jeder Einwohner Breslaus sehen sollte. […] Hervorragende Persönlichkeiten aus Politik und dem öffentlichen Leben, große Finanziers und Gelehrte, Künstler und Soldaten, Handwerker und Arbeiter gingen einst über die gleichen Straßen, über die wir gehen, wohnten in den gleichen Häusern … geblieben sind von ihnen die Grabsteine auf dem Friedhof an der Ulica Ślężna.“242 Die konservative 242 Bubnicki, Rafał: Wrocławscy Żydzi 1850–1944. Przypomniany rozdział historii. In: Rzeczpospolita am 21. April 1994, poln. Original: „W tym czasie powstał silny liczebnie liberalny odłam wyznaniowy, który skupił Żydów opowiadających się za ideami Haskali, czyli żydowskiego Oświecenia, propagującego asymilację ludności żydowskiej w krajach osiedlenia.“

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Zeitung „Rzeczpospolita“ berichtete gleich zweimal über die Breslauer Ausstellung. Im April verfasste Rafał Bubnicki einen längeren Artikel zu den jüdischen Breslauern, einem „vergessenen Kapitel der Geschichte“, in welchem er beginnend mit der letzten Deportation 1944 die Inhalte der Ausstellung zusammenfasste und auf verschiedene in Breslau erhaltene Bauwerke verwies. Als zeitlichen Beginn der Ausstellung erläuterte er das Jahr 1850 als Entstehungszeit der „zahlenmäßig starken liberalen Gemeinde, welche von der Idee der Haskala inspirierte Juden versammelte, der jüdischen Aufklärung, welche eine Assimilation der jüdischen Bevölkerung im Siedlungsland propagierte“.243 Auch in einem ganzseitig abgedruckten Interview Rafał Bubnickis mit Maciej Łagiewski Ende Mai 1994 betonte der Museumsdirektor den hohen Grad der Assimilation der jüdischen Breslauer: „Als Folge der Assimilation in den ersten Dekaden des 20. Jahrhunderts unterschieden sich Juden nicht von anderen Bürgern des deutschen Staates. Ich hätte die Ausstellung im Zeughaus auch ‚Breslauer Bürger‘ nennen können und nur wenige Besucher hätten nach einer Weile gemerkt, dass sie von Juden handelt. Die Machtübernahme Hitlers beschränkte schrittweise die Bürgerrechte der Juden, und der Holocaust bedeutete schließlich einen riesigen Schock für diese Gesellschaft.“244 In dieser Aussage aus dem Interview wird ein Hauptmotiv der Ausstellung deutlich. Mit der Hervorhebung verschiedener berühmter jüdischer Breslauer sollte dem Publikum zugleich vermittelt werden, dass es sich in der Mehrheit um hochgradig akkulturierte, teil assimilierte Juden – Łagiewski unterschied hierzwischen nicht – handelte: „Ähnlich wie andere dortige [deutsche] Gemeinden unterschieden sie sich deutlich von jüdischen Gruppen in den osteuropäischen Ländern, wo Juden nie so stark assimiliert waren.“245 Mit dem unbekannten Aspekt der Stadtgeschichte wurde zugleich für viele auch ein unbekanntes Bild jüdischen Lebens transportiert. Während es sich bei einem Großteil der jüdischen Bevölkerung in der Zweiten Polnischen Republik um orthodoxe, jiddischsprachige Juden handelte, dominierten in der Breslauer Gesellschaft akkulturierte Juden. Auf diesen Unterschied wiesen nahezu sämtliche Interviews und Ausstellungsbesprechungen hin. Dennoch schienen in der Rezeption vereinzelt Missverständnisse aufzukommen. Noch 1989 bezeichnet Wanda Roszkowska die von vielen Juden bewohnten Breslauer Straßen in der südwestlichen Altstadt mehrfach als „Ghetto“, was aus einer unglücklichen Interpretation des Tafeltitels „Jüdisches Wohnviertel“ resultieren könnte. Tatsächlich hat es in Breslau seit der „Judengasse“ im Mittelalter kein geschlossenes jüdisches Viertel mehr gegeben. Unweigerlich bewegte sich die Ausstellung in dem Zwiespalt, jüdische Stadtgeschichte herauszustellen, ohne ein Bild einer separierten jüdi243 Bubnicki: Wrocławscy Żydzi [am 21./22. Mai 1994], poln. Original: „Na skutek asymilacji w pierwszych dekadach XX wieku Żydzi nie odróżniali się zupełnie od innych obywateli państwa niemieckiego. Wystawę w Arsenale mógłbym zatytułować ‘Obywatele Wrocławia’ i tylko nieliczni jej odbiorcy dostrzegliby po dłuższej chwili, że dotyczy ona Żydów. Dojście Hitlera do władzy, stopniowe ograniczanie praw obywateli żydowskich, a wreszcie holocaust, stały się olbrzymim szokiem dla tej społeczności.“ 244 Bubnicki: Wrocławscy Żydzi [am 21./22. Mai 1994], poln. Original: „Podobnie jak inne tamtejsze gminy zdecydowanie różniła się od skupisk żydowskich w krajach wschodnioeuropejskich, gdzie Żydzi nie byli tak silnie zasymilowani.“ 245 Ausstellungstafel „Zagłada narodu żydowskiego“; Wieczorek: Wrocławscy Żydzi.

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schen Bevölkerungsgruppe erzeugen zu wollen. Gleiches gilt auch für die Hervorhebung besonders berühmter und wohlhabender jüdischer Breslauer als Beispiele für die Kraft der Breslauer Gemeinde, ohne jedoch den Eindruck zu erwecken, alle jüdischen Breslauer seien wohlhabend und einflussreich gewesen. Dem letzten Aspekt begegneten die begleitenden Zeitungsartikel allerdings weniger entschieden. Sowohl 1989 als auch 1994 endete die Ausstellung in ihrer Erzählung bei der Deportation der letzten Juden aus Breslau 1944. Die Frage, was mit den überlebenden jüdischen Breslauern nach 1945 geschah, war nicht Teil dieser Ausstellung. Nachdem im Ausstellungstext und auch in Ausstellungsbesprechungen 1989 fälschlicherweise notiert worden war, dass kein Jude aus Breslau die Deportation überlebt hätte,246 korrigierte Maciej Łagiewski dieses Bild 1994 im Interview: „Es gab vereinzelte Fälle von Rückkehrern. Eine solche Schilderung gibt es von Judith Sternberg, die aus Auschwitz nach Groß-Rosen evakuiert wurde und von dort nach dem Einmarsch der Russen nach Breslau zurückkehrte. Es war eine tragische Rückkehr in eine ausgestorbene Stadt, welche damals ein Ruinenmeer war. Die Juden, die überlebt hatten, dachten nicht an eine Rückkehr in die Stadt. Der Großteil emigrierte und verließ dabei oftmals Europa.“247 Zur angespannten Situation zwischen deutschen und polnischen Juden in der unmittelbaren Nachkriegszeit machte die Ausstellung keine Angaben. Zu diesem Aspekt erschienen auch erst in jüngster Zeit mehrere Studien.248 Im größeren Kontext betrachtet zeigt sich, dass Łagiewski mit der Präsentation von 1989 den Auftakt zu einer Ausstellungsserie über bisher unbekannte Aspekte der Breslauer Stadtgeschichte legte. Mit dem Historischen Museum Breslau, zu dessen Direktor er 1991 berufen wurde, konnte er dieses Vorhaben umsetzen. 1994 rückte er im Interview mit der Zeitung „Rzeczpospolita“ seine Ausstellung zu den jüdischen Breslauern in einen Gesamtzusammenhang mit anderen Ausstellungen zu Stadtansichten der Jahrhundertwende, zu deutsch-jüdischen Breslauerinnen, der Geschichte des Stadtwappens und zu Städten im ehemaligen Ostpolen: „Die Ausstellung zu den letzten hundert Jahren der Geschichte der jüdischen Gemeinde im deutschen Breslau gehört zu einer Ausstellungsserie über die Geschichte Schlesiens und Breslaus, die im Verlauf der vergangenen vier 246 Bubnicki: Wrocławscy Żydzi [am 21./22. Mai 1994], poln. Original:„Były pojedyncze wypadki takich powrotów. Jest taki opis Judith Sternberg, która z Oświęcimia została ewakuowana do G ­ ross-Rosen (Rogoźnica koło Strzegomia), a stamtąd po wkroczeniu Rosjan wróciła do Wrocławia. Był to tragiczny powrót do wymarłego miasta, które było wtedy morzem ruin. Ocaleni Żydzi nie myśleli o powrocie do miasta. Najczęściej emigrowali, często opuszczając Europę.“ 247 Das Zusammenleben der deutsch-jüdischen und der polnisch-jüdischen Gemeinde führte 1945–1948 zu verschiedenen Konflikten. Vgl. Hirsch: Gehen, 40–45, 75–79; Friedla: Juden, 347–360. 248 Bubnicki: Wrocławscy Żydzi [am 21./22. Mai 1994], poln. Original: „Wystawa poświęcona ostatnim stu latom historii gminy żydowskiej w niemieckim Wrocławiu jest jedną z serii wystaw dotyczących dziejów Śląska i Wrocławia, które w ciągu ostatnich czterech lat odbyły się w Ratuszu i Arsenale […]. Bez ideologii, przemilczeń i przekłamań, tak charakterystycznych w prezentowaniu historii Śląska przed rokiem 1989, wystawy te przypomniały nie znane szerokim kręgom odbiorców karty z dziejów Śląska i Wrocławia. […] Mam nadzieję, że w ten sposób oddziałuje też na tworzenie się zbiorowej świadomości i tradycji wspólnego dziedzictwa kulturowego. Na tradycję Dolnego Śląska i Wrocławia składa się bowiem w równym stopniu przeszłość ziemi śląskiej, jak i pamięć jej mieszkańców przybyłych tu w ciągu ostatnich kilkudziesięciu lat z różnych stron Rzeczypospolitej [sic!].“

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Jahre im Rathaus und Zeughaus stattgefunden hat. […] Ohne Ideologie, Verschweigen und Brüche, wie es für die Präsentation der Geschichte Schlesiens vor 1989 charakteristisch war, erinnern diese Ausstellungen an Ereignisse aus der Geschichte Schlesiens und Breslaus, die der weiten Öffentlichkeit nicht bekannt sind. […] Ich hoffe, dass auf diese Weise auch auf die Entstehung eines kollektiven Bewusstseins und eine Tradition des gemeinsamen Kulturerbes hingewirkt wird. Zur Tradition Niederschlesiens und Breslaus tragen nämlich in unterschiedlichem Maße die Vergangenheit der schlesischen Region wie auch die Erinnerungen ihrer Einwohner bei, die aus unterschiedlichen Gegenden der Rzeczypospolita [sic!] stammen.“249 Der nachhaltige Beitrag der Ausstellung bestand darin, Breslau im öffentlichen Diskurs nicht nur als einen Ort mit einem deutsch-polnischen, sondern auch mit einem deutsch-jüdischen und polnisch-jüdischen Kulturerbe zu etablieren. Der bedeutsame geschichtskulturelle Anstoß, der von dieser Ausstellung für eine Beschäftigung mit der jüdischen Geschichte Breslaus ausging, wird besonders in der Vielzahl der ihr folgenden Publikationen deutlich. Das 1994 erschienene Begleitbuch zur Ausstellung blieb ein populäres Medium; 1996 erschien das Buch auch auf Deutsch und 2010 wurde bereits eine dritte, erweiterte Neuauflage auf Polnisch und 2011 auf Deutsch herausgegeben.250 Michael Meng bezeichnete Łagiewskis Begleitbuch zusammen mit dem 2000 erschienenen historischen Überblick von Leszek Ziątkowski251 als die beiden einschlägigen Bildbände zur Geschichte der jüdischen Breslauer.252 Die zahlreichen bis heute publizierten Erinnerungsschriften von Breslauer Juden kamen in der Ausstellung nur an zwei Stellen vor. Zitiert wurde aus den Tagebüchern von Walter Tausk und den Erinnerungen des Rabbiner Leo Baeck. Die Selbstzeugnisse von Willy Cohn aus dem 1975 erschienenen Buch „Als Jude in Breslau 1941“253 blieben unberücksichtigt. Vor allem nach der Ausstellung wurde eine ganze Reihe von Zeug249 Das 1994 auf Polnisch und 1996 auf Deutsch erschienene Begleitbuch enthält die gleichen Themen wie die Ausstellungstafeln, einige Texte wurden jedoch ergänzt und mehrere Fotografien hinzugefügt oder weggelassen. In den späteren Auflagen wurden einige Texte und der Bildbestand geringfügig erweitert und Themen hinzugefügt, wie Portraits zu Bertha Badt-Strauss, Sigmund Hadda und der Firma Hainauer. Vgl. Łagiewski, Maciej: Wrocławscy Żydzi 1850–1944. Muzeum Historyczne we Wrocławiu. Wrocław 1994 [21997]. Auf Deutsch: Breslauer Juden 1850–1944. Wrocław 1996; ders.: Wrocławscy Żydzi 1850–1944. Zapomniany rozdział historii. Muzeum Miejskie Wrocławia. Wrocław 32010. Auf Deutsch: Breslauer Juden 1850–1944. Ein vergessenes Kapitel der Geschichte. Muzeum Miejskie Wrocławia. Wrocław 22011. 250 Ziątkowski, Leszek: Dzieje Żydów we Wrocławiu. Wrocław 2000. 251 „Two coffee table style-book on the history of Jews in Wrocław appeared in 1994 and 2000.“ Meng, Michael: Shattered Spaces. Encountering Jewish Ruins in Postwar Germany and Poland. Cambridge (MA)/London 2011, 241. 252 Cohn, Willy: Als Jude in Breslau 1941. Aus den Tagebüchern von Studienrat a. D. Dr. Willy Israel Cohn. Hg. v. Joseph Walk.Gerlingen 1984 [Im Auftrag des Verbandes ehemaliger Breslauer und Schlesier in Israel. Jerusalem 1975]. Bereits 1966 veröffentlichte der Verband ehemaliger Breslauer und Schlesier in Israel erste Auszüge aus den Tagebüchern Willy Cohns. 253 Übersichten zur Memorialliteratur der Breslauer Juden versammeln Herzig, Arno: Das unruhige Schlesien. Krisendynamik und Konfliktlösung vom 16. bis zum 20. Jahrhundert. Köln/Weimar/Wien 2014, 235–257; Friedla: Juden, 474–477.

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nissen zur Geschichte der jüdischen Breslauer vor 1945 herausgegeben,254 wie die mehr­ fachen Editionen der Tagebücher von Willy Cohn,255 die Erinnerungen von Fritz Stern, Karla Wolff,256 Kenneth James Arkwright (Klaus Aufrichtig)257 und Werner Ansorge258 oder das familienbiografische Portrait von Dagmar Nick.259 Auch die viel beachteten Studien von Till van Rahden260 und Abraham Ascher261 sowie verschiedener polnischer Autoren262 haben dem Wissen über die jüdische Geschichte Breslaus eine Qualität verliehen, die vor 1989 noch nicht annähernd fassbar war. Erstmals in einer polnischen Stadt außerhalb Breslaus war die Ausstellung in der Staatlichen Kunstgalerie von Thorn (poln. Toruń) zwischen Oktober und November 1996 zu sehen. Ein letztes Mal und mehr als 12 Jahre nach ihrem Entstehen wurde die Schau von Dezember 2002 bis Januar 2003 im Centrum Judaicum der Neuen Synagoge in Berlin gezeigt. Einige Schautafeln der Ausstellung wurden anschließend in der wiederhergestellten Breslauer Synagoge „Zum Weißen Storch“ aufgestellt. Seit der offiziellen Neueröffnung der Synagoge (2010) ist an ihrer Stelle auf der ersten Etage die noch später besprochene Dauerausstellung „Die wiedergewonnene Geschichte – Jüdisches Leben in Breslau und Niederschlesien“ zu sehen. Łagiewskis Schau von 1989 diente hier nicht nur als Vorbild, sondern konnte auch eine Vielzahl an Materialien und Fotografien beitragen – zu einem wiedergewonnenen Ort jüdischen Lebens und einer dauerhaften Exposition jüdischer Geschichte des deutschen und polnischen Breslau.

5.5. Der alte jüdische Friedhof und die neuen Ausstellungen zur jüdischen Geschichte Breslaus seit den 1980er Jahren „Mr. Łagiewski has largely restored the oldest remaining German Jewish cemetery, whose graves, numbering more than 12,000, mainly of the last century, had lain overgrown, vandalized and neglected since the 1930’s“, schrieb die „New York Times“ am 5. Januar 1993 zum neuen Umgang Breslaus mit seiner Geschichte nach der politischen Wende von 1989.263 Der 1856 eröffnete alte Friedhof der ehemaligen deutsch-jüdischen Gemeinde 254 Cohn: Verwehte Spuren [1995]; ders.: Kein Recht, Bd. 1–2 [2006]; ders.: Kein Recht, Auswahl [2008]. 255 Stern, Fritz: Five Germanys I have known. New York 2006. 256 Wolff, Karla: Ich blieb zurück. Erinnerungen an Breslau und Israel. Hg. v. Ingo Loose. Berlin 2012. 257 Arkwright. Jenseits des Überlebens. 258 Ansorge, Werner: Meine ersten achtzig Jahre. Von Breslau nach Israel. Hg. v. Roland B. Müller. Würzburg 2009. 259 Nick: Jüdisches Wirken. 260 Rahden: Juden. 261 Ascher: A Community. 262 Zu den Monografien polnischer Autoren zur jüdischen Geschichte Schlesiens vor 1945 zählen: Matwijowski, Krystyn: Z historii ludności żydowskiej w Polsce i na Śląsku. Wrocław 1994; Wodziński, Marcin: Hebrajskie inskrypcje na Śląsku XIII–XVIII wieku. Wrocław 1996; Ziątkowski, Leszek: Ludność żydowska we Wrocławiu w latach 1812–1914. Wrocław 1998; Borkowski, Maciej u. a.: Śladami Żydów. Dolny Śląsk, Opolszczyzna, Ziemia Lubuska. Warszawa 2008; Stolarska-Fronia: Udział środowisk. 263 Januszewski, Bernhard Woodrow: Wrocławskie losy Ferdynanda Lassalle’a. In: Rocznik Wrocławski 3–4 (1959/60) 195–205.

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Breslaus an der Ulica Ślężna (ehemals Lohestraße) stand hier als herausragendes Beispiel im Mittelpunkt. Der alte jüdische Friedhof befindet sich heute nicht im Besitz der polnisch-jüdischen Gemeinde Breslaus, wie die 1829 errichtete Synagoge „Zum Weißen Storch“ oder der 1901 eröffnete neue jüdische Friedhof an der Ulica Lotnicza (ehemals Flughafenstraße), sondern ist ein Teil des Städtischen Museums. Dies hat nicht nur mit der Vernichtung der deutsch-jüdischen Gemeinde bis 1944 und dem städtischen Kontinuitätsbruch durch einen nahezu vollständigen Bevölkerungsaustausch zu tun, sondern ist auch eine Folge der Neudefinition städtischen Kulturerbes zwischen 1945 und 1989. In der Musealisierung des alten jüdischen Friedhofs an der Ulica Ślężna spiegeln sich die verschiedenen Phasen der Geschichtskultur des polnischen Breslau. Darum lohnt sich ein genauerer Blick auf die Geschichte seiner Rettung und seiner Transformation in ein städtisches Museum. Im Gegensatz zu vielen anderen Orten der deutschen und deutsch-jüdischen Stadtgeschichte begann seine geschichtskulturelle Aneignung nicht erst in der Endphase der Volksrepublik, sondern gleich zu Beginn der polnischen Stadt. Bereits 1947 rückte der von den Kämpfen um die „Festung Breslau“ stark gezeichnete Friedhof in die politische Öffentlichkeit. Eine Delegation der Polnischen Sozialistischen Partei (PPS) besuchte den Friedhof und enthüllte eine Gedenktafel für „Ferdinand Lassalle, dem großen Sozialisten – die PPS am Tag ihres XXVII . Kongresses, 14. Dezember 1947“.264 Die Initiative für diese Gedenktafel soll von einem PPS -Gastmitglied, dem deutsch-jüdischen Breslauer Fred Löwenberg (1924–2004), ausgegangen sein.265 Der Friedhof war damit zu einer sozialistischen Gedenkstätte geworden und Lassalle gebührte die Ehre, bereits in den 1950er Jahren als einer der berühmten „Personen des früheren Breslau“ geehrt zu werden.266 Dies konnte jedoch den Friedhof nicht vor einem weiterem Verfall und Plünderungen durch Wertstoffdiebe schützen. Das Lassalle-Grab blieb eine Ausnahme und wurde wiederaufgebaut. Im Frühjahr 1959 wurde durch das Präsidium des Nationalrats der Stadt Breslau, der Leitung der Lokalregierung, ein großer Grabstein aus schwarzem Marmor aufgestellt, der dem 1874 errichteten Familiengrabstein in seiner historistischen Form ähnelte. Sogar eine Grabplatte auf Deutsch wurde angebracht, die allerdings nicht der historischen Vorlage entsprach.267 Ein Mysterium blieb ein Zeitungsartikel des Niederländers Richard Jokel mit dem Titel „Das Grab Lassalles ist verschwunden“ vom 9. August 1959. Als einer der wenigen westeuropäischen 264 Kamm, Henry: Wroclaw Journal. Yes, Class, Once Upon a Time This Was Germany. In: The New York Times am 5. Januar 1993. 265 Fred (Ferdinand) Löwenberg war in den ersten Nachkriegsmonaten Mitglied der deutschen ­A ntifa-Gruppe in Breslau. Nach deren Zwangsauflösung war er Gastmitglied der PPS, bis er im Oktober 1948 nach Ost-Berlin emigrierte. Vgl. Fuchs-Frotscher, Daniela: Zwischen antifaschistischem Widerstand und Heimatverlust. Die Breslauer Familie Löwenberg. In: Domaschke, Cornelia/­FuchsFrotscher, Daniela/Wehner, Günter (Hg.): Widerstand und Heimatverlust. Deutsche Antifaschisten in Schlesien. Berlin 2012, 10–38 10–38, hier 37; Friedla: Juden, 532 f. 266 Surman, Zdzisław: Ferdynand Lassalle. In: Heck, Roman u. a. (Hg.): Ludzie dawnego Wrocławia. Wrocław 1958, 93–97. 267 Kundera, Elżbieta: Ferdynand Lassalle (1825–1864). Wrocław 1984, 12; Łagiewski, Maciej: Wielcy Wrocławianie. Galeria popiersi we wrocławskim Ratuszu. Muzeum Miejskie Wrocławia. Wrocław 2003, 18.

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Gäste war Jokel bereits 1947 bei der Enthüllung der Tafel dabei gewesen und fand nun bei einem zweiten Besuch diese Tafel zerbrochen auf dem Boden.268 Sein Besuch muss also bereits vor der Enthüllung des Marmorgrabsteins stattgefunden haben, da hier auch die Tafel von 1947 erneuert wurde. Jokel bemerkte 1959 auch den Verfall anderer deutscher, nicht-jüdischer Friedhöfe: „Die Verwüstung hatte allerdings nichts mit Antisemitismus zu tun, sondern waren gewöhnlich scheußlicher Raub und Diebstahl.“269 Als Gedenkorte von Familien, die nicht mehr in der Stadt lebten, als sichtbare Relikte der deutschen Bewohner waren diese Grabfelder Zeugen einer Vergangenheit, derer nicht gedacht werden sollte. Sie waren Zerstörungen und Verfall preisgegeben. Bis 1975, nach Ablauf der 25-jährigen Totenruhe, wurden alle deutschen Friedhöfe in Breslau aufgelöst und planiert. Ihre Überreste wurden oftmals als Baumaterial genutzt und ihre Grundstücke neu bebaut oder in Parkanlagen verwandelt.270 Ungeachtet der gesetzlichen Unantastbarkeit von Friedhöfen und der zeitweisen Aufsicht über den jüdischen Friedhof an der Ulica Ślężna durch die neue jüdische Gemeinde (bis 1968)271 war Ende 1973 auch für diesen der Abriss und die Errichtung eines Studentenwohnheims der Breslauer Wirtschaftshochschule vorgesehen. Das Zentralkomitee der Arbeiterpartei PZPR verhandelte zu diesem Zeitpunkt über eine Umbettung Lassalles in die DDR oder die Bundesrepublik.272 Das Lassalle-Grab reichte als Sinnstifter des Ortes nicht mehr aus. Verschiedene Interventionsversuche durch das Kunsthistoriker-Ehepaar Bronisława und Samuel Gumiński und den Direktor des Architekturmuseums, Olgierd Czerner, konnten allerdings erreichen, dass das verfallene Gelände am 24. Mai 1975 unter Denkmalschutz gestellt wurde.273 Zum Verzicht auf den Abriss dürfte auch die Sorge vor Berichten in der internationalen Presse beigetragen haben, „was die Nazis in Breslau nicht vollbracht haben, möchte die polnische Volksrepublik erreichen“.274 In den 268 Da Jokel die Tafel von 1947 zerbrochen auf dem Boden vor dem Grabstein von Ferdinand Lassalles Mutter fand, vermutete er, dass es sich bei diesem Ort gar nicht um das Grab Lassalles handelte und das echte Grab bereits 1947 entfernt wurde, da es eine „deutsche Aufschrift“ hatte. Vgl. Jokel, Richard: Het graf van Lassalle is verdwenen. In: Het Vrije Volk am 9. August 1959. J 269 okel: Het graf, niederländ. Original: „De verwoestingen hadden dus niets te maken met antisemitis­ me, maar waren doodgewone afschuwelijke roof en diefstal.“ 270 Die Beseitigung der deutschen Friedhöfe erfolgte in verschiedenen Phasen seit 1945, verstärkt im Zeit­ raum 1960 bis 1970. 2005 wurde ein „Denkmal des gemeinsamen Erinnerns [poln. Pomnik Wspólnej Pamięci]“ ausgeschrieben, welches 2008 im Grabiszyński-Park (ehem. Gräbschener Friedhof) aus 70 deutschen Grabsteinen errichtet wurde. Zur Geschichte und zur Auflösung der alten Breslauer Friedhöfe vgl. Burak, Marek/Okólska, Halina: Cmentarze dawnego Wrocławia. Muzeum Architektury we Wrocławiu. Wrocław 2007. 271 Łagiewski: Macewy mówią, 38. Zum gesetzlichen Schutz der Friedhöfe vgl. Jagielski, Jan: Obecny stan cmentarzy żydowskich w Polsce. In: Woronczak, Jerzy (Hg.): Cmentarze żydowskie. Studia z dziejów kultury żydowskiej w Polsce. Wrocław 1995, 229–232. 272 Hofmann, Jürgen: Das Lassalle-Bild in der DDR. Konstanten und Wandlungen. In: Brandt, Peter/ Lehnert, Detlef (Hg.): Ferdinand Lassalle und das Staatsverständnis der Sozialdemokratie. Baden-­ Baden 2014, 213–234, hier 226 f. 273 Szafkowska: Nekropolia; Roszkowska: Żydzi wrocławscy, 14–15. 274 Szafkowska: Nekropolia, poln. Original: „[…], czego we Wrocławiu nie dokonali naziści, to chce zrobić polska władza ludowa.“

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ersten Jahren blieb es jedoch ungewiss, was mit dem Grabfeld geschehen sollte. Versuche, den Friedhof dem städtischen Grünflächenamt, dem Historischen Museum oder der Jüdischen Gemeinde zu übertragen, scheiterten am Willen oder auch an fehlenden finanziellen Mitteln. Schließlich erklärte sich Direktor Czerner bereit, den Friedhof als eine Filiale des Architekturmuseums zu übernehmen, jedoch nur unter der Bedingung, dass dafür eine eigene Stelle geschaffen werden würde – für diese wurde 1983 der junge Kunsthistoriker Maciej Łagiewski eingestellt.275 In den ersten Jahren der 1981 begonnenen Bestandssicherung, -registrierung und -sanierung verfolgte das Museum noch den 1978 gefassten Plan, aus dem Gelände ein „Lapidarium für alte Sepulkralkunst“ zu entwickeln, auf dem auch nicht-jüdische Grabsteine ausgestellt werden sollten. Der architektonische Wert hätte hier die Bedeutung des Geländes als jüdischer Gedenkort oder als Zeugnis für deutsch-jüdische Stadtgeschichte überlagert. Die jüdischen Friedhöfe an der Ulica Lotnicza (ehemals Flughafenstraße, eröffnet 1901) und Ulica Ślężna (ehemals Lohestraße, eröffnet 1856) sind die einzigen Breslauer Friedhöfe aus der deutschen Zeit, die die NS-Diktatur und den Umbauprozess Breslaus in eine polnische Stadt überlebt haben. Während ersterer der neuen jüdischen Gemeinde seit 1945 wieder als Begräbnis- und Gedenkort dient, erfuhr der zweite eine Musealisierung und wurde mit unterschiedlichen Bedeutungsebenen belegt. Über die Jahre hinweg blieb der Friedhof auch ein Gedenkort der Arbeiterbewegung, und das insbesondere für die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD). Ferdinand Lassalle als Gründer des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (1863) hatte immerhin die Tradition der SPD begründet. So gibt es auch Mutmaßungen, dass der Beweggrund für die Restaurierung des Friedhofs ein Brief von Willy Brandt an Wojciech Jaruzelski gewesen war.276 Łagiewski leitete die umfangreichen konservatorischen Arbeiten auf dem verwilderten Gelände. Neben Studien zur Architektur der Grabmale verband er mit den historischen Relikten auch Forschungen zur jüdischen Geschichte Breslaus und zu den Biografien ausgewählter Persönlichkeiten. Anhand fotografischer und archivalischer Quellen wurden sogar nur noch bruchstückhaft erhaltene Grabsteine rekonstruiert, wie die des Historikers Heinrich Graetz (1817–1891) und des SPD-Reichstagsabgeordneten Max Kayser (1853–1888). Auch das beschädigte Grabmal für Ferdinand Lassalle

275 Ebd. 276 Nobert Mattern schrieb 1988, dass sich Willy Brandt vor Lassalles 120. Todestag, also vor 1984, in einem persönlichen Brief an General Jaruzelski wandte und die Bedeutung Lassalles für die deutsche und polnische Arbeiterbewegung hervorhob. Vgl. Mattern, Nobert: Dort liegt Ferdinand Lassalle begraben. Der jüdische Friedhof in Breslau, ehemals Lohestraße. In: Mitteilungen des Verbandes 53 (1989) 12. Die ersten Pläne für eine Restaurierung des Friedhofs entstanden bereits 1978–1980. Wojciech Jaruzelski war erst seit 1981 polnischer Ministerpräsident. Auf die Rettung und Übertragung des Friedhofs an das Architekturmuseum können Jaruzelski und Brandt demnach keinen Einfluss genommen haben, auf den Fortschritt der 1981 begonnenen Wiederherstellungsarbeiten allerdings schon. Spätestens seit 1980 ist auch ein Engagement der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung in Sachen des Lassalle-Grabs belegt. Vgl. Reiff, Klaus: Ferdinand Lassalle 1825–1864. Gedenken und Vermächtnis. Friedrich-Ebert-Stiftung. Bonn 1985.

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von 1959 wurde erneut instandgesetzt.277 Es wurde ein schmiedeeisernes Tor mit zwei Menorah-Leuchtern eingebaut und an der Friedhofsmauer jüdische Grabsteine aus dem Mittelalter wiederaufgestellt. Bereits 1984 konnten die ersten Sicherungs- und Baumaßnahmen abgeschlossen werden. Der Breslauer Öffentlichkeit wurde das Friedhofsgelände zwischen Januar und Februar 1984 in einer ersten Ausstellung des Architekturmuseums präsentiert. Hierzu konnte Łagiewski in der Broschüre „Der älteste Friedhof Breslaus“278 seine ersten Forschungsergebnisse zur jüdischen Geschichte Breslaus, zu acht Personen und Familien und zu architektonischen Merkmalen ausgewählter Grabsteine veröffentlichen. Zugleich verwies er auf die stadtgeschichtliche Einzigartigkeit dieses Geländes: „Einer der letzten Zeugen der Kultur Breslaus im 19. Jahrhundert ist der jüdische Friedhof an der Ulica Ślężna. Interessanterweise hat von einigen Dutzend größerer und kleinerer Breslauer Friedhöfe ausgerechnet dieser der deutschen Verfolgung widerstanden und bis heute überlebt.“279 Bis in die 1980er Jahre fanden die Spuren der deutschen Geschichte Breslaus kaum Beachtung, ausgenommen hiervon waren zumeist die Gewalt und Zerstörungen in der NS-Zeit. Dieses Paradigma differenzierte Łagiewski schrittweise. In seinem Zitat von 1984 galten noch die Deutschen als alleinige Zerstörer der Breslauer Friedhöfe, in späteren Studien thematisierte er auch die Zerstörungen während der Kämpfe 1945 und in der Nachkriegszeit. Dass jüdische Friedhöfe die NS-Zeit überlebten, war tatsächlich ein Wunder. 1944 war der älteste neuzeitliche jüdische Friedhof (seit 1856 geschlossen) an der Claassenstraße (heute Ulica Gwarna) planiert worden. Ähnliches war für die seit 1942 und 1943 geschlossenen Friedhöfe an der Lohestraße und an der Flughafenstraße vorgesehen. Diese Pläne wurden jedoch nicht mehr ausgeführt.280 Als eine „Ironie der Geschichte“ ergab sich nun, dass ausgerechnet ein jüdischer Friedhof „künftig an die deutsche Geschichte der niederschlesischen Hauptstadt erinnern“ werde – bemerkte die deutsche Tageszeitung „Die Allgemeine“ im Dezember 1988.281 Am 31. August 1984 wurde des 120. Todestages Ferdinand Lassalles gedacht. In Breslau konnte dies wieder auf dem restaurierten jüdischen Friedhof geschehen. Der Vorsitzende der Friedrich-Ebert-Stiftung und ehemalige nordrhein-westfälische Ministerpräsident Heinz Kühn (1912–1992) dankte Łagiewski in Breslau persönlich für die Wiederherstellung des jüdischen Friedhofs. Zugleich überbrachte er Dankesworte von Willy Brandt und des Parteivorstandes der SPD: „Daß wir seiner [Lassalle] heute in würdiger Form gedenken können, verdanken wir der Polnischen Regierung und der 277 Łagiewski: Der alte jüdische Friedhof [2004], 7. 278 Łagiewski: Najstarszy cmentarz. 279 Ebd., 3, poln. Original: „Jednym z ostatnich świadków kultury XIX-wiecznecznego Wrocławia jest cmentarz żydowski przy ul. Slężnej. Interesujący jest fakt, że z kilkudziesięciu większych i mniejszych cmentarzy Wrocławia właśnie ten zachował się po dzień dzisiejszy, opierając się niemieckim prześladowaniom.“ 280 Łagiewski: Macewy mówią, 33, 38 f. 281 Röder, Siegfried: Streifzug durch die Geistesgeschichte. Der jüdische Friedhof von Breslau. In: Allgemeine Zeitung/Rhein-Main-Presse am 16. Dezember 1988.

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Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei und insbesondere General Jaruzelski.“282 Dem politisch opportunen Dank an Jaruzelski von 1984 wurde 1991 gegenübergestellt, dass die „kommunistischen Behörden Polens“ die „Restaurierung der Grabstätte Ferdinand Lassalles […] erst nach jahrelangen Drängen der Stiftung gestatteten“.283 Als Unterstützer und Finanziers der Restaurierungsarbeiten auf dem Friedhof engagierten sich neben der deutschen Sozialdemokratie auch andere Institutionen aus der Bundesrepublik, unter anderem die Regierungen der Bundesländer Niedersachsen und Berlin. Der Friedhof wurde nicht nur zu einem Ort regelmäßiger Besuche deutscher Bundeskanzler und -minister,284 sondern auch zu einem Ort der deutsch-polnischen Zusammenarbeit und Verständigung. Seit Anfang der 1990er Jahre halfen regelmäßig deutsche Schulklassen bei den Aufräumarbeiten auf dem Friedhof:285 „Ausgangspunkt der Ausstellung waren die schon seit zehn Jahren andauernden Renovierungsarbeiten auf dem alten jüdischen Friedhof in Breslau. Dort wurde mit Hilfe der Friedrich-Ebert-Stiftung Bonn, der niedersächsischen Landesregierung und der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Hannover eine Museumsabteilung für Friedhofsarchitektur mit Steinmetzwerkstätten geschaffen. Auf diesem Friedhof leisteten auch viele polnische und deutsche Jugendgruppen zusammen Aufräumarbeiten, so z. B. Schüler aus Berlin, Alfeld, Wiesbaden und Hannover“,286 erläuterte Łagiewski 1994 die Hintergründe der beiden erfolgreichen Ausstellungen zu den jüdischen Breslauern 1989 und 1994. Die Restaurierung des alten jüdischen Friedhofs schuf in der medialen Öffentlichkeit Breslaus nicht nur ein Bewusstsein für die große jüdische Gemeinde in der deutschen Zeit, sondern ließ bereits Mitte der 1980er Jahre kritische Fragen zum Umgang mit den deutschen Friedhöfen im polnischen Breslau aufkommen. Der „Wieczór Wrocławia“, eine der größten Breslauer Tageszeitungen, formulierte am 31. Oktober 1986 verhalten: „Die Nachkriegszeit war für die Geschichte des Friedhofs nicht die beste Zeit. Der Prozess der Zerstörung schritt leider von Jahr zu Jahr voran. Vielleicht wurde er vergessen,

282 Reiff: Ferdinand Lassalle, 25. 283 Die FES finanzierte die technischen Geräte für Restaurierung, die Fortbildung der Restauratoren (u. a. mit einem Studienstipendium für Maciej Łagiewski) sowie die Übersetzung und Herausgabe einer Broschüre auf Deutsch. Vgl. Weitere Hilfen für Restauratoren des jüdischen Friedhofs in Breslau. In: Informationen. Aus der Arbeit der Friedrich-Ebert-Stiftung 7/8–9 (1991) 27–28, 27. 284 Bereits seit den 1970er Jahren besuchten Delegationen der SPD das Lassalle-Grab: 1983 SPD-Bundes­ tagsabgeordnete, 1984 Vorsitzender der FES Heinz Kühn, 1984/86 Helmut Schmidt, 1988 Kranz von Willy Brandt, 1989 Johannes Rau, 2002 Gerhard Schröder und Leszek Miller, 2013 SPD Niedersachsen, 2014 Ralf Stegner. 1997 stiftete die SPD dem Breslauer Rathaus eine Lassalle-Büste. Vgl. Łagiewski: Wielcy Wrocławianie, 18. 285 Schüler der Thomas-Mann-Schule aus Berlin-Reinickendorf halfen seit 1992 jährlich bei Aufräum­ ar­beiten auf dem Friedhof. Seit 1995 geschah dies erstmals in Zusammenarbeit mit Schülern eines Breslauer Lyzeums. Fotografien und Berichte der Schüler von dieser deutsch-polnischen Jugendbegegnung wurden im September 1995 im Breslauer Rathaus ausgestellt. Vgl. Fastnacht-Stupnicka, Anna: W zgodzie nad żydowskimi grobami. In: Gazeta Robotnicza am 25. September 1995. 286 Łagiewski: Schlesiens kulturelles Erbe, 94 f.

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oder vielleicht waren gerade wichtigere und dringlichere Dinge zu erledigen.“287 Auch in der bundesdeutschen Presse erhielt die Sanierung des Friedhofs noch vor dem politischen Umbruch von 1989 breite Beachtung – nicht zuletzt aufgrund der 1988 erschienenen deutschen Übersetzung der Broschüre „Der alte jüdische Friedhof in Wrocław/ Breslau“ (auf Polnisch 1986 durch das Breslauer Architekturmuseum publiziert).288 Die deutsche Übersetzung wurde aus Mitteln der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn gedruckt, jedoch in Breslau herausgegeben. Łagiewski bemerkte hierzu, dass ihm 1988 von der Breslauer Zensurbehörde bescheinigt wurde, dass es sich um die erste Veröffentlichung in Polen mit dem deutschen Wort „Breslau“ im Titel handelte – wohlgemerkt nur in Bezug auf die polnische Stadt.289 Der Vertriebenenfunktionär Herbert Hupka bemängelte in einer Besprechung der deutschen Ausgabe dennoch, dass bei „Doppelnennungen der Orte der polnische Name dem deutschen Namen vorgezogen wird“.290 Seit 1988 konnte der Friedhof dauerhaft der Öffentlichkeit als Museumsfiliale zugänglich gemacht werden. Mit der Ernennung zum Direktor des Historischen Museums holte Łagiewski die Museumsfiliale 1991 an das Historische Museum.291 Damit änderte sich auch die historische Sinnstiftung des Geländes, da sie nun stärker in ihrem historischen Kontext definiert wurde. In mehreren Auflagen auf Polnisch und Deutsch findet die Broschüre „Der alte jüdische Friedhof in Breslau“292 bis heute Verbreitung. Die Architektur der Grabanlage bildet hier nur noch ein Element neben Kapiteln zur Geschichte der jüdischen Friedhöfe Breslaus und zu der Herkunft der hier bestatteten Personen sowie einem Verzeichnis mit biografischen Angaben zu 84 Persönlichkeiten. In der Mehrzahl bleiben die 12.000, teils unbeschrifteten, Grabsteine anonym. Die verzeichneten Gräber geben den Besuchern Auskunft über die bedeutenden deutschjüdischen Familien Breslaus, verweisen aber auch durch Angaben zur internationalen Herkunft einiger Personen und den Grabinschriften in deutscher, hebräischer, polnischer, russischer und englischer Sprache auf Breslaus Bedeutung als jüdisches Kulturund ostmitteleuropäisches Handelszentrum. Erst durch die biografischen Erläuterungen 287 Czubak, Zbigniew: Cmentarz Żydowski. Zabytek klasy europejskiej. In: Wieczór Wrocławia am 31. Oktober–2. November 1986, poln. Original: „Okres powojenny nie był najszczęśliwszy dla dziejów cmentarza. Proces dewastacji postępował niestety z roku na rok. Może trochę zapomniano o obiekcie, a może po prostu były ważniejsze i bardziej pilne sprawy do załatwienia.“ 288 Łagiewski, Maciej: Der alte jüdische Friedhof in Wrocław/Breslau. Red. Klaus Reiff. ­A rchitektur-Museum in Wrocław. Meckenheim 1988, ders.: Stary cmentarz żydowski we Wrocławiu. Muzeum Architektury. Wrocław 1986. 289 Die Erinnerung Łagiewskis bezieht sich auf die Prüfung der 1988 publizierten Broschüre „Der alte jüdische Friedhof in Wrocław/Breslau“ durch das Zensuramt Główny Urząd Kontroli Prasy, Publikacji i Widowisk. Zuvor erschienen bereits mit deutschem Stadtnamen Titel mit dezidiertem Bezug zur NS-Zeit: Jonca, Karol/Konieczny, Alfred: Upadek „Festung Breslau“ 15 II–6 V 1945. Wrocław/ Warszawa/Kraków 1963; Tausk, Walter: Dżuma w mieście Breslau. Hg. v. Ryszard Kincel. Warszawa 1973. 290 Hupka, Hubert: Der alte jüdische Friedhof in Breslau. In: Schlesische Nachrichten 4/3 (1989) 17. 291 Łagiewski, Maciej: Der alte jüdische Friedhof in Breslau. In: Brämer/Herzig/Ruchniewicz (Hg.): Jüdisches Leben, 446–470, hier 451. 292 Das Handbuch „Stary cmentarz żydowski we Wrocławiu“ bzw. „Der alte jüdische Friedhof in [Wrocław] Breslau“ erschien in mehreren überarbeiteten Auflagen 1986, 1988, 1995, 2004.

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des Begleitbuches wird der Friedhof zu einem Museum, denn die Grabsteine werden nunmehr zu Objekten mit Symbolwert für die große jüdische Gemeinde Breslaus. Teilweise stellen die Texte auch Bezüge zu nicht hier beerdigten Breslauern her: Zum Grab von Moritz Neisser informiert das Buch über das Wirken seines Sohnes Albert Neisser und bei Siegried Stein über die Biografie seiner Tochter Edith Stein. Zu der in Jerusalem verstorbenen Paula Ollendorf gibt es einen Hinweis zu einer Inschrift an der Friedhofsmauer. Anhand einiger Biografien, unter anderem der Warschauer Henryk Toeplitz und Paweł Muszkat, und polnischer Familiennamen wird ein besonderer Bezugspunkt für die heutigen Breslauer herausgestellt: „Polnische Akzente überdauern alle Stürme der Geschichte und bestehen seit über hundert Jahren auf der Breslauer Nekropole.“293 Diese Ansätze einer nationalen Sinnstiftung können jedoch nicht kompensieren, dass es sich bei dieser Museumsfiliale um ein Relikt deutsch-jüdischer Kultur handelt, um einen Ort, der zum Gedenken an die Toten geschaffen wurde: „Dank des Engagements von Konservatoren und Museumsmitarbeitern bei der Rettung des Breslauer Denkmals jüdischer Kultur besteht heute die Chance, die in Denkmälern versteinerte Welt von vergessenen Schicksalen voller Arbeit, Mühe und Glauben wieder zu erwecken, hier einen Ort des Nachdenkens und der Meditationen über das oft vergessene Volk zu schaffen, das einen bedeutenden Beitrag zur Geschichte dieses Landes geleistet hat.“294 Mit der Musealisierung des Geländes als historisches Zeugnis des deutschen Breslau wurde allerdings ein Bezugspunkt außer Acht gelassen: Jüdisches Leben existiert weiterhin in Breslau. Verschiedene jüdische Institutionen aus der Vorkriegszeit werden von der heutigen Gemeinde fortgeführt, nicht jedoch der alte jüdische Friedhof. Nach der antisemitischen Kampagne und der Enteignung von jüdischem Gemeindebesitz durch das kommunistische Regime 1968 war der jüdischen Gemeinde nur noch der jüdische Friedhof an der Ulica Lotnicza geblieben. Die Verwaltung der Synagoge, des jüdischen Theaters, der Schule und auch des Friedhofs an der Ulica Ślężna295 waren ihr dagegen entzogen worden. Die verbliebenen jüdischen Breslauer waren kaum mehr öffentlich wahrnehmbar. Im Gegensatz zu Warschau und Krakau, wo sich die ebenfalls stark geschrumpften Gemeinden auf eine lange polnisch-jüdische geschichtskulturelle Tradition und institutionell auf das 1947 gegründete Museum des Jüdischen Historischen Instituts in Warschau296 und das 1962 eröffnete Jüdische Museum in der alten Synagoge von Krakau297 stützen konnten, gab es in Breslau weder eine Tradition noch eine sichtbare Institution. Erst 1996 erhielt die Gemeinde die zur Ruine verfallene Synagoge zurück.298 Der Prozess, jüdische Kultur wieder im öffentlichen Raum sichtbar zu machen, war da schon 293 Łagiewski: Der alte jüdische Friedhof [2004], 21. 294 Ebd., 23. 295 Łagiewski: Der alte jüdische Friedhof [1988], 8. 296 Piątkowska/Sieramska: Muzeum Żydowskiego, 5–16. 297 Muzeum judaistyczne w Krakowie. In: Życie Warszawy am 9. April 1959, Passowicz, Wacław/Szczygieł, Andrzej: Muzeum Historyczne Miasta Krakowa. W setną rocznicę powstania. In: Krzysztofory. Zeszyty Naukowe Muzeum Historycznego Miasta Krakowa 23 (2005) 7–16, hier 9–11. 298 Meng: Shattered Spaces, 239.

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seit zehn Jahren im Gange. Es war vor allem ein Verdienst des Krakauers Jerzy Kichler, der sich seit 1986 dem Wiederaufbau der Breslauer Gemeinde widmete. Ein Jahr nach Rückgewinnung der Synagoge stand auch zur Debatte, ob nicht der alte jüdische Friedhof in den Besitz der jüdischen Gemeinde zurückkehren sollte, da es sich nach dem Gesetz zur Rückgabe jüdischen Gemeindeeigentums (1997) um einen verstaatlichten jüdischen Begräbnisplatz handelt.299 Finanziell war die kleine Breslauer Gemeinde jedoch nicht in der Lage, für den Unterhalt des Friedhofs aufzukommen, geschweige denn konservatorische Arbeiten vorzunehmen. Für den historischen Teil des im Gemeindebesitz befindlichen neuen jüdischen Friedhofs an der Ulica Lotnicza fehlte seit Jahren das Geld.300 Ethische Fragen der jüdischen Totenruhe beziehungsweise der Unantastbarkeit jüdischer Gräber spielten in dieser Debatte keine Rolle. Auch wenn keine biografischen Bezüge der heutigen jüdischen Gemeinde zur Vorkriegsgemeinde bestehen, ist sie konfessionell und rechtlich der Nachfolger und Verwalter ihres Kulturerbes. „Sie [jüdische Kultureinrichtungen] konfrontieren mit der Ungeheuerlichkeit der gegenwärtigen Jüdischen Museen als einer Einrichtung, die die Geschichte der Ermordeten, das, was von Gegenständen, die ihnen gehörten, übrig blieb, dem Blick der Täternachkommen aussetzt in Museen, deren Mehrzahl von Nichtjuden geplant und verwaltet werden.“301 Mit diesen drastischen Worten zum Beispiel jüdischer Museen in Deutschland und Österreich, die nicht jüdischen Gemeinden unterstehen, berührt Sabine Offe die ethischen Aspekte, die sich aus der Musealisierung von Relikten jüdischen Lebens ergeben. Im Fall Breslau betrifft diese „Ungeheuerlichkeit“ allerdings die Nachkommen einer zweiten Opfergruppe der nationalsozialistischen Besatzungs- und Vernichtungspolitik. Der alte jüdische Friedhof wurde nicht nur als historischer Ort, sondern auch als Ort jüdischer Kultur wahrgenommen – an dem sich Empathie und Neugier, aber auch Aggression festmachen lassen, wie dies 2008 bei einer Schändung des Friedhofs festgestellt werden musste.302 Der jüdische Friedhof in Breslau wurde mit kommunalen, nationalen und internationalen Geldern vor dem Zerfall gerettet, als jüdischer Friedhof im Besitz eines kommunalen Museums bleibt er eine Ausnahme in Polen.

299 Tyszka, Stanisław: Restitution of Communal Property and the Preservation of Jewish Heritage in Poland. In: Meng, Michael/Lehrer, Erica (Hg.): Jewish Space in Contemporary Poland. Bloomington 2015, 46–70, hier 47 f. 300 Große Teile des 1901 entstandenen und bis heute genutzten jüdischen Friedhofs an der Ulica Lotnicza sind verfallen. Mit geringen finanziellen Mitteln der Woiwodschaft versucht die Jüdische Gemeinde Breslau die Denkmäler des Friedhofs zu restaurieren. Vgl. Torz, Marcin: Nie ma pieniędzy na remont cemtarza żydowskiego. In: Polska Gazeta Wrocławska am 28. Januar 2010. 301 Offe, Sabine: Ausstellungen, Einstellungen, Entstellungen. Jüdische Museen in Deutschland und Österreich. Berlin/Wien 2000, 96. 302 Im März 2008 wurden elf Grabsteine von Jugendlichen zerstört. Vgl. Łagowska, Karolina: Zdewastowany cmentarz. In: Gazeta Wyborcza Wrocław am 26. März 2008.

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5.5.1. Das deutsch-jüdische und polnisch-jüdische Kulturerbe in den Breslauer Museen

Abbildung 21: Auf der Empore der 2010 wiedereröffneten Synagoge „Zum Weißen Storch“ vereint eine Dauerausstellung erstmals die deutsch-jüdische und polnisch-jüdische Geschichte Breslaus.

Ein von der jüdischen Gemeinde betriebenes Museum zur jüdischen Geschichte verblieb lange Zeit eine Vision. 2010 konnte jedoch in der frisch renovierten Synagoge als jüdisches Kultur- und Ausstellungszentrum eine historische Dauerausstellung eröffnet werden. Die jüdische Lokalgeschichte aus der Verdrängung wieder in die Öffentlichkeit zu tragen, dazu waren bisher institutionell und finanziell nur die kommunalen Museen in der Lage. Ende der 1980er Jahre setzte sich auch der politische Wille dazu durch. Es begann eine Phase intensiver Ausstellungstätigkeit zur jüdischen Lokalgeschichte verschiedener Epochen. Das Staatliche Jüdische Theater Breslau war nach Warschau das größte jüdische Theater Polens. Gegründet im Dezember 1946 und benannt nach Ester Rachel Kamińska (1870–1925), der „Mutter der jüdischen Bühne“, bestand es bis zur antisemitischen Kampagne von 1968.303 20 Jahre nach dessen Auflösung zeigte im März 1988 das Historische Museum im Alten Rathaus die Ausstellung „Im Objektiv von Zdzisław Mozer. 303 Zur Geschichte des jüdischen Theaters in Niederschlesien vgl. Bronsztejn: Z dziejów, 75–77; Szaynok: Ludność, 119 f.

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Das Jüdische Theater in Breslau“.304 Die erste Ausstellung zur Geschichte der einst großen polnisch-jüdischen Gemeinde Breslaus berührte damit ein Randthema, zu welchem das Museum durch seine traditionsreiche Theatralien-Abteilung kam: Aus dem Nachlass des Dokumentarfotografen Mozer (1916–1982) erbte die Abteilung 30.000 Negative niederschlesischer Spiel- und Bühnenszenen. Das verschwundene Jüdische Theater wählten die Kuratorinnen Barbara Madeyska und Danuta Mrozowska unter Mitwirkung des Vereins der Theaterfreunde als Auftaktthema ihrer Ausstellungsreihe zu den Breslauer Theatern aus. Eine opulente Installation aus Kostümen und Requisiten der Sammlungen des Warschauer Jüdischen Theaters und des Polnischen Theaters in Breslau begleiteten großformatig abgezogene Fotografien von Bühnenszenen aus dem Zeitraum 1945 bis 1956. Begleitet wurde diese Schau durch Informationstafeln zu den Fotografien, zur Geschichte des Jüdischen Theaters, zu seinem Spielprogramm, den Szenografien und einzelnen Schauspielern und Mitarbeitern. Ein vorbereiteter Katalog mit Texten der Museumsdirektorin Danuta Orłowska, des Leiters des Warschauer Jüdischen Theaters Szymon Szurmiej, Zofia Frąckiewicz und Jakub Rotbaum, der von 1949 bis 1952 als Regisseur am Breslauer Theater tätig war, konnte wegen fehlender finanzieller Mittel nicht erscheinen. Diese Exposition zum jüdischen Theater bildete einen Anfang – die detaillierten Hintergrundinformationen zur Entwicklung des Theaters setzten sich jedoch nicht mit den politischen Umständen, die zu dessen Ende geführt hatten, auseinander. Es wurde lediglich darauf verwiesen, dass 1968 „das Gebäude des Breslauer Jüdischen Theaters in ein Kammertheater verwandelt und der Verwaltung des Polnischen Theaters angeschlossen wurde. Ein Staatliches Jüdisches Theater gibt es heute in Warschau am Plac Grzybowski.“305 Im gleichen Jahr war in Breslau eine zweite Ausstellung zur polnisch-jüdischen Geschichte zu sehen, welche ebenfalls die Ereignisse von 1968 aussparte. 20 Jahre danach und noch vor dem Fall des kommunistischen Regimes war die Zeit für eine Auseinandersetzung mit der jüdischen Massenemigration noch nicht reif. Mit finanzieller Unterstützung der Woiwodschaft Breslau wurde von Juli bis September 1988 in der Chorhalle des Breslauer Architekturmuseums die Tafelausstellung „Die jüdische Bevölkerung in Polen in den Jahren 1866 bis 1939“ gezeigt. Die von Lucyna Kasperzec (JagiellonenUniversität Krakau) entworfene Ausstellung versammelte Fotografien orthodoxer Juden aus Zentral- und Ostpolen sowie verschiedener Synagogen.306 Obwohl die Ausstellung 304 Die Ausstellung „W obiektywie Zdzisława Mozera. Teatr Żydowski we Wrocławiu“, 20. März bis 7. April 1988, versammelte 238 Exponate und wurde während ihrer 11 Besuchstage von 5.808 Personen besichtigt. Die Konzeptpapiere, Entwürfe eines Kataloges und Fotografien haben sich im Archiv des Städtischen Museums (Muzeum Miejskie we Wrocławiu) erhalten: MMWr, MHWr, 4/185. 305 MMWr, MHWr, 4/185, Bl. 14. Vgl. auch Balicka, Bogda: Pamiątki teatralne w Muzeum Historycznym. In: Wieczór Wrocławia am 11. April 1988. 306 Unter der Leitung von Lucyna Kasperzec wurde die Ausstellung „Społeczeństwo żydowskie w Polsce w latach 1866–1939“ durch den Fachbereich für Geschichte und Kultur der polnischen Juden der ­Jagiellonen-Universität Krakau, dem Museum des Jagiellonen-Universität in Zusammenarbeit mit dem YIVO Institute for Jewish Research aus New York anlässlich des 45. Jahrestages des Warschauer Ghetto-Auftstandes vorbereitet. Vgl. Matwijowski, Krystyn: „Społeczeństwo żydowskie w Polsce w latach 1866–1939“. Wystawa w Muzeum Architektury we Wrocławiu. In: Sobótka 44/1 (1989) 174.

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keinerlei geografische und historische Bezüge zu Breslau herstellte, war sie von großer Relevanz im Breslauer Kontext. Sie knüpfte an die kulturelle Herkunftstradition der gegenwärtigen jüdischen Gemeinde Breslaus an und rückte jüdische Geschichte in einen öffentlichen Kontext. Der Direktor des Architekturmuseums, Olgierd Czerner, stellte dieser Ausstellung sechs Monate später am gleichen Ort die in der vorliegenden Arbeit besprochene Präsentation zu den „Breslauer Juden 1850–1945“ gegenüber. Die Ausstellung zu den Juden in Polen 1866–1939 war hingegen nicht in Breslau entstanden und wurde anlässlich einer Konferenz der Breslauer Universität unter dem Titel „Zur Geschichte der jüdischen Bevölkerung in Schlesien“ in der Stadt gezeigt.307 Es war das erste wissenschaftliche Forum zur jüdischen Geschichte Schlesiens überhaupt. Denn jüdischer Regionalgeschichte wurde nicht nur in Museen erst seit den 1980er Jahren mehr Beachtung geschenkt, sondern auch die Wissenschaft begann erst jetzt ihre Forschungen auf diesem Gebiet zu verstärken. Studien polnischer Autoren zur jüdischen Geschichte Schlesiens vor 1945 hatten sich bislang ausschließlich auf die NS-Zeit bezogen.308 In den 1990er Jahren sorgten hier vor allem die Studien von Szyja Bronsztejn,309 Krystyn Matwijowski310 und Leszek Ziątkowski311 für eine Ergänzung der polnischen Forschungslandschaft. „Die Wissensverbreitung über die Geschichte der Region“312 – wie es Łagiewski formulierte –, also die geschichtskulturelle Emanzipation der Regionen seit der politischen Transformation von 1989–1991, machte jüdische Lokalgeschichte zu einem integralen, zeitweise sogar zentralen Thema der Breslauer Ausstellungslandschaft. In den ersten beiden Amtsjahren Łagiewskis 1991 und 1992 zeigte das Historische Museum Ausstellungen zu den Breslauerinnen Edith Stein und Friederike Kempner. Die Ausstellung „Edith Stein – die Geschichte einer bestimmten Familie“ präsentierte zwischen Oktober und Dezember 1991 im Alten Rathaus die „größte bis heute zusammengetragene Fotosammlung zum Leben und Wirken der Schwester Teresia Benedicta vom Kreuz“, wie die „Gazeta Dolnośląska“ betonte.313 Die in Breslau geborene Edith Stein stammte aus einer jüdischen Familie, konvertierte zum Katholizismus und trat in den Karme307 Die Konferenz „Z dziejów ludności żydowskiej na Śląsku“, 10.–12. Juli 1988, wurde durch den Arbeitsbereich für die Geschichte Polens und Geschichte des 16. bis 18. Jahrhunderts des Historischen Instituts der Uniwersytet Wrocławski vorbereitet. Im Vorfeld der Konferenz versuchten die Gesellschaften Towarzystwo Miłośników Historii und die Dolnośląskie Towarzystwo Społeczno-Kulturalne mit dem Breslauer Woiewodschaftsamt die Ausstellung „Społeczeństwo żydowskie w Polsce w latach 1866–1939“ nach Breslau zu holen. Sie eröffnete erst nach der Konferenz am 21. Juli 1988. 308 Bis Anfang der 1990er Jahre erschienen in Polen zur Vorkriegsgeschichte der Juden in Breslau und Niederschlesien keinerlei umfassende Studien oder Monografien, mit Ausnahme der Verfolgung nach 1933. Zum Forschungsstand zu jüdischen Themen an der Breslauer Universität von 1989. Vgl. den Forschungsstand in Konieczny, Alfred: Problematyka żydowska w badaniach Instytutu Historii Państwa i Prawa Uniwersytetu Wrocławskiego. In: Sobótka 44/1 (1989) 173. 309 Bronsztejn: Z dziejów. 310 Matwijowski: Z historii. 311 Ziątkowski: Ludność; ders.: Dzieje Żydów. 312 Bubnicki: Wrocławscy Żydzi 1850–1944 [am 21./22. Mai 1994]. 313 Jak: W Ratuszu o Edycie Stein. In: Gazeta Dolnośląska/Gazeta Wyborcza Wrocław am 14. Oktober 1991.

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literinnenordnen in Köln ein. 1942 wurde sie in Auschwitz ermordet, 1987 selig und 1998 heilig gesprochen. In Zusammenarbeit mit der Edith-Stein-Gesellschaft kuratierten Halina Okólska und Danuta Mrozowska die Ausstellung. Direktor Łagiewski hatte bereits 1988 einen längeren Beitrag zu Edith Steins „Breslauer Erinnerungen und Spuren“314 veröffentlicht, im Vorwort zum Ausstellungskatalog hob er sie hervor als „Tochter der jüdischen Nation, Philosophin, Ordensschwester, Märtyrerin, selig Gesprochene – die erste Seligsprechung einer gebürtigen Breslauerin.“315 Die Figur Edith Steins vereinte mehrere identitätsstiftende Projektionen: Sie war eine selig gesprochene deutsche Katholikin aus Breslau, die aufgrund ihrer jüdischen Abstammung von den Nationalsozialisten verfolgt und ermordet wurde. Seit 1997 wird ihrer mit einer vom Breslauer Stadtpräsidenten Bogdan Zdrojewski und seiner Frau gestifteten Marmorbüste im Breslauer Rathaus gedacht. Die zweite jüdische Breslauerin, an die mit einer Einzelausstellung erinnert wurde, war die Dichterin Friederike Kempner (1828–1904). Im deutschsprachigen Raum als „schlesischer Schwan“ oder „jüdische Nachtigall“ bekannt, war die gebürtige Breslauerin eine der Persönlichkeiten, deren Grab auf dem jüdischen Friedhof hervorgehoben wurde.316 Zusammen mit der deutschen Friederike-Kempner-Gesellschaft eröffnete das Historische Museum im Oktober 1993 eine Ausstellung für die Dichterin aus „einer durch den Holocaust ausgelöschten großen schlesischen Familie“.317 Das Historische Museum veranstaltete in den 1990er Jahren eine Vielzahl an Geschichts- und Kunstausstellungen, die nicht immer lokalgeschichtliche Bezüge aufwiesen. Jüdische Themen lassen sich hierunter mindestens alle zwei Jahre notieren. Parallel zur Neuauflage der großen Ausstellung zu den „Breslauer Juden 1850–1944“ wurde im April und Mai 1994 die Amsterdamer Wanderausstellung „Die Welt der Anne Frank 1929–1945“ gezeigt. Der Journalist Rafał Bubnicki von der „Rzczpospolita“ empfahl einen Ausstellungsbesuch insbesondere allen Breslauer Schülern, da einige von ihnen zum Frühlingsfest am 21. März vor dem Breslauer Rathaus „Sympathie mit Nazi-Symbolen demonstriert“ hatten.318 Die zuvor in Warschau und Krakau gezeigte Ausstellung stellte auf 78 Tafeln das Leben und die Verfolgung Anne Franks vor. In einem abschließenden Teil wurde angemahnt, dass der Nazismus nicht nur ein historisches Phänomen, sondern eine Ideologie sei, die unter bestimmten Umständen wieder aufleben könne.319 Die Geschichte und Gegenwart der polnisch-jüdischen Gemeinde in Breslau hatte in den musealen Präsentationen bisher im Schatten der Vorkriegsgemeinde gestanden. Zwei Jahre nach der erneut gezeigten Großausstellung zu den jüdischen Breslauer vor 314 Łagiewski, Maciej: Edyta Stein. Wrocławskie wspomnienia i ślady. In: Kwartalnik Kultura Dolnośląska 1/3 (1988) 41–43. 315 Łagiewski, Maciej: Żydówka, ateistka, chrześcijanka. In: Edyta Stein. Dzieje pewnej rodziny. Muzeum Historyczne we Wrocławiu/Towarzystwo im. Edyty Stein we Wrocławiu. Wrocław 1991. 316 Łagiewski: Der alte jüdische Friedhof [2004], 28. 317 Pułka, Leszek: Gabloty z dreszczykiem. In: Gazeta Dolnośląska/Gazeta Wyborcza Wrocław am 2./3. Oktober 1993, poln. Original: „wystawa dokumentuje przerwany przez holocaust los wielkiej śląskiej rodziny.“ 318 Bubnicki, Rafał: Świat Anny Frank. In: Rzczpospolita am 15. April 1994. 319 Sokulska, Katarzyna: „Dziennik“. Fragmenty. In: Gazeta Dolnośląska/Gazeta Wyborcza Wrocław am 15. April 1994; Świat Anny Frank. In: Słowo Polskie am 21. April 1994; Bubnicki: Świat.

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1945 wurde im Rathaus die Ausstellung „Juden in Niederschlesien in den Jahren 1945 bis 1948“ (1996) eröffnet.320 Die von Halina Okólska kuratierte Ausstellung zeigte hauptsächlich Fotografien der Hochphase polnisch-jüdischen Lebens in Breslau und Umgebung. Die Größe der Ausstellung und die mediale Aufmerksamkeit waren allerdings nicht vergleichbar mit der Ausstellung zu den deutschen Juden. Die Berücksichtigung der jüdischen Breslauer als Bestandteil der lokalen Kulturgeschichte wurde 1997 besonders deutlich, als anlässlich des Eucharistischen Weltkongresses in Breslau in der Sonderausstellung „Das Portrait der Breslauer Geistlichen“ neben der Geschichte der katholischen und protestantischen Gemeinden mit gleicher Ausführlichkeit auch die Geistlichen der jüdischen Gemeinde behandelt wurden.321 Zudem besteht seit 1997 im Alten Rathaus eine Art „Walhalla berühmter Breslauer“ vom Mittelalter bis in die Gegenwart. Die mittlerweile über 26 dauerhaft aufgestellten Marmorbüsten versammeln „Große Breslauer“ aus deutscher wie polnischer Zeit und entstammen größtenteils privaten Stiftungen. Knapp ein Viertel der präsentierten Persönlichkeiten sind jüdischer Abstammung. Allerdings wurde im Begleitband ihr jüdischer Hintergrund nicht als Merkmal herausgestellt, gar gegenüber „deutsch“ und „polnisch“ abgegrenzt, sondern schien allein in den biografischen Portraits durch – in der Familiengeschichte Ferdinand Lassalles, der NS-Verfolgung von Eugen Spiro, Edith Stein, Max Born und Fritz Haber beziehungsweise während der deutschen Besatzung bei Ludwik Hirszfeld. Bei Albert Neisser findet der jüdische Hintergrund der Familie keine Erwähnung.322 Innerhalb einer Dekade hatten sich das jüdische Kulturerbe und seine Geschichte von einem verdrängten und unbekannten Kapitel der Geschichte zu einem beachteten und teilweise sogar populär-mystifizerten Aspekt der Stadtgeschichte gewandelt. In der folgenden Dekade standen jüdische Themen nicht mehr derart stark im Mittelpunkt. Ausnahmen bildeten eine Kunstausstellung ohne stadtgeschichtliche Bezüge mit dem Titel „École de Paris – Jüdische Künstler aus Polen in der Sammlung von Wojciech Fibak“ (1999), eine Ausstellung mit 70 Fotografien von „jüdischen Sehenswürdigkeiten aus Mähren und Schlesien“, begleitet von der Judaica-Sammlung der jüdischen Gemeinde Breslau im Zeughaus (2000), eine Auswahl von Tafeln aus der Ausstellung von 1989/94 unter dem neuen Titel „Breslauer Juden 1854–1939“, aufgestellt zwischen Januar bis März 2000 in einem Pavillon am Alten Jüdischen Friedhof, oder die große Sonderausstellung im Nationalmuseum „Albert Neisser (1855–1916) – Sammler und Mäzen“ (2005) – wobei sich Neisser nicht als Jude definierte.323

320 Żydzi na Dolnym Śląsku w latach 1945–1948“, Ratusz Wrocławski, 1996. 321 Łagiewski, Maciej: Życie religijne gminy żydowskiej we Wrocławiu po 1812 roku. In: ders.: Portret wrocławskich duchownych. Muzeum Historyczne we Wrocławiu. Wrocław 1997, 55–68. 322 Łagiewski: Wielcy Wrocławianie. 323 „École de Paris. Artyści żydowscy z Polski w kolekcji Wojciecha Fibaka“, 1999–2000; „Żydowskie zabytki Moraw i Śląska“, Arsenał Miejski, 2000; „Wrocławscy Żydzi 1854–1939“, Muzeum Sztuki Cmentarnej, 2000; „Albert Neisser (1855–1916). Kolekcjoner i Mecenas“, Muzeum Narodowe we Wrocławiu, 2005.

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Judaica: Jüdische Stadtgeschichte

Genau zwanzig Jahre nach der ersten Ausstellung zu einem jüdischen Thema im alten Rathaus wurde in einer Neuauflage wieder an das Jüdische Theater Breslau erinnert. Im Oktober und November 2008 wurde im Breslauer Rathaus die Ausstellung „Das jüdische Theater in Niederschlesien in den Jahren 1946 bis 1968“ gezeigt. Dieses Mal wurde sowohl auf die genau 40 Jahre zurückliegende antisemitische Kampagne von 1968 verwiesen, die zur dauerhaften Schließung des Theaters führte, als auch auf das kulturelle Umfeld jüdisch-polnischen Lebens in Niederschlesien. Die von Anna Nowak kuratierte Ausstellung war ein Kooperationsprojekt des Städtischen Museums, des Fachbereichs für Jüdische Studien der Breslauer Universität und der Bente-Kahan-Stiftung. Wie 1988 wurde die Szenografie der Ausstellung durch ein farbenreiches Arrangement aus Kostümen und Bühnendekorationen bestimmt – nur konnten diesmal weitere Exponate gewonnen werden, wie Drehbücher, Presseartikel und Filmausschnitte. Aus der Sammlung des Städtischen Museums wurde unter anderem die Bühnenkulisse für das Stück „Sen o Goldfadenie [Traum von Goldfarben]“ gezeigt, die einen Schtetl-Markt darstellte. Die verschiedenen Requisiten und Fotografien verwiesen auf herausragende Schauspieler und Bühnenstücke des Theaters. Der zweite Teil enthielt Erinnerungsstücke aus der Breslauer Wohnung des Regisseurs Jakub Rotbaum, der sowohl in jüdischen wie in polnischen Theaterkreisen berühmt wurde. „Erinnert wird an Bühnenstücke, die nach dem Krieg Juden und Polen verband […]. Gezeigt werden mit der jüdischen Tradition verbundene Künste, gespielt auf Jiddisch, aber die Sprache war hier kein Hindernis, vielmehr eine Exotik“,324 ordnete die „Gazeta Wyborcza“ die gesellschaftliche und kulturelle Bedeutung des Theaters in ihrer Besprechung „Die Bühne, die nicht mehr existiert“ ein. „Die Nachkriegsgeschichte des Jüdischen Theaters in Niederschlesien steht in Verbindung mit dem 40. Jahrestag des März ’68, als in Folge antisemitischer Hetze der polnischen Regierung und der mit ihr verbundenen März-Ereignisse die Arbeit des Theaters beendet wurde.“325 Die vielfältigen Bilder und Beschreibungen der medial bereit rezipierten Ausstellung326 verwiesen sehr deutlich auf den kulturellen Verlust durch die erzwungene jüdische Emigration. 324 „Teatr Żydowski na Dolnym Śląsku w latach 1946–1968“, Stary Ratusz. Muzeum Miejskie Wrocławia, Oktober bis November 2008. Kołodyńska, Agnieszka: Scena, której nie ma. In: Gazeta Wyborcza Wrocław am 13. November 2008, poln. Original: „Zapomnianą scenę, która połączyła po wojnie Żydów i Polaków […]. Pokazywano sztuki nawiązujące do żydowskiej tradycji, grane w jidisz, ale język nie był przeszkodą, a raczej egzotyką.“ 325 K.T.: Teatr Żydowski we Wrocławiu. In: OtoWrocław, 23. Oktober 2008, http://www.otowroclaw. com/ news.php?id=15283&tytul=teatr-zydowski-we-wroclawiu [Zugriff am 4. Mai 2014], poln. Original: „Otwarcie wystawy, ukazującej dzieje powojennego Teatru Żydowskiego na Dolnym Śląsku związane jest z 40 rocznicą Marca ‘68, kiedy na skutek antysemickiej nagonki rządu polskiego i związanych z nią słynnych wydarzeń marcowych, zakończono działalność Teatru.“ 326 Wystawa „Teatr Żydowski na Dolnym Śląsku“. In: Jewish.org.pl, http://www.jewish.org.pl/index.php/ he/co-gdzie-kiedy-mainmenu-58/1800-wystawa-qteatr-mydowski-na-dolnym-blpskuq-wrocsaw.html [Zugriff am 4. Mai 2014]; Teatr Żydowski na Dolnym Śląsku. In: FaktyInteria.pl, 22. Oktober 2008, http://fakty.interia.pl/dolnoslaskie/news-teatr-zydowski-na-dolnym-slasku,nId,1181459 [Zugriff am 4. Mai 2014]; Teatr Żydowski na Dolnym Śląsku. In: Forum Znak. Żydzi. Chrześcijanie. Muzułmanie (28. Oktober 2008), http://www.znak.org.pl/?lang1=pl&page1= news&subpage1= news00&infopassid1=8051&scrt1=sn [Zugriff am 4. Mai 2014].

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Als Breslau 2009 erstmals im demokratischen Polen eine stadtgeschichtliche Dauerausstellung erhielt, bildete auch die jüdische Geschichte einen integralen Bestandteil dieser tausendjährigen Synthese. Auf die ersten Anfänge der jüdischen Gemeinde verweisen im ersten Ausstellungsraum „Unter der Herrschaft der Piasten“ der aus der Ausstellung von 1929 bekannte „älteste jüdische Grabstein in Polen“ von 1203 und eine Lithografie von 1808 mit dem Titel „Kapistran zu Breslau im Jahr 1453“. Zu der Verbrennung und Vertreibung der Breslauer Juden in der Frühen Neuzeit wurde betont, dass „erst im preußischen Breslau erneut eine jüdische Gemeinde entstehen“ konnte.327 Am sichtbarsten sind die jüdischen Breslauer im Raum „Erster Weltkrieg, Weimarer Republik, jüdische Gemeinde“. Auch hier finden sich aus den besprochenen Sonderausstellungen von 1989/94 bekannte Exponate. Die drei großen Chanukka-Leuchter aus der Neuen Synagoge und aus der Litauischen Synagoge, Leihgaben der Jüdischen Gemeinde, prägen das Arrangement aus gut 20 Exponaten. Im Hintergrund zeigt die Vitrine Fotografien „Jüdischer Persönlichkeiten“ und Ansichten von Breslauer Synagogen. Neben weiteren Ritualgegenständen wie die Rimonim und eine Chanukka-Lampe des Breslauer Silberschmieds Carl Friedrich Korok (1857)328 enthält die Vitrine einen Teller aus dem Breslauer „Israel Krankenhaus“, ein Buch und Mikroskop des Botanikers Ferdinand Cohn und verschiedene Gebetsbücher aus dem Jüdisch-Theologischen Seminar.329 Die bedeutende jüdische Gemeinde ist in diesem Raum sehr sichtbar, zugleich widerspricht die räumliche Trennung von der benachbarten Vitrine zur polnischen Minderheit Breslaus und hierneben zum kulturellen Leben in der Weimarer Republik dem Bild einer akkulturierten, teils assimilierten, und mit der Mehrheitsgesellschaft eng verflochtenen jüdischen Bevölkerung. Im folgenden Raum „Nazi-Diktatur und Zweiter Weltkrieg“ wird die Ausgrenzung, Diskriminierung und Vernichtung der jüdischen Gemeinde anhand von antisemitischen Propaganda-Plakaten, einer Fotografie der „brennende[n] Kuppel der Neuen Synagoge 1938“ und der bereits 1994 ausgestellten zerbrochenen Marmortafel aus der Synagoge „Zum Weißen Storch“ veranschaulicht. Blau-weiße „Gefängniskleidung aus dem Konzentrationslager Groß-Rosen“ mit einem P-Symbol (polnische Gefangene), Metallbecher und mehrere offizielle Dokumente beziehen sich allerdings nur auf die polnischen Opfer des Nazi-Terrors.330

327 Madera/Gross: Raum 3, 50–53. 328 Die Chanukka-Lampe von Carl Friedrich Korok aus den Museumssammlungen zeigte das Historische Museum bereits zu Beginn der 1980er Jahre in einer Silberschmiedeausstellung. Vgl. Orłowska, Danuta/Trzynadlowski, Jan J.: Srebro wrocławskie w zbiorach Muzeum Historycznego we Wrocławiu. Muzeum Historyczne we Wrocławiu. Wrocław [1985], 41. 329 Łagiewski, Maciej/Okólska, Halina: Raum 21. Erster Weltkrieg, Weimarer Republik, Jüdische Gemeinde. In: Łagiewski/Okólska/Oszczanowski (Hg.): 1000 Jahre Breslau, 267–286, hier 275–286. 330 Łagiewski, Maciej/Okólska, Halina/Błaszkowski, Bartłomiej: Raum 22. NS-Diktatur. Zweiter Weltkrieg. In: Łagiewski/Okólska/Oszczanowski (Hg.): 1000 Jahre Breslau, 287–296, hier 291 f. Die Ausführungen beziehen sich auf den Zustand der Dauerausstellung „1000 Jahre Breslau“ vor ihrer Ergänzung im Frühjahr 2016.

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Judaica: Jüdische Stadtgeschichte

Die folgenden zwei Räume über das polnische Breslau in der Volksrepublik erwähnen weder die bis zu 17.000 jüdischen Polen, die zwischen 1945 und 1948 in Breslau lebten, noch die antisemitische Kampagne von 1968, als viele Juden in die Emigration gezwungen wurden. Im anschließenden Raum zur Breslauer Theatergeschichte gibt es allerdings wieder einen Bezugspunkt zum jüdischen Leben nach 1945. Aus dem 1949 eröffneten Jüdischen Theater in Breslau zeigt die Ausstellung Teile der Kulissen und informiert über seine Zwangsauflösung nach der Kampagne von 1968. Die Dauerausstellung des Städtischen Museums breitet die tausendjährige Stadtgeschichte in über 25 Räumen mit knapp 3.000 Exponaten aus. In vier Räumen findet diese deutsch-polnische Verflechtungsgeschichte ihre Ergänzung um die jüdischen Aspekte des gesellschaftlichen Lebens in Breslau. Eine dauerhafte Museumspräsentation der langen Tradition jüdischen Lebens in der Stadt, die großen Unterschiede in den Existenz- und Lebensbedingungen vom Mittelalter bis zur Gegenwart und die Hervorhebung des Anteils an der städtischen Entwicklung blieben lange Zeit eine Vision der heutigen jüdischen Gemeinde Breslaus. Sie ist die zweitgrößte Gemeinde in Polen, aber mit rund 1.000 Familien331 oder 350 Gemeindemitgliedern war sie lange Zeit finanziell nicht in der Lage, ein Jüdisches Museum zu betreiben. Erst mit Unterstützung der Stiftung der norwegisch-jüdischen Künstlerin Bente Kahan konnte am 6. Mai 2010 die Wiederherstellung der Synagoge „Zum Weißen Storch“ erfolgreich beendet werden. Mit dem Abschluss der langjährigen Bauarbeiten wurde im ersten Stock des Gebets- und Kulturhauses die Dauerausstellung „Wiedergewonnene Geschichte – Jüdisches Leben in Breslau und Niederschlesien“332 eröffnet. Die von der Bente-Kahan-Stiftung und dem Fachbereich für Jüdische Studien der Breslauer Universität konzipierte Ausstellung erzählt auf 22 Tafeln die rund 850-jährige jüdische Regionalgeschichte. Der Bogen reicht von den ersten Siedlungen im frühen Mittelalter bis zur jüngeren Geschichte in einem „freien und demokratischen Polen“. Größtenteils mit fotografischen Reproduktionen und Texten, nur vereinzelt mit Objekten, verteilen sich die Ausstellungstafeln zu gleichen Teilen auf die Vorkriegs- wie auch auf die Nachkriegsgeschichte jüdischen Lebens in Breslau. Damit wird der Zeitraum 1945 bis 2006 tiefgründiger behandelt. Die Tafel „Schrecken und Entsetzen“, zum Pogrom von 1938, zu Deportation und Vernichtung, aber auch zum Überleben vieler jüdischer Breslauer in der Emigration und der „Rückkehr von 30 Juden in ihre Heimatstadt nach Kriegsende“, bildet hier keinen narrativen Schlusspunkt.333 Der folgende Ausstellungsabschnitt beginnt mit einer Reproduktion eines privaten Fotoalbums von Bronisław Eidler aus den Jahren 1945/46, in welchem jüdisches Leben in Breslau, Wałbrzych (zuvor Waldenburg), Rychbach (zuvor Reichenbach, später Dzierżoniów) und anderen Städten Niederschlesiens gezeigt wird. Zur großen jüdischen Ansiedlung in Niederschlesien und der 331 Lenarcik: A Community, 219. Zur heutigen Situation der jüdischen Gemeinde in Breslau vgl. auch Ruchniewicz/Ruchniewicz: Das neue jüdische Leben, 499–502. 332 Historia odzyskana. Życie Żydów we Wrocławiu i na Dolnym Śląsku. In: Centrum Kultury i Edukacji Żydowskiej w Synagodze pod Białym Bocianem. Fundacja Bente Kahan. Wrocław 2010, http://fbk. org.pl/new/projekty/ekspozycja-stala/ [Zugriff am 4. Mai 2014]. 333 Ausstellungstafel „Noc kryształowa …/Groza i przerażenie“.

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ersten Auswanderungswelle 1949/50 informieren die Tafeln „Wohin?“ und „Die große Emigration“.334 Die Erlebnisse der „umfassenden antisemitischen Kampagne“ von 1968, „als mehrere tausend Juden aus Breslau und Niederschlesien“ flohen, wird hier mit mehreren Tafeln erläutert, unter anderem einem Portrait einer Breslauer Schulklasse des „5. Liceums Szolem Alejchem“ von 1965, aus der „bis auf zwei alle Schüler 1968 emigrierten“.335 Der informative, oftmals textlastige zweite Teil der Ausstellung vervollständigt das Bild der in der bisherigen Musealisierung jüdischer Stadtgeschichte oftmals ausgelassenen Nachkriegsgemeinde. Während das Städtische Museum deutsch-polnisch-jüdische Geschichte in „Proportion“ zeigen möchte, wird in der Dauerausstellung der Synagoge bewusst auf die Traditionsstiftung der heutigen jüdischen Breslauer Wert gelegt – in der die biografischen Erfahrungen seit 1945 deutlich wirkmächtiger sind als die lange historische Tradition jüdischen Lebens in Niederschlesien. Im Jahr 2003 wurde die 800-jährige Präsenz jüdischen Lebens in Breslau mit Konzerten, Theateraufführungen, einer Konferenz wie auch einer Neuauflage der Sonderausstellung „Die Geschichte der Juden in Breslau“ gefeiert. Als das zentrale Traditionselement dieser Feiern diente die Breslauer Mazewa von 1203, dem 1917 gefundenen ältesten jüdischen Grabstein Schlesiens und Polens, der bereits in den jüdischen Ausstellungen im alten Breslau 1929 und 1933 exponiert worden war und vermutlich auch im jüdischen Pavillon 1948 Erwähnung gefunden hätte. Seit der ersten Ausstellung zum alten jüdischen Friedhof 1984 wird dieser wieder in verschiedenen stadtgeschichtlichen Ausstellungen präsentiert336 und seit Oktober 2014 sogar als digitale Kopie in der multimedialen Dauerausstellung des Warschauer Museums der Polnischen Juden gezeigt. In Breslau sind Ansätze einer lokalen Traditionsbildung seit den 1990er Jahren vielfältig und zahlreich. Doch ist ihr Erfolg begrenzt. Die museale Würdigung der Biografien jüdischer Breslauer in verschiedenen Sonder- und Dauerausstellungen seit 1989 kann nicht kompensieren, dass 1945–1947 ein radikaler Einschnitt in der Stadtbevölkerung stattgefunden hat: „However, one cannot avoid the impression that […] they [die deutschen Juden] are not anymore part of the city. […] Simply, there is no emotional relation between these two worlds because the ancestors of the Jews living now in Wrocław came from The Ukraine, Lithuania, and Poland. They can celebrate the achievements of Breslau’s Jewish community as part of their Jewishness, but they do not feel attached personally to them“,337 resümiert Mirosława Lenarcik in ihrer Studie. Die deutsch-jüdischen Breslauer sind nicht Teil individueller und persönlicher Erinnerungen, dafür fehlen die biografischen und kulturellen Bindungen. Jedoch sind sie Teil der städtischen Geschichtskultur geworden. Nach 40 Jahren der Abwesenheit jeglicher historischer Bezüge zu ihnen sind sie durch die Musealisierung und 334 Ausstellungstafeln „Dokąd?“, „Wielka emigracja“. 335 Ausstellungstafeln „Moja klasa zniknęła“. 336 Zur Ausstellungsgeschichte des Grabsteins von 1203 und den Feiern 2003 vgl. Ziątkowski, Leszek: Erinnerungsorte der Juden in Schlesien. In: Czapliński/Hahn/Weger (Hg.): Schlesische Erinnerungsorte, 78–93, hier 82 f., 93. 337 Lenarcik: A Community, 219.

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Erforschung eines eindrucksvollen Reliktes ihrer Kulturgeschichte, eines verfallenen Friedhofsfeldes, als Vermittler zwischen dem kulturellen Erbe des deutschen und des polnischen Breslau zurückgeholt worden. Ausstellungen städtischer Museen generierten hier neue Erzählungen im Interesse, eine Brücke zu bauen und damit der jungen Stadt eine Tradition zu stiften.

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6. Militaria: Der Kampf um die Stadt

6.1. Die Stadt der Befreiungskriege – Breslaus Kriegsausstellungen 1900–1945

Abbildung 22: Der ovale Saal des Vier-Kuppel-Pavillons war dem Breslauer Ursprung der Befreiungskriege gewidmet. Er bildete den symbolischen Mittelpunkt der Großausstellung „Jahrhundertfeier der Freiheitskriege“ (1913) und versammelte Dokumente und Gemälde zu den Breslauer Ereignissen. Rechts an der Wand hing die neu geschaffene Stadtansicht „Breslau um 1813“.

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Militaria: Der Kampf um die Stadt

Kriege markieren besonders einschneidende Ereignisse in der Geschichte von Städten, Regionen und Staaten. Die vernichtende Gewalt kriegerischer Ereignisse hat neben menschlichen Opfern häufig politische und kulturelle Umbrüche, Zerstörungen sowie Aufbauwerke zur Folge.1 An der Breslauer Stadtentwicklung lässt sich dies konkret festmachen: Zerstörerisch wirkten sich auf die Stadt vor dem Zweiten Weltkrieg vor allem der Mongolensturm (1241), die Stadtbrände 1342/49 und 1628, die Schlesischen (1757, 1760) und die Napoleonischen Kriege (1806) aus. Die Belagerungen während der Hussitenkriege (1459) und des Dreißigjährigen Krieges (1632) wehrte die Stadt durch ihre Befestigungsanlagen ab.2 Diese Kriegsereignisse prägten das lokale Selbstverständnis der Stadt. In der populären Geschichtskultur des 19. und frühen 20. Jahrhunderts wurden neben der Abwehr der böhmischen Hussiten im 15. Jahrhundert vor allem die Schlesischen Kriege (1740–1763) herausgestellt, im Zuge derer die Stadt preußisch wurde, ebenso wie die Befreiungskriege (1813–1815) gegen die napoleonische Herrschaft über Mitteleuropa, da diese ihren Ursprung in Breslau hatten. Als stadtgeschichtliche Wegmarke galt der „Mongolensturm“ von 1241, bei dem nahezu die gesamte alte Stadt zerstört und anschließend als koloniale Planstadt wiedererrichtet worden war. Maßgeblich prägten die neue Stadt „nach deutschem Recht“ Siedler aus West- und Mitteleuropa, die die piastischen Herzöge zur Entwicklung ihrer Ländereien angeworben hatten. In der Rückschau konstruierten die Historiker des 19. Jahrhunderts daraus das Entstehen der „deutschen“ Stadt, deren 700. Jahrestag 1941 als Gründungsjubiläum begangen und ideologisch aufgeladen wurde.3 Diese Wegmarken in der lokalen Geschichtskultur finden sich auch in den Breslauer Militaria-Ausstellungen. Deren Artefakte umfassten Waffen, Rüstungen, Uniformen, Kriegstrophäen und Schlachtendarstellungen. Wie überall in Europa vor dem Ersten Weltkrieg beschränkten sich auch in Breslau museale Kriegsdarstellungen auf Waffensammlungen als „militärische Wunderkammern“, die vom „eigenen Ruhm und der Niederlage des Gegners“4 kündeten. Die Geschichte von Kriegen und Konflikten reduzierten sie auf eine Zusammenstellung von militärgeschichtlichen Relikten. Die Geschichte der Breslauer Waffensammlungen begann erst im frühen 19. Jahrhundert und war damit vergleichsweise kurz. Im Gegensatz zu den großen musealen MilitariaSammlungen in Wien, München, Dresden und Berlin ging die Breslauer Waffensammlung nicht unmittelbar aus den Beständen der Zeughäuser hervor. Da nahezu das gesamte 1 Für die Untersuchung musealer Stadtgeschichte muss es bei dieser reduzierten Perspektive auf den Komplex „Krieg“ und seine Konsequenzen für Menschen, Politik, Wirtschaft und Umwelt bleiben. Zur Perspektivität gilt es zu beachten, dass die traditionelle Militärgeschichte Kriege hinsichtlich Ereignissen und kausalen Abhängigkeiten untersucht und mit den Kategorien Herrschaft, Strategie, Sieg und Niederlage arbeitet. Demgegenüber schließt die Kulturgeschichte auch Diskurse über Töten und Grausamkeit mit ein. Vgl. Hüppauf, Bernd: Was ist Krieg? Zur Grundlegung einer Kulturgeschichte des Kriegs. Bielefeld 2013, 26–28. 2 Vgl. die historischen Übersichten bei Davies/Moorhouse: Microcosm; Mühle: Breslau. 3 Conrads: Breslau, 145 f.; Garber: Das alte Breslau, 40–65. Zum Stadtjubiläum von 1941 vgl. in der vorliegenden Untersuchung am Ende des Kapitels 6.2 („Die Ausstellung ‚Wehrhaftes Deutschland von 1936‘“). 4 Thiemeyer: Fortsetzung, 95.

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Die Stadt der Befreiungskriege

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Inventar der beiden Breslauer Waffenarsenale um 1740 verkauft worden war, reichen die Ursprünge der Breslauer Waffensammlungen – wie auch bedeutende Teile der Kunstsammlungen – auf das preußische Edikt zur Säkularisierung der schlesischen Klöster und Kirchen von 1810 zurück.5 In der Mehrheit stammten die Militaria-Sammlungen daher nicht aus Breslau, sondern aus dem schlesischen Umland. Um die Jahrhundertwende besaß das 1899 gegründete Schlesische Museum für Kunstgewerbe und Altertümer eine Schausammlung mit Militaria in seiner „kulturgeschichtlichen Sammlung“, deren Grundstock aus dem Museum schlesischer Altertümer (1858–1897) hervorgegangen war. Dieses hatte eine „militärisch-ritterliche Abteilung“ besessen, zu deren ältesten Exponaten bei Ausgrabungen gefundene Schwerter, hauptsächlich aus dem 13. und 14. Jahrhundert, aber auch ein westafrikanisches Schwert zählten, welches irrtümlich als „Tatarenschwert“ bezeichnet worden war. Hinsichtlich des Gründungsmythos der deutschen Stadt (1241) gab das Museum bezeichnenderweise zu dessen Herkunft an: „Das Schwert soll von Leubuser Mönchen auf dem Schlachtfelde bei Wahlstatt (Mongolenschlacht 1241) gefunden worden sein und wurde im Zeughause des Klosters aufbewahrt.“6 Dieser Hinweis bezog sich auf die Niederlage eines polnisch-böhmisch-deutschen Ritterheeres unter dem Piastenherzog Heinrich dem Frommen (1196/1207–1241, poln. Henryk II Pobożny) gegen ein mongolisches Heer der „Goldenen Horde“ auf dem Schlachtfeld von Wahlstatt (poln. Legnickie Pole) bei Liegnitz am 9. April 1241. Acht Tage zuvor war Breslau belagert und bis auf die Burg nahezu vollständig zerstört worden.7 Der so genannte Mongolensturm besaß dabei eine lange Tradition in der regionalen Geschichtskultur, denn bereits seit dem 15. Jahrhundert war die große historische Bedeutung dieses Ereignisses für die Breslauer Stadtgesellschaft nachweislich.8 In der Ausstellung um 1900 ließen sich jedoch weder Erklärungen zu diesem einschneidenden Ereignis in der Breslauer Stadtgeschichte noch zu der politischen Situation des polnischen Herzogtums Schlesien im 13. Jahrhundert finden. Der Grund hierfür ist vor allem in der Ausstellungskonzeption zu suchen, denn die Schausammlung der Waffen diente noch nicht der Präsentation lokaler Ereignisgeschichte, sondern sollte 5 Zum Inventar des 1453/59 errichteten Zeughauses auf dem Burgfeld (heute Arsenał Miejski oder Arsenał Mikołajski) und des 1551 erbauten Zeughauses am Sandtor bzw. Ritterplatz (plac Nankiera, 1908 abgerissen) vgl. Seger: Geschichte, 8 f.; Breslauer Sammlung alter Waffen. In: Breslauer Neueste Nachrichten am 19. März 1932; Bandurska: Królewskie Museum, 27 f., 33. 6 Kalesse, Eugen: Führer durch die Sammlungen des Museums schlesischer Altertümer in Breslau. Breslau 1883, 29. Heinrich Kohlhaußen bezeichnete das Objekt als „West-afrikanisches Schwert mit Fischhautüberzug“. Vgl. Kohlhaußen: Schlesischer Kulturspiegel, 92. In Breslau befanden sich die Bestände des kleinen Zeughauses des Klosters in Leubus (poln. Lubiąż) seit 1810/12 als Folge der Säkularisation der klösterlichen Sammlungen. Vgl. Seger: Geschichte, 14; Hałub: Johann Gustav Gottlieb Büsching, 67 f. 7 Goldstein: Tausend, 24 f. 8 Schmidt, Katharina: Trauma und Erinnerung. Die Historisierung der Mongoleninvasion im mittelalterlichen Polen und Ungarn. Heidelberg 2013, 300 f. Die polnischen und deutschen Perspektiven auf die Schlacht bei Liegnitz resümiert tendenziös Petry, Ludwig: Die Mongolenschlacht bei Liegnitz in der neueren polnischen Geschichtsschreibung. In: Schlesisches Jahrbuch 8 (1935/36) 141–155.

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vornehmlich einem fachkundigen Publikum einen Überblick über die Entwicklung des Waffenwesens vom Mittelalter bis in die Gegenwart vermitteln. In diesem Zusammenhang ist ein genauerer Blick auf die Ausstellungen der Jahrhundertwende angebracht, da diese bereits die Zeugnisse für die politischen Sinnstiftungen in späterer Zeit enthielten. Im Mittelpunkt dieser Breslauer Militaria-Sammlung standen die in der Einleitung der vorliegenden Studie angesprochenen dekorativen Holzschilde, „deren Bemalung mit einem W und einem roten Kreuz im weissen Felde auf ihre Verwendung in den Kämpfen der Breslauer gegen die böhmischen Ketzer deutet“.9 Die mit einem W für „Wratislavia“ geschmückten Holzschilde der Breslauer Fußtruppen stammten bekanntlich aus den reformatorischen Hussitenkriegen (1419–1439), die auch auf Schlesien übergriffen. Die Mehrzahl der Waffen, Rüstungen und Uniformen blieb allerdings ohne Bezug zur Entwicklungsgeschichte Breslaus. So enthielt die Sammlung auch die süddeutschen „Punkwaffen“ des Herzogs von Liegnitz-Brieg, Friedrich II. (1480–1547),10 sowie eine Sense und die Kopfbedeckungen einer „polnischen Konfederatka“ und eines „polnischen Tschako (weisser Adler)“ vom Novemberaufstand in Kongresspolen (1830/31),11 außerdem zahlreiche Beutewaffen und Uniformen aus den „deutschen Einigungskriegen“ mit Dänemark, Österreich und Frankreich (1864–1871). Eine Ausnahme in der auf Militaria spezialisierten Schausammlung bildeten die „Befreiungskriege“ (1813–1815), zu denen „nicht bloss die wichtigsten Waffen der preussischen und französischen Truppengattungen, sondern auch eine Auswahl gut erhaltener Uniformen und zahlreiche Erinnerungen, Flugblätter, Karikaturen, Portraits u. dgl.“12 ausgestellt wurden. Zu diesen „Erinnerungen“ zählten unter anderem Drucke des Breslauer „Aufrufs an mein Volk“ vom 17. März 1813, die Siegesnachricht von der Schlacht bei Leipzig (23. Oktober 1813), Bestände aus dem Feldservice Napoleons, Spender-Ringe mit dem Spruch „Gold gab ich für Eisen“ sowie Fahnen des 1876 aufgelösten „Vereins der schlesischen Freiwilligen“. Diese besondere museale Herausstellung entsprach der Bedeutung der Befreiungskriege in der lokalen Geschichtskultur, denn aus dem Breslauer Residenzschloss erteilte 1813 der preußische König Friedrich Wilhelm III . anlässlich des Besuchs des russischen Zaren Alexander I. die Aufrufe „An mein Volk“ und „An mein Kriegsheer“ zum Kampf gegen die napoleonische Vorherrschaft und stiftete den Militärorden „Eisernes Kreuz“. Breslau war damit ein Ursprungsort des Aufstandes, der 1815 zum Sieg über Napoleon führte.13 Als „das Glück des großen politischen

  9 [Masner/Seger]: Überblick, 46. 10 Seger: Geschichte, 5 f.; Kohlhaußen, Heinrich: Kunstwerk des Monats. Süddeutsche Prunkwaffen und ‑gürtel um 1530–45. In: Schlesische Zeitung am 23. März 1935. 11 Kalesse, Eugen: Führer durch die Sammlungen des Museums schlesischer Altertümer in Breslau. Breslau 31891 [11883], 69. 12 [Masner/Seger]: Überblick, 46 f. 13 Die Breslauer Aufrufe am 17. März 1813 markierten „den offiziellen Beginn der Befreiungskriege“. Ihnen gingen die französische Niederlage im Russlandfeldzug (1812), die russisch-preußische Konvention von Tauroggen (30.12.1812) und die Flucht des preußischen Königs nach Breslau Ende Januar 1813 voraus. Vgl. Gehrke, Roland: „An mein Volk!“. Die Breslauer Proklamation Friedrich Wilhelms III.

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Augenblicks“14 in seiner Geschichte wurde des Beginns der Befreiungskriege in der Stadt gedacht. Der Verweis auf den Ursprung der Befreiungskriege sollte die Bedeutung Breslaus für die deutsche Nationalgeschichte betonen und damit das unliebsame Klischee einer rückständigen Stadt in den östlichen Provinzen entkräften, zumal die Zeit der „deutschen Erhebung“15 – wie sie der Historiker Friedrich Meinecke (1862–1954) bezeichnete – in der Rezeption des 19. und frühen 20. Jahrhunderts als ein Schlüsselereignis der modernen deutschen Geschichte galt. Die Freiheits- oder Befreiungskriege boten sich gerade wegen ihrer „Vielgestaltigkeit zu diversen Legitimierungszwecken“ liberaler wie auch konservativer politischer Strömungen an.16 Hieraus rührte auch der Entschluss der Breslauer Stadtregierung, zum 100. Jahrestag des Beginns der Befreiungskriege ein monumentales Großereignis auszurichten, um Breslaus Bedeutung im ganzen Land zu untermauern. Für die Feiern entwickelte die Stadt zwischen 1911 und 1913 ein weitläufiges Ausstellungsgelände im Scheitniger Park, in dessen Mittelpunkt die modernistische „Jahrhunderthalle“ von Max Berg (1870–1947) und der „Vier-Kuppel-Pavillon“ von Hans Poelzig (1869–1936) errichtet wurden.17 Unter dem Patronat des preußischen Kronprinzen Wilhelm (1882–1951) und mit Unterstützung des preußischen Innen- und Finanzministeriums18 organisierte ein städtisches Ausstellungskomitee eine historische Großausstellung zur „Jahrhundertfeier der Freiheitskriege“ für den Zeitraum vom 20. Mai bis 26. Oktober 1913: „Die Hauptstadt der Provinz Schlesien hat ein Ehrenvorrecht auf diese Ausstellung. In den Ostmarken nahm Preußens Geschick im Frühjahr und Sommer 1813 die rettende Wendung. […] In Breslau erließ König Friedrich Wilhelm III . den lang ersehnten, befreienden Aufruf ‚An Mein Volk‘. Hier vornehmlich sammelte und rüstete sich Preußens wehrhafte Mannschaft, die Blüte der deutschen Jugend. Auf schlesischem Boden knüpfte und erweiterte sich der Völkerbund gegen Napoleon.“19 Der Nachdruck, mit dem auf die Bedeutung Breslaus in dem Schreiben des Organisationskomitees hingewiesen wurde, war nicht nur Ausdruck städtischer Werbepolitik, sondern auch eine Reaktion auf die konkurrierenden Feierlichkeiten zur Schlacht von Leipzig (16.–19. Oktober 1813), die 1913 in der Enthüllung des Leipziger „Völkerschlachtdenkmals“ kulminierten. Statt

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vom 17. März 1813. Genese, Wirkung, Rezeption. In: ders. (Hg.): Von Breslau nach Leipzig. Wahrnehmung, Erinnerung und Deutung der antinapoleonischen Befreiungskriege. Köln/Weimar/Wien 2014, 49–66, hier 51f, 63 f. Conrads: Breslau, 145. Meinecke, Friedrich: Das Zeitalter der deutschen Erhebung 1795–1815. Bielefeld/Leipzig 1906. Brandt, Peter: Die Befreiungskriege von 1813 bis 1815 in der deutschen Geschichte. In: ders. (Hg.): An der Schwelle zur Moderne. Deutschland um 1800. Bonn 1999, 83–115, hier 83 f. Zur Architektur und Geschichte des Ausstellungsgeländes an der Jahrhunderthalle vgl. Ilkosz: Tereny wystawowe, 393–420; ders.: Hans Poelzigs Projekte für die Jahrhundertausstellung in Breslau 1913. In: ders./Störtkuhl (Hg.): Hans Poelzig, 389–448; ders.: Die Jahrhunderthalle und das Ausstellungs­ gelände in Breslau. Das Werk Max Bergs. München 2006, 70–95; Eiden/Weger: Von der „Jahrhunderthalle“, 221–248. Vaterländische Jubiläumsausstellung in Breslau, 1912: GStA PK, XVI. HA, Rep. 30, 887, Bl. 2. Masner, Karl: Programm zur Ausstellung der Jahrhundertfeier der Freiheitskriege. Ehrenausschuss der Ausstellung zur Jahrhundertfeier der Freiheitskriege Breslau 1913. Breslau 19. Februar 1912: SBB PK, Gerhart Hauptmann Nachlass, 973719.

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der Errichtung eines kolossalen Nationaldenkmals sollte in Breslau die Eröffnung der Jahrhunderthalle und einer Geschichtsausstellung Modernität demonstrieren20 – zudem fanden anlässlich des Jubiläums auf dem Breslauer Gelände auch eine Kunstausstellung, eine botanische Ausstellung und eine Kolonialausstellung statt.21 Die Konzeption und Entwicklung der historischen Ausstellung erfolgte durch den Direktor des Schlesischen Museums für Kunstgewerbe und Altertümer, Karl Masner (1858–1936), und verschiedene Mitarbeiter des Museums – die Organisatoren konnten vielfältige Leihgaben aus Deutschland, Österreich, Russland und Schweden gewinnen. In 56 Räumen entfaltete die Ausstellung mit mehr als 7.200 Exponaten die kriegerischen Ereignisse zwischen dem Ende des französischen Russlandfeldzuges 1812 und dem zweiten Frieden von Paris 1815. Die vier Abteilungen umfassten Andenken an die „führenden Persönlichkeiten“, eine „Darstellung des Heereswesens“ und der Ereignisse zwischen 1812 und 1815 sowie abschließend ein Portrait der Kulturgeschichte der Zeit.22 Gemälde mit Monarchen und Generälen sowie Waffen und Uniformen aller beteiligten Staaten prägten die Mehrzahl der Ausstellungsräume. Daneben gab es auch thematische Räume zur Kunst und Mode sowie zur Einrichtungs- und Musikkultur des frühen 19. Jahrhunderts. An die Gefallenen der siegreichen Staaten erinnerte eine Gedenkhalle. Für den lokalen Bezugsrahmen war insbesondere der ovale Kuppelsaal (Raum 26) von Bedeutung. Der herausgehobene Raum zum historischen Geschehen in Breslau soll 20 Zu einem Vergleich der Breslauer und Leipziger Feiern 1913 vgl. Eiden, Maximilian: Jahrhundert­ denkmäler und Jahrhundertfeiern der „Befreiungskriege“ in Leipzig und Breslau. Zwei gegenläufige nationale Erinnerungsprojekte?. In: Born, Robert/Labuda, Adam S./Störtkuhl, Beate (Hg.): Wizualne konstrukcje historii i pamięci historycznej w Niemczech i w Polsce 1800–1939/Visuelle Erinnerungskulturen und Geschichtskonstruktionen in Deutschland und Polen 1800–1939. Warszawa 2006, 205–229. Zuvor auch: Dyroff, Stefan: 1813–1913 Patriotische Jahrhundertfeiern in Leipzig und Breslau. In: Breysach, Barbara (Hg.): Europas Mitte Mitteleuropa. Europäische Identität? Geschichte, Literatur, Positionen. Berlin 2003, 32–46. Zur geschichtspolitischen Bedeutung der Breslauer Ausstellung vgl. auch Gussone: Die historische Ausstellung, 451–475; Müller, Roland B.: Breslau im Jahr­ hundertjahr 1913. Die Ausstellung, die Feiern der Freiheitskriege von 1813 und die Jahrhunderthalle als Ort und Denkmal für das Jahrhundertereignis. In: Niedersen, Uwe (Hg.): Sachsen, Preußen und Napoleon. Europa in der Zeit von 1806–1815. Dresden 2013, 517–525; Schultz, Maria: Die Dynamik intermedialer Konstruktionen von historischen Ereignissen. Denkmale, Romane und Ausstellungen als Orte der Erinnerung an Schlesien 1813. In: Gehrke (Hg.): Von Breslau, 137–168, hier 164–166. 21 Katalog der Ausstellung des Künstlerbundes Schlesien anlässlich der Jahrhundertfeier der Freiheitskriege. Breslau 1913; Ausstellung für Friedhofskunst. Mit einem Geleitwort von Stadtbauinspektor Alfred Behrendt. Breslau 1913. Zur Friedhofs-, Kolonial- und Gartenbauausstellung vgl. auch Ausstellungsleitung (Hg.): Jahrhundertfeier der Freiheitskriege. Breslau 1913. Amtlicher Führer. Breslau/ Berlin [1913], 937–175; Ilkosz, Jerzy: „Schlesischer Bund für Heimatschutz“ i wystawa sztuki cmentarnej. In: Roczniki Sztuki Śląskiej 16 (1997) 173–182. 22 Die Vorbereitungen des historischen Teils der Breslauer Großausstellung wurden hauptsächlich durch die Mitarbeiter des SMfKuA getragen. Aufgrund der Arbeitsbelastung wurden die Ausstellungsräume des Museums im Vorfeld der Eröffnung (10. März–18. Juni 1913) geschlossen. Der Zar von Russland zeichnete den Museumsdirektor und seine Mitarbeiter für die Organisation der Ausstellung im Mai 1914 mit Verdienstsorden aus. Vgl. die handgeschriebene Chronik des Museums: MNWr, SMfKuA, Wycinki prasowe 1906–1923. Für einen zusammengefassten Rundgang durch die Ausstellung vgl. Ausstellungsleitung: Jahrhundertfeier, 59–89. Zur Gliederung und den Exponaten vgl. Jahrhundertfeier der Freiheitskriege Breslau 1913. Katalog der Historischen Ausstellung. Breslau 41913 [11913].

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daher näher betrachtet werden.23 Den Kuppelsaal prägte eine große dreiteilige Stadtansicht Breslaus um 1813, bereits ohne die seit 1807 abgetragenen alten Festungsmauern. Das Triptychon hatte der aus der Museumsausstellung „Alt-Breslau“ bekannte schlesische Maler Max Wislicenus (1861–1957) eigens für die Ausstellung geschaffen. Aus verständlichen Gründen entschied die städtische Ausstellungsleitung, dass das Breslauer Zimmer den „geistigen und örtlichen Mittelpunkt der Ausstellung“ bilden sollte, da „in der Geschichte der Freiheitskriege das schönste Kapitel die Volkserhebung“ sei.24 Zu der Breslauer „Volkserhebung“ zeigte ein Gemälde des Historienmalers Arthur Kampf (1864–1950) aus der Königlichen Nationalgalerie Berlin die Ansprache von Professor Henrik Steffens (1773–1854) an die Breslauer Studenten zum Kampf gegen Napoleon vom 8. Februar 1813. Ein weiteres Gemälde, von Eduard Kaempffer (1859–1926), bildete die Versammlung der Freiwilligen vor dem Werbebüro der „Lützower“ in der Wirtschaft „Goldener Zepter“ an der Schmiedebrücke (heute Ulica Kuźnicza) ab. In diesen zu späterer Zeit entstandenen traditionsbildenden Historiengemälden manifestierte sich eine visuelle Deutung der Breslauer Ereignisse, in deren Rahmen der Raum über 210 historische Relikte versammelte. Neben Korrespondenzen des preußischen Königs mit dem russischen Zaren und der Urschrift des Aufrufs „An mein Volk“ zählte hierzu auch ein Dokument, welches für Breslaus dynamischen und repräsentativen Ausbau im 19. Jahrhundert zentral war, nämlich die Urkunde, mit der die Besitzrechte der ehemaligen Festungsanlagen vom König an die Stadt Breslau übertragen wurden (21. August 1813). Von der hohen Anzahl der ausgestellten Drucke, Portraits und Stadtansichten versprachen sich die Organisatoren eine Präsentation in einer „wunderbaren Nähe, in die uns jetzt die Freiheitskriege wieder gerückt sind“.25 Das kostspielige Werbeprojekt der Breslauer Stadtregierung schien sich auszuzahlen: Die Breslauer Großausstellung verzeichnete über 4,6 Millionen Besucher aus dem In- und Ausland.26 Der 530 Seiten umfassende Katalog der historischen Ausstellung erlebte vier Auflagen27 – und „Breslau als Mittelpunkt der Bewegung von 1813“28 fand in einem breiten medialen Echo vielfache Beachtung. Verschiedene Verlage publizierten Bildbände zur Ausstellung und der Stadt,29 und zum Breslauer Ausstellungsraum 23 Eine ausführliche Besprechung des Breslau-Raumes findet sich bei Wendt, Heinrich: Der Raum Breslau in der historischen Ausstellung. In: Schlesien. Illustrierte Zeitschrift für die Pflege heimatlicher Kultur 6 (1912/13) 531–536. Vgl. auch Eiden: Jahrhundertdenkmäler, 221 f. 24 Masner, Karl/Hintze, Erwin (Hg.): Die Historische Ausstellung zur Jahrhundertfeier der Freiheitskriege Breslau 1913. Breslau 1916, 24 f. 25 Masner/Hintze: Die Historische Ausstellung, 26. 26 Das gesamte Ausstellungsgelände, einschließlich Gärten und Vergnügungspark, besuchten zwischen dem 20. Mai und 26. Oktober 1913 insgesamt 4.646.000 Gäste, davon fast 95.000 am letzten Öffnungstag. Vgl. Schluß der Jahrhundertausstellung. In: Schlesische Zeitung am 27. Oktober 1913. 27 Der Katalog der Historischen Ausstellung umfasst in der 1. Auflage 480 Seiten und in der 4. Auflage 531 Seiten. Vgl. Jahrhundertfeier. Katalog [11913, 41913]. 28 Kaufmann, Georg: Breslau als Mittelpunkt der Bewegung von 1813. In: Die Woche – Sondernummer: Breslauer Ausstellung 1913 zur Jahrhundertfeier der Freiheitskriege (1913) 25–27. 29 Unabhängig von den Publikationen der Ausstellungsleitung erschienen die Hefte: Jahrhundertfeier der Freiheitskriege, Breslau, Mai–Oktober 1913. Berlin 1913; Die Woche – Sondernummer: B ­ reslauer Ausstellung 1913 zur Jahrhundertfeier der Freiheitskriege (1913).

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erschien eine gesonderte Mappe mit Reproduktionen zu verschiedenen in der Ausstellung gezeigten Dokumenten und Stadtansichten.30 Die patriotische Großausstellung zeigte Breslau als den Ausgangsort eines verklärten Krieges, dessen antifranzösische Stoßrichtung am Vorabend des Ersten Weltkrieges an Aktualität nicht verloren hatte. In einer 1916 erschienenen umfassenden Ausstellungsdokumentation der Organisatoren wurden die Spenden der Breslauer Bevölkerung von 1813 gar direkt in einen Bezug zu den Kriegsanleihen im Ersten Weltkrieg gesetzt: „Gerne vergleichen wir auch die damalige Fürsorge für die Verwundeten und andere Anforderungen an die Bürgerschaft mit den heutigen Einrichtungen und das Leben der damaligen ‚guten Breslauer‘ mit dem unseren während der Kriegszeit.“31 Während die hundert Jahre zwischen 1813 und 1913 zu einem beispiellosen Wachstum und Aufstieg der Stadt von 68.000 auf 540.000 Einwohner führten, sollte der Erste Weltkrieg den Fortschrittsoptimismus der Stadt empfindlich dämpfen. Eine zunächst befürchtete russische Invasion blieb aus, die militärischen Vorbereitungen wie auch die Evakuierung von Breslauer Museumsbeständen nach Berlin wurden bereits 1915 wieder zurückgenommen.32 Aufmerksam begleitete die Stadt jedoch auch das weit entfernte Kriegsgeschehen, unter anderem durch Sonderausstellungen der Breslauer Museen. Für die Kriegspropaganda hatten Ausstellungen im Ersten Weltkrieg eine größere Bedeutung als im folgenden Weltkrieg.33 Bereits im ersten Kriegsjahr begann der Aufbau von Sammlungen mit Dokumenten, Fotografien, Trophäen und künstlerischen Verarbeitungen der laufenden Kriegsereignisse, denn ein „möglichst vollständiges Bild“ des hoffnungsvoll erwarteten Krieges und nicht nur nachträglich zusammengetragene Überreste sollten den Krieg musealisieren.34 30 Geschäftsstelle für die Jahrhundertfeier der Freiheitskriege, Breslau: Interessante Bilder aus Alt-Breslau. [Mappe mit 14 Drucken]. Berlin 1913. 31 Masner/Hintze: Die Historische Ausstellung, 26. Die großformatige Ausstellungsdokumentation mit 75 Seiten und 100 Abbildungen erschien im Juni 1916. Sie markiert die bis heute umfangreichste Publikation zu einer Breslauer Ausstellung. Vgl. Das Werk über die historische Ausstellung 1913: MNWr, SMfKuA, I/156, Bl. 261. 32 Auf Anweisung der Breslauer Kommandantur und des Oberbürgermeisters evakuierte das SMfKuA am 16. September 1914 mehrere Kisten mit wertvollen Sammlungsbeständen nach Berlin. Die Sicherung der Sammlungen sollte in „in unauffälliger Weise“ erfolgen, um „unberichtigte Beunruhigungen im Publikum“ zu vermeiden. Nach Abwehr der russischen Offensive wurde der Rücktransport im September 1915 veranlasst. Vgl. Kommandantur IIb/1356 an Oberbürgermeister, 15. September 1914: MNWr, SMfKuA, I/65, Bl. 367. Zum russischen Vorstoß in Richtung Schlesien 1914/15 vgl. Gelles, Romuald: Wrocław w latach wielkiej wojny 1914–1918. Wrocław 1989, 44 f.; Davies/Moor­ house: Microcosm, 277 f. 33 In beiden Weltkriegen begleiteten Beuteausstellungen das aktuelle Kriegsgeschehen. Als Medium der Propaganda standen Ausstellungen im Zweiten Weltkrieg jedoch im Schatten von Kino und Radio. Martin Roth betont, dass das Museum „im Ersten Weltkrieg […] eine wichtige Medienfunktion übernommen hatte“, während es „im Zweiten Weltkrieg der reinen Zerstreuung“ diente. Roth: Heimatmuseum, 107. Christine Beil hingegen sieht bei den Beuteschauen im Zweiten Weltkrieg „in vieler Hinsicht Ähnlichkeiten mit der Zeit zwischen 1914 und 1918“. Beil: Der ausgestellte Krieg, 367 f. 34 Beil: Der ausgestellte Krieg, 31–39, 45 f.; Thiemeyer: Fortsetzung, 95 f.

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Diese in vielen Städten angelegten Sammlungen ließen in Breslau darüber hinaus ein besonderes Großprojekt entstehen – in der Stadt sollte ein „Museum des Weltkrieges“ errichtet werden: „Wenngleich wir noch mitten im Kriege stehen, so ist es doch nicht zu früh, daran zu denken, wie dieses gewaltigste Ereignis der neueren Geschichte den kommenden Geschlechtern in lebendiger Erinnerung erhalten werden kann. Das wirksamste Mittel ist ohne Zweifel die unmittelbare Anschauung“,35 schrieb der Initiator der Jahrhundertausstellung 1913 und Museumsdirektor Karl Masner im Juni 1915. Masner konnte den Breslauer Oberbürgermeister für seine Pläne zur Einrichtung eines Breslauer „Museum des Weltkrieges“ im „Scheitniger Ausstellungsgebäude“, dem VierKuppel-Pavillon, gewinnen: „Es soll die Zeugnisse des Opfer- und Heldenmutes unseres Volkes sowie des gehässigen Verhaltens unserer Feinde enthalten und das bürgerliche Leben unter dem Einflusse des Krieges schildern. […] Die Stadt Breslau, die das Gedenkwerk zur Jahrhundertfeier der Freiheitskriege geschaffen hat, wird eine stolze Überlieferung nur fortführen, wenn sie für die beste Art der Darstellung eines noch gewaltigeren Abschnittes der deutschen Geschichte beispielgebend eintritt“,36 wie es im überarbeiteten Antrag an die Stadtverordnetenversammlung hieß. Die Pläne für ein Breslauer Weltkriegsmuseum stießen auf landesweite Resonanz und das Interesse anderer Städte, die ähnliche Museen planten.37 Sogar die bedeutende Kunstzeitschrift „Cicerone“ berichtete im November 1915 über die Pläne zur „Errichtung eines Museums des jetzigen Weltkrieges“ in Breslau.38 Das Breslauer Kunstgewerbemuseum stand in einer Reihe deutscher Museen und Bibliotheken, die Kriegsdokumente direkt von der „Sammelstelle für Kriegsveröffentlichungen in Belgien“ bezogen.39 Das Weltkriegsmuseum verblieb allerdings im Planungsstadium, denn Museumsdirektor Masner und der Magistrat konnten nicht die Zustimmung der Stadtverordnetenversammlung gewinnen, da Masner vorgeworfen wurde, bereits für die ungeplant hohen Kosten der Jahrhundertausstellung verantwortlich gewesen zu sein. Statt eines kostspieligen Museums wurden daher im Dezember 1915 lediglich 30.000 Reichsmark für den weiteren Aufbau einer Sammlung von „Erinnerungen an den Weltkrieg“ bewilligt.40 Einschränkungen erfuhren die Sammelaktionen während des laufenden Krieges 35 MNWr, SMfKuA, I/65, Bl. 4. 36 MNWr, SMfKuA, I/65, Bl. 18; Antrag des Magistrats betr. Errichtung eines Museums des Weltkrieges. In: Breslauer Gemeindeblatt 14/65 (1915) 1099–1100. 37 Nach einer Übersicht aus den Korrespondenzen planten neben Berlin und Breslau auch Bromberg, Darmstadt, Dortmund, Düsseldorf, Hannover, Posen und Straßburg den Aufbau selbständiger Kriegsmuseen. Vgl. MNWr, SMfKuA, I/65 Bl. 73. Zu den Kriegsausstellungen und -museen vgl. Lange, Britta: Einen Krieg ausstellen. Die „Deutsche Kriegsausstellung“ 1916 in Berlin. Berlin 2003, 4–11. Zum Berliner „Reichskriegsmuseum“ vgl. Beil: Der ausgestellte Krieg, 55–70. 38 Rundschau. Sammlungen. In: Der Cicerone 7/21–22 (1915) 406–407. 39 Übersicht der in Deutschland belieferten Kriegssammlungen: MNWr, SMfKuA, I/65, Bl. 98. 40 Presseschau: MNWr, SMfKuA, I/65, Bl. 360 f.; Sitzungsverhandlung der Verwaltungsdeputation des Schlesischen Museums für Kunstgewerbe und Altertümer am 20. Dezember 1915: APWr, Akta Miasta Wrocławia, 32488, Bl. 60; Aus der Stadtverordneten-Versammlung. In: Breslauer Gemeindeblatt 14/70 (1915) 1244. Der Breslauer Magistrat verfügte bereits am 23. Juli 1915 die Sammlung von „Drucksachen, Bekanntmachungen und Anschlägen“ in den städtischen Dienststellen für ein Museum zum Weltkrieg und gewährte am 27. Juli 1915 zum Erwerb von Exponaten einen Vorschuss von

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auch durch die staatliche Zensur, die seit Ende 1915 das „Sammeln von Feldbriefen, Feldpostkarten, Aufzeichnungen, Tagebüchern von Teilnehmern an dem gegenwärtigen Kriege“ untersagte.41 Schließlich sollten die Ausstellungen den laufenden Krieg durch geschönte Bilder heroisieren und ihm durch eine Musealisierung einen kulturellen Wert beimessen. Wie die meisten deutschen Großstädte war auch Breslau Schauplatz in Berlin geplanter Wanderausstellungen zum Kriegsgeschehen, die von den deutschen Siegen künden, die Opferbereitschaft der Bevölkerung stärken und zugleich auf die Bevölkerung beruhigend wirken sollten.42 Im Sommer 1915 zeigte das Deutsche Rote Kreuz Exponate aus der Geschichte und Gegenwart der Kriegsverwundetenversorgung – allesamt Leihgaben aus dem Hygienemuseum Dresden und verschiedener Berliner Institutionen. Der „Breslauer Verein vom Roten Kreuz“ veranstaltete parallel hierzu die Ausstellung „Schlesische Kriegswohlfahrtspflege im Felde und in der Heimat“.43 Die große „Deutsche Kriegsausstellung“ mit Beutewaffen, Uniformen, Schriften und Fotografien war von Mai bis Juli 1916 in der Ausstellungshalle „Friebeberg“ an der Kaiser-Wilhelm-Straße (jetzt Ulica Powstańców Śląskich) zu sehen.44 Die lokalen Museen begleiteten diese reisenden Propagandaschauen mit eigenen Präsentationen. Eine Ausstellung zum laufenden Weltkrieg mit „Erwerbungen für die Abteilung der Kriegserinnerungen“ wurde im Mai und Juni 1916 im Lichthof des Breslauer Kunstgewerbemuseums präsentiert. Diese zugunsten des „Breslauer Vereins vom Roten Kreuz“ veranstaltete Ausstellung zeigte sowohl „Kriegsbilder“, Gemälde und Zeichnungen schlesischer Maler wie auch Fotografien und „kulturhistorische“ Exponate, darunter Modelle von Blockhäusern und Unterständen.45 Weitere Sonderausstellungen des städ-

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3.000 Mark, wobei die hierfür insgesamt beantragten 30.000 Mark noch nicht von der Stadtverordnetenversammlung beschlossen waren. Dieser Vorgriff sorgte für Irritationen in der Versammlung. Vgl. APWr, Akta Miasta Wrocławia, 32488, Bl. 50 f., 59. Brief des Innenministeriums, 03. Juni 1916: APWr, Akta Miasta Wrocławia, 32488, Bl. 114 f. Roth: Heimatmuseum, 35. Zu den in Breslau gezeigten Wanderausstellungen vgl. Beil: Der ausgestellte Krieg, 130–132, 137–139, 161 f. Beide Ausstellungen waren vom 21. August bis 10. September 1915 in der Ausstellungshalle „Friebeberg“ an der Kaiser-Wilhelm-Straße zu sehen. Die „Ausstellung für Verwundeten- und Krankenfürsorge im Kriege“ wurde erstmals zwischen Dezember 1914 und Januar 1915 im Berliner Reichstagsgebäude gezeigt. Vgl. [Kirchner, Martin]: Ausstellung für Verwundeten- und Krankenfürsorge im Kriege/Schlesische Kriegswohlfahrtspflege im Felde und in der Heimat. Breslauer Verein vom Roten Kreuz. Breslau 1915. Die „Deutsche Kriegsausstellung“ des Preußischen Kriegsministeriums und des Deutschen Roten Kreuzes wurde vom 20. Mai bis 2. Juli 1916 in Breslau gezeigt. Die Wanderausstellung eröffnete Anfang 1916 in fünf ähnlichen Versionen in Berlin, Karlsruhe, Darmstadt, Schwerin und Breslau und reiste bis 1917 durch knapp 30 Städte. Vgl. Lange: Einen Krieg ausstellen, 2 f., 15–88; Beil: Der ausgestellte Krieg, 160–178. Die vom Museum 1915 angekauften Gemälde und Zeichnungen stammten u. a. von Max Wislicenus, Fritz und Erich Erler. Zu den weiteren Exponaten zählten russische Bilderbögen sowie Kriegs- und Gefangenengeld. Die Eintrittsgelder von 200 Mark spendete das Museum dem Breslauer Verein vom Roten Kreuz. Vgl. Kriegs-Ausstellung im Kunstgewerbemuseum. In: Schlesische Zeitung am 29. Mai 1916; MNWr, SMfKuA, I/65, Bl. 84 f. Die Kriegsbilder der Brüder Erler zeigte ab 1920 die Dauer­ ausstellung der Museumsfiliale Haus Albert und Toni Neisser: „Im Aquarellen-Zimmer [befanden

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tischen Museums im Ersten Weltkrieg zeigten „Kriegsmedaillen“ (Juli 1915), „Bulgarische Kriegsbilder“ (November 1916) und die „Sammlung Vaterlandsdank“ (1915/16), welche im Lichthof des Museums wertvolle Metallspenden von Privatpersonen vor ihrer Einschmelzung versammelte.46 Auch wenn der Plan zur Errichtung eines eigenständigen Museums des Weltkrieges nicht ausgeführt wurde, bestand die im Aufbau befindliche Sammlung „Kriegsmuseum“ auch nach der Kapitulation im November 1918 fort.47 Die Errichtung einer neuen Museumsfiliale zum Weltkrieg rückte allerdings nicht nur mit der deutschen Niederlage 1918, sondern auch durch die Hyperinflation und den wirtschaftlichen Niedergang Breslaus in den folgenden Jahren in weite Ferne. Unmittelbar nach Kriegsende ergriff allerdings Museumsdirektor Karl Masner die Initiative zu einer weiteren Großausstellung, die von überregionaler Bedeutung sein sollte: „Arbeit und Kultur in Oberschlesien“ (1.–31. Oktober 1919) hieß eine kurzfristig vorbereitete historische „Beweisführung“, die sich auf die im „Versailler Vertrag“ angeordnete Volksabstimmung in Oberschlesien (1921) bezog. In 55 Räumen des „Vier-Kuppel-Pavillons“ sollten die versammelten kulturhistorischen Exponate demonstrieren, dass „tatsächlich deutsche Arbeit und deutsche Kultur Schlesien und Oberschlesien ihr Gepräge gaben“.48 Die antipolnisch ausgerichtete Großausstellung zur Wirtschaft und Geschichte der Region markierte eine neue Qualität im Einsatz von Museumsbeständen als Argument für aktuelle politische Vorhaben und Ziele. Mit Beständen aus Breslauer, Berliner und oberschlesischen Museen wurde eine selektiv deutsche Geschichte Oberschlesiens konstruiert, in der die starke polnische Bevölkerungsgruppe im Hintergrund verblieb. Diese nationalistische Geschichtsausstellung war bereits ein Vorbote der Breslauer „Ostforschung“ – also archäologischer, kunsthistorischer und allgemein geschichtswissenschaftlicher Studien, die Schlesiens deutsche Geschichte herausarbeiten und die polnisch-slawischen Einflüsse sowie die neuen Grenzen Polens in Abrede stellen sollten.49

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sich] eine Reihe von Bildern von Fritz Erler aus dem Weltkriege. Mehrere von ihnen sind in dem Werke ‚1914–1915 Bilder von Fritz Erler und Ferdinand Spiegel‘ [Berlin 1915] veröffentlicht.“ Buchwald: Das Haus, 12. MNWr, SMfKuA, I/65, Bl. 362; [Masner, Karl/Seger, Hans]: Die Ausstellungen von 1912–1924. In: Schlesiens Vorzeit 8 (1924) 151. Zur landesweiten Wertmetallsammlung „Vaterlandsdank“ während des Ersten Weltkrieges vgl. Kronenberg, Martin: Kampf der Schule an der „Heimatfront“ im Ersten Weltkrieg. Nagelungen, Hilfsdienste, Sammlungen und Feiern im Deutschen Reich. Hamburg 2014, 48 f. In den Unterlagen des SMfKuA sind Neuzugänge zur Sammlung „Kriegsmuseum“ noch bis 1931 verzeichnet. Vgl. MNWr, SMfKuA, I/65, Bl. 370 f. Zum 20. Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges zeigte das SMdBK eine Sonderausstellung mit Kunstwerken zum Weltkrieg. Vgl. Kamiński: Wrocławskie targi, 248. Masner, Karl/Eggers, Paul u. a. (Hg.): Führer durch die Ausstellung Arbeit und Kultur in Oberschlesien. Oktoberschau 1919. Breslau 21919 [11919], 5 f.; Störtkuhl: Moderne Architektur, 136. Zur Breslauer „Ostforschung“ und den Reaktionen auf den polnischen „Westgedanken“ vgl. Mühle, Eduard: Für Volk und deutschen Osten. Der Historiker Hermann Aubin und die deutsche Ostforschung. Düsseldorf 2005, 189–235; Störtkuhl: Deutsche Ostforschung, 125–128. Zur Breslauer „Ostforschung“ vgl. auch in der vorliegenden Untersuchung das Kapitel 6.2 („Die Ausstellung ‚Wehrhaftes Deutschland von 1936‘“).

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In den kulturhistorischen Dauerausstellungen, die während der Weimarer Republik in den Breslauer Museen gezeigt wurden, standen diese stark ideologisch aufgeladenen Perspektiven auf das regionale Kulturerbe allerdings noch nicht im Mittelpunkt. Die Revolution vom 9. November 1918 ermöglichte dem städtischen Schlesischen Museum für Kunstgewerbe und Altertümer, seine Ausstellungsräume um das ehemalige Königliche Schloss der Hohenzollern zu erweitern. Das vom preußischen König Friedrich dem Großen 1750 gegründete Schloss mit seinen historischen Räumen, in denen Friedrich Wilhelm III . den besagten Aufruf „An mein Volk“ unterzeichnet und den Militärorden „Eisernes Kreuz“ gestiftet hatte, bildeten einen herausragenden historischen Bezugsort für das städtische Museum. Bereits zwei Monate, nachdem der deutsche Kaiser abgedankt hatte, beantragte Direktor Masner im Januar 1919 die „Erwerbung des Königlichen Schlosses zu Museumszwecken“.50 Die Verhandlungen mit der preußischen Landesregierung zogen sich allerdings bis Juli 1925 hin: Das Schloss wurde der Stadt daraufhin als Leihgabe für 75 Jahre überlassen. Das Schlossmuseum unter der Leitung von Professor Erwin Hintze (1876–1931) zeigte in seinen 30 Räumen neben Teilen der städtischen Kunstgewerbesammlung vor allem die historischen Interieurs des Gebäudes aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Zu einem historischen Wallfahrtsort avancierten das „Blaue Vorzimmer“ und das „Gelbe Wohnzimmer Friedrich Wilhelms III .“ im Nordflügel: „Das Zimmer bildete in den ersten Monaten des Jahres 1813 gleichsam das Herz Deutschlands. Hier hat sich der Wendepunkt in der preußischen Geschichte vollzogen, hier fanden sich die Männer zusammen, die der auf dem preußischen und deutschen Volke lastenden Franzosenherrschaft ein Ende zu machen beschlossen. Hier stiftete der König am Geburtstage der Königin Luise, am 10. März 1813, die Kriegsauszeichnung des Eisernen Kreuzes“,51 wie Hintze die herausragende Bedeutung des „Gelben Wohnzimmers“ im Museumskatalog beschrieb. Den Möbelstücken im „Stil des bürgerlichen preußischen Empire“ von 1809/10 fügte er „verschiedene Erinnerungsstücke an die Freiheitskriege“ bei. Hierzu zählten verschiedene von der Jahrhundertausstellung (1913) bekannte Exponate, denn „von dieser Ausstellung ist ein ansehnlicher Bestand wertvoller Erinnerungsstücke im Besitz des Museums zurückgeblieben“.52 Den Mittelpunkt des Raumes bildete ein vergrößertes Modell des Eisernen Kreuzes, darunter wurden auf einem Schreibtisch verschiedene Originale von 1813 und Gedenkmedaillen für die Kriegsteilnehmer ausgestellt.53 Wie noch im nächsten Kapitel gezeigt wird, erfuhr das „Gelbe Wohnzimmer“ als „Stiftungsraum des Eisernen Kreuzes“ in der Zeit des Nationalsozialismus eine starke politische Instrumentalisierung – zumal das militä50 51 52 53

MNWr, SMfKuA, I/13, Bl. 137 f. Hintze, Erwin: Führer durch das Schloßmuseum in Breslau. Breslau 1930, 70 f. MNWr, SMfKuA, I/266, Bl. 310. Neben Historiengemälden mit Schlachtendarstellungen enthielt der Raum ein Bildnis des Universitätsprofessors Henrik Steffens (1773–1845), die Originaldrucke der königlichen Aufrufe, Ringe mit der Inschrift „Gold gab ich für Eisen“, eine Locke der Ferdinande von Schmettau (1798–1875) und Andenken des ehemaligen „Vereins der schlesischen Freiwilligen aus den Befreiungskriegen“. Vgl. Hintze: Führer, 71.

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rische Abzeichen seit 1938 sogar Bestandteil des neuen Stadtwappens wurde.54 Mit einer ideologischen Aufladung der Breslauer Stadtgeschichte durch die nationalsozialistische Kulturpolitik verband sich im Breslauer Schloss nicht nur die Erinnerung an die Befreiungskriege, sondern auch an Friedrich den Großen (1712–1786) und die Schlesischen Kriege (1740–1763), in deren Folge Breslau von einer österreichischen zu einer preußischen Stadt geworden war. Ein genauerer Blick auf die Geschichte der Schlossanlage zeigt jedoch, dass sie mehr als ein Relikt der preußisch-deutschen Geschichte war. Denn der preußische König Friedrich II. hatte den späteren Nordflügel an der Karlsstraße (jetzt Ulica Kazimierza Wielkiego), ein 1719 errichtetes Barockpalais, im September 1750 der Erbtochter des habsburgischen Freiherrn Heinrich Gottfried von Spätgen abgekauft und dieses zu seiner Residenz erweitern lassen – daher werden die bis heute erhaltenden Gebäudeteile auch als „Pałac Spaetgenów [Spätgen-Palais]“ bezeichnet. Sein Breslauer Schloss ließ der preußische König in den Jahren 1750–1753 durch den „friderizianischen Flügelbau“ des Hofarchitekten Jan Bouman (1706–1776) erweitern, einem ausgedehnten Anbau im Stile des Potsdamer Rokoko mit Fest- und Speisesaal sowie einer Bibliothek. Unter König Friedrich Wilhelm IV. (1795–1861) wurde dieser Anbau 1843–1848 durch einen von Friedrich August Stüler (1800–1865) entworfenen Südflügel am Schlossplatz (jetzt Plac Wolności) ergänzt. Das habsburgische Interieur des Spätgen-Palais ging in zwei Umbauphasen 1795 und 1809 verloren. Nur wenige Gebäudeteile der Schlossanlage überstanden den Zweiten Weltkrieg und die Nachkriegszeit.55 Im 1926 eröffneten Schlossmuseum verbanden sich mit den Anfängen der preußischen Geschichte Breslaus insbesondere die acht Räume Friedrichs des Großen: Vom Audienz-, Musik- und Schlafzimmer über die Bibliothek bis zu einem Raum mit „Erinnerungen an Friedrich den Großen und seine Zeit“ versammelte es Relikte aus den Schlesischen Kriegen und den Aufbaujahren der preußischen Verwaltung. Neben dem historischen Interieur verwiesen auf die geschichtlichen Entwicklungen vor allem Gemälde, Kupferstiche und Ausrüstungsgegenstände der preußischen und österreichischen Armeen. Die lange österreichische Geschichte des Gebäudes und der Stadt fehlten in der Ausstellung allerdings vollkommen – vielmehr hob sie das ausgestellte Kunsthandwerk geradezu als Antithese zur habsburgischen Vergangenheit hervor, da es „die Abkehr von den alten künstlerischen Beziehungen zu Wien und Prag, also zu Österreich, und den künftigen Anschluß an Berlin und Preußen“56 versinnbildlichte. 54 Zum nationalsozialistischen Stadtwappen vgl. Żerelik, Rościsław: Nowy herb na nowe czasy. Symbolika miejska Wrocławia w czasie II wojny światowej. In: Głowiński (Hg.): Festung, 225–262. 55 Während des Siebenjährigen Krieges (1756–63) diente das Breslauer Residenzschloss Friedrich II. mehrfach als Winterquartier. Im Kriegsverlauf wurde das Schloss von österreichischen und russischen Truppen beschossen und blieb als halb ausgebrannte Ruine bestehen. Vgl. Hintze: Führer, 8 f., 23. Am 13./14. Mai 1945 brannte das Schloss nahezu vollständig aus. Bis auf das Spätgen-Palais mit zwei Anbauten an der Ulica Kazimierza Wielkiego und einem Gebäudeteil des Südflügels am Plac Wolnośći wurden alle Bauten der Schlossanlage 1969 abgerissen. Vgl. Łukaszewicz: Muzeum Zamkowe, 156; Bandurska: Architektura budynków, 209. 56 Hintze: Führer, 11.

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Der 1933 aus Hamburg berufene Direktor Heinrich Kohlhaußen (1894–1970) verstärkte eine politikgeschichtliche Ordnungsweise der historischen Relikte. Die alten Sammlungen wurden zur historischen Begründung und Popularisierung ideologischer Ziele herangezogen: Der „Schlesier, den der vielhundertjährige Kampf mit einer ihn in großem Bogen einkreisenden Fremde mit besonderem Nachdruck zur Heimatliebe erzog und zur Selbstbehauptung und damit zu seiner großen Bestimmung: Eckpfeiler zu sein deutschen Wesens und deutschen Geistes.“57 Kohlhaußens Neuordnung bewirkte eine deutlichere Selektion der komplexen regionalen Kulturgüter nach nationalistischen und auch völkischen Kriterien. Zugleich stilisierte er die Landesgeschichte zu einer Kette von Kämpfen und Kriegen, deren Abschnitte er 1935 in seinem Handbuch zu den Ausstellungen unter anderem „Germanen und Römer“, „Ritterliche Kultur“, „Das Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges“ oder „Von Friedrich dem Großen bis heute“ betitelte.58 Auch die Ansiedlung deutschsprachiger Bewohner im Piastenreich umschrieb er als „kämpferische Arbeitsjahre“ und „Zug nach Osten“ durch „deutsche Kräfte“.59 Die kulturhistorischen Relikte dienten in dieser Ordnung der Veranschaulichung einer Geschichte nationaler Konfrontationen, in der die herausragenden Exponate der Waffensammlung von einem „erfolgreichen Abwehrkampf gegen Tschechen und Polen zugleich“ zeugen sollten. Im Mittelpunkt standen hier wieder die „Schilde des 15. Jahrhunderts aus den Zeughäusern der Stadt Breslau. […] Sie gemahnen uns an den Abwehrkampf Schlesiens gegen die Hussiten, die um 1420 über ein Jahrzehnt sengend und plündernd das Land durchzogen.“60 Die Breslauer Stadtgeschichte wurde somit in weiten Teilen zu einer antislawisch konnotierten Kultur- und Kriegsgeschichte. Im Narrativ der neueren Stadtgeschichte, der preußischen Eroberung Schlesiens und den Befreiungskriegen vollzogen sich hingegen keine großen Änderungen gegenüber der Interpretation von vor 1933. In der Sinnstiftung der Ausstellung blieb Friedrich II. die durchweg positive Symbolfigur des preußischen Schlesiens, und die Breslauer Aufrufe zum Beginn der Befreiungskriege galten als lokaler Beitrag zur deutschen Nationalgeschichte.61 Die hervorgehobene Stellung der Befreiungskriege in den königlichen Wohnräumen wurde 1935 sogar noch durch einen neu geschaffenen „Gedenkraum für Blücher und das Befreiungsjahr 1813“ ausgebaut.62 Die nationalsozialistische Kulturpolitik stützte sich hier auf die seit dem 19. Jahrhundert etablierte Breslauer Geschichtskultur. Sie griff dabei die in diesem Kapitel dargelegten Kernthemen der musealen Geschichtskultur und ihre damit verbundenen Museumsobjekte auf, die sich vor allem auf die Hussiten- und die Schlesischen Kriege wie auch auf die Befreiungskriege bezogen. Eine Neuheit markierten hier vor allem die 57 Kohlhaußen: Schlesischer Kulturspiegel, 116. 58 Ebd. 59 Ebd., 29. 60 Ebd., 50 f. 61 Ebd., 104–111. 62 Lebendige Geschichte im Breslauer Schloß. Ein Gang durch die neuen Erinnerungsräume im Schloß­ museum. In: Nationalsozialistische Schlesische Tageszeitung am 29. Mai 1935; Łukaszewicz: Muzeum Zamkowe, 152.

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gewählten Ausstellungsformate, die einer stärken argumentativen Verknüpfung unterlagen. Dieser Wandel zeigte sich 1936, als die alten Museumsräume zum Veranstaltungsort für eine Sonderausstellung neuen Typs wurden. Im folgenden Fallbeispiel wird dargelegt, wie durch eine narrative Verknüpfung kunstgeschichtlicher und militärgeschichtlicher Relikte es im Schlesischen Museum nicht mehr nur um die Veranschaulichung einer breiteren Entwicklungsgeschichte ging, sondern vielmehr dem Besucher Bilder von „Kämpfen“ in allen historischen Epochen präsentiert und damit die Kriegführung zu einem probaten, politischen Mittel in der Vergangenheit und Gegenwart erhoben wurde.

6.2. Die bedrohte Grenzstadt – Die Ausstellung „Wehrhaftes Deutschland – Schlesien im Ansturm der Zeiten“ von 1936 Zum 150. Todestag Friedrichs des Großen präsentierte das Schlesische Museum für Kunstgewerbe und Altertümer die militärgeschichtliche Ausstellung „Wehrhaftes Deutschland – Schlesien im Ansturm der Zeiten“. Die vom 26. September bis zum 31. Oktober 1936 gezeigte Sonderausstellung erstreckte sich über die Dauerausstellung der Waffensammlung im ehemaligen Ständehaus und zehn historische Räume des Schlossmuseums. In einer militaristischen, völkischen und antislawischen Perspektive schuf die Ausstellungsleitung ein landesgeschichtliches Bedrohungsszenario vom Mittelalter bis zur Gegenwart: „Schlesien ist seit dem Mittelalter das Bollwerk der deutschen Kultur im Osten des Reiches. Gegen das Grenzland Schlesien sind immer die Wellen fremder Völker angebrandet, und deshalb war es von jeher auf den Gedanken der Abwehr eingestellt, getreu seiner Aufgabe, das letzte große deutsche Kulturzentrum im Osten halten zu müssen“,63 erklärte die „Schlesische Volkszeitung“ anlässlich der Ausstellungseröffnung. Auf den ersten Blick ist es verwunderlich, dass diese radikal-nationalistischen und antislawischen Formulierungen zu der Breslauer Ausstellung, die laut der „Schlesischen Volkszeitung“ „die jahrhundertelangen Auseinandersetzungen Schlesiens mit den Völkern des Ostens und seinen Zweifrontenkrieg gegen Polen und Böhmen vortrefflich veranschaulicht“,64 aus der Hochphase des von 1934 bis 1939 bestehenden deutsch-­polnischen Nichtangriffspaktes stammten. Dieser Pakt wurde auch von einem intensiven Kulturaustauschprogramm zwischen Berlin und Warschau begleitet.65 Am Beispiel der Breslauer Ausstellung zeigt sich somit, dass der Freundschaftsvertrag in erster Linie auf zwischenstaatlich-repräsentativer Ebene Bestand hatte,

63 „Schlesien im Ansturm der Zeiten“. Eine Ausstellung über schlesische Wehrgeschichte. In: Schlesische Volkszeitung am 27. September 1936. 64 Ebd. 65 Die Phase politischer Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Polen dauerte von Januar 1934 bis Sommer 1939. Der kulturpolitische Austausch erlebte seine Höhepunkte um 1935/36 und 1938. Vgl. Król, Eugeniusz Cezary: Polska i Polacy w propagandzie narodowego socjalizmu w Niemczech 1919– 1945. Warszawa [2006], 116 f., 163 f.; Pryt, Karina: Befohlene Freundschaft. Die deutsch-­polnischen Kulturbeziehungen 1934–1939. Osnabrück 2010, 189–222.

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in den Grenzgebieten und der schlesischen Hauptstadt aber weiterhin einer antipolnischen Ideologie und Agitation breiter Raum gelassen wurde. Breslau war bereits in der Weimarer Republik eines der Zentren der deutschen „Ostforschung“ gewesen. Wissenschaftliche Forschungen aus dem Umfeld der „schlesischen Landeskunde“ an der Breslauer Universität sollten belegen, dass die Region in der Frühzeit „germanisch“ und seit dem Mittelalter „deutsch“ gewesen sei, und daraus politische Besitzansprüche ableiten, die sich gegen die Grenzziehungen des Versailler Vertrages richteten. Konkurrierende polnische Forschungen zur „slawischen“ Frühgeschichte und dem „polnischen“ Mittelalter Schlesiens wurden als Bedrohung empfunden, die es „abzuwehren“ galt.66 Getragen von diesen „Abwehrkämpfen“ projizierten die Ostforscher auf das historisch vielfältige und verflochtene deutsch-polnische, aber auch böhmisch-habsburgische und jüdische Kulturerbe nationale Wunschbilder einer auch historisch besonders deutschen und kriegerischen Stadt.67 Diese Radikalisierung der Geschichtsbilder stand auch in Zusammenhang mit einer graduellen Verrohung von Teilen der Breslauer Gesellschaft nach dem Ersten Weltkrieg. Die Gründe hierfür lassen sich am wirtschaftlichen Niedergang der Stadt, der anhaltenden Massenarbeitslosigkeit und an dem vergleichsweise niedrigen Lebensstandard sowie der Gewaltexzesse von Freikorps (1919/20) und SA-Gruppen (verstärkt seit 1932) festmachen; dieser Entwicklung schien auch die Blüte der in der Stadt stark vertretenen kulturellen Moderne in Kunst und Architektur nichts entgegensetzen zu können.68 Bei den Reichstagswahlen 1932 und 1933 gehörte Breslau jeweils zu den deutschen Großstädten mit den höchsten Zustimmungsraten für die NSDAP.69 Wie überall in Deutschland begann mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten ab 1933 eine brutale 66 Sowohl die deutsche „Ostforschung“ und wie auch der polnische „Westgedanke“ stützten sich in ihrer Argumentation mit jeweils umgekehrten Vorzeichen auf das teleologisch-mystifizierte Konstrukt des „deutschen Drangs nach Osten“. Vgl. Wippermann, Wolfgang: Der „Deutsche Drang nach Osten“. Ideologie und Wirklichkeit eines politischen Schlagwortes. Darmstadt 1981, 70–81, 104–116. Zu den konkurrierenden deutschen und polnischen Forschungskonzepten vgl. auch Mühle: Für Volk, 189– 235; Gehrke, Roland: Der polnische Westgedanke bis zur Wiedererrichtung des polnischen Staates nach Ende des Ersten Weltkrieges. Marburg 2001, 128–186. Zur antipolnischen Polemik der niederschlesischen Provinzialregierung in der Weimarer Republik vgl. Kulak, Teresa: Propaganda antypolska dolnośląskich władz prowincjonalnych w latach 1922–1933. Wrocław 1981, 66–80. Auch die Breslauer Messe war in das System der Ostpropaganda eingebunden. Vgl. Kamiński: Wrocławskie targi, 40–46. Das 1917 gegründete außeruniversitäre Osteuropa-Institut in Breslau wandelte sich insbesondere ab 1935/37 zu einer Propaganda-Institution. Vgl. Bömelburg, Hans-Jürgen: Das Osteuropa-Institut in Breslau 1930–1940. Wissenschaft, Propaganda und nationale Feindbilder in der Arbeit eines interdisziplinären Zentrums der Osteuropaforschung in Deutschland. In: Garleff, Michael (Hg.): Zwischen Konfrontation und Kompromiss. München 1995, 47–72, hier 54–64; Burleigh: Germany, 24 f., 176 f. 67 Conrads: Breslau, 144–146; Thum: Bollwerk, 230 f. 68 Die herausragende Entwicklung der Moderne in der Breslauer Kunst und Architektur prägte u. a. das Umfeld der Akademie für Kunst und Kunstgewerbe (1911–1932). Hierneben unterlag die Förderung modernistischer Architektur in Schlesien einem Konkurrenzdruck zur aufstrebenden Entwicklung im polnischen Teil Oberschlesiens. Vgl. Störtkuhl: Moderne Architektur, 34–37, 135–233. 69 Zur sozioökonomischen Entwicklung, den Gewaltausbrüchen seit 1919 und den Zustimmungswerten für die NSDAP in Breslau vgl. Rahden: Juden, 317–326; Kulak: Historia, 281–286, 307–310; Davies/ Moorhouse: Microcosm, 330–338.

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Verfolgung von Minderheiten und Anhängern der politischen Opposition, zugleich wurde die öffentliche Meinung einer strikten Kontrolle unterworfen und die nationalsozialistische Ideologie schrittweise zur Leitlinie der staatlichen Kulturpolitik erhoben. Die Aufsicht und Steuerung dieser Kulturpolitik, sowohl im Presse- und Literaturwesen wie auch im Museumswesen, bestimmten verschiedene konkurrierende NS-Organisationen, wie das Amt von Alfred Rosenberg, dem „Beauftragten des Führers für die gesamte geistige und weltanschauliche Erziehung der NSDAP “, und das Propagandaministerium unter Joseph Goebbels. Zur staatlichen Aufsicht der Museen auf regionaler Ebene agierten seit 1936 so genannte „Museumspfleger“, deren Amtsträger für die Provinz Niederschlesien der Breslauer Museumsdirektor Heinrich Kohlhaußen war. Die Museen wirkten im NS-Staat als Organe staatlicher Propaganda und suchten die Zusammenarbeit mit verschiedenen NS-Organisationen wie der Hitlerjugend oder Lehrerseminaren.70 Bereitwillig unterstützte das Schlesische Museum für Kunstgewerbe und Altertümer im Sommer 1936 die Initiative der NS-Organisation „Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums“, in Zusammenarbeit mit dem „Bund Deutscher Osten“, in seiner bestehenden kulturgeschichtlichen Dauerausstellung eine Sonderausstellung zum „wehrhaften Deutschland“ zu installieren. Anhand verschiedener Exponate aus der traditionsreichen Museumssammlung und einer Präsentation aktueller ideologischer Literatur zur Politik- und Militärgeschichte sollte die Bevölkerung von der Notwendigkeit eines künftigen Krieges überzeugt werden. Die „Schlesische Tageszeitung“ nannte den Grundgedanken der Ausstellung einen Beitrag zur „totalen Mobilmachung des Volkes, damit es auch in seiner geistigen Haltung soldatisch und wehrhaft werde“.71 Der auf Vorschlag des „Stadtbibliotheksrates und Leiter der Staatlichen Beratungsstelle für das volkstümliche Büchereiwesen“ Georg Adolf Narciß (1901–[?]) und unter der Leitung des späteren Museumsdirektors Gustav Barthel (1903–1972) entwickelte Ausstellungsrundgang entfaltete sich über zehn Räume in zwei Gebäuden. Er begann in der „Waffensammlung“ des Schlesischen Museums im Hauptsitz an der Graupenstraße (Ständehaus) und führte anschließend ins Schlossmuseum in die historischen Räume Friedrichs II. (1712–1786) und Friedrich Wilhelms III . (1797–1840). Das Leitprinzip der Ausstellung war es, ausgewählte Räume und Exponate aus der Dauerausstellung in einer chronologisch-historischen Erzählung zu verordnen, die im ersten Teil „von den Anfängen Schlesiens bis hin zur Zeit Friedrichs des Großen“ reichte und auf den Zeitabschnitt der preußischen Eroberung Schlesiens im 18. Jahrhundert einen ersten Schwerpunkt legte. Den zweiten Schwerpunkt der Ausstellung bildete „das Zeitalter der Befreiungskriege“, an das sich als Abschluss der Ausstellung ein Raum zu den Einigungskriegen (1864–71), zum Ersten Weltkrieg und einer Präsentation aktueller 70 Roth: Heimatmuseum, 83, 94 f., 98; Barbian, Jan-Dieter: Literaturpolitik im „Dritten Reich“. Institutionen, Kompetenzen, Betätigungsfelder. Frankfurt/Main 1993, 60 f., 363 f.; Thamer, Hans-Ulrich: Geschichte und Propaganda. Kulturhistorische Ausstellungen in der NS-Zeit. In: Geschichte und Gesellschaft. Zeitschrift für Historische Sozialwissenschaft 24 (1998) 349–381, hier 353–357, 373. 71 Die Wehr-Ausstellung eröffnet. „Ohne Tradition kann kein Volk Großes leisten“. In: Schlesische Tageszeitung am 27. September 1936.

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Kriegsliteratur anschloss.72 Die für die Sonderausstellung relevanten Exponate wurden durch farbige Nummerierungen und Beschriftungen von den Beständen der Dauerausstellung abgegrenzt. Ein mit Zeichnungen illustrierter Raumplan der beiden Häuser verdeutlichte dem Besucher die beachtenswerten Räume und Zeitabschnitte. Insgesamt divergierte die Präsentationsweise der Sonderausstellung erheblich, denn bei den königlichen Schlossräumen und den Sammlungsräumen handelte es sich um Ausstellungen verschiedener Herkunft und Zielsetzung. Die Installation einer Sonderausstellung in einer bestehenden Museumspräsentation war eine Besonderheit. Da sie der Ausstellung eine neue Sinnstiftung verlieh und damit in die Dramaturgie der bekannten Präsentation eingriff, lohnt sich ein genauer Blick auf die besondere Konzeption dieser Ausstellung.

6.2.1. Rundgang – Waffen und Bücher, eine Intervention in die Dauerausstellung Die Waffensammlung sollte in ihrer Anordnung von 1932/33 die „Entwicklung der Waffe und die Waffenschmiedekunst sowie deren Stellung in der Kulturgeschichte ihrer Zeit“73 veranschaulichen. Die Sonderausstellung von 1936 verwandelte diese in einen Raum zu „Schlesiens Wehrgeschichte von der Siedelzeit bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts“. In seiner unveränderten Anordnung präsentierte dieser Raum sowohl Waffen aus dem 11. bis 13. Jahrhundert wie auch Schwerter, Dolche und Schutzschilde aus der Zeit der Hussitenkriege im frühen 15. Jahrhundert.74 Das neue Narrativ der Ausstellungstexte konstruierte hierzu große Entwicklungslinien, auf die allenfalls ein Bruchteil der versammelten Relikte Bezug nehmen konnte. Die Exponate besaßen für diese neue, vor allem nationalgeschichtliche Interpretation der schlesischen Geschichte nur eine zweitrangige Rolle: „Vom Besitz Schlesiens hängt die Sicherung des deutschen Reiches in seiner Ostflanke ab. Schlesien hat den großen Durchgang von Osten nach Westen […] abzudecken“,75 postulierte die Texttafel. Zur Veranschaulichung dieser militärgeschichtlichen Zusammenhänge schuf der Kurator Georg Narciß eigene didaktische Exponate. Anhand von 30 neu angefertigten Karten sollte das „wehrpolitisch wichtige und wehrgeschichtlich außergewöhnlich interessante Gebiet“ Schlesiens verdeutlicht werden. Vier dieser Karten zeigten, dass Schlesien in seiner Geschichte eine „politische Anlehnung nach allen vier verschiedenen Richtungen“ erfahren habe: „In der Frühgeschichte, im 11. und 12. Jahrhundert, nach Nordosten, nach Polen. Wie schon im 10., 72 Zur Gliederung und den Themen der Ausstellung vgl. [Meyer-Heisig, Erich/Gündel, Christian/ Schmidt, Eva/Narciß, Georg A.]: Wehrhaftes Deutschland. Schlesien im Ansturm der Zeiten. Wehr­ schriften der Gegenwart. Führer durch die Ausstellung. Veranstaltet von Bund Deutscher Osten, Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums in Verbindung mit den Kunstsammlungen der Stadt Breslau. Breslau 1936. 73 Breslauer Sammlung alter Waffen. In: Breslauer Neueste Nachrichten am 19. März 1932. 74 Die Waffensammlung zeigte u. a. eine Axt, die „auf dem Schlachtfeld bei Wahlstatt gefunden“ wurde, und ein „Schwert des Böhmerkönigs Ottokar II, um 1255. Dankgeschenk des Deutschen Ordens an Ottokar für seine Waffenhilfe gegen die Preußen in den Jahren 1254–55“. [Meyer-Heisig]: Wehr­ haftes Deutschland, 7 f. 75 [Narciß]: Wehrhaftes Deutschland, 5.

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Abbildung 23: Der illustrierte Übersichtsplan sowie rote Ausstellungstexte zeigten den Besuchern in den Dauerausstellungen beider Museumsgebäude die Abschnitte der Sonderausstellung „Wehrhaftes Deutschland. Schlesien im Ansturm der Zeiten“.

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Abbildung 24: Unter dem plakativen Titel „Schlesien als Nebenland der Krone Böhmen endgültig deutsch – Hussiteneinfall“ wurde 1936 der zweite Bereich der 1932 neu gestalteten Waffensammlung (Raum 1) in die kriegsgeschichtliche Sonderausstellung integriert. An den Wänden waren die acht Schilde der Breslauer Stadtwache aus dem 15. Jahrhundert aufgereiht. Fotografie von 1936.

so wieder seit dem 13. Jahrhundert in steigendem Maße nach Südwesten, nach Böhmen, bis ins 18. Jahrhundert. Kurze Zeit […] nach Südosten, nach Ungarn […]. Schließlich seit 1741 nach Nordwesten, nach Preußen, wohin der Flusslauf der Oder es von Natur weist.“76 Neben dieser politischen Übersichtsdarstellung zeigte eine Karte Breslau als „Verkehrsspinne in Europa an der Grenze der Zivilisationen“, womit auf die Bedeutung der Stadt für den mitteleuropäischen Handel im 15. und 16. Jahrhundert Bezug genommen wurde. Zugleich schufen die Karten das Bild einer vermeintlich kulturell höher stehenden deutschen Stadt an der Grenze zu seinen östlichen Nachbarn. Den Narrativen der deutschen „Ostforschung“ folgend, interpretierte die Ausstellung die Entwicklungsgeschichte Schlesiens aus einer deutschnationalen Perspektive.77 So wurde angeführt, dass „von der Mitte des 12. Jahrhunderts an […] Schlesien, von Generation zu Generation entschiedener, Besitz des deutschen Volkes“ wurde. Mit solchen unpräzisen Formulierungen konstruierte die Ausstellung historische Bilder, die die 76 Ebd., 5 f. 77 Zur Interpretation und Vereinnahmung der schlesischen Geschichte durch die „Ostforschung“ vgl. Mühle: Für Volk, 480–499.

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Abbildung 25: Die Bibliothek Friedrichs II. befand sich im Südflügel des Schlossmuseums. Im Gegensatz zu den fast identischen Sammlungen der Schlösser in Berlin und Potsdam hatte sich die königliche Bibliothek in Breslau nahezu vollständig erhalten. 1936 wurden ihre militärgeschichtlichen Bestände im Rundgang der Sonderausstellung „Wehrhaftes Deutschland. Schlesien im Ansturm der Zeiten“ (Raum 3) hervorgehoben. Fotografie um 1930.

polnisch- und tschechischsprachige Bevölkerung Schlesiens marginalisierte. Der Wechsel der Lehnshoheit der schlesischen Herzogtümer von der polnischen zur böhmischen Krone im 14. Jahrhundert vereinfachte die Ausstellung dahingehend, dass Schlesien dadurch „deutsch“ geworden sei. Dabei hatte die Ansiedlung deutschsprachiger Siedler bereits mehr als ein Jahrhundert zuvor begonnen, und für weitere Jahrhunderte war das böhmische Schlesien auch von polnischer und tschechischer Bevölkerung geprägt: „Die politische Entscheidungsstunde Schlesiens schlug, als das deutsche Haus der Luxemburger die Krone Böhmens erwarb. Die schlesischen Herzöge sagten sich endgültig von Polen los […], so daß Schlesien seit dieser Zeit unwiderleglich deutsches Land ist.“78 Aussagefähige historische Relikte aus der schlesischen Geschichte enthielt die Ausstellung erst wieder zu den reformatorischen Hussitenkriegen im 15. Jahrhundert. Eine Leihgabe aus dem Breslauer Diözesanmuseum, eine in „tschechischer Sprache ausgefertigte“ Urkunde (11. Dezember 1434), zeugte von der „Rückgabe der […] Kastellanei Ottmachau [poln. Otmuchów, an die Breslauer Bischöfe], der festesten Burg Schlesiens im 14. und 15. Jahrhundert“. Über der Vitrine hingen die aus früheren Ausstellungen 78 [Narciß]: Wehrhaftes Deutschland, 8.

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bekannten acht „Schutzschilde der Breslauer Stadtsoldaten […], zum Teil schwarz bemalt mit einem Breslauer W (= Wratislavia)“.79 Die Betonung, dass „Schlesien als Nebenland der Krone Böhmen endgültig deutsch“ sei, vermischte absichtlich politische und kulturelle beziehungsweise nationale und völkische Definitionen. Diese Zuschreibungen standen wiederholt im Widerspruch zueinander, wenn beispielsweise auf die anschließende kurze ungarische Periode Schlesiens verwiesen wurde. Als Gefahr galten in diesem Narrativ aber weder ungarische noch habsburgische Herrscher, sondern allein slawische: „Wirkliche politische Gefahr drohte dem Deutschtum in Schlesien damit, daß ein Tscheche, Georg Podiebrad [1420–1471], die Krone Böhmen hielt. Am Ende dieses für die politische Geschichte Schlesiens ereignisreichen [15.] Jahrhunderts steht der Ungarnkönig Matthias Corvinus [1443–1490, ungar. Hunyadi Mátyás], der von Breslau aus die tschechische Gefahr zu bannen unternahm.“80 Das Leitkonzept der Sonderausstellung in den kulturgeschichtlichen Sammlungen des Breslauer Museums bildete somit die Geschichte eines vermeintlich deutschen Schlesiens, das seit dem Mittelalter äußeren „Anstürmen“ widerstanden habe. Diese Zuspitzung erforderte eine sehr selektive Hervorhebung einzelner Relikte. In weiten Teilen entfaltete die Ausstellung ihr geschichtliches Narrativ durch eine Verflechtung von politischer Herrschaftsgeschichte und militärischer Entwicklungsgeschichte, die Kultur- und Wirtschaftsgeschichte kam hingegen nur kurz für das 18. und 19. Jahrhundert zur Sprache. Die große Sammlung von Rüstungen, Lanzen und Schwertern, Gewehren und Geschützen aus dem 14. bis 18. Jahrhundert wurde zumeist hinsichtlich ihrer militärtechnischen Entwicklung beschrieben, Bezüge zu historischen Ereignissen verbanden sich kaum mit ihr, wie dies bereits in der Dauerausstellung der Fall gewesen war. Ergänzungen der Sonderausstellung in diesem großen ersten Ausstellungsraum bildeten 14 Schriftstücke aus der Breslauer Stadt- und Universitätsbibliothek, wobei es sich um alte Hand- und Druckschriften aus dem 16. und frühen 18. Jahrhundert zu verschiedenen Kriegsereignissen handelte.81 Der Ausstellungsrundgang führte aus der Waffensammlung über den Schlossplatz in den Südflügel des ehemaligen Königlichen Schlosses. Der zweite Raum der Sonderausstellung zeigte „Erinnerungen an Friedrich den Großen und die schlesischen Kriege“. In der Mehrzahl handelte es sich hierbei um Portrait- und Schlachtendarstellungen sowie um Münzen und Medaillen aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Bereits in der Dauerausstellung des 1926 eröffneten Schlossmuseums war dieser Raum mit „Erinnerungen an Friedrich den Großen“ eingerichtet worden.82 Unter den Portraitdarstellungen des Königs, seiner Heerführer und der ersten preußischen Minister Schlesiens versammelte der Raum die große Medaillensammlung des Museums zu den drei Schlesischen Kriegen (1740–1763) mit über 200 „Schaumünzen“ aus diesem Zeitraum. Zum Überfall Preußens auf das habsburgische Schlesien erklärte die Sonderausstellung von 1936: „Fried79 80 81 82

[Meyer-Heisig]: Wehrhaftes Deutschland, 9. [Narciß]: Wehrhaftes Deutschland, 8. [Meyer-Heisig]: Wehrhaftes Deutschland, 15 f. Raum VIII „Erinnerungen an Friedrich den Großen und seine Zeit“. In: Hintze: Führer, 24–29.

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rich […] wählte als ersten Schritt auf dem Weg zur Großmacht die kühnste Lösung: den sofortigen Einmarsch nach Schlesien. Damit wird Schlesien Schicksal und Kampfpreis des Königs. Die schlesischen Feldzuge machen den jungen König zum großen Feldherrn.“83 Dementsprechend personalisierte die Präsentation den Beginn der preußischen Herrschaft in Breslau und Schlesien mit der Figur des preußischen Königs. Vor einem Gemälde der „Übergabe von Breslau an Friedrich den Großen, 21.12.1757“ stand im Mittelpunkt des Raumes eine Wachsfigur mit dem königlichen Uniformrock.84 Neben weiteren Kleidungsstücken des Königs, Uniformen und Waffen der preußischen und österreichischen Armeen, zeigte der Raum erneut eine ergänzende Auswahl an Schriftstücken und Briefen Friedrichs II. aus den Jahren 1747/48 wie auch eine Reihe von historischen Karten und Breslauer Zeitungen.85 Beim dritten Ausstellungsraum handelte es sich um die 1751 erbaute Schlossbibliothek, die im Gegensatz zu den nahezu identischen Büchersammlungen in Berlin, Charlottenburg und Potsdam „fast lückenlos erhalten“ war. Ergänzend versammelte die Sonderausstellung aus der Stadtbibliothek die edierten Werke Friedrichs II.86 Der vierte Raum war ursprünglich das „Schreibzimmer Friedrich des Großen“ und präsentierte in der Sonderausstellung Dokumente aus der Zeit der „Eingliederung Schlesiens in den preußischen Staat“. Drei Vitrinenschränke enthielten verschiedene „Verordnungen des Königs“, zu denen auch die Regelung zählte, dass Breslau den „dritten Rang“ als Residenzstadt nach Königsberg und Potsdam erhielt. Auch das „Miniaturenkabinett“ wurde als fünfter Raum für die Sonderausstellung historisch anschlussfähig gemacht. Mit farbigen Beschriftungen stellte die Ausstellung in den neun Vitrinenschränken „Bildnisse aus der Zeit Friedrich des Großen bis zu den Befreiungskriegen“ heraus. Denn die ursprünglich unter kunstgewerblichen Gesichtspunkten zusammengestellte Sammlung zur Miniaturmalerei in der schlesischen Porzellan-, Glas- und Eisengussindustrie enthielt eine große Anzahl an Portraits preußischer Könige und Offiziere aus dem späten 18. und frühen 19. Jahrhundert. Unter Bezug auf diese Herrscherportraits führte die Ausstellung ihr deutschnationales und politikgeschichtliches Narrativ fort. Dieses konstatierte zur Niederlage Preußens gegen die französischen Truppen Napoleons I., dass Preußen unter Friedrich Wilhelm II. und III . „sich mit der Erinnerung an die ruhmreichen Zeiten des Großen Königs zufrieden“ gegeben habe und daher „der 83 [Narciß]: Wehrhaftes Deutschland, 16. 84 Der Uniformrock Friedrichs des Großen mit Weste, Hut und Hausschuhen auf einer Wachsfigur von Johann Wilhelm Pagés zählt zu den am ausführlichsten beschriebenen Exponaten der Ausstellung. Es handelte sich um eine private Leihgabe der Nachkommen des Breslauer Geheimen Kommerzienrats L. [sic!], die dieser um 1800 als Pfand vom Breslauer Lackierfabrikanten August Bernhard Schulze erhalten hatte. Vgl. [Meyer-Heisig]: Wehrhaftes Deutschland, 20 f. Vermutlich handelt es sich bei L. um die Familie des Rittergutsbesitzers Ernst Heinrich von Loesch aus Kammerswaldau (poln. Komarno), der der Ausstellung einen Uniformrock geliehen hatte. Es bleibt eine Merkwürdigkeit, dass der Name des Kommerzienrats nicht voll genannt wird. Vgl. MNWr, SMfKuA, I/149, Bl. 251. 85 Zu den Exponaten zählten der „Neutralitätsvertrag mit der Stadt Breslau vom 2. Januar 1741“ und ein „Manifest vom 26. August 1744. Der König bietet der Rep. Polen Neutralität an“. Vgl. [Meyer-Heisig]: Wehrhaftes Deutschland, 17–24. 86 Ebd., 24 f.

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mächtige Feind im Westen, Napoleon Bonaparte, leicht die Möglichkeit [gewann], das machtlos scheinende Land nach dem Frieden von Tilsit, 1809, zu besetzen“.87 In der Eisengusssammlung begann damit die Musealisierung der an die napoleonische Besatzung anschließenden Befreiungskriege: „Und war damals Schlesien der Gegenstand des zehnjährigen Ringens gewesen, so war jetzt Schlesien das Ausgangsland, der geistige Mittelpunkt der großen Erhebung. Vom Breslauer Schloß, vom Hauptquartier und dem Werbebüro der Freiwilligen Jäger im ‚Goldenen Zepter‘ auf der Schmiedebrücke, gingen die Befehle der bedeutendsten Feldherrn Preußens, die Aufrufe eines Steffens, eines Lützow, aus, und eine lange Reihe tapferer Kämpfer, voran die Prinzen des königlichen Hauses, hefteten an Preußens und Schlesiens Armee neuen Ruhm.“88 Zu den Exponaten zählten nicht nur Büsten und Medaillen preußischer Herrscher, Offiziere und ihrer Verbündeter, sondern auch solche von den „Feinden“ Napoleon Bonaparte (1769–1821) und Józef Antoni Poniatowski (1763–1813). Zu diesem „polnischen General und napoleonischen Marschall“ bemerkte der militärgeschichtliche Kommentar: Er „zeichnete sich bei Leipzig sehr aus“, daher zeigte eine Eisenmedaille von 1813 eine „allegorische Darstellung auf Poniatowskis Heldentod“.89 Die Ehrung Napoleons und Poniatowskis blieb in der deutschnationalen Ausstellung eine Ausnahme. Überwiegend fanden sich hier Medaillons und Medaillen mit den Portraits Gebhard von Blüchers und Arthur Wellesley Wellingtons „zum Gedenken an die Schlacht von Waterloo (Belle-Alliance)“ 1815 und der preußischen Reformer Karl Freiherr vom Stein und Karl August Fürst von Hardenberg. Eine gänzliche Abkehr von dem kriegs- und militärgeschichtlichen Narrativ stellte die Eingliederung weiterer Teile der kunstgewerblichen Sammlungen zu schlesischen Industrieerzeugnissen als Zeugnisse der „Sicherung und Förderung des Gewerbefleißes in Schlesien durch den Großen König“ (sechster Raum) dar. Die Versammlung von Exponaten zum schlesischen Bergbau, Eisenguss, zur Porzellanmanufaktur und Leinenproduktion ließen keine Verbindungen zur militärischen Geschichte der Region zu – sie bildeten alleine Relikte der wirtschaftlichen Bedeutung des Landes: „Schlesien […] war die wichtigste Industrieprovinz der österreichischen Monarchie gewesen und behielt diese Rolle im Rahmen des preußischen Staates.“90 Der provisorische Charakter der Ausstellungskonzeption zeigte sich auch daran, dass der Rundgang den Besucher vor dem benachbarten letzten Ausstellungsraum zunächst an das andere Ende des Schlosses führte, in das Barockpalais an der Karlsstraße [heute Ulica Kazimierza Wielkiego]. Denn hier veranschaulichten drei Zimmer den Ausstellungsabschnitt „Die Zeit der Befreiungskriege“. Im Mittelpunkt stand hier das berühmte „gelbe Zimmer Friedrich Wilhelms III.“: „Wir stehen noch heute unmittelbar unter dem Eindruck jener großen Stunde, in der von Schlesien aus die Befreiung Preußens von der napoleonischen Herrschaft anhub und damit der Weg frei wurde zu einem größeren 87 88 89 90

[Narciß]: Wehrhaftes Deutschland, 34. Ebd., 36. [Meyer-Heisig]: Wehrhaftes Deutschland, 43. [Narciß]: Wehrhaftes Deutschland, 46.

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geeinten Deutschland.“91 Basierend auf dem Postulat einer vermeintlichen historischen Kontinuität von den Befreiungs- bis zu den Einigungskriegen, schrieb der Kommentar dem Raum eine zentrale historische Bedeutung zu, wie dies bereits seit 1926 das Schlossmuseum praktizierte. Neben dem großen Modell des Eisernen Kreuzes über dem Schreibsekretär, an dem Friedrich Wilhelm III . die Aufrufe „An Mein Volk“ und „An Mein Kriegesheer“ im März 1813 unterzeichnet hatte, fanden sich in einer Vitrine auch die im alten Waffensaal um 1900 und in der Jahrhundertausstellung 1913 gezeigten Originaldrucke der Aufrufe oder auch die Ringe für Metallspender „Gold gab ich für Eisen“. Ein Gipsmedaillon mit Bildnis des Breslauer Universitätsprofessor Henrik Steffens, „der im Frühjahr 1813 durch seine patriotischen Reden die Jugend begeisterte“, und zwei Marmorbüsten von Königin Luise und Friedrich Wilhelm III . versammelten die zentralen Figuren des tradierten Breslauer Epos.92 An diesen aus früheren Breslauer Ausstellungen bekannten Sammlungsobjekten zeigen sich die deutlichen Kontinuitäten in der Musealisierung der Befreiungskriege. Die Kämpfe gegen die napoleonische Besatzung standen nicht nur im Mittelpunkt der Sonderausstellung von 1936, sondern erfuhren bereits in früheren Jahren eine weitere Vertiefung in der Dauerausstellung: Neun Jahre nach Eröffnung des Schlossmuseums wurde 1935 durch den Abriss eines zweiten Treppenhauses als Erweiterung des Gedenkortes ein so genannter „Blüchersaal“ geschaffen: Neben dem bereits 1913 gezeigten Historiengemälde von Eduard Kaempffer (1859–1926) mit dem Titel „Der König rief und alle kamen“ und einer Büste „des Feldmarschalls Fürst Leberecht von Blücher“ enthielt der Raum auch eine „Blücheruhr“ wie auch verschiedene Hinterlassenschaften des Breslauer Vereins der schlesischen Freiwilligen aus den Befreiungskriegen.93 Der Ausstellungstext der Sonderausstellung erläuterte ausführlich die einzelnen Schlachten zwischen 1813 und 1815, beginnend mit dem russisch-preußischen Bündnis und dem Besuch des russischen Zaren Alexander I. in Breslau im Mai 1813. Nicht verzeichnet im Raumplan, aber dennoch Teil des Kataloges der Sonderausstellung waren zwei Vitrinen im Nebenraum (Raum 9, der zehnte Raum im Rundgang), die Gläser, Tassen und Teller mit Portraitdarstellungen von Königen und Kaisern sowie persönliche Gegenstände Napoleons enthielten. Neben einer Vitrine mit „Darstellungen von Ereignissen in Breslau zur Franzosenzeit“ versammelte der Raum auch wiederum für die Sonderausstellung hinzugefügte Bücher, Gesetze, Flugschriften und Zeitungen aus der Universitäts- und der Stadtbibliothek.94 Für den letzten Ausstellungsraum unter dem Titel „Von den Befreiungskriegen bis zum Weltkrieg“ musste der Besucher zur gegenüberliegenden Seite der Schlossanlage zurückkehren. Dieser große Saal am Schlossplatz enthielt um 1930 Teile der kunsthand91 Ebd., 50. 92 [Meyer-Heisig]: Wehrhaftes Deutschland, 51 f. 93 Der Veteranenverband „Breslauer Verein der schlesischen Freiwilligen aus den Befreiungskriegen“ bestand von 1834 bis 1876 und hinterließ seine Sammlung dem SMfKuA. Diese enthielt u. a. einen Pokal mit den Namen der Freiwilligen (Breslau 1837), ein „Original-Denkbuch“ des Vereins, Widmungs­ blätter Friedrich Wilhelms III. sowie verschiedene Uniformstücke, Waffen, Orden und Medaillen. 94 [Meyer-Heisig]: Wehrhaftes Deutschland, 49–56.

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werklichen Eisengusssammlung. Für die Sonderausstellung war dieser ausgeräumt worden und enthielt als einziger Ausstellungsraum nur Exponate der Sonderausstellung. Anhand einer großen Anzahl an Druckschriften, beginnend bei der „Wehrverfassung“ von 1848 bis zur Einteilung der schlesischen Regimenter im deutsch-französischen Krieg (1870/71), nahm er auf militärische Ereignisse in Schlesien und die Beteiligung schlesischer Truppen Bezug. Zum deutsch-französischen Krieg erläuterte der Kommentar, dass schlesische Truppen das erste französische Geschütz des Krieges eroberten und das 5. Korps einen Verlust von 388 Offizieren und 8504 Mann erlitt, „eine für damalige Verhältnisse sehr erhebliche Verlustziffer“.95 Ein einziges Mal ging hier die Ausstellung auf Kriegsopfer unter den Soldaten ein, während die Leiden der Zivilbevölkerung auch hier ausgenommen blieben. Zum bis dahin verlustreichsten Krieg, der vierjährigen Materialschlacht des Ersten Weltkrieges, merkte der Kommentar lediglich an, dass schlesische Regimenter an allen Fronten kämpften: „Die zahlreichen schlesischen Ritter des höchsten Kriegsordens, die schlesischen Träger des goldenen Verdienstkreuzes legen Zeugnis ab für ausgezeichnetes Verhalten vor dem Feind. Der erste Gefallene des Weltkrieges ist ein Schlesier.“96 Zum Weltkrieg fand sich in der Ausstellung weder eine historische Einordnung, noch wurde die deutsche Niederlage überhaupt erwähnt. Eine bewusste Anknüpfung an vormoderne Kriegsbilder scheint die Ursache dafür gewesen zu sein, dass aus der seit 1915 angelegten Breslauer Museumssammlung zum Ersten Weltkrieg kein einziges Exponat der Sonderausstellung beigefügt wurde. Weder die bis 1934 im „Haus Albert und Toni Neisser“ gezeigten Zeichnungen schlesischer Künstler aus den Grabenkämpfen97 noch andere im Depot lagernde Schlachtendarstellungen, Gewehre und Uniformen des Weltkrieges waren Teil der Sonderausstellung. Dabei fand durchaus auch im NS-Staat eine Musealisierung des Ersten Weltkrieges statt, welche vor allem eine reaktionäre Kriegsdeutung vornahm und heroische Soldatenbilder propagierte.98 Die Breslauer Sonderausstellung zeigte zum Ersten Weltkrieg ausschließlich Druckwerke wie Kartenbände der Aufmärsche im Osten 1914, die Kriegserinnerungen Erich Ludendorffs und Paul von Hindenburgs, Listen schlesischer Träger höherer Orden und die Geschichte verschiedener schlesischer Regimenter aus der Bibliothek des Wehrkreises VIII beim Generalkommando Breslau. Vor dem Hintergrund der großen Anzahl an Publikationen zum Ersten Weltkrieg, die unmöglich alle in einer Ausstellung hätten gezeigt werden können, machte der Kurator hier ein einziges Mal den Auswahlcharakter der Präsentation deutlich: „Ich habe bewußt darauf verzichtet, neben die schlesischen Regimentsgeschichten eine Auswahl des sehr umfangreichen Schrifttums vom Weltkrieg zu stellen.“99 95 96 97 98

[Narciß]: Wehrhaftes Deutschland, 57. Ebd., 57. Buchwald: Das Haus, 12. Beil: Der ausgestellte Krieg, 364–375. In Breslau zeigte das SMdBK zum 20. Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges (August 1934) eine Sonderausstellung mit Kunstwerken zum Weltkrieg. Vgl. Kamiński: Wrocławskie targi, 248. 99 [Narciß]: Wehrhaftes Deutschland, 57.

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Der Inhalt des letzten Ausstellungsraumes bildete zugleich den Zielpunkt der Ausstellung – eine Bewerbung des „Wehrschrifttums der Gegenwart“. In 17 Themen gegliedert versammelte der Raum 345 Druckwerke, überwiegend erschienen im Zeitraum 1934–1936. Diese reichten von Nachschlagwerken, Büchern zur „Kriegsphilosophie“, zur „Wehrerziehung“ und -technik bis hin zu „Deutschlands wehrpolitische Lage“, „Das neue deutsche Heer“ und aktuellen Zeitschriften.100 Die große Buchausstellung sollte zugleich die Verbreitung dieser Schriften befördern, denn angegeben wurden auch ihre Preise und ihr Bestand in der Breslauer Stadtbibliothek und den Volksbüchereien. Zur visuellen Begleitung der Buchausstellung hingen an den Wänden Fotografien des Generalkommandos Breslau unter dem Titel „Aus dem Leben der neuen Wehrmacht“. Damit stand die Ausstellung in direktem Zusammenhang mit der deutschen Wiederaufrüstung und der verstärkten gesellschaftlichen Militarisierung im NS-Staat. Die Kuratoren betonten zum Abschluss, dass diese „Wehrschriften“ zur „Erziehung eines neuen Typs des soldatischen Kämpfers“ beitragen und „die totale Mobilmachung des ganzen Volkes“ befördern sollten, deren Grundlagen mit den Gesetzen zum „Aufbau der Wehrmacht“ vom 16. März und 21. Mai 1935 begründet worden seien. Hiermit legten die Kuratoren zugleich einen konkreten politischen Anlass ihrer Ausstellung offen, eine ideologische Legitimierung der Wiedereinführung der Wehrpflicht im März 1935. Vor dem Hintergrund dieser konzeptionellen Zielführung ist ein genauerer Blick auf die breitgefächerte Absichtsebene der Ausstellung notwendig.

6.2.2. Intention und Organisation – NS-Propagandaorganisationen im Museum Bei einer genaueren Untersuchung der Absichtsebene wird deutlich, dass die Konzeption dieser Museumsausstellung von einem konkreten politischen Anlass und einer darauf ausgerichteten Strategie herrührte: Aufbauend auf einer bekannten Dauerausstellung bewarb die Sonderausstellung aktuelle ideologische Publikationen, die eine Militarisierung der Gesellschaft und eine Abkehr von den Regelungen des Versailler Vertrages stützten. Demnach dienten die historischen Relikte der Museumssammlung lediglich als eine Werbekulisse für die von der „Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums“ beworbene nationalsozialistische Kriegsliteratur. Zu einer Einordnung des politischen Kontextes der Breslauer Ausstellung sind daher sowohl die kulturpolitischen Entwicklungen im NS-Staat wie auch die lokalen Beweggründe zu beleuchten. Als offizieller Anlass für den Aufbau und die Eröffnung der Ausstellung galt der 150. Todestag Friedrichs des Großen am 17. August 1936. Am landesweiten Kult um den preußischen König im „Dritten Reich“ zeigte sich der Aufbau der nationalsozialistischen Geschichtskultur, die sich auf eine plakative Aktualisierung etablierter deutschnationaler Geschichtstraditionen für gegenwärtige politische Ziele stützte. Zu den Kernthemen zählten die Geschichte germanischer Stämme, das Reich Karls des Großen und der Staufer, die Ostbesiedlung, die Bauernkriege, der preußische König Fried100 Ebd., 63–78.

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rich II. sowie die Befreiungs- und Einigungskriege. In dieser historischen Kontinuität wurde der Nationalsozialismus zum Endpunkt der Geschichte stilisiert. In der Praxis, Geschichte für gegenwärtige politische Ziele zu aktualisieren, stützte sich die nationalsozialistische Geschichtsideologie vor allem auf einen „Pathos des Heroischen“ kriegerischer Ereignisse.101 Zur Verknüpfung traditioneller geschichtlicher Bezugspunkte mit der neuen Ideologie war das Breslauer Museum besonders geeignet, denn seine Sammlung und die historischen Räume enthielten große Schnittstellen zu diesen populären Themen der nationalsozialistischen Geschichtskultur. Breslau als Großstadt im Osten Deutschlands mit einer Schlossanlage aus den Zeiten Friedrichs des Großen, welches darüber hinaus für den Beginn der Befreiungskriege von Bedeutung war, gestattete hier besonders viele Anknüpfungspunkte, wie dies auf lokalpatriotische Weise die „Schlesische Zeitung“ zur Ausstellungseröffnung betonte: „Nun ist Breslau, wie kaum eine andere Stadt in der Lage, nicht nur mit einer Fülle kostbarer, aus den geschichtlich entscheidenden Zeiten stammenden Museumsstücken aufzuwarten, sondern darüber hinaus mit den Örtlichkeiten, in denen sich umwälzende, für die ganze Entwicklung Deutschland bedeutsame Geschehnisse vorbereiteten.“102 Zum Jubiläum des preußischen Königs plante die NS-Organisation „Bund Deutscher Osten“ (BDO) für August 1936 in ganz Schlesien so genannte „Fridericus-Feiern“. Diese enthielten die Kernbotschaft, dass Friedrich II. „Schlesien an Preussen gebracht“ und ein „ungeheures Aufbauwerk“ in Schlesien begonnen habe.103 In Breslau verschob der BDO die „Fridericus-Feiern“ allerdings auf das Wochenende des 26./27. September, da die Planung des Festprogramms nicht rechtzeitig abgeschlossen werden konnte. Diese Verschiebung ermöglichte es dem Leiter der „Staatlichen Beratungsstelle für das volkstümliche Büchereiwesen“, Georg Adolf Narciß, seine Sonderausstellung „Schlesien im Ansturm der Zeiten“ als Teil des bereits in anderen Städten gezeigten Ausstellungszyklus „Wehrhaftes Deutschland“ der „Reichstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums“ im Zusammenhang mit den Breslauer „Fridericus-Feiern“ zu eröffnen. Zusammen mit einem Kongress im Rathaus und der Uraufführung des Festspiels „Schlesien“ in der Jahrhunderthalle bildete die Museumsausstellung einen der Höhepunkte der Breslauer Jubiläumsfeiern zum Gedenken an den preußischen König. Die Ausstellungseröffnung am Vormittag des 26. September 1936 im Lichthof des Schlesischen Museums für Kunstgewerbe und Altertümer fand unter Beteiligung der Spitzen der Stadt und des Wehrbezirkes statt. Nach „Fanfarenmusik des Jungvolks“ begann die Eröffnung mit einer Lesung des Museumskurators Gustav Barthel aus den „Werken

101 Thamer: Geschichte, 352–356; Schütz, Erhard: Wunschbilder im Nationalsozialismus in Kultur und Kunst. In: Sösemann, Bernd (Hg.): Der Nationalsozialismus und die deutsche Gesellschaft. Einführung und Überblick. Stuttgart/München 2002, 223–238:, hier 229. 102 „Wehrhaftes Deutschland“. Eine historisch bedeutsame, gegenwartsverbundene Ausstellung im Schloß und im Museum auf der Graupenstraße. Schlesiens Geschichte ist deutsche Entwicklungsgeschichte. In: Schlesische Zeitung am 26. September 1936. 103 Rundschreiben des BDO, 1936–39: APWr, Wydział Samorządowy Prowincji, 880, Bl. 52 f.

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Friedrichs des Großen“.104 Museumsdirektor Kohlhaußen hob in seiner Begrüßungsrede hervor, dass ein Beweggrund des Museums für die Ausrichtung der Ausstellung gewesen sei, „die Ausstellungsgegenstände in einer lebendigen Beziehung zur Umgebung“105 zu zeigen. Der Breslauer Regierungspräsident Georg Kroll, Generalmajor Lüders vom Kommando des Wehrkreises VIII (Breslau), der Berliner Leiter der Reichsstelle zur Schrifttumsförderung, Hans Hagemeyer, und Georg Adolf Narciß von der schlesischen Landesstelle zur Schrifttumsförderung bezogen sich in ihren Reden dagegen allein auf die kriegspropagandistische Zielsetzung der Ausstellung. Der Breslauer Regierungspräsident bezeichnete als Auftrag der Ausstellung, den „wiedererweckten Wehrgedanken im schlesischen Volk [zu] vertiefen“, und der Generalmajor verband mit der Ausstellung das Ziel, „damit der deutschen Wehrmacht Männer zugeführt werden, die begeistert der hohen Aufgabe des Soldaten dienen“.106 Entsprechend der Schwerpunkte der Eröffnungsreden galt das Jubiläum Friedrichs des Großen lediglich als thematischer Aufhänger für die Bewerbung einer neuen strategischen Richtung in der Rüstungspolitik. Denn die deutsche Wiederbewaffnung und Aufrüstung beim gleichzeitigen Bruch der Regelungen des Versailler Vertrages war 1935 mit der Einführung der Wehrpflicht öffentlich geworden. Hatte das NS-Regime zwischen 1933 und 1935 noch den Anschein zu erwecken versucht, außenpolitisch gemäßigte Absichten zu verfolgen, begann mit dem Einmarsch in das entmilitarisierte Rheinland (März 1936) eine Phase verstärkter Rüstung.107 Neben der Verbreitung von kriegspropagandistischer NS-Literatur eignete sich die Museumsausstellung dazu, anhand ausgewählter Zeugnisse aus vormodernen Kriegen ein idealisiertes und heroisiertes Kriegsbild zu verbreiten. Für die mentale Vorbereitung der Bevölkerung auf einen kommenden Krieg hatte die Museumsausstellung zudem den Vorteil, subtil zur Kriegspropaganda beizutragen, denn die geschichtskulturelle Popularisierung Friedrichs des Großen und der Befreiungskriege war aus dem Kaiserreich und der Weimarer Republik bekannt. Mit der Integration dieser Geschichtsmomente in eine neue, zugespitzte Erzählung eines ewigen Abwehrkampfes Schlesiens gegen äußere Feinde diente das Museum der Verbreitung von Bedrohungsszenarien und Bildern einer Kriegsnotwendigkeit. Die Entwicklungsgeschichte Schlesien konstruierte die Ausstellung entsprechend der völkischen Ideologie als einen bis in die Gegenwart anhaltenden „Volkstumskampf“. Die polnische Anfangszeit der Stadt und die einflussreichen kulturellen Verflechtungen Breslaus mit Böhmen und Polen fielen einer Selektion zum Opfer, in der „Deutsches“ hervorgehoben und „Fremdes“ marginalisiert wurde. Auffällig an der Ausstellung von 1936 war allerdings, dass sich antipolnische oder antislawische Polemiken in Grenzen 104 Im Detail waren das die „Rede des Königs an seine Offiziere vor dem ersten Ausmarsch nach Schlesien 1740 und ein Stück aus dem Politischen Testament Friedrichs von 1752“. Vgl. Ausstellung „Wehrhaf­ tes Deutschland“ eröffnet. In: Schlesische Volkszeitung am 28. September 1936. 105 Ausstellung „Wehrhaftes Deutschland“ eröffnet. In: Breslauer Neueste Nachrichten am 28. September 1936. 106 Ausstellung „Wehrhaftes Deutschland“ eröffnet. In: Schlesische Volkszeitung am 28. September 1936. 107 Benz, Wolfgang: Geschichte des Dritten Reiches. München 2000, 155 f. Zu den politischen Phasen in der NS-Kulturpolitik vgl. Schütz: Wunschbilder, 226 f.

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hielten. So wurden die Abtretung des östlichen Teils Oberschlesiens an Polen nach der Volksabstimmung von 1921 wie auch die oberschlesischen Aufstände (1919–1921) und die nach dem Ersten Weltkrieg festgelegte deutsch-polnische Grenze an keiner Stelle erwähnt. Bildete die Revision der Ostgrenze in der Weimarer Republik noch einen Teil der amtlichen Regierungspolitik, war seit dem Abschluss des deutsch-polnischen Nichtangriffspaktes von Januar 1934 und der Unterzeichnung eines Wirtschafts- und Presseabkommens eine Zurückhaltung in den offiziellen Stellungnahmen gegenüber Polen festzustellen.108 Ob das NS-Regime tatsächlich versuchte, Polen als „Juniorpartner für einen Angriff gegen den eigentlichen Gegner Sowjetrussland“ zu gewinnen oder ob es sich nur um einen „Propagandaschachzug“ beziehungsweise eine „taktische Verständigungsbereitschaft“ handelte, bleibt in der Forschung umstritten.109 Nachdem im Oktober 1938 keine „Globallösung“ der deutschen Forderungen an Polen gefunden werden konnte, kehrte die antipolnische Polemik auch in die mediale und politische Öffentlichkeit ungleich stärker zurück und wurde mit dem Überfall auf Polen im September 1939 vollends reaktiviert. Der Kontext der besprochenen Breslauer Ausstellung zeigt allerdings sehr deutlich, dass auch während der Phase einer politischen und kulturpolitischen Zusammenarbeit mit Polen eine doppelzüngige Rhetorik gegenüber dem Nachbarn an den Tag gelegt wurde. Der Kulturaustausch zwischen Berlin und Warschau und die deutschen Trauerfeiern zum Tode von Marschall Piłsudski im Mai 1935 verhinderten nicht das unterschwellige Fortbestehen antipolnischer Agitation, insbesondere in den ostdeutschen Städten. Während 1935 eine große polnische Kunstausstellung in Berlin und später auch in Frankfurt am Main, Düsseldorf, Köln und Dresden gezeigt wurde, ver108 Zur revisionistischen Politik der Weimarer Republik gegenüber Polen und zur politischen und kultur­ politischen Zusammenarbeit 1933–1939 vgl. Pryt: Befohlene Freundschaft, 48–53, 123–146. 109 Die Einschätzungen hinsichtlich der deutschen Ziele bei dem Nichtangriffspakt mit Polen divergieren in der Forschung. Umstritten ist, ob es sich bei dem Pakt um eine „taktische Verständigungs­ bereitschaft“ (Beata Kosmala) oder lediglich eine „Verwirrungspolitik“ (Teresa Kulak) handelte. Zur Debatte steht auch, ob Deutschland mit dem Pakt Polen als „Juniorpartner […] gegen […] Sowjetrussland“ (Włodzimierz Borodziej) oder als „total hörigen Vasallen“, der einen Angriff auf Frankreich und England dulden würde (Tomasz Szarota), gewinnen wollte. Nach Eugeniusz Król war der deutschpolnische Vertrag von divergierenden Absichten geprägt. Während Polen eine „Stabilisierung des Sicherheitssystems in Mitteleuropa“ erreichen wollte, hoffte Deutschland auf ein Ende der „Isolation auf der internationalen Bühne“ und einen „Weg für einen gemeinsamen Feldzug Richtung Osten auf der Suche nach ,Lebensraum‘“. Rückblickend blieben die Jahre zwischen 1934 und 1939 „eine Art Intermezzo, ein taktischer Zug, auf dem Weg zur Verwirklichung aggressiver Pläne des NS-Staates“ (Król). Nach Karina Pryt waren die deutsche „propolnische Propaganda sowie der Kulturaustausch […] kein Ablenkungs- oder Täuschungsmanöver“, sondern Ausdruck einer „auf lange Sicht geplanten Polenpolitik“ mit dem Ziel, Polen „als Komplizen und Helfershelfer im Krieg gegen die Sowjetunion zu benutzen“. Vgl. Kosmala, Beate: Die nationalsozialistische Herrschaft 1933–1939 In: dies./Kochanowski, Jerzy (Hg.): Deutschland, Polen und der Zweite Weltkrieg. Geschichte und Erinnerung. Potsdam/Warszawa 22013 [12009], 18–35, hier 33; Kulak: Historia, 324; Borodziej, Włodzimierz: Geschichte Polens im 20. Jahrhundert. München 2010, 186; Szarota, Tomasz: Stereotype und Konflikte. Historische Studien zu den deutsch-polnischen Beziehungen. Osnabrück 2010, 234; Król: Polska, 575; Pryt: Befohlene Freundschaft, 467.

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band sich mit der Organisation dieser Ausstellung bezeichnenderweise in der ostpreußischen Hauptstadt Königsberg eine lokalpolitische Krise.110 In Breslau widersetzte sich von Anfang an der Gauleiter und Oberpräsident von Nieder- und Oberschlesien, Josef Wagner (1899–1945), den Vorgaben aus Berlin zu einem deutsch-polnischen Kulturaustausch. Vielmehr unterstützte er bereits ab 1936 wieder offen die Breslauer „Ostforscher“ in ihrer antipolnischen Polemik.111 Bei seiner feindlichen Haltung gegenüber Polen stand der Gauleiter auch unter dem Einfluss des Ausrichters der Breslauer „Fridericus-Feiern“, der NS-Organisation „Bund Deutscher Osten“ (BDO). Dieser war im Mai 1933 aus einem Zusammenschluss des 1894 in Posen gegründeten antipolnischen „Deutschen Ostmarkenvereins“ und unter anderem auch des „Reichsbundes der Schlesier“ hervorgegangen. Als Agitationsverband der antislawischen „Ostforschung“ und Säule der NS-Volkstumspolitik war der BDO von Angst- und Bedrohungsszenarien gegenüber dem polnischen Nachbarn getrieben. Im Dezember 1933 trat der Verband als Leitungsorgan nationalsozialistischer Ostpolitik mit der großen „Ausstellung des deutschen Ostens“ in Berlin öffentlich in Erscheinung. In diese Ausstellung war auch das Schlesische Museum für Kunstgewerbe und Altertümer mit der Aufgabe eingebunden, „die riesige Beschickung aus Schlesien zu sammeln, zu verpacken und im besonderen innerhalb der Berliner Ausstellung die Entwicklung der heimatlichen Kunst vom hohen Mittelalter bis ins 19. Jh. zu veranschaulichen“.112 Bereits diese Ausstellung war auf den ersten Blick in ihrer Rhetorik zurückhaltend gegenüber Polen, zugleich enthielt sie mit der Betonung kultureller und historischer Verdienste der „deutschen Ostsiedlung“ in Gebieten des 1918 gegründeten polnischen Staates eine politische Stoßrichtung. Bezüge auf das polnische Kulturerbe Schlesiens und anderer deutscher Ostprovinzen in der polnischen Presse und Forschung beobachtete und kritisierte der BDO auch nach dem Abkommen mit Polen misstrauisch und lautstark.113 Als „ein unersetzbares Instrument zur Führung des gerade in Schlesien besonders schwierigen Volkstumskampfes“ bezeichnete Gauleiter Wagner auch noch 1935 den BDO und ließ ihn durch die Provinzen Nieder- und Oberschlesien finanziell bezuschussen.114 Die Beteiligung des BDO an der Breslauer Sonderausstellung „Wehrhaftes Deutschland“ im September 1936 stand im direkten Zusammenhang mit Georg Adolf Narciß. Dieser war einerseits „Leiter der Staatlichen Beratungsstelle für das volkstümliche Büchereiwesen“ und zugleich in der Landesgruppe Schlesien des BDO für die Organisation einer „Abteilung für Schrifttum“ verantwortlich, die zur Verbreitung von „volkswissenschaftlichen, grenzkundlichen und volkspolitischen Büchern“ in den Ortsgruppen 110 Pryt: Befohlene Freundschaft, 247–249, 279–282. 111 Ebd., 250 f., 278. 112 Bericht von Direktor Kohlhaußen, 15. August 1934: MNWr, SMfKuA, I/149, Bl. 4. 113 Zur „Ausstellung des Deutschen Ostens“ in Berlin, Dez. 1933–Jan. 1934 vgl. Haar, Ingo: Historiker im Nationalsozialismus. Deutsche Geschichtswissenschaft und der „Volkstumskampf “ im Osten. Göttingen 2000, 159 f. Zur Rhetorik des BDO vgl. auch Fiedor, Karol: Bund Deutscher Osten w systemie antypolskiej propagandy. Instytut Śląski w Opolu. Warszawa/Wrocław 1977, 15 f. 114 APWr, Wydział Samorządowy Prowincji, 861, Bl. 217.

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des Vereins beitragen sollte.115 In seiner Funktion als Leiter der „Staatlichen Beratungsstelle“ organisierte Narciß seit 1934 den „Säuberungs- und Umgestaltungsprozess“ der Volksbüchereien in Breslau und ganz Niederschlesien. Bis 1937 wurde dabei ein Großteil der alten Buchbestände entfernt und durch seit 1933 erschienene Publikationen ersetzt.116 Dieser Umbau der öffentlichen Bibliotheken zu einem ideologischen „Erziehungsinstrument“117 des NS-Staates unterstand der 1933 gegründeten „Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums“, als deren Mitglied Narciß in Schlesien agierte. Die „Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums“ war neben der „Reichsschrifttumskammer“ eine der ideologischen Prüf- und Werbestellen für Literatur im NS-Staat. Seit Juni 1934 als Teil des Amtes von Alfred Rosenberg fungierend, dem „Beauftragten des Führers für die gesamte geistige und weltanschauliche Erziehung der NSDAP “,118 veranstaltete sie zur Verbreitung nationalsozialistischer Literatur verschiedene Ausstellungsreihen, zu der auch eine im November 1935 eröffnete Buchpräsentation „Wehrhaftes Deutschland“ in der Preußischen Staatsbibliothek zu Berlin zählte. Rosenberg zufolge sollte die Ausstellung zu einer historischen Begründung und Verbreitung von Kriegsideologie beitragen.119 Der Titel der Breslauer Ausstellung stammte daher aus einer Themenreihe, denn Buchausstellungen unter denselben Namen erfolgten unter anderem auch in der Stadt- und Landesbibliothek Dortmund (1936) und der Staatsbibliothek Bremen (April 1937).120 In einem gänzlich neuen Format plante Georg Narciß für Breslau, eine solche Buchausstellung in ein städtisches Geschichtsmuseum zu integrieren. Davon versprach er sich, „ein unmittelbar wirkendes, anschauliches Bild der schlesischen Wehrgeschichte [zu] vermitteln“.121 Den Direktor der städtischen Kunstsammlungen, Heinrich Kohlhaußen, konnte Narciß für sein Vorhaben vor allem auch deshalb gewinnen, da sich mit dieser temporären Intervention in die Dauerausstellung für das Museum die Hoffnung verband, dass neue Besuchergruppen veranlasst würden, „die Sammlungen in ihrer Gesamtheit zu durchwandern“ und zugleich eine „Einsicht in den unlösbaren Zusam115 Rundschreiben des BDO 1936–39: APWr, Wydział Samorządowy Prowincji, 880, Bl. 40 f. 116 Kunicki, Wojciech: „… auf dem Weg in dieses Reich“. NS-Kulturpolitik und Literatur in Schlesien 1933 bis 1945. Leipzig 2006, 163 f. 117 Wermke, [?]: Der Neuaufbau des Breslauer Volksbüchereiwesens. In: Breslauer Gemeindeblatt 35/29 (1936) 293–294. 118 Barbian: Literaturpolitik, 116 f. Zur polykratischen Struktur der Schrifttumspolitik im NS-Staat vgl. auch Piper, Ernst: Alfred Rosenberg. Hitlers Chefideologe. München 2005, 323 f., 339 f. 119 Zur Eröffnung der Berliner Ausstellung vgl. [Rosenberg, Alfred]: Eröffnung der Ausstellung „Das wehrhafte Deutschland“ in Zeugnissen deutschen Schrifttums. In: Bücherkunde der Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums 3/1 (1936) 3. Zu den Ausstellungsreihen der Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums vgl. Barbian: Literaturpolitik, 126; Thamer: Geschichte, 353 f. 120 Das wehrhafte Deutschland. Auf Veranlassung der Gauschulungsleitung des Gaues Westfalen-Süd und in Verbindung mit der Landesdienststelle zur Förderung des deutschen Schrifttums. Stadt- und Landesbibliothek Dortmund. Dortmund 1936; Das wehrhafte Deutschland in Zeugnissen deutschen Schrifttums. Schrifttumsausstellung veranstaltet von der Reichstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums, Landesdienststelle Weser-Ems als Hauptstelle im Gauschulungsamt und der Bremischen Staatsbibliothek. Bremen 1937. 121 [Narciß]: Wehrhaftes Deutschland, 3.

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menhang allen kulturellen Geschehens mit dem Gedanken der Wehrhaftigkeit“122 zu erhalten. Diese Verknüpfung der beiden Ziele, Propagandaliteratur in einem historischen und plastischen Kontext zu präsentieren und zugleich neue Aufmerksamkeit für die Museumssammlungen zu generieren, schien zum gegenseitigen Nutzen aller drei beteiligten Institutionen zu sein – zumal Narciß dem Museum die Hauptarbeit bei der Akquise der Leihgaben und dem Verfassen der Ausstellungstexte abnahm. Bei der Zusammenarbeit des Museums mit den externen Partnern ergaben sich allerdings zahlreiche organisatorische Probleme, die den Erfolg der Ausstellung für beide Seiten schmälern sollte. Erst einen Monat vor Eröffnung wurde mit den praktischen Vorbereitungen der Ausstellung begonnen. Die Idee für diese Ausstellung muss allerdings schon früher gefasst worden sein, denn am 5. August informierte Narciß Museumsdirektor Kohlhaußen, dass die „Fridericus-Feiern“ und die Ausstellungseröffnung auf den 26. September verschoben wurden. Diese kurzfristige Zurückstellung des Ausstellungstermins nahm die Museumsleitung ohne Proteste hin, denn die Konzeptionsarbeiten und der Leihverkehr wurden überwiegend von Narciß getragen. Diese kurzfristige Änderung zeigt, dass die Federführung für die Ausstellung insgesamt bei Narciß lag und das Museum hier nachgeordnet war. Die Leihgaben für die Ausstellung bestanden hauptsächlich aus Hand- und Druckschriften aus Breslauer Archiven und Bibliotheken. Narciß bezog die ausgestellten Dokumente aus dem Stadtarchiv, dem Staatsarchiv, der Stadtbibliothek, der Staatsund Universitätsbibliothek sowie der Bücherei des VIII . Wehrkreises beim Breslauer Generalkommando. Auf Seiten des Museums war der spätere Museumsdirektor Gustav Barthel mit der Gesamtleitung des Ausstellungsprojektes betraut. Er erhielt beim Aufbau der Ausstellung maßgebliche Unterstützung durch den Museumskurator Erich Meyer-Heisig (1907–1964). Auch das Museum akquirierte ab Mitte September einige Leihgaben als Ergänzung für die Sonderausstellung. Aus dem Schlesischen Museum der Bildenden Künste kamen vier Gemälde Friedrichs II. und der Generäle August Neidhart von Gneisenau und Ludwig Yorck von Wartenburg, aus dem Erzbischöflichen Diözesanmuseum zu Breslau die besprochene „Urkunde über die Auslieferung der Kastellanei Ottmachau“ (1431) und vom Bürgermeister der Gemeinde Namslau (poln. Namysłów) ein Beil, welches „mit einem Poleneinfall aus dem Jahre 1432, der von den Namslauer Bürgern tatkräftig zurückgewiesen wurde“, im Zusammenhang gestanden haben soll. Die Auswahl des Beils ging auf Forschungen des ehemaligen Museumsdirektors Hans Seger zurück. Auch einige private Leihgeber waren an der Ausstellung beteiligt. So stammte der symbolisch bedeutungsvolle „Uniformrock Friedrichs des Großen“ vom Schlossherrn in Kammerswaldau (poln. Komarno), Ernst von Loesch.123 Auch das 80-seitige Begleitbuch zur Ausstellung verdeutlicht die Arbeitsteilungen bei der Organisation der Schau. Die Einordnungen und Erläuterungen der Exponate im Katalogteil verfassten die Museumsassistenten Eva Schmidt, Christian Gündel und 122 [Barthel]: Wehrhaftes Deutschland, 4. 123 MNWr, SMfKuA, I/149, Bl. 251.

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Erich Meyer-Heisig. Narciß übernahm den Katalogteil zur ausgestellten Literatur und die für das Gesamtnarrativ der Ausstellung ausschlaggebenden historisch einleitenden Abschnitte zu den einzelnen Räumen.124 Von externer Seite arbeiteten an der Ausstellung nicht nur der Initiator Georg Narciß, sondern auch eine Reihe von ihm eingebundener Personen mit. Den Breslauer Historiker Herbert Deus beauftragte Narciß mit der Anfertigung von 30 großen Karten als didaktische Ausstellungselemente. Diese Übersichten sollten mit Pfeilen und Grenzlinien veranschaulichen, dass Schlesien „an einer entscheidenden Grenzstelle des Abendlandes“ liege und von „allen Angriffen der fremden Welt“ betroffen sei.125 Der Vorgesetzte von Narciß, der Leiter der schlesischen Landesdienststelle der Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums, Karl-Hans Hintermeier, war an den Korrespondenzen mit den Leihgebern beteiligt und organisierte den Druck und Vertrieb des Begleit- und Katalogbandes zur Ausstellung. Denn zusammen mit Erich Thiel war er Inhaber der Buchhandlung „Priebatsch“. Die traditionsreiche Buchhandlung am Breslauer Ring war 1933/34 ihrem jüdischen Eigentümer entzogen und unter altem Namen fortgeführt worden.126 Der Begleitband erschien erst mit erheblicher Verspätung Mitte Oktober.127 Der Werbecharakter der Buchausstellung zeigte sich auch daran, dass Georg Narciß Ende August den Direktor der Stadtbibliothek die Bestände des Ausstellungsverzeichnisses zur „Wehrliteratur der Gegenwart“ zum Kauf anbot. 38 Bücher übernahm die Stadtbibliothek daraufhin am Ende der Ausstellung.128 Wie bereits angesprochen führte der Katalogband alle zeitgenössischen Druckwerke der Ausstellung mit Verkaufspreis auf. Verkaufsausstellungen waren allerdings kein ungewöhnliches Format für das Museum, denn bereits vor dem Ersten Weltkrieg war es Künstlern ermöglicht worden, in Museumsausstellungen ihre Bilder zum Verkauf anzubieten, so 1905 bei der Sonderausstellung „Alt-Breslau im Bilde“.129 Neu waren allerdings die weitreichenden konzeptionellen und organisatorischen Planungen einer Museumsausstellung durch einen externen Verband. Die Arbeitsteilung bei der Ausstellungsorganisation zwischen dem Museum und Vertretern der Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums erscheint nach klaren Kriterien erfolgt zu sein, doch zeigt ein genauerer Blick in die Planungsunterlagen zwei grundlegende Konfliktpunkte, bei denen es um finanzielle Fragen und das Erscheinungsbild ging. Erst während der Ausstellung kam es zum Streit, wem die Eintrittsgelder zu je 10 Pfennigen zugute kommen sollten. Museumskurator Gustav Barthel betonte in einem Bericht an die Stadtverwaltung, dass die Gelder dem Museum zustehen, da „ein beträchtlicher Anteil, wenn nicht gar der entscheidende an dem Gelingen der Ausstellung, sowohl was die wissenschaftliche Durcharbeitung betrifft wie auch die 124 [Barthel]: Wehrhaftes Deutschland, 4. 125 [Narciß]: Wehrhaftes Deutschland, 5. 126 Zur Geschichte der Buchhandlung „Priebatsch“ vgl. Łagiewski: Breslauer Juden [2011], 201–203. 127 Zur Publikation des Begleitbandes vgl. Schlesien im Ansturm der Zeiten. In: Schlesische Zeitung am 15. Oktober 1936. 128 APWr, Akta Miasta Wrocławia, 32298, Bl. 255a–c. 129 [Buchwald]: Ausstellung Alt-Breslau im Bilde.

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ausstellungstechnische, auf das Museum“ entfallen. Eine Überweisung der Eintrittsgelder an Herrn Hintermeier sei nicht zulässig, da die Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums die Finanzierung des Begleitbandes im Vorfeld der Ausstellung zugesagt habe.130 Auch mahnte Barthel am 4. September die beiden Veranstaltungspartner mit eindringlichen Worten, dafür zu sorgen, dass der Titel und die Veranstalter der Ausstellung in der Presse korrekt wiedergegeben würden und Drucksachen zur Ausstellung nur in Rücksprache mit dem Museum herauszugeben seien.131 Laut Barthel sei nur durch die Aufsicht des Museums „die Ausstellung in einer würdigen Form durchzuführen“.132 Die Kritik spiegelt daher nicht nur eine Sorge des Museums über das öffentliche Erscheinungsbild der Ausstellung durch die Arbeit der externen Partner wider, sondern zeigt deutliche Unklarheiten bei der Regelung der Zusammenarbeit, was auch auf ein mangelnde Erfahrungswissen zurückzuführen ist. Weder hatte das Schlesische Museum bisher bei der Entwicklung von Ausstellungsprojekten die konzeptionelle Federführung in solch hohem Maße an externe Partner übertragen, noch hatte die Reichsstelle zur Förderung des Schrifttums bisher Ausstellungsprojekte innerhalb von Museumsausstellungen veranstaltet. Gewahrt blieb die Eigenständigkeit des Museums allerdings bei den technischen Arbeiten an der Ausstellung: So blieben die Annahme und das Verwahren der Leihgaben wie auch der Aufbau der Ausstellung beim Museum. Erstaunlich ist allerdings, dass, obwohl die inhaltliche Ausrichtung der Ausstellung maßgeblich von den externen Partnern formuliert wurden war, das Museum ein museumspädagogisches Vortragsprogramm zur Ausstellung ohne Beteiligung der Partner entwarf und bewarb. Zum Begleitprogramm fehlten sowohl in der Anzeige im „Breslauer Gemeindeblatt“ als auch auf einem Handzettel die Angaben zur Beteiligung der Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums sowie des Bundes Deutscher Osten. Ausschließlich Museumsmitarbeiter boten jeweils donnerstags und sonntags folgende thematische Führungen durch die Sonderausstellung an: „Das wehrhafte Schlesien von der Siedelzeit bis zum 30jährigen Kriege“ (Erich Meyer-Heisig, 1. und 11. Oktober), „Schlesien wird unter Friedrich dem Großen zur wichtigsten Industrieprovinz Preußens“ (Christian Gündel, 4. und 22. Oktober), „Die drei schlesischen Kriege – der große König macht Preußen zur Großmacht“ (Gustav Barthel, 8. und 18. Oktober), „Von Friedrich dem Großen bis Moltke – Bildnisse großer Heerführer und Politiker“ (Eva Schmidt, 15. und 25. Oktober) und „Von Breslau aus bricht die Nation zu Freiheit und Einigkeit auf “ (Ernst Günter Troche, 29. Oktober).133 In einem größeren Kontext betrachtet, zeigt der Streit um die Breslauer Sonderausstellung ein nicht ungewöhnliches Phänomen im Verhältnis von Museumswesen und NS-Staat. Die verschiedenen Abteilungen der großen untereinander konkurrierenden Propagandastellen, wie das Amt von Rosenberg und Goebbels’ Propagandaministe130 MNWr, SMfKuA, I/149, Bl. 255. 131 MNWr, SMfKuA, I/149, Bl. 256. 132 MNWr, SMfKuA, I/149, Bl. 255. 133 MNWr, SMfKuA, I/149, Bl. 240.

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rium, traten vor allem durch überregionale kulturhistorische Großausstellungen in Erscheinung.134 Auf das Museumswesen wirkten diese Stellen ideologisch normierend und kontrollierend ein, wobei vielfach die Museen bereitwillig als Institutionen nationalsozialistischer Ideologie fungierten. In der Zusammenarbeit zwischen Museen und den Propagandabehörden ließ sich allerdings auch ein Misstrauen von NS-Institutionen gegenüber einer etwaigen ideologischen Zurückhaltung von Museumsleitern und -mitarbeitern ausmachen.135 Hier widersprach neben einer wissenschaftlichen Tradition vieler Museen vor allem auch eine Besitzstandswahrung der Ausstellungshäuser den neuen, ideologisch offensiveren Parteistellen, wie beispielsweise der Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums. Vor diesem Hintergrund wurzelte der Konflikt bei der Breslauer Sonderausstellung in erster Linie nicht in einer mangelnden ideologischen Ausrichtung, sondern im Bemühen, trotz der weitreichenden Eingriffe einer externen Organisation in die Dauerausstellung die fachlichen Prinzipien und den Sachverstand des Museums zu wahren. In diesem Zusammenhang ist auch die Frage von Bedeutung, inwiefern die Zusammenarbeit zwischen Museum und Partei die Rezeption der Ausstellung geprägt hat.

6.2.3. Rezeption und Entwicklung – Ein Medium lokaler Kriegspropaganda Zur öffentlichen Wahrnehmung dieser ungewöhnlichen Sonderausstellung im Museum bleibt festzuhalten, dass sich über den Erfolg der Ausstellung beim Publikum nur noch Vermutungen anstellen lassen. Ein Indiz für einen Erfolg könnte sein, dass trotz der Streitigkeiten mit den Partnern das Museum den Zeitraum der eigentlich bis zum 25. Oktober 1936 terminierten Ausstellung kurzfristig um eine fünfte Woche bis zum 31. Oktober verlängerte. Gegen eine hohe Besucherzahl spricht hingegen, dass bis zum 9. November von 1.800 gedruckten Begleitbüchern nur 829 Stück zu je 20, später 10 Reichspfennigen verkauft wurden.136 Wahrscheinlich war jedoch die späte Fertigstellung des Buches, erst Mitte Oktober, die Hauptursache für den geringen Absatz. Es bleibt hypothetisch, wie viele Ausstellungsbesucher ein Begleitbuch gekauft haben. Wäre dies jeder Dritte gewesen, hätte die Ausstellung knapp 1.250 Besucher pro Woche gehabt. Zum Vergleich: Andere Sonderausstellungen des Museums in jenen Jahren wie „Sippenforschung in Schlesien“ (November und Dezember 1934) oder „Germanen über Europa“ (Januar

134 Beispiele für historische Großausstellungen sind „Ewiges Deutschland“ (Berlin, 1934) oder „Deutsche Größe“ (München, 1940) oder mit wirtschaftlichem Einschlag „Deutsche Arbeit, deutsches Volk“ (Berlin, 1934), „Deutschland“ (Berlin, 1936) und „Gebt mir vier Jahre Zeit“ (Berlin, 1937). Vgl. Thamer: Geschichte, 353, 366. 135 Thamer: Geschichte, 357. Zur politischen Umgestaltung der Museen im Nationalsozialismus vgl. die Beiträge im Sammelband von Baensch, Tanja/Kratz-Kessemeier, Kristina/Wimmer, Dorothee (Hg.): Museen im Nationalsozialismus. Akteure, Orte, Politik. Köln/Weimar/Wien 2016. 136 MNWr, SMfKuA, I/149, Bl. 286.

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bis März 1936) erzielten über 1.300 und 1.700 Besucher pro Woche.137 Zu einem verlustreichen Geschäft entwickelte sich die Ausstellung für das Museum sicherlich nicht, denn alle nicht verkauften Begleitbücher wurden am 5. Februar 1937 von der Buchhandlung „Priebatsch“ zurückgenommen, da die Reichsstelle den Vertrieb der Begleitbücher übernommen hatte.138 Zur Einschätzung der Rezeption der kriegsgeschichtlichen Ausstellung von 1936 gibt es nur wenige Anhaltspunkte. Die staatlich organisierte Presse begleitete die Ausstellungseröffnung mit einer großen Werbekampagne. Alle Breslauer Tageszeitungen berichteten über die Ausstellung, teilweise mit mehreren Artikeln in einer Ausgabe – besonders zahlreich waren die Berichte in der „Schlesischen Zeitung“. Sie berichtete über die Ansprachen und Gäste der Ausstellungseröffnung bereits am selben Tag.139 Ein Tag zuvor war ausführlich eine Leihgabe der Bücherei des VIII . Wehrkreises für die Ausstellung besprochen worden: die Druckschrift „General-Principia vom Kriege“ Friedrichs II. aus dem Dritten Schlesischen beziehungsweise Siebenjährigen Krieg (1756–1763).140 Am Tag nach der Eröffnung druckte sie sowohl eine ausführliche Vorstellung der Ausstellung als auch einen Beitrag von Museumsdirektor Barthel mit dem Titel „Kleiner Geschichtsführer durch die neue Breslauer Ausstellung“.141 Barthel legte in seinem historischen Abriss die Kernaussage der Ausstellung dar, nach der seit der „Ostbewegung des deutschen Volkes“, wie er die Zuwanderung west- und mitteleuropäischer Siedler im piastischen Schlesien bezeichnete, die kulturelle Entwicklung des Landes mit einer besonders kriegerischen Geschichte einhergegangen sei. Durch diese These rechtfertigte er zugleich das Ausstellungskonzept einer militärgeschichtlichen Perspektivierung der alten kulturgeschichtlichen Sammlung. „Der Besucher wird dadurch weit fühlbarer in den unlösbaren Zusammenhang zwischen Kulturgeschehen und Wehrgedanken eingeführt, als wenn die Ausstellung, aus dem Museumsganzen herausgenommen, in geschlossener Form aufgebaut worden wäre. […] Daß möglichst viele Besucher sie aufsuchen und aus ihr lernen möchten, in wie innigen Beziehungen unser gesamtes Kulturleben und der Wehrgedanke stehen, ist herzlich zu wünschen“,142 lobten die „Breslauer Neuesten Nachrichten“ die Ausstellungskonzeption und kritisierten zugleich den Ausstellungstitel als einen „etwas kompli137 Kohlhaußen, Heinrich: Museen der Stadt Breslau 1. Oktober 1933–31. Dezember 1936. Breslau [1937], 15–17. 138 MNWr, SMfKuA, I/149, Bl. 286 f. 139 Ausstellung „Wehrhaftes Deutschland“ eröffnet. Eigener Bericht der „Schlesischen Zeitung“. In: Schlesische Zeitung am 26. September 1936. 140 Eine bibliographische Kostbarkeit. Zur Ausstellung „Wehrhaftes Deutschland“ im Schloß und im Kunstgewerbemuseum. Der schwarze Tag im Leben des Generals von Czettritz. In: Schlesische Zeitung am 25. September 1936. 141 „Wehrhaftes Deutschland“. Eine historisch bedeutsame, gegenwartsverbundene Ausstellung; Barthel, Gustav: Schlesien im Ansturm der Zeiten. Kleiner Geschichtsführer durch die neue Breslauer Ausstellung. In: Schlesische Zeitung am 26. September 1936. 142 „Wehrhaftes Schlesien“. Ausstellung in den städtischen Kunstsammlungen. In: Breslauer Neueste Nachrichten am 26. September 1936. Zur Eröffnung vgl. Ausstellung „Wehrhaftes Deutschland“ eröffnet. In: Schlesische Volkszeitung am 28. September 1936.

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zierten Namen“. Die Mehrzahl der Zeitungsberichte bezog sich auf die Formulierungen des Begleitbandes zur Ausstellung, dennoch wurden durchaus auch eigene thematische Schwerpunkte gesetzt. Während der Journalist Hubert Schray in der „Schlesischen Tageszeitung“ vor allem die militärtechnische Entwicklungsgeschichte nachzeichnete,143 stellte die „Schlesische Volkszeitung“ den preußischen König Friedrich II. in den Mittelpunkt eines ausführlichen Berichts.144 Auch in der Zeitschrift „Schlesische Monatshefte – Blätter für nationalsozialistische Kultur des deutschen Südostens“ erschien im Oktober eine knappe Besprechung der Ausstellung.145 Überregional fand die Ausstellung hingegen nur wenig Beachtung. Weder die Mitteilungsblätter „Bücherkunde“ der Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums noch die Zeitschrift „Ostland“ des Bundes Deutscher Osten verwiesen auf die Ausstellung. Allein in der Halbmonatsschrift „Wehrfront“146 fand sich im November, nach Schließung der Ausstellung, ein Hinweis auf die Ausstellung und ihren Katalog, in dessen Folge das Museum eine einzige auswärtige Bestellung des Bandes erhielt. Breslau habe „wieder einmal eine repräsentative Ausstellung von nicht nur historischem, sondern ebenso starkem erzieherischem Wert“,147 lobten die „Breslauer Neuesten Nachrichten“. Dieser Zuspruch blieb eine Werbefloskel, denn überregionale Aufmerksamkeit konnte die Breslauer Ausstellung von 1936 nicht gewinnen. Dabei stützte sich das kriegsgeschichtlich zugespitzte Narrativ auf bekannte geschichtskulturelle Traditionen, bildeten doch Friedrich der Große, die Schlesischen Kriege sowie die Befreiungskriege im frühen 20. Jahrhundert populäre Geschichtsmomente von überregionaler Bedeutung. Im Gegensatz zur Großausstellung anlässlich des 100. Jubiläums der Befreiungskriege (1913) konnte das Museum zum 150. Todestag des Preußenkönigs (1936) keine landesweite Beachtung für die Stadt erzeugen. Dabei berichtete im August 1936 nahezu jede populärwissenschaftliche Geschichtszeitschrift in Deutschland über den preußischen König Friedrich des Großen148 – seine Breslauer Residenz und die neue Ausstellung spielten darin so gut wie keine Rolle und erhielten daher keine mediale Beachtung. Die Propagandaausstellung entsprach einer lokalen Ausgabe der landesweiten Kampagne zur Bewerbung ideologischer NS-Literatur und richtete sich in ihren jeweiligen 143 Schray, Hubert: Schlesien in Wehr und Waffen. Das Grenzland im Kampf der Zeiten. Große Wehr­ ausstellung in Breslau. In: Schlesische Tageszeitung am 27. September 1936. Zugleich auch Die Wehr-­ Ausstellung eröffnet. „Ohne Tradition kann kein Volk Großes leisten“. In: Schlesische Tageszeitung am 27. September 1936. 144 „Schlesien im Ansturm der Zeiten“. Eine Ausstellung über schlesische Wehrgeschichte. In: Schlesische Volkszeitung am 27. September 1936; inbes. zur Eröffnung: Ausstellung „Wehrhaftes Deutschland“ eröffnet. In: Schlesische Volkszeitung am 28. September 1936. 145 [Wehrhaftes Deutschland]. In: Schlesische Monatshefte 13/10 (1936) 521. 146 [Wehrhaftes Deutschland]. In: Wehrfront 3/21 (1936) 670. 147 „Wehrhaftes Schlesien“. Ausstellung in den städtischen Kunstsammlungen. In: Breslauer Neueste Nachrichten am 26. September 1936. 148 Friedrich der Große und seine militärischen Leistungen hatten im Sommer 1936 u. a. folgende regionale und überregionale Zeitschriften zum Thema ihrer Ausgaben: Wehrhaftes Deutschland 4 (1936); Wehr­ front 3/16 (1936); Bücherkunde der Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums 3/8 (1936); Schlesische Monatshefte. Blätter für nationalsozialistische Kultur des deutschen Südostens 13/8 (1936).

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Expositionen an ein regionales Publikum. Gestützt auf Bekanntes, auf eine traditionsreiche Museumssammlung, präsentierte sie den Besuchern stark ideologisierte Narrative, nämlich die Erzählung einer 700-jährigen Bedrohungs- und Kriegsgeschichte einer vermeintlich „deutschen“ Stadt. Sie ging dabei weit über die historischen Relikte hinaus und degradierte die Exponate zu Illustrationsobjekten in einer teleologischen Argumentationskette. Die Musealisierung der Breslauer Stadt- und Regionalgeschichte diente hier besonders einem gegenwärtigen politischen Ziel, die deutsche Wiederaufrüstung historisch zu legitimieren und die Gesellschaft ideologisch auf einen neuen Krieg vorzubereiten. Das Museum bildete damit drei Jahre vor dem Überfall auf Polen eine Bühne nationalsozialistischer Kriegspropaganda. Abschließend bleibt festzuhalten, dass sowohl das Schlesische Museum als auch die Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums und der Bund Deutscher Osten das gemeinsame Ausstellungsprojekt nicht als Erfolg verbuchten und daher auf eine weitere Zusammenarbeit verzichteten. Einerseits ist zu vermuten, dass die Hoffnungen des Museums, mit der Integration einer Sonderausstellung in die Dauerausstellung neue thematische Verknüpfungen herzustellen und neue Besucher zu gewinnen, nicht erfüllt wurden. Denn im Gegensatz zu anderen Ausstellungen aus dem gleichen Zeitraum bemerkte Direktor Kohlhaußen in der veröffentlichten Jahresbilanz zu der besprochenen Sonderausstellung lediglich, dass die „Ausstellungsräume [für Sonderausstellungen] wegen der Vorbereitung der neuen Sonderschau vorgeschichtlicher Meisterwerke nicht benutzt werden [konnte]. Es wurde deshalb zur Vermeidung größerer Umstände den betreffenden Abteilungen im Schlosse wie in der Waffenhalle (Graupenstraße) ein durch die Zwecke der Ausstellung gebotenes Gepräge zu geben versucht.“149 In diesen bescheidenen Worten erschien die Sonderausstellung in der Dauerausstellung gar als eine Notlösung, wohingegen der Grundgedanke einer thematischen Verknüpfung zweier Ausstellungsformate nicht mehr erwähnt wurde. Auch die Landesstelle Schlesien der Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums und die Landesgruppe Schlesien des Bundes Deutscher Osten suchten keine weitere Zusammenarbeit, stattdessen entschieden sie sich 1937 bei einer weiteren Ausstellungsreihe der Reichsstelle unter dem Titel „Deutsche Entscheidungen im Osten“ für ein Ausstellungsformat ohne Beteiligung des Museums. Die vom 2. bis 30. November 1937 in der Ausstellungshalle am Christophoriplatz (heute Plac św. Krzysztofa) gezeigte Ausstellung beschränkte sich gänzlich auf Papierzeugnisse wie Karten, Bilder, Dokumente und Bücher. Inhaltlich war diese Sonderausstellung radikaler, da sie wesentlich deutlicher eine Revision der Ostgrenze forderte und damit die Grenzen des polnischen Staates infrage stellte, was eine Beschwerde der Polnischen Botschaft beim Auswärtigen Amt provozierte.150 Diese sollte nicht die einzige Ausstellung bleiben, die in Zeiten des 149 Kohlhaußen: Museen, 17. 150 Narciß, Georg Adolf: Deutsche Entscheidungen im Osten. In: Schlesische Monatshefte 14 (1937) 417– 420. In Anlehnung an die Breslauer Ausstellung auch Narciß, Georg Adolf: Deutsche Entscheidungen im Osten. Breslau 1938. Zur Beschwerde der Polnischen Botschaft vgl. Fiedor: Bund, 215–217. Einen

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deutsch-polnischen Paktes vom polnischen Generalkonsul in Breslau wegen antipolnischer Tendenzen beanstandet wurde.151 Die Breslauer Geschichtsausstellungen verbreiteten damit auch vor Beginn des Zweiten Weltkrieges die ideologischen Grundlagen für eine Aggression gegen den östlichen Nachbarn. Die Bilder einer Lokalgeschichte nationaler Konfrontationen wie auch einer vermeintlichen kulturellen Überlegenheit dienten beim Überfall auf Polen im September 1939 als Legitimation für die systematische Zerstörung und Ausplünderung der schlesischen Nachbarregionen. Bemerkenswert ist, dass nach der besprochenen Sonderausstellung zum „Wehrhaften Deutschland“ (1936) die Waffensammlung und die Geschichte des Breslauer Schlosses in den folgenden kulturhistorischen Ausstellungen vor und während des Zweiten Weltkrieges keine besondere Rolle mehr spielten. Die Dauerausstellungen in den königlichen Wohnräumen des Schlossmuseums bestanden in ihrer ursprünglichen Konzeption fort, die Waffensammlung hingegen teilte der seit 1937 amtierende Museumsdirektor, Gustav Barthel, im Zuge der Neuordnung der Sammlungen auf verschiedene Abteilungen auf. 152 Die Hervorhebung der Befreiungskriege in der lokalen Geschichtskultur fand ihre Fortsetzung zum 120. und 125. Jahrestag des Kriegsbeginns (1933 und 1938). Diese Anlässe beging die nationalsozialistische Stadtregierung mit großen Propagandaaufmärschen und Massenversammlungen.153 Gestützt auf die alten Bezugspunkte der lokalen Geschichtskultur wirkte die Propaganda für einen neuen Krieg. Mitten in diesem Krieg feierte die Stadtregierung 1941 den Jahrestag des „Mongolensturms“ von 1241, in dessen Folge die frühmittelalterliche Stadt bis auf die Burg zerstört worden war, als das 700. Gründungsjubiläum des deutschen Breslau. In der propagandistischen Rückschau wurde aus der vom polnisch-piastischen Herzog betriebenen Anlage einer Kolonialstadt für mitteleuropäische Siedler eine rein deutsche Aufbauleistung konstruiert. Aus Anlass dieser Feiern öffnete in Breslau die große Wanderausstellung „Deutsche Größe“ im Oktober 1941 mit einem zusätzlichen „Breslauer Raum“, welcher die Jubiläen des „Mongolensturms“ von 1241 und die preußische Annektierung Schlesiens (1741) in den Mittelpunkt stellte. Bezeichnenderweise erschien in dieser größten NSGeschichtsausstellung von den Germanen bis zum gegenwärtigen Kriege das alte Breslau als eine Stadt, die erst aus den Zerstörungen vor 700 Jahren hervorgegangen sei.154 Einblick in die nationalsozialistische Propaganda im Breslauer Ausstellungswesen vermitteln die Berichte des polnischen Generalkonsuls in Breslau, Leon Koppens. Vgl. Kamiński: Wrocławskie targi, 144–151. 151 Koppens berichtete ebenfalls über antipolnischen Tendenzen in der chauvinistischen Kunstausstellung „Der deutsche Meister Veit Stoß“, Juli/August 1938 im Schlossmuseum, und der Münzausstellung „Geprägte Geschichte Schlesiens“, Februar 1939 im Hauptgebäude, Graupenstraße. Vgl. Kamiński: Wrocławskie targi, 145–151. 152 Barthel: Die Kunstsammlungen, 297. 153 Zur propagandistischen Vereinnahmung der Befreiungskriege 1933 und 1938 vgl. Konwiarz, Richard: Jahrhunderthalle. Nationaldenkmal. Städtisches Verkehrsamt Breslau. Breslau [1933]; Josephi, Frederik: Gedenkstätten des Eisernen Kreuzes. Zur 125. Wiederkehr des Stiftungstages. In: Schlesien. Volk und Raum 1/1 (1938) 41–43, hier 42. 154 Die historische Wanderausstellung „Deutsche Größe“ entstand durch das Amt für Schrifttumspflege und das Amt Rosenberg. Die Eröffnung erfolgte im November 1940 in München. In Breslau war die Ausstellung vom 19. Oktober 1941 bis zum 15. Januar 1942 zu sehen. Vgl. Kamiński: Wrocławskie

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Am Ende dieses Krieges wurde zum letzten Mal die vermeintlich durchweg kriegerische Tradition der Stadt beschworen und in der brennenden, eingekesselten Stadt, im „Gelben Wohnzimmer“ des Schlossmuseums noch einmal der Orden „Eisernes Kreuz“ verliehen – an die Kindersoldaten des „Volkssturms“.155 Kaum zwei Monate danach, wenige Tage nach Breslaus später Kapitulation, brannte in der Nacht vom 13. auf den 14. Mai 1945 das Schlossmuseum nahezu vollständig aus. Mit der Zerstörung des Bezugsortes und der Vertreibung und Aussiedlung seiner Bewohnerschaft endete in Breslau die museale Fixierung auf die preußischen Könige und das Jahr 1813 vermeintlich für immer. Wie noch zu zeigen sein wird, wurden allerdings nach über 60 Jahren die historischen Königszimmer wiederaufgebaut und damit der stadtgeschichtliche Moment von 1813 zu einem kleinen Baustein in einer neuen, von nationalistischen Aufrechnungen befreiten Geschichtskultur.

6.3. R  ückkehr in die Stadt der Piasten – Die Musealisierung des Zweiten Weltkrieges in den Jahren 1945–1989

Abbildung 26: Den Auftakt des historischen Teils der Großausstellung der „Wiedergewonnenen G ­ ebiete“ (1948) prägten Skulpturen und Installationen zur Nachkriegsgeschichte der Region. Die Fotografie zeigt den Abschnitt zur Ansiedlung in den neuen Gebieten, der unter dem Titel stand: „Die Menschen zogen in die rauchenden Schutt- und Aschefelder, um aufzubauen“.

targi, 208 f., 267; Eiden, Maximilian: Das Nachleben der schlesischen Piasten. Dynastische Tradition und moderne Erinnerungskultur vom 17. bis 20. Jahrhundert. Köln/Weimar/Wien 2012, 342 f. Zu den nationalsozialistischen Wanderausstellungen vgl. Thamer: Geschichte, 353, 366. 155 Fotografie von März 1945 aus dem Breslauer Schlossmuseum in: Ahlfen, Hans von/Niehoff, Hermann: So kämpfte Breslau. Verteidigung und Untergang von Schlesiens Hauptstadt. München [1959], 80.

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Das Jahr 1945 markierte in Breslau eine bisher kaum bekannte Dimension der Gewalt und Zerstörung. Der 80-tägige Häuserkampf um die zur „Festung“ erklärten Stadt hatte im Westen und Süden ganze Stadtteile nahezu ausradiert. Mit der sowjetischen Eroberung und der polnischen Inbesitznahme änderte sich auf einen Schlag die staatliche Zugehörigkeit der Stadt. Die Beschlüsse der Potsdamer Konferenz im Juli 1945 bestätigten eine schrittweise Vertreibung und Aussiedlung der gesamten verbliebenen Stadtbevölkerung. Parallel hierzu strömten Siedler aus Zentralpolen und Vertriebene aus den polnischen Ostgebieten in die Stadt.156 Die neue Einwohnerschaft Breslaus suchte nach einer tragfähigen Begründung dieser Grenzverschiebung und Umsiedlung, die mehr sein musste als eine Vergeltung an den Deutschen für die Kriegsverbrechen oder eine Kompensation für das von der Sowjetunion annektierte Ostpolen: Die Transformation Breslaus in eine polnische Stadt machte sich daher nicht nur an einer neuen Bevölkerung fest, sondern im Speziellen auch an der Begründung und Hervorhebung einer neuen Stadtgeschichte, an der Stiftung einer polnischen Tradition Breslaus. Die Begründung der „Polonität“ Breslaus griff auf die Ursprünge der Stadt zurück: Anhand der Spuren slawischer Stämme in der schlesischen Frühgeschichte und der piastischen Herzöge im mittelalterlichen Breslau wurden die Grenzverschiebungen mit einer historisch-polnischen Tradition der neuen Westgebiete begründet und deren Vergangenheit zugleich in den Kontext einer Reihe von Kriegen und Konflikten mit dem deutschen Nachbarn gerückt. Angesichts des deutschen Überfalls auf Polen (1939) und der Gewaltund Vernichtungspolitik während der deutschen Besatzung konnte diese nach 1945 begründete Geschichte der ehemaligen Stadt des Kriegsgegners nahezu zwangsläufig nur eine nationale und antideutsche Geschichte sein. Dem neuen Narrativ zufolge war durch die Hilfe der Roten Armee der aggressive deutsche „Drang nach Osten“ zurückgeschlagen worden, und Polen konnte in seine historischen Gebiete zurückkehren und diese wieder aufbauen.157 Die Treue Polens zum Bündnis mit der Sowjetunion, obwohl sich diese 1939 im Hitler-Stalin-Pakt an der Zerschlagung Polens beteiligt hatte, galt als Garant für die Dauerhaftigkeit dieser „Rückkehr“. Daher dominierte in der neuen historischen Sinnstiftung vor allem eine antideutsche und prosowjetische Perspektive.

156 Die erste Phase der Inbesitznahme und des Bevölkerungsaustausches zwischen 1945 bis 1947 führte zwischen Deutschen, Polen und sowjetischen Soldaten immer wieder zu Gewaltexzessen, Plünderungen, Zerstörungen, Raub und Mord. Zur Geschichte Breslaus am Ende des Zweiten Weltkrieges vgl. Kaszuba: Między propagandą, 110–200; Suleja: Historia, 7–15; Davies/Moorhouse: Microcosm, 407–454; Thum: Die fremde Stadt, 60–75, 107–126. 157 Zur Konstruktion einer polnischen Geschichte der „Wiedergewonnenen Gebiete“ und dem darin ent­ haltenen Deutschland-Bild vgl. Thum: Die fremde Stadt, 320–334; Tyszkiewicz, Jakub: Propaganda tzw. Ziem Odzyskanych w latach 1945–1948. In: Kucharski/Strauchold (Hg.): Ziemie Zachodnie, 251–262; Jedynakiewicz-Mróz, Katarzyna: „Świat jest takim, jakim się go widzi“. Niemcy w świadomości Polaków po II wojnie światowej. Stereotypy, kontrowersje, perspektywy na przyszłość. In: dies. (Hg.): Trudne sąsiedztwo. Z dziejów relacji polsko-niemieckich w XX i początkach XXI wieku. Wrocław 2011, 27–42, hier 33 f.

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Vor diesem Hintergrund bildete das Leitbild einer historischen deutsch-polnischen Konfliktlinie im Ausstellungs- und Museumswesen zur Zeit der Volksrepublik Polen geradezu eine Konstante. Eine genauere Untersuchung der Musealisierung des Zweiten Weltkriegs zeigt jedoch, dass dieser zentrale Konfliktpunkt in seiner Deutung und Präsentation zwischen 1948 und 1989 eine deutliche Differenzierung erlebte. Als Ausgangspunkt für eine neue Stadtgeschichte und eine regionale Geschichte des Zweiten Weltkrieges im Museum ist drei Jahre nach Kriegsende die weitläufige und überregional bedeutende „Ausstellung der Wiedergewonnenen Gebiete“ von 1948 auf dem Gelände der Breslauer Jahrhunderthalle anzuführen: „Die polnischen Anstrengungen in den Wiedergewonnenen Gebieten lassen sich nicht ohne ihren historischen Hintergrund denken – und bei diesem historischen Hintergrund darf man nicht den Augenblick auslassen, der den Lauf der Geschichte umkehrte, der Augenblick, der Polen den Weg zur Rückkehr ermöglichte. Dieser Augenblick war der Einmarsch der Roten Armee im Frühjahr 1945. […] Es waren sowjetische Lastwagen, auf denen die ersten polnischen Professoren durch die noch brennenden Straßen Breslaus einfuhren, um in Breslau eine polnische Universität zu gründen. Ohne die Unterstützung der sowjetischen Verbündeten – hätten wir nicht diese Gebiete. Ohne sie wäre Polen nicht hierhin zurückgekehrt. Ohne sie wären die polnischen Spuren so erloschen, wie das polnische Bürgertum Breslaus erloschen ist, wie die letzten piastischen Schlesier erloschen sind, wie die polnische Sprache in diesem Land verhallte, wo noch unter den Habsburgern und sogar unter den Fritzen [Preußen] die polnische Sprache ertönte. Und zu Recht erweist die Ausstellung Ehre für diese Hilfe, für diese Opfer, für das vergossene russische Blut. An den Wänden sind die aufrechten und deutlichen Worte des sowjetischen Ehrenmannes zu sehen, denen zufolge die Sowjetunion die Oder-Neiße-Grenze als endgültig und unveränderlich erachtet und dabei Polen ohne Vorbehalt unterstützt.“158 Diese Zeilen aus dem Kurzführer zur „Ausstellung der Wiedergewonnenen Gebiete“ zeigen deutlich, wie eng der historische Anspruch auf die Region mit einer Bündnistreue zur Sowjetunion in einen Zusammenhang gebracht wurde. Die Aspekte der Neubegründung einer polnischen Tradition in der Region wie auch die von der Sowjetunion bestimmten Westverschiebung Polens sollten als untrennbare Synthese gedacht 158 Pruszyński, Ksawery: Wystawa Ziem Odzyskanych. Wrocław 1948. Warszawa 1948, 12 f., poln. Original: „Wysiłku polskiego na Ziemiach Odzyskanych nie można pomyśleć bez historycznego tła. ale w tym historycznym tle nie można pominąć momentu, który zawrócił bieg dziejów, momentu, który otworzył Polsce drogę powrotu. Momentem tym było wiosenne wkroczenie Armii Czerwonej, 1945 rok. […] To na radzieckich ciężarówkach poprzez płonące jeszcze ulice Wrocławia zjeżdżali pierwsi polscy profesorowie, by zakładać we Wrocławiu uniwersytet polski. Gdyby nie oparcie w sojuszniku radzieckim. nie mielibyśmy tych ziem. Bez niego nie wróciłaby tutaj Polska. Bez niego ostatki pol­ szczyzny wygasłyby tak, jak wygasło polskie mieszczaństwo Wrocławia, jak wygaśli ostatni Piastowicze śląscy, jak zamierała mowa polska w tym kraju, który nawet pod Habsburgiem i nawet pod Frycem tętnił jeszcze długo polską mową. I wystawa słusznie oddaje hołd tej pomocy, tej ofierze, tej przelanej rosyjskiej krwi. Na ścianie widnieją proste i wyraźne słowa radzieckiego męża stanu, że Związek Radziecki uważa granice na Odrze i Nysie za ostateczne i niezmienne, że popiera w tym Polskę bez zastrzeżeń.“

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werden, um keine Zweifel am Sinn des Verlustes der polnischen Ostgebiete und der Besiedlung neuer Gebiete im Westen aufkommen zu lassen. Größtes Medium dieser These war die vom 21. Juli bis 31. Oktober 1948 gezeigte „Ausstellung der Wiedergewonnenen Gebiete“. Die Warschauer Zentralregierung bestimmte Breslau als Gastgeber für diese landesweit beachtete Großausstellung, da sie die größte Stadt der neuen West- und Nordgebiete war.159 Drei Jahre nach Kriegsende feierte die von über 1,5 Millionen Menschen besuchte Wirtschafts- und Propagandaschau auf dem Gelände der Breslauer Jahrhunderthalle die Erfolge des Wiederaufbaus und der Polonisierung dieser neuen Gebiete. Bestandteil der Großausstellung war auch eine historische Ausstellung, die erstmals das offizielle Geschichtsnarrativ für die Regional- und Lokalgeschichten aller neuen Städte der Westgebiete museal definierte. Mit zahlreichen Installationen, Skulpturen und Karten, aber auch mit historischen Exponaten erzählte sie eine Geschichte tausendjähriger deutschpolnischer Feindschaft.160 Den Auftakt bildete die Installation „Rotunde des Sieges“ im Vier-Kuppel-Pavillon. Neben zwei übergroßen „Grunwald-Schwertern“, in Erinnerung an die Niederlage des deutschen Ritterordens gegen das Heer des polnisch-litauischen Königs Wladislaw II. Jogaila (poln. Władysław II. Jagiełło, ca. 1362–1434) in der Schlacht von Tannenberg (Grunwald) im Jahr 1410,161 verkörperten vier Skulpturen die „vier letzten Etappen des Kampfes mit dem Feinde: das Jahr 1939, der Kampf im Untergrund, die polnisch-sowjetische Waffenbrüderschaft und der gemeinsame Sieg im Jahr 1945.“162 Daneben stand eine Statue des bis 1989 als Kriegsheld verehrten polnisch-sowjetischen Generals Karol Świerczewski (1897–1947) vor einer großen Karte mit den eingezeichneten Offensiven der Ersten und Zweiten Polnischen Armee. An diesen Auftakt schlossen sich die weiteren Ausstellungsbereiche zu den Zerstörungen, dem Aufbau und der neuen Bevölkerung und Bewirtschaftung der Westgebiete an. Bestandteil der Ausstellung war auch ein neu angefertigtes Panoramagemälde der

159 Die Entstehung und die Konzeption der Ausstellung untersuchte ausführlich Tyszkiewicz: Sto wielkich dni. Zur Jahrhunderthalle und dem Ausstellungsgelände während der Volksrepublik Polen vgl. auch Eiden/Weger: Von der „Jahrhunderthalle“, 237–246. Zum Einsatz von Karten und Statistiken als didaktische Mittel der Breslauer Propagandaausstellung vgl. Kempe, Antje: Die Ordnung des Raumes. Die Aneignung Schlesiens in den visuellen Medien nach 1945. In: Born/Labuda/Störtkuhl (Hg.): Visuelle Erinnerungskulturen, 69–85, hier 72–75. 160 Die Ausstellungsarchitektur war vielfältig. Neben den Ausstellungsgebäuden aus der Vorkriegszeit prägten die Ausstellung kolossale Skulpturen und modernistische Pavillons, entworfen von Vertretern der polnischen Architekturschule. Bereits ein Jahr nach der Großausstellung wäre eine derart modernistische Gestaltungsart angesichts des dogmatischen Sozialistischen Realismus im Stalinismus nicht mehr vorstellbar gewesen. Kostołowski: Biegi, 71–85. 161 Zur Schlacht von Tannenberg (Grunwald) in der deutschen und polnischen Geschichtspolitik vgl. Olivier, Mathieu: Schlacht bei Tannenberg. Erfolg und Scheitern von Siegesmythen. In: Traba/Hahn (Hg.): Deutsch-polnische Erinnerungsorte [Bd. 1], 283–299. In der Nachkriegszeit wurde der Grunwald-Mythos auch zur Legitimation der polnisch-russischen Freundschaft hergezogen und eine Kontinuitätslinie von 1410 bis 1945 gezogen. Vgl. Strauchold, Grzegorz: Myśl zachodnia i jej realizacja w Polsce Ludowej w latach 1945–1957. Toruń 2003, 94–96. 162 Pruszyński: Wystawa, 33 f.

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Schlacht auf dem Hundsfeld (poln. Psie pole) im Jahre 1109.163 Der historisch umstrittenen Legende nach erlitt das Heer des Kaisers des Heiligen Römischen Reiches, Heinrich V. (1081/86–1125), gegen den polnischen Herzog Boleslaw III . Schiefmund (poln. Bolesław III. Krzywousty, 1085–1138) eine empfindliche Niederlage im Norden Breslaus. Als eine Allegorie auf die deutsche Niederlage im Zweiten Weltkrieg verblieb die Schlacht auf dem Hundsfeld jedoch im Schatten der wesentlich bekannteren Niederlage des deutschen Ritterordens in der Schlacht von Tannenberg (Grunwald) 1410. Auf die wechselhafte Vorgeschichte der Breslauer Ausstellung verweist eine im Kontext der Propagandaschau gezeigte historische Präsentation in der Jahrhunderthalle, die aus einer gekürzten Version einer für 1947 geplanten, jedoch verworfenen Ausstellung zum „tausendjährigen deutsch-polnischen Ringen“ bestand.164 In der Kurzversion von 1948 versammelten sechs Räume historische Exponate zu folgenden Themen: Vorgeschichte und frühe Piastenzeit (Raum 1), Nikolaus Kopernikus (Raum 2), Polen in der Zeit Boleslaw des Tapferen (poln. Bolesław Chrobry, 967–1025) und der Kampf mit den Deutschen bis ins 17. Jahrhundert (Raum 3), der Kampf um die Ostseeküste (Raum 4), der „Kampf des schlesischen Volkes um das Polentum Schlesiens wie auch das Ringen mit dem Germanisationsdruck seit den Teilungen Friedrichs II.“ (Raum 5), die Schlesischen Aufstände (Raum 6), die „die Kämpfe der polnischen Arbeiter und Bauern mit den deutschen Kapitalisten und Großgrundbesitzern“ zeigten. Hieran schlossen sich Räume zum Wiederaufbau nach 1945 an.165 Die „Ausstellung der Wiedergewonnenen Gebiete“ war damit das erste und extremste Beispiel einer antideutschen Propagandaausstellung in Breslau. Hinsichtlich der Musealisierung der Geschichte des Zweiten Weltkrieges ist es bemerkenswert, dass die brutale deutsche Besatzungs- und Vernichtungspolitik sowie der Sieg über das nationalsozialistische Deutschland in dieser Großausstellung noch nicht mit Exponaten belegt wurden. Zu kurz schien das Kriegsende zurückzuliegen, als dass neben der eingangs genannten symbolischen Installation der „Rotunde des Sieges“ auch eine historische Dokumentation hätte erarbeitet werden können. Auffällig im Ausstellungsnarrativ und an den angeführten Statistiken war auch, dass als „Wiedergewonnene Gebiete“ in dieser Ausstellung nur Ober- und Niederschlesien, Pommern und das heutige Lebuser Land behandelt wurden. Danzig und die Masuren (das südliche Ostpreußen) hingegen fehlten. Trotzdem lässt sich die Ausstellung nicht als regionalgeschichtliche Ausstellung begreifen, ihr thematischer Fokus verharrte auf einer nationalstaatlichen Ebene. Im Hintergrund verblieb auch die Geschichte des Ausstellungsortes, zumal die neuen Breslauer Kulturinstitutionen nur beiläufig in die Ausstellungsplanung eingebunden waren. 163 Das Panoramagemälde zur Schlacht auf dem Hundsfeld schufen die Maler Karol Stobiecki und Leon Rozpędowski. Es gilt heute als verschollen. Vgl. Pruszyński: Wystawa, 41. Zur Popularisierung der Schlacht auf dem Hundsfeld (1109) vgl. Zybura: Breslau, 374. 164 Zu den verworfenen Planungen einer großen historischen Ausstellung für das Jahr 1947 vgl. Tyszkiewicz, Jakub: Projekt zorganizowania we Wrocławiu wystawy „Ziemie Odzyskane w dwa lata po wojnie“. In: Sobótka 50/1–2 (1995) 71–89, hier 83–88; ders.: Sto wielkich dni, 89–94. 165 Pruszyński: Wystawa, 40 f.

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Das unmittelbar vor der Großausstellung eröffnete Staatliche Museum Breslau und das kurzzeitig bestehende Historische Museum der Stadt Breslau (1948–1950) im Rathaus wie auch das bereits 1946 gegründete Prähistorische Museum blieben von der Ausstellungsorganisation ausgeschlossen. Die Großausstellung war daher vor allem ein Projekt der Zentralregierung und nicht der jungen polnischen Institutionen in Breslau. Ein genauerer Blick in die Dokumente zeigt allerdings, dass das städtische Geschichtsmuseum mit einer Reihe von Leihgaben am historischen Teil der Großausstellung beteiligt war. Diese reichten von den ersten polnischen Schriftstücken in Breslau, über den ältesten Stadtplan bis hin zu Fotografien der zerstörten Stadt.166 Eine Einflussnahme von Breslauer Institutionen auf die Großausstellung ergab sich auch aus der Einbindung des Breslauer Universitätsprofessors Karol Maleczyński und des Leiters des Prähistorischen Museums Rudolf Jonca in die Vorbereitung des historischen Teils der Ausstellung.167 Die Stadtgeschichte Breslaus blieb jedoch insgesamt trotz der Leihgaben und der konzeptionellen Mitarbeit ein untergeordneter Aspekt des Gesamtnarrativs einer deutsch-polnischen Konfliktgeschichte. Den fast zwei Millionen angereisten Ausstellungsbesuchern präsentierte allerdings das Begleitbuch eine umfassende stadtgeschichtliche Erzählung: „Breslau – eine polnische Stadt“ von Professor Maleczyński: „Die Hauptstadt des im Jahr 1000 gegründeten Bistums […] bildete Breslau, welches umgehend zusammen mit ganz Schlesien zur Bastion Polens gegen die deutschen Invasoren wurde. An seinen Mauern zerrieben sich die kaiserlichen [deutschen] Vorstöße 1017 und 1109 wie auch die tschechischen 1038 und 1132. Die Oder bildete ein Hindernis, dessen Überquerung die deutschen Heerscharen vergeblich versuchten.“168 Wie in der Gesamterzählung der Ausstellung erklärte auch das Begleitbuch den Ausstellungsbesuchern die spezifische Geschichte Breslaus als eine konfliktreiche deutschpolnische Beziehungsgeschichte, in der zwei geschlossene nationale Gruppen seit dem Mittelalter in Konkurrenz zueinander standen. Der Ausschluss von deutschen gegenüber polnischen Aspekten in der Stadtgeschichte stand unter dem Leitprinzip moderner exkludierender Nationalismuskonzepte, nach denen auch Schlachten im dynastisch orientierten Mittelalter als Ausdruck einer fortdauernden Kette von nationalen Konflikten galten. Momente der neueren preußisch-deutschen Stadtgeschichte fanden 166 Das Historische Museum der Stadt Breslau entlieh der Ausstellung der „Wiedergewonnenen Gebiete“ 32 Exponate, die in den historischen Ausstellungen im Vier-Kuppel-Pavillon und in der Jahrhunderthalle gezeigt wurden. Vgl. APWr, Zarząd Miejski Miasta Wrocławia, 273, Bl. 54 f. Während der Breslauer Großausstellung besuchten auch über 140.000 Personen die Ausstellung des Historischen Museums im Rathaus. Vgl. Więcek: Muzea wrocławskie, 55. 167 Tyszkiewicz: Sto wielkich dni, 112. 168 Maleczyński, Karol: Wrocław. Miastem polskim. In: Katalog oficjalny Wystawy Ziem Odzyskanych. Wrocław 1948, 133–136, hier 133, poln. Original: „Stolica fundowanego w roku 1000 biskupstwa, […], stal się Wrocław rychło wraz z całym Śląskiem podmurzera Polski przed najazdami niemieckimi. O mury jego ocierały się wyprawy cesaiskie z roku 1017 i 1109 oraz czeskie w roku 1038 i 1132, Odra stanowiła przeszkodę, którą na próżno zastępy niemieckie próbowały przekroczyć.“ Der historische Abriss aus dem Begleitbuch basierte auf Maleczyńskis Studie „Dzieje Wrocławia do roku 1526“ (1948), die der Historiker anlässlich der Großausstellung publizierte. Vgl. Strauchold: Myśl, 241.

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in dieser Erzählung nur Erwähnung, wenn sie mit negativen Attributen belegt werden konnten: „Mit grausamen Lücken, verursacht durch seine 600-jährige Gefangenschaft überdauerte Breslau bis zum Moment seiner Wiedergewinnung für das Mutterland.“169 Zu den Anfängen der Musealisierung der Geschichte des Krieges in den Breslauer Museen darf eine Institution nicht übergangen werden, die aufgrund ihrer kurzen Existenz bisher nur wenig Beachtung gefunden hat. In Breslau bestand seit 1947 ein Museum der Polnischen Armee, welches eine Abteilung des traditionsreichen Warschauer Museums war.170 Im Gegensatz zu den anderen Breslauer Museen wurde es 1950 nicht dem Schlesischen Museum angegliedert, sondern 1952 auf Anordnung des Ministeriums für Nationale Verteidigung aufgelöst. Erstaunlich ist, dass dieses Museum bereits Exponate der „Kämpfe um die Befreiung Schlesiens“171 zeigte. Damit markiert es das früheste Beispiel einer Museumsausstellung zum Zweiten Weltkrieg in Breslau. Freilich fehlte bei dieser Ausstellung noch eine stringente, verknüpfende Erzählung. Vielmehr handelte es sich um eine Schau von Waffen und Ausrüstungsgegenständen aus der polnischen Nationalgeschichte – aus dem russischen Teilungsgebiet Polens (Kongresspolen, 1815–1916), von den großen Aufständen 1830/31 und 1863/64 sowie von den polnischen Legionen im Ersten und Zweiten Weltkrieg.172 Die Stadtgeschichte Breslaus während des Zweiten Weltkrieges fehlte hier mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch vollkommen. Zu kurz lag der Weltkrieg zurück, und zu neu war der historische Kontext der nunmehr polnischen Stadt. Das Schlesische Museum Breslau und das ihm 1950 angegliederte Historische Museum beließen den zeitlichen Horizont ihrer Ausstellungen auf der Frühgeschichte und dem Mittelalter, den Kapiteln einer materiell dicht belegbaren polnischen Geschichte Breslaus – wie im Kapitel zu den Dauerausstellungen noch genauer gezeigt werden wird. Der Zweite Weltkrieg sollte erst gut zehn Jahre nach der Schließung des Breslauer Armeemuseums wieder in den Mittelpunkt der Ausstellungsarbeit rücken und schrittweise die historische Situation in Breslau während der letzten Kriegsmonate in den Blick nehmen. Während der 1950er Jahre blieben die Narrative zur Situation in Breslau vor der Kapitulation im Mai 1945 recht vage. Häufig erschien sie als eine polnische Stadt, deren Bevölkerung 1945 befreit worden sei. Ein derartiges Bild zeichnete die 1954 eröffnete 169 Maleczyński: Wrocław, 135 f., poln. Original: „Z okrutnymi szczerbami, wyrządzonymi 600 letnią niewolą przetrwał Wrocław do chwili ponownego wcielenia go do Macierzy.“ 170 1948 befand sich das Armeemuseum zeitweise in Räumen des Neuen Rathauses und zählte auch nach der Schließung der Großausstellung der „Wiedergewonnenen Gebiete“ monatlich noch über 3.000 Besucher. Vgl. APWr, Urząd Wojewódzki Wrocławski, XVII/118, Bl. 46; APWr, Zarząd Miejski Miasta Wrocławia, 273, Bl. 155. 171 Więcek: Muzea wrocławskie, 53. 172 Das Breslauer Museum der Polnischen Armee zog 1949 in ein Gebäude auf der Wyspa Tamka (ehemals Matthiasinsel), in dem sich bis 1945 der Sitz der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur befunden hatte. In seinen Sammlungen befanden sich über 4.000 Exponate aus ehemaligen deutschen Museen zum Mittelalter und der Neuzeit wie auch einige Leihgaben vom Warschauer Stammhaus. Nach seiner Auflösung wurde ein Großteil seiner Exponate in zentralpolnische Museen verbracht. Vgl. Przewalski, Stefan: Muzeum Wojska Polskiego. In: Sobótka 3/2 (1948) 589–590; Więcek: Muzea wrocławskie, 52 f.

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historische Dauerausstellung des Schlesischen Museums „Zehn Jahrhunderte Schlesien“.173 Sie gilt als erstes Beispiel einer geschichtlichen Synthese, wie noch ausführlicher im Kapitel zu den Dauerausstellungen gezeigt werden wird. Hinsichtlich des Zweiten Weltkrieges und der Grenz- und Bevölkerungsverschiebungen blieb der Ausstellungskommentar kurz und unpräzise: „Nach dem deutschen Überfall auf Polen 1939 erhob sich das polnische Volk in ganz Schlesien gegen den Besatzer zu einem kompromisslosen Untergrundkampf, der neue Opfer forderte. Im Frühjahr 1945 kam die Befreiung. Schlesien kehrte zum Mutterland zurück – und Polen erlangte seine Westgrenze aus der Zeit der ersten Piasten wieder.“174 Als Konsequenz dieser bewussten Ungenauigkeit erschien auch Breslau als ein Ort neuzeitlicher Sprach- und Kulturkonflikte, wie sie im 19. und frühen 20. Jahrhundert in Oberschlesien oder der Provinz Posen geherrscht hatten. Breslau wurde damit zu einer Stadt stilisiert, die im Zweiten Weltkrieg ebenfalls von einer deutschen „Besatzung“ betroffen gewesen sei. Das Jubiläum des Kriegsendes und die Inbesitznahme Breslaus feierte die Stadtregierung seit 1946 jährlich. Besonders groß waren diese Feiern anlässlich runder Jubiläen, zu denen auch Ausstellungen eröffnet wurden.175 Gerade anhand dieser Ausstellungen lassen sich die Anfänge einer Musealisierung der Geschichte des Zweiten Weltkrieges in Breslau nachvollziehen. 1955 nahm das Schlesische Museum in der Ausstellung „Zehn Jahre Befreiung der Westgebiete“ noch ausschließlich auf die Erfolge des Wiederaufbaus und der Besiedlung der neuen Gebiete Bezug.176 1965 standen hingegen bereits die Kriegsereignisse und ihre Konsequenzen im Mittelpunkt. Zum 20. Jahrestag der „Befreiung“ stellte das Schlesische Museum erstmals in einem stadtgeschichtlichen Bezugsrahmen die Kämpfe um die „Festung Breslau“ als Kern der großen Sonderausstellung „Der Kampf der polnischen Nation um die Befreiung Schlesiens im 20. Jahrhundert“177 (Oktober 1965 bis Dezember 1966) heraus. Bereits 20 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg begann damit eine ausführliche Musealisierung seiner Geschichte. Dieses frühe Beispiel gilt es genauer zu untersuchen, da es die Grundlagen für die Konzepte späterer Ausstellungen schuf. Unter dem Obertitel „Wir waren, wir sind und werden sein“, dem Leitspruch der neuen polnischen Gebiete,178 entwickelten der Kurator Jan Żuławiński die Geschichte 173 Die von Marian Haisig und Alicja Zawisza entwickelte Dauerausstellung blieb bis 1963 bestehen. Zur Konzeption der Ausstellung vgl. Haisig, Marian: Scenariusz wystawy historycznej „Dzieje Śląska“ (tytuł roboczy), 15.10.1953: AAN, MKiS, 5/26. Vgl. auch Żuławiński: Wystawa, 433–443. 174 Zawiszanka: Dziesięć wieków, 4, poln. Original: „Po najeździe niemieckim na Polskę w 1939 roku lud polski na całej Ziemi Śląskiej stanął do bezkompromisowej walki podziemnej z okupantem, która pociągnęła za sobą nowe ofiary. Na wiosnę 1945 roku przyszło wyzwolenie. Ziemia Śląska powróciła do Macierzy i znów Polska odzyskała granice zachodnie z czasów Pierwszych Piastów.“ 175 Zu den Jubiläumsfeiern zwischen 1946 und 1989 vgl. Strauchold: Wrocław. 176 Heś, Robert: Śląsk w Polsce Ludowej, 1955–1956. In: Hermansdorfer (Hg.): Muzeum Narodowe, 65. 177 Żuławiński, Jan: Walka narodu polskiego o wyzwolenie Śląska w XX wieku. Muzeum Śląskie we Wrocławiu. Wrocław 1965. 178 Der Leitspruch der polnischen West- und Nordgebiete „byliśmy, jesteśmy, będziemy“ hat seine Ursprünge sowohl in einem Manifest Rosa Luxemburgs als auch in einer biblischen Wendung zum Gott „Jahwe“. Vgl. Peters, Florian: Revolution der Erinnerung. Der Zweite Weltkrieg in der Geschichtskultur des spätsozialistischen Polen. Berlin 2016, 51.

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des Zweiten Weltkriegs im Kontext Schlesiens in fünf Abschnitten: Beginnend mit der deutschen Besetzung Polens und der deutschen Vernichtungspolitik wurden die Befreiung durch die Rote Armee, wie auch der Einsatz der Polnischen Armee bei den Kämpfen um die Lausitz, Berlin und Teile Tschechiens vorgestellt. Die Ausstellung endete mit dem Abschnitt „Wieder im Land der Väter“. Als Vorgeschichte des Zweiten Weltkrieges wurden in vier Abschnitten die Unterdrückung der polnischen Minderheit in Oberschlesien am Ende des 19. Jahrhunderts, die Oberschlesischen Aufstände (1919–1921), die Polonia-Organisation „Bund der Polen in Deutschland e. V.“ (1922– 1940) und der „gemeinsame Kampf “ mit den deutschen Kommunisten in der Zwischenkriegszeit dargestellt. Im Gegensatz zu der Dauerausstellung „Zehn Jahrhunderte Schlesien“ argumentierte diese Schau nicht mehr pauschal gegen die Deutschen, sondern differenzierte: „Gegen die Vereinnahmung durch nationalistische Kräfte traten fortschrittliche deutsche Aktivisten ein, die für eine Richtung der Beilegung des schlesischen Problems im Geist der internationalistischen Zusammenarbeit der deutschen und polnischen Arbeiterklasse Schlesiens standen“,179 wie es zur Solidarität der KPD mit den oberschlesischen Arbeitern in der Zwischenkriegszeit hieß. Das war ein indirekter Verweis auf die politische Zusammenarbeit der Volksrepublik Polen mit der DDR , die bereits 1950 die neue polnische Westgrenze anerkannt hatte. Zu den Kämpfen um Breslau und den Grenzverschiebungen führte die Schau von 1965 noch relativ allgemein an, dass mit dem Einschluss Breslaus am 16. Februar 1945 eine „78-tägige Belagerung“ der Stadt bis zur Kapitulation am 6. Mai 1945 begann. Die Verantwortung für die Zerstörung der Stadt wurde hierbei alleine den deutschen Verteidigern zugesprochen: „Während der Belagerung Breslaus verwandelte sich die blühende Stadt in eine Ansammlung von Trümmern und Schutt. In der überwiegenden Mehrheit war dies nicht eine Folge direkter Kriegseinwirkung, sondern des zerstörerischen Handelns des letzten Festungskommandanten.“180 Zur Situation in der Nachkriegszeit betonte der Kommentar, dass als „Ergebnis des Sieges über die faschistischen Deutschen und die Beschlüsse der Potsdamer Konferenz ganz Schlesien zusammen mit den anderen West- und Nordgebieten zu Polen zurückkehrte“. Die „Millionen Ansiedler“ haben „zusammen mit den übrigen in Schlesien verbliebenen Polen die Staats- und Wirtschaftsverwaltung organisiert“.181 Die deutsche Bevölkerung blieb unbeachtet.

179 Żuławiński: Walka narodu, 10, poln. Original: „Przeciwko przybierającemu na sile nacjonalizmowi występowali postępowi działacze niemieccy, reprezentujący kierunek załatwienia problemu śląskiego w duchu internacjonalistycznej współpracy niemieckiej i polskiej klasy robotniczej Śląska.“ 180 Ebd., 16, poln. Original: „W czasie oblężenia Wrocław z kwitnącego miasta został zamieniony w zbiorowisko ruin i gruzu. W przeważającej większości wypadków nie było to wynikiem bezpośrednich działań wojennych, lecz niszczącej działalności ostatniego dowódcy twierdzy.“ 181 Ebd., 19, poln. Original: „W wyniku odniesionego zwycięstwa nad faszystowskimi Niemcami i uchwał konferencji poczdamskiej, cały Śląsk wraz z pozostałymi ziemiami zachodnimi i północnymi, wrócił do Polski. […] Na wezwanie polskich władz rządowych, na Ziemie Zachodnie wyruszyły ekipy z zadaniem przygotowania odzyskanych terenów na przyjęcie kilkumilionowej fali osadnictwa. Jednocześnie miały one wraz z pozostałymi na Śląsku Polakami organizować administrację państwową i gospodarczą, uruchamiać przemysł, szkolnictwo i inne dziedziny życia społecznego.“

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Die Ausstellung von 1965 exponierte somit erstmals Aspekte der Geschichte Breslaus im Zweiten Weltkrieg, der große Kontext der gesamtschlesischen Geschichte stand hier jedoch noch als ein thematischer Anker im Vordergrund, da man sich bekanntlich im Fall Oberschlesiens noch auf eine greifbarere polnische Tradition auch in der Neuzeit stützten konnte. Im Vergleich zu früheren Ausstellungen betrat das Schlesische Museum mit dieser Präsentation zur Geschichte Breslaus am Ende des Zweiten Weltkrieges Neuland. Dieser Schritt zeigte sich auch darin, dass das Museum im Vorfeld der Ausstellungseröffnung die Bevölkerung über Zeitungsanzeigen zur Leihgabe von Exponaten aufrief.182 Hieran zeigte sich, dass die Museumssammlung zur neueren Geschichte Breslaus noch sehr lückenhaft war. Bereits drei Jahre nach diesem Beispiel konzipierte das Historische Museum der Stadt Breslau eine erste Ausstellung, die sich alleine mit der Breslauer Stadtgeschichte im Zweiten Weltkrieg befasste. Die inhaltliche Grundlage für diese Ausstellung bildeten die 1962/64 erschienenen lokalgeschichtlichen Studien der Breslauer Historiker Karol Jonca (1930–2008) und Alfred Konieczny (geb. 1934), die auch eine Edition der Tagesbücher des deutschen Pfarrers Paul Peikert (1884–1949) herausgaben.183 Auf die Bedeutung ihrer Studien für die Breslauer Geschichtskultur und den Zuschnitt der Aufzeichnungen des deutschen Pfarrers wird im folgenden Kapitel noch genauer eingegangen. Bemerkenswert ist, dass ihre wissenschaftlichen Publikationen nachhaltig eine intensivere Ausstellungsarbeit zum Zweiten Weltkrieg begründeten. Zwischen November 1968 und Februar 1969 präsentierte das Historische Museum im Alten Rathaus die von Władysław Misiak, unter der Mitarbeit von Irena Zielińska, kuratierte Ausstellung „Breslau im Zweiten Weltkrieg“.184 Im Mittelpunkt standen die Kämpfe um die „Festung Breslau“ in den letzten Kriegsmonaten. Zu den zentralen Exponaten zählten eine große Zahl sowjetischer und deutscher Waffen sowie Uniformen, Befehlsschreiben, Zeitungen und Fotografien. Sowohl der Verlauf der Kampfhandlungen als auch die starken Zerstörungen der Stadt waren Gegenstand der Ausstellung. Sie ging auf die Leiden der Zivilbevölkerung wie auch auf den kommunistischen Widerstand in der Stadt ein und sprach die alleinige Schuld für die Zerstörung der Stadt der „Parteiführung der NSDAP “ und dem „Festungskommando“ zu: Hierbei zeigte sich „umso mehr, dass der fanatische Befehl Hitlers, Breslau bis zum letzten Soldaten zu halten, dem Szenario aus ‚Wagners Götterdämmerung‘ folgte. Es begann daraufhin

182 Kempe: Die Ordnung, 77. 183 Jonca, Karol/Konieczny, Alfred: „Festung Breslau“. Dokumenty oblężenia 16. II.–6. V. 1945. Wrocław/Warszawa 1962; dies.: Upadek „Festung Breslau“ 15 II–6 V 1945. Wrocław/Warszawa/Kraków 1963; Peikert, Paul: Kronika dni oblężenia. Wrocław 22.I.–6.V.1945. Hg. v. Karol Jonca/Alfred Konieczny. Wrocław/Warszawa/Kraków 1964. Auf Deutsch: „Festung Breslau“ in den Berichten eines Pfarrers, 22. Januar bis 6. Mai 1945. Hg. v. Karol Jonca/Alfred Konieczny. Wrocław/Warszawa/Kraków 1966 [(Ost-)Berlin 1966]. 184 Misiak, Władysław: Wrocław w II wojnie światowej. Muzeum Historyczne m. Wrocławia. Wrocław [1968].

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eine geplante Zerstörung der Stadt im Namen strategischer Ziele, sie hinterließ nichts als ‚verbrannte Erde‘.“185 In der Sprache der staatlichen gelenkten Geschichtskultur symbolisierte der deutsche Begriff „Festung Breslau“ den Zerstörungswillen und Militarismus der Deutschen in Breslau. Mit dem anschließenden „Sieg“ und der „Befreiung“ der Stadt verband sich die Erinnerung an die Eroberung durch die Rote Armee als Zeichen der „polnisch-sowjetischen Freundschaft“ und die Einrichtung einer polnischen Zivilverwaltung durch die „Pioniere“ im „wieder“ polnischen Breslau. Die zentralen Themen des Ausstellungsrundgangs von 1968 definierten damit eine museale Deutung der lokalen Geschichte am Ende des Zweiten Weltkrieges, die in der folgenden Dekade in weiteren Formaten tradiert werden sollte. Das Historische Museum legte die Schwerpunkte der Erzählung auf die zu spät erfolgte Evakuierung der Breslauer Zivilbevölkerung, die Aufstellungen der sowjetischen und deutschen Armeen, das brutale Verhalten des Festungskommandos gegenüber den Einwohnern und den Zwangsarbeitern, die Sabotageversuche der „antifaschistischen Freiheitsbewegung“ aus ehemaligen KPD-Mitgliedern, die kurzzeitige Stationierung der Zweiten Polnischen Armee im Norden Breslaus wie auch auf den Verlauf der Kämpfe und das Ende des „unnötigen Epos von 82 Tagen“ mit der Kapitulation am 6. Mai 1945. Abschließend wurden die Opferzahlen bilanziert und kurz betont, dass mit „der Kapitulation der ‚Festung Breslau‘ gleichzeitig der Beginn des Aufbaus und der dynamischen Entwicklung des polnischen Breslau in Verbindung stand“.186 Der Aufbau einer polnischen Verwaltung, die Ansiedlung der polnischen Bevölkerung und die Vertreibung der deutschen Bevölkerung waren noch nicht wie in späteren Beispielen Bestandteil der Ausstellung. Eine Besonderheit der Ausstellung von 1968 war es, dass sie zum Auftakt kurz auf die Geschichte Breslaus zwischen 1939 und 1944 einging und erklärte, dass die „ersten Kriegsjahre für die Bevölkerung Breslaus erstaunlich ruhig verliefen“ und sich die Stadtbevölkerung sich durch den Zuzug von Menschen aus anderen Regionen des Reiches auf eine Million erhöht habe. Diese überraschend ausführliche Vorgeschichte zur „Festung Breslau“ unterlag allerdings der These einer militaristischen Tradition Breslaus. Denn der Befehl von 1944, Breslau zu einer „Festung“ zu erklären, wurde in eine historische Traditionslinie zur alten preußischen Stadtbefestigung gebracht.187 Diese war 1807 auf Befehl Napoleons abgerissen, jedoch am Ende 19. Jahrhundert in Teilen an anderer Stelle in Teilen wieder ausgebaut worden – für die Kriegführung hatten diese veralteten Anlagen nur eine geringe Bedeutung gehabt.

185 Misiak: Wrocław, poln. Original: „Tym bardziej że fanatyzmowi rozkazu Hitlera, utrzymania Wrocławia do ostatniego żołnierza, towarzyszyło hasło ‚wagnerowskiego zmierzchu Bogów‘. Wkrótce też rozpoczęto planowe niszczenie miasta w imię celów strategicznych i pozostawienia po sobie ‚spalonej ziemi‘.“ 186 Misiak: Wrocław, poln. Original: „Przytoczone fakty związane z kapitulacja ‚Festung Breslau’ stały się jednocześnie początkiem odbudowy i dynamicznego rozwoju polskiego Wrocławia.“ 187 Misiak: Wrocław, [ohne Seiten].

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Die „Festung Breslau“ 1945 war daher vor allem eine Erfindung der NS-Propaganda zur Legitimierung einer Kesselschlacht.188 Hinter dem erstmals umfassenden Bild zur Breslauer Stadtgeschichte im Zweiten Weltkrieg stand daher weiterhin die Leitthese vom militaristischen Geist des preußischen und deutschen Breslau. Vor diesem Hintergrund ist es auch zu erklären, dass Aspekte des alltäglichen Lebens in der Stadt außerhalb der Kriegshandlungen nicht zur Sprache kamen. Es bleibt festzuhalten, dass diese Sonderausstellung knapp 25 Jahre nach Kriegsende eine museale Erzählung Breslauer Geschichte am Ende des Zweiten Weltkrieges begründete, die sich bis zum Ende der Volksrepublik in immer neuen musealen Formen reproduzieren sollte. Ihren Höhepunkt erlebte diese Geschichte von der „Befreiung“ Breslaus in der anschließend genauer untersuchten Dauerausstellung zum 30. Jahrestag „Der Sieg 1945“, die zwischen 1975 und 1980 im Museum „Partisanenhügel“ zu sehen war. In dieser etablierten Meistererzählung der „deutschen Zerstörung“ und des „polnischen Wiederaufbaus“ galt der Mai 1945 als eine klare Grenzlinie in der Stadtgeschichte. Der ambivalenten Nachkriegszeit mit ihrer parallelen deutsch-polnischen Bewohnerschaft und einer schrittweisen Entfernung deutscher Spuren aus dem Stadtbild wurde daher kein Platz in der Erzählung eingeräumt, denn diese Transformation hätte dem Mythos einer von Deutschland besetzt gehaltenen polnischen Stadt widersprochen. Zugleich konnten auch der Verlust der polnischen Ostgebiete infolge des sowjetischen Überfalls von 1939 und die Vertreibung der dort ansässigen Bevölkerung nicht offen angesprochen werden, denn es galt nicht weniger als die Existenzgrundlage der Volksrepublik Polen, die polnisch-sowjetische Freundschaft, zu achten. Im Kontext der gesamtpolnischen Geschichtskultur erklärt sich auch, warum neben den vereinzelten Spuren polnischer Breslauer insbesondere die Schlussphase des Zweiten Weltkrieges als nahezu einziges stadtgeschichtliches Kapitel zwischen dem Spätmittelalter und 1945 in den Museen exponiert wurde. Denn das traumatische Schicksal Polens im Zweiten Weltkrieg bildete den zentralen Referenzpunkt geschichtspolitischen Handelns in der Volksrepublik. Das staatliche Gedenken des „heldenhaften“ Widerstands und der hohen Opferzahlen, das „Martyrium des polnischen Volkes“ standen hier im Mittelpunkt.189 Hierbei unterlag auch die für die Volksrepublik Polen staatstragende Hervorhebung des Zweiten Weltkrieges in den gut 45 Jahren ihres Bestehens einem Wandel, der bemerkenswerterweise dem ideologischen Druck oppositioneller Gegner folg188 Die „Festung Breslau“ war ein Mythos der NS-Propaganda. Breslau war seit 1807 eine unbefestigte Großstadt mit einzelnen zwischen 1873–1890 und 1912–1916 errichteten und 1944 nachgerüsteten Verteidigungsanlagen, die bei den Kämpfen um die „Festung Breslau“ im Frühjahr 1945 nur eine geringe Rolle spielten. Vgl. Gelles: Wrocław, 36; Davies/Moorhouse: Microcosm, 16–20; Dobrzyniecki, Arkadiusz: Dawne fortyfikacje dwudziestowiecznej Twierdzy Wrocław (Festung Breslau). In: Harasimowicz, Jan (Hg.): Atlas Architektury Wrocławia, Bd. 1. Wrocław 1997, 93; Podruczny, Grzegorz: Twierdza Wrocław w okresie fryderycjańskim. Fortyfikacje, garnizon i działania wojenne w latach 1741–1806: Wrocław 2009, 139 f. 189 Kosiński, Paweł: Krieg und Besatzungszeit in der Erinnerung der Volksrepublik Polen (1944–1989). In: Kochanowski/Kosmala (Hg.): Deutschland, 94–102, hier 99 f.; Peters: Revolution, 77–82.

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te.190 Die Berücksichtigung neuer historischer Aspekte diente dazu, die Legitimität des kommunistischen Staates aufrechtzuerhalten. Fand im Stalinismus noch eine Abgrenzung zwischen „progressiven“ und „reaktionären“ Kräften in der polnischen Geschichte statt, an deren Ende die Sowjetunion als Vorbild stand, so hielt mit dem „Tauwetter“ seit 1956, der Entstalinisierung, eine bedeutende Differenzierung der historischen Referenzen Einzug, die wesentliche Teile der polnischen Geschichte als Verfügungsmasse zur staatlichen Legitimation vereinnahmte. Das wichtigste Beispiel ist der nicht-kommunistische Widerstand im Zweiten Weltkrieg durch die Heimatarmee (Armia Krajowa) und den Warschauer Aufstand (1944). Seit den 1960er Jahren schenkte die staatliche Geschichtspolitik auch diesen Gruppierungen Beachtung und entkräftete damit das oppositionelle Potential einer Widerlegung des bisher gültigen Tabus. Die „Flucht in die Vergangenheit“191 als Legitimation des kommunistischen Staates ging dabei im zeitlichen Verlauf immer weitere Konzessionen ein, in deren Mittelpunkt Polens Leid und Behauptung im Zweiten Weltkrieg als Ursprung des neuen polnischen Staates standen. Dieser nationalen Perspektive widmeten sich in den 1970er und 1980er Jahren auch die Breslauer Museen, entsprechend fehlten hier lokale Bezüge: Eine Gesamterzählung polnischer Geschichte im Zweiten Weltkrieges präsentierte das Schlesische Museum von Dezember 1968 bis Mai 1970 im Barockpalais „Pałac Spaetgenów“ in der Ausstellung „Kampf und Sieg“.192 Während das Schlesische Museum (Nationalmuseum) nach 1970 zeitgeschichtlichen Themen nur noch wenig Aufmerksamkeit schenkte und seine Ausstellungsarbeit vor allem seinen bedeutenden Kunstsammlungen widmete, etablierte sich das Historische Museum der Stadt Breslau (seit 1971 Historisches Museum Breslau) als zentrale Institution für die Musealisierung des Zweiten Weltkrieges in Niederschlesien. Zu dieser Aufwertung des Historischen Museums hat auch die Tatsache beitragen, dass die Konzeption eines eigenständigen Museums des „Kampfes und Martyriums“ lediglich in der Planungsphase verblieb. Seit 1965/67 hatte die Woiwodschaft die Einrichtung eines solchen Museums im renovierungsbedürftigen Städtischen Zeughaus oder in den Räumen unter dem Partisanenhügel verfolgt.193 Anstatt dieses Projektes erhielt das neue Historische Museum Breslau nunmehr zusätzlich die Abteilungen „Die Geschichte des Polentums Schlesiens“, „Martyrium“, „Polnischer Waffengang 1939– 1945 und die Befreiung Schlesiens“ sowie die „Waffensammlung“. Zudem wurden sowohl die unterirdischen Räume im Partisanenhügel wie auch das 1459 errichtete Zeughaus in den frühen 1970er Jahren zu Museumsfilialen des Histo190 Ebd., 43. 191 Ebd., 48. 192 Żuławiński, Jan: Walka i zwycięstwo. Informator wystawy. Muzeum Śląskie we Wrocławiu. Wrocław 1969. 193 Das Breslauer Museum „Walki i Męczeństwa we Wrocławiu“ sollte nach Planungen des KW PZPR neben dem Zeughaus und Partisanenhügel auch das Panorama Racławicka im Rahmen einer Dauer­ ausstellung „Polskie powstanie narodowo-wyzwoleńcze XVIII i XIX w.“ umfassen. Vgl. Stan i zadania muzealnictwa na Dolnym Śląsku. Ocena i postulaty, 1967: APWr, KW PZPR, 975, Bl. 20 f.; Muzeum Walki i Męczeństwa we Wrocławiu. In: Biuletyn informacyjny Zarządu Muzeów i Ochrony Zabytków 72 (1967) 58–59; Więcek: Muzea wrocławskie, 71.

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rischen Museums ausgebaut. Der historische Gebäudekomplex des Zeughauses befand sich seit September 1973 im Besitz des Museums und erforderte längere Renovierungsarbeiten. Als ein Ort für Sonderausstellungen und als Militaria-Museum beherbergte es seit 1979 auch die große Breslauer Waffensammlung, mit einer landesweit bedeutsamen Abteilung mit Hieb- und Stoßwaffen. Die militärgeschichtlichen Dauerausstellungen galten zumeist Waffengattungen aus der Neuzeit wie „Blankwaffe des polnischen Soldaten“ oder „Ein Jahrhundert in der Geschichte des Karabiners“. Aspekte der Lokalgeschichte waren dagegen selten vertreten. Zu militärischen Ereignissen aus der polnischen Nationalgeschichte zeigte das Museum unter anderem Sonderausstellungen zum „150. Jahrestag des Novemberaufstands“ (1981), den „Polnischen Legionen im Ersten Weltkrieg“ (1984–1986), zum „40. Jahrestag des Warschauer Aufstandes“ (1984) und dem Einsatz polnischer Streitkräfte an der Westfront („Wege zum Sieg“, 1984/85).194 Diese Ausstellungsthemen machen noch einmal die politische Instrumentalisierung nationalgeschichtlicher Themen in der Volksrepublik Polen deutlich. Es erscheint als eine Paradoxie, dass der autoritäre Staat die Kampf- und Aufstandstradition Polens musealisierte, zugleich jedoch die Widerstandskraft des eigenen Volkes fürchtete. Die Jahresberichte des Historischen Museums zeugen von dieser Bankrotterklärung des Staates: Als die polnische Regierung am 13. Dezember 1981 zur Niederschlagung der Streikbewegung der Solidarność das „Kriegsrecht“ ausrief, erhielt das Historische Museum Breslau von der Abteilung für Kultur und Kunst der Woiwodschaft eine Anweisung zur Schließung und Demontage seiner beiden Dauerausstellungen „Dekorative Jagdwaffen aus dem 16. bis 19. Jahrhundert“ sowie „Europäische Bewaffnungen aus dem 16. bis 19. Jahrhundert“.195 Das „Verbot der Ausstellung zeitgenossischer Waffen“ verlangte nicht nur den Abbau bestehender Ausstellungen im Zeughaus, sondern blockierte auch die Umsetzung laufender Ausstellungsprojekte. 1982 mussten aufgrund des Verbotes unter anderem die vorbereiteten Ausstellungen „Schusswaffen im Zweiten Weltkrieg“ sowie „Exerzieren europäischer Armeen im 17. bis 20. Jahrhundert“

194 „150 rocznica Powstania Listopadowego“, Arsenał, 1981; „Europejska broń biała“, Arsenał, 1982; „Powstanie Warszawskie. w 40. rocznicę Powastania“, Arsenał, 1984; „Legiony Polskie w I wojnie światowej. w 70. rocznicę wymarszu“, Arsenał, 1984–1986. Vgl. Zielińska: Arsenał, 3 f., 18 f.; Jaroszewska, Monika: Drogi do zwycięstwa. Z dziejów Polskich sił zbrojnych na zachodzie 1939–1945. Informator do wystawy. Muzeum Historyczne we Wrocławiu, Oddział Arsenał. Wrocław 1984. 195 Nach dem Erlass der Abteilung für Kultur und Kunst (Wydział Kultury i Sztuki) [der Woiwodschaft] zur Schließung der Waffenausstellungen vom Dezember 1981 wurden folgende Ausstellungen abgebaut: „Ozdobna broń myśliwska XVI-XVIII/XIX w.“ (MNWr, 1972–81, seit 1979 im Zeughaus) und „Uzbrojenie europejskie XVI-XVIII w.“ (MNWr/MHWr). Vgl. Sprawozdanie z działalności Muzeum Historycznego we Wrocławiu w okresie od 1.01. do 31.12.1982 r: MMWr, MHWr, 1/60, Bl. 5. Vgl. auch Heś, Robert: Ozdobna broń myśliwska XVI-XIX w., 1972–1981. In: Hermansdorfer (Hg.): Muzeum Narodowe, 220; Burak: Arsenał, 68. Die regionalen Vorschriften zur Schließung der Waffenausstellungen resultierten vermutlich aus dem Regierungserlass vom 13. Dezember 1981 zur Einführung des „Kriegsrechts“. Nach Artikel 21 mussten Feuerwaffen und andere Bewaffnungen in gesicherten Depots gelagert werden. Vgl. Rada Państwa: Dekret z dnia 12 grudnia 1981 roku o stanie wojennym. In: Dziennik Ustaw 29, poz. 154 (1981) 309–317, hier 312 [rozdział II, art. 21].

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verworfen werden.196 Diese Anordnungen waren von der Angst vor einem bewaffneten Aufstand des Volkes getrieben. Inhaltliche Motive sind bei diesen Ausstellungsverboten während des bis 1983 gültigen „Kriegsrechts“ hingegen ausgeschlossen, da andere Ausstellungsprojekte wie die Wanderausstellung „100 Jahre polnische Arbeiterbewegung“ des Warschauer Museums der Geschichte der polnischen Revolutionsbewegung wie vorgesehen 1982 im Breslauer Rathaus eröffnet werden konnten. Neben der Kriegs- und Aufstandstradition in der polnischen Geschichte bildeten die hohen polnischen Opferzahlen der deutschen Besatzungs- und Vernichtungspolitik ein weiteres Themenfeld. Die Herausstellung des polnischen „Martyriums“ muss vor allem als Ausdruck einer Verarbeitung der traumatischen Erfahrung von sechs Millionen ermordeten jüdischen und katholischen Polen gesehen werden. Die politische Dimension der Aktivierung von Szenarien einer Bedrohung durch die „revisionistische“ Bundesrepublik Deutschland kann hier schwerlich als alleiniges Motiv für die besonders zahlreichen Ausstellungen über die Millionen zivilen und militärischen Opfer gelten. Zur politischen Strategie gehörte vielmehr, den Opfern angesichts des Traumas eine Sinnhaftigkeit zu verleihen und dieser als „Märtyrer“, als sich aufopfernde Menschen, zu gedenken.197 Infolge der exklusiven Perspektive eines „nationalen Martyriums“ wurde in der Gedenkkultur eine notwendige Differenzierung zwischen jüdischen und katholischen Polen unterschlagen, wie dies bereits im vorherigen Kapitel aufgezeigt wurde. In den 1970er und 1980er Jahren entwickelte das Historische Museum Breslau zusammen mit der „Regionalen Kommission zur Erforschung der Hitleristischen Verbrechen“ eine Reihe von Ausstellungen zu diesem Themenkomplex: Zentral waren hier die neue Dauerausstellung für die Gedenkstätte im ehemaligen Konzentrationslager Groß-Rosen (1974)198 sowie die Breslauer Ausstellungen „Kinder klagen an“ (1974) über Jugendliche in den deutschen Konzentrationslagern sowie „Erinnerungen an eine menschliche Tragödie“ und „Das Martyrium der polnischen Nation im Zweiten Weltkrieg“ (1976/77).199 Auch mit den polnischen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern befassten sich Breslauer Ausstellungen, insbesondere die Präsentation „Menschen mit dem Buchstaben ‚P‘“ (1987–1989).200 196 Aufgrund des Verbotes wurden 1982 zwei Ausstellungen abgesagt: „Musztra w armiach europejskich XVII–XX w.“ und „Broń strzelecka w II wojnie światowej“. Vgl. MMWr, MHWr, 1/60, Bl. 6. 197 Peters: Revolution, 77–86. 198 Die vom Historischen Museum Breslau entwickelte Dauerausstellung in der Gedenkstätte ­Groß-Rosen wurde am 30. Juni 1974 eröffnet. Vgl. Sław: Historia męką pisana. In: Gazeta Robotnicza am 11. September 1974. Zur Gedenkstätte in Groß-Rosen vgl. Sawicka: KZ Gross-Rosen, 260 f. 199 Z inicjatywy i przy współpracy Okręgowej Komisji Badania Zbrodni Hitlerowskich we Wrocławiu: „Dzieci oskarżają“, Wzgórze Partyzantów, Oktober bis November 1974; „Pamięci ludzkiej tragedii“, Ratusz Wrocławski, November 1976 bis Januar 1977; „Martyrologia narodu polskiego w czasie II wojny światowej“, 1976–1977. 200 „Polacy w hitlerowskich obozach jenieckich w latach II wojny światowej“, wystawa przygotowana przez Muzeum Martyrologii i Walki Jeńców Wojennych w Łambinowicach, 1987; „Ludzie z literą ‘P’“, Arsenał, 1988–89. Das Schicksal der polnischen Zwangsarbeiter in Breslau war seit den 1960er Jahren Teil der musealen Geschichtskultur. Von großer Bedeutung waren hier das Buch Bartosz, Julian: Ludzie ze znakiem „P“. Wrocław 1969 und die Arbeit der Breslauer Gesellschaft „Klub Ludzie ze znakiem ‚P’“. Die Ausstellung des Historischen Museums „Ludzie z literą ‘P’“ wurde seit 1992 an

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Neben dem Ausstellungsprogramm des Historischen Museums darf eine weitere Breslauer Kriegsausstellung nicht übergangen werden, die 1976 in einem wenig bekannten halböffentlichen Museum eröffnet wurde. Dieses „kleine Museum der Geschichte der Volksarmee“201 besteht erstaunlicherweise bis heute. Im Gegensatz zum ersten 1952 aufgelösten Breslauer Armeemuseum hat dieses „Museum der Militärtechnik“ der Breslauer Offiziershochschule „Tadeusz Kościuszko“ an der Ulica Obornicka nichts mit dem großen Warschauer Armeemuseum zu tun. Vielmehr handelt es sich hierbei um eine für die Öffentlichkeit nur zeitweise zugängliche, ausgedehnte „Traditionskammer“ des Breslauer Armeestützpunktes. In seiner musealen Konzeption, die aus der Zeit der Volksrepublik herrührt, versammelt die Dauerausstellung 3.000 Exponate zur polnischen Kriegführung vom 18. Jahrhundert bis in die 1980er Jahre sowie zur Kriegstechnik. Das zweite Breslauer Armeemuseum bildet damit ein eindrucksvolles Relikt der musealen Geschichtskultur der Volksrepublik Polen.202 Zum Abschluss des Überblicks zur Musealisierung Breslauer Kriegsgeschichte während der Volksrepublik ist ein genauerer Blick auf das Jahrzehnt vor der Auflösung des sozialistischen Staates (1989) angebracht, denn in dieser von einer schwerwiegenden Wirtschaftskrise und politischen Unruhen geprägten Dekade versuchte die kommunistische Regierung durch eine intensive Geschichtspolitik ihre Legitimation und ihren kulturellen Deutungsanspruch gegenüber der Gesellschaft zu behaupten. Geschichtsausstellungen waren Medien staatlicher Institutionen, die ihre Präsentation offizieller Geschichtskultur auch in einer Phase fortsetzten, in der es zu einer immer größeren Abwendung der Bevölkerung von der Staatsführung kam. Seit der vertraglichen Zusicherung der „Unverletzlichkeit“ der Oder-Neiße-Grenze durch die Bundesrepublik Deutschland im Dezember 1970 und der wachsenden Opposition zur Regierungspolitik verlor die Geschichtspolitik in den polnischen West- und Nordgebieten zunehmend ihre sinnstiftenden Bezüge. Die historischen Ausstellungen reproduzierten jedoch weiterhin die bekannten Erzählungen vom Wiederaufbau einer polnischen Stadt, einer historischen Tradition deutscher Aggression und der „heldenhaften polnisch-sowjetischen Befreiung“. Die jährlichen Gedenkfeiern verkamen zu einem leeren politischen Ritual, das für große Teile der Bevölkerung nicht mehr anschlussfähig war.203 einer der zahlreichen Gedenkstätten zur Zwangsarbeit gezeigt, die die Gesellschaft in Breslau betreibt. Eine umfassende Studie und Sammlung mit Zeitzeugenberichten erschien 1995: Kosmulska, Anna (Hg.): Niewolnicy w Breslau. Wolni we Wrocławiu, wspomnienia Polaków wojennego Wrocławia. Wrocław 1995. Zur Arbeit der Gesellschaft vgl. inbes. Ziembowa, Czesława: Działalność Klubu Ludzie ze znakiem „P“. In: Kosmulska (Hg.): Niewolnicy, 280–284. 201 Białowąs, Jerzy: Rówieśniczka ludowego Wojska Polskiego. In: Słowo Polskie am 8./9. Mai 1980, poln. Original: „Sala tradycji szkoły jest właściewie małym muzeum historii ludowego Wojska Polskiego.“ 202 Hinweise auf diese historische Kriegsausstellung fehlen in nahezu allen neueren Übersichten zu den Breslauer Museen. Zur Geschichte und den Beständen der „Traditionskammer“ vgl. Więcek: Muzea wrocławskie, 75 f.; Głowicka, Eliza: Dawne Muzeum Wojsk Inżynieryjnych. In: Nieznany Wrocław, http://www.wroclaw.pl/ nieznany-wroclaw-zwiedzamy-dawne-muzeum-wojsk-inzynieryjnych [Zugriff am 9. November 2015]. 203 Zur abnehmenden Glaubwürdigkeit der antideutschen Rhetorik vgl. Thum: Die fremde Stadt, 297 f., 502–507.

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Das Historische Museum setzte in den unruhigen Jahren der Massenproteste seinen politisch-normativen Kurs fort. Zur Demonstration der staatlichen Deutungsmacht wurden der 40. Jahrestag des Kriegsendes (1985) besonders groß gefeiert und gleich zwei Sonderausstellungen zur Breslauer Stadtgeschichte am Ende des Zweiten Weltkrieges eröffnet: „Breslau 1945 – die Befreiung“ (1985/86 im Zeughaus) und „Wir kehren ins Land unserer Väter zurück“ (1985/86 im Rathaus). Die am 6. Mai eröffnete Ausstellung zur „Befreiung“ erstreckte sich über zwei Säle des Zeughauses.204 Der erste Raum umfasste die „befreienden Kriegshandlungen der Armeen der Ersten Ukrainischen Front in Niederschlesien unter besonderer Berücksichtung der Kämpfe der Sechsten Armee um Breslau“.205 Der zweite Teil der Ausstellung behandelte die „Zweite Polnische Armee unter besonderer Berücksichtung ihres Aufenthaltes in Niederschlesien und ihrer Teilnahme an der Berliner und Prager Operation [Offensive der Roten Armee 1945]“.206 Beide Ausstellungsteile endeten jeweils mit einer Fotografie der sowjetischen und der polnischen Siegesparade in Breslau am 10. und 26. Mai 1945 und der Ansicht eines Soldatenfriedhofs. Auch diese bis 1989 gezeigte Ausstellung blieb eine affirmative Heldenverehrung und brachte in ihrem Narrativ keine Neuerung gegenüber der zehn Jahre zuvor eröffneten Dauerausstellung „Der Sieg 1945“. Sie war damit das letzte Beispiel der Musealisierung der geschichtspolitisch so bedeutungsvollen Erzählung der polnisch-sowjetischen Befreiung Breslaus. Die zeitgleich eröffnete narrative Fortsetzung dieser Geschichtsausstellung ist besonders aufschlussreich hinsichtlich einer Intensivierung musealer Stadtgeschichte und bedarf deshalb einer genaueren Analyse. Denn die Sonderausstellung „Wir kehren ins Land unserer Väter zurück“ zur so genannten „Pionierzeit“, der polnischen Inbesitznahme Breslaus, knüpfte ebenfalls inhaltlich an das Schlusskapitel der Ausstellung von 1975 an, baut dieses aber in seinen Facetten deutlich aus. Die Sonderausstellung im Alten Rathaus eröffnete das Historische Museum bereits am 4. Mai, zwei Tage vor dem 40. Jahrestag der Breslauer Kapitulation.207 Der Ausstellungsrundgang begann nicht mit dem Jahr 1945, sondern mit alten Ansichten Breslaus um 1800, Kupferstichen von Friedrich Gottlob Endler (1763–1822), und führte danach über die Kapitulation der „Festung Breslau“ und den alliierten Konferenzen von Teheran, Jalta und Potsdam zur Nachkriegsordnung. Hieran schloss sich eine Reihe von Fotografien der zerstörten Stadt und des Aufbaus einer polnischen Verwaltung an. Der Abschnitt „Wege nach Breslau – 204 „Wrocław – 1945 – Wyzwolenie“, Arsenał, 1985–86. Nach der Schließung im Frühjahr 1986 wurde die Schau bis 1988 als Wanderausstellung gezeigt und 1989 im Offiziersklub des Schlesischen Wehrkreises präsentiert. Vgl. Sprawozdanie z działalności Muzeum Historycznego we Wrocławiu w okresie od 1.01. do 31. Dezember 1989 r: MMWr, MHWr, 1/61, Bl. 38. 205 „Scenariusz wystawy czasowej pt.: Wrocław – 1945 – Wyzwolenie“ [1985]: MMWr, MHWr, Arsenał, 13/12, Bl. 80, poln. Original: „poświęcony działaniom wyzwoleńczym armii I Frontu Ukraińskiego na Dolnym Śląsku ze szczególnym uwzględnieniem walk 6 armii o Wrocław.“ 206 MMWr, MHWr, Arsenał, 13/12, Bl. 81, poln. Original: „poświęcony 2 Armii Wojska Polskiego ze szczególnym uwzględnieniem jej pobytu na Dolnym Śląsku i udziału w operacjach: berlińskiej (walk nad Nysą Łużycką) i praskiej.“ 207 „Wracamy na ziemię ojców naszych“, Ratusz, 1985/86. Die Ausstellung kuratierte Ryszard Młynarski unter Mitarbeit von Halina Okólska und Marek Burak.

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Bevölkerungsmigration in die Westgebiete“ erläuterte erstmals detailliert verschiedene Schicksale von polnischen Migranten aus Westeuropa, aus Zentralpolen und auch aus den ehemaligen polnischen Ostgebieten.208 Auf die deutsche Bevölkerung wurde dagegen nicht eingegangen. Auffällig ist auch, dass die Ausstellung keine Fotografien der modernen Großstadt im frühen 20. Jahrhundert zeigte, sondern als Kontrast zu den Trümmerfotos bewusst auf gezeichnete Stadtansichten um 1800 zurückgriff. Dieser Schritt ist auf die im Kapitel „Stadtansichten“ festgestellte Praxis zurückzuführen, das vormoderne Stadtbild in Kupferstichen den Fotografien des frühen 20. Jahrhunderts vorzuziehen, da in der Rezeption die vormoderne Stadt als „weniger deutsch“ galt.209 In einer bis dahin einmaligen Fülle zeigte die Ausstellung anhand von Fotografien und Dokumenten den Aufbau des öffentlichen Lebens im nunmehr polnischen Breslau. Die Thementafeln reichten vom Aufbau der Verwaltung und Industrie, über die Parteienlandschaft bis hin zu den Eröffnungen von Bibliotheken, Museen, Theatern, Schulen, Universitäten und dem Aufbau des Breslauer Pressewesens sowie der Pfadfinder- und Jugendgruppen. Als Abschluss präsentierte die Ausstellung eine Chronologie der Ereignisse zum Aufbau des polnischen Breslau und sozialistischer Feiertage von 1945 bis 1980.210 Die Auswahl dieser Ereignisse lässt sich gleichsam als ein Spiegelbild der stark politisierten Breslauer Geschichtskultur in der Volksrepublik begreifen. Ein Blick auf die Repräsentation von Kriegsereignissen in der Breslauer Museumslandschaft zwischen 1948 und 1989 zeigt deutlich die herausgehobene Bedeutung des Zweiten Weltkrieges und seiner Folgen für die offizielle Geschichtskultur der Stadt. Das Jahr 1945 markierte nicht nur die großflächige Zerstörung Breslaus, sondern auch den einschneidenden Abbruch der jahrhundertealten Bevölkerungstradition – und leitete damit die Transformation Breslaus in eine polnische Stadt ein. Die museale Interpretation dieses einschneidenden Ereignisses wurde durch die streng kontrollierte Geschichtspolitik mit einem festen Rahmen mit thematischen Tabus eingefasst. Die Ansiedlung der polnischen Bevölkerung wurde als „Rückkehr“ exponiert, die Vertreibung der deutschen Bevölkerung dagegen durfte nur zwischen den Zeilen durchscheinen. Die Eroberung Breslaus durch die Rote Armee galt als ein zentrales Element des Gedenkens, während die Ursache für die Festlegung der Oder-Neiße-Grenze, nämlich die sowjetische Annektierung Ostpolens, mit einem Tabu belegt war. Nur an den Randbereichen dieses verordneten Narratives ließen sich ein musealer Gestaltungsspielraum und eine Entwicklung zwischen 1948 und 1989 festmachen: Galt 1948 auf der Großausstellung der „Wiedergewonnenen Gebiete“ noch eine gesamtdeutsche destruktive Tradition in der Breslauer Stadtgeschichte, so wurde in der Hochphase des Stalinismus und der Annäherung an die DDR zunehmend differenziert bis hin zur Hervorhebung der verbündeten deut208 Scenariusz wystawy „Wracamy na ziemię ojców naszych. Ratusz 4.V.1985“: MMWr, MHWr, 4/178, Bl. 49–51. 209 Als Vorlage für die Rekonstruktion der Altstadt diente daher auch das Stadtbild um 1800 und nicht der Vorkriegszustand. Vgl. Czerner: Rynek, 10 f., 110; Thum: Die fremde Stadt, 462–474. Vgl. auch in der vorliegenden Untersuchung das Unterkapitel 4.3 („Stadtansichten in Breslauer Museen 1945–1989“). 210 Scenariusz wystawy „Wracamy na ziemię ojców naszych“. Ratusz. 4.V.1985: MMWr, MHWr, 4/178, Bl. 2.

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schen Kommunisten argumentiert. Auch der Umgang mit der spezifischen Geschichte Breslaus änderte sich. Verblieb noch bis in die 1960er Jahre die Breslauer Geschichte als ein nicht näher definierter Aspekt gesamtschlesischer oder polnischer Geschichte – mit Ausnahme der polnisch-slawischen Frühgeschichte und des Mittelalters –, so rückte im Folgenden das lokale Geschehen in den Mittelpunkt der Geschichtsausstellungen zum Zweiten Weltkrieg. Auch hier nahmen die Museen eine deutliche Beschränkung vor und behandelten nur das kriegerische Schlusskapitel des deutschen Breslau. Hierbei entstanden erste Ausstellungen zur „Befreiung“ Breslaus 1945 erst nach dem Erscheinen erster geschichts- und populärwissenschaftlicher Studien zu diesem Thema seit den frühen 1960er Jahren. Wie im folgenden Fallbeispiel näher ausgeführt wird, erlebte die Musealisierung der Breslauer Geschichte am Kriegsende im Jahr 1975, zum 30. Jahrestag des Kriegsendes, einen Höhepunkt – mit einem eigenen Museum zum „Sieg 1945“ in den unterirdischen Ausstellungsräumen des Partisanenhügels.

6.4. D  as unterirdische Museum zur „Festung Breslau“ – Die Ausstellung „Der Sieg 1945“ im Partisanenhügel von 1975 Den 30. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges und die Angliederung der ehemaligen deutschen Ostprovinzen an den neuen polnischen Staat beging die Breslauer Stadtregierung im Mai 1975 mit einer ganzen Reihe von Feiern und Ausstellungen. Die Erfolge des Wiederaufbaus und der Polonisierung der Stadt standen im Mittelpunkt. Der historischen Ereignisse, die zur Kapitulation der „Festung Breslau“ am 6. Mai 1945 geführt hatten, gedachte eine neu eingerichtete Großausstellung an einem besonderen historischen Ort. Im unterirdischen Gewölbe des Partisanenhügels (poln. Wzgórze Partyzantów, ehemals Liebichshöhe) eröffnete am 5. Mai 1975 die Ausstellung „Der Sieg 1945“. Zwischen Januar und Mitte März 1945 hatte das Gewölbe als Befehlsstand der deutschen Kommandoführung der zur „Festung“ erklärten Stadt gedient. Seit 1974 fungierten diese Räume als eine Filiale des Historischen Museums; sie zeigten bis 1980 die bisher größte Ausstellung zu den Kämpfen um Breslau und Niederschlesien. Bereits drei Jahre später musste das Historische Museum die Räume im Partisanenhügel für immer aufgeben, und das unterirdische Museum geriet in Vergessenheit. Die vom 23. Januar bis zum 6. Mai 1945 andauernden Kämpfe um die zur „Festung“ erklärten Stadt, die noch über die Eroberung Berlins hinausreichten, ziehen bis heute große Aufmerksamkeit auf sich: Über 6.500 populäre und wissenschaftliche Texte sind bisher in Deutschland und Polen zu dem Thema erschienen.211 Innerhalb der lokalen Geschichtskultur 211 Die Mehrheit der polnischen, deutschen und internationalen Forschungen zur Geschichte Breslaus bezieht sich auf die Kämpfe um die „Festung Breslau“. Über 6.500 bibliografische Positionen zählte die Dokumentation: Gleiss, Horst Georg Wilhelm: Breslauer Apokalypse 1945, Bd. 1–10. Wedel/Rosenheim 1986–1997. Zur Rezeptionsgeschichte und zum Forschungsstand vgl. Peitsch, Helmut: Breslau als Festung. In: Lasatowicz, Maria Katarzyna (Hg.): Städtische Räume als kulturelle Identitätsstrukturen. Schlesien und andere Vergleichsregionen. Berlin 2007, 373–386; Żerelik, Rościsław: Wprowadzenie. In: Głowiński, Tomasz (Hg.): Festung Breslau 1945. Historia i pamięć. Wrocław 2009, 9–12; der

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waren die fast 80-tägige Schlacht um die „Festung Breslau“ und der Sieg über ihre deutschen Verteidiger von hoher Relevanz, da sie den Ausgangspunkt für die dauerhafte Inbesitznahme der Region durch den neuen polnischen Staat markierten. Neben der frühmittelalterlichen Stadtgeschichte unter den polnischen Piasten bildete das Kriegsende den wichtigsten Pfeiler der lokalen Geschichtskultur zur Zeit der Volksrepublik.212 Die Pläne, eine Geschichtsausstellung im ehemaligen Kommandobunker einzurichten, reichten bis in die 1960er Jahre zurück; die Ausstellung am historischen Ort sollte das geschichtlich höchst bedeutsame Ereignis der Eroberung Breslaus durch die Rote Armee und die polnische Aneignung dauerhaft herausstellen, wobei die Dauerausstellung in ihrem spezifischen thematischen Profil durchaus einer Sonderausstellung entsprach. Die Ausstellungskuratorin begründete die Ziele ihrer Präsentation deshalb folgendermaßen: „Anhand des Verlaufs der Kämpfe um die Befreiung Niederschlesiens und Breslaus beabsichtigen die Organisatoren an den historischen Moment der Rückkehr dieser Gebiete zu Polen zu erinnern und gleichzeitig wollen sie den heldenhaften Soldaten der Sowjetischen Armee und der Polnischen Volksarmee huldigen, die für die Freiheit Niederschlesiens gefallen sind.“213 Durch stark politisch aufgeladene Narrative wie der polnisch-sowjetischen Freundschaft und der dauerhaften polnischen Tradition Breslaus reflektiert die Ausstellung geschichtspolitische Schwerpunkte als auch geltende Tabus. Die Tageszeitung „Gazeta Robotnicza“ schrieb anlässlich der Ausstellungseröffnung dem offiziellen Geschichtsbild entsprechend: „Es ist natürlich schwer, sich diese historischen Tage, als der polnische Soldat an der Seite der Roten Armee unsere Stadt aus jahrhundertelanger Gefangenschaft befreite, in Erinnerung zu rufen. In solchen Fällen helfen Fotografien, vergilbte Dokumente und einige kleinere Objekte.“214 Zur Visualisierung der Geschichte standen der Ausstellungsleitung zahlreiche Relikte aus den Kriegstagen, nämlich eine Vielzahl an Waffen, Uniformen, persönlichen Dokumenten, Plakaten, Fotografien und Filmausschnitten, zur Verfügung. Die Kuratorin Monika Jaroszewska war Leiterin der Abteilung „Polnischer Waffengang 1939–1945 und Befreiung Schlesiens“ des Historischen Museums in Breslau. Wie in der folgenden Fallstudie näher ausgeführt wird, konnte sie für ihr Ausstellungsvorhazweite Konferenzband: Głowiński, Tomasz (Hg.): Festung Breslau. 1945. Nieznany obraz. Wrocław 2013. Zu den neuesten militärgeschichtlichen Forschungen zählen Hargreaves, Richard: Hitler’s Final Fortress. Breslau 1945. Barnsley 2011; Bressler, Jacques: Breslau. Une forteresse imprenable. Paris 2014. 212 Thum: Die fremde Stadt, 304–337. Zu den Forschungsschwerpunkten in der Regionalgeschichte vor 1989 vgl. Tyszkiewicz, Jakub: Między historia a propagandą obraz powojennych dziejów Dolnego Śląska w pracach historyków polskich w latach 1956–1989. In: Kucharski/Strauchold (Hg.): Ziemie Zachodnie, 81–92. 213 Jaroszewska, Monika: Zwycięstwo 1945. Informator do wystawy. Muzeum Historyczne we Wrocławiu. Wrocław 1975, 5, poln. Original: „Poprzez ukazanie przebiegu walk wyzwoleńczych na obszarze Dolnego Śląska i we Wrocławiu zamierzają organizatorzy przypomnieć historyczny moment powrotu tych terenów do Polski, a jednocześnie pragną złożyć hołd pamięci bohaterskim żołnierzom Armii Radzieckiej i Ludowego Wojska Polskiego, którzy polegli w bojach o wolność ziemi dolnośląskiej.“ 214 Kucharski, Krzysztof: Historia i dzień dzisiejszy. Interesujące wystawy. In: Gazeta Robotnicza am 7. Mai 1975, poln. Original: „Trudno oczywiście odtworzyć w pamięci tamte historyczne dni kiedy żołnierz polski u boku Armii Czerwonej oswobadzał z wielosetletnlej niewoli nasze miasto. Pomagają w takich wypadkach zdjęcia, pożółkłe dokumenty, jakieś drobne przedmioty.“

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ben verschiedene Leihgeber aus ganz Polen und für die Eröffnung neben hochrangigen Ehrengästen auch zwei Veteranen aus der Sowjetunion gewinnen. Mit modernsten technischen Mitteln arrangierten die Mitarbeiter des Museums auf über 600 Quadratmetern Ausstellungsfläche die Relikte in einer visuell wirkmächtigen Exposition: Vielfach vergrößerte Fotografien, Diaprojektionen, Karten, Grafiken, eine Musikinstallation215 und ein eigener Kinosaal begleiteten die aufwändige Inszenierung der historischen Objekte.216 Die Präsentation erstreckte sich in chronologischer Reihenfolge über vier thematische Abschnitte im großen Gewölbegang der Kasematten: Zu Beginn standen die „Niederschlesische Operation“ der sowjetischen Armee im Winter 1944/45. Dem folgte ein Abschnitt zu den Einsätzen der Zweiten Polnischen Armee in Niederschlesien und der Lausitz. Der dritte Ausstellungsteil behandelte die Einkesselung Breslaus sowie das Verhalten der deutschen Kommandoführung. Im letzten Teil der Ausstellung standen die „ersten Tage in Freiheit“ und der Aufbau einer polnischen Verwaltung in der stark zerstörten Stadt im Mittelpunkt. Militärgeschichtlicher Natur waren damit nur die ersten beiden Ausstellungsteile, während der dritte und vierte Abschnitt auch das zivile Leben und die Auswirkungen der Kämpfe auf das Stadtbild thematisierten.217 Ein genauerer Blick in die Ausstellung verdeutlicht dieses konzeptionelle Spannungsfeld aus militärischer Ereignisgeschichte und einer umfassenderen Stadtgeschichte der ersten Jahre des polnischen Breslau.

215 Als atmosphärischer Hintergrund wirkte eine Musikinstallation aus der „Sechsten Symphonie“ von Dmitri Schostakowitsch (1906–1975) und der „Sinfonietta für zwei Streichorchester“ von Kazimierz Serocki (1922–1981). Vgl. MMWr, MHWr, [bez spisu]/8, Bl. 282; Zwycięstwo. 1945. In: Biuletyn informacyjny Zarządu Muzeów i Ochrony Zabytków 116 (1975) 30–31, hier 31. 216 Die Präsentationsästhetik prägten die Ausstellungsarchitektur von Waldemar Chwedczuk und Andrzej Żarnowiecki sowie das grafische Design der Begleitmaterialien von Roman Rosyk. Vgl. MMWr, MHWr, [bez spisu]/8, Bl. 282. 217 Die Besprechung der Ausstellungsinhalte bezieht sich auf die letzte Fassung des Ausstellungsdrehbuchs: Monika Jaroszewska: Scenariusz wystawy „Zwycięstwo 1945“ [1975]: MMWr, MHWr, [bez spisu]/8, Bl. 61–107, auf die fotografische Dokumentation von Tadeusz Drankowski (Tageszeitung „Słowo Polskie“) und Stefan Arczyński (MHWr.) sowie auf den 1977 auf Polnisch, Deutsch und Russisch herausgegebenen Kurzführer durch die Ausstellung. Vgl. Jaroszewska, Monika: Zwycięstwo 1945. Informator o wystawie. Muzeum Historyczne we Wrocławiu. Wrocław [1977]. Auf Deutsch: Der Sieg 1945. Informator. Historisches Museum in Wrocław. Wrocław [1977]. Auf Russisch: Победа 1945. Информация о выставке. Исторический музей во Вроцлаве. Wrocław [1977]. Die Zitate stammen in der Mehrzahl aus der deutschsprachigen Ausgabe, um den sprachlichen Duktus der politisch verordneten Übersetzung zum Ausdruck kommen zu lassen.

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6.4.1. Rundgang – Die sowjetisch-polnische „Befreiung“ Breslaus

Abbildung 27: Eingang zum Gewölbe (Bunker) unter dem Partisanenhügel (ehm. Liebichshöhe) an der Ulica Nowa. Seit 1974 befand sich dort eine Filiale des Historischen Museums, die 1975–1980 eine Ausstellung zu den Kämpfen um Breslau (1945) und seit 1980 eine Dauerausstellung zur Stadtgeschichte präsentierte. Aufgrund eindringender Feuchtigkeit musste das Museum die Räume 1983 aufgeben.

Auf dem Weg in die Ausstellung passierten die Besucher vor dem Eingang des Museums einen kleinen Hof mit zwei sowjetischen Panzerabwehrgeschützen der Infanterie. In die Kasematten gelangten die Gäste durch einen schmalen Gang, an dessen Ende sich ein Vorraum mit Kassenhäuschen und den Eingängen zum Kinosaal und den Ausstellungsräumen befand. Den ersten Ausstellungsteil im großen Gewölbegang trennte eine Treppe von den anderen drei Abschnitten ab. Der erste Teil erläuterte den Verlauf der sowjetischen Militäroperationen am rechten Oder-Ufer und im Zentrum Niederschlesiens im Januar 1945. Hierzu erklärte die einführende Ausstellungstafel: „Niederschlesien wurde im Rahmen der großen Winter-Frühjahrs-Offensive der Sowjetischen Armee – im Verlauf der fast vier Monate dauernden Kriegshandlungen der Ersten Ukrainischen Front – befreit (19.01.–10.05.1945).“218 Im Verlauf des Februars 1945 hatte die Rote Armee die Oder überquert und ganz Ober- und Niederschlesien bis auf das Vorland 218 Jaroszewska: Scenariusz wystawy: MMWr, MHWr, [bez spisu]/8, Bl. 63, poln. Original: „Dolny Śląsk oswobodzony został w ramach wielkiej zimowo-wiosennej ofensywy Armii Radzieckiej, w toku trwających blisko 4 miesiące/19.I.–10.V.1945 r./działań wojennych I Frontu Ukraińskiego.“

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Abbildung 28: Der erste Raum der Ausstellung „Der Sieg 1945“ zeigte im unterirdischen Gewölbe des Partisanenhügels die Kämpfe der Ersten Ukrainischen Front in Niederschlesien bis zum Einschluss Breslaus im Februar 1945. Die Stellwände präsentierten vergrößerte Fotografien der Roten Armee.

Abbildung 29: Der dritte Abschnitt der Ausstellung war dem Verlauf der Belagerung Breslaus bis zur Kapitulation am 6. Mai 1945 gewidmet. Die Szenerie des Raumes prägten ein nachgebildeter Trümmerhaufen und großformatige Fotografien zerstörter Häuser.

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der Sudeten und die Hauptstadt Breslau erobert.219 Neben vergrößerten Fotografien kämpfender sowjetischen Soldaten erläuterten weitere Text-Bild-Tafeln, dass die Erste Ukrainische Front unter der Leitung von Marschall Iwan Koniew (1897–1973) über mehr als eine Million, in acht Armeen organisierten Soldaten verfügt hatte. Die Vitrinenschränke versammelten hierzu Ausrüstungsgegenstände sowjetischer Soldaten wie Helme, Maschinenpistolen und -gewehre, Säbel und Granaten. Die Schränke an der gegenüberliegenden Wand zeigten verschiedene sowjetische Militärorden zum „Sieg über Deutschland“ oder zur „Einnahme Berlins“. Darüber hingen 20 vergrößerte Portraitfotografien sowjetischer Generäle. Auf großen Karten mit den Umrissen des heutigen polnischen Staates und Karten Niederschlesiens illustrierten Pfeile die Truppenbewegungen, die Daten der „Befreiung“ verschiedener Ortschaften wie auch die Lage sowjetischer Soldatenfriedhöfe. „Die Freiheit Niederschlesiens wurde durch den heldenhaften Kampf und die Opfer der Soldaten der Sowjetischen Armee erlöst, von welchen über 28.000 auf 24 Soldatenfriedhöfen in der Breslauer Woiwodschaft ruhen.“220 Als Verweis auf die Kriegsopfer standen zum Abschluss des Raums erleuchtete Farbfotografien der sowjetischen Soldatenfriedhöfe in Breslau-Krietern (poln. Krzyki) und Saarau (poln. Żarów). Die Beteiligung der Zweiten Polnischen Armee an der Ersten Ukrainischen Front unter der Führung von Karol Świerczewski (1897–1947) fand bereits im ersten Raum mehrfach Erwähnung. Der zweite Ausstellungsabschnitt unter dem Titel „Ins Land der Väter“ befasste sich ausschließlich mit dieser polnischen Armeeeinheit. An den Kampfhandlungen in Niederschlesien war die Zweite Polnische Armee allerdings nur kurzzeitig beteiligt, wohingegen sie in die Operationen der Ersten Ukrainischen Front in der Lausitz und bei den Vorstößen in Richtung Prag stärker eingebunden war. Um die regionalgeschichtliche Relevanz des Abschnitts zu stärken, betonte die Ausstellung, dass der Ausgangspunkt dieser Operation im März 1945 eine „Position bei Breslau“ gewesen war. „Die Kampfhandlungen der Zweiten Polnischen Armee knüpften an die ruhmreiche Tradition der polnischen Streitkräfte in Schlesien aus der Zeit der ersten Piasten und der napoleonischen Epoche an“,221 hieß es dazu auf der einleitenden Ausstellungstafel. Da es für Niederschlesien im Frühjahr 1945 keine Operationen gab, auf die zurückgegriffen werden konnte, erläuterte dieser Abschnitt die einzelnen Kampfhandlungen in der Lausitz, bei der Überwindung der Lausitzer Neiße und der Schlacht um Bautzen (April 1945), wie auch die Beteiligung der Armee bei der Prag-Operation in den letzten Kriegswochen. Die Schrankvitrinen zeigten Uniformen der Polnischen Volksarmee 219 Für eine Zusammenfassung des Verlaufs der Kampfhandlungen in Schlesien zwischen Januar und Mai 1945 vgl. Hofmann: Die Nachkriegszeit, 15–19; Davies/Moorhouse: Microcosm, 17–37. 220 Jaroszewska: Scenariusz wystawy: MMWr, MHWr, [bez spisu]/8, Bl. 69, poln. Original: „Wolność Ziemi Dolnośląskiej okupiona została bohaterską walką i ofiarą życia żołnierzy Armii Radzieckiej, których ponad 28 tysięcy spoczywa na 24 cmentarzach wojennych na terenie województwa Wrocławskiego.“ 221 Jaroszewska: Scenariusz wystawy: MMWr, MHWr, [bez spisu]/8, Bl. 89, poln. Original: „Działania bojowe 2 Armii Wojska Polskiego nawiązywały do chlubnych tradycji oręża polskiego na Śląsku z okresu pierwszych Piastów i z epoki napoleońskiej.“

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und Ausrüstungsgegenstände aus sowjetischer Produktion. Auch hier enthielten verschiedene Schaukästen Abzeichen, Orden und Auszeichnungen oder auch eine Karte des Generalstabs der Roten Armee aus den Kämpfen um die Lausitz. Im Mittelpunkt der Personenportraits standen der zur Zeit der Volksrepublik als Held verehrte General Świerczewski und der polnisch-russische General Józef Kimbar (1905–1974). Auch dieser Ausstellungsteil endete mit einer erleuchteten Farbfotografie, einer Ansicht des polnischen Soldatenfriedhofs auf der polnischen Seite von Görlitz (Zgorzelec). Der dritte und umfangreichste Abschnitt der Ausstellung im zweiten und dritten Raum erläuterte den Verlauf der Belagerung Breslaus durch die Sechste Sowjetische Armee vom 15. Februar bis zur Kapitulation am 6. Mai 1945. Hierneben behandelte der Raum auch die Situation in der zur „Festung“ erklärten Stadt, in dessen Mittelpunkt die Zwangsarbeiter sowie die deutsche Kommandoführung standen, deren Verhalten als „sinnloser und fanatischer Widerstand“222 und „terroristisches und zerstörerisches Wirken der hitleristischen Partei- und Militärführung“223 gewertet wurde. Einige hier angeführte Zitate stammen aus der Informationsbroschüre zur Ausstellung, die sowohl auf Polnisch und Russisch als auch auf Deutsch herausgegeben wurde. Auch wenn die Übersetzung in Teilen grammatisch fehlerhaft ist, bringt der Duktus die besonderen politischen Sprachregelungen zu der ehemals deutschen Stadt zum Ausdruck.224 Die geschichtspolitische Perspektive der Ausstellung auf das deutsch-polnische Verhältnis wird insbesondere auch an vier Beispielen um die „Festung Breslau“ deutlich: Neben den Zwangsarbeitern waren das die Handlungen der deutschen Kommandoführung und die Situation der Zivilbevölkerung. Zur großen Anzahl der Zwangsarbeiter erläuterte die Ausstellung, dass sich in der „Festung Breslau“ viele ausländische Zwangsarbeiter befunden hatten, darunter einige tausend Polen, die in Lagern „in der Karpacka-Str., in der Schule in der Bossak-Haukego-Str. und im Lager in Sołtysowice“ untergebracht waren. „Unter unmenschlichen Bedingungen“ litten vor allem die sowjetischen Kriegsgefangenen, „die in der Bonifratrów-Kirche (Traugutta-Str.) zusammengepfercht waren“.225 Zum Sprachstil ist bemerkenswert, dass sowohl die polnische wie auch die deutsche Textversion als Referenzpunkte ausschließlich die polnischen Straßennamen von 1975 nannten und damit einen Bezug auf die Namen der ehemaligen deutschen Stadt vermieden. Zum Schicksal der Zwangsarbeiter verwiesen die Exponate zumeist auf die polnischen Gefangenen, darunter waren Arbeitskarten, Briefe und Aufnäher mit dem „P“-Zeichen für „Pole“. An der Decke hing die polnische Flagge, welche im Zwangsarbeiterlager Breslau-Burg222 Jaroszewska: Scenariusz wystawy: MMWr, MHWr, [bez spisu]/8, Bl. 73, poln. Original: „Realizując plany bezsensownego i fanatycznego oporu“. 223 Jaroszewska: Zwycięstwo [1975], 6, poln. Original: „terrorystyczną i niszczycielską działalność hitlerowskich władz partyjnych i wojskowych“. 224 Jaroszewska: Zwycięstwo [1977]. Auf Deutsch: Der Sieg. 225 Jaroszewska: Der Sieg, 12. In Breslau befanden sich 1944 ca. 30. bis 40.000 polnische Zwangsarbeiter, von denen viele während der Kämpfe um die „Festung Breslau“ ums Leben kamen. Zum Schicksal der polnischen Zwangsarbeiter vgl. Bartosz, Julian: Prawa i priorytety. In: Kosmulska (Hg.): Niewolnicy, 11–24.

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weide am Tag der deutschen Kapitulation gehisst worden war. Zur deutschen Seite zeigte die Ausstellung das Fallbeil der Hinrichtungsstätte aus dem Gefängnis an der Kletschkaustraße (jetzt Ulica Klędzkowska), verschiedene deutsche Propagandablätter sowie die letzte Ausgabe der „Schlesischen Tageszeitung – Frontzeitung der Festung Breslau“ vom 6. Mai 1945. Unter der Überschrift „Es blieb ‚verbrannte Erde‘“ erklärte der folgende Abschnitt zum Verhalten des deutschen Festungskommandos, dass die „hitleristische Festungskommandantur eine planmäßige Vernichtung der Stadt begann, indem sie die Taktik der ‚verbrannten Erde‘ realisierte“.226 Unter Bezug auf eine Begrifflichkeit, die mit den großflächigen Zerstörungen der deutschen Wehrmacht beim Rückzug aus den besetzten Gebieten in Zusammenhang stand, deutete der Ausstellungskommentar den monatelangen Häuserkampf in Breslau. Hier setzten beide Seiten zur Verteidigung und zur Vernichtung gegnerischer Stellungen so genannte „Brandkommandos“ ein, die ganze Straßenzüge und Wohnviertel in Brand steckten – ohne Rücksicht auf Kirchen, Bibliotheken und Museen.227 In der Ausstellung wurde diese Praxis alleine den deutschen Verbänden zugeschrieben und betont: „Infolge dieser sinnlosen, vernichtenden Tätigkeit wurde die Stadt viel mehr verwüstet als infolge direkter Kriegshandlungen.“228 Eine dramatische Szenografie aus einem nachgebildeten Trümmerhaufen mit verkohlten Balken und Türen vor großformatigen Fotografien zerstörter Häuser dominierte den Ausstellungsraum. Die Ausstellung ging auch auf die Situation der deutschen Zivilbevölkerung ein. Wie im vorausgegangenen Beispiel standen auch hier wieder die Folgen der „fanatischen Verteidigung“ durch das deutsche Kommando im Mittelpunkt, während die Auswirkungen der sowjetischen Kampfhandlungen im Hintergrund blieben. Zum rücksichtslosen Umgang des deutschen Kommandos mit der Stadtbevölkerung erklärte der Kommentar präzise: Durch die „Zwangsevakuierung der Bevölkerung im tiefen Winter sind etwa 90 Tausend Menschen ums Leben gekommen. In der Stadt wurden Terror, Militärgerichte und Exekutionen vollzogen. Eines der ersten Opfer war der Vizebürgermeister Dr. Wolfgang Spielhagen; er wurde auf dem Marktplatz von Wrocław am 28. Februar [1945] öffentlich erschossen.“229 Zu „über 10 Tausend Toten“ unter der Zivilbevölkerung und den Zwangsarbeitern führten die Abrissarbeiten in Wohnvierteln zur „Errichtung eines Flugplatzes (auf dem heutigen Grunwaldzki Platz)“.230 Als Quellendokumente zum brutalen Handeln der deutschen Armee präsentierte die Ausstellung übersetzte Auszüge aus den 1964 edierten Tagebüchern des deutschen Pfarrers Paul Peikert (1884–1949). Wie im folgenden Abschnitt noch genauer gezeigt werden wird, lag die Bedeutung der Aufzeichnungen vor allem darin, dass der Pfarrer als deutscher Zeuge die Rücksichtslosigkeit des deutschen Festungskommandos bei der Verteidigung der Stadt mit deutlichen 226 227 Jaroszewska: Der Sieg, 12. 228 Davies/Moorhouse: Microcosm, 26 f. 229 Jaroszewska: Der Sieg, 13. 230 Ebd., 9.

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Worten kritisierte.231 Diese Differenzierung des Deutschlandbildes machte sich auch an einer Ausstellungstafel zur Gruppe der „deutschen Antifaschisten“ fest. Als indirekter Verweis auf die Freundschaft zur DDR behandelte diese Tafel sowohl die Beteiligung des Komitees „Freies Deutschland“ in der sowjetischen Armee wie auch eine „Widerstandsbewegung in der Festung, welche sich aus Mitgliedern der illegalen Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD)“232 zusammensetzte. Die Ausstellung präsentierte hierzu die Titelseite der deutschen Untergrundzeitschrift „Freiheits-Kämpfer“ (7. März 1945). Insgesamt waren im Vergleich zur sowjetisch-polnischen Seite hinsichtlich der deutschen Zivilbevölkerung und der Kommandoführung nur wenige Exponate in der Ausstellung vertreten, in der Mehrzahl handelte es sich dabei um deutsche Uniformen, Waffen und Reproduktionen von Befehlsschreiben. Ausführlich visualisierte und erläuterte die Ausstellung dagegen die einzelnen Kampfhandlungen. Große Schaukästen versammelten Erinnerungsstücke, Kriegstagebücher und Berichte von sowjetischen Teilnehmern der Kämpfe. Auf Podesten standen eine Reihe von Kurzfeuerwaffen und Standmaschinengewehren sowie Uniformen der sowjetischen und deutschen Armee. Zum Hintergrund der Kampfhandlungen erläuterten die Texttafeln und das Begleitbuch, dass „im Herbst 1944 Wrocław von der hitlerischen Kommandantur zur Festung erklärt worden“ war und „ihre Befehlshaber […] General Krause (bis zum 3. Januar), General Hans von Ahlfen (vom 3. Januar bis zum 7. März) und General Hermann Niehoff vom 7. März bis zum 6. Mai 1945“ waren. Die „Festung“ hatte über eine Besatzung verfügt, „die mit Polizeieinheiten, Feuerwehr und dem Volkssturm zusammen über 80 Tausend Personen zählte“. Der sowjetische Marschall Koniew setzte für die Belagerung der Stadt seit dem 16. Februar „nur die von Gen. Wladimir Gluzdowski kommandierte 6. Armee [ein], die etwa 50 Tausend Soldaten zählte“. Im April wurde „der Armeebestand um weitere 15 Tausend Soldaten“ aufgestockt.233 Die im Detail vorgestellten Kampfhandlungen illustrierten vergrößerte Fotografien der sowjetischen Armee sowie von der Kapitulation am 6. Mai und der sowjetischen Siegesparade am 10. Mai 1945. Gleich mehrere Urkunden und Fotografien bezogen sich auf den sowjetischen Major Omar Jachjajew, der, wie noch ausgeführt wird, bei der Ausstellungseröffnung persönlich anwesend war. Jachjajew hatte als Parlamentär am 6. Mai die deutschen Unterhändler des Breslauer Festungskommandos zum Sitz des sowjetischen Infanterieregiments 218 für die Vorverhandlungen zur Kapitulation eskortiert.234 Zum Ende der Kampfhandlungen in Breslau erklärte der Kommentar: „Trotz der Kapitulation von Berlin gab die ‚Festung Breslau‘ nicht auf. Erst auf den Druck der Bevölkerung, der Intervention des Klerus’ sowie die Flucht von Gauleiter [Karl] Hanke mit dem Flugzeug am Morgen 231 Ebd., 11. 232 Peikert: Kronika. 233 Jaroszewska: Scenariusz wystawy: MMWr, MHWr, [bez spisu]/8, Bl. 77, poln. Original: „Ruch oporu w twierdzy skupiał się wokół członków zdelegalizowanej Komunistycznej Partii Nieniec zgrupowanych w organizacji Antyfaszystowskiego Ruchu Wolności, jej organem była gazeta ‘Bojownik Wolności’, ukazująca się od połowy lutego 1945 r.“ 234 Jaroszewska: Der Sieg, 7 f.

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des 6. Mai wurde beschlossen, sich zu ergeben.“235 Nach Gesprächen der Parlamentäre wurde die bedingungslose Kapitulation der Festung durch General Niehoff am Sitz des 22. Korps der Sechsten Armee in der Villa „Colonia“ in der Kaiser-Friedrich-Straße (jetzt Ulica Rapacki) im Stadtteil Krietern (Krzyki) unterschrieben. Daraufhin rückten am Abend sowjetische Truppen ins Stadtzentrum ein. Zum Abschluss bilanzierte die Ausstellung die Zahlen deutscher und sowjetischer Verluste und Kriegsgefangener. Zur Illustration dienten 18 beschriftete und beleuchtete Portraits „heldenhafter sowjetischer Soldaten“, die in Breslau gefallen waren.236 Von besonderer Aussagekraft für das sowjetisch-polnische Verhältnis war, dass im Begleitbuch zur „Siegesparade der 6. Armee […] auf dem Flugplatz in Pilczyce am 10. Mai“ unmittelbar ergänzt wurde: „Am 26. Mai dagegen defilierten im polnischen Wrocław auf dem Wolności-Platz die von der Front zurückgekehrten Soldaten der 10. Sudecka-Infanteriedivision der 2. Armee des Polnischen Heeres.“237 Diese abschließende Gegenüberstellung und der Hinweis auf die „Rückkehr“ der Soldaten begegneten dem Eindruck, dass die Einnahme Breslaus ohne polnische Beteiligung stattgefunden hatte. Die Ausstellungstafeln enthielten diese Gegenüberstellung allerdings nicht, sondern zeigten die polnische Siegesparade im anschließenden Raum. Der letzte Ausstellungsraum unter dem Titel „Die ersten Tage“ thematisierte den Aufbau einer polnischen Stadtverwaltung. Die erste Tafel bilanzierte: „Die wiedergewonnene Stadt wurde zu über 70 % zerstört. In den südlichen und westlichen Stadtvierteln betrugen die Verluste 90 %. […] Wrocław war nach Warszawa die zweite am meisten ruinierte Stadt Polens.“238 Unter der Überschrift „Das haben wir vorgefunden“ versammelte die Tafel Ansichten der zerstörten Stadt. Im Mittelpunkt des Raum stand eine Installation aus einer großformatigen zeitgenössischen Fotografie der Breslauer Großwohnsiedlung „Celina“ mit zwei eingelassenen Projektionsflächen, auf welchen synchron Fotografien von Orten der zerstörten Stadt 1945 und der gleichen Umgebung dreißig Jahre später als aktuelle Farbfotografie projiziert wurden. Ein reproduzierter Stadtplan visualisierte den Grad der Zerstörungen in den einzelnen Stadtvierteln. In Vitrinen und auf Stellwänden befand sich eine große Anzahl an Dokumenten der ersten Woiwodschaftsregierung und der Stadtverwaltung. Hierzu zählten Passierscheine und Armbinden sowie eine Reihe von Aushängen, Anordnungen und Handzetteln. Der Kommentar betonte, dass die Beseitigung der Trümmer und der Wiederaufbau der West- und Nordgebiete gleich nach der Beendigung der Kriegshandlungen

235 Bildunterschrift: „Kjr O. Jachjajew wyprowadza parlamentariuszy niemieckich do sztabu pułku 218 Dywizji Piechoty w rejonie ul. Kamiennej.“ Vgl. MMWr, MHWr, [bez spisu]/8, Bl. 81. 236 Jaroszewska, Zwycięstwo [1977], 17, poln. Original: „Pomimo kapitulacji Berlina ‚Festung Breslau‘ nie poddała się. Dopiero nacisk ludności, interwencja duchowieństwa, jak też ucieczka gauleitera Hankego samolotem rankiem 6 maja – zadecydowały o kapitulacji.“ Dieser Satz fehlt in der deutschen Ausgabe. 237 Jaroszewska: Scenariusz wystawy: MMWr, MHWr, [bez spisu]/8, Bl. 87. 238 Jaroszewska: Der Sieg, 17 f. Wortgleich in Jaroszewska: Scenariusz wystawy, Bl. 98, poln. Original: „Odzyskane miasto zniszczone zostało w ponad 70 %. […] Wrocław był po Warszawie najbardziej zrujnowynym [sic!] miastem polskim.“

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„auf Initiative der Polnischen Arbeiterpartei (PPR)“ begonnen habe.239 Die Breslauer Stadtverwaltung ging aus einer Gruppe um Bolesław Drobner (1883–1968) hervor, der am 10. Mai aus Krakau nach Breslau kam. Neben Fotografien der polnischen Militärparade vom 26. Mai versammelte der Raum auch verschiedene Ausgaben der ersten lokalen Zeitungen und Plakate der Breslauer Uraufführung des polnischen Theaterstücks „Halka“ am 8. September 1945. Damit endete der Rundgang durch die Großausstellung zum „Sieg 1945“. Die Untersuchung der Absichtsebene der Ausstellung zeigt, dass auf die Besonderheit der angespannten ersten Jahre zwischen 1945 und 1947, als in der Stadt neben der wachsenden polnischen Bewohnerschaft noch eine große deutsche Bevölkerungsgruppe lebte, in der Ausstellung bewusst nur Andeutungen hinwiesen.

6.4.2. Intention und Organisation – Medium des ritualisierten Gedenkens Zur provisorischen und spannungsgeladenen Übergangszeit zwischen 1945 und 1947 blieb die untersuchte Ausstellung vage. Hierzu zählte auch die bemerkenswerte Situation, dass der neuen polnischen Verwaltung bis zur Verkündung der Beschlüsse der Potsdamer Konferenz (17. Juli bis 2. August 1945) ebenfalls eine deutsche Verwaltung unter sowjetischer Kontrolle gegenübergestanden hatte.240 Auch die Dimensionen des Übergangs, als in der stark zerstörten Stadt bis Mitte 1946 noch eine mehrheitlich deutsche Bevölkerung lebte und schrittweise polnische Vertriebene aus den ehemaligen polnischen Ostgebieten sowie Siedler und Plünderer aus Zentralpolen in der Stadt eintrafen,241 fehlten in den Ausstellungstexten. An vereinzelten Exponaten der Ausstellung ließen sich allerdings Rückschlüsse auf den Austausch der Bevölkerung ziehen, so zählten zu den präsentierten Plakaten der polnischen Verwaltung auch Bekanntmachungen, die zum Teil auch auf Deutsch verfasst waren und einmal sogar direkt die „Repatriierung der Deutschen“242 betrafen. Ein direkter Kommentar hierzu im Text hätte allerdings zu deutlich dem Bild der „Befreiung und Rückkehr“ in eine polnische Stadt widersprochen. Das Ausstellungsnarrativ ließ hingegen keine Zweifel, dass bereits mit der Kapitulation der „Festung Breslau“ am 6. Mai 1945 endgültig festgestanden habe, 239 Jaroszewska: Scenariusz wystawy: MMWr, MHWr, [bez spisu]/8, Bl. 99, poln. Original: „Z inicjatywy Polskiej Partii Robotniczej [PPR] przystąpiono do zagospodarowywania Ziem Zachodnich i Północnych.“ Noch während der Kämpfe um Breslau begann am 20. April 1945 der Bevollmächtigte der PPR für den Verwaltungsbezirk Niederschlesien, Stanisław Piaskowski (1901–1963), in Trebnitz (Trzebnica) seine Arbeit. 240 Zur Nachkriegszeit in Breslau und den zwei deutschen antifaschistischen Organisationen an der Seite der sowjetischen wie auch der polnischen Verwaltung vgl. Kraft/Jankowiak: Flucht, 385–387; Ordylowski, Marek: 1945/1946. Das erste schwere Nachkriegsjahr in Breslau/Wrocław. In: Domaschke/ Fuchs-Frotscher/Wehner: Widerstand, 39–57, hier 43 f. 241 Suleja: Historia, 7–15; Kraft/Jankowiak: Flucht, 371–373; Kulak: Wrocław in der Geschichte, 159– 176. 242 Aushang Nr. 7: „Obwieszczenie. Bekantmachung [sic!] Pełn. Rządu RP na miasto Wrocław w sprawie repatriacji Niemców. wym. 60 x 43 cm“. In: Jaroszewska: Scenariusz wystawy: MMWr, MHWr, [bez spisu]/8, Bl. 103.

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dass Breslau eine polnische Stadt war und sein würde, obwohl faktisch bis zur Bekanntgabe der Ergebnisse der Potsdamer Konferenz (2. August 1945) die „Würfel über die politische Zukunft Breslaus noch nicht gefallen“243 waren, da die sowjetische Führung alleine über die künftige Westgrenze Polens entschied. Zudem war die neue polnische Staatsregierung lediglich eine sowjetische Schöpfung, die dazu diente, die Ziele sowjetischer Politik in Polen umzusetzen.244 Auch in Breslau war die polnische Stadtregierung in den Nachkriegsmonaten von den Entscheidungen des sowjetischen Stadtkommandanten abhängig. Plünderungen von Wohnungen und Demontagen von Industrieanlagen durch sowjetische Soldaten stand die polnische Verwaltung machtlos gegenüber.245 Hinweise auf diese polnisch-sowjetischen Spannungen wie auch ein eindeutiger Bezug auf die historische Gesamtsituation der Angliederung ehemaliger deutscher Provinzen an den neuen polnischen Staat, als eine Kompensation für die von der Sowjetunion beim Überfall auf Polen im September 1939 annektierten Gebiete im Osten, unterlagen in der Geschichtskultur der Volksrepublik einem rigoros kontrollierten Tabu. Stattdessen wurde die sowjetische Hilfe bei der Befreiung der polnischen Länder vom brutalen deutschen Besatzungsregime, einschließlich der wiedergewonnenen Gebiete, beschworen und als Beginn einer dauerhaften sowjetisch-polnischen Freundschaft gewertet.246 Die Großausstellung von 1975 entsprang daher nicht der Absicht einer neuen Interpretation der Stadtgeschichte, sondern sollte die staatliche Erinnerung an den geschichtskulturell wichtigsten Moment in der neueren Stadtgeschichte Breslaus öffentlichkeitswirksam manifestieren. Zum 30. Jahrestag des Kriegsendes verlieh die neue Museumsfiliale unter dem Partisanenhügel diesem Geschichtsmoment einen dauerhaften Rahmen im öffentlichen Raum: „Die Eröffnung der Ausstellung wird einer der zentralen Programmpunkte der Festlichkeiten zum 30. Jahrestag der Befreiung Niederschlesiens und Breslaus sowie des Sieges über den Faschismus sein“,247 betonte die Kuratorin Monika Jaroszewska im Finanzierungsantrag des Ausstellungsprojektes an das Warschauer Ministerium für Kultur und Kunst. Im Antrag vom 2. August 1974 hieß es zur Intention: „Das Direktorium des Historischen Museums in Breslau bereitet eine historische Dauerausstellung über die Befreiung unserer Stadt durch die Sowjetische Armee im Jahre 1945 vor. Die Ausstellung wird die Bevölkerung Breslaus und Niederschlesiens an den Einsatz, die Anstrengung und den Heldenmut der um unsere Stadt zwischen Mitte Februar und dem 6. Mai 1945 kämpfenden sowjetischen Soldaten erin-

243 Thum: Die fremde Stadt, 89. 244 Hofmann: Die Nachkriegszeit, 70–76; Thum: Die fremde Stadt, 77, 89. 245 Suleja: Historia, 8 f.; Davies/Moorhouse: Microcosm, 415 f.; Thum: Die fremde Stadt, 78–81. 246 Kaszuba: Między propagandą, 110–118. Zum Umgang mit der Geschichte des Zweiten Weltkrieges in der Geschichtskultur der Volksrepublik vgl. Peters: Revolution, 44 f., 71–91. 247 MMWr, MHWr, [bez spisu]/8, Bl. 165, poln. Original: „Otwarcie wystawy będzie jednym z centralnych punktów programu uroczystych obchodów 30-lecia wyzwolenia Ziem Dolnego Śląska i Wrocławia oraz zwycięstwa nad faszyzmem.“

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nern.“248 825.000 Złoty beantragte die Kuratorin als Materialkosten, um die Großausstellung mit Begleitmedien erstellen zu können. Aufgrund ihrer geschichtspolitischen Bedeutung als Jubiläumsausstellung und als Beitrag zur polnisch-sowjetischen Freundschaft konnte das Museum mit einer finanziellen Unterstützung aus Warschau rechnen. Die Eröffnung der Ausstellung am Nachmittag des 5. Mai 1975 erfolgte am Vorabend des Beginns der alljährlich vom 6. bis 9. Mai stattfindenden „Breslauer Tage“. Im Rahmen der staatlichen Feiern zum Kriegsende erstreckten sich diese lokalen Feiertage über den Zeitraum zwischen der Kapitulation Breslaus (6. Mai) und der deutschen Gesamtkapitulation nach Moskauer Zeit (9. Mai).249 Im Jahr 1975 standen sie im Zeichen des 30. Jahrestages des Kriegsendes und der polnischen Inbesitznahme der Stadt als Teil der neuen West- und Nordgebiete. Zur Ausstellungseröffnung sprach der Vizepräsident der Stadt Breslau, Anatol Ciastoń. Auch der stellvertretende Breslauer Woiwode Józef Florczak und sogar der Generalkonsul der DDR in Breslau, Ernst Dutke, nahmen an der Eröffnungsfeier teil, was noch einmal auf das differenzierte Deutschlandbild der Ausstellung verweist. Eine besondere Aufmerksamkeit in der Presse erhielt der bereits genannte Ehrengast aus der Sowjetunion: Der Veteran Omar Jachjajew aus Obninsk bei Moskau hatte im Mai 1945 als Parlamentär (Unterhändler) gedient und die deutsche Delegation im Vorfeld der Kapitulationsunterzeichnung eskortiert.250 Ebenfalls als „Teilnehmer des Kampfes um Breslau“ eingeladen und aus Poltawa (Ukrainische Sowjetrepublik) angereist war Aleksandr Nikolajewicz Gawrylenko.251 An der Einladung der beiden Veteranen aus der UdSSR und ihrer sehr unterschiedlichen Rezeption zeigt sich die staatliche Kontrolle der Präsentation der sowjetisch-polnischen Beziehungen. Interessanterweise wurde ausschließlich Jachjajew in den Presseartikeln und Rezensionen zur Ausstellung erwähnt, während der ebenfalls anwesende Gawrylenko unerwähnt blieb. Da Jachjajew bereits 1974 in Breslau über seine Kriegserlebnisse berichtet hatte und jetzt als Ehrengast der Stadt- und Parteiführung auch zu den zentralen Feierlichkeiten im Rathaus und der Enthüllung einer Gedenktafel zur Kapitulationsunterzeichnung in der „Villa Colonia“ am 6. Mai 1975 eingeladen war, wurde ihm vermutlich deshalb die zentrale mediale

248 MMWr, MHWr, [bez spisu]/8, Bl. 164, poln. Original: „Dyrekcja Muzeum Historycznego we Wrocławiu przygotowuje stałą ekspozycje historyczną na temat wyzwolenia naszego miasta przez Armie Radziecką w 1945 r. Wystawa przypominać będzie społeczeństwu Wrocławia i Dolnego Śląska wkład, wysiłek i bohaterstwo żołnierzy radzieckich walczących o nasze miasto w okresie od połowy lutego dm 6 maja 1945 r.“ 249 Die „Dni Wrocławia“ entstanden 1960 auf Initiative der „Towarzystwo Miłośników Wrocławia“ und begannen in den ersten Jahren bereits am 2. Mai. Die Breslauer Feiertage standen in einem engen Zusammenhang mit den jährlichen staatlichen Feiern der „Rückkehr“ der West- und Nordgebiete. Die Gedenkfeiern der „Befreiung Breslaus“ am 6. Mai etablierten sich erst um 1970. Vgl. Strauchold: Wrocław, 8 f., 49, 90, 103. 250 Majewski, Ryszard (Hg.): Wrocławska epopeja. Wspomnienia z walk o wyzwolenie miasta w 1945 r. Wrocław 1975, 109 f. 251 MMWr, MHWr, [bez spisu]/8, Bl. 235.

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Aufmerksamkeit bei der vorangegangenen Ausstellungseröffnung zuteil.252 Gawrylenko hingegen hatte nicht den Status eines öffentlich bekannten Gastes, denn er war allein auf Initiative der Museumskuratorin eingeladen worden. Seit längerer Zeit stand er mit dem Historischen Museum in engem Kontakt, so hatte er dem Museum 1973 seine Uniform und Fotografien überlassen.253 Für die Finanzierung der Anreise und Unterbringung des Veteranen aus der Ukrainischen Sowjetrepublik war alleine das Museum zuständig. Da einer Anfrage zur Finanzierung beim Kulturamt der Stadtverwaltung im August 1974 vermutlich nicht entsprochen wurde,254 bemühte sich Monika Jaroszewska noch im Februar 1975 um Mittel beim Vorstand der Gesellschaft für polnisch-sowjetische Freundschaft.255 Ein Schreiben an den Breslauer Brigadegeneral Mieczysław Mazur ermöglichte zudem die kostenfreie Unterbringung des Gastes im Offiziershotel des Schlesischen Wehrkreises.256 Bei der Ausstellungseröffnung wurden beide Veteranen vor Ausstellungstafeln fotografiert, auf denen sie im Jahr 1945 abgebildet waren.257 Die Zeitungen erwähnten hingegen nur den offiziellen Ehrengast Jachjajew: „Es ist nicht verwunderlich, dass der ehemalige Teilnehmer des Kampfes um Breslau und Oberst der Sowjetischen Armee, Omar Jachjajew, sichtlich bewegt seine Fotografien von vor dreißig Jahren in der Ausstellung ‚Der Sieg 1945‘ betrachtete“,258 schrieb die Tageszeitung „Gazeta Robotnicza“, und der „Słowo Polskie“ betitelte eine Fotografie mit Jachjajew vor einer Ausstellungstafel: „Ja, das bin ich, vor genau 30 Jahren.“259

252 Zu den Feierlichkeiten sprachen der Breslauer Stadtpräsident Marian Czuliński und der Erste Sekretär des KW PZPR Ludwik Drożdż. Vgl. Wręczenie nagród miasta. Wieczór Wrocławia am 7. Mai 1975. Über seine Kriegserlebnisse berichtete Jachjajew bereits bei einem Besuch im November 1974 den Breslauer Historikern Karol Jonca und Ryszard Majewski. Auch am 6. Mai 1985 war Jachjajew wieder als Ehrengast in Breslau. Vgl. Strauchold: Wrocław, 136; Kraska-Lewalski, Andrzej: „Wrocław Wyzwolony!“. Żolnierz Armii Czerwonej w walkach o „polską“ stolicę Dolnego Śląska w świetle wrocławskiej prasy lokalnej w latach 1945–1989. In: Głowiński (Hg.): Festung [2013], 147–178, hier 161, 165, 168, 177. 253 Wie zahlreiche in der Ausstellung „Zwycięstwo 1945“ gezeigte Exponate befindet sich die Uniform von Aleksandr Nikolajewicz Gawrylenko bis heute in den Sammlungen des Städtischen Museums Breslau und ist seit 2009 in der Dauerausstellung „1000 lat Wrocławia“ zu sehen. Die Kontakte von Gawrylenko nach Breslau reichten über die Ausstellung von 1975 zurück. Über den „Teilnehmer der Schlacht um Breslau“ schrieb der Breslauer Historiker Ryszard Majewski bereits 1972 ein Portrait. Vgl. Majewski, Ryszard/Sozańska, Teresa: Bitwa o Wrocław. Styczeń–maj 1945 r. Wrocław 1972, Abb. 38, 161. Die Einladung zur Ausstellungseröffnung erhielt Gawrylenko erst am 18. März 1975, bereits am folgenden Tag sagte er seinen Besuch zu, sofern er eine Arbeitsfreistellung erhalten werde. MMWr, MHWr, [bez spisu]/8, Bl. 206, 235. 254 MMWr, MHWr, [bez spisu]/8, Bl. 168. 255 MMWr, MHWr, [bez spisu]/8, Bl. 203. 256 MMWr, MHWr, [bez spisu]/8, Bl. 222. 257 Vgl. die Fotografien von Tadeusz Drankowski und Stefan Arczyński in MMWr, MHWr, [bez spisu]/8. Die Bilder von Drankowski sind zum Teil abgebildet bei Andrzej Kraska-Lewalski: „Wrocław Wyzwolony!“, 161 f. 258 Kucharski: Historia. 259 Zab: Wrocławska wystawa „Zwycięstwo 1945“. W XXX rocznicę oswobodzenia Dolnego Śląska. In: Słowo Polskie am 6. Mai 1975.

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Für die Eröffnung der Ausstellung gab das Museum eine ganze Reihe von Druckerzeugnissen in Auftrag. Neben einem 46 Seiten umfassenden Begleitbuch,260 einer Einladungskarte sowie einer Landkarte Niederschlesiens zum Kampfverlauf und den Daten der Befreiung wurden 3.000 Plakate gedruckt, welche die Ausstellung in Schulen und im gesamten Stadtgebiet bewarben. 1977 publizierte das Museum zudem einen Kurzführer durch die Ausstellung auf Polnisch, Russisch und Deutsch sowie eine englische Zusammenfassung.261 Als zeitliche Fortsetzung der neuen Dauerausstellung zum „Sieg 1945“ eröffnete das Historische Museum zeitgleich im Alten Rathaus die Sonderausstellung „Niederschlesien am 30. Jahrestag“ (Mai bis Oktober 1975).262 Diese Ausstellung feierte die lokalen Leistungen beim Wiederaufbau, in der Industrie und Landwirtschaft sowie in der Kultur und Wissenschaft: „Die dreißigjährigen Errungenschaften Breslaus und Niederschlesiens sind mutigen, starken, fleißigen und von der Liebe zur wiedergeborenen Heimat erfüllten Menschen zu verdanken, im Gedenken der Asche ihrer slawischen Vorfahren, welche hier vor Jahrhunderten gearbeitet und das Land gegen den Ansturm der Germanen verteidigt haben.“263 Die große Fotografieausstellung war anschließend auch bei der großen gemeinsamen Präsentation Breslauer Museumsausstellungen in Warschau unter dem Titel „Das Panorama von 30 Jahren“ (2. bis 15. Juni 1975)264 und in Breslaus Partnerstadt Dresden (24. November bis 16. Dezember 1975) zu sehen.265 Auch das Breslauer Nationalmuseum, das Medaillenmuseum und das Archäologische Museum eröffneten Sonderausstellungen zum 30-jährigen Jubiläum. Die politische Bedeutung dieser zweiten Museumsausstellung wird daran deutlich, dass die Stadtregierung in der abschließenden Fassung ihres Programms zu den „30. Feiern des Sieges über den Faschismus und der Rückkehr Niederschlesiens zum Mutterland“ von April 1975 insbesondere die gegenwartsbezogene Sonderausstellung des Historischen Museums hervorhob, während die größere historische Ausstellung „Der Sieg 1945“ nicht in Erscheinung trat.266 Das ritualisierte Gedenken der Inbesitznahme Breslaus und des Endes des Zweiten Weltkrieges diente daher vor allem der politischen 260 Jaroszewska: Zwycięstwo [1975]. 261 Jaroszewska: Zwycięstwo [1977]. Zugleich auf Russisch und auf Deutsch. Auf Englisch: Kowalik, Anastazja: The Historical Museum in Wrocław. In: Annales Silesiae 7 (1977) 29–37, hier 35 f. 262 Die Ausstellung „Dolny Śląsk w XXX-leciu“ war in Breslau vom 6. Mai bis Ende Mai und erneut ab 30. Juni bis 20. Oktober 1975 zu sehen. 263 [Kowalik, Anastazja/Łepkowska, Ewa]: Dolny Śląsk w XXX-leciu. Muzeum Historyczne we Wrocławiu. Wrocław 1975, [2], poln. Original: „Dorobek trzydziestolecia Wrocław i Dolny Śląsk zawdzięcza ludziom śmiałym, wytrwałym i pracowitym, przepojonym miłością do odradzającej się Ojczyzny, pomnym na prochy przodków słowiańskich, którzy tu przed wiekami pracowali i bronili tej ziemi przed naporem Germanów.“ 264 Prezentacja wrocławskich wystaw muzealnych w Warszawie w ramach Panoramy XXX-lecia. In: Biuletyn informacyjny Zarządu Muzeów i Ochrony Zabytków 116 (1975) 20–31, hier 20–22. 265 Vgl. die Broschüre zur Ausstellung: [Kowalik/Łepkowska]: Dolny Śląsk. Für den Kulturpalast Dresden: Łepkowska, Ewa/Kaleta, Jolanta: Das Panorama von Dolny Śląsk 1945–1975. Das Historische Museum in Wrocław. Wrocław 1975. 266 Program obchodów XXX-lecia zwycięstwa nad faszyzmem i powrotu Dolnego Śląska do Macierzy. Kwiecień 1975 r. Wrocław 1975: APWr, Urząd Miasta Wrocławia, 2/15, Bl. 7–19.

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Werbung für die Leistungen der kommunistischen Regierung. Das Zentralkomitee der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PZPR) gab für jedes Jubiläum des Kriegsendes ein Rahmenprogramm vor, welches die jeweiligen Woiwodschaftskomitees der Partei in den Regionen umsetzten. Für den 30. Jahrestag sah das Programm die Herausstellung der Kampfanstrengungen der Sowjetunion zum Sieg über Hitlerdeutschland wie auch die Würdigung der historischen und gegenwärtigen Bedeutung der polnischen Armee vor.267 Die Ausstellung des Breslauer Museums stand daher ganz im Zeichen der zentralstaatlichen Geschichtspolitik. In ihrer Betonung der polnisch-sowjetischen Freundschaft sowie der Zusammenarbeit mit den deutschen Kommunisten spiegelte sich das Breslauer Festprogramm für das Frühjahr 1975: Als Feiertage galten hier der „30. Jahrestag der Überquerung der Lausitzer Neiße durch die Zweite Polnische Armee, 16. April 1975; der 30. Jahrestag der Unterzeichnung des Vertrages der Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Hilfe zwischen der Volksrepublik Polen und der Sowjetunion, 21. April 1975; der 105. Geburtstag von Wladimir Iljitsch Lenin, 22. April 1975; der 30. Jahrestag des Sieges über den Faschismus, 9. Mai 1975; der 20. Jahrestag des Warschauer Vertrages [Warschauer Pakt], 14. Mai 1975; [und] der 25. Jahrestag der Unterzeichnung des Görlitzer Abkommens, 6. Juli 1975“.268 Die lokalen und regionalen Feiern zur „Rückkehr Niederschlesiens zum Mutterland“ waren in der nationalen und sozialistischen Geschichtskultur der Volksrepublik Polen fest verankert. In den Jahren 1955 bis 1970 erhob die Warschauer Zentralregierung alle fünf Jahre sogar explizit die Stadt Breslau symbolisch zur „zeitweiligen Hauptstadt Polens“, indem die Staatsspitze den Breslauer Feierlichkeiten beiwohnte, um die Bedeutung der „Rückgewinnung“ der Westgebiete zu unterstreichen. Im Jahr 1975 hatten diese zentralstaatlichen Jubiläumsfeiern ihren Höhepunkt jedoch bereits überschritten, denn sie hatten eine wichtige Funktion eingebüßt, nämlich die Behauptung der polnischen Westgrenze gegenüber der Bundesrepublik Deutschland. Diese hatte die „Unverletzlichkeit“ der polnischen Grenzen am 7. Dezember 1970 vertraglich anerkannt.269 Die Feiern in Breslau erhielten hiernach nicht mehr die gesamtstaatliche Aufmerksamkeit, obwohl die Regierung weiterhin an einer antideutschen Rhetorik festhielt. Wie das Beispiel der Ausstellung zeigt, galt als deutsche Bedrohung allerdings ausschließlich die „revisionistische“ Bundesrepublik Deutschland, während die DDR als „sozialistischer Bruderstaat“ hiervon ausgenommen blieb. Im Sprachgebrauch nutzten

267 KC PZPR, Założenia i kierunki działalności propagandowej w środkach masowego przekazu w związku z 30-leciem zwycięstwa nad faszyzmen, Marzec 1975: APWr, KW PZPR, 1021, Bl. 301–305. 268 APWr, Urząd Miasta Wrocławia, 2/15, Bl. 9. 269 Zur landesweiten Bedeutung der Breslauer Jubiläumsfeiern und zu dem Niedergang nach 1970 vgl. Strauchold: Wrocław, 98–104. Zur Bedeutung der Bundesrepublik Deutschland als Drohkulisse vgl. Strauchold, Grzegorz: Uroczystości państwowe na Ziem Zachodnich i Północnych organizowane we Wrocławiu w latach 60. XX w. In: ders./Nowosielska-Sobel, Joanna (Hg.): Piastowsko-komunistyczna satysfakcja? Obchody rocznic historycznych i świąt państwowych na Śląsku po II wojnie światowej. Wrocław 2008, 145–150, hier 149 f.; Peters: Revolution, 56 f.

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die Autoren daher für die Zeit des Zweiten Weltkrieges zumeist anstatt der Bezeichnung „Deutsche“ die Begriffe „Hitleristen“ oder „Faschisten“.270 Als zentrales öffentlichkeitswirksames Medium der offiziellen Geschichtskultur zur Zeit der Volksrepublik behielten die Jubiläumsfeiern zum Kriegsende und zur „Rückkehr“ der West- und Nordgebiete ihre Bedeutung. Die traumatischen Erfahrungen Polens im Zweiten Weltkrieg und die polnisch-sowjetische „Befreiung“ standen im Mittelpunkt der Gedenkfeiern. Bereits seit den späten vierziger Jahren schufen die staatlich kontrollierte Historiografie und Publizistik ein Schwarz-Weiß-Bild der Vergangenheit. Darin erschienen Polen und ihre sowjetischen Verbündeten als heldenhafte Märtyrer und die Deutschen als Aggressoren. Die Hervorhebung der nationalsozialistischen Verbrechen sollte das offizielle Verschweigen der stalinistischen Verbrechen in der Kriegsund Nachkriegszeit kompensieren. In der breiten Bevölkerung waren sich jedoch viele dieser Manipulation durchaus bewusst.271 Die offizielle Geschichtspolitik diente aktuellen politischen Zielen, in denen die Macht der kommunistischen Regierung und die Bündnistreue zur Sowjetunion unter dem Hinweis auf die ewige deutsche Bedrohung gefestigt werden sollten. Das Ausstellungsprogramm des Historischen Museums in Breslau entsprach durchweg den Leitlinien dieser Geschichtspolitik. Hierbei leisteten die Ausstellungskuratorin Monika Jaroszewska wie auch die Museumsdirektorin Barbara Madeyska beziehungsweise seit Januar 1975 ihre Nachfolgerin Anastazja Kowalik den staatlichen Vorgaben nicht bloß Folge, sondern fungierten als aktive Träger des Systems. Denn durch zahlreiche parteinahe Ausstellungen wie „Polen in der Pariser Kommune“ (1971), „Die Polnische Arbeiterpartei (PPR) am 30. Jahrestag ihrer Entstehung“ (1972) oder die Kinoübertragung und Begleitung des „7. Parteitages der PZPR“ im Dezember 1975 bildete das Historische Museum Breslau eine feste Säule der Kulturpolitik des kommunistischen Staates.272 Direkten Einfluss übten auf die Ausstellungsarbeit des Museums nicht nur die Lokalregierung – der Nationalrat der Stadt und Woiwodschaft beziehungsweise seit 1973 die Behörden der Stadt und Woiwodschaft Breslau273 –, sondern auch das Woiwodschaftskomitee der PZPR aus, das die Lokalverwaltungen kontrollierte und zudem eine 270 Peters: Revolution, 73. 271 Kosiński: Krieg, 99–102; Peters: Revolution, 175–179. Zum Breslauer Fallbeispiel vgl. Kraska-Lewalski: „Wrocław Wyzwolony!“, 147–178. 272 Polacy w Komunie Paryskiej, 1971; PPR w 30. rocznicę powstania, 1972; W czynnie VII zjazdu PZPR, 1975; Polsko-Radziecki sojuz, przyjaźń, współpraca. Podstawą bytu i rozwoju Polski Ludowej, 1977. Vgl. Sprawozdania z działalności Muzeum Historycznego za lata 1975–1978: MMWr, MHWr, 1/59, Bl. 20–22. 273 Nach der Verfassung von 1952 standen an der Spitze der Lokalverwaltungen das Prezydium Miejskiej Rady Narodowej und das Prezydium Wojewódzkiej Rady Narodowej. Nach einer Verfassungsreform (1972–1975) ging Ende 1973 die Verwaltungsfunktion der Nationalräte auf die neu gegründeten Behörden Urząd Miasta und Urząd Wojewódzki über. Mit dem Ende der Volksrepublik Polen wurden die Nationalräte 1990 abgeschafft. Vgl. Friszke, Andrzej: Die kommunistischen Regierungen in Polen 1944/45 bis 1980. In: Bingen, Dieter/Ruchniewicz, Krzysztof (Hg.): Länderbericht Polen. Geschichte, Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur. Frankfurt/Main 2009, 78–97, hier 92 f.

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eigene Propagandaabteilung unterhielt. Zum 25. Jahrestag der Inbesitznahme der Region (1970) organisierte diese Abteilung der PZPR sogar direkt zusammen mit lokalen Kulturinstitutionen wie dem Staatsarchiv, dem Ossoliński-Institut und dem Historischen Museum die Großausstellung „25 Jahre Niederschlesien auf Dokumenten“.274 Ähnlich wie in der Sonderausstellung von 1975 mit dem Titel „Niederschlesien am 30. Jahrestag“ stellte die Präsentation vor allem die polnische Ansiedlung in der Region unter Führung der kommunistischen Partei heraus und stand damit im Zeichen der engen Verzahnung von Partei und Museen insbesondere bei den Jubiläumsausstellungen. Die Genehmigung der besprochenen Geschichtsausstellung zum „Sieg 1945“ durch die Breslauer Abteilung des „Hauptamtes zur Kontrolle von Presse, Veröffentlichungen und Schauspiel (Główny Urząd Kontroli Prasy, Publikacji i Widowisk)“ war aufgrund der inhaltichen Zusammenarbeit eine reine Formalität, die das Museum lediglich eine Woche vor Eröffnung der Ausstellung einholte. Zum Antrag vom 30. April 1975 zur „Akzeptanz der Ausstellung“ sind keine Einwände der für ihre rigorose Zensur wissenschaftlicher und populärer Publikationen bekannten Behörde vermerkt.275 Hierbei ist zu beachten, dass Eingriffe der Zensurstelle in Museumsausstellungen aus zwei Gründen eine große Seltenheit waren: Zum einen stützten sich die Kuratoren in ihren Ausstellungskonzepten auf die einschlägige wissenschaftliche Literatur, welche bereits durch die Zensur geprüft worden war, und zum anderen bildeten Museen staatliche Institutionen, die in engem Kontakt mit den Kulturabteilungen der Woiwodschaftsämter oder des Woiwodschaftskomitees der PZPR standen. So konnten etwaige Verstöße bereits vor dem Prüfungsprozess korrigiert werden. Die Zensur im Museumswesen war daher lediglich verdeckt, ein Ausdruck professioneller Selbstzensur, der den Eklat einer Streichung von Ausstellungstexten vermied. Insgesamt ist davon auszugehen, dass im Gegensatz zu journalistischen oder wissenschaftlichen Texten nicht-parteinaher Autoren das staatliche Museumswesen kaum neue Thesen generierte, sondern vor allem staatsoffizielle Diskurse reproduzierte. Die Quartalsberichte des Zensuramtes zeigen, dass zu den Themen, die von einer strengen Zensur betroffen waren, vor allem Arbeiten zur neueren Geschichte zählten. Unter der Kategorie „Eingriffe im Feld der neuesten Geschichte“ finden sich vor allem Streichungen zur Entstehung der Volksrepublik Polen und zum Zweiten Weltkrieg, insbesondere zum polnisch-sowjetischen Verhältnis, zum Hitler-Stalin-Pakt, zur Rolle der polnischen Heimat-Armee (Armia Krajowa), zum Antisemitismus in Polen wie auch 274 „XXV lat Dolnego Śląska w dokumencie“, Mai 1970, Wydział Propagandy Komitetu Wojewódzkiego PZPR, Archiwum Państwowe, Muzeum Śląskie, Biblioteka Zakładu Narodowego im. Ossolińskich, Muzeum Miasta Wrocławia. Vgl. Informacja z realizacji i wyników przygotowań Obchodów XXV-lecia we Wrocławiu, 16.V.1970: APWr, KW PZPR, 1006, Bl. 72 f. Die Ausstellung erstreckte sich über zwölf Räume und reichte von der sowjetischen „Befreiung“ bis zu den einzelnen neu gegründeten öffentlichen Institutionen. Vgl. Olga Chmielewska (komisarz wystawy), Władysław Misiak, Władysława Sokołowska, Żuławiński, Jan: Scenariusz wystawy „XXV lat Dolnego Śląska w dokumencie“, 1970: APWr, KW PZPR, 1019, Bl. 1–96. 275 Delegatura Głównego Urzędu Kontroli Prasy, Publikacji i Widowisk we Wrocławiu, 30. April 1975: MMWr, MHWr, 4/16, Bl. 116.

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zu den Vertreibungen und Ansiedlungen nach dem Zweiten Weltkrieg.276 Die Zensur machte sich auch in einzelnen Sprachregelungen bemerkbar, wie der Vermeidung deutscher Ortsbezeichnungen ehemaliger deutscher Städte in den polnischen Nord- und Westgebieten. Auf Deutsch verblieben allerdings in dieser Sprachpraxis negative Eigennamen wie beispielsweise „KL [= Konzentrationslager] Gross-Rosen“ oder „Festung Breslau“. Die deutschen Namen schufen eine symbolische Distanz bei ausgewählten historischen Aspekten, während außerhalb dieser Bezugspunkte allein die polnischen Namen der ehemaligen deutschen Städte in allen Sprachen verwendet werden sollten, um den territorialen Besitzanspruch zu unterstreichen.277 Zu einer lokalen Bildikone der Breslauer Stadtgeschichte entwickelte sich die im letzten Ausstellungsraum gezeigte Fotografie „Parade der Zehnten Sudeten-Infanteriedivision (Defilada 10 Sudeckiej Dywizji Piechoty)“. Das Bild der polnischen Siegesparade auf dem Plac Wolności (ehemals Schloßplatz) am 26. Mai 1945 zeigte, wie polnische Soldaten über auf dem Boden ausgebreitete Hakenkreuz-Fahnen marschierten und zu den Ehrengästen auf der Tribüne vor der Ruine des preußischen Residenzschlosses salutierten. Die Fotografie aus den Beständen von Oberst Ryszard Majewski war bereits vor 1975 aus verschiedenen Ausstellungen und Publikationen bekannt. Die Militärparade als nachträgliche Inszenierung der polnischen Inbesitznahme der Stadt hatte einen hohen symbolischen Wert, denn sie feierte in der „wieder“ polnischen Stadt die Beteiligung der Zweiten Polnischen Armee bei der Eroberung Berlins und war zugleich das Gegenstück zur sowjetischen Siegesparade vom 10. Mai 1945 auf dem Flugfeld Pilsnitz (ehemaliger Flughafen Breslau-Gandau), die ohne polnische Beteiligung stattgefunden hatte.278 Bereits 1969 forderte ein Artikel im Wochenblatt „Wiadomości“ zu dieser großformatig abgedruckten Fotografie, zum 25. Jahrestag der Parade eine Erinnerungstafel auf dem Plac Wolności zu enthüllen. Tatsächlich wurde der Parade auf dem Platz ein Denkmal gesetzt, allerdings erst 1981.279 Der Artikel von 1969 enthielt auch ein Zitat einer Kuratorin des Historischen Museums, da Daniela (Danuta) Orłowska (1927– 2015) als junges Mädchen Zwangsarbeiterin in der „Festung Breslau“ gewesen war und bei der polnischen Siegesparade Blumen an die Soldaten verteilte. 1988 wiederholte die 276 Ingerencje z zakresu historii najnowszej. In: Biuletyn kwartalny o dokonanych ingerencjach, Nr 4/1973. 4/1974: AAN, Główny Urząd Kontroli Prasy, Publikacji i Widowisk, 1091, Bl. 46–49, 237–240. Zu Beispielen der Zensurpraxis in der Volksrepublik vgl. auch Romek, Zbigniew: Cenzura a nauka historyczna w Polsce 1944–1970. Warszawa 2010, 273 f.; Pawlicki, Aleksander: Kompletna szarość. Cenzura w latach 1965–1972. Instytucja i ludzie. Warszawa 2001, 26 f. Zur systemrelevanten Funktion der Zensur im Staatssozialismus vgl. Jansen, Sue Curry: Censorship. The Knot That Binds Power and Knowledge. Oxford 1988, 99–129. 277 Die Zensurbehörde zwang den Historiker Tomasz Szarota zur Streichung der deutschen Ortsbezeichnungen in seiner Studie zur polnischen Ansiedlung in Niederschlesien. Vgl. Szarota: Moja rozmowa, 208. Zur politisierten Sprachpraxis vgl. auch in der vorliegenden Untersuchung im 2. Kapitel den Abschnitt „Breslau oder Wrocław? Bemerkungen zu einem umstrittenen Stadtnamen“. 278 Błaszkowski, Bartłomiej: Kawaleryjski epizod defilady zwycięstwa we Wrocławiu w relacji uczestnika. ppor. Henryka Kamińskiego. In: Kucharski/Strauchold (Hg.): Ziemie Zachodnie, 377–388. Vgl. auch Suleja: Historia, 28; Thum: Die fremde Stadt, 81 f. 279 Frąckowiak, Zenon: Pierwsza defilada. In: Wiadomości. Tygodnik społeczno-polityczny 15/11 (1969); Antkowiak, Zygmunt: Pomniki Wrocławia. Wrocław/Warszawa/Kraków 1985, 148 f.

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1981 zur Direktorin des Museums aufgestiegene Orłowska diese Erzählung in einem Interview und stützte damit die Bedeutung dieser lokalgeschichtlichen Bildikone.280 Die Kuratorin der Ausstellung, Monika Jaroszewska, wurde erst 1941 geboren und konnte daher keine persönlichen Erinnerungen an diese ersten Tage Breslaus unter polnischer Verwaltung haben. Ihre Museumsarbeit schien von einer professionellen Distanz im politischen Diskursrahmen geprägt zu sein. Denn bevor Jaroszewska zu einer Expertin für die Musealisierung des Zweiten Weltkrieges am Historischen Museum Breslau aufstieg, arbeitete sie zwischen 1965 und 1967 am Schlesischen Museum Breslau (heute Nationalmuseum) zu Steinskulpturen aus dem 12. bis 16. Jahrhundert. Ein erstes Ausstellungsprojekt zum Zweiten Weltkrieg, an dem sie mitarbeitete, war die von 1968 bis 1970 gezeigte Ausstellung „Kampf und Sieg“ des Schlesischen Museums. Am neu gegründeten Historischen Museum arbeitete Jaroszewska für das zum Museum gehörende „Schloss Bolkenhain“ (poln. Bolków), bevor sie ab 1972 als Leiterin der Abteilung „Polnischer Waffengang 1939–1945 und Befreiung Schlesiens“ die Großausstellung im Partisanenhügel vorbereitete. Danach war sie als Kuratorin im Zeughaus tätig und entwickelte unter anderem die Ausstellung „Wege zum Sieg“ (1984). Bezeichnend für viele wissenschaftliche Mitarbeiter der polnischen Geschichtsmuseen ist, dass Jaroszewska auch nach der politischen Transformation (1989–1991) am Historischen Museum blieb. Sie vollzog hier eine deutliche Abkehr von der bisherigen Geschichtskultur. Besonders bemerkenswert sind hierzu ihre Ausstellungen zu Aspekten des Zweiten Weltkrieges, die während der Zeit der Volksrepublik einem Tabu unterlagen: zum Schicksal der polnischen Gefangenen in der Sowjetunion (1997) und zum antisowjetischen Untergrund in Niederschlesien (1998). Auch den Wettbewerb für ein Breslauer Katyn-Denkmal begleitete sie inhaltlich.281 Die Biografie der Kuratorin macht noch einmal deutlich, wie stark die Dauerausstellung von 1975 ein Ausdruck offizieller Geschichtskultur war und wie gering der individuelle Handlungsspielraum für eigene Themensetzungen in der Ausstellungsarbeit war. 280 [Orłowska, Danuta im Interview mit] Stachowicz, Krystyna: Największa Miłość. In: Zwierciadło 31/29 (1988) [?]. Zu einem Zeitzeugenbericht von Danuta Orłowska über ihre Zeit als Zwangsarbei­ terin in der „Festung Breslau“ vgl. Orłowska, Danuta: Mój Ratusz. In: Kosmulska (Hg.): Niewolnicy, 110–114. Zur Museumsdirektorin Orłowska vgl. auch in der vorliegenden Untersuchung im 7. Kapitel den Abschnitt „Die Musealisierung der Stadtgeschichte in der späten Volksrepublik“. 281 Zu den Ausstellungsprojekten von Monika Jaroszewska zählen: Jaroszewska, Monika: Rzeźba kamienna XII–XVI w. Muzeum Śląskie we Wrocławiu. Wrocław 1967; Żuławiński, Jan: Walka i zwycięstwo. Informator wystawy. Muzeum Śląskie we Wrocławiu. Wrocław 1969; Jaroszewska, Monika: Zamek Bolków. Dolnośląskie Towarzystwo Oświatowe. Wrocław 1970; dies.: Drogi do zwycięstwa. Z dziejów Polskich sił zbrojnych na zachodzie 1939–1945. Informator do wystawy. Muzeum Historyczne we Wrocławiu, Oddział Arsenał. Wrocław 1984. Zuletzt organisierte Jaroszewska die Ausstellungen „Na nieludzkiej ziemi. ekspozycja pamiątek i dokumentów Polaków więzionych na terenie ZSRR“ i wystawa prac: Muzeum Historyczne we Wrocławiu. Arsenał, Februar bis März 1997. Vgl. dies.: Katyń 1940. Konkurs na pomnik ofiar katynia. Katalog prac. Dolnośląska Rodzina Katyńska we Wrocławiu. Wrocław 1997; „Winni? Niewinni? Dolnośląskie podziemie niepodległościowe 1945–1956“: Muzeum Historyczne we Wrocławiu. Arsenał Wrocławski, 1998, scenariusz Krzysztof Szwagrzyk, komisarz Monika Jaroszewska; „Więźniowie polityczni PRL w latach 1944–1956“, Muzeum Niepodległości w Warszawie/Muzeum Historyczne we Wrocławiu. Arsenał Wrocławski, Juli bis August 1999.

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Insgesamt entsprach die Ausstellung in ihrer thematischen Schwerpunktsetzung wie auch in ihrer Sprachpraxis der populärwissenschaftlichen Meistererzählung von der „Befreiung einer urpolnischen“ Stadt am Ende des Zweiten Weltkrieges, die den deutschen „Besatzern“ in verlustreichen Kämpfen mit sowjetischer Unterstützung abgerungen worden war. Die Rezeptionsebene der Ausstellung verdeutlicht hier, wie das Museum als Institution der Geschichtskultur visuell wirkmächtig zur Verbreitung dieses Narrativs beitrug.

6.4.3. Rezeption und Entwicklung – Ein geschichtskulturelles Großprojekt Den „Propaganda-Charakter“ der Ausstellung im Sinne einer Werbung für die staatlich gelenkte Geschichtsdeutung reflektiert die Öffentlichkeitsarbeit des Museums. Mit dem Ziel, so viele Besucher und Jugendgruppen wie möglich mit den beiden Jubiläumsausstellungen „Der Sieg 1945“ und „Niederschlesien am 30. Jahrestag“ zu erreichen, beantragte die Museumsdirektorin bei der Kulturabteilung der Breslauer Woiwodschaft die Erlaubnis zum freien Eintritt für alle Besucher.282 Das Ziel einer hohen Besucherstatistik wurde erreicht, denn nach Angaben des Museums besuchten im Eröffnungsmonat Mai 1975 über 12.100 Menschen die Ausstellung, bis Ende 1978 wurden gut 120.000 Besucher gezählt.283 Ob es sich hierbei um einen „Besucheransturm“ aus Interesse oder nur um eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit Schulen und der Parteijugend handelte, lässt sich allerdings nicht mehr rekonstruieren. Ein Besucherbuch hat sich zu dieser Ausstellung nicht erhalten. Die staatlich kontrollierte Presse berichtete ausschließlich positiv über die Ausstellung. Zur Eröffnung der historischen und der gegenwartshistorischen Jubiläumsausstellung schrieb der Journalist der „Gazeta Robotnicza“, Krzysztof Kucharski, unmissverständlich: „Ich denke, ich muss niemanden eigens zur Besichtigung dieser beiden Ausstellungen ermutigen, betreffen sie doch uns alle.“ Zur Gestaltung der Ausstellung lobte Kucharski: „Die sehr eindrucksvoll komponierte Ausstellung ermöglicht es uns, historische Dokumente, Waffen, Uniformen und Abzeichen aus der Nähe zu betrachten. In der Ausstellung finden wir auch Zeitungen und Drucke aus dieser Zeit. Zu all diesen Objekten stehen die zeitgenössischen Fotografien Breslaus in einem deutlichen Kontrast.“284 Bereits am 3. April war in der „Gazeta Robotnicza“ die Vorbereitung der Ausstellung angekündigt und zur Spende von Exponaten an das Museum aufgerufen 282 MMWr, MHWr, [bez spisu]/8, Bl. 254. 283 Sprawozdanie Muzeum Historycznego we Wrocławiu z pracy w 1975 roku: MMWr, MHWr, 1/59, Bl. 4; Sprawozdanie z działalności w roku 1978, Oddział Wzgórze Partyzantów: MMWr, MHWr, 1/84, Bl. 18. 284 Kucharski: Historia, poln. Original: „Myślę, że nie muszę nikogo zachęcać specjalnie do obejrzenia tych dwóch wystaw, dotyczą one nas wszystkich. […] Bardzo efektownie skomponowana ekspozycja pozwala się nam przyjrzeć z bliska historycznym dokumentom, broni, mundurom, odznaczeniom. Na wystawie znajdujemy także gazety, druki z tego okresu. Z tymi wszystkimi walorami kontrastują znakomicie współczesne zdjęcia Wrocławia.“

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worden.285 Die Planungen für die neue Dauerausstellung reichten allerdings wesentlich weiter zurück. Bereits 1972 entstanden erste Konzepte, und die einzelnen Vorbereitungen begannen im August 1974 mit einer ersten Fassung des Ausstellungsdrehbuchs. Dort sollte die Präsentation noch den Titel „Die Befreiung Breslaus 1945“ tragen. Die Entscheidung für den Ausstellungstitel „Der Sieg 1945“ wurde erst Mitte März 1975 gefällt.286 Die Finanzierung des Aufbaus einer neuen Museumsfiliale und der Einrichtung einer derart aufwändigen Ausstellung standen noch im Wirkungsfeld einer Phase des wachsenden Wohlstands und einer vermeintlichen wirtschaftlichen Stabilität der Volksrepublik Polen. Die Zeit des Aufschwungs unter dem seit 1970 amtierenden Parteisekretär Edward Gierek (1913–2001) war allerdings vor allem durch westliche Kredite getragen worden, deren Belastungen ab Mitte der 1970er Jahre die strukturellen Schwierigkeiten des Landes offensichtlich werden ließen und zu einer anhaltenden Stagnation der Wirtschaft und desaströsen Versorgungslage bis zum Zusammenbruch des Systems 1989 führten.287 Eine vergleichbar aufwändige Geschichtsausstellung wäre daher in den 1980er Jahren kaum zu finanzieren gewesen. Bereits 1974/75 zeigten sich die Auswirken der Mangelwirtschaft in der Volksrepublik an einem technischen Vorhaben der Kuratorin und ihres Gestalters Waldemar Chwedczuk: Ihre Ideen, am Abschluss des Rundgangs eine synchronisierte Diaprojektion mit parallel gezeigten Stadtansichten von 1945 und 1975 zu installieren, wäre beinahe gescheitert, obwohl die Kuratorin als einen der ersten Arbeitsschritte bereits am 2. August 1974 ein Schreiben an das Ministerium für Kultur und Kunst in Warschau zum Import zweier automatischer Projektoren der Rollei-Werke aus Braunschweig gerichtet hatte.288 Ein Materialkauf im westlichen Ausland war jedoch bürokratisch höchst aufwändig. Erst nach einem halben Jahr informierte das Kulturministerium am 7. Januar 1975 über die Weiterleitung des Antrages an die Wirtschaftsabteilung zur Devisenbewilligung. Diese Abteilung teilte am 13. März mit, dass für das gesamte Jahr 1975 keine Devisen bewilligt werden könnten. Nach dieser späten Absage suchte die Kuratorin kurzfristig nach einer Ersatzlösung. In den verbleibenden sechs Wochen bis zur Ausstellungseröffnung scheiterten auch Versuche, Projektoren beim Lenin-Museum in Warschau und bei der Staatlichen Kunsthochschule in Breslau zu leihen. Erst wenige Tage vor der Ausstellungseröffnung fanden sich Anfang Mai an der Technischen Universität Breslau (Politechnika) zwei Projektoren der Marke „Malimat“ für das Finale der Ausstellungsszenerie. Im Gegensatz zum großen Organisationsaufwand für die Ausstellungstechnik gewann die Kuratorin ohne größere Probleme eine Vielzahl von Museen und Privat285 S.: Na jubileusz wyzwolenia miasta. Trwają przygotowaniu do wystawy w Muzeum Historycznym. In: Gazeta Robotnicza am 3. April 1975. 286 Dział „Polskiego Czynu Zbrojnego 1939–1945 i Wyzwolenia Śląska“, Sprawozdanie za okres od 1 maja 1972 roku do 31 grudnia 1972 roku: MMWr, MHWr, 1/87, Bl. 12; MMWr, MHWr, [bez spisu]/8, Bl. 4–50. 287 Borodziej: Geschichte, 344–360; Friszke: Die kommunistischen Regierungen, 87 f. 288 MMWr, MHWr, [bez spisu]/8, Bl. 155, 163.

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personen als Leihgeber von Fotografien, Dokumenten, Waffen und Uniformen. Zu den internen Leihgebern historischer Dokumente und Waffen zählten die Abteilungen des Historischen Museums „Geschichte Schlesiens seit 1945“ und die „Waffensammlung“. Die größten externen Leihgeber waren das Befreiungsmuseum der Stadt Posen, das Posener Museum für die Geschichte der Arbeiterbewegung, das Museum der Polnischen Armee in Warschau, die Gesellschaft der Liebhaber Breslaus (Towarzystwo Miłośników Wrocławia, TMW), das Breslauer Architektur- und das Medaillenmuseum, die Universitäts- und Ossoliński-Bibliothek sowie das Breslauer Staatsarchiv. Ausländische Leihgeber waren nicht dabei. Für deutsche und sowjetische Armeeuniformen und Stahlhelme wurde auf einen Breslauer Filmrequisitenverleih zurückgegriffen. Ob es sich bei den Objekten um Reproduktionen handelte, lässt sich nur vermuten. Nicht nur auf einen großen Bestand historischer Relikte konnte die Kuratorin zurückgreifen, sondern auch auf eine breite wissenschaftliche Forschungsgrundlage. In weiten Teilen folgten das Narrativ und die thematische Schwerpunktsetzung der Ausstellung der 1972 erschienenen Studie „Die Schlacht um Breslau“ des Militärhistorikers Oberst Ryszard Majewski (1931–2007).289 Den Autor gewann die Kuratorin im September 1974 als wissenschaftlichen Berater für die Ausstellung.290 Majewski vertrat eine „einseitige und sowjetische Perspektive“291 des Kampfgeschehens und stand mit verschiedenen sowjetischen Veteranen, wie dem genannten Omar Jachjajew, in Kontakt. 1975 publizierte er dessen Erinnerungen in einem Band mit Berichten verschiedener sowjetischer Teilnehmer der Schlacht um Breslau.292 Zur wissenschaftlichen Erforschung und geschichtskulturellen Etablierung der Kämpfe um die „Festung Breslau“ hatten auch bereits in den frühen 1960er Jahren die Studien der Historiker Karol Jonca und Alfred Konieczny maßgeblich beigetragen. 1962 gaben diese eine umfangreiche kommentierte Dokumentensammlung293 und 1963 eine bebilderte Studie294 zu den Kämpfen um Breslau heraus. Große Aufmerksamkeit erhielten auch die von ihnen 1964 edierten Tagebücher des deutschen Pfarrers Paul Peikert.295 Wie bereits in der Ausstellungsbesprechung angeführt, kritisierte Peikert die Rücksichtslosigkeit des deutschen Festungskommandos mit deutlichen Worten. Kritische Worte fand Peikert allerdings auch für das schwere Schicksal der deutschen Zivilbevölkerung nach der Kapitulation im sowjetisch kontrollierten, nunmehr polnischen Breslau. Diese Auszüge aus der Zeit unmittelbar vor seiner Aussiedlung 1946 sind allerdings bis heute nicht publiziert worden.296 Als deutscher Zeuge für die „Festung 289 Majewski/Sozańska: Bitwa. Zum gleichen Thema auch Majewski: Wrocław. Zur Biografie von Majewski vgl. Maroń, Jerzy: Wspomnienie o Profesorze Ryszardzie Majewskim (1931–2007). In: Głowiński (Hg.): Festung [2009], 17–21. 290 MMWr, MHWr, [bez spisu]/8, Bl. 187. 291 Tyszkiewicz: Między historia, 84. 292 Jachiajew, Omar A.: Byłem parlamentariuszem do dowództwa „Festung Breslau“. In: Majewski (Hg.): Wrocławska epopeja, 109–116. 293 Jonca/Konieczny: Festung. 294 Jonca/Konieczny: Upadek. 295 Peikert: Kronika. 296 Vgl. den Hinweis von Thum: Die fremde Stadt, 332.

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Breslau“ passten die Tagebücher des Pfarrers 1964 in die politische Mission von Jonca und Konieczny – eine fundierte Entgegnung der Glorifizierung der 80-tägigen Verteidigung der „Festung Breslau“ in der Bundesrepublik Deutschland, wie sie besonders in dem 1959 erschienenen Buch der ehemaligen Festungskommandanten Hans von Ahlfen (1897–1966) und Hermann Niehoff (1897–1980) Verbreitung fand.297 Ein weiteres, die Ausstellung prägendes Element der Breslauer Geschichtskultur bildeten Soldatenfriedhöfe. Wie überall in der Volksrepublik Polen wurden auch in Breslau die Kriegsgräber der 8.000 sowjetischen und polnischen Soldaten als „Friedhöfe der gefallenen Helden“ herausgestellt, auf denen vor allem zu runden Jubiläen große Gedenkfeiern stattfanden. Der „Rat für den Schutz der Kriegsdenkmäler und des Martyriums“, der sich hauptsächlich um die Aufarbeitung der Geschichte ehemaliger Konzentrationslager und Schlachtfelder kümmerte, widmete 1968 der „Befreiung Breslaus 1945“ eine eigene Publikation. Hieran zeigte sich nicht nur die überregionale Bedeutung der Kämpfe um Breslau, sondern auch die andauernde Manifestierung der offiziellen Interpretation der Vereinigung Breslaus „mit seinem polnischen Mutterland“.298 Die neue Dauerausstellung von 1975 stützte sich daher nicht nur auf eine Tradition der Thematik in der wissenschaftlichen und populärwissenschaftlichen Literatur Polens, sondern auch im Gedenkstätten- und Ausstellungswesen. Wie bereits im vorangegangenen Kapitel zur Darstellung des Zweiten Weltkrieges in den Breslauer Ausstellungen zur Zeit der Volksrepublik Polen erläutert wurde, bildete die „Befreiung Breslaus“ ein wiederkehrendes Thema in Geschichtsausstellungen seit der Breslauer Großausstellung der „Wiedergewonnenen Gebiete“ von 1948. Eine gesonderte Hervorhebung erhielten die Kämpfe um die „Festung Breslau“ erstmals zum 20. Jahrestag der „Befreiung“ als Kern der großen Sonderausstellung des Schlesischen Museums, die den Titel „Der Kampf der polnischen Nation um die Befreiung Schlesiens im 20. Jahrhundert“299 (1965/66) trug.300 Erstmals umfassend präsentierte das Historische Museum der Stadt Breslau die Breslauer Stadtgeschichte im Jahr 1945 in seiner Sonderausstellung „Breslau im Zweiten Weltkrieg“ (1968/69). Diese beiden im vorherigen Kapitel näher dargestellten Ausstellungen entsprachen bereits den thematischen Eckpfeilern, auf denen die hier behandelte Großausstellung von 1975 aufbaute. Zur Zeit dieser ersten beiden Geschichtsausstellungen über das Kriegsende in Breslau entstand bereits die Idee, am ehemaligen „Kommandostand der ‚Festung Breslau‘“ im Untergrund des Partisanenhügels eine Dauerausstellung zur „Befreiung Schlesiens und Breslaus“ einzurichten. Im Gesamtkonzept für das Breslauer Museumswesen von 1967 wurde die „politische und propagandistische Aussagekraft“ des historischen Ortes

297 Ahlfen/Niehoff: So kämpfte Breslau. Vgl. auch Głowiński, Tomasz: Obrona Festung Breslau w 1945 r. we wspomnieniach dwóch ostatnich komendantów twierdzy. spór o ich wartość historyczną. In: ders. (Hg.): Festung [2009], 145–153. 298 Czerkawski, Andrzej/Dunin-Wąsowicz, Marek/Jurga, Tadeusz: Wyzwolenie Wrocławia 1945. Rada Ochrony Pomników Walki i Męczeństwa. Warszawa 1968. 299 Żuławiński: Walka narodu. 300 Misiak: Wrocław.

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betont und bereits eine Eröffnung zum 25. Jahrestag (1970) angestrebt.301 Die Großausstellung von 1975 basierte daher auf langfristigen Planungen und markierte mit ihrem historischen Ortsbezug eine bislang einmalige Besonderheit bei der Musealisierung der Geschichte des Zweiten Weltkrieges im Breslauer Museumswesen. Über das historische Gelände verfügte das Historische Museum offiziell erst seit 1974, zuvor hatte es sehr unterschiedliche Funktionen erfüllt. Von Januar bis Mitte März 1945 hatte sich der besagte Kommandostand der „Festung Breslau“ in den unterirdischen Gewölbegängen der Liebichshöhe (seit März 1948 Partisanenhügel) befunden, bevor er in die Keller der Universitäts- und Staatsbibliothek auf der Sandinsel verlegt worden war. Der begrünte Hügel am Breslauer Stadtgraben ging auf Reste der alten Stadtbefestigung aus dem 16. Jahrhundert zurück. Seit 1867 stand auf ihm ein Belvedere, ein Aussichtspunkt mit einem klassizistischen Pavillon, Kolonnaden und Aussichtsturm. Die Kasematten der alten Befestigung waren 1942 zum Luftschutzbunker ausgebaut und dorthin im Januar 1945 der Kommandostand der „Festung Breslau“ verlegt worden. Das Festungskommando sprengte den Aussichtsturm am 14. März 1945, da er einen Orientierungspunkt für die sowjetische Artillerie hätte bilden können. In der Nachkriegszeit verfielen Teile des Geländes. In den Resten des Pavillons bestand zeitweise ein Planetarium,302 auch gab es um 1950 Pläne, auf dem Hügel ein Ausstellungsgebäude für das in Breslau lagernde Großgemälde „Panorama Racławicka“ aus Lemberg zu errichten.303 Nach einem Unfall mit mehreren Toten und Verletzten im Mai 1967 war das gesamte Gelände gesperrt worden, und erst im Frühjahr 1972 begannen die Wiederherstellungsarbeiten. Diese wurden 1974 abgeschlossen und boten dem Historischen Museum einen Ausweg aus seiner Raumnot. Teile der unterirdischen Gewölbe ließ es als Ausstellungshalle ausbauen.304 Bevor die Ausstellungshalle im Mai 1975 zum dauerhaften Sitz der Ausstellung „Der Sieg 1945“ wurde, zeigte das Museum dort von Oktober bis Dezember 1974 die Sonderausstellung „Kinder klagen an“ zu den jugendlichen Opfern der deutschen Vernichtungspolitik während des Zweiten Weltkrieges.305 In den Kasematten bestand seit 1974 auch ein Kinosaal, in dem während der Ausstellung „Der Sieg 1945“ regelmäßig Filme zum Zweiten Weltkrieg und den Kämpfen um Breslau präsentiert wurden.306 Das Mauerwerk der unterirdischen Aus301 Stan i zadania muzealnictwa na Dolnym Śląsku. Ocena i postulaty, 1967: APWr, KW PZPR, 975, Bl. 21, poln. Original: „Istnieją realne szanse zorganizowania takiej ekspozycji na 25 rocznicę wyzwolenia naszego miasta, połączenie jej z siedzibą komendanta ‚Festung Breslau’ ma dużą wymowę polityczną i propagandową.“ 302 Antkowiak, Zygmunt: Wrocław od A do Z. Wrocław/Warszawa/Kraków 1991, 17; Harasimowicz, Jan (Hg.): Encyklopedia Wrocławia. Wrocław 2006, 1005. 303 Protokoł nr. 1/50 z posiedzenia Kom. Kultury odbytego w dn. 11.XI.50: APWr, Prezydium Rady Narodowej Miasta Wrocławia, 152, Bl. 10. 304 Remont Wzgorza Partyzantów na finiszu. In: Słowo Polskie am 4. April 1974, Szokarski, S.: Dotrzymają słowa. Z wizytą na Wzgórzu Partyzantów. In: Gazeta Robotnicza am 28. Mai 1974. 305 Sław: Dzieci oskarżają. Wystawa martyrologii w podziemiach Wzgórza Partyzantów. In: Wieczór Wrocławia am 10. Oktober 1974; Zof: Dzieci oskarżają. Wystawa w Muzeum Historycznym. In: Słowo Polskie am 1. November 1974. 306 1975 zeigte das Kino u. a. folgende Filme: „Wyrok na miasto [Entscheidung um die Stadt]“, „Szlakiem II Armii WP [Der Weg der Zweiten Polnischen Armee]“, „Front wyzwolenia [Die Befreiungsfront]“ und „Ostatni akord [Der letzte Akkord]“. Über das museumseigene Filmprogramm informierten re-

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stellungsräume bereitete dem Museum mehrfach Probleme, die verschiedene Arbeiten zur Abdichtung der Gewölbe und zur ausreichenden Belüftung der Räume nach sich zogen und letztendlich zur Aufgabe dieser Museumsfiliale führten. Mitte September 1977 musste die besprochene Kriegsausstellung wegen eines „Schadens an der Belüftungsanlage“ sogar zeitweise geschlossen werden, sie konnte allerdings nach kurzer Zeit wieder öffnen.307 Die Kriegsausstellung bestand bis 1980. Im fünfjährigen Präsentationszeitraum nahm das Museum am Arrangement und den gezeigten Exponaten nur geringfügige Veränderungen vor. Die Ausstellungsleitung bat in einem jährlichen Schreiben die leihgebenden Privatleute und Institutionen um Verlängerungen der Rückgabefristen. In der Regel folgten diese der Bitte, nur das Museum der Arbeiterbewegung in Posen forderte bereits im März 1977 verschiedene Plakate für eine eigene Ausstellung zurück. Auch die Technische Universität Breslau verlangte bereits Ende März 1976 die Rückgabe der beiden Diaprojektoren. Ob diese zentralen Elemente der Ausstellungsinstallation ersetzt werden konnten, ist nicht bekannt. Die bereits angesprochene Nutzung von Filmrequisiten in der Ausstellung ging so weit, dass auch umgekehrt das Museum im Januar 1979 zwei Panzerfäuste aus den Sammlungen einem Filmteam für ihre Dreharbeiten des Kriegsfilms „Podgaje 1945 – Elegia“ zur Verfügung stellte.308 Nach insgesamt fünf Jahren Laufzeit löste das Museum die Großausstellung im Partisanenhügel auf. Eine besondere Begründung für diesen Schnitt ist nicht bekannt, vermutlich ist die Entscheidung für eine Auflösung der Kriegsausstellung auf die Konzentration der Waffensammlungen im 1979 eröffneten Militaria-Museum im Zeughaus zurückzuführen. Anfang Februar 1980 begannen der Abbau der Ausstellung und die Renovierung der Räume. 17 Ausstellungstafeln wurden daraufhin zu einer Wanderausstellung „Die Befreiung Breslaus 1945“ zusammengefasst.309 Die Rückgabe der Leihgaben erfolgte zwischen März und November 1980.310 Bereits im gleichen Jahr, am 6. Mai 1980, eröffnete das Museum im „Partisanenhügel“ eine thematisch breitere Dauerausstellung mit dem Titel „Aus Breslaus Vergangenheit“. Diese im Kapitel zu den Dauerausstellungen noch ausführlich zu besprechende Ausstellung vereinigte Exponate aus fast tausend Jahren Stadtgeschichte, wobei das Mittelalter und die Kämpfe und der Wiederaufbau ab 1945 die größten Teile der Ausstellung einnahmen. Im Abschnitt „Festung Breslau“ wurden die „Zwangsarbeiterlager, die Zerstörungen, die Befreiung und Erhebung der Stadt aus den Trümmern [sowie] Dokumente aus der Pionierzeit“ gezeigt.311 Diese stadtgeschichtliche Syntheseausstellung musste bereits im März 1983 wieder geschlossen werden. Der Grund hierfür war erneut das feuchte Mauerwerk, welches in dieser Ausstellung zum Schimmelbefall von gelmäßig die Pressemitteilungen des Museums. Vgl. MMWr, MHWr, 4/16, Bl. 118; Zwycięstwo 1945. In: Biuletyn informacyjny Zarządu Muzeów i Ochrony Zabytków 116 (1975) 30–31, hier 31. 307 MMWr, MHWr, 4/16, Bl. 345. 308 MMWr, MHWr, [bez spisu]/8, Bl. 323. 309 MMWr, MHWr, [bez spisu]/8, Bl. 325–327. 310 MMWr, MHWr, [bez spisu]/8, Bl. 328–332. 311 Frąckiewicz, Zofia: Prawie wszystko o Wrocławiu. In: Słowo Polskie am 15.–17. August 1980.

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Exponaten geführt hatte. Für umfassende Ausbesserungsarbeiten fehlte das Geld.312 Nach nur zehn Jahren Betrieb musste daher das Historische Museum die alten Kasematten im Partisanenhügel für immer aufgeben. Die museale Herausstellung der Kämpfe um die „Festung Breslau“ und des polnischen Wiederaufbaus blieb bis zum Ende der Volksrepublik 1989 ein zentrales Thema der Geschichtsausstellungen des Historischen Museums. Zum 40. Jahrestag eröffnete das Museum mit den Ausstellungen „Breslau 1945 – die Befreiung“ (1985–1989) im Zeughaus und „Wir kehren ins Land unserer Väter zurück“ (1985/86) im Alten Rathaus gleich zwei stadtgeschichtliche Ausstellungen zum Kriegsende. In ihrer Größe und Dauerhaftigkeit konnten sie allerdings die Dauerausstellung von 1975 nicht überbieten. Das Museum zur „Festung Breslau“ war ein herausragendes Medium städtischer Geschichtskultur im Staatssozialismus. Getragen von der verordneten polnisch-sowjetischen Freundschaft, manifestierte die Ausstellung eine hoch selektive und politisierte Interpretation der jüngsten Vergangenheit dieser Stadt. Insgesamt zeigt die Ausstellung in ihrem zeitlichen Kontext, dass sich bei der Konstruktion einer historischen Tradition die polnische Inbesitznahme Breslaus schrittweise zu einem Schlüsselmoment in einer ritualisierten Geschichtstradition entwickelte. Darauf aufbauend traten die verschiedenen Facetten und ambivalenten Dimensionen der Transformation Breslaus in eine polnische Stadt erst nach 1989 in einem demokratisch verfassten Staatswesen an die Öffentlichkeit. Wie das folgende Kapitel zum Kontext der Ausstellungen nach 1989 zeigt, konnte sich ein umfassenderes und differenziertes Bild dieses einschneidenden Momentes in der Breslauer Stadtgeschichte erst mit dem Wegfall von Zensur und staatlicher Geschichtsdeutung entwickeln.

6.5. Kriegstragödie und Widerstand – Der Zweite Weltkrieg und die polnische Revolution im Museum seit 1990 Im Frühjahr 1989 befand sich die Volksrepublik Polen in Auflösung. Seit dem 6. Februar liefen in Warschau die Verhandlungen am „Runden Tisch“ zwischen dem alten Regime und der oppositionellen Solidarność. Ein letztes Mal feierte die Stadtregierung vom 6. bis zum 9. Mai 1989 die „Breslauer Tage“ und die „Befreiung“ der Stadt im Zweiten Weltkrieg. Eine anlässlich dieses Jahrestages eröffnete Ausstellung trug jedoch nicht mehr den Titel „Der Sieg“ oder „Die Befreiung“, sondern hieß „Tragödie einer Stadt – ein Bild der Zerstörungen Breslaus“. Sie versammelte in zwei Ausstellungsräumen des Alten Rathauses über 200 Fotografien aus den Sammlungen der Universitätsbibliothek mit Ansichten der zerstörten Stadt 1945/46, wobei bemerkenswert ist, dass hierneben erstmals einige Fotografien der Stadt um 1900 und 1930 als Vergleichsschablone präsentiert wurden. In ihrer historischen Einordnung betonten die Kuratoren, dass die Stadt im Zweiten Weltkrieg bis Anfang 1945 nahezu keinen Schaden erlitten habe, erst die Erklärung zur „Festung“ 312 Jagodziński, Jerzy: Zła passa Muzeum Historychnego w podziemiach wzgórza. Woda zalewa eksponaty. In: Wieczór Wrocławia am 3. April 1984.

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im Herbst 1944 und die anhaltende Verteidigung der Stadt bis „zum letzten Haus“ in die „Tragödie“ ihrer Zerstörung führten. Die zerstörerische Wirkung der Kriegshandlungen auf die Stadt und nicht mehr die einzelnen Strategien der sowjetischen, polnischen und deutschen Verbände standen im Mittelpunkt dieser Ausstellung, welche die aus dem Kapitel „Stadtansichten“ bekannte Expertin für Stadtansichten des Historischen Museums, Marzena Smolak, in Zusammenarbeit mit dem Architekturmuseum vorbereitete. Die traditionsreiche und regimetreue Breslauer Tageszeitung „Słowo Polskie“ verblieb anlässlich der Ausstellungseröffnung allerdings noch in der alten Wiederaufbau-Rhetorik: „Die von den Bewohnern alljährlich begangenen Breslauer Tage werden [wieder] Anlass sein, an die neueste Geschichte unserer Stadt zu erinnern. Wie gedenken den Pionieren [den ersten Siedlern, d. Vf.], denn sie machen uns bewusst, wie viel Mühe und materieller Aufwand notwendig war, um die Stadt, in der heute über 600.000 Bewohner leben, aus den Ruinen auferstehen zu lassen, die frühere Form ihrer Gebäude wiederherzustellen und zahlreiche neue Stadtteile von Grund auf zu errichten.“313 In den neuen Breslauer Geschichtsausstellungen zum Zweiten Weltkrieg zeigte sich deutlich, wie entschieden nach 1989 die sowjetische „Befreiung“ der Stadt aus dem Blickfeld rückte. Der von der polnischen Verwaltung geleitete Wiederaufbau der stark zerstörten Stadt behielt dagegen seine zentrale historische Sinnstiftung. Das Historische Museum zeigte daher die eindrucksvolle Fotografieausstellung von Marzena Smolak erneut 1991 unter dem geänderten Titel „Tragödie einer Stadt – Breslau 1945“ und im Mai 1995, zum 50. Jahrestag des Kriegsendes, neu geordnet im Kontext einer Auswahl aktueller Fotografien: „Breslau 1945 – Zerstörungen“. In diesem sechsjährigen Zeitraum lässt sich bereits ein deutlicher Wandel in der Erzählung feststellen: Die Wiederaufbaunarrative der polnischen Pioniere spielten nicht mehr die zentrale Rolle, stattdessen wurde ein differenziertes Bild der – von der deutschen Kommandoführung verantworteten – langen Kämpfe um die Stadt gezeichnet: „Die Nazi-Führung verwandelte Breslau in eine Festung und setzte damit die Zivilbevölkerung einer Belagerungshölle und die historische Stadt sowjetischem Artilleriebeschuss und häufigen Luftangriffen aus.“314 Anhand zahlreicher Zitate aus dem bereits vielfach rezipierten Tagebuch des deutschen Pfarrers Paul Peikert315 schilderte die Ausstellung die schrittweise Vernichtung der Stadt durch deutschen Abriss und sowjetischen Beschuss. Ein weiteres Detail der Ausstellung, welches in den Präsentationen zur Zeit der Volksrepublik durchweg ausgelassen wurde, war die fortschreitende Zerstörung der Stadt in den ersten Wochen 313 „Tragedia miasta. Obraz zniszczeń Wrocławia 1945“, 1989. Vgl. Tragedia miasta. Tę wystawę trzeba zobaczyć. In: Słowo Polskie am 5. Mai 1989, poln. Original: „Dni Wrocławia coroczne święto jego mieszkańców, będzie okazją do przypomnienia najnowszej historii naszego miasta. Pionierom pragniemy przypomnieć, pozostałym zaś uświadomić, jak ogromnego wysiłku i jak wielu nakładów materialnych trzeba było aby miasto w którym zyje dziś ponad 600 tys mieszkańców podnieść z ruin, przywrócić dawny kształt zabytkom i wznieść liczne nowe od podstaw zbudowane dzielnice.“ 314 Zorganizowanej w pięćdziesiątą rocznicę zakończenia II wojny światowej, „Wrocław 1945 rok. Zniszczenia“, Ratusz Wrocławski, 1995. Vgl. Smolak: Wrocław 1945, 5, poln. Original: „Przywódcy hitlerowscy zamieniając Wrocław w twierdzę narazili ludność cywilną na piekło oblężenia, a zabytkowe miasto na radziecki ostrzał artyleryjski i częste naloty bombowe.“ 315 Peikert: Kronika.

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nach der Kapitulation, unter anderem durch Brandstiftungen in den Sammlungen der Universitätsbibliothek, dem Stadtschloss und der Maria-Magdalena-Kirche.316 Das zur Ausstellung auf Polnisch und Deutsch herausgegebene „Album der Zerstörungen“ fand derart großen Absatz, dass der Verlag es im Jahr 2000 erneut auflegte.317 Die bis 1989 staatlich vereinnahmte und einseitige Gedenkrhetorik zum Zweiten Weltkrieg verschwand nunmehr gänzlich aus dem Breslauer Museumswesen. Es vollzog sich eine deutliche Abkehr von den bisherigen Geschichtsnarrativen. Die mit dem politischen Systemwechsel einsetzenden, lebhaften Debatten über die lokale und nationale Vergangenheit, insbesondere zu den bisher verschwiegenen oder tabuisierten Themen – den so genannten „weißen Flecken“ –, begleitete auch das Historische Museum Breslau. Auf großes Publikumsinteresse stießen Ausstellungen über die Ermordung polnischer Offiziere durch den sowjetischen Geheimdienst (NKWD) im Frühjahr 1940: „Sie starben in Katyn“ (1990 im Rathaus), Grafiken zu „Katyn 1940“ (1995) und eine Ausstellung mit Dokumenten und Entwürfen für ein Breslauer Katyn-Denkmal (1997 im Zeughaus).318 Neue Themen waren ebenfalls Ausstellungen zum polnisch-sowjetischen Krieg von 1920 (1990), zu „Erinnerungsstücken und Dokumenten von in der UdSSR internierten Polen“ (1997), zu „Politischen Gefangenen in der Volksrepublik Polen zwischen 1944 und 1956“ (1999) oder „Polnische Soldaten in deutscher und sowjetischer Kriegsgefangenschaft“ (2000).319 Neue Ausstellungsthemen zur Geschichte des Zweiten Weltkrieges betrafen nicht nur die Opfer des Kommunismus, sondern auch das einseitige Deutschland-Bild erfuhr eine Differenzierung. Bereits im August 1990 eröffnete der neue Breslauer Stadtpräsident Bogdan Zdrojewski im Breslauer Rathaus, als erste Stadt Polens, eine deutsche Wanderausstellung zum Kreisauer Kreis und dem deutschen Widerstand in der NS-Zeit.320 Eine neue Auseinandersetzung mit den jüdischen Opfern der NS-Diktatur begann bereits vor dem Ende der Volksrepublik, wie im Kapitel zur jüdischen Geschichte gezeigt werden konnte. Die im Frühjahr 1989 und erneut 1994 gezeigte Ausstellung zu den „Breslauer Juden 1850–1944“ mit Fotografien und Dokumenten der Vernichtung der jüdischen Breslauer war eine der ersten Breslauer Ausstellungen, die sich auch mit dem Holocaust befasste. Ein weiteres zentrales Thema der Stadtgeschichte im 20. Jahrhundert bildete die Zwangsmigration, der „Austausch“ der gesamten Breslauer Bevölkerung zwischen 1945 und 1948. 316 Smolak: Wrocław 1945, 12, Abb. 18. 317 Smolak, Marzena: Wrocław 1945. Album zniszczeń. Wrocław 1995 [22000]. Auf Deutsch: Breslau 1945. Zerstörung einer Stadt. Wrocław 1995 [22000]. 318 „Zginęli w Katyniu“, Ratusz, März 1990; „Katyń 1940. Grafiki Jerzego Jakubowa i M. Lerchera“, 1995; „Na nieludzkiej ziemi. Ekspozycja pamiątek i dokumentów Polaków więzionych na terenie ZSRR“ i wystawa prac: Muzeum Historyczne we Wrocławiu. Arsenał, Februar bis März 1997. Vgl. Jaroszewska: Katyń. 319 Pamiątki z wojny 1920 roku. In: Wieczór Wrocławia am 23. April 1990; Stanął w potrzebie w roku 1920. In: Wieczór Wrocławia am 22. August 1990; „Więźniowie polityczni PRL w latach 1944–1956“, Muzeum Niepodległości w Warszawie/Muzeum Historyczne we Wrocławiu, Arsenał Wrocławski, Juli bis August 1999; „Żołnierze polscy w niewoli niemieckiej i sowieckiej w latach II wojny światowej“, MHWr, Oktober bis November 2000. 320 Wako: Niemiecki ruch opuru 1933–45. Wystawa w Ratuszu. In: Gazeta Robotnicza am 4./5. August 1990.

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Die einzelnen Aspekte des komplexen Themas wurden erst schrittweise in Ausstellungen aufgegriffen. Die polnische Ansiedlung in Breslau war unlängst aus zahlreichen Präsentationen zur Zeit der Volksrepublik über die so genannte „Pionierzeit“ bekannt. Die politischen Umstände und die Herkunftsregionen vieler aus dem ehemaligen Ostpolen stammender Siedler kamen dagegen bislang nur zurückhaltend zur Sprache. Bis in die 1980er Jahre waren in Polen jegliche „Vertriebenenverbände“ verboten. Vor diesem Hintergrund ist die regelrechte Welle der Museumsausstellungen zu den ehemaligen Ostgebieten seit 1990 nicht verwunderlich. Das Historische Museum zeigte in den 1990er Jahren oftmals nostalgisch gefärbte Ausstellungen über die alten ostpolnischen Städte und Regionen, die in der heutigen Westukraine, in Weißrussland (Belarus) und in Litauen liegen. Einen Besucheransturm erlebte besonders die erste Ausstellung zu diesem Thema mit über 2.000 Leihgaben von Privatpersonen und Institutionen: „Erinnerungsstücke aus den Ostgebieten der alten Rzeczypospolita“ (1990 im Zeughaus).321 Weitere Ausstellungen waren „Eine sentimentale Reise nach Krzemieniec“ (1992), Fotografien und Modelle Lembergs (1993, 1994) und Präsentationen zu Drohobytsch und der Region Polesien.322 Obwohl seit 1989 zahlreiche Ausstellungen zur deutschen Stadtgeschichte Breslaus und seiner Bewohner entstanden, fehlte erstaunlicherweise lange Zeit eine museale Auseinandersetzung mit der Vertreibung und Aussiedlung der deutschen Breslauer. Dabei war gleichzeitig das Thema in den öffentlichen und wissenschaftlichen Debatten Polens sehr präsent.323 Eine erste Thematisierung der Aussiedlung der deutschen Bewohner fand sich im Rahmen der deutsch-polnischen Wanderausstellung „Wach auf, mein Herz, und denke“ im Breslauer Zeughaus. Das Kooperationsprojekt aus Berlin und Oppeln (poln. Opole) befasste sich mit der Beziehungsgeschichte zwischen Schlesien und Berlin-Brandenburg seit 1740 und enthielt eine eigene Sektion zur „Vertreibung“. Mit Fotografien 321 „Pamiątki z kresów wschodnich dawnej Rzeczypospolitej“, Arsenał, Mai bis Juli 1990. Vgl. Pamiątki z kresów wschodnich dawnej Rzeczypospolitej. In: Wieczór Wrocławia am 17. Mai 1990; Ślady z Kresów. In: Słowo Polskie am 2. Juli 1990. 322 „Krzemieniec. Miasto Juliusza Słowackiego“, März 1992; „Lwów znany i nieznany w fotografii Zdzisława J. Zielińskiego“, Arsenał, November 1993. Vgl. Podróż sentymentalna do Krzemieńca. In: Gazeta Dolnośląska/Gazeta Wyborcza Wrocław am 3. März 1992; Zielińska, Irena/Zieliński, Zdzisław J.: „Kamiń na Kammieniu …“ czyli Lwów znany i nieznany w fotografii Zdzisława J. Zielińskiego. Muzeum Historyczne we Wrocławiu. Wrocław 1993; Bubnicki: Wrocławscy Żydzi [am 21./22. Mai 1994]. 1994 präsentierte das Historische Museum (Arsenał, Februar bis März 1994) ein historisches Modell der Lemberger Altstadt um 1772. Das Modell war 1932–1946 von Janusz Witwicki in Lemberg geschaffen und nach seiner Ermordung nach Warschau verbracht worden. Seit 1975 lagerte das Modell in den Depots des Breslauer Architekturmuseums und des Diözesanmuseums. 2006 übertrugen Witwickis Erben das Modell dem Breslauer Ossoliński-Institut, seit 2015 wird es dauerhaft in der Jahrhunderthalle ausgestellt. Vgl. Lubiniecka, Katarzyna: Lwów odzyskany. We Wrocławskim Arsenale. In: Gazeta Dolnośląska/Gazeta Wyborcza Wrocław am 24. Februar 1994; Sobala, Elżbieta: Malutki, maluteńki Lwów we Wrocławiu. In: TVP Regionalna, 21. November 2014, http://tvp3. tvp.pl/17747087/malutki-malutenki-lwow-we-wroclawiu [Zugriff am 9. September 2015]. 323 Zum umfassenden Forschungsstand über die Vertreibung der Deutschen aus Niederschlesien und anderen Gebieten Polens vgl. Kraft/Jankowiak: Flucht, 357–712; Struve, Kai: „Vertreibung“ und „Umsiedlung“. In: Czapliński/Hahn/Weger (Hg.): Schlesische Erinnerungsorte, 281–305, hier 297–299; Ruchniewicz, Małgorzata: Ewakuacja, ucieczka i wysiedlenie ludności niemieckiej z ziem na wschód od Odry i Nysy Łużyckiej w latach 1944–1947. In: Kucharski/Strauchold (Hg.): Ziemie Zachodnie, 127–135.

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und Texten veranschaulichte die Ausstellung sowohl die Vertreibung und Aussiedlung der deutschen Bevölkerung Schlesiens als auch die Vertreibung und Ansiedlung der Polen.324 Eine Geschichtsausstellung zum Schicksal der deutschen Breslauer war diese Ausstellung allerdings nicht, denn Breslau blieb in dieser regionalgeschichtlichen Schau nur ein Beispiel unter vielen. Anlässlich der Millenniumsfeiern (2000) gab die Stadtregierung eine große Ausstellung zur Breslauer Geschichte nach 1945 in Auftrag. Die multimediale Geschichtsausstellung „Breslau – Meine Stadt“ begann folglich mit der Transformation und dem Wiederaufbau der zerstörten Stadt. Die Eingangssequenz der Präsentation ging dezidiert auf die Dimensionen des Austauschs der Bevölkerung ein, doch der Leitspruch dieses Abschnitts „Bewohner ohne Stadt – eine Stadt ohne Bewohner“325 war missverständlich; er überging die spannungsreiche Phase von 1945 bis 1948, während dieser sowohl Deutsche als auch Polen in Breslau lebten. Zu keinem Zeitpunkt hatte es sich um eine menschenleere Stadt gehandelt, wie es die verkürzten Darstellungen zur Zeit der Volksrepublik Polen oftmals andeuteten. Erst im August 2002 befasste sich erstmals eine Ausstellung dezidiert mit dem Komplex des Breslauer „Bevölkerungsaustausches“. Die Ausstellung „Breslau 1945 Wrocław“ im Breslauer Zeughaus war auf Initiative der Breslauer Abteilung des 1999 gegründeten Institutes für Nationales Gedenken (Instytut Pamięci Narodowej, IPN)326 entstanden. Mit zahlreichen reproduzierten Fotografien und Dokumenten reflektierte die Dokumentation sowohl die polnische Ansiedlung als auch die deutsche Aussiedlung. Vor dem Hintergrund der Debatten der vergangenen Jahre setzten die Organisatoren sich das ambitionierte Ziel einer „Sammlung und Zusammenfassung aller Dokumente, Bilder und anderer Quellenmaterialien“ zum Kriegsende in Breslau.327 Über zehn Jahre wurden die Ausstellungstafeln in verschiedenen niederschlesischen Städten als Wanderausstellung präsentiert. Anlässlich der Eröffnung bezeichnete die Tageszeitung „Gazeta Wrocławska“ die in der Ausstellung gezeigten Details als die Geschichte einer bisher 324 „Przebudź się, serce moje, i pomyśl“, Arsenał, September bis November 1995. Vgl. Brandes, Detlef/ Ruchniewicz, Krzysztof u. a.: Flucht, Vertreibung, Umsiedlung, Neubeginn/Ucieczka, wypędzenie, przesiedlenie, nowy początek. In: Bździach: Wach auf, 369–502; Lesiuk, Wiesław: „Polsko-niemiecka wystawa Przebudź się, serce moje, i pomyśl“. In: Mazur (Hg.): Wokół niemieckiego dziedzictwa, 77– 87, hier 81; Strauchold, Grzegorz: „Przebudź się, serce moje, i pomyśl“. In: Odra 36/5 (1996) 25–26. 325 „Wrocław Moje Miasto“, Pawilon Państw Konwiarza, Juni bis September 2000. Dziedziec: Wrocław, 12, poln. Original: „Mieszkańcy bez miasta. miasta bez mieszkańców“. 326 Das Instytut Pamięci Narodowej ging 1999 aus der Vorgängerinstitution Główna Komisja Badania Zbrodni (Niemieckich) Hitlerowskich w Polsce (gegründet 1945) hervor. Zu seinen Aufgaben zählen die Entwicklung von Bildungsprogrammen wie auch die Erforschung und Dokumentation von Straf­ taten, die sowohl die Zeit der deutschen Besatzung wie auch jene der sowjetischen und volkspolnischen Herrschaft in Polen betreffen. Vgl. Ruchniewicz, Krzysztof: Die polnische Geschichtspolitik nach 1989. In: Bingen/Ruchniewicz: Länderbericht, 219–233, hier 223. 327 Die Ausstellung „Breslau-1945-Wrocław“ wurde von Wojciech Trębacz konzipiert. Vgl. Instytut Pamięci Narodowej: Otwarcie wystawy „Breslau-1945-Wrocław“ we Wrocławiu. Warszawa 2002, http:// ipn.gov.pl/aktualnosci/2006/centrala/otwarcie-wystawy-breslau-1945-wroclaw-we-wroclawiu [Zugriff am 12. Februar 2015], poln. Original: „Obecna wystawa ma ambicję zebrania i podsumowania wszystkich dokumentów, zdjęć i innych materiałów źródłowych […] dotyczących przełomu roku 1945 we Wrocławiu.“

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„unbekannten Stadt“ und verwies damit auf die einseitige und verkürzte Behandlung der Breslauer Nachkriegsjahre in den Ausstellungen zur Zeit der Volksrepublik: „Das Thema der,Festung Breslau‘ wurde bereits mehrfach behandelt. Aber noch nie konnten wir zuvor sehen, wie sehr sich das heutige Breslau vom dem im Jahr 1945 unterscheidet.“328 Dieser Deutung widersprach die Tageszeitung „Słowo Polskie“, die die Ausstellung in eine Reihe mit der großen Ausstellung zur polnischen Ansiedlung von 1985 „Wir kehren ins Land unserer Väter zurück“ stellte. Bei diesem Vergleich übersah der Autor, dass 1985 die zweite Seite des Geschehens nahezu vollständig fehlte. 1985 ging es nur um die polnische Ansiedlung, und Breslau erschien hierbei als eine menschenleere Stadt. 2002 wurde hingegen erstmals das doppelte Bild der Breslauer Geschichte deutlich, welches „eine dramatische Zeit und komplizierte menschliche Schicksale zurück ins Gedächtnis ruft. So gab am 13. August 1945 der Bevollmächtigte der polnischen Regierung auf Polnisch und Deutsch bekannt: […] Die Deutschen mussten sich bis Monatsende registrieren. Die Massenaussiedlung begann im Oktober, beginnend bei den Einwohnern [der Stadtteile] Karlowitz, Rosenthal und Zimpel (ca. 6.000). […] Für die neuen Bewohner von Karlowitz begann die polnische Zeit.“329 Dieser ambivalente Umbruch in der Breslauer Geschichte des 20. Jahrhunderts – dem Ende der deutschen und dem Beginn der polnischen Stadt – war seit 1989 Thema zahlreicher wissenschaftlicher und öffentlicher Debatten, doch die Breslauer Museen taten sich sichtbar schwer mit dem Thema, zumal beide hier besprochenen Ausstellungen nicht vom Historischen Museum entwickelt, sondern lediglich in seinen Räumen präsentiert worden waren. Vermutlich gingen die Meinungen bei dem Thema lange Zeit noch zu weit auseinander, als dass es in einer Ausstellung gleichsam materialisiert hätte werden können. Das Jahr 2002 bildete hinsichtlich der Musealisierung der Breslauer Nachkriegszeit eine wichtige Etappe. Bereits vor der IPN-Ausstellung hatte der deutsche Vorsitzende der deutsch-polnischen Parlamentariergruppe, Markus Meckel, in der Tageszeitung „Rzeczpospolita“ als Reaktion auf eine innerdeutsche wie auch deutsch-polnische Debatte um die Errichtung eines „Zentrums gegen Vertreibungen“ vorgeschlagen, ein solches Museum zur europäischen Vertreibungsgeschichte in Breslau zu errichten.330 Der Vorschlag stieß in Breslau überwiegend auf Skepsis. Er diente allerdings einer Gruppe einflussreicher ehemaliger Dissidenten als Vorlage, die Gründung eines Breslauer „Zentrums der Versöhnung“ oder eines „Museums der Westgebiete“ vorzuschlagen.331 Die Pläne unter dem 328 Wesołowska, Dominka: Miasto nieznane. Breslau. 1945. Wrocław. In: Gazeta Wrocławska am 9. August 2002, poln. Original: „Temat ‘Festung Breslau’ podejmowany był już wielokrotnie. Jednak nigdy wcześniej nie mogliśmy zobaczyć, jak bardzo dzisiejszy Wrocław rożni się od tego z 1945.“ 329 Kaszewski, Cezary: Wystawa IPN-u we wrocławskim Arsenale. Breslau-Wrocław. In: Słowo Polskie am 20. August 2002, poln. Original: „[…] przywołując dramatyczny czas i pogmatwane ludzkie losy. 13 sierpnia 1945 r. pełnomocnik rządu RP obwieścił po polsku i niemiecku: […] Na rejestrację Niemcy mieli czas do końca miesiąca. Masowe wysiedlenia rozpoczęto w październiku, poczynając od mieszkańców Karłowic, Różanki i Sępolna (ok. 6 tys.). […] Dla nowych mieszkańców Karłowie zaczynał się polski czas.“ 330 Meckel, Markus: Wspólne centrum przeciwko wypędzeniom. In: Rzeczpospolita am 7. März 2002. 331 Den Vorschlag trugen Adam Michnik, Adam Krzemiński, Bronisław Geremek und Władysław Frasyniuk. Vgl. Mutor, Marek: Jakie muzeum? Kilka uwag o projekcie. In: Kucharski/Strauchold (Hg.): Ziemie Zachodnie, 11–20, hier 14 f. Zur medialen Debatte in Deutschland und Polen wie auch zu

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Arbeitstitel „Museum der Westgebiete“ verfestigten sich seit 2005 mit einer ersten Konzeption der Woiwodschaft Niederschlesien für das alte Straßenbahndepot an der Ulica Grabiszyńska, einem der zentralen Schauplätze des Arbeiterstreiks von 1980. Ein solches Museum solle „die Geschichte der Region in der Endphase des Zweiten Weltkrieges und kurz nach seiner Beendigung schildern. Von den Beschlüssen von Jalta und Potsdam, über die Evakuierung und der Flucht der Deutschen, die Einnahme durch die Rote Armee bis hin zur polnischen Ansiedlung.“332 Diesem Konzept entsprechend wäre die Nachkriegsgeschichte der Region nicht auf den Austausch der Breslauer Bevölkerung reduziert, sondern in einen breiteren historischen Kontext gebracht worden. Allerdings änderte sich bei der großen Dauerausstellung die Schwerpunktsetzung dahingehend, dass im breiten Kontext des Zweiten Weltkriegs und der polnischen Ansiedlung in neuen Gebieten die Flucht und Vertreibung der deutschen Breslauer auffällig kurz behandelt wurde.333 Ein Beispiel für eine Einbettung der Kriegs- und Gewaltgeschichte Breslaus in einer umfangreichen stadtgeschichtlichen Chronologie zeigt hingegen bereits seit April 2009 das Städtische Museum (ehemals Historisches Museum) in seiner Dauerausstellung „1000 Jahre Breslau“. Mit sehr kurzen Kommentierungen und zahlreichen Exponaten thematisiert die Ausstellung sowohl die Vernichtung der jüdischen Breslauer, die Ausbeutung der polnischen Zwangsarbeiter, die monatelangen Kämpfe um die „Festung Breslau“, die Zerstörungen und den Aufbau einer polnischen Verwaltung. Vor diesem Hintergrund werden auch die Vertreibung und Ansiedlung der Bevölkerungen verdeutlicht.334 Die Stadtgeschichte fällt hier nicht mehr auf einen Konflikt nationaler Gruppen zurück, wie es die vorherrschenden Deutungsmuster verschiedener besprochener Ausstellungen zur Zeit der Volksrepublik prägten. Stattdessen definiert die neue Dauerausstellung Geschichte über ihren Bezug auf den Stadtraum. Wie im folgenden Kapitel zu den Dauerausstellungen noch ausgeführt wird, setzte die Ausstellung von 2009 neue Akzente im musealen Umgang mit der Stadtgeschichte. Da hier gerade auch zu Breslaus Geschichte im Zweiten Weltkrieg zahlreiche Neuerungen festzustellen sind, ist an dieser Stelle ein genauer Blick auf die Präsentation angebracht. Als Ergebnis des Rückblicks in die Ausstellungsgeschichte treten hier verschiedene Exponate hervor, die aus den volksrepublikanischen Ausstellungen bekannt sind und jetzt in einem neuen Kontext erscheinen. Aus der Dauerausstellung von 1975 („Der Sieg 1945“) in den Kasematten des Partisanenhügels findet sich in der neuen Aussteldem Vorschlag eines Breslauer Zentrums vgl. Łada, Agnieszka: Debata publiczna na temat powstania Centrum przeciw Wypędzeniom w prasie polskiej i niemieckiej. Wrocław 2006, 53 f. 332 Saraczyńska, Agata: Centrum osiedlonych. In: Gazeta Wyborcza Wrocław am 20. April 2005, poln. Original: „[…] opisze dzieje regionu w końcowym okresie II wojny światowej i tuż po jej zakończeniu. Od decyzji jałtańskich i poczdamskich, przez ewakuację i ucieczkę Niemców, zajmowanie ziem przez Armię Czerwoną, po osadnictwo polskie.“ 333 Mit der Entwicklung der 2016 eröffneten Dauerausstellung im Centrum Historii Zajezdnia war das 2007 gegründete städtische Kulturinstitut „Zentrum Erinnerung und Zukunft (poln. Ośrodek Pamięć i Przyszłość)“ betraut. 334 Okólska, Halina: Raum 23. Breslau nach 1945. Nachkriegzeit. Stalinismus. In: Łagiewski/Okólska/ Oszczanowski (Hg.): 1000 Jahre Breslau, 297–306. Die Ausführungen beziehen sich auf den Zustand der Dauerausstellung „1000 Jahre Breslau“ vor ihrer umfassenden Ergänzung im Frühjahr 2016.

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lung als eindrucksvolles Symbol der Brutalität des NS-Terrors das große Guillotinenmesser aus dem Strafgefängnis Kletschkaustraße (heute Ulica Kleczkowska). Im neuen Kontext wird deutlich, dass sich das Exekutionsinstrument bereits seit 1933 auch gegen Teile der deutschen Bevölkerung richtete und nach 1939 die polnischen Zwangsarbeiter eine weitere Opfergruppe der Gestapo darstellten.335 Auch die Uniform des 1975 eingeladenen sowjetischen Veteranen Aleksandr Nikolajewicz Gawrylenko hängt in der neuen Ausstellung neben der Uniformjacke eines deutschen Hauptmanns – allerdings wird keine der beiden Seiten personalisiert beziehungsweise nähere Angaben zur konkreten Verwendung des Exponates gemacht. Im Ausstellungsraum „NS-Diktatur – Zweiter Weltkrieg“ bilden die Verfolgung von Minderheiten und die Kämpfe um die Stadt im Frühjahr 1945 weiterhin den Mittelpunkt des Narrativs, während das gesellschaftliche und politische Leben Breslaus zwischen 1933 und 1945 kaum sichtbar ist. Auffällig ist auch, dass der Einschnitt in der Bevölkerungskontinuität Breslaus durch die Aus- und Ansiedlungen 1945–1947 optisch nicht deutlich wird. Vermutlich ist dies der Absicht geschuldet, nach den Jahrzehnten der Selektion eine gewisse Kontinuität in der Stadtgeschichte aufzeigen zu wollen. Inhaltlich geht die Ausstellung sehr wohl auf das Schicksal der Breslauer Bevölkerung ein. Im Ausstellungsabschnitt „Breslau nach 1945 – Nachkriegszeit – Stalinismus“ finden sich Teile der von 1975 bekannten Sammlung mit Aushängen der polnischen Stadtverwaltung. Hieraus zeigte die neue Ausstellung eine „Bekanntmachung vom 10. April 1946“ über die Lebensmittelrationen für Deutsche für ihre Ausreise in die Britische Zone sowie eine „Verordnung des Ministers für die wiedergewonnenen Gebiete vom 16. Mai 1946 betreffs Kontrolle über den Aufenthaltswechsel der deutschen Bevölkerung“. Die Ausstellungstafel geht hier unmissverständlich auf den „Austausch der Bevölkerung in den Jahren 1945–1947, die Aussiedlung der deutschen Einwohner der Stadt und den Zustrom von Umsiedlern aus Zentralpolen und den ehemaligen polnischen Ostgebieten“336 ein. Der Katalogtext der Kuratorin Halina Okólska und der Audiokommentar erläutern ausführlich die Entstehungsgeschichte des polnischen Breslau. Zu einer Fotografie „Deutsche Bewohner Breslaus beim Verlassen der Stadt auf dem Weg zum Freiburger Bahnhof, Frühjahr 1946“ wird auf die zahlreichen Opfer der Vertreibung und Aussiedlung verwiesen: „Die Ausgesiedelten reisten unter sehr schwierigen Bedingungen und wurden häufig zu Opfern von Überfällen. Im Dezember wurde der Bevölkerungstransfer ausgesetzt, da etliche Todesfälle registriert worden waren. Letztlich mussten 146.000 Deutsche Breslau verlassen.“337 Als eine „Ausstellung frei von politischen Emotionen und einseitiger Kommentierung“338 beschreiben die Ausstellungsmacher ihre Intention. Vor dem Hintergrund der bisherigen Musealisierung einer deutsch-polnischen Konfliktgeschichte bis 1989 und der in der Folgezeit geführten kontroversen Debatte über die Bewertungen der lokalen Vergangenheit erzeugt die Ausstellung ein grundlegend neues Gesamtnarrativ musealer 335 Trębacz, Wojciech: Więzienie przy ul. Kleczkowskiej we Wrocławiu (Strafgefängnis Breslau) od czasów Festung Breslau do epoki stalinowskiej. In: Głowiński (Hg.): Festung [2009], 211–224. 336 Raumtafel „Saal 23: Breslau nach 1945. Die Folgen des Krieges. Stalinismus“. 337 Okólska: Raum 23, 298. 338 Łagiewski: Ein Schloss, 13.

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Stadtgeschichte. In dieser neu definierten Lokalgeschichte im Museum werden historische Momente vereinigt, die in der Breslauer Geschichtskultur im 20. Jahrhundert eine starke Politisierung erfuhren. Als „Stadt der Befreiungskriege“ und „Stadt der Piasten“ berief sich die städtische Geschichtskultur zu unterschiedlichen Zeitpunkten im 20. Jahrhundert auf kriegerische Ereignisse in der lokalen Vergangenheit. Ohne eine „nationale“ Position ergreifen zu wollen, versuchten die Kuratoren sowohl die mittelalterliche Schlacht auf dem Hundsfeld (1109) im Bereich „Unter den Piasten“, den Aufruf zu den Befreiungskriegen und der Stiftung des Eisernen Kreuzes (1813) im „Gelben Wohnzimmer Friedrich Wilhelms II.“ wie auch die zerstörerischen Kämpfe um Breslau (Februar bis Mai 1945) und die anschließende Vertreibung und Ansiedlung als Teil einer zusammenhängenden Stadtgeschichte zu zeigen. Wie sich diese Synthese der lokalen Kriegsgeschichte im Kontext anderer themenübergreifender Dauerausstellungen verortet, wird im abschließenden Teilkapitel näher untersucht. Ein weiterer bedeutender Aspekt einer konflikthaften Stadtgeschichte wurde unmittelbar nach dem Zusammenbruch der Volksrepublik zu einem bedeutenden Ausstellungsthema – der Widerstand gegen das kommunistische Regime. Von der stalinistischen Verfolgung über die Arbeiteraufstände von 1970 und die Streikbewegung der Solidarność seit 1980 bildet der gewaltsame Widerstand gegen den kommunistischen Staat heute einen Grundpfeiler der polnischen Geschichtskultur.

6.5.1. Ausstellungen zu den Breslauer Oppositionsbewegungen Die öffentliche Meinungsfreiheit, die eine freie Auseinandersetzung mit der Konfliktgeschichte Breslaus ermöglichte, war ein Ergebnis des politischen Systemwechsels von 1989. Vor diesem erlebte Polen eine Reihe von Streikwellen und Kämpfe gegen die staatlichen Repressionen – dessen bedeutendstes Ereignis die Verhängung des „Kriegsrechtes“ von Dezember 1981 bis Juli 1983 war. In Breslau ereigneten sich in dieser Zeit die landesweit meisten Proteststreiks, die vom Regime brutal niedergeschlagen wurden. Breslau war nach Danzig eine Hochburg der Gewerkschaft „Solidarität [poln. Solidarność]“ und seit 1987 auch Ort der lokalen Protestbewegung „Orangene Alternative [poln. Pomarańczowa Alternatywa]“.339 Obwohl dem Systemwechsel von 1989/91 keine Abrechnung oder umfassende politische Aufarbeitung folgte, sondern offiziell ein „dicker Strich“ die Transformation einleitete,340 schlug sich eine Auseinandersetzung mit der jüngsten Geschichte auch im Breslauer Museumswesen unmittelbar nieder. Bereits im August 1990 wurde im Breslauer Rathaus die Ausstellung „Monate der Hoffnung“ zum zehnjährigen Jubiläum der Solidarność eröffnet. Die vom Historischen Museum und dem Regionalbüro der Gewerkschaft NSZZ Solidarność organisierte Aus339 Kamiński, Łukasz: Opozycja i opór społeczny na Dolnym Śląsku 1945–1989. In: Kucharski/Strauch­old (Hg.): Ziemie Zachodnie, 273–281, hier 278, 280. 340 Zu den Kontroversen um eine „Abrechnung“ mit dem polnischen Kommunismus vgl. Tych, Feliks: Die europäische Integration. Ein Weg zu einer gemeinsamen europäischen Geschichte? In: Großbölting, Thomas/Hofmann, Dirk (Hg.): Vergangenheit in der Gegenwart. Vom Umgang mit Diktaturerfahrungen in Ost- und Westeuropa. Göttingen 2008, 139–143, hier 141 f.

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stellung zeigte in vier Räumen Fotos von Protestmärschen und Aktivisten, Plakate, Untergrund-Briefmarken und andere Erinnerungsstücke, unter anderem ein vom Geheimdienst beschlagnahmtes Sendegerät des Radio Solidarność oder einen durch das Woiwodschaftskomitee der Arbeiterpartei (PZPR) gefälschtenr Handzettel.341 Der medialen Rezeption zufolge boten diese und auch die folgenden Ausstellungen zu den Jubiläen der Gewerkschaft keinen Anlass für eine Problematisierung der Taktik der Solidarność. Vielmehr entwickelte sich aus dem Gedenken an die populäre, gewerkschaftliche Protestbewegung ein nationaler Geschichtsmoment, an dessen lokale Ausformungen Breslauer Ausstellungen regelmäßig erinnerten. Hierzu zählten im Jahr 2000 die Ausstellung „20 Jahre Solidarność“ (Historisches Museum) und 2007 „25 Jahre Kämpfende Solidarność“ über eine in Breslau gegründete radikale Untergruppierung der verbotenen Gewerkschaft.342 Einen Anlass für lebhafte Debatten über die neuere Geschichte bot allerdings das Kriegsrecht. Mit den besonders gewalttätigen Übergriffen der Staatsorgane zwischen 1981 und 1983 setzte sich Ende 1995 eine Ausstellung im Rathaus auseinander.343 Die von der Niederschlesischen Wirtschaftsstiftung „Centrum“ initiierte und von einem Bürgerkomitee organisierte Ausstellung entstand mit Unterstützung der Stadtverwaltung und des Historischen Museums. Die Ausstellungsmacher beabsichtigten, eine notwendige Debatte anzustoßen und ein Bild der Ereignisse in Breslau zu schaffen: „Das Kriegsrecht ist sicherlich einer der wichtigsten Aspekte unserer neueren Geschichte. Seit der Einführung sind bereits einige Jahre vergangen. Die politische Wirklichkeit hat sich radikal verändert. Heute können wir bereits aufrichtig und ohne unnötige Emotionen über jene Ereignisse sprechen. Das Kriegsrecht hat bisher aber noch keine eindeutige rechtliche, politische und moralische Bewertung erfahren. Es fehlt nicht nur weiterhin eine historische Synthese, sondern auch eine vollständige Dokumentation. […] Die Idee der Ausstellung entstand vor Beginn des Präsidentschaftswahlkampfes [zur Wahl im November 1995] und ist unabhängig davon. Daher geriet die Ausstellung nur unabsichtlich ins Fahrwasser einer mit Emotionen aufgeladenen Kampagne. Das ist ein weiterer Beweis, dass die Suche nach der Wahrheit zu diesen Ereignissen [die kommunistische Vergangenheit Polens; d. Vf.] sehr notwendig ist.“344 Die Ausstellung wurde damit zu einem Zeugnis der öffentlichen Auseinandersetzung mit der kommunistischen Geschichte. Die Debatten über die lokalen Gewaltereignisse 341 Wrocławskie uroczystości 10-lecia „Solidarności“. In: Wieczór Wrocławia am 3. September 1990. 342 „Wolni i Solidarni. 25-Lecie Solidarności Walczącej“, Ratusz, Juni 2007. Vgl. Młynarczyk, Monika: Ćwierćwiecze Solidarności Walczącej. In: Gazeta Wyborcza Wrocław am 12. Juni 2007. 343 „Stan wojenny we Wrocławiu 1981–1983“, Ratusz, Dezember 1995 bis Januar 1996. Vgl. Gomułkiewicz: Stan wojenny. 344 Gomułkiewicz: Stan wojenny, [3], poln. Original: „Stan wojenny to z pewnością jeden z najważniejszych fragmentów naszej współczesnej historii. Od jego wprowadzenia minęło już sporo lat. Zmieniły się radykalnie polityczne realia. Dziś można już o tamtych wydarzeniach mówić szczerze i bez zbędnych emocji. Tymczasem stan wojenny nie doczekał się na razie jednoznacznych ocen prawnych, politycznych i moralnych. Wciąż brak nie tylko historycznych syntez, ale nawet kompletnej dokumentacji. […] Pomysł wystawy zrodził się przed rozpoczęciem kampanii prezydenckiej i bez żadnego z nią związku. W sposób nie zamierzony wystawa wpisuje się w emocje towarzyszące tej kampanii. To kolejny dowód, że poszukiwanie prawdy o tamtych wydarzeniach jest bardzo potrzebne.“

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in der Zeit der Volksrepublik kulminierten anlässlich der Präsidentschaftswahl 1995, bei der – symbolisch bedeutsam – der ehemalige Führer der Solidarność dem Kandidaten der Nachfolgepartei der Vereinigten Arbeiterpartei (PZPR) unterlag.345 Die jüngste Stadtgeschichte bildete aufgrund der Kürze der zurückliegenden Zeit ein lebhaft diskutiertes Thema. Die Auseinandersetzung mit den letzten Jahren der Volksrepublik und die Würdigung des Widerstandes der Gewerkschaftsbewegung avancierten zu einem Bestandteil des lokalen und nationalen Selbstverständnisses. Zahlreiche gut besuchte Ausstellungen spiegelten die Bedeutung dieser jüngsten Gewaltgeschichte wider: Das Städtische Museum und die Stiftung der Pomarańczowa Alternatywa widmeten der Breslauer Protestbewegung zum 20. Jubiläum im November 2007 eine große Ausstellung im Breslauer Rathaus unter dem Titel „Die Orangene Alternative – Die Zwergenrevolution“.346 Die Interpretation und Musealisierung der Breslauer Stadtgeschichte seit 1945 ist nicht mehr allein die Domäne des Städtischen Museums. Hervorgegangen aus den Vorbereitungen eines „Museums der Westgebiete“ ist das 2007 gegründete städtische Kulturinstitut „Zentrum für Erinnerung und Zukunft (Ośrodek Pamięć i Przyszłość)“.347 Dieses organisierte 2010, zum 30. Jahrestag der Solidarność, eine weit beachtete Großausstellung: „Solidarisches Breslau“. Die zwischen August und November 2010 in einem großen Zelt gezeigte Ausstellung bestand aus einer aufwändigen Szenografie, in der über 52.000 Besucher die Entwicklungsgeschichte der Gewerkschaft verfolgen konnten.348 Angefangen bei der Gründung der Organisation und dem Arbeiterstreik im Breslauer Busdepot an der Ulica Grabiszyńska (August 1980), wurden in 14 Kapiteln die Opposition in der Zeit des Kriegsrechts und die Aktionen im Untergrund vorgestellt. Im Mittelpunkt der Ausstellung standen die Kulissen einer „Breslauer Dissidentenwohnung“ und einer „Gefängniszelle“. Die Breslauer Ereignisse wurden hierbei in Beziehung zu den Entwicklungen in ganz Polen gesetzt und auch auf die Hilfsaktionen aus Westeuropa, wie den zahlreichen privaten Spenden aus der Bundesrepublik Deutschland, verwiesen. Zum Abschluss dieser größten Breslauer Solidarność-Ausstellung standen die „Meilensteine im Jahr 1989“ und ein Aufruf zur Auseinandersetzung mit der Geschichte: „Beschreiten Sie mit uns diesen symbolischen Weg in die Freiheit. Wir begegnen den Ereignissen, Ideen und Menschen, ohne die es kein freies Polen, kein Europa in seiner heutigen Gestalt und kein so schönes Breslau geben würde. Das solidarische Breslau soll

345 Die Niederlage des ehemaligen Gewerkschaftsführers und Staatspräsidenten (1990–1995), Lech Wałęsa, gegen den Kandidaten der SLD, der Nachfolgepartei der bis 1989 regierenden PZPR, Aleksander Kwaśniewski, war symbolhaft und umstritten. 346 „Pomarańczowa Alternatywa. Rewolucja Krasnoludków“, Fundacja Pomarańczowa Alternatywa/Muzeum Miejskie Wrocławia, Stary Ratusz, November bis Dezember 2007. Vgl. Saraczyńska, Agata: Ćwierćwiecze krasnalowego oporu. In: Gazeta Wyborcza Wrocław am 24. November 2007; Wróbel, Marta: 25 lat Pomarańczowej Alternatywy. In: Gazeta Wrocławska am 24./25. November 2007. 347 Kucharski: Das Zentrum, 251–253; Mutor: Jakie muzeum, 11–20. 348 [Mutor, Marek]: Sprawozdanie z działalności Ośrodka „Pamięć i Przyszłość“ w roku 2010. Wrocław 2010, 3–6.

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Militaria: Der Kampf um die Stadt

uns Gelegenheit zu einer Begegnung mit der Geschichte geben, uns neugierig machen und zur Reflexion über die Gegenwart und Zukunft anregen.“349 Auch in der 2009 eröffneten Dauerausstellung des Städtischen Museum bilden die beiden Oppositionsbewegungen im Raum zur Breslauer Geschichte zwischen 1956 und 2000 das mit Abstand dominierende Thema. Anhand einer Solidarność-Fahne, Tonbandrecordern, Kassetten und einer Handdruckerpresse erläutert die Ausstellung, dass Breslau eine „Festung der antikommunistischen Opposition“ bildete und hier der „zweitgrößte Solidarność-Verband Polens“ seine Heimat besaß.350 Im Mittelpunkt stehen die Entwicklung der Untergrundarbeit und die gewalttätigen Demonstrationen. Neben der Solidarność-Fahne hängen zahlreiche durchgestrichene Straßenschilder aus Breslau, die nach kommunistischen Organisationen und Persönlichkeiten benannt waren. Der Rundgang endete mit dem Hinweis, dass die Folgen von 1989 für die polnischen Kommunen im März 1990 greifbar wurden, als mit dem Gesetz zur territorialen Selbstverwaltung vom 8. März eine „demokratische Stadtverwaltung“ eingesetzt wurde und damit „ein neuer Zeitabschnitt der Breslauer Geschichte“ begann.351 Die museale Auseinandersetzung mit den Gewalterfahrungen und der Überwindung der Volksrepublik scheint heute einen ebenso großen Platz in der Geschichtskultur eingenommen zu haben wie der Zweite Weltkrieg. Auch wenn die Dimension der Gewalt während der deutschen und sowjetischen Besatzung unvergleichlich größer war, bilden heute diese und der Widerstand gegen das kommunistische Regime die zentralen Momente der polnischen Geschichtskultur. Dieses Fazit begründet sich auch daraus, dass vor dem Hintergrund der zeitlichen Nähe der Gewalterfahrungen in der Volksrepublik die Musealisierungsprozesse noch direkter biografische Erfahrungen berühren und damit Teil einer „lebendigen Geschichte“ sind, während der Zweite Weltkrieg – trotz der erst seit 1989 möglichen öffentlichen Auseinandersetzung – aus dem Erfahrungshorizont der Ausstellungsmacher und Museumsbesucher rückt.

349 Mutor, Marek: Wstęp. In: Kucharski, Wojciech/Maliniak, Jarosław (Hg.): Solidarny Wrocław. Wystawa zorganizowana z okazji 30-lecia powstania „Solidarności“. Ośrodek Pamięć i Przyszłość. Wrocław 2010, 3, poln. Original: „Zapraszamy do przechadzki tą symboliczną drogą do wolności. Poznajmy wydarzenia, idee i ludzi, bez których nie byłoby wolnej Polski, dzisiejszej Europy, tak pięknego Wrocławia. Niech Solidarny Wrocław poprowadzi nas do spotkania z historią, ale niech też zaintryguje i pobudzi do refleksji o teraźniejszości i przyszłości.“ 350 Zitiert nach Audiokommentar. Vgl. auch Okólska, Halina/Rudka, Szczepan: Raum 24. Alltagsleben in der Volksrepublik Polen 1956–1986, Opposition. In: Łagiewski/Okólska/Oszczanowski (Hg.): 1000 Jahre Breslau, 307–322, hier 315 f. Die Ausführungen beziehen sich auf den Zustand der Dauer­ ausstellung „1000 Jahre Breslau“ vor ihrer umfassenden Ergänzung im Frühjahr 2016. 351 Okólska, Halina: Wir im Spiegel. In: Łagiewski/Okólska/Oszczanowski (Hg.): 1000 Jahre Breslau, 329–334, hier 334.

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Abbildung 30: Die älteste Stadtansicht Breslaus stammt aus der „Weltchronik“ von Hartmann Schedel (1493). Sie wurde im gesamten 20. Jahrhundert in den Breslauer ­Museen ausgestellt.

Die drei thematischen Fallstudien entfalten die museale Interpretation zentraler Aspekte der Breslauer Stadtgeschichte – der Bilder der vormodernen Stadt, ihrer jüdischen Bewohner wie auch zweier einschneidender Kriegsereignisse. Der mehr­ dimensionale Zugriff auf diese Ausstellungen mit Exponaten aus den Breslauer Veduten-, Judaica- und Militaria-Sammlungen erschließt die Geschichtskultur einer deutschen und polnischen Stadt im 20. Jahrhundert. Vor dem Hintergrund des radikalen Umbruchs in der Entwicklungsgeschichte und der so gegensätzlichen Vereinnahmung des lokalen Kulturerbes zur politischen Legitimation überwiegen auf dem ersten Blick die Diskontinuitäten bei der Deutung der Breslauer Stadtgeschichte. Doch die Untersuchung der drei Sammlungsgruppen hat zugleich auch gezeigt, dass hinter diesen Neudefinitionen des Kulturerbes deutliche Konstanten im Umgang mit der lokalen Vergangenheit bestanden, die über den Beginn der nationalsozialis­ tischen Diktatur (1933), das Ende der kommunistischen Herrschaft (1989) und insbesondere auch über den nahezu vollständigen Bevölkerungsaustausch (1945–1948) hinausreichten. Auch ließen sich nach Phasen der Abwesenheit Rückbezüge auf Themen feststellen. Die Ergebnisse aus den drei vorausgegangenen Kapiteln führen zu der Frage, wie sich die hier aufgezeigten thematischen Abbrüche, Kontinuitäten und Rückbezüge in der Gesamtheit der Breslauer Geschichtsausstellungen verorten lassen und inwiefern diese Befunde den Entwicklungen in anderen deutschen und polnischen Städten entsprechen.

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Historische Synthesen: Stadtgeschichtliche Dauerausstellungen im Kontext

Abbildung 31: Der älteste jüdische Grabstein Schlesiens und Polens (1203) stammte von einem aufgelösten Breslauer Friedhof und bildete sowohl zu Beginn wie auch am Ende des 20. Jahrhunderts ein zentrales Exponat in den Ausstellungen zur jüdischen Stadtgeschichte.

In diesem Kapitel steht deshalb vor allem eine doppelte Verknüpfung im Vordergrund: Zunächst geht es um eine Zusammenführung der Ergebnisse aus den drei zuvor untersuchten Sammlungsgruppen – mit einem besonderen Augenmerk auf den Fortbestand und die Wiederaufstellung von historischen Artefakten. Darauf aufbauend wird anschließend das zentrale Format musealer Geschichtskultur untersucht: große stadtgeschichtliche Dauerausstellungen, die eine Synthese der Geschichte versuchen und auffallend selten im deutschen wie auch im polnischen Breslau auszumachen sind. Im Gegensatz zu den thematisch zugespitzten Sonderausstellungen lässt sich anhand der chronologischen Dauerausstellungen besonders differenziert nachvollziehen, wie die Merkmale musealer Stadtgeschichte Kontinuitäten und Neuinterpretationen wie auch Abbrüchen und Rückbezügen unterlagen. Abschließend werden in einem Fazitkapitel die Gesamtergebnisse aus der Breslauer Museumsgeschichte mit den Beispielen anderer mitteleuropäischer Museen abgeglichen und ein Ausblick formuliert. Der zentrale Befund dieser Untersuchung ist der Fortbestand von Kulturgütern in dieser von politischen Umbrüchen und tiefgreifenden Veränderungen geprägten Stadt: Die mehrfache „Neuerfindung“ Breslaus im 20. Jahrhundert war alles andere als vollkommen; sie baute vielmehr auf einem bestehenden materiellen Gerüst einer kulturellen Infrastruktur Niederschlesiens auf, die der musealen Geschichtskultur einen Handlungsrahmen setzte. Im Mittelpunkt der vorangegangenen Untersuchung standen drei Sammlungsgruppen, die zentrale Themen stadtmusealer Geschichtskultur darstellen.

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Die erste thematische Fallstudie hat gezeigt, wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Reaktion auf die umfassende bauliche Modernisierung der mitteleuropäischen Städte die Sehnsucht nach dem alten vormodernen Stadtbild wuchs. Sie legte die Grundlage für die bisher am längsten gezeigte Breslauer Geschichtsausstellung: „Alt-Breslau“ (1908–1932). Beginnend beim ältesten Stadtpanorama Breslaus waren historische Stadtansichten aus dem 15. bis 18. Jahrhundert im Breslauer Ausstellungswesen während des gesamten 20. Jahrhunderts durchgängig anzutreffen, sie markieren damit eine der konstantesten Objektgruppen. Bereits seit 1905 präsentierte das Museum mit alten Ansichten eine von Nostalgie geprägte Geschichte einer Stadt, wie sie vermeintlich zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit ihren Gassen, Kanälen und Stadtmauern existiert hatte. Nach dem Zweiten Weltkrieg zeigten die Ausstellungen im nunmehr polnischen Breslau ebenfalls mit Kupferstichen und Gemälden eine vormoderne Stadt des 18. Jahrhunderts, mit Hilfe derer an die vorpreußische Zeit erinnert werden sollte, da diese als Vorlage für den Wiederaufbau der 1945 zerstörten Altstadt diente. Historische Fotografien visualisierten in den Ausstellungen zunächst nur Bilder einer zerstörten Stadt, wie sie von den ankommenden polnischen Siedlern in der Nachkriegszeit vorgefunden wurde. Die Präsentation historischer Fotografien der deutschen Stadt um 1900 öffnete daher in den Jahren seit dem politischen Umbruch von 1989 den Blick auf bisher wenig bekannte Aspekte der Stadtgeschichte, die die Grundlage zu einem neuen Umgang mit der städtischen Vergangenheit bereiteten. Die Fallstudie zu den Judaica-Sammlungen hat deutlich gemacht, dass deren Präsentation im Gegensatz zu den Stadtansichten einer besonders großen Diskontinuität unterworfen war. Der Umgang mit den Sammlungen zur jüdischen Kulturgeschichte steht dabei sinnbildlich für die Zugehörigkeit und den Ausschluss eines bedeutenden Teils der Breslauer Stadtbevölkerung. Das städtische Museum unterstützte seit 1928 tatkräftig die Pläne zum Aufbau eines Jüdischen Museums und legte mit seiner Sonder­ ausstellung (1929) die Grundlage für eine museale Manifestation der verflochtenen 800-jährigen christlich-jüdischen Regionalgeschichte. Einen unvergleichlich radikalen Umbruch markierte der Ausschluss der jüdischen Breslauer aus der Stadtgesellschaft nach 1933. In dessen Folge bestand bis 1938 ein selbständiges Jüdisches Museum in einer zunehmend feindlichen Umgebung. Nach den deutschen Vernichtungs- und Gewaltexzessen im Zweiten Weltkrieg sah sich die große Gruppe der jüdischen Polen im nunmehr polnischen Breslau alsbald mit dem exkludierenden Paradigma eines homogenen Nationalstaates konfrontiert, das die Schließung eines jüdischen Pavillons auf der Breslauer Großausstellung der „Wiedergewonnenen Gebiete“ (1948) erzwang. Vor diesem Hintergrund war es besonders bemerkenswert, dass das deutsch-jüdische und polnisch-jüdische Kulturerbe noch vor dem Zusammenbruch der Volksrepublik Polen wieder in die Museen zurückkehrte. Der verfallene Alte Jüdische Friedhof mit dem ältesten jüdischen Grabstein Polens avancierte zu einer Museumsabteilung über die deutsch-jüdische Geschichte Breslaus und legte nach fast 40 Jahren den Grundstein für die Rückkehr jüdischer Kulturgeschichte in die Breslauer Sonder- und Dauerausstellungen.

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Die dritte thematische Fallstudie, zu den Breslauer Waffensammlungen, wurde wiederum von einer hohen Beständigkeit geprägt, denn Militaria als Relikte kriegerischer Ereignisse fanden sich in nahezu allen umfassenden kulturgeschichtlichen Ausstellungen seit dem 19. Jahrhundert. Einem deutlichen Wandel unterlagen hier vor allem die einzelnen historischen Anknüpfungspunkte: Im deutschen Breslau stand neben der Verteidigung Breslaus in den Hussitenkriegen im 15. Jahrhundert vor allem der Ursprung der antinapoleonischen Befreiungskriege in Breslau (1813) im Mittelpunkt der Geschichtskultur; herausragend war in diesem Zusammenhang die große, überregional beachtete Jubiläumsausstellung von 1913. Der Versuch, ein „Weltkriegsmuseum“ während des laufenden Krieges aufzubauen (1915), war ebenfalls eine Breslauer Besonderheit, die allerdings an der Finanzierung scheiterte. Besonders im nationalsozialistischen Breslau stützten die alten Waffensammlungen eine „kriegerische“ Geschichtsinterpretation, die den Zielen einer neuen Expansionspolitik diente. Im polnischen Breslau existierte bereits in der frühen Nachkriegszeit für fünf Jahre ein Museum der Polnischen Armee (1947–1952), welches Waffen aus der Geschichte Schlesiens und Zentralpolens versammelte. Die Waffensammlungen zur Geschichte Niederschlesiens dagegen konzentrierten sich vor allem auf den Zweiten Weltkrieg: Die Musealisierung der sowjetisch-polnischen Inbesitznahme Breslaus nach einer mehrmonatigen Belagerung (1945) wurde seit den 1960er Jahren fortlaufend ausgebaut. Zu ihren Höhepunkten zählte ein unterirdisches Museum zur „Festung Breslau“ (1975–1980) in den Kasematten des Partisanenhügels (poln. Wzgórze Partyzantów, ehemals Liebichshöhe). Eine Unterbrechung erfuhr die Musealisierung der polnischen Aufstands- und Militärgeschichte während der Zeit des „Kriegsrechts“ (1981–1983), da die Führung der Volksrepublik fürchtete, dass die Militariamuseen als Reservoir für einen Aufstand genutzt werden könnten. Die Breslauer Stadtgeschichte am Ende des Zweiten Weltkrieges blieb auch nach 1989 das zentrale historische Ausstellungsthema, ihre Deutung erlebte allerdings eine deutliche Differenzierung: Neben dem Kampfgeschehen und dem Wiederaufbau fanden auch die Opfer sowjetischer Verfolgung und die Vertreibung der deutschen Bevölkerung Beachtung. Vor diesem Hintergrund lässt sich die erste große stadtgeschichtliche Dauerausstellung (2009) als eine Synthese der bisherigen Museumspraxis begreifen, da in ihr neben dem Kampf um Breslau im Zweiten Weltkrieg nach 65 Jahren auch der Breslauer Ursprung der Befreiungskriege wieder museal gewürdigt wurden. Die Aufstellung eines aus Warschau zurückgewonnenen Schildes der Stadtwache aus den Hussitenkriegen zeugt von der Wiederanknüpfung an zeitweise abwesende Themen. Diese Befunde verdeutlichen, wie neben den thematischen Kontinuitäten und Neuinterpretationen auch die Rückbezüge die Musealisierung der Breslauer Stadtgeschichte prägten. Um die wandelnden Selbstbilder dieser ostmitteleuropäischen Stadt in ihrer Gesamtheit zu betrachten, werden die Ergebnisse der Fallstudien in den Rahmen stadtgeschichtlicher Dauerausstellungen eingeordnet. Als Dauerausstellungen werden hier unabhängig vom Zeitraum ihrer Präsentation museale Synthesen der Stadtgeschichte begriffen. Diese inhaltlich breiten Dauerausstellungen zeigen im Gegensatz zu den themenspezifischen Sonderausstellungen ungemein deutlich die Ausgestaltung der jeweils leiten-

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den Erzählungen in den verschiedenen Definitionsphasen des Breslauer Kulturerbes. Zunächst ist bemerkenswert, dass es im gesamten 20. Jahrhundert, einschließlich der folgenden Dekade, nur vier synthetisierende Geschichtsausstellungen gegeben hat. Die hier untersuchten Ausstellungen stammen aus den Jahren 1935, 1954, 1980 und 2009: Unter den Titeln dieser vier chronologischen Dauerausstellungen werden die Konstruktionen historischer Gesamterzählungen in den Blick genommen. Damit wird im Folgenden zusammengefasst, wie die Breslauer Geschichtsmuseen in vier Epochen des 20. Jahrhunderts die lokale Vergangenheit museal interpretierten. Hierbei stehen vor allem die Inhaltsebene und die politische Absichtsebene im Mittelpunkt der Untersuchung, also die in den Ausstellungen verankerten Narrative und ihre Botschaften. Die Formsprache und die öffentliche Wahrnehmung der Ausstellungen können in diesem Gesamtvergleich dagegen nicht in gleicher Ausführlichkeit wie bei den vorangegangenen thematischen Zugriffen behandelt werden. In Verbindung mit den Befunden aus den drei Themenkapiteln entfaltet sich hier die breite Entwicklungsgeschichte stadthistorischer Ausstellungen in der deutsch-polnischen Metropole.

7.1. Museumsobjekte als „Kronzeugen des Deutschtums“ – Die Musealisierung der Stadtgeschichte im Kaiserreich, in der Weimarer Republik und im ­ NS-Staat (1900–1945) Der Ausgang des Ersten Weltkriegs ermöglichte die Wiederentstehung eines unabhängigen polnischen Staates, dessen künftige Grenzen zunächst ungeklärt blieben. Großpolen sagte sich bereits im Dezember 1918 von Preußen los, und auch in Schlesien stellte sich die Frage nach der staatlichen Zugehörigkeit der Region.1 Dieser politische Druck hatte unmittelbare Folgen für die Definition von Regional- und Lokalgeschichte. In Breslau verschärfte sich das nationale Paradigma bei der Interpretation von Stadtgeschichte hinsichtlich seiner slawischen und polnischen oder germanischen und deutschen Anteile: Geschichtsausstellungen wurden zunehmend als politische Instrumente historischer Beweisführung konzipiert, wie dies die Breslauer Oberschlesienausstellung von 1919 deutlich vor Augen führte.2 In der Zwischenkriegszeit versuchten sowohl deutsche als auch polnische Historiker Argumente für Gebietsansprüche anzuführen. Wie bereits gezeigt, war Breslau hier eines der Zentren antislawischer Grenzlandrhetorik.3 Die Breslauer Dauerausstellungen blieben allerdings noch bis in die frühen 1930er Jahre relativ frei von politischer Propaganda. Dies lag nicht an der Ablehnung staatlicher 1

Borodziej: Geschichte, 97–110, 120–123. Zum polnischen „Westgedanken“ und verschiedenen Konzepten eines polnischen Staates am Ende des Ersten Weltkrieges vgl. Gehrke: Der polnische Westgedanke, 282–289, 302–309. Zum „Westgedanken“ in der polnischen Geschichtswissenschaft nach dem Zweiten Weltkrieg vgl. Strauchold: Myśl, 195–253. 2 Masner/Eggers: Führer, Störtkuhl: Moderne Architektur, 136. 3 Jaworski, Rudolf: Deutsche Ostforschung und polnische Westforschung in ihren historisch-politischen Bezügen. In: Piskorski/Hackmann/Jaworski (Hg.): Deutsche Ostforschung, 11–23. Zur Breslauer „Ostforschung“ vgl. auch Mühle: Für Volk, 189–235.

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Politik durch die Museumsdirektoren, sondern war vielmehr noch eine Folge des alten, nach Objektgattungen geordneten Ausstellungsprinzips. Die chronologische Reihung für eine stärkere politisch-argumentative Gewichtung der Exponate setzte sich erst in der Zwischenkriegszeit als neues Ausstellungsprinzip durch. Wie bei vielen kulturhistorischen Museen reichen auch die Breslauer Ausstellungen noch ins 19. Jahrhundert zurück – mit ihren traditionsreichen Sammlungen von Gemälden und Skulpturen, Waffen und Münzen aus den Nachlässen wohlhabender Patrizier.4 Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war neben dieser nach Sachgruppen geordneten Kulturgeschichte Schlesiens eine stadtgeschichtliche Entwicklung nur in einer einzigen Abteilung des Schlesischen Museums für Kunstgewerbe und Altertümer zu finden: Diese 1908 eröffnete Dauerausstellung mit dem nostalgischen Titel „Alt-Breslau“ war fast 25 Jahre lang zu sehen und war aus Debatten um die Breslauer Baupolitik hervorgegangen. Die Analyse dieses ersten Fallbeispiels aus den Sammlungen alter Stadtansichten hat gezeigt, dass es sich hierbei um eine erste chronologisch geordnete Ausstellung mit Stadtansichten, Gemälden und Karten handelte. Die Gemäldegalerie bot nicht nur einen Einblick in Breslaus „große Zeit“ als wohlhabendes Handelszentrum unter österreichischer und preußischer Herrschaft, sondern war dezidiert dem Erscheinungsbild der Breslauer Altstadt gewidmet und beklagte den Verlust des historischen Stadtbildes als Folge der Entwicklung zu einer Großstadt im 19. Jahrhundert. Damit lässt sich die Ausstellung als Ausdruck der jungen Denkmal- und Heimatschutzbewegung begreifen, die damals ganz Deutschland erfasste.5 Als eine stadtgeschichtliche Synthese kann sie aber nicht bezeichnet werden, denn auch diese Schau unterlag noch der getrennten Präsentation einzelner Sammlungsgruppen: Münzen wurden im Münzkabinett und Waffen in der Waffenkammer gezeigt, ohne einen Bezug zum chronologischen Ablauf der Stadt- oder Regionalgeschichte herzustellen – eine Ausnahme bildete lediglich die archäologische Abteilung.6 Da das Museum den überwiegenden Teil seiner Sammlungen in Sachgruppen versammelte, erschloss sich die historische Bedeutung dieser Relikte oftmals nur dem gebildeten Besucher. Das deutsche Breslau hatte kein Stadtmuseum im Sinne eines Heimatmuseums, einer Institution für die lokale Geschichte. Am Ende des 19. Jahrhunderts war die kommunale Einrichtung des Schlesischen Museums für Kunstgewerbe und Altertümer (1899) als Pendant zum Schlesischen Museum der Bildenden Künste (1880) gegründet worden, das der Provinz unterstand. Wie bereits die Namen besagten, standen hier die Kunst und die Kulturgeschichte Schlesiens im Mittelpunkt. Die Geschichte der Hauptstadt Breslau blieb über diese regionalgeschichtlichen Abteilungen verteilt und machte sich nur 4 Houszka: Prehistoria, 11–24; Garber: Das alte Breslau, 199–225, 421–440. 5 Vgl. in der vorliegenden Untersuchung das Unterkapitel 4.1 („Die Museumsabteilung ‚Alt-Breslau‘ von 1908“). 6 Die archäologische Sammlung wurde seit Gründung des Museums (1899) nicht nach Objektgattungen, sondern in chronologischer Folge ausgestellt. Vgl. Seger, Hans: Führer durch die Vorgeschichtliche Abteilung und das Antikenkabinett. Schlesisches Museum für Kunstgewerbe und Altertümer. Breslau 1920: 4; Zotz, Lothar F.: Meisterwerke schlesischer Vorzeit. Breslau 31940 [11938] (Kunstsamm­lungen der Stadt Breslau. Kurzführer 1).

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an einzelnen Sammlungsgruppen wie den Relikten des Breslauer Zunftwesens (Handwerksstände), der Skulpturen aus den Breslauer Kirchen, den Waffen der Breslauer Stadtgarde oder an alten Stadtansichten fest. Nach Gründung der Weimarer Republik (1918/19) stellte das zum Schlossmuseum (seit 1926) umfunktionierte Residenzschloss der preußischen Könige in einigen Räumen wichtige Bezüge zur preußischen Geschichte Breslaus her, insbesondere zu seiner Rolle während der Befreiungskriege (1813–1815).7 Die Zuspitzung der Stadt- und Regionalgeschichte zum politischen Argument – insbesondere im Streit um die neuen deutsch-polnischen Grenzen Schlesiens – schlug sich daher bis Anfang der 1930er Jahre nur in sehr geringem Maße auf das behäbige Museumswesen in Breslau nieder. Ausgenommen von dieser Zurückhaltung waren allerdings die überregional beachteten und geradezu spektakulären Sonderausstellungen: Während die von 4,6 Millionen Gästen besuchte „Jahrhundertfeier der Freiheitskriege“ (1913) Breslaus Anteil an der deutschen Nationalgeschichte unterstreichen sollte, reagierte die kurzfristig anberaumte Ausstellung „Arbeit und Kultur in Oberschlesien“ (1919) auf den deutsch-polnischen Grenzkonflikt in der benachbarten Region. In dieser Reihe historischer Großausstellungen sind auch die nicht verwirklichten Pläne für ein „Museum des Weltkrieges“ (1915) beachtenswert, da dieses von der politischen Absicht getragen war, dauerhaft ein überregionales Kriegsmuseum in der Stadt zu etablieren. Insgesamt wurden im Breslauer Museumswesen nur vereinzelt Forderungen laut, Dauerausstellungen als „politische Angelegenheit“ einzurichten. Ein viel diskutierter Anlass hierfür bot insbesondere seit 1929 das neue „Schlesische Museum“ im polnischen Kattowitz. Des Konflikts um die deutsche und polnische Vereinnahmung des Kulturerbes Oberschlesiens nahm sich allerdings vor allem das „Grenzlandmuseum“ in Beuthen an.8 Den Breslauer Museumsleuten hingegen erschien es wesentlich dringlicher – in der Weimarer Republik wie auch bereits im Kaiserreich –, Richtung Westdeutschland dem ungeliebten Klischee zu begegnen, Breslau sei eine kulturell unterentwickelte, „provinzielle“ oder „östliche“ Stadt. Bereits 1913 sollte die Großausstellung zur „Jahrhundertfeier der Freiheitskriege“ vom „weltgeschichtlichen Ruhm“ Breslaus künden.9 Doch im Bereich der Kunst und des Kunstgewerbes sahen sich die Museumsmitarbeiter auch später noch zu einer Entgegnung gezwungen: „Schlesisches Kunstgewerbe – das klingt noch oft als Entschuldigung und Tadel.“ Mit diesen Worten führte der langjährige Museumsdirektor Karl Masner in seine Betrachtungen über die regionalen Kulturleistungen ein, die sich durchaus auch in Schlesien „neuschöpferisch und 7 Vgl. in der vorliegenden Untersuchung das Unterkapitel 6.1 („Breslaus Kriegsausstellungen 1900– 1945“). 8 Rohrer, Wiebke: Archäologie und Propaganda. Die Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie in der deutschen Provinz Oberschlesien und der polnischen schlesischen Wojewodschaft zwischen 1918 und 1933. In: Berichte und Forschungen 12 (2004) 123–178, hier 136–139; Roth: Heimatmuseum, 164 f.; Störtkuhl: Moderne Architektur, 304–311. Zur Politisierung der Geschichte Oberschlesiens vgl. Ein deutsches Abstimmungsmuseum? Die politische Tendenz des Kattowitzer Museums. In: Schlesische Zeitung am 24. September 1930; Haubold-Stolle, Juliane: Mythos Oberschlesien. Der Kampf um die Erinnerung in Deutschland und Polen 1919–1956. Osnabrück 2008, 83–107. 9 Masner/Hintze: Die Historische Ausstellung, 1.

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selbstständig gezeigt“ hätten.10 Auch andere Stimmen versuchten zu differenzieren, dass diese „Rückständigkeit“, die „Breslau im Urteil“ zugesprochen werde, höchstens auf das 19. Jahrhundert, nicht jedoch auf frühere und spätere Phasen zutreffe.11 Daher sei „der Fremde, der die Hauptstadt Schlesiens zum ersten Male betritt, […] überrascht von den vielen malerischen Teilen der Altstadt. […] Breslau ist nicht so arm an Kunst – alter und neuer – wie die meisten glauben, die es nicht kennen.“12 Die städtischen Kultureliten entwickelten eine sehr offensive Rhetorik der Betonung der schlesischen „Kulturleistungen“; zusammen mit dem vermeintlichen Eindruck einer politischen Bedrohung als Region an der östlichen Landesgrenze wurden vermehrt diese „Kulturleistungen“ als ausschließlich deutsche Verdienste dargestellt. So fanden sich 1927 unter den Beiträgen zur „Kunst in Schlesien“ Vorboten des aggressiven, völkischen Nationalismus: „Von Deutschland hat es [Schlesien] alle entscheidenden Anregungen empfangen […]. In geistiger Hinsicht war das Slawentum völlig steril.“13 Im Gegensatz zu den polnischen Schlesiern wurde die kulturelle Zugehörigkeit der jüdischen Schlesier im Museumswesen vor 1933 noch nicht öffentlich in Zweifel gezogen. 1929 entwickelte sich sogar zunächst eine gegensätzliche Tendenz, wie am Beispiel der großen Sonderausstellung „Das Judentum in der Geschichte Schlesiens“ gezeigt wurde. Diese Präsentation von 800 Jahren jüdisch-schlesischer Geschichte demonstrierte die historische und kulturelle Zugehörigkeit der drittgrößten jüdischen Gemeinde Deutschlands zur Stadtgesellschaft. Demgegenüber ließen sich die Pläne für ein dauerhaftes Jüdisches Museum in Breslau zynischerweise erst 1933 mit dem erzwungenen Ausschluss des Jüdischen Museumsvereins aus dem städtischen Museum realisieren. Diese Breslauer Museumsinstitution blieb während der fünf Jahre ihres Bestehens, bis zu ihrer gewaltsamen Schließung beim Pogrom von 1938, vor allem ein Ort innerjüdischer Selbstvergewisserung.14 Die nationalsozialistische Kulturpolitik hatte seit 1933 unmittelbare Folgen für das Breslauer Museumswesen. Der im gleichen Jahr neu berufene Direktor Heinrich Kohlhaußen (1894–1970)15 begann mit einer umfassenden Neuordnung der alten Daueraus10 Masner, Karl: Das Kunstgewerbe. In: Grisebach, August/Grundmann, Günther/Landsberger, Franz: Die Kunst in Schlesien. Berlin 1927, 255–292, hier 255 f. 11 Mit den früheren und späteren Phasen bezieht sich Landsberger auf das regionale Kunsthandwerk aus dem 14.–18. Jahrhundert wie auch auf die moderne Kunst und Architektur zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Vgl. Landsberger, Franz: Breslau. Leipzig 1926, 1. 12 Buchwald, Conrad: Kunst und Kunstgewerbe in Breslau. In: Hallama, Georg: Breslau. Deutschlands Städtebau. Berlin 1921, 42–45, hier 42. 13 Laubert, Manfred: Schlesiens geschichtliche Entwicklung. In: Grisebach/Grundmann/Landsberger: Die Kunst, 23–54, hier 49. 14 Vgl. in der vorliegenden Untersuchung die Unterkapitel 5.1 („Der Auftakt zu einem Jüdischen Museum in Breslau“) und 5.2 („Ein Haus der jüdischen Geschichte Schlesiens im nationalsozialistischen Breslau“). 15 Die Berufung des bisher am Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe tätigen Heinrich Kohlhaußen ist nicht unmittelbar auf die neue NS-Kulturpolitik zurückzuführen, denn Kohlhaußen hatte sich bereits 1928 und 1930 in Breslau beworben und war vom langjährigen Museumsdirektor Karl Masner bei dessen Rücktritt im Frühjahr 1933 vorgeschlagen worden. Vgl. APWr, Wydział Samorządowy Prowincji, 1156, Bl. 222–4; APWr, Akta Miasta Wrocławia, 32500, Bl. 200. Vgl. auch Kaczmarek-Löw: Heinrich Kohlhaußen, 77.

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stellungen zum Kunsthandwerk sowie zur Handwerks- und Kulturgeschichte. In einer stärker chronologischen Ordnung und narrativen Dimensionierung sollten die Museumsobjekte auch für die breite Bevölkerung verständlich werden – und zugleich eine stärker politische Sinnstiftung erhalten. Allerdings waren die Pläne zur Neuordnung der altmodisch überfüllten Breslauer Sammlungen bereits in der Weimarer Republik entwickelt worden und orientierten sich an den Theorien der musealen Volksbildungsbewegung, die der Hamburger Museologe Alfred Lichtwark (1852–1914) bereits 1903 formuliert hatte.16 1930 stellte der Direktor des Schlesischen Museums der Bildenden Künste zum Handlungsbedarf der Breslauer Ausstellungshäuser fest: „Unsere Museen haben mit dem raschen Wandel des Lebensgefühls in den letzten zwei Jahrzehnten nicht Schritt zu halten vermocht.“17 Neben der alten Forderung einer Trennung der Studien- von der Schausammlung, also der befreienden Konzentration der Ausstellungsräume auf zentrale Exponate, gehörte dazu auch eine neue Orientierung am Publikum, die das Museum als eine „Art Volkshochschule zur Vermittlung der Erkenntnis künstlerischer und kultureller Werte“ begreife. Die Museumsobjekte sollten nicht mehr nur „fachhistorisch“ versammelt, sondern für ein breiteres Publikum „populärwissenschaftlich“ geordnet werden.18 Nach 1933 wurden diese Pläne zu einem neuen „Verhältnis von Schausammlung zur Öffentlichkeit“19 allerdings zusätzlich mit der Ideologie nationalsozialistischer Propaganda aufgeladen. Die Neukonzeption des neuen Museumsdirektors bestand aus einer „kulturgeschichtliche[n] Ordnung, die sowohl dem Verständnis des Besuchers am weitesten entgegenkommt als auch der weitgespannten Erziehungsabsicht unserer Tage“.20 Für die modernistische Formsprache der neugeordneten Ausstellungen, des 1935 eröffneten Mittelalter- und des Kirchen-Saals, erhielt Kohlhaußen große Annerkennung auf der Pariser Weltausstellung 1937. Die ideologische Implikation der Redimensionierung darf dabei allerdings nicht außer Acht gelassen werden. Seine Propagandaabsicht tritt besonders deutlich in einem ersten populären, handbuchartigen Führer durch alle Sammlungen zutage, der 1935 unter dem Titel „Schlesischer Kulturspiegel“ erschien: „Dieses kleine Bilderbuch lade […] ein, […] im Spiegel des Museums das Bild des verkannten Schlesien zu sehen.“21 Die Gliederung des chronologisch geordneten Samm16 Roth: Heimatmuseum, 18 f.; Thamer: Geschichte, 376 f.; Hartung: Kleine deutsche Museumsgeschichte, 35 f. 17 Wiese, Erich: Die Breslauer Museumsfrage. In: Breslauer Neueste Nachrichten am 19. Januar 1930. 18 Wiese: Die Breslauer Museumsfrage; Kaczmarek-Löw: Heinrich Kohlhaußen, 79. Zu den Ansätzen für eine Modernisierung der Museen in der Weimarer Republik vgl. Hartung: Kleine deutsche Museumsgeschichte, 16 f. 19 Der Direktor des SMfKuA erläuterte ausführlich seine Neukonzeption auf einer Tagung des Internationalen Museumsverbandes in Freiburg/Br. am 27. August 1936. Vgl. Kohlhaußen, Heinrich: Die heutigen Aufgaben der deutschen Kunstsammlungen. Breslau 1936, 3. 20 Kohlhaußen: Museen, 8. Zur Neuordnung betonte Direktor Kohlhaußen: „Es ist das Bestreben, den großartigen Ablauf künstlerischer Entwicklung innerhalb Schlesiens und seine Verbindungen mit der Außenwelt klar zu machen und überall möglichst die großen einheitlichen Linien zum Ausdruck zu bringen. Deswegen ist auf die vielen kleinen Gruppen und Grüppchen von Sonderausstellungen zu verzichten.“ Kohlhaußen, Heinrich: Verwaltungsbericht für das Jahr 1933/34: MNWr, SMfKuA, I/4, Bl. 51. 21 Kohlhaußen: Schlesischer Kulturspiegel, 7.

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lungsüberblicks reflektiert die frühgeschichtlichen und kunsthandwerklichen Schwerpunkte der Sammlungen. Ergänzt um die ausgestellten Waffen, Münzen, Gemälde und weitere Bestände wurde in zwölf Kapiteln ein „Überblick über die gesamte schlesische Kulturentwicklung, von der Vorzeit bis in unsere Tage“22 geschaffen: „Vorzeit, Germanen und Römer, Mittelalter, Ritterliche Kultur, die bürgerliche Zeit – Breslau, die Handwerker, Humanismus und Renaissance, das Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges, das Barock – zwischen Dreißigjährigem und Siebenjährigem Krieg, Schlesien und der Orient, Bauernkunst – Volkskunst, von Friedrich dem Großen bis heute“. Der hier sichtbare Interpretationsrahmen lag eindeutig auf einer nationalistisch verengten Kulturträgertheorie, nach der Schlesien seine kulturellen Entwicklungen allein einer „vielhundertjährigen deutschen Aufbauarbeit im Osten“ verdanke. Das Handbuch erläuterte die vielfältigen Sammlungen als „Kronzeugen unseres früheren Schlesischen Deutschtums“.23 Die vielfältigen kulturellen Einflüsse in der schlesischen Entwicklungsgeschichte, die polnisch-böhmisch-habsburgischen Herrschaften über vielsprachige Bevölkerungen im vornationalen Zeitalter, interpretierte der reduzierte Blick als eine Abfolge der Zugehörigkeit zu Nationen. Ein besonderes Augenmerk legte das Heft auf ein zentrales deutsch-polnisches Streitthema in der Frühgeschichte, nämlich auf die wissenschaftlich kaum belegbare Behauptung, Schlesien sei vor seiner slawisch-polnischen Frühgeschichte „germanisch“ gewesen und damit „deutsch“:24 „Nie war Schlesien ein in sich ruhendes Land, sondern meist Teil eines größeren Ganzen. Schon in der Urzeit und dann wieder vom späten Mittelalter ab Nordprovinz donauländischer Völkerschaften, im frühen Mittelalter Westbezirk eines Ostreiches (Polen), im hohen Mittelalter Ostprovinz eines Westreiches (Böhmen) und unter den Germanen sowie von Friedrich dem Großen ab Südprovinz eines Nordreiches.“25 Diese Publikation stellte eine erste regionalgeschichtliche Synthese dar, die auf den Museumssammlungen beruhte und einen starken Schwerpunkt auf die Stadtgeschichte Breslaus legte. Der vielversprechende Schein des Heftchens trog allerdings, denn große Teile der Sammlung waren zu jenem Zeitpunkt nur auf dem Papier neu geordnet. Unter dem letzten Direktor der „Kunstsammlungen der Stadt Breslau“, Gustav Barthel (1903– 1972), sollten große Teile der Museumsbestände in neuen thematischen Sachgruppen eine Sinnstiftung finden, die noch deutlicher einer deutschnationalen und völkischen Geschichtsinterpretation entsprach. Seit 1937 entstanden die neu erarbeiteten Abteilungen „Meisterwerke Schlesischer Vorzeit“, „Wiederbesiedelung Schlesiens durch deutsche Siedler im hohen Mittelalter“ und anschließend die Räume zu „Schlesisches Handwerk – Zünfte und Innungen“ und „Breslauer Sammler, Gelehrte und Förderer der Kunst“ sowie bereits 1935 „Bauerntum in Schlesien – Wesen und Leistung im Grenz22 Rundschreiben von Kohlhaußen zum Schlesischen Kulturspiegel, 18. Oktober 1935: MNWr, SMfKuA, I/187, Bl. 9. 23 Kohlhaußen: Schlesischer Kulturspiegel, 7, 14. 24 Rohrer: Archäologie, 128–134, 149–151, 158–168; Born, Robert: Germanen- und Slawenbilder. Formen und Strategien der Vermittlung archäologischer Erkenntnisse im Spannungsfeld von Wissenschaft und Politik von 1918–1939. In: ders./Labuda/Störtkuhl: Wizualne konstrukcje, 423–439, hier 433 f. 25 Kohlhaußen: Schlesischer Kulturspiegel, 16 f.

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land“.26 Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges dominierten die alten, gattungsspezifischen Sammlungen des Kunsthandwerks die regionalgeschichtlichen Abteilungen – nur die Frühgeschichte bis zum späten Mittelalter konnte in einer zeitlichen Entwicklungslinie besichtigt werden, wie Barthel betonte, „um auf diese Weise, den geschichtlichen Ablauf, den Übergang von der germanischen Zeit über die slawische und wikingische Epoche zur deutschen Entwicklung ohne Unterbrechung zu zeigen“.27 Die völkische Sinnstiftung der frühgeschichtlichen und kulturgeschichtlichen Sammlungen kommt in dieser Absicht deutlich zum Ausdruck. Um dem Stückwerk der Breslauer Museumspräsentationen eine Orientierung zu verleihen, versuchte die Stadt Breslau 1938 in einer Tourismusbroschüre durch eine Mischung von Entwicklungsgeschichte und kunsthistorischen Epochen eine Chronologie vorzunehmen: Die Sammlungen „teilen sich auf die beiden Häuser in der Weise auf, daß das Museum Graupenstraße 14 [Ständehaus am Schlossplatz] die Sammlungen der Vor- und Frühgeschichte, der Zeit der deutschen Ostsiedlung, des Mittelalters, der Renaissance und des Barocks bis zum Ende der Habsburgischen Herrschaft enthält, das Schlossmuseum neben den historischen Wohnräumen der preußischen Könige die Sammlungen aus dem Zeitalter Friedrichs des Großen, der Zeit der Freiheitskriege, des Biedermeier bis zum Jugendstil.“28 Diese rhetorische Verknüpfung zeigt einmal mehr nicht nur die Sammlungsvielfalt des Museums, sondern macht auch deutlich, dass Breslau zu deutscher Zeit über keine chronologische, entwicklungsgeschichtliche Ausstellung, weder zur lokalen noch zur regionalen Vergangenheit, verfügte. Der „Schlesische Kulturspiegel“ war hier das weitreichendste Beispiel einer „konzeptionellen“ Chronologie, die das regionale Kulturerbe in den Dienst politischer Ziele stellte. In einem Rundschreiben betonte der Museumsdirektor Kohlhaußen 1935 die geschichtspolitische Absicht seines Werkes gegen die polnischen Nachbarn, obwohl zur gleichen Zeit, wie zuvor ausgeführt,29 auf staatsoffizieller Ebene ein intensiver Kulturaustausch mit Polen gepflegt wurde und auch das Breslauer Museum seinen „Kulturspiegel“ als Freiexemplar mit freundlichen Worten an das Großpolnische Museum nach Posen30 sandte: „Die außerordentlich weitgehenden Maßnahmen der Polen und Tschechen auf dem Gebiet ihrer nationalen Kulturpolitik, die immer wieder das von ihnen umgebene Schlesien auf kulturellem Gebiete, durch Broschüren und Bücher, neue Museumsgründungen usw., für sich beanspruchen, dürfen nicht gedankenlos hin26 Zu den neuen Abteilungen der Dauerausstellung vgl. Barthel: Die Kunstsammlungen, 296–307; Zotz: Meisterwerke; Meyer-Heisig, Erich: Bauerntum in Schlesien. Wesen und Leistung im Grenzland. Breslau 1938 (Kunstsammlungen der Stadt Breslau. Kurzführer 2); ders.: Schlesische Bauernkunst. Zur Neuaufstellung der Sammlung des Breslauer Kunstgewerbe-Museums im Schloß. In: Schlesische Zeitung am 3. März 1935; Gündel, Christian: Thomas Rehdiger. Ein Jahrhundert großer Breslauer Gelehrter, Sammler und Förderer der Kunst 21941 [11940] (Kunstsammlungen der Stadt Breslau. Kurzführer 3). 27 Barthel: Die Kunstsammlungen, 297. 28 Verkehrsamt der Stadt Breslau (Hg.): Kunstsammlungen der Stadt Breslau. Breslau 1938, [1]. 29 Vgl. in der vorliegenden Untersuchung das Kapitel 6.2 („Die Ausstellung ‚Wehrhaftes Deutschland von 1936‘“). 30 Dyrektor Muzeum Wielkopolskiego w Poznaniu, 14. November 1935: MNWr, SMfKuA, I/187, 109.

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genommen werden. Indem wir alle selbst die rechte Vorstellung von der reichen Entwicklung und der Art unserer heimatlichen Kultur haben und sie anderen vermitteln, wirken wir gegen alle zersetzenden fremden Angriffe auf dem gesamten Gebiete kultureller Propaganda.“31 In den folgenden Jahren bis zum Kriegsende fand die nationalsozialistische Ideologisierung der Museumsarbeit ihren Niederschlag in einer ganzen Reihe der bereits genannten Dauerausstellungen und auch Sonderausstellungen mit landesweit typischen Titeln der NS-Kulturpolitik32 wie „Sippenforschung in Schlesien“ (1934), „Germanen über Europa“ (1936) und der bereits besprochenen Ausstellung „Wehrhaftes Deutschland – Schlesien im Ansturm der Zeiten“ (1936).33 Aber auch unscheinbare Sammlungsgruppen wie die Münzsammlung erfuhren in Sonderausstellungen starke antislawische und antisemitische Ideologisierungen, so in der besprochenen Präsentation „Geprägte Geschichte Schlesiens“ (1939).34 Die Wiederaufrüstung und Militarisierung der deutschen Gesellschaft im NS-Staat, wie sie die hier untersuchte Sonderausstellung „Wehrhaftes Deutschland“ propagierte, hatte auch Konsequenzen für die Ausstellungen im ehemaligen Residenzschloss der preußischen Könige und im alten Kunstgewerbemuseum. Sie interpretierten die Geschichte Schlesiens als eine kriegerische Erfolgs­ geschichte im Kampf gegen slawische Nachbarn und andere äußere Bedrohungen. Ihnen zufolge bildete Breslau nicht nur den vielfach beschworenen Ursprungsort der antinapoleonischen Befreiungskriege von 1813, sondern gleichsam eine dauerhaft bedrohte „Festung“. Diese Überspitzung aggressiver und nationalistischer Narrative leitete die deutsche Vernichtungspolitik des Zweiten Weltkrieges und damit den Untergang des deutschen Breslau ein. Die Stadtgeschichte blieb bis zuletzt nur bruchstückhaft im Breslauer Museumswesen repräsentiert.

7.2. Eine neue Geschichte Schlesiens – Die Musealisierung der Stadtgeschichte in der frühen Volksrepublik (1945–1956/60) Wie andere ehemals ostdeutsche Städte erlebte auch Breslau nach dem Zweiten Weltkrieg einen extremen Bevölkerungswandel. Infolge der „Westverschiebung“ des polnischen Staates zogen Polen aus allen Gebieten der ehemaligen Zweiten Polnischen Republik in die neuen Gebiete an Oder und Neiße, die ihre mehrheitlich deutschen Bewohner verlassen mussten. Besonders die Professoren und Museumsmitarbeiter aus der ehemals ostpolnischen Stadt Lemberg hatten einen großen Einfluss beim Aufbau 31 Rundschreiben Kohlhaußen zu Schlesischer Kulturspiegel, 18. Oktober 1935: MNWr, SMfKuA, I/187, Bl. 9. 32 Zur NS-Kulturpolitik mit ihrer „plakativen Aktualisierung von Geschichte“ unter besonderer Hervor­ hebung von „Germanentum, Kreuzzügen, Ostbesiedlung, Friederizianismus oder Befreiungskriege“ vgl. Schütz: Wunschbilder, 229 f. 33 [Meyer-Heisig/Gündel/Schmidt/Narciß]: Wehrhaftes Deutschland, 14 f. 34 Vgl. in der vorliegenden Untersuchung im Kapitel 5.2 den Abschnitt „Ein Haus der jüdischen Geschichte Schlesiens im nationalsozialistischen Breslau“. Vgl. auch Kamiński: Wrocławskie targi, 147 f.

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einer neuen intellektuellen Infrastruktur, wobei die Mehrheit der neuen Bevölkerung aus Zentralpolen stammte. So ist es bezeichnend, dass Jerzy Güttler (1904–1952), der letzte Direktor der Nationalgalerie der Stadt Lemberg, der erste Direktor des Staatlichen Museums in Breslau wurde.35 Den ersten Siedlern erschien Breslau als eine fremde Stadt des ehemaligen Kriegsgegners. Deren komplexes kulturelles Erbe galt es sich in einem mühsamen Prozess materiell und intellektuell anzueignen. Von großer Bedeutung war dabei die Suche nach einer Sinnstiftung für die neue polnische Westgrenze und den Bevölkerungsaustausch, denn lediglich ein Objekt sowjetischer Machtpolitik gewesen zu sein, reichte als Argument nicht aus.36 Als historischer Erklärungsansatz dienten die polnischen Wurzeln Breslaus im frühen Mittelalter vor 900 Jahren – der Piasten-Dynastie kam hierbei eine Schlüsselrolle zu.37 Auch spätere Kontakte der Stadt zu den polnischen Gebieten sollten die Grundlagen für eine neue polnische Tradition Breslaus schaffen. Eine erste Breslauer Stadtgeschichte auf Polnisch veröffentlichte 1948 der aus Lemberg nach Breslau übergesiedelte Professor Karol Maleczyński (1897–1968).38 Nicht zufällig endete seine Geschichte bereits im Jahr 1526, als das zu Böhmen gehörende Schlesien Teil des Habsburger Reiches geworden war und die polnische Minderheit Breslaus kaum noch nachweisbare Einflüsse auf Teile des städtischen Kulturlebens hatte.39 Die Herausforderung bestand darin, eine zusammenhängende Geschichte zu formulieren, in der die polnischen Spuren betont und die deutschen Spuren marginalisiert wurden. Diese kulturelle Praxis sollte der Stadt ihre Fremdheit nehmen und die neuen Bewohner mit ihrem Lebensumfeld vertraut machen. Zu dieser neuen historischen Erzählung sollten die Museen dreidimensionale Sammlungsstücke als materielle Zeugen beitragen. Die Überreste des ehemaligen deutschen Museumswesens galt es zu erschließen und entsprechend der These der slawisch-polnischen Siedlungskontinuität umzudeuten. Bereits 1946/47 wurden hierzu Studien über die kulturhistorischen Ausstellungen des ehemaligen deutschen Museumswesens in Breslau und Umgebung angefertigt. In diesen hieß es, dass in den deutschen Museen „ausgedehnte Abteilungen mit deutscher Kunst als Hintergrund für die Darstellung der kulturellen Entwicklung der Kunst in Schlesien“ gedient und damit die slawischen Einflüsse auf die Region marginalisiert hatten. Auch die archäologischen Sammlungen prägten die fragwürdigen „Thesen einer frühgermanischen Kultur in Schlesien, des kulturellen Niedergangs während einer slawischen ‚Invasion‘ und einer folgenden neuen Blüte in Kunst und Kultur durch eine fortschreitende ‚Regermanisierung Schle35 36 37 38

Korżel-Kraśna: Kronika 1947–48, 10. Thum: Die fremde Stadt, 304–317. Tyszkiewicz: Propaganda, 251–262; Eiden: Das Nachleben, 358 f. Maleczyński: Dzieje. Maleczyńskis Studie erschien anlässlich der Breslauer Großausstellung der Wiedergewonnenen Gebiete. Vgl. Strauchold: Myśl, 241. Zu den Forschungen Karol Maleczyńskis vgl. Strauchold, Grzegorz: Powojenna historia Dolnego Śląska w badaniach historycznych do 1956 r. In: Kucharski/ Strauchold (Hg.): Ziemie Zachodnie, 63–80, hier 72–78. 39 Zu den Sphären polnischer Kultur in Breslau, insbesondere innerhalb der katholischen Kirche, vgl. Davies/Moorhouse: Microcosm, 180 f.

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siens‘“.40 Auf Grundlage dieser Studien bestimmte der Direktor des Warschauer Nationalmuseums, Stanisław Lorentz (1899–1991),41 für die neuen polnischen Gebiete, dass alle Museen „ohne Berücksichtigung ihrer ehemaligen deutschen Museen“ durchweg nach „neuen, polnischen Kultur- und Museumskonzeptionen“ eingerichtet und um „Sammlungen polnischer Kunstwerke“ erweitert werden müssten.42 Damit wurden die kultur- und kunsthistorischen Museen in den Dienst einer vorwiegend politischen Sinnstiftung gestellt, die in ihrer nationalistischen Beschränkung Ähnlichkeiten zu den kritisierten Breslauer Ausstellungen während der Zwischenkriegszeit aufwiesen, nur dass jetzt die „polnische Kunst“ als Schablone für die regionalen Sammlungen diente und in den archäologischen Ausstellungen die These einer urslawischen Kultur vertreten wurde. Die ersten Geschichtsausstellungen der lokalen Museen in Breslau befassten sich daher mit materiell gut zu belegenden „polnischen“ Kapiteln der Stadtgeschichte, wie der slawischen Frühgeschichte oder dem frühen Mittelalter. Die erste große Ausstellung zur Stadtgeschichte eröffnete 1952 im Alten Rathaus43 unter dem Titel „Das mittelalterliche Breslau – die Stadt und der Aufbau bis zum Beginn des 15. Jahrhunderts“.44 Wie das erste Geschichtsbuch Breslaus endete auch die Erzählung dieser Ausstellung mit jener Epoche, ab der die polnischen Spuren in der Stadtgeschichte kaum noch nachweisbar waren. Im Juli 1954 eröffnete das Schlesische Museum eine erste Gesamterzählung schlesischer Geschichte: „Zehn Jahrhunderte Schlesien“ war zusammen mit der ihr vorangegangenen archäologischen Ausstellung „Das altertümliche und frühmittelalterliche Schlesien“45 eine der größten und am längsten bestehenden Geschichtsausstellungen Breslaus 40 Kieszkowski, Witold: Zagadnienie muzeów na Ziemiach Odzyskanych. In: Pamiętnik Muzealny 8 (1947) 57–69, hier 62, poln. Original: „Muzea miejskie wrocławskie […] posiadały ponadto bogato rozbudowane działy sztuki niemieckiej, która miała służyć jako tło, na którym przedstawiony był rozwój kultury artystycznej Śląska. […] wszystko miało służyć udowodnieniu niemieckiej tezy o pragermańskiej kulturze Śląska, o upadku poziomu kulturalnego Śląska w okresie ‘inwazji’ Słowian, i wreszcie o nowym rozkwicie kultury i sztuki w miarę, postępującej ‘regermanizacji Śląska’.“ 41 Der langjährige Warschauer Museumsdirektor Stanisław Lorentz war Zeuge der Plünderungen und der Zerstörung des polnischen Museumswesens durch die deutsche Besatzung im Zweiten Weltkrieg. In der Nachkriegszeit organisierte er den Wiederaufbau der Museen in Zentralpolen und den neuen Gebieten sowie aus letzteren den Abtransport zahlreicher Kunstsammlungen. Vgl. Weger: Lokal- und Regionalgeschichte, 83 f. Zur Kompensationsfunktion der ehemals deutschen Kulturgüter in Polen vgl. Lorentz, Stanisław: O zadośćuczynienie. In: Nowa Epoka 1/2 (1945), abgedruckt in Zybura: Der Umgang, 37–41. 42 Sawicka: O program, 855, poln. Original: „Zasadniczą tezą, wysuniętą przez dyr. Lorentza, jest zasada, że […] nie należy respektować dawnych muzeów niemieckich, tylko tworzyć nowe, odpowiadające polskim koncepcjom kulturalnym i muzealnym. W muzeach tych ośrodkami winny być zespoły dzieł sztuki polskiej.“ 43 Im Alten Rathaus bestand bereits von 1948 bis 1950 ein Historisches Museum der Stadt Breslau, welches hiernach zu einer Filiale des Schlesischen Museums degradiert wurde. Die erste Dauerausstellung präsentierte vor allem Kunsthandwerk sowie eine Reihe von Dokumenten der ersten polnischen Stadtregierung. Vgl. Piątek: Muzeum Historyczne, 587–589. 44 Gluziński: Wrocław średniowieczny. 45 Sarnowska: Śląsk starożytny; Kramarek, Janusz: Wystawa archeologiczna ‘Śląsk starożytny i wczes­ nośredniowieczny’. In: Markowski (Hg.): Kalendarz Wrocławski 1962, 426–432.

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im 20. Jahrhundert – sie existierte bis 1963. Der Ansatz einer historischen Synthese war wesentlich stringenter als in den Ausstellungen aus deutscher Zeit, in chronologischer Ordnung entfaltete sie die schlesische Geschichte über zehn Räume. Die Erzählung und Strukturierung der Ausstellung dominierte eine marxistische Geschichtsinterpretation, die Leitlinien bildeten Klassen- und Nationalitätenkonflikte. Die Kuratoren, Marian Haisig und Alicja Zawisza, schufen aus einer Kombination beider Faktoren eine Erzählung schlesischer Geschichte, in der die von den Piasten-Herzögen gerufenen deutschen Siedler als koloniale Oberschicht dargestellt wurden, während – laut der These – die breite Bevölkerung der Handwerker und Bauern über die Jahrhunderte mehrheitlich polnisch geblieben sei. Ein genauerer Blick auf den geografischen Rahmen der Ausstellung zeigt, dass zu ihren argumentativen Schlüsselelementen eine inkonsequente Verknüpfung der Geschichte Breslaus und Niederschlesiens mit jener Oberschlesiens zählte. Da Oberschlesien (heutige Woiwodschaften Oppelner Schlesien und Schlesien) eine größere und einflussreichere polnische Bevölkerung als Niederschlesien in allen Jahrhunderten aufwies,46 konnte das Breslauer Museum auf dieser Basis eine „vollständige“ Geschichte der Region aus nationaler Perspektive entwickeln. Diese Verknüpfung von geografischen Räumen und insbesondere von sozialen und nationalen Faktoren zu einer polnischen Kontinuitätsgeschichte spiegelt sich auch in der Gliederung der Ausstellung: „1. Das feudale Schlesien innerhalb des polnischen Staates, bis 1348; 2. Schlesien unter der Herrschaft fremder Feudalherren, bis 1764; 3. die Zunahme kapitalistischer Ausbeutung, bis 1850, 4. in den Fesseln des Kapitalismus, bis 1945; 5. Befreiung und Aufbau des sozialistischen Blocks, Schlesien in Volkspolen“.47 Interessanterweise überdauerte diese 1954 eröffnete Ausstellung auch die Phase der Entstalinisierung (ab 1956). Der Politikwechsel in der Zeit des so genannten „Tauwetters“ wurde von einer begrenzten kulturellen Liberalisierung mit einem abnehmenden marxistischen und einem zunehmend nationalistischen Interpretationsrahmen begleitet.48 Bei einem Vergleich der vom Warschauer Ministerium für Kultur und Kunst überwachten Konzeptpapiere von 1953, einer Broschüre zur Ausstellung von 1958 und einem Ausstellungsführer von 1962 werden kleinere Änderungen in den

46 Im Gegensatz zu Niederschlesien hatten die meisten Regionen Oberschlesiens auch zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine angestammte polnischsprachige Bevölkerung. Der östliche Teil Oberschlesiens wurde nach dem Versailler Vertrag (1919) und einer Volksabstimmung (1921) Teil des neuen polnischen Staates. Nach 1945 war der Bevölkerungsaustausch in vielen Gebieten Oberschlesiens weniger umfassend und der kulturelle Umbruch damit weniger radikal als in Niederschlesien. Vgl. Kaczmarek, Ryszard/Nowak, Krzysztof: Pojęcie i granice Górnego Śląska w ujęciu historiograficznym. Próba uporządkowania. In: Spyra (Hg.): Kronikarz, 231–276, hier 244–251; Haubold-Stolle: Mythos, 47–65; Kaczmarek, Ryszard: Ludzie. Stosunki demograficzne, struktura społeczna, podziały wyznaniowe, etniczne i narodowościowe. In: Bahlcke, Joachim/Gawrecki, Dan/Kaczmarek, Ryszard (Hg.): Historia Górnego Śląska. Polityka, gospodarka i kultura europejskiego regionu. Gliwice 2011, 39–56. 47 Haisig, Marian: Scenariusz wystawy historycznej „Dzieje Śląska“ (tytuł roboczy), 15.10.1953: AAN, MKiS, 5/26, Bl. 2. 48 Borodziej: Geschichte, 305 f.

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Formulierungen und besonders in einem Austausch des Abschnitts zur Geschichte seit 1945 sichtbar.49 Als Zeugen der regionalen Wirtschaftsgeschichte versammelte die Ausstellung unter ihren knapp 750 Exponaten auch thematische Gruppen zum Bergbau, Münzwesen und Kunsthandwerk. Neben der sozioökonomischen Geschichte sollten unter Bezugnahme auf zahlreiche Schriftstücke in polnischer Sprache wie Wirtschaftsverträge, Hochzeitsurkunden, Verlagserzeugnisse oder auch Hinweise auf ländliche „Holzbauten“ Beweise für die dauerhafte Bindung ganz Schlesiens an den polnischen Kulturraum geliefert werden.50 Als Kernthema der Ausstellung galt „das schlesische Polentum und seine unbeugsame Standhaftigkeit bei der Verteidigung seiner Nationalität“.51 Hier ging es insbesondere um die Verbreitung und Erhaltung der polnischen Sprache, die im 18. und 19. Jahrhundert durch die Verordnungen der deutschen Behörden bedroht worden sei. Als herausragendes Symbol für die antipolnische Haltung der preußisch-deutschen Herrscher galten die „Germanisierungsedikte Friedrichs II.“.52 Den Bereich der neueren Geschichte erklärte die Ausstellung aus einer marxistischen Perspektive; demzufolge galt der Ausbruch des Ersten Weltkrieges als Absicht der „deutschen Kapitalisten“, und eine angeblich fehlende Unterstützung des neuen polnischen Staates für die „revolutionären“ Oberschlesischen Aufstände war der Einflussnahme des „internationalen Kapitals“ geschuldet. Bei den Grenzverschiebungen am Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der Bevölkerungsaustausch mit keinem Wort erwähnt, der sowjetische Sieg über Deutschland galt allgemein als „Befreiung“, die eine „Rückkehr Schlesiens zum Mutterland – und Polens Rückgewinnung der Westgrenze aus Zeiten der Piasten“ ermöglichte.53 Diese Sprachregelung der Befreiung und Rückkehr ohne Beachtung der Bevölkerungssituation sollte ihre wirkmächtige Funktion bis zum Ende der Volksrepublik Polen behalten. Es lässt sich insgesamt festhalten, dass die Kuratoren der Dauerausstellung eine Geschichte Schlesiens aus nationalpolnischer Perspektive mit der These eines dauerhaften deutsch-polnischen Konfliktes konstruierten. Das Hauptziel der Ausstellung war es zweifelsfrei, die starken polnischen Spuren in Schlesien zu betonen und die deutschen Einflüsse als fremd und feindlich auszugrenzen. Breslau bildete hier lediglich ein Zentrum neben vielen nieder- und oberschlesischen Städten. Damit beschränkte sich die große materielle Synthese der Breslauer Museen nicht auf ihren Ausstellungsort. Die 49 Der Raum zur Volksrepublik Polen wurde 1956 geschlossen, seitdem endete die Ausstellung mit dem Kriegsende, von 1960 bis zur Schließung 1963 zeigte eine neue Abteilung die Jahre des Wiederaufbaus 1945–1950. Vgl. Haisig: Scenariusz wystawy: AAN, MKiS, 5/26; Zawiszanka [Zawisza]: Dziesięć wieków; Żuławiński: Wystawa, 433–443; Heś, Robert: Dziesięć wieków Śląska 1954–1963. In: Hermansdorfer (Hg.): Muzeum Narodowe, 54–55. 50 Żuławiński: Wystawa, 438; Heś: Dziesięć wieków, 54. 51 Żuławiński: Wystawa, 433, poln. Original: „polskość ludu śląskiego i jego nieugięte stanowisko w obronie swej narodowości.“ 52 Haisig: Scenariusz wystawy: AAN, MKiS, 5/26, Bl. 38; Żuławiński: Wystawa, 433. 53 Zawiszanka [Zawisza]: Dziesięć wieków, 4, poln. Original: „Na wiosnę 1945 roku przyszło wyzwolenie. Ziemia Śląska powróciła do Macierzy. i znów Polska odzyskała granice zachodnie z czasów pierwszych Piastów.“

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„Breslau war immer eine Stadt Polens“

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einheitliche Betrachtung von Nieder- wie auch Oberschlesien bildete die Voraussetzung für die Konstruktion einer allumfassenden Geschichte Schlesiens bereits neun Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Eine vergleichbare Ausstellung allein zur Stadtgeschichte Breslaus schien zu dem Zeitpunkt noch undenkbar.

7.3. „ Breslau war immer eine Stadt Polens“ – Die Musealisierung der Stadtgeschichte in der späten Volksrepublik (1960–1989) In den 1960er Jahren wuchs die Breslauer Museumslandschaft deutlich. Das große Schlesische Museum stieg 1970 zu einem der polnischen Nationalmuseen auf und konzentrierte sein Ausstellungsprofil in der Folge zunehmend auf die bildenden Künste. Teile seiner Geschichtsabteilung in das 1965 gegründete „Historische Museum der Stadt Breslau“, seit 1971 „Historisches Museum in Breslau“, eingegliedert. Diese zentrale Institution für lokale und regionale Geschichte unterhielt Abteilungen im Alten Rathaus (seit 1948/65), dem Städtischen Zeughaus (seit 1973/79) und im Partisanenhügel (1974–1984/85). Zu seinen zentralen Ausstellungsthemen zählte die Erinnerung an die polnisch-sowjetische Befreiung der Stadt und die 80-tägigen Kämpfe um die „Festung Breslau“ im Frühjahr 1945. Des Sieges über das nationalsozialistische Deutschland und der „Rückkehr“ der Westgebiete zum polnischen Mutterland gedachte die Stadtregierung und Parteiführung jährlich während der „Breslauer Tage“ (6.–9. Mai) öffentlich und veranstaltete hierzu neben Paraden und Konzerten auch historische Ausstellungen.54 Besonders groß gefeiert wurden diese Jubiläen alle zehn Jahre, deren Höhepunkt zum 30. Jahrestag (1975) die besprochene Ausstellung „Der Sieg 1945“ in den unterirdischen Räumen des Partisanenhügels bildete. Über fünf Jahre hinweg wurde an diesem historischen Ort der Kämpfe um die „Festung Breslau“ mit einer großen Sammlung historischer Waffen, Dokumente und Fotografien der „Befreiung“ Niederschlesiens und Breslaus durch die sowjetische Armee und die polnische Volksarmee gedacht. Der zweite Teil war den ersten Wochen der polnischen Verwaltung und dem Wiederaufbau der stark zerstörten Stadt gewidmet.55 Im Gegensatz zum Zweiten Weltkrieg und der polnischen Ansiedlung, der so genannten „Pionierzeit“, war die frühere Stadtgeschichte auch in den 1970er Jahren im Ausstellungsprogramm des Historischen Museums nur marginal vertreten. Die in den Statuten des Museums festgeschriebene „gesellschaftspolitische, wirtschaftliche und künstlerisch-kulturelle Entwicklungsgeschichte der Stadt Breslau im zeitlichen Verlauf “56 wurde nicht gezeigt und stattdessen bruchstückhafte Schwerpunktthemen herausgestellt wie „Polen in Schlesien und die deutsche Germanisierungspolitik, die Geschichte der Arbeiterbewegung, die hitleristische Vernichtungspolitik, der Beitrag 54 Strauchold: Wrocław, 8 f., 49, 90, 103; Thum: Die fremde Stadt, 428 f. 55 Vgl. in der vorliegenden Arbeit das Kapitel 6.4 („Die Ausstellung ‚Der Sieg 1945‘ von 1975“). 56 Statut Muzeum Historycznego we Wrocławiu 1975: MMWr, MHWr, 1/12, Bl. 2, poln. Original: „a) dziejów rozwoju miasta Wrocławia na przestrzeni dziejowi, rozwoju społeczno-politycznego, rozwoju gospodarczego, rozwoju kultury i sztuki“.

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der polnischen Nation zum Sieg über den Faschismus, die Befreiung und die Leistungen Niederschlesiens wie auch Breslaus in der Volksrepublik Polen“.57 Diese Themen, ergänzt um Präsentationen der Waffen-, Kunsthandwerk- und Theatersammlungen, bildeten das konkrete Ausstellungsprogramm. Zur Stadtgeschichte vor 1945 gab es lediglich vereinzelte Ausstellungen mit klaren Bezügen zur polnischen Kultur der Region. Beispiele aus diesem Zeitraum sind: „Die polnische Sprache in Schlesien auf Schriftstücken“ (1974), „Die piastische Tradition Schlesiens“ (1975), „Das Wappen der Stadt Breslau“ (1975) und die bereits besprochene Präsentation von alten Stadtansichten unter dem Titel „Die Landschaft Breslaus“ (1977).58 Mit Beginn des neuen Jahrzehnts wurde diese augenfällige Zurückhaltung gegenüber der lokalen Geschichte Breslaus jedoch aufgegeben. Am Ort der großen Kriegsausstellung von 1975 eröffnete das Historische Museum im Mai 1980 eine Dauerausstellung zur Stadtgeschichte. Diese heute kaum dokumentierte, zweite geschichtliche Syntheseausstellung mit dem Titel „Aus Breslaus Vergangenheit“ verfolgte keinen geringeren Anspruch, als „die ganze Geschichte der Stadt […] im architektonischen, wirtschaftlichen und sozialen Bereich“59 zu entfalten. Damit war sie die erste Breslauer Dauerausstellung mit einer stadtgeschichtlichen Synthese überhaupt. Ihre große Neuartigkeit offenbart sich besonders im Vergleich mit ihren Vorgängern: Während andere stadtgeschichtliche Ausstellungen der 1950er und 1960er Jahre vor allem ausgewählte Epochen zum Thema hatten, insbesondere die Frühgeschichte, das Mittelalter und die Kämpfe im Zweiten Weltkrieg, maß die zuvor besprochene chronologische Präsentation des Schlesischen Museums „Zehn Jahrhunderte Schlesien“ (1954–1963) der Stadtgeschichte Breslaus nur eine bruchstückhafte Nebenrolle bei. Auch der Blick auf eine Sonderausstellung von 1968 mit dem programmatischen Titel „Breslau war immer eine Stadt Polens“ verdeutlicht die Neuheit der Ausstellungskonzeption von 1980. Denn die Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Breslau von 1968 stellte zwar Bezüge zur Lokalgeschichte für den gesamten Zeitraum vom 13. bis ins frühe 20. Jahrhundert her; da es sich bei den Exponaten allerdings ausschließlich um polnischsprachige Schriftstücke handelte, kann dieses Beispiel nur schwerlich als stadtgeschichtliche Syntheseausstellung bezeichnet werden. Sie zeigte knapp 30 Archiv- und Bibliotheksstücke, wie das 1474 in Breslau hergestellte älteste 57 Kowalik: Muzeum, 3, poln. Original: „Muzeum zwraca szczególną uwagę na zagadnienia polskości Śląska i niemieckiej polityki germanizacyjnej, na dzieje ruchu robotniczego, hitlerowską politykę eksterminacyjną, wkład narodu polskiego w zwycięstwo nad faszyzmem, wyzwolenie i dorobek Dolnego Śląska oraz Wrocławia w Polsce Ludowej.“ 58 Haisig, Marian/Heck, Roman: Z piastowskich tradycji Śląska. Muzeum Historyczne we Wrocławiu/ Muzeum Piastów Śląskich w Brzegu. Wrocław 1975; Trzynadlowski, Jan: Herb miasta Wrocławia. Informator. Muzeum Historyczne we Wrocławiu. Wrocław 1976; Łepkowska, Ewa: Pejzaż Wrocławski. Muzeum Historyczne we Wrocławiu. Wrocław 1977. Zur letzteren vgl. in der vorliegenden Untersuchung das Unterkapitel 4.3 („Stadtansichten in Breslauer Museen 1945–1989“). Zur Ausstellung „Język Polski na Śląsku w źródłach pisanych“ (1974) erschien keine Publikation. Zum Ausstellungsprogramm der Jahre 1970–1977 vgl. Sprawozdania z działalności Muzeum Historycznego za lata 1975–1978: MMWr, MHWr, 1/59, Bl. 20–22; Kowalik: The Historical Museum, 33–36. 59 Frąckiewicz: Prawie wszystko.

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Druckwerk in polnischer Sprache oder ein Verzeichnis polnischer Bücher von 1808, die der Breslauer Korn-Verlag für den Export auf den polnischen Markt herausgegeben hatte.60 Große Bedeutung maß sie den „wenig bekannten Handschriften und Drucken als Zeugen des Polentums der Hauptstadt Niederschlesiens“61 bei, da jene eine Anwesenheit polnischer Kultur in Breslau auch nach dem Mittelalter belegen sollten. Im Gegensatz zu späteren Ausstellungen zum polnischen Buchwesen der Region62 war die politische Leitthese der Ausstellung ein eindringliches Beispiel, wie mit ausgewählten historischen Bruchstücken ohne Bezüge zum kulturhistorischen Gesamtkontext ein in sich geschlossenes Narrativ einer polnischen Tradition Breslaus gestiftet werden sollte. Anders verhielt es sich zwölf Jahre später im Jahr 1980, als das Historische Museum in der Dauerausstellung „Aus Breslaus Vergangenheit“ mit mehr Objekten und einem größeren Raum ein umfassenderes Bild schuf: „Die Exposition umfasst die städtische Vergangenheit von der Jungsteinzeit bis zur Gegenwart – beachtenswert ist, dass sie die erste [derartige Ausstellung] in Breslaus Nachkriegsgeschichte ist.“63 Ein näherer Blick hinter diese vielversprechende Presseerklärung zeigt allerdings auch hier, dass die nationale Schablone ihre Wirkmächtigkeit behielt, wie an der Gliederung der Ausstellung deutlich wird. Ursprünglich plante die Ausstellungskuratorin, Ewa Łepkowska, eine Entfaltung der Geschichte Breslaus in vier chronologischen Kapiteln: „Piastisches Breslau (1000–1335), Breslau in der Renaissance (16.–17. Jhr.), Breslauer Polonia (1871–1945) [und] Rückkehr nach Polen und der Wiederaufbau Breslaus.“64 Diese ersten Überschriften zeigen bereits die zur Zeit der späten Volksrepublik typische Schwerpunktsetzung in der Stadtgeschichte, bei der die preußisch-deutsche Zeit durch eine Hervorhebung der polnischen Minderheit in Breslau und deren Bedrohung durch einen deutsch-polnischen Antagonismus überlagert wurde. 60 Wystawa „Wrocław był zawsze miastem polskim“, 1968: MMWr, MHWr, [bez spisu]/2. Die Ausstellung im Alten Rathaus bestand mindestens bis 1971. Zum deutschen und polnischen Programm des Breslauer Korn-Verlages vgl. Schmilewski, Ulrich: Verlegt bei Korn in Breslau. Kleine Geschichte eines bedeutenden Verlages von 1732 bis heute. Würzburg 1991, 76–84, 97–119 und 85–88, 119–137. Vgl. auch die Beiträge im Sammelband von Bonter (Hg.): Verlagsmetropole Breslau. 61 Wrocław był zawsze miastem polskim. In: Słowo Polskie am 27. Mai 1968, poln. Original: „Można na niej [wystawa] obejrzeć mało znane rękopisy i starodruki świadczące o polskości stolicy Dolnego Śląska.“ Ausführlich zu der Ausstellung: W otwartym po remoncie Ratusza… In: Słowo Polskie am 23. Mai 1968. 62 1974 eröffnete das Historische Museum eine vergleichbare Ausstellung unter dem Titel „Język polski na Śląsku w źródłach pisanych“, und 1975 wurde der 500. Jahrestag des ältesten Buchdrucks auf Polnisch mit einer Konferenz und einer Ausstellung des Ossoliński-Instituts gefeiert: „Książka polska wydawana na Śląsku w XV–XX wieku“, Biblioteka Zakałdu Narodowego im. Ossolińskich i Biblioteki Uniwersyteckiej we Wrocławiu, Oktober 1975 bis Mai 1976. Vgl. Trzynadlowski, Jan: Chronik der wichtigsten Ereignisse in Wrocław im Jahre 1975. In: Annales Silesiae 6 (1976) 75–81, hier 77. 63 Współpraca z mediami 1978–1982. Kowalik, Anastazja: Redakcja Gazety Robotniczej, Słowa Polskiego, 5.V.1980: MMWr, MHWr, 4/17, Bl. 222, poln. Original: „Eksposzycja obejmująca dzieje miasta od neolitu do czasów współczesnych, warto dodać, została zorganizowana po raz pierwszy w historii powojennego Wrocławia.“ 64 Wystawa „Z dziejów Wrocławia“, część 1000–1335 r./część 1740–1939 r, 1980: MMWr, MHWr, [bez spisu]/31, Bl. 1.

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Diese erste Ausstellungskonzeption wurde allerdings aus unbekannten Gründen verworfen. In einem zweiten Planungsschritt entschied sich die Kuratorin für eine stärker thematische Gruppierung, in der die „Polonia“, die polnische Minderheit Breslaus, eine herausragende Rolle behielt, hierneben aber zur Zeit bis 1945 statt der Politikgeschichte die Wirtschafts- und Sozialgeschichte betont wurde. Dies geschah in einem ersten Teil (bis 1945) – „Vorgeschichte Breslaus, wirtschaftliche Entwicklung der Stadt im Verlauf der Jahrhunderte, Breslaus Wissenschaftstradition, Geschichte der Breslauer Polonia, Befreiung Breslaus“ – und einem zweiten Teil (1945 bis 1979), der „Anfänge der Volksregierung in Breslau, Breslaus Industriezentrum, Breslaus Wissenschaftszentrum, Kultur und Kunst, Bildung in Breslau“ behandelte.65 Mit dem sozialgeschichtlichen Interpretationsrahmen fand die Kuratorin einen Kompromiss, der es erlaubte, die städtische Entwicklung in weiten Teilen jenseits nationaler Definitionen aufzurollen. Dennoch markiert diese zum „35. Jahrestag der Rückkehr Breslaus zum Mutterland“ geschaffene Ausstellung die erste stadtgeschichtliche Synthese Breslaus. Sie erstreckte sich über die fünf Räume der Kasematten des Partisanenhügels, und ihre zahlreichen und vielfältigen Exponate reichten von steinzeitlichen Keramiken, über mittelalterliche Lokationsurkunden (1261), Stadtpläne (1562), Modelle der alten Stadt und Burg bis zu Siegeln und Waagen der Kaufleute. Zu den neueren Exponaten zählten Schriftstücke zur wirtschaftlichen Entwicklung Breslaus im 19. Jahrhundert, zum „Bund der Polen in Deutschland“ (1922–1940), Relikte der Zwangsarbeiterlager während der „Festung Breslau“ (1945) wie auch Fotografien der „Ausstellung der Wiedergewonnenen Gebiete“ (1948) und „verdienter Persönlichkeiten“ der Aufbaujahre. Der zweite Ausstellungsteil (1945–1979) trug den programmatischen Titel „Wir kehren ins Land unserer Väter zurück“.66 Bemerkenswerterweise findet sich zu diesem zweiten Teil unter den Rezensionen der staatlich gelenkten Tageszeitungen67 eine scharfe Kritik im „Słowo Polskie“ über die „dünne Zusammensetzung“ dieses Abschnitts, in dem viele Persönlichkeiten der Breslauer Wissenschafts- und Kulturinstitutionen fehlen würden. Dies zeuge von mangelnder „Ehrfurcht und Sachkenntnis“ für Breslaus jüngste Geschichte.68 Das Beispiel der Kritik seitens der Zeitung macht die eklatanten Unterschiede in der Musealisierung der Breslauer Stadtgeschichte für die Zeit vor und nach 1945 deutlich: Während im ersten Teil ein offizieller Kanon herrschte, die deutsche Stadtgeschichte zu marginalisieren und polnische Spuren zu betonen, war eine derartige geschichtskulturelle Routine für die 65 Współpraca z mediami 1978–1982: MMWr, MHWr, 4/17, Bl. 222. Vgl. auch Orłowska, Danuta: Sprawozdanie z działalności Muzeum Historycznego we Wrocławiu w okresie od 01.01. do 31.12.1982 r: MMWr, MHWr, 1/60, Bl. 5. 66 Współpraca z mediami 1978–1982, Teresa Przywoźny: Redakcja Informatora Kulturalnego Wrocław, 09. Oktober 1980: MMWr, MHWr, 4/17, Bl. 248. Den Titel „Wracamy na ziemię ojców naszych“ trug ebenfalls 1985 eine Sonderausstellung zum polnischen Ansiedlung nach dem Zweiten Weltkrieg. Vgl. Scenariusz wystawy „Wracamy na ziemię ojców naszych“. Ratusz. 4.V.1985:MMWr, MHWr, 4/178. 67 Kurze Besprechungen der Ausstellungen sind ebenfalls enthalten in: Dni Wrocławia pod znakiem historii. In Wieczór Wrocławia am 3./4. Mai 1980; Gierak, Adam: Historia i prehistoria oraz nowoczesna rzeźba. In: Wieczór Wrocławia am 10./11. Mai 1980. 68 Frąckiewicz: Prawie wszystko.

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jüngste Zeitgeschichte nicht sonderlich ausgeprägt. Im Rahmen der staatlichen Zensur69 hatte das Museum hier einen Gestaltungsspielraum und sah sich mit der Herausforderung konfrontiert, zu entscheiden, welche Personen es als „erinnerungswürdig“ in die Ausstellung aufnahm. Die Kritik der Journalistin zeigte, dass ein öffentlicher Widerspruch hier möglich schien. Im Gesamtzusammenhang blieben kritische Zeitungsartikel zu Museumsausstellungen aber eine Seltenheit. Es ist sogar durchaus möglich, dass die Kritikpunkte auch aus einem inszenierten Widerspruch herrühren, da bloß ein Fehlen bestimmter Vertreter öffentlicher Institutionen angemahnt und nicht die staatliche Politik oder das System infrage gestellt wurden. Denn der vermeintliche Meinungspluralismus des „Słowo Polskie“ markiert lediglich eine Anregung, weitere „verdienstvolle“ Persönlichkeiten aus der Breslauer Nachkriegsgeschichte zu ehren. Insgesamt stellt die Dauerausstellung „Aus Breslaus Vergangenheit“ ein herausragendes Beispiel für die Musealisierung der Stadtgeschichte in der Volksrepublik dar und ist das einzige Beispiel einer wirklichen stadtgeschichtlichen Synthese aus der Zeit vor 1989. Im Gegensatz zu früheren Ausstellungen wurde nicht mehr eine benachbarte Region miteinbezogen oder der 200-jährige Zeitraum zwischen der preußischen Eroberung und dem Zweiten Weltkrieg ausgelassen, sondern mit verschiedenen Dokumenten und Bildern auf die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung Breslaus in der preußischen Zeit verwiesen. Überproportional waren nach wie vor die polnischen Bewohner Breslaus vertreten, ohne dass auf ihren Minderheitenstatus – zwischen 1 und 4 Prozent der Gesamtbevölkerung70 – verwiesen worden wäre. Der umfassende Ansatz der Ausstellung war nach wie vor politisch selektiv und sichtbar begrenzt; dennoch stellte er hinsichtlich eines neuen Umgangs mit der lokalen Vergangenheit einen Meilenstein in der Geschichte der Breslauer Museumslandschaft dar. Ihr Ende erlebte diese bedeutende Dauerausstellung, im Gegensatz zu den ursprünglichen Plänen, bereits nach drei Jahren im März 1983. Aufgrund mangelhafter baulicher Isolierung der unterirdischen Räumlichkeiten begann eindringende Feuchtigkeit die wertvollen Dokumente zu beschädigen. Kaum zehn Jahre nach der Eröffnung musste das Historische Museum seine Filiale im Partisanenhügel 1984/85 für immer aufgeben.71 Im Rathaus und im Zeughaus wurden verschiedene Themen der chronologischen Dauerausstellung in aufwändigen Sonderausstellungen vertieft. Hervorzuheben ist hier insbesondere eine große Ausstellung zur Breslauer „Pionierzeit“: „Wir kehren ins Land unserer Väter zurück“ (1985/86) zeigte vor allem den Aufbau einer neuen Infrastruktur in den ersten Nachkriegsjahren und die Gründungsgeschichte vieler öffentlicher 69 Zu den von der Zensur betroffenen Geschichtsthemen vgl. in der vorliegenden Untersuchung im Kapitel 6.4 den Abschnitt „Intention und Organisation – Medium des ritualisierten Gedenkens“. 70 Über den Anteil der polnischen Bevölkerung in Breslau vor 1945 lassen sich kaum genaue Angaben machen aufgrund der Differenz zwischen statistischer Erfassung und individueller nationaler Zuordnung wie auch wegen Zweisprachigkeiten. Der Anteil vor dem Ersten Weltkrieg wird auf maximal 1 bis 5 Prozent, in der Zwischenkriegszeit auf unter einem Prozent beziffert. Vgl. Zawisza: Gdy mowa polska, 5; Kulak: Historia, 244, 304; Maciejewska: Wrocław, 87; Thum: Die fremde Stadt, 15, 531. 71 Sprawozdanie z działalności Muzeum Historycznego we Wrocławiu w okresie od 1.01. do 31. Dezember 1983 r: MMWr, MHWr, 1/60, Bl. 15, 23; Jagodziński: Zła passa Muzeum Historychnego.

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Institutionen der Stadt.72 Die nationale Perspektive auf die Stadtgeschichte blieb wirkmächtig, auch noch zwei Jahre vor dem Untergang der Volksrepublik zeigte das Historische Museum eine Ausstellung zur Stadtgeschichte im 19. Jahrhundert unter dem Titel „Berühmte Polen in Breslau im 19. Jahrhundert“ (1987): „Das Ziel der Ausstellung ist die Darstellung der Atmosphäre Breslaus im 19. Jahrhundert, vor allem der dauerhaften polnischen Spuren in der Stadt, ihre reiche polnische Vergangenheit wie auch ihre geografischen und kulturellen Bindungen an die polnischen Gebiete.“73 Die Ausstellung versammelte in fünf Räumen Dokumente von Persönlichkeiten, die in Breslau gelebt oder sich dort zeitweise aufgehalten hatten und in einem kulturellen Bezug zu Polen standen. Dazu gehörten die Anführer polnischer Aufstände im 19. Jahrhundert auf dem Weg ins westeuropäische Exil, Kontakte von polnischen Arbeiterführern mit der Arbeiterbewegung in Breslau oder polnische Studierende an der Breslauer Universität. Die Ausstellung zeigte noch einmal deutlich das Bestreben, auch für die von der preußischdeutschen Herrschaft geprägten Zeiträume eine nationalpolnische Narration zu stiften. Ein ebenfalls in der Dauerausstellung vertretenes Thema, das in den 1980er Jahren noch mehrfach einzelne Ausstellungen veranschaulichten, war die Geschichte des polnischen Schul- und Vereinswesens in der Zwischenkriegszeit. Im Gegensatz zu nahezu allen anderen Geschichtsthemen war der Arbeitsbereich hierzu weiterhin beim Nationalmuseum angesiedelt; betreut wurde er von der Kuratorin Alicja Zawisza (1926–2012).74 Ohne Rücksicht auf die äußerst geringe Größe dieser Bevölkerungsgruppe stellte die Geschichte der Breslauer „Polonia“ und die der polnischen Studenten an der Universität einen der zentralen Pfeiler der Breslauer Stadtgeschichte zu Zeiten der späten Volksrepublik dar. Bemerkenswert ist allerdings, dass bereits zeitgleich das Architekturmuseum Ausstellungen zur deutsch-jüdischen Stadtgeschichte (1984/89)75 vorbereitete, ebenso wie das Nationalmuseum die topografische Stadtentwicklung Breslaus im 19. Jahrhun-

72 Scenariusz wystawy „Wracamy na ziemię ojców naszych“. Ratusz. 4.V.1985: MMWr, MHWr, 4/178. 73 Młynarski, Ryszard/Okólska, Halina u. a.: Sławni Polacy we Wrocławiu w XIX wieku. Informator. Muzeum Historyczne we Wrocławiu. Wrocław 1987, poln. Original: „Celem ekspozycji jest ukazanie klimatu dziewiętnastowiecznego Wrocławia a przede wszystkim śladów wciąż trwającej polskości miasta, jego bogatą przeszłość polską, a także powiązanie geograficzne i kulturowe z ziemiami polskimi.“ 74 Die Ausstellungen von Alicja Zawisza im Nationalmuseum zur Breslauer „Polonia“ waren u. a.: Gdy mowa Polska znaczyła przetrwanie (Oktober 1982 bis Februar 1983), Rodło we Wrocławiu wczoraj i dziś (Februar bis Mai 1985), Szkółka Polska we Wrocławiu 1918–1939 (September bis Oktober 1989). Folgende Publikationen zu diesem Thema gab das Breslauer Nationalmuseum heraus: Zawisza, Alicja: Studenci polacy na Uniwersytecie Wrocławskim (1918–1939). Katalog zachowanych Archiwaliów. Muzeum Narodowe we Wrocławiu. Wrocław 1972; dies.: Gdy mowa polska znaczyła przetrwanie. Działalność kulturalno-oświatowa Polaków we Wrocławiu w latach 1918–1939. Katalog zachowanych archiwaliów. Muzeum Narodowe we Wrocławiu. Wrocław 1983; dies.: Rodło we Wrocławiu. wczoraj i dziś. Muzeum Narodowe we Wrocławiu. Wrocław 1985. Darüber hinaus publizierte Zawisza auch mehrere Werke auch bei der „Towarzystwo Miłośników Wrocławia“ und im Verlag „Wratislavia“. 75 Vgl. in der vorliegenden Untersuchung das Unterkapitel 5.4 („Die Ausstellung ‚Breslauer Juden 1850– 1945‘“).

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dert (1985/86)76 sowie das Sammlerwesen vieler deutscher und mehrheitlich polnischer Breslauer präsentierte (1988/89).77 Die 1980er Jahre lassen sich daher als eine Übergangszeit werten, in der noch unter strenger staatlicher Kontrolle bereits erste Öffnungen zu einer transnationalen Perspektive auf die Stadtgeschichte vorgenommen wurden. Die 1980er Jahre waren in der Volksrepublik Polen zugleich ein Jahrzehnt, in dem es zu offenen Konfrontationen mit oppositionellen Bewegungen kam. Die Spannungen vergrößerten den Graben zwischen verschiedenen aktiven Gruppen der Gesellschaft und der sozialistischen Regierung mit ihrer offiziellen Meistererzählung. Vor allem in den polnischen West- und Nordgebieten behielt diese offizielle Interpretation der Geschichte ihre Wirkmächtigkeit nur in den ersten Dekaden nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Bewohner noch am politischen Status und der Dauerhaftigkeit ihrer neuen Heimat zweifelten. Das Bedrohungsgefühl durch Grenzforderungen der so genannten westdeutschen „Revisionisten“ nahm mit dem „Warschauer Vertrag“ (1970) zwischen Polen und der Bundesrepublik Deutschland deutlich ab. Nach dieser ersten Anerkennung des Status quo verlor die anhaltende Propaganda über die Notwendigkeit des sowjetischen Schutzes der polnischen Grenzen ihre Glaubwürdigkeit.78 Der Widerstand gegen eine Tabuisierung des sowjetischen Angriffs auf Polen 1939 wurde stärker, und auch der Widerspruch zwischen dem alltäglichen Leben in einer ehemaligen deutschen Stadtlandschaft und der rituellen Betonung der Rückkehr in uraltes polnisches Land stieß mit jeder staatlichen Jubiläumsfeier auf größere Ablehnung. Diese Entwicklung lässt sich vor allem in der Untergrundpresse oppositioneller Gruppen, dem so genannten Samisdat, festmachen.79 Seit dem Ende der 1970er Jahren fanden „Gegengeschichten“ zur staatsoffiziellen Deutung der Geschichte Verbreitung. Vor allem die Interpretation des Zweiten Weltkrieges und die sowjetisch-polnischen Beziehungen standen hier im Mittelpunkt.80 Damit läuteten die frühen 1980er Jahre bereits eine Transformation der historischen Narrative zu zentralen Themen wie dem nichtkommunistischen Widerstand gegen die deutsche Besatzung, die Vernichtung der jüdischen Bevölkerung und die Vertreibung der Deutschen ein; Gleiches gilt auch für die jeweilige Lokalegeschichte der neuen Heimatorte in den West- und Nordgebiete. Bereits 1980 erschien in Breslau ein Themenheft zur polnisch-jüdischen Geschichte in der Untergrundzeitschrift „Biule-

76 „Wrocław znany i nieznany w grafice i rysunku“, MNWr, 1985–1986. Vgl. in der vorliegenden Untersuchung das Unterkapitel 4.3 („Stadtansichten in Breslauer Museen 1945–1989“). 77 „Kolekcjonerzy i miłośnicy“, MNWr, Dezember 1988 bis Februar 1989. Vgl. Starzewska, Maria: Kolekcjonerzy i miłośnicy. Muzeum Narodowe we Wrocławiu. Wrocław 1988. 78 Thum: Die fremde Stadt, 297 f., 502–507; Peters: Revolution, 56 f. 79 Zu den oppositionellen Bewegungen in Niederschlesien vgl. Kamiński, Łukasz: Opozycja i opór społeczny na Dolnym Śląsku 1945–1989. In: Kucharski/Strauchold (Hg.): Ziemie Zachodnie, 273–281. 80 Urbanek, Johanna/Peters, Florian: Traditionen des Widerstands und des Warschauer Aufstands in der Oppositionsbewegung im spätsozialistischen Polen. In: Hallama, Peter/Stach, Stephan (Hg.): Gegengeschichte. Zweiter Weltkrieg und Holocaust im ostmitteleuropäischen Dissens. Leipzig 2015, 79–107.

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tyn Dolnośląski“,81 und 1981 sorgte ein Aufsatz des Literaturwissenschaftlers Jan Józef Lipski (1926–1991) in der polnischen Exilzeitschrift „Kultura“ für eine Debatte über die selektive Wahrnehmung der Geschichte der Deutschen und ihrer Aussiedlung.82 Auch wenn die Kritik am staatlichen propagierten Deutschlandbild und den Folgen der Westverschiebung Polens (1945) im Vergleich zu Auseinandersetzungen über den Warschauer Aufstand (1944) und den antisowjetischen Widerstand nur eine Randerscheinung der oppositionellen Geschichtskultur darstellte,83 legten die bereits vor 1989 diskutierten Narrative jenseits staatlicher Deutungen die Grundlagen für freie Debatten über das regionale Kulturerbe und die deutsch-polnische Beziehungsgeschichte im demokratischen Polen.84 Die auffällige Lückenhaftigkeit der Regionalgeschichte der West- und Nordgebiete entwickelte sich „zunehmend zu einem moralischen und intellektuellen Skandal“85 und galt bei immer mehr Bewohnern der Westgebiete als Ausdruck staatssozialistischer Geschichtspolitik. Sie wollten mehr über die Vergangenheit ihrer Heimatstädte erfahren und suchten zunehmend jenseits der offiziellen Geschichtsinterpretationen nach alternativen Erzählungen der lokalen Geschichte. Die Handlungsspielräume der Museen, Universitäten und auch der Zeitungen blieben hingegen begrenzt; sie bildeten durch eine strenge Zensur kontrollierte Säulen des Staates. Wie bereits ausgeführt, waren Eingriffe der Zensurstelle im Museumswesen eine große Seltenheit, da sich die Kuratoren zum einen bei der Konzeption von Ausstellungen auf die einschlägige wissenschaftliche Literatur stützten, die bereits durch die Zensur geprüft worden war, und zum anderen ihr Ausstellungsprogramm in enger Zusammenarbeit mit den Kulturabteilungen der Woiwodschaftsämter und der kommunistischen Partei entwickelten. Die Museumsmitarbeiter betrieben professionelle Selbstzensur und handelten neue Deutungsräume in Rücksprache mit den Kulturabteilungen aus. Das eindrücklichste Beispiel hierfür ist die Erforschung und Restaurierung des 81 Dodatek specialny Żydzi i Polacy. In: Biuletyn Dolnośląski 11–12 (1980). Vgl. Stach, Stefan: Dissidentes Gedenken. Der Umgang Oppositioneller mit Holocaustgedenktagen in der Volksrepublik Polen und der DDR. In: Hallama/Stach (Hg.): Gegengeschichte, 207–235, hier 221; Peters: Revolution, 376–379. Ebenfalls in der Untergrundzeitschrift „Biuletyn Dolnośląski“ publizierten Breslauer Kunsthistoriker 1986 eine Klageschrift zum Verfall des materiellen Kulturerbes in Niederschlesien: Memoriał o stanie zabytków na Dolnym Śląsku. In: Biuletyn Dolnośląski 12 (1986). Vgl. Zybura: Der Umgang, 27, 57–66. 82 Der Aufsatz erschien 1981 in der Pariser Zeitschrift „Kultura“: Lipski, Jan Józef: „Dwie ojczyzny, dwa patriotyzmy. Uwagi o megalomanii narodowej i ksenofobii Polaków“. Vgl. Hoenig, Bianca: Phantomschmerzen. Die Vertreibung der Deutschen in der unabhängigen polnischen und tschechoslowakischen Debatte anhand zweier Schlüsseltexte. In: Hallama/Stach (Hg.): Gegengeschichte, 187–205, hier 189, 196 f. 83 Peters: Revolution, 431–435. 84 Ruchniewicz, Krzysztof: Die Herausbildung einer regionalen Identität in Niederschlesien in den letzten zehn Jahren (2002). In: ders. (Hg.): Zögernde Annäherung, 207–216; Thum, Gregor: Wrocław’s Search for a New Historical Narrative. From Polonocentrism to Postmodernism. In: Czaplicka, John/Ruble, A. Blair/Gelazis, Nida (Hg.): Cities after the Fall of Communism. Reshaping Cultural Landscapes and European Identity. Baltimore 2009, 75–101, hier 80 f.; Traba, Robert: „Offener Regionalismus“. Bürgerinitiativen für die Entwicklung der polnischen Kultur. In: Inter Finitimos 8 (2010) 61–72. 85 Zybura: Breslau, 377.

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verfallenen deutsch-jüdischen Friedhofs an der Ulica Ślężna. Die Arbeiten auf diesem Friedhof begannen 1983, und erste Ergebnisse zeigte das Architekturmuseum bereits 1984 in einer Sonderausstellung, aus der die ausführlich besprochene Sonderausstellung „Breslauer Juden 1850–1945“ im März 1989 hervorging.86 Bis zu diesem Zeitpunkt war nicht nur die deutsch-jüdische, sondern auch die polnisch-jüdische Geschichte aus den Breslauer Museen ausgeschlossen gewesen. Interessanterweise bildete die jüdische Geschichte damit das erste Kapitel von Breslaus deutscher Vorkriegsgeschichte, das ohne eine sichtbare Zurückhaltung in einer Geschichtsausstellung behandelt wurde.

7.4. D  as „multikulturelle“ Erbe – Die Musealisierung der Stadtgeschichte in der Dritten Republik (1989–2010) Mit der Transformation Polens hin zu einem demokratischen Staateswesen standen die lokalen Körperschaften in den West- und Nordgebieten vor einer gewaltigen Umwälzung, die eine politische und kulturelle Emanzipation der polnischen Regionen vom Zentralstaat erlaubte. Dieser Prozess wurde von einem zunehmenden Rückgriff auf das spezifische, lokale Kulturerbe jenseits nationaler Beschränkungen begleitet. Eine symbolträchtige Handlung zu Beginn dieses Weges war die Wiedereinführung des alten Stadtwappens aus dem 16. Jahrhundert, ein Symbol des polnischen, böhmischen und deutschen Kulturerbes der Stadt. Nach einer Volksbefragung beschloss der neue, demokratisch gewählte Breslauer Stadtrat im Sommer 1990, das bis 1948 gültige Stadtwappen wieder einzusetzen. Die kommunistische Verwaltung hatte es durch eine Neuschöpfung ersetzt, die die „Polonität“ der Stadt betonen sollte. Bereits 1938 hatte auch die nationalsozialistische Verwaltung das jahrhundertealte Wappen durch eine Neuschöpfung ersetzt, die die slawisch-böhmischen Ursprünge der Stadt verwischte.87 In diesem Kontext der offensiven Aneignung der gesamten städtischen Vergangenheit mit ihren hellen und dunklen Kapiteln entstand eine neue museale Geschichtskultur. Auch im Historischen Museum gab es nach dem politischen Umbruch einen personellen Neuanfang. Die seit 1981 amtierende Direktorin Daniela (Danuta) Orłowska (1927–2015) sah sich Mitte 1990 gezwungen, ihre Tätigkeit im Museum zu beenden. Zwar hatte sie im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin Anastazja Kowalik die Ausstellungsarbeit des Museums nur in geringerem Maße den Themen der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PZPR) gewidmet, doch das reichte nicht aus. Der geforderte Neuanfang in der Breslauer Geschichtskultur ging darüber hinaus. Der Museumskurator des Architekturmuseums, Maciej Łagiewski, hatte seit 1983 auf dem Alten Jüdischen Friedhof eine nicht mehr ausschließlich auf polnische Spuren verengte Stadtgeschichte erforscht 86 Vgl. in der vorliegenden Untersuchung das Unterkapitel 5.4 („Die Ausstellung ‚Breslauer Juden 1850– 1945‘ von 1989“). 87 Cz: Komisja heraldyczna rozpoczęła pracę. Kiedy nowy herb Wrocławia? In: Wieczór Wrocławia am 17. Mai 1989; Porada, Małgorzata: Na złość bonie. Nowy herb Wrocławia. In: Gazeta Dolnośląska/ Gazeta Wyborcza Wrocław am 12. Juli 1990; Thum: Die fremde Stadt, 401–404, 510 f.; Ruchniewicz: Die Herausbildung, 213 f.

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und präsentiert. Daher war seine Berufung auf die Stelle des Direktors des Historischen Museums 1991 eine bewusste Entscheidung der Kommission der Woiwodschaft, einen Neuanfang bei der Musealisierung der Stadtgeschichte zu wagen.88 Einen institutionellen Umbruch im Museumswesen markieren die Jahre 1989–1991 allerdings nicht. In Breslaus größtem Museum, dem Nationalmuseum, blieb der seit 1983 amtierende Direktor im Amt, und auch Łagiewski stützte seinen thematischen Neuanfang auf das langjährige Museumspersonal. Insofern lässt sich die Zeit der 1990er Jahre vor allem als eine geschichtskulturelle Transformationsphase begreifen. Unter seinem neuen Direktor begann das Historische Museum in mehreren Ausstellungen mit einer Hervorhebung bisher marginalisierter Aspekte der Stadtgeschichte, insbesondere der Biografien verdienter jüdischer, deutscher und polnischer Bürger und Stadtansichten der Wende zum 20. Jahrhundert. Eine beliebte Ausstellung zu diesen unbekannten Seiten Breslaus war die bereits besprochene große Fotografieausstellung „Unbekanntes Stadtportrait“ mit Ansichten der Stadt im 19. und frühen 20. Jahrhundert. Diese 1992 und erneut 1994 gezeigte Ausstellung versammelte eine Auswahl bisher nicht veröffentlichter Fotografien der Jahrhundertwende.89 In ihrer Konzentration auf die Gründerzeitarchitektur verkörperte die Ausstellung einen nostalgischen Blick auf die bürgerliche Stadt vor den Weltkriegen und den staatlichen Aufbauprogrammen. Zugleich schuf sie ein Bewusstsein für die deutsche Stadt, die bisher in populärwissenschaftlichen Publikationen zumeist nur als Trümmerfeld oder entfremdet in Druckgrafiken älterer Jahrhunderte bekannt war.90 Beliebt war die Ausstellung bei den jüngeren Generationen vor allem deshalb, weil sie den Orten ihrer Heimatstadt eine historische Bedeutung gab. Der Wissensdurst führte in den 1990er Jahren zu zahlreichen gut besuchten Ausstellungen über die Geschichte von Straßen, Stadtteilen und ihrer früheren Bewohner, nicht nur aus Breslau, sondern auch aus ihren ehemaligen Heimatorten im heutigen Litauen, Weißrussland und der Ukraine. Obwohl die Mehrheit der neuen Breslauer aus Zentralpolen stammte, stießen die Ausstellungen des Historischen Museums über die an die Sowjetunion gefallenen Regionen und Städte auf großes Interesse. Die Ausstellungen zu Edith Stein (1991) und zur jüdischen Gemeinde (1989/94) wurden bereits ausführlich besprochen.91 Ausdruck einer neuen Geschichtskultur waren oftmals auch Präsentationen aus aktuellem Anlass, so zur Geschichte des wiedereingeführten Stadtwappens (1992)92 sowie anlässlich des Eucharistischen Weltkongresses in Breslau zur Geschichte katholischer, protestantischer und jüdischer Geistlicher 88 Wojewoda Wrocławski ogłasza konkurs na stanowisko dyrektora Muzeum Historycznego we Wrocławiu. In: Słowo Polskie am 14. November 1990; Okólska, Halina: Maciej Łagiewski. Dyrektor Muzeum Miejskiego Wrocławia. In: Wrońska-Cupiał (Hg.): „Nie ma jak w domu“, 8–9. 89 Vgl. in der vorliegenden Untersuchung das Unterkapitel 4.4 („Die Fotografieausstellung ‚Unbekanntes Stadtportrait‘“). 90 Łagiewski: Schlesiens kulturelles Erbe, 95. 91 Vgl. in der vorliegenden Arbeit das Unterkapitel 5.5 („Die neuen Ausstellungen zur jüdischen Geschichte Breslaus“). 92 Łagiewski, Maciej: Herb Wrocławia w architekturze miasta. Wrocław/Warszawa/Kraków 1992.

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aus dem 19. und 20. Jahrhundert (1997).93 Diese neuen Aspekte der Stadtgeschichte ersetzten dabei nicht die vor 1989 herausgestellten polnischen Spuren in der Region, sondern ergänzten diese. Zum Ausstellungsprogramm gehörten daher weiterhin Präsentationen zur Breslauer „Polonia“ in der Zwischenkriegszeit anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung der Breslauer Abteilung des Bundes der Polen in Deutschland (1993)94 wie auch zu den Mausoleen der schlesischen Piasten (1993).95 Einen deutlichen Wandel gab es allerdings hinsichtlich der so genannten „weißen Flecken“, der in der Volksrepublik tabuisierten Themen, wie den russisch-polnischen Beziehungen im frühen 20. Jahrhundert. Die Geschichtsausstellungen zur sowjetischen Befreiung und Freundschaft ersetzten Präsentationen zum Polnisch-Sowjetischen Krieg 1920 (1990) und dem sowjetischen Massaker an den polnischen Offizieren 1940 in Katyn (1990, 1995, 1997).96 Der neue, aufgeschlossene Umgang mit der Stadtgeschichte materialisierte sich 1997 in einer Dauerausstellung, der „Galerie der großen Breslauer“ im Alten Rathaus. Die mittlerweile über 26 dauerhaft aufgestellten Marmorbüsten versammeln in einer Art „Walhalla“ berühmte Breslauer aus deutscher und polnischer Zeit. Die Büsten entstammen größtenteils privaten Stiftungen. Zu den ersten Persönlichkeiten zählten der Schriftsteller Gerhart Hauptmann (1862–1946), der Maler Adolph von Menzel (1815– 1905) und der Arbeiterführer Ferdinand Lassalle (1825–1864). Hinzu kamen Personen aus verschiedenen Jahrhunderten, unter anderem die Heilige Hedwig von Schlesien (ca. 1170–1243), der Schriftsteller Karl von Holtei (1798–1880), die Ordensschwester Edith Stein (1891–1942), der Arzt Ludwik Hirszfeld (1884–1954) und der Pantomimenkünstler Henryk Tomaszewski (1919–2001). Die Büsten sollen das „Wissen über historische Persönlichkeiten unserer Stadt vervollständigen“ und eine „Akzeptanz des gemeinsamen Kulturerbes“ verdeutlichen.97 Die Ausstellung am zentralen Ort des Rathauses symbolisiert einen neuen Umgang mit der Stadtgeschichte. Andererseits können die Büsten nur begrenzte Zugänge zur Geschichte eröffnen und stiften mit ihrer Auswahl deutscher und polnischer Persönlichkeiten protestantischer, katholischer und jüdischer Konfession das Bild einer multiethnischen Gesellschaft, welchem die Breslauer Bevöl93 Łagiewski, Maciej: Portret wrocławskich duchownych. Muzeum Historyczne we Wrocławiu. Wrocław 1997. 94 „Polacy we Wrocławiu 1918–1939“, MNWr, Mai bis Juni 1993. Vgl. Dzień Polonii Wrocławskiej. In: Słowo Polskie am 24. Mai 1993; Heś, Robert: Polacy we Wrocławiu 1918–1939. In: Hermansdorfer (Hg.): Muzeum Narodowe, 478. Anlässlich des Jubiläums publizierte die Ausstellungskuratorin das Buch: Zawisza, Alicja: Do nich przyszła Polska … Wspomnienia Polaków mieszkających we Wrocławiu od końca XIX w. do 1939 r. Wrocław 1993. 95 Okólska, Halina/Smolak, Marzena/Mrozowska, Danuta: Mauzolea piastowskie na Śląsku. Muzeum Historyczne we Wrocławiu. Wrocław 1993. 96 „Pamiątki z wojny 1920 roku“, 1990; „Zginęli w Katyniu“, März 1990; „Katyń 1940. Grafiki Jerzego Jakubowa i M. Lerchera“, 1995; „Na nieludzkiej ziemi. Ekspozycja pamiątek i dokumentów Polaków więzionych na terenie ZSRR“ i wystawa prac, Februar bis März 1997. Vgl. in der vorliegenden Untersuchung das Unterkapitel 6.5 („Der Zweite Weltkrieg und die polnische Revolution“). 97 Łagiewski: Wielcy Wrocławianie, 6, poln. Original: „Koncepcja stworzenia w Ratuszu galerii […] jako próba uzupełnienia wiedzy o historycznych osobistościach naszego miasta […]. Obecność we wrocławskim panteonie Niemców i Polaków oznacza akceptację wspólnego dziedzictwa kulturowego.“

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kerung weder im konflikthaften 20. Jahrhundert noch in früheren Zeiten entsprochen hat. Auch eine historische Multikulturalität ist im Bezug auf Breslau kaum passend, wenn es um sprachliche oder ethnische Vielfalt geht; in Ansätzen multikulturell war höchstens die im Vergleich mit anderen deutschen Städten hohe religiöse Heterogenität aus protestantischen (60 Prozent), katholischen (33 Prozent) und jüdischen (4 Prozent) Konfessionsgruppen. Narrative einer multikulturellen Vergangenheit dienten in den Ausstellungen vielmehr als ein erster Schritt, als ein „Weichmacher“ oder Kompromiss für neue Zugänge zur komplexen, konfliktbeladenen Vergangenheit, wie dies auch in anderen ostmitteleuropäischen Städten zu beobachten war. In Breslau bestand allenfalls eine „Multikulturalität in der Abfolge“, die sich an verdeckten und freigelegten Schichten des materiellen Kulturerbes unterschiedlicher Phasen der Stadtgeschichte festmachten.98 Parallel hierzu liefen tiefgründige Forschungen; auch fanden kritische Debatten in Wissenschaft und Öffentlichkeit statt,99 die zunehmend klarere Definitionen der Lokalgeschichte prägten und wiederum auf Ausstellungen zurückwirkten, wie es beispielsweise in der thematisch sehr differenzierten deutsch-polnischen Wanderausstellung „Wach auf, mein Herz, und denke“ (1995)100 sichtbar wurde. Diese Entwicklung betraf nicht nur ehemalige deutsch-polnische Konfliktthemen, sondern auch den praktischen Umgang mit dem materiellen Kulturerbe der Stadt. Ausstellungen zu den traditionsreichen Sammlungen des frühneuzeitlichen Patriziats (1996)101 sowie zum gesellschaftlichen Leben im 19. und frühen 20. Jahrhundert in der repräsentativen Schweidnitzer Straße (1995),102 dem lokalen Brauereiwesen (2002),103 den historischen Vergnügungs-

 98 Zu den Narrativen der Multikulturalität in Breslau und anderen ostmitteleuropäischen Städten vgl. Thum: Die fremde Stadt, 525; Serrier, Thomas: Geschichtskultur und Territorialität. Historisches und räumliches Bewusstsein im deutsch-polnischen Grenzraum im 19. und 20. Jahrhundert. In: François, Etienne/Seifarth, Jörg/Struck, Bernhard (Hg.): Die Grenze als Raum, Erfahrung und Konstruktion. Deutschland, Frankreich und Polen vom 17. bis zum 20. Jahrhundert. Frankfurt/Main 2006, 244– 266, hier 246 f.; Majcherek, Janusz A.: Der Mythos der Multikulturalität. In: Inter Finitimos 8 (2010) 47–61, hier 50–53.  99 Ther, Philipp: Einleitung. Eine Stadt erfindet sich neu. In: ders./Królik/Henke (Hg.): Das polnische Breslau, 11–18, hier 15 f. Die Debatten in Polen in den 1990er Jahren zur deutsch-polnischen Beziehungs­geschichte betrafen u. a. den Umgang mit historischem Kulturerbe in den Nord- und Westgebieten wie auch die Vertreibung und Aussiedlung der deutschen Bevölkerung nach dem Zweiten Weltkrieg. Zu einem Literaturüberblick vgl. Ruchniewicz: Ewakuacja, 127–135; Zybura: Pomniki niemieckiej przeszłości. Zur Auseinandersetzung mit dem deutschen Kulturerbe waren insbesondere zwei Konferenzen des Posener Westinstituts von Bedeutung: Mazur (Hg.): Wokół niemieckiego dziedzictwa; ders. (Hg.): Wspólne dziedzictwo. 100 „Przebudź się, serce moje, i pomyśl“, Arsenał Miejski, September bis November 1995. Vgl. Bździach: Wach auf; Lesiuk: Polsko-niemiecka wystawa, 81; Strauchold: Przebudź się, 25–26. 101 „Theatrum vitae et mortis“, Ratusz Wrocławski, Februar bis März 1996. Vgl. Oszczanowski/Gromadzki: Theatrum vitae. 102 „Ulica Świdnicka“, Ratusz Wrocławski, März 1995. Vgl. Ostrowska-Kębłowska: Ulica Świdnicka. 103 „Piwo we Wrocławiu“, Ratusz Wrocławski, Oktober 2002. Vgl. Okólska, Halina: Piwo we Wrocławiu. Od średniowiecza po czasy współczesne. Muzeum Miejskie Wrocławia. Wrocław 2002.

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orten (2003)104 und einer grundlegend neu erarbeiteten Dauerausstellung zur frühmittelalterlichen Stadt (seit 2005)105 zeigten differenzierte Bilder der lokalen Geschichte. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts feierte Breslau sein tausendjähriges Bestehen. Als geschichtlicher Referenzpunkt diente hier die Gründung des Bistums im Jahr 1000. Die Millenniumsfeiern begleiteten neben einem mehrmonatigen Festprogramm auch eine große von der Stadt in Auftrag gegebene Geschichtsausstellung auf dem Gelände der Jahrhunderthalle. Bezeichnend für die Unsicherheit im Umgang mit der lokalen Vergangenheit war, dass diese Ausstellung unter dem Titel „Breslau – Meine Stadt“ (2000) lediglich eine Synthese der vergangenen 55 Jahre präsentierte. Anhand visuell wirkmächtiger szenischer Installationen stellte sie sehr aufgeschlossen exemplarische Themen der neueren Stadtgeschichte heraus: Diese reichten von den geplünderten Gütern des Szaberplac,106 einem Marktplatz in der Nachkriegszeit, und großformatigen Fotografien des Wiederaufbaus der Altstadt über eine Tribüne der sozialistischen Festparaden bis hin zu den Titelseiten der lokalen Zeitungen in der frühen und späten Volksrepublik und einem Straßenzug aus den 1980er Jahren mit Protestschriften der Opposition. Die multimediale Ausstellung versammelte sowohl originale Artefakte wie auch zahlreiche Nachbauten und Modelle. Herzstück der Ausstellung war eine begehbare, kreisförmige Miniatur des Breslauer Rings einschließlich des Untergrunds sowie eine Installation aus den Namen aller registrierten Stadtbewohner seit 1945.107 Erstmals seit dem politischen Umbruch von 1989 entfaltete die Jubiläumspräsentation die neuere Stadtgeschichte in chronologischer Reihenfolge und markierte durch ihre szenische Inszenierung eine neue Form der „narrativen“ Ausstellungsgestaltung, wie sie seit 2004 die Dauerausstellung des Museums des Warschauer Aufstands in der polnischen Hauptstadt bestimmt.108 Fast zehn Jahre nach den Breslauer Millenniumsfeiern und 20 Jahre seit Beginn der freien und dynamischen Transformation der Geschichtskultur wurde die Stadtgeschichte wieder in einer Dauerausstellung materialisiert, die das gesamte Jahrtausend in den Blick nahm – nicht mehr als staatlich regulierte Meistererzählung, sondern als 104 „Gdzie się bawili wrocławianie“, Ratusz Wrocławski, April bis Mai 2003. Vgl. Smolak, Marzena: Gdzie się bawili wrocławianie w pierwszej połowie XX wieku. Kawiarnie, restauracje, piwiarnie… na dawnych widokówkach ze zbiorów Emila Pardy. Muzeum Miejskie Wrocławia. Wrocław 2003. 105 Bereits zwischen März und Dezember 2001 zeigte das Archäologische Museum im Zeughaus (Arsenał) eine Sonderausstellung „Wrocław średniowieczny“. Vgl. „Dokumentacja wystawy ‘Wrocław Śred­ niowieczny’, 2001“: MMWr, MSMWr, 13/7… Die Dauerausstellung „Śląsk średniowieczny“ eröffnete im Juni 2005. Vgl. Saraczyńska, Agata: Bardzo wczesny Wrocław. Nowa wystawa stała. In: Gazeta Wyborcza Wrocław am 23. Juni 2005; Madera, Paweł/Romanow, Krystyna: Śląsk średniowieczny. Muzeum Miejskie Wrocławia, Oddział Muzeum Archeologiczne. Wrocław 2005. 106 Der Szaberplac war ein weitläufiger Marktplatz auf dem Plac Grunwaldzki. Auf diesem wurde vor allem das Eigentum der ehemaligen Stadtbewohner verkauft. Vgl. Thum: Die fremde Stadt, 190–194. 107 „Wrocław Moje Miasto“, Pawilon Państw Konwiarza, Juni bis September 2000. Vgl. Dziedziec: Wrocław; Kostołowski: Biegi, 85–92. Kurz besprochen bei Kuroczyński: Die Medialisierung, 124 f. 108 Zur „narrativen“ Ausstellungsgestaltung vgl. Heinemann, Monika: Die „Emaillewarenfabrik Oskar Schindlers“. Die neue Dauerausstellung vor dem Hintergrund der Musealisierung des Zweiten Weltkrieges seit den 1980er Jahren. In: Borodziej, Włodzimierz/Schulze Wessel, Martin u. a. (Hg.): Krieg im Museum. Präsentationen des Zweiten Weltkriegs in Museen und Gedenkstätten des östlichen Europa. Göttingen 2015, 255–284, hier 260.

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Desiderat des Geschichtsbewusstseins großer Teile der kulturellen und politischen Akteure Breslaus. Die Definition der Vergangenheit bleibt ein niemals abgeschlossener Prozess, doch setzten sich nach der aktiven Phase der großen Debatten und Auseinandersetzungen mit der bis 1989 staatlich sanktionierten Geschichtsdeutung neue historische Bewertungen, insbesondere neue Standpunkte zur lokalen Vergangenheit durch, die von einer Mehrheit der Regierenden, Professoren und Museumsleiter getragen wurden. Diese blieben eine Interpretation unter vielen und führten in ein Spannungsfeld zwischen traditionellen nationalen und neuen regionalen Perspektiven auf die Geschichte. Diese Meinungsvielfalt des demokratischen Staatswesens sollte an den Kontroversen um die erste Breslauer Ausstellung einer stadtgeschichtlichen Synthese seit Beginn der Transformation deutlich zutage treten. Die in dieser Studie vielfach thematisierte Dauerausstellung „1000 Jahre Breslau“ bildete den vierten und größten Ansatz einer stadtgeschichtlichen Synthese. Zudem lässt sich die im April 2009 eröffnete Ausstellung als vorläufiger Höhepunkt einer lebhaften, über 20-jährigen Auseinandersetzung mit der Lokalgeschichte einordnen. Die Präsentation in der rundum erneuerten Museumsfiliale „Königsschloss“ (poln. Pałac Królewski, bisher zumeist als „Spätgen-Palais“ bezeichnet) war dabei in allen Dimensionen neu; in ihrer Größe, der Zahl der ausgestellten Objekte und den thematischen Details. In chronologischer Ordnung versammelt die Ausstellung in 25 Räumen eine überwältigende Anzahl von über 3.000 Objekten. Sie entfaltet die tausendjährige Stadtgeschichte entlang fünf thematischer Schwerpunkte: „[1.] Breslau im Mittelalter, [2.] Breslau in der Neuzeit, [3.] die Königlichen Wohnräume, [4.] Breslau im 19. Jahrhundert und [5.] Breslau im 20. Jahrhundert“.109 Die Themenräume reichen von den polnisch-piastischen Herzögen über das Breslauer Kulturleben in der Weimarer Republik bis zum Alltag und dem politischen Widerstand in der Volksrepublik mit seinem herausragenden Breslauer Theaterprogramm. Die Exponate beziehen sich auf jüdische Siedler, polnische Herzöge und deutsche Kaufleute im 13. Jahrhundert (Raum 2/3) wie auch auf die nationalsozialistische Verfolgung, die Vertreibung der deutschen und die Ansiedlung der polnischen Bevölkerung und die stalinistische Repression (R. 22/23). Hervorgehoben im neuen Namen der Museumsfiliale „Königsschloss“ befinden sich in der Mitte des Rundgangs fünf mit historischem Mobiliar rekonstruierte Gemächer preußischer Könige (R. 11–15). Die visuell wirkungsvollen Räume erinnern daran, dass das Museumsgebäude von 1750 bis 1918 Teil des Residenzschlosses der preußischen Könige und deutschen Kaiser war, und verweisen dezidiert auf die Einrichtung des Breslauer Schlossmuseums, welches sich von 1926 bis 1945 in der Schlossanlage befand, deren Hauptteil in der Nachkriegszeit zerstört und abgerissen wurde.110 109 Łagiewski, Maciej/Okólska, Halina/Oszczanowski, Piotr (Hg.): 1000 Jahre Breslau. Führer durch die Ausstellung. Muzeum Miejskie Wrocławia. Wrocław 22011 [12009]. Zugleich auf Polnisch: 1000 lat Wrocławia. Przewodnik po wystawie. Muzeum Miejskie Wrocławia. Wrocław 22011 [12009]. Die Ausführungen beziehen sich auf den Zustand der Dauerausstellung „1000 Jahre Breslau“ vor ihrer umfassenden Ergänzung im Frühjahr 2016. 110 Hintze: Führer; Łukaszewicz: Muzeum Zamkowe, 147–157. Zur Geschichte des Schlossmuseums vgl. das Unterkapitel 6.1 der vorliegenden Untersuchung.

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Zum Grundgedanken der stadtgeschichtlichen Dauerausstellung führte der Direktor des Städtischen Museums im Vorwort des Begleitbuches an, dass „zum ersten Mal […] eine solche Synthese der Vergangenheit […] frei von politischen Emotionen und einseitiger Kommentierung“111 geschaffen worden sei. Neben den Bezügen zur Gebäudegeschichte sollen dabei die kulturellen Zeugnisse von „Menschen unterschiedlicher nationaler und religiöser Zugehörigkeit“ im Mittelpunkt der Präsentation stehen.112 Hier erinnert die Absicht der Ausstellung an die Kompromisse der 1990er Jahre, die bekanntlich unter dem Bild der historischen „Multikulturalität“ eine konkrete Definition der komplexen und konflikthaften Geschichte umgehen wollten. Es sollte allerdings hinsichtlich der zurückhaltenden narrativen Verknüpfung der 3.000 ausgestellten Exponate auch der zuvor dargelegte Kontext der stark ideologisierten und selektiven Erzählweisen der Geschichtsausstellungen zur Zeit der Volksrepublik mitgedacht werden. Im Bewusstsein der „deformierten“ Stadtgeschichte vor 1989 begründeten die Kuratoren ihren Verzicht auf große Erzählungen und überwältigende Inszenierungen mit der bescheidenen Absicht, lediglich „Werkzeuge für das Wissen bereit zu stellen, wobei es dem Verstand der Besucher anheim gestellt bleibt, daraus eigene Schlüsse zu ziehen“.113 Dieser Ausstellungsansatz bleibt ambitioniert, wenn nicht alle Besucher das notwendige historische und kulturelle Hintergrundwissen mitbringen. Doch neben kurzen, konsequent dreisprachigen Texttafeln zu jedem Raum bieten Medienstationen, ein Audioguide und ein über 300-seitiges Begleitbuch ausführliche Deutungsvorschläge.114 Im Kontext der Breslauer Museumsgeschichte erlauben die Befunde dieser Untersuchung Verknüpfungen zu früheren Museumspräsentationen und damit Erklärungen für die Schwerpunktsetzung der neuen Dauerausstellung: Ein Raum mit Stadtansichten der Jahrhundertwende (Raum 19) oder auch ein Vitrinenschrank für die jüdischen Breslauer (R. 21/22) erinnern an die bedeutenden Sonderausstellungen der 1990er Jahre „Breslauer Juden 1850–1944“ (1989/94) und „Unbekanntes Stadtportrait“ (1992/94). Die Fokussierung auf die Verfolgung von Minderheiten und die Kämpfe um die „Festung Breslau“ im Raum zum nationalsozialistischen Breslau (R. 22) wie auch eine überproportionale Betonung der kleinen Gruppe der polnischen Breslauer im frühen 20. Jahrhundert (R. 21) erinnern an Teile der Ausstellungen aus Zeiten der Volksrepublik wie „Der Sieg 1945“ (1975), „Wir kehren ins Land unserer Väter zurück“ (1985) oder auch „Aus Breslaus Vergangenheit“ (1980). Es ist selbstverständlich, dass die einschneidenden 111 Łagiewski: Ein Schloss, 12. 112 Ebd., 13. 113 Ebd., 15. 114 Zu den dreisprachigen Texten der Ausstellung betont Mateusz Hartwich in seiner Ausstellungsrezension, dass diese „keinesfalls selbstverständlich“ sei und zudem „die Tatsache, dass in der deutschen Version stets von ‚Breslau‘ und ‚Breslauer‘ die Rede ist, […] für die Vorurteilslosigkeit der Darstellung [spricht].“ Hartwich, Mateusz: Rezension zu Łagiewski, Maciej/Okólska, Halina/Oszczanowski, Piotr (Hg.): 1000 lat Wrocławia. Przewodnik po wystawie. Muzeum Miejskie. Wrocław 2009. 15. April 2009, Wrocław (Breslau). In: H-Soz-Kult, 20. Juni 2009, http://www.hsozkult.de/exhibitionreview/ id/rezausstellungen-116 [Zugriff am 25. Januar 2015]. Die Ausführungen beziehen sich auf den Zustand der Dauerausstellung „1000 Jahre Breslau“ vor ihrer umfassenden Ergänzung im Frühjahr 2016, in der die Ausstellung durch große Texttafeln und digitale Vertiefungsmedien erweitert wurde.

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Ereignisse des von den Deutschen begonnenen Vernichtungskrieges auch heute noch zu den Schlüsselereignissen in der Stadtgeschichte zählen. Im Unterschied zur verkürzten Betrachtung des deutsch-polnischen Verhältnisses in Präsentationen vor 1989 erhält die Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts durch eine Verknüpfung mit der Vorkriegsgeschichte und dem Schicksal der deutschen Zivilbevölkerung am Kriegsende eine neue Rahmung. An alte Geschichtskulturen erinnert auch die geradlinige Trennung der Stadtbewohner in der Weimarer Republik (R. 21) in eine deutsche, eine polnische und eine jüdische Bevölkerungsgruppe. Dadurch fehlen in dieser Darstellung Doppelidentitäten wie auch die Bevölkerungsproportionen in einem komplexen städtischen Kosmos. Eine Neuartigkeit sondergleichen bleibt die Wiederherstellung von gleich fünf Gemächern preußischer Könige. Die bis 1989 durchweg unbeliebte preußische Vergangenheit Breslaus erhielt mit dieser stark ästhetisierten Anknüpfung an die Geschichte des Gebäudes eine herausragende Repräsentation. Hinsichtlich der „Geschichtlichkeit“ der königlichen Wohnräume verleitet die Ausstellung allerdings zu falschen Rückschlüssen. Zunächst vermitteln die an den Raumtafeln abgedruckten historischen Fotografien den Anschein, vor der historischen beziehungsweise einer detailgetreuen rekonstruierten Einrichtung zu stehen. Ein genauerer Blick auf die Abbildungen und in den Katalog des alten Schlossmuseums zeigt aber deutlich, dass es sich bei der 2008 aufgestellten Einrichtung um eine Anlehnung an die historische Vorlage handelt. Das historische Mobiliar und die Gemälde ähneln lediglich dem Vorkriegszustand – und dies auch nur in den vier Gemächern Friedrich Wilhelms II. und seines Nachfolgers Friedrich Wilhelms III . Der Raum zum Gründer des Breslauer Schlosses, Friedrich II., ist dagegen eine vollständige Neuschöpfung, da sich an dieser Stelle ursprünglich ein zweites Treppenhaus und der Übergang zum Südflügel befunden hatten. Auf jenem Grundstück, auf dem bis zum Abriss der ausgebrannten Gebäudeteile Ende der 1960er Jahre der Großteil des ehemaligen preußischen Residenzschlosses stand, erstreckt sich seit 2008 ein Barockgarten, der wie die Gemächer eine freie Interpretation ist. Die neue Dauerausstellung markiert nicht nur die erste museale Präsentation einer deutsch-polnischen Verflechtungsgeschichte, sondern spiegelt auch einen Versuch wider, deutsche und polnische Geschichtskulturen zusammenzuführen. Besonders deutlich wird dieser Ansatz am Beispiel des seit dem späten 19. Jahrhundert in der lokalen Geschichtskultur vielfach thematisierten Breslauer Ursprungs der „Befreiungskriege“ (1813–15) gegen die napoleonische Besatzung (R. 16). Nicht nur ein eigener Themenraum, sondern auch die Einrichtungsgegenstände im „Gelben Wohnzimmer Friedrich Wilhelms III .“ (R. 14) mit einer Imitation des Sekretärs, an dem der König den „Aufruf an mein Volk“ unterzeichnete, behandeln wieder dieses nach 1945 aus der Breslauer Geschichtskultur verschwundene Ereignis.115 115 Kretschmann: 1000  Jahre Breslau, 70–81. Eine partizipative Intervention in die umfangreiche Geschichts­ausstellung könnte aufzeigen, welche historischen Aspekte für die breite Breslauer Stadtbevölkerung Bedeutung haben. Vgl. ders.: Räum Dein Stadtmuseum um! Eine partizipative Intervention in die Dauerausstellung 1000 Jahre Breslau. In: Ackermann, Felix/Boroffka, Anna/Lersch, Gregor H. (Hg.): Partizipative Erinnerungsräume. Dialogische Wissensbildung in Museen und Ausstellungen. Bielefeld 2013, 235–250.

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Erst in ihrem zeitlichen Kontext wird die große politische Dimension dieser Ausstellung deutlich. Fast zehn Jahre reifte das Vorhaben im ehemaligen „Spätgen-Palais“, in welchem sich seit 1954/63 das Ethnografische und das Archäologische Museum befanden, eine Dauerausstellung zu „1000 Jahren Breslauer Geschichte“ einzurichten. 1999 war noch von einer Eröffnung im Frühjahr 2001 ausgegangen worden, und bereits im Februar 2000 lagen umfassende Konzepte und Pläne zur Wiederherstellung der königlichen Gemächer und der Anlage eines Barockgartens auf der Brache zwischen Palais und dem Plac Wolności (ehemals Schloßplatz) vor.116 Zur Vorbreitung der Dauerausstellung veranstaltete das Städtische Museum im Dezember 2000 eine wissenschaftliche Konferenz zum „Breslauer Bürgertum“, deren Ergebnisse die so genannten „weißen Flecken“ in der Stadtgeschichte ausfüllen sollten.117 Die anschließende Verschiebung der Eröffnung in mehreren Stufen bis April 2009 hatte verschiedene Gründe, die unter anderem mit dem verspäteten Auszug des Ethnografischen Museums, Finanzierungsproblemen und einem Bankrott des Bauunternehmers durch den EU-Beitritt Polens in Zusammenhang standen. Über 40 Millionen Złoty kostete das mit EU-Hilfen fertig gestellte Ausstellungsgebäude.118 Nachhaltige Unterstützung erhielt das Vorhaben durch die Stadtregierung und verschiedene Angehörige der Breslauer Kultureliten, wie den Stadtpräsidenten und späteren polnischen Kulturminister Bogdan Zdrojewski und die Journalistin Beata Maciejewska. Der explizite Bezug auf die Geschichte des Ortes durch die Namenswahl „Königsschloss“ und eine detailorientierte Imitierung der Gemächer preußischer Könige lösten auch Irritationen aus. Besonders von Seiten des nationalkonservativen Lagers aus Warschau erntete die Breslauer Kulturpolitik Kritik für ihre Hinwendung zum preußischen Kulturerbe der Stadt. Im Sinne einer nationalen Geschichtspolitik sollte Preußen als Akteur der Teilungen Polens keine Würdigung im öffentlichen Raum erfahren.119 Bereits im Vorlauf zur Ausstellungseröffnung warnten national-konservative Zeitungen vor einer Verehrung des preußischen Militarismus in Breslau, in der national-katholischen Zeitung „Nasz Dziennik“ prophezeite ein Journalist des nationalkatholischen „Radio Maryja“ gar eine „kriechende Re-Germanisierung“ Breslaus. Aufgrund des „antipolnischen Geistes“ Friedrichs II. dürfe das Museumsgebäude nicht den Namen „Königschloss“

116 Woj: Wokół reformy muzeów. Niepokój jest nieuzasadniony. In: Wieczór Wrocławia am 14. Oktober 1999; Saraczyńska: Papierowe muzeum; Franas, Arkadiusz: Od muzeum do milenium. In: Słowo Polskie am 13. Februar 2000; Na królewskich pokojach. In: Gazeta Dolnośląska/Gazeta Wyborcza Wrocław am 25. Februar 2000. 117 Okólska, Halina (Hg.): Mieszczaństwo wrocławskie. Materiały sesji naukowej zorganizowanej przez Muzeum Miejskie Wrocławia w dniach 7–9 grudnia 2000 r. Wrocław 2003, 8. 118 Saraczyńska, Agata: Zogda na zgodę. Siedziba dla Muzeum Etnograficznego. In: Gazeta Wyborcza Wrocław am 5. August 2002; Wachowiak, Katarzyna: Jesienią otwarcie nowej siedziby muzeum. In: Gazeta Wrocławska am 18. Januar 2008; Matuszewska, Małgorzata: Muzeum później, ale za to z Picassem. In: Gazeta Wyborcza Wrocław am 10. November 2008. 119 Semka, Piotr: Wywoływanie pruskich duchów. In: Rzeczpospolita am 9. Juni 2007; Maciejewska, Beata: Germańska fala zalewa piastowski Wrocław. In: Gazeta Wyborza Wrocław am 21. Februar 2009.

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Historische Synthesen: Stadtgeschichtliche Dauerausstellungen im Kontext

tragen, denn Polen solle Königen ausschließlich in Warschau und Krakau huldigen.120 Die liberale Zeitung „Gazeta Wyborcza“ warnte hingegen vor einer „Amputation der Geschichte“ und betonte, dass Breslau die Souveränität habe, die „historische Wahrheit zurückkehren“ zu lassen.121 Das Direktorium des Stadtmuseums führte an, dass sich die Breslauer Bürger mit den „unbekannten Seiten der Geschichte Breslaus“ vertraut machen wollten, da „ihnen die Stadtgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts noch nicht vollständig“ bekannt sei.122 Die Mehrheit des großen medialen Echos in Polen – und in Deutschland, einschließlich der Presse der deutschen „Heimatvertriebenen“ – war allerdings grundlegend positiv.123 Bei einer abschließenden Einordnung dieser auf vermeintliche „Vollständigkeit“ zielenden Dauerausstellung gilt es daran zu erinnern, dass Geschichtsausstellungen immer Produkte ihrer Zeit sind, die sowohl einer subjektiven Auswahl von Vergangenheitsbezügen unterliegen, als auch die Komplexität wissenschaftlicher Debatten nur äußerst verkürzt wiedergeben können. Dennoch spiegeln sie als materielle Produkte der Geschichtskultur die Vorstellungen von der Vergangenheit wirkmächtiger Akteure. Ihre doppelte Funktion als Indikator wie auch als Generator wurde am Beispiel der Breslauer Dauerausstellung von 2009 besonders deutlich, da sie der Absicht der Kuratoren unterliegt, neue Kapitel der Stadtgeschichte im öffentlichen Raum zu verankern. Im Unterschied zur letzten chronologischen Geschichtsausstellung im Untergrund des Partisanenhügels „Aus Breslaus Vergangenheit“ (1980–1983) füllt die neue Schau die „weißen Flecken“ der lokalen Geschichte und behält dabei die Bezüge zu den polnischen Wurzeln Breslaus und der Anwesenheit polnischer Kultur in der Stadt bei. Denn durch die Verknüpfung 120 Nowak, Jerzy Robert: Pełzająca germanizacja Wrocławia (2). In: Nasz Dziennik am 18. Februar 2009; Maciejewska, Beata: Zakończmy wojnę wrocławsko-pruską. In: Gazeta Wyborcza Wrocław am 27. September 2009; Kaszewski, Cezary: W Pałacu Spaetgena czy może w Królewskim? In: Polska Gazeta Wrocławska am 16. April 2009; Natusiewicz, Marek: Bardzo niestrawny bigos. Pałac Spaetgena czy Pałac Królewski we Wrocławiu. In: Polska Gazeta Wrocławska am 23. April 2009; Marczak, Tadeusz: Jak byśmy byli pod pruskim zaborem. In: Nasz Dziennik am 1./2. August 2009. 121 Maciejewska: Zakończmy wojnę. 122 [Okólska, Halina im Interview mit] Kwiecień, Małgorzata: „1000 lat Wrocławia“ od 19 kwietnia w Pałacu Królewskim. In: Punkt Informacji Kulturalnej Wrocław, 14. April 2009, http://pik.wroclaw. pl/ pressroom/1000-lat-Wrocawia-od-19-kwietnia-w-Palacu-n433.html [Zugriff am 25. Januar 2015]. 123 Maciejewska, Beata: I Ty możesz zostać królem. In: Gazeta Wyborcza Wrocław am 10. April 2009; Krzemień, Krzysztof: Rusza wystawa „1000 lat historii Wrocławia“. In: Teraz Wrocław, 17. April 2009, http://www.rekreacja.wroc.pl/artykul.php5?id=1076 [Zugriff am 25. Januar 2015]; Wysocki, Tomasz: Wrocław znów ma swój piękny Pałac Królewski. In: Gazeta Wyborcza Wrocław am 19. April 2009; Danielewicz, Dorota: Stadtgeschichte, neu erzählt/Historia miasta, opowiadana na nowo. In: Dialog. Deutsch-polnisches Magazin/Magazyn Polsko-Niemiecki 88 (2009) 92–97; Maciejewska, Beata: Dzieje Wrocławia w pałacu. In: Odra 49/10 (2009) 105–110. In Deutschland erschienen u. a. Schröder, Katharina: Entstaubter Blick auf 1000 Jahre Geschichte. In: Sächsische Zeitung am 27. April 2009; Zajonz, Michael: Königsschloss. Die Blume Europas. In: Der Tagesspiegel am 22. August 2009; Stürmer, Michael: Der Glanz von Breslau. In: Die Welt am 30. Juli 2009; Schmidt, Martin: Breslau pflegt sein deutsches Erbe. In: Preußische Allgemeine Zeitung am 2. Mai 2009; Wolff, Hubert A.: Tausend Jahre Breslau/Wrocław bis heute. In: Schlesischer Kulturspiegel 44 (2009) 9; Christmann, Günter: Historisches Museum in Breslau eröffnet. Ausstellung zur 1000-jährigen Stadtgeschichte im Königs­ schloss. In: Schlesien heute 12/5 (2009) 10–13.

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zahlreicher traditioneller und neuer Aspekte der Lokalgeschichte schafft sie einen Kompromiss zwischen einerseits traditionell verankerten Geschichtsbildern und andererseits einer aufgeschlossenen Stadtgeschichte, die ihr böhmisch-habsburgisches, preußisches und deutsch-jüdisches Kulturerbe herausstellt. Im Gegensatz zur ersten musealen Synthese nach dem Krieg, „Zehn Jahrhunderte Schlesien“ (1954–1963), in der es darum ging, Breslau und Niederschlesien in einer nationalpolnischen Geschichte Schlesiens zu verankern, erzeugt „1000 Jahre Breslau“ einen umfassenderen Blick auf die lokale Vergangenheit, der die national begrenzten Perspektiven der Geschichtspolitik aus den Zeiten der Volksrepublik aufbricht. Beide Ausstellungen entsprangen damit einschneidenden politischen und kulturellen Umwälzungen in der zweiten Hälfe des 20. Jahrhunderts: Erstere stützte die Polonisierung Niederschlesiens nach dem Krieg, und letztere spiegelt das Entstehen einer Zivilgesellschaft in einem nunmehr demokratischen Staatswesen wider. Hier zeigt sich, dass starke nationale Perspektiven, die die Musealisierung der Breslauer Stadtgeschichte im 20. Jahrhundert zu großen Teilen bestimmten, ihre Wirkmächtigkeit verloren haben. Um diese Entwicklungsgeschichte der stadtgeschichtlichen Ausstellungen in einem größeren Kontext zu verorten, werden abschließend die besprochenen Ausstellungen zusammengeführt und das Gesamtergebnis am Beispiel der Museumsgeschichte anderer polnischer und deutscher Städte diskutiert.

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8. Fazit: Museale Stadtgeschichte zwischen Umbruch und Kontinuität – in Breslau und anderen Stadtmuseen Mitteleuropas

Abbildung 32: Die 2009 eröffnete Dauerausstellung zu tausend Jahren Breslauer Stadtgeschichte verweist auf den nahezu vollständigen Austausch der Stadtbevölkerung in den Jahren 1945–1948 durch einen Handwagen sowie verschiedene Dokumente und Fotografien von Ankünften und Abschiebungen. Fotografie von 2016.

Die vorliegende Untersuchung der Breslauer Geschichtsausstellungen im 20. Jahrhundert hat aufgezeigt, dass nach mehreren Phasen nationaler Selektion und staatlicher Geschichtsdefinition der politische Umbruch von 1989 den Museen völlig neue Handlungsräume eröffnete. Der politische Systemwechsel erscheint vor diesem Hintergrund als Beginn einer Phase, in der Stadtgeschichte erstmals frei von dominanten nationalistischen Paradigmen und staatlicher Propagandapolitik museal interpretiert werden konnte. Hierbei hat die Analyse der einzelnen Phasen musealer Geschichtsinterpretationen im deutschen und polnischen Breslau im vorherigen Kapitel verdeutlicht, dass in Breslau stadtgeschichtliche Synthesen in Form von Dauerausstellungen jeweils in Abständen von 20 bis 25 Jahren entstanden sind. Diese Regelmäßigkeit lässt sich schwerlich als Zufall abtun, denn an diesem Befund ist auffällig, dass sich an den dazwischen

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Fazit: Museale Stadtgeschichte zwischen Umbruch und Kontinuität

Abbildung 33: Im „Gelben Wohnzimmer“ des Breslauer Schlossmuseums (1926–1945) erinnerte über der Büste der „Königin“ Luise von Preußen ein vergrößertes Modell des Eisernen Kreuzes an die Stiftung des Abzeichens zu Beginn der Befreiungskriege gegen die französische Besatzung. Die Gemächer im Spätgen-Palais wurden vor 1945 zu einem nationalen Gedenkort stilisiert. Fotografie vor 1945.

liegenden Zeiträumen Phasen besonders grundlegender Neudefinitionen und Aushandlungen der lokalen Vergangenheit festmachen. Auf Grundlage dieser Ergebnisse lassen sich diese Abstände als geschichtskulturelle Übergangs- oder Transformationszeiten beschreiben. In der Musealisierung der Breslauer Stadtgeschichte sind damit besondere Entwicklungsphasen auszumachen, die mit der An- und Abwesenheit von geschichtlichen Dauerausstellungen in Verbindung stehen. Die Geschichtskultur – die Positionierung zur Vergangenheit – befindet sich auch außerhalb dieser Phasen in einem stetigen Entwicklungsprozess, doch politische Systemwechsel haben hier besonders starke Auswirkungen auf den öffentlichen Umgang mit Geschichte. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die Fragestellungen dieser geschichtskulturellen Definitions- und Transformationsphasen jeweils grundlegend verschieden waren: Vor dem Zweiten Weltkrieg verbanden sich mit neuen Interpretationsmustern der Geschichte vor allem Debatten um die gesellschaftliche Rolle von Museen. Die überfüllten, fachhistorisch geordneten Museumssammlungen, gegründet als Orte bürgerlicher Selbstverständigung des 19. Jahrhunderts, erhielten in der Weimarer Republik neue Vermittlungskonzepte für breitere Gesellschaftsschichten. In der nationalistisch aufgeladenen Perspektive einer „bedrohten Grenzstadt“ verschärfte sich

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Abbildung 34: Das „Gelbe Wohnzimmer“ und vier weitere Gemächer preußischer Könige wurden 2004–2008 historischen Vorlagen entsprechend nachempfunden. Auch auf die antinapoleonischen Befreiungskriege und die Stiftung des deutschen Militärabzeichens nimmt die neue Ausstellung wieder Bezug. Fotografie von 2016.

die politische Präsentation von Geschichte im Museum, insbesondere nach 1933 für eine massenwirksame Agitation der NS-Propaganda. Die Schaffung einer chronologischen Dauerausstellung seit 1935 blieb allerdings unvollendet. Dem Gegenüber mussten die Historiker und Museumskuratoren vor der ersten polnischen Dauerausstellung einer historischen Synthese (1954–63) erst einmal definieren, was die Leitprinzipien der schlesischen Geschichte aus marxistischer Perspektive sein sollten und welchen Anteil die polnische Nation daran hatte. Demgegenüber war der Interpretationsrahmen 25 Jahre später beim zweiten Ansatz einer geschichtlichen Synthese (1980–1983) bereits klarer gesteckt und verschiedene identitätsstiftende Bereiche der Breslauer Geschichte herausgearbeitet: Im Mittelpunkt stand eine nationalpolnisch verengte Geschichte Breslaus mit Schwerpunkten auf ihrer soziokulturellen Entwicklung und Bezügen zum konfliktreichen deutsch-polnischen Verhältnis. Während die historische Forschung trotz der staatlichen Kontrolle differenziertere Bilder der lokalen Vergangenheit zeichnete, dominierten in den populären Darstellungsformen wie den Geschichtsausstellungen stark verkürzte Narrative über die Stadtgeschichte. Aus der oppositionellen Geschichtskultur der 1970er und 1980er Jahre ging nach dem Wegfall der staatlichen Kontrolle (1989) eine 20-jährige Phase lebhafter, öffentlicher Debatten und Projekte über eine große

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Bandbreite regionaler Themen jenseits nationaler Verengungen hervor. Diese Debatten begleiteten diverse historische Sonderausstellungen unter anderem zu deutschen, jüdischen und polnischen Breslauern, zum Zweiten Weltkrieg und der Solidarność-Bewegung. Eine erste Materialisierung, ein museales Produkt der vielfältigen Definitionen der Breslauer Stadtgeschichte bildete die letzte in dieser Reihe untersuchte Dauerausstellung, die Präsentation „1000 Jahre Breslau“ im neu eröffneten Königschloss (2009). Die kulturelle Entwicklung Breslaus seit dem Ende der Volksrepublik erscheint in der Vielfalt der Erzählungen kaum vergleichbar mit den vorherigen autoritären Phasen. Die dritte Neuerfindung Breslaus 1989, nach der fortlaufenden Radikalisierung in der Zwischenkriegszeit und der nahezu vollständigen Umschreibung nach 1945, war vor allem ein intellektueller und öffentlicher Prozess, den die Museen begleiteten und reflektierten. Die Stadtregierung entdeckte in dem deutsch-polnischen Kulturerbe eine neue Stärke für die Region als ein Alleinstellungsmerkmal. Aus der „fremden“ Vergangenheit wurde der spezifisch „europäische“ Charakter Breslaus, der die Stadt zu einem herausragenden Ort machte, sogar zur europäischen Kulturhauptstadt im Jahr 2016. Selbstbewusst stellte die Stadt in ihrer Bewerbung die Komplexität und das Potential ihrer Geschichte heraus – als eine Botschaft für das heutige Europa: „More than a thousand years of Wrocław’s history is a story of meetings between very different peoples and individuals. These meetings have woven an extremely complex history. […] A dramatic event […] was the complete replacement of population, unprecedented in the history of Central Europe that took place when World War II had ended and German Breslau was turning into Polish Wrocław. […] We want to share with Europe our experience of dealing with the difficult task set for us by history: building a new identity of the city and of our own.“1 Die zentrale Betonung der „extrem komplexen Geschichte“ Breslaus zeigt einmal mehr, dass die Suche nach neuen Definitionen der Stadtgeschichte nicht länger schmerzhafte oder „fremde“ Kapitel der Vergangenheit ausschließt. Stattdessen exponierten die Breslauer Museen das lokale Kulturerbe jenseits nationaler Sinnstiftungen und schufen eine integrative Geschichte dieser mitteleuropäischen Großstadt. Hinsichtlich einer kulturgeschichtlichen Verortung dieser Befunde stellt sich die Frage, inwieweit sich Breslaus museale Geschichtskultur von anderen mitteleuropäischen Städten unterscheidet oder mit diesen Überschneidungen aufweist. Aufgrund Breslaus Lage im ehemals spannungsgeladenen deutsch-polnischen Grenzraum ist zu bezweifeln, dass die museale Geschichtskultur dieser ostmitteleuropäischen Grenzstädte 1 Chmielewski, Adam: Przestrzenie dla piękna (na nowo rozważone). Aplikacja Wrocławia o tytuł Europejskiej Stolicy Kultury 2016. Wrocław 2011. Zugleich auf Englisch: Spaces for Beauty (revisited). Wrocław’s Application for the title of European Capital of Culture 2016. Wrocław 2011, polnische Sprachversion: „Tysiącletnia historia Wrocławia to dzieje spotkań różnych narodów i postaci. Ze spotkań tych utkała się wyjątkowo skomplikowana historia. O tych spotkaniach wrocławianie pragną opowiedzieć Europie. […] Dramatycznym wydarzeniem […] było to, że gdy zgasł ogień II wojny światowej i niemiecki Breslau przeobrażał się w polski Wrocław, doszło tu do bezprecedensowej w historii Europy Środkowej całkowitej wymiany ludności miasta. […] Chcemy podzielić się z Europą swoim doświadczeniem w wypełnianiu postawionego przed nami przez historię trudnego zadania, jakim było budowanie od nowa tożsamości miasta i swojej własnej.“

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vor 1945 den Strömungen anderer deutscher Städte und hiernach den Entwicklungen zentralpolnischer Städte durchweg entsprochen hat. Die Diskussion der Gesamtergebnisse in einem Vergleich mit anderen Städten erlaubt hier die Formulierung gesicherter Rückschlüsse zu den Besonderheiten wie auch zu den zeittypischen Entwicklungen im Breslauer Museumswesen. Da sich die vorliegende Studie zum Breslauer Museumswesen historisch in Deutschland und Polen verortet, werden für den Vergleich die Fallstudien aus zwei deutschen und zwei polnischen Städten hinzugezogen: Neben drei großen Regionalzentren – Krakau, Dresden und Köln –, die allesamt im 20. Jahrhundert über eine stabilere Bevölkerungsstruktur als Breslau verfügten, wird Danzig als viertes Beispiel beleuchtet, weil letztere die zweitgrößte nunmehr polnische Stadt ist, die nach dem Zweiten Weltkrieg einen radikalen Bevölkerungswandel erlebt hat. Gemeinsam ist allen Städten einschließlich Breslau, dass sie im 20. Jahrhundert in ihren Regionen die jeweils führende Metropole darstellten, weniger als eine Millionen Einwohner hatten und keine Hauptstädte waren. Die Auswahl begründet sich auch aus den wechselnden Staatszugehörigkeiten dieser Städte: Zu Beginn des Jahrhunderts lagen alle Städte im deutschen Kaiserreich, mit Ausnahme Krakaus in Österreich-Ungarn. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Danzig zu einer autonomen Körperschaft als Freie Stadt, und nach dem Zweiten Weltkrieg umfasst diese Auswahl jeweils eine Stadt aus der Bundesrepublik Deutschland, aus der Deutschen Demokratischen Republik und drei Städte aus der Volksrepublik Polen. Auffällig ist bei allen vier Städten, dass sie im Gegensatz zu Breslau zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein Stadtmuseum beheimateten und damit über eine Institution verfügten, die nicht nur einem kommunalen Träger unterstand, sondern auch ihre Sammlungsschwerpunkte auf den lokalen Raum konzentrierte. Damit ist das fehlende Stadtmuseum in Breslau eine Besonderheit, denn das Schlesische Museum für Kunstgewerbe und Altertümer mit seiner kleinen Abteilung „Alt-Breslau“ konnte kaum ein vollwertiges Stadtmuseum kompensieren. Bekanntlich war es zwar eine städtische Institution, doch lag in seinem Fokus die gesamte schlesische Region.

8.1. Deutsche und polnische Geschichtsausstellungen in Danzig Im Gegensatz zu Breslau enthielt das 1873 in Danzig eröffnete Stadtmuseum Sammlungen kunst- und kulturhistorischer Objekte, die in großen Teilen einen ortsgeschichtlichen Bezug aufwiesen.2 Als nach dem Ersten Weltkrieg die politische Zugehörigkeit Danzigs zur Debatte stand und aus dem Versailler Vertrag die Körperschaft der Freien Stadt Danzig (1920–1939) unter dem Schutz des Völkerbundes hervorging, verstärkten sich die nationalistischen Interpretationen der Lokalgeschichte in den Danziger Museen ungleich stärker als in Breslau, welches, wie bereits gezeigt, ebenfalls zu einem Zentrum der deutschen „Ostforschung“ wurde. In der Freien Stadt Danzig allerdings schuf der 2

Gliński, Mirosław: Muzeum Miejskie. In: Fundacja Gdańska: Gedanopedia. Gdańsk 2012–15, http:// www.gedanopedia.pl/gdansk/?title=MUZEUM_MIEJSKIE [Zugriff am 10. Oktober 2015]; Loew: Danzig und seine Vergangenheit, 132, 257.

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„Deutsche Heimatbund“ 1927 mit der Gründung eines Staatlichen Landesmuseums für Danziger Geschichte ein dezidiert „politisches Museum“, welches sich als neuer Museumstyp zu einer „Forschungsanstalt auf dem Gebiete der ostdeutschen Landesgeschichte“ entwickeln sollte.3 Das Gegenprojekt eines „polnischen Museum“ scheiterte dort hingegen noch in der Planungsphase.4 Im Gegensatz zu Breslau definierte das Danziger Landesmuseum seine Sammlungen kulturgeschichtlicher Exponate im Schlossmuseum Oliva, im Artushof und im Stockturm bereits in der Zeit als Freie Stadt hinsichtlich eines kulturpolitischen Besitzanspruches. Demgegenüber blieb allerdings das Danziger Stadtmuseum weniger politisch vereinnahmt – so zeigte es 1930 eine große polnische Kunstausstellung der „Gesellschaft zur Förderung der polnischen Kunst im Auslande“.5 Ein besonderes Schicksal hatte die Danziger Judaica-Sammlung, welche seit 1904 in den Räumen der Synagogengemeinde ausgestellt worden war. Sie konnte noch 1939 vor dem deutschen Überfall in die Vereinigten Staaten evakuiert und dort eine neue Aufstellung finden.6 In noch größerem Ausmaße als in Breslau waren die Danziger Museen und Sammlungen von den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs betroffen. Nach der Vertreibung und Zwangsmigration der deutschen Einwohner7 begannen auch im neuen Pommerischen Museum Danzig (Nationalmuseum seit 1972) Versuche zu einer „Repolonisierung“ beziehungsweise einer nationalpolnischen Aneignung der alten Kulturgeschichts- und Kunstsammlungen – ebenfalls durch Abtransport vieler Sammlungsgüter nach Zentralpolen. Dabei hatte sich Danzig noch bis 1793 als mehrheitlich deutschsprachige Stadtrepublik unter der Hoheit des polnischen Königs befunden und bot damit wesentlich jüngere historische Anknüpfungspunkte zur polnischen Geschichte als Breslau.8 Dennoch eröffnete auch in Danzig, wie in Breslau, erst 25 Jahre nach Kriegsende ein „Geschichtsmuseum der Stadt Danzig“, welches zunächst die historischen Interieurs des wiederaufgebauten Rechtstädtischen Rathauses, später auch des Stockturms (1973), des Artushofes (1984) und des Uphagenhauses (1981/98) präsentierte. Die Stadtgeschichte blieb lückenhaft, zum Zweiten Weltkrieg entstanden bedeutende Ausstellungen auf der Westerplatte (1974/80) 3 Keyser, Erich: Das Schloß Oliva. Staatliches Landesmuseum für Danziger Geschichte. Danzig 1928, 14. Zur politischen Umdeutung der musealen Volksbildungsbewegung unter dem Danziger Museumsdirektor Erich Keyser vgl. Roth: Heimatmuseum, 136; Thamer: Geschichte, 376 f.; Loew: Danzig und seine Vergangenheit, 304–306. 4 Korduba, Piotr: Visionen des alten Danzig (Gdańsk) in polnischen kunsthistorischen Publikationen, im Museumswesen und im Kontext des Wiederaufbaus der Stadt nach 1945. In: Bingen, Dieter/Loew, Peter Oliver/Popp, Dietmar (Hg.): Wizualne konstrukcje historii i pamięci historycznej w Niemczech i w Polsce po 1939 roku/Visuelle Erinnerungskulturen und Geschichtskonstruktionen in Deutschland und Polen seit 1939. Warszawa/Marburg 2009, 99–117, hier 105. 5 Treter, Mieczysław: Polnische Kunstausstellung. Land und Volk, alte Volksholzschnitte, Holzplastik, Bücher. Stadtmuseum. Danzig 1930. 6 Rauschenberger: Jüdische Tradition, 174–178; Hoppe: Jüdische Geschichte, 264, 267. 7 Obwohl die polnische Bevölkerung Danzigs vor dem Krieg mit 3,5 bis 10 Prozent (je nach Schätzung) fast doppelt so groß war wie die in Breslau, lässt sich in diesem Verhältnis der Umfang der Vertreibung und Aussiedlung der deutschen Danziger ebenfalls als ein nahezu vollständiger Bevölkerungstausch beschreiben. Vgl. Loew: Danzig und seine Vergangenheit, 50 f.; Perkowski: Gdańsk, 45–51. 8 Zur Aneignung der Danziger Kunst vgl. Korduba: Visionen, 105–107.

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Eine polnische Geschichtstradition in Krakau

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und in der Polnischen Post (1979).9 Mit der historisch selektiven Schwerpunktsetzung wie auch dem zeitlichen Rahmen der Museumsgründungen ähneln sich Breslau und Danzig. Auch in Danzig setzten nach 1989 offenere Debatten über das deutsche Kulturerbe der Stadt ein.10 Zur neueren Stadtgeschichte präsentiert das Historische Museum im Rathaus seit 1996 die szenisch gestaltete Dauerausstellung „Leben in der Freien Stadt Danzig 1920–1939“. Eine chronologische Dauerausstellung zur Stadtgeschichte hingegen befindet sich auch 25 Jahre nach der politischen Transformation noch in der Planungsphase – bis 2017 soll eine Dauerausstellung der Danziger Geschichte vom Mittelalter bis in die Gegenwart eröffnet werden.11 Die Höhepunkte des Danziger Museumswesens sind allerdings von überregionaler Bedeutung: Mit dem aus der Ausstellung „Wege zur Freiheit“ (2000/2007–2014) hervorgegangenen Europäischen Solidarność-Zentrum und den Vorbereitungen für ein Museum des Zweiten Weltkrieges befinden sich in Danzig gleich zwei Institutionen zu zentralen Themen der gesamtpolnischen und sogar europäischen Geschichtskultur.

8.2. Eine polnische Geschichtstradition in Krakau Ein Blick nach Krakau zeigt, dass sich die späte Hinwendung zu einer stadtgeschichtlichen Chronologie in den Danziger und Breslauer Museen am Bevölkerungsaustausch und der komplexen deutsch-polnischen Verflechtungsgeschichte festmachen lässt. Die alte polnische Königsstadt erhielt 1889 ein „Historisches Museum der Stadt Krakau“. Seine Sammlungen bezogen sich dezidiert auf die städtische Entwicklungsgeschichte und versammelten Relikte der Handwerkszünfte, Andenken an den Aufstand von 1846 sowie eine Reihe von Stadtansichten. Letztere wurden 1936 in der großen Sonderausstellung „Alt-Krakau“ im Rahmen von 700 Bildern präsentiert.12 Bei der Bedeutung der Sammlungen von Kunsthandwerk und Stadtansichten weist Krakau zahlreiche Parallelen zur Hauptstadt Niederschlesiens auf. Seit 1935 besaß Krakau zudem ein Jüdisches Museum,13 welches sich aber aufgrund seiner kurzen Existenz kaum entfalten konnte. Die bauliche Substanz Krakaus blieb im Vergleich zu Warschau im Zweiten Weltkrieg weitestgehend verschont, wobei seine Museumssammlungen durchaus von deutschen Plünderungen betroffen waren.14 Für die bürgerliche Tradition Krakaus bedeu  9 Kukliński, Jerzy: Das Rechtstädtische Rathaus in Danzig. Muzeum Historii Miasta Gdańska. Gdańsk/ Warszawa 1995, 14, 30 f. Zur Entstehung und der Organisation der Danziger Museen bis 1970 vgl. Orysiak: Muzea, 112 f. 10 Loew: Danzig und seine Vergangenheit, 501–509. 11 W gdańskim muzeum powstanie po raz pierwszy wystawa o dziejach miasta. In: Gazeta Wyborcza Trójmiasto am 12. Januar 2015. 12 Dobrzycki, Jerzy: Muzeum Historyczne Miasta Krakowa. Jego dzieje i zbiory. Kraków 1955, 31–51. 13 Das jüdische Museum befand sich in der Alten Synagoge. Vgl. Bałaban, Majer: Przewodnik po żydowskich zabytkach Krakowa. Kraków 1935, 55–59. 14 Röskau-Rydel, Isabel: NS-Kunst- und Kulturpolitik in Krakau unter deutscher Besatzung am Beispiel von Museen und Ausstellungen 1939–1945. In: Baensch/Kratz-Kessemeier/Wimmer (Hg.): Museen, 191–202.

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tete vor allem der Marxismus einen Umbruch in der Geschichtskultur. Eine der ersten Sonderausstellungen des wieder gegründeten Museums stand daher unter dem bezeichnenden Titel „Das alte und gestrige Krakau“ (1947).15 Auch wenn sich der historische Interpretationsrahmen entsprechend der politischen Ideologie wandelte, konnten die Kuratoren auf eine auch in nationaler Perspektive kontinuierliche, stabile städtische Geschichtstradition zurückgreifen. Bereits 1952 eröffnete das Museum eine chronologische Dauerausstellung von der Frühzeit bis zur Gründung der Volksrepublik.16 Darüber hinaus gewann es in den 1950er Jahren weitere Ausstellungsflächen unter anderem in der Festungsanlage, im Rathausturm und in der Alten Synagoge. In der Synagoge zeigte das Museum bereits seit 1962 eine Dauerausstellung zur Geschichte der jüdischen Krakauer.17 Damit lässt sich festhalten, dass in Krakau bereits 20 Jahre vor Breslau neben einer Gemäldegalerie (Nationalmuseum) auch ein lokalhistorisches Museum mit mehreren Ausstellungsorten bestand. Krakau stützte sich auf eine ungebrochene polnische Geschichtstradition, daher waren dort 1989 die Umwälzungen in der musealen Geschichtskultur weniger einschneidend als in Breslau oder Danzig. Zur Geschichte des Zweiten Weltkrieges änderten sich allerdings auch in Krakau die Interpretationsmuster: Anstelle der Ehrung der sowjetischen „Helden“ zeigte die überarbeitete Dauerausstellung im ehemaligen GestapoQuartier im „Schlesischen Haus“ die Stadtgeschichte sowohl zu Zeiten des deutschen wie auch des sowjetischen „Terrors“.18 Zu Beginn des 21. Jahrhunderts entwickelte das Krakauer Stadtmuseum drei moderne themenspezifische Dauerausstellungen an historischen Orten, die die führende Rolle Krakaus als touristisches Zentrum Polens untermauerten. Hierzu zählen Ausstellungen zum Krakauer Ghetto in der „Adler-Apotheke“, zur deutschen Besatzung in der ehemaligen „Schindler-Fabrik“ und eine multimediale archäologische und stadtgeschichtliche Dauerausstellung unter dem Krakauer Ring (Hauptmarkt).19

15 Dobrzycki: Muzeum, 53–58; Ludwikowski, Leszek/Wojak, Sławomir: Z dziejów Muzeum Historycznego Miasta Krakowa. In: Krzysztofory. Zeszyty Naukowe Muzeum Historycznego Miasta Krakowa 6 (1979) 7–20, hier 15. 16 Dobrzycki: Muzeum, 83 f.; Ludwikowski/Wojak: Z dziejów, 16. 17 Das historische Museum der Stadt Krakau legte seit 1956/58 eine Judaica-Sammlung an, 1959 übertrug ihm die jüdische Gemeinde die Alte Synagoge im Stadtteil Kazimierz zur Errichtung eines „Museum der Geschichte der Juden in Polen“. Von 1962 bis 1975 bestand dort die Dauerausstellung „Z dziejów i kultury Żydów w Krakowie“. 1980 wurde das Museum neu eröffnet und 1999 umfassend überarbeitet. Vgl. Muzeum judaistyczne w Krakowie; Passowicz/Szczygieł: Muzeum Historyczne, 9–11. 18 Im Dom Śląski bestand seit 1982 eine Dauerausstellung zur Krakauer Geschichte während des Zwei­ ten Weltkrieges, 1990 wurde diese grundlegend überarbeitet und 1998 um die Jahre des Stalinismus (bis 1956) erweitert: Krakowianie wobec terroru 1939–1945–1956, Ulica Pomorska. Vgl. Heinemann: Die Emaillewarenfabrik, 257. 19 Apteka Tadeusza Pankiewicza w getcie krakowskim, Apteka Pod Orłem (1983, 2003 neu eröffnet), Kraków. czas okupacji 1939–1945, Fabryka Emalia Oskara Schindlera (2010), Śladem europejskiej tożsamości Krakowa, Podziemia Rynku (2010). Vgl. Misja i historia. Muzeum Historyczne Miasta Krakowa, http://www.mhk.pl/misja-i-historia [Zugriff am 26. Januar 2015]. Heinemann: Die Emaille­

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8.3. Museale Geschichtskultur in Breslaus Partnerstadt Dresden Die Konstanten einer städtischen Geschichtstradition über die Umbrüche durch drei politische Systeme hinweg zeigen sich auch am Beispiel von Breslaus Partnerstadt Dresden. Die sächsische Hauptstadt besaß seit 1891 ein Stadtmuseum, welches 1910 im Neuen Rathaus seine historischen Sammlungen in einer chronologischen Reihung vom Mittelalter bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts aufstellte. Im Gegensatz zu Breslau verfügte Dresden damit schon vor dem Ersten Weltkrieg nicht nur über eine rein stadtgeschichtliche Dauerausstellung, sondern hatte auch bereits die alten handwerklichen und religiösen Relikte sowie die „Erinnerungen“ an Kriege und Revolutionen in eine zeitliche Reihung gebracht.20 Wie in Breslau begannen die Verluste der städtischen Sammlungen nicht erst mit den Kriegshandlungen, sondern bereits 1933 mit den Ausstellungen „Entartete Kunst“ in Dresden beziehungsweise „Kunst der Geistesrichtung 1918–1933“ in Breslau und der anschließenden „Entsorgung“ der modernen Meisterwerke.21 Nach der Zerstörung des Museumsgebäudes 1945 und dem Abtransport eines Teils seiner Bestände in die Sowjetunion sowie eines politisch motivierten Austausches des Museumspersonals entwickelte sich das Dresdener Stadtmuseums anfangs bescheiden. Bis 1965 zeigte es vor allem Sonderausstellungen, eine erste stadtgeschichtliche Dauerausstellung eröffnete 1960 unter dem Titel „Dresden – gestern, heute, morgen“. Eng angebunden an die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands (SED) entsprachen die Interpretationsmuster dem marxistischen Geschichtsbild unter Betonung der Sozialgeschichte.22 Wie in Breslau zählten nicht nur historische Themen zum Programm des Stadtmuseums, sondern auch Jubiläen der Partei und ihrer Organisationen. Eine Aufwertung erfuhr das Stadtmuseum 1966 durch die Umbenennung zum „Institut und Museum für Geschichte der Stadt Dresden“ und den Umzug in das umfassend renovierte Palais „Landhaus“. Die großzügige stadtgeschichtliche Dauerausstellung „von den Anfängen“ bis zur „sozialistischen Großstadt Dresden“ gliederte sich bezeichnenderweise in die für Dresden nur indirekt bedeutenden Jahre der Französischen Revolution (1789) und der Russischen Oktoberrevolution (1917).23 Wie in Krakau konnte das ideologisch geprägte Museum für seine Ausstellungen auf eine konstante Sammlungs- und Geschichtstradition zurückgreifen, während in Breslau und Danzig zu diesem Zeitpunkt eine geschlossene stadtgeschichtliche Chronologie unvorstellbar erschien, da zu viele Kapitel dem nationalen Paradigma entsprechend „fremd“ waren. Dies wurde auch bei verschiedenen Breslauer Ausstellungen in Dresden deutlich, da die Städte seit 1959/63 durch ein kulturelles Städtepartnerschaftsabkommen verbunden waren und

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warenfabrik, 255–284; Maischein, Hannah: Der Augenzeuge des Judenmords in der polnischen Erinnerungskultur. Überlegungen zur Medialisierung der „Apotheke zum Adler“ im ehemaligen Krakauer Ghetto. In: Borodziej/Schulze Wessel (Hg.): Krieg, 227–253, hier 235–237, 244–247. Eschebach, Erika u. a.: Stadtmuseum Dresden. Kultur, Geschichte, Erleben. Dößel 2010, 14 f. Zu den Ausstellungen in Dresden und Breslau vgl. Zuschlag: „Entartete Kunst“, 123–130, 157–162. Eschebach: Stadtmuseum, 20–22. Förster, Rudolf (Hg.): Das Museum für Geschichte der Stadt Dresden. Institut und Museum für Geschichte der Stadt Dresden. Dresden 1971, 96; 51984, 95. Vgl. auch Eschebach: Stadtmuseum, 22 f.

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Besuchsdelegationen austauschten. Das Dresdener Stadtmuseum bot Breslau unter anderem in einem Raum zur „Heldenstadt Leningrad, Ostrava, Wroclaw und anderen Partnern unserer Stadt“ Platz zu einer Selbstpräsentation.24 Die Narration dürfte derjenigen der großen Ausstellungsreihe im November 1975 anlässlich der Breslauer Kulturtage in Dresden entsprochen haben: Die sprachpolitisch betitelte Sonderausstellung „Panorama von Dolny Śląsk 1945–1975“ des Breslauer Geschichtsmuseums beschränkte sich auf die „dreißigjährigen Errungenschaften von Wrocław und Dolny Śląsk“.25 Ausführlichere Bezüge zur Breslauer Geschichte vor 1945 enthielt dagegen eine Kunstausstellung von 1978 unter dem Titel „Wrocławer Künstler und ihre Stadt“. Der Begleittext erklärte, dass „die spätere Geschichte Wrocławs von der Herrschaft fremder Dynastien, tschechischer, österreichischer und schließlich preußischer, gekennzeichnet [war], aber bis ins 19. Jahrhundert die Umgangsprache Polnisch [war]“.26 Die Reaktionen auf diese verengte Stadtgeschichte sind leider nicht überliefert. Entsprechend der verordneten Freundschaft mit Polen blieb es bei einem Austausch von Ausstellungen, wohingegen eine konzeptionelle Zusammenarbeit nicht festgestellt werden konnte.27 Ein besonderer Ort deutsch-polnischer Geschichtskultur in Dresden, allerdings ohne Bezüge zu Breslau, ist das seit 1960 bestehende Literaturmuseum im Haus des Schriftstellers Józef Ignacy Kraszewski (1812–1887).28 Hinsichtlich der Geschichte des Zweiten Weltkrieges enthielt die Dresdener Dauerausstellung neben der aus Polen bekannten Hervorhebung der „Hilfe sowjetischer Besatzungsorgane für die deutschen Antifaschisten“ eine stadtspezifische Narration als „Opfer

24 Förster: Das Museum [1984], 84. Dresden und Breslau sind seit 1959 durch ein Städtepartnerschaftsabkommen verbunden. Wiesbaden wurde 1987 die zweite deutsche Partnerstadt Breslaus. Von 1971 bis 1977 veranstalteten Dresden und Breslau gemeinsame „Tage der Freundschaft und Kultur“, die auch eine wirtschaftliche Zusammenarbeit vertieften. Vgl. Seethaler, Gerhard: Współpraca okręgu drezdeńskiego z województwem wrocławskim. In: Szczegóła, Heronim/Gräfe, Karl H. (Hg.): Współpraca przygraniczna PRL-NRD. Zielona Góra/Dresden 1984, 161–174, hier 173; Kaczmarek, Michał: PRL-owska wizja partnerstwa bez partnerów. Z dziejów współpracy partnerskiej Wrocławia z Wiesbaden w latach Polski Ludowej. In: Rocznik Wrocławski 6 (2000) 107–142: 108 f. Den Abschnitt über Breslau in der Ausstellung „Dresdens Partnerstädte“ aktualisierte das MHWr u. a. 1982. Vgl. MMWr, MHWr, 1/60, Bl. 7. 25 Łepkowska/Kaleta: Das Panorama. Zum Programm der Breslauer Kulturtage in Dresden, 25.-29. November 1975 vgl. Informacje o przebiegu „Dni Wrocławia“ w Dreźnie, 1974/75: APWr, Urząd Miasta Wrocławia, 2/23, Bl. 5. 26 Orłowska: Wrocławer Künstler. 27 Die Dresdener Museen zeigten in Breslau u. a. die Waffenausstellung „Broń paradna XVI–XVII wieku“. Vgl. Wystawa broni paradniej. Ze zbiorów drezdeńskich. In: Słowo Polskie am 9. August 1977; Arnold, Hans-Reiner: Waffen, Harnische und Jagdutensilien. Ausstellung des Historischen Museums in Wroclaw. In: Sächsische Zeitung am 17. August 1977. 28 Das 2011–2013 umfassend erneuerte Kraszewski-Museum wird seit 1960 durch das Muzeum Literatury im. Adama Mickiewicza w Warszawie betreut und ist dem Dresdener Stadtmuseum angegliedert. Vgl. Förster: Das Museum [1971], 91. Zum Kraszewski-Museum und weiteren „Polenmuseen“ im Ausland vgl. Weger, Tobias: Muzea i wystawy. In: Grębowiec, Jacek/Gall, Alfred u. a. (Hg.): Inter­ akcje. Leksyskon komunikowania polsko-niemieckiego, http://inspiracje-demo.lightcode.eu/articles/ show/43 [Zugriff am 4. November 2015].

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imperialistischer Barbarei“,29 die sich auf die alliierten Luftangriffe im Februar 1945 bezog. 1985 organisierten die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden in Zusammenarbeit mit dem Institut und Museum für Geschichte der Stadt eine große „Ausstellung aus Anlaß des 40. Jahrestages der Zerstörung Dresdens durch anglo-amerikanische Bomber und des 40. Jahrestages der Befreiung des deutschen Volkes vom Faschismus durch die Sowjetarmee“. Die Sonderausstellung versammelte Gemälde, Zeichnungen und Fotografien zu „Dresden vor der Zerstörung“, „Dresden 1945“ sowie „Zum Entstehen des neuen Dresden“.30 Die etablierten Narrative als kommunistische Opfer der Nationalsozialisten und der westalliierten Angriffe erlaubten eine distanzierte Haltung zu den deutschen Verbrechen im Zweiten Weltkrieg: „Als deutsche Monopolherren 1933 zur Vorbereitung ihres zweiten Weltkrieges dem Hitler mit seinen Faschisten die Macht in Deutschland übertrugen, […] kam die Gefahr auch über unsere Stadt Dresden, die ihr schließlich Tod und Vernichtung brachte.“31 Vor dem Hintergrund des offiziellen DDR-Antifaschismus vollzog sich seit 1989 in der wieder zum „Stadtmuseum“ (1991) umbenannten Institution ein deutlicher Wandel, der die Zerstörung Dresdens in den Kontext der deutschen Vernichtungs- und Eroberungspolitik rückte, gegen die in Deutschland „nur eine kleine Minderheit“ Widerstand geleistet hatte.32 Obwohl Dresden sich auf eine stadtgeschichtliche Tradition stützen konnte, zeichnete sich hier nach 1989 eine geschichtskulturelle Transformationsphase ab, die mit der Situation in Breslau vergleichbar war und noch über diese hinausgeht. Die komplexe Frage der Tiefe der Umbrüche in der Geschichtskultur in Polen und der aufgelösten DDR kann hier nicht gänzlich geklärt werden: Während in Dresden 1990 ein neuer Museumsdirektor aus der Opposition berufen wurde, rückten in Breslau und Danzig im Zeitraum 1989–1991 langjährige Museumsmitarbeiter auf die Direktorenstellen nach. In Krakau blieb der 1984 berufene Direktor sogar bis 2004 im Amt.33 Das Dresdener Museum überarbeitete nach 1990 seine stadtgeschichtliche Ausstellung

29 Förster: Das Museum [1971], 3, 71. 30 Bachmann, Manfred (Hg.): Dresden. Bekenntnis und Verpflichtung, Ausstellung aus Anlaß des 40. Jahrestages der Zerstörung Dresdens durch anglo-amerikanische Bomber und des 40. Jahrestages der Befreiung des deutschen Volkes vom Faschismus durch die Sowjetarmee. Staatliche Kunstsammlungen Dresden. Dresden 1985. 31 Förster, Rudolf: Dresden 1945. In: Bachmann (Hg.): Dresden, 24–31, hier 24. 32 Eschebach: Stadtmuseum, 250. Zur Musealisierung des Zweiten Weltkriegs in der aktuellen Dauerausstellung (2006) vgl. Bogumił, Zuzanna/Buchen, Tim u. a.: Forum Revisiting National Myths. Second World War in the Dresden City Museum. In: Dies. (Hg.): The Enemy on Display. The Second World War in Eastern European Museums. New York/Oxford 2015, 99–132. 33 In Dresden wurde 1990 Matthias Griebel zum Direktor des Instituts und Museums für Geschichte der Stadt Dresden ernannt. In Danzig wurde 1989 Adam Koperkiewicz zum Direktor des Muzeum Historii Miasta Gdańska berufen, und in Breslau ist seit 1991 Maciej Łagiewski Direktor des Muzeum Historyczne we Wrocławiu. Direktor des Muzeum Historyczne Miasta Krakowa war von 1984 bis 2003 Andrzej Szczygieł. Das Krakauer Beispiel kann aber keinesfalls als Ausnahme gewertet werden, da auch der Direktor des Muzeum Narodowe we Wrocławiu, Mariusz Hermansdorfer, von 1983 bis 2014 amtierte.

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schrittweise, die Räume zur Geschichte seit 1945 löste es allerdings umgehend auf.34 Bereits 1990 widmete es dem Ende der DDR eine Sonderausstellung unter dem Titel „Erinnerungen an den Herbst 89“. 2006 eröffnete das Stadtmuseum seine grundlegend modernisierte Dauerausstellung „800 Jahre Dresden“.35 Wie in Breslau spielte die junge Geschichte der Oppositionsbewegung eine bedeutende Rolle, und die politischen Legitimationsschauen verschwanden aus den Museen.

8.4. Westdeutsche Stadtgeschichte in den Kölner Museen Ein vierter Vergleich zieht als Beispiel eine Stadt hinzu, die nach 1945 keine weitere durch einen politischen Systemwechsel verursachte Neuordnung ihrer Geschichtskultur erlebte. Die Stadt Köln, seit 1950 „Patenstadt“ des ehemaligen deutschen Breslau, Sitz der Heimatstube „Breslauer Sammlung“ und Ort der größten Auslandsausstellung des Breslauer Nationalmuseums (2006),36 verfügte seit dem späten 19. Jahrhundert über ein Stadtmuseum. Dieses war 1888 als Ausdruck einer wachsenden lokalen Geschichtskultur des Bürgertums zur Sammlung alter Waffen und Rüstungen, Münzen, Stadtansichten und Bürgerportraits ins Leben gerufen worden. Das Kölnische Stadtmuseum plante seit 1912 eine chronologische Neuaufstellung seiner in der Hahnentorburg beengten und nach Sachgruppen geordneten Sammlungen. Angestoßen durch die große kulturhistorische Sonderausstellung „Jahrtausendfeier der Rheinlande“ von 1925, wurde das Stadtmuseum in einem Verbund mit dem neuen Rheinischen Museum als „Rheinisches und Historisches Museum“ vereinigt.37 Wie in Breslau wurden diese langjährigen Planungen zu einer chronologischen Neuordnung der Sammlung erst durch die nationalsozialistische Kulturpolitik umgesetzt und zugleich ideologisch aufgeladen. 1936 eröffnete das zum „Haus der Rheinischen Heimat“ umbenannte Museum seine Dauerausstellung zur „rheinischen Geschichte von den Karolingern bis zur Gegenwart“. Obwohl Köln ursprünglich ein eigenes Stadtmuseum besessen hatte, bildete die Geschichte der Metropole nunmehr wie im Fall Breslaus ein Element einer regionalgeschichtlichen Dauerausstellung. Das nationalsozialistische Geschichtsmuseum setzte in seiner Kulturgeschichte die zeittypischen Schwerpunkte auf das „rheinische Bauerntum“, „den Kampf um den Rhein“ beziehungsweise die „städtische Wehrhaftigkeit“ und sogar auch auf die „Beteiligungen […] an der Kolonisation des Ostens“.38 Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das stark zerstörte Museum unter dem seit 1925 amtierenden Direktor wieder aufgebaut und 1953 eine erste Dauerausstellung eingerichtet, die schwerpunktmäßig die Geschichte Kölns behandelte. Im Alten Reichs34 Otte, Rolf: Museum für Geschichte der Stadt Dresden. In: Bachmann, Manfred/Prescher, Hans (Hg.): Museen in Dresden. Ein Führer durch 42 Museen und Sammlungen. Leipzig 1991, 174–180, hier 179. 35 Eschebach: Stadtmuseum, 24. 36 Perlick: Die ostdeutschen Heimatstuben, 119 f.; Die Blume Europas, Wallraf-Richartz-Museum Köln, April bis Juli 2006. Vgl. Łukaszewicz: Die Blume Europas. 37 Brill, Franz: Das Kölnische Stadtmuseum. Hamburg 1965, 13–22. 38 Ebd., 22.

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städtischen Zeughaus erhielt das Museum 1958 ein neues Quartier und präsentierte unter seinem alten Namen „Kölnisches Stadtmuseum“ seine kulturhistorischen Sammlungen – vor allem nach Sachgruppen geordnet zur Stadtgeschichte bis ins 19. Jahrhundert.39 Hierzu zählte auch eine bedeutende Judaica-Sammlung, die das Kölner Museum bereits seit der großen Rheinlandausstellung von 1925 besaß.40 Im Gegensatz zu den jüdischen Sammlungen in Breslau und Krakau überstand die Kölner Judaica-Sammlung im Museumsdepot die nationalsozialistischen Plünderungen relativ unbeschadet. Dieser auf den ersten Blick überraschende Befund ist jedoch auf die Besitzverhältnisse zurückzuführen. Denn auch im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg oder im Landesmuseum Braunschweig blieben die Judaica-Sammlungen erhalten, während vor allem die Sammlungen der jüdischen Gemeinden wie in Breslau und anderen Städten geplündert wurden.41 Auf Grundlage seiner Sammlungen und zahlreicher Leihgaben veranstaltete das Kölner Stadtmuseum 1963/64 eine der bedeutendsten Sonderausstellungen zur jüdischen Kulturgeschichte in der Bundesrepublik Deutschland und zugleich eine der ersten Großausstellungen mit einem historischen Ansatz: „Monumenta Judaica – 2000 Jahre Geschichte und Kultur der Juden am Rhein“.42 Damit wurde die jüdische Stadtgeschichte in Köln gut 20 Jahre früher zu einem Ausstellungsthema als in Breslau. Denn beginnend in Krakau entwickelte sich die jüdische Kulturgeschichte in den Städten des sozialistischen Staatenblocks zumeist erst nach 1980 wieder zu einem Bestandteil der lokalen Geschichtskultur.43 Wie fast überall in der Bundesrepublik Deutschland fand auch in den Kölner Museen eine museale Auseinandersetzung mit der Geschichte des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges, mit wenigen Ausnahmen, erst nach 1968 statt.44 Von Bedeutung 39 Brill, Franz/Jüttner, Werner: Kölnisches Stadtmuseum im Zeughaus. Kölnisches Stadtmuseum. Köln 1960, 3 f. 40 Zur Kölner Judaica-Sammlung von 1925 bis 1945 vgl. Rauschenberger: Jüdische Tradition, 205–214. Zur Ausstellung „Die Juden in Köln und Deutz“ von 1958 vgl. Brill/Jüttner: Kölnisches Stadtmuseum, 91–95. Zu den Kölner Judaica-Sammlungen vgl. auch Franzheim, Liesel: Judaica, Bd. 1–2. Kölnisches Stadtmuseum. Köln 1980/90. 41 Geplündert wurden u. a. die Jüdischen Museen der Synagogengemeinden in Breslau, Berlin und Frankfurt/Main. Zu den Plünderungen und dem Schicksal der Judaica-Sammlungen in den nicht-jüdischen Museen in Nürnberg, Braunschweig und Breslau vgl. Hoppe: Jüdische Geschichte, 87, 103, 267, 281. 42 Schilling, Konrad (Hg.): Monumenta Judaica. 2000 Jahre Geschichte und Kultur der Juden am Rhein. Handbuch. Köln 196. Vgl. auch Hoppe: Jüdische Geschichte, 289; Große Burlage: Große historische Ausstellungen, 259 f. 43 Ausnahmen sind hier die 1962 in der Alten Synagoge Krakau eröffnete Ausstellung wie auch die jüdischen Museen in Prag und Budapest (eröffnet 1947/50), deren Ursprünge ins frühe 20. Jahrhundert zurückreichen. Zu Prag vgl. Potthast: Das jüdische Zentralmuseum, 102 f., 193 f. 44 Erste Ausstellungen zur NS-Zeit und dem Holocaust fanden in der Frankfurter Paulskirche anlässlich der Auschwitzprozesse statt: „Warschauer Ghetto“ (1963) und „Auschwitz. Bilder und Dokumente“ (1964). Vgl. Brink, Cornelia: Nach Bildern suchen. Fotografische Erinnerung. In: Reichel, Peter/ Schmid, Harald/Steinbach, Peter (Hg.): Der Nationalsozialismus. Die zweite Geschichte. München 2009, 335–349, hier 339–342. Das Historische Museum Frankfurt zeigte seit 1972 in seiner stadtgeschichtlichen Dauerausstellung Sequenzen zur NS-Diktatur, zur Verfolgung und zum Bombenkrieg. Vgl. Schmidt-Linsenhoff, Viktoria: Historische Dokumentation. Zehn Jahre danach. In: Die Z ­ ukunft beginnt in der Vergangenheit. Museumsgeschichte und Geschichtsmuseum. Historisches Museum

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waren hier insbesondere 1974 die Sonderausstellungen des Stadtmuseums und des Stadtarchivs „Vor einer Generation – Köln im Krieg“45 und „Widerstand und Verfolgung in Köln 1933–1945“46 sowie die 1979 auf Betreiben einer zivilgesellschaftlichen Initiative entstandene Einrichtung eines „NS-Dokumentationszentrums“ im ehemaligen Gestapo-Quartier.47 Deutlich später als in Städten mit antifaschistischen Widerstandsnarrativen, wie Dresden, Krakau oder Breslau,48 erfolgte in Köln eine Musealisierung der NS-Zeit und des Zweiten Weltkrieges, wobei sich im westdeutschen Vergleich das Kölner Museum neben dem reformorientierten Historischen Museum Frankfurt am Main noch einer frühen Thematisierung dieser Zeitepoche rühmen konnte.49 Im Unterschied zu Dresden (vor 1990) rückte das Museum in Köln die großflächige Zerstörung seiner Innenstadt allerdings in einen deutlicheren Kontext der Lokalgeschichte während der Zeit des Nationalsozialismus und eines von deutschen Tätern entfachten Weltkriegs. Zu den Besonderheiten des Kölner Beispiels zählt, dass die heutige Dauerausstellung „Eine Reise durch 1200 Jahre Stadtgeschichte“ in großen Teilen noch auf einer

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Frankfurt. Gießen 1982, 330–347, hier 335 f. Zur Entwicklung der Geschichtsausstellungen in der Bundesrepublik Deutschland vgl. die Beiträge im Sammelband von Schulze, Mario/Heesen, Anke te/ Dold, Vincent (Hg.): Museumskrise und Ausstellungserfolg. Die Entwicklung der Geschichtsausstellung in den Siebzigern. Berlin 2015. Albrecht, Günther u. a.: Vor einer Generation. Köln im Krieg. Kölnisches Stadtmuseum. Köln 1974. Mölich, Georg: Köln und der Nationalsozialismus als Thema der lokalen Geschichtsschreibung. In: Matzerath, Horst/Buhlan, Harald/Becker-Jákli, Barbara (Hg.): Versteckte Vergangenheit. Über den Umgang mit der NS-Zeit in Köln. Köln 1994, 267–276, hier 268. Becker-Jákli, Barbara/Jung, Werner/Rüther, Martin: Von der „Stelle“ zum „Zentrum“. Matzerath, Horst und das NS-Dokumentationszentrum. In: dies. (Hg.): Nationalsozialismus und Regionalgeschichte. Festschrift für Matzerath, Horst. Köln 2002, 32–48. In Polen schuf der 1947 gegründete staatliche Gedenkstättenrat „Rada Ochrony Pomników Walki i Męczeństwa“ zahlreiche Ausstellungen über die Verfolgung im Zweiten Weltkrieg; bereits 1947 eröff­ nete das Museum im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Vgl. Lorentz: Przewodnik, 36; Żygulski: Muzea, 99; Hansen, Imke: „Nie wieder Auschwitz!“. Die Entstehung eines Symbols und der Alltag einer Gedenkstätte 1945–1955. Göttingen 2015, 107 f. In der DDR eröffnete 1958 eine erste Gedenkstätte mit Ausstellung in Buchenwald, in der BRD 1965 in Dachau. Das leitende Geschichtsmuseum der DDR, das Museum für Deutsche Geschichte in Berlin (1952–1990), zeigte seit 1966 eine Abteilung zum kommunistischen Widerstand im Nationalsozialismus und zur sowjetischen Befreiung. Vgl. Endlich, Stefanie: Orte des Erinnerns. Mahnmale und Gedenkstätten. In: Reichel/Schmid/Steinbach (Hg.): Der Nationalsozialismus, 350–377, hier 354; Ave, Joachim: Museum für Deutsche Geschichte. Museumspädagogische Information. Berlin 1970, 7; Andrews, Mary-­ Elizabeth: Zeitschichten. deutsche Geschichte im Spiegel des Berliner Zeughauses. Berlin 2015, 16, 101. Zum unterschiedlichen Umgang mit Nationalsozialismus und Holocaust in BRD und DDR vgl. Sabrow, Martin: Die NS-Vergangenheit in der geteilten deutschen Geschichtskultur. In: Kleßmann, Chris­toph/Lautzas, Peter (Hg.): Teilung und Integration. Die doppelte deutsche Nachkriegsgeschich­ te. Bonn 2005, 132–151, hier 139–142. Lewejohann, Stefan: Ein Museum für alle. 1984 bis 2013. In: Kramp, Mario (Hg.): 125 Jahre Kölnisches Stadtmuseum. 125 mal gekauft, geschenkt, gestiftet. Kölnisches Stadtmuseum. Köln 2013, 221– 283, hier 221. Das Historische Museum Frankfurt zeigte bereits seit 1972 in seiner Dauerausstellung ein Kapitel zur Stadtgeschichte in der „Nazi-Zeit“. Vgl. Schmidt-Linsenhoff: Historische Dokumentation, 335.

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mehrfach modernisierten Konzeption von 1984 basiert.50 Während die Städte des „Ostblocks“ 1989/90 einen Epochenwandel erlebten, scheint sich die Musealisierung der Kölner Stadtgeschichte in den vergangenen 25 Jahren verfestigt zu haben. In Polen und der ehemaligen DDR haben nicht nur die neuen demokratischen Staatsformen die geschichtlichen Interpretationsrahmen in Bewegung versetzt, auch die gesellschaftliche Transformation seit 1989 hat zu einer wachsenden Aufmerksamkeit für die komplexe lokale Vergangenheit beigetragen, die sowohl in den ehemals deutschen Städten Polens wie auch in Krakau eine besondere Aktivität und Relevanz der Stadtmuseen befördert hat. Vor diesem Hintergrund wird abschließend ein Augenmerk auf die gesellschaftliche Rolle der Breslauer Geschichtsmuseen gelegt und ein Ausblick zur Relevanz von Stadtmuseen formuliert. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass Breslau im gesamten 20. Jahrhundert als regionalgeschichtliches Zentrum fungierte. Im Vergleich zu anderen mitteleuropäischen Zentren wie Köln oder Krakau markierte das Fehlen eines Museums zur Stadtgeschichte eine Besonderheit: In Breslau ergänzte das Städtische Museum nicht die lokale Geschichte um regionale Aspekte, sondern es stellte die Geschichte der Region und Nation in den Mittelpunkt der Ausstellungen. Eine bemerkenswerte Besonderheit Breslaus ist, dass diese Stadt auch nach der Grenzverschiebung von 1945 ein regionales Zentrum geblieben ist. Während Brandenburg, Pommern und Ostpreußen durch die neuen Grenzziehungen geteilt wurden, blieb Niederschlesien, mit Ausnahme der Lausitz, als Einheit bestehen und ermöglichte daher der neuen Bevölkerung – nach 1989 – die Entfaltung eines selbstbewussten Regionalismus. Im 20. Jahrhundert bewirkten die besonders starken nationalen Perspektiven auf die Geschichte der ostmitteleuropäischen Großstadt grobe Verkürzungen in der Deutung ihrer Vergangenheit. Die Idee eines „politischen“ Geschichtsmuseums stammte aus der Freien Stadt Danzig und sollte in der Zwischenkriegszeit ideologisch „bedrohte“ Grenzgebiete für die Nation sichern. In Breslau wie in Köln wurden die früher gefassten Pläne für solche Regionalmuseen erst durch Neuordnungen der Sammlungen in der NS-Zeit umgesetzt. Eine landesweit herausragende Rolle nahm in Breslau neben der nationalen Perspektive auf die Stadt die Betonung des kriegerischen Beitrags der Stadt für die Nation ein: Diese Erinnerung an den Ursprung der „Befreiungskriege“ in Breslau ersetzte nach 1945 eine Hervorhebung des Zusammenbruchs der „Festung Breslau“ als Fanal der „Wiedergewinnung“ der Stadt für Polen. Erst seit den 1980er Jahren wurde die nationale Perspektive auf die Regionalgeschichte in hohem Maße um transnationale Aspekte erweitert. Im gesamtpolnischen Vergleich folgte Breslau mit Verzögerung den Entwicklungen im polnischen Museumswesen: Sowohl die Einrichtung von stadtgeschichtlichen Dauerausstellungen wie auch die Hervorhebung jüdischer Geschichte fand hier etwa 20 Jahre später statt als in den zentralpolnischen Städten, was eindeutig eine Folge der Neudefinition des Breslauer Kul50 Schäfke, Werner: Kölnisches Stadtmuseum. In: Fehr, Michael/Grohé, Stefan (Hg.): Geschichte, Bild, Museum. Zur Darstellung von Geschichte im Museum. Köln 1989, 47–51, hier 48; Lewejohann: Ein Museum, 221.

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turraums nach dem Bevölkerungsaustausch war. Im Vergleich zu Städten mit einem ähnlichen Schicksal wie Danzig oder Stettin nimmt Breslau allerdings eine deutliche Führungsposition ein, wenn es um Neuerungen bei der Exposition von Stadtgeschichte geht: Hier wurde zuerst deutsch-jüdische Geschichte näher betrachtet und zuerst eine umfassende Dauerausstellung zur Stadtgeschichte eingerichtet. Dieser zeitliche Vorsprung im Vergleich zu anderen ehemals deutschen Städten ist eindeutig eine Folge dessen, dass Breslau nach 1945 das Zentrum der niederschlesischen Region geblieben ist und deren materielles Erbe nach 1989 die Entfaltung eines selbstbewussten Regionalismus stützen konnte. Die Museumssammlungen zeugen von einer Kontinuität der kulturellen Infrastruktur: Breslaus Schicksal am Ende des Zweiten Weltkrieges lässt sich daher trotz der vollständig neuen Bevölkerung schwerlich als abrupter „Traditionsbruch“ bezeichnen, vielmehr erfuhr die Stadt anfänglich eine radikale Umwandlung des kulturellen Deutungsrahmens. Auch wenn die neue Stadtbevölkerung das „fremde deutsche“ Erbe in der Nachkriegszeit ablehnte, war es immer präsent in der Geschichtskultur – bewusst negiert wie auch gezielt interpretiert. Die exklusive Betonung polnischer Geschichtsmomente erleichterte die Ankunft der Siedler in einer unbekannten Umgebung, für eine dauerhafte Verwurzelung bedurfte es der Aufdeckung und Aneignung des transnationalen Erbes der Stadt und ihrer Region. Im Mittelpunkt dieser Studie standen die stadtgeschichtlichen Ausstellungen aus einem Zeitraum von über hundert Jahren an einem spezifischen Ort. Die Untersuchung der Museumssausstellungen bezog sich hier auf die Merkmale von Stadtgeschichte wie auch auf die Rolle der musealen Institutionen. Es wurde herausgearbeitet, dass sich die Rolle von Stadtmuseen, zwischen Generatoren und Indikatoren lokaler Geschichtskultur, jeweils nur für einen Zeitraum von 25 Jahren bestimmen lässt: Genau in diesen zeitlichen Abständen entstanden die hier untersuchten neuen stadtgeschichtlichen Dauerausstellungen. Die Neudefinition von Stadtgeschichte in nationalen, regionalen und transkulturellen Kontexten beschreibt einen veränderten Umgang mit der lokalen Vergangenheit und somit eine veränderte Rolle der Geschichtsmuseen. Denn so verfestigt Museen auch erscheinen mögen – vermeintlich als statische Institutionen seit dem 19. Jahrhundert bestehend –, so unterschiedlich waren die Ansprüche, Erwartungen und Funktionen im 20. Jahrhundert. Die großen Museen dienten zu Beginn des 20. Jahrhunderts der kulturellen und wissenschaftlichen Selbstverständigung des Bürgertums und erlebten in der Weimarer Republik eine gesellschaftliche Öffnung zur „Volkserziehung“. Diese Popularisierung der Museen nutzten die nationalsozialistischen Ideologen für eine völkisch-nationalistische Verbreitung von Kriegspropaganda. Die direkten staatlichen Interventionen degradierten die Museen zu politischen Instrumenten. Diese Praxis galt auch im sozialistischen Staatenblock. Mit seinen neuen marxistischen, später verstärkt nationalen Geschichtsideologien warben die Museen für das politische System der neuen Staaten. Als staatliche Kulturinstitution bildeten Geschichtsmuseen Sprachrohre eines ritualisierten Gedenkens zur staatlichen Legitimation. Erst im demokratischen Staatswesen konnten Museen in höherem Maße als eigenständige Akteure agieren und eigene Standpunkte in der Geschichtskultur einnehmen. Diese Situation schließt freilich nicht aus, dass auch hier die Deutungen der Museen oftmals den Aushandlungen einflussrei-

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cher Akteure aus Wissenschaft und Politik unterliegen. Daher gilt die zu Beginn entwickelte These, dass auch die Gesamtheit aller Geschichtsausstellungen keinen direkten Rückschluss auf die Geschichtskultur zulässt: Ob wissenschaftliche Bücher, Zeitungen, Filme oder Ausstellungen untersucht werden, alle diese Produkte werden von der Symbolwelt der sie umgebenden Geschichtskultur beeinflusst und prägen diese wiederum nachhaltig, aber sie bilden nur Teilaspekte ab. Sie sind Produkte individueller und gruppenspezifischer historischer Sinnbildung, aber niemals Objektivationen gesamtgesellschaftlicher Sinnbildung.51 Museen sind Produkte der Geschichtskultur, die durch einzelne handelnde Akteure geprägt werden; ihre besondere gesellschaftliche Rolle im öffentlichen Raum macht einen Ausblick auf die Zukunft der Stadtmuseen notwendig.

8.5. Die Gegenwart der Stadtmuseen Die erkennbare Erneuerung der Stadtmuseen in den Staaten des ehemaligen „Ostblocks“ am Ende des 20. Jahrhunderts schließt an die aktuellen Debatten über eine Neuerfindung der Stadtmuseen als gegenwartsrelevante Orte an. Die an den Beispielen von Breslau, Danzig, Dresden und Krakau skizzierte Neuentdeckung der lokalen Vergangenheit nach den politischen Umbrüchen hat den Stadtmuseen eine besondere Relevanz für Teile der Gesellschaft verliehen. Doch als autoritative und statisch wirkende Institutionen bleiben die lokalen Museen weiterhin Teilen der Stadtbevölkerung verschlossen, da sie zu wenige Bezüge zur Gegenwart herstellen. Als aktuellen Zwischenstand einer hundertjährigen Entwicklungsgeschichte macht der Kulturwissenschaftler Gottfried Korff für die Gegenwart eine „Marginalisierung der Stadtmuseen“ aus, sieht aber auch „Anzeichen für einen neuen konjunkturellen Aufschwung“.52 Hierzu lassen sich zahlreiche Bestrebungen feststellen, Stadtmuseen wieder zu reaktivieren und zu einem lebendigen Bestandteil städtischer Entwicklung mit einer Relevanz für größtmögliche Teile der Bevölkerung zu machen. Ian Jones betont diesbezüglich, dass neue Stadtmuseen nicht nur die städtische Vergangenheit, sondern auch ihre Gegenwart und Zukunft in den Blick nehmen müssten: „It is a museum about the city in all its aspects, not a museum that happens to be in the city. Its subject is the city: This is its only artifact. This artifact is, however, alive, all around the museum, and relentlessly changing. You 51 Als theoretische Grundlage wurde zu Beginn der vorliegenden Studie begründet, dass sich in den Objektivationen der Geschichtskultur das Geschichtsbewusstsein materialisiert und diese (in begrenztem Maße) Aufschluss über das „symbolische Gesamtsystem“ der Geschichtskultur geben. Die Begrenzung bezieht sich darauf, dass bei einer empirischen Erforschung von Geschichtskultur auch die Gesamtheit aller geschichtskulturellen Objektivationen nicht mit der Geschichtskultur als Gesamtsystem gleichgesetzt werden kann, da die Objektivationen durch das Wirkungsfeld individueller Produzenten mit ihrem jeweiligen Geschichtsbewusstsein verzerrt werden. Diesen grundlegenden Unterschied zwischen dem geschichtskulturellen Wissens- und Symbolsystem und den geschichtskulturellen Objektivationen gilt es zu bedenken, wenn Museumsausstellungen als Objektivationen beziehungsweise Produkte der Geschichtskultur analysiert werden. 52 Korff, Gottfried: Die Dynamisierung des Stillgestellten. Sechs Bemerkungen zu einem Trend, der das Stadtmuseum erfasst hat. In: Gemmeke/Nentwig (Hg.): Die Stadt, 69–80, hier 71 f.

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cannot put it in a glass case.“53 Durch eine Öffnung für aktuelle Fragen der städtischen Öffentlichkeit erhält das Museum eine neue gesellschaftliche Bedeutung.54 Nach der polnischen Museologin Dorota Folga-Januszewska sei für eine solche Neuerfindung des Stadtmuseums eine „zeitgenössische Sprache“ erforderlich, die eine Ausstellung zu einem „lebendigen Werk“ mache, welches die „Vorstellungskraft“ der neuen Generationen inspiriere.55 Die hier untersuchten Stadtmuseen des 20. Jahrhunderts waren „Wächter städtischer Schätze“ und Abbilder der „Sammelgewohnheiten Einzelner“.56 Mit einer Neuerfindung als Verhandlungsort von städtischer Vergangenheit wie auch gesellschaftlicher Fragen der Gegenwart erhalten Stadtmuseen eine neue Bedeutung für möglichst viele Gruppen der Stadtbevölkerung. Gerade in ostmitteleuropäischen Großstädten können Stadtmuseen als Verhandlungsorte in einem historisch hoch komplexen Stadtraum eine wichtige Funktion übernehmen. Mit der Demokratisierung der politischen Systeme nach 1989 und der Förderung zivilgesellschaftlicher Strukturen trug eine Vielzahl lokaler Initiativen zur Herausbildung differenzierter Geschichtsbilder bei. Die bisher verdrängten oder negativ bewerteten Aspekte der städtischen Geschichte rückten ins öffentliche Interesse und wurden schrittweise als ein Teil der eigenen Geschichte angeeignet. In diesem Prozess öffentlicher Geschichtsaneignung lässt sich die Stadt als ein „dreidimensionaler Palimpsest“ begreifen – das überschriebene Pergament bildet in diesem Fall die geschichtete Geschichte im lokalen Raum. Obwohl geografisch alles Vergangene anwesend ist, können jedoch nicht alle Schichten gleichzeitig wahrgenommen werden und im individuellen Bewusstsein wie auch in der kollektiven Geschichtskultur präsent sein.57 Das selektive Verdecken und Verschweigen sowie das absichtsvolle Offenhalten und Freilegen bestimmter historischer Schichten – architektonischer Bausubstanz wie

53 Jones, Ian: Cities and Museums about Them. In: ders./Macdonald, Robert R./McIntyre, Darryl (Hg.): City Museums and City Development. Plymouth 2008, 1–15, hier 7. 54 Kaschuba, Wolfgang: Wem gehört die Stadt? Für eine Re-Politisierung der Stadtgeschichte. In: Gemmeke/Nentwig (Hg.): Die Stadt, 17–25, hier 21–24. Zum Konzept eines partizipativen Stadtmuseums vgl. Gerchow, Jan/Gesser, Susanne/Jannelli, Angela: Nicht von gestern! Das historische museum frankfurt wird zum Stadtmuseum für das 21. Jahrhundert. In: Gesser, Susanne u. a. (Hg.): Das partizipative Museum. Zwischen Teilhabe und User Generated Content. Bielefeld 2012, 22–32, hier 25–28. 55 Folga-Januszewska, Dorota: Obraz, narracja pamięć. Czy możliwe jest wyobrażenie przeszłości w muzeum? In: Kostro, Robert/Wóycicki, Kazimierz/Wysocki, Michał (Hg.): Historia Polski od-nowa. Nowe narracje historii i muzealne reprezentacje przeszłości. Muzeum Historii Polski. Warszawa 2014, 71–87, hier 87. Vgl. auch dies.: Muzeum. Fenomeny i problemy. Kraków 2015, 69–100. 56 Jones: Cities, 4. 57 Unter Bezug auf Czesław Miłosz und Bogdan Bogdanović führt Aleida Assmann als ostmitteleuropäische Palimpsest-Städte u. a. Breslau, Danzig, Wilna und Sarajewo auf. Vgl. Assmann: Geschichte, 18 f.; Andreas Huyssen beschreibt Berlin als urbanen Palimpsest. Vgl. Huyssen, Andreas: Present pasts. Urban palimpsests and the politics of memory. Stanford 2003, 72 f. Für Gregor Thum besteht zwischen dem deutschen und polnischen Breslau „gerade keine palimpsestische Beziehung“, da es sich nach seinem Verständnis bei einem überschriebenen Pergament um „untereinander beziehungslose Texte“ handelt, „doch im Hintergrund der neuen Stadt war die alte immer präsent“. Vgl. Thum: Die fremde Stadt, 48.

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auch sinnbildlicher „Zeitschichten“ nach Reinhart Koselleck58 – unterlagen bis 1989 in Breslau und anderen Städten der Region zumeist starker politischer Einflussnahme. Selbstverständlich war die Praxis des Auf- und Zudeckens niemals total, vielmehr standen die Schichten immer zueinander in Beziehung, denn das Alte war auch immer dann besonders präsent, wenn es absichtsvoll umgangen wurde. Ein Rückblick auf die Produkte städtischer Museumsarbeit im 20. Jahrhundert hat verdeutlicht, welche historischen Schichten aufgedeckt wurden und schon einmal aufgedeckt waren, was zugeschüttet und wieder neu freigelegt wurde. Als lokale Institutionen haben Stadtmuseen diese politischen Prozesse begleitet und daran aktiv mitgewirkt, da sie das materielle Kulturerbe verwalten und zugleich Aushandlungsorte der Geschichte bilden. Als Foren für zivilgesellschaftliche Auseinandersetzungen generieren sie nunmehr neue Bedeutungen, indem sie durch Partizipation die breite Stadtgesellschaft als Akteur in die stadtgeschichtliche und stadtgegenwärtige Deutung integrieren.

58 Koselleck, Reinhart: Zeitschichten. Studien zur Historik. Frankfurt/Main 2000, 19–26.

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Wenn ein Gegenstand sprichwörtlich „reif für das Museum“ ist, endet nicht, wie so oft angenommen, seine Verwendungsgeschichte, sondern sie erlebt geradezu einen Neuanfang. Im Prozess der Musealisierung werden die Objekte zu Symbolträgern, deren Bedeutung immer wieder neu generiert und interpretiert wird. Die Lebendigkeit dieser materiellen Kultur im Museum, der Funktionalisierungsgeschichte von Museumsobjekten, wurde in dieser Untersuchung am Beispiel von drei Sammlungsgruppen in einem städtischen Kontext entfaltet: Die Schilde der Breslauer Stadtwache, der älteste jüdische Grabstein Schlesiens und Polens oder die historischen Breslauer Stadtpanoramen sind greifbare Zeugen der materiellen Kontinuitäten in der wechselvollen Geschichtskultur einer Stadt. Sie zeigen, wie sich in einem Jahrhundert die gesellschaftliche Bedeutung und Interpretation von Stadtgeschichte gewandelt hat, welche Narrative definiert, welche Formen gewählt und welche politisch-zeitlichen Anforderungen bestimmt wurden. Diese Untersuchung abschließend wird hier ein Fazit hinsichtlich der Potentiale des gewählten methodischen Ansatzes einer geschichtskulturellen Museumsanalyse gezogen. Wenn es um den öffentlichen Umgang mit Geschichte in historischer Perspektive geht, dann lassen sich geschichtskulturelle Objektivationen in kaum einem anderen Medium so facettenreich untersuchen wie in musealen Ausstellungen. Basierend auf materiell verfestigten Zeugnissen, vermeintlich authentischen Museumsobjekten, bieten Untersuchungen von Museumsausstellungen vielseitige Zugriffe auf den öffentlichen Umgang mit Geschichte, der über fachwissenschaftliche Diskurse, populäre Erzählungen oder staatliche Geschichtspolitik hinausreicht. Denn die Untersuchung in Museen materialisierter geschichtskultureller Objektivationen zeigt anhand einer breiten empirischen Dichte kulturelle Praktiken des Deponierens und Exponierens und damit verbundener Deutungen, Ordnungen und Grundhaltungen zur Vergangenheit. Die Ergebnisse der hier gewählten vier-dimensionalen Analysemethode erlauben Rückschlüsse auf konkrete geschichtskulturelle Praktiken von Institutionen, deren historische Sinnstiftung in Form und Sprache aus dem Geschichtsbewusstsein in Institutionen zusammengeschlossener Akteure besteht und aufgrund ihrer gesellschaftlichen Stellung Aussagen über Tendenzen der Geschichtskultur einer Epoche erlauben. Neben diesen weitreichenden Perspektiven soll auch auf die Grenzen einer geschichtskulturellen Museumsanalyse hingewiesen werden. Schließlich bleibt die historische Forschungsarbeit eine Beschäftigung mit bruchstückhaften Relikten der kulturellen Lebenspraxis vergangener Zeiten. Anhand sechs verschiedener Fallstudien wurde in dieser Untersuchung der vierdimensionale Ansatz zur empirischen Analyse von Geschichtskultur demonstriert. Wie in den theoretischen Grundlagen dargelegt und begründet, verteilte sich das vielfältige empirische Quellenmaterial auf 15 Kategorien eines differenzierten Suchrasters. Jeweils zur Hälfte decken diese Daten die kognitiven und ästhetischen wie auch die politisch-

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zeitlichen und öffentlichkeitsbezogenen Aspekte geschichtskultureller Objektivationen ab. Diese einheitliche Strukturierung der Untersuchungen wurde in der praktischen Anwendung und Entfaltung des empirischen Materials in den drei Gliederungspunkten „Rundgang (durch die Ausstellung)“, „Intention und Organisation“ und „Rezeption und Entwicklung (der Ausstellung)“ umgesetzt. Die konsequente Strukturierung ermöglichte eine heuristische Funktionalisierung der Dimensionen der Geschichtskultur, die zugleich eine Vergleichbarkeit ihrer empirischen Befunde über einen Zeitraum von mehr als einem Jahrhundert erlauben. Hieraus lassen sich folgende Rückschlüsse hinsichtlich des Museums als Institution der Geschichtskultur ziehen: Da museal materialisierte Deutungen und Sinnstiftungen oftmals einer Gemeinschaftsarbeit entspringen, bewegt sich museale Geschichtskultur damit in einem Spannungsfeld zwischen individuellen Handlungen einzelner Akteure und kollektiven Praktiken von Institutionen. Ein Rückschluss auf das Geschichtsbewusstsein einzelner Produzenten ist daher aus Museumsausstellungen nur schwer abzuleiten. Als Gemeinschaftswerke nehmen verschiedene Akteure Einfluss auf das exponierte Narrativ und die Formsprache. Diese Akteure können neben dem Kurator und dem Museumsdirektor auch beteiligte Wissenschaftler, Künstler und Politiker umfassen, um nur einige Beispiele zu nennen. Museale Produkte, so genannte geschichtskulturelle Objektivationen, erlauben daher mit den Worten Karl-Ernst Jeismanns Rückschlüsse über Vergangenheitsdeutungen, Gegenwartsverständnisse wie auch Zukunftsperspektiven einer spezifischen Gruppe von Produzenten. Die kognitive Ebene musealer Ausstellungen (Inhaltsebene) prägen neben dem Geschichtsbewusstsein handelnder Akteure insbesondere zwei Faktoren nachhaltig: Zum einen ist das der politische Kontext, in dem die Institutionen verankert sind – welche Erwartungen die Geldgeber und Aufsichtsbehörden an das Museum richten. Zum anderen bewegt sich eine Geschichtsausstellung im Wirkungsfeld der Wissenschaft, denn ein Museum versteht sich zumeist auch als Forschungseinrichtung, deren Mitarbeiter eine akademische Ausbildung absolviert haben und ihre musealen Produkte oftmals an den Erkenntnissträngen der Wissenschaft orientieren. Als Sphären der Geschichtskultur stehen Museen und Wissenschaft in einem wechselseitigen Verhältnis. Die vorliegende Untersuchung hat zu beiden Bereichen gezeigt, dass hierbei allerdings nicht auf eine grundlegende Übereinstimmung zwischen den Inhalten einer Ausstellung und den wissenschaftlichen wie auch politischen Diskursen geschlossen werden sollte, da sowohl die Narrative staatlicher Geschichtspolitik wie auch die Forschungsergebnisse aus der akademischen Wissenschaft im Museum eine vielfache Brechung und Neudimensionierung erfahren. Als Ergebnis des gewählten Modells zur empirischen Analyse von Geschichtskultur muss auch betont werden, dass die praktische Erprobung, die theoretisch begründete, wechselseitige Durchdringung aller vier Dimensionen der Geschichtskultur sich als unabdingbar erwiesen hat. Diese Erkenntnis betrifft sowohl die empirischen Ergebnisse wie auch das praktische Vorgehen bei der Ausstellungsanalyse. Beim praktischen Vorgehen erlaubte die Gliederung in „Rundgang“, „Intention und Organisation“ und „Rezeption und Entwicklung“ einen strukturierten Textaufbau, der einerseits kogni-

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tive und ästhetische Aspekte wie auch andererseits politisch-zeitliche und öffentlichkeitsbezogene Aspekte von Ausstellungen bündelte und dem besonderen Zusammenspiel von Narrativ und Form sowie von Intention und Publikum Rechnung trug. Diese Zweiteilung führte allerdings unvermeidlich zu einer Verengung der Perspektive, da selbstverständlich die Intention der Ausstellung bereits Auswirkungen auf das Narrativ und die Form der Ausstellung hat. Nach Jörn Rüsens theoretischer Begründung hätten alle vier Dimensionen nur zusammen analytisch berücksichtigt werden können. In der praktischen Umsetzung fiel die Entscheidung – aus Rücksicht auf die analytische Struktur – zugunsten einer Trennung der vier Dimensionen in zwei Bereiche, zwischen denen jedoch bei der Deutung und Ordnung der Ergebnisse eine Reihe von Bezügen hergestellt werden konnte. Hinsichtlich der empirischen Ergebnisse zeigte sich beim analytischen Vorgehen mit vier Dimensionen, wie ausschlaggebend die politische Dimension jeder Geschichtsausstellung ist. Dieser Befund mag für Zeiten autoritärer Staatsysteme wenig verwundern, aber auch im demokratischen Staatswesen erfüllen Museen politische Funktionen, sei es auch statt eines Ortes der Indoktrination lediglich als Ort der Aufarbeitung oder der sinnstiftenden Verständigung über Geschichte. Die kognitive Dimension einer Ausstellung ist hier wiederum auf das engste mit der politischen Ebene verknüpft, da das gewählte Narrativ über die Botschaft und Perspektive der Ausstellung entscheidet. Nicht durchweg abhängig von politischen Setzungen, aber dennoch einem deutlichen Wandel unterlegen ist die ästhetische Dimension (Präsentationsebene), die mit ihren Inszenierungstechniken zeitabhängige, zum Teil systemübergreifenden Schulen der Museumstechnik widerspiegelt – so weisen Präsentationstechniken in der Bundesrepublik Deutschland, der Deutschen Demokratischen Republik und Volksrepublik Polen beispielsweise in den 1970er Jahren mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede auf. Hinsichtlich der Auswirkungen der politischen Dimension (Absichtsebene) auf öffentlichkeitsbezogene Aspekte (Rezeptionsebene), also auf das Publikum und Medien, lassen sich gesicherte Ergebnisse nur schwerlich fassen. Denn in autoritären Systemen agierten Presseerzeugnisse zumeist als verlängerte Sprachrohre der Regierungen, aber auch in freien Gesellschaften reflektieren die medialen Deutungen nicht immer die breite Meinungsvielfalt der Öffentlichkeit, und sei es nur die unkommentierte Übernahme von Presseerklärungen auf den Seiten der Lokalmedien. Noch vor den aktuellen, dialogischen beziehungsweise partizipativen Ausstellungsformaten ermöglichten allerdings bereits Besucherbücher oder Zuschriften eine Meinungsäußerung des Publikums zur Deutungsleistung des Museums. Dieses Spannungsfeld divergierender Vorstellungen individuellen Geschichtsbewusstseins von Produzenten, einflussnehmender Akteure und verschiedener Publika berührt eine weitere Herausforderung für eine empirische Analyse von Geschichtskultur in historischer Perspektive. Die Abhängigkeit vom historischen Material und die Arbeit mit den Produkten von Gemeinschaftsarbeiten der in Institutionen zusammengeschlossenen Akteure behindern Rückschlüsse auf das individuelle Geschichtsbewusstsein von Produzenten wie Rezipienten im Spannungsfeld kollektiver Geschichtskultur. Eine empirische Analyse von musealer Geschichtskultur, die sich in der Gegenwart verortet, sollte daher notwendigerweise Ausstellungen

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auch als individuelle Handlungsräume begreifen sowie die subjektive Wahrnehmung und Wirkung des Ausstellungsarrangements in den Blick nehmen, wie dies bereits in den theoretischen Grundüberlegungen dargelegt wurde. Die Wahrnehmung des einzelnen Besuchers, seine Interessen und Erfahrungen als Teil seines Geschichtsbewusstseins bleiben der historischen Perspektive auf geschichtskulturelle Objektivationen verschlossen. Daher standen hier nicht die Prozesse historischer Sinnbildung, sondern die materialisierten Produkte historischer Sinnbildung im Mittelpunkt der Untersuchung vergangener Geschichtsausstellungen im deutschen und polnischen Breslau.

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10. Zusammenfassung in deutscher, polnischer und englischer Sprache

10.1. Breslau museal – Deutsche und polnische Geschichtsausstellungen 1900–2010 Die vorliegende Studie untersucht im deutschen und polnischen Breslau (Wrocław) die museale Präsentation von Stadtgeschichte während des 20. und frühen 21. Jahrhunderts. Sie gibt Auskunft über den öffentlichen Umgang mit der Vergangenheit einer ostmitteleuropäischen Stadt, die nach dem Zweiten Weltkrieg den Austausch ihrer Bewohnerschaft erlebte. Ihr Forschungsansatz untersucht am Beispiel von Museumsausstellungen die wandelnden Funktionen von Bildern einer vergangenen Stadt, die Repräsentation von konfessionellen und nationalen Minderheiten sowie die Behandlung der deutschpolnischen Beziehungsgeschichte. Die museale Geschichtskultur Breslaus wird mit einer mehrdimensionalen Methode zur strukturierten Untersuchung der Produkte kultureller Praxis analysiert. Denn Tiefenuntersuchungen von Geschichtsausstellungen erfordern einen mehrdimensionalen Zugang, da die Ebenen musealer Präsentationen über textbasierte Narrative hinausreichen. Im Zentrum der Studie stehen insbesondere Geschichtsausstellungen aus den Sammlungsgruppen der Stadtansichten (Veduten), der jüdischen Kulturgüter (Judaica) und der Bewaffnungen (Militaria). Der erste thematische Zugang verdeutlicht, wie zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Reaktion auf eine umfassende bauliche Modernisierung der mitteleuropäischen Städte die Sehnsucht nach dem alten vormodernen Stadtbild wuchs. Die Anfänge des Denkmalschutzes legten die Grundlage für die bisher am längsten gezeigte Breslauer Geschichtsausstellung zum „Alten Breslau“ (1908–1932). Historische Stadtansichten aus der Frühen Neuzeit waren dabei durchgängig während des gesamten 20. Jahrhunderts im Breslauer Ausstellungswesen anzutreffen und bildeten damit eine der konstantesten Objektgruppen. Nach dem Zweiten Weltkrieg zeigten die Ausstellungen im nunmehr polnischen Breslau ebenfalls eine vormoderne Stadt des 18. Jahrhunderts, mit deren Hilfe an die vorpreußische Zeit erinnert werden sollte, welche als Vorlage für den Wiederaufbau der zerstörten Breslauer Altstadt galt. Historische Fotografien visualisierten in den Ausstellungen zunächst nur Bilder einer zerstörten Stadt, wie sie von den ankommenden polnischen Siedlern in der Nachkriegszeit vorgefunden worden war. Die Präsentation historischer Fotografien der deutschen Stadt um 1900 machte daher in den Jahren seit dem politischen Umbruch von 1989 bisher wenig bekannte Aspekte der Stadtgeschichte zugänglich, die die Grundlage zu einem neuen Umgang mit der lokalen Vergangenheit legten. Im Gegensatz zu den Stadtansichten waren die Judaica-Sammlungen einer besonders großen Diskontinuität unterworfen. Der Umgang mit den Objekten der jüdischen Kulturgeschichte steht dabei sinnbildlich für die Zugehörigkeit und den Ausschluss eines bedeutenden Teils der

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Zusammenfassung in deutscher, polnischerund englischer Sprache

Breslauer Bevölkerung. Das städtische Museum unterstützte in den 1920er Jahren den Aufbau eines Jüdischen Museums als Ort christlich-jüdischer Verflechtungsgeschichte. Infolge des Ausschlusses der jüdischen Breslauer aus der Stadtgesellschaft existierte seit Beginn der NS-Zeit für fünf Jahre (1933–1938) ein selbständiges Jüdisches Museum als innerjüdischer Zufluchtsort. Nach dem Zweiten Weltkrieg unterband im polnischen Breslau das kulturpolitische Paradigma eines homogenen Nationalstaates die Präsentation jüdischer Geschichte über Jahrzehnte. Vor diesem Hintergrund war es besonders bemerkenswert, dass der verfallene Alte Jüdische Friedhof bereits einige Jahre vor 1989 zu einer Museumsabteilung über die deutsch-jüdische Geschichte Breslaus avancierte und damit nach fast 40 Jahren den Grundstein für eine Rückkehr jüdischer Kulturgeschichte in die Breslauer Museen legte. Der dritte thematische Zugang, die Breslauer Kriegsausstellungen, wurde wiederum von einer hohen materiellen Beständigkeit wie auch einer Deutungsvielfalt geprägt. Zu den Höhepunkten der deutschen Geschichtskultur Breslaus zählte neben der Verteidigung der Stadt in den Hussitenkriegen des 15. Jahrhunderts vor allem der lokale Ursprung der antinapoleonischen Befreiungskriege von 1813. Letzterer wurde zum 100. Jahrestag mit einer großen Geschichtsausstellung (1913) gefeiert und stand seit 1926 im Zentrum des neu eröffneten Schlossmuseums. Besonders in der NS-Zeit stützten die alten Waffensammlungen eine kriegerische Geschichtsinterpretation, die den Zielen einer neuen Angriffspolitik diente. Nach dem Krieg präsentierten polnische Waffenausstellungen vor allem die sowjetisch-polnische Inbesitznahme Breslaus als „Rückkehr einer urpolnischen Stadt“. Herausragend war hierzu die Eröffnung eines Museums über den „Sieg 1945“ (1975–1980) im Untergrund eines historischen Ortes der „Festung Breslau“. Nach 1989 erfuhr die Deutung der lokalen Nachkriegsgeschichte eine deutliche Differenzierung: Neben dem Kampfgeschehen und dem Wiederaufbau fanden auch die Opfer sowjetischer Verfolgung und die Vertreibung der deutschen Breslauer Beachtung. Die 2009 eröffnete erste große stadtgeschichtliche Dauerausstellung entsprach hierbei einer Synthese vergangener und gegenwärtiger Geschichtskultur, denn neben dem Kampf um Breslau versammelte sie auch erstmals wieder nach 65 Jahren Objekte aus den Befreiungskriegen. Der politische Systemwechsel erschien vor diesem Hintergrund als Beginn einer Phase, in der lokale Geschichte erstmals frei von dominanten nationalistischen Paradigmen entfaltet werden konnte. Die Untersuchung hat hierzu ergeben, dass stadtgeschichtliche Synthesen in Form von Dauerausstellungen während des 20. Jahrhunderts auffallend selten waren und jeweils in Abständen von 20 bis 25 Jahren entstanden sind. Die dazwischen liegenden Zeiträume lassen sich als Phasen besonders grundlegender Neudefinitionen und Verhandlungen lokaler Vergangenheit beschreiben; sie markieren damit geschichtskulturelle Übergangs- oder Transformationszeiten. Im Vergleich zu Städten mit einem ähnlichen Bevölkerungswechsel wie Danzig oder Stettin nimmt Breslau hinsichtlich der Neuerungen bei der Erforschung und Herausstellung von Stadtgeschichte eine Führungsrolle ein: Die deutsche Vorkriegsgeschichte wurde hier zuerst hervorgehoben und in einer Dauerausstellung zur Stadtgeschichte manifestiert. Dieser Vorsprung im Vergleich zu anderen ehemals deutschen Städten

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Wrocław muzealny

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war eindeutig eine Folge der Besonderheit, dass Breslau nach 1945 das Zentrum einer zusammenhängenden Region geblieben ist. Das Kulturerbe Niederschlesiens stützte daher die Entfaltung eines selbstbewussten Regionalismus. Breslaus Museumssammlungen zeugen von einer Kontinuität der kulturellen Infrastruktur: Der vermeintlich tiefe „Traditionsbruch“ in Breslaus Entwicklung am Ende des Zweiten Weltkrieges markiert trotz einer vollständig neuen Bevölkerung keinen abrupten Bruch, sondern vor allem eine radikale Umwandlung des kulturellen Deutungsrahmens. Auch wenn die neue Stadtbevölkerung das „fremde deutsche“ Erbe anfangs ablehnte, war es immer präsent in der Geschichtskultur – bewusst negiert wie auch bewusst interpretiert. Die anfänglich exklusive Betonung polnischer Geschichtsmomente erleichterte die Ankunft der Siedler in einer unbekannten Stadt. Für eine dauerhafte Verwurzelung bedurfte es jedoch der Offenlegung und Aneignung des transnationalen Erbes der Stadt und ihrer Region.

10.2. Wrocław muzealny – Niemieckie i polskie wystawy historyczne, 1900–2010 Celem niniejszej pracy było zbadanie historii muzealnictwa niemieckiego i polskiego Wrocławia w okresie XX i na początku XXI wieku. Informuje ona jednocześnie, jak kształtowało się publiczne podejście do przeszłości tego miasta Europy Środkowo-Wschodniej, które po II wojnie światowej doświadczyło wymiany ludności. Na podstawie wystaw muzealnych rozprawa bada zmieniające się funkcje obrazów dawnego Wrocławia, prezentację mniejszości wyznaniowych i narodowych, jak i podejście do historii stosunków polsko-niemieckich. Kultura historyczna we wrocławskich muzeach została przeanalizowana za pomocą metody wielowymiarowej, pozwalającej na zbadanie w sposób strukturalny zastosowania praktyki kulturalnej. Analiza wystaw historycznych wymaga bowiem wieloaspektowego podejścia, ponieważ płaszczyzny prezentacji muzealnych wykraczają poza narrację opartą na tekście pisanym. W centrum uwagi znalazły się szczególnie prezentacje zbiorów takich jak widoki miasta (weduty), żydowskie dobra kultury (judaika) i uzbrojenie (militaria). Pierwszy aspekt tematyczny uwidocznia wyraźnie, jak bardzo na początku XX wieku wzrastała tęsknota za starym przednowoczesnym krajobrazem miasta, w reakcji na szeroko zakrojoną modernizację budowlaną miast środkowoeuropejskich. Początki ochrony zabytków dały podwaliny najdłużej trwającej wystawie historycznej pt. „Stary Wrocław“ (1908–1932). Historyczne widoki miasta były ciągle obecne w wystawiennictwie wrocławskim całego XX wieku i stanowiły tym samym jedną z najbardziej stałych grup obiektów. Także po II wojnie światowej, już w polskim Wrocławiu, wystawy prezentowały również przednowoczesne miasto XVIII-go wieku, odnoszące się do czasów przedpruskich, służąc jednocześnie przy odbudowie zniszczonego wrocławskiego Starego Miasta. Historyczne fotografie, które w tym czasie wystawiano, przedstawiały początkowo wyłącznie krajobraz zniszczonego Wrocławia, do którego po 1945 roku przybywali polscy osiedleńcy.

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Zusammenfassung in deutscher, polnischerund englischer Sprache

Podstawą do nowego spojrzenia na lokalną przeszłość po przełomie politycznym 1989 roku stały się materiały fotograficzne ukazujące miasto około 1900 roku, ujawniające dotychczas mało znane aspekty historii. W odróżnieniu od widoków miasta zbiory z grupy judaików poniosły ogromne straty. Sposób podejścia do świadectw historii kultury żydowskiej odzwierciedla symbolicznie przynależność do lub wykluczenie Żydów jako znaczącej części ze społeczności Wrocławia. W latach 20-tych XX wieku Muzeum Śląskie wsparło budowę Muzeum Żydowskiego jako miejsca świadczącego o historii powiązań chrześcijańsko-żydowskich. W wyniku przejęcia władzy przez niemieckich nazistów i późniejszego wykluczenia żydowskich wrocławian ze społeczności miejskiej, niezależne Muzeum Żydowskie stało się na okres pięciu lat (1933–1938) miejscem schronienia dla ludności żydowskiej. Po II wojnie światowej paradygmat polityczno-kulturowy jednorodnego państwa narodowego zakazywał przez dziesięciolecia przedstawiania w polskim Wrocławiu historii społeczności żydowskiej. Z tego powodu na szczególną uwagę zasługuje fakt, że niszczejący stary cmentarz żydowski już na kilka lat przed 1989 rokiem stał się oddziałem Muzeum Architektury we Wrocławiu. Po prawie 40 latach nieobecności zapoczątkowało to powrót historii i kultury żydowskiej w mury wrocławskich instytucji muzealnych. Trzeci aspekt tematyczny, czyli wrocławskie wystawy militarne, charakteryzuje zarówno duża trwałość materialna, jak i różnorodność interpretacji. Obok obrony miasta w trakcie wojen husyckich w XV wieku, do najważniejszych elementów niemieckiej kultury historycznej Wrocławia zaliczano przede wszystkim udział miasta w antynapoleońskiej wojnie wyzwoleńczej w 1813 roku. W 1913 roku, w setną rocznicę tych ostatnich wydarzeń, zorganizowano wielką wystawę historyczną, która od 1926 roku stała się tematem centralnym nowootwartego Muzeum Zamkowego. Szczególnie w czasach nazistowskich zbiory dawnych militariów wspierały wojenną interpretację historii, która służyła celom nowej polityki agresji. Po II wojnie światowej polskie wystawy militariów prezentowały przede wszystkim historię sowiecko-polskiego przejęcia Wrocławia, jako „prapolskiego miasta powracającego do macierzy“. Znaczące było tutaj otwarcie wystawy „Zwycięstwo 1945“ (1975–1980) w podziemiach jednego z obiektów dawnej „Twierdzy Wrocław“ (na Wzgórzu Partyzantów). Po 1989 roku interpretacja lokalnej historii powojennej stała się znacznie bardziej zróżnicowana – obok tematyki walk o miasto i odbudowy Wrocławia, dostrzeżono także problematykę ofiar sowieckich prześladowań oraz wysiedleń niemieckich wrocławian. Otwarta w 2009 roku w Muzeum Miejskim stała wystawa o dziejach Wrocławia była pierwszą syntezą dwóch kultur historycznych, minionej i obecnej. Obok eksponatów z okresu walk o Wrocław (1945), po raz pierwszy od 65 lat pokazano na niej również artefakty z okresu wojny wyzwoleńczej (1813). Zmiana systemu politycznego w 1989 wydawała się początkiem okresu, w którym lokalna historia mogła być po raz pierwszy prezentowana bez dominujących paradygmatów nacjonalistycznych. Badanie wykazało, że syntezy dotyczące historii miasta w postaci ekspozycji stałych były w XX wieku niezmiernie rzadkie i powstawały w odstępach co 20–25 lat. Okresy pomiędzy nimi można określić jako fazy szczególnie gruntownego przedefiniowania i negocjowania przeszłości lokalnej. Charakteryzują one tym samym etapy przejściowe lub transformacyjne w zakresie kultury historycznej.

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W porównaniu z miastami o podobnej wymianie ludności, takimi jak Gdańsk czy Szczecin, Wrocław zajmuje pozycję wiodącą w zakresie nowych badań i sposobów prezentacji lokalnej historii miasta. To tutaj po raz pierwszy w Polsce ukazano niemiecką przedwojenną historię miasta i przedstawiono ją na ekspozycji stałej. Ta przewaga nad innymi dawniej niemieckimi miastami była zdecydowanie skutkiem specyfiki, polegającej na tym, że Wrocław po 1945 roku pozostał centrum spójnego regionu. Dziedzictwo kulturowe Dolnego Śląska potęgowało rozwój świadomego regionalizmu. Zbiory muzealne Wrocławia świadczą o ciągłości infrastruktury kulturowej. Rzekomo głębokie „zerwanie z tradycją“ w rozwoju Wrocławia po II wojnie światowej nie stanowi, pomimo niemal całkowitej wymiany ludności, ostatecznego zerwania z przeszłością, lecz jest przede wszystkim radykalną przemianą sposobu interpretacji kultury. Nawet jeśli nowa społeczność miasta początkowo odrzucała „obce niemieckie“ dziedzictwo, to było ono stale obecne w dyskursie historyczno-kulturalnym – zarówno jako świadoma negacja, jak i świadoma interpretacja. Początkowe podkreślanie wyłącznie polskich momentów historycznych ułatwiało osadnikom przybycie do nieznanego miasta. Natomiast trwałe zakorzenienie się w nim wymagało już jednak odkrycia i przyswojenia ponadnarodowego dziedzictwa miasta i regionu.

10.3. B  reslau/Wrocław Exhibited – German and Polish History Exhibitions 1900–2010 This study examines the presentation of local history in museums during the 20th and early 21st century in German Breslau and Polish Wrocław. It gives insight into the public negotiations of history in a Central European city that had a change of population after World War II. Its approach explores the functions of images of a bygone city, the representation of religious and national minorities, and the discussion of the history of German-Polish relations in the museum exhibitions. Using a multi-dimensional approach for a structured examination of cultural practice, the project analyzes the materialized historical culture of the city. Because exhibitions go beyond a text-based narrative, they require a multi-dimensional approach. The study focuses on history exhibitions based on the collections of cityscapes (Vedutas), Jewish heritage (Judaica), and weapons (Militaria). The first thematic approach illustrates that a nostalgic desire for the old, pre-modern city grew in response to the broad modernization of Central European cities at the beginning of the 20th century. Early monument preservation laid the foundation for the longest ever city history exhibition titled „Old Breslau“ (1908–1932). Historic cityscapes from the pre-modern period were presented in exhibitions throughout the 20th century, making them one of the most consistent museum objects. After World War II, the exhibitions of the now Polish city likewise presented a pre-modern image of the 18th century, remembering the pre-Prussian period and providing a model for the reconstruction of the destroyed old town. Historic photographs initially showed only images of a city destroyed by WWII, as it was found by the incoming Polish settlers in the post-war period. After the political

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changes of 1989, the presentation of historical photographs of the German city around 1900 thus revealed little-known aspects of local history and formed the basis for a new engagement with the local past. In contrast to the cityscapes, the presentations of Judaica collections were shaped particularly by discontinuity. The treatment of objects from Jewish local history stands symbolically for the integration and exclusion of a significant part of the city’s population. In the 1920s, the Silesian Museum supported building a Jewish Museum as a place to explore the entanglement of Christian-Jewish history. Following the expulsion of Jewish inhabitants from society after the beginning of the Nazi dictatorship, a separate Jewish Museum existed as an internal Jewish refuge for five years (1933–1938). After the war in the Polish city, the political paradigm of a homogeneous nation-state banned the presentation of Jewish history for decades. For this reason, it is particularly significant that even some years before 1989, the devastated Old Jewish Cemetery was transformed into a museum about the German-Jewish history of Breslau and laid the foundation for the return of Jewish heritage to the local museums after nearly 40 years. The third thematic approach, the war exhibitions, was again characterized by material continuity and diversity of context. The high points of Breslau’s historical culture were the defence of the city during the Hussite Wars of the 15th century and the local origin of the anti-Napoleonic German Campaign of 1813; the latter was commemorated at its 100th anniversary with a large history exhibition (1913), followed since 1926 by smaller presentations of Breslau’s Castle Museum. Especially during the Nazi period, historic weapons collections formed strongly war-driven interpretations of the past that served the aims of a new aggression policy. After the war, Polish weapons exhibitions presented the Soviet-Polish annexation of Wrocław as the „return of an ever Polish city.“ Outstanding in this tradition was the opening of a museum about the „Victory of 1945“ (1975–1980) beneath a historic site of „Fortress Breslau“. After 1989, the public interpretation of history became more complex. In addition to the defeat of the enemy and the reconstruction of the city, exhibitions revealed the victims of Soviet persecution as well as the expulsion of the German inhabitants. The opening of the first major permanent exhibition about local history in 2009 reflected a synthesis of historical culture from the past and the present; for the first time in 65 years, the collection comprised objects from the German Campaign of 1813 as well as the end of WWII . The fall of communism represented the beginning of a period in which local history could develop independently of dominant nationalist paradigms. The study points out that permanent exhibitions framing a synthesis of local history were rare during the 20th century, emerging only at intervals of 20 to 25 years. The periods between these shows can be seen as phases of particularly fundamental redefinition and negotiation of the local past in public discourse; they can be described as transition or transformation of historical culture. Compared to cities with a similar change of population, such as Gdańsk or Szczecin, Wrocław takes a leading position on innovations in the exploration and exposure of local history. Here, German pre-war history was initially revealed and displayed in a permanent exhibition on the city’s past. In contrast to other formerly German cit-

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ies, Wrocław’s lead results from the fact that the city remained the capital of an entire region after 1945. The heritage of Lower Silesia fostered the development of a confident regionalism. Wrocław’s museum collections represented the continuity of a traditional cultural infrastructure: the supposedly clear „break with tradition“ at the end of World War II was, despite the completely new population, not an abrupt break but rather a radical transformation of perspectives. Although initially the new population strongly rejected the „foreign German“ heritage, it was always present in their approaches to history – deliberately negotiated as well as mindfully interpreted. The initial exclusive emphasis on Polish traces helped ease the settlers’ arrival in an unfamiliar environment, but in the long run, establishing new roots required discovering and appropriating the trans-national heritage of the city and its region.

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11. Anhang

11.1 Übersicht der untersuchten Ausstellungen zur Geschichte Breslaus Zeitraum

Ausstellung

Institution (Ort)

1858–1897

Militärisch-ritterliche Abteilung

Museum Schlesischer Altertümer

1862–1934– 1945

[Dauerausstellung ohne Titel]

Archäologischen Museum der Universität zu Breslau

1880–1945

[Dauerausstellung ohne Titel]

Schlesisches Museum der Bildenden Künste

1891–1945

[Dauerausstellung ohne Titel]

Städtisches Schulmuseum

1899–1945

Urgeschichtliche Sammlung; Kulturgeschichtliche Sammlung (darin Breslauer Zimmer); Sammlung des alten Kunstgewerbes; Sammlung des Modernen Kunstgewerbes

Schlesisches Museum für Kunstgewerbe und Altertümer (Ehm. Ständehaus)

1903

Ausstellung von Miniaturmalereien aus schlesischem Besitze oder schlesischer Herkunft

Schlesisches Museum für Kunstgewerbe und Altertümer (Ehm. Ständehaus)

1903–1945

[Dauerausstellung ohne Titel]

Erzbischöfliche Diözesanmuseum

1905

Alt-Breslau im Bilde

Schlesisches Museum für Kunstgewerbe und Altertümer (Ehm. Ständehaus)

1908–1932

Abteilung Alt-Breslau

Schlesisches Museum für Kunstgewerbe und Altertümer (Ehm. Ständehaus)

1913

Historische Ausstellung der Jahrhundertfeier der Freiheitskriege

Stadt Breslau/Schlesisches Museum für Kunstgewerbe und Altertümer (Vier-Kuppel-Pavillon)

1915

Museum des Weltkrieges (nicht realisiert)

Schlesisches Museum für Kunstgewerbe und Altertümer

1915

Ausstellung für Verwundeten- und Krankenfürsorge im Kriege; Schlesische Kriegswohlfahrtspflege im Felde und in der Heimat

Deutsches Rotes Kreuz/Breslauer Verein vom Roten Kreuz (Ausstellungshalle Friebeberg)

1915

Kriegsmedaillen

Schlesisches Museum für Kunstgewerbe und Altertümer (Ehm. Ständehaus)

1915–1916

Sammlung Vaterlandsdank

Schlesisches Museum für Kunstgewerbe und Altertümer (Ehm. Ständehaus)

1916

Deutsche Kriegsausstellung

Preußisches Kriegsministerium und Deutsches Rotes Kreuz (Ausstellungshalle Friebeberg)

1916

Erwerbungen für die Abteilung der Kriegserinnerungen

Schlesisches Museum für Kunstgewerbe und Altertümer (Ehm. Ständehaus)

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Anhang

Zeitraum

Ausstellung

Institution (Ort)

1916

Bulgarische Kriegsbilder

Schlesisches Museum für Kunstgewerbe und Altertümer (Ehm. Ständehaus)

1919

Arbeit und Kultur in Oberschlesien

Zentralrat für die Provinz Schlesien/ Schlesisches Museum für Kunstgewerbe und Altertümer (Vier-Kuppel-Pavillon)

1920–1934

Haus Albert und Toni Neisser [Dauerausstellung ohne Titel]

Schlesisches Museum für Kunstgewerbe und Altertümer (Haus Albert und Toni Neisser)

1926

Aus Breslauer öffentlichen Bibliotheken und Archiven

Schlesisches Museum für Kunstgewerbe und Altertümer

1926

Schlesische Malerei und Plastik des Mittelalters

Schlesisches Museum der Bildenden Künste

1926–1945

Schlossmuseum [Dauerausstellung ohne Titel]

Schlesisches Museum für Kunstgewerbe und Altertümer (Schlossmuseum)

1927

Die jüdische Frau. Das jüdische Haus

[Veranstalter?] (Kammermusiksaal des Breslauer Konzerthauses)

1928–1945

Lapidarium der Steinskulpturen [Dauerausstellung ohne Titel]

Schlesisches Museum für Kunstgewerbe und Altertümer (Lapidarium im ehemaligen Bernhardinerkloster)

1929

Das Judentum in der Geschichte Schlesiens

Verein Jüdisches Museum Breslau/Schlesisches Museum für Kunstgewerbe und Altertümer (Ehm. Ständehaus)

1929

Ausstellung jüdischer Stickereien und ­Vorhänge schlesischer Herkunft

Verein Jüdisches Museum Breslau/Schlesisches Museum für Kunstgewerbe und Altertümer (Ehm. Ständehaus)

1929–1933

[Schausammlung des Vereins Jüdisches Museum Breslau im Schlossmuseum, ohne Titel]

Verein Jüdisches Museum Breslau (Schlossmuseum)

1931

Gedächtnis-Ausstellung für Professor Erwin Hintze

Schlesisches Museum für Kunstgewerbe und Altertümer (Ehm. Ständehaus)

1932

Gerhart-Hauptmann-Ausstellung

Schlesisches Museum für Kunstgewerbe und Altertümer (Ehm. Ständehaus)

1933–1934

Kunst der Geistesrichtung 1918–1933

Schlesisches Museum der Bildenden Künste

1933–1938

[Dauerausstellung ohne Titel]

Verein Jüdisches Museum Breslau (Israelitische Waisenverpflegungsanstalt)

1934

Jüdische Künstler aus Deutschland

Verein Jüdisches Museum Breslau (Israelitische Waisenverpflegungsanstalt)

1934

Sippenforschung in Schlesien

Kunstsammlungen der Stadt Breslau (ehem. SMfKuA)

1934–1945

Breslauer Zimmer

Kunstsammlungen der Stadt Breslau (Schlossmuseum)

1935–1945

Gedenkraum für Blücher und das Befreiungsjahr 1813 (im Schlossmuseum)

Kunstsammlungen der Stadt Breslau (Schlossmuseum)

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Übersicht der untersuchten Ausstellungen zur Geschichte Breslaus

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Zeitraum

Ausstellung

Institution (Ort)

1935–1945

[Erneuerte Abteilung] Bauerntum in Schlesien. Wesen und Leistung im Grenzland

Kunstsammlungen der Stadt Breslau (Schlossmuseum)

1936

Wehrhaftes Deutschland. Schlesien im Ansturm der Zeiten

Kunstsammlungen der Stadt Breslau/ Landesstelle Schlesien der Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums/Landesgruppe Schlesien des Bundes Deutscher Osten (Ehm. Ständehaus/ Schlossmuseum)

1936

Germanen über Europa

Kunstsammlungen der Stadt Breslau

1936–1937

Das jüdische Bildnis in Schlesien 1800–1860

Verein Jüdisches Museum Breslau (Israelitische Waisenverpflegungsanstalt)

1937

Deutsche Entscheidungen im Osten

Landesstelle Schlesien der Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums/ Landesgruppe Schlesien des Bundes Deutscher Osten

1938

Der deutsche Meister Veit Stoß

Kunstsammlungen der Stadt Breslau (Schlossmuseum)

1938–1945

Saal des Breslauer Stadtrates

Kunstsammlungen der Stadt Breslau (Schlossmuseum)

1939

„Geprägte“ Geschichte Schlesiens. ­Münzen als Zeugen schlesischer ­Geschichte und Kultur

Kunstsammlungen der Stadt Breslau (Schlossmuseum)

1941–1942

Deutsche Größe [Erweiterung um Breslau-Raum]

Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums/Amt Rosenberg

1942

Friedrich der Grosse, Maria Theresia und ihr Kreis in Bildnissen der Zeit

Schlesisches Museum der Bildenden Künste

1942

Schlesiens Landschaft in Gemälden, Graphik und Handzeichnungen des 19. Jahrhunderts

Kunstsammlungen der Stadt Breslau (Schlossmuseum)

1944

Schwert und Pflug in Nord-Russland

Kunstsammlungen der Stadt Breslau (Schlossmuseum)

1944

[Grafiken mit Breslauer Motiven]

Kunstsammlungen der Stadt Breslau (Schlossmuseum)

1946

Martyrologia ludzka 1939–1945. Wystawa prac malarskich Rafała Mandelzwajga) [Menschliches Martyrium 1939–1945. Ausstellung mit Gemälden von Rafał Mandelzwajg]

Komitet Żydowski we Wrocławiu (Lokal komitetu)

1946

Słowianie na ziemiach śląskich [Slawen in den schlesischen Gebieten]

Państwowe Muzeum Prehistoryczne

1946–[…]

[Dauerausstellung ohne Titel]

Muzeum Archidiecezjalne

1947–1952

Muzeum Wojska Polskiego we Wrocławiu [Museum der Polnischen Armee in Breslau] [Dauerausstellung ohne Titel]

Oddział: Muzeum Wojska Polskiego w Warszawie

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Anhang

Zeitraum

Ausstellung

Institution (Ort)

1948

Dzieje języka polskiego na Śląsku [Die Geschichte der polnischen Sprache in Schlesien]

Zakład narodowy im. Ossolińskich we Wrocławiu

1948

Wystawa Ziem Odzyskanych [Ausstellung der Wiedergewonnenen Gebiete]

Komisariat rządu dla spraw W.Z.O. w Warszawie (Pawilon Czterech Kopuł/ Hala Stulecia)

1948–[…]

Stary Ratusz we Wrocławiu [Das Alte Rat- Muzeum Historyczne Miasta Wrocławia haus in Breslau] [potem: Muzeum Śląskie we Wrocławiu, oddział: Muzeum Historyczne we Wrocławiu/Muzeum Miasta Wrocławia, oddział: Muzeum Historyczne Mia­ sta Wrocławia/Muzeum Historyczne we Wrocławiu/Muzeum Miejskie we Wrocławiu, oddział: Muzeum Sztuki Mieszczańskiej] (Ratusz)

1948–1951– 1954/55– 1959–1963

Pradzieje Śląska; Śląsk starożytny i wczesnośredniowieczny [Vorgeschichte Schlesiens; Schlesien im Altertum und frühen Mittelalter]

Muzeum Śląskie we Wrocławiu, dział Archeologiczne (Dawna rejencja)

1949

Wystawa plastyków żydowskich (Objazdowa wystawa prac artystów żydowskich, które odnaleziono po wojnie) [Wanderausstellung wiedergefundener jüdischer Kunst]

Żydowskie Towarzystwo Krzewienia Sztuk Pięknych (Ratusz)

1951–1952

Śląsk w monetach, medalach i pieczęciach [Schlesien auf Münzen, Medaillen und Siegeln]

Muzeum Śląskie we Wrocławiu (Dawna rejencja)

1951–1952

Wrocław w dawnych planach i widokach [Breslau auf alten Plänen und Ansichten]

Muzeum Śląskie we Wrocławiu, oddział: Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Ratusz)

1952– [1960]

Wrocław Średniowieczny. Miasto i ustrój do początku XV wieku [Das mittelalterliche Breslau. Die Stadt und ihr Gefüge bis zum Anfang des 15. Jahrhunderts]

Muzeum Śląskie we Wrocławiu, oddział: Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Ratusz)

1952– [1960]

Warownie i obrona dawnego Wrocławia [Befestigungs– und Verteidigungsanlagen des alten Breslaus]

Muzeum Śląskie we Wrocławiu, oddział: Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Ratusz)

1954–1963

Dziesięć wieków Śląska [Zehn Jahrhunderte Schlesien]

Muzeum Śląskie we Wrocławiu (Dawna rejencja)

1955–1956

Śląsk w Polsce Ludowej [Schlesien in der Volksrepublik Polen]

Muzeum Śląskie we Wrocławiu (Dawna rejencja)

1956

Dawny Wrocław w grafice i rysunkach [Das alte Breslau in Grafiken und Zeichnungen]

Muzeum Śląskie we Wrocławiu, oddział: Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Ratusz)

1959

Miasta śląskie w grafice XV–XX więku [Schlesische Städte in Grafiken des 15. bis 20. Jahrhunderts]

Muzeum Śląskie we Wrocławiu (Dawna rejencja)

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Übersicht der untersuchten Ausstellungen zur Geschichte Breslaus

393

Zeitraum

Ausstellung

Institution (Ort)

1961

Wrocław. wczoraj, dziś i jutro [Breslau. gestern, heute und morgen]

Prezydium Rady Narodowej miasta Wrocław (Ratusz)

1963–1999

Śląsk w pradziejach Polski; Śląsk w Starożytności [Schlesien in der Vorgeschichte Polens; Schlesien im Altertum]

Muzeum Archeologiczne we Wrocławiu (Pałac Spaetgenów)

1965/67

Polskie powstanie narodowo-wyzwoleńcze XVIII i XIX w. [Polnische ­Aufstände zur nationalen Befreiung im 18. und 19. Jahrhundert] (nicht realisiert)

Muzeum Walki i Męczeństwa we Wrocławiu (nicht realisiert)

1965–1966

Walka narodu polskiego o wyzwolenie Śląska w XX wieku [Der Kampf der polnischen Nation um die Befreiung Schlesiens im 20. Jahrhundert]

Muzeum Śląskie we Wrocławiu (Dawna rejencja)

1968

Wrocław. Polskie miasto nad Odrą. Wystawa fotograficzna [Breslau. Polnische Stadt an der Oder. Fotografieausstellung]

Towarzystwo Miłośników Wrocławia

1968– [1971]

Wrocław był zawsze miastem polskim [Breslau war immer eine Stadt Polens]

Muzeum Historyczne Miasta Wrocławia (Ratusz)

1968–1969

Wrocław w II wojnie światowej [Breslau im Zweiten Weltkrieg]

Muzeum Historyczne Miasta Wrocławia (Ratusz)

1968–1970

Walka i zwycięstwo [Kampf und Sieg]

Muzeum Śląskie we Wrocławiu, oddział: Muzeum Archeologiczne we Wrocławiu (Pałac Spaetgenów)

1970

XXV lat Dolnego Śląska w ­dokumencie [25 Jahre Niederschlesien auf Dokumenten]

Wydział Propagandy Komitetu Wojewódzkiego PZPR/ Archiwum Państwowe/Muzeum Śląskie/ Biblioteka Zakładu Narodowego im. Ossolińskich/ Muzeum Miasta Wrocławia

1971

Polacy w Komunie Paryskiej [Polen in der Pariser Kommune]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Ratusz)

1971–1972

Rynek wrocławski od XIII do XX w. [Der Breslauer Ring vom 13. bis 20. Jahrhundert]

Muzeum Architektury we Wrocławiu

1972

PPR w 30. rocznicę powstania [Die Polnische Arbeiterpartei am 30. Jahrestag ihrer Entstehung]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Ratusz)

1972

Ratusz wrocławski od XIII do XIX w. [Das Breslauer Rathaus vom 13. bis 19. Jahrhundert]

Muzeum Architektury we Wrocławiu

1972–1979– 1981

Ozdobna broń myśliwska XVI–XIX w. [Dekorative Jagdwaffen aus dem 16. bis 19. Jahrhundert] (vorzeitig geschlossen wegen Ausrufung des Kriegsrechts am 13.12.1981)

Muzeum Narodowe we Wrocławiu/ Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Arsenał)

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Anhang

Zeitraum

Ausstellung

1974

Język Polski na Śląsku w źródłach ­pisanych Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Ratusz) [Die polnische Sprache in Schlesien auf Schriftstücken]

1974

Dzieci oskarżają. Dokumente zbrodni hitlerowskich [Kinder klagen an]

Okręgowa Komisja Badania Zbrodni Hitlerowskich we Wrocławiu/Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Wzgórze Partyzantów)

1975

Z piastowskich tradycji Śląska [Die piastische Tradition Schlesiens]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Ratusz)

1975

Dolny Śląsk w XXX-leciu [Niederschlesien am 30. Jahrestag]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Ratusz)

1975

W czynnie VII zjazdu PZPR [Der 7.  Parteitag der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu

1975–1976

Książka polska wydawana na Śląsku w XV–XX wieku [In Schlesien herausgegebene polnische Bücher aus dem 15.–20. Jahrhundert]

Biblioteka Zakałdu Narodowego im. Ossolińskich/Biblioteka Uniwersytecka we Wrocławiu

1975–1980

Zwycięstwo 1945. W 30. rocznicę oswobodzenia Dolnego Śląska i Wrocławia [Der Sieg 1945. Zum 30. Jahrestag der Befreiung Niederschlesiens und Breslaus]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Wzgórze Partyzantów)

1976

Herb miasta Wrocławia [Das Wappen der Stadt Breslau]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Ratusz)

1976–[…]

[Dauerausstellung ohne Titel]

Muzeum Wojsk Inżynieryjnych Wyższej Szkoły Oficerskiej im. Tadeusza Kościuszki

1976–1977

Martyrologia narodu polskiego w czasie II wojny światowej [Das Martyrium der polnischen Nation im Zweiten Weltkrieg]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu

1976–1977

Pamięci ludzkiej tragedii [Erinnerungen an eine menschliche Tragödie]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Ratusz)

1977

Polsko-Radziecki sojuz, przyjaźń, współpraca. Podstawą bytu i rozwoju Polski Ludowej [Die polnisch-sowjetische Freundschaft und Zusammenarbeit]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu

1977

Pejzaż Wrocławski [Breslauer Landschaft]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Ratusz)

1979–[…]

Arsenał. Muzeum Oręża [Zeughaus. Waffenmuseum]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Arsenał)

1980–1983

Z dziejów Wrocławia [Aus Breslaus Vergangenheit]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Wzgórze Partyzantów)

1980–1992– 2002

Wrocław. wczoraj, dziś i jutro [Breslau. gestern, heute und morgen]

Muzeum Architektury we Wrocławiu

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Institution (Ort)

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Übersicht der untersuchten Ausstellungen zur Geschichte Breslaus Zeitraum

Ausstellung

Institution (Ort)

1981

150 rocznica Powstania Listopadowego [150. Jahrestag des Novemberaufstands]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Arsenał)

1982

Muzeum Historyczne we Wrocławiu Musztra w armiach europejskich XVII– XX w./Broń strzelecka w II wojnie świato- (Arsenał) wej [Exerzieren europäischer Armeen im 17. bis 20. Jahrhundert/Schusswaffen aus dem Zweiten Weltkrieg] (nicht realisiert wegen des Kriegsrechts)

1982–1983

Gdy mowa Polska znaczyła przetrwanie [Wo die polnische Sprache überdauerte]

Muzeum Narodowe we Wrocławiu

1983

Wrocław nad Odrą [Breslau an der Oder]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu

1984

Powstanie Warszawskie w 40. rocznicę powastania [Warschauer Aufstand]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Arsenał)

1984

Najstarszy cmentarz Wrocławia. Żydowski cmentarz przy ul. Ślężnej [Der älteste Friedhof Breslaus]

Muzeum Architektury we Wrocławiu, dział: Muzeum Sztuki Sepulkralnej

1984

Wrocławscy fotograficy 1945–48 [Breslauer Fotografen 1945–48]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu

1984/88– 1991–[…]

Stary cmentarz żydowski we Wrocławiu [Der alte jüdische Friedhof in Breslau]

Muzeum Architektury we Wrocławiu [potem: Muzeum Historyczne we Wrocławiu/ Muzeum Miejskie Wrocławia]

1984–1985

Drogi do zwycięstwa. Z dziejów Polskich sił zbrojnych na zachodzie 1939–1945 [Wege zum Sieg. Aus der Geschichte polnischer Streitkräfte im Westen 1939–1945]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Arsenał)

1984–86

Legiony Polskie w I wojnie światowej w 70. rocznicę wymarszu [Polnische Legionen im Ersten Weltkrieg]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Arsenał)

1985

Rodło we Wrocławiu wczoraj i dziś [„Bund der Polen“ in Breslau früher und heute]

Muzeum Narodowe we Wrocławiu

1985

Pierwsza fosa miejska. Wrocław znany i nieznany w grafice i rysunku [Die erste Stadtbefestigung. Bekanntes und unbekanntes Breslau in Grafiken und Zeichnungen]

Muzeum Narodowe we Wrocławiu

1985–[…]

Panorama Racławicka [Das Panorama von Racławice]

Muzeum Narodowe we Wrocławiu

1985– [2004]

Stare i nowe wsi dolnośląskiej [Das alte und neue Dorf in Niederschlesien]

Muzeum Etnograficzne we Wrocławiu

1985–1986

Wracamy na ziemię ojców naszych [Wir kehren ins Land unserer Väter zurück]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Ratusz)

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395

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396

Anhang

Zeitraum

Ausstellung

Institution (Ort)

1985–1989

Wrocław – 1945 – Wyzwolenie [Breslau – 1945 – Die Befreiung]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Arsenał)

1986

Ulice i place dawnego Wrocławia. Wrocław znany i nieznany w grafice i rysunku [Breslauer Panorama. Bekanntes und unbekanntes Breslau in Grafiken und Zeichnungen]

Muzeum Narodowe we Wrocławiu

1986

Panoramy Wrocławia. Wrocław znany i nieznany w grafice i rysunku [Straßen und Plätze des alten Breslau. Bekanntes und unbekanntes Breslau in Grafiken und Zeichnungen]

Muzeum Narodowe we Wrocławiu

1987

Polacy w hitlerowskich obozach jenieckich w latach II wojny światowej [Polen in den hitleristischen Kriegsgefangenenlagern im Zweiten Weltkrieg]

Muzeum Martyrologii i Walki Jeńców Wojennych w Łambinowicach/Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Arsenał)

1987

Sławni Polacy we Wrocławiu w XIX wieku [Berühmte Polen in Breslau im 19. Jahrhundert]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu

1988

Społeczeństwo żydowskie w Polsce w latach 1866–1939 [Die jüdische Bevölkerung in Polen in den Jahren 1866 bis 1939]

YIVO Institute for Jewish Research New York/Uniwersytet Jagielloński w Krakowie/Muzeum Architektury we Wrocławiu

1988

W obiektywie Zdzisława Mozera. Teatr Żydowski we Wrocławiu [Im Objektiv von Zdzisław Mozer. Das Jüdische Theater in Breslau]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Ratusz)

1988–1989

Ludzie z literą „P“ [Menschen mit dem Buchstaben ‚P’]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Arsenał)

1988–1989

Kolekcjonerzy i miłośnicy [Sammler und Liebhaber]

Muzeum Narodowe we Wrocławiu

1989

Szkółka Polska we Wrocławiu 1918– 1939 [Die polnische Schule in Breslau 1918–1939]

Muzeum Narodowe we Wrocławiu

1989

Wrocławscy Żydzi 1850–1945 [Breslauer Juden 1850–1945]

Muzeum Architektury we Wrocławiu

1989

Tragedia miasta. Obraz zniszczeń Wrocławia 1945 [Tragödie einer Stadt. Ein Bild der Zerstörungen Breslaus]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu

1990

Zginęli w Katyniu [Sie starben in Katyn]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Ratusz)

1990

Pamiątki z wojny 1920 roku [Kriegserinnerungen von 1920]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Arsenał)

1990

Niemiecki ruch opuru 1933–45 [Deutsche Widerstandsbewegung 1933–45]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Ratusz)

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05.01.18 14:55

Übersicht der untersuchten Ausstellungen zur Geschichte Breslaus

397

Zeitraum

Ausstellung

Institution (Ort)

1990

Pamiątki z kresów wschodnich ­dawnej Rzeczypospolitej [Erinnerungs­ stücke aus den Ostgebieten der alten Rzeczypospolita]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Arsenał)

1990

10-lecia Solidarności [Der zehnte Jahrestag der Solidarność ]

NSZZ Solidarność/Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Ratusz)

1991

Tragedia miasta. Wrocław 1945 [Tragödie einer Stadt. Breslau 1945]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu

1991

Edyta Stein. Dzieje pewnej rodziny [Edith Stein. Die Geschichte einer bestimmten Familie]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Ratusz)

1992

Herb Wrocławia w architekturze miasta [Das Breslauer Wappen in der Stadtarchitektur]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu

1992

Krzemieniec. Miasto Juliusza Słowackiego [Krzemieniec. Die Stadt Juliusz Słowackis]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu,

1992

Nieznany portret miasta. Fotografie Wrocławia z 2 połowy XIX i początku XX w. [Ein unbekanntes Portrait der Stadt]

Biblioteka Uniwersytecka we Wrocławiu/ Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Arsenał)

1993

Polacy we Wrocławiu 1918–1939 [Polen in Breslau 1918–1939]

Muzeum Narodowe we Wrocławiu

1993

„Lwów znany i nieznany w fotografii Zdzisława J. Zielińskiego [Bekanntes und unbekanntes Lemberg auf Fotografien von Zdzisław J. Zieliński]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Arsenał)

1993

Fryderyka Kempner [Friederike Kempner]

Friederike-Kempner-Gesellschaft/­ Muzeum Historyczne we Wrocławiu

1993

Albert Woelfel. Malarz dawnego Wrocławia [Albert Woelfel. Maler des alten Breslau]

Muzeum Narodowe we Wrocławiu

1993

Mauzolea piastowskie na Śląsku [Piastische Mausoleen in Schlesien]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu

1994

Panorama Plastyczna dawenego Lwowa [Modell des alten Lemberg]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Arsenał)

1994

Die Welt der Anne Frank, 1929–1945 [Świat Anny Frank]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu

1994

Nieznany portret miasta. Fotografie Wrocławia z 2 połowy XIX i początku XX w. [Unbekanntes Portrait der Stadt. Breslauer Fotografien aus der zweiten Hälfte des 19. und frühen 20. Jahrhunderts]

Biblioteka Uniwersytecka we Wrocławiu/ Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Ratusz)

1994

Widoki Wrocławia w grafice F. Endlera [Breslauer Ansichten in den Grafiken von Friedrich Endler]

Muzeum Narodowe we Wrocławiu

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05.01.18 14:55

398

Anhang

Zeitraum

Ausstellung

Institution (Ort)

1994

Wrocławscy Żydzi 1850–1944 [Breslauer Juden 1850–1944]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu

1994

Wrocław w dawnej kartografii XVI– XIX wiek [Breslau auf alten Karten, 16.–19. Jahrhunderts]

Muzeum Narodowe we Wrocławiu

1995

Wrocław 1945 rok. Zniszczenia [Breslau 1945. Die Zerstörung]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Ratusz)

1995

Katyń 1940. Grafiki Jerzego Jakubowa i M. Lerchera [Katyn 1940. Grafiken]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu

1995

‚Przebudź się, serce moje, i pomyśl‘. Przycznek do historii stosunków między Śląskiem a Berlinem-Brandenburgią od 1740 roku do dziś. [‚Wach auf, mein Herz, und denke’. Zur Geschichte der Beziehungen zwischen Schlesien und Berlin-Brandenburg von 1740 bis heute]

Gesellschaft für interregionalen Kulturaustausch Berlin/Stowarzyszenie Instytut Śląski w Opolu/Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Arsenał)

1995

Theatrum vitae et mortis. Grafika, rysunek i malarstwo książkowe na Śląsku w latach 1550–1650 [Theatrum Vitae et Mortis. Grafik, Zeichnungen und Buchmalerei in Schlesien, 1550–1650]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Ratusz)

1995

Ulica Świdnicka we Wrocławiu [Schweidnitzer Straße in Breslau]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Ratusz)

1995–1996

Stan wojenny we Wrocławiu 1981–1983 [Der Kriegszustand in Breslau 1981–1983]

Dolnośląska Fundacja Gospodarcza Centrum/Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Ratusz)

1996

Żydzi na Dolnym Śląsku w latach 1945– 1948 [ Juden in Niederschlesien in den Jahren 1945 bis 1948]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Ratusz)

1997

Obrazy natury. Adolf Dressler i pejzażyści śląscy drugiej polowy wieku XIX [Bilder der Natur. Adolf Dressler und die schlesischen Landschaftsmaler in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts]

Muzeum Narodowe we Wrocławiu

1997

Na nieludzkiej ziemi. Ekspozycja pamiątek Dolnośląska Rodzina Katyńska we Wrocławiu/Muzeum Historyczne we i dokumentów Polaków więzionych na Wrocławiu (Arsenał) terenie ZSRR/Konkurs na pomnik ofiar katynia [In einem unmenschlichen Land. Erinnerungsstücke und Dokumente von in der UdSSR internierten Polen/Wettbewerb für ein Katyn-Denkmal]

1997

Portret wrocławskich duchownych [Das Portrait der Breslauer Geistlichen]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Ratusz)

1997

Powódź i ludzie [Flut und Menschen]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Ratusz)

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Übersicht der untersuchten Ausstellungen zur Geschichte Breslaus

399

Zeitraum

Ausstellung

Institution (Ort)

1997–[…]

Wielcy Wrocławianie. Galeria popiersi we wrocławskim Ratuszu [Große Breslauer. Die Galerie der Büsten im Breslauer Rathaus]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu [potdem: Muzeum Miejskie Wrocławia, oddział Muzeum Sztuki Mieszczańskiej] (Ratusz)

1998

Winni? Niewinni? Dolnośląskie podziemie niepodległościowe 1945–1956 [Schuldig? Unschuldig? Der Unabhängigkeitskampf im Untergrund in Niederschlesien 1945–1956]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Arsenał)

1999

Więźniowie polityczni PRL w latach 1944–1956 [Politische Gefangene in der Volksrepublik Polen in den Jahren 1944–1956]

Muzeum Niepodległości w Warszawie/ Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Arsenał)

1999

Wrocław na planach XVI–XX wiek [Breslau auf Plänen des 16. bis 20. Jahrhunderts]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Ratusz)

1999–2000

Ecole de Paris. Artyści żydowscy z Polski w kolekcji Wojciecha Fibaka [Ecole de Paris. Jüdische Künstler aus Polen in der Sammlung von Wojciech Fibak]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu

2000

Żołnierze polscy w niewoli niemieckiej i sowieckiej w latach II wojny światowej [Polnische Soldaten in deutscher und sowjetischer Kriegsgefangenschaft]

Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Arsenał)

2000

Wrocławscy Żydzi 1854–1939 [Breslauer Juden 1854–1939]

Muzeum Miejskie Wrocławia, dział: ­Muzeum Sztuki Cmentarnej.

2000

Żydowskie zabytki Moraw i Śląska [ Jüdische Sehenswürdigkeiten in Mähren und Schlesien]

Muzeum Miejskie Wrocławia (Arsenał)

2000

Hans Poelzig we Wrocławiu. Architektura i sztuka 1900–1916 [Hans Poelzig in Breslau. Architektur und Kunst 1900–1916]

Muzeum Architektury we Wrocławiu

2000

Wrocław Moje Miasto [Breslau, meine Stadt]

Urzęd Miejski Wrocławia (Pawilon Państw Konwiarza)

2001

Dawne zaułki Wrocławia. Malarstwo, grafika, fotografia [Alte Breslauer Winkel. Malerei, Grafik, Fotografie]

Muzeum Narodowe we Wrocławiu

2001

Grafiki Hugona Ulbricha [Die Grafiken von Hugo Ulbrich]

Muzeum Miejskie Wrocławia/Haus ­Schlesien Königswinter

2001

Wrocław Paula Rosego. Rysunki i akwarele [Breslau nach Paul Rose. Zeichnungen und Aquarelle]

Muzeum Miejskie Wrocławia

2001

Wrocław średniowieczny [Das mittelalterliche Breslau]

Muzeum Miejskie Wrocławia, oddział Muzeum Archeologiczne (Arsenał)

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400

Anhang

Zeitraum

Ausstellung

Institution (Ort)

2002

Breslau – 1945 – Wrocław

Instytut Pamięci Narodowej/Muzeum Miejskie Wrocławia (Arsenał)

2002

Piwo we Wrocławiu. Od średniowiecza po czasy współczesne [Breslauer Bier. Vom Mittelalter bis in die Gegenwart]

Muzeum Miejskie Wrocławia

2003

Gdzie się bawili wrocławianie w pierwszej połowie XX wieku. Kawiarnie, restauracje, piwiarnie [Wo sich die Breslauer im frühen 20. Jahrhundert vergnügt haben]

Muzeum Miejskie Wrocławia

2005

Albert Neisser (1855–1916). Kolekcjoner i Mecenas [Albert Neisser (1855–1916). Sammler und Mäzen]

Muzeum Narodowe we Wrocławiu

2005

Hala Stulecia i Tereny Wystawowe we Wrocławiu. Dzieło Maksa Berga [Die Jahrhunderthalle und das Ausstellungsgelände in Breslau. Das Werk Max Bergs]

Muzeum Architektury we Wrocławiu

2005–[…]

Śląsk średniowieczny [Das mittelalterliche Schlesien]

Muzeum Miejskie Wrocławia, oddział Muzeum Archeologiczne (Arsenał)

2006–[…]

Dolnoślązacy. Pamięć, kultura, tożsamość [Niederschlesier. Gedächtnis, Kultur, Identität]

Muzeum Etnograficzne we Wrocławiu

2007

Wolni i Solidarni. 25-lecie Solidarności Walczącej [Frei und solidarisch. Der 25. jahrestag der Kämpfenden Solidarność]

Muzeum Miejskie Wrocławia (Ratusz)

2007

Wrocław. Powódź wszech czasów 1997. Fotografie i rozmowy [Breslau. Die größte Flut aller Zeiten. Fotogrfien und Gespräche]

Muzeum Miejskie Wrocławia (Ratusz)

2007

Podróże w czasie. Dawne widoki Śląska na grafikach z kolekcji Haselbacha [Zeit-Reisen. Historische Schlesien-Ansichten aus der Graphiksammlung Haselbach]

Herder-Institut Marburg/Ostdeutsche Galerie Regensburg/Schlesisches Museum zu Görlitz/Muzeum Architektury we Wrocławiu

2007

Pomarańczowa Alternatywa. Rewolucja Krasnoludków [Die Orangene Alternative. Die Zwergenrevolution]

Fundacja Pomarańczowa Alternatywa/ Muzeum Miejskie Wrocławia (Ratusz)

2008

Teatr Żydowski we Wrocławiu, 1946– 1968 [Das jüdische Theater in Niederschlesien 1946–1968]

Fundacja Bente Kahan/Zakład Studiów Żydowskich Uniwersytetu Wrocławskiego/Muzeum Miejskie Wrocławia (Ratusz)

2008

Wrocław na fotografii lotniczej z okresu międzywojennego [Breslau im Luftbild der Zwischenkriegszeit]

Herder-Institut Marburg/Muzeum Architektury we Wrocławiu

2008–2009

Oblicza Miasta [Das Antlitz der Stadt]

Muzeum Narodowe we Wrocławiu

2009

Europa to nasza historia [Europa ist unsere Muzeum Europy w Brukseli (hala stulecia) Geschichte]

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Übersicht der untersuchten Ausstellungen zur Geschichte Breslaus

401

Zeitraum

Ausstellung

Institution (Ort)

2009

WUWA 1929–2009. Wrocławska wystawa Werkbundu [WUWA 1929–2009. Breslauer Werkbundausstellung]

Muzeum Architektury we Wrocławiu

2009–[…]

1000 lat Wrocławia [1000 Jahre Breslau]

Muzeum Miejskie Wrocławia (Pałac Królewski, dawn. pałac Spaetgenów)

2009–[…]

Sztuka Wrocławia 1850–1945. W galerii Muzeum Miejskiego Wrocławia [Breslauer Kunst 1850–1945. Die Galerie des Städtischen Museums Breslau]

Muzeum Miejskie Wrocławia, oddział Muzeum Sztuki Mieszczańskiej (Pałac Królewski)

2010

Przedmieście Mikołajskie we Wrocławiu [Die Breslauer Nikolai-Vorstadt]

Muzeum Miejskie Wrocławia

2010

Solidarny Wrocław [Solidarisches Breslau]

Ośrodek Pamięć i Przyszłość

2010–[…]

Historia odzyskana. Życie Żydów we Wrocławiu i na Dolnym Śląsku [Die wiedergewonnene Geschichte. Jüdisches Leben in Breslau und Niederschlesien]

Fundacja Bente Kahan, Centrum Kultury i Edukacji Żydowskiej w Synagodze pod Białym Bocianem

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402

Anhang

11.2. Abkürzungsverzeichnis Institutionen AAN Archiwum Akt Nowych, Warszawa (Archiv der Neuen Akten, ­Warschau) APWr Archiwum Państwowe we Wrocławiu (Staatsarchiv Breslau) BUWr Biblioteka Uniwersytecka we Wrocławiu (Universitätsbibliothek Breslau) GStA PK Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin KC PZPR Komitet Centralny Polskiej Zjednoczonej Partii Robotniczej (Zentral­ komitee der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei) KW PZPR Komitet Wojewódzki Polskiej Zjednoczonej Partii Robotniczej (Woiwodschaftskomitee der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei) MAWr Muzeum Architektury we Wrocławiu (Architekturmuseum Breslau) MHWr Muzeum Historyczne we Wrocławiu (Historisches Museum Breslau) MKiS Ministerstwo Kultury i Sztuki (Ministerium für Kultur und Kunst, W­arschau) MMWr Muzeum Miejskie Wrocławia (Städtisches Museum Breslau) MNW Muzeum Narodowe w Warszawie (Nationalmuseum Warschau) MNWr Muzeum Narodowe we Wrocławiu (Nationalmuseum Breslau) MSMWr Muzeum Sztuki Mieszczańskiej (Museum für bürgerliche Kunst Breslau) SMdBK Schlesisches Museum der Bildenden Künste, Breslau SMfKuA Schlesisches Museum für Kunstgewerbe und Altertümer, Breslau. ŻIH Żydowski Instytut Historyczny, Warszawa (Jüdisches Historisches ­Institut, Warschau)

Zeitschriften Der Cicerone Der Cicerone. Halbmonatsschrift für Künstler, Kunstfreunde und Sammler (Berlin/Leipzig) Die Hohe Straße Die Hohe Straße. Schlesische Jahrbücher für deutsche Art und Kunst im Ostraum (Bis 1933: Schlesiens Vorzeit in Bild und Schrift, Breslau) Inter Finitimos Inter Finitimos. Jahrbuch zur deutsch-polnischen Beziehungsgeschichte (Berlin/Krakau/Breslau) Menorah Menorah. Jüdisches Familienblatt für Wissenschaft, Kunst und Literatur (Wien) Mitteilungen des Mitteilungen des Verbandes Ehemaliger Breslauer und Schlesier in Verbandes Israel (Tel Aviv) Schlesiens Vorzeit Schlesiens Vorzeit in Bild und Schrift. Jahrbuch des Schlesischen Museums für Kunstgewerbe und Altertümer (Breslau)

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Quellen- und Literaturverzeichnis

403

Schlesische   Schlesische Monatshefte. Blätter für Kultur und Schrifttum der Heimat Monatshefte (Ab August 1933: Blätter für nationalsozialistische Kultur des deutschen Südostens, Breslau) Sobótka  Śląski Kwartalnik Historyczny Sobótka (Schlesische Vierteljahrshefte für Geschichte Sobótka, Breslau)

11.3. Quellen- und Literaturverzeichnis 11.3.1. Verzeichnis der unveröffentlichten Quellen (Archivalien) Archiwum Akt Nowych w Warszawie (AAN) (Archiv der Neuen Akten in Warschau) AAN, Główny Urząd Kontroli Prasy, Publikacji i Widowisk, 1091 AAN, MKiS, 5/26 AAN, MKiS, 5/63 AAN, MKiS, 6/3, t.1 AAN, Ministerstwo Ziem Odzyskanych, 1545 AAN, Naczelna Dyrekcja Muzeów i Ochrony Zabytków, 3/85 Archiwum Muzeum Miejskiego we Wrocławiu (MMWr) (Archiv des Städtischen Museums in Breslau) MMWr, MHWr, [bez spisu]/2 MMWr, MHWr, [bez spisu]/31 MMWr, MHWr, [bez spisu]/55 MMWr, MHWr, [bez spisu]/8 MMWr, MHWr, 1/12 MMWr, MHWr, 1/59 MMWr, MHWr, 1/60 MMWr, MHWr, 1/61 MMWr, MHWr, 1/84 MMWr, MHWr, 1/87 MMWr, MHWr, 1/89 MMWr, MHWr, 1/90 MMWr, MHWr, 4/16 MMWr, MHWr, 4/17 MMWr, MHWr, 4/18 MMWr, MHWr, 4/178 MMWr, MHWr, 4/185 MMWr, MHWr, 4/200 MMWr, MHWr, 13/12 MMWr, MSMWr, 13/7

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404

Anhang

Archiwum Państwowe we Wrocławiu (APWr) (Staatsarchiv Breslau) APWr, Akta Miasta Wrocławia, 31840 APWr, Akta Miasta Wrocławia, 32298 APWr, Akta Miasta Wrocławia, 32488 APWr, Akta Miasta Wrocławia, 32491 APWr, Akta Miasta Wrocławia, 32500 APWr, KW PZPR , 1006 APWr, KW PZPR , 1019 APWr, KW PZPR , 1021 APWr, KW PZPR , 975 APWr, Prezydium Rady Narodowej Miasta Wrocławia, 152 APWr, Urząd Miasta Wrocławia, 2/15 APWr, Urząd Miasta Wrocławia, 2/23 APWr, Urząd Wojewódzki Wrocławski, XVII/118 APWr, Wydział Samorządowy Prowincji, 624 APWr, Wydział Samorządowy Prowincji, 632 APWr, Wydział Samorządowy Prowincji, 861 APWr, Wydział Samorządowy Prowincji, 880 APWr, Wydział Samorządowy Prowincji, 1115 APWr, Wydział Samorządowy Prowincji, 1156 APWr, Zarząd Miejski Miasta Wrocławia, 273 Gabinet Dokumentów Muzeum Narodowego we Wrocławiu (MNWr) (Dokumentenabteilung des Nationalmuseums in Breslau) MNWr, SMfKuA, I/4 MNWr, SMfKuA, I/13 MNWr, SMfKuA, I/65 MNWr, SMfKuA, I/130 MNWr, SMfKuA, I/138 MNWr, SMfKuA, I/149 MNWr, SMfKuA, I/156 MNWr, SMfKuA, I/165 MNWr, SMfKuA, I/167 MNWr, SMfKuA, I/187 MNWr, SMfKuA, I/259 MNWr, SMfKuA, I/266 MNWr, SMfKuA, I/380 MNWr, SMfKuA, Wycinki prasowe 1906–1923

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Quellen- und Literaturverzeichnis

405

Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStA PK) GStA PK, XVI . HA, Rep. 30, 887 Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, Handschriftenabteilung (SBB PK) SBB PK, Nachlass Gerhart Hauptmann, 973719 Żydowski Instytut Historyczny (ŻIH) (Jüdisches Historisches Institut in Warschau) ŻIH, CKŻP, Wydział Kultury i Propagandy, 303/XIII/246(2) ŻIH, Gmina Żydowska we Wrocławiu, 105/290 ŻIH, Gminy Żydowskie Prowincji Śląskiej, 106/89 ŻIH, Gminy Żydowskie Prowincji Śląskiej, 106/442

11.3.2. Verzeichnis der Artikel aus Tageszeitungen [Ohne Autor]: 50jähriges Stiftungsfest des Schlesischen Altertumsvereins. In: Breslauer Zeitung am 14. Januar 1908. Adak: Tarcza wróciła do ratusza. In: Gazeta Wyborcza Wrocław am 11. Juli 2002. Arnold, Hans-Reiner: Waffen, Harnische und Jagdutensilien. Ausstellung des Historischen Museums in Wroclaw. In: Sächsische Zeitung am 17. August 1977. [Ohne Autor]: Ausstellung „Wehrhaftes Deutschland“ eröffnet. In: Schlesische Volkszeitung am 28. September 1936. [Ohne Autor]: Ausstellung „Wehrhaftes Deutschland“ eröffnet. In: Breslauer Neueste Nachrichten am 28. September 1936. [Ohne Autor]: Ausstellung „Wehrhaftes Deutschland“ eröffnet. Eigener Bericht der „Schlesischen Zeitung“. In: Schlesische Zeitung am 26. September 1936. Balicka, Bogda: Pamiątki teatralne w Muzeum Historycznym. In: Wieczór Wrocławia am 11. April 1988. Barthel, Gustav: Schlesien im Ansturm der Zeiten. Kleiner Geschichtsführer durch die neue Breslauer Ausstellung. In: Schlesische Zeitung am 26. September 1936. [Ohne Autor]: Bezcenne dzieła sztuki wróciły do Wrocławia. In: Słowo Polskie am 8. August 1968. Białowąs, Jerzy: Rówieśniczka ludowego Wojska Polskiego. In: Słowo Polskie am 8./9. Mai 1980. [Ohne Autor]: Breslauer Sammlung alter Waffen. In: Breslauer Neueste Nachrichten am 19. März 1932. Brol, Ewa: Wrocław nieznany. In: Słowo Polskie am 14. Juli 1994. Bubnicki, Rafał: Wrocławscy Żydzi 1850–1944. Przypominanie historii. Z Maciejem Łagiewskim, dyrektorem Muzeum Historycznego we Wrocławiu. In: Rzeczpospolita am 21./22. Mai 1994. Bubnicki, Rafał: Świat Anny Frank. In: Rzczpospolita am 15. April 1994.

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406

Anhang

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11.3.3. Verzeichnis der Artikel von Internetseiten Adamski, Artur: „Olgierd Czerner (1929-)“. In: Łątkowska, Mirosława/Waligóry, Grzegorz (Hg.): Encyklopedia Solidarności. Opozycja w PRL 1976–1989, Bd. 1–6. Warszawa/Katowice 2010–2015, http://www.encyklopedia-solidarnosci.pl/wiki/index. php?title=Olgierd_Czerner [Zugriff am 29. Juni 2015]. Deile, Lars: Didaktik der Geschichte. In: Docupedia-Zeitgeschichte, 27. Januar 2014, http://docupedia.de/zg/Didaktik_der_Geschichte [Zugriff am 12. November 2015]. Gliński, Mirosław: Muzeum Miejskie. In: Fundacja Gdańska: Gedanopedia. Gdańsk 2012–15, http://www.gedanopedia.pl/gdansk/?title=MUZEUM_MIEJSKIE [Zugriff am 10. Oktober 2015]. Głowicka, Eliza: Dawne Muzeum Wojsk Inżynieryjnych. In: Nieznany Wrocław, http:// www.wroclaw.pl/nieznany-wroclaw-zwiedzamy-dawne-muzeum-wojsk-inzynieryjnych [Zugriff am 9. November 2015]. Hartwich, Mateusz: Rezension zu Łagiewski, Maciej/Okólska, Halina/Oszczanowski, Piotr (Hg.): 1000 lat Wrocławia. Przewodnik po wystawie. Muzeum Miejskie. Wrocław 2009. 15. April 2009, Wrocław (Breslau). In: H-Soz-Kult, 20. Juni 2009, http://www.hsozkult.de/exhibitionreview/id/rezausstellungen-116 [Zugriff am 25. Januar 2015]. Hartwich, Mateusz: Europa – to nasza historia/Europe – It’s our History. Wrocław (Breslau). 1. Mai 2009–05. August 2009. In: H-Soz-u-Kult, 25. Juli 2009, http:// www.hsozkult.de/exhibitionreview/id/rezausstellungen–123 [Zugriff am 25. Januar 2015]. [Ohne Autor]: Historia odzyskana. Życie Żydów we Wrocławiu i na Dolnym Śląsku. In: Centrum Kultury i Edukacji Żydowskiej w Synagodze pod Białym Bocianem. Fundacja Bente Kahan. Wrocław 2010, http://fbk.org.pl/new/projekty/ekspozycjastala/ [Zugriff am 4. Mai 2014]. Instytut Pamięci Narodowej: Otwarcie wystawy „Breslau-1945-Wrocław“ we Wrocławiu. Warszawa 2002, http://ipn.gov.pl/aktualnosci/2006/centrala/otwarcie-wystawybreslau-1945-wroclaw-we-wroclawiu [Zugriff am 12. Februar 2015]. Janeke, Kristiane: Zeitgeschichte im Museum. Museen in der Zeitgeschichte, Version 1.0. In: Docupedia-Zeitgeschichte, 8. März 2011, https://docupedia.de/zg/Zeitgeschichte_in_Museen [Zugriff am 25. Januar 2015]. K.T.: Teatr Żydowski we Wrocławiu. In: OtoWrocław, 23. Oktober 2008, http://www. otowroclaw.com/news.php?id=15283&tytul=teatr-zydowski-we-wroclawiu [Zugriff am 4. Mai 2014]. Krzemień, Krzysztof: Rusza wystawa „1000 lat historii Wrocławia“. In: Teraz Wrocław, 17. April 2009, http://www.rekreacja.wroc.pl/artykul.php5?id=1076 [Zugriff am 25. Januar 2015]. [Okólska, Halina im Interview mit] Kwiecień, Małgorzata: „1000 lat Wrocławia“ od 19 kwietnia w Pałacu Królewskim. In: Punkt Informacji Kulturalnej Wrocław, 14. April 2009, http://pik.wroclaw.pl/pressroom/1000-lat-Wrocawia-od-19-kwietnia-w-Palacu-n433.html [Zugriff am 25. Januar 2015].

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11.3.4. Verzeichnis der veröffentlichten Quellen und Literatur [Ohne Autor]: 1. Jahresbericht des Vereins Jüdisches Museum E.V. zu Breslau, 29. März 1928 bis 30. Sept. 1929. Breslau 1929. [Ohne Autor]: 2. Jahresbericht des Vereins Jüdisches Museum E.V. zu Breslau, 1. Okt. 1929 bis 30. Sept. 1931. Breslau 1931. Ackermann, Felix: Palimpsest Grodno. Nationalisierung, Nivellierung und Sowjetisierung einer mitteleuropäischen Stadt 1919–1991. Wiesbaden 2010 (Deutsches Historisches Institut Warschau. Quellen und Studien 23). Ackermann, Felix/Boroffka, Anna/Lersch, Gregor H. (Hg.): Partizipative Erinnerungsräume. Dialogische Wissensbildung in Museen und Ausstellungen. Bielefeld 2013 (Edition Museum 5). Ahlfen, Hans von/Niehoff, Hermann: So kämpfte Breslau. Verteidigung und Untergang von Schlesiens Hauptstadt. München [1959]. Albrecht, Günther u. a.: Vor einer Generation. Köln im Krieg. Kölnisches Stadtmuseum. Köln 1974. [Ohne Autor]: Alt-Breslau im Bilde. In: Breslauer Gemeindeblatt 4/6 (1905) 91. Anderson, Benedict: Imagined communities. Reflections on the origin and spread of nationalism. London 1983.

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Abbildungsverzeichnis

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Żuławiński, Jan: Walka narodu polskiego o wyzwolenie Śląska w XX wieku. Muzeum Śląskie we Wrocławiu. Wrocław 1965. Żuławiński, Jan: Walka i zwycięstwo. Informator wystawy. Muzeum Śląskie we Wrocławiu. Wrocław 1969. Zuschlag, Christoph: „Entartete Kunst“. Ausstellungsstrategien im Nazi-Deutschland. Worms 1995 (Heidelberger kunstgeschichtliche Abhandlungen 21). Zwierz, Maria: Dzieje ulice Świdnickiej. In: Ostrowska-Kębłowska, Zofia: Ulica Świdnicka we Wrocławiu. Ratusz Wrocławski. Muzeum Historyczne we Wrocławiu. Wrocław 1995, 11–30. Zwierz, Maria (Hg.): Breslauer Schulen. Geschichte und Architektur. Wrocław 2005. [Ohne Autor]: Zwycięstwo. 1945. In: Biuletyn informacyjny Zarządu Muzeów i Ochro­ny Zabytków 116 (1975) 30–31. Zybura, Marek: Breslau und Wrocław. In: Kobylińska, Ewa/Lawaty, Andreas (Hg.): Erinnern, vergessen, verdrängen. Polnische und deutsche Erfahrungen. Wiesbaden 1998 (Veröffentlichungen des Deutschen Polen-Instituts Darmstadt 11), 369–380. Zybura, Marek: Der Umgang mit dem deutschen Kulturerbe in Schlesien nach 1945. Görlitz 2005 (Impressionen aus der Kulturlandschaft Schlesien 3). Zuerst auf Polnisch: Pomniki niemieckiej przeszłości. Dziedzictwo kultury niemieckiej na Ziemiach Zachodnich i Północnych Polski. Warszawa 1999 (Seria Niemiecka). Zybura, Marek: Das Breslauer Raclawice-Panorama. Ein Beitrag zur transnationalen Verflechtung der Geschichtskultur Polens. In: Aust, Martin/Ruchniewicz, Krzysz­ tof/Troebst, Stefan (Hg.): Verflochtene Erinnerungen. Polen und seine Nachbarn im 19. und 20. Jahrhundert. Köln/Weimar/Wien 2009 (Visuelle Geschichtskultur 3), 61–68. Zuerst auf Polnisch: Panorama Racławicka i jej europejskie odniesienia w kontekście polskiej kultury historycznej. In: ders./Ruchniewicz, Krzysztof (Hg.): Z Gorzanowa w świat szeroki. Studia i materiały Arno Herzigowi w 70-lecie urodzin. Wrocław 2007, 122–128. Zybura, Marek/Dębski, Andrzej (Hg.): Wrocław będzie miastem filmowym… Z dziejów kina w stolicy Dolnego Śląska. Wrocław 2008. Żygulski, Zdzisław: Muzea na świecie. Wstęp do muzealnictwa. Warszawa 1982.

11.4. Abbildungsverzeichnis Einleitung Abbildung 1: Kohlhaußen, Heinrich: Schlesischer Kulturspiegel im Rahmen der Kunstsammlungen der Stadt Breslau. Breslau 1935, 50. Abbildung 2: Bińkowska, Iwona/Smolak, Marzena: Nieznany portret miasta. Fotografie Wrocławia z 2 połowy XIX i początku XX w. Arsenał Wrocławski. Muzeum Historyczne we Wrocławiu i Biblioteka Uniwersytecka we Wrocławiu. Toruń 1992, Abb. 42.

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Abbildung 3: Bińkowska, Iwona/Smolak, Marzena: Nieznany portret miasta. Fotografie Wrocławia z 2 połowy XIX i początku XX w. Arsenał Wrocławski. Muzeum Historyczne we Wrocławiu i Biblioteka Uniwersytecka we Wrocławiu. Toruń 1992, Abb. 41. Abbildung 4: Fotografie des Verfassers, 2016. Abbildung 5: Fotografie des Verfassers, 2016. Abbildung 6: Fotografie des Verfassers, 2013.

Veduten Abbildung 7: Łukaszewicz, Piotr (Hg.): Ikonografia Wrocławia, Bd. 1: Grafika. Muzeum Narodowe we Wrocławiu. Wrocław 2008, 15. Abbildung 8: Łukaszewicz, Piotr (Hg.): Ikonografia Wrocławia, Bd. 1: Grafika. Muzeum Narodowe we Wrocławiu. Wrocław 2008, 20. Abbildung 9: Pracownia Fotograficzna, plik „ XXXX-PI-xx-1.jpg“, tytuł „‘Nieznany portret miasta’, Arsenał 1992 r. fot. Danuta Szatkowska.“ Abbildung 10: Pracownia Fotograficzna, plik „ XXXX-PI-xx-20.jpg“, tytuł „‘Nieznany portret miasta’, Arsenał 1992 r. fot. Danuta Szatkowska.“ Abbildung 11: Pracownia Fotograficzna, plik „9457-PI-1–114–14.jpg“, tytuł: „‘Nieznany portret miasta’, Ratusz 6 VI 1994–2 IX 1995 r. fot. Danuta Szatkowska.“ Abbildung 12: Pracownia Fotograficzna, plik „9457-PI-1–113–25.jpg“, tytuł: „‘Nieznany portret miasta’, Ratusz 6 VI 1994–2 IX 1995 r. fot. Danuta Szatkowska.“

Judaica Abbildung: 13: Grotte, Alfred: Das Judentum in der Geschichte Schlesiens. In: Menorah 7/5–6 (1929) 273–277, hier 273. Abbildung 14: Grotte, Alfred: Das Judentum in der Geschichte Schlesiens. In: Menorah 7/5–6 (1929) 273–277, hier 274. Abbildung 15: Fotografie des Verfassers, 2016. Abbildung 16: Łagiewski, Maciej: Breslauer Juden 1850–1945. Katalog zur Ausstellung. Hg. v. Josef Joachim Menzel, im Auftrag der Historischen Kommission für Schlesien und des Ludwig-Petry-Instituts für ostdeutsche Landes- und Volksforschung Mainz. St. Augustin 1990, 57. Abbildung 17: Łagiewski, Maciej: Breslauer Juden 1850–1945. Katalog zur Ausstellung. Hg. v. Josef Joachim Menzel, im Auftrag der Historischen Kommission für Schlesien und des Ludwig-Petry-Instituts für ostdeutsche Landes- und Volksforschung Mainz. St. Augustin 1990, 37. Abbildung 18: Muzeum Miejskie Wrocławia, Pracownia Fotograficzna, plik „9152-PI1–50–7.jpg“, tytuł: „’Wrocławscy Żydzi 1850–1945’, Arsenał 1994 r. fot. Danuta Szatkowska.“

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Abbildungsverzeichnis

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Abbildung 19: Muzeum Miejskie Wrocławia, Pracownia Fotograficzna, plik „9152-PI1–51–0.jpg“, tytuł: „’Wrocławscy Żydzi 1850–1945’, Arsenał 1994 r. fot. Danuta Szatkowska.“ Abbildung 20: Muzeum Miejskie Wrocławia, Pracownia Fotograficzna, plik „9152-PI1–50–14.jpg“, tytuł: „’Wrocławscy Żydzi 1850–1945’, Arsenał 1994 r. fot. Danuta Szatkowska.“ Abbildung 21: Fotografie des Verfassers, 2014.

Militaria Abbildung 22: Masner, Karl/Hintze, Erwin (Hg.): Die Historische Ausstellung zur Jahrhundertfeier der Freiheitskriege Breslau 1913. Breslau 1916, 25. Abbildung 23: [Meyer-Heisig, Erich u. a.]: Wehrhaftes Deutschland. Schlesien im Ansturm der Zeiten. Wehrschriften der Gegenwart. Führer durch die Ausstellung. Veranstaltet von Bund Deutscher Osten, Reichsstelle zur Förderung des deutschen Schrifttums in Verbindung mit den Kunstsammlungen der Stadt Breslau. Breslau 1936, im Einband. Abbildung 24: Kaczmarek-Löw, Klara: Heinrich Kohlhaußen in Breslau. Stand und Perspektiven der Forschung. In: Löw, Luitgard Sofie/Nuding, Matthias (Hg.): Zwischen Kulturgeschichte und Politik. Das Germanische Nationalmuseum in der Weimarer Republik und der Zeit des Nationalsozialismus. Nürnberg 2014 (Wissenschaftliche Bände zum Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums 38), 75–90, hier 84. Abbildung 25: Hintze, Erwin: Führer durch das Schloßmuseum in Breslau. Breslau 1930, Tafel 6. Abbildung 26: Pruszyński, Ksawery: Wystawa Ziem Odzyskanych. Wrocław 1948. Warszawa 1948, zwischen Seite 8 und 9. Abbildung 27: Jaroszewska, Monika: Zwycięstwo 1945. Informator o wystawie. Muzeum Historyczne we Wrocławiu. Wrocław [1977], 1. Abbildung 28: Jaroszewska, Monika: Zwycięstwo 1945. Informator o wystawie. Muzeum Historyczne we Wrocławiu. Wrocław [1977], 5. Abbildung 29: Jaroszewska, Monika: Zwycięstwo 1945. Informator o wystawie. Muzeum Historyczne we Wrocławiu. Wrocław [1977], 15.

Synthese und Abschluss Abbildung 30: Wikimedia Commons (Online: https://commons.wikimedia.org/wiki/ File:Nuremberg_chronicles_-_BRESSLA .png [Zugriff am 29. Februar 2016]. Abbildung 31: Fotografie des Verfassers, 2016. Abbildung 32: Fotografie des Verfassers, 2016. Abbildung 33: Stumpe, Friedrich: Breslau in 144 Bildern. Leer 1955, [ohne Seitenzahl]. Abbildung 34: Fotografie des Verfassers, 2016.

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11.5. Personen- und Ortsregister Personenregister Ahlfen, Hans von 291, 306 Alexander I. (Kaiser von Russland) 228, 249 Ansorge, Werner 206 Arczyński, Stefan 285, 296 Arendt, Hannah 20 Arkwright, Kenneth James 171, 206 Arlt, Fritz 164, 172 Ascher, Abraham 206 Assmann, Aleida 48, 76, 374 Assmann, Jan 81 Badt-Strauss, Bertha 205 Baeck, Leo 192, 205 Bałaban, Majer 144, 160 Barthel, Gustav 30, 107, 241, 252, 257– 259, 261, 264, 330 Beil, Christine 232 Belof, Magdalena 193 Bender, Georg 95 f. Berg, Max 229, 400 Bida, Antoni 176 Bińkowska, Iwona 97, 117, 120–122, 124 f., 129–131 Bloch, Raffael 156 Blücher, Gebhard Leberecht von 238, 249, 390 Boden, Moritz 194 Bogdanović, Bogdan 374 Boleslaw I. (der Tapfere, König von Polen) 269 Boleslaw III. Schiefmund (Herzog von Polen) 269 Boleslaw IV. Kraushaar (Herzog von Schlesien, Seniorherzog von Polen) 145 Born, Max 219 Borodziej, Włodzimierz 254 Bouman, Jan 237

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Brandt, Willy 209–211 Brann, Marcus 165, 186 Braun, Georg 91, 110 Brilling, Bernhard 162 Bronsztejn, Szyja 217 Bubnicki, Rafał 203, 218 Buchwald, Conrad 96, 98–100, 102, 166 Burak, Marek 281 Burgemeister, Ludwig 96 Büsching, Johann Gustav Gottlieb 25 f., 227 Buśko, Cezary 42 Capistrano, Johannes 145 f., 221 Chwedczuk, Waldemar 285, 304 Ciastoń, Anatol 295 Cohn, Ferdinand 190, 221 Cohn, Ferdinand Julius 190 Cohn, Hermann 194 Cohn, Louis 189 Cohn, Willy 146 f., 149, 159, 163, 168 f., 172, 205 Conrads, Norbert 41, 146, 199 Cornelißen, Christoph 77 Cyrankiewicz, Józef 177 Czerner, Olgierd 113, 135, 193, 208, 217 Davies, Norman 42, 45 Deile, Lars 67 Delden, Eduard van 122 Demantowsky, Marko 71 Deus, Herbert 258 Diner, Dan 20 Drankowski, Tadeusz 285, 296 Dressler, Adolf 102, 104, 134, 138, 398 Drobner, Bolesław 293 Droysen, Johann Gustav 50 Drożdż, Ludwik 296 Dutke, Ernst 295

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Personenregister

Egit, Jakub 175–177 Eichendorff, Joseph von 106 Elyan, Kasper 35 Endler, Friedrich Gottlob 110, 112, 114, 134, 281, 397 Erler, Fritz 167, 234 Ferdinand I. (Römisch-deutscher K ­ aiser) 146 Fetzpopel (Breslauer Sagenfigur Johanna) 93 Fibak, Wojciech 219, 399 Florczak, Józef 295 Folga-Januszewska, Dorota 374 Frąckiewicz, Zofia 216 Fraenckel, David 152 Fraenckel, Jonas 143, 152, 166, 169, 186 Fraenckel, Joseph Jonas 148, 166 Fraenkel, Daniel 186 Frank, Anne 218, 397 Frankel, Zacharias 186 Frasyniuk, Władysław 314 Frey, Dagobert 30 Freytag, Gustav 106 Friedrich II. (der Große, König von Preußen) 92, 104–106, 109, 147 f., 228, 236–239, 241, 247, 251–253, 257, 259, 262, 331, 352 Friedrich II. (Herzog von Liegnitz-Brieg) 228 Friedrich Wilhelm II. (König von Preußen) 148, 169, 247 Friedrich Wilhelm III. (König von Preußen) 104, 149, 228 f., 236, 249 Friedrich Wilhelm IV. (König von Preußen) 149, 237 Garber, Klaus 42 Gąsior, Tomasz 119, 129 Gawrylenko, Aleksandr Nikolajewicz 295 f., 316 Geiger, Abraham 149 f., 169, 186

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Georg von Podiebrad (König von Böhmen) 246 Geremek, Bronisław 314 Geschwendt, Fritz 43 Gierek, Edward 304 Gluzdowski, Wladimir 291 Gneisenau, August Neidhart von 257 Götz, Heinrich 122 Grabski, Andrzej Feliks 74 Graetz, Heinrich 186, 209 Grajewski, Grzegorz 96 Grębowiec, Jacek 41 Griebel, Matthias 367 Große Burlage, Martin 82 Grotte, Alfred 140, 145, 151, 154 f., 158–160 Grynszpan, Herszel 191 Gumiński, Bronisława und Samuel 208 Gündel, Christian 30, 172, 257, 259 Guttmann, Jacob 186 Habel, Paul 102 Haber, Fritz 190, 219 Haber-Immerwahr, Clara 202 Hadda, Sigmund 205 Hagemeyer, Hans 253 Haisig, Marian 272, 335 Halicka, Beata 40 Hanke, Karl August 291 Hardenberg, Karl August von 149, 248 Hartwich, Mateusz 351 Hasberg, Wolfgang 66 f., 78 Haselbach, Albrecht 107, 134, 136, 400 Häublein, Nicolaus 138 Haubold-Stolle, Juliane 41 Haunold, Johann Sigismund von 25 Hauptmann, Gerhart 103, 229, 347 Hedwig von Andechs (Heilige Hedwig, Herzogin von Schlesien) 347 Heesen, Anke te 51, 59 Heimann, Ernst 190 Heinrich II. (der Fromme, Herzog von Schlesien, Seniorherzog von Polen 227

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Anhang

Heinrich IV. (der Gerechte, Herzog von Breslau, Seniorherzog von Polen) 145 Heinrich V. (römisch-deutscher Kaiser) 269 Henke, Lutz 41 Heppner, Aron 156, 162 Hermann, Georg 155 Hermansdorfer, Mariusz 43, 367 Heß, Johann 163 Hilsbach, Meier 149 Hindenburg, Paul von 250 Hintermeier, Karl-Hans 258 f. Hintze, Erwin 86, 101, 139, 154, 159, 161–165, 236, 390 Hirszfeld, Ludwik 219, 347 Hitler, Adolf 190 Hogenberg, Franz 91, 110 Holtei, Karl von 106, 347 Hoppe, Bert 40 Horowitz, Saul 186 Hoym, Carl Georg Heinrich von 148, 172 Hupka, Herbert 212 Huyssen, Andreas 374 Itzig, Isaak Daniel 148 Jachjajew, Omar 291 f., 295 f., 305 Jaenisch, David 92, 102 Janeke, Kristiane 59 Jannelli, Angela 60, 62, 64 Jaroszewska, Monika 284 f., 294, 296, 299, 302 Jaruzelski, Wojciech 209, 211 Jaworski, Andrzej 136 Jeismann, Karl-Ernst 66, 378 Joel, Manuel 186 Jokel, Richard 207 Jonca, Karol 184, 274, 296, 305 Kaempffer, Eduard 231, 249 Kahan, Bente 220, 222, 400 Kahlert, Georg 171, 187

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Kalischer, Hirsch 169 Kamińska, Ester Rachel 215 Kamiński, Artur 44 Kampf, Arthur 231 Karl (der Große, fränkischer König) 251 Kasperzec, Lucyna 216 Kayser, Max 189, 209 Keim, Anton Maria 199 Kempner, Friederike 189, 217, 397 Keyser, Erich 362 Kichler, Jerzy 214 Kiedroń, Stefan 48 Kimbar, Józef 289 Kirsch, Jan-Holger 80 Klibansky, Erich 144, 148, 164 Kniescheck, Christian 79 Kohlhaußen, Heinrich 105 f., 227, 238, 241, 253, 255–257, 263, 328 f., 331 Konieczny, Alfred 184, 274, 305 Koniew, Iwan 288, 291 Koperkiewicz, Adam 367 Koppens, Leon 264 Korff, Gottfried 373 Korok, Carl Friedrich 221 Kościński, Wiktor 175 Kościuszko, Tadeusz 38, 280 Koselleck, Reinhart 375 Kosmala, Beata 254 Kowalik, Anastazja 299, 345 Kraszewski, Józef Ignacy 366 Król, Eugeniusz 254 Królik, Tomasz 41 Kroll, Georg 253 Krzemiński, Adam 314 Kucharski, Krzysztof 303 Kühn, Heinz 210 f. Kulak, Teresa 41 f., 254 Kürbisówna, Brygida 73 Kuroczyński, Piotr 41 Kwaśniewski, Aleksander 319 Laboschin, Siegmund 194 Lachmann, Edith 154

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Personenregister

Łagiewski, Maciej 23, 122, 180 f., 186– 188, 193 f., 196, 198, 200, 203–206, 209, 211 f., 217, 345 f., 367 Lassalle, Ferdinand 163, 170, 189, 194, 206–211, 347 Lauffer, Otto 55 Lejman, Beata 43 Lenarcik, Mirosława 223 Lenin, Wladimir Iljitsch 298, 304 Leopold I. (Römisch-deutscher Kaiser) 152, 161, 166 Łepkowska , Ewa 339 Łepkowska, Ewa 114 Levy, Israel 186 Lewin, Louis 154, 161 Lewy, Louis 190 Lindnitz, Jacob 98 Lipski, Jan Józef 22, 344 Littmann, Ismar 157 Loesch, Ernst Heinrich von 247 Loew, Peter Oliver 20, 79 f. Lorentz, Stanisław 334 Löwenberg, Fred (Ferdinand) 207 Ludendorff, Erich 250 Ludwig-Cohn, Emil 194 Luise (Königin von Preußen, Prinzessin zu Mecklenburg-Strelitz) 236, 249 Łukaszewicz, Piotr 43, 88, 107, 134 f. Lützow, Ludwig Adolf Wilhelm von 149, 248 Luxemburg, Rosa 272 Macdonald, Sharon J. 53 Maciejewska, Beata 23 f., 202, 353 Madeyska, Barbara 216, 299 Majewski, Ryszard 296, 301, 305 Maleczyński, Karol 270, 333 Mandelzwajg, Rafał 174, 391 Maria Theresia (von Österreich, Königin von Böhmen und Ungarn) 147, 391 Maternicki, Jerzy 74, 76 Mattern, Nobert 209

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Matthias Corvinus (König von Ungarn) 246 Matwijowski, Krystyn 217 Maximilian II. (Römisch-deutscher Kaiser) 146 Mazur, Mieczysław 296 Mazur, Zbigniew 22, 40 Meckel, Markus 314 Meder, Elvira 161 Meinecke, Friedrich 229 Meng, Michael 205 Menzel, Adolph von 104, 347 Menzel, Josef Joachim 183, 196, 198, 200 Meyer-Heisig, Erich 30, 257, 259 Michler, Andreas 79 Michnik, Adam 314 Mickiewicz, Adam 39 Mikulicz-Radecki, Johann von 98 Miller, Leszek 211 Miłosz, Czesław 374 Misiak, Władysław 274, 300 Młynarski, Ryszard 281 Moorhouse, Roger 42 Mozer, Zdzisław 215, 396 Mrozowska, Danuta 216, 218 Mühle, Eduard 42, 46 Muszkat, Paweł 213 Mützel, Heinrich 110, 114, 134 Napoleon I. Bonaparte (Kaiser von Frankreich) 93, 149, 226, 228–231, 247, 249, 275, 352 Narciß, Georg Adolf 241 f., 252 f., 255 f., 258 Neddermann, Carl 126, 129 Neisser, Albert 28, 98, 166 f., 189, 213, 219, 234, 250, 390, 400 Neustadt, Pinchas 186 Nick, Dagmar 194, 201, 206 Niehoff, Hermann 291, 306 Nora, Pierre 77

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474 Nowak, Anna 220 Nowak, Peter 145 Offe, Sabine 214 Okólska, Halina 136, 218 f., 281, 316 Ollendorff, Paula 189 Oppenheimer, Samuel 152 Orłowska, Daniela (Danuta) 301, 345 Ostowska, Danuta 112 Oswalt, Vadim 77 Oszczanowski, Piotr 21 Ottokar II. Přemysl (König von Böhmen) 145 Pandel, Hans-Jürgen 69, 77 Peikert, Paul 274, 290, 305, 310 Perle, Felix 155, 161, 164, 168, 170 Piaskowski, Stanisław 293 Pieper, Katrin 63, 77 Piłsudski, Józef 254 Pinkus, Josef 157 Pinkus, Max 157, 161, 166, 171 Poelzig, Hans 37, 136, 229, 399 Pohl, Karl Heinrich 79 f. Połomski, Franciszek 184 Pomian, Krzysztof 20, 38, 50 Poniatowski, Józef Antoni 248 Priebatsch, Felix 158, 186, 258, 261 Probst, Otto Ferdinand 134 Pryt, Karina 254 Rabin, Israel 166 Rahden, Till van 206 Rau, Johannes 211 Rechnitz, Ernst 153, 155 Rehdiger, Thomas 25, 331 Reinke, Andreas 141 Reuchlin, Johannes 163, 169 Reveck, Carl Friedrich 149 Rosenberg, Alfred 241, 256 Rosenthal, Ferdinand 186 Rose, Paul 137, 399 Rosin, David 186

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Anhang

Rosyk, Roman 285 Roszkowska, Wanda 203 Rotbaum, Jakub 216, 220 Roth, Martin 54, 232 Rozpędowski, Leon 269 Ruchniewicz, Krzysztof 41 Ruchniewicz, Małgorzata 130 Rudolf II. (Römisch-deutscher Kaiser) 146 Rüsen, Jörn 64, 66, 70 f., 76, 80 f., 379 Sachs, Carl 171 Sachs, Clara 188, 194 Saryusz-Wolska, Magdalena 41 Schärer, Martin R. 60 f. Schedel, Hartmann 87, 89, 110 f., 135, 321 Scheuermann, Gerhard 171 Scheyer, Ernst 102, 167 Schieder, Theodor 198 Schlögel, Karl 123 Schlutow, Martin 72, 79 Schmettau, Ferdinande von 236 Schmidt, Eva 154, 257, 259 Schmidt, Helmut 211 Scholtz, Julius 104 Scholze, Jana 60 f. Schönemann, Bernd 67, 71, 76, 78, 80 f. Schostakowitsch, Dmitri 285 Schottlaender, Paul 157 Schottlaender, Salo 186 Schottlaender, Sigurd 194, 201 Schröder, Gerhard 211 Schulze, August Bernhard 247 Schulze, Hagen 77 Sebisch, Albrecht von 25 Seger, Hans 96, 165, 257 Serocki, Kazimierz 285 Silberberg, Max 157, 161 f., 168, 171 Simon, Hirsch 148 Smolak, Marzena 117, 124, 130, 310 Smoschewer, Leo 157, 171 Spätgen, Heinrich Gottfried von 237

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Personenregister

Spielhagen, Wolfgang 290 Stalin, Josef Wissarionowitsch 266, 300 Starzewska, Maria 43 Steffens, Henrik 231, 236, 249 Stegner, Ralf 211 Stein, Edith (Teresia Benedicta vom Kreuz) 189, 194, 213, 217, 219, 346 f., 397 Stein, Karl vom 248 Stein, Rudolf 106 Stephan, Bernhard 32 Sternberg, Judith 204 Stern, Fritz 206 Stobiecki, Karol 269 Stolarska-Fronia, Małgorzata 171 Strauchold, Grzegorz 41 Stüler, Friedrich August 237 Sturm, Carl 202 Suleja, Włodzimierz 42 Świerczewski, Karol 268, 288 Szarota, Tomasz 47, 254, 301 Szczygieł, Andrzej 367 Szurmiej, Szymon 216 Szykuła, Krystyna 136 Tausk, Walter 191 f., 205 Ther, Philipp 41 Thiel, Erich 258 Thiemeyer, Thomas 64 Thum, Gregor 20, 40, 48, 374 Tiktin, Salomo Abraham 150 Toeplitz, Henryk 213 Tomaszewski, Henryk 347 Trębacz, Wojciech 313 Troche, Ernst Günter 259 Troebst, Stefan 77 Turkowski, Krzysztof 201 Ulbrich, Hugo 137, 399 Ullrich, Marc 68

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Wagner, Josef 255 Wałęsa, Lech 195, 319 Wangner, Johann Georg 92 Warneck, Dorothea 156 Wartenburg, Ludwig Yorck von 257 Wayner, Bartholomäus 91 Weber, Bruno 201 Weger, Tobias 43 Wellington, Arthur Wellesley 248 Werner, Friedrich Bernhard 110–112, 114, 138 Weyel, Herman-Hartmut 199 Więcek, Adam 43, 171 Wilcke, Christian A. 187 Wilhelm I. (Deutscher Kaiser, König von Preußen) 120 Wilhelm (Kronprinz von Preußen) 229 Winckler, Christian 102 Wislicenus, Max 94, 231, 234 Witwicki, Janusz 312 Wladislaw II. Jogaila (Großfürst von Litauen, König von Polen) 268 Włodarczak, Tadeusz 193 Woelfl, Adelbert 88, 90, 94, 98, 102, 104, 106, 134, 138 Wolff, Karla 206 Wolfrum, Edgar 78 Wörster, Peter 196 Zakrzewski, Stanisław 73 Żarnowiecki, Andrzej 285 Zawada, Andrzej 41 Zawisza, Alicja 272, 335, 342 Zdrojewski, Bogdan 218, 311, 353 Ziątkowski, Leszek 141, 205, 217 Zielińska, Irena 274 Żuławiński, Jan 272 Zybura, Marek 40 Żygulski, Zdzisław 56

Völkering, Tim 80

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Anhang

Ortsregister Auf den Eintrag „Breslau (poln. Wrocław)“ wurde in diesem Register verzichtet, da sich die vorliegende Studie überwiegend auf diesen Ort bezieht. Amsterdam 218 Augsburg 151, 199 f. Auschwitz (poln. Oświęcim) 204, 218, 369 f. Bad Warmbrunn (poln. Cieplice Śląskie-Zdrój) 165 Bautzen 288 Berlin 25, 45, 61, 109, 124, 140, 149, 152, 156, 158, 160, 172, 196, 206, 211, 226, 231–235, 237, 239, 245, 247, 253–256, 260, 273, 281, 283, 288, 291, 301, 312, 369 f., 374 Beuthen O.S. (poln. Bytom) 327 Biała Prudnicka → Zülz O.S. Bolkenhain (poln. Bolków) 302 Bolków → Bolkenhain Bonn 134, 211 f. Braunschweig 152, 304, 369 Bremen 256 Bromberg (poln. Bydgoszcz) 233 Brüssel 38 Brzeg Dolny → Dyhernfurth Buchenwald 370 Budapest 369 Bydgoszcz → Bromberg Bytom → Beuthen O.S. Czernowitz (ukr. Чернівці) 98 Dachau 370 Danzig (poln. Gdańsk) 13 f., 20, 40 f., 47, 79, 151 f., 269, 317, 361–367, 371– 374, 382 Dortmund 233, 256 Dresden 14, 152, 194, 226, 234, 254, 297, 361, 365–368, 370, 373 Düsseldorf 233, 254

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Dyhernfurth (poln. Brzeg Dolny) 147, 169 Dzierżoniów → Reichenbach Frankfurt/Main 55, 140, 152, 156, 171, 254, 369 f. Gdańsk → Danzig Glogau (poln. Głogów) 46, 143, 146, 156, 161 f., 166, 185 Głogów → Glogau Görlitz 107, 137, 199, 289, 298 Grodno (bzw. Hrodna, belaruss. Гродна) 40 Groß Rosen (poln. Rogoźnica) 179, 204, 221, 279, 301 Grünberg in Schlesien (poln. Zielona Góra) 46 Grunwald → Tannenberg Hamburg 105, 152, 238, 328 f. Hannover 199, 211, 233 Heinrichau (poln. Henryków) 35 Henryków → Heinrichau Hrodna → Grodno Hundsfeld (poln. Psie Pole) 269, 317 Izmir (türk. İzmir) 14 Jalta (ukr./russ. Ялта) 381, 315 Jerusalem (heb. ‫ )ירושלים‬150, 194, 213 Kaliningrad → Königsberg Kammerswaldau (poln. Komarno) 147, 257 Kassel 152 Katowice → Kattowitz Kattowitz (poln. Katowice) 40, 327

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Ortsregister

Katyn (poln. Katyń, russ. Катынь) 302, 311, 347 Kaunas 192 Klein Tinz (poln. Tyniec Mały) 144 Köln 14, 36, 91, 144, 194, 218, 254, 361, 368–371 Komarno → Kammerswaldau Königsberg (russ. Калинингра´ д) 13, 40, 45, 247, 255 Königswinter 134, 137 Krakau (poln. Kraków) 14, 21, 46, 124, 150, 213 f., 216, 218, 293, 354, 361, 363–365, 367, 369–371, 373 Kraków → Krakau Kremenez (poln. Krzemieniec, ukr. Кременець) 312 Langendorf O.S. (poln. Wielowieś) 171, 188 Legnica → Liegnitz Legnickie Pole → Wahlstatt Leipzig 61, 228–230, 248 Lemberg (poln. Lwów, ukr. Львів) 13, 32, 38–40, 73, 185, 188, 307, 312, 332 f. Leubus (poln. Lubiąż) 227 Libau (lett. Liepāja) 202 Liegnitz (poln. Legnica) 46, 227 Liepāja → Libau Lodz (poln. Łódź) 13, 122, 173 Łódź → Lodz Lubiąż → Leubus Lwów → Lemberg Mährisch Ostrau (tsch. Ostrava) 366 Mailand (ital. Milano) 49 Mainz 152, 160, 171, 196, 198–200 Marburg/Lahn 45, 136 f., 199 Milano → Mailand Minsk (belaruss. Мiнск) 192 Moskau (russ. Москва´) 161, 295 München 49, 194, 200 f., 226, 260, 264

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Namslau (poln. Namysłów) 257 Namysłów →  Namslau Neustadt O.S. (poln. Prudnik) 157, 161, 166 New York 216 Nürnberg 89, 152, 190, 369 Obninsk (russ. Óбнинск) 295 Oldenburg 199 Opole → Oppeln Oppeln (poln. Opole) 312, 355 Ostrava →  Mährisch Ostrau Oświęcim → Auschwitz Otmuchów → Ottmachau Ottmachau (poln. Otmuchów) 245, 257 Paris 93, 219, 230, 299, 329, 344 Pforzheim 163 Poltawa (ukr. Полтава) 295 Posen (poln. Poznań) 21, 40, 154, 169, 233, 255, 272, 305, 308, 331, 348 Potsdam 11, 87, 148, 237, 245, 266, 273, 281, 293 f., 315 Poznań → Posen Prag (tsch. Praha) 13, 152, 171, 237, 281, 288, 369 Praha → Prag Prudnik → Neustadt O.S. Psie Pole → Hundsfeld Regensburg 107, 137 Reichenbach (poln. Dzierżoniów) 46, 174 f., 222 Reval (est. Tallinn) 13 Riga (lett. Rīga) 192 Rogoźnica → Groß Rosen Saarau (poln. Żarów) 288 Sankt Petersburg (ehm. Leningrad, russ. Санкт-Петербург) 366 Sarajewo 374 Stettin (poln. Szczecin) 13, 40, 47, 175, 372, 382

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Anhang

Strasbourg → Straßburg Straßburg (franz. Strasbourg) 14, 48, 233 Stuttgart 36, 198 f. Szczecin → Stettin Tallinn → Reval Tannenberg (poln. Grunwald) 268 f. Teheran 281 Tel Aviv-Jaffa (heb. ‫יפו‬-‫ )תל אביב‬36, 72, 155 Terezín → Theresienstadt Theresienstadt (tsch. Terezín) 192 Thessaloniki (griech. Θεσσαλονίκη) 14 Thorn (poln. Toruń) 21, 125, 206 Tilsit (russ. Советск) 248 Tormersdorf (poln. Prędocice) 192 Toruń → Thorn Trachenberg (poln. Żmigród) 155 Trebnitz (poln. Trzebnica) 191, 293 Triest (ital. Trieste) 14 Trzebnica → Trebnitz Tyniec Mały → Klein Tinz Vilnius → Wilna

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Wahlstatt (poln. Legnickie Pole) 227, 242 Wałbrzych → Waldenburg Waldenburg (poln. Wałbrzych) 36, 222 Warschau (poln. Warszawa) 14, 19, 21–24, 32–34, 44 f., 109 f., 134, 140, 144, 152, 160, 171, 174–176, 178 f., 187 f., 197, 202, 213, 215 f., 218, 223, 239, 254, 268, 271, 277–280, 294 f., 297 f., 304 f., 309, 312, 324, 334 f., 343 f., 349, 353 f., 363, 369 Warszawa → Warschau Waterloo 248 Wielowieś → Langendorf O.S. Wien 79, 152, 156, 158, 226, 237 Wiesbaden 198–200, 211, 366 Wilna (poln. Wilno, lit. Vilnius) 13, 40, 374 Wilno → Wilna Worms 152, 156 Würzburg 199 Żarów → Saarau Zgorzelec 289 Zielona Góra → Grünberg Żmigród → Trachenberg Zülz O.S. (poln. Biała Prudnicka) 142 f., 146 f., 150 f., 166, 185

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