Brüder, Freunde und Betrüger: Soziale Beziehungen, Normen und Konflikte in der Augsburger Kaufmannschaft um die Mitte des 16. Jahrhunderts 9783050074290, 9783050031873

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Brüder, Freunde und Betrüger: Soziale Beziehungen, Normen und Konflikte in der Augsburger Kaufmannschaft um die Mitte des 16. Jahrhunderts
 9783050074290, 9783050031873

Table of contents :
Einleitung
1. Thema
2. Forschungsstand
3. Methoden
4. Zeitliche Rahmenbedingungen: Brüche und Kontinuitäten in Augsburg um die Mitte des 16. Jahrhunderts
5. Aufbau der Arbeit
6. Quellen
1. Familie und Geschäft
1.1 Handel, Politik und sozialer Status: Die Weyer im Augsburg der Reformationszeit
1.2 Das „Weyer-Netzwerk“: Zur Struktur sozialer Beziehungen in der Augsburger Kaufmannschaft um 1550
1.3 Warenhandel und Kommissionsgeschäfte: Ökonomische Aktivitäten und Interessen Augsburger Kaufleute in Lyon
1.4 Der Augsburger Geldmarkt und die ökonomischen Verflechtungen der reichsstädtischen Handelshäuser um die Mitte des 16. Jahrhunderts
2. Die französischen Kronfinanzen und die Augsburger Kaufleute
2.1 Die Augsburger Finanzkonsortien in Lyon
2.2 Georg Obrecht, Israel Minckel und der Grand Parti
2.3 Kooperation und „Landsmannschaft“
3. Die Gläubiger der Weyer: Ein Kollektivporträt
3.1 Die Struktur der Gläubiger
3.2 Die Intellektuellen, die Macht und das Geld
3.3 Zwischen Kaufmannschaft und Adel: Bonaventura Furtenbach
3.4 Das Geld anderer Leute: Der Bankrott der Weyer in vergleichender Perspektive
4. Der Bankrott der Weyer und die Regelung ökonomischer Konflikte in Augsburg um die Mitte des 16. Jahrhunderts
4.1 Der Verlauf des Konkursverfahrens
4.2 Glück, Vertrauen, Eigennutz und Ehrbarkeit: Normen in ökonomischen Konflikten in der Augsburger Führungsschicht
4.3 Verhaltensmuster in Augsburger Konkursverfahren des 16. Jahrhunderts
4.4 Der Augsburger Rat und die Sanktionierung kaufmännischen Verhaltens
5. Funktion und Bedeutung sozialer Beziehungen
5.1 „daß ein Bruder wider den andern sein muß“: Geschwisterbeziehungen in der Augsburger Kaufmannschaft
5.2 „mein trew von Im nit abzuwenden“: Firmenbankrotte und Geschlechterbeziehungen
5.3 „auß sonderer freundschafft vnnd grossem mitleiden“: Zur Wahrnehmung und Funktion von Beziehungen zwischen Schwiegerverwandten und „Vettern“
Schlußbetrachtung
Anhang
Bankrotte von Mitgliedern der wirtschaftlichen Führungsschicht der Reichsstadt Augsburg, 1529–1580
Abkürzungsverzeichnis
Siglenverzeichnis
Quellen- und Literaturverzeichnis
Register

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Mark Häberlein Brüder, Freunde und Betrüger

Institut für Europäische Kulturgeschichte der Universität Augsburg Colloquia Augustana Herausgegeben von Johannes Burkhardt und Theo Stammen

Band 9

Mark Häberlein

Brüder, Freunde und Betrüger Soziale Beziehungen, Normen und Konflikte in der Augsburger Kaufmannschaft um die Mitte des 16. Jahrhunderts

Akademie Verlag

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Häberlein, Mark : Brüder, Freunde und Betrüger : soziale Beziehungen, Normen und Konflikte in der Augsburger Kaufmannschaft um die Mitte des 16. Jahrhunderts / Mark Häberlein. - Berlin : Akad. Verl., 1998 (Colloquia Augustana ; Bd. 9) ISBN 3-05-003187-5

ISSN 0946-9044 © Akademie Verlag GmbH, Berlin 1998 Der Akademie Verlag ist ein Unternehmen der R. Oldenbourg-Gruppe. Das eingesetzte Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706. Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form - durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren - reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Druck: GAM Media GmbH, Berlin Bindung: Druckhaus „Thomas Müntzer" GmbH, Bad Langensalza Printed in the Federal Republic of Germany

Vorwort „Let me tell you about the very rich. They are different from you and me. [...] Even when they enter deep into our world or sink below us, they still think they are better than we are. They are different." F. Scott Fitzgerald, The Rich Boy

Die Andersartigkeit der „Reichen", die den amerikanischen Schriftsteller in den 20er Jahren unseres Jahrhunderts gleichermaßen faszinierte wie befremdete, war auch den Menschen des 16. Jahrhunderts wohl bewußt. Zahlreiche Quellen der Zeit zeugen von Bewunderung und Kritik der weniger Begünstigten gegenüber dem Wirtschaftsverhalten und den Lebensstilen der Oberschichten der oberdeutschen Reichsstädte, besonders Augsburgs. Dem heutigen Historiker, der Einblick in die Steuerbücher und Gerichtsakten des 16. Jahrhunderts hat, mag der Reichtum der Patrizier und Kaufleute jener Zeit weniger beeindruckend erscheinen, zumal er sich häufig als wenig beständig erwies. Jeder Historiker wird aber gut daran tun, den Hinweis auf die Andersartigkeit der wirtschaftlichen Eliten, zumal in vergangenen Epochen, ernst zu nehmen und frühneuzeitliche Kaufleute nicht a priori als Prototypen des „modernen", rational kalkulierenden und handelnden Unternehmers aufzufassen, sondern sich auf die Fremdheit des Gegenstandes einzulassen und neben der wirtschaftshistorischen auch den sozial- und kulturgeschichtlichen Dimensionen des Themas Beachtung zu schenken. Den Anstoß zu meiner Beschäftigung mit der oberdeutschen Kaufmannschaft des 16. Jahrhunderts gab Prof. Wolfgang Reinhard, der seinen Augsburger Doktoranden 1991 als Assistenten mit nach Freiburg nahm und dessen Projekt „Augsburger Eliten des 16. Jahrhunderts" eine ebenso umfassende wie bisweilen aufreibende Einführung in die Probleme der reichsstädtischen Handelsgeschichte und der prosopographischen Elitenforschung war. Das vorliegende Buch reflektiert einige der diesem Projekt zugrunde liegenden Fragestellungen, ergänzt diese jedoch um weitere Ansätze. Ich bin Wolfgang Reinhard dafür dankbar, daß er mir den Freiraum ließ, das Projekt in eine eigene Richtung zu lenken. Im Sommersemester 1996 wurde die vorliegende Studie von den Philosophischen Fakultäten der Universität Freiburg als Habilitationsschrift angenommen. Von den Mitgliedern der Habilitationskommission danke ich besonders den Herren Professoren Dieter Mertens und Hugo Ott, die neben Prof. Reinhard die Gutachten übernommen haben. Während meiner zahlreichen Forschungsaufenthalte in Augsburg habe ich von verschiedener Seite Unterstützung erhalten. Zu danken habe ich zunächst den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Stadtarchivs und der Staats- und Stadtbibliothek, auf deren Bestände sich diese Arbeit hauptsächlich stützt. Mein besonderer

Dank gilt den Herren Senser (Stadtarchiv) und Nowak (Staats- und Stadtbibliothek), die oft weite Wege gingen, um meine Dokumentenwünsche zu erfüllen. Den Archives Departementales du Rhöne in Lyon, wo das Entgegenkommen von Monsieur Bernard Fuzier besonders hilfreich war, dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv München sowie den übrigen zitierten Archiven und Bibliotheken danke ich für die Bereitstellung von Material. Das Institut für Europäische Kulturgeschichte in Augsburg hat mir wiederholt Gelegenheit gegeben, Ergebnisse meiner Forschungen im Rahmen von Tagungen und Kolloquien vorzustellen. Den beiden Herausgebern der Reihe und Direktoren des Instituts, Prof. Dr. Johannes Burkhardt und Prof. Dr. Theo Stammen, danke ich für die Aufnahme der Studie in die Schriftenreihe Colloquia Augustana. Der Geschäftsführende Wissenschaftliche Sekretär des Instituts, Prof. Dr. Wolfgang Weber, Ute Ecker-Offenhäußer, bei der die Redaktion lag, und der Lektor des Akademie Verlages, Manfred Karras, haben das Manuskript auf dem Weg zum Druck begleitet. Prof. Dr. Rolf Kießling und Dr. Hans-Jörg Künast haben dieses Projekt in zahlreichen fachlichen und persönlichen Gesprächen unterstützt, Ricarda Bremer die Korrekturen mitgelesen. Die Arbeit an dieser Studie wurde erheblich dadurch erleichtert, daß meine Schwiegereltern Herbert und Elfriede Schmölz und mein Vater Dr. Harald Häberlein (der die Fertigstellung dieses Buches leider nicht mehr erleben konnte) mich während meiner langen Augsburg-Aufenthalte stets bereitwillig beherbergt haben. Meine Frau Michaela und unsere Kinder Maximilian und Teresa haben die Jahre, in denen dieses Buch entstand, in so vieler Hinsicht bereichert, daß ich es nicht in wenigen Worten auszudrücken vermag. Freiburg, im Juli 1997

Mark Häberlein

Für Michaela

Inhaltsverzeichnis Einleitung

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1. 2. 3. 4.

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Thema Forschungsstand Methoden Zeitliche Rahmenbedingungen: Brüche und Kontinuitäten in Augsburg um die Mitte des 16. Jahrhunderts 5. Aufbau der Arbeit 6. Quellen

36 40 42

1. Familie und Geschäft

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1.1 Handel, Politik und sozialer Status: Die Weyer im Augsburg der Reformationszeit 1.2 Das „Weyer-Netzwerk": Zur Struktur sozialer Beziehungen in der Augsburger Kaufmannschaft um 1550 1.3 Warenhandel und Kommissionsgeschäfte: Ökonomische Aktivitäten und Interessen Augsburger Kaufleute in Lyon 1.4 Der Augsburger Geldmarkt und die ökonomischen Verflechtungen der reichsstädtischen Handelshäuser um die Mitte des 16. Jahrhunderts

46 61 79

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2. Die französischen Kronfinanzen und die Augsburger Kaufleute

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2.1 Die Augsburger Finanzkonsortien in Lyon 2.2 Georg Obrecht, Israel Minckel und der Grand Parti 2.3 Kooperation und „Landsmannschaft"

120 147 156

3. Die Gläubiger der Weyer: Ein Kollektivporträt

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3.1 Die Struktur der Gläubiger 3.2 Georg Fröhlich, Sylvester Raid und Paul Hektar Mair: Die Intellektuellen, die Macht und das Geld

168 199

3.3 Zwischen Kaufmannschaft und Adel: Bonaventura Furtenbach 3.4 Das Geld anderer Leute: Der Bankrott der Weyer in vergleichender Perspektive

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4. Der Bankrott der Weyer und die Regelung ökonomischer Konflikte in Augsburg um die Mitte des 16. Jahrhunderts

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224

4.1 Der Verlauf des Konkursverfahrens 4.2 Glück, Vertrauen, Eigennutz und Ehrbarkeit: Normen in ökonomischen Konflikten in der Augsburger Führungsschicht 4.3 Verhaltensmuster in Augsburger Konkursverfahren des 16. Jahrhunderts 4.4 Der Augsburger Rat und die Sanktionierung kaufmännischen Verhaltens

255

5. Funktion und Bedeutung sozialer Beziehungen

338

5.1 „daß ein Bruder wider den andern sein muß": Geschwisterbeziehungen in der Augsburger Kaufmannschaft 5.2 „mein trew von Im nit abzuwenden": Firmenbankrotte und Geschlechterbeziehungen 5.3 „auß sonderer freundschafft vnnd grossem mitleiden": Zur Wahrnehmung und Funktion von Beziehungen zwischen Schwiegerverwandten und „Vettern"

Schlußbetrachtung

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Anhang Bankrotte von Mitgliedern der wirtschaftlichen Führungsschicht der Reichsstadt Augsburg, 1529-1580

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Abkürzungsverzeichnis

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Siglenverzeichnis

401

Quellen- und Literaturverzeichnis

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Register

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Verzeichnis der Abbildungen

Abbildung 1: Verwandtschaftsbeziehungen im „Weyer-Netzwerk" - erste Kontaktzone Abbildung 2: Verwandtschaftsbeziehungen im „Weyer-Netzwerk" - erste und zweite Kontaktzone Abbildung 3: Rechtliche Interaktionen im „Weyer-Netzwerk" Abbildung 4: Geschäftskontakte der Firmen des „Weyer-Netzwerks" auf dem Augsburger Geldmarkt, 1551-1558 Abbildungen 5 und 6: Geschäftskontakte im „Weyer-Netzwerk" - zwei Beispiele für „Cliquen"

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Einleitung 1. Thema Im Jahre 1560 legte der Augsburger Ratsdiener und Chronist Paul Hektor Mair ein Verzeichnis der Personen an, die in den vorangegangenen Jahren in Augsburg „panckarota gemacht und schulden halben in die Freiungen und aus der stat gewichen und gefängklichen eingezogen, doch widerumb vertragen und ausgelassen sein worden." 1 Bei den 26 Personen auf Mairs Liste handelte es sich zumeist um Kaufleute, darunter bekannte Namen der oberdeutschen Handelsgeschichte wie Hans und Marquard Rosenberger, Christoph Kraffter oder Hans, Hieronymus und David Zangmeister, aber auch um eine Reihe weniger bekannter Händler und einige Handwerker. Die Spannweite der Schuldsummen, die Mair verzeichnete, reichte von den 3.000 Gulden, die der Brüchler Wolf Spett seinen Gläubigern schuldig blieb, bis zu den 196.000 Gulden, die der Großkaufmann Christoph Kraffter angeblich zu bezahlen hatte. Mairs Aufstellung erfaßt damit die Anfangsphase der großen Bankrottwelle, die nach der seither oft wiederholten Zählung Jakob Strieders zwischen 1556 und 1584 zur Zahlungseinstellung 70 „großer und berühmter Handelshäuser" in Augsburg führte. 2 Auch der Chronist wurde durch die sich überschlagenden Ereignisse offenbar überfordert: konnte Mair vor 1559 selbst den Bankrotten relativ unbedeutender Kaufleute noch ausführliche Berichte widmen, 3 so sah er sich nun genötigt, sich auf wenige kurze Angaben - Name des Falliten, Höhe der Schuldsumme, Ausgang des Konkursverfahrens - zu beschränken. Mairs Liste beginnt mit dem lapidaren Satz: „Hans Weyer ist aus der Freiung von sant Ulrich entwichen." Mehr teilt der Chronist über den Bankrott und die Flucht dieses Mannes nicht mit, obwohl er allein aus dem Grund, daß er selbst 900 Gulden bei Weyer angelegt hatte und nach dem Eintreten des Konkurses um diese Investition fürchten mußte, wahrscheinlich ein besonderes Interesse an diesem Fall hatte. Sieht man sich die Prozeßakten an, die sich im Augsburger Stadtarchiv

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Chroniken, Bd. 33, S. 78-81. Strieder, Zusammenbruch, S. 46. Vgl. Zorn, Augsburg, S. 236; Maschke, Deutsche Städte, S. 84 (dort: 73 Firmen); Schremmer, S. 1094; Mathis, S. 37-38; Hildebrandt, Effects, S. 61; Seibold, S. 146. Zur Problematik dieser Zahlenangabe vgl. Anhang. Vgl. Mairs Darstellungen der Bankrotte Matthäus Pfanzelts, Balthasar und Endris Schochs 1548: Chroniken, Bd. 32, S. 65-69.

14 über das Konkursverfahren der Firma Hans und David Weyers erhalten haben, 4 so stellt man fest, daß dieser Bankrott fur einen zeitgenössischen Chronisten reichhaltiges Material geboten hätte: die Dokumente berichten von riskanten Spekulationsgeschäften der Weyer auf dem Lyoner Geldmarkt, die mit dem französischen Staatsbankrott im Jahre 1557 ein jähes Ende fanden; von starken Interessengegensätzen unter den Gläubigern, die bis hin zur Planung von Raubüberfällen auf Warentransporte der gegnerischen Seite reichten; und von einer heftigen Auseinandersetzung um die normativen Grundlagen kaufmännischen Handelns. Die Langwierigkeit des Konflikts zwischen den Brüdern Weyer und ihren Gläubigern, die Komplexität und Vielschichtigkeit der wirtschaftlichen, verwandtschaftlichen und persönlichen Hintergründe und das zeitliche Zusammentreffen des WeyerBankrotts mit einer Serie weiterer Firmenzusammenbrüche mögen den zeitgenössischen Chronisten von einer Behandlung des Falls abgehalten haben. Dem Historiker bietet das Material über diesen Konkurs die Chance, von einem gut dokumentierten Einzelfall ausgehend die Zusammenhänge von verwandtschaftlichen und ökonomischen Beziehungen, von Normen und wirtschaftlichem Handeln zu analysieren und somit neue Perspektiven auf das häufig beackerte, dabei aber meist nur unter selektiven Aspekten betrachtete Feld der Geschichte der Augsburger Kaufmannschaft im 16. Jahrhundert zu eröffnen.

2. Forschungsstand Seit Richard Ehrenberg vor fast genau hundert Jahren das 16. Jahrhundert als „Zeitalter der Fugger" entdeckte, ist die Beschäftigung mit dem oberdeutschen Frühkapitalismus zum festen Bestandteil der Geschichtswissenschaft, insbesondere der Wirtschaftsgeschichte, geworden. Überblickt man Entwicklung und Stand der Forschung, so ist das Ergebnis beeindruckend und frustrierend zugleich. Beeindruckend, weil die handelsgeschichtliche Forschung, repräsentiert durch Jakob Strieder und seine zahlreichen Schüler, Karl Otto Müller, Götz Freiherr von Pölnitz, Hermann Kellenbenz, Friedrich Blendinger, Reinhard Hildebrandt, um nur einige zu nennen, seit der Jahrhundertwende eine Fülle neuer Quellen erschlossen, ausgewertet und zugänglich gemacht hat. Frustrierend, weil wesentliche Themen und Quellen noch kaum in Angriff genommen, die Desiderate der Forschung noch überaus zahlreich sind. Eine Bestandsaufnahme der Leistungen

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StAA, StG 30, 201. Die chronologische Lücke zwischen diesen beiden Akten füllt eine dritte, bislang unverzeichnete: StAA, Stadtgericht, Appellationssache zwischen Hans, David, Sebastian Gebrüder Weiher und ihren Gläubigern, 1559-1569. Ergänzendes Material in StAA, Personenselekt Fröhlich.

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der Historiographie über die Augsburger Kaufmannschaft kann somit zugleich ihre Grenzen und deren Ursachen bewußt machen. Die Erforschung der Augsburger Kaufmannschaft war seit Ehrenbergs Studie auf die Fugger konzentriert - ihre herausragenden Persönlichkeiten, ihre wichtigsten Unternehmungen, ihre künstlerische und mäzenatische Tätigkeit. Während Jakob Fugger „der Reiche" mit Max Jansen, Jakob Strieder, Götz Freiherr von Pölnitz und Leon Schick gleich mehrere Biographen gefunden hat, stellt die fiinfbändige Biographie seines Neffen Anton durch Götz Freiherr von Pölnitz 5 die sicherlich umfangreichste und - in jeder Hinsicht - erschöpfendste Arbeit über einen europäischen Kaufmann der frühen Neuzeit dar. Daneben haben auch spätere Mitglieder der Familie, etwa Antons Neffe Hans Jakob Fugger 6 sowie die Brüder Philipp Eduard und Oktavian Secundus Fugger 7 das Interesse der Historiker auf sich gezogen. Darüber hinaus existieren zahlreiche Einzelstudien zu den Bergbauunternehmungen der Fugger, 8 zur Geschichte einzelner Faktoreien 9 und Handelsregionen - die monumentale Studie von Hermann Kellenbenz über „Die Fugger in Spanien und Portugal bis 1560", die den Charakter eines Lebenswerks trägt, ist hier sicherlich das herausragende Beispiel. Ferner hat Norbert Lieb „Die Fugger und die Kunst" in mehreren Bänden untersucht, und mehrere Autoren haben die Gütererwerbungspolitk der Fugger erforscht. 10 Eine Reihe der wichtigeren Faktoren und Angestellten und auch die „Frauen des Hauses Fugger" sind Gegenstand eigener Publikationen geworden." Die Gründe fur diese intensive Beschäftigung mit einer Familie sind institutioneller, forschungsstrategischer und wissenschaftsgeschichtlicher Natur zugleich. Die Fugger verfugen wie keine andere Augsburger Handelsfamilie der frühen Neuzeit über ein gewachsenes Familienarchiv, das sich für die wirtschafts- und kulturgeschichtliche Forschung als überaus ergiebig erwiesen hat. Die Fuggerforschung wurde von der Familie selbst unterstützt und gefördert und größtenteils in einer eigenen Schriftenreihe, den „Studien zur Fuggergeschichte", publiziert.12 Darüber hinaus hat Richard Ehrenberg mit seiner Formel „Zeitalter der Fugger" die Entwicklung dieser Familie gleichsam zum Paradigma für die Geschichte des oberdeutschen Frühkapitalismus erhoben. Ehrenberg, Strieder und ihre Schüler 5

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Der letzte Band wurde auf der Grundlage des von Pölnitz gesammelten Materials von Hermann Kellenbenz verfaßt. Vgl. auch Kellenbenz, Anton Fugger; Burkhardt, Anton Fugger. Maasen; Kellenbenz, Hans Jakob Fugger. Hildebrandt, Georg Fuggerische Erben. Scheuermann; Kellenbenz, Gold-Mining. Vgl. etwa Ungers Studie über die Faktorei in Hall/Tirol, die Untersuchung Weitnauers über den Venedig-Handel der Fugger, Sommerlads Aufsatz über die Leipziger Fugger-Faktorei oder Kellenbenz, Bankgeschäfte über die Faktorei in Sevilla. Düvel; Deininger; Mandrou; Fried, Fugger. Bechtel, Matthäus Schwarz; Fink; Nübel, Pompejus Occo; Kellenbenz, Sebastian Kurz; Schad. Zur Entwicklung der Fuggerforschung vgl. Karg.

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glaubten, in den oberdeutschen Kaufleuten des 16. Jahrhunderts die Prototypen der „großen Unternehmerpersönlichkeiten" ihrer eigenen Zeit, des Kaiserreichs und der Weimarer Republik, zu erkennen. Dieses Paradigma hat sich als überaus langlebig erwiesen: noch heute erscheint kaum eine Geschichte des 16. Jahrhunderts, in der nicht die Fugger, insbesondere Jakob „der Reiche", als die Repräsentanten des oberdeutschen Frühkapitalismus vorgestellt werden.13 Wenn wir die Entwicklungsgeschichte der Fugger kennen, so ließe sich in verkürzter Form die Grundannahme der historischen Forschung über das 16. Jahrhundert zusammenfassen, so kennen wir die oberdeutschen Unternehmer schlechthin. Darüber hinaus wird die Konzentration auf die Fugger mitunter damit begründet, daß der Einfluß der Fugger so überragend gewesen sei, daß sie den Aufstieg Augsburgs zur Handels- und Finanzmetropole praktisch im Alleingang bewerkstelligt hätten. Ein charakteristisches Beispiel für diese Auffassung bietet der von Ernst Klein verfaßte Band der „Deutschen Bankengeschichte": „Wenngleich die Fugger nicht die einzigen Augsburger Großkaufleute und Bankiers des späten 15. und frühen 16. Jahrhunderts waren, so kann doch keinem Zweifel unterliegen, daß erst mit ihnen und durch ihren Aufstieg die Stadt Augsburg zu einem der Zentren des europäischen Kapitalmarktes wurde. [...] Daß damit nicht zuviel gesagt ist, beweist schon die simple Tatsache, daß mit dem Untergang des Fugger'schen Handelshauses auch die Bedeutung Augsburgs als Geldmarkt zu Ende ging."14 Ungeachtet der Dominanz der Fugger in einzelnen Handels- und Produktionszweigen - vor allem auf dem europäischen Kupfermarkt, wo sie in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts „im Oligopol der Kupferanbieter [...] die Preisführerschaft" innehatten,15 wird die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Firma für Augsburg damit doch stark überbewertet. Dies zeigen etwa die von Friedrich Blendinger edierten Unterkaufbücher der Jahre 1551 bis 1558, aus denen hervorgeht, daß die Fugger auf dem insgesamt sehr lebhaften Augsburger Geldmarkt jener Jahre zwar eine gewichtige, keineswegs aber eine beherrschende Stellung innehatten.'6 Dieses „Fugger-Paradigma" ist jedoch nicht unwidersprochen geblieben. Die Fugger waren nicht nur bedeutend reicher, ihr Unternehmen bedeutend größer als das ihrer Augsburger Konkurrenten, sondern die Entwicklung von Firma und Familie weist auch gewisse Charakteristika auf, die grundsätzliche Zweifel daran aufkommen lassen, ob die Fugger wirklich „repräsentativ" für die oberdeutsche 13

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Für Horst Rabe beispielsweise ist Jakob Fugger „der bedeutendste und zugleich ein sehr typischer Vertreter dieses oberdeutschen Handelskapitalismus". Rabe, S. 65. Ähnlich auch Jeannin, marchands, S. 4. Vgl. hingegen Schremmers Einwand, daß „die Erkenntnisse aus den wirklich großen Augsburger Handelshäusern (Fugger, Welser etc.) nicht ohne weiteres verallgemeinert werden" dürfen. Schremmer, S. 1090, Anm. 3. Klein, S. 83-84. Kriedte, S. 51. Blendinger, Unterkaufbücher.

17 Kaufmannschaft waren. So hat Olaf Mörke die These aufgestellt, daß die Fugger in der Augsburger Gesellschaft eher als „Sonderstruktur" denn als charakteristische Vertreter der reichsstädtischen Oberschicht angesehen werden müssen. Die Standeserhebungen der Fugger, ihre umfangreichen Gütererwerbungen, ihre Heiratspolitik und ihr aufwendiger, an adligen Vorbildern orientierter Lebens- und Repräsentationsstil verliehen den Fuggern eine Sonderrolle, die auch in der zeitgenössischen Chronistik durchaus wahrgenommen und überwiegend kritisch beurteilt wurde. 17 Katarina Sieh-Burens hat durch eine Verflechtungsanalyse der politischen Führungsschicht Augsburgs im 16. Jahrhundert Mörkes These bekräftigt, indem sie nachwies, daß das Beziehungsnetz der Fugger sich grundlegend von anderen Beziehungsnetzen innerhalb der Augsburger Oligarchie - insbesondere den „Netzen" der Welser und Herbrot - unterschied. 18 Aber auch im Hinblick auf den wirtschaftlichen Bereich selbst, auf die Geschäftspolitik des Unternehmens, erscheint es zweifelhaft, ob die Fugger wirklich repräsentativ für Augsburgs Handelsgesellschaften schlechthin waren. Die strenge Hierarchie der Firmenorganisation,19 die enge Bindung an das Haus Habsburg, 20 die zu einer starken Präsenz in Spanien bei weitgehender Abstinenz vom französischen Markt führte, und die frühzeitige Abkehr von weiten Bereichen des traditionellen Warenhandels stellen Strukturmerkmale des Fugger'schen Unternehmens dar, die, wenn überhaupt, dann allenfalls für eine geringe Zahl Augsburger Handelsfirmen des 16. Jahrhunderts zutrafen. Wie sieht vor diesem Hintergrund unsere Kenntnis anderer Augsburger Handelshäuser des 16. Jahrhunderts aus? Die Welser, die häufig in einem Atemzug mit den Fuggern als führende Repräsentanten des oberdeutschen Frühkapitalismus genannt werden, wurden seit Beginn dieses Jahrhunderts ebenfalls wiederholt zum Gegenstand wissenschaftlicher Darstellungen, 21 wobei die Beteiligung der Welser an der europäischen Expansion, insbesondere an der Kolonisation Venezuelas, geradezu einen eigenen Forschungszweig bildete.22 Aufgrund einer im Vergleich zu den Fuggern sehr viel spärlicheren Quellenüberlieferung sowie aufgrund des Fehlens eines kontinuierlichen Forschungsinteresses fällt jedoch die Welser-Lite17

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Mörke, Fugger, bes. S. 146-152. Vgl. auch Wüst, Fuggerrezeption, der die „Diskrepanz zwischen inner- und außerstädtischer Akzeptanz und Wertschätzung der Augsburger Fugger" betont (S. 85), und Koutnä-Karg, die das Selbstverständnis der Familie analysiert. Sieh-Burens, Oligarchie, bes. S. 90-98, 127-129. Vgl. dazu Strieder, Geschäfts- und Familienpolitik; Simnacher, bes. S. 66-74; Kellenbenz, Wirtschaftsleben, S. 282; Pölnitz/Kellenbenz, Anton Fugger, Bd. 3/2, S. 357-359. Vergleichbar den späteren Hoffaktoren: Burkhardt, Anton Fugger, S. 141. Aufgrund ihres Materialreichtums noch immer grundlegend: Welser, Welser. Vgl. daneben Müller, Zusammenbruch; ders., Gantprozeß; Roßmann, Handel; ders., Bruchstücke; Strieder, Welser; Korzendorfer; Werner, Bartholomäus Welser; Großhaupt, Welser als Bankiers. Siehe auch die Bibliographie von Großhaupt, Die Welser und ihre Zeit. Häbler, Überseeische Unternehmungen; Friede; Großhaupt, Venezuela-Vertrag; ders., Bergbau; Walter; Schmitt.

18 ratur in quantitativer wie in qualitativer Hinsicht bereits wesentlich schwächer aus als die Fugger-Literatur. Daneben sind auch die Handelsunternehmungen der Höchstetter, 23 Baumgartner, 24 Rehlinger, 25 Haug-Langnauer-Linck, 26 Manlich, 27 Rosenberger, 28 Kraffter, 29 Konrad Rots30 und der Österreicher31 Gegenstand eigener Darstellungen geworden. Dabei handelt es sich durchweg um die größten und prominentesten zeitgenössischen Handelshäuser, die sich durch besonders spektakuläre geschäftliche Aktivitäten - etwa im Levantehandel, im englischen Bergbau oder im überseeischen Pfeffergeschäft - auszeichneten, bzw. über die sich in größerem Umfang Aktenmaterial - Familienarchive, Handelsbücher, Bankrottakten erhalten hat.32 Die wirtschaftsgeschichtliche Perspektive dieser Studien wird ergänzt durch die Untersuchungen der rechtlichen und organisatorischen Struktur Augsburger Handelsgesellschaften durch Jakob Strieder, Clemens Bauer und Elmar Lutz,33 durch die Darstellung der Entwicklung der „großen Vermögen" im Augsburg des 16. Jahrhunderts von Jakob Strieder und Josef Hagl34 und die Forschungen zur Augsburger Sozialstruktur und Vermögensverteilung durch Julius Härtung, Friedrich Blendinger, Claus-Peter Clasen und Bernd Roeck. 35 So eindrucksvoll sich dieser Forschungsstand einerseits ausnimmt, so uneinheitlich und lückenhaft stellt er sich doch andererseits dar. Das weitgehende Fehlen quantifizierbarer Quellen für die wichtigsten Sektoren des Augsburger Handels,36 die sehr unterschiedliche Überlieferungsdichte zu einzelnen Unternehmen und die Tatsache, daß zu einer Reihe wichtiger Firmen,37 vor allem aber zu den meisten geographischen Strängen des Augsburger Handels - etwa nach den Niederlanden, nach Frankreich, Oberitalien, Polen oder Schlesien - noch keine Ein-

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Kern; Nübel, Höchstetter; Niedermayr, Gesellschaftsvertrag; ders., Leumundszeugnis; Hoechstetter-Müller; Westermann, Brass-Works. Krag; Müller, Quellen. Schöningh. Härtung, Geheimbuche; Meilinger; Häßler; Ringling. Sayous, commerce; Kellenbenz, banqueroute; Seibold. Lutzmann. Kellenbenz, Konkurs. Häbler, Konrad Rott; Hildebrandt, Wirtschaftsentwicklung; Werner, Anfänge. Poppe. Eine Reihe weiterer Firmen und Familien des ausgehenden 16. und beginnenden 17. Jahrhunderts behandeln Warnemünde und Blendinger, Augsburger Handel. Strieder, Studien; Bauer, Unternehmung; Lutz, Struktur; nichts Neues gegenüber Lutz bringt in dieser Hinsicht Riebartsch. Strieder, Genesis; Hagl. Härtung, Vermögenssteuer; Blendinger, Versuch; Clasen, Arm und Reich; Roeck, Krieg und Frieden. Einen wichtigen Quantifizierungsversuch im Bereich der Kupferproduktion und des Kupferhandels stellt Hildebrandt, Kupferhandel dar. Z.B. zu Jakob Herbrot, Sebastian Neidhart, Hans Paul Herwart oder Hieronymus Imhof.

19 zeluntersuchungen vorliegen,38 verleihen bislang jedem Syntheseversuch einen vorläufigen Charakter. Die Bemühungen von Friedrich Blendinger und Hermann Kellenbenz, die Entwicklung der Führungsschichten und die Wirtschaftsgeschichte Augsburgs im 16. Jahrhundert im Überblick darzustellen, 39 zeugen eher von der Uneinheitlichkeit und Fuggerzentriertheit der Forschung als von einem analytisch und empirisch überzeugenden Gesamtbild. Daneben ist zu konstatieren, daß die methodischen Neuansätze innerhalb der Geschichtswissenschaft, die seit den 1970er Jahren von der historisch-anthropologischen Familienforschung, der Geschlechter-, Mentalitäts- und Kriminalitätsgeschichte ausgingen, die Erforschung gesellschaftlicher Randgruppen und Unterschichten wesentlich stärker beeinflußten als die Beschäftigung mit städtischen Eliten.40 Lyndal Ropers 1994 veröffentlichter Aufsatz „Bedrohte Männlichkeit", der ausgehend von der Beobachtung, daß sich prominente Augsburger Großkaufleute des 16. Jahrhunderts stark für Alchimie und Astrologie interessierten, die Wechselwirkungen zwischen Handel und „Männlichkeit", frühneuzeitlichem Kapitalismus und Magie beschreibt, stellt in dieser Hinsicht eine wichtige Pionierleistung dar, die neue Forschungsperspektiven eröffnet. 41 Welche Konsequenzen ergeben sich daraus fur die weitere Forschung? Zum einen gilt es, das „Fugger"-Paradigma der Literatur zur Augsburger Kaufmannschaft durch eine stärker typologisch orientierte Untersuchung von Kaufmannsfamilien und Handelsfirmen zu ersetzen. Zweitens erscheint es notwendig, die starre Begrenzung auf eine rein wirtschafts-, rechts- oder familiengeschichtliche Perspektive zu überwinden und die Wechselwirkungen von Verwandtschaft, Wirtschaft und „Mentalität" stärker in den Blick zu nehmen. Drittens scheint eine Synthese „Augsburger Kaufmannschaft im 16. Jahrhundert" zum gegenwärtigen 38

Für den Augsburger Handel mit Venedig etwa ist die über einhundert Jahre alte Arbeit von Simonsfeld bis heute nicht überholt. Eine neue Untersuchung der Handelsbeziehungen zwischen den beiden Städten unternimmt gegenwärtig Sibylle Backmann im Rahmen ihrer Bonner Dissertation. Vgl. auch Hildebrandt, Oberdeutschland und Venedig. Zum Augsburger Handel mit Antwerpen haben Strieder, Notariatsarchive und Doehaerd einschlägiges Material publiziert, doch sind zentrale Quellen, vor allem die Antwerpener Schepenregister, noch größtenteils unausgewertet. Der Aufsatz von Trauchburg-Kuhnle bildet den Versuch einer Zusammenfassung, der jedoch kein neues Material enthält und auch die Quellenedition von Doehaerd nicht berücksichtigt. Für den Augsburger Handel mit Ostmittel- und Osteuropa fehlt eine Untersuchung, wie sie Adelheid Simsch für die Nürnberger Handelsbeziehungen nach Posen vorgelegt hat. Ebensowenig gibt es für Augsburg ein Pendant zu Claudia Schnurmanns Untersuchung über den Kölner Englandhandel.

39

Blendinger, Führungsschichten; Kellenbenz, Augsburger Handel; ders., Wirtschaftsleben. Die historische Familienforschung über das 15. und 16. Jahrhundert arbeitet vor allem aus Quellengründen häufig mit Material, das von Vertretern städtischer Eliten stammt: vgl. Maschke, Familie; Beer, Eltern und Kinder; Völker-Rasor. Zur Rolle städtischer Eliten in der historischen Kriminalitätsforschung zur frühen Neuzeit vgl. Schwerhoff, S. 401-402; Dinges, Gewalt, S. 75-76.

40

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Roper, Ödipus, S. 127-146.

20 Zeitpunkt aufgrund der Uneinheitlichkeit des Forschungsstands und des Quellenmaterials (noch) nicht angebracht. Ausgehend von diesen Überlegungen soll hier ein Einzelfall der Augsburger Handelsgeschichte des 16. Jahrhunderts - die Entwicklung der Familie Weyer und ihres Verwandtschaftskreises, ihre Handelsaktivitäten und der Bankrott ihrer Firma - als Ausgangspunkt und Leitfaden für die Darstellung und Analyse von Beziehungsstrukturen, Normen und Konflikten in der Augsburger Kaufmannschaft dienen. Dabei geht es zum einen darum zu klären, wie diese Familie ein auf verwandtschaftliche und ökonomische Beziehungen gegründetes Netzwerk aufbaute. Zum anderen soll der Bankrott dieser Familie als Modellfall einer Konfliktsituation analysiert werden, in der dieses Netzwerk einer Belastungsprobe ausgesetzt wird und in der Normen kaufmännischen Handelns und die Funktion und Bedeutung sozialer Beziehungen reflektiert und artikuliert werden.

3. Methoden Mit den Begriffen „soziale Beziehungen", „Normen" und „Konflikte" sind die Fragestellungen und Prämissen verknüpft, die diese Arbeit strukturieren und die Auswahl der Methoden bestimmen. Im folgenden sollen sie jeweils knapp umrissen werden. Dabei geht es also nicht um eine umfassende Theoriediskussion, sondern um die Vorstellung der wesentlichen erkenntnisleitenden Überlegungen für die vorliegende Studie.

Soziale Beziehungen Die Erforschung städtischer Eliten im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit ging in den 70er und 80er Jahren zumeist von Modellen sozialer Schichtung aus, die die „Veranschaulichung des hierarchischen Aufbaus einer Gesellschaft" 42 zum Ziel hatten. Dabei wurden überwiegend dreigliedrige Schichtungsmodelle - die Unterscheidung von Ober-, Mittel- und Unterschicht - zugrunde gelegt. Die Abgrenzung der Schichten innerhalb einer bestimmten vormodernen städtischen Gesellschaft erwies sich dabei als das methodische Hauptproblem. Weitgehende Übereinstimmung besteht dahingehend, daß die Bestimmung der Schichtzugehörigkeit nicht allein auf dem Kriterium des Besitzes beruhen kann. Vielmehr gilt es,

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Bätori, Soziale Schichtung, S. 9.

21 auch Faktoren wie ständische Zugehörigkeit, politischen Einfluß und persönliches Prestige zu berücksichtigen. 43 Eine Reihe von Historikern hat Strukturbeschreibungen mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Gesellschaften, die allein auf dem Kriterium der sozialen Schichtung beruhen, als unzureichend erachtet, insbesondere wenn es um die Erklärung bestimmter Verhaltensweisen - etwa der Entscheidung für oder gegen die Einfuhrung der Reformation in den Städten - geht. Jürgen Eilermeyer hat beispielsweise für einen „erweiterten Schichtbegriff' plädiert. Seiner Auffassung nach sollte unter einer Sozialstruktur „ein System der zwischenmenschlichen Abhängigkeiten [...], Distanzen und Hierarchien sowohl in nichtorganisierter als organisierter Form" verstanden werden. 44 Eine Alternative zur Anwendung von Modellen sozialer Schichtung bietet das 1977 von Wolfgang Reinhard vorgestellte Konzept der „Verflechtung" bei der Erforschung historischer Führungsgruppen. Im Gegensatz zum Schichtungsmodell geht das Verflechtungsmodell nicht von der sozio-ökonomischen Gliederung einer Gesellschaft aus, sondern von den tatsächlichen Interaktionen zwischen ihren Mitgliedern. „Soziale Beziehungen und Interaktionen", so Reinhard, „werden weder als bloße Indizien für Schichtzugehörigkeit noch als zufällige Eigenschaften und Aktivitäten von Individuen aufgefaßt, sondern Führungsgruppen- und damit Schichtzugehörigkeit kommt erst durch sie zustande und das menschliche Handeln wird durch sie geprägt oder erst ermöglicht." 45 Ein solcher Ansatz kann die Analyse sozialer Schichtung ergänzen, nicht aber ersetzen. Deswegen wird in dieser Arbeit bei der Untersuchung sozialer Interaktionen immer auch das soziale Substrat - Vermögen, politischer Einfluß, soziales Prestige der Akteure - mit berücksichtigt. Ausgangspunkt für die Analyse sozialer Verflechtung bildet die prosopographische Methode: durch die Erhebung von Beziehungsdaten - d.h. Daten über verwandtschaftliche Verbindungen, geschäftliche Kontakte, Paten-, Pfleg- und Zeugenschaften - wird für eine bestimmte Gruppe von Personen das Material zur

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Ebd., S. 13-15. Batori zufolge sollte die „Abgrenzung von Schichten [...] unter Berücksichtigung der drei Dimensionen Reichtum, Macht und Ansehen geschehen." Erich Maschke hat vorgeschlagen, bei der Bestimmung sozialer Schichten auf „Vermögenshöhe und Ehrbarkeit als soziale Wertmaßstäbe" zurückzugreifen. Maschke zufolge macht die „Verteilung der Statussymbole [...] drei Schichten sichtbar." Maschke, Schichtung, bes. S. 372-376 (162166). Einen Überblick über verschiedene Schichtungsmodelle und ihre Anwendbarkeit in historischer Städteforschung gibt Weyrauch, Schichtung. Zur Anwendung von Schichtungskonzepten auf die Augsburger Gesellschaft der frühen Neuzeit vgl. Blendinger, Mittelschicht; Clasen, Arm und Reich; Roeck, Krieg und Frieden, Bd. 1, S. 384-433. Zur Bestimmung der sozialen Schichtung anderer süddeutscher Städte im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit vgl. nur Friedrichs, Urban Society; Wunder, Sozialstruktur; Bätori/Weyrauch, Kitzingen. Ellermeyer, S. 136. Reinhard, Oligarchische Verflechtung, S. 48, 51 (Zitat S. 51); vgl. ders., Freunde, S. 19.

22 Ermittlung der sozialen Verflechtungen zusammengestellt. 46 Im vorliegenden Fall bildete die Datenerfassung im Rahmen eines langjährigen Forschungsprojekts „Augsburger Eliten des 16. Jahrhunderts. Prosopographie der wirtschaftlichen und politischen Führungsschichten 1500-1620" den Ausgangspunkt für die hier vorgelegte Analyse sozialer Beziehungen. Die methodischen Konzepte und das begriffliche Instrumentarium zur Auswertung dieser prosopographischen Daten bietet die sogenannte Netzwerkanalyse. Die Netzwerkanalyse war seit den 1950er Jahren von britischen Sozialanthropologen als alternatives Konzept zu dem innerhalb ihrer Wissenschaft dominierenden Strukturfunktionalismus entwickelt worden. Die von den Pionieren der Netzwerkforschung postulierte strikte Trennung von formalen Strukturen oder Institutionen auf der einen, informellen sozialen Beziehungen oder Netzwerken auf der anderen Seite ist in der heutigen Netzwerkforschung aufgehoben, die Methoden der Netzwerkanalyse werden gleichermaßen auf Institutionen wie auf informelle Strukturen angewendet. Der Begriff des „Netzwerks" wird „rein formal als die durch Beziehungen eines bestimmten Typs verbundene Menge von sozialen Einheiten verstanden". 47 Die Netzwerkanalyse sieht Akteure als interdependente Individuen an, deren Beziehungen untereinander ihre individuellen Handlungs- und Verhaltensweisen beeinflussen, wobei die Verbindungen zwischen den Akteuren dem Transfer von - materiellen wie immateriellen - Ressourcen dienen.48 Graphisch kann ein Netzwerk alternativ durch Punkte, welche die Akteure verkörpern, und Linien, welche die Beziehungen zwischen den Akteuren repräsentieren, oder als Matrix dargestellt werden. Von grundlegender Bedeutung ist die Unterscheidung zwischen Gesamtnetzwerken, welche die Beziehungen zwischen allen Mitgliedern einer durch gemeinsame Merkmale definierten Gruppe - z.B. des Augsburger Patriziats - beinhalten, und „ego-zentrierten" Netzwerken oder „sets", die einen Ausschnitt aus einem Gesamtnetzwerk darstellen.49 Eine weitere grundsätzliche Unterscheidung wird getroffen zwischen „partiellen Netzwerken", die sich auf einen bestimmten Typus sozialer Beziehungen (z.B. Verwandtschaft, geschäftliche Zusammenarbeit, Hilfe

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Zur Annäherung an die spätmittelalterliche Wirtschaftsgeschichte über „personen- und firmengeschichtliche, prosopographische, genealogische, biographische Methoden" vgl. von Stromer, Wirtschaftsgeschichte (Zitat S. 32); auch Schnurmann, S. 18. Zur Methode allgemein siehe Stone. Prosopographische Methoden haben bei der Erforschung von städtischen Führungsschichten im frühneuzeitlichen Europa in den vergangenen Jahrzehnten häufig Anwendung gefunden. Vgl. z.B. Jacob; Burke; Brady, Ruling Class, bes. S. 37-38, 297-359; Enderle, bes. S. 135-153, 425-490. Pappi, S. 15. Vgl. Schweizer, S. 5-12. Wasserman/Faust, S. 4. Die Unterscheidung geht zurück auf Mayer, Significance. Reinhard, Freunde, S. 24 erläutert die heuristischen Vorteile der Beschränkung auf ein „ego-zentriertes" Netzwerk. Vgl. ferner Pappi, S. 13-14; Schweizer, S. 12; Wasserman/Faust, S. 42-43.

23 in Konfliktsituationen) beziehen, und „Totalnetzwerken", die alle möglichen Arten von sozialen Beziehungen gleichermaßen berücksichtigen. 50 Die Entwicklung der Netzwerkforschung seit den 1960er Jahren konzentrierte sich zum einen auf die Entwicklung formaler Kategorien und Analyseverfahren zur Beschreibung und Darstellung der Struktur von Netzwerken. Als wesentliche Kategorien wurden dabei z.B. die Dichte von Netzwerken (Verhältnis der tatsächlich innerhalb eines Netzwerks auftretenden Beziehungen zur Zahl der möglichen Beziehungen), die Zentralität und „Betweenness" einzelner Akteure (Position und Grad der Monopolisierung von Ressourcen innerhalb von sozialen Netzwerken), und die Identifikation von Subgruppen innerhalb eines Netzwerks wie „Cliquen" oder „Cluster" entwickelt. Zur formalen Analyse und graphischen Darstellung von Netzwerken nach diesen Kategorien stehen inzwischen mehrere Computerprogramme zur Verfügung, von denen hier das Analyseprogramm UCINET IV und das Graphikprogramm KrackPlot angewandt werden.51 Ein zweiter, insgesamt nicht so ausgeprägter Entwicklungsstrang zeigt sich weniger an der formalen Analyse als an der Funktion von Netzwerken interessiert. Hier geht es um das Potential, das soziale Netzwerke für die Erklärung bestimmter sozialer Phänomene und Verhaltensweisen - z.B. Migrationsverhalten, politische Loyalität, soziale Mobilität - besitzen. Innerhalb der historischen Forschung haben z.B. Wolfgang Reinhard und Andrejs Plakans versucht, das Konzept für die Eliten- bzw. die Familienforschung fruchtbar zu machen. 52 Konzeptionell ist für diese Arbeit darüber hinaus ein von den mexikanischen Soziologinnen Larissa Adler Lomnitz und Marisol Perez-Lizaur entwickelter Ansatz von Interesse, Netzwerke als „soziales Kapital" zu begreifen. In ihrer Untersuchung der Entwicklung einer mexikanischen Unternehmerfamilie zwischen 1820 und 1980 stellten die Autorinnen fest, daß leitende Positionen in der Familienfirma stets gezielt an Verwandte vergeben wurden und auf diese Weise zum einen soziale Aufstiegsmöglichkeiten innerhalb des Familienclans, zum anderen ein kontinuierlich sich erneuernder loyaler Kreis von Mitarbeitern geschaffen wurden. Daneben ermöglichte dieses verwandtschaftliche Netzwerk den Zugang zu wichtigen Informationen und ökonomischen Ressourcen außerhalb des Verwandtschaftskreises. Gerade bei vergleichsweise kapitalschwachen Unternehmen, die in einem Umfeld arbeiteten, das von einem relativ hohen Maß an sozialer und politischer Instabilität gekennzeichnet war, konnte nach Lomnitz und Perez-Lizaur das „Sozialkapital", das ein solches Beziehungsgeflecht repräsentierte, von entscheidender Bedeutung für den geschäftlichen Erfolg einer Firma sein.53 50

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Diese Unterscheidung geht zurück auf Barnes, bes. S. 55-57, 72-74; vgl. auch Plakans, S. 217-220. Einen umfassenden Überblick über den gegenwärtigen Stand der Netzwerkanalyse gibt Wasserman/Faust. Die Forschungsentwicklung skizziert Schweizer. Reinhard, Freunde; Plakans, bes. Kap. 10. Lomnitz/Perez-Lizaur, Origins (Zitat S. 44); dies., Elite Family, S. 118-121, 123-124.

24 Die Autorinnen führen damit einen Begriff in die Netzwerkforschung ein, der in Pierre Bourdieus Versuch einer umfassenden Theorie des sozialen Austausche eine zentrale Rolle spielt. Unter „Sozialkapital" versteht Bourdieu „die Gesamtheit der aktuellen und potentiellen Ressourcen, die mit dem Besitz von mehr oder weniger institutionalisierten Beziehungen [...] verbunden sind; oder, anders ausgedrückt, es handelt sich um Ressourcen, die auf der Zugehörigkeit zu einer Gruppe beruhen. Das Gesamtkapital, das die einzelnen Gruppenmitglieder besitzen, dient ihnen allen gemeinsam als Sicherheit und verleiht ihnen - im weitesten Sinne des Wortes - Kreditwürdigkeit." Das Sozialkapital, über das der einzelne verfugt, ist nach Bourdieu sowohl von der Reichweite seines persönlichen Netzes von Beziehungen als auch von den Ressourcen, Beziehungen und dem Einfluß derjenigen abhängig, mit denen er in Beziehung steht. Ein Netzwerk von Beziehungen versteht Bourdieu als „Produkt individueller oder kollektiver Investitionsstrategien, die bewußt oder unbewußt auf die Schaffung und Erhaltung von Sozialbeziehungen gerichtet sind, die früher oder später einen unmittelbaren Nutzen versprechen."54 Ungeachtet einiger empirischer Untersuchungen, gerade auch zu Augsburg und anderen oberdeutschen Städten,55 hat sich das Konzept sozialer Netzwerke in der Geschichtswissenschaft - im Gegensatz zur Soziologie und Sozialanthropologie noch nicht als Paradigma durchsetzen können. Dies mag primär mit dem großen Aufwand zusammenhängen, den die Sammlung und „Aufbereitung" sozialer Beziehungsdaten für die Netzwerkanalyse erfordert. Doch selbst eine Studie wie David Sabeans Buch über das württembergische Dorf Neckarhausen im 18. und 19. Jahrhundert, die alle Voraussetzungen für eine Netzwerkanalyse mit sich bringt - insbesondere die umfassende Rekonstruktion sozialer Beziehungsstrukturen und eine historisch-anthropologische Perspektive - macht von dem methodischen Instrumentarium der Analyse sozialer Netzwerke keinen Gebrauch.56 Aber auch wenn das Konzept in sozialhistorisch und historisch-anthropologisch orientierten Untersuchungen bislang nicht „populär" geworden ist, so bildet es doch aufgrund seiner Flexibilität - d.h. vor allem seiner Anwendbarkeit auf unterschiedlichste Personengruppen und Arten von Beziehungen - und der inzwischen erzielten terminologischen und methodologischen Präzision einen vielversprechenden Ansatz zur Analyse sozialer Beziehungen in der Geschichtswissenschaft.57 Das Phänomen der starken verwandtschaftlichen Verflechtung innerhalb städtischer Oberschichten des ausgehenden Mittelalters und der frühen Neuzeit, die mit 54 55

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Bourdieu, Ökonomisches Kapital, S. 190-192. Schütze; Sieh-Burens, Oligarchie; Steuer, Außenverflechtung; zusammenfassend zu diesen Arbeiten Reinhard, Oligarchische Verflechtung. Vgl. ferner Dalhede, Oberdeutsche; Roeck, Krieg und Frieden, Bd. 1, S. 348-364. Vgl. Sabean, Property. Diese Vorzüge des Konzepts hebt auch Plakans, S. 220, 235, 240 hervor.

25 Tendenzen zur Oligarchisierung einherging und sich auch in geschäftlicher Zusammenarbeit niederschlug, ist an sich eine längst bekannte Tatsache, die gerade auch im Hinblick auf die Kaufmannschaft und das Patriziat der oberdeutschen Städte bereits häufig beschrieben wurde.58 In einer Analyse sozialer Verflechtungen innerhalb der Augsburger Kaufmannschaft des 16. Jahrhunderts kann es also nicht nur darum gehen nachzuweisen, daß es ein hohes Maß an Vernetzung und Oligarchisierung gab, sondern vielmehr darum, die jeweilige Position der Mitglieder, die Herausbildung bestimmter Gruppen und die Art und Weise, wie soziale Netzwerke die Verhaltensweisen der einzelnen Akteure beeinflußten, zu ermitteln. Die Möglichkeiten dieses Ansatzes demonstriert z.B. der vor kurzem von Padgett und Ansell unternommene Versuch einer Neuinterpretation der Ursprünge der Medici-Herrschafit in Florenz. Während die Medici-Partei und die von ihr verdrängte Oligarchie hinsichtlich ihrer sozialen Merkmale weitaus mehr Ähnlichkeiten als Unterschiede aufwiesen, zeigt die Analyse sozialer Beziehungen mit den Methoden der Netzwerkanalyse den entscheidenden Unterschied zwischen beiden Parteien auf. Nach Padgett und Ansell war das Medici-Netzwerk, das sich seit dem Ciompi-Aufstand von 1378 entwickelte, von einem überaus hohen Grad an Zentralisierung geprägt, d.h. fast alle verwandtschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen liefen über die Medici selbst. Hingegen war die bis 1434 regierende Oligarchie zwar durch ein enges Netz von Beziehungen, vor allem Heiratsverbindungen, miteinander verknüpft, doch gelang es keiner Familie, eine ähnlich zentrale Stellung innerhalb des Netzwerks einzunehmen wie den Medici. Die unterschiedliche Netzwerkstruktur verschaffte Padgett und Ansell zufolge den Medici im kritischen Jahr 1434 einen entscheidenden Vorteil bei der Mobilisierung ihrer Anhängerschaft. 59 Wenig berücksichtigt wurde in der bisherigen Netzwerkforschung die Bedeutung, die sozialen Beziehungen von den Akteuren selbst beigemessen wurde. Wichtige Anregungen dazu bietet die historisch-anthropologisch orientierte Familienforschung. So konnte David Sabean beispielsweise nachweisen, daß sich in dem württembergischen Dorf Neckarhausen parallel zur Herausbildung einer eng miteinander verflochtenen lokalen Führungsschicht in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts auch ein intensiver Diskurs über die negativen sozialen Folgen dieser Oligarchisierung, die mit dem Schlagwort „Vetterleswirtschaft" umrissen wurden,

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Vgl. Blendinger, Führungsschicht, S. 74; Press, Führungsgruppen, S. 52-53, 60-61; Eirich, S. 120-122, 155-173 und passim; Hauptmeyer, bes. S. 45-46, 52-53; Ringling, S. 61, 66-67. Siehe in diesem Zusammenhang auch Mitgaus Konzept der „geschlossenen Heiratskreise sozialer Inzucht". Zur Rolle familiärer und verwandtschaftlicher Beziehungen bei der Organisation der oberdeutschen Handelsgesellschaften vgl. Lutz, Struktur, Bd. 1, S. 50-51, 56-57, 59, 178, 203, 236-237, 241, 440-441; ferner Bechtel, Wirtschaftsgeschichte, Bd. 2, S. 318; Maschke, Familie, S. 54-55; Kellenbenz, Handelsgesellschaft, Sp. 1938-1939. Padgett/Ansel 1, bes. S. 1268-1305.

26 entwickelte. 60 Die Forschung zu städtischen Oberschichtfamilien des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit hat sich bislang vor allem auf die Beziehungen zwischen Eheleuten sowie zwischen Eltern und Kindern konzentriert 61 und Geschwisterbeziehungen sowie andere Formen der Verwandtschaft weitgehend ignoriert.62 Dabei ist gerade auf die Bedeutung entfernterer Formen der Verwandtschaft bereits wiederholt hingewiesen worden. 63 Zudem wurde die historische Familienforschung, soweit sie sich mit dem deutschen Bürgertum des 15. und 16. Jahrhunderts beschäftigt, in starkem Maße von einer Forschungstradition geprägt, die vor allem durch die Arbeiten von Philippe Aries und Edward Shorter angeregt wurde und sich vorrangig mit der Frage beschäftigt, welche Rolle Emotionen in der Familie des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit spielten. Im Gegensatz zu Aries und Shorter, die die Entstehung eines „modernen", gefühlsbetonten und privaten Familienlebens erst im 17. und 18. Jahrhundert sahen,64 haben Stephen Ozment, Mathias Beer und Otto Ulbricht zu zeigen versucht, daß sich ein neues Verständnis von Kindheit und Familienleben bereits im ausgehenden 15. und 16. Jahrhundert herauskristallisierte, wobei die Rolle der Reformation in diesem Prozeß umstritten blieb.65 Hans Medick und David Sabean haben sich um eine Erweiterung dieses Ansatzes bemüht, indem sie forderten, die Artikulation von Emotionen „aus den spezifischen Kontexten konkreter materieller Interessen und Eigentumsbeziehungen heraus zu verstehen". Medick und Sabean sehen eine entscheidende Aufgabe historischer Familienforschung darin, „im gleichen analytischen Zusammenhang die wechselseitige Durchdringung verschiedener Ebenen sozialen Austausche auszumachen, d.h. festzustellen, wie - im Bereich der Familie - soziale Beziehungen geschaffen, organisiert und geprägt wurden durch die unterschiedlichen Arten und Weisen, in der Personen jeweils Rechte behaupten und Verpflichtungen eingehen."66 In der vorliegenden Untersuchung soll der Versuch unternommen werden, die verschiedenen Formen verwandtschaftlicher Beziehungen - zwischen Eheleuten, Geschwistern, „Schwägern" und „Vettern" - im Hinblick darauf zu untersuchen, 60 61 62

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Sabean, Social Background. Vgl. Maschke, Familie; Ozment; Beer, Eltern und Kinder; Völker-Rasor. Vgl. aber einige Untersuchungen zu ländlichen Gesellschaften: zu Geschwisterbeziehungen Segalen; zu weiteren Formen der Verwandtschaft vor allem die Arbeiten von Sabean. Vgl. z.B. Ellermeyer, S. 146: „Bei sehr weitreichenden Verwandtschaften oder Verschwägerungen in den Oberschichten dürften [...] zumal noch bei ökonomischer Kooperation (Handelsgesellschaften), im gesellschaftlichen Gesamtzusammenhang stärker Gruppen- oder gar Schichtinteressen gegenüber der quasi autonomen 'Herrschaftsstruktur' der Einzelfamilie wirksam werden." Aries; Shorter. Vgl. die kritische Bestandsaufnahme von Anderson, S. 39-64. Ozment; Beer, Eltern und Kinder; ders., Ehealltag; Ulbricht; vgl. auch bereits Maschke, Familie. Medick/Sabean, S. 34.

27 inwieweit sie die Grundlage sozialer Verflechtung bildeten, welche Erwartungen konkret mit ihnen verknüpft wurden und welche Rolle sie in Krisen- und Konfliktsituationen spielten. Damit eng zusammen hängt die Frage, mit welchen Normen Verwandtschaftsbeziehungen in der Augsburger Kaufmannschaft des 16. Jahrhunderts verknüpft waren.

Normen Der britische Sozialanthropologe J. Clyde Mitchell hat dafür plädiert, soziale Verflechtung in engem Zusammenhang mit gesellschaftlichen Normen zu sehen. Nach Mitchell kann der Gehalt einer Verbindung zwischen zwei Akteuren aus der Übermittlung von Informationen oder einer Transaktion bestehen, er kann aber auch normativer Art sein. Unter Normen versteht Mitchell „perceptual categories [that] exist as frameworks for evaluating the behaviour of people in the appropriate situations". 67 Ein beliebiger Akteur, so Mitchell, unterhält Beziehungen zu einer Reihe anderer Personen in verschiedenen Kontexten (z.B. Verwandtschaft, Nachbarschaft). Innerhalb dieser Kontexte, die die soziale Umgebung des Akteurs bilden, orientiert sich dieser an bestimmten Erwartungen und Normen, die seine Beziehungen zu anderen Personen strukturieren. Beziehungen zu Verwandten oder Nachbarn beispielsweise sind nach Mitchell in erheblichem Maße durch die Art und Weise geprägt, in der in einer bestimmten Gesellschaft die Rechte und Pflichten von Verwandten und Nachbarn definiert sind und bewertet werden. 68 Die systematische Erforschung frühneuzeitlicher Normen ist in Deutschland erst in den letzten Jahren in Angriff genommen worden. Doch fehlt es auch nicht an älteren Ansätzen, die Normen und Werte der Kaufmannschaft und des Stadtbürgertums in Spätmittelalter und früher Neuzeit zu charakterisieren. So vollzog sich nach Erich Maschke mit der Durchsetzung der Geldwirtschaft im 15. und 16. Jahrhundert auch ein „geistiger Wandel", der sich in einer größeren Risiko- und Spekulationsbereitschaft breiter Bevölkerungsschichten, einer veränderten Einstellung zu Arbeit und Armut und der Herausbildung eines „Individualbewußtseins" in den patrizischen und kaufmännischen Oberschichten niederschlug. 69 Als wesentliche Elemente des „Berufsbewußtseins" des mittelalterlichen Kaufmanns hat 67 68

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Mitchell, Networks, Norms, and Institutions, S. 23-26. Mitchell, Cities, S. 307: „The actor will construe this immediate social environment in terms of sets of expectations and norms that help to define relationships towards these others. There is, for example, a social definition of what minimal rights and duties neighbours owe one another. [...] Kinsfolk are similarly marked off from friends and acquaintances by the special obligations kinsfolk owe one another." Vgl. ders., Networks, Norms, and Institutions, S. 27-29; ders., Social Networks, S. 292-295. Maschke, Deutsche Städte, S. 61, 67-68, 71-72, 78-79, 85.

28 Maschke das Gewinnstreben, die Rationalität, die Risikobereitschaft und das Streben nach Sicherheit betont. Diese kaufmännische Grundhaltung hatte Maschke zufolge erhebliche gesamtgesellschaftliche Auswirkungen: „Da der Kaufmann in seiner Tätigkeit vom Gewinnstreben beherrscht war, wurde das Ergebnis desselben, der Reichtum, zum sozialen Wertmaß in einer durch Handel und Kaufmannschaft bestimmten Gesellschaft." 70 Verschiedentlich wird den oberdeutschen Frühkapitalisten in enger Anlehnung an die zeitgenössische Kritik der großen Handelsgesellschaften auch ein „hemmungsloses Gewinnstreben", ein „ungehemmter, fast skrupelloser Erwerbsgeist" attestiert, der sich in der weiten Verbreitung wucherischer und betrügerischer Praktiken und einer rücksichtslosen Ausschaltung ihrer Konkurrenz geäußert habe.71 Weiterhin haben mehrere Autoren auf das Phänomen einer „Feudalisierung" des frühneuzeitlichen Stadtbürgertums hingewiesen. So hat etwa Volker Press im Bestreben des Bürgertums, ökonomische Gewinne in Grund und Boden zu reinvestieren und adlige Privilegien zu erwerben, eine prinzipielle „auf den Adel gerichtete Orientierung des Bürgertums" gesehen: „Nicht ein homogenes Bürgertum, sondern der soziale Aufstieg in den Adel blieb das Leitbild".72 Bekannt ist schließlich auch die Kritik, die Vertreter aller gesellschaftlichen Schichten des 16. Jahrhunderts, insbesondere aber prominente Humanisten und Reformatoren, an kaufmännischem Profitstreben, „Wucher", „Fürkauf' und „Monopol" übten,73 die Umsetzung dieser Kritik in politische Forderungen im sogenannten Monopol-

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Maschke, Berufsbewußtsein; Zitat S. 387 (184); ähnlich Jeannin, marchands, bes. S. 131138; Tenenti, bes. S. 225-230. Zur kaufmännischen „Berufsmoral" vgl. auch Blaich, Wirtschaftsgesinnung; Schnurmann, S. 23-24. Vgl. z.B. Bechtel, Wirtschafts- und Sozialgeschichte, S. 287, 291; kritisch zusammenfassend Blaich, Wirtschaftsgesinnung, bes. S. 273-275, 281; ferner Mathis, S. 67-68. Zur weitgehend negativen Beurteilung der großen oberdeutschen Handelshäuser in der Reformations- und Kulturgeschichtsschreibung des 19. und frühen 20. Jahrhunderts vgl. Weber. Press, Führungsgruppen, S. 57-58. Zum Rückzug städtischer Patrizier und Kaufleute auf das Land vgl. auch Endres, Führungsschichten, S. 93; ders., Adel und Patriziat, S. 230-231; Brady, Patricians, S. 239-244; Henning, Bd. 1, S. 714; kritisch zur Interpretation dieses Vorgangs als „Feudalisierung" Lutz, Marx Fugger, S. 446-450 und Safley. Zur Kritik der Humanisten vgl. Höffner, S. 50-54; Zorn, Humanismus, S. 55-57. Zur reformatorischen Kritik Maschke, Deutsche Städte, S. 73; Burkhardt, Entdeckung, S. 9-12. Burkhardt hat dabei auch auf die paradoxen Folgen dieser Kritik für die Entwicklung der wissenschaftlichen Beschäftigung mit Handel und Wirtschaft hingewiesen: „Die kritische Distanz der reformatorisch-biblizistischen Theologie ließ den Handel als Problembereich sui generis hervortreten und markierte mit ihrer geschlossenen Ablehnung von Großhandel, Kredit, Marktpreis, Finanzpraktiken und Monopolen der gesellschaftspolitischen Diskussion in negativer Besetzung eine eigenständige kommerzielle Agenda [...]." Vgl. auch ders., Wirtschaft, S. 561.

29 streit74 und die Verteidigung der großen Handelsgesellschaften, im Zuge derer Konrad Peutinger die Umrisse eines „neuen ökonomischen Denkens" entwickelte. Insbesondere Clemens Bauer und Heinrich Lutz haben den Bemühungen der großen Augsburger Firmen „um die Anerkennung einer anti-traditionalistischen, rationalen Wirtschaftsethik und Rechtsnorm" eine zentrale Rolle innerhalb des Prozesses der Veränderung ökonomischer Normen beigemessen. 75 Schließlich hat Andre-Ε. Sayous bereits 1938 einen umfassenden Deutungsversuch des „capitalisme du type ancienne" unternommen, den er im Augsburg des 16. Jahrhunderts exemplifiziert sah. In der Bankrottwelle, die die Augsburger Wirtschaft in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts erschütterte, sah Sayous nicht nur die Auswirkungen der Staatsbankrotte, sondern die umfassendere Krise eines Kapitalismus, der sich auf das Fundament der Familie stützte. Erwiesen sich in der Blütezeit des Augsburger Handels in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Konzentration von Kapital und Arbeit in Familiengesellschaften und die Unterordnung des einzelnen unter den Familienverband, der von „großen" Unternehmerpersönlichkeiten wie Jakob Fugger dem Reichen quasi-monarchisch geführt wurde, noch als wesentliche Vorzüge des „Augsburger Systems", so zeigten sich nach Sayous in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Grenzen dieses oberdeutschen Familienkapitalismus. Auf die großen Unternehmer folgte eine Generation, die mehr an Kunst und am adligen Leben interessiert war als am Geschäft; statt von Familienmitgliedern oder Verwandten wurden die großen Gesellschaften an entfernten Orten von Faktoren vertreten, deren Loyalität gegenüber ihren Arbeitgebern oft zweifelhaft war und die mitunter verhängnisvolle Entscheidungen trafen; und das Ausscheiden von Teilhabern aus den großen Familienfirmen führte zu Kapitalreduktionen, die die Gesellschaften zwangen, Fremdmittel aufzunehmen und sie somit anfällig für Krisen auf dem Kapitalmarkt machten. Der ausschließlich auf familiären Interessen basierende Handelskapitalismus, wie er für das Augsburg des 16. Jahrhunderts charakteristisch war, war nach Auffassung von Sayous zu instabil und zu ineffektiv, um den Anforderungen der internationalen Wirtschaft auf Dauer gerecht werden zu können. 76 In jüngerer Zeit haben vor allem Hans-Christoph Rublack, Winfried Schulze, Paul Münch und Martin Dinges eine umfassendere Klärung frühneuzeitlicher normativer Kategorien in Angriff genommen. Rublack beschäftigte sich primär mit politischen Normen, die er als Begriffe definierte, derer sich der städtische Magistrat zur Begründung und Legitimation politischer Entscheidungen und politischen Handelns bediente, die „aber auch soziales Verhalten der Bürger und Ein74

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Vgl. Blaich, Reichsstädte; ders., Reichsmonopolgesetzgebung; Schick, S. 187-207; Lutz, Struktur, Bd. 1, S. 77-123; Schmidt, Städtetag, S. 423-440; Brady, Turning Swiss, S. 120130, 136-137, 145-149. Knapp zusammenfassend Schulze, Deutsche Geschichte, S. 117-121. Lutz, Normen, S. 176-177; vgl. ders., Peutinger, S. 138-140; Bauer, Peutingers Gutachten; ders., Durchbruch. Sayous, decheance, bes. S. 220-228 (Zitat S. 228).

30 wohner [...] bestimmen". 77 Ausgangspunkt ist für ihn also die obrigkeitliche Normsetzung und das sich darin spiegelnde Selbstverständnis des Rates. Eine große Rolle spielen dabei die Ehre Gottes bzw. die Wahrung der göttlichen Ordnung, der gemeine Nutzen, die Friedenswahrung und die Abwehr von Schaden, seltener auch die Grundsätze des Rechts und der Gleichheit. Diese Normen waren interdependent und wurden häufig in engem Zusammenhang miteinander gebraucht. Keine Norm wurde dabei so häufig zur Begründung obrigkeitlichen Verhaltens angeführt wie die des „Gemeinen Nutzens". Die Norm wird dem individuellen, privaten Interesse entgegengehalten - im ökonomischen Bereich vor allem in Fürkaufverboten und Gewerbeordnungen - und erweist sich gerade in ihrer inhaltlichen Unbestimmtheit als allgemein anwendbar. 78 Der Begriff des „Gemeinen Nutzens", auf dessen höchst ambivalente Verwendung und Instrumentalisierung in politischen und ökonomischen Auseinandersetzungen unter anderem auch Joseph Höffner, Heinrich Lutz, Thomas Brady und Johannes Burkhardt hingewiesen haben,79 ist von Winfried Schulze eingehender untersucht worden. Nach Schulze war der Gemeinnutz „der zentrale programmatische Begriff des spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Staatsdenkens". Der Begriff diente jedoch nicht nur zur Legitimation von Herrschaft, sondern auch zur Herrschaftskritik und hatte daher einen durchaus ambivalenten Charakter. 80 Eine große Rolle spielte die dialektische Gegenüberstellung von Gemeinnutz und Eigennutz im Monopolstreit, in dem Konrad Peutinger die Auffassung vertrat, daß der private Vorteil des Einzelnen durchaus auch dem Gemeinwohl zuträglich sein kann.81 Ein anderer Oberdeutscher, der Ulmer Leonhard Fronsberger, entwickelte 1564 gar die Vorstellung einer „Allgemeingültigkeit des Eigennutzes"; Fronsberger sah divergierende Einzelinteressen in einem Netz von Abhängigkeiten und Bedürfnissen miteinander verflochten und deutete damit eine dynamische Konzeption von Wirtschaft an.82 Daß die bei Peutinger und Fronsberger anklingende Neueinschätzung des „Eigennutzes" sich im 16. Jahrhundert nicht allgemein durchsetzte, ist Schulze zufolge darauf zurückzuführen, daß eine Gesellschaft, in der materielle Ressourcen stets begrenzt waren, nicht fähig war, „Mobilität im

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Rublack, Nördlingen, S. 26; vgl. ders., Grundwerte, S. 12. Rublack, Nördlingen, S. 27-39; vgl. ders., Grundwerte, S. 17-30. Höffner, S. 24, 58, 60, 62-64; Lutz, Peutinger, S. 139; Brady, Turning Swiss, S. 23-24, 122, 126-127, 137, 146, 156; Burkhardt, Wirtschaft, S. 559-560. Schulze, Gemeinnutz, S. 597, 600. Nach Blickle, S. 371-372 entwickelte sich der Begriff des Gemeinnutzes als Gegenbegriff zum „Herrennutzen". Blickle zufolge war der Begriff nicht beliebig einsetzbar, sondern hatte „einen festen ethischen Kern insofern, als er einerseits dem Frieden dienen, andererseits die Auskömmlichkeit sichern helfen" sollte. Schulze, Gemeinnutz, S. 600-601, 618. Ebd., S. 608-610.

31 Sinne eines Zuwachses privilegierter Positionen zuzulassen oder gar positiv zu bewerten." 83 Paul Münch hat die Grundwerte der ständischen Gesellschaft mit den Begriffen „Ordnung" - vor allem im Sinne einer allgemeinen Akzeptanz der bestehenden hierarchischen Gesellschaftsstruktur - und „Ehre" zu umschreiben versucht. 84 Während Münch das Konzept der Ehre nur sehr knapp umreißt, hat sich vor allem Martin Dinges um dessen weitere Klärung bemüht. Dinges geht dabei von der These aus, „daß es in der Bevölkerung grundlegende Verhaltensregeln gibt, die wichtige Orientierungen im Alltag ermöglichen. Sie befinden sich an der Schnittstelle zwischen individuellen Orientierungen und gesellschaftlichen Leitbildern, zwischen Selbstbild des einzelnen und Fremdwahrnehmung durch seine nähere Umgebung." Der Begriff der Ehre bezeichnet eben diesen Verhaltenscode; Ehre bildet damit einen „Knotenpunkt sozialhistorischer Forschungsmöglichkeiten". 85 Zur Konzeptualisierung von Ehre führt er Bourdieus Begriff des „symbolischen Kapitals" in die Diskussion ein: Ehre kann demnach ähnlich wie andere Formen von (ökonomischem) Kapital akkumuliert oder verloren werden und ist unter bestimmten Voraussetzungen auch in ökonomisches Kapital umwandelbar. Dinges kritisiert allerdings den impliziten Ökonomismus von Bourdieus Ehrkonzeption und schlägt vor, den Begriff des symbolischen Kapitals durch den des Ehrvermögens zu ersetzen. Weiterhin verweist Dinges auf die Bedeutung der Öffentlichkeit, ohne die es keine Ehre gibt,86 und postuliert die detaillierte Erforschung von „Ehrspielen" und die Analyse der Bedeutung von Ehre im Rahmen der „Praktiken des Alltags". 87 Dinges' Analyse der Rolle der Ehre bei Konflikten in der Pariser Gesellschaft des 18. Jahrhunderts führte zu dem Resultat, daß sich Ehre als ein inhaltlich diffuser und unbestimmter Begriff erweist, der dazu dient, höchst unterschiedliche Ansprüche und Forderungen zu begründen. Ehre ist somit für Dinges „ein Code, weil sie nicht sich selbst bezeichnet, sondern die Möglichkeit bietet, andere Forderungen in einer bestimmten Form [...] zu thematisieren." 88 Diese Überlegungen führen Dinges zu einer dynamischen Konzeption gesellschaftlicher Normen: „Die Normproduktion bleibt [...] fließend und ist Gegenstand ständiger Auseinandersetzungen." 89

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Ebd., S. 622-623. Vgl. auch Burkhardt, Entdeckung, S. 13. Münch, Grundwerte, bes. S. 69-72. Dinges, Ehre I, S. 411, 438; vgl. van Dülmen, Kultur, S. 194-195. Dinges, Ehre I, S. 418-424, 430, 434; Schreiner/Schwerhoff, S. 10-11. Zur Konzeptualisierung von Ehre als symbolisches Kapital vgl. Bourdieu, Entwurf, bes. S. 349-357; Vogt/Zingerle, S. 24-25. Dinges, Ehre I, S. 434-435, 437. Dinges, Ehrenhändel, bes. S. 363; ders., Ehre II, S. 35, 37. Dinges, Ehre I, S. 438.

32 Die Feststellung, daß zentrale normative Kategorien der frühneuzeitlichen Gesellschaft wie „Ehre" und „Gemeiner Nutzen" inhaltlich unbestimmte Chiffren waren, die in bestimmten Situationen zur Artikulation spezifischer Ansprüche und Positionen verwendet wurden, hat für diese Arbeit die Konsequenz, daß Normen vor allem im Hinblick darauf untersucht werden, wie sie in bestimmten Konflikten wie Bankrottfällen von den Akteuren instrumentalisiert wurden, und wie sie die sozialen Beziehungen zwischen den Akteuren strukturierten.

Konflikte Die Beschäftigung mit Konflikten in frühneuzeitlichen Gesellschaften kann zunächst von ganz pragmatischen Überlegungen ausgehen: Konflikte sind „aktenerzeugende" Ereignisse. Geschäfte, die sonst keine Spuren in den Quellen hinterlassen hätten, werden „aktenkundig", sobald einer der Beteiligten vor einer obrigkeitlichen Institution klagt, daß er bei dem Geschäft übervorteilt wurde, oder daß sein Schuldner ihm zum vereinbarten Termin sein Darlehen nicht zurückbezahlte. Darüber hinaus gibt es jedoch auch grundsätzlichere Gründe dafür, den „Konflikt" bei der Analyse einer gesellschaftlichen Gruppe als analytische Kategorie zu verwenden. Olaf Mörke hat im Anschluß an sozialwissenschaftliche Theorien, insbesondere an Lewis A. Coser, vorgeschlagen, Konflikte in der städtischen Gesellschaft des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit als „Regel- und Normalfall sozialer Existenz" aufzufassen. „Nicht die Form", so Mörke, „ist primäres Kriterium der Konstatierung eines Sachverhalts als Konflikt, sondern Ausgangspunkt und Ziel, die Durchsetzung des eigenen Wert- oder Statusanspruches, des Zugriffs auf Macht und Ressourcen. [...] Auch Verhandlung oder informelles Aushandeln sind Formen der Konfliktbewältigung, keineswegs ausschließlich die Anwendung von Gewalt oder auch nur die Drohung mit dieser." 90 Der Rechtsethnologe Simon Roberts betont in Anlehnung an Georg Simmel ebenfalls den konstruktiven und „alltäglichen" Charakter von Konflikten. In vielen Gesellschaften seien Konflikte nicht als Störungen des gesellschaftlichen Zusammenlebens, sondern als geradezu konstitutiver, immanenter Bestandteil der Sozialstruktur anzusehen. Konstruktiv wirkten Konflikte im Sinne einer „Neuordnung der früheren Verhältnisse" sowie als „Integrationsfaktor" innerhalb der jeweiligen Konfliktgruppen. 91 Die Beilegung des Konflikts kann auf verschiedenem Wege erfolgen: in Form bilateraler Gespräche, durch Vermittlung einer dritten Person oder durch den Schiedsspruch bzw. die Entscheidung eines Dritten. In letzterem Fall kann die Entscheidung sowohl durch einen Schiedsrichter getrof90 91

Mörke, „Konflikt", S. 147. Roberts, S. 46-48.

33 fen werden, den die Konfliktparteien von sich aus darum gebeten haben (arbiter), als auch durch eine Person, die aufgrund ihres öffentlichen Amtes über schiedsrichterliche Autorität verfügt (iudex).92 Roberts verweist in diesem Zusammenhang auch auf die engen Zusammenhänge zwischen Konflikten und gesellschaftlichen Normen. Seinen Überlegungen zufolge „sind notwendigerweise die vordergründigen Streitobjekte der Menschen großenteils hintergründig verknüpft mit den religiösen Vorstellungen, den geltenden Werten und der Sozialstruktur der betreffenden Gesellschaft." 93 Dabei unterscheidet er zwischen „Normbruch" - einem Verstoß gegen gesellschaftliche Grundüberzeugungen - und „Interessenkollision". Letzterer Begriff bezeichnet die Konkurrenz um politische Führungspositionen oder den Zugang zu knappen Ressourcen, wobei der Konflikt dadurch entsteht, daß ein Akteur „ohne notwendigerweise irgend eine soziale Norm zu verletzen, ein bestimmtes Handlungsziel verfolgt". Dabei warnt er vor einer klaren Grenzziehung, da Normen nicht nur Handlungsorientierungen darstellen, sondern im Konfliktfall selbst als Ressourcen eingesetzt werden können, etwa um eine bestimmte Position oder Verhaltensweise zu rechtfertigen. 94 Für die Analyse ökonomischer Konflikte in der Augsburger Führungsschicht des 16. Jahrhunderts wie Bankrottverfahren sind Roberts' Überlegungen in mehrfacher Hinsicht relevant. Zum einen verweisen sie auf die unterschiedlichen Möglichkeiten der Regelung des Konflikts - durch direkte Verhandlungen zwischen dem Bankrotteur und seinen Gläubigern, durch die Vermittlung von Verwandten oder angesehenen Kaufleuten, durch einen Urteilsspruch des Stadtgerichts oder durch einen Ratsentscheid. Zahlreiche Indizien deuten darauf hin, daß frühneuzeitliche Kaufleute im Konfliktfall keineswegs der obrigkeitlichen Entscheidung automatisch den Vorzug gaben. So enthielten die Gesellschaftsverträge süddeutscher Handelsfirmen eine „Vielzahl von Schiedsklauseln und Gerichtszuständigkeitsvereinbarungen", die eine deutliche Präferenz für die interne Schlichtung von Konflikten demonstrieren. Der Vertrag zwischen den in Antwerpen ansässigen deutschen Kaufleuten Joachim Pruner und Kilian Reitwieser etwa sah vor, daß

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Ebd., S. 72-82. Instruktiv ist in diesem Zusammenhang auch Leopold Pospisils Konzeption einer „Vielzahl von Rechtssystemen" und unterschiedlicher „Ebenen des Rechts", die in einer bestimmten Gesellschaft nebeneinander existieren. Jede Untergruppe einer Gesellschaft verfugt demnach über ihr eigenes, von dem anderer Untergruppen verschiedenes Rechtssystem. Pospisil, bes. S. 146-171. Nach Dinges, Ehre II, S. 49-50 verteidigen kleinere soziale Gruppen in bestimmten Konfliktsituationen „ihre Autonomie nach außen und die Selbstregulierung nach innen und sperren sich gegen Fremdregulierung durch Polizei und Gerichte. Die Fremdregulierung bietet für die um Ehre Streitenden lediglich eine zusätzliche Handlungsmöglichkeit." Roberts, S. 49. Ebd., S. 53-54.

34 interne Konflikte durch sachkundige Kaufleute geschlichtet werden sollten, „nit doctores noch procuratores, die sich mit solchen zwietrechtigen hendlenn neren". 95 Auch die Unterscheidung zwischen Normbruch und Interessenkollision kann sich bei der Analyse von Konflikten innerhalb der Augsburger Kaufmannschaft als hilfreich erweisen. So läßt sich z.B. der teilweise erbittert geführte Konkurrenzkampf zwischen den Unternehmen der Fugger und Höchstetter auf dem europäischen Kupfer- und Quecksilbermarkt als Interessenkonflikt um Ressourcen und Marktanteile interpretieren.96 Der Chronist Clemens Sender verweist jedoch auch auf eine andere Dimension der kaufmännischen Praktiken Ambrosius Höchstetters, wenn er sie als Verstoß gegen eine fundamentale gesellschaftliche Norm bewertet: Höchstetter habe „offt den gemeinen nutz und armen mann truckt". 97 In der Augsburg-Literatur ist die Rolle von Konflikten innerhalb der reichsstädtischen Gesellschaft des 16. Jahrhunderts recht unterschiedlich beurteilt worden. Einige Autoren gingen dabei von einem grundsätzlichen Konsens zwischen städtischer Führung und Gemeinde aus. Im 16. Jahrhundert, so hat etwa Jakob Strieder formuliert, dürfe Augsburg „als die Stadt mit der fortgeschrittensten Wirtschaftsethik und Wirtschaftspolitik angesehen werden. [...] Der wirtschaftliche Liberalismus und Individualismus ist im Rat der alten Reichsstadt zur Herrschaft gelangt."98 Volker Press zufolge profitierten in Augsburg und Nürnberg „zu Anfang des 16. Jahrhunderts nahezu alle von dem glänzenden Aufstieg dieser Städte."99 Friedrich Lütge schließlich meinte sogar, die Hauptursache für den wirtschaftlichen Boom Augsburgs im 16. Jahrhundert in der Tatsache ausmachen zu können, „daß Augsburg sich frei hielt von jeder Begrenzung der Reichtumsbildung und den Gedanken individualistischer Wirtschaftsfreiheit in größerer Reinheit verwirklichte als andere Städte."100 Gegenüber dieser stark harmonisierenden Sicht der gesellschaftlichen Verhältnisse im Augsburg des 16. Jahrhunderts haben andere Autoren auf die wachsende gesellschaftliche Differenzierung und Polarisierung hingewiesen, die mit dem ökonomischen Aufschwung der Stadt einherging. Die daraus resultierenden Spannungen habe der Augsburger Rat zum einen durch eine umfassende Versorgungsund Wohlfahrtspolitik in Teuerungszeiten, zum anderen durch die „Aufrechterhaltung eines alle Zünfte beherrschenden und alle von unten nach oben drängenden Bewegungen abfangenden Systems oligarchischer Personalpolitik" auffangen können. Die Sozialpolitik des Rates wurde ergänzt durch wohltätige Stiftungen 95 96

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Lutz, Struktur, Bd. 1, S. 469-477 (Zitat S. 471); Bd. 2, S. 57'. Vgl. Kern, bes. S. 172, 191-192; Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 1, S. 131-135, 159-160, 163164; Kellenbenz, Anton Fugger, S. 64-65, 68-69. Chroniken, Bd. 23, S. 220. Strieder, Jakob Fugger, S. 49. Gegen diese Auffassung Lutz, Peutinger, S. 138-140. Press, Führungsgruppen, S. 54. Ähnlich auch Blendinger, Führungsschichten, S. 74; Riebartsch, S. 32. Lütge, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, S. 298; vgl. Klein, S. 82-83.

35 reicher Bürger, insbesondere der städtischen Kaufmannschaft. 101 Im Laufe des 16. Jahrhunderts zwang die sich zunehmend verschlechternde soziale Lage der Weber, die die bei weitem zahlreichste Berufsgruppe in der städtischen Gesellschaft darstellten, den Rat zu immer weitergehenden ordnungspolitischen Maßnahmen, die von der Limitierung der Zahl der Webstühle pro Werkstatt über die gesetzliche Begrenzung der Höhe der Weberschulden bis hin zu Preisstützungs- und Beschäftigungsmaßnahmen (Einrichtung eines Pfandgewölbes) reichten.102 Konflikte innerhalb der städtischen Oberschicht sind bislang vor allem unter dem Gesichtspunkt des wirtschaftlichen Konkurrenzkampfs zwischen Handelsgesellschaften oder als Ausdruck persönlicher Feindschaften und Rivalitäten bewertet worden.103 Valentin Groebner hat jedoch kürzlich einen wegweisenden Neuansatz zur Analyse von Konflikten in städtischen Führungsschichten vorgestellt, indem er auf strukturell bedingte Interessendivergenzen und Konflikte innerhalb der patrizischen Führungsschicht sowie zwischen dem Rat und einzelnen Ratsfamilien in der oft als Oase patrizischer Stabilität beschriebenen Reichsstadt Nürnberg hinwies. So führte etwa die Gütererwerbungspolitik einzelner Familien zu Auseinandersetzungen mit Angehörigen anderer patrizischer Geschlechter, die ähnliche Interessen verfolgten, aber auch zu Konflikten mit der Territorialpolitik des Rates. Groebner hat vorgeschlagen, die politische Führungsschicht Nürnbergs als „elastisches System der Ehre" und „immer neu ausbalancierten Zustand" statt als festgefügtes System zu begreifen. 104 Diese Überlegungen berühren sich mit den sozialwissenschaftlichen und rechtsanthropologischen Ansätzen, Konflikte als „Normalfaü" gesellschaftlichen Zusammenlebens und Ausdruck unterschiedlicher persönlicher und Gruppeninteressen innerhalb einer sozialen Schicht zu sehen. Sie spielen insofern auch für die folgenden Ausführungen eine große Rolle.

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Lutz, Peutinger, S. 232; ferner Härtung, Vermögenssteuer, S. 875-881; Maschke, Deutsche Städte, S. 70, 72; Broadhead, Popular Pressure, S. 80-81, 84; Clasen, Weber, bes. S. 210223; Roper, Holy Household, S. 11 -15, 28-31. Clasen, Weber, bes. S. 237-307. Vgl. Ehrenberg, Bd. 1, S. 212-218; Werner, Bartholomäus Welser, 1968 I, S. 89-92; Henning, Bd. 1, S. 593-594, 713. Vgl. auch Dalhede, Oberdeutsche, S. 169-180. Groebner, bes. S. 282, 300.

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4. Zeitliche Rahmenbedingungen: Brüche und Kontinuitäten in Augsburg um die Mitte des 16. Jahrhunderts Der Bankrottfall der Gebrüder Weyer im Jahre 1557 bildet nicht zuletzt deshalb einen idealen Ausgangspunkt für die Analyse von sozialen Beziehungen, Normen und Konflikten in der Augsburger Kaufmannschaft, weil er zeitlich an einer „Bruchstelle" liegt, die sich gleich in mehreren Bereichen manifestiert. Politisch kommt dieser Bruch in der Einfuhrung eines patrizischen Ratsregiments in Augsburg durch Kaiser Karl V. und die damit einhergehende Entmachtung der Zünfte zum Ausdruck. Dies bedeutete vor allem für die nicht-patrizische Kaufmannschaft, die aus dem nun politisch maßgeblichen Geheimen Rat gänzlich ausgeschlossen war und auch im Kleinen Rat nur wenige Sitze erhielt, den weitgehenden Verlust ihrer politischen Einflußmöglichkeiten. 105 Die kurzzeitige Restitution des Zunftregiments im Jahre 1552, aber auch spätere Gerüchte über konspirative Bestrebungen, die Zunftverfassung wieder einzuführen, und über Attentatsversuche auf patrizische Stadtpolitiker zeigen, daß die vom Kaiser oktroyierte Verfassungsreform auch Jahre später noch keineswegs allgemein akzeptiert war.106 Mit der Verfassungsänderung von 1548 war auch eine sozial-ständische Neugliederung der Augsburger Bürgerschaft verbunden. Zum einen wurde der politische Führungsanspruch des sozial abgeschlossenen Kreises der Patrizierfamilien bekräftigt. Das Patriziat, das bis 1537 auf acht Familien zusammengeschrumpft war, war 1538 durch die Aufnahme von 38 Familien, zumeist aus der Kaufleutezunft, erheblich erweitert worden. Daneben erhielt der Stand der Mehr er - die mit dem Patriziat verschwägerten Kaufleute, die neben den Patriziern Zugang zur sozial exklusiven Herrentrinkstube hatten - als gesellschaftliche Zwischengruppe zwischen Patriziat und Kaufmannschaft mit der Regimentsänderung von 1548 Verfassungsrang. Ebenso war nun die Kaufleutestube, die sich 1539/41 als Reaktion auf die Patriziatserweiterung neu formiert hatte und in der Folgezeit als zunftübergreifender Zusammenschluß der nicht-patrizischen Kaufleute ein institutionelles Gegengewicht zur Herrentrinkstube bildete, als eigener gesellschaftli-

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1 5 48 erhielten die Vertreter der Kaufleutestube nur einen der 42 Sitze im neuformierten Kleinen Rat zugesprochen, während die „Mehrer" - eine Schicht von mit dem Patriziat verschwägerten Kaufleuten und Akademikern - drei Sitze bekamen. 1555 wurde die Zahl der Mehrer auf vier, die der Kaufleute auf drei erhöht: zur Einführung und Organisation des patrizischen Ratsregiments in Augsburg vgl. Warmbrunn, S. 106-114; Isenmann, S. 246-252; Sieh-Burens, Oligarchie, S. 33-38; Naujoks, Karl V., S. 50-61; Roeck, Krieg und Frieden, Bd. 1, S. 232-269. Den Bruch, den das Jahr 1548 in der Geschichte der Augsburger Führungsschichten bedeutete, betonen Mörke/Sieh, S. 303-304, 309-310.

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Sieh-Burens, Oligarchie, S. 186.

37 eher Stand in den Ratsgremien und städtischen Ämtern repräsentiert. Die Zünfte schließlich wurden 1548 als politische Korporationen und gesellige Vereinigungen aufgelöst. An ihre Stelle trat politisch die Gemeinde als vierte Großgruppe der Augsburger Bürgerschaft, während die einzelnen Handwerke „als rein gewerbliche Verbände der Reglementierung, Kontrolle und Aufsicht des Geschlechterrates unterworfen" wurden.107 Da sich die wirtschaftliche Oberschicht der Reichsstadt, also die Besitzer großer Vermögen, weitgehend auf die drei Gruppen des Patriziats, der Mehrer und der Kaufleutestube beschränkte, 108 werden die Begriffe „Führungsschicht" bzw. „Elite" hier für diese drei Gruppen verwendet. Auch im religiös-kirchlichen Bereich lassen sich die Jahre nach 1548 als Umbruchsphase charakterisieren. Auf die Wiederherstellung der katholischen Religionsausübung, die klare Bevorzugung katholischer Patrizier bei der Besetzung städtischer Spitzenämter 1548 und die Einführung des Interims in der mehrheitlich protestantischen Stadt folgte eine Periode der konfessionellen Unsicherheit und des gegenseitigen Mißtrauens, die in der Ausweisung der evangelischen Prädikanten aus der Stadt 1551 ihren Höhepunkt fand und erst nach der Anerkennung der Bikonfessionalität der Reichsstadt im Augsburger Religionsfrieden von 1555 in eine Phase der konfessionellen Koexistenz einmündete. Zugleich war der Augsburger Protestantismus, innerhalb dessen sich zu Beginn der 1530er Jahre eine zwinglianische Richtung durchgesetzt hatte, durch die Entwicklung der Jahre 1548 bis 1555 auf eine lutherische Linie festgelegt.109 Im ökonomischen Bereich schließlich ist den 1557 einsetzenden spanischen und französischen Staatsbankrotten gerade in der älteren wirtschaftsgeschichtlichen Forschung eine überragende Bedeutung für die Entwicklung der Augsburger Wirtschaft beigemessen worden. Richard Ehrenberg sah in den Jahren 1557-1560 einen Wendepunkt der europäischen Wirtschaftsgeschichte. Die Staatsbankrotte hatten nach Ehrenberg einen spürbaren Kapitalmangel in den europäischen Handelsmetropolen, steigende Zinsen und eine Welle von Firmenzusammenbrüchen zur Folge, die das „Zeitalter der Fugger" beendeten. 110 Noch drastischer formulierte Jakob Strieder die These eines Epochenwechsels: die rund 70 Bankrotte 107

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Zitat nach Isenmann, S. 249. Zur ständischen Gliederung der Augsburger Gesellschaft vor und nach 1548 vgl. Dirr, Studien; ders., Kaufleutezunft; Mörke/Sieh, S. 302-304; SiehBurens, Oligarchie, S. 24-28. Zu Patriziat und Mehrern vgl. auch Rieber, S. 313-314; Bätori, Patriziat, bes. S. 15-21. Vgl. Clasen, Arm und Reich, S. 318-320; Roeck, Krieg und Frieden, Bd. 1, S. 426-433, 480489. Zu diesen Prozessen vgl. Warmbrunn, S. 71-88; Sieh-Burens, Oligarchie, S. 169-187. Ehrenberg, Bd. 2, bes. S. 174-178. Vgl. Warnemünde, S. 26: „Unter allen Ereignissen, die als kausal für die spezifische Entwicklung der Augsburger Verhältnisse in den Kreis der Betrachtungen miteinbezogen werden müssen, stehen die Staatsbankrotte im Mittelpunkt. Sie waren auf das engste mit dem Schicksal der Fuggerstadt und dem seiner großen Vermögensträger verknüpft." Siehe auch Kulischer, S. 247-249; kritisch Hildebrandt, Effects, S. 59-61.

38 „großer und berühmter Handelshäuser", die Strieder zwischen 1556 und 1584 allein in Augsburg zählte, waren fur ihn die große „Wirtschaftskatastrophe des frühkapitalistischen Zeitalters", der „Zusammenbruch des süd- und mitteleuropäischen Frühkapitalismus" schlechthin. „Der Dreißigjährige Krieg", so Strieder, „fand auf hochfinanziellem und großkaufmännischem Gebiet sein wirtschaftliches Zerstörungswerk im wesentlichen schon vorgetan." 1 " Götz Freiherr von Pölnitz formulierte die These, daß um die Mitte des 16. Jahrhunderts in den oberdeutschen Reichsstädten auf die Generationen der „Gründer" und „Beherrscher" der großen Handelshäuser eine Generation von „Epigonen und Diadochen" folgte, die den geschäftlichen Herausforderungen der Zeit nicht mehr gewachsen war, sich zunehmend aus dem aktiven Handel zurückzog und sich nur noch auf den Genuß des von ihren Vorfahren erwirtschafteten Reichtums beschränkte." 2 Einige Autoren schließlich haben sogar versucht, einen Zusammenhang zwischen der konfessionellen Spaltung in Augsburg und der Neigung der städtischen Kaufmannschaft zum wirtschaftlichen Hazardspiel zu konstruieren, die sich nach Eintritt der Staatsbankrotte Ende der 1550er Jahre rächte. So urteilt Friedrich Blendinger über die Entwicklung des Augsburger Handels um die Mitte des 16. Jahrhunderts: „Die wohlüberlegten kaufmännischen Unternehmungen traten zurück. Im Vordergrund stand jetzt die Finanzierung ideologisch-politischer Kämpfe, die nicht mehr von wirtschaftlichen Kräften bewältigt werden konnten."" 3 Die neuere Forschung geht hingegen davon aus, daß sowohl die Folgen der französischen und spanischen Staatsbankrotte als auch die Bedeutung der um 1556 einsetzenden Konkurswelle für die Entwicklung der Augsburger Wirtschaft insgesamt weit überschätzt wurden. So hat Reinhard Hildebrandt im Anschluß an die Forschungen von Ramon Carande und Hermann Kellenbenz festgestellt, daß die meisten oberdeutschen Bankiers sich bereits vor 1552 aus dem spanischen Anleihegeschäft zurückgezogen hatten; ihr Platz war von genuesischen Finanziers übernommen worden. Überdies überlebten gerade die beiden Augsburger Firmen, die am stärksten in das Geschäft mit spanischen Kronanleihen involviert waren die Fugger und Welser - die Kreditkrisen der Jahre 1556 bis 1584. Von einem halben Dutzend Firmen, die seit den späten 1550er Jahren bankrott gingen, ist zwar bekannt, daß sie stark in französische Kronanleihen investiert hatten, doch sei beispielsweise keine der Nürnberger Firmen, die zu den Gläubigern der französischen Krone gehörten, in diesen Jahren in Konkurs gegangen. Bei den meisten Augsburgern, die 1559-1563 zahlungsunfähig wurden, handelte es sich nach Hil111 112 113

Strieder, Zusammenbruch, S. 46-49. Pölnitz, Generationenproblem. Blendinger, Führungsschichten, S. 68-6.9. Hingegen meinte Wolfgang von Stromer, daß „die als Ergebnis des Schmalkaldischen Kriegs der Stadt Augsburg auferlegte konfessionelle Parität [...] fortan fast alle kommunalen Initiativen lähmte." Auch von Stromer konstatiert einen Zusammenbruch des oberdeutschen Anleihemarkts in den Jahren nach 1557. von Stromer, Geld- und Wechselmärkte, S. 40.

39 debrandt um kleinere Kaufleute, Handwerker oder Männer, die über ihre Verhältnisse gelebt hatten." 4 Eine Analyse der Augsburger Steuerbücher für den Zeitraum von 1558 bis 1604 läßt keine Tendenzen eines ökonomischen Niedergangs erkennen, im Gegenteil: die Anzahl der Augsburger Steuerzahler wuchs von 1558 bis 1604 um 14,8 Prozent von 8.770 auf 10.069, während die Zahl der großen Steuerzahler, die über 100 Gulden entrichteten, also ein Vermögen von mindestens 20.000 Gulden versteuerten, im selben Zeitraum von 80 auf 117 anstieg, was einem Zuwachs von 46,3 Prozent entspricht. Die Anzahl der „mittleren Vermögen" mit einer Steuerleistung zwischen wenigen Kreuzern und hundert Gulden vergrößerte sich 1558-1604 um rund ein Viertel von 4.522 auf 5.647, während die Zahl der als „Habnits" bezeichneten Personen, die keine Vermögenssteuer zahlten, von 4.161 auf 4.293 mit nur 3,2 Prozent die geringste Zuwachsrate aufwies. Insbesondere die Textilproduktion, die das Rückgrat der Augsburger Wirtschaft bildete, erfuhr in diesem Zeitraum eine beträchtliche Ausweitung, die offenbar auch von einem Produktivitätszuwachs begleitet war." 5 Die Lücke, die der Bankrott einer Reihe großer Firmen und der Rückzug einiger Familien aus dem Geschäft hinterließ, wurde von einer neuen Generation kaufmännischer Aufsteiger gefüllt, die sich vorrangig im Warenhandel und Bergbau engagierten, dem Geld- und Kreditgeschäft aber weitgehend fernblieben und sich in der Zeit der kriegerischen Auseinandersetzungen in Frankreich und den Niederlanden stärker nach Mittelund Osteuropa hin orientierten. Namen wie Hans Österreicher, Wolfgang Paler und Martin Zobel stehen für die ungebrochene Leistungsfähigkeit des Augsburger Großkapitals im ausgehenden 16. und beginnenden 17. Jahrhundert." 6 Einige Autoren haben außerdem darauf hingewiesen, daß die Profite der Augsburger Kaufmannschaft der städtischen Wirtschaft nur in geringem Maße zugute kamen (Steuern, privater Konsum) und zumeist außerhalb Schwabens reinvestiert wurden, und daher die Auswirkungen der Konkurse Augsburger Handelshäuser auf

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Hildebrandt, Effects, S. 62-64 (Zitat S. 63). Ebd., S. 65-67. Ebd., S. 67-74; vgl. ders., Erben, S. 78; ders., Oberdeutschland und Venedig, S. 280; Blendinger, Führungsschichten, S. 69; Endres, Führungsschichten, S. 102. Gegen die These eines „Niedergangs" der Augsburger Wirtschaft in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts auch Lütge, Wirtschaftliche Lage, S. 358-359; Kellenbenz, Gewerbe und Handel, S. 442; ders., Augsburger Wirtschaft, S. 62; Schremmer, S. 1095-1096; Roeck, Krieg und Frieden, Bd. 1, S. 513-514; Rabe, S. 623; Bog, Wachstumsprobleme, S. 515-516. Der Mythos, daß die französischen und spanischen Staatsbankrotte das Ende des oberdeutschen Frühkapitalismus eingeläutet hätten, findet sich dessen ungeachtet auch noch in neueren Überblicksdarstellungen, bei Heinz Schilling sogar in Kombination mit der These von der „Feudalisierung" des Bürgertums: Schilling, Aufbruch, S. 52-53.

40 die gewerbliche Entwicklung der Stadt und des Umlands nicht allzu hoch veranschlagt werden dürften.117 Wenn hier eine Firma im Mittelpunkt steht, deren Bankrott vor allem durch ihre riskanten Anleihegeschäfte auf dem Lyoner Geldmarkt ausgelöst wurde, so ist damit keineswegs der Versuch verbunden, die gesamtwirtschaftliche Bedeutung des französischen Staatsbankrotts für den Augsburger Handelskapitalismus herauszustreichen. Vielmehr erscheint es reizvoll, gerade diese Firma und diesen Bankrott als Ausgangspunkt und Leitfaden für eine Analyse von sozialen Beziehungen, Normen und Konflikten in der Augsburger Kaufmannschaft zu nehmen, weil der Konkurs in eine Phase politischer, religiöser und wirtschaftlicher Umbrüche fiel, deren Auswirkungen auf Erwartungen, Normen und Verhaltensweisen sich als besonders aufschlußreich erweisen können.

5. Aufbau der Arbeit Die Arbeit gliedert sich thematisch in fünf Teile. Der erste Teil nimmt die Entwicklung der Familie Weyer und ihrer geschäftlichen Aktivitäten in Frankreich zum Ausgangspunkt für eine Darstellung zweier parallel verlaufender Entwicklungsstränge. Zum einen geht es hier um die Entwicklung des familiären Netzwerks der Weyer, das sich zwischen dem ausgehenden 15. Jahrhundert und der Mitte des 16. Jahrhunderts herausbildete und die Familie schließlich mit einer großen Anzahl einflußreicher und kapitalkräftiger Kaufmanns- und Patrizierfamilien verband. Zum anderen werden die geschäftlichen Aktivitäten der Gebrüder Weyer, die sich zunächst weitgehend auf den oberdeutsch-französischen Warenhandel und die Abwicklung von Kommissionsgeschäften beschränkten, sich um die Mitte des 16. Jahrhunderts aber zunehmend auf spekulative Geldgeschäfte verlegten, nachgezeichnet. Diese geschäftliche Entwicklung wird nicht allein unter der engen Perspektive einer Firmengeschichte, sondern vielmehr im Kontext allgemeinerer Entwicklungen - des Interesses Augsburger Kaufleute am französischen Waren- und Geldmarkt und der ökonomischen Verflechtungen innerhalb der Augsburger Kaufmannschaft - gesehen. Der zweite Teil behandelt die Rolle Augsburger Bankiers auf dem Lyoner Anleihemarkt um die Mitte des 16. Jahrhunderts, der aufgrund der massiven Verschuldungspolitik der französischen Krone und der hohen Zinsen, die die Könige Frankreichs ihren Gläubigern zahlten, einen in hohem Maße spekulativen Charakter hatte. Die Analyse der Augsburger Finanzkonsortien läßt neben den Weyer 117

Schremmer, S. 1088-1089, 1094; Mathis, S. 82. Zu den geringen Auswirkungen des oberdeutschen Handelskapitalismus auf die deutsche Wirtschaft insgesamt vgl. Lütge, Wirtschaftliche Lage, S. 355-358.

41 noch vier weitere Gruppen erkennen, innerhalb derer verwandtschaftliche Beziehungen eine große Rolle spielten, die aber untereinander nur in begrenztem Maße zusammenarbeiteten. Besondere Beachtung finden die Beziehungen der Augsburger zu den wichtigsten oberdeutschen Bankiers in Lyon in den 50er Jahren, den Straßburgern Georg Obrecht und Israel Minckel, und zu den in der französischen Handelsmetropole stark vertretenen italienischen Kaufleuten. Im Mittelpunkt des dritten Teils steht ein Kollektivporträt der Gläubiger der Weyer. Auf der Grundlage eines prosopographischen Ansatzes werden Lebenswege, Karrieremuster, Beziehungsnetze und Vermögensverhältnisse derjenigen Personen ermittelt, die den Weyer zum Zeitpunkt ihres Bankrotts Geld geliehen hatten. Während es sich bei den meisten Gläubigern um Vertreter der reichsstädtischen Oberschicht aus Patriziat und Großkaufmannschaft handelte, finden sich auch mehrere Vertreter eines bestimmten Typus von Intellektuellen unter den Kreditoren, deren Sozialprofile und Beziehungen zur Augsburger Kaufmannschaft einer gesonderten Betrachtung unterzogen werden. Auf diesem Weg sollen die Mechanismen und Strukturen der Kapitalaufnahme einer Augsburger Handelsfirma um die Mitte des 16. Jahrhunderts erhellt werden; der Vergleich mit weiteren Firmenbankrotten soll die Repräsentativität und Verallgemeinerbarkeit der an diesem Fallbeispiel gewonnenen Ergebnisse verdeutlichen. Der vierte Teil nimmt das Konkursverfahren der Weyer-Firma vor dem Augsburger Stadtgericht zum Ausgangspunkt für eine Analyse von Verhaltens- und Argumentationsweisen in Augsburger Konkursverfahren in den mittleren Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts, wobei in großem Umfang vergleichendes Material zu anderen Firmenzusammenbrüchen herangezogen wird. Besondere Beachtung findet dabei die Frage, inwieweit der Augsburger Rat als städtische Obrigkeit in ökonomische Konflikte wie Bankrottverfahren reglementierend eingriff. Der Faktor Verwandtschaft, der bereits in den ersten drei Teilen unter den Aspekten der sozialen und ökonomischen Verflechtung thematisiert wurde, wird im abschließenden fünften Teil unter dem Blickwinkel der zeitgenössischen Wahrnehmung und Beurteilung nochmals gesondert untersucht. Es wird zu klären versucht, welche Bedeutung Augsburger Kaufleute den Beziehungen zwischen Geschwistern, zwischen Eheleuten und entfernteren Verwandten beimaßen, und welche Erwartungen sie gerade in Krisen- und Konfliktsituationen daran knüpften.

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6. Quellen Die hier skizzierten Fragestellungen und Themenkomplexe lassen sich aufgrund ihrer Vielschichtigkeit sowie aufgrund der Überlieferungssituation nur unter Heranziehung einer großen Zahl von recht unterschiedlichen Quellen befriedigend analysieren. Die wichtigsten archivalischen Quellen finden sich im Stadtarchiv Augsburg und der Augsburger Staats- und Stadtbibliothek. Von den Familienarchiven Augsburger Kaufmanns- und Patrizierfamilien des 16. Jahrhunderts ist das Fuggerarchiv (Dillingen) das bei weitem reichhaltigste und gleichzeitig das zumindest hinsichtlich seiner handelsgeschichtlichen Bestände - am besten ausgewertete. Andere Familienarchive - etwa das Welser-Archiv auf Schloß Neunhof, das Archiv der Freiherrn von Rehlingen im Staatsarchiv München oder das Hausarchiv der Familie von Stetten in Aystetten bei Augsburg - verfugen hingegen nur noch über vergleichsweise geringe Restbestände an Archivalien aus dem 16. Jahrhundert, die teilweise erst im 19. und 20. Jahrhundert wieder zusammengetragen wurden. Zudem ist ein wesentlicher Teil der in diesen Familienarchiven aufbewahrten Quellen bereits publiziert" 8 bzw. wird gegenwärtig zur Publikation vorbereitet.119 Diese Situation der Privatarchive läßt eine Konzentration auf die städtische Quellenüberlieferung sinnvoll erscheinen. Die zentralen Quellen zum Bankrott der Gebrüder Weyer finden sich in der bislang nicht vollständig klassifizierten Reihe der Stadtgerichtsakten des Augsburger Stadtarchivs, die auch Material zu einer Reihe weiterer Firmenbankrotte und zu anderen Konflikten innerhalb der reichsstädtischen Elite enthält. Wichtige Ergänzungen liefern die Ratsprotokolle,120 die Akten des Bestands „Kaufmannschaft und Handel" und die „Personenselekte". Für die Wahrnehmung und Bewertung zeitgenössischer Phänomene wie Firmenbankrotte und geschäftliche Ausein11 s

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Eine Reihe von Quellen aus dem Familienarchiv der Welser sind z.B. in Welser, Welser, Bd. 2 ganz oder auszugsweise abgedruckt. Prof. Reinhard Hildebrandt, Aachen, hat seit längerem eine Veröffentlichung mit dem Titel „Internationale Wirtschaft und Politik: Die Paler und Rehlingen (1529-1642)", angekündigt, die sich zu einem beträchtlichen Teil auf Quellen aus dem Archiv der Freiherrn von Rehlingen stützt. Der Ende 1996 erschienene erste Band der Edition konnte in dieser Arbeit nicht mehr berücksichtigt werden. Das im Augsburger Stadtarchiv hinterlegte Archiv der Hörmann von und zu Guttenberg wertet derzeit Prof. Thomas Max Safley (University of Pennsylvania) aus. Während die Ratsprotokolle im Zeitraum von 1500 bis 1542 offenbar nur unregelmäßig gefuhrt wurden - der ganze Zeitraum von über vier Jahrzehnten wird durch drei Bände abgedeckt - werden die Protokolle ab 1543 wesentlich ausführlicher und informativer. Zwischen 1543 und dem Ende der 1570er Jahre wurden die Protokolle in der Regel von dem Ratsdiener Paul Hektor Mair geführt - ein Umstand, der ihnen ein sehr einheitliches Erscheinungsbild verleiht. Mair begann in diesem Zeitraum gewöhnlich alle ein bis zwei Jahre einen neuen Band.

43 andersetzungen stellen auch die überlieferten Chroniken und Selbstzeugnisse aus dem Augsburg des 16. Jahrhunderts wertvolle Quellen dar.12' Unter den Selbstzeugnissen Augsburger Patrizier und Großkaufleute ist das sogenannte Tagebuch des Lukas Rem zweifellos die bekannteste Quelle.122 Aufgrund ihres autobiographischen Gehalts erwiesen sich daneben auch die Stamm- oder Geschlechterbücher einiger führender Augsburger Familien des 16. Jahrhunderts, etwa das Geschlechterbuch der Familie von Stetten, das umfangreiche Aufzeichnungen des Kaufmanns Christoph von Stetten (1506-1556) über sein Leben und seine Familie enthält,123 oder das „Geheime Ehrenbuch" der Familie Linck als besonders wichtig.124 Deviantes Verhalten von Mitgliedern der städtischen Führungsschicht, worunter auch betrügerische Bankrotte fallen konnten, fand außer in den Ratsprotokollen und der Chronistik vereinzelt auch in den Strafbüchern des Rates und den Urgichten des städtischen Strafamts seinen Niederschlag. Die Bestimmung der Mitgliedschaft der städtischen Führungsschicht basiert auf dem Zunftbuch der Kaufleutezunft, dem 1541 einsetzenden Mitgliederverzeichnis der Kaufleutestube, sowie auf den Ratsämterbüchern, aus denen sich die Amtstätigkeit der Augsburger Patrizier und Großkaufleute erschließen läßt.125 Die Rekonstruktion familiärer und verwandtschaftlicher Beziehungen und rechtlicher Interaktionen in der Augsburger Kaufmannschaft kann sich auf einige genealogische Werke126 und auf serielle Quellen wie die 1551 einsetzenden Pflegschaftsbücher, auf Heirats- und Kaufbriefe stützen. Die wichtigsten Quellen fur wirtschaftliche Beziehungen innerhalb der Augsburger Kaufmannschaft bilden neben den

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Die Chroniken des Mönchs Clemens Sender, des Kaufmanns Wilhelm Rem, des Malers Jörg Breu und des Ratsdieners Paul Hektor Mair erschienen als Bände 23, 25, 29, 32 und 33 der „Chroniken der deutschen Städte". Als einzige zeitgenössische Chronik wurden die Aufzeichnungen des Arztes und Humanisten Achilles Pirmin Gasser noch im 16. Jahrhundert gedruckt. An ungedrucktem Chronikmaterial wurden vor allem die Werke Matthäus Langenmantels und Matthäus Manlichs (StBA, 2° Cod. Aug. 51 und 69) herangezogen. Zur Augsburger Chronistik des 16. Jahrhunderts vgl. Rramer-Schlette; Beilot. Zur Person Rems vgl. Welser, Rem. Hämmerle, Geschlechterbuch. StBA, 2° Cod. Aug. 489. Zur Gattungsbestimmung der Autobiographie im 16. Jahrhundert vgl. Völker-Rasor, S. 25-65. Das Zunftbuch der Kaufleute findet sich in StAA, Reichsstadt, Zünfte, Nr. 148, das Mitgliederverzeichnis der Kaufleutestube im Archiv der Industrie- und Handelskammer Augsburg. Im Rahmen des oben erwähnten Projekts „Augsburger Eliten 1500-1620" wurden die Ratsämterbücher von 1520 bis 1548 von Katarina Sieh-Burens, das Ratsämterverzeichnis ab 1548 sowie das Protokollbuch der Kaufleutestube von Ulrich Klinkert transkribiert. Auf diese Transkriptionen konnte sich die in dieser Arbeit vorgenommene Auswertung stützen. Insbesondere die von Albert Haemmerle publizierten Hochzeitsbücher der Augsburger Bürgerstube und der Kaufleutestube und die Stammtafeln von J. Seifert (Exemplare in der Staats- und Stadtbibliothek Augsburg und im Augsburger Stadtarchiv) sowie von A. Werner und F. Lilienthal (im Augsburger Stadtarchiv).

44 erwähnten Stadtgerichtsakten die Stadtgerichtsbücher,127 die Prozeßakten des Reichskammergerichts, 128 die erhaltenen Handelsbücher einiger Augsburger Firmen um die Mitte des 16. Jahrhunderts, unter denen sich die Geheimbücher der Haug-Langnauer-Linck-Gesellschafit' 29 und das in der Staatsbibliothek Bamberg liegende Fragment eines Hauptbuchs der Augsburger Welser-Gesellschaft aus den Jahren 1554 bis 1560130 als besonders ergiebig erwiesen, sowie die vor kurzem von Friedrich und Elfriede Blendinger publizierten Augsburger Unterkaufbücher der Jahre von 1551 bis 1558, die Tausende von Wechsel- und Kreditgeschäften auf dem Augsburger Geldmarkt in genau der Zeitspanne dokumentieren, die im Zentrum dieser Arbeit steht. Das einzige Augsburger Notariatsarchiv des 16. Jahrhunderts, das sich erhalten hat, das Archiv des Johannes Spreng, setzt erst 1567 ein. Für die hier verfolgten Fragestellungen erwiesen sich vor allem die darin enthaltenen Testamente sowie einige Geschäftsvollmachten als aufschlußreich. 131 Hinsichtlich der Vermögensverhältnisse der Augsburger Bürgerschaft sind die für das 16. Jahrhundert lückenlos erhaltenen Steuerbücher eine schier unerschöpfliche, allerdings auch nicht unproblematische Quelle,132 während sich ländlicher Grundbesitz Augsburger Patrizier und Kaufleute aus den Bänden des „Historischen Atlas von Bayern" rekonstruieren läßt. Aus der umfangreichen personen- und firmengeschichtlichen Literatur zur Augsburger Kaufmannschaft ragen die Arbeiten über das Unternehmen Anton Fuggers von Pölnitz und Kellenbenz aufgrund der Fülle des Materials, das sie bereitstellen, heraus. Das Augsburger Material wurde durch Dokumente aus anderen süddeutschen Archiven, vor allem aber durch Quellen aus Lyon, dem Zentrum des Weyer-Handels um die Mitte des 16. Jahrhunderts, ergänzt. Hier ergaben die in den Archives Departementales du Rhöne aufbewahrten Notariatsprotokolle, die seit etwa 1540 in größerer Zahl überliefert sind, wichtige Aufschlüsse über die Präsenz Augsbur-

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Die Stadtgerichtsbücher wurden in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts jahrgangsweise geführt. Die Serie weist jedoch eine Reihe von Lücken auf; so fehlen die Jahrgänge 1514, 1524-1526, 1529, 1530, 1534-1538, 1540, 1541 und 1549 (vgl. Roper, Holy Household, S. 269). Für die Zeit nach 1550 existieren nur noch wenige Bände, der letzte aus dem Jahr 1567. Die Akten über Prozesse, an denen Augsburger Bürger beteiligt waren, finden sich in der Regel in den Reichskammergerichtsakten im Bayerischen Hauptstaatsarchiv München. StAA, KuH, Nr. 5 und 6. StBB, Msc. Var. 13/1, 13/2. Teilweise Edition: Korzendorfer. Zum Quellenwert des Spreng-Archivs vgl. Dalhede, Oberdeutsche, S. 60-66. Als wesentliche Probleme sind zu nennen, daß die Steuerleistung auf einer Selbsteinschätzung der Bürger beruhte, der Steuerfuß nur in größeren Abständen - in der Regel alle sechs bis sieben Jahre - neu festgesetzt wurde und mobiles und immobiles Vermögen unterschiedlich besteuert wurde, während die Steuerbücher nur den Gesamtbetrag angeben. Vgl. die detaillierten Ausführungen zur Quellenproblematik der Steuerbücher bei Härtung, Belastung; Geffcken, Kap. 3.2; Clasen, Steuerbücher; Roeck, Krieg und Frieden, Bd. 1, S. 46-62.

45 ger Kaufleute in der französischen Handelsmetropole. 133 Grundlegend zur Geschichte der Lyoner Kaufmannschaft im 16. Jahrhundert ist Richard Gascons Werk „Grand commerce et vie urbaine" - eine „histoire totale" des Handels und der städtischen Führungsschicht der Rhone-Stadt, wie sie ungeachtet der zahlreichen Vorarbeiten fur Augsburg bislang fehlt.

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Zum Aufbau der Lyoner Archive und zum Quellenwert ihrer Bestände fur die Handelsgeschichte des 16. Jahrhunderts vgl. Gascon, Grand commerce, S. 9-11. Siehe auch die Zusammenstellung oberdeutscher Kaufleute in Lyon in Pfeiffer, Privilegien, S. 169-194.

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1. Familie und Geschäft

1.1 Handel, Politik und sozialer Status: Die Weyer im Augsburg der Reformationszeit Die Reichsstadt Augsburg - darin waren sich zeitgenössische Beobachter wie die Chronisten Wilhelm Rem und Achilles Pirmin Gasser einig - befand sich in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts in „grossem auffnemen".' Augsburgs Kaufleute hatten intensive Geschäftsverbindungen mit den wichtigsten europäischen Handels- und Finanzmetropolen (Venedig, Antwerpen, Lyon, Sevilla, Lissabon), gewährten Herrscherhäusern große Darlehen, waren in den wichtigsten Zentren des europäischen Kupfer-, Silber- und Quecksilberbergbaus aktiv und beteiligten sich an der europäischen Expansion nach Übersee. 2 Julius Härtung, Jakob Strieder und Friedrich Blendinger haben anhand der Augsburger Steuerbücher nachgezeichnet, wie sich der Aufschwung von Handel und Gewerbe in der Lechstadt in einer Zunahme der „großen Vermögen" niederschlug. Entrichteten im Jahre 1498 nur neun Personen 100 Gulden (fl) und mehr an Vermögenssteuer, so waren es 1554 bereits 94. Die Zahl der Augsburger, die zwischen 20 und 100 fl an Steuern zahlten, stieg im gleichen Zeitraum von 83 auf 258. Mit diesem Anwachsen einer reichen Oberschicht ging jedoch auch eine relative und absolute Zunahme einer nicht zur Vermögenssteuer veranlagten Unterschicht von armen Handwerkern, Knechten und Tagelöhnern einher: wurden 1498 noch 2.331 Steuerzahler als „Habnits", d.h. als Besitzlose eingestuft, so stieg ihre Zahl bis 1554 auf 4.381. 3 Gerade in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts war die Handelsmetropole Augsburg in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht „wie kaum ein zweiter Ort in Deutschland und Europa eine Stätte der Veränderung und des Wandels."4 Betrachtet man vor diesem Hintergrund die Laufbahn Hans Weyers (gest. 1552), der von 1501 bis 1547 als Zwölfer der Weberzunft dem Großen Rat der Reichsstadt Augsburg angehörte, 5 so scheint das Bild mehr von Statik und Kontinuität als von Dynamik bestimmt. Hans Weyer war der Sohn eines gleichnami-

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Chroniken, Bd. 25, S. 116; Gasser/Hartmann, Ander Theil, S. 258-259, 268-269. Überblicke über diese Entwicklungen geben Kellenbenz, Wirtschaftsleben und Zorn, Augsburg, bes. S. 175-229. Härtung, Vermögenssteuer, S. 869, 875; Blendinger, Mittelschicht, S. 47-48, 71. Schilling, Ruhe, S. 15. Chroniken, Bd. 34, S. 293.

47 gen Mangmeisters (gest. 1482/83), der bereits 1480 mit einer Steuerleistung von 19 3/4 fl, die nach Peter Geffcken auf ein Mindestvermögen von 2.638 fl schließen läßt, auf Rang 85 der Augsburger Vermögenshierarchie stand. 6 Damit gehörte er um diese Zeit zu den wohlhabendsten zwei Prozent der Steuerzahler in der aufstrebenden Handelsstadt. Bereits der ältere Hans Weyer war in den 70er und 80er Jahren des 15. Jahrhunderts Mitglied des Kleinen Rates und bekleidete 1476/77 das Amt eines städtischen Steuermeisters.7 Sein Sohn heiratete 1483 Anna Manlich, eine Tochter des Matthäus Manlich, der 1480 eine Steuer von 60 fl zahlte und sich damit unter den reichsten zwanzig Augsburger Bürgern befand. Im folgenden Jahr übergab Manlich 600 fl Aussteuer an seinen Schwiegersohn, 8 und 1494 empfing Hans Weyer nochmals 1.000 fl aus der Erbmasse seines Schwiegervaters.9 Im Jahre 1498 entrichtete Weyer eine Vermögenssteuer von 13 fl, was bei einem Steuersatz von 0,25 Prozent auf Immobilien und 0,5 Prozent auf fahrende Habe10 auf ein Vermögen zwischen 2.600 und 5.200 fl schließen läßt. Geffcken zufolge belegte Hans Weyer damit Rang 143 innerhalb der Hierarchie der Augsburger Steuerzahler." Bei insgesamt 5.351 Steuerpflichtigen gehörte er damit immerhin zu den vermögendsten drei Prozent der reichsstädtischen Bürgerschaft. In der stark segmentierten Gesellschaft Augsburgs waren 1498 über 40 Prozent der Steuerpflichtigen als „Habnits" eingestuft und entrichteten lediglich eine Kopfsteuer von 30 Pfennigen und ein Wachgeld von sechs Pfennigen. 12 In der Folgezeit wies Hans Weyers Steuerleistung nur geringe Fluktuationen auf: von 13 fl in den Jahren 1498 bis 1503 sank sie auf 10 fl im Jahre 1509, stieg erneut auf 13 fl im Zeitraum 1510-1515 und lag in den folgenden Jahrzehnten konstant zwischen 10 und 12 fl. Weyer war rund ein halbes Jahrhundert lang stets im Steuerbezirk „Vom Weberhaus", in unmittelbarer Nähe des institutionellen Zentrums seiner Zunft ansässig.13 Daß dieses statische Bild für das unmittelbare soziale Umfeld Weyers keineswegs repräsentativ war, zeigt ein Blick auf die Karriere seines Schwagers Hans 6

Geffcken, Anhang, S. 151 (Tabelle XVIII). Vgl. StAA, Werner/Lilienthal, „Weyer". Geffcken, S. 191 (Tabelle 16/16), 198 (Tabelle 17/3). 8 Ebd., Anhang, S. 147 (Tabelle XVIII); vgl. StAA, Werner/Lilienthal, „Weyer"; Seibold, S. 10-11. 9 Geffcken, Anhang, S. 168, 174 (Tabelle XX). 10 Dieser Steuersatz blieb im 16. Jahrhundert mit Ausnahme der Jahre 1504-1508 und 15451547, als der Steuerfuß auf bis zu 0,5 % für Immobilien und 1 % fur fahrende Habe erhöht wurde, konstant: Härtung, Vermögenssteuer, S. 868. " Geffcken, S. 183 (Tabelle XXI); Strieder, Genesis, S. 17-19, piazierte Weyer hingegen auf Rang 137. 12 Strieder, Genesis, S. 17-19; Blendinger, Mittelschicht, S. 71. 13 StAA, Steuerbuch 1501, Sp. 43a; Steuerbuch 1509, Sp. 42a; Steuerbuch 1522, Sp. 47a; Steuerbuch 1534, Sp. 53d; Steuerbuch 1544, Sp. 61b; Steuerbuch 1550, Sp. 75b; Geffcken, Anhang, S. 197 (Tabelle XXII), 208 (Tabelle XXIII). 7

48 Manlich, der von 1522 bis 1527 Zwölfer der Kaufleutezunft war und 1528 Zunftmeister wurde. 14 Bereits 1510 entrichtete Manlich, der 1498 mit 15 fl nur eine geringfügig höhere Steuer als sein Schwager bezahlt hatte, mit 67 fl einen mehr als fünfmal so hohen Steuerbetrag wie Hans Weyer, und bis 1522 konnte er seine Steuerleistung auf 172 fl 30 χ (Kreuzer) steigern.15 Manlich, der 1508 zu den Geschäftspartnern der Welser-Vöhlin-Gesellschaft gehörte,16 war um dieselbe Zeit bereits im Tiroler Erzhandel aktiv: 1509 nahm er 2.000 Zentner Kupfer von Jakob Fugger ab.17 Ein Jahr später führte er eine Kupferladung über den Brenner und stand gemeinsam mit seinem Bruder Simon in geschäftlichem Kontakt mit Maximilian I. und der Tiroler Kammer. 18 In den folgenden Jahren weitete Hans Manlich seine Aktivitäten im Montan- und Kreditgeschäft stetig aus. Um 1521 Schloß er mit Martin Paumgartner von Kufstein Lieferverträge über Tiroler Kupfer und Silber ab,19 1522 beteiligte er sich neben Hans Baumgartner, Konrad Rehlinger und Christoph Herwart an einem Darlehen in Höhe von 10.000 Dukaten, das Jakob Fugger der spanischen Krone zur Ausrüstung einer Flotte gewährte, 20 und 1527 Schloß er einen Kupferlieferungsvertrag mit der Gesellschaft Anton Fuggers ab.21 Ein Jahr später produzierte Hans Manlich, nunmehr in Gesellschaft mit seinem Neffen Matthäus, 2.000 Zentner Schwazer Kupfer, 22 und von 1528 an kaufte die Firma Hans und Matthäus Manlichs wiederholt Tiroler Silber von den Fuggern.23 1525 waren „Hans Manlich und seines Bruders Söhne" auch in der Handelsmetropole Antwerpen etabliert. Gemeinsam mit einer Reihe anderer oberdeutscher Firmen gewährte das Unternehmen in diesem Jahr ein Darlehen an Fuhrleute.24 Ungeachtet seiner Aktivitäten im Montanbereich und im Kreditgeschäft scheint Manlich jedoch das Rückgrat des Augsburger Warenhandels, den Textilhandel, nicht vernachlässigt zu haben. 1517 etwa brachten die Großkaufleute Christoph Herwart, Hans Manlich und Georg Mülich gemeinsam Magdalena Bidermann, offenbar die Witwe eines Webers, wegen nicht gelieferter Barchenttuche vor Ge14 15

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StAA, Reichsstadt, Zünfte, Nr. 148. Geffcken, Anhang, S. 182 (Tabelle XXI), 191 (Tabelle XXII), 201 (Tabelle XXIII), 210 (Tabelle XXIV); StAA, Steuerbuch 1522, Sp. 47d. Roßmann, Bruchstücke, S. 50. Pölnitz, Jakob Fugger, Bd. 2, S. 198; Seibold, S. 20. Seibold, S. 18, 20-21. Vgl. auch Pölnitz, Jakob Fugger, Bd. 2, S. 163, 209, 241, 247, 256, 369, 406; Sayous, commerce, S. 391; 1518 verlegten Manlich, Jakob Fugger und Ambrosius Höchstetter Kupfer- und Vitriollager von Wasserburg nach Rosenheim. Pölnitz, Jakob Fugger, Bd. 2, S. 390. Krag, S. 127-128; Seibold, S. 22. Kellenbenz, Fugger in Spanien und Portugal, Bd. 1, S. 153; Seibold, S. 22. Pickl, S. 140. Westermann, Garkupfer, S. 81. Unger, Fugger, S. 160-161. Strieder, Notariatsarchive, S. 14-17; vgl. Seibold, S. 21-22.

49 rieht. Herwart forderte acht, Manlich vier und Mülich zwei Tuche ein.25 1522 verklagte Manlich eine gewisse Gertraud Eberwein wegen eines ausstehenden Barchenttuches, 26 und 1527 forderte er von dem Weber Bartholomäus Feinle vier Barchenttuche. 27 Geschäftliche Kontakte der Manlich zu den mit ihnen verschwägerten Weyer sind nur in der Anfangsphase des ökonomischen Aufstiegs der Familie nachweisbar: 1496/97 beauftragte Simon Manlich seinen Schwager Hans Weyer mit der Einbringung einer Pfandschuld in Ulm.28 Noch deutlicher fällt der Kontrast zwischen Hans Weyer und Anton Bimmel aus, der alternierend mit ihm von 1518 bis 1526 das Amt des Zunftmeisters der Weber versah. Die Augsburger Steuerbücher weisen Bimmel als den Archetyp des zünftigen Aufsteigers in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts aus: seine Steuerleistung stieg von einem Gulden um 1500 über 73 fl im Jahre 1510 und 120 fl sechs Jahre später auf 185 fl im Jahre 1522.29 In Gesellschaft mit seinen Brüdern Leonhard (bis 1525) und Hans knüpfte er Handelsbeziehungen nach Antwerpen an: 1513 ist ein Warentransport der Bimmel von der Scheidestadt nach Frankfurt belegt,30 und 1527 tätigten die Bimmel und Anton Fugger gemeinsame Tuchkäufe in den Niederlanden. 31 In Tirol investierten Anton und Hans Bimmel in den Jahren 1524 bis 1527 24.000 fl in den Schwazer Berg-, Schmelz- und Pfennwerthandel, ein Gemeinschaftsunternehmen mit den Fuggern, Christoph Herwart und Benedikt Burkhart.32 Zusammen mit Christoph Herwart liehen die Bimmel 1528 König Ferdinand 45.000 fl,33 und 1531 folgten gemeinsame Warenlieferungen der Bimmel und der Erben Christoph Herwärts an Ferdinand. 34 Bimmels ökonomischer Erfolg ebnete ihm den Weg in die höchsten städtischen Ämter - 1521 wurde er Einnehmer, 1528 Baumeister und im folgenden Jahr Bürgermeister - und ermöglichte ihm den Erwerb von umfangreichem Grundbesitz außerhalb Augsburgs. Er besaß die Dörfer Nordendorf und Reichartshausen und gemeinsam mit seinen Brüdern das Lehen Hurlach.35

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StAA, StGB 1517, fol. 100, 102. StAA, StGB 1522, fol. 100. StAA, StGB 1527, fol. 89. Seibold, S. 20. Geffcken, Anhang, S. 191 (Tabelle XXII), 201 (Tabelle XXIII), 211 (Tabelle XXIV); StAA, Steuerbuch 1522, Sp. 48a. Doehaerd, Bd. 3, S. 100 (Nr. 2826). Strieder, Inventur, S. 20-21; Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 1, S. 431; S. 560, Anm. 52. Strieder, Genesis, S. 119; ders., Inventur, S. 24, 69; Kellenbenz, Kapitalverflechtung, S. 2426; ders., Tiroler Bergbau, S. 210; Blanchard, S. 107, 140. Strieder, Inventur, S. 20-21; Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 1, S. 431; S. 560, Anm. 52. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 1, S. 571, Anm. 89. StBA, 4° Cod. H. 11; von Stetten, Geschlechter, S. 291; Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 1, S. 88; S. 102-103, Anm. 7; Häßler, S. 46-47, 49; Fried/Hiereth, S. 56; Fehn, S. 34; Ringling, S. 255; Kießling, Bürgerlicher Besitz, S. 134.

50 Aber die großen Textilgeschäfte in den Niederlanden, die Kredite an Habsburg und die Tiroler Bergbauunternehmungen spiegeln nur einen Teil der Erfolgsgeschichte Anton Bimmels und seiner Brüder wider. Denn auch die Bimmel blieben fest im Barchenthandel verankert und verfolgten, wie die Stadtgerichtsbücher Jahr für Jahr aufs neue bestätigen, rigide jeden Weber gerichtlich, der seine Schulden nicht bezahlte oder seinen Lieferverp flichtungen nicht nachkam. 1517 etwa hatten Leonhard Bimmel und seine Brüder 9 fl 9 χ von dem Weber Claus Theuringer zu fordern, und im gleichen Jahr blieben ihnen der Weber Jakob Weyhenmüller sieben und Anna Cramerin fünf Barchenttuche schuldig.36 In den Jahren 1520 bis 1522 folgten Klagen gegen die Weber Leonhard Mair und Paul Franckenhofer wegen je sieben, Claus Stimpflin wegen elf und Matthias Schaller wegen zehn nicht gelieferter Tuche. 37 1523 schuldete der Weber Claus Schmid den Bimmel 22 Tuche und verpflichtete sich, die ersten sechs Tuche bis zum St. Jakobs-Tag und dann alle drei Monate ein weiteres Tuch zu liefern.38 1527 ließ Anton Bimmel von insgesamt fünf Webern ausstehende Barchenttuche eintreiben,39 und 1528, im Jahr des großen Kredites an Ferdinand, brachte er die Weber Jörg Ludwig, Ulrich Alt, Hans Weiß, Matthias Hieber und Hans Preining wegen jeweils acht bis elf ausstehenden Barchenttuchen vor Gericht und verklagte Jörg Asprian, Simprecht Stähelin und Matthias Braun wegen nicht bezahlter Schulden.40 Die Abmachung mit Matthias Hieber und seiner Frau Apollonia verdeutlicht exemplarisch, wie Bimmel in solchen Fällen seine Forderungen durchsetzte. Das Stadtgericht erlegte Hieber die Verpflichtung auf, die neun Tuche auf folgende Weise zu bezahlen: „2 tuch zwischen hie vnd Sontags, 1 tuch vff die quattember michaelis, vnd darnach all quattember 1 tuch zu jedem zyl 14 tag vor oder nach, vnnd wellche zyl sy nit halten, so hat bimell alle recht an sy bede erlangt nach der statt recht."41 Hier deutet sich an, daß die höchst unterschiedliche Vermögensentwicklung der beiden Weberzunftmeister Hans Weyer und Anton Bimmel wohl nicht nur in der größeren unternehmerischen Risikobereitschaft des letzteren, sondern auch in Bimmels größerer Aggressivität gegenüber seinen Zunftgenossen begründet lag. Ein zeitgenössischer Beobachter, der Maler Jörg Breu, sah in der Tat in dieser Be36 37 38 39

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StAA, StGB 1517, fol. 16, 38, 110. StAA, StGB 1520, fol. 12, 20; StGB 1521, fol. 148; StGB 1522, fol. 20. StAA, StGB 1523, fol. 52. StAA, StGB 1527, fol. 19 (sieben Tuche von Jörg und Barbara Eiselin), 38 (neun Tuche von Leonhard Lindenmair), 48 (elf Tuche von Hans Auerbach bzw. dessen Bürgen, dem Zimmermann Hans Christel), 77 (zehn Tuche von Hans Weinman), 78 (neun Tuche von Endris Gruber). StAA, StGB 1528, fol. 5, 6, 42, 48, 55, 56, 63, 67, 98. Ebd., fol. 55. Im Gegensatz zu der von Claus-Peter Clasen vertretenen Auffassung, daß es im frühneuzeitlichen Augsburger Textilgewerbe kein Verlagssystem gab, legen die hier exemplarisch skizzierten Beziehungen zwischen Kaufleuten und Webern den Schluß nahe, daß die Textilproduktion - zumindest im frühen 16. Jahrhundert - durchaus verlagsartig organisiert war! Vgl. Clasen, Weber, S. 330-332. Kritisch dazu auch Kießling, Problematik, S. 186-188.

51 reitschaft, die zünftigen Handwerker „auszubeuten", die wesentliche Ursache fur den Aufstieg der Bimmel: „in 36 jarn haben sie geschunden und zesamen tragen ab den webern und [dem] armen mann ob den zwaimal hunderttausent gulden". 42 Als die Brüder Anton und Hans Bimmel binnen eines Jahres verstarben, schrieb Breu in seiner Chronik: „also sindt dieselbigen zwen brueder in kurtzen jarn nacheinander abgangen; und haben den gemeinen mann in iren schreibstuben großmechtig beschwert." 43 Überdies berichten sowohl Breu als auch der Mönch Clemens Sender übereinstimmend, daß Anton Bimmel kurz vor seinem plötzlichen Tod für mehrere tausend Gulden eine große Menge an Schmalz - Breu spricht von 1.500 Fässern, Sender von 500 Zentnern - aufgekauft habe, um den Preis in die Höhe zu treiben. Das Schmalz sei jedoch nach seinem Tod verdorben und wertlos geworden, so daß es nur noch als Wagenschmiere verwendet werden konnte und großenteils in den Lech geschüttet werden mußte. Für beide Chronisten ist der Fall ein moralisches Exempel dafür, daß sich Eigennutz und ungehemmtes Profitstreben nicht auszahlten. „da ist Got ein richter gewesen", schreibt Breu, „zuo offenbarn, wie, die den gemeinen nutz betrachten sollen, [handien], wee denen, die ains solchen scheins leben!"44 Mit dem Hinweis auf den gemeinen Nutzen als zentraler Norm gesellschaftlichen Zusammenlebens in der frühen Neuzeit 45 spricht Breu ein grundsätzliches normatives Problem an: Männer wie Anton Bimmel setzten sich über den gesellschaftlichen Konsens hinweg und gelangten dabei zu immer größerem Reichtum und politischer Macht. Verstärkt wurde diese Problematik noch durch die Tatsache, daß ein Mann wie Bimmel sich das reformatorische Anliegen zu eigen machen und sich an die Spitze der evangelischen Bewegung in Augsburg stellen konnte, gleichzeitig aber seine finanziell lukrativen Beziehungen zum Kaiser weiter pflegte. 46 So gelangte denn auch Jörg Breu zu dem bitteren Fazit, daß von den sich evangelisch nennenden Großkaufleuten an der Spitze des Augsburger Stadtregiments keine echte religiöse Erneuerung zu erwarten war: ,ja, die ballen, saffran, goldt und silber auf wasser und landt hetten, da war es umb Got aus."47 Die relativ bescheidenen, über Jahrzehnte hinweg konstanten Vermögensverhältnisse Hans Weyers sagen jedoch noch längst nicht alles über seine Stellung innerhalb der Augsburger Gesellschaft des frühen 16. Jahrhunderts, denn auch 42 43 44 45 46

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Chroniken, Bd. 29, S. 48. Ebd., S. 51. Ebd., S. 47-48; Chroniken, Bd. 23, S. 328-329. Schulze, Gemeinnutz, S. 597; Burkhardt, Wirtschaft, S. 559. Nach Bimmels Wahl zum Bürgermeister notierte Breu: „da wenet die gantz gmain, Got und sie hetten ain euangelischen mann, da ward er noch teuflischer dann der Imhoff, und waren die größten heuchler, die kain mann erkennt hat. sie konten auf baiden tailen tragen, [auf evangelisch und] auf gaistlich und kais. mt." Chroniken, Bd. 29, S. 46. Chroniken, Bd. 29, S. 45.

52 Weyer war ein Mann von nicht unbeträchtlichem politischen Einfluß. Von 1513 bis 1526 bekleidete er das Amt des Zunftmeisters der Weber und war in dieser Funktion auch Mitglied des Kleinen Rates der Reichsstadt. Die Ämterlisten der Jahre 1520 bis 1526 weisen ihn überdies als Siegler und Mitglied der sogenannten Dreizehner aus.48 Das Dreizehnerkollegium, das sich in der Augsburger Stadtverfassung in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts herausgebildet hatte, stellte als engerer Ausschuß des Kleinen Rates das eigentliche Machtzentrum der Reichsstadt bis zur Aufhebung der zünftigen Verfassung im Jahre 1548 dar. Hier besorgten die höchsten städtischen Amtsträger - die beiden Bürgermeister, drei Baumeister, drei Einnehmer und zwei Siegler - gemeinsam mit drei weiteren Ratsherren in fast täglichen Sitzungen die laufenden Geschäfte der Reichsstadt und bereiteten nahezu alle Entscheidungen des Kleinen Rates vor.49 Stellte die Ausprägung der Dreizehner als politische Führungsspitze Augsburgs bereits eine Verengung der politischen Macht auf wenige Personen dar, so wurde diese Tendenz zur Oligarchisierung noch durch ein hohes Maß an personeller Kontinuität innerhalb des Gremiums und durch die sozio-ökonomische Position seiner Mitglieder verstärkt.50 Dies bestätigt ein Blick auf Weyers Kollegen im Dreizehnerkollegium von 1522. Der reichste Dreizehner dieses Jahres war der Patrizier Konrad Rehlinger, der neben Hans Weyer das Siegleramt bekleidete und mit einer Steuerleistung von 352 fl zur absoluten Spitzengruppe der Augsburger Gesellschaft zählte.51 Rehlinger stand von 1503 bis 1531 mit seinem Schwager Andreas Grander und dem gleichnamigen Sohn seines Schwagers Hans Honold einer Fernhandelsgesellschaft vor, in die 1507 auch Honolds Bruder Peter aufgenommen wurde. Die GranderRehlinger-Honold unterhielten intensive geschäftliche Beziehungen nach Venedig und Aquila, dem Zentrum des italienischen Safranhandels. 52 Rehlinger blieb siebzehn Jahre lang, zunächst als Siegler (1521-1526), dann als Einnehmer (15261538) Mitglied der Dreizehner. 53 Unter diesen hohen politischen Entscheidungsträgern der Reichsstadt zahlten auch Ulrich Rehlinger mit 188 fl 3 x, der bereits erwähnte Weberzunftmeister An48 49

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StAA, Ratsämterbücher; Chroniken, Bd. 34, S. 293. Zur Rolle der Dreizehner innerhalb der Augsburger Stadtverfassung vgl. Sieh, Stadtverfassung, S. 136; dies., Oligarchie, S. 30; Kießling, Augsburg zwischen Mittelalter und Neuzeit, S. 242; Rogge, „Ir freye wale zu haben". Diese Tendenzen sind bereits für das ausgehende 15. Jahrhundert festgestellt worden von Kießling, Augsburg zwischen Mittelalter und Neuzeit, S. 242. Bereits 1516 hatte Konrad Rehlinger mit 283 fl die siebthöchste Vermögenssteuer in Augsburg gezahlt: Geffcken, Anhang, S. 209 (Tabelle XXIV). Schöningh, S. 5-10, 67-72; Simonsfeld, Bd. 1, S. 360-361; Müller, Welthandelsbräuche, S. 44, 246; Burschel/Häberlein, S. 51. Zu den Gesellschaftsverträgen der Grander-RehlingerHonold vgl. auch Lutz, Struktur, Bd. 2, S. 28'-38'; Riebartsch, S. 70, 111, 142-143, 199, 403-405. StAA, Ratsämterbücher.

53 ton Bimmel mit 185 fl, der aus dem Nürnberger Patriziat stammende Hieronymus Imhof mit 162 fl 31 χ und Lukas Welser mit 105 fl 24 χ Steuersummen, die sie als Angehörige der reichen Oberschicht Augsburgs ausweisen. Ulrich Rehlinger, ein Schwager des Augsburger Großkaufmanns Ambrosius Höchstetter, 54 war seit 1509 Eigentümer des Dorfes Leeder 55 und gehörte über zwei Jahrzehnte lang dem Dreizehnerkollegium an. Zwischen 1523 und 1536 bekleidete er alternierend das Bürgermeister- und das Baumeisteramt. Er war offenbar bei seinen Standesgenossen und den Zunftmitgliedern gleichermaßen populär und trug wesentlich dazu bei, daß sich Anfang der 1530er Jahre die zwinglianische Richtung der Reformation in Augsburg durchsetzte.56 Lukas Welser, ein Bruder des Großkaufmanns Anton Welser, war mit einer Tochter des ehemaligen Augsburger Bürgermeisters Sigmund Gossembrot verheiratet und außerdem mit dem Stadtschreiber Konrad Peutinger entfernt verschwägert - ein deutlicher Hinweis auf die „Verfilzung" innerhalb der politischen Elite der zünftig verfaßten Stadt. Lukas war offenbar nicht an der Handelsgesellschaft seines Bruders beteiligt, sondern lebte von den Einkünften aus seinem umfangreichen Grundbesitz: er war Gerichtsherr zu Schwabmühlhausen, Kleinkitzighofen und Epfach, besaß einen Hof zu Schwabmünchen und erbte von seiner Schwiegermutter Anna Gossembrot das Gut Untermeitingen. 57 Etwas weiter unten in der städtischen Vermögenshierarchie angesiedelt waren der Patrizier Konrad Herwart (65 fl) sowie die langjährigen Bürgermeister Georg Vetter (40 fl 30 x), der Ende des 15. Jahrhunderts aus Donauwörth nach Augsburg zugezogen war und seine Aufnahme ins Patriziat durchgesetzt hatte,58 und Ludwig Hoser (31 fl) aus der Salzfertigerzunft. Konrad Herwart, dessen Vater bereits zwischen 1479 und 1483 dreimal das Bürgermeisteramt bekleidet hatte, gehörte jahrzehntelang dem Großen und Kleinen Rat an und nahm als Gesandter der Reichsstadt Augsburg in den 1520er Jahren an mehreren Reichstagen und Versammlungen des Schwäbischen Bundes teil, wo er als enger politischer Verbündeter des Stadtschreibers Konrad Peutinger dessen Politik des „mittleren Weges" in der Religionsfrage vertrat.59 Ulrich Artzt hatte mit einer Steuerleistung von 27 fl 54 55 56

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Genealogisches Handbuch, Bd. 7, S. 290. Kießling, Bürgerliche Gesellschaft, S. 201, Anm. 43. Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 1, S. 88, 93; S. 101-102, Anm. 3; Bd. 2, S. 8; SiehBurens, Oligarchie, S. 135-136, 138, 141-143, 150, 153. Welser, Welser, Bd. 1, S. 74-76; Bauer, Schwabmünchen, S. 200, 288-289. von Stetten, Geschlechter, S. 76-77; Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 1, 87, 93; S. 101, Anm. 1. Herwart nahm als Augsburger Gesandter u.a. am Nürnberger Reichstag von 1523, am Reichsstädtetag in Speyer 1525, am Speyerer Reichstag von 1526, am Nördlinger Bundesstädtetag von 1527, am Augsburger Bundestag und am Ulmer Städtetag von 1528 und schließlich am Reichstag in Speyer 1529 teil. Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 1, S. 88; S. 103, Anm. 8; Lutz, Peutinger, S. 218, 257, 261-262, 268-269, 284, 290, 295; Schmidt, Städtetag, S. 121, 137, 436-437, 485; Brady, Turning Swiss, S. 199.

54 im Jahre 1522 zwar kein sehr beträchtliches Vermögen aufzuweisen, war als Städtehauptmann des Schwäbischen Bundes jedoch eine Person, deren Einfluß weit über die Grenzen der Stadt hinausreichte. 60 In derselben Vermögenskategorie wie Hans Weyer steuerten noch drei weitere Dreizehner: der Baumeister Leonhard Nadler aus der Ledererzunft mit 10 fl, der Bäckerzunftmeister Hans Vischer mit 12 fl und Egloff Bissinger aus der Krämerzunft mit 9 fl. Mit diesem Kreis von Männern, die aufgrund ihres Reichtums, der Herkunft ihrer Familie oder ihrer politischen Funktionen hohes Ansehen genossen und über großen Einfluß verfugten, saß Hans Weyer fast täglich zusammen und beriet über so brisante Fragen wie die sozialen Unruhen in Augsburg, die sich in der Anfangsphase der Reformation 1524 im sogenannten Schilling-Aufstand manifestierten,61 oder die Haltung der Stadt im Bauernkrieg von 1525/26. Gerade im Bauernkrieg scheint Hans Weyers Verhalten eine nicht unerhebliche politische Bedeutung zugekommen zu sein. Einem von dem Stadtschreiber Konrad Peutinger verfaßten Bericht des Augsburger Rates an den schwäbischen Bundeshauptmann Ulrich Artzt zufolge hatten die Bauern zu Beginn des Aufstands versucht, mit den Augsburger Webern Verbindung aufzunehmen, die aufgrund ihrer Zahl und Leistungsfähigkeit das Rückgrat der städtischen Wirtschaft und Gesellschaft bildeten, zugleich jedoch in den ärmeren gesellschaftlichen Schichten überrepräsentiert waren und damit ein gefährliches „Protestpotential" in der Stadt darstellten. Diese Ansätze zu einer Fraternisierung zwischen Bauern und zünftigen Webern scheiterten Peutinger zufolge an der unerschütterlichen Loyalität des Weberzunftmeisters Hans Weyer gegenüber dem Augsburger Rat. Als am 9. März ein Vertreter der Bauern in Begleitung eines Webers bei Weyer erschien und ihm einen verschlossenen Brief übergab, weigerte sich dieser, das Schreiben anzunehmen.62 Einen knappen Monat später arbeitete Weyer zusammen mit seinen patrizischen Ratskollegen Konrad Herwart und Hans Rehlinger und den drei Augsburger Stadthauptleuten eine neue Sicherheitsordnung für die Reichsstadt aus.63 Hier wird deutlich, daß sich Hans Weyer nicht als Repräsentant einer verarmten und sozial unterprivilegierten städtischen Handwerkerschaft verstand, sondern als Vertreter von Ratsobrigkeit und sozio-ökonomischer Elite. Gemeinsam mit seinem Ratskollegen Hans Vischer fungierte Weyer 1527 als Testamentspfleger Gilg Schneiders und damit als Verwalter einer der bedeutendsten bürgerlichen Stiftungen im Augsburg des ausgehenden Mittelalters. 64 Der 60 61

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Vgl. Blendinger, Artzt. Vgl. dazu Vogt, Johann Schilling; Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 1, S. 155-170; Lutz, Peutinger, S. 232-236; Broadhead, Popular Pressure, S. 81-83, sowie jetzt vor allem die gründliche Analyse von Rogge, Für den Gemeinen Nutzen, S. 246-283. Vogt, Correspondenz, S. 364-365 (Nr. 121); Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 1, S. 172; Lutz, Peutinger, S. 240. Vogt, Correspondenz, S. 127 (Nr. 173). StAA, StGB 1527, fol. 74.

55 Zunftmeister Gilg Schneider hatte 1476 einen jährlichen Zins in Höhe von 13 ungarischen Gulden gestiftet, der bei der Stadt angelegt war und jedes Jahr am Michaelistag pfennigweise unter die Armen verteilt werden sollte; darüber hinaus hatte er in seinem 1481 abgefaßten letzten Willen die Aufrichtung eines Seelgeräts verfugt, „dessen Bestandteile ein Jahrtag, Geld fur Holz und Loden fur Arme, ein Gottberat beim Spital und das Almosen der Schüsseln waren". Dafür hatte jede Person, die in den Genuß von Schneiders Stiftung kam, nach ihrer Aufnahme drei Paternoster, drei Ave Maria und ein Glaubensbekenntnis zu beten. Die Schneidersche Stiftung stellt somit ein typisches Beispiel für die religiös motivierte Philanthropie eines wohlhabenden Zunftbürgers im vorreformatorischen Augsburg dar.65 Nach 1526 wurde Weyer allerdings von der Führungsspitze der Weberzunft und damit auch aus dem Kleinen Rat und dem Dreizehnerkollegium von Mang Seitz verdrängt - einem Mann, dessen Vermögen zwar nicht größer war als Weyers, der aber offenbar in stärkerem Maße als Weyer in der Lage war, in die städtische Politik der Reformationsperiode gestaltend einzugreifen - also ein Mann mit einem ausgeprägteren Herrschafts- und Machtwillen. 1531 wurde er erstmals zum Bürgermeister gewählt, und bis 1543 sechsmal wiedergewählt. 66 In der höchstwahrscheinlich von ihm selbst angeregten, von Clemens Jäger verfaßten Augsburger Weberchronik wurde besonders hervorgehoben, daß während der Amtszeit von Seitz das städtische Frauenhaus geschlossen, das Amt der Einungsherren, vor dem kleinere Streit- und Schuldsachen verhandelt wurden, neu eingerichtet, die städtischen Zensur- und Zuchtordnungen von 1537 erlassen und die Reformation vollständig durchgeführt wurde. Für den Verfasser der Weberchronik war Seitz ein Mann von ausgeprägten religiösen Überzeugungen - „ein starker heldt Christi" der über eine überdurchschnittlich gute Bildung verfügte und „des lateinischen [...] zimlich bericht" war.67 Jörg Breu, der die Wahl von Seitz zunächst begrüßt hatte, sah den Weberzunftmeister wenige Jahre später jedoch von seiner politischen Rolle korrumpiert: im Jahre 1536, so notierte er, sei „in ainem rath alhie ain solche hochbrächtigkeit gewesen, voran in den burgermeistern

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Kießling, Bürgerliche Gesellschaft, S. 222-223, 236-237. Die Stiftung wurde auch in den folgenden Jahrzehnten stets von Männern mit hohem gesellschaftlichen Ansehen verwaltet, zwischen 1561 und 1571 etwa von dem Kistler Heinrich Krön, dem Fuggerfaktor Georg Stegmann und den Kaufleuten Andreas Harder und Christoph Mair. Sowohl Harder als auch Krön bekleideten zeitweilig das Bürgermeisteramt. StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 15611565, S. 24; Kleines Pflegschaftsbuch 1569-1572, S. 89. Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 1, S. 104, Anm. 10; Sieh-Burens, Oligarchie, S. 116, 130, 135, 137-138, 143-144, 150 und passim; Roper, Holy Household, S. 21. Chroniken, Bd. 34, S. 249-250; Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 1, S. 104-105, Anm. 10. Wenn Lyndal Roper schreibt, daß die Schließung des Augsburger Frauenhauses nur in der Chronik von Clemens Sender erwähnt wird, so übersieht sie dabei die Weberchronik: Roper, Holy Household, S. 89.

56 Wolfen Rechlinger und Mang Seitzen, gar aufblasen und geschwollen mit macht, nichts, das nit adellich zuogieng." 68 Nachdem Seitz ihn aus dem Zunftmeisteramt verdrängt hatte, blieben Hans Weyer das Amt des Oberrichters, das er zwischen 1521 und 1541 innehatte, sowie einige weitere administrative Aufgaben wie die des Söldnermeisters und Zeugmeisters (1525-1536), Weinungeiters (1527-1544) und Salzungelters (1528-1544). Von 1527 bis 1544 gehörte er außerdem zu den Zusätzen zum Kleinen Rat, einem Kreis von Personen, um die der Kleine Rat bei wichtigen Anlässen erweitert wurde.69 Die Regelmäßigkeit, mit der Männer wie Mang Seitz und Hans Weyer bei den jährlich stattfindenden Zunftwahlen ein ums andere Mal wiedergewählt wurden, demonstriert eindrucksvoll den Bestätigungscharakter der Wahlen unter dem zünftigen Regiment, in denen die „besten", d.h. die erfolgreichsten und angesehensten Bürger bestimmt werden sollten.70 Das soziale Prestige Weyers, das sich in der Übernahme dieser Ämter manifestierte, schlug sich auch in den ehelichen Verbindungen nieder, die seine Kinder eingingen.71 Seine Tochter Anna heiratete Hans Jenisch (1469-1533), ein Mitglied der Kürschnerzunft, dessen Steuerleistungen in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts ihn aber bereits als erfolgreichen Kaufmann ausweisen. Im Jahre 1522 versteuerte er ein Vermögen von über 10.000 fl.72 Seit 1521 war er als Zwölfer der Kürschnerzunft Mitglied des Großen Rates, und von 1530 bis zu seinem Tod gehörte er als Zunftmeister dem Kleinen Rat an. 1531/32 hatte er außerdem das Amt des Kornmeisters inne.73 Anna Weyers Schwester Maria wurde die Frau Hans Zangmeisters, der um 1511 von Memmingen nach Augsburg übersiedelte und dort eine Handelsfirma gründete.74 Barbara Weyer vermählte sich mit Alexander Wirsing, der mit hoher Wahrscheinlichkeit ein naher Verwandter des Apothekers und Buchdruckers Markus Wirsing war.75 Eine weitere Tochter Hans

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Chroniken, Bd. 29, S. 72. StAA, Ratsämterbücher. Zur Funktion von Wahlen unter dem zünftischen Regiment in Augsburg vgl. Rogge, „Ir freye wale zu haben", bes. S. 264-267: „Die freye'wale bedeutet [...] nicht etwa die freie Auswahl aus den Kandidaten, sondern die Möglichkeit, immer wieder die 'Besten' zu wählen, personelle und damit auch politische Kontinuität zu sichern. [...] Als Garantie für kontinuierliche Politik war die Sicherstellung der regelmäßigen Wiederwahl von den Ratsherren mit Erfahrung in der Ämterlaufbahn wichtiger als die Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Kandidaten [...]." (Zitate 265, 267). Vgl. ferner Schilling, Ruhe, S. 17-18. Angaben zu den familiären Verbindungen nach StAA, Werner/Lilienthal, „Weyer". StAA, Steuerbuch 1522, Sp. 47c. 1510-1515 zahlte er 36 fl Vermögenssteuer. 1516 belief sich seine Steuerleistung auf 41 fl, was einem Mindestvermögen von 8.200 fl entspricht. Jenisch nahm damit Rang 86 innerhalb der Augsburger Vermögenshierarchie ein. Geffcken, Anhang, S. 203 (Tabelle XXIII), 214 (Tab. XXIV). StAA, Ratsämterbücher. Westermann, Zangmeister, S. 34; ders., Zahlungseinstellung, S. 475; Eirich, S. 231. StAA, Werner/Lilienthal, „Weyer". Er fehlt jedoch in Werner/Lilienthal, „Wirsing".

57 Weyers, Apollonia, heiratete den Kaufmann Lukas Müller. Sie starb offenbar früh, denn Müller ging bereits 1523 eine zweite Ehe mit Euphrosina Kraffter ein.76 Müller hatte Bergwerksbesitz in den Radstädter Tauern 77 und erhielt 1542 in Augsburg das Amt eines Geldunterkäufels übertragen. 78 Von Hans Weyers Söhnen ehelichte Georg mit Anna Ainkürn eine Angehörige einer angesehenen Nördlinger Bürgerfamilie. Die Familie war in Augsburg vor allem durch Augustin Ainkürn, vermutlich einen Bruder der Anna, vertreten, der 1525 Ursula Freer heiratete79 und im folgenden Jahr Mitglied der Salzfertigerzunft war.80 Augustin Ainkürn erscheint zwischen 1535 und 1539 wiederholt unter den Geschäftspartnern des Unternehmens Anton Fuggers, u.a. als Abnehmer von Tiroler Silber.81 1536 war er mit 3.000 fl Gläubiger Fuggers, während er drei Jahre später mit 3.887 fl unter dessen Schuldnern verzeichnet ist.82 Zwischen 1537 und 1550 sind zudem mehrere geschäftliche Kontakte Ainkürns nach Antwerpen nachweisbar. 83 Im Jahre 1546, in einer Zeit also, in der der Schmalkaldische Krieg für Augsburg eine militärische Bedrohung darstellte und für starke innerstädtische Spannungen sorgte, kündigte Ainkürn sein Augsburger Bürgerrecht auf. Da er diesen Schritt in schriftlicher Form vollzog, ohne selbst vor dem Rat zu erscheinen, akzeptierte der Magistrat Ainkürns Entscheidung ungeachtet eines kaiserlichen Geleitbriefs, den dieser vorweisen konnte, nicht und forderte ihn zur Nachzahlung verfallener Steuern auf.84 Der Dissens zwischen Ainkürn und dem Rat zog sich bis zum Jahr 1548 hin; nachdem der Rat im März befunden hatte, daß die Angelegenheit „aus beweglichen vrsachen Inn Rue gestelt" werden sollte,85 erschien Ainkürn im Juli persönlich vor dem Rat, um sein Bürgerrecht aufzusagen. 86 Sebastian Weyer schließlich ehelichte 1519 Magdalena Linck, eine Tochter des Heinrich Linck und der Magdalena Haug, die aus einer der erfolgreichsten kaufmännischen Aufsteigerfamilien der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts stammte. Heinrich Linck stand den Aufzeichnungen seines Sohnes Ulrich zufolge zunächst etliche Jahre im Dienst der Handelsgesellschaft seines Schwagers Melchior Stuntz,87 ehe ihm Gastel Haug, der „gar ein weiser vnnd Reicher Kauffman, auch 76 77 78 79 80 81

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StAA, Werner/Lilienthal, „Müller". Gruber/Ludwig, S. 40. StAA, RP 16 (1529-1542), fol. 200 v ; vgl. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 24-25. Hämmerle, Nr. 284; StAA, Werner/Lilienthal, „Freer". StAA, Reichsstadt, Zünfte, Nr. 228, S. 21. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/1, S. 296, Anm. 10; S. 408, Anm. 134; S. 414, Anm. 137; S. 452, Anm. 178. Ebd., S. 331, Anm. 189; S. 467, Anm. 253. Strieder, Notariatsarchive, S. 100, 258; Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2, S. 776, Anm. 198. StAA, RP 20/1 (1546), fol. 37 v ; RP 21/11 (1547), fol. 6 r -6 v . StAA, RP 22/1 (1548), fol. 66 r ,68 r . StAA, RP 22/11 (1548), fol. 26 v -27 r . Melchior Stuntz (gest. 1528), der mit Heinrich Lincks Schwester Magdalena verheiratet war und der Augsburger Krämerzunft angehörte, spielte in den ersten beiden Jahrzehnten des 16.

58 ainnes Erbarn Rats Baumaister gewesen" sei, seine Tochter samt einer Mitgift von 700 fl antrug. In seinem Testament vermachte Gastel Haug seinem Schwiegersohn, fur den er auch bei Kaiser Maximilian einen Wappenbrief erwirkt hatte, nochmals 300 fl und legte mit diesen Zuwendungen den Grundstein fur den späteren Reichtum der Familie.88 Während Ulrich Lincks Vermögen eine rasante Aufwärtsentwicklung zeigte - seine Steuerleistung stieg von 18 fl im Jahre 1522 auf 152 fl 1534, 371 fl 1544 und schließlich 600 fl im Jahre 155089 - bewegte sich das seines Schwagers Sebastian Weyer in bescheideneren Dimensionen. Immerhin entrichtete er 1522 mit 17 fl 30 χ und 1534 mit 30 fl eine deutlich höhere Vermögenssteuer als sein Vater.90 Die Eheschließungen von Hans Weyers Kindern mit Angehörigen aufstrebender zünftiger Kaufmannsfamilien wie den Jenisch, Zangmeister, Müller, Linck und Ainkürn können als Beleg dafür gewertet werden, daß ihr Vater sein soziales Prestige in erfolgreiche „Beziehungsarbeit" umgesetzt hatte. Binnen einer Generation hatte sich das Beziehungsgeflecht, das die Weyer mit Familien der wirtschaftlichen Oberschicht Augsburgs verband, ganz erheblich vergrößert. Mit diesem Aufbau eines Netzwerks sozialer Beziehungen zu kaufmännischen Aufsteigerfamilien ging offenbar ein verstärktes Engagement der Weyer im Fernhandel einher. Seinem Schwager Ulrich Linck zufolge hatte Sebastian Weyer „sein gewerb In Franckreich gehabt"91 - ein Umstand, der ihn offenbar daran hinderte, wie sein Vater eine politische Laufbahn einzuschlagen, denn er bekleidete nie ein Ratsamt. 1543 starb Weyer „auff dem weg Inn Franckenreich zu Symnach an der Apoplexia." 92 Die Integration der Weyer in das Netzwerk der reichsstädtischen Kaufmannschaft setzte sich auch in der folgenden Generation fort. Von den neun Kindern Sebastian Weyers, deren Namen überliefert sind, ist über drei - Jeremias, Jakob und Philipp - nichts weiter bekannt. Ein weiterer Sohn, Paul, wurde wie sein Onkel Hans Weyer Chorherr in Freising.93 Die autobiographischen Aufzeichnungen von Sebastian Weyers Schwager Ulrich Linck legen die Vermutung nahe, daß die

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Jahrhunderts im Schwazer Kupfer- und Silbergbau eine große Rolle, war aber auch im Kitzbüheler Bergbau aktiv. Vgl. Strieder, Genesis, S. 193-194; Kellenbenz, Kapitalverflechtung, S. 24, 27; Seibold, S. 18-21; Blanchard, S. 106, 139. StBA, 2° Cod. Aug. 489, fol. 15 v -16 r . Gastel Haug (gest. 1510), seit 1468 verheiratet mit Ursula Fugger vom Reh, war von 1477 bis 1506 Zwölfer der Augsburger Salzfertigerzunft und bekleidete 1503 das Amt des Zunftmeisters: StAA, Werner/Lilienthal, „Haug"; StAA, Reichsstadt, Zünfte, Nr. 228. Im Jahre 1509 zahlte er 50 fl 30 χ Vermögenssteuer: StAA, Steuerbuch 1509, Sp. 42d. StAA, Steuerbuch 1522, Sp. 48a; Steuerbuch 1534, Sp. 53; Steuerbuch 1544, Sp. 54a; Steuerbuch 1550, Sp. 67c. StAA, Steuerbuch 1522, Sp. 48a; Steuerbuch 1534, Sp. 54d. StBA, 2° Cod. Aug. 489, fol. 1 f . Ebd., fol. 18r. StAA, Werner/Lilienthal, „Weyer".

59 Unterbringung von Kaufmannssöhnen auf geistlichen Pfründen primär eine Versorgungsstrategie fur diejenigen Söhne darstellte, die keine Neigung oder kein Talent zu einer kommerziellen Tätigkeit hatten. Linck berichtet über seinen Bruder Gastel, dieser hätte sich in seiner Jugend einen Bruch zugezogen, der ihn offenbar dauerhaft behinderte. „Deßhalben der Vatter", so Ulrich Linck, „vnd auch sein Schweher Gastel Haug, sich souil bemühet, das Er auff dem hohen Stifft zu Trient kommen, vnnd daselbsten ain Thombherr worden ist".94 Zwei weitere Söhne Sebastian Weyers, David und Sebastian d.J., arbeiteten mit ihrem Bruder Hans geschäftlich zusammen, doch ist nichts über etwaige Eheschließungen der beiden bekannt. Die Tochter Magdalena ehelichte Hans Neumair, der 1541 wie sein Vater Sebastian Mitglied der Augsburger Kaufleutestube war95 und Anfang 1549 als Vertreter der Kaufleute einen Sitz im Großen Rat der Reichsstadt einnahm. 96 Neumair, dessen Steuerleistung 1544 14 fl betrug und sich bis 1550 auf 28 fl verdoppelte,97 gehörte in den 50er Jahren des 16. Jahrhunderts höchstwahrscheinlich der Gesellschaft „Sebastian Neumair und Söhne" an.98 1555 wurde er gemeinsam mit Matthäus Schwarz - vermutlich niemand anderer als der Fugger'sche Hauptbuchhalter und Autor der oft zitierten „Kostümbiographie" - in seiner Funktion als Testamentarier des Kaufmanns Veit Wittich von dessen Witwe vor dem Augsburger Stadtgericht verklagt. 99 Von 1563 bis 1564 bekleidete er das Amt eines städtischen Almosenherrn, machte kurze Zeit später jedoch Bankrott und verließ deswegen Augsburg im Jahre 1568.100 Eine weitere Tochter Sebastian Weyers, Anna, wurde die Frau Vinzenz Berckhaimers, der um 1528 als Angestellter des Nürnberger Patriziers Leonhard Tucher in Genf arbeitete101 und 1531 die Tucher in Lyon vertrat, wo er dem Herzog von Savoyen gegen die Verpfändung von Juwelen ein Darlehen gewährte.102 Von 1541 an ist Berckhaimer als Mitglied der Augsburger Kaufleutestube nachweisbar. 103 Mit 5 fl im Jahre 1544 und 25 fl im Jahre 1550 bewegte sich seine Steuerleistung in ähnlichen Dimensionen wie die seines Schwagers Hans Neumair. 104 Berckhaimer weilte im Herbst 1548 als Ge94 95 96

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StBA, 2° Cod. Aug. 489, fol. 17r. IHK, Kaufleutestube, fol. 39. StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 86-101; Langenmantel, S. 107; Chroniken, Bd. 32, S. 455. StAA, Steuerbuch 1544, Sp. 60d; Steuerbuch 1550, Sp. 58c. StAA, KuH, Fasz. V, Nr. 26/5, fol. 9. StAA, StGB 1554/55, Teil II, fol. 14 v . Chroniken, Bd. 32, S. 455. Im Jahre 1570 übertrug er seiner Stiefmutter Anna Putz und seinen Stiefgeschwistern, denen er insgesamt mehr als 12.000 fl schuldig war, seinen Augsburger Grundbesitz sowie die noch in seinem Besitz befindlichen Waren. StAA, Reichsstadt, Akten, Nr. 259. Ammann, Oberdeutsche Kaufleute, S. 179, 182. Ehrenberg, Bd. 2, S. 78-79. Zu den Tucher in Lyon und Genf vgl. Grote, S. 33-34. IHK, Kaufleutestube, fol. 39. StAA, Steuerbuch 1544, Sp. 62a; Steuerbuch 1550, Sp. 73d.

60 sandter der Stadt Augsburg in Brüssel10S und wurde 1549 Mitglied des Großen Rates.106 1553/54 hatte er das Amt eines Almosenherrn inne.107 Zum Zeitpunkt seines Todes im Jahre 1563 hinterließ er außer einem Haus in der Augsburger Katharinengasse auch ein Haus samt Stadel, Anger und Garten in Freising,' 08 wo ein Onkel und ein Bruder seiner Frau Chorherren waren. Wie sich im Verlauf dieser Studie zeigen wird, besaßen Berckhaimers Beziehungen zur Familie seiner Frau auch sonst für beide Seiten einen hohen Stellenwert. Hans Weyer schließlich, die zentrale Figur der Gesellschaft von Sebastian Weyers Erben, ehelichte Sara Müller, eine Tochter des Salzfertigers Markus Müller und der Anna Reitmair. Sein Schwiegervater saß von 1528 an als Zwölfer seiner Zunft im Großen Rat und gehörte von 1531 bis 1547 als Zusatz zum Kleinen Rat der Reichsstadt. Außerdem bekleidete er zwischen 1537 und 1542 unter anderem die Ämter eines Weinungeiters, Wollgeschauers und Söldnermeisters. 109 Im Jahre 1537 war er Mitglied der Augsburger Gesandtschaft auf dem Schmalkaldischen Bundestag,110 und von 1541 bis zu seinem Tod 1548 Stubenmeister der Kaufleutestube. 111 Geschäftlich arbeitete er in den 30er Jahren des 16. Jahrhunderts eng mit dem Augsburger Bürgermeister Simprecht Hoser zusammen, der ebenfalls der Salzfertigerzunft angehörte. Im Jahre 1533 waren Hoser und Müller gemeinsam mit einem Betrag von 2.205 fl Gläubiger Anton Fuggers,112 und im selben Jahr sollen sie gemeinsam mit ihrem Zunftkollegen Pankraz Böcklin während einer Lebensmittelknappheit in Augsburg Getreide aufgekauft und nach Venedig verschickt haben." 3 Die Verdoppelung von Müllers Steuerleistung zwischen 1534 und 1544 von 43 fl 30 χ auf 95 fl kann als deutlicher Beleg für seinen geschäftlichen Erfolg gewertet werden." 4 Sein Sohn Hans Baptist heiratete 1551 die Patriziertochter Susanna Ehern" 5 und erscheint im folgenden Jahr als Inhaber einer Firma, die Handelsbeziehungen nach Bozen unterhielt.116 1556 verunglückte er während einer Geschäftsreise und ertrank in der Wertach." 7 Hans Baptists Schwester Maria war mit Ulrich Sitzinger verheiratet, der 1542 zu den Teilhabern der

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Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 3/1, S. 11-12. StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 86-101; Langenmantel, S. 107; Chroniken, Bd. 32, S. 450. Chroniken, Bd. 32, S. 450. StAA, Pflegschaftsbuch 1567-1580, fol. 188r. StAA, Ratsämterbücher. Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 2, S. 374. IHK, Kaufleutestube. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 1, S. 621, Anm. 148; vgl. Sieh-Burens, Oligarchie, S. 114. Chroniken, Bd. 29, S. 58. StAA, Steuerbuch 1534, Sp. 50b; Steuerbuch 1544, Sp. 57a. Hämmerle, Nr. 586; StAA, Werner/Lilienthal, „Müller". StAA, KuH, Fasz. VI, Nr. 26/22. Hämmerle, Nr. 586.

61 Tiroler Bergbaugesellschaft von Virgilius und Christoph Fröschelmoser gehörte." 8 Zwei weitere Schwestern, Felizitas und Johanna, ehelichten mit Alexander Kraffter und Paul Ulstett Teilhaber zweier großer Augsburger Handelsfirmen. Alexander Kraffter, welcher der Kürschnerzunft entstammte, von 1541 an aber auch der Kaufleutestube angehörte," 9 leitete mit seinen Brüdern Jakob und Christoph eine Handelsgesellschaft, die in den 30er Jahren wiederholt Schwazer Silber von Anton Fugger kaufte, gemeinsame Geldtransporte mit den Fuggern durchführte120 und zwischen 1535 und 1544 auch mit den Fugger'schen Faktoreien in Wien und Antwerpen in geschäftlicher Verbindung stand.121 Den Augsburger Unterkaufbüchern zufolge gehörte die Gesellschaft der Gebrüder Kraffter Anfang der 50er Jahre des 16. Jahrhunderts zu den aktivsten Firmen auf dem Augsburger Geldmarkt und war an zahlreichen Wechselgeschäften, insbesondere mit Venedig und Antwerpen, beteiligt.122 1548 wurden Alexander Kraffter und seine Brüder von Karl V. angesichts ihrer Verdienste um Kaiser und Reich sowie ihrer „erbarkeit, redlichait, gut adenlich sitten, erbar wesen, herkomen, schicklichhait, tugent, und vernunnft" in den Adelsstand erhoben.123 Bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts hatte sich somit ein Netzwerk verwandtschaftlicher und schwägerschaftlicher Beziehungen entwickelt, über welches Hans Weyer und seine Brüder mit einer Reihe von Augsburger Kaufmannsfamilien verbunden waren.

1.2 Das „Weyer-Netzwerk": Zur Struktur sozialer Beziehungen in der Augsburger Kaufmannschaft um 1550 Die Heiratsverbindungen des älteren Hans Weyer, seiner Söhne und Enkel führten zur sukzessiven Ausbildung eines engmaschigen Netzwerks verwandtschaftlicher Beziehungen, dessen Reichweite sich erst voll erschließt, wenn man auch die familiären Verflechtungen der mit ihnen verwandten Familien mit betrachtet. So hatten etwa die Manlich, die seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert zum Verwandtschaftskreis der Weyer gehörten, bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts Verbindungen zu einer ganzen Reihe von bedeutenden Augsburger Kaufmanns- und Patrizierfamilien angeknüpft. Hans Manlich heiratete 1506 Felizitas Lauginger aus einer bereits im 15. Jahrhundert sehr angesehenen Kaufmannsfamilie, und meh-

118 119 120 121

Kunnert, S. 236-237. StAA, Ratsämterbücher; IHK, Kaufleutestube, fol. 38. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/1, S. 296, Anm. 10; S. 306, Anm. 38; S. 414, Anm. 137. Ebd., S. 426, Anm. 7; S. 446, Anm. 144; Bd. 2/2, S. 614, Anm. 196.

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Blendinger, Unterkaufbücher, passim. Kellenbenz, Konkurs, S. 393; „Kurzweil viel ...", S. 54-55.

62 rere seiner Kinder ehelichten Angehörige der reichen Kaufmannsfamilien Bimmel und Haug sowie der Patriziergeschlechter Rehlinger, Welser und Rem. Die Kinder von Hans Manlichs Bruder Simon hatten unterdessen Eheverbindungen mit den zünftigen Aufsteigerfamilien Bimmel, Haug, Langnauer und Herbrot sowie mit der Ärztefamilie Jung geschlossen.124 Die Heiratsbeziehungen der Kinder von Sebastian Weyers Schwägern Ulrich Linck, Hans Jenisch und Hans Zangmeister trugen ebenfalls erheblich zur Ausweitung dieses Verwandtschaftskreises bei. Ulrich Lincks Söhne und Töchter knüpften um die Mitte des 16. Jahrhunderts Beziehungen zu den Langnauer und Manlich sowie den 1538 ins Patriziat aufgenommenen Vöhlin an.125 Hans Jenischs zahlreiche Nachkommen verbanden sich mit Angehörigen der zünftigen Kaufmannsfamilien Haug, Hoser, Gienger und Österreicher;126 und Hans Zangmeisters Söhne Hieronymus und David ehelichten zwei Töchter des Markus Ehem und der Anna Lauginger. 127 Die Schwester des Weyer-Schwagers Lukas Müller, Dorothea, schließlich war die Frau des Kaufmanns Markus Ulstett, dessen Nachkommen unter anderem in die Familien Haug, Langnauer, Rem und Kraffter einheirateten.128 Um die Struktur dieses verwandtschaftlichen Systems transparent zu machen, soll hier mit dem methodologischen Instrumentarium der Netzwerkanalyse der Versuch unternommen werden, gleichsam in einer Momentaufnahme dieses Netzwerk um die Mitte des 16. Jahrhunderts aus der Perspektive der Weyer zu erfassen. Das Beziehungsgeflecht von Hans Weyer und seinen Brüdern, das hier analysiert werden soll, entspricht dem Typus eines „ego-zentrierten" Netzwerks oder „sets". Die Konstruktion eines solchen „sets" impliziert - dies sei hier ausdrücklich betont - nicht, daß die Weyer selbst die „bedeutendste" Familie innerhalb des untersuchten Netzwerks waren oder über die meisten Verbindungen verfugten; vielmehr sind sie der - subjektiv gewählte - Ausgangspunkt, von dem aus die Struktur des Netzwerks erfaßt werden soll. Ein derartiges „ego-zentriertes" Netzwerk oder „set" kann als Ausschnitt aus dem Gesamtnetzwerk der Augsburger Elite um die Mitte des 16. Jahrhunderts verstanden werden, wobei die Wahl des „ego" die Auswahl der Akteure aus dem Gesamtnetzwerk bestimmt.

124

125 126 127 128

Weitere familiäre Beziehungen, die um die Mitte des 16. Jahrhunderts nicht mehr aktuell waren, aber für den ökonomischen Aufstieg der Familie eine erhebliche Bedeutung hatten, bestanden zu Melchior Stuntz und Georg Regel. StAA, Werner/Lilienthal, „Manlich". Zur Entwicklung des familiären Beziehungsgeflechts der Manlich vgl. Seibold, S. 15-17, 24-26, 29-37, 90-93 mit zahlreichen biographischen Informationen. StAA, Werner/Lilienthal, „Linck". StBA, Seifert'sche Stammtafeln, „Jenisch". StAA, Werner/Lilienthal, „Ehem". StAA, Werner/Lilienthal, „Müller"; StBA, Seifert'sche Stammtafeln, „Ulstett".

63 Kontaktzonen in einem „ego-zentrierten" Netzwerk: Beispiel

Bimmel

Weiß

Manlich

Haug

Schorer

Zone 1

Zone 2

Zone 3

Linck

Weyer

,Ego'

Untersucht werden sowohl die erste Kontaktzone der direkt mit den Weyer verwandten neun Familien aus der reichsstädtischen Führungsschicht129 als auch die zweite Kontaktzone der wiederum mit diesen verschwägerten Augsburger Kaufmannsfamilien; 130 auf die Darstellung der dritten oder noch weiterer Kontaktzonen wurde verzichtet, weil das Netzwerk sonst völlig unübersichtlich würde. Dennoch ist zu beachten, daß die Familien der zweiten Kontaktzone nicht nur Beziehungen zu anderen Familien der ersten und zweiten Kontaktzone hatten, sondern darüber hinaus auch zu Familien, die einer dritten Kontaktzone angehörten. So bestanden etwa verwandtschaftliche Beziehungen der Haug (zweite Kontaktzone) zu den Linck, Manlich und Jenisch aus der ersten sowie den Bimmel, Hörmann, Kraffter, Langnauer, Rem und Ulstett aus der zweiten Kontaktzone der Weyer. Darüber hinaus hatten die Haug jedoch auch Heiratsbeziehungen zu Familien angeknüpft, die ihrerseits mit keiner Familie aus der ersten Kontaktzone direkt verbunden waren und daher der dritten Kontaktzone der Weyer zuzurechnen sind. Dazu gehören etwa die Schorer, Weiß und Prantmair.131 Als Untersuchungseinheit wird im folgenden nicht der individuelle Kaufmann, sondern die Kaufmannsfamilie betrachtet; dies vor allem deswegen, damit die Zahl der Akteure überschaubar und damit auch graphisch darstellbar bleibt.132 Die 129 Linck, Manlich, Berckhaimer, Neumair, Ainkürn, Wirsing, Zangmeister, Müller, Jenisch. Das Konzept der „Kontaktzonen" eines Akteurs geht zurück auf Barnes, bes. S. 58-60. Zum Problem der Bestimmung der Grenzen eines Netzwerks vgl. allgemein Laumann/Marsden/Prensky. 131 132 StAA, Werner/Lilienthal, „Haug". Dabei wurde im Einzelfall prosopographisch überprüft, ob es sich tatsächlich um enge genealogische Verwandte (d.h. Angehörige eines Familienverbands, die sich auf einen gemeinsamen Groß- oder Urgroßvater zurückführen konnten) und nicht um Personen handelte, die 130

64 formale Analyse des „ego-zentrierten" Netzwerks der Weyer mit Hilfe des Computerprogramms UCINET IV133 konzentriert sich vor allem auf drei Merkmale, wobei jeweils die Definitionen von Wolfgang Reinhard zugrundegelegt werden: 1. die Dichte des Netzwerks, definiert als „Anteil der bestehenden Beziehungen an der Zahl der theoretisch möglichen"; 2. der Grad der Verflechtung, definiert als „durchschnittliche Zahl von Beziehungen, die eine Person im 'network' zu anderen Personen unterhält"; 3. die Zentralität als Indikator, „in welchem Ausmaß eine Person für die anderen in einem 'network' mit ihr verflochtenen zugänglich ist".134

133 134

nur zufällig den gleichen Namen trugen. Lediglich im Falle der Rehlinger, Rem, Herwart und Weiser ist die stärkere Ausdifferenzierung der Familie in mehrere Linien gesondert zu berücksichtigen. Nicht ganz klar ist die Genealogie der Zangmeister. Borgatti/Everett/Freeman. Reinhard, Freunde, S. 27-28.

65 Abbildung 1: Verwandtschaftsbeziehungen im „Weyer-Netzwerk" erste Kontaktzone

Jenisch Berckhaimer Ainkuern

Zangmeister

Weyer

Wirsing

Linck

Neumair

Manlich

Müller

Eine Linie zwischen zwei Familien steht für eine Heiratsverbindung. Die dickere Linie zwischen den Weyer und den Müller sowie zwischen den Weyer und den Manlich zeigt eine doppelte Verbindung an.

66 Abbildung 2: Verwandschaftsbeziehungen im „Weyer-Netzwerk" - erste und zweite Kontaktzone

Eine Linie zwischen zwei Familien repräsentiert eine Heiratsverbindung, wobei dickere Linien für Mehrfachbeziehungen stehen (z.B. zwischen Böcklin und Zangmeister oder zwischen Rem und Man lieh).

67 Katarina Sieh-Burens hat in ihrer Untersuchung der sozialen Beziehungen der Augsburger Bürgermeister und Stadtpfleger die Brauchbarkeit der Kategorien der verwandtschaftlichen, wirtschaftlichen, rechtlichen und nachbarschaftlichen Verflechtung herausgestellt.135 Hier sollen zunächst die verwandtschaftlichen Beziehungen, in diesem Falle ausschließlich Heiratsverbindungen, die zwischen Angehörigen der betreffenden Familien zwischen dem ausgehenden 15. Jahrhundert 136 und 1557 (dem Jahr, in dem die Weyer aufgrund ihres Bankrotts aus der Augsburger Führungsschicht ausschieden) geschlossen wurden, und anschließend die rechtlichen Interaktionen analysiert werden. Auf die wirtschaftlichen Kontakte wird später zurückzukommen sein. Stellt man zunächst allein die erste Kontaktzone der neun Familien, mit denen die Weyer direkt verschwägert waren, graphisch dar (vgl. Abbildung 1), so stehen die Weyer gewissermaßen im Zentrum eines „Sterns", in dem fast alle Beziehungen über die Weyer selbst laufen; lediglich zwischen den Linck und Manlich sowie zwischen den Linck und Wirsing bestanden ebenfalls Heiratsverbindungen. Die Reichweite und Komplexität des Verwandtschaftssystems, in das die Weyer eingebettet waren, erschließt sich jedoch erst, wenn man auch die zweite Kontaktzone, d.h. die Familien, zu denen die mit den Weyer verschwägerten Familien ihrerseits Heiratsverbindungen hatten, mit einbezieht. Dieses nunmehr aus 40 Familien bestehende Netzwerk (Abbildung 2) gründet sich auf 128 Heiratsbeziehungen, die zwischen dem späten 15. Jahrhundert und dem Jahr 1557 geschlossen wurden. Dies entspricht durchschnittlich 6,40 Beziehungen pro Familie (bei einer Standardabweichung von 4,77). Anders ausgedrückt: 256 Angehörige von Augsburger Kaufmannsfamilien im weiteren verwandtschaftlichen Umfeld der Weyer fanden ihre Ehepartner in einem Kreis von lediglich 39 Familien. Das Netzwerk weist eine Dichte von 0,13 bei einer Standardabweichung von 0,33 auf. Mit 21 Beziehungen nehmen die Manlich eine zentrale Stellung ein, gefolgt von den Ehem (17), Rem (15), Haug, Müller und Rehlinger (je 13). Die Bimmel, Jenisch und Weyer stellten jeweils zehn- bis elfmal einen der Partner bei einer Eheverbindung innerhalb des Netzwerks, und für die Herwart, Kraffter, Lauginger, Linck, Sulzer, Wirsing und Zangmeister sind jeweils sieben bis neun Beziehungen zu anderen Familien des Netzwerks nachweisbar. Eine eher periphere Rolle spielen hingegen Familien wie die Berckhaimer, Gienger, Harder, Heiß, Katzbeck, Neumair und Österreicher. Wie fugt sich dieses aus der Perspektive der Weyer dargestellte Netzwerk in ein Gesamtbild der Augsburger Kaufmannschaft um die Mitte des 16. Jahrhun135

136

Sieh-Burens, Oligarchie, S. 41-74. In diesem Zusammenhang ist jedoch auch Lawrence Stones Hinweis instruktiv, daß die Wahl analytischer Kategorien in prosopographischen Studien in hohem Maße von den Quellen diktiert wird, die sich in erster Linie mit Besitz und Vermögen, in zweiter Linie mit Familie und Verwandtschaft beschäftigen. Stone, S. 59. Bei einer Reihe von Eheschließungen zwischen Angehörigen der hier betrachteten Familien, insbesondere im späten 15. und frühen 16. Jahrhundert, ist das genaue Jahr unbekannt.

68 derts ein? Mit den Haug, Langnauer, Linck, Manlich, Herbrot, Kraffter und Zangmeister umfaßt das Netz einige der bedeutendsten Familien des oberdeutschen Frühkapitalismus. Unter den prominenten Familien der wirtschaftlichen Führungsschicht Augsburgs, die außerhalb des „Weyer-Netzwerks" stehen, sind zuerst die Fugger und Baumgartner zu nennen, die insbesondere seit den 30er Jahren durch planmäßige Heiratsverbindungen mit dem Landadel ihre eigenen Verwandtschaftskreise ausbildeten.137 Die Welser erscheinen zwar aufgrund ihrer Beziehung zu den Manlich in der zweiten Kontaktzone der Weyer, doch wurde diese Verbindung mit einem Zweig der Familie geschlossen, der mit den wirtschaftlich bedeutenden Linien Bartholomäus und Hans Welsers nur entfernt verwandt war.138 Von den Familien, die Katarina Sieh-Burens in ihrer Untersuchung der politischen Elite Augsburgs als zum „Welser-Netz" zugehörig identifiziert hat, finden sich einige - z.B. die Vöhlin, Lauginger und Pfister - auch in der zweiten Kontaktzone der Weyer, während andere - etwa die Imhof, Haintzel, Rembold und Rot - dem „Weyer-Netzwerk" ferner stehen.139 Außerhalb des „Weyer-Netzes" stehen schließlich auch eine Reihe von zünftigen Aufsteigerfamilien, die um die Jahrhundertmitte den Anschluß an die wirtschaftliche Führungsschicht geschafft hatten, ihren Höhepunkt aber erst in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts erreichten - etwa die Christel, Greiner, Hainhofer, Hopfer und Stenglin. Auffallig sind ferner eine Reihe von Mehrfachbeziehungen zwischen einzelnen Familien des „Weyer-Netzes". So ehelichten etwa zwei Kinder Hans Jenischs d.Ä., Joachim und Barbara, zwei Kinder des Bürgermeisters Simprecht Hoser, Anna und Simprecht d.J. Christoph Jenisch, ein weiterer Sohn Hans Jenischs d.Ä., heiratete Anton Haugs Tochter Barbara, sein Bruder Ludwig deren Schwester Euphrosina und ihre Schwester Anna den Haug-Faktor Mang Dilherr. Auch mit Mitgliedern der Familien Gienger und Österreicher gingen jeweils zwei Kinder Hans Jenischs Ehen ein.140 Hans Weyers Vettern Hieronymus und David Zangmeister heirateten zwei Töchter Markus Ehems.' 41 Die Familien Zangmeister und Böcklin waren gleich dreifach miteinander verschwägert: Christoph Böcklin nahm 1539 Magdalena Zangmeister und nach deren Tod 1551 Ursula Zangmeister zur Frau, während seine Schwester Maria die Gattin Christoph Zangmeisters wurde.142 Christoph Manlich ehelichte 1536 Konrad Rehlingers Tochter Apollonia, deren

137

138

139 140 141 142

Zu den Heiratsbeziehungen der Fugger vgl. Nebinger/Rieber; Sieh-Burens, Oligarchie, S. 9198. Zu den familiären Verbindungen der Baumgartner vgl. Müller, Quellen, S. 29 (Nr. 4546), 38 (Nr. 56), 48-49 (Nr. 72), 56-57 (Nr. 83-84) sowie die Stammtafel im Anhang. Anna Ursula Welser, die Ehefrau David Manlichs, war eine Enkeltochter von Lukas Welser, einem Bruder Bartholomäus Welsers, der selbst nicht kaufmännisch tätig war. Welser, Welser, Bd. 1, S. 74-76, 372-380, 387. Vgl. Sieh-Burens, Oligarchie, S. 75-88. StBA, Seifert'sche Stammtafeln, „Jenisch". StAA, Werner/Lilienthal, „Ehern". StAA, Werner/Lilienthal, „Böcklin".

69 Bruder David 1544 Manlichs Schwester Barbara heiratete.143 Zwischen Angehörigen der drei Familien Bimmel, Haug und Manlich wurden zwischen 1509 und 1549 nicht weniger als sieben Ehen geschlossen.144 Die Tiefe und Kontinuität der Beziehungen zwischen einzelnen Familien innerhalb des Netzwerks, die sich in diesen Mehrfachverbindungen äußert, wird durch eine Analyse der rechtlichen Interaktionen zwischen den hier untersuchten 40 Familien bestätigt. Wie Katarina Sieh-Burens gezeigt hat, kann die Übernahme von Pflegschaften über Personen und Vermögen 145 als „Indikator für aktuelle interne Familienbeziehungen" und Ausdruck besonders enger sozialer Kontakte gesehen werden. Bestehende Verbindungen werden über Vormundschaften stabilisiert und intensiviert; Pflegschaften können als „bedeutender Kontinuitätsträger im frühneuzeitlichen 'network'" angesehen werden.146 Ebenso verdeutlicht die Sieglerliste auf Heiratsbriefen, in denen innerfamiliäre Rechte und Ansprüche geregelt wurden, die Aktualität verwandtschaftlicher Beziehungsstrukturen. 147 Eine Analyse der rechtlichen Interaktionen, die innerhalb des „Weyer-Netzwerks" zwischen dem Beginn des 16. Jahrhunderts und dem Jahr 1560 stattfanden, veranschaulicht die Bedeutung von Pflegschaften und Zeugenschaften bei Heiratsabreden für die Stabilisierung von Beziehungen im Netzwerk (Abbildung 3). Obwohl die Überlieferung von Heiratsbriefen und Pflegschaften in größerem Umfang erst um die Mitte des 16. Jahrhunderts einsetzt, sind für den Zeitraum bis 1560 59 Interaktionen oder durchschnittlich 2,95 pro Familie (bei einer Standardabweichung von 3,09) feststellbar. Mit 13 Beziehungen stehen hier die Kraffter an erster Stelle, gefolgt von den Herbrot (10), Haug, Manlich, Müller und Sitzinger (je 7). Für dreizehn der 40 Familien ist hingegen keine Interaktion im Untersuchungszeitraum nachweisbar. Die Dichte des Netzwerks beträgt 0,06 bei einer Standardabweichung von 0,24.

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StAA, Werner/Lilienthal, „Manlich"; Genealogisches Handbuch, Bd. 7, S. 316. Dabei handelte es sich um folgende Eheschließungen: Anton Bimmel und Barbara Haug 1509; Anton Haug und Anna Bimmel 1509; Matthäus Manlich und Walburga Bimmel 1522; Hans Manlich d.J. und Kunigunde Bimmel 1529; Anton Haug d.J. und Anna Manlich 1538; Melchior Manlich und Ursula Haug 1540; Anton Manlich und Felizitas Bimmel 1549. Vgl. StBA, 4° Cod. H. 11; StAA, Werner/Lilienthal, „Haug" und „Manlich"; Seibold, S. 27-28, 32-33,36, 92-93. Bei Pfleg- oder Vormundschaften wird zwischen Altersvormundschaft (über minderjährige Kinder), Vormundschaft über Verschwender, Geisteskranke und körperlich Behinderte, sowie Geschlechtsvormundschaft (über ledige Frauen und Witwen), ferner zwischen Personensorge, Vermögenspflege und Rechtsbeistandschaft unterschieden. Vermögenspflegschaften wurden grundsätzlich bei der Wiederverheiratung eines verwitweten Elternteils eingesetzt. Vgl. Sieh-Burens, Oligarchie, S. 57-58, mit der dort angegebenen Literatur. Ebd., S. 56-60 (Zitat 59-60). Ebd., S. 62.

70

A b b i l d u n g 3: R e c h t l i c h e Interaktionen i m „ W e y e r - N e t z w e r k "

Hoser

Eine Linie zwischen zwei Familien repräsentiert eine rechtliche Interaktion (Pflegschaft, Zeugenschaft) zwischen zwei Angehörigen der jeweiligen Familien, wobei dickere Linien für Mehrfachbeziehungen stehen (z.B. Jenisch - Herbrot).

71 Ein Beispiel für die Intensität der rechtlichen Beziehungen innerhalb des Netzwerks stellt der anläßlich der Eheschließung von Jakob Herbrot d.J. mit Wilhelm Sitzingers Tochter Euphrosina im Jahre 1543 vereinbarte Ehevertrag dar. Als Siegler fungierten auf Seiten des Bräutigams dessen Vater Jakob Herbrot d.Ä., seine beiden Onkel Stephan Eiselin und Alexander Kraffter sowie Christoph Jenisch. Auf der Seite der Braut siegelten ihr Großvater Pankraz Böcklin, ihr Onkel Lukas Sitzinger, Markus Müller, der Schwiegervater ihres Vetters Ulrich Sitzinger, und Joachim Jenisch.148 Betrachtet man die hier versammelten Personen aus der Perspektive des „ego" Hans Weyer, so finden sich unter den Sieglern sein Schwiegervater (Markus Müller), zwei seiner Vettern (Christoph und Joachim Jenisch) und ein Schwager (Alexander Kraffter). Noch deutlicher wird die Bedeutung und Kontinuität rechtlicher Interaktionen am Beispiel der Söhne und Schwiegersöhne Markus Müllers: Ulrich Sitzinger, Paul Ulstett, Alexander Kraffter, Markus d.J. und Hans Baptist Müller, und Hans Weyer. Nach dem frühen Tod Ulrich Sitzingers im Jahre 1549 trat Alexander Kraffter neben Matthäus Haug als Pfleger seiner Kinder mit Maria Müller auf. 1554 wurde Kraffter durch seinen Schwager Hans Baptist Müller ersetzt. Als Müller 1556 tödlich verunglückte, trat Paul Ulstett an seine Stelle, der die Pflegschaft bis 1565 innehatte.149 Für Müllers Kinder agierte 1556 Alexander Kraffters Bruder Christoph als Scheinpfleger; 150 von 1559 bis 1565 war dann Paul Ulstett neben Otto Lauginger Pfleger der Kinder Hans Baptist Müllers und Susanna Ehems.151 Nach dem Konkurs Paul Ulstetts und seiner Brüder Markus und David übernahm 1565 ein weiterer Bruder, Daniel Ulstett, der eine eigene Handelsfirma leitete, die Pflegschaft über die Kinder Hans Baptist Müllers.152 1572 schließlich trat an Ulstetts Stelle Ulrich Sitzingers Sohn Markus, der fast zwei Jahrzehnte zuvor unter der Vormundschaft Hans Baptist Müllers gestanden hatte.153 Hans Weyer trat 1554 als Kurator der Witwe Alexander Kraffters in Erscheinung. 154 Die Intensität der Beziehungen zwischen diesen Familien wurde durch die Eheschließungen von Ursula Ulstett, einer Schwester Paul und Daniel Ulstetts, mit Ulrich Sitzingers Vetter Wilhelm im Jahre 1554 sowie von Sabina Ulstett, einer weiteren

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StAA, Hochzeitsamt, Generalia, 1543. StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1551-1560, S. 129, 198; Kleines Pflegschaftsbuch 15611565, S. 30, 340. StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1551-1560, S. 204. StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1551-1560, S. 322; Kleines Pflegschaftsbuch 1561-1565, S. 312; Pflegschaftsbuch 1551-1566, fol. 93. StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1561-1565, S. 312; Kleines Pflegschaftsbuch 1569-1572, S. 255; Pflegschaftsbuch 1551-1566, fol. 93. StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1569-1572, S. 255; Pflegschaftsbuch 1567-1580, fol. 124r. StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1551-1560, S. 108.

72 Schwester, mit Ulrich Sitzingers gleichnamigem Sohn im Jahre 1574 noch unterstrichen.155 Als Markus Müllers Erben 1557 zwei Häuser beim Salzstadel in der Augsburger St. Ulrichs-Pfarrei für 4.500 fl an Christoph von Stettens Witwe Anna Höchstetter sowie an Hans Loner und seine Frau verkaufen, spiegelt die Reihe der Verkäufer die Komplexität dieser sozialen Interaktionen gleichsam in einer Momentaufnahme wider: Paul Ulstett und seine Frau Anna Müller; Matthäus Haug und Paul Ulstett als Vormünder der Erben Ulrich Sitzingers; Christoph Kraffter und Andreas Wild als Beistände der Erben Hans Baptist Müllers; und Simprecht Hoser als Vertreter seiner Base Sara Müller, der Ehefrau Hans Weyers. 156 Gerade bei Haus- und Grundstücksverkäufen wurden häufig ganze Verwandtschaftsgruppen aktiviert: im Jahre 1555 etwa verkauften Lukas Müller, Christoph Kraffter, Jakob Kraffters Witwe Magdalena Jung und Bartholomäus Lins gemeinsam ein Haus vor dem Barfußertor bei der Fuggerei für 1.700 fl an ihren „Sohn und Vetter" Michael Müller.157 Nach dem Bankrott der Firma Christoph Kraffters im Jahre 1560 wurde erneut ein beträchtlicher Teil des Netzwerks aktiviert, um das Vermögen der Erben des verstorbenen Jakob Kraffter sicherzustellen, die an der nunmehr zahlungsunfähigen Firma beteiligt waren. Melchior Manlich, Hans Langnauer und Matthäus Manlichs Schwiegersohn Abraham Katzbeck traten als Kuratoren von Jakob Kraffters Witwe Magdalena Jung in Erscheinung, während auf ein Gesuch der Witwe Magdalena Jung, des Kraffter-Dieners Valentin Merz sowie Lukas und Michael Müllers hin Dr. Timotheus Jung und Dr. Ludwig Langnauer zu Pflegern der Kinder von Jakob Kraffter und Magdalena Jung bestimmt wurden. Jakob Herbrot d.J. und dessen Bruder Hans, die die Pflegschaft mit übernehmen sollten, stellten sich nicht zur Verfügung. 158 Im gleichen Jahr waren Melchior Manlich, Matthäus Haug und Wolfgang Herwart Testamentarier Ulrich Lincks.159 Auch die Wahrnehmung städtischer Pflegschaften brachte die Mitglieder des „networks" bisweilen zusammen. So waren etwa Paul Ulstett und Ulrich Linck 1559 gemeinsam Pfleger des Findelhauses. 160 Darüber hinaus gibt es Anzeichen dafür, daß die hier dargestellten familiären Allianzen und Verflechtungen bereits in der Sozialisation der Mitglieder des Netzwerks angelegt waren. So gibt Hans und David Weyers Vetter Melchior Linck, der 1529 geborene Sohn Ulrich Lincks, in seinen autobiographischen Aufzeichnungen einen Überblick über seine Mitschüler an zwei Augsburger Lateinschulen, die er von 1540 an besuchte. Die Schule des Johannes Pinicianus be155 156 157 158 159 160

StAA, StAA, StAA, StAA, StBA, StAA,

Werner/Lilienthal, „Sitzinger"; StBA, Seifert'sche Stammtafeln, „Ulstett". Reichsstadt, Akten, Nr. 32, Kaufbrief vom 29.9.1557. Reichsstadt, Akten, Nr. 32, Kaufbrief vom 1.4.1555. Kleines Pflegschaftsbuch 1551-1560, S. 357. 2° Cod. Aug. 489, fol. 24 r . Kleines Pflegschaftsbuch 1551-1560, S. 309.

73 suchte Linck zusammen mit David Haug, Sigmund und Matthäus Ehem, Nathanael Jung, Paul Ulstett, Konrad Rehlinger „vnd gut gesellen mer, welliche mir gute Schulgesellschafft laistetten." Gehörten an der Schule des Pinicianus auch noch Markus, Hans und Hieronymus Fugger sowie Karl und Christoph Rehlinger zu den Mitschülern Lincks, so setzte sich an der neueröffneten Schule des Wolfgang Merz, auf die er ein Jahr später geschickt wurde, der Kreis der Schüler in noch stärkerem Maße aus Angehörigen seines weiteren verwandtschaftlichen Umfelds zusammen. Linck nennt unter anderem Hieronymus, Hans und Matthäus Herbrot, Sebastian Neumair, Markus Jenisch, Samuel Sitzinger, Ludwig Hoser und Nathanael Jung.161 Inwieweit entspricht die Zentralität einzelner Familien innerhalb des Netzwerks der sozio-ökonomischen Stellung ihrer Mitglieder? Eine Überprüfung der Steuerleistungen der Angehörigen des „Weyer-Netzwerks" im Jahr 1550 offenbart einerseits erhebliche Vermögensunterschiede innerhalb des Netzwerks, zeigt andererseits aber auch eine bemerkenswerte Kongruenz von Vermögen, sozialer Stellung und Position im Netzwerk. 162 Ulrich Linck und Matthäus Manlich, die beide die „reiche Steuer" von 600 fl entrichteten163 und die der ersten Kontaktzone der Weyer zuzurechnen sind, waren um die Mitte des 16. Jahrhunderts die reichsten Mitglieder des Netzwerks. Die nächsten Ränge auf der Vermögensskala nehmen Jakob Herbrot (410 fl), Hans Vöhlin (360 fl), Markus Pfister (343 fl),164 Georg Herwart (336 fl), die Witwe Hans Langnauers (310 fl), Hieronymus Kraffter (290 fl) und die Witwe Hans Bimmels d.Ä. (251 fl) ein. Lukas Rems Witwe (247 fl 45 x), der mit einer Bimmel verheiratete Bernhard Rehlinger (224 fl) und Markus Ulstett (210 fl) zahlten ebenfalls mehr als 200 fl Vermögenssteuer. Die dominierende Rolle dieses Kreises schwerreicher Kaufleute und Patrizier manifestiert sich offenkundig darin, daß drei der genannten Personen - Georg Herwart, Jakob Herbrot und Markus Ulstett - in den 30er und 40er Jahren des 16. Jahrhunderts das Bürgermeisteramt bekleideten. Hans Vöhlin, Markus Pfister, Lukas Rem und Markus Ulstett wurden bei der Erweiterung des Augsburger Patriziats im Jah-

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StBA, 2° Cod. Aug. 489, fol. 41 v -42 r . Die folgenden Angaben nach StAA, Steuerbuch 1550. Seit Frühjahr 1549 wurde jedem Augsburger Bürger, der diesen Betrag von 600 fl zahlte, der Steuereid erlassen. Im folgenden Jahr entrichteten neben Linck und Manlich u.a. auch Sebastian Neidhart, Bartholomäus Welser und die Witwe des Hans Herwart die „reiche Steuer". Vgl. Härtung, Belastung, S. 1183. Seine Verbindung zum „Weyer-Netzwerk" gründet sich vor allem auf die Eheschließung seiner Tochter Scholastika mit Hieronymus Wirsing 1538: StAA, Werner/Lilienthal, „Wirsing". 1558 heiratete Markus Pfisters gleichnamiger Sohn eine Tochter Ulrich Lincks: StAA, Werner/Lilienthal, „Linck".

74 re 1538 berücksichtigt,165 Ulrich Linck und Hieronymus Kraffter vom Kaiser nobilitiert.166 Fünfzehn Mitglieder des Netzwerks entrichteten 1550 Steuerleistungen zwischen 100 und 200 fl, darunter die Patrizier Markus Ehern (181 fl 38 x), Jakob Rehlinger (172 fl), Konrad Rehlinger d.Ä. (165 fl) und dessen gleichnamiger Sohn (150 fl), die ehemaligen Zunftbürgermeister Georg Österreicher (142 fl) und Simprecht Hoser (133 fl), sowie die Kaufleute Hans Bimmel d.J. (151 fl), Sebastian Neumair (140 fl) und drei der Söhne des 1549 verstorbenen Anton Haug.167 Eine weitere Guppe von mehr als zwanzig Kaufleuten steuerte zwischen 50 und 100 Gulden. Darunter befanden sich Alexander Kraffter (90 fl), Hieronymus Freer (85 fl), Lukas Müller (80 fl), Christoph Böcklin (75 fl), Georg Sulzer (67 fl), Matthäus Ehern (66 fl), Christoph Kraffter (62 fl) und Christoph Manlich (60 fl). In die Gruppe der Steuerzahler, die zwischen 10 und 50 fl entrichteten, fallen neben Hans Weyer (30 fl) und seiner Mutter (45 fl) auch rund drei Dutzend weitere Angehörige ihres Netzwerks, z.B. Joachim Jenisch und seine Brüder mit Steuerleistungen zwischen 10 und 46 fl,168 die Brüder Matthäus und Christoph Haug (36 bzw. 38 fl), mehrere Mitglieder der Familien Zangmeister, 169 Hörmann 170 und Wirsing,' 71 sowie die Weyer-Schwäger Hans Neumair (28 fl), Vinzenz Berckhaimer (25 fl) und Markus Müller d.J. (24 fl 30 x). Die Betrachtung der Steuerleistungen offenbart beträchtliche Vermögensdifferenzen innerhalb einzelner Familien: während etwa Matthäus Manlich 600 fl Steuern bezahlte, kamen sein jüngerer Bruder Melchior auf 100 fl, seine Vettern Christoph und Leonhard auf 60 bzw. 40 fl und der als Verschwender geltende Simon Manlich lediglich auf 17 fl.172 Von den Gebrüdern Kraffter entrichtete Hieronymus 290 fl, Alexander 90 fl, Christoph 62 fl und Jakob 38 fl 22 χ Steuern. Hier werden innerfamiliäre Hierarchien sichtbar, die auf Unterschiede des Alters, des ökonomischen Erfolges oder der Heiratsverbindungen hinweisen. Einige der Personen, die 1550 zwischen 10 und 50 fl Steuern zahlten, befanden sich zu diesem Zeitpunkt erst relativ am Beginn ihrer kaufmännischen Laufbahn und steigerten in den folgenden Jahren ihre Steuerleistungen teilweise ganz erheblich.173 165 166

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StAA, Reichsstadt, Zünfte, Nr. 148, S. 158-159; Chroniken, Bd. 32, S. 4 1 1 , 4 1 5 , 443. Ulrich Linck: von Stetten, Geschlechter, S. 252; Riedenauer, S. 48. Kraffter fehlt bei Riedenauer, vgl. aber Kellenbenz, Konkurs, S. 393; „Kurzweil viel ...", S. 54-55. Anton d.J. 133 fl, Leonhard 131 fl und Ludwig 101 fl. Joachim 46 fl, Christoph 30 fl, Markus 15 fl, Hieronymus 16 fl , David 13 fl, Hans 11 fl, Ludwig 10 fl. Weniger als 10 fl zahlten ihre Brüder Andreas (9 fl) und Bartholomäus (6 fl). Christoph 50 fl, Hans d.Ä. 22 fl, Hieronymus 21 fl 32 x, Hans d.J. 15 fl 30 x. Hans Georg 33 fl, Ludwig 30 fl, Anton 29 fl. Christoph 14 fl, Hieronymus 17 fl. Vgl. dazu auch Seibold, S. 39. So stieg die Steuerleistung Hieronymus Jenischs von 16 fl im Jahre 1550 auf 66 fl im Jahre 1562 (StAA, Steuerbuch 1550, Sp. 75c; Steuerbuch 1562, Sp. 75a), die seines Bruders Joachim im selben Zeitraum von 46 fl auf 118 fl (StAA, Steuerbuch 1550, Sp. 73b; Steuerbuch

75 Setzt man die Vermögenshierarchie innerhalb des Weyer-Netzwerks in Beziehung zu dem Grad der verwandtschaftlichen und rechtlichen Verflechtung der einzelnen Familien, so ist eine deutliche Kongruenz von Vermögen und Zentralität im Netzwerk erkennbar. Vor allem bei den Haug, Manlich und Kraffter, in zweiter Linie auch bei den Linck, Bimmel, Herwart, Herbrot und Rehlinger läßt sich sowohl ein beträchtlicher Reichtum zumindest einzelner Familienmitglieder als auch eine hohe Zahl an Interaktionen mit den anderen Familien des Netzwerks konstatieren. Die Jenisch verfugten zwar ebenfalls über zahlreiche Kontakte, waren um die Mitte des 16. Jahrhunderts aber nicht besonders reich. Die Wirsing, Zangmeister, Böcklin oder Hörmann spielten sowohl hinsichtlich ihrer Steuerleistung als auch hinsichtlich ihrer Zentralität im Netzwerk keine dominante Rolle, und die Berckhaimer, Neumair und Putz nehmen lediglich eine periphere Stellung ein. Hier deuten sich signifikante Zusammenhänge zwischen der Kapitalkraft und dem Grad der Verflechtung einer Familie an, die es weiter zu verfolgen gilt. Das hier vorgestellte „Weyer-Netzwerk" umfaßt nicht nur eine Reihe sehr reicher Kaufleute, sondern auch einen ganz beträchtlichen Teil der politischen Elite der Reichsstadt Augsburg in der Reformationszeit. Mit Simprecht Hoser, Georg Herwart, Anton Bimmel, Jakob Herbrot, Markus Ulstett und Georg Österreicher zählten nicht weniger als sechs der 14 Männer, die zwischen der Mitte der 1520er Jahre und dem Ende der Zunftverfassung 1548 das Bürgermeisteramt bekleideten, zum „Weyer-Netzwerk". 174 Darüber hinaus hatten eine Reihe von Mitgliedern des Netzwerks eine herausragende Stellung innerhalb ihrer Zünfte inne. Mit Simprecht Hoser, Pankraz Böcklin, Markus Müller, Anton Haug und Hans Heiß gehörte etwa der Großteil der Führungsspitze der Salzfertigerzunft in den letzten beiden Jahrzehnten des Zunftregiments zur ersten und zweiten Kontaktzone der Weyer.175 Seit Mitte der 1530er Jahre stießen mit Hans Zangmeister d.Ä., Matthäus Manlich, Sebastian Neumair und Christoph Wirsing mehrere Mitglieder des „Weyer-Netzwerks" auch in die Führungsspitze der Krämerzunft vor.176 Christoph Manlich und Hans Zangmeister d.J. gehörten nach 1539 zur Führungs-

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1562, Sp. 81b), und die ihres Bruders Ludwig, der eine Tochter des reichen Anton Haug geheiratet hatte, sogar von 10 fl auf 160 fl (StAA, Steuerbuch 1550, Sp. 75c; Steuerbuch 1562, Sp. 83a). Daten zu den Amtszeiten der Bürgermeister bei Sieh-Burens, Oligarchie, S. 347-350. Simprecht Hoser war 1526-1529 Zwölfer, 1530 bis 1548 abwechselnd „neuer" und „alter" Zunftmeister und Kleiner Rat; Pankraz Böcklin 1527-1544 Zwölfer, 1531-1534 als Zunftmeister Mitglied des Kleinen Rates und 1535-1543 Zusatz zum Kleinen Rat; Markus Müller 1528-1547 Zwölfer, 1531-1547 Zusatz zum Kleinen Rat; Anton Haug 1525-1547 Zwölfer und 1531-1534 Zusatz zum Kleinen Rat; Hans Heiß 1528-1548 Zwölfer, 1545-1548 Zusatz zum Kleinen Rat. StAA, Ratsämterbücher. Hans Zangmeister war 1534-1548 Zwölfer, 1537-1548 auch Zusatz zum Kleinen Rat; Matthäus Manlich 1537-1548 Zwölfer; Sebastian Neumair 1540-1548 Zwölfer; Christoph Wirsing 1547-1548 Zwölfer und Zusatz zum Kleinen Rat. StAA, Ratsämterbücher.

76 gruppe der Kaufleutezunft, Joachim Jenisch' 77 neben Jakob Herbrot zu den wichtigsten Repräsentanten der Kürschnerzunft. Der politischen Dominanz dieser Gruppe in der Reformationszeit entspricht ihre konfessionelle Ausrichtung. Zwar ist nicht von jedem Mitglied der Gruppe die konfessionelle Einstellung bekannt, doch spricht einiges dafür, daß es sich um ein rein protestantisches Netzwerk handelte. Während kein einziges Mitglied des „Weyer-Netzes" nachweislich altgläubig blieb, befanden sich eine Reihe entschiedener Anhänger der Reformation darunter. Die Bürgermeister Anton Bimmel, Georg Herwart, Jakob Herbrot und Simprecht Hoser bekannten sich ausnahmslos zur zwinglianischen Richtung der Reformation; Markus Ulstett d.Ä. und Georg Österreicher waren ebenfalls Protestanten.178 Als Zwinglianer galten auch Markus, Christoph und Matthäus Ehern179 und Ambrosius und Ulrich Jung.180 Pankraz Böcklin demonstrierte bereits 1526 seine pro-reformatorische Haltung, indem er als einer der drei Zechpfleger von St. Ulrich „18 gestiffter amplen" aus der Kirche entfernte. In seinem Testament von 1543 äußerte Böcklin den Wunsch, Gott möge ihn „Inn warem rechten Christenlichen glauben vnnd vertrawen, nach Innhalt des Ewig machenden, Jetzt alhie leuchtennden Evangeli, biß an mein End barmhertzigelichen erhalten."181 Hans Zangmeister d.Ä. hatte enge Kontakte zu dem evangelischen Prediger Johann Frosch und wurde 1537 als Mitglied einer dreiköpfigen Delegation zu König Ferdinand gesandt, um vor diesem die vollständige Durchführung der Reformation in Augsburg zu rechtfertigen. 182 Christoph Wirsing, der als Zwinglianer galt, wurde im selben Jahr zum Kirchenpropst bestellt.183 Die Söhne Hans Vöhlins wurden gleichfalls evangelisch,' 84 und Markus Müllers Entsendung auf den Schmalkaldischen Bundestag von 1537 darf ebenfalls als Beleg für seine pro-reformatorische Einstellung gewertet werden.185 Ulrich Linck und Konrad Herwärts Tochter Magdalena wurden 1527 evangelisch getraut, wobei der Brautvater Konrad Herwart allerdings bemüht war, einen Konflikt mit dem katholischen Teil der Bürgerschaft zu vermeiden, indem er den

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1542-1548 Zwölfer, 1545-1548 Zusatz zum Kleinen Rat. StAA, Ratsämterbücher. Sieh-Burens, Oligarchie, S. 347-350. Zu Bimmel vgl. Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 1, S. 102, Anm. 7; Chroniken, Bd. 34, S. 407; Brady, Turning Swiss, S. 179. Zu Hoser vgl. Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 2, S. 8, 114, 176, 192, 431 und passim. Zu Herwart: ebd., S. 431. Zu Herbrot: Blendinger, Herbrot, S. 588; Augsburger Stadtlexikon, S. 169. von Stetten, Geschlechter, S. 194; Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 2, S. 195; Augsburger Stadtlexikon, S. 92; Bauer, Schwabmünchen, S. 372-373. Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 2, S. 8; Fleischmann, S. 26-28; Seibold, S. 40. Chroniken, Bd. 23, S. 180-181; Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 1, S. 299; Häberlein, Familiäre Bindungen, S. 41-42, 44. Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 2, S. 372; S. 386, Anm. 5. Ebd., S. 327, 433, 436. von Stetten, Geschlechter, S. 231; Warmbrunn, S. 110. Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 2, S. 374.

77 Ort der Trauung bis zuletzt geheim hielt.186 Die Manlich, Haug und Langnauer wurden ebenfalls evangelisch,187 und auch der Zweig der Welser, der dem „Weyer-Netzwerk" am nächsten stand, war pro-reformatorisch eingestellt. David Manlichs Schwiegervater Sigmund Welser betätigte sich 1529 als Bilderstürmer.188 Konrad Rehlinger bekannte sich zur lutherischen Richtung der Reformation und trat Anfang der 1530er Jahre im Kleinen Rat als entschiedener Gegner derjenigen Ratsherren auf, die das Abendmahl in den Augsburger Kirchen nur noch in zwinglianischer Form gestatten wollten.189 Lukas Müller und einige Mitglieder der Familie Kraffter gehörten zeitweilig zu den Anhängern der radikalen Reformation. 190 Neben den Verwandtschaftsbeziehungen und den rechtlichen Interaktionen kommt auch dem Kriterium der Nachbarschaft eine wichtige Rolle bei der Herausbildung von Netzwerken in der Augsburger Führungsschicht des 16. Jahrhunderts zu. Da die soziale Schichtung in Augsburg auch in der Sozialtopographie der Stadt ihren Niederschlag fand,191 lebten die meisten Mitglieder der städtischen Oberschicht in räumlicher Nähe zueinander. Trotz seiner Größe von 30.000 bis 35.000 Einwohnern um die Mitte des 16. Jahrhunderts, so ließe sich pointiert formulieren,192 war Augsburg für seine Patrizier und Großkaufleute eine „face-toface society". Dieser allgemeine Befund läßt sich am Beispiel Hans Weyers konkretisieren. Weyer und seine Mutter waren im Jahre 1550 im Steuerbezirk „Vom Rapold", entlang der heutigen Philippine-Welser-Straße, im Zentrum der Oberstadt ansässig.193 Im selben Bezirk lebten zu dieser Zeit auch Hans Weyers Vettern Hieronymus, Christoph, David, Ludwig und Markus Jenisch, sein Vetter Christoph Manlich, Manlichs Schwiegervater Konrad Rehlinger d.Ä. und dessen Sohn Hieronymus, der ehemalige Bürgermeister Jakob Herbrot aus der zweiten verwandtschaftlichen Kontaktzone der Weyer - er war mit 410 fl der zweitgrößte Steuerzahler des Bezirks - sowie dessen gleichnamiger Sohn und der Herbrot-

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StBA, 2° Cod. Aug. 489, fol. 20r; Sieh-Burens, Oligarchie, S. 137. Seibold, S. 39; Häßler, S. 46-47. Kellenbenz, Manlich, S. 37 bezeichnet Melchior Manlich allerdings als Katholiken. Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 1, S. 305-306; Schilling, Ruhe, S. 28. Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 2, S. 52-53, 90-94, 114. Der Chronist Clemens Sender berichtet fur das Jahr 1528: „Lorintzen Kraffilers frau, ain witwe, hat sich laussen täuffen mit iren siben kinden und irem tochterman Lauxen Miller; die hat die widertäuffer beherbergt und ist durch flucht darvonkomen." Chroniken, Bd. 23, S. 200-201.

Grundlegend: Roeck, Krieg und Frieden, Bd. 1, S. 489-510. Vgl. auch die methodisch weunpräzisere Arbeit von Piper. Für eine Zusammenfassung und Bewertung der verschiedenen Schätzungen der Bevölkerungsgröße Augsburgs im 16. Jahrhundert, die sich in der Literatur finden, vgl. Rajkay, S. 252-254. Vgl. auch Jahn, Einwohnerzahl. 193 StAA, Steuerbuch 1550; zur Topographie des Steuerbezirks vgl. Kraus, S. 171.

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78 Neffe Sixt Eiselin.194 Das Welser-Netzwerk war durch Jakob Rembold, mit 435 fl 28 χ Steuerleistung der reichste Mann des Bezirks, dessen Schwiegersohn Bartholomäus May sowie Bartholomäus Welsers Sohn Leonhard vertreten. Mit Georg Hopfer (233 fl) und Hans Weyers Nachbarn Anton Weiß (80 fl) und Hans Gienger (76 fl) - letzterer mit den Jenisch verschwägert - prägten einige weitere reiche Fernhändler das soziale Profil der Nachbarschaft. Im Falle der Weyer läßt sich demnach ein hohes Maß an Kongruenz zwischen verwandtschaftlichem Netzwerk, nachbarschaftlichem Zusammenleben und sozialer Homogenität des Milieus feststellen. Die Analyse der Geschäfts- und Kreditbeziehungen der Weyer-Firma wird zu zeigen haben, wie das hier skizzierte Interaktionspotential auch im wirtschaftlichen Bereich realisiert wurde. Schließlich verdienen auch die Außenbeziehungen des „Weyer-Netzwerks" Aufmerksamkeit. Unter den Familien des Netzwerks befanden sich mit den Vöhlin und Zangmeister zwei aus Memmingen zugewanderte. Vor allem die Zangmeister verfugten auch nach ihrer Ansiedlung in Augsburg noch über starke Beziehungen nach Memmingen, was sich darin äußerte, daß die Gesellschaft der Brüder Hans, Eberhard und Kaspar Zangmeister, die von Hans Zangmeister d.J. in Augsburg vertreten wurde, ihre Zentrale in Memmingen behielt. Familiäre Beziehungen verbanden die Zangmeister mit bedeutenden oberdeutschen Kaufmannsfamilien wie den Ulmer Weickmann, den Büffler aus Isny und den Memminger Ott.195 Zum Verwandtschaftskreis der Manlich gehörte der aus Lindau gebürtige David von Dettighofen, der über Memmingen um 1530 nach Augsburg zuwanderte und 1538 ins Augsburger Patriziat aufgenommen wurde, anschließend aber Augsburg verließ und nach Memmingen zurückkehrte, weil seiner Frau Afra Manlich der Zugang zur Herrentrinkstube verweigert wurde. Von Memmingen aus unterhielt seine Familie aber auch in den folgenden Jahren enge geschäftliche Beziehungen zu den Manlich.196 Die Eheschließung von Matthäus Manlichs Sohn Markus mit Genoveva Tänzl aus einer Tiroler Gewerkenfamilie war 1551 von Seiten der Manlich möglicherweise von vorneherein mit dem Ziel verbunden, „das Tänzische Unternehmen damit einmal um so leichter übernehmen zu können." 197 Nach Nürnberg weisen die Heiratsverbindungen der Jenisch zu den Dilherr. Mang Dilherr stand viele Jahre lang der Nürnberger Faktorei der Haug-Langnauer-Linck vor.198 Bereits die Rede war von den Beziehungen der Weyer nach Nördlingen über die Ainkürn.

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Sixt Eiselin war der Sohn Stephan Eiselins, der in zweiter Ehe mit Sibilla Kraffter, einer Schwester von Jakob Herbrots Frau, verheiratet war. StAA, Werner/Lilienthal, „Eiselin" und „Kraffter".

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Eirich, S. 230, 2 3 2 .

196

Ruepprecht; Seibold, S. 25-26.

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S o Seibold, S. 54.

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StAA, KuH, Nr. 5, fol. 3; Ringling, S. 4 1 2 .

79 In verschiedenen Genealogien ist schließlich eine Allianz zwischen Elisabeth Weyer und Anton Manlich aufgeführt. Ein Sohn dieses Paares, Matthias, wanderte angeblich nach Genf aus und begründete den dortigen Zweig der Manlich. Da dieser Anton Manlich quellenmäßig in Augsburg nicht faßbar ist, muß diese Angabe allerdings mit einem Fragezeichen versehen werden.' 9 9 Angesichts der Tatsache, daß Genf im Handel zwischen Oberdeutschland und Frankreich eine wichtige Rolle spielte, konnte es dem Frankreich-Handel der Weyer aber mit Sicherheit nur förderlich sein, wenn sie in Genf Verwandte sitzen hatten.

1.3 Warenhandel und Kommissionsgeschäfte: Ökonomische Aktivitäten und Interessen Augsburger Kaufleute in Lyon Lyon, das Zentrum des Weyer-Handels, war wie Augsburg um die Mitte des 16. Jahrhunderts eine dynamische Metropole. Zwischen 1530 und 1555 wuchs die Bevölkerung von 45.000 auf 65.000 Einwohner an. Dieses Wachstum resultierte primär aus einer starken Zuwanderung: über 60 Prozent aller männlichen Einwohner, die zwischen 1557 und 1561 in der Stadt heirateten, waren nicht in Lyon geboren, und fast jeder Fünfte kam von außerhalb der Grenzen Frankreichs. 200 Seinen Aufschwung als Handelsstadt verdankte Lyon vor allem seinen Messen, die seit der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts von den französischen Königen planmäßig gefördert wurden. Nachdem Ludwig XI. in den Jahren 1462/63 die vier Lyoner Messen auf dieselben Termine legte wie die zu diesem Zeitpunkt florierenden Genfer Messen und obendrein den französischen Kaufleuten den Besuch der Genfer Messen verbot, konnte Lyon die Konkurrenz Genfs erfolgreich ausschalten. In den um 1500 verfaßten „Welthandelsbräuchen" heißt es über die Lyoner Messen: „Item zu Lion send alle jar vier meß oder merckt. Der erst ist auf weichennachtn, der andr auf ostern, der dryt auf Vi augusto, der viert auf aller hailigen tag." Jede Messe dauerte 15 Werktage: die erste, in den Quellen oft als „feria Parision" bezeichnete, begann am Montag nach Dreikönig (7.-13. Januar), die zweite am Montag nach Quasimodo (31. März-3. Mai), die dritte am 4. August und die letzte am 3. November. Während der Messen waren alle Waren außer Seidenstoffen und Gütern, die auf dem Wasser ankamen, zollfrei. 201 Wie Natalie 199

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Seibold, S. 12-13. Zu den Genfer Manlich vgl. ebd., S. 12-14 sowie Ammann, Oberdeutsche Kaufleute, S. 187-189. Davis, Frauen, S. 66-68, 71. Vgl. Gascon, Grand commerce, S. 341-350; Davis, Society, S. 20-21. Ehrenberg, Bd. 2, S. 76; Müller, Welthandelsbräuche, S. 71, 142, 274; Kellenbenz, Meder, S. 48-49, 227; ders., Verbindungsplätze, S. 20; Pfeiffer, Privilegien, S. 408-410. Zur Entwicklung der Lyoner Messen im ausgehenden 15. und im 16. Jahrhundert vgl. allgemein Bresard, bes. Teil I, Kap. 2-5.

80 Davis gezeigt hat, trafen die Dreikönigs-, die Oster- und die Augustmesse auch mit besonders intensiven Phasen des liturgischen Jahres zusammen: in der RhoneMetropole „verstärkte [...] das zeremonielle oft das wirtschaftliche Leben wie ein Kontrapunkt." 202 Lyons Bürger beurteilten die herausragende Bedeutung der Messen und die starke Präsenz von Fremden in der Stadt zwar durchaus ambivalent und kritisierten den „Ehrgeiz und Geiz" der fremden Kaufleute, das Streben nach Luxus und die verbreitete Profitgier; an ihrer Notwendigkeit für den Wohlstand der Stadt wurden aber kaum grundsätzliche Zweifel laut.203 Für die Kaufleute der oberdeutschen Reichsstädte war Lyon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts vor allem als Absatzmarkt für oberdeutsche Textilund Metallprodukte sowie als Einkaufsort für feine Stoffe, Wolle, Safran und Pastell aus Südfrankreich und Katalonien interessant.204 Grundlage für ihre Handelstätigkeit in Lyon waren die ihnen von der französischen Krone gewährten Messeprivilegien, die erstmals fur das Jahr 1516 überliefert sind, wahrscheinlich aber bis in das 15. Jahrhundert zurückreichen. Den Kernpunkt der Privilegien bildeten die 15-tägige Zollbefreiung über den jeweiligen Schlußtermin hinaus sowie die Befreiung vom „Droit de repressaille", der kollektiven Haftung aller Kaufleute einer Nation für die Schulden eines „Landsmanns", und dem „Droit d'aubaine", dem zufolge die Hinterlassenschaft eines in Frankreich verstorbenen Fremden dem König zustand.205 Die Privilegien mußten nach dem Tod jedes französischen Königs von seinem Nachfolger bestätigt werden. Zu diesem Zweck reiste etwa nach dem Tod Franz' I. 1547 eine Gesandtschaft der Kaufleute von Augsburg, Nürnberg, Ulm und Straßburg an den Königshof, der von Augsburger Seite Chrysostomus Peutinger, ein Sohn des berühmten Stadtschreibers und Humanisten Konrad Peutinger und Vetter Bartholomäus Welsers,206 angehörte, und die im Dezember 1547 die Erneuerung der Privilegien erwirkte. Nach dem Ableben Heinrichs II. wurde 1559 eine weitere Gesandtschaft nach Frankreich entsandt, in der Augsburg diesmal durch den Weyer-Vetter Hieronymus Zangmeister vertreten wurde.207 Abgesehen von seiner Rolle als Warenumschlagplatz entwickelte sich Lyon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts zunehmend zu einer wichtigen Börsenstadt. Neben Antwerpen war die Stadt an der Rhone um die Mitte des 16. Jahrhunderts eines der beiden „fuhrenden Clearing- und Finanzzentren Europas". 208

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Davis, Frauen, S. 83. Ebd., S. 68-70. Köpf, S. 69, 71, 86; Gascon, Grand commerce, S. 121-122, 231; Kellenbenz, Gewerbe und Handel, S. 440; ders., Wirtschaftsleben, S. 274-275. Köpf, S. 87-88 (dort auf 1515 datiert); Bresard, S. 131-132; Wild, S. 27-28; ver Hees, Oberdeutscher Handel, S. 75; Bog, Oberdeutsche Kaufleute, S. 22-23; Pfeiffer, Bemühungen, S. 410-411; ders., Privilegien, S. 155-157. Vgl. StAA, Werner/Lilienthal, „Peutinger". Köpf, S. 94-98, 101; Pfeiffer, Bemühungen, S. 417-419. Kriedte, S. 61.

81 Die Aktivitäten der Oberdeutschen auf den Lyoner Messen waren im 16. Jahrhundert in erheblichem Maße von den Wechsellagen des habsburgisch-französischen Konflikts abhängig. Bereits 1519 schrieb der Schwäbische Bund der Stadt Augsburg vor, daß sich die reichsstädtischen Kaufleute „bey Verlierung Leibs und Guts" der Wechselgeschäfte mit Lyon zu enthalten hätten, da einige Kaufleute auf diese Weise „den Widerwertigen" bisher Geld zugeleitet hätten. Augsburgs Kaufleute verteidigten in einer von Konrad Peutinger redigierten Antwort ihre Finanzgeschäfte und beteuerten ihre politische Zuverlässigkeit. 209 Karl V., dem die Bedeutung Lyons für die Finanzkraft der französischen Krone wohl bewußt war, unternahm von 1534/35 an wiederholt Versuche, die Messen im burgundischen Besanfon zu fordern und den Handel der oberdeutschen und italienischen Kaufleute dorthin umzulenken. Bei einer Befragung, die im Frühjahr 1544 in Madrid durchgeführt wurde, befürworteten auch die spanischen Faktoren der Augsburger Fugger und Welser, Georg Stecher und Bartholomäus May, ein Verbot der Lyoner Messen und ihre Verlegung nach Besan?on - ob aus Überzeugung oder aus geschäftlich bedingtem Opportunismus, sei dahingestellt. Diese Überlegungen führten jedoch zu keinen durchgreifenden politischen Maßnahmen. 210 Daneben wurden von kaiserlicher Seite periodisch auch Strafmaßnahmen gegen Oberdeutsche erwogen, die mit Lyon handelten. 2 " Im Februar 1552 ließ der Kaiser sogar alle Wechselgeschäfte mit Frankreich per Mandat verbieten und erneut die Möglichkeit einer Verlegung der Lyoner Messe prüfen. 212 Daß auch diese Schritte weitgehend wirkungslos blieben, zeigt allein die Tatsache, daß die Augsburger Unterkäufel zwischen 1552 und 1556 Wechsel in Höhe von 74.101 Kronen und 9.400 Gulden nach der Rhone-Metropole registrierten. Der höchste Umsatz wurde mit 38.576 Kronen im Jahre 1555 erzielt.213 Daneben sahen sich die oberdeutschen Kaufleute bisweilen auch Repressalien und Einschränkungen ihrer Handelstätigkeit ausgesetzt, die von französischer Seite ausgingen. „Das Jahrhundert bis zum Dreißigjährigen Kriege ist erfüllt von Remonstrationen gegen Kriegssteuern, Ausfuhrzölle auf Rohstoffen, Tarifreformen, königliche Ansprüche auf Gegenseitigkeit der Vorrechte usf."214 So kündigte König Franz I. 1527 den oberdeutschen Kaufleuten das Geleit auf, und im folgenden Jahr wurde Hans Welser, der den Nürnberger Zweig der Familie in Augsburg

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Pfeiffer, Bemühungen, S. 411; Werner, Bartholomäus Welser, 1968 II, S. 82; Lutz, Peutinger, S. 155-156,334-335. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2, S. 31-32; Kellenbenz, Karl V., S. 197-199; ders., Verbindungsplätze, S. 20-23, 26; ders., Fugger in Spanien und Portugal, Bd. 1, S. 451-453. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2, S. 17-18, 32. Kellenbenz, Karl V., S. 199-202; ders., Fugger in Spanien und Portugal, Bd. 1, S. 454-455; Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 3/1, S. 244-245, 250-251. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 602, 604. Bog, Oberdeutscher Handel, S. 23. Vgl. für die Schweizer Kaufmannschaft Wild, S. 33-38, 42-48 und passim.

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vertrat, samt einem Begleiter in Frankreich verhaftet, weil er spanische Wechsel über Lyon nach Deutschland remittiert hatte.215 Nach dem erneuten Ausbruch des Krieges mit Karl V. im Jahre 1542 erhob Franz I. von den oberdeutschen Kaufleuten in Lyon eine Zwangsanleihe in Höhe von 50.000 ecus und beschränkte die Messeprivilegien auf diejenigen Oberdeutschen, die keine geschäftlichen Beziehungen zu den Habsburgern hatten. Auf der Ostermesse 1546 forderte der König erneut eine Anleihe über 60.000 fl von den deutschen Kaufleuten, und den Straßburger Ingold wurden im selben Jahr Waren beschlagnahmt, die sie von Antwerpen aus nach Lyon einführten. 216 Der Handel mit Lyon blieb also aus politischen wie aus wirtschaftlichen Gründen stets ein riskantes Geschäft. Von den Augsburger Handelsfirmen, die die Lyoner Messen frequentierten und in der Rhonestadt eigene Faktoreien unterhielten, werden die Welser-Vöhlin dank des „Tagebuchs" ihres langjährigen Faktors Lukas Rem bereits Ende des 15. Jahrhunderts quellenmäßig faßbar. Rem kam nach Abschluß seiner Lehrzeit in Italien 1498 nach Lyon, wo Narziß Lauginger als Faktor der Welser-Vöhlin-Gesellschaft tätig war. „Der bedorft mein", so berichtet Rem, „und behuolt mich in der Welser gescheit bey Im [...] Schrib f...] die Lioner rechnong aus; und zuo andrem fil brauchet er mich." Zwischen 1499 und 1502 reiste Rem mehrfach zwischen Augsburg und Südfrankreich hin und her, wobei er in der Regel den Weg über Genf, Freiburg i.Ue. und Bern wählte, wo die Welser ebenfalls Vertreter hatten. Rem prüfte die Rechnungen der Faktoreien, reiste 1500 nach Avignon „etlicher gescheit der mintz halb", trieb in ganz Frankreich Schulden der Welser-Vöhlin ein und besuchte die südfranzösischen Safranmärkte. 2 ' 7 Spätere Handlungsreisen im Dienst der Welser-Vöhlin führten Rem im Sommer 1509 von Marseille über Lyon und Paris nach Antwerpen 218 und im Frühjahr 1510 von Katalonien durch das Languedoc und die Provence nach Lyon, wo zu diesem Zeitpunkt Anton Welser d.J. die Geschäfte der Gesellschaft führte, und von dort aus über die Schweiz nach Augsburg.219 Im Jahre 1515 erscheinen die Welser-Vöhlin neben einem gewissen Leonhard „Jonguemand" (Jungmann) als einzige Oberdeutsche unter den Haus- und Hypothekenbesitzern in Lyon, und 1522/23, als die französischen Behörden in Lyon einen einmaligen Einfuhrzoll erhoben, zahlten Bartholomäus Welser und seine Gesellschaft 36 Livres tournois für die Einfuhr von zwölf Ballen Safran, den sie offensichtlich am Erzeugungsort - in der Provence, Aragon oder Saragossa gekauft hatten.220

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Lutz, Peutinger, S. 287-288; Pfeiffer, Bemühungen, S. 412; ders., Privilegien, S. 156; Kellenbenz, Fugger in Spanien und Portugal, Bd. 1, S. 456. Pfeiffer, Privilegien, S. 414-416. Vgl. auch Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2, S. 23. Greiff, S. 6-7. Vgl. Jeannin, marchands, S. 118. Greiff, S. 11-12. Ebd., S. 15. ver Hees, Oberdeutscher Handel, S. 77, 80.

83 Die Höchstetter-Gesellschaft unterhielt in den 1520er Jahren eine Niederlassung in Lyon, die offenbar vor allem dem Absatz von Quecksilber aus den Gruben von Idria diente. Die Gerüchte über Zahlungsschwierigkeiten der Höchstetter, die seit Sommer 1528 auf den europäischen Geldmärkten kursierten und ein Jahr später zum Bankrott der Firma führten, gingen wahrscheinlich von Lyon aus.221 Auch die mit den Weyer verschwägerten Manlich waren bereits um die Jahrhundertwende im Handel mit Frankreich engagiert. Simon und Hans Manlich, die Schwäger Hans Weyers d.Ä., erhielten 1515 das eidgenössische Geleit für ihren Handel nach Lyon und verkauften im folgenden Jahr von Genf aus Kupfer nach Gex. Ein Zweig der Familie siedelte sich um 1517 dauerhaft in Genf an.222 Jahrzehntelange Handelsbeziehungen nach Lyon unterhielten auch die gleichfalls mit den Weyer verschwägerten Zangmeister. Dem Memminger Eberhard Zangmeister wurde wie den Manlich 1515 das eidgenössische Geleit nach Lyon gewährt, 1522 transportierten Hans und Leonhard Zangmeister 40 Ballen Ulmer Barchent nach der Stadt an der Rhone, und 1529 besaß Hans Zangmeister dort ein eigenes Haus.223 Von den Söhnen Eberhard Zangmeisters sind Eberhard d.J. 1540 und 1559, sein Bruder Hans 1542 in Lyon nachweisbar. 224 Um die Mitte der 1540er Jahre erwarben sie in Lyon bei Händlern aus der Bourgogne, Saint Chaumont und Tours Pelzwerk,225 und für die Konstanz-Memminger Handelsgesellschaft von Felix und Jakob Grimmel kauften sie in Lyon Gewürze ein.226 Als Hans, Eberhard und Kaspar Zangmeister 1560 fallierten, lagerten in ihren Lyoner Gewölben große Mengen an Tuchen oberdeutscher Provenienz, darunter 10.230 Ellen Memminger, Augsburger und Kaufbeurer Barchent und 31.250 Ellen Memminger Mamossin. Ende Mai 1560 traf ein Transport aus Memmingen, der neben Bokassin, Zwilch und Barchent über 10.000 Ellen Leinwand fur die Zangmeister-Faktorei mitfuhrte, in Lyon ein. Umgekehrt lagerten in den Memminger und Augsburger Faktoreien der Zangmeister Pariser und Carcassonner Tuche, Le-

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Ehrenberg, Bd. 1, S. 216; Kern, S. 189, 191; Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 1, S. 131; Burschel/Häberlein, S. 58, 60; Blanchard, S. 124. Bei den oberdeutschen Kaufleuten „Ambroise et Jehan Estellet", die 1522/23 den Betrag von 64 Livres tournois zur Ablösung der in diesem Zeitraum in Lyon erhobenen Zollgebühren entrichteten, handelte es sich wohl um niemand anderen als Ambrosius und Hans Höchstetter. Vgl. ver Hees, Oberdeutscher Handel, S. 78; Pfeiffer, Privilegien, S. 173. Ammann, Oberdeutsche Kaufleute, S. 186-188.

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Ebd., S. 189. Vgl. Westermann, Zahlungseinstellung, S. 464-465; ver Hees, Oberdeutscher Handel, S. 77, 79; Eirich, S. 235-236. Ammann, Oberdeutsche Kaufleute, S. 190; Eirich, S. 236. Arch. Dept. Rhone, 3E 3850 (Cussonel), fol. 247 v -248 r , 249 v -250 r , 254 v -255 v . Einige kleinere Schuldforderungen der Zangmeister finden sich ebd., fol. 67 Γ -67 ν , 254Γ, 3 6 Γ . Vgl. auch Pfeiffer, Privilegien, S. 194; Eirich, S. 236 (dort sind die Geschäfte der Zangmeister allerdings ein Jahrzehnt zu spät datiert) sowie allgemein zum Lyoner Pelzhandel Gascon, Grand commerce, S. 106-108. Freundlicher Hinweis von Dr. Andreas Nutz, Häg-Ehrsberg.

84 der aus Le Puy und Lyoner Seiden und Garne. Weiter hatten die Zangmeister Schuldforderungen in Lyon, Paris, Tours, Pontarlier, Orleans, Carcassonne und Albi ausstehen.227 Daneben entwickelte sich Lyon in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts zu einem wichtigen Ausbildungsort für oberdeutsche Kaufmannssöhne. Markus Pfister, dessen Vater Mitglied der Welser-Vöhlin-Gesellschaft war, verbrachte zwischen 1509 und 1512 drei Lehrjahre in Lyon,228 und Philipp Welser, der Schwiegersohn Melchior Manlichs, hatte eine Lehrzeit im Lyoner Kontor der Nürnberger Weiser-Gesellschaft absolviert.229 Von 1539 bis 1542 hielt sich Anton Hörmann, der Sohn des Fugger-Vertrauten Georg Hörmann, in der Rhöne-Metropole auf,230 und von 1540 bis 1543 erhielt Markus Rem, der Sohn Hans Rems und der Apollonia von Stetten, eine kaufmännische Ausbildung bei Simon Nicolas in Lyon. Nach seiner Rückkehr nach Augsburg wurde er durch Vermittlung seines Onkels Christoph von Stetten von Konrad Rehlinger und Sohn als Diener angenommen. 231 Der Lyoner Faktor der Gesellschaft Christoph Welsers, Michael Sailer, verrechnete in den Jahren 1556 bis 1558 Ausgaben, die er für Karl und Hieronymus Reihing und für Lukas Rehlinger, den Sohn des Augsburger Bürgermeisters Leonhard Christoph Rehlinger tätigte.232 Der ausgedehnte und vielseitige Waren- und Geldverkehr Lyons, aber auch die Interessen oberdeutscher Handelsfirmen, die sich aus ökonomischen oder politischen Gründen keine eigenen Faktoren in Frankreich leisteten, eröffneten einer auf das Frankreich-Geschäft spezialisierten Firma wie den Weyer ein weites Betätigungsfeld. Seit Mitte der 1530er Jahre traten die Weyer bei einer Reihe von Geschäften als Lyoner Verbindungsleute oder Kommissionäre der Fugger auf, die - offenbar um ihre engen Beziehungen zum Haus Habsburg nicht zu gefährden keine eigene Niederlassung in Lyon unterhielten.233 Um 1538/39 nahm Sebastian Weyer die Interessen des Unternehmens Anton Fuggers in Lyon und Südfrankreich wahr.234 Im Herbst 1539 zahlten die Fugger an Sebastian Weyer 150 fl zur Erstattung der Unkosten für einen Transport von zweihundert Tonnen spanischen Quecksilbers nach Marseille, die Sebastian Weyers Bruder Dominikus vorge227 228

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Westermann, Zahlungseinstellung, S. 468, 471. StAA, Schätze, Nr. 24 (Genealogia Pistoriana), fol. 51 v ; vgl. Strieder, Genesis, S. 106; Augsburger Stadtlexikon, S. 284. Sayous, commerce, S. 394. Brunner, Aus dem Bildungsgange, S. 142; Kellenbenz, Verbindungsplätze, S. 27. Hämmerle, Geschlechterbuch, S. 79-80. StBB, Msc. Var. 13/1, 13/2. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/1, S. 412, Anm. 134. Pölnitz zufolge besaßen die Lyoner Geschäfte Anton Fuggers zwar „keinen erheblichen Umfang", doch weist er andererseits die in der älteren Literatur bisweilen vertretene Ansicht zurück, daß die Fugger zu Lebzeiten Antons überhaupt keine Verbindungen nach Frankreich unterhalten hätten. An anderer Stelle bezeichnet Pölnitz Dominikus Weyer gar als „Fugger-Diener zu Lyon" (S. 497, Anm. 252). Ebd., S. 453, Anm. 182.

85 streckt hatte. Im selben Jahr entlohnten die Fugger die Weyer für die Eintreibung von 3.000 Sonnenkronen in bar. Im November 1539 waren die Fugger den Weyer 235 fl schuldig, die Dominikus Weyer einem gewissen Pantaleon Kremer ausgelegt hatte.235 Sebastian Weyer schickte den Fuggern 1539 außerdem zwei Ballen rote Wolldecken, die er in deren Namen gekauft hatte,236 und wurde von ihnen fur den Transport von Barchent sowie einer „großen welschen Karten" von Antwerpen nach Augsburg entlohnt.237 Als Simon Nicolas und Hans Rieger ebenfalls im November 1539 9.750 fl aus Lyon an die Fugger transferierten, diente Sebastian Weyer neben Bartholomäus Welser, Hans Herwart und Hans Welser als Mittelsmann.238 Um 1540 kümmerten sich die Weyer auch, teilweise im Auftrag des Fugger-Vertrauten Georg Hörmann, um die finanziellen und persönlichen Belange oberdeutscher und österreichischer Studenten in Bourges.239 Wie wichtig die Maklertätigkeit der Weyer für die Fugger um 1540 geworden war, verdeutlicht ein Brief Anton Hörmanns an seinen Vater Georg vom Dezember 1540. Anton Hörmann empfahl darin, einen Sohn Sebastian Weyers zu dem Antwerpener Fugger-Faktor Veit Hörl zu senden oder andernorts zu verwenden, denn Weyer werde dies gewiß den Fuggern danken.240 Auch wenn es keinen Hinweis darauf gibt, daß dieser Vorschlag in der Augsburger Fugger-Zentrale aufgegriffen wurde, so wirft er doch ein höchst bezeichnendes Licht auf die Rolle der Weyer im System des Augsburger Handels um 1540. Auch wenn die Firma hinsichtlich ihrer Kapitalbasis und des Radius ihrer Unternehmungen zweifellos einige Nummern kleiner war als die der Fugger, so erfüllten die Weyer doch aufgrund ihrer geographischen Spezialisierung und ihres daraus resultierenden geschäftlichen Know-how eine Mittlerfunktion, die selbst für die größte oberdeutsche Firma ihrer Zeit von nicht zu unterschätzender Bedeutung war. Zu dieser Zeit scheint Sebastian Weyer auch für andere Augsburger Familien und Firmen als Kontaktperson in Lyon eine wichtige Rolle gespielt zu haben. Als der Patrizier Leo Ravensburger, ehemaliger Faktor der Welser-Vöhlin-Gesellschaft auf Madeira, Schwiegersohn Christoph Herwärts und nach der Verfassungsänderung Karls V. einer der beiden ersten Stadtpfleger Augsburgs, 1539 seinen Sohn Christoph zur Ausbildung nach Lyon schickte, ließ er ihn wissen: „Der Sebastien weyer unnd sein bruoder werden sich befleysen, dich zu ainem Rechtgeschaffnen Herrnn zu thonn, da Erber from leuyt sennd/ und was du bedarffst zu deiner notturfft, dir verordnen, es seyen clayder unnd anders."241 Um die Mitte der 235

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Ebd., S. 462, Anm. 216. Dominikus Weyer findet sich nicht in StAA, Werner/Lilienthal, „Weyer": Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/1, S. 445, Anm. 141. Ebd., S. 453, Anm. 182. Ebd., S. 427, Anm. 6. Ebd., S. 445, Anm. 141; S. 453, Anm. 182; S. 497, Anm. 252; S. 498, Anm. 255. Ebd., S. 505, Anm. 42. Beyschlag.

86 1540er Jahre nahmen die Weyer auch geschäftliche Interessen Hans Baumgartners in Marseille wahr, wofür ihnen Matthäus Manlich in Baumgartners Namen 112 fl 1 ß bezahlte.242 Neben ihren Kommissionsgeschäften für große Augsburger Handelsfirmen, die ihnen, wie die Äußerungen Anton Hörmanns und Leo Ravensburgers bezeugen, beträchtliches Ansehen als wichtige und zuverlässige Mittelsmänner auf dem politisch sensiblen Gebiet des oberdeutsch-französischen Güter- und Geldverkehrs verliehen, betrieben die Weyer auch einen schwunghaften Warenhandel auf eigene Rechnung. Im Oktober 1542 etwa bekannte der Kaufmann Antoine Bathon vor einem Lyoner Notar, Sebastian und Dominikus Weyer 63 Livres 11 sous für gelieferte Waren schuldig zu sein,243 und im Februar 1547 richteten Sebastian Weyers Erben zusammen mit Anton Haug und Ulrich Linck ein Gesuch an den Augsburger Rat, in dem sie mitteilten, daß eine Ladung Kaufmannsgüter, die sie nach Lindau schicken wollten, während des Schmalkaldischen Krieges an der Illerbrücke durch „den vonn Kaltenthal" aufgehalten und nach Memmingen geführt worden sei. Kaltenthal ignorierte den Haug und Weyer zufolge den kaiserlichen Befehl, daß alle im Krieg arrestierten Güter nun wieder herausgegeben werden sollten. Die geschädigten Kaufleute ersuchten daher den Rat um Hilfe.244 Geht aus dieser Quelle nicht hervor, welcher Art die Güter waren, die die Weyer gemeinsam mit den Haug transportierten, so erlauben andere Dokumente zumindest in Umrissen eine Aufschlüsselung. Für den Handel mit Baumwolle gibt es zunächst in der Zusammenstellung der „Weberschulden" in der Hauptrechnung der Haug-Langnauer-Linck von 1549 einen Hinweis. Mit 515 fl machten die Schulden der Erben Sebastian Weyers hier den weitaus größten Posten aus.245 Zwei Jahre später schuldete Hans Weyer als Vertreter des Memminger Kaufmanns Ulrich Hanckelmann den Haug 425 fl für Baumwolle. 246 Hanckelmann gehörte nach dem Bankrott der Weyer im Jahre 1557 zum Kreis ihrer Gläubiger.247 Daneben handelten die Weyer auch mit Luxusstoffen. Im Juli 1552 verkaufte ein Vertreter des genuesischen Handelsherrn Giovanni Battista Grimaldi Hans, Dominikus und David Weyer in Lyon fünf Kisten „vollonos fins de gennes" (wohl feine genuesische Samtstoffe) für 4.300 ecus,248 und in einer 1555 erstellten Lyo-

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Müller, Quellen, S. 293. Arch. Dept. Rhöne, 3E 3849 (Cussonel), fol. 98 v -99 r . StAA, Literalien, 21.2.1547. Vgl. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2, S. 440. StAA, KuH, Nr. 5, fol. 151. StAA, KuH, Nr. 6, fol. 4. StAA, StG 30, fol. 54 v . Arch. Dept. Lyon, 3E 3851 (Cussonel), fol. 139 v -140 v .

87 ner Abrechnung zwischen Hans und David Weyer und der Firma Hieronymus Kraffters wird der Verkauf von sechs Ballen Rohseide für 3.476 Livres erwähnt.249 Zahlreicher sind die Belege für den Handel der Firma mit Kupfer, Silber und Metallwaren. Bereits 1534 hatte Sebastian Weyer bei einem Münchner Schmied „Segessen" (Sensen) in Auftrag gegeben, die wahrscheinlich für den Lyoner Markt bestimmt waren.250 Auch die Kontakte Sebastian Weyers mit den Tiroler Niederlassungen des Fugger-Unternehmens in den 1530er Jahren standen vermutlich in engem Zusammenhang mit dem Metallhandel der Weyer nach Lyon. In den Jahren 1535 und 1536 kaufte Sebastian Weyer Schwazer Silber von Anton Fugger,251 und in der Fugger-Inventur von 1536 wird er mit einem Betrag von 2.144 fl als Schuldner geführt. 252 Im November 1538 zahlte Hans Jenisch als Vertreter Weyers 1.000 fl an die Haller Niederlassung der Fugger, die Sebastian Weyer in Augsburg ersetzt werden sollten.253 In der Hauptrechnung der Haug-Langnauer-Linck von 1549 finden sich die Weyer unter den Augsburger Debitoren mit einem Betrag von 1.050 fl und dem Zusatz „ain Conto vom Kupffer vns vnd Herrn Neithart fl 2100", der darauf schließen läßt, daß die Weyer zu den Abnehmern von Tiroler Kupfer der HaugNeidhart gehörten.254 Zwei Jahre später beliefen sich Hans Weyers Schulden „für Kupffer" bei den Haug auf 8.426 fl.255 Nach einer Rechnung der Weyer aus dem Jahre 1555 schuldeten ihnen die Erben Felix Hünlins rund 1.270 fl für sieben Faß „Rauchkupffer". 256 Für die Haug-Langnauer-Linck, die die Weyer um die Jahrhundertmitte wiederholt beliefert hatten, wurde Lyon als Absatzmarkt für Kupfer insbesondere in den 1560er Jahren, als die Weyer bereits aus dem Geschäft waren, immer wichtiger. 1561 lagerten Kupfervorräte im Wert von 989 fl in der Lyoner Haug-Faktorei, und drei Jahre später hatten die dortigen Lagerbestände einen Wert von 4.883 fl. Außerdem sandten die Haug 1564 138 Doppelzentner Kupfer im Wert von 1.980 fl von Schwaz aus über Straßburg nach Lyon, wo Matthäus Westermair zu dieser Zeit die Angelegenheiten der Firma wahrnahm. 257 Der Kupferhandel von Tirol nach Frankreich bediente sich gewöhnlich der Route über den Fernpaß, Kempten, Lindau, Konstanz, Zürich, Bern und Genf nach Lyon.258 Hinweisen in den Bankrottakten ist zu entnehmen, daß sich die 249

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StAA, Stadtgericht, Appellationssache zwischen Hans, David, Sebastian Gebrüder Weiher und ihren Gläubigern, 1559-1569 (unverzeichnet). Die Käufer waren Kaspar Dick, Martin Bernardi Ott und Vicenzo Spada. StAA, Reichsstadt, Akten, Nr. 354, undatierte Fürschrift aus dem Jahre 1534. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/1, S. 296, Anm. 10. Ebd., S. 330, Anm. 189. Ebd., S. 296, Anm. 10; S. 410, Anm. 134. StAA, KuH, Nr. 5, fol. 150. StAA, KuH, Nr. 6, fol. 1. StAA, StG 201, fol. 34 v -35 r . Ringling, S. 145, 161. Müller, Welthandelsbräuche, S. 72.

88 Weyer bei ihren Metalltransporten genau an jene Route hielten. In Lindau hatten sie mit Felix Hünlin einen wichtigen Geschäftspartner, bei dem sie vor ihrer Zahlungsunfähigkeit im Jahre 1557 Waren im Wert von 8.000 fl gelagert hatten.259 Dem Lindauer Fuhrmann Michael Halder hatten sie 21 fl 30 χ geliehen.260 Zum Zeitpunkt ihres Bankrotts waren sie außerdem dem Zoll zu Konstanz, dem „Geleitsherrn von den 8 alten Orten zu Baden", dem Geleitsherrn im westlich von Zürich gelegenen Lenzburg sowie dem Geleit und Zoll zu Bern insgesamt mehr als 350 fl schuldig.261 In Genf schließlich hatten sie mit Franz Zangmeister, der dort auch als Vertreter seiner Augsburger und Memminger Verwandten tätig war,262 einen weiteren Verbindungsmann. 263 Aufschlüsse über den Warenhandel der Firma ergeben sich auch aus einer Analyse des französischen Kundenkreises von David Weyer. Eine Liste der Schuldner und Gläubiger der Lyoner Faktorei aus dem Jahre 1557 zeigt, daß sich die Geschäftspartner der Firma aus dem ganzen südfranzösischen Raum sowie aus Nordspanien rekrutierten.264 Bernard Calmas aus dem nördlich von Lyon an der Saöne gelegenen Villefranche blieb den Weyer 1557 58 Livres schuldig. In Le Puy im Zentralmassiv, einer wichtigen Etappenstation auf dem Pilgerweg nach Santiago de Compostela, aber auch einem Zentrum der Woll- und Lederherstellung,265 waren David Weyers Kunden Maurice Blanc, der bei den Augsburgern 1557 mit 113 Livres im Rückstand war, sowie Bertrand „Banafoß" und Gabriel Portier ansässig, die den Weyer noch etwas mehr als 100 Livres zu zahlen hatten. Folgt man von Lyon aus dem Tal der Rhone nach Süden, so stößt man auf Kunden der Weyer in Valence - hier hatte ein Jean „Garmidt" noch 145 Livres acht sous zu entrichten - und in Crest, wo Guillaume Bruro eine Rechnung über 800 Livres zu begleichen hatte. In der Stadt Avignon, deren Kaufleute bedeutende Mengen Samt, aber auch Seide und Baumwollgarn auf den Lyoner Markt brachten,266 saß mit Antoine Albert einer der größten französischen Gläubiger der Weyer; seine Forderung an die Augsburger belief sich 1557 auf 1.204 Livres. 259 260 261 262

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StAA, StG 201, fol. 17 r -17 v . Ebd., fol. 9V. StAA, StG 30, fol. 54 v -55 r . Zu den Genfer Verbindungen der Zangmeister vgl. Ammann, Oberdeutsche Kaufleute, S. 188-189; Eirich, S. 235. In einer 1556 von David Weyer erstellten Liste seiner Schuldner findet sich Franz Zangmeister mit einem Betrag von 758 Livres: StAA, Stadtgericht, Appellationssache zwischen Hans, David, Sebastian Gebrüder Weiher und ihren Gläubigern, 1559-1569 (unverzeichnet). Die folgenden Angaben zu den französischen Geschäftspartnern nach StAA, StG 30, fol. 55 r (Gläubiger der Weyer) und StG 201, fol. 10 r -l l v (Schuldner). Gascon, Grand commerce, S. 66, 70, 107, 130, 134, 136, 882. In den Warenbeständen der Augsburg-Memminger Zangmeister befand sich nach dem Bankrott der Firma im Jahre 1560 auch Leder aus Le Puy: Westermann, Zahlungseinstellung, S. 468. Gascon, Grand commerce, S. 117-118.

89 Im Languedoc hatten die Weyer Geschäftspartner in Montpellier, wo sie Jean Cristol nach ihrem Konkurs 157 Livres schuldig blieben, und in Carcassonne, wo Jean Peche 1557 noch 1.116 Livres von ihnen zu bekommen hatte. Die Kaufleute von Carcassonne spielten zwar auch eine Rolle auf dem Lyoner Safranmarkt, 267 doch war die Stadt vor allem als Zentrum der Herstellung von Wollstoffen von Bedeutung. Im Jahre 1544 waren mehr als drei Viertel des Tuchhandels aus dem Languedoc nach Lyon in den Händen von 14 Kaufleuten aus Carcassonne. 268 Als Hans, Eberhard und Kaspar Zangmeister 1560 ihre Zahlungen einstellen mußten, hatten sie sowohl in ihrer Lyoner als auch in ihrer Augsburger Niederlassung noch größere Mengen Carcassonner Tuche auf Lager.269 Jean Peche, der Kreditor der Weyer, stand bereits 1547 mit der Lyoner Filiale der Haug-Langnauer-Linck, die damals ebenfalls von Hans Weyer geleitet wurde, in geschäftlicher Verbindung. 270 Wie Carcassonne war auch Montpellier ein Zentrum der Wollweberei und des Wollhandels.271 In der am Tarn gelegenen Stadt Cordes, einem der Zentren des südfranzösischen Safrananbaus und -handels,272 hatten die Weyer 74 Livres bei Michel Salignor ausstehen. In Toulouse, wo sich ein großer Teil des südwestfranzösischen Gewürz- und Pastellhandels konzentrierte, war Jean Blanc 133 Livres 10 sous schuldig, und im nordspanischen Saragossa hatten die Weyer mit Jean Peyard, Pierre Poulau und Jean Cornual273 mindestens drei Geschäftspartner. Im Safranund Pastellhandel mit Südfrankreich und Nordspanien war zur selben Zeit auch die Gesellschaft Christoph Welsers stark engagiert. Gemeinsam mit den Nürnberger Fütterer und Imhof gründeten die Welser in den 1550er Jahren mit der „Compania der Pastell-Handlung zu Tolosa" ein Einkaufskartell, und 1560 kauften sie in Toulouse 3.286 Zentner Pastell, die über Bordeaux nach Antwerpen ver-

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Vgl. ebd., S. 96. Ebd., S. 234, ferner S. 67, 70, 131,881. Westermann, Zahlungseinstellung, S. 468. Die Haug führten Peche (in den Quellen zumeist „Pesch" geschrieben) mit 1.230 fl als Lyoner Schuldner: StAA, KuH, Nr. 5, fol. 116. Jean Peche ist möglicherweise identisch mit Jean del Peix, den Gascon als Mitglied einer der größten Carcassonner Tuchhändlerfamilien im Jahre 1544 nennt (Gascon, Grand commerce, S. 234). Köpf, S. 74.

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Vgl. Gascon, Grand commerce, S. 96, 881. In Lorenz Meders Handelsbuch wird explizit auf Cordes am Tarn als wichtiges Produktionsgebiet fur französischen Safran verwiesen (Kellenbenz, Meder, S. 50, 229-230), während die „Welthandelsbräuche" allgemein auf die Bedeutung des Albigeois als Safranregion hinweisen: „Item ist ain land und gegent also genannt Albeges, da der marockin safran, auch brunikel faister ist, wechst und gemacht wirdt, welhem man pflicht zu kaufen von vil nation; als Lutringer sind die ersten, den kauf wiewol allweg höher dann darnach darein machen. Auch von Teutschen, Florentiner, Lioner, Marani und manicherlai nation." (Müller, Welthandelsbräuche, S. 279). Aufgrund der Schreibweise der Namen in der Augsburger Quelle ist nicht eindeutig zu entscheiden, ob es sich hier um französische oder spanische Kaufleute handelte.

90 sandt wurden. Die Ware hatte einen Wert von 13.286 Gulden.274 In Saragossa war die Gesellschaft Christoph Welsers in den Jahren 1556/57 durch einen eigenen Faktor, Ulrich Schütz, vertreten.275 Auf die Dimensionen des französischen und spanischen Gewürzhandels der Welser deutet auch der Umstand hin, daß 1555 in der Nürnberger Faktorei insgesamt 138 2/3 „Säcklin" Safran aus Aragon, Katalonien, der Auvergne und anderen Regionen Südfrankreichs lagerten. Die Lyoner Welser-Faktorei hatte 1560 nicht weniger als 6.704 Pfund Safran auf Lager.276 In Toulouse hatte auch der Augsburger Daniel Ulstett mit dem Kaufmann Pierre Assezat einen wichtigen Partner im Pastellgeschäft: im Februar 1557 schickte Assezat 3.248 Ballen Pastell auf vier Booten von Bordeaux nach Antwerpen, die fiir Ulstett bestimmt waren. 277 Einige hundert Kilometer nördlich von Toulouse, in Limoges, saßen ebenfalls mehrere Debitoren der Firma Weyer, so Pierre Momplos, der 101 Livres zu bezahlen hatte, und der „Marschall Werdoman", von dem die Weyer 105 Livres forderten. Eine kleine Schuldforderung hatten sie außerdem an Antoine Roy aus dem Limousin. Umgekehrt blieben sie in „Limon" Guillaume Menquard 6.146 Livres und Jean und Etienne Madieres 928 Livres schuldig. Zudem spielten die Weyer offenbar bis zu ihrem Bankrott eine Rolle bei der Überweisung von Geldern an deutsche Studenten in Bourges. Nach dem Konkurs hatte Hans Weyer jedenfalls eine Forderung in Höhe von 85 fl 26 χ an Hans von Stain, da er diese Summe im Jahre 1556 Ludwig von Frauenberg und Georg Lemblin in der französischen Universitätsstadt ausbezahlt hatte.278 Das Interesse der Weyer am Gewürzhandel, insbesondere am Safrangeschäft, das sich in Lyon vor allem auf die Allerheiligen- und die Januarmesse konzentrierte,279 und auf das ihre Beziehungen nach Toulouse, Saragossa und Cordes hinweisen, zeigt sich auch darin, daß eine Reihe von Lyoner Gewürzhändlern bei

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Werner, Bartholomäus Welser, 1968 II, S. 88. Werner zufolge wurde der Pastell in umgekehrter Richtung, also von Antwerpen nach Bordeaux verschickt, was aber keinen Sinn ergibt. StBB, Msc. Var. 13/1, fol. 202; Msc. Var. 13/2, fol. 360. Werner, Bartholomäus Welser, 1968 II, S. 87-89. Caster, S. 179-180; ferner Coornaert, Bd. 1, S. 332. Der Pastellhandel galt als kompliziertes und riskantes Warengeschäft. Das um die Mitte des 16. Jahrhunderts erschienene Handelsbuch Lorenz Meders riet den oberdeutschen Kaufleuten: „Wer bastell wil kaufen lassen: der merck, das er am ersten aufrichtig gute leut hab, dann darinnen grosser betrug. Der best rath were, das man sie ließ mit anligen, so gedencken sie, dester mehr nutz zuschafen." Den besten Pastell, so Meder, kaufe man in Toulouse. Kellenbenz, Meder, S. 51, 234. StAA, StG 201, fol. 9V. Vgl. Müller, Welthandelsbräuche, S. 274-275: „Item in vorgemelten alls die allerhailing und parisioner mess wirt am maisten mit safran gehandelt, wiewol zu tzeiten überscheust und in ostermess auch was zu bekomen ist, doch wenig und im selben gar uffgeet. Darumb in der augstmes selten und, das nichts haist, zu bekomen ist."

91 den Brüdern Schulden hatten.280 Jean Scarron, dessen Erben den Weyer im Jahre 1557 noch 126 Livres schuldig blieben, hatte sich vor allem als Gewürzgroßhändler und Importeur piemontesischer Handelswaren nach Lyon betätigt. Um 1550 versuchte er ohne dauerhaften Erfolg, zunächst in Gemeinschaft mit einem gewissen Odinot Reille aus Chieri, später mit Olivier Daultun, die Barchentweberei in Lyon einzuführen. 28 ' Auf Aktivitäten der Weyer im Seidenhandel weist der Umstand hin, daß ihnen Jean und Jacques Gapaillon 1557 in Lyon 400 Livres schuldig waren. Der Reichtum dieser Familie basierte auf dem raschen ökonomischen Aufstieg des Odet Gapaillon, der 1515 noch wie ein Handwerker in relativ bescheidenen Verhältnissen besteuert wurde, 1545 aber zu den dreißig höchstbesteuerten Lyoner Bürgern zählte. Mitte der 1540er Jahre gehörte er zu den ersten Lyoner Kaufleuten, die in die Seidenproduktion investierten. Nach Odet Gapaillons Tod ging sein Unternehmen an seine drei Söhne über.282 Das Unternehmen seines Sohnes Claude, das von Richard Gascon eingehender untersucht wurde, spezialisierte sich auf den Import von Luxusstoffen aus Italien und den Absatz Lyoner Seidenwaren im französischen Königreich.283 Eine Besonderheit stellen die geschäftlichen Beziehungen dar, die David Weyer in Lyon zu einem Kaufmann aus dem Ostseeraum, dem Stettiner Stephan Loitz, anknüpfte. Unter den Lyoner Gläubigern der Weyer erscheint Loitz 1559 mit einer Forderung in Höhe von 5.000 Livres,284 und aus einer in den Konkursakten enthaltenen Obligation geht hervor, daß David Weyer und Stephan Loitz sich gemeinsam über diesen Betrag gegen den pommerschen Adligen Heinrich von Jasmund verschrieben. 285 Stephan Loitz (1507-1584) und seine Brüder Hans, Michael und Simon leiteten um die Mitte des 16. Jahrhunderts eines der bedeutendsten Handelshäuser des Ostseeraumes, das in großem Umfang mit Salz, Getreide und Heringen handelte und Bergwerke im Harz, in Ungarn, Schweden, Polen, Westpreußen und vermutlich auch in England besaß. Daneben schalteten sich die Loitz auch in den polnischen Ochsenhandel ein und betätigten sich als Hof- und Kriegslieferanten. Seit etwa 1560 versuchte die Firma, eine beherrschende Stellung im nordosteuropäischen Salzhandel zu erringen, indem sie französisches Meersalz auf eigenen Schiffen durch den Sund in die Ostsee brachte. Ihren ausgedehnten Warenhandel verbanden die Loitz, die mit beträchtlichen Fremdkapitalien

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Die folgenden Lyoner Schuldner der Weyer wurden in David Weyers Rechnung als „Spetzier" bezeichnet: Pierre „Scharlo" (55 Livres 10 sous), Jean Madallon (36 Livres 16 sous), Guillaume F r a n c i s (46 Livres 13 sous), Jean Dazut (85 Livres) und Claude „Dischung" (36 Livres 18 sous). Gascon, Grand commerce, S. 318-319. Vgl. ferner ebd., S. 379, 856, 857. Gascon, Structure, S. 146. Ebd., S. 148-150. StAA, StG 30, fol. 55r. StAA, Stadtgericht, Appellationssache zwischen Hans, David, Sebastian Gebrüder Weiher und ihren Gläubigern, 1559-1569 (unverzeichnet).

92 arbeiteten, mit bedeutenden Kreditgeschäften, zunächst seit etwa 1538 mit Kurfürst Joachim II. von Brandenburg, später auch mit den Königen von Polen und Dänemark. 286 Die Zusammenarbeit der Stettiner Kapitalisten mit den Weyer fand im Bereich des Getreidehandels statt. Stephan Loitz hatte 1556 einen Paßbrief des französischen Königs erlangt, der ihm die Ausfuhr von 2.000 Last Weizen aus Frankreich über den Hafen von Marseille erlaubte. Zu diesem Zweck bildete er mit Hans und David Weyer und dem aus Straßburg stammenden Kaufmann Georg Obrecht eine Gelegenheitsgesellschaft, die über einen gewissen Pierre Rayot eine große Menge Getreide aufkaufte und in Lyon aufspeicherte. Einem Bericht von Stephan Loitz' Bruder Hans an den Augsburger Rat zufolge waren Loitz, die Weyer und Obrecht zu jeweils einem Drittel an dem Geschäft beteiligt. Bevor das Korn nach Marseille abtransportiert werden konnte, ließ der Rat der Stadt Lyon, der Aufruhr unter der Bevölkerung befürchtete, die Ausfuhr verbieten, und die Beteiligten waren gezwungen, das Getreide mit Verlust zu verkaufen. 287 In ihrem Konkursverfahren gaben die Weyer ihre Verluste aus diesem großen „Kornkauf' mit 4.000 Livres an.288 Dieses Getreidegeschäft trug ausgesprochen spekulative Züge, wie sie auch fur die später zu behandelnden französischen Kronanleihen der Weyer charakteristisch waren. Zu den zahlreichen Aktivitäten der Weyer im Bereich des Warenhandels gehörte auch der Buchhandel. Hans Weyer führte in einem nach dem Bankrott erstellten Verzeichnis seiner Schuldner die Erben des Leonhard Burtenbach mit einem Betrag von 148 fl 25 χ „vmb Büecher, so durch den Alten verkaufft seind wordenn", 289 während unter David Weyers französischen Geschäftspartnern zwei Lyoner Buchdrucker und Buchhändler, Louis Pesnot und Mace Bonhomme („Maso Bonhoino") mit Schulden in Höhe von 139 bzw. 181 Livres erscheinen.290 Gerade das Beispiel der beiden Drucker ermöglicht einen Einblick in das soziale Milieu und die sozialen Beziehungen der Lyoner Geschäftspartner der Weyer und in die Möglichkeiten der Augsburger, als Zwischenhändler an einem spezialisierten Bereich des Warenhandels zu partizipieren.291

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Zu den Loitz vgl. Papritz; Jaeger. StAA, StG 30, fol. 29 r -29 v ; Papritz, S. 85-86. David Weyers Aufstellung seiner Debitoren in StAA, Stadtgericht, Appellationssache zwischen Hans, David, Sebastian Gebrüder Weiher und ihren Gläubigern, 1559-1569 (unverzeichnet). StAA, StG 201, fol. 10r. Der Buchführer Leonhard Burtenbach, der 1530 an der Universität Ingolstadt immatrikuliert war und von 1549 bis 1554 als Vertreter der Gemeinde dem Großen Rat angehört hatte, war im September 1554 gestorben: Chroniken, Bd. 32, S. 461. Sein Sohn Hans wurde 1569 in die Augsburger Kaufleutestube aufgenommen, starb aber noch im selben Jahr (IHK, Kaufleutestube, fol. 51). StAA, StG 201, fol. ΐ Γ - ΐ Γ . Vgl. zur Rolle des Buchhandels im System des Lyoner Warenhandels Gascon, Grand commerce, S. 104-106.

93 Der wahrscheinlich aus Paris stammende Bonhomme war seit Mitte der 1530er Jahre in Lyon tätig. Zwischen 1536 und 1539 arbeitete er ausschließlich für die Buchhändler Antoine Vincent und Jacques Giunta. Nachdem er sich in einem Konflikt zwischen den großen Buchdruckergesellschaften und den unabhängigen Meistern, der in einem Streik der Drucker in den Jahren 1539/40 kulminierte, stark für die Sache der unabhängigen Meister engagiert hatte, verließ er Ende 1540 Lyon und arbeitete für 14 Monate in Vienne (Dauphine). Nach seiner Rückkehr nach Lyon 1542 gründete Bonhomme eine Gesellschaft mit den Druckern Hector Penet und Benoit Benin, eröffnete um 1543 eine Filiale in Avignon, deren Leitung zunächst Penet, dann bis 1557 Bonhommes Bruder Barthelemi innehatte, und Schloß 1544 mit den Rektoren der Universität Avignon einen Vertrag über den Druck der Werke des Juristen Gilles de Ballemere ab. Dank der Zusammenarbeit mit kapitalkräftigen Buchhandelsfirmen wie den Brüdern Senneton sowie, von 1548 an, mit Guillaume Rouille, nahm die Gesellschaft Bonhommes und Benins in den 40er und 50er Jahren einen raschen Aufschwung. 292 Im Jahre 1548 hatte er eine Forderung über 450 Livres an einen Buchhändler im spanischen Medina del Campo.293 Die soziale Verankerung Bonhommes im Milieu des Lyoner Buchdrucker- und Buchhändlergewerbes zeigt ein Heiratskontrakt aus dem Jahre 1558, auf dem Bonhomme und sein Sohn als Zeugen der Eheschließung zwischen dem Buchhändler Barthelemi Molin und Anne Bonier, der Witwe des Buchhändlers Paul Miraillet erscheinen.294 In Bonhommes Buchproduktion 295 spielten neben theologischen Werken juristische und medizinische Publikationen eine große Rolle. Zwischen 1548 und 1558 druckte er außerdem mehrere Ausgaben des Emblembuchs von Andreas Alciatus in lateinischer, spanischer und französischer Sprache.296 Von 1551 an, als Bonhomme ein juristisches Werk des Avignoner Professors Aemilius Ferretus mit einem Privileg druckte, das dem Buchhändler Louis Pesnot erteilt worden war,297 arbeiteten Bonhomme und Pesnot, der zweite Lyoner Buchhändler, mit dem die Brüder Weyer zu tun hatten, wiederholt zusammen. 298 Louis Pesnot bildete zunächst mit Maurice Roy, dann mit seinem Bruder Charles eine kleine Buchdruck- und Buchhandelsgesellschaft, die vor allem im Auftrag der kapitalkräftigen Brüder Senneton arbeitete. In seinem 1556 verfaßten Testament

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Baudrier, Bd. 10, S. 185-187, 192-202. Für eine aufschlußreiche Analyse der Buchproduktion Rouilles im Kontext der Geschäftsstrategien, humanistischen Interessen, religiösen und ästhetischen Überzeugungen des Verlegers, vgl. Davis, Guillaume Rouille. Baudrier, Bd. 10, S. 195. Ebd., S. 187, 200. Bereits 1537 und 1545 hatte Bonhomme als Trauzeuge anderer Lyoner Drucker fungiert: ebd., S. 192, 195. Für ein Verzeichnis der Drucke Bonhommes zwischen 1536 und 1569 vgl. ebd., S. 202-270. Ebd., S. 221. Ebd., S. 219. Vgl. ebd., S. 222, 231-232, 241.

94 vermachte Jean Senneton Louis Pesnot 400 Livres.299 Die relativ wenigen Werke, die Pesnot zwischen 1553 und 1559 allein unter seinem Namen druckte, waren überwiegend juristischen Inhalts.300 Über Bonhomme und Pesnot hatten die Weyer also Zugang zu einem dichten Netzwerk Lyoner Buchproduzenten und -händler und konnten diese Verbindung nutzen, um sich in den Vertrieb französischer Druckerzeugnisse - akademischer Literatur und „Bestsellern" wie den Emblemata des Alciatus - nach Oberdeutschland einzuschalten; ihre eigenen verwandtschaftlichen Beziehungen zu Augsburger Buchdruckern wie Markus Wirsing301 und Johann Miller302 mögen fur das Interesse der Weyer am Buchhandel ebenfalls eine Rolle gespielt haben. Daß die Weyer auch Warenhandel in kleinerem Maßstab betrieben, zeigen ihre zahlreichen Geschäftsbeziehungen zu Handwerkern und Kleinhändlern. Zwischen 1543 und 1547 hatten Sebastian Weyers Erben Forderungen an mehrere Augsburger Handwerker, unter anderem an den Kantengießer Zimprecht Rieger (5 fl),303 den Kistler Franz Neumann (16 fl)304 und den Schneider Michael Hueber (4 fl 1 ort).305 In einer Aufstellung seines „Vermögens" aus dem Jahre 1570 führte Hans Weyer auch eine Reihe von Schuldforderungen an Handwerker auf, die höchstwahrscheinlich aus der Zeit vor dem Firmenbankrott herrührten. Demnach waren ihm der Gewandschneider Jacob Rueff 32 fl 18 x, dessen Berufskollege Matthias Arnold 57 fl und der Kesselschmied Michael Flicker 41 fl 4 χ schuldig.306 In Lyon hatten mehrere Krämer und Kesselschmiede Verbindlichkeiten bei den Augsburgern. 307 Neben den Beziehungen der Weyer nach Frankreich hat vor allem ihre Präsenz auf den Messen der Reichsstadt Nördlingen um die Mitte des 16. Jahrhunderts einige Spuren in den Quellen hinterlassen. Hier spielten möglicherweise ihre ver-

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Ebd., Bd. 3, S. 122-123, 166. Zu Maurice Roy, dessen Tochter Catherine Pesnots Bruder Charles heiratete, vgl. Bd. 4, S. 300-306. Ebd., Bd. 3, S. 167-168. Zu den Beziehungen der Weyer zu den Wirsing vgl. Kap. 1.1, 1.2. Zur Offizin Marx Wirsings und seines Partners Sigmund Grimm vgl. Benzing, S. 16. Nach StAA, Werner/Lilienthal „Müller" war Johann Miller (Müller) ein Halbbruder von Lukas Müller, der in erster Ehe mit einer Schwester Sebastian Weyers verheiratet war. Von Miller, der von 1514 bis ca. 1528 aktiv war, sind rund 60 Drucke „ausgesprochen humanistischer Richtung" bekannt. Benzing, S. 15. StAA, StGB 1542-1543, fol. 80. StAA, StGB 1547, fol. 14 v -15 r . Ebd., fol. 16r. StAA, StG 201, fol. 9 r -10 r . Nach David Weyers Lyoner Rechnung aus dem Jahre 1557 hatte die Firma Forderungen an die Krämer „Mischy Bey" (58 Livres), Etienne Roy (33 Livres), Arthur „Roschu" (18 Livres 5 sous) und Benoit Chasselles („Schasseidt", 35 Livres 10 sous), sowie an die Kesselschmiede Michel („Mischy") Legier von Lyon (82 Livres) und Jean Flory von Vienne (78 Livres 5 sous).

95 wandtschaftlichen Beziehungen zu den Ainkürn eine Rolle. Den Nördlinger Messen kam im Spätmittelalter innerhalb des Systems des oberdeutschen Warenverkehrs - im Handel mit Wolle, Tuchen, Pelzen und Metallwaren - eine wichtige Funktion zu, doch wurden sie bereits seit Beginn des 16. Jahrhunderts durch Kriegseinwirkungen, wirtschaftliche Krisenerscheinungen im Nördlinger Gewerbe und die Wirtschaftspolitik der benachbarten Grafen von Öttingen in ihrer Bedeutung beeinträchtigt.308 Im 15. Jahrhundert frequentierten die damals bedeutendsten Augsburger Handelsfirmen - die Lauginger, Meuting, Welser, Nördlinger, Ravensburger, Stammler, Linck und Mülich - die Nördlinger Messen, wo sie vorzugsweise mit Textilien handelten. Die mit den Weyer verschwägerten Jenisch wurden zwischen 1445 und 1475 unter den Besuchern des Kürschnerhauses stets an erster Stelle genannt.309 Im ausgehenden 15. und frühen 16. Jahrhundert besuchten auch die Memminger Zangmeister regelmäßig die Nördlinger Märkte und handelten dort mit Allgäuer Barchent, Eisenwaren und Farbstoffen. 310 Noch im Jahre 1552 erscheinen Hans und Eberhard Zangmeister in den Nördlinger Pfandbüchern als Gläubiger zweier Nördlinger Bürger. Veit Goppolt schuldete ihnen 40 fl, Melchior Weber 151 fl 1 χ - j e w e i l s „vmb Rawe waren", also für die Lieferung von Fellen.311 Im Jahre 1547 richteten die Erben Sebastian Weyers gemeinsam mit dem Patrizier Joachim Langenmantel sowie den Kaufleuten Sebastian Neumair und Georg Mülich ein Gesuch an den Augsburger Rat. Der Rat hielt lediglich fest, daß ihr Anliegen in einen Vertrag mit dem Bischof von Augsburg eingeschlossen werden und die vier Supplikanten „Ires schadens ergetzt" werden sollten. Einem früheren Gesuch Georg Mülichs ist jedoch zu entnehmen, daß der Bischof während des Schmalkaldischen Krieges auf der Nördlinger Messe Augsburger Kaufmannsgüter konfiszieren und verkaufen ließ.312 Nach seinem Bankrott reklamierte Hans Weyer Außenstände in Höhe von 150 fl von einem gewissen Hans Oswald Hueber, die ebenfalls von einer Nördlinger Messe herrührten, sowie 382 fl von dem Nördlin-

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Zur Entwicklung und Funktion der Nördlinger Messen vgl. Ammann, Nördlinger Messe; Steinmeyer; Endres, Wirtschaftsbeziehungen. Ammann, Nördlinger Messe, S. 296; Steinmeyer, S. 86-89. Steinmeyer, S. 90-91; Westermann, Zangmeister, S. 34; Eirich, S. 238. StA Nördlingen, Pfandbuch 14 (1549-1552), fol. 506 r , 507 r ; Eirich, S. 234, 238. Als Vertreter der Zangmeister in diesen Schuldangelegenheiten tritt 1553 ein gewisser Klemens Kant, von 1554 bis 1557 dann Matthäus Alber auf. StAA, RP 21/1 (1547), fol. 19v; RP 21/11, fol. 27 r , 32 r . Mülich ist um diese Zeit auch in den Nördlinger Pfandbüchern nachweisbar. 1549 verpfändete ihm der Zuckermacher Haimrand Holl für eine Schuldforderung von 48 fl sein Haus am Brotmarkt. Als Vertreter Mülichs fungierte in diesem Jahr ein gewisser Niclas Hipper. Ende 1550 erwarb der Maurer Hans Michel das Unterpfand und verpflichtete sich, Holls Schulden bei Mülich zu bezahlen: StA Nördlingen, Pfandbuch 14 (1549-1552), fol. 83r.

96 ger Tuchscherer Thomas Fichtel.313 Daß Augsburger Kaufleute um die Mitte des 16. Jahrhunderts nur sehr selten in den Nördlinger Pfandbüchem auftreten, kann indessen als deutliches Zeichen für die „Provinzialisierung" der Nördlinger Messe zu diesem Zeitpunkt gewertet werden.314 Gegenüber dem oberdeutsch-französischen Handel der Firma mit den Polen Augsburg und Lyon treten andere Regionen weitgehend in den Hintergrund. Immerhin gibt es Hinweise auf zumindest punktuelle Geschäftsbeziehungen der Weyer nach Antwerpen und Südtirol. Im Zeitraum 1538/39 gehörten Sebastian und Leonhard Weyer bereits zu den Antwerpener Geschäftspartnern der Fugger, 3 ' 5 und in der Antwerpener Rechnung der Haug-Langnauer-Linck des Jahres 1545 erscheinen die Weyer mit 790 flämischen Pfund unter den Gläubigern. 316 Nach dem Bankrott führte Hans Weyer in einer Liste seiner Debitoren auch einen Andreas Ventzel von Antwerpen mit 224 fl 38 χ auf.317 Im Jahr 1548 erscheinen die Weyer außerdem mit der eher bescheidenen Summe von 82 fl auf einer Liste Augsburger Kaufleute, deren Güter während des Schmalkaldischen Krieges in den Bistümern Trient und Brixen arrestiert wurden.318 Der Handel der Erben Sebastian Weyers weist somit hinsichtlich seiner geographischen Orientierung zwar eine Spezialisierung auf die Achse Augsburg-Lyon auf. Hinsichtlich der Art ihrer Geschäfte waren die Weyer jedoch ausgesprochene Generalisten: sie handelten mit Barchent, Luxusstoffen, Gewürzen, Getreide, Kupfer und Büchern, übermittelten Gelder an Studenten und übernahmen „Spezialaufgaben" für große Augsburger Handelshäuser, die sich aus wirtschaftlichen oder politischen Gründen keine eigenen Faktoren in Lyon leisteten. Die Breite ihres Angebotes an Waren und Dienstleistungen war dabei durchaus nicht untypisch für den oberdeutschen Fernhandel um 1550: die mit den Weyer entfernt verschwägerten und wie sie vor allem nach Frankreich orientierten Brüder Hans, Eberhard und Kaspar Zangmeister handelten mit einem ähnlich breiten Sortiment an Gütern.319 Die Firma des 1548 verstorbenen Augsburger Kaufmanns Leonhard Stöcklin, der 1544 mit 207 fl einen fast dreimal so hohen Steuerbetrag entrichtete 313

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StAA, StG 201, fol. 9V. 1547 erscheint Fichtel in den Nördlinger Pfandbüchern als Besitzer eines Hauses am Viehmarkt, das er 1550 an die Witwe Elisabeth Rother verkaufte. StA Nördlingen, Pfandbuch 13 (1545-1548), fol. 263 r ; Pfandbuch 14 (1549-1552), fol. 210 r . Außerdem erwarb Fichtel 1549 von dem Nördlinger Bürger Jakob Bucher ein Haus für 530 fl, von denen er 120 fl anzahlte. 1558 ging das Haus in den Besitz Gregor Gundelfingen über: Pfandbuch 14, fol. 52 r -52 v . Diese Beobachtung basiert auf einer Durchsicht der Pfandbücher Nr. 13-15, die den Zeitraum von 1545 bis 1556 abdecken. Zwischen Band 9 (1528-1533) und Band 13 weist die Serie der Pfandbücher eine Lücke auf. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/1, S. 408, Anm. 134. StAA, KuH, Nr. 5, fol. 93. StAA, StG 201, fol. 9V. StAA, KuH, Fasz. V , N r . 26/2; Kellenbenz, Geldbeschaffung, S. 40. Westermann, Zangmeister; Eirich, S. 228-241.

97 wie Hans Weyer und seine Mutter zusammen und Faktoreien in Nürnberg, Venedig und Breslau unterhielt, handelte mit Pelzen, Wachs, Baumwolle, Luxusstoffen, Leder, Farbstoffen, Gewürzen, Augsteinen, Weihrauch und Wurmkraut. 320 Wie die Weyer und Zangmeister verband Stöcklin geographische Spezialisierung, in diesem Fall auf die Achse Venedig - Oberdeutschland - Polen/Schlesien, mit einem vielfältigen Warensortiment. Der Schwerpunkt des Handels der Brüder Hans und Marquard Rosenberger lag in den Jahren vor 1560 auf dem Export von steyrischem Stahl nach Spanien und Portugal, doch betätigte sich die Firma, deren Faktoreisystem Antwerpen, Lyon, Nürnberg, Wien, Steyr sowie verschiedene Städte in Osteuropa und auf der iberischen Halbinsel umfaßte, 321 auch im Handel mit Holzfässern, Alaun, Juwelen, Pelzen, Salz und Getreide.322 Die Gewinne aus dem Warenhandel und die Provisionen für ihre Serviceleistungen verhalfen Sebastian Weyer und seinem Sohn Hans zwar zu einem stetigen Vermögensanstieg. Irgendwann in der Mitte des 16. Jahrhunderts gab sich Hans Weyer jedoch mit dieser Art der Geschäfte nicht mehr zufrieden: statt dessen drängte er mit Macht auf den scheinbar viel lukrativeren Augsburger und Lyoner Geldmarkt. „Mein Brueder Hannß," schrieb David Weyer, als die Geldgeschäfte der Firma 1557 in einem Desaster endeten, „Ich hab dir offt anzaigen wellen waß du für ain wixel herr gewesen bist".323

1.4 Der Augsburger Geldmarkt und die ökonomischen Verflechtungen der reichsstädtischen Handelshäuser um die Mitte des 16. Jahrhunderts Wie die Untersuchung des ökonomischen Profils der Firma Sebastian Weyers und seiner Erben gezeigt hat, spielten die Beziehungen zu bestimmten Geschäftspartnern, vor allem zu den kapitalkräftigen und den Weyer verwandtschaftlich verbundenen Haug-Langnauer-Linck, eine wesentliche Rolle für die Entwicklung der Firma. Das Beispiel der Kooperation zwischen den Weyer und den HaugLangnauer-Linck fuhrt allgemein zur Frage nach den Zusammenhängen zwischen familiären und wirtschaftlichen Verflechtungen und damit der „Multiplexität" 324 320

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Häberlein, Leonhard Stöcklin, bes. S. 2-12. Osteuropa: Olmütz, Danzig, Königsberg, Riga, Moskau; iberische Halbinsel: Lissabon, Sevilla, Cadiz, Toledo, Valladolid. Vgl. Lutzmann, S. 20-29. Ebd., S. 30-79. StAA, Stadtgericht, Appellationssache zwischen Hans, David, Sebastian Gebrüder Weiher und ihren Gläubigern 1559-1569 (unverzeichnet). Mit dem Begriff Multiplexität bezeichnet die Netzwerkforschung das Phänomen, daß Akteure in verschiedenen sozialen Kontexten - z.B. als Verwandte, Nachbarn, Geschäftspartner, Mitglieder derselben Korporation - miteinander in Kontakt stehen. Vgl. Boissevain, S. 30-

98 sozialer Beziehungen innerhalb der Augsburger Kaufmannschaft, die in diesem Kapitel im Kontext des Engagements Augsburger Firmen auf dem Geldmarkt um die Mitte des 16. Jahrhunderts erörtert werden sollen. Eine Untersuchung der Hauptrechnungen der Haug-Langnauer-Linck-Gesellschaft zwischen 1533 und 1557 zeigt etwa, daß die Weyer keineswegs die einzige Firma waren, mit denen die Gesellschaft in einem ständigen Austauschprozeß stand. Auch zu anderen Augsburger Firmen, deren Inhaber mit Gesellschaftern der Haug-LangnauerLinck verwandt oder verschwägert waren, stand die Firma in regelmäßigem Kontakt. Als Beispiele sollen hier die Beziehungen der Haug zu den Unternehmen Hieronymus Kraffters und Matthäus Manlichs vorgestellt werden. Hieronymus Kraffter (1502-1566), ein Sohn des Kürschners Lorenz Kraffter, war nach dem frühen Tod seiner ersten Frau Dorothea Hoser, einer Tochter des Zunftbürgermeisters Simprecht Hoser, in zweiter Ehe mit Anna Haug, einer Nichte Anton Haugs d.Ä. und Schwester der Kaufleute Matthäus und Christoph Haug, verheiratet.325 Spätestens um 1533 leitete er eine eigene Handelsfirma, deren Gewinne aus dem Warenhandel, Wechsel- und Kreditgeschäften und Montanunternehmungen seine Steuerleistung stetig ansteigen ließen. Zahlte er 1534 noch 90 fl, so waren es 1544 bereits 150 fl, 1550 290 fl und 1562 schließlich 316 fl.326 1 5 3 8 kaufte er für die Fugger Samt und andere Luxusstoffe in Bologna, Florenz, Lucca und Verona, und seit Mitte der 1530er Jahre gehörte er auch zu den Kunden Fuggers im Tiroler Silbergeschäft. 327 Um die Mitte des 16. Jahrhunderts hatte Kraffter Faktoren in Bologna, wo sein Unternehmen die päpstliche Münze belieferte,328 Modena und Florenz.329 Er gehörte zu den Hauptabnehmern der Salzburger Goldproduktion, die Mitte des 16. Jahrhunderts unter Bischof Ernst von Bayern eine letzte Blütezeit erlebte,330 und errichtete 1556 eine Messinghütte im südtirolischen Bruneck. 33 ' Als die Reichsstadt Augsburg nach ihrer Niederlage im Schmalkaldischen Krieg mit einer hohen Schadenersatzforderung des Augsburger Bischofs, Kardinal Otto von Waldburg, konfrontiert wurde, streckte ihr Kraffter

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32; Reinhard, Freunde, S. 26; ders., Oligarchische Verflechtung, S. 50; Mitchell, Cities, S. 303-304, 309. StAA, Werner/Lilienthal, „Kraffter". StAA, Steuerbuch 1534, Sp. 50a; Steuerbuch 1544, Sp. 56d; Steuerbuch 1550, Sp. 70c; Steuerbuch 1562, Sp. 77c. Zu Kraffters Unternehmen vgl. vor allem Kellenbenz, Konkurs, S. 393-394. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 1, S. 683, Anm. 137; S. 684, Anm. 144; Bd. 2/1, S. 397, Anm. 86; S. 414, Anm. 137; S. 427, Anm. 7; S. 457, Anm. 198; Bd. 3/1, S. 15, 71; S. 663, Anm. 356; Kellenbenz, Konkurs, S. 393. Kellenbenz, Wirtschaftsleben, S. 271. StAA, StG 80; Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2, S. 242, 260; S. 729, Anm. 247; Bd. 3/1, S. 593, Anm. 54; S. 669, Anm. 91; Kellenbenz, Konkurs, S. 395. Strauss, S. 274-276; Seibold, S. 70. Blendinger, Messinghütte, S. 62; Mutschlechner/Palme, S. 56; Pölnitz/Kellenbenz, Anton Fugger, Bd. 3/2, S. 92, 272; Kellenbenz, Tiroler Bergbau, S. 212.

99 13.367 fl vor.332 Überdies hatte Hieronymus Kraffter geschäftliche Verbindungen nach Antwerpen 333 und unterhielt gute Beziehungen zu den Kurfürsten der Pfalz und Sachsens.334 Kontakte zwischen Hieronymus Kraffter und den Haug lassen sich über drei Jahrzehnte hinweg feststellen. In der Hauptrechnung der Haug-Langnauer-Linck von 1533 wird Kraffter mit Beträgen von 11.000 und 7.254 fl als Schuldner genannt. Zwischen 1543 und 1549 beliefen sich die Forderungen der Gesellschaft an ihn noch auf 2.000 bis 2.400 fl.335 Mit kleineren Beträgen erscheint er 1533 und 1547 auch unter den Gläubigern der Haug-Langnauer-Linck. 336 1552 wickelten Anton Haug d.J. und Ulrich Linck mit Hieronymus Kraffter ein Antwerpener Wechselgeschäft über 2.000 fl ab,337 und im folgenden Jahr gewährten beide Firmen gemeinsam dem bayerischen Herzog ein Darlehen, an dem die Haug-Gesellschaft sich mit 14.233 fl, Kraffter mit 2.000 fl beteiligte.338 1 5 5 7 schuldete die mittlerweile von David Haug und Hans Langnauer d.J. geleitete Firma Hieronymus Kraffter 4.811 und 1.500 fl,339 während 1561/62 wiederum Kraffter mit über 5.000 fl auf der Debitorenseite der Gesellschaft zu finden ist.340 Fanden die Interaktionen der Haug-Langnauer-Linck mit Hieronymus Kraffter vor allem auf dem Gebiet des Warenhandels und des Wechselverkehrs statt, so konzentrierte sich die Kooperation zwischen den Haug und Matthäus Manlich, dessen Schwester Dorothea mit Hans Langnauer d.Ä. verheiratet war, auf den Montansektor und das Kreditgeschäft. Nachdem die Haug-Langnauer-Linck bereits 1533 mit 9.581 und 708 fl Gläubiger Matthäus Manlichs waren,341 beteiligten sich Anton Haug und Matthäus Manlich 1543 gemeinsam mit Hans Baumgartner an einem Darlehen an König Ferdinand.342 1547 gewährte Matthäus Manlich zusammen mit den Haug-Langnauer-Linck der Stadt Frankfurt ein Darlehen über 24.000 fl.343 Mit der Übernahme der Neusohler Kupferpacht ging Matthäus Manlich 1548 die Verpflichtung ein, Schulden König Ferdinands in einer Gesamthöhe von 176.510 fl bis 1554 zurückzuzahlen. Dadurch wurde er mit 85.978 fl zu einem der größten Schuldner der Haug: in den Jahren 1551 und 1553 schuldete Manlich 332 333

334

335 336 337 338 339 340 341 342 343

Seibold, S. 72. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2, S. 629, Anm. 33; S. 638, Anm. 115; Kellenbenz, Konkurs, S. 394. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 3/1, S. 402; S. 608, Anm. 110; Bd. 3/2, S. 555, Anm. 59-60; Kellenbenz, Konkurs, S. 393. StAA, KuH, Nr. 5, fol. 14, 47, 77, 110, 148-149; KuH, Nr. 6, fol. 2, 32-33. StAA, KuH, Nr. 5, fol. 16, 133. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 43, 359. StAA, KuH, Nr. 6, fol. 41. Ebd., fol. 119-120. Ebd., fol. 183, 194-195. StAA, KuH, Nr. 5, fol. 6-14, 22. StAA, KuH, Nr. 5, fol. 59; Ehrenberg, Bd. 1, S. 225; Riebartsch, S. 167-168. Dietz, Bd. 1, S. 296; Bd. 3, S. 211; Warnemünde, S. 126; Seibold, S. 72.

100 den Haug noch Beträge von 18.500 und 43.186 fl,344 und 1553 trat er, um seinen Verpflichtungen nachkommen zu können, seine Berg- und Hüttenwerksanteile zu Jenbach in Tirol sowie Grubenanteile im südtirolischen Sterzing und Gossensaß fur 68.857 fl an die Haug ab.345 Matthäus Manlich beteiligte 1558 seinen Schwiegersohn Melchior Linck, der auch der Haug-Langnauer-Linck-Gesellschaft angehörte, an der Pacht der Neusohler Kupfergruben, und nach Manlichs Tod 1559 traten seine Erben die Kupferpacht an die Haug-Langnauer-Linck ab. Dabei mußten die Haug-Langnauer-Linck auch ein Viertel der Schulden, die Ferdinand I. bei Manlich hatte, übernehmen. Im November 1560 belief sich die daraus resultierende Forderung der Erben Matthäus Manlichs an die Haug-Langnauer-Linck auf 45.034 fl; dieser Betrag sollte bis Ende 1563 zurückgezahlt werden. 346 Gerhard Seibold hat beobachtet, daß die verwandtschaftlichen Verflechtungen zwischen den Haug-Langnauer-Linck und den Manlich einer geschäftlichen Kooperation „bei der Vergabe von Darlehen, bei gemeinsam vorgenommenen Kauf- und Verkaufsgeschäften oder auch bei vorübergehenden Zusammenschlüssen eines von beiden Seiten als erstrebenswert erachteten Ziels" überaus förderlich waren.347 Aufgrund der Tatsache, daß sich unter den Schwiegersöhnen und Erben Matthäus Manlichs neben Abraham Katzbeck, Anton Hörmann, Hieronymus und Felix Rem und Georg Sulzer auch Melchior Linck befand, der gleichzeitig der Haug-Gesellschaft angehörte, ergab sich in der Folgezeit eine besonders enge personelle Verflechtung zwischen beiden Firmen.348 In den Jahren 1565/66 beteiligten sich sowohl die Haug-Langnauer-Linck als auch die Manlich'schen Erben an zwei großangelegten Montanunternehmungen: an der Jenbacher Gesellschaft, die angesichts sinkender Erträge versuchte, die Ausbeute und den Absatz der Tiroler Erzvorkommen in ihrer Hand zu konzentrieren, 349 und an einem Vertrag über die Abnahme der gesamten Produktion der Idrianer Quecksilbergruben. 350 Die Kehrseite dieser engen Verflechtung zeigte sich nach 1574, als vor allem die ManlichKatzbeck, die durch den Konkurs der Haug-Langnauer-Linck, von denen sie mehr als 40.000 fl zu fordern hatten, ebenfalls schwer getroffen wurden, vor allen anderen Gläubigern für ein hartes Vorgehen gegen die Bankrotteure plädierten. 35 ' Um die hier sichtbar werdenden vielschichtigen Zusammenhänge von verwandtschaftlicher und ökonomischer Verflechtung, die Überlagerung von familiä-

344

345 346 347 348 349 350

351

StAA, KuH, Nr. 6, fol. 2, 12, 33, 41, 46; Warnemünde, S. 121-122; Ringling, S. 115, 132; Seibold, S. 76. Warnemünde, S. 121-122, 127; Riebartsch, S. 69, 83-84; Seibold, S. 48. Ringling, S. 133; Seibold, S. 77. Seibold, S. 93. StAA, Spreng XII, Nr. 17; Warnemünde, S. 126. Scheuermann, S.146-148, 154-167; Seibold, S. 118-124. Die Manlich-Katzbeck waren am Idrianer Quecksilbervertrag mit 3/8 unterbeteiligt. Warnemünde, S. 111, 126; Ringling, S. 209-210,253; Seibold, S. 129-131. Häßler, Ausgang, S. 32-41; Ringling, S. 278-279; Seibold, S. 131-133.

101 ren Allianzen und geschäftlichen Interessen systematischer zu erfassen, soll hier nochmals auf die bereits vorgestellte Methode der Netzwerkanalyse zurückgegriffen werden. 352 Als Quelle bieten sich primär die Augsburger Unterkaufbücher der Jahre 1551 bis 1558 an, da sie nicht nur, wie etwa die Handelsbücher, die Perspektive einer einzelnen Firma widerspiegeln. Mit der Aufzeichnung einiger tausend Wechsel- und Kreditgeschäfte 353 stellen die Unterkaufbücher zudem eine in ihrer Dichte einmalige Quelle fur die oberdeutsche Handels- und Finanzgeschichte ihrer Zeit dar. Zum Zweck der Analyse wurden den Familien, die als zum „Weyer-Netzwerk" gehörig identifiziert werden konnten, die entsprechenden im Zeitraum 1551 bis 1558 existierenden Familienfirmen zugeordnet. 354 Die Kontakte, die zwischen den so ermittelten 30 Firmen355 auf dem Augsburger Geldmarkt bestanden, sind in Abbildung 4 graphisch dargestellt. Von diesen 30 Firmen sind 26 mit zehn oder mehr Wechsel- und Kreditgeschäften in den Unterkaufbüchern vertreten.356 Insgesamt verzeichnen die Unterkaufbücher rund 80 Personen und Firmen, die zwischen 1551 und 1558 mindestens zehnmal an der Augsburger Börse in Erscheinung traten.357 Der hier dem „Weyer-Netzwerk" zugerechnete Kreis von Firmen umfaßt also knapp ein Drittel der Unternehmen, die auf dem Augsburger Geldmarkt der 1550er Jahre eine größere Rolle spielten.

352 353

354

355 356

357

Vgl. Kap. 1.2. Der Begriff „Wechselgeschäft" wird hier für Geldtransfers von einem Ort an einen anderen (z.B. von Augsburg nach Antwerpen) sowie Umwechslungen von einer Währung in eine andere (z.B. von französischen Kronen in Gulden) gebraucht. Von Kreditgeschäften wird hingegen gesprochen, wenn eine Person oder Firma einer anderen eine Summe auf eine bestimmte Frist „leiht". Diese Unterscheidung beruht also auf der Terminologie der Unterkaufbücher selbst; der Verfasser ist sich bewußt, daß eine klare Unterscheidung zwischen Wechsel- und Kreditgeschäft in der Praxis oft nur schwer möglich ist. Wenn sich die Zusammensetzung einer Firma in dem Zeitraum, den die Unterkaufbücher abdecken, änderte, wird diese Firma nur einmal gezählt; dies gilt z.B. für die Firma der Brüder Alexander, Jakob und Christoph Kraffter, die nach dem Tod von Alexander (1553) und Jakob (1554) schließlich von Christoph Kraffter allein geführt wurde. Ein Problem bei der Auswertung der Unterkaufbücher ergibt sich außerdem dann, wenn eine Firma nicht eindeutig zu identifizieren ist: die Angabe „Manlich" ohne Vornamen kann z.B. sowohl die Firma Christoph Manlichs als auch diejenige Matthäus Manlichs bezeichnen. Geschäfte, bei denen einer oder beide Partner nicht zweifelsfrei auszumachen waren, werden deswegen hier nicht weiter berücksichtigt. Vgl. die Legende zu Abbildung 4. Weniger als zehn Geschäfte wickelten Simprecht Hoser, Hans Baptist Müller, die Firma Sitzinger und Christoph Wirsing ab. Diese Angabe basiert auf Blendinger, Unterkaufbücher, S. 543-561.

102 Abbildung 4: Geschäftskontakte der Firmen des „Weyer-Netzwerks" auf dem Augsburger Geldmarkt, 1551-1558

Η 35

103 Erläuterung zu Abbildung 4

Die Abkürzungen stehen für folgende Kaufleute und Firmen:

BOE EHM HLL

Christoph Böcklin Matthäus Ehern & Söhne die Haug-Langnauer-Linck-Gesellschaft, die von 1551 bis 1555 von Ulrich Linck und Anton Haug d.J., anschließend von David Haug und Hans Langnauer d.J. geleitet wurde und in den Unterkaufbüchern häufig auch als „die Bimlischen" bezeichnet wird

MCH HEI HRB HRW HOS JEN KR1

Matthäus & Christoph Haug Hans Heiß Jakob Herbrot & Söhne Georg Herwart Simprecht Hoser Joachim Jenisch & Brüder Söhne Alexander, Jakob & Christoph Kraffter (ab 1553 nur noch Jakob und Christoph, ab 1554 nur noch Christoph Kraffter) Hieronymus Kraffter Christoph Manlich & Gebrüder Matthäus Manlich Hans Baptist Müller Lukas Müller Sebastian Neumair & Söhne Georg Österreicher bzw. Hans Österreicher & Ulrich Waiblinger Wolfgang Paler & Konrad Herbst Konrad Rehlinger & Sohn; ab 1553 Hieronymus Rehlinger Lukas Rem d.J. Sitzinger Daniel Ulstett Markus Ulstett Hans Vöhlin Hans & David Weyer bzw. Sebastian Weyers Erben Christoph Wirsing Hans Zangmeister d.Ä. Hans, Eberhard & Kaspar Zangmeister Hieronymus & David Zangmeister Sebastian & Heinrich Zangmeister

KR2 MAI MA2 HBM LKM NEU OES PAL REH REM SIT ULI UL2 VOE WEY WIR ZM1 ZM2 ZM3 ZM4

Eine Linie zwischen zwei Abkürzungen steht für eine in den Unterkaufbüchern verzeichnete geschäftliche Transaktion zwischen zwei Personen bzw. Firmen. Wie in den anderen Graphiken bezeichnen dickere Linien Mehrfachbeziehungen zwischen zwei Firmen.

104 Abbildungen 5 und 6: Geschäftskontakte im „Weyer-Netzwerk" - zwei Beispiele für „Cliquen"

HRB

105 Zunächst kann generell von einer hohen Intensität der Interaktion zwischen den Unternehmen der Familien des „Weyer-Netzwerks" gesprochen werden. Im Untersuchungszeitraum waren die 30 Firmen an insgesamt 268 Transaktionen auf dem Augsburger Geldmarkt beteiligt, d.h. jede Firma hatte durchschnittlich rund 18 Kontakte zu den anderen Unternehmen des Netzwerks. 358 Mit 75 Interaktionen kommt der Firma der Brüder Alexander, Jakob und Christoph Kraffter eine zentrale Position zu. Überdurchschnittlich viele Geschäfte mit anderen Firmen des Netzwerks machten daneben auch die Österreicher (45) Matthäus Manlich (43), Wolfgang Paler (32), Hieronymus Kraffter (31), die Jenisch (30) und Jakob Herbrot und seine Söhne (27). Mit 13 Transaktionen lagen die Gebrüder Weyer etwas unterhalb des Durchschnitts, während Simprecht Hoser, die Sitzinger und Hans Baptist Müller mit jeweils zwei Geschäften hier nur eine marginale Rolle spielten. Wie intensiv die geschäftlichen Beziehungen zwischen manchen Firmen auf dem Augsburger Geldmarkt waren, kann eine Cliquenanalyse verdeutlichen. In der Terminologie der Netzwerkforschung ist eine Clique ein „maximal complete subgraph", d.h. eine Gruppe von mindestens drei Akteuren, in der jeder Akteur mit jedem anderen direkt in Verbindung steht.359 Das in Abbildung 4 dargestellte Netzwerk von dreißig Firmen, die zwischen 1551 und 1558 auf dem Augsburger Geldmarkt aktiv waren, enthält nicht weniger als 32 Cliquen mit jeweils fünf Akteuren und zwei mit jeweils sechs Akteuren.360 An vier dieser Fünfer-Cliquen ist auch die Firma Weyer beteiligt; zwei sind als Abbildungen 5 und 6 graphisch dargestellt. Innerhalb der Clique, welche die Weyer mit den Firmen von Jakob Herbrot, Alexander, Jakob und Christoph Kraffter, den Österreicher und Hans Vöhlin bilden (Abbildung 5), fanden nicht weniger als 30 geschäftliche Transaktionen statt; dies entspricht durchschnittlich 12 Transaktionen pro Firma. Während die Weyer mit ihren vier Geschäftspartnern in dieser Clique nur sechsmal interagierten, wickelten die Kraffter mit ihren Partnern gleich 18 Geschäfte ab. Die zweite Clique (Abbildung 6) umfaßte neben den Weyer noch die Firmen von Hans Heiß, Alexander Kraffter und Gebrüdern, Hieronymus Kraffter und Christoph Manlich und Gebrüdern. Innerhalb dieses Kreises sind 15 Transaktionen oder im Schnitt sechs pro Firma feststellbar. Mit acht Geschäften waren auch innerhalb dieser Clique die Kraffter wiederum am aktivsten. Welche Rückschlüsse lassen sich daraus über die Zusammenhänge zwischen verwandtschaftlicher und geschäftlicher Verflechtung ziehen? Zweifellos wird deutlich, daß - jedenfalls im „Weyer-Netzwerk" - Familien, die durch Heiratsund Verwandtschaftsbeziehungen miteinander verbunden waren, auch im ge-

358 359 360

Als genauer Mittelwert ergibt sich 17,87 bei einer Standardabweichung von 14,70. Wasserman/Faust, S. 253-257. Letztere bestehen aus folgenden Firmen: Jakob Herbrot und Söhne - Jenisch - Alexander, Jakob und Christoph Kraffter - Österreicher - Wolfgang Paler - Lukas Rem; und Herbrot Jenisch - Matthäus Manlich - Österreicher - Paler - Lukas Rem.

106 schäftlichen Bereich regelmäßig miteinander kooperierten. Nicht sichtbar werden mittels der formalen Netzwerkanalyse hingegen die individuellen Hintergründe, der konkrete Kontext finanzieller Interaktionen. Über die rein formale Analyse hinaus erscheint es daher notwendig, auch diese kontextuellen Faktoren in die Betrachtung mit einzubeziehen, was im folgenden fur die Firma Hans und David Weyers versucht werden soll. Gerade im Hinblick auf das Unternehmen der Gebrüder Weyer sind die Unterkaufbücher von besonderem Interesse, weil sie ein dichtes Bild ihrer finanziellen Aktivitäten in den Jahren vor ihrem Konkurs bieten und die Hinwendung einer Warenhandelsfirma zum Geldgeschäft exemplarisch dokumentieren. Insgesamt sind die Weyer darin mit 54 Geschäften vertreten, die zwischen Anfang 1552 und Anfang 1556 stattfanden. Unterscheidet man nach der Art der Transaktionen, so handelte es sich um 14 Lyoner und sieben venezianische Wechselgeschäfte sowie eine Reihe von meist kurzfristigen Darlehen und einige Umwechslungen von einer Münzsorte in eine andere. Um die unterschiedlichen Formen der Geldgeschäfte und den saisonalen Rhythmus der finanziellen Beziehungen zu veranschaulichen, sollen hier die Transaktionen der Weyer an der Augsburger Börse im Geschäftsjahr 1553 nachgezeichnet werden. Das erste Wechselgeschäft des Jahres tätigten die Gebrüder Weyer am 14. Februar mit den Einnehmern der Stadt Augsburg über 1.000 Goldgulden. 361 Am 11. März konnte die Firma ihr Betriebskapital aufstocken, denn an diesem Tag lieh Sebastian Neidhart Hans Weyer 3.000 fl auf ein Jahr gegen zehnprozentige Verzinsung.362 Neun Tage später war Hans Weyer an einem Lyoner Wechselgeschäft über 3.000 Kronen mit „denen von Meming(en)" beteiligt. Zu den Modalitäten notierte der Unterkäufel Jakob Schoch: „Der Maurer hat es gehandlet, soll das gelt all hie her dem Weyer in 14 tag(en) ungefer 91 Xr p(er) 1 [Krone] erlegen, dagegen soll Weyer in diser Ostermess od(er) 12 Aprili in Lion erlegen zwey drittail gold und ain drittail müntz". 363 Anfang April nahm Jakob Rembold einen Lyoner Wechsel der Gebrüder Weyer über 1.500 Kronen an. Rembold sollte das Geld während der nächsten Dreikönigsmesse („paritzer mess") zurückzahlen. 364 Am 10. Juni folgten weitere Lyoner Wechselgeschäfte der Erben Sebastian Weyers mit der Firma Schorer über 2.000 und mit Jakob Rembold über 1.500 fl,365 und zwei Tage später registrierten die Unterkäufel ein venezianisches Wechselgeschäft zwischen Hans Weyer und Hieronymus Imhof über 700 Dukaten. 366 Rund eine Woche später wechselte Hans Weyer mit Alexander Kraffter 600 französische Kronen ein, und wenige Tage danach tauschten beide Firmen nochmals die gleiche Sum-

361 362 363 364 365 366

Blendinger, Unterkaufbücher, S. 82, 384. Ebd., S. 8 5 , 3 8 1 . Ebd., S. 87. Ebd., S. 89, 384. Ebd., S. 97, 384. Ebd.

107 me miteinander.367 Bei einem venezianischen Wechsel über 250 Dukaten vom 1. Juli war Ambrosius Stapf Weyers Partner,368 und gegen Ende desselben Monats tätigten die Weyer ein venezianisches Wechselgeschäft über 1.500 Dukaten mit Hieronymus Imhof.369 Am 15. und 26. August folgten weitere Lyoner Wechsel mit den Schorer (3.000 Kronen)370 und - einmal mehr - mit Hieronymus Imhof (1.000 Kronen).371 Mitte September streckten die Weyer dem Kemptener Münzmeister 2.000 fl bis Ende des Jahres zu acht Prozent vor und wechselten 352 spanische Dukaten ein.372 Am 22. September liehen sie Hieronymus Imhof 1.000 Dukaten zu acht Prozent auf fünf Wochen 373 und Anfang Oktober Anton Meuting 1.000 fl auf einen Monat.374 Mit der Münchner Firma Seehofer schlossen die Weyer am 13. Oktober ein Lyoner Wechselgeschäft über 400 Kronen sowie ein Geldgeschäft über 1.200 fl ab.375 Am 16. November liehen die Weyer Christoph Manlich 1.500 fl zu acht Prozent bis zum 1. Februar des folgenden Jahres,376 und am 29. November folgte ein kurzfristiges Darlehen an Bernhard Meuting. Es hatte eine Laufzeit von zwei Monaten und war mit acht Prozent verzinst.377 Insgesamt waren die Weyer also in diesem Jahr an 21 Geldgeschäften mit 13 verschiedenen Firmen und Institutionen beteiligt. Während sie in den meisten Monaten nur ein bis zwei Geschäfte an der Augsburger Börse tätigten und im Januar, Mai und Dezember überhaupt nicht auftauchen, bildeten die Monate Juni mit sechs und Oktober mit drei Geschäften die Höhepunkte ihrer geschäftlichen Aktivität. Allein in den drei Wochen zwischen dem 10. Juni und dem 1. Juli tätigten sie ein Drittel ihrer Finanzgeschäfte in diesem Jahr. Der Rhythmus der Lyoner Messen sowie die Abfertigung von Warensendungen nach bzw. der Erhalt von Lieferungen aus Frankreich bedingten offenbar diese besondere Intensität der Geschäfte in den Sommermonaten. Bis Mitte Oktober hatten die Weyer ihre Geschäfte an der Augsburger Börse hingegen weitgehend abgeschlossen und verliehen Geld, das sie im Augenblick nicht benötigten, kurzfristig an andere Firmen. Wer waren in diesen Jahren ihre Geschäftspartner, mit welchen Personen und Firmen tätigten sie welche Art von Geschäften und welche Rolle spielten dabei die oben analysierten sozialen Beziehungen? Eine Annäherung an diese Frage erfordert eine detailliertere Betrachtung der geschäftlichen Interaktionen mit einzel-

367 368 369 370 371 372 373 374 375 376 377

Ebd., Ebd., Ebd., Ebd., Ebd., Ebd., Ebd., Ebd., Ebd., Ebd., Ebd.,

S. S. S. S. S. S. S. S. S. S. S.

99-100. 101. 104. 106,385. 108,385. 109,385. 110. 112,385. 114,385. 117,385. 1 15, 118,385.

108 nen Personen, ihrer jeweiligen Position im Beziehungsgeflecht der Augsburger Kaufmannschaft und ihrer spezifischen Handelsinteressen. Von den 35 Personen, Firmen und Institutionen, mit denen die Weyer zwischen 1551 und 1556 an der Augsburger Börse interagierten, hatten sie mit 23 nur einmal zu tun. Mit neun Firmen verbanden sie zwei Transaktionen, 378 mit den Schorer schlossen sie drei und mit Hans Apfelfelder, dem Münzmeister von Kempten, vier Geschäfte ab. Ihr mit Abstand häufigster Partner war mit sechs Transaktionen jedoch Hieronymus Imhof. Während es sich bei den meisten ihrer Geschäftspartner um Augsburger Personen und Gesellschaften handelte, hatten die Weyer auch eine Reihe von Außenkontakten, unter anderem nach Kempten (Apfelfelder), Ulm (Rot, Schleicher), Memmingen (Jörg Rist) und München (Seehofer). Vor dem Hintergrund dieser Skizze können nun der Kontext einzelner Beziehungen und die (mögliche) Motivation der Akteure näher beleuchtet werden. Das bereits erwähnte längerfristige Darlehen Sebastian Neidharts über 3.000 fl vom März 1553 brachte die Gebrüder Weyer in Kontakt mit einem der innovativsten, aber wohl auch aggressivsten oberdeutschen Kaufleute seiner Generation, der sich allerdings zu diesem Zeitpunkt schon fast am Ende seiner Karriere befand. In seinen letzten beiden Lebensjahren war Neidhart, soweit sich dies aus den Augsburger Unterkaufbüchern rekonstruieren läßt, offenbar vorrangig damit beschäftigt, sein Geld bei renommierten Augsburger Firmen zinsbringend anzulegen. In den Jahren 1553 und 1554 lieh er insgesamt 97.000 fl in 16 Posten an sieben verschiedene Personen und Firmen aus. Mit 33.000 Gulden war Anton Fugger Neidharts größter Darlehensnehmer. 379 Das Geld, das Neidhart Fugger in vier Posten lieh und mit acht bis neun Prozent verzinst war, stand Fugger offenbar langfristig zur Verfugung, denn bei keinem der vier Geschäfte ist ein Termin für die Rückzahlung genannt. Neidhart und Fugger hatten fast zwei Jahrzehnte lang insbesondere in Spanien380 und Tirol,381 aber auch in Neapel, Aquila, Nürnberg und 378

Christoph Böcklin, Jakob Herbrot, Hans Paul Herwart, Alexander Kraffter und Gebrüder, Anton Meuting, Robeas Putz, Jakob Rembold, Markus Schwab, Hans Welser.

379

380

381

Im Januar 1553 lieh Neidhart Fugger 7.000 fl zu 8 %, im März nochmals die gleiche Summe zum selben Zinssatz. Zum Neujahrstag 1554 vereinbarten Neidhart und Fugger ein weiteres Darlehen in Höhe von 10.000 fl zu 8 % und im August desselben Jahres schließlich einen Kredit über 9.000 fl zu 9 %. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 79, 87, 120, 143, 297, 350, 381,382. 1 5 3 6 waren Neidhart mit 12 1/3 Millionen und die Erben Christoph Herwärts mit 3.260.000 Maravedis Gläubiger der Fugger in Spanien: Ehrenberg, Bd. 1, S. 135, 138; Kellenbenz, Fugger in Spanien und Portugal, Bd. 1, S. 187, 189, 480. Im selben Jahr schlossen Neidhart, Anton Fugger und Hans Welser einen Asiento mit der spanischen Krone ab: Kellenbenz, Fugger in Spanien und Portugal, Bd. 1, S. 479. Zur weiteren geschäftlichen Zusammenarbeit zwischen Neidhart und Fugger in Spanien vgl. ebd., Dokumente, S. 79, 89 und passim; Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 3/1, S. 563, Anm. 32; S. 565, Anm. 32. Hier sind vor allem mehrere große Darlehensverträge zu nennen, die Neidhart zusammen mit Anton Haug, Anton Fugger und Hans Baumgartner zwischen 1540 und 1545 mit König Fer-

109 Fuggerau382 sowie in Antwerpen 383 zusammengearbeitet, und seine Erfahrung ließ Neidhart das Unternehmen Anton Fuggers offenbar als sicherste Anlagemöglichkeit für sein Vermögen erscheinen. Aber auch sonst konzentrierten sich Neidharts Darlehen weitgehend auf die Familie Fugger. 20.000 fl legte er bei Anton Fuggers Neffen Hans Jakob an,384 und selbst Ulrich Fugger, der Anfang der 1560er Jahre völlig überschuldet war und den Ruf eines Verschwenders hatte,385 streckte er 10.000 fl vor.386 Neben den Weyer und dem Einnehmeramt der Stadt Augsburg (10.000 fl)387 erhielten nur noch drei weitere Firmen in diesen Jahren auf dem Augsburger Finanzmarkt Depositen von Neidhart: Matthäus Manlich (5.000 und 7.000 fl),388 die Kemptener Firma König (7.000 fl)389 und die Eßlinger Firma Gundelfingen die Hieronymus Kraffter in Augsburg vertrat (2.000 fl).390 Wenn bei der äußerst selektiven Darlehensvergabe Neidharts in den Jahren 1553 und 1554 auch die Weyer Berücksichtigung fanden, so ist dies wohl auf die gemeinsamen Interessen der Beteiligten am Lyoner Geldgeschäft und die spezifische Situation der Neidhart'sehen Geschäfte in Lyon zu diesem Zeitpunkt zurückzuführen. Nachdem die - im folgenden Kapitel näher behandelten - Finanzoperationen Neidharts mit Hieronymus Sailer, Gaspar Ducci und Simon Pecori zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen den Teilhabern führten, die seit 1550 andauerten, brauchte Neidhart zuverlässige Verbindungsleute in Frankreich - zumal Hieronymus Sailer auf das Kapital der Neidhart-Pecori-Gesellschaft in Lyon einen Arrest legen ließ.

382

dinand und der Tiroler Regierung abschloß. Vgl. dazu StAA, KuH, Nr. 5, fol. 59, 96; Ehrenberg, Bd. 1, S. 221; Hagl, S. 48; Scheuermann, S. 30-32, 65-67, 72; Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/1, S. 475-476, Anm. 54; S. 539, Anm. 320; Bd. 2/2, S. 142 und passim. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/1, S. 308-309, Anm. 55; S. 313, Anm. 95; S. 330, Anm. 189; S. 408-409, Anm. 134; S. 413-414, Anm. 137; S. 423, Anm. 186; S. 426, Anm. 3; Kellenbenz, Konto, S. 375; S. 385, Anm. 70.

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1545 tätigte Neidhart mit Anton Fugger und Hans Welser ein Wechselgeschäft über Antwerpen in Höhe von 150.000 Dukaten. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2, S. 651, Anm. 310; S. 652, Anm. 3; Kellenbenz, Fugger in Spanien und Portugal, Dokumente, S. 65. Im Januar 1553 lieh Neidhart Hans Jakob Fugger 7.000 und 6.000 fl zu 8% (letzteren Betrag „zu halben jaren ain tail dem ande(r)n abkünd(en)"), im März 1553 4.000 fl zu 10% auf ein Jahr und Ende August desselben Jahres 3.000 fl zu 5 % auf ein halbes Jahr. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 78, 81, 85, 107, 350, 381, 382. Chroniken, Bd. 33, S. 161, 164-165, 183. Anfang Januar 1553 lieh Neidhart Ulrich Fugger 3.000 fl gegen zehnprozentige Verzinsung auf ein Jahr, im Mai 1554 weitere 7000 fl zu 9 %. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 77, 136, 350,381. Ebd., S. 6 0 , 3 8 1 . Ebd., S. 102, 118,350. Ebd., S. 138,350. Ebd., S. 7 8 , 3 8 1 .

110 Im Gegensatz zu den meist längerfristig konzipierten Anlagen Neidharts stellten kurzfristige Darlehen zwischen zwei Firmen für den Kreditgeber eine Möglichkeit dar, Kapital, das nur vorübergehend nicht benötigt wurde, arbeiten zu lassen, verfügbares Geld „in Bewegung zu halten". Für den Darlehensnehmer bildeten derartige Kredite hingegen zusätzliche „Manövriermasse" für zeitlich befristete Geschäfte. Gleichzeitig kann insbesondere die wiederholte Gewährung derartiger Kredite mit kurzer Laufzeit auch als Indiz für ein besonderes Vertrauensverhältnis zwischen zwei Geschäftspartnern, für die „Kreditwürdigkeit" des Darlehensnehmers gesehen werden. Der Kontext, in dem solche kurzfristigen Darlehensgeschäfte stattfanden, läßt sich am Beispiel der Transaktionen zwischen Sebastian Weyers Erben und Christoph Böcklin erhellen. Am 7. August 1552 gewährte Christoph Böcklin den Weyer ein kurzfristiges Darlehen in Höhe von 1.000 fl,391 und am 16. April 1555 erhielten die Weyer ein auf zwei Monate befristetes und mit acht Prozent verzinstes Darlehen Böcklins in Höhe von 2.000 fl.392 Den Hintergrund dieser Kreditgeschäfte bilden zunächst die familiären und geschäftlichen Beziehungen zwischen beiden Familien. Böcklins Vater Pankraz war in den 1530er Jahren Geschäftspartner von Hans Weyers Schwiegervater Markus Müller. Sowohl Pankraz Böcklin als auch Markus Müller gehörten zu den führenden Repräsentanten der Augsburger Salzfertigerzunft und wohnten zeitweise im gleichen Steuerbezirk.393 Christoph Böcklin hatte außerdem in die Familie Zangmeister eingeheiratet, die seit der Eheschließung Hans Zangmeisters d.Ä. mit einer Tante Hans und David Weyers zu deren engerem familiären Umfeld gehörte.394 Weiterhin läßt sich feststellen, daß der Kreis der Geschäftspartner Böcklins teilweise deckungsgleich mit demjenigen der Weyer war. Wie Hans und David Weyer hatte auch Christoph Böcklin im Bereich des Wechsel- und Kreditgeschäfts zwischen 1551 und 1556 Kontakte mit Anton Meuting, Georg Hierlinger, Matthäus Manlich, Jos Schorer, Hieronymus Imhof, Alexander Kraffter und Hieronymus Kraffter. 395 Über diese Vielzahl an gemeinsamen Kunden und Partnern eröffneten sich eine Reihe von Kommunikationskanälen, über welche sich Informationen über die „Kreditwürdigkeit" der jeweiligen Partnerfirma einholen ließen. Drittens ist auf die unterschiedliche geschäftliche Ausrichtung beider Firmen hinzuweisen. Der Warenhandel der Böcklin war vor allem auf Bozen hin orientiert, wo bereits Christophs Vater ein Haus erworben hatte.396 Da die Bozener 391

Ebd., S. 57, 3 6 6 , 3 8 4 .

392

Ebd., S. 164, 398.

393

Chroniken, Bd. 29, S. 57-58; Häberlein, Familiäre Bindungen, S. 4 1 - 4 3 ; Sieh-Burens, Oli-

394

StAA, Werner/Lilienthal, „Böcklin" und „Weyer"; Häberlein, Familiäre Bindungen, S. 43.

395

Vgl. die Zusammenstellung bei Häberlein, Familiäre Bindungen, S. 4 8 - 4 9 .

396

StAA, StG 40; StAA, KuH, Fasz. VI, Nr. 2 6 / 2 2 , S. 18; Häberlein, Familiäre Bindungen,

garchie, S. 114.

S. 42, 44.

Ill Märkte einem anderen Rhythmus folgten als die Lyoner Messen, auf denen die Weyer in erster Linie aktiv waren,397 stellten kurzfristige Kredite eine Möglichkeit der „Harmonisierung" dieser phasenverschobenen Rhythmen dar: während einer Ruhepause zwischen zwei Bozener Märkten konnte freies Kapital fur einen anderen Geldmarkt, etwa den von Lyon, mobilisiert werden. Die achtprozentige Verzinsung der Kredite zeigt schließlich, daß es sich bei aller Vertrautheit zwischen den Beteiligten um keine Gefälligkeit unter Verwandten, sondern auch um Geschäfte zwischen zwei profitorientierten Unternehmen handelte. Als weiteres Beispiel fur den Kontext kurzfristiger Kreditbeziehungen seien hier die Interaktionen der Weyer mit Jakob Herbrot angeführt. Im Mai 1554 und im Juni 1555 liehen die Brüder Weyer Jakob Herbrot und seinen Söhnen jeweils 2.000 fl, die nach zwei Monaten mit achtprozentiger Verzinsung zurückgezahlt werden sollten.398 Herbrot gehörte wie Christoph Böcklin zum weiteren verwandtschaftlichen Umfeld, zur „zweiten Kontaktzone" von Hans und David Weyer: er war mit einer Schwester Alexander Kraffters verheiratet, der wiederum mit einer Schwester von Hans Weyers Frau Sara Müller vermählt war. Herbrots Tochter Marina war die Frau von Sebastian Weyers Vetter Simon Manlich. 399 Eine weitere Verbindung zwischen beiden Familien ergibt sich über die Jenisch. Hans Jenisch, der Ehemann von Sebastian Weyers Schwester Anna, hatte 1506 die Pflegschaft über den damals noch unmündigen Jakob Herbrot inne,400 und Jenischs Söhne Christoph und Joachim siegelten 1543 den Heiratsbrief von Jakob Herbrots gleichnamigem Sohn.401 Der erste Kredit der Weyer an Herbrot über 2.000 fl datiert vom 15. Mai 1554; wenige Tage zuvor waren zwei auf drei Monate befristete Darlehen von Hans Vöhlin und Georg Stebenhaber abgelaufen, für die Herbrot nun offenbar einen Ersatz benötigte 402 Im Jahr 1554 nahm die Firma Jakob Herbrots und seiner Söhne insgesamt 12 Darlehen über 21.300 fl und 3.000 Taler an der Augsburger Börse auf 4 0 3 Von den zehn Krediten, deren Laufzeit bekannt ist, hatte einer eine Laufzeit von einem Jahr, drei waren auf sechs Monate befristet, während die übrigen nur für kurze Fristen von sechs Wochen bis vier Monaten gewährt wurden. Auffälli397

398 399

400 401 402 403

Die erste Bozener Messe begann am Montag nach Mittfasten, die zweite am St. Bartholomäustag (24. August) und die dritte am St. Andreastag (30. November). Um 1500 kam noch eine Messe an Fronleichnam hinzu. Kießling, Markets, S. 170. Jede Messe dauerte acht Tage, an die sich vier Tage „Nachmarkt" anschlossen. Vgl. Kellenbenz, Meder, S. 40-41, der allerdings die zweite Messe auf den St. Gilgentag (2. September) datiert und die Fronleichnamsmesse unerwähnt läßt. Zum Rhythmus der Lyoner Messen vgl. Kap. 1.3. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 137, 168, 322, 398. Genealogische Angaben nach StAA, Werner/Lilienthal, „Herbrot", „Kraffter" und „Manlich". StAA, StGB 1506, fol. 34; vgl. Sieh-Burens, Oligarchie, S. 111, S. 278, Anm. 667. StAA, Hochzeitsamt, Generalia, 1543. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 126-127, 137, 321. Nach ebd., S. 124-148,321.

112 gerweise handelte es sich bei sechs der zwölf Darlehensgeber Herbrots, der in den Jahren bis 1552 als führender Repräsentant einer anti-patrizischen Politik in Augsburg galt und die Augsburger Kaufleutestube zum institutionellen Gegenpol zu den patrizischen Standesinteressen ausbaute,404 um Patrizier. So liehen ihm 1554 Markus Honold 2.800 fl auf sechs Monate; Jakob Rehlinger 3.000 Goldgulden auf vier und Ulrich Welser 1.500 fl auf zwölf Monate, während ihm Hans Vöhlin, Christoph und Konrad Rehlinger jeweils 1.000 fl vorstreckten. 405 Zwei weitere seiner Kreditoren, Georg Mülich und Georg Stebenhaber, waren mit Töchtern des Patriziers Christoph Herwart verheiratet.406 Die nicht-patrizische Kaufmannschaft unter Herbrots Darlehensgebern repräsentieren außer den Weyer vor allem Wolfgang Paler und Konrad Herbst, die ihm im März 1554 3.000 Taler für ungefähr sechs Wochen liehen.407 Im Jahre 1555 nahmen Jakob Herbrot und seine Söhne bei insgesamt 14 Darlehensgeschäften wiederum rund 25.000 fl auf. Ein erster Schwerpunkt ihrer Kreditaufnahme lag im Januar, als sie von Christoph Rehlinger, Gabriel Neidhart, Christoph Manlich und Matthäus Pflaum insgesamt 6.300 fl auf kurze Fristen von zwei bis drei Monaten liehen, für die sie relativ hohe Zinsen von neun bis zehn Prozent bezahlen mußten. 408 Nach mehreren Monaten relativer Abstinenz vom Augsburger Kreditmarkt nahmen die Herbrot in den Sommermonaten wieder verstärkt Darlehen auf: Ende Mai 2.000 fl von Georg Christoph Schwindenbach, im Juni dann 2.000 fl von den Weyer und zwischen 20. Juli und 27. August sieben weitere Darlehen über mehr als 14.000 Gulden, darunter 3.000 fl von Jakob Meuting und 5.000 fl von Georg Mülich.409 Damit war der Bedarf der Firma an Fremdkapital wieder für mehrere Monate gedeckt, und im Dezember konnten es sich die Herbrot sogar leisten, selbst Geld zu verleihen.410 Wofür brauchten die Herbrot das Geld, das sie in so großem Umfang aufnahmen? Jakob Herbrot war bis 1548 einer der einflußreichsten Politiker der Reichsstadt Augsburg gewesen und hatte mehrfach das Bürgermeisteramt bekleidet. Nach der Aufhebung der Zunftverfassung 4 " war Herbrot jedoch politisch praktisch entmachtet; lediglich während des Fürstenaufstandes von 1552 gelang ihm ein kurzes Comeback auf der politischen Bühne.412 Die Forschung hat wiederholt einen Zusammenhang zwischen dem Ende von Herbrots politischer Karriere und

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Vgl. Sieh-Burens, Oligarchie, S. 164-165. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 124, 136, 147, 148, 321. Ebd., S. 127, 148, 321; vgl. StBA, Seifert'sche Stammtafeln, „Herwarth". Blendinger, Unterkaufbücher, S. 130, 356. Ebd., S. 155, 1 5 6 , 3 2 1 , 3 2 2 . Ebd., S. 167-174. 1.000 fl an Hieronymus Rehlinger für einen Monat: ebd., S. 186, 335. Vgl. Hecker, Herbrot, S. 75-78; Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 4, S. 190-199; Warmbrunn, S. 106-114; Naujoks, Karl V., S. 50-61; Zorn, Augsburg, S. 222-223. Vgl. Hecker, Herbrot, S. 82-94; Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 4, S. 432-517.

113 seinen finanziellen Schwierigkeiten herzustellen versucht: da Herbrot als Zunftbürgermeister eine vehement anti-kaiserliche Politik vertrat, habe der Sieg der Kaiserlichen ihn auch geschäftlich ruiniert.413 Katarina Sieh-Burens hat hingegen nachgewiesen, daß Herbrots Politik keineswegs die militärische Konfrontation der evangelischen Reichsstände mit dem Kaiser anstrebte, sondern im Vorfeld des Schmalkaldischen Krieges vielmehr auf einen Ausgleich der Interessen hin ausgerichtet war. Herbrot war zwar mit dem führenden Repräsentanten der kaiserlichen Partei in Augsburg, Hans Baumgartner, persönlich verfeindet, arbeitete jedoch mit anderen altgläubigen und kaisertreuen Patriziern, allen voran Anton Fugger, mit dem er offenbar ein ausgesprochen freundschaftliches Verhältnis hatte, über Jahre hinweg geschäftlich zusammen. Als Grundlage dieser ausgleichenden Haltung ist das gemeinsame ökonomische Interesse der Augsburger Fernhändler und Bankiers anzusehen: „Das Primat der Wirtschaftspolitik zwingt das Herbrot-Netz zu Kompromissen gegenüber den katholischen Kräften innerhalb und außerhalb der Stadt."414 Vor diesem Hintergrund wird auch verständlich, warum Jakob Herbrot, der in den 1530er und 1540er Jahren vor allem als Finanzier der führenden evangelischen Reichsfursten, des Landgrafen Philipp von Hessen, des Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen, Joachims II. von Brandenburg und Ottheinrichs von PfalzNeuburg, in Erscheinung trat,415 gerade in den Jahren nach dem Verlust seiner politischen Stellung enge Beziehungen zum Haus Habsburg anknüpfte. Im Jahre 1549 lieferte er Waffen an Kaiser Karl V. und Textilien an König Ferdinand für den Bedarf des Prager Hofes 416 und streckte Ferdinand 22.000 fl vor. 1550 und 1551 folgten weitere Darlehen über 36.000 und 65.256 fl.417 Ferdinand ernannte Herbrot am 7. März 1551 zum kaiserlichen Rat 418 In einem Brief an den Abt von

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Diese Auffassung geht zurück auf Hecker, Herbrot, bes. S. 95-96 und findet sich etwa in Sayous, decheance, S. 221 („Touche par la guerre de Smalkalde, il declina, et ses enfants firent faillite apres sa mort."); Pölnitz/Kellenbenz, Anton Fugger, Bd. 3/2, S. 430. Sieh-Burens, Oligarchie, S. 166-169 (Zitat 169). Zum freundschaftlichen Verhältnis zwischen Herbrot und Fugger vgl. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2, S. 67, 161, 267-269, 317, 403, 427 und passim. Als er während des Schmalkaldischen Krieges von Gerüchten hörte, daß er beim Kaiser in Ungnade gefallen sei, beteuerte er gegenüber Anton Fugger, daß er sich „kainer pösen Pratik mein Leben lang wider khays. Mt. hab angemast." Er habe „mit meiner Herrn, auch meinen Sachen so fül zu thon, dass auch merers zu undternemen nicht Luscht." Hecker, Correspondenz, S. 291. Die vereinfachende Charakterisierung Herbrots als „Haupt der Kriegspartei" in Augsburg findet sich auch noch in der jüngsten Neuauflage von Zorn, Augsburg, S. 217. Hecker, Herbrot, S. 48-49; Strieder, Genesis, S. 177; ders., Kaufmannsporträts, S. 168-169; Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 4, S. 79-80 und S. 102, Anm. 13; Ringling, S. 87-88, 93. Steuer, Außenverflechtung, S. 76. Oberleitner, S. 90, Anm. 75. Hecker, Herbrot, S. 79-80; Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 4, S. 418; Strieder, Genesis, S. 178; Sieh-Burens, Oligarchie, S. 174; Steuer, Außenverflechtung, S. 76.

114 Weingarten, Gerwig Blarer, berichtete Herbrot wenige Tage später voller Selbstbewußtsein von dieser Ernennung und fugte hinzu, daß der Herzog von Alba angeordnet habe, daß auf dem nächsten Augsburger Reichstag niemand in Herbrots Haus einquartiert werden solle - ein besonderes Privileg in Anbetracht der Tatsache, daß „ir mt. sunst kaym burger in der statt kain haus als alain das mein befreyt haben." Diese besonderen königlichen Gnadenerweise teilte er Blarer mit, „das mich eur gn. füran nicht mer dauzen solen, sunder da ich ainmal land und leut uberkem, das mich eur gn. nit mer fur ain armen geseln sunder fur ain vermayntn hern zu halten wüssen." Die Privilegierung Herbrots ging einher mit dem erneuten Abschluß großer Geschäfte mit dem Königshof: „Was genedigstn abschid ich beym altn und jungen küng [...] erlangt, möcht ich wol leyden, eur gn. die wüstns. Erstlich so muos ich mein sun Jeronymus von stundan gen Wyen verordnen, den ich mit parem gelt und warn warlich ob hunderttausend fl. wert verfast gemacht. [...] Ir mt. haben mir auch zu ermeltn güetrn gnedigste passport geben."419 Zur gleichen Zeit wuchs auch der Weyer-Vetter Joachim Jenisch, der wie Herbrot aus der Kürschnerzunft stammte und dem ehemaligen Zunftbürgermeister eng verbunden war - um 1557 ernannte Herbrot ihn zu seinem Testamentsvollstrecker 420 - zunehmend in die Rolle eines Finanzagenten der Innsbrucker Regierung und „Hoffaktors" Ferdinands hinein.421 Darüber hinaus pflegte Herbrot zu Beginn der 1550er Jahre intensive Geschäftsbeziehungen zu Moritz von Sachsen422 und scheint zeitweilig auch mit dem Gedanken gespielt zu haben, sich im Mansfelder Kupferhandel zu engagieren. Einem Bericht des mansfeldischen Rentmeisters zufolge soll er jedenfalls Graf Albrecht ein Darlehen über 40.000 fl angeboten haben.423 Um seinen Verpflichtungen nachkommen und die geschäftlichen Chancen, die sich durch sein gutes Verhältnis zum Haus Habsburg eröffneten, wahrnehmen zu können, benötigte Herbrot jedoch dringend weiteres Kapital. „Da dann eur gn. ain summa gelts für uns haben mochte," läßt er Abt Blarer in dem bereits zitierten Brief wissen, „da wer uns mit gedyent." In einem weiteren Schreiben vom 27. Juni 1551 verbindet Herbrot die Nachricht, daß sein Sohn Hieronymus mit König Maximilian „ain handlung ob 65.000 fl beschlossen" habe und er selbst dem Königspaar „fül kostlicher waren zurichten lass" mit der Anfrage, ob der Abt 20.000 fl Kapital fur ihn auftreiben könne. Die Aussicht, mit dem König „abermal ain 419 420 421

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Günter, Gerwig Blarer, Bd. 2, S. 245 (Nr. 1178). StA Lauingen, Nr. 3943. Neben der Vermittlung von Krediten führte Jenisch auch Aufträge des königlichen Hofes wie die Bestellung von Goldschmiedearbeiten bei Augsburger Meistern durch: Pölnitz/Kellenbenz, Anton Fugger, Bd. 3/2, S. 71, 102, 133, 136-137, 171, 255-256, 262. Vgl. Politische Korrespondenz Moritz von Sachsen, Bd. 4, S. 683 (Nr. 598), 713 (Nr. 623), 814 (Nr. 713), 888 (Nr. 771), 907 (Nr. 784), 909 (Nr. 785); Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 3/1, S. 162 und S. 608, Anm. 110. Möllenberg, S. 395 (Nr. 240).

115 statliche handlung zu treffen," bringe es mit sich, daß „ich mich aber mit ainer namhaftn summa gelts muos gefast machen".424 Er sei derzeit in so viele Geschäfte involviert, teilt er dem Abt im Juli 1551 mit, daß er einen Silberberg unterbringen könnte, und sei daher für jede Vermittlung von Kapital dankbar.425 Einige Wochen später stellte er dem Abt sogar in Aussicht, ihm „eine schöne Tapezerei" zu verehren, falls dieser Geld für ihn aufbringen könne, „demnach dieser zeyt gelt ser gesucht."426 Wie Christoph Böcklin war übrigens auch Herbrot, soweit sich dies feststellen läßt, nicht unmittelbar im Handel mit Frankreich engagiert und damit kein direkter geschäftlicher Konkurrent der Weyer. Die Beziehungen und Interessen der Weyer im zentralen Bereich ihrer Finanzgeschäfte, dem Wechselverkehr mit Lyon, lassen sich am Beispiel ihrer Kontakte mit zwei Firmen veranschaulichen, die ebenfalls am Frankreich-Geschäft partizipierten: den Schorer und Vöhlin, die dem weiteren verwandtschaftlichen Umfeld der Weyer, ihrer zweiten und dritten Kontaktzone, zuzurechnen sind. Die Ulmer Kaufmannsfamilie Schorer, 1553 zweimal Partner der Weyer bei Lyoner Wechselgeschäften, knüpfte durch die Eheschließungen von Anton Haugs Töchtern Walburga und Susanna mit Jos Schorer (1534) und dessen Bruder Georg (1546) enge Beziehungen zum Kreis der Haug-Langnauer-Linck an. Jos Schorer wurde 1539 Mitglied der Augsburger Salzfertigerzunft, 427 während der Leiter des Familienunternehmens, Jos' älterer Bruder Leonhard, in Ulm ansässig blieb.428 Georg Schorer, der von 1540 bis 1543 in Antwerpen tätig war,429 zahlte 1550 in Augsburg eine gedingte Steuer von 20 fl, was darauf schließen läßt, daß er lediglich ein Paktbürgerrecht in der Stadt besaß. Sein Bruder Jos, der zu diesem Zeitpunkt ebenso wie Georg Schorer im Haus seines kürzlich verstorbenen Schwiegervaters Anton Haug wohnte, entrichtete im selben Jahr 80 fl Vermögenssteuer.430 Zwischen 1543 und 1549 tauchen Leonhard Schorer und Gebrüder regelmäßig unter den Geschäftspartnern der Haug-Langnauer-Linck auf. In Antwerpen waren ihnen die Schorer 2.022 flämische Pfund, in Venedig 525 Dukaten schuldig,431 während umgekehrt die Schorer in der Scheidestadt 2.800 Pfund und in der Lagunenstadt 645 Dukaten von den Haug zu fordern hatten.432 1549 zählte

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Günter, Gerwig Blarer, S. 262-263 (Nr. 1201). Vgl. auch ebd., S. 271-272 (Nr. 1211). Ebd., S. 266-267 (Nr. 1206). Ebd., S. 277 (Nr. 1219). StAA, Reichsstadt, Zünfte, Nr. 228. Leonhard Schorer hatte 1532 die Ulmerin Magdalena Greek geheiratet (StBA, Seifert'sche Stammtafeln, „Schorer"). Zumindest 1543 nachweislich für die Firma Leonhard Schorer und Gebrüder. Vgl. Strieder, Notariatsarchive, S. 115, 145-146. StAA, Steuerbuch 1550, Sp. 76b. StAA, KuH, Nr. 5, fol. 60, 91, 119, 191. Ebd., fol. 130, 167.

116 Leonhard Schorer mit 13.200 fl zu den größten Kreditoren der Haug. 433 1546 kauften Anton Haug und seine Gesellschaft in Antwerpen Tuche von den Schorer,434 und die Ulmer Firma nahm auch in London geschäftliche Interessen der Haug wahr.435 Jos Schorer, der seit Anfang der 1550er Jahre an der Spitze des Unternehmens stand, wird 1551 mit 5.134 flämischen Pfund unter den Antwerpener Schuldnern Anton Haugs d.J. und Ulrich Lincks genannt und stand auch in den folgenden Jahren regelmäßig mit den Haug-Langnauer-Linck in Verbindung.436 Zudem waren die Ehefrauen von Jos und Georg Schorer, Walburga und Susanna Haug, 1551/53 mit jeweils 9.181 und 2.623 fl am Unternehmen ihres Bruders Anton und Ulrich Lincks beteiligt.437 In ihrer Hauptrechnung von 1557 verzeichneten die Haug Jos und Georg Schorer mit 4.811 fl als Kreditoren. 438 Wie die Weyer standen also auch die Schorer in verschiedenen Geschäftsbereichen im Warenhandel, Wechsel-, Kommissions- und Depositengeschäft - in ständiger Interaktion mit der kapitalkräftigen Haug-Langnauer-Linck-Gesellschaft. Daneben teilten die Schorer mit den Weyer die Orientierung auf den Lyoner Markt hin. Neben den bereits erwähnten französischen Wechselgeschäften mit den Haug und Weyer wickelten sie zwischen 1552 und 1556 auch Geldtransaktionen zwischen Augsburg und Lyon mit Christoph Kraffter 439 und der Münchner Firma Seehofer ab.440 Im Jahre 1560 kauften die Schorer Pastell in der Rhöne-Metropole, und im folgenden Jahr lieferten sie, einmal mehr in Zusammenarbeit mit den Haug, Seide nach Lyon. 44 ' Einigen in den 1570er und 80er Jahren ausgestellten Vollmachten ist ferner zu entnehmen, daß mehrere Mitglieder der Familie auch in französische Staatsanleihen investierten.442 433 434 435 436

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Ringling, S. 105. Strieder, Notariatsarchive, S. 196. StAA, KuH, Nr. 5, fol. 70, 176. StAA, KuH, Nr. 6, fol. 8. Im Jahre 1553 gehörte Schorer zu den Lyoner Schuldnern der Haug-Langnauer-Linck (ebd., fol. 33, 40), im selben Jahr wechselten Jos Schorer und Anton Haug in Augsburg 1.000 Goldgulden um, und im folgenden Jahr waren sie Partner bei einem Antwerpener Wechselgeschäft über 1.000 fl (Blendinger, Unterkaufbücher, S. 96, 140, 358, 360). 1555 findet sich Schorer wiederum mit 718 Dukaten unter den venezianischen Schuldnern der Haug (StAA, KuH, Nr. 6, fol. 85). StAA, KuH, Nr. 6, fol. 15, 46. Ebd., fol. 119-120. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 194, 418. Ebd., S. 60, 143, 155, 354, 357, 359. Meilinger, S. 33-34; Kellenbenz, Meder, S. 114, 411. StAA, Spreng VII, Nr. 45, 45 1/2: Vollmachten Jeremias Schorers und einer Reihe weiterer Augsburger Patrizier und Kaufleute für Oswald Seng und Rupert Lins, ihre Forderungen an die französische Krone einzubringen, 1572. StAA, Spreng XXII, Nr. 53: Gemeinsame Vollmacht von Georg Schorers Witwe, Ludwig Schorer, Hieronymus Schorers Kinderpflegern und Jos Schorers Witwe für Hieronymus Hörmann, Schulden der französischen Krone einzubringen, 1580. StAA, Spreng XXVI, Nr. 3: Vollmacht derselben für Michel Lange, in Paris ihre Interessen zu vertreten, 1582.

117 Hans Vöhlin (1488-1556), der im Oktober 1555 den Weyer 1.500 fl ,,p(er) Leon" gab,443 befand sich gewissermaßen an einer Schnittstelle zwischen zwei familiären und ökonomisch-politischen Netzwerken. Als Sohn des Memminger Großkaufmanns Konrad Vöhlin, der einer der Hauptteilhaber der Welser-VöhlinGesellschaft war, und der Barbara Welser scheint er zunächst eindeutig dem Kreis von Personen anzugehören, den Katarina Sieh-Burens als „Welser-Netz" identifiziert hat.444 Tatsächlich ist Vöhlin 1532/33 und 1547 als Angestellter, eventuell auch als Teilhaber, der von seinem Vetter Bartholomäus Welser geführten Gesellschaft nachweisbar. 445 1534 bezeugte Vöhlin außerdem den Heiratsbrief von Bartholomäus Welsers Tochter Afra, 446 und 1539 war er unter den Testamentszeugen des Welser-Schwagers Dr. Konrad Peutinger.447 Andererseits sind die Eheschließungen von Vöhlins Tochter Euphemia mit Hans Bimmel im Jahre 1542 und seines Sohnes Paul mit Regina Linck - einer Base von Hans und David Weyer - im Jahre 1554 deutliche Indizien für eine Intensivierung der Beziehungen Vöhlins zu dem Kreis von Familien um die Haug-Langnauer-Linck-Gesellschaft. 448 Diese Umorientierung wird auch bei einer Betrachtung der Kreditvergabe Vöhlins in den Jahren 1552 bis 1554 erkennbar: die am häufigsten auftretenden Darlehensnehmer sind Matthäus Manlich, der in drei Posten insgesamt 10.000 fl von Vöhlin erhielt,449 und Jakob Herbrot und Söhne, die ebenfalls in drei Posten 7.000 fl von ihm liehen.450 Die Schorer und Hans Vöhlin wickelten indes nicht nur mit den Gebrüdern Weyer, sondern auch miteinander sowie mit Christoph Kraffter Lyoner Wechselgeschäfte ab.451 Die Firmen mit gleichgerichteten Handelsinteressen befanden sich in einem ständigen Austausch- und Interaktionsprozeß. Hieronymus Imhof war der am häufigsten auftretende Geschäftspartner der Weyer in den Jahren 1552 bis 1556: außer den vier bereits genannten Transaktionen des Jahres 1553 waren die beiden Firmen 1555 Partner bei zwei Lyoner Wechselgeschäften über insgesamt 3.000 Kronen.452 Gerade im Falle Imhofs scheint eine Argumentation, welche die Zusammenhänge zwischen verwandt443 444 445

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Blendinger, Unterkaufbücher, S. 179. Sieh-Burens, Oligarchie, bes. S. 75-80. Westermann, Vöhlin, S. 40-41; Werner, Bartholomäus Welser, 1968 II, S. 104; Großhaupt, Bankiers, S. 176-177. Welser, Welser, Bd. 1, S. 176. StAA, EWA Akten, Nr. 36. StAA, Werner/Lilienthal, „Vöhlin". Blendinger, Unterkaufbücher, S. 53, 81, 126, 306, 309, 380. Ebd., S. 48, 70, 80, 319-320, 380. 1554 wechselten die Schorer und Hans Vöhlin 2.000 Kronen (Blendinger, Unterkaufbücher, S. 146, 381), im selben Jahr Vöhlin und die Gebrüder Kraffter 1.500 Kronen (ebd., S. 148, 349), 1556 die Schorer und Christoph Kraffter 2.000 Kronen (ebd., S. 194, 418). Die Weyer schlossen zwar kein Lyoner Wechselgeschäft mit den Kraffter ab, wechselten 1553 aber insgesamt 1.200 französische Kronen in bar mit ihnen ein (ebd., S. 99-100). Blendinger, Unterkaufbücher, S. 155, 170, 404.

118 schaftlicher Verflechtung und wirtschaftlicher Kooperation betont, in die Irre zu fuhren, denn Imhof gehörte einem völlig anderen Verwandtschaftssystem an als Hans und David Weyer. Der Sohn des Nürnberger Patriziers Sebastian Imhof und der Katharina Fütterer wurde erst nach seiner Heirat mit Bartholomäus Welsers Tochter Anna im Jahre 1543 in Augsburg ansässig.453 Imhofs patrizische Herkunft ermöglichte ihm in Augsburg nach der Regimentsänderung von 1548 eine rasche politische Karriere. Er wurde 1553 Mitglied des Kleinen und 1561 auch des Geheimen Rates und bekleidete nacheinander auch die Ämter eines Zeugherrn (1553), Baumeisters (1558) und Einnehmers (1562).454 Diese steile Karriere erscheint um so bemerkenswerter, als Imhof bis zum Jahre 1551 lediglich eine gedingte Steuer von 15 fl entrichtete; er hatte zu diesem Zeitpunkt also noch nicht das volle Augsburger Bürgerrecht erlangt.455 Was also verband die Weyer mit Hieronymus Imhof? Zunächst ist zu konstatieren, daß Imhof auf dem Augsburger Geldmarkt in den 1550er Jahren eine bedeutende Rolle spielte. Mit über 150 Wechsel- und Kreditgeschäften zwischen 1551 und 1556 gehörte seine Firma zu den aktivsten überhaupt. Imhof zeigte im Wechselverkehr mit den großen europäischen Börsenplätzen - Antwerpen, Lyon, Venedig - eine gleichermaßen starke Präsenz.456 Weiterhin läßt sich feststellen, daß der Kreis der Geschäftspartner der Weyer zu einem beträchtlichen Teil mit dem von Hieronymus Imhof identisch war: zu nicht weniger als 19 Partnern der Weyer hatte Imhof ebenfalls Beziehungen. 457 Christoph Böcklin etwa stellte sein Kapital nicht nur den Weyer, sondern auch Hieronymus Imhof wiederholt in Form kurzfristiger Darlehen zur Verfugung: 3.000 fl im Jahre 1554 und nochmals 1.000 fl 15 5 6.458 Anton Meuting, dem die Weyer Ende 1553 kurzfristig Geld liehen, Schloß 1552 mit Imhof ein Antwerpener Wechselgeschäft über 1.200 fl ab und erhielt von ihm zwei Jahre später 2.000 fl zur Verfügung gestellt.459 Interessanterweise tätigte Imhof zwischen 1551 und 1558 kein einziges Wechselgeschäft mit der Firma seines Schwagers Hans Paul Herwart, obwohl diese mit 117 Wechselgeschäften in diesem Zeitraum ebenfalls zu den bedeutendsten Firmen auf dem Augsburger Geldmarkt gehörte460 und auch mit den Weyer in Kontakt stand.461 Überlagerten

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Welser, Welser, Bd. 1, S. 190; Hagl, S. 34. StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 1-7, 230-232; StAA, Ratsämterbücher. Hagl, S. 34. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 550, 563. Christoph Böcklin, Hans Heiß, Jakob Herbrot, Georg Hierlinger, Hans Hörlin, Alexander Kraffter & Gebr., Hieronymus Kraffter, Christoph Manlich, Matthäus Manlich, Anton Meuting, Bernhard Meuting, die Österreicher, Matthäus Pflaum, Jakob Rembold, die Rot, die Schorer, Daniel Ulstett, Hans Vöhlin, Hans Welser. Zusammengestellt nach Blendinger, Unterkaufbücher. Ebd., S. 133, 189, 331, 406. Vgl. Häberlein, Familiäre Bindungen, S. 49. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 56, 123, 328, 331. Ebd., S. 549.

119 hier möglicherweise persönliche Antipathien die familiäre Verbindung? Schließlich war Imhof wie die Weyer zu dieser Zeit stark am Geschäft mit französischen Kronanleihen interessiert; im folgenden Kapitel wird davon noch die Rede sein. So dicht und detailliert die Angaben über finanzielle Beziehungen innerhalb der Augsburger Kaufmannschaft in den Unterkaufbüchern auch sind, so geben sie doch nur einen Ausschnitt aus dem Geldverkehr dieser Firmen wieder. Die Bedeutung weiterer Beziehungsstränge wird ansatzweise aus einer Lyoner Rechnung zwischen den Weyer und der Firma Hieronymus Kraffters aus dem Jahre 1555 ersichtlich. Die Abrechnung fuhrt allein elf Wechsel in einer Gesamthöhe von mehr als 8.400 Kronen auf, die in diesem Jahr zwischen beiden Firmen von Venedig nach Lyon transferiert wurden. Als weitere Beteiligte erscheinen neben den Augsburgern Hieronymus und David Zangmeister und Christoph Neidhart auch mehrere große italienische Firmen wie Redi di Bonaventura Michaeli, Antonio & Lodovico Bonvisi und Lodovico Justiniani.462 Somit lassen sich eine ganze Reihe von Faktoren benennen, welche den Grad der ökonomischen Zusammenarbeit zwischen Augsburger Handelsfirmen um die Mitte des 16. Jahrhunderts bestimmten: neben verwandtschaftlichen Beziehungen waren der Umfang des Engagements der jeweiligen Firma auf dem Markt, ihre Kapitalkraft, ihre geographische Orientierung und jeweilige Interessenlage von Bedeutung. Die Überlagerung und wechselseitige Durchdringung dieser Faktoren führte zu einem hohen Grad wirtschaftlicher Verflechtung und finanzieller Interdependenz auf dem Augsburger Geldmarkt. Solange dieses System von größeren Erschütterungen verschont blieb, funktionierte es offenbar sehr effektiv: tausende von Transaktionen, welche die Augsburger Unterkäufel Jakob Schoch und Rigo Mair in ihren Konten festhielten, legen davon ein eindrucksvolles Zeugnis ab. Als jedoch von 1557 an die ersten Firmen, die dieses System mittrugen, zusammenbrachen, zogen die davon ausgehenden Schockwellen auch die anderen am System Beteiligten in Mitleidenschaft.

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Bei einem venezianischen Wechselgeschäft über 2.000 Dukaten im Jahre 1555: ebd., S. 155, 397. StAA, Stadtgericht, Apellationssache zwischen Hans, David, Sebastian Gebrüder Weiher und ihren Gläubigern, 1559-1569 (unverzeichnet).

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2. Die französischen Kronfinanzen und die Augsburger Kaufmannschaft

2.1 Die Augsburger Finanzkonsortien in Lyon Von 1542 an wurden Anleihen der französischen Krone bei den großen Lyoner Bankiers, die zuvor nur in Ausnahmefällen und meist kurzfristig getätigt wurden, zur regelmäßigen Praxis. Nachdem mehrere Jahrzehnte der militärischen Konfrontation mit den Habsburgern die französische Staatskasse vollkommen erschöpft hatten, schien die Aufnahme kurzzeitiger, aber ständig erneuerter und mit 12 bis 16 Prozent jährlich verzinster Kredite bei der Lyoner Hochfinanz, die sich aus Gruppen von Oberdeutschen, Genuesen, Florentinern und Lucchesen zusammensetzte, ein schnell verfugbares und - vorerst - praktisch unbegrenztes finanzielles Reservoir darzustellen.1 Während der Regierungszeit Franz' I. erfolgte die Darlehensaufnahme über Kommissare, die durch königliche Patente ermächtigt wurden, mit Lyoner Kaufleuten über Kredite zu verhandeln: bei den meisten dieser Kommissare handelte es sich um Mitglieder des königlichen „conseil prive" oder hochrangige Angehörige der Finanzverwaltung. Unter ihnen befanden sich der Kardinal Tournon, der Kanzler Olivier, der Admiral Annebaut, der Schatzmeister Duval, der Generalleutnant der Senechaussee Du Peyrat und der Generaleinnehmer von Lyon, Martin de Troyes. 2 Diese Kreditaufnahmen wurden auch nach dem Frieden von Crepy (1544) fortgesetzt. Das Geld wurde zur Vorbereitung weiterer Kriegszüge im Louvre gehortet und sollte dadurch offenbar anderen potentiellen Darlehensnehmern, vor allem Karl V., entzogen werden. 3 In den ersten zehn Jahren der Regierungszeit Heinrichs II. (1547-1557) konnte die überaus kostspielige Kriegs- und Subsidienpolitik der französischen Krone weitgehend über Kredite finanziert werden. 4 Die Zahl der Kommissare erhöhte sich auf 16 im Jahre 1557. Neben hochrangigen Mitgliedern des conseil prive wie dem Herzog von Guise, dem Admiral Coligny sowie mehreren Kardinälen und Bischöfen standen nun nur noch wenige „Fachleute" wie Martin de Troyes, J.

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Ehrenberg, Bd. 2, S. 116-117; Doucet, Grand Parti, Teil I, S. 475; Bauer, Situation, S. 364368; einen Überblick über frühere Anleihen der französischen Krone geben Ehrenberg, Bd. 2, S. 81-86; Körner, S. 416-417; Hamon, S. 151-166. Doucet, Grand Parti, Teil I, S. 476-477; Hamon, S. 167-170. Ehrenberg, Bd. 2, S. 90-91; Doucet, Grand Parti, Teil I, S. 480-481; Körner, S. 416-418. Doucet, Grand Parti, Teil I, S. 482. Vgl. ders., Finances municipales, S. 30-32; Körner, S. 418-421.

121 Gele, der „contröleur des aides de tailles", oder Milan Caze, der „receveur general des emprunts". 5 In dem hohen Organisationsgrad der französischen Finanzverwaltung sowie in der „virtuosen Ausnützung des die Finanzwelt um die Mitte des 16. Jahrhunderts [...] beherrschenden Spekulationstriebes" sah Clemens Bauer die wesentlichen Gründe für den Erfolg der französischen Kapitalmobilisierung bis zur Beilegung des habsburgisch-französischen Konflikts im Frieden von CateauCambresis 1559.6 Die hohen Erwartungen, welche die oberdeutschen Großkaufleute mit dem Boom auf dem Lyoner Geldmarkt um die Mitte des 16. Jahrhunderts verknüpften, kommen besonders deutlich in einem Brief des Nürnberger Handelsherren Endres Imhof d.J. an den Lyoner Faktor der Firma, Paul Behaim, zum Ausdruck. Nachdem sich Behaim mit Geldgeschäften mit der Krone zunächst sehr zurückgehalten hatte, tadelte ihn Imhof: „So vernehme ich, daß Du mit den 1000 Kronen, dem König von Frankreich zu leihen, zu spät gekommen bist. Man hat ein gut Glück verschlagen; hätte man ihm bisher und vom Anfang an eine gute Summe geliehen, so hätte man jetzt schon das Kapital verdoppelt und könnte dessen jetzt entraten." 7 Während die Anleihepolitik der französischen Krone zwischen 1542 und dem allerdings nie offiziell erklärten - Staatsbankrott im Jahre 1557 vor allem dank der Arbeiten von Richard Ehrenberg, Roger Doucet und Philippe Hamon gut erforscht ist, ist die innere Struktur der Konsortien, die den französischen Königen enorme Summen vorstreckten, bislang relativ wenig bekannt. Dies liegt vor allem daran, daß die Bankiers die Kreditverträge mit der Krone ausschließlich in ihrem eigenen Namen abschlossen; ihre Klienten traten dabei nicht in Erscheinung. 8 Auf Seiten der oberdeutschen Kaufleute spielte, wie zuerst Richard Ehrenberg gezeigt hat, bis Mitte der 1540er Jahre der in Lyon ansässige Nürnberger Finanzagent Hans Kleeberger, der sich durch seine großzügigen Beiträge zum 1534 eingerichteten städtischen Almosen, dem Aumöne-Generale, den Beinamen „le bon allemand" erwarb, 9 eine zentrale Mittlerrolle zwischen der französischen Krone und der oberdeutschen Hochfinanz. Der Finanzagent der niederländischen Statthalterin, Gaspar Ducci, bemerkte im September 1546, Kleeberger „conduisait les finances du Roi

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Doucet, Grand Parti, Teil I, S. 483-484. Bauer, Situation, S. 366. Ehrenberg, Bd. 2, S. 95-96; Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 3/1, S. 115-116. Doucet, Grand Parti, Teil I, S. 478; Hamon, S. 150-151. Kleeberger hatte bis 1539 2.300 Livres für karitative Zwecke zur Verfügung gestellt und vermachte im August 1546 dem Aumöne-Generale testamentarisch weitere 4.000 Livres. Damit war er nach Natalie Zemon Davis noch vor dem Lyoner Erzbischof der größte Geldgeber des städtischen Almosens. Davis verweist in diesem Zusammenhang auf Kleebergers humanistische Prägung - er korrespondierte mit Erasmus und seine erste Frau war eine Tochter Willibald Pirckheimers - und auf seine Nürnberger Erfahrungen, w o bereits 1522 das Armenwesen neu geordnet worden war. Davis, Society, S. 35, 57 und S. 281, Anm. 76. Zur Person Kleebergers vgl. Vial.

122 de France", 10 und in einer Ulmer Quelle aus dem Jahre 1540 wurde Kleeberger als „allen Teutschen, so in Frankreich gewerbs und kaufhandel treiben" „vatter und furderer" bezeichnet. Im Jahre 1545 vermittelte er dem französischen König ein Darlehen über 50.000 ecus unter Beteiligung der Nürnberger Welser und der Ulmer Weickmann. Mit eigenen Verpflichtungen hielt sich Kleeberger indessen zurück. Zum Zeitpunkt seines Todes im Jahre 1546 betrugen seine Forderungen an die französische Krone lediglich 13.500 Livres." Der Tod Kleebergers fiel zeitlich mit Verhandlungen der Kommissare der französischen Krone über die Aufnahme von Subsidiengeldern fur den Schmalkaldischen Bund zusammen, denen schließlich 100.000 ecus über Marschall Strozzi zugeleitet wurden. 12 Während der folgenden zehn Jahre, die für die Entwicklung der französischen Staatsschuld und das Engagement der oberdeutschen Kaufleute in Lyon von entscheidender Bedeutung werden sollten, gab es keinen zentralen „Makler" zwischen der Krone und den Oberdeutschen, der die Rolle Kleebergers hätte ausfüllen können. An seine Stelle traten mehrere konkurrierende Gruppen von Finanziers. Auf der Grundlage der verfügbaren Quellen und mittels der Analyse sozialer Beziehungen lassen sich vor allem fünf Gruppen Augsburger Kaufleute identifizieren, die während dieser Zeit der französischen Krone Geld zuleiteten. Als zentrale Personen dieser Gruppen lassen sich 1. Sebastian Neidhart und Hieronymus Sailer, 2. Bartholomäus Welser und sein Schwiegersohn Hans Paul Herwart, 3. Bernhard und Philipp Meuting, 4. Hieronymus und David Zangmeister sowie 5. Hans und David Weyer ausmachen. Die Identifizierung dieser fünf Gruppen kann sich vor allem auf zwei Quellen stützen. Als im Herbst 1551 die jahrzehntelangen habsburgisch-französischen Auseinandersetzungen wieder aufflammten und Karl V. den Handel mit Frankreich verbot, notierte der Augsburger Rat auf einen Zettel die Namen der Kaufleute, die sich verbotener Geschäfte verdächtig gemacht hatten. Darauf standen die „Weyerischen", die Zangmeister, Sebastian Neidhart, Hieronymus Sailer, Hans Vöhlin, die Welser, die Herwart und Sebastian Esel.13 Der zweite Beleg, eine bereits von Richard Ehrenberg publizierte Liste der oberdeutschen und Schweizer Kaufleute, denen die französische Krone im Jahre 1553 Geld schuldig war, nennt Sebastian Neidharts Sohn Christoph mit 124.450 Kronen und Hieronymus und David Zangmeister mit 99.400 Kronen als größte Augsburger Gläubiger. Hans Paul und Hans Heinrich Herwart hatten in diesem Jahr 46.500, Bernhard und Philipp Meuting 43.725 Kronen zu fordern. Bartholomäus May aus 10 11

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Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2, S. 716, Anm. 267. Ehrenberg, Bd. 2, S. 87-88; Wild, S. 31, 39; Doucet, Grand Parti, Teil I, S. 477; Pfeiffer, Bemühungen, S. 413, 415-416; Hamon, S. 143. Dem Ulmer Kaufmann Andreas Scheler zufolge war Kleeberger „denen Teutschen kauffleuten gunstig und gewogen, auch an dem kiniglichen hof inn Frannckreich hoch und wohl verdient." Vgl. Köpf, S. 82. Ehrenberg, Bd. 2, S. 89-90; Doucet, Grand Parti, Teil I, S. 479. Kellenbenz, Hieronymus Sailer, S. 46; vgl. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 3/1, S. 244.

123 Bern, 14 der langjährige Faktor der Welser am spanischen Hof, hatte der Krone 14.000, der Welser-Faktor in Lyon, Michael Sailer, 6.500 Kronen, der WelserSchwiegersohn Hieronymus Imhof und sein Bruder Sebastian 18.000 Kronen geliehen. David Weyer erscheint mit 18.000 Kronen unter den Gläubigern Heinrichs II., während sein Schwager Vinzenz Berckhaimer 7.000 Kronen investiert hatte. 15 Daß Weyer und Berckhaimer bei den Geschäften mit der französischen Krone zusammenarbeiteten, geht aus einer Bemerkung Hans Weyers in einem nach dem Bankrott seiner Firma erstellten Debitorenverzeichnis hervor, der zufolge die Erben Berckhaimers 1.000 Kronen „bey der Cron Franckreich, inn der grossen abgehandleten Partia Transportiern vnnd gut machenn" sollten. 16 Eine Analyse der Struktur und Entwicklung der verschiedenen Augsburger Finanzkonsortien in Lyon erhellt den Kontext und die Rahmenbedingungen, unter denen die Brüder Hans und David Weyer um die Mitte des 16. Jahrhunderts den Übergang vom Waren- und Kommissionshandel zum Anleihegeschäft vollzogen. Die Neidhart-Sailer-Gruppe Von den oberdeutschen Konsortien, die der französischen Krone Geld vorstreckten, ist die Gruppe um Sebastian Neidhart und Hieronymus Sailer besonders bekannt und aufgrund der jahrelangen, erbittert geführten Konflikte zwischen den Hauptteilhabern um ihre jeweiligen Rechte an dem gemeinsamen Unternehmen auch besonders gut dokumentiert. Sebastian Neidhart entstammte einer der angesehensten Ulmer Patrizierfamilien, die im politischen und geistigen Leben der Reichsstadt im Spätmittelalter eine hervorragende Rolle gespielt hatte, 17 heiratete aber 1513 in Augsburg eine Tochter des patrizischen Großkaufmanns Christoph Herwart 18 und wurde 1538 selbst in das Augsburger Patriziat aufgenommen. 19 Bis zum Tod seines Schwiegervaters war er offenbar dessen Mitarbeiter, denn 1522 unternahm er für Herwart eine Geschäftsreise nach Frankfurt, Köln und Antwerpen, 20 und fünf Jahre später hielt er sich offenbar im Auftrag seines Schwiegerva-

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Mays Vater Claudio gehörte bereits in den 1540er Jahren zu den Kreditgebern der Stadt Lyon: Doucet, Finances Municipales, S. 28. Unter den Gläubigern der französischen Krone befanden sich 1553 auch Claudio May mit 5.000 und Wolfgang May mit insgesamt 14.000 ecus: Ehrenberg, Bd. 2, S. 99, Anm. 46; Wild, S. 32. Vgl. Körner, S. 418. Ehrenberg, Bd. 2, S. 99, Anm. 46. Vgl. ferner Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 3/1, S. 386; Kellenbenz, Augsburger Wirtschaft, S. 61. StAA, StG 201, fol. 9V. Vgl. Geiger, S. 2 1 , 3 0 - 3 1 , 3 7 , 52-57, 59, 6 1 , 6 3 , 9 5 , 111, 114, 123-126, 131-133 und passim; Eirich, S. 210-211. StBA, Seifert'sche Stammtafeln, „Herwarth"; Hämmerle, Nr. 199. StAA, Reichsstadt, Zünfte, Nr. 148, S. 158; Chroniken, Bd. 32, S. 440; Zorn, Augsburg, S. 184. Hämmerle, Geschlechterbuch, S. 51. Im selben Jahr wohnte er noch im Haus seines Schwiegervaters: StAA, Steuerbuch 1522, Sp. 47c.

124 ters in Sevilla auf.21 Von 1529/30 an stand er an der Spitze der Gesellschaft „Christoph Herwart sei. Erben", 22 die in großem Umfang mit Perlen, Juwelen und Gewürzen über Lissabon und Antwerpen handelte. 23 In den 1530er Jahren verlegte Neidhart, zu dieser Zeit vermutlich einer der größten Juwelenhändler Europas, den Schwerpunkt seiner Perlen- und Edelsteingeschäfte zunehmend nach Spanien. Zwischen 1535 und 1537 erwarb der Sevillaner Kaufmann Lazarus Nürnberger, wahrscheinlich im Namen Neidharts, große Mengen an Perlen, welche die Beamten der Casa de Contratacion in Sevilla im Auftrag des Kaisers versteigerten. 24 1536 verkaufte Neidharts Faktor Christoph Bissinger in Rom ein Schmuckstück mit einem großen Diamanten, einem Rubin und einer Perle für 10.000 Dukaten an Karl V., der es dem Papst zum Geschenk machte. Zwei Jahre später erwarb der Kaiser von Bissinger zwei Schmuckstücke und drei Ringe für 18.200 Dukaten. 25 1539 zahlte Anton Fugger Sebastian Neidhart für eine einzige Perle 450 Gulden. 26 Darüber hinaus ermöglichten ihm größere Darlehen an Karl V. in den 30er Jahren den Einstieg in den spanischen Amerikahandel: 1530 lieh Neidhart dem Kaiser 40.000 Dukaten, die in Sevilla in Form von Perlen aus Amerika zurückerstattet werden sollten,27 und 1536 Schloß er gemeinsam mit Anton Fugger und Hans Welser einen weiteren Kreditvertrag (asiento) mit Karl V. ab.28 Im Jahre 1535 beteiligte er sich mit der Nürnberger Welser-Firma an der Ausrüstung eines Schiffes der Flotte des spanischen Conquistadors Pedro de Mendoza, der einen Vorstoß in das Mündungsgebiet des La Plata unternahm. 29 Außerdem investierte er über sei-

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Kellenbenz, Ostindienhandel, S. 91, allerdings ohne Angabe der Fundstelle. Die Führungsrolle Neidharts in der Firma der Herwart-Erben geht aus den Aufzeichnungen des langjährigen Herwart-Angestellten Christoph von Stetten hervor: Hämmerle, Geschlechterbuch, S. 64-65. Als der Herwart-Faktor Christoph von Stetten 1527 von Antwerpen nach Augsburg reiste, führte er seinen eigenen Angaben zufolge „in 100 Pfund Perlen" mit sich. In diesem Jahr, so Stetten, „gab ich allain Rechnung von 6 Zentner etlich Pfund Perlen". Als Stetten sich 1530 im Auftrag von Christoph Herwärts Erben in Lissabon aufhielt, tätigte er „fil gueter Kauff in Edlstain". Hämmerle, Geschlechterbuch, S. 55, 59. Zur Präsenz der Herwart-Firma in Antwerpen und Lissabon vgl. neben Hämmerle, Geschlechterbuch, S. 51-72 auch Kellenbenz, Fremde Kaufleute, S. 308-309, 321-322; Großhaupt, Commercial Relations, S. 381-382. Zu Herwärts Versuchen, in den 1520er Jahren eine eigene Vertretung in Ostindien zu etablieren, vgl. Kellenbenz, Fugger in Spanien und Portugal, Bd. 1, S. 172; Bd. 2, S. 80, Anm. 19; ders., Ostindienhandel, S. 90-91. Otte, Cromberger, S. 141-142. Ebd., S. 140-141. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/1, S. 464, Anm. 237. Schäfer, Bd. 2, S. 229 (Nr. 1637), 230 (Nr. 1639), 265 (Nr. 1892), 273 (Nr. 1951); Daennell, S. 138-139. Kellenbenz, Fugger in Spanien und Portugal, Bd. 1, S. 479. Zahlreiche Erwähnungen in der Literatur; vgl. nur Zorn, Augsburg, S. 211-212; Werner, Beteiligung, S. 543-544, 553; Kellenbenz, Finanzierung, S. 175; ders., The Role, S. 58;

125 nen Sevillaner Faktor Christoph Raiser in den mexikanischen Silberbergbau 30 und erlangte Rechte an Perlenbänken bei der Venezuela vorgelagerten Karibikinsel Cubagua.31 Im Jahre 1536 waren die Fugger Sebastian Neidhart in Spanien 12 1/3 Millionen Maravedis schuldig, und drei Jahre später war Neidhart mit 8,2 Millionen Maravedis Gläubiger der Fugger.32 Sebastian Neidharts Interesse am Gewürzhandel demonstriert der Umstand, daß er um 1538 in Aquila durch seinen Faktor Hans Gertner Safran einkaufen ließ.33 In Tirol war Neidhart neben Anton Haug Hauptgesellschafter einer Bergbaufirma, die Grubenanteile am Falkenstein, zu Gossensaß und Sterzing besaß. In den Hauptrechnungen der Haug-Langnauer-Linck aus den Jahren 1543 bis 1555 wird der Wert des Tiroler Montanbesitzes der Haug-Neidhart auf 100.000 bis 114.000 fl veranschlagt, wovon auf Sebastian Neidhart die Hälfte entfiel. 34 Im Jahr 1544 empfingen die Haug-Neidhart vom Haller Münzamt 5.320 Mark, im darauffolgenden Jahr 4.446 Mark Silber.35 Darüber hinaus stand die Firma in engen finanziellen Beziehungen zu Ferdinand I. und seinen Behörden. In den Jahren 1536/37 gewährten die Haug-Neidhart gemeinsam mit Anton Fugger und Neidharts Schwager Georg Stebenhaber den Regierungen Tirols und Oberösterreichs größere Anleihen, 36 und zwischen 1540 und 1545 schlossen sie zusammen mit Anton Fugger und Hans Baumgartner mehrere große Kreditverträge mit Ferdinand ab. Im Linzer Vertrag vom November 1541 gewährten die drei Augsburger Firmen dem König eine Anleihe über 120.000 fl.37 Im selben Jahr beteiligten sich die Haug-Neidhart mit einem Drittel am Hohenfurter Vertrag zwischen Anton Fugger und Ferdinand über ein Darlehen von 80.000 fl,38 und 1544 vereinbarten die Fugger, Baumgartner und Haug-Neidhart im sog. Wiener Vertrag einen weiteren gemeinsamen Kredit über 100.000 fl. All diese Kredite wurden in Form von sog.

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Reinhard, Expansion, Bd. 2, S. 57-58; Kellenbenz, Fugger in Spanien und Portugal, Bd. 1, S. 163; Dokumente, S. 32-33. Werner, Beteiligung, S. 555; Kellenbenz, Bankgeschäfte, S. 204; ders., Finanzierung, S. 175; ders., The Role, S. 58; ders., Fugger in Spanien und Portugal, Bd. 1, S. 325-327, 385, 399. Otte, Cedulario, Bd. 2, S. 131-132; Kellenbenz, Fugger in Spanien und Portugal, Bd. 1, S. 163. Ehrenberg, Bd. 1, S. 135, 138; Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/1, S. 332, Anm. 191; S. 470, Anm. 254; Kellenbenz, Fugger in Spanien und Portugal, Bd. 1, S. 187, 189, 480. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/1, S. 423, Anm. 186; Kellenbenz, Konto, S. 375. Strieder, Genesis, S. 119; Ringling, S. 81, 86, 93, 97, 105, 117, 123; Scheuermann, S. 57-58, 77; vgl. auch Hagl, S. 49; Kellenbenz, Kapitalverflechtung, S. 34; ders., Tiroler Bergbau, S. 212. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2, S. 399, Anm. 13; S. 639, Anm. 119. Ebd., Bd. 2/1, S. 325, Anm. 125; Eirich, S. 259. Müller, Quellen, S. 191 (Nr. 457); Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/1, S. 279-281, 284; Ringling, S. 87 Scheuermann, S. 30-31; Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/1, S. 539, Anm. 320; Ringling, S. 87, 105.

126 Metallkäufen abgeschlossen, d.h. die Gläubiger erhielten für ihre Vorschüsse bestimmte Mengen Tiroler Silber zu Vorzugspreisen. 39 Über diese großen Darlehensgeschäfte hinaus kamen die Haug-Neidhart ein um das andere Mal den Geldbedürfnissen Ferdinands entgegen: im Februar 1540 liehen sie mit Anton Fugger und Hans Baumgartner 30.000 fl „zu unsern notdurften auf unser fürgenommen raiß zu unserm lieben herrn und bruder dem römischen Kaiser in die Niederlande"; im Mai 1541 und im Mai 1542 jeweils 3.000 fl für die Türkenfeldzüge; im September 1543 weitere 2.000 fl; und im September 1549 wurden sie von der Tiroler Regierung um 4.000 fl zur „vertigung unser Frau Erzherzogin Katharina zu Österreich gen Mantua" ersucht.40 1551 streckte Sebastian Neidhart Ferdinand 50.000 fl vor,41 und im folgenden Jahr liehen die Haug-Neidhart dem König nochmals 6.200 fl.42 Darüber hinaus gehörte Neidhart zu den Darlehensgebern der niederländischen Regierung - allein im Jahre 1547 schoß er der Regentin Maria 45.000 Livres vor43 - und des Kurfürsten Joachim von Brandenburg. 44 Die bedeutenden Summen, die Neidhart, der 1540 mit einer Steuerleistung von 500 fl bereits zu den sechs reichsten Augsburger Bürgern zählte und seit 1548 als dritter Augsburger nach den Fuggern und Hans Baumgartner gegen Entrichtung einer „reichen Steuer" von jährlich 800 Gulden von der Leistung des Steuereides befreit war,45 in seine Geschäfte investierte, die geographische Reichweite und der spekulative Charakter vieler seiner Unternehmungen sowie seine jahrelangen Erfahrungen mit Krediten an europäische Fürsten weisen Neidhart als überaus risikobereiten und profitorientierten Bankier aus, dem die Investition in französische Kronanleihen mit ihrer hohen Verzinsung ein kongeniales Betätigungsfeld zu bieten schien. Mit seinem aus Memmingen stammenden Antwerpener Faktor Alexius Grimmel, dem Welser-Schwiegersohn Hieronymus Sailer, dem aus Pistoia stammenden Bankier Gaspar Ducci und dem Florentiner Simon Pecori bildete Neidhart zu diesem Zweck im August 1546 in Antwerpen eine zunächst auf drei Jahre befristete Gesellschaft, die ihren Sitz in Lyon nahm und von Pecori geleitet wurde. Die Hälfte des Gesellschaftskapitals von 20.000 scudi wurde gleich nach der Gründung der Firma in Lyoner Meßwechseln angelegt, die dem französi-

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Scheuermann, S. 32; Müller, Quellen, S. 195 (Nr. 469); Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2, S. 65; Ringling, S. 92-93, 105. Müller, Quellen, S. 188-189 (Nr. 450), 190 (Nr. 455), 192 (Nr. 459), 193 (Nr. 463), 194 (Nr. 468), 197-198 (Nr. 481-482). Zu den Anleiheverhandlungen der Haug-Neidhart mit der Innsbrucker Regierung vgl. auch Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/1, S. 104, 139, 190, 208-210, 221-224, 246, 263; Bd. 3/1, S. 35, 184, 230. Vgl. daneben Seibold, S. 66. Hagl, S. 49. Ringling, S. 114. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2, S. 466. Neidharts Forderung an Joachim von Brandenburg belief sich 1550 auf 11.083 fl: StAA, KuH, Nr. 12, S. 108-109. Vgl. Druffel, Bd. 1, S. 392 (Nr. 467). Hagl, S. 17, 47, 49; Zorn, Augsburg, S. 217.

127 sehen König zur Verfugung gestellt wurden. 46 Bereits im August 1546 schrieb Sebastian Neidhart an seinen Partner hinsichtlich der Gelder, die das Konsortium von Antwerpen nach Lyon transferierte: „Wäre aber nit züwider, das der halb tail dem K[öni]g geporgt würde." Wenige Wochen später lieh Simon Pecori der französischen Krone 20.000 Kronen gegen sechzehnprozentige Verzinsung. 47 Über die Verwendung der französischen Anleihen war sich Neidhart, wie ein Brief vom Oktober 1546 zeigt, vollkommen im Klaren: „dan der K[öni]g wirt ain gute Su[mm]e aüfgenomen, vnd den protestanden fürgesetzt haben, wolchs gelt wirt aber schon vnder wegen vnd zu Spat sein, yetz hinein zu schiken, vmb gelt darein oder daneben sicher heraüs zupringen." 48 Im Februar 1547 berichtete Neidhart seinem Partner Hieronymus Sailer, daß der französische König 200.000 Kronen nach Straßburg transferiert habe, damit der Kurfürst von Sachsen und der Landgraf von Hessen imstande wären, ihre Truppen zu bezahlen. 49 Gaspar Ducci (1492-ca. 1577), der Gesellschafter Neidharts und Sailers, war um die Mitte des 16. Jahrhunderts einer der einflußreichsten, aber auch umstrittensten Bankiers in Antwerpen. Er hatte zunächst die Luccheser Handelsgesellschaft von Jacopo Arnolfini und Niccolo Nobili als Agent in der Scheidestadt vertreten, für die er u.a. englische Wollstoffe einkaufte. Seit 1540, als er durch Finanzmanipulationen an der Antwerpener Börse den Faktor der portugiesischen Krone in den Bankrott trieb, spielte er eine zentrale Rolle auf dem niederländischen Geldmarkt. Obwohl ihm der Antwerpener Magistrat nach seiner Aktion gegen den portugiesischen Faktor für drei Jahre den Zugang zur Börse verbot, setzte sich sein geschäftlicher Aufstieg dank hervorragender Beziehungen zur Regierung in Brüssel scheinbar unaufhaltsam fort. 1542 wurde er Generaleinnehmer der Geleitgelder und Zölle, die auf den niederländischen Handel mit Frankreich erhoben wurden, und Mitte der 1540er Jahre führte er auch rege Anleiheverhandlungen mit der englischen Krone.50 Seine finanziellen Dienste für die niederländische Regierung brachten ihm die Ernennung zum kaiserlichen Rat und die Erhebung in den Adelsstand ein. Er erwarb einen prachtvollen Landsitz in Hoboken und besoldete eine 15 bis 20 Mann umfassende private Schutztruppe. Als er 1545 mit seinem Schwiegersohn Gilbert van Schoonbeke in Konflikt geriet, ließ er diesen durch seine bewaffneten Diener verprügeln und einschüchtern. Ein daraufhin gegen

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Ehrenberg, Bd. 1, S. 221-222; Bauer, Unternehmung, S. 109; Kellenbenz, Hieronymus Sailer, S. 42-43. StAA, KuH, Fasz. V, Nr. 26/3, fol. 276 v ; Ehrenberg, Bd. 1, S. 222; Bauer, Unternehmung, S. 132; Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2, S. 233; Kellenbenz, Hieronymus Sailer, S. 43-44. StAA, KuH, Fasz. V, Nr. 26/3, fol. 279 r . Ebd., fol. 289 r . Ehrenberg, Bd. 1, S. 313-314; Goris, S. 208, 371, 375-381; Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/1, S. 175, 232, 243, 248, 253, 267, 269, 277, 283, 284; S. 560, Anm. 111; S. 575-576, Anm. 238; Bd. 2/2, S. 3, 8, 46-48, 74, 75, 84, 94, 97-102, 108-110, 113-117, 130, 140-141, 149, 176 und passim; Tenenti, S. 341-342.

128 Ducci angestrengter Prozeß wurde vom Brüsseler Hof niedergeschlagen. 51 Seine weitgespannten geschäftlichen Aktivitäten brachten Ducci immer wieder mit großen Augsburger Firmen in Kontakt. So erscheint er bereits 1531 auf einer Liste von 14 Antwerpener Kaufleuten, die Ambrosius Höchstetter d.J., der in den Bankrott der von seinem Vater geleiteten Firma hineingezogen worden war, ein Leumundszeugnis ausstellten.52 Im Jahre 1540 hatte er eine Forderung über 25.145 flämische Pfund an die Antwerpener Niederlassung der Fugger, 53 1545 lieh er sich 12.600 Pfund von den Haug-Langnauer-Linck, und im folgenden Jahr war er den Fuggern 43.200 Pfund schuldig.54 Bei Darlehensgeschäften der Fugger mit der englischen Krone, der niederländischen Regierung und dem Herzog von Florenz in den 1540er Jahren trat Ducci wiederholt als Vermittler auf.55 Während Ducci in der neuen Gesellschaft namentlich überhaupt nicht in Erscheinung trat, Grimmel als Faktor Neidharts in Antwerpen tätig war und Pecori als Geschäftsführer ohne Kapitalbeteiligung die Funktion eines „Strohmanns" der Oberdeutschen in Lyon zukam, 56 trat Sailer als Hauptteilhaber auf. Sebastian Neidhart ging es offenbar vor allem darum, das politische Risiko möglichst gering zu halten und zwischen den Fronten des habsburgisch-französischen Konflikts möglichst gute Geschäfte zu machen. In finanzieller Hinsicht versuchte das Konsortium, „mit relativ geringen Eigenmitteln unter möglichster Risikobeschränkung rasche und große Umsätze im kurzfristigen Kreditgeschäft und in der Wechselarbitrage zu machen." 57 Was Sailer offenkundig für Neidhart als Partner interessant machte, waren seine Nationalität und seine Beziehungen zu den Welsern. Der 1495 in St. Gallen geborene Hieronymus Sailer58 arbeitete spätestens 1524, als Bartholomäus Welser ihm eine Vollmacht für Madrid übertrug, für das Augsburger Welser-Unternehmen. 59 Im Jahre 1528 Schloß Sailer gemeinsam mit Heinrich Ehinger die grundlegenden Verträge mit der spanischen Krone über die Kolonisation von Venezuela und die Entsendung von deutschen Bergleuten nach Santo Domingo ab. Sailer und Ehinger, die außerdem noch Lizenzen für den Transport von 4.000 afrikanischen Sklaven über den Atlantik erwarben, heuerten gemeinsam 300 Kolonisten für Venezuela an und rüsteten vier Schiffe aus, die

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Goris, S. 16, 379; Tenenti, S. 342. Niedermayr, Leumundszeugnis, S. 125, 129. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/1, S. 488, Anm. 191. Ehrenberg, Bd. 1, S. 230, 315; Goris, S. 379; vgl. auch Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2, S. 339, 341. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2, S. 97-102, 108-110, 1 1 3 - 1 1 7 , 2 7 3 , 4 9 1 . So Bauer, Unternehmung, S. 108-109. Ebd., S. 109; Kellenbenz, Hieronymus Sailer, S. 43. Kellenbenz, Hieronymus Sailer, S. 34. Ebd., S. 36.

129 nach Südamerika fahren sollten.60 Durch seine Eheschließung mit Bartholomäus Welsers Tochter Felizitas im Jahre 1533 gelang Sailer die Einheirat in die Familie seines langjährigen Arbeitgebers. Die 1537 von Christoph Amberger gemalten Porträts Sailers und seiner Gattin zeugen vom Selbstbewußtsein des bis zu diesem Zeitpunkt überaus erfolgreichen Kaufmanns. 61 Nach einer weiteren Spanienreise (1537) war er seit Beginn der 1540er Jahre für die Firma seines Schwiegervaters in Antwerpen tätig. Von hier aus organisierte Sailer ab etwa 1540 in Verbindung mit Gaspar Ducci und Alexius Grimmel den Transfer von großen Geldsummen nach Lyon.62 Daneben trat er in Antwerpen auch als Geldgeber der niederländischen Regierung in Erscheinung: 1544 gewährte er in Zusammenarbeit mit Neidhart und Ducci der niederländischen Regierung ein Darlehen über 100.000 fl, für das die Kreditgeber auf den Einfuhrzoll für Alaun verwiesen wurden, doch ging dieses Anleihegeschäft, wie Richard Ehrenberg berichtet, „bald in andere Hände über".63 In Augsburg besaß Sailer ein Haus in der Grottenau und erwarb 1549 von Jakob Rehlinger das Gut Pfersee. 64 Aus dem Briefwechsel Neidharts mit Sailer geht deutlich hervor, daß Neidhart der Schweizer Nationalität Sailers für die sichere Abwicklung der politisch riskanten Geschäfte große Bedeutung beimaß. Die Staatsanleihen wurden unter Sailers Namen abgeschlossen, weil Sailer „ain aydgenoss vnd die aidgenossen grosse freyhait auch verbündnus mit dem könig zu haben fürgeben". 65 Dieses Phänomen läßt sich in der Geschichte der oberdeutsch-französischen Handelsbeziehungen des 16. Jahrhunderts wiederholt beobachten. 66 Hans Kleeberger, bis Mitte der 1540er Jahre der wichtigste oberdeutsche Finanzier der französischen Krone, hatte bereits vor 1521 das Berner Bürgerrecht erworben. 67 Hans Paul Herwart scheint sich für seine französischen Anleihegeschäfte ebenfalls des Namens Sailers bedient zu haben.68 1544 besorgten sich auch Simon Nicolas und Hans Rieger, die zu

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Häbler, Überseeische Unternehmungen, S. 53-54, 57, 62, 84, 97, 110, 160-161, 181; Kellenbenz, Fugger in Spanien und Portugal, Bd. 1, S. 69, 71; ders., Hieronymus Sailer, S. 38-39; Großhaupt, Venezuela-Vertrag, S. 19, 25-28, 31; ders., Bankiers, S. 175-176. Welt im Umbruch, Bd. 2, S. 104-105. Strieder, Notariatsarchive, S. 129, 134, 135, 355, 412; Kellenbenz, Hieronymus Sailer, S. 40-42. Ehrenberg, Bd. 1, S. 221; Hagl, S. 48. Welser, Welser, Bd. 1, S. 175; Kellenbenz, Hieronymus Sailer, S. 50, 52. StAA, KuH, Fasz. V, Nr. 26/3, fol. 402 r . Vgl. auch ebd., fol. 279 v : „Ich wolt eüch rhaten das ewer gelt so vil von lion begern(?), In ains bekanten Schweitzer Namen heraüs schicken lassen, dardürch mögen Ir aller best vnd sicherst darhinder komen." Ferner ebd., fol. 283 r ; Bauer, Unternehmung, S. 110; Kellenbenz, Hieronymus Sailer, S. 42. Vgl. Lutz, Struktur, Bd. 1, S. 180. Wild, S. 3 1 , 3 9 . StAA, KuH, Fasz. V, Nr. 26/3, fol. l v : „[...] das zue Leon gepreuchlich seie, das ainer dem andern seinen namen auffs Kunigs obligation leihe, wie dan desselben zeith Sailer selbs auch den Herwarten seinen namen also dargeliehen hab, [...]".

130 dieser Zeit als Vertreter Anton Fuggers in Lyon tätig waren, das Bürgerrecht der Stadt Bern, um ihre geschäftlichen Aktivitäten möglichst unbehelligt von den Konjunkturen der habsburgisch-französischen Auseinandersetzungen verfolgen zu können.69 Der aus dem Augsburger Patriziat stammende Philipp Meuting, der in Lyon tätig war, wurde ebenfalls Bürger von Bern,70 und Philipps Bruder Bernhard Meuting suchte sich zusammen mit anderen Oberdeutschen Anfang der 1560er Jahre der Vermittlung des Berner Rates zu bedienen, um an seine Forderungen aus dem Grand Parti heranzukommen. 71 Die Straßburger Firma Wolff schließlich überlegte 1580, ihren Lyoner Vertreter zur Annahme des Züricher Bürgerrechts zu bewegen, damit er in Lyon sicherer sei und die Geschäfte der Firma reibungsloser abwickeln könne.72 Sebastian Neidhart strebte in der Anfangsphase der Arbitragegeschäfte eine Kooperation mit den Welsern an, um sich deren Verbindungen und Know-how zunutze zu machen. So ersuchte Neidhart Ende August 1546 seinen Partner Sailer, er möge an Christoph Neidhart, der neben Simon Pecori die Gesellschaft in Lyon vertrat, schreiben, „vnd daneben die weg, wie Euer Schwecher [Bartholomäus Welser] sein gelt nuhnmolss am sichersten herausgepracht, anzaigen, damit er sich dest bass darein zu schickhen wisse." 73 Die Zusammenarbeit des Neidhart-SailerKonsortiums mit den Welsern, die vor allem in wiederholten Kontakten zu dem Welser-Faktor Alberto Cuon ihren Niederschlag fand,74 funktionierte indes bereits 1546 nicht so, wie Neidhart sich das vorgestellt hatte: „Mein Sun schr[ei]bt mir, wie Ime die br[ie]f, So Ir dürch ewren schwecher oder seine leit hinein bestellen [lassen], verhalten vnd lang sein geantwort [?] worden, das mich befrembt, habs vmb ewern schweher noch die seinen nit verdient, vnd sonderlich In yetzigen le[u]ffen, mich Irt halben gehalten, das Sy der gleichen gegen mir zuhandlen nit vrsach haben [...]."7S In die gleiche Richtung weist eine Bemerkung Sailers, die Welser wollten „zu viel Vortheil haben". 76 Sebastian Neidharts Antwerpener und Lyoner Geschäfte in Zusammenarbeit mit dem Welser-Schwiegersohn Hieronymus Sailer und anderen Mitarbeitern Bartholomäus Welsers scheinen auch seine langjährigen engen Beziehungen zu den Fuggern belastet zu haben. Während des Schmalkaldischen Krieges brachten die Fuggerangestellten Matthäus Schwarz und Jakob Saurzapf sowie ein gewisser Nikolaus Müller Ende 1546 in Augsburg das Gerücht auf, Neidhart habe dem Kaiser etliche hunderttausend Kronen geliehen und damit den Einfall kaiserlicher 69 70 71 72 73 74 75 76

Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2, S. 31-32; Kellenbenz, Verbindungsplätze, S. 27. Ehrenberg, Bd. 2, S. 99; Wild, S. 32; Pfeiffer, Privilegien, S. 183. Doucet, Grand Parti, Teil II, S. 22. Zum Grand Parti vgl. Kap. 2.2. Kintz, S. 413. Zit. nach Bauer, Unternehmung, S. 132. StAA, KuH, Fasz. V, Nr. 26/3, fol. 75 v , 283 r . Ebd., fol. 279 r . Ehrenberg, Bd. 1, S. 202.

131 Truppen nach Schwaben finanziert. Saurzapf, der daraufhin von Neidharts Schwägern Markus Pfister und Georg Stebenhaber zur Rede gestellt wurde, gab die Vorwürfe auch offen zu: „er hab solche rede darvmb dest lieber gethann, das Herr Neidhart seine Herrn die Fugger Inn diser Stat vmbtrag vnnd ausgieß, hab auch solchs den selben seinen Herrn zuogeschrieben." 77 Konkurrenz und Mißtrauen beherrschte zu dieser Zeit offensichtlich das gegenseitige Verhältnis der fuhrenden Augsburger Bankiers. Im Jahr 1549 lieh das Neidhart-Sailer-Konsortium der französischen Krone 100.000 Kronen. Der größte Teil des Geldes kam von Sebastian Neidhart selbst, weitere Beteiligungen von Hieronymus Sailer, Matthäus Pflaum, Georg Mülich und Wolfgang Langenmantel. 78 Millichs Beteiligung belief sich auf 11.326, Langenmantels auf 1.000 Goldkronen. 79 Anfang 1550 erreichten die Finanzoperationen des Konsortiums ein neues Stadium, als die beteiligten Italiener versuchten, mittels extrem kurzer Fristen fur die Bezahlung von Wechselbriefen eine künstliche Geldknappheit in Lyon zu schaffen. Neidhart zeigte erhebliche Bedenken gegen dieses Vorhaben: „Es Ist aber eben scharpf vnnd rauch gehandlet, dardurch leichtlich etlich bey habenden dingen fallieren sollten, darbey man schadens gewertig vnnd vnuerantwurtlich gegen gott vnnd der wellt." Trotz dieser Bedenken erteilte er dem Plan jedoch seine Zustimmung. 80 Im selben Schreiben gab Neidhart auch zu erkennen, daß sein Gesellschafter Gaspar Ducci unter den oberdeutschen Kaufleuten äußerst unbeliebt war, „wellichs auß seinem pracht, vbermutt, aigen nutzbar vnnd vndanckbarkaitt erfolgt". 81 Zu diesem Zeitpunkt maß Sebastian Neidhart der Rolle der Welser große Bedeutung bei, und auch jetzt schwankte seine Haltung zwischen der Hoffnung auf die Kooperation des Welser-Netzwerks und der Furcht vor ihrer Konkurrenz. Neidharts Brief vom Februar 1550 zufolge sollte Gaspar Ducci einen „artlichen" Brief an Bartholomäus Welser geschrieben haben, „das er vnnd hans paulus herwart, den Iren geen lion schreiben, vmb das gellt daselbst Inn würden zuhallten verhelffen". Bartholomäus Welser, so Neidhart, sei „ain verstendiger geschickhter herr, der ain Jede sach zu seinem nutzen woll auß zurechnen waist, [...] so mechts er sampt seinem dochtermann dem hans paulus herwart ein Somma gellts von anttorff par dahin fueren lassen."82 Als die Arbitragegeschäfte mit dem Erzfeind der Habsburger bekannt wurden, ließ der Brüsseler Hof Sailer, Grimmel und Ducci verhaften und wegen Verstoßes gegen die Wucher- und Monopolgesetzgebung verklagen. Sailer und Grimmel wurden schließlich zu einer Geldstrafe von 60.000 Karlsgulden verurteilt. Über77 78

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StAA, RP 21/11 (1547), fol. 77 v -78 v . Ehrenberg, Bd. 2, S. 95. Erwähnungen auch bei Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 3/1, S. 48; Kellenbenz, Augsburger Wirtschaft, S. 53, 54; ders., Hieronymus Sailer, S. 44. StAA, KuH, Fasz. V, Nr. 26/3, fol. 402 v . Ebd., fol. 75 r . Vgl. Ehrenberg, Bd. 1, S. 222. StAA, KuH, Fasz. V, Nr. 26/3, fol. 75 v . Ebd., fol. 75r; Ehrenberg, Bd. 1, S. 222.

132 dies geriet Sailer wegen seiner Rechte an dem gemeinsamen Unternehmen in einen überaus langwierigen Rechtsstreit mit seinem ehemaligen Gesellschafter Sebastian Neidhart. 83 Aus einer Supplikation Neidharts und seiner Unterbeteiligten Wolfgang Langenmantel und Georg Mülich geht hervor, daß vor der Ostermesse 1550 die königliche Schuld von Sailers Namen auf den Neidharts „als principal der gesellschafft" umgeschrieben wurde, weil Neidhart und seine Partner befürchteten, „der Sailer möchte den schein seines entleneten namens fiirwenden, vnd Ime selbs die obstende gelichne Suma gelts zu aignen damit den Supplicanten vnrecht zuthon." Gleichzeitig kündigte Pecori Sailer die Gesellschaft auf und verweigerte ihm die Rechnungslegung, da er ihn nicht mehr als Gesellschafter, sondern nurmehr als Kommittenten ansehen wollte. Sailer ließ daraufhin die bei der Krone angelegten Gelder der Firma arrestieren, worauf Neidhart und seine Partner ihrerseits mit Arresten auf Sailers Güter in Frankreich antworteten. Offenbar hatte der hochspekulative und riskante Charakter der Geschäfte auch zu zunehmendem Mißtrauen der Teilhaber untereinander gefuhrt. 84 Alexius Grimmel strengte indessen einen Prozeß gegen Sailer vor dem Rat von Brabant an, bei dem es neben den gemeinsamen Finanzgeschäften auch um Geschäfte im Alaunhandel ging. Sebastian Neidhart behauptete in Augsburg, Grimmel habe mit Sailer nur in seinem eigenen Namen, niemals als Faktor Neidharts gehandelt; das niederländische Mandat sei allein von Grimmel ausgegangen. Sailer behauptete demgegenüber, Grimmel habe mit ihm ausschließlich in seiner Funktion als Neidhart-Faktor zu tun gehabt. Als Sailer 1554 in einem Appellationsverfahren vor dem Augsburger Stadtgericht Recht bekam, trugen die Erben des mittlerweile verstorbenen Sebastian Neidhart die Auseinandersetzung vor das Speyrer Reichskammergericht. 85 In den rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen Neidhart und Sailer treten verwandtschaftliche Loyalitäten deutlich zutage. Auf der einen Seite kristallisierte sich eine „Neidhart-Gruppe" heraus, die gegen Hieronymus Sailer vorging; auf der anderen Seite fand Sailer Rückhalt im „Welser-Netzwerk". Als Protagonisten der Neidhart-Gruppe erscheinen dabei vor allem Wolfgang Langenmantel und Georg Mülich. Wolfgang Langenmantel d.J. (1522-1568), dessen gleichnamiger Vater 1548 von Karl V. zum Geheimen Rat und damit zu einem der maßgeblichen politischen Entscheidungsträger in Augsburg ernannt wurde, 86 stand Sebastian Neidhart durch seine Eheschließung mit dessen Tochter Helena im Jahre 1548 besonders nahe. 83

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Ehrenberg, Bd. 1, S. 221-223; Bd. 2, S. 55; Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 3/1, S. 137; Kellenbenz, Verbindungsplätze, S. 23-24; ders., Hieronymus Sailer, S. 42-44. StAA, KuH, Fasz. V, Nr. 26/3, fol. 2V, 4 r -5 r , 402' (Zitat); vgl. Bay. HStA München, RKG 9050. StAA, KuH, Fasz. V, Nr. 26/3, fol. 2r; StAA, RP 25/11 (1551), fol. 45 r -47 v ; Bay. HStA München, RKG 9050, 9051; Kellenbenz, Hieronymus Sailer, S. 50-51. StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 230-232; Langenmantel, S. 90; Warmbrunn, S. 110, 112.

133 Die Beziehungen zwischen beiden Familien wurden durch die Heirat zwischen Wolfgang Langenmantels Schwester Barbara und Sebastian Neidharts Sohn Matthäus im selben Jahr noch zusätzlich vertieft. 87 Im Jahre 1555 hatten Wolfgang Langenmantel und seine Frau 17.000 fl in die Gesellschaft der Erben Sebastian Neidharts, der im Jahr zuvor verstorben war, eingelegt.88 Als Sproß einer der angesehensten Augsburger Patrizierfamilien gelangte er 1552 bereits als 30jähriger in den Kleinen Rat.89 Seit 1557 war er im Besitz des Gutes Westendorf. In den Jahren 1561/62 und 1565 erhielt er von den Kaisern Ferdinand I. und Maximilian II. die Privilegien seiner Familie bestätigt.90 Georg Mülich, der durch seine Eheschließung mit Christoph Herwärts Tochter Maria im Jahre 1530 mit Sebastian Neidhart verschwägert war,91 gehörte seit 1549 als Vertreter der „Mehrer" dem Großen Rat der Reichsstadt an und bekleidete zeitweilig die administrativen Ämter eines Almosenherrn, Viertelhauptmanns, Zucht- und Hochzeitherrn. 92 Im Jahre 1550 zahlte er 146 fl Vermögenssteuer, 93 verfugte also über ein Vermögen, das zwischen 29.200 und 58.400 fl lag. Sein Reichtum erlaubte ihm neben der Beteiligung an französischen Staatsanleihen auch die Vergabe größerer Darlehen an Augsburger Firmen und Einzelpersonen. In den Jahren 1553 bis 1555 verlieh er Beträge zwischen 2.000 und 4.000 fl an Ulrich Fugger, Matthäus Manlich, Jakob Herbrot, Ulrich Wild und Andreas Imhof.94 Außerdem beteiligte er sich in den frühen 1550er Jahren an Wechselgeschäften mit Antwerpen, 95 Nürnberg 96 und Venedig. 97 Daß Mülich im geschäftlichen Bereich bevorzugt mit seinen Schwägern zusammenarbeitete, zeigt nicht nur seine Beteiligung an den Anleihen Neidharts und Sailers, sondern auch die Tatsache, daß er 1557 seinem Schwager Georg Stebenhaber 13.375 Karlsgulden lieh.98 Daneben scheint sich Mülich bei französischen Finanzgeschäften auch der Ver-

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StAA, Werner/Lilienthal, „Neidhart", vgl. Warmbrunn, S. 343. S t A A , K u H , N r . 12, S. 55. StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 1-7. von Stetten, Geschlechter, S. 69. StAA, Werner/Lilienthal, „Mülich"; StBA, Seifert'sche Stammtafeln, „Herwarth". Langenmantel, S. 107; Chroniken, Bd. 32, S. 448. StAA, Steuerbuch 1550, Sp. 75a; Chroniken, Bd. 32, S. 448. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 112, 136, 389 (Fugger), 116, 147, 309, 310 (Manlich), 148, 321, 322 (Herbrot), 163, 406 (Wild), 176, 407 (Imhof). Ebd., S. 52, 351 (Wechselgeschäft über 500 fl mit Daniel Ulstett, 1552), 176, 407 (Wechselgeschäft über 1.028 fl mit Otto Lauginger, 1555), 188, 407 (Wechselgeschäft über 1.080 fl mit Manlich, Zangmeister und Kreß). Ebd., S. 129, 321 (Wechsel über 1.000 fl mit Jakob Herbrot, 1554); 131, 387 (Wechsel mit Hans Heiß über 1.000 fl, 1554). Ebd., S. 134, 389 (Wechsel mit Hans Heiß über 500 Duk., 1554), 156, 354 (Wechsel mit den Schorerüber 1000 Duk., 1555). StAA, Spreng IV, Nr. 34.

134 mittlung Bernhard Meutings bedient zu haben, der ihm nach seinem Bankrott im Jahre 1564 8.000 Kronen schuldig blieb." Gegen Ende des Jahres 1551 klagte auch Matthäus Pflaum vor dem Augsburger Rat wegen der Arrestierung seines in Frankreich angelegten Geldes durch Sailer,100 wobei er im Gegensatz zu Langenmantel und Mülich wiederholt beteuerte, daß ihn der ganze Streit zwischen Neidhart und Sailer nichts anginge und er einzig daran interessiert sei, sein eigenes Geld zurückzuerhalten. 101 Im Mai 1552 forderte der Rat Sailer auf, er solle seinem Vertreter in Paris schreiben, daß Pflaum endlich sein Geld zugestellt werde, „damit ain E: Rat nit verursacht werde, auff weitter des pflaumen anhalten fernere Handlung furzunemen, die ain E: Rat lieber vmbgeen, vnnd Ime Sailer allen freundlichen gueten willen beweisen wolt."102 1553 beauftragte Pflaum auch den in Lyon tätigen Augsburger Kaufmann David Zangmeister mit der Wahrnehmung seiner Interessen.103 Der wie Sebastian Neidhart aus Ulm stammende Matthäus Pflaum 104 war 1531 Mitglied der Augsburger Salzfertigerzunft geworden105 und gehörte 1541 auch der Kaufleutestube an.106 Seine Frau Afra Mülich war wahrscheinlich eine nahe Verwandte Georg Mülichs.107 Pflaum kaufte 1535/36 Schwazer Silber von Anton Fugger,108 gehörte Anfang der 1540er Jahre auch zu den Silberkunden der Straßburger Prechter109 und war spätestens ab 1544 im Wechselgeschäft mit Antwerpen aktiv.110 Die zahlreichen Schuldklagen, die Pflaum in den 30er und 40er Jahren des 16. Jahrhunderts gegen Augsburger Weber und Kleinhändler anstrengte, deuten darüber hinaus auf ein starkes Engagement im Woll- und Barchenthandel hin. 1 " Der Erfolg 99 100 101 102

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StAA, Spreng III, Nr. 49. StAA, RP 25/11 (1551), fol. 50r, 51 v -52 r ; RP 26/1 (1552), fol. Γ . Vgl. die diversen Supplikationen Pflaums in StAA, KuH, Nr. 10. StAA, RP 26/1 (1552), fol. 61 v . Vgl. ebd., fol. 65r; RP 26/11, fol. 6r; RP 27/1 (1553), fol. 68 r , 73 r -73 v . Arch. Dept. Rhone, 3E 3851 (Cussonel), fol. 156 v -160 r . Chroniken, Bd. 32, S. 456. StAA, Reichsstadt, Zünfte, Nr. 228, S. 47. IHK, Kaufleutestube, fol. 38. Chroniken, Bd. 32, S. 456. Sie findet sich nicht in StAA, Werner/Lilienthal, „Mülich". Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/1, S. 296, Anm. 10. Fuchs, Prechter, S. 169, Anm. 6. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2, S. 631, Anm. 45: Wechselgeschäft über 1.000 fl mit Anton Fugger und Wolfgang Poschinger. 1531 waren der Weber Jörg Weinman und seine Frau Barbara Matthäus Pflaum 14 Barchenttuche schuldig (StAA, StGB 1531, fol. 16). Im folgenden Jahr verklagte Pflaum den Hucker Hans Babst wegen 9 fl und den Weber Martin Süss wegen 1 fl unbezahlter Schulden (StAA, StGB 1532, fol. 50, 97). 1533 hatte er 21 fl von dem Weber Ulrich Drechsel, 6 fl von dem Geschlachtgewander Narziß Lemisch, 2 fl von dem Weber Jakob Vogl und eine nicht näher bezeichnete Summe von dessen Berufskollegen Claus Theuringer zu fordern (StAA, StGB 1533, fol. 10, 48, 51, 66). Im Jahre 1543 verklagte Pflaum einen gewissen Hans Keyferer, der für seinen Schwager Leonhard Bair gebürgt hatte, wegen einer Forderung von 24 fl 20 χ

135 seiner Geschäfte fand im Anwachsen seiner Steuerleistung von 25 fl im Jahre 1534 auf 39 fl 1544 und 60 fl 1550 seinen Niederschlag. 1562 zahlte seine Witwe sogar 132 fl 73 'Λ χ Steuern." 2 Für die Jahre 1552 bis 1558 verzeichnen die Augsburger Unterkaufbücher mehr als 30 Wechsel- und Kreditgeschäfte, an denen Pflaum beteiligt war. Seine größte Transaktion war ein kurzfristiges Darlehen an Matthäus Manlich in Höhe von 5.000 fl im Jahre 1555.113 Anfang 1556 liehen ihm die Weyer 1.000 fl auf einen Monat." 4 Nachdem Matthäus Pflaum noch unter dem zünftigen Regiment 1547/48 als Zwölfer der Salzfertigerzunft im Großen Rat gesessen war,115 nahm er von 1549 an auch im neuformierten Großen Rat als Vertreter der Kaufleutestube einen Sitz ein." 6 Kurz vor seinem Tod wurde er 1561 sogar noch zum Stubenmeister der Kaufleute gewählt.117 Ende 1556 brachte schließlich auch Wilhelm Merz eine Klage gegen Hieronymus Sailer und die Erben Sebastian Neidharts vor den Augsburger Rat, weil das Geld, das er Sailer zur Anlage in Frankreich überlassen hatte, mit einem Arrest belegt worden war. Der Rat sah sich daraufhin veranlaßt, die Konfliktparteien ernstlich zu ermahnen, „sie würden Ime daran kain Verhinderung thun, sonnder gestatten, das Ime das sein folgte"." 8 Wie Matthäus Pflaum läßt sich auch Wilhelm Merz als zünftiger Aufsteiger charakterisieren. Merz entstammte der Kürschnerzunft," 9 brachte es aber durch den Handel mit Luxuswaren und Kreditgeschäfte zu beträchtlichem Reichtum. Im Jahre 1530 gewährte er gemeinsam mit seinem Schwager Jakob Herbrot und dem Patrizier Ulrich Welser dem sächsischen Kurfürsten ein Darlehen,120 und 1536 war ihm der Erzbischof von Mainz 6.000 fl für eine Juwelenlieferung schuldig.121 Aber Merz tätigte auch Darlehensgeschäfte in kleinerem Maßstab: 1548 mußten Thomas Waldner und seine Frau in Augsburg Wilhelm Merz wegen einer Schuldforderung von 100 fl ihr Haus verpfänden, konnten die Schuldsumme aber zwei Jahre später zurückzahlen. 122 Merz' Steuerleistung, die 1509 noch bei bescheidenen 4 fl 50 χ gelegen war, erreichte

für Wolle, und im selben Jahr brachte er Hieronymus Trümmer und Marx Wirsing vor Gericht. Wirsing sollte für Pflaum Rupfen nach Venedig transportieren, der unterwegs beschädigt wurde (StAA, StGB 1542-1543, fol. 194-195,200). 112 StAA, Steuerbuch 1534, Sp. 49c; Steuerbuch 1544, Sp. 56b; Steuerbuch 1550, Sp. 69c; Steuerbuch 1562, Sp. 76a. 113 Blendinger, Unterkaufbücher, S. 164, 312. " 4 Ebd., S. 189,416. 115 StAA, Ratsämterbücher. 116 StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 86-101; Langenmantel, S. 107. 117 IHK, Kaufleutestube. 118 StAA, RP 29/11 (1556), fol. 99 v , 10Γ; RP 30/1 (1557), fol. 2V, 3V, 6 r -6 v , 61 r , 63 r , 64 v , 68 v , 80 r (Zitat fol. 6 r -6 v ); RP 30/11 (1558), fol. 8Γ, 10 v , 1 Γ , 17 v , 24 v , 2 8 \ 36 r . 119 Chroniken, Bd. 32, S. 447; Strieder, Genesis, S. 178-179. 120 Strieder, Kaufmannsporträts, S. 168-169. 121 StAA, Literalien, 16.6.1536. 122 StAA, StGB 1548, fol. 74 v -75 r .

136 vier Jahrzehnte später einen Höchststand von 133 fl 34 x.123 Nach dem Tod seiner ersten Frau Magdalena Kraffter heiratete Merz 1532 in zweiter Ehe Afra Rem, deren Familie 1538 ins Patriziat aufgenommen wurde. Die Porträts von Wilhelm Merz und seiner Frau, die Christoph Amberger 1533 malte, geben in der Sorgfalt der Detailgestaltung dem sozialen Selbstbewußtsein des reichgewordenen Kürschners beredten Ausdruck. 124 Während Wolfgang Langenmantel und Georg Mülich eindeutig auf Neidharts Seite standen und auch Wilhelm Merz und Matthäus Pflaum vor allem gegen Hieronymus Sailer vorgingen, erhielt letzterer von seiten des verwandtschaftlichen Netzwerks seines Schwiegervaters Unterstützung. Anfang 1552 trat Bartholomäus Welsers Neffe Dr. Claudius Pius Peutinger als Anwalt Sailers vor dem Augsburger Rat in Erscheinung, 125 und im folgenden Jahr scheint Sailers „Vetter" Michael Sailer, der zu dieser Zeit als Welser-Faktor in Lyon tätig war, auch die Interessen seines Verwandten in Paris vertreten zu haben.126 Den Ausführungen Neidharts zufolge soll Sailer außerdem den Namen eines in „India" (Venezuela) verstorbenen Welser-Faktors, Melchior Grubel, benutzt haben, um Pecoris Schuldforderungen an den königlichen Schatzmeister in Lyon arrestieren zu lassen und dadurch Neidhart „zu trubulirn" - ein kurioses Beispiel fur die Instrumentalisierung des Beziehungssystems des Welser-Netzwerks. 127 Bartholomäus Welser selbst unterstützte seinen Schwiegersohn in seinen Auseinandersetzungen mit den niederländischen Behörden und mit Sebastian Neidhart mit größeren Summen und verwandte sich bei der niederländischen Statthalterin fur die Freilassung Sailers. Während Welser nach außen Solidarität mit dem Schwiegersohn demonstrierte, ließ er ihn andererseits in seinem 1553 abgefaßten Testament seine Verärgerung über sein Verhalten spüren. Zum einen erwähnte Welser in seinem letzten Willen eine Verschreibung Sailers gegenüber der Welser-Gesellschaft über eine nicht näher bezeichnete Summe, die für die Finanzgeschäfte Gaspar Duccis nach Lyon transferiert wurde. Solange diese Verschreibung nicht quittiert war, sollten Sailers Frau Felizitas, der Tochter Bartholomäus Welsers, 4.000 fl von ihrem Erbteil einbehalten und ihr lediglich die Zinsen in Höhe von 200 fl jährlich ausbezahlt werden. Zum anderen bezahlte Welser die Gläubiger Sailers, deren Forderungen aus

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Strieder, Genesis, S. 179; StAA, Steuerbuch 1550, Sp. 77a. Strieder, Kaufmannsporträts, S. 168-169; Welt im Umbruch, Bd. 2, S. 103-104 (Nr. 450451). Peutinger reichte im Namen Sailers „ain lanngs fürbringen" ein, in dem er die Bitte vortrug, „das ain Ersamer Rate auff wege vnnd mittel gedennkhen, vnnd die Sachen dahin Richten wolt, damit dem Sailer das sein eruolgen, vnnd Ime zue billichen Rechten wider den Neithart geholffen werden möge." StAA, RP 26/1 (1552), fol. 7 v -8 r . StAA, RP 27/1 (1553), fol. 73 v . StAA, KuH, Fasz. V, Nr. 26/3, fol. 4V. Ein Melchior Grubel ist tatsächlich in den Jahren 1541 bis 1545 als Welser-Faktor in Venezuela nachweisbar: vgl. Häbler, Überseeische Unternehmungen, S. 276, 292, 326, 334, 372; Welser, Welser, Bd. 2, S. 102.

137 seinen Finanzgeschäften mit Neidhart und Ducci herrührten, „denn sonst hette Sailer die Sach nit erhalten noch seine creditori bezalen mögen." Felizitas Sailer und ihren Nachkommen sollte von ihrem Erbteil lediglich die jährliche Nutzung zustehen, solange das entsprechende Schuldkonto Sailers bei der Welser-Gesellschaft nicht ausgeglichen war. Schließlich schloß Welser den Schwiegersohn von jeglicher Verfügungsgewalt über das Erbe seiner Tochter aus. 128 Wie sehr Welser gleichzeitig darauf bedacht war, nach außen hin die Reputation seines Schwiegersohnes zu wahren, zeigt die in seinem Testament enthaltene Bestimmung, daß der Jurist Johannes Rana, der fur Hieronymus Sailer den Prozeß gegen Sebastian Neidhart führte, 400 fl für seine Bemühungen erhalten sollte. 129 Die Welser-Herwart-Gruppe Die Welser, die im vorangegangenen Abschnitt als zeitweilige Partner, überwiegend aber als Gegenspieler der Gruppe um Sebastian Neidhart Erwähnung fanden, beteiligten sich selbst frühzeitig an französischen Staatskrediten. Bereits 1522 liehen Bartholomäus Welser, der Berner Claudio May und der Florentiner Jacopo Salviati dem König 40.000 Livres. 130 1532 waren in Lyon Gerüchte über Wechselgeschäfte der Welser im Umlauf, mittels derer der französischen Krone Geld zur Verfügung gestellt werden sollte, und 1542 beteiligten sich die Augsburger Welser mit 50.000 Livres an einer von Hans Kleeberger vermittelten Kronanleihe. Wegen dieser Geschäfte mit den französischen Königen und der Weigerung Bartholomäus Welsers, dem Kaiser nach 1545 weitere Darlehen zu gewähren, wurde der Vertreter der Welser, Christoph Peutinger, 1547 im kaiserlichen Feldlager stark unter Druck gesetzt.131 Im April 1548 sicherte König Heinrich II. Bartholomäus Welser und seinem Schwiegersohn Hans Paul Herwart zu, daß ihre Firmen wegen ihrer Geschäftsbeziehungen nach Venedig und den habsburgischen Territorien in Frankreich nicht behelligt würden, und im folgenden Jahr bestätigte der König der Welser-Gesellschaft nochmals explizit ihre Handelsprivilegien, da sie durch umfangreiche Darlehen und einen ausgedehnten Warenhandel dem Königreich von großem Nutzen gewesen sei.132 Die Welser gewährten auch nach dem Ausscheiden Bartholomäus Welsers (1552) unter der Leitung seines Sohnes Christoph dem französischen König weitere Kredite. Im Jahre 1557 beliefen sich ihre französischen Forderungen auf 39.215 fl; zur gleichen Zeit hatte die Firma über 120.000 fl in spanische Anleihen 128

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Welser, Welser, Bd. 2, S. 124-126; Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 3/1, S. 387; Kellenbenz, Hieronymus Sailer, S. 48-49; Welt im Umbruch, Bd. 2, S. 105. HA von Stetten, Nr. 182b/15, S. 99. Hamon, S. 155. Welser, Geldgeschäft, bes. S. 132-133; Ehrenberg, Bd. 1, S. 201-202, 204; Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2, S. 405; Werner, Bartholomäus Welser, 1968 I, S. 100; 1968 II, S. 81-82 (dort wird die Summe von 40.000 Livres genannt); Klein, S. 114-115. Pfeiffer, Privilegien, S. 157, 158.

138 und 20.000 fl in niederländische Rentmeisterbriefe investiert.133 Wie der Briefwechsel Sebastian Neidharts und das Gläubigerverzeichnis von 1553 zeigen, avancierte um die Mitte des 16. Jahrhunderts jedoch Bartholomäus Welsers Schwiegersohn Hans Paul Herwart, ein Sohn des Hans Herwart und der Helena Schellenberger, zum wichtigsten Verbindungsmann zwischen dem Welser-Netzwerk und der französischen Krone,' 34 während ein weiterer Welser-Schwiegersohn, der aus Nürnberg stammende Hieronymus Imhof, bei seinen französischen Anleihegeschäften offenbar eng mit den Nürnberger Imhof zusammenarbeitete. 135 Hans Paul Herwärts ökonomische Aktivitäten erstreckten sich wie diejenigen Sebastian Neidharts auf die Bereiche des internationalen Finanzgeschäfts, des Bergbaus und Metallhandels, und Herwart zeigte sich bei seinen Unternehmungen kaum weniger risikofreudig als Neidhart. Die Augsburger Unterkaufbücher verzeichnen 117 Wechsel- und Kreditgeschäfte der Brüder Hans Paul und Hans Heinrich Herwart in den Jahren 1551 bis 1558. Die Tatsache, daß es sich bei der großen Mehrzahl dieser Transaktionen um Wechselgeschäfte mit Antwerpen und Venedig handelte, zeigt Herwärts starke Präsenz auf diesen beiden zentralen Handels- und Börsenplätzen. 136 Hingegen ist in den Unterkaufbüchern nur ein einziges Lyoner Wechselgeschäft Herwärts, eine Transaktion mit Gabriel Neidhart über 2.000 Kronen im Jahre 1555, dokumentiert - ein deutliches Indiz dafür, daß Herwart aus politischen Gründen darauf verzichtete, Geld direkt von Augsburg nach Lyon zu transferieren. 137 Denn parallel zu seinen Investitionen auf dem französischen Geldmarkt intensivierte Herwart um die Mitte des 16. Jahrhunderts auch seine Beziehungen zum Haus Habsburg ganz erheblich. 1544 streckten Hans Paul und Hans Heinrich Herwart König Ferdinand 17.525 fl fur den Türkenkrieg vor,138 und im folgenden Jahr verpfändete ihnen Ferdinand die unterelsässische Herrschaft Thann.139 Während des Schmalkaldischen Krieges fingen die Protestanten die Korrespondenz der Brüder ab, da diese im Verdacht standen, dem Kaiser Geld für seine militärischen Unternehmungen vorzuschießen. Außerdem gehörten die Brüder zu den Mitgliedern der Augsburger Elite, die für die Dauer des Krieges Augsburg verließen, wofür die Stadt ihnen ein zinsloses Darlehen in Höhe von 20.000 Gulden abverlangte.140 Tatsächlich gewährten Hans Paul und Hans Hein133 134 135

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Ehrenberg, Bd. 1, S. 208-209; Klein, S. 116. Ehrenberg, Bd. 2, S. 99, Anm. 46. Ebd., Bd. 1, S. 243. Zu Imhofs Kapitalaufnahme in Augsburg vgl. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 329-332, 404-406 und passim. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 549 und passim (vgl. Register). Ebd., S. 180,412. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2, S. 75, 89; S. 615, Anm. 209; S. 620, Anm. 277; S. 628, Anm. 215. Pölnitz/Kellenbenz, Anton Fugger, Bd. 3/2, S. 108-109, 142, 356; Amerbachkorrespondenz, Bd. 10/2, S. 637. Bei Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2, S. 643, Anm. 177 ist ferner eine Schuld Ferdinands bei den Herwart über 64.000 fl aus dem gleichen Jahr erwähnt. Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 3, S. 361-362; Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2, S. 205.

139 rich Herwart 1547 Ferdinand I. einen Kredit über 100.000 fl, den sie angesichts der Tatsache, daß sich ihr eigenes Vermögen zu dieser Zeit nach Ausweis der Steuerbücher zwischen 48.000 und 96.000 fl bewegte, nur durch die Aufnahme von Fremdkapital finanzieren konnten.141 Die Tatsache, daß König Ferdinand sich während des Augsburger Reichstags von 1547/48 bei den Brüdern Herwart einquartierte, demonstriert ebenfalls die engen Beziehungen zwischen den Augsburgern und dem Haus Habsburg.' 42 1548 beteiligte sich Hans Paul Herwart am ungarischen Kupferkauf Matthäus Manlichs,143 und im selben Jahr übernahm er zum Preis von 140.000 fl für fünf Jahre die Ausbeute der Quecksilbergruben von Idria.144 Der Vertrag wurde später um zwei Fünfjahresperioden verlängert. 145 1549 beliefen sich die Forderungen der Herwart an König Ferdinand nach einer österreichischen Quelle auf 194.442 fl.146 In diesem Jahr war Hans Paul Herwart auch an den Verhandlungen über das Projekt eines böhmisch-sächsischen Zinnmonopols beteiligt,147 und im darauffolgenden Jahr übernahmen Hans Paul und Hans Heinrich Herwart für die Innsbrucker Regierung die Auszahlung von Provisionen, Pensionen und Dienstgeldern, wofür sie Rückzahlungen in Rom, Spanien, Österreich und im böhmischen Joachimsthal erhalten sollten.148 Kaiser Karl V. honorierte die Dienste Hans Paul Herwärts und seiner Brüder mit ihrer Erhebung in den Adelsstand im Jahre 1548.149 Außerdem eröffnete die vom Kaiser im gleichen Jahr oktroyierte Änderung der Augsburger Verfassung dem katholischen Patrizier Herwart die Möglichkeit einer steilen politischen Karriere in der Reichsstadt: 1548 zum Mitglied des Kleinen Rates, Zeugherrn und Proviantherrn ernannt,150 bekleidete er 1553/54 das Bürgermeisteramt, war 15531558 und 1564-1566 städtischer Baumeister und stieg schließlich 1566 in den Geheimen Rat auf.151 Herwärts Schwager Heinrich Rehlinger war von 1549 bis 1575

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Hagl, S. 59-60, 62-63; Hildebrandt, Kupferhandel, S. 210. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2, S. 538; Amerbachkorrespondenz, Bd. 10/2, S. 638. Hildebrandt, Kupferhandel, S. 210. Strieder, Studien, S. 317-318; Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2, S. 576; Hildebrandt, Kupferhandel, S. 210; Valentinitsch, S. 20, 290; Kellenbenz, Augsburger Wirtschaft, S. 51; Seibold, S. 60; Wright, S. 192. Die Herwart entrichteten 100.000 fl für die zweite Pachtperiode, die von 1554 bis 1559 lief, und 120.000 fl für die dritte Periode von 1559 bis 1564. Vgl. Strieder, Studien, S. 318, Anm. 1 und S. 322-323; Hagl, S. 60-62. Oberleitner, S. 90, Anm. 75; vgl. auch ebd., S. 80, Anm. 42; S. 82, Anm. 48. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 3/1, S. 82-83. Ebd., S. 147. Chroniken, Bd. 32, S. 408; von Stetten, Geschlechter, S. 102-103; Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 3/1, S. 21; Lanzinner, Herwarth, S. 303. StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 1-7; Langenmantel, S. 89, 91; von Stetten, Geschichte, Bd. 1, S. 435; Warmbrunn, S. 108; Amerbachkorrespondenz, Bd. 10/2, S. 639. StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 230-232; Augsburger Stadtlexikon, S. 164; SiehBurens, Oligarchie, S. 347; Amerbachkorrespondenz, Bd. 10/2, S. 639.

140 als Stadtpfleger einer der beiden höchsten Repräsentanten der Reichsstadt. 152 Im Jahre 1553 erweiterten Hans Paul und Hans Heinrich Herwart, die bereits 1547 in Schwaz 950 Mark Silber produziert hatten153 und in den folgenden Jahren immer wieder mit den habsburgischen Finanzbehörden in Tirol und Oberösterreich in Verhandlungen über Darlehen und Silberlieferungen standen,154 ihren Tiroler Montanbesitz ganz erheblich, als sie die Grubenanteile Hans Georg und David Baumgartners am Falkenstein und am Schneeberg sowie deren Schmelzwerk zu Kundl übernahmen. 155 In einer Zeit sinkender Bergwerkserträge und wachsender Spannungen zwischen der Tiroler Regierung und den „ausländischen" Gewerken versuchte Herwart sich zeitweilig als Sprecher der Interessen der Augsburger Bergbauunternehmer zu profilieren, doch verkauften die Brüder bereits 1560 ihren Tiroler Besitz an den Landesherrn. 156 Wie Sebastian Neidhart repräsentiert also auch Hans Paul Herwart den Typus des internationalen Großkaufmanns und Bankiers, der im Antwerpener und venezianischen Geldgeschäft, im Bergbau und im großen Kreditgeschäft gleichermaßen engagiert war; und wie Neidhart betrieb auch Herwart eine „Schaukelpolitik" zwischen demonstrativer Kaisertreue auf der einen, großen Investitionen in französische Staatsanleihen auf der anderen Seite. Da Herwart eindeutig zu den politischen Gewinnern des kaiserlichen Sieges im Schmalkaldischen Krieg und der Augsburger Regimentsänderung von 1548 gehörte, ist eine „politische" Motivation für seine Anleihegeschäfte mit der französischen Krone in seinem Fall noch unwahrscheinlicher als im Falle Sebastian Neidharts. Somit bleibt als wichtigster Beweggrund der Profit, den die hohe Verzinsung der französischen Kronanleihen versprach. Durch seine starke Präsenz in Antwerpen, wo Stephan Kaltenhofer zwischen 1553 und 1556 als Angestellter Herwärts tätig war und Herwart 1556 ein Haus erwarb,157 war er überdies in der Lage, wie Sebastian Neidhart große

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von Stetten, Geschlechter, S. 90; Sieh-Burens, Oligarchie, S. 349. Rehlinger hatte 1541 Hans Paul Herwärts Schwester Helena geheiratet: Genealogisches Handbuch, Bd. 7, S. 307. Müller, Quellen, S. 107 (Nr. 225). Vgl. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 3/1, S. 3, 39, 40, 51, 162, 199, 208, 238, 290, 324, 333, 340, 398; S. 594, Anm. 83; S. 596, Anm. 90; S. 656, Anm. 213. Krag, S. 108; Müller, Quellen, S. 112 (Nr. 235). Zur Rolle Hans Paul und Hans Heinrich Herwärts im Tiroler Bergbau vgl. Scheuermann, S. 57-58, 108, 133-134 und passim; Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 3/1, S. 418, 461, 464, 485, 515, 528, 532, 547, 553, 554; Bd. 3/2, S. 17,45-46, 51, 54-55, 72, 89, 90, 141, 197, 272, 319, 379; S. 587, Anm. 61; Pickl, Kupfererzeugung, S. 142; Kellenbenz, Kapitalverflechtung, S. 33, 36, 39; ders., Tiroler Bergbau, S. 212, 213; Lanzinner, Herwarth, S. 303; Seibold, S. 60, 62, 118. Im Jahre 1554 hatten sie vom Haller Münzamt 6.477 Mark, im folgenden Jahr 5.207 Mark Schwazer Silber empfangen: Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 3/1, S. 718, Anm. 87; Bd. 3/2, S. 473, Anm. 204. 1557 produzierten die Herwart am Falkenstein 6.235 Mark Silber: ebd., Bd. 3/2, S. 141. Strieder, Notariatsarchive, S. 377; Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 3/1, S. 399; Bd. 3/2, S. 453, Anm. 38.

141 Summen in Form von Arbitragegeschäften von den Niederlanden nach Frankreich zu transferieren. Welches Unbehagen das Geschäftsgebaren von Männern wie Hans Paul Herwart im Reich auslösen konnte, zeigen die 1554 geäußerten Bedenken der Mitglieder des Heidelberger Bundes, daß mit der Aufnahme König Ferdinands auch dessen Geldgeber, von denen neben den Fuggern und Baumgartnern auch die Herwart namentlich genannt wurden, in den Bund einbezogen werden könnten, „denn mit der benannten Kaufleute unrichtigen Händeln wollten sie nichts zu tun haben." 158 Nur wenig ist bislang darüber bekannt, in welchem Umfang die Herwart ihre großangelegten Finanzoperationen in den 1550er Jahren durch die Aufnahme von Fremdkapital finanzierten. In den Augsburger Unterkaufbüchern sind nur wenige Kreditaufnahmen in den Jahren 1551 bis 1558 verzeichnet. Im April 1553 erhöhte der Silber- und Juwelenhändler Markus Schwab seine Einlage bei den Herwart von 4.000 fl auf 5.000 fl, kündigte diese jedoch 1557.159 Im Jahre 1555 legten Christoph Pfister 6.000, die Erben Markus Honolds 3.300 und Otto Lauginger 2.590 fl bei den Herwart an, und im folgenden Jahr erhielten letztere weitere 3.600 fl von Christoph von Bernstein aus Dillingen. 160 Auf einen weiteren Kreis möglicher Darlehensgeber weisen die Unterhandlungen hin, die der Herwart-Faktor Abraham Strasser 1557/58 mit dem Baseler Juristen und Humanisten Bonifacius Amerbach führte. Amerbach handelte dabei im Auftrag des Marchese d'Oria, Giovanni Bernardino Bonifacio, der beabsichtigte, 7.500 neapolitanische Kronen zu einem Zinssatz von acht Prozent bei Hans Paul und Hans Heinrich Herwart anzulegen. 161 Mit Sicherheit repräsentieren diese Darlehensgeschäfte aber nur einen kleinen Teil der Kapitalaufnahme, die den Herwart ihre spekulativen Finanzgeschäfte erst ermöglichte. Bernhard und Philipp Meuting Die Verbindungen des 1538 ins Augsburger Patriziat aufgenommenen Bernhard Meuting 162 zur französischen Krone reichen mindestens bis ins Jahr 1547 zurück, als er im Auftrag des Schmalkaldischen Bundes nach Lyon reiste, um dort über eine Anleihe zu verhandeln. 163 Im Juni 1548 gewährten die Meuting dem französischen König ein Darlehen, das noch im selben Jahr zurückgezahlt wurde. 164 Bern158

Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 3/1, S. 500; Bd. 3/2, S. 2.

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Blendinger, Unterkaufbücher, S. 90, 201, 302. Ebd., S. 170, 172, 183, 187, 304 Amerbachkorrespondenz, Bd. 10/2, S. 572-577, 591-593, 603-605, 627-629, 645, 648-651. StAA, Reichsstadt, Zünfte, Nr. 148, S. 158. Nach der Regimentsänderung Karls V. wurde Meuting 1549 patrizisches Mitglied des Großen Rates und fungierte 1549/50 als städtischer Almosenherr. Außerdem hatte er zeitweilig die Funktion eines Viertelhauptmanns inne: Chroniken, Bd. 32, S. 440. Kellenbenz, Geldbeschaffung, S. 19. Hamon, S. 146.

142 hard Meutings gleichnamiger Vater hatte enge Verbindungen zu den Welsern: um 1508/13 war er für die Welser-Vöhlin-Gesellschaft in Frankfurt und Mailand tätig gewesen,165 und 1540 hatte er sein Gut Amberg an Bartholomäus Welser verkauft, möglicherweise um seinen Söhnen das Startkapital für die Bildung einer eigenen Handelsgesellschaft geben zu können.166 Durch seine eigene Eheschließung mit seiner entfernten Cousine Anna Maria Meuting, einer Tochter Hans Meutings und der Dorothea Herwart, knüpfte der jüngere Bernhard Meuting familiäre Beziehungen zu Sebastian Neidhart an: seine Schwiegermutter war die Schwester von Neidharts Ehefrau. 167 Seit Mitte der 1540er Jahre trat Meuting zunächst auf dem Antwerpener Geldmarkt in Erscheinung. Er stand dort wiederholt in geschäftlichem Kontakt mit Sebastian Neidhart 168 und Anton Fugger169 und war 1549 Ulrich Linck und Anton Haug in der Scheidestadt 3.180 Livres schuldig. Im gleichen Jahr war er mit 15.000 fl zugleich einer der größten Gläubiger Lincks und Haugs.170 Anfang der 50er Jahre hatte er auch Beziehungen nach Venedig: 1552 etwa tätigte er Wechselgeschäfte mit Konrad Rehlinger über 1.000 Dukaten und mit Alexander Kraffter und seinen Brüdern über 1.500 Dukaten.171 In Lyon mietete Philipp Meuting im August 1555 ein Haus mit Laden für sechs Jahre.172 Zwei Notariatsdokumente aus dem folgenden Jahr zeigen das Engagement der Meuting im Geschäft mit französischen Kronanleihen sowie ihre Zusammenarbeit mit prominenten italienischen Handelshäusern in Lyon. Im Februar 1556 übernahm Philipp Meuting von der italienischen Firma Giovanni Battista, Gian Paolo Dada & Comp. 15.500 ecus aus einer Anleihe in Höhe von 63.000 ecus, die Lorenzo Capponi und Tomaso Rinucini 1554 mit dem königlichen Finanzagenten Martin de Troyes vereinbart hatten.173 Umgekehrt übertrug Meuting im April desselben Jahres 60.000 ecus aus einer Gesamtsumme von 100.000 ecus, die er in drei Posten bei der französischen Krone angelegt hatte, auf die Firma Capponi & Rinucini.174 An den Darlehen, die Bernhard und Philipp Meuting in den 1550er Jahren der französischen Krone gewährten, beteiligten sich neben dem bereits erwähnten Ge165

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Roßmann, Bruchstücke, S. 50; Steiner, S. 56; Kellenbenz, Oberdeutschland und Mailand, S. 212; ders., Wirtschaftsleben, S. 272. Steiner, S. 56. Hämmerle, Nr. 435; Steiner, S. 23; StBA, Seifert'sche Stammtafeln, „Herwarth". StAA, KuH, Nr. 13, Antwerpener Rechnung, fol. 22. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2, S. 638, Anm. 115; S. 701, Anm. 235; S. 705, Anm. 8; S. 711, Anm. 140. StAA, KuH, Nr. 5, fol. 167; Ringling, S. 105. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 53, 323, 332, 370. Arch. Dept. Rhone, 3E 4496 (Dorlin), 16.8.1555. Im selben Jahr trat ein Verwandter Bernhard und Philipp Meutings, Anton Meuting, in Lyon als Bevollmächtigter Georg Stegners von Biberach und Jakob Gerlachs von Ulm auf: 3E 4495 (Dorlin), 12.6.1555. Arch. Dept. Rhone, 3E 4497 (Dorlin), 23.2.1556. Arch. Dept. Rhöne, 3E 4497 (Dorlin), 7.4.1556.

143 org Mülich auch die Haug-Langnauer-Linck, die 1564 eine Lyoner Forderung an die Meuting in Höhe von 5.308 Livres als uneinbringlich abschrieben, 1 " sowie Matthäus und Hans Ehern, Georg Pfister, dessen Forderungen an Meuting sich 1568 auf 4.000 Kronen beliefen, und Hans Baptist Hochstetten 176 Während die Forderungen der Haug an die Meuting möglicherweise daher rührten, daß letztere Verbindlichkeiten der Weyer übernommen hatten, spielten unter den übrigen Gläubigern verwandtschaftliche Bindungen eine wichtige Rolle: Bernhard Meutings Frau Anna Maria war eine Nichte Georg Mülichs. 177 Hans Ehern heiratete 1557 Georg Mülichs Tochter Maria 178 und arbeitete von 1559 bis 1569 als Angestellter seines Schwiegervaters. 179 Georg Pfister, der von 1562 bis 1568 dem innersten politischen Führungsgremium der Reichstadt Augsburg, dem Geheimen Rat angehörte, 180 war wiederum mit Georg Mülichs Schwiegermutter, Elisabeth Pfister, entfernt verwandt. 181 Enge geschäftliche Beziehungen unterhielten die Meuting daneben auch zu den Manlich. So lieh Bernhard Meuting Matthäus Manlich 1552 die beträchtliche Summe von 8.000 fl für zwei Monate gegen zehnprozentige Verzinsung, 182 während Matthäus Manlichs Vetter Christoph zwölf Jahre später 5.800 fl von ihm zu fordern hatte. 183 Hieronymus und David Zangmeister Die Weyer-Vettern Hieronymus und David Zangmeister, die ebenfalls zu den wichtigsten Augsburger Bankiers der französischen Krone gehörten, wurden in den Jahren 1553 bis 1558 in Lyon durch Jeremias Höchstetter und dessen Bruder Joachim vertreten. 184 Ihren Bankrott im Jahre 1559 führten sie primär darauf zu-

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Ringling, S. 159. StAA, Spreng III, Nr. 49; Spreng IV, Nr. 18; Spreng VI, Nr. 24; Spreng XV, Nr. 73; Chroniken, Bd. 33, S. 80; Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 3/1, S. 368. StBA, Seifert'sche Stammtafeln, „Herwarth". Hämmerle, Nr. 691; StAA, Werner/Lilienthal, „Mülich". StAA, Spreng III, Nr. 49. StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 230-232. Georg Pfisters Vater Hans war Elisabeth Pfisters Vetter. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 46, 306. StAA, KuH, Nr. 17,fol. 14. Arch. Dept. Rhöne, 3 Ε 3851 (Cussonel), fol. 156 v -160 r , 258 v -268 v , 305 v -308 r , 310 r . Bei Jeremias und Joachim Höchstetter handelte es sich um Söhne Joachim Höchstetters d.Ä., der 1529 mit der Höchstetter-Gesellschaft bankrott gegangen war. Der ältere Joachim Höchstetter hatte 1526 von Antwerpen aus geschäftliche Beziehungen nach England angeknüpft und sich nach dem Höchstetter-Bankrott mehrere Jahre in Skandinavien aufgehalten, ehe er 1535 in Augsburg verstarb (Nübel, Höchstetter, S. 145-147). Sein Sohn Jeremias starb den Aufzeichnungen seines Neffen, des Augsburger Stadtphysicus Dr. Philipp Höchstetter, zufolge später ledig in Marseille (Herz, S. 183). Vor 1572 hatte er dort u.a. die Interessen seines Bruders Joachim Höchstetter d.J. vertreten (StAA, Spreng VII, Nr. 81; Sayous, commerce, S. 401). Joachim d.J. heiratete 1555 in Nürnberg Dorothea Straub, eine Tochter des Leipzi-

144 rück, daß sie „mit versteckhung des geltes hinter die Cron Franckhreich, Ir eigen verderben gesuecht haben, In erwegung dz In daselbst ein grosse suma gelts, etlich Jar lang, on einigen Interesse verlegen ist, die sie doch Inen selbs mit grossem nachteil, vnd vngewonlicher Verzinsung auffgenomen, vnd verzinst haben."' 85 Über die Herkunft der Geldsummen, die die Brüder Zangmeister bei der französischen Krone anlegten, liegen nur vereinzelte Nachrichten vor. Einem Brief, den Sebastian Neidhart gegen Ende des Jahres 1546 an seinen damaligen Partner Hieronymus Sailer schrieb, ist zu entnehmen, daß die Zangmeister bereits zu dieser Zeit größere Summen in französische Staatsanleihen investierten, und daß vor allem Lukas Rem d.J. als Geldgeber im Hintergrund stand.' 86 Der Schwerpunkt von Rems Unternehmungen lag zwar in Antwerpen, wo er 1552 durch Christoph Paur vertreten wurde,' 87 und Venedig, wo im selben Jahr Valentin Merz als Faktor der Firma tätig war,188 doch sah offenbar auch er, wie so viele andere Kaufleute seiner Generation, die französischen Staatsanleihen als besonders lukrative Form der Geldanlage an. Allein im Jahre 1558 lieh Rem der französischen Krone 63.000 Livres.189 Daneben bestanden offenbar auch enge Kontakte zwischen den Zangmeister und ihrem Schwager Christoph Kraffter, der sich um 1553 an ihren Lyoner Anleihegeschäften beteiligte.' 90 Im Jahre 1557 waren Kraffter und die Zangmeister gemeinsam Partner Christoph Welsers bei einem Lyoner Wechselgeschäft über 2.916 fl.' 91 Unmittelbar vor seinem eigenen Bankrott brachte Christoph Kraffter zusammen mit den Erben seines Bruders Jakob im Mai 1560 noch eine Klage gegen den zahlungsunfähigen Hieronymus Zangmeister vor den Augsburger Rat.' 92 Als weitere Gläubiger der Zangmeister und wahrscheinliche Unterbeteiligte ihrer französischen Anleihen sind die Erben ihres Schwagers Leonhard Kobolt' 93 sowie Anton Meuting und dessen Schwägerin, die Witwe des Stephan

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ger Kaufmanns Lukas Straub. Er kehrte später nach Augsburg zurück, wo er 1569 Euphrosina Gertner, 1572 nach deren Tod Helena Stammler heiratete. Herz, S. 183-184. StAA, KuH, Fasz. VI, Nr. 26/22, S. 120. Vgl. Ehrenberg, Bd. 1, S. 245; Hamon, S. 150-151. „Laux rhäm hett von anth[orf] gelt nach lion machen vnd daselbst dürch die Zangm[eister] verhandlen lassen. Weiß wol das die Zangm[eister] verschine aügst meß 11 m Kr. dem k[öni]g haben geben, das wirt eben fur den rhämen beschehen sein [...]." StAA, KuH, Fasz. V, Nr. 26/3, fol. 285 r . Strieder, Notariatsarchive, S. 272; vgl. ferner zahlreiche Antwerpener Wechselgeschäfte in Blendinger, Unterkaufbücher, passim. StAA, KuH, Nr. 13a, Venedigische Rechnung 1551-1553. Ehrenberg, Bd. 1, S. 227. Einem Notariatsdokument zufolge waren Rems Forderungen an Hieronymus und David Zangmeister auch 1577 noch offen: StAA, Spreng XVI, Nr. 45 1/2. Warnemünde, S. 33, 113; Pölnitz/Kellenbenz, Anton Fugger, Bd. 3/2, S. 430. StBB, Msc. Var. 13/1, fol. 282. StAA, RP 31/11 (1560), fol. 41 v , 43 r . StAA, Spreng II, Nr. 36. Kobolt hatte 1544 Lukretia Ehem, eine Schwester der Ehefrauen von Hieronymus und David Zangmeister, geheiratet (StAA, Werner/Lilienthal, „Ehem").

145 Kreß faßbar.194 Anton Meuting, Sohn des Fuggerfaktors Lukas Meuting und der Helena Adler und wie sein entfernter Verwandter Bernhard Meuting 1538 ins Augsburger Patriziat aufgenommen, 195 hatte ausgeprägte geschäftliche Interessen in West- und Südeuropa. 1568 wurde er in Lyon durch Melchior Manlichs Faktor Oswald Seng vertreten, dem er in diesem Jahr 3.500 Livres schuldete.196 Knapp zwei Jahrzehnte später, 1587, stellte er den Erben Luigi Castonis und Bartolomeo de Lancisa Vollmachten für Lyon und Paris aus.197 Im Jahre 1576 beteiligte sich Meuting am portugiesischen Gewürzvertrag Konrad Rots' 98 und übernahm den Anteil der Erben Ulrich Ehingers an der neuspanischen (mexikanischen) Pastellund Safran-Handlung. 199 Daneben trat Meuting wiederholt mit größeren Kreditgeschäften hervor. Herzog Albrecht von Bayern lieh er 1569 insgesamt 43.000 fl, dem Kaiser 1578 35.000 fl gegen dessen Einkünfte aus den böhmischen Brauerei-

Hans und David Weyer Die Tätigkeit der Gebrüder Weyer im französischen Anleihegeschäft schließlich erfolgte zunächst primär im Auftrag der Haug-Langnauer-Linck-Gesellschaft. Die erstmals 1543 genannte Filiale der Haug in Lyon „war fast ausschließlich bestimmt für Finanzgeschäfte, hauptsächlich mit der französischen Krone."201 In der Hauptrechnung von 1543 befanden sich Lorenzo und Carlo Strozzi, über welche später die französischen Subsidienzahlungen an den Schmalkaldischen Bund liefen, mit 2.227 Livres unter den Lyoner Schuldnern der Firma.202 Auf der Lyoner Ostermesse 1547 liehen die Haug-Langnauer-Linck der französischen Krone 36.000 Kronen zu 4 % pro Messe.203 Zwei Jahre später bezifferten die Haug ihre Außenstände bei der französischen Krone auf 63.756 fl.204 Die Begleichung einer Kronanleihe der Haug über 40.000 Sonnenkronen, die zur Ostermesse 1550 zu-

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StAA, Spreng XX, Nr. 18. Der 1557 verstorbene Stephan Kreß hatte 1543 Barbara Vetter, die Tochter Wilhelm Vetters und der Ursula Ziegler geheiratet. Ihre Schwester Sabina wurde 1550 die Frau Anton Meutings: StAA, Werner/Lilienthal, „Vetter".

Steiner, S. 25; vgl. Zorn, Augsburg, S. 184. StAA, Spreng II, Nr. 42. 197 198 StAA, Spreng 1587, Nr. 77. StAA, Spreng XIV, Nr. 30. Zu Konrad Rots Versuch, um die Mitte der 1570er Jahre ein europaweites Pfeffermonopol zu errichten, vgl. Häbler, Konrad Rott; Hildebrandt, Wirtschaftsentwicklung. 199 Warnemünde, S. 135. Meutings spanische Interessen spiegeln sich in einer Reihe von Vollmachten wider, die er zwischen 1578 und 1590 ausstellte: StAA, Spreng XIX, Nr. 74; Spreng 1585, Nr. 75; Spreng 1587, Nr. 79; Spreng X U , Nr. 63. 200 Steiner, S. 90. 201 Meilinger, S. 16; vgl. Ringling, S. 83. 202 StAA, KuH, Nr. 5, fol. 65. 203 Ehrenberg, Bd. 2, S. 90. 204 StAA, KuH, Nr. 5, fol. 116, 172; Ringling, S. 102. 196

146 rückgezahlt werden sollte, wurde auf die Augustmesse verschoben, die Bezahlung von den italienischen Kaufleuten Niccolo de Adino und Paolo Burlamachi übernommen.205 In den folgenden Jahren gingen die Investitionen der Firma in französische Staatsanleihen zunächst zurück: 1551 beliefen sie sich noch auf 49.066 fl und zwei Jahre später sogar nur noch auf 14.875 fl. Danach kehrte sich der Trend wieder um. 1555 stiegen die Forderungen der Haug an Heinrich II. auf 23.000 fl und 1557 auf 32.885 fl. Die Kredite an die französische Krone waren 1551 und 1553 mit 12 %, 1555 sogar mit 16 % verzinst. Das Volumen der Darlehen an den König von Frankreich blieb stets deutlich geringer als das der Kredite an König Ferdinand, der den Haug-Langnauer-Linck 1551 122.000 fl und vier Jahre später 80.000 fl schuldete.206 Praktisch alle Lyoner Geschäfte der Haug liefen direkt über die Weyer oder in enger Kooperation mit diesen. 1547 und 1549 erhielten die Weyer für ihre Agententätigkeit von den Haug jeweils 250 fl, 1551 300 fl Besoldung. 207 In ihrer Abrechnung von 1551 beziehen sich die Haug auf drei französische Obligationen, „so Hans Weyer vnd gebrueder zu Leon von vnsertwegen bey handen haben". 208 1547 blieben die Weyer den Haug in Lyon 5.078 Kronen schuldig,209 und 1553 bestätigten die Haug den Empfang von 1.104 fl von den Weyer aus Lyon.210 Mit 18.000 Kronen war die Forderung der Weyer an die französische Krone noch 1553 wesentlich geringer als die Sebastian Neidharts, Hans Paul Herwärts, Bernhard Meutings oder der Zangmeister. Dies änderte sich jedoch in den Jahren 1555/56 schlagartig: die Weyer beteiligten sich in diesen zwei Jahren an nicht weniger als sechs großen Anleihen der französischen Krone in einer Gesamthöhe von 91.758 Kronen oder 210.717 Livres. Waren sie an dem ersten Kreditgeschäft „in compania meuting" noch mit 6.000 Kronen beteiligt, so erhöhten sie bei dem zweiten Geschäft ihren Einsatz bereits auf 17.000 Kronen und beteiligten sich beim dritten Mal mit 20.000 Kronen. Besonders interessant ist nun, daß alle diese sechs Anleihegeschäfte, die eine wesentliche Ausweitung des finanziellen Engagements der Weyer auf dem Lyoner Geldmarkt bedeuteten, in enger Zusammenarbeit mit einem Mann erfolgten, der in diesen Jahren eine geradezu kometenhafte Karriere in der Lyoner Geschäftswelt machte: mit Georg Obrecht. 2 " Die Verbin-

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Ringling, S. 104. Ehrenberg, Bd. 1, S. 233 und Anm. 57. StAA, KuH, Nr. 5, fol. 134, 176; Nr. 6, fol. 15, 29. StAA, KuH, Nr. 6, fol. 12. StAA, KuH, Nr. 5, fol. 116. StAA, KuH, Nr. 6, fol. 41. Nach einer von David Weyer verfaßten Zusammenstellung seiner Geschäfte mit der französischen Krone 1555/56 in StAA, Stadtgericht, Appellationssache zwischen Hans, David, Sebastian Gebrüder Weiher und ihren Gläubigern, 1559-1569 (unverzeichnet).

147 dung mit Obrecht in den Jahren 1555/56 markiert nicht nur den Wendepunkt in der geschäftlichen Laufbahn der Weyer, sondern auch eine besonders kritische Phase in den finanziellen Beziehungen zwischen der französischen Krone und der oberdeutschen Kaufmannschaft.

2.2 Georg Obrecht, Israel Minckel und der Grand Parti Der aus Straßburg stammende Obrecht ist in Lyon seit Beginn der 1540er Jahre quellenmäßig faßbar. Von 1542 bis 1544 hatte er gemeinsam mit dem Kaufmann Gaspar Bourie ein Haus in Lyon zwischen der Saone-Brücke und der Kirche St. Nizier gemietet,212 und 1544 trat er als Lyoner Agent der Nürnberger Tucher in Erscheinung.213 Zunächst betätigte er sich offenbar vor allem als Gewürzhändler: 1544 ist eine Lieferung von 15 Ballen, zehn Jahre später ein Ankauf von 383 Ballen Pfeffer belegt.214 Im Juni 1550 stand Obrecht, der nunmehr als Agent der Straßburger Firma Prechter auftrat, in geschäftlichem Kontakt mit dem Unternehmen Anton Fuggers.215 1552 übertrugen ihm die Lyoner Kaufleute Etienne und Louis Traubler eine Reihe von Schuldforderungen, die sie in Lyon, Avignon, Marseille und Rouen ausstehen hatten, um ihre eigenen Schulden bei Obrecht zu begleichen. Obrecht wurde bei den Geschäften mit den Traubler durch seinen Faktor Jean Darut, der das Bürgerrecht der Stadt Basel besaß, vertreten.216 Im November 1554 bevollmächtigte Obrecht den Kaufmann Louis Pomard aus Avignon, Schulden einzubringen und Waren entgegenzunehmen; zur gleichen Zeit war ihm ein gewisser Humbert Bonnet aus Montluol 230 Livres schuldig.217 Im März 1556 212

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Arch. Dept. Rhone, 3E 3849 (Cussonel), fol. 91 r -93 v , 120 r -121 r , 509 v -510 v . Als Eigentümer des Hauses wird ein Saffray de Chapponay, „conseiller du Roi", genannt. Zeller, S. 6; Meylan, S . 2 1 4 . Gascon, Grand commerce, S. 223-224. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 3/1, S. 136 bezeichnet Obrecht als „Diener und Respondent", Kellenbenz, Verbindungsplätze, S. 28 sowie ders., Fugger in Spanien und Portugal, Bd. 1, S. 456, hingegen lediglich als „Diener" der Prechter. Da Obrecht bereits wenige Jahre später eine Führungsrolle unter den oberdeutschen Kaufleuten in Lyon einnahm, erscheint es wenig wahrscheinlich, daß er zu dieser Zeit ausschließlich als Diener einer Firma tätig war. Vermutlich spielte Obrecht zu dieser Zeit bereits die Rolle eines unabhängigen Agenten oder Kommissionärs für mehrere oberdeutsche Firmen. Zur begrifflichen Unterscheidung zwischen „Diener", „Faktor", „Agent" und „Kommissionär" und zur beruflichen Differenzierung der kaufmännischen Angestelltenschaft vgl. Hildebrandt, Erben, S. 45-50; ders., Diener, bes. S. 153-156. Arch. Dept. Rhone, 3E 3851 (Cussonel), fol. 131 r -132 v , 147 r -149 r . Die Forderungen beliefen sich auf 125 ecus und 733 Livres. Arch. Dept. Rhone, 3E 3851 (Cussonel), fol. 185 r -186 v . Eine weitere Schuldforderung Obrechts an einen gewissen Pierre de Cheling über 160 Livres vom November 1555 findet sich ebd., fol. 243 v -244 r .

148 führte er 600 bis 700 Last Weizen auf der Saöne nach Lyon, die aus der Bourgogne stammten und nach Lucca exportiert werden sollten.218 Dieser Transport stand möglicherweise im Zusammenhang mit dem bereits erwähnten spekulativen Getreidegeschäft, das der Stettiner Stephan Loitz und die Brüder Weyer im selben Jahr organisierten, und an dem Obrecht zu einem Drittel beteiligt war.219 Ferner verkaufte Obrecht Wein an einen Nürnberger Großhändler und lieferte Kupfer für die Lyoner Artillerie.220 Seine Kreditgeschäfte mit der französischen Krone schloß Obrecht in enger Zusammenarbeit mit einem anderen aus Straßburg stammenden Kaufmann und Bankier, mit Israel Minckel, ab. Während Obrecht sich nach der Heirat mit einer Lyoner Bürgerstochter rasch in seiner Wahlheimat assimilierte,221 unterhielt Minckel wesentlich engere Beziehungen zur wirtschaftlichen und politischen Elite der elsässischen Reichsstadt. Minckels Vater Nicolas war aus Worms nach Straßburg zugewandert und hatte dort 1529 das Bürgerrecht erworben. Nach dem Tod des Vaters sorgte Minckels Vormund, der Straßburger Ammeister Matthäus Geiger, ab 1534 für die Schulbildung seines Pflegesohnes. Minckel, über dessen Jugendzeit sonst wenig bekannt ist, heiratete in erster Ehe Ursula Arg, eine Tochter von Thiebaut Arg, der 1532 der angesehensten Straßburger Zunft „Zum Spiegel" vorstand. Seine zweite Ehefrau Veronika Ebel war die Tochter des Heinrich Ebel und der Margaretha Ingold. Ebel gab seiner Tochter ein Heiratsgut von 2.080 fl mit in die Ehe und legte weitere 12.343 fl bei seinem Schwiegersohn an. Diese familiären Verbindungen weisen auf Minckels feste Verankerung in der Straßburger Großkaufmannschaft hin. Die Arg, Ebel und Ingold waren im Fernhandel tätig und besaßen Bergwerksanteile im elsässischen Sainte-Marie-aux-Mines im Lebertal;222 Hans Ebel, der mit einer Tochter des Kaufmanns Friedrich Prechter verheiratet war,223 hatte 1542 geschäftliche Beziehungen nach Lyon. 224 Die Ernennung Minckels zum Münzmeister der Reichsstadt im Jahre 1561 ist ein weiteres Indiz für die Dauer und Intensität seiner Beziehungen nach Straßburg.225 Peter Arg, wahrscheinlich ein Verwandter seiner ersten Frau, vertrat Minckel um die Mitte der 1560er Jahre in Lyon.226

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Gascon, Grand commerce, S. 154. Papritz, S. 85-86; vgl. Kap. 1.3. Gascon, Grand commerce, S. 213-214. Ebd., S. 367. Fuchs, Prechter, S. 158, 162; ders., Israel Minckel, S. 115-117, 120; vgl. Jeannin, cuivre, S. 60; Kintz, S. 379. Fuchs, Prechter, S. 147. Arch. Dept. Rhone, 3E 3849 (Cussonel), fol. 164 r -164 v . Gemeinsam mit dem Gastwirt Michel Eberlin reklamierte Ebel im Dezember 1542 Schadensersatz von dem Offizier Sebastian Mais, offenbar für beschädigte oder aufgehaltene Waren. Zeller, S. 11; Kintz, S. 374. Kintz, S. 374.

149 Um die Jahrhundertmitte war Minckel selbst Mitinhaber von Bergwerken in Sainte-Marie-aux-Mines. Offenbar gingen die Minen von seinem 1546 verstorbenen Stiefvater, dem Straßburger Kaufmann Anton von Siegolsheim, auf ihn über.227 Um die Jahrhundertmitte prozessierte Minckel gegen die Straßburger Prechter wegen ihrer gemeinsamen Montanunternehmungen in Sainte-Marie-auxMines, deren Silberausbeute sich zwischen 1537 und 1550 auf durchschnittlich 2.600 Mark jährlich belief.228 Wie sein Partner Georg Obrecht war auch Minckel im Großhandel mit Gewürzen engagiert. Im Jahre 1561 etwa kauften die Nürnberger Welser in einem Kompaniegeschäft mit Israel Minckel 18 Ballen aragonesischen Safran, die durch den St. Gallener Kaufmann Thomas Zollikofer nach Lyon „eingethon" wurden.229 Im Raum Toulouse fungierte der Pastell- und Safranhändler Jacques Baron, der um die Mitte des 16. Jahrhunderts auch der größte Bankier der Stadt war, als Repräsentant Israel Minckels.230 In Venedig war Hans Albert Armbruster, der 1568 zum Konsul der deutschen Kaufleute am Rialto gewählt wurde und auch die Interessen der Straßburger Ingold und mehrerer Augsburger Handelsfirmen in der Lagunenstadt vertrat, als Agent Minckels tätig.231 Auf weitere Geschäftsbeziehungen Minckels im Warenhandel weist eine Schuldforderung an den Papierhändler Nicolas Mongeot von Rambersvillers in Höhe von 500 Francs aus dem Jahre 1556 hin.232 Im Jahre 1568 erscheinen Minckel und Obrecht schließlich auch im Levantehandel zwischen Marseille und Konstantinopel - in einem Handelszweig also, in den nur wenige Jahre später der Augsburger Melchior Manlich in großem Umfang einsteigen sollte.233 Am 7. Juli 1555 lieh König Heinrich II. von Minckel, Obrecht und ihren Teilhabern („leurs adherans et participans") 164.000 Livres; das Darlehen war mit zwölf Prozent verzinst. Von den anderen Beteiligten an diesem Vertrag ist lediglich der Schweizer Nikolaus Mair aus Freiburg i.Ue. namentlich bekannt, doch da gerade zu dieser Zeit die enge Kooperation zwischen Obrecht und den Weyer be227

Fuchs, Prechter, S. 169; ders., Israel Minckel, S. 120; Kintz, S. 374. Vgl. auch Brady, Ruling Class, S. 107.

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Fuchs, Prechter, S. 170-171; Jeannin, cuivre, S. 60, Anm. 9. Kellenbenz, Meder, S. 114, 405. Caster, S. 85. Simonsfeld, Bd. 2, S. 188; Fuchs, Ingold, S. 205; ders., Israel Minckel, S. 121; Kintz, S. 374, 412. Armbruster war 1573 an einem venezianischen Wechselgeschäft mit Jeremias Westermair und Hieronymus Imhof beteiligt (StAA, Spreng VIII, Nr. 29 1/2) und hatte 1574 eine geschäftliche Auseinandersetzung mit den Gebrüdern Georg und Hans Christoph Westermair von Augsburg (StAA, Spreng X, Nr. 40). Ferner erhielt er 1580 Vollmachten des Augsburgers Konrad Rot zur Einbringung von 10.000 Dukaten in Venedig (StAA, Spreng XXII, Nr. 28, 52) sowie zwischen 1580 und 1582 mehrere Vollmachten von Rots Gläubigern (StAA, Spreng XXII, Nr. 68; Spreng XXIII, Nr. 114; Spreng XXIV, Nr. 53; Spreng XXVII, Nr. 68). Fuchs, Israel Minckel, S. 121. Ebd. Zu den Levanteunternehmungen Melchior Manlichs vgl. Sayous, commerce; Seibold, S. 140-145.

150 gann, ist ihre Unterbeteiligung sehr wahrscheinlich. Zur Sicherstellung ihres Kredits erhielten die Gläubiger für sieben Jahre die Einkünfte aus einer neuen „Gabelle", einer Einfuhrsteuer auf den Farbstoff Alaun, zugesprochen. Durch diesen 1559 erneuerten und 1562 von Karl IX. bestätigten Vertrag sicherten sich Minckel und Obrecht ein Quasi-Monopol auf den Import von Alaun nach Frankreich, der zumeist über Marseille und Rouen lief.234 In der Geschichte der französischen Staatsfinanzen ist dieser erste große Kreditvertrag von Minckel und Obrecht, der von den oberdeutschen Kaufleuten gewöhnlich als „Alaun Partida" bezeichnet wurde, von erheblicher Bedeutung, weil er einen ersten Schritt zur Aushöhlung des nur wenige Monate zuvor unternommenen Versuchs der Konsolidierung der französischen Staatsschuld darstellte. Im Grand Parti vom 18. März 1555 wurden königliche Schulden bei der Lyoner Hochfinanz in Höhe von rund 1,5 Millionen ecus in einer Summe zusammengefaßt. Zugleich gewährten die Gläubiger der Krone ein neues Darlehen in Höhe von rund 500.000 ecus. Die Amortisation der Schuld binnen 41 Lyoner Messen und ihre Verzinsung mit 16 Prozent jährlich wurden einheitlich geregelt und durch königliche Einkünfte sichergestellt.235 Die Namen von Minckel und Obrecht erscheinen zwar regelmäßig im Zusammenhang mit dem Grand Parti, doch schlossen die beiden Finanziers offenbar von Anfang an bevorzugt separate Verträge mit der Krone zu ihren eigenen, in der Regel für sie überaus vorteilhaften Konditionen ab.236 Mit der „Alaun Partida" rückten Obrecht und Minckel in die Position der zentralen Mittelsmänner zwischen der französischen Krone und der oberdeutschen Hochfinanz vor, die bis Mitte der 1540er Jahre Hans Kleeberger innegehabt hatte.237 In den folgenden Jahren schlossen sie in rascher Folge eine Reihe von Anleiheverträgen in teilweise spektakulären Größenordnungen ab. So trafen sie 1556 eine Vereinbarung mit dem französischen Marschall Piero Strozzi und Louis de Saint-Gelais über die Finanzierung eines Italien-Feldzugs. Die Darlehensgeber sollten 180.000 Kronen Subsidiengelder in drei monatlichen Raten in Venedig ausbezahlen. Das Darlehen war mit 16 Prozent verzinst.238 Im November 1556 handelten die beiden Finanziers mit der französischen Krone eine Anleihe über 920.000 Livres aus. Diesmal wurden sie auf die königliche Salzsteuer sowie auf

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Doucet, Grand Parti, Teil I, S. 498-499; Zeller, S. 6-8; Caster, S. 338-339; Gascon, Grand commerce, S. 97. Doucet, Grand Parti, Teil I, S. 492-494. Doucet korrigierte damit Richard Ehrenberg, der den „Grand Parti" irrtümlich als eine öffentliche Anleihe darstellte, an der sich auch „Kleinsparer" beteiligen konnten. Vgl. Ehrenberg, Bd. 2, S. 102-104. Dennoch wird Ehrenbergs Irrtum auch in neueren Darstellungen weiter tradiert; vgl. z.B. Haussherr, S. 96-97. Doucet, Grand Parti, Teil II, S. 7; vgl. Zeller, S. 10. Doucet, Grand Parti, Teil I, S. 485-486; Zeller, S. 6. Ehrenberg, Bd. 2, S. 105; Zeller, S. 9.

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Kroneinkünfte im Anjou und der Bretagne verwiesen. Von den Oberdeutschen wurde dieses Geschäft als „Salz Partida" bezeichnet.239 Während die Weyer durch ihren Konkurs von 1557 aus dem von Obrecht und Minckel angeführten Finanzkonsortium ausschieden, traten andere Augsburger Kaufleute an ihre Stelle. 1557 schlossen sich Hieronymus und David Zangmeister einem Syndikat von Minckel und Obrecht, den Bayer von Schaffhausen und Nikolaus Mair von Fribourg an, das der Krone 200.000 ecus lieh. Die Sicherstellung durch verschiedene südfranzösische Salzabgaben hat Roger Doucet als außergewöhnliche Vergünstigung fur das Konsortium interpretiert.240 Noch im selben Jahr streckten die beiden Straßburger Kapitalisten der Krone, deren finanzielle Schwierigkeiten sich mittlerweile dramatisch zugespitzt hatten, 400.000 Livres zu einem Zinssatz von 14 Prozent gegen die Einkünfte aus dem Lyoner Seiden- und Gewürzzoll vor. Im folgenden Jahr gewährte Obrecht dem Gouverneur des Piemont, Marschall de Vrissac, ein auf zwei Monate befristetes Darlehen über 80.000 Livres zur Besoldung seiner Truppen. 1559 folgte ein Darlehen über 900.000 Livres, das mit 9 1/3 Prozent verzinst und durch die Verpfändung einer von der französischen Geistlichkeit bewilligten Abgabe sichergestellt wurde. Im selben Jahr erneuerten Minckel und Obrecht den Alaun-Vertrag. 241 Außerdem beteiligten sich die Straßburger Bankiers 1558 mit 56.000 Livres an einer Anleihe der Stadt Lyon.242 1561 hatten die Schulden der Krone bei Obrecht und Minckel eine Gesamthöhe von 2.142.088 Livres tournois erreicht.243 Im Jahre 1562 liehen die beiden Finanziers Katharina von Medici nochmals 400.000 Livres244 und standen an der Spitze eines Konsortiums, das eine „neue Salzpartida" aushandelte. 245 Die Anleihegeschäfte Obrechts und Minckels blieben also offensichtlich von der Zahlungseinstellung der französischen Krone völlig unberührt. Einem Brief des Straßburgers Johannes Sturm an Calvin vom Ende des Jahres 1560 zufolge war es den beiden Finanziers als einzigen Oberdeutschen gelungen, mit der französischen Krone zu einer Zahlungsvereinbarung zu kommen - ein Umstand, der

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Ehrenberg, Bd. 2, S. 105-106; Doucet, Grand Parti, Teil I, S. 505. Doucet, Grand Parti, Teil I, S. 505-506. Vgl. auch Arch. Dept. Rhone, 3E 3851 (Cussonel), fol. 297 v -298 v : Georg Obrecht, als „maitre d'hötel" bezeichnet, und zwei weitere Personen haben 1557 eine Forderung über 50.000 Livres an den Kardinal von Lothringen, für die sie auf Einkünfte aus Salinen verwiesen sind. Ehrenberg, Bd. 2, S. 107, 162, 164; Doucet, Grand Parti, Teil II, S. 2-3; Zeller, S. 9-10; Pölnitz/Kellenbenz, Anton Fugger, Bd. 3/2, S. 135-136; Kintz, S. 373. Zur finanziellen Situation der Krone um 1559/60 und den Folgen für die französische Politik vgl. ferner Bauer, Situation; Reinhard, Glaube, S. 97-99. Doucet, Finances municipales, S. 56. Fuchs, Israel Minckel, S. 119. Doucet, Grand Parti, Teil II, S. 22; Zeller, S. 10; Kintz, S. 373. Ehrenberg, Bd. 2, S. 169.

152 Sturm zufolge die moralische Integrität und politisch-konfessionelle Loyalität Obrechts und Minckels höchst fragwürdig erscheinen ließ.246 Als überzeugte Protestanten stellten Obrecht und Minckel, in enger Kooperation mit den Gebrüdern Darut,247 jedoch seit Beginn der 1560er Jahre ihre finanziellen Mittel immer stärker in den Dienst der protestantischen Sache. Während der reformierten Vorherrschaft in Lyon im Jahre 1562 stellte Obrecht, der zeitweilig das Amt eines „conseiller de ville" bekleidete, Kaution für Getreidekäufe in Valence und trug mit 30.000 Livres zur Bezahlung Schweizer Söldner bei. Neben Obrecht gewährte zu dieser Zeit auch der Augsburger Matthäus Rem der Stadt Lyon ein Darlehen.248 Im Januar 1568 wurde Obrechts Besitz konfisziert und später nur teilweise zurückerstattet; Obrecht selbst fand in Genf Zuflucht, wo er ein Haus besaß und wohin er regelmäßige Verbindungen unterhielt.249 Im selben Jahr gewährten die beiden Straßburger Finanziers, deren Finanzkraft durch ihr Engagement für die reformierte Sache bereits stark geschwächt war,250 ein letztes großes Darlehen in Höhe von 300.000 Kronen zur Besoldung der in der Champagne stationierten Truppen Markgraf Johann Casimirs. Dieser Kredit erschütterte das Vertrauen der Kreditoren in Obrecht und Minckel aber offenbar so schwer, daß er zum Bankrott der beiden Kapitalisten führte.251 Nach Israel Minckels Tod im Jahre 1569 standen Passiva von 40.757 Livres Aktiva von lediglich 18.921 Livres gegenüber.252 Franfois-Joseph Fuchs zufolge rekrutierten sich die Gläubiger Minckels aus verschiedenen sozialen Schichten. Neben den Straßburger Gläubigern, unter denen sich zahlreiche Witwen befanden, und die 1571 eine Forderung in Höhe von 22.000 fl hatten, standen Adlige wie Christophe de Herda und Offiziere wie der Kapitän Pankraz Sauerzapf, der im Dienste von Pfalzgraf Philipp Ludwig stand und 2.000 fl bei Minckel investiert hatte.253 Von den führenden Straßburger Handelshäusern kooperierten vor allem die Wicker mit Israel Minckel, während das Verhältnis zu den Ingold und Prechter offenbar vor allem durch Konkurrenz ge246

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„Je sais quel espoir vous aviez coniju d'Obrecht [...] mais il m'est devenu tres suspect, du fait que les Guises l'ont paye, lui et personne des autres. Dans cette affaire de creances, ils refusent de s'adjoindre aux autres marchands, tu peux en deviner la cause. Iis repondent que chaque renard doit sauver sa peau." Sturm an Calvin, zit. nach Meylan, S. 218. Zu den Darut und ihren Beziehungen zu Obrecht und Minckel, vgl. Gascon, Grand commerce, S. 326, 367. Doucet, Finances municipales, S. 65; Zeller, S. 11; Gascon, Grand commerce, S. 488-489; vgl. ferner ebd., S. 476, 480, 509, 510, 517, 519; Pfeiffer, Bemühungen, S. 422-423; Peter/Rott, S. 77, Anm. 9. Zeller, S. 11; Meylan, S. 214, 217; Kintz, S. 374. Zu den Schweizer Finanzbeziehungen Obrechts und Minckels vgl. auch Körner, S. 368, 375. Gascon, Grand commerce, S. 603. Zeller, S. 11-12; Pfeiffer, Bemühungen, S. 424; Fuchs, Israel Minckel, S. 122-123. Kintz, S. 374. Fuchs, Israel Minckel, S. 122.

153 kennzeichnet war. 2 5 4 A u s den R e i h e n der A u g s b u r g e r K a u f m a n n s c h a f t m e l d e t e n außer den Brüdern H a n s und D a v i d W e y e r , die D a v i d W e y e r s L y o n e r B i l a n z v o n 1557 z u f o l g e mit 1 0 . 0 0 0 Livres Gläubiger v o n G e o r g Obrecht u n d Israel M i n c k e l waren, 2 5 5 nach M i n c k e l s T o d i m Jahre 1569 auch M e l c h i o r M a n l i c h s S c h w i e g e r sohn Philipp W e l s e r und die Schorer 2 5 6 s o w i e der W e y e r - S c h w a g e r

Vinzenz

Berckhaimer A n s p r ü c h e an die Hinterlassenschaft d e s Straßburger Bankiers an. Berckhaimers A u ß e n s t ä n d e , die aus d e m Jahre 1557 stammten, b e l i e f e n sich a u f 3 . 6 5 8 Francs. 2 5 7 Bereits i m Jahre 1 5 6 0 hatten die v o r a l l e m i m V e n e d i g h a n d e l engagierten A u g s b u r g e r L u d w i g Walther und Sebastian P f a f f e n b e r g e r eine Forderung v o n 7 . 2 3 9 D u k a t e n an Minckel. 2 5 8 L u d w i g Walther b e f a n d sich 1556 auch unter den Schuldnern H a n s und D a v i d Weyers. 2 5 9 D i e Führungsrolle, die Obrecht und M i n c k e l unter den oberdeutschen K a u f l e u ten in L y o n spielten, die a m Grand Parti partizipierten, ist schließlich auch v o r d e m Hintergrund der wirtschaftlichen B e z i e h u n g e n z w i s c h e n A u g s b u r g e r und

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Kintz, S. 379-380. StAA, StG 201, fol. 9 r -12 r . Fuchs, Israel Minckel, S. 122; Kintz, S. 379. StAA, Spreng IV, Nr. 39 1/4. Fuchs, Israel Minckel, S. 122. Ludwig Walther (gest. 1580) wurde 1557 Mitglied der Augsburger Kaufleutestube (IHK, Kaufleutestube, fol. 44). Die Präsenz der Firma von Walther und Pfaffenberger in Venedig ergibt sich aus dem Umstand, daß Karl Hörmann zwischen 1569 und 1571 eine Lehrzeit bei der Firma in der Lagunenstadt absolvierte (Simonsfeld, Fondaco, Bd. 2, S. 181; S. 181, Anm. 10). Auf geschäftliche Interessen Walthers in Lyon weist eine Vollmacht hin, die seine Testamentarier im Jahre 1583 für Matthäus Spon ausstellten (StAA, Spreng 1583, Nr. 20). Über Pfaffenbergers Herkunft und familiäre Verhältnisse gibt vor allem das Testament Auskunft, das er 1577 gemeinsam mit Maria Maurberger verfaßte. Pfaffenberger bedachte darin unter anderem seinen Bruder Benedikt zu Burghausen, seinen Stiefbruder Virgilius zu Passau, die Nachkommen seines Stiefbruders Sigmund sowie seine Stiefschwester Anna, die Frau des Landshuter Hofgerichtsprokurators Paulus Bosch, mit Legaten. Ferner vermachte er Maria, der Tochter des Bartholomäus Zech von Landsberg, „so Ich an Kinds statt angenomen, vnd von Jugendt auferzogen hab", 600 fl und seinem Sohn Hans Jacob, „den Ich in ledigem stannd erzeuget", 200 fl. Seine Frau Maria Maurberger bedachte ihre Stiefbrüder, die Dorfwirte Ambrosius und Erasmus zu Ettingen in Bayern, mit je 150 fl. Die Ortsangaben deuten auf eine Herkunft Pfaffenbergers und seiner Ehefrau aus dem bayerischen Raum hin. Besondere Erwähnung findet darüber hinaus eine Schuldforderung Pfaffenbergers an Georg Federlin zu Venedig. Über die gesamte unverteilte Habe setzten sich die Eheleute gegenseitig zu Universalerben ein (StAA, Spreng XVI, Nr. 34). Zwischen 1570 und 1575 wurde Pfaffenberger von einer Reihe von Augsburger Kaufleuten für Venedig bevollmächtigt, unter anderem von Hieronymus Imhof (StAA, Spreng IV, Nr. 48), Melchior Hainhofer (StAA, Spreng X, Nr. 10) und den Erben Matthäus Manlichs (StAA, Speng XII, Nr. 1, 25 1/4). Pfaffenberger wurde 1584 Mitglied der Augsburger Kaufleutestube und des Großen Rates (IHK, Kaufleutestube, fol. 66; StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 86-101). StAA, Stadtgericht, Appellationssache zwischen Hans, David, Sebastian Gebrüder Weiher und ihren Gläubigern 1559-1569 (unverzeichnet).

154 Straßburger Firmen zu sehen, die sich seit den 1540er Jahren merklich verdichteten.260 Seit Beginn des 16. Jahrhunderts besuchten eine Reihe von Straßburger Kaufleuten - die Prechter, Ingold, Wolff, Dunzenheim, Joham und Gottesheim regelmäßig die Lyoner Messen, und in den 1530er und 1540er Jahren gewann der Frankreich-Handel fur die Straßburger Kaufmannschaft erheblich an Bedeutung.261 Für die Ingold beispielsweise sind seit etwa 1540 regelmäßige geschäftliche Verbindungen nach Frankreich nachweisbar: unter anderem transportierten sie Schwazer Kupfer nach Lyon, wo sie von einem Verwandten, Jakob Mieg, vertreten wurden, und hatten Beziehungen zum Raum Toulouse.262 Seit Mitte der 1540er Jahre gehörten sie auch zu den Gläubigern der französischen Krone. 263 Die Prechter, die in Lyon durch einen gewissen Georg Friedrich Schwartzenburger repräsentiert waren, handelten um 1569 in der Rhöne-Stadt mit Safran und Seide.264 Ob sie sich an französischen Kronanleihen beteiligten, ist ungewiß. 265 An den wirtschaftlichen Beziehungen zwischen den beiden Reichsstädten Straßburg und Augsburg waren um die Mitte des 16. Jahrhunderts auf Straßburger Seite insbesondere die Prechter und Ingold maßgeblich beteiligt. In den Jahren 1540 bis 1544 verkauften die Prechter elsässisches Silber an die Augsburger Kaufleute Matthäus Pflaum, Christoph Kreß und Ambrosius Mair.266 Die Augsburg/Ulmer Firma der Gebrüder Schorer und die Prechter waren 1555 Partner bei einem venezianischen Wechselgeschäft über 1.000 Dukaten,267 während der Augsburger Jakob Greiner im gleichen Jahr mit den Ingold wegen eines Safrangeschäfts in Konflikt geriet.268 Hans und David Weyer hatten geschäftliche Kontakte zu Nikolaus Mentzer von Straßburg, der ihnen 1557 in Lyon 210 Livres schuldete.269 Der Augsburger Kaufmann Felix Ruger kaufte auf der Frankfurter Messe von 1559 Seide von den Ingold.270 Zum Zeitpunkt des Konkurses von Hans und

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Zur Rolle Straßburgs als „Verbindungsplatz" vgl. die Bemerkungen von Kellenbenz, Augsburger Wirtschaft, S. 53. Bereits seit Beginn des 16. Jahrhunderts hatten die Straßburger Prechter enge Geschäftsbeziehungen zum Unternehmen Jakob Fuggers und seines Neffen Anton: Fuchs, Prechter, S. 187-188; Pölnitz, Jakob Fugger, Bd. 1, S. 540; Bd. 2, S. 144, 149, 441, 451, 522; ders., Anton Fugger, Bd. 1, S. 68; S. 466, Anm. 189; S. 481-482, Anm. 41; S. 622, Anm. 148; S. 685, Anm. 147; Bd. 2/1-3/1, passim (vgl. Register); Unger, Fugger, S. 160, 178; Brady, Ruling Class, S. 105. Fuchs, Israel Minckel, S. 118. Vgl. Brady, Ruling Class, S. 106; ders., Protestant Politics, S. 155-156. Fuchs, Ingold, S. 205, 207-208. Ebd., S. 210-211,215. Fuchs, Prechter, S. 164-165, 167. Ebd., S. 185. Fuchs, Prechter, S. 169, Anm. 6. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 167, 355, 555. StAA, RP 29/1 (1555), fol. 75 r , 76 v . Vgl. Fuchs, Ingold, S. 206, 215. StAA, StG 201, fol. 10v. StA Frankfurt, Judicialia, R 141.

155 Marquard Rosenberger im Jahre 1560 hatten Wilhelm Prechter 8.398 fl und Georg und Philipp Ingold 5.035 fl in die Firma eingelegt.271 Als Christoph Kraffter im selben Jahr seine Zahlungen einstellen mußte, beantragten seine - namentlich nicht genannten - Straßburger Gläubiger, ihn „Inn ain hertere gevennkhnus zuelegen".272 1560 waren Valentin Merz und Michael Müller, die beide der Augsburger Kaufleutestube angehörten, als Faktoren Kraffters in Straßburg tätig.273 Im gleichen Jahr erhielt David Baumgartner in Antwerpen von Wilhelm Prechter und Ludwig Gremp von Freundstein ein Darlehen über 20.500 fl, für das er seinen Gläubigern zwei Dörfer verpfändete. 274 Der mit den Kraffter verschwägerte Wilhelm Merz hatte zwischen 1553 und 1555 Forderungen an einen gewissen Lorenz Ziegler in Colmar.275 Als die Firma Jakob Herbrots und seiner Söhne 1563 fallierte, befanden sich unter den Gläubigern sieben Personen, Firmen und Familien aus Straßburg, die insgesamt 62.000 fl zu fordern hatten. Allein den Kindern Wilhelm Prechters blieben die Herbrot 31.478 fl schuldig.276 Als Sicherheit für ihre Darlehen hatten die Prechter 1561 von Jakob Herbrot Juwelen im geschätzten Gesamtwert von über 20.000 fl erhalten. Nach Bekanntwerden des Bankrotts forderten Herbrots Töchter Marina Manlich und Sabina Schleicher, die ebenfalls zu den Gläubigern ihres Vaters und ihrer Brüder gehörten, von den Prechter die Rückgabe der Schmuckstücke.277 1564 wiederum befand sich Wilhelm Prechter unter den Antwerpener Schuldnern der Haug-Langnauer-Linck, 278 und zwei Jahre später waren Georg und Philipp Ingold mit 700 Dukaten Wechselschuldner von Markus Ulstett und seinen Brüdern.279 Als die Ingold 1571 ihre Zahlungen einstellen mußten, blieben sie der 271 272 273

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Lutzmann, S. 99-104. StAA, RP 31/11 (1560), fol. 65 r . StAA, KuH, Fasz. VI, Nr. 26/22, S. 111. Valentin Merz, Sohn des Georg Merz und der Anna Künig (StAA, Werner/Lilienthal, „Merz"), gehörte von 1545 bis zu seinem Tod im Jahre 1568 der Augsburger Kaufleutestube an (IHK, Kaufleutestube, fol. 40). Er stand von 1536 an in Diensten der Handelsfirma des älteren Lukas Rem (Greiff, S. 72) und vertrat 1552 dessen gleichnamigen Sohn in Venedig (StAA, KuH, Nr. 13a, Venedigische Rechnung 1551-1553). 1557 wurde er Mitglied des Großen Rates (StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 86-101). Seine Steuerleistung belief sich 1562 in Augsburg auf 11 fl (StAA, Steuerbuch 1562, Sp. 72a). Michael Müller, Sohn des Unterkäufels Lukas Müller und der Euphrosina Kraffter (StAA, Werner/Lilienthal, „Kraffter"), wurde 1551 in die Kaufleutestube aufgenommen (IHK, Kaufleutestube, fol. 42) und heiratete vier Jahre später Sara Zimmermann (Hämmerle, Nr. 663a). Er starb 1561 (IHK, Kaufleutestube, fol. 42). Fuchs, Prechter, S. 179-180. StAA, Reichsstadt, Akten, Nr. 355, Fürschriften vom 28.3. und 12.8.; StAA, StGB 15541555, Teil II, fol. 10r. StAA, Fallitenakten „Herbrot". Fuchs, Prechter, S. 180-182. Ringling, S. 163. StAA, Spreng I, Nr. 1.

156 Gesellschaft Christoph Welsers in Augsburg 3.229 fl schuldig.280 Auch in der Bergbaustadt Sainte-Marie-aux-Mines, wo zahlreiche Mitglieder der Straßburger Kaufmannschaft Gruben betrieben, waren Augsburger Kaufleute wie der HerbrotSchwiegersohn Christoph Tiefstetter um die Mitte des 16. Jahrhunderts an der Erzausbeute beteiligt.281 Im Kontext dieser intensiven Beziehungen zwischen den Kaufleuten der beiden oberdeutschen Reichsstädte fiel die Zusammenarbeit der Weyer und anderer Augsburger Bankiers mit Obrecht und Minckel allenfalls hinsichtlich ihrer Größenordnung aus dem Rahmen.

2.3 Kooperation und „Landsmannschaft" Die Untersuchung der Gruppen Augsburger Kaufleute, die um die Mitte des 16. Jahrhunderts neben den Brüdern Weyer in großem Umfang in französische Kronanleihen investierten - der Neidhart-Sailer, Welser-Herwart, Meuting und Zangmeister - hat ergeben, daß jede dieser Gruppen bei der Kapitalbeschaffung auf ein eigenes Netz von sozialen Beziehungen, zumeist verwandtschaftlicher Natur, zurückgreifen konnte. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage der Kooperation: inwieweit arbeiteten die betreffenden Personen und Firmen zusammen, inwieweit nahmen sie einander primär als Konkurrenten wahr? Bei bestimmten Geschäften standen die oberdeutschen Bankiers der französischen Krone immer wieder miteinander in Kontakt. Zum einen wickelten alle wichtigen Augsburger Gläubiger Heinrichs II. routinemäßig Geld- und Wechselgeschäfte miteinander ab. Das Fragment einer Rechnung der Antwerpener Faktorei Sebastian Neidharts etwa belegt mehrere Kontakte zu den Firmen Hans Paul und Hans Heinrich Herwärts und Bernhard Meutings in den Jahren 1544 bis 1549.282 Bernhard Meuting lieh sich 1553 auf kurze Frist 2.000 fl von den Weyer,283 und Hieronymus und David Zangmeister waren im selben Jahr Partner Hans Paul und Hans Heinrich Herwärts bei einem venezianischen Wechselgeschäft über 1.000 Dukaten.284 Zweitens bedienten sich einige Augsburger Kaufleute verschiedener Mittelsmänner aus diesem Kreis, um ihr Geld in Lyon anzulegen: Georg Mülich etwa transferierte sein Geld über die Neidhart-Sailer-Gruppe wie auch über Bernhard und Philipp Meuting nach Frankreich, und Matthäus Ehem ließ sowohl über Bernhard Meuting als auch über Hans und David Weyer Geld in Lyon verleihen. Drittens war es durchaus üblich, daß königliche Schuld-

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Fuchs, Ingold, S. 206, 216; Werner, Bartholomäus Welser, 1968 II, S. 91. StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1572-1576, S. 237-238. StAA, KuH, Nr. 13, Antwerpener Rechnung, fol. 4, 19, 21, 22. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 118, 385. Ebd., S. 89, 302.

157 scheine indossiert und auf andere Gläubiger übertragen wurden. So erwarben Hans Paul und Hans Heinrich Herwart beispielsweise 1565 insgesamt 33.000 ecus einer Kronschuld von ursprünglich 235.914 ecus von den Erben Sebastian Neidharts.285 Die Gebrüder Weyer arbeiteten bei ihren Lyoner Geldgeschäften zumindest sporadisch mit Bernhard und Philipp Meuting zusammen. 286 Diese geschäftlichen Kontakte scheinen jedoch zumindest bis 1560 zu keiner dauerhaften Kooperation der Augsburger Bankiers in Lyon gefuhrt zu haben. Vielmehr zeigen die oben zitierten Bemerkungen Sebastian Neidharts, 287 daß dieser die Konkurrenz der Welser-Herwart-Gruppe mindestens ebenso sehr fürchtete, wie er auf ihre Kooperation hoffte. Nicht zuletzt die Unfähigkeit oder mangelnde Bereitschaft der Augsburger, ihre Aktivitäten auf dem Lyoner Anleihemarkt zu koordinieren, ermöglichte es Obrecht und Minckel, zwei Männern aus der weniger kapitalkräftigen Straßburger Kaufmannschaft, im Geschäft mit der französischen Krone ab 1555 eine zentrale Stellung einzunehmen. Welche Folgen hatte die Zahlungseinstellung der französischen Krone für die oberdeutschen Finanzkonsortien? Der Staatsbankrott scheint eine wesentliche Ursache für den Bankrott der Gebrüder Weyer im Jahre 1557 und den Zusammenbruch der Zangmeister 1559 gewesen zu sein. Christoph Kraffter, dessen Anteil am Grand Parti sich 1560 auf 87.421 ecus belief und der die Beteiligung der Zangmeister an der Salz- und Alaun-Partida übernommen hatte, und Lukas Rem gerieten offenkundig in den Sog des Zangmeister-Bankrotts, und Bernhard Meutings Firma überlebte den französischen Staatsbankrott nur um wenige Jahre.288 Auch Sebastian Neidharts Sohn Christoph geriet nach dem französischen Staatsbankrott in erhebliche Zahlungsschwierigkeiten. Nach der Lyoner Rechnung der Erben Sebastian Neidharts hatte die Tochterfirma Christoph Neidhart, Simon Pecori & Co. in den ersten vier Jahren ihres Bestehens (1547-1550) einen „Überschuß" von 13.993 Kronen. Die Gewinne blieben bis zum neunten Geschäftsjahr (1555) hoch und erreichten im achten Jahr mit 11.604 Kronen ein Maximum. Danach gingen sie jedoch rapide zurück: 1555 betrugen sie noch 6.630 Kronen, 1556 nurmehr 861 und 1558 sogar lediglich 220 Kronen. Zur Ostermesse 1559 beliefen sich die Außenstände der Neidhart-Pecori-Gesellschaft bei der französischen Krone auf geradezu astronomische 237.152 Kronen, wozu noch 46.775 Kronen kamen, die Christoph Neidhart auf eigene Rechnung dem König geliehen hatte. Unterdessen blieb Christoph Neidhart der Lyoner Gesellschaft 81.072 Livres schuldig und mußte im August 1559 den übrigen Erben seines Vaters den Offenbarungseid leisten: er übermittelte ihnen die Lyoner Bilanz und berichtete, daß er „etlichn Ittallienern ain grosse Suma gelts schuldig bleibe". Da Christoph

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Doucet, Grand Parti, Teil I, S. 501-502, Anm. 3. StAA, StG 201, fol. 75r. Vgl. Kap. 2.1. Vgl. Warnemünde, S. 33-34.

158 Neidhart daraufhin seine Miterben, wie ein Eintrag im Rechnungsbuch berichtet, „vmb ain anlechen vnd fürstreckhung so hoch angesuecht vnnd gebeten, damit er sein Credito erhalten, vnnd wz er schuldig bezallen könde, haben sy im bewilligt vnnd zugesagt." Seine Brüder Karl und Paul liehen Christoph Neidhart daraufhin 40.000 Kronen, für die er sie auf das Erbe seines Vaters versicherte. Außerdem mußte sich Christoph Neidhart gegenüber den anderen Erben Sebastian Neidharts verpflichten, keine größeren Geschäfte mehr ohne ihr Wissen und ihre Zustimmung abzuschließen und sich mit Ausgaben zurückzuhalten. 289 Wie bereits gezeigt wurde, bewahrte Hieronymus Sailer nur die finanzielle Unterstützung seines Schwiegervaters vor dem Ruin. Auch Georg Mülichs Steuerleistung ging zwischen 1550 und 1562 von 146 fl auf 76 fl zurück.290 Allerdings mußte Mülich in diesem Zeitraum auch mindestens zwei seiner Kinder, die 1557 heirateten, aussteuern. Daß ein starkes Engagement auf dem französischen Geldmarkt jedoch keineswegs den sicheren Ruin für die beteiligten Kaufleute bedeuten mußte, zeigen mehrere Gegenbeispiele. Matthäus Pflaums Witwe zahlte 1562 133 fl 73,5 χ Vermögenssteuer, nachdem ihr Gatte zwölf Jahre zuvor nur 60 fl, also weniger als die Hälfte, entrichtet hatte. Die Steuerleistung des Welser-Schwiegersohns Hieronymus Imhof, der 1550 noch eine gedingte Steuer von lediglich 15 fl bezahlt hatte, belief sich 1552 auf 180 fl, zwei Jahre später bereits auf 270 fl und 1562 auf stolze 334 fl. Dieser Vermögenszuwachs wurde durch Verluste auf dem Lyoner Geldmarkt, die sich im Falle der Firma Sebastian und Hieronymus Imhofs laut Ehrenberg auf 30.000 fl beliefen, kaum gebremst und deutet auf eine sehr erfolgreiche Geschäftspolitik in anderen Bereichen - offenbar vor allem im Großhandel mit Alaun, Safran und Pfeffer - hin.292 Die Brüder Hans Paul und Hans Heinrich Herwart schließlich, die 1550 je 120 fl steuerten, konnten ihre Steuerleistung bis 1559 auf 302 bzw. 314 fl steigern. In den folgenden drei Jahren war ihre Steuerentwicklung leicht rückläufig: Hans Paul Herwart zahlte 1562 299 fl, sein Bruder Hans Heinrich 245 fl. Danach zeigte das Vermögen der Brüder jedoch wieder eine steile Aufwärtsentwicklung, denn 1568 entrichtete Hans Paul Herwart 600 fl an Steuern und gehörte damit zu den fünf reichsten Augsburgern; sein Bruder stand ihm mit einer Steuersumme von 460 fl nicht viel nach.293 Das Beispiel der Gebrüder Herwart zeigt besonders deutlich, daß eine vergleichsweise kapitalstarke Firma Verluste auf dem französischen Geldmarkt durch gewinnbringende Investitionen auf anderen Sektoren mehr als wettmachen konnte. Gerade in den Jahren, in denen der französische Staatsbankrott die Weyer, Zangmeister und Lukas Rem

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StAA, KuH, Nr. 11, fol. 86-88 (Lyoner Rechnung 1562-1567); KuH, Nr. 12, S. 59-60. StAA, Steuerbuch 1550, Sp. 75a; Steuerbuch 1562, Sp. 82b. StAA, Werner/Lilienthal, „Mülich". Hagl, S. 35-36; vgl. Ehrenberg, Bd. 1, S. 243. Hagl, S. 17, 59-60.

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zu Fall brachte, profitierten die Herwart v o n den seit Mitte der 1 5 5 0 e r Jahre stark ansteigenden Weltmarktpreisen für Quecksilber, d e s s e n Produktion und Vertrieb sie durch ihr Idrianer M o n o p o l und den z e i t w e i l i g e n Produktionsausfall der Gruben v o n A l m a d e n in Spanien nach e i n e m verheerenden Brand i m Jahre 1 5 5 0 w e i t g e h e n d kontrollierten. 2 9 4 D a n e b e n ist der V e r m ö g e n s a n s t i e g der Gebrüder w o h l auch a u f die A u f t e i l u n g des Erbes ihrer Mutter, die i m Steuerbuch v o n 1 5 5 0 n o c h mit einer S t e u e r s u m m e v o n 6 0 0 fl erscheint, zurückzuführen. 2 9 5 S c h l i e ß l i c h trennten sich die Herwart 1557, also g e n a u im Jahr d e s f r a n z ö s i s c h e n Staatsbankrotts, v o n e i n e m großen Teil ihres Grundbesitzes: sie traten die Herrschaft Thann, die ihnen 1545 v o n K ö n i g Ferdinand als Pfand überlassen w o r d e n war, für 4 5 . 0 0 0 fl an A n t o n F u g g e r ab, 296 und H a n s Heinrich Herwart verkaufte e i n e n K o m p l e x v o n acht Häusern, Hofraiten und Gärten für 1 8 . 0 0 0 fl an A n t o n F u g g e r s N e f f e n Christoph. 2 9 7 D u r c h die Veräußerung v o n I m m o b i l i e n konnte s o m i t ein finanzieller E n g p a ß in e i n e m Sektor des Herwart'schen U n t e r n e h m e n s a u s g e g l i c h e n und die Liquidität des g e s a m t e n U n t e r n e h m e n s - v o r l ä u f i g - gesichert werden. 2 9 8

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Der Anstieg der Quecksilberpreise seit Mitte der 1550er Jahre wurde vor allem durch eine enorm gestiegene Nachfrage in Neu-Spanien (Mexiko), wo sich das Amalgam ierungsverfahren zur Metallscheidung bewährt hatte, hervorgerufen. Zu diesen Entwicklungen und ihren Auswirkungen auf die Profitabilität der von den Herwart kontrollierten Idrianer Quecksilbergruben vgl. Strieder, Studien, S. 318-337; Valentinitsch, S. 290. StAA, Steuerbuch 1550, Sp. 74a. Pölnitz/Kellenbenz, Anton Fugger, Bd. 3/2, S. 108-109, 356. E b d , S. 150; S. 529-530, Anm. 216. Zur Rolle von Grundbesitz als Vermögensreserve in Krisenzeiten vgl. Kießling, Bürgerlicher Besitz, S. 134. Betrachtet man die ökonomischen Aktivitäten Hans Paul Herwärts im Zusammenhang, so scheint Maximilian Lanzinners in einem neueren Aufsatz getroffene Feststellung, Herwart sei ein „Opfer bürgerlichen Feudalisierungsstrebens" geworden, schwer nachvollziehbar. Lanzinner stützt diese These vor allem auf die Nobilitierung Herwärts im Jahre 1548 sowie seinen Erwerb der Hofmark Hohenburg 1567 (Lanzinner, Herwarth, S. 303-306). Die Nobilitierung stand jedoch offensichtlich in engem zeitlichen und kausalen Zusammenhang mit Herwärts Darlehen an die Habsburger und seinem Einstieg in den Idrianer Quecksilberhandel - Aktivitäten, die sich beim besten Willen nicht als „Feudalisierungsstreben" interpretieren lassen. Der Erwerb der Hofmark Hohenburg könnte, wie das Beispiel der Herrschaft Thann verdeutlicht, durchaus zunächst als „Kapitalreserve" geplant gewesen sein, die im Bedarfsfall wieder veräußert werden konnte. Erst nach seinem Bankrott gab Herwart sein Augsburger Bürgerrecht auf und siedelte nach Hohenburg über. Der Erwerb bayerischer Hofmarken mußte, wie eine Reihe weiterer Augsburger Beispiele zeigen, keineswegs mit der Aufgabe kaufmännischer Tätigkeit einhergehen. Schließlich verschweigt Lanzinner völlig, daß Herwärts Bankrott vor allem durch den Konkurs Melchior Manlichs im Jahre 1574, dem Herwart enorme Summen geliehen hatte - die Quellen sprechen von 120.000 Kronen bzw. 150.000 fl - , verursacht wurde. Melchior Manlich, der in den Jahren vor seinem Bankrott von Marseille aus in den direkten Handel mit der Levante eingestiegen war, repräsentiert geradezu idealtypisch den innovativen und risikofreudigen Unternehmer im Augsburg der 1560er und 1570er Jahre. Bezeichnenderweise wurde Herwart für seine Forderung nicht mit dem Grundbesitz Manlichs, sondern mit zwei Handelsschiffen

160 Im Zusammenhang mit der Analyse der Lyoner Finanzkonsortien verdient schließlich auch der Faktor „Landsmannschaft" Beachtung. 299 Die Oberdeutschen bildeten wie die Schweizer, Florentiner und Genuesen in Lyon eine eigene „Nation" und verfugten mit der Jakobiner-Bruderschaft über eine eigene Sozietät.300 Bereits die ältere Forschung hat überdies festgestellt, daß sich die Gläubigersyndikate, die der französischen Krone Darlehen gewährten, zumeist aus den Angehörigen einer Nation rekrutierten - ein Umstand, dem Männer wie Obrecht und Minckel zumindest teilweise ihre überragende Rolle verdankten. 301 Unter den Lyoner Geschäftspartnern der Weyer finden sich eine Reihe von Oberdeutschen wie die Nürnberger Kaufleute Sebald und Hieronymus Schürstab, die mit 556 Livres unter den Schuldnern erscheinen, Florentius Örtel, der den Weyer 1570 angeblich noch 1.800 Livres zu zahlen hatte,302 und Christoph Ebner, der mit 614 Livres Gläubiger der Brüder war.303 Hieronymus Schürstab, genannt „fichefeu", erscheint bereits in den 1540er Jahren mehrfach in Mietverträgen für Läden und Warenmagazine in Lyoner Notariatsdokumenten - im Juni 1543 vermietete er ein Warenmagazin für sechs Jahre an Hans und Eberhard Zangmeister 304 - , und Christoph Ebner war im Jahre 1555 Partner der Haug-Langnauer-Linck bei einem Lyoner Wechselgeschäft über 2.293 fl.305 Ein Jahrzehnt zuvor gehörte er bereits neben Christoph Freyhaimer aus Augsburg und Jakob Jäger aus Ulm zu den Testamentszeugen und Legatsempfängern des damals einflußreichsten oberdeutschen Kaufmanns in Lyon, Hans Kleeberger.306 Daneben gibt es jedoch auch eine Reihe von Belegen für eine Zusammenarbeit der Weyer wie auch der anderen Augsburger Kaufleute in Lyon mit Angehörigen anderer Nationen bei Handels- und Kreditgeschäften. Als größte Schuldner der Weyer in Lyon werden 1557 Matthäus Gienger von Ulm, Pierre Garcinot und Antonio Gada von „Vallanza" mit 27.969 Livres genannt307 - eine „internationale" Gruppe von Kaufleuten, die offensichtlich gemeinsam der französischen Krone

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aus der Mittelmeerflotte Melchior Manlichs, der „Griffon" und der „Falcon" im Gesamtwert von 30.000 fl, teilweise entschädigt (vgl. Warnemünde, S. 133; Seibold, S. 150-151). Die selektive Wahrnehmung einzelner Fakten fuhrt so zur Perpetuierung der beliebten These von der „Feudalisierung des Bürgertums", die sich - zumindest in diesem Fall - als Zerrbild herausstellt. Vgl. Reinhard, Freunde, S. 36-37. Köpf, S. 82-83. Zeller, S. 7; Doucet, Grand Parti, Teil I, S. 485. StAA, StG 201, fol. ΐ Γ - ΐ Γ . StAA, StG 30, fol. 55r. Arch. Dept. Rhone, 3E 3849 (Cussonel), fol. 305 r -306 v , 342 r -342 v . StAA, KuH, Nr. 6, fol. 91. Ehrenberg, Bd. 1, S. 262. Unter den Nürnberger Gläubigern der französischen Krone, die in den 1570er Jahren am sog. „Petit Parti" beteiligt waren, erscheint Christoph Ebner mit einem Betrag von 1.213 fl: Pfeiffer, Bemühungen, S. 420. StAA, StG 201, fol. ll v -12 r .

161 Geld vorstreckten. Die Brüder Hieronymus und Bernardus Pellissari, die 1557 eine Forderung von 707 Livres an Hans und David Weyer in Lyon hatten,308 gehörten zur „nation des ligues grises", den französisch- und italienischsprachigen Schweizer Kaufleuten in Lyon. 309 Die Pellissari erwarben insgesamt 44.292 Livres aus dem Grand Parti.310 Mitte der 1560er Jahre, nach mehreren partiellen Rückzahlungen, hatten sie noch Forderungen in Höhe von 10.666 und 26.000 Livres an die französische Krone. Bei ihren Darlehensgeschäften arbeiteten sie mit dem Piemontesen Blaise de Garimond zusammen, der mit 1.400 Livres auch unter den Schuldnern der Weyer erscheint. 3 " Die Brüder Johann Baptist und Claudius Pellissari standen später mit dem Lyoner Seidenhändler Claude Gapaillon in geschäftlicher Verbindung. 312 Im September 1561 wurde das Haus der Pellissari in der rue Saint Jean Zielscheibe von Drohungen aufgebrachter Lyoner Bürger, weil die Familie im Verdacht stand, ihr Anwesen für geheime Gottesdienste der Hugenotten zur Verfugung zu stellen; nach dem Ende des protestantischen Intermezzos in Lyon verließen die Pellissari die Stadt und flüchteten nach Genf. 313 Unter den Lyoner Gläubigern der Weyer befand sich mit Giovanni Battista Grimaldi, dessen Forderung sich auf 500 Livres belief, ein Mitglied einer der mächtigsten, über ganz Europa verzweigten genuesischen Kaufmannsfamilien. 314 Unter den Lyoner Schuldnern der Firma erscheinen indessen einige weitere der 308 309

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StAA, StG 30, fol. 55 r . Die ursprünglich aus Chiavenna stammenden Pellissari gehörten zu den mobilsten Kaufmannsfamilien im Europa des 16. Jahrhunderts: Bernardus lebte zunächst in Vicenza, war aber seit 1556 in Genf ansässig, wo auch sein Bruder Nicolaus 1572 starb. Nicolaus' Söhne Cornelius und Claudius wurden 1573 bzw. 1575 Bürger von Basel, wo sie in der Seidenfärberei und im Großhandel mit Seidengarn tätig waren. Ihr Bruder Johann Baptist ging nach Lyon, wohin ihm später auch Claudius folgte. Andere Mitglieder der Familie zogen nach Venedig und Amsterdam. Vgl. Geering, S. 468-472. Zur Gruppe der „Grisons" in der Lyoner Kaufmannschaft vgl. Bresard, S. 211. Doucet, Grand Parti, Teil I, S. 503, Anm. 1. StAA, StG 201, fol. 1 Γ (dort „Piero Garzimondt" geschrieben). Gascon, Structure, S. 149. Davis, Frauen, S. 62-63. StAA, StG 30, fol. 55r. Aufgrund der weiten Verzweigung der Sippe sowie der Tatsache, daß bestimmte Vornamen immer wiederkehren, ist die genaue Identität einzelner Angehöriger der Familie oft schwer zu ermitteln. Möglicherweise war der Weyer-Gläubiger jedoch identisch mit dem genuesischen Kaufmann und Kunstsammler Giovanni Battista Grimaldi, einem legitimen (!) Sohn des Kardinals Geronimo Grimaldi. Grimaldi, der mit Marietta Negroni verheiratet war, lieh Karl V. im Mai 1553 zusammen mit Silvestre Cattaneo 100.000 scudi und acht Monate später alleine nochmals 44.000 scudi. 1563 erwarb er zusammen mit seinem Bruder ein Drittel der Alaungruben von Tolfa. Vgl. Carande, Bd. 3, S. 480, 484; Hobson, S. 49, 55-59. Ein anderer Giovanni Battista Grimaldi hatte von 1528 bis 1532 gemeinsam mit den Augsburger Unternehmen Anton Fuggers und Bartholomäus Welsers die spanische Maestrazgopacht inne. Zu den wirtschaftlichen Aktivitäten der Grimaldi in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts und den Problemen der Grimaldi-Forschung vgl. Kellenbenz, Grimaldi.

162 großen italienischen Handelshäuser der Stadt: Vicenzo Sandovivo und Bartolo di Bartolmi waren ihnen 2.589 Livres, der Florentiner Tomaso Guadagni 600 Livres, dessen „Landsmann" Piero Capponi 4.000 Livres, der Piemonteser Gaspar Vallory 1.333 Livres, Bernardo und Vicenzo Bonvisi 966 Livres und Antonio und Lodovico Bonvisi 4.600 Livres schuldig.315 Vor allem die Bonvisi, Capponi und Guadagni beteiligten sich in den 1540er und 1550er Jahren auch in größerem Umfang an französischen Kronanleihen. Die Forderungen des Gherardo di Tomaso Guadagni an die Krone beliefen sich 1553 auf 10.000 Kronen, die von Antonio und Lodovico Bonvisi im selben Jahr auf 39.925 ecus, 1557 sogar auf 121.023 ecus.316 Vicenzo Bonvisi streckte König Heinrich II. im Jahre 1555 112.500 Livres vor.317 Im August 1556 kooperierte der Vertreter der Guadagni, Albizzo Delbene, mit Georg Obrecht und Israel Minckel bei einer französischen Kronanleihe über 300.000 ecus, die der Marschall Piero Strozzi vermittelte.318 Daß die Weyer auch an dieser Anleihe beteiligt waren, geht aus einer Aussage von Hans Weyers Anwalt im Appellationsprozeß vor dem Augsburger Stadtgericht von 1570 hervor. Nach Auffassung des Anwalts war Hans Weyer „durch seines Bruders mit der Cron Franckreich, Georgen Obrechten, den Guadani, vnnd Mattheusen Gienger, on sein wissen vnnd willen gepflegne Schadenhanndlungen" innerhalb von acht bis zehn Monaten um mehr als 50.000 Kronen „Inn kundlichen Schaden vnd verderben gebracht vnd gefüert worden". 319 Die Zusammenarbeit zwischen oberdeutschen und italienischen Handelsfirmen in Lyon war kein Spezifikum der Weyer. Auf die Kooperation der Meuting mit den Dada, Capponi und Rinucini wurde bereits hingewiesen. Die Gesellschaft Christoph Welsers arbeitete bei Wechselgeschäften zwischen Venedig und Lyon 1556 mit dem Florentiner Bankhaus Filippo Salviatis zusammen. 320 Auch die Erben Sebastian Neidharts bedienten sich bei ihren Rimessen von Antwerpen nach Lyon in den Jahren 1562-63 vorwiegend der Vermittlung italienischer Firmen wie Alessandro Bonvisi, Redi di Niccolo e Luigi Spinoli, Redi di Bonaventura Michaeli e di Jeronimo Arnolfini, Redi di Vicenzo Guinigi und Stefano Spadas Erben.321 Der Stellenwert, den diese Form der internationalen Kooperation für die beteiligten Firmen hatte, läßt sich jedoch nur vor dem Hintergrund zweier Faktoren beurteilen: zum einen der Dominanz der italienischen Firmen in Lyon, zum anderen der spezifischen Struktur der großen italienischen Kaufmannsfamilien. Die 315

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StAA, StG 201, fol. 1 Γ - l f . David Weyer brachte die Schuldforderung gegen Vallory 1566 auch vor einen Lyoner Notar: Arch. Dept. Rhone, 3E 4166 (Delaforest), 10.5.1566. Ehrenberg, Bd. 1, S. 304, 318; Doucet, Grand Parti, Teil I, S. 485. Doucet, Grand Parti, Teil I, S. 499. Ehrenberg, Bd. 1, S. 304-305. StAA, StG 201, fol. 60 v . Werner, Bartholomäus Welser, 1968 I, S. 98. StAA, KuH, Nr. 11, fol. 90-93.

163 Forschungen Richard Gascons haben empirisch eindrucksvoll nachgewiesen, daß die Handelsstadt Lyon im 16. Jahrhundert in hohem Maße eine „italienische" Stadt war. Im Jahre 1569 etwa zahlten die italienischen Firmen Lyons zwei Drittel der städtischen Zölle, und die acht größten Importfirmen dieses Jahres waren allesamt italienischen Ursprungs. Unter den 183 Ausländern, zumeist Kaufleuten und Bankiers, die 1571 in Lyon fest etabliert waren und dort zur Steuerzahlung veranschlagt wurden, standen 154 Italienern nur 22 Deutsche gegenüber, und die größten ausländischen Steuerzahler waren ausnahmslos Italiener. Einzelne Handelszweige, etwa der Import von Samt aus Genua oder von Seide aus Lucca, wurden von den genuesischen oder Luccheser Kaufleuten in Lyon geradezu monopolisiert, und auch auf dem Geldmarkt dominierten die Genuesen, Florentiner und Lucchesen.322 „La floraison lyonnaise au XVIe siecle", resümiert Michel Morineau die Forschungen Gascons, „fut essentiellement Γ affaire des Italiens."323 Die innere Struktur und geschäftliche Orientierung der großen italienischen Handelsfirmen in Lyon läßt sich exemplarisch anhand des Profils der reichsten italienischen Kaufmannsfamilie in Lyon um die Mitte des 16. Jahrhunderts, der Bonvisi, veranschaulichen. Die aus Lucca stammenden Bonvisi etablierten sich in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts in Lyon, wo sie seit 1504 nachweisbar sind, Antwerpen und London.324 Bereits 1514 wurden sie zu den „namhaftigen penck oder creditori in Lion" gezählt.325 Die Firma, deren Geschäftsbeziehungen sich über ganz Westeuropa erstreckten, verband einen ausgedehnten Warenhandel mit Geld- und Versicherungsgeschäften. Zwischen 1570 und 1580 wechselten die Bonvisi auf jeder Lyoner Messe Summen in der Größenordnung von 300.000 ecus.326 Im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts, für welches die geschäftlichen Aktivitäten der Firma genauer erforscht sind, spielten die Beziehungen nach Nordwesteuropa - England und den Niederlanden - fur die Lyoner Bonvisi nur mehr eine untergeordnete Rolle.327 Zur iberischen Halbinsel unterhielten die Bonvisi umfangreiche Bankverbindungen; daneben importierten sie größere Mengen Gewürze aus Saragossa.328 Von zentraler Bedeutung fur ihr Unternehmen war je322 323

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Gascon, Grand commerce, bes. S. 108-115, 204-205, 208-222, 228-230, 358-363. Morineau, S. 1539-1542 (Zitat 1539-1540). Philippe Hamon hat festgestellt, daß von 124 Kaufleuten und Bankiers, die der französischen Krone während der Regierungszeit Franz' I. nachweislich Geld zur Verfügung stellten, 87 oder rund 70 Prozent Italiener waren. Hamon, S. 140-141. Ehrenberg, Bd. 1, S. 317. In Antwerpen etablierten sich die Bonvisi um 1517/18. Zu ihrer Präsenz in den Niederlanden vgl. Goris, S. 187, 401, 617 und passim; Coornaert, Bd. 1, S. 131, 224, 267, 295, 326, 352; Bd. 2, S. 73, Anm. 1. Müller, Welthandelsbräuche, S. 271. Jeannin, marchands, S. 67. Bayard, S. 1238-1239. Ebd., S. 1239, 1242-1243. Zur Bedeutung der Lyoner Bonvisi als Geschäftspartner der großen Handelshäuser von Burgos im Handel mit Luxusstoffen und im Wechselgeschäft um die Mitte des 16. Jahrhunderts vgl. Casado Alonso, S. 337, 339.

164 doch der Waren- und Geldverkehr mit Italien, woher die Hälfte ihrer Importe, vor allem Luxusstoffe, und 38 Prozent der Wechselbriefe kamen, die sie empfingen. Besonders enge Beziehungen hatten sie nach Venedig, Florenz und Neapel. Daneben spielte der französische Binnenmarkt fur die Bonvisi eine große Rolle: in Toulouse, Bordeaux und Marseille waren sie ebenso präsent wie in Limoges, Tours, Nantes, Rouen und Paris.329 Trotz ihres Reichtums, ihres enormen Prestiges und ihrer Spitzenstellung innerhalb der Hierarchie der Lyoner Kaufleute integrierten die Bonvisi sich kaum in die städtische Gesellschaft Lyons. Sie erwarben keinen Haus- oder Grundbesitz außerhalb der Stadt, bekleideten keine städtischen Ämter und strebten keine Adelstitel an. Ihre Solidarität galt vielmehr in erster Linie der eigenen Familie: die Bonvisi-Gesellschaften in Lyon bestanden ausschließlich aus Mitgliedern der Familie, und die Lyoner Bonvisi unterhielten enge Beziehungen zum Stammhaus in Lucca und zu anderen Zweigen der Familie in Genua, Venedig und Antwerpen. Deutlicher Ausdruck dieses Familienbewußtseins ist das Testament Antonio Bonvisis, der 1559 in Brabant verstarb und seine Verwandten in Antwerpen, Lyon und Lucca mit bedeutenden Legaten bedachte.330 Das Primat der eigenen Sippe und des eigenen Unternehmens gegenüber anderen Loyalitäten ist indes kein Spezifikum der Bonvisi, sondern stellt vielmehr einen Grundzug der großen italienischen Kaufmannsdynastien dar.331 Insofern ist die Zusammenarbeit der Oberdeutschen mit den Italienern auf dem Lyoner Geldmarkt vor allem auf die Dominanz italienischen Kapitals in der Rhone-Metropole zurückzuführen. Sie darf demnach in ihrer Bedeutung nicht überschätzt werden, denn hinsichtlich ihrer sozialen Beziehungen bildeten die verschiedenen „fremden Nationen" in Lyon jeweils eigene „Lebenskreise" und hatten wenig miteinander zu tun.332 Von den Augsburger Kaufleuten, die sich in größerem Umfang an französischen Kronanleihen beteiligten, sind außer für die Weyer lediglich für Bernhard Meuting geschäftliche Verbindungen zu den Bonvisi nachweisbar.333 Neben dem Faktor „Verwandtschaft" kommt somit auch dem der „Landsmannschaft" fur die Charakterisierung der Syndikate oberdeutscher Kaufleute, die um die Mitte des 16. Jahrhunderts in das große Geschäft mit französischen Staatsanleihen einstiegen, eine nicht unerhebliche Bedeutung zu. Der französische Staatsbankrott von 1557 und die darauf folgenden Bankrotte der Weyer, Zangmeister und Meuting führten sowohl zu einer Umschichtung der 329 330 331

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Bayard, S. 1245-1246. Ebd., S. 1234-1237. Vgl. Gascon, Grand commerce, S. 368-369; Morineau, S. 1540. Gascon, Grand commerce, S. 364: „Les Nations etrangeres etablies ä Lyon y forment un monde interieurement divise." Zwischen 1582 und 1584 stellten Meutings Erben mehrere Vollmachten zur Einbringung von Schulden von den Erben Lodovico und Benedetto Bonvisis in Lyon aus: StAA, Spreng XXVI, Nr. 38; Spreng 1583, Nr. 74; Spreng XXX, Nr. 17.

165 Forderungen der Augsburger als auch zu einer stärkeren Koordination ihrer Aktivitäten. 1560 reiste eine Gesandtschaft, an der Bartholomäus Welsers Sohn Andreas, dessen Schwager Hieronymus Imhof und der aus Memmingen stammende Hans Hartlieb, ein Schwager Lukas Rems d.J., beteiligt waren, an den französischen Hof, um dort wegen Rückzahlung der französischen Schulden bei den Oberdeutschen zu verhandeln. „Und kehrten zwar", berichtet der Chronist Achilles Pirmin Gasser, „in diesem Geschafft / etlich Monat lang / allen ihren möglichsten Fleiß an / richteten aber wenig auß / sondern kamen leer vnd vnverrichter Sachen wider zu Hauß." 334 Nachdem die Augsburger Kaufleute nach jahrelangen zähen Verhandlungen schließlich doch einen Vergleich mit der französischen Krone über die Rückzahlung ihrer Forderungen erzielt hatten, bildete sich ein neues Konsortium, dessen Interessen von dem Faktor Melchior Manlichs in Lyon, Oswald Seng, wahrgenommen wurden. Immerhin wurden bis zum Jahre 1567 rund 800.000 Livres aus der Gesamtforderung der Deutschen über 4.000.000 Livres zurückgezahlt. Allein die Erben Sebastian Neidharts konnten zwischen 1564 und 1567 von ihrer Forderung von 627.780 Livres mit rund 200.000 Livres ein knappes Drittel einbringen. 1567 stellte die französische Krone jedoch endgültig ihre Zahlungen ein.335 Die Zusammensetzung der Augsburger Gläubiger der französischen Krone zu diesem Zeitpunkt läßt sich aus einigen Dokumenten der folgenden Jahre erschließen. Ende Oktober 1570 trat Oswald Seng in Lyon als Bevollmächtigter Hans Paul Herwärts, der Erben des Nürnbergers Bonaventura Furtenbach, der Kuratoren der Münchner Kaufleute Andreas Ligsalz und Thomas Fleckhaimer, Anton Meutings, der Gläubiger Christoph Kraffters und Lukas Rems sowie Karl Wolfgang Rehlingers auf und stellte dem Anwalt Jean Alemand eine Vollmacht aus, von Georg Obrecht und Israel Minckel Gelder einzubringen, die diese seinen Auftraggebern schuldig waren. 336 In einer Vollmacht aus dem Jahr 1572 für Oswald Seng und Rupert Lins, in Lyon Geld von der Krone Frankreichs einzubringen, finden sich Hieronymus Imhof, Lukas Rem, die Haug-Langnauer-Linck, Melchior Manlich, Otto Lauginger, Joachim Höchstetter, Karl Wolfgang Rehlinger und Markus Stenglin.337 1574 gingen die gleichen Gläubiger zusammen mit den Erben Hans Welsers und Anton Meuting gegen die Firma Israel Minckels und Georg Obrechts vor; die Augsburger waren zusammen mit anderen Oberdeutschen an einer Kronanleihe über 576.000 fl, die Obrecht und Minckel vermittelt hatten, mit 200.000 fl beteiligt.338 Da Obrecht und Minckel zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben waren und ihre Firma falliert hatte, dürfte den Bemühungen der Vertreter 334 335

336 337 338

Gasser/Hartmann, Chronica, 3. Theil, S. 100-101; vgl. Chroniken, Bd. 33, S. 37-38. Ehrenberg, Bd. 1, S. 225; Bd. 2, S. 179-181; Warnemünde, S. 30; Kellenbenz, Manlich, S. 38; Seibold, S. 138-139. Arch. Dept. Rhone, 3E 4175 (Delaforest), fol. 318 Γ -318 ν . StAA, Spreng VII, Nr. 45, 45 1/2. StAA, Spreng X, Nr. 45, 45 1/3; vgl. Ringling, S. 266.

166 dieser Gruppe in Frankreich wenig Erfolg beschieden gewesen sein. Für diese Augsburger Kaufleute war das Geld, das sie den beiden Straßburger Kapitalisten und der französischen Krone in der Hoffnung auf große Profite anvertraut hatten, wohl definitiv verloren. Während die meisten dieser Gläubiger bereits unter den Augsburger Finanzkonsortien erschienen, die in den 1550er Jahren in Lyon aktiv waren, begegnen hier mit Otto Lauginger, Markus Stenglin und Karl Wolfgang Rehlinger auch einige neue Namen. Der Patrizier Otto Lauginger, der von 1563 bis 1590 in Augsburg das Bürgermeisteramt bekleidete,339 hatte 1554 eine Tochter des Ex-Bürgermeisters Hans Welser geheiratet, der die Nürnberger Welser in Augsburg vertrat.340 Lauginger befand sich 1564 unter den Lyoner Gläubigern der Erben Sebastian Neidharts 341 und zählte ein Jahrzehnt später mit einer Forderung von 86.900 fl zu den größten Gläubigern des im Marseiller Mittelmeerhandel tätigen Melchior Manlich.342 Die enge Verbindung zu Melchior Manlich, die möglicherweise auch Laugingers Investition in französische Kronanleihen erklärt, kam höchstwahrscheinlich über Melchior Manlichs Schwiegersohn Philipp Welser zustande, der Laugingers Schwager war.343 Markus Stenglin d.J., der 1545 Mitglied der Kaufleutestube wurde,344 gehörte hingegen einer kaufmännischen Aufsteigerfamilie an, die erst um die Mitte des 16. Jahrhunderts eine größere Rolle im Augsburger Fernhandel zu spielen begann. Die Stenglin betätigten sich zunächst offenbar vorrangig im Gewürzhandel, 345 doch verzeichnen die Augsburger Unterkaufbücher für die Jahre 1551 bis 1558 auch rund 40 Geldgeschäfte Markus Stenglins d.Ä. und seines gleichnamigen Sohnes.346 Der Patrizier Karl Wolfgang Rehlinger schließlich ist aufgrund seiner Straßburger Verbindungen besonders interessant. Er war ein Sohn Wolfgang Rehlingers, der zwischen 1534 und 1541 viermal zum Augsburger Bürgermeister gewählt wurde, Anfang 1544 aber Augsburg verließ und nach Straßburg zog, wo sein Verwandter Jakob Sturm für ihn die Aufnahme ins Bürgerrecht beantragte.347 Wegen der Unruhen in der Straßburger Bürgerschaft nach der Einfuhrung des In339 340 341 342

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347

Sieh-Burens, Oligarchie, S. 348. StAA, Werner/Lilienthal, „Lauginger". StAA, KuH, Nr. 11, Lyoner Gläubiger, fol. 9. StA Konstanz, HX 3414. Nach Manlichs Bankrott verringerte sich Laugingers Steuerleistung, die sich 1562 auf 234 fl belaufen hatte, auf 83 fl im Jahre 1575. StAA, Steuerbuch 1562, Sp. 82a; Steuerbuch 1575, Sp. 94a. Welser, Welser, Bd. 1, S. 299-313. IHK, Kaufleutestube, fol. 40. Warnemünde, S. 157-158. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 558 und passim. Zwischen 1579 und 1594 stellten Markus Stenglin d.J. bzw. dessen Erben noch mehrere Vollmachten zur Einbringung ihrer französischen Außenstände aus: StAA, Spreng XXII, Nr. 67-68; Spreng XXIII, Nr. 98, 109; Spreng XXXI, Nr. 87; Spreng 1587, Nr. 94; Spreng 1588, Nr. 35, 37; Spreng L, Nr. 53. Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 3, S. 218-220; Brady, Ruling Class, S. 273, Anm. 52.

167 terims verließ Rehlinger 1548 die Stadt und kehrte erst 1555 zurück.348 Sein Sohn Karl Wolfgang wandte sich nach dem Besuch der Universität von Löwen (1550)349 wieder nach Augsburg und heiratete dort 1558 Katharina Seuter, eine Tochter Dr. Melchior Seuters und Enkelin Konrad Peutingers.350 1562 zahlte er eine gedingte Steuer von 100 fl, was darauf hindeutet, daß er zu diesem Zeitpunkt noch kein volles Bürgerrecht besaß.351 Im Jahre 1575 hingegen gehörte er mit einer Steuerleistung von 600 fl zur absoluten Spitzengruppe der Augsburger Großkaufleute. 352 Zwischen 1571 und 1575 stellte Rehlinger Vollmachten für Vertreter in Antwerpen353 und Köln354 aus. Im Umland von Augsburg besaß er die Dörfer Nordendorf, Dornsperg, Ober- und Unterwindach. 355 Im Gegensatz zu seinem Vater ließ sich Karl Wolfgang Rehlinger jedoch nicht auf eine politische Karriere in Augsburg ein. Zwischen 1569 und 1589 gehörte er lediglich dem Großen Rat der Reichsstadt an.356 Ob seine Verbindung zu Obrecht und Minckel noch aus seiner Straßburger Zeit herrührte oder erst später zustandekam, ist leider nicht bekannt. Die Aktivitäten der Gebrüder Weyer auf dem spekulativen französischen Anleihemarkt vollzogen sich also in Konkurrenz zu mehreren anderen Firmenkonsortien. Durch eine Allianz mit den Straßburger Bankiers Georg Obrecht und Israel Minckel hatten die Weyer 1555/56 offenbar versucht, sich gegenüber ihrer Konkurrenz durchzusetzen, doch als sich im folgenden Jahr die Zahlungsschwierigkeiten des königlichen Schuldners abzeichneten, waren die Weyer auch die ersten der Augsburger Bankiers, die deshalb aufgeben mußten. Ausgeblendet blieb bislang die Frage, woher die Weyer das Kapital beschafften, das sie den königlichen Finanzagenten in großem Umfang vorstreckten. Daher steht die Fremdkapitalstruktur der Firma im Mittelpunkt des folgenden Kapitels.

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Brady, Ruling Class, S. 280, 284, 379. Matricule Louvain IV/1, S. 408. Hämmerle, Nr. 706; Genealogisches Handbuch, Bd. 7, S. 294; vgl. StAA, Werner/Lilienthal, „Peutinger". StAA, Steuerbuch 1562, Sp. 18a. StAA, Steuerbuch 1575, Sp. 94b. StAA, Spreng V, Nr. 21. StAA, Spreng V, Nr. 22; Spreng X, Nr. 46; Spreng XI, Nr. 58. von Stetten, Geschlechter, S. 94; Genealogisches Handbuch, Bd. 7, S. 294; Fried/Hiereth, S. 124 mit Anm. 12, S. 126. Im Jahre 1580 verkaufte er Nordendorf an Markus Fugger: Fehn, S. 34. StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 51-60.

168

3. Die Gläubiger der Weyer: Ein Kollektivporträt

3.1 Die Struktur der Gläubiger Als Hans und David Weyer 1557 ihre Zahlungen einstellen mußten, meldeten in Augsburg 29 Kreditoren Ansprüche an die Falliten in einer Gesamthöhe von 71.072 fl an. In Lyon hatten 12 Gläubiger, unter denen der Nürnberger Christoph Ebner der einzige Oberdeutsche war,' ingesamt 19.028 Livres von den Brüdern zu bekommen. 2 Diese Aufstellung gibt insofern kein vollständiges Bild der Gläubigerstruktur der Firma zum Zeitpunkt ihres Bankrotts, als einige Personen, namentlich Bonaventura Furtenbach und Hans Langnauer, es verstanden hatten, ihre Forderungen an die Weyer noch einzutreiben, ehe der Run der übrigen Gläubiger einsetzte.3 Außerdem geht aus einem Ende Januar 1557 vor dem Lyoner Notar Cussonel abgeschlossenen Vertrag hervor, daß Hans Weyer seinem Schwager Markus Müller fur dessen Forderungen an die Weyer in Höhe von 4.000 ecus diverse Schuldsummen übertrug; Müller erscheint dann bezeichnenderweise nicht mehr unter den Augsburger Kreditoren. 4 Ungeachtet dieser Einschränkungen vermittelt die Augsburger Gläubigerliste ein plastisches Bild von der Fremdkapitalstruktur der Weyer-Firma. Die meisten der 29 Gläubiger, die ihre Forderungen vor das Augsburger Stadtgericht brachten, kamen aus der Reichsstadt selbst. Zehn auswärtige Gläubiger reklamierten insgesamt 19.300 fl oder rund 27 Prozent der in Augsburg ausstehenden Passiva der Weyer. Mit 44.617 fl entfielen fast 63 Prozent der Augsburger Schulden der Weyer auf lediglich fünf Großgläubiger: die Mutter der Falliten (8.117 fl), die Haug-Langnauer-Linck-Gesellschaft (13.000 fl), die Salzburger Firma Alt (7.500 fl), Christoph Manlich (6.000 fl) und Ulrich Linck (10.000 fl). Die Augsburger Gläubiger der Weyer präsentieren sich als eine relativ heterogene Gruppe: Patrizier, Großkaufleute aus Augsburg und anderen Städten, wohlhabende Handwerker und eine Gruppe von Personen, die als „Intellektuelle" charakterisiert werden können. Ihre Forderungen reichten von wenig mehr als 100 fl bis zu den 13.000 fl, welche die Haug-Langnauer-Linck reklamierten. Eine prosopographische Studie der Kreditoren soll ihre sozialen Positionen innerhalb der städtischen Hierarchie, ihre jeweiligen sozialen Beziehungen und die Verflechtungen

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Zu ihm vgl. Kap. 2.3. StAA, StG 30, fol. 53 v -55 r . Vgl. StAA, Personenselekt Fröhlich. Arch. Dept. Rhone, 3E 3851 (Cussonel), fol. 258 v -268 v .

169 zwischen Augsburg und anderen Städten offenlegen. Von besonderem Interesse ist dabei die Präsenz von Verwandten der Weyer unter den Kreditoren, da sich daraus Aufschlüsse über die Kongruenz von familiären und ökonomischen Verbindungen und somit über die Multiplexität sozialer Beziehungen innerhalb der Augsburger Kaufmannschaft um die Mitte des 16. Jahrhunderts ergeben. Deshalb soll zunächst das engere familiäre und verwandtschaftliche Umfeld der Brüder, repräsentiert durch ihre Mutter Magdalena Weyer (geb. Linck), ihren Bruder Sebastian, ihren Vetter Dominikus und ihren Onkel Ulrich Linck betrachtet werden. Magdalena Linck, die Mutter der Brüder Hans und David Weyer, hatte 8.117 fl in die Gesellschaft ihrer Söhne eingelegt. Nachdem ihre Steuerleistung sich 1550 auf 45 fl belief, was auf ein Gesamtvermögen von 9.000 bis 18.000 fl schließen läßt, dürfte es sich bei ihrer Einlage also um den größeren Teil ihres Vermögens gehandelt haben. Der Verlust der jährlichen Zinseinkünfte aus diesem Depositum mußte für sie daher den Wegfall der Hauptquelle ihres Lebensunterhalts bedeuten. Das Phänomen, daß der Konkurs einer Handelsfirma die Mutter der Bankrotteure praktisch mittellos machte, begegnet auch bei anderen Firmenzusammenbrüchen dieser Zeit. Als die Brüder Hans, Eberhard und Kaspar Zangmeister 1560 in Augsburg und Memmingen ihre Zahlungen einstellen mußten, stand ihre Mutter Elisabeth mit einem Betrag von 9.508 fl an der Spitze der Gläubiger. 5 Die Witwe Markus Ulstetts d.Ä., Dorothea Müller, hatte zum Zeitpunkt des Konkurses ihrer Söhne Markus, David und Paul (1563) 12.550 fl in deren Handelsgesellschaft eingelegt.6 Im Konkursverfahren gegen ihre Söhne trat Magdalena Weyer kaum in Erscheinung. Dem Ehrenbuch ihrer Familie ist über ihre Biographie immerhin zu entnehmen, daß sie 1497 geboren wurde, zum Zeitpunkt des Weyer-Bankrotts also 60 Jahre alt war. Nachdem sie in ihrer Jugend „Bey Irer fraw Muter [...] In großer zucht vnnd erbarkait aufertzogen" wurde, heiratete sie 1519 als 22jährige den Kaufmann Sebastian Weyer, dem sie in den folgenden 24 Jahren mindestens sieben Söhne und drei Töchter gebar. Nachdem sich Sebastian Weyer regelmäßig in Frankreich aufhielt, ist anzunehmen, daß Magdalena die meiste Zeit ihrer Ehe den Haushalt der Familie allein führte und sich in Abwesenheit ihres Mannes wohl auch um dessen Augsburger Geschäfte kümmerte. 7 Noch weniger wissen wir über Hans und David Weyers Bruder Sebastian, der mit 2.000 fl unter den Gläubigern seiner Brüder erscheint. Der jüngere Sebastian Weyer wurde 1551 in die Augsburger Kaufleutestube aufgenommen, wegen Konkurses aber später wieder ausgeschlossen.8 Im Bankrottverfahren gegen seine Brüder spielte er selbst keine aktive Rolle, doch bestanden einige der Gläubiger darauf, daß nicht nur Hans und David

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Westermann, Zahlungseinstellung, S. 511. StAA, Spreng I, Nr. 1. StBA, 2° Cod. Aug. 489, fol. 18r. IHK, Kaufleutestube, fol. 42.

170 Weyer, sondern auch ihr Bruder Sebastian für die Schulden der Firma die Haftung übernehmen müsse. 9 Dominikus Weyer, dessen Forderung an die bankrotte Firma sich auf 1.200 fl belief, war ein Vetter von Hans und David Weyer und vermutlich ein Sohn des gleichnamigen Bruders von Sebastian Weyer d.Ä.10 Er wurde 1549 Mitglied der Augsburger Kaufleutestube" und unternahm im folgenden Jahr zusammen mit seinem Vetter Melchior Linck sowie mit den Augsburger Bürgerssöhnen Konrad Vöhlin und Christoph Freyhaimer eine Reise nach Lyon.12 1553 waren „Hans und Dominikus Weyer" den Haug-Langnauer-Linck Beträge von 2.950 fl und 1.021 fl schuldig.13 1562 entrichtete Dominikus Weyer mit 6 fl einen recht bescheidenen Steuerbetrag,14 und zwei Jahre später findet er als Testamentarier des langjährigen Fuggerangestellten Valentin Mair Erwähnung. 15 Während Dominikus Weyer nach Ausweis des Protokollbuchs der Augsburger Kaufleutestube im Oktober 1571 starb,16 verzeichnen die Pflegschaftsbücher zwischen 1570 und 1579 die Pflegschaft über einen Dominikus Weyer, der „sich nit mer regiren" konnte. Als Pfleger erscheinen mit Hieronymus Jenisch d.Ä., dessen gleichnamigem Sohn und Joachim Jenisch auch drei Angehörige der mit den Weyer verschwägerten Kaufmannsfamilie. 17 Der fragmentarische Charakter dieser biographischen Nachrichten deutet an, daß Dominikus Weyer in der Augsburger Geschäftswelt seiner Zeit eine eher marginale Rolle spielte. Ulrich Linck (1495-1560), Onkel von Hans und David Weyer und mit einer Forderung von 10.000 fl der größte Einzelgläubiger, war hingegen in den 50er Jahren des 16. Jahrhunderts einer der reichsten Augsburger und konnte zu dieser Zeit auf eine lange und erfolgreiche Karriere als Kaufmann zurückblicken. Als zehnjähriger wurde er nach Italien geschickt, um die Sprache zu erlernen. Nach zwei Jahren rief ihn sein Großvater Gastel Haug zurück, um ihn im Unternehmen Jakob Fuggers unterzubringen. Fugger habe dies jedoch abgelehnt, weil er „in diesem jungen Menschen ain solches Edels Ingenium auff die Kauffmanschafft" gesehen habe, „das auch mit der Zeit der Haugisch oder Bimlisch handel, welcher auff in Erben oder kommen mecht, solches wol notturfftig sein werde". Während die Handelsgeschäfte der Haug und Bimmel sich auf den Warenverkehr konzen-

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StAA, StG 3 0, fol. 20 v , 2 Γ , 40 r -40 v , 46 r . Vgl. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/1, S. 462, Anm. 216. IHK, Kaufleutestube, fol. 42. StBA, 2° Cod. Aug. 489, fol. 43 v -44 r . StAA, KuH, Nr. 6, fol. 33, 45. Ob Hans Weyer hier mit seinem Vetter oder dessen gleichnamigem Vater zusammenarbeitete, ließ sich nicht ermitteln. StAA, Steuerbuch 1562, Sp. 80d. StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1561-1565, S. 231. IHK, Kaufleutestube, fol. 42. StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1569-1572, S. 30, 48; Pflegschaftsbuch 1567-1580, fol. 74r; Kleines Pflegschaftsbuch 1572-1576, S. 187; Kleines Pflegschaftsbuch 1577-1582, S. 141.

171 trierten, hatte Jakob Fugger sich zu dieser Zeit bereits weitgehend auf Geldgeschäfte verlegt.18 Diese Episode, die durch das auf Ulrich Lincks Veranlassung angelegte und vermutlich von dem Augsburger Ratsdiener und Chronisten Clemens Jäger verfaßte „Geheime Ehrenbuch" seiner Familie überliefert ist,19 weist bereits deutlich auf das Selbstbewußtsein und Prestigedenken Lincks hin, das sich parallel zu seinem wirtschaftlichen Erfolg wie ein roter Faden durch seine Biographie zieht. Einerseits verleiht die Verbindung zu Jakob Fugger, dessen Gestalt eine Generation nach seinem Tod offenbar bereits legendäre Züge angenommen hatte, der Weichenstellung für Lincks Karriere besonderes Gewicht: der Empfehlung des großen Kaufmanns kommt eine geradezu prophetische Bedeutung zu, und Ulrich Linck, dem Fugger als jungem Mann ein „Edels Ingenium" bescheinigt hatte, konnte sich - zumindest in der Retrospektive - förmlich als „Auserwählter" fühlen. Gleichzeitig kommt in der Episode aber auch zum Ausdruck, daß Linck sich selbst den Fuggern nicht unbedingt unterlegen fühlen mußte, denn die Fugger waren zwar die fuhrenden Bankiers und Montanunternehmer der Reichsstadt, hatten sich aber aus dem Warengeschäft weitgehend zurückgezogen und überließen hier den Bimmel, Haug und Linck ein weites Betätigungsfeld. Ulrich Linck blieb daher zunächst im Geschäft seines Großvaters Gastel Haug, bereiste dann als Handelsdiener die Faktoreien der Bimmel in Nürnberg, Würzburg und Antwerpen und besuchte jahrelang regelmäßig die Frankfurter Messen „mer zu fuß dann zu roß".20 Der Hinweis auf die mühevolle Arbeit und die treuen Dienste des jungen Handelsdieners erscheint in der Rückschau nicht nur als Legitimation des späteren Aufstiegs, sondern hatte im Hinblick auf die potentiellen Leser des Ehrenbuchs - Lincks eigene Nachfahren - wohl auch eine ausgesprochen pädagogische Intention. 1527 wurde dem mittlerweile 32jährigen die Eheschließung mit Magdalena Herwart, der Tochter des einflußreichen patrizischen Ratsherrn Konrad Herwart, angetragen. Magdalena habe ihm „so wol gefallen", daß er dem Vorschlag seiner Verwandten folgte. Ulrich Lincks Bericht über die Umstände der Hochzeit - sein Schwiegervater Konrad Herwart lud die Gäste ohne Angabe der Kirche, in welcher die Trauung stattfinden sollte - ist ein bemerkenswertes Beispiel fur eine auf Ausgleich der konfessionellen Gegensätze bedachte Haltung im reformatorischen Augsburg. Die Eheschließung fand schließlich nach evangelischem Zeremoniell in der kleinen Kirche St. Antonino statt; das anschließende Mahl im Haus Konrad Herwärts und der Tanz auf dem Tanzhaus gaben Herwart, Linck und ihren Gästen die Möglichkeit der standesbewußten Selbstdar-

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StBA, 2° Cod. Aug. 489, fol. 18 v - 1 9 v (Zitat 19 v ); vgl. Strieder, Genesis, S. 201-202. Zum Linck'schen Ehrenbuch vgl. „Kurzweil viel...", S. 34-35. StBA, 2° Cod. Aug. 489, fol. 19 v ; Strieder, Genesis, S. 202.

172 Stellung.21 Als seine Frau nach 14 Ehejahren bei der Geburt ihres neunten Kindes verstarb, bedeutete dies für Linck eine schwere emotionale Prüfung: „Es ist kaum zuschreiben, was mir fur ain so groß schmertzlich hertzenlaid an disem irem Abschid auß diser weit begegnet ist." Die Überlegung, daß er wegen seiner vielen unmündigen Kinder und seiner großen Handelsgeschäfte ohne Ehefrau nicht „wol hausen" könne, bewog ihn 1543 zu einer Wiederverheiratung. Seine zweite Ehefrau Magdalena Hofmair entstammte ebenfalls dem alten Augsburger Patriziat.22 Im Jahre 1531 gehörte Ulrich Linck neben seinem Vetter Anton Haug und Hans Langnauer zu den Gründungsmitgliedern der Haug-Langnauer-Linck-Gesellschaft, die die Nachfolge der Firma Anton und Hans Bimmels antrat. Bereits vor der Gründung dieser Firma hatte Ulrich Linck mit 47 V2 fl im Jahre 1528 eine beträchtliche Steuerleistung entrichtet, doch nach 1531 vermehrte sich sein Vermögen geradezu rasant. Im Gründungsjahr der Haug-Langnauer-Linck-Gesellschaft hatte seine Kapitalbeteiligung 15.011 fl betragen, doch binnen zwei Jahren verdoppelte sie sich auf 30.694 fl und bis 1535 verdreifachte sie sich nochmals auf 90.000 fl. Im Jahre 1549 war er mit 120.000 fl an der Gesellschaft beteiligt, was zu diesem Zeitpunkt rund 40 Prozent des Stammkapitals der Firma entsprach; danach verringerte er jedoch seinen Kapitalanteil durch Entnahme um mehr als 50.000 fl. 1534 bezahlte Ulrich Linck mit 152 fl eine mehr als dreimal so hohe Steuersumme wie sechs Jahre zuvor.23 Nach dem Tod seiner Gesellschafter Hans Langnauer d.Ä. (1542) und Anton Haug d.Ä. (1549) fiel Ulrich Linck vermutlich auch gegenüber den jüngeren Teilhabern der Firma zunehmend eine Führungsrolle zu, die in dem 1549 geänderten Firmennamen „Ulrich Linck, Anton Haug und Mitverwandte" ihren Ausdruck fand.24 Trotz seines Reichtums und seiner familiären Beziehungen zum Augsburger Patriziat wurde Ulrich Linck bei der Patriziatserweiterung von 1538 nicht berücksichtigt - vermutlich weil seine Vermählung mit Magdalena Herwart erst ein Jahrzehnt zurücklag und ihm noch zu sehr das Image eines „homo novus" anhaftete. Vor diesem Hintergrund kommt seiner Nobilitierung durch König Ferdinand im Jahre 1539 und der Wappenvermehrung durch Kaiser Karl V. im Jahre 1544 möglicherweise auch eine kompensatorische Bedeutung zu.25 Als Karl V. 1548 die Augsburger Zunftverfassung aufhob, versuchte Linck die Gunst der Stunde und seine guten Beziehungen zum Haus Habsburg zu nutzen und suchte - vergeblich um Aufnahme ins Patriziat nach. 26 Als 1555 die Zahl der „Mehrer", also der mit 21

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StBA, 2° Cod. Aug. 489, fol. 20 r . Vgl. Sieh-Burens, Oligarchie, S. 137. Zur Person Konrad Herwärts vgl. Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 1, S. 88; S. 103, Anm. 8. Siehe auch Kap. 1.1. StBA, 2° Cod. Aug. 489, fol. 21 r . Ehrenberg, Bd. 1, S. 230-232; Strieder, Genesis, S. 202-203; Seibold, S. 92-94. Vgl. Ringling, S. 94. von Stetten, Geschlechter, S. 252; Riedenauer, S. 48. von Stetten, Geschichte, Bd. 1, S. 430.

173 dem Patriziat verschwägerten Augsburger Kaufleute, im Kleinen Rat von drei auf vier angehoben wurde, konnte aber auch Ulrich Linck, der bereits seit 1549 Mitglied des Großen Rates war, einen Sitz in diesem politisch wichtigen Gremium einnehmen.27 Die Eheschließungen von Ulrich Lincks Kindern, auf die ihr Vater maßgeblichen Einfluß nahm, 28 weisen einerseits auf die Intention Lincks hin, seine geschäftlichen Interessen durch eine gezielte Heiratspolitik familiär abzusichern, andererseits durch Verbindungen mit dem Augsburger Patriziat das Standesbewußtsein der eigenen Familie zu unterstreichen. So wurde seine Tochter Sabina 1549 die Frau seines Teilhabers Hans Langnauer d.J., während sein Sohn Melchior 1553 eine Tochter des schwerreichen Matthäus Manlich eheliche, der jahrzehntelang zu den wichtigsten Geschäftspartnern der Haug-Langnauer-Linck gehörte. Zwei weitere Töchter, Regina und Maria, heirateten 1554 bzw. 1558 die Patrizier Paul Vöhlin und Markus Pfister d.J.29 Nach Abschluß der Hauptrechnung des Jahres 1553 zog sich Ulrich Linck aus dem Kreis der aktiven Teilhaber der Haug-Langnauer-Linck zurück, blieb in der Folgezeit aber einer der größten Gläubiger des Unternehmens. 30 Ende Oktober 1560 verstarb er in seinem Bobinger Landhaus, nachdem er am Vortag seine sämtlichen Söhne und Schwiegersöhne bei sich zu Gast gehabt hatte - der Bericht seines Sohnes Melchior über die Umstände des Todes suggeriert, daß Ulrich Linck wie ein Patriarch von seiner Familie Abschied nahm. Der Verstorbene hinterließ seinen Erben umfangreichen Grundbesitz - Häuser am Augsburger Obstmarkt und in den südlich von Augsburg gelegenen Dörfern Bobingen und Inningen, einen Lustgarten und mehrere Höfe zu Merching und Hurlach - , ließ 1.000 fl an Arme verteilen und errichtete eine Stiftung, die mit einem Kapital von 3.000 fl ausgestattet war und deren jährliche Zinserträge verschiedenen wohltätigen Zwecken zugute kommen sollten.31 Die Haug-Langnauer-Linck-Gesellschaft, der Ulrich Linck mehr als zwei Jahrzehnte lang angehört hatte, war ihrerseits mit 13.000 fl der größte Gläubiger der Weyer überhaupt. Die Forderung rührte wahrscheinlich von unbezahlten Warenlieferungen her. Zum Zeitpunkt des Bankrotts der Weyer befand sich das Unternehmen in einer entscheidenden Umbruchphase. Nach dem Tod bzw. Ausscheiden aller Gründungsmitglieder der Firma lag die Leitung des Unternehmens seit 1553 in den Händen von David Haug, Hans Langnauer d.J., Ulrich Lincks Sohn Mel27

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29 30 31

StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 18, 69-78; Langenmantel, S. 107; Chroniken, Bd. 32, S. 447. So äußerte sein Sohn Melchior 1553 in seinen autobiographischen Aufzeichnungen, er sei 1553 seiner Frau Anna Maria Manlich „von meinem geliebten herren vattern [...] versprochen worden." StBA, 2° Cod. Aug. 489, fol. 44 v . StAA, Werner/Lilienthal, „Linck". Ehrenberg, Bd. 1, S. 232; Ringling, S. 118. StBA, 2° Cod. Aug. 489, fol. 23 v -25 v .

174 chior und David Haugs Schwager Melchior Manlich. Die Zahl der Teilhaber, die 1551 noch bei 15 lag, reduzierte sich bis 1553 auf neun, und nach der Hauptrechnung von 1557 wurde die volle Gewinn- und Verlustbeteiligung auf die vier erwähnten Hauptgesellschafter beschränkt. Daneben waren die 1550er Jahre von Konsolidierungs- und Umstrukturierungsbemühungen der Gesellschafter geprägt. Vor allem läßt sich eine zunehmende Schwerpunktverlagerung vom „klassischen" Warenhandel, insbesondere auf dem Textilsektor, hin zum Montangeschäft feststellen.32 Diese Entwicklung fand seit Ende der 50er Jahre in der Übernahme der Neusohler Kupferpacht und in der Eröffnung weiterer Niederlassungen in Ostmitteleuropa - Breslau, Krakau, Leipzig, Danzig, Teschen - zum Vertrieb des slowakischen Kupfers ihre konsequente Fortsetzung. 33 Auf der Grundlage der Hauptrechnung der Haug-Langnauer-Linck von 1557 läßt sich die Struktur der Firma, die mit den Erben Sebastian Weyers über Jahre hinweg enge geschäftliche Verbindungen unterhalten hatte, deren Kapitalkraft und Aktionsradius jedoch ungleich größer waren, zu diesem Zeitpunkt ziemlich exakt bestimmen. 34 Die Gesellschaft hatte neben ihrer Augsburger Zentrale Faktoreien in Nürnberg, Antwerpen, Lyon, Venedig und Schwaz sowie Vertretungen in Ulm und Biberach. Der Gesamtwert der Aktiva wurde 1557 auf 728.160 fl geschätzt, wovon ein Viertel auf die Augsburger Zentrale entfiel. Über die Hälfte des Firmenvermögens bestand in ausstehenden Schuldforderungen in einer Gesamthöhe von 385.471 fl. Mit 63.773 fl war Kaiser Ferdinand der größte Debitor der Firma, gefolgt von Matthäus Manlich mit 31.412 fl und dem König von Frankreich mit 26.555 fl. In der Geschäftsperiode 1555-1557 hatten die Haug dem hoch bei ihnen verschuldeten Kaiser nur ein neues Darlehen über 44.000 fl gewährt, für das sie auf neapolitanische Zolleinkünfte verwiesen worden waren. Die Augsburger Zentrale hatte 1557 insgesamt 58.751 fl von 149 verschiedenen Schuldnern zu fordern, was einer durchschnittlichen Forderung von 394 fl entspricht. In Nürnberg blieben indessen 119 Debitoren der Gesellschaft 27.307 fl, in Antwerpen 47 Debitoren 46.336 fl und in Venedig zehn Debitoren 3.883 fl schuldig. Das Inventar an Handelswaren, die in den einzelnen Faktoreien lagerten, hatte 1557 einen Gesamtwert von 120.000 fl. Davon entfielen fast 50.000 fl auf Textilien, insbesondere oberdeutschen Barchent und englische Wolltuche, die die Firma aus Antwerpen bezog; rund 15.000 fl auf Pfeffer und ca. 8.000 fl auf Safran; und 18.000 fl auf Metalle, vor allem Kupfer aus den Tiroler Bergwerken der Haug. Die Augsburger Faktorei hatte Waren im Wert von 38.833 fl auf Lager, darunter Stoffe im Wert von 26.443 fl und Pfeffer im Wert von 1.328 fl. In Nürnberg und Antwerpen lagerten größere Mengen Textilien, Kupfer und Pfeffer, während in den Beständen der venezianischen Faktorei Safran, Samt und Zimt eine wichtige Rolle spielten.

32

Einen Überblick über die Entwicklung der Jahre 1549 bis 1560 gibt Ringling, S. 107-140.

33

Ebd., S. 131-134.

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D a s f o l g e n d e nach ebd., S. 125-130.

175 In Schwaz befanden sich Kupfer und Silber im Wert von über 6.000 fl, und in der Lyoner Faktorei, die von Christoph Krafft gefuhrt wurde, waren 112 Pfund Kölner Seide, die auf 745 fl veranschlagt wurden, vorrätig - ein erster Hinweis darauf, daß die Haug in der französischen Metropole auch Warenhandel betrieben. Einen wichtigen Platz unter den Aktiva der Firma nahm ferner der Tiroler Montanbesitz ein. Die Berg- und Hüttenwerke zu Jenbach wurden auf fast 100.000 fl, der Firmenbesitz zu Gossensaß und Sterzing auf 53.000 fl geschätzt. Der Gewinn des Unternehmens in der Geschäftsperiode 1555-1557 belief sich auf 35.551 fl - rund 20.000 fl weniger als in der vorangegangenen Periode 15531555. Das Stammkapital der Gesellschaft in Höhe von 146.246 fl trug demnach eine Rendite von 24 Prozent. Die Passiva des Unternehmens erreichten unterdessen mit 522.314 fl eine bedenkliche Höhe. Allerdings entfielen rund 70 Prozent auf ehemalige Gesellschafter bzw. deren Erben, die alle mit den derzeitigen Teilhabern nahe verwandt waren. So hatten Ulrich Linck 197.000 fl, Hans Bimmel 41.000 fl, Ludwig Haugs Kinder 36.000 fl und Anton und Leonhard Haug 86.000 fl bei der Firma angelegt. Nur ein Sechstel des Fremdkapitals kam nicht von Verwandten. Mit Hans Bimmel und Hans Langnauer erscheinen zwei weitere Personen aus dem Kreis der Haug-Langnauer-Linck-Gesellschaft unter den Gläubigern der Weyer. Bimmel und Langnauer fungierten gemeinsam als Pfleger der Kinder des 1547 verstorbenen Kaufmanns Christoph Rosenberger und der Susanna Herwart. 35 Neben ihrer Einlage in die Firma Hans und David Weyers, die sich 1557 auf 650 fl belief, hatten Bimmel und Langnauer im selben Jahr auch 8.150 fl aus dem Vermögen ihrer Pflegekinder in der Haug-Langnauer-Linck-Gesellschaft 36 und 1560 weitere 7.000 fl bei den Brüdern des Verstorbenen, Hans und Marquard Rosenberger, angelegt.37 Die Tatsache, daß sowohl Hans Bimmel als auch Christoph Rosenbergers Bruder Hans in den Jahren 1552/53 gemeinsam als Beistand bzw. Vormund der unmündigen Geschwister Hans Langnauers auftraten, 38 verdeutlicht die Intensität der sozialen Beziehungen zwischen den beteiligten Familien. Hans Bimmel (geb. 1518), Sohn Hans Bimmels d.Ä. und der Clara Ehem, gehörte bis 1555 zum Gesellschafterkreis der Haug-Langnauer-Linck-Gesellschaft, ohne dort jedoch eine leitende Funktion einzunehmen. Nach seinem Ausscheiden beließ er, wie erwähnt, ein beträchtliches Kapital als Depositum in der Firma.39 1538 hatte er sich in Antwerpen aufgehalten, 40 und vier Jahre später heiratete er Euphemia Vöhlin, eine Tochter des um 1526 aus Memmingen zugezogenen und 35 36

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StAA, StG 30, fol. 25 v -26 r ; vgl. StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1561-1565, S. 14. StAA, KuH, Nr. 6, fol. 119; 1553 belief sich diese Einlage bei den Haug-Langnauer-Linck noch auf 6.500 fl: StAA, KuH, Nr. 6, fol. 45. Lutzmann, S. 24, 99. StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1551-1560, S. 61, 75; Pflegschaftsbuch 1551-1566, fol. 19v. Ehrenberg, Bd. 1, S. 231-232. Strieder, Notariatsarchive, S. 103.

176 1538 ins Augsburger Patriziat aufgenommenen Hans Vöhlin. 4 ' Als Siegler seines Heiratsbriefes fungierten der damalige Augsburger Bürgermeister Georg Herwart und Markus Ehem, während Bartholomäus Welser und Hans Rot als Trauzeugen der Braut auftraten. 42 Zwei Jahre nach seiner Heirat entrichtete Bimmel mit 138 fl eine Steuerleistung, die auf ein Mindestvermögen von 27.600 fl schließen läßt, und 1550 zahlte er 151 fl Vermögenssteuer. 43 Nachdem er unter der Zunftverfassung als Mitglied der Kaufleutezunft das Amt eines Richters (1547) und Almosenherrn (1548) bekleidet hatte, kam er nach der Regimentsänderung Karls V. 1549 als Vertreter der Mehrer in den Großen Rat, dem er bis zu seinem Tod im Jahre 1561 angehörte.44 Während des Augsburger Reichstags von 1559 wohnte der gewählte Bischof von Trient, Ludwig Madruzzo, im Haus Bimmels. 45 Der 1524 geborene Hans Langnauer d.J. hatte als Schwiegersohn Ulrich Lincks enge verwandtschaftliche Beziehungen zu Hans und David Weyer. Nach dem Besuch der Universitäten Ingolstadt (1533) und Tübingen (1536)46 wurde Langnauer 1543 schon im Alter von 19 Jahren als Nachfolger seines Vaters, der im Jahr zuvor gestorben war, Gesellschafter der Haug-Langnauer-Linck. Langnauers Einlage in der Firma belief sich zunächst auf 6.000 fl, erhöhte sich aber bis 1549 bereits auf 20.000 fl.47 Nach dem Ausscheiden mehrerer Teilhaber rückte Hans Langnauer d.J. ab 1553 neben David Haug, Melchior Manlich und Melchior Linck in die Führungsspitze des Unternehmens vor.48 1559 führte er für die Firma die Verhandlungen über die Übernahme der Neusohler Kupferpacht. 49 Langnauers enge Verbindung zu den anderen in der Haug-Langnauer-Linck-Firma zusammengeschlossenen Familien kommt auch in den Eheschließungen seiner Schwester Anna mit Anton Haugs Sohn Ludwig (1542) und, nach dem Tod ihres ersten Gatten, mit dessen Vetter Christoph Haug (1549) zum Ausdruck. 50 Im Jahre 1557 hatte Hans Langnauer zusammen mit Anton Haug d.J. die Pflegschaft über die Kinder seiner Schwester Anna mit Ludwig Haug inne.51 Ein Jahr später kaufte Langnauer mit dem Heiratsgut seiner Frau Sabina Linck von Ulrich Rehlinger das

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StBA, 4° Cod. H. 11; Hämmerle, Nr. 460; Westermann, Vöhlin, S. 41; Chroniken, Bd. 32, S. 443. StAA, Reichsstadt, Akten, Nr. 322. StAA, Steuerbuch 1544, Sp. 53c; Steuerbuch 1550, Sp. 75c. Chroniken, Bd. 32, S. 444; Langenmantel, S. 107. Chroniken, Bd. 32, S. 374. Matrikel Ingolstadt I, Sp. 519; Matrikel Tübingen I, S. 283. StAA, KuH, Nr. 5, fol. 70; Ehrenberg, Bd. 1, S. 231; Ringling, S. 89. Ehrenberg, Bd. 1, S. 232-233. Ringling, S. 131-133. StAA, Werner/Lilienthal, „Haug" und „Langnauer". StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1551-1560, S. 214.

177 westlich von Augsburg gelegene Gut Deubach, 52 und sechs Jahre später erwarb er von Christoph Baumgartner das Lehen Hausen an der Schmutter. 53 Christoph Manlich, dem die Weyer zum Zeitpunkt ihres Bankrotts 6.000 fl schuldeten, die sie für ihn bei der französischen Krone anlegen sollten, stand bereits 1553 in geschäftlicher Verbindung mit den Gebrüdern Weyer; in diesem Jahr liehen sie ihm 1.500 fl fur etwa zweieinhalb Monate. 54 Manlich gehörte wie Ulrich Linck und Hans Langnauer zum verwandtschaftlichen Umfeld der Weyer: als Sohn des Hans Manlich und der Felizitas Lauginger war er ein Vetter von Hans und David Weyers Vater Sebastian.55 1536 heiratete er als erstes Mitglied seiner Familie in eine der alten Augsburger Patrizierfamilien ein. Seine Frau Apollonia Rehlinger war eine Tochter des schwerreichen und hochangesehenen Konrad Rehlinger,56 der zu diesem Zeitpunkt dem Dreizehnergremium der Stadt Augsburg angehörte und das Einnehmeramt bekleidete.57 Manlichs Schwester Barbara wurde überdies 1544 die Frau von Konrad Rehlingers Sohn David, so daß sich die Beziehungen zwischen beiden Familien weiter intensivierten. Christophs Brüder Leonhard und David ehelichten mit Magdalena Rem (1544) bzw. Anna Ursula Welser (1554) ebenfalls Töchter von Patriziern.58 Angesichts der Tatsache, daß Angehörigen der Familie Manlich 1515 und selbst noch 1539 die Zugangsberechtigung zur Herrentrinkstube abgesprochen wurde,59 markieren diese Verbindungen mit Patrizierfamilien einen deutlichen Prestigezuwachs der Manlich und demonstrieren, daß die wirtschaftliche Stellung der reichgewordenen Kaufmannssippe zunehmend auch von sozialer Akzeptanz begleitet war. Die Eheschließung von Christoph Manlichs Schwester Anna mit dem gleichnamigen Sohn Anton Haugs im Jahre 153860 verdeutlicht hingegen die anhaltende Bindung der Familie an den Kreis reicher zünftiger Kaufmannsfamilien, deren ökonomischen Kristallisationspunkt die Haug-Langnauer-Linck-Gesellschaft bildete. Die Ämterlaufbahn Christoph Manlichs unter dem zünftigen wie auch unter dem patrizischen Ratsregiment unterstreicht die Beobachtung, daß das Konnubium mit dem Patriziat mit einem Zugewinn an sozialem Prestige verbunden war. Manlich war von 1539 bis 1548 Zwölfer der Augsburger Kaufleutezunft 61 und saß 52 53

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Häßler, S. 35, 47-48; Ringling, S. 255. Jahn, Augsburg Land, S. 379-380. Für Jahn manifestiert sich in Langnauers Erwerbung der „Trend der Augsburger Bürger zur Feudalisierung ihrer Kapitalien." Blendinger, Unterkaufbücher, S. 117. StAA, Werner/Lilienthal, „Manlich" und „Weyer". Hämmerle, Nr. 389; StAA, Werner/Lilienthal, „Manlich"; Genealogisches Handbuch, Bd. 7, S. 315; Seibold, S. 36. StAA, Ratsämterbücher. Vgl. Kap. 1.1. StAA, Werner/Lilienthal, „Manlich". Vgl. Seibold, S. 24-26. StAA, Werner/Lilienthal, „Haug" und „Manlich". StAA, Reichsstadt, Zünfte, Nr. 148. Vgl. Chroniken, Bd. 32, S. 447 (dort ist angegeben, daß er erst 1542 Zwölfer der Kaufleute wurde).

178 von 1546 bis 1548 fur die Kaufleutezunft im Stadtgericht, 1548 außerdem auch im städtischen Ehegericht. 62 Nach der Aufhebung der Zunftverfassung kam Manlich als Vertreter der Mehrer in den Großen Rat.63 Anläßlich der kurzzeitigen Wiedereinführung des zünftigen Regiments während des Fürstenaufstands von 1552 wurde Manlich erneut als Zwölfer der Kaufleute Mitglied des Rates.64 Im darauffolgenden Jahr reiste er zusammen mit Matthäus Welser als Augsburger Gesandter an den Kaiserhof nach Brüssel, um Karl V. davon abzubringen, erneut einen Reichstag nach Augsburg auszuschreiben, 65 und 1554 nahm er als Repräsentant der Mehrer einen Sitz am Stadtgericht ein.66 Als Kaufmann tritt Christoph Manlich seit Anfang der 1540er Jahre in Erscheinung. Er vertrieb in Leipzig Seidenwaren 67 und gehörte 1543 mit einem Betrag von 726 Dukaten zu den venezianischen Schuldnern der Haug-Langnauer-Linck. 68 Der Schwerpunkt seiner geschäftlichen Aktivitäten scheint allerdings bereits zu diesem Zeitpunkt im Bergbau gelegen zu haben. Anfang der 40er Jahre war Manlich zusammen mit seinem Vetter Matthäus Gewerke im zum Fürstbistum Salzburg gehörenden Rauriser Revier, doch trat er bereits 1544 seine Anteile an den Landesherrn ab. Zwei Jahrzehnte später räumte Manlich ein, daß sein Engagement im Rauriser Gold- und Silberbergbau „nit on schaden" für ihn geblieben sei und mit einem Verlust von 8.500 fl geendet hätte.69 1548 Schloß Christoph Manlich mit seinen Brüdern David, Anton und Leonhard einen Gesellschaftsvertrag auf sechs Jahre ab, doch übte ihr reicher Vetter Matthäus Manlich offenbar eine Kontrolle über die Aktivitäten der Brüder aus, die einer „geschäftlichen Vormundschaft" gleichkam. 70 Anhand des Steuerbuches von 1550 läßt sich das Kräfteverhältnis zwischen den Vettern illustrieren. Christoph Manlich entrichtete in diesem Jahr 60 fl und sein Bruder Leonhard 40 fl an Steuern, während Matthäus Manlichs Steuerleistung mit 600 fl eine ganz andere Dimension erreichte.71 Auch in den 50er Jahren blieb Christoph Manlich im Bergbau aktiv. Gemeinsam mit seinem Vetter Matthäus, seinen Brüdern und dem Tiroler Gewerken Hans Dreiling betrieb er seit 1551 Bergwerke im Tiroler Erzrevier, die die Gruppe für den enormen Kaufpreis von 365.000 fl von der einheimischen Gewerkenfamilie 62 63

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StAA, Ratsämterbücher; vgl. Langenmantel, S. 85. StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 69-78; Langenmantel, S. 107; Chroniken, Bd. 32, S. 160, 447. Chroniken, Bd. 32, S. 166, 447. Welser, Weiser, Bd. 1, S. 203; Warmbrunn, S. 338, Anm. 87; Seibold, S. 37. StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 30-34. Nach Seibold, S. 37 saß er bereits seit 1548 im Stadtgericht. Fischer, S. 248, 262; Seibold, S. 89. Ringling, S. 85. StAA, KuH, Nr. 17, fol. 19; Warnemünde, S. 127; Ludwig/Gruber, S. 253; Seibold, S. 87, 110. So Warnemünde, S. 127. Vgl. Seibold, S. 87-89. StAA, Steuerbuch 1550, Sp. 67c, 75c, 77a. Vgl. Seibold, S. 39.

179 Stöckl übernommen hatte. Der Anteil Christoph Manlichs und seiner Brüder an diesem Unternehmen betrug 20 Prozent. Im Jahre 1554 besaßen die Manlich und Dreiling neben den Haug-Langnauer-Linck und noch vor den Fuggern die größten Grubenanteile am Schwazer Erbstollen.72 Daneben war Christoph Manlich auch an den Bergwerksbesitzungen seines Vetters Matthäus, die dieser 1553 an die Haug-Langnauer-Linck abtrat, zu einem Drittel beteiligt. Im Jahre 1564 bezifferte Manlich seine Investitionen in Tiroler Berg- und Schmelzwerke sowie in den Pfennwerthandel auf insgesamt 95.000 fl.73 Zudem beteiligte er sich an der Neusohler Kupferpacht Matthäus Manlichs und 1557, einmal mehr in enger Zusammenarbeit mit seinem einflußreichen Vetter Matthäus, am Mansfelder Kupferbergbau. Matthäus und Christoph Manlich übernahmen für ein zinsloses Darlehen von 300.000 fl drei Fünftel der Mansfelder und Eislebener Kupferausbeute 10.000 Zentner jährlich - für dreißig Jahre.74 Sowohl seine Tiroler als auch seine Mansfelder Montanunternehmungen stellten sich jedoch letztlich als Mißerfolge heraus. Der Tiroler Bergbau hatte bereits in den 50er Jahren stark mit dem Problem sinkender Bergwerkserträge und fallender Preise zu kämpfen, 75 und wie stark die Stollen der Manlich von diesem Ertragsrückgang betroffen waren, zeigt die Tatsache, daß sich nach dem Bankrott von Christoph Manlich und Gebrüdern im Jahre 1564 geraume Zeit kein Käufer für ihren Tiroler Grubenbesitz fand. In den Jahren vor ihrer Zahlungseinstellung hatten die Manlich ihren eigenen Angaben zufolge nur noch zehn bis elf Gulden für den Zentner Tiroler Kupfer bekommen. 76 Das Engagement im Mansfelder Kupferrevier brachte Christoph Manlich und die Erben seines Vetters Matthäus unterdessen bald in Konflikt mit den Grafen von Mansfeld, die sich offensichtlich nicht an die Vertragsvereinbarungen hielten. Bereits 1559 protestierten Christoph Manlich und Matthäus Manlichs Schwiegersohn Felix Rem, daß die Grafen „sich unbefugter vormeinter weis unterstanden, solchem contract und redlichen kupferkauf zuwidder unsere vorschriebene, vorobligirte und vorkauffte kupfer andern zu vorkeufen, auch unsern vorschriebenen vorrat anzugreifen und durch andere aufschmelzen zu lassen".77 Die Grafen beschuldigten ihrerseits die Manlich, sie in dem Vertrag übervorteilt zu haben.78 1564 wurden die Verluste Christoph Man-

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StAA, KuH, Nr. 17, fol. 19; Scheuermann, S. 57-58, 62-63; Hildebrandt, Kupferhandel, S. 197, Anm. 19; Kellenbenz, Kapitalverflechtung, S. 32-33; ders., Tiroler Bergbau, S. 211; Seibold, S. 60-62, 89. Warnemünde, S. 121-122, 127; Seibold, S. 110-111. StAA, KuH, Nr. 17, fol. 19; Möllenberg, S. 422-432 (Nr. 258-259); Warnemünde, S. 127129; Westermann, Garkupfer, S. 226; Seibold, S. 82-83. Vgl. dazu Scheuermann, S. 52, 55-57, 62-63, 76 und passim. Warnemünde, S. 127-128. Möllenberg, S. 616 (Nr. 404). Ebd., S. 631-632 (Nr. 416). Zum weiteren Verlauf der Auseinandersetzungen zwischen den Manlich und den Grafen vgl. bes. ebd., S. 636-637 (Nr. 420), 639-640 (Nr. 424), 660 (Nr.

180 lichs im Mansfelder Kupfergeschäft auf 25.000 fl veranschlagt, und Christoph Manlich und seine Brüder hatten im selben Jahr eine Forderung an die Grafen von Mansfeld in Höhe von 33.720 fl, die bis dahin nicht eingebracht werden konnte. Der Gesamtverlust aus ihren verschiedenen Bergbaubeteiligungen belief sich nach Angaben der Manlich 1564 auf 78.500 fl.79 Dem starken, aber insgesamt verlustreichen Engagement Christoph Manlichs im Montanbereich stand eine relativ schwache Präsenz auf dem Geld- und Wechselmarkt gegenüber. Für die Jahre 1551 bis 1556 verzeichnen die Unterkaufbücher 29 Geldgeschäfte Manlichs, während sein Vetter Matthäus im gleichen Zeitraum an weit über hundert Transaktionen beteiligt war.80 Zwischen November 1551 und September 1552 tätigte Christoph Manlich sechs Antwerpener Wechselgeschäfte mit einem Gesamtvolumen von 9.000 fl. Bei seinen Geschäftspartnern handelte es sich um Hans Paul und Hans Heinrich Herwart, die Gebrüder Schorer, die HaugLangnauer-Linck, Anton Fugger, Stephan Kreß und Hans Heiß. 8 ' In den Jahren 1553 und 1554 verzeichnen die Unterkaufbücher kein einziges Antwerpener Geschäft, an dem Manlich beteiligt war. Erst 1555 und 1556 folgten wieder Transaktionen mit den Ligsalz (660 fl), Hieronymus Imhof (700 fl) und Hieronymus Kraffter (2.000 fl).82 Im Wechselgeschäft mit Venedig spielte Christoph Manlich nur eine marginale Rolle. Zwischen 1551 und 1558 fanden lediglich zwei Transaktionen unter seiner Beteiligung statt: 1552 wechselte er 500 Dukaten mit Sebastian Meuting, zwei Jahre später 600 Dukaten mit den Haug-Langnauer-Linck. 83 Auch auf dem Augsburger Kreditmarkt trat Manlich gelegentlich in Erscheinung. Darlehen mit einer Laufzeit von zwei bis fünf Monaten gewährte er 1552 Matthäus Pflaum (1.000 fl), 1554 den Kraffter (2.000 fl) und 1555 den Herbrot (1.500 fl).84 Das größte Darlehen Manlichs, das die Unterkaufbücher verzeichnen, ging bezeichnenderweise wiederum an seinen Vetter Matthäus. Im März 1555 lieh er Matthäus Manlich 4.500 fl. „Dess press oder interesse", notierte der Unterkäufel, „sollen si sich selbs v(er)gl(ei)ch(en) zwyschen 8 und 10."85 Hingegen erhielt Manlich längerfristige Darlehen von Markus Honold, der ihm 1554 1.000 fl fur ein Jahr gegen siebenprozentige Verzinsung lieh, sowie von Hieronymus Sulzer

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439), 680-681 (Nr. 456), 729 (Nr. 485), 734 (Nr. 492), 753 (Nr. 506), 788-789 (Nr. 532); Warnemünde, S. 127-129; Seibold, S. 84-86. Warnemünde, S. 127-129. Bei 73 Transaktionen ist nur „Manlich" ohne Vornamen angegeben. Dabei handelte es sich jedoch wahrscheinlich um Matthäus, der bei 111 Geschäften exakt faßbar ist. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 552. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 37, 38, 43, 47, 58, 61, 293, 301, 310, 311, 382. Ebd., S. 160, 181, 1 8 9 , 3 1 7 , 3 5 2 , 4 0 5 . Ebd., S. 49, 142, 311, 340, 361. Weitere Geldgeschäfte tätigte Manlich mit den Ligsalz, mit denen er 1551 1.250 Gold-fl wechselte, Sebastian Meuting, mit dem er 1552 400 Kronen eintauschte, und mit den Imhof 1555 und 1556. Ebd., S. 38, 51, 166, 192, 313, 341. Ebd., S. 53, 134, 156, 3 2 2 , 3 4 8 . Ebd., S. 161.

181 und Stephan Endorfer, die ihm 1556 1.000 fl bzw. 1.500 Taler auf jeweils sechs Monate zu einem Zinssatz von vier Prozent gaben. Gabriel Neidhart lieh ihm außerdem 1556 1.600 fl auf sechs Monate. 86 Das ökonomische Profil Christoph Manlichs war also, so läßt sich zusammenfassend sagen, durch eine relativ einseitige Konzentration auf - längerfristig gesehen wenig erfolgreiche - Investitionen im Montanbereich, eine vergleichsweise schwache Position auf dem Augsburger Geldmarkt und ein hohes Maß an „Fremdbestimmung" durch die Einflußnahme des mächtigen Vetters Matthäus gekennzeichnet. Im Konkursverfahren gegen die Weyer ließ Manlich verlauten, er habe den Brüdern 1555 eine Summe Geldes zugestellt, um sie fur ihn bei der französischen Krone anzulegen. Die Weyer sollten dafür eine Provision in Höhe von einem Prozent der Hauptsumme erhalten. Als Mittelsmänner bei dieser Transaktion fungierten Sebastian und Hieronymus Imhof. 87 Im Kontext von Manlichs übrigen Unternehmungen betrachtet erscheint die Annahme plausibel, daß Christoph Manlich die Investition in französische Staatsanleihen, die so hohe Gewinne zu versprechen schien, als Ausweg aus seinen geschäftlichen Problemen im Montanbereich, möglicherweise sogar als „Emanzipationsversuch" von seinem übermächtigen Vetter angesehen hatte. Letztlich reihten sich seine französischen Investitionen jedoch in die Serie seiner geschäftlichen Mißerfolge ein. Mit Ott Peter Herwart, einem Sohn des Konrad Herwart und der Clara Lang, befand sich auch ein Schwager Ulrich Lincks und damit ein weiterer Verwandter der Weyer unter den Gläubigern. 88 Seine Forderung an die Bankrotteure wurde 1558 auf 1.470 fl beziffert. Ott Peter Herwart und sein Bruder Wolfgang sind dem nicht-kaufmännischen Patriziat zuzurechnen, beteiligten sich aber immer wieder in Form von Depositen an Handels- und Kreditgeschäften. So erscheinen beide Brüder 1543 mit 1.702 fl unter den Gläubigern der Haug-Langnauer-Linck, 89 und Wolfgang Herwart legte im Juli 1552 2.000 Goldgulden bei Anton Fugger an.90 Gemeinsam mit Markus Ulstett hatte er außerdem, offenbar in seiner Funktion als Pfleger der Kinder von Friedrich Rentz und Susanna Pfister, weitere 3.000 fl in dieselbe Firma eingelegt.91 Nachdem ihn Ulrich Linck 1560 zum Testamentarier und Vormund seiner unmündigen Kinder bestimmt hatte, fiel Herwart neben Mel-

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Ebd., S. 138, 188, 198, 420. StAA, StG 30, fol. 32 v . Seine Schwester Magdalena war mit Ulrich Linck, sein Bruder Wolfgang mit Anna Pfister verheiratet: StBA, Seifert'sche Stammtafeln, „Herwarth". StAA, KuH, Nr. 5, fol. 68. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 57, 294. StAA, KuH, Nr. 6, fol. 154, 182. Wolfgang Herwart und Markus (II) Ulstett waren von 1556 bis 1561 Pfleger der Kinder von Rentz. 1561 wurde Ulstett durch seinen Bruder Daniel abgelöst; 1560 wird außerdem Ott Peter Herwart als „Scheinpfleger" der Kinder von Friedrich Rentz genannt. StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1551-1560, S. 82, 355; Kleines Pflegschaftsbuch 1561-1565, S. 41, 223.

182 chior Manlich und Matthäus Haug die Aufgabe zu, das große Vermögen des Verstorbenen zu verwalten. Allein die Einlage der Testamentarier Lincks bei der Haug-Langnauer-Linck-Gesellschaft belief sich 1561 auf mehr als 200.000 fl.92 Seit 1553 beteiligten sich die Brüder Herwart an französischen Kronanleihen, wobei sie sich neben den Weyer auch der Vermittlung Hieronymus Imhofs bedienten. Ott Peters Anteil belief sich 1572 auf 3.826 Livres tournois. Nachdem sein Bruder Wolfgang das Geld bis zu diesem Zeitpunkt verwaltet hatte, beauftragte er nun Jeremias Schorer mit der Administration. 93 Von ihrem Vater erbten die Brüder offenbar auch Grundbesitz außerhalb Augsburgs, denn 1546 verkauften Wolfgang und Ott Peter Herwart drei Höfe zu Anhausen und eine Sölde zu Diedorf an Christoph Pfister. 94 Als zweiter Vertreter der „alten" Patrizierfamilien neben Ott Peter Herwart erscheint Christoph Christoph Rehlinger,95 einer von sechs Söhnen Christoph Rehlingers und der Felizitas Honold, mit 200 fl auf der Liste der Weyer-Gläubiger. Er hatte 1532 seine entfernte Cousine Sabina Rehlinger, eine Tochter des Wilhelm Rehlinger geheiratet.96 Sein Schwiegervater, von dem das Geld stammte, das Christoph Christoph Rehlinger im Namen seiner Frau von den Weyer forderte, war in den ersten beiden Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts im Fernhandel aktiv gewesen. Er stand um 1507 mit der Großen Ravensburger Handelsgesellschaft im Seiden- und Gewürzhandel mit Kalabrien, Aragon und Portugal in Verbindung 97 und war 1507 und 1512 an Warentransporten von und nach Antwerpen beteiligt.98 Zum Zeitpunkt der Verehelichung seiner Tochter Sabina mit ihrem Vetter Christoph Christoph scheint Wilhelm Rehlinger seine Karriere im Handel allerdings bereits zugunsten einer verstärkten politischen Tätigkeit aufgegeben zu haben. Er war von 1526 bis 1529 und von 1532 bis 1544 Mitglied des Kleinen Rates und bekleidete während dieser Zeit lange Jahre die administrativen Ämter eines Steuermeisters, Wollgeschauers, Bußmeisters und Klagschatzers. 99 Christoph Christoph Rehlinger, der noch fast zwei Jahrzehnte nach seiner Eheschließung im 92

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StAA, KuH, Nr. 6, fol. 154, 183; Ringling, S. 134-135, 238, 263. Bei Härtung, Geheimbuche, S. 70 findet sich die auch von Seibold, S. 95 übernommene irrtümliche Feststellung, daß Manlich, Herwart und Haug 1560 ein „Konsortium" bildeten, das diese Summe „in Form einer stillen Beteiligung" in das Unternehmen einlegte. StAA, Spreng VI, Nr. 21 1/2. Jahn, Augsburg Land, S. 292, Anm. 275. Kein Schreibfehler! Die sechs Söhne des Christoph Rehlinger und der Felizitas Honold trugen alle den zweiten Vornamen Christoph: Anton Christoph, Bernhard Christoph, Erasmus Christoph, Leonhard Christoph, Sebastian Christoph und Christoph Christoph. Genealogisches Handbuch, Bd. 7, S. 295-299; Chroniken, Bd. 32, S. 412. Schulte, Geschichte, Bd. 1, S. 136, 273; Bd. 2, S. 16, 188; Bd. 3, S. 313, 392; Schöningh, S. 11; Kellenbenz, Wirtschaftsleben, S. 272. Doehaerd, Bd. 2, S. 256-259 (Nr. 1780); Bd. 3, S. 50-51 (Nr. 2469, 2471), 192-193 (Nr. 3531). StAA, Ratsämterbücher; vgl. Burschel/Häberlein, S. 54.

183 Haus seines Schwiegervaters wohnte,100 bekleidete bereits in den letzten Jahren der Zunftverfassung in Augsburg die Ämter eines Eherichters und Richters am Stadtgericht.101 Nach der Verfassungsänderung Karls V. wurde er 1548 Mitglied des Kleinen Rates, dem er bis 1582 angehörte,102 Schulherr und Oberrichter am Stadtgericht. Nachdem er die Stelle des Oberrichters abgegeben hatte, erhielt er 1562 das Amt eines städtischen Einnehmers. 103 Das ausgeprägte patrizische Selbstverständnis Christoph Christoph Rehlingers und seiner Brüder kommt im Stiftungsbrief der „Fraternitäts-Stiftung", die die Brüder 1550 errichteten, deutlich zum Ausdruck. Christoph Christoph und seine Brüder äußerten darin ihre Überzeugung, „daß die so von ehrlichen Leuthen ihren Ursprung und Herkomen haben, sich mehr Ehren und Tugend befleißen, auch diser alten ehrlichen Stadt Augspurg, als ihres Vaterlands Nuz, Frommen für ander [...] zu befordern gedencken" würden. Die Ehre und Würde der alten Patriziergeschlechter könnte jedoch „außer Reichthum und gutem stattlichen Vermögen nicht bestehen". Die Stiftung setzte sich daher das Ziel, „solch alt, ehrlich Herkommen, so vil möglich und an uns desto stattlicher zu erhalten, und unsern Nachkommen zu solchem Ursach und ferner Nachgedencken zugeben". Zu diesem Zweck richteten die Brüder einen Fideikommiß auf, in den die unverteilten Güter ihres Vaters zu Anhausen eingehen, und in den jeder der Brüder und deren männliche Nachkommen bei der Geburt jedes Sohnes 100 fl einzahlen sollten. Falls einer der Brüder ohne männliche Nachkommen verstarb, sollten 200 fl aus seinem Vermögen an die Stiftung fallen. Der Ertrag der Stiftung sollte jedes Jahr den männlichen Nachkommen der Brüder zufallen.104 Unter den Testamentszeugen Christoph Christoph Rehlingers befanden sich 1573 mehrere prominente Vertreter des katholischen Teils der Augsburger Führungsschicht, darunter der spätere Augsburger Stadtpfleger Christoph Ilsung; der Fuggerangestellte und spätere Bürgermeister Hans Bechler; und Konrad Mair, Sohn des gleichnamigen engen Mitarbeiters Anton Fuggers, Mitglied des Kleinen und von 1581 an auch des Geheimen Rates.105 Christoph Christoph Rehlinger war gemeinsam mit seinen Brüdern und seinem Onkel Bernhard Rehlinger um 1530 an Bergbauunternehmungen in Tirol beteiligt,106 doch scheinen die Brüder in den folgenden Jahrzehnten nur noch in Form von Depositen an Handelsgeschäften partizipiert zu haben. Da Christoph Chri100

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Vgl. StAA, Steuerbuch 1540, Sp. 55c; Steuerbuch 1544, Sp. 59d; Steuerbuch 1550, Sp. 74a; Chroniken, Bd. 32, S. 412. Eherichter 1545, 1546 und 1548; Richter 1546 und 1548: Chroniken, Bd. 32, S. 412. StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 1-7. Chroniken, Bd. 32, S. 8 4 , 4 1 2 . StAA, Personenselekt Rehlinger. StAA, Spreng IX, Nr. 72. Zu Ilsung vgl. von Stetten, Geschlechter, S. 110; Blendinger, Ilsung, S. 141; Sieh-Burens, Oligarchie, S. 348. StAA, KuH, Nr. 39.

184 stoph Rehlinger über ein stattliches Vermögen verfugte - seine Steuerleistung stieg zwischen 1540 und 1562 von 39 auf 155 fl' 07 - , scheinen diese Einlagen allerdings einen beträchtlichen Umfang angenommen zu haben. Rehlingers quellenmäßig faßbare Depositengeschäfte demonstrieren exemplarisch die ungebrochene Attraktivität, die Investitionen in Handelsgesellschaften auch für den nichtkaufmännischen Teil des Augsburger Patriziats um die Mitte des 16. Jahrhunderts hatten. So lieh Christoph Christoph Rehlinger im Dezember 1555 Hieronymus Rehlinger, mit dem er nur entfernt verwandt war, 1.000 fl zu acht Prozent108 und hatte 1557 und 1560 eine Einlage von 1.000 fl bei den Haug-Langnauer-Linck, die er 1561 auf 4.000 fl erhöhte.109 Ferner hatte er 1558 2.200 fl bei Christoph Welser investiert" 0 und gehörte zu den Kreditoren des 1560 bankrott gegangenen Christoph Kraffter. 111 Rehlingers Bruder Anton Christoph hatte 1556 bei Hans Georg Baumgartner 4.000 fl,112 1561 bei den Haug-Langnauer-Linck 1.000 fl" 3 und 1563 bei Markus Ulstett und dessen Brüdern 3.200 fl eingelegt.114 Ein weiterer Bruder, Sebastian Christoph, war 1557 mit 3.000 fl ebenfalls Gläubiger der HaugLangnauer-Linck." 5 Die Gebrüder Rehlinger hatten außerdem 1563 gemeinsam Forderungen an Hans Jakob Fugger,116 und drei der Brüder befanden sich 1574 unter den Gläubigern des bankrotten Melchior Manlich: Sebastian Christoph mit 3.000, Anton Christoph und Erasmus Christoph mit jeweils 1.000 fl." 7 Zwei der Weyer-Gläubiger, Matthäus Ehem und Hans Hörlin, von denen ersterer 580 fl, letzterer 2.000 fl bei den Brüdern angelegt hatte, repräsentieren das „neue", durch die Geschlechtervermehrung von 1538 zu höheren Würden gekommene Patriziat." 8 Ehem war ein Sohn Matthäus Ehems d.Ä. und der Ursula Welser und Vetter Bartholomäus Welsers," 9 für den er 1520/21 als Faktor in Rom arbeitete.120 Nach seiner Rückkehr nach Augsburg heiratete er 1521 Sibilla Sul-

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StAA, Steuerbuch 1540, Sp. 55c; Steuerbuch 1544, Sp. 59d (61 fl 30 x); Steuerbuch 1550, Sp. 74a (99 fl 25 χ zusammen mit seinem Schwiegervater Wilhelm Rehlinger); Steuerbuch 1562, Sp. 53a (155 fl). Blendinger, Unterkaufbücher, S. 185, 335. Zu Hieronymus Rehlinger vgl. vor allem Schöningh, S. 21. StAA, KuH, Nr. 6, fol. 119, 153, 183, 186. StBB, Msc. Var. 13/2, fol. 416. StAA, KuH, Fasz. VI, Nr. 26/17; vgl. Kellenbenz, Konkurs, S. 401-402. Müller, Quellen, S. 59 (Nr. 86). StAA, KuH, Nr. 6, fol. 183. StAA, Spreng I, Nr. 1. StAA, KuH, Nr. 6, fol. 119-120. Pölnitz, Generalrechnung, S. 368. StA Konstanz, HX 3414; StAA, Fallitenakten „Manlich". StAA, Reichsstadt, Zünfte, Nr. 148, S. 158-159; Chroniken, Bd. 32, S. 438, 439. Zur genealogischen Verbindung vgl. Welser, Welser, Bd. 1, S. 64-87, bes. 77. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 3/1, S. 589, Anm. 12.

185 zer121 und entrichtete im folgenden Jahr 43 fl Vermögenssteuer. 122 Im Jahr 1529 tritt er als Besitzer eines Großteils des schwäbischen Dorfes Langenneufnach in einem Rechtsstreit mit dem benachbarten Grundherrn, Raymund Fugger, in Erscheinung. Nachdem ein dort ansässiger Bauer einen anderen Dorfbewohner mit einem Beil geschlagen hatte, ließ ihn Ehem als Gerichtsherr des Dorfes inhaftieren. Die Tatsache, daß der verhaftete Bauer auf einer Sölde saß, die Raymund Fugger gehörte, nahm Fugger zum Anlaß, mit Gefolge nach Langenneufnach zu ziehen, den Bauern mit Waffengewalt zu befreien und gleichzeitig den Vogt des Ortes gefangenzunehmen und in seine Herrschaft Mickhausen zu führen - ein Ereignis, das großes Aufsehen erregte und von zeitgenössischen Chronisten wie Matthäus Langenmantel und Clemens Sender ausführlich kommentiert wurde. Langenmantel zufolge hatte es Raymund Fugger vor allem darauf angelegt, „sein grossen gewalt" zu demonstrieren und dadurch seine eigenen Ansprüche auf das Dorf zu unterstreichen. 123 Der Ehem'sche Besitz zu Langenneufnach, der das gesamte Ober- und einen Teil des Unterdorfs umfaßte und sich seit 1464 in Händen der Familie befand, wurde 1546 schließlich tatsächlich von Matthäus Ehem an die Fugger verkauft. Immerhin hatten sich die Investitionen der Ehem, die in den acht Jahrzehnten, in denen sie das Dorf innehatten, dort 38 Lehen, sieben Hofstätten und eine Mühle neu anlegten und Weber ansiedelten, gelohnt, denn fur den Grundbesitz, der ursprünglich 660 fl gekostet hatte, erhielt Matthäus Ehem von Hans Jakob Fugger 18.500 fl.124 Hans Jakob Fugger behauptete, er hätte dem zwinglianisch gesinnten Ehem den Grundbesitz vor allem „aus Sorge um die alte Religion", also um die Durchführung der Reformation in Langenneufnach zu verhindern, abgekauft, 125 doch dürften die Fugger auch an der territorialen Arrondierung ihrer benachbarten Herrschaft Mickhausen ein nicht weniger starkes Interesse gehabt haben.126 Matthäus Ehem, der 1541/42 als städtischer Almosenherr tätig war und 1549 einen Sitz im Großen Rat einnahm,127 blieb offenbar bis zu seinem Tod im Jahre 1557 in Handelsgeschäften aktiv. 1551 gehörte er mit einer Forderung von 4.319 fl zu den größten Gläubigern Ulrich Lincks und Anton Haugs, 128 und in den 50er Jahren des 16. Jahrhunderts tätigte die Firma „Matthäus Ehem und Söhne" unter

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Hämmerle, Nr. 246; StAA, Werner/Lilienthal, „Ehem". StAA, Steuerbuch 1522, Sp. 42d. StBA, 2° Cod. Aug. 69, fol. 129 r -130 v . Für die wesentlich fuggerfreundlichere Darstellung des Konflikts bei Sender vgl. Chroniken, Bd. 23, S. 237-244; siehe auch Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 1, S. 164-166; Lutz, Peutinger, S. 302-304; Bauer, Schwabmünchen, S. 258-259, 272, 366. Kießling, Bürgerlicher Besitz, S. 135; Bauer, Schwabmünchen, S. 274, 351-352. Bauer, Schwabmünchen, S. 372-373, 383. Zur Fuggerherrschaft Mickhausen vgl. ebd., S. 254-283. Chroniken, Bd. 32, S. 438. Ringling, S. 112.

186 anderem Wechselgeschäfte, vor allem nach Venedig, mit Sebastian Meuting, 129 Hieronymus Zangmeister, 130 Wolfgang Paler,' 3 ' Georg Herwart' 32 und Christoph Welser.' 33 Hans Hörlin, ein Sohn Ludwig Hörlins und der Ursula Welser,' 34 absolvierte eine kaufmännische Ausbildung in Genf und arbeitete für die Handelsgesellschaft von Andreas Grander, Konrad Rehlinger und Hans und Peter Honold in Venedig, ehe er 1526 Sabina von Stetten, eine Tochter des Kaufmanns Michael von Stetten, heiratete.' 35 Dank seiner familiären Verbindungen wurde er bei der Erweiterung des Augsburger Patriziats im Jahre 1538 berücksichtigt' 36 und kam 1549 als Vertreter der Patrizier in den Großen Rat, dem er bis zu seinem Tod im Jahre 1571 angehörte.' 37 Daneben übte er zeitweilig die administrativen Ämter eines Verordneten zur Handwerkerstrafe, Viertelhauptmanns, Zeugherrn und Hochzeitherrn aus.' 38 Er erwarb ein Haus in der Heilig-Kreuz-Pfarrei' 39 und erbrachte in den 30er und 40er Jahren des 16. Jahrhunderts eine relativ konstante Steuerleistung: 1534 lag sie bei 73 fl, zehn Jahre später bei 72 und 1550 bei 85 fl.' 40 Sein komfortables Vermögen ermöglichte es Hörlin offenbar, von seinen laufenden Zinseinkünften zu leben, denn von einer Handelstätigkeit nach seiner Eheschließung ist nichts bekannt. Sein Schwager Christoph von Stetten berichtet überdies, Hörlin habe seinen ärmeren Geschwistern „fil guts gethon vnd haimlich Gelt zwgstelt." 14 ' Folgerichtig erscheint Hörlin in den Augsburger Unterkaufbüchern fast ausschließlich als Einleger von Depositen in Augsburger Handelsfirmen. 1552 lieh er Anton Fugger 4.000 fl für ein Jahr,142 im folgenden Jahr legte er 600 fl bei Hans und Marquard Rosenberger an,' 43 und 1554 folgten ein Darlehen an Wolfgang Paler und Konrad Herbst über 900 fl144 sowie eine erste, auf ein Jahr befristete und mit acht Prozent verzinste Anlage von 1.600 Goldgulden bei den Gebrüdern

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Blendinger, Unterkaufbücher, S. 39, 340-341, 355. Ebd., S. 90, 355. Ebd., S. 109,369. Ebd., S. 197,420. Korzendorfer, S. 148. StAA, Werner/Lilienthal, „Hörnlin". Hämmerle, Geschlechterbuch, S. 87. StAA, Reichsstadt, Zünfte, Nr. 148, S. 159. StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 51-60; Langenmantel, S. 106; Chroniken, Bd. 32, S. 439. Chroniken, Bd. 32, S. 439. Hämmerle, Geschlechterbuch, S. 87. StAA, Steuerbuch 1534, Sp. 34a; Steuerbuch 1544, Sp. 3c; Steuerbuch 1550, Sp. 4c. Hämmerle, Geschlechterbuch, S. 87. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 57, 294. Ebd., S. 89. Ebd., S. 134.

187 Weyer.145 1555/56 verlieh Hörlin 1.500 fl an Sebastian und Heinrich Zangmeister, 700 und 2.000 fl an Bernhard Meuting, 2.000 fl an Christoph Kraffter und 1.000 fl an Hieronymus Kraffter. 146 Seine Einlagen brachten Hörlin in der Regel acht Prozent Zinsen im Jahr, doch wurde er andererseits nicht nur im Fall der Weyer von der Konkurswelle, der seit Mitte der 1550er Jahre eine Reihe von Augsburger Firmen zum Opfer fielen, mit betroffen. So hatte er 1554 2.160 fl in der Firma des zahlungsunfähigen Bartholomäus Hartpronner liegen,147 1563 schuldete ihm die bankrotte Firma Markus Ulstett und Gebrüder 3.000 fl,148 und ein Jahr später hatte er von Christoph Manlich und seinen Brüdern 1.000 fl zu fordern. 149 Der Sollier (Silber- und Juwelenhändler) Markus Schwab,150 1558 mit 500 fl Kreditor der Weyer, gehörte von 1545 bis 1559 als Beisitzer zum internen Führungsgremium der Augsburger Kaufleutestube. 151 Nachdem er bereits 1539/40 städtischer Almosenherr gewesen war, saß er unter dem patrizischen Ratsregiment von 1549 bis zu seinem Tod im Jahre 1560 als Vertreter der Kaufleute im Großen Rat. Daneben fungierte er als Vorgeher des Goldschmiedehandwerks. 152 Schwabs Steuerleistung stieg von 35 fl im Jahre 1534 auf 45 fl im Jahre 1544 und 55 fl zur Jahrhundertmitte. 1562 zahlte seine zweite Frau Clara Grimm noch 25 fl Vermögenssteuer.153 Seine Mittlerstellung zwischen der Großkaufmannschaft und dem wohlhabenden städtischen Handwerk, dem er entstammte, zeigt sich an seinen Heiratsverbindungen sowie den Namen seiner Testamentarier und der Pfleger seiner Kinder. In erster Ehe war er mit Magdalena Epfenhauser aus einer Goldschmiedefamilie verheiratet, die seit 1544 durch Christoph Epfenhauser ebenfalls in der Kaufleutestube vertreten war.154 Im Jahre 1567 traten der Baumeisterschreiber Hans Reißmüller und der reiche Kaufmann Wolfgang Paler als Testamentarier Schwabs auf, während der Schneider Hans Koler im selben Jahr neben dem Apotheker Leopold Hofstetter, einem Mitglied der Kaufleutestube, als Beistand seiner Töchter fungierte. 155 Als Pfleger seiner Töchter Katharina und Maria werden 1570 die Kaufleute Georg König und Lorenz Bauhof sowie der Goldschmied Jakob 145 146 147 148 149 150

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Ebd., S. 144,385. Ebd., S. 165, 180, 193, 194, 200. StAA, KuH, Nr. 4. StAA, Spreng I, Nr. 1. StAA, KuH, Nr. 17, fol. 14. Berufsbezeichnung nach StAA, Pflegschaftsbuch 1567-1580, fol. 95 r . Vgl. auch Chroniken, Bd. 32, S. 456. IHK, Kaufleutestube. StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 86-101; Langenmantel, S. 107; Chroniken, Bd. 32, S. 456. StAA, Steuerbuch 1534, Sp. 50b; Steuerbuch 1544, Sp. 56d; Steuerbuch 1550, Sp. 70d; Steuerbuch 1562, Sp. 77c. Chroniken, Bd. 32, S. 456. Zu Christoph Epfenhauser vgl. Seling, Bd. 3, Nr. 622; Welt im Umbruch, Bd. 2, S. 302; Silber und Gold, Bd. 1, Anhang, S. XV. StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1565-1569, S. 173.

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Rittel genannt.156 Der aus Füssen stammende Lorenz Bauhof, seit 1542 Mitglied der Augsburger Kaufleutestube, 157 war mit Markus Schwabs Tochter Regina verheiratet.158 Reginas jüngere Schwester Katharina Schwab heiratete 1572 Hans Eisvogel, der 1574 Konsul der deutschen Kaufleute in Venedig war.159 Wie Hans Hörlin vergab auch Markus Schwab in den 1550er Jahren eine Reihe von Darlehen an große Augsburger Handelsfirmen. Dabei waren die Empfänger seiner Depositen teilweise identisch mit denen von Hörlin: dies gilt außer für die Gebrüder Weyer160 auch für Bartholomäus Hartpronner, der Schwab 1555 636 fl schuldete,161 für Hieronymus Kraffter, dem er 1556 1.000 fl als Darlehen gab,162 sowie für Wolfgang Paler und Konrad Herbst. Daß Schwab mit Paler, den er zu seinem Testamentarier ernannte, offenbar ein besonderes Vertrauensverhältnis verband, zeigt auch die Tatsache, daß er zwischen 1555 und 1557 seine Einlage bei ihm sukzessive von 1.000 auf 2.600 fl erhöhte.163 Im Jahr 1555 legte er erstmals 500 fl bei den Erben Sebastian Weyers sowie jeweils 1.000 fl bei den Erben des Leonhard Weiß, den Ligsalz und den Jenisch an.164 Bereits im April 1553 hatte Schwab überdies eine Einlage in Höhe von 4.000 fl bei Hans Paul und Hans Heinrich Herwart, die er zwei Jahre später auf 5.000 fl erhöhte, im August 1557 jedoch kündigte.165 Die soziale und finanzielle Verflechtung zwischen der Führungsgruppe der Augsburger Goldschmiede und der reichsstädtischen Kaufmannschaft, die sich im Falle Markus Schwabs andeutet, manifestiert sich auch in der Aufnahme von einer Reihe von Goldschmieden und Juwelieren in die Augsburger Kaufleutestube in den 1540er Jahren, darunter Ludwig Saur und Georg Zorer (1541), Christoph Zorer (1542), Georg Nathan und Christoph Epfenhauser (1544) und Thomas Beurlin (1546).166 Auch für diese Gruppe von Personen sind eine Reihe von geschäftlichen Transaktionen mit Augsburger Großkaufleuten belegt. Christoph Zorer lieh 1558 Christoph Kreß 1.300 fl167 und war 1567 mit 1.000 fl Gläubiger 156 157 158 159

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StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1569-1572, S. 85; Pflegschaftsbuch 1567-1580, fol. 95 r . IHK, Kaufleutestube, fol. 40; zur Herkunft vgl. StAA, KuH, Nr. 5, fol. 7. StAA, Reichsstadt, Zünfte, Nr. 148, S. 213; StAA, Werner/Lilienthal, „Hainhofer". Hämmerle, Nr. 972; Simonsfeld, Bd. 2, S. 209. Eisvogel wurde 1574 in die Kaufleutestube aufgenommen (IHK, Kaufleutestube, fol. 56) und im gleichen Jahr von Hieronymus Rehlinger für Venedig bevollmächtigt (StAA, Spreng X, Nr. 15). Vgl. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 416. StAA, KuH, Nr. 4. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 197, 200, 352. Ebd., S. 169, 178, 200, 201, 203, 402, 407. Ebd., S. 169, 318, 391. Die Einlagen bei den Ligsalz, Weiß und Weyer wurden 1556 erneuert: ebd., S. 194, 196, 198. Anfang 1558 erhöhte Schwab seine Einlage bei den Weiß auf 1.300 fl: ebd., S. 201. Ebd., S. 90, 2 0 1 , 3 0 2 . IHK, Kaufleutestube, fol. 37, 39, 40, 41. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 203.

189 Markus Ulstetts und seiner Brüder.168 Ludwig Saur verkaufte in den 1550er Jahren wiederholt größere Mengen Silber, so 1553 jeweils 140 Mark an den Münzmeister von Kempten und an den Augsburger Kaufmann Thomas Stahel, und 1557 54 Mark an Hans Welser.169 Ein weiterer Goldschmied, vermutlich Georg Nathan, trat 1555 105 Mark Silber an Christoph Kraffter ab.170 Bartholomäus Scheuber, dessen Erben 1558 mit 1.500 fl Gläubiger der Weyer waren, ist von 1541 an als Mitglied der Augsburger Kaufleutestube nachweisbar.171 Scheuber entrichtete mit 4 fl im Jahre 1544 und 6 fl im Jahre 1550 nur relativ bescheidene Steuerbeträge,172 und auch hinsichtlich seiner sozialen Beziehungen stand er eher an der Peripherie der kaufmännischen Elite Augsburgs. 173 Zwischen 1544 und 1555 trat er, zeitweilig gemeinsam mit Jakob Kraffter, als Pfleger eines Sohnes des Arztes und Bergwerksbesitzers Dr. Ulrich Jung auf.174 Die Firma, die Scheuber gemeinsam mit Wolfgang Grießbeck leitete, scheint jedoch im Wechselverkehr mit Antwerpen um die Mitte des 16. Jahrhunderts eine nicht unbedeutende Rolle gespielt zu haben. 1547 erscheinen Scheuber und Grießbeck als Partner Anton Fuggers bei einem Antwerpener Wechsel über 900 fl,175 und Anfang der 1550er Jahre entfaltete die Firma eine überaus rege Aktivität im Geldverkehr zwischen Augsburg und der Scheidestadt. Zwischen November 1551 und April 1552 waren Scheuber und Grießbeck an nicht weniger als 20 Transaktionen zwischen Augsburg und Antwerpen beteiligt, bei denen insgesamt 33.400 fl umgesetzt wurden - unter anderem 6.000 fl mit Jakob Herbrot, 4.000 fl mit Matthäus Manlich, 3.500 fl mit Christoph Fugger und 2.000 fl mit den Gebrüdern Weyer.176 Doch bereits kurz darauf gerieten Scheuber und Grießbeck in Schwierigkeiten: um die Mitte des Jahres 1552 nahm Grießbeck einen Antwerpener Wechsel Jakob Rehlingers über 3.000 fl an, bezahlte ihn aber nicht, weshalb Rehlinger ihn verhaften ließ. In einer Supplikation an den Augsburger Rat trug Rehlinger vor, er trage die Befürchtung, daß Bartholomäus Scheuber, der sich derzeit außerhalb der Stadt aufhalte, „so Er wider alher kheme, nit alain der Zalung halb, wie Grießbeckh widern, sonnder sich auch abschweiff machen" würde, und ersuchte den Rat daher, Scheuber ebenfalls in Gewahrsam zu nehmen und die Güter der beiden säumigen Zahler mit Arrest zu belegen und inventarisieren zu lassen.177 Daß der Rat dem 168 169 170 171 172 173

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StAA, Spreng I, Nr. 1. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 106, 109, 199. Ebd., S. 22, 174, 400. IHK, Kaufleutestube, fol. 38. StAA, Steuerbuch 1544, Sp. 59b; Steuerbuch 1550, Sp. 73c. Außer dem Namen seiner Frau, Felizitas Reuter, ist über seine verwandtschaftlichen Beziehungen nichts bekannt. StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1577-1582, S. 349. StAA, RP 18/1 (1544), fol. 96 v ; StAA, Pflegschaftsbuch 1551-1560, S. 132, 162; zu Jung vgl. Fleischmann. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2, S. 755, Anm. 182; S. 778-779, Anm. 13. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 38-50, 300, 319, 381. StAA, RP 26/1 (1552), fol. 82 v .

190 Konflikt eine große Bedeutung beimaß, ist der Tatsache zu entnehmen, daß er als Schlichter zwischen Rehlinger und Scheuber/Grießbeck sechs angesehene, „der Kauffmanshenndln erfarne personen" bestimmte: Markus Ulstett, Hans Jakob Fugger, Jakob Herbrots Schwiegersohn Christoph Tiefstetter, Hans Welser, Bernhard Meuting und Hieronymus Imhof.178 In den Wochen nach Rehlingers Gesuch reichten auch mehrere andere Kaufleute, darunter Georg Mülich, Christoph Gering und Alexander Kraffter, beim Augsburger Rat Beschwerden gegen Scheuber und Grießbeck ein - ein deutliches Anzeichen dafür, daß der Kredit der beiden Kaufleute nachhaltig erschüttert war.179 Folgerichtig ging die Zahl der Geldgeschäfte an der Augsburger Börse, an denen Scheuber und Grießbeck beteiligt waren, drastisch zurück. Von Mai 1552 bis August 1553 tätigten sie nur noch ein einziges Geschäft - einen Antwerpener Wechsel über 1.000 fl mit Karl Santor.180 Im September 1553 konnte Bartholomäus Scheuber dann Transaktionen mit den Österreicher über 500 fl und mit Hans Welser über 1.000 fl vereinbaren, und im folgenden Monat wechselte er ,,vo(n) der Gregken wegen" 4.200 fl mit mehreren Augsburger Kaufleuten. 181 Offenbar versuchte Scheuber also, über eine Faktoren- oder Kommissionstätigkeit für die Ulmer Handelsgesellschaft der Greek wieder an der Augsburger Börse ins Geschäft zu kommen. Dazu blieb ihm jedoch nicht mehr viel Zeit, denn Scheuber starb im April 1555.182 Seine Witwe hatte im folgenden Jahr Schuldforderungen an den Ulmer Bürger Philipp Jakob Greek sowie an einen Vogt des Grafen Jos Nikolaus von Hohenzollern. 183 Andreas Prantmair, dessen Forderung an die Gebrüder Weyer sich 1558 auf 135 fl belief, war vor allem im Montangeschäft mit Kärnten und der Steiermark stark interessiert. Bereits 1534 stand er mit dem Judenburger Kaufmann Clemens Körbler in geschäftlicher Verbindung, mit dem er Tuch gegen Eisendraht handelte.184 Von 1552 an betrieb er gemeinsam mit dem Nürnberger Kaufmann Lukas Sitzinger d.Ä., an dessen Stelle 1560 seine Söhne Lukas und Hans traten, sowie mit Christoph und Hans Weitmoser Silber- und Kupferbergbau im Walchen- und Ennstal, wo die Gewerken zwei Schmelzhütten errichteten, und im Schladminger Gebiet.185 Die Erfolge seiner Montanunternehmungen manifestierten sich in einem beträchtlichen Anstieg seiner Steuerleistung von 54 fl im Jahre 1544 über 123 fl 1550 auf 173 fl im Jahre 1562.186 Da Prantmair 1568 ohne Nachkommen verstarb, 178 179 180 181 182 183 184 185 186

Ebd., fol. 78 v ; vgl. auch ebd., fol. 80 r , 82r, 91 v -92 r ; Kellenbenz, Hans Jakob Fugger, S. 68. StAA, RP 26/1 (1552), fol. 83 v , 85r, 85 v , 86r, 99 v . Blendinger, Unterkaufbücher, S. 68, 388. Ebd., S. 109, 110, 114, 337, 365, 390. IHK, Kaufleutestube, fol. 38. StAA, Reichsstadt, Akten, Nr. 356, Fürschriften vom 18.1., 5.5. und 6.6.1556. Kunnert, S . 2 3 1 . Ebd., S. 232-238; Pickl, S. 133. StAA, Steuerbuch 1544, Sp. 57a; Steuerbuch 1550, Sp. 71a; Steuerbuch 1562, Sp. 77d.

191 ging sein Vermögen an die Kinder seiner Schwestern Barbara, Lucia und Felizitas über, die mit den Augsburger Kaufleuten Gastel Haug, Lukas Mair und Melchior Mörlin verheiratet waren.187 Durch seine schwiegerverwandtschaftlichen Beziehungen zu den Haug und den Rem - Daniel Rem heiratete 1557 Prantmairs Nichte Magdalena Mörlin188 - ist Prantmair dem weiteren verwandtschaftlichen Umfeld der Weyer, ihrer „dritten Kontaktzone", zuzurechnen. Seine Schuldforderung rührte wahrscheinlich nicht aus den französischen Anleihegeschäften der Weyer, sondern aus Metallieferungen her. Im Jahre 1555 zahlten die Weyer fur die Hünlin von Lindau 13 fl 24 χ an Prantmair „vmb 4 Poschen Eisen".189 Hans Waltmann, dem die Weyer zum Zeitpunkt ihres Bankrotts 2.000 fl schuldig waren und der 1560 zu einem der Kuratoren der Bankrotteure ernannt wurde, war Gastwirt.190 Seine Steuerleistung zeigt in den mittleren Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts eine langsame, aber stetige Aufwärtsentwicklung: 1540 belief sie sich auf 3 fl, 1544 auf 4 fl 9 x. Waltmann wohnte zu dieser Zeit im Zunfthaus der Scheffler im Steuerbezirk „Vom Ror".191 Nach der vom Kaiser angeordneten Auflösung der Zünfte in Augsburg 1548 erwarb Waltmann für 3.300 fl das Zunfthaus der Zimmerleute, 192 und 1550 zahlte er im Bezirk „Vom Zimmerleutehaus" bereits 6 fl 30 χ Vermögenssteuer. In den Jahren 1562 und 1568 belief sich die Steuerleistung Waltmanns, der nunmehr im Bezirk „Vom Caspar Ferber" ansässig war, auf 12 fl.193 Von 1549 an saß er als Vertreter der Gemeinde im Großen Rat und übte zudem das Amt eines Fischbeschauers aus.194 Während des Augsburger Reichstags von 1559 bezog Graf Ladislaus von Haag im Haus Waltmanns Quartier.195 In den 1560er Jahren ist Waltmann also bereits zur oberen Mittelschicht in Augsburg zu rechnen. Daß Gastwirte, die in vielen kleineren Städten zur Führungsschicht gehörten, auch in der großen Reichsstadt Augsburg mitunter zu beträchtlichem Vermögen und sozialem Ansehen gelangen konnten, zeigt etwa

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StAA, Spreng II, Nr. 3. Ebd.; Hämmerle, Nr. 693. StAA, StG 201, fol. 34 v -35 r . StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1551-1560, S. 353; Chroniken, Bd. 32, S. 474. StAA, Steuerbuch 1540, Sp. 50d; Steuerbuch 1544, Sp. 55a. Chroniken, Bd. 32, S. 152. StAA, Steuerbuch 1550, Sp. 67c; Steuerbuch 1562, Sp. 48a; Steuerbuch 1568, Sp. 54b. Von 1550 an sind in den Steuerbüchern zwei weitere Personen desselben Namens verzeichnet, die sich jedoch klar von dem Wirt Hans Waltmann unterscheiden lassen. Ein Hans Waltmann, der 1550 im Steuerbezirk „Auf dem Pühel" 2 fl 30 x, 1562 noch 1 fl steuerte (Steuerbuch 1550, Sp. 50b; Steuerbuch 1562, Sp. 54d), wird in den Quellen als „Schwallmüller" bezeichnet (vgl. StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1561-1565, S. 17, 67, 169). Ein dritter Hans Waltmann entrichtete nur eine sehr geringe Vermögenssteuer: 1550 im Bezirk „End Fuggers Häuser" 9 x, 1562 im Bezirk „Wierin Prielbruck" 15 χ (StAA, Steuerbuch 1550, Sp. 32a; Steuerbuch 1562, Sp. 41b). Chroniken, Bd. 32, S. 164, 403, 474. Ebd., S. 378.

192 das Beispiel von Waltmanns Kollegen Hans Gauger, der 1546 in die Kaufleutestube und 1549 in den Großen Rat aufgenommen wurde.196 Gaugers Steuerleistung kletterte zwischen 1550 und 1562 von 12 auf 44 fl.197 1569 nahm die Kaufleutestube den Gastwirt Sigmund Zoller auf, der von 1576 an auch als Repräsentant der Kaufleute einen Sitz im Großen Rat einnahm.' 98 Zollers Steuerleistung übertraf mit 24 fl im Jahre 1575 und 60 fl im Jahre 1590 diejenigen vieler seiner Stubengenossen. 199 Auch Georg Berckenmair, der von 1571 an in den Quellen als „Gastgeber" bezeichnet wird200 und 1575 12 fl Steuern bezahlte, 20 ' fand 1579 Aufnahme in die Kaufleutestube und kam 1582 in den Großen Rat.202 Ein weiterer Gastwirt, Hans Berger, wurde 1582 Mitglied der Kaufleutestube und des Großen Rates.203 Berger bezahlte 1575 über 20 fl, fünfzehn Jahre später über 30 fl Steuern.204 Sein Haus beim Weinstadel ging im Jahre 1600 für die sehr beträchtliche Summe von insgesamt 11.600 fl an seine Kinder Hans und Maria und an seinen Schwiegersohn Michael Bovet über.205 Wie die vermögenden Goldschmiede, die unter den Weyer-Gläubigern durch Markus Schwab repräsentiert werden, können somit auch die reicheren Gastwirte als Zwischengruppe zwischen der reichsstädtischen Kaufmannschaft und der Handwerkerschaft bezeichnet werden. In wirtschaftlicher Hinsicht schafften einige von ihnen den Anschluß an die städtische Oberschicht, in sozialer Hinsicht wurde ihr Aufstieg durch Aufnahme in die Kaufleutestube sanktioniert.206 Ihre sozialen Beziehungen zeigen andererseits jedoch die anhaltende Bindung auch der „stubenfähigen" Gastwirte an das Handwerkermilieu. So befand sich etwa unter den fünf Pflegschaften, die Georg Berckenmair zwischen 1568 und 1579 übernahm, nur eine Familie aus dem Milieu der Kaufleutestube, und bezeichnenderweise handelte es sich hierbei um die Kinder des Weinschreibers Georg Erhard und der Juliana Ammann, also um eine

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IHK, Kaufleutestube, fol. 41; StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 86-101; vgl. Langenmantel, S. 108. 1548 wird Gauger als Wirt bezeichnet in StAA, Augsburger Geschlechter, Stubenordnungen, Nr. 5.

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StAA, Steuerbuch 1550, Sp. 73b; Steuerbuch 1562, Sp. 80c. IHK, Kaufleutestube, fol. 51; StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 86-101. Als Gastwirt läßt sich Zoller aufgrund mehrerer Einträge in den Pflegschaftsbüchern identifizieren: vgl. StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1565-1569, S. 122; Kleines Pflegschaftsbuch 1569-1572, S. 315; Kleines Pflegschaftsbuch 1572-1576, S. 25, 159. StAA, Steuerbuch 1575, Sp. 95d; Steuerbuch 1590, Sp. 28d. StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1569-1572, S. 102; Kleines Pflegschaftsbuch 1577-1582, S. 140; Pflegschaftsbuch 1582-1593, S. 397. StAA, Steuerbuch 1575, Sp. 93b. IHK, Kaufleutestube, fol. 61; StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 86-101. IHK, Kaufleutestube, fol. 64; StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 86-101. StAA, Steuerbuch 1575, Sp. 90a; Steuerbuch 1590, Sp. 89b. StAA, Pflegschaftsbuch 1594-1605, fol. 209 v . Zur sozialen Stellung der Augsburger Gastwirte vor dem Dreißigjährigen Krieg vgl. Roeck, Krieg und Frieden, Bd. 1, S. 421-422.

193 Familie, deren soziale Stellung etwa der einer reichen Gastwirtsfamilie entsprochen haben dürfte.207 Unter den Gläubigern der Gebrüder Weyer befanden sich mit dem Kistler Thomas Schöberlin und dem Schneider Georg Hendtschuher, die als Pfleger der Kinder eines gewissen Hans Jacob die Rückzahlung von 819 fl verlangten, 208 auch zwei Vertreter der Augsburger Handwerkerschaft. In den Jahren 1540 und 1544 erscheint ein Thomas Schöberlin mit einer Steuersumme von 24 χ als Bewohner des Augsburger Steuerbezirks „Pfaffengasse". 209 Da sich in den Jahren 1550 und 1554 keine Person dieses Namens in den Steuerbüchern findet, handelte es sich bei dem genannten Thomas Schöberlin vermutlich um den Vater des WeyerGläubigers. Seit Mitte der 1550er Jahre ist der Kistler Thomas Schöberlin hinsichtlich seines sozialen Profils und seiner sozialen Beziehungen in den Quellen besser greifbar. 1555 stellte er den Rechenmeister Hans Eisenhut und den Kistler Hans Kolb als Pfleger der Kinder des Kistlers Matthäus Aigner vor.210 Im Jahre 1562 entrichtete Schöberlin als Bewohner des Steuerbezirks „Willig Arm" einen Gulden Vermögenssteuer, und im gleichen Jahr erlegten Schöberlin und Christoph Hainlin in ihrer Funktion als Testamentarier des Kistlers Matthäus Bacheitter 90 fl 58 χ Nachsteuer.211 1564 übernahm Thomas Schöberlin zusammen mit dem Kantengießer Hans Mair die Vormundschaft über die Kinder des Thomas Hoch und der Anna Lenz; gemeinsam mit Jörg Göttlin trat er im folgenden Jahr auch als Pfleger der Nachkommen seines Berufskollegen Hans Kolb und der Anna Schöberlin, vermutlich einer nahen Verwandten, auf.212 Im Jahre 1568 zahlte er 45 χ Steuern für sein eigenes Vermögen und weitere 41 χ für dasjenige der Kinder Hans Kolbs.213 Legt man die von Bernd Roeck verwendeten Kategorien zur Bestimmung sozialer Schichten in der Reichsstadt Augsburg zugrunde, so wäre Thomas Schöberlin am unteren Rand der Augsburger Mittelschicht anzusiedeln. 214 Soziale Bezie207

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StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1577-1582, S. 140; Pflegschaftsbuch 1582-1593, S. 397. Für die weiteren Vormundschaften Berckenmairs vgl. StAA, Pflegschaftsbuch 1567-1580, fol. 35 r (Tochter des Ulrich Mattheis, 1568); ebd., fol. 110 v ; Kleines Pflegschaftsbuch 15691572, S. 102 (Kinder des Georg Baur und der Anna Wetzler, 1571); Kleines Pflegschaftsbuch 1569-1572, S. 124 (Kinder des David Rauh von Bruck, 1571); ebd., S. 247 (Kinder des Hans Kaufmann und der Dorothea Eckart, 1572). StAA, StG 30, fol. 25 v -26 r . StAA, Steuerbuch 1540, Sp. 56a; Steuerbuch 1544, Sp. 60b. StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1551-1560, S. 166. StAA, Steuerbuch 1562, Sp. 58a, 87c. StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1561-1565, S. 134, 325. Die Pflegschaften über Hochs und Kolbs Kinder hatte Schöberlin bis zu seinem Tod im Jahre 1572 inne: StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1569-1572, S. 261; Kleines Pflegschaftsbuch 1572-1576, S. 182. StAA, Steuerbuch 1568, Sp. 65a. Roeck, Krieg und Frieden, Bd. 1, S. 484. Zum Problem der Schichtbestimmung vgl. auch Kap. 1.1.

194 hungen knüpfte er offenbar bevorzugt mit anderen Personen aus dem Handwerkermilieu, insbesondere mit Angehörigen seiner eigenen Berufsgruppe an. Ein Vergleich mit den Karrieren von Kistlern wie Heinrich Krön oder Bartholomäus Weißhaupt zeigt überdies, daß Schöberlin keineswegs zu den herausragenden Vertretern seiner Zunft gehörte. Heinrich Krön, dessen Brüder Karl und Kaspar Mitglieder der Augsburger Kaufleutestube waren,215 bekleidete von 1561 bis 1574 als Vertreter der Gemeinde das Bürgermeisteramt 216 und entrichtete im Jahre 1562 eine Vermögenssteuer von 18 fl, der zufolge er zu diesem Zeitpunkt bereits oberhalb der reichsstädtischen Mittelschicht anzusiedeln ist.2'7 Nach seinem Tod im Jahre 1578 übernahmen zeitweise der Goldschmied Tobias Thoman und die Fuggerangestellten Georg Stegmann und Philipp Wanner die Vormundschaft über seine unmündigen Kinder, unter denen sich auch sein Sohn Ferdinand befand, der später als Fuggerfaktor nach Goa (Indien) entsandt wurde, wo er als Kaufmann zu großem Ansehen gelangte.218 Die Betrachtung seiner sozialen Beziehungen verdeutlicht andererseits aber auch, daß Krön zeit seines Lebens primär dem Handwerkermilieu verhaftet blieb. So war er über seine erste Frau Anna Flicker mit dem Metzger Paul Geiger verschwägert. 219 1561 wurde er Pfleger der Kinder seines Berufskollegen Hans Herz und der Apollonia Rieger.220 Krons Tochter Maria heiratete den Kupferschmied Daniel Hauser, 22 ' während sein Sohn Hieronymus den Beruf des Goldschmieds ergriff.222 Der Schneider Georg Hendtschuher erscheint 1540 im Steuerbezirk „Vom Zimmerleutehaus" und 1544 im Bezirk „Vom Murdigel" als „Habnit", entrichtete also zu dieser Zeit keine Vermögenssteuer. In den folgenden Jahren zeigte seine Steuerleistung jedoch eine langsame Aufwärtsbewegung: 1550 zahlte er 30 x, vier Jahre später 1 fl 7 χ 2 h. In den Jahren 1562 und 1568 blieb seine Steuerleistung konstant auf diesem Niveau. Neben seiner eigenen Steuer erlegte Georg Hendtschuher über eine Reihe von Jahren hinweg auch die Vermögenssteuer für die Kinder des Hans Jacob. 1550 belief sich diese Abgabe auf 2 fl 36 x, 1554 auf 3 fl 15 χ und 1562 auf 2 fl 41 x.223 Darüber hinaus können auch Hendtschuhers soziale Beziehungen über die Augsburger Pflegschaftsbücher näher erhellt werden. Von 1551 an trat er als Pfleger der Kinder des Schneiders Leonhard Sedelmair und der 215

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IHK, Kaufleutestube, fol. 41. Zur verwandtschaftlichen Beziehung vgl. StAA, StG 174, sowie Chroniken, Bd. 32, S. 183, Anm. 1. Sieh-Burens, Oligarchie, S. 348. StAA, Steuerbuch 1562, Sp. 84a. StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1577-1582, S. 297; Pflegschaftsbuch 1581-1613, fol. 60 v . Zu Ferdinand Krön vgl. Kellenbenz, Cron. StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1551-1560, S. 9-10. StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1561-1565, S. 33. StAA, Spreng XXXIX, Nr. 92. Seling, Bd. 3, Nr. 889. StAA, Steuerbuch 1540, Sp. 50b; Steuerbuch 1544, Sp. 48b; Steuerbuch 1550, Sp. 61a; Steuerbuch 1554, Sp. 58b; Steuerbuch 1562, Sp. 67b; Steuerbuch 1568, Sp. 75d.

195 Apollonia Lang auf. 1566 wurde der Goldschmied Georg Nathan als Mitpfleger Hendtschuhers durch den Wirt Leonhard Kapfer abgelöst.224 Als im folgenden Jahr der Metzger Leonhard Gilreiter und sein Bruder Christoph das Haus ihres Vaters veräußerten, wurde Hendtschuher neben dem Metzger Narziß Gilreiter fur die Dauer dieses Geschäfts zum Pfleger der Brüder bestimmt. 225 Im Jahre 1572 schließlich fungierte der erwähnte Narziß Gilreiter neben dem Schneider Hieronymus Dietrich als Pfleger der vier Töchter Georg Hendtschuhers und seiner Frau Anna Notter.226 Wie im Falle Thomas Schöberlins bewegten sich auch die familiären und rechtlichen Beziehungen Hendtschuhers weitestgehend innerhalb seines eigenen sozialen Milieus. Die Augsburger Gläubiger der Weyer, deren Biographien hier untersucht wurden,227 repräsentieren also unterschiedliche soziale Schichten und „Lebenskreise". Ihr Spektrum reicht von Angehörigen alteingesessener Patrizierfamilien (Rehlinger, Herwart) über Mitglieder der Kaufmannschaft, wohlhabende Wirte und Juweliere bis hin zu einigen wenigen Vertretern der handwerklich tätigen städtischen Mittelschicht, die unter den Kreditoren allerdings nur eine marginale Rolle spielten. Unter den Gläubigern waren Verwandte und Geschäftspartner der Söhne Sebastian Weyers stark vertreten, doch kam ein Teil des Fremdkapitals auch von Personen, die anderen sozialen Milieus angehörten. Die auswärtigen Gläubiger der Augsburger Zentrale der Weyer stammten vorwiegend aus anderen oberdeutschen Reichsstädten wie Lindau und Memmingen sowie aus den Residenzstädten München und Salzburg. Lindau, wo die Erben Felix Hünlins 2.000 fl von den Weyer zu fordern hatten, diente der Firma als Warenlager und Verbindungsort zwischen ihren Faktoreien in Augsburg und Lyon. In einem Appellationsverfahren vor dem Augsburger Stadtgericht brachten die Hünlin 1570 vor, sie hätten noch kurz vor dem Bankrott Waren der Weyer im Wert von 8.000 fl in Verwahrung gehabt.228 In Memmingen hatte ein gewisser Ulrich Hanckelmann eine Forderung von 600 fl an die Weyer. Georg Negelin, der 300 fl bei der Firma angelegt hatte, kam aus Freising, wo ein Onkel und ein Bruder von Hans und David Weyer als Chorherren untergekommen waren. Jörg Retzier und die Erben des Leonhard Retzier, die zusammen 800 fl zurückverlangten, stammten

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StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1551-1560, S. 22; Kleines Pflegschaftsbuch 1565-1569, S. 36. Am 15. Oktober 1554 verkauften Georg Nathan und Georg Hendtschuher in ihrer Funktion als Pfleger der Kinder Leonhard Sedelmairs vier Häuser in Augsburg fur 2.700 fl an Georg Koch und seine Frau Magdalena Rem: StAA, Reichsstadt, Akten, Nr. 32. StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1565-1569, S. 115. StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1569-1572, S. 335. Außer den Personen, die hier ausfuhrlich behandelt wurden, befand sich noch ein Georg Wilbrecht mit einer Forderung von 600 fl unter den Augsburger Weyer-Gläubigern. Seine soziale Stellung und berufliche Tätigkeit waren nicht zu ermitteln. Sein Bruder Christoph war jedoch Schwiegersohn Georg Fröhlichs; vgl. dazu das folgende Kapitel 3.2. StAA, StG 201, fol. 17 r -17 v . Vgl. Kap. 1.3.

196 aus dem Ort Achsheim im Umland von Augsburg. Der Salzburger Georg Aichelberger, der bereits 1529 mit einem Betrag von 800 fl unter den Gläubigern der Höchstetter-Gesellschaft erscheint,229 verlangte 1557 von den Weyer 300 fl zurück. Als größte auswärtige Kreditoren erscheinen die ebenfalls in Salzburg ansässigen Ludwig und Wilhelm Alt, deren Forderung an die Bankrotteure 7.500 fl betrug, sowie die Münchner Brüder Alexander und Christoph Seehofer mit insgesamt 2.700 fl. Am Beispiel der Alt und der Seehofer lassen sich in exemplarischer Weise die Außenverflechtungen und die Zentralität der Handelsmetropole Augsburg im süddeutschen Raum verdeutlichen. Die Seehofer gehörten mit den Ligsalz, Dilger, Schottel, Gaisberger und Lerchenfelder zu einer kleinen Gruppe von Münchner Firmen, die in den 50er Jahren des 16. Jahrhunderts auf dem Augsburger Geldmarkt präsent waren. Mit 167 Wechsel- und Kreditgeschäften waren die Ligsalz das bei weitem aktivste dieser Münchner Unternehmen, während die Seehofer und Georg Dilger nur an zehn bzw. acht Transaktionen auf dem Augsburger Finanzmarkt beteiligt waren und Martin Schottel, die Gaisberger und die Lerchenfelder mit jeweils ein bis zwei Geschäften nur eine marginale Rolle spielten.230 Im Gegensatz zu den Ligsalz, die durch die Eheschließungen von Erasmus Ligsalz mit Sibilla Haug (1546) und von Balthasar Ligsalz mit Euphrosina Schorer (1554)231 familiäre Beziehungen zur Augsburger Großkaufmannschaft anknüpften, scheinen die Verbindungen von Alexander und Christoph Seehofer, die um die Jahrhundertmitte in der Münchner Rosenstraße zwei Häuser besaßen,232 nach Augsburg rein geschäftlicher Natur gewesen zu sein. Die zehn Geschäfte der Gebrüder Alexander und Christoph Seehofer, welche die Augsburger Unterkaufbücher für die Jahre 1552 bis 1555 verzeichnen, zeigen eine starke Orientierung der Firma auf den französischen Markt hin. Bei acht der zehn Transaktionen handelte es sich um Wechselgeschäfte mit Lyon, einmal wechselte die Firma französische Kronen um. Allein vier ihrer acht Wechsel mit einem Gesamtvolumen von 4.400 Kronen wickelten die Seehofer mit den Gebrüdern Schorer ab,233 drei weitere über insgesamt 5.300 Kronen mit dem 229 230 231

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Klinkert, S. 50. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 545-546, 552, 557-558. Hämmerle, Nr. 513, 647b; StAA, Werner/Lilienthal, „Haug"; StBA, Seifert'sche Stammtafeln, „Schorer". Sowohl Balthasar als auch Erasmus Ligsalz wurden in Augsburg als Paktbürger ansässig: vgl. StAA, Bürgeraufnahmen, Fasz. 3, Nr. 19. Im Jahre 1553 waren die Brüder Besitzer des Hauses in der Rosenstraße Nr. 10, das 1527 bereits einem Sebastian Seehofer gehörte. Im Jahre 1588 kaufte Joachim Freiherr von Fugger zu Kirchberg und Weißenhorn von ihren Erben das Anwesen für 4.500 fl und 100 fl Leikauf. Häuserbuch München, Bd. 3, S. 376. 1552 werden Alexander und Christoph Seehofer auch als Besitzer des Anwesens Rosenstraße Nr. 5 genannt: Häuserbuch München, Bd. 4, S. 258. Am 1. September 1552 wechselten beide Firmen 1.000 Kronen (Blendinger, Unterkaufbücher, S. 60, 357), am 14. September des folgenden Jahres nochmals den gleichen Betrag (S. 359), am 14. August 1554 1.200 Kronen (S. 143, 354) und am 9. Januar 1555 schließlich wiederum 1.200 Kronen (S. 155).

197 Weyer-Schwager Hieronymus Zangmeister. 234 Im Oktober 1553 waren die Gebrüder Weyer selbst Geschäftspartner der Seehofer: die beiden Firmen vereinbarten ein Lyoner Wechselgeschäft über 400 Kronen „und 1200 fl mit 2 p(ro) c(ent)."235 Am 14. August 1554 liehen die Seehofer außerdem Wolfgang Paler und Konrad Herbst 10.000 fl.236 Im Jahre 1557 gewährten sie der Tiroler Regierung ein Darlehen in Höhe von 10.000 fl. Als Vermittler bei diesem Kreditgeschäft trat mit Joachim Jenisch ein Vetter von Hans und David Weyer in Erscheinung. Jenisch diente zu dieser Zeit der Innsbrucker Regierung als Finanzagent in Augsburg. 237 Die Gebrüder Ludwig und Wilhelm Alt aus Salzburg, die sich im Konkursverfahren gegen Hans und David Weyer vor dem Augsburger Stadtgericht durch Hieronymus und David Zangmeister vertreten ließen,238 verfugten über zumindest weitläufige familiäre Verbindungen nach Augsburg: ihr Urgroßvater Ludwig, der 1474 das Salzburger Bürgerrecht erwarb, war in der Lechstadt geboren.239 Der 1513 geborene Ludwig und sein zwölf Jahre jüngerer Bruder Wilhelm waren die Söhne Wolfgang Alts, der 1539 in geschäftlicher Verbindung mit dem Augsburger Hans Baumgartner stand.240 Geschäftliche Aktivitäten der Alt sind vor allem aus dem Finanz- und dem Montanbereich bekannt. Kurz vor der Jahrhundertmitte gewährten Ludwig und Wilhelm Alt dem Innsbrucker Hof ein Darlehen in Höhe von 20.000 fl.241 In den Jahren 1556 bis 1558 betrieben die Alt zusammen mit der Familie Thenn als „Salzburger Gewerken" in relativ bescheidenem Umfang Silberbergbau, und 1562 besaßen die Alt und Thenn auch eine kleine Schmelzhütte im Rauriser Hüttwinkel.242 Darüber hinaus hatten die Alt enge wirtschaftliche Beziehungen zur Augsburger Kaufmannschaft. In den Jahren 1556/57 diente Markus Joß den Alt als „Faktor" (Kommissionär) in Augsburg. 243 Joß erscheint 1557 mit einem Betrag

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3.000 Kronen am 7. März 1553 (S. 85, 371), 700 Kronen am 26. August desselben Jahres (S. 108) und 1.600 Kronen am 18. Januar 1554 (S. 124, 371). Ebd., S. 114. Ebd., S. 143, 396. Pölnitz/Kellenbenz, Anton Fugger, Bd. 3/2, S. 102, 136. StAA, StG 30, fol. 25 v -26 r . Martin, Beiträge, S. 115. Müller, Quellen, S. 91 (Nr. 195). Ludwig Alt kaufte 1554 zwei Häuser in Salzburg und bekleidete in den Jahren 1560/61 und 1567/68 das Bürgermeisteramt der Stadt; sein Bruder Wilhelm erwarb ebenfalls mehrere Häuser und wurde Mitglied des Stadtrats. Enge verwandtschaftliche Beziehungen verbanden die Alt mit den Salzburger Familien Thenn und Unterholzer. Wilhelm Alt war mit Magdalena, sein Bruder Christoph, der Stadtkämmerer von Salzburg wurde, mit Apollonia Unterholzer verehelicht. Gleich drei Geschwister von Wilhelm und Ludwig Alt heirateten Angehörige der Familie Thenn. Martin, Beiträge, S. 116-117. Ludwig/Gruber, S. 345. Ebd., S. 261-262. StAA, KuH, Fasz. VI, Nr. 26/5, S. 10.

198 von 496 fl unter den Nürnberger Schuldnern der Firma Christoph Welsers244 und gehörte 1559/60 zu den Opfern der Konkurswelle, die Augsburgs Geschäftswelt zu dieser Zeit erschütterte.245 1 561 ernannten die Augsburger Oberpfleger den Schlosser Hans Kuister anstatt Markus Joß, „so schulden halben auß der Stat khomen vnd jetzo zu Bruck sein heuslich anwesen hat", zum Pfleger der Kinder des Schwallmüllers Karl Mair.246 Im Jahre 1574 waren die Alt mit 1.200 fl Gläubiger Leonhard Milbingers, 247 und im folgenden Jahr hatten sie 1.796 fl von den Brüdern Stephan und Esaias Zangmeister zu fordern.248 Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Zusammenarbeit der mit den Alt verschwägerten Markus und Berthold Thenn mit dem Weyer-Schwager Ulrich Sitzinger in der Bergbaugesellschaft der Fröschelmoser um 1542.249 Die Aufschlüsselung der Gläubigerstruktur der Weyer in einem Kollektivporträt macht vor allem drei Dinge deutlich. Zum einen bestätigt sich hier erneut der bereits im vorangegangenen Kapitel anhand des Augsburger Geldmarkts festgestellte Zusammenhang zwischen verwandtschaftlicher und wirtschaftlicher Verflechtung und damit die Multiplexität sozialer Beziehungen in der Augsburger Kaufmannschaft um die Mitte des 16. Jahrhunderts. Ein beträchtlicher Teil der Kreditoren rekrutierte sich aus dem engeren und weiteren verwandtschaftlichen Umfeld Hans und David Weyers. Zweitens zeigt sich, daß der ganz überwiegende Teil der Augsburger Weyer-Gläubiger aus der städtischen Oberschicht und oberen Mittelschicht kam. Neben Patriziern und Großkaufleuten finden sich zwar auch ein Juwelier, ein wohlhabender Gastwirt und das Pflegschaftsgeld einer Handwerkerfamilie im Kreditorenverzeichnis der Weyer; davon, daß Depositen in Handelsgesellschaften eine weitverbreitete Form der Kapitalanlage fur Kleinanleger in diesem Falle primär für städtische Handwerker - gewesen seien, kann aber keine Rede sein. Der Vergleich mit anderen Firmenbankrotten wird zeigen, daß dies keineswegs nur fur die Firma Hans und David Weyers gilt. Drittens schließlich unterstreicht die geographische Verteilung der Gläubiger die wirtschaftliche Zentralität Augsburgs im oberdeutschen Raum.

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StBB, Msc. Var. 13/1, fol. 276. Chroniken, Bd. 33, S. 80. StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1561-1565, S. 17. StAA, StG 57. StAA, Spreng XX, Nr. 33 1/2. Kunnert, S. 236-237.

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3.2 Georg Fröhlich, Sylvester Raid und Paul Hektor Mair: Die Intellektuellen, die Macht und das Geld Mit dem ehemaligen Stadtschreiber und Literaten Georg Fröhlich, dem Syndikus und markgräflichen Rentmeister Sylvester Raid und dem Ratsdiener und Chronisten Paul Hektor Mair befanden sich drei der schillerndsten Personen der Augsburger Stadtgeschichte des 16. Jahrhunderts unter den Gläubigern von Hans und David Weyer. Ihre Forderungen an die bankrotten Brüder beliefen sich auf insgesamt 6.300 fl, von denen 2.900 fl auf Fröhlich, 2.500 fl auf Raid und 900 fl auf Mair entfielen. Alle drei Männer verfugten zeitweilig über hervorragende Kontakte zur wirtschaftlichen und politischen Elite der Reichsstadt und konnten selbst auf politische und geistige Entwicklungen in Augsburg Einfluß nehmen. Allen drei Männern war jedoch auch gemein, daß sie sich schließlich mit der Reichsstadt Augsburg und ihrer Führungsschicht entzweiten. Eine Untersuchung der Karrieren von Fröhlich, Raid und Mair, ihrer sozialen Beziehungen und der Konflikte, in die sie gerieten, ermöglicht somit einen tiefen Einblick in das Verhältnis von intellektueller, wirtschaftlicher und politischer Elite in Augsburg um die Mitte des 16. Jahrhunderts. Ihre gemeinsame Verwicklung in den Bankrott der Gebrüder Weyer ist dabei mehr als ein bloßer Anknüpfungspunkt. Vielmehr bezeichnet dieses Ereignis gerade im Falle Fröhlichs und Raids auch eine entscheidende Phase innerhalb ihrer persönlichen Entwicklung, einen Punkt, an dem sich die Möglichkeiten und Grenzen ihres Einflusses, ihre Normen und ihre Verhaltensweisen exemplarisch aufzeigen lassen. Georg Fröhlich, von 1537 bis 1548 Stadtschreiber von Augsburg, 250 galt bei seinen Zeitgenossen als sprachgewandter Mann und trat als Schriftsteller und Übersetzer hervor. Er verdeutschte die Psalmen (1534), die Rede des Isokrates an König Nikokles von Zypern (1548) und die von dem Makedonier Stobäus kompilierte Spruchsammlung griechischer Autoren (1550), verfaßte lateinische Gedichte, eine Schrift „Vom preis, lob vnnd nutzbarkait der lieblichen kunst Musica" (1540) und - wahrscheinlich - auch eine Geschichte des Schmalkaldischen Krieges.251 Gereon Sailer zufolge war Fröhlich, der es an der Universität nur bis zum

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Vor seiner Augsburger Tätigkeit war Fröhlich zeitweilig in pfälzischen Diensten tätig (1520) und hatte von 1526 bis 1536 in der Nürnberger Stadtkanzlei gearbeitet: Amerbachkorrespondenz, Bd. 6, S. 383. Außerdem hatte er die Reichsstadt Nürnberg auf mehreren diplomatischen Gesandtschaften vertreten - u.a. auf dem Regensburger Reichstag von 1532, wo er auch mit den Augsburger Gesandten Matthäus Langenmantel und Wolfgang Vogt in Verbindung trat. Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe, Bd. 10, S. 1021, Anm. 3; S. 1039-1040, 1050. Einen Überblick über Fröhlichs literarische Tätigkeit gibt Radlkofer, S. 83-102. Fröhlichs Übersetzungen beruhten durchweg nicht auf den hebräischen oder griechischen Originalen der Schriften, sondern auf lateinischen Fassungen. Die von Lenz und Radlkofer geäußerte

200 Bakkalaureus gebracht252 und seine philologischen und administrativen Kenntnisse wohl überwiegend in der Praxis erworben hatte, „ain treffentlicher, feiner Schreiber im latein und teutsch, neben aim gar schonen stilo, den er hat, ain artlicher dichter und aus dem latein in das teutsch auch hinwiderumb gantz ain zierlicher tolmetscher. [...] ain piderman, der dem evangelio in zucht und mit vernunfft hertzlich wol wolle." 253 Fröhlichs einflußreiche Stellung in Augsburg gründete offenbar auf einem besonderen Vertrauensverhältnis zu dem Bürgermeister und patrizischen Großkaufmann Georg Herwart.254 Im Februar 1542 betätigte sich Fröhlich überdies als „Makler" zwischen Georg Herwart und Jakob Herbrot. Herbrot, zu diesem Zeitpunkt noch Zunftmeister der Kürschner, hatte Bürgermeister Herwart in einer nicht näher bezeichneten wichtigen Angelegenheit sprechen wollen, war von diesem aber abgewiesen worden. „Dhweil ich dann waiss, wz es ist", berichtete Fröhlich dem Bürgermeister, „und furwar nit seinen halb, sonnder aus treuen beschieht, so ist mein diennstlich ermanen und bitt Eur Ft. woll gedachten Herbrod doch meinen halb unvermerckht noch beschicken und ine hören. Darmit wurdt Eur Ft. zwai guten werckh thun, dz ain, gemaine stat zubedencken wissen und diesen man, der dannoch die sach gut mainet, nit hinwerffen, sonnder bei willen behalten." 255 Fröhlichs Vermittlung zwischen dem standesbewußten Patrizier Georg Herwart256 und dem neureichen zünftigen Aufsteiger Jakob Herbrot zeigt, daß er die Notwendigkeit erkannte, im Interesse des „gemeinen Nutzens" der Stadt Koalitionen zwischen einflußreichen Männern zu schmieden, die unterschiedlichen sozialen Prestigesphären angehörten, womöglich in geschäftlicher Hinsicht Konkurrenten waren und sich ganz offenkundig auch persönlich nicht mochten. Als Fröhlichs Tochter Katharina 1543 den Stadthauptmann Konrad Ferler ehelichte, fungierten Georg Herwart, der inzwischen zum Baumeister avancierte Jakob Herbrot sowie der Patrizier Hans Baumgartner, der wenige Jahre später das von Jakob Herbrot geführte zünftige Regiment vehement bekämpfen sollte, als ihre Trauzeugen. 257 Seit Anfang der 1540er Jahre gehörte Fröhlich zu den wichtigsten Verbündeten Herbrots in der

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These, daß Fröhlich der Autor einer anonymen Geschichte des Schmalkaldischen Krieges sei, wird gestützt durch Roth, Sylvester Raid, bes. S. 16-22; vgl. ders., Reformationsgeschichte, Bd. 4, S. 537-538. Fröhlich immatrikulierte sich im Sommer 1513 an der Universität Leipzig, wo er im September 1517 den Grad eines b.a. erwarb. Amerbachkorrespondenz, Bd. 6, S. 383. Lenz, Bd. 3, S. 146, 488-489; Radlkofer, S. 54. Vgl. Radlkofer, S. 102 und die zahlreichen Briefe Fröhlichs an Herwart ebd., S. 114-123; Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 3, S. 45-46, 221; Sieh-Burens, Oligarchie, S. 159-160. Zit. nach Radlkofer, S. 54, 117-118. Herwärts Familien- und Standesbewußtsein kommt besonders deutlich in dem auf seine Veranlassung von Clemens Jäger verfaßten und von Jörg Breu d.J. illustrierten Ehrenbuch der Herwart zum Ausdruck. „Kurzweil viel...", S. 32-33. StAA, Reichsstadt, Akten, Nr. 322; Sieh-Burens, Oligarchie, S. 102, 112, 160.

201 Augsburger Stadtpolitik.258 Das Vertrauen, das Fröhlich bei den maßgebenden Augsburger Politikern zwischen 1537 und 1548 genoß, kommt auch darin zum Ausdruck, daß er wiederholt in diplomatischer Mission für die Stadt zu Reichsund Bundestagen oder an Fürstenhöfe reiste. Darüber hinaus pflegte der entschieden zwinglianisch gesinnte Stadtschreiber freundschaftliche Beziehungen zu den Theologen Heinrich Bullinger und Michael Keller und zu Sebastian Schertlin von Burtenbach.259 Zusammen mit dem Prädikanten Wolfgang Musculus fungierte er als Taufpate von Gereon Sailers Sohn Raphael.260 Seine Mitgliedschaft in der Augsburger Kaufleutestube, die sich seit etwa 1540 als neues Machtzentrum und institutioneller Gegenpol zur patrizisch dominierten Herrentrinkstube herausbildete und an deren Neuorganisation Fröhlich 1541 maßgeblich beteiligt war, gab ihm nicht nur soziales Ansehen, sondern auch die Möglichkeit, auf Meinungsbildungsprozesse innerhalb der Führungsschicht des Augsburger Zunftbürgertums entscheidend einzuwirken.261 Anfang der 1540er Jahre wurde Fröhlich auf Vermittlung Gereon Sailers hin außerdem als politischer Agent des Landgrafen Philipp von Hessen tätig. Wie Sailer, der Stadtarzt von Augsburg und zugleich Leibarzt des Landgrafen war, bekleidete Fröhlich nunmehr eine Doppelfunktion als städtischer Bediensteter und „Fürstendiener", die keineswegs frei von Interessenkonflikten war.262 Seinen Briefwechsel mit Philipp von Hessen nahm Fröhlich überdies zum Anlaß, um seine politischen Überzeugungen und Zielvorstellungen explizit zu formulieren. Als zentrales Anliegen Fröhlichs erscheinen die Durchführung einer ,,christenliche[n] reformacion" in Deutschland 263 und die Erhaltung der „teutschen freihait"; beide Anliegen waren in seinem Denken aufs engste miteinander verbunden. „Der Teutschen freihait," schrieb er im September 1544 an Philipp von Hessen, „die noch ainig auf erden unter allen volkhern uberig ist, ligt mir zum höchsten an, darin ich auch die rain, war christenlich religion will begriffen haben." 264 Zur Erhaltung dieser Freiheit erschien es Fröhlich unabdingbar, daß Frieden und Einigkeit im 258 259

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Sieh-Burens, Oligarchie, S. 159-160. Radlkofer, S. 50-52, 55-58; Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 2, S. 336-337; Bd. 3, S. 236238,299. Amerbachkorrespondenz, Bd. 9/2, S. 434. Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 4, S. 180; Sieh-Burens, Oligarchie, S. 164. Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 3, S. 6-7; Sieh-Burens, Oligarchie, S. 159; Brady, Protestant Politics, S. 252. Lenz, Bd. 3, S. 495. Ebd., S. 508. Vgl. auch Fröhlichs Brief an den Landgrafen vom August 1544 „Eur f.g. werde auch kainem andern, denn der Christum rain und rund bekennt, weder trauen noch glauben in Sachen, die religion itzt oder künftiglich mit dem wenigsten oder auch die freihait teutscher nacion belangend. [...] Ich waiß, und ist war, das die bäpstischen anfahen irer gesellen unwitz und betrug zu erkennen, sehen, das es letzlich umb die freiheit des teutschen lands zu thun sei, und were inen von hertzen laid, das der schmalkaldisch bundt sollt erleschen." Lenz, Bd. 3, S. 504-505.

202 Reich wieder hergestellt würden, denn Fröhlich sah Deutschland von Feinden umringt, die es auf die einzigartige Freiheit der Deutschen abgesehen hätten: „Nämlich dieweil sie [die Feinde] alle aintweder selbs tyrannen oder den tyrannen unterworfen seien und wir inen allen haben helfen schaden fuegen, wollen sie uns yetzt auch unter das joch pringen und uß den freien Teutschen knecht machen." Nicht weniger deutlich artikulierte Fröhlich, von wem er die „Verursachung des friedens und ainikait bei teutscher nacion" erwartete: „Wollt dann nichts volgen, das alsdann ain frumer Arminius verhanden were und stumpf und Stile zu rettung der freihait ankeret; dem wurd Gott gluckh geben, fried ze machen." 265 Während Fröhlich nur dem Landgrafen von Hessen und dem Kurfürsten von Sachsen zutraute, Einheit unter den Ständen der deutschen Nation zu schaffen, 266 sah er in den Reichsstädten, trotz Vorbehalten gegen die städtischen Oberschichten, immerhin einen wichtigen Bündnispartner der evangelischen Fürsten. „Die stett kenne ich wol", meinte Fröhlich, „der kaufmann will genießen, es gee wie es wolle, und nachdem alle burger, ja schier doctores und were in Stetten ist, kaufmanschaft treiben, ist es nit mit kaufmanswahr, so ist es aber mit finantz und practic, muß volgen, das viel ding kaufmanischer weiß gehandlet werden. Aber furwar, das recht hertz der stett ist gut."267 Das Bild Fröhlichs wäre allerdings unvollständig, würde man ihn lediglich als einflußreichen Stadtpolitiker und fürstlichen Ratgeber, als Humanisten, Literaten und Verfechter der deutschen Freiheit und des evangelischen Glaubens porträtieren, denn nahezu die gesamte Karriere Fröhlichs war begleitet von zahlreichen Schwierigkeiten und Konflikten, die sich zumeist um finanzielle Ansprüche und Forderungen drehten und ihre Ursache in dem überaus hohen Geldbedarf des Stadtschreibers hatten. Bereits 1543 gab der Augsburger Rat seinem Gesuch statt, ihm seine Besoldung auf acht Jahre vorzustrecken, legte ihm dabei jedoch die Verpflichtung auf, „von kainer inlendischen noch aussländischen person ainich dienstgelt oder vereerung on vorwissen der herrn Burgermaister eintzunemen." 268 Im gleichen Jahr äußerte Gereon Sailer, der Fröhlich zuvor Philipp von Hessen als fähigen politischen Propagandisten und zuverlässigen Mann empfohlen hatte, gegenüber dem Landgrafen den Verdacht, daß sich Fröhlich von einem der wichtigsten Repräsentanten der kaiserlichen Partei in Augsburg, dem zum Reichsfreiherrn aufgestiegenen Großkaufmann Hans Baumgartner, bestechen lasse. „Ich hab", schrieb Sailer im Juli 1543 an den Landgrafen, „den stattschreiber für ain piderman geachtet. So pefind ich aber, das ime das geld so lieb ist, das er auch von desselben wegen thuet, was man an ine muet; sorg gentzlich, er hab durch den Rochlinger und aus des Paumgartners seckel ain kefer geschlikht, der in änderst

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Ebd., S. 499. Ebd., S. 509. Ebd., S. 508. Radlkofer, S. 55.

203 mache dann er sein sulle."269 Im folgenden Monat warnte Sailer Philipp von Hessen erneut vor Fröhlichs Motiven: „der man hat gern gelt; hat des gartens und roten peren [?] fill genossen, will anderer mer genießen."270 Fröhlichs Ansprüche, seine sozialen Ambitionen und sein vertrauter Umgang mit Angehörigen der wirtschaftlichen Führungsschicht Augsburgs hätten ihn, so meinte jedenfalls Sailer zu diesem Zeitpunkt, völlig korrumpiert: „Warlich, warlich ist es der großen kaufleut anrichten, mit denen er unter der dokh lugt."271 Es gelang dem Stadtschreiber jedoch kurze Zeit darauf, das Vertrauen des Landgrafen wiederzugewinnen. 272 Für die Vermutung, daß Fröhlichs Geldbedarf einem gesteigerten Repräsentationsbedürfnis entsprang, spricht die Tatsache, daß er 1546/47 ein Haus am Augsburger Kitzenmarkt erbauen ließ.273 In den Jahresrechnungen der Haug-Langnauer-Linck von 1545, 1547 und 1549 erscheint Fröhlich mit Beträgen zwischen 772 und 1.070 fl als Depositengläubiger - ein deutliches Indiz für seine finanziellen Verflechtungen mit der Augsburger Führungsschicht zu diesem Zeitpunkt. 274 Darüber hinaus geriet Fröhlich während der letzten Jahre des Zunftregiments in Augsburg in den Verdacht, seine Kompetenzen als Stadtschreiber zu überschreiten. Als die unter maßgeblicher Vermittlung Fröhlichs zustandegekommene Berufung des Züricher Predigers Johann Haller in Augsburg auf Widerstand stieß, beklagte er sich im Januar 1546: „Bin verdacht und beschrait, ja gar in viel leut gepildt, als sei ich im glauben ubel bericht, understee mich, predicanten hiehere ze pringen der christlichen confession und concordi zuwidder. So muß ich furwar hie in dieser stat von den bäpstlern und andern mißgonstigen viel ersteen und erstreiten. In summa, sie hetten mich gern daußen."275 Als Kaiser Karl V. nach der Niederlage des Schmalkaldischen Bundes 1548 das Zunftregiment in Augsburg aufhob, wurde auch Fröhlich, der seine literarischen Talente während des Schmalkaldischen Krieges in den Dienst der anti-kaiserlichen Propaganda gestellt und die Kapitulation Augsburgs bis zuletzt mit Durchhalteappellen zu verhindern versucht hatte,276 als Stadtschreiber entlassen. Der Rat stellte ihn zwar noch vor Jahresende erneut fur vier Jahre mit einem Jahresgehalt von 150 fl an, doch sollte sich Fröhlich während dieser Zeit in Kaufbeuren aufhalten. Die Strategie des Rates zielte offenkundig darauf ab, einerseits nach außen hin seine Kaisertreue zu demonstrie269

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Lenz, Bd. 3, S. 316; vgl. Krag, S. 94. Die Kursivsetzung bezeichnet chiffrierte Wörter. Angesichts der Tatsache, daß Sailer in einem 1532 an Bucer geschriebenen Brief die Vermutung äußerte, daß sogar Martin Luther vom Augsburger Rat mit Geld geködert werden könnte, sollten seine Äußerungen über die Bestechlichkeit Fröhlichs allerdings mit einer gewissen Skepsis betrachtet werden: de Kroon, S. 76. Lenz, Bd. 3, S. 325. Ebd., S. 334.

fl") 273 274 275 276

Ebd., S. 492; Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 3, S. 225. Radlkofer, S. 62. StAA, KuH, Nr. 5, fol. 100, 133, 175. Lenz, Bd. 3, S. 520; Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 3, S. 239. Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 3, S. 402-405, 458-459.

204 ren, indem er den durch seine pro-schmalkaldische Haltung hervorgetretenen Stadtschreiber aus der Stadt schickte; andererseits sollte Fröhlich, der während seiner Tätigkeit tiefe Einblicke in die politischen „Geheimnisse" der Reichsstadt gewonnen hatte, gegenüber der Stadt weiterhin in der Pflicht gehalten werden.277 Um 1551 kam Fröhlich in Kaufbeuren mit der Bevölkerung aus nicht näher bekannten Gründen in Konflikt und ersuchte den Augsburger Rat, nach Bayern oder Württemberg übersiedeln zu dürfen. 278 Anläßlich der vorübergehenden Wiedereinführung der Zunftverfassung während des Fürstenaufstands von 1552 wurde Fröhlich in Augsburg zum Stadtadvokaten berufen; bald darauf wurde er jedoch erneut entlassen und trat in die Dienste Ottheinrichs von Pfalz-Neuburg. 279 Enge persönliche Beziehungen knüpfte er dort zu dem Regentschaftsrat und obersten Sekretär Christoph Arnold, der seit 1541 in pfalz-neuburgischen Diensten stand, und dessen Bruder Gabriel, der das Amt eines Rentmeisters innehatte.280 Im Januar 1554 schilderte Fröhlich Philipp von Hessen seine persönliche und wirtschaftliche Lage in düsteren Farben: „Ich bin seit dem 48. jare zum fünften mal vertriben und letzlich bis gen Laugingen hynder meinen genedigen fursten und herren [Ottheinrich] verjagt worden, alda ich noch mit 8 kynden und acht eniglen sampt meinem eiden, hauptman Cunrat Ferler, haueße, und fuere warlich kein sanfts leben." Von Ottheinrich bekomme er 100 fl im Jahr „und muß doch wol 400 haben." Zwar beabsichtigte der Augsburger Rat, ihn erneut anzustellen; „mich dunkht aber nit," so Fröhlich, „das mir ratsam sei, mich in wissenliche färlichait, ja zu leuten, die meiner religion gar nit seien, zu begeben." 281 Im Jahre 1556 stieg Fröhlich zum Leiter der pfalz-neuburgischen Kanzleiverwaltung auf,282 doch blieb seine finanzielle Situation trotzdem angespannt. Dies lag vor allem daran, daß Fröhlich in großem Umfang in Grundbesitz investierte. 1555 erhielt er von Pfalzgraf Ottheinrich und der Landschaft für 2.800 fl die Hofmarksfreiheit auf vier Höfen in und bei Gundelfingen (Schwaben) zugesprochen. Ferner erwarb er dort ein Haus fur 1.000 fl und sechs Tagwerk Wiesmad für 72 fl, baute 1556 ein neues Haus in Gundelfingen und kaufte 1558 einen Weiher zwischen Gundelfingen und Bächingen für 2.500 fl. In den folgenden Jahren wurde er in zahlreiche Streitigkeiten um Grenzfragen, Nutzungsrechte und ausstehende Kaufsummen verwickelt. 283

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Ebd., Bd. 4, S. 214-215; Amerbachkorrespondenz, Bd. 6, S. 383. Radlkofer, S. 63-66. Ebd., S. 66-67; Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 4, S. 451-452; Sieh-Burens, Oligarchie, S. 175. Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 4, S. 416; Sieh-Burens, Oligarchie, S. 161; zu Christoph Arnold vgl. Press, Calvinismus, S. 204-206, 208. Lenz, Bd. 3, S. 526. Radlkofer, S. 70-71. Ebd., S. 72-74, 77-79.

205 Daneben mehrten sich gerade um die Zeit des Weyer-Bankrotts die Anzeichen dafür, daß Fröhlichs politische Pläne und Aktivitäten auf zunehmenden Widerstand stießen. Ende Januar 1557 erschien Fröhlich als Gesandter Ottheinrichs vor Herzog Christoph von Württemberg, um die Möglichkeiten einer Revision der karolinischen Verfassungsänderungen in den oberdeutschen Reichsstädten zu sondieren. Fröhlich berichtete dem Herzog, „welchermassen die guthertzigen in den frei- und reichsstetten von dem hasenrath nidergetruckt werden." Da nach Fröhlichs Auffassung der Passauer Vertrag von 1552 vorsah, „das meniglich bei seinen alten freiheiten und herkomen gelassen werden [...] und dann furnemlich hierinnen Gottes eer gesucht" werden sollte, ersuche Ottheinrich den Herzog, zu bedenken, „wie des ortz Gottes eer gefordert und disen gutherzigen geholfen werden möcht." Der Herzog bestritt Fröhlichs Interpretation des Passauer Vertrags und gab eine ausweichende, insgesamt jedoch wenig ermutigende Antwort. 284 Tatsächlich hatten Christoph von Württemberg und Herzog Albrecht von Bayern bereits ein Jahr zuvor Fröhlich neben Jakob Herbrot, Georg Österreicher, Christoph Arnold und dem Herbrot-Diener Georg Feuchtweck als „Meutmacher und Praktikanten" identifiziert, die durch ihre „Meutereien und gefährlichen Gewerbe" einen Unruheherd in Süddeutschland darstellten. Die beiden Fürsten forderten daher den Augsburger Rat zur Mithilfe bei der Ausschaltung dieser Gruppe auf,285 und Christoph erlangte im Juli 1557 von Ottheinrich sogar die Zusage, daß dieser Herbrot, Fröhlich und Arnold aus seinen Diensten entlassen werde. 286 Durch die Verwicklung seines Sohnes Jonas in einen Mord an einem Fuhrmann und ein zunehmendes Zerwürfnis mit Pfalzgraf Wolfgang, dem Nachfolger Ottheinrichs, gestaltete sich Fröhlichs persönliche Situation seit Ende der 1550er Jahre zunehmend schwieriger.287 Zur Zeit des Bankrotts der Gebrüder Weyer, in deren Firma er 2.900 fl eingelegt hatte, hatte Fröhlich also mit gravierenden finanziellen Problemen zu kämpfen. Seine Einnahmen reichten offenkundig nicht aus, um seine Ausgaben für den Erwerb von Grundbesitz, Repräsentation und den Unterhalt einer zahlreichen Familie zu decken. Fröhlichs Einlage in die Weyer-Firma stand wahrscheinlich in engem Zusammenhang mit einem Konflikt zwischen Georg Fröhlich auf der einen, Hans Egelhoff und Hans Weyer als Pflegern seiner Enkel auf der anderen Seite. Georg Fröhlichs Tochter Anna hatte 1547 Christoph Wilbrecht geheiratet, der im März desselben Jahres vom Augsburger Rat mit einer Besoldung von 80 fl auf vier Jahre bzw. von 100 fl auf zehn Jahre als „Kriegsmann" in Dienst genommen wurde. Nach der Kapitulation Augsburgs im Schmalkaldischen Krieg wurde

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Ernst, Bd. 4, S. 261-262 (Nr. 215). Ebd., S. 15 (Nr. 16), 20 (Nr. 19). Ebd., S. 382 (Nr. 297a). Radlkofer, S. 74-77.

206 Wilbrecht allerdings bereits 1548 vom Kaiser beurlaubt.288 1552 verließ er ohne seine schwangere Frau und seine drei Kinder Augsburg - wegen Zwietracht mit seinen Verwandten, wie Fröhlich behauptete - und starb kurz darauf außerhalb der Stadt. 1554 waren von den Kindern Wilbrechts zwei verstorben, eines befand sich unter der Obhut des Pflegers Hans Egelhoff und eines bei seiner Mutter. Als Wilbrechts Witwe sich mit Dr. Daniel Keller von Ulm zu vermählen gedachte, kam es zum Streit zwischen Fröhlich und den Pflegern der Kinder von Christoph und Anna Wilbrecht, Gotthard und Pietas. Die Pfleger, Hans Weyer und Hans Egelhoff, verlangten, daß das Erbgut der Kinder ihrer Obhut übergeben werde. Es sei Stadtgebrauch, so Weyer und Egelhoff, daß sich eine Witwe bei ihrer Wiederverheiratung mit ihren Kindern wegen des väterlichen Erbes vergleiche. 289 Georg Fröhlich wandte sich in scharfer Form gegen die Forderungen der Pfleger. Seinen Ausführungen zufolge hatte seine Tochter Anna laut ihrem Heiratsbrief mit Wilbrecht das Heiratsgut und die Widerlegung in einer Gesamthöhe von 1.000 fl ererbt. Darüber hinaus stünden ihr noch 50 fl Morgengabe und weitere 40 fl zu, „die sie seithere fur Iren mann seligen bare bezalen müssen." Bei ihrer Wiederverheiratung habe sie ihrem jetzigen Mann 600 fl als Heiratsgut zugebracht. Das „Übermaß" - also 400 fl - habe sie ihren Kindern als Erbe zugesagt. „Vnnd dorfft demnach", so Fröhlich sarkastisch, „schlechter witze zuo fragen oder zuo antworten was der Kynnd vatterlich Erbe were." Statt dessen forderte Fröhlich die Pfleger auf, sich um die übrigen Ansprüche ihrer Pflegkinder zu kümmern. Wilbrechts Mutter und Bruder besäßen beträchtlichen Grundbesitz in und außerhalb Augsburgs, wovon den Pflegkindern von einem Drittel - nach Fröhlichs Schätzung über 1.000 fl wert - die Nutzung zustehe. „Dahin gebueret den verordneten Pflegern zuo sehen vnnd der mutter vnnd Kynnden gebuerlichen genieß zuo schaffen." Wenn die Pfleger ihrer Aufgabe nicht nachkämen, müßten notfalls die Oberpfleger einschreiten. Zusammenfassend stellten sich die innerfamiliären Rechte und Ansprüche nach Fröhlich folgendermaßen dar: „Meiner dochter Kynnden steet Ir mütterlich Erbe wie gehert beuor, aber bei lebendigem leibe zu Erben, wie mein Schwager vnd guter Freundt Hanns Egglhofe vnnd Hanns Weyhr vnuernunfftiglich bericht seind, ist nimert siete noch recht."290

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Ebd., S. 61-63. StAA, Personenselekt Fröhlich, Supplikation von Hans Weyer und Hans Egelhoff, 1554. Gotthard Wilbrecht, der als „bresthaft" galt, war zeitweilig bei seinem Großvater in Kost. Auch in späteren Jahren stand er offenbar stets unter der Vormundschaft von Pflegern. In den Jahren 1570/71 etwa unterzogen sich Gotthard Wilbrechts Schwager Simon Horngacher sowie die Kaufleute Georg König und Jakob Putz dieser Aufgabe. Gotthards Schwester Pietas heiratete den Welser-Faktor Georg Obrist. Radlkofer, S. 69-70; StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1569-1572, S. 60, 94. StAA, Personenselekt Fröhlich, Brief Georg Fröhlichs vom 21.10.1554.

207 Wenn Georg Fröhlich etwa zur gleichen Zeit Hans Weyer 2.900 fl291 übergab, um diese bei der französischen Krone anzulegen, so ging es ihm wohl einerseits um eine lukrative Geldanlage, die durch hohe Zinsen Fröhlichs großen Geldbedarf decken helfen sollte, andererseits um eine Entschärfung des Streits mit den Pflegern seiner Enkel. Brisant wurde das Depositengeschäft zwischen Fröhlich und Weyer dadurch, daß Fröhlich auch 400 fl vom Heiratsgut seiner Tochter in Frankreich anlegen ließ, die nach dem Bankrott der Weyer zunächst ebenfalls uneinbringlich waren - ein Umstand, der leicht zum Konflikt zwischen Fröhlich und seinem Schwiegersohn Dr. Keller fuhren konnte. In einem Brief an den Augsburger Rat gab Fröhlich an, daß er das in Frankreich angelegte Geld bereits nach einem Jahr vergeblich wieder zurückgefordert habe, weil er es fiir einen Güterkauf benötigte.292 Die Verquickung finanzieller und familiärer Verpflichtungen hatte den Weyer-Gläubiger Georg Fröhlich zum Zeitpunkt des Bankrotts bereits selbst in eine derartige Zwangslage gebracht, daß er, wie das folgende Kapitel zeigen wird, über äußerst drastische Maßnahmen nachdachte, um wieder zu seinem Geld zu kommen. Die Karriere des Sylvester Raid, eines weiteren „Intellektuellen" im Kreis der Weyer-Gläubiger, weist eine Reihe von Parallelen und mehrere Schnittpunkte mit der von Fröhlich auf. Wie Fröhlich stand Raid am Beginn seiner Laufbahn zeitweilig in städtischen Diensten. 1535 erscheint er als Notar in Augsburg, im folgenden Jahr führte er im Auftrag der Zechpfleger von St. Moritz die Zehntbeschreibung des Dorfes Untermeitingen durch, und 1538 war er als Spitalschreiber tätig.293 Zwischen 1534 und 1539 wohnte Raid im selben Haus wie ein anderer „Intellektueller" im Augsburg der Reformationszeit, der Ratsdiener und Chronist Clemens Jäger.294 Ende 1538 wurde Raid von Anton Fugger verpflichtet, um mit König Christian III. von Dänemark Verhandlungen über die Durchfahrt Fuggerscher Schiffe durch den Sund und deren Verzollung zu fuhren. Da ein großer Teil der Produktion der osteuropäischen Bergwerke der Fugger über Danzig und die Ostsee nach Antwerpen verschifft wurde, war die Frage der Sunddurchfahrt fiir das Unternehmen von erheblicher Bedeutung. Obwohl Raid als überzeugter Protestant die religiöse Einstellung seines Arbeitgebers nicht teilte und überdies, nach Meinung von Anton Fuggers Biographen Götz Freiherr von Pölnitz, „als abenteuerliche Gestalt innerhalb einer konservativen Belegschaft sich sonderbar ausnahm", waren seine Vollmachten sehr weitreichend und bezeugen, daß Fugger zu 291

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Fröhlich nennt in zwei Briefen vom 1.5.1557 und 7.6.1558 eine Summe von 3.100 fl. In der Gläubigerliste der Weyer erscheint er hingegen mit 2.900 fl. Vgl. StAA, Personenselekt Fröhlich; StAA, StG 30, fol. 53 v . StAA, Personenselekt Fröhlich, Brief Fröhlichs vom 7.6.1558. Roth, Sylvester Raid, S. 4; Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/1, S. 316, Anm. 116; S. 379, Anm. 123. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/1, S. 430-431, Anm. 25. Zu Jäger, vgl. Dirr, Clemens Jäger; Roth, Clemens Jäger; „Kurzweil viel...", S. 26-27, 32-35, 38-43.

208 diesem Zeitpunkt großes Vertrauen in Raid setzte.295 Wie Georg Fröhlich galt also auch Sylvester Raid als ein Mann von beträchtlichen diplomatischen Fähigkeiten. Von entscheidender Bedeutung fur den Erfolg von Raids Unterhandlungen mit der dänischen Krone, die in einen im Mai 1539 in Flensburg unterzeichneten Vertrag mündeten, waren seine Beziehungen zum Königsberger Hof Herzog Albrechts von Preußen, dessen Vermittlung sich Raid planmäßig bediente.296 Nach seiner Rückkehr nach Augsburg versorgte Raid den Herzog regelmäßig mit politischen Nachrichten, die in der Augsburger Fuggerzentrale zusammenliefen, was darauf hindeutet, daß Raid bereits zu dieser Zeit seine persönliche Karriere über die Loyalität zu seinem Arbeitgeber stellte, dessen Geschäftsgeheimnisse er weitergab.297 Wie Georg Fröhlich wuchs also auch Raid zunehmend in die Rolle eines politischen Agenten eines mächtigen deutschen Territorialflirsten hinein. Ferner kam Raid dem Interesse Herzog Albrechts an Kirchenmusik entgegen, indem er ihn - nunmehr auch im Auftrag seines Chefs - mit den Partituren neuer Kompositionen versorgte. 298 1540 wurden bei Melchior Kriegstein in Augsburg die „Concentus novi" betitelten Kompositionen des vormals in Fuggerschen Diensten stehenden, seit 1524 als Hofkomponist, oberster Trompeter und Kapellmeister Herzog Albrechts tätigen Augsburger Musikers Hans Kugelmann gedruckt; für eben diese Ausgabe schrieb Georg Fröhlich seine Abhandlung „Vom preis, lob vnnd nutzbarkait der lieblichen kunst Musica". 299 In einem Brief an den Herzog bezeichnete Raid den Stadtschreiber als „mein besondergönstiger, lieber Herr vn[d] fründ". 300 Daß selbst die Sendung von Choralmusik von Augsburg nach Königsberg keineswegs nur aus reiner Liebhaberei geschah, sondern die „Nutzbarkeit der Musica" ein Element Fuggerscher Konzernstrategie darstellte, zeigte sich spätestens Ende 1540, als Raid ein weiteres Mal im diplomatischen Auftrag Anton Fuggers nach Skandinavien reiste. Ziel dieser Mission war es, bei König Christian III. die Vertagung einer für Weihnachten 1540 zugesagten Anleihe zu erreichen. Der Erfolg von Raids Mission, von dem Raid sonst recht kritisch gegenüberstehenden Pölnitz als „Meisterstück der Wirtschaftsdiplomatie" bezeichnet, beruhte einmal mehr auf Raids geschickter Instrumentalisierung seiner sorgfältig gepflegten Beziehungen zum preußischen Herzogshaus. 30 ' Nach einem weiteren Aufenthalt in Augsburg, wo Raid im Januar 1541 für 600 fl das Haus der Witwe des ehemaligen Stadthauptmanns Jeremias Ehem erwarb,302 295 296 297

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Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/1, S. 53, 88. Zu Raids Verhandlungen in Dänemark vgl. ebd., S. 100-102, 112, 120 und S. 441, Anm. 123. Ebd., S. 124, 128, 144, 149, 168, 186; S. 493, Anm. 231; S. 504, Anm. 27; S. 525, Anm. 288; S. 538, Anm. 313. Ebd., S. 430-431, Anm. 25; S. 476, Anm. 62. Krautwurst, S. 387. Roth, Sylvester Raid, S. 6. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/1, S. 185. Ebd., S. 538, Anm. 313.

209 begab er sich im Sommer 1541 erneut im Auftrag Anton Fuggers nach Nordeuropa, wo er, begleitet von mehreren Experten, den Zustand der norwegischen Bergwerke erkunden sollte. Offenbar auf eigene Faust reiste Raid von dort aus nach Schweden weiter, wo ihm allerdings der Zugang zu den Gruben verwehrt wurde. Auch Raids Versuch, sich als diplomatischer Mittelsmann zwischen dem schwedischen Kanzler, dem dänischen Hof und Albrecht von Preußen zu betätigen, scheint nicht den gewünschten Erfolg erbracht zu haben.303 Gegen Ende des Jahres 1541 schied Raid aus den Diensten Anton Fuggers aus, dem er, nach Ansicht von Anton Fuggers Biographen, „oft geschickt, aber kaum jemals redlich gedient hatte."304 In den folgenden Jahren arbeitete er offenbar „freiberuflich" als Advokat in Augsburg. Eine erste Verbindung zu den Weyer ist für März 1543 belegt, als Sebastian Weyer und Hans Müller in ihrer Funktion als Testamentarier Hans Eggenbergers eine Vollmacht fur Raid ausstellten.305 Im folgenden Jahr trat Raid auf dem Leipziger Ostermarkt als Vertreter Matthäus Manlichs auf. Gemeinsam mit Konrad Weber, dem Vertreter Georg Österreichers, ließ er dort die Saigerhütte im sächsischen Grünthal beschlagnahmen, weil deren Leiter Hans Leonhardt den beiden Augsburger Kaufleuten angeblich 20.000 fl schuldig war.306 1548, im Jahr der Aufhebung der Augsburger Zunftverfassung, wurde er Stadtschreiber von Donauwörth. 307 Ein Jahr später wurde er allerdings in einen Fall von „Wirtschaftskriminalität" in Augsburg verwickelt, der ein bezeichnendes Licht auf seine damaligen Beziehungen zur Augsburger Kaufmannschaft wirft. Als Raid im Jahre 1549 eine Reise von Augsburg nach Sachsen plante,308 wurden ihm von der Firma des Hans Schaller minderwertige Hildesheimische Kreuzerstücke im Nennwert von etwa 500 fl, „deren ainer über 5 heller nit werdt" gewesen sein soll,309 zur Ausfuhr angeboten. Raid sollte dafür eine Provision erhalten. Als Vermittler dieses Geschäfts trat der Augsburger Kaufmann Franz Merz in Erscheinung. Bei einem Zwischenaufenthalt in seiner neuen Wahlheimat Donauwörth sollte Raid im Auftrag der Füssener Firma Lederer den Bischof von Augsburg, Kardinal Otto von Waldburg, der im nahegelegenen Dillingen residierte, zur Zahlung von 420 fl anhalten. Während der Bischof die Bezahlung hinauszögerte, schrieben die Lederer an Raid, daß sie bereits bei dem Augsburger Kaufmann Sebastian Esel Wechsel auf das Geld gezogen hätten. Raid bot daraufhin seinerseits dem Bischof an, ihm die mitgefühlten Hildesheimischen Kreuzer auf zwei Monate 303 304 305 306

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Ebd., S. 216-217. Ebd., S. 226. StAA, StGB 1542-1543, fol. 134. Kasper, S. 20. Der dort genannte „Silvester Rodt" ist mit ziemlicher Sicherheit mit Raid identisch. Roth, Sylvester Raid, S. 7. Paul Hektor Mair zufolge wollte Raid „hinein in Praunschweigk zu seinen perckwerck reisen". Chroniken, Bd. 32, S. 182-183. Ebd.; StAA, Urgichten 1549, 16.7. (S. Raid).

210 vorzustrecken. Als dieser darauf einging, übergab Raid das Geld dem LedererFaktor Bernhard Haider, der es wiederum mit Hans Weyer gegen Golddukaten einwechselte. 3 ' 0 Bei dieser Transaktion fielen die verbotenen Kreuzer auf, Raid wurde in der Augsburger Fronfeste inhaftiert und trotz seiner Beteuerungen, daß ihm die Kreuzer von Merz und Schaller als „gerecht vnd gut" angeboten worden seien, vom Augsburger Rat zu einer Strafe von 100 Gulden verurteilt. Nachdem Raid sich weigerte, Schaller und seine Gesellschafter für die minderwertigen Kreuzer zu bezahlen, obwohl diese einen von ihm unterzeichneten Schuldbrief in Händen hatten, kam es außerdem zu einem Prozeß vor dem Augsburger Stadtgericht. 3 " Von besonderem Interesse an Raids Verhören ist die Tatsache, daß er sich als Opfer der Machenschaften einer durch verwandtschaftliche und geschäftliche Beziehungen eng miteinander verflochtenen Gruppe Augsburger Kaufleute darzustellen versuchte. Raid zufolge habe Franz Merz ihm mitgeteilt, „wie das seine schweger die Kronen, Ime Mertzen vermeldet, Ir schweher Hanns Schaller hette bei Inn 500 fl. Hildeßhaimischer Kreutzer vnd soverr Er annemen wolte, so wolten sie Ime ainen vorthail thun, dar er ainen nutz vnnd nit schaden daran hett [,..]."312 Hans Schaller, der im Jahre 1550 34 fl 56 χ Vermögenssteuer zahlte,313 war von 1533 bis 1545 als Faktor für die Firma Anton Haug, Hans Langnauer, Ulrich Linck und Mitverwandte tätig gewesen,314 ehe er eine eigene Firma gründete. Er war von 1536 bis 1548 Zwölfer der Weberzunft, bekleidete 1545 das Amt des Zunftmeisters und war in mehreren städtischen Ämtern - unter anderem als Zuchtherr und Klagschatzer - tätig.315 Im Jahre 1548 mußten Peter Waibel und seine Frau in Augsburg Hans Schaller, der eine Forderung über 304 fl für Waren an sie hatte, ihr Haus verpfänden. 316 Zwei Jahre später schuldete ihm ein Philipp Stainer von Altenburg in Meißen 95 fl für eine Barchentlieferung im Wert von rund 265 fl ,317 während ihm Martin Vischer und seine Frau im selben Jahr 500 fl für Barchent und andere Kaufmannswaren schuldig blieben.318 Schallers Gesellschafter Karl und Kaspar Krön, deren Steuerleistung 1550 bei 5 bzw. 3 fl lag,319 waren beide 1546 in die Kaufleutestube aufgenommen worden. Kaspar Krön war mit Katharina Hainhofer, einer Tochter des Kaufmanns Georg 310 311

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Diese Darstellung folgt Raids Aussage in StAA, Urgichten 1549, 16.7. StAA, StG 174 (unpaginiert); StAA, Strafbuch 1543-1553, Teil I, fol. 156 v ; Chroniken, Bd. 32, S. 182-183. StAA, Urgichten 1549, 16.7. (S. Raid). StAA, Steuerbuch 1550, Sp. 76b. StAA, KuH, Nr. 5, fol. 3, 69-70, 100-101; Ringling, S. 79-80, 412; Augsburger Stadtlexikon, S. 323. StAA, Ratsämterbücher; Chroniken, Bd. 34, S. 288; Augsburger Stadtlexikon, S. 323. StAA, StGB 1548, fol. 2 Γ , 41 r -42 r . StAA, StGB 1550, fol. 15 v -16 r . Ebd., fol. 38 v . StAA, Steuerbuch 1550, Sp. 21c.

211 Hainhofer und der Anna Pfanzelt, verheiratet.320 Franz Merz, der Vermittler des Geschäfts mit Raid, war mit Anna Krön, offenkundig einer Schwester von Karl und Kaspar, verehelicht.321 Er bezahlte 1550 11 fl Vermögenssteuer im selben Steuerbezirk wie Karl Krön322 und war 1554 mit 2.000 fl Gläubiger Jakob Herbrots.323 Seine Schwester Barbara war die Ehefrau Melchior Hainhofers, eines Neffen von Georg Hainhofer, dem Schwiegervater Kaspar Krons.324 Melchior Hainhofer war zeitweilig Angestellter von Franz Merz325 und übernahm nach dessen Tod 1555 zusammen mit Hieronymus Kraffler die Pflegschaft seiner unmündigen Kinder.326 Dieser eng miteinander verflochtenen Gruppe von Kaufleuten stand Raid, der sein Augsburger Bürgerrecht zu dieser Zeit bereits aufgegeben hatte, als „Außenseiter" gegenüber. Zudem war Raid bereits in früheren Jahren wiederholt mit der städtischen Obrigkeit in Konflikt geraten. Bereits 1539 war er zu einer dreitägigen Turmstrafe verurteilt worden, weil er „mit vngestuemighait" die Autorität der städtischen Zuchtherren in Frage gestellt hatte.327 1543 verwarnte ihn der Rat erneut „seiner schmach vnnd vnzimlicher rede halben, deren Er sich vor Gericht gebraucht".328 Der Ausgang des Münzskandals von 1549 - allein Raid wurde wegen Handels mit minderwertigen Münzen verurteilt - zeigt, daß der ehemalige Fuggersche Syndikus bereits zu dieser Zeit über keine guten Verbindungen zur wirtschaftlichen und politischen Elite Augsburgs mehr verfugte. Eine weitere Wendung nahm Raids Karriere, als Anton Fugger und der kaiserliche Rat Dr. Heinrich Hase 1552 beim Rat der Stadt Donauwörth seine Absetzung als Stadtschreiber erwirkten. Noch im selben Jahr fand er allerdings eine neue Anstellung in fürstlichen Diensten: er wurde Brand- und Proviantmeister des Markgrafen Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach. 329 Raids Indienstnahme erfolgte zu einem Zeitpunkt, als Albrecht Alcibiades, der zunächst als Söldnerfuhrer im Krieg gegen Frankreich und im Schmalkaldischen Krieg in kaiserlichen Diensten gestanden hatte, sich durch seine während des Fürstenaufstands von 1552 auf eigene Faust unternommenen Beutezüge gegen die fränkischen und rheinischen Bistümer zunehmend im Reich isolierte.330 Die Gunst des 320

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StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1551-1560, S. 45, 114; Kleines Pflegschaftsbuch 15611565, S. 36. StAA, Werner/Lilienthal, „Merz". StAA, Steuerbuch 1550, Sp. 21d. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 141, 321. StAA, Werner/Lilienthal, „Merz". Hagl, S. 161. StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1551-1560, S. 159; Kleines Pflegschaftsbuch 1561-1565, S. 360-361. StAA, Dreizehnerprotokoll Nr. 5 (1539-1540), S. 236. StAA, RP 17/1 (1543), fol. 19v; Roth, Sylvester Raid, S. 7. Roth, Sylvester Raid, S. 8; Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 3/1, S. 255, 257. Vgl. Sicken, S. 141-143.

212 Markgrafen erlaubte es Raid aber zunächst noch kurzfristig, Einfluß auf politische Entscheidungen in Donauwörth und anderen Reichsstädten, v.a. Dinkelsbühl, zu nehmen. So konnte er die Aufnahme von Prädikanten, die während des Interims aus seiner früheren Wahlheimat Augsburg vertrieben wurden, in Donauwörth erreichen und erzwang an der Spitze der evangelischen Opposition der Stadt 1553 auch die Einsetzung eines von Pfalzgraf Ottheinrich entsandten Prädikanten an der Donauwörther Stadtpfarrkirche. 331 Raids Einfluß gründete auf beträchtlichen politischen Fähigkeiten - er galt als Mann von großer rhetorischer Begabung, als überaus geschickter Agitator und nicht zuletzt auch als „kühner, rücksichtsloser Abenteurer". 332 Von wesentlicher Bedeutung fur Raids Handeln in den folgenden Jahren war sein tiefes Zerwürfnis mit Anton Fugger, an dem er sich offenkundig für seine Verdrängung aus Donauwörth rächen wollte.333 Dem Haß seines Dienstherrn Albrecht Alcibiades auf die „Pfeffersäcke" und der Städtefeindschaft des Markgrafen vermochte Raid durch seine Erfahrungen als Diener einer der großen oberdeutschen Handelsgesellschaften und durch sein dort erworbenes Insider-Wissen zweifellos Nahrung zu geben.334 Nach wie vor pflegte Raid hingegen enge Beziehungen zu dem ehemaligen Stadtschreiber Georg Fröhlich, der wie Raid inzwischen in den Dienst eines evangelischen Fürsten übergewechselt war.335 Daneben gibt es Indizien dafür, daß Raid auch zu Jakob Herbrot gute Beziehungen besaß. In einer der vielen gegen den Ex-Bürgermeister gerichteten satirischen Schriften, einem angeblichen „Testament" Herbrots aus der Mitte der 1550er Jahre, bedenkt Herbrot neben dem Teufel und zahlreichen Dämonen auch Sylvester Raid.336 Nach Informationen der Stadt Nürnberg sollte Raid 1554 außerdem bei einem namentlich nicht genannten „namhaften Bürger" in Augsburg 8.000 fl hinterlegt haben,

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Roth, Sylvester Raid, S. 8-9; Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 3/1, S. 322, 354. Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 4, S. 417. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 3/1, S. 282, 312, 316. Vgl. Sicken, S. 154-155. Druffel, Bd. 4, S. 118 (Nr. 106); Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 3/1, S. 380. Als Raid wegen seiner Beteiligung an einem Raubüberfall auf einen Venediger Boten (siehe unten) 1558 in Wiener Neustadt verhört wurde, wurde er auch nach seinem besonderen Verhältnis zu Fröhlich, insbesondere „seid deß aufrüerischen Frantzosischen Kriegß", befragt. In dem Verhör war von einem „vertrauen, deß zwischen Inen nit wohl grosser sein khönnen" die Rede; die Verbindung der beiden Männer soll so eng gewesen sein, „dz Ir khainer, one den anndern, nichts fürnemlichs gehandlet, oder ainiche gehaim, dem andern verborgen gehallten" habe. StAA, Urgichten 1549 (S. Raid), Beilagen, Abschrift von Raids Verhören in Wiener Neustadt 1558; Roth, Sylvester Raid, S. 14-17. „[...] schaf ich armen leutten, deß Margrafen brandmeister Siluestern Raiden vber den hals, dz er sy all plagen, anlegen, Brandschatzen, darnach plündern, vnnd gar verbrennen soll". StAA, Personenselekt Herbrot. Zu den Verbindungen Raid - Herbrot vgl. Sieh-Burens, Oligarchie, S. 180.

213 die fur Markgraf Albrecht Alcibiades bestimmt waren.337 Dabei handelte es sich vermutlich um niemand anderen als Matthäus Manlich, der 1552 in geschäftlicher Verbindung mit Albrecht Alcibiades stand und dessen Erben 1559 dem Donauwörther Stadtgericht sechs Schuldbriefe Raids vorlegten, die zwischen Februar 1553 und Juli 1557 ausgestellt wurden und sich auf insgesamt 5.660 fl beliefen, und deren Bezahlung sie von Raids Witwe forderten. Wegen dieser Schuldforderung klagten Matthäus Manlichs Erben zwischen 1563 und 1572 auch erfolglos gegen die Witwe Raids vor dem Reichskammergericht. 338 Daneben hatte Raid 1552 gemeinsam mit dem Augsburger Karl Santor eine Schuldforderung an einen gewissen Michael Gotta in Wien,339 und vor dem Augsburger Stadtgericht prozessierte er 1554/55 in einer nicht näher bekannten Angelegenheit gegen den aus Savoyen stammenden Augsburger Kaufmann Sebastian Esel, der bereits im Zusammenhang mit dem Münzskandal von 1549 genannt wird.340 Von 1552 an entfaltete Raid eine rege Aktivität im Dienste von Albrecht Alcibiades. Im Herbst dieses Jahres führte er zusammen mit Wilhelm von Stain als Bevollmächtigter des Markgrafen die Verhandlungen mit dem Herzog von Alba und dem Bischof von Arras, die zur Aufnahme Albrechts in kaiserliche Dienste als Söldnerführer gegen Frankreich, zunächst fur die Belagerung von Metz, führten.341 Im Februar 1553 berichtete der königliche Rat Hans Ulrich Zasius König Ferdinand, daß Sylvester Raid mit einem vom Kaiser ausgefertigten „gros patenten" in Augsburg erschienen sei, um dort Geld aufzunehmen. „Und verwundert sich jedermann," so Zasius, „wie der Bf. von Arras hinder disen comissari kombt, ine mit solichem befel in das reich abzufertigen." 342 Im gleichen Jahr wurde jedoch Raids Dienstherr Albrecht Alcibiades, der sich zum „notorischen Landfriedensbrecher" entwickelt hatte und die Territorien der fränkischen Bistümer bedrohte, durch ein Bündnis unter der Führung Moritz von Sachsens im sogenannten Markgrafenkrieg militärisch besiegt und ins französische Exil getrieben.343 Seinem Rentmeister Sylvester Raid fiel nunmehr die Aufgabe zu, die diplomatischen und finanziellen Voraussetzungen für ein politisches Comeback des Markgrafen zu schaffen. So sollte Raid im Oktober 1553 in Ulm bei den Kaufleuten Veit Scheler und Portillo eine Geldsumme abholen, die dort für Albrecht Alcibiades hinterlegt 337 338 339 340

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Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 3/1, S. 469. Seibold, S. 71-72, 117. StAA, Reichsstadt, Akten, Nr. 355, Fürschrift vom 27.2.1552. StAA, StGB 1554-1555, Teil I, fol. 58 v ; Teil II, fol. 19r. Im Jahre 1571 hatte Esel noch eine Forderung in Höhe von 160 fl an Raids Erben: StAA, Reichsstadt, Akten, Nr. 358, Fürschrift vom 22.2.1571. Zu Esel vgl. Dalhede, Handels- und Verwandtschaftsbeziehungen. Seine Herkunft aus Savoyen ergibt sich aus Martin, Einwanderung, S. 17. Roth, Sylvester Raid, S. 9; Sicken, S. 154-155. Zu Hintergründen und Folgen dieses Vertrags vgl. Rabe, S. 439-440. Druffel, Bd. 4, S. 44-45 (Nr. 47). Rabe, S. 442-444. Zu den erheblichen finanziellen Folgen des Markgrafenkriegs fur die Reichsstadt Nürnberg vgl. Bog, S. 520.

214 war.344 1554 unternahm er mehrere Reisen nach Frankreich, wo er versuchte, Gelder zur Anwerbung von Truppen für den Markgrafen aufzutreiben. Während einer Audienz beim französischen König brachte Raid die Verwendung von Albrecht Alcibiades in französischen Diensten ins Gespräch, und während eines Aufenthalts in Bern verkündete Raid, daß der Markgraf eine militärische Aktion gegen die vorderösterreichischen Gebiete im Elsaß, Sundgau und Breisgau beabsichtige und diese dem französischen Lehensverband und dem zwinglianischen Glauben zufuhren wolle. Außerdem verhandelte er mit Sebastian Schertlin von Burtenbach, um ihn als Söldnerfuhrer fur die Truppen des abgesetzten Markgrafen zu gewinnen. Der über diese Aktivitäten offenkundig sehr beunruhigte König Ferdinand hielt seine Behörden wiederholt zur Fahndung nach Raid an.345 Nach dem Tod des Markgrafen suchte Raid Anschluß an dessen einstigen Erzieher und Statthalter, den fränkischen Ritter Wilhelm von Grumbach. Grumbach befand sich spätestens seit 1553 in permanentem Konflikt mit dem würzburgischen Bischof Melchior Zobel, der die Niederlage von Albrecht Alcibiades dazu genutzt hatte, die Lehensgüter seines langjährigen Widersachers Grumbach auf würzburgischem Territorium einzuziehen. Grumbach entfesselte daraufhin eine überaus rege Aktivität als Raubritter, die er propagandistisch zum Kampf fur die Privilegien des alten Adels hochstilisierte und durch die er das Reich jahrelang in Unruhe versetzte.346 Gemeinsam mit Wilhelm von Stain und Wilhelm und Hessel von Grumbach plante Raid Ende 1557 einen Raubüberfall auf einen Venediger Boten, der mit einer größeren Geldsendung Augsburger Kaufleute nach Italien unterwegs war. Als Informant Raids in Augsburg fungierte Joachim Elsässer - eine zwielichtige Gestalt mit familiären Verbindungen zur Augsburger Kaufmannschaft. 347 Außerdem beschaffte sich Raid in Lauingen Informationen von Jakob Herbrots Sohn Hans.348 Der Überfall auf dem Lechfeld südlich von Augsburg erregte wegen der 344 345

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Druffel, Bd. 4, S. 309; Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 3/1, S. 415. Roth, Sylvester Raid, S. 9-11; Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 3/1, S. 495-499. Mit welcher Aufmerksamkeit die diplomatischen Aktivitäten Raids in Frankreich und seine Verhandlungen mit Schertlin an den Höfen König Ferdinands und der deutschen Fürsten verfolgt wurden, geht hervor aus Druffel, Bd. 4, S. 370 (Nr. 364, 365), 374 (Nr. 371), 385-387 (Nr. 383), 458 (Nr. 426), 462-463 (Nr. 436); Ernst, Bd. 2, S. 395-399 (Nr. 493), 401 (Nr. 495), 537-538 (Nr. 649), 672-673 (Nr. 811-812). Für einen konzisen Überblick über die Grumbachschen Händel vgl. Rabe, S. 476-478. Markus Elsässer, der von 1545 bis 1571 Mitglied der Augsburger Kaufleutestube war (IHK, Kaufleutestube, fol. 40), übernahm 1559 die Pflegschaft der Tochter von Joachim Elsässer und Sabina Abt (StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1551-1560, S. 292, 299). Möglicherweise war er ein Bruder Joachim Elsässers. Dessen Frau war vermutlich mit Leonhard und Martin Abt verwandt, die um 1560 ebenfalls der Kaufleutestube angehörten (IHK, Kaufleutestube, fol. 39, 43). StAA, Urgichten 1549 (S. Raid), Beilagen, Abschrift von Raids Verhören in Wiener Neustadt 1558. Raid bekannte darin, er sei nach seinen Unterhandlungen mit Wilhelm von Stain

215 Höhe der erbeuteten Summe großes Aufsehen. Dennoch befreite diese Aktion Raid nicht von seinen finanziellen Schwierigkeiten: im April 1558 mußte er Joachim Elsässer um ein Darlehen von 200 Gulden ersuchen.349 Der Konkurs der Brüder Weyer, bei denen Raid 2.500 fl angelegt hatte, erfolgte also zu einem Zeitpunkt, als Raid nicht nur in persönlichen finanziellen Schwierigkeiten steckte, sondern sich durch seine Verbindung mit Grumbach als Aufrührer und Landfriedensbrecher diskreditiert hatte. Der Weyer-Bankrott und Raids Reaktion darauf bildeten, wie das nächste Kapitel zeigen wird, nur die letzten Glieder in einer Ereigniskette, die schließlich zur Hinrichtung Raids am 14. November 1558 in Wiener Neustadt führte.350 Der dritte der Weyer-Gläubiger, der sich als „Intellektueller" charakterisieren läßt, war Paul Hektar Mair (1517-1579), seit 1537 als Nachfolger seines Großvaters Hans Mair „mittlerer" Ratsdiener in Augsburg351 und wie Fröhlich ein Mann mit beträchtlichen literarischen und ökonomischen Ambitionen. Bereits 1541 wurde er erster Ratsdiener und Stadtkassier, und 1545 wurde ihm zusätzlich die Stelle des Kassiers im neugeschaffenen städtischen Proviantamt übertragen.352 Daß diese Ausweitung seiner Kompetenzen 1545 mit der erstmaligen Wahl Jakob Herbrots zum Bürgermeister zusammenfiel, 353 weist auf eine enge Verbindung zwischen dem Ratsdiener und dem Großkaufmann hin, die später noch von großer Bedeutung werden sollte. In noch stärkerem Maße als Georg Fröhlich pflegte Paul Hektar Mair einen aufwendigen Lebensstil, der sich offenkundig am Vorbild der wirtschaftlichen Führungsschicht Augsburgs orientierte. Er kleidete sich prächtig, gab 300 fl jährlich allein fur Wein aus und sammelte Silber, Schmuck, Antiquitäten, wertvollen Hausrat aller Art, Waffen, Bilder, Münzen und Bücher.354 Mairs 1542 verfaßtes, mit zahlreichen Federzeichnungen illustriertes „Einspännigerbuch", in dem die Trachten und Waffen der berittenen Stadtsoldaten dargestellt werden, sowie ein 1552/53 von Mair angelegtes und von dem Augsburger Maler Heinrich Vogtherr d.J. ausgestaltetes „Fechtbuch" demonstrieren die große Begeisterung des Ratsdieners für Waffen und Rüstungen. 355

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und Wilhelm von Grumbach „geen Laugingen geritten, daselbsten mit deß Herbrodten Son, Hansen Herbrott in der Herberg ain Drunckh gethon." Dabei habe Herbrot ihm, wie zuvor bereits Stain und Grumbach, gesagt, „es gieng gemainelich alle Quartal ein grosse Suma gellts hinein in Itallia". Roth, Sylvester Raid, S. 11-12. Ebd., S. 12-17; Pölnitz/Kellenbenz, Anton Fugger, Bd. 3/2, S. 171, 188. Chroniken, Bd. 32, S. IV. Ebd., S. IX-X. Für eine Beschreibung von Mairs Tätigkeitsfeld als Ratsdiener, das die Planung und Organisation städtischer Festlichkeiten, die Verwaltung von Reichsgeldern und eine umfangreiche Geldwechseltätigkeit umfaßte, vgl. ebd., S. XII-XV. Darauf weist auch Sieh-Burens, Oligarchie, S. 161 hin. Chroniken, Bd. 32, S. XVIII-XX. Welt im Umbruch, Bd. 1, S. 221 (Nr. 156); „Kurzweil viel ...", S. 86-87 (Nr. 40), 192-193 (Nr. 75); Dormeier, S. 203.

216 Da seine regulären Einnahmen als Ratsdiener in keiner Weise ausreichten, um seinen luxuriösen Lebensstil zu finanzieren, sah sich Mair genötigt, andere Einkommensquellen zu erschließen. Er begann Geld zu verleihen, zumeist an „Verwandte und Bekannte," aber auch an Kaufleute wie die Gebrüder Weyer und an Fürsten wie Herzog Albrecht V. von Bayern, dem er 1567 3.300 fl vorstreckte.356 Geschäftliche Beziehungen des Ratsdieners zur Augsburger Kaufmannschaft ergaben sich auch aus der Tatsache, daß Paul Hektor Mairs Sohn Jeremias Teilhaber einer Firma „Kaspar Würt, Jeremias Mair & Mitverwandte" war, die seit 1566 nachweisbar ist und in den 1570er Jahren Verbindungen nach Lyon unterhielt.357 Während Jeremias Mair 1568 in die Augsburger Kaufleutestube aufgenommen wurde,358 gehörte sein Partner Kaspar Würt offenbar nicht dieser Institution an. In das Unternehmen seines Sohnes investierte auch Paul Hektor Mair: 1572 war ihm Kaspar Würt 3.000 fl schuldig.359 Außerdem engagierte sich Mair seit den 1550er Jahren - wiederum in auffälliger Parallele zu Georg Fröhlich - stark in Grundstücksgeschäften. Zwischen 1555 und 1569 erwarb er für insgesamt 5.200 fl mehrere Häuser am Augsburger Kappenzipfel und Gärten im Bereich der Jakober Vorstadt.360 Vor dem Hintergrund von Mairs ständig wachsendem Geldbedarf mußten ihn die Verluste, die er durch die Bankrotte der Weyer, die ihm 1557 900 fl schuldig blieben, und der Herbrot, bei denen er 1564 sogar 7.000 fl angelegt hatte,361 um so härter treffen. Nach dem Falliment der letzteren Firma notierte Mair: „Der Jakob Herbrot, der alt, und seine Sün Jacob und Hieronymus, die verzweifelt, ehrlos Leckersbuben, die haben mich und meine Kinder umb das Gelt, so ich bei inen im Handel hab gehabt, beschissen und betrogen, Sie werden am jüngsten Tag nit kinnden verantworten ain solch grosse Summa Gelts, darumb sie mich haben gebracht."362 Von 1557 bis zum Konkurs der Herbrot scheint Mair eine regelrechte Faktorentätigkeit fur Herbrot, mit dem er entfernt verwandt war,363 ausgeübt zu haben; wie er diese mit seinem Amt als Ratsdiener vereinbaren konnte, bleibt unklar. Mairs enormer Finanzbedarf, der durch die Bedürfnisse einer großen Nachkommenschaft - zehn der achtzehn Kinder Mairs überlebten das frühe Kindesalter - noch zusätzlich gesteigert wurde, verleitete ihn bereits in den 1550er Jahren zu betrügerischen Finanzmani356 357

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So Chroniken, Bd. 32, S. XXI-XXII. StAA, KuH, Fasz. VI, Nr. 26/10. 1575 bevollmächtigte die Firma einen gewissen Paul Hueberlin für Lyon: StAA, Spreng XII, Nr. 6. 1579 partizipierte die Gesellschaft an den Handelsprivilegien der oberdeutschen Kaufleute in Lyon: ver Hees, Die oberdeutschen Kaufleute, S. 242. IHK, Kaufleutestube, fol. 50. Chroniken, Bd. 32, S. XXIII. Ebd., S. XXIII-XXIV. StAA, Fallitenakten „Herbrot". Chroniken, Bd. 32, S. XXIII; zu Mairs überaus negativer Beurteilung Herbrots in seinen Schriften vgl. auch Kramer-Schlette, S. 39, 88. Sieh-Burens, Oligarchie, S. 110, 114.

217 pulationen und zur systematischen Veruntreuung von städtischen Geldern. Nachdem seine Machenschaften fast ein Vierteljahrhundert lang unentdeckt geblieben waren, wurden sie 1579 aufgedeckt, Mair zum Tode verurteilt und öffentlich hingerichtet. Seine aufgehäuften Schätze wurden öffentlich versteigert. 364 Georg Kölderer, der wie alle anderen Augsburger Chronisten seiner Zeit dem Prozeß gegen Mair, seiner Hinrichtung und der Veräußerung seiner Güter große Aufmerksamkeit schenkte, zog das Fazit: „was nur sein hat mögen dz hatt ermellter Mayr (doch mit vnrechtem Guett) auff khaufft also dz die sag wan: Wa doch der Man mueß hingedacht haben, das er ain Sollich bracht mit frembdem guett gefiert hat, was hilfft es Inn Jetzt."365 Bemerkenswert an Mair ist das seit der Mitte des 16. Jahrhunderts immer stärker sichtbar werdende Auseinandertreten von persönlicher Wahrnehmung und Normen auf der einen, tatsächlichem Verhalten auf der anderen Seite. Mair legte in seinem Memorialbuch einen persönlichen Tugendspiegel an und präsentierte sich in seinen Chroniken als scharfer Kritiker der kaufmännischen Praktiken und Verhaltensweisen seiner Zeit.366 So nahm er 1548 die Bankrotte des Handelsmanns Matthäus Pfanzelt und der Bleicher Balthasar und Andreas Schoch zum Anlaß für Reflexionen über grundsätzliche normative Probleme. Der aus Ulm stammende Matthäus Pfanzelt, der „vor etlich jaren in die burgerschaft geheurat und ain kaufmannshandel getriben", hatte Mairs Bericht zufolge innerhalb weniger Tage große Schulden gemacht, daraufhin seine Zahlungsunfähigkeit erklärt und war nach Friedberg in die Freiung geflohen, von wo aus er mit seinen Gläubigern einen Vergleich aushandelte, der den Nachlaß der Hälfte seiner Schulden vorsah. Danach habe Pfanzelt seine normale Handelstätigkeit wieder aufgenommen „und branget wider gleich wie vor." Mair resümierte: „das seind solche hendel, die billich ainem ehrliebenden man übel gefallen, er ist jetzt nach der thädigung reicher, dann er zuvor sein leben lang ist gewesen, er ist aber ein kaufman. "367

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Zu diesen Vorgängen vgl. die detaillierte Darstellung in Chroniken, Bd. 32, S. XXVIXXVIII und XXXIV-XLVIII. StBA, 2° Cod. S 39, fol. 59 r -59 v . Hier ist Carla Kramer-Schlette nicht zuzustimmen, wenn sie behauptet, daß Mair in seiner Fixierung auf Jakob Herbrot „sich weder zu den übrigen Persönlichkeiten der städtischen Politik und Wirtschaft, noch zur Lebens- und Verhaltensweise der Kaufleute und Handwerker äußerte." Kramer-Schlette, S. 39. Chroniken, Bd. 32, S. 65-66. Matthäus Pfanzelt war von 1541 bis zu seinem Tod im Jahre 1556 Mitglied der Augsburger Kaufleutestube (IHK, Kaufleutestube, fol. 38). In den Jahren 1535/36 erscheint er wiederholt als Geschäftspartner Anton Fuggers - unter anderem als Käufer von Schwazer Silber und als Kunde der Wiener Fugger-Faktorei (Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/1, S. 296, Anm. 10; S. 297, Anm. 12; S. 330, Anm. 189). Seine Steuerleistungen von 2 fl 15 χ im Jahre 1544 und 3 fl 30 χ im Jahre 1550 deuten auf ein eher bescheidenes Vermögen hin (StAA, Steuerbuch 1544, Sp. 60d; Steuerbuch 1550, Sp. 66a).

218 In noch stärkerem Maße interpretierte Mair den fast gleichzeitig erfolgenden und nach ähnlichem Muster ablaufenden Konkurs der Bleicher Balthasar und Andreas Schoch als Ausdruck eines allgemeinen Wertewandels. Die beiden Bleicher standen noch zusätzlich im Verdacht, sich auf illegalem Wege Barchenttuche, die auf der Bleiche lagen, angeeignet und damit Handel getrieben zu haben, wobei Mair in Jakob Herbrot ihren „Hintermann" sah. Der Fall schien Mair symptomatisch dafür zu sein, daß „solche puberei gar zu gemain werden will, und ain jeder kaufmannsknecht oder weber will ainen geringen handel mit ainem deinen guot anfahen, verleßt sich darauf, daß er ainen pracht treibt, und nimbt auf porg an, was man im gibt. [...] und werden mit ander leut guot reich, das beschwerlich zu hören, sie seind aber kaufleut." 368 Während der Konkurswelle der Jahre 1559 bis 1564 rückten dann die Machenschaften Jakob Herbrots und seiner Söhne ganz ins Zentrum von Mairs Kritik.369 Besonders vehement kritisierte er außerdem die Verbrechen seiner Amtskollegen Ambrosius Hagk und Veit Mair, die 1567 bzw. 1571 ebenfalls wegen der Veruntreuung öffentlicher Gelder gehenkt wurden; vor diesem Hintergrund nimmt Mairs eigene langjährige Plünderung der Augsburger Stadtkasse geradezu schizophrene Züge an.370 Betrachtet man die Karrierewege und Verhaltensweisen Georg Fröhlichs, Sylvester Raids und Paul Hektor Mairs im Zusammenhang, so sind eine Reihe von Gemeinsamkeiten augenfällig. Zusammen mit einer kleinen Gruppe weiterer einflußreicher Persönlichkeiten der Reformationszeit, allen voran Gereon Sailer, lassen sie sich als „sozialer Typus" charakterisieren: soziale Aufsteiger aus relativ bescheidenen Verhältnissen, die in der Zeit der Reformation und des Zunftregiments vorübergehend erheblichen Einfluß erlangten, mit der Niederlage der Stadt im Schmalkaldischen Krieg und der Aufhebung der Zunftverfassung aber ihre Stellung verloren. Ihr Einfluß beruhte auf ihrer Bildung und ihren besonderen Kompetenzen auf diplomatischem, juristischem und administrativem Gebiet - in der Terminologie Bourdieus: auf ihrem „kulturellen Kapital".371 Dies äußerte sich darin, daß sie mit zahlreichen Gesandtschaften und Sondermissionen betraut wurden. Katarina Sieh-Burens spricht in diesem Zusammenhang von einer „konfessionell geprägten Funktionselite". 372 Daneben basierte ihre Stellung innerhalb der Reichsstadt auch auf besonderen Vertrauensverhältnissen, geradezu „patronageähnlichen" Beziehungen, zu führenden Augsburger Großkaufleuten und Stadtpolitikern wie Georg Herwart, Ulrich und Wolfgang Rehlinger, Jakob

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Chroniken, Bd. 32, S. 66-69 (Zitat S. 69). Vgl. zu diesem Fall auch Clasen, TextiHerstellung, Bd. 2, S. 98. Chroniken, Bd. 33, S. 165-169. Chroniken, Bd. 32, S. XXXIII-XXXIV. Bourdieu, Ökonomisches Kapital, S. 285-290. Sieh-Burens, Oligarchie, S. 145.

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Herbrot und Anton Fugger.373 Zumindest im Falle Mairs und Raids schlug dieses Vertrauensverhältnis allerdings in ein tiefes Zerwürfnis um. Sailer, Fröhlich, Raid und Mair gehörten zwar allesamt spätestens 1541 der Augsburger Kaufleutestube an,374 die gerade zu dieser Zeit unter Führung von Jakob Herbrot zu einem institutionellen Gegengewicht zu Patriziat und Herrentrinkstube ausgebaut wurde. Sie waren jedoch weder wie Fröhlichs Amtsvorgänger Konrad Peutinger und der ehemalige Ratskonsulent Hans Rehlinger mit dem Augsburger Patriziat verwandt, noch verfugten sie über verwandtschaftliche oder schwägerschaftliche Beziehungen zur Augsburger Großkaufmannschaft, wie dies etwa bei dem Stadtarzt Dr. Ambrosius Jung oder den Ratskonsulenten Dr. Lukas Ulstett, Dr. Balthasar Langnauer und Dr. Konrad Heel der Fall war. Entsprechend ihrer Herkunft und fehlender familiärer Beziehungen zur wirtschaftlichen Elite Augsburgs nahmen sich auch die finanziellen Verhältnisse dieser Intellektuellen eher bescheiden aus. Paul Hektor Mairs Vermögen etwa bestand um 1540 in erster Linie aus 200 fl Heiratsgut, die ihm seine Ehefrau Felizitas Kötzler zubrachte, sowie 6.000 fl, die er von seinem Großvater erbte.375 Seine Steuerleistung belief sich 1544 auf lediglich 2 fl 30 x. Durch „außerdienstliche" geschäftliche Aktivitäten und systematische Veruntreuung städtischer Gelder konnte Mair sein Vermögen in den folgenden Jahren allerdings wesentlich erhöhen: 1550 belief sich seine Steuerleistung bereits auf 10 fl 30 x, 1562 auf 31 fl.376 Sylvester Raid bezahlte 1544 5 fl Steuern,377 während das Steuerbuch für Fröhlich und Sailer zu dieser Zeit keine Angaben macht. 1550 allerdings betrug Gereon Sailers Steuerleistung 4 fl 54 x.378 Ein weiteres Charakteristikum dieser Gruppe von Intellektuellen stellten ihre finanziellen Verflechtungen mit der Augsburger Kaufmannschaft dar. Dr. Gereon Sailer etwa lieh dem Kaufmann Matthäus Pflaum Anfang 1552 300 fl, wofür ihm Pflaum nach fünf Monaten 307 fl zurückzahlen sollte,379 und legte im Juli desselben Jahres die gleiche Summe für ein Jahr bei Jakob Adler gegen fünfprozentige Verzinsung an.380 Der katholische Jurist Dr. Sebastian Bemler, Kanzler des Administrators von Worms und Freising und seit 1548/49 Nachfolger Georg Fröhlichs im Amt des Stadtschreibers,381 war 1547, als er noch in Freising ansässig

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Vgl. in Bezug auf Sailer auch de Kroon, S. 65. IHK, Kaufleutestube, fol. 37-39; vgl. Sieh-Burens, Oligarchie, S. 164. Chroniken, Bd. 32, S. VIII-IX. StAA, Steuerbuch 1544, Sp. 55c; Steuerbuch 1550, Sp. 64c; Steuerbuch 1562, Sp. 75d. StAA, Steuerbuch 1544, Sp. 53b. StAA, Steuerbuch 1550, Sp. 28c.

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Blendinger, Unterkaufbücher, S. 44. Ebd., S. 55. Radlkofer, S. 63; Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 4, S. 215; Warmbrunn, S. 78; SiehBurens, Oligarchie, S. 175.

220 war, mit 6.000 fl Depositengläubiger Hans Baumgartners, 382 hatte zwischen 1553 und 1557 1.000 fl in der Haug-Langnauer-Linck-Gesellschaft liegen,383 und 1554 etwa 400 fl bei Bartholomäus Hartpronner angelegt.384 Im Mai 1556 verlieh er 3.000 fl an Wolfgang Paler und Konrad Herbst385 und im August 1557 den doppelten Betrag gegen zehnprozentige Verzinsung an (Melchior?) Ilsung, die PalerHerbst und Matthäus Manlich.386 Sailer, Fröhlich und Raid konnten ihre Stellung innerhalb Augsburgs und ihre Beziehungen zu führenden städtischen Kaufleuten und Politikern dazu nutzen, enge Verbindungen zu protestantischen Fürsten wie Philipp von Hessen, Pfalzgraf Ottheinrich und Albrecht von Preußen aufzubauen und mitunter beträchtlichen Einfluß als fürstliche Berater zu erlangen. Neben ihren fachlichen Kompetenzen und diplomatischen Fähigkeiten half ihnen dabei vor allem ihre zentrale Position im Kommunikationssystem der Augsburger Elite. In den Berichten, die er vom Speyrer Reichstag des Jahres 1541 an die Augsburger Bürgermeister sandte, kontrastierte Gereon Sailer seine eigenen guten Verbindungen zu den Fürsten mit den Erfahrungen der anderen städtischen Gesandten: „die gesanten von Stetten [...] kummen etwan in 14 tagen ain mal zw den fursten, die guten leut habens auch nit vrsach, dann leider man last sy sitzen, mer dann gut ist, das mir auch nit gefolt." 387 Insbesondere Sailer und Raid gaben jedoch auch bedenkenlos geheime Nachrichten, die im Augsburger Rat oder in der Firmenzentrale der Fugger einliefen, an ihre fürstlichen Gönner weiter. Angesichts dieser Konstellation waren Loyalitätskonflikte geradezu vorprogrammiert. Aus diesen Punkten ergibt sich die besondere Ambivalenz der Rolle dieser Intellektuellen. Einerseits hatten sie wichtige politische und administrative Positionen in der Stadt inne, verkehrten ständig mit den führenden Patriziern und Großkaufleuten und waren über ihre Mitgliedschaft in der Kaufleutestube auch institutionell mit der städtischen Kaufmannschaft verklammert. Andererseits konnten sie es aufgrund fehlender familiärer Beziehungen und relativ bescheidener finanzieller Mittel gerade im Bereich der Repräsentation und ständischen Selbstdarstellung nicht mit den großen Handelsherren aufnehmen. Persönliche Ambitionen auf der einen, beschränkte Möglichkeiten auf der anderen Seite erzeugten ein Spannungsverhältnis, aus dem heraus sich die finanzielle Beteiligung von Männern wie

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Müller, Quellen, S. 56*. Im Jahre 1556 schuldeten ihm Hans Baumgartners Söhne David und Hans Georg den gleichen Betrag: ebd., S. 59*. StAA, KuH, Nr. 6, fol. 45, 90, 119. In diesem Jahr hatte Hartpronner ihm 20 fl Zinsen zu zahlen, was bei einem Zinssatz von 5 % einer Einlage von 400 fl entspräche. StAA, KuH, Nr. 4. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 195. Ebd., S. 200. Roth, Briefwechsel Gereron Sailers, S. 121. Das ausgeprägte Selbstbewußtsein Sailers hinsichtlich seiner politischen und diplomatischen Fähigkeiten kommt auch in seinem Briefwechsel mit Bucer zum Ausdruck: vgl. de Kroon, S. 65.

221 Fröhlich, Raid und Mair an Unternehmungen wie den Lyoner Geschäften der Gebrüder Weyer vor allem erklären läßt. Die überaus hohe Verzinsung der französischen Kronanleihen erschien als lukrative Möglichkeit, das eigene Kapital rasch zu vermehren und dem ausgeprägten Repräsentationsbedürfnis, das sich in den Grundstückserwerbungen, Hausbauten, Kunst- und Antiquitätensammlungen Mairs und Fröhlichs manifestiert, nachkommen zu können. Hinzu kommt ein politisches und konfessionelles Element. Als überzeugte Protestanten und Parteigänger der evangelischen Fürsten gehörten vor allem Raid, Fröhlich und Sailer zu den Verlierern der Jahre 1547/48 und 1552. Lediglich Paul Hektor Mair vermochte sich mit den geänderten Verhältnissen unter dem patrizischen Ratsregiment in Augsburg zu arrangieren. Die finanzielle Unterstützung der anti-habsburgischen Politik der französischen Krone schien vor diesem Hintergrund nicht nur persönlichen Profit zu versprechen, sondern möglicherweise auch die Aussicht auf ein politisches Comeback zu eröffnen. Insbesondere für Sylvester Raid, den Brand- und Proviantmeister von Albrecht Alcibiades, hätte die Rückkehr seines Herrn aus dem Exil zweifellos große Perspektiven eröffnet. Einiges spricht für die These, im Auftreten von Männern wie Sailer, Fröhlich, Raid und Mair auf der politischen Bühne der Reichsstadt ein zeitbedingtes Phänomen der mittleren Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts zu sehen. Weder in den Jahrzehnten vor 1530 noch nach 1580 ist der soziale Typus, den sie repräsentieren, innerhalb der intellektuellen Elite Augsburgs faßbar. Die Hinrichtungen Raids (1558) und Mairs (1579) sowie die nahezu völlige Isolierung Fröhlichs in seinen letzten Lebensjahren belegen, daß weder die städtische Gesellschaft noch die Territorialstaaten auf Dauer Platz fur Männer ihres Kalibers hatten. Das Verhältnis dieser Intellektuellen zur reichsstädtischen wirtschaftlichen Elite findet überdies eine höchst interessante Parallele in einem anderen Phänomen, das gerade in den 1560er und 1570er Jahren innerhalb der Augsburger Kaufmannschaft zu beobachten ist: der Hinwendung einiger der größten reichsstädtischen Unternehmer zur Alchimie. Sowohl zwischen den betroffenen Kaufleuten und dem hier untersuchten „Weyer-Netzwerk" als auch zwischen den Alchimisten und den hier charakterisierten Intellektuellen gibt es so enge Verbindungslinien, daß dieses Phänomen hier gesonderte Betrachtung verdient. Lyndal Roper hat vor kurzem das große Interesse Augsburger Kaufleute an Alchimie und Astrologie in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts thematisiert. Ausgehend von der Urgicht einer gewissen Anna Megerler von 1564, einer Frau vom Lande, die sich magischer Praktiken bediente und behauptete, mit dem verstorbenen Anton Fugger astrologische Sitzungen vor einer Kristallkugel gehalten zu haben, untersucht sie die Anziehungskraft, die magische und okkulte Praktiken auf „rationale" Kapitalisten des 16. Jahrhunderts ausübten.388 Der Blick in die Kristallkugel, so Roper, ermöglichte es Männern wie Anton Fugger, ihre Faktoren 388

Roper, Ödipus, bes. S. 128-140.

222 an weit entfernten Orten zu kontrollieren: „Mit Hilfe dieser wunderbaren Satelliten-Spionage-Anlage vermochte Fugger zu sehen, ohne gesehen zu werden - eine gewaltige Phantasievorstellung von der visuellen Beherrschung einer Gruppe Handelsbevollmächtigter, von deren Loyalität und Ergebenheit er vollkommen abhängig war." 389 Außerdem, so Roper, konnte die Kristallkugel dazu dienen, die Geister von „Feinden" Fuggers - Männern wie dem 1558 hingerichteten Sylvester Raid - gefangen zu halten und damit den Intentionen des Handelsherrn wiederum dienstbar zu machen: „In der Kristallkugel wurden Fuggers Gegenspieler schließlich nicht nur unter Kontrolle gebracht und damit harmlos für ihn, sondern die bösen schöpferischen Kräfte seiner Feinde wurden mittels einer Art kannibalistischer Einverleibung für Fuggers eigene Ziele einsetzbar."390 Einen weiteren Hinweis auf die Kongruenz alchimistischer Experimente und kaufmännischer und wirtschaftspolitischer Interessen gibt Pamela Smith in ihrer Untersuchung der Aktivitäten Johann Joachim Bechers an deutschen Fürstenhöfen des 17. Jahrhunderts: „The language of alchemy", so Smith, „was particularly well suited to the discussion of commerce, for alchemical transmutation - the ennoblement of metals - provided an example of fabulous material increase and the production of surplus.391 Alchimie und Astrologie konnten demnach in zweierlei Hinsicht - als potentielle Lösungen für reale Kommunikations- und Liquiditätsprobleme, die gerade während der Serie von Firmenzusammenbrüchen in Augsburg zwischen 1556 und 1580 offen zutage traten, sowie als Metaphern für den Traum von unbegrenzter Kapitalakkumulation - eine beträchtliche Faszination auf die Großkaufleute des 16. Jahrhunderts ausüben. So ordnet der Chronist Georg Kölderer etwa das Falliment der Gebrüder Sulzer im Jahr 1589 in ein Szenario des wirtschaftlichen Niedergangs und der Knappheit materieller Güter ein, dem er die alchimistische Vision grenzenlosen Reichtums gegenüberstellte: „Inn Summa alle welltt will verarmen, vnd Ist kain gelltt unter denn Leuthen so wol auch gar Schmale vnd Kleine Narung, das man wol ains goldt vnd Silbermachers bedörffte." 392 Alchimistische Interessen sind für mehrere Mitglieder der Familie Fugger, so für Antons Neffen Georg und Ulrich und für seinen Sohn Markus, belegt.393 Jakob Herbrots Sohn Hieronymus beteiligte sich ebenfalls an alchimistischen Experimenten,394 und zwischen 1562 und 1564 investierte auch David Baumgartner einen Großteil seines Vermögens in alchimistische Versuche. 395 Von besonderem Interesse sind schließlich die Aktivitäten des Alchimisten Dr. Daniel Keller im Dienste Markus Fuggers und anderer Augsburger Kaufleute, weil hier Verbindun389 390 391 392 393 394 395

Ebd., S. 133. Ebd., S. 134-135. Smith, S. 9. Vgl. auch ebd., S. 209-217. StBA, 2° Cod. S 43, fol. 18v. Lutz, Marx Fugger, S. 479; Roper, Ödipus. S. 135. Hecker, Herbrot, S. 95. Krag, S. 115.

223 gen zwischen dem „Weyer-Netzwerk" und den Augsburger Intellektuellen im Bereich der Alchimie und des Okkulten deutlich werden. Der Chronist Achilles Pirmin Gasser berichtet über Kellers Versuche, Gold zu machen: „Und wiewol er Benedict Fröschlin von Orchetam vnd Hansen Tyroler noch zu Mitgehülffen hatte / welche bey Melchiorn Manlich dem ältern vnnd Hansen Langnawer grosse Sachen vorgeben / ist doch der Schatz dem alten Sprichwort nach zu Kolen worden."396 Aus der „Hauschronik" seines Bruders Hieronymus, der selbst diese alchimistischen Versuche fur „gaugkelei" hielt, ist bekannt, daß Benedikt Fröschel auf Vermittlung der Schorer und im Auftrag Manlichs und Langnauers 1574 nach Venedig reiste, um dort von einem Alchimisten in dessen Künste eingeweiht zu werden, in der Lagunenstadt aber tödlich erkrankte und verstarb.397 Daniel Keller war der Schwiegersohn des ehemaligen Stadtschreibers und Weyer-Gläubigers Georg Fröhlich. Fröhlich hatte im Jahre 1557 versucht, seinen Schwiegersohn nach Augsburg zu vermitteln. Der Rat hatte dies jedoch unter Hinweis auf einen Überfluß an Ärzten in der Stadt abgelehnt.398 Benedikt Fröschel d.J., einer seiner „Mitgehülffen", war von 1541 bis Mitte der 1560er Jahre Stadtarzt in Augsburg. 399 Sein Bruder Stephan arbeitete zeitweilig als Faktor Jakob Herbrots400 und war durch seine Eheschließung mit Markus Ehems Tochter Sibilla unter anderem mit Hieronymus und David Zangmeister, Christoph Kraffter und Hans Baptist Müller aus dem „Weyer-Netzwerk" verschwägert. 401 Daneben bestanden auch enge Beziehungen zur Familie Fugger, denn Benedikt Fröschel war mit einer Tochter des Fuggerfaktors Leonhard Mair verheiratet402 und mit Georg und Hans Jakob Fugger befreundet. Nach 1567 arbeitete er zeitweilig als Arzt in einem fiiggerischen Spital.403 Zwischen 1571 und 1574 traten die Fuggerangestellten Michael Leuchtmair, Michael Leonhard Mair und Sebastian Zech als Pfleger seiner Kinder in Erscheinung. 404 Weshalb gelang es Alchimisten wie Keller und Fröschel, gerade bei Kaufleuten wie Melchior Manlich und Hans Langnauer die Erwartung auf „grosse Sachen" zu wecken und sie zur Finanzierung ihrer Experimente zu bewegen? Manlich und Langnauer verkörperten in geradezu exemplarischer Weise die ungebrochene Innovations- und Risikobereitschaft der Augsburger Kaufmannschaft im dritten Viertel des 16. Jahrhunderts. Melchior Manlich stieg ab 1571 von Marseille aus

396 397 398 399 400 401 402 403 404

Gasser/Hartmann, Chronica, 3. Theil, S. 129. Roth, Benedikt Fröschel, S. 153, 156-159; Seibold, S. 147-148. Radlkofer, S. 69-70. Roth, Benedikt Fröschel, S. 151. Roth, Hieronymus Fröschel, S. 9. StAA, Werner/Lilienthal, „Ehern". Roth, Hieronymus Fröschel, S. 78. Roth, Benedikt Fröschel, S. 152. StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1569-1572, S. 101-102; Kleines Pflegschaftsbuch 15721576, S. 168; Pflegschaftsbuch 1567-1580, fol. 95 v .

224 mit sieben eigenen und zwei gecharterten Schiffen in den direkten Handel mit der Levante ein - ein erster großangelegter Versuch, das venezianische Monopol auf den Levantehandel zu umgehen. Trotz massiven Einsatzes von Fremdkapital konnte Manlich 1574 aufgrund der enormen Investitionskosten - allein der Bau eigener Schiffe in Marseille verschlang Unsummen - seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen. 405 Die Haug-Langnauer-Linck investierten seit Mitte der 1560er Jahre in den Kupferbergbau in Keswick in der englischen Grafschaft Cumberland, übernahmen 1564 die Pacht der Quecksilbergruben von Idria und versuchten durch die Gründung eines Tochterunternehmens, der Krakauer Handlung, ihre geschäftlichen Aktivitäten nach Osteuropa auszudehnen, 406 konnten jedoch 1574 wie Melchior Manlich ihre Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllen. Sowohl Manlich als auch Langnauer mußten also die Erfahrung machen, daß sie die großen Gewinnaussichten, die ihre levantinischen oder englischen Unternehmungen zu versprechen schienen, letztlich nicht realisieren konnten, weil ihre Kapitalbasis trotz aller Anstrengungen zu schmal blieb. Mit den traditionellen Mitteln der Kapitalbeschaffung waren ihre Liquiditätsprobleme letztlich nicht zu lösen. Vor diesem Hintergrund erscheint das Interesse Augsburger Großkaufleute des 16. Jahrhunderts an Alchimie keineswegs als bloßes Kuriosum, sondern spiegelt die Kluft zwischen kaufmännischen Ambitionen und den tatsächlichen Problemen des oberdeutschen Frühkapitalismus um die Mitte des 16. Jahrhunderts 407 und reflektiert zudem das höchst ambivalente Verhältnis zwischen der ökonomischen Elite der großen Handelsherren und der sich formierenden „neuen" Elite der Bürokraten und Gelehrten.

3.3 Zwischen Kaufmannschaft und Adel: Bonaventura Furtenbach Zweimal taucht im Bankrottverfahren gegen die Brüder Weyer der Name Bonaventura Furtenbachs auf. In einem Brief vom Juni 1558 schrieb Georg Fröhlich dem Augsburger Rat, daß Furtenbach die Weyer unmittelbar vor ihrem Konkurs des offenen Betrugs bezichtigt und „viel tausent Cron von Ine gebracht" hätte.408 Im Jahre 1570 behauptete Hans Weyer, daß ihm die Erben Bonaventura Furten405 406 407

408

Sayous, commerce; Seibold, S. 146-148. Zu diesen Unternehmungen vgl. Ringling, S. 164-231. Auf die „Rationalität" der alchimistischen Bestrebungen Hans Langnauers hat bereits Ringling hingewiesen: „To Hans II Langnauer, the decision to engage into what to us appears to be a fruitless undertaking was, in all probability, a rational effort in his overall concept designed to salvage the concern. It represented [...] the culmination of the latent speculative trait to which the South German business community had fallen victim in its most bizarre form." Ringling, S. 253. StAA, Personenselekt Fröhlich.

225 bachs in Lyon noch 1.200 fl schuldig wären.409 Diese knappen Hinweise deuten immerhin an, daß Furtenbach beim Zusammenbruch der Weyer eine zentrale Rolle zukam: offensichtlich hatte er sowohl einen entscheidenden Informationsvorsprung vor den anderen Kreditoren Hans und David Weyers als auch die nötige Skrupellosigkeit, um durch sein Verhalten die Lawine in Gang zu setzen, die zum Zusammenbruch der Weyer-Firma führte. Wer war dieser Furtenbach? Ein reicher Nürnberger Kaufmann, Bankier des Königs und mehrerer Reichsfürsten; aber auch ein großer Landbesitzer, der vom Kaiser nobilitierte „Herr von Reichenschwand". Das Sozialprofil und die Karriere Furtenbachs entziehen sich gängigen Typisierungen der frühneuzeitlichen „Ständegesellschaft". Die Betrachtung der Rolle, die Männer wie Furtenbach innerhalb der Geschäftswelt des 16. Jahrhunderts spielten, kann deshalb wichtige Aufschlüsse über Normen und Beziehungen innerhalb der oberdeutschen Kaufmannschaft in diesem Zeitraum geben. Als Nürnberger Fernhändler führte Bonaventura Furtenbach (1498-1564), Sohn eines im Italienhandel reichgewordenen Großkaufmanns und Ratsherrn aus Feldkirch, „ein stattliche Handlung nach Italia wie auch ins Niederland." Im Jahre 1522 ließ er sich in Nürnberg nieder und heiratete im folgenden Jahr die Patrizierin Helena Dörrer, die Witwe des Matthäus Ebner.410 Über die Familie des ersten Ehemannes seiner Frau ergaben sich möglicherweise Beziehungen zu dem in Lyon ansässigen Nürnberger Kaufmann Christoph Ebner, der 1557/58 unter den Gläubigern der Gebrüder Weyer erscheint. Regina Furtenbach von Feldkirch, wahrscheinlich eine Schwester des Herrn von Reichenschwand, war die Ehefrau Jakob Hünlins von Lindau, der im zweiten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts fur die Große Ravensburger Handelsgesellschaft in Wien und Ofen tätig war.411 Über diese Verbindung war Bonaventura Furtenbach wohl zumindest weitläufig mit den Erben Felix Hünlins verschwägert, die zu den hartnäckigsten Gegnern der Weyer nach ihrem Bankrott gehörten. Obwohl Furtenbach auch im Warenhandel aktiv war - zwischen 1537 und 1544 etwa gehörte er zu den größten Abnehmern elsässischen Silbers, das die Straßburger Prechter auf den Nürnberger Markt brachten412 - , bildete das Finanzgeschäft schon frühzeitig den Schwerpunkt seiner geschäftlichen Tätigkeit. Seit Mitte der 20er Jahre des 16. Jahrhunderts trat Furtenbach durch eine planmäßige Kreditvergabe- und Gütererwerbungspolitik hervor. Eines der ersten größeren Kreditgeschäfte Furtenbachs war ein Darlehen über 24.000 fl an Georg von Frundsberg, das allerdings nie zurückgezahlt wurde.413 1537 lieh Furtenbach Herzog Philipp von Pfalz-Neuburg 10.000 fl; für dieses Darlehen übernahm Erhard

409 410 411 412 413

StAA, StG 201, fol. 9 v -10 r . Genealogisches Handbuch, Bd. 5, S. 360; Schultheiß, S. 107. Schulte, Geschichte, Bd. 1, S. 182-183. Fuchs, Prechter, S. 169, Anm. 6. Schultheiß, S. 107; Kellenbenz, Wirtschaft im Zeitalter der Reformation, S. 192.

226 (II) Vöhlin von Frickenhausen die Bürgschaft. 414 Im Jahre 1549 verpfändete Markgraf Albrecht Alcibiades dem Nürnberger Finanzier für 14.000 fl die Ämter Erlangen und Baiersdorf 415 - ein Geschäft, das es wahrscheinlich macht, daß Furtenbach in den folgenden Jahren auch Kontakte zu dem Brand- und Proviantmeister des Markgrafen, dem bereits vorgestellten Sylvester Raid, hatte. Da Furtenbach zum Zeitpunkt des Todes von Albrecht Alcibiades nur einen kleinen Teil der Schuldsumme eingebracht hatte, führte er jahrelange Auseinandersetzungen mit dessen Nachfolger, Markgraf Georg Friedrich, über die Übernahme der Forderung. Im Jahre 1559 bot Furtenbach Herzog Albrecht von Preußen an, falls dieser sich der Schuld, die sich einschließlich Zinsen zu diesem Zeitpunkt auf rund 20.000 fl belief, „genedig anneme", wolle er ihm nochmals soviel leihen.416 Zwei Jahre später konnte er dem Herzog jedoch mitteilen, daß er das Problem anderweitig gelöst hatte: „Aber ich hab mich herausgeriessen und meine ausgestandne schulden stathaften leuten ubergeben, und damits die angenomen, noch ein gutte sume bars gelts darzu geliehen". Den Übernehmern der Schuldforderung wünschte Furtenbach geradezu sarkastisch, daß sie „villeicht pessers glück haben, dann ich bisher erlangen mögen." 417 Zwischen 1547 und 1554 lieh Furtenbach, der 1546 noch einer Reihe von Schmalkaldischen Bundesständen 22.000 fl vorgestreckt hatte,418 auch König Ferdinand wiederholt größere Summen. Im März 1547 nahm Ferdinand bei Furtenbach und Hans Ebner d.J. von Nürnberg 56.000 fl auf. Dafür sollten die Kreditgeber binnen drei Jahren 7.000 Mark böhmisches Silber erhalten, das in Prag und Joachimsthal ausgeliefert werden sollte. Der König verpflichtete sich außerdem, für jede nicht gelieferte Mark Silber neun Taler zu bezahlen - eine besonders rigorose Bedingung, die offenbar nur aus der akuten Finanznot des Königs während des Schmalkaldischen Krieges zu erklären ist. Furtenbach, Hans Ebner d.Ä. und dessen gleichnamiger Sohn ließen sich außerdem von Ferdinand das Monopolrecht auf den Bezug ungesaigerten Kupfers aus Kutnä Hora zusichern; diese Zusage wurde allerdings nie ratifiziert.419 Von 1552 an stand Furtenbach in Verhandlungen wegen einer neuen Anleihe an Habsburg über 40.000 fl zu einem Zinssatz von zehn Prozent. Außerdem hatte er um diese Zeit 15.000 fl von der Stadt Regensburg zu fordern.420 Der Augsburger Großkaufmann Matthäus Manlich bediente sich um 1550 der Vermittlung Furtenbachs, um bei Nürnberger Kaufleuten einen Kredit für den Salzburger Bischof Ernst von Bayern über 40.000 414 415 416 417 418 419 420

Brunner, Vöhlin, S. 290. Schultheiß, S. 107; Kellenbenz, Wirtschaft im Zeitalter der Reformation, S. 192. Möllenberg, S. 668-673 (Nr. 450a). Ebd., S. 673 (Nr. 450b). Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2, S. 215. Janäcek, S. 177-179. Schultheiß, S. 107; Kellenbenz, Wirtschaft im Zeitalter der Reformation, S. 192. Nach Oberleitner, S. 97, Anm. 30 hatte Furtenbach am 1. Februar 1553 44.000 Gulden geliehen.

227 bis 50.000 fl aufzubringen. 421 1560 bewilligte Furtenbach ferner ein Darlehen an Kaiser Ferdinands Bruder Maximilian in Prag.422 Nach der Jahrhundertmitte wurde Furtenbach auch im mitteldeutschen Montanbereich aktiv. 1552 verkaufte ihm die Steinacher Gesellschaft 1.200 Mark Feinsilber für 11.100 fl,423 und fünf Jahre später lieh Furtenbach den Gesellschaftern Hieronymus Rauscher von Leipzig, Christoph Moshauer von Eisleben und Nikiaus Bromm von Frankfurt 21.000 Taler.424 Rauscher, der auch als Bürge für die mansfeldischen Grafen eingetreten war, ersuchte im März 1560 Graf Hans Georg von Mansfeld, dafür Sorge zu tragen, daß Furtenbach auf der nächsten Messe bezahlt werde, da sonst große Kosten und Schwierigkeiten zu befürchten seien: „So ist das ein selzamer mann, der nicht mit im handeln lest, wie e.g. den kennen."425 Einen Einblick in die Praktiken, die Furtenbach bei seinen Kreditgeschäften anwandte, gibt ein Beschwerdebrief der Grafen von Mansfeld an den Nürnberger Rat vom August 1560. Als sie in ihrer „tranksal" gezwungen gewesen seien, von Furtenbach ein Darlehen aufzunehmen, habe ihnen dieser einen Teil der Summe in Kleinodien vorgestreckt, die angeblich 5.000 fl wert waren, tatsächlich jedoch weit weniger einbrächten. Einem weiteren Darlehensgeschäft habe Furtenbach nur unter der Bedingung zugestimmt, daß die Grafen eine Forderung Furtenbachs an den Kurfürsten und die Landschaft von Brandenburg in Höhe von 3.585 Taler übernähmen. Diese Forderung sei jedoch uneinbringlich, und Furtenbach weigere sich, sie wieder zurückzunehmen. „Ob nun solchs erber und billich," so die Grafen, „stellen wir euch selbst zu urteilen heim." 426 Furtenbachs finanzielle Mittel ermöglichten ihm den Erwerb umfangreichen Grundbesitzes. Er kaufte die Herrschaften Reichenschwand im Pflegamt Hersbruck (1525), Eisenhofen bei Dachau (1536), Oberbürg (1542), Erlenstegen (1542), Oberndorf, Lenzenberg, Thummenberg und Eschenau. Im Februar 1548 wurde er von Karl V. in den Reichsadel erhoben.427 Furtenbachs Gütererwerbungen und seine Nobilitierung gingen offenbar mit weitreichenden politischen Ambitionen in seiner Wahlheimat Nürnberg einher. 1523 wurde er zwar zum Genannten des Größeren Rates ernannt, doch blieb ihm der Sprung in den Inneren Rat versagt. Nicht zuletzt deshalb sagte Furtenbach 1555 sein Nürnberger Bürgerrecht auf.428 Werner Schultheiß hat das Scheitern von Furtenbachs politischen Plänen auf die „skrupellosen Geschäftsmethoden jenes 'Neureich'" zurückgeführt. Der 421 422 423 424

425 426 427 428

Seibold, S. 70. Pölnitz/Kellenbenz, Anton Fugger, Bd. 3/2, S. 579, Anm. 17. Möllenberg, S. 330-331 (Nr. 196). Ebd., S. 437-438 (Nr. 266); vgl. auch S. 542-543 (Nr. 348): Verschreibung Hieronymus Rauschers gegen Bonaventura Furtenbach über 7.759 Taler, 1559. Siehe auch Schultheiß, S. 108. Möllenberg, S. 628 (Nr. 413). Ebd., S. 667-668 (Nr. 450). Genealogisches Handbuch, Bd. 5, S. 360; Schultheiß, S. 107. Schultheiß, S. 107-108.

228 Nürnberger Georg Raiger etwa erhob gegen Furtenbach den Vorwurf des „Wuchers", als dieser beim Stadtgericht die Zwangsvollstreckung gegen Raiger beantragte, nachdem Raiger ein Darlehen über 13.000 fl nicht zurückzahlen konnte.429 Andererseits äußerte sich die Wertschätzung, deren sich Furtenbach auch nach seinem Weggang aus Nürnberg noch bei manchen Bürgern der Stadt erfreute, in der Tatsache, daß Lorenz Meder ihm sein 1557 im Druck erschienenes Handelsbuch widmete. 430 Aus dem, was über Furtenbachs geschäftliche Aktivitäten bekannt ist, ergeben sich eine Reihe von Hinweisen darauf, warum gerade er es war, der mit seinem Vorgehen gegen Hans Weyer die Firma der Brüder zu Fall brachte. Furtenbach erscheint in den Quellen stets als ausgesprochen gerissener Geschäftsmann, der mit seinen Kreditgeschäften oftmals hohes Risiko einging, es aber immer wieder geschickt verstand, seine Forderungen durch sein unnachgiebiges Verhalten einzubringen oder aber rechtzeitig auf andere abzuwälzen. Neben dem ökonomischen Verhalten Furtenbachs sind daneben seine Beziehungen zur Augsburger Kaufmannschaft in diesem Zusammenhang in den Blick zu nehmen. Während es fur die Jahre vor 1550 kaum Hinweise auf ökonomische Verbindungen zwischen Furtenbach und Augsburg gibt, verdichteten sich diese Beziehungen nach der Jahrhundertmitte ganz erheblich. Im September 1552 lieh der Herr von Reichenschwand der Stadt Augsburg 1.700 fl.431 1555 war Bonaventura Furtenbach oder sein Sohn Paul Partner Christoph Kraffters bei einem Antwerpener Wechselgeschäft über 2.100 fl,432 und zwei Jahre später standen Bonaventura und Paul Furtenbach in geschäftlichem Kontakt mit dem Unternehmen Christoph Welsers.433 Im Jahre 1557 schaltete sich Bonaventura Furtenbach in die Verhandlungen zwischen Hans Jakob Fugger und der Stadt Nürnberg über die Rückzahlung einer größeren Schuldsumme ein,434 und 1560 befand er sich mit einem Betrag von 2.912 fl unter den Gläubigern der Brüder Hans und Marquard Rosenberger. 435 Von großem Interesse im Hinblick auf Furtenbachs Beziehungen zur Augsburger Kaufmannschaft ist schließlich die Heirat seines Sohnes Paul, der seit 1552 als „Paktbürger" in Augsburg lebte und zehn Jahre später in seiner ehemaligen Heimatstadt Nürnberg von einem Vermögen von 60.000 fl die Nachsteuer entrichtete, mit Katharina Sailer, der Tochter Hieronymus Sailers und der Felizitas Welser, im Juli 15 5 5.436 Für den Sohn eines so erfolgreichen Finanziers wie Bonaventura 429 430 431 432 433 434 435 436

Ebd., S. 108. Kellenbenz, Meder, S. 4, 124. Blendinger, Unterkaufbücher, S. 60. Ebd., S. 161,399. StBB, Msc. Var. 13/1, fol. 295. Pölnitz/Kellenbenz, Anton Fugger, Bd. 3/2, S. 59-60; S. 479, Anm. 37; S. 483, Anm. 67. Lutzmann, S. 24, 99. Genealogisches Handbuch, Bd. 5, S. 360; Kellenbenz, Hieronymus Sailer, S. 50.

229 Furtenbach scheint Katharina Sailer auf den ersten Blick eine etwas merkwürdige Partie, denn ihr Vater steckte aufgrund seiner Beteiligung an dem Finanzkonsortium Sebastian Neidharts und Gaspar Duccis zu dieser Zeit in beträchtlichen Schwierigkeiten. Die Erben Sebastian Neidharts prozessierten Mitte der 1550er Jahre gegen Sailer vor dem Reichskammergericht, dem Rat von Brabant und dem Parlament von Paris, und sein Schwiegervater Bartholomäus Welser, der ihm wegen seiner in Frankreich und Antwerpen eingegangenen Verpflichtungen finanziell unter die Arme greifen mußte, hatte ihn in seinem Testament von allen Ansprüchen an seine Hinterlassenschaft ausgeschlossen. 437 In sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht dürfte die Allianz mit den Sailer für die Furtenbach vor allem deswegen interessant gewesen sein, weil sie dadurch verwandtschaftliche Beziehungen zum Welser-Netzwerk anknüpften, und weil Hieronymus Sailer wie Bonaventura Furtenbach eine wichtige Rolle im Geschäft mit französischen Kronanleihen gespielt hatte. Das Interesse Paul Furtenbachs an den Geldgeschäften seines Schwiegervaters zeigt sich jedenfalls darin, daß er sich mit seiner Frau Ende des Jahres 1559 einer Appellationsklage der Witwe Hieronymus Sailers gegen die Erben Sebastian Neidharts anschloß.438 Die Annahme ist naheliegend, daß Bonaventura Furtenbach den Hinweis auf die drohende Zahlungsunfähigkeit der Weyer, der ihm offenbar einen entscheidenden Informationsvorsprung vor den anderen Gläubigern verschaffte, von seinem Sohn Paul bekam. Versucht man eine Einordnung Furtenbachs in eine Typologie der oberdeutschen Kaufmannschaft, so läßt sich zunächst feststellen, daß die Entwicklung des Nürnberger Einwanderers vom Fernhändler zum Bankier und Grundbesitzer Parallelen zu den Karrieren vieler anderer oberdeutscher Kaufleute aufweist. Darüber hinaus gibt es jedoch auch deutliche Indizien dafür, daß Furtenbach dem sozialen Milieu der städtischen Großkaufmannschaft entwuchs: die planmäßige Akkumulation von grundherrschaftlichen Rechten, die Nobilitierung und die Aufgabe des Nürnberger Bürgerrechts sind dafür die markantesten Kennzeichen. Furtenbach nahm damit eine Zwischenstellung zwischen Kaufmannschaft und Adel ein, die ihn der Normenwelt der städtischen Gesellschaft entrückte, ohne daß er im Gegenzug damit rechnen konnte, vom Adel als gesellschaftlich gleichwertig akzeptiert zu werden. Barbara Stollberg-Rilinger hat in ihrer Diskussion des Handelsverbots für den deutschen Adel in der frühen Neuzeit auf diesen Zwiespalt nachdrücklich hingewiesen: ,je durchlässiger [im 16. Jahrhundert] die ständischen Schranken tatsächlich wurden [...], desto schärfer begannen sowohl Adlige als 437 438

Vgl. Kellenbenz, Hieronymus Sailer, S. 48-51. Ebd., S. 51-52. Im März 1563 kam ein von dem schwäbischen Landvogt Georg Ilsung ausgehandelter Vergleich zwischen Hieronymus Sailers Erben - seiner Witwe, seinem Sohn Bartholomäus und seinen Schwiegersöhnen Paul Furtenbach und Anton Rehlinger - und den Erben Sebastian Neidharts zustande, dem zufolge die Neidhart den Erben Sailers 39.635 Kronen zu 90 Kreuzern - umgerechnet fast 60.000 fl - binnen drei Jahren zahlen sollten. StAA, KuH, Nr. 12, S. 173-175.

230 auch Städte sich dagegen zur Wehr zu setzen, weil sie das Prinzip ihrer ständischen Existenz in Gefahr sahen".439 Sucht man nach Parallelen zur Karriere Furtenbachs in der Augsburger Kaufmannschaft, so drängt sich zunächst der Vergleich mit den Fuggern auf, die ebenfalls in großem Umfang Landbesitz akkumulierten, Adelsprädikate erwarben, gezielt eheliche Verbindungen mit Adligen anstrebten und einen am adligen Vorbild orientierten Lebensstil pflegten. Reinhard Hildebrandt hat für die „Georg Fuggerischen Erben" im späteren 16. Jahrhundert eine „Anpassung von familiären Leitbildern an die veränderte politische und wirtschaftliche Gesamtsituation" festgestellt. Statt dem für Jakob Fugger und seinen Neffen Anton charakteristischen Macht- und Leistungsbewußtsein dominierte bei den Söhnen Georg Fuggers ein geradezu dynastisch geprägtes Selbstverständnis. „Nicht mehr Herrschaft über ein privates Wirtschaftsimperium mit europäischen Ausmaßen war das Ziel, sondern die möglichst gewinnbringende Nutzung und Vermehrung des ererbten Vermögens, wobei der erstrebte Gewinn nicht Selbstzweck war, sondern ein 'standesgemäßes' Leben und die Realisierung persönlicher Neigungen und Passionen ermöglichen sollte."440 So blieben die „Georg Fuggerischen Erben" zwar weiterhin kaufmännisch tätig, orientierten sich jedoch hinsichtlich ihres Lebensstils in hohem Maße an adligen Leitbildern und nahmen eine ambivalente Stellung zwischen Stadtbürgertum und Adel ein.441 Olaf Mörke hat die Fugger aufgrund ihrer „Ferne zum traditionellen städtischen Wertsystem", ihres spezifischen Adelsverständnisses und ihres ausgeprägten „Familismus" als eigenen Typus einer städtischen Führungsgruppe, als „Sonderstruktur" innerhalb der reichsstädtischen Gesellschaft identifiziert.442 Die Tendenz, daß Familien im Laufe des 16. Jahrhunderts der reichsstädtischen Kaufmannschaft „entwuchsen" und sich in ihrem ökonomischen Verhalten und ihrer Lebensführung an außerstädtischen Vorbildern orientierten, läßt sich jedoch auch bei anderen Augsburger Großkaufleuten beobachten. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts dürften die Baumgartner und Herbrot dafür die markantesten Beispiele sein. Bezeichnenderweise konvergieren die Karrieren beider Familien nach 1560 mit der der Furtenbach. Hans Baumgartner d.J. teilte mit Bonaventura Furtenbach das Streben, über eine gezielte Kreditpolitik ländlichen Grundbesitz zu erwerben. Nachdem bereits sein gleichnamiger Vater mehrere Landgüter gekauft hatte,443 baute der jüngere 439 440 441 442 443

Stollberg-Rilinger, Handelsgeist, S. 283. Hildebrandt, Erben, S. 41, 43. Ebd., S. 103, 116, 120-121, 184-186, 189-190. Mörke, Fugger, bes. S. 152, 154-158. Das Kernstück von Baumgartners Güterbesitz bildete die Pflege Ehrenberg, die er 1502 gemeinsam mit Lukas Gassner von den Erben Georg Gossembrots übernahm und bis 1523 innehatte. Die größte Transaktion Hans Baumgartners d.Ä., der Erwerb der Herrschaft Pähl von Albrecht von Bayern durch Baumgartner und Georg Wieland für 18.000 fl im Jahre 1505, wurde noch zu Lebzeiten Baumgartners wieder rückgängig gemacht. Ansonsten be-

231 Hans Baumgartner den Landbesitz der Familie in großem Maßstab aus. Er erwarb 1524 den Markt Neuburg an der Kammel und zwei Jahre später Turm und Schloß zu Schwabmünchen, zahlte 1530 10.000 fl fur Schloß Konzenberg, 1533 fast den gleichen Betrag für Schloß Obenhausen und weitere 6.000 fl für Schloß und Dorf Baumgarten. Im Jahre 1535 investierte Baumgartner 31.000 fl in den Kauf von Hohenschwangau und Schwanenstein und weitere 40.000 fl in den Erwerb der Herrschaft Erbach südlich von Ulm. Baumgartner ließ Hohenschwangau im italienischen Renaissancestil umbauen und in der Herrschaft Erbach einen neuen Schloßbau errichten. 1543 folgte schließlich noch der Ankauf des südbadischen Ortes Kenzingen für 10.200 fl.444 Die Besitz- und Nachfolgerechte an diesen Ländereien suchte Baumgartner durch die Errichtung eines Familienstatutes im Jahre 1539 abzusichern, in dem er die weiblichen Nachkommen von der Erbfolge ausschloß, „wie es beim Adel in Schwaben Brauch". 445 Zwei Jahre später ließ sich Baumgartner durch ein kaiserliches Privileg die Hoch- und Niedergerichtsbarkeit in seinen Territorien sowie seine grundherrlichen Rechte bestätigen, und 1543 wurde er vom Kaiser in den Freiherrenstand erhoben.446 Zwischen 1524 und 1543 hatte Baumgartner somit eine weitgehende Transformation vom reichsstädtischen Kaufmann und Bankier zum adligen Gutsherren und kaiserlichen Lehensträger vollzogen. Baumgartners gewandeltes Selbstverständnis kam auch in den Eheschließungen seiner Kinder mit Adligen zum Ausdruck. Seine Tochter Regina heiratete 1532 Christoph von Knöringen, sein Sohn Hans 1537 Anna von Stadion aus der Familie des Augsburger Bischofs und sein Sohn David 1546 Ursula von Freiberg. Die anläßlich dieser Eheverbindungen abgeschlossenen Heiratsverträge zeigen, daß sich Hans Baumgartner die Verheiratung seiner Kinder an Adlige einiges kosten ließ. Während Baumgartner seiner Tochter Regina 1532 10.000 fl Heiratsgut mitgab, beliefen sich Widerlegung und Morgengabe des Ehemanns nur auf 5.000 fl. Ursula von Freiberg brachte 1546 3.000 fl Heiratsgut in die Ehe mit David Baumgartner, während ihr der Bräutigam 7.200 fl an Widerlegung und Morgengabe zusicherte.447 Wie sehr sich Baumgartner durch seine adligen Prätentionen, sein Repräsentationsbedürfnis und seine Heiratspolitik vom Normensystem der städtischen Gesellschaft im reformatorischen Augsburg entfernt hatte, zeigt der Bericht des

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standen Baumgartners Erwerbungen aus dem Dorf Türkheim, das ihm 1504 gegen ein Darlehen in Höhe von 2.800 fl an Herzog Albrecht verpfändet wurde, einigen Höfen zu Weringen, Anried und Döpshofen, die er 1507 von Wilhelm Ulstett kaufte, sowie zwei Höfen und drei Sölden, die Philipp Adler 1511 an ihn abtrat. Krag, S. 41-42; Müller, Quellen, S. 62 (Nr. 92-94). Krag, S. 75-82; Müller, Quellen, S. 63-68 (Nr. 98-115). Krag, S. 82. Ebd.; Müller, Quellen, S. 218-222 (Nr. 538-539). Krag, S. 114-116; Müller, Quellen, S. 29 (Nr. 45), 38 (Nr. 56), 48-49 (Nr. 72).

232 Chronisten Jörg Breu über die Hochzeit von Baumgartners Tochter mit Christoph von Knöringen 1532. Auf der Hochzeitsfeier, so Breu, sei „vil adels und ailf wägen mit frauenzimern" gewesen. Der Brautvater veranstaltete „ain köstliche hochtzeit mit mechtiger hoffart mit dem kirchgang auf dem stift und mit vil pfaffen und unnutz, gottlos volcks. da man zuo kirchen und tantz geen muest, da warent kerren mit sandt da, daß man die kleider mit sammat und seiden nit verunrainiget, daß kain hundt daran saichet. [...] und da man den armen hat sollen geben, da hat man inen spielachsuppen, pfeffer und mueß durcheinander geschuett. und da es zerunnnen ist, da hat man ainem ain pfening geben."448 Die Hochzeit von Baumgartners Sohn mit der Nichte des Bischofs Christoph von Stadion fand 1537 zu Dillingen statt, doch nach der Heimfuhrung der Braut nach Augsburg veranstaltete Baumgartner dort „ain groß mal mitsambt den freundten und darnach ain kostlichen dantz, [wie] der in langer zeit nie gesehen ist worden, mit berlen, goldt, silber, edlen stainen, halsbanden, ringen, sammat, damascat, atlaß und von zoblnfuttern; da was kain tadl, in keiner hoffart nichts gespart."449 Bereits in den 1530er Jahren arbeitete Baumgartner überdies auf eine Anerkennung seiner Sonderstellung in der Reichsstadt durch den Augsburger Rat hin. Nachdem er sich mit seiner Vermögenssteuerleistung mehrere Jahre im Rückstand befand, Schloß er 1536 mit der Stadt Augsburg einen Vertrag über die Begleichung der Steuerschuld und seine künftigen finanziellen Leistungen, in dem der Rat anerkannte, daß Baumgartners „gewerb, Sachen und handlungen so vil mer dann andrer unser burger handtierung weitschwaif und gros, darzu bey vilen leuten mererlai nacion in solher gevarlichait und wagknus gestelt, daß er weder die bürgerlich jarsteuer wie ander hat bezalen noch den gemain steueraid [...] volfuren mugen." Während fur die ausstehenden Steuern ein Betrag von 566 fl pro Jahr veranschlagt wurde, sollte Hans Baumgartner künftig die „reiche Steuer" von 800 fl jährlich bezahlen. Außerdem wurde er lebenslänglich von allen Rats- und Gerichtsämtern sowie von der Wahlpflicht befreit. 450 Ein weiteres Indiz fur die Absonderung Baumgartners von der reichsstädtischen Gesellschaft ist die 1537 mit seinen Söhnen getroffene Vereinbarung, daß im Falle, wenn einer der Söhne das Bürgerrecht innerhalb von zehn Jahren aufsagen sollte, die anderen es mit ihm aufsagen und gemeinsam die Nachsteuer entrichten wollten. Familiäre Loyalität war in Hans Baumgartners Wertesystem höher angesiedelt als bürgerliches Pflichtbewußtsein. 451 Als Parteigänger des Kaisers und entschiedener Gegner der Reformation wurde Hans Baumgartner, der 1538 anläßlich der Erweiterung des Augsburger Patriziats

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451

Chroniken, Bd. 29, S. 50-51. Vgl. Roper, Holy Household, S. 153. Chroniken, Bd. 29, S. 78. Müller, Quellen, S. 37 (Nr. 55). Vgl. von Stetten, Geschichte, Bd. 1, S. 341; Härtung, Belastung, S. 1181. Müller, Quellen, S. 38 (Nr. 56).

233 auch zum „Geschlechter" erhoben wurde, in den folgenden Jahren politisch aktiv. Im Auftrag Granvellas verhandelte er 1540 mit Augsburg über eine friedliche Einigung in der Religionsfrage, wobei er eine Zusammenarbeit mit dem lutherischen, aber kaiserfreundlich gesinnten Bürgermeister Wolfgang Rehlinger, mit dem er verwandt war, anstrebte.452 Während eines Aufenthalts am Wiener Hof schlug Baumgartner dem päpstlichen Nuntius in Wien, Confallonero, vor, die Reformatoren Melanchthon und Bucer durch Geldgeschenke zu bestechen, und auf dem Regensburger Reichstag 1541 versuchte er auf die Augsburger Gesandten Wolfgang Rehlinger, Gereon Sailer und Georg Fröhlich einzuwirken. Sailer und Fröhlich klagten in ihren Briefen, daß Baumgartner „ein ärgerer Feind des Evangeliums sei als alle Bischöfe in Deutschland". Nachdem Wolfgang Rehlinger sein Augsburger Bürgerrecht aufgegeben hatte und nach Straßburg gezogen war, konzentrierten sich Baumgartners Bemühungen vor allem darauf, Sebastian Schertlin von Burtenbach und Gereon Sailer auf die kaiserliche Seite zu ziehen.453 Als sich Hans Baumgartner nach dem Ausbruch des Schmalkaldischen Krieges von Augsburg fernhielt und die Nähe des kaiserlichen Hoflagers suchte, trat die Entfremdung zwischen dem zum Reichsfreiherrn aufgestiegenen Patrizier und der Stadt offen zutage. Der Rat forderte Baumgartner wiederholt auf, nach Augsburg zurückzukommen, „in unser stat, eur vatterland, sich zu verfliegen und bürgerliche gleichait helfen zu tragen."454 Was Baumgartner von diesem Appell an seine Pflichten als reichsstädtischer Bürger hielt, zeigt die Tatsache, daß er sich von Karl V. einen Schutzbrief ausstellen ließ, in dem ihn dieser von seinen bürgerlichen Eiden und Pflichten entband.455 Der Rat antwortete darauf seinerseits, indem er Baumgartners Augsburger Hausbesitz mit Arrest belegte und seine Diener Christoph Gering und Lorenz Grieninger verhaften und in die Eisen legen ließ, weil sie ihren Herren über Entwicklungen in Augsburg laufend informiert und damit der Stadt und dem Schmalkaldischen Bund Schaden zugefügt haben sollten.456 Als Hans Baumgartners Sohn David dem angesehenen evangelischen Ratsherren Markus Pfister, der im Auftrag des Rates Hans Baumgartners Güter Konzenberg und Baumgarten konfisziert hatte und sich nach David Baumgartners Auffassung „vor anndern beflissen, seinem vatter, bruedern vnnd Ime wider wer452

453 454 455 456

Lenz, Bd. 1, S. 316; Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 3, S. 95; Krag, S. 92-95; SiehBurens, Oligarchie, S. 165. Krag, S. 93-95. Müller, Quellen, S. 49-50 (Nr. 73). Krag, S. 97. StAA, RP 20/1 (1546), fol. 23 v , 29 v , 42 r , 53 r , 63 r ; vgl. von Stetten, Geschichte, Bd. 1, S. 397; Krag, S. 97-98; Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 4, S. 184; Müller, Quellen, S. 50 (Nr. 74). Der Rat ließ die beiden Diener im Oktober 1546 nach Schwören der Urfehde wieder frei, hielt jedoch fest, daß „nit vnbillicher verdacht auff sie gefallen" sei, weil sich Baumgartner „gegen ainem Ersamen Rate etwas widerwertig vnnd vngehorsamlich gehalten" habe; StAA, Strafbuch 1543-1553, fol. 89 v -90 r . Anfang 1547 wurde der Arrest auf die Güter von Gering und Grieninger wieder aufgehoben: StAA, RP 21/1 (1547), fol. 4V, 5V.

234 tigs zuo erzaigen", auf dem Augsburger Perlachplatz den Handschlag verweigerte, machte er die Kluft, die sich zwischen seiner Familie und einem Großteil der politischen Führungsschicht der Reichsstadt gebildet hatte, offensichtlich. 457 Den Sieg der kaiserlichen Partei im Schmalkaldischen Krieg suchte Baumgartner zu einer hohen Entschädigungsklage gegen den Rat zu nutzen. „Dieselbe Klag", befand der Ratsdiener und Chronist Paul Hektor Mair, „und die vorig Supplication [war] warlich dergestalt, daß sich einem erliebenden erbaren und redlichen burgersmann, der seine bürgerliche aid alle jar geschworen und ain verlesner burger noch ist, nit wol gezimpt und seiner aidspflicht zu nahe und nit wol verantwortlich." In dieser Angelegenheit, so Mair weiter, „nam sich der Kaiser sein hart an. Dann als etlich dafür hielten, daß er dem Kaiser gute kundschaft zuwegen bringen khönden." In einem 1547 mit der Stadt Augsburg geschlossenen Vertrag verzichtete Baumgartner auf seine Entschädigungsforderung, ließ seiner Familie aber besondere Privilegien, z.B. die Befreiung seiner Söhne von Ratsämtern, zusichern.458 Daneben arbeitete Baumgartner seit 1547 zielstrebig auf eine Verfassungsänderung in Augsburg hin. Dabei argumentierte er polemisch, „Rinder könnten nicht von Rindern, Ziegen nicht von ihresgleichen regiert werden. Mit der sozialen Differenz zwischen Patriziat und Handwerkerschaft konnte er zugleich auf ständische Ungleichheit als Voraussetzung eines legitimen Herrschaftsanspruchs in der Stadtgesellschaft selbst verweisen und das maßgebliche Beispiel der patrizisch regierten Stadt Nürnberg anfuhren, wo nicht 'Boffel und Büffel', Pöbel und Ochsen, im Rat säßen."459 Die kaiserliche Verfassungsänderung brachte den Baumgartner nicht nur einen politischen Sieg, sondern vorübergehend auch wichtige politische Ämter ein, da Hans Baumgartner zum Geheimen Rat und sein Sohn David zum Bürgermeister ernannt wurde.460 Während Hans Baumgartner bereits 1549 starb, vollzog David die endgültige Loslösung von der Reichsstadt, gab 1552 sein Bürgerrecht in Augsburg auf und wandte sich „bald vollständig der Politik, dem Hofleben und dem Verkehr mit dem Adel zu."461 Sein inzwischen sehr distanziertes Verhältnis zur Stadt zeigt ein Ratsentscheid vom Dezember 1561, daß David Baumgartner während seiner Aufenthalte in Augsburg mit zwei bis drei Dienern bei seinem Bruder Hans Georg wohnen dürfe. Die übrigen Diener hätten hingegen bei einem Gastwirt zu übernachten. 462 Die zunehmende Verschuldung David Baumgartners, 457 458

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StAA, RP 21/1 (1547), fol. 49 v -50 r , 65 v ; Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 4, S. 185 Müller, Quellen, S. 50-51 (Nr. 75); Chroniken, Bd. 33, S. 340-341; vgl. von Stetten, Geschichte, Bd. 1, S. 413; Krag, S. 99; Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 4, S. 185-186. Isenmann, S. 244. Zu Baumgartners Rolle bei der Verfassungsänderung vgl. auch Krag, S. 100. von Stetten, Geschlechter, S. 197; Langenmantel, S. 89, 90; Warmbrunn, S. 108, 110; SiehBurens, Oligarchie, S. 170. Krag, S. 109-110. Vgl. von Stetten, Geschlechter, S. 197. StAA, RP 32/1 (1561), fol. 93 r .

235 sein Bankrott im Jahre 1565 und sein Anschluß an die „Adelsverschwörung" des fränkischen Ritters Wilhelm von Grumbach, mit dem zusammen er in die Reichsacht erklärt und 1567 zu Gotha hingerichtet wurde, bilden die letzten Etappen dieses Prozesses, in dessen Verlauf er sich nicht nur von der Reichsstadt völlig entfremdete, sondern sich schließlich auch außerhalb der Rechtsordnung des Reiches stellte.463 Das Projekt eines Bündnisses des Kaisers mit Reichsritterschaft und niederem Adel, fur das Baumgartner Mitte der 1560er Jahre im Auftrag Wilhelm von Grumbachs am Kaiserhof warb, hatte mit städtischen Wertvorstellungen, aber auch mit der politischen Realität des Reiches nichts mehr zu tun. Volker Press zufolge stellten Baumgartners Pläne eine „reichsritterschaftlich-niederadelige Utopie" dar, die „nichts weniger als einen sozialen und politischen Umsturz im Reich" bedeutet hätte.464 Jakob Herbrot, der hier neben Hans Baumgartner und seinem Sohn David als zweites Beispiel einer Sonderentwicklung innerhalb der reichsstädtischen Kaufmannschaft betrachtet werden soll, erscheint zunächst als typisches Beispiel eines sozialen Aufsteigers, er scheint, wie Katarina Sieh-Burens formuliert hat, „einen 'Neureichen' par excellence zu repräsentieren". 465 Der Sohn eines aus Schlesien eingewanderten Kürschners gewann durch seine Eheschließung mit einer Tochter des Kürschners Lorenz Kraffter Anschluß an ein „bedeutendes Beziehungsnetz aus handel- und gewerbetreibenden Familien", errang durch den Handel mit Luxuswaren - vor allem Pelzen und Juwelen - ein beträchtliches Vermögen, weitete seine geschäftlichen Aktivitäten zunehmend auch auf das Bankgeschäft aus und machte eine steile politische Karriere, die in seiner Wahl zum Zunftbürgermeister im Jahre 1545 kulminierte.466 Doch ungeachtet seiner Herkunft und enger verwandtschaftlicher Verbindungen mit anderen zünftigen Aufsteigerfamilien zeigen sich bei Jakob Herbrot auch deutliche „Absonderungstendenzen" von der städtischen Gesellschaft. So heirateten zwei seiner Kinder in Familien des niederen Landadels ein, Herbrot selbst erwarb fur 40.000 fl die österreichische Pfandherrschaft Retz und pflegte einen aufwendigen Lebensstil, der seine sozialen Ambitionen wirkungsvoll nach außen hin demonstrierte.467 Nach Auffassung seiner patrizischen Gegner versuchte Herbrot bereits während der Zeit des Zunftregiments, den Konsens zwischen Zünften und Patriziat zu zerstören und seine eigene Macht über alle bisherigen Grenzen hinweg zu vergrößern. Einer anonymen, vermutlich aber von Claudius Pius Peutinger verfaßten „Vorstellung an Kayserliche Majestät der ältern Geschlechter in Augspurg" von 463 464

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Krag, S. 110-116. Press, Wilhelm von Grumbach, S. 420-423 (Zitat S. 423). Nach Press hatte David Baumgartner „wie viele Aufsteiger [...] ein stark ausgeprägtes Adelsbewußtsein". Ebd., S. 421. Sieh-Burens, Oligarchie, S. 109. Hecker, Herbrot, bes. S. 48-52; Strieder, Genesis, S. 176-177; Sieh-Burens, Oligarchie, S. 109-110; Roper, Holy Household, S. 23-25. Hecker, Herbrot, S. 79; Strieder, Genesis, S. 178; Sieh-Burens, Oligarchie, S. 111.

236 1547 zufolge war Herbrot als „einziger Erwecker alles Unfrieds" in Augsburg anzusehen. Herbrot habe „gegen ihnen von der Erbarkeit viel Zwitrachts, Eintrags und hefftigen Widerwillen angericht, erweckt, und in Summa ihnen von der Erbarkeit auf das allerbeschwerlichste zugesetzt". Durch seine patrizierfeindliche Politik habe er sich „gegen dem Pöbel angenehm gemacht", und durch Bestechung und hohe Verzinsung von Darlehen habe er sich einen Anhang unter den Zunftmeistern und den Zwölfern der Zünfte verschafft. 468 Schließlich sei er „in dieser Statt so gewaltig worden, als keiner seiner Vorfahren im Burgermeister=Ambt nie gewesen". Aber nicht nur in seinem Streben nach politischer Macht, sondern auch in seinem Wirtschaftsstil habe Herbrot sich über die Normen städtischen Zusammenlebens skrupellos hinweggesetzt. Er sei „des Wuchers halber höher dann nie keiner in Augspurg verrueft und beschreith". 469 Hans Baumgartner meinte 1547, der Bürgermeister Herbrot wäre „mer hoffärtig, trutzlich und verächtlich als je". Es heiße, er habe „niendert gnad, gunst noch freund, allein mererteil des rats zu Augspurg, da regiert er gar gewaltig."470 Die ab 1548 erkennbare Entfremdung Jakob Herbrots von der reichsstädtischen Gesellschaft und ihrer Elite war einerseits durch die Niederlage der Stadt im Schmalkaldischen Krieg und den Sturz des zünftigen Regiments bedingt, andererseits aber auch durch Herbrots ökonomisches Verhalten. Die kaiserlichen Räte setzten Herbrot während des Reichstags von 1547/48 wegen seiner Rolle im Schmalkaldischen Krieg stark unter Druck und nötigten ihm eine hohe Bürgschaft ab,471 während der neuformierte patrizische Rat von ihm Rechnungslegung über die Gelder forderte, die ihm zur Führung der Verhandlungen mit dem Kaiser übergeben worden waren. Allerdings wußte sich Herbrot Paul von Stetten zufolge „aus dieser für ihn so gefährlich anscheinenden Sache so listig zu wickeln, [...] daß gegen ihme weiter nichts vorgenommen worden." 472 Besondere Publizität erlangte zur gleichen Zeit die Klage von Herbrots ehemaligem Geschäftspartner Leonhard Beck von Beckenstein, der Herbrot 1546 wegen seiner Schulden, die sich auf 33.949 fl beliefen, sein unter großem finanziellen Aufwand neu erbautes

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„Hörbrott aber ihme die Zunfftmeister zu verstricken, damit er erstlich zu dem Bürgermeis t e r Amt gewöhlt werde, und folgends ihr aller mächtig seyn möge, hat er jenigen, so etwas Vermögens gehabt, Gelt wie viel oder wenig dessen gewesen, in sein Handel aufgenommen, grösers Zinß=Geld als sie sonst haben mögen, geben, derhalben sie ihme von solches ihres Nutz und Genieß wegen, hefftig beygestanden, [...] Uber solches hat er den Zunfftmeistern und Zwölffern nach Erheischung eines jeden Dürfftigkeit entweder Geld furgestreckt, ein Vaß mit Wein / Neuburger Bier, auch etwa ein Madarin, Kräpfflein oder andere Rockh= und Fasten=Speiß und dergleichen heimgeschickt, geschenckt und eingetrungen [...]." Langenmantel, S. 77-78. Ebd., S. 78-79. Günter, Gerwig Blarer, Bd. 2, S. 70 (Nr. 962). Chroniken, Bd. 32, S. 57-64; Hecker, Herbrot, S. 74. von Stetten, Geschichte, Bd. 1, S. 449; Hecker, Herbrot, S. 78-79.

237 Haus473 sowie mehrere Schuldscheine und Kleinodien überlassen mußte, nach dessen politischer Entmachtung aber einen Prozeß gegen den Ex-Bürgermeister anstrengte, weil dieser ihn durch „Wucher" um seine Güter gebracht habe. Der Prozeß zog sich über mehrere Jahre hin, endete jedoch mit einem für Herbrot günstigen Urteil.474 Der Bankrott des Bleichers Balthasar Schoch, der über 25.000 fl Schulden hinterließ, und die anschließende Flucht des Bankrotteurs im Jahre 1548 lösten einen weiteren Prozeß aus, in dem Jakob Herbrots wirtschaftliches Verhalten zur Diskussion stand. Als die Vertreter der Gläubiger Schochs, die Kaufleute Andreas Wolf, Anton Weiß, Ludwig Berckenmair und Matthäus Mülich, Waren bei Schoch beschlagnahmen lassen wollten, stellten sie fest, daß der Bleicher kurz zuvor, im Februar 1548, einen Vertrag mit Herbrot über die Lieferung von 22 Trauben Fardel und 20 Barchenttuchen abgeschlossen hatte. Schoch hatte damit das Verbot des Tuchhandels, dem alle Bleicher unterlagen, übertreten - ein Umstand, der Herbrot als hochrangigem städtischen Amtsträger sicherlich bekannt war. In einem Anfang 1549 vor dem Augsburger Stadtgericht eröffneten Prozeß argumentierten die Gläubiger, daß Schoch nicht seine eigene Ware, sondern die Güter seiner Gläubiger, die ihm anvertraut waren, an Herbrot geliefert habe, und forderten den Ex-Bürgermeister auf, die Ware zurückzugeben. Nachdem das Stadtgericht die Klage zurückwies, trugen die Gläubiger den Konflikt 1552 vor das Reichskammergericht, wo der Prozeß erst 1558 mit einem für Herbrot günstigen Urteil endete.475 Im Jahre 1551 befand sich Herbrot „ainer summa gelts halb schwebennd" in einer weiteren Auseinandersetzung mit dem Stadtsyndikus Dr. Claudius Pius Peutinger und Leonhard Umbach. Der Rat, der sich veranlaßt sah, auf seine Aufgabe hinzuweisen, „frid vnd ainigkait zupflanntzen, vnnd allerlay weitleufflgkait zuuerhüetten", befahl den Kontrahenten „von oberkait wegen", ihre gegenseitigen Forderungen binnen eines Monats vor dem Stadtgericht als zuständiger Institution vorzutragen. Herbrot entgegnete, daß Umbach beim Kaiser Anklageschriften gegen ihn eingereicht und ihn darin verunglimpft habe, doch erklärte er sich bereit, sich gegenüber den Befehlen des Rates „als gehorsamer Bürger" zu verhalten.476 Durch die demonstrative Artikulation seines Obrigkeitsverständnisses sowie den Hinweis auf seine Pflicht zur Wahrung von „frid vnd ainigkait" als Grundprinzipien bürgerlichen Zusammenlebens verlieh der Rat der privatrechtlichen Ausein473

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Das heutige Maximilianmuseum, eines der herausragenden Beispiele für das Augsburger Bürgerhaus der Renaissance: vgl. „Kurzweil viel ...", S. 98-99. von Stetten, Geschichte, Bd. 1, S. 451; Hecker, Herbrot, S. 79; Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 4, S. 221-222; Chroniken, Bd. 32, S. 429-436; Amerbachkorrespondenz, Bd. 10/2, S. 718-719 (zu Becks Schweizer Beziehungen und seinen - allerdings recht oberflächlichen - humanistischen Neigungen vgl. ebd., S. 720-723). Bay HStA München, RKG 12436. Vgl. auch Chroniken, Bd. 32, S. 67. StAA, RP 25/1 (1551), fol. l v , 3 v -4 r , 5 v -6 r .

238 andersetzung, in die der noch vor kurzem so mächtige Ex-Zunftbürgermeister verwickelt war, rhetorisch besonderes Gewicht. Nach dem Einmarsch des Fürstenheeres in Augsburg wurde Jakob Herbrot im April 1552 nochmals zum Bürgermeister gewählt. Zuvor hatte er in einer Rede die Bürgergemeinde ermahnt, daß „man fürohin einig, friedlich, ruhig beieinander leben möchte". Die Zunftbürger, so Herbrot, wollten dazu ihren Beitrag leisten, indem sie einer gegenüber der alten zünftigen Verfassung verstärkten patrizischen Repräsentation im Rat ihre Zustimmung erteilten und damit unterstrichen, „daß sie gemeiner Stadt und der ehrbaren Bürgerschaft höchstes Aufnehmen, Wohlfart und Gedeihen zu suchen zum höchsten begierig und geneigt sind". Diese Artikulation traditioneller stadtbürgerlicher Normen und Werte - Frieden, Einigkeit, Wohlfahrt und gemeiner Nutzen - verknüpfte Herbrot mit Bemerkungen über seine eigene Position. Er ersuchte die Zunftbürger, ihn bei der Bürgermeisterwahl nicht zu berücksichtigen, da er bei Kaiser und König in solcher Ungnade stünde, „daß man auch den Diebshenker hätte über ihn fragen lassen". Schließlich verzieh er demonstrativ allen, die ihn aus „Neid" verleumdet hätten - eine Anspielung auf die Patrizier, fur die Heinrich Rehlinger im Anschluß an Herbrots Rede ebenfalls die Bereitschaft, Friede und Einigkeit zu wahren, bekräftigte, zugleich aber auch deutlich auf Distanz zu Herbrot ging.477 Während des Aufenthalts der Fürsten in Augsburg war Herbrot bemüht, seine eigene Rolle zu rechtfertigen und dem Eindruck entgegenzuwirken, der Einmarsch der Fürsten in die Stadt sei auf seine persönliche Veranlassung hin erfolgt. Vielmehr habe er stets im Auftrag des Rates und im Einklang mit diesem gehandelt. Dennoch galt er bei seinen patrizischen Widersachern, wie eine Reihe von gegen Herbrot gerichteten polemischen Gedichten und Liedern bezeugen, als „Verräter", der die Stadt den Fürsten ausgeliefert habe.478 Andererseits schrieb bereits wenige Monate nach dem Scheitern des Fürstenaufstands, Ende Oktober 1552, der königliche Rat Hans Ulrich Zasius an König Ferdinand, daß Herbrots finanzielle Angebote nicht von der Hand zu weisen seien, da der Augsburger Kaufmann und Bankier schon wieder von mehreren Seiten umworben werde und es besser sei, wenn Herbrot für den König als gegen ihn arbeite - ein deutlicher Hinweis darauf, daß der Augsburger Kaufmann zumindest in finanzieller Hinsicht nach wie vor als „Machtfaktor" angesehen wurde.479 Nach dem Ende des Fürstenaufstandes und der Wiederherstellung des patrizischen Regiments ist das Verhältnis Herbrots zur Stadtgemeinde vor allem durch zwei Entwicklungen geprägt. Zum einen blieb er weiterhin Zielscheibe einer Fülle von Schmähschriften, Pasquillen und Spottliedern, in denen er zu einem geradezu dämonischen Anti-Helden der reichsstädtischen Gesellschaft hochstilisiert wurde,

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Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 4, S. 442-443. Ebd., S. 4 5 0 - 4 5 1 , 4 5 6 , 4 8 6 . Druffel, Bd. 2, S. 799 (Nr. 1810).

239 der seine Seele dem Teufel verschrieben habe, dem man jedes Verbrechen zutrauen müsse, und der der Hauptverantwortliche für alle ökonomischen und politischen Fehlentwicklungen in Augsburg sei. Herbrots wirtschaftlicher Aufstieg, den er dem Heiratsgut seiner Frau und seinen „Wucherkünsten" verdanke, erscheint als notwendige Voraussetzung seiner politischen Machtstellung, die sich im für Augsburg unglücklich verlaufenden Schmalkaldischen Krieg und während des Fürstenaufstands, in dem er zum „Verräter" an der Stadt geworden sei, so verhängnisvoll ausgewirkt hätte.480 Zum anderen - sicherlich nicht ganz unabhängig von der Schmutzkampagne gegen ihn - löste sich auch Herbrot nach 1552 sukzessive aus dem Bürgerverband. Anfang 1553 siedelte er nach Lauingen über, wo er das Amt eines pfalz-neuburgischen Pflegers bekleidete, behielt aber sein Augsburger Bürgerrecht.481 Anfang des Jahres 1554 gab eine zunächst rein kaufmännische Streitfrage dem Rat erneut Gelegenheit, gegenüber den Herbrot seine Position als Obrigkeit zu demonstrieren und sie in scharfer Form zur Einhaltung ihrer bürgerlichen Pflichten zu ermahnen. Den Ausgangspunkt bildete die Weigerung der Söhne Jakob Herbrots, den Haug-Langnauer-Linck eine Schuldforderung in Höhe von 18.250 fl zu erstatten, solange sie selbst nicht 20.000 fl zurückerhalten hatten, die sie Herzog Moritz von Sachsen geliehen hatten und deren Bezahlung nach Moritz' Tod auf Betreiben des aus der Stadt verwiesenen ehemaligen Augsburger Bürgermeisters Georg Österreicher ausgesetzt wurde. Nachdem die Haug mit dem Darlehen der Herbrot an den Kurfürsten offenkundig nichts zu tun hatten, forderten die städtischen Einunger die Herbrot auf, die Haug zu bezahlen. Daraufhin richteten die Herbrot ein Gesuch an den Augsburger Rat, in dem sie diesen, nach seinem eigenen Empfinden, „mit allerlay verklainerlichen vnerfintlichen zuemessen, etwas schimpfflich vnd verletzlich angriffen." Der Rat drückte darüber sein „höchstes Mißfallen" aus, forderte die Herbrot zur unverzüglichen Bezahlung auf und untersagte ihnen bis auf weiteres, sich selbst oder ihr Hab und Gut aus der Stadt zu entfernen. Bei aller Demonstration der Strenge signalisierte der Rat jedoch gleichzeitig auch Kompromißbereitschaft, indem er mit Christoph Peutinger und Hieronymus Imhof zwei angesehene Patrizier und Stadtpolitiker als Unterhändler zwischen den Herbrot und den Haug benannte.482 Kurze Zeit darauf erschienen Jakob Herbrot d.J. und sein Bruder Hans in Begleitung ihres Onkels Hieronymus Kraffter, ihres Schwagers Christoph Tiefstetter, Joachim Jenischs und des pfalz-neuburgischen Rentmeisters Gabriel Arnold vor dem Rat, um sich für die Supplikation zu entschuldigen und den Rat um Nachsicht 480

Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 4, S. 519-527; Beispiele fur die Polemik gegen Herbrot in StAA, Augsburger Geschlechter, Nr. 13; StAA, Personenselekt Herbrot; Liliencron, Bd. 4, S. 573-583; Hecker, Herbrot, S. 94-97; Chroniken, Bd. 32, S. 417-436.

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Roth, Reformationsgeschichte, Bd. 4, S. 525-526. StAA, RP 28/1 (1554), fol. f - 3 v . Das Darlehen der Haug an Herbrot wird auch erwähnt bei Ringling, S. 115.

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240 zu bitten. Ihr Vater Jakob Herbrot d.Ä. bat in einem Begleitschreiben den Rat ebenfalls um gütliche Beilegung des Konflikts und führte dabei die „guttaten" an, die er der Stadt in der Vergangenheit erwiesen habe. Der Rat beschloß daraufhin, er wolle den Vorfall ,,Ir[er] Jugent zuemessen, vnd inen dismals vertzeihen". Die Herbrot sollten sich künftig „als gehorsame Bürgere vnd vnderthanen" erzeigen; dann werde der Rat ihnen auch „alle Bürgerliche Hilff, schütz vnnd schirm mittailen."483 Durch die demonstrative Unterwerfung der Herbrot unter die Autorität des Rates als ihrer Obrigkeit und dessen Gnadenerweis konnte der Konflikt also beigelegt werden. Gleichzeitig konnten die Herbrot jedoch die Gelegenheit benutzen, um durch eine hochkarätig besetzte Delegation aus Verwandten und Vertrauten zu demonstrieren, daß sie innerhalb wie außerhalb der Stadt nach wie vor über beträchtliches „Sozialkapital" verfugten. Als Jakob Herbrot und seine Söhne 1556 den Augsburger Rat um die amtliche Versiegelung eines Schreibens an den Reichshofrat in Wien ersuchten, benutzte dieser die Gelegenheit, um deutlich zu machen, daß es sich bei dieser „Fürschrift" lediglich um eine Gefälligkeit, nicht aber um ein bürgerliches Recht der Herbrot handeln könne, da die Herbrot den Bürgereid noch nicht geleistet hätten. Erst auf die Versicherung der Herbrot hin, sich künftig ihren bürgerlichen Pflichten gemäß zu verhalten, kam der Magistrat ihrem Ansuchen nach.484 Im folgenden Jahr forderte der Rat Herbrot auf, sein Wappen von einem Brunnen zu entfernen, der sich auf reichsstädtischem Grund und Boden befand. 485 Im Jahre 1559 verhandelte Jakob Herbrot d.Ä. mit der Stadt wegen des Rechts, seinen Wohnsitz außerhalb der Stadt zu nehmen. Der Rat gab ihm zur Antwort: „seiner wonung halb, hab man ime nit maß zugeben, dieweil Er aber ain geborner Bürger vnnd bisher Im Bürgerrecht gesessen vnd gebliben, so sey Er wie anndere Burgere die Steur zuerlegen schuldig."486 Im Oktober 1560 sagte sein Sohn Hieronymus formell sein Augsburger Bürgerrecht auf,487 im folgenden Jahr gestattete der Rat Jakob Herbrot d.J., „wie gebreuchig" außerhalb der Stadt zu wohnen, sofern er sich nicht andernorts „mit pflicht einlest",488 und im November 1562 erhielt auch Hans Herbrot die Genehmigung, ein Jahr lang außerhalb der Stadt zu wohnen.489 Im Januar 1564 schließlich sagte Hans Herbrot sein Bürgerrecht auf.490 Wie sehr diese sukzessive Lösung der Herbrot aus dem Bürgerverband der Reichsstadt, die Jakob Herbrot selbst bis 1548 mitregiert hatte, die Entfremdung zwischen der Familie und der Stadt Augsburg widerspiegelte, zeigte sich in aller 483 484 485 486 487 488 489 490

StAA, StAA, StAA, StAA, StAA, StAA, StAA, StAA,

RP 28/1 (1554), fol. 16r-18r. RP 29/11 (1556), fol. 11r. RP 30/1 (1557), fol. 60r. RP 3O/III (1559), fol. 35r. RP 31/1 (1560), fol. 95r. RP 32/1 (1561), fol. 48r. RP 32/11 (1562), fol. 91v. RP 33/11 (1564), fol. f .

241 Deutlichkeit Ende des Jahres 1561, als der Münchner Kaufmann Georg Dilger d.Ä.491 in Augsburg Klage gegen Jakob Herbrot und seine Söhne wegen einer Schuldforderung über 5.200 fl erhob. Die Klage wurde in Augsburg merkwürdigerweise nicht vor dem Stadtgericht, sondern vor den Einungern - einem Gremium von drei Ratsherrn, das normalerweise nur über geringfügige Schuld- und Injurienklagen entschied - verhandelt. Nachdem im Jahre 1561 mit Joachim Jenisch ein enger Vertrauter Herbrots das Einungeramt bekleidet hatte, wurde das Urteil Anfang 1562 von den neuen Einungsherren Leonhard Christoph Rehlinger, Melchior Ilsung und Hans Mair gesprochen. Das Gremium, in dem die katholischen Patrizier Rehlinger und Ilsung die Mehrheit stellten, gebot Herbrot die unverzügliche Bezahlung der Schuld. Hatten die städtischen Behörden den Fall vor einer untergeordneten Instanz verhandelt, so ging Herbrot nun genau den umgekehrten Weg und appellierte, unter Umgehung des Augsburger Rates und des Stadtgerichts, direkt an das Reichskammergericht. 492 Zu Anfang des Jahres 1562 wurde der ältere Jakob Herbrot auf Antrag Simprecht Hosers nach Augsburg zitiert, erschien aber nicht. Im Juni beschloß der Rat, wegen rückständiger Steuerund Ungeldzahlungen Herbrots den Erlös von dessen Hausverkauf zu arrestie493

ren. Trotz teilweise unterschiedlicher Voraussetzungen nahmen die Karrieren der Furtenbach, Herbrot und Baumgartner bis zu Beginn der 1560er Jahre einen auffallend ähnlichen Verlauf. In jedem der drei Fälle führten umfangreiche Gütererwerbungen, das Streben nach adligem Sozialprestige und letztlich unrealisierbare politische Ambitionen zu einer schrittweisen Entfremdung von der Stadtgemeinde und einer Lösung aus dem Bürgerverband. Anfang der 1560er Jahre nahmen die Furtenbach, Herbrot und Baumgartner in der ständischen Gesellschaft des Heiligen Römischen Reiches eine Art Zwitterstellung ein: während sie sich von der städtischen Gesellschaft gelöst hatten, blieben sie innerhalb des Landadels, an dessen Vorbild sie sich orientierten, aufgrund ihres Status als „homines novi" gleichfalls Außenseiter. Angesichts ihrer weitgehend parallel verlaufenden Karrieren ist es auch nicht verwunderlich, daß die Wege Bonaventura Furtenbachs, Jakob Herbrots und David Baumgartners Anfang der 1560er Jahre auf geradezu spektakuläre Weise konvergierten. Unter nicht näher bekannten Umständen hatte sich David Baumgartner Ende der 1550er Jahre auf Geschäfte mit Jakob Herbrot, dem persönlichen Intimfeind seines Vaters aus der Zeit des Schmalkaldischen Krieges, eingelassen. Im August 1560 hatte Baumgartner eine Forderung über 53.251 fl an Herbrot und übernahm dafür eine Schuldforderung Herbrots an den Kaiser. Ein Jahr später waren die Verbindlichkeiten Herbrots und seiner Söhne bei dem Herrn von Hohen491 492 493

Vgl. die Einträge in Blendinger, Unterkaufbücher, S. 545. Bay. HStA München, RKG 6579. StAA, RP 32/11 (1562), fol. l r , 4r, 4V, 17r, 23 v , 24 r , 26 r , 37 v , 39 r .

242 schwangau bereits auf 84.977 fl angewachsen. 494 Unterdessen sah sich David Baumgartner selbst immer größeren Liquiditätsschwierigkeiten gegenüber. In dieser Situation wandte er sich an Bonaventura Furtenbach. Im Mai 1561 verschrieb sich Baumgartner neben Oswald von Eck, dem Sohn des bayerischen Kanzlers Leonhard von Eck,495 gegenüber Furtenbach wegen einer Schuldforderung in Höhe von 71.556 fl 70 x. Im Februar 1563 erlangte David Baumgartner von Furtenbachs Söhnen Bonaventura d.J., Paul und Christoph eine Verlängerung dieses Darlehens sowie einen weiteren Kredit über 70.500 fl und 20.600 Taler, mußte ihnen dafür jedoch die beiden Herzstücke seines Besitzes, Markt und Schloß Thannhausen sowie die Herrschaft Hohenschwangau samt den dazugehörigen Schlössern, verpfänden. 496 Als die Herbrot 1563 Bankrott machten, bedeutete dies auch für David Baumgartner, dessen Forderung an die Falliten sich nunmehr auf 164.630 fl belief, das Aus: 1565 mußte er selbst seine Zahlungen einstellen. Bonaventura Furtenbach d.J., der um 1565 rund 130.000 fl von Baumgartner zu fordern hatte, gelangte dadurch in den Besitz des Lehens Thannhausen, übergab es aber bereits Anfang 1567 an Herzog Albrecht von Bayern, der dafür seine Schuldforderung übernahm. 497 Die Komplexität der Beziehungen zwischen diesen drei Akteuren wird noch deutlicher, wenn man die Verbindungen Herbrots und Baumgartners zu Oswald von Eck sowie den Frankfurter Juden Joseph zum Goldenen Schwan und Simon von Günzburg - letztere auf ihre Weise ebenfalls Außenseiter der ständischen Gesellschaft - mit einbezieht. Eck war um 1563 mit 62.081 fl Gläubiger Jakob Herbrots und mit 119.899 fl 43 χ Kreditor David Baumgartners. 498 1566 mußte er die Hofmark Lampertshausen und den Burgstall Wasen an Hans, Paul und Christoph Furtenbach verkaufen, um seine Schulden bei ihnen begleichen zu können.499 Joseph zum Goldenen Schwan hatte zum Zeitpunkt seines eigenen Bankrotts im Jahre 1567 Forderungen an David Baumgartner über 90.800 fl für Hauptgut und Zinsen und an Jakob Herbrot über 9.500 fl, während Simon von Günzburg Herbrot 5.000 fl und David Baumgartner 6.100 fl geliehen hatte. Im Gegensatz zu Joseph gelang es Simon, seine Forderungen an die beiden Augsburger Kapitalisten einzubringen.500 Überblickt man diese Entwicklungen, so drängt sich fur Furtenbach, Herbrot und Baumgartner das Bild dreier Spieler auf, die die Einsätze immer weiter erhöhen, nachdem alle anderen Spieler bereits längst ausgestiegen sind, und die das Spiel fortsetzen, bis zwei der Spieler vollkommen ruiniert sind. Inwieweit verkör494 495 496 497 498 499 500

Müller, Quellen, S. 245 (Nr. 617, 618); vgl. Krag, S. 112. Zu seiner Person vgl. Lenk; Lanzinner, Fürst, S. 327-328. Müller, Quellen, S. 246 (Nr. 624, 625). Ebd., S. 70 (Nr. 126), 247 (Nr. 627). Krag, S. 112. Fried, Dachau und Kranzberg, S. 206-207. Dietz, Bd. 2, S. 8-9.

243 pern sie jedoch, über persönliches „Glücksrittertum" hinaus, Tendenzen innerhalb der oberdeutschen Großkaufmannschaft des 16. Jahrhunderts? Zum einen exemplifizieren sie eine Entwicklungstendenz innerhalb der oberdeutschen Kaufmannschaft, die wiederholt als „Feudalisierung des städtischen Bürgertums" bezeichnet worden ist. Sie setzten ihre Kreditbeziehungen zu Territorial- und Grundherren ein, um umfangreichen Grundbesitz zu erwerben, pflegten einen aufwendigen Lebens- und Repräsentationsstil, sie suchten zumindest einige ihrer Kinder mit Angehörigen des niederen Adels zu verheiraten, und ihr Streben nach adligem Sozialprestige wurde durch kaiserliche oder königliche Standeserhebungen bestätigt. Doch trotz dieser unbestreitbaren Tendenzen erweist sich die Formel von der „Feudalisierung des Bürgertums" zumindest teilweise als irreführend. Denn zum einen läßt sich für keine der drei Familien ein vollständiger Rückzug aus Handelsund Finanzgeschäften konstatieren. Vielmehr ging der Erwerb von Landbesitz und adligen Privilegien insbesondere im Falle Furtenbachs und Herbrots mit immer riskanteren und spekulativeren Kreditgeschäften einher. Zum anderen waren Grunderwerb und Nobilitierung weder für Furtenbach noch für Baumgartner und Herbrot bloßer Selbstzweck. Ihr Streben nach Sozialprestige scheint vielmehr nur ein Aspekt ihres Strebens nach politischer Macht gewesen zu sein, und dieses Machtstreben war primär auf den reichsstädtischen Bereich bezogen. Jakob Herbrot schaffte durch eine populistische, pro-reformatorische Politik den Aufstieg in das Bürgermeisteramt, ehe ihn die patrizische Regimentsänderung aus seiner Machtposition verdrängte. Hans Baumgartner d.J. intrigierte in den 1540er Jahren am Kaiserhof, um eben diese Verfassungsrevision zu erreichen, die ihn selbst und seinen Sohn David 1548 in hohe städtische Ämter brachte. David Baumgartner vollzog in den 1550er Jahren allerdings die endgültige Loslösung von der Stadtpolitik. Bonaventura Furtenbach schließlich, dem seine soziale Herkunft den Zugang zu den höchsten Ratsämtern im patrizischen Nürnberg versperrte, versuchte offenbar, sich politischen Einfluß in der Stadt regelrecht zu erkaufen, ohne damit freilich Erfolg zu haben.

3.4 Das Geld anderer Leute: Der Bankrott der Weyer in vergleichender Perspektive Seit den Forschungen Richard Ehrenbergs ist bekannt, daß die großen Augsburger Handelsgesellschaften wie die Fugger, Welser, Höchstetter und Haug-LangnauerLinck in großem Umfang mit Fremdkapital in Form festverzinslicher Depositen arbeiteten und der Einsatz von Fremdmitteln zu den Strukturmerkmalen der oberdeutschen, insbesondere der Augsburger Firmen im 16. Jahrhundert gehörte. Nach Theodor Gustav Werner war es „nicht nur das Kapital der einzelnen Handelsge-

244 sellschafter, sondern auch das Vermögen einer breiteren Oberschicht, mit dessen Hilfe die großartigen Wirtschaftsleistungen jener Zeit erreicht werden konnten." 501 In der Tat bietet der massive Einsatz von Fremdkapital sowohl fur den Umfang und die Reichweite der Unternehmungen zahlreicher Augsburger Handelshäuser des 16. Jahrhunderts als auch fur strukturelle Schwächen der Augsburger Kaufmannschaft, wie sie sich in der hohen Zahl der Bankrotte manifestierten, einen plausiblen Erklärungsansatz. So hat Reinhard Hildebrandt die Überlegenheit Augsburger Kaufleute im europäischen Kupferhandel zwischen 1500 und 1619 gegenüber ihren Nürnberger Kollegen damit zu erklären versucht, „daß die Augsburger Kaufleute während des ganzen Zeitraumes die Möglichkeit des damals entstehenden Geld- und Kreditmarktes extensiv nutzten". Hildebrandt spricht von einer „überaus hohen Risikobereitschaft der Augsburger Kaufleute" und konstatiert: „Das unterschiedliche Verhältnis zwischen Selbst- und Fremdfinanzierung auf Augsburger und Nürnberger Seite erklärt nicht nur die teilweise erstaunlich rasche Vermögensentwicklung vieler Augsburger Kaufleute und ihre Kapitalkraft, sondern auch die Anfälligkeit dieser Gesellschaften gegenüber Krisen auf dem Geld- und Kreditmarkt." 502 In der Literatur wird häufig der Höchstetter-Gesellschaft eine Pionierrolle bei der Entwicklung einer neuen Form der Unternehmensfinanzierung durch die Aufnahme einer großen Zahl von festverzinslichen Klein- und Kleinsteinlagen zugeschrieben.503 Dieses Bild, das auf einen unkritisch übernommenen Bericht des Chronisten Clemens Sender zurückgeht, hält jedoch einer empirischen Überprüfung nicht stand. So konnte Ulrich Klinkert durch eine prosopographische Untersuchung der Gläubiger zum Zeitpunkt des Bankrotts der Firma im Jahre 1529 und einen Vergleich mit der Kapitalstruktur der Fugger von 1527 und 1533 feststellen, daß die soziale Zusammensetzung der Gläubigerschaft beider Firmen keine signifikanten Unterschiede aufweist. Beide Firmen nahmen in gewissem Umfang Geld von Kleingläubigern an, doch beide bezogen den weitaus größten Teil ihres Fremdkapitals von Adligen und Angehörigen der städtischen Oberschicht. Bestimmte Typen von Einlagen - Depositen patrizischer „Rentiers", Witwen- und Pflegschaftsvermögen, Gelder städtischer und geistlicher Institutionen - finden sich gleichermaßen bei beiden Unternehmen. Unterschiede in der Art der Fremd-

501 502 503

Werner, Bartholomäus Welser, 1967 I, S. 86. Hildebrandt, Kupferhandel, S. 216, 222. Ähnlich auch Seibold, S. 131, 146. Dieser Mythos wird auch in neueren Überblicksdarstellungen beharrlich weiter tradiert. So heißt es etwa in Henning, Bd. 1, S. 618: „In Augsburg richtete Ambrosius Höchstetter im 16. Jahrhundert eine Art Sparbank ein, wo Personen jeglichen Standes, also auch Bauern, Dienstboten und Knechte kleine Einlagen verzinslich anlegen konnten." Für Klein, S. 120 „ist das Haus [Höchstetter] [...] insofern von Interesse, als es im Unterschied zu anderen Augsburger Häusern kein Bedenken fand, auch von kleinen Leuten zu 5 % verzinsliche Darlehen anzunehmen." Vgl. auch Haussherr, S. 68; Jeannin, marchands, S. 82; Maschke, Deutsche Städte, S. 62; Wright, S. 185.

245 finanzierung werden nur über eine Verflechtungsanalyse der Gläubiger beider Firmen deutlich. Während zwei Drittel des Fremdkapitals der Fugger von Angehörigen der Augsburger Oberschicht und über 40 Prozent von Mitgliedern der eigenen Familie und Verwandten stammten und sich die Zentralität der Fugger innerhalb ihres verwandtschaftlichen Netzwerks somit auch in der Gläubigerstruktur des Unternehmens widerspiegelte, konnten die Höchstetter ihre familiären und verwandtschaftlichen Beziehungen nicht in gleichem Maße wie die Fugger zur Kapitalbeschaffung nutzen und mußten entsprechend mehr Geld von auswärtigen Gläubigern, von denen 1529 fast die Hälfte des Fremdkapitals der Höchstetter kam, aufnehmen. Die auswärtigen Kreditoren der Höchstetter kamen bezeichnenderweise zumeist aus Regionen, zu denen die Höchstetter enge Wirtschaftsbeziehungen hatten (Salzburg, Tirol, Wien, Ulm, Frankfurt, Speyer, Köln).504 Daß die Kapitalbeschaffung oberdeutscher Handelsgesellschaften des 16. Jahrhunderts zu einem beträchtlichen Teil im Kreis von Familienangehörigen, Verwandten und Firmenmitarbeitern erfolgte, ist auch fur die Augsburg-Memminger Firma der Brüder Hans, Eberhard und Kaspar Zangmeister und für die HaugLangnauer-Linck-Gesellschaft nachgewiesen worden. Als die Zangmeister 1560 mit Passiva in Höhe von über 94.000 fl fallierten, entfiel ein Großteil der Schulden auf Augsburger und Memminger Verwandte der Gesellschafter, u.a. 9.508 fl auf die Mutter der Brüder Zangmeister, Elisabeth Büffler, 3.000 fl auf deren Bruder Kaspar Büffler, 2.856 fl auf die Witwe Leonhard Zangmeisters, 6.325 fl und 1.700 fl auf die Zangmeister-Schwäger Christoph Dietmair und Hans Wilhelm Ott und 1.282 fl auf den Faktor Sigmund Ehem, der ebenfalls mit den Zangmeister verschwägert war.505 Die Haug-Langnauer-Linck-Gesellschaft nahm in ihrem Gründungsjahr 1531 von 73 Personen Depositen in Höhe von insgesamt 211.000 fl auf, von denen nur 82.000 fl von Personen stammten, die weder verwandtschaftliche Beziehungen zu den Teilhabern hatten noch für die Firma arbeiteten. Im Jahre 1545 kamen Ringling zufolge nur 22,5 Prozent des Fremdkapitals, das sich nunmehr auf 203.964 fl belief, von Außenstehenden, während Verwandte der Teilhaber 61 Prozent und Angestellte 17,5 Prozent der Einlagen beisteuerten. Die größten Einleger waren in diesem Jahr Dorothea Langnauer, die Witwe des 1543 verstorbenen Gesellschafters Hans Langnauer, mit 79.000 fl und die Familie Bimmel, aus deren Firma die Haug-Langnauer-Linck-Gesellschaft 1531 hervorgegangen war, mit 43.000 fl. Auch 1553 kam nur ein Drittel der Depositen in einer Gesamthöhe von 252.740 fl von Personen, die außerhalb der Firma und des unmittelbaren verwandtschaftlichen Umfelds der Teilhaber standen. Ringling führt den Umstand, daß die Firma trotz ihrer zunehmenden Abhängigkeit von Fremdkapital die Finanzkrisen der späten 50er und 60er Jahre des 16. Jahrhunderts unbeschadet überstand, primär 504 505

Klinkert, S. 106-118; vgl. Reinhard, Oligarchische Verflechtung, S. 57. Westermann, Zahlungseinstellung, S. 511-514; Eirich, S. 233-234, 237, 239.

246 auf die Rolle von Verwandten bei der Finanzierung der Firma zurück.506 Im Jahre 1557 erreichte die Beteiligung von nicht-verwandten Personen mit lediglich 16 Prozent ihren niedrigsten Stand, doch in den folgenden Jahren ging die Gesellschaft zunehmend dazu über, Kapital von Personen außerhalb des Verwandtenund Mitarbeiterkreises aufzunehmen. 1560 entfielen von 647.762 fl Depositenschulden bereits 262.927 fl oder 39 Prozent auf Außenstehende. 507 Das Beispiel der Haug-Langnauer-Linck zeigt zugleich besonders deutlich, daß Höhe und Zusammensetzung des Depositenkapitals über einen längeren Zeitraum hinweg erheblichen Fluktuationen ausgesetzt waren. Im Falle des Haug'schen Unternehmens hingen diese Fluktuationen eng mit der Personalentwicklung der Firma selbst zusammen. Gerade in den 1550er Jahren nahmen mehrere ausscheidende Gesellschafter einen großen Teil des Gesellschaftskapitals aus der Firma, legten dieses aber in Form von festverzinslichen Depositen wieder in das Unternehmen ein. Dadurch verringerte sich etwa zwischen 1553 und 1555 das Eigenkapital der Haug-Langnauer-Linck von 352.000 auf 155.000 fl, während das Depositenkapital von 253.000 auf 480.000 fl anstieg.508 Der im Falle der Weyer beobachtete Zusammenhang zwischen verwandtschaftlicher Verflechtung und Kapitalverflechtung findet sich also auch bei anderen schwäbischen Firmen um die Mitte des 16. Jahrhunderts. Für eine vergleichende strukturelle Betrachtung der Kapitalbeschaffung Augsburger Handelsgesellschaften bieten sich darüber hinaus vor allem drei Firmen an, deren Träger aus dem verwandtschaftlichen Umfeld der Brüder Weyer stammten, und die alle wenige Jahre nach ihnen ebenfalls Bankrott machten: Christoph Manlich und Gebrüder, Markus Ulstett und Gebrüder, und Jakob Herbrot und Söhne. Die Gesellschaft Christoph Manlichs und seiner Brüder hatte zum Zeitpunkt ihres Bankrotts im Jahre 1564 Schulden in Höhe von 102.850 fl bei 44 Gläubigern.509 Mit 15.500 fl waren der Bruder Anton Manlich sowie die Erben des verstorbenen Bruders Leonhard die größten Kreditoren, gefolgt von Abraham Katzbeck und seinen Mitverwandten mit 10.000 fl, Hans Österreicher (5.368 fl), den Baumeistern der Stadt Augsburg und den Erben Valentin Mairs (je 5.000 fl) und Melchior Manlich, einem Vetter der Bankrotteure (4.000 fl). Der weitaus größte Teil der Gläubiger gehörte dem Patriziat oder der Großkaufmannschaft Augsburgs an. Unter den wenigen auswärtigen Gläubigern befanden sich die Ulmer Felix und Peter Greek und Dr. Bartholomäus Wolfart, Katharina Mair aus Memmingen, Heinrich Miller aus Breslau sowie Ludwig und Eberhard von Freyburg mit Beträgen zwischen 1.000 fl und 3.500 fl.

506 507 508

Ringling, S. 73, 94, 95, 102, 116, 119. Ebd., S. 129, 131. Ehrenberg, Bd. 1, S. 231-232; vgl. Klein, S. 120-123.

509

Die Gläubigerliste der Gesellschaft Christoph Manlichs findet sich in StAA, KuH, Nr. 17, fol. 13-14. Vgl. Warnemünde, S. 126-127; Seibold, S. 109.

247 Die Heiratsbeziehungen Christoph Manlichs und seiner Geschwister zu den Familien Bimmel, Haug, Rem und Rehlinger sowie das verwandtschaftliche Netzwerk ihrer Vettern Matthäus und Melchior erschlossen den Gesellschaftern einen Kreis potentieller Darlehensgeber, den sie offenbar sehr effektiv nutzten. Von besonderer Bedeutung waren dabei die Eheschließungen Christoph Manlichs mit Apollonia Rehlinger, seiner Schwester Anna mit Anton Haug d.J. und seiner Schwester Barbara mit Markus Rem. So hatte die Frau von Christoph Manlichs Schwager Konrad Rehlinger 1.125 fl von der bankrotten Firma zu fordern. Hieronymus Rehlinger, ein weiterer Bruder von Christoph Manlichs Frau, war mit Apollonia Haintzel verheiratet, deren Schwager Haug Engel mit 1.000 fl Gläubiger der Firma war. Hans Baptist Haintzel, mit 4.000 fl Gläubiger der Manlich, hatte 1549 Veronika Imhof geheiratet, deren Mutter Veronika Rehlinger eine Schwägerin Christoph Manlichs war.510 Zwei andere Mitglieder des RehlingerClans, Christoph und Karl Wolfgang, hatten ebenfalls Kapital in die Gesellschaft eingelegt. Hans Rems Witwe Apollonia von Stetten - die Mutter des Manlich-Schwagers Markus Rem - hatte 750 fl, ihr Schwager Hans Hörlin 1.000 fl, ihr Neffe Georg von Stetten d.J. 2.700 fl und ihr Neffe Hans Honold d.J. 1.500 fl bei Christoph Manlich und seinen Brüdern investiert. 5 " Anna Manlichs Ehemann Anton Haug d.J. war mit Ludwig Jenisch verschwägert, der 1550 Haugs Schwester Euphrosina geheiratet hatte.512 Ludwig Jenisch und sein Bruder Hans, die im Jahre 1564 jeweils 2.000 fl von der Manlich-Firma zu fordern hatten, waren ihrerseits verschwägert mit Hans Österreicher, der mit über 5.000 fl zu den größten ManlichGläubigern gehörte, sowie mit Simprecht Hoser, der 2.000 fl ausstehen hatte. Eine Tochter Wolfgang Palers, der mit einer Forderung in Höhe von 2.023 fl unter den Manlich-Gläubigern erschien, war mit Joachim Jenisch d.J., einem Neffen von Ludwig und Hans Jenisch, verheiratet. Hans Lukas Welser, dessen Ansprüche an die Gesellschaft sich auf 3.200 fl beliefen, war der Schwager von Christoph Manlichs Bruder und Teilhaber David,513 und Ulrich Jung, dessen Kinder mit 600 fl zu den Manlich-Gläubigern zählten, war der Bruder von Dr. Ambrosius Jung, der 1519 in zweiter Ehe Magdalena Manlich, eine Tante Christoph Manlichs und seiner Brüder, geehelicht hatte.514 Der Schwiegersohn Ambrosius Jungs, Ludwig Hoser, 5,5 stand ebenfalls mit 2.000 fl auf der Gläubigerliste. Weitere wichtige Verbindungen ergaben sich aus den familiären Beziehungen Matthäus Manlichs, des einflußreichen Vetters von Christoph Manlich und seinen 510 511

512 513 514 515

StAA, Werner/Lilienthal, „Haintzel"; Genealogisches Handbuch, Bd. 7, S. 316. Verwandtschaftliche Beziehungen nach StBA, Seifert'sche Stammtafeln, „Rem" und „Stetten" sowie StAA, Werner/Lilienthal, „Honold". StAA, Werner/Lilienthal, „Haug". Welser, Welser, Bd. 1, S. 387. StAA, Werner/Lilienthal, „Manlich". StAA, Werner/Lilienthal, „Hoser".

248 Brüdern. Abraham Katzbeck, der größte Manlich-Gläubiger im Jahre 1564, war mit einer Tochter Matthäus Manlichs verheiratet. Paul Vöhlin, der mit 1.010 fl zu den Kreditoren der Manlich gehörte, war der Ehemann Regina Lincks, deren Bruder Melchior ebenfalls ein Schwiegersohn Matthäus Manlichs war.516 Bei Bernhard Walther, der 1.700 fl in die Firma eingelegt hatte, handelte es sich um einen Bruder von Sabina Walther, der Ehefrau Matthäus Manlichs d.J.517 Insgesamt kamen über 60.000 fl oder rund drei Fünftel des Fremdkapitals der Gesellschaft Christoph Manlichs und seiner Brüder aus dem näheren oder weiteren verwandtschaftlichen Umfeld der Teilhaber. Die Zusammenhänge zwischen genealogischen Verbindungen und Kreditbeziehungen sind unverkennbar. Zugleich könnte der hohe Anteil von entfernteren Verwandten, d.h. von Angehörigen der zweiten und dritten Kontaktzone der Manlich, unter den Gläubigern sich beim Eintreten der Liquiditätskrise der Firma als Nachteil entpuppt haben, da die verwandtschaftlichen Bindungen nicht eng genug waren, um die Kreditoren von der Kündigung ihrer Einlagen abzuhalten. Der Tod des mächtigen Vetters Matthäus Manlich im Jahre 1559 könnte darüber hinaus die Bindung eines Teils der Einleger an die Firma erheblich gelockert haben. Die Firma der Brüder Ulstett gehörte ebenfalls zu den prominenten Opfern der Konkurswelle der 1560er Jahre. Nach dem Tod des Firmengründers und zeitweiligen Stadtpflegers Markus Ulstett d.Ä. im Jahre 1556 wurde die Firma von dessen Söhnen Markus d.J., David und Paul weitergeführt. Das Unternehmen hatte u.a. Geschäftsbeziehungen nach Venedig und der Levante und gehörte um 1560 mit einer allerdings recht geringen Forderung zu den Gläubigern der französischen Krone.518 Markus Ulstett d.J. wurde 1561 zum Bürgermeister gewählt, entzog sich aber der Bürde des Amtes, indem er sein Bürgerrecht aufgab und nach München zog. Zwei Jahre später kehrte er nach Augsburg zurück,519 möglicherweise in dem letztlich vergeblichen Bestreben, den unmittelbar bevorstehenden Bankrott der Firma noch aufzuhalten. 1563 stellte die Firma ihre Zahlungen ein. Eine 1567 erstellte Gläubigerliste der Ulstett fuhrt in insgesamt 103 Posten Verbindlichkeiten in Höhe von rund 170.000 fl sowie 3.500 Dukaten Wechselschulden auf.520 Eine Analyse der Gläubigerstruktur zeigt, daß auch im Fall der Ulstett mehr als die Hälfte des quellenmäßig faßbaren Fremdkapitals - insgesamt über 90.000 fl - aus dem verwandtschaftlichen Umfeld der Gesellschafter kam. Mit 12.550 fl war Dorothea Müller, die Mutter der Brüder Ulstett, zugleich die größte Gläubigerin; die Erben ihres Halbbruders Ambrosius Müller hatten 1.000 fl

516 517 518 519 520

StAA, Werner/Lilienthal, „Vöhlin", „Linck" und „Manlich". StAA, Werner/Lilienthal, „Manlich" und „Walther". Ehrenberg, Bd. 2, S. 167; Sayous, decheance, S. 221-222. von Stetten, Geschlechter, S. 193; Chroniken, Bd. 33, S. 125. StAA, Spreng I, Nr. 1. Einige wenige Gläubiger, so die Haug-Langnauer-Linck und die Brüder Hopfer, erscheinen zweimal auf der Liste.

249 bei den Ulstett ausstehen.521 Daniel und Georg Hopfer, deren Schwester Esther 1561 Lukas Ulstett geheiratet hatte, gehörten mit 7.600 fl ebenfalls zu den bedeutenderen Kreditoren. Die mit den Hopfer verschwägerten Stetten - Georg Hopfer d.J. hatte 1559 Christoph von Stettens Tochter Magdalena geheiratet - erscheinen gleich mehrfach unter den Gläubigern: Christoph d.J. mit 1.000 fl, sein Vetter Georg d.J. mit 1.700 fl und Regina mit 2.500 fl. Auch der Stetten-Schwager Hans Hörlin, der bereits als Gläubiger der Weyer und Manlich begegnete, hatte 3.000 fl in die Firma eingelegt. Dr. Gregor Hennig und Melchior Neumair, mit 3.000 fl bzw. 7.000 fl unter den Kreditoren der Ulstett vertreten, waren durch ihre Eheschließungen mit Töchtern Markus Stenglins d.Ä. mit Daniel Hopfer verschwägert.522 Bei Isaak Stöcklin, dessen Schuldforderung sich auf 1.000 fl belief, handelte es sich um einen Vetter von Daniel und Georg Hopfer. 523 Wilhelm Sitzinger d.J., der 1554 Ursula Ulstett, eine Schwester der Bankrotteure, zur Frau nahm, war ein Jahrzehnt später mit 2.500 fl Kreditor der Ulstett, und sein Onkel Pankraz Böcklin d.J.524 hatte ebenfalls 1.000 fl von den Falliten zu fordern. Zahlreiche Kreditbeziehungen der Ulstett scheinen darüber hinaus von ihren familiären Beziehungen zu den Haug und Langnauer herzurühren. 525 Auf der Gläubigerliste finden sich David Haug und seine Gesellschaft mit 1.625 und 600 fl; David Ulstetts Schwager Dr. Ludwig Langnauer mit 2.000 fl; dessen Schwiegermutter Felizitas Lauginger mit 3.000 fl;526 der Haug-Schwager Ludwig Jenisch mit dem gleichen Betrag; die Witwe Leonhard Manlichs 527 mit 500 fl; und Anton und Ludwig Hörmann, die Schwiegersöhne Anton Haugs bzw. Matthäus Manlichs,528 mit insgesamt 1.248 fl. Georg Herwart, der 2.000 fl bei den Ulstett angelegt hatte, war der Schwiegervater von David Ulstetts Schwägerin Susanna Langnauer.529 Neben Georg Herwart erscheinen auch sein gleichnamiger Sohn Georg mit 2.800 fl Pfleggeld, sein Sohn Hans als Vertreter der Barbara Hofmair

521 522 523

524

StAA, Werner/Lilienthal, „Müller". StAA, Werner/Lilienthal, „Stenglin"; StBA, Seifert'sche Stammtafeln, „Hopfer". Isaak Stöcklin war der Sohn Leonhard Stöcklins und der Apollonia Wägelin; die Schwester seiner Mutter, Monika Wägelin, war mit Georg Hopfer d.Ä. verheiratet: vgl. StAA, KuH, Nr. 13a; Häberlein, Leonhard Stöcklin, S. 2, 20. Böcklins Schwester Euphrosina war Sitzingers Mutter: StAA, Werner/Lilienthal, „Sitzinger", „Böcklin".

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Daniel Ulstett ehelichte 1550 Anton Haugs Tochter Maria, sein Bruder David im selben Jahr Hans Langnauers Tochter Anastasia. StBA, Seifert'sche Stammtafeln, „Ulstett"; StAA, Werner/Lilienthal, „Haug" und „Langnauer". Felizitas Lauginger war die Frau des Dr. Konrad Heel; Dr. Ludwig Langnauer heiratete 1555 die Tochter des Paares. StAA, Werner/Lilienthal, „Heel". Leonhard Manlichs Schwester Anna war mit Anton Haug d.J. verheiratet: StAA, Werner/Lilienthal, „Haug", „Manlich".

52! E b d Susanna Langnauer hatte 1547 Georg Herwärts Sohn Markus geheiratet: StBA, Seifert'sche Stammtafeln, „Herwarth"; StAA, Werner/Lilienthal, „Langnauer".

250 mit 1.500 fl und sein Schwiegersohn Paul Steudlin mit 3.000 fl im Gläubigerverzeichnis.530 Paul Ulstetts Schwager Hans Weyer reklamierte für seine Frau Sara Müller Außenstände in Höhe von 6.000 fl von den Ulstett. Über Markus (II) Ulstetts Frau Elisabeth Rem ergaben sich ebenfalls eine Reihe von verwandtschaftlichen Beziehungen zu Kreditoren der Ulstett: ihr Bruder Hans Rem war mit 600 fl, dessen Söhne als Erben ihrer Mutter Apollonia von Stetten mit 1.000 fl, Elisabeth Rems Schwager Sigmund Ehern mit 2.000 fl531 und ihr Schwager Ulrich Welser mit 3.000 fl unter den Gläubigern verzeichnet. 532 Die Familie von Sigmund Ehems Frau Maria Kreier533 hatte gleichfalls 3.100 fl bei den Ulstett deponiert, und die Erben von Markus Ehems Witwe Anna Lauginger, zu denen auch Paul Ulstetts Schwager Hans Baptist Müller gehörte, hatten 2.000 fl in die bankrotte Firma eingelegt. Auffällig ist wiederum die Präsenz von Mitgliedern des Rehlinger-Clans unter den Kreditoren: fünf Rehlinger hatten insgesamt 11.270 fl bei den Ulstett angelegt. Über die engsten verwandtschaftlichen Beziehungen zu den Bankrotteuren verfügte Hieronymus Rehlinger, der 2.070 fl ausstehen hatte: er war mit Ulrich Welser verschwägert, war Onkel Christoph von Stettens d.J., und seine Frau Apollonia Haintzel war verwandt mit dem UlstettSchwager Dr. Melchior Haintzel, der selbst mit 1.000 fl unter den Kreditoren verzeichnet wurde.534 Wie im Falle der Manlich befanden sich nur wenige Auswärtige unter den Gläubigern, darunter die Memminger Kaspar Besserer (1.200 fl), Lutz von Freyburg (2.000 fl) und Hans Christoph Vöhlin (2.400 fl), die Landshuter Kaspar Kamerer (2.000 fl) und Wolfgang Eck (1.000 fl) sowie Alexander Aytenbacher von Wellenburg (1.200 fl). Auch einige Adlige hatten Markus Ulstett und seinen Brüdern Geld geliehen, so Thomas von Merhaimb und seine Schwester (2.000 fl), Hans Heinrich von Neuneck (1.300 fl) und Georg von Schwangau (1.000 fl). Die Präsenz von nicht weniger als neun Promovierten, zumeist Juristen, unter den Kreditoren der Ulstett535 weist erneut auf die finanziellen Verflechtungen zwischen Akademikern und Großkaufleuten hin. Das bereits bei den Gebrüdern Weyer beobachtete Phänomen, daß einzelne besonders wohlhabende Handwerker 530

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Steudlin hatte 1552 Georg Herwärts Tochter Susanna geehelicht: StBA, Seifert'sche Stammtafeln, „Herwarth". Elisabeth Rems Bruder Andreas d.J. war in zweiter Ehe mit Sigmund Ehems Schwester Regina verheiratet: StBA, Seifert'sche Stammtafeln, „Rem"; StAA, Werner/Lilienthal, „Ehem". Andreas Rem d.J. war in erster Ehe mit Veronika Rehlinger verheiratet, deren Schwester Barbara 1533 Ulrich Welser heiratete: StBA, Seifert'sche Stammtafeln, „Rem". StAA, Werner/Lilienthal, „Ehem". Genealogisches Handbuch. Bd. 7, S. 316; StAA, Werner/Lilienthal, „Haintzel". Neben den bereits erwähnten Dr. Gregor Hennig, Dr. Ludwig Langnauer und Dr. Melchior Haintzel handelte es sich um Dr. jur. Raphael Sailer (400 fl), Dr. jur. Sebastian Christoph Rehlinger (1.500 fl), Dr. Hans Reichenbach (780 fl), Dr. Ludwig Christoph Reiner (900 fl), Dr. jur. Hans Danner (660 fl) und Dr. Werner Seuter (1.400 fl).

251 ihr Geld in Handelsgesellschaften anlegten, findet sich auch bei den Ulstett, denen die Goldschmiede Christoph Zorer und Jakob Eckhard 1.000 bzw. 500 fl geliehen hatten. Der Bankrott Jakob Herbrots und seiner Söhne von 1563 fällt schon allein angesichts der Höhe der Schulden, welche die Firma nach ihrer Zahlungseinstellung hinterließ, aus dem Rahmen. Eine im Januar 1564 erstellte „Ballantz der Herbrettischen Gläubiger" fuhrt 86 Forderungen in einer Gesamthöhe von 766.029 fl 23 χ 1 h auf. Abzüglich eines Postens von 73.635 fl, den der Ex-Firmeninhaber Jakob Herbrot d.Ä., der schließlich fur den Bankrott mit haftbar gemacht wurde, von seinen Söhnen forderte, hatte die Firma Fremdkapital in Höhe von 692.394 fl aufgenommen 536 - mehr als viermal soviel wie die Ulstett und fast achtmal soviel wie Christoph Manlich und seine Brüder. Auffällig ist weiterhin die Konzentration eines Großteils dieser Verbindlichkeiten in den Händen einiger weniger Gläubiger: allein 425.000 fl - über 60 Prozent des Fremdkapitals - entfielen auf lediglich vier Kreditoren: David Baumgartner (164.630 fl), den pfalz-neuburgischen Beamten Christoph Arnold (140.887 fl), Oswald von Eck, den Sohn des bayerischen Kanzlers Leonhard von Eck (88.110 fl) und die Kinder Wilhelm Prechters von Straßburg (31.478 fl). Keiner dieser Großgläubiger war mit den Herbrot verwandt, doch bestanden zu Arnold bereits in den 1540er Jahren enge Beziehungen, die sich noch verdichteten, nachdem Jakob Herbrot d.Ä. 1553 ins pfalz-neuburgische Lauingen übersiedelte.537 Weiterhin befanden sich noch mehrere Adlige unter den Gläubigern, so etwa Markgraf Karl von Baden (11.000 fl), Christoph Ludwig Graf von Nellenburg, der Oberpfleger von Heidenheim (5.800 fl), Hans Georg von Harckheim (6.668 fl), Maximilian von Kreit (1.000 fl) und der kursächsische Geheime Rat und Diplomat Christoph von Carlowitz538 (963 fl). Mit Dr. Jakob Omphilius von Köln, Rat des Herzogs von Jülich-Kleve 539 (7.669 fl), Dr. Joachim Stromberger von Leipzig (3.720 fl), Dr. Christoph Mündt von Straßburg, dem politischen Agenten der englischen Krone im Heiligen Römischen Reich540 (1.6 3 7 fl), Dr. Raphael Flaischer von Speyer (700 fl), Dr. Georg Tradel (1.020 fl), Dr. Joachim Anderwas (1.000 fl), Dr. Ferdinand von Wittenstain (1.226 fl) und dem aus Konstanz stammenden, seit 1549 in der Schweiz lebenden Theologen Ambro-

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StAA, Fallitenakten „Herbrot". Ein Gläubigername taucht auf der Liste doppelt auf: Christoph Tiefstetter von München mit 4.000 fl, Christoph Tiefstetter von Augsburg 588 fl. Vermutlich handelte es sich in beiden Fällen um den Herbrot-Schwiegersohn. Andre-Ε. Sayous fuhrt, unter Bezugnahme auf eine Studie Anton Werners, eine Bilanz der Firma Herbrot aus dem Jahr 1562 an, in der Passiva in Höhe von 566.687 fl Aktiva in Höhe 545.014 fl gegenübergestanden seien. Die Höhe der Aktivschulden, von denen die meisten uneinbringlich waren, habe 155.275 fl betragen. Sayous, decheance, S. 221. Vgl. Sieh-Burens, Oligarchie, S. 161, 165, 179.

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Zu seiner Person vgl. Schille. Vgl. zu ihm Fuchs, Prechter, S. 181-182. Zur Person Mündts vgl. Meyer, S. 90-95; Ernst, Bd. 4, S. 633-634 (Nr. 550).

252 sius Blarer541 (600 fl) hatten eine ganze Reihe von Akademikern Geld von den Herbrot zu fordern; unter diesen war Tradel der einzige Augsburger. 542 Auch unter den übrigen Kreditoren der Herbrot dominieren Auswärtige: neben den bereits erwähnten Kindern Wilhelm Prechters und Dr. Christoph Mündt befanden sich fünf weitere Straßburger unter den Gläubigern; 543 die Forderungen der Straßburger Kreditoren beliefen sich insgesamt auf rund 62.000 fl. Daneben fuhrt die Bilanz auch Kreditoren in Wittenberg, Leipzig, Nürnberg, Amberg, Prag, Brixen und Montbeliard auf.544 In Lauingen, dem Hauptaufenthaltsort Jakob Herbrots d.Ä. im Jahrzehnt vor dem Bankrott, hatten die Herbrot Schulden bei den Erben Georg Feuchtwecks (15.660 fl) dem Bürgermeister Dr. Melchior Vischel (1.002 fl), dem Apotheker Thomas Neuhauser (400 fl), dem Stadtvogt Andreas Werder (564 fl) und einigen weiteren Personen.545 Hans Kallardt, der 800 fl bei den Herbrot ausstehen hatte, war im ebenfalls pfalz-neuburgischen Gundelfingen ansässig. Mit der Goldschmiedwitwe Barbara Laubich (600 fl), dem Goldschmied Ulrich Heberlin (52 fl) und den Barbieren Andreas Satzger und Sebastian Weck (230 bzw. 112 fl) befand sich auch eine kleine Zahl von Handwerkern unter den Gläubigern. Hingegen stammten 88.375 fl oder rund ein Achtel der Gesamtschulden aus dem engeren Verwandtschaftskreis der Herbrot. Zu den verwandten Schuldnern gehörten die nicht an der Handelsgesellschaft beteiligten Herbrot-Söhne Hans (900 fl) und Matthäus (8.581 fl) sowie deren Schwestern Marina Manlich (10.000 fl) und Sabina Schleicher (14.000 fl), die Herbrot-Schwiegersöhne Georg Mülich (8.714 fl) und Christoph Tiefstetter (4.588 fl), die Schwiegertochter Euphrosina Herbrot, geb. Sitzinger (24.050 fl), der Schwager Christoph Kraffter (5.282 fl), die Schwägerinnen Sibilla Eiselin und Regina Schweigger (2.000 fl), Afra Rem, die Witwe des Schwagers Wilhelm Merz (8.000 fl), die Erben des Schwagers Lukas Müller (1.000 fl) und die Witwe des Herbrot-Neffen Michael Müller (1.260 fl).546 Obwohl die Herbrot, absolut gesehen, also ebensoviel Geld von Verwandten geliehen bekamen wie die Ulstett und deutlich mehr als die Manlich oder Weyer, waren sie andererseits auch in erheblich stärkerem Maße von Fremdkapital, das von auswärtigen, nicht-verwandten Personen kam, abhängig. Zudem ist es durch541 542 543

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Zu seiner Person vgl. Feger. Vgl. Hämmerle, Nr. 813, 881. Wolf Schitterlin & Gesellschaft (10.774 fl); Peter Mieg (10.059 fl); Friedrich Fall (4.000 fl); Georg Stich und Peter Gro (2.325 fl); Isaak und Matthäus Wicker (2.868 fl). Bartholomäus Vogel von Wittenberg (5.745 fl); Wolf Dietenhaimer von Leipzig (1.124 fl 6 x); Franz Neumann von Leipzig (340 fl); Hans Harbartshaimer von Leipzig (2.260 fl 54 x); die Spallinischen Kinder von Nürnberg (4.500 fl); Veronika Gemelich von Amberg (3.204 fl 17 x); Sigmund Kuscher von Prag (2.584 fl); Wilhelm und Hans Grurer von Brixen (2.000 fl); Hektor Vogelmann von Mömpelgard (250 fl). Ulrich Weihenmair (332 fl), der Wirt Georg Oswald (370 fl) und Ludwig Oswald (300 fl). Die Verwandtschaftsbezeichnungen beziehen sich jeweils auf Jakob Herbrot d.Ä. Rekonstruiert nach StAA, Werner/Lilienthal, „Herbrot", „Kraffter", „Müller" und „Merz".

253 aus möglich, daß einige dieser Forderungen, insbesondere die von Euphrosina Sitzinger, der Ehefrau des jüngeren Jakob Herbrot, zu hoch angegeben wurden, um so einen Teil des Herbrot'schen Vermögens aus der Konkursmasse zu retten. Ansprüche in Höhe von 34.327 fl entfielen ferner auf Personen, die als Angestellte und Faktoren fur die Herbrot gearbeitet hatten: die Erben Georg Feuchtwecks 547 (15.660 fl), Thomas Strigel548 (10.274 fl), Paul Hektor Mair549 (7.000 fl), Hans und Leonhard Morauer 550 (893 fl) und Veit Lauberer551 (500 fl). Im Gegensatz zu den Weyer, Manlich und Ulstett befand sich nur ein ganz geringer Teil des Fremdkapitals der Herbrot 1563/64 in den Händen von Vertretern der nicht mit den Herbrot verwandten Augsburger Führungsschicht, also von anderen Augsburger Kaufleuten oder patrizischen Rentiers. Als einziger Vertreter des Augsburger Patriziats hatte Georg von Stetten 2.500 fl bei den Herbrot ausstehen. Die Herbrot-Firma wies also zum Zeitpunkt ihres Konkurses eine gänzlich andere Gläubigerstruktur auf als die Unternehmen Hans und David Weyers, Christoph Manlichs und Markus Ulstetts, die ebenfalls zwischen 1557 und 1564 ihre Zahlungen einstellen mußten. Ein wesentlich geringerer Prozentsatz des Fremdkapitals kam von Verwandten, Angestellten oder anderen Vertretern der Augsburger Führungsschicht, ein viel höherer Anteil von auswärtigen Gläubigern, unter denen die starke Präsenz von Adligen, Beamten und Akademikern, vorwiegend aus protestantischen Städten und Territorien, besonders auffällt. Nachdem im ersten Kapitel auf die massive Kapitalaufnahme Herbrots auf dem Augsburger Geldmarkt zwischen 1551 und 1558 hingewiesen wurde, ist also nunmehr ein Rückzug der Einlagen der Augsburger Patrizier und Großkaufleute zwischen 1558 und 1563 zu konstatieren. Die oben beschriebene schrittweise Lösung der Herbrot aus dem Augsburger Bürgerverband seit 1553, der spekulative Charakter der Herbrot'schen Geld- und Kreditgeschäfte in den 1550er Jahren, von dem der Brief-

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Feuchtweck war bereits 1548 für Jakob Herbrot tätig (Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 3/1, S. 20). Der Augsburger Kaufleutestube gehörte er nachweislich seit 1541 an (IHK, Kaufleutestube, fol. 39). Der aus Memmingen stammende Strigel heiratete 1537 Sabina Pfister, eine Tochter des Lukas Pfister und der Anna Neidhart (Chroniken, Bd. 32, S. 457; Eirich, S. 164). Von 1542 bis zu seinem Tod im Jahre 1564 gehörte er der Augsburger Kaufleutestube an (IHK, Kaufleutestube, fol. 40). Als Angestellter Jakob Herbrots wird er seit 1557 genannt (Chroniken, Bd. 32, S. 165, Anm. 5; StAA, StG 109, fol. 85 r -94 r ). Vgl. Kap. 3.2. Der aus Landshut stammende Hans Morauer war 1545 als Diener Jakob Herbrots nach Augsburg gekommen und hatte das Augsburger Bürgerrecht erlangt (StAA, RP 19/1, 1545, fol. 31 r ). Im folgenden Jahr wurde er Mitglied der Kaufleutestube, und seit 1557 saß er im Großen Rat (IHK, Kaufleutestube, fol. 41; StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 86-101). Seit etwa 1549 arbeitete Hans Morauer mit seinem Bruder Leonhard geschäftlich zusammen (StAA, Augsburger Geschlechter, Stubenordnungen, Nr. 5). Er stand von November 1555 bis November 1563 in Diensten der Herbrot: StAA, StG 109, fol. 35 v -41 r .

254 Wechsel des älteren Jakob Herbrot mit Abt Gerwig Blarer beredtes Zeugnis ablegt, sowie möglicherweise auch eine skeptische Beurteilung der geschäftlichen Fähigkeiten von Herbrots Söhnen in der Augsburger Finanzwelt spiegeln sich in der Gläubigerstruktur zum Zeitpunkt des Herbrot-Bankrottes deutlich wider. Zwar konnten alle vier Firmen in beträchtlichem Umfang auf Kapitalressourcen aus dem engeren oder weiteren Verwandtschaftskreis zurückgreifen; inwieweit sie über diese Kapitalbasis hinaus noch weiteres Fremdkapital aufnahmen, war jedoch von Fall zu Fall sehr unterschiedlich und von mehreren Faktoren - der Geschäftspolitik und Risikobereitschaft der Firmenleitung, dem Ansehen, welches das Unternehmen bei Kapitalanlegern innerhalb und außerhalb der Stadt genoß, dem Grad der Integration der Teilhaber in ein verwandtschaftliches Netzwerk - abhängig. Eines war jedoch allen vier hier untersuchten Firmen gemeinsam. Die Kreditoren rekrutierten sich in jedem Fall ganz überwiegend aus den städtischen Oberschichten, aus dem Adel und aus Akademikerkreisen. Städtische Handwerker oder niedere städtische Bedienstete stellten stets nur einen ganz geringen Teil der Gläubiger. Die Beobachtung, daß Fremdkapital großenteils im engeren und weiteren Verwandtschaftskreis eingeworben wurde, daß Finanzbeziehungen also offenkundig entlang bestehender sozialer Beziehungsstränge aufgebaut wurden, wird insgesamt durch die hier untersuchten Fälle eindrucksvoll bestätigt. Mit dieser Feststellung erhebt sich jedoch zugleich die Frage, warum so viele Augsburger Handelsgesellschaften in den Jahren nach 1556 bankrott gingen, wenn doch ein großer Teil ihrer Fremdmittel von näheren und weiteren Verwandten kam. Verwandte, so scheint es, waren offenbar nicht bereit, im Falle einer Liquiditätskrise „stillzuhalten", sondern entzogen den angeschlagenen Firmen ihre Einlagen und führten dadurch den Zusammenbruch mit herbei. Waren verwandtschaftliche Bande im wirtschaftlichen Bereich also nur so lange tragfähig, so lange eine Firma geschäftlich erfolgreich war? Um diesen Zusammenhängen auf die Spur zu kommen, gilt es zunächst, den Ablauf von Konkursverfahren, das Verhalten der Gläubiger und ihre Argumentation eingehender zu analysieren. Anschließend ist zu untersuchen, wie verwandtschaftliche Beziehungen von den Akteuren selbst wahrgenommen, interpretiert und instrumentalisiert wurden.

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4. Der Bankrott der Weyer und die Regelung ökonomischer Konflikte in Augsburg um die Mitte des 16. Jahrhunderts

4.1 Der Verlauf des Konkursverfahrens Der Konkurs von Hans und David Weyer nahm zu Beginn des Jahres 1557 in Lyon seinen Anfang, wo die Brüder nach Angaben ihres Anwalts von ihren Kommittenten und Gläubigern „vbereyllt" wurden. Die Brüder waren also offenbar angesichts eines Runs der Gläubiger auf ihre Kassen nicht mehr in der Lage, deren Zahlungsforderungen zu erfüllen, und mußten ihre Zahlungen einstellen.1 Was genau in Lyon passierte, läßt sich nur ansatzweise aus den Quellen erschließen. Sicher ist, daß David Weyer aus der Rhöne-Metropole nach Augsburg flüchtete, wo ihn jedoch einige der Gläubiger inhaftieren ließen. Der Augsburger Rat beschloß am 4. Mai, daß er auf dem Turm bleiben und niemand zu ihm gelassen werden solle.2 Sein Bruder Hans hatte sich hingegen durch die Flucht in die Freiung des Klosters St. Ulrich dem Zugriff der Kreditoren entzogen. In dieser Situation strebten die Brüder, wenn man den Ausführungen ihres Anwalts Glauben schenken darf, zunächst eine gütliche Einigung mit ihren Gläubigern an. Hans Weyer sollte im Auftrag „gemeiner hielenndischen gleubiger" zusammen mit seinem Vetter David Manlich nach Lyon geschickt werden, um dort Schulden einzubringen, Güter sicherzustellen und mit den dortigen Gläubigern zu verhandeln, konnte dazu aber kein Geleit erlangen. Zwei weitere Verwandte der Weyer, die angesehenen Kaufleute Matthäus Manlich und Joachim Jenisch, unterzogen indessen die Handelsbücher der Brüder einer Überprüfung, wodurch nach Auffassung des Weyer-Anwalts „versaumpte ding auf guete richtige wege hetten gepracht werden mögen"; Manlich und Jenisch hätten sich überhaupt um einen gütlichen Vergleich „zum höchsten bemuehet". Die Kompromißlosigkeit einiger Kreditoren, die in der Verhaftung David Weyers kulminierte, hätte diese Bemühungen jedoch vereitelt.3 Zwei Umstände, die der Weyer-Anwalt bezeichnenderweise nicht bzw. nur in sehr euphemistischer Form erwähnte („versaumpte ding"), ließen die Aussichten auf eine gütliche Einigung allerdings von Anfang an ungünstig erscheinen. Zum

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StAA, StG 30, fol. 17r-17v. StAA, RP 30/1 (1557), fol. 31r. StAA, StG 30, fol. 17v-18r, 50r.

256 einen hatten Matthäus Manlich und Joachim Jenisch bei ihrer Rechnungsprüfung festgestellt, daß die Weyer ihre Bücher, insbesondere das Lyoner Handelsbuch, „gar wider Kauffmans prauch nicht eingeschriben" hatten. Dadurch setzten sie sich dem Verdacht der Nachlässigkeit und des absichtlichen Betrugs ihrer Kreditoren aus.4 Zum anderen brachten einige der Gläubiger, namentlich Georg Fröhlich und Sylvester Raid, in Erfahrung, daß sich andere Kreditoren bereits an der Konkursmasse schadlos gehalten und ihre Forderungen auf eigene Faust eingetrieben hatten. Der ehemalige Augsburger Stadtschreiber und nunmehrige pfalzneuburgische Kanzleiverwalter Georg Fröhlich stellte den Hergang folgendermaßen dar: „Als nun Hanns Langnawr die flucht vnd mißhandlung der weyhr, furnemlich aber das wol gewisst, das Bonauentura Furtenbach zu Nürmberg sie dauor vffen betrug bedretten vnnd viel tausent Cron von Ine gebracht, ist er Inen eilends gen Lion nachgeraist, hat den Hannsen fencklich versperren verwaren vnnd dermassen tractiren lassen auch selbs tractirt, das Ime die trenen vber die Backen abgerunnen vnd dardurch bis zu seinem benuegen aus Ime gepresst vnd bracht, meins gelts vnnd guts so wol als des seinen."5 Furtenbach und Langnauer hatten es Fröhlich zufolge also verstanden, sich im „Run" der Gläubiger an die Spitze zu setzen und ihre Forderungen einzubringen, wobei Hans Langnauer scheinbar auch vor Gewaltanwendung nicht zurückgeschreckt war. Diese gewaltsame Vorgehensweise Hans Langnauers, die allerdings sowohl von Hans Weyer als auch von Langnauer selbst energisch bestritten wurde,6 veranlaßte Fröhlich und Sylvester Raid offenbar zunächst zu massiven Drohungen gegen Langnauer, falls er ihnen ihr Geld nicht ausbezahle. In einem späteren Verhör in Wiener Neustadt wurde Raid vorgehalten, er und Fröhlich hätten Langnauer „von wegen aines gelts, so sie beed in Frankreich bei den verdorbenen Weyern gehabt, trotzlich und abclagsweise sammthaftig zugeschriben". 7 Der Augsburger Rat scheint über Raids Drohungen gegen Langnauer informiert gewesen zu sein, da er Hans Langnauer am 1. Juli 1557 auftrug, sich zu erkundigen, „ob der Raid gegen Ime oder den seinen gedechte, was thatlichs furtzuonemen oder zuohandlen." 8 Nachdem Langnauer nicht auf Fröhlichs und Raids Forderung einging, stellten der pfalzgräfliche Kanzleiverwalter und der ehemalige markgräfliche Rentmeister gemeinsam Überlegungen an, sich durch einen Überfall auf ei-

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Ebd., fol. 45'. StAA, Personenselekt Fröhlich, Brief Fröhlichs vom 7.6.1558. Ebd., Antwortschreiben Hans Weyers und Hans Langnauers. Roth, Sylvester Raid, S. 18. StAA, RP 30/1 (1557), fol. 45 v .

257 nen Kaufmannszug der Haug-Langnauer-Linck-Gesellschaft ihrerseits gewaltsam zu entschädigen. 9 Raid hatte bereits gegen Ende des Jahres 1557 als Komplize der fränkischen Ritter Wilhelm und Hessel von Grumbach an der Planung eines Raubüberfalls auf einen Boten, der von Augsburg nach Venedig unterwegs war, auf dem Lechfeld mitgewirkt. Über den mit ihm befreundeten Augsburger Bürger Joachim Elsässer und den ehemaligen markgräflichen Diener Hans Baldauf hatte Raid Informationen über den Ritt des Boten eingezogen und diese den Grumbach zugespielt. Die an der Planung und Ausführung des Überfalls beteiligten zehn Personen hatten sich vorher durch gegenseitige Verschreibungen miteinander verbündet. Raids Anteil an der Beute betrug 200 Kronen, drei kleine Beutel mit Perlen und drei Rubinringe.' 0 Obwohl Raid sich durch seine Mitwirkung an dieser Aktion bereits des offenen Raubes und Landfriedensbruchs schuldig gemacht hatte, versuchte er in einem Brief an seinen Komplizen Joachim Elsässer vom 11. April 1558, in dem er ihn bat, ihm das Handelszeichen der Haug-Langnauer-Linck mitzuteilen, dem geplanten neuerlichen Überfall den Anstrich der Legitimität zu geben. „Bin bedacht", schrieb er an Elsässer, „neben dem herrn Frölich die ballen (dieser Firma) auf recht zu arrestieren an ortn und endn, da wir nit so ain langen proceß gewarten muessen."" Damit griff Raid also auf die - reichsrechtlich zu diesem Zeitpunkt bereits illegale - Rechtsform der Fehde zurück, mit der in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts Raubritter wie Götz von Berlichingen und Franz von Sickingen ihre Angriffe auf reichsstädtische Kaufmannszüge gerechtfertigt hatten,12 und auf die auch Raids Verbündeter Wilhelm von Grumbach bei seinen Überfällen, die in den 1560er Jahren einen erheblichen Unruhefaktor im Reich darstellten, immer wieder in propagandistischer Absicht zurückgriff. 13 Die finanziellen Schwierigkeiten Fröhlichs und Raids, ihre Entfremdung von der Reichsstadt Augsburg und deren politischer und ökonomischer Elite, und ihre engen Kontakte zu Fürsten und Adligen bewogen die beiden Männer also dazu, sich außerhalb der städtischen Rechtsordnung zu stellen und unter Berufung auf das Fehderecht zu versuchen, ihre eigenen Interessen gewaltsam durchzusetzen. Auch wenn sich der Plan von Raid und Fröhlich sehr spektakulär ausnimmt, so stellte er doch kein völliges Novum in der Augsburger Handelsgeschichte dar. Ein bekannter Präzedenzfall ist der Überfall des Bartholomäus Rem auf einen Kaufmannszug der Höchstetter-Gesellschaft dreieinhalb Jahrzehnte zuvor; und auch 9

Roth, Sylvester Raid, S. 12-14. Ebd., S. 11-12. " Ebd., S. 13-14, Anm. 1. 12 Vgl. Ulmschneider, S. 48-94, die besonders auf die „unternehmerische" Komponente der Fehden Götz von Berlichingens hinweist; siehe ferner Schulze, Deutsche Geschichte, S. 111-117; Zmora. 13 Press, Wilhelm von Grumbach, S. 401-402. 10

258 diese Aktion trägt Züge einer persönlichen Fehde. Nachdem Rem 1514 aus der Firma ausgeschieden war und sich mit Ambrosius Höchstetter nicht über die Höhe seiner Gewinnbeteiligung einigen konnte, hatte er zunächst die Höchstetter vor dem Stadtgericht verklagt, den Schiedsspruch des Gerichts anschließend aber abgelehnt und die Reichsgerichte angerufen. 14 Dem Chronisten Matthäus Langenmantel zufolge bezichtigten Höchstetter und Rem sich gegenseitig, sie hätten „Kauffmanß glauben nit gehalten", und Rem habe außerdem Höchstetter beschuldigt, er hätte „gelt auss der gesellschaft genomen vnd zu seinem nutz gebraucht on wissen vnd willen der gesellschaft, Höchstetter hette auch Inen ain hauptguett von gemeiner gesellschaft gewin geschepft nach seinem gefallen". 15 Ein weiterer zeitgenössischer Beobachter, der Mönch Clemens Sender, machte die weitergehenden gesellschaftlichen Implikationen des Konflikts deutlich, indem er berichtete, daß Rem sich nach Kräften bemühte, die Geschäftspraktiken der Höchstetter-Gesellschaft publik zu machen. Rem habe vor allem den Reichsadel fur sich gewinnen können, „von wegen daß er inen hat anzeigt solichen überschwencklichen gewinn der kauffleut in so kurtzer zeit, darab sie ain fraid hetten und sagten, der kauffleut gewinn übertreff der juden wuocher sibenveltig." Er selbst habe „offt von im gehört, wie es ist zugangen, daß in so kurtzer zeit die Hechsteter so groß gut gewunen haben". 16 Der Hinweis auf die Beachtung, die Rems Angriffe auf die Höchstetter beim Adel fanden, macht zugleich plausibel, warum Rem schließlich auf die Form der Fehde zurückgriff. Insofern war sein Überfall auf den Kaufmannszug der Höchstetter keine „sinnlose" Aktion, wie Götz Freiherr von Pölnitz meinte, sondern die logische Konsequenz seines tiefen Zerwürfnisses mit einem Mitglied der städtischen Führungsschicht und seiner Überzeugung, daß die städtische Obrigkeit ihm sein „Recht" versagt hätte. Rem bezahlte seine Kompromißlosigkeit schließlich mit dem Tod im Gefängnis; daß seine Tiraden gegen das Geschäftsverhalten der Höchstetter viel Zustimmung fanden, zeigt sich aber nicht zuletzt daran, daß im Aufstand der Gemeinde gegen den Rat von 1524 die Aufständischen unter anderem auch die Freilassung Rems forderten.17 Bevor der von Sylvester Raid und Georg Fröhlich geplante Überfall auf einen Transport der Haug-Langnauer-Linck allerdings zur Ausführung kam, wurde gegen Raid wegen seiner Beteiligung an dem Grumbachschen Raubüberfall auf den Venediger Boten Anklage erhoben.18 Anfang Mai 1558 wurde er auf die Intervention eines kaiserlichen Beauftragten hin in Donauwörth verhaftet und nach Wiener 14

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Für eine Darstellung der Auseinandersetzung, in der sich auch Jakob Fugger als Vermittler bemühte, vgl. Pölnitz, Jakob Fugger, Bd. 1, S. 481-482, 506. Vgl. ferner Burschel/Häberlein, S. 63-64. S t B A , 2 ° C o d . Aug. 51, S. 691-692. Chroniken, Bd. 23, S. 147-148. Chroniken, Bd. 25, S. 207. Roth, Sylvester Raid, S. 12-13; Pölnitz/Kellenbenz, Anton Fugger, Bd. 3/2, S. 171.

259 Neustadt gebracht. In einem Verfahren, an dem sich Kaiser Ferdinand persönlich stark interessiert zeigte, wurde Raid insbesondere auch auf seine politischen Aktivitäten hin befragt. Selbst unter der Folter gab Raid jedoch über seine Verbindungen zu Georg Österreicher, Jakob Herbrot und vor allem zu Georg Fröhlich keine klaren Auskünfte. Am 14. November 1558 wurde er schließlich in Neustadt hingerichtet.' 9 Am 5. Juli 1558, also zwei Monate nach Raids zweifellos aufsehenerregender Gefangennahme in Donauwörth und seiner Überführung nach Österreich, entschlossen sich Hans und David Weyer, nun ihrerseits den Rechtsweg zu beschreiten und vor dem Stadtgericht eine Petition um eine „cessio bonorum", eine freiwillige Güterübergabe an ihre Gläubiger, vorzubringen. Die Wahl des Zeitpunktes deutet darauf hin, daß die Bankrotteure nunmehr eine Gelegenheit erblickten, im Rahmen des städtischen Gerichtssystems und der städtischen Rechtsordnung zu einer für sie günstigen Lösung zu gelangen. Der Anwalt der Brüder, der Augsburger Notar Ulrich Vesenmair, trug in seiner Petition vor, seine Mandanten hätten bei ihren Gläubigern „vmb guetliche Handlung, zum vleissigsten anhallten lassen, vnnd allso in gepflegter guetlicher vnnderhandlung, so weit sich Ir vermögen erstreckt, an Inen nichtz erwinden lassen". Die Weyer könnten zwar ihre Gläubiger bei weitem nicht bezahlen, doch seien sie allein „durch zugestannden widerwerttig glückh" in ihre mißliche Lage geraten. Eine Übergabe ihrer verbliebenen Besitztümer - „wie die namen haben, nichtz ausgenommen, dann allein Ire schlechte tegliche kleider" - an ihre Kreditoren sei die für alle Parteien beste Lösung. 20 Der Augsburger Stadtvogt setzte daraufhin einen Rechtstag an, an dem die Gläubiger ihre Forderungen vorbringen konnten.21 Das Stadtgericht, das einzige ordentliche Gericht der Reichsstadt, setzte sich nach der Verfassungsänderung Karls V. aus sechzehn Richtern zusammen, von denen zehn dem Patriziat angehörten, während die Mehrer, die Kaufleutestube und die Gemeinde jeweils zwei Richter stellten. Der Reichsstadtvogt, der wie der Burggraf an den Gerichtssitzungen teilnahm und formell den Vorsitz führte, hatte um die Mitte des 16. Jahrhunderts im wesentlichen nur noch eine zeremonielle Funktion.22 Ein Blick auf die Zusammensetzung des Gremiums im Jahre 1558,23 in dem die Weyer ihre Petition vor das Stadtgericht brachten, zeigt, daß das Gericht in diesem Fall keineswegs frei von verwandtschaftlichen und geschäftlichen Interessen gewesen sein dürfte. Das Amt des Oberrichters bekleidete mit dem Patrizier Christoph Christoph Rehlinger einer der Gläubiger der Weyer. Mit Lukas Rem 19 20

21 22 23

Roth, Sylvester Raid, S. 14-17; Pölnitz/Kellenbenz, Anton Fugger, Bd. 3/2, S. 188. StAA, StG 30, fol. Γ - Γ , 18 v . Der Nachweis, daß insolvente Schuldner ohne eigenes Verschulden in Konkurs geraten waren, bildete in der Regel die Grundvoraussetzung für die Zulässigkeit einer „cessio bonorum": Hellmann, S. 95-99, bes. S. 98. StAA, StG 30, fol. 3 r -5 v . Liedl, S. 55-57, 59-60; Roeck, Krieg und Frieden, Bd. 1, S. 251-252. StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 30-31, 43, 46.

260 d.J., Hans Heinrich Herwart und Bernhard Meuting saßen drei Patrizier im Stadtgericht, die wie die Weyer stark in Anleihegeschäften mit der französischen Krone engagiert waren. Daniel Ulstett, der 1558 nach fünfjähriger Amtszeit aus dem Stadtgericht ausschied, hatte, wie oben gezeigt, gleichfalls Geschäftsverbindungen nach Frankreich. Die Richter Georg von Stetten d.J., Christoph Rehlinger, Markus Herwart, Paul Haintzel und Hans Lukas Welser sind eher dem nicht-kaufmännischen Teil des Augsburger Patriziats zuzurechnen, doch hatten sie allesamt beträchtliche Kapitalien bei den großen Augsburger Handelsgesellschaften angelegt. Mehrere dieser Richter verfugten über enge verwandtschaftliche Beziehungen zu den Teilhabern der Haug-Langnauer-Linck-Gesellschaft, die die Hauptgläubiger der Weyer waren. Daniel Ulstett war ein Schwager David Haugs, Markus Herwart war mit einer Schwester Hans Langnauers verheiratet, und 1558 nahm Ulrich Lincks Schwiegersohn Markus Pfister d.J., zugleich ein weiterer Schwager Hans Langnauers, einen Platz im Stadtgericht ein.24 Als Vertreter der Mehrer saßen 1558 Christoph Manlich, Vetter und zugleich Gläubiger von Hans und David Weyer, und dessen Vetter Hieronymus Freer im Stadtgericht. Die Kaufleutestube war durch Christoph Mair, einen Schwiegersohn Lukas Müllers, des Onkels von Hans und David Weyer, sowie durch Markus Elsässer im Stadtgericht repräsentiert. Die Frage, ob ihre richterliche Tätigkeit eine Vollzeitbeschäftigung darstellte, die Liedl in seiner rechtsgeschichtlichen Untersuchung offen läßt,25 ist angesichts der Tatsache, daß Richter wie Christoph Manlich, Bernhard Meuting oder Lukas Rem d.J. eigene Handelsfirmen leiteten, wohl eindeutig zu verneinen. Während die Richter am Stadtgericht durchweg Laien waren, beauftragten mehrere Weyer-Gläubiger im Verlauf des Verfahrens „professionelle" Anwälte, Notare oder Prokuratoren mit ihrer Vertretung. Hieronymus und David Zangmeister etwa gaben die Vollmacht, die sie von den Salzburger Alt erhalten hatten, an den Notar Christoph Müller weiter. Die Münchner Seehofer erteilten dem Notar Melchior Schmid, die Zollherren von Konstanz dem Anwalt Thomas Hafner Prokura, und die Zoll- und Geleitsherren der Stadt Bern wurden vor Gericht durch den Anwalt Hans Caesar vertreten. 26 Thomas Hafner erhielt auch Prozeßvollmachten von Georg Fröhlich, Hans Hörlin und Christoph Manlich. 27 Wenn die Weyer gehofft hatten, daß die dramatischen Ereignisse um Fröhlich, Raid und Langnauer ihre Chancen auf einen Kompromiß mit ihren Gläubigern verbessert hatten, so sahen sie sich bald enttäuscht. Bereits die Einberufung der Kreditoren auf den in Augsburg angesetzten Rechtstag 28 gab Anlaß zu erheblichen Konflikten, und einmal mehr war es Georg Fröhlich, der sich besonders kämpfe24 25 26 27 28

StAA, Werner/Lilienthal, „Haug", „Langnauer", „Linck". Liedl, S. 59. StAA, StG 30, fol. 25 v -28 r , 39 v . Ebd. fol. 26', 32 r , 36 r -36 v . Zum Verfahren der Ladung vgl. Liedl, S. 69-70. Grundsätzlich zum Verfahren erster Instanz vor dem Augsburger Stadtgericht ebd., S. 70-88.

261 risch und unversöhnlich gab. Fröhlich schrieb dem Augsburger Rat im August 1558, es sei „ein Lannge mans person, In einem grienen Rockh, Rotten parth, ainem paretlin aufm Kopff, vnnd Lanngen Seiten Wöhren" zu ihm nach Schlachteck gekommen. Um die in dieser Beschreibung enthaltenen Suggestionen noch expliziter zu machen, fugte der ehemalige Augsburger Stadtschreiber noch hinzu: „Er hat khein gestallt eines potten gehapt, sonnder mehr eines mörders oder verrethers." Dieser Mann sei zu ihm in seine Stube getreten und habe ihn mit den Worten angesprochen: „Meine herrn die Weyher, schickent euch hiemit ein Citation, die wissent zu empfachen", worauf Fröhlich zur Antwort gab, „Ich nemme vonn den Weyern keine Brieff, oder Citationen an, denn sy haben mir mein gellt vnnd guet gestollenn, dessen vnnd keiner brieff pin ich vonn Inen gewerttig, magst daruff die brieff tragen ann ortt, da du sy empfanngen". Darauf sei der Bote zur Türe hinaus gerannt und habe den Brief hinter sich geworfen. Als Fröhlich ihm nachschrie, er solle den Brief wieder nehmen, habe der Mann „In sein wöhre gegriffen, vnnd meiner begeret". Weil Fröhlich aber „kein wöhre, ausser eins kleinen waidner" bei sich getragen hätte, sei er gegangen, um sich eine Waffe zu holen. Währenddessen sei der Bote „schnell entrunnen". 29 Abgesehen von ihrer Farbigkeit und Theatralik demonstriert diese Episode wiederum eine erstaunliche Gewaltbereitschaft der Beteiligten. Eine scheinbar völlig harmlose Situation - das Überbringen eines Briefes - eskalierte um ein Haar zum bewaffneten Konflikt. Diese Überreaktion läßt sich vordergründig als Indiz fur das hitzige Temperament Fröhlichs interpretieren, für die seine Biographie eine Reihe weiterer Anhaltspunkte enthält. Darüber hinaus kommt darin jedoch auch ein spezifisches Rechtsverständnis zum Ausdruck: Fröhlich lehnte den Konfliktaustrag auf dem Vergleichsweg kategorisch ab, weil ihm die Weyer sein „gellt vnnd guet gestollen" hätten, sie also wie Kriminelle behandelt werden sollten. Es paßt in dieses Bild, wenn Fröhlichs Gegenspieler in dieser Situation als Verbrecher, als Person mit stets latent vorhandener Gewaltbereitschaft charakterisiert wird. Fröhlich machte in seinem Brief außerdem unmißverständlich klar, er hielte die Gebrüder Weyer „nit für meine Redliche Schuldner, [...] sonnder alle drey [...] für öffentliche wissentliche dieb". Das Geld, das er den Weyer übergeben habe, um es in Form französischer Kronanleihen anzulegen, hätten diese „aintweder nie angelegt, dahin ichs vermaint, oder anglegt, vnnd one mein wissen vnd willen, heimlicher diebischer weiß, Ires gefallene vertzogen, vnnd verwendt." 30 Fröhlichs Argumentation war durchgängig darauf ausgerichtet, das Verhalten der Weyer zu kriminalisieren; er forderte das Gericht auf, die Brüder wie Verbrecher zu behan-

29

30

StAA, StG 30, fol. 8r. Während Augsburger Bürger durch einen Gerichtswaibel geladen wurden, konnte auswärtigen Personen wie Georg Fröhlich die Ladung durch einen besonderen Boten überbracht werden: Liedl, S. 69. StAA, StG 30, fol. 8V.

262 dein: „Sollen dise vnnd dergleichen diebische bose griffe, Inn den furnembsten Reichsstätten, allso vberhanndt nemmen, vnnd mit vermainten Cessionen, oder gleich erdichten vertregen gedeckht werdenn, mocht ich gern vernemen, mit wz Rechtn ain dieb, ain Rauber, oder annder beschediger, der seinen Hallß an die böse thatt wagt, sollten vom Leben zum todt zu vrteilen sein [....]". 31 Nicht das Stadtgericht als ordentliche Rechtsinstanz, sondern der Rat als strafende Obrigkeit sollte sich nach Fröhlichs Auffassung mit dem Bankrott der Weyer befassen. Fröhlich war jedoch keineswegs der einzige Gläubiger, der eine Übereinkunft mit den Weyer auf dem Rechtsweg kategorisch ablehnte. Der Memminger Ulrich Hanckelmann, den der Bote des Augsburger Gerichts in seinem Garten antraf, lehnte, nachdem er sich mit seiner Frau beraten hatte, es ebenfalls ab, die Citation entgegenzunehmen. 32 Wie im Falle Fröhlichs evoziert auch hier die Darstellung der Situation - der Memminger wird in der Ruhe und Abgeschiedenheit seines Gartens im Kreise seiner Familie von einem „Eindringling" gestört - den Eindruck eines Friedensbruchs, den der Gang der Weyer vor das Stadtgericht in den Augen ihrer Gläubiger darstellte. Außerdem erreichten den Augsburger Rat im August und September 1558 auch Briefe von Schultheiß und Rat der Städte Bern und Lenzburg und der „acht alten Orte" der Eidgenossenschaft, in denen diese die Bezahlung ausstehender Zoll- und Geleitkosten forderten. In den Schreiben deutet sich an, daß der Bankrottfall der Weyer nicht unerhebliche Konsequenzen fiir den Augsburger Handel mit der Schweiz nach sich zu ziehen drohte. Der Berner Magistrat kündigte an, wenn die Schulden der Weyer nicht bald bezahlt würden, sehe man sich veranlaßt, von den Augsburgern das Zoll- und Geleitgeld stets sofort in bar einzufordern; „wie wol Inen dz komen würde," fugten die Berner hinzu, „geben wir euch, vnnd Inen zu bedennckhen." 33 Mit dem gleichen Schreiben bevollmächtigte Bern seinen ehemaligen Bürger Bartholomäus May, die Interessen der Stadt im Weyer-Prozeß zu vertreten. May hatte nach langjähriger Faktorentätigkeit fur die Gesellschaft Bartholomäus Welsers in Spanien 1548 in Augsburg Sibilla Rembold, eine Tochter des Patriziers Jakob Rembold, geheiratet und damit das Augsburger Bürgerrecht erworben. 34 Sein Schwiegervater hatte wie May selbst als Vertreter der Welser in Spanien gearbeitet. Nach dem Rückzug Bartholomäus Welsers aus dem Geschäft wurden Rembold und May um 1552 Teilhaber der Nachfolgegesellschaft „Christoph Welser und Gebrüder". 35 Nach 1560 machte May in Augsburg auch in 31

Ebd., fol. 9 r .

32

Ebd., fol. 14 v . Eine Verpflichtung, sich auf eine Klage einzulassen, bestand nur für Augsburger Bürger: vgl. Liedl, S. 74.

33

StAA, StG 30, fol. 10 r -10 v . Der Magistrat von Bern richtete bis 1560 noch mehrere weitere Schreiben in dieser Angelegenheit an den Augsburger Rat: StAA, RP 30/11 ( 1 5 5 8 ) , fol. 63 v ; RP 31/1 (1559), fol. 16 v ; RP 31/11 ( 1 5 6 0 ) , fol. 89 r .

34

Bezzel, S. 2 3 6 - 2 3 7 .

35

Werner, Bartholomäus Welser, 1967 I, Anhang; 1968 II, S. 86; Riebartsch, S. 135.

263 politischen und administrativen Ämtern Karriere: 1561 wurde er Mitglied des Kleinen Rates und Spitalpfleger, und von 1570 bis 1574 bekleidete er als Vertreter der Mehrer das Bürgermeisteramt. 36 Während diese Laufbahn Mays Integration in die Augsburger Oberschicht und insbesondere seine enge Bindung an das „Welser-Netzwerk" demonstriert,37 deutet seine Bevollmächtigung durch den Berner Rat im Bankrottprozeß der Weyer auch auf weiterhin wirksame Beziehungen zu seiner Heimatstadt und damit auf die Bedeutung des Faktors „Landsmannschaft" hin. Bartholomäus May übertrug seine Vollmacht allerdings bald auf den Juristen Hans Caesar.38 Schultheiß und Magistrat von Lenzburg warnten den Augsburger Rat vor ähnlichen Folgen, wie sie Bern angedroht hatte: „Es möchte aber wol dahin geratten, das man von keinem Kauffherrn die Zollbrieff mer nemmen, sonnders Ir wahr, vnnd gueter, one ain gepottnen zoll, nit hindurch faren lassendt." 39 Die gleichen Konsequenzen - keine Durchfahrt für Augsburger Kaufmannsgüter ohne sofortige Bezahlung - kündigten auch die alten Orte an.40 In eben dieser Phase des Konkursverfahrens, in der sich nicht unbeträchtliche negative Auswirkungen des Falls fur den Augsburger Handel abzuzeichnen begannen, wurde auch der Rat der Reichsstadt erstmals in dieser Sache aktiv und ordnete am 13. August 1558 an, daß Hans Weyer verhaftet und „hinab gelegt" werden sollte, sobald er aus der Freiung komme. 41 Weyer gelang jedoch, wie wir aus der Chronik Paul Hektor Mairs wissen, die Flucht aus der Stadt.42 Angesichts der von Fröhlich erhobenen Anschuldigungen mußte der WeyerAnwalt Ulrich Vesenmair nunmehr versuchen, den Vorwurf des Betrugs zu entkräften und seine Mandanten als Opfer unglücklicher Umstände erscheinen zu lassen. Als sie in großem Umfang Fremdkapital aufnahmen, so Vesenmair in einer weiteren Petition an das Stadtgericht, hätten die Weyer „nit annderst verhofft, dann Gott der Herr, wie etliche Jar beschechenn, sein gnedig gedeyhen, vnnd Göttlichen segen, dartzue geben, vnnd dz Jhenig verhuetten würdt, dz Jetzo Leider vor Augen [...]." Zwar hätten sich die Brüder in „vilfelltige hochwichtige hanndlungen", insbesondere Wechselgeschäfte, „zuuil vnbedechtlich eingelassen" und damit „Ir aigen verderben ghandlet", doch liege kein schuldhaftes Verhalten vor. Göttlicher Wille und menschliche Unvollkommenheit bildeten das Bezugssystem, innerhalb dessen der Weyer-Anwalt seine Argumentation entwickelte. So hätten die Weyer eine große Summe Geldes „on allen nutz, vnnd Verzinsung" ausgeliehen, die sie „mit Irem nachteill verzinst" hätten. In dieser Lage seien sie von ihren 36 37 38 39 40 41 42

Bezzel, S. 237. Vgl. Sieh-Burens, Oligarchie, S. 78, 81, 84-85, 89. StAA, StG 30, fol. 26 r . Ebd., fol. 11v. Ebd., fol. 1 l v -12 r . StAA, RP 30/11 (1558), fol. 55r. Chroniken, Bd. 33, S. 78.

264 Lyoner Gläubigern, welche die umgehende Bezahlung ihrer Außenstände forderten, „vbereyllt, vnnd dahin getrungen worden, das sy Ir trawen vnd glauben, lennger nit erhalten künden" und aus der Stadt fliehen mußten. Den Bankrotteuren war nach Auffassung des Anwalts somit allenfalls vorzuwerfen, „das sy den Leuthen, Inn all iren sachenn vnnd hanndlungen, zuuil vertrautt, vnnd geglaubt." 43 Die Kreditoren der Weyer zeigten sich jedoch von Vesenmairs Interpretation wenig überzeugt. Der Anwalt Georg Fröhlichs äußerte den Verdacht, die Weyer hätten das Geld, das ihnen der ehemalige Stadtschreiber anvertraute, nie in Frankreich angelegt, sondern ohne dessen Wissen oder Einwilligung und zu Fröhlichs größtem Nachteil „Inn Iren aignen nutz [...] böser vngetrewer weiß" verwendet. 44 Die Weyer seien keineswegs allein aufgrund unglücklicher Umstände, sondern „zum theil durch geupten pracht vnnd hoffart, auch vbermessig verschwenden", insbesondere David Weyers, in ihren „verderblichen fal" geraten. Darüber hinaus hätten sie „[...] auch eben derselben Zeit gewüst, das sy souil zubetzallenn, Inn Irem gantzen vermögen nicht gehapt, alls sy schuldig gewesen, haben aber allein der hoffnung gelebt, das sy etwann villeicht möchtenndt durch zusteendt glückh, widerumb zu stattlichem auffnemen gerathen. [...] Darumben sy auch also fursetzlichen hinein gerunnen, vnnd Ine herrn Frölich [...] mit fürgesetztem willen, betrogen haben."45 Die Münchner Gebrüder Seehofer nahmen ebenfalls die Unterscheidung zwischen unglücklichen Umständen und persönlichem Verschulden zum Ausgangspunkt ihrer Argumentation. Ihrer Meinung nach waren die Weyer nicht durch „casus fortuitos", Vorkommnisse wie „Raub, nemen, wasser, feur, vnnd dergleichen widerwerttig glückh, Inn solliche Armueth vnnd verderben khommen", sondern vielmehr „auß vbermessig geprauchtem pracht, hoffart, eusseriste[r] negligentz, vnnd gevärlichem vnfleiß, gantz vnpillich verschwennden, vnnd dilapidiern, auch mit allerley geüpten Leichtferttigkeit" letztlich zahlungsunfähig geworden. Der Anwalt der Seehofer berief sich dabei ausdrücklich auf die Bestimmungen der Reichspolizeiordnung von 1548.46 Die auf dem Augsburger Reichstag von 1548 verabschiedete Polizeiordnung, auf die hier Bezug genommen wurde, enthielt einen eigenen Abschnitt „Von verdorbnen Kaufleuten", in dem festgestellt wurde, daß zahlreiche Handelsleute „gefährlicher und betrieglicher Weiß im Schein Trauens und Glaubens" Geld aufnehmen und Waren auf Kredit erwerben würden und später „mit ihrem übermäßi43 44 45 46

StAA, StG 30, fol. 17r-17v. Ebd., fol. 20r. Ebd., fol. 22 v -23 r . Ebd., fol. 41r-42r.

265 gen Pracht / unordentlichen Wesen [...], ohn daß ihnen an ihren Leiben und Gütern einige Ungefäll / Schäden / Gefängnuß oder Satzung zustehen / in Abnehmen und Verderben kommen / darnach auffstehen / außtretten / sich in andere Herrschafft begeben" und dort Schutz finden würden. Da derartige „betrügliche und schädliche Handlungen, die sich einem Diebstahl wohl vergleichen / dem gemeinen Nutz zu Nachtheil reichen", sah die Reichspolizeiordnung vor, „daß solche Handthierer und Gewerbsleut, so sie fursetzlicher oder betrieglicher Weiß / und nicht auß kündlichem zugestandenem Unfall, auffstehen / Bancrot machen / und außtrünnig werden, hinfuro von keiner Herrschafft oder Obrigkeit auffgenommen, noch ohn Willen der Glaubiger vergleitet und geduldet, sondern wo sie betretten, zu Hafften angenommen, den Klägern zu Recht gehalten, und nach Gestalt der Sachen gestrafft, [...][und] zu keinen Aemptern oder Dignitäten gezogen werden sollen [...]."4? Die eindeutig negative Charakterisierung des Bankrottphänomens in der kaiserlichen Polizeiordnung von 1548 macht deutlich, warum die Weyer bei ihrem Gesuch um eine „cessio bonorum" schlechte Karten hatten: sie mußten selbst den Nachweis erbringen, daß sie nicht durch „übermäßigen Pracht" und betrügerische Verhaltensweisen, sondern allein aufgrund widriger Umstände zahlungsunfähig geworden waren. Wenn sie ihre Gläubiger davon nicht überzeugen konnten - und die Reaktionen der Anwälte Georg Fröhlichs und der Seehofer zeigen, daß ihnen dies bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht gelungen war dann standen die Bestimmungen der Ordnung eindeutig gegen sie. Daneben insistierten die Seehofer nachdrücklich darauf, daß neben Hans und David Weyer auch deren Bruder Sebastian Teilhaber der Firma gewesen und daher als mithaftender Schuldner anzusehen sei. Sebastian Weyer habe die Obligation, durch welche die 1556 fällige Schuld der Weyer bei den Seehofer um ein Jahr verlängert wurde und die auf den Namen aller drei Weyer-Brüder lautete, eigenhändig unterschrieben. 48 Der Anwalt des Weyer-Vetters Christoph Manlich verlangte überdies, daß außer Hans, David und Sebastian Weyer auch ihr Vetter Dominikus, der sich „mit vnnd neben Inen, gegen Ime herrn mannlich samentlich eingelassen vnnd obligirt hat", fur die Schulden der Firma aufzukommen habe.49 Manlichs Anwalt führte ferner aus, sein „Principal" habe sich darauf verlassen, daß die Weyer „Irem trawen vnnd glauben, wie pillich, Recht, vnnd bey ehrlichen hanndels Leuthen der geprauch ist [...] auffrecht vnd Redlich nachgesetzt" hätten. Die Weyer hätten jedoch „Iren gegebnen trawen vnnd glauben vngepürlicher weiß, Inn vergessen gestellt" und „aller erbarkheit zugegen gehanndlet", indem sie 47 48 49

Neue und vollständigere Sammlung der Reichs=Abschiede, Teil 2, S. 600. StAA, StG 30, fol. 40 r -40 v . Ebd., fol. 33 v -34 r .

266 das Geld, das sie fur ihn bei der französischen Krone anlegen sollten, „aigens freuenlichs willens vnnd gwalltz" wieder abgelöst und zur Bezahlung ihrer eigenen Schulden verwendet hätten.50 Eine Gruppe weiterer Gläubiger, zu der Hans Hörlin, Ott Herwart, Melchior Manlich (vermutlich als Vertreter der Haug-Langnauer-Linck-Gesellschaft) und Paul Hektor Mair gehörten, erhob nach der Überprüfung der Weyerischen Handelsbücher durch Matthäus Manlich und Joachim Jenisch ebenfalls den Vorwurf, die Weyer hätten „gar wider Kauffmans prauch" ihre Rechnungen, insbesondere das Lyoner Handelsbuch, sehr nachlässig geführt. Die Kreditoren kamen zu dem Schluß, „das die Weyer lanng zeit, annderst nicht Im synn gehapt, dann Ire glaubiger vmb dz vertrautt gelt zubetrüegen, vnnd dasselbig heimlich zuuersteckhen." Ihrer Ansicht nach zielte die Strategie der Weyer darauf ab, ihren Gläubigern nur einen kleinen Teil ihrer Forderungen auszuzahlen und den größeren Teil, den sie angeblich versteckt hielten, einzubehalten. Der Konkurs war für sie nichts anderes als „ein lautterer muettwill, vnd betrug".51 Auch Sabina Rehlinger, die Witwe Felix Hünlins und Ulrich Linck, der Onkel von Hans und David Weyer, waren nicht bereit, die cessio bonorum anzunehmen. 52 In der zweiten Phase des Prozesses änderte der Anwalt der Weyer seine Strategie, indem er die Verteidigung seiner Mandanten von einer allgemein-normativen auf eine konkret-praktische Ebene verlagerte. Zum einen brachte er das utilitaristische Argument vor, daß der Schaden, insbesondere an uneinbringlichen Schulden, um so größer werde, je länger sich die Auseinandersetzung hinziehe. Speziell gegen die Darstellung Georg Fröhlichs wandte er ein, diesem sei 1555 durch Sebastian Weyer und dessen „Schwager" Hans Hofmair die Bezahlung der Summe angeboten worden, doch habe Fröhlich wegen eines „kleinen verlusts" von etwa 100 Kronen, „wellicher auß böser müntz, vnnd gelegenheit der Zeit eruollgt", das Angebot abgelehnt.53 Das Geld Christoph Manlichs habe Weyer in seinem eigenen Namen angelegt, weil Manlich „seinen Namen disfalls nit tragenn wöllenn", also offenbar mit Rücksicht auf seine wirtschaftlichen Interessen im habsburgischen Machtbereich nicht selbst als Darlehensgeber der französischen Krone in Erscheinung treten wollte. Als der Run auf ihre Kassen einsetzte, hätten die Weyer nicht mehr verhindern können, daß Manlichs Geld von anderen Kreditoren eingezogen wurde.54 Erneut verwies der Anwalt auf das Zusammentreffen unglücklicher Umstände mit einer überaus rigorosen Haltung der Gläubiger, wobei er sogar andeutete, daß der Bankrott auf ein Komplott einiger Kreditoren zu50 51 52 53

54

Ebd., fol. 32 v -33 r . Ebd., fol. 45 r -45 v . Ebd., fol. 34 r -35 r , 36 v -37 v , Al'. Ebd., fol. 49 r -51 v . So auch Hans Weyer selbst in einem Brief an den Augsburger Rat vom 23.6.1558: StAA, Personenselekt Fröhlich. StAA, StG 30, fol. 51 v . Christoph Manlich bestritt die Darstellung der Weyer energisch: ebd., fol. 56 v -58 v .

267 rückzuführen sei: „Alls nemlich sein Inen an einer summa vertrautter schuldt, biß Inn 25.000 fl vnnd an anndern mer ortten gleich souil, auff einmal, vnnd zu einer Zeit verloren, Seindt auch hernach zu mehrer vnndertreibung Ires gehapten trawen vnnd glaubens, zu Irem entlichen verderben, Inn Lion [...] von Iren Creditorn angeuordert, beschreidt, vberfallen, vnd zu eyllender betzallung getrungen worden".55 Speziell im Hinblick auf die Betrugsvorwürfe Georg Fröhlichs beteuerte Hans Weyer: „Dann bey der höchsten warheit, die Gott selbst ist, kann vnnd wirt kain falsch, Betrug, noch diebstal, wie vnns Frölich, neben der warheit bezeicht, nimmermehr erfunden werden." 56 Eine Reihe von Gläubigern stellten hingegen in einer Eingabe vom Dezember 1558 die Weyer erneut als treulose und leichtfertige Betrüger dar und wiesen besonders darauf hin, daß das Fehlen schriftlicher Unterlagen es so gut wie unmöglich mache, die Hintergründe des Bankrotts zu klären. Gerade deswegen sei es aber nur recht und billig, „das sollicher bösen Buben boßheit, nit begnadet, sonnder nach warung der Rechten gestrafft, vnnd [sie] fenckhlich enthallten sollen werden." 57 Von den Gläubigern wollten lediglich Ulrich Linck, die Mutter der Brüder Weyer sowie Sebastian und Dominikus Weyer in die cessio bonorum „von wegen nechst gesipter freundtschafft" einwilligen 58 - ein erster Hinweis darauf, daß der Faktor Verwandtschaft die Verhaltensweisen der Gläubiger im Konkursverfahren entscheidend beeinflußte. Trotzdem lehnte das Augsburger Stadtgericht am 4. Februar 1559 das Gesuch der Weyer um eine cessio bonorum ab.59 Fünf Monate später, am 1. Juni 1559, brachten die Weyer ihre Appellation gegen diesen Urteilsspruch vor das Stadtgericht.60 Die Wahl des Zeitpunkts war diesmal möglicherweise durch den Umstand mitbestimmt, daß die Konkurswelle in Augsburg mittlerweile auch andere Augsburger Firmen erfaßt hatte. Nur zwei Tage vorher, am 30. Mai 1559, hatte der Augsburger Rat z.B. erstmals mit den Gläubigern des zahlungsunfähigen Kaufmanns Felix Ruger über die Frage des Geleits verhandelt.61 Die Weyer konnten sich also gewisse Hoffnungen darauf machen, daß das Phänomen „Bankrott" nun nicht mehr allein als ihr persönliches Versagen und Verschulden, sondern als Manifestation einer umfassenderen Krise des Augsburger Handels betrachtet werden würde. Daneben stellte sich das ganz unmittelbare Problem, daß in den vorangegangenen Jahren keinerlei Fortschritte in den Unterhandlungen mit den Gläubigern erzielt werden konnten. Die Handelstätigkeit der Weyer war seit ihrem Bankrott 1557 völlig zum Stillstand gekommen, und die Aussichten der Brüder, von ihren eigenen Außenständen noch etwas 55 56 57 58 59 60 61

Ebd., fol. 52 v -53 r . StAA, Personenselekt Fröhlich, Brief Hans Weyers vom 23.6.1558. StAA, StG 30, fol. 59 v -62 r (Zitat fol. 61 r ). Ebd., fol. 65 r . Ebd., fol. 66 v . Zum Berufungsverfahren vgl. grundsätzlich Liedl, S. 94-98. StAA, RP 31/1 (1559), fol. f .

268 eintreiben zu können, wurden natürlich um so geringer, je länger sich die Auseinandersetzungen mit ihren Kreditoren hinzogen. Genau an diesem Punkt setzte der Anwalt der Bankrotteure in seinem Appellationslibell an. Er führte aus, daß die meisten Schuldforderungen der Weyer in Augsburg und Frankreich noch nicht abgerechnet seien.62 Mit Hilfe des noch immer gefangengehaltenen David Weyer, der die Interessen der Firma in Lyon vertreten hatte, könnten dem Anwalt zufolge 12.000 fl, eventuell sogar noch mehr, an Außenständen eingebracht werden. Außerdem boten die Weyer die Übergabe ihrer Bücher, Rechnungen, Schulden, Waren und persönlichen Habe an, „wie dann solches alles bei Irem Schwager Hanßen Neumair zue finden sein würdet." Die Unterstützung durch Verwandte, wie sie hier anklingt, wurde im Verlauf dieses zweiten Bankrottprozesses für die Weyer immer wichtiger. Zunächst jedoch lehnten die Kreditoren mit den bereits aus dem ersten Verfahren bekannten Bedenken und Argumenten ab. Der Anwalt von Alexander und Christoph Seehofer bekräftigte erneut, daß seiner Meinung nach die Weyer durch Hoffart, Verschwendung, Nachlässigkeit und Leichtfertigkeit in finanzielle Schwierigkeiten und „dise vnrhuembliche Hanndlung" geraten seien. Zudem hätten sie auch dann noch „fürsetzlicher betrueglicher weis" in großem Umfang Fremdkapital aufgenommen, als ihnen ihre eigene Insolvenz bereits längst klar gewesen sein mußte. Georg Fröhlichs Anwalt behauptete metaphernreich, das Angebot der Weyer, 12.000 fl an Schulden einzubringen, sei „ain spectren vnd dunst [...] die äugen zu bedecken, damit man nit sehe wie das gut, darmit Anwalds principal [Fröhlich] billich sollt vnd möcht bezalt werden, vertuscht, verdempft vnnd andern angehenckht würde." Die übrigen Gläubiger forderten zunächst eine genaue Aufstellung aller Außenstände und Schulden der Weyer - „was sye noch haben bey andern versteckt" - und erachteten die Einsetzung eines Gläubigerausschusses (curatores bonorum) für dringend erforderlich. Daß diese Forderungen erst jetzt gestellt wurden, deutet an, welche inhaltlichen Defizite der erste Prozeß aufwies. Der Rat trug denn auch dieser letzten Forderung Rechnung und ernannte 1560 Markus Ulstett d.J. und Christoph Gering sowie die Kreditoren Hans Waltmann und Georg Wilbrecht zu Kuratoren der „Weyerischen Hab vnd Güter". Ulstett, dessen Bruder Paul mit einer Schwester von Hans Weyers Ehefrau Sara verheiratet war, stand den Falliten verwandtschaftlich am nächsten; möglicherweise wurde er deshalb kurze Zeit später durch Christoph Rehlinger ersetzt.63 Das gesteigerte Interesse des zuvor nur marginal interessierten Rates am Verlauf des Weyerischen Konkursverfahrens kommt darin zum Ausdruck, daß er sich zwischen Juni 1560 und November 1561 auf nicht weniger als achtzehn Sitzungen mit diesem Bank62

63

Dieser und der folgende Abschnitt nach StAA, Stadtgericht, Appellationssache zwischen Hans, David, Sebastian Gebrüder Weiher und ihren Gläubigern, 1559-1569 (unverzeichnet). StAA, RP 31/11 (1560), fol. 48 r . Vgl. StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1551-1560, S. 353.

269 rott befaßte. Wiederholt ging es dabei um die Frage des Geleits für Hans Weyer, der ja aus der Stadt geflohen war und nur nach der Zusicherung freien Geleits zu Verhandlungen mit den Kreditoren in die Stadt zurückkehren wollte. 64 Hans und David Weyer bemühten sich von Ende September 1559 an getrennt voneinander, Bilanzen ihrer Aktiva und Passiva zu erstellen.65 David Weyer, der von seiner langen Gefangenschaft offenbar ziemlich zermürbt war, konnte dazu jedoch nur recht fragmentarische Angaben machen und berief sich darauf, daß Hans Weyer zahlreiche wichtige Geschäfte ohne sein Wissen getätigt habe. In einem Brief an seinen Vetter Hieronymus Zangmeister vom 12. Oktober 1559 bestritt er jegliche betrügerische Absicht: „Ich will Ehe Allen gewallt billichen [...] leyden mit gedult, Ich miest wol ain verzweyvelter verfluechter verdambter mensch sein, So ich gellt west dz Ichs nit anzaigtt". Weiter beschrieb er eindringlich die Leiden seiner Gefängnishaft, in der er nunmehr dreißig Monate lang zu allem geschwiegen habe, und beklagte sich bitter darüber, daß ihn sein Bruder Hans und seine ganze Verwandtschaft im Stich gelassen hätten. Alles, was der Anwalt der Brüder Weyer unternehme, geschehe ohne sein Wissen. Hier nahm ein Geschwisterkonflikt seinen Anfang, der im nächsten Kapitel eine gesonderte Darstellung finden wird. Der Anwalt der Brüder wies unterdessen in seiner Konklusionsschrift vom Oktober 1559 daraufhin, daß die Weyer von ihrer nächsten Verwandtschaft keine finanzielle Unterstützung erhalten könnten, da die Mutter der Brüder durch den Verlust ihrer Einlage in die Firma ihrer Söhne selbst in Armut geraten sei und auch Hans Weyers Frau dazu nicht in der Lage sei und „Ire freundt ein solchs nit gestaten". Darüber hinaus versuchte er die These, daß die Weyer unverschuldet in ihre Notlage gekommen seien, durch den Hinweis auf Verluste bei dem Getreidegeschäft mit den Loitz und verschiedene „böse Schulden" plausibel zu machen. Wichtige Schützenhilfe bekam er nun durch eine Eingabe von fünf Gläubigern, von denen vier zur nächsten Verwandtschaft der Bankrotteure gehörten. Magdalena Weyer, die Mutter der Brüder, deren Bruder Ulrich Linck, Sebastian und Dominikus Weyer sowie der Ratsdiener Paul Hektor Mair erklärten sich darin bereit, die angebotene Cession anzunehmen. Diese Entscheidung begründeten sie bezeichnenderweise nicht mit ihren verwandtschaftlichen Beziehungen zu Hans und David Weyer, sondern mit rein pragmatischen Erwägungen. Sie würden zwar genau wie alle anderen Kreditoren nichts lieber sehen als die vollständige Bezahlung ihrer Forderungen, doch befänden sie,

64

65

StAA, RP 31/11 (1560), fol. 48 r , 50 r , 51r, 52 v , 55 v , 59 r , 79 r , 81 v , 89 r , 94 r ; RP 31/111 (1560), fol. Γ, 14v; RP32/I (1561), fol. 6r, 8r, 34 r , 52 r , 78 v , 82 v . Dieser und der folgende Abschnitt wiederum nach StAA, Stadtgericht, Appellationssache zwischen Hans, David, Sebastian Gebrüder Weiher und ihren Gläubigern, 1559-1569 (unverzeichnet).

270 „das die genanntten Weyher Inn das höchst verderben geratten, vnnd man thue Inen gleich wie man wöll, weitters nit soluendo seien, dann als vil vnnser Jedem, nach seiner angepür, von dem, was noch vorhannden Ist, würdet volgen, vnnd sy die weiher bei Iren debitorn [...] werden guet machen vnnd verrichten können." Weiterhin waren sie der Auffassung, daß die lange Dauer des Verfahrens, die Gefangenschaft David Weyers und die Abwesenheit seines Bruders niemandem mehr schade als den Gläubigern. Die übrigen Gläubiger beharrten hingegen noch auf ihrer ablehnenden Haltung. Sie waren nicht bereit, die von den Weyer angegebenen „Verluste" anzuerkennen und schenkten auch der Behauptung, daß die Mutter der Brüder und Hans Weyers Ehefrau mittellos wären, keinen Glauben. Ausdrücklich verwahrten sie sich gegen die „vnnötige" Schrift einer Minderheit der Kreditoren: Sebastian und Dominikus Weyer seien überhaupt nicht als Gläubiger der Brüder, sondern selbst als mithaftende Schuldner zu betrachten, und Paul Hektor Mair habe sich von der Mehrheit der Gläubiger „nit one sonndern vorthail gesonndert". Die nach wie vor angespannte Situation spiegelt sich in einer pathetischen Supplik des Weyer-Anwalts wider, in der er den Gläubigern vorwarf, daß sie „den Ellenden Erbärmlichen mentschen dauiden weyher, vber das Sye Ine Inne Zeit seins gehabten Glaidts gefengelich Eingetzogen, vnschuldigelichen zu der tortur pringen vnnd peinigen möchten." Im November 1560 beschuldigten sich Hans und David Weyer überdies gegenseitig, durch ihre Nachlässigkeit und durch riskante Finanzoperationen den gemeinsamen Ruin herbeigeführt zu haben. 66 Erst gegen Ende des Jahres 1561, also über viereinhalb Jahre nachdem die Weyer ihre Zahlungen einstellen mußten, zeichnete sich schließlich eine Einigung ab. Auf Vermittlung von Joachim Jenisch, Hans Neumair, Paul Ulstett und Melchior Linck - allesamt Schwäger oder Vettern der Weyer - kam ein Vertrag zustande, in dem die Weyer ihren Gläubigern die Bezahlung eines Drittels der Schuldsumme binnen drei Jahren zusicherten. Falls sie mehr einbringen konnten, sollten sie ihre Kreditoren entsprechend höher entschädigen. Die Verwandten der Weyer hatten zudem „aus sonnderm Christenlichen mitleidenlichen gemüedt" auf Forderungen in Höhe von 30.000 fl verzichtet. Als einzige Gläubiger waren die Erben Felix Hünlins von Lindau, mit denen Melchior Ilsung und Christoph Manlich erfolglos in dieser Angelegenheit verhandelt hatten, nicht bereit, den Vertrag anzunehmen. Dennoch ratifizierte der Augsburger Rat den Vertrag 67 und ordnete im Dezember 1561 an, daß David Weyer mit Zustimmung der Gläubiger und ge-

66 67

Zu diesem Konflikt zwischen den Brüdern vgl. ausführlich Kap. 5.1. Bis hierher nach StAA, Stadtgericht, Appellationssache zwischen Hans, David, Sebastian Gebrüder Weiher und ihren Gläubigern, 1559-1569 (unverzeichnet).

271 gen Bürgschaft aus dem Gefängnis entlassen werden sollte.68 Das verwandtschaftliche Netzwerk der Weyer hatte, so läßt sich daraus folgern, letztlich doch noch funktioniert. Die Weyer verfugten trotz ihres Bankrotts noch über ein ausreichend großes „Sozialkapital" in Form ihrer verwandtschaftlichen Beziehungen, um zu einer Beilegung des Konflikts auf dem Kompromißweg zu gelangen. In den folgenden Jahren konnten die Weyer daran gehen, von ihren Außenständen einzubringen, was noch hereinzubekommen war. Hans Weyer stellte vermutlich zu diesem Zweck im September 1566 seinem Bruder David vor dem Lyoner Notar Delaforest eine Vollmacht aus.69 Einige Monate vorher hatte David Weyer vor demselben Notar eine Schuldforderung gegen Gaspar Vallory aus Carmagnac vorgebracht. 70 1567 erschien Hans Weyer im Namen seiner Frau mit einer Forderung von 6.000 fl unter den Gläubigern der inzwischen ebenfalls bankrotten Gebrüder Ulstett.71 David Weyer ließ sich offenbar auf Dauer in Lyon nieder, wo er 1567 wie Georg Obrecht, die Gebrüder Darut und Matthäus Spon zu denjenigen Oberdeutschen und Schweizern gehörte, die sich der reformierten Gemeinde Lyons angeschlossen hatten.72 Daß seine Verbindungen nach Augsburg auch in dieser Zeit nicht abrissen, zeigen zwei Vollmachten aus dem Jahre 1576, in denen mehrere Verwandte, Joachim und David Jenisch, Melchior Linck und Hans Neumair, ihn beauftragten, in Frankreich Schulden einzubringen. 73 Zwei Gläubiger der Weyer, die Erben Felix Hünlins von Lindau und Heinrich von Jasmund von Stettin, hatten ihre Opposition gegen den 1561 erzielten Kompromiß indes noch immer nicht aufgegeben, 74 und 1569 erreichten die Hünlin sogar die Inhaftierung Hans Weyers in der Fronfeste. Im September dieses Jahres bewilligte der Rat Hans Weyers Frau, ihren Mann „on seiner gleubiger zuothun zuunderhalten". 75 Daran schloß sich 1570/71 ein weiterer Appellationsprozeß vor dem Augsburger Stadtgericht an. Hans Weyer, der wiederum eine cessio bonorum anstrebte, berief sich auf den 1561 abgeschlossenen Vertrag, den die überwiegende Mehrheit seiner Gläubiger angenommen habe, und behauptete, er sei durch die Schuld seines Bruders in finanzielle Schwierigkeiten geraten.76 Daneben legte 68 69 70

71 72 73 74

75 76

StAA, RP 31/1 (1561), fol. 95 r . Arch. Dept. Rhone, 3E 4167 (Delaforest), 14.9.1566. Arch. Dept. Rhone, 3E 4166 (Delaforest), 10.5.1566. David Weyer wurde in diesem Dokument als „marchant Alemant demeurant ä Lyon" bezeichnet. StAA, Spreng I, Nr. 1. Vgl. Kap. 3.4. Gascon, Grand commerce, S. 517. StAA, Spreng XV, Nr. 51, 51 1 /2. Jasmund, der eine Schuldverschreibung in Händen hielt, die von den Gebrüdern Weyer und dem Stettiner Stephan Loitz gemeinsam unterschrieben war (vgl. Kap. 1.3.), ging 1572 vor dem Rat der Stadt Lüneburg auch gegen Loitz vor, indem er Ansprüche auf den dortigen Immobilienbesitz von Loitz erhob. Jasmunds Aktion veranlaßte Loitz zur Flucht aus der Stadt und offenbarte damit seine Zahlungsunfähigkeit. Papritz, S. 91. StAA, RP 36/11 (1569), fol. 135r. StAA, StG 201, fol. l v -7 r .

272 er eine Aufstellung seines „Vermögens" vor, das er den Hünlin zu übergeben bereit war. Dieses bestand ausschließlich aus bisher nicht eingebrachten Außenständen, größtenteils Schulden, die David Weyer in Lyon einbringen sollte.77 Der Anwalt der Hünlin wiederholte hingegen in seiner Antwort den bekannten Vorwurf, Hans Weyer sei „allein durch sein selbst, vnd seines Bruder Dauiden schandtliche vnnutze Haußhaltung, übermessigen Pracht, vnd Verschwendung Inn abfall vnnd verderbenn kommen". Nach Auffassung der Hünlin hatte Hans Weyer ihnen eine „falsche erdichte Rechnung" vorgelegt, in der er nur 709 fl von ihrer Forderung, die sich auf 4.000 fl belief, anerkannte. Die nunmehr von Weyer vorgelegte Liste seiner Debitoren sei „Inn mehr Posten Irrig vnd falsch" und hätte bereits viel früher erstellt werden müssen. Noch kurz vor seinem Bankrott hatte Hans Weyer Waren im Wert von rund 8.000 fl bei den Hünlin in Lindau gelagert, doch habe er diese „mit betruglichem fürgeben, das er Sie mit gutem barem gelt Inn Lyon vergnüegen wolle, widerumb vß hannden geschwetzt." Ferner hätten die Weyer ihnen Schuldforderungen übertragen, die entweder uneinbringlich waren oder die sie zuvor bereits anderen Personen übertragen hatten.78 Auf den Versuch Hans Weyers, seinen Bruder David als Hauptschuldigen des Bankrotts hinzustellen, entgegnete der Vertreter der Hünlin, der Augsburger Jurist Hans Caesar, Hans Weyer sei das Haupt der bankrotten Firma gewesen und in dieser Funktion selbst öfter nach Lyon gereist, um sich dort um die Angelegenheiten des Unternehmens zu kümmern. „Ob er aber seinen Büechern, Geschafften vnd Handlungen fleissiger vnnd mer," so trug Caesar dem Gericht vor, „als der Gesellschafft fressen vnd Sauffen ausgewartet, das hat [...] das end seines Falliments zuerkennen geben." 79 Nach Ansicht des Anwalts hätte Hans Weyer dem Konkurs, sofern er nur „einichenn fleiß vnnd sorg furgewenndt, die Büecher vnnd Handlungen perscrutiert, Sonderlich aber seines Brüdern Haushaltung Inn Achtung genommen, Inn dem auch also die Gebür eines fleissigen Getrewen vnd vffrichtigen Hanndelsman gelaystet hette, zeitlich fürkommen mögen." Statt dessen habe er „mit seinem selbst Exempel" seinem Bruder David „zu mehrerm Verschwenden Vrsach gebenn." 80 Caesar versuchte also, die Gebrüder Weyer durch den Entwurf eines positiven Gegenbildes, des tugendhaften, genügsamen und hart arbeitenden Kaufmanns, zu diskreditieren. Statt sich um ihre Geschäfte zu kümmern, hätten die Weyer ein leichtes Leben geführt und sich einer maßlosen Völlerei und Verschwendung hingegeben. Das Stadtgericht fällte im Frühjahr 1571 dennoch ein für die Weyer günstiges Urteil: wenn Hans Weyer schwöre, daß er keine Güter mehr besitze, werde er freigelassen. Außerdem mußte er binnen vier Monaten nachweisen, daß er den Hünlin 4.000 fl an bisher nicht eingebrachten

77 78 79 80

Ebd., Ebd., Ebd., Ebd.,

fol. fol. fol. fol.

9 r -12 v . 15r-19r. 5 Γ. 51 v-52r.

273 Außenständen übertragen hatte.81 Die Hünlin legten gegen dieses Urteil erneut Revision ein; über deren Ausgang ist jedoch nichts bekannt. 82 Überblickt man den Verlauf des Bankrottverfahrens gegen Hans und David Weyer im Zusammenhang, so treten einige Charakteristika deutlich zutage. Zum einen ist offensichtlich, daß der Kategorie „Verwandtschaft" bei der Lösung dieses ökonomischen Konflikts eine zentrale Rolle zukam. Zeigten sich zunächst noch alle Gläubiger gleichermaßen kompromißlos, so gab während des ersten Appellationsverfahrens das Verhalten der Verwandten der Weyer den entscheidenden Impuls zur Beilegung des Konflikts, während einige der auswärtigen Gläubiger sich nach wie vor unversöhnlich zeigten. Zum anderen fällt auf, in welch hohem Maße die Diskussion zwischen den Konfliktparteien normativ geprägt war. Die Gläubiger versuchten insbesondere in der Anfangsphase des Verfahrens, das Verhalten der Bankrotteure zu kriminalisieren und mit Begriffen wie „Eigennutz", „Pracht" und „Hoffart" auf Verstöße gegen grundlegende gesellschaftliche Normen hinzuweisen. Den normativen Grundsätzen kaufmännischen Lebens und Handelns, die mit den Begriffen Treue, Fleiß, Glück und gute Haushaltung umschrieben wurden, stellten die Kreditoren die vermeintlichen Verfehlungen der Weyer - Prunkentfaltung, Hoffart, Verschwendung, Nachlässigkeit, Diebstahl, Betrug - gegenüber. Die Weyer hatten dieser Argumentation nur wenig entgegenzusetzen: den Willen Gottes und menschliches Unvermögen. Daneben bleiben auch eine Reihe von ungelösten Fragen bestehen. Während der ganzen Serie der Bankrottprozesse wird beispielsweise niemals ein ernsthafter Versuch der Gläubiger oder der Rates erkennbar, das Aktivvermögen der Weyer zu bilanzieren, die Konkursmasse sicherzustellen oder Vermögenswerte der Weyer zu inventarisieren. 83 Aus dem Angebot der Weyer, ihr Vermögen zu übergeben, geht jedenfalls hervor, daß sie noch Besitz hatten. Die Gläubiger gingen in ihrer Kompromißlosigkeit darauf jedoch lange Zeit überhaupt nicht ein. Noch merkwürdiger erscheint es, daß nicht einmal die Frage, ob Sebastian und Dominikus Weyer der Firma ebenfalls angehörten, wie einige der Kreditoren immer wieder behaupteten, vor Gericht geklärt wurde. Auch dem von Georg Fröhlich und Sylvester Raid erhobenen Vorwurf, daß sich Bonaventura Furtenbach und Hans Langnauer auf eigene Faust und auf Kosten der anderen Kreditoren entschädigt hätten, ging das Gericht nicht nach. Der Augsburger Rat als Obrigkeit der Weyer und ihrer Gläubiger schließlich zeigte selbst kein besonderes Interesse an dem 81 82 83

Ebd., fol. 96 r -97 r . Ebd., fol. 100 r -104 v . Wenngleich diese Forderung von seiten der Gläubiger wiederholt erhoben wurde. So beschwerte sich bereits gegen Ende des ersten Verfahrens vor dem Stadtgericht der Anwalt Christoph Manlichs, Hans Weyer hätte „nit die wenigist antzeigung gethon, noch sich desselben erpotten, was vnd wieuil er, ann Ligennden vnnd farennden haab vnnd guetern, an parschafft, schulden, wahren, oder annderm, gemeinen gleubigern abzetretten, vnd zue übergeben bedacht, vnnd Vorhabens seie [...]."

274 Verfahren, sondern fungierte als unbeteiligter Schiedsrichter und beschränkte sich darauf, negative Folgen des Falls fur den Augsburger Außenhandel abzuwenden. Die von mehreren Gläubigern wiederholt erhobene Forderung nach Anwendung der Reichspolizeiordnung von 1548 und Bestrafung der Weyer als Kriminelle scheint auf das Verhalten des Rates keinen nennenswerten Einfluß gehabt zu haben. Insgesamt vermittelt der Verlauf des Weyer-Konkurses den Eindruck, daß das ganze Verfahren wenig formalisiert, sondern in hohem Maße von individuellen Faktoren abhängig war. Von einer Konfliktbewältigung nach den Grundsätzen ökonomischer Rationalität im Sinne einer Minimierung des wirtschaftlichen Schadens für alle Beteiligten ist ebenso wenig zu spüren wie von einem obrigkeitlichen Versuch, das Phänomen „Konkurs" aktiv im Sinne einer „Sozialregulierung" anzugehen. Ist diese Unsicherheit als Spezifikum des Weyer-Bankrotts anzusehen? Immerhin war der Konkurs der Weyer durch Fehlspekulationen in einem wirtschaftlich und politisch besonders sensiblen Bereich, dem Lyoner Geldmarkt, ausgelöst worden, und immerhin befanden sich unter den Gläubigern mit Georg Fröhlich und Sylvester Raid einige „schillernde" Figuren. Plausibler erscheint jedoch die Annahme, daß die meisten der im Verlauf des Bankrottverfahrens gegen die Weyer auftauchenden Probleme gleichsam Strukturmerkmale des Konkursphänomens zu dieser Zeit darstellen. Eine Analyse der Verhaltensweisen und Argumentationsmuster der Konfliktparteien in anderen Bankrottfällen des 16. Jahrhunderts und eine längsschnittartige Untersuchung der Rolle der städtischen Obrigkeit bei der Regulierung ökonomischer Konflikte kann hierüber weitere Aufschlüsse geben. Schwerpunktmäßig soll dabei die Entwicklung zwischen 1529, dem Jahr des Höchstetter-Bankrotts, und 1580, dem Jahr des Konkurses von Konrad Rot und der dritten und vorläufig letzten Fallitenordnung, die der Augsburger Rat während der großen Bankrottwelle in der Reichsstadt erließ, in den Blick genommen werden.

4.2 Glück, Vertrauen, Eigennutz und Ehrbarkeit: Normen in ökonomischen Konflikten in der Augsburger Führungsschicht Als zentrale normative Begriffe in der Auseinandersetzung zwischen Hans und David Weyer und ihren Gläubigern lassen sich die Termini „Glück", „Vertrauen" (auch in der Variation „Trauen und Glauben") und „Eigennutz" ausmachen. Der Begriff des „Eigennutzes" wird hier nicht, wie geläufig, als Gegenbegriff zum

275 Gemeinnutz gebraucht,84 sondern bildet vielmehr die Antithese zu „Vertrauen", hier speziell dem Vertrauen zwischen Geschäftspartnern. Die Weyer handelten nach Ansicht ihrer Kreditoren „eigennützig", indem sie das ihnen anvertraute Geld nicht in der Weise verwalteten, wie es von ihnen erwartet wurde. In die gleiche Richtung zielte der Vorwurf, die Weyer hätten „wider Kauffmans prauch" gehandelt. Während jedoch die Gläubiger der Meinung waren, die Weyer hätten ihr Vertrauen mißbraucht und sie absichtlich betrogen, vertrat deren Anwalt die Auffassung, die Bankrotteure selbst hätten in ihren Geschäften anderen „zuuil vertrautt, vnnd geglaubt", was ein Fehler, aber kein Verbrechen gewesen sei. Der Begriff des „Vertrauens" stand in engem Zusammenhang mit dem der kaufmännischen „Ehre", der nicht nur für persönliches und familiäres Prestige stand, sondern ganz konkret auch die Kreditwürdigkeit eines Kaufmanns und seiner Firma mit umfaßte und somit zum „symbolischen Kapital" eines Handelshauses gehörte.85 So argumentierte der Anwalt Christoph Manlichs 1558, daß die Weyer gegenüber seinem Mandanten „aller erbarkheit zugegen" gehandelt und ihm sein Geld „mit geringer erbarkheit entpfremdet" hätten.86 Hans Weyers Verwandte äußerten hingegen im zweiten Appellationsprozeß von 1570/71 die Überzeugung, „das einem yeden Ehrn Mann dergleichen vnglückh [...] begegnen mag."87 Ambrosius Höchstetter d.Ä. appellierte 1529 angesichts des drohenden Bankrotts seiner Firma an seinen entfernten Verwandten und langjährigen Konkurrenten Anton Fugger, ihm und seinen Teilhabern zur Hilfe zu kommen, „damit wir mit Ehren bestehen mögen". Wenn ein Kaufmann „Trauen und Glauben" verloren habe, so Höchstetter pathetisch, sei dies „wohl weinens- und klagenswert."88 Dem aus einer Augsburger Familie stammenden Nürnberger Patrizier Jakob Welser zufolge war für einen Kaufmann nichts wichtiger als „ein guts Geschrei und ehrlich Gerücht". Nach Welsers Auffassung „will glaub beym kaufmann gehalten, oder geacht werden, dass sein sach in guttem nit lang bestand haben mug." 89 Als Anton Haugs Schwiegersohn Jos Schorer 1543 in den Bankrott des Antwerpener Kaufmanns Hans Bechtold, in dessen Haus er wohnte, verstrickt wurde und sein Schwiegervater deswegen für ihn bürgen mußte, fühlte Haug sich nicht nur wegen der Kosten „hoch beschwerdt vnnd zum hechsten befrembt",

84 85 86 87 88 89

Vgl. Schulze, Gemeinnutz. Vgl. Dinges, Ehre I, S. 418-419, 434. StAA, StG 30, fol. 32 v -33 r . StAA, StG 201, fol. 28 v -33 v (Zitat 33 r ). Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 1, S. 159. Welsers Äußerungen stehen im Zusammenhang mit seiner Opposition gegen die Monopolbestrebungen Christoph Fürers im Mansfelder Kupferbergbau: Höffner, S. 61.

276 sondern vor allem auch wegen des Verdachts, „als sollten mein dochterman vnnd sein Bruder, vnpillicher vnerbarer henndel furderer sein."90 Nach dem Konkurs der Gebrüder Rentz in den 1540er Jahren rechtfertigten deren Gläubiger den Vertrag, den sie mit Hans Rentz und den Kindern seines Bruders Friedrich abzuschließen gedachten, nicht nur mit ihren finanziellen Interessen, sondern auch mit dem Argument, daß dadurch „gemeiner Rentzen namens vnnd stammens, guoter leumbd vnd wesen nit gar vmbgestossen, sonnder also erhalten werde." 91 Jakob Herbrot d.J. brachte ein ähnliches Verständnis von Ehre als „Kredit" zum Ausdruck, als er 1561 während eines Prozesses seiner Firma gegen den Münchner Kaufmann Georg Dilger um eine Schuldforderung Dilgers über 5.000 fl in einem Brief an dessen gleichnamigen Sohn den Vorwurf erhob, Dilgers Vater habe die Herbrot „ybell gedractiert, vnnsern trauen vnnd glauben verklainert, des kheinem Ehren Man gepürt." Sein Vater Jakob Herbrot d.Ä. wolle dies „zu Rettung vnnser aller Ehrn" nicht auf sich beruhen lassen.92 Das besondere Vertrauensverhältnis, das die Mitglieder einer Handelsgesellschaft untereinander verband, wurde in praktisch allen Gesellschaftsverträgen beschworen. 93 Der Vertrag Jakob Herbrots mit seinem Schwiegersohn Konrad Schleicher über dessen Aufnahme in die Gesellschaft von 1551 wurde etwa „bey gutem glauben getreulich vnnd sonnder geuerde" abgeschlossen. Im Falle von Schleichers Tod sollte Herbrots Abrechnung gegenüber dessen Erben „bey eeren trauen vnnd gutem glauben beschehen". 94 Wie die Beispiele der Rentz und Herbrot andeuten, stand im Falle eines Konkurses nicht nur der persönliche Ruf des betroffenen Kaufmanns auf dem Spiel, sondern die Kreditwürdigkeit seiner ganzen Familie und seines „Stamms", d.h. potentiell aller Träger desselben Familiennamens. Dieses Bewußtsein, daß nicht nur der Einzelperson oder der sozial-ständisch definierten Gruppe (z.B. dem Patriziat) ein bestimmtes Maß an Ehre zukam, sondern daß Ehre ganz besonders auch mit dem Ruf der (Abstammungs-)Familie zusammenhing, kommt nicht zuletzt in den im 16. Jahrhundert verfaßten Stamm- und Familienbüchern Augsburger Patrizier- und Kaufmannsgeschlechter zum Ausdruck, die bezeichnenderweise häufig den Namen „Geheimes Ehrenbuch" trugen. In den 30er und 40er Jahren des 16. Jahrhunderts ließen unter anderem Georg Herwart, Ulrich Linck und Hans Jakob Fugger „Ehrenbücher" ihrer Familien anlegen. Der ehemalige Schusterzunftmeister und Augsburger Stadtarchivar Clemens Jäger hatte sich auf die Ab-

90

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StAA, Reichsstadt, Akten, Nr. 354, Supplikation Anton Haugs aus dem Jahre 1543. Vgl. auch ebd. die weitgehend gleichlautende Supplikation Konrad Rehlingers d.Ä. für seinen Diener Sebastian Köllner. StAA, RP 22/11(1548), fol. 5V-6V. Bay. HStA München, RKG 6579, Brief Jakob Herbrots d.J. vom 29.10.1561. Vgl. Lutz, Struktur, Bd. 1, S. 171-178. Mayer, Fürlegung, S. 126, 129.

277 fassung solcher Familienbücher geradezu spezialisiert.95 Dabei ließen sich alte Patriziergeschlechter wie die Rehlinger, Herwart und Welser in einen regelrechten „Prestigewettstreit" darüber ein, welche Familie auf die vornehmste Herkunft und die längste Ahnenreihe zurückblicken konnte: die Welser und Herwart konstruierten fiktive Genealogien, die bis in die römische Vergangenheit Augsburgs zurückreichten.96 Zünftige Aufsteigerfamilien, die in diesem Wettbewerb naturgemäß nicht mithalten konnten, versuchten unterdessen ebenfalls, sich durch Wappen-, Adels- und Privilegienbriefe ihre „erbarkeit, redlichhait, gut adenlich sitten, erbar wesen, herkomen, schicklichhait, tugent, und vernunnft" bestätigen zu lassen, wie es im 1548 von Karl V. für die Gebrüder Hieronymus, Alexander, Jakob und Christoph Kraffter ausgestellten Adelsbrief heißt.97 Wie derartige Standeserhebungen konnte auch der Erwerb von Grundbesitz eng mit dem Prestige der Familie verknüpft sein. Anton Fugger betonte diesen Zusammenhang bereits 1531, wenn er über die Güterkäufe seiner Familie schrieb: „denn wir tun es nicht um des Nutzens willen, sondern um der Ehre willen". 98 Diese enge Verbindung von Ehre und „Stamm" war für die Verwandten eines zahlungsunfähigen oder vom Bankrott bedrohten Kaufmanns zweifellos ein wichtiger Beweggrund, dem in Schwierigkeiten geratenen Familienmitglied im Interesse der „Kreditwürdigkeit" des Geschlechts zu Hilfe zu kommen und so das „Sozialkapital" der Familie zu erhalten. Aber auch ein Mann wie Sylvester Raid, der nicht aus einer angesehenen reichsstädtischen Familie stammte, sondern seinen Rang und Einfluß praktisch ausschließlich seinen persönlichen Fähigkeiten verdankte, zeigte ein nicht minder ausgeprägtes Ehrbewußtsein. Nach seiner Ernennung zum Brand- und Proviantmeister des Markgrafen Albrecht Alcibiades forderte Raid im April 1553 den Augsburger Rat auf, ihm die Urfehde auszuhändigen, die er vier Jahre zuvor wegen des Handels mit minderwertigen Münzen hatte schwören müssen. Nach seiner eigenen Auffassung war er „vnschulldig Inn dise schmach, Verletzung meiner Ehrn, leibs vnnd guts kommen" und wollte diese Ehrverletzung nun nachträglich getilgt sehen. Besonders schmerzlich empfand Raid, daß „Ich bey Künigen, Chur vnnd Fürssten auch Inn allen Stetten, Flecken vnnd Obrigkhaiten, da Ich dann für ain anndern, mit allen gnaden vnnd ehren on Rhom zuemellden, bekhannt gewesen, fur ain, der falsche müntz wissenntlich gemüntzt vnnd außgegebenn haben sollt, diffamiert vnnd beschrait wordenn." Obwohl Raid sein Schreiben in seiner Funktion als markgräflicher „Rat und Kriegskommissar" unterzeichnete, ging der

95 96 97 98

Vgl. „Kurzweil viel ...", S. 32-43; Koutnä-Karg, S. 96-98. von Stetten, Geschlechter, S. 96, 101; Kuhoff, S. 274-275. „Kurzweil viel..." S. 54-55. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 1, S. 573, Anm. 107. Vgl. Hildebrandt, Erben, S. 186; StollbergRilinger, Gut vor Ehre, S. 44. Zum familiären Selbstverständnis der Fugger vgl. KoutnäKarg.

278 Rat auf die Aufforderung, die Ehre des ehemaligen Fuggerangestellten durch die Herausgabe des Dokuments demonstrativ wiederherzustellen, nicht ein." Als besonders ambivalent erweist sich bei der Analyse des Weyer-Bankrotts die Verwendung des Begriffs „Glück". Der Vertreter der Weyer griff in seiner Argumentation auf den Begriff des „Glücks" zurück, um den Bankrott der Brüder als göttliche Fügung zu erklären, sein Gegenpart, um die Falliten als Hazardeure und skrupellose Betrüger hinzustellen, die in unzulässiger Weise darauf hofften, daß ihre riskanten Geschäfte „glücklich" ausgehen würden. Beide Seiten bewegten sich damit gleichermaßen im Rahmen traditioneller, bereits im Spätmittelalter durchaus geläufiger normativer Kategorien.100 Die Interpretation geschäftlichen Mißerfolgs als göttliche Schickung findet sich zur gleichen Zeit auch bei anderen Kaufleuten, die in geschäftliche Schwierigkeiten gerieten, so bei den AugsburgMemminger Zangmeister.101 Die „modernere" Konzeption kaufmännischen Erfolgs oder Mißerfolgs als Wirken einer beliebig waltenden „fortuna", wie sie der Augsburger Stadtschreiber Konrad Peutinger in seinem Monopolgutachten von 1530 entwickelte, findet hier offensichtlich keinen Widerhall.' 02 In der Argumentation der Gläubiger kehrt der Vorwurf der übermäßigen Prachtentfaltung, „Hoffart", Verschwendung und Nachlässigkeit gleich mehrfach wieder. Es ist zwar durchaus möglich, daß die Weyer sich einen Ruf als Prasser, Verschwender und nachlässige Geschäftsleute erworben hatten, doch werden die Beschuldigungen in derart pauschaler und schematischer Form vorgebracht, daß hier der Verdacht naheliegt, daß es sich um einen Topos der Argumentation handelt, zumal sich ähnliche Vorwürfe auch in anderen Konkursverfahren finden. In einer bekannten Passage seiner Chronik machte Clemens Sender die verschwenderische Lebensführung von Ambrosius Höchstetters Sohn Joachim und seines Schwiegersohnes Hans Franz Baumgartner in hohem Maße für den spektakulären Bankrott der Höchstetter-Gesellschaft von 1529 verantwortlich. Diese hätten „auff ain nacht in ainem panget thüren lassen auffgan und verthon 5000 oder 10000 fl und auff ain mall 10000 oder 20000 oder 30000 fl verspilen." Ambrosius Höchstetter d.J. und sein Vetter Joseph Höchstetter hätten ebenfalls „übel haus gehept, aber doch nit also übel wie die andern zwen."103 Andere zeitgenössische Beobachter behaupteten ebenfalls, im Haus des älteren Ambrosius Höchstetter „habe große Pracht geherrscht [...] groß und hoch Kredenzen, Silbergeschyrr, Edelgestein, mader [=Marderpelz], Röckh vnd seydn schauben", 104 und nach Meinung Christoph von Stettens wollten die Höchstetter „zw hoch zern, ire Kinder zw hoch Edleyt99 100 101 102

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StAA, Urgichten 1549 (S. Raid), Beilagen, Brief Raids vom 25.4.1553. Vgl. Kap. 3.2. Vgl. Maschke, Berufsbewußtsein, S. 403-404 (200-201). Lutz, Struktur, Bd. 1, S. 184; Bd. 2, S. 138'. Bauer, Gutachten, S. 41, 193-194; Lutz, Peutinger, S. 140; Zorn, Humanismus, S. 44; Roper, Ödipus, S. 137. Chroniken, Bd. 23, S. 220-221. Kern, S. 165-166.

279 Stand haben vnd halten, das reimet sich nit zw der Kaufmannschaft". 105 Bereits den Konkurs der Gebrüder Stammler im Jahre 1506 führte Clemens Sender darauf zurück, „daß ir etlich haben gespillet".106 Auch aus der Zeit des Weyer-Bankrotts finden sich mehrere Belege fur eine ausgeprägte Spielleidenschaft von Mitgliedern der Augsburger Führungsschicht, die zugleich eine überaus kritische zeitgenössische Wahrnehmung des Phänomens erkennen lassen. Christoph Gering wurde 1569 aus dem Rat ausgeschlossen, weil er „bey 7600 fl. auff der Karten / mit dem spiel / welches sie auff Spanisch primiern heissen / auff der Herrnstuben / in wenig Stunden / pares Gelts verspielet",107 und Melchior Linck strebte Ende 1572 den Rückzug seiner Kapitalbeteiligung aus der von seinem Vater mitgegründeten Haug-Langnauer-Linck-Gesellschaft an, um Spielschulden in Höhe von 30.000 fl begleichen zu können.108 Die Gesellschaftsverträge Augsburger Handelsfirmen enthielten häufig Klauseln gegen übermäßige Ausgaben und Geldentnahmen der einzelnen Teilhaber und in einigen Fällen auch explizite Spielverbote.109 Übermäßige Prachtentfaltung, „Hoffart" und Verschwendung verstießen in den Augen zeitgenössischer Beobachter gleich gegen zwei zentrale Normen des gesellschaftlichen Zusammenlebens: zum einen gegen das Prinzip der „guten Haushaltung", das ein Grundanliegen aller religiösen und obrigkeitlichen Reformer bildete, und zum anderen gegen den Grundsatz des gemeinen Nutzens. In einer Gesellschaft, in der materielle Güter als begrenzt angesehen wurden, in der es nach zeitgenössischer Vorstellung kein Wachstum, sondern nur eine Umverteilung der bestehenden Ressourcen geben konnte, waren Pracht und Verschwendung kein privates Vergnügen, sondern schadeten dem Interesse aller.110 Nirgends wird dieser Gegensatz zwischen „Pracht" bzw. „Hoffart" und dem „gemeinen Nutzen" so deutlich wie in der Chronik des Jörg Breu. Der mehrfache Bürgermeister Hieronymus Imhof, nach Breu „ain aufgeblasener, hoffertiger, reicher, gotloser, deuflischer und geitziger mann", habe um 1532 versucht, „ain gemainen nutz in die camern zuo machen". Hinter diesem „gemainen nutz" verbarg sich, wie Breu voller Sarkasmus schildert, nichts anderes als der Versuch einer verdeckten Steuerund Abgabenerhöhung, da nach Imhofs Plänen nunmehr alle städtischen Abgaben in Goldgulden entrichtet werden sollten.111 Einige Jahre später sei „in ainem rath alhie ain solche hochbrächtigkeit gewesen, voran in den burgermeistern Wolfen Rechlinger und Mang Seitzen, gar aufblasen und geschwollen mit macht, nichts, das nit adellich zuogieng." Wenn sich die fuhrenden Repräsentanten der Stadt derart hoffärtig gebärdeten, dann war es um den gemeinen Nutzen offenkundig 105 106 107 108 109 110 111

Hämmerle, Geschlechterbuch, S. 76. Chroniken, Bd. 23, S. 112. Gasser/Hartmann, Chronica, 3. Theil, S. 124. Ringling, S. 262. Jeannin, marchands, S. 127; Lutz, Struktur, Bd. 1, S. 339-341, 370-382. Vgl. Schulze, Gemeinnutz, S. 622-623; Burkhardt, Entdeckung, S. 13. Chroniken, Bd. 29, S. 51.

280 schlecht bestellt, und Breu unterließ es nicht darauf hinzuweisen, daß der Bau des Sommerhauses von Bürgermeister Wolfgang Rehlinger vermutlich mit städtischen Geldern finanziert wurde." 2 Seinen Bericht über die Entlassung Dr. Hans Rehlingers aus dem Amt des Ratskonsulenten verband Breu mit einigen abschätzigen Bemerkungen über den Lebenswandel von Rehlingers Frau und Tochter, die mit dem Fazit endeten: „das hochfertigest volck in Augspurg war erkannt als huern volck."113 Und bei der Hochzeit von Hans Baumgartners Sohn mit Anna von Stadion, der Nichte des Augsburger Bischofs, wurde laut Breu „in keiner hoffart nichts gespart"." 4 Die prunkvollen Hochzeiten, Festlichkeiten und Turniere, die die Fugger vor allem in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Augsburg veranstalteten, wurden von zeitgenössischen Betrachtern als Zeichen dafür gesehen, daß die Fugger den Boden städtischer Normen und Werte verlassen hatten und einen adligen Rang beanspruchten. 115 Wenn die Gläubiger in Augsburger Bankrottprozessen ihre Schuldner der Hoffart und Verschwendung bezichtigten, so gaben sie damit nicht nur ein Urteil über deren Charakter und Geschäftsgebaren ab, sondern prangerten die Mißachtung und Verletzung fundamentaler gesellschaftlicher Normen an. Von grundlegender Bedeutung war in der zeitgenössischen Wahrnehmung und Argumentation die Unterscheidung zwischen Bankrotten, die aufgrund unglücklicher äußerer Umstände und göttlicher Fügung erfolgten, und Konkursen, die auf persönliche Faktoren - geschäftliches Unvermögen, Verschwendung oder absichtlichen Betrug - zurückzuführen waren. 116 So arbeitete der Mönch Clemens Sender in seiner Darstellung des Höchstetter-Bankrotts von 1529 die Unterscheidung zwischen geschäftlichem Mißerfolg und persönlichem Verschulden klar heraus. Sender verwies zwar sowohl auf die riskanten geschäftlichen Praktiken Ambrosius Höchstetters, insbesondere seinen Versuch, ein Quecksilbermonopol zu errichten, als auch auf verschiedene Unglücksfälle, welche die Firma getroffen hätten, wie den Untergang eines mit Gewürzen beladenen Schiffes oder einen Überfall von Straßenräubern auf einen Warentransport, „doch diser unfall aller", meinte Sender, „het im nit geschadet, wa seine aigen sün und seines bruoders sün het[ten] sich rechtschaffen gehalten und zimlich zuo dem iren gesechen, auch der

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113 1,4 115 116

„ich will glauben, den statwerckleuten sei ain guet trinckgelt geben, ist ab dem rathaus zalt worden." Ebd., S. 65, 72. Ebd., S. 72-73. Ebd., S. 78. Mörke, Fugger, bes. S. 246-252. Roper, Ödipus, S. 138: „Rechtlich galt geschäftliches Scheitern [...] als Konsequenz persönlichen Verschuldens und nicht als Folge ungünstiger Marktbedingungen; und trotzdem bewegten sich die Geschäftsleute in einer Welt der Unsicherheit, der Ungerechtigkeit und Unvorhersehbarkeit, der Nichtanerkennung von Schulden und des Verlusts von Schiffen auf hoher See."

281 alt Ambrosi Hechsteter alle jar hette rechnung genomen und [sich] geben lan, wer solichs auch furkommen worden." 117 Auch während der um 1556 einsetzenden Bankrottwelle spielte diese Unterscheidung, wie am Beispiel der Weyer bereits deutlich wurde, eine wichtige Rolle fur den Verlauf des Konkursverfahrens. Der Reichspolizeiordnung von 1548, die klar zwischen unverschuldetem und betrügerischem Bankrott trennte, kam dabei wahrscheinlich eine Signalfunktion zu.118 Die Gläubiger der Brüder Hans, Eberhard und Kaspar Zangmeister lehnten 1560 einen Schuldennachlaß ab, da die Falliten „doch keinen glaubwürdigen Schaden, den sie empfangen, garnit dartun könnten, sondern allein, was sie selbst mutwillig durch ihre große Hinlässigkeit verwarlost haben, in dem daß sie ihren Handlungen nit besser zugesehen." 119 Nach dem Bankrott der Schorer im Jahre 1574 richtete der Schorer-Gläubiger Wolfgang Herwart eine Supplikation an den Augsburger Rat, in der er die Falliten bezichtigte, sie hätten „alle valsche vnd betrügliche renckh in fraudem Creditorum gebraucht". Jeremias Schorer habe ihm „schandtlich, fursetzlich vnd betrüglich [...] vnderm schein besunderer liebe vnd freundtschafft gantz Jämerlich vnd erbermlich" ein beträchtliches Depositum entlockt, das die Schorer zu ihrem „aignen nutz" verwendeten. Zudem hätten Ludwig und Jos Schorer drei Kammern im Fondaco dei Tedeschi „durch valsche vnd doppelte Pratickh an sich selbs getzogen".120 Den Gebrüdern Anton und Wilhelm Sulzer wurde hingegen in ihrem 1590 mit ihren Gläubigern abgeschlossenen Vertrag zugestanden, sie seien „durch verhenckhnus des Allmechtigen" in so große Schulden geraten, daß sie ihre Kreditoren nicht ausbezahlen konnten.121 Nachdem die Gesellschaft von Kaspar, Melchior und Balthasar Neumair 1572 ihre Zahlungen einstellen mußte,122 richtete Melchior Neumair ein Gesuch an Herzog Albrecht von Bayern, in dem er ihn ersuchte, ihn in der Friedberger Freiung zu lassen. Dabei bemühte er sich, den Zusammenbruch der Firma als Ergebnis widriger Umstände hinzustellen:

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Chroniken, Bd. 23, S. 220-221. Neue und vollständigere Sammlung der Reichs=Abschiede, Teil 2, S. 600. Vgl. Kap. 4.1. Westermann, Zahlungseinstellung, S. 497. StAA, Stadtgericht, Franz Schorers und seiner Mitverwandten Gläubigerausschuß, 1574/75 (unverzeichnet), Supplikation Wolfgang Herwärts vom 14.12.1574. StAA, Personenselekt Sulzer. Melchior Neumair wurde 1547 Mitglied der Augsburger Kaufleutestube (IHK, Kaufleutestube, fol. 41), heiratete ein Jahr später die Kaufmannstochter Susanna Stenglin und erhielt 1549 einen Sitz im Großen Rat (Chroniken, Bd. 32, S. 455). Seine Brüder Kaspar und Balthasar vertraten die Gesellschaft in Nürnberg und Leipzig. In den Jahren 1564 und 1565 bediente sich der Augsburger Arzt und Humanist Achilles Pirmin Gasser bei seinen Kontakten mit Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg, den er u.a. mit Arznei versorgte, der Vermittlung Melchior und Balthasar Neumairs: Burmeister, Bd. 1, S. 136; Bd. 3, S. 360-361, 374375.

282 „ob wir gleichwol mit allem müglichen fleiß ieder Zeit [unserem Handel] vorgestanden, So haben wir vns doch des laidigen vnfals nit wehren künden, sondern haben von der Würtzburgischen Plünderung her von welcher dan vnser vnglükh fast seinen anfang genomen in mehr weg grossen mercklichen schaden erlitten, als nämlich durch böse schulden, berckwerg, vnd die langwierige schwere leuff darbei dan [...] ietzund etliche Jar her die Handlungen dermassen gestockht, vnd in abfal körnen, das mit geringem nutz, wa nit mit schaden ge123 handlet worden." Diese Beispiele deuten zugleich an, daß die Begriffspaare „Fleiß" - „Unfleiß", „Vertrauen" - „Betrug", „Ordnung" - „Unordnung" bzw. „Verschwendung", die in der Argumentation der am Konkursverfahren gegen die Weyer Beteiligten so reichlich Verwendung fanden, auch in anderen ökonomischen Konflikten innerhalb der Augsburger Elite immer wieder auftauchen. Zusammen mit dem Begriffspaar „Ehre" - „Unehrbarkeit" umreißen sie so etwas wie einen kaufmännischen Tugendkatalog, der zwar nie explizit formuliert wurde, wie dies Konrad Peutinger um 1500 anscheinend vorschwebte, 124 der aber doch im zeitgenössischen Bewußtsein, wie sich an der weitgehend gleichförmigen Verwendung dieser Termini ablesen läßt, ziemlich feste Formen angenommen hatte. Am Beispiel dreier ökonomischer Konflikte - der Auseinandersetzung zwischen Lukas Rem und der Welser-Vöhlin-Gesellschaft im zweiten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts, des Streits zwischen Christoph von Stetten und der Herwart-Gesellschaft 1531 und des Konflikts zwischen den Großkirchheimer Gewerken in den 1550er Jahren - lassen sich weitere Aspekte dieses Normenverständnisses aufzeigen. Die Aufzeichnungen Lukas Rems über seine Tätigkeit als Faktor der WelserVöhlin-Gesellschaft zwischen 1498 und 1517 sind in hohem Maße von der Dialektik von kaufmännischer Ehrbarkeit und Tugend auf der einen, Nachlässigkeit und Unehrlichkeit auf der anderen Seite geprägt.125 Sie geraten gleichsam zur Apologetik des treuen, unermüdlichen und kompetenten Handelsmanns, der beständig mit der Inkompetenz, Treulosigkeit und Unehrlichkeit seiner Gesellschafter konfrontiert wird. Rem beschreibt eine Reihe von Situationen, in denen er für die Gesellschaft in schwieriger Lage zum Retter in der Not wird. 1498 in Mailand und 1511 in Freiburg im Uechtland hilft er den dortigen Faktoren, die Jahresrechnung abzuschließen, in der sie „gar verwirt" waren.126 Als er 1509 die WelserVertretung auf Madeira besucht, stellt er fest, daß die Faktoren „ain erbermlichs

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StAA, Stadtgericht, Neumair-Falliment, 1573-1576 (unverzeichnet). Lutz, Peutinger, S. 41-42 hat auf die in Peutingers Gutachten zum Kupfersyndikat von 1498 angelegten „nach innen gerichteten reizvollen Ansätze zu einer Pflichtenlehre für Großkaufleute" hingewiesen. Vgl. zum Folgenden auch Häberlein, „Die Tag und Nacht...", bes. S. 48-50. Greiff, S. 5-6, 16.

283 Regement, unerbers wesen" führten. Rem setzt alles daran, Ordnung in das Chaos zu bringen: „het tag noch nacht [weder] ruo noch frid, tatt boest ich vermocht, verordnet al ding, boest ich mocht." 127 Und einige Jahre später habe der Sohn des Firmenleiters, Anton Welser der Jüngere, in Antwerpen „übel haus gehalten" und eine Menge Geld verspielt. 128 Immer wieder kontrastiert Rem seine eigene Ehrbarkeit und seine Fähigkeit, Ordnung zu schaffen, mit dem unehrlichen und unordentlichen Verhalten der anderen Welser-Gesellschafter. Die Begriffe der Ordnung und der Ehre, die Paul Münch als Grundwerte der ständischen Gesellschaft charakterisiert hat, haben somit auch in Rems Ausführungen quasi leitmotivischen Charakter. 129 Die komplexen und weit ausgreifenden Unternehmungen der Welser-Gesellschaft hätten dem Faktor darüber hinaus schier übermenschliche Anstrengungen abverlangt. Zu den Vorbereitungen fur das Auslaufen der ersten Ostindienflotte unter deutscher Beteiligung bemerkt er etwa: „Die on mas enxtig mie, uberflisig arbait, gros widerwertikait mir damit gegnet, ist unerschreibenlich." 130 Doch obwohl er sich im Dienst der Firma aufgearbeitet und seine Gesundheit ruiniert habe, hätten ihn die Welser unehrbar behandelt. 1509 hätten sie ihn bereits entgegen ihrem Versprechen ein zweites Mal nach Portugal geschickt, und 1517 hätten sie die Generalrechnung manipuliert - „fil guot bös gemacht, schentlich hendel darin geiept" [=geübt] - und damit ihre Einleger übervorteilt. 13 ' Auch die Aufzeichnungen, die Rems Tätigkeit nach seinem Ausscheiden aus der Weiser-Gesellschaft betreffen, spiegeln diese Erfahrungen wider: Rem unterstreicht sein gutes Verhältnis zu anderen ehemaligen Gesellschaftern, namentlich zu Jakob Welser in Nürnberg, und sein Vertrauensverhältnis zu den Fuggern. Das stetige Anwachsen von Rems Kapital in der Gesellschaft, die er nach 1517 zusammen mit seinen Brüdern betrieb, ist ihm schließlich der Beweis dafür, daß sich auch „ehrbarer" Handel lohnt. 132 Im Jahre 1519 nahm der Chronist Wilhelm Rem die Konflikte, die zu dieser Zeit in mehreren Augsburger Handelsgesellschaften über die Höhe der Gewinnbeteiligung einzelner Gesellschafter ausgetragen wurden,133 zum Anlaß fur einige grundsätzliche Reflexionen über die Mechanismen, nach denen die großen reichsstädtischen Firmen funktionierten. „Es waren vil reicher burger, die kafleut

127

Ebd., S. 13.

128

Ebd., S. 17.

129

Münch, Grundwerte, S. 69-72.

130

Greiff, S. 8.

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Ebd., S. 19.

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Ebd., S. 2 1 , 2 2 , 27, 3 2 - 4 2 .

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Außer dem Konflikt zwischen Lukas Rem und den Welser-Vöhlin ist hier vor allem die bereits erwähnte Auseinandersetzung zwischen Bartholomäus Rem und den Höchstettern zu nennen. Lukas, Bartholomäus und Wilhelm Rem waren im übrigen nur entfernt miteinander verwandt (StBA, Seifert'sche Stammtafeln, „Rem").

284 waren", berichtet Rem, „die hetten gros geselschaften mit ainander und waren reich; aber ettlich waren unter ainander untreu, sie beschissend ainander umb vil tausent guldin. darumb so wurden die öbresten in den geselschaften, die die rechnung machten, fast reich weder die andren, die nicht bei der rechnung waren, die also reich wurden, die hies man geschickt leutt, man sagt nicht, daß sie so gros dieb weren. [...] daß wol zuo glaben ist, daß gröser dieb nicht sein dan die öbresten in etlichen gesellschaften." 134 Rem glaubte also, einen bedenklichen Normenwandel in der Augsburger Gesellschaft seiner Zeit wahrnehmen zu können, der sich darin äußerte, daß statt hart arbeitenden, „ehrbaren" Kaufleuten nunmehr gerissene Betrüger als „geschickt leutt" bezeichnet würden. Der Bericht Christoph von Stettens über seine Dienstzeit als Faktor der Herwart-Gesellschaft in Antwerpen (1523-1530) und Lissabon (1530/31) folgt einem auffallend ähnlichen Muster wie Lukas Rems Schilderung seiner Tätigkeit fur die Welser. Wie Rem betont Stetten, er hätte „meinen Leib in meiner Herren Dienst nit gespart, vnangesechen mir solichs nit von Notten gewesen vnd mir ibel blondt worden." 135 Auch Stetten ist darum bemüht, seine Leistungen für die Firma, seinen unermüdlichen Arbeitseifer, seine Fähigkeit, schwierige Situationen zu bewältigen, und seine Loyalität gegenüber seinem Arbeitgeber Christoph Herwart besonders herauszustellen. So habe er während seiner Antwerpener Dienstjahre im Auftrag der Gesellschaft fast jeden Winkel der Niederlande bereist und seine Rechnungen, deren Bilanzsummen sich auf eine halbe Million jährlich belaufen hätten, stets so gewissenhaft erstellt, daß ihm „mit Gottes Hilf [...] an kainer nie nichts abgangen ist."136 In Lissabon habe er sich darum bemüht, die Angelegenheiten der Firma, die nach der Ermordung des dortigen Herwart-Faktors Ambrosius Esel in Verwirrung geraten waren, wieder zu ordnen. Außerdem habe er einen Vertrag mit dem portugiesischen König über Gewürzlieferungen ausgehandelt und begonnen, „mit fil gueter Kauff in Edlstain mich zw begeben". Stettens Mission in Lissabon wurde durch einen Ausbruch der Pest in der Stadt und durch Auseinandersetzungen mit Georg Herwart, einem illegitimen Sproß der Augsburger Patrizierfamilie, der zu den größten Perlen- und Juwelenhändlern am Tejo gehörte, erheblich erschwert: „hat mich mein Leben lang nie kainer so heftig anglangt, mich mit List zw verforthailen, als diser Herwartt."' 37 Doch trotz seiner erfolgreichen Tätigkeit für die Gesellschaft habe er bei seinem Ausscheiden aus der Firma von den Erben des 1529 gestorbenen Christoph Herwart nur eine geringe Verehrung erhalten. Herwärts Erben, allen voran Sebastian Neidhart, den Stetten als „Juden" bezeichnete, hätten ihm bedeutet, „sy hapen meiner Handlung nit fil Nutzen ghapt, des im Grundt ein erdicht Lügen gwe-

134 135 136 137

Chroniken, Bd. 25, S. 116-117. Hämmerle, Geschlechterbuch, S. 64. Ebd., S. 53. Ebd., S. 57-63 (Zitate S. 59).

285 sen, allain, mir eest minder zw verern".138 Wie Lukas Rem fand also auch Christoph von Stetten seine Ehrbarkeit, seinen Fleiß und sein Vertrauen nicht erwidert; statt dessen hätten seine Arbeitgeber nur auf ihren eigenen Vorteil gesehen. Für Stetten lag hier eine eindeutige Verletzung kaufmännischer Normen vor, und er betont, daß nur der Rat seiner Brüder ihn von einem Prozeß gegen Herwärts Erben abgehalten habe. Dabei war Christoph von Stetten, wie Lukas Rem, davon überzeugt, daß man auch mit „ehrlichem" Handel ein beträchtliches Vermögen erwerben konnte. So berichtet Stetten über die Handelsgeschäfte seines Schwagers Peter Honold und seiner Teilhaber Hans Honold, Andreas Grander und Konrad Rehlinger, die Gesellschafter hätten „sich dermossen bemiet, [und seien] geschickt Leyt gwesen, welche alle fast reich worden vnd wolhapendt gwesen".139 Während die Konflikte zwischen Lukas Rem und der Welser-Vöhlin-Gesellschaft sowie zwischen Christoph von Stetten und den Herwart'schen Erben nur aus der Perspektive einer Konfliktpartei überliefert ist, bietet die Auseinandersetzung zwischen den Augsburger Kaufleuten Melchior Putz, Urban Sighart und Veit Wittich, die zwischen 1554 und 1559 gemeinsam Bergbau im Großkirchheimer Gebiet betrieben,140 das Bild zweier gegensätzlicher Auffassungen von kaufmän138 139 140

Ebd., S. 64-65. Ebd., S. 82. Wießner, Bd. 1, S. 108-111; Putz und Sighart führten zwischen 1559 und 1567 auch einen Prozeß vor dem Augsburger Stadtgericht: StAA, StG 24. Melchior Putz war seit 1537, als er Anteile seines Verwandten Klaus Putz übernahm, Gewerke im Rauriser Bergbaurevier (Salzburg; Ludwig/Gruber, S. 252-253). Um 1543 fungierte er als Gewalthaber der Firma Fröschelmoser, und seit 1553 engagierte er sich mit Balthasar und Christoph von Khünburg im Kärntner Bergbau. Um 1560 baute er gemeinsam mit den Fuggern Gruben im Lawanttal (Wießner, Bd. 1, S. 107-118; Bd. 2, S. 45, 50). 1544 entrichtete er in Augsburg mit 7 fl eine relativ bescheidene Steuerleistung; von 1550 an ist er in den Steuerbüchern der Stadt nicht mehr zu finden (StAA, Steuerbuch 1544, Sp. 45d). 1576 wurde er aufgrund seiner Verdienste um den Bergbau in den habsburgischen Ländern in den Adelsstand erhoben (Riedenauer, S. 48). Urban Sighart, verheiratet mit Ursula Preising, wurde 1544 Mitglied der Augsburger Kaufleutestube und saß von 1549 an für dieses Gremium im Großen Rat (IHK, Kaufleutestube, fol. 40; Chroniken, Bd. 32, S. 457; vgl. Langenmantel, S. 108). Seine Steuerleistung belief sich 1550 und 1562 jeweils auf 12 fl, was auf ein Vermögen zwischen 2.400 und 4.800 fl schließen läßt; Sighart mußte also einen großen Teil seines Kapitals in das Unternehmen mit Sighart und Wittich gesteckt haben (StAA, Steuerbuch 1550, Sp. 64d; Steuerbuch 1562, Sp. 76b). Veit Wittich, der kurz nach der Errichtung der Gesellschaft mit Putz und Sighart im Dezember 1554 starb (Chroniken, Bd. 32, S. 459), war 1520/21 Konsul der deutschen Kaufleute in Venedig (Simonsfeld, Bd. 2, S. 207). Zwischen 1525 und ca. 1530 hielt sich Wittich mit Bewilligung des Augsburger Rates in Antwerpen auf (StAA, RP 15, 1520-1529, fol. 90 v , 157v, 194r). Zu Beginn der 1540er Jahre beteiligte er sich mit Matthäus und Christoph Manlich am Salzburger Bergbau im Rauriser Revier (StAA, KuH, Nr. 17, fol. 19), und 1552 tätigte er Antwerpener Wechselgeschäfte mit Hans Paul und Hans Heinrich Herwart über 1.200 fl und mit Alexander Kraffter und Lazarus Tucher über 200 flämische Pfund (Blendinger, Unterkaufbücher, S. 64, 301, 324). Seine Steuerleistung belief sich 1544 auf 80 fl, 1550 auf 50 fl, lag also zu diesem Zeitpunkt weit

286 nischen Normen. Sighart klagte in einer Eingabe an den König im Juni 1559 Putz des Betrugs und der Übervorteilung an. Nach Sigharts Darstellung hätten sich Wittich und er selbst an Putz' Kärntner Bergbauunternehmungen beteiligt, nachdem dieser sich überschuldet hatte. Sie hätten „aus freuntlichen treuen mitleiden" 6.000 fl investiert, damit Putz „sambt seinem Weibe und khindt bey häuslichen eren auch treuen und Glauben bleiben möchte". Durch den Abschluß eines auf vier Jahre befristeten Vertrags wurde „zum gewyn und verlust ain gemainer hanndl" begründet und Putz zum Verweser der Bergwerke bestimmt. Jeder der drei Gewerken war an den gemeinsamen Gruben mit einem Drittel beteiligt. „Und, nachdem wir vill ain merers, als die obbestimmte summa ist, darein verpaut," berichtet Sighart, „so hat doch Gott letztlich gnad geben, das wir an der Goldzech ain guet ruemlich, höfflich und nutzlich perchwerch erpaut." Putz habe jedoch keine Rechnung erstellt und nur danach getrachtet, sich das Bergwerk selbst anzueignen „und also disen weg falsch und betrug an die handt genumen". So hätte er mit gefälschten Wert- und Verlustangaben - angeblich standen 11.000 fl Wert 22.500 fl Schulden gegenüber - seinen Partner Sighart mit Hilfe des Großkirchheimer Bergrichters Thomas Grißenauer dazu gebracht, Putz seinen Anteil zur Tilgung der Schulden zu überschreiben. Putz habe danach den halben Teil des Bergwerks für 32.700 fl an die Kirchberger Gewerken verkauft. Sighart, der sich „schäntlich überfaren und betrogen" fühlte, bezifferte den Verlust, der ihm durch Putz' wissentlich falsche Angaben entstand, auf 54.400 fl.141 Der Bericht Christophs von Khünburg, des Probsts von Sagritz, der als Zeuge die Partei von Melchior Putz ergriff, bietet hingegen eine ganz andere Interpretation des Verhältnisses zwischen den Gesellschaftern. Khünburg zufolge hatte Putz „in der gemainen gesellschafter not [...] merers dann die andern sein mitgesellschaft[er] als Veit Wittich und Urban Sieghart ertragen, in der er Pucz durch Gottes Hilf und seinen perkwerksverstandt allein durch seinen vleiß alle Notwendigkeit des Bergwerks regieren und verrichten muessen." Die Großkirchheimer Gruben seien „mit vorgeundter gnaden gottes allein durch berkhwerchsverstand, trewe und vleiß des Melchior Puzen an gibigkeit in schwung bracht" worden, und Putz habe sich auch durch „die allerschwierigsten samkosten, unfleiß der arbeiter und

über der von Putz und Sighart (StAA, Steuerbuch 1544, Sp. 54a; Steuerbuch 1550, Sp. 67c). Wittich amtierte 1540-1541 als städtischer Almosenherr und 1546 als Proviantherr (Chroniken, Bd. 32, S. 459). 1541-1548 und 1551 war er Beisitzer, 1549 und 1554 Büchsenmeister der Augsburger Kaufleutestube (IHK, Kaufleutestube, fol. 38 und passim). Von 1549 bis zu seinem Tod gehörte er dem Großen Rat an (StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 86-101; Langenmantel, S. 107). 1541 war er gemeinsam mit Konrad Rehlinger d.J. Taufpate von Veit Konrad Schwarz, dem Sohn des Fugger'sehen Hauptbuchhalters Matthäus Schwarz, der wie sein Vater später eine „Kostümbiographie" anlegte (Fink, S. 168, 190). 141

Wießner, Bd. 1,S. 110-111.

287 vill ander ungelegenheiten nit darvon abwenden, schreckhen noch abtreiben [...] lassen."142 Während Sighart seine Klage gegen Putz auf seine Kapitalinvestition und den vereinbarten Gesellschaftsvertrag gründete, machte sich mit Khünburg ein Geistlicher zum Verfechter des kaufmännischen Leistungsprinzips. Während seine Mitgesellschafter lediglich ihr Geld im Großkirchheimer Bergbau arbeiten ließen, habe allein Putz durch Sachverstand, Fleiß und Mühe das Bergbauunternehmen in Gang gebracht. Putz repräsentierte damit in den Augen seines Verteidigers ganz ähnliche Tugenden, wie sie Lukas Rem und Christoph von Stetten für sich selbst in Anspruch genommen hatten. Die Selbsteinschätzung des Kaufmanns war also in hohem Maße vom Bewußtsein seiner eigenen Fähigkeiten und Leistungen geprägt.143 Die „Kreditwürdigkeit" von Mitgliedern der reichsstädtischen Führungsschicht hing nicht allein von ihrem sozialen und familiären Hintergrund und der Größe ihres (materiellen) Vermögens ab, sondern auch von ihrer Fähigkeit, kaufmännische Tugenden wie Fleiß, Rechtschaffenheit und ökonomische Kompetenz unter Beweis zu stellen und so das Vertrauen ihrer Geschäftspartner zu erlangen und zu erhalten.

4.3 Verhaltensmuster in Augsburger Konkursverfahren des 16. Jahrhunderts Der Bankrott der Weyer - darauf wurde bereits wiederholt hingewiesen - stellte kein isoliertes Phänomen dar, sondern ist im Kontext einer größeren Bankrottwelle zu sehen, die die Augsburger Geschäftswelt im dritten Viertel des 16. Jahrhunderts erfaßte und als Ausdruck einer umfassenderen „Krise der sozialen Beziehungen" innerhalb der städtischen Elite interpretiert werden kann. Vor diesem Hintergrund gilt es nun zu untersuchen, inwieweit die bei der Rekonstruktion des Weyer-Bankrotts beobachteten Probleme und Verhaltensweisen auch in anderen Konkursverfahren um die Mitte des 16. Jahrhunderts auftraten. Dabei sind vor allem drei Variablen zu berücksichtigen: die jeweilige Ausgangslage, die Behandlung der Konkursmasse, und die Haltung der Gläubiger. Die Ausgangslage bei Augsburger Bankrottprozessen gestaltete sich von Fall zu Fall sehr unterschiedlich, je nachdem, ob es den Falliten gelang, sich durch Flucht dem Zugriff ihrer Gläubiger zu entziehen, ob sie von diesen gefangengesetzt wurden, oder ob sie gegen Kaution oder durch eine Vereinbarung mit ihren Gläubigern auf freiem Fuß bleiben konnten. Die Falliten waren offenbar bestrebt,

142 143

Ebd., S. 112-113. Vgl. Roper, Ödipus, S. 144.

288 sich wenn irgend möglich dem direkten Zugriff der Gläubiger zu entziehen, doch kamen letztere ihnen bisweilen zuvor. Bankrotte Kaufleute flüchteten sich in der Regel in die Immunität geistlicher Institutionen, z.B. in die Freiung des Klosters St. Ulrich und Afra in Augsburg oder die Freiung des Friedberger Klosters, auf ihre Landgüter, sofern sie welche besaßen, an die Höfe oder in die Territorien auswärtiger Fürsten, auf deren Schutz sie hofften, oder in andere Handelsstädte, in denen sie noch über „Kredit" verfugten. Von dort aus suchten sie sich eine gute Ausgangsposition für Verhandlungen mit ihren Gläubigern zu sichern.144 Nach dem Bankrott der Höchstetter 1529 verließen Ambrosius Höchstetters Sohn Joachim und sein Schwiegersohn Hans Franz Baumgartner die Stadt, woraufhin der Rat den älteren Ambrosius Höchstetter, seinen Sohn Ambrosius und seinen Neffen Joseph Höchstetter inhaftieren ließ.145 Joachim Höchstetters weiterer Lebensweg ist beispielhaft für den Versuch eines Bankrotteurs, seine Beziehungen zu Personen zu aktivieren, bei denen er noch „Kredit" hatte. Höchstetter ging zunächst nach Antwerpen, wo er bereits vor dem Konkurs die Faktorei der Familiengesellschaft geleitet hatte, und Schloß sich dort dem exilierten König Christian II. von Dänemark an, mit dem er bereits früher Kreditverhandlungen gefuhrt hatte, und der nun mit einer Streitmacht zur Rückeroberung seines Landes aufbrach. Als sich das Scheitern des Unternehmens abzeichnete, gelang es Höchstetter, sich auf die Seite von Christians Widersacher Friedrich von Holstein-Gottorp zu schlagen und weitreichende Privilegien zur Ausbeutung von Bergwerken in Norwegen und Schweden zu erlangen. Unter bislang ungeklärten Umständen kehrte er allerdings einige Jahre später nach Augsburg zurück, wo er im Alter von 30 Jahren starb.146 Der Kaufmann Friedrich Rentz flüchtete nach dem Bankrott seiner Firma 1544 aus Augsburg und verstarb zwei Jahre später in Lothringen. 147 Matthäus Pfanzelt

144 145 146 147

Strieder, Klosterarchive; Lutz, Struktur, Bd. 1, S. 468. Chroniken, Bd. 23, S. 222. Nübel, Höchstetter, bes. S. 145-147. StBA, Seifert'sche Stammtafeln, „Rentz". Der aus Ulm stammende Friedrich Rentz, der 1530 in Augsburg Susanna Pfister geheiratet hatte (Hämmerle, Nr. 331; StBA, Seifert'sche Stammtafeln, „Rentz"), leitete zusammen mit seinem Bruder Hans eine Handelsgesellschaft, die in den 1530er Jahren wiederholt mit dem Unternehmen Anton Fuggers in Verbindung stand (Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 1, S. 620, Anm. 148; S. 685, Anm. 148; Bd. 2/1, S. 409, Anm. 134; S. 414, Anm. 137; S. 446, Anm. 144). 1539 waren die Rentz den Fugger 8.849 fl schuldig (Ebd., Bd. 2/1, S. 467, Anm. 253). Sie unterhielten Handelsbeziehungen nach Antwerpen, wo ihr Faktor Christoph Haintzel 1544 englische Tuche kaufte (Strieder, Notariatsarchive, S. 158-161, 165-166), und nach Venedig (StAA, StGB 1539 , fol. 72-75). Friedrich Rentz gehörte von 1539 bis zu seinem Bankrott 1544 als Zwölfer der Kaufleutezunft dem Großen Rat an und wurde 1542 Richter am Stadtgericht (StAA, Reichsstadt, Zünfte, Nr. 148; StAA, Ratsämterbücher). Die Brüder Hans, Friedrich, Ambrosius und Sebastian Rentz hatten Landbesitz zu Offenhausen, Breitingen, Lehr, Thalfingen, Jungingen, Öllingen und Holz-

289 begab sich vier Jahre später wegen seiner Schulden nach Friedberg und handelte von dort aus einen Vergleich mit seinen Gläubigern aus, der ihm die Rückkehr nach Augsburg ermöglichte.148 Ambrosius Mair, der 1552 Bankrott machte,149 konnte sich auf bayerisches Territorium - vermutlich nach Friedberg - absetzen und suchte von dort aus um Geleit nach Augsburg nach. Der Rat schlug seine Bitten zunächst ab und beschloß, beim bayerischen Herzog um die Verhaftung Mairs nachzusuchen.150 Auf eine Supplikation der Gläubiger Ulrich Wild und Wolf Endris hin wurde Mair schließlich ein achttägiges Geleit in das Augsburger Kloster St. Ulrich bewilligt.151 Bereits 1542 lag dem Augsburger Rat ein Gutachten vor, das die Flucht insolventer Kaufleute in die Freiungen von St. Ulrich und Friedberg als „beschwerdliche missbreuch" und strukturelles Problem in Konkursverfahren bewertete.152 Von den 26 Personen, über deren Fallimente in den Jahren um 1560 der Chronist Paul Hektor Mair berichtet, gelang es 18, sich rechtzeitig abzusetzen. Sie

148 149

150 151 152

heim, der im Februar 1544 für 14.000 fl an die Brüder Hans Jakob, Christoph und Raymund Fugger ging: Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2, S. 605, Anm. 66. Chroniken, Bd. 32, S. 65-66. Mair gehörte zwar nicht der Augsburger Kaufleutestube an, beteiligte sich aber am Fernhandel mit Metall und Barchent. 1532 wurde er von den Augsburger Strafherren verhört, weil er zusammen mit seinen „Verwandten" Friedrich Pair und dem Nürnberger Schlüsselberger entgegen bestehender Verbote Tuche außerhalb der Stadt hatte färben lassen. Mair gab an, die fraglichen Tuche „gen franckreich verfuert" zu haben (StAA, Urgichten 1532, 25./26. 9., A. Mair). Anfang der 1540er Jahre gehörte er neben Christoph Kreß und Matthäus Pflaum zu den wichtigsten Augsburger Kunden des Silberhandels der Straßburger Firma Prechter (Fuchs, Prechter, S. 169, Anm. 6). 1543 wurde er zu einer Strafe von 70 fl verurteilt, weil er den Münzmeistern von Augsburg und Kempten „gute gannghaffte muntz" verkauft hatte, welche diese einschmolzen (StAA, RP 17/1, 1543, fol. 105 v -107 v ), und ein Jahr später ließen die Vorgeher der Augsburger Weberzunft fünfzig ungebleichte Tuche konfiszieren, die Mair mit Brasilholz hatte färben lassen. Der Rat billigte dieses Vorgehen, da „mit solchen aus Presil geferbten tuechen allerlay gefar gebraucht vnnd der gemain man dardurch großlich betrogen" würde. Mair sollte seine Tuche zurückerhalten, sie aber umfärben lassen (StAA, RP 18/1, 1544, fol. 105 v -106 r ). Im Jahre 1548 erscheint Mairs Name auf einer Liste Augsburger Kaufleute, deren Güter während des Schmalkaldischen Krieges in den Bistümern Trient und Brixen beschlagnahmt wurden (StAA, KuH, Fasz. V, Nr. 26/2; Kellenbenz, Geldbeschaffung, S. 40). 1551 war er Partner Christoph Fuggers und Karl Santors bei Wechselgeschäften über 700 und 400 fl (Blendinger, Unterkaufbücher, S. 37, 40, 300), und im selben Jahr schrieb der Augsburger Rat auf Mairs Gesuch hin an den bayerischen Herzog, daß alles Schmalz, das Mair in Bayern, Österreich, Böhmen und an anderen Orten kaufe und nach Augsburg führe, allein zum Gebrauch Augsburger Bürger bestimmt sei (StAA, Reichsstadt, Akten, Nr. 355, Fürschrift vom 16.5.1551). Von 1549 bis zu seinem Bankrott gehörte er als Vertreter der Gemeinde dem Großen Rat an (StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 124; Chroniken, Bd. 32, S. 467). StAA, RP 26/1 (1552), fol. 26 v , 29". Ebd., fol. 34 r . Strieder, Klosterarchive, S. 75.

290 flüchteten sich in die Freiung von St. Ulrich (Hans Weyer, Marquard Rosenberger), nach Friedberg (Anton Bimmel, Michael Mair), in die Freiung nach Memmingen (Hans und Hieronymus Zangmeister), oder waren schlicht „aus der stat gewichen". Hans Rosenberger war laut Mair „von sant Ulrich schandlich gen Kitzbichel gewichen". Der Kaufmann Stephan Fröschel wurde „verbürgt", während sechs der 26 Bankrotteure, darunter Christoph Kraffter und Ambrosius Stapf, von ihren Kreditoren gefangengesetzt wurden. Nicht in jedem Falle erfolgte die Verhaftung in Augsburg: Philipp Meuting war Mair zufolge „zu Leon in Franckreich gefangen, doch wider ausgelassen worden."153 Auch in den folgenden Jahren gelang offenbar einer Mehrzahl der Bankrotteure rechtzeitig die Flucht. Nachdem Joachim Langenmantel sich 1561 in die Freiung von St. Ulrich begeben hatte, wurden seitens des Augsburger Magistrats Überlegungen angestellt, „ob ain Ersamer Rate nit befugt sey Ine aus der freyung zunemen", doch scheute sich der Magistrat offensichtlich, hierdurch einen Präzedenzfall zu schaffen.154 1562 entwich Hieronymus Welser „schulden halben aus der stat".155 Ihre engen wirtschaftlichen Beziehungen zu den Habsburgern und den bayerischen Herzögen veranlaßten eine Reihe von Bankrotteuren, in deren Territorien Zuflucht zu suchen. Hans Rosenberger, von dessen Entweichen nach Kitzbühel Paul Hektor Mair berichtet, erwirkte im Mai 1560 eine Fürschrift des Kaisers in seinem Interesse'56 und einige Monate später sogar die Einsetzung einer kaiserlichen Kommission und kaiserliches Geleit zu Vergleichsverhandlungen mit seinen Gläubigern.'57 Zudem konnte Rosenberger seinen Tiroler Montanbesitz offenbar zumindest teilweise vor dem Zugriff der Gläubiger retten, da seine Nachkommen noch Anfang des 17. Jahrhunderts im Tiroler Bergbau aktiv waren.'58 Nachdem Hans Georg Baumgartner wegen unbezahlter Schulden in Augsburg in Verwahrung genommen wurde, handelte eine kaiserliche Kommission, der unter anderem Herzog Christoph von Württemberg angehörte, 1566 einen Vertrag über die Bezahlung der Schuldsumme binnen sieben Jahren aus.159 Christoph und David Manlich, die sich nach ihrem Bankrott (1564) durch Flucht nur knapp der Verhaftung entziehen konnten, gingen wie Hans Rosenberger nach Tirol, wo sie umfangreichen Grubenbesitz hatten und sich der Protektion Erzherzog Ferdinands erfreuten. Das Gesuch der Gläubiger an den Erzherzog um Auslieferung und Beschlagnahmung der Manlich'schen Vermögenswerte in Tirol wurde von der Innsbrucker Regierung abgelehnt, und die Manlich erhielten freies 153

154 155 156 157 158 159

Chroniken, Bd. 33, S. 78-81. Zur Flucht der Rosenberger und Zangmeister vgl. Strieder, Klosterarchive, S. 74. StAA, RP 32/1 (1561), fol. 32 r ; Chroniken, Bd. 33, S. 97. Chroniken, Bd. 33, S. 177. StAA, RP 31/11 (1560), fol. 41 r StAA, RP 32/1 (1561), fol. 3 r , 38 r -38 v . Kellenbenz, Kapitalverflechtung, S. 42. Müller, Quellen, S. 248 (Nr. 629).

291 Geleit zum Besuch ihrer Bergwerke. Im Gegensatz zu Hans Rosenberger gelang es ihnen jedoch nicht, ihren Montanbesitz zu erhalten.160 Wie die Manlich profitierte auch Hans Langnauer nach dem Zusammenbruch seiner Firma von seinen Beziehungen zum österreichischen Erzherzog. Als sich 1574 die Zahlungsunfähigkeit der von ihm geleiteten Haug-Langnauer-Linck-Gesellschaft abzeichnete, sah Langnauer, der sich zu dieser Zeit in Österreich aufhielt, von einer Rückkehr nach Augsburg ab und versuchte von Graz aus vergeblich, Geld aufzutreiben, um die Bergwerksunternehmungen der bankrotten Firma in Gang zu halten.161 Daß Langnauer auch nach Eintritt des Bankrotts noch das Vertrauen Erzherzog Karls genoß, zeigt sich darin, daß er im Frühjahr 1575 mit diesem einen neuen Fünljahresvertrag über die Pacht der Idrianer Quecksilbergruben abschließen konnte.162 Langnauer kam nach langen und zähen Geleitverhandlungen im Februar 1576 nach Schwaben, um von seinem Lehensgut Deubach aus, später auch in Augsburg selbst, Vergleichsverhandlungen mit seinen Gläubigern zu fuhren. Nach deren Scheitern kehrte er Mitte des Jahres jedoch nach Graz zurück.163 Unter den Mitgliedern der Augsburger Elite, die sich aufgrund ihrer Schulden nach Bayern begaben, ist Hans Jakob Fugger, der sich hochverschuldet nach München absetzte und es dort noch bis zum Hofkammerpräsidenten brachte, zweifellos das bekannteste Beispiel.164 Herzog Albrecht von Bayern setzte sich 1561 auch für den wegen seines Bankrotts inhaftierten Christoph Kraffter ein.165 Als Melchior Manlich 1574 seine Zahlungen einstellen mußte, erhielt er ebenfalls Geleit vom bayerischen Herzog, in dessen Territorium Manlichs Landgut Winden lag. Hieronymus Fröschel zitierte den Herzog mit einem Ausspruch, der nicht nur die engen Beziehungen zwischen ihm und Manlich, sondern auch das Spannungsverhältnis zwischen den Ambitionen eines Territorialfürsten und der Finanzkraft eines reichen städtischen Kaufmanns prägnant zum Ausdruck bringt: „du solt glait haben, weil du so grossen credito gehabt; wann wir land und leute und uns selb ausstäubten, wir wißten soviel gelt kaum aufzuobringen". Manlichs Schwiegersohn Karl Neidhart setzte sich indessen nach Lyon ab.166 Die bisweilen spektakulären Fluchtversuche Augsburger Kaufleute lieferten der zeitgenössischen Chronistik den Stoff für einige dramatische Episoden. Paul Hektor Mair zufolge soll Hieronymus Herbrot versucht haben, entgegen seinem Gelöbnis aus Lauingen, wo er unter Arrest stand, zu entkommen. Herbrot habe 160 161 162 163 164

165 166

Seibold, S. 109-110. Häßler, S. 33-37; Ringling, S. 264-270, 274-285. Ringling, S. 271. Häßler, S. 38-39; Ringling, S. 281. Chroniken, Bd. 33, S. 218; Maasen, S. 48-50; Kellenbenz, Hans Jakob Fugger, S. 83; Steuer, Außenverflechtung, S. 194; Augsburger Stadtlexikon, S. 122. StAA, RP 32/1 (1561), fol. 41 r . Roth, Bankerott, S. 163; Sayous, commerce, S. 409. Zu Manlichs Landgut Winden vgl. Diepolder, S. 37.

292 „haimlich darvon zu seinem schweher mit ainem fischer auf ainem schifflin in Österreich faren wollen, er ist aber auskundschaft und ereilt und gen Laugingen gefiert und gefängklichen eingelegt worden.167 Konrad Rot, der die Stadt 1580 unter dem Vorwand verließ, seinen Schwiegervater Haug Engel auf dessen Landsitz Igling zu besuchen, flüchtete nach Chur in die Schweiz und verwirrte seine Gläubiger durch einen vorgetäuschten Selbstmord. Später trat er, noch höchst lebendig, als Konsul der deutschen Kaufleute in Lissabon wieder in Erscheinung.168 Warum bankrotte Kaufleute fast um jeden Preis versuchten, sich rechtzeitig aus der Stadt abzusetzen, verdeutlicht das Schicksal einiger Mitglieder der Augsburger Elite, die wie David Weyer von ihren Kreditoren gefangengesetzt werden konnten. Ambrosius Höchstetter d.Ä., sein gleichnamiger Sohn und sein Neffe Joseph Höchstetter wurden zunächst von Juli 1529 an auf dem Augsburger Rathaus unter Bewachung festgehalten, 169 nach dem Scheitern der Verhandlungen mit ihren Gläubigern knapp zwei Jahre später in eine Stube von Ambrosius Höchstetters d.Ä. Haus überfuhrt, dort unter strengen Haftbedingungen, die der Chronist Clemens Sender drastisch schildert,170 verwahrt und im September 1531 schließlich in die Eisen gelegt. Der Tod des älteren Ambrosius Höchstetter in den Eisen (1534) und die dreizehnjährige Gefangenschaft seines Sohnes und seines Neffen dienten zweifellos allen Falliten als abschreckendes Beispiel.171 Hans Georg Baumgartner, der sich zumeist auf seinen Landgütern außerhalb Augsburgs aufhielt, wurde aufgrund der Tatsache, daß er für die Schulden seines zahlungsunfähigen Bruders David gebürgt hatte, im März 1565 verhaftet, als er an der Hochzeit der Sidonia Isabella Fugger teilnehmen wollte. Er mußte dem Stadtvogt geloben, die Stadt nicht zu verlassen, bis er „mit ainem Ersamen Rate geübter vngehorsam halb, auch mit seinen gleubigern verglichen sey." Im April wurde er unter Hausarrest und Bewachung gestellt; dem Chronisten Paul Hektor Mair zufolge mußte Baumgartner für die Verpflegung und Besoldung seiner Bewacher selbst aufkommen. 172 Anfang August 1565 räumte der Rat Baumgartner noch eine Frist von acht Tagen ein, seine Gläubiger zu befriedigen, verstärkte aber bereits die Wachen vor seinem Haus und warnte ihn, sofern er nicht bezahle, „werde ain Ersamer Rate merern ernnst gegen Ime fürnemen muessen." 173 Zwei Wochen später wurde er in das Rathaus überführt und dort unter Bewachung festgehal167 168 169 170

171 172 173

Chroniken, Bd. 33, S. 233-234. von Stetten, Geschichte, Bd. 1, S. 630. Chroniken, Bd. 23, S. 222. „und haben in diser Stuben sie all trei sich ires gemachs zuo ainander miessen der natur began, und hat die stub fast übel gestuncken. und in diser Stuben hat man bedt auff die erde gelegt, daran haben sie miessen ligen." Ebd., S. 235-236. Ebd., S. 236-237; Burschel/Häberlein, S. 61. StAA, RP 34/1 (1565), fol. 65 r , 75r; Krag, S. 117; Müller, Quellen, S. 60 (Nr. 88). StAA, RP 34/1 (1565), fol. 114r.

293 ten.174 Dort scheinen die Haftbedingungen allerdings, wenn man Paul Hektor Mair Glauben schenken darf, zunächst recht erträglich gewesen zu sein: „Was er essen und trinken hat wollen nach seinem Lust oder gefallen, das alles hat er im lassen alle tag gen morgen und gen Nacht in seinem hauss kochen für in und fur die 4, so in verwacht haben. Die haben auch alweg mit im gessen an seinem tisch. Er hat's gar wol gehalten mit essen." Zu Beginn des Augsburger Reichstags von 1566 wurde Baumgartner in das Beckenhaus gebracht und dort bis Ende Juli 1567 verwahrt, ehe er auf das Rathaus zurückgeführt wurde. Baumgartner blieb insgesamt fünf Jahre in Haft, bis ihm 1570 ein Vergleich mit seinen Gläubigern gelang. Mairs Bericht über das Ende von Baumgartners Haftzeit macht die physischen Folgen der langen Gefangenschaft deutlich: der Patrizier habe, als er am 3. Mai 1570 vor dem Rat erschien, dort seine Einigung mit seinen Kreditoren anzeigte und sein Bürgerrecht aufsagte, unter den Armen gestützt werden müssen, „so krankh und verschwolen ist er an seinem schenckel und Bauch gewest." Wenige Wochen später starb er im Haus seines langjährigen Dieners Hans Vogel in Augsburg.175 Als Christoph Kraffter 1560 seine Zahlungen einstellte und seine Straßburger Gläubiger verlangten, ihn in strenge Verwahrung zu nehmen, entschied der Augsburger Rat zunächst negativ, da die städtischen Gefängnisse „allain verwarungen vnnd kain straff sein sollen", verfügte aber, daß Kraffter ohne Vorwissen der Bürgermeister keinen Besuch mehr empfangen durfte. 176 Im September 1561 wurde Kraffter auf Druck der Gläubiger hin im Schuldturm inhaftiert. Lediglich seine Frau, ein Arzt, ein Prädikant und ein Diener sollten zu ihm gelassen werden.177 Dem Bericht Paul Hektor Mairs zufolge wurde er in den Heilig-Kreuz-Turm gebracht und kurz darauf „bei der nacht herab in die Eisen gefuert". 178 Als Kraffters Frau und seine Augsburger Gläubiger im September 1562 dem Rat bedeuteten, daß ein gütlicher Vergleich zwischen beiden Parteien möglich sei, ließ der Rat ihnen mitteilen, Kraffter wäre kein Gefangener des Rates, „sonnder auff anhalten der auslendischen, vnnd sonnderlich der strasbürgischen gleubiger Inn verhafft komen." Deshalb sei es notwendig, „die Sachen bey den selbigen so wol als bey den hie[s]igen Richtig zue machen." Es bedurfte allerdings noch einiger Monate intensiver Verhandlungen über die Nürnberger und Straßburger Schulden Kraffters, ehe er 1563 aus der Haft entlassen wurde.179 Die Äußerungen des Augsburger Rates im Falle Christoph Kraffters verdeutlichen, daß es bei der mitunter jahrelangen Gefängnishaft insolventer Kaufleute 174 175 176 177 178 179

StAA, RP 34/11 (1566), fol. 4 r -4 v . Müller, Quellen, S. 60-61 (Nr. 88); vgl. von Stetten, Geschichte, Bd. 1, S. 590. StAA, RP 31/11 (1560), fol. 65 r . Ebd., fol. 69 v , 86 v . Ferner RP 32/11 (1562), fol. 23 r , 35 r . Chroniken, Bd. 33, S. 50, 54. StAA, RP 32/11 (1562), fol. 65 r (Zitat), 68 r , 68 v , 70 r , 71 r , 71 v , 73 r , 74 r , 75 r , 76 r , 80 v , 83r; RP 33/1 (1563), fol. 5V, 1 l r , 22 r , 43 r , 48 v , 60 r .

294 nicht primär um eine Bestrafung der Falliten ging, sondern vorrangig um die Bezahlung der Gläubiger. Mit der Begleichung der Schulden war der Frieden mit den Kreditoren wieder hergestellt und kein Grund mehr für eine weitere Inhaftierung vorhanden. 180 Die Frage der Sicherstellung des Vermögens bankrotter Kaufleute und der Entschädigung der Gläubiger aus der Konkursmasse bildete somit das Kernproblem jedes Bankrottprozesses. Da die Aktiva einer Firma aus Vermögenswerten verschiedenster Art bestehen konnten - Immobilien in Augsburg und anderen Städten, Grundbesitz auf dem Land, Bergwerken, Bargeld, Juwelen, unverkauften Waren, Außenständen bei staatlichen und privaten Schuldnern - und sich das Eigentum einer Handelsfirma auf mehrere, teilweise weit entfernte Orte verteilte, war dessen Liquidierung zur Begleichung der Schulden ein aufwendiges und zeitraubendes Unterfangen. Die Einbringung von Außenständen und die Liquidierung von Firmeneigentum bildete die Hauptaufgabe sogenannter Gläubigerausschüsse, die in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts nach zahlreichen Firmenbankrotten eingesetzt wurden.181 Nach dem Bankrott Christoph Kraffters beispielsweise bestimmte das Augsburger Stadtgericht im März 1563 den Patrizier Ulrich Walther und den Kaufmann und späteren Bürgermeister Andreas Harder zu

180

In die gleiche Richtung zielt auch eine Bemerkung im Augsburger Ratsprotokoll von 1570, der wegen seiner Schulden inhaftierte Christoph Tiefstetter solle „ligen bleiben, biß Er sich mit seinen gleubigern vergleicht". StAA, R P 37/1 ( 1 5 7 0 ) , fol. 42 r . Die Haltung des Augsburger Rates stand damit in Einklang mit der geläufigen zeitgenössischen Auffassung vom Zweck der Schuldhaft. So stellt Erler, Sp. 1513 fest: „Die Schuldhaft bezweckte Zahlung, sei es durch den Schuldner, sei es durch seine Verwandten und Freunde". In der „intakten gesellschaftlichen Struktur" des Mittelalters, so Erler, sei die Schuldhaft eine „wirksame Einrichtung" gewesen, doch habe sie infolge der sozio-ökonomischen Wandlungen des 17. und 18. Jahrhunderts zunehmend ihren Sinn verloren. Dennoch blieb die Schuldhaft bis ins 19. Jahrhundert als archaische, in Satiren und Polemiken häufig angegriffene rechtliche Institution erhalten (ebd., Sp. 1 5 1 3 - 1 5 1 4 ) . Was der Verfasser unter einer „intakten gesellschaftlichen Struktur" versteht, muß hier dahingestellt bleiben.

181

1560 wurden Melchior Ilsung und Sixt Eiselin als Gläubigerausschuß der bankrotten Zangmeister eingesetzt: StAA, R P 31/11 (1560), fol. 52 r . Nach dem Bankrott Christoph Manlichs und seiner Brüder wurde im Mai 1564 ein Gläubigerausschuß gebildet, der aus Joachim Jenisch, Wolfgang Paler und Hans Baptist Haintzel bestand: Seibold, S. 109-110. Nach dem Falliment Matthäus Vogelmairs ( 1 5 7 1 ) wurden Joachim Höchstetter, Hans Österreicher, Hieronymus Rem und Martin Zobel als Gläubigerausschuß eingesetzt: StAA, Urgichten 1571, Sept./Okt. (M. Vogelmair); StAA, Spreng X V I I , Nr. 49. Im Konkursverfahren der HaugLangnauer-Linck-Gesellschaft

(1574)

fungierten

drei Verwandte

der Gesellschafter

-

Matthäus Haug, Ludwig Hörmann und Hans Heinrich Linck - als Kuratoren: Häßler, S. 3 3 37; Ringling, S. 2 6 4 - 2 7 0 . Vgl. auch aus rechtshistorischer Perspektive Hellmann, S. 7 4 - 7 7 , 94, 125-126, 137. Gegenüber der bankrotten Firma Hans Paul Herwärts schließlich traten Hans Heinrich Herwart, Quirin Rehlinger, Stephan Endorfer und Sigmund bzw. Hans Baptist Höchstetter 1576 als Gläubigervertreter auf. In dieser Funktion stellten sie Vollmachten fur Vertreter in Lyon und Antwerpen aus: StAA, Spreng X I V , Nr. 10; Spreng X V , Nr. 55. Ein Gläubigerausschuß Hans Paul Herwärts existierte noch 1599: vgl. StAA, Spreng L, Nr. 4 3 ; Spreng L V I I I , Nr. 8; Spreng L I X , Nr. 8.

295 Kuratoren über die Konkursmasse und beauftragte sie mit der Führung von Vergleichsverhandlungen. Acht Jahre später legten Walther und Harder den Gläubigern ihre Abschlußrechnung vor, worauf diese erklärten, daß „die sachen zwischen allen vnd yeden gläubigem güetlich verglichen vnd hingelegt worden."182 Insbesondere wenn die letzte Generalrechnung der bankrotten Firma wie im Falle der Zangmeister oder der Haug-Langnauer-Linck bereits längere Zeit zurücklag,'83 waren die Kuratoren bei der Ermittlung und Veräußerung der Aktiva, ob sie wollten oder nicht, auf die Kooperation der Falliten oder ihrer Faktoren angewiesen. Nach dem Konkurs der Firma „Melchior Manlich und Mitverwandte", deren Geschäftsbeziehungen bis in die Levante reichten, stellte der aus den Bürgermeistern Otto Lauginger und Bernhard Walther sowie aus Hans Anton Lauginger, Hans Herwart d.J. und Hans Hartlieb bestehende Gläubigerausschuß 1574/75 eine ganze Reihe von Vollmachten für Vertreter in Deutschland, Italien, Frankreich und den Niederlanden aus, um dort ihre Interessen wahrzunehmen. Dabei bedienten sich die Kuratoren wiederholt ehemaliger Handelsdiener und Faktoren Melchior Manlichs.184 Während die Kreditoren der Weyer in den Prozessen vor dem Augsburger Stadtgericht nur ein geringes Interesse an den Aktiva der Bankrotteure zeigten, ist bei anderen Firmenzusammenbrüchen, die sich in den folgenden Jahren ereigneten, häufig ein deutliches Bemühen der Gläubiger um die rasche Sicherung und Feststellung der Konkursmasse erkennbar. Bereits kurze Zeit nach der Flucht Hans Rosenbergers aus Augsburg wandte sich Anfang April 1560 der Rat wegen Inventarisierung der Güter und Überprüfung der Handelsbücher an das Augsburger Stadtgericht. Anfang Mai wurde eine Kommission zur Buchprüfung gebildet, die mit Matthäus Welser, Matthäus Schellenberger, Jakob Rembold und Wolfgang Paler besetzt war. Ferner wurden alle Gläubiger aufgefordert, sich binnen acht Tagen auf dem Rathaus zu melden.185 Nachdem 1560 die Brüder Eberhard und Kaspar Zangmeister sich in Memmingen wegen ihrer Schulden in die Freiung flüchteten, übergaben Eberhards Frau und der Zangmeister-Schwager Hans David Ott anstelle von Kaspars Gattin die Schlüssel zu ihren Häusern und Gewölben förmlich auf dem Memminger Rathaus.186 In Augsburg wurden etwa zur gleichen Zeit die Schreibstube und Gewölbe der Zangmeister auf Anordnung des Rates geschlossen und „verpetschiert".187 Nach dem Bankrott der Kraffter im selben Jahr 182

StAA, KuH, Fasz. VI, Nr. 26/17; Kellenbenz, Konkurs, S. 396-398, 401-402.

] 83 184 185 186

187

Westermann, Zahlungseinstellung, S. 481. Sayous, commerce, S. 409; Kellenbenz, banqueroute; Seibold, S. 149-152. StAA, RP 31/11 (1560), fol. 30 v , 32 r , 34 r , 37 r . Westermann, Zahlungseinstellung, S. 478-479. In Augsburg ist seit dem ausgehenden 15. Jahrhundert die Praxis des sog. Schlüsselauflegens überliefert, durch die die Witwe eines überschuldeten Mannes auf dessen Erbe verzichtete, aber auch die Bezahlung seiner Schulden ablehnte: Hellmann, S. 57-60. StAA, RP 31/11 (1560), fol. 56 v , 62 r .

296 gab der Rat einem Gesuch der Gläubiger statt, die Güter Christoph Kraffters und der Witwe seines Bruders Jakob inventarisieren und die Kraffter'sehen Handelsbücher überprüfen zu lassen.188 Auf die Zahlungseinstellung der Brüder Manlich hin entschied der Rat Ende August 1564, daß die Güter von Christoph Manlichs Frau inventarisiert und gegen Bürgschaft ihres Bruders Hieronymus Rehlinger „eingeschetzt" werden sollten;189 die Gläubiger Christoph und David Manlichs wandten sich auch an den Herzog von Sachsen wegen Arrestierung von Vermögenswerten der Mansfelder Grafen, auf welche die Manlich Anspruch erhoben.190 Ende Mai 1564 arrestierten Dr. Gregor Hennig, Melchior Neumair und Hieronymus Rehlinger mit Zustimmung des Gläubigerausschusses Güter der bankrotten Ulstett.191 Bei der Erstellung der Abschlußbilanz einer zahlungsunfähigen Firma stand das Interesse der Falliten an einer möglichst positiven Einschätzung ihres Vermögensstands dem Interesse der Kreditoren an einer realistischen Feststellung des Marktwerts gegenüber. Folglich setzten sich Bankrotteure auch häufiger dem Verdacht aus, ihre Bilanzen verfälscht zu haben, während die Falliten umgekehrt befürchteten, daß der Firmenbesitz von den Gläubigern verschleudert würde. Eine von Christoph Manlich nach seinem Bankrott von 1564 vorgenommene Zusammenstellung der Aktiv- und Passivwerte seiner Firma erbrachte z.B. einen Überschuß von 20.360 fl auf der Aktivaseite. Während Manlich jedoch den Wert der Tiroler Bergbau- und Pfennwertinvestitionen auf 95.000 fl, bei vorsichtigerer Schätzung auf 65.000 fl bezifferte, wurden diese 1565 fur lediglich 15.000 fl an die Erben Matthäus Manlichs verkauft. Bei der Liquidation des Unternehmens wurde vermutlich das komplette Betriebskapital unter die Gläubiger verteilt.192 Als nach dem Bankrott der Zangmeister Warenbestände in Augsburg und Memmingen veräußert wurden, protestierten die Zangmeister, daß die Wollvorräte zu billig verkauft worden seien.193 In einigen Fällen gab es fur die Gläubiger eines Falliten allerdings buchstäblich nichts mehr zu holen. Der im Februar 1555 zwischen Ambrosius Mair und seinen Kreditoren abgeschlossene Vertrag zeigt etwa, daß Mair offenkundig wenig in Händen hatte, womit er seine Kreditoren befriedigen konnte. So verzichteten mehrere Augsburger Kaufleute - unter ihnen Hans Weyer, Matthäus Pflaum, Markus Stenglin d.J., Lukas Müller, Leonhard Buroner und Ulrich Wild - gänzlich auf ihre Schuldforderungen, während den weiteren Gläubigern geringe Beträge in einer Gesamthöhe von 150 fl ausgezahlt wurden. So erhielten Christoph Epfenhau188

189 190 191 192 193

StAA, RP 31/11 (1560), fol. 81 v ; RP 32/1 (1561), fol. 25 r , 32 r ; Kellenbenz, Konkurs, S. 396397. StAA, RP 33/1 (1564), fol. 1Γ. Seibold, S. 109-110. StAA, RP 33/11 (1565), fol. 47 v . Seibold, S. 110-111. Westermann, Zahlungseinstellung, S. 492.

297 ser und Leonhard Lindenmair für ihre Pflegetochter Apollonia Raiser 10 fl, der Salzlader Leonhard Beck die gleiche Summe und der Unterkäufel Jakob Schoch 5 fl.194 Wenn noch in größerem Umfang Vermögenswerte vorhanden waren, diese aber nicht ausreichten, um alle Gläubiger vollständig zu befriedigen, entbrannten oft heftige Auseinandersetzungen um bestimmte Teile der Konkursmasse. Da ein Haus in Augsburg oder ein Landgut im Umland der Stadt naturgemäß eine wesentlich sicherere Form der Entschädigung darstellte als ein zweifelhafter Schuldschein oder der Lagerbestand einer noch unverkauften Ware, bildete der Immobilienbesitz von Bankrotteuren zumeist die begehrtesten Unterpfänder. So pfändeten die Fugger 1529 das Schloß und Landgut der Höchstetter zu Burgwaiden,195 und die Gebrüder Rentz verkauften ihre Güter im Ulmer Gebiet im Jahr ihres Bankrotts (1544) für 14.000 fl an Hans Jakob, Raymund und Christoph Fugger.196 Nachdem Jakob Herbrot und seine Söhne 1563 fallierten und ihre Passiva die Aktiva bei weitem überstiegen, konzentrierte sich das Interesse der Kreditoren auf Herbrots Augsburger Hausbesitz. In einem Prozeß vor dem Augsburger Stadtgericht erhoben 1564 die Ehefrau Jakob Herbrots d.J., Euphrosina Sitzinger, der Adlige Johann von Rensdorff sowie der Patrizier Christoph Baumgartner Anspruch auf das Herbrot'sehe Haus auf dem Heumarkt. Während Euphrosina Sitzinger bevorrechtigte Anforderungen an die Firma ihres Mannes geltend machte, wollten Rensdorff und Baumgartner das Haus rechtmäßig erworben haben.197 Nach dem Bankrott der Ulstett von 1563 sicherte sich David Haug gegen die Übernahme von Obligationen in Höhe von 10.000 fl das Ulstett'sche Landgut Gailenbach.198 Als die Haug-Langnauer-Linck selbst in Konkurs gingen, wurden Gailenbach, das ebenfalls David Haugs Erben gehörende Lehen Hurlach und Hans Langnauers Gut Deubach als besonders lukrative Bestandteile der Konkursmasse zum Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen zwischen den Erben der Gesellschafter und den Gläubigern. Selbst der Verkauf Deubachs an Dr. Adam Zech (1588) und Gailenbachs an Zacharias Geizkofler (1592) konnte die Konflikte um Pfand-, Lehens- und Nutzungsrechte an den Gütern, in denen die Erben der Katzbeck als Hauptgläubiger der insolventen Gesellschaft eine sehr aktive Rolle spielten, nicht beenden.'99 Nach dem Bankrott der Baumgartner richtete sich das Hauptaugenmerk der Kreditoren ebenfalls auf den umfangreichen Grundbesitz der Familie. Bonaventura Furtenbach d.J. konnte sich, wie im vorigen Kapitel erwähnt, für seine Forderung über 130.000 fl vorübergehend das Lehen Thannhausen sichern,200 194 195 196 197 198 199 200

StAA, StGB 1554-1555, Teil II, fol. 8 v -9 r . Kern, S. 182; Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 1, S. 156. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/2, S. 605, Anm. 66. StAA, StG 109, fol. Γ , 10r-18r, 41 v -42 r , 61 r -64 v . Ringling, S. 2 4 1 , 2 5 3 . Häßler, S. 46-50. Müller, Quellen, S. 70 (Nr. 126), 247 (Nr. 627).

298 und Hans Georg Baumgartner übergab in einem 1568 ausgehandelten Vertrag seinen Grundbesitz zu Augsburg, Berg, Menchingen, Bach und Obenhausen sowie mehrere Zinse und Nutzungsrechte im geschätzten Gesamtwert von über 90.000 fl seinen Gläubigern.201 Die Zahlungsunfähigkeit Hieronymus Welsers zog um 1565 langwierige Auseinandersetzungen zwischen seinen Gläubigern um Welsers Grundbesitz zu Untermeitingen nach sich.202 Zu Beginn des 17. Jahrhunderts verkaufte der Handelsmann Wilhelm Sitzinger d.J. kurz vor seinem Bankrott zur Begleichung eines Teils seiner Schulden zwei Häuser in Augsburg fur 7.800 fl und 4.000 fl an Matthäus Stenglin und an seinen Schwiegersohn Abraham Jenisch. Der Gläubigerausschuß Sitzingers bestritt nach dessen Bankrott (1602) die Rechtmäßigkeit dieser Verkäufe, woraufhin Stenglin und Jenisch Prozesse vor dem Augsburger Stadtgericht gegen die Kreditoren anstrengten.203 In einigen Bankrottfällen wurden Streitigkeiten um den Immobilienbesitz der Falliten dadurch vermieden, daß dieser durch die Gläubigervertreter im Namen aller oder der Mehrzahl der Kreditoren verkauft wurde. So veräußerten die Güterkuratoren des bankrotten Georg König um 1570 dessen Haus auf dem Roßmarkt an den Goldschmied Valentin Hutter,204 und der Gläubigerausschuß Melchior Neumairs trat dessen Haus bei St. Anna 1575 für 3.300 fl an Jeremias Seitz ab.205 Die Kuratoren Melchior Manlichs verkauften dessen Landgut Winden im Landgericht Aichach 1577 fur 7.392 fl an den Abt des Augsburger Klosters St. Ulrich und Afra. 206 Manlichs Grundbesitz zu Bobingen ging 1581 für 5.800 fl an die Pfleger der Kinder Ulrich Lincks.207 Dem Bericht Paul Hektor Mairs zufolge wurde der Lauinger Immobilienbesitz der Herbrot vergantet.208 Bei Kaufleuten, die sich im Handel mit Luxuswaren betätigten, bildeten auch Edelsteine und Juwelen einen begehrten Teil der Konkursmasse. So lieh der Frankfurter Jude Joseph zum Goldenen Schwan Jakob Herbrot 16.000 fl gegen Verpfändung von Kleinodien im Wert von 30.000 fl. Nach der Zahlungseinstellung der Herbrot entbrannte darüber ein heftiger Streit zwischen Joseph und anderen Herbrot-Gläubigern, die auf den Mehrwert der Juwelen als Sicherheit verwiesen worden waren und nunmehr deren Hinterlegung verlangten. 209 Ebenso hatten die Erben des Straßburger Kaufmanns Wilhelm Prechter Juwelen aus dem Besitz Herbrots als Sicherheit für ihre Schuldforderung in Händen, die Herbrots Töchter

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StAA, RP 36/11 (1570), fol. 177 r -178 v ; Müller, Quellen, S. 248-250 (Nr. 630, 632). Bay. HStA München, RKG 10886. StAA, StG 184, 194. Zur rechtlichen Problematik vgl. allgemein Hellmann, S. 113-120. StAA, Reichsstadt, Akten, Nr. 34, undatierter Kaufbrief. Ebd., Kaufbrief vom 7.6.1575. Diepolder, S. 37. StAA, Reichsstadt, Akten, Nr. 35, Kaufbrief vom 21.7.1581. Chroniken, Bd. 33, S. 232. Dietz, Bd. 2, S. 6, 8.

299 Marina Manlich und Sabina Schleicher 1564 von ihnen zurückverlangten. 210 Dem Chronisten Paul Hektor Mair zufolge wurden 1562 eine Reihe von Kleinodien aus dem Besitz Jakob Herbrots öffentlich vergantet. Der Verkauf soll 7.000 fl eingebracht haben, „wiewol die Herbröttischen solche clainoter und Silbergeschirr 16.000 fl werdt achtent".211 Die Gläubiger Felix Rugers erwirkten 1564 vom Augsburger Rat die Erlaubnis, ein Kleinod aus dem Besitz des Falliten, das beim Augsburger Stadtgericht hinterlegt war, zu beleihen, 2 ' 2 und 1583 wurde den Kreditoren Konrad Rots der Verkauf eines Diamanten bewilligt.213 Die Feststellung des Firmenvermögens wurde in einigen Konkursverfahren durch die Frage, welche Teile des Vermögens zur Konkursmasse zu zählen waren und welche nicht, sowie durch die Frage der gesonderten Behandlung des Heiratsguts der Frauen zusätzlich kompliziert. In den Gesellschaftsverträgen süddeutscher Handelsfirmen wurde in der Regel streng zwischen dem Gesellschaftsvermögen und dem Privatvermögen der Teilhaber unterschieden. 214 Die Exemtion des Privatvermögens aus der Konkursmasse und der Vorbehalt der „weiblichen Freiheiten" durch die Ehefrauen, d.h. ihre Behandlung als bevorrechtigte Gläubiger ihrer Ehemänner, konnte es einerseits den Falliten ermöglichen, einen Teil ihres Kapitals über den Bankrott hinweg zu retten. Auf der anderen Seite konnte ein Beharren der Bankrotteure auf diesen Rechten den Abschluß eines Vergleichs mit den Gläubigern erschweren und sich somit als kontraproduktiv erweisen. In beiden Fällen erweist sich das Beispiel des Zangmeister-Bankrotts von 1560 als instruktiv. So behaupteten Hans und Eberhard Zangmeister, daß eine französische Kronanleihe, an der Eberhard mit 5.000 fl und Hans mit 700 fl beteiligt war, aus ihrem Privatvermögen gewährt worden sei und daher nicht unter das Gesellschaftsvermögen falle.215 Die Ehefrauen der Zangmeister hatten sich zu Beginn des Konkursverfahrens ihre „weiblichen Freiheiten" ausdrücklich vorbehalten, verzichteten in dem schließlich abgeschlossenen Gläubigervertrag aber auf alle diesbezüglichen Rechte und traten hinter die übrigen Kreditoren zurück. Zudem wurde die Bürgschaft einiger Verwandter der Zangmeister für die Bankrotteure durch die Heiratsgüter der Frauen sichergestellt.216 Tatsächlich zeigt die Untersuchung von Firmenbankrotten des 16. Jahrhunderts, „daß die arbeitenden Hauptgesellschafter mit ihrem Privatvermögen voll hafteten, wobei selbst das Hauptgut der Ehefrauen teilweise angegriffen wurde".217

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Fuchs, Prechter, S. 160-162. Chroniken, Bd. 33, S. 189. StAA, RP 34/1 (1564), fol. 36 v , 43 v . Vgl. auch RP 35/11 (1567), fol. 2V. StAA, RP 43/11 (1583), fol. 37 r , 39 r . Lutz, Struktur, Bd. 1, S. 259. Westermann, Zahlungseinstellung, S. 492-493; vgl. Lutz, Struktur, Bd. 1, S. 467. Westermann, Zahlungseinstellung, S. 478-479, 498-502. Lutz, Struktur, Bd. 1, S. 467. Vgl. auch Hellmann, S. 85, 135.

300 Die Frage der Behandlung des Heiratsguts der Ehefrauen hatte bereits im Höchstetter-Bankrott 1529/30 eine große Rolle gespielt. Als Ambrosius Höchstetter d.Ä. und zwei seiner Mitgesellschafter ihren Gläubigern 1529 eine Gütercession anboten, lehnten diese ab, weil das Heiratsgut, die Widerlegung und die Morgengabe ihrer Ehefrauen davon ausgenommen sein sollten. Nach dem Bericht des Mönchs Clemens Sender waren insbesondere die adligen Höchstetter-Gläubiger über diesen Vorschlag empört, da die Frauen der Höchstetter „vil pomp, hoffart und hoffes getriben."218 Die von König Ferdinand und Herzog Wilhelm von Bayern nach Augsburg entsandten Kommissare konnten die Frauen jedoch dazu überreden, im Interesse einer Einigung mit den übrigen Gläubigern auf vier Fünftel ihrer Forderung in Höhe von 50.000 fl zu verzichten.219 Als der von den Kommissaren ausgehandelte Vertrag schließlich scheiterte und der Augsburger Rat im März 1532 entschied, daß sämtliche Güter der Höchstetter verkauft werden sollten, appellierten die Frauen der Bankrotteure an das Reichskammergericht. Nach Meinung Clemens Senders hatten die Gemahlinnen der Höchstetter „vil irrigkait gemacht und den gläubigem vil eintreg erzeigt."220 Seit den 1560er Jahren häufen sich die Beispiele dafür, daß die Frauen von Bankrotteuren von ihrer bevorrechtigten Stellung unter den Kreditoren ihrer Männer zurücktraten. So trat die Frau des zahlungsunfähigen Kaufmanns Matthäus Vogelmair 1571 mit ihrer Heiratsgutforderung in Höhe von 1.200 fl hinter die übrigen Gläubiger ihres Mannes zurück.221 Nach dem Bankrott der Brüder Stephan und Esaias Zangmeister von 1575 verzichtete Stephans Ehefrau in dem vier Jahre später abgeschlossenen Gläubigervertrag auf ihre „weiblichen Freiheiten". 222 Ludwig Haugs Ehefrau Regina Sulzer trat den Gläubigern ihres Mannes ihr Heiratsgut in Höhe von 3.500 fl ab,223 und die Frauen der Gesellschafter der Firma „Joachim Jenisch Brüder Söhne" waren 1592 bereit, „zue mehrer befürderung" des Vertrags zwischen ihren Männern und deren Kreditoren, „one ainichen Vorgang irer befreiten forderungen mit der bezalung neben anderen Herren gläubige-

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Chroniken, Bd. 23, S. 223. Ebd., S. 225-226, 228. Ebd., S. 236. StAA, Reichsstadt, Akten, Nr. 259, Kopie des Gläubigervertrags von 1571. StAA, Spreng XX, Nr. 33 1/2. Diese wenig bekannte Zangmeister-Firma mußte 1575 mit Passiva in Höhe von 26.055 fl ihre Zahlungen einstellen. Unter den Kreditoren befanden sich neben einigen Augsburgern auch Personen aus Ulm, Memmingen, Lauingen, Kaufbeuren, Kempten, Nördlingen, Dinkelsbühl, Nürnberg, Regensburg, Horb, St. Gallen, Venedig, Vicenza und Antwerpen. Die Präsenz von Färbern, Tuchheftern und Tuchscherern unter den Gläubigern deutet darauf hin, daß Stephan und Esaias Zangmeister vor allem mit Textilien handelten. Die Brüder waren Söhne des Sebastian Zangmeister und der Sabina Heiß; Stephan Zangmeister war mit Maria Feuchtweck verheiratet (alle Angaben nach StAA, Spreng XX, Nr. 33 1/2). StAA, Spreng XV, Nr. 41.

301 ren zue gleich anzuestehen." 224 Die Ehefrau Jakob Herbrots d.J., Euphrosina Sitzinger, bestand hingegen auf ihren bevorrechtigten Forderungen an die Firma ihres Mannes in Höhe von 24.050 fl, darunter 13.000 fl Heiratsgut, Morgengabe und Widerlegung sowie 5.550 fl väterliches Erbgut.225 Im Jahre 1583 hielt der Rat die Kuratoren der Güter Konrad Rots an, Rots Frau ihr Heiratsgut in Höhe von 5.000 fl und ihre Morgengabe von 500 fl zu übergeben und „sie der 5.000 fl darüber zuobrachten gelts [zu] versicheren". Im Gegenzug wurde Rots Frau verpflichtet, das Haus ihres Mannes zu räumen und dessen Verkauf nicht zu behindern. 226 Einen Kompromiß in der Frage des Heiratsguts sah der im Juli 1590 abgeschlossene Vertrag zwischen den Brüdern Anton und Wilhelm Sulzer und ihren Gläubigern vor. Ihre Frauen traten darin 12.000 fl „an Irer befreyten Schuldtforderung" an die Sulzer'schen Kreditoren ab. Hinsichtlich dieses Betrages wollten sie sich „aller vnserer weiblichen freihalten, rechten vnd gerechtigkhaiten [...] gennzlich vnd gar verzigen vnd begeben", während ihnen hinsichtlich ihrer restlichen Forderung in Höhe von 19.819 fl der Vorrang vor den anderen Kreditoren ihrer Gatten zugestanden wurde.227 Daß die Behandlung des Heiratsguts in den Augen zeitgenössischer Beobachter ein grundsätzliches Problem in Konkursverfahren darstellte, da es zum Anlaß fur Manipulationen von Bankrotteuren werden konnte, geht aus einer Passage in der Chronik Paul Hektar Mairs hervor: „[...] ain jeder kaufmannsknecht oder weber will ainen geringen handel mit ainem deinen guot anfahen, verleßt sich darauf, daß er ainen pracht treibt, und nimbt auf porg an, was man im gibt, gerat es inen, und daß sie gewinnen, so komen sie auf, gerat es inen aber nit, so machen sie iren weibern guot heuratbrief, darein sie inen solche heuratguot, widerleg und morgengab setzen, das sie baiderseits ir lebtag nie gehabt, damit gahn sie gantz umb, wann sie verderben wellen oder reicher werden, dann sie vor ir leben lang gewesen, wellen durch die weiber allen glaubigem mit der bezalung vorgehen und werden mit anderer leut guot reich [,..]."228 In Bankrottverfahren gegen Augsburger Kaufleute taucht auch der Vorwurf, daß die Bankrotteure einen Teil ihrer Habe „versteckt" und dadurch ihre Gläubiger betrogen hätten, der sich wie ein roter Faden durch das Konkursverfahren der Weyer zieht, immer wieder auf. Die geographische Streuung des Firmenbesitzes

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StAA, KuH, Fasz. VII, ad Nr. 28, S. 19-26. StAA, StG 109, fol. 10r-18r. StAA, RP 43/11 (1583), fol. 39 v -40 r . StAA, Personenselekt Sulzer. Zum Handel der Firma „Leonhard Sulzer sei. Erben" und ihrem Bankrott vgl. Warnemünde, S. 155-159. Chroniken, Bd. 32, S. 69.

302 und das Verhalten der Teilhaber, Faktoren und Handelsdiener der zahlungsunfähigen Firma an weit entfernten Orten stellten sich dabei als zentrale Probleme dar. Bereits während des Konkursverfahrens gegen die Höchstetter (1529) war der Verdacht, die Bankrotteure hätten Güter heimlich aus der Stadt geschafft und vor ihren Gläubigern verborgen, ein wesentlicher Grund dafür, daß der Augsburger Rat die Höchstetter gefangensetzte.229 Nach dem Bankrott der Brüder Hans, Eberhard und Kaspar Zangmeister drängten deren Memminger Gläubiger den Rat der Stadt, die Zangmeister in engere Verwahrung zu nehmen, als bekannt wurde, daß deren Schwager Hans David Ott mit einer lateinischen Vollmacht die Stadt verlassen habe und nach Venedig unterwegs sei. Die Kreditoren befürchteten, daß Ott die dort lagernden Warenbestände der Zangmeister verkaufen, Außenstände eintreiben und den Erlös vor den Gläubigern in Sicherheit bringen wollte.230 Die Augsburger Kaufleute Hieronymus und David Zangmeister bezeugten in einem um 1560 mit ihren Gläubigern vereinbarten Vertrag „zum höchsten, vnd durch gott, das sie weder wenig noch vil, an sondere orth versteckht haben, sich hernach dardurch zubereichern."231 Als Anfang 1563 Paul Kramer, ein eher kapitalschwacher Kaufmann, aber immerhin seit 1557 Mitglied der Augsburger Kaufleutestube und seit 1560 auch Angehöriger des Großen Rates,232 seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen konnte, zahlte er einige Gläubiger bevorzugt aus und schaffte zusammen mit seiner Frau Wertsachen beiseite. Nach Aussagen seines Dieners Hans Pierbreu und seines „Palliers" Hans Scheibenhart ließ Kramer seinem Schwager Josua Mair sowie dem Kaufmann Hans Widholz mehrere hundert Gulden Bargeld überbringen und seine Briefe und Handelsbücher durch Scheibenhart und Josua Mair nach Friedberg in Sicherheit bringen. Kramers Frau habe unterdessen ihre Kleider und ihren Schmuck zusammengepackt und die beiden Angestellten „vmb gottes willen 229

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Vgl. den Bericht Clemens Senders: „In mitler weil hat Ambrosi Hechstetter die bösten klainetter, so er gehept hat, in ballen eingeschlagen und ain fremds zaichen an die ballen gemacht und verordnet, [sie] aus Augsburg hinwegk zuo fieren, wie dann beschechen ist." Chroniken, Bd. 23, S. 222; Kern, S. 195. Westermann, Zahlungseinstellung, S. 485-486. StAA, KuH, Fasz. VI, Nr. 26/22, S. 120-122. IHK, Kaufleutestube, fol. 44; StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 86-101. Kramers Steuerleistung belief sich 1550 auf bescheidene 6 fl 18 χ und halbierte sich bis 1562 auf 3 fl (StAA, Steuerbuch 1550, Sp. 59b; Steuerbuch 1562, Sp. 65c). Zwischen 1551 und 1553 trat er wiederholt bei Antwerpener Wechselgeschäften in Erscheinung, u.a. als Partner von Hieronymus Imhof, Simprecht Hoser, Sebastian Meuting, Markus Stenglin und Jakob Greiner. 1553 wickelte er außerdem mit Lukas Müller und der Ulmer Firma Adelhart ein venezianisches Wechselgeschäft über 500 Dukaten ab (Blendinger, Unterkaufbücher, S. 37, 38, 51, 82, 98, 347, 377, 378, 551). Im selben Jahr verkaufte er Alexander und Jakob Kraffter 50 Mark Silber (ebd., S. 108, 327). 1557 stand er in geschäftlicher Verbindung mit der Gesellschaft Christoph Welsers in Augsburg (StBB, Msc. Var. 13/2, fol. 332) sowie mit den Nürnberger Welsern (StAA, KuH, Fasz. V, Nr. 26/5).

303 gebetten das Sies Inn disser Nott nit lassen, vnnd ein sollichs zu Irem schwager dem Bartholme Kepeler tragen." Von Keppelers Haus seien die Sachen später durch einen Karrenzieher ebenfalls zu Josua Mair gebracht worden. Auch wenn Josua Mair und Kramers Frau diese Darstellung bestritten, zogen Kramers Gläubiger daraus verständlicherweise den Schluß, „dz ettlich Personen vnns gleubiger zuo höchstem nachthaill vnnd verderben gemelltem Paulsen Cramer nit wenig hilff vnd beistandt thun haben", und baten nunmehr um die Erlaubnis, Kramers Habe „anzuogreiffen, zuo verganntten, zu verkauffen vnnd zu verhanndlen", bis ihre Schulden beglichen wären.233 Der Chronik ihres Intimfeindes Paul Hektor Mair zufolge versuchten auch die Herbrot nach ihrem Bankrott 1563/64 systematisch, ihre Habe vor ihren Gläubigern in Sicherheit zu bringen. So hätten Hieronymus Herbrot und seine Frau versucht, mit einem Schiff auf der Donau nach Österreich zu fliehen, seien aber aufgehalten worden. Herbrots Frau habe etliche Truhen mit sich gefuhrt, die sichergestellt werden konnten, „man vermaint", berichtet Mair, „so sie dise druechen mit ir hingebracht, het sie wol ain guten zerpfenning gehapt."234 Die Kreditoren der Herbrot behaupteten indessen vor dem Augsburger Stadtgericht, Jakob Herbrots Töchter Marina Manlich und Sabina Schleicher hätten den besten Hausrat ihres Vaters im Wert von 8.000 fl bei Nacht heimlich von Neuburg nach Augsburg gebracht und zum Teil dort verkauft, zum Teil weiterverschickt. Der ältere Herbrot hatte sich angeblich selbst beklagt, seine beiden Töchter hätten ihn „gar beraubt". 235 Ein besonders eklatantes Beispiel für die Versuche eines Falliten, einen Teil der Konkursmasse zu unterschlagen, stellt das Verhalten des Kaufmanns Matthäus Vogelmair nach seinem Bankrott im Jahre 1571 dar.236 In einem Vertrag mit seinen Gläubigern hatte sich Vogelmair bei Verpfändung seiner gesamten Habe verpflichtet, binnen fünf Jahren seine Schulden in jährlichen Raten von 6.894 fl zurückzuzahlen, 237 doch blieb er bereits die erste Rate schuldig. Der Gläubigerausschuß Vogelmairs, der mit Joachim Höchstetter, Hans Österreicher, Martin Zobel und Hieronymus Rem hochkarätig besetzt war, und der daraufhin Vogelmairs Besitz arrestierte und seine Bücher überprüfte, erhob in einer Supplikation an den

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StAA, Stadtgericht, Paul Kramers Falliment, 1563 (unverzeichnet). Chroniken, Bd. 33, S. 233-234. StAA, StG 109, fol. 28 r -29 v . Matthäus Vogelmair war 1562 in die Augsburger Kaufleutestube aufgenommen worden, nachdem er eine Tochter Ulrich Fuggers und der Barbara Gassner geheiratet hatte (IHK, Kaufleutestube, fol. 47; Hämmerle, Nr. 884b; Nebinger/Rieber, S. 3). 1569 nahm er auch einen Sitz im Großen Rat ein (StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 86-101), fallierte aber bereits zwei Jahre später und wurde im Mai 1571 auf Kosten seiner Gläubiger in Haft genommen (StAA, RP 37/1, 1571, fol. 130r). Den Aufzeichnungen über seinen Bankrott zufolge handelte er vor allem mit den habsburgischen Ländern. Eine Kopie des Vertrags findet sich in StAA, Reichsstadt, Akten, Nr. 259.

304 Augsburger Rat schwere Vorwürfe gegen den Bankrotteur. Die Buchprüfung habe ergeben, daß Vogelmair seit Anfang des Jahres 1571 9.400 fl Bargeld für Schulden und Waren empfangen habe. Davon habe er einigen seiner Kreditoren, die er vor seinem Gläubigerausschuß verheimlicht habe, 2.800 fl ausbezahlt; den Rest habe er vor ihnen „verborgen". Außerdem stellten sie einen „großen abgang an schulden" in einer Gesamthöhe von 2.643 fl fest und entdeckten, daß Vogelmair seit Ende des Jahres 1570 eine größere Menge an Waren - Zucker, Safran, Gewürze, Barchent u.a. - nach Österreich versandt hatte, über deren Verbleib ungeachtet ihrer intensiven Nachforschungen „weder in seinen büechern noch bei ihme oder seinen dienern der wenigest bericht mitt der warheytt nicht zuerlangen ist." Drei Fässer mit Waren Vogelmairs, die in Linz lagerten und deren Inhalt nach Angaben des Bankrotteurs über 2.000 fl wert sein sollte, hätten in Wirklichkeit nur Güter im Wert von 400 bis 500 fl enthalten. Weiterhin hätten sie erfahren, daß Vogelmair sowohl seinem Schwager Ulrich Fugger als auch dem Fuggerfaktor Georg Stegmann nach Abschluß des Gläubigervertrags Waren und Schuldbriefe ausgehändigt habe. Aus diesen Erfahrungen zogen die Kreditoren den Schluß, daß Vogelmair „durch böse verschlagne Practikhen gefarlicher weis gegen vns gehandelt, vnnd [...] eynen fursetzlichen betrug gegen vns geüebt hat". Dieser Verdacht drängte sich um so mehr auf, als Vogelmairs Diener Michael Weiß, der zuvor „gar schlecht, vnd gering gewesen", nunmehr „sich eynes ansehenlichen wesens zu vnterfangen gedenckt". Die Gläubiger forderten deswegen vom Rat ein hartes Vorgehen gegen Vogelmair und seine Helfer. 238 In einem ersten Verhör vom 17. September 1571 gab Vogelmair an, daß zwei Nürnberger Handelsfirmen, Andreas Imhof & Gesellschaft sowie Paulus Maister, die beide dem Gläubigervertrag nicht zugestimmt hatten, ihm 4.000 fl in Böhmen und Mähren arrestiert hätten. Außerdem hätte er etliche Gläubiger in Wien, Linz und Freistadt bezahlen müssen, da sie ihn „sonst nit fortt lassen wollen". Er gestand ferner ein, seit Aufrichtung des Vertrags Seide, Barchent und Papier nach Linz geschickt zu haben und für seinen Schwager Ulrich Fugger dem Fuggerfaktor Geizkofler in Wien zwei Schuldbriefe über 206 Taler und 130 fl sowie eine größere Menge Lederwaren übergeben zu haben. Vogelmairs Diener Achilles Mairhofen von Giengen sagte am selben Tag aus, er wisse zwar nicht, wieviele Schulden und Waren zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses noch vorhanden waren, „aber souil sey nit da gewest, als sein Herr der Vogelmayr den Gläubigern furgeben" habe. Die Kuratoren der Gläubiger ersuchten daraufhin den Rat um weitere Befragung, da „sich nun bei disen verzweifelten Leutten eyn solche Leuchtfertigkheytt befindt, das sy vns wißentlich vnd wolbedechtlich [...] vmb das vnser zu betrüegen gedenckhen". In weiteren Verhören verfolgten die Strafherren die Spur von Waren, die Vogelmair und seine Diener nach Wien, Linz und Straubing gesandt hatten, und entdeckten Lücken und Unregelmäßigkeiten in Vogel238

Dieser und der folgende Absatz nach StAA, Urgichten 1571, Sept./Okt. (M. Vogelmair).

305 mairs Buchführung. Mairhofen gab an, sein Herr habe gewöhnlich „was Er Inn Merckhten vmb par gelt verkhaufft [...] dasselb nit Eingeschrieben". Außerdem räumte Vogelmair ein, einige seiner Wiener Gläubiger bewußt verschwiegen zu haben, weil „Er besorgt wo Ers anzaig die Summa möcht zu groß vnd dadurch der vertrag verhindert werden." Einige Verträge zwischen bankrotten Kaufleuten und ihren Gläubigern enthielten eigene Klauseln, in denen die Bankrotteure und ihre Angehörigen eidlich versichern mußten, keine Besitztümer vor dem Zugriff ihrer Kreditoren verborgen zu haben. Im Vertrag der Brüder Sulzer von 1590 mußten beispielsweise die Ehefrauen und Söhne der Falliten schwören, daß sie „an gellt oder geltswerth, ligendem oder farendem Iren Herren gleubigern zu nachthaill vnd schaden gar nichts versteckht, vereusert, [...] verhaltten, vnd ausgelaßen haben". 239 Auch der Fall, daß einzelne Gläubiger wie Hans Langnauer und Bonaventura Furtenbach nach dem Bankrott der Weyer auf eigene Faust ihre Forderungen bei den Falliten eintrieben, läßt sich während der Konkurswelle der 1560er und 1570er Jahre wiederholt beobachten. Nach dem Falliment von Hans, Eberhard und Kaspar Zangmeister im Jahre 1560 hielt sich Philipp Welser mit Hilfe seines Dieners Hans Wägelin an den Beständen der Lyoner Zangmeister-Faktorei schadlos.240 Als Melchior Manlichs Firma bankrott ging, ließen die mit den Manlich verwandten Dettighofen, die zu den Hauptgläubigern gehörten, Güter in Avignon beschlagnahmen, 241 und nach dem Bankrott der Haug-Langnauer-Linck arrestierten einige Gläubiger die in den Faktoreien der Haug lagernden Güter und entschädigten sich auf diese Weise für ihre Forderungen, wobei sie offenbar von einzelnen Handelsdienern der Firma unterstützt wurden. Dem Bericht des venezianischen Faktors Hans Ambhauser zufolge ließ der Bevollmächtigte der Katzbeck, Sebastian Pfaffenberger, dort alle eintreffenden Güter der Haug sogleich beschlagnahmen.242 Derartige Alleingänge einzelner Kreditoren machten ein geschlossenes Vorgehen der Gläubiger gegen die Falliten praktisch unmöglich und führten häufig zu Parteibildungen. So sind auch Auseinandersetzungen zwischen den Kreditoren bei einer Reihe von Bankrotten zu beobachten. Bereits nach dem Konkurs der Höchstetter hatten sich frühzeitig mehrere Parteien unter den Gläubigern gebildet: Dem Chronisten Clemens Sender zufolge „haben ir etlich den drittail wellen nachl a s s e n , etlich mer, etlich minder und etlich gar nichtz, sunder volkomne bezallung haben." 243 Die Kommissare Dr. Johann Zott und Augustin Lesch, die im Auftrag König Ferdinands und Herzog Wilhelms von Bayern eine Einigung zwi-

239 240 241 242 243

StAA, Personenselekt Sulzer. Westermann, Zahlungseinstellung, S. 489. Sayous, commerce, S. 410. Häßler, S. 33-35. Vgl. Ringling, S. 281-282. Chroniken, Bd. 23, S. 223. Vgl. Kern, S. 194.

306 sehen den Höchstettern und ihren Gläubigern herbeifuhren sollten, setzten von Anfang an darauf, die Frauen und Verwandten der Höchstetter zu einem weitgehenden Verzicht auf ihre Forderungen zu bewegen, 244 doch führte diese Strategie nicht zum Erfolg: „Es hat kaum halber tail der glaubiger in obbemelten vertrag bewilgen wellen, sunder gantze bezallung oder ee es gar verlieren wellen, und sind also zwispaltig von ainander abgeschiden." Sowohl das Augsburger Stadtgericht als auch der vom Kaiser als Schiedsrichter eingesetzte Bischof Christoph von Stadion entschieden, daß die Gläubiger, die den Vertrag ablehnten, nicht zu einer Annahme gezwungen werden durften. 245 Wie schwierig und langwierig sich ein Konkursverfahren gestaltete, wenn sich die Gläubiger über ihr Vorgehen uneinig waren, verdeutlicht das Beispiel des 1559 aus Augsburg geflüchteten Felix Ruger, eines Kaufmanns, der vor allem im Handel mit Luxuswaren tätig war.246 Als Ruger im Mai 1559 um freies Geleit nachsuchte, verweigerte ein Teil der Gläubiger, von denen der Goldschmied Leonhard Abt namentlich genannt wird, beharrlich seine Zustimmung. Der Rat ließ die Gläubiger im November 1559 wissen, daß er Ruger „seines austretens halb für kainen Bürger halte" und ermahnte sie wiederholt zur Einigung, damit sie gemeinsam ein kaiserliches Mandat erwirken könnten.247 Immerhin erreichten die Gläubiger Georg Hopfer, Ulrich Wild und Georg Reichart im September des Jahres, daß Rugers Güter, die bei den Gebrüdern Morauer in Verwahrung lagen, beschlagnahmt und inventarisiert wurden.248 Auch in den folgenden Jahren ging das Verfahren gegen Ruger äußerst schleppend vonstatten. Anfang 1563 präsentierten die Kreditoren einen Juden als Zeugen gegen den Falliten, wurden vom Rat aber an das Stadtgericht verwiesen.249 Im Januar 1564 erhielt Ruger kaiserliches Geleit für neuerliche Verhandlungen in Augsburg,250 und gegen Ende des Jahres wurde den Gläubigern gestattet, auf ein wertvolles Schmuckstück Rugers, das beim Augsburger Stadtgericht hinterlegt war, Geld aufzunehmen. 251 Gelegentlichen 244 245 246

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Chroniken, Bd. 23, S. 224, 227-228. Ebd., S. 234-235. Ruger war 1554 in die Augsburger Kaufleutestube aufgenommen worden (IHK, Kaufleutestube, fol. 43) und hatte vier Jahre später die Patriziertochter Katharina Endorfer geheiratet (StAA, Werner/Lilienthal, „Endorfer"). Er gehörte 1558 mit 1.200 fl zu den Antwerpener Wechselschuldnern Christoph Welsers (StBB, Msc. Var. 13/2, fol. 423) und kaufte im folgenden Jahr auf der Frankfurter Messe Silber von dem Nürnberger Meinhard Rabensteiner und Seidenwaren von den Straßburger Ingold (StA Frankfurt, Judicialia J 49, R 141). Unmittelbar vor seinem Bankrott lieh Ruger in Frankfurt 10.000 fl gegen Verpfändung von 75 Stück Samt (Dietz, Bd. 2, S. 6, 8). StAA, RP 31/1 (1559), fol. 3 y , 7r, 7V, 8V, 19r, 20 v , 25 r , 33 v , 38 r , 39 r , 43 r , 48 v (Zitat), 50 v , 51 v , 53 v , 56r, 57 v -58 r ; RP 31/ II (1560), fol. 24 v , 26 r , 27 r , 28 v . StAA, RP 31/1 (1559), fol. 33 v , 38 r . StAA, RP 33/1 (1563), fol. 14v. StAA, RP 33/11 (1564), fol. 8r. StAA, RP 34/1 (1564), fol. 36 v , 40 v , 43 v , 44 r .

307 knappen Protokolleinträgen ist zu entnehmen, daß der Fall den Augsburger Rat noch bis mindestens zum Ende des Jahres 1570 beschäftigte; ob und in welcher Form eine Einigung erfolgte, ist indessen ungewiß.252 Das im Falle der Weyer beobachtete Phänomen, daß sich zunächst die mit den Falliten verwandten Gläubiger zu einer Einigung bereitfanden, während sich die auswärtigen Kreditoren am wenigsten kompromißbereit zeigten, läßt sich auch im Bankrottverfahren der Kraffter verfolgen. Hier ging der Impuls zu einer strengen Vorgehensweise gegen Christoph Kraffter von den Straßburger Gläubigern des Falliten aus, die schließlich sogar erreichten, daß Kraffter in die Eisen gelegt wurde.253 Ein Jahrzehnt später bietet der Konkurs der Straßburger Firma Ingold das umgekehrte Szenario. Als Dr. Konrad Pius Peutinger 1573 das Gesuch der Augsburger Welser nach Befriedigung ihrer Forderung in Höhe von 3.229 fl vor den Straßburger Rat brachte und die Habe der Schuldner verganten lassen wollte, rief dies den Widerstand der anderen Gläubiger, die zumeist Straßburger Bürger waren, hervor. Die Straßburger Kreditoren der Ingold gaben an, ältere Rechte und Verschreibungen als die Welser zu haben, und wandten sich dagegen, daß auswärtige Gläubiger den einheimischen vorgezogen werden sollten. Hinter dieser Opposition, die tatsächlich zur Ablehnung des Gesuchs der Welser um bevorzugte Bezahlung durch den Straßburger Rat führte, witterten die Welser einen Fall von Vetternwirtschaft: ihrer Auffassung nach hatten „etliche, des Ingolts nahende schwäger vnnd freünd, vnder dem schein der gemeinen Ingoldischen gläubiger" die von ihnen angestrebte Vergantung verhindert.254 Parteibildungen unter den Gläubigern, die eine Einigung über die Bezahlung der Schulden stark erschwerten, traten auch nach dem Bankrott der Firma „Melchior Manlich und Mitverwandte" von 1574 auf. Dem Bericht des Juristen Dr. Hieronymus Fröschel, der zeitweise als Advokat für Manlich tätig war, zufolge „seind die creditores zwieträchtig und schreiend worden, dadurch die vorgehabte deliberation zerschlagen". Fröschel sah die Ursache fur diese Entwicklung vor allem im Verhalten eines Mannes, des Patriziers Leonhard Rehlinger. Als Manlich und sein Schwiegersohn Karl Neidhart angesichts der kritischen Lage des Unternehmens Augsburg verließen und sich auf Manlichs Landgut Winden in Bayern zurückzogen - „nit fluchtiger weis", wie Fröschel beteuerte, „sondern ad deliberandum" - sei Rehlinger ihnen nachgelaufen und habe lautstark die Ausbezahlung seiner Einlage gefordert. Wenn Rehlinger „mit seinem nachlaufen und schreien die sach nit verderbt hette", wäre eine einvernehmliche Regelung und Überwindung der Liquiditätskrise der Manlich-Gesellschaft durchaus möglich gewesen; so aber hätten die Gläubiger „alsbald angefangen, die schiff und waren

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253 254

StAA, RP 35/1 (1566), fol. 2 \ 8Γ, 9r, 10v, 1 Γ, 5 0 \ 53r; RP 35/11 (1567), fol. 2\ 4 v -5 r , 8V, 53v; RP 37/1 (1570), fol. 69 v . StAA, RP 31/11 (1560), fol. 65r. Bay. HStA München, RKG 14942 (Zitat fol. 31").

308 zuo Marsilien zuo arrestiern".255 Die Parteibildung unter den Kreditoren Melchior Manlichs gab Fröschel Gelegenheit, das in der Publizistik des 16. Jahrhunderts so beliebte Thema der Dialektik von Eigennutz und Gemeinnutz mit dem nicht weniger populären Topos der Uneinigkeit der Christenheit zu verbinden: „Es ist aber doch wahr, wann die creditoren wem einhellig zuosamgestanden ohne arrest und eignem gesuoch, bis man die warn aus Soria und tripoli heraus gen Marsilia gebracht, daß vileicht keiner oder doch geringer schade ervolgt were, aber weil man ime zuo Augspurg mit mererm fürstrecken nit helfen wollen, vil weniger hat man dies in der Türckei und heidenschaft thun wollen." 256 Der Bankrott Hans Paul Herwärts, der in engem kausalen Zusammenhang mit Melchior Manlichs Falliment zu sehen ist - Herwart hatte Manlich kurz vor dessen Zusammenbruch die enorme Summe von 120.000 Franken geliehen und dadurch seine eigenen finanziellen Möglichkeiten offensichtlich überstrapaziert 257 läßt ebenfalls die Bildung zweier Fraktionen unter den Gläubigern erkennen, die sich in diesem Fall eindeutig entlang verwandtschaftlicher Beziehungen rekrutierten. Herwart hatte bereits 1574 einem Teil seiner Gläubiger - seinen Brüdern Hans Jakob und Hans Heinrich, seinen Schwägern Heinrich Rehlinger und Stephan Endorfer sowie Hans Baptist Höchstetter und Hans Waiblinger - seine gesamte Habe für ihre Schuldforderung verpfändet. Wegen dieser Vereinbarung entstand nach Herwärts Konkurs „irrung und mißverstand" zwischen Herwärts Verwandten auf der einen und den im Vertrag von 1574 nicht berücksichtigten Gläubigern auf der anderen Seite. Letztere, unter denen sich führende Augsburger Patrizier wie Markus und Hans Fugger, Anton Christoph und Sebastian Christoph Rehlinger und hohe habsburgische Beamte wie der burgauische Landvogt Karl Welser befanden, hatten gefordert, daß ihre Außenstände bei Herwart vorrangig oder zumindest gleichberechtigt zurückbezahlt werden sollten.258 Der Vertrag sah nun vor, daß Herwärts Frau fur ihre Ansprüche an ihren Mann - Heiratsgut, Widerlegung, Morgengabe und ihr eigenes Gut - dessen Hofmark Hohenburg sowie den Hausrat erhalten sollte. Die übrige Habe, die sich vor allem aus dem Augsburger Hausbesitz Herwärts, Gütern zu Hainhofen und Ottmarshausen, einem Haus in Antwerpen, einer Kammer im Fondaco dei Tedeschi in Venedig sowie aus uneingebrachten Schulden zusammensetzte, sollte den Gläubigern übergeben werden, wobei eine Hälfte des Geldes, das eingebracht würde, der Gläubigerfraktion um die Brüder Herwart und Heinrich Rehlinger, die andere Hälfte den übrigen Kreditoren zugesprochen wurde. Erst wenn eine der Parteien völlig bezahlt war, sollten die Ansprüche an den verbleibenden Rest an die andere Partei übergehen. Der einvernehmliche Charakter des Vertrags wurde noch dadurch unter-

255 256 257 258

Roth, Bankerott, S. 162-163. Ebd., S. 164; Seibold, S. 154. StA Konstanz, HX 3414; Roth, Bankerott, S. 162; Seibold, S. 150-151. Herwarth, S. 147-150.

309 strichen, daß Herwart das Recht erhielt, an Zusammenkünften der Gläubiger, welche die Verwaltung der Güter oder die Einbringung von Schulden betrafen, teilzunehmen und seine Stimme abzugeben. Herwart verpflichtete sich dafür seinerseits, bei der Einbringung von Außenständen und der Liquidation der Konkursmasse „keinen fleis, mue oder arbait zu sparen, nicht weniger als ob es alles ainig und allain in seinem nuz und im zu guetem gehandelt werde." 259 Selbst das während des Weyer-Bankrotts auftauchende und zunächst sehr merkwürdig erscheinende Problem, daß keine Klarheit darüber bestand, wer überhaupt einer Firma als haftender Gesellschafter angehörte, findet in einem anderen Augsburger Konkurs, dem der Haug-Langnauer-Linck, ein Pendant. Nachdem von den letzten drei Hauptgesellschaftern, David Haug, Hans Langnauer und Melchior Linck, Haug 1570 gestorben war, Linck 1573 aus der Firma ausgeschieden war und Hans Langnauer sich in Österreich dem Zugriff der Gläubiger entzogen hatte, wurden im November 1574 David Haugs Neffen Ludwig, Anton und Hans Konrad, die für die Firma gearbeitet hatten, gefangengenommen, weil sie nach Auffassung einiger Gläubiger, insbesondere der Katzbeck, als Teilhaber für die Schulden der Gesellschaft mit haftbar waren.260 Die Brüder behaupteten jedoch standhaft, sie seien lediglich Handelsdiener gewesen und „Inn khain wirckliche Gesellschafft nie khommen". Ludwig Haug verwaltete in Augsburg die Kasse der Gesellschaft, sein Bruder Anton visitierte die Faktoreien und Bergwerke der Firma, und Hans Konrad diente als Schreiber und Kopist. Zudem seien das Vermögen ihres Vaters Ludwig Haug in Höhe von 40.000 bis 50.000 fl und die Heiratsgüter ihrer Frauen „one ainichen Schuldbrief in der Gesellschaft liegen geblieben.261 Zwei Umstände ließen Rat und Gläubiger jedoch stark an der Glaubwürdigkeit der Aussagen der Brüder zweifeln: zum einen datierte das letzte Geheimbuch der Firma aus dem Jahre 1564; die Beteuerungen der Brüder, später sei kein Geheimbuch mehr gefuhrt wurden, stießen auf Mißtrauen.262 Zum anderen stellte sich heraus, daß Ludwig Haug in einem Zusatz zum Gesellschaftsvertrag aus dem Jahre 1570, der die Auflösung der Gesellschaft verhindern sollte, die Unterschrift seines bereits verstorbenen Vaters imitiert und dessen Siegel mißbraucht hatte.263 Aufgrund dieser Umstände wurden Anton Haug, der Ende 1574 aus der Haft entlassen worden 259 260 261

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263

Ebd., S. 150-155 (Zitat S. 152). Ringling, S. 279. StAA, Urgichten 1575a, 12.3. (L. Haug); Urgichten 1576d, 6.6., 13.12., 19.12., 21.12. (L. Haug, H.K. Haug). Zu ihrer Tätigkeit für die Gesellschaft vgl. Ringling, S. 237-239. Ringling kommt zu dem Ergebnis, daß diese Aussage vermutlich der Wahrheit entsprach. Da die Rechnungen aus Keswick erst mit mehrjähriger Verspätung in Augsburg eingingen und David Haug die Rechnungsführung stark vernachlässigte, konnte Ludwig Haug erst 1570 mit der Erstellung einer Generalrechnung fur die Jahre nach 1564 beginnen, und in der Folgezeit wandte offenbar Hans Langnauer Verzögerungstaktiken an, um den Abschluß der Rechnung, in der sich der prekäre Zustand der Firma offenbart hätte, zu verhindern. Ringling, S. 238, 242, 248-249, 252, 262, 265. Vgl. ebd., S. 245-247.

310 war, und sein Bruder Ludwig, dessen Haftbedingungen etwa zur gleichen Zeit erleichtert worden waren - er wurde von einem der Stadttürme auf das Rathaus gebracht - erneut in strenge Verwahrung genommen und von den Strafherren befragt. Nachdem im Dezember 1576 die Folter gegen ihn angewendet wurde, gestand Ludwig Haug unter der erneuten Androhung der Tortur schließlich am 18. Januar 1577, daß er und seine Brüder Gesellschafter Hans Langnauers geworden seien, er die Gesellschaftsverschreibung aber zerrissen habe, als seine Brüder wieder austreten wollten. Außerdem gab er die Existenz eines Geheimbuchs zu, von der auch seine Brüder wüßten. Aus diesem habe er jedoch die beschriebenen Seiten herausgerissen, „vnd was sy drei brüeder also zur gesellschafft verbunden, dz habe er mit Inen vertuscht". Gleichzeitig beteuerte Ludwig Haug jedoch, daß er und seine Brüder keine Werte oder Waren der Firma „versteckt" hätten. Die Aktiva der Firma seien vielmehr fast ausschließlich in liegenden Gütern, vor allem in Tirol und England, angelegt, die Krise des Unternehmens rührte vom Bankrott der Ulstett und von Verlusten im englischen Bergbau, in der Krakauer Handlung und im Idrianer Quecksilberhandel her. Anton und Hans Konrad Haug leugneten jedoch weiterhin ihre Beteiligung an der Gesellschaft, und Ludwig Haug selbst widerrief sein Geständnis fünf Tage später. Alles, was er ausgesagt habe, habe er lediglich aus Furcht vor der Folter gesagt. Selbst die erneute Anwendung der Tortur konnte Ludwig Haug in der Folgezeit nicht mehr zu einem Geständnis be264

wegen. Betrachtet man die Verhaltensweisen von Bankrotteuren und ihren Gläubigern in Augsburger Konkursverfahren des 16. Jahrhunderts im Zusammenhang, so erscheinen Bankrottverfahren in hohem Maße von individuellen Faktoren geprägt. Während einige Falliten ungeachtet offenkundiger betrügerischer Manipulationen auf kompromißbereite Gläubiger trafen, wurden andere wie Ludwig Haug von ihren Gläubigern unnachgiebig verfolgt; und während in einigen Fällen zwischen Schuldnern und Gläubigern eine rasche Einigung erzielt werden konnte, kam es in anderen Bankrottverfahren zu erbittert geführten Auseinandersetzungen. Zur Erklärung dieses Phänomens erscheint es sinnvoll, einmal mehr auf den Begriff des „Sozialkapitals" zurückzugreifen. Gerd Schwerhoff hat im Zusammenhang mit der Analyse devianten Verhaltens von Mitgliedern städtischer Eliten die These formuliert, „daß den von Verwandten, Freunden und Korporationen ausgehenden Gnadenbitten Signalfunktionen zukamen. Sie zeigten im Lutherschen Sinne, daß der Delinquent von Familie und Arbeitskollegen gebraucht wurde, und demonstrieren seine soziale Akzeptanz. Auf diese Akzeptanz wiederum konnten sich Hoffnungen auf seine Reintegration in die Gesellschaft gründen." 265 Der hier po264

265

StAA, Urgichten 1577a, 2.1., 18.1., 21.1., 23.1., 6.2., 11.3.; 1577b, 8.6. (L„ A. und H.K. Haug). Vgl. Häßler, S. 33, 34, 39-41. Ringling, S. 286 sieht im Verhalten des Augsburger Rates „an acute Katzbeck partisanship". Schwerhoff, S. 391.

311 stulierte Zusammenhang zwischen dem „Sozialkapital" eines Delinquenten und seiner Behandlung findet sich auch in Bankrottverfahren gegen Augsburger Kaufleute im 16. Jahrhundert. Ein Bankrotteur konnte dann auf eine relativ schnelle Einigung mit seinen Gläubigern hoffen, wenn er bei diesen ungeachtet seiner Insolvenz noch über „Ansehen" verfugte, wenn er sich der Fürsprache einflußreicher Personen innerhalb und außerhalb der Stadt erfreute, wenn die Konkursmasse zu einer weitgehenden Befriedigung der Forderungen ausreichte und der Fallit sich nicht dem Verdacht eines Normbruchs ausgesetzt hatte. Wenn der Bankrotteur sich hingegen einflußreichen auswärtigen Gläubigern gegenübersah, wenn seine Schulden sein Aktivvermögen bei weitem überstiegen, wenn er zentrale Normen wie „Treu und Glauben" verletzt und sich durch allzu eigennütziges Verhalten diskreditiert hatte, waren heftige und langwierige Konflikte vorprogrammiert.

4.4 Der Augsburger Rat und die Sanktionierung kaufmännischen Verhaltens Betrachtet man die Rolle der städtischen judikativen Organe, Rat und Stadtgericht, in den Bankrottverfahren der Firma Weyer, so fällt zum einen auf, daß die Kompetenzen zwischen beiden Institutionen nicht klar abgegrenzt waren, zum anderen, daß beide Gremien sich weitgehend passiv verhielten. Der Rat beschränkte sich im wesentlichen darauf, Schaden fur den Außenhandel der Stadt, der aus den unbezahlten Zoll- und Geleitschulden der Weyer zu resultieren drohte, abzuwenden und in den Verhandlungen zwischen Hans Weyer und seinen Gläubigern über die Frage des freien Geleits zu vermitteln. Das Stadtgericht beschäftigte sich in allen drei Prozessen ausschließlich mit der Frage, ob die Weyer einen Anspruch auf eine cessio bonorum geltend machen konnten. Ob die Weyer ihre Gläubiger durch einen betrügerischen Bankrott übervorteilt oder Güter vor ihnen versteckt hatten und daher bestraft werden müßten, oder ob sie nur Opfer widriger geschäftlicher Umstände geworden waren, schien weder den Rat noch das Gericht zu interessieren. Folgerichtig wurde der Konflikt zwischen den Weyer und ihren Kreditoren im Jahre 1561 nicht durch eine Entscheidung des Rates oder ein Gerichtsurteil, sondern auf informellem Weg, durch die Vermittlung von Verwandten, gelöst. Das Verhalten von Rat und Stadtgericht in anderen Konkursverfahren der Zeit um 1560 läßt darauf schließen, daß sich die städtische Obrigkeit zu dieser Zeit primär in einer Schiedsrichter- und Vermittlerrolle, nicht jedoch als Sanktionierungsinstanz sah. Wie bereits erwähnt, hatte der Rat im Falle des Kraffter-Bankrotts z.B. behauptet, Christoph Kraffter sei Gefangener seiner Gläubiger und nicht des Rates, und seine Gefangenschaft diene allein seiner Verwahrung und nicht

312 seiner Strafe. Sobald der Bankrotteur seine Schulden bezahlt oder sich zumindest über deren Begleichung mit seinen Kreditoren geeinigt hatte, entfiel der Grund für seine Inhaftierung. Es ging um die Wiederherstellung von gestörten sozialen und finanziellen Beziehungen, nicht um die Bestrafung von Wirtschaftskriminalität. In den 1570er Jahren zeichnete sich hingegen, wie in der Anwendung der Folter gegen Ludwig Haug nur allzu deutlich wird, ein Wandel in der Wahrnehmung und Behandlung von Bankrotten durch den Augsburger Rat ab. Dieser Entwicklungsprozeß soll hier nachgezeichnet werden. Ein charakteristisches Beispiel für die Behandlung von Konkursen durch die Augsburger Obrigkeit um die Mitte des 16. Jahrhunderts ist der Bankrott der Gebrüder Rentz von 1544, der größte Konkursfall in Augsburg zwischen dem Höchstetter-Zusammenbruch von 1529 und der um 1556/57 einsetzenden Bankrottwelle. Nachdem Hans Rentz Bürger von Ulm war und sein Bruder Friedrich nach dem Konkurs die Stadt verlassen hatte, beschränkte sich der Rat zunächst darauf, Markus Ulstett und Christoph Pfister als Pfleger der Kinder von Friedrich Rentz einzusetzen und die Gläubiger an das Stadtgericht zu verweisen. 266 Auf Antrag der Pfleger ordnete der Rat wenig später an, daß Rentz' Frau ihre Habe, die offenbar nach dem Bankrott arrestiert worden war, gegen eine Kaution wieder ausgehändigt werden sollte.267 Der Versuch Anton Haugs und einiger anderer Gläubiger, an Geld von Friedrich Rentz heranzukommen, das in Ulm arrestiert worden war, scheiterte an der Weigerung Ulms, das Geld freizugeben. 268 Im folgenden Jahr (1545) gestattete der Rat Ulstett und Pfister, einen Teil der Konkursmasse zu liquidieren und Rentz' Haus an Bartholomäus Welser zu verkaufen. 269 Nachdem Friedrich Rentz 1546 in Lothringen verstarb, ohne daß es zu einem Vergleich mit seinen Kreditoren gekommen wäre,270 trugen die Gläubiger der Rentz, offenbar unzufrieden mit der pragmatischen und ausgleichenden Haltung des Augsburger Rates, die Angelegenheit vor den Kaiser. In ihrem Gesuch, das der Augsburger Rat in das Ratsprotokoll eintragen ließ,271 führten die Gläubiger aus, daß sie mit Hans Rentz zu Ulm verhandelt und durch dessen „guete gonner mit Gottes H i l f f ' einen Vertrag vereinbart hätten, der die Bezahlung der Hälfte der Hauptsumme in drei Raten und die Leistung einer Bürgschaft vorsah. Die Pfleger der Kinder wollten die Ausführung dieses Vertrags jedoch „vnbillicher weiß" verhindern, weil sie finanzielle Nachteile für ihre Mündel befürchteten. Das kaiserliche Dekret, das auf dieses Gesuch hin erging, forderte den Augsburger Rat auf, für den Vollzug des Vertrags zu sorgen.272 Der Rat betonte daraufhin noch266 267 268 269 270 271 272

StAA, RP 18/1 (1544), fol. 78r, 89v, 96 v . Ebd., fol. 98v. Ebd., fol. 90r. StAA, RP 19/1 (1545), fol. 20r, 22 v . StBA, Seifert'sehe Stammtafeln, „Rentz". StAA, RP 22/11 (1548), fol. 2r-4r. Ebd., fol. 4r-5r.

313 mals, daß er „zue allem dem was zue gütlicher hinlegung vnnd vergleichung diser Sachen dienlich hett sein mögen, gern geholffen vnnd gefördert" hätte, ermahnte die Gläubiger, im Interesse aller Beteiligten unnötige Kosten zu vermeiden, und verwies im April 1548 die Angelegenheit erneut an das Stadtgericht.273 Einen Monat später ordnete der Rat, der noch immer sehr daran interessiert war, daß zwischen Friedrich Rentz' Kinderpflegern und seinen Gläubigern „gütliche Hanndlung soll versucht vnnd furgenomen werden", die Ratsherren Leo Ravensburger und Peter Siedeier und seinen Syndikus Dr. Nikolaus Mair zu Vergleichsverhandlungen ab.274 Die Haltung des Rates veranlaßte die Gläubiger zu einer erneuten Supplikation an den Kaiser, in der sie nunmehr nachdrücklich auf die negativen Folgen eines Scheiterns des Vertrages hinwiesen: eine zügige Umsetzung der Vereinbarungen sei sowohl im Interesse der Kreditoren als auch der Söhne von Rentz unumgänglich.275 Der Augsburger Rat zeigte sich jedoch vor allem wegen der finanziellen Nachteile besorgt, die den Rentz-Kindern aus dem Vertrag erwachsen könnten, da dieser den Vorrang der Kinder vor anderen Gläubigern hinsichtlich ihres mütterlichen Heirats- und Erbguts nicht respektierte. Der Magistrat befürchtete daher, daß die Kinder „vmb etlich tausent gulden durch angeregtten vertrag vernachtailt werden möchten".276 Nachdem ein weiteres kaiserliches Mandat vom 8. Mai 1548 den Rat erneut aufforderte, den Vertrag zu ratifizieren, erklärte schließlich auch der Magistrat das Abkommen für rechtskräftig. In seiner Begründung schloß er sich der Argumentation der Kreditoren insofern an, als er nunmehr betonte, daß bei einem Scheitern der Vereinbarung den Kindern „verclainerung vnnd nachrede daraus entspringen mögen".277 Im Bankrottverfahren gegen die Gebrüder Rentz nahm der Augsburger Rat eine weitgehend passive Haltung ein. Zu keiner Zeit scheint er sich selbst in die Verhandlungen zwischen den Falliten und ihren Kreditoren eingeschaltet zu haben, und als die Verhandlungen stockten, verhielt er sich lediglich abwartend. Die Verhandlungen gestalteten sich dadurch sehr kompliziert, daß Friedrich Rentz, der von den Gläubigern als „vrsach, anfenger vnnd Principal"278 des Bankrotts bezeichnet wurde, sich aus der Stadt abgesetzt hatte und die kompromißbereite Haltung seines Bruders Hans von den Kinderpflegern des Friedrich Rentz nicht mitgetragen wurde. Daß der Rat lange Zeit eher die Position der Pfleger unterstützte, mag vor allem darauf zurückzufuhren sein, daß einer der beiden Vormünder, Markus Ulstett, gerade in diesen Jahren zu den politisch einflußreichsten Männern der Stadt gehörte. Ulstett wurde 1547 Mitglied des Kleinen Rates und 1548 zum Bür273 274 275 276 277 278

StAA, RP 22/1 (1548), fol. 84r-84v. Ebd., fol. 11Γ. StAA, RP 22/11 (1548), fol. 5V-6V. Ebd., fol. 6V-7V. Ebd., fol. 7 v -14 r (Zitat 13v). Ebd., fol. 2r.

314 germeister gewählt.279 In diesen Ämtern hatte er zweifellos die Möglichkeit, auf die Haltung des Magistrats in dieser Angelegenheit einigen Einfluß zu nehmen. So bedurfte es massiven Drucks von kaiserlicher Seite, um den Rat zur Ratifizierung des Gläubigervertrags zu bewegen. Die Betrachtung der Rolle der städtischen Obrigkeit in einem weiteren Augsburger Bankrottfall um 1550 fuhrt zu einem ähnlichen Befund wie im Fall der Rentz und Weyer. Nachdem der Kaufmann Ambrosius Mair280 1552 wegen seiner Schulden auf bayerisches Territorium flüchtete, ließ ihm der Augsburger Rat zwar mitteilen, er trüge „ob seiner betrüglicher Handlung nit ain gerings misfallen", und ermahnte ihn, sich mit seinen Gläubigern zu vergleichen. Andernfalls werde man „dermassen einsehens thuon, das Ime zue schwer fallen möcht."281 Trotz dieser Drohung setzte der Rat aber offenkundig weiterhin auf eine interne Lösung zwischen Mair und seinen Kreditoren. Daß Mair trotz „betrüglicher Handlung" gute Aussichten hatte, straffrei auszugehen, und ihm freies Geleit in die Stadt bewilligt wurde, hing wohl in erster Linie damit zusammen, daß er nach wie vor den Schutz des bayerischen Herzogs genoß.282 Ist die passive und ausgleichende Haltung des Augsburger Rates in Bankrottfällen um die Mitte des 16. Jahrhunderts als Ausdruck einer generellen laissezfaire-Politik gegenüber der wirtschaftlichen Elite der Stadt zu sehen? Ist also die bisweilen vertretene Auffassung richtig, daß der Augsburger Rat sich in kaufmännische Belange so wenig wie möglich einmischte, weil er dem Prinzip absoluter wirtschaftlicher Freiheit anhing?283 Eine solche Interpretation scheint schlecht zu dem Bild einer städtischen Obrigkeit zu passen, die nur wenige Jahre zuvor (1537) in einer neuen Zucht- und Polizeiordnung ihren umfassenden Macht- und Disziplinierungsanspruch artikuliert hatte. Diese Ordnung bildete nicht nur die Grundlage fur eine bürokratische Neuorganisation der städtischen Verwaltung durch die Schaffung neuer Ämter (Zuchtherren, Ehegericht), sondern formulierte darüber hinaus das patemalistische Selbstverständnis des Rates und nahm eine grundlegende Neudefinition des Katalogs der „Sünden" vor, die der Magistrat in seiner obrigkeitlichen Funktion zu sanktionieren befugt war. Vergehen wie Blasphemie, Beleidigung, Glücksspiel, Trunkenheit, Unzucht, Ehebruch oder Körperverletzung wurden nun als Verstöße gegen die legitime politische Autorität der städtischen Obrigkeit bewertet. Die weltliche Obrigkeit wurde nun, nach Lyndal Ropers Interpretation der Augsburger Zuchtordnung, zum ausfuhrenden Organ der göttlichen Gebote. Damit hatte der Prozeß der Macht- und Kompetenzverlagerung von der kirchlichen auf die weltliche Gewalt, der im Spätmittelalter begonnen

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Chroniken, Bd. 32, S . 4 1 5 . Vgl. zu ihm auch Kap. 4.3. StAA, RP 26/1 (1552), fol. 56 r . Ebd., fol. 60 r , 67 r , 99 r ; RP 26/11, fol. 25 v . Strieder, Jakob Fugger, S. 49; Lütge, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, S. 298.

315 hatte, seinen vorläufigen Höhepunkt und Abschluß erreicht. Gleichzeitig hatte sich eine erhebliche Machtverschiebung von den Zünften zum Magistrat, der sich bis 1548 ja mehrheitlich aus den Vertretern der Zünfte zusammensetzte, vollzogen. Obwohl ein Produkt der Reformation und der Zunftverfassung, blieb die Zuchtordnung auch nach der Restauration der katholischen Konfession und der Einfuhrung eines patrizischen Regiments in Augsburg in Kraft. 284 Die Zucht- und Polizeiordnung von 1537 enthielt auch einen Abschnitt, der „Vom Fallieren vnd Aufsteen der Schuldner" überschrieben war. Da durch die Insolvenz eines Schuldners „gemainem trawen vnd glauben grosser abpruch/Auch dem Handtierenden und gemainen Man Verhinderung seiner Narung zuogefugt" werde, sollten Personen, die bis zu 200 fl Schulden gemacht hatten und diese nicht bezahlen konnten, „auß der Statt Schwören", bis sie ihre Gläubiger völlig befriedigt hatten. Wer mehr als 200 fl schuldig blieb, sollte bis zur Bezahlung von den Bürgermeistern in Verwahrung genommen werden. Der Rat behielt sich in der Zuchtordnung ausdrücklich vor, auch gegen diejenigen Bankrotteure von „Ampt vnd Oberkait" wegen vorzugehen, die sich bereits mit ihren Kreditoren verglichen hatten. Im Falle der Flucht eines Schuldners war es den Gläubigern gestattet, diesen „aigens Gewalts anzenemen/zuouerhefften/oder zufahen". 285 Die Ordnung bot damit durchaus Anknüpfungspunkte für die Sanktionierung der sich nach der Jahrhundertmitte häufenden Zahl von Firmenbankrotten. Der Durchsetzung des umfassenden Obrigkeits- und Disziplinierungsanspruchs des Augsburger Rates,286 der in der Zuchtordnung von 1537 zum Ausdruck kam und den der Magistrat, wie seine Rolle in den Auseinandersetzungen um die Aufnahme neuer Mitglieder auf die Herrentrinkstube zwischen 1514 und 15 1 7287 oder bei der Bestrafung von Patriziern wegen sexueller Vergehen in den 1540er Jahren zeigt,288 durchaus auch gegenüber der sozio-ökonomischen Führungsschicht behauptete, stellten sich in der Praxis jedoch mitunter erhebliche Hindernisse entgegen. Lyndal Roper hat dies anhand des Umgangs des Augsburger Rates mit ehelichen Konflikten exemplifiziert. Roper zufolge waren eine Reihe von städtischen Institutionen - Einunger, Zuchtherren, Ehegericht, der Rat selbst - mit Eheangelegenheiten befaßt, ohne daß die Kompetenzen zwischen ihnen klar abgegrenzt gewesen wären; und im Widerspruch zu den patriarchalischen Überzeugungen der

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Roper, Holy Household, Kap. 2, bes. S. 61-62, 67-74. Zur Diskussion um die Machtbefugnisse des Rates auf dem Höhepunkt der reformatorischen Bewegung in Augsburg in den 1530er Jahren vgl. auch Broadhead, Politics. Ains Erbem Rats [...] Zucht vnd Pollicey Ordnung. Vgl. Hellmann, S. 97. Zur Ausprägung des „Obrigkeitsgedankens" in den zünftigen Räten der deutschen Städte des ausgehenden 15. und beginnenden 16. Jahrhunderts vgl. Maschke, Verfassung; ders., „Obrigkeit"; Brunner, Souveränitätsproblem, bes. S. 341-345, 351-352; Naujoks, Obrigkeit; Isenmann, bes. S. 196-199; Kießling, Republikanismus. Vgl. dazu besonders Rogge, Für den Gemeinen Nutzen, S. 181-209. Roper, Holy Household, S. 125-126.

316 Augsburger Obrigkeit liefen die Entscheidungen der städtischen Organe oft darauf hinaus, eben diesen Patriarchalismus in Frage zu stellen.289 Ropers Ausführungen sind im Kontext der hier verfolgten Fragestellung insofern aufschlußreich, als sie den Blick auf administrative Zwänge und Normenkonflikte lenken, die die Durchsetzung obrigkeitlicher Vorstellungen in der Praxis erschwerten. In der Sanktionierung von Wirtschaftsvergehen wie betrügerischen Bankrotten von Mitgliedern der städtischen Führungsschicht war der Handlungsspielraum des Rates mutmaßlich schon allein deswegen noch weiter eingeengt als im Fall ehelicher Konflikte, weil viele Konkurse - durch die Flucht der Delinquenten aus der Stadt, das Auftreten auswärtiger Gläubiger oder die geographische Streuung der Besitztümer eines Bankrotteurs - auch eine „außenpolitische" Dimension hatten, der Rat bei seiner Entscheidung also nicht „souverän" war. Diese Schwierigkeiten treten im praktischen Umgang des Rates mit flüchtigen Bankrotteuren deutlich hervor. Um die Haltung des Augsburger Rates gegenüber der städtischen Kaufmannschaft richtig einschätzen zu können, erscheint es sinnvoll, neben Firmenbankrotten zwei weitere Bereiche kaufmännischen Verhaltens in die Betrachtung mit einzubeziehen, die in der zeitgenössischen Wahrnehmung und Diskussion eine große Rolle spielten. Dabei handelt es sich zum einen um die Problematik des Fürkaufs - d.h. des Zwischenhandels mit Massengütern wie Getreide, Wein, Wolle oder Tuch, bei dem die Ware gehortet und dann zu einem erhöhten Preis verkauft wurde der von humanistischen und reformatorischen Kritikern immer wieder in scharfer Form als „Wucher" gebrandmarkt 290 und wiederholt in Reichsabschieden verboten wurde;291 zum anderen um das Problem der Münzverschlechterung, das von Zeitgenossen für Teuerung und soziale Not verantwortlich gemacht und häufig mit den Geschäftspraktiken der Großkaufleute in Zusammenhang gebracht wurde.292 Wie also verhielt sich der Augsburger Rat, wenn städtische Kaufleute „Fürkauf' trieben oder mit „böser münz" handelten? Die Zuchtordnung des Augsburger Rates von 1537 widmete der Fürkaufproblematik einen eigenen Abschnitt, in dem sie „alle gefärliche Schaden vnd Fürkäuffe/Sonderlich deren ding/so zu täglichem gebrauch der LeibsNarung gehören/vnd also alle Vntrew/Falsch/betrug/oder vnbilliche beschwerung" generell

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Ebd., S. 165-205. Zur Diskussion um „Wucher" und „Monopol" in der Publizistik und auf den Reichstagen vgl. Strieder, Studien, S. 58-88; Bauer, Gutachten; ders., Durchbruch; ders., Melanchthons Wirtschaftsethik; Lutz, Peutinger, S. 184-186; Haussherr, S. 77-82; Blaich, Reichsmonopolgesetzgebung; Lutz, Struktur, Bd. 1, S. 79-123; Schmidt, Städtetag, S. 423-440; Laube; Prien; Burkhardt, Entdeckung, bes. S. 9-12. Vgl. etwa Abschnitt 18 der Reichspolizeiordnung von 1548: Neue und vollständigere Sammlung der Reichs=Abschiede [...], Teil 2, S. 597-598. Vgl. Gerhard, Garten, S. 167-168. Zur zeitgenössischen Diskussion um das Münzproblem und zur Reichsmünzpolitik vgl. Schrötter; Kamann, S. 258-266; Conrad, S. 151-153; Blaich, Wirtschaftspolitik, S. 9-53; Gerhard, Ursachen, bes. S. 72-79.

317 verbot und bei Zuwiderhandlung mit ernsten Strafen drohte. In der auf dem Höhepunkt der Reformation erlassenen Ordnung wurde dieses Verbot nicht mit dem Grundsatz des „Gemeinen Nutzens", sondern mit religiösen Normen legitimiert: „Damit die ware Liebe/als ain mittel vnd Ertzney/wider alle Vntrew/pöß Vortail/vnd beschwerung/Ja ain erfullung des Gesatzs Gottes gepflanzt vnd erhalten werde". 293 Während der Rat sich hier als ausführendes Organ der göttlichen Gebote darstellte, erwecken zeitgenössische Berichte den Eindruck, als hätte es die städtische Obrigkeit gerade in den 1530er Jahren mit der Sanktionierung von Fürkaufvergehen der eigenen Kaufmannschaft nicht allzu genau genommen. Im Jahre 1533 stellte der Chronist Jörg Breu einen starken Anstieg der Getreidepreise fest, für den er die Kornaufkäufe einiger Augsburger Großkaufleute verantwortlich machte: „aber etlich im rath dazuomal, die kauften das korn auf und schicktens gen Venedig, da mans fraget, wem sie das korn kauften, da sprachen sie: 'meinen herren Zimprecht Hoser und Marxen Müller [und] Beckly'." Statt energisch gegen den Getreidefurkauf vorzugehen, so berichtet Breu weiter, habe der Augsburger Magistrat die Verantwortlichen gedeckt: „ein rath solts thuen, aber er thets selb und straffet kain parthei die ander."294 Tatsächlich handelte es sich bei den drei Männern, die Breu namentlich als Urheber der Kornkäufe identifizierte, um reiche Kaufleute und einflußreiche städtische Amtsträger. Simprecht Hoser, von dessen erfolgreichen Aktivitäten im Fernhandel seine zahlreichen geschäftlichen Kontakte mit Anton Fugger in den 1530er Jahren295 und seine Steuerleistung von 150 fl im Jahre 1534296 Zeugnis ablegen, saß von 1530 bis 1548 als Zunftmeister der Salzfertiger im Kleinen Rat, war zwischen 1530 und 1536 als Einnehmer und Baumeister Mitglied des politisch einflußreichen Dreizehnerausschusses und bekleidete von 1537 bis 1547 abwechselnd als Bürgermeister und Baumeister die höchsten städtischen Ämter.297 Hans Weyers Schwiegervater Markus Müller, langjähriger Zwölfer der Salzfertigerzunft, versteuerte 1534 mit 43 fl 30 χ ebenfalls ein nicht unbeträchtliches Vermögen. 298 Daß Hoser und Müller bisweilen geschäftlich zusammenarbeiteten, ist auch aus der Tatsache zu ersehen, daß beide im Jahre 1533 gemeinsam mit 2.205 fl unter den Gäubigern der Gesellschaft Anton Fuggers erscheinen.299 Pankraz Böcklin bekleidete 1533, als sich die von Breu geschilderte Episode ereignete, das Zunftmeisteramt der Salzfertiger und 293 294 295

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Ains Erbern Rats [...] Zucht vnnd Pollicey Ordnung. Chroniken, Bd. 29, S. 57-58. 1 5 3 6 war mit 1.000 fl Schuldner Anton Fuggers (Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/1, S. 298, Anm. 12). 1533 tätigte er ein Wechselgeschäft mit Anton Fugger über 1.724 fl, 1535 kaufte er Silber von Fugger, und 1539 stand er in geschäftlichem Kontakt mit der Schwazer FuggerFaktorei (ebd., Bd. 1, S. 624, Anm. 148; S. 683, Anm. 137; Bd. 2/1, S. 447, Anm. 148). StAA, Steuerbuch 1534, Sp. 52d. StAA, Ratsämterbücher. StAA, Steuerbuch 1534, Sp. 50b. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 1, S. 621, Anm. 148; Sieh-Burens, Oligarchie, S. 114.

318 vertrat gemeinsam mit Simprecht Hoser seine Zunft im Kleinen Rat.300 Er hatte rege Geschäftsbeziehungen nach Südtirol30' und entrichtete 1534 mit 145 fl eine ähnlich hohe Steuerleistung wie Simprecht Hoser.302 Der einzige Hinweis auf den Vorfall, der sich in den Aufzeichnungen der Augsburger Behörden findet, zeigt, daß der Rat keineswegs gegen seine eigenen Mitglieder vorging, sondern diese vielmehr gegen öffentliches „Gerede" über ihr Geschäftsgebaren ausdrücklich in Schutz nahm. Im November 1533 wurde eine gewisse Margarethe Labenwölfin vom Rat zu öffentlichem Widerruf und vierzehntägigem Arrest verurteilt, da sie „in der Schrand gegen Simprechten Hosers Knecht offennlich geredt, das sein Herr Simprecht Hoser das Korn in der Schrand aufkauff, einschlag, zuweg schickh, vnd damit wuchere, vnd es thue nit gut man schlag dann die Bürgers knecht aintails zu tod."303 Der Rat stellte sich also eindeutig auf die Seite der betroffenen Großkaufleute und Amtsträger und sah keinen Handlungs- oder Sanktionsbedarf gegen kaufmännisches Verhalten. Zwei Jahre später organisierten fünf bekannte Großkaufleute, die Breu zufolge „in ainer gesellschaft und schweger miteinander" waren, einen ähnlichen Fürkauf. Unter ihnen befanden sich Breu zufolge der Ratsherr und spätere Stadtpfleger Leo Ravensburger und die Kaufleute Sebastian Neidhart, Markus Pfister und Georg Stebenhaber. Wie zwei Jahre zuvor traten auch in diesem Fall die Mitglieder der städtischen Elite nicht selbst in Erscheinung, sondern schickten ihre Diener zur Kornschranne; und wiederum gingen die Betroffenen völlig straffrei aus, während arme Leute fur derartige Kornaufkäufe bestraft würden.304 In den 1530er Jahren, in denen die Reichsstadt Augsburg mit erheblichen Versorgungsproblemen und wachsenden innenpolitischen Spannungen zu kämpfen hatte,305 führte dies offenbar nicht zu ordnungspolitischen Maßnahmen, die gegen Mitglieder der reichsstädtischen Führungsschicht gerichtet waren. Hingegen veranlaßte das Problem der Münzverschlechterung den Augsburger Rat seit Ende der 1530er Jahre wiederholt zu Sanktionen. Im März 1539 ging der Rat gegen eine Reihe von Personen vor, weil sie „die newen Taller hoher dann vmb 60 [Kreuzer] vber ains Rats poth vnd mintz Ordnung ausgeben, vnd verschlussen haben." Von den zehn namentlich genannten Tätern lassen sich nur

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StAA, Reichsstadt, Zünfte, Nr. 228. Zwischen 1533 und 1539 erscheint er dort mehrfach als Geschäftspartner der Vertretungen des Fugger'schen Unternehmens. 1536 war ihm die Bozener Fugger-Faktorei 5.800 fl schuldig, und 1539 lieh er dem Vertreter des Unternehmens in Sterzing 250 fl (Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/1, S. 313, Anm. 95; S. 456, Anm. 193; vgl. auch ebd., S. 320, Anm. 139 und S. 410, Anm. 134). 1543 besaß Böcklin ein Haus in Bozen (StAA, StG 40). Vgl. Häberlein, Familiäre Bindungen, S. 42, 44. StAA, Steuerbuch 1534, Sp. 34a. StAA, Strafbuch 1533-1539, fol. 15 v -16 r . Chroniken, Bd. 29, S. 67-68. Vgl. Burschel/Häberlein, S. 48. von Stetten, Geschichte, Bd. 1, S. 329, 332, 334-335; Dormeier, S. 191-193.

319 Ambrosius Mair, Christoph Kreß sowie der „Alt und Jung Greiner" der Augsburger Kaufmannschaft zuordnen. Bei den übrigen - Clas Hort, Hans Menhard, Thomas Probst, Otmar Kuechlin, Ulrich Maurmiller und Hans Schiuder - scheint es sich hingegen um wohlhabendere Handwerker oder Krämer gehandelt zu haben. Allerdings fiel das gegen Mair, Kreß und die Greiner verhängte Strafmaß doppelt so hoch aus wie das der übrigen. Lediglich Probst wurde ebenso hoch bestraft wie die Kaufleute, da er „ain grossere Summa Joachims Taller dann andere verschlissen" habe.306 Im Jahre 1543 waren eine Reihe von Augsburger Bürgern in einen großen Münzskandal verwickelt. Der Rat ließ zunächst Hieronymus Wirsing und Hieronymus Gebhart verhaften, die im Verdacht standen, gute Münzen im Gegenwert von 7.000 fl eingeschmolzen zu haben.307 Danach rückten der Augsburger Münzmeister Balthasar Hundertpfund und sein Kaufbeurer Kollege Hans Apfelfelder ins Zentrum der Affäre. Sie wurden in Verwahrung genommen, weil sie „wider gemaine Recht, sonnderbare des Heiligen Reichs Ordnung vnd Statuten, vnnd ains Ersamen Rats öffentlichen berueff, vill Jar vnnd Zeit her, ain merckhliche antzall, allerlay guter gannghaffter silberin muntz vff vnd furkaufft, dieselb vmb aigens nutz vnd gesuchs willen, kurnt, verreint vnnd zerschmolzen, vnnd dardurch gemainem nutz vnnd Teutscher Nation merklichen nachtaill zugefügt."308 Der Rekurs auf „des Heiligen Reichs Ordnung" und den gemeinen Nutzen „Teutscher Nation" weist auf die Wirkung der Affäre über den städtischen Bereich hinaus hin. Nachdem Hundertpfunds Bruder Gabriel und die Kaufleute Konrad Mair, Georg Koler und Georg Reihing für ihn eine Bürgschaft übernahmen, wurde Hundertpfund wieder auf freien Fuß gesetzt.309 Unter den zehn Bürgen Apfelfelders befanden sich mit Stephan und Christoph Kreß, Hieronymus Kraffter, Sebastian Esel und Ambrosius Mair310 fünf Kaufleute, die stark im Metallhandel engagiert waren.3" Der Rat verhängte nicht nur hohe Geldstrafen gegen die drei Verhafteten Hundertpfund mußte 1.200, Wirsing 600 und Gebhart 100 fl Strafe zahlen312 - , sondern strafte auch vierzehn weitere Personen, die den Augsburger und Kaufbeurer Münzmeistern „gute gannghaffte muntz" verkauft hatten.313 Dabei handelte es

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StAA, Strafbuch 1533-1539, fol. 141 v -142 r . Vgl. StAA, Dreizehnerprotokoll Nr. 5 (15391540), S. 19. StAA, RP 17/11 (1543), fol. 43 v . StAA, RP 17/11 (1543), fol. 47 r -47 v . Vgl. StAA, Strafbuch 1543-1553, fol. 12 v -13 r . Der Fall wird auch erwähnt in von Stetten, Geschichte, Bd. 1, S. 370. StAA, RP 17/11 (1543), fol. 48 v -49 r . StAA, Strafbuch 1543-1553, fol. 13r. Die übrigen Bürgen waren Jakob Schoch, Jakob Zebinger, Hans Meulin, Michael Elsässer und Konstantin Müller. Zu Kreß, Kraffter und Mair vgl. unten; zu Esel vgl. Dalhede, Sebastian Esel. StAA, RP 17/11 (1543), fol. 80r; Strafbuch 1543-1553, fol. 13 v . StAA, RP 17/11 (1543), fol. 105 v -107 v ; Strafbuch 1543-1553, fol. 14 r -16 v .

320 sich bei Ambrosius Mair und Christoph Kreß um „Wiederholungstäter", die bereits 1539 bestraft worden waren, bei Kreß, Mair und Hieronymus Kraffter um Personen, die kurz vor ihrer eigenen Bestrafung noch fur den inhaftierten Münzmeister Apfelfelder gebürgt hatten. Sieben der vierzehn Delinquenten gehörten als Mitglieder der Augsburger Kaufleutezunft oder der Kaufleutestube der städtischen Führungsschicht an. Acht der Bestraften entrichteten mehr als 10 fl an Vermögenssteuer, drei sogar Beträge zwischen 50 und 150 fl. Die höchsten Strafen wurden gegen zwei prominente Mitglieder der wirtschaftlichen Führungsschicht, die Brüder Hieronymus und Alexander Kraffter, ausgesprochen. Hieronymus Kraffter, der mehr als 2.800 fl minderwertigen Geldes „Im weihisch Land verschickht" und dafür 94 fl 30 χ Strafe zu entrichten hatte, war mit einer Steuerleistung von 150 fl im Jahre 1544 bei weitem der Wohlhabendste unter den Verurteilten.314 Sein Bruder Alexander Kraffter, der fur die Lieferung von Münzen im Wert von 1.250 fl an die Münzmeister zu 93 fl 45 χ Strafe verurteilt wurde, zahlte im selben Jahr 50 fl Steuern.315 Christoph Kreß, der mit einer Strafe von 6 fl 15 χ relativ glimpflich davonkam, war von 1539 bis 1545 als Zwölfer der Kaufleutezunft Mitglied des Großen Rates316 und entrichtete 1544 60 fl Vermögenssteuer. Kreß gehörte 1538 zu den Tiroler Silberkunden der Fugger317 und kaufte zu Beginn der 1540er Jahre auch Silber von den Straßburger Prechter.318 Hieronymus Wirsing319 war um die Mitte des 16. Jahrhunderts vor allem im Handel mit Venedig aktiv, wo er 1552/53 durch einen eigenen Faktor vertreten wurde.320 Sebastian Meuting, der eine Geldstrafe von 15 fl entrichten mußte, weil er Münzen im Wert von 600 fl eingewechselt hatte, war Mitglied der Kaufleutezunft 321 und stand seit 1538 im Silberhandel und in Wechselgeschäften wiederholt mit der Firma Anton Fuggers in Verbindung. 322 Seine Steuerleistung kletterte von 15 fl im Jahre 1534 über 40 fl 1544 auf 70 fl 1550.323 Als Fernhändler waren auch Ambrosius Stapf324 und Ambrosius Mair325 tätig. 314 315 316 317 •Ii ο

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Kellenbenz, Konkurs, S. 393. Zu seinen geschäftlichen Tätigkeiten vgl. Kap. 1.3. Zu seinen geschäftlichen Aktivitäten vgl. Kap. 1.1. StAA, Ratsämterbücher. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/1, S. 418, Anm. 151. Fuchs, Prechter, S. 169, Anm. 6. Hieronymus Wirsing, ein Sohn des Apothekers und Buchdruckers Markus Wirsing und der Agatha Sulzer, war verheiratet mit Scholastika Pfister, einer Tochter des angesehenen Kaufmanns und Ratsmitglieds Markus Pfister (StAA, Werner/Lilienthal, „Wirsing"). Von 1549 an gehörte er dem Großen Rat an (StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 69-78). StAA, StG 54. StAA, Reichsstadt, Zünfte, Nr. 148. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/1, S. 409, Anm. 134; S. 414, Anm. 137; Bd. 2/2, S. 617, Anm. 247; S. 632, Anm. 52; S. 644, Anm. 187; Steiner, S. 90. StAA, Steuerbuch 1534, Sp. 53c; Steuerbuch 1544, Sp. 55c; Steuerbuch 1550, Sp. 69b. Er erteilte 1533 seinem Diener Matthäus Mair Vollmachten für Wien (StAA, StGB 1533, fol. 40) und verklagte eine Reihe von Handwerkern wegen unbezahlter Schulden vor dem

321 Stapf wurde wegen der Einwechslung von Münzen im Wert von 1.100 fl zur Zahlung von 24 fl 37 Vi χ verurteilt, während Mair sogar 70 fl Strafe zu entrichten hatte. Das Vorgehen des Rates erfuhr in der Chronik des Patriziers Matthäus Langenmantel, der selbst zur politischen Führungsspitze der Reichsstadt gehörte, eine ausgesprochen kritische Beurteilung.326 Im Falle Hieronymus Kraffters etwa notierte er, dieser „hate auch die guote mintz auß gesuocht vnd Sylber grosch[en] an ander orten zue bayrn Kempten etc machen lassen, vir daller auß geben vnd also vorthaylig vnd aygen nützig gehandlett." Die Sanktionen des Rates fielen dabei nach Auffassung des Chronisten zu gering aus. Kraffter beispielsweise „hete woll ain andre straf verdient den Er bey den Ersten Im anfang mit der schedlichen mintz [...] Im werck gewessen." 327 Lediglich die engen personellen Verflechtungen zwischen den Delinquenten und der Ratsobrigkeit hätten ein schärferes Durchgreifen des Rates verhindert: „sy heten aber guote schweger vnd andre schwecher vnd frendt Im Rat vnd sunst die Kraffter ein grossen hansen vnd Schwager der wyrsing ain schwecher vnd schwager die andern des gleychen." Langenmantel geht daraufhin noch einen Schritt weiter und behauptet, daß die abgeurteilten Fälle lediglich die Spitze eines Eisberges darstellten: „zuo dem weit glaych herauß brechen das sy selb so mit solchen sachen vmb gie[n]gen ain ander selb verRaten wolten, dan die gestraft worden sagten warumb straft man mich vnd die nit so mit so grossen hauffen gehandlet vnd noch handien vnd ward sunderlich ainer In hochen Emptern [...] woll herftir geRückt. So man aber wayter gehandlet hette wurd sych solichs weyt Ein geRissen haben vnd kain End da gewessen vnd vill solicher verderblicher hendell an tag komen sein [,..]".328 Langenmantels Aussage wird durch einen lapidaren Eintrag im Ratsprotokoll gestützt, daß die Kraffter bestraft werden sollten wie die anderen Delinquenten auch - offenbar ein Hinweis auf Bestrebungen im Rat, sie zu schonen.329 Im März 1544 lehnte der Rat ein erneutes Gesuch der Kraffter um Strafhachlaß ab,330 gab

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Augsburger Stadtgericht: ebd., fol. 26 (Anna Reitter, Weberin), 68 (Matthäus Sumpser, 7 fl), 72 (Katharina Gemperlin, 12 fl), 75 (Hans Klocker, Weber, 25 fl), 79 (Veit Mair, Weber, 13 fl), 91 (Simprecht Hauser, Maurer, 8 fl 38 x; Jakob Mausielin, 4 fl). 1542 schuldeten ihm der Weber Gall Oderbach und seine Frau 12 fl: StGB 1542-43, fol. 44, 120. Vgl. Kap. 4.3 oben. StBA, 2° Cod. Aug. 51, S. 1012-1015. Eine knappe Darstellung des Falls findet sich auch in Gasser/Hartmann, Chronica, 3. Theil, S. 46. StBA, 2° Cod. Aug. 51, S. 1013. Ebd., S. 1014-1015. StAA, RP 17/11 (1543), fol. 109r. StAA, RP 18/1 (1544), fol. 60 r .

322 jedoch der Bitte Markus Pfisters statt, seinem Schwiegersohn Hieronymus Wirsing 300 fl an der Strafe nachzulassen. Dieser Beschluß sollte Wirsing jedoch nicht mitgeteilt, „sonnder antzaigt werden, das Er die ausstendigen 300 fl erlegen vnnd betzallen soll wanns ain Ersamer Rate begern vnd eruordern wiert."331 Der disziplinierende Charakter der Strafe dominierte somit eindeutig über das fiskalische Interesse des Rates. Ungeachtet Langenmantels Kritik hatte der Rat mit seinen Urteilen 1543 erstmals seine Entschlossenheit, gegen diese Form der Wirtschaftskriminalität vorzugehen, demonstriert. Dem Ansehen der Delinquenten und ihren weiteren Karrieren fügten die vom Rat verhängten Strafen offenbar keinen nennenswerten Schaden zu. Sebastian Meuting etwa wurde 1545 Almosenherr, 1548 Zwölfer der Kaufleutezunft und im selben Jahr als Mehrer Mitglied des Großen Rates.332 Hieronymus und Alexander Kraffter wurden 1548 sogar von Kaiser Karl V. nobilitiert. Dem in Brüssel ausgestellten Adelsbrief zufolge hatten die Kraffter in „mancherley weise, offt, willigelich und unverdrossen" Kaiser und Reich gedient und zeichneten sich überdies durch „erbarkeit, redlichhait, gut adenlich sitten, erbar wesen, herkomen, schicklichhait, tugent, und vernunnft" aus.333 Die „erbarkeit" und „tugent" der Nobilitierten von 1548 wurde durch den „Eigennutz" der fünf Jahre zuvor wegen Münzbrechung Verurteilten offenkundig nicht mehr getrübt. Auch nach der Aufhebung der Zunftverfassung und der Einfuhrung eines patrizischen Ratsregiments im Jahre 1548 blieb der Beitrag städtischer Kaufleute zur Münzverschlechterung ein Thema, das den Rat wiederholt zum Einschreiten und zur Verhängung von Sanktionen veranlaßte. So wurde 1549, wie bereits geschildert, der ehemalige Fuggerangestellte Sylvester Raid wegen der Ausgabe verbotener Kreuzer zu einer hohen Geldstrafe verurteilt,334 und im Mai 1554 erging ein Ratsdekret, das den Aufkauf von Münzen generell verbot.335 Im September 1556 wurden Christoph Kreß und Ambrosius Stapf, die bereits 1543 als Münzhändler bestraft worden waren, erneut inhaftiert, weil sie verbotene „welsche sechser" in Augsburg ausgegeben hatten.336 Die im Oktober 1556 verhängten Strafen zeigen deutlich, daß der Rat die Verfolgung des Münzhandels intensivierte und eine abschreckende Wirkung intendierte: Kreß wurde zur Zahlung von 2.000 fl verurteilt.337 Ambrosius Stapf wurde in die Affäre verwickelt, als er von Kreß 1.000 fl verbotenen Geldes annahm und in Landsberg und Kaufbeuren ausgab. Stapf be-

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Ebd., fol. 49r. StAA, Ratsämterbücher; StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 69-78. „Kurzweil viel...", S. 54-55. Vgl. Kellenbenz, Konkurs, S. 393. Vgl. Kap. 3.2 oben. StAA, RP 28/1 (1554), fol. 62 v ; von Stetten, Geschichte, Bd. 1, S. 513 nennt ein entsprechendes Dekret für das Jahr 1555. StAA, RP 29/11 (1556), fol. 79r-80r, 82r, 83r, 86v. Ebd., fol. 89r.

323 teuerte jedoch, daß ihm die Minderwertigkeit der Münzen nicht bekannt gewesen sei und er keinen Profit von dem Handel gehabt habe.338 Auch die Fürkaufproblematik blieb um die Mitte des 16. Jahrhunderts weiterhin aktuell. 1549 und 1555 hatte der Rat das zuerst 1529 ausgesprochene Verbot des Zwischenhandels mit Baumwolle innerhalb der Stadt erneuert; Wolle, die in Augsburg gekauft wurde, durfte nicht innerhalb der Stadt weiterverkauft werden.339 Zu konkreten Maßnahmen gegen ein Mitglied der städtischen Führungsschicht sah sich der Rat veranlaßt, als die Augsburger Lodweber 1555 den Kaufmann Melchior Hainhofer340 beschuldigten, von den Metzgern in großen Mengen Schafwolle aufzukaufen und dann weiter zu verkaufen. Auch auf dem Lande ließ Hainhofer angeblich durch Strohmänner Wolle aufkaufen. In seiner Verteidigung verwies Hainhofer darauf, daß der Wollhandel in anderen Reichsstädten, etwa in Nördlingen und Dinkelsbühl, vollkommen frei sei. Er führte den Widerstand der Lodweber, die er überdies als säumige Zahler hinstellte, primär auf deren „Neid" zurück.341 Der Rat entschied, daß Hainhofer auf die Supplikation der Lodweber hin „von neuem das auffkauffen der woll abgeschafft werden" sollte.342 Bis zur Mitte der 1550er Jahre hatte der Rat der Stadt also wiederholt bei wirtschaftlichen Vergehen von Mitgliedern der Augsburger Führungsschicht eingegriffen, dadurch aber nie die Integration der Delinquenten in die städtische Elite oder die Bürgergemeinde in Frage gestellt. Im Zuge der Welle von Firmenbankrotten in den Jahren 1557 bis 1564 tritt das Bemühen des Augsburger Rates, das Konkursverfahren zu reglementieren und zu vereinheitlichen, immer deutlicher hervor. Die Bildung von Gläubigerausschüssen, die Ansetzung von Rechtstagen, die Überprüfung der Bücher, die Inventarisierung des Firmenvermögens, die Schließung der Gewölbe und Schreibstuben der Falliten gehörten zu den Maßnahmen, die auf dem ersten Höhepunkt der Konkurswelle in Augsburg um 1560

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StAA, Urgichten 1556, 22./23.9. (A. Stapf). Clasen, Weber, S.211. Melchior Hainhofer arbeitete zeitweilig als Angestellter für die Kaufleute Jakob Herbrot (StBA, 2° Cod. Aug. 14, fol. 49r) und Franz Merz, dessen Tochter Barbara er heiratete (StAA, Werner/Lilienthal, „Hainhofer"; Hagl, S. 161). Spätestens um 1545 scheint er seine eigene Handelsfirma gegründet zu haben, denn in diesem Jahr war er mit 544 fl Schuldner von Anton Haug, Hans Langnauer und Ulrich Linck (StAA, KuH, Nr. 5, fol. 77). Aus den Jahren 1552 bis 1556, also der Zeit seines Konfliktes mit dem Rat, sind eine Reihe von Geldund Wechselgeschäften Hainhofers in den Augsburger Unterkaufbüchern überliefert (Blendinger, Unterkaufbücher). Zwischen 1534 und 1550 verdreifachte er seine Steuerleistung von 13 auf 40 fl, und bis 1562 konnte er diesen Betrag nochmals auf 80 fl verdoppeln (StAA, Steuerbuch 1534, Sp. 41d; Steuerbuch 1544, Sp. 52d; Steuerbuch 1550, Sp. 73a; Steuerbuch 1562, Sp. 58d). 1549 wurde er Mitglied des Großen Rates (StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 86-101). Clasen, Textilherstellung, Bd. 1, S. 427-428. StAA, RP 29/1 (1555), fol. 37 v , 38v.

324 bereits zur Routine geworden waren.343 Bezeichnenderweise wandte sich der Rat der Stadt Memmingen nach der Zahlungseinstellung des größten Handelshauses der Stadt, der Firma Zangmeister, im Jahre 1560 an den Augsburger Magistrat, um dessen Expertise in der Frage der Abwicklung eines Konkursverfahrens einzuholen. Die Antwort des Augsburger Rates zeigte Westermann zufolge, daß in der Lechstadt „der moderne Grundsatz, daß alle Gläubiger gleichberechtigt sind und die ganze Masse gemeinsames Eigentum aller Gläubiger ist, schon damals festen Fuß gefaßt" hatte.344 Die am 7. Mai 1564 erlassene Fallitenordnung, in welcher der Augsburger Rat allen Bürgern verbot, Bankrotteure zu unterstützen, bildet gleichsam die Summe der Erfahrungen, die die städtische Obrigkeit in den vorangegangenen sieben Jahren in einer Serie von Konkursverfahren - der Weyer, Zangmeister, Kraffter, Rosenberger, Ulstett, Meuting, Manlich und Herbrot - sammeln konnte. Um eine möglichst vollständige Erfassung der Konkursmasse zu ermöglichen, wurden alle Einwohner angehalten, der Obrigkeit Meldung zu machen, wo ein Bankrotteur Wertgegenstände oder Handelsunterlagen „versteckt" habe. Außerdem drohte der Rat flüchtigen Bankrotteuren nicht näher ausgeführte Strafen an Leib und Gut an - ein Indiz für eine Akzentverschiebung in der Haltung der Obrigkeit von der Reglementierung des Verfahrens zur Sanktionierung von strafwürdigem Verhalten.345 Daß der Rat allerdings noch Mitte der 1560er Jahre selbst in Fällen, in denen ganz offensichtlich ein betrügerischer Bankrott vorlag, nicht unbedingt auf eine Sanktionierung des Konkurses als „kriminelles" Vergehen aus war, wird bei einem Mitglied einer der angesehensten Augsburger Familien, Hieronymus Welser, deutlich. Hieronymus Welser (1509-1567), Sohn des Lukas Welser und der Ursula Gossembrot, seit 1536 mit Katharina Marschalk verheiratet und Besitzer des Gutes Untermeitingen,346 war zweifellos das „schwarze Schaf' der Patrizierfamilie, der er entstammte, „ein bossierlicher Mensch", wie der Chronist Achilles Pirmin Gasser berichtet, „welcher vnder andern schier vnglaublichen Thaten / so er begangen / einsmals zu Venedig von der Höhe vngefehr gefallen / in demselben Fall einen Landtsknecht Troß erschlagen / vnd ihm selber beyde Schenckel abgebrochen".347 Bereits als junger Mann kam Welser wiederholt mit der Obrigkeit in Konflikt. Im Januar 1534 verbot der Rat Welser und Ulrich Honold, die nachts 343 344

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Für Einzelbelege vgl. Kap. 4.3. Westermann, Zahlungseinstellung, S. 484. Hellmann datiert den Übergang von der Priorität des ersten Gläubigers, der seine Ansprüche anmeldete, zur Gleichberechtigung aller Kreditoren in Augsburg in die Zeit zwischen 1529 und 1540; ein kausaler Zusammenhang mit dem spektakulären Bankrott der Höchstetter erscheint hier naheliegend: Hellmann, S. 66-70, 109112. Vgl. allgemein auch Ogris. Hellmann, S. 79-80; Hildebrandt, Wirtschaftsrecht, S. 155. Hildebrandt betont vor allem den Zusammenhang mit dem Bankrott der Herbrot. Welser, Welser, Bd. 1, S. 372; Warmbrunn, S. 341; Bauer, Schwabmünchen, S. 289. Gasser/Hartmann, Chronica, 3. Theil, S. 114.

325 „ein Schlitten gefaren vnnd gantz vngeschickt gewesen, auch den scharwachtern übel zugeredt", für sechs Monate jeglichen nächtlichen Wirtshausbesuch und verurteilte sie außerdem, jeweils 3.000 Mauersteine für öffentliche Bauten zu bezahlen.348 Fünfzehn Monate später wurde Welser erneut mit einem sechsmonatigen Wirtshausverbot belegt, weil er „bei nechtlicher weill vnzichtig gewesen", und im Juni 1535 wurde er nach einem tätlichen Angriff auf einen gewissen Schmucker sogar vorübergehend auf den Turm gelegt.349 In späteren Jahren beteiligte Welser sich an französischen Kronanleihen; um 1560 betrugen seine französischen Forderungen 12.500 ecus.350 Zwar zahlte er noch 1562 mit 60 fl eine ansehnliche Vermögenssteuer,351 doch flüchtete er bereits kurze Zeit später, wohl Ende 1564, wegen seiner Schulden in die Friedberger Freiung. Nachdem er in mehreren Klöstern um Asyl nachgesucht hatte, kehrte er im darauffolgenden Herbst schließlich nach Augsburg zurück und wurde dort inhaftiert.352 Seine größten Gläubiger waren nach einer Aufstellung von 1571 die Patrizier Hieronymus Rehlinger mit 11.550 fl und Hans Jakob Fugger mit 12.368 fl. Daneben hatte er auch Schulden bei David Baumgartner, Wolfgang Paler, Jakob Rehlinger sowie Hans und Christoph Fug353

ger. Vor den Augsburger Strafherren bekannte Welser im Herbst 1567, daß er 8.000 fl, die ihm Hans Jakob Fugger zur Anlage in Frankreich übergeben hatte, sowie 2.200 fl aus dem Vermögen seines Pflegesohns Joachim Langenmantel und 1.000 fl, die sein Schwager Hans von Sigmarshausen fur arme Leute in dem Ort Stetzlingen bestimmt hatte, veruntreut und für seine eigenen Geschäfte verwendet hatte. Außerdem hatte er unter Mißachtung der Jurisdiktion des Augsburger Rates vor den fürstbischöflichen Räten in Dillingen einen Prozeß gegen seine Gläubiger angestrengt.354 Doch ungeachtet seiner offensichtlichen Betrügereien entschied der Rat im Februar 1568, Welsers „Verbrechen" sollten zwar seinen Verwandten mitgeteilt, „Er aber Inen zuo Eeren, do sie Ine versorgen vnnd vnderhalten wollen, gegen ainer geschriben verpurgten vrphed von statten gelassen, doch Inn ain Haus verstrickt werden". 355 Die Ehre seiner Familie stellte in den Augen des Rates also ein Sozialkapital dar, das die Freilassung des straffällig gewordenen Welser rechtfertigte. Gleichzeitig wurde Welsers Verwandtschaft damit die Verpflichtung auferlegt, für Unterhalt und Verwahrung Welsers Sorge zu tragen: der delinquente 348 349 350 351 352

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StAA, Strafbuch 1533-1539, fol. 18 v -19 r . Ebd., fol. 52 r , 55 v . Ehrenberg, Bd. 2, S. 99; Chroniken, Bd. 33, S. 38, Anm. 3. StAA, Steuerbuch 1562, Sp. 72c. Gasser/Hartmann, Chronica, 3. Theil, S. 114. Vgl. StAA, RP 34/1 (1564), fol. 33r; Chroniken, Bd. 33, S. 177. StAA, Spreng VII, Nr. 81; vgl. Bay. HStA München, RK.G 10886. StAA, Urgichten 1567c, Sept./Okt. (H. Welser), Urfehde vom 19.10.1568. Die Akten des Dillinger Prozesses finden sich in Bay. HStA München, RKG 10886. StAA, RP 36/1 (1568), fol. 68 v .

326 Patrizier sollte also in seinem sozialen Beziehungsnetz gewissermaßen aufgefangen werden. Welser scheint, wenn man der Chronik Gassers glauben darf, jedoch ein hoffnungsloser Fall gewesen zu sein. Gasser zufolge wurde Hieronymus Welser zwar nach vierzehnmonatiger Gefangenschaft durch die Hilfe zweier Schwiegersöhne, die beide Doktoren der Rechte waren, aus dem Turm entlassen. Kurze Zeit später sei er aber „von allen Freunden verlassen worden / vnd in grosser Armuth gestorben".356 In den 1570er Jahren zeichnet sich in den Quellen jedoch ein schärferes Vorgehen des Rates gegen Bankrotteure ab, die im Verdacht standen, Güter „versteckt" und ihre Kreditoren mit falschen Angaben getäuscht zu haben. Im August 1570 wurde dem zahlungsunfähigen Kaufmann Georg König, „do Er nit guotlich bekhennen wolt", die Folter angedroht,357 und im Oktober 1571 ordnete der Rat die peinliche Befragung des Bankrotteurs Matthäus Vogelmair an.3S8 Die offensichtliche Mißachtung des Gläubigervertrags durch Vogelmair, sein Verschweigen von Schuldforderungen und die heimliche Versendung von Waren mochte den Rat zu dieser drastischen Maßnahme veranlaßt haben,359 doch bereits Anfang Dezember trug der Magistrat den Bürgermeistern auf, mit den Gläubigern wegen der Entlassung Vogelmairs zu verhandeln.360 Diese plötzliche Kehrtwendung ist möglicherweise auf Vogelmairs familiäre Beziehungen zu den Fuggem,361 die dem Fall von Anfang an eine besondere Brisanz verliehen, zurückzufuhren. Die Verschärfung der obrigkeitlichen Sanktionspraxis zu Beginn der 1570er Jahre stellt wohl nicht nur eine Reaktion auf die zunehmend skrupelloseren Geschäftspraktiken einiger Kaufleute dar, sondern ist im Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise der Jahre 1570 bis 1572 zu sehen, die den Rat veranlaßte, auch gegen Fürkauf- und Münzdelikte schärfer vorzugehen. Im Jahre 1570 ordnete der Rat an, daß der Gastwirt Sigmund Zoller, der im Jahr zuvor Mitglied der Kaufleutestube geworden war,362 „für die straffherrn verschafft, vnnd daselbst von ainem jeden verkaufften schaff haber vmb ain halben gld gestrafft werden" sollte.363 Wegen des Aufkaufs von Getreide kam 1572 auch Esaias Mair, ein Sohn des Rats356 357

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Gasser/Hartmann, Chronica, 3. Theil, S. 114. StAA, RP 37/1 (1570), fol. 38v. König war 1556/57 in Augsburg als Vertreter oder Kommissionär des Nürnberger Kaufmanns Sigmund Tetzel tätig (StAA, KuH, Fasz. V, Nr. 26/5) und wurde 1559 Mitglied der Augsburger Kaufleutestube, aus der er später wegen seines Konkurses ausgeschlossen wurde (IHK, Kaufleutestube, fol. 45). Von 1564 bis zu seinem Bankrott gehörte er auch dem Großen Rat an (StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 86-101). Seine Steuerleistung belief sich 1562 auf 24 fl, was einem Vermögen zwischen 4.800 und 9.600 fl entspricht (StAA, Steuerbuch 1562, Sp. 41a). StAA, RP 37/11 (1571), fol. 24 v , 25r, 26r, 26 v , 28 v . Vgl. oben, Kap. 4.3. StAA, RP 37/11 (1571), fol. 39 v , 42 v , 45r, 48r, 65r. Nebinger/Rieber, S. 3. IHK, Kaufleutestube, fol. 51. Vgl. oben, Kap. 3.1. StAA, RP 37/1 (1570), fol. 37r, 38r, 4 Γ (Zitat), 44r.

327 dienere und Chronisten Paul Hektar Mair, mit dem Rat in Konflikt. Der Rat verpflichtete ihn, das gesamte aufgekaufte Getreide am nächsten Markttag auf die Schranne zu bringen und zu verkaufen. Anschließend sollte er sich vor die Strafherren stellen, „daselbst Er nach gelegenhait vmb den furkauff gestrafft werden soll".364 Kurze Zeit darauf wurde Mair jedoch nicht nur die Strafe nachgelassen,365 sondern er auch noch zum Weinschreiber gewählt366 - eine Entwicklung, die möglicherweise auf den damals noch ungebrochenen Einfluß seines später wegen Unterschlagung öffentlicher Gelder hingerichteten Vaters zurückzufuhren ist. Im selben Jahr wies der Rat auch ein Gesuch des Kaufmanns Burkhart Hilleson, Garn aufkaufen zu dürfen und dann „aus demselben Leinwath auf den verkauff wirkhen zu lassen", also praktisch das Verlagssystem einzuführen, unter Hinweis auf bestehende Verbote und fehlenden Nutzen für die Weber zurück.367 Im Fall der Münzvergehen kamen die Impulse zu einer schärferen obrigkeitlichen Sanktionierung hingegen primär von außen. Die auf dem Augsburger Reichstag von 1559 verabschiedete Reichsmünzordnung gab durch ihre geldpolitischen Maßnahmen,368 vor allem aber durch die Androhung harter Sanktionen für Verstöße gegen die Reichsgesetzgebung, der städtischen Obrigkeit den weiteren Rahmen für die Verfolgung und Bestrafung von Münzvergehen vor. So verbot die Reichsmünzordnung die „einfürung vnd einschleiffiing" ausländischer Münzen369 und sah die unnachsichtige Bestrafung aller „Ringerer/ Beschneyder/ Schwecher/ Wäscher/ Schmeltzer/ Außfurer/ Abgiesser/ Außwieger/ Außzieher/ Auffwechßler/ vnd Feischer" der im Reich akzeptierten Münzen an Leib und Gut vor.370 Der Augsburger Rat beauftragte zu Beginn des Jahres 1560 die Bürgermeister Konrad Mair und Wolfgang Paler sowie die Kaufleute Matthäus Haug und Georg Hopfer, dem Magistrat Vorschläge für die Umsetzung der neuen Ordnung zu unterbreiten; der Stadtvogt wurde unterdessen angewiesen, den Zahlungsverkehr auf dem Weberhaus zu überwachen und gegen die Ausgabe geringer Münzsorten einzuschreiten. Bereits vor Ablauf des Jahres sah sich der Rat jedoch erneut zu einer Verordnung gegen verbotene Münzen genötigt,371 und im August 1563 erließ er ein weiteres Dekret gegen die „fremde verbotne müntz". Alle Münzsorten, die nach der Reichsordnung verboten waren, sollten demnach eingeschmolzen und den Besit364 365 366 367 368

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StAA, RP 37/11 (1571), fol. 51r, 58v. E b d , fol. 73 r . E b d , fol. 78 r . Clasen, Weber, S. 330. Diese bestanden vor allem in einer Aufhebung der Weitparität von Gold- und Silberwährung, der Gleichsetzung von Geldeinheit und Recheneinheit des Reichsguldens, der Festlegung und Normierung der im Reich zulässigen Münzen und der Anerkennung der Talerwährung. Vgl. dazu Blaich, Wirtschaftspolitik, S. 23-26. Reichsmünzordnung von 1559, fol. 1 l v (Exemplar in StAA, Dekrete und Anschläge). E b d , fol. 25 v -26 r . Vgl. auch Neue und vollständigere Sammlung der Reichs=Abschiede [...], Teil 3, S. 197. von Stetten, Geschichte, Bd. 1, S. 536, 540.

328 zern der Metallwert erstattet werden. Den Kaufleuten wurde noch eine Frist von zwei Monaten eingeräumt, in der sie von ihren Schuldnern auch verbotenes Geld annehmen durften; dieses mußte allerdings umgehend aus der Stadt geschickt werden.372 „Wie kurtze Zeit aber diese heilsame Verordnung gedauert," stellte der Augsburger Patrizier und Geschichtsschreiber Paul von Stetten fest, „und wie weit die Gewinnsucht einiger privat-Personen die Absicht auf die Wohlfahrt des gemeinen Wesens überwogen, hat die folgende Zeit gelehret."373 Noch im selben Jahr wurden mit Joachim Gassner und Sixt Weißinger d.Ä. „der ausgeben welschen müntz halb" zwei Vertreter der Augsburger Kaufmannschaft in Verwahrung genommen. 374 Gassner, der zusammen mit seinem Vetter Lukas eine Handelsgesellschaft führte,375 wurde für schuldig befunden, 257 fl an falschen Hellern als Bezahlung für Schulden und Waren eingenommen und später zu einem überhöhten Kurs wieder ausgegeben zu haben. Außerdem habe er auch andere Gold- und Silbermünzen zu einem überhöhten Kurswert ausgegeben. 376 Gassner sagte in seinem Verhör aus, daß ihm die 257 fl von einem gewissen Blesi Meurer, einem „Saphoyer", der „seines wissens khain heimat habe", zugeschickt worden seien. Hans Schaller der Jüngere - der Sohn des Weberzunftmeisters, der 1549 in den Münzhandel Sylvester Raids verwickelt war - spielte bei dem Geschäft eine Vermittlerrolle. Außerdem sollte Gassner Schaller zu verstehen gegeben haben, daß er fur 1.000 fl minderwertige und in Bayern verbotene Pfennige in Händen habe, die er unter die schlechten Heller mischen und in Kaufbeuren ausgeben wollte.377 Sixt Weißinger, von Haus aus Tuchgewander, 378 gelang es in den 50er und 60er Jahren des 16. Jahrhunderts, sich durch Tuchhandel in die Reihen der Augsburger Kaufmannschaft emporzuarbeiten. Entsprach seine Steuerleistung 1550 mit 8 fl 30 χ noch der eines wohlhabenden Handwerkers, so befand er sich 1562 mit einer Steuersumme von 34 fl bereits auf dem Weg in die wirtschaftliche Oberschicht. 379 1566 signalisierte seine Aufnahme in die Kaufleutestube die soziale Akzeptanz seines Aufstiegs, und bereits drei Jahre später saß Weißinger auch für die Kauf372

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StAA, RP 33/1 (1563), fol. 90 r ; von Stetten, Geschichte, Bd. 1, S. 553-554; Chroniken, Bd. 32, S. 495-498. von Stetten, Geschichte, Bd. 1, S. 554. StAA, RP 33/1 (1563), fol. 113r. StAA, KuH, Nr. 6, fol. 140; StAA, Fallitenakten (unverzeichnet). Seine Steuerleistung betrug 1562 28 fl: StAA, Steuerbuch 1562, Sp. 21a. StAA, Strafbuch 1563-1571, Teil I, fol. 15 v -16 r . StAA, Urgichten 1563a, 1.10., 10.11. (J. Gassner). Von 1490 bis 1506 erscheint ein Sixt Weissinger als Inhaber einer der drei Augsburger Bleichen, der sog. Mittleren Bleiche, gefolgt von „Sixt Weissinger Jung" (1507-1549), „Sixt Weissinger, alt und jung" (1543-1551) und wiederum „Sixt Weissinger jung" (1551-1552). Letzterer, offenbar der Repräsentant der dritten Generation, dürfte mit dem hier behandelten Münzhändler identisch sein. Vgl. Clasen, Textilherstellung, Bd. 2, S. 98, 518. StAA, Steuerbuch 1550, Sp. 27c; Steuerbuch 1562, Sp. 76b.

329 leute im Großen Rat. 380 In seinem Verhör wies Weißinger den Vorwurf zurück, er habe vor dem Augsburger Weberhaus verbotene „welsche" und andere Münzen „hauffen weiß ausgeben". Fremde Münzen, die er eingenommen habe, habe er zur Bezahlung von Waren nach Frankfurt und Eichstätt geschickt oder in seinem Laden damit die Weber bezahlt - aber stets in Beträgen unter 20 fl und ohne aus dem „Aufwechseln" der Münzen Profit zu ziehen. Letztendlich, so Weißinger, seien seine Geschäftspraktiken angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse und finanziellen Möglichkeiten seiner Kundschaft schlechterdings unvermeidbar: „wann Ime ain Bauerßman, wöber, oder ander, waß abkhauff, oder mit der bezalung khomb, so bring Er Ime gelt, wie Er Es auch von andern alhie Einnemb vnnd löse, da Er es nuen nit Nemen woll, sonder anzaig, das Es verpotten, So sagen sie [...] khonnen Ime khain anders geben als wie sies auch selbs einnemen, woll Er dann bezalt sein, So muss Er Je Nemen waß man Ime geb."381 Nachdem der Augsburger Rat in den Jahren 1565, 1567, 1569 und 1571 weitere Mandate gegen schlechtes Geld erlassen hatte, 382 setzten der Frankfurter Reichstag und der Eßlinger Städtetag von 1571 die Reichsstädte, insbesondere Augsburg, Ulm und Nürnberg, unter starken Zugzwang, durchgreifendere Maßnahmen gegen die Verbreitung minderwertiger Münzen im Reich zu ergreifen. Anfang September ordnete der Rat an, daß verbotenes Geld, dessen die Bürgermeister habhaft wurden, „In ain tigel geworffen vnd behalten werden" sollte. 383 Im darauffolgenden Monat wurden die Bürgermeister Leonhard Christoph Rehlinger und Hans Baptist Haintzel angewiesen, die Waren der von der Frankfurter Herbstmesse zurückkehrenden Kaufleute in Verwahrung zu nehmen und auf verbotenes Geld hin zu überprüfen. Den Ballenbindern wurde befohlen, die Bürgermeister auf die Versendung verbotener Münzen aufmerksam zu machen. 384 Diese Maßnahmen begründete der Rat im Dezember damit, daß er von den kaiserlichen Kommissaren und den Deputierten der Reichsstände „ernstlich scharpffe betroliche schreiben, der müntz Ordnung wie auch aller güter vnnd wahren halben" erhalten hatte. Im Interesse der „verhuettung grössern vnrats (der so woll den Handelsleuten, als gemainer Stat hieraus entsteen mocht)" sollten die Kaufleute keine Güter in ihre Häuser fuhren oder versenden, sofern sie nicht den vom Rat beauftragten Geschauern eidlich versicherten, daß sich kein Geld darunter befinde. Geldsendun-

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IHK, Kaufleutestube, fol. 49; StAA, Ämterbesetzung 1548-1806, S. 86-101. StAA, Urgichten 1563d, 9.12. (S. Weißinger). von Stetten, Geschichte, Bd. 1, S. 563, 578, 588, 595. StAA, RP 37/11 (1571), fol. 12v, 14r. Ebd., fol. 23 r -24 v . Vgl. ferner ebd., fol. 26r, 28 v , 34 v -35 r , 39 v ; von Stetten, Geschichte, Bd. 1, S. 597-598.

330 gen durften nur in Anwesenheit der Geschauer geöffnet werden.385 Auf den Protest der Kaufleute hin verfügte der Rat außerdem, daß die Kaufleute für die Konfiskation und Einschmelzung verbotener Münzen entschädigt werden sollten.386 Im Jahre 1573 kam der Anstoß zur Sanktionierung eines Münzvergehens erneut von außen. Herzog Albrecht von Bayern berichtete dem Augsburger Rat, daß falsche Münzen am Bozener Zoll aufgetaucht seien und Nachforschungen bei den Fuhrleuten ergeben hätten, daß das Geld von der Augsburger Firma Morauer stammte. Hans Morauer habe unter anderem dem Bürgermeister der bayerischen Stadt Schongau, Heldreich, verbotene Schweizer Dreikreuzerstücke zugesandt.387 Der Rat belegte Morauer daraufhin mit Hausarrest,388 setzte ihn jedoch nach kurzer Zeit „auff fiirbit, burgschafft vnnd wider stallung" wieder auf freien Fuß.389 Die Themen „Münzhandel" und „Münzverschlechterung" blieben auch in der Folgezeit auf der Tagesordnung der städtischen Politik. Im Jahre 1575 setzte der Rat eine Kommission ein, die darüber beraten sollte, „wie dem einreissen der clainen müntzen möcht gesteurt vnnd begegnet werden".390 1577 wurden die Kaufleute bei Androhung „ernstlicher straff' vor der Ausfuhr von Münzen gewarnt,391 und im selben Jahr wurden die Weinschreiber Bernhard Thoma, Jakob Lauterwein, Hans Kißling und Esaias Mair gestraft, weil sie Fuhrleute mit verbotenem Geld bezahlt hatten.392 Anfang 1579 erging angesichts des Befunds, „das die Pfenning Ein Zeit her hauffen weiß Inn dise Statt gebracht, durch etliche aigennützige Vorteil darinn gesucht, vnd der gemain Man damit hoch beschwerdt würdet", ein Dekret, das nur noch drei Sorten Pfennige erlaubte und die Einnahme 385 386 387 388

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391 392

StAA, RP 37/11 (1571), fol. 44 r -44 v . Ebd., fol. 27 v . StAA, Urgichten 1573b, 15.4. (H. Morauer), Beilagen. StAA, RP 38/1 (1573), fol. 92 v , 94 v . Der aus Landshut stammende Morauer, der 1545 als Diener Jakob Herbrots nach Augsburg gekommen war und das Bürgerrecht erlangt hatte (StAA, RP 19/1, 1545, fol. 31 r ), war seit 1546 Mitglied der Kaufleutestube (IHK, Kaufleutestube, fol. 41) und saß seit 1557 im Großen Rat (StAA, Ämterbesesetzung 1548-1806, S. 86-101). Um 1570 unterhielten die Brüder Hans und Leonhard Morauer geschäftliche Verbindungen nach Venedig und Rom (StAA, Spreng III, Nr. 36; Spreng IV, Nr. 38; Spreng VII, Nr. 75). Morauer selbst bezeichnete sich jedoch als einen „Hanndlsman so gar sonnsten In kayner gesellschafft verwanndt dardurch ich ettwan In wichsell oder Factereyen auff ander weg, die Zalung alwegen richten kan, vnd also bisweyln [...] etwan gellt wider mein willen, daran ich auch zuo zeitten, nit geringe verlustigung hab, empfangen mueß [...]." StAA, Urgichten 1573b, 15.4. (H. Morauer), Beilagen. StAA, Strafbuch 1571-1580, fol. 42 r . StAA, RP 39/11 (1575), fol. 55 v . Die Kommission bestand aus den Einnehmern, den Baumeistern sowie den Ratsherren Hans Bechler, Andreas Harder und Lorenz Branner. StAA, RP 40/11 (1577), fol. 103r. StAA, Urgichten 1577b, 10.4. (E. Mair), 24.4. (H. Kißling), StAA, Strafbuch 1571-1580, Teil II, fol. 5r. Die Strafe bestand in Konfiskation des verbotenen Geldes sowie jeweils 200 fl Geldbuße. Thoma, Kißling und Mair waren Mitglieder der Kaufleutestube. Vgl. IHK, Kaufleutestube, fol. 44, 49, 51.

331 oder Ausgabe anderer Sorten bei Strafe untersagte.393 Schon im August desselben Jahres registrierte der Rat, daß nach dem Verbot der Pfennige sich das Problem lediglich verlagert habe, da nun „von Etlichen aigennützigen, allerlay böse häller, mit Hauffen eingefüert, vnd vnder der Bürgerschafft allenthalben außgegeben werden." Wer weiterhin minderwertige Heller in die Stadt brachte, hatte mit einer Strafe von einem Gulden pro Heller zu rechnen.394 Die hier erkennbare Interessen- und Funktionsverlagerung des Rates in ökonomischen Konflikten und Fällen kaufmännischer Delinquenz tritt auch in der Augsburger Fallitenordnung vom Juli 1574 zutage. Die Ordnung, die im Kontext einer neuerlichen Konkurswelle in Augsburg zu sehen ist, deren prominenteste „Opfer" die Haug-Langnauer-Linck, die Firma Schorer und die Gesellschaft Melchior Manlichs waren,395 verband das Interesse der Gläubiger an der Sicherstellung der Konkursmasse mit einer obrigkeitlichen Reglementierung des Verfahrens, die auch Sanktionsmaßnahmen mit einschloß. Die Bürgermeister sollten demnach den Stadtvogt anhalten, die Güter der Falliten „fleissig zu beschliessen", ihren Dienern aufzuerlegen, die Stadt nicht zu verlassen, und ihren Frauen das Gelübde abzunehmen, von den zurückgelassenen Gütern des Bankrotteurs „nichtzit zu verendern noch zuuerkern". Jede Person, der etwas über den Verwahrungsort von Gütern eines Falliten bekannt war, war verpflichtet, in der Stadtkanzlei darüber Bericht zu erstatten und gegebenenfalls die Güter dort auszuhändigen. Dieser Sachverhalt sollte in einem öffentlichen Anschlag bekanntgemacht werden. Ferner regelte die Fallitenordnung die Wahl eines Gläubigerausschusses, wobei der Rat sich ein Bestätigungsrecht vorbehielt, und die Inventarisierung der Konkursmasse. In der Begründung seiner Maßnahmen stellte der Rat neben das Interesse der Kreditoren an der Sicherstellung ihres Eigentums, das bislang bei allen Konkursverfahren im Vordergrund gestanden hatte, nunmehr auch das obrigkeitliche Interesse an der Regulierung ökonomischer Konflikte und der Sanktionierung von „Wirtschaftskriminalität". Es gebühre dem Rat, so die Fallitenordnung, „nach der gleubiger nutz vnnd notdurfft, gemainem wesen zu gutem, doch vnbenomen jedes habenden Rechtens, damit zuhandlen vnnd zugefarn vnd sonnst auch, wie ainer getreuen oberkait obligt alles das Jhenig furnemen vnnd handien, so zu verhuettung merers schadens, vnnd geburender straff des vbels, dienlich vnnd fiirstendig."396 Wenige Tage später verkündete der Rat ein besonderes Dekret, das die bereits bei Zeitgenossen wie Clemens Sender anzutreffende Unterscheidung zwischen 393

394

395 396

StAA, RP 41Λ (1579), fol. 122 v . Erlaubt waren bayerische und Augsburger Pfennige sowie die sog. „Alten Redler". StAA, RP 41/11 (1579), fol. 43 v -44 r . Zur städtischen Münzpolitik dieser Jahre vgl. auch von Stetten, Geschichte, Bd. 1, S. 607, 617, 627, 628, 633. Diesen Zusammenhang betont Hildebrandt, Wirtschaftsrecht, S. 156. StAA, RP 39/1 (1574), fol. 50 r -50 v ; vgl. Hellmann, S. 82; Häßler, S. 52-53; Hildebrandt, Wirtschaftsrecht, S. 156.

332 einem Bankrott aufgrund widriger Umstände und einem betrügerischen Bankrott „offiziell" formulierte. Der Bezug zu den aktuellen Bankrottfällen in der Reichsstadt wird dabei explizit hergestellt. Der Rat habe feststellen müssen, „das die austrettenden vnder dem schein Ires trauens vnnd glaubens vill vnnd offt beginnen gelt aufftzunemen zur Zeit, da Inen Ir verderben, vnnd das sie ain mehrers zuthun schuldig sind, weder sie zubetzalen vermögen, schon bekannt vnnd wissendt ist". Wer von anderen Geld aufnehme, obgleich er bereits genau wisse, daß er nicht mehr imstande sein werde, dieses zurückzuzahlen, der sollte „von solchs vnerbarn betrugs wegen, ernstlich, auch nach gestalt der vberfarung vnnachleslich gestrafft" werden. Der Sanktionscharakter der städtischen Politk gegenüber Bankrotteuren tritt damit noch stärker in den Vordergrund. Es ging dem Rat nicht mehr nur um einen Ausgleich der Interessen zwischen Schuldner und Gläubiger, sondern auch um Strafe und Abschreckung - „andern zum exempel". Eine weitere Bestimmung der Fallitenordnung hatte hingegen pragmatischen Charakter: sie legte fest, daß im Falle von Meinungsverschiedenheiten zwischen den Gläubigern über Fragen des freien Geleits, der Wahl von Kuratoren oder einzelne Bestimmungen des Gläubigervertrags das Mehrheitsprinzip gelten sollte.397 Die in der Fallitenordnung ausgesprochene Intention des Augsburger Magistrats, diejenigen Maßnahmen zu ergreifen, die „gebuerender straff des vbels, dienlich vnnd furstendig" wären, fand nur wenige Jahre später in der Vorgehensweise gegen Ludwig Haug, der als Mehrer einem der besonders angesehenen Stände der städtischen Gesellschaft angehörte und aufgrund seiner Verwicklung in den Bankrott der Haug-Langnauer-Linck-Gesellschaft der Folter unterzogen wurde, ihre Anwendung auf der Ebene realer obrigkeitlicher Sanktionspraxis. 398 Wie groß die Spannweite obrigkeitlicher Reaktionen auf Firmenbankrotte auch zu dieser Zeit noch war, zeigt ein Vergleich mit dem Konkursverfahren Hans Paul Herwärts, der 1576 seine Zahlungen einstellte. Während sich der Rat seit 1574 auf Dutzenden von Sitzungen mit dem Konkurs der Haug befaßte und 1576/77 mit aller Härte gegen den Firmenmitarbeiter Ludwig Haug vorging, scheinen die Verhandlungen zwischen Herwart und seinen Kreditoren weitgehend auf informellem Weg, ohne Mitwirkung von Rat und Stadtgericht vonstatten gegangen zu sein, und Herwart konnte sich sehr schnell mit seinen Gläubigern auf eine vertragliche Übergabe seines Vermögens einigen. Nachdem Herwärts Gläubiger auf der Grundlage dieses Vertrags Güter an anderen Orten, unter anderem in Antwerpen und Lyon, arrestieren ließen und sich Paul Furtenbach dadurch benachteiligt fühlte, wurde Herwart zwar vorübergehend in „verstrikung" - vermutlich eine Art Hausarrest - genommen, Ende Juni 1576 jedoch gegen eine urkundliche Erklä-

397 398

Hildebrandt, Wirtschaftsrecht, S. 156-157; vgl. Hellmann, S. 79. Vgl. Kap. 4.3 oben.

333 rung, daß diese Arreste nicht auf seine Anordnung hin geschehen seien und er sie aufhebe, wieder freigelassen.399 Das außerordentliche Entgegenkommen, das der Rat noch in dieser Phase verschärfter Sanktionen gegen Falliten gegenüber Hans Paul Herwart zeigte, ist sicherlich zu einem guten Teil damit zu erklären, daß Herwart innerhalb der reichsstädtischen Gesellschaft zur höchsten „Prestigesphäre" zählte: er war Patrizier, gehörte als Schwiegersohn Bartholomäus Welsers einem der einflußreichsten familiären „ N e t z e " der Stadt an, war bis zu seinem Bankrott als Geheimer Rat Mitglied des innersten politischen Führungszirkels der Reichsstadt und verfügte über enge Kontakte zum Kaiserhof und zum bayerischen Herzogshaus.400 Darüber hinaus war er offenkundig in den Bankrott Melchior Manlichs, dessen größter Gläubiger er war, mit hineingezogen worden und dadurch keinem Betrugsverdacht ausgesetzt. Durch die Aufgabe seines Bürgerrechts im April 1576 und seinen Wegzug auf die Hofmark Hohenburg, die im Gläubigervertrag seiner Frau für ihre Ansprüche an die Konkursmasse überlassen wurde, entzog sich Herwart zudem weiteren Auseinandersetzungen mit seinen ehemaligen Mitbürgern.401 Den Höhepunkt städtischer ordnungspolitischer Versuche, das Konkursproblem in den Griff zu bekommen, stellt die Fallitenordnung von 1580 dar. A m 19. Juni dieses Jahres, rund zweieinhalb Monate nach dem aufsehenerregenden Bankrott des Konrad Rot, erließ der Augsburger Rat ein Dekret, das grundsätzlich die Verhaftung aller Falliten, ungeachtet der Begleitumstände ihres Konkurses, anordnete und soziale Sanktionen gegen insolvente Kaufleute verhängte. Ein Bankrotteur sollte demnach die Trinkstubengerechtigkeit auf der Kaufleute- oder Herrenstube verlieren, sollte seinen Stand auf dem Perlach nur noch an einem abgesonderten Ort („gegen dem Vogelbenckhlin werts") errichten dürfen und bis zur Beilegung des Konflikts mit seinen Kreditoren „sich vnder ehrlicher leuth Zusamenkünfften nit einmischen", so etwa bei Hochzeiten und Begräbnisfeiern am Ende des Zuges gehen, unter den Frauen Platz nehmen oder zuhause bleiben. Die Kinder von Bankrotteuren durften keine goldenen Ketten mehr tragen, sofern sie das Recht dazu nicht von ihren Müttern ererbt hatten. Diesen Katalog von Maßnahmen verhängte der Rat „bei ernstlicher straff, so von einem Jeden vmb Jegliches übertreten vnnachlesslich eingezogen werden soll." Die Intention, mit der Behandlung von Falliten auch deviantes Verhalten obrigkeitlich zu sanktionieren, war hier also klar ausgesprochen und erstmals in den Mittelpunkt einer städtischen Ordnung gerückt. In der Begründung für dieses rigorose Vorgehen nahm der Rat eine Argumentationslinie wieder auf, die zuvor bereits in zahlreichen Bankrottprozessen von den Gläubigern vorgebracht worden war. Der Rat habe feststellen

399

StAA, RP 40/1 (1576), fol. 54v-55r.

400

Vgl. zu ihm Kap. 2.1 dieser Arbeit. StAA, RP 40/1 (1576), fol. 31v. Vgl. Lanzinner, Herwarth, S. 303-306. Zur Beziehung zwischen Herwart und Melchior Manlich vgl. Kellenbenz, Manlich, S. 38.

401

334 müssen, daß etliche Personen bereits im Angesicht ihres Bankrottes noch weitere Kredite aufnahmen und Schulden machten „vnd dardurch, wie auch durch übermessigen pracht, vnd vnordenlich Haußhalten, andere ehrliche leuth ansetzen, vnd böslich vmb das irig bringen".402 Der als Argument der Gläubigerpartei in zahlreichen Konkursprozessen der Jahre 1557 bis 1580 formulierte Zusammenhang zwischen einem aufwendigen Lebensstil („übermessigen pracht"), schlechter Haushaltung und betrügerischem Bankrott diente hier also zur Begründung obrigkeitlicher Sanktionsmaßnahmen. Zudem instrumentalisierte der Rat gezielt das in der frühneuzeitlichen Gesellschaft so fundamentale Konzept der Ehre - für den patrizischen Kaufmann Jakob Meuting etwa war die Ehre schlicht „das höchst gut vnd clainot, so ye ain mennsch vff erden hett achtet"403 - um Bankrotteure zu stigmatisieren. Indem er Falliten die Stubengerechtigkeit absprach und sie von „ehrlicher leuth Zusamenkünfften" ausschloß, indem er ihnen untersagte, die äußeren Zeichen sozialen Prestiges zu tragen, deklassierte er sie faktisch zu einer sozialen Randgruppe. Die Verfügung, daß Bankrotteure ihrer Stubengerechtigkeit verlustig gingen, stellte allerdings kein Novum dar, sondern nur die Kodifizierung längst gängiger Praxis. Die Kaufleutestube hatte bereits 1527 mit Zustimmung des Rates den Ausschluß flüchtiger Schuldner aus der Stube beschlossen, die nicht nachweisen konnten, ohne eigenes Verschulden in finanzielle Schwierigkeiten geraten zu sein,404 und aus den Protokollen der Stube seit 1541 geht hervor, daß Bankrotteure in aller Regel ausgeschlossen wurden.405 Eine weitere, nur wenige Tage später erlassene Verordnung des Augsburger Rates zielte darauf ab, die Handlungsspielräume von Falliten noch weiter einzuschränken und ihnen die Möglichkeit zu nehmen, durch die Überschreibung von Werten auf ihre Frauen und Kinder einen Teil ihrer Habe vor dem Zugriff ihrer Gläubiger zu retten. Nachdem manche Personen „Im Haußhalten, Klaidungen, vnd anderm allen überfluß gebrauchen, auch grossen pracht treiben" würden, im Falle des Scheiterns ihrer Unternehmungen aber aus der Stadt flüchteten, würden sie ihren Frauen und Kindern ein stattliches Vermögen an Kleidern, Schmuck und Hausrat hinterlassen. Während ihre Gläubiger dadurch um ihre Habe gebracht würden, müßten sie gleichzeitig die Angehörigen ihrer Schuldner „noch Inn pracht, vnd statlichem wesen, teglich vor den Augen haben, vnd eben das Jenig an

402

StAA, RP 42/1 ( 1 5 8 0 ) , fol. 37 v . Vgl. Hellmann, S. 80, 81, 98; Hildebrandt, Wirtschaftsrecht,

403

StAA, RP 17/11 ( 1 5 4 3 ) , fol. 23 v .

S. 158; Roper, Holy Household, S. 134. 404

Chroniken, Bd. 23, S. 186; Hellmann, S. 97; Dirr, Kaufleutezunft, S. 150-151.

405

IHK, Kaufleutestube. Beispiele aus der Konkurswelle der Jahre 1 5 5 6 / 5 7 - 1 5 8 0 wären Hans und David Weyer, Hieronymus und David Zangmeister, Robeas Putz, Georg König, Christoph Kraffter. In einzelnen Fällen scheint es allerdings Ausnahmen gegeben zu haben. So blieb etwa Matthäus Pfanzelt, der Paul Hektor Mair zufolge 1548 bankrott ging, bis zu seinem Tode 1554 Mitglied der Stube.

335 Inen sehen [...], darumb sy streflicher weiß angesetzt, vnd betrogen worden seien". Um solchen Manipulationen vorzubeugen, verfugte der Rat nun, daß die Ehefrau eines Bankrotteurs nur ihr eigenes Heiratsgut und „was sie Iren Mannen beweislich zuogebracht, oder Inn wehrender ehe ererbt" hatte sowie die Morgengabe, den Ehering und die Hochzeitskette als bevorrechtigte Forderungen an die Konkursmasse geltend machen durfte. Die Widerlegung - also dasjenige Vermögen, das der Ehemann kraft Heiratsbriefs in die Ehe einbrachte - sowie alle weiteren Geschenke oder Übertragungen des Ehemannes oder dritter Personen sollten hingegen als nachrangige Forderungen betrachtet werden, die erst dann befriedigt werden durften, wenn alle anderen Gläubiger ausbezahlt worden waren. Neben dem Heirats- und Erbgut der Ehefrau wurden auch ausstehende Löhne von Dienern und Firmenangestellten, noch unbezahlte Steuern und Abgaben sowie unter der Verwaltung des Bankrotteurs stehende Pflegschaftsvermögen als bevorrechtigte Forderungen anerkannt.406 Auch hier griff die Fallitenordnung also einen Punkt auf, der zuvor schon in einer Reihe von Bankrottprozessen den Gegenstand von Auseinandersetzungen gebildet hatte. Das bereits 1548 von Paul Hektor Mair angesprochene Problem, daß zahlungsunfähige Kaufleute ihren Frauen „guot heuratbrief' machten, „darein sie inen solche heuratguot, widerleg und morgengab setzen, das sie baiderseits ir lebtag nie gehabt", wurde erst gut drei Jahrzehnte später Gegenstand städtischer ordnungspolitischer Maßnahmen. 407 Aus einem Schreiben des Augsburger Rates an den bayerischen Herzog von 1574 geht jedoch hervor, daß der Rat zur Frage der Heiratsgüter der Frauen bereits vorher ähnliche Überlegungen angestellt hatte: „Wann In dergleichen Falliment Sachen die weibs personen Irer sprüch halben vor gericht furkhomen sein, das man sy der widerleg halben allain vnder die gemaine gläubiger gesetzt, aber Irer ansprach vnd gueter halben hat man yeder Zeit nach glegenheit der sachen vnd one ansechung einichs gebrauche was man den Kaiserlichen gemainen rechten gemeß, fur recht vnd billich gehalten, erkhert vnd geurtheilt."408 Das Ratsdekret vom 23. Juni 1580 verpflichtete außerdem die städtischen Bürgermeister, einen Schuldner unter Hausarrest zu stellen oder auf Kosten der Gläubiger in Haft zu nehmen, wenn der begründete Verdacht der Zahlungsunfähigkeit bestand und der Schuldner keine Kaution zu stellen imstande war. Lag

406

407 408

StAA, RP 42/1 (1580), fol. 39 r -40 r ; Hellmann, S. 89-90, 105-107; Hildebrandt, Wirtschaftsrecht, S. 159-160. Chroniken, Bd. 32, S. 69. Bay. HStA München, Reichsstadt Augsburg, Grüne Serie, Nr. 9.

336 offensichtlich ein Bankrott vor, so sollte der Fallit unverzüglich „inn die Eisen gelegt" werden. 409 Erscheint so die Fallitenordnung von 1580 eher als Zusammenfassung und Kodifizierung bereits vorher angelegter Entwicklungen in Richtung auf eine weitgehende Reglementierung von Konkursverfahren und Sanktionierung „krimineller" ökonomischer Verhaltensweisen, so wäre es andererseits ein Irrtum anzunehmen, daß die Fallitenordnungen in der Folgezeit strikt eingehalten worden wären und allen Spielraum fur alternative Lösungen der Konflikte zwischen zahlungsunfähigen Schuldnern und ihren Gläubigern beseitigt hätten. Das signifikanteste Beispiel dafür ist sicherlich der Welser-Bankrott von 1614. Nach der Zahlungseinstellung der Welser ließ der Rat die Verhandlungen zwischen Matthäus und Paul Welser und ihren Kreditoren rund neun Monate lang gewähren, ehe er dem massiven Drängen eines einflußreichen auswärtigen Gläubigers, des kaiserlichen Sekretärs Andreas Hannewaldt, der die Durchführung der in der Fallitenordnung von 1580 vorgesehenen Maßnahmen gegen insolvente Schuldner forderte, nachgab und die Welser festnehmen ließ. 4 ' 0 Überblickt man die Verhaltensweisen und Maßnahmen des Augsburger Rates gegenüber Wirtschaftsvergehen wie Fürkauf, Münzfälschung und Bankrott, die zwar nicht ausschließlich, aber doch in hohem Maße ein Elitenphänomen darstellten, im Zusammenhang, so kann man mit Gerhard Oestreich von einem Prozeß der „Sozialregulierung" sprechen. Der Begriff bezeichnet „ein versuchtes Schritthalten der Obrigkeiten mit dem Wandel des gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens" und somit eine Vorstufe zur umfassenderen obrigkeitlichen Regelung und Normierung aller Lebensbereiche, die Oestreich als „Sozialdisziplinierung" charakterisiert hat. Mit dem Begriff der Sozialregulierung soll „das Streben nach Ordnung noch im Sinne einer Harmonisierung der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse" verdeutlicht werden. 4 " Der Augsburger Rat griff insbesondere zwischen 1540 und 1580 in Bereiche des Wirtschaftslebens, die starken Wandlungen unterworfen waren, denen bestehende Fürkauf- und Gantordnungen nicht mehr gerecht wurden, mittels differenzierter ordnungspolitischer Maßnahmen und einer verschärften Sanktionspraxis ein und wirkte somit auf eine Normierung ökonomischen, insbesondere kaufmännischen Verhaltens hin. So gelangte der Augsburger Magistrat in den zwischen 1564 und 1580 erlassenen Fallitenordnungen zu einer wesentlich präziseren und praxisnäheren Regelung des Konkursverfahrens als etwa die Reichspolizeiordnung von 1577, die, abgesehen von einem kurzen und recht allgemein gehaltenen Abschnitt über die Si-

409 410

411

StAA, RP 42/1 (1580), fol. 39 v -40 r ; Hildebrandt, Wirtschaftsrecht, S. 160. Müller, Verlauf. Zu einer genaueren Fassung des Konkursrechts in umfangreichen Fallitenordnungen und zur Ausprägung einer juristischen Literatur, die sich speziell mit diesem Thema befaßte, kam es erst im 17. Jahrhundert: vgl. Ogris. Schulze, Sozialdisziplinierung, bes. S. 265-292 (Zitate S. 292, 267).

337

cherstellung der Konkursmasse, die Bestimmungen der Polizeiordnung von 1548 hinsichtlich der Behandlung insolventer Kaufleute fast wörtlich wiederholte.412 Dessen ungeachtet spricht wenig dafür, daß die städtische Obrigkeit diese Möglichkeiten einer Sozialregulierung bereitwillig und offensiv ergriffen hat. Vielmehr verhielt sich der Rat anscheinend so lange wie nur irgend möglich passiv und abwartend und vertraute auf die Selbstregulierung des Systems über eine informelle Lösung ökonomischer Konflikte auf dem Vergleichswege. Ein Bankrott war bis in die 1560er Jahre nicht primär ein strafwürdiges Vergehen, sondern eine Störung sozialer Beziehungen innerhalb der städtischen Oberschicht und der oberen Mittelschicht, die dadurch hervorgerufen wurde, daß ein Bankrotteur die Erwartungen seiner Gläubiger nicht erfüllte. Die Lösung des Konflikts - Bezahlung der Schulden oder Abschluß eines Vergleichs - stellte die Harmonie innerhalb des Systems wieder her. Erst als die Welle der Bankrotte nicht mehr abriß „das Falliren vnd leichtfertig ausstreten bei vilen über Hand nemen will", wie es die Augsburger Fallitenordnung von 1580 ausdrückte - und erst als die Verstöße kaufmännischer Praktiken gegen das Prinzip des gemeinen Nutzens vor dem Hintergrund wiederholter Wirtschaftskrisen und zunehmenden außenpolitischen Drucks nicht mehr ignoriert werden konnten, verlagerte sich das Interesse des Rates allmählich von der Wiederherstellung gestörter sozialer Beziehungen hin zur Verhängung von Strafmaßnahmen gegen delinquente Mitglieder der städtischen Führungsschicht.

412

Neue und vollständigere Sammlung der Reichs=Abschiede [...], Teil 3, S. 392.

338

5. Funktion und Bedeutung sozialer Beziehungen

5.1 „daß ein Bruder wider den andern sein muß": Geschwisterbeziehungen in der Augsburger Kaufmannschaft des 16. Jahrhunderts Nachdem die Brüder Hans Paul und Hans Heinrich Herwart 1564 aus der Pacht der Idrianer Quecksilberproduktion ausgestiegen waren, verhandelte der schwäbische Landvogt und Reichspfennigmeister Georg Ilsung, der schon allein aufgrund seiner familiären Herkunft mit den Augsburger Verhältnissen bestens vertraut war,1 mit Melchior Manlich über einen neuen Pachtvertrag. Als die Verhandlungen bereits ziemlich weit gediehen waren, zog sich Manlich unvermittelt aus dem Geschäft zurück. Einem Bericht Ilsungs zufolge hatte der Bankrott des Christoph Manlich im Jahre 1564 auch den Kredit seines Vetters Melchior in erheblichem Maße erschüttert. Melchior Manlich mußte angeblich binnen acht Tagen 80.000 fl ausbezahlen, um „Treu und Glauben" bei seinen Kreditoren zu erhalten. Dieser Einzelfall erschien Ilsung symptomatisch fur das gegenwärtige Klima in Augsburg: „Weder Vater noch Sohn noch Bruder und Vettern trauten einander in jener schlimmen Zeit, noch wollten sie miteinander Geduld haben [...]."2 Ilsungs Darstellung macht deutlich, daß mit verwandtschaftlichen Beziehungen in der reichsstädtischen Kaufmannschaft ganz bestimmte Erwartungen verknüpft wurden: von nahen Verwandten erwartete man in besonderem Maße „Vertrauen" und „Geduld", gerade auch in geschäftlichen Angelegenheiten. Nach Ilsung wurden diese besonderen Erwartungen an Verwandte in ökonomischen Krisenzeiten allerdings oft enttäuscht: wenn das ökonomische Fundament der sozialen Beziehungen in der Augsburger Kaufmannschaft wegbrach, dann erwiesen sich auch die sozialen Beziehungen selbst nicht mehr als tragfähig. Der schwäbische Landvogt weist hier auf einen Zusammenhang hin, der auch in den vorangegangenen Kapiteln immer wieder zutage trat. Auf der einen Seite zeigte die Analyse finanzieller und geschäftlicher Beziehungen, wie groß die Bedeutung des Faktors Verwandtschaft für die geschäftliche Zusammenarbeit und die Kapitalaufnahme Augsburger Firmen um die Mitte des 16. Jahrhunderts war. Auf der anderen Seite steht der Befund, daß auch die engmaschigen sozialen Netzwerke innerhalb der Augsburger Kaufmannschaft der Ende der 1550er Jahre einsetzenden Konkurswelle nicht standhielten. Hier erhebt sich die Frage, wie Verwandtschaftsbezie-

2

Zu seiner Person vgl. Blendinger, Ilsung, S. 142-143. Strieder, Studien, S. 339.

339 hungen von den Akteuren selbst wahrgenommen, interpretiert und bewertet wurden, und welche Erwartungen und Ansprüche gerade in Krisen- und Konfliktsituationen mit familiären Beziehungen verknüpft wurden. Ausgehend vom Bankrott der Brüder Weyer soll hier zunächst die Wahrnehmung und Bewertung des Verhältnisses zwischen Geschwistern betrachtet werden. Nachdem die Brüder Hans und David Weyer sich zwei Jahre lang gemeinsam durch ihren Anwalt Ulrich Vesenmair gegen die Angriffe und Invektiven ihrer Gläubiger verteidigt hatten, vollzog David Weyer, offenbar durch seine lange Haft zermürbt, im Oktober 1559 eine plötzliche Kehrtwendung. In einem Brief an seinen Vetter Hieronymus Zangmeister äußerte er über das Verhältnis zu seinem Bruder: „weill es aber der brauch Ist das ain Reicher ain armen vetter, ain reicher Bruder sein armen Brueder, allso Steckhen kan darf Ich nichts sagen [...]." Er habe nun dreißig Monate lang zu allem geschwiegen, und der Anwalt sei stets strikt dagegen gewesen, daß er sich selbst an seine Gläubiger wende: „hab miessen thon was sy gewellt haben. Noch kain gnad kain gunst erlanngen khinden dann Ich wolt nit schwartz für weyß verstan, deß halben haben sy mich wol sitzen lassen [...]." Was der Anwalt unternehme, geschehe ohne sein Wissen. Er, David Weyer, sei „mein lebenlanng bey meinem Brueder nie Reicher gewessen alls 30 fl p. Rest diennst gellt, Ich hab auch all mein leben lanng khain wissen gehapt von seinem auffnemen, kain bilanco nie gesechen. Ich hab allwegen sein Esel genanntt miessen werden, daß mueß Ich noch sein."3 Der Konflikt zwischen den Brüdern, der hier seinen Anfang nahm, eskalierte im Spätjahr 1560, als Hans und David Weyer sich gegenseitig vorwarfen, fur die Schwierigkeiten ihres Unternehmens verantwortlich zu sein. Am 21. November 1560 forderte zunächst Hans Weyer seinen Bruder David brieflich auf, eine möglichst genaue Abrechnung über seine Lyoner Geschäfte vorzulegen; die bisherige Bilanz genüge nicht. Außerdem habe er bei der Überprüfung der Lyoner Handelsbücher festgestellt, daß David in der Oster- und Augustmesse 1554 mehr als 70.000 Kronen „mit grossem schaden vnd nachthail, auß des khönigs vinantz khaufft vnd dasselbig gelt hernach Inn annder weg verwenndt" habe. Dies sei „sonnder vorwissen vnnd willen, hinder Ruckh gehaimer verborgner weiß mein, vnd aller vnnserer Comitenten" geschehen. Von diesen Finanztransaktionen sei „biß vff dise stundt kain Rechnung verhannden, vnd alles verborgen vnnd verhalten". David habe „kain antzaigen mit dem wenigisten nit dauon gethan [...], deß ich mich warlich [...] kainß wegs zu dir versehen hette". Hans Weyer forderte seinen Bruder auf zu erklären, was ihn zu dieser „grossen schedlichen hinlessigkhaitt" veranlaßt habe. In seiner Antwort auf dieses „vnfraindtlich vnfridlich schreiben" vom 26. November 1560 beteuerte David Weyer, die Lyoner Bücher stets ordentlich gefuhrt StAA, Stadtgericht, Appellationssache zwischen Hans, David, Sebastian Gebrüder Weiher und ihren Gläubigern, 1559-1569 (unverzeichnet).

340 zu haben: „warlich mein Brueder Hannß du bist vonn male persona, male informirt worden." David warf nun seinerseits seinem Bruder vor, die Aufzeichnungen über die Kreditaufnahme der Firma in Deutschland verfälscht zu haben. Er, David, habe seinem Bruder stets viel mehr Waren zugesandt, als er von ihm erhalten habe. Indem sich Hans Weyer zunehmend vom Warenhandel auf spekulative Geschäfte verlegt habe, habe er dem Geschäft schweren Schaden zugefügt: „Mein Brueder Hannß, Ich hab dir offt anzaigen wellen waß du für ain wixel herr gewesen bist, vill m.° [1.000] fl. vonn augspurg, vnnd von Nürnb[erg] traßiert [...] waß grossen verlust hastu erlitten, daraus zum thail dein verderben khompt, hasts lanng triben, nit waiß ich wer dich hat darzue triben, ohn zweifei die groß nott [...]." Darüber hinaus betonte David Weyer wie bereits in seinem früheren Schreiben an Hieronymus Zangmeister, daß zwischen den Brüdern stets ein hierarchisches Verhältnis bestanden habe: „thustu deine Brieder vnnd diener schmechen, so schendestu dich selbs, dann du bist der Capital principal debitor, es würt dir der spott zum schaden zugemessen, wie der Herr, allso sendt seine Knecht, es dienet nit zu Frid." David Weyer Schloß daran einen eindringlichen Appell an: „du gibst mir vil vrsach zu vnfridt, dahin solstu mich nit bringen, Ich will Frid suchen, bitten, begern, So vill mir müglich Ist, mein B. Hanns Ich bitt dich vmb gotz willen, Bis nit vnfridlich, bedennckh dein personn, suech, Bitt, beger, halt an vmb Frid, dann du zuuor mehr alls zuuil vnfrid vmb dich waist, vnnd hast, auch Ist es so ain eilend ding vmb ain gefanngnen man."4

Noch in einem 1570 vor dem Augsburger Stadtgericht eingeleiteten Appellationsverfahren stützte Hans Weyers Anwalt seine Verteidigung auf die Behauptung, sein Mandant sei durch die unseriösen und riskanten Geschäfte seines Bruders in Lyon in finanzielle Schwierigkeiten geraten.5 Hans Weyer sei „Inn all sein verderben durch seines leichtfertigen laydigen Bruders, Dauiden Weyers haillose Verwarlosung vnd höchste negligentz gesetzt wordenn [...]."6 Daß er seinem Bruder voll und ganz vertraut habe, könne man Hans Weyer nicht zum Vorwurf machen, „dann muß mann zu Verrichtung der Mentschlichen Gewerb vnd Händel Leuth haben, muß man auch darunder ainander vertrawen." 7 Diese Aussagen weisen über die persönlichen, stark emotional gefärbten Beziehungen zwischen den bankrotten Brüdern hinaus auf ein strukturelles Problem familiärer Beziehungen in der Augsburger Kaufmannschaft des 16. Jahrhunderts hin. Hans und David Weyer führten eine gemeinsame Firma und trugen gemeinsam das Risiko ihrer Unternehmungen, doch arbeitete gleichzeitig jeder der Brü4 5 6 7

Ebd. StAA, StG 201, fol. l v -2 r . Ebd., fol. 22 v . Ebd., fol. 23 v -24 r .

341 der in seiner Faktorei - Hans in Augsburg, David in Lyon - weitgehend autonom, führte seine eigenen Rechnungen und traf selbständig weitreichende geschäftliche Entscheidungen. Die Grundvoraussetzung fur das Funktionieren der Firma bildete angesichts der weiten Entfernung und der schwierigen Kommunikation zwischen Augsburg und Lyon das Vertrauen, das die Teilhaber in die Fähigkeit und Zuverlässigkeit des anderen Bruders und Partners hatten. So betonte David Weyer, er sei sein Leben lang kaum jemals nach Deutschland gekommen und habe sich daher „zu meinem [...] Brueder Hannß Weyer versehen, alls zu gott Im himel". Eigenmächtige Änderungen der Geschäftspolitik, wie sie sich Hans und David Weyer gegenseitig vorwarfen, mußten zwangsläufig den Konsens, der die Basis ihrer gemeinsamen Firma bildete, erschüttern. Kompliziert wurde die Situation noch zusätzlich durch das hierarchische Verhältnis zwischen den Brüdern. David Weyer bezeichnete seinen Bruder Hans als „Principal" der Firma, während er sich selbst als „Diener", „Knecht" oder „Esel" seines Bruders charakterisierte. Aus der Tatsache, daß Hans Weyer dieser Darstellung nicht widersprach und daß er weitgehend die Prozeßführung bestimmte, läßt sich schließen, daß auch Hans Weyer selbst sich als Führungsperson des Unternehmens sah. Das hier zutage tretende Spannungsverhältnis zwischen der Notwendigkeit zur Zusammenarbeit, dem Aufeinander-Angewiesensein in Familiengesellschaften auf der einen Seite, der weitgehenden Autonomie der einzelnen Gesellschafter und der Notwendigkeit, selbständig Entscheidungen zu treffen, auf der anderen Seite, sowie zwischen der prinzipiellen Gleichrangigkeit von Geschwistern einerseits und der Ausprägung einer innerfamiliären Hierarchie andererseits gehört zu den wesentlichen Kennzeichen der frühneuzeitlichen Augsburger Handelsgesellschaften. Betrachtet man die Struktur Augsburger Handelsfirmen um die Mitte des 16. Jahrhunderts, so war die weitaus häufigste Form des Zusammenschlusses die von zwei oder mehreren Brüdern. Bei den Trägern von mindestens 17 Fernhandelsgesellschaften, die in der Dekade zwischen 1550 und 1559 aktiv waren, handelte es sich um Brüder. 8 Neben Hans und David Weyer repräsentieren eine Reihe von Firmen, deren Teilhaber aus dem verwandtschaftlichen Umfeld der Weyer stammten, diesen Typus der Familiengesellschaft: Matthäus und Christoph Haug, Joachim Jenisch und Gebrüder, Alexander, Jakob und Christoph Kraffter, Christoph Manlich und Gebrüder, Markus Ulstett und Gebrüder oder Hieronymus und Da nur relativ wenige Gesellschaftsverträge von Augsburger Handelsfirmen aus der Mitte des 16. Jahrhunderts - etwa die der Haug-Langnauer-Linck, Christoph Manlichs und seiner Brüder und der Memminger Zangmeister (alle abgedruckt in Lutz, Struktur, Bd. 2) - überliefert sind, ist die Struktur der meisten Firmen nur über den Firmennamen und verstreute Angaben in Geschäftsunterlagen und Prozeßakten zu ermitteln. Grundlegend ist die Zusammenstellung in Blendinger, Unterkaufbücher, S. 543-568. Wichtige Aufschlüsse geben darüber hinaus die Handelsbücher der Haug-Langnauer-Linck (StAA, KuH, Nr. 5 und 6) und der Welser (StBB, Msc. Var. 13/1 und 2).

342 David Zangmeister. Weitere prominente Beispiele für diese spezifische Form der Familiengesellschaft sind die Firmen von David und Hans Georg Baumgartner, Hans Paul und Hans Heinrich Herwart, Sebastian und Hieronymus Imhof oder Hans und Marquard Rosenberger. Auch die räumliche Trennung zwischen den Geschäftspartnern, wie sie Hans und David Weyer praktizierten, war an sich nichts Ungewöhnliches. Sie findet sich auch bei den Imhof, von denen Sebastian in Nürnberg, Hieronymus in Augsburg arbeitete;9 bei den Schorer, die teilweise in Ulm, teilweise in Augsburg ansässig waren;10 und bei den Zangmeister, von denen Eberhard und Kaspar sich in Memmingen aufhielten, während ihr Bruder Hans die Niederlassung in Augsburg führte." Die Brüder Weyer fallen gegenüber diesen Familien allenfalls hinsichtlich der Entfernung zwischen ihren jeweiligen Arbeitsplätzen aus dem Rahmen. Demgegenüber finden sich alle anderen Formen der geschäftlichen Zusammenarbeit von Familienangehörigen weitaus seltener. Matthäus Ehem, Jakob Herbrot und Sebastian Neumair beteiligten ihre Söhne an ihren Firmen, und bei den Fuggern findet sich als Spezifikum der Zusammenschluß von Onkeln und Neffen. Bei den Firmen von Wolfgang Paler und Konrad Herbst sowie von Hans Österreicher und Ulrich Waiblinger handelte es sich um Zusammenschlüsse von Schwägern.12 Lediglich bei den Haug-Langnauer-Linck13 sowie in eingeschränktem Maße bei der Gesellschaft Christoph Welsers14 finden sich auch komplexere Formen der geschäftlichen Organisation. Nicht näher zu bestimmen ist aufgrund der Quellenlage die Zusammensetzung von Erbengemeinschaften wie „Ulrich Weiß sei. Erben" oder „Hans Stierlin sei. Erben", doch ist davon auszugehen, daß in diesen Erbengemeinschaften die Zusammenarbeit von Brüdern bzw. von Brüdern und Schwägern, möglicherweise unter Beteiligung der Witwe des Firmengründers, eine maßgebliche Rolle spielte. Somit kommt der Analyse von Geschwisterbeziehungen fur die Entschlüsselung der Beziehungsstrukturen in Augsburger Handelsgesellschaften eine zentrale Rolle zu. In Anlehnung an Hans Medick und David Sabean soll die Geschwistergruppe hier als „verwandtschaftliche Ur9 10

11 12

13

14

Vgl. StAA, KuH, Nr. 16. StBA, Seifert'sehe Stammtafeln, „Schorer"; StBB, Msc. Var. 13/1, fol. 38; Strieder, Notariatsarchive, S. 146; Korzendorfer, S. 147. Vgl. Westermann, Zangmeister, S. 34-35. Wolfgang Paler und Konrad Herbst waren beide mit Töchtern Franz Wagners d.Ä. und der Magdalena Weiß verheiratet: StAA, Werner/Lilienthal, „Wagner". Hans Österreichers Schwester Judith war die Ehefrau Ulrich Waiblingers: StAA, Werner/Lilienthal, „Österreicher". Zur Entwicklung der Gesellschafterstruktur der Haug-Langnauer-Linck vgl. Ehrenberg, Bd. 1, S. 229-233. Der von Christoph Welser geleiteten Gesellschaft gehörten nach 1552 neben Christoph Welser und seinen Brüdern Leonhard und Hans auch Hans Welsers Schwiegervater Jakob Rembold und dessen Schwiegersohn Bartholomäus May an. Vgl. Werner, Bartholomäus Welser, 1968 II, S. 86, 90.

343 sprungsgruppe [...], die ihre Verhaltensweisen stets im Blick auf die Teilung und Aufteilung der Rechte an einem und demselben Erb-Stück bzw. (Familien)-Eigentum ausbildet", also als Einheit betrachtet werden, in der neben emotionalen Beziehungen auch materielle Interessen eine überaus wichtige Rolle spielten.15 Von grundlegender Bedeutung fur die geschäftliche Zusammenarbeit von Brüdern sowie für das Verhältnis der Brüder zueinander waren die von ihren Vätern vorgegebenen Richtlinien und Bestimmungen. Erhaltene Testamente und Erbverträge von Mitgliedern der Augsburger Kaufmannschaft aus der Mitte des 16. Jahrhunderts zeigen, daß diese ihre Nachkommen aus einer Reihe von Gründen differenziert behandelten. Als Leonhard Sulzer und seine Gattin Ursula Meuting 1532 ein Kodizill verfaßten, in dem sie ihre Söhne, „besonder so sich die Ihres willens befleissen vnd haltten" bei der Verteilung ihrer liegenden Güter gegenüber ihren Töchtern bevorzugten, stand der Gedanke der Erhaltung des männlichen Stamms und des Familiennamens im Mittelpunkt. Die beiden Söhne Leonhard und Hieronymus, die sich „in ihrer Jugent bis hieher vnsers willens gehaltten vnd beflissen, vnd zu Gott verhoffend hinfuro vnser baider lebenlang auch thon, vnd vns kindtliche trewe beweisen werden", erhielten die beiden Augsburger Häuser des Paares zugesprochen. 16 Das 1543 verfaßte Testament des vor allem im Handel mit Bozen reich gewordenen Kaufmanns Pankraz Böcklin sollte der Präambel zufolge „meinen lieben gehorsam wolgethonen Kindern zu wolfart vnd nutz, den anndern aber, zu pillicher straff' dienen. Die Umsetzung dieser Absicht manifestiert sich vor allem darin, daß Böcklin seinem Sohn Christoph eindeutig den Vorzug vor dessen Geschwistern, insbesondere seinen Brüdern Pankraz d.J. und Hieronymus, gab. Christoph Böcklin erhielt zu einem Vorzugspreis das väterliche Haus beim Augsburger Salzstadel zugesprochen und erbte überdies das gesamte Handelsgeschäft seines Vaters „Inn Etsch, teutsch, vnnd welschland". Diese Bevorzugung eines Sohnes begründete Pankraz Böcklin damit, daß „tugent vnnd wolthat nitt vnerkhannt bleyben soll, vnnd sich dann Christoff Böcklin mein lieber sun, Jhe, vnnd alwegen als kindtliche gehorsam vnnd trew, gegen mir geflissen, auch kain muehe noch arbayt gespart hat, mein hanndel vnnd gewerbe, dardurch mir Got der Almechtig reychliche narung beschert, zuerhalten, zuuerrichten vnnd zumehren, vnnd wa es an Ime gewesen, derselb mein hanndel, weyl Ich alters, vnnd schwachayt halb darmit etlich zeyt her nit vmbgeen mögen, schwerlich het erhaltenn mögen werden, das auch die anndern meine zwen Süne, Pangratz vnnd Jheronimus, der ain kain naygung, der annder aber kain geschicklichayt darzu haben."17 15 16 17

Medick/Sabean, S. 34. StAA, StG 176, Kopie von Leonhard Sulzers und Ursula Meutings Kodizill. StAA, StG 40 (unpaginiert); vgl. Häberlein, Familiäre Bindungen, S. 44.

344 Der Großkaufmann und ehemalige Zunftbürgermeister Jakob Herbrot, der wie Pankraz Böcklin, dessen Testamentarier er war, dem weiteren verwandtschaftlichen Umfeld der Weyer zuzurechnen ist, plante seinem um 1557 verfaßten Testament zufolge ursprünglich, daß seine vier Söhne Jakob, Hieronymus, Christoph und Hans das väterliche Handelsgeschäft gemeinsam fortfuhren sollten. Hans Herbrot wurde jedoch „auß schwachait vnd vnvermöglichait" auf eigenen Wunsch aus dem Geschäft entlassen und erhielt seinen Anteil ausbezahlt. Sein Vater schloß ihn deswegen testamentarisch von allen weiteren Ansprüchen an die Firma aus. Ein weiterer Sohn Herbrots, Matthäus, war ebenfalls nicht am Geschäft beteiligt und wurde über seinen Pflichtteil hinaus mit 4.000 fl bedacht. Die Söhne Jakob, Hieronymus und Christoph sollten hingegen alles erben, was ihr Vater nicht vorab als Legat vermacht hatte. Sie hätten sich, so Jakob Herbrot d.Ä., „Jeder zeit gegen mir aler kindtlichen gehorsam, Trew vnd vnnderthenigkait, vnd sonsten gegen einannder, Bruederlicher lieb [?] vnd ainigkaith, zum höchsten beflyssen, Erzaigt vnnd gehalten," insbesondere aber ihrem Vater „zu Verrichtung meins hanndls vnnd Gewerbs, yeder zeit gedrewen, vnverdrossnen beystanndt gethan". Darüber hinaus sei die Bevorzugung der drei Söhne nicht zuletzt auch Ausdruck der „sonndern vatterlichen Annaigung, die Ich zu vnnd gegen Inen hab, vnnd trag". Doch auch zwischen seinen Söhnen nahm Herbrot eine weitere Differenzierung vor. Jakob als der älteste, der dem Handel bereits lange Zeit gedient habe, und Hieronymus, der „mit ansehenlichen Raysen dem Hanndel für anndern genutzt", sollten jeweils vorab 12.000 fl, ihr Bruder Christoph hingegen 3.000 fl als Prälegat erhalten. Das bereits bei Leonhard Sulzer beobachtete Interesse von Mitgliedern der Augsburger Elite an der Erhaltung der männlichen Linie der Familie, die Träger des Familiennamens war, findet auch in Jakob Herbrots Testament ihren Ausdruck in der Bestimmung, daß seine Behausung auf dem Rindermarkt stets im Besitz der „zween ölltissten Hörbrott, meines mannlichen Namens vnd Stammens, von vnnd aus mir" verbleiben sollte.18 Jakob Greiner räumte in seinem 1572 abgefaßten Testament seiner Ehefrau das Recht ein, die von ihm begründete Handelsfirma bis zu ihrem Tode alleine zu leiten. Greiners vier Söhne Hans, Jakob, David und Philipp sollten ihrer Mutter stets „vnderthänig, vnd gehorsam sein, vnd ausserhalb Ires vorwissens, vnd bewilligens, nichzit handien [...], wie sie, nach gottes wort, zu thun schuldig, vnd pflichtig sind." Greiner schränkte also die Verfügungsgewalt seiner Söhne über das väterliche Geschäft auch fur die Zeit nach seinem Tode stark ein, obgleich er seinen Söhnen bescheinigte, sie hätten sich bislang stets „mein, vnd meiner lieben haußfraw als irer Eikern, willens vnd gefallene erzaigt vnd beflißen, auch vnß zu vnserm handl getrew, vnd gehorsam geweßen, den selben vff vnsern beuelch fleyssig gefüert, verricht, vnd vnß die narung treulich gewinnen helffen, vnd 18

StA Lauingen, Nr. 3943.

345 fürthin sich ain sollichs zu thun, gehorsamblich erbotten, wie fromen vnd Ehrlichen Kindern gepürt vnd wol ansthet." Treue, Gehorsam und Unterordnung unter den väterlichen Willen erscheinen als zentrale Kategorien in Greiners Wertesystem. Weiterhin vermachte Jakob Greiner seinen vier Söhnen seine neue Behausung (das ehemalige Haus Hans Jakob Fuggers), doch war er bestrebt, die Besitz- und Nutzungsrechte jedes Sohnes an Wohnräumen, Kellern und Gewölben testamentarisch genauestens zu regeln. In seinem patriarchalischen Bemühen, alle häuslichen und familiären Angelegenheiten auch fur die Zeit nach seinem Ableben in seinem Sinne zu regeln, ging Greiner sogar so weit, eine nächtliche Ausgangsund Schließregelung detailliert festzuschreiben. Es war Greiners „außgetruckter will, vnd beuelh, das die Jenigen, so in vndern gemachten [...] wonen, alle zeytt die schlüßel zu den Rügeischlossen haben, vnd beede thor, alle nacht, zue, vnd morgens widerumben vffsperren sollen, vnd wann der Im Obern gemach, zu nacht auß essen will, oder sonsten vsser dem hauß zu schaffen hett, so soll er es dem Im vndern gemach zuuor allwegen anzaigen, damitt er nit versperrt, vnd wann er haym kumpt, das hauß durch Ine selbs zugeschlossen werden möge [...]."

Falls sich einer der Söhne „vngebürlich Im handel hielte", Unfrieden stiftete oder sich „vnfleyssig vnd vngehorsam erzaigte", drohte ihm Greiner Sanktionen an: „alß dann soll dem selben meinem widerspenstigen Sun, die behausung nach diser Statt gebrauch, vber ain halb Jar auß zu ziehen, abgesagt werden." Den Söhnen war ferner verboten, geliehenes Geld oder Erbgut, das nicht von ihren Eltern stammte, als Hauptgut in das Familienunternehmen einzulegen.19 Als weiteres Beispiel für die Bemühungen von Mitgliedern der Augsburger Großkaufmannschaft, innerfamiliäre Beziehungen zu regeln, sei das Kodizill von Pankraz Böcklins Sohn Christoph, der oben bereits als zeitweiliger Geschäftspartner der Weyer vorgestellt wurde,20 aus dem Jahre 1579 angeführt. Wie für seinen Vater dreieinhalb Jahrzehnte zuvor stellten auch für Christoph Böcklin das Engagement seiner Söhne im Handel, ihre Fähigkeiten und ihr Gehorsam gegenüber dem Vater die Richtlinien für ihre Behandlung dar. Seinen vier Söhnen Christoph, David, Daniel und Tobias vermachte er den väterlichen Handel und befreite sie von der Auflage der Rechnungslegung gegenüber ihren Geschwistern, welche er ausdrücklich von der Beteiligung am Handel ausschloß. Die Söhne, insbesondere die beiden ältesten, hätten dem Erblasser in seinen Geschäften „großen nutz geschafft" und die Firma „nach allem irem vermögen befürdert, vnd in eyn aufhemmen gebracht", wofür sie bislang noch keinen Lohn empfangen hätten. Dafür 19 20

StAA, Spreng VI, Nr. 7. Vgl. Kap. 1.3

346 sprach er nunmehr seinen Söhnen Christoph und David jeweils 6.000, ihren Brüdern Tobias und Daniel je 4.000 fl aus der unverteilten väterlichen Habe im voraus zu. Außerdem sollte David für 3.500 fl Böcklins neue Behausung samt Garten, sein Bruder Christoph das alte Haus seines Vaters erhalten. Sein Sohn Jeremias hingegen, welcher „sich in mehrerley weg, gegen mir vngehorsam, vnd in seinem wesen leichtfertig gehalten, vnd mich in mehrerley weg zum höchsten betrüebt" habe, hatte durch sein Verhalten alle Ansprüche an das väterliche Geschäft verwirkt. Die differenzierte Behandlung, die er seinen Nachkommen widerfahren ließ, brachte Christoph Böcklin schließlich auch darin zum Ausdruck, daß er es in das Ermessen seiner Testamentarier stellte, den jüngeren Söhnen Tobias und Daniel ihren Vorausanteil wieder zu entziehen, falls diese sich „nicht der maßen, wie biß anher halten, sonder vngebürliche Sachen fürnemmen wolten".21 Ein Jahr später vermachte der Kaufmann Hans Ammann d.Ä., der vor allem im Handel mit Oberitalien tätig war,22 einen Großteil seiner Habe seinen beiden Söhnen Hans und Georg, während er seine Töchter lediglich mit dem Pflichtteil bedachte. Diese unterschiedliche Behandlung seiner Nachkommen begründete Ammann ganz ähnlich wie Christoph Böcklin damit, daß seine Söhne „mir zu meinem handel getrewen beystand erzaigt, auch mit irer müe vnd arbait, mir das meinig hertigklich erobern vnd gewinnen helffen". Auch Ammann machte also ein „Leistungsprinzip" geltend, das es in seinen Augen rechtfertigte, seine männlichen Nachkommen auf diese Weise zu belohnen.23 Überblickt man die testamentarischen Verfugungen von Kaufleuten wie Leonhard Sulzer, Pankraz und Christoph Böcklin, Jakob Herbrot, Jakob Greiner und Hans Ammann, so zeigt sich einerseits das breite Spektrum an Strategien, über welche Mitglieder der wirtschaftlichen Elite Augsburgs versuchten, innerfamiliäre Beziehungen zu regeln, und das von der einseitigen Bevorzugung eines Sohnes, wie sie bei Pankraz Böcklin deutlich wird, über ein abgestuftes System der Belohnung und Sanktionierung bis hin zur völligen Gleichbehandlung aller Nachkommen reichte. Andererseits werden jedoch auch gemeinsame Merkmale und Überzeugungen deutlich. So zeigten die Erblasser zumeist ein ausgeprägtes Interesse an der Fortfuhrung des Familiennamens und des Handelsgeschäfts. Das Familienunternehmen und der familiäre „Stamm" wurden als transpersonale Kontinuitätsträger angesehen, denen individuelle Interessen untergeordnet werden sollten. Die hohe Bedeutung, die der Kontinuität des Familienstamms und der Familienfirma beigemessen wurde, ist auch für so herausragende Repräsentanten der Augsburger Kaufmannschaft wie Bartholomäus Welser, Hans Baumgartner und vor allem Jakob und Anton Fugger bezeugt.24

21 22 23 24

StAA, Spreng XX, Nr. 14. StAA, Spreng III, Nr. 38; Spreng VII, Nr. 69. StAA, Spreng XXIII, Nr. 105. Vgl. Simnacher, S. 68-74.

347 Weiterhin manifestiert sich in den Testamenten ein gemeinsamer Wertekanon, der auf den Prinzipien „Patriarchalismus"25 und „Leistung" beruht. Wesentliche Elemente dieses Kanons sind Treue, Gehorsam und Unterordnung unter den väterlichen Willen einerseits, kaufmännisches Geschick, Einsatz für die Firma und die Bereitschaft, schwierige Aufgaben zu übernehmen, andererseits. Der hier zutage tretende ausgeprägte Patriarchalismus der Augsburger Kaufleute, ihre starke Neigung, die Verhaltensweisen ihrer Kinder bis weit ins Erwachsenenalter hinein zu kontrollieren und zu sanktionieren, stand in einem ständigen latenten Spannungsverhältnis zu der Notwendigkeit, ihre Söhne zur Ausbildung in fremde Länder zu schicken und ihnen damit zwangsläufig ein gewisses Maß an Autonomie einzuräumen. Besonders anschaulich wird dieses Spannungsverhältnis in den autobiographischen Aufzeichnungen von Hans und David Weyers Vetter Melchior Linck. Über weite Strecken erweckt Lincks Schilderung den Eindruck, als hätte sein Vater Ulrich jeden Schritt im Leben seines Sohnes vorausgeplant und gesteuert. Nachdem er bis zu seinem elften Lebensjahr „mit allem väterlichenn vnnd Muetterlichen fleis" erzogen wurde, besuchte er zwei Augsburger Lateinschulen, ehe er 1542, nunmehr 13 Jahre alt, zum Studium nach Tübingen und im folgenden Jahr nach Padua geschickt wurde. In Padua erkrankte Melchior Linck schwer und sehnte sich „nach den gueten gesunden lufften" in Deutschland zurück. „Aber mein geliebter herr vnd vatter", so berichtet Melchior Linck, „der vermercket soliche mein stilschweigend begeren zeitlich vnnd bald. Der schrib mir zu offtermalen wie es Inn teutschland des Schmalkaldischen kriegs halben so vbel vnd gefarlich stuende, also das ain gedancken den andern mit stillschweigen vberwunden". Nach seiner Rückkehr nach Augsburg im Jahre 1548 legte sein Vater Melchiors gesamtes Vermögen sowie sein künftiges Heirats- und Erbgut in die HaugLangnauer-Linck-Gesellschaft ein. Über Frankfurt und Köln wurde Melchior nach Antwerpen geschickt, wo er eineinhalb Jahre lang in der Faktorei der Firma arbeitete. 1550 wurde er von seinem Vater nach Augsburg zurückgerufen, aber bereits kurze Zeit darauf zum Spracherwerb nach Genf und anschließend nach Lyon geschickt. Nach Abschluß seiner Lyoner Lehrzeit bereiste Melchior Linck mit ausdrücklicher Erlaubnis seines Vaters den Süden Frankreichs, ehe er im März 1551 nach Augsburg zurückkehrte. Von 1551 bis 1553 war Melchior wiederum für die Haug-Langnauer-Linck in Frankfurt, Venedig und Nürnberg tätig, ehe ihm 1553, im Alter von 24 Jahren, Matthäus Manlichs Tochter Anna Maria "von meinem geliebten herren vattern [...] versprochen wordenn."26 Trotz Melchiors fast kontinuierlicher Abwesenheit von Augsburg seit seinem 14. Lebensjahr gelang es also seinem Vater, auf alle wesentlichen Lebensphasen des Sohnes entscheidenden Einfluß zu nehmen. Dazu setzte Ulrich Linck sowohl 25 26

Zum Begriff vgl. Münch, Lebensformen, S. 297-302. StBA, 2° Cod. Aug. 489, fol. 42 r -44 v .

348 finanzielle Mittel - er legte das gesamte Vermögen des Sohnes in der von ihm mitgeleiteten Firma an - als auch soziale Beziehungen ein. Melchior Linck unternahm fast alle größeren Reisen zusammen mit Verwandten, Mitarbeitern der Haug-Langnauer-Linck oder Geschäftspartnern des Vaters. So studierte er in Tübingen zusammen mit Ludwig Langnauer, reiste nach Padua gemeinsam mit Karl Neidhart, trat die Rückreise aus Italien 1548 mit dem Haug-Schwiegersohn Jos Schorer an, ritt 1550 mit seinem Schwager Hans Langnauer von Antwerpen nach Augsburg, und wurde auf seiner Bildungsreise durch Südfrankreich von Wilhelm Sitzinger begleitet. Nach seiner Ankunft in Lyon 1550 war Melchior Linck „vier wochenn bei den Weyernn inn irer Burß:"27 Zudem ist es höchst wahrscheinlich, daß Ulrich Linck mit den Kostherren und Lehrmeistern seines Sohnes und mit den Leitern der Faktoreien, in denen Melchior arbeitete, in ständigem brieflichen Kontakt stand, und daß er, wie dies für andere Augsburger Kaufleute des 16. Jahrhunderts belegt ist, seinen Sohn mit ausfuhrlichen Instruktionen und Verhaltensregeln fur die Zeit seiner Abwesenheit versah.28 Andererseits ist Melchior Lincks Lebensbericht aber auch zu entnehmen, daß ihm seine Abwesenheit von Augsburg immer wieder Freiräume verschaffte, die er zu nutzen verstand. So berichtet er stolz, daß er 1549 als 20jähriger von Antwerpen nach Calais ritt, um dort fur die Haug-Langnauer-Linck englische Wolle einzukaufen, und dabei gute Geschäfte machte.29 Noch instruktiver ist sein Bericht über die Reise nach Lyon, die er 1550 in Begleitung seines Vetters Dominikus Weyer, Konrad Vöhlins und Christoph Freyhaimers unternahm. Während dieser Reise nahmen die vier angehenden Kaufleute eine satirische Rollenaufteilung vor. Weyer fungierte als „Scholderer, der must mit wurffei vnd karten gerast sein", Freyhaimer als Keller und Vöhlin als Küchenmeister, während Linck selbst das „Amt" eines Kämmerers versah: „wie mir meine gesellen mit Kurtz weil, essen vnd trincken dieneten, das Ich Inen mit gutten Betten vnd Ligerstatten, sampt was dartzu gehörig, auch dienen sol."30 Das Rollenspiel der Augsburger Kaufmannssöhne kann sowohl als Beispiel fur die Existenz einer spezifischen „Jugendkultur" in der Oberschicht oberdeutscher Städte als auch als Indiz fur eine - wenn auch spielerische und temporäre - Auflehnung der jungen Männer gegen den ausgeprägten Patriarchalismus ihrer Väter gewertet werden. Das bereits mehrfach angedeutete Spannungsverhältnis zwischen den patriarchalischen Ansprüchen der Väter und dem Autonomiestreben der Söhne, das sich etwa in Christoph Böcklins Invektiven gegen seinen ungehorsamen Sohn Jeremias niederschlug, findet seinen extremsten Ausdruck in einer ganzen Reihe von Fäl27 28

29 30

Ebd. Vgl. die Memoranden Leo Ravensburgers für seinen Sohn Christoph und Anton Hörmanns für seinen Enkel Anton Christoph: Beyschlag, S. 297-299; Brunner, Aus dem Bildungsgange, S. 146-149, 169-172. StBA, 2° Cod. Aug. 489, fol. 43r. Ebd., fol. 44r.

349 len, in denen Patrizier- und Kaufmannssöhne offen gegen familiäre Autoritätsstrukturen und ständische Konventionen rebellierten. Der Patriziersohn Hieronymus Langenmantel mußte 1538 in einer Urfehde erklären, daß er die „väterliche" Strafe, die der Augsburger Rat wegen seines Lebenswandels gegen ihn verhängte, dankbar annahm; Langenmantel nahm dabei bezeichnenderweise auf das Gleichnis vom verlorenen Sohn Bezug.31 Bartholomäus Welser verwies Ende der 1530er Jahre seinen gleichnamigen Sohn wegen seiner „liederlich furgenommen hendel" auf eine untergeordnete Stellung in seiner Handelsfirma und schickte ihn über Lyon nach Antwerpen. Außerdem verbot er, ihm über seine „noturft" hinaus Geld vorzustrecken, und erklärte, daß er künftig für die Schulden seines Sohnes nicht mehr aufkommen werde. Bartholomäus der Jüngere widersetzte sich jedoch, wie aus einem Gutachten von Welsers Vetter Konrad Peutinger hervorgeht, beharrlich den väterlichen Anweisungen: „Item er ist von Lion aus nit stracks in das Niderlandt gezogen, sonder in der cron Franckreichs umbgeschwaift und jetzo zu Paris lange zeit beliben ligen. Item er hat fur sich selbs und auch in namen gedachter geselschaft, doch on ir wissen willen und bevelh merck anzall gelts aufgebracht, das zu sein handen genomen, und unnutzlich verschwendt, wie er auch noch thut. Item er beharret noch in der ungehorsam wider sein vater und sein selbs eher, seel, leib und gut zu verderben."32 Hans Baumgartners Sohn Anton, der nach Ansicht des Onkels seiner Frau Regina Honold, Christoph von Stetten, ein „grosser Vnflat, Eebrecher mit Hurerey vnd anderen vngeschickten Sachen" war,33 wurde 1543 nach wiederholtem Ehebruch vom Augsburger Rat mit einer hohen Strafe belegt und von seinem Vater wegen seines verschwenderischen Lebenswandels und seiner Mißachtung der väterlichen Autorität von der geschäftlichen Nachfolge ausgeschlossen. Anfang 1544 verzichtete Anton Baumgartner gegen ein jährliches Leibgeding sogar auf alle Ansprüche an sein väterliches oder mütterliches Erbgut. 34 Im Jahre 1547 beschloß der Rat, daß dem neun Jahre zuvor ins Patriziat erhobenen Stadtarzt Dr. Ambrosius Jung „zu seins Sons Züchtigung und venngklicher Verhaftung ain thurm soll vergondt werden", und 1556 wurde gegen den jüngeren Ambrosius Jung erneut eine vierwöchige Turmstrafe verhängt. 35 Lukas Rehlinger, ein Sohn des Augsburger Bürgermeisters Leonhard Christoph Rehlinger, wurde 1561 kurz31 32 33 34

35

Roper, Ödipus, S. 265, Anm. 43. Lutz, Peutinger, S. 304-305. Hämmerle, Geschlechterbuch, S. 83. Krag, S. 103-105; Müller, Quellen, S. 44-48 (Nr. 67-69); Jeannin, marchands, S. 150-151; Roper, Holy Household, S. 125-126. Fleischmann, S. 39.

350 zeitig inhaftiert, weil er auf der Hochzeitsfeier David Höchstetters zwei Verwandte „schmählich angetastet" und einen von ihnen bedroht hatte. Knapp eineinhalb Jahrzehnte später wurde er auf den dringenden Wunsch seines Vaters hin wegen seines unberechenbaren Verhaltens, das sich zuletzt sogar in Mordanschlägen auf seinen Vater manifestierte, in permanente Verwahrung genommen.36 In der Zusammenschau zeigt sich, daß die Fälle dieser „mißratenen" Kaufmannsund Patriziersöhne stets einem ähnlichen Grundmuster folgten: Verweigerung gegenüber der väterlichen Autorität und Leistungserwartungen, Geldverschwendung, sexuelle Promiskuität und gelegentliche Ausbrüche von Gewalttätigkeit. War der persönliche und berufliche Werdegang Augsburger Großkaufleute somit durch ein hohes Maß an väterlicher Kontrolle einerseits, die frühzeitige Erziehung zu autonomem Handeln und selbständigen Entscheidungen andererseits gekennzeichnet, so war das Verhältnis zwischen Brüdern nach dem Tod des Vaters ebenfalls durch eine komplexe Kombination von Abhängigkeiten, Rechten, Pflichten und emotionalen Bindungen geprägt. Nur wenige Kaufleute begünstigten so einseitig einen ihrer Söhne gegenüber den übrigen Nachkommen, wie dies Pankraz Böcklin tat. Aber auch in Handelsgesellschaften, die von zwei oder mehreren Brüdern gemeinsam gefuhrt wurden, bildeten sich in der Regel ausgeprägte Hierarchien, Macht- und Kräfteverhältnisse heraus. Der Gesellschaftsvertrag der Brüder Christoph, David, Leonhard und Anton Manlich läßt beispielsweise in mehreren seiner Bestimmungen eine Hierarchie unter den Geschwistern erkennen. So wird die Kapitaleinlage Leonhard Manlichs auf 5.000 fl, die seiner Brüder Anton und David auf 2.000 fl festgeschrieben. Antons und Davids Einlagen sollten ebenfalls auf 5.000 fl erhöht werden, sobald sie sich verheirateten. Christophs Einlage blieb hingegen unbeziffert: er „soll ligen mit seinem ganntzen haubtgut wie stat uff seinem conto im gehaimb buch".37 Weiterhin legte der Vertrag fest, daß im Falle von Christophs Tod die drei jüngeren Brüder gemeinsam binnen sechs Monaten eine Hauptrechnung erstellen sollten, während im Falle des Todes der jüngeren Brüder Christoph allein die Hauptrechnung erstellen sollte; die Erben der Brüder sollten „seinen Worten hierinn trauen unnd gelauben geben on alle weittere bewernuß". Schließlich war auch allein für die Söhne Christophs die Möglichkeit vorgesehen, nach dem Tod des Vaters in den Handel einzutreten - ein Umstand, der allerdings darauf zurückzufuhren ist, daß allein Christoph zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses männliche Nachkommen hatte. Seine Brüder sollten sich gegenüber seinen Söhnen „(wie frundten gebuert) als ich gegen Inen auch gethan hab, halten, wie dann mein vertrauen zu gemelten meinen bruedern stet." Auf eine Gleichrangigkeit der Brüder

36 37

Chroniken, Bd. 33, S. 114-115, Anm. 3. Lutz, Struktur, Bd. 2, S. 1 3 3 M 3 4 ' .

351 deutet andererseits die Tatsache hin, daß jeder der Brüder ein Alleinvertretungsrecht hatte.38 Der emotionale Gehalt von Geschwisterbeziehungen wird insbesondere in den Testamenten von kinderlosen Mitgliedern der Augsburger Kaufmannschaft deutlich, in denen die Vergabe von Erbteilen und Legaten an Geschwister häufig mit einer besonders engen affektiven Beziehung begründet wurde. Christoph Rehlingers Witwe Maria Meuting beispielsweise legierte 1586 ihrem Bruder Anton Meuting 800 fl „in ansehung aller bruederlicher trew, vnd beystandt, so er mir biß daher in meinen sachen vnd geschefften erzaigt, vnd sich dasselbig noch weiter zuthon, gutwillig erboten."39 Der aus Burgund stammende Handelsmann Peter Segin, der 1568 Mitglied der Augsburger Kaufleutestube geworden war,40 bestätigte in seinem 1578 abgefaßten Testament zwar seine Frau Barbara Hierlinger im Besitz ihres Heirats- und Erbguts und vermachte ihr außerdem sein Silbergeschirr und einige Schmuckstücke; als Erben seiner gesamten übrigen Habe setzte er jedoch seine vier im burgundischen St. Victor-sur-Husse ansässigen Brüder bzw. deren Nachkommen ein.41 Eine Besonderheit stellt schließlich das Testament von Anton und Sebastian Schwindenbach aus dem Jahre 1580 dar.42 Die beiden Söhne des vor allem im Italienhandel tätigen Kaufmanns Georg Christoph Schwindenbach43 setzten sich in einem gemeinsam verfaßten letzten Willen gegenseitig als Universalerben ein. Die Brüder begründeten diese Verfugung mit ihrer „gegen einander tragende[n] brüederliche[n] Affection, lieb vnnd naigung". Sie hätten „die täg vnnsers zeitlichen lebens biß hieher, Inn guettem brüederlichem verstannd mit einannder zu vnd hingebracht" und wollten dies „ob Gott will, biß Inn vnnser grueb brüederlich continuirn [...]." Geschwisterbeziehungen in der Augsburger Kaufmannschaft waren also durch ein Bündel teilweise gegensätzlicher Faktoren bestimmt: emotionalen Bindungen, die in Wendungen wie „brüderliche Liebe" und „väterliche Neigung" zum Ausdruck kommen, standen konkurrierende Ansprüche auf ein gemeinsames Erbteil, 38 39 40 41 42 43

Ebd., S. 134M35'; Seibold, S. 87-88. StAA, Spreng XXXIV, Nr. 6. IHK, Kaufleutestube, fol. 50. StAA, Spreng XIX, Nr. 78. StAA, Spreng XXII, Nr. 63. Schwindenbach wickelte in den Jahren 1554/55 mehrere venezianische Wechselgeschäfte mit den Haug-Langnauer-Linck, Markus Ulstett und Anton Weiß ab (Blendinger, Unterkaufbücher, S. 143, 149, 160, 186, 188, 353, 361) und lieh 1555 Jakob Herbrot 2.000 fl (ebd., S. 167, 322). Zwischen 1560 und 1564 erscheint er mit Beträgen zwischen 500 und 2.061 Dukaten unter den venezianischen Schuldnern der Haug-Langnauer-Linck (StAA, KuH, Nr. 6, fol. 145, 172, 202; Schätze, Nr. 62, fol. 17). 1569 sind geschäftliche Verbindungen nach Vicenza nachweisbar (StAA, Spreng III, Nr. 38). In den Jahren 1575 und 1577 erteilte Schwindenbach seinem Sohn Anton Handelsvollmachten für Venedig (StAA, Spreng XIII, Nr. 77; Spreng XVII, Nr. 56). 1579 mußte er seinen Besitz an Anton Bimmel und Hans Anton von Muggenthal verpfänden (StAA, Spreng XX, Nr. 6 1/2).

352 geschäftliche Zusammenarbeit und familiäre Solidarität einem von den Akteuren klar erkannten und formulierten „Leistungsprinzip" gegenüber, das denjenigen Brüdern, die sich durch besonderen „Fleiß" und Geschäftssinn auszeichneten, auch besondere Rechte einräumte. Anhand von drei „persönlichen" Dokumenten des Briefwechsels des Nürnbergers Paul Behaim und der autobiographischen Aufzeichnungen der Augsburger Lukas Rem und Christoph von Stetten - läßt sich das Ineinandergreifen dieser Faktoren besonders gut verdeutlichen. Im Jahre 1540 ersuchte der Nürnberger Patriziersohn Hans Behaim seinen in Antwerpen weilenden „freundlichen, lieben bruder" Paul, ihm in der niederländischen Handelsmetropole eine Lehrstelle zu besorgen. Hans räumte selbst ein, daß er sich bislang als wenig tauglich für eine Handelstätigkeit - oder überhaupt fur irgendeine eigenverantwortliche Tätigkeit - erwiesen hatte. Dennoch versuchte er seinen Bruder in die Pflicht zu nehmen, ihm zu helfen, „das ich nicht so gar aller weit (all hie zu Nürenberg) gespot werde, denn unsere vettern, sonderlich Gabriel Imhoff, die denken oder drachten gar nit, mich zu etwas zu ziehen, wiewol sie solichs unbillich gegen mir thun, dieweil sie meine vormünde sind, geschweig unsere geblüte freund."44 Auch wenn die weitere Verwandtschaft - die „geblüte freund" - ihre Unterstützung versagte, so zählte Hans Behaim doch auf die Hilfe seines unmittelbaren familiären Umfelds, insbesondere seines in Handelsgeschäften wesentlich geschickteren Bruders. Sein Vetter Michael Behaim warnte Paul im Dezember 1540 eindringlich vor den Schwierigkeiten, die die Unterbringung und Versorgung seines offensichtlich zu allen Geschäften ungeeigneten Bruders bereiten würde: „Nun waist du aber zu gueter mas wol, was er laider fur ein gesel ist, dene man echt schwerlich zu dapfern hendeln wird können prauchen und nit wol one kostgelt wird können unterpringen." Zudem war die Mutter der Behaim-Brüder offenbar nicht bereit, Geld für eine Verschickung von Hans ins Ausland herauszurücken. Gleichzeitig hielt es Michael Behaim jedoch, gerade auch im Interesse der Geschwister, für unumgänglich, daß Hans Nürnberg verließe und eine Ausbildung in einer anderen Stadt erhielte: „Dan pedenk selbst, was auf die letzt also daraus werden würde; er solt [sollte] wol dir und all deinen geschwistrigt noch einmal zu schaffen genug geben, wan er also in dem eignen willen und daheimen erwuechs."45 In Lukas Rems Darstellung seines Verhältnisses zu seinen Brüdern Andreas (Endris) und Hans offenbart sich in aller Deutlichkeit, wie eng emotionale und ökonomische Aspekte in Geschwisterbeziehungen miteinander verknüpft waren. Fast durchgängig reflektiert Rem sein Verhältnis zu seinen Brüdern vor dem Hintergrund seiner geschäftlichen Aktivitäten - zunächst als Faktor der Welser-Vöhlin-Firma, dann als Mitinhaber einer eigenen Handelsgesellschaft. Dabei spielte

44 45

Bruchhäuser, S. 65-66. Ebd., S. 66-67.

353 Rems Einschätzung der geschäftlichen Kompetenzen seiner Brüder eine zentrale Rolle. Hans Rem war wie sein Bruder Lukas in den ersten beiden Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts als Faktor der Welser tätig. Während eines gemeinsamen Aufenthaltes in Portugal im Jahre 1509 arbeiteten die Brüder offenbar eng zusammen: „tatt und handlet", berichtet Lukas Rem in seinen Aufzeichnungen, „anordnet mit meim brueder Hans, der unser Oberster in Lixbona was, boest Ichs verstund."46 In den folgenden Jahren trugen Lukas' Bemühungen, die Ablösung seines Bruders von seinem portugiesischen Posten, der offenbar innerhalb des Faktoreiensystems der Welser-Vöhlin besonders unbeliebt war, zu erwirken, erheblich zur Verschärfung des Konflikts zwischen Lukas Rem und seinen Arbeitgebern bei. Als Lukas 1511 erfuhr, daß die Welser beabsichtigten, seinen Bruder Hans nach den Kanarischen Inseln zu entsenden, w o sie Zuckerplantagen erworben hatten, leistete er vehementen Widerstand: „Daruber verluof sich ungeschaf, unfraintlich, wild Schriften zwischen mir und der Compa. Doch ich errott In, und kam heraus."47 Nach Ablauf seines Dienstvertrags mit den Welsern trug sich Lukas Rem 1514 mit dem Gedanken, zusammen mit seinem entfernten Vetter Bartholomäus Rem eine eigene Handelsgesellschaft zu gründen. Daß dieses Projekt nicht zustande kam, lag Lukas Rems Aufzeichnungen zufolge einerseits am Zögern seines Vetters, andererseits aber daran, daß sein Bruder Andreas erneut eine Verpflichtung gegenüber den Welser-Vöhlin eingegangen war: „Aber mein bruoder Endris het sich leichfertig bereden laussen, tat unrechtlich an uns."48 A l s es 1517 schließlich zum Bruch zwischen Lukas Rem und seinen Arbeitgebern kam, weil Bartholomäus Welser und einige Mitgesellschafter angeblich die Generalrechnung der Firma zu ihren Gunsten manipuliert hatten, hatte Rem seinen eigenen Angaben zufolge große Schwierigkeiten, auch die Auslösung seiner Brüder aus der Gesellschaft zu erreichen, und mußte dafür erhebliche finanzielle Einbußen in Kauf nehmen.49 Das Motiv der Unterordnung seiner eigenen Interessen unter die Loyalität zu seinen Brüdern, das sich durch Lukas Rems ganze Schrift zieht, spielt auch in der Darstellung der Geschichte der 1518 gegründeten Handelsfirma der Gebrüder Rem eine wichtige Rolle. Bereits in dem Firmennamen „Endris Rem und geselschaft" kam nach Lukas Rems Interpretation zum Ausdruck, daß es ihm nicht primär um seinen eigenen Ruhm und Vorteil, sondern vielmehr um den Nutzen seiner ganzen Familie gegangen sei, dem Lukas Rem - der sich fraglos für den fähigsten Kaufmann der Familie hielt - seine persönlichen Interessen unterord46

Greiff, S. 14. Hinweise auf das Verhältnis Lukas Rems zu seinen Brüdern bei Maschke, Familie, S. 19, 44.

47

G r e i f f , S. 16-17.

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Ebd., S. 17-18.

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Ebd., S. 19-20: „Dan alweg j e und j e nam ich mich bruoder Hans hocher geflisner, dan mein selb Sachen an [...]"

354 nete. Aufgrund „meyner brieder ungnuogsame, clainer Erfarnus, kainer geschafft kentnus, noch grund der hendel" sah sich Rem vorgeblich dazu veranlaßt, mit Ulrich Honold und Georg Meuting noch zwei weitere Teilhaber in die Gesellschaft aufzunehmen. 50 Rems Behauptung, daß seine Brüder in geschäftlichen Dingen völlig unerfahren gewesen seien und vom Handel keine Ahnung gehabt hätten, nimmt sich vor dem Hintergrund der Tatsache, daß Hans Rem ein Jahrzehnt zuvor bereits die wichtige Welser-Faktorei in Lissabon geleitet hatte, allerdings recht merkwürdig aus. In seinen Aufzeichnungen fährt Rem fort, seine eigene Uneigennützigkeit - „daz ich mein aigen Eer minder, Nutz noch fuog nie betrachten noch bedenken hab wollen" seine kaufmännische Kompetenz und seine aufopferungsvolle Arbeit für das gemeinsame Unternehmen mit der Unfähigkeit, Nachlässigkeit und Undankbarkeit seiner Brüder zu kontrastieren.51 Nach dem sukzessiven Ausscheiden seiner Teilhaber konnte Rem seit 1537 schließlich mit spürbarer Genugtuung von „meim selb aigen handel der jetz mein alain ist" schreiben. 52 Christoph von Stetten, der seinen Vater 1525 als 19jähriger verlor, räumte in dem von ihm angelegten Geschlechterbuch den Beziehungen zu seinen Brüdern ebenfalls breiten Raum ein. Insbesondere im Jahrzehnt zwischen seiner Reise von Augsburg nach Antwerpen 1522 und seiner Heirat 1532 nahmen seine Brüder Lukas und Georg auf Christophs wichtigste Lebensentscheidungen offenbar maßgeblichen Einfluß. So vermittelte ihn sein „lieber Bruder" Lukas 1522 an einen Dienstherrn in Lille und hielt ihn beständig dazu an, die französische Sprache zu erlernen. Falls sich Christoph als tauglich erwies, wollte sein Bruder ihn „zw Grossem prauchen." 53 Allerdings läßt Christoph von Stetten in seinen Aufzeichnungen auch durchblicken, daß es ihm bei seinem Dienstherren ziemlich schlecht erging und die Wahl seines Bruders demnach keine allzu glückliche war. Nach Christophs Rückkehr von Lille nach Antwerpen im Jahre 1523 übertrug ihm sein Bruder Lukas, der in der Scheidestadt als Faktor der Gesellschaft Christoph Herwärts tätig war, zunächst die Buchhaltung und Kassenfuhrung der Faktorei und erreichte schließlich, daß Herwart ihn für acht Jahre als Diener anstellte.54 Auch auf Christoph von Stettens Wahl einer Ehepartnerin versuchten seine Brüder Einfluß zu nehmen. Als der reiche Großkaufmann und Bürgermeister Anton Bimmel 55 um 1527 signalisierte, daß er geneigt wäre, seine Tochter Anna dem Antwerpener Faktor der Herwart-Gesellschaft zur Frau zu geben, schrieben ihm seine Brüder und rieten ihm, er „solts kains weg abschlagen". Als Christoph von Stetten dennoch ablehnte, zeigten sich seine Brüder überaus unzufrieden, und vor allem Lukas bemühte sich offenbar nach Kräften, Christoph zu der Heirat mit 50 51 52 53 54 55

Ebd., S. 31-32. Ebd., S. 32-33. Ebd., S. 41. Hämmerle, Geschlechterbuch, S. 51-52. Ebd., S. 53. Vgl. zu ihm Kap. 1.1.

355 Anton Bimmels Tochter zu bewegen: „gab mir nun zw fil Essen, Drincken, des ich nit gewondt hett". Aber auch die Gastfreundschaft, die ihm sein Bruder während eines vierwöchigen Aufenthalts in seinem Augsburger Haus erwies, vermochte Christoph nicht umzustimmen. 56 Als Christoph von Stetten einige Zeit später von Vorbereitungen für eine Eheanbahnung zwischen ihm und einer Tochter des Augsburger Patriziers und Ratskonsulenten Dr. Hans Rehlinger erfuhr, vermutete er, daß wiederum sein Bruder Lukas die Hand mit im Spiel hatte.57 Der Austritt Lukas von Stettens aus der Gesellschaft Christoph Herwärts nach dem Tod des Firmengründers im Jahre 1529 war für seinen Bruder Christoph nach dessen eigener Auffassung mit erheblichen Nachteilen verbunden, denn „wan er lenger darpey bliben, wer ich zwletst an seiner Statt antretten". 58 Die Hoffnung Christoph von Stettens, anstatt seines Bruders als Teilhaber in die Gesellschaft Herwärts aufgenommen zu werden, war offenbar nicht ganz unbegründet, denn Lukas von Stetten war seinerseits als Nachfolger seines älteren Bruders Georg als Gesellschafter angenommen worden. 59 In der Charakterisierung seiner Brüder Georg und Lukas hob Christoph von Stetten vor allem deren positive Charaktereigenschaften - Georgs asketische Grundhaltung, seine Intelligenz und Belesenheit, Lukas' Fleiß und Freigiebigkeit - hervor.60 Über seinen ältesten Bruder Georg urteilte er, dieser sei stets „allen Gschwistergott nit allain Bruder, sonder ain Vater, guter Vorsteer" gewesen.61 Die unglücklich verlaufende Ehe Lukas von Stettens mit Regina Gassner schilderte Christoph von Stetten mit spürbarer Anteilnahme am Schicksal des Bruders; zugleich betonte er aber auch, daß Lukas' Tod für ihn mit beträchtlichen materiellen Verlusten verbunden gewesen sei, weil dessen Witwe die ganze Habe ihres verstorbenen Mannes an sich gezogen und danach verpraßt habe. Insbesondere verlieh Christoph von Stetten seinem Bedauern darüber Ausdruck, daß ihm nach dem Tod des Bruders der Zugang zu dessen stattlicher Bibliothek verwehrt worden sei, obwohl ihm eine Reihe der darin befindlichen Bücher selbst gehört hätten, „also das ich meines Bruders, meiner getruye Dienst nicht gwertig, ibel belondt bin worden [,..]."62 Die Beispiele der Behaim, Rem und von Stetten demonstrieren, wie eng Emotionen und materielle Interessen in der zeitgenössischen Wahrnehmung von Geschwisterbeziehungen in der oberdeutschen Kaufmannschaft miteinander verflochten waren. Paul Behaim, Lukas Rem und Christoph von Stetten waren sich des hohen Stellenwerts und des reziproken Charakters der Beziehung zwischen 56 57 58 59 60 61 62

Hämmerle, Geschlechterbuch, S. 55-56. Ebd., S. 56. Ebd., S. 72. Ebd., S. 66, 70. Ebd. Ebd., S. 69. Ebd., S. 75.

356 Brüdern bewußt, was sich in einer besonderen Bereitschaft zu Hilfe und Kooperation ausdrückte. Insbesondere bei Paul Behaim und Lukas Rem stand dieser Familiensolidarität ein ausgeprägtes Überlegenheitsgefühl, vor allem in geschäftlichen Belangen, gegenüber, das zu Spannungen und Konflikten mit den weniger talentierten und leistungswilligen Brüdern führte. Gerade die Konflikte zwischen Geschwistern, die vor dem Augsburger Rat oder dem Stadtgericht ausgetragen wurden, vermögen deutlich zu machen, welche Spannungen sich aus dieser Verschränkung familiärer und geschäftlicher Beziehungen und Erwartungen ergeben konnten. In den Jahren 1547/48 mußte sich der Augsburger Rat mit einem heftigen Streit zwischen Christoph Kreß und seinen Brüdern Stephan und Ambrosius beschäftigen, der sich offenbar primär um geschäftliche Belange drehte. Der Rat war bemüht, einen Kompromiß zwischen den Brüdern herbeizufuhren und reagierte empört auf Christoph Kreß' Ankündigung, den Kaiser als Schlichter anzurufen. 63 Obwohl der Rat den Kreß auferlegt hatte, die Sache auf dem Rechtsweg auszutragen, hatte Christoph Kreß „seinen brudern etliche stückh silber Inn ainem Stokh von Landsperg aus biß gen Kauffbeuren empfurt vnnd daselbst vermüntzen lassen" und wurde dafür vom Rat bestraft. 64 Als der aus dem Nürnberger Patriziat stammende Hieronymus Imhof, der nach seiner Heirat mit einer Tochter Bartholomäus Welsers im Jahre 1543 in Augsburg ansässig wurde, und sein weiterhin in Nürnberg wohnhafter Bruder Sebastian um 1560 ihre gemeinsame Handelsgesellschaft auflösten, entspann sich über die Bedingungen und Modalitäten der Liquidierung ein über Jahre hinweg erbittert geführter Streit. Im August 1561 schlossen die Brüder nach Vermittlung ihrer Schwäger Christoph Gering und Konrad Pair den „Donauwörther Vertrag" ab, in dem die strittigen Punkte - die Auszahlung ungekündigter Depositen, der Modus der Endabrechnung und die jeweiligen Ansprüche Sebastian und Hieronymus Imhofs an den Grand Parti mit der französischen Krone - geklärt werden sollten. Doch auch danach zogen sich die Streitigkeiten zwischen den Brüdern noch über mehrere Jahre hin, da Sebastian und Hieronymus Imhof sich gegenseitig vorwarfen, daß sie den Vertrag gebrochen hätten und ihre Rechnungen Mängel aufwiesen. Hieronymus Imhof bemühte sich seit Anfang 1562 um die Vermittlung seines Nürnberger „Vetters" Andreas Imhof als „dem eiltesten vnnssers namens vnd stamen". Obwohl Andreas Imhof nach einem Gespräch mit Sebastian Imhof den Eindruck gewann, daß dieser gegen seinen Bruder Hieronymus „nit änderst genaigtt sey, dan allen brüderlichen freundtlichen willen [...] zu Erhalten, vnd den selben zu suchen", vermochte auch der Familienälteste den Streit zu seiner spür-

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StAA, RP 21/11 (1547), fol. 13r, 14r, 17v. StAA, RP 22/1 (1548), fol. 39 r -39 v ; vgl. RP 23/1 (1549), fol. 20r, 30 v .

357 baren Enttäuschung nicht beizulegen. 65 Die Brüder trugen ihren Streit schließlich vor das Reichskammergericht. 66 Als Hans Georg Baumgartner 1565 zahlungsunfähig wurde, ging sein Bruder Anton, der Ansprüche auf ein unbezahltes Leibgeding anmeldete, besonders rigoros gegen ihn vor und verlangte vom Augsburger Rat, daß Hans Georgs Güter unter Arrest und er selbst in Haft bleiben sollte, bis er sich mit seinem Bruder verglichen habe. Der Rat erlegte Hans Georg Baumgartner am 21. August 1565 auf, seinen Bruder auf den halben Teil einer Summe von 25.000 fl, die Anton zustand, zu versichern. Der Konflikt zwischen den Brüdern beschäftigte den Rat noch über Jahre hinweg auf zahlreichen Sitzungen.67 Ein besonders instruktives Beispiel dafür, wie divergierende ökonomische Interessen sich auf Geschwisterbeziehungen auswirken konnten, stellt der Konflikt zwischen den Brüdern Anton und Ludwig Hörmann dar. Die Lebenswege der beiden Söhne des leitenden Fuggerangestellten Georg Hörmann liefen zunächst lange Zeit parallel. Ludwig Hörmann arbeitete zunächst von etwa 1538 an für das Unternehmen Anton Fuggers in Neapel, von wo er wegen seiner hohen Geldausgaben 1542 von seinem Vater zurückgerufen wurde. 68 1543 heiratete er Anton Haugs und Anna Bimmels Tochter Regina. Sein Bruder Anton 69 ehelichte nach Beendigung seiner Ausbildung, die ihn unter anderem 1534 nach Prag,70 von 1539 bis 1542 nach Lyon71 und 1543 nach Antwerpen führte, 72 im Jahre 1544 Matthäus Manlichs und Walburga Bimmels Tochter Susanna. Die Schwiegerväter der beiden Hörmann-Brüder waren selbst miteinander verschwägert und arbeiteten, wie bereits gezeigt wurde, 73 gerade in den 1540er Jahren geschäftlich eng zusammen. Die Sieglerliste auf den Heiratsbriefen der beiden Brüder ist weitgehend identisch. Auf Seiten Anton und Ludwig Hörmanns bezeugten jeweils ihr Vater Georg, dessen langjähriger Arbeitgeber und Freund Anton Fugger sowie der Ratskonsulent Dr. Konrad Heel den Vertrag, während auf Seiten der Braut in beiden Fällen An-

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Nach StAA, KuH, Nr. 16 (unpaginiert). Bay. HStA München, RKG 6802. Der Augsburger Rat beschäftigte sich noch im Juli 1570 mit dieser Auseinandersetzung; vgl. StAA, RP 37/1 (1570), fol. 30 r . StAA, RP 34/11 (1565), fol. 4 r -4 v . RP 35/1 (1566), fol. Γ , 2V, 4r, 6V, 7V, 13r, 49 r , 50 v , 53 r , 53 v , 54 v , 56 v , 63 v , 70 r , 73 v , 98 r , 106 v ; RP 36/1 (1567/68), fol. 62 r , 66', 70r; RP 36/11 (1569/70), fol. 27 v , 28 r , 29 r , 30 v , 34 r , 41 v , 43 r , 44 r , 45 r , 46 r -46 v , 50 v , 53 r , 59 v -60 r , 62 r , 182r, 183r, 184 v , 185 v , 203 r , 206 v , 209 r ,210 r , 210 v . Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/1, S. 137, 151-152; S. 547-548, Anm. 31 und passim; Kellenbenz, Konto, S. 371. Brunner, Aus dem Bildungsgange, S. 142. Ebd. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/1, S. 187-188; S. 505, Anm. 42; Kellenbenz, Verbindungsplätze, S. 27; ders., Fugger in Spanien und Portugal, Bd. 1, S. 456. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/1, S. 587-588, Anm. 92. Pölnitz zufolge lebte Anton Hörmann in Antwerpen deutlich über seine Verhältnisse. Vgl. oben, Kap. 1.4.

358 ton Haug und Matthäus Manlich gemeinsam siegelten.74 In den folgenden Jahren machten beide Brüder Karriere in den Unternehmen ihrer Schwiegerväter. Ludwig Hörmann gehörte von 1545 bis 1557 der Haug-Langnauer-Linck-Gesellschaft als Teilhaber an,75 während sein Bruder Anton für das Unternehmen Matthäus Manlichs arbeitete und auch finanziell daran beteiligt war. Sein Hauptgut in der Firma belief sich 1547 auf 7.200 fl, die mit zehn Prozent verzinst waren; 1555 betrug Hörmanns Einlage bereits 17.204 fl, die durch eine Aufstockung des Heiratsguts seiner Frau im selben Jahr nochmals um 3.000 fl vermehrt wurden. 76 Nach dem Tod Matthäus Manlichs im Jahre 1559 bildete Anton Hörmann mit seinen Schwägern Felix und Hieronymus Rem, Abraham Katzbeck, Melchior Linck und Georg Sulzer die Gesellschaft „Matthäus Manlich sei. Erben". 77 1550 bürgten Anton und Ludwig Hörmann gemeinsam für ihren Bruder Hans Georg, der wegen häufiger Trunkenheit, Geldverschwendung und Gewalttätigkeit gegen seine Ehefrau mehrere Monate lang in einem der Augsburger Stadttürme inhaftiert worden war,78 und in den Jahren 1554 und 1560 waren beide Brüder unter den Testaments- bzw. Kodizillszeugen Anton Fuggers. 79 Zudem verblieb nach dem Tode Georg Hörmanns 1553 ein großer Teil seines Vermögens in Höhe von 17.700 fl jahrelang unter gemeinsamer Verwaltung seiner vier Söhne Hans Georg, Anton, Ludwig und Christoph. Die Hörmann-Brüder legten dieses Kapital zwischen 1557 und 1565 unter anderem bei der Stadt Nürnberg (9.000 fl im Oktober 1557) und den Handelsgesellschaften von Andreas Ligsalz, Markus Ulstett, Anton und Hans Jakob Fugger an.80 Als im Jahre 1565 die Fugger, die HaugLangnauer-Linck und die Manlich-Katzbeck'schen Erben ihre Tiroler Bergwerksbesitzungen angesichts schwindender Erträge in einem großen Montanunternehmen, der Jenbacher Gesellschaft, konsolidierten,81 dürfte den Hörmann aufgrund

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StAA, Hörmann-Archiv, Regesten 1/5 und 1/6. StAA, KuH, Nr. 5, fol. 101, 134, 140, 177, 195; Nr. 6, fol. 30, 47, 101, 106; Ehrenberg, Bd. 1, S. 231-232. 1547 begleitete Hörmann eine Warenlieferung der Haug nach Antwerpen: Ringling, S. 96. StAA, Hörmann-Archiv 108/176 (Memorialbuch Anton Hörmanns), fol. 13 v -24 v , Dienstverschreibungen und Quittungen 1547-1559. Vgl. Brunner, Aus dem Bildungsgange, S. 142. StAA, Spreng XII, Nr. 17. Chroniken, Bd. 32, S. 239-240, Anm. 3. Preysing, S. 142, 157. StAA, Hörmann-Archiv 108/176 (Memorialbuch Anton Hörmanns), fol. 28 r -37 v . Die gemeinsame Verwaltung des väterlichen Vermögens hing wohl damit zusammen, daß Christoph Hörmann für das Unternehmen der Fugger in Spanien arbeitete und nicht zu einer Erbteilung nach Augsburg kommen konnte. Siehe zu ihm Kellenbenz, Fugger in Spanien und Portugal, passim (vgl. Bd. 2, Register). Grundlegend zur Jenbacher Gesellschaft ist Scheuermann, bes. S. 145-167, 204-205, 211217, 422-431; vgl. außerdem Kellenbenz, Kapitalverflechtung, S. 40-41; ders., Tiroler Bergbau, S. 213-214; ders., Wirtschaftsleben, S. 283.

359 ihrer engen Beziehungen zu allen drei Firmengruppen eine wichtige Mittlerrolle zugekommen sein. Gerade der Zusammenschluß der Erben Matthäus Manlichs mit den HaugLangnauer-Linck in der Jenbacher Gesellschaft bildete jedoch den Hintergrund, vor dem sich das Zerwürfnis zwischen Anton und Ludwig Hörmann vollzog. Als die Haug 1574 ihre Zahlungen einstellen mußten, hatten die Manlich-Katzbeck'schen Erben hohe Forderungen an die bankrotte Firma, die aus den Tiroler Montanunternehmungen herrührten. Anton Hörmann und seine Mitgesellschafter drängten daher die Augsburger Behörden zu einem harten Vorgehen gegen die Teilhaber der Haug-Langnauer-Linck, während sein Bruder Ludwig als Mitglied des Gläubigerausschusses der Haug sich um eine einvernehmliche Beilegung der Krise bemühte. Angesichts der kompromißlosen Haltung seines Bruders nahm Ludwig Hörmann während des Konkursverfahrens zu einem biblischen Vergleich Zuflucht: „Ich hätt mich solches von meinem Bruder Anton auch nicht versehen, aber es muß die Schrift erfüllet werden, daß ein Bruder wider den andern sein muß." 82 Nur wenige Jahre später nahm der Augsburger Prädikant Georg Mylius in seiner Leichenpredigt auf Hans Heinrich Herwart ebenfalls auf das alte Testament Bezug, um das konfliktträchtige Verhältnis des Verstorbenen zu seinem Bruder und langjährigen Geschäftspartner Hans Paul Herwart zu charakterisieren: „Nun hatt er nicht mehr seinen dückischen Esau / der ihn peinige". 83 Für das getrübte Verhältnis zwischen den Brüdern dürfte neben dem Bankrott Hans Paul Herwärts im Jahre 1576, bei dem auch seine Brüder Hans Heinrich und Hans Jakob schwer in Mitleidenschaft gezogen wurden, 84 auch der konfessionelle Unterschied zwischen dem Katholiken Hans Paul Herwart und seinem evangelischen Bruder ein wesentlicher Grund gewesen sein. Wie die Beispiele der Hörmann und der Herwart zeigen, bot das Alte Testament mit seinen Darstellungen von Bruderzwisten - Kain und Abel, Esau und Jakob, Joseph und seine Brüder - den Angehörigen der wirtschaftlichen Elite Augsburgs ein reiches Anschauungsmaterial, um ihre eigenen innerfamiliären Konflikte zu interpretieren.

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Häßler, S. 3 7 - 3 8 .

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StBA, Leichenpredigt Hans Heinrich Herwart.

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Im Vertrag zwischen Hans Paul Herwart und seinen Gläubigern werden seine Brüder nach seinem Schwager Heinrich Rehlinger an zweiter Stelle genannt: Herwarth, S. 147-148.

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5.2 „mein trew von Im nit abzuwenden": Firmenbankrotte und Geschlechterbeziehungen Auf den ersten Blick betrachtet scheinen Frauen im Bankrottverfahren gegen Hans und David Weyer nur eine marginale Rolle gespielt zu haben. Die meisten Gläubiger der Weyer waren männlich, die wenigen Frauen unter den Kreditoren wurden, wenn sie verheiratet waren, vor Gericht von ihren Männern vertreten, 85 und die Auseinandersetzung vor Gericht wurde fast ausschließlich von Männern gefuhrt. Frauen erscheinen primär in der Rolle passiver Opfer eines ökonomischen Fiaskos. Einer Eingabe des Anwalts der Weyer vom Oktober 1559 zufolge hatte die Mutter der Brüder, Magdalena Weyer, bei dem Bankrott 8.000 fl verloren und war dadurch „In solche Armuet gerunnen, das sie für sich selbs, wo Ir kain hülff gethan würd, weder Essen, trincken, noch anndere notturfft haben künte." Sie könne die Falliten ebensowenig unterstützen wie Hans Weyers Frau, zumal „Ire freundt, ein solchs nit gestaten". Die Gläubiger der Weyer wandten dagegen ein, es sei nicht glaubwürdig, daß die Weyer „andre frembde wie mit dem Handtschuchmacher zu Lion beschehen reich gemacht, vnnd Iren Schwager Vitzentzen Berckhamer ein namhaffts vber schriben, zalt vnnd geben, vnnd das sy Ir selbs weib, künder, Mueter vnnd nachgebten vergessen haben solten." 86 Magdalena Weyer wurde immerhin sozial dadurch aufgefangen, daß ihr reicher Bruder Ulrich Linck ihr in seinem Testament von 1560 unter ausdrücklichem Hinweis darauf, daß sie durch den Bankrott ihrer Söhne, in deren Handelsgeschäft sie ihr Vermögen eingelegt hatte, praktisch mittellos geworden war, ein lebenslanges Wohnrecht in seiner Behausung und 400 fl jährlich zu ihrem Lebensunterhalt gewährte.87 Das Bild der ehrbaren Patrizier- oder Kaufmannsfrau, die durch den Bankrott ihres Mannes wirtschaftlich und sozial deklassiert war, die ihr Vermögen verloren hatte und sich und ihre Kinder des Lebensunterhalts beraubt sah, wurde mitunter zum Gegenstand emotionaler Appelle an die städtische Obrigkeit. Paul Welser beispielsweise versuchte 1615, seiner Bitte um die Freilassung seines nach dem Welser-Bankrott inhaftierten Bruders Matthäus Nachdruck zu verleihen, indem er

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So erschien auf dem 1559 vom Stadtgericht angesetzten Rechtstag Christoph Christoph Rehlinger als Administrator seiner Frau Sabina, während Bartholomäus Scheubers Witwe Felizitas selbst auftrat: StAA, StG 30, fol. 25 v -26 r . Felix Hünlins Witwe Elisabeth bevollmächtigte Peter Loy von Lindau und Hans Hirßdorff von Memmingen, sie im Bankrottverfahren gegen die Weyer vor Gericht zu vertreten. Die Vollmacht fur Loy und Hirßdorff war mit ausdrücklicher Bewilligung von Elisabeth Hünlins Vogt, des Lindauer Ratsherrn Gregor Kramer, ausgestellt: ebd., fol. 36 r -37 v .

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StAA, Stadtgericht, Appellationssache zwischen Hans, David, Sebastian Gebrüder Weiher und ihren Gläubigern, 1559-1569 (unverzeichnet). StBA, 2° Cod. Aug. 489, fol. 24 v .

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361 auf dessen enge emotionale Bindungen an seine Familie hinwies: „[...] hat er noch an seinem lieben Weib und Kindern, von welchen er durch dies Befängnuß, als das Herz aus dem Leib gerissen worden, so viel zu leiden, daß ihm sein Herz darüber verspringen sollt; sintemal er wohl erkennt, daß seiner betagten Hausfrau, welche ihm Ehr und Gut zugebracht, fünfzehn Kinder gegeben, dieselben außer etlichen wenig, so unmündig gestorben, in aller Tugend erzogen, bei 38 Jahren in solcher Einigkeit gehaust, daß dergleichen bei allen Eheleuten zu wünschen, bei wenigen aber zu finden, das Leben dadurch abgekürzt werde." 88 In dieser „Opferrolle" der Ehefrau spiegelt sich die fundamentale Ungleichheit der Geschlechter in der reichsstädtischen Gesellschaft in Rechts- und Eigentumsfragen wider. Die Ehemänner verwalteten die Güter ihrer Ehefrauen und vertraten sie vor Gericht. Lyndal Roper, die diese Geschlechterdifferenz in ihren Studien zur Augsburger Gesellschaft des 16. Jahrhunderts besonders betont hat, ging sogar so weit, Handel und Kapitalakkumulation als „männliche" Tätigkeiten per se zu charakterisieren: „In der frühneuzeitlichen Stadt gingen Männlichkeit und Geschäft eng miteinander einher: Das männliche Geschlecht galt als das vernünftigere, und der Kaufmann stand exemplarisch für überlegte Entscheidungen." 89 An einigen Stellen des Bankrottverfahrens tritt jedoch auch ein anderer Aspekt des Geschlechterverhältnisses zutage. So findet der Umstand Erwähnung, daß der Weyer-Gläubiger Ulrich Hanckelmann von Memmingen sich mit seiner Frau beriet, ehe er die Annahme der Citation der Weyer ablehnte, 90 und Hans Weyers Ehefrau bot 1570 einigen Gläubigern ihres Mannes an, ihnen rund 700 fl von ihren eigenen Ansprüchen an den Grand Parti mit der französischen Krone abzutreten.91 Hier deutet sich eine Facette der Geschlechterbeziehung an, die vor allem Stephen Ozment und Mathias Beer in ihren Untersuchungen zur Ehe im 16. Jahrhundert hervorgehoben haben. Nach Ozment war der „patriarchalische" Haushalt der Reformationszeit nicht durch die alleinige Herrschaft des Mannes, sondern durch die prinzipielle Gleichrangigkeit von Mann und Frau bestimmt, 92 und Beer zufolge war das Verhältnis der Ehepartner in der bürgerlichen Oberschicht um 88 89

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Welser, Welser, Bd. 1, S. 254. Roper, Ödipus, S. 127. In ihrer Analyse von Hochzeiten im Augsburg der Reformationszeit stellte Roper als wesentliche Aspekte des Eheschließungsvorgangs den Transfer von Eigentum, die rituelle Artikulation sozialer Unterschiede und geschlechtlicher Differenz und die Allianz zwischen zwei Verwandtschaftssystemen dar. Der vor der Eheschließung von den Eltern oder Verwandten der Brautleute ausgehandelte Ehevertrag regelte den Austausch von Eigentum - Heiratsgut und Fertigung der Braut gegen Widerlegung und Morgengabe des Bräutigams - , das jedoch insgesamt unter der Verwaltung des Mannes blieb. Das von der Frau in die Ehe eingebrachte Gut wurde damit in der Regel zur „Kapitalbasis" des Handelsgeschäfts des Mannes. Roper, „Going to Church ...", bes. S. 71-72, 81-93. StAA, StG 30, fol. 14v. StAA, StG 201, fol. 32 r . Ozment, S. 99: „In the 'patriarchal' home, authority was shared by husband and wife. [...] despite male rule an ordered equality existed between husbands and wives".

362 1500 durch gegenseitiges Vertrauen und Unterstützung, Arbeitsteilung, die jedoch zu keiner strengen Trennung in geschlechtsspezifische Arbeitssphären führte, Hilfe, Rücksichtnahme und Sorge um das Wohl des Ehepartners gekennzeichnet. „Nicht die Herrschaftsgewalt des Mannes," so Beer, „sondern ein liebevoller Umgangston und eine fürsorgliche Art und Weise, miteinander umzugehen, gepaart mit partnerschaftlicher Zusammenarbeit charakterisierten die Beziehungen zwischen den Geschlechtern in den mittleren und gehobenen bürgerlichen Schichten der Städte des ausgehenden 15. und beginnenden 16. Jahrhunderts." Luther und die Reformation waren für ihn nicht Auslöser dieser Entwicklung, sondern lediglich „Katalysator" eines bereits in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts zu beobachtenden Prozesses. 93 Aus Familienbriefen, vor allem aus der Nürnberger Oberschicht, führt Beer Belege dafür an, daß Frauen ihre Männer häufig unterstützten, wenn diese in finanzielle Schwierigkeiten gerieten.94 Ozments und Beers Interpretation der Geschlechterbeziehungen im 15. und 16. Jahrhundert erscheint allerdings in beträchtlichem Maße durch ihre Quellenauswahl und ihr Erkenntnisinteresse mitbedingt. Ozment stützt sich neben der Autobiographie des Kölners Hermann von Weinsberg vor allem auf normative Quellen wie humanistische und reformatorische Schriften über Ehe und Kindererziehung, die er als Ausdruck der sozialen Realität des Reformationszeitalters interpretiert. So gelangt er denn auch zu dem Schluß, daß Protestanten bessere Voraussetzungen hatten (und noch haben?), glückliche Ehen zu führen, als Katholiken, und der Leser kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß Ozment bereits mit dieser Grundannahme an seine Quellen heranging. 95 Beer kann anhand der von ihm ausgewerteten Briefe und Selbstzeugnisse zwar die These entkräften, daß Gefühle in Familien des 15. und 16. Jahrhunderts generell keine oder nur eine sehr geringe Rolle gespielt hätten, doch ist davon auszugehen, daß Familienbriefe vor allem von Personen verfaßt wurden, denen ihre Angehörigen besonders am Herzen lagen und die ihren Ehepartnern, Eltern oder Kindern auch etwas zu sagen hatten. Lyndal Roper stützt sich umgekehrt neben obrigkeitlichen Verordnungen vor allem auf Gerichtsakten, in denen naturgemäß Konflikte zwischen Eheleuten besonders deutlich hervortreten. Zwischen den unterschiedlichen Interpretationen des Geschlechterverhältnisses durch Roper, Ozment und Beer nimmt Heide Wunders Konzept der Reziprozität des Verhältnisses zwischen Mann und Frau gewissermaßen eine Mittelposition ein: „Ihre Beziehung läßt sich als reziprok charakterisieren, als Tauschbeziehung, in der Ungleiches getauscht wurde, die jedoch wegen der wechselseitigen Verwiesenheit von Ehemann und Ehefrau keine generell ungleiche war." 96 In der Reformationszeit zeigten sich nach Wunder in der Entwick-

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Beer, Ehealltag, S. 121-122. Beer, Eltern und Kinder, S. 146-147. Ozment, bes. Kap. 2. Wunder, Frauen, S. 265.

363 lung des Geschlechterverhältnisses „zwei gegenläufige Tendenzen: die Gefährtenschaft von Mann und Frau und die Hierarchie von Mann und Frau." 97 Aus den Testamenten von Mitgliedern der Augsburger Oberschicht lassen sich für beide Aspekte der ehelichen Beziehung, die Dominanz des Mannes und die partnerschaftliche Kooperation, eine Reihe von Belegen beibringen. So bezeugen die testamentarischen Verfugungen Hans Baumgartners d.Ä., Jakob Greiners, Christoph Rehlingers, Balthasar Burnells und David Weiß', daß diese Mitglieder der Augsburger Führungsschicht großes Vertrauen in die ökonomischen Kompetenzen ihrer Ehefrauen setzten und diese als prinzipiell gleichrangig ansahen. Hans Baumgartner d.Ä. und seine Frau Felizitas Rehlinger räumten in ihrem gemeinsamen Testament von 1520 dem überlebenden Ehepartner ein lebenslanges, vollkommenes Nutznießungsrecht an der gesamten Habe des verstorbenen Partners einschließlich des beträchtlichen Grundbesitzes ein. Felizitas Baumgartner durfte außerdem bis zu 4.000 fl zu Lebzeiten nach ihrem Gutdünken verschenken oder vermachen. 98 Sie machte von dieser Möglichkeit wiederholt Gebrauch, indem sie Kleinodien und Geldbeträge an einzelne Kinder verschenkte. 99 Als Felizitas Rehlinger 1530 das Vermögensinventar ihres verstorbenen Mannes auf den neuesten Stand brachte, bezeichnete sie sich selbst als „eine rechte regiererin und Verwalterin" seiner Hinterlassenschaft. 100 Als Jakob Greiner 1572 seine Frau Regina Ammann zur Vermögensverwalterin und Geschäftsfuhrerin bestimmte, der sich die vier Söhne des Paares unterzuordnen hätten, gab er dafür keine andere Begründung, als daß seine Frau und er „leyb, vnd gutt zu samen geheurat" hätten.101 Der kinderlose Christoph Rehlinger ernannte 1574 seine Frau Maria Meuting zur Universalerbin seiner unverteilten Habe, da sie ihm „Zeyt vnsers Ehelichen beywonens Ehrn vnd guetts gethan, auch sunsten zum Täglichen Haußhalten, allen trewen fleiß erzaigt."102 Im selben Jahr bestimmte auch Balthasar Burneil, der ebenfalls ohne Nachkommen war, seine Gemahlin Sabina Zangmeister, von welcher er „In wehrender Ehe vilfaltige lieb vnd trey" erfahren habe, zur Alleinerbin.103 David Weiß, der unter anderem von 1569 an mit seinen Brüdern und Wolfgang Paler die Neusohler Kupferpacht innehatte,104 setzte in seinem Kodizill von 1581 seine Frau Maria Stebenhaber zur alleinigen Verwalterin seiner gesamten Hinterlassenschaft und zum alleinigen Vormund ihrer gemeinsamen Tochter Maria ein und befreite sie ausdrücklich von der Auflage, eine Kaution für die Verwaltung zu 97 98 99 100 101 102 103 104

Ebd., S. 75. Müller, Quellen, S. 10-11 (Nr. 15). Ebd., S. 16 (Nr. 21), 20 (Nr. 27), 21 (Nr. 30). Ebd., S. 26-27 (Nr. 43). StAA, Spreng VI, Nr. 7. StAA, Spreng XI, Nr. 60 1/2. StAA, Spreng X, Nr. 14. Warnemünde, S. 143, 161; Schöningh, S. 29-30; Roth, Bankerott, S. 162.

364 zahlen oder (männliche) Beistände anzunehmen. Weiß räumte seiner Frau damit ein wesentlich höheres Maß an persönlicher Autonomie und Verfügungsgewalt über seinen Besitz ein, als das Augsburger Stadtrecht vorsah. Nach letzterem wurden jeder Frau, die von ihrem Gatten nicht ausdrücklich davon befreit worden war, nach dessen Ableben automatisch zwei Räte und Beistände zugeordnet. Weiß begründete diese Privilegierung seiner Gattin damit, daß sie ihm nicht nur ein stattliches Vermögen zugebracht, „sonder auch die Zeit vnsers ehelichen beywonens vnd verheyratens, mir also gehauset, vnd sich in allem gefellig gegen mir vnd den meinigen erzeigt, dz mir gar nit zweiflet, sy werd auch fürthin, vnd nach meim tödtlichen abgang ir selbs, vnd vnser Lieben ehrendochter Junckfraw Maria zu guetem, nutzlich, ehrlich vnd wol hausen, auch sonsten änderst nit, gegen vnser dochter, als wie einer ehrlichen frauen vnd matronen gebürt, vnuerweißlich handien."105 David Weiß' Mutter Anna stellt ein besonders eindrucksvolles Beispiel für die Fähigkeit einer Frau im Augsburg des 16. Jahrhunderts dar, ein großes Femhandelsunternehmen über Jahrzehnte hinweg erfolgreich zu führen. Ihr Gatte, der 1547 verstorbene Leonhard Weiß, hatte zwischen 1535 und 1544 eine Reihe von geschäftlichen Kontakten mit den Fugger'schen Filialen in Hall, Wien und Antwerpen106 und gewährte zwischen 1532 und 1539 König Ferdinand mehrere größere Darlehen. 107 Zahlte Leonhard Weiß drei Jahre vor seinem Tod 50 fl Vermögenssteuer,108 so konnte seine Witwe, die die Firma von 1547 bis zur Übergabe an ihre Söhne 1568/69 leitete,109 diese Steuerleistung bis 1562 um 160 Prozent auf 129 fl 64 χ steigern.110 1561 gehörte das Unternehmen mit 7.400 fl zu den größten Gläubigern der Haug-Langnauer-Linck. 111 Die Geschäftsübergabe an die Söhne erfolgte, als diese fast alle die Volljährigkeit erreicht hatten. Hieronymus Weiß hatte bereits 1553, Tobias 1554 und David 1563 geheiratet. Ihre Brüder Elias, Jonas und Daniel heirateten kurz nach der Übernahme der Firma in den Jahren 1568 bis 1571.112 Daß eine große Augsburger Handelsgesellschaft des 16. Jahrhunderts über einen längeren Zeitraum hinweg von einer Frau geleitet wurde, kam anderer105

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StAA, Spreng XXVI, Nr. 52. Im Jahr 1604 entrichtete Maria Weiß die „reiche Steuer" und stand damit an der Spitze der Augsburger Vermögenshierarchie. StAA, Steuerbuch 1604, Sp. 99d. Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 1, S. 685, Anm. 147-148; Bd. 2/1, S. 362, Anm. 10; S. 427, Anm. 7; S. 483, Anm. 134; Bd. 2/2, S. 631, Anm. 45. Strieder, Genesis, S. 147; Hagl, S. 144; Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 2/1, S. 536, Anm. 295. StAA, Steuerbuch 1544, Sp. 63b. Hagl, S. 144. StAA, Steuerbuch 1562, Sp. 84c. Ringling, S. 143. StAA, Werner/Lilienthal, „Weiß".

365 seits jedoch so selten vor, daß das Beispiel der Anna Weiß keine Repräsentativität beanspruchen kann. Hingegen findet auch der Gedanke einer prinzipiellen Ungleichheit von Mann und Frau, der zum Ausschluß der Frauen von allen wesentlichen geschäftlichen Aufgaben führte, in einer Reihe von Augsburger Quellen seinen Niederschlag. Die Fugger, die in ihren Testamenten die Rechte ihrer Frauen sehr stark einschränkten, sind dafür das bekannteste, aber keineswegs das einzige Beispiel. 113 So legte der Gesellschaftsvertrag der Höchstetter von 1524 allen Gesellschaftern ein striktes Geheimhaltungsgebot auf; die Teilhaber sollten „ewig niemant nix" über die Verhältnisse der Firma verraten, „es seyen weiber, schwestern, prueder oder annder freunden nix ausgenommen". 114 Die Frau Hans Baumgartners d.J. erhielt nur eine sehr begrenzte Verfügungsgewalt über die Hinterlassenschaft ihres Mannes. Nach dem Tod Baumgartners sollte seine Frau Regina ihr Heirats- und Erbgut in Höhe von rund 35.000 fl, von denen sie 2.000 fl selbst verwaltete, sowie das Wohnrecht in einem der Baumgartner'schen Häuser in Augsburg erhalten. Der Handel,

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Die beiden Testamente Jakob Fuggers von 1521 und 1525 sind geradezu ein Paradebeispiel fur eine sehr restriktive Handhabung der Erbansprüche der Ehefrau. In seinem ersten Testament vermachte Fugger seiner Frau Sibilla Artzt 10.000 fl, von denen die Hälfte aus ihrem Heiratsgut herrührte, sowie ihre Kleidung, Silbergeschirr, Schmuck und Leinwand. Damit sollte die Frau verfahren können „als mit ihrem andern aigen gute". Für die Dauer ihres Witwenstandes räumte ihr Fugger außerdem die Wohn- und Nutzungsrechte an zwei Häusern samt allem darin befindlichen Hausrat, einem Garten und einem Zwinger ein. Fuggers Neffen sollten ihr jährlich 800 Gulden zur Unterhaltung der Immobilien reichen und ihre Steuern bezahlen. Falls sich Sibilla Artzt jedoch erneut verheiratete, sollten ihr die Häuser, Hausrat, Garten und jährliches Leibgeding „nichtmer gelassen, sonnder von ir genommen werden". Fuggers zweites Testament modifizierte diese Bestimmungen, schränkte insgesamt aber die Ansprüche und Rechte seiner Frau mindestens ebenso rigoros ein wie das erste. Neben dem Heiratsgut, Kleidung, Schmuck und Bettstatt sollte Sibilla Artzt Silbergerschirr im Wert von 5.000 fl, Wohn- und Nutzungsrechte an zwei Häusern, die Fuggers Neffen mit angemessenem Hausrat ausstatten sollten, samt Garten und Zwinger sowie weitere 2 0 . 0 0 0 fl erhalten. Sibilla Artzt erbte insgesamt 4 0 . 0 0 0 fl, während die Kinder von Fuggers Schwestern und die Töchter seiner Brüder allein 100.000 fl zugesprochen bekamen. Falls die Frau ihr Erbteil aus dem Handelsgeschäft von Fuggers Neffen entnehmen wollte, sollten diese dafür sorgen, daß „dasselb gelt an andern ortten [...] ferrer angelegt werde." Im Falle einer Wiederverheiratung sollten Sibilla lediglich 2 0 . 0 0 0 fl zustehen, und sie verlor die Nutzungsrechte an den Immobilien. Preysing, S. 6 9 - 7 1 , 7 9 - 8 1 ; vgl. Simnacher, S. 109-114. Andere Mitglieder der Familie folgten dem Beispiel Jakob Fuggers und schränkten die Erbansprüche ihrer Frauen ebenfalls stark ein. Fuggers Großneffe Georg ( 1 5 1 8 - 1 5 6 8 ) bestätigte in seinem Testament von 1563 seiner Ehefrau Ursula von Lichtenstein den Heiratsbrief und regelte ihr Wohnrecht sowie ihren jährlichen Unterhalt für die Zeit ihres Witwenstandes. Fuggers Söhne, die den Löwenanteil des Besitzes ihres Vaters erbten, sollten der Witwe „in allen iren Sachen rhatlich, hulfflich unnd beystenndig seyen, sich in dem unnd annderm dermassen erzaygenn, wie die khinder irer leiblichen muetter zu thuen von Gottes unnd der billichayt wegenn schuldig sein [...]." Preysing, S. 1 7 0 - 1 7 2 ; vgl. Simnacher, S. 137-140.

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Lutz, Struktur, Bd. 2, S. 4 7 ' . Vgl. Bd. 1, S. 3 4 6 .

366 Bergwerke und Grundbesitz gingen hingegen an die Söhne über." 5 Als Konrad Rot d.Ä. 1541 starb und außer seiner Witwe Katharina Welser nur minderjährige Kinder hinterließ, beschlossen die Pfleger der Witwe und der Kinder, Rots Handelsgeschäft an dessen Bruder Erasmus in Ulm zu verkaufen. Ihrer Meinung nach wäre es „den Kynnden vmb irer vnmündigen Jar wegen, vnd auch der wittfrauen kains wegs nützlich vnnd fiirstendig gewesen, ires Vatters vnd Eewirts seligen Hanndel, gewerb vnd warh zuerhalten noch zu treiben [...]."' 16 Katharina Welser, die zum Zeitpunkt des Todes ihres Ehemannes 25 Jahre alt war, kehrte daraufhin in das Haus ihres Vaters Bartholomäus Welser zurück und ordnete sich dessen patriarchalischer Autorität unter. Ihr Vater vermachte ihr in seinem Testament ein Haus in Augsburg und einigen Grundbesitz außerhalb der Stadt „von wegen viler gutthait, von Ir empfangen, vnnd das Sie Sich in meinem Haushalten, yeder Zeit meines willens, beflissen." 117 Jakob Herbrot betonte in seinem 1557/58 entstandenen Testament einerseits die wichtige Rolle seiner Frau in Geschäft, Haushaltsführung und Kindererziehung, ließ andererseits aber in der Charakterisierung des Verhältnisses zwischen den Eheleuten ein hierarchisch-patriarchalisches Verständnis von Ehe anklingen. Seine Hausfrau Maria Kraffter habe während ihrer Ehe „mit vnnserm Hanndl, Haushalltten, vnnd erziehung vnnserer geliebtten Kinder vylfellttige sorg, mhye vnnd Arbait getragen." Dabei habe sie sich „yeder Zeit, getrew, gehorsamb, vnnderthenig, vnnd der gebür nach vleissig erzaigt. Also das ich darab, Jederzeit ain freundlichs guotts wolbenyegigs gefalen gedragen." Als „Belohnung" für ihr Verhalten sprach Herbrot seiner Frau den gesamten Hausrat seiner Anwesen in Augsburg und Lauingen, ein lebenslanges Wohnrecht in einem seiner Häuser und ein jährliches Leibgeding von 1.800 Gulden zu. Wie andere Mitglieder der Augsburger Führungsschicht hielt auch Herbrot seine Kinder dazu an, sie sollten ihrer Mutter „auff Ir begeren, kindtlich, gehorsamblich, vnnd getreulich beystehen", doch erstreckte sich diese Gehorsamspflicht offenbar einzig und allein auf die persönlichen Angelegenheiten der Mutter und nicht auf das Handelsgeschäft.118 Noch sechs Jahre vorher hatte Herbrot offenbar beabsichtigt, daß im Falle seines Todes zunächst seine Frau die Firma fortführen sollte. Jedenfalls verpflichtete sich Herbrots Schwiegersohn Konrad Schleicher, der 1551 in das Unternehmen aufgenommen wurde, auch zu Treue und Gehorsam gegenüber seiner Schwiegermutter, „die alsdann ahn Stadt meins lieben herren schwehers, da sie iren wittwen stand nit verenderth, ein herrin deß hanndels heißen vnnd sein soll". 119

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Müller, Quellen, S. 3 5 - 3 7 (Nr. 54). Vgl. auch S. 18-19 (Nr. 25). StAA, RP 16 ( 1 5 2 9 - 1 5 4 2 ) , fol. 193 r . Bei den Pflegern handelte es sich um Wolfgang Langenmantel, Christoph Haller, Hans Rot und Chrysostomus Peutinger.

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Welser, Welser, Bd. 1, S. 177. StA Lauingen, Nr. 3 9 4 3 . Mayer, Fürlegung, S. 125.

367 Im späteren 16. Jahrhundert formulierten einige Mitglieder der Augsburger Führungsschicht in ihren testamentarischen Verfugungen ihre prinzipiellen Zweifel an der Befähigung von Frauen zu Handelsgeschäften noch expliziter. Der Kaufmann Hans Retzer, Schwager und Geschäftspartner Martin Zobels und wie dieser ein führender Vertreter des Augsburger Protestantismus seiner Zeit,120 bestimmte in seinem Kodizill von 1586 seinen Schwiegersohn Hans Philipp Scheler und seinen Schwager Christoph Berckmüller zu Verwaltern und Pflegern über seine Güter und die seiner Frau Antonia Occo. Überschüsse aus dem Hauptgut sollten die Pfleger sicher anlegen. Außerdem verband Retzer das lebenslange Nutzungsrecht an seiner Habe, welches er seiner Frau einräumte, mit der Auflage, daß sie im Witwenstand verbleiben müsse. Retzer betonte, daß er all diese Einschränkungen lediglich zum Besten seiner Gattin verfugte, da sie „zue Verwaltung der zeitlichen haab vnd güetern für sich selbs einig vnd allein nit tüchtig" sei und daher Beistände benötige. Aufgrund ihrer „einfallt vnd blödigkeit", so Retzer, sei seine Frau auf die Hilfe anderer angewiesen.121 Andreas Poßart122 bescheinigte in seinem 1588 verfaßten Kodizill seiner Frau Maria Mair, daß er die ihm „auf vil weg erzaigte lieb vnd Trew gespürt vnd souil vermerckht, das Sy sich gegen mir vnd vnsern miteinander [...] erzeugten Ehrnkhindern, vernünfftig, beschaidenlich, vnd wie einer Christlichen Ehrlichen Matrona wol gebürt, Jedes mals verhalten vnd erwisen", und räumte ihr deshalb die Verwaltung seiner Güter ein, solange sie Witwe blieb. In wichtigen ökonomischen Angelegenheiten jedoch, „die Irem Verstandt zu hoch, oder Sy auß weiblicher blödigkeit allein nit verrichten, noch denselben der gebür vnd Notturfft nach vorstehn kündte", sollten sie zwei Beistände beraten. Poßart betonte, daß diese Verfugung nicht persönlich gegen seine Gattin gerichtet war, sondern auf generellen Vorbehalten hinsichtlich der ökonomischen Kompetenz von Frauen beruhte. Es komme häufig vor, so Poßart, daß „In Verwaltung zeitlicher haab vnd güeter, solche Sachen furkhomen, die den Weibspersonen zuuerrichten allein für sich selbs zu schwer fallen." 123 Ähnlich äußerte sich Hans Baptist Stenglin, dessen Ehe kinderlos geblieben war, in seinem Testament von 1593. Stenglin räumte seiner Frau 120

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Retzer war mit Antonia Occo, der Tochter des Stadtarztes Adolph Occo (II), Zobel mit deren Schwester Helena verheiratet (Hämmerle, Nr. 948, 705a). 1578 wird Retzer als Gesellschafter von Martin Zobel und Mitverwandten genannt (StAA, Spreng XVIII, Nr. 2 1/2), 1585 erhielt er eine Vollmacht von Zobels Witwe (StAA, Spreng 1585, Nr. 27). Seine Steuerleistung belief sich 1575 auf 74 fl, 1590 auf 90 fl (StAA, Steuerbuch 1575, Sp. 24c; Steuerbuch 1590, Sp. 25c). Der Chronist Georg Kölderer hob 1592 anläßlich des Todes des „fürnehmen" Kaufmanns Hans Retzer dessen Engagement für Kirchen, Schulen und die Armenfursorge besonders hervor (StBA, 2° Cod. S 43, fol. 235 v ). StAA, Spreng XXXV, Nr. 99. Poßart gehörte von 1564 bis zu seinem Tod im Jahre 1594 der Kaufleutestube an (IHK, Kaufleutestube, fol. 48) und entrichtete 1590 eine Vermögenssteuer von 114 fl (StAA, Steuerbuch 1590, Sp. 87d). StAA, Spreng XXXIX, Nr. 55.

368 Maria Braun die Administration seiner Hinterlassenschaft ein, ordnete ihr jedoch „In fürfallenden wichtigen Sachen, die Irem verstand zu schwer vnd hoch, oder sie auß weyblicher blödigkeyt allein nit verrichten" könne, zwei Beistände zu.124 Die vergleichsweise wenigen erhaltenen Testamente von Mitgliedern der Augsburger Führungsschicht des 16. Jahrhunderts lassen weder eine zeitliche Entwicklung noch die Ausprägung konfessioneller Unterschiede erkennen. Unter den Männern, die ihren Frauen weitreichende Befugnisse zur Verwaltung ihres Besitzes einräumten, waren sowohl Katholiken (Hans Baumgartner d.Ä., Christoph Rehlinger) als auch Protestanten (Jakob Greiner, David Weiß). Ebenso finden sich unter denjenigen Angehörigen der Augsburger Elite, die die Besitzrechte ihrer Frauen nach ihrem Tod stark einschränkten, Vertreter beider Konfessionen wie die Katholiken Jakob Fugger, Georg Fugger und Hans Baumgartner d.J. und die Protestanten Jakob Herbrot, Hans Retzer, Andreas Poßart und Hans Baptist Stenglin. Von größerer Bedeutung als die Konfession des Erblassers dürften demnach individuelle und familiäre Faktoren - die Meinung, welche die betreffenden Patrizier und Kaufleute von der „Geschäftstüchtigkeit" ihrer Frauen hatten, Anzahl und Alter der Nachkommen, deren Eignung und Neigung zu Handelsgeschäften - gewesen sein. Die in Testamenten der 1580er und 1590er Jahre wiederholt auftauchende Formel „weibliche Einfalt und Blödigkeit" läßt im übrigen Zweifel daran aufkommen, ob während des 16. Jahrhunderts eine generelle Ausweitung des Handlungsspielraums von Frauen der reichsstädtischen Führungsschicht in geschäftlichen Angelegenheiten erfolgte. Die bei vielen Mitgliedern der Augsburger Elite anzutreffenden Vorbehalte gegen die Kompetenzen von Frauen in wirtschaftlichen und finanziellen Angelegenheiten zwangen die Witwen von Kaufleuten wiederholt dazu, ihre Autonomie und ihr Urteils- und Entscheidungsvermögen aktiv zu verteidigen. Anna Rem, die Frau Lukas Rems, führte, wenn man einem Nachtrag zu Rems autobiographischen Aufzeichnungen Glauben schenken darf, das Geschäft ihres Mannes nach dessen Tod 1541 entgegen Rems testamentarischen Verfügungen fort.125 Nach dem Bankrott ihres Mannes Christoph Tiefstetter wehrte sich Magdalena Herbrot, eine Tochter des ehemaligen Bürgermeisters Jakob Herbrot, 1571 vehement dagegen, daß ihr Vermögen und das ihrer fünf unmündigen Kinder durch zwei von den städtischen Oberpflegern bestellte Kuratoren verwaltet werden sollte. Magdalena Herbrot zufolge war eine derartige Pflegschaft „ir nit allain an Iren wirklichen freyhaiten abbrüchig", sondern konnte ihr und ihren Kindern „zuo nit schlechter verklainerung vnd nachtail künftiger Zeit" gereichen. Niemand, so Magdalenas Überzeugung, konnte das Vermögen besser verwalten als sie selbst.126 Als die Pfleger der Kinder, Kaspar Fischer und Hans Herzel, im Mai 1574 eine Abrech-

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StAA, Spreng XLVII, Nr. 30. Greiff, S. 29. Vgl. Wunder, Frauen, S. 126. StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1569-1572, S. 99-101.

369 nung über die Geschäfte vorlegten, die sie seit Dezember 1570 im Namen der Kinder getätigt hatten, übte Magdalena Herbrot scharfe und detaillierte Kritik an der Kompetenz der Pfleger. Diese hätten ein Bergwerk im Lebertal (Elsaß) um einen Preis verkauft, welcher der Witwe zu niedrig erschien, hätten ihrem Schwiegersohn Jakob Greiner 200 fl Interesse gezahlt, die diesem nicht zustünden, und hätten fur Baumaßnahmen an den Häusern ihrer Pflegkinder zu viel Geld ausgegeben - „In meinung sy wolts mit minderm verricht haben." Fischer und Herzel beschwerten sich im Gegenzug, daß Magdalena Herbrot Geld und Hausrat, die zur Pflegschaft gehörten, selbst in Verwahrung genommen habe und nicht herausgebe. Die städtischen Oberpfleger, Leonhard Christoph Rehlinger und Christoph Welser, unterstützten weitgehend die Position der Pfleger. 127 Wohl in keiner Augsburger Quelle des 16. Jahrhunderts wird der Zusammenhang zwischen ökonomischer Kompetenz, guter Haushaltung und der patriarchalischen Ordnung des Geschlechterverhältnisses so eindrucksvoll faßbar wie in Christoph von Stettens Schilderung der unglücklichen Ehe seines Bruders. Bei Lukas von Stettens Ende des Jahres 1525 geschlossener Ehe handelte es sich um den typischen Fall einer arrangierten Beziehung. Als Lukas, der sich in den 1520er Jahren zumeist in Antwerpen aufhielt, nach dem Tod seines Vaters für kurze Zeit nach Augsburg zurückkehrte, wurde ihm die 27jährige Witwe Ulrich Fuggers, Veronika Gassner, die über ein Vermögen von 90.000 Gulden verfugte, angetragen. Doch schon bald nach der Hochzeit gestaltete sich das Zusammenleben der Eheleute zunehmend konfliktreicher. Aus der sicherlich nicht unvoreingenommenen Sicht von Lukas von Stettens Bruder Christoph war dafür in erster Linie das Verhalten der Ehefrau verantwortlich: „Nachdem vnd sy aber etwas lepischs oder wie mans nennet aigensinnig gewesen, darneben fil Essens, Drinckens gantz verzerlich vnheislich Verschwenderin irs Guts gewesen. Des er ir gern hett abzochen, aber sy nit woldt irm Kopf vngepurlich hausen. Das kundt er, alweil er ain erlich, erendtpietig Mann was gegen manigklich nit gedulden, sy zw oftermalen mit Guten, zwletst etwan mit boessen Wordten straffet, des an ir nicht helfen woldt."128 Aus der Perspektive seines Bruders lag Lukas von Stettens Problem somit darin, daß er den patriarchalischen Autoritätsanspruch eines Hausvaters nicht gegen seine als starrköpfig, eigensinnig und verschwenderisch beschriebene Ehefrau durchsetzen konnte. Lukas von Stetten habe sich schließlich von seiner Frau bereden lassen, den Handel aufzugeben und „ain miessiges Leben" zu fuhren. Ein letzter Versuch von Stettens, durch spekulative Geschäfte auf dem Antwerpener Geldmarkt den Weg zurück in die Geschäftswelt zu finden, sei wegen der Bank127 128

StAA, Kleines Pflegschaftsbuch 1572-1576, S. 237-240, 249, 335. Hämmerle, Geschlechterbuch, S. 71.

370 rotte Georg Meutings und Ambrosius Höchstetters kläglich gescheitert. Der Konkurs Meutings habe ihn 10.000 Gulden, der Höchstetter-Bankrott 14.000 Gulden gekostet. Von diesem Zeitpunkt an, so Christoph von Stetten, habe sein Bruder Lukas gegen seine Frau, die auch noch durch ihre Verwandten unterstützt wurde, keine Chance mehr gehabt: „da ward es noch hailloser vnd sy mer halstariger, das er ir zwletst irn Willen must machen [...]". Auf Lukas von Stettens Vorhaltungen, daß sie ihr gesamtes gemeinsames Vermögen verschwende, habe seine Frau ihm geantwortet, „er solt sich nix kumern lassen. Er hette doch gnug. Das must er horn, neben kainer Besserung, das must er geschechen lassen [..,]."129 Danach sei es mit beiden Eheleuten nur noch abwärts gegangen. Lukas von Stetten habe nicht mehr gearbeitet, sondern nur noch übermäßig viel gegessen, getrunken und geschlafen. Seine Frau sei schließlich an Fallsucht erkrankt - nach Ansicht ihres Schwagers eine Folge ihres maßlosen Lebenswandels. Ihr Ehemann, der sie trotz allem „treffenlich lieb gehapt vnd von ir nit geweldt" habe, habe selbst unter der Krankheit seiner Frau, die er täglich vor Augen hatte, sehr gelitten: „[...] welches im zum Höchsten erschreckt, bekümert, zw Hertzen gangen ist, das er oftermalen erzittert, kaum auf den Fiessen sten kind, im selben Vnmut bedencket seyner truyen Warnung, in sich gfressen, gessen vnd truncken gern von im pracht, aus dem Sin geschlagen, aber nicht helfen wellen, dan es sich zw fil vnd zw lang eingerissen hatt."130

Schließlich sei Lukas von Stetten selbst an Wassersucht erkrankt und Ende April 1545 nach fast zwanzig Ehejahren kinderlos verstorben. Seine Witwe, der es nach Christoph von Stettens Angaben gelang, den größten Teil des Vermögens ihres verstorbenen Mannes an sich zu ziehen, sei daraufhin noch vier Jahre lang in ihrem verschwenderischen Lebensstil fortgefahren, ehe der Rat eingeschritten sei und ihr zwei Pfleger verordnet habe.131 Tatsächlich bezichtigte der Rat 1549 Lukas von Stettens Witwe, sie habe „ain vnordenlich, vnnd solch liederlich Haußhaben gefurt, das sie Inn kuortzen Jaren ain mercklichs, vnnd wol den halben Thaill Ires guots verthan, verschwendet vnd anworden". Der Magistrat ernannte daher Anton Rudolf und Ulrich Rehlinger zu Pflegern der Witwe, ließ ihre Güter inventarisieren und verbot ihr, ohne Vorwissen ihrer Pfleger irgendwelche größeren finanziellen Transaktionen vorzunehmen. 132 Lukas von Stettens Unfähigkeit, sich gegen seine Frau durchzusetzen und für „gute Haushaltung" zu sorgen, erscheint in der Schilderung seines Bruders aufs

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Ebd., S. 71-72. Ebd., S. 73. Ebd., S. 73-75. StAA, RP 23/11 (1549), fol. 97v-98r.

371 engste verbunden mit seinem ökonomischen Abstieg. Der hier greifbare Zusammenhang zwischen Patriarchalismus und wirtschaftlicher Kompetenz ist zugleich von zentraler Bedeutung für die Bestimmung des Verhältnisses von Firmenbankrotten und Geschlechterbeziehungen. Mit dem Zusammenbruch einer Firma ging nicht nur häufig ein beträchtlicher Teil des Vermögens der Ehefrau des Bankrotteurs, das ja meist zur Kapitalbasis der Handelsgesellschaften gehörte, mit verloren, sondern der Bankrotteur setzte sich obendrein dem Verdacht aus, die Güter seiner Frau nicht angemessen verwaltet und damit als patriarchalischer Haushaltsvorstand versagt zu haben. War ein Bankrotteur nach dem Verlust seines Vermögens nicht mehr in der Lage, seine Familie zu ernähren, so stellte dies die Ordnung der Geschlechterbeziehung buchstäblich auf den Kopf. Nichts machte diesen Zusammenhang von Bankrott und Geschlechterverhältnis so offenkundig wie die Bestimmung der Augsburger Fallitenordnung von 1580, daß insolvente Schuldner bei Festlichkeiten unter den Frauen sitzen sollten.133 Die Frage der Exemtion der Heiratsgüter der Frauen aus der Konkursmasse, die, wie im vorangegangenen Kapitel gezeigt wurde, in einer Reihe von Konkursverfahren von großer Bedeutung war,134 hatte auch erhebliche Auswirkungen auf das Verhältnis zwischen den Eheleuten: wenn ein Bankrotteur seine ganze Habe verloren hatte, seine Frau aber im Besitz ihres Heiratsguts blieb, fiel ihr faktisch die Rolle einer Ernährerin ihrer Familie zu. Die Konkurse der Zangmeister, Haug und Manlich stellen bemerkenswerte Beispiele dafür dar, wie sich Firmenbankrotte auf die Beziehungen der Falliten zu ihren Frauen auswirken konnten. Eine große Rolle spielten Gehalt und Symbolik von Geschlechterbeziehungen beim Bankrott Hans Zangmeisters in Augsburg und seiner Brüder und Gesellschafter Eberhard und Kaspar in Memmingen im Jahre 1560. Nachdem Eberhard Zangmeister sich im Juli des Jahres in Memmingen in die Freiung gefuchtet hatte, erschien seine Frau zusammen mit ihrem Bruder David Weickmann und Valentin Gienger auf dem Rathaus, um die Schlüssel ihres Hauses zu übergeben. Die Frau Kaspar Zangmeisters wurde durch ihren Bruder Hans Konrad Ott vertreten. Beide Frauen behielten sich zu diesem Zeitpunkt ihre „weiblichen Freiheiten" - die bevorrechtigte Erstattung ihres Heiratsguts und ihres persönlichen Vermögens aus der Konkursmasse - ausdrücklich vor.135 Als David Weickmann einige Monate später den Rat ersuchte, seiner Schwester Pfleger zu stellen, protestierte Eberhard Zangmeister energisch, doch letztlich erfolglos, gegen dieses Vorhaben und gab dabei an, er sei durch die Schlüsselübergabe seiner Frau schon zur Genüge „beschrieen" worden. Die symbolische Bedeutung dieser beiden Handlungen, die nicht nur das gesellschaftliche Ansehen und den kaufmännischen Ruf des Bankrotteurs, sondern ganz spezifisch auch seine „männliche" Ehre schmälerten, war

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Darauf weist bereits Roper, Holy Household, S. 134 hin. Vgl. Kap. 4.3. Westermann, Zahlungseinstellung, S. 478-480.

372 Eberhard Zangmeister also wohl bewußt.136 Als Zangmeisters Frau sich später bereit erklärte, auf ihre weiblichen Rechte, insbesondere ihr Heiratsgut in Höhe von 5.000 fl, zu verzichten, um so den Fortgang der Vergleichsverhandlungen zu erleichtern, sprachen sich ihre Pfleger dagegen aus.137 Eine Ehefrau hatte nach dem Bankrott ihres Mannes also grundsätzlich zwei Möglichkeiten: sie konnte entweder ihr eigenes Vermögen in die Vergleichsverhandlungen einbringen und damit die Aussichten auf eine Einigung mit den Gläubigern erhöhen, oder auf der Ausbezahlung ihres Heirats- und Erbguts bestehen und dadurch den Unterhalt ihrer Familie sichern. Eberhard Zangmeisters Frau favorisierte die erstere Alternative, während ihre Beistände aus verständlichen Gründen die letztere bevorzugten. Regina Sulzer, die Ehefrau des nach dem Zusammenbruch der HaugLangnauer-Linck-Gesellschaft inhaftierten Ludwig Haug, zog den Zorn ihrer Mutter auf sich, als sie gegenüber den Gläubigern ihres Mannes auf ihr Heiratsgut verzichtete und ihren Gatten auf eigene Kosten in der Haft verköstigte. Da Regina entschlossen war, entgegen dem Rat und Willen ihrer Mutter weiterhin ihren Mann zu unterhalten und deswegen nach Ansicht der Witwe ein Kleinod nach dem anderen veräußern mußte und „letstlich mit Iren klainen Kindlin, mangel vnnd Noth leiden, auch mir oder anndern Iren frainden, über den Hals wirdt körnen müessen", sollte ihr Erbteil durch Pfleger verwaltet werden. 138 Lucia Mair, deren Ehemann Matthäus Haug 1574 bankrott ging, gab in ihrem letzten Willen von 1577 an, sie habe zu ihrem „nit schlechten schaden vnnd nachtail" eingewilligt, daß Haug seinen Kreditoren seine ganze Habe übergab. Sie vermachte ihrem Mann ein jährliches Leibgeding von 100 fl, „damit Er Nun als ein Ehewirt vnnd vatter von meim guet notwenndige leibs Narung vnnd vnnderhalltung nach meim Todt haben mag". Ihren Kindern trug Lucia Haug ausdrücklich auf, sie sollten ihren Vater stets gebührlich unterhalten „vnnd nit ansehen, Inn was widerwillig glück Er durch zu vil vertrawen geratten, sonnder vil mehr Gottes gepott vor äugen haben, Inn dem Er ernnstlich gepotten vnnd beuollen, das sich die khinder Irer älltern treulich annemmen, vnnd dieselben weder Inn lieb noch leid biß Inn Ir gruben hinein verlassen sollen."139 Die neue Dimension, die das Geschlechterverhältnis und die eheliche Treuepflicht durch den Konkurs des Mannes und seine daraus resultierende Unfähigkeit, Frau und Kinder angemessen zu versorgen, erhielt, wird am ausfuhrlichsten im Testament von Barbara Haintzel, der Ehefrau Melchior Manlichs des Jüngeren, von 1576 reflektiert. Manlich war als Teilhaber vom Bankrott seines gleichnamigen Vaters im Jahre 1574 betroffen, hatte seinen Gläubigern sein gesamtes Vermögen überantwortet und beabsichtigte nun, sich in fremde Dienste zu begeben,

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Ebd., S. 491-492. Ebd., S. 498-499. StAA, Spreng XV, Nr. 41. StAA, Spreng XVII, Nr. 62. Vgl. Häßler, S. 33.

373 um seine Familie ernähren zu können.140 Die Entscheidung, ihrem Gemahl auf eine weite Reise zu folgen, veranlaßte Barbara Haintzel zur Abfassung ihres Testaments und zur Darlegung ihrer Gründe. Demnach sah sie sich „verursachet, vor Gott Pflichtig vnnd Schuldig, Ine meinen Lieben Eheuogt hinwiderumben zu bedennckhen, Inn Lieb vnnd Laid, als Christlichen Eheleuthen gepüert, nicht zuelassen, mein trew von Im nit abzuwenden, hinder, oder von Ime zue bleiben: Vnd also auf die genad vnnd erbarmung deß herrn mich Endtlichen Entschlossen, Ime bei neben vnnsern Lieben Khündern, Inn den feren vnnd frembden Lannden, da er anstanndt bekhommen, frey willige, Eheliche, vnnd ewige beywohnung zuethun." Zwar setzte Barbara Haintzel ihre Kinder mit Manlich zu Erben ein, doch behielt sie ihrem Gatten die lebenslange Nutzung ihrer Hinterlassenschaft vor und drohte ihren Kindern Sanktionen an, falls diese ihrem Vater die Nutzung streitig machen, ihm seinen Bankrott vorwerfen oder sich sonst ungehorsam gegen ihn verhalten würden.141 Die Testamente der Frauen Matthäus Haugs und Melchior Manlichs d.J. spiegeln das ausgeprägte Bewußtsein wider, daß der Bankrott des Mannes nicht nur einen schweren Schlag für die Beziehungen der Familie nach außen - die Ehre des Hauses, das gesellschaftliche Ansehen und den künftigen Lebensstandard - bedeutete, sondern auch eine ebenso gravierende Störung der innerfamiliären Beziehungen darstellen konnte. Der Zusammenbruch der traditionellen patriarchalischen Haushaltsstruktur, der durch den wirtschaftlichen Ruin und die „Entehrung" des Haushaltvorstands drohte, konnte nur unter Rückbesinnung auf eine höhere moralische Autorität, das göttliche Gebot, abgewendet werden.

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So formuliert es Barbara Haintzel in ihrem Testament. Nach Seibold, S. 180-181 waren Melchior Manlich jedoch offenbar noch Bergwerke im Pinzgau (auf Salzburger Gebiet) aus der Konkursmasse verblieben. In den ersten Jahren nach dem Manlich-Konkurs erscheint Barbara Manlich als Verwalterin des Bergwerksbesitzes in Verhandlungen über Transporterlaubnisse für Kupfer durch Tirol und den Absatz von Schwefel. Die Familie blieb offenbar, entgegen der Formulierung im Testament, in Augsburg ansässig, und Melchior Manlich d.J. scheint nach 1580 sogar wieder in bescheidenem Umfang in Handelsgeschäften tätig gewesen zu sein.

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StAA, Spreng XV, Nr. 44.

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5.3 „auß sonderer freundschafft vnnd grossem mitleiden": Zur Wahrnehmung und Funktion von Beziehungen zwischen Schwiegerverwandten und „Vettern" Die herausragende Rolle, die Schwäger und Vettern von Hans und David Weyer im Konkursverfahren gegen die Brüder als Gläubiger wie als Schlichter spielten, läßt sich nicht nur empirisch bestimmen, 142 sondern wurde für die Konfliktparteien auch wiederholt zum Gegenstand der Reflexion. So beklagte sich David Weyer in einem Brief, den er 1559 an seinen Vetter Hieronymus Zangmeister richtete, bitter darüber, daß ihn seine übrigen Vettern im Stich gelassen hätten: „Ich bin 2 ganze Jar p. Force auf der thurn Herr Manlich nachbaur gewessen aber, so war Ich leb sein hertz. [?] noch alls sein geschlecht, daß gleichen herr Jenisch vnd all seine vil brüeder haben mir nie khain verkherung mit gethailt noch gesannt sey mit ainem fl gelt, drunckh, Speis noch guette wordt, Ja gar nix von herr manlich vil Rauche wort, fluch wort, trewete wort [...] hat wollen gellt von mir haben das er den Siluester [Raid] et frelich bezahlt." Auch seine Schwäger waren David Weyer offenbar nicht unbedingt wohlgesonnen: „die schweger wollen Ir erbguet verlassen, das mir nix mer begeren". Zwei Jahre später konnte der Anwalt Hans und David Weyers dem Augsburger Stadtgericht jedoch mitteilen, die Verwandten der Brüder hätten „aus sonnderm Christenlichem mitleidenlichem gemüett" auf Forderungen in Höhe von 30.000 fl gegenüber den Bankrotteuren verzichtet. Der Vertrag zwischen den Brüdern und ihren Gläubigern wurde ausgehandelt von zwei Vettern der Weyer, Joachim Jenisch und Melchior Linck, und zwei Schwägern, Hans Neumair und Paul Ulstett.143 Neumair hatte zuvor bereits die Habe, die den Weyer nach ihrem Bankrott zunächst noch verblieben war, in Verwahrung gehabt. Aber auch andere am Prozeß Beteiligte bedienten sich, wie die Akten des Konkursverfahrens zeigen, der Hilfe von Verwandten. Auf eine Schuldforderung der Erben Felix Hünlins aus Lindau, die Gegenstand eines 1570 vor dem Augsburger Stadtgericht begonnenen Appellationsprozesses wurde, antwortete der Anwalt Hans Weyers, daß Bernhard und Philipp Meuting den Hünlin 1.400 Franken bei dem königlichen Kommissar Milan Caze zahlen sollten. Philipp Meuting habe jedoch in Abwesenheit der Weyer und ohne deren Wissen oder Zustimmung „sollich gelt Christoffenn Manlich seinem Vettern, wellichem die Weyer auch

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Vgl. Kap. 3.1,4.1. StAA, Stadtgericht, Appellationssache zwischen Hans, David, Sebastian Gebrüder Weiher und ihren Gläubigern, 1559-1569 (unverzeichnet).

375 zuthun gewesenn, aigenns willens widerfaren lassen."144 In einem gemeinsamen Schreiben an das Gericht ergriffen Hans Weyers „Hausfraw, Vetter vnd Schwager" für den Bankrotteur gegen die Hünlin Partei und vertraten die Auffassung, „das einem yeden Ehrn Mann dergleichen vnglückh [...] begegnen mag." 145 In diesen Äußerungen tritt klar zutage, daß das reichsstädtische Bürgertum des 16. Jahrhunderts dem Faktor Verwandtschaft eine hohe „sittliche und soziale Bedeutung" beimaß.146 Gerade in Krisen- und Konfliktsituationen wie Firmenbankrotten waren Verwandte offenbar mit besonders hohen Erwartungen - materielle Hilfe, Vermittlung, Fürsprache - konfrontiert, die sie jedoch nicht in jedem Fall zu erfüllen bereit waren. Die Untersuchung zweier Typen von Verwandtschaft - zwischen Schwiegerverwandten sowie zwischen „Vettern", worunter in zeitgenössischen Quellen auch das Verhältnis Onkel/Neffe verstanden wird - kann den Gehalt dieser Verwandtschaftsbeziehungen, ihre zeitgenössische Wahrnehmung, Beurteilung und Instrumentalisierung veranschaulichen. Für die Augsburger Chronisten des 16. Jahrhunderts waren Beziehungen innerhalb der Oberschicht, die über Verschwägerung konstituiert wurden, geradezu synonym mit „Verfilzung", mit der Dominanz persönlicher Bindungen und Interessen über den gemeinen Nutzen. Als im Jahre 1535 die Kornpreise kräftig anstiegen, führte der Maler und Chronist Jörg Breu dies auf die Machenschaften der Kaufleute Leo Ravensburger, Raphael Sättelin, Markus Pfister, Georg Stebenhaber und Sebastian Neidhart zurück, die durch ihre Diener große Mengen an Getreide aufkaufen ließen, ohne daß der Rat sie dafür belangte. Diese fünf Männer, so fügte Breu hinzu, „waren in ainer gesellschaft und schweger miteinander." 147 Tatsächlich handelte es sich bei Ravensburger, Sättelin, Neidhart und Stebenhaber um Schwiegersöhne des Christoph Herwart, während Pfister ein Neffe und langjähriger Faktor Herwärts war.148 Auch der Patrizier Matthäus Langenmantel, selbst ein politisch einflußreiches Mitglied der Augsburger Führungsschicht, war sich der politischen und sozialen Bedeutung verwandtschaftlicher Beziehungen wohl bewußt. Als der Augsburger Rat sich 1540 über die Statuten der Kaufleutezunft hinwegsetzte und der Zunft befahl, den Ulmer Peter Pflaum aufzunehmen, führte Langenmantel diese Entscheidung vor allem auf den Einfluß von Pflaums Schwiegervater Ulrich Tiefstetter, der vom Klingenschmied zum Handelsmann aufgestiegen war, und von Bür-

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StAA, StG 201, fol. 75 r . Ebd., fol. 28 v -33 v (Zitat 33 r ). Sieh-Burens, Oligarchie, S. 53-56. Chroniken, Bd. 29, S. 67-68 (Zitat S. 68). Vgl. Kap. 4.4. Vgl. Burschel/Häberlein, S. 48-49.

376 germeister Jakob Herbrot zurück. Tiefstetter und Herbrot hätten „mit Iren kinden zuo samen geheyrat, also das Es alles ain schweger schaft" gewesen sei.149 Als 1543 Alexander und Hieronymus Kraffter und Hieronymus Wirsing zusammen mit einer Reihe anderer Augsburger Kaufleute wegen Münzfälschung bestraft wurden, fielen die Strafen Langenmantel zufolge deswegen so niedrig aus, weil die Delinquenten über schwiegerverwandtschaftliche Beziehungen zu einflußreichen Ratsmitgliedern verfugten: „sy heten aber guote schweger vnd andre schwecher vnd frendt Im Rat vnd sunst die Kraffter ein grossen hansen vnd Schwager der wyrsing ain schwecher vnd schwager die andern des gleychen." Langenmantel dachte hier offenkundig besonders an den Kraffter-Schwager Jakob Herbrot und an Wirsings Schwiegervater Markus Pfister.150 Auch der Augsburger Rat sah sich bisweilen gezwungen, sich mit Stellenwert und Bedeutung verwandtschaftlicher Beziehungen zwischen Ratsherren und anderen Bürgern auseinanderzusetzen. In der Regel traten Ratsherren während Verhandlungen, die ihre Verwandten betrafen, aus dem Rat aus. Als sich der Rat 1564 jedoch mit den Konkursen der Ulstett und der Manlich befaßte, zeigte sich, daß bei konsequenter Anwendung dieser Regel auf „der Herrn Ratgeben Hausfrauen geschwistergit Kind vnnd leipliche Schweger [...] gar wenig Herrn vom Rat Inn disen beden Handlungen sitzen würden".151 Der Rat mußte also selbst eingestehen, daß die verwandtschaftlichen Verflechtungen seiner Mitglieder mit den Ulstett und den Manlich so eng waren, daß nur vergleichsweise wenige Mitglieder des Kleinen Rates nicht davon betroffen waren. Der Stadtpfleger Heinrich Rehlinger zeigte eine besonders ausgeprägte Sensibilität für Interessenkonflikte, die selbst entfernte verwandtschaftliche Beziehungen hervorrufen konnten. 1564 ersuchte er den Rat, während der Verhandlungen gegen Markus Herwart, der wegen einer Auseinandersetzung mit der städtischen Nachtwache festgenommen worden war, aus dem Rat austreten zu dürfen. Als Begründung führte er an, daß „sein Hausfrau mit dem alten Herrn Georgen Hörwart, des Marx Hörwarts vattern geschwistergitt Kynnd, vnnd Er Georg Hörwart noch Inn leben sey".152 Als der Rat 1567 über die Verhängung des Todesurteils gegen den mit einer Höchstetter verheirateten Baumeisteramtsschreiber Ambrosius Hagk, der jahrelang städtische Gelder veruntreut hatte,153 beriet, sahen sich sowohl Rehlinger als auch Christoph Peutinger in einem Interessenkonflikt, weil „sie mit des Hakens Hausfrauen in tercio gradu, vnnd also zun dritten kinden verfruendt". Zuvor seien Ratsherren oftmals in Fällen, in denen es um weit weniger 149

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StBA, 2° Cod. Aug. 51, S. 993. Ulrich Tiefstetters Sohn Christoph war mit Jakob Herbrots Tochter Magdalena verheiratet: StAA, Werner/Lilienthal, „Herbrot"; Chroniken, Bd. 32, S. 456-457. StBA, 2° Cod. Aug. 51, S. 1014-1015. StAA, RP 33/11 (1564), fol. 39 r . StAA, RP 33/11 (1564), fol. 4 v -5 r . Vgl. von Stetten, Geschichte, Bd. 1, S. 576.

377 als um Leib und Leben gegangen sei, aus vergleichbaren Gründen aus dem Rat ausgetreten.154 In beiden Fällen sprach sich der Rat gegen das Austreten Rehlingers aus. Auch die Untersuchung von ökonomischen Vergehen Augsburger Kaufleute, etwa im Bereich des Münzhandels, brachte wiederholt die enge Zusammenarbeit zwischen Schwiegerverwandten zutage. Als Sylvester Raid 1549 wegen des Handels mit falschen Kreuzern verhört wurde, sagte er aus, daß er die minderwertigen Münzen von dem Weberzunftmeister Hans Schaller und dessen Schwiegersöhnen Karl und Kaspar Krön empfangen habe. Das Geschäft sei ihm von einem Schwager der Gebrüder Krön, dem Kaufmann Franz Merz, vorgeschlagen worden. 155 Das Verhör des Kaufmanns Joachim Gassner wegen der Ausgabe falscher Heller im Wert von über 250 fl im Jahr 1563 ergab, daß verwandtschaftliche Beziehungen bei der Organisation dieser verbotenen Münzgeschäfte eine große Rolle spielten. So sagte Gassner aus, daß er einen großen Teil der falschen Heller an seinen Schwager Hans Sigmund Stammler weitergegeben habe. Gassners Vetter Hans Bernhard Rehlinger wurde verdächtigt, Falschgeld in Bayern zu vertreiben, was Gassner allerdings bestritt. Hingegen gab er zu, von seinen Schwägern, den Gebrüdern Pflaum, minderwertige Dukaten im Wert von 225 fl mit dem Auftrag erhalten zu haben, diese mit anderem Geld vermischt in Umlauf zu bringen.' 56 Gassners Schwager Peter Pflaum erklärte dazu, er habe die Dukaten bei seinem Schwiegervater Hans Altensteig in Ulm einschmelzen lassen; sein Bruder Kaspar habe sie dann „in ainem Klumpen" mit nach Venedig genommen. 157 Die längerfristige geschäftliche Zusammenarbeit von Schwiegerverwandten bzw. von Vettern war im 16. Jahrhundert zwar nicht die Regel - die meisten Handelsfirmen, deren Gesellschafterstruktur wir kennen, waren von Brüdern oder von Vätern und Söhnen getragen158 - doch finden sich auch einige prominente Beispiele für derartige Zusammenschlüsse. Die Handelsgesellschaft von Andreas Grander, Konrad Rehlinger und Hans Honold, die zwischen 1503 und 1531 bestand,159 war primär ein Zusammenschluß von Schwägern. Grander war mit Konrad Rehlingers Schwester Afra verheiratet, während Honold aus der Ehe seines gleichnamigen Vaters mit Rehlingers älterer Schwester Elisabeth hervorging. 160

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StAA, RP 35/11 (1567), fol. 36 r . StAA, Urgichten 1549, 16.7. (S. Raid). Vgl. ausführlicher Kap. 3.2. StAA, Urgichten 1563a, 1.10., 8.10. (J. Gassner). Gassner war mit Sara Pflaum verheiratet. Vgl. StAA, Werner/Lilienthal, „Gassner". StAA, Urgichten 1563a, Beilage zu Joachim Gassners Urgicht. Vgl. Kap. 5.1. Auf der Grundlage von Augsburger, Nürnberger und Straßburger Beispielen kommt Maschke zu dem - zumindest für Augsburg - empirisch nicht haltbaren Schluß, „daß die Verbindung von Schwägern am häufigsten war." Maschke, Familie, S. 60. Schöningh, S. 5-10, 67-72; Lutz, Struktur, Bd. 2, S. 28'-38'; Riebartsch, S. 70, 111, 142-143, 199, 403-405. Genealogisches Handbuch, Bd. 7, S. 315.

378 Die Eheschließungen zwischen Anton Welser und Katharina Vöhlin (1479) sowie zwischen Katharinas Bruder Konrad Vöhlin und Anton Welsers Schwester Barbara bildeten den familiären Ausgangspunkt für die Gründung der Welser-VöhlinGesellschaft um 1496/98, und die im Jahre 1508 zum Kreis der Teilhaber gehörenden Mitglieder der Familien Haintzel, Lauginger, Pfister und Rem waren sowohl mit den Welsern als auch untereinander verwandt.161 Jakob Herbrot nahm 1551 seinen Schwiegersohn Konrad Schleicher in seine Handelsgesellschaft auf. In seiner Verschreibung gegen Schleicher bekräftigte er, daß er ihn „mit veterlichen getreue vnd liebe, wie annder meine sune, inn disem meinem hanndel haben vnnd halten will".162 Nach dem Tod Matthäus Manlichs 1559 führten seine sechs Schwiegersöhne Anton Hörmann, Abraham Katzbeck, Georg Sulzer, Melchior Linck, Hieronymus und Felix Rem die Gesellschaft ohne die Beteiligung von Manlichs gleichnamigem Sohn unter dem Namen „Matthias Manlich sei. Erben" weiter, wobei Abraham Katzbeck offenbar eine Führungsrolle zukam. Bei wechselnder Zusammensetzung der Teilhaber bestand das Unternehmen bis in die 90er Jahre des 16. Jahrhunderts. 163 Melchior Manlich nahm in seine 1562 gegründete Handelsgesellschaft seine Schwiegersöhne Philipp Welser und Karl Neidhart auf.164 Das herausragende Beispiel fur die geschäftliche Zusammenarbeit von Vettern und Schwiegerverwandten in einer Handelsfirma um die Mitte des 16. Jahrhunderts stellt zweifellos die Haug-Langnauer-Linck-Gesellschaft dar. Im Jahre 1547 etwa, als Anton Haug d.Ä. und sein Neffe Ulrich Linck einen neuen Gesellschaftsvertrag vereinbarten, gehörten der Firma auch Anton Haugs Söhne Anton d.J., Ludwig und David, seine Schwiegersöhne Melchior Manlich und Ludwig Hörmann und Ulrich Lincks Schwiegersohn Hans Langnauer d.J. an, dessen Schwester Anna mit Ludwig Haug verheiratet war.165 Anton Haug und Ulrich Linck bekundeten in ihrem 1547 abgeschlossenen Vertrag ihr gegenseitiges Vertrauen, das sowohl auf ihrem Verwandtschaftsverhältnis als auch auf ihrer langjährigen erfolgreichen Zusammenarbeit basierte: Haug und Linck waren 1547 die 161

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Welser, Welser, Bd. 1, S. 66-67; Ehrenberg, Bd. 1, S. 195-196; Eirich, S. 141-142; Maschke, Familie, S. 56. Zum Problem der Unterscheidung zwischen Hauptgesellschaftern und zu Gewinn und Verlust beteiligten Faktoren bei der Welser-Vöhlin-Gesellschaft vgl. Lutz, Struktur, Bd. 1, S. 359-361. Mayer, Fürlegung, S. 127. StAA, Spreng XII, Nr. 17; Spreng XLI, Nr. 63; Spreng XLVII, Nr. 46; Spreng L, Nr. 54; Warnemünde, S. 126. Hieronymus Rem stieß 1561 zu der Gesellschaft. Abraham Katzbeck und Felix Rem wohnten bereits 1550 im Haus ihres Schwiegervaters: StAA, Steuerbuch 1550, Sp. 77a. Sayous, commerce, S. 394. Anette Völker-Rasor hat unter Bezugnahme auf die Arbeiten von Levi-Strauss davon gesprochen, daß Eheschließungen in Kaufmannsfamilien des 16. Jahrhunderts häufig primär der „Verbindung von Mann und Mann", also der Bildung einer familiären Allianz zwischen zwei Geschäftspartnern dienten. Völker-Rasor, S. 181-183. Ehrenberg, Bd. 1, S. 230-231; Seibold, S. 127-130.

379 einzigen noch lebenden Hauptgesellschafter, die seit der Firmengründung 1531 dabei waren. Was einer der beiden Gesellschafter in den Geschäften der Firma unternehme, so der Vertragstext, „das sol unser jeder insonderhait one des anderen beysein vor wissen macht haben, auch so krefftig und stattlich geacht werden nicht weniger als ob wirs beidt samentlich mit einand gehandlt hettenn." Dennoch sollten, soweit möglich, alle wichtigen Geschäfte gemeinsam beraten und beschlossen werden. Was einer der Gesellschafter unternehme, „das soll beschechen mit guetter vorbetrachtung nicht weniger als were der ganz handl sein aigen alles nach aineß yeden pösten verstandt und vermögen getrewlich und ungeverlich auch bey den geübten eren und trewen so wir paidt ainander gethan haben." 166 In den Bestimmungen zur Aufnahme der Erben in den Handel nach dem Tod eines der Gesellschafter bekräftigte Ulrich Linck erneut: „wie dan mein vertrauen zu innen meinen vetteren den Haugen statt getreulich zu geieben."' 67 Katarina Sieh-Burens hat am Beispiel der Augsburger Bürgermeister und Stadtpfleger nachgewiesen, daß Schwiegersöhne oft jahrelang im Haus ihrer Schwiegereltern wohnten - eine Beobachtung, die auf die gesamte Augsburger Führungsschicht ausgedehnt werden kann.' 68 Hans Hörlin, der eine Tochter Michael von Stettens ehelichte, wohnte „bey seinem Schwecher vnd Schwiger, bis sy mit Tod sendt abgangen, gantz fraintlich vnd erberlich". Auch Christoph Welser und seine erste Frau Anna Honold lebten nach ihrer Eheschließung 1542 noch mehrere Jahre im Haus der Brautmutter, die ihre Tochter „fir Leben vnd Sterben fast gliebt" habe.' 69 Schwiegerväter setzten sich auch in kritischen Situationen immer wieder fur ihre Schwiegersöhne ein. Der angesehene Kaufmann und Ratsherr Markus Pfister ersuchte den Rat 1544 erfolgreich um Strafnachlaß für seinen Schwiegersohn Hieronymus Wirsing, der wegen Münzfälschung verurteilt worden war.170 Melchior Manlich stellte 1573 Kaution, um seinen Schwiegersohn Karl Neidhart aus der Haft auszulösen, in die er wegen Veruntreuung des Pfleggeldes der Kinder seines verstorbenen Bruders Paul gekommen war,' 71 und Anton (III) Haug, der 1574 wegen seiner Verstrickung in den Konkurs der Haug-Langnauer-Linck inhaftiert wurde, wurde auf die Petition und Bürgschaft seines Schwiegervaters Adam Rem hin wieder auf freien Fuß gesetzt.172 Stephan Fröschel, der zunächst als Diener Jakob Herbrots, dann als selbständiger Kaufmann tätig gewesen war, kam nach seinem Bankrott im Jahre 1575 bei seinem Schwiegersohn, dem Donauwörther 166 167 168 169 170 171

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Lutz, Struktur, Bd. 2, S. 125'. Vgl. auch Bd. 1, S. 324, Anm. 315. Lutz, Struktur, Bd. 2, S. 128'. Sieh-Burens, Oligarchie, S. 45, 89-90, 107-108, 115. Hämmerle, Geschlechterbuch, S. 84, 87. StAA, RP 18/11 (1544), fol. 49 r . StAA, RP 38/1 (1572), fol. 93 v , 95r; RP 38/11 (1573), fol. 32 r , 32 v , 67 r , 72 v , 84 v ; RP 39/1 (1574), fol. 40 r . StAA, RP 39/1 (1574), fol. 102 v -103 r .

380 Pfarrvikar Μ. Johann Neuberger, unter.173 Als Ludwig Schorer nach dem Bankrott der Schorer-Gesellschaft 1574 in Augsburg inhaftiert wurde, richteten seine Mutter und sein Schwager Hieronymus Hörmann „aus mueterlichem vnd schwegerlichem mitleiden vnd neigung" ein Gesuch um Freilassung Schorers an den Rat.174 Der Nürnberger Kaufmann Michael Behaim brachte 1533 die besondere Verpflichtung, die die Beziehung zwischen „Vettern" in seinen Augen mit sich brachte, zum Ausdruck, wenn er aus Breslau an seinen Verwandten Paul Behaim, der in Krakau eine kaufmännische Ausbildung absolvierte, schrieb: „Solst an mir ainen trewhen vetternn habenn vnd dich warhafftig andrer maynung in khainen weg versehenn, dan das ich deiner muetter, dir vnd all deinen geschwistrigten alles guets thuen will, nach meinem vermogenn, was ich khan vnd ways; solcher zuuersicht bis [sei] gewis." Da Michael Behaim seinem Vetter im gleichen Brief den Tod seines Vaters mitteilte, kam dieser Versicherung erhöhte Bedeutung zu.' 75 Anton Fuggers Verhalten gegenüber seinem entfernten Verwandten Ambrosius Höchstetter, der in einem oft zitierten Brief 1529 seinen „lieben Herrn Vettern" ersucht hatte, den drohenden Bankrott seiner Handelsgesellschaft noch abzuwenden, zeigt hingegen die Grenzen der Hilfsbereitschaft gegenüber „Vettern" auf, wenn diese primär als geschäftliche Konkurrenten und erst in zweiter Linie als Verwandte angesehen wurden, denen gegenüber eine sittliche Verpflichtung zur Hilfeleistung bestand.176 Wie die Hilfeleistungen von Verwandten für Kaufmannssöhne aussehen konnten, veranschaulicht Christoph von Stettens Bericht über die Vermittlung der Kinder seiner Schwester Apollonia und des Hans Rem an Augsburger Handelshäuser. So sei sein Neffe Markus Rem 1545 „dorch mein Mittel zum Herren Conrat Rechlinger vnd Sun als Diener auf zimlich erliche Besoldung" gekommen. Dessen Bruder Matthäus Rem, der sich Christoph von Stetten zufolge als wenig geschickt zum Kaufmannsberuf erwies, wurde zunächst von seinem Onkel Hans Baumgartner in Schwaz eingesetzt und danach durch Christoph von Stetten an den Großkaufmann Hieronymus Kraffter vermittelt, dessen Tochter er schließlich heiratete. Ein weiterer Sohn von Hans Rem, Salomon, fand durch von Stettens rege „Maklertätigkeit" Aufnahme als Diener in die Gesellschaft Bartholomäus Welsers. Christoph von Stetten nutzte also seine eigene strategische Position innerhalb des Beziehungsgeflechts der Augsburger Kaufmannschaft, um seine Neffen in vorteilhafte Positionen zu bringen.177 173 174

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Roth, Hieronymus Fröschel, S. 35. StAA, Stadtgericht, Franz Schorers und seiner Mitverwandten Gläubigerausschuß, 1574/75 (unverzeichnet). Bruchhäuser, S. 122-123. Bechtel, Wirtschaftsgeschichte, Bd. 1, S. 324; Pölnitz, Anton Fugger, Bd. 1, S. 159; Kellenbenz, Anton Fugger, S. 68-69. Hämmerle, Geschlechterbuch, S. 80-81. Zum Konzept des „Maklers" (brokers) aus der Perspektive der Netzwerkforschung vgl. Boissevain, S. 147-148, 153-158.

381 Ein geradezu kurioses Beispiel für die Wirkung und Reichweite von Beziehungen zwischen Vettern liefert der Konkurs der Brüder Hans, Eberhard und Kaspar Zangmeister in Augsburg und Memmingen im Jahre 1560. In einer Supplikation an den Memminger Rat berichteten die Brüder, „daß zwen unserer vetter Jheronimus und Davidt die Zangmaister gebrueder, Bürger zu Augspurg, valliert und auß Augspurg an ir sicherhait gethan, durch welche beschrayung uns, den andern Zangmeistern, die wir mit inen gar nichtzit zu thon haben, allein des namens halb bey etlichen gleubigern ain mißtraun auch erwachsen, [..,]"178 Die Macht des Gerüchts und des gemeinsamen Familiennamens, so suggeriert dieser Bericht, erzeugte eine äußerst folgenreiche Verbindung zwischen zwei familiären Gruppen, die sonst „gar nichtzit" miteinander verband. Im Jahre 1574 versuchten die Gebrüder Schorer, „so bereit das verderben am hals getragen", wie der Augsburger Jurist Hieronymus Fröschel in seiner Hauschronik berichtet, sich vor dem Bankrott zu retten, indem sie Fröscheis Bruder, den Arzt Benedikt Fröschel d.J., nach Venedig sandten, um dort bei einem „pfaffen" die Kunst der Alchimie zu lernen. Melchior Manlich und seine Mitverwandten sollten das Experiment mitfinanzieren. Als Hieronymus Fröschel den jüngeren Melchior Manlich warnte, „der Schorer sach stee nit wol", soll Manlich zur Antwort gegeben haben: „davon wisse er nichts; die Schorer seien ire vettern etc."179 Die Erwartungen, die in Krisensituationen selbst in entfernte Verwandte gesetzt werden konnten, verdeutlicht ein Schreiben der Verwandten des Augsburger Patriziers Hans Heinrich Haintzel an den ebenfalls aus dem Augsburger Patriziat stammenden Karl Welser, der als Bruder von Erzherzog Ferdinands Gemahlin Philippine Welser zu den einflußreichsten Persönlichkeiten am erzherzoglichen Hof in Innsbruck gehörte. Haintzel war 1583 aufgrund seiner Opposition gegen die Augsburger Kalenderreform von habsburgischer Seite auf Schloß Günzburg gefangengesetzt worden. Einer von Haintzels Brüdern rechtfertigte sein Hilfegesuch an Karl Welser damit, saß „diser gefangner mein fraindtlicher lieber brueder vnd wir, E. Gn. vnwirdige blutsfraindt, und E. Gn. mit vnserm lieben fromben Vatter säligen, Johann Baptista Hainzell, zue geschwistern kinden, vnd also vns vnd vnnserem lieben gefangenen brueder, In dritthalb graden [...] mit bluettsfraindtschafft zugethan seyen".180 Die Testamente mehrerer Angehöriger der Augsburger Elite bezeugen ebenfalls den hohen Stellenwert verwandtschaftlicher Beziehungen. Raymund Imhofs erste Frau Juliana Peutinger sprach 1574 ihrer Schwiegermutter Katharina Imhof 500 Gulden zu „von wegen der sonndern lieb vnd Trew, auch nit geringer müe

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Westermann, Zahlungseinstellung, S. 476. Roth, Benedikt Fröschel, S. 156-157. Steuer, Innerstädtischer Konflikt, S. 126; Reinhard, Oligarchische Verflechtung, S. 60.

382 vnd arbayt, die sy die zeyt meines Ehestannds mir erzaigt hatt."181 Matthäus Haugs Frau Lucia Mair vermachte 1577 ihrem Schwiegersohn Georg Vittel182 ebenfalls 500 Gulden, da er ihr während ihrer „trübsal vnnd widerwerttigkeit" - dem Bankrott ihres Mannes - „treulich beygestannden, mir auch noch heuttigs tags alle ehrliche lieb vnnd trew erzeigt, darneben auch Inn werender vergleichung mit meins Ehewirts Herrn gläubigem vmb ehren vnnd frids willen von dem seinigen nitt ein schlechts nachgesehen, [...] vnnd vber diß alles Inn diser vertragshanndlung, [...] grosse mühe vnnd Arbeit gehabt".183 Anna Maria Sulzer, die Witwe des Jeremias Schorer, bezeichnete ihren „Vetter" Paul Vöhlin in ihrem 1574 aufgesetzten Testament als „hochvertrauten freund", substituierte ihn als Erben, falls ihre einzige Tochter ohne Nachkommen sterben sollte, und wünschte, in Vöhlins Grabstätte bei St. Anna bestattet zu werden.184 Das Testament von Christoph Mairs Witwe Christina Hopfer demonstriert die Bedeutung, die ein Netzwerk von Vettern und Basen für die materielle Absicherung einer Kaufmannswitwe haben konnte, die durch einen Firmenbankrott in eine materielle Notlage geraten war.185 Christina hatte ihr Barvermögen und das ihres verstorbenen Mannes - insgesamt 7.000 fl — in die Firma der Gebrüder Neumair eingelegt. Nach dem Bankrott der Neumair 1572186 verlor die Witwe ihre wichtigste Einkommensquelle, die jährlichen Zinsen aus dem Hauptgut. In dieser Situation, so Christina Hopfer, seien ihre „Vettern" und „Basen" eingesprungen und hätten ihr „ein Zeit lanng vil guts gethan". Insbesondere die Söhne ihres Bruders Georg, Daniel, Georg und Jonas Hopfer, sowie deren Vetter Hieronymus hätten sich ihrer „so ganntz vätterlich vnnd mitleidennlich angenommen" und ihr versprochen, für ihren Unterhalt zu sorgen, so lange sie lebe bzw. bis die Schuld der Neumair-Firma eingebracht sei. Christina brachte ihre Dankbarkeit gegenüber den Neffen darin zum Ausdruck, daß sie ihnen ihr Wohnhaus in der Grottenau vererbte. Ein Haus mit Garten beim Katzenstadel vermachte sie sieben weiteren „Vettern" und „Basen", welche ihr „auß sonderer freundschafft vnnd grossem mitleiden meine alimenta vnnd tägliche leibs vnnderhalltung geraicht vnnd noch reichen, auch mir sonnsten bißher vil Ehren vnnd guets bewysen". Ihre übrige Habe sollte zu gleichen Teilen unter ihre 17 Neffen und Nichten bzw. deren Nachkommen verteilt werden. Besondere Bedeutung erlangten Beziehungen zu Vettern und Basen, Neffen und Nichten auch in Fällen, in denen ein Mitglied der Augsburger Führungs-

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StAA, Spreng XI, Nr. 62. Der aus Hall in Tirol stammende Georg Vittel hatte 1569 Matthäus Haugs Tochter Lucia geheiratet: Hämmerle, Nr. 884. StAA, Spreng XVII, Nr. 62. StAA, Spreng XVI, Nr. 4. StAA, Spreng XVI, Nr. 3. StAA, Stadtgericht, Neumair-Falliment 1572/73 (unklassifiziert).

383 schicht keine leiblichen Nachkommen hatte187 oder die Kinder sich als „untauglich" oder unwillig erwiesen, sich den familiären und ökonomischen Interessen des Vaters zu fugen. Der „klassische" Fall aus der Augsburger Handelsgeschichte ist die Beziehung des kinderlosen Jakob Fugger zu seinen Neffen. Fugger, nach dem Tod seiner Brüder Ulrich und Georg von 1512 bis 1526 alleiniger „Regierer" des Familienunternehmens, beabsichtigte zunächst, seine Neffen Hieronymus, Raymund und Anton gemeinsam mit der Fortführung des Handels zu betrauen, setzte aber in seinem zweiten Testament von 1525 seinen Neffen Anton als alleinigen Geschäftsführer ein, „dieweyl mein vetter Raymundus seins leibs halben außzuraisen unnd sonnst vil andere grosse müe unnd arbait zu thun nit wol vermüglich, auch mein vetter Jeronymus deß Unngerischen Hanndels unnd sonnst anderer unnserer gemainer handtierungen unnd geschefft nit allerding kündig, noch der wissenhafft ist [...]".188 Hans Honold, der nie heiratete, hatte Christoph von Stetten zufolge eine besondere Neigung zu dem nach ihm benannten Sohn seines Bruders Peter Honold. Er schickte ihn zum Studium nach Wittenberg, „bey Marthiny Lutther im Haus studierendt" und vermachte ihm sein Haus, ein Schloß außerhalb Augsburgs und beträchtlichen Landbesitz. Nach dieser reichen Erbschaft hatte der jüngere Hans Honold nach von Stettens Ansicht allerdings keine besondere Lust mehr zum Studium oder zum Kaufmannsberuf. 189 Der kinderlose Leonhard Christel äußerte in seinem Testament von 1571, er habe gemeinsam mit seinem Bruder Hans und seinem Diener Nikolaus Pemer „mit großer vilfelltiger mhue, vnd langwieriger arbait" eine Handelsgesellschaft gefuhrt und dabei ein beträchtliches Vermögen erworben. Nach dem Tod des Bruders habe er seine Neffen Georg und Christoph, die Söhne seines Bruders Bartholomäus „auß fraintlichem gueten willen" in die Gesellschaft aufgenommen. Obwohl der Erblasser Georg „vonn Jugendt auff bey mir inn meiner Zuecht vnd Halltung gehabt, vnd allen vleiß fürgewandt, Ine zue dem handel geflißen vnd verstendig zemachen", habe dieser keine rechte Neigung zum Handel gezeigt und wurde daher mit einem Legat von 30.000 fl und einem Haus in der Pfaffengasse abgefunden. Sollte er mit diesem Legat verschwenderisch umgehen, stand es im Ermessen der Testamentarier, ihm lediglich die jährlichen Zinsen zukommen zu lassen. Christoph Christel hingegen, der „sich im handel bißher verstendiger vnd vleißiger, dann sein brueder Georg" gezeigt habe, wurde zum Haupterben seines Onkels ernannt. Er erhielt sieben Achtel der unverteilten Habe samt Leonhard Christels Haus am Weinmarkt zugesprochen. Christoph Christel und Nikolaus Pemer, der das übrige Achtel erbte, waren zwar verpflichtet, nach dem Tode Leonhard Christels eine Generalrechnung zu erstellen, doch mußten sie Georg Chri-

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Für Beipiele aus anderen deutschen Städten vgl. Maschke, Familie, S. 16-18. Preysing, S. 91. Vgl. Simnacher, S. 106-108. Hämmerle, Geschlechterbuch, S. 85-86.

384 stel lediglich das Ergebnis der Rechnung mitteilen und brauchten ihm keinen Einblick gewähren.190 In Testamenten von Personen, die ohne männliche Erben blieben, wird häufig auch der Wunsch nach Erhaltung des Familiennamens, des eigenen Stammes und Geschlechts, explizit formuliert. Hieronymus Fugger, der kinderlose Bruder von Raymund und Anton Fugger, gab 1538 eine ausfuhrliche Begründung dafür, daß er nur die Söhne seiner Brüder als Erben einsetzte, die Kinder seiner Schwestern hingegen lediglich mit Legaten bedachte. Zum einen hätten seine Schwestern und deren Nachkommen bereits stattliche Heiratsgüter und Erbteile erhalten und waren materiell abgesichert. Vor allem aber wäre es seiner Ansicht nach erwiesen, „das ains jegclichen geschlechts, stamen unnd namen, ehr aufnemen unnd bestendig wesen, furnemlich allein durch die mannßpersonen, so die in ehrlichem, guetten vermögen zeittlicher narung erhalten werden mögen unnd daß also auch der gemain nutz erfordert den mannßpersonen ains stamens unnd namens das zeittlich vermögen zu fuerdern, damit die ehr aufnemen unnd wolfardt der geschlecht dester stattlicher unnd beharlicher beleiben khönden. In dem aber das widerspill verursacht wirdet, wo die zeitlichen vermögen aines ehrlichen geschlechts auf das weiblich oder in annder frembt geschlecht erwachsen oder gewendt werden". Zentrale normative Kategorien der ständischen Gesellschaft, Ehrbarkeit und gemeiner Nutzen, erscheinen hier in enger Verknüpfung mit dem Fortbestand und dem Wohlstand des „Geschlechts", welches gleichgesetzt wird mit den männlichen Trägern des Familiennamens. Seine Brüder Anton und Raymund und deren Söhne, so Hieronymus Fugger, hätten durch ihr Engagement im Fugger'schen Familienunternehmen für „iren echelichen unnd weltlichen stamen unnd namen" gearbeitet, und Hieronymus sah es als seine oberste Pflicht an, sie bei dieser Aufgabe zu unterstützen, so weit es in seiner Möglichkeit stand.19' War das Denken in den Kategorien von „Stamm" und „Geschlecht" bei den Fuggern aufgrund ihres zunehmend an adligen Verhaltensweisen und -normen orientierten Selbstverständnisses besonders ausgeprägt,192 so finden sich ähnliche Denkmuster auch in den Äußerungen anderer Augsburger Patrizier wieder. Christoph Rehlinger, der zum Zeitpunkt der Abfassung seines Testaments 1574 ohne Nachkommen war, vermachte seinem Neffen Christoph, „wellicher meines Namens vnnd Geschlechts ist", sein Schloß und Gut Haldenberg, an dem Rehlingers

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StAA, Spreng V, Nr. 15 1/2. Preysing, S. 104-105. Vgl. Simnacher, S. 118-119. Vgl. Hildebrandt, Georg Fuggerische Erben, S. 28-30; Lutz, Marx Fugger, bes. S. 446-450; Mörke, Fugger, bes. S. 153-157.

385 Frau Maria Meuting aber ein lebenslängliches Nutzungsrecht behielt.193 Nach dem 1586 verfaßten letzten Willen von Christoph Rehlingers Witwe Maria Meuting sollte der Sohn ihres Bruders Anton, Lukas Anton Meuting, aus „sonderbarer naigung, die Ich zu ime hab" und zur Erhaltung des Meuting'schen Stammes Marias Haus bei St. Ulrich erhalten.194 Die Erhaltung und Fortführung des eigenen Namens und Geschlechts war aber auch ein besonderes Anliegen von einigen Repräsentanten der wirtschaftlichen Führungsschicht Augsburgs, die standesmäßig unterhalb des Patriziats angesiedelt waren. So verfügte Hans Morauer in dem Testament, das er 1569 gemeinsam mit seiner Frau Barbara Reger diktierte, daß seinem Neffen Franz, dem Sohn seines Bruders (und langjährigen Geschäftspartners) Leonhard, bzw. dessen Erben seine liegenden Güter zu Untermeitingen, Göggingen und Bergheim zuteil werden sollten. Sollte Franz Morauer ohne männlichen Nachkommen sterben, gingen die Güter an dessen ältesten Bruder über. Nach diesem Grundsatz sollte verfahren werden, solange es männliche Nachfahren des Namens Morauer gab. Der jeweilige Erbe war verpflichtet, den Grundbesitz intakt zu halten. Ein Verkauf der Güter war nur „von besserung vnnd meerern nutzes wegen" gestattet.195 Diesen Beispielen für den hohen Bedeutungsgehalt verwandtschaftlicher Beziehungen innerhalb der Augsburger Elite, der in langfristiger geschäftlicher Zusammenarbeit, Hilfe in Krisen- und Konfliktsituationen und testamentarischen Verfügungen seinen Niederschlag fand, stehen eine Reihe von Konflikten zwischen Verwandten, insbesondere zwischen Schwiegerverwandten gegenüber, die auf die Grenzen der Tragfähigkeit verwandtschaftlicher Netzwerke und die Verletzung von Normen und Erwartungen, die sich an familiäre Beziehungen anknüpften, hinweisen. So kam es 1555 etwa auf dem Augsburger Perlach zu einer tätlichen Auseinandersetzung, an der mit Daniel Ulstett, Hieronymus Kraffter und Melchior Manlich drei Angehörige renommierter Augsburger Kaufmannsfamilien beteiligt waren. Der Augsburger Rat rügte Ulstett im Juli 1555, weil dieser „mit fürsetzlichem muetwillen ganntz vngewonlicher vnnd verechtlicher weis" Kraffter an einem Ort angegriffen habe, der „für anndere plätz diser Statt gefreytt" sei und daher „billich für anndere fridlich soll gehalten werden". Ulstetts Vergehen erschien dem Rat schwer genug, um ihn „andern zu ainem Exempel vnd scheuch" zu bestrafen. In Ansehung der Verdienste seines Vaters, des zeitweiligen Stadtpflegers Markus Ulstett, beließ es der Rat jedoch „aus Gnade" bei einer Turmstrafe von einem Monat, von der Daniel Ulstett acht Tage persönlich absitzen, die übrigen mit drei Gulden pro Tag abgelten sollte. Ulstett, der sich mit der etwas kryptischen Bemerkung rechtfertigte, daß ihn „sein Schwager" Hieronymus Kraffter zu diesem Vergehen „höchlich verursacht" habe, ersuchte den Rat, die 193 194 195

StAA, Spreng XI, Nr. 60 1/2. StAA, Spreng XXXIV, Nr. 6. StAA, Spreng III, Nr. 26.

386 Strafe auszusetzen, bis er von einer geplanten Geschäftsreise nach Venedig zurückkehre.196 Ulstetts Vater nutzte die Zeit der Abwesenheit seines Sohnes, um durch erneute Fürbitte das Strafmaß auf eine symbolische Turmstrafe von einem Tag und einer Nacht zu reduzieren. Den Rest der Strafe sollte Daniel Ulstett mit einem doppelten Bußgeld abgelten.197 Während die Ursache des Konflikts im Dunkeln bleibt, treten zwei andere Aspekte des Falls klar zutage. Da ist zum einen die „Öffentlichkeit", die der Konflikt dadurch erlangte, daß Ulstetts Attacke auf Kraffter an einem Ort stattfand, für den ein grundsätzliches Friedensgebot bestand, und damit auch als Angriff auf den städtischen Frieden insgesamt empfunden werden konnte. Zum anderen demonstriert der Fall den ambivalenten Charakter verwandtschaftlicher Verbindungen, da Ulstett mit Hieronymus Kraffter seinen eigenen „Schwager" angriff. Diese Ambivalenz wird anhand eines unmittelbar daran anschließenden Konflikts, bei dem Melchior Manlich Daniel Ulstett konfrontierte, noch deutlicher. Nachdem Manlich von der Auseinandersetzung zwischen Ulstett und Kraffter erfuhr, sei er seinem eigenen Bericht nach selbst auf den Perlach gegangen, wo ihm die drei Gebrüder Ulstett, „seine schwäger", begegnet seien. Auf Manlichs Ermahnung „Schonet doch der Erbern Freundschafft" hin habe sich ein hitziger Wortwechsel entsponnen, in dem Daniel Ulstetts Bruder David seinem Gegenüber Manlich ebenfalls „ain maultaschen" angedroht habe. David Ulstett behauptete hingegen, Manlich sei auf seinen Bruder Daniel zugelaufen, als sie sich gerade auf dem Weg zu ihrem Vater befanden, und hätte ihn mit den Worten angefahren: „wie darfstu so keckh sein, Mein schwager in das angesicht zuschlagen".198 Die Kontrahenten Melchior Manlich und David Ulstett bedienten sich des Begriffs „Schwager" mit unterschiedlicher Intention. Während Manlich den Fall so darstellte, als hätte er zwischen seinen Verwandten - der „Erbern Freundschafft" den Frieden wiederherstellen wollen, empfand David Ulstett die Tatsache, daß Manlich Hieronymus Kraffter als seinen „Schwager" bezeichnete, als Parteinahme. Daß indessen auch die Ulstett dem Faktor Verwandtschaft einen hohen Stellenwert beimaßen, läßt sich daraus entnehmen, daß die drei Brüder gemeinsam auftraten, und daß sie sich zum Zeitpunkt des Konflikts auf dem Weg zu ihrem Vater befanden. So wie eine Eheschließung stets auch eine Allianz zwischen zwei Familienverbänden beinhaltete, konnten eheliche Konflikte diese Allianz erneut in zwei antagonistische Lager aufspalten. Die Formierung und Desintegration einer solchen auf Schwiegerverwandtschaft basierenden familiären Allianz läßt sich am Beispiel des Konfliktes zwischen Jakob Herbrot und dessen Schwiegersohn Simon Man-

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StAA, Strafbuch 1554-1562, fol. 32 v -33 v ; StAA, RP 29/1 (1555), fol. 49v.. StAA, RP 29/1 (1555), fol. 65 v , 67v. StAA, Urgichten 1555, 8.7. (H. Kraffiter/D. Ulstett).

387 lieh in den Jahren 1541 bis 1545 minutiös rekonstruieren.199 Herbrot nahm seinen Schwiegersohn nach der Heirat mit seiner Tochter Marina in sein Handelsunternehmen und sein Haus auf, doch kam es bald zu Dissonanzen zwischen Manlich und seinen Schwiegereltern, die einem handschriftlichen Bekenntnis Manlichs zufolge durch seinen üblen Lebenswandel und seine Verschwendung verursacht wurden. Jakob Herbrot kündigte seinem Schwiegersohn schließlich die Beteiligung am Handel auf. Manlichs Brüder Matthäus und Melchior sowie seine Schwäger Georg Regel, Dr. Ambrosius Jung und Hans Langnauer konnten Herbrot jedoch überreden, es mit seinem Schwiegersohn nochmals zu versuchen. Dieser verpflichtete sich im Gegenzug, sich der Völlerei, des Zutrinkens und Spielens zu enthalten, nicht ohne Einwilligung seiner Schwiegereltern auswärts zu essen oder zu trinken und nichts mehr zu verschenken, zu borgen oder leihen.200 Als Simon Manlich sich nicht an diese Abmachung hielt und - offenbar wegen erneuten Zechens und nächtlichen Krawallmachens - 1543 verhaftet und im Turm eingesperrt wurde, verließ Marina Herbrot das Haus ihres Mannes und begab sich in das Haus ihres Vaters zurück. Simon Manlichs Verwandtschaft protestierte daraufhin vor dem Rat, daß Marina grundlos ihren Mann verlassen und obendrein dessen Silbergeschirr, Leinwand und andere Gegenstände mit sich genommen habe. Sie verlangten, daß Marina Herbrot wieder zu ihrem Mann „heimgehen" und ihm seine Habe zurückbringen solle.201 Die Schlichter Hans Welser und Matthäus Manlich befanden hingegen, daß Marina durch die Trunksucht, Gewalttätigkeit und Unberechenbarkeit ihres Mannes veranlaßt wurde, in das Haus ihres Vaters zu ziehen. Außerdem sagten mehrere Zeugen aus, daß Manlich wiederholt die Ehre seiner Frau und seines Schwiegervaters massiv angegriffen hatte. So bestätigte der Barbier Sebastian Weg, er habe Manlich öffentlich sagen hören, „der Herprot sein Schweher halt Ime nichts, vnnd Er sei ain erloser niemand nutzer man, so lanng bis Er Ime Raittung thue, vnnd halt was Er Ime zugesagt hab." Simon Manlichs Köchin berichtete, ihr Herr habe seine Frau mit den Worten beschimpft „du Erloser sackh, ain hure Im frauen hauß hat mer Ere als du, [...] Ich will mir des Herpetischen volckhs abhellffen, vnnd dich ainsmals wider haimschickhen [...] Es ist alles Erloß, vnd erlogen was an dem Volckh ist."202 Jakob Herbrot und Matthäus Manlich einigten sich Anfang 1544 dahingehend, daß Simon Manlich gegen eine Urfehde und eine Bürgschaft seiner Verwandten 199

Sowohl Katarina Sieh-Burens als auch Lyndal Roper erwähnen diesen Fall, beide allerdings unter einem eingeschränkten Blickwinkel. Während Sieh-Burens, Oligarchie, S. 47 in der Hilfeleistung Herbrots für seine Tochter das „tiefverwurzelte Zusammengehörigkeitsgefühl" einer Familie der Augsburger Führungsschicht sieht, betont Roper, Holy Household, S. 188 den Umstand, daß Simon Manlich fur seine Verstöße gegen städtische Normen und Verordnungen nie bestraft wurde. Vgl. ferner Seibold, S. 34-35. StAA, Augsburger Geschlechter, Nr. 13.

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Ebd., ferner StAA, RP 17/11 (1543), fol. 120 v , 123 v . StAA, Augsburger Geschlechter, Nr. 13.

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aus der Haft entlassen werden sollte. Der Rat delegierte Hans Welser und Paul Wittelspeck, einen neuen Vertrag zwischen Herbrot und Manlich auszuhandeln.203 Die Verhandlungen zogen sich jedoch bis Mitte 1545 hin. Während dieser Zeitspanne signalisierte Simon Manlich wiederholt Versöhnungsbereitschaft,204 um dann wieder seinem Schwiegervater die Absicht zu unterstellen, ohne Grund seine Ehre und seinen guten Leumund anzutasten.205 Der Vertrag, der schließlich auf massives Drängen des Rates zustande kam, sah vor, daß aller Zwist und Unwille zwischen den Familien begraben werden und Simon Manlich seinen Schwiegereltern in höflicher Form abbitten sollte. Die Eheleute Simon Manlich und Marina Herbrot sollten „ainannder Inn Eeren, Zuocht, lieb vnnd frundschafft, Eelich vnnd Christlich beiwonen, wie sich Erbern Eeleuten zuthun gebürt." Manlich sollte sich „vnordenlichs beweinens, liederlicher pöser gesellschafft, vnnütz anwerdenns seines guts, schmehens, grossen schwerenns vnnd gotzlesterns enthalten" und dermaßen haushalten, daß er weder sein eigenes Hauptgut noch das seiner Frau angriff. Den Eheleuten war untersagt, ohne Einwilligung ihrer Verwandtschaft aus Augsburg wegzuziehen. Ergänzend enthielt der Vertrag einige finanzielle Vereinbarungen zwischen beiden Familien. Simon Manlichs Bruder Matthäus sollte Simons Hauptgut in Höhe von 4.000 fl, das bislang in Herbrots Unternehmen angelegt war, zu Händen nehmen und verbürgte sich dafür, den Betrag ungeschmälert zu erhalten. Herbrot sollte hingegen die 4.000 fl Heiratsgut seiner Tochter bei sich behalten und davon den Eheleuten denselben Betrag an Zinsen geben wie Matthäus Manlich. Als Zeugen unterzeichneten auf Herbrots Seite sein gleichnamiger Sohn, seine Schwäger Stephan Eiselin und Alexander Kraffter, sein Schwiegersohn Christoph Tiefstetter und dessen Vater Ulrich. Für Manlich traten seine Brüder Matthäus und Melchior, sein Schwager Georg Regel, sein Neffe Christoph Manlich und Dr. Johann Knoller als Beistände auf.206 In dem Konflikt zwischen Jakob Herbrot und Simon Manlich bzw. dessen Verwandtschaft ging es einerseits um wirtschaftliche Kompetenz und „gute Haushaltung". Herbrot suchte sicherzustellen, daß das Eigentum seiner Tochter vor Verschwendung bewahrt und sparsam und verantwortungsvoll genutzt wurde. Manlichs Verwandtschaft zeigte sich ihrerseits besorgt darüber, daß Marina Herbrot mit ihrem Auszug aus dem Haus ihres Mannes auch dessen Güter mitnehmen könnte. Eine mindestens ebenso große Rolle in der Auseinandersetzung spielte jedoch die Frage der familiären Ehre. Manlichs Behandlung seiner Frau stellte nicht nur eine faktische Mißachtung der Ehrbarkeit von Marina Herbrot dar. Seine verbalen Attacken auf seine Frau, seinen Schwiegervater und die Herbrot'sche

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StAA, RP 18/1 (1544), fol. 2V, 3r, Τ . StAA, RP 18/11 (1544), fol. 99v: Manlichs Aussage, „das er leiden möge, zwischen Ime vnnd seinem Schweher Jacoben Herbrod guetliche vnderhandlung zu pflegen." StAA, Augsburger Geschlechter, Nr. 13. StAA, RP 19/1 (1545), fol. 97 v -99 v .

389 Familie stellten deren Ehre auch direkt in Frage. Da Herbrot in den 1540er Jahren wiederholt das Bürgermeisteramt bekleidete und obendrein als sozialer Aufsteiger von den alteingesessenen Patrizier- und Kaufmannsfamilien mit Argwohn betrachtet wurde, erlangten Manlichs Angriffe auf die Ehre der Familie seiner Frau eine beträchtliche öffentliche Wirkung und geradezu politische Brisanz, da sie auf die Diskrepanz zwischen Herbrots Amtsehre als höchster städtischer Würdenträger und seinem persönlichen Ehrkapital hinwiesen.207 Umgekehrt hatte die Familie Manlich in den vorangegangenen Jahrzehnten zweimal die Erfahrung machen müssen, daß sich die städtische Führungsschicht der Patrizier und Mehrer auch ihr gegenüber ablehnend verhielt. Um 1515 hatten die Geschlechter Georg Regels Frau Anna Manlich den Zugang zur Herrentrinkstube wegen fehlender sozialer Qualifikation verweigert, und 1539 blieb Anna Manlich und ihren Schwestern auch nach der Aufnahme ihrer Ehemänner Georg Regel, David von Dettighofen und Ambrosius Jung die sozial exklusive Stube verschlossen.208 Daß eine Reihe von Familienmitgliedern sich für Simon Manlich trotz dessen erwiesenen „Übelhausens" einsetzten, kann somit wahrscheinlich mit dem Wunsch erklärt werden, einen weiteren Verlust an familiärem Prestige und Ansehen zu verhindern. Von den zwei Aufsteigerfamilien der Manlich und der Herbrot wollte keine gegenüber der anderen das Nachsehen haben. Der Konflikt zwischen Jakob Herbrot und den Manlich war nicht die einzige Auseinandersetzung zwischen Schwiegerverwandten, bei der es um ökonomische Kompetenz und „gute Haushaltung" ging. Auch zu seinem Schwiegersohn Christoph Tiefstetter hatte Herbrot zum Zeitpunkt der Abfassung seines Testaments (1557/58) offenbar ein gestörtes Verhältnis. Herbrot verfugte, daß der Anteil seiner Tochter Magdalena an seiner Hinterlassenschaft auf keinen Fall ihrem Ehemann ausgehändigt werden, sondern im Geschäft seiner Söhne liegenbleiben und verzinst werden sollte. Im Falle von Magdalenas Tod sollte das Kapital ihren sieben Töchtern zufallen.209 Ambrosius Stapf, der sich 1557 vor den Strafherren wegen seines verschwenderischen Lebenswandels und der schlechten Behandlung seiner Ehefrau verantworten mußte, sah eine wesentliche Ursache für seine Probleme in der Haltung seines Schwiegervaters, der ihn ,jeder zeit vbel schelte vnd ankhomme" und bislang daran gehindert habe, einen „gewöhnlichen Handel" anzunehmen. Er bestritt aber, seinem Schwiegervater angedroht zu haben, ihn ermorden zu wollen.210 Ein Beispiel dafür, wie das Mißtrauen zwischen Schwiegervater und Schwiegersohn bis zur Auflösung einer ehelichen Verbindung und damit auch einer fa207

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209 210

Instruktiv sind in diesem Zusammenhang die Ausführungen von Rogge, Ehrverletzungen, bes. S. 117-130, 141-142. von Stetten, Geschichte, Bd. 1, S. 353-354; von Stetten, Geschlechter, S. 156-157; Seibold, S. 24-26. StA Lauingen, Nr. 3943. StAA, Urgichten 1557, 18.9., 22.9. (A. Stapf).

390 miliären Allianz fuhren konnte, ist die Beziehung zwischen Anton Welser d.J. und Leonhard Hirschvogel aus einer Nürnberger Familie, die wie die Welser stark im Handel mit der iberischen Halbinsel und Übersee engagiert war.211 Welser hatte seiner Tochter Sabina in dem 1534 geschlossenen Ehevertrag 4.000 fl Heiratsgut, Hirschvogel seiner Braut den gleichen Betrag in Goldgulden als Widerlegung sowie 500 fl Morgengabe zugesichert. Welser verweigerte jedoch die Auszahlung und selbst die Verzinsung des Heiratsgutes seiner Tochter, weil Hirschvogel seiner Darstellung zufolge keine Sicherstellung des Vermögens seiner Frau leisten wollte. Welser hatte nach seinen eigenen Worten außerdem darauf bestanden, daß „solch heuretgut mit meinem willen vnd Rath angelegt hat sollen werden". Hirschvogel schickte daher seine Frau nach kurzer Ehedauer aus dem Haus, woraufhin sie ihre Eltern nach Augsburg zurückholten. Daraus entwickelte sich ein langwieriger Rechtsstreit zwischen beiden Parteien um Ansprüche Sabina Welsers an das Vermögen Hirschvogels, der mit der Scheidung des Paares im November 1539 durch das Bamberger Konsistorium und die Bestätigung von Sabina Welsers Rechten an ihrem Heiratsgut beendet wurde.212 In einem Brief an den Nürnberger Losunger Lienhart Tucher, in dem er seinen Standpunkt vortrug, unterstellte Welser, daß der Konflikt um das Heiratsgut Hirschvogel lediglich als Vorwand diene: „die recht vrsach warvmb er sein Erbere Hausfrawen von Im gethon hat / acht Ich / Seye die damit er widerumb mit seinen alten bulschaften oder derselben geieichen hausen möge".213 Während der Nürnberger Jurist Dr. Christoph Scheurl 1536 als Konsequenz aus dieser Affäre eine exemplarische Bestrafung Hirschvogels forderte, hielten ihm die übrigen Ratskonsulenten der Stadt das „Sozialkapital" der beiden reichsstädtischen Oberschichtfamilien entgegen: Strafmaßnahmen gegen Hirschvogel würden „nicht allein ime sondern auch seiner und seines weibs Freundschaft zur Verklainerung und Unehre raichen".214 Bartholomäus Welser Schloß in seinem Testament seinen Schwiegersohn Hieronymus Sailer ausdrücklich von der Beteiligung an der Weiserischen Handelsfirma und vom Erbe seiner Tochter aus.215 Welser hatte zwar zunächst zugunsten seines Schwiegersohnes eingegriffen, indem er dessen Gläubiger in den Niederlanden bezahlte, „dann sonsten", bemerkte Welser in seinem Testament, „hette Sailer / die Sach nit erhalten / noch seine creditori bezalen mögen". Welser verfügte daher, daß der Erbteil seiner Tochter Felizitas solange von deren Brüdern verwaltet werden sollte, bis Sailers Schulden bei seinem Schwiegervater sowie eine strittige Forderung Gaspar Duccis an die Weiser-Gesellschaft, die von einer

211 212

213 214 215

Vgl. Schaper, bes. S. 218-233, 279-282. Welser, Welser, Bd. 1, S. 136-137, 199-201; Bd. 2, S. 134-143 (Zitat S. 135); Schaper, S. 261-266. Welser, Weiser, Bd. 2, S. 135. Schaper, S. 265. Vgl. Kap. 2.1.

391 Verschreibung Sailers herrührte, getilgt waren.216 Ebenso verfügte Welser, daß seine Tochter Marina ihr väterliches Erbe erst dann antreten durfte, wenn sich ihr Mann Hieronymus Imhof d.J. mit seinen Schwestern und seinen Schwägern Andreas Welser und Hans Baptist Haintzel wegen des Testaments Leonhard Imhofs verglichen habe. Welser hatte seinen Schwiegersohn offenkundig im Verdacht, in der Auseinandersetzung um das Testament seine Schwestern und Schwäger übervorteilen zu wollen, und versuchte, unter Androhung dieser Sanktion den verwandtschaftlichen Frieden wieder herzustellen.217 Abraham Katzbecks Witwe Maria Manlich stellte 1572 in ihrem Testament fest, sie habe „nitt ohne sonndern hochenn khummer, vnnd betruebnus" erfahren, daß ihr Schwiegersohn Bartholomäus Sailer „vnordennlichen vbel hausenns halben, sich Inn beschwerlichenn schulden laßt eingesteckht, vnnd damitt villeicht mehr, dann Ich nach der Zeyt wißen kan, verhafft ist". Da zu befürchten sei, daß Sailer das Erbe seiner Frau verschwenden werde, entzog sie den Anteil ihrer Tochter Susanna seiner Verwaltung und ließ ihn durch ihre Schwäger Anton Hörmann und Felix Rem verpflegen. Susanna Sailer habe in diese Verfügung eingewilligt.218 Jakob Greiner zeigte sich in seinem Testament von 1572 unzufrieden mit dem Verhalten seines bereits verstorbenen Schwiegersohnes Konrad Ster. Ster hatte in seinem Testament seine beiden Söhne mit der Hälfte, seine Frau jedoch lediglich mit einem Viertel seiner Hinterlassenschaft bedacht und damit nach Meinung des Schwiegervaters gegen die Bestimmungen des (von ihm mit ausgehandelten) Heiratsbriefs verstoßen. Greiner meinte diesen Verstoß gegen familiäre Regelungen dadurch korrigieren zu müssen, daß er das Erbteil seiner Tochter Barbara, der Witwe des Konrad Ster, auf deren zweiten Ehemann Christoph Böcklin d.J. und seinen anderen Schwiegersohn Hans Herzel übertrug.219 Selbst bei den Fuggern, deren ausgeprägtes Denken in den Kategorien von „Stamm" und „Geschlecht" in den Testamenten von Familienmitgliedern seinen Niederschlag fand, kam es mitunter zu heftigen Auseinandersetzungen um finanzielle Rechte und Ressourcen. Das Ausscheiden der Söhne Georg Fuggers, Philipp Eduard und Oktavian Secundus, aus dem von ihrem Vetter Markus geführten Familienunternehmen im Jahre 1578 war von erbitterten Konflikten um die Höhe der auszuzahlenden Summe und die Verpflichtung Markus Fuggers zur Rechnungslegung gegenüber seinen Vettern und tiefem gegenseitigen Mißtrauen begleitet. Markus Fugger brachte das ganze Ausmaß des Zerwürfnisses zum Ausdruck, wenn er über Georg Fuggers Söhne äußerte: „wie solt Ich mich mit diesen

216

217 218 219

HA von Stetten, Nr. 182b/15, S. 96-102; Welser, Welser, Bd. 1, S. 175; Bd. 2, S. 154-156; Kellenbenz, Hieronymus Sailer, S. 48-49. HA von Stetten, Nr. 182b/15, S. 106-107. StAA, Spreng VI, Nr. 13. StAA, Spreng VI, Nr. 7.

392 Leuten Rätlich In ain neue Rechnung begeben, die sich nit schämen ipsa principia arithmetica zu verläugnen und die für 4 dörffen 40 Raitten [rechnen]".220 Gerade derartige Konflikte verdeutlichen den Zusammenhang zwischen sozialen Beziehungen und Normen, auf den J. Clyde Mitchell nachdrücklich hingewiesen hat.221 Augsburgs Patrizier und Großkaufleute des 16. Jahrhunderts setzten besondere Hoffnungen und Erwartungen auf „Leistungen" von Seiten ihrer Verwandten, die in geschäftlicher Zusammenarbeit, einem Darlehen, der Vermittlung eines Kontakts oder einer Stellung, oder Hilfe in Notlagen und Konfliktsituationen bestehen konnten. Diese „Leistungen" konnten jedoch nicht automatisch, allein aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen, eingefordert werden, sondern waren an bestimmte Verhaltensnormen gebunden. Zu diesem Normenkatalog gehörten ein ehrbarer Lebenswandel, die Befähigung zu „guter Haushaltung", Talent und Einsatzbereitschaft im wirtschaftlichen Bereich und verantwortungsvoller Umgang mit geliehenem Geld. Wer sich der übermäßigen Prachtentfaltung und Verschwendung, der Nachlässigkeit und des geschäftlichen Glücksrittertums verdächtig machte, der konnte im Ernstfall nicht damit rechnen, daß seine Verwandten ihm zu Hilfe kommen würden. Nur allzu häufig zeigte sich in Augsburger Konkursfällen des 16. Jahrhunderts, daß der Bankrotteur nicht nur seine finanziellen Möglichkeiten, sondern auch sein Sozialkapital überstrapaziert hatte.

220 221

Hildebrandt, Erben, S. 58-69 (Zitat S. 68-69). Mitchell, Networks, Norms and Institutions.

393

Schlußbetrachtung Die in der bisherigen handelsgeschichtlichen Forschung kaum berücksichtigte Firma der Brüder Hans und David Weyer und ihr Bankrott im Jahre 1557 dienten in dieser Arbeit als Ausgangspunkt, um das Gefuge von sozialen Beziehungen, Normen und Konflikten in der Augsburger Kaufmannschaft um die Mitte des 16. Jahrhunderts zu analysieren und damit die in der Literatur bislang dominierende wirtschaftsgeschichtliche Perspektive durch eine sozialgeschichtlich und historisch-anthropologisch ausgerichtete Perspektive zu erweitern. Außerdem verfolgte diese Arbeit die Absicht, die starke Fixierung der Forschung auf die größten Augsburger Firmen, insbesondere die Fugger, durch eine Analyse der großen Gruppe „mittlerer" Handelsfirmen zu ergänzen, die die breite Basis bildeten, auf der die Spitzenleistungen der reichsstädtischen Unternehmen des 16. Jahrhunderts erst möglich wurden. Statt die größten Firmen a priori als „repräsentativ" für das Erscheinungsbild des oberdeutschen Handelskapitalismus anzusehen, sollte der Typologie und Binnendifferenzierung der Augsburger Elite verstärkte Beachtung geschenkt werden. Die Karriere der Familie Weyer vom Ende des 15. bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts, die im ersten Kapitel verfolgt wurde, war vor allem durch zwei Faktoren geprägt: zum einen ihre Spezialisierung auf den französischen Markt, die ihnen über ihre tatsächliche Finanzkraft hinaus eine wichtige „Mittlerposition" im System der Handelsbeziehungen Augsburger Firmen verlieh, und die selbst die größten Firmen wie die Fugger und Baumgartner in Anspruch nahmen; zum anderen der Aufbau eines Netzwerks verwandtschaftlicher Beziehungen zu einflußreichen Kaufmannsfamilien aus dem zünftigen Milieu wie den Manlich, Jenisch, Linck und Zangmeister. Über diese Verbindungen fanden die Weyer Anschluß an ein ausgedehntes Netzwerk von zünftigen und patrizischen Kaufmannsfamilien, worunter sich wirtschaftlich und politisch einflußreiche wie die Haug, Kraffter und Herbrot befanden, das aber auch relativ klar von den von Katarina Sieh-Burens analysierten „Fugger-" und „Welser-Netzen" abgrenzbar ist.1 Ihre Erfahrung auf dem französischen Markt und ihre Beziehungen zu einem großen Kreis von potentiellen Auftrag- und Darlehensgebern in Augsburg ermöglichte der Firma Weyer den Einstieg in das hochspekulative Geschäft mit französischen Kronanleihen. Bei diesen Geschäften befanden sich die Weyer allerdings in Konkurrenz zu mehreren anderen reichsstädtischen Finanzgruppen, innerhalb derer verwandtschaftliche und landsmannschaftliche Beziehungen ebenfalls eine erhebliche Rolle spielten (Kapitel 2). In dieser Konkurrenzsituation suchten die Weyer den Anschluß an die Straßburger Bankiers Georg Obrecht und Israel Minckel, die in den 1550er und 1560er Jahren vorübergehend eine zentrale Posi1

Vgl. Sieh-Burens, Oligarchie, Kap. II.2.2.

394 tion als „Makler" zwischen der französischen Krone und der oberdeutschen Kaufmannschaft einnehmen konnten. Mit der Zahlungseinstellung der französischen Krone war 1557 auch das Schicksal der Weyer und einiger weiterer Firmen, die sich auf spekulative Anleihegeschäfte in Lyon eingelassen hatten, besiegelt. Während einige große Firmen wie diejenigen der Welser, Herwart und Imhof die Krise auf dem Lyoner Kapitalmarkt überstanden, war bei den Weyer, Zangmeister oder Meuting das Verhältnis von Eigenkapital zu Fremdkapital zu ungünstig, die „Kreditwürdigkeit" der Firma zu sehr erschüttert, als daß der Konkurs noch zu vermeiden gewesen wäre. Durchgängig zeigte sich in dieser Arbeit die überragende Bedeutung verwandtschaftlicher Beziehungen für die städtische Elite des 16. Jahrhunderts - nicht nur für die Zusammenarbeit innerhalb der oberdeutschen Fernhandelsgesellschaften, für die sich der Terminus „Familiengesellschaft" seit längerem in der Literatur eingebürgert hat2 - sondern in bemerkenswertem Maße auch bei der Beschaffung von Fremdkapital, in Konfliktfällen und im zeitgenössischen Diskurs. Die in Kapitel 3 vorgenommene Analyse der Gläubigerstruktur der Weyer und anderer Augsburger Firmen ergab, daß es durchaus üblich war, daß die Hälfte bis zwei Drittel der Fremdmittel einer Firma aus dem Kreis der näheren und ferneren Verwandten der Teilhaber kamen - und wenn für eine Gesellschaft wie die Herbrot das Geld von Verwandten nur eine geringere Rolle spielte, dann spiegelt sich darin auch die Tatsache wider, daß die Herbrot ihrem verwandtschaftlichen und sozialen Umfeld in der Reichsstadt „entwachsen" waren. Die Untersuchung von Bankrottprozessen und anderen ökonomischen Konflikten, aber auch von Strafverfahren wegen Fällen von „Wirtschaftskriminalität" (Kapitel 4) zeigte, daß den Bittgesuchen, Kompromißvorschlägen oder Schuldennachlässen von Verwandten der Betroffenen immer wieder „Signalfunktionen" 3 zukamen, die der jeweiligen Gegenpartei und der städtischen Obrigkeit deutlich machten, daß das soziale Umfeld des Betroffenen ein starkes Interesse an der Beilegung des Konflikts und der Wiederherstellung der gestörten sozialen Beziehungen hatte. Der Diskurs über verwandtschaftliche Beziehungen - etwa die Debatten über das Austreten von Ratsherren, wenn im Rat über ihre Verwandten verhandelt wurde, oder die nicht seltenen Hinweise auf die enge Kooperation von „Schwägern" und „Vettern" in der Chronistik - schließlich demonstriert, daß die fundamentale Bedeutung dieser Beziehungen auch innerhalb wie außerhalb der städtischen Elite wahrgenommen und reflektiert wurde. In einzelnen Fällen gelang es jedoch auch Personen, die über keine entsprechenden Verwandtschaftsbeziehungen verfugten, eine zentrale Position im Kommunikationssystem der Augsburger Elite zu besetzen und beträchtlichen politischen und gesellschaftlichen Einfluß zu erlangen. Dafür sind die in Kapitel 3 vorgestellten „Intellektuellen" wie Georg Fröhlich, Sylvester Raid 2 3

Kellenbenz, Handelsgesellschaft; Maschke, Familie. Der Begriff ist Schwerhoff, S. 393 entlehnt.

395 und Gereon Sailer, deren Einfluß auf administrativen und diplomatischen Kenntnissen und Fähigkeiten, geschickt instrumentalisierten Kontakten zu Reformatoren und Territorialfursten, sowie auf der Anknüpfung patronageähnlicher Beziehungen zu reichen Patriziern und Großkaufleuten gründete, ein markantes Beispiel. Trotz ihrer engen verwandtschaftlichen Verflechtung scheint der Begriff „Oligarchie" für Augsburgs wirtschaftliche Führungsschicht um die Mitte des 16. Jahrhunderts aber nur bedingt zuzutreffen, denn diese Elite war nicht nur in sozialständischer und konfessioneller Hinsicht fragmentiert, sondern gerade in den Jahrzehnten vor und nach 1550 von beträchtlichen sozialen und ökonomischen Fluktuationen betroffen. Während eine Reihe von Familien bankrott gingen und einige weitere den Handel aufgaben und sich städtischen Ämtern oder gar dem „adligen" Landleben widmeten, stiegen andere wirtschaftlich auf und nahmen die freigewordenen Positionen im System des Augsburger Fernhandels ein. So wie es eine unzulässige Verallgemeinerung ist, von den Konkursen einer Reihe von Finnen auf den generellen Niedergang des Augsburger oder oberdeutschen „Frühkapitalismus" zu schließen, so erscheint es äußerst fragwürdig, die Gütererwerbungen und Standeserhebungen einiger Patrizier- und Kaufmannsfamilien als Ausdruck eines allgemeinen „Feudalisierungsstrebens" des reichsstädtischen Bürgertums zu interpretieren. Wohl aber zeigen diese drei Phänomene - die Welle an Firmenbankrotten, der Rückzug einiger Familien „auf das Land" und der Aufstieg neuer Familien - die dynamischen Tendenzen innerhalb der reichsstädtischen Führungsschicht an. Aber noch aus einem weiteren Grund erscheint es gerechtfertigt, mit Valentin Groebner im Falle der frühneuzeitlichen städtischen Führungsschicht von einem „elastischen System" und einem „immer neu ausbalancierten Zustand" zu sprechen.4 Die Untersuchung von Konfliktsituationen und verwandtschaftlichen Beziehungen auf der „mikrohistorischen" Ebene konkreter Einzelfälle in den Kapiteln 4 und 5 hat gezeigt, daß innerhalb der reichsstädtischen Elite ein kompliziertes Geflecht von familiären Interessen und Loyalitäten wirksam war. Innerhalb dieses dynamischen und elastischen Systems konnte der Einzelne durch den Aufbau eines Netzwerks sozialer Beziehungen „soziales Kapital" im Sinne Bourdieus akkumulieren und dieses in „ökonomisches Kapital" (z.B. in Form von verzinslichen Einlagen) transformieren, im Falle geschäftlichen Scheiterns aber auch wieder verlieren.5 Die Bankrottwelle, die nach der Mitte des 16. Jahrhunderts einen beträchtlichen Teil der Augsburger Kaufmannschaft erfaßte, ist vor diesem Hintergrund weniger aufgrund ihrer - oft überschätzten - ökonomischen Auswirkungen, sondern vielmehr als Ausdruck einer tiefgreifenden „Krise der sozialen Beziehungen" innerhalb der reichsstädtischen Führungsschicht von besonderem Interesse. 4 5

Groebner, S. 282, 300. Bourdieu, Ökonomisches Kapital.

396 Zudem wurde die Position einzelner Personen innerhalb des Systems der Augsburger Elite auch durch die Einhaltung bestimmter gesellschaftlicher Normen wesentlich mitbestimmt. Im Falle der Augsburger Kaufmannschaft standen dabei „traditionelle" Normen wie Ehrbarkeit, Treue und „gute Haushaltung" neben „modernen" wie Geschäftssinn und Leistung. Wie das Beispiel Lukas Rems oder Christoph von Stettens zeigt, konnten Normen wie „Ehre" im Kontext ökonomischer Auseinandersetzungen durchaus auch zur Legitimation von materiellen Ansprüchen instrumentalisiert werden.6 Die Elastizität und die oft prekäre Balance des Systems der reichsstädtischen Elite zeigen sich auch auf der Ebene der Konfliktlösungsmuster und -Strategien. Hier offenbarte sich ein breites Spektrum, das von den Vermittlungsversuchen eines „Familienältesten"7 über die informelle Einschaltung angesehener Ratsherren bis hin zu formellen Prozessen vor Rat und Gericht der Stadt, ja bis vor kaiserlichen Gerichten und Schiedskommissionen reichte. Das Beispiel der Weyer zeigt überdies, daß eine lineare Entwicklung von informellen Verhandlungen zu formellen Gerichtsprozessen keineswegs zwangsläufig war. Vielmehr stand am Ende des Konkursverfahrens gegen die Weyer, das zuvor jahrelang das reichsstädtische Gerichtssystem beschäftigt hatte, ein von Verwandten der Kreditoren ausgehandelter Vertrag. Mit der differenzierten Betrachtung frühneuzeitlicher Eliten und der Betonung von internen Konflikten sollen jedoch keineswegs die fundamentalen sozio-ökonomischen Unterschiede relativiert werden, die diese Elite von der Masse der Stadtbevölkerung abgrenzten. Als der Weberzunftmeister Hans Weyer d.Ä. im März 1525 von einem Vertreter der aufständischen Bauern und einem einfachen Weber aufgesucht wurde, die die Möglichkeiten eines Zusammengehens von Bauern und Webern sondieren wollten, wußte Weyer, der zu den wohlhabenden Bürgern der Stadt, keineswegs aber zu den Reichen zählte, sofort, auf welcher Seite er in diesem sozialen Konflikt stand.

6

Vgl. Dinges, Ehrenhändel, S. 363.

7

Andreas Imhof d.Ä. im Konflikt zwischen seinen „Vettern" Sebastian und Hieronymus Imhof: vgl. Kap. 5.1.

397

Anhang Bankrotte von Mitgliedern der wirtschaftlichen Führungsschicht der Reichsstadt Augsburg 1529-1580 Die folgende Liste versucht eine chronologische Zusammenstellung der Konkurse von Angehörigen der wirtschaftlichen Elite Augsburgs - Patriziern, Mehrern, Mitgliedern der Kaufleutestube und anderen Personen, die nachweislich im Fernhandel tätig waren. Die wichtigsten Quellen dafür bilden die Serien der Ratsprotokolle und Stadtgerichtsakten im Augsburger Stadtarchiv, das Protokollbuch der Augsburger Kaufleutestube sowie die Chroniken Paul Hektor Mairs. 1 Für Einzelnachweise sei vor allem auf das Kapitel 4 dieser Arbeit verwiesen. Die Jahreszahlen geben an, wann der Bankrott quellenmäßig faßbar wird; es ist nicht auszuschließen, daß die eine oder andere Person oder Firma bereits früher ihre Zahlungen eingestellt hatte. Die Zahl der hier aufgeführten Bankrotte liegt mit 62 deutlich niedriger als die 70 Konkurse „international renommierter Firmen", die Jakob Strieder allein zwischen 1556 und 1584 gezählt haben will (vgl. Einleitung). Strieder stützte sich bei dieser Zahlenangabe vermutlich auf eine Liste von 73 Bankrotteuren in einer ungedruckten Chronik Paul Hektor Mairs. 2 Dabei übersah er allerdings, daß Mair in dieser Liste nicht Firmen, sondern Personen aufführte und Kaufleute, die ein und derselben Firma angehörten, getrennt zählte (z.B. Hans und Marquard Rosenberger, Hieronymus und David Zangmeister). Für einige Personen, die Mair als Bankrotteure nennt, ist ein Konkurs in den Quellen nicht nachweisbar (z.B. Hieronymus Wirsing). Weiterhin enthält Mairs Liste neben Mitgliedern der wirtschaftlichen Führungsschicht auch viele Handwerker und kleine Händler, die gewiß keine „großen und berühmten Handelshäuser" leiteten. Selbst manche der hier aufgeführten Personen können kaum als Großkaufleute angesehen werden: Benedikt Fröschel etwa war Arzt, Ludwig Saur Goldschmied. Sie sind vor allem in ihrer Eigenschaft als Mitglieder der Kaufleutestube hier berücksichtigt.

1529 1544 1546 1548 1552

1 2

Ambrosius Höchstetter und Mitverwandte Hans und Friedrich Rentz Leonhard Beck von Beckenstein Matthäus Pfanzelt Ambrosius Mair

Chroniken, Bd. 32 und 33. StAA, Historischer Verein für Schwaben, H.P. 247, fol. 357-359.

398 1554 1557 um 1557 1559

1559/60 1560

1561 1562 1563

1564

1565 1565/67 1570 1571 1572 1572/73 1573 1573/74

Bartholomäus Hartpronner Hans und David Weyer Leonhard Kobolt Hans Lachenbeck d.J. Robeas Putz Felix Ruger Hieronymus und David Zangmeister Markus Joß Ludwig Saur Anton Bimmel Christoph Kraffter und Jakob Kraffter sei. Witwe Joachim Langenmantel d.J. Hans und Marquard Rosenberger Hans, Eberhard und Kaspar Zangmeister zu Augsburg und Memmingen Lukas Schaller d.J. Ulrich Fugger Lukas Rem d.J. Hans Jakob Fugger Bernhard und Philipp Meuting Jakob Herbrot und Söhne Paul Kramer Markus Ulstett und Gebrüder Christoph Manlich und Gebrüder Thomas Strigel Ulrich Wild Hieronymus Welser Hans Georg Baumgartner Hans Neumair Georg und Thomas König Christoph Tiefstetter Matthäus Vogelmair Kaspar, Melchior und Balthasar Neumair Lukas und Joachim Gassner Kaspar Pflaum Jeremias Westermair Benedikt Fröschel d.J.

399 1574

1574/75 1575 1576

1580

David Haug, Hans Langnauer und Mitverwandte Matthäus und Christoph Haug Melchior Manlich und Mitverwandte Franz Schorer und Mitverwandte 3 Thomas Freyhaimer Stephan Fröschel 4 Stephan und Esaias Zangmeister Sebastian Freyhaimer Hans Paul Herwart Hieronymus Rehlinger d.J. 5 Konrad Rot

ohne Jahresangabe: 6 nach 1541 nach 1545 nach 1546 nach 1560 nach 1563 nach 1565 nach 1566 nach 1575

4 5

6

Markus Egelhoff Ludwig Spinnner Hans Kicklinger Jos Fenenberg d.J. Franz Knauß Paul Karel Leopold Hofstetter Markus Elsässer d.J. Blasius Meichelbeck Paul Betz

Der Firmenleiter lebte in Ulm, doch mehrere Gesellschafter, darunter Ludwig und Jeremias Schorer, waren in Augsburg ansässig. Nach Roth, Hieronymus Fröschel, S. 25, 35 war er bereits 1567 erstmals zahlungsunfähig. Er wurde lediglich durch die Übernahme seines Handelsgeschäfts durch seinen gleichnamigen Vater vor dem Offenbarungseid bewahrt: Schöningh, S. 21. Hierbei handelt es sich zumeist um Personen, die wegen Konkurses aus der Kaufleutestube ausgeschlossen wurden. Zur ungefähren chronologischen Orientierung ist das Jahr ihrer Aufnahme in die Stube angegeben.

400

Abkürzungsverzeichnis Arch. Dept.

Archives Departementales

Bay. HStA

Bayerisches Hauptstaatsarchiv

EWA

Evangelisches Wesensarchiv

Fasz.

Faszikel

fl

Gulden

fol.

folio

h

Heller

IHK

Industrie- und Handelskammer (Augsburg)

KuH

Kaufmannschaft und Handel

r

recto

RKG

Reichskammergericht

RP

Ratsprotokoll

ß

Schilling

StA

Stadtarchiv

StAA

Stadtarchiv Augsburg

StBA

Staats- und Stadtbibliothek Augsburg

StBB

Staatsbibliothek Bamberg

StG

Stadtgericht

StGB

Stadtgerichtsbuch

ν

verso

χ

Kreuzer

401

S iglenverzeichnis AKG

Archiv für Kulturgeschichte

ARG

Archiv fur Reformationsgeschichte

HAB

Historischer Atlas von Bayern

HRG

Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte

HZ

Historische Zeitschrift Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung

JbGW

und Volkswirtschaft im Deutschen Reich Mitteilungen der Gesellschaft für Salz-

MGSL

burger Landeskunde Mitteilungen des Vereins für Geschichte

MVGN

der Stadt Nürnberg

NDB

Neue Deutsche Biographie

VSWG

Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte

ZBLG

Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte

ZHF

Zeitschrift für Historische Forschung Zeitschrift des Historischen Vereins für

ZHVS(N)

Schwaben (und Neuburg) Zeitschrift für Württembergische

ZWüLG

Landesgeschichte

402

Quellen- und Literaturverzeichnis 1. Ungedruckte Quellen

Stadtarchiv Augsburg Augsburger Ämterbesetzung 1548-1806 (Rep. 39) Augsburger Geschlechter, Nr. 13 (Herbrot) Stubenordnungen Bürgeraufnahmen Dekrete und Anschläge Dreizehnerprotokolle Evangelisches Wesensarchiv, Akten Fallitenakten Historischer Verein für Schwaben H.P. 247 Chronik Paul Hektor Mairs Hochzeitsamt, Generalia Hörmann-Archiv Kaufmannschaft und Handel Kleine Pflegschaftsbücher Literalien Notariatsarchiv Spreng Personenselekte Pflegschaftsbücher Ratsämterbücher Ratsprotokolle Reichsstadt, Akten Reichsstadt, Zünfte, Nr. 148 (Kaufleute), 228 (Salzfertiger) Schätze, Nr. 24 (Genealogia Pistoriana) und Nr. 62 (Hauptrechnung der HaugLangnauer-Linck von 1564) Stadtgerichtsakten Stadtgerichtsbücher Stammtafeln von Anton Werner, ergänzt und berichtigt von Fritz Lilienthal Steuerbücher Strafbücher Urgichten

403 Staats- und Stadtbibliothek Augsburg 2° Cod. Aug. 14 Stammbuch Philipp Hainhofers 2° Cod. Aug. 51 Chronik des Matthäus Langenmantel 2° Cod. Aug. 69 Chronik des Matthäus Manlich 2° Cod. Aug. 489 Geheimes Ehrenbuch der Linck 2° Cod. S 39-44 Chronik Georg Kölderers 4° Cod. Η. 11 Der Bimlische Stammen, 1440-1608 Leichenpredigten Seifert'sche Stammtafeln Archiv der Industrie- und Handelskammer Augsburg Protokollbuch der Kaufleutestube Hausarchiv von Stetten, Aystetten Nr. 182b/15 Testament Bartholomäus Welsers (Abschrift) Staatsbibliothek Bamberg Msc. Var. 13/1, 13/2 Hauptbuch der Welser 1554-1560 (Fragment) Stadtarchiv Konstanz HX 3414 Verzeichnis der Schulden und Guthaben Melchior Manlichs Stadtarchiv Frankfurt Judicialia Stadtarchiv Lauingen Nr. 3943 Testament Jakob Herbrots Stadtarchiv Nördlingen Pfandbücher Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Reichskammergerichtsakten Reichsstadt Augsburg, Grüne Serie Archives Departementales du Rhone, Lyon sous-serie 3 E, archives des notaires

404

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447

Register Ortsregister Augsburg wurde nur im Zusammenhang mit einer näheren Ortsangabe (z.B. Rathaus, St. Ulrich, Salzstadel) aufgenommen.

— A —

Grottenau 129; 382 Heilig-Kreuz 186

Achsheim

196

Heilig-Kreuz-Turm 293

Aichach 2 9 8

Heumarkt 297

Albi 84

Jakober Vorstadt 216

Albigeois 8 9

Kappenzipfel 216

Almadin

Katzenstadel 382

159

Altenburg (Meißen) 210

Kitzenmarkt 203

Amberg 142; 252

Obstmarkt 173

Amerika 124

Perlach 234; 333; 385; 386

Amsterdam

Pfaffengasse 383

Anhausen

161 182f.

Rathaus 292; 295; 310

Anjou 151

Rindermarkt 344

Anried 231

Roßmarkt 2 9 8

Antwerpen 19; 33; 46; 48f.; 57; 61; 80; 82; 85; 89; 90; 96f.; 99; 101; 109; 115f.; 118; 123f.; 126-130; 13 3 f.; 138; 140; 142-144; 155f.; 162-164; 167; 171; 174f.; 180; 182; 189f.; 207; 228f.; 275; 283-

Salzstadel 72 St. A n n a 298; 382 St. Antonino 171 St. Moritz 207

285; 288; 294; 300; 302; 306; 308; 332; 347-349;

St. Ulrich 13; 72; 76; 255; 288-290; 298; 385

352; 354; 357f.; 364; 369

Tanzhaus 171

Aquila 52; 108; 125

Weberhaus 327; 329

Aragon 82; 90; 149; 182

Weinmarkt 383

Arras 213 Augsburg

Weinstadel

192

Augsburg, Steuerbezirke

Barfüßertor 72

Auf dem Pühel 191

Beckenhaus 293

End Fuggers Häuser 191

Findelhaus 72

Katharinengasse 60

Fronfeste 210; 271

Pfaffengasse 193

Fuggerei 72

V o m Caspar Ferber 191

448 VomMurdigel 194

Bruneck 98

Vom Rapold 77

Brüssel 60; 127; 131; 178; 322

V o m R o r 191

Burgau 308

Vom Weberhaus 47

Burghausen 153

Vom Zimmerleutehaus 191; 194

Burgos 163

Wierin Prielbruck 191

Burgund 351

Willig Arm 193

Burgwaiden 297

Auvergne 90 Avignon 82; 88; 93; 147; 305

— c —

Aystetten 42 Cädiz 97 — B —

Calais 348 Carcassonne 83f.; 89

Bach 298

Carmagnac 271

Bächingen 204

Champagne 152

Baden 88

Chiavenna 161

Baiersdorf 226

Chieri 91

Bamberg 44; 390

Chur 292

Basel 141; 147; 161

Colmar 155

Baumgarten 231; 233

Cordes 89f.

Bayern 204; 289; 291; 307; 314; 321; 377

Crest 88

Berg 298

Cumberland 224

Bergheim 385 Bern 82; 87f.; 123; 129f.; 137; 214; 260; 262f.

— D —

Besan?on 81 Biberach 142; 174

Dachau 227

Bobingen 173; 298

Dänemark 92

Böhmen 139; 145; 289; 304

Danzig 97; 174; 207

Bologna 98

Deubach 177; 291; 297

Bordeaux 89f.; 164

Diedorf 182

Bourges 85; 90

Dillingen 42; 141; 209; 232; 325

Bourgogne 83; 148

Dinkelsbühl 212; 300; 323

Bozen 60; 110; 318; 330; 343

Donauwörth 53; 209; 211-213; 258f.; 356; 379

Brabant 164; 229

Döpshofen 231

Brandenburg 227

Dornsperg 167

Breisgau 214 Breitingen 288

— E —

Brenner 48 Breslau 97; 174; 246; 380

Ehrenberg 230

Bretagne 151

Eichstätt 329

Brixen 96; 252; 289

Eisenhofen 227

Bruck 193; 198

Eisleben 179; 227

449 Elsaß 214

Gossensaß 100; 125; 175

England 19; 91; 143; 163; 310

Gotha 235

Ennstal 190

Graz 291

Epfach 53

Großkirchheim 282; 2 8 5 - 2 8 7

Erbach 231

Grünthal 209

Erlangen 226

Gundelfingen 204

Erlenstegen 2 2 7

GUnzburg 381

Eschenau 2 2 7 Eßlingen 109; 329

— Η —

Ettingen (Bayern) 153 Hainhofen 308 — F —

Haldenberg 384 Hall (Tirol) 87; 125; 140; 364; 382

Falkenstein 125; 140

Harz 91

Feldkirch 225

Hausen an der Schmutter 177

F e m p a ß 87

Heidenheim 251

Flensburg 208

Hersbruck 2 2 7

Florenz 25; 98; 120; 126; 128; 137; 160; 162-164

Hessen 127

Frankfurt 49; 99; 123; 142; 154; 171; 227; 242; 245;

Hildesheim 209

298; 306; 329; 347 Frankreich 17f.; 39f.; 58; 79-84; 87; 89; 92; 94; 96;

Hoboken 127 H o h e n b u r g 159; 308; 333

107; 109; 115; 122; 127; 132; 134f.; 137; 141;

H o h e n f u r t 125

146; 150; 154; 166; 169; 174; 207; 211; 213f.;

Hohenschwangau 231; 242

229; 256; 260; 264; 268; 271; 289f.; 295; 325;

Holzheim 289

347; 348f.

Horb 300

Freiburg i.Ue. 82; 149; 151; 282 Freising 58; 60; 195; 219

Hurlach 49; 173; 2 9 7

Freistadt 304 Frickenhausen 226

I

Friedberg 217; 281; 288-290; 302; 325

Idria 83; 100; 139; 159; 224; 291; 310; 338

Fuggerau 109

Igling 292

Füssen 188; 209

Ingolstadt 92; 176 Inningen 173

— G —

Innsbruck 114; 126; 139; 197; 290; 381 Isny 78

Gailenbach 297 Genf 59; 79; 82f.; 87f.; 152; 161; 186; 347 Genua 38; 86; 120; 160f.; 163f. Gex 83 Giengen 304 Goa (Indien) 194 Göggingen 385

Italien 18; 82; 91; 164; 170; 214; 225; 295; 346; 348; 351

450 Lebertal 148; 369 — J —

Lechfeld 214; 2 5 7 Leeder 53

Jenbach 100; 175

Lehr 2 8 8

Joachimsthal

Leipzig 144; 174; 178; 200; 209; 227; 251 f.; 281

139; 226

Judenburg 190

Lenzburg 88; 262f.

Jülich-Kleve 251

Lenzenberg 227

Jungingen 288

Lille 354 Limoges 90; 164

— K —

Limousin 90 Lindau 78; 86-88; 191; 195; 225; 270-272; 360; 374

Kalabrien 182

Linz 125; 304

Kanarische Inseln 353

Lissabon 46; 97; 124; 284; 292; 353f.

Kärnten 190; 285f.

London 116; 163

Katalonien 80; 82; 90

Lothringen 151; 288; 312

Kaufbeuren 83; 203f.; 300; 319; 322; 356

Löwen

Kempten 87; 107-109; 189; 289; 300; 321

Lucca 98; 120; 127; 163f.

Kenzingen 231

Lüneburg 271

Keswick 224; 309

Lyon 14; 40f.; 44; 46; 59; 79-94; 96f.; 106f.; 109;

Kirchberg 286

167

111; 115-123; 127-131; 134; 136-138; 141-158;

Kitzbühel 58; 290

160-166; 168; 170; 174f.; 195-197; 216; 221;

Kleinkitzighofen 53

225; 255; 264; 267f.; 271f.; 274; 290f; 294; 305;

Köln 19; 123; 167; 175; 245; 251; 347; 362

332; 339-341; 347-349; 357; 360; 394

Königsberg 97; 208 Konstantinopel

149

— M —

Konstanz 83; 87f.; 251; 260 Konzenberg 231; 233

Madeira 85; 282

Krakau 174; 224; 310; 380

Madrid 81; 128

Kufstein 48

Mähren 304

Kundl 140

Mailand 142; 282

K u t n ä H o r a 226

Mainz 135 Mansfeld 114; 179; 275; 296

— L —

M a n t u a 126 Marseille 82; 84; 86; 92; 143; 147; 149f.; 159; 164;

Lampertshausen 242

166; 223; 308

Landsberg 153; 3 2 2 ; 3 5 6

Medina del C a m p o 93

Landshut 153; 250; 2 5 3 ; 3 3 0

M e m m i n g e n 56; 78; 83; 86; 88; 95; 106; 108; 117;

Langenneufnach 185

165; 169; 175; 195; 245f.; 250; 253; 262; 278;

Languedoc 82; 89

290; 295f.; 300; 302; 324; 341f.; 360f.; 371; 381

Lauingen 204; 214; 239; 251f.; 291; 298; 300; 366

Menchingen 298

Lawanttal 285

Merching 173

L e P u y 84; 88

Metz 213

451 Mexiko 125; 145; 159

Orleans 84

Mickhausen 185

Österreich 139; 259; 289; 291f.; 303; 304; 309

Modena 98

Osteuropa 19; 39; 97; 224

Montblliard 252

Ostindien 283

Montluol 147

Öttingen 95

Montpellier 89

Ottmarshausen 308

Moskau 97 München 42; 87; 107f.; 116; 165; 195f.; 241; 248;

— P —

251; 260; 264; 276;291 Padua 347f. — N —

Pähl 230 Paris 31; 82-84; 93; 116; 134; 136; 145; 164; 229;

Nantes 164

349

Neapel 108; 164; 174; 357

Passau 153

Neckarhausen 24f.

Pfalz 99

Neuburg an der Donau 303

Pfersee 129

Neuburg an der Kammel 231

Piimont 151; 161f.

Neunhof 42

Pinzgau 373

Neusohl 99f.; 174; 176; 179; 363

Pistoia 126

Niederlande 18; 39; 49f.; 126; 141; 163; 225; 284;

Polen 18; 91 f.; 97

295; 349; 390

Pommem 91

Nordendorf 49; 167

Pontarlier 84

Nördlingen 53; 57; 78; 94-96; 300; 323

Portugal 97; 145; 182; 283; 353

Norwegen 209; 288

Posen 19

Nürnberg 19; 34f.; 38; 53; 59; 78; 80f.; 84; 89f.; 97;

Prag 113; 226f.; 252; 357

108; 118; 121; 124; 133; 138; 143; 147-149; 160;

Provence 82

165f.; 168; 171; 174; 190; 198f.; 212f.; 225-229; 234; 243f.; 252; 275; 281; 283; 289; 293; 300;

— R —

302; 304; 306; 326; 329; 340; 342; 347; 352; 356; 358; 362; 377; 380; 390

Radstädter Tauern 57 Rambersvillers 149

— o —

Rauris 178; 197; 285 Regensburg 199; 226; 233; 300

Obenhausen 231; 298

Reichartshausen 49

Oberbürg 227

Reichenschwand 225; 227; 228

Obemdorf 227

Retz 235

Oberösterreich 125; 140

Riga 97

Oberwindach 167 Ofen 225 Offenhausen 288 Öllingen 288 Olmütz 97

Rom 124; 139; 184; 330 Rosenheim 48 Rouen 147; 150; 164

452 — S —

Τ

Sachsen 99; 127; 139; 202; 209; 296

Teschen 174

Sagritz 286

Thalfingen 288

Saint Chaumont 83

Thann

Sainte-Marie-aux-Mines 148f.; 156

Thannhausen 242; 297

Salzburg 98; 168; 178; 195-197; 226; 245; 260; 285

Thummenberg 227

Santiago de Compostela 88

Tirol 48-50; 57; 61; 78; 87; 98; 100; 108f.; 125f.;

Santo Domingo 128 Saragossa 82; 89f.; 163

138;159

140; 174f.; 178f.; 183; 197; 245; 290; 296; 310; 320; 358f.; 373; 382

Savoyen 5 9 ; 2 1 3

Toledo 97

Schaffhausen 151

Tolfa 161

Schlachteck 261

Toulouse 89f.; 149; 154; 164

Schladming 190

Tours 83f.; 164

Schlesien 18; 97; 235

Trient 59; 96; 176; 2 8 9

Schneeberg 140

Tripoli 308

Schongau 330

Tübingen

Schwabmühlhausen 53

Türkheim 231

176;347f.

Schwabmünchen 53; 231 Schwanenstein 231

— u —

Schwaz 48f.; 58; 61; 87; 134; 140; 154; 174f.; 179; 217; 317; 380

Ulm 30; 49; 53; 78; 80; 83; 108; 115; 122f.; 134;

Schweden 91; 209; 288

142; 154; 160; 174; 190; 206; 213; 217; 231;

Schweiz 82; 129; 160f.; 237; 251; 262; 271; 292

245f.; 288; 297; 300; 302; 312; 329; 342; 366;

Sevilla 46; 97; 124f.

375; 377

Skandinavien 143; 208

Ungarn 91; 139; 383

Spanien 17; 88f.; 97; 108; 124; 139; 159; 262; 358

Untermeitingen 53; 207; 298; 324; 385

Speyer 53; 132; 220; 245; 251

Unterwindach 167

St. Gallen 128; 149; 300 St. Victor-sur-Husse 351

— V —

Steiermark 190 Sterzing 100; 125; 175; 318

Valence 88; 152

Stettin 91f.; 148; 271

Valladolid 97

Stetzlingen 325

Venedig 19; 46; 52; 60f.; 97; 106f.; 115; 118f.; 133;

Steyr 97 Straßburg 41; 80; 82; 87; 92; 127; 130; 134; 147; 148f.; 151 f.; 154-157; 166f.; 225; 233; 251f.; 289; 293; 298; 306f.; 320; 377; 393

135; 137f.; 140; 142; 144; 149f.; 153-156; 161f.; 164; 174; 178; 180; 186; 188; 223; 248; 257; 281; 285; 300; 302; 305; 308; 317; 320; 324; 330; 347; 351; 377; 381; 386

Straubing 304

Venezuela 17; 125; 128f.; 136

Südtirol 96; 98; 100; 318

Verona 98

Sundgau 214

Vicenza 161; 300; 351 Vienne (Dauphine) 93f.

453 Villefranche 88

—w— Walchental 190 Wasen 242 Wasserburg 48 Weingarten 114 Wellenburg 250 Weringen 231 Westendorf 133 Westpreußen 91 Wien 61; 97; 114; 125; 213; 217; 225; 233; 240; 245; 304; 320; 364 Wiener Neustadt 212; 215; 256; 259 Winden 291; 298; 307 Wittenberg 252; 383 Worms 148; 219 Württemberg 204 Würzburg 171; 214; 282

—z— Zürich 87f.; 130; 203

454

Personen- und Firmenregister — Α -

Ammann Georg 346 Hans (I) 346

ΛΙ*

Hans (II) 346

Leonhard 214; 3 0 6

Juliana 192

Martin 214

Regina 363

Sabina 214

Anderwas, Joachim, Dr. 251

Adelhart 302

Annebaut, Claude (Admiral) 120

Adino, Niccolo de 146

Ansell, Christopher K. 25

Adler

Apfelfelder, Hans 108; 319f.

Helena 145

Arg 148

Jakob 219

Peter 148

Philipp 231

Thiebaut 148

Aichelberger, Georg 196

Ursula 148

Aigner, Matthäus 193

Aries, Philippe 26

Ainkürn 58; 63; 78; 95

Armbruster, Hans Albert

Anna 57 Augustin 57 Alba, Fernando Alvarez de Toledo, Herzog von

149

Arnold 114;

Christoph 2 0 4 f . ; 2 5 1 Gabriel 204; 239

213 Alber, Matthäus 95 Albert, Antoine 88 Albrecht Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach (Markgraf) 211 -214; 221; 226; 2 7 7 Albrecht IV. von Bayern (Herzog) 231 Albrecht V. von Bayern (Herzog) 145; 205; 216; 242; 281; 291; 330

Matthias 94 Arnolfini Jacopo 127 Jeronimo

162

Artzt Sibilla 365 Ulrich 53f.

Albrecht von Preußen (Herzog) 208f.; 220; 226

Asprian, Jörg 50

Alciatus, Andreas 93

Assizat, Pierre 90

Alemand, Jean 165

Auerbach, Hans 50

Alt 168; 197; 260

Aytenbacher, Alexander 2 5 0

Christoph

197

Ludwig 196f.

— B —

Ulrich 50 Wilhelm

196f.

W o l f g a n g 197

Babst, Hans 134 Bacheitter, Matthäus 193

Altensteig, Hans 3 7 7

Bair, Leonhard

Amberger, Christoph 129; 136

Baldauf, Hans 2 5 7

Ambhauser, Hans 305

Ballemere, Gilles de 93

Amerbach, Bonifacius 141

Banafoß, Bertrand 88

134

455 Baron, Jacques 149

Hans (I) 192

Bartolmi, Bartolo di 162

Hans (II) 192

Bathon, Antoine 86

Maria 192

Bätori, Ingrid 21

Berlichingen, Götz von 257

Bauer, Clemens 18; 29; 121

Bernstein, Christoph von 141

Bauhof, Lorenz 187

Besserer, Kaspar 250

Baumgartner 18; 68; 125; 141; 230; 241; 297; 393

Beurlin, T h o m a s 188

Anton 349; 3 5 7

Bey, Michel 94

Christoph 177; 2 9 7

Bidermann, Magdalena 48

David 140; 155; 220; 222; 231; 233-235; 241-

Bimmel 49; 62f.; 67; 69; 75; 170f.; 245; 2 4 7

243; 251; 292; 325; 342

A n n a 69; 354; 3 5 7

Felizitas 363

Anton (I) 49-51; 53; 69; 75f.; 172; 354

Hans (I) 48; 230; 363; 368

Anton (II) 290

Hans (II) 86; 99; 108; 113; 125f.; 197; 200; 202;

Anton (III) 351

220; 230-236; 243; 280; 346; 349; 365; 368;

Felizitas 69

380

Hans (I) 49; 51; 73; 172; 175

Hans (III) 231

Hans (II) 74; 117; 175

Hans Franz 278; 288

K u n i g u n d e 69

Hans Georg 140; 184; 220; 234; 290; 292f.; 298;

Leonhard 49f.

342; 357 Regina 231; 365

Walburga 69; 357 Bissinger

Baur, Georg 193

Christoph

Bayer 151

Egloff 54

Becher, Johann Joachim 222 Bechler, Hans 183; 330 Bechtold, Hans 275 Beck von Beckenstein, Leonhard 236 Beck, Leonhard 2 9 7 Beer, Mathias 26; 361 f. Behaim 355 Hans 352 Michael 352; 380 Paul 121; 352; 355f.; 380 Bemler, Sebastian, Dr. 219 Benin, Benoit 93 Berckenmair

124

Blanc Jean 89 Maurice 88 Blarer Ambrosius 252 Gerwig 114; 254 Blendinger Elfriede 44 Friedrich 14; 16; 18f.; 38; 44; 46 Blickle, Peter 30 Böcklin 68; 75 Christoph (I) 68; 74; 103; 108; U 0 f . ; 115; 118; 343; 345f.; 348

Georg 192

Christoph (II) 345f.; 391

Ludwig 237

Daniel 345f.

Berckhaimer 63; 67; 75 Vinzenz 59f.; 74; 123; 153; 360

David 345f. Euphrosina 249

Berckmüller, Christoph 3 6 7

Hieronymus 343

Berger

Jeremias 346; 348

456 Maria 68

Buroner, Leonhard 296

Pankraz (I) 60; 71; 75f.; 110; 317; 343-346; 350

Burtenbach

Pankraz (II) 249; 343

Hans 92

Tobias 345f.

Leonhard 92

Bonhomme Barthölemi 93

—c—

M a c i 92-94 Bonier, A n n e 93

Caesar, Hans 260; 263; 272

Bonifacio, Giovanni Bernardino, Marchese d'Oria

Calmas, Bernard 88

141

Calvin, Jean 151

Bonnet, Humbert 147 Bonvisi

162-164

Alessandro

162

Capponi

162

Lorenzo 142 Piero 162

Antonio 119; 162; 164

Carande, Ramon 38

Benedetto

Carlowitz, Christoph von 251

Bernardo

164 162

Castoni, Luigi 145

Lodovico 119; 162; 164

Cattaneo, Silvestro 161

Vicenzo 162

Caze, Milan 121; 374

Bosch, Paulus 153

Chapponay, Saffray de 147

Bourdieu, Pierre 24; 31; 218; 395

Chasselles, Benoit 94

Bourie, Gaspar 147

Cheling, Pierre de 147

Bovet, Michael

Christel 68

192

Brady, T h o m a s 30

Bartholomäus 383

Branner, Lorenz 330

Christoph 383

Braun Maria 368 Matthias 50 Breu

Georg 383f. Hans 50; 383 Leonhard 383 Christian II. (König von Dänemark) 2 8 8

Jörg (I) 43; 50f.; 55; 232; 279; 317f.; 375

Christian III. (König von Dänemark) 207f.

Jörg (II) 200

Christoph von Württemberg (Herzog) 205; 290

Bromm, Nikolaus 2 2 7

Clasen, Claus-Peter 18; 50

Bruro, Guillaume 88

Coligny, Gaspard de (Admiral) 120

Bucer, Martin 203; 220; 233

Confallonero, Alessandro 233

Bucher, Jakob 96

Cornual, Jean 89

Büffler 78

Coser, Lewis A. 32

Elisabeth 245

Cramerin, A n n a 50

Kaspar 245

Cristol, Jean 89

Bullinger, Heinrich 201 Burkhardt, Johannes 28; 30 Burkhart, Benedikt 4 9 Burlamachi, Paolo 146 Bumell, Balthasar 363

Cuon, Alberto 130 Cussonel

168

457

— D —

Eberwein, Gertraud 4 9 Ebner Christoph 160; 168; 225

Dada 162 Gian Paolo 142

Hans (I) 226

Giovanni Battista 142

Hans (II) 226

Danner, Hans, Dr. 250

Matthäus 225 Eck, von

Darut 152; 271

Leonhard 242; 251

Jean 147 Daultun, Olivier 91

Oswald 242; 251

Davis, Natalie Z e m o n 80; 121

Eck, W o l f g a n g 250

Dazut, Jean 91

Eckart, Dorothea 193

Delaforest 271

Eckhard, Jakob 251

Delbene, Albizzo 162

Egelhoff, Hans 205f.

Dettighofen, von 305

Eggenberger, Hans 209 Ehem 6 7

David 78; 389 Dick, Kaspar 87

Christoph 76

Dietenhaimer, Wolf 252

Clara 175

Dietmair, Christoph 245

Hans 143

Dietrich, H i e r o n y m u s 195

Jeremias 208

Dilger 196

Lukretia 144

Georg (I) 196; 241; 276

Markus 62; 68; 74; 76; 176; 223; 250

Georg (II) 276

Matthäus (I) 143; 156; 184

Dilherr, M a n g 68; 78

Matthäus (II) 74; 76; 103; 184f.; 342

Dinges, Martin 29; 31

Matthäus (III) 73

Dischung, Claude 91

Regina 250

Dörrer, Helena 225

Sibilla 223

Doucet, R o g e r 121; 151

Sigmund 73; 245; 250

Drechsel, Ulrich

134

Dreiling, H a n s 178 Du Peyrat, Jean 120 Ducci, Gaspar 109; 121; 126-129; 131; 136; 229; 390 Dunzenheim

Susanna 60; 71 Ehinger Heinrich 128 Ulrich 145 Ehrenberg, Richard 14f.; 37; 121f.; 129; 150; 158;

154

243

Duval, Jean 120

Eiselin Barbara 50

— E —

Jörg 50 Sibilla 252

Ebel 148

Sixt 78; 294

Hans 148 Heinrich

Stephan 71; 78 148

Eisenhut, Hans 193

Veronika 148 Eberlin, Michael

Eisvogel, Hans 188 148

Ellermeyer, Jürgen 21

458 Francois, Guillaume 91

Elsässer Joachim 214f.; 257

Franz I. (französischer König) 80f.; 120

Markus 214; 260

Frauenberg, Ludwig von 90

Michael 319

Freer

Endorfer

Hieronymus 74; 260

Katharina 306 Stephan 181; 294; 308 Endris, Wolf 289 Engel, Haug 247; 292 Epfenhauser Christoph

Ursula 57 Freiberg, Ursula von 231 Freyburg, von Eberhard 2 4 6 Ludwig 246; 250

187f.;297

Magdalena 187 Erasmus von Rotterdam 121

Freyhaimer, Christoph 160; 170; 348 Friedrich von Holstein-Gottorp (Herzog) 288 Fröhlich

Erhard, Georg 192

Anna 205; 206

Ernst von Bayern (Bischof von Salzburg) 98; 226

Georg 195; 199-208; 2 1 2 ; 215f.; 218-221; 223f.;

Esel Ambrosius 284 Sebastian 122; 209; 213; 319

233; 256-268; 273f.; 374; 394 Jonas 205 Katharina 2 0 0 Fronsberger, Leonhard 30

— F —

Frosch, Johann 76 Fröschel

Fall, Friedrich 252

Benedikt 223; 381

Federlin, Georg 153

Hieronymus, Dr. 223; 291; 307f.; 381

Feinle, Bartholomäus 49 Ferdinand I. 49f.; 76; 99f.; 109; 113f.; 125f.; 133; 138f.; 141; 146; 159; 172; 174; 213f.; 226f.; 238; 259; 300; 305; 364

Stephan 223; 290; 379 Fröschelmoser 198; 285 Christoph 61 Virgilius 61

Ferdinand von Tirol (Erzherzog) 290; 381

Frundsberg, Georg von 225

Ferler, Konrad 200; 204

Fuchs, Franfois-Joseph

Ferretus, Aemilius 93

Fugger 14; 16f.; 34; 38; 48; 68; 81; 84f.; 87; 9 6 ; 98;

Feuchtweck

152

109; 125f.; 128; 130f.; 141; 179; 185; 207; 220;

Georg 205; 252f.

223; 230; 243-245; 280; 283; 285; 297; 3 1 8 ; 320;

Maria 300

326; 342; 364f.; 391; 393

Fichtel, Thomas 96 Fischer, Kaspar 368

Anton 15; 44; 48f.; 57; 60f.; 84; 87; 108; 113; 124-126; 130; 134; 142; 147; 154; 159; 161;

Flaischer, Raphael, Dr. 251

180f.; 183; 186; 189; 207-209; 21 lf.; 217;

Fleckhaimer, Thomas 165

219; 221 f.; 2 3 0 ; 275; 277; 288; 317; 320; 346;

Flicker

357f.; 380; 383f.

Anna 194

Christoph 159; 189; 289; 297; 325

Michael 94

Georg (I) 383

Flory, Jean 94 Franckenhofer, Paul 50

Georg (II) 222f.; 230; 365; 391 Hans 73; 308; 325

459 Hans Jakob 15; 109; 184f.; 190; 223; 228; 276; 289; 291; 297; 325; 345; 358

Gassner Barbara 303

Hieronymus 73; 383f.

Joachim 328; 377

Jakob 15f.; 29; 48; 154; 170f.; 230; 258; 346;

Lukas (I) 230

365; 383 Joachim 196 Markus 73; 167; 222; 308; 391

Lukas (II) 328 Regina 355 Veronika 369

Oktavian Secundus 15; 391

Gauger, Hans 192

Philipp Eduard 15; 391

Gebhart, Hieronymus 319

Raymund 185; 289; 297; 383f.

Geffcken, Peter 47

Sidonia Isabella 292

Geiger

Ulrich (I) 383 Ulrich (II) 303; 369 Ulrich (III) 109; 133; 222; 304 Ursula (vom Reh) 58

Matthäus 148 Paul 194 Geizkofler 304 Zacharias 297

Fiirer, Christoph 275

Gelö, J. 121

Furtenbach 230; 241

Gemelich, Veronika 252

Bonaventura (I) 165; 168; 224-230; 241-243; 256; 273; 305 Bonaventura (II) 242; 297

Gemperlin, Katharina 321 Georg Friedrich von Brandenburg-Kulmbach (Markgraf) 226

Christoph 242

Georg Fuggerische Erben 230

Hans 242

Gering, Christoph 190; 233; 268; 279; 356

Paul 228f.; 242; 332

Gerlach, Jakob 142

Regina 225

Gertner

Fütterer 89 Katharina 118

Euphrosina 144 Hans 125 Gienger 62; 67f.

— G —

Hans 78 Matthäus 160; 162

Gada, Antonio 160 Gaisberger 196 Gapaillon

Valentin 371 Gilreiter Christoph 195

Claude 91; 161

Leonhard 195

Jacques 91

Narziß 195

Jean 91

Giunta, Jacques 93

Odet 91

Goppolt, Veit 95

Garcinot, Pierre 160

Gossembrot

Garimond, Blaise de 161

Anna 53

Garmidt, Jean 88

Georg 230

Gascon, Richard 45; 91; 163

Sigmund 53

Gasser, Achilles Pirmin 43; 46; 165; 223; 281; 324; 326

Ursula 324 Gotta, Michael 213

460 Gottesheim

Guadagni

154

Göttlin, J ö r g

193

162

Gherardo di T o m a s o

Grander, Andreas 5 2 ; 186; 2 8 5 ; 3 7 7 Grander-Rehlinger-Honold-Gesellschaft

Tomaso 52

Guinigi, V i c e n z o

162

Granvella (Perrenot, N i c o l a s ) 2 3 3

Guise, Herzog von

Greek

Gundelfinger

190

Felix

246

162

162

120

109

Gregor 9 6

Magdalena

115

Peter 2 4 6

Η

Philipp J a k o b

190

Greiner 6 8 ; 3 1 9

Habsburg 17; 5 0 ; 8 2 ; 8 4 ; 113f.; 120; 138f.; 159; 172;

Barbara 3 9 1

226; 290

David 3 4 4

Hafner, T h o m a s

Hans 3 4 4

Hagk, Ambrosius 2 1 8 ; 3 7 6

J a k o b (I) 1 5 4 ; 3 0 2 ; 3 4 4 - 3 4 6 ; 3 6 3 ; 3 6 8 ; 3 9 1

Hagl, J o s e f 18

J a k o b (II) 3 4 4 ; 3 6 9

Haider, Bernhard

Philipp 3 4 4

Hainhofer 6 8

Gremp von Freundstein, Ludwig

Katharina 2 1 0 Melchior 153; 2 1 1 ; 323

189f.

Hainlin, Christoph

Grimaldi Geronimo

193

Haintzel 6 8 ; 3 7 8

161

Apollonia 2 4 7 ; 2 5 0

Giovanni Battista 8 6 ; 161

Barbara 3 7 2 f .

Grimm Clara

210

Georg 211

155

Grieninger, L o r e n z 2 3 3 Grießbeck, W o l f g a n g

260

Christoph

187

Sigmund

94

Hans Baptist 2 4 7 ; 2 9 4 ; 3 2 9 ; 3 8 1 ; 3 9 1

Grimmel Alexius

288

Hans Heinrich

Paul

F e l i x 83

Gro, Peter 2 5 2

Christoph

Groebner, Valentin 3 5 ; 3 9 5

Johann

Grubel, M e l c h i o r Gruber, Endris

136

50

Grumbach, von

88

Haller

286

Große Ravensburger Handelsgesellschaft

250

260

Halder, Michael

Jakob 83 Grißenauer, T h o m a s

381

Melchior, Dr.

126; 128f.; 131 f.

182; 2 2 5

366

203

Hamon, Philippe

121; 163

Hanckelmann, Ulrich 8 6 ; 1 9 5 ; 2 6 2 ; 3 6 1 Hannewaldt, Andreas

336

Harbartshaimer, Hans 2 5 2

Hessel 2 1 4 ; 2 5 7

Harckheim, Hans Georg von 2 5 1

Wilhelm 2 1 4 ; 2 3 5 ; 2 5 7

Harder 6 7

Grurer

Andreas 5 5 ; 2 9 4 ; 3 3 0 Hartlieb, Hans 165; 2 9 5

Hans 2 5 2 Wilhelm

252

Hartpronner, Bartholomäus

187f.;220

461 Härtung, Julius 18; 46 Hase, Heinrich, Dr. 211 Haug 62f.; 67-69; 75; 77; 170; 191; 247; 249; 371;

Heinrich II. (französischer König) 80; 120; 123; 137; 146; 149; 156;162 Heiß 67 Hans 75; 103; 105;118; 133; 180

393 Anna 98 Anton (I) 68f.; 74f.; 86; 98f.; 108; 115f.; 125; 142; 172; 210; 249; 275; 312; 323; 357f.; 378 Anton (II) 69; 74; 99; 103; 116; 172; 175-177; 185; 247; 249; 378

Sabina 300 Heldreich 330 Hendtschuher, Georg 193-195 Hennig, Gregor, Dr. 249f.; 296 Herbrot 62; 6 8 f ; 75; 112; 180; 216; 230; 239-241;

Anton (III) 309f.; 379

252f.; 276; 298; 303; 324; 389; 393f.

Barbara 68f.

Christoph 344

Christoph 74; 98; 103; 176; 341

Euphrosina 252

David 73; 99; 103; 173; 176; 249; 297; 309; 378

Hans 72f.; 214; 239f.; 252; 344

Euphrosina 68; 247

Hieronymus 73; 114; 216; 222; 240; 291; 303;

Gastel (I) 57; 59; 170f. Gastel (II) 191

344 Jakob (I) 18; 71; 73; 75-77.; 103; 105; 108; 111-

Hans Konrad 309f.

114; 117-118; 133; 135; 155; 189f.;200; 205;

Leonhard 74; 175

21 lf.; 214-219; 222f.; 235-243; 246; 251-254;

Lucia 372; 382

259; 276; 297-299; 303; 323; 330; 342; 344;

Ludwig (I) 74; 175f.; 378

346; 351; 366; 368; 376; 378f.; 386-389

Ludwig (II) 300; 309f.; 312; 332; 372

Jakob (II) 71 f.; 216; 239; 253; 276; 297; 301; 344

Magdalena 57

Magdalena 368f.; 389

Maria 249

Marina l l l ; 3 8 7 f .

Matthäus 71 f.; 74; 98; 103; 182; 294; 327; 341;

Matthäus 73; 252; 344

372f.; 382

Herbst, Konrad 103; 112; 186; 188; 197; 220; 342

Regina 357

Herda, Christophe de 152

Sibilla 196

Herwart 64; 67; 75; 122; 141; 156-159; 195; 277;

Susanna 115f.

282; 284f.; 354; 359; 394

Ursula 69

Christoph 48f.; 85; 108; 112; 123f.; 133; 284;

Walburga U5f. Haug-Langnauer-Linck-Gesellschaft 18; 44; 78; 86f.; 89; 96-100; 103; 115-117; 125; 128; 143; 145f.; 155; 160; 165; 168; 170; 172-182; 184; 203; 220;

354f.; 375 Dorothea 142 Georg (I) 73; 75f.; 103; 176; 186; 200; 218; 249; 276; 376

224; 239; 243; 245f.; 248; 257f.; 260; 266; 279;

Georg (II) 249

291; 294f.; 297; 305; 309; 331f.; 341f.; 347f.;

Georg (Lissabon) 284

351; 358f.; 364; 372; 378f.

Hans (I) 73; 85; 138

Haug-Neidhart-Gesellschafi 87; 125f.

Hans (II) 249; 295

Hauser

Hans Heinrich 122; 138-141; 156-159; 180; 188;

Daniel 194 Simprecht 321 Heberlin, Ulrich 252 Heel, Konrad, Dr. 219; 249; 357

260; 285; 294; 308; 338; 342; 359 Hans Jakob 308; 359

462 Hans Paul 18; 108; 118; 122; 129; 131; 137-141;

Hofmair

146; 156f.-158; 165; 180; 188; 285; 294;

Barbara 249

308f.; 332f.; 338; 342; 359

H a n s 266

Helena 140

Magdalena 172

Konrad 53f.; 76; 171; 181

Hofstetter, Leopold

Magdalena 76; 171f.; 181

Hohenzollern, Jos N i k o l a u s von

187

Maria 133

Holl, Haimrand 95

M a r k u s 249; 260; 376

Honold

Ott Peter 181 f.; 266

A n n a 379

Susanna 175; 250

Felizitas 182

W o l f g a n g 72; 181 f.; 281

Hans (1) 52; 285; 377; 383

Herz, H a n s 194

Hans (II) 52; 186; 247; 383

Herzel, Hans 368; 391

M a r k u s 112; 141; 180

Hieber

Peter 52; 186; 285; 383

Apollonia 50

Regina 349

Matthias 50

Ulrich (I) 354

Hierlinger Barbara 351 Georg 110; 118

190

Ulrich (II) 324 Hopfer 68; 249 Christina 382

Hildebrandt, Reinhard 14; 38; 42; 230; 244

Daniel 249; 382

Hilleson, Burkhart 3 2 7

Esther 249

Hipper, Niclas 95

Georg (I) 78; 249; 306; 327; 382

Hirschvogel, Leonhard 390

Georg (II) 249; 382

Hirßdorff, Hans 360

Hieronymus 382

Hoch, T h o m a s 193

Jonas 382

Höchstetter 18; 34; 83; 196; 243-245; 257f.; 274; 278; 280; 283; 288; 297; 300; 302; 305f.; 312; 324; 365; 376 A m b r o s i u s (I) 34; 48; 53; 83; 244; 258; 275; 278; 280; 288; 292; 300; 302; 370; 380 Ambrosius (II) 128; 278; 288; 292 A n n a 72 David 350

Hörl, Veit 85 Hörlin Hans 118; 184; 186; 188; 247; 249; 260; 266; 379 L u d w i g 186 H ö r m a n n 42; 63; 75; 358f. Anton 74; 84-86; 100; 249; 348; 357-359; 378; 391

Hans 83

Anton Christoph 3 4 8

Hans Baptist 143; 294; 308

Christoph 358

Jeremias 143

Georg 84f.; 357f.

Joachim (I) 143; 278; 288

Hans Georg 74; 358

Joachim (II) 143; 165; 294; 303

Hieronymus 116; 380

Joseph 278; 288; 292

Karl 153

Philipp, Dr. 143 Sigmund 294 Höffner, Joseph 30

L u d w i g 74; 249; 294; 357-359; 3 7 8 Horngacher, Simon 206 Hort, Clas 319

463 Hoser 62

Georg 155

Anna 68

Margaretha 148

Dorothea 98

Philipp 155

Ludwig (I) 53 Ludwig (II) 73; 247

J

Simprecht (I) 60; 68; 74-76; 98; 101; 3 I 7 f . Simprecht (II) 68; 72; 103; 105; 241; 247; 302

Jacob, Hans 193f. Jäger

Hueber Hans Oswald 95 Michael 94

Clemens 55; 171; 200; 207f. Jakob 160

Hueberlin, Paul 216

Jansen, Max 15

Hundertpfund

Jasmund, Heinrich von 91; 271

Balthasar 319

Jenbacher Gesellschaft 100; 358f.

Gabriel 319

Jenisch 58; 63; 67; 75; 78; 95; 105; 111; 188; 374;

Hünlin 191; 272f.; 375

393

Elisabeth 360

Abraham 298

Felix 87f.; 195; 225; 266; 270f.; 360; 374

Andreas 74

Jakob 225

Anna 68

Hutter, Valentin 298

Barbara 68 Bartholomäus 74

— I —

Christoph 68; 71; 74; 77; 111 David 74; 77; 271 Hans (I) 56; 62; 68; 111

Ilsung Christoph 183

Hans (II) 74; 87; 247

Georg 229; 338

Hieronymus (I) 74; 77; 170

Melchior 220; 241; 270; 294

Hieronymus (II) 170

Imhof 68; 89; 138; 180; 394

Joachim (I) 68; 71; 74; 76; 103; 111; 114; 170;

Andreas 133; 304; 356; 396

197; 239; 241; 255f.; 266; 270f.; 294; 300;

Endres d.J. 121

341; 374

Gabriel 352

Joachim (II) 247

Hieronymus (I) 51; 53; 279

Ludwig 68; 74f.; 77; 247; 2 4 9

Hieronymus (II) 18; 106-108; 110; 117f.; 123;

Markus 73f.; 77

138; 149; 153; 158; 165; 180-182; 190; 239;

Joachim II. von Brandenburg (Kurfürst) 92; 113; 126

302; 342; 356; 396

Joham 154

Hieronymus (III) 391

Johann Albrecht von Mecklenburg (Herzog) 281

Katharina 381

Johann Casimir von Pfalz-Neuburg (Markgraf) 152

Leonhard 391

Johann Friedrich von Sachsen (Kurfürst) 113

Raymund 381

Joseph zum Goldenen Schwan 242; 298

Sebastian (I) 118

Joß, Markus 197f.

Sebastian (II) 123; 158; 181; 342; 356; 396

Jung 62

Veronika 247 Ingold 82; 148f.; 152; 154f.;306f.

Ambrosius, Dr. 76; 219; 247; 349; 387; 389 Ambrosius (II) 349

464 Magdalena 72

Kölderer, Georg 217; 222; 3 6 7

Nathanael 73

Koler

Timotheus, Dr. 72 Ulrich, Dr. 76; 189; 2 4 7

Georg 319 Hans 187

Jungmann, Leonhard 82

Köllner, Sebastian 2 7 6

Justiniani, Lodovico 119

König 109

— K —

Körbler, Clemens

Georg 206; 298; 326; 334 190

Kötzler, Felizitas 219 Kallardt, Hans 252

Krafft, Christoph

Kaltenhofer, Stephan 140

Kraffter 18; 61-63; 67-69; 75; 77; 180; 307; 321f.;

175

Kaltenthal, von (Offizier) 86

324; 393

Kamerer, Kaspar 250

Alexander 61; 71; 74; 103; 105f. 108; 110f.; 118;

Kant, Klemens 95 Kapfer, Leonhard

142; 190; 277; 285; 302; 320; 322; 341; 376 195

Christoph 13; 61; 71f.; 74; 103; 105; 116f.; 144;

Karl (österreichischer Erzherzog) 291

155; 157; 165; 184; 187; 189; 223; 228; 252;

Karl V. 36; 61; 81f.; 85; 113; 120; 122; 124; 132;

277; 290f.; 293f.; 296; 307; 311; 334; 341

139; 141; 161; 172; 176; 178; 183; 203; 227; 233;

Euphrosina 57; 155

259; 277; 322

H i e r o n y m u s 73f.; 87; 98f.; 103; 105; 109f.; 118f.;

Karl von Baden (Markgraf) 251

180; 187f.; 211; 239; 277; 319-322; 376; 380;

Katzbeck 67; 100; 297; 305; 309; 358

385f.

Abraham 72; 100; 246; 248; 358; 378; 391

Jakob 61; 72; 74; 103; 105; 144; 189; 277; 296;

K a u f m a n n , Hans 193

302;341

Kellenbenz, Hermann 14f.; 19; 38; 44

Lorenz 77; 98; 235

Keller

Magdalena 136

Daniel, Dr. 206f.; 222f. Michael 201 Keppeler, Bartholomäus 303 Keyferer, Hans 134 Khiinburg, von

Maria 366 Sibilla 78 Kramer Gregor 360 Paul 302f.

Balthasar 285

Kreit, Maximilian von 251

Christoph 285; 286

Kreier, Maria 250

Kißling, Hans 330

Kremer, Pantaleon 85

Kleeberger, Hans 121f.; 129; 137; 150; 160

Kreß 133

Klein, E m s t 16

Ambrosius 356

Klinkert, Ulrich 244

Christoph 154; 188; 289; 319f.; 322; 356

Klocker, Hans 321

Stephan 145; 180; 319; 356

Knoller, Johann, Dr. 388

Kriegstein, Melchior 208

Knöringen, Christoph von 231 f.

Krön

Kobolt, Leonhard 144

A n n a 211

Koch, Georg 195

Ferdinand

Kolb, H a n s 193

Heinrich 55; 194

194

465 H i e r o n y m u s 194

Felizitas 61; 177; 249

Karl 194; 210f.; 377

Hans Anton 295

Kaspar 194; 210f.; 3 7 7

Narziß 82

Maria 194

Otto 71; 133; 141; 165f.; 295

Kuechlin, Otmar 319

Lauterwein, Jakob 330

Kugelmann, Hans 208

Lederer 209

Kuister, Hans 198

Legier, Michel 94

Künig, A n n a 155

Lemblin, Georg 90

Kuscher, Sigmund 252

Lemisch, Narziß 134 Lenz, A n n a 193

— L —

Leonhardt, Hans 209 Lerchenfelder 196

Labenwölfin, Margarethe 318

Lesch, Augustin 305

Ladislaus von Haag (Graf) 191

Leuchtmair, Michael 223

Lancisa, Bartolomeo de 145

LiSvi-Strauss, Claude 3 7 8

Lang

Lichtenstein, Ursula von 365 Lieb, Norbert 15

Apollonia 195

Liedl, Eugen 260

Clara 181

Ligsalz 180; 188; 196

Lange, Michel 116

Andreas 165; 358

Langenmantel

Balthasar 196

Barbara 133

Erasmus 196

Hieronymus 349 Joachim 95; 290; 325

Linck 43; 58; 63; 67f.; 75; 95; 393

Matthäus 43; 185; 199; 258; 321; 375f.

Gastel 59

W o l f g a n g (I) 132; 366

Hans Heinrich 294

W o l f g a n g (II) 131-134; 136

Heinrich 57

Langnauer 62f.; 68; 77; 249

Magdalena 57; 169

Anastasia 249

Maria 173

Anna 176; 378

Melchior 72; 100; 170; 173f.; 176; 248; 270f.;

Balthasar, Dr. 219

279; 309; 347f.; 358; 374f.

Dorothea 245

Regina 117; 173; 2 4 8

Hans (I) 73; 99; 172; 210; 245; 249; 323

Sabina 173; 176

Hans (II) 72; 99; 103; 168; 173; 175-177; 223;

Ulrich 57f.; 62; 72-74; 76; 86; 99; 103; 116; 142;

256; 260; 273; 291; 297; 305; 309f.; 348; 378;

168-173; 175-177; 181f.; 185; 210; 260; 266f.;

387

269; 276; 298; 323; 347f.; 360; 378f.

Ludwig, Dr. 72; 249f.; 348

Lindenmair, Leonhard 50; 2 9 7

Susanna 249

Lins

Lanzinner, Maximilian Lauberer, Veit 253 Laubich, Barbara 252 Lauginger 67f.; 95; 378 A n n a 62; 250

159

Bartholomäus 72 Rupert 116; 165 Loitz 269 Hans 91; 92 Michael 91

466 Simon 91 Stephan 9 I i ; 148; 271 Lomnitz, Larissa Adler 23 Loner, Hans 72

Rigo 119 Valentin 170; 246 Veit 218; 321 Mairhofen, Achilles 304f.

Loy, Peter 360

Mais, Sebastian

Ludwig XI. (französischer König) 79

Maister, Paulus 304

148

Ludwig, Jörg 50

Manlich 18; 61-63; 67-69; 75; 77f.; 83; 100; 133;

Lütge, Friedrich 34

143; 177; 179; 247-250; 252f.; 296; 324; 358;

Luther, Martin 203; 362; 383

371; 374; 376; 389; 393

Lutz, Elmar 18

A f r a 78

Lutz, Heinrich 29; 30

A n n a 47; 69; 177; 247; 3 8 9 A n n a Maria 173; 3 4 7

— M —

Anton (I) 7 9 Anton (II) 69; 178; 246; 350

Madallon, Jean 91

Barbara 69; 177; 247; 373

Madieres

Christoph 68; 74f.; 77; 101; 103; 105; 107; 112;

Etienne 90

118; 143; 168; 177-181; 187; 246-248; 251;

Jean 90

253; 260; 265f.; 270; 273; 275; 285; 290; 294;

Madruzzo, Ludwig 176 Mair

296; 338; 341; 350; 374; 388 David 68; 77; 177f.; 247; 255; 290; 296; 350

Ambrosius 154; 289; 296; 314; 319f.

Dorothea 9 9

Christoph 55; 260; 382

Hans (I) 48; 61; 83; 177

Esaias 326; 330

Hans (II) 6 9

Hans 193; 215; 241

Leonhard 74; 177; 178; 246; 249; 350

Jeremias 216

Magdalena 247

Josua 302f.

Maria 391

Karl 198

Marina 155; 252; 299; 303

Katharina 2 4 6

M a r k u s 78

Konrad (1) 319; 3 2 7

Matthäus (I) 4 7

Konrad (II) 183

Matthäus (II) 43; 48; 69; 72-75; 78; 86; 98-101;

Leonhard 50; 223

103; 105; 109f.; 117f.; 133; 135; 139; 143;

Lucia 372; 382

153; 173f.; 178-180; 189; 209; 213; 220; 226;

Lukas 191

247-249; 255f.; 266; 285; 296; 347; 357-359;

Maria 367

378; 387f.

Matthäus 320

Matthäus (III) 248; 378

Michael 290

Matthias (Genfer Linie) 7 9

Michael Leonhard 223

Melchior (I) 69; 72; 74; 84; 145; 149; 153; 159;

Nikolaus 149; 151

160; 165f.; 174; 176; 182; 184; 223f.; 246f.;

Nikolaus, Dr. 313

266; 291; 295; 298; 305; 307f.; 331; 333; 338;

Paul Hektor 13; 42f.; 199; 209; 215-219; 221;

372; 378f.; 381; 385f.; 387f.

234; 253; 263; 266; 269f.; 289-293; 298f.;

Melchior (II) 3 7 2 f . ; 3 8 1

301; 303; 327; 334f.

Simon (I) 48f.; 62; 83; 387-389

467 Simon (Π) 74; 111

A n n a Maria 142f.

Susanna 3 5 7

Anton 107f.; 110; 118; 142; 144f.; 165; 351; 385

Mansfeld Albrecht von (Graf) 114

Bernhard (I) 142 Bernhard (II) 107; 118; 122; 130; 134; 141-143; 145f.; 156f.; 164; 187; 190; 2 6 0 ; 374

Hans G e o r g v o n (Graf) 2 2 7 Maria von Ungarn (Regentin der Niederlande) 126

Georg 354; 370

Marschalk, Katharina 324

Hans 142

Maschke, Erich 21; 27; 377

Jakob

Mattheis, Ulrich 193

Lukas 145

Maurberger

Lukas Anton 385

112;334

Ambrosius 153

Maria 351; 363; 385

Erasmus 153

Philipp 122; 130; 141f.; 156f.; 290; 374

Maria 153

Sebastian 180; 186; 3 0 2 ; 320; 322

Maurmiller, Ulrich 319

Ursula 343

Mausielin, Jakob 321

Michaeli, Bonaventura 119; 162

Maximilian I. 48; 58

Michel, Hans 95

Maximilian II. 114; 133; 227

Mieg

May Bartholomäus 78; 81; 122; 262f.; 342

Jakob 154 Peter 252

Claudio 123; 137

Milbinger, Leonhard

W o l f g a n g 123

Miller

Meder, Lorenz 89f ; 228

Heinrich 246

Medici 25

Johann 94

Katharina von 151 Medick, H a n s 26; 342

Minckel Israel 41; 147-153; 156f.; 160; 162; 165; 167;

Megerler, A n n a 221 Melanchthon, Philipp 233 Mendoza, Pedro de 124

198

393 Nicolas 148 Miraillet, Paul 93

Menhard, Hans 319

Mitchell, J. Clyde 27; 392

Menquard, Guillaume 90

Molin, Barthdlemi 93

Mentzer, Nikolaus 154

Momplos, Pierre 90

Merhaimb, T h o m a s von 250

Mongeot, Nicolas 149

Merz

Morauer 306; 330

Barbara 211; 323

Franz 385

Franz 209f. 211; 323; 377

Hans 253; 330; 385

Georg 155

Leonhard 253; 330; 385

Valentin 72; 144; 155

Morineau, Michel 163

Wilhelm 135f.; 155; 252

Moritz von Sachsen (Kurfürst) 114; 213; 239

W o l f g a n g 73

Mörke, Olaf 17; 32; 230

Meulin, Hans 319

Mörlin

Meurer, Blesi 328

Magdalena 191

Meuting 95; 156; 162; 164; 324; 394

Melchior 191

468 Moshauer, Christoph 2 2 7

Gabriel 112; 138; 181

Muggenthal, H a n s Anton von 351

Helena 132

Millich 95

Karl 158; 291; 307; 348; 378f.

A f r a 134

Matthäus 133

Georg (I) 48; 95; 112; 131-134; 136; 143; 156;

Paul 158; 379

158; 190

Sebastian 18; 73; 106; 108f.; 122-138; 140; 142;

Georg (II) 252

144; 146; 156-158; 162; 165f.; 229; 284; 318;

Maria 143

375

Matthäus 2 3 7 Müller 58; 63; 67; 69

Neidhart-Pecori-Gesellschaft 109; 157 Nellenburg, Christoph L u d w i g von (Graf) 251

Ambrosius 2 4 8

Neuberger, Johann 380

A n n a 72

Neuhauser, T h o m a s 252

Christoph 260

Neumair 63; 67; 75; 382

Dorothea 62; 169; 2 4 8

Balthasar 281

Felizitas 61

H a n s 59; 74; 268; 270f.; 374

Hans 209

Kaspar 281

Hans Baptist 60; 71f.; 101; 103; 105; 223; 250

Melchior 249; 281; 296; 2 9 8

Johanna 61

Sebastian (I) 59; 74f.; 95; 103; 342

Konstantin 319 Lukas 57; 62; 72; 74; 77; 94; 103; 155; 252; 260; 296; 302

Sebastian (II) 73 N e u m a n n , Franz 94; 252 Neuneck, Hans Heinrich von 250

Maria 60; 71

Nicolas, Simon 84f.; 129

Markus (I) 60; 71f.; 75f.; 110; 317

Nobili, Niccolo 127

Markus (II) 71; 74; 168

Nördlinger 95

Michael 72; 155; 252

Notter, A n n a 195

Nikolaus 130

Nürnberger, Lazarus 124

Sara 60; 72; 111; 250 Müller, Karl Otto 14

Ο

Münch, Paul 29; 31; 283 Mündt, Christoph, Dr. 251 f. Musculus, W o l f g a n g 201 Mylius, Georg 359

Obrecht, Georg 41; 92; 146-153; 156f.; 160; 162; 165; 1 6 7 ; 2 7 1 ; 3 9 3 Obrist, Georg 206 Occo

— N —

Adolph, Dr. (II) 367 Antonia 367

Nadler, Leonhard 54

Helena 367

Nathan, Georg 188f.; 195

Oderbach, Gall 321

Negelin, Georg 195

Oestreich, Gerhard 336

Negroni, Marietta 161

Olivier, Francois (Kanzler) 120

Neidhart

156

Omphilius, Jakob, Dr. 251

A n n a 253

Örtel, Florentius 160

Christoph 119; 122; 130; 157f.

Österreicher 1 8 ; 6 7 f . ; 105; 118; 190

469 Georg 74-76; 103; 205; 209; 239; 259

Christoph 137; 239; 376

Hans 39; 103; 246f.; 294; 303; 342

Chrysostomus 80; 366 Claudius Pius, Dr. 136; 235; 237

Oswald Georg 252

Juliana 381

Ludwig 2 5 2

Konrad Pius, Dr. 307 Konrad, Dr. 29f.; 53f.; 80f.; 117; 167; 219; 278;

Ott 78 Hans David 295; 3 0 2

282; 349

Hans Konrad 371

Peyard, Jean 89

Hans Wilhelm 245

Pfaffenberger

Martin Bemardi 87

Anna 153

Ottheinrich von Pfalz-Neuburg 113; 204f.; 212; 220

Benedikt 153

Otto Truchseß von Waldburg (Kardinal) 98; 209

Hans Jacob 153

Ozment, Stephen 26; 3 6 I f .

Sebastian 153; 305 Sigmund 153 Virgilius 153

— Ρ —

Pfanzelt Anna 211

Padgett, John F. 25

Matthäus 13; 217; 288; 334 Pfister 68; 378

Pair Friedrich 289

Anna 181

Konrad 356

Christoph 141; 182; 312

Paler, Wolfgang 39; 103; 105; 112; 186-188; 197; 220; 247; 294f.; 325; 327; 342; 363

Elisabeth 143 Georg 143

Paumgartner, Martin 48

Lukas 253

Paur, Christoph 144

Markus (I) 73; 84; 131; 2 3 3 ; 318; 320; 322; 375f.; 379

Peche, Jean 89 Pecori, Simon 109; 126-128; 130; 132; 136; 157

Markus (II) 73; 173; 260

Peix, Jean del

Sabina 253

89

Pellissari 161 Bernardus 161 Claudius 161

Scholastika 73; 320 Susanna 181; 288 Pflaum 377

Cornelius 161

Kaspar 377

Hieronymus 161

Matthäus 112; 118; 131; 134-136; 154; 158; 180;

Johann Baptist 161 Nicolaus 161 Pemer, Nikolaus 383 Penet, Hector 93

219; 289; 296 Peter 375; 377 Sara 377 Philipp Ludwig, Pfalzgraf 152

P6rez-Lizaur, Marisol 23

Philipp von Hessen (Landgraf) 113; 201-204; 220

Pesnot

Philipp von Pfalz-Neuburg (Herzog) 225

Charles 93

Pierbreu, Hans 302

Louis 92f.

Pinicianus, Johannes 72

Peutinger

Pirckheimer, Willibald 121

470 Plakans, Andrejs 23 Pillnitz, Götz Freiherr von 14f.; 38; 44; 207f.; 258 Pomard, Louis 147

Ravensburger 95 Christoph 85; 348 Leo 85f.; 313; 318; 348; 375

Portier, Gabriel 88

Rayot, Pierre 92

Portillo 213

Regel, Georg 62; 387-389

Poschinger, Wolfgang 134

Reger, Barbara 385

Pospisil, Leopold 33

Rehlinger 18; 42; 62; 64; 67; 75; 195; 247; 250; 277

Poßart, Andreas 367f.

Afra 377

Poulau, Pierre 89

Anton 229

Prantmair 63

Anton Christoph 182; 184; 308

Andreas 190f.

Apollonia 68; 177; 247

Barbara 191

Barbara 250

Felizitas 191

Bernhard 73; 183

Lucia 191

Bernhard Christoph 182

Prechter 134; 147; 149; 152; 154; 225; 289; 320 Friedrich 148 Wilhelm 155; 251f ; 298

Christoph (I) 182 Christoph (II) 73; 112; 247; 260; 268; 351; 363; 368; 384

Preining, Hans 50

Christoph (III) 384

Preising, Ursula 285

Christoph Christoph 182-184; 259; 360

Press, Volker 28; 34; 235

David 69; 177

Probst, Thomas 319

Elisabeth 377

Pruner, Joachim 33

Erasmus Christoph 182; 184

Putz 75

Felizitas 363

Anna 59

Hans 54

Jakob 206

Hans Bernhard 377

Klaus 285

Hans, Dr. 219; 280; 355

Melchior 285-287

Heinrich 139; 238; 308; 359; 376f.

Robeas 108; 334

Hieronymus 77; 103; 112; 184; 188, 247; 250; 296; 325

— R —

Jakob 74; 112; 129; 189f.;325 Karl 73

Rabe, Horst 16

Karl Wolfgang 165-167; 247

Rabensteiner, Meinhard 306

Konrad (I) 48; 52; 68; 74; 77; 84; 103; 142; 177;

Raid, Sylvester 199; 207-215; 218-222; 226; 256260; 273f.; 277; 322; 328; 374; 377; 394

186; 276; 285; 377; 380 Konrad (II) 247; 286

Raiger, Georg 228

Konrad (III) 73; 112

Raiser

Leonhard 307

Apollonia 297 Christoph 125

Leonhard Christoph 84; 182; 241; 329; 349; 369 Lukas 84; 349

Rana, Johannes 137

Quirin 294

Rauh, David 193

Sabina 182; 266; 360

Rauscher, Hieronymus 227

Sebastian Christoph 182; 184; 250; 308

471 Ulrich (I) 52; 2 1 8

Sibilla 262

Ulrich (II) 176; 370

Rensdorff, Johann von 2 9 7

Veronika 247; 250

Rentz 276; 297; 312-314

Wilhelm 182; 184

Ambrosius 2 8 8

W o l f g a n g 56; 166; 202; 218; 233; 279; 280

Friedrich 181; 276; 288; 312f.

Reichart, Georg 306 Reichenbach, Hans, Dr. 250

Hans 276; 288; 312f. Sebastian 2 8 8 Retzer, Hans 367f.

Reitling Georg 319 Hieronymus 84 Karl 84

Retzier Jörg 195 Leonhard 195

Reille, Odinot 91

Reuter, Felizitas 189; 360

Reiner, L u d w i g Christoph, Dr. 250

Rieger

Reinhard, W o l f g a n g 21; 23; 64

Apollonia 194

Reißmüller, H a n s 187

Hans 85; 129

Reitmair, A n n a 60

Zimprecht 94

Reitter, A n n a 321

Ringling, Fritz-Wolfgang 245; 309

Reitwieser, Kilian 33

Rinucini 162

Rem 62-64; 67; 191; 247; 355; 378

Tomaso

142

A d a m 379

Rist, Jörg 108

A f r a 136; 252

Rittel, Jakob 188

Andreas (I) 352; 353

Roberts, Simon 32; 33

Andreas (II) 250

Roeck, Bernd 18; 193

Anna 368

Roper, Lyndal 19; 55; 221f.; 314-316; 361f.; 387

Bartholomäus 257f.; 283; 353

Roschu, Arthur 94

Daniel 191

Rosenberger 18; 324

Elisabeth 250

Christoph 175

Felix 100; 179; 358; 378; 391

Hans 13; 97; 155; 175; 186; 228; 290f.; 295; 342

Hans (I) 352-354 Hans (II) 84; 247; 250; 380

Marquard 13; 97; 155; 175; 186; 228; 290; 342 Rot 68; 108; 118

H i e r o n y m u s 100; 294; 303; 358; 378

Erasmus 366

Lukas (I) 43; 73; 82; 155; 282-285; 287; 352f.;

Hans 176; 366

355f.; 368; 396 Lukas (II) 103; 105; 144; 155; 157f.; 165; 259;

Konrad (I) 366 Konrad (II) 18; 145; 149; 274; 292; 299; 301;

260

333

M a g d a l e n a 177; 195

Rother, Elisabeth 96

Markus 84; 247; 380

Rouilte, Guillaume 93

Matthäus 152; 380

Roy

Salomon 380

Antoine 90

Wilhelm 43; 46; 283

Catherine 94

Rembold 68 Jakob 78; 106; 108; 118; 262; 295; 342

Etienne 94 Maurice 93

472 Rublack, Hans-Christoph 29 Rudolf, Anton 370 Rueff, Jakob 94 Ruger, Felix 154; 267; 299; 306

Helena 138 Matthäus 295 Schertlin von Burtenbach, Sebastian 201; 214; 233 Scheuber, Bartholomäus

189f.;360

Scheurl, Christoph, Dr. 390

—s—

Schick, L i o n 15 Schitterlin, Wolf 252

Sabean, David 24-26; 342 Sailer 156 Bartholomäus 229; 391

Schleicher 108 Konrad 276; 366; 378 Sabina 155; 252; 299; 303

Gereon, Dr. 199; 201-203; 218-221; 233; 395

Schiuder, Hans 319

H i e r o n y m u s 109; 122f.; 126-132; 134-137; 144;

Schliisselberger 289

158; 228f.; 390f. Katharina 2 2 8 Michael 84; 123; 136

Schmid Claus 50 Melchior 260

Raphael, Dr. 201; 2 5 0

Schmucker 325

Susanna 391

Schneider, Gilg 54

Saint-Gelais, Louis de 150 Salignor, Michel 89 Salviati Filippo 162 Jacopo 137 Sandovivo, Vicenzo 162

Schöberlin A n n a 193 Thomas

193-195

Schoch Andreas 217f. Balthasar

13;217f.;237

Santor, Karl 190; 213; 289

Endris 13

Sättelin, Raphael 375

Jakob 106; 119; 297; 319

Satzger, Andreas 252

Schoonbeke, Gilbert van

Sauerzapf, Pankraz 152

Schorer 63; 106-108; 115-118; 133; 153f.; 180; 196;

Saur, Ludwig 188; 189

127

223; 281; 331; 342; 380f.

Saurzapf, Jakob 130

Euphrosina 196

Sayous, A n d r i - E . 29; 251

Georg 115; 116

Scarron, Jean 91

H i e r o n y m u s 116

Schaller

Jeremias 116; 182; 281; 382

Hans (I) 209f.; 377

Jos 110; 115f.; 275; 281; 3 4 8

Hans (II) 3 2 8

Leonhard

Matthias 50

Ludwig 116; 281; 380

Scharlo, Pierre 91 Scheibenhart, H a n s 302 Scheler

Schottel

115f.

196

Martin

196

Schremmer, Eckart 16

Andreas 122

Schultheiß, Werner 2 2 7

Hans Philipp 367

Schulze, Winfried 29f.

Veit 213

Schürstab

Schellenberger

Hieronymus

160

473 Sebald 160 Schütz, Ulrich 90 Schwab

Sieh-Burens, Katarina 17; 43; 67-69; 113; 117; 218; 235; 379; 387; 393 Sighart, Urban 285-287

Katharina 187f.

Sigmarshausen, Hans von 325

Maria 187

Simmel, Georg 32

Markus 108; 141; 187f.; 192

Simon von Gilnzburg 242

Regina 188

Sitzinger 69; 101; 103; 105

Schwangau, Georg von 250

Euphrosina 71; 253; 297; 301

Schwartzenburger, Georg Friedrich 154

Hans 190

Schwarz

Lukas (I) 71; 190

Matthäus 59; 130; 286

Lukas (II) 190

Veit Konrad 286

Markus 71

Schweigger, Regina 252

Samuel 73

Schwerhoff, Gerd 310

Ulrich (I) 60; 71f.; 198

Schwindenbach

Ulrich (II) 72

Anton 351

Wilhelm (I) 71

Georg Christoph 112; 351

Wilhelm (II) 71; 249; 298; 348

Sebastian 351 Sedelmair, Leonhard 194 Seehofer 107f.; 116; 196; 260; 264f. Alexander 196; 268

Smith, Pamela 222 Spada Stefano 162 Vicenzo 87

Christoph 196; 268

Spallinische Kinder 252

Sebastian 196

Spett, Wolf 13

Segin, Peter 351 Seibold, Gerhard 100 Seitz

Spinoli Luigi 162 Niccolo 162

Jeremias 298

Spon, Matthäus 153; 271

Mang 55; 56; 279

Spreng,Johannes 44

Sender, Clemens 34; 43; 51; 55; 77; 185; 244; 258; 278-280; 292; 300; 302; 305; 331 Seng, Oswald 116; 145; 165 Senneton 93 Jean 94 Seuter Katharina 167 Melchior, Dr. 167 Werner, Dr. 250 Shorter, Edward 26 Sickingen, Franz von 257 Siedeier, Peter 313 Siegolsheim, Anton von 149

Stadion, von Anna 231; 280 Christoph 232; 306 Stahel, Thomas 189 Stähelin, Simprecht 50 Stain Hans von 90 Wilhelm von 213f. Stainer, Philipp 210 Stammler 95; 279 Hans Sigmund 377 Helena 144 Stapf, Ambrosius 107; 290; 320; 322; 389 Stebenhaber

474 Georg U l f . ; 125; 131; 133; 318; 375

Strigel, Thomas 253

Maria 363

Stromberger, Joachim, Dr. 251

Stecher, Georg 81

Strozzi

Stegmann, Georg 55; 194; 304

Carlo 145

Stegner, Georg 142

Lorenzo 145

Steinacher Gesellschaft 227 Stenglin 68; 166 Hans Baptist 367f. Markus (I) 166; 249; 302 Markus (II) 165f ; 296

Piero 122; 150; 162 Stuntz, Melchior 57; 62 Sturm Jakob 166 Johannes 151

Matthäus 298

Sulzer 67; 222; 305

Susanna 281

Agatha 320

Ster, Konrad 391

Anna Maria 382

Stetten, von 42f.; 249; 355

Anton 281; 301

Apollonia 84; 247; 250; 380

Georg 74; 100; 358; 378

Christoph (I) 43; 72; 84; 124; 186; 249; 278; 282;

Hieronymus 180; 343

284f.; 287; 349; 352; 354f.; 369f.; 380; 383;

Leonhard (I) 343f.; 346

396

Leonhard (II) 301; 343

Christoph (II) 249f.

Regina 300; 372

Georg (I) 354f.

Sibilla 185

Georg (II) 247; 249; 253; 260

Wilhelm 281; 301

Lukas 354f.; 369f.

Sumpser, Matthäus 321

Magdalena 249

Süss, Martin 134

Michael 186; 379 Paul 236; 328

— T —

Regina 249 Sabina 186

Tänzl, Genoveva 78

Steudlin, Paul 250

Tetzel, Sigmund 326

Stich, Georg 252

Thenn 197

Stierlin, Hans 342 Stimpflin, Claus 50

Berthold 198 Markus 198

Stöckl 179

Theuringer, Claus 50; 134

Stöcklin

Thoma, Bernhard 330

Isaak 249

Thoman, Tobias 194

Leonhard 96; 249

Tiefstetter

Stollberg-Rilinger, Barbara 229 Stone, Lawrence 67 Strasser, Abraham 141 Straub

Christoph 156; 190; 239; 251 f.; 294; 368; 388; 389 Ulrich 375 Tournon, F r a n c i s (Kardinal) 120

Dorothea 143

Tradel, Georg, Dr. 251

Lukas 144

Traubler

Strieder, Jakob 13-15; 18; 34; 37; 46

Etienne 147

475

Louis 147

Hans 54

Troyes, Martin de 120; 142

Martin 210

Trammer, Hieronymus 135

Vittel, Georg 382

Tucher 147

Vogel

Lazarus 285 Leonhard 59; 390 Tyrol, Hans 223

Bartholomäus 252 Hans 293 Vogelmair, Matthäus 294; 300; 303-305; 326 Vogelmann, Hektor 252

— u —

Vogl, Jakob 134 Vogt, Wolfgang 199

Ulbricht, Otto 26

Vogtherr, Heinrich d.J. 215

Ulstett 63; 248- 253; 271; 296f.; 310; 324; 376

Vöhlin 62; 68; 78; 115

Daniel 71; 90; 103; 118; 133; 249; 260; 385f.

Erhard d.J. 226

David 71; 169; 248f.; 386

Euphemia 117; 175

Lukas 249

Hans 73; 76; 103; 105; U l f . ; 117f.; 122; 176

Lukas, Dr. 219

Hans Christoph 250

Markus (I) 62; 73; 75f.; 103; 169; 190; 248;

Katharina 378

312f.; 351; 385 Markus (II) 71; 155; 169; 181; 184; 187; 189; 246; 248; 250; 253; 268; 341; 358

Konrad (I) 117; 378 Konrad (II) 170; 348 Paul 117; 173; 248; 382

Paul 61; 71-73; 169; 248; 250; 268; 270; 374

Völker-Rasor, Anette 378

Sabina 71

Vrissac, Marschall de 151

Ursula 71; 249 Wilhelm 231

— w —

Umbach, Leonhard 237 Unterholzer 197 Apollonia 197 Magdalena 197

Wägelin Apollonia 249 Hans 305 Monika 249

— V —

Wagner, Franz 342 Waibel, Peter 210

Vallory, Gaspar 162; 271 Ventzel, Andreas 96 Vesenmair, Ulrich 259; 263f.; 339 Vetter Barbara 145

Waiblinger Hans 308 Ulrich 103; 342 Waldner, Thomas 135 Walther

Georg 53

Bernhard 248; 295

Sabina 145

Ludwig 153

Wilhelm 145

Sabina 248

Vincent, Antoine 93

Ulrich 294

Vischel, Melchior, Dr. 252

Waltmann, Hans 191; 268

Vischer

Wanner, Philipp 194

476 Barbara 117; 378

Weber

Bartholomäus (V) 68; 73; 78; 80; 82; 85; 117f.;

Konrad 209

122; 128-131; 136f.; 142; 161; 165; 176; 184;

Melchior 95

229; 262; 312; 333; 342; 346; 349; 353; 356;

Weck, Sebastian 252; 387

366; 380; 390

W e i d m a n n 78; 122

Bartholomäus (VI) 349

David 371

Christoph 84; 89f.; 137; 144; 156; 162; 184; 186;

Weihenmair, Ulrich 252

198; 228; 262; 302; 306; 342; 369; 379

Weinman Barbara 134

Felizitas 129; 136; 228; 390

Hans 50

Hans (I) 68; 81; 85; 108f.; 118; 124; 165f.; 189f.;

Jörg 134

387f.

Weinsberg, Hermann von 362 Weiß 63

Hans (II) 342 Hans Lukas 247; 260

A n n a 364; 365

H i e r o n y m u s 290; 298; 324-326

Anton 78; 237; 351

Jakob 275; 283

Daniel 364

Karl 308; 381

David 363f.; 368

Katharina 366

Elias 364

Leonhard 78; 342

Hans 50

Lukas 53; 68; 324

Hieronymus 364

Marina 391

Jonas 364

Matthäus (I) 178; 295

Leonhard 188; 364

Matthäus (II) 336; 360

Magdalena 342

Paul 336; 360

Maria 363f.

Philipp 84; 153; 166; 305; 378

Michael 304

Philippine 381

Tobias 364

Sabina 390

Ulrich 342

Sigmund 77

Weißhaupt, Bartholomäus

194

Weißinger, Sixt 328f. Weitmoser Christoph

Ulrich 135; 250 Ursula 177; 184; 186 Welser-Vöhlin-Gesellschaft 48; 82; 84f.; 117; 142;

190

Hans 190 Welser 17; 38; 42; 44; 62; 64; 68; 77; 81f.; 84; 89;

282f.; 285; 352f.; 378 Werder, Andreas 252 Werdoman, Marschall 90

95; 122-124; 126; 128; 130-132; 136f.; 142;

Werner, Theodor Gustav 243

156f.; 158; 166; 206; 229; 243; 277; 284; 302;

Westermair

307; 336; 353; 390; 393f.

Georg 149

A f r a 117

Hans Christoph

Andreas 165; 391

Jeremias 149

A n n a 118

149

Matthäus 87

A n n a Ursula 68; 177

Westermann, Ascan 324

Anton (I) 53; 378

Wetzler, Anna 193

Anton (II) 82; 283; 390

477 Weyer 36; 40; 42; 44; 49; 61-63; 67f.; 73; 75; 78; 8 3 - 9 7 ; 105-109; 11 If.; 115-119; 122; 135; 143; 145f.; 148; 151; 156-158; 160-162; 164; 167-170; 173; 175; 177; 181f.; 187; 189-191; 193; 195-

Weyhenmüller, Jakob 50 Wicker 152 Isaak 252 Matthäus 252

197; 205; 207; 209; 215f.; 221; 223-225; 229;

Widholz, Hans 302

243; 246; 249f.; 252f.; 255f.; 259-271; 273-275;

Wieland, Georg 230

278f.; 281 f.; 287; 295; 301; 305; 307; 309; 311;

Wilbrecht

314; 324; 339; 342; 344f.; 348; 360f.; 374; 393;

A n n a 206

394;396

Christoph

A n n a 56; 59; 111

Georg 195; 2 6 8

Apollonia 57

Gotthard 206

Barbara 56 David 14; 59; 72; 86; 88; 91f.; 97; 103; 106; 11 Of.; 117f.; 122f.; 145f.; 153f.; 156; 161f.; 168f.; 170; 175f.; 195; 197-199; 225; 253;

195;205f.

Pietas 206 Wild Andreas 72 Ulrich 133; 289; 296; 306

255; 259f.; 264-266; 268-274; 292; 334; 339;

Wilhelm von Bayern (Herzog) 300; 305

340-342; 347; 360; 374; 393

Wirsing 63; 67; 75

D o m i n i k u s (I) 84-86

Alexander 56

Dominikus (II) 169f.; 265; 267; 269f.; 273; 348

Christoph 74-76; 101; 103

Elisabeth 7 9

Hieronymus 73f.; 319f.; 322; 376; 379

Georg 57

Markus 56; 94; 135; 320

Hans (I) 4 7

Wittelspeck, Paul 3 8 8

Hans (II) 46; 49-52; 54-57; 61; 83; 396

Wittenstain, Ferdinand von, Dr. 251

Hans (III) 58

Wittich, Veit 59; 285f.

Hans (IV) 13f.; 59-62; 68; 71f.; 74; 77f.; 86f.;

Wolf, Andreas 2 3 7

89f.; 90; 92; 94-97; 103; 106; 110f.; 117f.;

Wolfart, Bartholomäus, Dr. 246

122f.; 145; 153f.; 156; 161f.; 168-170; 175f.;

W o l f f 130; 154

195; 197-199; 205-207; 210; 224f.; 228; 250;

W o l f g a n g von Pfalz-Neuburg 2 0 5

253; 255f.; 259f.; 263; 265-267; 269-275; 290;

Wunder, Heide 362

296; 311; 317; 334; 339-342; 347; 360f.; 374;

Würt, Kaspar 216

393 Jakob 58 Jeremias 58

Ζ

Leonhard 96 Magdalena 59; 169; 269; 360

Zangmeister 58; 63f.; 67f.; 75; 78; 83; 88; 95; 97;

Maria 56

110; 122; 133; 146; 156-158; 164; 245; 278; 294;

Paul 58

295f.; 299; 324; 341; 371; 393f.

Philipp 58

Christoph 68; 74

Sara 268

David 13; 62; 68; 103; 119; 122; 134; 143; 151;

Sebastian (I) 57-60; 62; 84-87; 94- 97; 103; 106; 110f.; 169f.; 174; 177; 188; 195; 209 Sebastian (II) 59; 169; 265-267; 269f.; 273

156; 197; 223; 260; 302; 334; 342; 381 Eberhard (1) 83

478 Eberhard (II) 78; 83; 89; 95f.; 103; 160; 169; 245; 281; 295; 299; 302; 305; 342; 371f.; 381 Elisabeth 169

Sebastian 103; 187; 300 Stephan 198; 300 Ursula 68

Esaias 198; 300

Zasius, Hans Ulrich 213; 238

Franz 88

Zebinger, Jakob 319

Hans (I) 83

Zech

Hans (II) 56; 62; 74-76; 103; 110

Adam, Dr. 297

Hans (III) 13; 74f.; 78; 83; 89; 95f.; 103; 160;

Bartholomäus 153

169; 245; 281; 290; 299; 302; 305; 342; 371; 381 Heinrich 103; 187 Hieronymus 13; 62; 68; 74; 80; 103; 119; 122; 143f.; 151; 156; 186; 197; 223; 260; 269; 290; 302; 334; 339f.; 342; 374; 381 Kaspar 78; 83; 89; 96; 103; 169; 245; 281; 295; 302; 305; 342; 371; 381 Leonhard 83; 245 Magdalena 68 Sabina 363 Martin 39; 294; 303; 367 Melchior 214 Zollikofer, Thomas 149 Zorer Christoph 188; 251 Georg 188 Zott, Johann, Dr. 305

Maria 153 Sebastian 223 Ziegler Lorenz 155 Ursula 145 Zimmermann, Sara 155 Zobel

479

Sachregister — A —

Barchenthandel 83; 95f.; 134; 174; 210; 218; 289; 304

Adel 28; 68; 91; 152; 224; 229-231; 234f.; 241; 243f.; 250f.; 253f.; 257f.; 297; 384

Bauernkrieg 54 Baumeister 49; 52-54; 58; 118; 139; 246; 317; 330

Alaunhandel 97; 129; 132; 150f.; 158; 161

Baumwollhandel 86; 97; 323

Alchimie 19; 221-224; 381

Bergbau 18; 39; 46; 50; 57f.; 61; 91; 98-100; 125;

Almosenherren 59f.; 133; 141; 176; 185; 187; 286; 322 Anwälte 136f.; 162; 165; 255; 259f.; 263-266; 268270; 272f.; 275; 307; 339f.; 360; 374

138; 140; 148f.; 156; 174; 178-180; 183; 189f.; 197f.; 207; 209; 224; 275; 285-288; 290f.; 294; 296; 309f.; 358; 366; 369; 373 Bevölkerung 77; 79

Apotheker 56; 187; 252; 320

Bikonfessionalität 37

Appellationsprozeß 132; 162; 195; 229; 267f.; 271;

Bischof (von Augsburg) 95; 98; 209; 231f.; 280; 306

273; 275; 340; 374

Bleicher 217f.; 237; 328

Arbitragegeschäfte 128; 130f.; 141

Börse 101; 106-108; I I I ; 118; 127; 190

Arrest 132; 134-136; 189; 233; 241; 291f.; 296; SOS-

Buchdrucker 56; 92-94; 320

SOS; 308; 312; 330; 332; 335; 357 Ärzte 62; 189; 201; 219; 223; 281; 349; 381

Buchhandel 92-94; 96 Bürgermeister 49; 52f.; 55; 60; 67f.; 73f.; 84; 98;

Asientos 108; 124

112; 114; 139; 166; 176; 183; 194; 197; 200; 212;

Astrologie 19; 221 f.

215; 220; 233-239; 243; 248; 252; 263; 279f.;

Augsburger Religionsfrieden 37

293-295; 314f.; 317; 326f.; 329-331; 335; 349;

Ausbildung (von Kaufleuten) 84f.; 352; 354; 357; 380

354; 368; 379; 389 Bürgerrecht 57; 115; 118; 129f.; 147f.; 159; 161; 166f.; 197; 211; 227; 229; 232-234; 239f.; 248;

— B —

253; 262; 293; 330;333 Burggraf 259

Bäckerzunft 54

Bußmeister 182

Bankrott 13; 20; 29; 33; 36-39; 41f.; 59; 67; 71f.; 83; 88-90; 92; 94-96; 100; 106; 127f.; 134; 143f.;

—c—

152; 154f.; 159; 164f.; 168f.; 173; 177; 179; 181; 184; 187; 191; 195; 198; 205; 207; 215-218; 222;

Casa de Contratacion 124

224f.; 235; 237; 242-244; 246; 248; 251; 253-

Chronistik 13; 17; 34; 43; 46; 51; 55; 165; 171; 185;

255; 259; 262-269; 272-278; 280f.; 287-303; 305;

199; 207; 217; 222f.; 232; 234; 244; 258; 263;

307-316; 323f.; 326; 331-334; 336; 338; 357;

278f.; 283; 289; 291f.; 299; 301; 303; 305; 317;

359-361; 370-376; 379-382; 392-395

321; 324; 326f.; 367; 375; 381; 394

Barbiere 252; 387 Barchent 48; 50; 83; 85; 91; 237

Ciompi-Aufstand 25

480 — D —

Fuggerdiener 55; 59; 130; 170; 183; 194; 223; 278;

Delinquenz 43; 209f.; 217f.; 261; 310; 312; 316;

Fuhrleute 48; 88; 205; 330

286; 3 0 4 ; 3 2 2 ; 3 5 7

319-325; 330f.; 333; 336f.; 376f.; 394

Führungsschicht 17; 19; 25; 33; 35; 37; 43; 63; 68;

Dreißigjähriger Krieg 38; 81

77; 183; 191; 199; 201; 203; 215; 234; 253; 258;

Dreizehner 52; 55; 177; 317

274; 279; 287; 315f.; 318; 320; 323; 363; 366368; 375; 379; 383; 385; 389; 395

— Ε —

Fürkauf 28; 30; 316; 318; 323; 326; 336 Fürstenaufstand 112; 178; 204; 211; 238f.

Ehegericht 178; 183; 314f. Ehre 30-32; 35; 183; 275-278; 282; 285; 325; 334;

— G —

371; 373; 384; 387-389; 396 Ehrenbücher 171; 200; 276

Gastwirte 153; 191f.; 195; 198; 234; 252; 326

Eigennutz 30; 51; 273f.; 308; 322; 330

Geldgeschäfte 106f.; 121; 132; 138; 140; 163; 166;

Einnehmer 49; 52; 106; 109; 118; 177; 183; 317; 330 Einunger 55; 239; 241; 315 Eliten 20; 42; 53f.; 62; 68; 75; 138; 148; 189; 199; 219-221; 224; 236; 257; 282; 287; 291f.; 310; 314; 318; 323; 344; 368; 381; 385; 393f.; 396 Siehe Oberschicht,

Führungsschicht

180; 229; 235;323 Geldmarkt 16; 44; 61; 80; 97; 101; 105; 109; 111; 118; 121; 127; 138; 142; 146; 158; 163f.; 180f.; 196; 198; 244; 253; 274; 369 Geleit 81; 83; 88; 127; 255; 262; 267; 269; 289-291; 306; 311; 314; 332 Gemeinde 37; 194; 259; 289

— F —

Gemeiner Nutzen 30; 32; 34; 51; 200; 238; 275; 279; 308; 317; 319; 375; 384

Faktoren 29; 81; 84f.; 90; 98; 121; 123-127; 130; 132; 136; 141; 144; 155; 184; 190; 206; 210; 216;

Gesandtschaften 53; 60; 76; 80; 165; 178; 199; 201; 218; 220; 233

221; 223; 253; 262; 282-284; 288; 295; 302; 305;

Geschlachtgewander 134

320; 348; 352-354; 375; 378

Geschlechterbeziehungen 360-363; 365f.; 369; 371f.

Fallitenordnungen 274; 324; 331-333; 335-337; 371 Färber 300 Fehde 257;258 Feudalisierung 28; 39; 159; 177; 243; 395

Gesellschaftsverträge 33; 52; 178; 276; 279; 286f.; 299; 309; 341; 350; 365; 378 Getreidehandel 91f.; 96f.; 148; 152; 269; 317f.; 326; 375

Finanzagenten 114; 121; 142; 167; 197

Gewalt 32; 185; 256; 261; 350; 358; 385; 387

Fischbeschauer 191

Gewandschneider 94

Folter 259; 310; 312; 326; 332

Gewurzhandel 83; 89f.; 96f.; 124f.; 145; 147; 149;

Freiungen 13; 217; 255; 263; 281; 288; 290; 295; 325;371 Fremdkapital 139; 141; 168; 175; 195; 224; 243f.; 245f.; 248; 251; 253f.; 263; 268; 394 Friede von Cateau-Cambresis 121 Friede von Crepy 120 Frühkapitalismus 14-17; 38f.; 224; 395

158; 163; 166; 174; 182; 284; 304 Gläubigerausschüsse 268; 294-296; 298; 303f.; 323; 331;359 Gläubigerverträge 270f.; 276; 281; 290; 296; 298301; 303-306; 308; 312-314; 326; 332f.; 374; 396 Goldschmiede 114; 187-189; 192; 194f.; 251f.; 298; 306 Grand Parti 130; 147; 150; 153; 157; 356; 361

481 Grundbesitz 15; 17; 35; 44; 49; 53; 59; 127; 133;

Kirchenpröpste 76

140; 142; 152; 159; 164; 167; 173; 177; 182; 185;

Kistler 55; 94; 193f.

204-206; 216; 221; 227; 230; 235; 241; 243; 277;

Klagschatzer 182; 210

288; 292; 294; 297f.; 308; 363; 366; 383; 385

Kommissionsgeschäfte 40; 79; 84; 86; 116 Konfession 37f.; 76; 152; 171; 207; 221; 359; 368;

— Η —

395 Konflikte 31-35; 41f.; 93; 127; 132; 135; 179; 185;

Handwerker 39; 46; 51; 91; 94; 168; 187; 192-194; 198; 234; 250; 252; 254; 319f.; 328 Heidelberger Bund 141 Herrentrinkstube 36; 78; 177; 201; 219; 279; 315; 333;389

190; 199; 202; 204f.; 207; 211; 234; 237; 239f.; 255; 261; 271; 273f.; 282f.; 285; 311; 323; 327; 331; 336f.; 339; 353; 356; 359; 362; 375; 385f.; 388-396 Konkurs Siehe Bankrott

Hochzeitherren 133; 186

Kornmeister 56

Hucker 134

Krämer 94

Hugenotten 161

Krämerzunft 54; 57; 75

Humanismus 28; 43; 80; 141; 202; 237; 281; 316;

Kreditgeschäfte 39; 44; 46; 48; 59; 92; 98f.; 101;

362

107-112; 114; 116-118; 122f.; 125; 133; 135; 138-140; 145; 148; 155; 160; 180f.; 184; 186;

— I —

188; 196f.; 225; 227; 231; 239; 242; 253; 306; 364

Interim 37; 167; 212

Kupferhandel 16; 18; 34; 48; 83; 87; 96; 99; 114; 139; 148; 154; 174-176; 179; 244; 363; 373 Siehe

— J —

Metallhandel Kupferschmiede 194

Juden 242; 258; 298;306

Kürschner 95; 98; 200; 235

Juristen 381; 390

Kürschnerzunft 56; 61; 76; 114; 135

Juwelenhandel 97; 124; 135; 141; 187f.; 235; 284; 298; 299

— K —

— L —

Landvogt 229; 308; 338 Ledererzunft 54

Kalenderstreit 381

Levantehandel 18; 149; 159; 224; 248; 295

Kantengießer 94; 193

Lodweber 323

Katholiken 37; 113; 139; 183; 219; 241; 359; 362;

Lutheraner 37; 77; 233

368 Kaufleutestube 36f.; 43; 59-61; 92; 112; 134f.; 153;

— M —

155; 166; 169f.; 187-189; 192; 194; 201; 210; 214; 216f.; 219f.; 253; 259f.; 281; 285f.; 289;

Maestrazgopacht 161

302; 306; 320; 326; 328; 330; 333f.; 351; 367

Mangmeister 47

Kaufleutezunft 36; 43; 48; 76; 176; 177; 288; 320; 322; 375 Kesselschmiede 94

Männlichkeit 19; 361 Markgrafenkrieg 213 Maurer 95; 321

482 Mehrer 36f.; 133; 172; 176; 178; 259f.; 263; 322; 332; 389 Mentalität 19 Messen 79; 81f.; 94f.; 107; 111; 150; 154; 163; 171;

Normen 27; 29; 31; 33f.; 51; 217; 225; 229; 231; 236-238; 272-274; 278; 280; 282-286; 311; 316f.; 345; 384f.; 387; 392f.; 396 Notare 86; 168; 207; 259; 260; 271

306; 329 Messeprivilegien 80; 82

— o —

Metallhandel 48; 80; 87f.; 95; 97; 138; 174; 190; 191; 289; 319 Metzger 194f.; 323

Oberrichter 56; 183; 259 Oberschicht 20; 24; 26f.; 35; 37; 46; 53; 58; 77; 192;

Mittelschicht 191; 193-195; 198; 337

198; 202; 244f.; 254; 263; 328; 337; 348; 362f.;

Monopole 28; 139; 145; 150; 159; 226; 275; 280;

375

316

Ochsenhandel 91

Monopolgesetzgebung 131

Oligarchie 17; 25; 52; 395

Monopolstreit 29f.; 278 MUnzhandel 209; 211; 277; 289; 316; 318-322; 326-

— P —

330; 336; 376f.; 379 Milnzmeister 107f.; 148; 189; 289; 319f.

Paktbürger 196; 228 Passauer Vertrag 205

Ν

Pastellhandel 80; 89f.; 116; 145; 149 Patriarchalismus 316; 347f.; 361; 366; 369; 371; 373

Nachbarschaft 67; 77f. Netzwerkanalyse 22; 24f.; 62; 64; 101; 106 Betweenness 23

Patriziat 22; 25; 35; 36f.; 41; 43; 53; 59; 61f.; 73; 78; 95; 112f.; 118; 123; 130; 133; 135f.; 139; 141; 145; 166; 168; 171-173; 176f.; 181-184; 186;

Cliquen 23; 104f.

195; 198; 200; 219f.; 225; 232-235; 238f.; 241;

Cluster 23

246; 253; 259f.; 262; 275-277; 284; 293f.; 297;

Computerprogramme 23; 64

306-308; 315; 321; 324-326; 328; 333f.; 349;

Dichte 23; 67; 69

352; 355f.; 368; 375; 381; 384; 389; 392; 395

Ego-zentrierte Netzwerke 22; 62; 64 Gesamtnetzwerke 22; 62 Kontaktzonen 63; 67f.; 73; 75; 77; I I I ; 115; 191; 248

Patrizisches Ratsregiment 36; 139; 141; 176; 177; 187; 221; 234; 238; 243; 315; 322 Pelzhandel 83; 95; 97; 235 Perlenhandel 124f.;284

Multiplexität 97; 169; 198

Petit Parti 160

Partielle Netzwerke 22

Pfefferhandel Siehe

Totalnetzwerke 23

Pflegschaften 69; 71 f.; 111; 170; 181; 187; 189; 192-

Gewürzhandel

Zentralisierung 25

195; 205-207; 211; 214; 223; 244; 297; 312f.;

Zentralität 23; 64; 73; 75; 245

325; 335; 366-372; 379

Netzwerke 20; 24; 40; 61f.; 67; 69; 72; 74-78; 105;

Prädikanten 37; 201; 203; 212; 359

117; 131 f.; 136; 138; 223; 229; 235; 245; 247;

Prosopographie 21; 41; 168; 244

254; 263; 271; 333; 382; 385; 393

Protestanten 76f.; 367f. Siehe Lutheraner, Zwinglia-

Nobilitierungen 17; 61; 74; 127; 139; 159; 172; 225; 227; 229-231; 243; 277; 285; 322; 395

ner Proviantamt 215 Proviantherren 139; 286

483 Repräsentation 17; 203; 205; 215; 220; 231f.; 235; — Q —

243; 280

— s — Quecksilberhandel 34; 83f.; 100; 139; 159; 224; 280; 291; 310; 338 — R —

Safranhandel 52; 80; 82; 89f.; 125; 145; 149; 154; 158; 174; 304 Salzfertiger 60 Salzfertigerzunft 53; 57f.; 60; 75; 110; 115; 134f.;

Rat der Stadt Augsburg 34; 41; 54; 57; 86; 92; 95;

317

122; 134-136; 141; 144; 1 8 9 f ; 2 0 2 - 2 0 5 ; 207;

Salzhandel 91; 97

210; 220; 223f.; 232-234; 236-241; 255f.; 261-

Salzungelter 56

263; 266-268; 270; 273f.; 277; 279; 281; 285;

Schettler 191

289; 2 9 3 ; 295f.; 299-302; 304; 306f.; 309; 311-

Schilling-Aufstand 54; 258

327; 329-337; 349; 356f.; 370; 375-377; 379f.;

Schlosser 198

385; 388; 3 9 4 ; 3 9 6

Schmalkaldischer Bund 60; 76; 122; 141; 145; 201;

Geheimer 36; 118; 132; 139; 143; 183; 234; 333 Großer 46; 56; 5 9 ί ; 92; 133; 135; 153; 155; 167;

203; 2 2 6 ; 2 3 3 Schmalkaldischer Krieg 57; 86; 95f.; 98; 113; 130;

173; 176; 178; 185-187; 191f.; 253; 281;

138; 140; 199; 203; 205; 211; 218; 226; 233f.;

285f.; 288f.; 302f.; 320; 322f.; 326; 329f.

236; 239; 241; 289; 347

Kleiner 36; 47; 52f.; 55f.; 60; 77; 118; 133; 139; 173; 182f.; 263; 313; 317; 318; 376

Schmelzwerke, Hüttenwerke 140; 175; 179; 190; 197; 2 0 9

Rat von Brabant 132

Schneider 94; 187; 193-195

Ratsdiener 171; 199; 207; 215f.; 234; 269; 327

Schuldhaft 255; 269; 271; 290; 292f.; 302f.; 307;

Ratskonsulenten 219; 280; 355; 357

309; 326; 335; 339; 360; 380

Raubritter 214

Schulherren 183

RaubüberfUlle 214; 256-258; 2 8 0

Schwäbischer Bund 5 3 f . ; 8 1

Rechenmeister 193

Schwallmüller 191; 198

Reformation 21; 26; 51; 53-55; 76f.; 171; 185; 201;

Seidenhandel 8 7 f . ; 9 1 ; 116; 154; 161; 163; 175; 178;

218; 232; 315-317; 361f.; 395 Reichshofrat 240 Reichskammergericht 44; 132; 213; 229; 237; 241; 300; 357 Reichsmünzordnung (1559) 327 Reichspfennigmeister 338

182; 304; 306 Selbstzeugnisse 43; 72; 282; 284f.; 347; 352; 362; 368 Siegler 52 Silberhandel 48; 57; 61; 87; 98; 134; 140f.; 154; 187; 189; 217; 225-227; 289; 302; 306; 317; 320

Reichspolizeiordnung 264f.; 274; 281; 336

Sklavenhandel

Reichstag 53; 114; 139; 176; 178; 191; 199; 201;

Söldnermeister 56; 60

220; 233; 236; 264; 293; 327; 329 Renaissance 231; 237

128

Sozialdisziplinierung 336 Soziale Beziehungen 20-22; 24; 26; 58; 67; 92; 98;

Rentmeister 199; 204; 213; 239; 256

107; 122; 156; 164; 168; 175; 189; 192-194;

Rentmeisterbriefe 138

198f.; 287; 312; 326; 337f.; 348; 392-395 Soziale Netzwerke 23; 338

484 Soziale Schichtung 20f.; 77; 193

— T —

Sozial kapital 23f.; 240; 271; 277; 310; 325; 390; 392; 395 Sozialpolitik 34

Territorialpolitik 35 Testamente 44; 58; 76; 93; 114; 117; 136f.; 153;

Sozialregulierung 274; 336

160; 164; 183; 187; 193; 212; 229; 343f.; 347;

Sozialstruktur 18; 21

351; 358; 360; 363; 365-368; 372f.; 381-385;

Sozialtopographie 77

389-391

Spitalpfleger 263 Spitalschreiber 207 Staatsanleihen, Kronanleihen 38; 48f.; 92; 109; 113;

Textilhandel 48-50; 80; 89; 95-98; 113; 127; 163f.; 174; 300 Textilproduktion 39

116; 119-122; 124-129; 131; 133; 137; 140-142;

Tuchgewander 328

144-146; 150f.; 154; 157; 161f.; 164-166; 177;

Tuchhandel 83; 116; 190; 237; 288; 328

181f.; 197; 207; 221; 226; 229; 248; 260f.; 266;

Tuchscherer 96; 300

299; 325; 339; 393

Türkenkriege 126; 138

Staatsbankrotte 14;37f.;40; 121; 151; 157-159; 164;

Turniere 280

394 Städtetag 53; 329

— u —

Stadtgericht 41; 50; 59; 132; 162; 168; 178; 183; 195; 197; 210; 213; 228; 237; 241; 258-260;

Universitäten 90; 92f.; 167; 176; 199

262f.; 267; 271-273; 288; 294f.; 297-299; 306;

Unterkaufbücher 16; 44; 61; 101; 106; 108; 119;

311-313; 321; 332; 340; 356; 360; 374; 396

135; 138; 141; 166; 180; 186; 196; 323

Stadthauptleute 200; 208

Unterkäufel 57; 81; 106; 119; 155; 297

Stadtpfleger 67; 85; 140; 183; 248; 318; 376; 379;

Unterschicht 19f.;46

385 Stadtschreiber 53; 199; 201-203; 209; 21 lf.; 219;

Urfehden 233; 277; 325; 349; 387 Urgichten 43; 221

223; 256; 261; 264;278 Stadtvogt 252; 259; 292; 327; 331

— V —

Standeserhebungen Siehe Nobilitierungen Ständische Gesellschaft 283; 384

Venediger Boten 212; 214; 257f.

Steuerbücher 39; 44; 46; 49; 139; 159; 193

Verflechtung 21; 24; 27; 67; 75; 97; 100; 105; 118f.;

Steuerleistungen 39; 46-49; 52f.; 56; 58-60; 73-75;

168; 188; 198; 219; 245f.; 321; 376; 395

96; 98; 115; 118; 126; 133; 135; 155; 158; 166f.;

Verflechtungsanalyse 25 Siehe

169f.; 172; 176; 178; 184-187; 189-194; 210;

Verlag 50; 327

217; 219; 232; 285; 302; 317f.; 320; 323; 325f.;

Verwandtschaft 19; 22f.; 26f.; 41; 43; 62; 67; 72f.;

328; 364; 367

Netzwerkanalyse

77; 95; 98; 100; 105; 110f.; 118f.; 132; 134; 143;

Steuermeister 47; 182

164; 166; 169; 171; 175f.; 181; 191; 193; 195;

Stiftungen 54; 121; 173; 183

206; 210; 216; 235; 240; 245f.; 248; 250; 252f.;

Strafherren 289; 304; 310; 325-327; 389

254f.; 259f.; 267-271; 273; 275; 299; 306; 308;

Strukturfunktionalismus 22

310f.; 325; 338; 341f.; 344; 350; 352; 356; 361;

Studenten 85; 90; 96

374-382; 385-389; 392-396 Viertelhauptmann 133; 141; 186

485 — W —

Z —

Waffenhandel 113 Wahlen 56

Zechpfleger 76; 207

Warenhandel 17; 39f.; 79; 86; 88; 91; 94; 97f.; 110;

Zeugherren 118; 139; 186

116; 149; 163; 174; 225; 340 Weber 35; 48-50; 54; 134; 185; 218; 321; 327; 329; 396

Zeugmeister 56 Zimmerleute 191 Zölle 80; 82; 88; 127; 129; 151; 174; 207; 262; 311

Weberzunft 46; 49; 52; 55; 210; 289; 377; 396

Zucht- und Polizeiordnung (1537) 55; 314-316

Wechselgeschäfte 44; 81f.; 98f.; 101; 106f.; 110;

Zuchtherren 133; 210f.; 314f.

115-119; 131; 133-135; 137f.; 142; 144; 154-156;

Zuckermacher 95

160; 162-164; 180; 186; 189f.; 196f.; 209; 228;

Zünfte 34; 36f.; 191; 201; 235f.; 238; 315

263; 285; 289; 302; 317; 320; 323; 351

Zunftmeister 50; 52; 54; 55f.; 58; 200; 210; 236;

Weinhandel 148 Weinschreiber 192; 327; 330

276; 317; 328; 377; 396 Zunftverfassung und Zunftregiment 36; 52; 56; 75;

Weinungeiter 56; 60

112; 135; 172; 176-178; 183; 200; 203f.; 209;

Wirtschaftspolitik 34; 95; 113

218; 235f.; 315; 322

Wollgeschauer 60; 182

Zunftverfassung, Zunftregiment 36

Wollhandel 88f.; 95; 134; 323; 348

Zwinglianer 37; 53; 76; 185; 201; 214

Wucher 28; 131; 228; 236f.; 239; 258; 316

Colloquia Augustana ISSN 0946-9044

Band 1

Augsburg in der Frühen Neuzeit. Beiträge zu einem Forschungsprogramm Herausgegeben von Jochen Brüning und Friedrich Niewöhner. 1995. 447 Seiten, 23 Abb., Gb, DM/ sFr 88,-/ öS 642,ISBN 3-05-002645-6

Band 2

Judengemeinden in Schwaben im Kontext des Alten Reiches Herausgegeben von Rolf Kießling. 1995. 335 Seiten, 1 Karte, 6 Abb., 6 Tab., Gb, DM/ sFr 68,-/ öS 4 9 6 , ISBN 3-05-002616-2

Band 3

Augsburger Handelshäuser im Wandel des historischen Urteils Herausgegeben von Johannes Burkhardt unter Mitarbeit von Thomas Nieding und Christine Werkstetter. 1996. 427 Seiten, 7 Abb., 1 Tab., Gb, DM/ sFr 68,-/ öS 4 9 6 , ISBN 3-05-002653-7

Band 4

Samuel Urlsperger (1685-1772) Augsburger Pietismus zwischen Außenwirkungen und Binnenwelt Herausgegeben von Reinhard Schwarz. 1996. 313 Seiten, 7 Abb., Gb, DM/ sFr 78,-/ öS 569,ISBN 3-05-002824-6

Band 5

Kunst und ihre Auftraggeber im 16. Jahrhundert Venedig und Augsburg im Vergleich Herausgegeben von Klaus Bergdolt und Jochen Brüning. 1997. 297 Seiten, 68 Abb., Gb, DM 78,-/ öS 569,-/ sFr 7 0 ISBN 3-05-002823-8

Band 6

Wolfgang Musculus (1497-1563) und die oberdeutsche Reformation Herausgegeben von Rudolf Dellsperger, Rudolf Freudenberger und Wolfgang Weber. 1997. 431 Seiten, 1 Abb., Gb, DM/ sFr 78,-/ öS 569,ISBN 3-05-003204-9

Band 7

Jacob Brucker Herausgegeben von Wilhelm Schmidt-Biggemann und Theo Stammen. 1998. Ca. 300 Seiten, ca. 12 Abb., ca. DM/ sFr 78,-/ öS 5 6 9 , ISBN 3-05-003097-6 Brucker gilt kategorial und institutionell als der wichtigste Historiker der Philosophie im 18. Jahrhundert, wenn nicht der Philosophiegeschichte Uberhaupt. Die Essays beleuchten facettenreich das Wirken dieses großen Wissenschaftlers und engagierten Pfarrherm mit besonderem Akzent auf dessen Leistung in der Tradition und Transformation des abendländischen philosophischen Erbes. Brucker erhält hier den Stellenwert, den er im westlichen Ausland längst innehat.

Band 8

Ehrkonzepte in der Frühen Neuzeit Identitäten und Abgrenzungen Herausgegeben von Sibylle Backmann, Hans-Jörg Künast, B. Ann Tlusty und Sabine Ulimann. 1998. 409 Seiten, 5 Abb., ca. DM/ sFr 78,-/ öS 569,ISBN 3-05-003096-8 Ehre ist eine zentrale Kategorie für die Analyse frühneuzeitlicher Lebenswelten. Durch unterschiedliche Vorstellungen von Ehre konstituierten die Menschen dieser Epoche ihre Identität. Die Studien befassen sich mit den Ehrbegriffen verschiedener gesellschaftlicher Gruppen im geographischen Vergleich sowie männlichen und weiblichen Ehrkonnotationen. Der Band leistet so einen Beitrag zur Debatte um den Ehrbegriff innerhalb der Kultur- und Sozialgeschichtsforschung.

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