Geistliche Fürsten und der Reichstag: Die Hochstifte Bamberg und Würzburg als Akteure der Reichspolitik Mitte des 18. Jahrhunderts 9783111241586, 9783111240916

The Perpetual Diet of Regensburg was one of the most important political centers of the Holy Roman Empire. This study is

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Geistliche Fürsten und der Reichstag: Die Hochstifte Bamberg und Würzburg als Akteure der Reichspolitik Mitte des 18. Jahrhunderts
 9783111241586, 9783111240916

Table of contents :
Vorwort
Inhalt
I Einleitung
II Das Gesandtschaftswesen der Hochstifte Bamberg und Würzburg Mitte des 18. Jahrhunderts
III Akteure und Strukturen der hochstiftischen Reichstagspolitik
IV Die Politik der Hochstifte Bamberg und Würzburg beim Reichstag
V Fazit – Die Relevanz des Reichstags, Entscheidungsprozesse, Gesandtschaftspraxis und die Bedeutung informeller Praktiken
VI Anhang
Abkürzungen
Quellen- und Literaturverzeichnis
Personenregister
bibliothek altes Reich – baR

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Florian Zwießler Geistliche Fürsten und der Reichstag

bibliothek altes Reich

Herausgegeben von Anette Baumann, Stephan Wendehorst und Siegrid Westphal

Band 41

Florian Zwießler

Geistliche Fürsten und der Reichstag Die Hochstifte Bamberg und Würzburg als Akteure der Reichspolitik Mitte des 18. Jahrhunderts

ISBN 978-3-11-124091-6 e-ISBN (PDF) 978-3-11-124158-6 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-124207-1 ISSN 2190-2038 Library of Congress Control Number: 2023935962 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2023 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Einbandabbildung: Darstellung der Reichsproposition 10./20. Jan. 1663, Museen der Stadt Regensburg, G 2008/15. Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com

Vorwort Die vorliegende Arbeit basiert auf meiner im Januar 2022 von der Fakultät für Geistes- und Kulturwissenschaften der Otto-Friedrich-Universität Bamberg angenommenen Dissertation. Für die Drucklegung wurde diese geringfügig überarbeitet. So viele liebe Menschen sind mir in den vergangenen Jahren mit Rat und Tat zur Seite gestanden, haben mich auf meinem Weg unterstützt und zum Entstehen dieser Arbeit beigetragen. An erster Stelle sind dabei mein Doktorvater Prof. Dr. Martin Ott und Zweitbetreuer Herr PD Dr. Frank Kleinehagenbrock zu nennen. Herrn Prof. Dr. Ott danke ich herzlich für die hervorragende Betreuung und viele gute Anregungen und Gespräche. Die freundliche und kollegiale Arbeitsatmosphäre an seinem Institut und im Thurnauer Oberseminar haben mir den promotionsbedingten Wechsel an die Universität Bamberg enorm erleichtert. In gleicher Weise möchte ich Herrn PD Dr. Frank Kleinehagenbrock herzlich danken, der meine akademische Laufbahn von Beginn an mitverfolgt, geprägt und als verlässlicher Ratgeber unterstützt hat. Frau Prof. Dr. Britta Kägler danke ich für die Übernahme des Drittgutachtens und ihre hilfreichen Anmerkungen. Für wertvolle Hinweise danke ich Prof. Dr. Bettina Braun (Mainz), Prof. Dr. Wolfgang Burgdorf (München), Prof. Dr. Markus Friedrich (Hamburg), Dr. Heinrich Fußbahn (Aschaffenburg), Prof. Dr. Karl Härter (Frankfurt), Prof. Dr. André Krischer (Freiburg), Prof. Dr. Michael Rohrschneider (Bonn), Dr. Winfried Romberg (Würzburg), Dr. Tobias Schenk (Wien) sowie Prof. Dr. Gernot Sydow (Münster). Dank gebührt ebenso all den Archivarinnen und Archivaren, die mich durchweg freundlich und kompetent beraten haben. Zwar können an dieser Stelle nicht alle von ihnen erwähnt werden, doch seien stellvertretend Prof. Dr. Wolfgang Dobras (Mainz), Dr. Michael Hochedlinger (Wien), Dr. Herbert Schott (Nürnberg), Dr. Johannes Staudenmaier (Bamberg), Dr. Martin Stingl (Karlsruhe), Dr. Peter Styra (Regensburg), Guido Treffler M.A. (München), Ferdinand Wagner M.A. (Regensburg) und Dr. Monika von Walter (München) genannt. Danken möchte ich darüber hinaus meinen ehemaligen Kolleg:innen und Freunden im Staatsarchiv Würzburg, besonders Peter Kastner, Jens Martin M.A., Dr. Matthias Röhrs und Dr. Klaus Rupprecht (nun Bamberg) für ihre Anregungen und Hinweise, geduldiges Korrekturlesen und die schöne Zeit, die ich mit ihnen verbringen durfte. Baron Johann Carl Freiherr von Hoenning O’Carroll und Willi Zölch (beide Sünching) danke ich für die Ermöglichung der Benützung des Schlossarchivs Sünching. Zu Dank verpflichtet bin ich ebenso der Kommission für Bayerische Landesgeschichte, besonders Herrn Dr. Thomas Horling, für die Gewährung eines Reihttps://doi.org/10.1515/9783111241586-001

VI

Vorwort

sestipendiums zur Finanzierung eines vierwöchigen Forschungsaufenthalts in Wien und Salzburg. Die zügige Realisierung dieses Buches verdanke ich in erster Linie Frau Prof. Dr. Siegrid Westphal sowie den Mitherausgeber:innen der „bibliothek altes Reich“, welche meine Studie erfreulicherweise in ihre Schriftenreihe aufgenommen haben. Gleiches gilt für Frau Bettina Neuhoff vom De Gruyter Verlag für die durchweg professionelle und unkomplizierte Betreuung. Der JenAcon foundation danke ich vielmals für die großzügige Übernahme der Druckkosten. Am meisten möchte ich mich aber bei meiner Familie bedanken, die stets an mich geglaubt hat und mir in jeglicher Hinsicht unschätzbare Unterstützung zu Teil werden ließ. Auf die Hilfsbereitschaft meiner Schwiegereltern war stets Verlass, wobei sich meine Schwiegermutter durch unermüdliches, akribisches Korrekturlesen große Verdienste erworben hat. Durch ihren bedingungslosen Beistand und ihre unerschütterliche Begeisterung für das Vorhaben ihres Sohnes haben mir meine Eltern fortwährend ein Gefühl der Sicherheit und Zuversicht gegeben und damit enorm zum notwendigen Durchhaltevermögen beigetragen. Am intensivsten hat meine Frau Martina die Höhen und Tiefen während der Entstehung dieses Buches miterlebt. Sie hat die Belastung, die ein solches Projekt zweifelsohne darstellt, in liebenswürdiger Weise geduldig mit mir getragen, hat mich auf zahllose „Archivurlaube“ begleitet, war mir Motivation, Ansporn und Stütze und ohne sie wäre diese Arbeit niemals in so kurzer Zeit vollendet worden. Danke – für Alles! München, im Frühjahr 2023

Florian Zwießler

Inhalt I 1 2 3 4

Einleitung 1 Die Reichstagspolitik der geistlichen Reichsstände als Forschungsdesiderat 1 Zum Stand der Forschung – Forschungsfragen 6 25 Forschungsansatz und Methodik Archive und Quellen 31

II

Das Gesandtschaftswesen der Hochstifte Bamberg und Würzburg Mitte des 18. Jahrhunderts 34 1 Grundzüge des Gesandtschaftswesens in der Frühen Neuzeit 34 2 Schwerpunkte hochstiftischer Außenbeziehungen 37 37 2.1 Nürnberg 2.2 Wien 42 2.3 Rom 44 47 3 Ad-hoc-Gesandtschaften 4 Ansprüche und Notwendigkeiten – Das hochstiftische Gesandtschaftswesen im Vergleich 51 III Akteure und Strukturen der hochstiftischen Reichstagspolitik 54 1 Rahmenbedingungen und Verfahren – Der Immerwährende Reichstag um die Mitte des 18. Jahrhunderts 54 2 Reichstagspolitischer Entscheidungsprozess und 61 Gesandtschaftspraxis 2.1 Der reichstagspolitische Entscheidungsprozess – Institutionen und Abläufe 61 2.2 Aufbau und Arbeitsweise der Reichstagsgesandtschaften 65 2.3 Außenbeziehungen und hochstiftische Verwaltungspraxis 95 2.4 Gab es eine Reichstagspolitik der Domkapitel? 110 2.5 Die außenpolitischen Entscheidungsstrukturen der Hochstifte – Versuch einer Einordnung 115 3 Die individuellen Voraussetzungen der Akteure 117 3.1 Die Regenten – Bedingungen, Qualifikationen und Regierungspraxis der Fürstbischöfe 1746 bis 1763 119 3.2 Die „zweiten Männer im Staat“ – Leben und Wirken der Geheimen 126 Referendäre

VIII

3.3 3.4 4 4.1 4.2 4.3 4.4 5 5.1 5.2

5.3 6 6.1 6.2 6.3

6.4

Inhalt

Die reichspolitischen Experten – Lebensläufe der 141 Reichstagsgesandten Parallele Profile? Beobachtungen zu Gemeinsamkeiten und Tendenzen in den Biografien der Akteure 163 Abhängigkeiten, Verflechtungen und Handlungsspielräume – Die 164 Reichstagsgesandten und ihre Netzwerke Handlungsspielräume eines Spitzendiplomaten – Das Netzwerk Johann Philipp von Fechenbachs 167 Die Praxis der Mehrfachstimmführung – Chance und Risiko 176 Gesandtennetzwerke in Regensburg 185 192 Netzwerke als Strukturmerkmal des Reichstags Verlässliche kaiserliche Klientel? Strukturen und Mechanismen kaiserlicher Einflussnahme 193 194 Konstituierung von Klientelverhältnissen Zielgerichtete Interaktion auf verschiedenen Ebenen – Die Regensburger Gesandtschaften und der kaiserliche Minister beim Fränkischen 198 Reichskreis Das Mehrebenensystem kaiserlicher Einflussnahmen 203 Nur „Eckelhaffte[ ] und […] unbegreifflich scheinende[ ] Ceremoniel-Streitund Kleinigkeiten“? – Aspekte des Reichstagszeremoniells 206 206 Zur Bedeutung des Reichstagszeremoniells Das Legitimationsverfahren der Reichstagsgesandten 209 Zwischen Verfassungskonflikt und persönlichen Animositäten: Rangstreitigkeiten zwischen den Gesandten geistlicher und weltlicher 212 Fürsten Dimensionen zeremonieller Konflikte 219

IV Die Politik der Hochstifte Bamberg und Würzburg beim Reichstag 221 1 Auswirkungen dysfunktionaler Strukturen – Die Würzburger Reichstagspolitik unter Anselm Franz von Ingelheim (1746 – 1749) 221 1.1 Defectum Instructionis als Strategie? 223 1.2 Macht und Ohnmacht der Entscheidungsträger 232 2 Im Zeichen der Krise – Hochstiftische Reichstagspolitik in den 1750er Jahren 235 2.1 Der Umgang mit korporativer Reichstagspolitik – Die Hohenloher Religionsstreitigkeiten 237 2.2 Mitwirkungsanspruch, Reichspatriotismus und Klientelpolitik – Das Projekt einer Römischen Königswahl 246 2.3 Interessenkonflikte – Die württembergische Attacke auf die Reichsritterschaft 252

IX

Inhalt

2.4

2.5 2.6 2.7 3

3.1 3.2 3.3 V

Einflussmöglichkeiten und Handlungsspielräume der Gesandten – Bamberger Widerstand gegen die Introduktion des Fürsten von Thurn und 257 Taxis in den Reichsfürstenrat Öffentlichkeitsarbeit, Mediennutzung und Geheimnisverrat 265 Vom Kreistag in den Reichstag – Der Streit um das fränkische 273 Kreisdirektorium Reaktionen auf die Krise 298 Der Reichstag und der Siebenjährige Krieg – Hochstiftische Reichstagspolitik während der Personalunion unter Adam Friedrich von 302 Seinsheim (1755/1757– 1763) 302 Fürstbischof Seinsheim als Klient des Wiener Hofs Die Bedeutung des Reichstags während des Siebenjährigen Kriegs 309 Gewinner oder Verlierer? 338 Fazit – Die Relevanz des Reichstags, Entscheidungsprozesse, Gesandtschaftspraxis und die Bedeutung informeller Praktiken

342

VI Anhang 350 1 Übersicht über die hochstiftischen Gesandten beim Immerwährenden Reichstag 350 350 1.1 Die Bamberger Reichstagsgesandten 1.2 Die Würzburger Reichstagsgesandten 354 2 Übersicht über das Gesandtschaftspersonal 1746 bis 1763 357 357 2.1 Die Sekretäre 2.2 Die Kanzlisten 359 3 Statistik der an die Gesandtschaften erteilten Weisungen 361 4 Statistik der Gesandtschaftsberichte 362 Abkürzungen

363

Quellen- und Literaturverzeichnis 366 Ungedruckte Quellen 366 Gedruckte Quellen und Literatur 370 Vor 1800 370 Nach 1800 371 Personenregister

405

bibliothek altes Reich – baR

411

I Einleitung 1 Die Reichstagspolitik der geistlichen Reichsstände als Forschungsdesiderat Frühneuzeitliche Fürsten und deren Diplomaten agierten in politischen Verhandlungen vielfach in der Überzeugung, die Nachwelt werde das eigene Handeln einer Bewertung unterziehen, weshalb der „Posterität“ bewusst diplomatische Korrespondenz,Verhandlungsinstruktionen, Briefe und andere schriftliche Zeugnisse zur Rechenschaftslegung aufbewahrt wurden.¹ Auch der Bamberger und Würzburger Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim (1708 – 1779) lebte in diesem Bewusstsein, wie aus einer Weisung an seinen Würzburger Reichstagsgesandten Johann Philipp von Fechenbach vom 5. Juli 1757 hervorgeht: „Obwohlen dem herrn gesanden mittels vielfältigen privat-schreiben zu erkennen gegeben worden, wohin eigentlich die diesseitige gesinnungen anbeträchtlich derer neueren vorkommenheiten in reichs- und creisangelegenheiten abzielen, so will gleichwohlen der posterität zur nachricht und zu redintegrigung [= Vervollständigung] derer comitial acten nothwendig seyn, ein- und andere deren wichtigsten ereignüssen anhero zu wiederholen […].“² Das Motiv, bereits bekannte Ansichten und Entschließungen zur Reichspolitik allein zur Komplettierung der Reichstagsakten und damit zur Information und zur Rechtfertigung vor der Nachwelt zu übermitteln, gibt einen interessanten Einblick in Seinsheims Archiv-, Zeit- und Geschichtsverständnis im Zeitalter der Aufklärung.³ 1 Z. B. Ralf-Peter Fuchs, Normaljahrsverhandlungen als moralischer Diskurs, in: Inken SchmidtVoges u. a. (Hg.), Pax perpetua. Neuere Forschungen zum Frieden in der Frühen Neuzeit (bibliothek altes Reich, 8), München 2010, S. 123 – 139, hier S. 127– 129, 139; Ralf-Peter Fuchs, Normaljahrsverhandlung als dissimulatorische Interessenvertretung, in: Arndt Brendecke (Hg.), Praktiken der Frühen Neuzeit. Akteure – Handlungen – Artefakte (Frühneuzeit-Impulse, 3), Köln 2015, S. 514 – 522, hier S. 515 f. 2 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 94: Weisung Seinsheims an Fechenbach, Veitshöchheim 5. Juli 1757. Ähnlich lautend auch StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 95: Weisung Seinsheims an Fechenbach, Würzburg 3. Februar 1758. 3 Über die Bemühungen von Seinsheims Zeitgenossen Friedrich II. von Preußen, seine Politik vor der Nachwelt darzustellen und zu rechtfertigen, zuletzt Christopher Clark, Von Zeit und Macht. Herrschaft und Geschichtsbild vom Großen Kurfürsten bis zu den Nationalsozialisten, München 2018, S. 85 – 131, bes. S. 92 – 94. Zum aufgeklärten Geschichtsbewusstsein Mitte des 18. Jahrhunderts siehe auch Johannes Burkhardt, Geschichte als Argument in der habsburgisch-französischen Diplomatie. Der Wandel des frühneuzeitlichen Geschichtsbewußtseins in seiner Bedeutung für die Diplomatische Revolution von 1756, in: Rainer Babel (Hg.), Frankreich im europäischen Staatensystem der Frühen Neuzeit (Beihefte der Francia, 35), Sigmaringen 1995, S. 191 – 217. https://doi.org/10.1515/9783111241586-002

2

I Einleitung

Tatsächlich sollten nachfolgende Historikergenerationen die Politik Seinsheims durchaus kritisch beurteilen, die auf Geheiß des Fürstbischofs eigens vervollständigten Akten zur Reichstagspolitik blieben aber bislang weitgehend unbeachtet.⁴ Dabei handelt es sich jedoch keineswegs um ein Alleinstellungsmerkmal der Würzburger Reichstagsakten, vielmehr stieß die Reichstagspolitik der geistlichen wie auch der kleineren und mittleren Reichsstände generell kaum auf das Interesse der historischen Forschung. Aus einer kleindeutsch-borussischen Geschichtstradition heraus waren es lange vor allem die großen „Machtstaaten“, mit denen sich Historikergenerationen befassten, nicht aber die kleinen, mittleren und geistlichen Territorien, die „Verlierer“ der Säkularisation, deren Verschwinden gerne mit der ihnen zugeschriebenen Rückständigkeit gerechtfertigt wurde.⁵ Noch zu Beginn der 1950er Jahre urteilte etwa der Braubach-Schüler Max Koch in seiner Dissertation zum Reichstag während des Siebenjährigen Krieges: „Es erübrigt sich, auch auf die Politik der kleinen und kleinsten Stände einzugehen, die sich zum Teil in furchtsamer Abhängigkeit den Schritten ihrer mächtigeren Nachbarn anschlossen.“⁶ Diese Sichtweise ist längst überholt, werden die mindermächtigen und geistlichen Reichsstände doch inzwischen sogar als Existenzgaranten des Alten Reichs und seiner Verfassung bezeichnet.⁷ 4 Zur negativen Beurteilung der Politik Seinsheims während des Siebenjährigen Kriegs in der älteren Literatur siehe Kap. IV.3.3. 5 Peter Hersche, Intendierte Rückständigkeit: Zur Charakteristik des geistlichen Staates im Alten Reich, in: Georg Schmidt (Hg.), Stände und Gesellschaft im Alten Reich (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. Abteilung Universalgeschichte, 29), Stuttgart 1989, S. 133 – 149; Kurt Andermann, Die geistlichen Staaten am Ende des Alten Reiches, in: HZ 271 (2000), S. 593 – 619, hier bes. S. 618 f.; Wolfgang Wüst, Einführung, in: ders. (Hg.), Geistliche Staaten in Oberdeutschland im Rahmen der Reichsverfassung. Kultur – Verfassung – Wirtschaft – Gesellschaft. Ansätze zu einer Neubewertung (Oberschwaben – Geschichte und Kultur, 10), Epfendorf 2002, S. 9 – 22, hier S. 18; Matthias Schnettger, Von der „Kleinstaaterei“ zum „komplementären ReichsStaat“. Die Reichsverfassungsgeschichtsschreibung seit dem Zweiten Weltkrieg, in: Hans-Christof Kraus – Thomas Nicklas (Hg.), Geschichte der Politik. Alte und neue Wege, München 2007, S. 129 – 154; Matthias Schnettger, Kleinstaaten in der Frühen Neuzeit. Konturen eines Forschungsfeldes, in: HZ 286 (2008), S. 605 – 640; Bettina Braun, Princeps et episcopus. Studien zur Funktion und zum Selbstverständnis der nordwestdeutschen Fürstbischöfe nach dem Westfälischen Frieden (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, 230), Göttingen 2013, S. 16 – 20. Eine Ausnahme bildet die Perspektive der Reichsstädte, siehe Kap. I.2. 6 Max Koch, Der Deutsche Reichstag während des Siebenjährigen Krieges 1756 – 1763. Diss. phil., Bonn 1950, S. 32. 7 Bettina Braun, Die geistlichen Fürsten im Rahmen der Reichsverfassung 1648 – 1803. Zum Stand der Forschung, in: Wolfgang Wüst (Hg.), Geistliche Staaten in Oberdeutschland im Rahmen der Reichsverfassung. Kultur – Verfassung – Wirtschaft – Gesellschaft. Ansätze zu einer Neubewertung (Oberschwaben – Geschichte und Kultur, 10), Epfendorf 2002, S. 25 – 52, hier S. 25 f.; Karl Otmar von Aretin, Reichsverfassung und Mindermächtige. Geistliche Fürsten und italienische Vasallen als

1 Die Reichstagspolitik der geistlichen Reichsstände als Forschungsdesiderat

3

In den letzten beiden Jahrzehnten erfreuten sich die geistlichen Territorien als Forschungsgegenstand zunehmender Beliebtheit, wobei als Konsequenz aus der Rückständigkeitsthese hauptsächlich die landesherrliche Politik der Fürstbischöfe auf den Gebieten der Justiz, der Verwaltung, der Ökonomie sowie des Militärs und mit den Forschungen Bettina Brauns zuletzt auch die geistliche Komponente der spezifischen geistlich-weltlichen Doppelrolle im Fokus standen.⁸ Trotz der Konjunktur dieses Forschungsfeldes blieb die Reichs- und Reichstagspolitik geistlicher Reichsstände weitgehend unbeachtet. Konstatierten Bettina Braun und Frank Göttmann anlässlich einer Bestandsaufnahme im Jahr 2002, dass zur Reichspolitik der Germania Sacra praktisch nichts bekannt sei, so hat sich die Situation auch knapp zwanzig Jahre später kaum gebessert.⁹ Weder zur Bedeutung des Immer-

Stützen der kaiserlichen Reichspolitik, in: Annali dell’Istituto storico italo-germanico in Trento 30 (2004), S. 189 – 205, hier S. 205. 8 Zum Forschungsstand: Braun, Princeps, S. 12 – 16, 49; Dietmar Schiersner – Hedwig Röckelein, Eine neue Sicht auf den Geistlichen Staat in der Frühen Neuzeit, in: dies. (Hg.), Weltliche Herrschaft in geistlicher Hand. Die Germania Sacra im 17. und 18. Jahrhundert (Studien zur Germania Sacra. Neue Folge, 6), Berlin u. a. 2018, S. 3 – 22. Zu Profil und Selbstverständnis der geistlichen Fürsten als kirchlichen Würdenträgern siehe Bettina Braun, Seelsorgebischof oder absolutistischer Fürst? Die Fürstbischöfe in der Spätphase des Alten Reichs zwischen Anspruch und Wirklichkeit, in: Bettina Braun u. a. (Hg.), Geistliche Staaten im Nordwesten des Alten Reiches. Forschungen zum Problem frühmoderner Staatlichkeit (Paderborner Beiträge zur Geschichte, 13), Köln 2003, S. 87– 116; Braun, Princeps; Bettina Braun, Fürst und/oder Abt? Versuch einer Annäherung an die geistlichen Funktionen des Fuldaer Abts, in: Sebastian Zwies (Hg.), Das Kloster Fulda und seine Urkunden. Moderne archivische Erschließung und ihre Perspektiven für die historische Forschung (Fuldaer Studien, 19), Freiburg im Breisgau 2014, S. 220 – 230; Bettina Braun, Fürstbischöfe nach 1648. Geistliches Profil und weltliches Selbstverständnis, in: Dietmar Schiersner – Hedwig Röckelein (Hg.), Weltliche Herrschaft in geistlicher Hand. Die Germania Sacra im 17. und 18. Jahrhundert (Studien zur Germania Sacra. Neue Folge, 6), Berlin u. a. 2018, S. 23 – 40. 9 Bettina Braun – Frank Göttmann, Der geistliche Staat in der Frühen Neuzeit. Einblicke in Stand und Tendenzen der Forschung, in: Bettina Braun u. a. (Hg.), Geistliche Staaten im Nordwesten des Alten Reiches. Forschungen zum Problem frühmoderner Staatlichkeit (Paderborner Beiträge zur Geschichte, 13), Köln 2003, S. 59 – 86, hier S. 78. Siehe auch Braun, Fürsten, S. 32 f.; Karl Härter, Das Corpus Catholicorum und die korporative Reichspolitik der geistlichen Reichsstände zwischen Westfälischem Frieden und Reichsende (1663 – 1803), in: Bettina Braun u. a. (Hg.), Geistliche Fürsten und geistliche Staaten in der Spätphase des Alten Reiches, Epfendorf 2008, S. 61 – 102, hier S. 61. Als partielle Ausnahme ist die Studie von Theresa Schröder-Stapper zu nennen, welche sich unter anderem auch mit der Reichstagspolitik von Fürstäbtissinnen befasst, vgl. Teresa Schröder-Stapper, Fürstäbtissinnen. Frühneuzeitliche Stiftsherrschaften zwischen Verwandtschaft, Lokalgewalten und Reichsverband, Köln u. a. 2015, S. 399 – 411, 499. Überhaupt besteht hinsichtlich der Außenpolitik mittlerer und kleinerer Reichsstände noch enormer Forschungsbedarf, vgl. Heidrun Kugeler u. a., Einführung: Internationale Beziehungen in der Frühen Neuzeit. Ansätze und Perspektiven, in: dies. (Hg.), Internationale Beziehungen in der Frühen Neuzeit. Ansätze und Perspektiven, Hamburg u. a. 2006, S. 9 – 35, hier S. 19.

4

I Einleitung

währenden Reichstags für die geistlichen Reichsstände noch zu deren Politik bei der Reichsversammlung oder zur Gesandtschaftspraxis geistlicher Territorien liegen detaillierte Untersuchungen vor. Bettina Braun zufolge waren zwar praktisch alle geistlichen Reichsfürsten durch eigene oder fremde Gesandte zumindest bis 1760 fast permanent beim Reichstag vertreten, doch „inwieweit die Politik der verschiedenen Bischöfe und Prälaten über diese Minimalbeteiligung hinausging, könnte nur eine detaillierte Untersuchung der Reichstagsverhandlungen und der Reichspolitik einzelner geistlicher Fürsten zeigen“.¹⁰ Obwohl Detailstudien bislang noch ausstehen, ist sich die historische Forschung hinsichtlich der Position und Politik der geistlichen Reichsfürsten beim Reichstag einig. Traditionell gelten diese als „loyale Parteigänger Wiens“,¹¹ als „fester Bestandteil der kaiserlichen Klientel“¹² und Garanten des kaiserlichen Einflusses im Reich.¹³ Von dieser Prämisse einmal abgesehen, ist jedoch kaum Konkretes bekannt. Unstrittig ist, dass die Kaiser des Heiligen Römischen Reichs den geistlichen Reichsständen einen hohen Stellenwert zubilligten, doch welche realen Konsequenzen dies für die kaiserliche Politik hatte, ist offen.¹⁴ Auch zur Frage, ob und inwiefern die geistlichen Fürsten ihre Interessen korporativ auch und gerade gegenüber dem Kaiser artikulierten, besteht für die Phase nach 1745 bis zum Ausbruch des Siebenjährigen Kriegs noch eine Forschungslücke.¹⁵ Zuletzt betonte Michael Rohrschneider den „erhebliche[n] Forschungsbedarf hinsichtlich der Reichspolitik der geistlichen Reichsstände“.¹⁶ Auch „über das konkrete Wirken der Gesandten der geistlichen Reichsstände in Regensburg […] [wisse] man […] immer noch recht

10 Braun, Fürsten, S. 30 f., Zitat S. 31. 11 Franz Brendle – Anton Schindling, Germania sacra – Reichskirche, in: Stephan Wendehorst – Siegrid Westphal (Hg.), Lesebuch Altes Reich (bibliothek altes Reich, 1), München 2006, S. 211 – 215, hier S. 214. 12 Michael Rohrschneider, Österreich und der Immerwährende Reichstag. Studien zur Klientelpolitik und Parteibildung (1745 – 1763) (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 89), Göttingen 2014, S. 49. 13 Karl Otmar von Aretin, Die Großmächte und das Klientelsystem im Reich am Ende des 18. Jahrhunderts, in: Antoni Mączak (Hg.), Klientelsysteme im Europa der Frühen Neuzeit (Schriften des Historischen Kollegs: Kolloquien, 9), München 1988, S. 63 – 82, hier S. 67; Aretin, Reichsverfassung und Mindermächtige. Geistliche Fürsten und italienische Vasallen als Stützen der kaiserlichen Reichspolitik, S. 189, 193. Siehe auch Braun – Göttmann, Staat, S. 78 – 80. 14 Braun – Göttmann, Staat, S. 79. 15 Härter, Corpus, S. 90. Die von Peter Brachwitz auch aus Würzburger Perspektive festgestellte Praxis der Invisibilisierung des Corpus Catholicorum muss mitunter spezifiziert werden, vgl. Peter Brachwitz, Die Autorität des Sichtbaren. Religionsgravamina im Reich des 18. Jahrhunderts (Pluralisierung & Autorität, 23), Berlin u. a. 2011; Siehe Kap. IV.2.1. 16 Rohrschneider, Reichstag, S. 49.

1 Die Reichstagspolitik der geistlichen Reichsstände als Forschungsdesiderat

5

wenig.“¹⁷ Entsprechend häufig findet sich das Postulat, der Reichs- und Reichstagspolitik geistlicher Fürsten systematische Untersuchungen zu widmen,¹⁸ zumal gerade die mindermächtigen und geistlichen Reichsstände in Ermangelung machtpolitischer Möglichkeiten auf den Reichstag angewiesen waren.¹⁹ Wie gerade die negative Beurteilung der Reichsversammlung in der älteren Historiographie zeigt,²⁰ kann der Reichstag in seiner ganzen Bedeutung letztlich nur unter Berücksichtigung der Perspektive derjenigen Stände erfasst werden, die am meisten von seiner Existenz profitierten. Damit bietet sich der Untersuchungsgegenstand in besonderem Maß dazu an, die viel geforderte Verbindung von Reichs- und Landesgeschichte²¹ zu verwirklichen, nicht umsonst wurde der Regensburger Reichstag als entsprechende „Schnittstelle“²² bezeichnet. Gerade Forschungen zum Immerwährenden Reichstag verdeutlichen, so Michael Rohrschneider kürzlich, „dass Landesgeschichte und Reichsgeschichte unter unmittelbarer Einbeziehung der internationalen Politik

17 Ibid., S. 50. 18 Schnettger, Kleinstaaterei, S. 153 f. Ähnlich auch Braun, Fürsten, S. 31; Rohrschneider, Reichstag, S. 304. 19 Härter, Corpus, S. 100 – 102; Rohrschneider, Reichstag, S. 44 – 50. 20 Siehe Kap. I.2. 21 Gabriele Haug-Moritz, Württembergischer Ständekonflikt und deutscher Dualismus. Ein Beitrag zur Geschichte des Reichsverbands in der Mitte des 18. Jahrhunderts (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Reihe B, 122), Stuttgart 1992, S. 2; Tobias Schenk, Reichsgeschichte als Landesgeschichte. Eine Einführung in die Akten des kaiserlichen Reichshofrats, in: Westfalen. Hefte für Geschichte, Kunst und Volkskunde 90 (2012), S. 107– 161; Gabriele Haug-Moritz, Was heißt „Reichs- und Landesgeschichte verbinden“? Zur fortdauernden Aktualität eines alten Forschungspostulats, in: Dieter R. Bauer u. a. (Hg.), Netzwerk Landesgeschichte. Gedenkschrift für Sönke Lorenz (Tübinger Bausteine zur Landesgeschichte, 21), Ostfildern 2013, S. 17– 30; Christine Reinle, Landesgeschichte und Reichsgeschichte als komplementäre Perspektiven auf die deutsche Geschichte. Peter Moraws Verständnis von Landesgeschichte, in: dies. (Hg.), Stand und Perspektiven der Sozial- und Verfassungsgeschichte zum römischdeutschen Reich. Der Forschungseinfluss Peter Moraws auf die deutsche Mediävistik (Studien und Texte zur Geistes- und Sozialgeschichte des Mittelalters, 10), Affalterbach 2016, S. 221 – 249; Monika Storm – Sabine Ullmann, Das Land in seinen Beziehungen zu Reich und Nation: Der Mittelrhein / Schwaben, in: Werner Freitag u. a. (Hg.), Handbuch Landesgeschichte, Berlin u. a. 2018, S. 236 – 267, hier S. 236. 22 Wolfgang Wüst, Methodische Impulse? Regensburg als Schnittstelle zwischen Reichs- und Landesgeschichte, in: Tobias Appl – Georg Köglmeier (Hg.), Regensburg, Bayern und das Reich. Festschrift für Peter Schmid zum 65. Geburtstag, Regensburg 2010, S. 247– 267.

6

I Einleitung

miteinander verbunden werden können, ja partiell sogar verbunden werden müssen, will man zu sinnvollen Forschungsergebnissen gelangen.“²³ Die längst sprichwörtlich gewordenen Regalkilometer an Akten, welcher der Immerwährende Reichstag produziert und hinterlassen hat, dürfen dabei kein Hindernis darstellen.²⁴ So füllen allein die unter Adam Friedrich von Seinsheims Ägide sorgfältig angelegten Bamberger und Würzburger Reichstagsakten in den dortigen Staatsarchiven heute immerhin knapp über 20 Regalmeter, was bereits auf die außerordentliche Relevanz dieses Forschungsfelds hindeutet.²⁵

2 Zum Stand der Forschung – Forschungsfragen Nach jahrzehntelanger Kritik und mitunter heftigen Kontroversen um das Konzept der klassischen Politik- und Diplomatiegeschichte, die sich weitgehend auf zwischenstaatliche Beziehungen im Stil einer „Biographie der Staaten“ konzentrierte,²⁶ hat sich die ab den 1990er Jahren entwickelnde „Neue Politik- oder Diplomatiegeschichte“ seit Beginn dieses Jahrtausends als integraler Bestandteil der Frühneuzeitforschung etabliert.²⁷ Durch die Rezeption des cultural turn, methodischen Er23 Michael Rohrschneider, Friedrich Karl Karg Freiherr von Bebenburg (1709 – 1773): Ein kurkölnischer Reichstagsgesandter im Spannungsfeld von Region, Reich und internationaler Politik, in: Rheinische Vierteljahrsblätter 81 (2017), S. 118 – 138, hier S. 119. 24 Harriet Rudolph, Einleitung, in: Harriet Rudolph – Astrid von Schlachta (Hg.), Reichsstadt – Reich – Europa. Neue Perspektiven auf den Immerwährenden Reichstag zu Regensburg (1663 – 1806), Regensburg 2015, S. 11 – 33, hier S. 22; Michael Rohrschneider, Klientelpolitik auf dem Immerwährenden Reichstag: Das Beispiel der Introduktion des Fürsten von Thurn und Taxis in den Reichsfürstenrat 1754, in: Harriet Rudolph – Astrid von Schlachta (Hg.), Reichsstadt – Reich – Europa. Neue Perspektiven auf den Immerwährenden Reichstag zu Regensburg (1663 – 1806), Regensburg 2015, S. 139 – 152, hier S. 152. Zuletzt Friedrich Quaasdorf, Kursachsen und das Ende des Alten Reiches (Schriften zur sächsischen Geschichte und Volkskunde, 63), Leipzig 2020, S. 29. 25 Gemessen wurden die Bamberger Reichstagsakten im Bestand Geheime Kanzlei Nr. 443 bis 485, die Würzburger Reichstagsakten 297 bis 355, sowie die Akten der Würzburger Reichstagsgesandtschaft 89 bis 127. 26 Michael Hochedlinger, Die Frühneuzeitforschung und die „Geschichte der internationalen Beziehungen“. Oder: Was ist aus dem „Primat der Außenpolitik“ geworden?, in: MIÖG 106 (1998), S. 167– 179, hier S. 170. 27 Hillard von Thiessen, Außenbeziehungen und Diplomatie in der Frühen Neuzeit und im Übergang zur Moderne: Ansätze der Forschung – Debatten – Periodisierungen, in: Barbara HaiderWilson u. a. (Hg.), Internationale Geschichte in Theorie und Praxis/International History in Theory and Practice (Internationale Geschichte/International History, Band 4), Wien 2017, S. 143 – 164; Hillard von Thiessen, Geschichte der Außenbeziehungen / Neue Diplomatiegeschichte, in: Susan Richter u. a. (Hg.), Konstruktionen Europas in der Frühen Neuzeit. Geographische und historische Imaginationen. Beiträge zur 11. Arbeitstagung „Globale Verflechtungen – Europa neu denken“ der Ar-

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weiterungen und der Einbeziehung neuer interdisziplinärer Perspektiven avancierte die einst viel gescholtene Geschichte der internationalen Beziehungen zu einem innovativen und blühenden Forschungsfeld.²⁸ Da „internationale Beziehungen“ meist die offiziellen diplomatischen Beziehungen zwischen Nationalstaaten bezeichnen oder diese zumindest implizieren, die jüngere Forschung aber vermehrt auch informelle Aspekte des diplomatischen Verkehrs untersucht und sich die frühneuzeitlichen „Staatswesen“ nicht mit modernen Nationalstaaten gleichsetzen lassen, hat sich hinsichtlich der Frühen Neuzeit der passendere Ter-

beitsgemeinschaft Frühe Neuzeit im Verband der Historiker und Historikerinnen Deutschlands, 17. bis 19. September 2015 in Heidelberg, Heidelberg 2017, S. 315 – 323. Zur Entwicklung und dem Diskurs um die Politikgeschichte einschließlich der Kritik der Annales und der „Hillgruber-Wehler-Kontroverse“ siehe Wilfried Loth, Einleitung, in: Wilfried Loth – Jürgen Osterhammel (Hg.), Internationale Geschichte. Themen – Ergebnisse – Aussichten (Studien zur Internationalen Geschichte, 10), München 2000, S. VII-XIV; Gerhard Th. Mollin, Internationale Beziehungen als Gegenstand der deutschen Neuzeit-Historiographie seit dem 18. Jahrhundert. Eine Traditionskritik in Grundzügen und Beispielen, in: Wilfried Loth – Jürgen Osterhammel (Hg.), Internationale Geschichte. Themen – Ergebnisse – Aussichten (Studien zur Internationalen Geschichte, 10), München 2000, S. 3 – 30; Achim Landwehr, Diskurs – Macht – Wissen. Perspektiven einer Kulturgeschichte des Politischen, in: AKG 85 (2003), S. 71 – 117, hier S. 79 – 94; Eckart Conze, Abschied von Staat und Politik? Überlegungen zur Geschichte der internationalen Politik, in: Ulrich Lappenküper – Guido Müller (Hg.), Geschichte der internationalen Beziehungen. Erneuerung und Erweiterung einer historischen Disziplin, Köln u. a. 2004, S. 15 – 43, hier S. 15 – 25; Luise Schorn-Schütte, Historische Politikforschung. Eine Einführung, München 2006, S. 13 – 65; Sven Externbrink, Internationale Politik in der Frühen Neuzeit. Stand und Perspektiven der Forschung zu Diplomatie und Staatensystem, in: Hans-Christof Kraus – Thomas Nicklas (Hg.), Geschichte der Politik. Alte und neue Wege, München 2007, S. 15 – 39, hier S. 15 – 18; Michael Hochedlinger, Bürokratisierung, Zentralisierung, Sozialdisziplinierung, Konfessionalisierung, Militarisierung. Politische Geschichte der Frühen Neuzeit als „Machtstaatsgeschichte“, in: Hans-Christof Kraus – Thomas Nicklas (Hg.), Geschichte der Politik. Alte und neue Wege, München 2007, S. 239 – 269, hier S. 239 – 245; Michael Gal, Internationale Politikgeschichte. Alte und neue Wege, in: AKG 99 (2017), S. 157– 198. 28 Ute Frevert, Neue Politikgeschichte: Konzepte und Herausforderungen, in: Ute Frevert – HeinzGerhard Haupt (Hg.), Neue Politikgeschichte. Perspektiven einer historischen Politikforschung (Historische Politikforschung, 1), Frankfurt am Main 2005, S. 7– 26; Jost Dülffer u. a. (Hg.), Dimensionen internationaler Geschichte (Studien zur Internationalen Geschichte, 30), München 2012; Claudia Garnier – Christine Vogel, Einführung, in: dies. (Hg.), Interkulturelle Ritualpraxis in der Vormoderne: Diplomatische Interaktion an den östlichen Grenzen der Fürstengesellschaft (ZHF, Beiheft, 52), Berlin 2016, S. 7– 17; Thiessen, Außenbeziehungen. Die Konjunktur der Geschichte der Außenbeziehungen sowie die thematische und methodische Breite ihrer Forschungsgegenstände werden unter anderem ersichtlich aus den Publikationen der seit 2010 im Böhlau Verlag erscheinenden Reihe „Externa. Geschichte der Außenbeziehungen in neuen Perspektiven“.

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minus „Außenbeziehungen“ durchgesetzt.²⁹ Als einer der fruchtbarsten Impulsgeber der „Neuen Politikgeschichte“ erwies sich die „Kulturgeschichte des Politischen“,³⁰ die zur Erforschung der Außenbeziehungen, man denke nur an diplomatische Praxis, Verhandlungs- und Entscheidungsprozesse, diplomatisches Zeremoniell, Rang-, Ritual- und Zeichensemantiken oder symbolische Kommunikation,³¹ trotz anfänglicher Skepsis³² essenziell geworden ist. Zur konzeptionellen Vielfalt der „Neuen Politikgeschichte“ tragen neben kulturalistischen vor allem kommunikationsgeschichtliche Ansätze,³³ Forschungen zur Perzeption und damit

29 Thiessen, Außenbeziehungen, S. 145. Zu den begrifflichen Überlegungen siehe auch Daniela Frigo, Introduction, in: dies. (Hg.), Politics and Diplomacy in Early Modern Italy, Cambridge 2000, S. 1 – 24, hier S. 8 f. 30 Ursula Lehmkuhl, Diplomatiegeschichte als internationale Kulturgeschichte. Theoretische Ansätze und empirische Forschung zwischen Historischer Kulturwissenschaft und Soziologischem Institutionalismus, in: Geschichte und Gesellschaft 27 (2001), S. 394 – 423; Landwehr, Diskurs – Macht – Wissen; Frevert, Politikgeschichte, S. 21 – 26; Barbara Stollberg-Rilinger, Was heißt Kulturgeschichte des Politischen? Einleitung, in: dies. (Hg.), Was heißt Kulturgeschichte des Politischen? (ZHF, Beiheft, 35), Berlin 2005, S. 9 – 24; Kugeler u. a., Einführung: Internationale Beziehungen in der Frühen Neuzeit. Ansätze und Perspektiven, S. 21 f. 31 Siehe beispielsweise Barbara Stollberg-Rilinger, Die zeremonielle Inszenierung des Reiches, oder: Was leistet der kulturalistische Ansatz für die Reichsverfassungsgeschichte?, in: Matthias Schnettger (Hg.), Imperium Romanum – Irregulare Corpus – Teutscher Reichs-Staat. Das Alte Reich im Verständnis der Zeitgenossen und der Historiographie (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz: Beiheft, 57), Mainz 2002, S. 233 – 246; André Krischer, Ein nothwendig Stück der Ambassaden. Zur politischen Rationalität des diplomatischen Zeremoniells bei Kurfürst Clemens August, in: Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein 205 (2002), S. 161 – 200; André Krischer, Reichsstädte in der Fürstengesellschaft. Politischer Zeichengebrauch in der Frühen Neuzeit, Darmstadt 2006; Barbara Stollberg-Rilinger, Des Kaisers alte Kleider. Verfassungsgeschichte und Symbolsprache des Alten Reiches, München 2008; André Krischer, Souveränität als sozialer Status: Zur Funktion des diplomatischen Zeremoniells in der Frühen Neuzeit, in: Ralph Kauz u. a. (Hg.), Diplomatisches Zeremoniell in Europa und im mittleren Osten in der Frühen Neuzeit (Archiv für Österreichische Geschichte, 141), Wien 2009, S. 1 – 32; Matthias Köhler, Strategie und Symbolik. Verhandeln auf dem Kongress von Nimwegen (Externa, 3), Köln u. a. 2011; Barbara Stollberg-Rilinger u. a. (Hg.), Alles nur symbolisch? Bilanz und Perspektiven der Erforschung symbolischer Kommunikation, Köln u. a. 2013; Barbara Stollberg-Rilinger, Logik und Semantik des Ranges in der Frühen Neuzeit, in: Ralph Jessen (Hg.), Konkurrenz in der Geschichte. Praktiken – Werte – Institutionalisierungen, Frankfurt am Main u. a. 2014, S. 197– 227; Christian Windler, Praktiken des Verhandelns. Zur Einführung, in: Arndt Brendecke (Hg.), Praktiken der Frühen Neuzeit. Akteure – Handlungen – Artefakte (Frühneuzeit-Impulse, 3), Köln 2015, S. 509 – 513; Garnier – Vogel, Einführung, S. 9 – 14. 32 Thomas Nicklas, Macht – Politik – Diskurs. Möglichkeiten und Grenzen einer Politischen Kulturgeschichte, in: AKG 86 (2004), S. 1 – 25. 33 Etwa Christine Pflüger, Kommissare und Korrespondenzen. Politische Kommunikation im Alten Reich (1552 – 1558) (Norm und Struktur, 24), Köln u. a. 2005; Nicola Humphreys, Der Fränkische

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zur Entscheidungsprozessanalyse³⁴ oder zu Handlungsräumen und Raumkonzepten der Außenbeziehungen³⁵ bei. Zum Forschungsparadigma bei der Untersuchung der Außenbeziehungen in der frühmodernen „sociéte des princes“³⁶ entwickelte sich in den letzten Jahren eine akteurszentrierte Perspektive.³⁷ Sven Externbrink sollte Recht behalten, als er 2007 zu den Forschungsperspektiven frühneuzeitlicher Außenpolitik festhielt, dass „die Rekonstruktion von Entscheidungsprozessen ebenso wie die Biographie sowohl

Kreistag 1650 – 1740 in kommunikationsgeschichtlicher Perspektive (VGffG, R. 2, Bd. 3), Würzburg 2011; Matthias Pohlig, Marlboroughs Geheimnis. Strukturen und Funktionen der Informationsgewinnung im Spanischen Erbfolgekrieg (Externa, 10), Köln u. a. 2016; Christian Steppan, Akteure am fremden Hof. Politische Kommunikation und Repräsentation kaiserlicher Gesandter im Jahrzehnt des Wandels am russischen Hof (1720 – 1730) (Schriften zur politischen Kommunikation, 22), Göttingen 2016; Thomas Dorfner u. a. (Hg.), Berichten als kommunikative Herausforderung. Europäische Gesandtenberichte der Frühen Neuzeit in praxeologischer Perspektive (Externa, 16), Köln u. a. 2021. 34 Gottfried Niedhart, Selektive Wahrnehmung und politisches Handeln: internationale Beziehungen im Perzeptionsparadigma, in: Wilfried Loth – Jürgen Osterhammel (Hg.), Internationale Geschichte. Themen – Ergebnisse – Aussichten (Studien zur Internationalen Geschichte, 10), München 2000, S. 141 – 157; Michael Rohrschneider, Tradition und Perzeption als Faktoren in den internationalen Beziehungen. Das Beispiel der wechselseitigen Wahrnehmung der französischen und spanischen Politik auf dem Westfälischen Friedenskongreß, in: ZHF 29 (2002), S. 257– 282; Sven Externbrink, Friedrich der Große, Maria Theresia und das Alte Reich. Deutschlandbild und Diplomatie Frankreichs im Siebenjährigen Krieg, Berlin 2006. Das Forschungsfeld der Perzeptionsforschung skizziert Mareike König, Deutschlandperzeption und Europadebatte in Le Monde und Le Figaro 1950 – 1954 (Frankreich-Studien, 3), Opladen 2000, S. 14 – 18. 35 Jürgen Osterhammel, Raumbeziehungen. Internationale Geschichte, Geopolitik und historische Geographie, in: Wilfried Loth – Jürgen Osterhammel (Hg.), Internationale Geschichte. Themen – Ergebnisse – Aussichten (Studien zur Internationalen Geschichte, 10), München 2000, S. 287– 308; Kugeler u. a., Einführung: Internationale Beziehungen in der Frühen Neuzeit. Ansätze und Perspektiven, S. 22; Martin Ott, Salzhandel in der Mitte Europas. Raumorganisation und wirtschaftliche Außenbeziehungen zwischen Bayern, Schwaben und der Schweiz, 1750 – 1815 (SRBLG, 165), München 2013. 36 Lucien Bély, La société des princes. XVIe–XVIIIe siècle, Paris 1999. Bélys innovative Forschungen markieren den Beginn der „Renaissance der ‚Diplomatiegeschichte‘“, vgl. Externbrink, Internationale Politik, S. 27 f. Zu erwähnen ist besonders Lucien Bély, Espions et ambassadeurs au temps de Louis XIV, Paris 1990. 37 Frigo, Introduction, S. 7– 10; Holger Th. Gräf, Funktionsweisen und Träger internationaler Politik in der Frühen Neuzeit, in: Jens Siegelberg – Klaus Schlichte (Hg.), Strukturwandel internationaler Beziehungen. Zum Verhältnis von Staat und internationalem System seit dem Westfälischen Frieden, Wiesbaden 2000, S. 105 – 123; Kugeler u. a., Einführung: Internationale Beziehungen in der Frühen Neuzeit. Ansätze und Perspektiven, S. 23 – 26; Hillard von Thiessen u. a. (Hg.), Akteure der Außenbeziehungen. Netzwerke und Interkulturalität im historischen Wandel (Externa, 1), Köln 2010; Garnier – Vogel, Einführung, S. 7 f.

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der Entscheidungsträger als auch der in der zweiten und dritten Reihe stehenden Persönlichkeiten von grundlegender Bedeutung sein wird“.³⁸ Diese Fokussierung ist nur folgerichtig. Nicht umsonst schreibt die Politikwissenschaft davon ausgehend, dass Außenpolitik ein Produkt internationaler Bedingungen und Ereignisse (soweit der klassische Rankesche Erklärungsansatz), innerstaatlicher Gegebenheiten (etwa Heinz Schillings politische Leitfaktoren Dynastie, Konfession, Staatsinteresse und Tradition, durch Michael Rohrschneider ergänzt um Reputation)³⁹ und Einflüssen auf der Ebene des Individuums, also der Träger und Akteure der Außenbeziehungen ist, letzteren entscheidende Bedeutung zu.⁴⁰ Mit der Erkenntnis, dass Außenbeziehungen kein exklusiver Arkanbereich des Fürsten waren, geraten neben den nachrangigen Entscheidungsträgern an den Fürstenhöfen zunehmend die Diplomaten und Gesandten in den Blickpunkt.⁴¹ Die Staaten erscheinen damit nicht mehr 38 Externbrink, Internationale Politik, S. 38. Ähnlich zuvor schon Michael Hochedlinger: „[…] scheinen mir quellennahe, methodisch verfeinerte empirische Forschungen auf ereignisgeschichtlicher wie auf strukturgeschichtlicher Ebene – und hier besonders eine gründliche biographische, prosopographische und behördengeschichtliche Durchleuchtung der Entscheidungsträger und der diplomatischen Dienste – ernstzunehmende Hoffnungsgebiete einer lebendigen „außenpolitischen Geschichte“ der frühen Neuzeit zu sein“, vgl. Hochedlinger, Die Frühneuzeitforschung und die „Geschichte der internationalen Beziehungen“, S. 169. 39 Heinz Schilling, Formung und Gestalt des internationalen Systems in der werdenden Neuzeit – Phasen und bewegende Kräfte, in: Peter Krüger (Hg.), Kontinuität und Wandel in der Staatenordnung der Neuzeit. Beiträge zur Geschichte des internationalen Systems (Marburger Studien zur neueren Geschichte, 1), Marburg 1991, S. 19 – 46, hier S. 22 f.; Michael Rohrschneider, Reputation als Leitfaktor in den internationalen Beziehungen der Frühen Neuzeit, in: HZ 291 (2010), S. 331 – 352. Zur Kritik an Schillings Kategorien, insbesondere am Konfessionalisierungsparadigma siehe Rohrschneider, Reputation, S. 332. 40 Kenneth Neal Waltz, Man, the state and war. A theoretical analysis, New York 1959; Dirk Peters, Ansätze und Methoden der Außenpolitikanalyse, in: Siegmar Schmidt u. a. (Hg.), Handbuch zur deutschen Außenpolitik, Wiesbaden 2007, S. 815 – 835, hier S. 817– 832; Andreas Boldt, Das Leben und Werk von Leopold von Ranke, Oxford u. a. 2016, S. 202 – 206, 211; Dominic Eggel, Quo vadis diplomatic history? Reflections on the past and present of writing the history of international relations, in: Barbara Haider-Wilson u. a. (Hg.), Internationale Geschichte in Theorie und Praxis/International History in Theory and Practice (Internationale Geschichte/International History, Band 4), Wien 2017, S. 209 – 229, hier S. 215; Klaus Brummer – Kai Oppermann, Außenpolitikanalyse, Berlin 2 2019, S. 1 f.; Shannon L. Blanton – Charles W. Kegley, World Politics. Trend and Transformation, Boston 172020, S. 57– 59. 41 Axel Gotthard, Benjamin Bouwinghausen. Wie bekommen wir die „Männer im zweiten Glied“ in den Griff?, in: Helmut Altrichter (Hg.), Persönlichkeit und Geschichte (Erlanger Studien zur Geschichte, 3), Erlangen u. a. 1997, S. 69 – 103; Gräf, Funktionsweisen und Träger internationaler Politik in der Frühen Neuzeit, S. 118 f.; Andreas Pečar u. a. (Hg.), Der zweite Mann im Staat. Oberste Amtsträger und Favoriten im Umkreis der Reichsfürsten in der Frühen Neuzeit (ZHF, Beiheft, 32), Berlin 2003; Hillard von Thiessen, Diplomatie vom „type ancien“. Überlegungen zu einem Idealtypus des frühneuzeitlichen Gesandtschaftswesens, in: Hillard von Thiessen – Christian Windler (Hg.),

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als Individuen, vielmehr kristallisieren sich Netzwerke und Beziehungsgeflechte unterschiedlicher Akteure als Handlungsträger heraus. Diplomatiegeschichte, oft im Sinne von Politikgeschichte oder der Geschichte der Internationalen Beziehungen verwendet, bezeichnet in diesem Kontext, wie auch in dieser Arbeit, Forschungen, die sich zusätzlich zur Rolle der Diplomatie in der Außenpolitik der Staaten und Territorien mit sozial- und kulturgeschichtlichen Aspekten des Gesandtschaftswesens und seiner Akteure befassen.⁴² Wie insbesondere die Arbeiten Wolfgang Reinhards und seiner Schüler zeigen, nahmen informelle Netzwerke und grenzüberschreitende Verflechtungen der Gesandten erheblichen Einfluss auf die diplomatische Praxis und die Gestaltung der Außenbeziehungen in der Frühen Neuzeit. Die Gesandten erscheinen damit nicht mehr nur als Staatsdiener, sondern zeichnen sich durch eine spezifische Rollenvielfalt als Angehörige von Verwandtschafts-, Patronage- und Klientelverbänden, als Landsleute, Freunde und Fürstendiener aus, was Fragen nach ihren Handlungsspielräumen, Normenkonkurrenzen und der konkreten diplomatischen Praxis aufwirft.⁴³ Von dieser mikropolitischen Sichtweise ausgehend skizzierte Hillard von

Akteure der Außenbeziehungen. Netzwerke und Interkulturalität im historischen Wandel (Externa, 1), Köln 2010, S. 471 – 503; Hillard von Thiessen, Diplomaten und Diplomatie im frühen 18. Jahrhundert, in: Heinz Duchhardt – Martin Espenhorst (Hg.), Utrecht – Rastatt – Baden 1712 – 1714. Ein europäisches Friedenswerk am Ende des Zeitalters Ludwigs XIV. (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. Abteilung Universalgeschichte, 98), Göttingen 2013, S. 13 – 34. Zuletzt beispielsweise Cordula Bauer, Karriere und Diplomatie. Der französische Gesandte Hubert de Folard am Münchener Hof (1756 – 1776) (Forschungen zur Landes- und Regionalgeschichte, 15), St. Ottilien 2020. Siehe insgesamt auch die übrigen Arbeiten Hillard von Thiessens und Christian Windlers. 42 Externbrink, Internationale Politik, S. 19; Thiessen, Diplomaten, S. 13 f. Ein gelungenes Beispiel wäre Gregor M. Metzig, Kommunikation und Konfrontation. Diplomatie und Gesandtschaftswesen Kaiser Maximilians I. (1486 – 1519) (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom, Band 130), Berlin 2016. 43 Wolfgang Reinhard, Freunde und Kreaturen. „Verflechtung“ als Konzept zur Erforschung historischer Führungsgruppen. Römische Oligarchie um 1600 (Schriften der Philosophischen Fachbereiche der Universität Augsburg, Nr. 14), München 1979; Wolfgang Reinhard, Kommentar: Mikrogeschichte und Makrogeschichte, in: Hillard von Thiessen (Hg.), Nähe in der Ferne. Personale Verflechtung in den Außenbeziehungen der Frühen Neuzeit (ZHF, Beiheft, 36), Berlin 2005, S. 135 – 144; Birgit Emich u. a., Stand und Perspektiven der Patronageforschung. Zugleich eine Antwort auf Heiko Droste, in: ZHF 32 (2005), S. 233 – 265, hier bes. S. 250 – 257; Hillard von Thiessen – Christian Windler, Einleitung, in: Hillard von Thiessen (Hg.), Nähe in der Ferne. Personale Verflechtung in den Außenbeziehungen der Frühen Neuzeit (ZHF, Beiheft, 36), Berlin 2005, S. 9 – 13; Hillard von Thiessen, Diplomatie und Patronage. Die spanisch-römischen Beziehungen 1605 – 1621 in akteurszentrierter Perspektive (Frühneuzeit-Forschungen, 16), Epfendorf 2010, S. 28; Tilman Haug, Ungleiche Außenbeziehungen und grenzüberschreitende Patronage. Die französische Krone und die geistlichen Kurfürsten (1648 – 1679) (Externa, 6), Köln 2015; Philip Hoffmann-Rehnitz, Die Ge-

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Thiessen ein idealtypisches Modell der „Diplomatie und des Diplomaten vom type ancien“, dass wesentliche Merkmale frühneuzeitlicher Diplomatie vereint.⁴⁴ Neben Netzwerken und Verflechtungen sind die Bedeutung von Frauen als diplomatischen Akteuren und Interkulturalität als Schwerpunkte jüngerer Untersuchungen zu nennen.⁴⁵ In seinen Überlegungen zu politischer Geschichte als „Machtstaatsgeschichte“ aus dem Jahr 2007 bezeichnete Michael Hochedlinger die Reichsgeschichte überspitzt als „Ruhepol[ ] traditioneller ‚Politikgeschichte‘“, welche weniger methodischen Zwängen unterworfen sei und noch im Stil der „Diplomatiegeschichte klassischen Typs“ geschrieben werden dürfe.⁴⁶ Zumindest hinsichtlich der jüngeren Forschung zum Immerwährenden Reichstag ergibt sich ein gänzlich anderes Bild.⁴⁷ Es waren vor allem die von Max Braubach betreuten Dissertationen, die sich nach schichte politischer Informalität: Ansätze und Perspektiven neuerer Forschungen, in: ZHF 42 (2015), S. 661 – 673; André Krischer, Gevatter Stadt – Patenschaften als politische Praxis in den reichsstädtischen Außenbeziehungen, in: Thomas Lau – Helge Wittmann (Hg.), Kaiser, Reich und Reichsstadt in der Interaktion. 3. Tagung des Mühlhäuser Arbeitskreises für Reichsstadtgeschichte, Mühlhausen 16. bis 18. Februar 2015 (Studien zur Reichsstadtgeschichte, Band 3), Petersberg 2016, S. 235 – 252; Tomáš Černušák – Pavel Marek, Gesandte und Klienten. Päpstliche und spanische Diplomaten im Umfeld von Kaiser Rudolf II., Berlin u. a. 2020. Zur Entwicklung und Theorie der Netzwerkanalyse in den Geschichtswissenschaften siehe Marten Düring – Linda von Keyserlingk, Netzwerkanalyse in den Geschichtswissenschaften. Historische Netzwerkanalyse als Methode für die Erforschung von historischen Prozessen, in: Rainer Schützeichel – Stefan Jordan (Hg.), Prozesse. Formen, Dynamiken, Erklärungen, Wiesbaden 2015, S. 337– 350; Marten Düring u. a., Handbuch Historische Netzwerkforschung. Grundlagen und Anwendungen (Schriften des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen (KWI) zur Methodenforschung, Band 1), Berlin 2016. 44 Thiessen, Diplomatie vom „type ancien“. Siehe auch Thiessen, Diplomaten. 45 Katrin Keller, Mit den Mitteln einer Frau: Handlungsspielräume adeliger Frauen in Politik und Diplomatie, in: Hillard von Thiessen – Christian Windler (Hg.), Akteure der Außenbeziehungen. Netzwerke und Interkulturalität im historischen Wandel (Externa, 1), Köln 2010, S. 219 – 244; Hillard von Thiessen – Christian Windler, Einleitung: Außenbeziehungen in akteurszentrierter Perspektive, in: dies. (Hg.), Akteure der Außenbeziehungen. Netzwerke und Interkulturalität im historischen Wandel (Externa, 1), Köln 2010, S. 1 – 12, hier S. 4 – 10; Thiessen, Diplomaten, S. 29 – 34; Corina Bastian, Verhandeln in Briefen. Frauen in der höfischen Diplomatie des frühen 18. Jahrhunderts (Externa, 4), Köln u. a. 2013, bes. S. 20 – 24; Johanna Hellmann, Marie Antoinette in Versailles. Politik, Patronage und Projektionen, Münster 2020. Siehe auch die weiteren Publikationen der Reihe Externa. 46 Hochedlinger, Bürokratisierung, S. 247. 47 Auch und gerade in der Reichsgeschichte lassen sich innovative Forschungskonzepte feststellen, siehe beispielsweise Falk Bretschneider – Christophe Duhamelle, Fraktalität: Raumgeschichte und soziales Handeln im Alten Reich, in: ZHF 43 (2016), S. 703 – 746. Siehe auch Horst Carl, „Schwerfälligen Andenkens“ oder „Das Recht, interessant zu sein“? Das Alte Reich in der neueren Forschungsliteratur, in: ZHF 37 (2010), S. 73 – 97; André Krischer, New Directions in the Study of the Holy Roman Empire – A Cultural Approach, in: Jason Philip Coy u. a. (Hg.), The Holy Roman Empire, Reconsidered (Spektrum, 1), New York u. a. 2010, S. 265 – 270.

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dem negativen Urteil der preußischen Historiografie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit dem Reichstag befassten. Aus rein ereignisgeschichtlicher Perspektive – nicht zufällig ist Braubachs Name eng mit der Kritik an der klassischen Politikgeschichte verbunden – behandelten seine Schüler in den Jahren 1931 bis 1937 und 1950 bis 1968 verschiedene Zeiträume in der Geschichte der Regensburger Reichsversammlung, wobei diesen Arbeiten das abwertende Narrativ des Alten Reichs und des Reichstags als einer handlungsunfähigen, anachronistischen Erscheinung zugrunde lag.⁴⁸ Als einem „Spiegel der kläglichen Reichspolitik [und] der jämmerlichen Lage des Reiches überhaupt“⁴⁹ wurde dem Reichstag nur eine marginale Bedeutung zugesprochen und die eigentliche, „hohe[ ] Politik“ allein an den Fürstenhöfen verortet.⁵⁰ Beginnend mit Karl Otmar von Aretin und Walter Fürnrohr setzte insbesondere mit den wegweisenden Publikationen Anton Schindlings und Karl Härters zu Früh- beziehungsweise Endphase des Immerwährenden Reichstags Anfang der 1990er Jahre, die den Reichstag als wichtigen Aktionsraum der Reichspolitik sahen und seine Bedeutung für das Rechts- und Verfassungssystem des Reichs erkannten, eine umfassende Neubewertung ein.⁵¹ Johannes Burkhardt konstatierte etwa 1999,

48 Karl Härter, Der Immerwährende Reichstag (1663 – 1806) in der historischen Forschung, in: Michael Rohrschneider (Hg.), Der Immerwährende Reichstag im 18. Jahrhundert. Bilanz, Neuansätze und Perspektiven der Forschung (zeitenblicke, 11, Nr. 2) 2012, hier Abs. 5 – 7; Rohrschneider, Reichstag, S. 12 – 14. Die Arbeiten zum Reichstag aus der Braubach-Schule in chronologischer Reihenfolge: Friedrich Meisenburg, Der Deutsche Reichstag während des österreichischen Erbfolgekrieges (1740 – 1748). Diss. phil. Bonn, Dillingen a. d. Donau 1931; Johannes Schick, Der Reichstag zu Regensburg im Zeitalter des Baseler Friedens 1792 – 1795. Diss. phil. Bonn, Dillingen a. d. Donau 1931; Andreas Biederbick, Der Deutsche Reichstag zu Regensburg im Jahrzehnt nach dem Spanischen Erbfolgekrieg 1714 – 1724. Der Verlauf der Religionsstreitigkeiten und ihre Bedeutung für den Reichstag. Diss. phil. Bonn, Düsseldorf 1937; Koch, Reichstag; Gerhard Granier, Der deutsche Reichstag während des Spanischen Erbfolgekrieges (1700 – 1714). Diss. phil., Bonn 1954; Theo Rohr, Der Deutsche Reichstag vom Hubertusburger Frieden bis zum Bayerischen Erbfolgekrieg (1763 – 1778). Diss. phil., Bonn 1968. 49 Meisenburg, Reichstag, S. 9. 50 Koch, Reichstag, S.VI. Freilich muss an dieser Stelle auf die Mahnung Michael Hochedlingers, die „zwar mitleidig belächelten, als ‚Materiallieferanten‘ aber doch immer noch unersetzlichen Quellenwerke und Detailuntersuchungen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts [nicht] stets aufs neue durch die interpretatorische Mangel zu drehen“, hingewiesen werden, zumal man angesichts breiter Forschungsdefizite nach wie vor auf die Bonner Dissertationen angewiesen ist, vgl. Hochedlinger, Die Frühneuzeitforschung und die „Geschichte der internationalen Beziehungen“, S. 169; Arno Strohmeyer, Einführung, in: Michael Rohrschneider (Hg.), Der Immerwährende Reichstag im 18. Jahrhundert. Bilanz, Neuansätze und Perspektiven der Forschung (zeitenblicke, 11, Nr. 2) 2012, hier Abs. 3. 51 Walter Fürnrohr, Der Immerwährende Reichstag zu Regensburg. Das Parlament des Alten Reichs, in: Verhandlungen des Historischen Vereins für Regensburg und Oberpfalz 103 (1963), S. 165 –

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die Beurteilung des Reichstags sei „einer der unglaublichsten Fälle einer Fehlbewertung in der Geschichte, in der gerade die eigentliche Leistung immer wieder als zu reformierender Mangel angeführt wurde.“⁵² Die zunehmende Rehabilitierung verhalf dem Reichstag wieder zu wachsendem Interesse in der historischen Forschung, dass sich in den letzten Jahren in zahlreichen, methodisch anspruchsvollen und vielgestaltigen Studien niederschlägt. Der Reichstag wird darin nicht mehr nur an den dort verhandelten politischen Entscheidungen gemessen, sondern „stärker in seiner multiplen Funktionalität wahrgenommen“.⁵³ Hier waren es vor allem kommunikationsgeschichtliche Untersuchungen, welche die erhebliche Relevanz des Immerwährenden Reichstags als „wichtige[r] Drehschreibe der Information und Kommunikation“⁵⁴ hervorhoben und damit den Blick auf seine umfangreichen Aufgaben als Ort des „Nachrichtenund Informationsaustausch[es], […] [der] Inszenierung und Darstellung politischer Positionen und Konflikte, [der] Öffentlichkeitspolitik und Propaganda [sowie zur] Aushand[lung] und Formier[ung] von Netzwerken“ lenkten.⁵⁵

255; Karl Otmar von Aretin, Heiliges Römisches Reich 1776 – 1806 (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. Abteilung Universalgeschichte, 38), 2 Bde., Wiesbaden 1967; Anton Schindling, Die Anfänge des immerwährenden Reichstags zu Regensburg. Ständevertretung und Staatskunst nach dem Westfälischen Frieden (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. Abteilung Universalgeschichte, 143; Beiträge zur Sozial- und Verfassungsgeschichte des Alten Reiches, 11), Mainz 1991; Karl Härter, Reichstag und Revolution 1789 – 1806. Die Auseinandersetzung des immerwährenden Reichstags zu Regensburg mit den Auswirkungen der Französischen Revolution auf das alte Reich (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 46), Göttingen 1992; Härter, Forschung, Abs. 8. 52 Johannes Burkhardt, Verfassungsprofil und Leistungsbilanz des Immerwährenden Reichstags. Zur Evaluierung einer frühmodernen Institution, in: Heinz Duchhardt – Matthias Schnettger (Hg.), Reichsständische Libertät und habsburgisches Kaisertum (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. Abteilung Universalgeschichte, 48), Mainz 1999, S. 151 – 183, hier S. 152. Zur Bewertung des Reichstags siehe auch Joachim Whaley, The Legacy of the Immerwährende Reichstag in German History, in: Harriet Rudolph – Astrid von Schlachta (Hg.), Reichsstadt – Reich – Europa. Neue Perspektiven auf den Immerwährenden Reichstag zu Regensburg (1663 – 1806), Regensburg 2015, S. 37– 59. 53 Rudolph, Einleitung, S. 17. Der Sammelband ging aus einem Symposium zum 350-jährigen Jubiläum des Immerwährenden Reichstags im Jahr 2013 hervor und dokumentiert die methodische Vielfalt der jüngeren Reichstagsforschung. 54 Susanne Friedrich, Drehscheibe Regensburg. Das Informations- und Kommunikationssystem des Immerwährenden Reichstags um 1700 (Colloquia Augustana, 23), Berlin 2007, S. 541. 55 Härter, Forschung, Abs. 45. Ähnlich auch Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 278. Pionierarbeit leistete Susanne Friedrich mit ihren Forschungen zum Informations- und Kommunikationssystem des Reichstags, vgl. Friedrich, Drehscheibe; Susanne Friedrich, Der Kurier des Kardinals. Kommunikation als Perspektive auf den Immerwährenden Reichstag, in: Michael Rohrschneider (Hg.), Der Immerwährende Reichstag im 18. Jahrhundert. Bilanz, Neuansätze und Perspektiven der For-

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Kulturgeschichtliche Ansätze zum politischen Verfahren und dem Reichstagszeremoniell führten zu einer Neubewertung der lange als Beleg für die Unzulänglichkeit der Regensburger Reichsversammlung gewerteten Rang- und Zeremonialstreitigkeiten, die nunmehr in ihrer Bedeutung als visualisiertem Ranggefüge des Reichs und Verfahrensordnung zur Einhegung, Verrechtlichung und Entschärfung von Konflikten begriffen werden.⁵⁶ Forschungsgegenstände waren ferner die Rolle

schung (zeitenblicke, 11, Nr. 2) 2012; Susanne Friedrich, ‚Zur rechten Zeit‘ – Die temporale Struktur von Kommunikation am Immerwährenden Reichstag, in: Harriet Rudolph – Astrid von Schlachta (Hg.), Reichsstadt – Reich – Europa. Neue Perspektiven auf den Immerwährenden Reichstag zu Regensburg (1663 – 1806), Regensburg 2015, S. 287– 308; Susanne Friedrich, The Moment(um) for a Declaration of Imperial War: The Imperial Diet and the Beginning of the War of the Spanish Succession, in: Matthias Pohlig – Michael Schaich (Hg.), The War of the Spanish Succession. New perspectives, Oxford 2018, S. 159 – 186. Zuvor hatte Andreas Gestrich bereits Überlegungen zur „Reichstagsöffentlichkeit“ skizziert und Regensburg als Forum zur „informelle[n] Beeinflussung der Reichspolitik“ beschrieben, vgl. Andreas Gestrich, Absolutismus und Öffentlichkeit. Politische Kommunikation in Deutschland zu Beginn des 18. Jahrhunderts (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft, 103), Göttingen 1994, S. 96 – 99, hier S. 98. Siehe auch Johannes Arndt, „Pflicht=mässiger Bericht“. Ein medialer Angriff auf die Geheimnisse des Reichstags aus dem Jahre 1713, in: JbKG 4 (2002), S. 1 – 31. 56 Barbara Stollberg-Rilinger, Zeremoniell als politisches Verfahren. Rangordnung und Rangstreit als Strukturmerkmale des frühneuzeitlichen Reichstags, in: ZHF Beih. 19 (1997), S. 91 – 132; Stollberg-Rilinger, Inszenierung; Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 246 – 281; Andreas Kalipke, „Weitläufftigkeiten“ und „Bedencklichkeiten“ – Die Behandlung konfessioneller Konflikte am Corpus Evangelicorum, in: ZHF 35 (2008), S. 405 – 447; André Krischer, Politische Repräsentation und Rhetorik der Reichsstädte auf dem Reichstag nach 1648, in: Jörg Feuchter – Johannes Helmrath (Hg.), Politische Redekultur in der Vormoderne. Die Oratorik europäischer Parlamente in Spätmittelalter und Früher Neuzeit (Eigene und fremde Welten, 9), Frankfurt am Main u. a. 2008, S. 135 – 148; André Krischer, Inszenierung und Verfahren auf den Reichstagen der Frühen Neuzeit. Das Beispiel der Städtekurie und ihres politischen Verfahrens, in: Gerald Schwedler – Paul Töbelmann (Hg.), Politische Versammlungen und ihre Rituale. Repräsentationsformen und Entscheidungsprozesse des Reichs und der Kirche im späten Mittelalter (Mittelalter-Forschungen, 27), Ostfildern 2009, S. 181 – 205; Andreas Kalipke, The Corpus Evangelicorum. A Culturalist Perspective on its Procedure in the Eighteenth-Century Holy Roman Empire, in: Jason Philip Coy u. a. (Hg.), The Holy Roman Empire, Reconsidered (Spektrum, 1), New York u. a. 2010, S. 229 – 247; Andreas Kalipke, Verfahren – Macht – Entscheidung. Die Behandlung konfessioneller Streitigkeiten durch das Corpus Evangelicorum im 18. Jahrhundert aus verfahrensgeschichtlicher Perspektive, in: Barbara Stollberg-Rilinger – André Krischer (Hg.), Herstellung und Darstellung von Entscheidungen. Verfahren, Verwalten und Verhandeln in der Vormoderne (ZHF, Beiheft, 44), Berlin 2010, S. 475 – 517; StollbergRilinger, Logik und Semantik des Ranges in der Frühen Neuzeit; Andreas Kalipke, Verfahren im Konflikt. Konfessionelle Streitigkeiten und Corpus Evangelicorum im 18. Jahrhundert (Verhandeln, Verfahren, Entscheiden, 1), Münster 2015; Tilman Haug, „D’égal à égal?“ – Statuskommunikation französischer Gesandter auf dem Immerwährenden Reichstag zwischen europäischen und reichsständischen Repräsentationsformen, in: Harriet Rudolph – Astrid von Schlachta (Hg.), Reichsstadt – Reich – Europa. Neue Perspektiven auf den Immerwährenden Reichstag zu Regens-

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des Reichstags innerhalb der Reichsgesetzgebung und seine verfassungsrechtliche Stellung,⁵⁷ zum Verfahren des Reichstags bezüglich der Reichskriegserklärung gegen Brandenburg-Preußen 1757 etwa erschien jüngst Sven Düwels voluminöse und materialreiche Dissertation, die im Übrigen auch andere grundlegende Aspekte des Reichstags behandelt.⁵⁸ Als weitere Schwerpunkte der jüngeren Forschung sind die Akteure und Institutionen des Reichstags zu nennen. Während ausführliche Darstellungen zum Kurfürstenrat und dem fürstlichen Kollegium, von wenigen Einzelstudien einmal abgesehen, noch ausstehen,⁵⁹ wurden die Partizipation der Reichsstädte,⁶⁰ die

burg (1663 – 1806), Regensburg 2015, S. 235 – 250. Zum Forschungsstand und zur Bedeutung des Reichstagszeremoniells siehe auch Kap. III.6. 57 Einen Überblick gibt Härter, Forschung, Abs. 10, 30 – 40. 58 Sven Düwel, Ad bellum Sacri Romano-Germanici Imperii solenne decernendum: Die Reichskriegserklärung gegen Brandenburg-Preußen im Jahr 1757. Das Verfahren der „preußischen Befehdungssache“ 1756/57 zwischen Immerwährendem Reichstag und Wiener Reichsbehörden. 2 Teilbde., Berlin 2016. 59 Härter, Forschung, Abs. 11 f. Als (partielle) Ausnahmen wären beispielsweise zu nennen Johannes Arndt, Politische Repräsentation und interne Willensbildung im niederrheinisch-westfälischen Reichsgrafenkollegium. Das Direktorium und seine Inhaber von der Zulassung der Reichstagsstimme 1653 bis zur Auflösung des Reiches, in: Georg Schmidt (Hg.), Stände und Gesellschaft im Alten Reich (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. Abteilung Universalgeschichte, 29), Stuttgart 1989, S. 111 – 129; Georg Schmidt, Die Wetterauer Kuriatstimme auf dem Reichstag, in: ders. (Hg.), Stände und Gesellschaft im Alten Reich (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. Abteilung Universalgeschichte, 29), Stuttgart 1989, S. 93 – 109; Johannes Arndt, Das niederrheinisch-westfälische Reichsgrafenkollegium und seine Mitglieder (1653 – 1806) (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, 133; Beiträge zur Sozial- und Verfassungsgeschichte des Alten Reiches 9), Mainz 1991; Joachim Brüser, Württemberg und das Reich. Die Bemühungen der Herzöge von Württemberg um eine Reichstagsstimme für das Herzogtum Teck zwischen 1653 und 1803, in: Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte 77 (2018), S. 195 – 233; Quaasdorf, Kursachsen. 60 Monika Neugebauer-Wölk, Reichsstädtische Reichspolitik nach dem Westfälischen Frieden, in: ZHF 17 (1990), S. 27– 47; Kristina Winzen, Handwerk – Städte – Reich. Die städtische Kurie des Immerwährenden Reichstags und die Anfänge der Reichshandwerksordnung (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Beiheft, 160), Stuttgart 2002; Krischer, Fürstengesellschaft; HansJürgen Becker, Die Städtekurie am Immerwährenden Reichstag zu Regensburg als Rechtsform, in: Andreas Otto Weber (Hg.), Städtische Normen – genormte Städte. Zur Planung und Regelhaftigkeit urbanen Lebens und regionaler Entwicklung zwischen Mittelalter und Neuzeit (Stadt in der Geschichte, 34), Ostfildern 2009, S. 145 – 161; Krischer, Inszenierung und Verfahren auf den Reichstagen der Frühen Neuzeit. Das Beispiel der Städtekurie und ihres politischen Verfahrens; André Krischer, Reichsstädte und Reichstag im 18. Jahrhundert. Überlegungen zu Reichspolitik und Politik im Alten Reich anhand Bremer und Hamburger Praktiken, in: Michael Rohrschneider (Hg.), Der Immerwährende Reichstag im 18. Jahrhundert. Bilanz, Neuansätze und Perspektiven der Forschung (zeitenblicke, 11, Nr. 2) 2012.

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konfessionellen Corpora,⁶¹ das Kurmainzer Reichstagsdirektorium⁶² oder das Prinzipalkommissariat⁶³ mit einigem Erkenntnisgewinn untersucht. Zu den Reichstagsgesandtschaften und den Gesandten beim Immerwährenden Reichstag hat sich neben prosopografisch orientierten Studien⁶⁴ ein perzeptionsgeschichtlicher Zugang als ertragreich erwiesen,⁶⁵ wobei in den letzten Jahren vermehrt die auswärtigen Gesandtschaften im Fokus standen.⁶⁶ Die Gesandten

61 Härter, Corpus; Kalipke, „Weitläufftigkeiten“ und „Bedencklichkeiten“ – Die Behandlung konfessioneller Konflikte am Corpus Evangelicorum; Kalipke, Corpus; Kalipke, Behandlung; Peter Brachwitz – Edith Koller, Resonanz auf Pluralisierung. Das Corpus Evangelicorum als Autorität in konfessionellen Konflikten, in: Jan-Dirk Müller u. a. (Hg.), Pluralisierungen. Konzepte zur Erfassung der Frühen Neuzeit (Pluralisierung & Autorität, 21), Berlin u. a. 2010, S. 119 – 146; Brachwitz, Die Autorität des Sichtbaren; Kalipke, Verfahren. 62 Karl Härter, Das Kurmainzer Reichstagsdirektorium: eine zentrale reichspolitische Schaltstelle des Reichserzkanzlers im Reichssystem, in: Peter Claus Hartmann (Hg.), Der Mainzer Kurfürst als Reichserzkanzler. Funktionen, Aktivitäten, Ansprüche und Bedeutung des zweiten Mannes im Alten Reich (Geschichtliche Landeskunde, 45), Stuttgart 1997, S. 171 – 203. 63 Alexandra Stöckl, Der Principalkommissar. Formen und Bedeutung sozio-politischer Repräsentation im Hause Thurn und Taxis (Thurn und Taxis Studien. Neue Folge, 10), Regensburg 2018. 64 Einen Überblick geben Härter, Forschung; Lupold von Lehsten, Möglichkeiten und Grenzen prosopographischer Forschungen zum Immerwährenden Reichstag im 18. Jahrhundert, in: Michael Rohrschneider (Hg.), Der Immerwährende Reichstag im 18. Jahrhundert. Bilanz, Neuansätze und Perspektiven der Forschung (zeitenblicke, 11, Nr. 2) 2012. Zuletzt beispielsweise Rohrschneider, Friedrich Karl. 65 Ernst Schütz, Die Gesandtschaft Großbritanniens am Immerwährenden Reichstag zu Regensburg und am Kur(pfalz‐)bayerischen Hof zu München 1683 – 1806 (SRBLG, Bd. 154), München 2007; Guido Braun, Der Immerwährende Reichstag aus französischer Sicht in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, in: Michael Rohrschneider (Hg.), Der Immerwährende Reichstag im 18. Jahrhundert. Bilanz, Neuansätze und Perspektiven der Forschung (zeitenblicke, 11, Nr. 2) 2012. 66 Jörg Ulbert, Der Reichstag im Spiegel französischer Gesandtenberichte (1715 – 1723), in: Olaf Asbach u. a. (Hg.), Altes Reich, Frankreich und Europa. Politische, philosophische und historische Aspekte des französischen Deutschlandbildes im 17. und 18. Jahrhundert (Historische Forschungen, 70), Berlin 2001, S. 145 – 169; Nikolaus Leiher, Die rechtliche Stellung der auswärtigen Gesandten beim Immerwährenden Reichstag zu Regensburg. Eine rechtshistorische Untersuchung unter Auswertung der Schriften zum Ius Publicum des Alten Reiches (Berichte aus der Rechtswissenschaft), Aachen 2003; Heinrich Rubner, Die französische Gesandtschaft am Regensburger Reichstag (1663 – 1702), in: VHVO 147 (2007), S. 165 – 204; Schütz, Gesandtschaft; Braun, Reichstag; Sven Externbrink, Nach der „diplomatischen Revolution“. Funktion und Aufgaben der französischen Reichstagsgesandtschaft, in: Michael Rohrschneider (Hg.), Der Immerwährende Reichstag im 18. Jahrhundert. Bilanz, Neuansätze und Perspektiven der Forschung (zeitenblicke, 11, Nr. 2) 2012; Maria Petrova, Auf verlorenem Posten? Die diplomatischen Vertreter Russlands in Regensburg im 18. Jahrhundert, in: Harriet Rudolph – Astrid von Schlachta (Hg.), Reichsstadt – Reich – Europa. Neue Perspektiven auf den Immerwährenden Reichstag zu Regensburg (1663 – 1806), Regensburg 2015, S. 215 – 234.

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werden dabei längst nicht mehr schlicht als „Sprachrohr“⁶⁷ ihrer Prinzipalen charakterisiert, sondern als Teil einer diplomatischen, politischen und juristischen Funktionselite wahrgenommen, die erheblichen Einfluss auf die Reichspolitik der von ihnen vertretenen Reichsstände nehmen konnte.⁶⁸ Maßstäbe für die künftige Reichstagsforschung hat zuletzt Michael Rohrschneider mit seiner 2014 erschienenen Monografie zu Netzwerken und Klientelpolitik auf dem Reichstag aus österreichischer Perspektive gesetzt, worin er den Nutzen der Reinhardschen Mikropolitikanalyse für die Untersuchung von Reichstagspolitik mit beeindruckenden Ergebnissen demonstriert und den Reichstag als „multifunktionale Plattform […], als Kommunikationszentrum, öffentlichkeitswirksames Forum zur Legitimierung der eigenen Politik und nicht zuletzt auch als Umschlagplatz für Ressourcen“ beschreibt.⁶⁹ Rohrschneiders Untersuchungszeitraum 1745 bis 1763 umfasst die hochkomplexe, konfliktgeladene Situation des Reichs vor dem Siebenjährigen Krieg, wenngleich die politische Geschichte des Reichstags der Jahre 1748 bis 1755 nach wie vor einer ausführlichen Betrachtung harrt.⁷⁰ Ebenfalls einen akteurszentrierten Ansatz wählte Friedrich Quaasdorf für seine jüngst erschienene Dissertation zur kursächsischen Reichstagspolitik in den letzten Jahren des Alten Reichs.⁷¹ Insgesamt lässt sich feststellen, dass der, wenn man so will, „actor-centered turn“ der Historiografie der Außenbeziehungen auch in der Reichstagsforschung angekommen ist. Der Reichstag selbst wird als „Kristallisationspunkt frühneuzeitlicher Reichsgeschichte“⁷², als „Nachrichtenbörse“⁷³ und „Zentrum der Reichspolitik“⁷⁴ gewürdigt, wobei seine Relevanz als „Kommunikations- und Informations67 Biederbick, Reichstag, S. 1. Ähnlich auch Rudolf Reiser, Adeliges Stadtleben im Barockzeitalter. Internationales Gesandtenleben auf dem immerwährenden Reichstag zu Regensburg. Ein Beitrag zur Kultur- und Gesellschaftsgeschichte der Barockzeit (Miscellanea Bavarica Monacensia, 17), München 1969, S. 9. 68 Härter, Forschung, Abs. 22. 69 Rohrschneider, Reichstag, S. 243. 70 Düwel, Reichskriegserklärung, S. 46 – 48. 71 Quaasdorf, Kursachsen. 72 Helmut Neuhaus, Der Reichstag als Zentrum eines „Handelnden“ Reiches, in: Heinz Schilling u. a. (Hg.), Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation 962 bis 1806. Altes Reich und Neue Staaten 1495 bis 1806. Essays. 29. Ausstellung des Europarates in Berlin und Magdeburg, Dresden 2006, S. 43 – 52, hier S. 43. 73 Volker Press, Die kaiserliche Stellung im Reich zwischen 1648 und 1740 – Versuch einer Neubewertung, in: Volker Press – Johannes Kunisch (Hg.), Das alte Reich. Ausgewählte Aufsätze (Historische Forschungen, 59), Berlin 2000, S. 189 – 222, hier S. 208. 74 Karl Otmar von Aretin, Das Reich kommt zur Ruhe. Der Immerwährende Reichstag in Regensburg, in: Uwe Schultz (Hg.), Die Hauptstädte der Deutschen.Von der Kaiserpfalz in Aachen zum Regierungssitz Berlin, München 1993, S. 123 – 135, hier S. 123.

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zentrum […] [insbesondere] für die mindermächtigen Reichsstände“⁷⁵ betont wird. An diesem Punkt setzt die vorliegende Studie an, welche die Bedeutung des Immerwährenden Reichstags aus der bislang vernachlässigten Perspektive geistlicher Reichsterritorien untersucht und dabei anhand eines akteurszentrierten Forschungsansatzes neben der Reichstagspolitik Bambergs und Würzburgs auch die Gesandtschaftspraxis und den Einfluss informeller Strukturen in den Fokus nimmt. Damit greift die Arbeit mit der Rolle der geistlichen Reichsfürsten beim Reichstag eines der wesentlichen Forschungsdesiderate auf. Als weitere Schwerpunkte mit Forschungsbedarf sind etwa die Einordnung des Reichstags in das europäische Mächtesystem und der Vergleich mit anderen frühneuzeitlichen europäischen Reichs- und Ständeversammlungen, eine Diplomatiegeschichte des Reichstags sowie umfassende Studien zu seiner Institutionengeschichte und politischen Kultur genannt worden.⁷⁶ Die Hochstifte Bamberg und Würzburg zählten nach den Kurfürstentümern und Erzstiften zu den bedeutendsten und führenden geistlichen Territorien im Alten Reich. Bei seiner Auflösung 1802/03 umfasste das Hochstift Bamberg eine Fläche von etwa 3 580 Quadratkilometern und zwischen 180 000 und 220 000 Einwohner, Würzburg etwa 5 290 Quadratkilometer und 262 000 Einwohner, womit beide Hochstifte hinsichtlich Bevölkerung, Wirtschaftskraft und Fläche im oberen Drittel der geistlichen Reichsstände rangierten. Einen aussagekräftigen Indikator für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die finanziellen Möglichkeiten der Hochstifte im Vergleich mit anderen geistlichen Territorien bildet die 1776 festgelegte Höhe der zu entrichtenden Kammergerichtsbeiträge. Hier stand Würzburg hinter dem Kurfürstentum Mainz an zweiter Stelle, hinter den Kurfürstentümern Köln und Trier sowie dem Erzstift Salzburg folgte auf Platz fünf bereits das Hochstift Bamberg.⁷⁷ Aufgrund ihrer exponierten Lage in der Mitte des Reichs, häufiger

75 Neuhaus, Reichstag, S. 51. 76 Härter, Forschung, Abs. 47– 50; Maximilian Lanzinner, Arbeitsfelder und Forschungsfragen zum Immerwährenden Reichstag, in: Michael Rohrschneider (Hg.), Der Immerwährende Reichstag im 18. Jahrhundert. Bilanz, Neuansätze und Perspektiven der Forschung (zeitenblicke, 11, Nr. 2) 2012; Rudolph, Einleitung, S. 23 – 33; Karl Härter, Permanenz, Partizipation, Verfahren und Kommunikation: Perspektiven einer europäisch vergleichenden Analyse der Verfassung des Immerwährenden Reichstags, in: Harriet Rudolph – Astrid von Schlachta (Hg.), Reichsstadt – Reich – Europa. Neue Perspektiven auf den Immerwährenden Reichstag zu Regensburg (1663 – 1806), Regensburg 2015, S. 61 – 83. 77 Peter Zürcher, Die Bischofswahlen im Fürstbistum Eichstätt von 1636 bis 1790. Wahlgeschehen im Spiegel domkapitelscher, dynastischer und kaiserlicher Landes- und Reichskirchenpolitik (Schriftenreihe zur bayerischen Landesgeschichte, 155), München 2008, S. 5 f. Stephan Kremer rechnet die Hochstifte Bamberg und Würzburg zu den vier wirtschaftlich stärksten geistlichen Territorien im Reich, vgl. Stephan Kremer, Herkunft und Werdegang geistlicher Führungsschichten

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Personalunionen, dem nicht unerheblichen militärischen Potenzial Würzburgs und der Stellung des Bamberger Bischofs als Kreisdirektor, Mitinhaber des Ausschreibamts und Direktor der korrespondierenden Münzkreise sowie der exemten Position seines Bistums stellten beide Hochstifte durchaus relevante Machtfaktoren im Reich dar.⁷⁸ Eine wichtige Rolle im Mehrebenensystem des Alten Reichs nahmen die Reichskreise ein, die mit einer Vielzahl an exekutiven Aufgaben und Befugnissen innerhalb der Reichsverfassung, aber auch als Zentren der regionalen Zusammenarbeit und Integration sowie als identitätsstiftende Faktoren bedeutsame wie unverzichtbare reichspolitische Arenen bildeten.⁷⁹ Aus der erheblichen politischen Bedeutung des Fränkischen Reichskreis ergeben sich die gewichtigen Handlungsspielräume und Möglichkeiten, welche der Bamberger Fürstbischof als Kreisdirektor und Mitinhaber des Ausschreibamts besaß.⁸⁰ Hinsichtlich des eingangs skizzierten Forschungsbedarfs bezüglich der Reichstagspolitik geistlicher Reichsstände bilden die Hochstifte Bamberg und Würzburg keine Ausnahme. Einzelne Aspekte der Bamberger Reichstagspolitik im 17. und 18. Jahrhundert behandelt die 1976 erschienene, quellennahe Studie Hans

in den Reichsbistümern zwischen Westfälischem Frieden und Säkularisation. Fürstbischöfe – Weihbischöfe – Generalvikare (Römische Quartalschrift für christliche Altertumskunde und Kirchengeschichte Supplementheft, 47), Freiburg im Breisgau u. a. 1992, S. 34. 78 Gerhard Köbler, Historisches Lexikon der deutschen Länder. Die deutschen Territorien vom Mittelalter bis zur Gegenwart, München 21989, S. 30 f., 630 f.; Andermann, Staaten, S. 596 f.; Dieter J. Weiß, Das exemte Bistum Bamberg 3/1. Die Bischofsreihe von 1522 bis 1693 (Germania Sacra. Neue Folge, 38), Berlin u. a. 2000, S. 52 f.; Rainer Leng, Würzburg, Hochstift: Territorium und Struktur, publiziert am 10.03. 2010, https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/W%C3 %BCrzburg,_Hochstift:_Territorium_und_Struktur (21.03. 2021); Humphreys, Kreistag, S. 58; Kerstin Kech, Hofhaltung und Hofzeremoniell der Bamberger Fürstbischöfe in der Spätphase des Alten Reichs (Stadt und Region in der Vormoderne, 6; Veröffentlichungen des Stadtarchivs Bamberg, 28), Würzburg 2016, S. 35 – 39. 79 Hanns Hubert Hofmann, Reichskreis und Kreisassoziation. Prolegomena zu einer Geschichte des fränkischen Kreises, zugleich als Beitrag zur Phänomenologie des deutschen Förderalismus, in: ZBLG 25 (1962), S. 377– 413, hier S. 393; Bernhard Sicken, Der fränkische Reichskreis. Seine Ämter und Einrichtungen im 18. Jahrhundert (VGffG Fotodruckreihe, 1), Würzburg 1970, S. 85 – 106, 146 – 149; Humphreys, Kreistag, S. 13, 34 – 38, 379 – 395. Zur Charakterisierung des Alten Reichs als Mehrebenensystem vgl. Ferdinand Kramer, Landesgeschichte und Mehrebenensystem, in: ZBLG 84 (2021), S. 1 – 9, hier S. 7– 9. Siehe auch Kap. II.2.1. 80 Bernhard Sicken, Leitungsfunktionen des Fränkischen Kreises im Aufklärungszeitalter: Zwischen Standesvorzug und Sachkompetenz, in: Wolfgang Wüst (Hg.), Reichskreis und Territorium: die Herrschaft über der Herrschaft? Supraterritoriale Tendenzen in Politik, Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft. Ein Vergleich süddeutscher Reichskreise. (Augsburger Beiträge zur Landesgeschichte Bayerisch-Schwabens, 7), Stuttgart 2000, S. 251 – 278.

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Joachim Berbigs.⁸¹ Einen kurzen ereignisgeschichtlichen Überblick über Reichspolitik und Außenbeziehungen im Rahmen des Korsetts der biografisch und kirchengeschichtlich orientierten Germania Sacra geben die von Dieter Joachim Weiß unlängst vorgelegten Bände der Bamberger Bischofsreihe.⁸² Zur Personalunion beider Hochstifte unter Adam Friedrich von Seinsheim 1755/1757 bis 1779 existiert eine veraltete, aufgrund mittlerweile verloren gegangener Quellen jedoch nach wie vor hilfreiche Dissertation aus dem Jahr 1939,⁸³ die Phase des Siebenjährigen Kriegs mit einem Schwerpunkt auf den preußischen Einfällen im Hochstift ist durch verschiedene ältere und neuere Arbeiten thematisiert worden.⁸⁴ Zu den Würzburger Außenbeziehungen muss ebenfalls auf die vor kurzem erschienenen Germania Sacra Bände Winfried Rombergs verwiesen werden, die ebenso wie der Aufsatz Herbert Schotts im Rahmen der mehrbändigen Unterfränkischen Geschichte in erster Linie eine ereignisgeschichtliche Zusammenfassung bieten, die Würzburger Reichstagsakten sowie die Überlieferung der Reichstagsgesandtschaft wurden jeweils nicht ausgewertet.⁸⁵ Eine Ausnahme bedeutet die

81 Hans Joachim Berbig, Das kaiserliche Hochstift Bamberg und das Heilige Römische Reich vom Westfälischen Frieden bis zur Säkularisation. Erster und Zweiter Teil (Beiträge zur Geschichte der Reichskirche in der Neuzeit, Heft 5 und 6), Wiesbaden 1976. Den Forschungsstand skizzieren Johannes Staudenmaier, Hochstift und Stadt Bamberg zwischen 1500 und 1648. Ein Forschungsüberblick, in: Mark Häberlein u. a. (Hg.), Bamberg in der Frühen Neuzeit. Neue Beiträge zur Geschichte von Stadt und Hochstift (Bamberger Historische Studien, 1), Bamberg 2008, S. 19 – 31; Kerstin Kech, Hochstift und Stadt Bamberg zwischen 1648 und dem Ende des Alten Reichs. Ein Forschungsüberblick, in: Mark Häberlein u. a. (Hg.), Bamberg in der Frühen Neuzeit. Neue Beiträge zur Geschichte von Stadt und Hochstift (Bamberger Historische Studien, 1), Bamberg 2008, S. 33 – 48. 82 Weiß, Bamberger Bischöfe 1522 – 1693; Dieter J. Weiß, Das exemte Bistum Bamberg 4. Die Bamberger Bischöfe von 1693 bis 1802 (Germania Sacra. Dritte Folge, 12), Berlin u. a. 2016. 83 Harald Ssymank, Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheims Regierung in Würzburg und Bamberg (1755 – 1779) Diss. phil., Würzburg 1939 Ein Teil der von Ssymank im Staatsarchiv Würzburg ausgewerteten und zitierten Quellen verbrannte 1945. Siehe auch Kap. I.4. 84 Wilhelm Hofmann, Die Politik des Fürstbischofs von Würzburg und Bamberg Adam Friedrich Grafen von Seinsheim während des Siebenjährigen Krieges. Diss. phil., München 1903; Erik Omlor, Der Untertan im Krieg der Fürsten. Zum Verhältnis von Militär und lokaler Bevölkerung am Beispiel der preußischen Invasion des Hochstifts Bamberg 1758, in: Mark Häberlein u. a. (Hg.), Bamberg in der Frühen Neuzeit. Neue Beiträge zur Geschichte von Stadt und Hochstift (Bamberger Historische Studien, 1), Bamberg 2008, S. 143 – 172; Andreas Leipold, Der Siebenjährige Krieg (1756 – 1763) in Oberfranken. Unter besonderer Berücksichtigung der Plünderungen der Bischofsstadt Bamberg, Hamburg 2009. 85 Herbert Schott, Im Kräftespiel der Reichspolitik – die ›Außenpolitik‹ des Hochstifts, in: Peter Kolb – Ernst-Günther Krenig (Hg.), Unterfränkische Geschichte, Bd. 4/1: Vom Ende des Dreißigjährigen Krieges bis zur Eingliederung in das Königreich Bayern, Würzburg 1998, S. 17– 65; Winfried Romberg, Das Bistum Würzburg 7: Die Würzburger Bischöfe 1617 bis 1684 (Germania Sacra. Dritte Folge, 4), Berlin u. a. 2011; Winfried Romberg, Die Würzburger Bischofsreihe von 1617– 1803. Aus-

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von Laetitia Boehm betreute Münchner Dissertation von Thomas Hubertus Link, welche die Würzburger Reichspolitik am Ende des Alten Reichs unmittelbar vor und während des Rastatter Kongresses und ihr Verhältnis zur Rechtswissenschaft betrachtet.⁸⁶ Zwar wurde die rechtshistorische Einordnung Links kritisiert, doch hat er mit seinem akteurszentrierten Zugriff die maßgeblichen Figuren der hochstiftischen Reichspolitik identifiziert und die Bedeutung individueller Faktoren der Akteure wie Herkunft, Bildung und Sozialisation sowie familiärer und freundschaftlicher Beziehungen erkannt.⁸⁷ Der Umgang des Hochstifts Würzburg mit Religionsbeschwerden beim Reichstag, vor allem im Kontext des Konflikts zwischen den konfessionellen Corpora, war Gegenstand der kommunikationsgeschichtlichen Dissertation von Peter Brachwitz, der hinsichtlich der Haltung des katholischen Reichsteils zu korporativer Reichstagspolitik eine Praxis der „Invisibilisierung“ festgestellt hat.⁸⁸ Das politische Agieren beider Hochstifte beim Reichstag sowie Aufbau, Besetzung und Funktionsweise der Reichstagsgesandtschaften waren bislang nicht Gegenstand systematischer Untersuchungen. Die außenpolitischen Entscheidungsstrukturen an den Höfen in Bamberg und Würzburg, wie überhaupt eine umfassende Verwaltungs- und Behördengeschichte sind ebenfalls als Forschungsdesiderate zu bezeichnen. Ebenso fehlen diplomatiegeschichtliche Arbeiten zum Gesandtschaftswesen, was für die geistlichen Territorien generell gilt.⁸⁹

gewählte Forschungsperspektiven zu Landesherrschaft und geistlichem Wirken, in: WDGBL 76 (2013), S. 9 – 72, hier S. 25 – 29; Winfried Romberg, Das Bistum Würzburg 8: Die Würzburger Bischöfe 1684 bis 1746 (Germania Sacra. Dritte Folge, 8), Berlin u. a. 2014; Winfried Romberg, Das Bistum Würzburg 9: Die Würzburger Bischöfe von 1746 bis 1802 (Germania Sacra. Dritte Folge, 18), Berlin u. a. 2020. 86 Thomas Hubertus Link, Die Reichspolitik des Hochstifts Würzburg und ihr Verhältnis zur Rechtswissenschaft am Ende des Alten Reiches, Frankfurt am Main 1995. 87 Ibid., S. 65. Zur Kritik siehe Dietmar Willoweit, Rezension zu: Link, Thomas Hubertus, Die Reichspolitik des Hochstifts Würzburg und ihr Verhältnis zur Rechtswissenschaft am Ende des Alten Reiches, Frankfurt am Main u. a. 1995, in: ZHF 29 (2002), S. 646 – 648. 88 Brachwitz, Die Autorität des Sichtbaren. 89 Den äußerst überschaubaren Forschungsstand skizziert Bettina Scherbaum, deren Aufsatz auch eine der wenigen Arbeiten zum Gesandtschaftswesen geistlicher Reichsfürsten darstellt, vgl. Bettina Scherbaum, Die römische Familie Scarlatti als diplomatische Vertreter der Bischöfe aus dem Hause Wittelsbach an der Kurie. Ein Fallbeispiel zum Gesandtschaftswesen geistlicher Staaten im 17. und 18. Jahrhundert, in: Bettina Braun u. a. (Hg.), Geistliche Fürsten und geistliche Staaten in der Spätphase des Alten Reiches, Epfendorf 2008, S. 207– 222, hier S. 207. Eine Annäherung an das Gesandtschaftswesen Kurkölns bietet eine ältere Dissertation aus der Bonner Braubach-Schule, vgl. Willi Tenter, Die Diplomatie Kurkölns im 18. Jahrhundert. Diss. phil., Bonn 1949. Aspekte des diplomatischen Zeremoniells am Bamberger Hof untersuchte Kerstin Kech im Rahmen ihrer Dissertation, vgl. Kech, Hofhaltung, S. 183 – 199.

2 Zum Stand der Forschung – Forschungsfragen

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Aus dem skizzierten Forschungsstand ergeben sich dabei die folgenden Forschungsfragen und Erkenntnisinteressen: 1. Das Gesandtschaftswesen der Hochstifte Bamberg und Würzburg Bevor die Strukturen der fürstbischöflichen Reichstagspolitik genauer untersucht werden, stellt sich zunächst die Frage nach der Ausdifferenzierung des Gesandtschaftswesens der Hochstifte Bamberg und Würzburg, um eine Verortung der Reichstagsgesandtschaften im Handlungsraum fürstbischöflicher Diplomatie vornehmen zu können. Wo und in welcher Ausprägung unterhielten die Hochstifte Bamberg und Würzburg überhaupt diplomatische Vertretungen oder ständige Gesandtschaften und lassen sich daraus Schlussfolgerungen für die Schwerpunktsetzung hochstiftischer Außenbeziehungen ableiten? Wer kam dabei als Diplomat oder Gesandter zum Einsatz? 2. Rahmenbedingungen und organisatorische Grundlagen der Bamberger und Würzburger Reichstagspolitik Wie funktionierte fürstbischöfliche Reichstagspolitik überhaupt? Welche Institutionen und Akteure waren am reichstagspolitischen Entscheidungsprozess in welcher Form beteiligt? Als Ausgangspunkt hochstiftischer Reichstagspolitik sind insbesondere die Reichstagsgesandtschaften in den Blick zu nehmen. Wie stellten sich deren Aufbau, ihre personelle Besetzung und ihre Arbeitsweise dar? Welche Personen vertraten die Geschicke der Hochstifte in Regensburg? Welche Institutionen und Akteure zeigten sich an den fürstbischöflichen Höfen für die Reichstagspolitik verantwortlich und lassen sich dabei Spezifika geistlicher Fürstentümer, etwa eine Mitwirkung der Domkapitel, beobachten? Welche Abhängigkeiten, Normen und Faktoren lagen der hochstiftischen Reichstagspolitik zugrunde? Wie wirkten sich die individuellen Eigenschaften der maßgeblichen Akteure auf die Reichstagspolitik aus? Welche Implikationen hatten die informellen Beziehungen der Gesandten? Inwieweit lässt sich die Prämisse der Hochstifte als verlässlicher kaiserlicher Klientel beim Reichstag bestätigen? 3. Inhalte, Standpunkte und reichstagspolitische Praxis Welche Ziele und Positionen vertraten die Hochstifte Bamberg und Würzburg auf dem Reichstag und welcher Stellenwert kam der Reichstagspolitik zu? Inwiefern nutzen die Bischöfe den Reichstag zur Artikulation eigener Interessen und wie gingen sie dabei vor? Gelang es ihnen Reichstagspolitik zu gestalten? Lässt sich dabei ein spezifisches Selbstverständnis der Bischöfe beobachten? Wie reagierten die Fürstbischöfe auf die krisenhafte Erscheinung der Reichsverfassung Mitte des 18. Jahrhunderts? Gerade die zahlreichen konfessionellen Konflikte werfen die Frage nach gemeinsamen Lösungsstrategien der geistlichen Fürsten und damit nach Ansätzen korporativer Reichstagspolitik auf. Kann die eingangs genannte These, dass der Reichstag gerade für Reichsterritorien ohne größere machtpolitische Möglichkeiten von großer Bedeutung war, bestätigt werden?

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I Einleitung

Insgesamt ergeben sich also im Wesentlichen drei Ergebnisräume, was den dreiteiligen Aufbau der Arbeit vorgibt. Zunächst erfolgt eine Bestandsaufnahme zum Gesandtschaftswesen der Hochstifte Bamberg und Würzburg. Anschließend geraten die Akteure und Strukturen der hochstiftischen Reichstagspolitik in den Fokus: Nach einleitenden Erläuterungen zu den institutionellen Grundlagen des Reichstags und seinem Verfahren wird der reichstagspolitische Entscheidungsprozess analysiert und die daran beteiligten Institutionen und Akteure identifiziert. Diese stehen im Mittelpunkt der folgenden Kapitel. Zuerst werden die Reichstagsgesandtschaften einer ausführlichen Betrachtung unterzogen, ehe eine Rekonstruktion der Entscheidungsstrukturen an den Höfen in Bamberg und Würzburg erfolgt. Dabei wird auch der Frage nachgegangen, ob und in welcher Form die Domkapitel Einfluss auf die Reichstagspolitik nahmen. Anschließend werden die handelnden Personen hinsichtlich ihrer individuellen Voraussetzungen und Eigenschaften analysiert, die zum Verständnis ihrer spezifischen Wahrnehmung, Intentionen und Loyalitäten essenziell sind. Daran anknüpfend folgt eine Annäherung an die Netzwerke der Gesandten und deren Bedeutung für die hochstiftische Reichstagspolitik. Ausgehend von Netzwerken und Abhängigkeiten sollen anschließend die Strukturen und Mechanismen kaiserlicher Einflussnahme auf die fürstbischöfliche Reichstagspolitik analysiert werden. Als Strukturbedingung des Reichstags gerät zuletzt das Reichstagszeremoniell und seine spezifischen Funktionen ins Blickfeld, wobei auf Basis der vorhergehenden Erkenntnisse ein neuer Erklärungsansatz zu den Rangstreitigkeiten zwischen den Reichstagsgesandten geistlicher und weltlicher Fürsten vorgestellt wird. Nachdem mit den Prozessen, Institutionen und Akteuren die Grundlagen der Bamberger und Würzburger Reichstagspolitik dargestellt wurden, wird es im dritten Teil der Arbeit um konkrete politische Inhalte gehen. Anhand ausgewählter Probleme, Besonderheiten und Ereignisse sollen verschiedene Ziele, Vorgehensweisen und weitere Aspekte hochstiftischer Reichstagspolitik und Gesandtschaftspraxis beleuchtet werden. Als Ausnahmeerscheinung im Untersuchungszeitraum erweist sich die Regierungszeit des Würzburger Fürstbischofs Anselm Franz von Ingelheim (1746 – 1749). Hier zeigen sich deutlich die Auswirkungen fehlbesetzter Schlüsselpositionen im reichstagspolitischen Entscheidungsprozess und defizitärer Kommunikationsstrukturen. Ausführlich widmet sich das folgende Kapitel der fürstbischöflichen Reichstagspolitik während der explosiven reichspolitischen Phase der 1750er Jahre, die von zahlreichen Konflikten und einer zunehmenden konfessionellen Fraktionierung im Spannungsfeld der rivalisierenden Mächte Österreich und Preußen geprägt war. Abschließend wird die Reichstagspolitik des Bamberger und Würzburger Fürstbischofs Adam Friedrich von Seinsheim (1755/ 1757– 1779) während des Siebenjährigen Kriegs behandelt.

3 Forschungsansatz und Methodik

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Mit der Untersuchung der Reichstagspolitik der Hochstifte Bamberg und Würzburg und der ihr zugrundeliegenden Voraussetzungen, Strukturen und Abhängigkeiten betritt die vorliegende Studie Neuland. Erstmals wird das Agieren geistlicher Reichsstände beim Reichstag eingehend betrachtet und sowohl hinsichtlich politischer Inhalte und Zielsetzungen als auch aktueller diplomatiegeschichtlicher Fragestellungen analysiert. Dabei beschränkt sich der Erkenntnisgewinn nicht auf die Perspektive der beiden Hochstifte, vielmehr sind auch und gerade zur Diplomatie- und Institutionengeschichte des Immerwährenden Reichstags⁹⁰ Fortschritte zu erwarten. Konkret im Fokus stehen vor allem die Gesandtschaftspraxis, Kommunikationsmechanismen, Verhandlungs- und Aushandlungsprozesse sowie die Wirkungsweise informeller Praktiken.

3 Forschungsansatz und Methodik Die vorliegende Arbeit strebt eine Verbindung von Reichs- und Landesgeschichte an, indem alte und neue Forschungsansätze der Diplomatiegeschichte kombiniert werden. Mit einem akteurszentrierten Zugriff sollen die Strukturen und Inhalte der Bamberger und Würzburger Reichstagspolitik untersucht werden. Wie die Studien Rohrschneiders zum Reichstag oder Nicola Humphreys zum Fränkischen Kreistag gezeigt haben,⁹¹ ist eine Verknüpfung von kommunikationsgeschichtlichen Ansätzen und der Netzwerkforschung für den gewählten Forschungsgegenstand äußerst ertragreich. Ausgangspunkt ist die These, dass sich die individuellen Eigenschaften und Voraussetzungen der maßgeblichen Entscheidungsträger, wie Herkunft, Bildung, Sozialisation, persönliche Loyalitäten und Abhängigkeiten, kognitive Fähigkeiten, Denkmuster oder Patronage- und Klientelbeziehungen, entscheidend auf die Reichstagspolitik auswirkten. Auf Grundlage einer biografischen und prosopografischen Darstellung sollen also die informellen Beziehungen, die Netzwerke und Verflechtungen der maßgeblichen Akteure – wobei der Fokus auf den Reichstagsgesandten liegt – analysiert werden, wofür die mikropolitischen Ansätze und Methoden der Reinhard-Schule geeignet erscheinen.⁹² Reinhards Definition zufolge bezeichnet Mikropolitik den „mehr oder weniger planmäßige[n] Einsatz eines Netzes informeller persönlicher Beziehungen zu politischen Zwecken, wobei die Besetzung einer Stelle und der Rang ihres Inhabers in

90 Einen (unvollständigen) Aufriss zu diesem Forschungsfeld gibt Rudolph, Einleitung, S. 24 – 29. 91 Humphreys, Kreistag; Rohrschneider, Reichstag, S. 299 – 301. 92 Rohrschneider, Reichstag, S. 299 f.

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der Regel sehr viel wichtiger ist, als das, was diese Person anschließend treibt“.⁹³ Hier wird die Problematik eines zu eng mikropolitisch gefassten Ansatzes deutlich. Wie auch im Kontext der Reichstagsforschung von Sven Externbrink überzeugend kritisiert wurde, ist die „vollkommende[ ] Nichtberücksichtigung von Inhalten und Entscheidungsprozessen in außenpolitischen Kontexten“ doch zumindest fragwürdig.⁹⁴ Oder anders ausgedrückt: Das enorme „Potential das in mikropolitischer Analyse steckt, wird […] nicht völlig ausgeschöpft, wenn […] die ‚große Politik der Kabinette‘ […] weitgehend ausgeblendet bleibt. Unter ‚großer Politik‘ wird hier der Komplex der Entscheidungsprozeßanalyse verstanden […]. Es war letztlich doch nicht ‚unerheblich‘, was ein dank mikropolitischer Netzwerke zu einem Posten gelangter Akteur tat“⁹⁵, weshalb es sich also von einer zu begrenzten mikropolitischen Perspektive zu lösen gilt. Neben den Strukturen sollen daher auch die Entscheidungsprozesse und die Inhalte der hochstiftischen Reichstagspolitik, eingebettet in die makrohistorischen Zusammenhänge, angemessene Beachtung finden, womit auch die Ereignisgeschichte der Bamberger und Würzburger Reichstagspolitik – die noch dazu ein Forschungsdesiderat darstellt – nicht außer Acht gelassen werden kann. Dieser Anspruch korreliert mit dem Erklärungsansatz aus der Politikwissenschaft, dass Außenpolitik und der zugehörige Entscheidungsprozess durch drei Einflussfaktoren bestimmt werden, wozu neben den individuellen Faktoren der handelnden Akteure, die internationalen Einwirkungen und Zwänge (etwa Kriege und Krisen) und die innerstaatlichen Bedingungen (beispielsweise politische Kultur, Tradition, Konfession) zählen. Überhaupt bietet sich eine Anlehnung an politikwissenschaftliche Theorien und Methoden der Außenpolitikanalyse,⁹⁶ zu welcher Reichstagspolitik zu rechnen ist, an. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten, denn diese Konzepte basieren auf der Annahme moderner, bürokratisch ausdifferenzierter Staaten und sind daher nicht grundsätzlich auf die frühneuzeitlichen, noch in der Entwicklung begriffenen „Staatswesen“ übertragbar. „Politisches Handeln ist immer kommunikatives Handeln“.⁹⁷ Gerade die kulturalistischen Ansätze der „Kulturgeschichte des Politischen“ haben dazu beige-

93 Wolfgang Reinhard, Amici e Creature. Politische Mikrogeschichte der römischen Kurie im 17. Jahrhundert, in: QFIAB 76 (1996), S. 308 – 334, hier S. 312. 94 Externbrink, Funktionen, Abs. 5. 95 Externbrink, Internationale Politik, S. 34. 96 Reimund Seidelmann, Außenpolitischer Entscheidungsprozess, in: Wichard Woyke (Hg.), Handwörterbuch Internationale Politik (Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, 1126), Bonn 2011, S. 7– 12; Brummer – Oppermann, Außenpolitikanalyse. 97 Friedrich, Drehscheibe, S. 17; Humphreys, Kreistag, S. 14. Siehe auch Winfried Schulz, Politische Kommunikation. Theoretische Ansätze und Ergebnisse empirischer Forschung, Wiesbaden 32011,

3 Forschungsansatz und Methodik

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tragen, die Analysekategorie „Kommunikation“ als festen Bestandteil der „Neuen Politikgeschichte“ zu etablieren.⁹⁸ Die grundsätzlichen Komponenten des Kommunikationsprozesses fasst die in diesem Kontext quasi zwangsläufig zitierte LasswellFormel zusammen: „Who – Says What – In Which Channel – To Whom – With What Effect?“.⁹⁹ Ergänzt um die Perspektive des Rezipienten und damit der Kategorien der Wahrnehmung und des Verstehens ist die Rekonstruktion von Kommunikationsprozessen zur Analyse von Entscheidungsvorgängen unerlässlich.¹⁰⁰ Gleiches gilt für die Erforschung informeller Beziehungen im von einer „Kommunikation unter Anwesenden“ geprägten „Kommunikationsuniversum“ des Regensburger Reichstags,¹⁰¹ die durch Interaktion und damit Kommunikation konstituiert und erhalten werden. Auch ist im Sinne eines erweiterten Kommunikationsbegriffs nach den Kommunikationsstrategien bei der Darstellung und Rechtfertigung politischer Inhalte vor der Reichstagsöffentlichkeit zu fragen.¹⁰² Nicht zuletzt sind zu einer angemessenen Beurteilung der zahlreichen Rangund Zeremonialstreitigkeiten, die in der Überlieferung der Bamberger und Würzburger Reichstagsakten im Untersuchungszeitraum breiten Raum einnehmen, auch kulturgeschichtliche Ansätze zu berücksichtigen.¹⁰³ Im Gesamtansatz versucht die vorliegende Arbeit aus einer akteurszentrierten Perspektive heraus durch eine Verknüpfung von mikropolitischen, ereignis-, insti-

S. 1; Tobias Weidner, Begriffsgeschichte und Politikgeschichte, in: Geschichte und Gesellschaft 44 (2018), S. 29 – 53, hier S. 35 – 39. 98 Frevert, Politikgeschichte, S. 14 – 21; Pohlig, Geheimnis, S. 23. 99 Harold D. Lasswell, The structure and function of communication in society, in: Lyman Bryson (Hg.), The communication of ideas. A series of addresses, New York 1948, S. 37– 51, hier S. 37. Siehe auch Schulz, Politische Kommunikation, S. 57– 61. 100 Ursula Lehmkuhl, Entscheidungsprozesse in der internationalen Geschichte: Möglichkeiten und Grenzen einer kulturwissenschaftlichen Fundierung außenpolitischer Entscheidungsmodelle, in: Wilfried Loth – Jürgen Osterhammel (Hg.), Internationale Geschichte. Themen – Ergebnisse – Aussichten (Studien zur Internationalen Geschichte, 10), München 2000, S. 187– 207; Barbara Stollberg-Rilinger, Die Welt als Symboluniversum. Überlegungen zur symbolischen Kommunikation in Vormoderne und Moderne, in: Giancarlo Andenna (Hg.), Religiosità e civiltà. Le comunicazioni simboliche (secoli IX – XIII), Mailand 2009, S. 23 – 46, hier S. 26. Siehe auch Gabriele HaugMoritz, Das Reich als medialer Kommunikationsraum. Skizze eines Forschungsprojektes, in: Frühneuzeit-Info 17 (2006), S. 58 – 69, hier S. 59 f. 101 Rohrschneider, Reichstag, S. 30. Zum Kommunikationsverständnis vgl. Rudolf Schlögl, Anwesende und Abwesende. Grundriss für eine Gesellschaftsgeschichte der Frühen Neuzeit, Konstanz 2014, S. 29 – 47. 102 Gestrich, Absolutismus, S. 28 – 33, 96 – 99, 235. 103 Stollberg-Rilinger, Zeremoniell als politisches Verfahren. Rangordnung und Rangstreit als Strukturmerkmale des frühneuzeitlichen Reichstags; Stollberg-Rilinger, Logik und Semantik des Ranges in der Frühen Neuzeit.

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tutions-, kommunikations- und kulturgeschichtlichen Ansätzen den unterschiedlichen Aspekten der Bamberger und Würzburger Reichstagspolitik gerecht zu werden. Ein multiperspektivischer Ansatz erscheint dafür zielführender als der Versuch, dem äußerst vielschichtigen Untersuchungsgegenstand ein einzelnes methodisches Konzept aufzuoktroyieren. Wenngleich die Beschränkung auf Einzel- und Fallstudien als Problem der Reichstagsforschung wahrgenommen wurde,¹⁰⁴ betonen jüngere Studien unisono den Zwang zur Einschränkung und Reduktion der Forschungsgegenstände zur Bewältigung der immensen Quellenüberlieferung.¹⁰⁵ Als Untersuchungszeitraum wurden hier nun die Jahre 1746 bis 1763 gewählt. Diese Auswahl begründet sich in der komplexen und aufgeheizten politischen Lage der 1750er Jahre, die zu einer zunehmenden Fraktionierung im Reich und beim Reichstag führte. Dabei entfaltete die Reichsversammlung eine bemerkenswerte Aktivität, war Regensburg als politisches Zentrum des Reichs doch nicht selten die Arena für die Aushandlung und Austragung der zahlreichen Krisen und Konflikte dieser Zeit. Die Germania Sacra hatte sich damals noch nicht von den Säkularisationsgerüchten während des Wittelsbachischen Kaisertums Karls VII. erholt und sah sich insbesondere mit konfessionellen Auseinandersetzungen konfrontiert, die generell zu einer krisenhaften Wahrnehmung der Reichsverfassung führten, weshalb die Betrachtung der hochstiftischen Politik in dieser Phase besonders interessant anmutet.¹⁰⁶ Lässt sich so einerseits Reichstagspolitik in einer intensiven, spannungsgeladenen Atmosphäre untersuchen, schließt der gewählte Zeitraum andererseits auch die Jahre des Siebenjährigen Kriegs ein. Hier lässt sich beobachten, inwiefern die kriegerische Auseinandersetzung die Variablen und Bedeutung der Reichstagspolitik veränderte. Nicht zuletzt waren auch die inneren Verhältnisse der Hochstifte bei der Terminierung des Untersuchungszeitraums ausschlaggebend. Das Jahr 1746 erschien mit dem Tod des langjährigen Bamberger und Würzburger Fürstbischofs Friedrich Karl von Schönborn (1729 – 1746) als sinnvolle Zäsur. In der Folge lassen sich je zwei Bamberger und Würzburger Episkopate gegenüberstellen, ehe beide Hochstifte ab 1757 von Adam Friedrich von Seinsheim (1755/1757– 1779) in Personalunion regiert wurden. Für die gemeinsame Untersuchung der Hochstifte Bamberg und Würzburg sprechen mehrere Gründe. Territoriale Gemeinsamkeiten, personelle Überschneidungen und Verflechtungen zwischen beiden Domkapiteln sowie häufige Perso-

104 Härter, Reichstag, S. 26 f.; Härter, Forschung, Abs. 10 – 12, 48; Rudolph, Einleitung, S. 22. 105 Friedrich, Drehscheibe, S. 15 f.; Rohrschneider, Reichstag, S. 21 f.; Düwel, Reichskriegserklärung, S. 54 – 63; Quaasdorf, Kursachsen, S. 29 f. Siehe auch Kap. I.4. 106 Siehe Kap. IV.2.

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nalunionen¹⁰⁷ führten zu einer traditionell engen Verbindung beider Hochstifte und häufig analogen reichspolitischen Interessen. Zudem sind die beiden Fürstbistümer aufgrund ihrer sehr ähnlichen Grundvoraussetzungen geradezu prädestiniert für eine vergleichende Perspektive. Abschließend noch einige definitorische Anmerkungen: Zuletzt wurde mehrfach auf Unschärfen des Begriffs „Reichspolitik“ hingewiesen und aufgrund der äußerst verschiedengestaltigen Formen und des situativen, anlassbezogenen Gebrauchs von Interaktion mit Reichsinstitutionen oder Reichsständen für eine trennschärfere Unterscheidung von „Außenpolitik innerhalb des Reiches“ und Reichspolitik, die vielleicht eher als „Politik im Reich“ bezeichnet werden sollte, plädiert.¹⁰⁸ Der Verwendung des geläufigeren Terminus „Reichspolitik“ liegt in dieser Arbeit das Verständnis von „Politik im Reich“ zugrunde, während die Politik beim Reichstag in der Regel explizit als „Reichstagspolitik“ benannt wird. Wenn aus pragmatischen Gründen von „hochstiftischer Politik“, den „Hochstiften“ oder „Bamberg“ und „Würzburg“ als Akteuren die Rede ist, werden diese nicht als homogene politische Einheiten aufgefasst. Vielmehr sind die Gesamtheit der entscheidungsfindenden Personen an der Spitze der Verwaltung beziehungsweise die Resultate interner Aushandlungsprozesse zwischen „Besitzern von Macht“ gemeint.¹⁰⁹ Da auf Grundlage des gegenwärtigen Forschungsstands anzunehmen ist, dass die beiden Hochstifte zu den Parteigängern des Wiener Hofs zählten und die Ziele und Positionen Wiens unterstützten, ist es unvermeidbar, dass immer wieder die kaiserliche Perspektive eingenommen beziehungsweise diese in besonderem Maße berücksichtigt wird, insbesondere wenn die Parteiungen beim Reichstag in den Blick genommen werden.¹¹⁰ Als konstitutives Merkmal der Regensburger Parteien nannte Susanne Friedrich die „Übereinstimmung mehrerer Stände hinsichtlich fundamentaler Interessen […], die über einen längeren Zeitraum virulent war und

107 Winfried Romberg, Personalunionen geistlicher Staaten am Beispiel des frühneuzeitlichen Hochstifts Würzburg (1617– 1795). Reichs- und konfessionspolitische Konstrukte, Nachbarschaftsoptionen und innere Widerstände, in: Dietmar Schiersner – Hedwig Röckelein (Hg.), Weltliche Herrschaft in geistlicher Hand. Die Germania Sacra im 17. und 18. Jahrhundert (Studien zur Germania Sacra. Neue Folge, 6), Berlin u. a. 2018, S. 119 – 155. 108 Krischer, Reichsstädte, Abs. 31 f.; Rohrschneider, Reichstag, S. 37, Anm. 12. 109 Frigo, Introduction, S. 8 f.; Friedrich, Drehscheibe, S. 18. 110 Differenzierungsbedarf bestünde an sich auch für die Bezeichnungen „österreichisch“, „kaiserlich“ sowie für Interessen oder Politik des „Wiener Hofs“ beziehungsweise des „Kaiserhofs“, die hier vereinfacht weitgehend synonym für die Politik Maria Theresias und Franz I. im Untersuchungszeitraum gebraucht werden. Dazu siehe auch Rohrschneider, Reichstag, S. 16, Anm. 56.

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zudem das Potential hatte, den Reichstag zu spalten.“¹¹¹ Wie auch Michael Rohrschneider festgestellt hat, war die zeitgenössische „bipolare Wahrnehmung […] diametral“¹¹² gegenüberstehender Lager von „Gutgesinnten“ und „Widriggesinnten“ (in der Betrachtungsweise Wiens und der österreichischen Anhängerschaft) ein Charakteristikum des Reichstags Mitte des 18. Jahrhunderts. Harriet Rudolph kritisierte diese „Vorstellung bipolarer Wahrnehmungsmuster“ als Reproduktion des überkommenen Erklärungsansatzes der Reichsgeschichte vom preußischösterreichischen Dualismus,¹¹³ doch bestätigt die in den dieser Arbeit zugrundeliegenden Quellen allgegenwärtige Unterscheidung zweier Parteiungen dieses Erscheinungsbild. Als Netzwerk gilt nach Thomas Schweizer grundsätzlich „eine Menge von Akteuren […], die untereinander durch Beziehungen verbunden sind“.¹¹⁴ Zur Klärung der Begriffe Patron und Klient sowie deren spezifischer Relation ist Sharon Ketterings ausführliche Definition heranzuziehen: „A patron-client relationship, on the one hand, is a personal direct exchange in which a patron uses patronage resources he himself owns or controls on behalf of his clients: he assists and protects his clients, giving them material benefits, opportunities for career advancement, and protection from the demands of others. Clientage, on the other hand, is the loyalty and service that a client owes a patron in return for his protection and advancement: a patron is the superior and a client the inferior in an unequal, vertical, and reciprocal relationship.“¹¹⁵ Generell werden Patronage- und Klientelverhältnissen Asymmetrie, Reziprozität, Permanenz und die intendierte Tauschbeziehung als Kennzeichen zugeschrieben.¹¹⁶

111 Friedrich, Drehscheibe, S. 255. 112 Rohrschneider, Reichstag, S. 27. 113 Harriet Rudolph, Rezension zu: Michael Rohrschneider, Österreich und der Immerwährende Reichstag. Studien zur Klientelpolitik und Parteibildung (1745 – 1763) (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 89) Vandenhoeck & Rupprecht. Göttingen 2014, in: MIÖG 124 (2016), S. 505 – 506. 114 Thomas Schweizer, Netzwerkanalyse. Ethnologische Perspektiven (Ethnologische Paperbacks), Berlin 1989, S. 1. 115 Sharon Kettering, The Historical Development of Political Clientelism, in: The Journal of Interdisciplinary History 18 (1987/1988), S. 419 – 447, hier S. 425. 116 Peter Moraw, Über Patrone und Klienten im Heiligen Römischen Reich des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit, in: Antoni Mączak (Hg.), Klientelsysteme im Europa der Frühen Neuzeit (Schriften des Historischen Kollegs: Kolloquien, 9), München 1988, S. 1 – 18, hier S. 6; Guido O. Kirner, Politik, Patronage und Gabentausch. Zur Archäologie vormoderner Sozialbeziehungen in der Politik moderner Gesellschaften, in: Berliner Debatte Initial 14 (2003), S. 168 – 183, hier S. 171; Rohrschneider, Reichstag, S. 26.

4 Archive und Quellen

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Zuletzt sei darauf hingewiesen, dass in dieser Arbeit großer Wert auf eine möglichst quellennahe Darstellung der Vorgänge und Ereignisse gelegt wird, um Aushandlungs- und Kommunikationsprozesse besser rekonstruieren zu können und Authentizität zu gewährleisten, womit gewisse Nachteile für die Lesbarkeit des Textes und mitunter deskriptiv geratene Passagen in Kauf genommen werden.¹¹⁷

4 Archive und Quellen Auf die reichhaltige, wenn nicht überbordende Quellenlage zum Reichstagsgeschehen wurde bereits verschiedentlich hingewiesen. Da Editionsprojekte zu den Akten des Immerwährenden Reichstags bislang erfolglos blieben,¹¹⁸ ist die einschlägige Forschung auf die archivischen Quellen angewiesen. Für die Reichstagspolitik der Hochstifte Bamberg und Würzburg stellen dabei die Gesandtschaftsakten in den Staatsarchiven Bamberg und Würzburg die zentralen Quellenbestände dar. Gattungstypisch gliedern sich diese in zwei Serien: Zum einen die Akten, welche an den Höfen in Bamberg und Würzburg geführt wurden und die verschickten Weisungen als Konzept sowie die eingelaufenen Berichte der Reichstagsgesandten enthalten, zum anderen die Gegenüberlieferung der Reichstagsgesandtschaften, welche aus den Weisungen im Original und den Berichtskonzepten bestehen. Im Staatsarchiv Würzburg sind beide Serien vollständig erhalten, im Staatsarchiv Bamberg fehlt zwar das Archiv der Bamberger Reichstagsgesandtschaft, die Weisungen an die Reichstagsgesandten sind allerdings im Original überliefert.¹¹⁹ Ansonsten wird die insgesamt sehr gute Quellenlage lediglich durch einige kriegsbedingte Überlieferungsverluste im Staatsarchiv Würzburg etwas getrübt.¹²⁰ Als

117 Zu den Vor- und Nachteilen dieser Vorgehensweise siehe Härter, Reichstag, S. 29. 118 Eike Wolgast, Deutsche Reichstagsakten, in: Lothar Gall (Hg.), „… für deutsche Geschichtsund Quellenforschung“. 150 Jahre Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, München 2008, S. 79 – 120, hier S. 114; Rohrschneider, Reichstag, S. 21; Düwel, Reichskriegserklärung, S. 42 f. 119 Über den Verbleib des Bamberger Gesandtschaftsarchivs fehlen jegliche Informationen. Ebenso unklar ist, warum und wie die Weisungen an die Reichstagsgesandten, die provenienzmäßig dem Gesandtschaftsarchiv zuzuordnen sind, in das Staatsarchiv gelangten. Siehe auch Kap. III.2.2.6. 120 Im Staatsarchiv Bamberg verteilen sich die wesentlichen Quellen auf die Bestände „Hochstift Bamberg, Geheime Kanzlei“, die Weisungen an die Reichstagsgesandtschaft sind Teil des Auffangbestands „Hochstift Bamberg, neuverzeichnete Akten“ und die Rezessbücher des Domkapitels. Im Staatsarchiv Würzburg sind hauptsächlich die Bestände „Reichstagsakten“, „Würzburger Reichstags-Gesandtschaft“, „Reichswesen“, das Archiv der Freiherrn von Fechenbach zu Laudenbach, die Domkapitelprotokolle und die reichhaltige Archivaliensammlung „Historischer Verein“, in welcher sich zahlreiche Akten der Geheimen Kanzlei befinden, zu nennen.

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Besonderheit und großer Gewinn für die skizzierten Fragestellungen, vor allem hinsichtlich informeller Praktiken und der Funktionsweise frühneuzeitlicher Gesandtennetzwerke, ist der umfangreiche und gut erschlossene Nachlass des Würzburger Reichstagsgesandten Johann Philipp von Fechenbach zu bezeichnen, welcher sich als Teil des Archivs der Freiherrn von Fechenbach zu Laudenbach im Staatsarchiv Würzburg befindet.¹²¹ Um eine einseitige Betrachtungsweise vermeiden und die Befunde aus den Bamberger und Würzburger Akten einordnen zu können, ist die Berücksichtigung weiterer Quellenkorpora unverzichtbar, wofür sich in besonderem Maß die Überlieferung des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs anbietet. Die drei Aktenserien mit den Weisungen und Berichten der Prinzipalkommission, der österreichischen und der kurböhmischen Reichstagsgesandtschaft zeichnen nicht nur ein präzises Bild des Reichstagsgeschehens, sie erlauben auch die Einnahme der übergeordneten kaiserlichen Perspektive auf die Vorgänge in Regensburg.¹²² Vor allem die Berichte des österreichischen Reichstagsgesandten sind von Relevanz, da dieser gemeinsam mit den Bamberger und Würzburger Gesandten der Kurie des Reichsfürstenrats angehörte. Ergänzend wurden die ebenfalls durchgesehenen Weisungen und Berichte der kurböhmischen Gesandtschaft und der Prinzipalkommission herangezogen.¹²³ Das Leben und Wirken der zu untersuchenden Akteure hat Spuren in einer Vielzahl von Archiven hinterlassen. Unter den konsultierten kirchlichen, kommunalen und staatlichen Archiven, den Adelsarchiven und Bibliotheken ist an dieser Stelle daher nur auf das Allgemeine Verwaltungsarchiv Wien, das Bayerische Hauptstaatsarchiv, das Bischöfliche Zentralarchiv Regensburg, das Salzburger Landesarchiv und das Schlossarchiv Sünching zu verweisen, deren Bestände häufiger Eingang in diese Arbeit fanden. Als äußerst hilfreich erwies sich die sogenannte „Röttinger-Kartei“ des Stadtarchivs Bamberg, in welcher die biografischen Daten der seit 1600 in Bamberg getauften, verheirateten und bestatteten Personen

121 Zum Fechenbach-Archiv siehe Hatto Kallfelz, Archiv der Freiherren von Fechenbach zu Laudenbach. Teil 1 Das Familienarchiv (Bayerische Archivinventare, 43) 1988; Hatto Kallfelz, Archiv der Freiherren von Fechenbach zu Laudenbach. Teil 2 Nachlässe, „Reichsarchiv“, Güterverwaltung, Zubehör zum Gütererwerb im 19. Jahrhundert (Bayerische Archivinventare, 54), München. 122 Schindling, Die Anfänge des immerwährenden Reichstags zu Regensburg, S. 8; Quaasdorf, Kursachsen, S. 30 f. 123 Diese finden sich im Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv in den Beständen der Reichskanzlei und der Staatskanzlei. Die Akten der Prinzipalkommission liegen als Mikrofiche-Edition vor und konnten in der Universitätsbibliothek Würzburg eingesehen werden, was eine erhebliche Arbeitserleichterung bedeutete, siehe Akten der Prinzipalkommission des Immerwährenden Reichstages zu Regensburg 1663 bis 1806. Berichte – Weisungen – Instruktionen. Begleitband zur Mikrofiche-Edition mit chronologischem Inhaltsverzeichnis zu den Fiches 1 – 5108, München u. a. 1993.

4 Archive und Quellen

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zusammengetragen wurden. Wichtige Informationen zu den Biografien, aber auch zur hochstiftischen Behördengeschichte ließen sich den zeitgenössischen Hof- und Staatskalendern entnehmen, die in gedruckter Form vorliegen. Sämtliche Quellenzitate wurden gemäß gängiger Transkriptionsrichtlinien in Kleinschreibung wiedergegeben. Großschreibung erfolgte nur am Satzanfang sowie bei Personen- und Ortsnamen, die Zeichensetzung wurde nach heutigen Regeln normalisiert.¹²⁴ Auslassungen oder Ergänzungen wurden mit eckigen Klammern gekennzeichnet. Aus der Literatur entlehnte Quellenzitate sind vorlagengetreu übernommen worden. Üblicherweise wurden foliierte Archivalien mit der entsprechenden Blattangabe zitiert. Da die Berichte und Weisungen in den Gesandtschaftsakten der Staatsarchive Bamberg und Würzburg sowie im Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv innerhalb der jeweiligen Aktenserien nur teilweise, fehlerhaft oder gar nicht nummeriert waren, wurden diese einheitlich ohne Blattangabe oder Nummerierung, sondern unter Nennung des Absenders, des Empfängers, des Absendeorts und -datums angeführt, was eine eindeutige Identifizierung innerhalb der chronologisch geordneten Gesandtschaftsakten erlaubt.

124 Johannes Schultze, Richtlinien für die äußere Textgestaltung bei Herausgabe von Quellen zur neueren deutschen Geschichte, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte 102 (1966), S. 1 – 10; Bayerische Archivschule, Regeln für die Transkription deutscher Texte in der Bayerischen Archivschule, 2011, https://www.gda.bayern.de/fileadmin/user_upload/Medien_fuer_Unterseiten/Bayerische_Archivschule_-_Transkriptionsregeln_deutsch_-_Stand_2011.pdf (17.12. 2021).

II Das Gesandtschaftswesen der Hochstifte Bamberg und Würzburg Mitte des 18. Jahrhunderts 1 Grundzüge des Gesandtschaftswesens in der Frühen Neuzeit Neben der traditionellen ad-hoc-Diplomatie, also Gesandtschaften mit festgelegtem Verhandlungsauftrag und zeitlicher Begrenzung, setzte an der Wende zur Neuzeit der Aufbau eines ständigen Gesandtschaftswesens ein. Im Zuge der Intensivierung und Verstetigung zwischenstaatlicher Beziehungen sowie der Etablierung effizienter Kommunikationssysteme begannen ab der Mitte des 15. Jahrhunderts zunächst die italienischen Stadtstaaten mit der Einrichtung dauerhafter Gesandtschaften, denen der Kirchenstaat mit der Errichtung eines europaweiten Nuntiaturwesens folgte. Diese Entwicklung trug dem gestiegenen Informationsbedürfnis der zunehmend institutionalisierten Verwaltungsorganisation frühmoderner Staatswesen Rechnung. Damit wandelte sich auch das Tätigkeitsspektrum vieler Diplomaten, zählten nunmehr regelmäßige Berichterstattung, langfristige Kontaktpflege und die Vertretung verschiedengestaltiger Interessen zum Aufgabenprofil ständiger Gesandtschaften.¹

1 Fritz Ernst, Über Gesandtschaftswesen und Diplomatie an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit, in: AKG 33 (1951), S. 64 – 95; Wilhelm Janssen, Die Anfänge des modernen Völkerrechts und der neuzeitlichen Diplomatie. Ein Forschungsbericht, Stuttgart 1965, S. 70 – 77; Klaus Müller, Das kaiserliche Gesandtschaftswesen im Jahrhundert nach dem Westfälischen Frieden (1648 – 1740) (Bonner historische Forschungen, 42), Bonn 1976, S. 60 f.; Wolfgang Reinhard, Geschichte der Staatsgewalt. Eine vergleichende Verfassungsgeschichte Europas von den Anfängen bis zur Gegenwart, München 32002, S. 371 f.; Heinz Schilling, Konfessionalisierung und Staatsinteressen. Internationale Beziehungen 1559 – 1660 (Handbuch der Geschichte der internationalen Beziehungen, 2), Paderborn u. a. 2007, S. 122 – 126; Bettina Scherbaum, Die bayerische Gesandtschaft in Rom in der frühen Neuzeit (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom, 116), Tübingen 2008, S. 25 – 28, 91; Daniel Legutke, Diplomatie als soziale Institution (Niederlande-Studien, 50), Münster 2010, S. 24 – 27, 90 f.; Thiessen, Diplomatie vom „type ancien“, S. 478 – 480; Judith Matzke, Gesandtschaftswesen und diplomatischer Dienst Sachsens 1694 – 1763 (Schriften zur sächsischen Geschichte und Volkskunde, 36), Leipzig 2011, S. 23 – 25; Ott, Salzhandel, S. 201 f.; Metzig, Kommunikation, S. 18 f.; Hellmann, Marie Antoinette, S. 183 f. Zum mittelalterlichen Gesandtschaftswesen siehe Claudia Zey – Claudia Märtl, Aus der Frühzeit europäischer Diplomatie? Einleitung, in: dies. (Hg.), Aus der Frühzeit europäischer Diplomatie. Zum geistlichen und weltlichen Gesandtschaftswesen vom 12. bis zum 15. Jahrhundert, Zürich 2008, S. 9 – 21; Stéphane Péquignot, Diplomatie et „relations internationales“ au Moyen Âge (IXe-XVe siècle), Paris 2017. https://doi.org/10.1515/9783111241586-003

1 Grundzüge des Gesandtschaftswesens in der Frühen Neuzeit

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Nur langsam und unregelmäßig breitete sich diese Neuerung außerhalb Italiens aus, die Verstetigung des europäischen Gesandtschaftswesens blieb ein langwieriger Prozess. Spätestens im 17. Jahrhundert begannen die meisten europäischen Mächte mit der Konstituierung ständiger Gesandtschaften,² doch blieb, wie Bettina Scherbaum festgestellt hat, ein „systematisch ausgebauter Gesandtschaftsapparat auch bei den großen Mächten immer noch eher die Ausnahme als die Regel“.³ Als Katalysator und Bezugspunkt für das in der Entstehung begriffene permanente Gesandtschaftswesen wirkte der Westfälische Friedenskongress, der in politischer, zeremonieller und rechtlicher Hinsicht Maßstäbe diplomatischen Handelns setzte.⁴ Gegen Ende des 17. Jahrhunderts nahm die Zahl dauerhafter diplomatischer Vertretungen deutlich zu.⁵ Damit einher ging die Ausdifferenzierung diplomatischer Rangstufen. An erster Stelle standen die Botschafter (auch Ambassadeurs, Oratores, Legati), gefolgt von den Abgesandten, die auch als Envoyés beziehungsweise Envoyés extraordinaire, Ablegati oder bevollmächtigte Minister (Ministres plénipotentiaire) bezeichnet wurden. Da letztere zunächst im Rahmen von ad-hoc-Gesandtschaften aufkamen, wobei sie den Vorrang gegenüber den ständigen Residenten beanspruchten, bildete sich mit den Residenten, Geschäftsträgern (chargés d’affaires) und den etwas niedriger angesiedelten Agenten noch eine dritte Klasse diplomatischer Vertreter. Nur die Angehörigen der oberen beiden Rangstufen agierten als Repräsentanten ihrer Fürsten und durften in deren Namen verhandeln, die Ernennung von Botschaftern blieb königlichen Souveränen vorbehalten.⁶ Um zeremoniellen Verwick-

2 Ernst, Gesandtschaftswesen, S. 71; Müller, Gesandtschaftswesen, S. 60 f.; Matzke, Gesandtschaftswesen, S. 25; Legutke, Diplomatie, S. 25 – 27; Ott, Salzhandel, S. 202. 3 Scherbaum, Gesandtschaft, S. 28. 4 Joachim Wild, Formen und protokollarische Inszenierung der internationalen Diplomatie der Frühen Neuzeit im Spiegel ihres Schriftguts, in: Georg Vogeler (Hg.), Geschichte „in die Hand genommen“. Die Geschichtlichen Hilfswissenschaften zwischen historischer Grundlagenforschung und methodischen Herausforderungen (Münchner Kontaktstudium Geschichte, 8), München 2005, S. 245 – 257, hier S. 246; Legutke, Diplomatie, S. 25 f.; Matzke, Gesandtschaftswesen, S. 27. 5 Albrecht Randelzhofer, Völkerrechtliche Aspekte des Heiligen Römischen Reiches nach 1648 (Schriften zum Völkerrecht, 1), Berlin 1967, S. 217; Matzke, Gesandtschaftswesen, S. 25. 6 Otto Krauske, Die Entwickelung der ständigen Diplomatie vom fünfzehnten Jahrhundert bis zu den Beschlüssen von 1815 und 1818 (Staats- und socialwissenschaftliche Forschungen, V, 3), Leipzig 1885, S. 165 – 204; Erich H. Markel, Die Entwicklung der diplomatischen Rangstufen. Diss. phil., Erlangen 1951, S. 49 – 62; Müller, Gesandtschaftswesen, S. 116 – 124; Miloš Vec, „Technische“ gegen „symbolische“ Verfahrensformen? Die Normierung und Ausdifferenzierung der Gesandtenränge nach der juristischen und politischen Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts, in: Barbara StollbergRilinger (Hg.), Vormoderne politische Verfahren (ZHF, Beiheft, 25), Berlin 2001, S. 559 – 587, hier S. 560 – 564; Krischer, Ambassaden, S. 164 – 169; Friedrich, Drehscheibe, S. 28 f.; Scherbaum, Gesandtschaft, S. 28 – 30; Krischer, Souveränität als sozialer Status: Zur Funktion des diplomatischen

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II Das Gesandtschaftswesen der Hochstifte Bamberg und Würzburg

lungen vorzubeugen, verzichteten die Höfe mitunter auf die Einordnung in die herkömmliche Rangsystematik, indem sie ihre Gesandten schlicht als Minister bezeichneten, was Interpretationsspielräume ließ.⁷ Rang und Zeremoniell definierten die Rahmenbedingungen und wirkten als Regulativ des diplomatischen Verkehrs. Das diplomatische Zeremoniell war, wie beispielsweise André Krischer gezeigt hat, eine „elaborierte Form politischer Kommunikation“,⁸ weshalb der frühneuzeitliche Diplomat in besonderem Maß für die Zeichen und Formen symbolischer Kommunikation sensibilisiert war.⁹ Die mittleren und kleinen Reichsterritorien unterhielten auch im 18. Jahrhundert aus Kostengründen meist nur in geringem Umfang ständige Gesandtschaften, häufig beschränkten sich diese auf Deputationen bei den Reichsinstitutionen, also Wien mit dem Kaiserhof und dem Reichshofrat, dem Reichskammergericht, dem Reichstag und den Konventen der Reichskreise.¹⁰ Überhaupt war der Aufbau eines Netzes dauerhafter Gesandtschaften nur für die mächtigeren, außenpolitisch aktiven und finanzkräftigeren Reichsstände von Belang, was selbst für die geistlichen Kurfürstentümer kaum und die übrigen geistlichen Territorien noch weniger zutraf.¹¹

Zeremoniells in der Frühen Neuzeit, S. 10 – 22; André Krischer, Das Gesandtschaftswesen und das vormoderne Völkerrecht, in: Martin Kintzinger – Rainer Christoph Schwinges (Hg.), Rechtsformen internationaler Politik. Theorie, Norm und Praxis vom 12. bis 18. Jahrhundert (ZHF, Beiheft, 45), Berlin 2011, S. 197– 239, hier S. 201 – 210; Ott, Salzhandel, S. 203 – 209. 7 Müller, Gesandtschaftswesen, S. 138; Scherbaum, Gesandtschaft, S. 29 f. 8 Krischer, Souveränität als sozialer Status: Zur Funktion des diplomatischen Zeremoniells in der Frühen Neuzeit, S. 31. 9 Krischer, Ambassaden, S. 161 – 187, bes. S. 187; Vec, Verfahrensformen, S. 564 – 571; Krischer, Souveränität als sozialer Status: Zur Funktion des diplomatischen Zeremoniells in der Frühen Neuzeit; Ott, Salzhandel, S. 205 – 207; Hillard von Thiessen, Gestaltungsspielräume und Handlungspraktiken frühneuzeitlicher Diplomaten, in: Arndt Brendecke (Hg.), Praktiken der Frühen Neuzeit. Akteure – Handlungen – Artefakte (Frühneuzeit-Impulse, 3), Köln 2015, S. 199 – 209, hier S. 200 – 204. Grundlegend Barbara Stollberg-Rilinger, Symbolische Kommunikation in der Vormoderne. Begriffe – Thesen – Forschungsperspektiven, in: ZHF 31 (2004), S. 489 – 527. 10 Z. B. für Hessen Lupold von Lehsten, Die hessischen Reichstagsgesandten im 17. und 18. Jahrhundert. Band 1: Prosopographische Untersuchung (Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte, 137), Darmstadt u. a. 2003, S. 137 f., 166. Kleinere Reichsterritorien unterhielten häufig nur ständige Gesandtschaften beim Kreistag und beim Reichstag, wobei sie bei letzterem nicht selten von den Reichstagsgesandten anderer Reichsstände mitvertreten wurden, wie Mathias Kunz für Baden-Durlach gezeigt hat, vgl. Mathias Kunz, Zwischen Wien, Versailles und Berlin. Handlungsspielräume und Strukturen badischer Diplomatie im Ancien Régime. Diss. phil., Heidelberg 2013, S. 89, 343. 11 Ferdinand Kramer, Aspects du fonctionnement des légations dans les États de taille moyenne: Duché et Électorat de Bavière (XVIe-XVIIIe siècles), in: Lucien Bély (Hg.), L’ invention de la diplomatie.

2 Schwerpunkte hochstiftischer Außenbeziehungen

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Die beiden Hochstifte Bamberg und Würzburg verfügten Mitte des 18. Jahrhunderts lediglich beim Reichstag und beim Fränkischen Kreis in Nürnberg über ständige Gesandtschaften. Am kaiserlichen Hof und der römischen Kurie ließen sich die Bamberger und Würzburger Fürstbischöfe durch Agenten und Residenten vertreten,¹² die Prokuratoren am Reichskammergericht traten im Untersuchungszeitraum nicht mit diplomatischen Aufgaben in Erscheinung. Ansonsten stützten die Hochstifte ihre außenpolitischen Aktivitäten gänzlich auf ad-hoc-Gesandtschaften. Warum sich die hochstiftische Diplomatie gerade auf diese Orte konzentrierte und welche Aufgaben und Funktionen damit verbunden waren, wird im folgenden Kapitel dargestellt.

2 Schwerpunkte hochstiftischer Außenbeziehungen 2.1 Nürnberg Ursprünglich waren die Konvente des Fränkischen Reichskreises in verschiedenen fränkischen Städten abgehalten worden, doch bis auf wenige, meist kriegsbedingte Ausnahmen hatte sich die Reichstadt Nürnberg im 18. Jahrhundert als fester Tagungsort etabliert. Neben der zentralen Lage verfügte Nürnberg über optimale infrastrukturelle Voraussetzungen, wie zügige Postverbindungen, reichlich vorhandene Unterbringungsmöglichkeiten und Gotteshäuser beider Konfessionen.¹³ Den Reichskreisen oblag ein breites Aufgabenfeld, sie waren die eigentlichen Exekutivorgane innerhalb der Reichsverfassung. Mit der Sicherung des Landfriedens nach innen und außen, der Aufstellung und Versorgung der Reichsarmee, dem

Moyen âge, temps modernes, Paris 1998, S. 177– 192, hier S. 188; Scherbaum, Gesandtschaft, S. 34, bes. Anm. 53. 12 Den frühneuzeitlichen Agenten und dessen Aufgabenprofil definiert Ehrenpreis als „jedwede Interessenwahrnehmung im Auftrage Dritter an einem bestimmten Ort, sowohl in wirtschaftlichen, diplomatischen als auch juristischen Funktionen[, wobei] neben Kunst- und Nachrichtenagenten […] auch die politischen Interessenvertreter an den Fürstenhöfen und am Kaiserhof als Agenten bezeichnet [wurden], denen ein diplomatischer Status wie den Residenten im europäischen Mächteverkehr im Reichssystem nicht zuerkannt wurde“, vgl. Stefan Ehrenpreis, Die Reichshofratsagenten: Mittler zwischen Kaiserhof und Territorien, in: Anette Baumann u. a. (Hg.), Reichspersonal. Funktionsträger für Kaiser und Reich (Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich, 46), Köln 2003, S. 165 – 177, hier S. 166. Obwohl die Bezeichnungen Agent und Resident mitunter synonym gebraucht wurden, unterschied sich der Resident durch seinen repräsentativeren Charakter vom Agenten als reinem Geschäftsträger, vgl. Krauske, Entwickelung, S. 160; Lehsten, Reichstagsgesandte Bd. 1, S. 133. 13 Sicken, Reichskreis, S. 130 f.; Humphreys, Kreistag, S. 30 – 32.

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II Das Gesandtschaftswesen der Hochstifte Bamberg und Würzburg

Münzwesen, der Erhebung von Reichsabgaben und -steuern, der Unterhaltung des Reichskammergerichts und dem Polizeiwesen mit wirtschafts-, gesundheits- und sozialpolitischen Funktionen nahm die Kreisversammlung sowohl auf regionaler als auch auf Reichsebene umfassende Befugnisse und Verpflichtungen wahr.¹⁴ Somit kam den Kreisgesandtschaften häufig faktisch eine größere außenpolitische Bedeutung, als den Reichstagsgesandtschaften zu.¹⁵ Auch für die Hochstifte Bamberg und Würzburg war der Kreistag der wesentliche Ort zur Wahrnehmung und Durchsetzung außenpolitischer Interessen.¹⁶ In besonderem Maß galt dies für die Bamberger Fürstbischöfe, welche mit dem Kreisdirektorium und der Teilhabe am Ausschreibamt die Leitungsämter des Fränkischen Reichskreises bekleideten. Mit dem Direktorium gebührte der Bamberger Kreisgesandtschaft die Führung sämtlichen Schriftverkehrs des Kreises, die Leitung der Sitzungen und Umfragen, die Entscheidung über die Beratungspunkte und die Formulierung der Beschlüsse. Das Ausschreibamt, das Bamberg gemeinsam mit Brandenburg-Ansbach und Brandenburg-Bayreuth, die sich turnusmäßig abwechselten, ausübte, hatte die theoretisch nicht ständig tagende Kreisversammlung einzuberufen und die zu behandelnden Themen festzulegen. Zudem wurden die kreisausschreibenden Fürsten häufig mit der Exekution von Urteilen der Reichsgerichte und der Durchsetzung von Kreisbeschlüssen betraut. Während die Kreisversammlung tagte, was im 18. Jahrhundert immer dauerhafter der Fall war, blieben dem Ausschreibamt jedoch kaum Befugnisse. Auch wenn sich die Markgrafen von Brandenburg-Ansbach und Brandenburg-Bayreuth als Mitinhaber des Ausschreibamts regelmäßig gegen die Vormachtstellung Bambergs auflehnten, blieb das Hochstift Bamberg die dominierende Kraft im Fränkischen Kreis.¹⁷

14 Sicken, Reichskreis, S. 85 – 106, 146 – 149; Rudolf Endres, Wirtschafts- und sozialpolitische Ansätze im Fränkischen Reichskreis, in: Wolfgang Wüst (Hg.), Reichskreis und Territorium: die Herrschaft über der Herrschaft? Supraterritoriale Tendenzen in Politik, Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft. Ein Vergleich süddeutscher Reichskreise. (Augsburger Beiträge zur Landesgeschichte BayerischSchwabens, 7), Stuttgart 2000, S. 279 – 294; Alois Schmid, Der Fränkische Reichskreis. Grundzüge seiner Geschichte – Struktur – Aspekte seiner Tätigkeit, in: Wolfgang Wüst (Hg.), Reichskreis und Territorium: die Herrschaft über der Herrschaft? Supraterritoriale Tendenzen in Politik, Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft. Ein Vergleich süddeutscher Reichskreise. (Augsburger Beiträge zur Landesgeschichte Bayerisch-Schwabens, 7), Stuttgart 2000, S. 235 – 250, hier S. 238 f.; Humphreys, Kreistag, S. 13, 34 – 38. Nicht zu Unrecht konstatierte Hanns Hubert Hofmann, dass „alle eigentlich staatlichen Funktionen des Reichs […] bei […] [den] Reichskreisen, nicht etwa beim Reichstag“ lagen, vgl. Hofmann, Reichskreis und Kreisassoziation, S. 393. 15 Sicken, Reichskreis, S. 162. 16 Schott, Reichspolitik, S. 24. 17 Sicken, Reichskreis, S. 179 – 209, 225 – 234; Berbig, Hochstift, S. 116 – 121; Sicken, Leitungsfunktionen, S. 251 – 264; Humphreys, Kreistag, S. 29 – 32; Wolfgang Wüst, Fürstbischöfe als Kreisstände.

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Mit diesem Führungsanspruch korrelierte auch die aufwendige und kostspielige Ausstattung der Bamberger Kreisgesandtschaft. Im Gegensatz zu den übrigen Kreisständen wurde das Hochstift dauerhaft von zwei Gesandten (einen primissimus und einen secundarius) vertreten, nicht zuletzt deshalb, um auch im Fall einer Unpässlichkeit des ersten Gesandten das Direktorium ausüben zu können. Ursprünglich hatte es sich dabei um einen adeligen Domkapitular und einen bürgerlichen Rat gehandelt, spätestens mit Beginn des 18. Jahrhunderts hatten sich bürgerliche Juristen als Kreisgesandte durchgesetzt.¹⁸ Im Untersuchungszeitraum 1746 bis 1763 fungierten Franz Ignaz von Hebendanz, Franz Conrad Maximilian von Dietz und Johann Georg Leygeber als Bamberger Kreisgesandte. Der promovierte Jurist und Bamberger Regierungsrat Hebendanz hatte 1730 seinen Schwiegervater Johann Ignaz Tobias Böttinger als ersten Direktorialgesandten beerbt und diesen Posten bis zu seinem Tod 1752 versehen. Zuvor hatte der 1731 geadelte Hebendanz bereits als secundarius der Bamberger Deputation angehört.¹⁹ Dietz hatte nach seinem Studium juristische Erfahrung beim Reichskammergericht und als Bamberger Hofrat gesammelt, ehe er 1733 zum zweiten Kreisgesandten ernannt und 1752 in den Adelsstand erhoben wurde. Nach dem Tod Hebendanz‘ blieb er bis zu seinem Tod 1772 erster Direktorialgesandter in Nürnberg.²⁰ Zweiter Gesandter war der Jurist und Hofrat Johann Georg Leygeber, der ihm 1772 nachfolgte.²¹

Selbstverständnis, Aufgaben und Leistungen, in: Dietmar Schiersner – Hedwig Röckelein (Hg.), Weltliche Herrschaft in geistlicher Hand. Die Germania Sacra im 17. und 18. Jahrhundert (Studien zur Germania Sacra. Neue Folge, 6), Berlin u. a. 2018, S. 157– 175, hier S. 165 – 167, 170 f. Siehe auch Kap. IV.2.6. 18 Sicken, Reichskreis, S. 166 f.; Humphreys, Kreistag, S. 61 f. Die jährlichen Ausgaben zur Unterhaltung der Bamberger Kreisgesandtschaft lagen beispielsweise 1754 bei 4 367 fl. 8 xr., 1758 bei 6 797 fl. 23 xr. und damit jeweils deutlich höher als die Auslagen für die Reichstagsgesandtschaft, vgl. StABa, HStB, Ämterrechnungen (Rep. A 231 I), Nr. 7169, Bl. 114r.; StABa, HStB, Ämterrechnungen (Rep. A 231 I), Nr. 7173, Bl. 108v. 19 Joachim Heinrich Jäck, Pantheon der Literaten und Künstler Bambergs. Heft 3 und 4, Bamberg 1813, S. 438; Heinrich Lang, Johann Ignaz Tobias Böttinger. Staatsfinanzen und private Finanzen im frühen 18. Jahrhundert, in: Mark Häberlein u. a. (Hg.), Bamberg in der Frühen Neuzeit. Neue Beiträge zur Geschichte von Stadt und Hochstift (Bamberger Historische Studien, 1), Bamberg 2008, S. 113 – 141, hier S. 119, 135; Humphreys, Kreistag, S. 62, 453. 20 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1793, Prod. 213: Ernennungsdekret (Abschrift), Mainz 7. Oktober 1727; StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1794, Prod. 115: Ernennungsdekret (Abschrift), Wien 11. November 1733; Renatus Weber, Die Erinnerungen des fürstbischöflich-bambergischen Legationsrats Georg Melchior Weber (1734 – 1803), in: BHVB 107 (1971), S. 191 – 278, hier S. 231; Humphreys, Kreistag, S. 441.

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II Das Gesandtschaftswesen der Hochstifte Bamberg und Würzburg

Komplettiert wurde die Bamberger Kreisgesandtschaft durch einen Sekretär, welcher der Direktorialkanzlei vorstand. Anfang April 1759 übertrug Fürstbischof Seinsheim diese wichtige Position dem Juristen Georg Melchior Weber, der dem zunehmend altersschwachen Peter Peloja nach 18 Dienstjahren nachfolgte. Mit Weber wurde erstmals ein studierter Jurist im Rang eines Legationssekretärs nach Nürnberg beordert, nachdem dieses Amt zuvor mit Regierungskanzlisten besetzt worden war.²² Für Würzburg waren Hofrat Joachim Leonhard Schüll, Hofkammerdirektor Franz Joachim Wilhelm Heß und Hofrat Michael Anton Hartmann als Kreisgesandte im Einsatz.²³ Der promovierte Jurist Schüll wurde am 17. Oktober 1746 zum Würzburger Kreisgesandten ernannt.²⁴ Während seiner längeren Abwesenheiten verzichtete der Würzburger Fürstbischof Anselm Franz von Ingelheim auf die Entsendung eines eigenen Gesandten und beauftragte Anfang März 1748 den Eichstädter Kreisgesandten Franz Joseph Stadler mit der interimsweisen Vertretung des Hochstifts beim Kreistag, wofür diesem monatlich 50 Reichstaler bewilligt wurden.²⁵ Auch Ingelheims Nachfolger Karl Philipp von Greiffenclau sah keine Notwendigkeit, einen festen Kreisgesandten zu bestellen und verlegte sich darauf, „bey jedesmahliger vorkommheit einen aus dero räthen zu dieser gesandschafft“ zu bestimmen, weshalb der 1751 abgeschickte Hofkammerdirektor und Hofrat Franz Joachim Wilhelm Heß auch keine zusätzlichen Kreisgesandtenbezüge erhielt.²⁶ Da das Amt des Hofkammerdirektors häufig seine Anwesenheit am Würzburger Hof erforderte, wurde ihm im November 1753 der Hofrat Michael Anton Hartmann zur Seite gestellt. Als eine seiner ersten Amtshandlungen ernannte ihn Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim am 15. Januar 1755 zum regulären Würzburger 21 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1799, Prod. 83: Ernennungsdekret (Abschrift), Würzburg 18. Dezember 1757; StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1803, Prod. 253: Ernennungsdekret (Abschrift), Schloss Seehof 23. Juni 1772; Jäck, Pantheon 3 und 4, S. 646; Weber, Erinnerungen, S. 231. 22 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1799, Prod. 215: Ernennungsdekret (Abschrift), Würzburg 5. April 1759; Weber, Erinnerungen, S. 200 f., 228 – 230. 23 Des Fürstlichen Hochstiffts Wirtzburg und Hertzogthums Francken neu verbesserter Hoff-, Stands- und Staats-Calender, Würzburg 1748, S. 69, 165; Fürstlichen Hoch-Stiffts Wirtzburg, und Hertzogthums Francken Hof-, Stands- und Staats-Calender, Würzburg 1762, S. 49, 83; StAWü, Reichswesen 306; StAWü, Reichswesen 309. 24 StAWü, Reichswesen 306: Bestallungsdekret (Abschrift), Würzburg 17. Oktober 1746. Schüll wurde später zum Reichskammergerichtsassessor des Fränkischen Kreises präsentiert. Seine Biografie findet sich bei Sigrid Jahns, Das Reichskammergericht und seine Richter. Verfassung und Sozialstruktur eines höchsten Gerichts im Alten Reich. Teil II. Biographien, Bd. 2 (Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich, 26), Köln u. a. 2003, S. 720 – 725. 25 StAWü, Reichswesen 307: Bestallungsdekret (Abschrift), Würzburg 1. März 1748. 26 StAWü, Reichswesen 308: Dekret zum Gesuch Schülls, seine Kreisgesandtenbezüge weiterhin erhalten zu dürfen (Abschrift), Würzburg 11. Dezember 1751.

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Kreisgesandten. Bis 1795 vertrat Hartmann das Würzburger Votum beim Fränkischen Kreistag, seit 1768 war er wie sein Vorgänger ebenfalls Hofkammerdirektor.²⁷ Wie auch die Bamberger Kreisgesandten entstammten alle drei dem heimischen Bürgertum. Sie arrivierten durch ein juristisches Studium in den hochstiftischen Verwaltungen, womit auch die Erhebung in den Adelsstand einhergehen konnte.²⁸ Aus finanzieller Perspektive war der Gesandtschaftsposten in Nürnberg hingegen wenig lukrativ. Den hohen Aufwendungen für repräsentative Kleidung, Unterkunft und gesellschaftliche Anlässe standen lediglich geringe Zulagen im niedrigen dreistelligen Bereich gegenüber, weshalb die Gesandten auf weitere Einnahmen aus Ämterkumulationen angewiesen waren. Zum Vergleich: Die Reichstagsgesandten der beiden Hochstifte erhielten 2 000 Gulden (Bamberg) und 4 880 Gulden (Würzburg) pro Jahr zuzüglich weiterer Gehaltszuschläge.²⁹ Wie nicht nur das Beispiel der langwierigen Auseinandersetzung zwischen Bamberg und den Markgrafen von Ansbach und Bayreuth um das Kreisdirektorium zeigt, waren der Fränkische Reichskreis und der Reichstag interferierende reichspolitische Interaktionsräume.³⁰ Von Johannes Burkhardt als „Scharnier zwischen Reichs- und Territorialgewalt“³¹ bezeichnet, lässt sich die Kreisebene bei der Betrachtung von Reichspolitik nicht ausblenden, doch kann eine systematische Untersuchung des Zusammenwirkens von Kreis- und Reichstagspolitik im Rahmen dieser Arbeit nicht geleistet werden. Auffällig ist, dass die Würzburger Fürstbischöfe in den späten 1740er Jahren bis etwa 1753 offenbar nur nachrangiges Interesse an einer standesgemäßen Vertretung bei der Fränkischen Kreisversammlung zeigten, wie die Besetzungspraxis der Würzburger Kreisgesandtschaft nahelegt. Zwar verfügte der Hofkammerdirektor

27 StAWü, Reichswesen 309: Ernennungsdekrete (Abschriften), Würzburg 6. November 1753 und 15. Januar 1755; Weber, Erinnerungen, S. 231, Anm. 88. 28 Ihre juristischen Abschlussarbeiten befinden sich in der Universitätsbibliothek Würzburg und den Staatsbibliotheken Bamberg und München, vgl. Franz Joachim Wilhelm Heß, Exercitatio iurisprudentiae universalis de Jura Naturae Gentium […], Würzburg 1725; Michael Anton Hartmann, Dissertatio Inauguralis Historico-Publica de Jure Capitulandi […], Würzburg 1747; Joachim Leonhard Schüll, Continuatio Jurisprudentiae Feudalis […], Würzburg 1727. Heß wurde 1764 in den Ritterstand aufgenommen, vgl. AVA, Adel, RA 183.36. 29 Humphreys, Kreistag, S. 328 – 331. Beispielsweise erhielt der Würzburger Kreisgesandte Michael Anton Hartmann 1770 als geheimer Rat 200 fl., als Hofkammerdirektor 744 fl. inklusive einer Neujahrszulage von 144 fl. und für seine Tätigkeit als Kreisgesandter 130 fl., vgl. StAWü, HV Ms. q. 61: Bestallungstabelle des Hochstifts Würzburg, [Würzburg] 1770. Siehe Kap. III.2.2.3. 30 Rohrschneider, Reichstag, S. 106 f. 31 Johannes Burkhardt,Vollendung und Neuorientierung des frühmodernen Reiches 1648 – 1763 (= Gebhardt Handbuch der deutschen Geschichte, Bd. 11), Stuttgart 102006, S. 196 f.

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II Das Gesandtschaftswesen der Hochstifte Bamberg und Würzburg

Heß durchaus über diplomatische Erfahrung,³² doch besaß seine Verwaltungstätigkeit am Würzburger Hof Priorität. Es wird also im Folgenden zu klären sein, ob die Würzburger Fürstbischöfe in dieser Phase andere außenpolitische Schwerpunkte, insbesondere in der Reichstagspolitik, setzten oder sich allgemein eine geringere außenpolitische Aktivität des Hochstifts beobachten lässt.

2.2 Wien Die politische Kommunikation zwischen den Hochstiften und dem Kaiser erfolgte je nach Bedeutsamkeit der jeweiligen Materien vor allem über ad-hoc-Gesandtschaften, Korrespondenzen, den bevollmächtigten kaiserlichen Minister beim Fränkischen Reichskreis oder die Reichstagsgesandtschaften. Die Unterhaltung eines ständigen Agenten in Wien galt zur Interessenwahrnehmung beim Reichshofrat dennoch als unverzichtbar. Die Reichshofratsagenten vertraten ihre Auftraggeber als Prozessanwälte fallweise oder dauerhaft in den Gerichtsverfahren vor dem Reichshofrat, übernahmen daneben aber auch andere Aufgaben, indem sie als Nachrichtenkolporteure oder als Stellvertreter der Vasallen bei der Lehenvergabe fungierten.³³ Gerade die Organisation der Reichsbelehnung beschäftigte die hochstiftischen Agenten häufig, da die geistlichen Fürsten meist kürzere Regierungszeiten aufwiesen als ihre weltlichen Pendants. Im Zuge der Reichsbelehnung verlieh der Kaiser den Bischöfen die herrschaftlichen Regalien, womit sie die vollständige Regierungsgewalt in ihren Territorien erhielten. Zwar lockerte sich der Lehensnexus zwischen dem Kaiser und den Reichsfürsten im 18. Jahrhundert, da die Kurfürsten und die weltlichen Landesherrn selbst die Entsendung von Stellvertretern zur zeremoniellen Investitur zunehmend verweigerten, doch die geistlichen Fürsten setzten die Belehnungstradition fort. Beim feierlichen Akt der Belehnung ließen sie sich durch eigens abgeschickte adelige Gesandte vertreten, denen der Reichshofratsagent assistierte.³⁴ 32 Florian Zwießler, Truppenverhandlungen und Büchereinkauf: Der Erwerb des Atlas Maior für die Würzburger Universitätsbibliothek durch Hofkammerdirektor Franz Joachim Wilhelm Heß 1749, in: MJB 71 (2019), S. 237– 246, hier S. 237. 33 Ehrenpreis, Die Reichshofratsagenten: Mittler zwischen Kaiserhof und Territorien, S. 166 – 175; Thomas Dorfner, Mittler zwischen Haupt und Gliedern. Die Reichshofratsagenten und ihre Rolle im Verfahren (1658 – 1740) (Verhandeln, Verfahren, Entscheiden, 2), Münster 2015, S. 207– 227. 34 Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 287– 297; Dieter J. Weiß, Die Reichsbelehnung in der Neuzeit. Das Fürstbistum Bamberg, in: Axel Gotthard u. a. (Hg.), Studien zur politischen Kultur Alteuropas. Festschrift für Helmut Neuhaus zum 65. Geburtstag (Historische Forschungen, 91), Berlin 2009, S. 547– 568, hier S. 547– 549, 559 – 564; Romberg, Würzburger Bischöfe 1684 – 1746, S. 38. Die Reichshofratsagenten selbst durften aufgrund ihres geringen Rangs nur niedere Lehen, die im Namen des

2 Schwerpunkte hochstiftischer Außenbeziehungen

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Am Wiener Hof übernahm der Reichshofratsagent Franz Ignaz Ferner von Fernau über mehrere Jahrzehnte die ständige Vertretung der beiden fränkischen Hochstifte. Aus einer bürgerlichen Wiener Familie stammend hatte Fernau nach seinem juristischen Studium mehrere Jahre als Kurmainzer Hofrat gewirkt, ehe er 1738 als Reichshofratsagent nach Wien wechselte.³⁵ Fernau, der als Agent noch für zahlreiche andere Reichsstände tätig war, kümmerte sich für die Bamberger und Würzburger Fürstbischöfe um die organisatorischen Fragen der Reichsbelehnung,³⁶ vertrat die Hochstifte und deren Landeskinder in Prozessen beim Reichshofrat, berichtete von den laufenden Verfahren und übermittelte Notifikationen oder offizielle Schreiben zwischen dem kaiserlichen Hof und den Hochstiften. Zugleich war er Ansprechpartner für die nach Wien geschickten ad-hoc-Gesandtschaften.³⁷ Für seine Dienste erhielt Fernau von Seiten Bambergs das „gewöhnliche agenten salario à 100 reichsthaler“,³⁸ Auslagen und Spesen für die Prozesskosten wurden extra abgerechnet.³⁹ Im Oktober 1758 wurde der Reichshofratsagent Gotthard von Schwanasini zum Adjunkten Fernaus bestellt, ehe er am 18. Januar 1759 zu dessen Nachfolger ernannt wurde.⁴⁰ In geringerem Umfang als Fernau und hauptsächlich als Berichterstatter trat für das Hochstift Würzburg der böhmische Hofagent Johann Heinrich von Schmid

Kaisers durch den Reichshofratspräsidenten erteilt wurden, als Stellvertreter ihrer Dienstherrn empfangen, vgl. Dorfner, Mittler, S. 210 f. 35 Sowohl sein Großvater als auch sein Vater hatten sich als Wiener Bürgerfähnriche in verschiedenen Kriegssituationen bewährt, woraufhin sein Vater Franz Jakob Ferner vor 1700 in den ungarischen Adelsstand aufgenommen wurde. Franz Ignaz wurde am 28. September 1738 als Reichshofratsagent vereidigt und am 7. März 1750 in den Reichsadelsstand erhoben, vgl. AVA, Adel, RAA 110.36: Standeserhöhung Fernaus; Dorfner, Mittler, S. 258. 36 Im Vorfeld der jeweiligen Reichsbelehnungen nahm der jeweilige Bischof meist Kontakt mit Fernau auf, der sich sowohl mit der Einleitung des Belehnungsprozesses als auch mit der Organisation eines Quartiers für die Lehengesandtschaft befasste, vgl. StABa, HStB, Geheime Kanzlei 635; StABa, HStB, Geheime Kanzlei 637; StABa, HStB, Geheime Kanzlei 638; Weiß, Die Reichsbelehnung in der Neuzeit, S. 561, 563 f. Zur Rolle der Reichshofratsagenten bei den Reichsbelehnungen vgl. Dorfner, Mittler, S. 209 – 216. 37 StABa, HStB, Domkapitel, Rezessbücher, Nr. 85, Bl. 82r., 83v.; StABa, HStB, NverzA 4647: Weisung des Bamberger Fürstbischofs Franckenstein an den Reichstagsgesandten Bibra, Schloss Seehof 29. Juni 1749; StABa, HStB, NverzA 4649: Weisung des Bamberger Fürstbischofs Stadion an Bibra, Bamberg 2. Juni 1754; StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2164: Weisung des Bamberger und Würzburger Fürstbischofs Seinsheim an seinen Gesandten Fechenbach, Werneck 8. August 1761. 38 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1796, Prod. 55: Bestallungsdekret (Abschrift), Bamberg 19. Oktober 1746. Seine Würzburger Bezüge dürften ähnlich hoch gewesen sein. 39 StABa, HStB, Domkapitel, Rezessbücher, Nr. 85, Bl. 85r., 101r.–102r. 40 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1799, Prod. 185: Adjunktionsdekret (Abschrift) Würzburg 24. Oktober 1758; Prod. 201: Ernennungsdekret (Abschrift), Würzburg 18. Januar 1759.

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II Das Gesandtschaftswesen der Hochstifte Bamberg und Würzburg

in Erscheinung.⁴¹ Schmid stammte wohl ursprünglich aus Hannover und war um 1721 an den Hofkriegsrat nach Wien gewechselt, ehe er auf Empfehlung des Herzogs von Braunschweig-Wolfenbüttel zum Hofagenten der böhmischen Stände avancierte. 1733 wurde er in den Adelsstand erhoben, 1735 auch in den böhmischen Ritterstand, zudem war er Kurmainzer Hofrat und Agent.⁴² In seiner Funktion als böhmischer Agent wurde Schmid 1761 für das Hochstift Würzburg wegen des böhmischen Lehens Mainbernheim tätig.⁴³ Grundsätzlich wurden die Wiener Agenten aber nicht mit bedeutenderen politischen Angelegenheiten betraut, hierfür wurden ad-hoc-Gesandtschaften eingesetzt. Auf informeller Ebene konnte der Bamberger und Würzburger Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim noch auf den Reichshofrat und späteren Staatsrat Egid Valentin von Borié zur Wahrnehmung hochstiftischer Interessen im Umfeld des kaiserlichen Hofs bauen.⁴⁴

2.3 Rom Mit dem päpstlichen Hof kam der „ewigen Stadt“ als dem Zentrum der katholischen Christenheit erhebliche politische Bedeutung zu.⁴⁵ Auch wenn die Bischöfe der Reichskirche aufgrund ihrer exponierten Sonderstellung vergleichsweise autonom agieren konnten, blieben sie doch Teil der römisch-katholischen Kirchenhierarchie. Nach den Bestimmungen des Wormser Konkordats von 1122 und des Wiener Konkordats von 1448 wurden die Bischöfe der Reichskirche durch die Mitglieder der Domkapitel in einer freien kanonischen Wahl bestimmt und durch den Papst konfirmiert. Mit dem Akt der Bestätigung und vor allem der Erteilung von Wählbarkeitsbreven, welche die eigentlich verbotene Kumulation mehrerer Bistümer erst ermöglichten, standen der Kurie gewichtige Instrumente zur Einflussnahme zur Verfügung. Daneben erforderte die Gewährung von Dispensen, Privilegien und Indulten einen regelmäßigen Kontakt zu den päpstlichen Behörden, der den Bi-

41 Auch Schmidt oder Schmitt; StAWü, Würzburger Reichstagsakten 291: Schreiben des Würzburger Fürstbischofs Greiffenclau an den Bamberger Fürstbischof Franckenstein (Konzept), o.O. 24. August 1752; StAWü, HV Ms. f. 653; StAWü, HV Ms. f. 656. 42 AVA, Adel, RAA 374.19; NAP, Saalbücher, Nr. 163, Bl. 415v.–420v.; Friedrich Hausmann (Hg.), Repertorium der diplomatischen Vertreter aller Länder seit dem Westfälischen Frieden (1648). Bd. 2 (1716 – 1763), Zürich 1950, S. 215; Renate Grimmlinger, Der Thurnhof in Gablitz. EZ 22, Bachgasse 1 – 2: Kloster und Stallungen, 2018, https://www.gablitz-museum.at/fileadmin/downloads/recherchen/2018/ Thurnhof_-_Kloster_und_Stallungen.pdf (09.12. 2021). 43 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2164, Bl. 529r.–530v.: Auszug aus dem Lehenhofprotokoll, o.O. 20. Juli 1761. 44 Siehe Kap. III.3.2.4. und IV.3.2.3. 45 Scherbaum, Gesandtschaft, S. 37– 51.

2 Schwerpunkte hochstiftischer Außenbeziehungen

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schöfen kirchenrechtlich mit der sogenannten visitatio liminum Sanctorum Apostolorum Petri et Pauli ohnehin vorgeschrieben war. Dabei handelte es sich um den alle vier Jahre abzuleistenden Besuch der Bischöfe bei den Gräbern der Apostel Petrus und Paulus in Rom, welcher mit einer Audienz beim Papst und der Erstattung der relatio status, eines Berichts über den Zustand der unterstellten Diözese, verbunden war, wobei die Bischöfe in der Regel aber nicht persönlich erschienen.⁴⁶ Die Kommunikation und Interaktion der Bamberger und Würzburger Fürstbischöfe mit der Kurie lief hauptsächlich über Agenten und den Kardinalprotektor der deutschen Nation Kardinal Alessandro Albani, der die Angelegenheiten des Reichs beim Heiligen Stuhl vertrat.⁴⁷ Hatte der Bamberger Fürstbischof und Mainzer Kurfürst Lothar Franz von Schönborn (1693/1695 – 1729) 1724 in Franz Rudolph Degen einen geistlichen Rat aus dem Hochstift Bamberg zur diplomatischen Vertretung nach Rom entsandt, so blieb dies eine Ausnahme.⁴⁸ Später dienten überwiegend römische Kleriker aus dem Umfeld des päpstlichen Hofs als hochstiftische Agenten, welche durch Empfehlung vermittelt wurden. Insbesondere Kardinal Albani nutzte seine Stellung und empfahl den Domkapiteln während der Sedisvakanz immer wieder eigene Klienten als römische Agenten.⁴⁹ Für die Erlangung der päpstlichen Konfirmation nach seiner am 26. September 1746 erfolgten Bischofswahl hatte der Bamberger Fürstbischof Johann Philipp von Franckenstein den römischen Agenten Camillo Johann Philipp Sellari beauftragt.⁵⁰ Sellari war Jurist und Kanoniker bei der Kirche Santa Maria in Via Lata.⁵¹ Der Würzburger Fürstbischof Anselm Franz von Ingelheim vertraute zunächst weiter auf Paolo Giacomo Grilloni, den er von seinem Vorgänger Friedrich Karl von Schönborn übernommen hatte. Grilloni hatte auch für andere Mitglieder der Fa-

46 Lothar Bauer, Die Ad-Limina-Berichte der Bischöfe von Bamberg 1589 – 1806 (VGffG, R. 6, Bd. 3), Neustadt an der Aisch 1994, S. 1 – 15; Johannes Burkhardt, Der Beitrag der Römischen Kurie zur Sicherung Frankens gegen Friedrich den Großen. Eine Untersuchung zu drei Bamberger Bischofswahlen, in: Heinz Duchhardt (Hg.), Friedrich der Große, Franken und das Reich, Köln u. a. 1986, S. 173 – 193, hier S. 174 f.; Maria Teresa Börner, Die ad limina-Berichte der Bischöfe des Königreiches Bayern. Untersuchung und kritische Betrachtung der Quellengattung. Diss. phil., München 2009, S. 44 – 48; Braun, Princeps, S. 171 – 218. 47 Zu Albani und seiner Stellung zu Kaiser und Reich siehe Johannes Burkhardt, Abschied vom Religionskrieg. Der Siebenjährige Krieg und die päpstliche Diplomatie (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom, 61), Tübingen 1985, S. 35 – 38. 48 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1792, Prod. 254: Ernennungsdekret (Abschrift), Mainz 13. Juni 1724; Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 60. 49 Z. B. StAWü, Würzburger Domkapitelprotokolle 201, S. 814; StABa, HStB, Domkapitel, Rezessbücher, Nr. 85, Bl. 105r. 50 Bauer, Ad-Limina-Berichte, S. 66 – 68; Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 186 f. 51 Notizie per l’anno 1755, Rom 1755, S. 301.

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milie Schönborn als römischer Agent fungiert, etwa für den Kardinal und Fürstbischof von Speyer und Konstanz Damian Hugo Philipp von Schönborn.⁵² Die visitatio liminum apostolorum führte im Auftrag Franckensteins Gregorio Parmegiani Anfang Januar 1752 durch, obwohl zuerst der Agent Ercole Renazzi hierfür vorgesehen war. Renazzi, Kommissar bei der Apostolischen Kammer, erledigte nach der Wahl Franz Konrad von Stadions zum Bamberger Fürstbischof 1753 die an der Kurie notwendigen Formalitäten und kümmerte sich drei Jahre später um den Besuch der Apostelgräber.⁵³ Mitte der 1750er Jahre tritt zunächst für das Hochstift Würzburg der römische Geistliche Giovanni Battista Telli als Agent in Erscheinung.⁵⁴ Spätestens mit der Personalunion beider Hochstifte unter Adam Friedrich von Seinsheim institutionalisierte sich die Vertretung durch Telli, der 1761 offiziell zum fürstbischöflichen Residenten und Geheimen Rat mit einem jährlichen Gehalt von 100 Scudi ernannt wurde.⁵⁵ Bei den Ad-Limina-Besuchen 1763 und 1768 assistierte ihm sein Neffe Serafino Telli, der ebenfalls dem römischen Klerus angehörte.⁵⁶ Der Großteil der geistlichen Reichsfürsten und auch einige der weltlichen katholischen Fürsten unterhielten Agenten in Rom,⁵⁷ doch scheinen deren mangelhafte Kenntnisse der deutschen Rechtsverhältnisse immer wieder zum Problem geworden zu sein. So berichtete der Bamberger und Würzburger Reichstagsgesandte Johann Philipp von Bibra Mitte November 1749 von einem beim Mainzer Reichstagsdirektorium unterbreiteten Vorschlag, dass die geistlichen Kurfürsten und Fürstenhöfe „zu besorgung deren teutschen geschäfften bey dem röm[ischen] hoff einen geschickten und des teutschen staat-rechts wohlkundigen geschäfftsträger gemeinsamb unterhalten“ sollten. Ein solcher wäre im Stande, die „curiam von ihren dem reichs sistemati mehrmahlen sehr wiedrigen principiis abzuführen, wo man hingegen bis hierhin denen aigennützig, vom reichswesen keinen begriff

52 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 668: Schreiben Ingelheims an den Bamberger Bischof Franckenstein, Würzburg 26. Oktober 1746; Hausmann (Hg.), Repertorium, S. 396, 425; Peter Walter, Zur Ausbildung am Collegium Germanicum im 18. Jahrhundert. Reformvorschläge von zwei geistlichen Reichsfürsten aus dem Hause Schönborn, in: QFIAB 61 (1981), S. 362 – 379, hier S. 377; Bauer, Ad-Limina-Berichte, S. 65 f.; Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 140 – 142. 53 Francesco Cancellieri, Elogio dell’ avvocato Filippo Maria Renazzi, Rom 21819, S. 10; Bauer, AdLimina-Berichte, S. 66 – 71. 54 StAWü, Würzburger Domkapitelprotokolle 201, S. 814 f. 55 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1800, Prod. 104: Ernennungsdekret (Abschrift), Bamberg 1. Januar 1761. Zum Vergleich: Die Wittelsbacher Agenten aus der römischen Familie Scarlatti erhielten 1751 für die Vertretung des Hochstifts Regensburg 67,5 Scudi, für das Hochstift Freising 150 Scudi und für den Deutschen Orden 100 Scudi, vgl. Scherbaum, Scarlatti, S. 215. 56 Diario Ordinario. Num. 224, Rom 1777, S. 12 f.; Bauer, Ad-Limina-Berichte, S. 72, 75. Zur Gesandtschaftstätigkeit der beiden Tellis siehe auch StAWü, HV Ms. f. 634. 57 Braun, Princeps, S. 201 – 204. Beispielhaft Scherbaum, Scarlatti.

3 Ad-hoc-Gesandtschaften

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habenden italienischen agenten sich leediglich und gleichsamb blind anvertrauen […] müsse.“⁵⁸ Der Bamberger Fürstbischof Franckenstein wies darauf hin, dass der Erfolg dieses löblichen Vorhabens ganz von der ausgewählten Person abhängen dürfte, der alle beteiligten Höfe gleichermaßen vertrauen können müssten. Zugleich äußerte er seine Bedenken, wonach es Ständen „gereulich […] seyn müsse[ ], zu ihrem eigenen schaden einen ihren anliegenheiten ohnfürträglichen oberaufseher auf ihre eigene kosten mit zu unterhalten“.⁵⁹ Für den Posten wurde der ehemalige Reichsreferendar der lateinischen Expedition Christian Teuber ins Spiel gebracht, der unter dem Wittelsbacher Kaiser Karl VII. der führende Mitarbeiter der Reichskanzlei gewesen war, sein Amt nach dessen Tod aber niederlegen musste. Über die weitere Entwicklung des Projekts findet sich in den Bamberger und Würzburger Gesandtschaftsberichten keine Nachricht, Teuber starb jedenfalls am 12. August 1754 in Rom, ohne für die beiden Hochstifte diplomatisch tätig geworden zu sein.⁶⁰

3 Ad-hoc-Gesandtschaften Der Ausbau des ständigen Gesandtschaftswesens bedeutete keine Ablösung der traditionellen ad-hoc-Diplomatie. Wichtige Verhandlungen wurden auch im 18. Jahrhundert noch bevorzugt durch eigens abgeschickte Gesandte vorgenommen.⁶¹ In ihrer politischen Kommunikation waren die Hochstifte Bamberg und Würzburg auf ad-hoc-Gesandtschaften angewiesen, da sie kein umfassendes Netz dauerhafter diplomatischer Vertretungen unterhielten. Zwar war die Korrespondenz zwischen den Reichsfürsten ein viel genutztes Kommunikationsmittel und auch die Reichstagsgesandtschaften boten prinzipiell die Möglichkeit diplomatischer Kontaktaufnahme, doch erforderten gewisse politische Materien die persönliche Präsenz von Gesandten, was auch an den Vorzügen der Kommunikation

58 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 279: Bericht Bibras an den Würzburger Fürstbischof Greiffenclau mit beiliegendem Promemoria, Regensburg 13. November 1749. 59 StABa, HStB, NverzA 4647: Weisung Franckensteins an Bibra, Schloss Jägersburg 18. November 1749. 60 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 279: Bericht Bibras an Greiffenclau, Regensburg 26. November 1749. Zu Teuber siehe Lothar Groß, Die Geschichte der deutschen Reichshofkanzlei von 1559 bis 1806 (Inventare österreichischer staatlicher Archive, V/1), Wien 1933, S. 430 f. 61 Paul-Joachim Heinig, Römisch-deutscher Herrscherhof und Reichstag im europäischen Gesandtschaftssystem an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit, in: Rainer Christoph Schwinges – Klaus Wriedt (Hg.), Gesandtschafts- und Botenwesen im spätmittelalterlichen Europa (Vorträge und Forschungen, 60), Ostfildern 2003, S. 225 – 263, hier S. 254 f.; Matzke, Gesandtschaftswesen, S. 26; Ott, Salzhandel, S. 201 f.; Metzig, Kommunikation, S. 18 f.

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II Das Gesandtschaftswesen der Hochstifte Bamberg und Würzburg

unter Anwesenden, in welcher der Gesandte seinen Fürsten als Stellvertreter repräsentierte, lag.⁶² Häufigstes Ziel der hochstiftischen ad-hoc-Gesandtschaften im Untersuchungszeitraum war der Wiener Hof. Obwohl Bamberg und Würzburg in Wien über einen ständigen Agenten verfügten, blieben Sondergesandtschaften notwendig, da der Agent nicht den notwendigen Rang besaß, um in Vertretung der Fürstbischöfe mit dem Kaiser zu verhandeln. So bestand der Kaiserhof etwa bei der Belehnung der neugewählten Bischöfe mit den herrschaftlichen Regalien darauf, dass „anbetrachtlich eines jeden stifts ein besonderer allda prabendirter dombherr abgeschicket […] werden müsse“.⁶³ Neben den Belehnungsgesandtschaften, bei deren Gelegenheit häufig auch andere Anliegen mitbehandelt wurden, bildeten der Verkauf der bambergischen Besitzungen in Kärnten oder die Hoffnung auf eine Kompensation der Kriegsschäden nach den preußischen Überfällen während des Siebenjährigen Kriegs weitere Anlässe für diplomatische Missionen an den Wiener Hof.⁶⁴ Ansonsten führten Verhandlungen über territoriale Streitigkeiten und wirtschaftliche Fragen oder die Notifikation der erfolgten Bischofswahlen hochstiftische Diplomaten an die benachbarten Höfe in Ansbach, Fulda und Mainz.⁶⁵ Auch zwischen den Hochstiften Bamberg und Würzburg bestand ein regelmäßiger diplomatischer Austausch.⁶⁶ Eine Ausnahmeerscheinung stellten die Würzburger Verhandlungen über den Abschluss von Subsidienverträgen in Den Haag und Hannover dar.⁶⁷

62 Rudolf Schlögl, Politik beobachten. Öffentlichkeit und Medien in der Frühen Neuzeit, in: ZHF 35 (2008), S. 581 – 616, hier S. 585; Krischer, Souveränität als sozialer Status: Zur Funktion des diplomatischen Zeremoniells in der Frühen Neuzeit, S. 9 f. 63 StABa, HStB, NverzA 4647: Schreiben des Bamberger Fürstbischofs Franckenstein an seinen Reichstagsgesandten Bibra, Bamberg 25. Januar 1747. Demnach hätten die „österreichischen kaysern angefangen […], manigfältige anstände in anbetracht der abzuordnenden personen zu erregen“, weshalb nun ein geistlicher Fürst mehrerer Territorien seine Reichslehen nicht mehr nur durch einen einfachen „geistlichen abgeordneten solle empfangen können“. Siehe auch Kap. II.2.2. 64 Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 261 f. Siehe Kap. IV.3.2.3. 65 StAWü, HV Ms. f. 1434: Unvollständige Übersicht über die empfangenen und entsendeten Gesandtschaften des Würzburger Hofs. Beispielsweise wurde anlässlich der Wahl des Würzburger Fürstbischofs Adam Friedrich von Seinsheim der würzburgische Reichstagsgesandte Johann Philipp von Fechenbach zur Notifikation der Wahl nach Fulda entsandt, vgl. HStAM, 90, b 1711. 66 Z. B. die Gesandtschaft des Bamberger Vizekanzlers und Geheimen Referendärs Heinrich von Oberkamp nach Würzburg, vgl. Cletus Weber, Die äussere Politik des Markgrafen Karl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach 1729 – 1757, München 1909, S. 28 f. 67 StAWü, HV Ms. f. 659; Florian Zwießler, Zu Strukturproblemen des Frühneuzeitlichen Militärs: Würzburger Subsidientruppen in der Endphase des Österreichischen Erbfolgekriegs 1747– 1749, in:

3 Ad-hoc-Gesandtschaften

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Selbst die kurzfristigen ad-hoc-Gesandtschaften standen unter erheblichem Kostendruck.⁶⁸ Wie beispielsweise aus den detaillierten Kostenaufstellungen für die mehrwöchigen würzburgischen Belehnungsgesandtschaften nach Wien hervorgeht, verursachten diese enorme Ausgaben. Ohne die erforderlichen Gebühren und Geschenke beliefen sich deren Auslagen für die Reise, Verpflegung, Quartier und Gehalt 1747 auf 14 275 fl., 1750 auf 20 295 fl. und 1756 auf 9 125 fl.⁶⁹ Der Würzburger Reichstagsgesandte Johann Philipp von Fechenbach erhielt während seines Aufenthalts am Wiener Hof 1761 zur Bestreitung seiner Ausgaben eine monatliche Zulage von 1 000 Gulden.⁷⁰ Kaum verwunderlich erscheint es da, dass die Fürstbischöfe jede Möglichkeit zur Kostenreduktion ergriffen. Als der Bamberger Fürstbischof Johann Philipp Anton von Franckenstein im Herbst 1747 seinen Bruder Johann Philipp Ludwig zum Erhalt der Reichslehen nach Wien entsandte, teilte er die Ausgaben für die Gesandtschaft mit dem Hochstift Eichstätt, in dessen Auftrag der Gesandte auch die Belehnung für den Eichstädter Fürstbischofs Johann Anton von Freyberg empfing.⁷¹ Unter den ad-hoc-Gesandtschaften galten die Belehnungsgesandtschaften an den Wiener Hof als die prestigeträchtigsten, wofür meist führende und ambitionierte Mitglieder der Domkapitel ausgewählt wurden. Aufgrund der geografischen Nähe ließ das Hochstift Bamberg die Reichsbelehnung wiederholt durch seinen Kärntner Viztum vornehmen, der ebenfalls dem Domkapitel angehörte.⁷² Für die Gesandten bot sich die willkommene Gelegenheit, sich am kaiserlichen Hof für höhere Aufgaben empfehlen und wertvolle Kontakte knüpfen zu können, weshalb die Belehnungsdelegationen unter den Domherrn äußerst begehrt waren.⁷³

WDGBL 80 (2017), S. 267– 313, hier S. 277, 282 – 285, 294 f.; Zwießler, Truppenverhandlungen, S. 237. Siehe auch Kap. IV.3.1. 68 Beispielsweise schrieb der würzburgische Reichstagsgesandte Johann Philipp von Fechenbach an seinen Fürstbischof im Kontext des Kreisdirektorialstreits, dass die „zu einer gesandtschaft nach wien unumgänglich nötigen kosten dem hochstift Bamberg in etwas schwehr fallen mögen“, vgl. StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 88: Bericht Fechenbachs an Fürstbischof Greiffenclau, Regensburg 14. Juni 1754. 69 StAWü, HV Ms. f. 580. 70 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2164: Schreiben des Geheimen Referendärs Prümmer an Fechenbach, Schloss Seehof 19. Juli 1761. 71 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 635: Schreiben Freybergs an den Bamberger Fürstbischof, Eichstätt 13. Mai 1747; StABa, HStB, Geheime Kanzlei 636: Bericht über den am 13. Dezember 1747 erfolgten Belehnungsakt des Fürstbistums Eichstätt. 72 Weiß, Die Reichsbelehnung in der Neuzeit, S. 599; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 121, 172, 245. 73 Auch aus finanzieller Sicht waren die Reisen nach Wien ein lohnendes Unterfangen. So erhielten die Würzburger Belehnungsgesandten eine Prämie von immerhin 1 250 fl., vgl. StAWü, HV Ms. f. 580.

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II Das Gesandtschaftswesen der Hochstifte Bamberg und Würzburg

Überhaupt wurden die hochstiftischen ad-hoc-Gesandten im Untersuchungszeitraum überwiegend aus den Reihen der Domkapitulare rekrutiert. Dem Mitregierungsanspruch der Domkapitel war nicht nur die Besetzung der Schlüsselpositionen innerhalb der fürstbischöflichen Verwaltung aus ihren Reihen und die damit einhergehende Ausbildung einer geistlichen Funktionselite innerhalb der Hochstifte, die für die Übernahme diplomatischer Missionen in Frage kam, geschuldet. Tatsächlich enthielten die Würzburger Wahlkapitulationen ausdrücklich einen entsprechenden Passus, wonach den „stiffts-verschickungen“ ein Domherr „mitund beyzuordnen“ sei und auch das Bamberger Domkapitel hatte die Berücksichtigung seiner Domkapitulare bei der Auswahl von Gesandten vertraglich festgelegt.⁷⁴ Zudem erwies sich diplomatische Erfahrung als förderlich für die weitere Karriere, nicht zufällig konnten fast alle Bamberger und Würzburger Fürstbischöfe im Untersuchungszeitraum 1746 bis 1763 Einsätze als Gesandte vorweisen. Die Auswahl der hochstiftischen Gesandten dürfte den üblichen Gepflogenheiten geistlicher Fürstentümer entsprochen haben. Zwar war der traditionell hohe Anteil geistlicher Diplomaten im 18. Jahrhundert deutlich rückläufig,⁷⁵ doch stellte der damalige Staatsrechtler und Publizist Johann Stephan Pütter fest, dass „in den meisten geistlichen Ländern […] zu […] Gesandtschaften […] vorzüglich Domherren gebraucht“ werden.⁷⁶ Über die personelle Besetzung der ad-hoc-Gesandtschaften entschied letztlich der Fürstbischof, wobei neben der Gunst und dem Vertrauen des Fürsten⁷⁷ freilich auch Verwandtschafts-, Patronage- und Klientelverhältnisse eine Rolle spielten. So entsandte der Würzburger Fürstbischof Anselm Franz von Ingelheim in den Jahren 1747 und 1748 seinen Neffen, den Mainzer Domkapitular Karl Joseph Schenk von Schmidtburg, im Auftrag des Hochstifts nach Den Haag, obwohl dieser ansonsten keine Verbindung zum Würzburger Hof besaß.⁷⁸ Als verhandlungserprobte Diplomaten übernahmen auch die Reichstagsgesandten kurzfristige Gesandtschaften,⁷⁹

74 Besagtes Zitat findet sich fast gleichlautend in den Würzburger Wahlkapitulationen, vgl. StAWü, Urkunden-Libell 465, S. 17; StAWü, Urkunden-Libell 466, S. 13 f.; StAWü, Urkunden-Libell 467, S. 16. Für Bamberg: StABa, A 115, Fach 43, Nr. 237, Art. 3, § 4. Zum Mitregierungsanspruch der Domkapitel hinsichtlich der Reichstagspolitik siehe Kap. III.2.4. 75 Heinz Duchhardt, Balance of Power und Pentarchie. Internationale Beziehungen 1700 – 1785 (Handbuch der Geschichte der internationalen Beziehungen, 4), Paderborn u. a. 1997, S. 25. 76 Johann Stephan Pütter, Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740, Göttingen 1786, S. 175. 77 Haug, Außenbeziehungen, S. 193. 78 Zwießler, Subsidientruppen, S. 284, 294; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 125. 79 So verhandelte der Reichstagsgesandte Johann Philipp von Bibra im Auftrag des Würzburger Fürstbischofs 1750 in Hannover über den Abschluss eines Subsidienvertrags, vgl. StAWü, HV Ms. f. 659. Der Reichstagsgesandte Johann Philipp von Fechenbach wurde 1756 und 1761 in di-

4 Ansprüche und Notwendigkeiten

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seltener auch hochrangige Funktionsträger der hochstiftischen Verwaltung.⁸⁰ Eine spezifische Diplomatenausbildung stellte in der Frühen Neuzeit die Ausnahme dar, weshalb sich die Gesandten üblicherweise mit dem Durchlaufen einer humanistischen Grundbildung und anschließendem juristischen Universitätsstudium, Auslandsaufenthalten und Verwaltungserfahrung für ihre Verwendung qualifizierten,⁸¹ was auch auf den Großteil der hochstiftischen Gesandten zutraf.

4 Ansprüche und Notwendigkeiten – Das hochstiftische Gesandtschaftswesen im Vergleich Neben der schriftlichen Kommunikation in Form von Korrespondenz nutzten die Fürstbischöfe von Bamberg und Würzburg in ihrer politischen Kommunikation adhoc-Gesandtschaften und dauerhafte diplomatische Vertretungen. Insgesamt betrachtet war das Gesandtschaftswesen der Hochstifte in der skizzierten Form unter der Berücksichtigung ökonomischer Zwänge und außenpolitischer Ambitionen den eigenen Ansprüchen angemessen und genügend. Hochstiftische Außenpolitik verfolgte keine überregionalen machtpolitischen Ambitionen, sie war grundsätzlich eher auf Behauptung und Partizipation als auf Gestaltungswillen ausgelegt. Permanente Gesandtschaften wurden lediglich beim Kreistag und beim Reichstag unterhalten, wohingegen in Wien und Rom die Beauftragung professioneller Agenten als zweckmäßig und ausreichend erachtet wurde. Ständige diplomatische Vertretungen hatten sich also nur dort etabliert, wo diese alternativlos erschienen: Bei den wichtigen politischen Institutionen des Reichs und der Reichskirche, wo sie im Wesentlichen klar begrenzte Aufgaben erfüllten. Diplomatische Kontakte zu den Königreichen und Republiken außerhalb des Reichs blieben im Untersuchungszeitraum die Ausnahme. Während die Agenten in Wien und Rom fallweise – vor allem bei den Regierungswechseln – aktiv wurden, konzentrierte sich das außenpolitische Tagesgeschäft der Hochstifte auf die Gesandtschaften beim Fränkischen Reichskreis und beim Reichstag. Regelmäßige Berichterstattung ist in diesem Zusammenhang als Spezifikum dieser beiden Gesandtschaften zu sehen, die Agenten in Wien und Rom hatten nicht permanent, sondern nur anlassbezogen zu berich-

plomatischer Mission nach Wien geschickt, vgl. StAWü, HV Ms. f. 1434: Unvollständige Übersicht aller empfangenen und entsendeten Gesandtschaften des Würzburger Hofs. Siehe auch Kap. IV.3.2.3. 80 Beispielsweise wurde der Würzburger Hofkammerdirektor Franz Joachim Wilhelm Heß 1749 in die Niederlande entsandt, vgl. Zwießler, Truppenverhandlungen. 81 Duchhardt, Balance, S. 26 f.; Guido Braun, Einleitung, in: ders. (Hg.), Diplomatische Wissenskulturen der Frühen Neuzeit: Erfahrungsräume und Orte der Wissensproduktion, Berlin u. a. 2018, S. VII-XLI, hier S. XIVf.

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II Das Gesandtschaftswesen der Hochstifte Bamberg und Würzburg

ten. Obgleich der Fränkische Reichskreis mit seinen vielfältigen Zuständigkeiten prinzipiell das wichtigste Feld der fürstbischöflichen Außenbeziehungen darstellte, deutet die Besetzungspraxis der Würzburger Kreisgesandtschaft 1748 bis 1753 darauf hin, dass zumindest in dieser komplexen, krisenhaften Phase der Reichstagspolitik größere Bedeutung beigemessen wurde. Dieser These wird in Kapitel IV.2 nachgegangen. Aufgrund fehlender Vergleichsstudien fällt eine Einordnung des Bamberger und Würzburger Gesandtschaftswesens nicht leicht. Mit den umfassend ausgebauten europaweiten Netzen ständiger Vertretungen, wie sie Mitte des 18. Jahrhunderts die Kurfürsten von Sachsen (knapp 30 Legationen)⁸², Bayern (zwischen sieben um 1745 und elf 1777) oder der Pfalz (15 Delegationen um 1777) unterhielten,⁸³ ist die Situation der Hochstifte wegen der grundverschiedenen außenpolitischen Ambitionen ohnehin nicht vergleichbar. Für mittlere weltliche Reichsterritorien wie die Markgrafschaft Brandenburg-Ansbach oder die Landgrafschaften HessenDarmstadt und Hessen-Kassel sind ständige Vertretungen hauptsächlich nur bei den Reichsinstitutionen festzustellen.⁸⁴ Zu geistlichen Reichsterritorien liegen keine dezidierten Untersuchungen vor.⁸⁵ Anhaltspunkte geben immerhin die zeitgenössischen Hof- und Staatskalender: Das Gesandtschaftswesen des Kölner Kurfürsten Clemens August von Bayern, der überdies Fürstbischof von Paderborn, Münster, Hildesheim und Osnabrück sowie Hochmeister des Deutschen Ordens war, umfasste 1759 neben der Reichstagsgesandtschaft und der Kreisgesandtschaft in Frankfurt Agenten in Bremen, Den Haag, Italien, Paris, Rom, Venedig und Wien. Allerdings griff der Kurfürst dabei mehrfach auf die Diplomaten der anderen Herrscher aus dem Haus Wittelsbach zurück, wie beispielsweise auf die römische Familie Scarlatti, weshalb Kurköln in dieser Hinsicht eine Sonderstellung unter den geistlichen Reichsständen einnahm.⁸⁶ Kurmainz beschränkte sich hingegen auf die Reichstagsgesandtschaft, Residenten in Wien und bei den Kreiskonventen in Frankfurt am Main sowie einen Agenten in Rom.⁸⁷ Das kleinere Hochstift Augsburg verfügte 1754 nur beim Reichstag und beim Schwäbischen Kreis über ständige Gesandtschaften, während in Wien der Reichshofratsagent Franz Ignaz Ferner von Fernau und in Rom ein Geistlicher als augs-

82 Matzke, Gesandtschaftswesen, S. 206 f. 83 Kramer, Aspects, S. 186 f.; Ott, Salzhandel, S. 211 f. 84 Lehsten, Reichstagsgesandte Bd. 1, S. 138, bes. Anm. 300, 166. 85 Scherbaum, Scarlatti, S. 207. 86 Le Calendrier de la Cour de Son Altesse Serenissime Electorale de Cologne, Köln 1759, o.S.; Scherbaum, Scarlatti. 87 Chur-mayntzischer Stands- und Staatsschematismus […], Mainz 1748, S. 63; Chur-mayntzischer Stands- und Staatsschematismus […], Mainz 1754, S. 82.

4 Ansprüche und Notwendigkeiten

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burgische Agenten tätig waren, bis 1761 kamen noch ein Agent in München sowie ein Resident in Aachen hinzu.⁸⁸ Die Ausprägung des Bamberger und Würzburger Gesandtschaftswesens stellte unter den weltlichen und den geistlichen Reichsständen vergleichbarer Größe keine Ausnahmeerscheinung dar. Der Fokus lag dabei eindeutig auf den Gesandtschaften bei den Reichskreisen und beim Reichstag, ansonsten beruhte deren Diplomatie auf Residenten, Agenten und ad-hoc-Gesandtschaften. Dies lässt auf die herausgehobene Bedeutung der Kreiskonvente und der Reichsversammlung für die Außenbeziehungen der mittleren und kleineren Reichsstände schließen. Lupold von Lehsten kam gar zu dem Ergebnis, dass die „Reichstagsgesandten […] gegenüber den häufig eingesetzten Einzelgesandten zum Kaiser, an die übrigen Fürsten im Reich, nach Frankreich, England oder Schweden und den Residenten und Agenten beim Kaiser, beim Reichshofrat und den Reichskreisen die einzigen ständigen Gesandten der mittleren Territorien im Reich“ darstellten.⁸⁹ Wie Karl Härter darlegt, besaß der Reichstag gerade für die mittleren und kleineren Reichsstände ohne ausgedehntes Gesandtschaftswesen als „Nachrichtenbörse und Informationszentrale […] [sowie als] politisches Forum“ eine besondere Relevanz,⁹⁰ welche im Folgenden untersucht werden soll.

88 Wolfgang Wüst, Geistlicher Staat und Altes Reich. Frühneuzeitliche Herrschaftsformen, Administration und Hofhaltung im Augsburger Fürstbistum (Studien zur bayerischen Verfassungs- und Sozialgeschichte, 19/1), München 2001, S. 104 f., 375 – 379; Hoch-Fürstlich Augspurgischer Kirchen- und Hof-Calender […], Augsburg 1754, o.S.; Hoch-Fürstlich Augspurgischer Kirchen- und Hof-Calender […], Augsburg 1761, o.S. 89 Lehsten, Reichstagsgesandte Bd. 1, S. 536. Dahingegen scheinen die Reichsstädte größeren Wert auf eine ständige Vertretung in Wien als beim Reichstag gelegt zu haben, vgl. Krischer, Reichsstädte, Abs. 17– 33. 90 Härter, Reichstagsdirektorium, S. 173. Ähnlich auch Friedrich, Drehscheibe, S. 539.

III Akteure und Strukturen der hochstiftischen Reichstagspolitik 1 Rahmenbedingungen und Verfahren – Der Immerwährende Reichstag um die Mitte des 18. Jahrhunderts Der erste Reichstag nach dem Westfälischen Frieden 1653/54 hatte die bei den Friedensverhandlungen zurückgestellten Verfassungsfragen („negotia remissa“) nicht berichtigen können, vielmehr war mit der Reform der Reichsexekutionsordnung weiterer Klärungsbedarf festgestellt worden. Erst die drohende Gefahr durch osmanische Expansionsanstrengungen veranlasste Kaiser Leopold I., erneut einen Reichstag in Regensburg für das Jahr 1663 einzuberufen. Nachdem die dringliche Problematik finanzieller und militärischer Unterstützung zur Abwehr der osmanischen Truppen geregelt worden war, reisten der Kaiser und die zum Teil persönlich erschienenen Reichsfürsten wieder ab, ließen jedoch ihre Räte und Bevollmächtigten zurück, die sich ab Mai 1664 mit den offenen Gesetzgebungs- und Verfassungsangelegenheiten befassten. Aufgrund der verfahrenen und gegensätzlichen Positionen und der Komplexität der zu behandelnden Grundsatzfragen war die zum Gesandtenkongress mutierte Reichsversammlung auch Anfang der 1670er Jahre noch nicht über Zwischenergebnisse hinausgekommen, längst waren weitere Beratungsmaterien auf die Tagesordnung gesetzt worden und die anfangs häufig wiederholte Forderung, den Reichstag zu Ende zu bringen, verschwand in den folgenden Jahren allmählich. Die Vorzüge einer dauerhaft tagenden Reichsversammlung lagen allen Beteiligten auf der Hand, bot er den Reichsständen die offensichtliche Möglichkeit politischer Teilhabe, dem Kaiser Einfluss- und Steuerungsmechanismen und allen Teilnehmern ein Forum der Kommunikation und des Informationsaustausches.¹ Obwohl seine Permanenz nicht beabsichtigt war, der

1 Fürnrohr, Parlament, S. 167 f.; Schindling, Die Anfänge des immerwährenden Reichstags zu Regensburg, S. 53 – 185, 229 – 242; Burkhardt, Verfassungsprofil und Leistungsbilanz des Immerwährenden Reichstags, S. 152 – 161; Albrecht Luttenberger, Der Immerwährende Reichstag zu Regensburg, das europäische Mächtesystem und die politische Ordnung des Reichs, in: Martin Dallmeier (Hg.), Reichsstadt und immerwährender Reichstag (1663 – 1806) 250 Jahre Haus Thurn und Taxis in Regensburg. Beiträge des Regensburger Herbstsymposions zur Kunstgeschichte und Denkmalpflege vom 17. bis 22. November 1998 (Thurn und-Taxis-Studien, 20), Kallmünz 2001, S. 11 – 23, hier S. 16 – 23; Burkhardt, Vollendung, S. 75 – 83; Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 246 f.; Johannes Burkhardt, Seit wann ist der Immerwährende Reichstag immerwährend? Bedeutung und Wahrnehmung der Permanenz einer Reichsinstitution, in: Harriet Rudolph – Astrid von Schlachta (Hg.), Reichsstadt – Reich – Europa. Neue Perspektiven auf den Immerwährenden Reichstag zu https://doi.org/10.1515/9783111241586-004

1 Rahmenbedingungen und Verfahren

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Reichstag entsprechend von Johannes Burkhardt überspitzt als „Institution aus Versehen“² bezeichnet wurde, gründete seine Verstetigung in der Logik der westfälischen Friedensordnung. Die Erledigung der bis zuletzt ungelöst gebliebenen negotia remissa blieb seine Legitimations- und Existenzgrundlage, auch wenn seine Funktionen als „reichspolitische Clearing- und Kontaktstelle“³ und Kommunikationszentrale des Reichs die außerordentliche Relevanz des Reichstags manifestierten.⁴ Die Verfahrensordnung des Immerwährenden Reichstags orientierte sich weitgehend an der Form früherer Reichstage. Die Reichsversammlung tagte, üblicherweise Montag und Freitag, getrennt in drei Kurien, dem Kurfürstenkolleg unter dem Vorsitz von Kurmainz, dem Reichsfürstenrat unter wechselndem Direktorium von Österreich und Salzburg und dem reichsstädtischen Kollegium, in welchem traditionell die Stadt des Tagungsortes das Direktorium ausübte.⁵ Der Kaiser ließ sich in Regensburg durch den Prinzipalkommissar vertreten. Dieser nahm nicht an den eigentlichen Verhandlungen teil, sondern erfüllte vor allem repräsentative und zeremonielle Aufgaben. Sein Hof und die von ihm regelmäßig ausgerichteten Festivitäten standen im Zentrum des gesellschaftlichen Lebens in Regensburg, ankommende Gesandte hatten sich bei ihm zu akkreditieren. Schließlich besorgte er auch die offizielle, ritualisierte Kommunikation zwischen dem Reichstag und dem kaiserlichen Hof, indem er die kaiserlichen Dekrete an die Reichsversammlung weitergab und die Reichsgutachten entgegennahm. Ihm zur Seite gestellt war der Konkommissar. Er organisierte die kaiserliche Kommission beim Reichstag, verantwortete die Korrespondenz mit dem Kaiserhof, formulierte im Namen der Prinzipalkommission die Kommissionsdekrete und knüpfte informelle Kontakte zu

Regensburg (1663 – 1806), Regensburg 2015, S. 85 – 104, hier S. 86 f.; Carolin Frischholz, Warum ausgerechnet Regensburg? Wie kam es zum Reichstag und wie kam er hierher?, in: Wilhelm Imkamp – Peter Styra (Hg.), Gesellschaftliches Leben in Regensburg zur Zeit des Immerwährenden Reichstags. Beiträge der Vortragsreihe „Das 18. Jahrhundert in 45 Minuten“ der Fürst Thurn und Taxis Hofbibliothek (Thurn und Taxis Studien. Neue Folge, 7), Regensburg 2016, S. 1 – 19, hier S. 8 – 10. 2 Burkhardt, Vollendung, S. 75. 3 Härter, Reichstagsdirektorium, S. 173. 4 Burkhardt, Vollendung, S. 82 f.; Quaasdorf, Kursachsen, S. 49. Auch Anton Schindling kam zum Schluss: „Pointiert gesprochen gilt: Ohne „negotia remissa“ keine Reichstags-Permanenz […]“, vgl. Schindling, Die Anfänge des immerwährenden Reichstags zu Regensburg, S. 230. 5 Johann Jacob Moser, Von denen Teutschen Reichs-Taegen […]. Teil 1 (Neues Teutsches Staatsrecht, 5, 1), Frankfurt am Main u. a. 1774, S. 447 f.; Schindling, Die Anfänge des immerwährenden Reichstags zu Regensburg, S. 231; Burkhardt, Vollendung, S. 83.

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III Akteure und Strukturen der hochstiftischen Reichstagspolitik

den Reichstagsgesandten.⁶ Obwohl auch er an den Verhandlungen in den Kurien nicht beteiligt war, war er Karl Härter zufolge „das ausführende Organ der Reichskanzlei zur Einflußnahme auf die Gesetzgebung und ihre wichtigste Informationsquelle über die Stimmung im Reich […]“.⁷ Als Prinzipalkommissare fungierten im Untersuchungszeitraum zunächst 1745 bis 1747 Joseph Wilhelm Ernst zu Fürstenberg-Stühlingen und seit 1748 Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis. Das Amt des Konkommissars übten 1745 bis 1754 Carl Joseph von Palm, seit 1755 August Friedrich von Seydewitz aus.⁸ Die Geschäftsleitung des Reichstags oblag dem Kurmainzer Reichstagsdirektorium. Alle Gesandten und Sekretäre hatten sich hier nach ihrer Ankunft oder bei einem Herrschaftswechsel per Beglaubigungsschreiben oder Kreditiv zu legitimieren. Sämtliche Schriftstücke, die formell bei der Reichsversammlung behandelt werden sollten, also etwa kaiserliche Dekrete, Beschwerden, Anträge, Rekurse und alle sonstigen Eingaben der Reichsstände, auswärtiger Mächte und Privatpersonen, hatte das Mainzer Direktorium zur Diktatur zu bringen und somit offiziell den Gesandten beziehungsweise den Sekretären und Kanzlisten mitzuteilen und zu den Reichstagsakten zu nehmen. Grundsätzlich hatte jedermann das Recht, Anträge vor den Reichstag zu bringen. Kaiserliche Anliegen wurden mit der Permanenz der Reichsversammlung per Kommissions- oder Hofdekret unterbreitet. In Absprache mit den Direktoren des Reichsfürstenrats und des Städtekollegiums entschied der Kurmainzer Gesandte, im Untersuchungszeitraum handelte es sich dabei um Philipp Wilhelm Lincker von Lützenwick,⁹ welche Themen zur Verhandlung beim Reichstag zugelassen wurden. Diese fanden Aufnahme in die vom Mainzer Direktorium formulierten Ansagezettel, welche alle aktuell zu beratenden Gegenstände auflisteten. Wie auch bei der Diktatur durfte die Mainzer Gesandtschaft vorgebrachte Materien zwar nicht willkürlich ausschließen, konnte Ansage und Diktatur jedoch gezielt verzögern oder beschleunigen, was in Anbetracht des ohnehin langwierigen Verfahrens ein mächtiges Steuerungsinstrument darstellte.¹⁰ 6 Peter Corterier, Der Reichstag. Seine Kompetenzen und sein Verfahren in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Diss. jur., Bonn 1972, S. 48 – 51; Härter, Reichstag, S. 52 – 54; Friedrich, Drehscheibe, S. 94 – 96; Rohrschneider, Reichstag, S. 72 – 84; Stöckl, Principalkommissar. 7 Härter, Reichstag, S. 53. 8 Rohrschneider, Reichstag, S. 72 – 84. 9 Zur Person Linckers vgl. ibid., S. 123 – 127; Düwel, Reichskriegserklärung, S. 224 – 227. 10 Moser, Reichs-Taegen, Bd. 1, S. 375, 401 – 446; Corterier, Reichstag, S. 59 – 68; Härter, Reichstag, S. 54 f.; Härter, Reichstagsdirektorium, S. 175 – 184; Burkhardt, Vollendung, S. 85 f.; Friedrich, Drehscheibe, S. 106 f., 125 – 132; Ludolf Pelizaeus, Kommunikative Akte des Gesandten von Kurmainz und dem Reichserzkanzler am Immerwährenden Reichstag 1692 – 1737, in: Harriet Rudolph – Astrid von Schlachta (Hg.), Reichsstadt – Reich – Europa. Neue Perspektiven auf den Immerwährenden

1 Rahmenbedingungen und Verfahren

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Nachdem mit der Diktatur und der Ansage die ersten Schritte auf dem Weg zur formellen Beratung eines Gegenstandes beim Reichstag eingeleitet waren, galt es im Rahmen der Verlassnahme, einer formlosen Zusammenkunft aller Gesandten im Re- und Korrelationssaal, einen Abstimmungstermin zu terminieren. Über weniger wichtige oder besonders dringliche Angelegenheiten konnten bei diesen Treffen in circulo direkt entschieden werden. Um den Gesandten ausreichend Zeit zur Einholung von Instruktionen einzuräumen, vergingen bis zur Abstimmung zwischen sechs und acht Wochen. In dieser Phase fanden die eigentlichen Verhandlungen statt, die Gesandten diskutierten und verglichen im Rathaus und vor allem im informellen Rahmen die jeweiligen Positionen und eintreffenden Voten, erstatteten ihren Höfen Gutachten und konzipierten die Stimmentwürfe. Je mächtiger und einflussreicher die Reichsstände waren, desto größer war ihre Vorbildwirkung auf die übrigen Reichsstände während dieses Prozesses. Gerade im Zuge der zunehmenden Parteibildung und bipolaren Wahrnehmung zweier Lager beim Reichstag um die Mitte des 18. Jahrhunderts orientierte sich die Mehrzahl der Gesandten an Österreich und Preußen als den Führungsmächten der sich gegenüberstehenden „Partheyen“ der „Gutgesinnten“ und „Widriggesinnten“.¹¹ Neben den kaiserlichen Akteuren waren für Bamberg und Würzburg dabei die Haltungen der geistlichen Kurfürsten, besonders Kurmainz und Kurtrier, sowie Salzburgs und Bayerns von Bedeutung. Abgestimmt wurde innerhalb der einzelnen Kollegien. Nach der Proposition des Beratungsgegenstands durch das jeweilige Direktorium, wurden die Gesandten nach festgelegter Reihenfolge zur Ablegung der Voten aufgerufen. Aufgrund langwieriger und letztlich ungeklärter Rang- und Zeremonialstreitigkeiten variierte die Abfolge im Fürstenrat turnusmäßig. Die Stimmabgabe erfolgte überwiegend durch Verlesung der Voten, seltener auch schriftlich, anschließend wurden die abgegebenen Voten in das Protokoll aufgenommen. Die Form der Stimmentwürfe folgte keiner festen Vorgabe, sie gingen aber deutlich über eine einsilbige Pro- oder Contra-Entscheidung hinaus und hatten eher die Gestalt kurzer Statements zur

Reichstag zu Regensburg (1663 – 1806), Regensburg 2015, S. 179 – 192, hier S. 180 – 183; Düwel, Reichskriegserklärung, S. 99 – 104. 11 Johann Jacob Moser, Teutsches Staats-Recht. Teil 47, Frankfurt am Main u.a. 1752, S. 350 f.; Corterier, Reichstag, S. 69 – 71; Härter, Reichstag, S. 61; Härter, Reichstagsdirektorium, S. 184 f.; HansJürgen Becker, Recht und Politik auf dem Immerwährenden Reichstag zu Regensburg, in: Martin Dallmeier (Hg.), Reichsstadt und immerwährender Reichstag (1663 – 1806) 250 Jahre Haus Thurn und Taxis in Regensburg. Beiträge des Regensburger Herbstsymposions zur Kunstgeschichte und Denkmalpflege vom 17. bis 22. November 1998 (Thurn und-Taxis-Studien, 20), Kallmünz 2001, S. 235 – 251, hier S. 238 f.; Rohrschneider, Reichstag, S. 100 – 155; Düwel, Reichskriegserklärung, S. 105 f.; Quaasdorf, Kursachsen, S. 72.

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III Akteure und Strukturen der hochstiftischen Reichstagspolitik

proponierten Thematik. Nicht immer waren sie eindeutig formuliert, oft gaben die Gesandten auch kein eigenes Votum ab, sondern bezogen sich bei der Abstimmung auf ein vorheriges Votum, was gerade bei der Vertretung mehrerer Reichsstände durch einen Gesandten häufig der Fall war. Um sich bei der Umfrage nicht festlegen zu müssen, beriefen sich die Gesandten nicht selten auf ausgebliebene Weisungen („defectum instructionis“) oder behielten sich eine spätere beziehungsweise nachträgliche Äußerung und die Offenhaltung des Protokolls vor. Auch kam es vor, dass lediglich ad majora und damit mit der Mehrheit gestimmt wurde. Eine alternative, seltener genutzte Form der Stimmabgabe war die bereits erwähnte Abstimmung in circulo, bei der sich die Gesandten im Plenum ohne Einhaltung der Reihenfolge zu Wort meldeten. Waren am Ende alle Stimmen abgelegt und nachträgliche Anmerkungen und Ergänzungen zu Protokoll gegeben, formulierte das Direktorium auf Grundlage einer einfachen, relativen Mehrheit den Entwurf eines Conclusums oder bei keiner eindeutigen Mehrheit einen Kompromissentwurf. Die Rohfassung des Conclusums wurde bei Bedarf noch einmal diskutiert, gegebenenfalls abgeändert und schließlich per einfacher Mehrheit angenommen oder abgelehnt.¹² Hatten das Kurfürstenkolleg und der Fürstenrat ihre Conclusa gefasst, wurden diese in der sogenannten Relation und Korrelation verglichen und – nötigenfalls per Kompromiss – zu einem gemeinsamen Beschluss zusammengefasst, den der Mainzer Gesandte als conclusum duorum collegiorum formulierte. Abschließend erfolgte der Abgleich mit dem reichsstädtischen Conclusum, wobei sich die Reichsstädte dem Ergebnis der beiden höheren Kollegien in der Regel anschlossen. In allen drei Kurien war eine gewisse Kompromissbereitschaft bei der Re- und Korrelation notwendig, da grundsätzlich ein einheitliches conclusum trium collegiorum angestrebt wurde und das Mehrheitsprinzip beim Vergleich der einzelnen Conclusa außer Kraft gesetzt war. Auf Grundlage des gemeinsamen Conclusums der drei Kollegien verfasste das Mainzer Direktorium das Reichsgutachten, welches über den Prinzipalkommissar an den Kaiser gelangte. Erst mit der kaiserlichen Ratifikation erhielt das Reichsgutachten des Reichstags Gesetzeskraft, zusammen mit dem Ratifikationsdekret bildete das Reichsgutachten den Reichsschluss und damit ein Reichsgesetz.¹³

12 Johann Jacob Moser,Von denen Teutschen Reichs-Taegen […]. Teil 2 (Neues Teutsches Staatsrecht, 5, 2), Frankfurt am Main u.a. 1774, S. 1 – 121; Corterier, Reichstag, S. 71 – 92; Härter, Reichstag, S. 61 f.; Friedrich, Drehscheibe, S. 107 f.; Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 272 – 274; Düwel, Reichskriegserklärung, S. 109 – 115. 13 Moser, Reichs-Taegen, Bd. 2, S. 292 – 421; Corterier, Reichstag, S. 93 – 107; Härter, Reichstag, S. 64 – 66; Härter, Reichstagsdirektorium, S. 187 f.; Friedrich, Drehscheibe, S. 108 f.; Düwel, Reichskriegserklärung, S. 115 – 118.

1 Rahmenbedingungen und Verfahren

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Da in beiden höheren Kollegien katholische Mehrheiten herrschten, wurde das Mehrheitsprinzip zur Behandlung konfessionell motivierter Streitigkeiten aufgehoben. Auf Grundlage von Artikel V § 52 des Westfälischen Friedens (IPO) wurden religiöse Konflikte durch eine itio in partes behandelt, wobei sich die Reichsstände nach Konfessionen separierten und als Corpus Evangelicorum und Corpus Catholicorum in Verhandlungen traten, die mit einem Kompromiss, der sogenannten compositio amicabilis abgeschlossen werden mussten. Interpretationsspielraum bot freilich die Frage, wann eine itio in partes angebracht war, zumal mit der verstärkt zu beobachtenden politischen und konfessionellen Fraktionierung im Reich um die Mitte des 18. Jahrhunderts bisweilen eine religiöse Überlagerung politischer Konflikte einherging. Während die katholischen Reichsstände und Publizisten die itio in partes strikt auf Religionsangelegenheiten beschränken wollten, vertrat die protestantische Seite eine großzügigere Auslegung, der zufolge auch politische Materien zum Gegenstand einer itio in partes werden konnten. Wenngleich das Corpus Evangelicorum auf einen extensiven Einsatz der itio in partes gegen die katholischen Mehrheitsverhältnisse beim Reichstag verzichtete, galt sie als probates und gerne gebrauchtes Droh- und Druckmittel zur Beeinflussung der Reichstagsverhandlungen, das vor allem, aber nicht ausschließlich bei den protestantischen Reichsständen zum Einsatz kam.¹⁴ Diese divergierenden Ansichten wirkten sich auch auf die Organisation der konfessionellen Corpora beim Reichstag aus. Das ungleich stärker institutionalisierte Corpus Evangelicorum unter dem Direktorium Kursachsens beanspruchte für sich eine weitreichende Zuständigkeit für alle Arten evangelischer Religionsbeschwerden im Reich und leitete aus dem ius intercedendi (Art. XVII § 5 und 6 IPO) ein dauerhaftes Fürsprache- und Eintrittsrecht für sämtliche protestantischen Stände und Untertanen ab, welche sich in ihrer Religionsausübung bedrängt fühlten. Dies schloss Klagen gegen die als parteiisch erachteten obersten Reichsgerichte mit ein, weshalb das Corpus den Reichstag als einzig legitimes Entscheidungsorgan in

14 Corterier, Reichstag, S. 109 – 125; Klaus Schlaich, Maioritas – protestatio – itio in partes – corpus Evangelicorum. Das Verfahren im Reichstag des Hl. Römischen Reichs Deutscher Nation nach der Reformation. Teil 1, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Kanonistische Abteilung 63 (1977), S. 264 – 299; Klaus Schlaich, Maioritas – protestatio – itio in partes – corpus Evangelicorum. Das Verfahren im Reichstag des Hl. Römischen Reichs Deutscher Nation nach der Reformation. Teil 2, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Kanonistische Abteilung 64 (1978), S. 139 – 179; Martin Heckel, Itio in partes. Zur Religionsverfassung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Kanonistische Abteilung 64 (1978), S. 180 – 308; Härter, Reichstag, S. 62 – 64; Friedrich, Drehscheibe, S. 90 – 92.

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III Akteure und Strukturen der hochstiftischen Reichstagspolitik

konfessionellen Konflikten betrachtete und im Extremfall das Recht zur Selbsthilfe gegen beklagte Missstände reklamierte.¹⁵ Der Kaiser und der katholische Reichsteil hingegen bestritten die Existenz konfessioneller Corpora als Institutionen der Reichsverfassung außerhalb einer itio in partes grundsätzlich.¹⁶ Zwar hielten auch die katholischen Reichstagsgesandten Zusammenkünfte unter Mainzer Vorsitz ab, jedoch weitaus unregelmäßiger und meist nur in unmittelbarer Reaktion auf das Vorgehen des Corpus Evangelicorum. Zudem vermieden es die katholischen Reichsstände strikt, auf offizieller Ebene mit dem Corpus Evangelicorum zu kommunizieren und selbst als Corpus in Erscheinung zu treten, wobei sie in der Regel sogar intern auf die Verwendung der Bezeichnung Corpus Catholicorum verzichteten, was Peter Brachwitz als Praxis der „Invisibilisierung“ bezeichnet hat.¹⁷ Nahmen die bisherigen Ausführungen in erster Linie die formellen Voraussetzungen und Verfahrensweisen der Reichstagspolitik in den Blick, so ist abschließend auf informelle Aspekte, insbesondere der Parteibildung und dem Einfluss von Klientel- und Patronagesystemen als gewichtigen Faktoren der Reichstagspolitik im Untersuchungszeitraum hinzuweisen. Der Begriff Partei bezeichnet dabei keine organisierten und institutionalisierten Vereinigungen, sondern mittel- oder längerfristige Interessengemeinschaften ohne feste Zugehörigkeiten,¹⁸ welche sich Mitte des 18. Jahrhunderts in den Anhängerschaften Österreichs und Preußens rivalisierend gegenüberstanden. Wie Michael Rohrschneider ausgeführt hat, handelte es sich bei den „Partheyen“ um „Manifestationen traditioneller reichspolitischer Bindungen mit langfristigen fundamentalen Interessenskonvergenzen ihrer Akteure, sei es politischer, militärischer

15 Schlaich, Maioritas Teil 2, S. 157– 171; Gabriele Haug-Moritz, Corpus Evangelicorum und deutscher Dualismus, in: Volker Press (Hg.), Alternativen zur Reichsverfassung in der frühen Neuzeit? (Schriften des Historischen Kollegs: Kolloquien, 23), München 1995, S. 189 – 207, hier S. 193 – 207; Kalipke, Behandlung, S. 406 – 447; Kalipke, Verfahren, S. 57– 249. Siehe auch Fritz Wolff, Corpus Evangelicorum und Corpus Catholicorum auf dem Westfälischen Friedenskongreß. Die Einfügung der konfessionellen Ständeverbindungen in die Reichsverfassung (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte e.V., 2), Münster 1966; Ulrich Belstler, Die Stellung des Corpus Evangelicorum in der Reichsverfassung. Diss. jur. Tübingen, Bamberg 1968. 16 Härter, Corpus, S. 69 f.; Heckel, Itio in partes, S. 265 – 275; Bernd Mathias Kremer, Der Westfälische Friede in der Deutung der Aufklärung. Zur Entwicklung des Verfassungsverständnisses im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation vom Konfessionellen Zeitalter bis ins späte 18. Jahrhundert (Jus Ecclesiasticum, 37), Tübingen 1989, S. 162 – 185. 17 Brachwitz, Die Autorität des Sichtbaren, S. 60 – 62, 88 – 92. Siehe auch Härter, Corpus sowie Kap. IV.2.1. 18 Friedrich, Drehscheibe, S. 254 f.

2 Reichstagspolitischer Entscheidungsprozess und Gesandtschaftspraxis

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oder auch konfessioneller Art.“¹⁹ Als geistliche Reichsstände gehörten die Hochstifte Bamberg und Würzburg und deren Gesandte zu den Parteigängern Wiens und damit aus der österreichischen Perspektive zu den „Gutgesinnten“, während die preußischen, bis 1756 auch die französischen, Anhänger als „Widriggesinnte“ tituliert wurden. Zu den Exponenten der „Gutgesinnten“ zählten beispielsweise der Kurmainzer Gesandte Philipp Wilhelm Lincker von Lützenwick, Heinrich Joseph von Schneidt, der neben Bayern zahlreiche geistliche und weltliche katholische Reichsfürsten vertrat, die Bamberger und Würzburger Gesandten Johann Philipp von Bibra und Johann Philipp von Fechenbach, der Kurkölner Gesandte Friedrich Karl Karg von Bebenburg mit seiner enormen Stimmenkumulation und der Salzburger Gesandte Joseph Gottfried von Saurau.²⁰ Ergab sich die (Selbst‐)Wahrnehmung und Zugehörigkeit zu einer der beiden Parteien aus stabilen oder wechselnden Interessenlagen der Reichsstände, so lagen Klientelbindungen Abhängigkeitsverhältnisse zugrunde, weshalb Klientel und Parteigänger zwar gemeinsame Schnittmengen besaßen, aber nicht kongruent waren.²¹ Der Feststellung Michael Rohrschneiders, dass die „“Clienten“ als auch die „Partheygänger“ des Wiener Hofes […] konstitutive Bestandteile der vielgestaltigen kaiserlich-österreichischen Anhängerschaft im Reich [waren], welche die Reichstagspolitik der Hofburg in nicht zu unterschätzender Weise immer wieder nachhaltig beschäftigte„²², ist hinsichtlich der Hochstifte Bamberg und Würzburg hinzuzufügen, dass sich diese Größen auch auf die hochstiftische Reichstagspolitik entscheidend auswirkten, was im Rahmen dieser Arbeit aufgezeigt wird.

2 Reichstagspolitischer Entscheidungsprozess und Gesandtschaftspraxis 2.1 Der reichstagspolitische Entscheidungsprozess – Institutionen und Abläufe Reichstagspolitik fiel in den Bereich der Außenbeziehungen. Unstrittig ist, dass die Betrachtung von Außenbeziehungen und Diplomatie im 18. Jahrhundert mit modernen politikwissenschaftlichen Maßstäben und Methoden höchst problematisch ist und den vielseitigen Facetten frühneuzeitlicher Diplomatie nicht gerecht werden

19 Rohrschneider, Reichstag, S. 154. 20 Michael Rohrschneider und Sven Düwel haben in ihren Arbeiten die Reichstagsgesandten Mitte des 18. Jahrhunderts den „Gutgesinnten“ und den „Widriggesinnten“ zugeordnet, vgl. ibid., S. 122 – 155; Düwel, Reichskriegserklärung, S. 190 f., 210 – 275. 21 Rohrschneider, Reichstag, S. 27 f., 99 – 121. 22 Ibid., S. 99.

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III Akteure und Strukturen der hochstiftischen Reichstagspolitik

kann. Allerdings können sich theoretische Anleihen aus der Politikwissenschaft als Hilfskonstrukt zur Untersuchung von Teilaspekten durchaus als zweckdienlich erweisen, wie etwa Sven Externbrink in seiner Habilitationsschrift zur französischen Diplomatie während des Siebenjährigen Kriegs gezeigt hat.²³ In Anlehnung an Externbrink erscheint die Orientierung an politikwissenschaftlichen Konzepten zur Rekonstruktion des reichstagspolitischen Entscheidungsvorgangs innerhalb der hochstiftischen Strukturen hilfreich. Zwar variieren diese Modelle geringfügig, doch umfassen sie in der Regel die folgenden Schritte²⁴: 1. Feststellung der Notwendigkeit einer außenpolitischen Lagebeurteilung, Informationssammlung, Problemdefinition 2. Außenpolitische Lagebeurteilung, Bestimmung eigener Interessen und Ziele 3. Prüfung der vom internationalen System vorgegebenen Handlungszwänge und Handlungsmöglichkeiten, aus der Lagebeurteilung hervorgehende Entwicklung von außenpolitischen Optionen, Erarbeitung von Strategien und Lösungsansätzen 4. Außenpolitische Entscheidung durch Auswahl einer Handlungsoption 5. Entscheidungsausführung, Umsetzung der gewählten Maßnahme 6. Entscheidungskontrolle und gegebenenfalls Entscheidungskorrektur, Anpassung der gewählten Strategie Angelehnt an dieses idealtypische Modell werden nun die Strukturen und Abläufe in den Hochstiften Bamberg und Würzburg skizziert, welche anschließend in den darauffolgenden Kapiteln genauer beleuchtet werden. Am Beginn des Entscheidungsprozesses stand der Reichstagsgesandte. Als Auge und Ohr seines Prinzipals in Regensburg oblag ihm die wichtige Phase der Perzeption, also der Wahrnehmung und geistigen Aufnahme relevanter Materien sowie der Entscheidung darüber, welche politischen Gegenstände von Bedeutung für die Hochstifte waren und welche nicht.²⁵ Allerdings beschränkte sich seine Tätigkeit keineswegs auf die Beobachtung und Berichterstattung. Als reichspolitischer Experte nahm er in seinen Berichten häufig auch Beurteilungen vor, äußerte seine Ansichten und gab Entscheidungsempfehlungen. Neben dem ersten Schritt des obigen Entscheidungsmodells übernahm der Reichstagsgesandte damit oft auch die

23 Externbrink, Friedrich, S. 13 – 16. 24 Kai M. Schellhorn, Entscheidungsprozeß- und Perzeptionsanalysen (phänomenologische Methode), in: Jürgen Bellers – Wichard Woyke (Hg.), Analyse internationaler Beziehungen. Methoden – Instrumente – Darstellungen, Opladen 1989, S. 136 – 144, hier S. 139; Externbrink, Friedrich, S. 13 f.; Seidelmann, Entscheidungsprozess, S. 8. 25 Externbrink, Friedrich, S. 13 f.; Friedrich, Drehscheibe, S. 321 – 335.

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folgenden beiden Maßnahmen der Lagebeurteilung und der Entwicklung von Handlungsempfehlungen. Die Berichte des Gesandten liefen in der jeweiligen Geheimen Kanzlei ein, wo sie auf dem Schreibtisch des Geheimen Referendärs landeten. In seinen Aufgabenbereich fiel es, die Relationen und Stimmentwürfe zu lesen, die wesentlichen Inhalte zusammenzufassen, gegebenenfalls Beschlussvorlagen vorzubereiten und dem Fürstbischof zu referieren.²⁶ Er zeigte sich also für die Schritte zwei und drei, Lagebeurteilung sowie Prüfung- und Erarbeitung der Handlungsoptionen, verantwortlich. Als nomineller Leiter der Geheimen Kanzlei konnte daran auch der Hofkanzler beteiligt sein sowie weitere einflussreiche Mitglieder an der Spitze der hochstiftischen Verwaltung. Auch wurde Reichstagspolitik im Rahmen der Geheimen Konferenz beraten. Oberste Entscheidungsinstanz war der Fürstbischof. Er traf die eigentliche außenpolitische Entscheidung, indem er auf Grundlage, der ihm durch den Geheimen Referendär vorgetragenen Problemstellungen und Lösungsmöglichkeiten eine Entschließung fasste, die als Weisung an den Gesandten ausgefertigt wurde. Inwieweit sich der Fürstbischof dabei von seinem Geheimen Referendär, der Geheimen Konferenz oder anderen Ratgebern leiten ließ oder die Handlungsoptionen selbstständig erarbeitete, hing von den jeweiligen Amtsinhabern ab. Allerdings hatten die Informationen, die ihn erreichten, bereits einen zweimaligen Selektionsprozess durchlaufen, was den erheblichen Einfluss des Reichstagsgesandten und des Geheimen Referendärs verdeutlicht. Mit der Auswahl seines Spitzenpersonals legte der Bischof zudem die Rahmenbedingungen hochstiftischer Außen- und Reichstagspolitik fest. Nach dem Erhalt der fürstbischöflichen Weisung kam es wiederum dem Reichstagsgesandten zu, die getroffene Entscheidung, ob diese nun in einer Verhaltensanweisung oder einem wortwörtlich ausformulierten Stimmentwurf bestand, umzusetzen. Meist war es auch der Gesandte, der die Entscheidungskontrolle vornahm und seinen Berichten nötigenfalls Anregungen zu einer entsprechenden Korrektur beifügte, da er vor Ort die Auswirkungen einer reichstagspolitischen Entscheidung am besten feststellen und einschätzen konnte. Außenpolitische Entscheidungsvorgänge werden grundsätzlich von äußeren Herausforderungen und Zwängen, innerterritorialen Bedingungen und den individuellen Eigenschaften der Entscheidungsträger geprägt.²⁷ Zu den äußeren und 26 Herbert Schott, Das Verhältnis der Stadt Würzburg zur Landesherrschaft im 18. Jahrhundert (Mainfränkische Studien, 58), Würzburg 1995, S. 91 – 93; Klaus Rupprecht, Die Geheime Kanzlei des Hochstifts Bamberg zur Zeit des Fürstbischofs Lothar Franz von Schönborn, in: BHVB 143 (2007), S. 439 – 455, hier S. 446, 448 f. Siehe Kap. III.2.3.1. 27 Peters, Außenpolitikanalyse, S. 817– 832; Blanton – Kegley, Politics, S. 57– 59.

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inneren Einflüssen, welche auf die reichstagspolitischen Entscheidungen einwirkten, sind neben den von Heinz Schilling identifizierten vier konstituierenden Kräften des internationalen Systems „Dynastie, Konfession, Staatsinteresse und Tradition“²⁸, wobei „Dynastie“ in den geistlichen Territorien einen geringeren Stellenwert einnahm, Reputation,²⁹ politische Ereignisse, Kriege und Krisen, die Position im internationalen Mächtesystem, die wirtschaftlichen und militärischen Möglichkeiten sowie die innere Verfasstheit (geistlich-weltliche Doppelfunktion der Fürstbischöfe, Domkapitel als Mitträger der Regierungsgewalt) der Hochstifte zu zählen. Aus diesen Faktoren ergibt sich a priori eine enge Anbindung an die kaiserliche Reichspolitik, da der Schutz der geistlichen Reichsstände traditionell ein fester Bestandteil des kaiserlichen Selbstverständnisses war.³⁰ Eine prokaiserliche Grundhaltung galt daher in der Regel als wichtigste Norm und oberste Maxime hochstiftischer Reichstagspolitik. Gleichzeitig lässt sich ein starker „Reichspatriotismus“ als Merkmal der geistlichen, wie überhaupt der mindermächtigen Reichsstände feststellen, waren diese doch in besonderem Maß an einer Aufrechterhaltung der Reichsverfassung und somit auch der Reichsinstitutionen interessiert, da die Reichsverfassung ihre Existenz sicherte. In dieser Hinsicht bildeten sie eine natürliche Interessengemeinschaft mit dem Kaiser, dessen Stellung als Reichsoberhaupt vom Fortbestand des Reichs und seiner Verfassung abhing.³¹ Ausschlaggebende Bedeutung im außen- beziehungsweise reichstagspolitischen Entscheidungsprozess kam den individuellen Voraussetzungen der beteiligten Akteure zu, wobei deren Handeln im Unterschied zu früheren Erklärungsansätzen nicht mehr als rein rational und zweckgerichtet gedeutet wird. Denn weder sind in Entscheidungssituationen sämtliche Handlungsoptionen und deren Konsequenzen bekannt noch dürfen kulturelle und soziale Aspekte, wie Herkunft, Bildung, Normen, Werte oder Stereotypen, die menschlichem Handeln zugrunde liegen, ausgeblendet werden.³² Auch ist zu berücksichtigen, dass insbesondere die Reichstagsgesandten keine neutralen Beobachter des Reichstagsgeschehens waren, sondern durch ihre „individuellen Loyalitäten“³³, ihre Einbindung in Netzwerke, Patronage- und Klientelverhältnisse in ihrem Agieren bewusst und unterbewusst beeinflusst wurden.

28 Schilling, Formung, S. 22 f. Zur Kritik daran siehe Rohrschneider, Reputation, S. 332. 29 Rohrschneider, Reputation. 30 Aretin, Reichsverfassung und Mindermächtige. Geistliche Fürsten und italienische Vasallen als Stützen der kaiserlichen Reichspolitik; Rohrschneider, Reichstag, S. 49. 31 Braun, Fürsten, S. 37– 41; Schröder-Stapper, Fürstäbtissinnen, S. 426. 32 Lehmkuhl, Entscheidungsprozesse, S. 190 – 197. 33 Friedrich, Drehscheibe, S. 327.

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Freilich handelt es sich bei diesem Entscheidungsablauf um ein prototypisches Modell. Die tatsächliche Aufgabenverteilung, Beweggründe und der faktische Einfluss der beteiligten Akteure konnten je nach ihrer Machtstellung und ihren persönlichen Eigenschaften stark variieren, zudem müssen externe Einwirkungen auf die hochstiftischen Entscheidungen gesondert betrachtet werden.³⁴ Deutlich wird aber das erhebliche Gewicht der Reichstagsgesandten, die deshalb besonders im Fokus der Arbeit stehen. Nachdem der reichstagspolitische Entscheidungsprozess skizziert und die beteiligten Institutionen und Entscheidungsträger identifiziert wurden, gilt es im Folgenden zunächst Aufbau und Funktionsweise der Reichstagsgesandtschaften sowie der Geheimen Kanzlei und der Geheimen Konferenz und anschließend die individuellen Eigenschaften der maßgeblichen Akteure hinsichtlich ihrer Rolle innerhalb des Entscheidungsvorgangs zu untersuchen.

2.2 Aufbau und Arbeitsweise der Reichstagsgesandtschaften 2.2.1 Aufgaben- und Tätigkeitsprofil der Reichstagsgesandten Die wichtigsten Protagonisten hochstiftischer Reichstagspolitik waren die Reichstagsgesandten. Als Auge, Ohr, Mund und Hand ihrer Fürsten oblagen ihnen die wesentlichen Gesandtschaftsaufgaben.³⁵ Die Ausstattung mit einer generellen Instruktion über die Aufgaben und Pflichten der Gesandten zu Beginn ihrer Tätigkeit in Regensburg, wie sie bei anderen Reichsständen üblich war, kannte die bambergische und würzburgische Gesandtschaftspraxis Mitte des 18. Jahrhunderts nicht.³⁶ Ein Aktenvermerk aus dem Umfeld der Würzburger Geheimen Kanzlei gibt folgende Erklärung: „Instruction für einen comitial gesandten ist niemahl üblig gewesen, weilen jede rescripta seine instructiones seyn müssen“.³⁷ Demnach wurde aufgrund der ohnehin regelmäßig erteilten Weisungen an die Gesandten auf die

34 Siehe Kap. III.5. 35 Christian Heinrich Krebs – Christoph Lorenz Bilderbeck, Teutscher Reichs-Staat, Oder Ausführliche und umständliche Beschreibung des Heil. Römisch. Reichs Deutscher Nation […], Leipzig u.a. 21709, S. 335; Friedrich, Drehscheibe, S. 346; Humphreys, Kreistag, S. 55. 36 Moser, Reichs-Taegen, Bd. 1, S. 194 f. Freilich gilt dies in diesem Kontext nur für die Reichstagsgesandtschaften. Etwa für die zur Reichsbelehnung nach Wien geschickten Gesandten waren Instruktionen sehr wohl üblich, vgl. z. B. StABa, HStB, Geheime Kanzlei 637; StABa, HStB, Geheime Kanzlei 638. 37 StAWü, Reichswesen 794: Undatierter Aktenvermerk aus dem Umfeld der Geheimen Kanzlei, entstanden wohl unter Friedrich Karl von Schönborn in den 1740er Jahren.

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Abfassung einer grundlegenden Instruktion bei Antritt des Gesandtschaftspostens verzichtet.³⁸ Johann Jakob Moser berichtet von vier wesentlichen Pflichten der Gesandten: Sie hatten „1. ihrer Principalen Angelegenheiten und Interesse[n] bey dem Reichsconvent [zu] besorgen, 2. in ihrem Namen die vorseyende Sachen […] unter der Hand zu einem Schluß bereiten zu helffen, so dann 3. bey der […] [Abstimmung] ihre Stimmen ab[zu]legen, auch 4. über alles, was bey dem Reichsconvent vorgehet, von Zeit zu Zeit, Bericht [zu] erstatten“.³⁹ Zuallererst fungierten die Reichstagsgesandten als Stellvertreter und Repräsentanten ihrer Fürsten. Waren der Kaiser und die Reichsfürsten anfangs noch persönlich zu den an wechselnden Orten stattfindenden Reichstagen erschienen, hatten sie die eigentlichen Beratungen zunehmend in die Hände rechtsgelehrter Bevollmächtigten gelegt. Als am 20. Januar 1663 der Reichstag in Regensburg eröffnet wurde, hatten bereits zahlreiche Reichsstände Deputierte entsandt. Nach der Abreise des Kaisers und der persönlich anwesenden Fürsten im Mai 1664 waren die dringlichen Fragen und Probleme des Reichs noch nicht gelöst worden, weshalb der Reichstag schlicht fortgesetzt wurde. Mit seiner Permanenz entwickelte er sich schließlich zu einem reinen Gesandtenkongress.⁴⁰ Die Reichstagsgesandten vertraten in Regensburg nicht nur Reichsstände und Territorien, sondern auch und gerade die Person ihres Fürsten und Prinzipals.⁴¹

38 Zur Unterscheidung zwischen diplomatischen Instruktionen und Weisungen siehe Michael Hochedlinger, Aktenkunde. Urkunden- und Aktenlehre der Neuzeit, Wien u.a. 2009, S. 186; Jan Paul Niederkorn, Diplomaten-Instruktionen in der Frühen Neuzeit, in: Josef Löffler u. a. (Hg.), Ordnung durch Tinte und Feder? Genese und Wirkung von Instruktionen im zeitlichen Längsschnitt vom Mittelalter bis zum 20. Jahrhundert (Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, 60), Wien 2012, S. 73 – 84, hier S. 73. 39 Moser, Reichs-Taegen, Bd. 1, S. 235. Die Legitimationsvollmacht für den würzburgischen Reichstagsgesandten Johann Philipp von Bibra aus dem Jahr 1746 nennt folgende Pflichten: „[…] alldorthen den gebührenden sitz nehmen, stimm besorgen und führen auch bey allen vorfallenheiten das nöthige künfftighin ordentlich versehen, so fort in denen vorkommenden geschäften schliessen helffen und vermittels dieser offenen gewalt sich deshalben an gehörigen orth beglaubigen, auch übrigens der von uns ihm ertheilten oder noch zu ertheilen seyenden instruction gemäs sich allerdings und aller orthen [zu] verhalten […]“, vgl. StAWü, Reichswesen 798: Vollmacht für den Reichstagsgesandten Bibra (Konzept), Würzburg 4. September 1746. 40 Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 254 – 258; Burkhardt, Bedeutung, S. 86 f.; Frischholz, Regensburg, S. 7– 10. Grundlegend Schindling, Die Anfänge des immerwährenden Reichstags zu Regensburg. 41 Friedrich, Drehscheibe, S. 102. Dies beschränkte sich keineswegs nur auf die politische Dimension. Als etwa der spätere Bamberger und Würzburger Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim am 16. Februar 1708 in der Regensburger Dompfarrkirche St. Ulrich getauft wurde, ließ sich sein Taufpate Adam Franz Fürst von Schwarzenberg von seinem Reichstagsgesandten Georg

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Damit beruhte ihre Stellung in der Rangordnung des Reichstags allein auf der Position ihrer Fürsten und Stände im Rangsystem des Reichs.⁴² Die in der europäischen Diplomatie übliche Klassifikation der Gesandtenränge spielte in Regensburg theoretisch nur hinsichtlich der ausländischen Gesandtschaften eine Rolle.⁴³ Da die Reichstagsgesandten lediglich als Stellvertreter ihrer Prinzipale agierten, „blieb es […] umstritten, ob es sich bei den reichsständischen Vertretern überhaupt um Gesandte im Sinne des Völkerrechts handelte“.⁴⁴ Wenngleich sich die Rangordnung des Reichstags in seiner Gliederung in drei Kollegien widerspiegelte, bot die Tatsache, dass die fürstlichen Gesandtschaften zum Ärger der kurfürstlichen Gesandten gleichermaßen den höchsten diplomatischen Rang des Botschafters beanspruchten und beide Kollegien wiederum den reichsstädtischen und -gräflichen Vertretern den Gesandtschaftsstatus gänzlich absprachen und diese lediglich als Deputierte betrachteten, dauerhaftes Konfliktpotenzial.⁴⁵ Der Repräsentations- und Vertretungscharakter der Gesandtschaft stellte hohe Anforderungen an den Gesandten. Er hatte innerhalb des diplomatischen Zeremoniells penibel auf die Wahrung seines und damit des Rangs seines Fürsten zu achten und diesen durch angemessenes, repräsentatives Auftreten und eine entsprechende Lebenshaltung zu symbolisieren, was ein aufwendiges wie kostspieliges Unterfangen darstellte.⁴⁶ Da die Gesandten üblicherweise mehrere Prinzipale vertraten, war die Differenzierung zwischen den einzelnen Rollen Teil der politischen Kultur des Reichstags. Das Phänomen der Mehrfachgesandtschaft und die Symbolisierung des Auftraggebers widersprachen sich also nicht.

Casimir von May vertreten. Für den zweiten Taufpaten Melchior Friedrich Graf von Schönborn wohnte der Reichstagsgesandte seines Bruders, des Mainzer Kurfürsten Lothar Franz von Schönborn, der Zeremonie bei, vgl. Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 236. 42 Tenter, Diplomatie, S. 6; Friedrich, Drehscheibe, S. 113 f. Wie Stollberg-Rilinger treffend zusammenfasst, „entliehen [die Gesandten] das symbolische Kapital ihrer Herren“, vgl. StollbergRilinger, Kleider, S. 267. Siehe auch Kap. III.6.1. 43 Schütz, Gesandtschaft, S. 143; Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 263 – 266. 44 Krischer, Das Gesandtschaftswesen und das vormoderne Völkerrecht, S. 237; Quaasdorf, Kursachsen, S. 93. Der zeitgenössische Staatsrechtler Johann Jakob Moser legte sich hingegen eindeutig fest: „Daß die von denen Reichsständen an den Reichsconvent bevollmächtigte Personen, wenigstens die in denen beyden höheren Collegiis, formliche Gesandten seyen, wie dises Wort anjezo nach dem Sinn und Verstand des Völckerrechts pfleget genommen zu werden, ist ausser allem Streit; nicht aber: In welche derer heutiges Tages üblichen Classen von Gesandtschafften sie gehören“, vgl. Moser, Reichs-Taegen, Bd. 1, S. 191. 45 Moser, Reichs-Taegen, Bd. 1, S. 191 f.; Friedrich, Drehscheibe, S. 102 f., 117– 121; Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 258 – 263. Siehe auch Kap. III.6.2. 46 Friedrich, Drehscheibe, S. 100 – 105; Thiessen, Gestaltungsspielräume und Handlungspraktiken frühneuzeitlicher Diplomaten, S. 200 f. Siehe auch Kap. III.2.2.3.

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Im Namen ihrer Fürsten partizipierten die Reichstagsgesandten an den formellen Beratungen und politischen Aushandlungsprozessen im Regensburger Rathaus und votierten bei den Abstimmungen in den jeweiligen Kollegien. In diesem Zusammenhang wurden die Gesandten lange lediglich als „Sprachrohre“ ihrer Fürsten und Stände wahrgenommen, welche strikt weisungsgebunden handelten.⁴⁷ Diese inzwischen überholte Sichtweise verkennt die weitreichenden Handlungsspielräume der Reichstagsgesandten vor Ort sowie deren maßgeblichen Einfluss auf den reichstagspolitischen Entscheidungsprozess völlig. Freilich hatten diese den Anweisungen ihrer Fürsten Folge zu leisten, doch aufgrund der zeitverzögerten Kommunikation zwischen Hof und Gesandtschaft und der Volatilität politischer Entwicklungen beim Reichstag blieb den Prinzipalen oft gar nichts anderes übrig, als das unmittelbare Vorgehen in kritischen Phasen dem Ermessen der Gesandten zu überantworten.⁴⁸ Doch selbst wenn den Gesandten eindeutige Direktiven vorlagen, garantierte dies noch lange nicht deren Einhaltung. Tatsächlich nahmen sich die Gesandten durchaus gewisse, von den Weisungen nicht gedeckte Freiheiten bei Verhandlungen, aber auch bei der Ablegung und Formulierung der Voten oder schlossen sich eigenmächtig Allianzen und Interessengruppen an.⁴⁹ Zudem verfügten die Reichstagsgesandten als „diplomatische, reichspolitische, reichsrechtliche und reichspublizistische Experten“⁵⁰ über umfassendes Spezialwissen und reiche Erfahrung. Gerade an den Höfen kleinerer und mittlerer Fürstentümer war die Zahl reichspolitischer Spezialisten oft überschaubar, weshalb den Gesandten eine mitunter exklusive Ratgeberrolle in der Außen- und Reichspolitik zuteilwurde. Sie konzipierten zumeist die Stimmentwürfe, unterzogen die ihnen zugesandten Voten und zur Veröffentlichung bestimmten Schriften einer inhaltlichen Prüfung und wirkten generell als Korrektiv für das reichstagspolitische Vorgehen und die Entschließungen ihrer Fürsten. Auch in ihrer Rolle als Spezialisten der Reichstagspolitik und Angehörige einer reichspolitischen Funktionselite traten sie beim Reichstag auf. Deutlich wird dies etwa, wenn in den Beratungen von den „Privatgedanken“ der Gesandten die Rede ist.⁵¹ In frühen Verhandlungsstadien

47 Biederbick, Reichstag, S. 1; Rohr, Reichstag, S. 47; Leiher, Stellung, S. 86; Härter, Forschung, Abs. 22. 48 Diese Problematik beschränkte sich keineswegs nur auf die Reichstagspolitik, sondern war vielmehr Strukturmerkmal frühneuzeitlicher Diplomatie, vgl. Thiessen, Gestaltungsspielräume und Handlungspraktiken frühneuzeitlicher Diplomaten, S. 199 f. Zu den Kommunikationsstrukturen und der Berichtspraxis siehe Kap. III.2.2.4. 49 Siehe beispielsweise Kap. IV.2.4 und IV.3.2.4. 50 Härter, Forschung, Abs. 22. 51 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 125: Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 30. Oktober 1751.

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oder informellen Verhandlungen nutzten jedoch auch die Fürsten dieses Instrument, indem sie ihre Gesandten explizit instruierten, einen Standpunkt lediglich als „Privatgedanken“ zu äußern.⁵² Als Spitzendiplomaten ihrer Höfe wurden die Reichstagsgesandten auch mehrfach mit ad-hoc-Gesandtschaften betraut.⁵³ Neben Repräsentation sowie Verhandlungsführung und Stimmabgabe zählte die Berichterstattung zu den wichtigsten Aufgaben der Reichstagsgesandten. Indem die reichstagspolitischen Entscheidungen auf Grundlage der Gesandtschaftsberichte getroffen wurden, kam der Berichtspraxis erhebliche Bedeutung zu, weshalb diese an späterer Stelle noch eigens untersucht wird.⁵⁴ Eng damit verbunden war der Auftrag zur Informationsbeschaffung. So galt es, die politische Haltung anderer Reichsstände herauszufinden und die eigene Position im Kreis vertrauter Gesandter zur Debatte zu stellen, was die reichstagspolitische Entscheidung in Bamberg und Würzburg oft maßgeblich beeinflusste. Von Interesse waren aber nicht nur die Verhandlungen beim Reichstag, sondern sämtliche Neuigkeiten, die im „Kommunikations- und Informationszentrum“⁵⁵ Regensburg einliefen und ausgetauscht wurden. Hier wird die informelle Komponente der Gesandtschaftspraxis deutlich. Die Gesandten hatten Verbindungen zu knüpfen und Netzwerke aufzubauen, um sich Zugang zu Kommunikationskanälen und Diskussionsforen zu verschaffen.⁵⁶ Da die formellen Beratungen in den Reichstagskollegien nur an zwei Tagen pro Woche stattfanden, blieb viel Raum für informelle Treffen und Begegnungen. Neben offiziellen Visiten und privaten Besuchen bot das gesellschaftliche Leben mit regelmäßigen Tafeln, Theater-, Konzert- und Kaffeehausbesuchen, Glücksspielabenden, Jagdausflügen und Schlittenfahrten vielfältige Anlässe für Kommunikation, Verhandlungen und Informationsakquise, die rege genutzt wurden.⁵⁷ Die Teilnahme an

52 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 70: Weisung Ingelheims an Bibra, Würzburg 29. November 1747; StABa, HStB, NverzA 4649: Weisung Stadions an Bibra, Bamberg 21. Februar 1754. 53 Siehe Kap. II.3. 54 Siehe Kap. III.2.2.4. 55 Neuhaus, Reichstag, S. 51. 56 Siehe Kap. III.4.3. 57 Tenter, Diplomatie, S. 44 f.; Friedrich, Drehscheibe, S. 158 – 170. Zum gesellschaftlichen Leben der Reichstagsgesandten siehe auch Reiser, Stadtleben, S. 30 – 86, 115 – 117; Edmund Neubauer, Das geistig-kulturelle Leben der Reichsstadt Regensburg (1750 – 1806) (Miscellanea Bavarica Monacensia, 84), München 1979; Elisabeth Fendl, Fürstliche Feste und Volksbelustigungen, in: Martin Dallmeier (Hg.), Reichsstadt und immerwährender Reichstag (1663 – 1806) 250 Jahre Haus Thurn und Taxis in Regensburg. Beiträge des Regensburger Herbstsymposions zur Kunstgeschichte und Denkmalpflege vom 17. bis 22. November 1998 (Thurn und-Taxis-Studien, 20), Kallmünz 2001, S. 127– 138; Helmut Pigge, Das Hoftheater der Fürsten von Thurn und Taxis im 18. Jahrhundert, in: Martin Dallmeier (Hg.), Reichsstadt und immerwährender Reichstag (1663 – 1806) 250 Jahre Haus Thurn und Taxis in

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gesellschaftlichen Ereignissen erfolgte somit nicht nur aus repräsentativen Gründen oder zum Amüsement der Gesandten, vielmehr wurde diese als Teil der Gesandtschaftsaufgaben betrachtet, diente der Kontaktaufnahme und dem Informationsaustausch und war Friedrich zufolge „ein wichtiger Pfeiler des Kommunikationssystems“ beim Reichstag.⁵⁸ In das weite Feld der Kommunikation fällt auch die Außendarstellung, deren Teilaspekte unter dem modernen Begriff der „Öffentlichkeitsarbeit“ zusammengefasst werden können. Der Gesandte hatte ein positives Image seines Fürsten zu transportieren und dessen Vorgehen in einem günstigen Licht darzustellen oder gegebenenfalls zu rechtfertigen. Hierzu waren Kommunikations- und Medienkompetenzen von Nöten, gerade da Konflikte häufig in publizistischen Auseinandersetzungen vor der Reichstagsöffentlichkeit ausgetragen wurden. Dabei galt es die Deutungshoheit zu behaupten, weshalb der Gesandte auf Kommunikations- und Persuasionsstrategien zurückgreifen musste.⁵⁹ Darüber hinaus übernahmen die Regensburger Gesandtschaften weitere typische Aufgaben diplomatischer Vertretungen, etwa als Anlaufstelle zur Kontaktaufnahme zwischen den Territorien und Mächten innerhalb und außerhalb des Reichs. Mehrfach verhandelten die Reichstagsgesandten in Regensburg bilaterale Abkommen und Verträge.⁶⁰ Auch hatte sich die Würzburger Reichstagsgesandtschaft im Auftrag des Würzburger Hofs mit Nachlassangelegenheiten zu befassen. Zur Klärung von Erbschaftsangelegenheiten auswärtiger Landeskinder und zur Erbenermittlung in fremden Territorien wurden die jeweiligen Gesandtschaften

Regensburg. Beiträge des Regensburger Herbstsymposions zur Kunstgeschichte und Denkmalpflege vom 17. bis 22. November 1998 (Thurn und-Taxis-Studien, 20), Kallmünz 2001, S. 89 – 93; Daniel Drascek, Das „süße“ Leben der Gesandten des Immerwährenden Reichstages in Regensburg, in: Klemens Unger u. a. (Hg.), Regensburg zur Zeit des Immerwährenden Reichstags. Kulturhistorische Aspekte einer Epoche der Stadtgeschichte, Regensburg 2013, S. 15 – 31 sowie die Beiträge der folgenden Sammelbände; Klemens Unger u. a. (Hg.), Regensburg zur Zeit des Immerwährenden Reichstags. Kulturhistorische Aspekte einer Epoche der Stadtgeschichte, Regensburg 2013; Wilhelm Imkamp u. a. (Hg.), Gesellschaftliches Leben in Regensburg zur Zeit des Immerwährenden Reichstags. Beiträge der Vortragsreihe „Das 18. Jahrhundert in 45 Minuten“ der Fürst Thurn und Taxis Hofbibliothek (Thurn und Taxis Studien. Neue Folge, 7), Regensburg 2016. 58 Friedrich, Drehscheibe, S. 164, Zitat S. 170. 59 Ibid., S. 395 – 404. Siehe auch Kap. IV.2.5. Allerdings ist die Verwendung moderner Begrifflichkeiten im historischen Kontext vorsichtig einzusetzen, worauf Friedrich ebenfalls hinweist. 60 Als Beispiele wären etwa die Beilegung des Kreisdirektorialstreits zwischen Bamberg und den Markgrafen von Ansbach und Bayreuth 1754 oder der Abschluss eines salzburgisch-preußischen Vertrags über die Ansprüche der Salzburger Emigranten 1756 zu nennen, siehe Kap. III.3.3.5 und Kap. IV.2.6.4.

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eingeschaltet.⁶¹ Themen der wirtschaftlichen Außenbeziehungen wurden im Untersuchungszeitraum von Seiten der Bamberger und Würzburger Reichstagsgesandtschaften kaum behandelt. Dokumentiert sind lediglich Weinbestellungen in kleinerem Umfang, die über die Würzburger Gesandtschaft abgewickelt wurden. Aufgrund der Zollfreiheit der Reichstagsgesandten konnte der Weinhandel als lukrativer Nebenerwerb betrieben werden.⁶² Hinsichtlich des Tätigkeitsprofils der hochstiftischen Reichstagsgesandten muss die üblicherweise genannte Aufgabentrias Verhandeln, Informieren und Repräsentieren⁶³ um Beratung ergänzt werden. Festzuhalten bleibt, dass die Gesandten keineswegs nur als ausführende Organe und Instrumente zur Umsetzung hochstiftischer Reichstagspolitik zu sehen sind, sondern eine einflussreiche Rolle im reichstagspolitischen Entscheidungsprozess einnahmen. Aufgrund ihrer vielfältigen Funktionen hatten sie spezifische Voraussetzungen zu erfüllen, was in die Besetzung der Gesandtschaftsposten hineinspielte. 2.2.2 Rekrutierung und Besetzung der Gesandtschaftsposten Um allgemeine Aussagen über die Auswahl und Eigenschaften der hochstiftischen Reichstagsgesandten treffen zu können, bietet sich eine über den Untersuchungszeitraum hinausgehende Betrachtung aller Bamberger und Würzburger Gesandten beim Immerwährenden Reichstag an.⁶⁴

61 Anfang April 1748 sollte der Würzburger Reichstagsgesandte den Gesandten Sachsen-Gothas bitten, sich in der Heimat nach einem Johann Leonhard Keller zu erkundigen, der bei Veitshöchheim eine Mühle geerbt hatte, vgl. StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 71: Weisung Ingelheims an Bibra, Würzburg 4. April 1748. Legationsrat Marckloff hatte sich im Oktober 1762 um den Nachlass eines bei Regensburg verstorbenen Würzburgers zu kümmern, vgl. StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 100: Weisung Seinsheims an Marckloff, Werneck 28. Oktober 1762. 62 Der Würzburger Reichstagsgesandte Bibra hatte sich im Oktober 1747 wegen des „Veltliner weins“, den sein Dienstherr beim Bischof von Chur bestellt hatte, mit dessen Gesandten in Verbindung zu setzen, vgl. StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 70: Postskriptum Ingelheims an Bibra, Zellingen 21. Oktober 1747. Im Dezember 1754 wandte sich der preußische Reichstagsgesandte Plotho an die Würzburger Gesandtschaft, um „einen eymer recht guth[en] stein wein“ zu ordern, vgl. StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2161, Bl. 177r.: Schreiben Schneidts an Fechenbach, Regensburg 6. Dezember 1754. Zur Steuer- und Zollfreiheit der Gesandten siehe u. a. Schütz, Gesandtschaft, S. 190 f. 63 Michael Rohrschneider, Johann Friedrich (1648 – 1719) und Friedrich Karl (1709 – 1773) Karg von Bebenburg. Kurkölnischer Kanzler/Reichstagsgesandter, in: Helmut Rönz – Elsbeth Andre (Hg.), Rheinische Lebensbilder Bd. 20, Wien u. a. 2019, hier S. 66. 64 Eine Übersicht findet sich im Anhang, Kap. VI.1.1 und VI.1.2. Zu den Reichstagsgesandten innerhalb des Untersuchungszeitraums siehe Kap. III.3.3. Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf diese Biogramme, wo auch die entsprechenden Belege aufgeführt sind.

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Grundlegende Voraussetzung für die Übernahme der Reichstagsgesandtschaft waren juristische, insbesondere reichsrechtliche Kenntnisse. Fast alle hochstiftischen Reichstagsgesandten hatten ein rechtswissenschaftliches Universitätsstudium absolviert, was auch mit Blick auf die Gesandten anderer Reichstände vielfach als conditio sine qua non festgestellt wurde.⁶⁵ Oft hatten sie bereits Verwaltungserfahrung gesammelt, was nach Abschluss der humanistischen Grundbildung, Auslandsreisen und einem juristischen Studium häufig am Beginn frühneuzeitlicher Diplomatenkarrieren stand.⁶⁶ Stammten die Gesandten aus den beiden Hochstiften, waren sie häufig schon vor ihrer Gesandtschaftstätigkeit zu Geheimen Räten ernannt worden. Mitunter wurde auch auswärtigen Reichstagsgesandten, welche Bamberg und Würzburg in Regensburg vertraten, der Geheime Ratstitel verliehen. Als Repräsentanten ihrer Fürsten rekrutierten sich die Reichstagsgesandten seit Ende des 17. Jahrhunderts ausschließlich aus dem Adel, was eine generelle Entwicklung widerspiegelt. Zuvor kamen, ebenso wie bei den anderen Reichsständen, auch bürgerliche Juristen als Reichstagsgesandte in Frage.⁶⁷ Ein Spezifikum der Reichstagsgesandtschaften geistlicher Territorien war die Entsendung von Klerikern. Bei einem Drittel aller Bamberger und Würzburger Reichstagsgesandten handelte es sich um Domkapitulare. Zwar gaben die Wahlkapitulationen den Fürstbischöfen vor, die Mitglieder des Domkapitels bei der Auswahl von Gesandten zu berücksichtigen,⁶⁸ doch galt die Berufung von Domkapitularen nach Regensburg wohl auch als symbolisches Mittel der Statuskommunikation. So schrieb der Würzburger Reichstagsgesandte Johann Philipp von Fechenbach dem Kölner Kurfürsten 1751, sein Fürstbischof habe es in Anbetracht „gegenwärtiger gefährlichen und allerdings denen geistlichen fürsten in seiner laag sehr beträchtlichen umständen [für] nöthig erachtet, dero reichsgesandschafft mit einem dombcapitularn begleiten zu lassen“.⁶⁹ Dass in Otto Philipp Groß von Tro-

65 Rohr, Reichstag, S. 47; Lehsten, Reichstagsgesandte Bd. 1, S. 89; Wolfgang Burgdorf, Die Reichsrechtliche Peregrinatio Academica im 18. Jahrhundert, in: Anette Baumann u. a. (Hg.), Reichspersonal. Funktionsträger für Kaiser und Reich (Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich, 46), Köln 2003, S. 21 – 57, hier S. 30; Quaasdorf, Kursachsen, S. 123, 128 – 130. 66 Braun, Einleitung, S. XIVf. 67 Walter Fürnrohr, Kurbaierns Gesandte auf dem Immerwährenden Reichstag. Zur baierischen Außenpolitik 1663 bis 1806, Göttingen 1971, S. 145 f.; Lehsten, Reichstagsgesandte Bd. 1, S. 89, 535, 538 f., 541; Haug, Außenbeziehungen, S. 197. 68 Siehe Kap. II.3. und Kap. III.2.4. 69 BayHStA, Kasten schwarz 9099: Schreiben Fechenbachs an Clemens August von Bayern (Abschrift), o.O. o.D. Eigenartigerweise war wohl zunächst der Hofrat Franz Philipp Adolph von Gebsattel, der weder dem Domkapitel angehörte, noch Kleriker war, für das Amt des Reichstagsge-

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ckau 1795 am Vorabend der Säkularisation erneut ein Domherr zur Vertretung Bambergs und Würzburgs an den Reichstag geschickt wurde, dürfte kein Zufall gewesen sein. Grundsätzlich traf der Fürstbischof oder das während der Sedisvakanz regierende Domkapitel die Entscheidung über die personelle Besetzung der Reichstagsgesandtschaft. In der Regel übernahmen die neugewählten Fürstbischöfe und auch die Domkapitel den amtierenden Reichstagsgesandten, was zu langjähriger, zum Teil jahrzehntelanger Kontinuität auf dem Gesandtschaftsposten führte, da die Gesandten ihr Amt meist lebenslang ausübten.⁷⁰ Nur einmal in der knapp 140-jährigen Geschichte des Immerwährenden Reichstags geriet die Vergabe einer Gesandtenstelle zum Politikum: Nach dem Tod des langjährigen Bamberger und Würzburger Fürstbischofs Friedrich Karl von Schönborn am 25. Juli 1746, bemühte sich das Bamberger Domkapitel während der Sedisvakanz intensiv darum, seinen unter Friedrich Karl eingeschränkten Einfluss wieder auszuweiten, weshalb es unter anderem zahlreiche Personalentscheidungen des verstorbenen Bischofs revidierte.⁷¹ Der Würzburger Reichstagsgesandte Johann Philipp Karl Josef von Bibra erkannte die günstige Gelegenheit und bewarb sich beim Domkapitel um die Führung des Bamberger Votums, welches er bereits zuvor substitutionsweise vertreten hatte. In seiner Kapitelsitzung vom 3. August 1746 beschloss das Domkapitel, Bibras Gesuch zu entsprechen und ernannte ihn mit Verweis auf „dessen vortreffliche aigenschaften, belobte[ ] prudenz und reichs gepriesener erfahrenheit in staats und reichs sachen“ zum Geheimen Rat und Bamberger Reichstagsgesandten.⁷² Der bisherige Gesandte Georg Karl Karg von Bebenburg, dem das Domkapitel noch am 26. Juli ein Legitimationsschreiben zur Führung der Bamberger Reichstagsstimme zugesandt hatte, wurde noch am selben Tag von seiner Entlassung benachrichtigt, wobei das Domkapitel ausdrücklich mit dessen „auff habenden vielen anderen zumahlen churfürstlichen reichsvotis“ sowie nicht näher spezifizierten „anderen uns nicht gleichgültig und gefällig seyn könnenden umständen“ argumentierte.⁷³ Karg von Bebenburg vertrat neben Bamberg, Baden-Baden, Corvey,

sandten ausersehen worden, vgl. StAWü, Reichswesen 169: Schreiben des Fürstbischofs an Bibra (Konzept), Veitshöchheim 20. Mai 1751. 70 Dies galt generell für sämtliche Reichstagsgesandtschaften, vgl. z. B. Matzke, Gesandtschaftswesen, S. 163. 71 Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 179. 72 StABa, HStB, Domkapitel, Rezessbücher, Nr. 74, Bl. 164v.–165r.; StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1796, Prod. 50: Ernennungsdekret (Abschrift), Bamberg 3. August 1746. 73 StABa, HStB, NverzA 4647: Schreiben des Domkapitels an Karg von Bebenburg (Abschrift), Bamberg 3. August 1746.

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Fulda, die Fürsten von Lobkowitz, Passau, Speyer, Straßburg und Worms auch den Trierer Kurfürsten Franz Georg von Schönborn (1682 – 1756), den jüngeren Bruder des vormaligen Bamberger Bischofs Friedrich Karl von Schönborn, auf dem Reichstag.⁷⁴ Wenngleich das Domkapitel die befürchteten Interessenkonflikte bei der gleichzeitigen Vertretung von kurfürstlichen und fürstlichen Voten anführte, richtete sich die Entscheidung wohl auch gegen die Familie Schönborn und deren Klientel. Der Beschluss des Domkapitels war allerdings umso brisanter, da Kargs Bruder Georg Joseph als Kanzler eine der einflussreichsten Positionen am Bamberger Hof innehatte.⁷⁵ Tatsächlich gestaltete sich der Wechsel der Gesandtschaftsvertretung deutlich schwieriger als erwartet, denn Karg weigerte sich, seine Entlassung zu akzeptieren, und ignorierte die Entscheidung des Domkapitels schlichtweg.⁷⁶ Dabei kamen ihm die Reichstagsferien zugute, denn neben dem Prinzipalkommissar war auch Bibra aus Regensburg abgereist,⁷⁷ weshalb die Problematik erst mit dessen Rückkehr und der Wiederaufnahme der Reichstagsgeschäfte im September akut wurde. Mitte September beschwerte sich Bibra beim Domkapitel, Karg von Bebenburg geriere sich nach wie vor als Bamberger Reichstagsgesandter und bestehe auf der Gültigkeit seiner vom Domkapitel ausgestellten Bevollmächtigung. Bibra bat daher das Domkapitel, beim Kurmainzer Reichstagsdirektorium für Klarheit zu sorgen und die Berichte Kargs „ohnerbrochen“ und mit der Aufforderung, sich „ferneren berichtens [zu] enthalten“ an denselben zurückzuschicken.⁷⁸ Daraufhin stellte das Domkapitel eine entsprechende Bestätigung für das Mainzer Direktorium aus und wies Karg eindringlich an, keine Berichte mehr einzusenden und die Gesandtschaftsakten vollständig an Bibra zu übergeben.⁷⁹ Doch der sechzigjährige Georg Karl blieb hartnäckig. Ende September 1746 reiste er persönlich nach Bamberg, um den neugewählten Bischof Johann Philipp Anton von Franckenstein davon zu überzeugen, ihm den Bamberger Gesandtschaftsposten zurückzugeben. Franckenstein schien für Kargs Ansuchen offen gewesen zu sein und schlug den Domkapitularen dessen Wiederernennung zum

74 Siehe Kap. VI.1.1 und Kap. III.4.2. 75 Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 451. 76 Noch bis Ende September sandte Karg von Bebenburg nach wie vor seine Berichte nach Bamberg und ging dabei nicht im geringsten auf seine Entlassung ein, vgl. StABa, HStB, Geheime Kanzlei 396: Berichte Kargs an das Domkapitel, Regensburg 4. und 22. August sowie 10. und 14. September 1746. 77 Ibid.: Berichte des Legationssekretärs Kaufmann an das Domkapitel, Regensburg 5. und 9. August 1746. 78 Ibid., Bericht Bibras an das Domkapitel, Regensburg o.D. 79 StABa, HStB, NverzA 4647: Weisungen des Domkapitels an Bibra und Kaufmann (Abschriften), Bamberg 22. September 1746.

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Reichstagsgesandten vor, zumal er vernommen hätte, „daß verschiedene […] domcapitulare hierinfalls gleichgültig oder gar gefällig wären“. Das Domkapitel wies Franckensteins Empfehlung jedoch entschieden zurück und begründete seine Entscheidung für Bibra erneut damit, dass „man […] gegen die persohn des herren von Karg nicht das mindeste [einwende], wohl aber gegen dessen mit der churfürstlichen gesandschafft nicht wohl zu vereinigende[n] fürstlichen gesandschaftsdienste[ ]“.⁸⁰ Dieser, wenngleich singuläre Vorgang veranschaulicht einerseits den Einfluss des Domkapitels auf Personalentscheidungen und damit letztlich auch auf die Gestaltung der Reichstagspolitik, andererseits aber, wie kompliziert sich der Übergang beim Wechsel des Gesandten unter Umständen gestalten konnte. Gleichzeitig werden Erwägungen und Faktoren deutlich, die bei der Besetzung der Reichstagsgesandtschaft eine Rolle spielten. So kam Patronage beziehungsweise der Nähe zum Fürsten und den Entscheidungsträgern am Hof mindestens die gleiche Bedeutung zu, wie der Qualifikation und Eignung der Gesandten.⁸¹ Gerade in geistlichen Fürstentümern barg dies aus der Sicht der Gesandten besondere Risiken, mussten sich diese nicht nur um ein gutes Verhältnis zum Fürsten, sondern auch zu den führenden Mitgliedern der Domkapitel bemühen.⁸² Dennoch hatten auch die Gesandten nicht unerheblichen Einfluss auf die Vergabe der Reichstagsgesandtschaften. Indem sie selbstständig Vertreter bevollmächtigten, wählten sie ihre Nachfolger – meist innerhalb ihres Familienverbands – oft selbst aus, da aus der substitutionsweisen Stimmführung häufig feste Dienstverhältnisse hervorgingen. Zudem besaßen mündliche und schriftliche Empfehlungen der Gesandten untereinander bei der Vermittlung der Gesandtschaftsposten einen hohen Stellenwert.⁸³ Neben Rekommandationen, der Substitutionspraxis und der Weitergabe von Gesandtschaftsstellen an Familienangehörige sind direkt an den Fürsten gerichtete Gesuche als erfolgversprechende Wege zum Erhalt einer Reichstagsgesandtschaft zu nennen. Aus der Perspektive des Fürsten stand die Frage nach der Besetzung des Gesandtschaftspostens beim Reichstag nicht zuletzt im Spannungsfeld zwischen ökonomischen Zwängen und dem Anspruch, einen eigenen Gesandten zu entsenden, was sein Selbstverständnis, seinen Macht- und Souveränitätsanspruch visua-

80 StABa, HStB, Domkapitel, Rezessbücher, Nr. 74, Bl. 240r.–241r. 81 Lehsten, Reichstagsgesandte Bd. 1, S. 541; Schütz, Gesandtschaft, S. 138 – 140. 82 Volker Press, Patronat und Klientel im Heiligen Römischen Reich, in: Antoni Mączak (Hg.), Klientelsysteme im Europa der Frühen Neuzeit (Schriften des Historischen Kollegs: Kolloquien, 9), München 1988, S. 19 – 46, hier S. 28 – 31. 83 Siehe Kap. III.4.2 und III.4.3.

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lisierte.⁸⁴ Anstelle der teuren Unterhaltung eigener Gesandtschaften war es vor allem bei kleineren und mittleren Reichsständen üblich, das Votum einem auswärtigen Gesandten zu übertragen.⁸⁵ Etwa ein Drittel der Bamberger und Würzburger Reichstagsgesandten stammte aus den Hochstiften und wurde eigens nach Regensburg geschickt, ansonsten vertraten auswärtige Gesandte die hochstiftischen Voten. Auffällig ist hierbei der Unterschied zwischen Bamberg und Würzburg. Während das finanzstarke Hochstift Würzburg im Untersuchungszeitraum in Johann Philipp von Fechenbach über 28 Jahre exklusiv beim Reichstag vertreten war, hatte Bamberg den bisher substituierten bayerischen Reichstagsgesandten Heinrich Joseph von Schneidt 1758 aus finanziellen Erwägungen vorläufig nur als Interimsgesandten eingesetzt.⁸⁶ Im Dezember 1672 hatte Bamberg seinen Reichstagsgesandten aus Kostengründen sogar vom Reichstag abberufen und das Votum dem Regensburger Kanzler Johann Nikolaus Vetterl von Wildenbrunn übertragen.⁸⁷ Die Besetzungspraxis der Bamberger und Würzburger Reichstagsgesandtschaften zeigt, dass neben einer adeligen Herkunft und der Verbindung zum Fürstbischof die Qualifikation der Gesandten ein entscheidendes Kriterium war. Die hohen Anforderungen an die Person des Gesandten deuten darauf hin, dass die Fürstbischöfe der Reichstagspolitik große Bedeutung beimaßen. Während beispielsweise die britische Gesandtschaft in Regensburg den Charakter einer Ausbildungsmission besaß,⁸⁸ oder Barbara Stollberg-Rilinger den Reichstag als „wenig reputierliches Gesandtschaftsziel“⁸⁹ bezeichnet, stellt sich der Befund aus Perspektive der Hochstifte Bamberg und Würzburg gänzlich anders dar: Der Posten des Reichstagsgesandten zählte zu den Spitzenpositionen innerhalb der hochstiftischen Verwaltung und galt als begehrtes und renommiertes Amt, was sich auch im Gehalt der Gesandten ausdrückte. 2.2.3 Finanzierung und Besoldung Als Stellvertreter ihrer Fürsten zählte die angemessene Repräsentation ihrer Auftraggeber zu den wesentlichen Aufgaben und Pflichten der Reichstagsgesandten, was eine standesgemäße Lebenshaltung am Einsatzort verlangte.⁹⁰ Die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben in Regensburg mit festlichen Tafeln, Theater- und Konzertbesuchen, Glücksspiel, Jagdausflügen und Schlittenfahrten, angemessener 84 85 86 87 88 89 90

Lehsten, Reichstagsgesandte Bd. 1, S. 485 f. Siehe Kap. III.4.2. Siehe Kap. III.2.2.3. Weiß, Bamberger Bischöfe 1522 – 1693, S. 534. Siehe auch Kap. VI.1.1. Schütz, Gesandtschaft, S. 292. Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 256. Friedrich, Drehscheibe, S. 100 – 105.

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Kleidung, der Unterhaltung einer Kutsche und der Hausbediensteten war jedoch äußerst kostspielig und kaum durch die jeweiligen Gehälter zu decken. Es blieb keine Seltenheit, dass sich die Reichstagsgesandten aufgrund des hohen repräsentativen Aufwands enorm verschuldeten.⁹¹ Wenn die Gesandten nicht gerade über eigenes Vermögen verfügten, waren sie daher auf die Führung mehrerer Reichstagsvoten, Mehrfachbestallungen und sonstige zusätzliche Einkünfte angewiesen.⁹² Der Reichstagsgesandte Johann Philipp von Bibra erhielt für seine Bamberger Gesandtschaftsdienste 2 000 Gulden, als würzburgischer Gesandter 2 615 Gulden und für die Vertretung des Hochstifts Augsburg 475 Gulden pro Jahr.⁹³ Hinzu kamen Gehaltszulagen, Geheimratsbestallungen und Einkünfte aus weiteren Ämtern. Nach Bibras Tod 1758 erklärte der Bamberger und Würzburger Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim gegenüber dem bislang substituierten Reichstagsgesandten Heinrich Joseph von Schneidt, er sei zwar fest entschlossen, „seiner zeit einen eigenen bamberg[isch]en gesanden […] abzuschicken.“ Bis jedoch sein „hart mitgenommenes hochstifft diesen aufwand zu machen im stand ist“, könne er Schneidt lediglich als Interimsgesandten mit einem jährlichen Gehalt von 500 Gulden oder 625 Reichstalern einsetzen.⁹⁴ Schneidts Münchner Bezüge beliefen sich auf 5 000 Gulden, wozu schätzungsweise nochmal 2 000 Gulden aus seinen weiteren Dienstverhältnissen gekommen sein dürften.⁹⁵

91 Rohr, Reichstag, S. 50; Reiser, Stadtleben, S. 112 – 117; Schütz, Gesandtschaft, S. 205 – 214; Düwel, Reichskriegserklärung, S. 148 f. Der substituierte Würzburger Gesandte Heinrich Joseph von Schneidt informierte Fechenbach im Dezember 1754, dass der kursächsische Gesandte Johann Georg von Ponickau seinen „zu Paris neu gefertigten paradewagen mit sambt geschirr für 6 pferde zur bischofswahl anbieten würde“. Anstelle des Kaufpreises von 3 000 Gulden verlange Ponickau nur 1 000 fl., „weil er das geld notwendiger hätte als einen wagen, den er nit gebrauchen könne“, vgl. StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2161, Bl. 177r.: Schreiben Schneidts an Fechenbach, Regensburg 6. Dezember 1754. Friedrich Karl Karg von Bebenburg musste trotz seiner 15 bis 18 Voten 1763/64 Tafelgeschirr und den Schmuck seiner Gattin veräußern, vgl. Tenter, Diplomatie, S. 119 f., Rohrschneider, Friedrich Karl, S. 127. 92 Als besonders eklatantes Beispiel sind die Repräsentationskosten des Prinzipalkommissars Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis zu nennen, welche sich in den 1750er Jahren auf 200 000 bis 300 000 Gulden beliefen, während Thurn und Taxis vom kaiserlichen Hof eine Aufwandsentschädigung von lediglich 20 000 bis 25 000 Gulden erhielt, vgl. Rohrschneider, Reichstag, S. 76 f. Für Kurköln stellte Tenter fest, dass ein „starkes finanzielles Rückgrat“ für die Übernahme eines Gesandtschaftspostens wichtiger war, als fachliche Eignung, vgl. Tenter, Diplomatie, S. 18. 93 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1797, Prod. 130 1/2: Fürstbischöfliches Dekret vom 6. Februar 1751 (Abschrift); StAWü, Reichswesen 796: Fürstbischöfliches Dekret, Werneck 6. Juni 1742; StAMei, Gutsarchiv Bibra, I 8: Dekret des Augsburger Fürstbischofs, Augsburg 8. Februar 1745. 94 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 448: Schreiben Seinsheims an Schneidt (Konzept), Werneck 10. August 1758. 95 Siehe Kap. III.3.3.3.

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Der Würzburger Reichstagsgesandte Johann Philipp von Fechenbach bezog im ersten Jahr seiner Gesandtschaft 1751 stolze 6 000 und anschließend immerhin 4 880 Gulden inklusive einer Neujahrszulage.⁹⁶ Neben den 486 Gulden, die er als Fuldaer Reichstagsgesandter empfing,⁹⁷ konnte auch er noch auf zusätzliche Einnahmen aus anderen Ämtern und Pfründen zurückgreifen. Im Vergleich dazu beliefen sich die Vergütungen des salzburgischen Reichstagsgesandten Joseph Gottfried von Saurau 1751 zunächst auf 4 135, später 6 000 Gulden.⁹⁸ Der kurkölnische Gesandte Friedrich Karl Karg von Bebenburg erhielt 4 000 fl., welche ab 1752 um eine Zulage von 2 000 fl. ergänzt wurden, Österreich zahlte Marquard Paris Anton von Buchenberg 4 000 fl., Hessen-Darmstadt entlohnte Joachim Ludwig von Schwarzenau mit 2 000 fl., die Vertretung des Baden-Durlacher Votums brachte ihm zunächst 600 fl. ein, die 1748 auf 1 000 fl. aufgestockt wurden. Preußen gewährte seinem Reichstagsgesandten nur 1 800 Gulden pro Jahr.⁹⁹ Zusätzlich erhielten die hochstiftischen Reichstagsgesandten beim Tod des Fürstbischofs Trauergelder, was auch bei übrigen Gesandtschaften Usus war. Bibra wurden 1746 von Seiten Würzburgs 500 fl., von Bamberg 100 Goldmünzen (Louis d’or) Trauergeld zugewiesen.¹⁰⁰ Über ein festes Budget verfügten die hochstiftischen Reichstagsgesandtschaften nicht. Prinzipiell hatten die Gesandten alle anfallenden Ausgaben aus ihrem Einkommen zu bestreiten, was anfänglich auch die Bezahlung der Legationskanzlisten beinhaltete. Von den 2 615 Gulden, die der Reichstagsgesandte Bibra von Seiten des Würzburger Hofs erhielt, waren 200 Gulden zur Anstellung eines Kanzlisten vorgesehen.¹⁰¹ Um diese Kosten möglichst gering zu halten, hatte der Bamberger Reichstagsgesandte Georg Karl Karg von Bebenburg auf die Einstellung eines Kanzlisten verzichtet und stattdessen fallweise einen Schreiber beschäftigt. Seit Bibras Ernennung zum Bamberger Reichstagsgesandten 1746 unterhielt das Hochstift einen festangestellten Kanzlisten, für dessen Besoldung die Obereinnahme aufkam.¹⁰² Bei der Obereinnahme reichten die Gesandtschaften auch die Rech96 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2124: Fürstbischöfliches Bestallungsdekret für Fechenbach, Würzburg 20. September 1751; StAWü, HV Ms. q. 61: Bestallungstabelle des Hochstifts Würzburg, [Würzburg] 1770, S. 56. 97 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2128: Dekret des Fuldaer Fürstbischofs, Fulda 20. Oktober 1758. 98 Siehe Kap. III.3.5. 99 Tenter, Diplomatie, S. 113; Reiser, Stadtleben, S. 114 f.; Kunz, Handlungsspielräume, S. 110. 100 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 270: Bericht Bibras an das Würzburger Domkapitel, Regensburg 28. Juli 1746; StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 68: Schreiben des Domkapitels an Bibra, Würzburg 31. Juli 1746; StABa, HStB, Domkapitel, Rezessbücher, Nr. 74, Bl. 165r. 101 StAWü, Reichswesen 796: Fürstbischöfliches Dekret, Werneck 6. Juni 1742. 102 Siehe Kap. III.2.2.5.

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nungen für das Porto der Berichte oder Schreibmaterialien ein, deren Begleichung oft mehrmals in Erinnerung gebracht werden musste.¹⁰³ Die Unterhaltung ständiger Gesandtschaften bedeutete selbst für mittlere Reichsterritorien wie Kurbayern einen finanziellen Kraftakt.¹⁰⁴ Auch in den Hochstiften Bamberg und Würzburg zählte der Regensburger Gesandtschaftsposten zu den bestbezahlten Ämtern innerhalb der hochstiftischen Verwaltung.¹⁰⁵ Auf die Korrelation zwischen der Höhe der Gesandtengehälter und dem Interesse der Reichsstände am Reichstag hat unlängst Friedrich Quaasdorf hingewiesen: „Je besser die Besoldung, desto mehr Bedeutung wurde der Reichsversammlung beigemessen.“¹⁰⁶ Gerade im Vergleich mit anderen, zum Teil deutlich finanzkräftigeren Reichsständen sind die verausgabten Gesandtenbesoldungen durchaus bemerkenswert, was die These vom hohen Stellenwert der Reichstagsgesandtschaften in den Hochstiften stützt. 2.2.4 Kommunikationsstrukturen und Berichtspraxis Die Erfordernisse an die Kommunikationsstrukturen zwischen den Fürstenhöfen und den Gesandtschaften fasst Susanne Friedrich prägnant wie folgt zusammen: „Für das Funktionieren eines Gesandtenkongresses war die ständige Kommunikation zwischen dem Gesandten und den weisungsbefugten Stellen erforderlich. Diese wurde über den kontinuierlichen Austausch von Bericht […] und Reskript [oder Weisung] erreicht.“¹⁰⁷ Die Präsenz des Reichstags führte zu einer exzellenten Anbindung Regensburgs an das Netz der Reichspost und einer Beschleunigung der

103 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 450: Postskriptum Schneidts an Seinsheim, Regensburg 10. März 1759; Weisung Seinsheims an Schneidt (Konzept), Würzburg 17. März 1759. So findet sich beispielsweise in der Rechnung der Bamberger Obereinnahme 1747 der Ausgabeposten: „15 fl. 12 xr. herrn legationssecretario Kaufmann für die gewöhnliche[n] schreib materialien und neue jahrs gelder vor den rathsdiener und postofficier […]“, vgl. StABa, HStB, Ämterrechnungen (Rep. A 231 I), Nr. 7162, Bl. 169v. 104 Kramer, Aspects, S. 188 f. 105 Claus Fackler, Stiftsadel und geistliche Territorien 1670 – 1803. Untersuchungen zur Amtstätigkeit und Entwicklung des Stiftsadels, besonders in den Territorien Salzburg, Bamberg und Ellwangen (Forschungen zur Landes- und Regionalgeschichte, 11), St. Ottilien 2006, S. 110 – 116, 122. 106 Quaasdorf, Kursachsen, S. 41. 107 Friedrich, Drehscheibe, S. 151. Ähnlich auch Matzke, Gesandtschaftswesen, S. 274 f. Allgemein siehe Tilman Haug, Korrespondenz in Diplomatie und/oder Patronage-Beziehungen der Frühen Neuzeit, in: Marie Isabel Matthews-Schlinzig u. a. (Hg.), Handbuch Brief. Von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart. Bd. 1: Interdisziplinarität – Systematische Perspektiven – Briefgenres, Berlin u. a. 2020, S. 740 – 752, hier S. 741 – 745.

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ausgehenden Postkurse.¹⁰⁸ Die Postlaufzeit zwischen Regensburg und den fränkischen Bischofsstädten Bamberg und Würzburg betrug den Eingangsvermerken der Berichte und Weisungen zufolge zwischen zwei und drei Tagen, Unwetter oder Kriegsereignisse konnten für Verzögerungen sorgen.¹⁰⁹ Besonders dringliche Weisungen oder Berichte wurden auch per Stafette übermittelt.¹¹⁰ Der Rhythmus der Posttage bestimmte die Arbeitsroutinen der Gesandtschaften, weshalb an selbigen, nämlich dienstags und donnerstags, auch keine Ratssitzungen abgehalten wurden.¹¹¹ Da die Ratstage auf Montag und Freitag fielen, traf der Bericht der freitäglichen Ratsversammlung erst knapp eine Woche später in Bamberg oder Würzburg ein. Selbst bei zügiger Bearbeitung und Entscheidungsfindung konnten durchaus anderthalb bis zwei Wochen vergehen, bis der Gesandte eine Weisung auf seinen Bericht in Händen hielt. Die Kommunikation zwischen den Gesandtschaften und ihren Höfen war also trotz der vergleichsweise kurzen Postlaufzeit langwierig, was den Gesandten zwangsläufig Handlungsspielräume eröffnete.¹¹² Pro Jahr erhielt die Bamberger Reichstagsgesandtschaft durchschnittlich 27 Weisungen, wobei die Anzahl in den Kriegsjahren 1760 bis 1763 nur zwischen 12

108 Martin Dallmeier, Kommunikation und Publikation am Immerwährenden Reichstag zu Regensburg, in: ders. (Hg.), Reichsstadt und immerwährender Reichstag (1663 – 1806) 250 Jahre Haus Thurn und Taxis in Regensburg. Beiträge des Regensburger Herbstsymposions zur Kunstgeschichte und Denkmalpflege vom 17. bis 22. November 1998 (Thurn und-Taxis-Studien, 20), Kallmünz 2001, S. 35 – 51, hier S. 39 – 41, 51; Friedrich, Drehscheibe, S. 65 – 69; Maria Lang, „Es ist fast dem gemeinen Wesen in der ganzen Welt nichts so nützlich, als die Post …“. Der Immerwährende Reichstag in Regensburg als Nachrichtenzentrale, in: Klemens Unger u. a. (Hg.), Regensburg zur Zeit des Immerwährenden Reichstags. Kulturhistorische Aspekte einer Epoche der Stadtgeschichte, Regensburg 2013, S. 225 – 238, hier S. 225 – 227. 109 Im März 1754 beschwerte sich Bibra er habe das fürstbischöfliche Weisungsschreiben vom 5. März erst drei Tage später erhalten und damit „einen tag später als es dahier hätte eintreffen sollen“, sein Bericht vom 1. März sei ebenfalls mit zwei Tagen Verzögerung in Bamberg eingetroffen, weshalb beim Bamberger Postamt Nachforschungen angestrengt werden sollten, vgl. StABa, HStB, Geheime Kanzlei 431: Postskriptum Bibras an Stadion, Regensburg 11. März 1754. 110 StABa, HStB, NverzA 4649: Weisung Stadions an Bibra, Bamberg 29. Juli 1754; StABa, HStB, NverzA 4651: Weisung Seinsheims an Schneidt, Würzburg 30. Dezember 1762. Da der Druck eines in Regensburg zu verteilenden Promemorias bis zur Abfahrt des Postwagens nicht fertiggestellt werden konnte, erhielt der Würzburger Gesandte Fechenbach Anfang November 1751 seine Weisung samt einiger Exemplare per Stafette, die übrigen Exemplare folgten dann mit dem nächsten Postwagen, vgl. StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 80: Weisung Greiffenclaus an Fechenbach, Würzburg 6. November 1751. 111 Friedrich, Drehscheibe, S. 66; Friedrich, Struktur, S. 290. 112 Thiessen, Gestaltungsspielräume und Handlungspraktiken frühneuzeitlicher Diplomaten, S. 199 f.

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und 16 lag.¹¹³ Die Menge der Weisungen an die Würzburger Gesandtschaft lag etwas niedriger bei circa 24. Allerdings erteilte der Würzburger Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim seit Beginn seines Episkopats Anfang 1755 seine Direktiven bevorzugt in eigenhändigen Handschreiben, was die Aussagekraft der genannten Summe stark einschränkt.¹¹⁴ Während der Sommerferien, die meist von Anfang oder Mitte August bis Ende Oktober dauerten, ergingen kaum Weisungen an die Gesandten. Meist umfassten die Weisungen zwischen anderthalb und drei Seiten, oft ergänzt durch Postskripta. Zur Information des Gesandten oder mit der Bitte um dessen Stellungnahme waren den Weisungen häufig Abschriften aus der Korrespondenz der Fürstbischöfe, Stimmentwürfe oder zur Veröffentlichung bestimmte Schriftstücke beigefügt. „Die gantze Welt [könne] alle Post-Tage erfahren […], was auf denen Teutschen Reichs-Tägen passiret“, schrieb Johann Jakob Moser,¹¹⁵ zählte die Berichterstattung aus der Nachrichtenzentrale Regensburg doch zu den Kernaufgaben der Gesandtentätigkeit. Vor allem die mindermächtigen Reichsstände, denen weniger Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten zur Verfügung standen, waren auf ihre eigenen oder beauftragte Reichstagsgesandte als Informationskanäle angewiesen.¹¹⁶ Quellenwert und Aussagekraft frühneuzeitlicher Gesandtschaftsberichte wurden lange verkannt, doch gelten diese mittlerweile für kommunikations-, kulturund natürlich auch diplomatiegeschichtliche Fragestellungen als wertvoller Quellentypus.¹¹⁷ Neben den Einblicken in die Alltagsgeschichte der Diplomaten lassen sich so Verhandlungs- und Entschließungsprozesse nachvollziehen,¹¹⁸ was nicht

113 Siehe Kap. VI.3. Aufgrund der Verhandlungen zur Beilegung des Kreisdirektorialstreits 1754 lag die Anzahl der Weisungen in diesem Jahr bei 79, während sonst zwischen 12 und 44 Weisungen üblich waren. Da die Verhandlungen nicht beim Reichstag, sondern zwischen den drei beteiligten Konfliktparteien geführt wurden, wurde das Jahr 1754 bei der Berechnung des Durchschnittswerts nicht berücksichtigt. Zu besagtem Konflikt siehe Kap. IV.2.6. 114 Siehe Kap. III.2.3.3. 115 Johann Jacob Moser, Grund-Riß der heutigen Staats-Verfassung des Teutschen Reichs, Tübingen 7 1754, S. 598. 116 Rohrschneider, Reichstag, S. 197 f. 117 Friedrich Edelmayer, Gesandtschaftsberichte in der Frühen Neuzeit, in: Josef Pauser u. a. (Hg.), Quellenkunde der Habsburgermonarchie (16.–18. Jahrhundert) Ein exemplarisches Handbuch (Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung, Ergänzungsband, 44), Wien u. a. 2004, S. 849 – 859, hier S. 855 – 857; Christine Roll, Einleitung, in: Thomas Dorfner u. a. (Hg.), Berichten als kommunikative Herausforderung. Europäische Gesandtenberichte der Frühen Neuzeit in praxeologischer Perspektive (Externa, 16), Köln u. a. 2021, S. 9 – 47, hier S. 9 – 21. 118 Andreas Neuburger, Gesandtschaftsakten der Frühen Neuzeit (1500 – 1806), in Südwestdeutsche Archivalienkunde, 2017, https://www.leo-bw.de/themenmodul/sudwestdeutsche-archivalien-

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zuletzt zu einer Neubewertung der Rolle des Gesandten führte. Die Berichte der Reichstagsgesandtschaften dokumentieren aber nicht nur den Anteil der Gesandten an Aushandlungs- und Entscheidungsvorgängen, sie bildeten überhaupt erst die Basis für die Reichstagspolitik, da die Reichsstände ihr Vorgehen weitgehend auf deren Grundlage beschlossen.¹¹⁹ Nicht zuletzt fungierten die Gesandtschaftsberichte als Rechenschaftsberichte, sie dienten nicht nur zur Weitergabe von Beobachtungen und Erlebtem, sondern auch zur Legitimation des eigenen Handelns.¹²⁰ Das jährliche Berichtsaufkommen der Bamberger und Würzburger Reichstagsgesandtschaften schwankte zwischen knapp 50 und bis zu 140 Relationen.¹²¹ In den Jahren 1747 bis 1751 lag die Zahl der Berichte konstant zwischen 90 und 124. Die nur geringen Abweichungen zwischen den beiden Gesandtschaften sind darauf zurückzuführen, dass in diesem Zeitraum mit Johann Philipp von Bibra derselbe Gesandte berichtete. In den Jahren 1752 bis 1755 brach die Menge der Berichte auf etwa die Hälfte ein, ehe sie in den ersten beiden Jahren des Siebenjährigen Kriegs wieder deutlich anstieg.¹²² 1758/59 bis 1763 blieb die Summe der jährlichen Berichte auf Vorkriegsniveau (Würzburg) beziehungsweise etwas darüber (Bamberg) stabil. Beeinflusst wurde die Berichtsfrequenz dabei von politischen Ereignissen, aber auch von strukturellen Bedingungen, wie den individuellen Berichtspraktiken oder Abwesenheitsphasen der Gesandten. So sind etwa die fast durchweg geringeren Berichtszahlen der Würzburger Gesandtschaft seit 1751 auch darauf zurückzuführen, dass der Würzburger Gesandte Johann Philipp von Fechenbach neben den offiziellen Relationen regelmäßig noch in Handschreiben berichtete.¹²³ Unter Berücksichtigung der niedrigeren Berichtsfrequenz während der mehrwöchigen Reichstagsferien ist im Durchschnitt von etwa zwei bis drei Relationen pro Woche auszugehen. Auch der Umfang der Berichte variierte, lag durchschnittlich aber wohl bei drei bis vier Seiten. Hinzu kam eine ganze Reihe von Beilagen, typischerweise die Abschriften der Reichsfürstenratsprotokolle sowie die zur Diktatur gelangten

kunde/archivaliengattungen/akten/inhaltliche-unterscheidung/gesandtschaftsakten-bis-1806 (16.11. 2021). 119 Friedrich, Drehscheibe, S. 314. 120 Krischer, Souveränität als sozialer Status: Zur Funktion des diplomatischen Zeremoniells in der Frühen Neuzeit, S. 29 f.; Haug, Außenbeziehungen, S. 48 f.; Nadir Weber, Lokale Interessen und große Strategie. Das Fürstentum Neuchâtel und die politischen Beziehungen der Könige von Preußen (1707– 1806) (Externa, 7), Köln u. a. 2015, S. 213; Roll, Einleitung, S. 27. 121 Hierzu sowie zu den folgenden Ausführungen siehe Kap. VI.4. Eine Unterscheidung in Hauptund Nebenrelationen war nicht üblich. 122 Eine Ausnahme stellt das Jahr 1754 dar, in welchem aufgrund der Verhandlungen zur Beilegung des Kreisdirektorialstreits eine Verdopplung der Gesandtschaftsberichte festzustellen ist. 123 Siehe auch Kap. III.2.2.4.

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Schriftstücke, Besprechungsprotokolle der konfessionellen Corpora und Druckschriften. Neuigkeiten, die am Posttag nach der Fertigstellung des Berichts eintrafen, wurden per Postskriptum mitgeteilt.¹²⁴ Die große Zahl der Postskripta in den Bamberger und Würzburger Reichstagsakten weist dabei auf die Volatilität der Informationslage und der politischen Entwicklungen in Regensburg hin. Adressat der Gesandtschaftsrelationen war grundsätzlich der Fürstbischof, wenngleich die Berichte in der Geheimen Kanzlei ausgewertet wurden. Die Bamberger Gesandtschaftssekretäre erstatteten jedoch zusätzlich Bericht an ein Gremium, wobei es sich wohl um die Geheime Konferenz gehandelt haben dürfte.¹²⁵ Diese Berichte waren ursprünglich separat gebunden, später jedoch getrennt und chronologisch in die jeweiligen Reichstagsakten zu den regulären Gesandtschaftsberichten eingeordnet worden. Die Form der Bamberger und Würzburger Reichstagsrelationen unterschied sich in der Regel nicht vom üblichen Aufbau diplomatischer Berichte, bestehend aus Anredeformel, der Empfangsbestätigung der letzten Weisung(en), dem eigentlichen Bericht sowie einer abschließenden Devotionsformel samt Datum, Ort und Unterschrift.¹²⁶ Chiffriert wurden die Berichte nicht.¹²⁷ Inhaltlich befassten sich die Berichte in erster Linie mit allen Facetten des Reichstagsgeschehen und der Reichspolitik, was konkret die Ratssitzungen, Verhandlungen und Abstimmungen, formelle und informelle Beratungen und Besprechungen mit anderen Gesandten, Treffen der Corpora, die Diktatur von Schriftstücken, Inhalt und Rezeption neu erschienener oder verteilter Druckschriften, die Ankunft und Abreise von Gesandten oder die Neubesetzung von Gesandtschaften umfasste. Besonders in den Jahren 1747 bis 1750 enthielten die Relationen des Gesandten Bibra ausführliche Beschreibungen von Zeremonialstreitigkeiten.¹²⁸ Wirtschaftliche Fragen wurden nur behandelt, sofern sie Gegenstand der Reichs- und Kreispolitik waren, wie etwa das Dauerthema der Verbesserung des Münzwesens. Während des Siebenjährigen Kriegs dienten die Reichstagsgesandtschaften den Hochstiften als wichtigste Bezugsquelle von Kriegsnachrichten. So befahl Fürstbischof Adam Friedrich von 124 Friedrich, Drehscheibe, S. 153. 125 Die Anrede in den Berichten der Legationssekretäre („hochwürdige, hoch und wohlgebohrne, hochedelgebohrne, hochedle […] und hochgelehrte“) deutet auf ein mehrköpfiges Gremium als Adressat hin, vgl. z. B. StABa, HStB, Geheime Kanzlei 405: Bericht des Sekretärs Kaufmann, Regensburg 23. Januar 1749. Zur Geheimen Konferenz siehe Kap. III.2.3.2. 126 Müller, Gesandtschaftswesen, S. 33; Friedrich, Drehscheibe, S. 151 f. 127 Zum selben Befund kommt auch Friedrich, während Quaasdorf für die kursächsische Reichstagsgesandtschaft am Ende des Alten Reichs eine regelmäßige Chiffrierung der Gesandtschaftsrelationen festgestellt hat, vgl. Friedrich, Drehscheibe, S. 240; Quaasdorf, Kursachsen, S. 155 f. 128 Siehe Kap. III.6.2 und III.6.3.

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Seinsheim dem Gesandten ausdrücklich, das subalterne Gesandtschaftspersonal zu regelmäßiger Weitergabe aller einlaufenden Neuigkeiten von den Kriegsschauplätzen anzuhalten.¹²⁹ Zwar konnten erfahrene Gesandte die impliziten Interessenschwerpunkte ihrer Fürsten und Höfe aus ihren Weisungen entnehmen,¹³⁰ doch enthielten selbige oft ganz konkrete Aufforderungen zur Berichterstattung. Im Vorfeld von Abstimmungen galt es beispielsweise, über die politische Haltung anderer Gesandtschaften und Reichsstände zu informieren. Diesbezügliche Aussagen flossen nicht selten in die reichstagspolitische Entscheidung mit ein.¹³¹ Regelmäßig erging die Aufforderung an die Gesandten, gutachtliche Stellungnahmen zu Stimmentwürfen, Abstimmungsmaterien und dem weiteren Vorgehen der Hochstifte abzugeben.¹³² Über die Auswahl, Darstellung und Wertung der Berichtsgegenstände nahmen die Reichstagsgesandten ganz erheblichen Einfluss auf die reichstagspolitischen Entscheidungen, sie konnten die Reichstagspolitik ihrer Höfe durch Informationsselektion und tendenziöse Berichterstattung gezielt lenken.¹³³ Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Gesandten keine neutrale Sicht auf das Reichstagsgeschehen hatten, sondern in ihrer Wahrnehmung durch ihre „individuellen Loyalitäten und Beziehungsnetze[ ]“¹³⁴ geprägt waren. Diesen Loyalitäten lagen beispielsweise Herkunft und Stand, Konfession, Dienstverhältnisse, Freundschaften sowie Patronage- und Klientelbeziehungen zugrunde. Als besonders eindrückliche Beispiele für die daraus resultierenden Implikationen und Konsequenzen ist etwa die Berichterstattung des Bamberger und Würzburger Reichstagsgesandten Bibra zum Introduktionsvorhaben des Fürsten von Thurn und Taxis oder zu den Zeremonialstreitigkeiten zu nennen.¹³⁵

129 Siehe Kap. IV.3.2.2. 130 Ott, Salzhandel, S. 249. 131 Z. B. StABa, HStB, NverzA 4647: Postskriptum Franckensteins an Bibra, Schloss Seehof 18. Juni 1749; StABa, HStB, Nverz. Akten 4650: Weisung Stadions an Schneidt, Bamberg 30. April 1755; StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 74: Weisung Greiffenclaus an Bibra, Würzburg 14. Dezember 1749; StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 89: Weisung Seinsheims an Schneidt, Würzburg 25. Februar 1755. 132 Z. B. StABa, HStB, NverzA 4648: Weisung Franckensteins an Bibra, Bamberg 28. März 1751; StABa, HStB, NverzA 4649: Weisung Stadions an Schneidt, Bamberg 10. November 1754; StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 77: Weisung Greiffenclaus an Bibra, Würzburg 30. November 1750; StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 91: Weisung Seinsheims an Schneidt, Würzburg 8. Juli 1756. 133 Kalipke, Verfahren, S. 126. 134 Friedrich, Drehscheibe, S. 327. 135 Siehe Kap. IV.2.4 und III.6.3.

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2.2.5 Das Gesandtschaftspersonal Neben dem Gesandten umfassten die Bamberger und Würzburger Gesandtschaften, wie die meisten anderen Reichstagsgesandtschaften auch, noch einen Legationssekretär und einen Kanzlisten.¹³⁶ Die Sekretäre unterstützten die Gesandten bei der Abfassung der Voten und Berichte, führten Protokoll, besorgten die Notifikationen, verteilten im Auftrag der Gesandten Druckschriften und übernahmen Recherchen im Gesandtschaftsarchiv.¹³⁷ Da sie im Rathaus die Protokolle der Kollegien abzuschreiben hatten und die Gesandten zu den Ratssitzungen begleiteten, mussten sie sich kraft einer fürstbischöflichen Vollmacht legitimieren.¹³⁸ Während der Abwesenheiten der Gesandten übernahmen die Sekretäre auch die Berichterstattung an die Fürstbischöfe und assistierten gegebenenfalls dem substituierten Gesandten, wobei sie als Bindeglied zwischen dem heimatlichen Hof und dem fremden Gesandten fungierten.¹³⁹ Eine Besonderheit der Bamberger Gesandtschaftspraxis war es, dass die Sekretäre dauerhaft an ein höfisches Gremium, vermutlich die Geheime Konferenz, berichteten, sodass in Bamberg zwei Berichtserien einliefen.¹⁴⁰ Einen Einblick in die Pflichten der Legationssekretäre gibt der Diensteid des Bamberger Gesandtschaftssekretärs Johann Georg Joseph Vollerth. Bei seiner Vereidigung am 13. Januar 1753 im Beisein des Bamberger Obermarschalls und Reichstagsgesandten Bibra, des Geheimen Referendärs Oberkamp und weiterem Personal der Geheimen Kanzlei gelobte Vollerth, seinem Fürstbischof treu und fleißig zu dienen und ohne dessen Wissen keine „schrifft- oder mündliche handlung oder correspondenz“ mit fremden Höfen, Sekretären und sonstigen Personen zu pflegen. Bei allen Begebenheiten, die dem Hochstift zum Nutzen oder Schaden gereichen könnten, hatte er den verantwortlichen Gesandten zu informieren oder eigenständig nach Bamberg zu berichten, außerdem die laufenden Gesandtschaftsakten ordentlich zu führen und zu indexieren, die älteren Akten der Gesandtschaft „nach und nach in richtige ordnung [zu] bringen“ und darin Recherchen vorzunehmen.¹⁴¹

136 Moser, Reichs-Taegen, Bd. 1, S. 248 f., 256 f.; Düwel, Reichskriegserklärung, S. 146 – 148; Friedrich, Drehscheibe, S. 100. 137 Moser, Reichs-Taegen, Bd. 1, S. 248; Düwel, Reichskriegserklärung, S. 146 f. 138 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 396: Vollmacht für den bambergischen Legationssekretär Kaufmann (Abschrift), Wien 19. März 1729. Zum Legitimationsverfahren der Reichstagsgesandten siehe Kap. III.6.2. 139 Zur Substitutionspraxis siehe Kap. III.4.2. 140 Siehe Kap. III.2.2.4. 141 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 429: Juramentum des Legationssekretärs Johann Georg Vollerth, o.O. 13. Januar 1753.

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Bemerkenswert ist vor allem das weitreichende Kontaktverbot, das aufgrund der häufigen Indiskretionen und Geheimnisweitergaben im Umfeld des Reichstags zwar seine Berechtigung besaß, in der Praxis jedoch kaum umzusetzen war.¹⁴² Auch wird deutlich, dass die Sekretäre als subalterne Bedienstete keineswegs nur den Gesandten assistierten, sondern auch zur Sammlung und Bewertung von Informationen sowie deren Mitteilung angehalten waren.¹⁴³ „Von Rechts-wegen sollten zu Comitial-Legations-Secretarien lauter Leute genommen werden, so gute Studia haben, eine gute Feder führen […] und wenigstens keines verächtlichen Herkommens seynd“, wie Johann Jacob Moser die Anforderungen an die Person der Gesandtschaftssekretäre definierte.¹⁴⁴ Auch die Bamberger und Würzburger Gesandtschaftssekretäre hatten in der Regel ein Studium absolviert und verfügten über gute reichsrechtliche Kenntnisse. Nach ihrem Dienstantritt versahen sie, wie auch die Kanzlisten, ihr Amt bis zu ihrem Tod, weshalb das subalterne Gesandtschaftspersonal oft jahrzehntelang konstant blieb.¹⁴⁵ Die Sekretärstellen wurden häufig innerhalb der Familie weitergegeben oder auf Empfehlung besetzt.¹⁴⁶ So hatte der Bamberger Legationssekretär Hieronymus Carl Kaufmann seinen Posten im Juni 1723 von seinem Schwiegervater übernommen. Nach Kaufmanns Tod 1752 bat dessen Witwe den Fürstbischof, die Stelle ihr oder ihrer siebzehnjährigen Tochter zu übertragen, was jedoch ein aussichtsloses

142 Friedrich, Drehscheibe, S. 236 – 241, 504 – 515. Siehe auch Kap. IV.2.5. 143 Siehe auch Christine Lebeau, Finanzwissenschaft und diplomatische Missionen: Machtstrategien und Ausbildung der Staatswissenschaften in Frankreich und der österreichischen Monarchie (1750 – 1820), in: Hillard von Thiessen – Christian Windler (Hg.), Akteure der Außenbeziehungen. Netzwerke und Interkulturalität im historischen Wandel (Externa, 1), Köln 2010, S. 151 – 172, hier S. 154; Ott, Salzhandel, S. 209. Die erhebliche Bedeutung der Sekretäre fasste Christine Roll jüngst treffend zusammen: „Diese „Experten der Diplomatie“ werden mit ihren Schreibstuben […] als diejenigen erkennbar, die das ursprünglich direkte Verhältnis zwischen dem adeligen Diplomaten und dem Herrscher mediatisierten und sich mit ihrem „Büro“ redaktionell als „gate keeper“ betätigten. Sie waren es, die im wörtlichen Sinne „eine Aktenlage schufen“, die die Gesandtenberichte zu ihren Akten nahmen, damit arbeiteten und kein Interesse daran haben konnten, dass die Gesandten noch eine eigene Überlieferung pflegten; die die Arcana hüteten respektive rekonstruierten und sich darüber und durch ihr inkorporiertes Wissen zu Experten machten […]“, vgl. Roll, Einleitung, S. 38. 144 Moser, Reichs-Taegen, Bd. 1, S. 249 f. 145 Siehe Kap. VI.2. 146 So hatte der Würzburger Gesandte Johann Philipp von Fechenbach dem Bamberger Fürstbischof nach dem Tod Kaufmanns vergeblich einen Herrn von Habermann für die Bamberger Sekretärstelle empfohlen, vgl. StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2157, Bl. 315: Schreiben Franckensteins an Fechenbach, Schloss Seehof 3. November 1752.

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Unterfangen darstellte.¹⁴⁷ Kaufmanns Nachfolger Johann Georg Joseph Vollerth hatte als vormaliger Sekretär des Bamberger Obermarschalls und Reichstagsgesandten Johann Philipp von Bibra einen einflussreichen Fürsprecher, als über die Neubesetzung der vakanten Stelle entschieden wurde. Ihm wurde 1783 altersbedingt sein Sohn Georg Anton Vollerth als zweiter Sekretär zur Seite gestellt. Während der Kanzlist Johann Georg Sebastian Pfister sich 1752 noch erfolglos um den Sekretärsposten beworben hatte, wurden in der Endphase des Alten Reichs auch Kanzlisten zu Gesandtschaftssekretären ernannt.¹⁴⁸ Aus finanziellen Gründen übernahmen die Legationssekretäre häufig mehrere Stellen. Traditionell standen die Bamberger Sekretäre auch in Diensten des Hochstifts Brixen, wofür sie freie Logis im Brixener Hof erhielten, der würzburgische Legationssekretär Marckloff verrichtete zusätzlich das Amt des fuldischen Gesandtschaftssekretärs.¹⁴⁹ Das jährliche Gehalt für die Bamberger Legationssekretäre lag bei 392 Gulden.¹⁵⁰ Die finanzielle Lage der Sekretäre, die meist zu Titularhofräten der beiden Hochstifte ernannt wurden, scheint nicht besonders gut gewesen zu sein, mehrfach sind Bittgesuche an die Fürstbischöfe überliefert. Beispielsweise schloss der Würzburger Reichstagsgesandte Fechenbach seinem Bericht vom 5. Januar 1751 ein nicht näher spezifiziertes Ansuchen des Legationssekretärs an und gab zu bedenken, ob es der hochfürstlichen Gesandtschaft zur Ehre gereiche, wenn der Sekretär aufgrund seiner Schulden unter Arrest gestellt würde, woraufhin der Fürstbischof eine Zahlung an denselben anwies.¹⁵¹ Während des Siebenjährigen Kriegs bat der Bamberger Reichstagsgesandte Heinrich Joseph von Schneidt wegen der enormen Teuerung wiederholt um Gehaltszulagen für das Gesandtschaftspersonal, welche auch gewährt wurden.¹⁵² Trotzdem hatte der

147 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 421: Schreiben der Maria Anna Kaufmann an Fürstbischof Franckenstein, Regensburg 9. und 12. Oktober 1752. 148 Siehe Kap. VI.2. 149 Fort-florirender Reichs-Convent, oder umständlicher Bericht von allerseits höchst- und hochansehnlichen Herren Gesandten […], Regensburg 1776, o. S. Zur Unterbringung der Bamberger Gesandtschaftssekretäre im Brixener Hof siehe Kap. III.2.2.6. 150 StABa, HStB, Ämterrechnungen (Rep. A 231 I), Nr. 7162, Bl. 94r. Für das Hochstift Würzburg liegen keine diesbezüglichen Informationen vor. Der kurkölnische Legationssekretär Georg Joseph Mayr erhielt im Untersuchungszeitraum 600 fl., vgl. Tenter, Diplomatie, S. 119. 151 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 81: Bericht Fechenbachs, Regensburg, 5. Januar 1752; Resolution des Fürstbischofs, Würzburg, 17. Januar 1752. Auch der Bamberger Gesandte Stingelheim berichtete im Oktober 1752 von hohen Schulden des zuvor verstorbenen Legationssekretärs Kaufmann und übermittelte ein Bittgesuch von Kaufsmanns Witwe, vgl. StABa, HStB, Geheime Kanzlei 421: Bericht Stingelheims, Regensburg 17. Oktober 1752. 152 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 449: Bericht Schneidts an Seinsheim, Regensburg 20. Oktober 1758; StABa, HStB, NverzA 4651: Weisungen Seinsheims an Schneidt, Würzburg 25. November 1760

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Würzburger Sekretär Marckloff nach seinem Tod Schulden in Höhe von 1 500 Gulden hinterlassen.¹⁵³ Ausstehende Forderungen in gleicher Höhe hatte auch der Bamberger Sekretär Hieronymus Carl Kaufmann angehäuft, seine Witwe und auch der Bamberger Gesandte Johann Georg von Stingelheim appellierten mehrfach an den Fürstbischof, die Versorgung der Witwe und ihrer drei unversorgten Kinder sicherzustellen.¹⁵⁴ Da die Fürstbischöfe die Jurisdiktion über das Gesandtschaftspersonal beanspruchten, unternahm der jeweilige Gesandte die Regelung der Nachlassangelegenheiten.¹⁵⁵ Angesichts mehrerer Dienstverhältnisse konnte dies nach dem Tod des Sekretärs zu Problemen führen. So hatte der Sekretär Kaufmann, der auch für das Hochstift Brixen tätig war, zum Zeitpunkt seines Todes zahlreiche Akten und Urkunden in seiner Behausung verwahrt. Der Bamberger Fürstbischof Johann Philipp von Franckenstein wies daraufhin seinen Reichstagsgesandten Johann Georg von Stingelheim an, die Trennung der Bamberger und Brixener Akten sowie die Obsignatur der Hinterlassenschaften gemeinsam mit dem Brixener Gesandten vorzunehmen, dabei jedoch unbedingt die Rechte des Hochstifts zu wahren, da Kaufmann seiner Jurisdiktion unterstehe.¹⁵⁶ Komplettiert wurden die Reichstagsgesandtschaften durch die Legationskanzlisten. Sie hatten beim Sekretär der Kurmainzer Direktorialgesandtschaft die zur Diktatur gekommenen Schriftstücke in zweifacher Ausfertigung für den fürstbischöflichen Hof und das Gesandtschaftsarchiv abzuschreiben und wurden auch zu allen übrigen Schreibarbeiten herangezogen.¹⁵⁷ Sie übermittelten den rangniedrigeren städtischen Vertretern die Notifikationen.¹⁵⁸ In seltenen Fällen übernahmen und 23. Februar 1763 sowie Röttingen, 10. November 1761. Die Sekretäre erhielten eine jährliche Zulage von 80 fl., die Kanzlisten eine Zulage von 40 fl., vgl. StABa, HStB, Ämterrechnungen (Rep. A 231 I), Nr. 7173, Bl. 92; StABa, HStB, Ämterrechnungen (Rep. A 231 I), Nr. 7177, Bl. 94v.–95r. 153 StAWü, Reichswesen 287. 154 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 421: Schreiben der Maria Anna Kaufmann an Fürstbischof Franckenstein, Regensburg 9. und 12. Oktober 1752; Bericht Stingelheims an Franckenstein, Regensburg 17. Oktober 1752. Wie Stingelheim dem Bischof mitteilte, hätte es sich angesichts der „sehr gering[en] und schlechte[n] hinterlassenschafft“ nicht gelohnt, darüber ein Nachlassinventar zu erstellen. 155 StABa, HStB, NverzA 4648: Weisung Franckensteins an Stingelheim, Schloss Seehof 14. Oktober 1752. Siehe auch Alois Schmid, Regensburg. Reichsstadt – Fürstbischof – Reichsstifte – Herzogshof (Historischer Atlas von Bayern. Teil Altbayern, 60), München 1995, S. 200; Schütz, Gesandtschaft, S. 187 f. 156 StABa, HStB, NverzA 4648: Weisung Franckensteins an Stingelheim, Schloss Seehof 14. Oktober 1752; StABa, HStB, Geheime Kanzlei 421: Berichte Stingelheims, Regensburg 14. und 17. Oktober 1752. 157 Johann Basilius Küchelbecker, Nachricht von denen im Heil. Römischen Reiche gewöhnlichen Reichs-Tagen […], Leipzig u. a. 1742, S. 303. 158 Siehe Kap. III.6.2.

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sie in Vertretung der Sekretäre auch die Berichterstattung an den Fürstbischof.¹⁵⁹ Der Aktionsradius der Kanzlisten war nicht zwingend auf Regensburg begrenzt. So begleitete der Würzburger Legationskanzlist Johann Jacob Nerl den Gesandten Fechenbach 1761 auf eine diplomatische Mission nach Wien.¹⁶⁰ Die Auswahl und Besoldung der Kanzlisten lag zunächst in der Verantwortung der Reichstagsgesandten. Von den 2 615 Gulden, die der Reichstagsgesandte Johann Philipp von Bibra von Seiten des Würzburger Hofs erhielt, waren 200 Gulden zur Anstellung eines Schreibers vorgesehen.¹⁶¹ Um diese Ausgabe zu sparen, hatte der vormalige Bamberger Gesandte Georg Karl Karg von Bebenburg keinen festen Legationskanzlisten beschäftigt, sondern „lediglich ein[en] in auswärtigen rats diensten stehende[n] scribent[en] zu dergleichen verrichtung“ beschäftigt, dem er „dem vernehmen nach jährlich mehr nicht als 24 fl.“ bezahlt habe.¹⁶² Bei seinem Amtsantritt im Herbst 1746 bat Kargs Nachfolger Bibra den Bamberger Fürstbischof, dauerhaft einen eigenen Kanzlisten einstellen zu dürfen, damit er keinem fremden und noch dazu schlecht bezahlten Schreiber vertrauliche „comitial secreta“ in die Hand geben müsse, bemerkte aber, dass es „umb ein so geringes salarium nicht möglich sei, einen cantzlisten zu unterhalten“, wofür ein jährliches Gehalt von 100 Gulden erforderlich sei. Bibra schlug für den Posten Johann Georg Sebastian Pfister vor, der ihm als Kanzlist der würzburgischen Gesandtschaft bestens vertraut sei und beide Stellen versehen könne, was Fürstbischof Franckenstein unverzüglich genehmigte.¹⁶³ Bibras Sorge war nicht unbegründet, galten doch die schlecht bezahlten Schreiber als besonders anfällig für Bestechung und Geheimnisverrat. Tatsächlich nahmen die Kanzlisten eine Schlüsselrolle bei der Beschaffung vertraulicher Informationen, gerade was die Protokolle und Entschließungen des Corpus Evangelicorum anging, ein.¹⁶⁴ Zwar sind schon die finanziellen Verhältnisse der Legationssekretäre als äußerst bescheiden einzustufen, doch die prekäre Situation der Kanzlisten übertraf diese nochmals. Die Kanzlisten der Bamberger Reichstagsgesandtschaft erhielten regulär 120 Gulden pro Jahr. Während des Siebenjährigen Kriegs wurde die Be-

159 So etwa nach dem Tod des bambergischen Gesandtschaftssekretärs Kaufmann, vgl. StABa, HStB, Geheime Kanzlei 421: Bericht des Kanzlisten Johann Sebastian Pfister, Regensburg 12. Oktober 1752. 160 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 454: Bericht Schneidts an Seinsheim, Regensburg 25. Juni 1761. 161 StAWü, Reichswesen 796: Fürstbischöfliches Dekret, Werneck 6. Juni 1742. 162 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 396: Bericht Bibras, Regensburg 13. Oktober 1746. 163 Ibid.: Bericht Bibras, Regensburg 13. Oktober 1746; StABa, HStB, NverzA 4647: Postskriptum des Fürstbischofs an Bibra, Bamberg 18. Oktober 1746. 164 Friedrich, Drehscheibe, S. 238. Siehe auch Kap. IV.2.5.

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soldung zunächst auf 160 fl. erhöht und eine zusätzliche Zulage von 40 fl. bewilligt.¹⁶⁵ Obwohl Pfister bereits zwei Kanzlistenstellen versah, hatte dessen Witwe bei seinem Tod „nicht einen heller vorräthiges geld vorgefunden“.¹⁶⁶ Der Bamberger und Würzburger Fürstbischof Seinsheim traf daher die Anordnung, dass Pfisters Nachfolger Johann Jacob Nerl die Hälfte seines Bamberger Gehalts an die Witwe Pfisters abzugeben hatte. Dabei begründete Seinsheim seinen Entschluss, die Bamberger Kanzlistenstelle dem Würzburger Kanzleiadjunkten Nerl zukommen zu lassen, wie folgt: „die ursache, warum ich erwehnten Nerl diese canzlisten-stelle anvertrauet habe, ist hauptsächlich diese, weilen jemand, welcher mehrere vereinbahrliche stellen versiehet, bey der theuren lebens-zeit besser bestehen, der Pfisterschen wittib aber auch ehender etwas zu guten gehen lassen kann“.¹⁶⁷ Nicht zum Gesandtschaftspersonal zählten die Hausbediensteten, welche die Gesandten auf eigene Rechnung unterhielten. Für die Bamberger und Würzburger Reichstagsgesandtschaften liegen hierzu keine näheren Informationen vor, lediglich Johann Philipp von Bibra erklärte im Zusammenhang mit der Bewilligung von Trauergeldern, dass seine „haus famille mit frau, kindern und so vielen domestiquen […] umb ein ansehnliches stärcker“ sei, als der Hausstand seines Vorgängers.¹⁶⁸ 2.2.6 Häusliche Unterbringung und Gesandtschaftsarchiv Aufgrund einer Verordnung des Magistrats der Stadt Regensburg war es den auswärtigen Gesandtschaften, die nicht der städtischen Jurisdiktion unterlagen, verboten, Grundstücke oder Häuser zur Einrichtung eines Gesandtschaftsquartiers zu erwerben. Die Gesandten hatten sich also mietweise in Regensburg einzurichten und wechselten ihre Quartiere häufig.¹⁶⁹ Sitz der Gesandtschaft war üblicherweise 165 StABa, HStB, Ämterrechnungen (Rep. A 231 I), Nr. 7162, Bl. 94v.; StABa, HStB, Ämterrechnungen (Rep. A 231 I), Nr. 7173, Bl. 92v.; StABa, HStB, Ämterrechnungen (Rep. A 231 I), Nr. 7177, Bl. 95r. Üblicherweise lag das Gehalt der Kanzlisten zwischen 200 und 400 Gulden, vgl. Tenter, Diplomatie, S. 119. Für das Hochstift Würzburg liegen keine Angaben vor. 166 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 454: Bericht Schneidts an Seinsheim, Regensburg 25. Juni 1761. 167 StABa, HStB, NverzA 4651: Weisung des Fürstbischofs Adam Friedrich von Seinsheim an seinen Reichstagsgesandten Heinrich Joseph von Schneidt, Schloss Seehof 20. Juni 1761; StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1800: Prod. 142: Ernennungsdekret (Abschrift), Schloss Seehof 20. Juni 1761. 168 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 270: Bericht Bibras an das Würzburger Domkapitel, Regensburg 28. Juli 1746. 169 Schmid, Regensburg, S. 200; Regine Leipold – Peter Styra, Die Wohnsitze der Gesandtschaften des Immerwährenden Reichstages von Regensburg (1663 – 1806). Begleitheft anläßlich des Tages des offenen Denkmals am 20. September 1998 und des Regensburger Herbstsymposions zu Kunstgeschichte und Denkmalpflege vom 17. bis 22. November 1998, Regensburg 1998, S. 3; Matthias Freitag, Gesandte und Gesandtschaften am Immerwährenden Reichstag, in: Martin Dallmeier (Hg.),

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das Wohnhaus des Gesandten. Der Würzburger Gesandte Johann Philipp von Fechenbach residierte 1751 bis zu seinem Tod 1779 im Haus des verstorbenen Regensburger Stadtkämmerers Heinrich Johann Plato in der heutigen Neuen Waaggasse 1, wo auch der Legationssekretär Georg Joseph Nikolaus Marckloff lebte.¹⁷⁰ Die Bamberger Gesandten Johann Philipp von Bibra und Heinrich Joseph von Schneidt hatten sich in der Deutschordenskommende, dem Neuen Deutschen Haus in der Marschallstraße 5, einquartiert. Dort logierte auch der salzburgische Direktorialgesandte Joseph Gottfried von Saurau, der zeitweise das Würzburger Votum vertrat.¹⁷¹ Der Regensburger Domdechant Johann Georg von Stingelheim, der 1751 bis 1753 substitutionsweise die Bamberger Reichstagsstimme führte, bewohnte die Domdechantei in der Salzburger Gasse 4.¹⁷² Nachdem Bibra im Sommer 1751 sein Amt als Obermarschall am Bamberger Hof angetreten hatte, stand ihm bei seinen sporadischen, zeitlich befristeten Aufenthalten in Regensburg keine feste Unterkunft mehr zur Verfügung. Bevor er im April 1753 nach Regensburg reiste, hatte er sich beim Landkomtur des Deutschen Ordens nach einem Quartier im alten Komtureigebäude erkundigt, die Auflagen des dortigen Hausverwalters erschienen ihm jedoch inakzeptabel. Das Beherbergungsangebot des Würzburger Gesandten Fechenbach lehnte Bibra höflich ab, da er mit dem substituierten Bamberger Gesandten Stingelheim „ohnabläßig die verrichtungen werde theilen müssen und […] mit demselben wegen des quartiers allschon in gewieser maas engagiret wäre“.¹⁷³ Als Bibra Ende November 1753 „mit großem gefolge“ erneut nach Regensburg zurückkehrte, nahm er seine Wohnung in einem örtlichen Gasthaus.¹⁷⁴ Eine Besonderheit stellte der Wohnsitz der Bamberger Legationssekretäre dar. Diese nahmen ihr Quartier traditionell im Brixener Hof (heute am Brixener Hof 6), den Kaiser Heinrich II. am 16. November 1002 dem Bischof von Brixen als Quartier geschenkt hatte.¹⁷⁵ Einer Aktennotiz, basierend auf einer Aussage des Sekretärs

Reichsstadt und immerwährender Reichstag (1663 – 1806) 250 Jahre Haus Thurn und Taxis in Regensburg. Beiträge des Regensburger Herbstsymposions zur Kunstgeschichte und Denkmalpflege vom 17. bis 22. November 1998 (Thurn und-Taxis-Studien, 20), Kallmünz 2001, S. 175 – 190, hier S. 185 – 190; Friedrich, Drehscheibe, S. 101. 170 Reichs-Convent, o. S.; Karl Bauer, Regensburg. Kunst-, Kultur- und Alltagsgeschichte, Regensburg 1997, S. 262; Leipold – Styra, Wohnsitze, S. 16. 171 Bauer, Regensburg, S. 301 f.; Leipold – Styra, Wohnsitze, S. 15. 172 Siehe Kap. III.3.4. 173 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2161, Bl. 58r.–60r.: Schreiben Bibras an Fechenbach, Bamberg 2. April 1753. 174 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 294: Bericht Fechenbachs an Greiffenclau, Regensburg 25. November 1753. 175 Bauer, Regensburg, S. 45 f.

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Wolf Eberhard Rösch aus dem Jahr 1713, zufolge, hatten die Bamberger Reichstagsgesandten Johann Adam von Sengelau (1663 – 1670) und Johann Hermann Maystetter (1670 – 1673) jeweils auch das Brixener Votum vertreten, weshalb ihnen der Brixener Hof als Wohnstätte zur Verfügung gestellt wurde. Nach Maystetter schickte Bamberg zunächst keinen eigenen Gesandten mehr nach Regensburg, sondern übertrug das Votum dem Regensburger Kanzler und Reichstagsgesandten Johann Nikolaus Vetterl von Wildenbrunn. Das Hochstift Brixen gestattete daraufhin dem vor Ort verbliebenen Bamberger Sekretär Rösch in den Brixener Hof einzuziehen, wofür dieser im Gegenzug einmal wöchentlich Bericht erstattete und die Verwaltung der Brixener Besitzungen bei Regensburg übernahm.¹⁷⁶ Diese Übereinkunft hatte offenbar auch nach dem Tod Röschs Bestand. Nach ihm wohnten sein Schwiegersohn Hieronymus Carl Kaufmann und dessen Nachfolger Johann Georg Joseph Vollerth ebenfalls im Brixener Hof.¹⁷⁷ Ebenfalls in den Räumlichkeiten der Gesandtschaft untergebracht war das Gesandtschaftsarchiv. Vergleichsweise früh hatten die Reichstagsgesandtschaften mit der Einrichtung von Archiven begonnen. Ursächlich dafür war zum einen der dauerhafte Charakter der Gesandtschaft, zum anderen die Notwendigkeit, vorherige Entscheidungen,Vorgänge und Präzedenzfälle nachschlagen zu können, da sich Reichspolitik und das Verfahren beim Reichstag in besonderem Maß am Herkommen orientierten. Gerade über reichsrechtliche Spezialfälle, Zeremonialfragen oder frühere Argumentationslinien gaben die archivierten Akten wertvolle Auskünfte, weshalb üblicherweise jede ständig besetzte Reichstagsgesandtschaft über ein Archiv verfügte.¹⁷⁸ Immer wieder wurden die hochstiftischen Gesandten eigens angewiesen, in den Gesandtschaftsakten zu recherchieren,¹⁷⁹ obwohl die Beschäfti-

176 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 421: Aktennotiz, o.O. o.D.; Christian Gottfried Oertel, Vollständiges und zuverläßiges Verzeichniß der Kaiser, Churfürsten, Fürsten und Stände des Heil. Röm. Reichs, wie auch Derselben und auswärtiger Mächte Gesandtschaften, welche bey dem fürwährenden Reichs-Tage, von seinem Anfange 1662 an, biß zum Jahr 1760 sich eingefunden haben, Regensburg 1760, S. 46, 67. 177 Reichs-Convent, o. S. 178 Moser, Reichs-Taegen, Bd. 1, S. 237; Müller, Gesandtschaftswesen, S. 113 f.; Friedrich, Drehscheibe, S. 224 – 226; Quaasdorf, Kursachsen, S. 157. 179 Beispielsweise erhielt der Bamberger Gesandte Schneidt Ende Oktober 1754 den Auftrag, zur Frage der Reichskammergerichtsvisitation Recherchen zu betreiben: „Es werden sich in denen unserigen reichstags-actis […] deutliche spuhren antreffen lassen, wohin in der weesenheit und vor der hand die haupt-absichte zu richten seyn möge. Der herr gesande wird dahero solche mit zeit und gelegenheit einzusehen und darmit die seinige rathschlägige gedancken zu vereinbaren belieben, um wenigstens einsweilen sich eine idee davon machen und am ende eine diesem wichtigen geschäfft angemessene entschliesung bestimmen zu können“, vgl. StABa, HStB, Nverz1 A 4649: Weisung Stadions an Schneidt, Bamberg 26. Oktober 1754.

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gung damit ohnehin zur Gesandtschaftspraxis gehörte.¹⁸⁰ Von großem Nutzen war das Gesandtschaftsarchiv auch zur Unterweisung fremder, vertretungsweise agierender Gesandter. So hatte sich der substituierte Bamberger Gesandte Stingelheim darin über die politische Haltung Bambergs hinsichtlich des recursus ad comitia zu informieren.¹⁸¹ Infolgedessen wurde großer Wert auf eine vollständige und ordentliche Führung des Archivs und der Gesandtschaftsakten gelegt, mitunter wurden den Gesandtschaften gezielt Schriftstücke zur Vervollständigung der Akten zugesandt.¹⁸² Allerdings gab es auch den umgekehrten Fall: Angesichts der wiederholt beklagten Unordnung der Kreis- und Reichstagsakten in der Bamberger Geheimen Kanzlei¹⁸³ erhielt der Reichstagsgesandte Bibra Mitte Juni 1749 von seinem Bischof die Weisung, „wenigstens die nothwendigste[n] stücke“ in Kopie einzusenden, da „bey unseren reichs-tags-acten die haubtstücke der ehemahligen berathungen und endschliesungen abgängig seynd“.¹⁸⁴ Schwierigkeiten konnte die Übergabe der Gesandtschaftsakten beim Wechsel des Gesandten bereiten.¹⁸⁵ Nachdem das Bamberger Domkapitel Anfang August 1746 den bisherigen Reichstagsgesandten Georg Karl Karg von Bebenburg entlassen hatte, weigerte sich dieser zunächst die Bamberger Reichstagsakten an seinen Nachfolger Johann Philipp von Bibra herauszugeben. Auch der Bamberger Legationssekretär hatte „gegen ausdrücklichen befehl“ die „bambergische[n] jüngere[n]

180 Quaasdorf bezeichnet das Archiv gar als „Kern der gesandtschaftlichen Arbeit“, vgl. Quaasdorf, Kursachsen, S. 157. 181 StABa, HStB, NverzA 4648: Weisungen Franckensteins an Stingelheim, Bamberg 29. Dezember 1751 und 18. Februar 1752. Zu den Rekursen siehe Karl Härter, Der Rekurs des Fürsten Friedrich Karl von Wied-Neuwied. Zum Verhältnis von Reichskammergericht und Reichstag am Ende des Alten Reiches, in: Heinz Mohnhaupt – Dieter Simon (Hg.), Vorträge zur Justizforschung. Geschichte und Theorie, Bd. 2 (Rechtsprechung, 7), Frankfurt am Main 1993, S. 245 – 284; Gernot Sydow, Recursus ad Comitia. Ein Beitrag zur Justizverfassung des Heiligen Römischen Reiches im 18. Jahrhundert, in: Rechtsgeschichte 2 (2003), S. 104 – 122. sowie Kap. IV.1.1. 182 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 443: Schreiben der Geheimen Kanzlei an Schneidt (Konzept), Bamberg 1. April 1757; StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 94: Weisung Seinsheims an Fechenbach, Veitshöchheim 5. Juli 1757; StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 95: Weisung Seinsheims an Fechenbach, Würzburg 3. Februar 1758. Siehe auch Kap. III.2.2.5. 183 StABa, HStB, NverzA 4647: Postskriptum Franckensteins an Bibra, Bamberg 3. April 1748; Weisung Franckensteins an Bibra, Schloss Seehof 22. Mai 1748. 184 Ibid.: Postskriptum Franckensteins an Bibra, Schloss Seehof 18. Juni 1749. 185 Wie Judith Matzke zeigt, war die Zurückhaltung von Akten durch vormalige Gesandtschaftsmitglieder keine Seltenheit, vgl. Matzke, Gesandtschaftswesen, S. 274.

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comitialacta […] dem Baron von Karg behändiget“.¹⁸⁶ Erst Mitte November teilte Bibra dem Fürstbischof mit, er habe nun endlich sämtliche Akten erhalten.¹⁸⁷ Zwangsläufig wirkte sich die Praxis der Mehrfachstimmführung auf die Unterbringung und wohl auch auf die Vollständigkeit und Ordnung der Gesandtschaftsarchive aus. So scheint es schwer vorstellbar, dass Karg von Bebenburg, der gleichzeitig die Stimmen Kurtriers, der Hochstifte Bamberg, Freising, Speyer und Straßburg, der Abteien Corvey und Fulda sowie Baden-Badens vertrat, sämtliche Gesandtschaftsarchive in seinem Quartier aufbewahrte. Von den für den laufenden Geschäftsverkehr benötigten Akten einmal abgesehen, dürften die jeweiligen Archivbestände bei den Legationssekretären deponiert worden sein, in deren Aufgabenbereich Aufsicht und Pflege der Gesandtschaftsarchive ohnehin fielen.¹⁸⁸ Spätestens nachdem der Gesandte Bibra dauerhaft an den Bamberger Hof gewechselt war, lagerte das Bamberger Gesandtschaftsarchiv in der Behausung des Sekretärs Hieronymus Carl Kaufmann im Brixener Hof. Als Kaufmann am 12. Oktober 1752 starb, versiegelte der Bamberger Legationskanzlist Johann Georg Pfister „das jenige zimmer, wo die […] comitial acta verwahrlich aufbehalten“ worden waren.¹⁸⁹ Anschließend verbrachte der substituierte Reichstagsgesandte Johann Georg von Stingelheim diese auf Befehl des Bamberger Fürstbischofs in seine Wohnung.¹⁹⁰ Nach der Säkularisation des Hochstifts Würzburg und der Entlassung des letzten Würzburger Reichstagsgesandten Otto Philipp Groß von Trockau zum 1. Januar 1803 blieb das Archiv der Würzburger Gesandtschaft in der Obhut des in kurpfalzbayerische Dienste übernommenen Gesandtschaftssekretärs Jacob Joseph Nerl.¹⁹¹ Mitte Oktober 1806 erfolgte unter Aufsicht des bayerischen Reichstagsgesandten Aloys Franz Xaver von Rechberg und Rothenlöwen der Abtransport des Gesandtschaftsarchivs nach Würzburg, wo der Archivadministrator des großherzoglich-würzburgischen Hauptarchivs Ignaz Seidner die 185 Bände und losen Akten samt dem Gesandtschaftssiegel in Empfang nahm.¹⁹²

186 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 396: Bericht Bibras an das Bamberger Domkapitel, Regensburg o.D. 187 Ibid.: Postskriptum Bibras an den Bamberger Fürstbischof vom 19. November 1746. 188 Moser, Reichs-Taegen, Bd. 1, S. 248; Müller, Gesandtschaftswesen, S. 115; Düwel, Reichskriegserklärung, S. 147. 189 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 421: Bericht Pfisters an Franckenstein, Regensburg 12. Oktober 1752. 190 StABa, HStB, NverzA 4648: Weisung Franckensteins an Stingelheim, Schloss Seehof 14. Oktober 1752; StABa, HStB, Geheime Kanzlei 421: Bericht Stingelheims, Regensburg 17. Oktober 1752. 191 Link, Reichspolitik, S. 402 f. 192 StAWü, Großherzogtum Würzburg, Geheimer Staatsrat 6: Aktenverzeichnis und Empfangsbestätigung Seidners, Würzburg 18. Oktober 1806.

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Der Verbleib des Bamberger Gesandtschaftsarchivs ist bislang ungeklärt. Viele der Regensburger Gesandtschaftsarchive fielen mit der Auflösung des Alten Reichs zu Beginn des 19. Jahrhunderts den örtlichen Altpapierhändlern zum Opfer oder wurden gar verbrannt.¹⁹³ Möglicherweise ging dabei auch das Archiv der ehemaligen Bamberger Reichstagsgesandtschaft verloren. Parallel zum Gesandtschaftsarchiv führten die Gesandten häufig noch Privatarchive, woraus immer wieder Vermischungen und Probleme bei der Zuordnung dienstlicher und privater Schriftstücke resultierten.¹⁹⁴ Von beachtlichem Ausmaß war das Privatarchiv des Würzburger Reichstagsgesandten Johann Philipp von Fechenbach, das sich heute im Staatsarchiv Würzburg befindet. Neben seinem 10 575 Blatt zählenden Korrespondenzarchiv gehörte dazu noch der Großteil einer 118 Bände und 97 weitere Einheiten umfassenden, von Fechenbachs Nachfahren als „Reichsarchiv“ betitelten Schriftgutsammlung. Sie umfasste neben eigenem Arbeitsmaterial überwiegend bereits bestehende Dokumentenzusammenstellungen unterschiedlicher Herkunft zur Reichsgeschichte und dem Umfeld des Reichstags, welche Fechenbach im Lauf seiner Tätigkeit erworben hatte, darunter auch etwa 300 Blatt Briefkonzepte des österreichischen Reichstagsgesandten Philipp Heinrich von Jodoci aus den Jahren 1706 bis 1734.¹⁹⁵

2.3 Außenbeziehungen und hochstiftische Verwaltungspraxis Noch immer gilt eine umfassende Verwaltungsgeschichte sowohl für das Hochstift Bamberg als auch für Würzburg als Desiderat, die bisherigen Arbeiten beschränken sich auf Überblicksdarstellungen und punktuelle Forschungen zu einzelnen Episkopaten.¹⁹⁶ Aufgrund der zahlreichen Personalunionen glichen sich die adminis-

193 Heribert Sturm, Archive in Regensburg, in: Archivalische Zeitschrift 58 (1962), S. 95 – 118, hier S. 105; Friedrich, Drehscheibe, S. 224, Anm. 1253. 194 Müller, Gesandtschaftswesen, S. 113. Siehe auch Kap. III.2.3.3. 195 Kallfelz, Fechenbach Teil 2, S. XVIf., XXIV-XXXII. 196 Rupprecht, Geheime Kanzlei, S. 439; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 45, Anm. 56. Für das 18. Jahrhundert seien genannt Karl Wilhelm Wild, Staat und Wirtschaft in den Bistümern Würzburg und Bamberg. Eine Untersuchung über die organisatorische Tätigkeit des Bischofs Friedrich Karl von Schönborn 1729 – 1746 (Heidelberger Abhandlungen zur mittleren und neueren Geschichte, 15), Heidelberg 1906; Friedrich Heinrich, Das fürstlich würzburgische Gebrechenamt. Ein Beitrag zur Organisation der Zentralbehörden im Hochstift Würzburg vom Beginn des 16. Jahrhunderts bis zur Säkularisation, Würzburg 1930; Hildegunde Flurschütz, Die Verwaltung des Hochstifts Würzburg unter Franz Ludwig von Erthal. 1779 – 1795 (VGffG, R. 9, Bd. 19), Würzburg 1965; Schott, Verhältnis, S. 79 – 96; Dietmar Willoweit, Staatsorganisation und Verwaltung im Hochstift Würzburg, in: Peter Kolb – Ernst-Günther Krenig (Hg.), Unterfränkische Geschichte, Bd. 4/

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trativen Strukturen in beiden Territorien in vielerlei Hinsicht, was es erleichtert, den hochstiftischen Verwaltungsapparat in seiner Ausprägung zur Zeit des Untersuchungszeitraums kurz zu skizzieren. Grundsätzlich wurde zwischen der geistlichen und der weltlichen Verwaltungssphäre mit ihren jeweiligen Behörden und Einrichtungen unterschieden. Darunter sind zunächst die geistliche Regierung und die weltliche Regierung zu nennen, welchen jeweils aus den Reihen der Domkapitel stammende Regierungspräsidenten vorstanden.¹⁹⁷ Erste umfasste den geistlichen Rat, der sich mit allen geistlichen und kirchlichen Angelegenheiten befasste, sowie das Vikariat und Konsistorium, welches die geistliche Jurisdiktion verantwortete.¹⁹⁸ Zu den weltlichen Verwaltungseinrichtungen zählte neben der weltlichen Regierung mit dem Lehenhof und weiteren Ämtern und Kommissionen im Wesentlichen die Hofkammer und die Obereinnahme, welchen die Finanzverwaltung oblag, der Hofkriegsrat, der Hofstaat, die verschiedenen Gerichte und der Hofrat und/ oder Geheime Rat mit der Kanzlei, der die zentrale Regierungsbehörde bildete. Kennzeichen waren erhebliche personelle Überschneidungen zwischen den jeweiligen Behörden und Institutionen. Mittelbehörden bestanden in beiden Hochstiften keine beziehungsweise nur in Ansätzen, auf der unteren Verwaltungsebene folgten die sogenannten Land- oder Oberämter, welche sämtliche allgemeinen Verwaltungsaufgaben erfüllten.¹⁹⁹

1: Vom Ende des Dreißigjährigen Krieges bis zur Eingliederung in das Königreich Bayern, Würzburg 1998, S. 67– 99; Dieter J. Weiß, Reform und Modernisierung: Die Verwaltung des Bistums Bamberg in der Frühen Neuzeit, in: BHVB 134 (1998), S. 165 – 187; Dieter J. Weiß, Bamberg, Hochstift: Verwaltung, publiziert am 08.03. 2010, https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/Bamberg,_Hochstift: _Verwaltung (17.10. 2021); Rainer Leng, Würzburg, Hochstift: Verwaltung, publiziert am 10.03. 2010, https://www.historisches-lexikon-bayerns.de/Lexikon/W%C3 %BCrzburg,_Hochstift:_Verwaltung (17.10. 2021); Kech, Hofhaltung, S. 101 – 124. 197 Willoweit, Staatsorganisation und Verwaltung im Hochstift Würzburg, S. 68 – 71; 94, Anm. 7; Weiß, Reform, S. 177. Diese Aufteilung geht auch aus den zeitgenössischen Hof- und Staatskalendern hervor, welche für Würzburg ab 1747 und für Bamberg ab 1764 herausgegeben wurden. 198 Willoweit, Staatsorganisation und Verwaltung im Hochstift Würzburg, S. 72 f.; Schott, Verhältnis, S. 88 f.; Dieter J. Weiß, Fürstbischof und Domkapitel zur Schönbornzeit: Geteilte Herrschaft im Hochstift Bamberg, in: Johannes Erichsen (Hg.), KaiserRäume – KaiserTräume. Forschen und Restaurieren in der Bamberger Residenz, München 2007, S. 21 – 28, hier S. 22 f. 199 Schott, Verhältnis, S. 79 – 89, 94 – 96; Weiß, Reform, S. 174 – 185; Willoweit, Staatsorganisation und Verwaltung im Hochstift Würzburg, S. 73 – 86; Kech, Hofhaltung, S. 108 – 118; Jonas Geissler, Regionale Formen europäischer Aufklärung zum Diskurs der Moderne in geistlichen Staaten. Aufklärung in den Hochstiften Bamberg und Würzburg (Geschichtswissenschaften, 49), München 2019, S. 33 – 40. Siehe auch Heinrich, Gebrechenamt; Hermann Caspary, Staat, Finanzen, Wirtschaft und Heerwesen im Hochstift Bamberg (1672 – 1693) (BHVB, Beiheft, 7), Bamberg 1976; Thomas Heiler,

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Über der geistlichen und der weltlichen Regierung stand die Geheime Kanzlei, welche die Verbindung zwischen dem Fürstbischof und den ihr nachgeordneten Verwaltungsbehörden herstellte. Die Geheime Kanzlei und damit der Geheime Referendär setzten den Regierungswillen beziehungsweise die Beschlüsse des Fürstbischofs um.²⁰⁰ Mit der hier nur umrissenen, schematischen Schilderung des Verwaltungsaufbaus in den Hochstiften Bamberg und Würzburg soll an dieser Stelle nur ein grober Überblick gegeben und die Verortung der Geheimen Kanzlei ermöglicht werden. Zum konkreten Zusammenwirken, den exakten Zuständigkeiten sowie der faktischen Bedeutung der einzelnen Behörden und Einrichtungen besteht insgesamt noch erheblicher Forschungsbedarf. 2.3.1 Die Geheime Kanzlei als Schaltzentrale der Reichstagspolitik Wie zuvor dargelegt, kannte die hochstiftische Verwaltung keine ressortspezifischen Ministerien und somit auch kein Außenministerium. Schaltstelle der Reichstagspolitik beziehungsweise der Außenpolitik generell an den Höfen in Bamberg und Würzburg war die Geheime Kanzlei. Im Hochstift Bamberg aufgrund der Personalunion des Fürstbischofs Lothar Franz von Schönborn (1693 – 1729), der seit 1695 auch Mainzer Kurfürst war, notwendig geworden, entwickelte sich die Geheime Kanzlei im 18. Jahrhundert zur wichtigsten behördenähnlichen Institution innerhalb der hochstiftischen Verwaltung.²⁰¹ Mit der Geheimen Kanzlei am Würzburger Hof verhielt es sich grundsätzlich ähnlich, wenngleich diese etwas später unter Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn (1729 – 1746) entstand, aber spätestens unter dessen Nachfolger Anselm Franz von Ingelheim (1746 – 1749) fest etabliert war.²⁰² Nominell stand der Hofkanzler der Geheimen Kanzlei vor, er folgte nach dem Obermarschall und Obriststallmeister an dritter Stelle der höfischen Rangfolge. In seinen Verantwortungsbereich fiel mit der Aufsicht über die Regierungskanzlei und das Archiv die Schriftgutverwaltung der hochstiftischen Administration.²⁰³ Seine Befugnisse hinsichtlich der Geheimen Kanzlei schienen sich der Instruktion für den

Die Finanzen des Hochstifts Würzburg im 18. Jahrhundert, in: WDGBL 47 (1985), S. 159 – 189 sowie die Beständetektoniken der Staatsarchive Bamberg und Würzburg. 200 Berbig, Hochstift, S. 6; Willoweit, Staatsorganisation und Verwaltung im Hochstift Würzburg, S. 73 f.; Rupprecht, Geheime Kanzlei, S. 440, 446, 448 – 452. 201 Rupprecht, Geheime Kanzlei, S. 440 – 444, 448. 202 StAWü, HV Ms. f. 205, Bl. 107r.; Wild, Staat, S. 86 – 89; Romberg, Würzburger Bischöfe 1684 – 1746, S. 486 f. 203 Rupprecht, Geheime Kanzlei, S. 443; StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1785: Instruktion für den Würzburger Hofkanzler Franz Ludwig von Fichtl (Abschrift), Bad Kissingen 2. August 1738.

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Würzburger Hofkanzler Franz Ludwig von Fichtl aus dem Jahr 1738 zufolge ebenfalls im Wesentlichen auf die Schriftgutverwaltung beschränkt zu haben. So hatte der Kanzler dafür zu sorgen, dass „alle dahier gehörige schrifften in rechter ordnung verwahret, was bey der r[eic]hsversamlung und denen creistagen vorkommet und durch die gesandte berichtet oder dahier geschrieben wird, jährlich zusammen gebunden [und] mit deutlichen darüber gemachten registeren versehen“ würden. Weiterhin hatte er auf eine schnelle Bearbeitung der auszufertigenden Schriftstücke zu achten. Über sein Verhältnis zum Geheimen Referendär, deren Aufgaben sich teilweise überschnitten, würden, so die Instruktion vage, noch konkrete Erklärungen folgen.²⁰⁴ De facto war der Kanzler in die Arbeitsabläufe und Entscheidungen der Geheimen Kanzlei aber kaum eingebunden, sein diesbezüglicher Einfluss nahm in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts kontinuierlich ab.²⁰⁵ Die eigentliche Leitung lag in Händen des Geheimen Referendärs, der als persönlicher Sekretär und engster Berater des Fürstbischofs quasi als „zweiter Mann im Staat“²⁰⁶ eine Schlüsselposition in der hochstiftischen Politik einnahm. Zum weiteren Personal zählten mehrere Kanzlisten, ein Kanzleidiener, ein oder zwei Registratoren und zeitweilig ein Botenmeister.²⁰⁷ Die Aufgaben des Geheimen Referendärs gehen aus der Instruktion für den Bamberger Geheimen Referendär Franz Rudolph Degen aus dem Jahr 1737 hervor.²⁰⁸ „So wohl in geist[lichen] als weltliche[n], rechts, civil, policey, oeconomie, militär und familie[n] [des Fürstbischofs] weesen einschlagende vorkommenheiten“ hatte der Geheime Referendär „mit ernstlichen bedacht, genauer vorsichtigkeit, fleiß, grundsamer einsicht, sonder ohnpartheilichkeith und geheimste[r] ver204 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1785: Instruktion für den Hofkanzler Franz Ludwig von Fichtl (Abschrift), Bad Kissingen 2. August 1738. Zur dieser Problematik auch Rupprecht, Geheime Kanzlei, S. 450 f. 205 In der Instruktion für den Bamberger Kanzler Johann Gottfried Hepp von 1779 wurde die Geheime Kanzlei gar nicht erwähnt, vgl. StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1785: Instruktion für den Bamberger Hofkanzler Johann Gottfried Hepp (Konzept), Bamberg 10. September 1779. 206 So der Titel eines 2003 erschienenen Sammelbandes zu den Günstlingen, Favoriten, leitenden Amtsträgern und Ministern an den Höfen deutscher Territorialfürsten, vgl. Pečar – Kaiser (Hg.), Amtsträger. Zur Begriffsdefinition und Differenzierung dieses Strukturphänomens siehe Michael Kaiser – Andreas Pečar, Reichsfürsten und ihre Favoriten. Die Ausprägung eines europäischen Strukturphänomens unter den politischen Bedingungen des Alten Reichs, in: dies. (Hg.), Der zweite Mann im Staat. Oberste Amtsträger und Favoriten im Umkreis der Reichsfürsten in der Frühen Neuzeit (ZHF, Beiheft, 32), Berlin 2003, S. 9 – 19. 207 Fürstlichen Hoch-Stiffts Wirtzburg, und Hertzogthums Francken Hof-, Stands- und Staats-Calender, Würzburg 1754, S. 47; Flurschütz, Die Verwaltung des Hochstifts Würzburg unter Franz Ludwig von Erthal, S. 94; Schott, Verhältnis, S. 91; Rupprecht, Geheime Kanzlei, S. 443 – 448. 208 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1765. Zu Datierung und dem Entstehungskontext, wie auch zum Folgenden siehe Rupprecht, Geheime Kanzlei, S. 444 f.

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schwiegenheit ohne […] ab- und nebensichten […] seinem gnädigsten landsfürsten und herrn ehrlich, getreu und redlich zu dienen und rathen“. Die Zuständigkeit des Geheimen Referendärs umfasste also alle Verwaltungsund Politikbereiche und beschränkte sich nicht darauf, schlicht die Weisungen seines Dienstherrn zu empfangen und weiterzugeben. Vielmehr wurde explizit auf seine beratende Funktion in sämtlichen Regierungsangelegenheiten hingewiesen, was umfassende Kenntnisse und absolute Vertrauenswürdigkeit voraussetzte. Nicht umsonst kamen dafür nur „getreue[ ] standhaffte[ ] und gottesförchtige […] [wie] verschwiegene“ Kandidaten in Frage, welche sich ohne Wissen des Fürsten in keine Korrespondenz mit anderen Höfen oder den hiesigen Ministern und Räten einlassen, „am wenigsten aber einen verdeckten anhang […] pflegen“ dürften. Jeder Geheime Referendär hatte seinem Regenten „seiner treu und verschwiegen- und redlichkeit halber […] immediate die handtgelöbnüs und pflichten abzulegen“.²⁰⁹ Entsprechend bestand zwischen dem Fürstbischof und seinem wichtigsten Mitarbeiter ein intimes Vertrauensverhältnis.²¹⁰ Nicht verwunderlich ist es daher, dass die Fürstbischöfe den Posten des Geheimen Referendärs zu Beginn ihrer Amtszeit häufig neu besetzten. Auswahlkriterien waren in erster Linie ihre juristische Qualifikation, ihre politischen Fähigkeiten, aber auch ihr persönliches Verhältnis zum Fürsten. Der Stand spielte hingegen keine Rolle, im Untersuchungszeitraum waren die Geheimen Referendäre mit einer Ausnahme durchweg bürgerlicher Herkunft.²¹¹ Ihre herausgehobene Stellung spiegelte sich auch in ihren Bezügen wider. Nach dem Reichstagsgesandten (4 800 Gulden Grundgehalt) und dem Domdechant (2 400 fl.) stand der Geheime Referendär mit 1 200 Gulden pro Jahr an dritter Stelle der Würzburger Besoldungstabelle.²¹² Im Hochstift Bamberg war das Amt des Geheimen Referendärs mit 504 fl. jährlich dotiert, womit es nach dem

209 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1765. 210 So schreibt der Würzburger Hoffourier Spielberger, der Würzburger Bischof Ingelheim (1746 – 1749), der ansonsten äußerst zurückgezogen lebte, habe „abends […] allezeit mit dem herrn referendario gespeiset“, vgl. StAWü, HV Ms. q. 176 b, Bl. 341v. Auch Wagner schrieb über sein Verhältnis zu Erthal: „Er kam fast täglich […] nachmittags, als er gespeist hatte, zu mir ins Zimmer, blieb eine, oft auch zwei Stunden und unterhielt sich teils mit Literatur, teils auch mit Geschäften, ungeachtet ich täglich eine, auch zwei Stunden vormittags bei ihm zu referieren hatte“, vgl. Theodor Henner, Autobiographie des Staatsrates Christian Johann Baptist von Wagner, in: AHVU 47 (1905), S. 1 – 124, hier S. 45 f. 211 Siehe Kap. III.3. 212 StAWü, HV Ms. q. 58: Bestallungstabelle des Hochstifts Würzburg, Würzburg [ca. 1756]; StAWü, HV Ms. q. 61: Bestallungstabelle des Hochstifts Würzburg, [Würzburg] 1770.

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Reichstagsgesandten (2 000 fl.) die bestbezahlte Position innerhalb der hochstiftischen Verwaltung war.²¹³ Dem Geheimen Referendär oblag auch die Aufsicht über das Personal der Geheimen Kanzlei, welches durch ihn vereidigt wurde und an Posttagen von 7 bis 12 Uhr und von 14 Uhr bis zur vollständigen Erledigung der Post, an den übrigen Tagen von 8 bis 12 Uhr und nachmittags von 14 bis 18 oder 19 Uhr „verschwiegen, fleißig und bescheiden“ seinen Dienst zu verrichten hatte. Er selbst hatte sich täglich „vor- und nachmittag[s] bei dero hoff [zu] rechter zeith“ einzufinden und den Regenten auf alle Reisen zu begleiten.²¹⁴ Seine hauptsächliche Tätigkeit bestand darin, sämtliche „einkommenden reichs und crais berichten, […] relationen von nachgesezten fürstl[ichen] dicasteriis [= Behörden]“ und übrige einlaufende Korrespondenz zu lesen, dem Fürstbischof daraus zu referieren, dessen Entschließungen zu notieren beziehungsweise entsprechende Beschlussvorlagen vorzubereiten und deren Ausfertigung zu veranlassen.²¹⁵ Diese aufwendige Vorgehensweise beschrieb der würzburgische Geheime Referendär des Fürstbischofs Franz Ludwig von Erthal (1779 – 1795), Christian Johann Baptist Wagner, ausführlich in seinen Memoiren: „Meine Referierstunde war täglich abends um 5 Uhr, wo ich mehrenteils zwei Stunden, auch noch länger vorzutragen hatte. Die Referiermethode war äußerst beschwerlich. Der Fürst nahm die Vorträge der Stellen vor sich, alles mußte man sodann mündlich in einen gedrängten Vortrag bringen und seine Meinung beifügen, worauf er seine Entschließung erteilte. Zur Hülfe des Gedächtnisses mußte man sich Notaten machen, wodurch viele Zeit verloren ging. […] Die Entschließungen mußte der Referendar selbst entwerfen und sie dem Fürsten zur Unterzeichnung im Konzept vorlegen, worauf sie erst in die Kanzlei zur Ausfertigung kamen. Die Reinschrift wurde sonach von demselben eigenhändig unterfertigt.“²¹⁶ Kaum überraschend sind vielfach Hinweise auf die immense Arbeitsbelastung des Geheimen Referendärs und der

213 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1802, Prod. 428: Beilagen zum Bestallungsdekret für den Geheimen Referendär Hepp (Abschrift), Schloss Seehof 26. Juni 1767. Hinzu kamen jeweils noch Zulagen in Höhe von einigen Hundert Gulden. Lediglich die Stadt- und Festungskommandanten im Bamberger Militär waren besser besoldet, vgl. Fackler, Stiftsadel, S. 110 – 115. 214 Auch ein oder mehrere Kanzlisten hatten den Fürstbischof stets zu begleiten, wie aus dem Tagebuch des Bamberger Geheimen Kanzlisten Johann Georg Endres, der unter Fürstbischof Franz Ludwig von Erthal (1779 – 1795) diente, hervorgeht, siehe Kerstin Kech, Johann Georg Endres. Bamberger Kanzlist und Künstler, in: Mark Häberlein u. a. (Hg.), Bamberg in der Frühen Neuzeit. Neue Beiträge zur Geschichte von Stadt und Hochstift (Bamberger Historische Studien, 1), Bamberg 2008, S. 293 – 318, hier S. 296 f., 306 – 318. Das Tagebuch befindet sich heute in der Bamberger Staatsbibliothek, vgl. StBB, HV. Msc. 538. 215 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1765. 216 Henner, Autobiographie, S. 33.

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Geheimen Kanzlei überliefert.²¹⁷ Gleichwohl ermöglichte dieses Verfahren dem Referendär beachtliche Einflussmöglichkeiten, zumal er naturgemäß Spielräume bei der Auswahl, Gewichtung und vorläufigen Beurteilung der zu referierenden Materien besaß. Während der häufigen Personalunionen befanden sich sowohl der Bamberger als auch der Würzburger Geheime Referendär am Aufenthaltsort des Fürstbischofs. Hierfür standen etwa dem Würzburger Referendär in der Bamberger Residenz je zwei Zimmer für sich und seinen Sekretär, ein Zimmer für den Diener und ein Zimmer als Kanzlei zur Verfügung.²¹⁸ In der Würzburger Residenz befanden sich die Geheimen Kanzleien im ersten Stock. Eine Skizze des Architekten Balthasar Neumann aus dem Jahr 1745 zeigt in dieser Reihenfolge die Würzburger Kanzlei mit Durchgang zur Registratur, durch eine Trennwand vom Schlaf- und Arbeitszimmer des Geheimen Referendärs Borié abgeteilt, Boriés „ahnsprag zimmer“ sowie ein Zimmer für dessen Diener. Gleich daneben folgte die Bamberger Kanzlei, zwei Räume für den Bamberger Referendär Degen sowie ein Zimmer für dessen Diener und einen Kanzleibediensteten.²¹⁹ Obwohl den Referendären dienstliche Schlafund Arbeitsräume zur Verfügung standen, nahmen sie offenbar regelmäßig Unterlagen mit nach Hause, was das Domkapitel immer wieder beanstandete.²²⁰ Die strikte Aufteilung der Reichstags- und Kreistagsmaterien zwischen den beiden Geheimen Kanzleien unter Fürstbischof Erthal ²²¹ – aufgrund des Kreisdirektoriums übernahm die Bamberger Kanzlei die Kreis- und die Würzburger

217 So schrieb Wagner über seine Tätigkeit als Geheimer Referendär: „Die Last war aber unbeschreiblich groß; das Ehrgefühl spornte mich über alles, die Wahl des Fürsten zu dem wichtigsten Posten vor dem Publikum und vor ganz Deutschland zu rechtfertigen. Ich mußte daher Tag und Nacht über den Papieren brüten; ich kann nicht sagen, daß ich lebte, sondern ich arbeitete nur“, vgl. ibid., S. 40. Siehe auch Rupprecht, Geheime Kanzlei, S. 444. 218 Weber, Erinnerungen, S. 198. 219 MfF, Sammlung Eckert 326: Skizze Balthasar Neumanns, Würzburg 26. März 1745. Siehe auch Jens Martin, Die Schaltstelle der Macht. Zeichnung der Würzburger Geheimen Kanzlei, in: Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns (Hg.), Der Fürstbischof zieht in die Stadt. Die Anfänge der Würzburger Residenz vor 300 Jahren. Eine Ausstellung des Staatsarchivs Würzburg in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen (Staatliche Archive Bayerns – Kleine Ausstellungen, 61), München 2020, S. 83. 220 Während der Sedisvakanz Ende 1754 ging das Würzburger Domkapitel Vorwürfen gegen den Geheimen Referendär Borié nach, der„einen wagen voll schrifften aus der geheimen canzley in sein hauss habe bringen lassen“, vgl. StAWü, Würzburger Domkapitelprotokolle 201, S. 892. Im Untersuchungszeitraum enthielten sämtliche Würzburger Wahlkapitulationen den Passus, es dürfe dem Geheimen Referendär nicht gestattet werden, die Reichs- und Kreistagsakten „in seinem privat haus uffzuheben“, vgl. StAWü, Urkunden-Libell 465, S. 87. Siehe auch StAWü, Urkunden-Libell 466, S. 58; StAWü, Urkunden-Libell 467, S. 68. 221 Henner, Autobiographie, S. 40 f.

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Kanzlei die Reichstagsangelegenheiten – lässt sich für den Untersuchungszeitraum zumindest anhand der eingesehenen Reichstagsakten nicht belegen, erscheint aber plausibel.²²² Grundsätzlich leuchtet ein, dass die in Personalunion regierenden Fürstbischöfe nicht per se ein gleiches Arbeits- und Vertrauensverhältnis mit beiden Geheimen Referendären pflegten, sondern einer der beiden eine herausgehobene Position als engster Berater des Fürsten einnahm. So gibt es Hinweise, dass der Bamberger und Würzburger Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim (1755/ 1757– 1779) zu seinem Würzburger Referendär Bernhard Emmanuel Prümmer eine engere Verbindung unterhielt und diesen mit weitreichenderen Aufgaben betraute.²²³ Der Geschäftsgang der Geheimen Kanzleien hinsichtlich der Reichstagspolitik folgte dem beschriebenen Ablauf. Die Berichte (Relationen) und Stimmentwürfe der Reichstagsgesandtschaften liefen in der Geheimen Kanzlei ein, wo sie vom Geheimen Referendär aufgenommen, ausgewertet und ihre wesentlichen Informationen für den Vortrag beim Fürstbischof aufbereitet wurden. Der Referendär entschied über Handlungsbedarf und erarbeitete die möglichen Handlungsoptionen, beriet selbige mit dem Bischof und notierte dessen Entscheidung, welche anschließend als Weisung (Reskript), mit der Unterschrift des Regenten versehen, an die Gesandtschaft ausgefertigt wurde. Da der Fürstbischof seine Beschlüsse auf Grundlage der Darstellung seines Geheimen Referendärs fasste, konnte dieser maßgeblichen Einfluss auf die außen- und reichstagspolitischen Entscheidungen des Hochstifts nehmen. Zu Jahresbeginn 1751 änderte sich der Geschäftsgang der Würzburger Geheimen Kanzlei.²²⁴ Bereits Anfang November 1749 war die Reichstagsgesandtschaft angewiesen worden, die Berichte künftig halbbrüchig zu verfassen, wie dies bei Schriftstücken der Unterordnung und Berichten im 18. Jahrhundert zunehmend zur

222 In den Berichten des kaiserlichen Wahlgesandten Joseph von Ried über den Zustand der Hochstifte Bamberg und Würzburg aus dem Jahr 1779 fanden die Geheimen Referendäre Seinsheims Bernhard Emmanuel Prümmer und Johann Gottfried Hepp Erwähnung. Über Hepp schrieb Ried, dass dieser „seiner Kenntnis des Zusammenhangs der Kreisgeschäfte halber in Betracht des Kreisausschreibamts unentbehrlich zu sein“ scheine, was als vager Hinweis auf eine entsprechende Aufteilung der Reichs- und Kreisangelegenheiten gelten kann, vgl. Michael Renner, Franz Ludwig von Erthal. Persönlichkeitsentwicklung und öffentliches Wirken bis zu seinem Regierungsantritt als Fürstbischof von Bamberg und Würzburg, in: WDGBL 24 (1962), S. 189 – 284, hier S. 253. 223 Seine Korrespondenz mit dem Mainzer Kurfürsten ließ Seinsheim auch von seiner Bamberger Sommerresidenz Schloss Seehof aus über die Würzburger Geheime Kanzlei abwickeln, worauf ein entsprechender Vermerk in den Bamberger Akten hindeutet vgl. StABa, HStB, Geheime Kanzlei 466: Schreiben Seinsheims an den Mainzer Kurfürsten (Abschrift), Schloss Seehof 28. Mai 1761. 224 Zum folgenden vgl. StAWü, Würzburger Reichstagsakten 284; StAWü, Würzburger ReichstagsGesandtschaft 78.

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Praxis wurde, was jedoch erst ein knappes Jahr später konsequent umgesetzt wurde.²²⁵ Die Berichte aus Regensburg, nun als Relationen betitelt und fortlaufend nummeriert, wurden vom Geheimen Referendär in der freien linken Blatthälfte mit den Anmerkungen des Fürstbischofs („resolutio celcissimi“) versehen, der anschließend teilweise noch selbst handschriftliche Änderungen oder kleine Ergänzungen vornahm und seine Entschließungen am Ende eigenhändig unterschrieb. Danach wurde der komplette Bericht von einem Kanzlisten abgeschrieben und diese Kopie samt Anmerkungen mit der Unterschrift des Bischofs an den Reichstagsgesandten zurückgeschickt, der daraus seine Direktiven entnahm und sie in den Akten des Gesandtschaftsarchivs ablegte. Der Originalbericht verblieb in den foliierten und indexierten Würzburger Reichstagsakten in der Registratur der Geheimen Kanzlei, die ebenso die Konzepte der weiterhin zusätzlich verschickten Weisungen enthielten. Gleichermaßen wurden auch in Bamberg die eingelaufenen Berichte vom Registrator der Geheimen Kanzlei rechts oben nummeriert, datiert und anschließend als „Reichstagsakten“ gebunden. Die angestrebte jahrgangsweise Bindung ließ sich aufgrund der umfangreichen Beilagen nicht verwirklichen, weshalb in Bamberg drei bis vier, in Würzburg zwei bis drei Bände pro Jahr anfielen. Um spätere Recherchen zu erleichtern, wurden die wichtigsten Inhalte seitlich kurz zusammengefasst (rubriziert) farblich markiert und in einem Index aufgeführt.²²⁶ Das Würzburger Vorgehen, die Gesandtschaftsberichte direkt zu kommentieren, war mit hohem Zeitaufwand verbunden. Meist wurden daher mehrere Berichte zusammengefasst behandelt und am selben Tag expediert, weshalb die fürstbischöflichen Entschließungen oft mit mehrwöchiger, teilweise mehrmonatiger Verzögerung in Regensburg eintrafen.²²⁷ Das mitunter volatile Reichstagsgeschehen erforderte jedoch zeitnahe Reaktionen, weshalb weiterhin gesonderte Weisungen an die Gesandtschaft ergingen. Die somit wenig praktikable Verfahrensweise wurde Mitte 1755, wenige Monate nach dem Regierungsantritt Adam Friedrich von Seinsheims, aufgegeben.

225 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 74: Weisung Greiffenclaus an Bibra, Werneck 2. November 1749. Siehe auch Hochedlinger, Aktenkunde, S. 122 f., 207. 226 Z. B. StABa, HStB, Geheime Kanzlei 407. Zur dieser Vorgehensweise finden sich in der Instruktion für den Geheimen Referendär Degen genaue Vorgaben, vgl. StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1765; Rupprecht, Geheime Kanzlei, S. 446 f. Die Reichstagsakten enthalten neben den Konzepten der Weisungen und den Gesandtschaftsberichten samt Beilagen auch die einlaufende und ausgehende Korrespondenz mit anderen Reichsfürsten. 227 So wurden die mit der fürstbischöflichen Entschließung versehenen Gesandtschaftsberichte vom 12. Juli, 12. August und 20. August 1754 erst am 25. Oktober 1754 an die Gesandtschaft ausgefertigt, vgl. StAWü, Würzburger Reichstagsakten 296.

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Der faktische Einfluss des Geheimen Referendärs beziehungsweise des Fürstbischofs auf die Gestaltung der Reichstagspolitik hing immens von der Persönlichkeit der jeweiligen Amtsinhaber ab.²²⁸ Grundsätzlich war der Geheime Referendär aber, wie Klaus Rupprecht es zutreffend formuliert, „gewissermaßen als rechte Hand des Fürstbischofs unmittelbar an der Formulierung des Regierungswillens beteiligt“²²⁹, woraus sich seine große Bedeutung für die hochstiftische Politik ergab, zumal seine Position und Einflussmöglichkeiten im hochstiftischen Herrschaftsgefüge exklusiven Charakter hatten. Dementsprechend beschrieb der kaiserliche Wahlgesandte von Ried die Situation in den Hochstiften Bamberg und Würzburg 1779: „Es sind zu Bamberg ebensowenig als zu Würzburg ordentliche Minister vorhanden, welche in die öffentlichen Geschäfte Einfluß haben könnten, denn die Präsidentenstellen bei den verschiedenen Departements werden so wie zu Würzburg von Domherren bekleidet, und was das Kabinett betrifft, so hat in selbem bei dem vorigen Herrn niemand als der Geheime Referendar […] gearbeitet“.²³⁰ Zwangsläufig kollidierte die starke Stellung des Geheimen Referendärs, gerade auch gegenüber den Regierungspräsidenten, mit dem Mitregierungs- und Kontrollanspruch der Domkapitel. Die Bestrebungen des Würzburger Domkapitels, die Charge des Geheimen Referendärs während der Sedisvakanz 1754 abzuschaffen, blieben jedoch erfolglos.²³¹ 2.3.2 Die Geheime Konferenz Neben der Geheimen Kanzlei stand den Bamberger und Würzburger Fürstbischöfen mit der Geheimen Konferenz ein weiteres Beratungsgremium zur Verfügung, in welchem außen- und reichstagspolitische Gegenstände von besonderem Belang diskutiert wurden. Anders als ihre Bezeichnung vielleicht suggeriert, handelte es 228 Schott, Verhältnis, S. 92; Rupprecht, Geheime Kanzlei, S. 451 f. Siehe Kap. III.3.1. 229 Rupprecht, Geheime Kanzlei, S. 449. 230 Renner, Erthal, S. 253. In seinem Bericht über Würzburg äußerte sich Ried sinngemäß ähnlich, vgl. ibid. S. 251. 231 So befand das Würzburger Domkapitel in seiner Sitzung vom 31. Dezember 1754, dass „kein referendarius mehr nöthig, sondern statt dessen in der geheimen canzley ein secretarius genüglich seye“, vgl. StAWü, Würzburger Domkapitelprotokolle 201, S. 936. Siehe auch HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 546, Bl. 137r.–138r.: Schreiben Boriés an Reichsvizekanzler Colloredo, Würzburg 29. Dezember 1754; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 241, 288. Auch in der dem Würzburger Domvikar Franz Nikolaus Baur zugeschriebenen, polemisch verzerrten Darstellung der Würzburger Staatsverwaltung aus dem Jahr 1803 wurde die Machtfülle des Geheimen Referendärs heftig kritisiert, gar die Entmachtung des Fürstbischofs konstatiert: „Der Staatsreferendär herrscht im sogenannten Cabinete willkührlich und zügellos und begründet die abscheulichste Art der Tyranney – den Ministerial-Despotismus“, vgl. Kurzer und treuer Abriß der seither geführten Staatsverwaltung im Hochstifte Wirzburg 1803, S. 4 f.

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sich dabei nur bedingt um eine institutionalisierte Einrichtung. Vielmehr werden darunter über den Rahmen der Geheimen Kanzlei hinausgehende Konferenzen und Versammlungen der führenden Mitglieder des Hofstaats und der hochstiftischen Verwaltung subsumiert.²³² Die in den Quellen wie in der Literatur synonym gebrauchten Bezeichnungen „Geheime Ratsversammlung“²³³ oder „Geheime Ratskonferenz“²³⁴ sind daher etwas irreführend, da es sich nicht um Zusammenkünfte der Geheimen Räte im eigentlichen Sinn handelte. Charakteristika der Geheimen Konferenz waren ihre wechselnde Besetzung und ihre unregelmäßigen Sitzungen, sie wurde vom Fürstbischof meist nur sporadisch zur Beratung wichtiger Themen und Entscheidungen einberufen.²³⁵ Am Bamberger Hof scheint die Geheime Konferenz allerdings zeitweise als fester Bestandteil des außen- und reichstagspolitischen Entscheidungsprozesses mit entsprechend kontinuierlicher Tagungsfrequenz etabliert gewesen zu sein.²³⁶ In Bamberg wie in Würzburg bestand der Teilnehmerkreis der auch als „conclavi celcissimi“ bezeichneten Besprechungen neben dem Fürstbischof und dem Geheimen Referendär in der Regel noch aus Kanzler und Vizekanzler, häufig dem Statthalter, dem Obersthofmeister, dem Obermarschall sowie einem oder mehreren Regierungs- und Hofkammerpräsidenten.²³⁷ Je nach Thematik und Erfordernis wurde die Geheime Konferenz um weitere Domkapitulare, Hofräte und Geheime

232 Schott, Verhältnis, S. 93 f. 233 Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 224. 234 Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 186; StABa, HStB, Domkapitel, Rezessbücher, Nr. 81, Bl. 149v., 151r. 235 Schott, Verhältnis, S. 93. 236 So beantragte der Bamberger Domdechant Franz Konrad von Stadion während der Sedisvakanzregierung des Domkapitels im Sommer 1746, die „conferenzien wegen denen reichs sowohl als creys sachen […] wie zuvor“ fortzusetzen, vgl. StABa, HStB, Domkapitel, Rezessbücher, Nr. 74, Bl. 151r. Auch im Interregnum 1753 ist im Domkapitelprotokoll die Rede von der wiederaufgenommenen „geheimbden raths-conferenz“, was auf einen stärkeren Institutionalisierungsgrad hindeutet, vgl. StABa, HStB, Domkapitel, Rezessbücher, Nr. 81, Bl. 151r. Die Geheime Konferenz könnte auch Adressat der zusätzlich zu den Gesandtschaftsrelationen verschickten Berichte der Bamberger Legationssekretäre gewesen sein, was ebenfalls für ihren permanenten Charakter und ihren Anteil an der Formulierung der Bamberger Reichstagspolitik spricht, siehe Kap. III.2.2.4. 237 StABa, HStB, NverzA 4647: Konferenzprotokoll (Abschrift), Schloss Seehof 17. Oktober 1749; StABa, HStB, NverzA 4649: Konferenzprotokolle (Abschriften), Bamberg 11. April 1753 und 10. Juni 1754; StABa, HStB, Geheime Kanzlei 419: Konferenzprotokolle, Bamberg 15. und 27. März 1752 sowie 6. April 1752; Schott, Verhältnis, S. 93 f.; Rupprecht, Geheime Kanzlei, S. 449 f.; Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 224.

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Räte, Kriegsräte, Offiziere und sonstige Beamte erweitert.²³⁸ Grundsätzlich galt bei der Auswahl der bischöflichen Ratgeber und der Zusammensetzung der Geheimen Konferenz, dass Persönlichkeit, Erfahrung und Fähigkeiten sowie der Verbindung zum Fürsten größere Relevanz zukam, als der nominellen Stellung, dem Titel oder der Amtsbezeichnung. Zu den Beratungsgegenständen der Geheimen Konferenz zählten etwa das Bamberger Vorgehen im Kreisdirektorialstreit oder die Entscheidung über die Einwilligung in Neutralitätsverhandlungen zu Ende des Siebenjährigen Kriegs.²³⁹ Von außerordentlicher Bedeutung war die Geheime Konferenz unter dem Würzburger Fürstbischof Karl Philipp von Greiffenclau in den Jahren 1749 bis 1754. Oft mehrmals pro Woche tagte die Geheime Konferenz unter dem Vorsitz des Fürsten und befasste sich dabei mit nahezu allen politischen Entscheidungen, wozu die geistlichen und weltlichen Zentralbehörden kurze Berichte vor den jeweiligen Sitzungen zu erstatten hatten.²⁴⁰ Das Tagebuch des Hoffouriers Johann Christoph Spielberger dokumentiert die hohe Frequenz der Konferenzsitzungen, denen neben dem Fürstbischof üblicherweise der Geheime Referendär Borié, Hofkammerpräsident Adam Friedrich von Seinsheim, die Regierungspräsidenten, der Kanzler und Vizekanzler sowie der Obermarschall beiwohnten.²⁴¹ Einem undatierten Befehl Greiffenclaus zufolge, der sich als Aktenvermerk in den Würzburger Reichstagsakten des Jahres 1754 findet, hatte die Geheime Kanzlei den „hohen herren conferenz ministris aus dem […] dombcapitul“ und dem Obermarschall sämtliche Weisungen an die Reichstagsgesandtschaft vorzulegen, bevor diese dem Fürstbischof referiert wurden.²⁴² Der tatsächliche Einfluss der Geheimen Konferenz auf die Reichstagspolitik und ihre Stellung gegenüber dem Geheimen Referendär ist allerdings unklar. Gerade unter Fürstbischof Greiffenclau dominierte allein der Geheime Referendär Egid Valentin von Borié die Würzburger Reichstagspolitik. Die Beschlüsse der Geheimen Konferenz hatten insgesamt wohl eher beratenden als bindenden Charakter.

238 Schott, Verhältnis, S. 93 f.; Rupprecht, Geheime Kanzlei, S. 449 f. Vgl. z.B. StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2157, Bl. 445: Konferenzprotokoll (Abschrift), Würzburg 13. November 1749; StABa, HStB, Geheime Kanzlei 434: Konferenzprotokoll, Bamberg 7. August 1754. 239 StABa, HStB, NverzA 4649: Konferenzprotokoll (Abschrift), Bamberg 10. Juni 1754; StABa, HStB, NverzA 4651: Konferenzprotokoll (Abschrift), Würzburg 5. Dezember 1762. Siehe auch Kap. IV.2.6 und IV.3.2.4. 240 Schott, Verhältnis, S. 93 f.; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 186. 241 Z. B. StAWü, HV Ms. q. 176 c , Bl. 5v., 16v., 17r., 21, 70v., 75r., 82r., 106r., 113r. 242 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 295; Undatierter Aktenvermerk am Ende des Registers.

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2.3.3 Informelle Strukturen Eine trennscharfe Differenzierung zwischen Formalität und Informalität im höfischen Umfeld erweist sich häufig als schwierig.²⁴³ Die definitorische Annäherung Birgit Emichs bezeichnet formale Vorgänge als „Handlungen gemäß den fixierten Regeln, formale Kommunikation orientiert sich an Dienstwegen und Sachargumenten ohne Ansehen der Person“.²⁴⁴ Wenn also normative Verfahrensweisen innerhalb einer Organisation wie dem frühneuzeitlichen Hof und seiner Verwaltung in den Bereich der Formalität einzuordnen sind, ergibt sich im Umkehrschluss, dass davon abweichende Abläufe als informal charakterisiert werden können.²⁴⁵ Im Sinne dieser engen Definition von Informalität, welche zunächst einmal nicht auf informale Erscheinungsformen wie Korruption oder Patronage- und Klientelsysteme abzielt, geht es hier um Strukturen und Mechanismen der hochstiftischen Reichstagspolitik, welche vom zuvor dargestellten formellen Geschäftsgang der Geheimen Kanzlei abweichen. Der Würzburger Reichstagsgesandte Johann Philipp von Fechenbach etwa schickte neben den regulären, vom Gesandtschaftssekretär oder -kanzlisten ausgefertigten Relationen regelmäßig eigenhändig verfasste Berichte an seine Dienstherrn. Diese wurden nicht wie die entsprechend betitelten Relationen nummeriert, aber dennoch in die Reichstagsakten der Geheimen Kanzleiregistratur aufgenommen und gegebenenfalls mit einer kurzen Inhaltsangabe versehen. Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim wiederum erteilte die Anordnungen an seinen Vetter Fechenbach vorzugsweise in eigenhändigen Handschreiben, mehrere hundert sind in Fechenbachs Nachlass überliefert.²⁴⁶ Die Zahl der offiziellen, von der Geheimen Kanzlei expedierten Weisungen sank damit deutlich. Überhaupt wurden diese zunächst wohl hauptsächlich aus dem Bewusstsein Seinsheims, dass die Kommunikation per Handschreiben Überlieferungslücken in den Würzburger Reichstagsakten und den Akten der Gesandtschaft zur Folge haben musste, auch weiterhin ausgefertigt.²⁴⁷ Damit änderte sich ihr Charakter grundlegend, dienten sie doch mehr der Dokumentation reichstagspolitischer Entschei-

243 Werner Paravicini, Informelle Strukturen bei Hofe – Eine Einleitung, in: Reinhardt Butz – Jan Hirschbiegel (Hg.), Informelle Strukturen bei Hof. Dresdner Gespräche III zur Theorie des Hofes (Vita curialis. Form und Wandel höfischer Herrschaft, 2), Berlin 2009, S. 1 – 8. 244 Birgit Emich, Die Formalisierung des Informellen: Der Fall Rom, in: Reinhardt Butz – Jan Hirschbiegel (Hg.), Informelle Strukturen bei Hof. Dresdner Gespräche III zur Theorie des Hofes (Vita curialis. Form und Wandel höfischer Herrschaft, 2), Berlin 2009, S. 149 – 156, hier S. 151. 245 Ibid., S. 150 f.; Paravicini, Informelle Strukturen, S. 1. 246 Kallfelz, Fechenbach Teil 2, S. 29. 247 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 94: Weisung Seinsheims an Fechenbach, Veitshöchheim 5. Juli 1757.

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dungen als der Instruktion des Gesandten, wobei die wichtigsten Anordnungen oder die Stimmentwürfe prinzipiell per Weisung übermittelt wurden. Auch Kanzleioder eigenhändige Handschreiben der Geheimen Referendäre an die Gesandten waren keine Seltenheit.²⁴⁸ Der Unterschied zwischen formalem und informalem Schriftverkehr des Fürsten und des Geheimen Referendärs mit der Gesandtschaft ist äußerlich und inhaltlich klar erkennbar. Weisungen ergingen im Folio-Format und wurden von der Kanzlei ausgefertigt, die Weisungen Seinsheims an Fechenbach jedoch im „IchStil“ (stilus litterae) anstelle des sonst üblichen „Wir-Stils“ (stilus curiae). Für seine eigenhändigen Handschreiben an Fechenbach nutzte Seinsheim Papierbögen im Quart-Format und verzichtete meist auf die Anrede, häufig sogar auf die obligatorische Unterschrift.²⁴⁹ Fechenbach verwahrte diese nicht in den Gesandtschaftsakten, sondern in seinem persönlichen Korrespondenzarchiv. Rein äußerlich lassen sich die eigenhändigen Handschreiben nicht von Briefen abgrenzen, allein die über private und persönliche Belange hinausgehenden Inhalte zur Reichstagspolitik erlauben eine Differenzierung.²⁵⁰ Die Unterweisung der Reichstagsgesandtschaften konnte auch in mündlicher Form geschehen. Zwar ist mündliche Kommunikation nicht automatisch in den Bereich der Informalität einzuordnen,²⁵¹ als von der gängigen Praxis abweichend wird sie dennoch in diesem Kapitel behandelt. Weilten die Gesandten an ihren heimatlichen Höfen, nahmen sie an Konferenzsitzungen teil und diskutierten die aktuellen reichstagspolitischen Themen im Rahmen von Audienzen mit dem

248 Z. B. StABa, HStB, NverzA 4649: Kanzleischreiben Oberkamps an Bibra, Bamberg 22. Dezember 1753; StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2160, 172, Bl. 178r.–187r.: Eigenhändige Handschreiben Boriés an Fechenbach, Würzburg 5., 7. und 8. November 1752 und 7. April 1754; StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2164, Bl. 5r.–12r.: Eigenhändige Handschreiben Prümmers an Fechenbach, Bamberg 8. Mai 1761, Schloss Seehof 17. Juli 1761, Werneck 7. und 27. August 1761. 249 Siehe auch Hochedlinger, Aktenkunde, S. 119 f., 175 f., 189 f.; Gerhard Schmid, Akten, in: Friedrich Beck – Eckart Henning (Hg.), Die archivalischen Quellen. Mit einer Einführung in die Historischen Hilfswissenschaften (UTB, 8273), Köln u. a. 2012, S. 89 – 124, hier S. 100 f. 250 Zur quellenkundlichen Unterscheidung zwischen Brief und „amtlichem“ Handschreiben siehe Irmtraut Schmid, Briefe, in: Friedrich Beck – Eckart Henning (Hg.), Die archivalischen Quellen. Mit einer Einführung in die Historischen Hilfswissenschaften (UTB, 8273), Köln u. a. 2012, S. 125 – 134, hier S. 125. Demnach ist der „Brief […] eine schriftliche Mitteilung persönlichen Inhalts, gewechselt zwischen Partnern, die in rein persönlicher, nicht amtlich oder geschäftlich bedingter Beziehung zueinander stehen […]“. Im Hinblick auf frühneuzeitliche Korrespondenzen wurde die strikte Verortung des Briefs in der Sphäre des Privaten schlüssig kritisiert und dafür plädiert, diese „als politisches Instrument zu begreifen“, vgl. Bastian, Verhandeln in Briefen, S. 24 – 27. Siehe auch Jean Boutier u. a., Introduction, in: dies. (Hg.), La politique par correspondance. Les usages politiques de la lettre en Italie (XIVe-XVIIIe siècle), Rennes 2009, S. 7– 19, hier S. 17– 19. 251 Paravicini, Informelle Strukturen, S. 5.

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Fürsten. Diese Aufenthalte an den Höfen ihrer Auftraggeber waren zugleich eine wichtige Komponente zur Bildung und Erhaltung von Vertrauen zwischen den Prinzipalen und den Gesandten.²⁵² Auch über (durch)reisende Gesandte erhielten die Reichstagsgesandtschaften in Regensburg Instruktionen des Fürsten.²⁵³ Eine Sonderstellung in der Bamberger Reichstagspolitik nahm Obermarschall Johann Philipp von Bibra ein. Die Position des Ober- oder Oberhofmarschalls war das zweithöchste der vier obersten Hofämter am Bamberger Hof, ihm oblagen die Aufsicht über das Hofpersonal aus den Bereichen Küche, Keller, Musik, Gärtnerei und Bauwesen sowie repräsentative und zeremonielle Funktionen.²⁵⁴ Befugnisse auf dem Gebiet der Reichstagspolitik beziehungsweise politischer Entscheidungen allgemein besaß der Obermarschall damit theoretisch nicht. Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung als Reichstagsgesandter für die Hochstifte Augsburg, Bamberg, Konstanz und Würzburg sowie als verhandlungserprobter Diplomat avancierte Bibra nach seinem Wechsel an den Bamberger Hof im Sommer 1751 neben dem Geheimen Referendär zum wichtigsten Berater des Fürstbischofs in allen außen- und reichstagspolitischen Angelegenheiten. Sein Amt als Reichstagsgesandter behielt er weiterhin bei, reiste jedoch nur noch zur Führung der Vergleichsverhandlungen im Kreisdirektorialstreit persönlich nach Regensburg, wo er andere Gesandte mit der Vertretung Bambergs substituiert hatte.²⁵⁵ Wie das Bamberger Vorgehen hinsichtlich der Introduktion des Fürsten von Thurn und Taxis in den Reichsfürstenrat zeigt, vermochte Bibra die Ausrichtung der Bamberger Reichstagspolitik maßgeblich zu bestimmen.²⁵⁶ Auch für die Formulierung der Reichstagsvoten, die der substituierte Gesandte Johann Georg von Stingelheim bei den Abstimmungen im Reichsfürstenrat zu Protokoll gab, zeigte sich Bibra verantwortlich.²⁵⁷ Die Korrespondenz zwischen Bibra und dem Geheimen Referendär Oberkamp belegt deren enge und vertrauliche Zusammenarbeit. Als Bibra Ende November 1753 zeitweise nach Regensburg zurückkehrte, schrieb ihm

252 StABa, HStB, NverzA 4647: Konferenzprotokoll (Abschrift), Schloss Seehof 17. Oktober 1749; Weisung des Bamberger Fürstbischofs Franckenstein an Johann Philipp von Bibra, Bamberg 13. Mai 1750; StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 74: Weisung des Fürstbischofs Greiffenclau an Bibra, Würzburg 2. November 1749; StAWü, HV Ms. q. 176 b, Bl. 332; StAWü, HV Ms. q. 176 c, Bl. 70r. 253 StABa, HStB, NverzA 4649: Weisung Franckensteins an Stingelheim, Schloss Seehof 16. Mai 1753. 254 Weber, Erinnerungen, S. 195; Rupprecht, Geheime Kanzlei, S. 451; Kech, Hofhaltung, S. 103 – 105, 125 f. 255 Zur Biografie Bibras siehe Kap. III.3.3.1. 256 Siehe Kap. IV.2.4. 257 So wandte sich der österreichische Reichstagsgesandte Buchenberg im Frühjahr 1753 direkt an Bibra nach Bamberg, um die Abänderung des Bamberger Votums zu erwirken, vgl. HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 129: Berichte Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 10. Februar und 29. März 1753.

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Oberkamp im Zusammenhang mit Überlegungen zur Verbesserung des Münzwesens: „Nun wünschte ich mich hierüber mit euer hochwohlgebohrn umständlicher mündlich besprechen und auch bey dem entwurf dero guten und einsichtigen raths bedienen zu können, nachdemahlen aber solches dermahlen ohnmöglich seyn mag, so will ich mir wenigstens zu meiner belehrung dero erlauchte gedancken hierüber erbetten haben“.²⁵⁸ Grundsätzlich ist die Existenz paralleler, offizieller und informeller Kommunikationskanäle nicht als Ausnahme, sondern als Kennzeichen frühneuzeitlicher Diplomatie zu betrachten.²⁵⁹ Corina Bastian brachte dieses Spezifikum unlängst auf den Punkt: „Das Informelle gehörte zum System. Informelle (im Sinne von nicht amtliche) Wege waren nötig, ja, sie waren funktionaler Bestandteil der Außenbeziehungen“.²⁶⁰

2.4 Gab es eine Reichstagspolitik der Domkapitel? Strukturmerkmal der hochstiftischen Verfassungs- und Herrschaftsgefüge war der Mitregierungsanspruch der Domkapitel als den vornehmsten Landständen innerhalb der geistlichen Territorien. Als Spezifika sind insbesondere die Wahl des Fürsten durch die Domkapitulare, der Einsatz von Wahlkapitulationen, die Ausübung der Regierungsgewalt durch das Domkapitel während der Sedisvakanz und – als Besonderheit der in Personalunion regierten Fürstbistümer – die Statthalterschaft bei Abwesenheit des Fürstbischofs zu nennen.²⁶¹ Während der Personalunion im Untersuchungszeitraum hatte Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim die Handlungsspielräume des Bamberger Statthalterkollegiums allein auf beratende Funktion beschränkt, es hatte „vor sich selbsten aber in Ansehung erstberegten triftigen Beweggründen in wichtigen Staats- und

258 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 428: Schreiben Oberkamps an Bibra (Konzept), Bamberg 29. November 1753. Hier auch weitere Korrespondenz zwischen Oberkamp und Bibra. 259 Thiessen, Gestaltungsspielräume und Handlungspraktiken frühneuzeitlicher Diplomaten, S. 207 f. 260 Bastian, Verhandeln in Briefen, S. 431. 261 Günter Christ, Selbstverständnis und Rolle der Domkapitel in den geistlichen Territorien des alten deutschen Reiches in der Frühneuzeit, in: ZHF 16 (1989), S. 257– 328, hier S. 257– 315; Thomas Horling, Anmerkungen zur Rolle des Domkapitels im Herrschaftsgefüge des Hochstifts Würzburg während des 18. Jahrhunderts, in: JfL 61 (2001), S. 111 – 159, hier S. 112 – 129, 155 – 159; Wolfgang Wüst, Bischöfe als Reichsfürsten. Wahlverpflichtungen, Machtbarrieren, Überforderung und Vielregiererei in süddeutschen Hochstiften, in: Bettina Braun u. a. (Hg.), Geistliche Fürsten und geistliche Staaten in der Spätphase des Alten Reiches, Epfendorf 2008, S. 43 – 60, hier S. 57– 60; Braun, Princeps, S. 343 f.

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Landes-Angelegenheiten keinen vollkommenen Entschluss zu fassen, weder sich in einige Verbindlichkeit hierüber einzulassen noch weniger aber eines oder das andere eher in werktatigen Vollzug zu bringen, bis nicht […] [seine] Entschliessung und Genehmigung erholt und eingelangt“ sei.²⁶² Auch die Wahlentscheidung des Domkapitels hatte zunächst einmal keine konkreten Auswirkungen auf die hochstiftische Reichstagspolitik, weshalb vor allem die Wahlkapitulationen und die Sedisvakanzen in den Fokus geraten. Wichtigstes Instrument zur Legitimierung und Durchsetzung der domkapitelischen Regierungs- und Kontrollbefugnisse stellten die Wahlkapitulationen dar, in welchen weitreichende Einflussmöglichkeiten, Rechte und Kompetenzen des Domkapitels festgeschrieben wurden. Eigentlich durch Kaiser und Papst in den 1690er Jahren verboten, blieb die Verpflichtung des Neoelekten auf Wahlkapitulationen bis Ende des 18. Jahrhunderts gängige Praxis.²⁶³ Sie sicherten dem Domkapitel den Zugriff auf die Besetzung wichtiger Ämter und Spitzenpositionen innerhalb der hochstiftischen Verwaltung und schützten die domkapitelischen Privilegien. Auch auf dem Gebiet der Außenbeziehungen wurden die Möglichkeiten des Fürstbischofs per Wahlkapitulation reglementiert, da ohne den Konsens der Domkapitulare keine Bündnisse, Allianzen oder sonstige Verträge geschlossen werden durften.²⁶⁴ Bei der Auswahl und Ernennung von Diplomaten und Gesandten hatten die Mitglieder des Domkapitels berücksichtigt zu werden.²⁶⁵ In den Würzburger Wahlkapitulationen wurde auch die Reichstagspolitik thematisiert: „Von allen sowohl auf denen reichs- und craystagen, als auch anderen reichsconventen […] gemachten schluss- und recessen“ hatten dem Domkapitel „einige abschrifft[en] […] zugestellet und communiciret“ zu werden.²⁶⁶ Damit be-

262 Zitiert nach Ssymank, Seinsheim, S. 86. Siehe auch Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 266 f.; Horling, Domkapitel, S. 125 f. 263 Christ, Selbstverständnis und Rolle der Domkapitel in den geistlichen Territorien des alten deutschen Reiches in der Frühneuzeit, S. 281 – 315; Horling, Domkapitel, S. 117; Weiß, Herrschaft, S. 21 f.; Bettina Braun, Die bischöflichen Wahlkapitulationen in der Reichskirche, in: Heinz Duchhardt (Hg.), Wahlkapitulationen in Europa (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 95), Göttingen 2015, S. 141 – 165, hier S. 143, 148 – 151, 154 – 156. 264 Horling, Domkapitel, S. 122 – 125; StAWü, Urkunden-Libell 465, S. 18 – 20; StABa, A 115, Fach 43, Nr. 237, Artikel 3, § 3. Beispielsweise hatte das Bamberger Domkapitel den Vertragsentwurf zur Beilegung des Kreisdirektorialstreits zu genehmigen, bevor die Verhandlungen zum Abschluss gebracht werden konnten, siehe Kap. IV.2.6.4. 265 Siehe Kap. II.3. 266 StAWü, Urkunden-Libell 465, S. 86. Fast gleichlautend auch die entsprechenden Artikel der Würzburger Wahlkapitulationen aus den Jahren 1749 und 1755, vgl. StAWü, Urkunden-Libell 466, S. 58; StAWü, Urkunden-Libell 467, S. 67. In den Bamberger Wahlkapitulationen findet sich keine

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hielt sich das Domkapitel lediglich vor, über die Beschlüsse des Reichstags informiert zu werden. Allerdings kritisierten die Wahlkapitulationen die exklusive Stellung des Geheimen Referendärs hinsichtlich der hochstiftischen Reichstagspolitik. So sei es „vielen gefahren und bedencken unterworffen, wann die publica einem rath allein überlassen und anvertrauet seynd“, weshalb „auch andere zu selbigen pro coherente et continua informatione mitzuzuziehen“ wären.²⁶⁷ Diese vage formulierte Forderung zielte womöglich darauf ab, der Geheimen Konferenz, in der das Domkapitel üblicherweise vertreten war, ein stärkeres Gewicht bei der außen-, kreis- und reichstagspolitischen Entscheidungsfindung zu verschaffen. Über die Teilnahme an der Geheimen Konferenz, welche letztlich durch die in den Wahlkapitulationen verankerte Besetzung hochrangiger Hof- und Verwaltungspositionen gewährleistet wurde, standen dem Domkapitel zumindest indirekte Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten zur Verfügung. Bleibt zuletzt die Frage, inwieweit die Domkapitel während der Sedisvakanzregierung aktiv Reichstagspolitik betrieben. Zu den ersten Schritten nach dem Tod des Bischofs und der Regierungsübernahme des Domkapitels zählte die Notifikation des Todesfalls, die Ernennung von Statthaltern, die Versiegelung der Geheimen Kanzlei, des bischöflichen Kabinetts, des Archivs, der Stube des Kanzlers und weiterer zentraler Einrichtungen, die Vereidigung des Hofpersonals, der Beamtenschaft und des Militärs sowie die bei jedem Regierungswechsel fällige Legitimierung der Reichs- und Kreistagsgesandtschaft.²⁶⁸ Anschließend nutzte das Domkapitel seine befristete Regierungsgewalt üblicherweise zur Aufhebung missliebiger Regierungsmaßnahmen und der Entlassung unliebsamer Mitarbeiter des verstorbenen Fürstbischofs und traf eigene Personalentscheidungen, welche mit dem Geheimen Referendär oder dem Reichstagsgesandten auch die Reichstagspolitik betreffen konnten.²⁶⁹

diesbezügliche Aussage, vgl. StABa, A 25, Fach 31, Nr. 73; StABa, A 25, Fach 31, Nr. 74; StABa, A 25, Fach 31, Nr. 76. 267 StAWü, Urkunden-Libell 465, S. 86; StAWü, Urkunden-Libell 466, S. 58; StAWü, Urkunden-Libell 467, S. 67 f. 268 Z. B. StABa, HStB, Domkapitel, Rezessbücher, Nr. 74, Bl. 147v.–149v., 151r.; StABa, HStB, Domkapitel, Rezessbücher, Nr. 81, Bl. 122r.–123r., 124v.–128v., 131. Zum Legitimationsverfahren beim Reichstag siehe Kap. III.6.2. 269 Christ, Selbstverständnis und Rolle der Domkapitel in den geistlichen Territorien des alten deutschen Reiches in der Frühneuzeit, S. 273; Horling, Domkapitel, S. 126; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 113, 168, 240 f. Während des Interregnums nach dem Tod des langjährigen Bamberger und Würzburger Fürstbischofs Friedrich Karl von Schönborn im Sommer 1746 entließ das Bamberger Domkapitel den bisherigen Reichstagsgesandten Georg Karl Karg von Bebenburg und ernannte Johann Philipp von Bibra zum neuen Gesandten, siehe Kap. III.2.2.2.

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Im Hochstift Würzburg ergingen nur während der Sedisvakanz 1746 konkrete Weisungen an die Reichstagsgesandtschaft, die mit „Dompropst, domdechant, senior und capitul gemeiniglich eines hohen dom-stiffts zu Wirtzburg“ unterzeichnet worden waren.²⁷⁰ Allerdings ist fraglich, wer genau dafür verantwortlich war, in den entsprechenden Sitzungen des Domkapitels waren die Berichte des Reichstagsgesandten und der Inhalt der Weisungen nämlich nicht thematisiert worden.²⁷¹ Das versammelte Domkapitel befasste sich auch während der Sedisvakanzen 1749 und 1754 lediglich damit, dem Gesandten Vollmachten zur Legitimierung beim Reichstagsdirektorium und der Prinzipalkommission zuzustellen und Trauergelder zu bewilligen, inhaltliche Fragen der Reichstagspolitik wurden in den Kapitelsitzungen nicht behandelt.²⁷² Aufschlussreicher sind die Bamberger Domkapitelprotokolle (Rezessbücher). Bereits am zweiten Tag des Interregnums nach dem Tod Friedrich Karl von Schönborns 1746 beantragte Domdechant Franz Konrad von Stadion, „daß die conferenzien wegen denen reichs sowohl als creyssachen […] wie zuvor fortgesetzet werden“. Das Domkapitel beschloss die Wiederaufnahme der Geheimen Konferenzsitzungen und befand, dass die Reichs- und Kreistagsgesandten zu instruieren seien, wobei „referendario Degen die expeditiones darinnen anvertrauet werden“ sollten.²⁷³ Zwar erfolgten bis zur Wahl des neuen Fürstbischofs keine Weisungen an die Reichstagsgesandtschaft, die Vorgehensweise des Domkapitels dürfte aber bei den folgenden Sedisvakanzen 1753 und 1757 ähnlich gewesen sein. So entschied das Bamberger Domkapitel in seiner Sitzung vom 26. Juni 1753, „zur wieder[ein]gesezten geheimbden raths-conferenz“ zwei Domkapitulare „nebst dem syndico und consulenten“ zu deputieren.²⁷⁴ Demnach legte das Domkapitel die Reichstagspolitik in die Hände derjenigen Personen, die sich auch sonst für die Beratung des Fürsten und die Steuerung der Bamberger Kreis- und Reichstagspolitik verantwortlich zeigten. Dies waren in erster Linie der Geheime Referendär sowie der Obermar-

270 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 68: Weisung und Postskriptum des Domkapitels an Bibra, Würzburg 27. Juli 1746. 271 Nur die Erneuerung der Vollmacht, Bewilligung und Höhe der Trauergelder und die Erlaubnis, dass sich Bibra während der Reichstagsferien auf seinen Gütern aufhalten dürfe, wurden in der Kapitelsitzung behandelt, vgl. StAWü, Würzburger Domkapitelprotokolle 193, S. 707– 709. Wahrscheinlich hatte der Geheime Referendär den Entwurf noch vor Ableben des Fürstbischofs und der Versiegelung der Geheimen Kanzlei gefertigt. 272 StAWü, Würzburger Domkapitelprotokolle 196; StAWü, Würzburger Domkapitelprotokolle 201. Als der Reichstagsgesandte Bibra während der Sedisvakanz 1749 mit der verweigerten Legitimierung beim Prinzipalkommissar einen diplomatischen Zwischenfall auslöste, beauftragte das Domkapitel den Kanzler mit der Klärung der Angelegenheit, siehe Kap. III.6.2. 273 StABa, HStB, Domkapitel, Rezessbücher, Nr. 74, Bl. 151r. 274 StABa, HStB, Domkapitel, Rezessbücher, Nr. 81, Bl. 151r.

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schall Johann Philipp von Bibra.²⁷⁵ Gleichzeitig zeigt die Abordnung von (zusätzlichen) Domkapitularen zur Geheimen Konferenz, dass diese einen relevanten Faktor zur Teilhabe des Domkapitels am außenpolitischen Entscheidungsprozess darstellte. Auch die während der Sedisvakanzen 1753 und 1757 an den Reichstagsgesandten im Namen des Dompropsts, des Domdechants und des übrigen Kapitels verschickten Weisungen²⁷⁶ wurden nicht in den Sitzungen des Domkapitels thematisiert, offenbar genügte die Beiordnung von Domkapitularen zur Geheimen Konferenz den Macht- und Herrschaftsansprüchen des Domkapitels. Eine Besonderheit stellt daher die Behandlung eines Berichts des Bamberger Reichstagsgesandten Heinrich Joseph von Schneidt in der Sitzung des Domkapitels vom 15. April 1757 dar. Nach Verlesung des „weitläufigen gesandschafftsbericht[s]“ verfügte das Domkapitel, dieser sei dem Obermarschall Bibra zuzustellen, der „selbigen mit anderen conferenzräthen einsehen […] solle“, woraufhin im Beisein des Domdechants „sodann die entschliesung conferentialiter verabfasset werden solle“.²⁷⁷ Allerdings war die zügige Wiederaufnahme der Konferenzsitzungen beziehungsweise der üblichen Arbeitsroutinen vorrangig den Erfordernissen des Bamberger Kreistagsdirektoriums geschuldet, das sich im Zuge der Sedisvakanzen ohnehin heftigen Angriffen von Seiten der Markgrafen von Ansbach und Bayreuth ausgesetzt sah. Der Reichstagspolitik, welche in diesem Zusammenhang von den maßgeblichen Akteuren eben auch behandelt wurde, kam im Vergleich zur Kreispolitik ein deutlich geringerer Stellenwert zu.²⁷⁸ Während das Bamberger Domkapitel im Interregnum auf die üblichen Entscheidungsträger und -prozesse der hochstiftischen Reichstagspolitik vertraute, lässt sich diese Kontinuität im Hochstift Würzburg nicht beobachten. Hierin liegt möglicherweise eine Erklärung, weshalb in Würzburg mit einer einzigen Ausnahme keine Unterweisung der Reichstagsgesandtschaft während der Sedisvakanzregierungen des Domkapitels erfolgte. Nach dem Tod des unbeliebten Fürstbischofs Anselm Franz von Ingelheim 1749 hatte das Domkapitel dessen sämtliche Berater und Klienten entlassen und während der Sedisvakanz 1754 Untersuchungen gegen den Geheimen Referendär Egid Valentin von Borié eingeleitet. Da die Reichstags-

275 Z. B. StABa, HStB, Domkapitel, Rezessbücher, Nr. 85, Bl. 64, 93r., 98r. 276 StABa, HStB, NverzA 4649: Weisungen des Domkapitels an Bibra und Stingelheim, Bamberg 19. und 29. Juni sowie 9. Juli 1753; StABa, HStB, Nverz. Akten 4650: Weisungen des Domkapitels an Schneidt, Bamberg 9., 14., 17. und 25. März sowie 6. April 1757. 277 StABa, HStB, Domkapitel, Rezessbücher, Nr. 85, Bl. 118. 278 StABa, HStB, Domkapitel, Rezessbücher, Nr. 81, Bl. 123v.–128v., 151r., 153v.–154r.; StABa, HStB, Domkapitel, Rezessbücher, Nr. 85, Bl. 64. Zur langjährigen Auseinandersetzung um das Bamberger Kreisdirektorium siehe Kap. IV.2.6.

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politik im Verlauf der jeweiligen Episkopate quasi monopolistisch in der Verantwortung der Geheimen Referendäre gelegen hatte, fehlte es nach deren Entmachtung womöglich schlicht an kompetentem Personal. Zudem verlangten die Berichte der Reichstagsgesandtschaften in den entsprechenden Zeiträumen oft keine unmittelbaren Entschließungen, weshalb das Domkapitel deren Beantwortung dem nächsten Regenten überlassen konnte. Insgesamt lässt sich festhalten, dass die Reichstagspolitik nicht im primären Interesse der Domkapitel lag. Die Wahlkapitulationen waren diesbezüglich vergleichsweise zurückhaltend formuliert, sie sahen keine direkten Einfluss- oder Kontrollmechanismen hinsichtlich des reichstagspolitischen Entscheidungsprozesses vor. Die Handlungsspielräume des Domkapitels beschränkten sich somit auf die Teilhabe an der Geheimen Konferenz, deren Bedeutung wiederum von den jeweiligen Fürstbischöfen und den Geheimen Referendären abhing. Auch als den Domkapiteln während der Sedisvakanzen die Regierungsgewalt oblag, befassten sich diese nicht mit inhaltlichen Fragen der hochstiftischen Reichstagspolitik. Das Bamberger Domkapitel trug immerhin für die Fortsetzung der Reichs- und Kreispolitik im Interregnum Sorge. Die Hinzuziehung von domkapitelischen Exponenten zur Geheimen Konferenz 1753 und 1757 lässt ein gewisses Interesse an der Mitbestimmung außenpolitischer Entscheidungen vermuten. Von einer expliziten Reichstagspolitik der Domkapitel kann aber mit Blick auf den Untersuchungszeitraum kaum die Rede sein.

2.5 Die außenpolitischen Entscheidungsstrukturen der Hochstifte – Versuch einer Einordnung In einem Großteil der Reichsterritorien erfolgte zwischen 1570 und 1630 die Einrichtung von Geheimratskollegien als obersten Zentralbehörden, doch erfuhren diese seit Beginn des 18. Jahrhunderts häufig einen Bedeutungsrückgang und nahmen dabei eher die Gestalt von Mittelbehörden an. Stattdessen entwickelten sich übergeordnete Geheime (Rats)-Konferenzen, die sich aus einzelnen Mitgliedern der zahlenmäßig stark gewachsenen Geheimratsgremien zusammensetzten und den Herrschern als Beratungsstäbe, insbesondere in der Außenpolitik, zur Seite standen.²⁷⁹ Charakteristika dieser Geheimen Konferenzen bildeten ihre nicht 279 Bernd Wunder, Die Sozialstruktur der Geheimratskollegien in den süddeutschen protestantischen Fürstentümern (1660 – 1720). Zum Verhältnis von sozialer Mobilität und Briefadel im Absolutismus, in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 58 (1971), S. 145 – 220, hier S. 145 f. Beispielhaft für diese Entwicklung an den Höfen in München und Wien: Stefan Fischer, Der Geheime Rat und die Geheime Konferenz unter Kurfürst Karl Albrecht von Bayern. 1726 – 1745 (SRBLG,

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zwingend turnusmäßigen, sondern oft anlassbezogenen Sitzungsfrequenzen, die häufige Anwesenheit der Fürsten, welche ihre Mitglieder auswählten, zum Teil wechselnde personelle Besetzungen und ihre lediglich beratende Funktion,²⁸⁰ womit sie dem Erscheinungsbild der Geheimen Konferenzen an den fürstbischöflichen Höfen in Bamberg und Würzburg durchaus ähneln. Ab der Mitte des 18. Jahrhunderts lässt sich insbesondere in größeren Territorien eine Abkehr vom Kollegialprinzip und eine beginnende Ressortbildung beobachten, an deren Ende die Außenpolitik in den Händen von Außenministern und Außenministerien lag.²⁸¹ Ressortspezifische Ministerien existierten in den Hochstiften auch bei deren Auflösung 1803 nicht, stattdessen fielen die Außenbeziehungen nach wie vor in die Verantwortung des Fürstbischofs und der Geheimen Kanzlei.²⁸² Auch in anderen geistlichen Territorien wie Augsburg, Fulda oder Münster hatte sich die Geheime Kanzlei zunächst als Expeditionsorgan beziehungsweise persönliches Sekretariat des Fürsten etabliert, wobei der Geheime Referendär oder Sekretär aufgrund seiner engen und vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Landesherrn enormen Einfluss auf die politischen Entscheidungen nehmen, sich zu seinem wichtigsten Berater entwickeln oder gar, wie vor allem im Zuge der Kritik an dieser Schlüsselposition verlautbart wurde, als „leitender Amtsträger“²⁸³ die Regierungsge-

86), München 1987, S. 2 – 15, 151 – 178; Stefan Sienell, Die Geheime Konferenz unter Kaiser Leopold I. Personelle Strukturen und Methoden zur politischen Entscheidungsfindung am Wiener Hof (Beiträge zur neueren Geschichte Österreichs, Bd. 17), Frankfurt am Main u. a. 2001, S. 395 – 402; Alois Schmid, Die Geheime Konferenz in Bayern zur Zeit des Kurfürsten Max III. Joseph (1745 – 1777), in: Wolfgang Wüst (Hg.), Adelslandschaften. Kooperationen, Kommunikation und Konsens in Mittelalter, Früher Neuzeit und Moderne, Berlin 2018, S. 51 – 74, hier S. 51 – 53; Michael Hochedlinger, Der Geheime Rat nach 1612 und seine Nachfolger, in: Michael Hochedlinger u. a. (Hg.), Verwaltungsgeschichte der Habsburgermonarchie in der Frühen Neuzeit. Bd. 1 (Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. Ergänzungsband, 62), Wien 2019, S. 430 – 441, hier S. 431 – 437. Zur parallelen Entwicklung in der Fürstabtei beziehungsweise dem Hochstift Fulda: Berthold Jäger, Das geistliche Fürstentum Fulda in der Frühen Neuzeit: Landesherrschaft, Landstände und fürstliche Verwaltung (Schriften des Hessischen Landesamtes für Geschichtliche Landeskunde, 39), Marburg 1986, S. 301 – 309. Zusammenfassend zu Kurköln, basierend auf den älteren Forschungen Max Braubachs und Aloys Winterlings: Sébastien Schick, Des liaisons avantageuses. Ministres, liens de dépendance et diplomatie dans le Saint-Empire romain germanique (1720 – 1760) (Histoire moderne, 59), Paris 2018, S. 71 – 75. 280 Jäger, Fulda, S. 305 – 309; Schmid, Geheime Konferenz, S. 66 – 69. 281 Beispielsweise für Bayern: Schmid, Geheime Konferenz, S. 65 – 69. 282 Abriß, S. 1 – 8. 283 Zur Kategorie der „leitenden Amtsträger“ unter den „zweiten Männern im Staat“ vgl. Kaiser – Pečar, Reichsfürsten, S. 12 f.

3 Die individuellen Voraussetzungen der Akteure

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schäfte weitgehend lenken konnte.²⁸⁴ Aufgrund fehlender Detailstudien muss an dieser Stelle aber offen bleiben, inwieweit die Geheimen Konferenzen und die Geheimen Kanzleien anderer Reichsterritorien tatsächlich mit den Verhältnissen in Bamberg und Würzburg vergleichbar sind. Die weitreichenden Einflussmöglichkeiten, welche der Geheime Referendär hinsichtlich der Bamberger und Würzburger Außenpolitik, auch innerhalb der Geheimen Konferenz, besaß, erinnern nicht zufällig an die dominierende Stellung des österreichischen Staatskanzlers Wenzel Anton von Kaunitz-Rietberg, der die Wiener Staatskanzlei von der „Expeditionsstelle der [Geheimen] Konferenz“ zu einem „quasi alleinverantwortliche[n] ‚Außenministerium‘ moderner Prägung“²⁸⁵ umstrukturierte. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass der Geheime Referendär innerhalb des reichstagspolitischen Entscheidungsprozesses als Mittler zwischen der Reichstagsgesandtschaft und dem Fürstbischof zwar eine Schlüsselposition besetzte, doch gleichzeitig nur eine von drei Ebenen darstellte. Wie zuvor erläutert, kamen dem Reichstagsgesandten nicht minder beträchtliche Handlungsspielräume zu, da er sowohl am Beginn als auch am Ende des reichstagspolitischen Entscheidungsvorgangs stand und diesen maßgeblich durch seine Einschätzung und Wahrnehmung beeinflusste. Zudem oblag die eigentliche Entscheidungsgewalt immer noch dem Fürstbischof, der je nach persönlichem Interesse, Fähigkeiten und Amtsverständnis mehr oder weniger umfassenden Anteil an der hochstiftischen Außenpolitik nahm. Der tatsächliche Einfluss der beteiligten Akteure und Institutionen hing also maßgeblich von den jeweiligen Persönlichkeiten ab, weshalb diese im Fokus des folgenden Kapitels stehen.

3 Die individuellen Voraussetzungen der Akteure Psychologische und kognitive Erklärungsansätze der Außenpolitikanalyse betonen, dass Entscheidungsträger„ausdrücklich nicht als beliebig austauschbar [gelten]“, da sie

284 Wilhelm Kohl, Das Bistum Münster 7,1: Die Diözese (Germania Sacra. Neue Folge, 37,1), Berlin u. a. 1999, S. 615 – 617; Wolfgang Wüst, Personalunionen zwischen Stiftsstaaten. Administrative Chance oder Regierungschaos?, in: ders. (Hg.), Geistliche Staaten in Oberdeutschland im Rahmen der Reichsverfassung. Kultur – Verfassung – Wirtschaft – Gesellschaft. Ansätze zu einer Neubewertung (Oberschwaben – Geschichte und Kultur, 10), Epfendorf 2002, S. 163 – 186, hier S. 181 f.; Jäger, Fulda, S. 308 f., 337 f. Zur Entstehung der Bamberger Geheimen Kanzlei siehe Rupprecht, Geheime Kanzlei, S. 441 – 444. Zur Kritik an der Stellung des Würzburger Geheimen Referendärs siehe S. 104, Anm. 231. 285 Hochedlinger, Rat, S. 437. Für Kurköln ist ebenfalls davon auszugehen, dass die Außenpolitik Mitte des 18. Jahrhunderts in den Händen einiger weniger einflussreicher Berater im Umfeld des Kurfürsten lag, vgl. Schick, liaisons, S. 72 f.

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„nicht gleichförmig (sprich von Person zu Person mehr oder minder identisch) einfach nur übergeordneten strukturellen Zwängen […]“ folgen, weshalb es demnach „zur Erklärung außenpolitischer Entscheidungen zwingend notwendig […] [sei], die an den Entscheidungsprozessen beteiligten Personen – mit ihren individuellen Eigenschaften und Eigenheiten – in den Blick zu nehmen“, wie die Politikwissenschaftler Klaus Brummer und Kai Oppermann in ihrem Standardwerk zur Außenpolitikanalyse schreiben.²⁸⁶ Dabei wird davon ausgegangen, dass der oder die Entscheidungsträger nicht allein infolge rationaler Überlegungen und aufgrund der zur Verfügung stehenden Informationen agieren, sondern durch Herkunft, Sozialisation, kognitive Eigenschaften, Wertvorstellungen und Überzeugungen maßgeblich beeinflusst werden.²⁸⁷ Ursula Lehmkuhl hat zudem auf die Bedeutung kultureller Faktoren, „wie lebensweltliche Gemeinsamkeiten, Form der Kommunikationssituation, Stereotypen und damit verbundene Situationsinterpretationen und nicht zuletzt auch Empathie“ hingewiesen.²⁸⁸ Für die Gestaltung hochstiftischer Reichstagspolitik waren also die individuellen kognitiven Fähigkeiten, politischen Erfahrungswerte, Charakterzüge und Interessen der maßgeblichen Funktionsträger von zentraler Bedeutung. Um die Handlungsmotive, Verhalten und Entscheidungen der hochstiftischen Akteure nachvollziehen zu können, müssen also ihre individuellen Voraussetzungen analysiert werden. Es wird daher in diesem Kapitel darum gehen, sich den zuvor identifizierten Entscheidungsträgern, also den Fürstbischöfen, den Geheimen Referendären und den Reichstagsgesandten, prosopographisch zu nähern. Als Analysekategorien wurden dabei hinsichtlich der Gesandten Herkunft, Stand, Verwandtschaft, Bildung, Karriereverlauf, Stellung in der territorialen Verwaltung, Nähe und Verhältnis zum Fürsten, diplomatisches Handeln, Dienstherrenwechsel und Mehrfachdienst genannt,²⁸⁹ was um die Fragen nach ihren Loyalitäten, Abhängigkeiten, Verflechtungen und Netzwerken ergänzt werden soll. Aufgrund ihres gewichtigen Anteils am reichstagspolitischen Entscheidungsprozess stehen dabei besonders die Reichstagsgesandten im Fokus, wobei auch die substituierten Gesandten in den Blick genommen werden, da deren Auswahl und Profil Aufschluss über die Verflechtungen und Netzwerke der Reichstagsgesandten geben. Die Biografien der Fürstbischöfe wurden durch die jüngst erschienenen Bischofsreihen der Germania Sacra umfänglich aufgearbeitet, weshalb die Bischöfe

286 Brummer – Oppermann, Außenpolitikanalyse, S. 169. 287 Lehmkuhl, Entscheidungsprozesse, S. 189 f.; Peters, Außenpolitikanalyse, S. 828 – 830. 288 Lehmkuhl, Entscheidungsprozesse, S. 191. 289 Armin Kohnle, Die Reichstagsgesandten der Fürsten. Projekt einer Prosopographie im Reformationszeitalter, in: Anette Baumann u. a. (Hg.), Reichspersonal. Funktionsträger für Kaiser und Reich (Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich, 46), Köln 2003, S. 335 – 341, hier S. 339; Lehsten, Möglichkeiten, Abs. 4, 14.

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im folgenden Kapitel nicht einzeln, sondern kollektiv unter Berücksichtigung der für ihre Rolle im reichstagspolitischen Entscheidungsvorgang spezifischen Aspekte behandelt werden.

3.1 Die Regenten – Bedingungen, Qualifikationen und Regierungspraxis der Fürstbischöfe 1746 bis 1763 Bevor auf die spezifischen Voraussetzungen und die Regierungs- und Entscheidungspraxis der einzelnen Fürstbischöfe hinsichtlich der hochstiftischen Reichstagspolitik eingegangen wird, soll der Fokus zunächst einmal auf die Grundlagen ihrer Amtsausübung gerichtet werden. „Weltliche Herrschaft in geistlicher Hand“²⁹⁰, also die geistlich-weltliche Doppelfunktion geistlicher Reichsfürsten war das namensgebendes Charakteristikum fürstbischöflicher Herrschaft und benennt zugleich das Spannungsfeld ihrer komplexen Rahmenbedingungen.²⁹¹ Der frühneuzeitliche Fürstbischof hatte nach dem tridentinischen Bischofsideal als Oberhirte seines Bistums seelsorgerische Funktionen wie Predigen, die Erteilung von Weihen und die Spendung der Sakramente, wahrzunehmen, die Qualität der Seelsorge in seiner Diözese mittels Visitationen, Synoden und der sorgfältigen Bildung des Klerus sicherzustellen und eine vorbildliche Lebensführung vorzuweisen. Gleichzeitig hatte er das Aufgabenspektrum eines weltlichen Landesherrn zu bewältigen, sich somit um den Schutz und die (militärische) Sicherung seines Territoriums zu kümmern, politische Teilhabe im Rahmen der Reichsverfassung zu gestalten, die innere Ordnung, Verwaltung und Wirtschaft aufrecht zu erhalten oder zu fördern und eine repräsentative Hofhaltung zu führen, also alle außen- und innenpolitischen Obliegenheiten zu organisieren.²⁹² Freilich ist das beim Konzil von Trient konzipierte Anforderungsprofil als Idealvorstellung zu sehen, dem in der Realität kaum ein Bischof der Reichskirche entsprochen haben dürfte, doch diente

290 So der Titel eines Sammelbandes mit den Beiträgen der 2015 im Rahmen des Germania Sacra Projekts veranstalteten Tagung „Geistliche und weltliche Herrschaft im 17. und 18. Jahrhundert. Selbstverständnis – Verfassung – Kultur“, vgl. Dietmar Schiersner u. a. (Hg.), Weltliche Herrschaft in geistlicher Hand. Die Germania Sacra im 17. und 18. Jahrhundert (Studien zur Germania Sacra. Neue Folge, 6), Berlin u. a. 2018. 291 Kremer, Herkunft, S. 30 – 50; Braun, Princeps, S. 16 – 49; Braun, Fürstbischöfe nach 1648. Geistliches Profil und weltliches Selbstverständnis, S. 27– 40. 292 Kremer, Herkunft, S. 32 – 48; Braun, Fürsten, S. 28 – 52; Braun, Seelsorgebischof oder absolutistischer Fürst? Die Fürstbischöfe in der Spätphase des Alten Reichs zwischen Anspruch und Wirklichkeit, S. 90 – 96; Braun, Princeps, S. 48 f.

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es dem Episkopat des Alten Reichs durchaus als ernstzunehmendes Leitbild.²⁹³ Zudem dürften viele Fürstbischöfe den Schwerpunkt ihrer Rolle als geistliches Oberhaupt weniger in konkreter seelsorgerischer Tätigkeit, die häufig den Weihbischöfen überlassen wurde, als vielmehr in einem Beitrag zur Optimierung der Ausgangslage der Religionsausübung und Frömmigkeit ihrer Untertanen gesehen haben, weshalb sie entsprechende Verordnungen erließen und die Einführung von Gesang- und Gebetsbüchern, Katechismen, Andachten oder Wallfahrten veranlassten.²⁹⁴ Auch in der Ausbildung der Fürstbischöfe spiegelt sich die bipolare Struktur ihres Amtes: Neben dem theologischen Studium galten die Rechtswissenschaften als optimale Vorbereitung, weshalb diese in den Fächerkanon der Kaderschmiede der Reichskirche, dem Collegium Germanicum in Rom, aufgenommen wurden.²⁹⁵ Mit dem Bamberger und Würzburger Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn war es ausgerechnet der politische Lehrmeister des späteren Fürstbischofs Adam Friedrich von Seinsheim, der im Juli 1746 in einem Brief an den Rektor des Germanicums auf die Notwendigkeit einer umfassenden juristischen Ausbildung des episkopalen Nachwuchses zur adäquaten Führung der Regierungsgeschäfte hingewiesen hatte, was einen Hinweis auf das Selbstverständnis der beiden Persönlichkeiten gibt.²⁹⁶ Neben der geistlich-weltlichen Doppelfunktion als Determinante fürstbischöflicher Herrschaft bestimmten weitere Faktoren das Handeln und die Handlungsspielräume der Bischöfe. Ihre Regierungsgewalt wurde eingeschränkt durch die Domkapitel, sie waren eng an den Kaiser und dessen Politik als Schutzherrn der geistlichen Reichsfürsten gebunden und nicht zuletzt waren sie ihrer Familie verpflichtet, die in ihren Aufstieg investiert hatte und bei der Vergabe von Pfründen, Ämtern und anderen Ressourcen bedacht werden wollte.²⁹⁷

293 Kremer, Herkunft, S. 48 – 50; Braun, Fürstbischöfe nach 1648. Geistliches Profil und weltliches Selbstverständnis, S. 30 f., 34. 294 Braun, Fürstbischöfe nach 1648. Geistliches Profil und weltliches Selbstverständnis, S. 32 f. 295 Peter Schmidt, Das Collegium Germanicum in Rom und die Germaniker. Zur Funktion eines römischen Ausländerseminars (1552 – 1914) (Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom, 56), Tübingen 1984, S. 45; Kremer, Herkunft, S. 165 – 170, 242 – 251; Braun, Princeps, S. 91 f.; Braun, Fürstbischöfe nach 1648. Geistliches Profil und weltliches Selbstverständnis, S. 35. 296 Schreiben Schönborns an Vincenzo Annibali, Würzburg 6. Juli 1746, abgedruckt bei Walter, Ausbildung, S. 375 – 379. Zur Vorbildfunktion Schönborns für Seinsheim siehe Michael Renner, Jugend- und Studienzeit der Brüder Adam Friedrich und Josef Franz von Seinsheim, in: WDGBL 49 (1987), S. 185 – 300, hier S. 283 f.; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 362. 297 Braun, Princeps, S. 47– 49, 57– 166; Braun, Fürstbischöfe nach 1648. Geistliches Profil und weltliches Selbstverständnis, S. 34 – 40.

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Nach dem Tod des Bamberger und Würzburger Fürstbischofs Friedrich Karl von Schönborn (1729 – 1746) regierten im Untersuchungszeitraum dieser Arbeit von 1746 bis 1763 das Hochstift Bamberg Johann Philipp Anton von Franckenstein (1746 – 1753), Franz Konrad von Stadion (1753 – 1757) und Adam Friedrich von Seinsheim (1757– 1779), in Würzburg waren es Anselm Franz von Ingelheim (1746 – 1749), Karl Philipp von Greiffenclau (1749 – 1754) und ebenfalls Seinsheim (1755 – 1779).²⁹⁸ Sie entstammten Adelsfamilien aus der fränkischen und rheinischen Reichsritterschaft, nur Franz Konrad von Stadion war hochadeliger Herkunft, seine Familie war Mitglied des schwäbischen Reichsgrafenkollegiums. Allesamt hatten sie zeitweise in Rom studiert, was den wichtigsten Studienort für die Führungsschicht der Reichskirche darstellte. Knapp 40 Prozent der Fürstbischöfe zwischen 1648 und 1803 hatten sich zu Studienzwecken in Rom aufgehalten.²⁹⁹ Alle fünf hatten unter anderem rechtswissenschaftliche Studien absolviert. Nach ihrer Kavalierstour sammelten sie an den fränkischen Bischofshöfen Erfahrung in Politik und Verwaltung, wenn auch in unterschiedlicher Intensität. Johann Philipp von Franckenstein war bei seiner Wahl der älteste Domkapitular im Bamberger Domkapitel und konnte auf politische und diplomatische Erfahrung als Bamberger Geheimer Rat und Würzburger Gesandter in Mainz zurückblicken.³⁰⁰ Zu Beginn seiner Amtszeit erfolgte eine personelle Neuaufstellung der Bamberger Reichstagspolitik. Nachdem das Domkapitel während der Sedisvakanz den Reichstagsgesandten ausgetauscht hatte, ersetzte Franckenstein im Oktober 1746 den langjährigen Geheimen Referendär und Schönborn-Vertrauten Franz Rudolph Degen durch Heinrich von Oberkamp.³⁰¹ Franckenstein wird in der Literatur ein persönliches Regiment zugeschrieben, er nahm selbst großen Anteil an der Ausrichtung der Bamberger Reichstagspolitik.³⁰² Sein Nachfolger Franz Konrad von Stadion konnte auf einen bemerkenswerten Werdegang zurückblicken. Der Mainzer Kurfürst Lothar Franz von Schönborn hatte ihn als Gesandten am kurbrandenburgischen und kursächsischen Hof eingesetzt, im Auftrag des Würzburger Bischofs Johann Philipp Franz von Schönborn war er zur Reichsbelehnung nach Wien gereist und hatte das diplomatische Geschäft damit bestens kennengelernt. Seine zahlreichen Ämter als Bamberger Domdechant, Propst der Kollegiatstifte St. Jakob und Haug, Würzburger Dompropst,

298 Zu den Fürstbischöfen und ihrem Werdegang wie auch zu den folgenden Ausführungen siehe Renner, Jugend- und Studienzeit; Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 175 – 179, 211 – 213, 236 – 241; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 107– 112, 163 – 168, 233 – 240. 299 Kremer, Herkunft, S. 215 – 220; Braun, Princeps, S. 93 – 97. 300 Berbig, Hochstift, S. 34 – 36; Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 177. 301 Siehe Kap. III.2.4 und III.3.2.1. 302 Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 190, 198.

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Kanzler der Universität Würzburg und Bamberger Geheimer Rat, Konsistorialpräsident und Statthalter Friedrich Karl von Schönborns, sprechen für seine beachtlichen Fähigkeiten.³⁰³ Als langjähriger Teilnehmer der Geheimen Konferenz hatte er sich umfassend mit der Bamberger Reichstagspolitik befasst,³⁰⁴ während der Sedisvakanz 1746 regte er die Fortsetzung der Geheimen Konferenzsitzungen zur Wiederaufnahme der Reichs- und Kreispolitik bei den übrigen Mitgliedern des Domkapitels an.³⁰⁵ Es wäre demnach nicht weiter verwunderlich, wenn sich Franz Konrad von Stadion als Fürstbischof intensiv mit den Fragen der Reichstagspolitik auseinandergesetzt hätte. Allerdings stand er bei seiner Wahl schon kurz vor seinem 74. Geburtstag, weshalb die konkurrierende Fraktion bereits im Vorfeld davor gewarnt hatte, Stadion sei den komplexen Materien nicht mehr gewachsen und werde daher in besonderem Maße auf Ratgeber angewiesen sein.³⁰⁶ Tatsächlich verließ er sich hinsichtlich der Reichstagspolitik weitgehend auf seinen engsten Beraterkreis, wozu vor allem der Geheime Referendär Heinrich von Oberkamp und der Obermarschall Johann Philipp von Bibra gehörten, sowie die Geheime Konferenz.³⁰⁷ Auf das erhebliche Gewicht des Geheimen Referendärs und Vizekanzlers Oberkamp unter Stadion deutet eine Aussage des österreichischen Reichstagsgesandten hin, der 1754 ein mögliches Scheitern der in Regensburg geführten Vergleichsverhandlungen im Kreisdirektorialstreit auf den Eigensinn Oberkamps zurückführte.³⁰⁸ Der Würzburger Gesandte Fechenbach schlussfolgerte gar, „daß in dieser sache ausser des herrn b[aron] von Bibra und dem canzler Oberkamm an dem bamberg[ischen] hoff niemand vollkommen informiret“ sei.³⁰⁹ Anfang 1757 verhandelte Oberkamp gemeinsam mit dem Bamberger Obermarschall Johann Philipp von Bibra für das Hochstift einen Subsidienvertrag mit dem kaiserlichen Hof.³¹⁰ Im direkten Gegensatz dazu äußerte Stadions Nachfolger, der Bamberger und Würzburger Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim (1755/1757– 1779) über seinen 1756 mit Österreich abgeschlossenen Subsidienvertrag: „[…] den tractat habe auch selbst allein mit dem Prümer, welcher es nur in die ordnung gebracht, ent-

303 Ibid., S. 212 f. 304 Berbig, Hochstift, S. 34. 305 Siehe Kap. III.2.4. 306 Berbig, Hochstift, S. 53. 307 Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 224. Siehe auch Kap. III.2.3.2. 308 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 132: Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 14. Juli 1754. Siehe auch Kap. IV.2.6. 309 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 296: Bericht Fechenbachs an Greiffenclau, Regensburg 14. Juni 1754. 310 Siehe Kap. III.3.2.1.

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worfen“.³¹¹ Seinsheim traf den Großteil der Regierungsentscheidungen selbst und behielt sich in allen wesentlichen Materien alleinige Entscheidungsbefugnis vor. Seine politischen Ansichten und Beweggründe diskutierte er in erster Linie im Schriftwechsel mit seinem Bruder, aber auch mit seinem Vetter und Reichstagsgesandten Johann Philipp von Fechenbach sowie seinem Geheimen Referendär Bernhard Emmanuel Prümmer. Die Anordnungen an seinen Würzburger Reichstagsgesandten teilte er häufig per eigenhändigem Handschreiben ohne die Mitwirkung der Geheimen Kanzlei mit.³¹² Sein Regierungsselbstverständnis geht deutlich aus einem Brief an seinen Bruder hervor, dem er 1761 im Kontext einer möglichen Nachfolge des Kölner Kurfürsten Clemens August von Bayern schrieb: „ich habe aber arbeit und Verantwortung genug, wer selbst regieren will, hat mit diesen beeden [Bamberg und Würzburg] genug zu tun, wer aber andere leith regieren lasset, kann 10 und mehrere Länder übernehmen“.³¹³ Seinsheim konnte zu Beginn seiner Karriere auf die Patronage seines Onkels, des Bamberger und Würzburger Fürstbischofs Friedrich Karl von Schönborn, bauen, was seinen Aufstieg in der hochstiftischen Verwaltung erleichterte. Schönborn ernannte ihn zunächst zum Bamberger Hofrat, 1737 zum Präsident der Obereinnahme und des Hofkriegsrats. Als Gesandter weilte er in dessen Auftrag in Frankfurt, München und Wien und auch für den Wittelsbacher Kaiser Karl VII. agierte er als Diplomat beim Fränkischen Reichskreis sowie an den Höfen von Heidelberg, Köln, München und Trier. Schönborn als einer der erstklassigsten Reichspolitiker seiner Zeit diente Seinsheim nicht nur lebenslang als Vorbild, er entwickelte sich auch zum Mentor seines Neffen und bezog ihn in seine reichspolitischen Überlegungen ein, was Seinsheim eine optimale Ausgangslage zur Ausbildung und Entwicklung seiner eigenen politischen Fähigkeiten bot. Nach Schönborns Tod musste Seinsheim seine Ambitionen auf einen der fränkischen Bischofsstühle zwar vorerst zurückstellen, als regelmäßiger Teilnehmer der Bamberger Geheimen Konferenz blieb er jedoch weiterhin mit Reichs- und Kreispolitik in Berührung und setzte seinen Aufstieg als Würzburger Geheimer Rat sowie Hofkammer- und Hofkriegsratspräsident fort. Im November 1752 bildete Seinsheim

311 SAS, Nr. 770/120: Schreiben Adam Friedrichs an seinen Bruder Joseph Franz, Werneck 15. September 1756. Siehe Kap. IV.3.1. 312 Burkard von Roda, Adam Friedrich von Seinsheim. Auftraggeber zwischen Rokoko und Klassizismus. Zur Würzburger und Bamberger Hofkunst anhand der Privatkorrespondenz des Fürstbischofs (1755 – 1779) (VGffG, R. 8, Bd. 6), Neustadt an der Aisch 1980, S. 45; Kech, Hofhaltung, S. 79 f.; Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 266 f.; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 361. Siehe auch Kap. III.2.3.3. 313 Schreiben Seinsheims an seinen Bruder, [Würzburg] 22. März 1761, zitiert nach Roda, Seinsheim, S. 45.

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unter dem Würzburger Fürstbischof Karl Philipp von Greiffenclau gemeinsam mit dessen Geheimen Referendär Borié eine Delegation, die mit den führenden Akteuren des Bamberger Hofs in Zeil über die gemeinsame Ausrichtung der Bamberger und Würzburger Reichstagspolitik verhandelte.³¹⁴ Für die Herrschaft über zwei wirtschaftlich potente und reichspolitisch nicht unambitionierte Hochstifte in exponierter Lage hatte sich Seinsheim also durch jahrzehntelange Praxiserfahrung bestens qualifiziert. Zudem versprach sein vergleichsweise junges Alter von 47 Jahren während der Sedisvakanz in Würzburg Ende 1754 die Aussicht auf einen tatkräftigen und energischen künftigen Regenten, was zu seiner einstimmigen Wahl beitrug und letztlich nicht enttäuscht werden sollte.³¹⁵ Seinen Bamberger Wahlerfolg 1757 verdankte er dabei auch seinem Klientelverhältnis zum Wiener Hof, welches sich auch auf seine Reichstagspolitik auswirkte und in Kapitel IV.3.1 eigens thematisiert wird. Seinsheims Regierungsweise steht wiederum im eklatanten Gegensatz zu seinen Würzburger Amtsvorgängern. Fürstbischof Anselm Franz von Ingelheim (1746 – 1749) nahm kaum Anteil an den Regierungsgeschäften. Er hatte keine Posten in der hochstiftischen Verwaltung bekleidet und sich stattdessen innerhalb des Würzburger Domkapitels als Kritiker und Gegenpol der Schönborn-Partei profiliert. Im Auftrag der Domkapitulare hatte Ingelheim ab 1743 die Außenpolitik Schönborns einer differenzierten Beobachtung zu unterziehen. Seine Wahl wird neben der schönbornkritischen Stimmung unter den Domkapitularen, seinem fortgeschrittenen Alter von 63 Jahren und seiner kränklichen Verfassung, ob derer er ohnehin nur als Übergangskandidat wahrgenommen wurde, wohl auch Bestechungsgeldern in exorbitanter Höhe zugeschrieben. Nach seinem Regierungsantritt wechselte er zunächst das etablierte Führungspersonal seines Vorgängers aus und ernannte einen Vertrauten seiner Familie zum Geheimen Referendär. Ingelheims Regentschaft wurde überschattet von Korruption, seinem Interesse für Alchemie, langwierigen Krankheitsphasen und dem zunehmenden Einfluss fremder und fragwürdiger Ratgeber. Die Reichspolitik lag überwiegend in Händen seines unerfahrenen Geheimen Referendärs Georg Friedrich Bohländer, der die fehlende Führungsautorität seines Fürstbischofs nicht auszufüllen vermochte und mit der Steuerung der Würzburger Reichstagspolitik überfordert war.³¹⁶

314 Siehe Kap. IV.2.2. 315 Berbig, Hochstift, S. 34; Roda, Seinsheim, S. 41 – 44; Renner, Jugend- und Studienzeit, S. 280 – 300; Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 240 f.; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 238 – 243. 316 Berbig, Hochstift, S. 34; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 110 – 160. Siehe auch Kap. IV.1.

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Bei Ingelheims Nachfolger Karl Philipp von Greiffenclau (1749 – 1754) handelte es sich ebenfalls um einen Neffen Schönborns. Seine Tätigkeiten als Domscholaster in Mainz 1735 und Rektor der Würzburger Universität von 1738 bis 1749 rekurrieren vermutlich auf seine außerordentlich vielseitige und langjährige Studienzeit von 1710 bis 1740, die er in Würzburg, Mainz, Rom, Turin, Paris und Erfurt absolvierte. Verwaltungsposten oder diplomatische Aufgaben übernahm Greiffenclau ansonsten nicht, im Auftrag seines Onkels versah er lediglich 1739 den verpflichtenden Adlimina-Besuch bei den Apostelgräbern in Rom. Bei seiner Wahl zum Würzburger Fürstbischof 1749 profitierte er von den Bestrebungen des Domkapitels, eine Personalunion mit Kurmainz unbedingt zu vermeiden und dem Einsatz finanzieller Mittel.³¹⁷ Greiffenclau widmete sich engagiert seinen Regierungsaufgaben, setzte dabei vor dem Hintergrund fehlender politischer Erfahrung aber in besonderem Maß auf die Geheime Konferenz als Beratungsgremium und ließ sich weitgehend vom Geheimen Referendär Egid Valentin von Borié, der bereits seinem Onkel erfolgreich assistierte, leiten. Die Würzburger Reichstagspolitik lag unter Greiffenclau gänzlich in Händen des versierten Borié, wie der Bischof selbst unumwunden gegenüber seinem Reichstagsgesandten zugab: „die abwesenheit meines noch wenige täge ausbleibenden geheimden raths von Borié behinderet, daß dem h[errn] vettern auf ein und andere relationes die beantworthung verschieben muß, gestalten nur demselben der zusammenhang deren in publicis vorgekommenen geschäftshandlungen aleinig bekant [ist]“.³¹⁸ Die kursorische Übersicht über die Fürstbischöfe belegt den Zusammenhang zwischen den individuellen Voraussetzungen der Regenten als obersten Entscheidungsträgern und ihrem tatsächlichen Anteil an der hochstiftischen Reichstagspolitik. Bereits Wolfgang Wüst hatte in seiner Studie zum Hochstift Augsburg festgestellt, dass „das persönliche Regiment der Augsburger Fürstbischöfe“ neben Faktoren wie Personalunionen oder dem Standort der Hauptresidenz, „in gewisser Weise [auch] in Abhängigkeit zum biographischen Werdegang […] stand“.³¹⁹ Auffällig ist der variierende Einfluss der jeweiligen Geheimen Referendäre, welche nun im Mittelpunkt des folgenden Kapitels stehen.

317 Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 166 – 170. 318 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 293: Schreiben Greiffenclaus an Fechenbach (Konzept), Würzburg 26. Juni 1753. Siehe auch Kap. III.3.2.4. 319 Wüst, Staat, S. 373.

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3.2 Die „zweiten Männer im Staat“ – Leben und Wirken der Geheimen Referendäre 3.2.1 Heinrich von Oberkamp Heinrich Friedrich Jakob Georg Anton von Oberkamp wurde am 13. Mai 1718 in Amorbach im Odenwald als Sohn des Amtsphysikus Dr. Johann Bartholomäus von Oberkamp und seiner Frau Maria Anna geboren.³²⁰ Anders als sein älterer Bruder Franz Joseph, der als Mediziner in die Fußstapfen seines Vaters trat, Lehrstühle in Würzburg und Heidelberg bekleidete und Leibarzt der Schönborn-Fürstbischöfe von Speyer, Bamberg und Würzburg sowie des Pfälzer Kurfürsten Karl Theodor war,³²¹ wählte Heinrich von Oberkamp den hochstiftischen Verwaltungsdienst. Am 11. Dezember 1731 wurde Heinrich von Oberkamp als Schüler der vorletzten Klasse des Gymnasiums („Humanistae“) in die Matrikel der Universität Bamberg aufgenommen,³²² 1742 schloss er sein Studium mit der Promotion zum Doktor beider Rechte ab.³²³ Am 10. Januar 1744 wurde Oberkamp zum Bamberger Hof- und Regierungsrat ernannt, noch im gleichen Jahr erhielt er die Advocatia patriae. ³²⁴ Am 6. August 1747 heiratete er in Kirchschletten Maria Theresia von Hebendanz. Sie war die Tochter des Bamberger Hof- und Regierungsrats und Kreisgesandten Franz Ignaz von Hebendanz und der Eva Katharina Böttinger.³²⁵ Die Familien Hebendanz und Böttinger zählten mit den Familien Heyland (Heiland), den Bauer von Heppenstein und den Karg von Bebenburg zu den einflussreichen und bestens vernetzten Bamberger Beamtenfamilien, welche im 17. und 18. Jahrhundert einen großen Teil der hochstiftischen Verwaltungspositionen besetzten.³²⁶ Die Heirat in eine alteingesessene Bamberger Familie mit guten Kontakten zum Bamberger Hof konnte der Karriere des zugezogenen Heinrich von Oberkamp nur förderlich gewesen sein.

320 StadtABa, D 1008, Röttinger-Kartei, Heinrich von Oberkamp; Norbert Schmitt, Amorbacher Familienbuch 1618 – 1913, Amorbach 1998, S. 185. 321 Dagmar Drüll, Heidelberger Gelehrtenlexikon. 1652 – 1802, Berlin u. a. 1991, S. 116. 322 Bernhard Spörlein (Hg.), Die Matrikel der Akademie und Universität Bamberg 1648 – 1803 (VGffG R. 4, Bd. 12), Würzburg 2014, S. 67, 529. Sein Vermögensstand wurde dabei mit „dives“ (reich) angegeben. 323 Heinrich Oberkamp, Dissertatio Inauguralis Iuridica […], Bamberg 1742. 324 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1788, Prod. 49: Hofratsdekret (Abschrift), Bamberg 10. Januar; Prod. 51: Verleihung der Advocatia Patriae (Abschrift), Pommersfelden, 25. Oktober 1744; Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 452. 325 StadtABa, D 1008, Röttinger-Kartei, Heinrich von Oberkamp; Humphreys, Kreistag, S. 453. 326 Alfred Schröcker, Die Patronage des Lothar Franz von Schönborn (1655 – 1729). Sozialgeschichtliche Studie zum Beziehungsnetz in der Germania Sacra (Beiträge zur Geschichte der Reichskirche in der Neuzeit, 10), Wiesbaden 1981, S. 99 – 111; Lang, Böttinger, S. 117, 119, 134 f.

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Nachdem das Domkapitel während der Sedisvakanz noch den bisherigen Geheimen Referendär Franz Rudolph Degen in seinem Amt belassen hatte, wurde dieser im Herbst 1746 vom neugewählten Bamberger Fürstbischof Johann Philipp von Franckenstein durch Heinrich von Oberkamp ersetzt.³²⁷ Dass Oberkamp in weniger als drei Jahren nach seinem Eintritt in die hochstiftische Verwaltung zum Geheimen Referendär und damit zu der politischen Schlüsselposition am Bamberger Hof aufstieg, lässt sich nicht allein mit Patronage und dem Einsatz seines Netzwerks erklären, vielmehr muss Oberkamp schon früh über beeindruckende politische Fähigkeiten und Kenntnisse verfügt haben. Gemeinsam mit dem Bamberger Reichstagsgesandten und späteren Obermarschall Johann Philipp von Bibra steuerte Heinrich von Oberkamp die Außen- und Reichspolitik des Hochstifts Bamberg. Besonders unter Fürstbischof Franz Konrad von Stadion kam ihm dabei maßgebliche Bedeutung zu, was auch in Regensburg nicht unverborgen blieb. Dem österreichischen Reichstagsgesandten Marquard Paris Anton von Buchenberg zufolge war Oberkamp der Hauptverantwortliche für die unnachgiebige Position Bambergs bei den Verhandlungen zur Beilegung des Kreisdirektorialstreits mit den Markgrafen von Ansbach und Bayreuth: „Aus eigensinn des bambergschen vice-canzlers und dem von ihme ausgesonnene[n] […] sylbenspiel zu lieb, solle nicht nur allein eher alles zurück gehen, als sothane vergleichs-handlung auf den fuß, wie man brandenburgerseits darzu erbietig ist, zum abschluß gelangen, sondern es seind sogar aus einem des besagten vice-canzlers abermahligem einfall erst dieser tagen ein so andere neue postulata von nicht besserem schlag bambergerseits formiert und denen brandenburg[isch]en gesandschafften eröffnet worden“.³²⁸ Auch die in diesem Rahmen in Regensburg

327 Oberkamp war wohl am 26. Oktober 1746 zum Geheimen Referendär ernannt worden, wie aus einer Bestallungsübersicht im Kontext der Besoldungsfestsetzung seines Nachfolgers Hepp 1761 hervorgeht, vgl. StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1802, Prod. 428: Anlage zum Bestallungsdekret für Johann Gottfried Hepp (Abschrift), Schloss Seehof 26. Juni 1761.Vgl. auch Kap. III.2.4. Zur Biografie des Geheimen Referendärs und späteren Reichskammergerichtsassessors Franz Rudolph Degen siehe Sigrid Jahns, Das Reichskammergericht und seine Richter. Verfassung und Sozialstruktur eines höchsten Gerichts im Alten Reich. Teil II. Biographien, Bd. 1 (Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich, 26), Köln u. a. 2003, S. 81 – 86; Rupprecht, Geheime Kanzlei, S. 444 f. Möglicherweise wollte sich Franckenstein damit von der ehemaligen Schönborn-Klientel, zu der Degen unstrittig zählte, abgrenzen. Vom Neffen und Bruder seiner früheren Dienstherren, dem Trierer Kurfürsten Franz Georg von Schönborn wurde Degen 1752 als Reichskammergerichtsassessor präsentiert. 328 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 132: Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 14. Juli 1754. Siehe auch Kap. III.2.3.1. Zum Streit um das Direktorium des Fränkischen Reichskreises siehe Kap. IV.2.6.

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III Akteure und Strukturen der hochstiftischen Reichstagspolitik

verteilten Bamberger Druckschriften stammten wohl aus der Feder Oberkamps.³²⁹ Anfang 1757 verhandelten Oberkamp und Bibra im Namen des Bamberger Fürstbischofs mit dem kaiserlichen bevollmächtigten Minister Johann Wenzel von Widmann einen Subsidienvertrag.³³⁰ Zum Bamberger Reichstagsgesandten und Obermarschall Bibra unterhielt Oberkamp ein vertrauliches und freundschaftliches Verhältnis, für Oberkamps 1752 geborenen Sohn Johann Philipp Karl Josef übernahm Bibra die Taufpatenschaft.³³¹ Die hinterlassenen Fragmente seiner privaten Korrespondenz im Staatsarchiv Bamberg belegen Oberkamps Einbindung in die Netzwerke des lokalen Adels und Patriziats.³³² Seine Stellung als engster Berater des Fürstbischofs eröffnete ihm hinreichend Möglichkeiten, die Vergabe von Ämtern, Pfründen und Rechten sowie Gesuche jedweder Art zu befördern. Diese „Ressourcen“ auf dem Gebiet der Benefizialpatronage konnte Oberkamp nach dem Prinzip des do ut des gewinnbringend einsetzen.³³³ Aufgrund seiner „vorzüglichen gelehrtheit“ und seines „ausnehmenden diensteiffers“ ernannte Fürstbischof Franckenstein Oberkamp am 17. September 1747 zum Geheimen Rat.³³⁴ 1749 erwarb er das Schloss Weißenbrunn bei Ebern von seinem Schwiegervater Franz Ignaz von Hebendanz.³³⁵ Wegen seiner vielfältigen Verdienste stellte Fürstbischof Franckenstein ihm 1752 das Lehengut Zogenreuth in Aussicht, dass er zwei Jahre später auch erhielt.³³⁶

329 Johann Looshorn, Die Geschichte des Bisthums Bamberg 7/2. Das Bisthum Bamberg von 1729 – 1808. 2. Lieferung von 1747– 1808, Bamberg 1910, S. 100. Siehe bes. Kap. IV.2.6.1. 330 HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 547, Bl. 132r.–135r.: Subsidienvertrag (Abschrift), Bamberg 8. Februar 1757; Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 219 f. 331 AEB, Pfarrmatrikel Bamberg, St. Martin, M7/18, Bl. 234v. 332 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1938 I; StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1938 II; StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1939; StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1940. 333 Beispielhaft StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1938 I: Schreiben Oberkamps an den Würzburger Domkapitular und Oberratspräsidenten Johann Philipp Ludwig von Franckenstein (Konzept), Bamberg 7. März 1749; Postskriptum des Bamberger Legationskanzlisten Pfister an Oberkamp, Regensburg 21. Dezember 1749. Zur Benefizialpatronage siehe Ronald G. Asch, Der Hof Karls I. von England. Politik, Provinz und Patronage 1625 – 1640 (Norm und Struktur, 3), Köln u. a. 1993, S. 289 f. 334 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1796, Prod. 140 1/2: Ernennungsdekret, Schloss Seehof 17. September 1747. 335 Stephan Kirchner, Zur Schlossgeschichte von Weißenbrunn. Unveröffentlichtes Manuskript, o.O. o.D. 336 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1797, Prod. 207: Dekret über die Anwartschaft auf das Gut Zogenreuth (Abschrift), Bamberg 27. Februar 1752; StadtAA, Chronik von Auerbach des Seminarlehrers Joseph Köstler, Bd. XXV, S. 286; Looshorn, Bamberg, S. 86; Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 452.

3 Die individuellen Voraussetzungen der Akteure

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1758 suchte Heinrich von Oberkamp beim Bamberger und Würzburger Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim um seine Entlassung als Geheimer Referendär nach, da sich die damit verbundenen Reisen nicht mehr mit seiner schlechten gesundheitlichen Verfassung vereinbaren ließen. Seinsheim bewilligte ihm diesen Schritt, wobei ihm sein Grundgehalt und die Positionen als Geheimer Rat und Vizekanzler belassen wurden.³³⁷ 1760/61 nahm Oberkamp als Abgesandter Bambergs am Münz-Probations-Konvent des Bayerischen, Fränkischen und Schwäbischen Reichskreises in Augsburg teil.³³⁸ 1761 gewährte Fürstbischof Seinsheim ihm in Anerkennung seiner dortigen Leistungen eine Gehaltserhöhung auf nunmehr 700 Gulden und weitere Zulagen.³³⁹ Am 15. Juli 1762 starb Heinrich von Oberkamp im Alter von 54 Jahren in Bamberg.³⁴⁰ Seine beiden Söhne Johann Philipp Karl Josef und Karl Anton schlugen ebenfalls die Laufbahn ihres Vaters ein und traten nach ihren juristischen Studien und Praktikumsstationen am Reichskammergericht in Wetzlar und beim Reichshofrat in Wien als Hofräte in Bamberger Dienste, ersterer fungierte darüber hinaus als Lehenpropst und Bamberger Gesandter beim Fränkischen Kreiskonvent in Nürnberg.³⁴¹ 3.2.2 Johann Gottfried Hepp Johann Gottfried Hepp kam am 15. März 1726 in Bamberg zur Welt. Sein Vater Christoph Balthasar Hepp war zunächst Privatkastner des Bamberger Dompropsts, ehe er 1723 zum Bamberger Kammerrat befördert wurde, seine Mutter Maria Anna Josepha stammte aus der Bamberger Beamtenfamilie Heyland (Heiland).³⁴² Johann Gottfried Hepp schrieb sich zum Studienjahr 1739/40 an der Universität Bamberg ein.³⁴³ 1747 beantragte sein Onkel und Vormund, der Hofkammerrat Jo-

337 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1800, Prod. 152: Bestallungsdekret (Abschrift), Bamberg 27. Juli 1761; Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 452. 338 Joachim Heinrich Jäck, Pantheon der Literaten und Künstler Bambergs. Heft 5 und 6, Bamberg 1814, Sp. 837; Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 271 f. 339 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1800, Prod. 152: Bestallungsdekret (Abschrift), Bamberg 27. Juli 1761; Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 452. 340 StadtABa, D 1008, Röttinger-Kartei, Heinrich von Oberkamp. 341 Jäck, Pantheon 5 und 6, Sp. 837. 342 StABa, HStB, Hofkammer, Akten u. Bände 1156: Kammerratsdekret, Mainz 13. Juli 1723; StadtABa, D 1008, Röttinger-Kartei, Johann Gottfried Hepp. 343 Spörlein (Hg.), Matrikel, S. 592.

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hann Georg Hebendanz, für ihn das Zeiß-Stipendium.³⁴⁴ Am 12. November 1758 heiratete Hepp in Bamberg Anna Theresa Heyland.³⁴⁵ Der genaue Zeitpunkt seines Eintritts in die hochstiftische Verwaltung ist nicht genau verifizierbar, vermutlich war Hepp in den 1750er Jahren zunächst zum Hofrat ernannt worden. Als sich der Geheime Referendär Heinrich von Oberkamp 1758 aus gesundheitlichen Gründen schrittweise von seinem Amt zurückzog, begann Hepp sich in dessen Aufgaben einzuarbeiten. Im März 1760 gewährte ihm Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim „in anbetracht seiner bey ihro hochfürstlichen geheimen cabinet zeithero geleisteten treu- und ohnermüdeten diensten, dann sonsthin besizender guten fähig- und geschicklichkeit“ zu seinen Hofratsbezügen eine jährliche Zulage von 400 Gulden „so lang alls derselbe in denen cabinets verrichtungen […] gebraucht“ würde.³⁴⁶ Am 27. Juli 1761 wurde Hepp offiziell zum Geheimen Referendär berufen, per Dekret vom 26. Juni 1767 bewilligte Seinsheim ihm das entsprechende Gehalt von 504 Gulden zuzüglich weiterer Zulagen.³⁴⁷ Inwieweit Johann Gottfried Hepp an der Gestaltung der hochstiftischen Reichstagspolitik unter Fürstbischof Seinsheim beteiligt war, ist offen. Die im Rahmen dieser Arbeit eingesehenen Quellen lassen jedoch den Eindruck entstehen, dass Seinsheim sich in dieser Hinsicht eher auf seinen Würzburger Geheimen Referendär Bernhard Emmanuel Prümmer stützte. Es erscheint plausibel, dass Hepp aufgrund des Bamberger Kreisdirektoriums stärker mit den Angelegenheiten des Fränkischen Reichskreises befasst war. Darauf deutet auch der Bericht des kaiserlichen Wahlgesandten Joseph von Ried aus dem Jahr 1779 hin: „[…] was das Kabinett betrifft, so hat bei dem vorigen Herrn niemand als der Geheime Referendar Hepp gearbeitet, welcher seiner Kenntnis des Zusammenhangs der Kreisgeschäfte halber in Betracht des Kreisausschreibamts unentbehrlich zu sein scheint […]“.³⁴⁸ Unverzichtbar war Hepp offenbar nicht, wenige Monate nach seiner Wahl zum Bamberger und Würzburger Fürstbischof ersetzte Fürstbischof Franz Ludwig von Erthal ihn im September 1779 durch Adam Joseph Pabstmann. Als Ausgleich er-

344 Marlene Besold-Backmund, Stiftungen und Stiftungswirklichkeit. Studien zur Sozialgeschichte der beiden oberfränkischen Kleinstädte Forchheim und Weismain (Schriften des Zentralinstituts für Fränkische Landeskunde und Allgemeine Regionalforschung an der Universität ErlangenNürnberg, 27), Neustadt an der Aisch 1986, S. 198. 345 StadtABa, D 1008, Röttinger-Kartei, Johann Gottfried Hepp. 346 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1800, Prod. 30: Bestallungsdekret (Abschrift), Bamberg 22. oder 23. März 1760. 347 Ibid., Prod. 153: Ernennungsdekret (Abschrift), Bamberg 27. Juli 1761; StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1802, Prod. 428: Bestallungsdekret (Abschrift), Schloss Seehof 26. Juni 1767. 348 Zitiert nach Renner, Erthal, S. 253. Siehe auch Kap. III.2.3.1.

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nannte Erthal Hepp am 10. September 1779 zum Hofkanzler,³⁴⁹ doch schwand sein Einfluss unter dem neuen Fürstbischof weitgehend.³⁵⁰ Johann Gottfried Hepp hielt sich mit seiner Familie bevorzugt in Zückshut auf, einem nahe Bamberg gelegenen Ortsteil der Gemeinde Breitengüßbach, wo er ein Anwesen besaß. 1772 trat er als Stifter der dortigen Kapelle in Erscheinung, in der später seine 1781 verstorbene Gemahlin bestattet wurde. Am 3. Mai 1790 heiratete seine Tochter Maria Anna in besagter Kapelle den Bamberger Staatsrechtsprofessor und Hofrat Carl Melchior Pfister.³⁵¹ Hepp selbst erlebte die Trauung nicht mehr, er starb wenige Monate zuvor am 17. Februar 1790 in Bamberg.³⁵² 3.2.3 Georg Friedrich Bohländer Unter den Geheimen Referendären, die im Untersuchungszeitraum von 1746 bis 1763 in Bamberg und Würzburg wirkten, ist Georg Friedrich Bohländer die große Unbekannte. Seine Herkunft und Ausbildung sowie sein Werdegang liegen im Dunkeln. Wahrscheinlich entstammte er einer Höchster Beamtenfamilie.³⁵³ Aktenkundig wurde Bohländer am 17. November 1744, als er zu Frankfurt einen Vergleich über eine Erbschaft zwischen Joachim Philipp Graf von Ingelheim und seinen drei Schwestern siegelte.³⁵⁴ Er dürfte also in Diensten der Grafen von Ingelheim ge-

349 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1804, Prod. 334 u. 335: Ernennungsdekrete (Abschriften), Bamberg 10. September 1779; Prod. 336: Bestallungsdekret (Abschrift), Bamberg 16. September 1779; Prod. 337: Ernennungsdekret für Pabstmann (Abschrift), Bamberg 16. September 1779; StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1785: Instruktion für Hofkanzler Hepp, Bamberg 10. September 1779. Zu Pabstmann siehe Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 453. 350 Erwin Riedenauer, Gesandter des Kaisers am Fränkischen Kreis. Aus der Korrespondenz des Grafen Schlick zwischen Fürstenbund und Reichskrieg, in: ZBLG 28 (1965), S. 259 – 367, hier S. 279 f.; Heinrich Lang, Das Fürstbistum Bamberg zwischen Katholischer Aufklärung und aufgeklärten Reformen, in: Mark Häberlein (Hg.), Bamberg im Zeitalter der Aufklärung und der Koalitionskriege (Bamberger Historische Studien, 12), Bamberg 2014, S. 11 – 70, hier S. 35. 351 Konrad Schrott, Breitengüßbach. Seine Gemeindeteile und ihre Menschen im Laufe der Geschichte, Breitengüßbach 1989, S. 144, 622 – 625. 352 StadtABa, D 1008, Röttinger-Kartei, Johann Gottfried Hepp. 353 Dies legt etwa die Herkunft seines Neffen, des Mainzer Klerikers und Kanonikers des Würzburger Stifts Neumünster Georg Franz Liborius Bohländer, nahe, vgl. Alfred Wendehorst, Das Stift Neumünster in Würzburg (Germania Sacra. Neue Folge, 26), Berlin u. a. 1989, S. 647. Unter den Studierenden mit Namen Bohländer an der Universität Mainz lässt sich Georg Friedrich Bohländer nicht identifizieren, vgl. Verzeichnis der Studierenden der alten Universität Mainz. Lieferung 1 (Beiträge zur Geschichte der Universität Mainz, 13), Wiesbaden 1979, S. 87 f. Eine Anfrage zu Bohländer an das Schlossarchiv Mespelbrunn der Grafen von Ingelheim blieb trotz mehrfacher Nachfrage unbeantwortet. 354 Ernst Fischer, Aus den Tagen unserer Ahnen. Eine Urkundensammlung in Privatbesitz als Quelle der Geschichts- und Familiengeschichtsforschung. Neues über den Würzburger Fürstbischof

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standen und über juristische Erfahrung beziehungsweise ein entsprechendes Studium verfügt haben. Unmittelbar nach seiner Wahl zum Würzburger Fürstbischof am 29. August 1746 holte Anselm Franz von Ingelheim Bohländer an den Würzburger Hof. Wie der Würzburger Hoffourier Johann Christoph Spielberger in seinem Tagebuch festhielt, hatte Ingelheim bereits zwei Tage nach der Bischofswahl den vormaligen Geheimen Referendär Egid Valentin von Borié durch den neu „angenommene[n] rath. H. Pollander“ ersetzt.³⁵⁵ Dass der Neoelekt einen Vertrauten und langjährigen Bediensteten seiner Familie mit der Schlüsselposition des Geheimen Referendärs bedachte, passt ins Bild der Personalpolitik Ingelheims, der in weitaus größerem Maße als seine Vorgänger und Nachfolger ortsfremde Vertraute in seinem näheren Umfeld am Würzburger Hof installierte und das etablierte Spitzenpersonal der hochstiftischen Verwaltung umfänglich austauschte.³⁵⁶ Der Würzburger Domvikar Johann Andreas Geißler (1702 – 1774) urteilte in seiner Chronik dazu: „was […] [ihm] lieb ist, seynd lauter pfremde, sein referendarius und geheimbder secretarius, welche charge dieser fürst erst angefangen, seynd 2 ingelheimische bediente[ ], […] sein leib medicus ein pfremder, aber großer favorit“.³⁵⁷ Der kränkliche Fürstbischof lebte äußerst abgeschottet und hatte sich vom Hofleben weitestgehend zurückgezogen. Während seiner langen Krankheitsphasen waren seine Favoriten Gottfried Tichy, gelernter Barbier und leitender Laborant des alchemiebesessenen Ingelheim und besagter Leibarzt Johann von Werding über mehrere Wochen die einzigen Personen, die den Bischof zu Gesicht bekamen.³⁵⁸ Auch Bohländer zählte zum engsten Kreis der Vertrauten Ingelheims.³⁵⁹ Für die Koordination der Würzburger Reichstagspolitik und die notwendigen Entscheidungen war Georg Friedrich Bohländer aufgrund der häufigen Unpässlichkeiten und des mangelnden Interesses seines Fürstbischofs weitgehend allein verantwortlich. Allerdings fehlten ihm die dazu notwendigen reichspolitischen Kenntnisse und Fertigkeiten, zumal er anders als die übrigen Geheimen Referendäre über keinerlei Erfahrung im hochstiftischen Verwaltungsdienst verfügte. Er

Julius Echter von Mespelbrunn und Kurfürst Anselm Franz, Erzbischof von Mainz, Freiburg im Breisgau 1928, S. 41. 355 StAWü, HV Ms. q. 176 a, Bl. 4r.; Schott, Verhältnis, S. 92. 356 Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 130 f., 143 f. 357 StAWü, HV Ms. f. 205, Bl. 107r. 358 Siehe Kap. IV.1.2. 359 Spielberger berichtet, dass „referendarius von Polländer und leibmedicus von Werding […] allezeit miteinander allein im Zimmer [des Geheimen Referendärs]“ speisten, gelegentlich nahm Fürstbischof Ingelheim seine Mahlzeiten ebenfalls bei seinem Geheimen Referendär ein, vgl. StAWü, HV Ms. q. 176 b, Bl. 42v., 344r.

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vermochte es nicht, die Berichte des Reichstagsgesandten adäquat zu beurteilen und die Dimension und Facetten der relevanten Thematiken zu überblicken. Dass er sich zudem resistent gegenüber den Ratschlägen und Mahnungen des Reichstagsgesandten zeigte, wirkte sich nicht nur negativ auf das Verhältnis zwischen dem Gesandten und seinem Hof, sondern auch auf die Würzburger Reichspolitik aus, die sich während der Tätigkeit Bohländers durch eine lavierende und diffuse Linie auszeichnete.³⁶⁰ Nach dem Tod des äußerst unbeliebten Ingelheim am 9. Februar 1749 entließ das Domkapitel zügig den Großteil seiner Vertrauten. Der neue Fürstbischof Karl Philipp von Greiffenclau griff wieder auf die 1746 enthobenen Spitzenbeamten zurück und setzte wenige Tage nach seiner Wahl erneut Borié als Geheimen Referendär ein.³⁶¹ Zu Bohländer notierte Spielberger: „H. Bollander gewesener referendarius ist am 27ten aprilis aus seinem quartier von hof abgezogen, hoffrath worden“.³⁶² Ob Bohländer als Ausgleich für seine Abberufung vom Posten des Geheimen Referendärs tatsächlich zum Hofrat ernannt wurde, ist jedoch zweifelhaft, da er in der Auflistung der Hofräte im Würzburger Hof- und Staatskalender von 1754 nicht aufgeführt wurde.³⁶³ Möglicherweise schied er 1749 komplett aus der hochstiftischen Verwaltung aus. Anfang Juli 1756 starb Georg Friedrich Bohländer und wurde am 6. Juli 1756 in der Kirche der Würzburger Franziskaner-Minoriten beigesetzt.³⁶⁴ 3.2.4 Egid Valentin von Borié Egid Valentin Felix von Borié (Beaurieux) wurde am 18. November 1719 in Rastatt geboren. Sein Vater Johann Franz Aegidius Beaurieux war von 1706 bis 1722 als markgräflich-badischer Hof- und Regierungsrat, anschließend kaiserlich-königlicher Regimentsrat in Innsbruck und seit 1729 kurmainzischer Assessor beim Reichskammergericht in Wetzlar. Beaurieux wurde 1722 in den Reichsadelsstand erhoben und 1741 in die Reichsritterschaft rezipiert. Seine Mutter Marianne Jacobi von Ehrencron war die Tochter des kurmainzischen Hofrats und Hofgerichtsassessors Hartmann Wilhelm Jacobi von Ehrencron. ³⁶⁵

360 Siehe Kap. IV.1. 361 Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 168, 186. 362 StAWü, HV Ms. q. 176 a, Bl. 145v. 363 Staatskalender 1754, S. 87– 90. 364 Konrad Eubel, Die in der Franziskaner-Minoritenkirche zu Würzburg Bestatteten aus dem Adels- und Bürgerstande, in: AHVU 27 (1884), S. 1 – 83, hier S. 65. 365 Jahns, Reichskammergericht II/1, S. 3 – 12; Peter Muzik, Staatsmann, Aufklärer, Katholik: Egid von Borié. Reichsfreiherr zu Neuhaus, Salzburg und Dürnhof (Beiträge zur Geschichte von Bad Neustadt, 3a), Bad Neustadt an der Saale u. a. 2010, S. 16. Trotz methodischer Schwächen bietet die

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Nach dem Besuch des Gymnasiums in Wetzlar schrieb sich Borié am 1. Oktober 1732, anderthalb Monate vor seinem 13. Geburtstag, für ein juristisches Studium an der Universität Würzburg ein. Nach 1735 setzte er seine Studien zunächst beim Reichskammergerichtsadvokaten Johann Jakob Zwierlein in Wetzlar fort, ehe er unter Aufsicht seines Vaters bis 1739 als Praktikant am Reichskammergericht praktische Erfahrung sammelte.³⁶⁶ Seine Karriere am Würzburger Hof begann im August 1739, als ihn der Bamberger und Würzburger Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn zum Würzburger Hof- und Regierungsrat ernannte.³⁶⁷ Bald scheint Borié mit reichspolitischen Fragen befasst gewesen zu sein, verfasste er beispielsweise anlässlich der Wahl des bayerischen Kurfürsten Karl Albrecht von Bayern zum Kaiser 1742 ein Gutachten zum Reichsvikariat und dem wittelsbachischen Kaisertum.³⁶⁸ Als der vom Fürstbischof hochgeschätzte Geheime Referendär Karl Joseph Raab von Rauenheim 1742 in die Dienste des Wittelsbacher Kaisers wechselte und dessen Nachfolger von Plettenberg sein Amt bereits nach wenigen Monaten wegen gesundheitlicher Probleme niederlegte, wurde Egid Valentin von Borié 1743 zum Geheimen Referendär ernannt.³⁶⁹ Im Februar 1744 heiratete Borié Marianne Sabine Theresia von Reibelt, die Tochter des Würzburger Kanzlers Johann Philipp von Reibelt, was seine Stellung am Würzburger Hof festigte und ihm die lukrative Erbschaft der Reibeltschen Rittergüter Neuhaus und Dürrnhof in Aussicht stellte. Die Ehe blieb kinderlos.³⁷⁰ Nach dem Tod seines Mentors Friedrich Karl von Schönborn am 25. Juli 1746 brachte der neugewählte Fürstbischof Anselm Franz von Ingelheim seine eigene Klientel in Stellung und ersetzte Borié bereits zwei Tage nach der erfolgten Wahl am 31. August durch einen Bediensteten seiner Familie.³⁷¹ Die in der Literatur beschriebene Antipathie Ingelheims gegenüber Borié erscheint plausibel, zumal der Bischof diesen Ende Oktober 1746 auch als Hofrat entließ.³⁷²

Biografie Muziks eine hilfreiche Übersicht über das Leben und Wirken Boriés, hinsichtlich der Daten und Fakten ist Sigrid Jahns Biogramm deutlich verlässlicher. 366 Sebastian Merkle (Hg.), Die Matrikel der Universität Würzburg (VGffG, R. 4, Bd. 5), München u. a. 1922, S. 594; Muzik, Borié, S. 18 f.; Jahns, Reichskammergericht II/1, S. 225. 367 Schott, Verhältnis, S. 92; Muzik, Borié, S. 20 – 22. 368 StAWü, Reichswesen 254: „Der von dem […] von Borié gutachtlich entworfene Vereinigungsplan“, o.O. o.D.; Romberg, Würzburger Bischöfe 1684 – 1746, S. 457. 369 StAWü, HV Ms. f. 723; Schott, Verhältnis, S. 92; Muzik, Borié, S. 23; Romberg, Würzburger Bischöfe 1684 – 1746, S. 487. 370 Muzik, Borié, S. 23, 158. 371 StAWü, HV Ms. q. 176 a, Bl. 4r. Siehe Kap. III.3.2.3. 372 Egid Joseph Karl von Fahnenberg, Lebensgeschichte des Erzherzoglich Oesterreichischen Reichstagsgesandten Egid Valentin Felix Reichsfreiherrn von Borie, Wetzlar 1795, S. 5; Muzik, Borié,

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Zwangsläufig musste sich Egid Valentin von Borié nun beruflich neu orientieren, wobei das Reichskammergericht bei seinem familiären Hintergrund die naheliegendste Option darstellte. Er wandte sich an den bayerischen Kurfürsten Max III. Joseph, der ihn 1749 zum kurbayerischen Assessor präsentierte.³⁷³ In diesem Zeitraum erfolgte auch die Ernennung zum Kurtrierer Geheimen Rat.³⁷⁴ Unterdessen war der Würzburger Fürstbischof Ingelheim am 9. Februar 1749 verstorben, was Borié eine Rückkehr an den Würzburger Hof eröffnete. Bereits der zeitgenössische Beobachter Johann Christoph Spielberger war zum Schluss gekommen, dass Borié von „Anselm Franz unschuldig cassieret“ worden sei, weshalb ihn das Würzburger Domkapitel noch während der Sedisvakanz zum Geheimen Rat ernannte.³⁷⁵ Wenige Tage nach seiner Wahl setzte der neugewählte Würzburger Fürstbischof Karl Philipp von Greiffenclau Borié am 18. April 1749 wieder als Geheimen Referendär ein.³⁷⁶ Am 23. November 1749 erhielt Borié zusätzlich das Judenamt übertragen.³⁷⁷ Auf Greiffenclaus Drängen verlegte Borié seinen Tätigkeitsschwerpunkt wieder nach Würzburg. Das Generalexamen für sein Präsentationsverfahren am Reichskammergericht hatte er im September 1749 zwar noch abgelegt, die Proberelation zum Ärger des zuständigen Kameralkollegiums aber immer wieder verschoben. Ganz offensichtlich betrachtete er das Assessorat am Reichskammergericht nur als Rückversicherung, was in Wetzlar nicht verborgen blieb. Im Dezember 1751 wurde ihm eine zweimonatige Frist gesetzt, binnen der er vor Ort zu erscheinen und seine Proberelation anzufertigen hatte. Der Würzburger Fürstbischof löste diese Problematik geschickt, indem er beim Kaiser erfolgreich um eine Reichshofratsstelle für Borié bat, welche dieser erst nach seinem Tod antreten und bis dahin in Würzburger Diensten verbleiben sollte. Am 9. Januar 1752 wurde Borié tatsächlich

S. 27. Der Würzburger Hoffourier Spielberger notierte dazu: „Item [am 25. Oktober 1736] der gewesene […] referendarius von Borrieux von seiner noch anhabenden hoffrathsfunction entsezet“, vgl. StAWü, HV Ms. q. 176 a, Bl. 10r. 373 Muzik, Borié, S. 27 f.; Jahns, Reichskammergericht II/1, S. 228 – 233. 374 Schott, Verhältnis, S. 92. Interessanterweise hatte sich der Trierer Kurfürst Franz Georg von Schönborn auch dem ebenfalls abgesetzten Bamberger Geheimen Referendär Franz Rudolph Degen angenommen. Borié und Degen waren als Geheime Referendäre des Bamberger und Würzburger Fürstbischofs Friedrich Karl von Schönborn enge Arbeitskollegen. 375 StAWü, HV Ms. q. 176 a, Bl. 144r.; StAWü, Würzburger Domkapitelprotokolle 196, S. 167. 376 StAWü, HV Ms. q. 176 a, Bl. 144r., 145v. Der damalige Domvikar Geißler befürwortete diesen Schritt: „Der unter […] Friedrich Carl gewesene sehr habile referendarius wurde wieder angenohmen, […] der H[err] von Borié ist ein tüchtiges subjectum […]“, vgl. StAWü, HV Ms. f. 205, Bl. 117r. 377 StAWü, Judenschaft 6, Prod. 3: Ernennungsdekret (Abschrift), Würzburg 23. November 1749.

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zum Reichshofrat ernannt, knapp einen Monat später informierte er das Reichskammergericht über seinen Verzicht auf die kurbayerische Präsentation.³⁷⁸ Unter Karl Philipp von Greiffenclau entwickelte sich Borié zum uneingeschränkten Spiritus Rector der hochstiftischen Innen- und Außen- beziehungsweise Reichspolitik. Er setzte die unter Friedrich Karl von Schönborn begonnene merkantilistische Wirtschaftspolitik fort, wenngleich die von ihm betreute Tuchwarenmanufaktur dauerhaft defizitär bleiben sollte und die Vergabe von Monopolen für Unmut sorgte.³⁷⁹ Nicht weniger aktiv agierte Borié auf dem Gebiet der Reichspolitik. Die reichsweit vorgetragenen Würzburger Initiativen hinsichtlich der Hohenloher Religionsstreitigkeiten, des Projekts einer Römischen Königswahl und des württembergischen Rekurses gegen die Reichsritterschaft basierten auf seinen Überlegungen. Unter seiner Ägide nahm das Hochstift Würzburg eine führende Rolle unter den geistlichen Reichsständen beim Reichstag ein.³⁸⁰ Selbst in Regensburg war man sich Boriés maßgeblichen Einflusses auf die hochstiftische Reichstagspolitik bewusst.³⁸¹ Nicht umsonst konstatierte Herbert Schott in seiner Studie zum Verhältnis der Stadt Würzburg zur Landesherrschaft im 18. Jahrhundert: „Borié füllte das Amt [des Geheimen Referendärs] aus wie vielleicht kein zweiter […]“.³⁸² Seine nahezu unbegrenzten Handlungsspielräume und die damit einhergehende Machtfülle mussten beinahe zwangsläufig die Kritik des Domkapitels hervorrufen. Nicht umsonst wurde Borié von verärgerten Domkapitularen, als „Afterherzog von Franken“ bezeichnet.³⁸³ Ende 1753 strengte das Domkapitel Untersuchungen gegen Borié an, in Folge derer er den Posten als Judenamtmann resignieren musste. Während der Sedisvakanz nach dem Tod Greiffenclaus am

378 Oswald von Gschließer, Der Reichshofrat. Bedeutung und Verfassung, Schicksal und Besetzung einer obersten Reichsbehörde von 1559 bis 1806 (Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte des ehemaligen Österreich, 33), Wien 1942, S. 454 f.; Muzik, Borié, S. 29 f.; Jahns, Reichskammergericht II/1, S. 226, 232 f. 379 Romberg, Würzburger Bischöfe 1684 – 1746, S. 510 – 512; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 187, 196 – 198, 211 f. 380 Siehe Kap. IV.2.1, IV.2.2, IV.2.3 sowie zusammenfassend zur Rolle Würzburgs beim Reichstag in den frühen 1750er Jahren Kap. IV.2.7. 381 So berichtete der österreichische Gesandte Buchenberg im Dezember 1752, Bamberg und Würzburg hätten eine gemeinsame Konferenz über das weitere Vorgehen bezüglich des württembergischen Rekurs gegen die Reichsritterschaft abgehalten, welche „wie niemand zweiffelt, noch zweifflen kann, auf an hand geben des würtzburgschen geheimen raths von Borié verabredet worden seye“, vgl. HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 128: Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 6. Dezember 1752. 382 Schott, Verhältnis, S. 92. Siehe auch Muzik, Borié, S. 31 – 34. 383 Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 211.

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25. November 1754 weitete das Domkapitel seine Ermittlungen auch auf den Betrieb der Tuchmanufaktur aus und lud Borié vor eine eigens eingerichtete Untersuchungskommission. Borié selbst vermutete dahinter die Absicht, ihn zur Aufgabe seiner Stellung als Geheimer Referendär zu bewegen. Tatsächlich unternahm das Domkapitel während des Interregnums den Versuch, den Posten des Geheimen Referendärs gänzlich abzuschaffen.³⁸⁴ Erneut schien Boriés Zukunft am Würzburger Hof mehr als unsicher, weshalb dieser seine exzellenten Kontakte an den Wiener Hof intensivierte und darum bat, seine Reichshofratsstelle baldmöglichst antreten zu dürfen.³⁸⁵ Spätestens seine Ernennung zum Reichshofrat im Januar 1752 markierte den Beginn eines Klientelverhältnisses zwischen Borié und Wien, was dem kaiserlichen Hof erhebliche Einflussmöglichkeiten auf die Würzburger Reichspolitik eröffnete.³⁸⁶ Obwohl sich Greiffenclaus Nachfolger Adam Friedrich von Seinsheim alle Mühe gab, Borié als Geheimen Referendär zu behalten, siedelte dieser im Mai 1755 nach Wien um.³⁸⁷ Für die Mikropolitik des Hochstifts in Wien war Borié dort von großer Bedeutung, weshalb ihm Seinsheim zunächst die stolze Summe von 2 000 Gulden bis zu seinem tatsächlichen Dienstantritt und anschließend eine jährliche Pension von immerhin 800 Gulden gewährte.³⁸⁸ Neben seiner Arbeit als Reichshofrat erledigte Egid Valentin von Borié seit Mitte 1758 auch die Aufgaben des erkrankten Reichsreferendars Andreas Mohr, dessen Amt er am 2. Februar 1759 übernahm. Anfang 1761 wechselte Borié in den neu geschaffenen Staatsrat, wo er an der Seite des Staatskanzlers Wenzel Anton von Kaunitz-Rietberg die österreichische Politik mitgestaltete, während des Siebenjährigen Kriegs Staats- und Propagandaschriften verfasste und sich das Vertrauen des Kaiserpaars erwarb.³⁸⁹ Als dritter kurböhmischer Wahlbotschafter nahm er 1763/64

384 StAWü, Würzburger Domkapitelprotokolle 201, S. 865, 892, 935 f.; Muzik, Borié, S. 34 – 37; Schott, Verhältnis, S. 92. 385 HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 546, Bl. 137r.–138r.: Schreiben Boriés an Reichsvizekanzler Colloredo, Würzburg 29. Dezember 1754. 386 Siehe Kap. III.5.1. 387 Muzik, Borié, S. 38 f. Seinsheim hatte noch im Februar 1755 über Borié beim Reichsvizekanzler darum gebeten, dessen Dienstantritt noch zu verschieben, was Borié der kaiserlichen Entscheidung überließ, vgl. HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 546, Bl. 154r.–155v.: Schreiben Boriés an Colloredo, Würzburg 10. Februar 1755. 388 StAWü, HV Ms. q. 61: Bestallungstabelle des Hochstifts Würzburg, [Würzburg] 1770, S. 50; Muzik, Borié, S. 38, 43. Siehe auch Kap. IV.3.2.3. 389 Gschließer, Reichshofrat, S. 455; Manfred Schort, Politik und Propaganda. Der Siebenjährige Krieg in den zeitgenössischen Flugschriften (Europäische Hochschulschriften. Reihe 3. Geschichte und ihre Hilfswissenschaften, 1023), Frankfurt am Main u. a. 2006, S. 318 f.; Muzik, Borié, S. 39 – 61; Rohrschneider, Reichstag, S. 69, 211; Düwel, Reichskriegserklärung, S. 300 – 302.

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an der Wahl Josephs II. zum römisch-deutschen König und den dazu notwendigen Vorbereitungen teil, wo er an der Aushandlung einer für das Erzhaus günstigen Wahlkapitulation beteiligt war. In Anerkennung seiner diesbezüglichen Erfolge wurde ihm nach seiner Rückkehr das Kommandeurskreuz des St. Stephansordens verliehen und seine Bezüge auf 10 000 Gulden pro Jahr erhöht.³⁹⁰ Im unter Kaiser Joseph II. seit 1767 eingerichteten Ratsgremium zur Gestaltung der Reichspolitik, der sogenannten Reichskonferenz, war Borié ebenfalls ein geschätztes Mitglied.³⁹¹ 1770 trat Borié die Reise nach Regensburg, seiner letzten Wirkungsstätte an. Am 7. Dezember 1770 war ihm die österreichische Gesandtschaft beim Reichstag übertragen worden. Zunächst am 24. Februar 1779 und erneut am 11. Februar 1780 legitimierte sich Borié zur Führung der Würzburger Stimme, 1786 übernahm er auch das Bamberger Votum. Außerdem vertrat er Corvey, Fulda sowie die Fürsten von Dietrichstein und Thurn und Taxis beim Reichstag.³⁹² Aufgrund von Interessenkonflikten im Zuge der Beratungen über einen Reichskrieg gegen Frankreich 1792/93 spielte Borié mit dem Gedanken, die Bamberger und Würzburger Gesandtschaft aufzugeben, Fürstbischof Franz Ludwig von Erthal überzeugte ihn jedoch zur Fortsetzung seiner hochstiftischen Gesandtschaftsdienste.³⁹³ Über 22 Jahre wirkte Borié als Gesandter in Regensburg und prägte das Reichstagsgeschehen in dieser Zeit maßgeblich. Als umtriebiger Kopf der kaiserlichen Partei bei der Reichsversammlung organisierte er Mehrheiten und Kompromisse, fertigte ausführliche Gutachten für die Staatskanzlei, die Kaunitz zur Grundlage für seine Politik nahm und brachte sich intensiv in die österreichische/ kaiserliche Reichstagspolitik ein, wobei er bisweilen auch entgegen seinen Weisungen handelte.³⁹⁴ Am Abend des 29. März 1793 starb er im Alter von 74 Jahren an einem Schlaganfall, der ihn in der Regensburger Augustinerkirche ereilte. Im dortigen Kreuzgang wurde er am 2. April beigesetzt.³⁹⁵ Egid Valentin von Borié ist sicherlich als eine der herausragendsten Figuren der hochstiftischen, aber auch und gerade der österreichischen Reichstagspolitik im 18. Jahrhundert zu bezeichnen. Einhellig betont die Literatur seine umfassenden

390 Walter Fürnrohr, Die Vertreter des habsburgischen Kaisertums auf dem Immerwährenden Reichstag. Teil 2, in: Verhandlungen des Historischen Vereins für Regensburg und Oberpfalz 124 (1984), S. 99 – 148, hier S. 137; Muzik, Borié, S. 61 – 63. 391 Karl Otmar von Aretin, Das Alte Reich 1648 – 1806. Bd. 3: Das Reich und der österreichischpreußische Dualismus (1745 – 1806), Stuttgart 1997, S. 120 f.; Muzik, Borié, S. 64 – 67. 392 HHStA, RK, Reichstagsakten 414, Bl. 24, 47, 48, 63, 64, 161; Fürnrohr, Die Vertreter des habsburgischen Kaisertums auf dem Immerwährenden Reichstag, S. 136 f. 393 Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 321 – 323. 394 Härter, Reichstag, S. 28, 56; Aretin, Das Alte Reich Bd. 3, S. 120; Muzik, Borié, S. 68 – 155. 395 Muzik, Borié, S. 155.

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reichsrechtlichen Kenntnisse, seinen enormen Arbeitseifer, sein diplomatisches Geschick und seine publizistischen Leistungen,³⁹⁶ womit er Walter Fürnrohr zufolge als einer „der fähigsten österreichischen Politiker des 18. Jahrhunderts“ gelten dürfe.³⁹⁷ Wenngleich er den Großteil seines Wirkens in österreichischen Diensten stand und die Würzburger Jahre erst den Auftakt seiner langen Karriere bildeten, vermochte er das Hochstift nach Jahren der Stagnation unter Fürstbischof Karl Philipp von Greiffenclau zu einer nicht unerheblichen reichspolitischen Größe zu formen. 3.2.5 Bernhard Emmanuel Prümmer Bernhard Emmanuel Prümmer stammte aus Birkenfeld, dem Residenzort der Wittelsbacher Nebenlinie Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld im Südwesten des heutigen Bundeslandes Rheinland-Pfalz und wurde um 1710 geboren.³⁹⁸ Bei dem dortigen Birkenfelder Amtmann Emanuel Prümmer könnte es sich um seinen Vater gehandelt haben.³⁹⁹ Sein juristisches Studium an der Universität Mainz schloss er 1731 mit der Promotion zum Doktor beider Rechte ab.⁴⁰⁰ Im kurmainzischen Stands- und Staatsschematismus von 1742 wurde Prümmer als Hofgerichtsadvokat aufgeführt.⁴⁰¹ Später stand er als Geheimer Rat in Diensten des Trierer Kurfürsten Franz Georg von Schönborn, der ihn vor allem in den politischen Angelegenheiten der in Personalunion regierten Fürstpropstei Ellwangen einsetzte. Als Deputierter Ellwangens

396 Gschließer, Reichshofrat, S. 456; Rohr, Reichstag, S. 43; Fürnrohr, Die Vertreter des habsburgischen Kaisertums auf dem Immerwährenden Reichstag, S. 136 – 138; Härter, Reichstag, S. 56; Aretin, Das Alte Reich Bd. 3, S. 120; Jahns, Reichskammergericht II/1, S. 227; Muzik, Borié, S. 163 – 169. 397 Fürnrohr, Die Vertreter des habsburgischen Kaisertums auf dem Immerwährenden Reichstag, S. 136. 398 Verzeichnis, S. 118; Köbler, Lexikon, S. 53. Bei seinem Sterbeeintrag im Kirchenbuch der Pfarrei St. Peter und Paul zu Würzburg vom 25. März 1786 wurde sein Alter mit 75 Jahren und sieben Monaten angegeben, vgl. DAW, Amtsbücher aus Pfarreien 5777, Fiche 98, S. 392. 399 Heinrich Rodewald, Das Birkenfelder Schloß 1584 – 1717. Leben und Treiben an einer kleinen Fürstenresidenz, Birkenfeld [1927], S. 37. Möglicherweise ist dieser identisch mit Emmanuel Prümmer aus Mainz, der 1679 geboren 1696 an der Universität Mainz studierte und 1707 eine Maria Klara N. heiratete, vgl. Verzeichnis, S. 119. Auffällig ist, dass Bernhard Emmanuel Prümmer eine fast namensgleiche Maria Klara Meuser geheiratet haben soll, was eventuell auch auf eine Verwechslung der beiden Prümmer zurückzuführen ist, vgl. Theodor Niederquell, Die Kanoniker des Petersstifts in Fritzlar 1519 – 1803 (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen, 41), Marburg 1980, S. 171. 400 Bernhard Emmanuel Prümmer, Dissertatio Inauguralis Juridica de Modo Testandi Minus Solenni […], Mainz 1731; Verzeichnis, S. 118. 401 Chur-mayntzischer Stands- und Staatsschematismus […], Mainz 1742, S. 36.

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handelte er 1749 einen Vertrag zwischen seinem Dienstherrn und dem Herzog von Württemberg über die Verwaltung und Religionsausübung im gemeinschaftlichen Ort Oberkochen aus.⁴⁰² Aus Prümmers Korrespondenz mit dem kaiserlich-königlichen Kämmerer und Kurtrierer Geheimen Rat Joseph Anselm Adelmann von Adelmannsfelden geht hervor, dass er neben seinen Verwaltungsaufgaben als Ellwanger Hofrat auch als Kreisgesandter beim Schwäbischen Reichskreis fungierte.⁴⁰³ Nach seiner Wahl am 7. Januar 1755 beabsichtigte der Würzburger Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim zunächst, die Zusammenarbeit mit dem vorherigen Geheimen Referendär Egid Valentin von Borié fortzusetzen. Als dieser im Mai 1755 seine Reichshofratsstelle in Wien antrat, musste sich Seinsheim nach einem fähigen Nachfolger umsehen.⁴⁰⁴ Bernhard Emmanuel Prümmer hatte sich in Ellwangen offenbar profilieren können, denn der Trierer Kurfürst Franz Georg von Schönborn schlug ihn seinem Neffen Seinsheim für die wichtige Position des Geheimen Referendärs vor.⁴⁰⁵ Seinsheim folgte dem Rat seines Onkels und holte Prümmer an den Würzburger Hof, am 3. Februar 1756 ernannte er ihn zum Geheimen Rat. Prümmer avancierte zum wichtigsten und engsten Mitarbeiter des Fürstbischofs. Da Seinsheim ein starkes persönliches Regiment führte, konnte sein Einfluss auf die Reichspolitik des Hochstifts zwar bei weitem nicht die Ausmaße seines Vorgängers Borié erreichen, doch scheint Prümmer gerade in reichspolitischen Fragen der beiden Hochstifte Bamberg und Würzburg der zentrale Ansprechpartner im Umfeld des Fürstbischofs gewesen zu sein, wohingegen der Bamberger Geheime Referendär Johann Gottfried Hepp wohl überwiegend mit der Politik beim Fränkischen Reichskreis befasst war.⁴⁰⁶ Nach Seinsheims Tod 1779 schwand der Einfluss Prümmers. Schon zu Beginn der Regentschaft Franz Ludwig von Erthals hatte der kaiserliche Wahlgesandte Joseph von Ried die Vermutung geäußert, dass „Prümmer gegenwärtig mehr von des Herrn [Erthals] Willen abhänge[ ] – mithin seine eigene Meinung von viel geringerem Gewicht als unter der vorigen Regierung sein […]“ werde.⁴⁰⁷ Der kaiserliche bevollmächtigte Minister beim Fränkischen Reichskreis Ferdinand Graf von 402 StAL, B 389, U 190: Vertrag zwischen Herzog Karl Eugen von Württemberg und Kurfürst Franz Georg von Schönborn (Ausfertigung), Aalen 22. November 1749 Im Würzburger Hof- und Staatskalender aus dem Jahr 1760 wurde Prümmer als Kurtrierer Geheimer Rat bezeichnet, vgl. Fürstlichen Hoch-Stiffts Wirtzburg, und Hertzogthums Francken Hof-, Stands- und Staats-Calender, Würzburg 1760, S. 49. 403 StAL, PL 12 II, Bü 287: Schreiben Prümmers an Adelmann, Ellwangen 11. März und 26. September 1752. 404 Siehe Kap. III.3.2.4. 405 Ssymank, Seinsheim, S. 85. 406 Schott, Verhältnis, S. 92 f. Siehe Kap. III.2.3.1. 407 Zitiert nach Renner, Erthal, S. 251.

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Trauttmansdorff-Weinsberg berichtete 1784: „Prümmer, ein alter, in Geschäften sehr erfahrener, geschickter Mann, ist dem k[aiserlichen] Hof ganz ergeben, genießt aber bei diesem Fürsten kein sonderliches Zutrauen mehr […].“⁴⁰⁸ Zu Anfang des Jahres 1783 erhielt der betagte Prümmer zu seiner Unterstützung den Juristen Christian Johann Baptist Wagner zur Seite gestellt. Im Sommer 1785 verlor er nach einem Schlaganfall sein Sprachvermögen über mehrere Monate und war auch nach seiner Genesung nicht in der Lage, sein Amt fortzuführen. Nach einem erneuten Schlaganfall starb Prümmer am 25. März 1786 im Alter von 75 Jahren in Würzburg.⁴⁰⁹ Zu seiner Familie sind kaum Informationen bekannt. Er soll mit einer Maria Klara Meuser verheiratet gewesen sein, mehrere seiner Söhne waren wohl Angehörige des kaiserlichen Militärs. Sein Sohn Johann Franz Adam Prümmer war Geheimer Hof- und Regierungsrat des Deutschen Ordens in Bad Mergentheim.⁴¹⁰

3.3 Die reichspolitischen Experten – Lebensläufe der Reichstagsgesandten 3.3.1 Johann Philipp Karl Josef von Bibra Johann Philipp Karl Josef von Bibra erblickte am 22. April 1706 in Würzburg als Sohn des Christoph Dietrich von Bibra und seiner Gemahlin Maria Katharina von Erthal das Licht der Welt. Er entstammte der katholischen jüngeren Hauptlinie des fränkischen Reichsrittergeschlechts der Freiherrn von Bibra aus dem Südwesten des heutigen Thüringens, welche sich im Fürstendienst bei den fränkischen und benachbarten Territorialherrn etabliert hatten. Die Familie Bibra hatte sich dabei trotz ihrer Einbindung in regionale Klientelsysteme eine gewisse Bewegungsfreiheit verschafft, indem sie von der Konkurrenzsituation unter den zahlreichen fränkischen Fürsten um reichsritterschaftliche Bedienstete profitierte.⁴¹¹ Sein Vater Christoph Dietrich von Bibra stand als Kammerjunker, Hofrat, Amtmann in Bischofsheim in der Rhön und Geheimer Rat in Diensten des Hochstifts Würzburg.⁴¹²

408 Zitiert nach Riedenauer, Gesandter, S. 279. 409 Henner, Autobiographie, S. 26 – 28, 33, 39 f.; DAW, Amtsbücher aus Pfarreien 5777, Fiche 98, S. 392. 410 Riedenauer, Gesandter, S. 279; Niederquell, Kanoniker, S. 171. 411 Martin Stingl, Reichsfreiheit und Fürstendienst. Die Dienstbeziehungen der von Bibra 1500 bis 1806 (VGffG, R. 9, Bd. 41), Neustadt an der Aisch 1994, S. 121 – 125, 138 – 140. 412 Ibid., S. 164; StAMei, Gutsarchiv Bibra, I 8: Ernennungsdekrete, Würzburg 29. Juli 1699 und 28. Mai 1710; StAMei, Gutsarchiv Bibra, I 13 e: Dekret zur Verleihung der Amtmannstelle zu Bischofsheim, Würzburg 9. November 1711.

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Johann Philipp von Bibra hatte zunächst eine geistliche Karriere ins Auge gefasst und war wenige Wochen nach seiner Tonsur am 2. März 1723 als Domizellar am Bamberger Domstift aufgenommen worden. 1725 begann er sein Studium in Erfurt, am 28. März 1727 immatrikulierte er sich zum Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Leiden.⁴¹³ 1726 verließ er die geistliche Laufbahn, trat als Domizellar zurück und wurde am 14. Oktober selben Jahres zum würzburgischen Hofrat ernannt.Vermutlich nach der Rückkehr von seinem Leidener Studium wurde er am 18. März 1728 erneut als Hofrat bestallt und am 29. November 1728 als Landgerichtsassessor eingesetzt, später folgte die Berufung zum Oberamtmann in Remlingen.⁴¹⁴ Am 16. September 1734 heiratete Johann Philipp Johanna Charlotta Franziska von Schutzbar, mit der er drei Söhne hatte.⁴¹⁵ Zur angemessenen Versorgung seiner Familie strebte Bibra in der Folgezeit nach weiteren Einkünften. Zwei Jahre später wird er als Amtmann der Ämter Homburg am Main und Neubrunn erwähnt, 1739 folgte die Ernennung zum Kammerherrn am Bamberger Hof.⁴¹⁶ Ende Mai 1742 wurde Johann Philipp von Bibra nach dem Tod des Würzburger Reichstagsgesandten Joseph Leonhard von der Halden von Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn zu dessen Nachfolger ausersehen. Zur Aufbesserung seiner jährlichen Gesandtenbezüge von 2 615 Gulden bekam Bibra zusätzlich die Ämter Gemünden, Homburg und Aura im Sinngrund zugedacht.⁴¹⁷ Am 2. Januar 1743 erhielt er noch eine monatliche Gehaltszulage von 100 fl. für die Dauer der Verlegung des Reichstags nach Frankfurt.⁴¹⁸ In Anbetracht seiner „belobten geschicklich- und fähigkeit auch geleisteter treuen diensten und in staats- und reichssachen besitzender guter erfahrenheit“ ernannte Friedrich Karl von Schönborn Bibra am 30. Dezember 1744 zum Geheimen Rat.⁴¹⁹

413 Willem Nikolaas Du Rieu, Album studiosorum Academiae Lugduno Batavae MDLXXVMDCCCLXXV, Den Haag 1875, S. 910; Stingl, Reichsfreiheit und Fürstendienst, S. 215. 414 StAMei, Gutsarchiv Bibra, I 8: Ernennungs- und Bestallungsdekrete, Würzburg 14. Oktober 1726, 18. März und 29. November 1728. Als Oberamtmann zu Remlingen wurde Bibra in seinem Ehevertrag aufgeführt, vgl. StAMei, Gutsarchiv Bibra, VIII 4 g: Ehevertrag, Eichelsdorf 28. November 1734. 415 StAMei, Gutsarchiv Bibra, VIII 4 g: Ehevertrag, Eichelsdorf 28. November 1734; Stingl, Reichsfreiheit und Fürstendienst, S. 125, 215. Alle drei Söhne traten als Domkapitulare in das Bamberger Domkapitel ein. 416 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1788: Decreten-Buch, Miscellanea annorum, Bl. 16; Stingl, Reichsfreiheit und Fürstendienst, S. 216. 417 Die bisherigen Remlinger Bezüge von 1 204 fl. 45 xr. hatte fortan das Amt Gemünden zu entrichten, wofür die Bestallungen der Ämter Homburg und Aura aufgehoben wurden, vgl. StAWü, Reichswesen 796: Fürstbischöfliches Dekret (Abschrift), Werneck 6. Juni 1742. 418 StAMei, Gutsarchiv Bibra, I 8: Fürstbischöfliches Dekret (Abschrift), Würzburg 2. Januar 1743. 419 Ibid.: Ernennungsdekret (Abschrift), Bamberg 30. Dezember 1744.

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Obwohl er zuvor nicht als Diplomat in Erscheinung getreten war, hatte sich Bibra auf dem diplomatischen Parkett des Reichstags offenbar rasch bewährt. Nachdem er bereits am 4. Mai 1743 die Reichstagsstimme des Hochstifts Konstanz übertragen bekommen hatte, ernannte ihn am 10. Oktober 1744 auch der Konstanzer Fürstbischof mit Verweis auf seine „obwohlen von kurzer zeit her, dennoch in mehrere weeg ersprieslich und zu ausnehmendem unserem vergnügen beschehener vertrettung […] [des] comitial-voti“ zum Geheimen Rat.⁴²⁰ Nur wenig später folgte am 8. Februar 1745 die Ernennung zum Reichstagsgesandten und Geheimen Rat des Hochstifts Augsburg.⁴²¹ Zuletzt erhielt Johann Philipp auf Betreiben des Bamberger Domkapitels am 3. August 1746 noch die Geheime Ratswürde und den Reichstagsgesandtenposten des Hochstifts Bamberg.⁴²² Als versierter Diplomat war Bibra auch in diplomatischen ad-hoc-Missionen im Einsatz. Im Auftrag des Würzburger Fürstbischofs Karl Philipp von Greiffenclau verhandelte Bibra von Juni bis Oktober 1750 am kurfürstlichen Hof in Hannover über den Abschluss eines Subsidientruppenvertrags.⁴²³ Bibra war für diese Gesandtschaft geradezu prädestiniert, da er als augsburgischer Reichstagsgesandter auch die Kontakte des Augsburger Fürstbischofs Joseph Ignaz Philipp von HessenDarmstadt zu dem verwandten englischen König und Kurfürsten von Hannover, Georg II., pflegte.⁴²⁴ Zwar kam der Subsidienvertrag nicht zustande, doch erwiesen sich die Verhandlungen als Grundlage für den erfolgreichen Abschluss einer Truppenkonvention zwischen dem Hochstift Würzburg und Kurhannover fünf Jahre später.⁴²⁵ Während der unruhigen Regierungszeit des Würzburger Fürstbischofs Anselm Franz von Ingelheim 1746 bis 1749 fasste Bibra den Entschluss, sich langfristig nach einem alternativen Dienstherrn umzusehen und orientierte sich dabei Richtung Bamberg.⁴²⁶ Nachdem ihm der Bamberger Fürstbischof Johann Philipp von Franckenstein am 10. Oktober 1748 die Stelle des Obermarschalls zugesichert hatte, wechselte Bibra schließlich im Sommer 1751 an den Bamberger Hof. Sein Gehalt als Reichstagsgesandter von 2 000 fl. durfte er behalten, wobei er einen Vertreter vor 420 Ibid.: Ernennungsdekret, Meersburg 10. Oktober 1744. 421 Ibid.: Ernennungsdekret, Augsburg 8. Februar 1745. 422 Siehe Kap. III.2.2.2. Die in der Literatur mehrfach kolportierte Ernennung Bibras zum Bamberger Reichstagsgesandten am 27. März 1729 dürfte auf einen Fehler im Repertorium der diplomatischen Vertreter aller Länder zurückgehen, vgl. Hausmann (Hg.), Repertorium, S. 7. 423 StAWü, HV Ms. f. 659. 424 Z.B. StAA, Hochstift Augsburg, MüB 281, Bl. 41: Schreiben Königs Georg II. an den Augsburger Fürstbischof, Hannover 27. Oktober 1750; Wüst, Staat, S. 375 f. 425 Ssymank, Seinsheim, S. 25 – 27. Siehe Kap. IV.3.1. 426 StAWü, Reichswesen 169: Schreiben Bibras an den nachfolgenden Würzburger Fürstbischof Karl Philipp von Greiffenclau, Regensburg 24. März 1751.

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Ort substituiert hatte und sich nur noch in wichtigen Fällen persönlich nach Regensburg begab.⁴²⁷ Seine übrigen Reichstagsvoten legte er vollständig nieder. Der Würzburger Fürstbischof zeigte sich besonders verärgert über die „abspannung eines foderisten [im Sinne von besonders wichtigen] und nöthigen ministern“ und wollte diesem „vor einem jahr und tag die dimmission nicht ertheilen“.⁴²⁸ Erst knapp zwei Monate später antwortete er auf Bibras Entlassungsgesuch, wobei er sich enttäuscht darüber zeigte, dass dieser ihm seine beruflichen Pläne trotz ihres vertraulichen Verhältnisses mehrere Jahre verschwiegen hatte und auf einer sechsmonatigen Fortführung der Gesandtschaft bestand.⁴²⁹ Schließlich bewilligte Greiffenclau das Entlassungsgesuch Bibras am 23. September 1751 doch noch vor Ablauf der ursprünglich gesetzten Frist.⁴³⁰ Aufgrund seiner Verdienste durfte Bibra seine Würzburger Bezüge als Oberamtmann von Mellrichstadt und Münnerstadt sowie als Landgerichtsassessor bis zu seinem Tod beibehalten.⁴³¹ Am Bamberger Hof war Johann Philipp von Bibra neben seiner Tätigkeit als Obermarschall einer der wichtigsten Berater des Fürsten bei der Gestaltung der hochstiftischen Außenpolitik. Während des Streits zwischen dem Hochstift und den Markgrafen von Ansbach und Bayreuth um das fränkische Kreisdirektorium kehrte Bibra trotz fortschreitender Erblindung im Sommer 1753 als Gesandter nach Regensburg zurück. Nach langwierigen Verhandlungen gelang es, den Konflikt im Sommer 1754 beizulegen, woran Bibra maßgeblichen Anteil hatte, obwohl er zu diesem Zeitpunkt schon völlig erblindet war und sich sämtliche Weisungen und Vertragsdokumente vorlesen lassen musste.⁴³² Dennoch war sein Verhandlungsgeschick derart gefragt, dass er weiterhin als Diplomat in Kreis- und Reichsangelegenheiten unterwegs war.⁴³³ Am 27. November 1756 tauschte Bibra das Bamberger Oberamt Weismain mit dem lukrativeren Oberamt Marloffstein.⁴³⁴ Überraschend

427 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1797, Prod. 130 1/2: Bestallungsdekrete (Abschriften), Schloss Seehof 10. Oktober 1748 und Bamberg 5. und 6. Februar 1751. 428 StAWü, Reichswesen 169: Konzept aus dem Umfeld der Geheimen Kanzlei, Würzburg 31. März 1751. 429 Ibid.: Schreiben Greiffenclaus an Bibra (Konzept), Veitshöchheim 20. Mai 1751. 430 Ibid.: Schreiben Greiffenclaus an Bibra (Konzept), Würzburg 23. September 1751. 431 Ibid.: Schreiben Greiffenclaus an den Bamberger Fürstbischof (Konzept), o.O. 22. Juli 1752; Stingl, Reichsfreiheit und Fürstendienst, S. 216. 432 Siehe Kap. III.2.3.3. In der Endphase der Verhandlungen hatte Bibra mehrfach um seine Abberufung gebeten, vgl. StABa, HStB, Geheime Kanzlei 431: Postskripta Bibras an Fürstbischof Franz Konrad von Stadion, Regensburg 11. März und 3. April 1754. 433 Stingl, Reichsfreiheit und Fürstendienst, S. 216 f. 434 StAMei, Gutsarchiv Bibra, I 13 a: Fürstbischöfliches Dekret, Bamberg 27. November 1756.

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starb Johann Philipp von Bibra an einer „plözlich überfallene[n] leibes-Schwachheit“ am 19. Juli 1758 im Alter von 52 Jahren in Bamberg.⁴³⁵ Bibras Gesandtenkarriere ist in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert. Als Diplomat scheint er äußerst talentiert gewesen zu sein, da er ohne größere außenpolitische Erfahrung in der kurzen Zeit von nur vier Jahren gleich vier Reichstagsvoten überantwortet bekam, womit er auf dem Reichstag einen nicht unerheblichen Machtfaktor darstellte.⁴³⁶ Sein viel gerühmtes Verhandlungsgeschick und sein politischer Scharfsinn ließen ihn zu einem begehrten und vielbeschäftigten Diplomaten und maßgeblichen Protagonisten der Bamberger und Würzburger Außenpolitik werden. Trotz seiner schweren Erkrankung waren seine Fähigkeiten für den Bamberger Fürstbischof unverzichtbar und auch der Würzburger Fürstbischof Greiffenclau bedauerte noch lange den Wechsel Bibras in die Dienste des benachbarten Hochstifts.⁴³⁷ Als Reichstagsgesandter zählte Bibra schon allein wegen der Vertretung von vier geistlichen Reichsständen zu den „Gutgesinnten“, doch barg sein Verhältnis zu den kaiserlichen Vertretern nicht nur aufgrund seiner Freundschaften zu „Widriggesinnten“ oder aus Wiener Perspektive kritisch beäugten Gesandten Spannungen und Konfliktpotenzial.⁴³⁸ So pflegte das Ehepaar Bibra in Regensburg eine Intimfeindschaft mit dem kaiserlichen Prinzipalkommissar Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis und seiner Gemahlin, bei der es Johann Philipp immer wieder auf Machtproben ankommen ließ, die freilich mit Rückendeckung des Wiener Hofs zu Gunsten des Fürsten von Thurn und Taxis entschieden wurden.⁴³⁹ Einzig seine Animositäten gegenüber dem Prinzipalkommissar trübten seinen Blick für die politischen Realitäten, als er sich beispielsweise im Frühjahr 1754 vergeblich darum bemühte, den Bamberger Fürstbischof Franz Konrad von Stadion von einer Unterstützung der vom kaiserlichen Hof vorangetriebenen Introduktion des Fürsten von Thurn und Taxis in den Reichsfürstenrat abzubringen.⁴⁴⁰

435 StAMei, Gutsarchiv Bibra, I 9 h: Protokollauszug (Abschrift), Bamberg 20. Juli 1758. 436 So berichteten die kaiserlichen Gesandten Fürstenberg und Palm Ende 1747, „[…] der baron von Bibra hingegen würde hierzu tauglicher seyn, sonderlich da er die vier ansehnliche hoch-stifter Bamberg, Würtzburg, Constanz und Augspurg vertritt, dahero auch derselbe nicht wohl übergangen werden“ könne, vgl. HHStA, RK, PK, Berichte 79c: Bericht Fürstenbergs und Palms an Kaiser Franz I., Regensburg 18. Dezember 1747. 437 StAWü, Reichswesen 169: Schreiben Greiffenclaus an den Bamberger Fürstbischof (Konzept), o.O. 22. Juli 1752. 438 Siehe Kap. III.4.3. 439 Siehe Kap. III.6 und IV.2.4. 440 Siehe Kap. IV.2.4.

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III Akteure und Strukturen der hochstiftischen Reichstagspolitik

3.3.2 Johann Philipp Karl Anton von Fechenbach zu Laudenbach Die Freiherrn von Fechenbach waren ein altes fränkisches und katholisches Adelsgeschlecht und gehörten dem Kanton Odenwald der fränkischen Reichsritterschaft an. Seit 1315 hatten sie ihren Stammsitz in Laudenbach bei Miltenberg. Als klassische Betätigungsfelder der Reichsritterschaft dienten auch den Fechenbachs die Domkapitel, Verwaltungen und das Militärwesen der umliegenden geistlichen Territorien. Vor allem im Erzstift Mainz und im Hochstift Würzburg, aber auch in Bamberg, Fulda und Trier sowie im Deutschen Orden stellten die Fechenbach zahlreiche Domherren, Räte, Amtmänner und Offiziere.⁴⁴¹ Johann Philipp Karl Anton von Fechenbach wurde am 5. Juni 1708 in Würzburg als Sohn des kaiserlichen und würzburgischen Generalfeldmarschallleutnants Johann Reichard von Fechenbach (1657– 1717) und seiner zweiten Ehefrau Josepha Maria von Eyb (1679 – 1747) geboren.⁴⁴² Im Alter von zwölf Jahren begann Fechenbachs geistliche Laufbahn, als er am 22. Mai 1720 mit Hilfe seines Patenonkels und Domkapitulars Richard Anton von Eyb als Domizellar in das Würzburger Domkapitel aufgenommen wurde.⁴⁴³ Ende November 1721 begann er sein Studium an der Universität Würzburg.⁴⁴⁴ Nach dem Tod seines Onkels Richard Anton von Eyb erbte der junge Johann Philipp 1722 dessen Würzburger Domherrnhof Rödelsee am Paradeplatz, in welchen er bald darauf einzog.⁴⁴⁵ Während seiner Studienzeit schloss Fechenbach Freundschaft mit dem späteren Fürstbischof Adam Friedrich von

441 Karl Diel, Die Freiherrn von Fechenbach. Ihr Wirken in Kirche und Staat (Veröffentlichungen des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg, 1), Aschaffenburg 1951, S. 38 – 56; Helmut Hartmann, Der Stiftsadel an den alten Domkapiteln zu Mainz, Trier, Bamberg und Würzburg, in: Mainzer Zeitschrift, Mittelrheinisches Jahrbuch für Archäologie, Kunst und Geschichte 73/74 (1978/79), S. 99 – 138, hier S. 109; Kallfelz, Fechenbach Teil 1, S. XI. 442 StAWü, Präbendalakten 89; Diel, Freiherrn, S. 37; Stephan M. Janker, Fechenbach zu Laudenbach, Johann Philipp Karl Anton Reichsfreiherr von, in: Erwin Gatz (Hg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1648 bis 1803. Ein biographisches Lexikon, Berlin 1990, S. 103 – 104, hier S. 103. 443 Auf Initiative Eybs nominierte der Würzburger Domkapitular Johann Veit von Würtzburg den jungen Johann Philipp für eine Präbende, wofür dieser wiederum von Eyb mit einer Präbende im Bamberger Domkapitel belohnt wurde, vgl. StAWü, Präbendalakten 89; August Amrhein, Reihenfolge der Mitglieder des adeligen Domstiftes zu Wirzburg, St. Kilians-Brüder genannt, von seiner Gründung bis zur Säkularisation 742 – 1803. Zweite Abtheilung, in: AHVU 33 (1890), S. 3 – 380, hier S. 186; Wilhelm Hotzelt, Familiengeschichte der Freiherren von Würtzburg, Freiburg im Breisgau 1931, S. 522. 444 Merkle (Hg.), Die Matrikel der Universität Würzburg, S. 544. 445 Hatto Kallfelz, Die Reichsfreiherren von Fechenbach zu Laudenbach. 600 Jahre Zusammengehörigkeit von Dorf Laudenbach und Familie von Fechenbach, in: Gemeinde Laudenbach (Hg.), Chronik von Laudenbach am Main. Bd. I, St. Ottilien, S. 11 – 84, hier S. 31 f.; Zum Domherrnhof Rödelsee vgl. Jörg Lusin, Die Baugeschichte der Würzburger Domherrnhöfe, Würzburg 1984, S. 96 – 101.

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Seinsheim (1707– 1787) und dessen Bruder Joseph Franz (1707– 1787), die zeitlebens Bestand haben sollte.⁴⁴⁶ Um sich für eine höhere geistliche Laufbahn zu qualifizieren, galt spätestens seit dem 18. Jahrhundert ein Studium in Rom als äußerst vorteilhaft.⁴⁴⁷ Johann Philipp von Fechenbach hatte sich für den Eintritt in das von den Jesuiten geführte römische Priesterseminar entschieden.⁴⁴⁸ Zum Abschluss seines Studiums in Rom verteidigte Johann Philipp am 2. September 1726 mit großem Erfolg seine dem Eichstätter Fürstbischof gewidmeten Thesen aus dem Kirchenrecht.⁴⁴⁹ Wenig später trat er aus dem Seminar aus und verbrachte, wie sein Freund Adam Friedrich berichtete, noch einige Zeit „ganz lustig“ in Rom.⁴⁵⁰ Zurück in Würzburg galt es, die geistliche Karriere voranzutreiben und den Lebensunterhalt durch Einkünfte aus Ämtern und Pfründen abzusichern. Bereits am 26. März 1725 hatte er ein Kanonikat am Ritterstift Wimpfen nahe Heilbronn erlangt.⁴⁵¹ Mit der Weihe zum Subdiakon am 22. Mai 1728 erfüllte Johann Philipp die Voraussetzungen zum Erhalt der Domkapitularswürde, womit er seine Zukunft anscheinend als gesichert betrachtete, verzichtete er doch am Tag vor seiner Weihe zugunsten seines jüngeren Bruders und Stammhalters der Familie auf seine Erbansprüche.⁴⁵² 1731 erhielt Johann Philipp die Priesterweihe, am 30. April 1738 wurde er Domkapitular.⁴⁵³ In den 1730er Jahren hatte sich Fechenbach längere Zeit am Hof des Kölner Kurfürsten Clemens August von Bayern aufgehalten, der ihn 1739 zum kurkölnischen Geheimen Rat ernannte und im Jahr darauf in den Wittelsbacher Hausorden vom Heiligen Michael aufnahm.⁴⁵⁴ Später unternahm er diplomatische Missionen

446 Renner, Jugend- und Studienzeit, S. 189 f., 214. 447 Kremer, Herkunft, S. 215 – 252; Braun, Princeps, S. 91 – 99. 448 Luca Testa, Fondazione e primo sviluppo del Seminario Romano (1565 – 1608) (Tesi Gregoriana Serie Storia Ecclesiastica, 4), Rom 2002, S. 17– 57. Allgemein zum Seminarium Romanum, vgl. Luigi Mezzadri (Hg.), Il Seminario Romano. Storia di un’istituzione di cultura e di pietà, Cinisello Balsamo (Milano) 2001. 449 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2132: Gedrucktes Exemplar von Fechenbachs „Conclusiones de ecclesiastica disciplina in quatuor partes distributae […]“. 450 SAS, Nr. 632: Schreiben Adam Friedrichs an seinen Vater, Rom 29. September 1726. 451 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2115: Verleihung des Kanonikats am Ritterstift Wimpfen an Johann Philipp von Fechenbach durch Papst Benedikt XIII., Rom 26. März 1725. 452 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 1712: Erbverzicht Johann Philipps, Würzburg 21. Mai 1728. 453 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2117: Päpstliches Breve für Johann Philipp mit der Erlaubnis zum Empfang der Priesterweihe, Rom 17. Februar 1731; Diel, Freiherrn, S. 37. 454 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2118: Ernennung Fechenbachs zum kurkölnischen Geheimen Rat, Mergentheim 28. November 1739; StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2119: Aufnahme Fechenbachs in den Ritterorden vom Heiligen Michael, Bonn 26. April 1740; HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 545,

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für den Wittelsbacher Kaiser Karl VII. und erhielt am 9. Juni 1742 den Titel eines kaiserlichen Geheimen Rats.⁴⁵⁵ Nach dem Tod Karls VII. trat er als Diplomat des bayerischen Kurfürsten Max III. Joseph in Erscheinung.⁴⁵⁶ Fechenbach unterhielt ein enges, vertrauliches Verhältnis zum Hof des Kurfürsten und stand mit mehreren hochrangigen Ministern in Kontakt. 1746 wurde er in den bayerischen Hausritterorden vom Heiligen Georg aufgenommen und von Max III. Joseph zum infulierten Propst des Kollegiatstifts St. Martin und St. Kastulus in Landshut ernannt.⁴⁵⁷ Im Bayerischen Hof- und Staatskalender des Jahres 1765 erscheint Fechenbach auch als kurbayerischer Geheimer Rat.⁴⁵⁸ Unter dem Würzburger Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn, der ihn 1739 zum zweiten Hofratspräsidenten ernannte, begann seine politische Karriere am Würzburger Hof. 1748 wählte ihn das Domkapitel zum Cellerar und Kustos.⁴⁵⁹ Als nach dem Rücktrittsgesuch Johann Philipp von Bibras im Sommer 1751 das Amt des Reichstagsgesandten neu zu besetzen war, fiel die Wahl etwas überraschend auf Fechenbach, der am 5. September zum Nachfolger Bibras bestimmt wurde.⁴⁶⁰ Dem österreichischen Reichstagsgesandten Marquard Paris Anton von Buchenberg zufolge, hatte Fechenbach allerdings bereits vor seiner Ernennung zum Reichstagsgesandten Einfluss auf die hochstiftische Reichstagspolitik genommen.⁴⁶¹ Bl. 12v.: Charakterisierung Fechenbachs in einem Schema des Würzburger Domkapitels, o.O. 2. April 1744. 455 HHStA, RK, GehR 3 – 1 – 8: Kaiserliches Dekret (Abschrift), Frankfurt 9. Juni 1742. 456 Alois Schmid, Max III. Joseph und die europäischen Mächte. Die Außenpolitik des Kurfürstentums Bayern von 1745 – 1765, München 1987, S. 39, 95. 457 BayHStA, GHA, Hausritterorden vom Heiligen Georg, Sekretariat 247, S. 13 f.: Auszug aus dem Protokoll zum Ordensfest vom 24. April 1746; BayHStA, GHA, Hausritterorden vom Heiligen Georg, Matrikelakt 78; AEM, Stiftsakten, Nr. 145: Präsentation Fechenbachs zum infulierten Stiftspropst durch Max III. Joseph, München 30. September 1746. 458 Churbajerischer Hof- und Staats-Calender, München 1765, S. 3. 459 Diel, Freiherrn, S. 37. 460 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2124: Ernennung Fechenbachs zum Reichstagsgesandten, Würzburg 5. September 1751; Bestallungsdekret, Würzburg 20. September 1751. Fechenbach war scheinbar nur die zweite Wahl für den Regensburger Gesandtschaftsposten. Zunächst war der Hofrat Franz Philipp Adolph von Gebsattel hierfür ausersehen worden, vgl. StAWü, Reichswesen 169: Schreiben des Fürstbischofs an Bibra (Konzept), Veitshöchheim 20. Mai 1751. Der Bamberger Fürstbischof Franckenstein bezeichnete die Ernennung Fechenbachs gegenüber Bibra als „ganz ohnvermuthet“, vgl. StABa, HStB, Geheime Kanzlei 414: Postskriptum Franckensteins an Bibra (Konzept), Schloss Seehof 7. Juli 1751. Zu den Hintergründen seiner Wahl siehe auch Kap. III.2.2.2. 461 Im Kontext der Besetzung von Reichsgeneralitätsstellen schrieb Buchenberg: „[…] da aber hierbey nicht unbekannt geblieben, daß die sache nur blos aus einem von dem würtzburg[isch]en dom-capitularn von Fechenbach, gantz und gar ohngebetten, seiner gewohnheit nach sich gemachten geschäfft ursprünglich herrühre“, vgl. HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 122: Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 8. April 1750.

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Bereits am 10. Mai 1752 erhielt Fechenbach eine Gehaltszulage von 300 Gul⁴⁶² den. Sein Patron und Fürstbischof Karl Philipp von Greiffenclau ernannte ihn auch zum würzburgischen Geheimen Rat.⁴⁶³ Nach dem Tod Greiffenclaus 1754 wurde Fechenbach zum Statthalter des regierenden Domkapitels berufen.⁴⁶⁴ Nur zwei Tage nach seiner Wahl zum Würzburger Fürstbischof ernannte sein Jugendfreund Adam Friedrich von Seinsheim Fechenbach am 9. Januar 1755 zum Offizial des Würzburger Konsistoriums.⁴⁶⁵ In dieser Phase zählte er bereits zu den führenden Persönlichkeiten im Würzburger Domkapitel, galt er doch neben den Domkapitularen Johann Franz von Ostein und Otto Philipp Erhard Groß von Trockau als aussichtsreicher Prätendent auf das Amt des Geheimen Referendärs.⁴⁶⁶ Neben seiner Tätigkeit als Gesandter beim Reichstag, wo er seit dem 20. Oktober 1758 auch das Hochstift Fulda vertrat,⁴⁶⁷ war Fechenbach häufig als ad-hoc-Gesandter des Hochstifts im Einsatz. Im Februar 1756 entsandte ihn Seinsheim zum Empfang der Reichslehen nach Wien, 1761 reiste er ebenfalls an den kaiserlichen Hof, um über eine mögliche Entschädigung für die Kriegslasten des Siebenjährigen Kriegs zu verhandeln.⁴⁶⁸ Auch für diplomatische Missionen nach München und Fulda war Fechenbach aufgrund seiner engen Beziehungen zu beiden Höfen die erste Wahl. 1766 erhielt er nach der Präsentation durch den bayerischen Kurfürsten die Propstei des Stifts St. Philipp und Jakob zu Altötting.⁴⁶⁹ Im selben Jahr ernannte Max III. Joseph Fechenbach zum Ordensbischof des Hausritterordens vom Heiligen Georg. Die Weihe übernahm der Würzburger Fürstbischof Seinsheim, der ihn am 1. November 1767 in der Würzburger Hofkirche zum Titularbischof von Tenara weihte.⁴⁷⁰ Am 26. Dezember 1779 starb Fechenbach in Regensburg. Sein Leichnam

462 StAWü, Reichswesen 169: Bestallungsdekret, Veitshöchheim 10. Mai 1752. 463 Staatskalender 1754, S. 4. 464 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2161, Bl. 87 f.: Schreiben des kurböhmischen Reichstagsgesandten Christian August Graf von Seilern an Fechenbach, Regensburg 27. November 1754. 465 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2126: Ernennungsdekret Fechenbachs, Würzburg 9. Januar 1755; Bestallungsdekret, Würzburg 7. Juli 1756. 466 HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 546, Bl. 137r.–138r.: Bericht Boriés an Reichsvizekanzler Colloredo, o.O. 29. Dezember 1754; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 241, 288. 467 Siehe Kap. III.4.1. 468 Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 245. Siehe auch Kap. II. 469 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2144: Begleitschreiben Max III. Josephs zur Präsentation Fechenbachs, München 13. Oktober 1766; StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2131: Urkunde über die Verleihung der Propstei durch den Salzburger Erzbischof an Fechenbach, Salzburg 25. Oktober 1766. 470 BayHStA, GHA, Hausritterorden vom Heiligen Georg, Bullen und Breven 12 und 14: Forma professionis fidei und Forma iuramenti für Johann Philipp von Fechenbach (Abschrift und Attestat), Rom 31. August 1767 und Würzburg 1. November 1767.

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wurde nach Würzburg transferiert und im Würzburger Domkreuzgang bestattet.⁴⁷¹ Der Würzburger Reichstagsgesandte hinterließ allein an Aktivkapital und Bargeld die gewaltige Summe von 156 250 Gulden.⁴⁷² Ausschlaggebend für Fechenbachs Karriere und seinen beachtlichen Erfolg bei der Akquise von Ämtern, Pfründen und Benefizien waren wohl weniger seine diplomatischen Fähigkeiten, als vielmehr sein weitreichendes Netzwerk und seine Patronage- und Klientelverhältnisse zu einflussreichen Akteuren an den Höfen in Fulda, München, Wien und Würzburg, welche an späterer Stelle noch genauer untersucht werden.⁴⁷³ Tatsächlich überwiegt in den zeitgenössischen Quellen eine eher negative Beurteilung Fechenbachs. In der Instruktion für den französischen Reichstagsgesandten Henri de Bulkeley aus dem Jahr 1772 wurde Fechenbach etwa als „la gazette ambulante de la Diète, et […] menteur, indiscret et curieux jusqu’à l’impertinence“ bezeichnet.⁴⁷⁴ Eine Aussage des österreichischen Gesandten Buchenberg Ende 1752, Fechenbach habe seine „verwirrte idée […] nicht nur allein […] [ihm] zugestellt, sondern fast jedem anderem ebenfalls mitgetheilt“, weist in eine ähnliche Richtung.⁴⁷⁵ Der preußische Gesandte Erich Christoph von Plotho berichtete im Oktober 1755, Fechenbach habe sich „vieler unanständiger Intriguen wegen […] sehr […] bekannt“ gemacht.⁴⁷⁶ Auch in der Korrespondenz der Bamberger Fürstbischöfe Franckenstein und Stadion mit ihrem Reichstagsgesandten Johann Georg von Stingelheim wurde immer wieder Unmut über Fechenbachs Verhalten geäußert.⁴⁷⁷ Von einer gewissen Neigung zu Eitelkeit und Einbildung dürfte Fechenbach ebenfalls nicht freizusprechen sein, worauf sein Beharren auf der Anrede „Excellenz“ gegenüber den kaiserlichen Gesandten hindeutet.⁴⁷⁸

471 Diel, Freiherrn, S. 38. 472 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 1614: Vermögensaufstellung, Würzburg 3. Februar 1783. 473 Dazu ausführlich Kap. III.4.1. 474 Bertrand Auerbach, Recueil des instructions données aux ambassadeurs et ministres de France depuis les traités de Westphalie jusqu’à la Révolution française. Bd. 18 Diète germanique 1912, S. 341. 475 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 128: Bericht Buchenbergs an Kaiserin Maria Theresia, Regensburg 4. November 1752. 476 Johann Gustav Droysen (Hg.), Politische Correspondenz Friedrichs des Großen. Bd. 11, Berlin 1883, S. 348: Bericht Plothos an den preußischen Minister Heinrich von Podewils, Regensburg 16. Oktober 1755. 477 StABa, HStB, NverzA 4648: Weisung Franckensteins an Stingelheim, Bamberg 11. April 1753; StABa, HStB, NverzA 4649: Weisung Stadions an Stingelheim, Bamberg 24. August 1753. 478 Siehe Kap. III.4.1.

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3.3.3 Heinrich Joseph von Schneidt Heinrich Joseph von Schneidt (Schneid) wurde am 1. Juli 1705 in Haltenbergstetten (heute Niederstetten im Main-Tauber-Kreis) als Sohn des Johann Jakob Schneidt, Rentmeister im Hatzfeldischen Amt Haltenbergstetten und dessen Frau Esther geboren.⁴⁷⁹ Er stammte aus einer Kurmainzer Beamtenfamilie, die im 16. und 17. Jahrhundert wohl auch in Kurtrierer Diensten gestanden hatte.⁴⁸⁰ Die Jugendund Ausbildungszeit Heinrich Josephs liegt weitgehend im Dunkeln. Im Alter von 22 Jahren wandte er sich in einer Erbschaftsangelegenheit an den Mainzer Kurfürsten, wobei er angab, er sei „allschon in diensten gestanden“ und habe „als hoffmeister junge herren gouverniret“.⁴⁸¹ Zu diesem Zeitpunkt hatte Schneidt das Kurfürstentum bereits verlassen und lebte in Wien, wo er möglicherweise ein rechtswissenschaftliches Studium absolvierte.⁴⁸² Wohl nach dem Abschluss seiner Studien kehrte er nach Mainz zurück. Dort wirkte er am kurfürstlichen Hof als Hofkammer- und Revisionsrat und war auch für das Mainzer Domkapitel tätig.⁴⁸³ Am 19. April 1730 heiratete Heinrich Joseph in der Pfarrei St. Quintin in Mainz Anna Elisabetha Stahl, wobei er als Hofratsassessor bezeichnet wurde.⁴⁸⁴ Bereits am 10. Juni 1732 heiratete er, inzwischen Kurmainzer Hofrat, erneut in St. Quintin Maria Elisabeth Barth aus Lohr.⁴⁸⁵ 1740 war er als Hofkammerrat Teil einer Mainzer Spezialkommission für die Spiegelmanufaktur in Lohr am Main.⁴⁸⁶ Als enger Vertrauter des Mainzer Kurfürsten und Reichserzkanzlers Philipp Karl von Eltz wurde Schneidt im Januar 1742 zum Kaiserlichen Hofrat, Geheimen Sekretär und Reichsreferendar der deutschen Expedition in der Reichskanzlei no-

479 DAR, M 203, Bd. 1, S. 24 f.; HZAN, Ni 15 B 28, B 46: Amtsrechnungen 1694/95 und 1711/12 des Amtes Haltenbergstetten. Johann Jacob Schneidt und seine Frau Esther, Tochter des Johann Jeremias Lieb und der Alexandra von Bertremoville, hatten am 27. April 1695 in Großostheim geheiratet, vgl. DAW, Amtsbücher aus Pfarreien 1950, Fiche 8, S. 10. Dank gilt an dieser Stelle Herrn Dr. Heinrich Fußbahn vom Geschichts- und Kunstverein Aschaffenburg e.V. für seine hilfreichen genealogischen Hinweise. 480 StA Mainz, NL Schnarrenberger, Bd. 8, S. 228: Aufzeichnungen zu Kurmainzer Beamtenfamilien, hier Schneidt; Fürnrohr, Kurbaierns Gesandte, S. 104. 481 StAWü, Aschaffenburger Archivreste 149 – 18: Schreiben Schneidts an den Mainzer Kurfürsten, Mainz 7. Dezember 1727. 482 Ibid. 483 Fürnrohr, Kurbaierns Gesandte, S. 104; Groß, Geschichte, S. 398. 484 StA Mainz, Kirchenbuch von Sankt Quintin (Taufen, Trauungen, Todesfälle 1711 – 1733) 20/39: Eintrag vom 19. April 1730. 485 Ibid.: Eintrag vom 10. Juni 1732. 486 Werner Loibl, Der Vater der fürstbischöflichen Erthals – Philipp Christoph von und zu Erthal (1689 – 1748) (Veröffentlichungen des Geschichts- und Kunstvereins Aschaffenburg e.V., 64), Aschaffenburg 2016, S. 339.

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miniert.⁴⁸⁷ Im selben Jahr erhob Kaiser Karl VII. Schneidt und seine drei Brüder in den rittermäßigen Adelsstand.⁴⁸⁸ Zusammen mit Christian Teuber, dem Referendar der lateinischen Expedition, wurde Schneidt zum wichtigsten Mitarbeiter der Kanzlei des Wittelsbacher Kaisers.⁴⁸⁹ Mit Verweis auf seinen „ganz ausnehmenden fleiß und mühe, auch dranstreckung äußerster kräfften“ und seinem unermüdlichen Einsatz „so tags als nachts“ verlieh ihm Karl VII. Anfang Dezember 1744 das Freiherrn-Prädikat mit dem Zusatz „Wohlgeboren“.⁴⁹⁰ Seine enge Zusammenarbeit mit Karl VII. wurde Schneidt nach dessen Tod Anfang 1745 zum Verhängnis. Bei der Neuorganisation der Reichskanzlei bestand der Wiener Hof auf der Entlassung Schneidts, der als verantwortlich für den gehässigen Stil der Schreiben Karls VII. betrachtet wurde. Trotz seiner Erklärung, er habe im Gegenteil mildernd auf den Kaiser eingewirkt und der Betonung der treuen Dienste seines Bruders als österreichischer Hofkriegssekretär in Graz, musste Schneidt im September 1745 die Reichskanzlei verlassen.⁴⁹¹ Nach dem Verlust seiner Existenzgrundlage bemühte er sich anscheinend vergeblich um eine Reichshofratsstelle,⁴⁹² bevor er den bayerischen Kurfürsten Max III. Joseph um eine Übernahme in bayerische Dienste bat. Dieser ernannte Schneidt am 26. März 1746 zum Geheimen Rat und übertrug ihm die Führung des herzoglich-bayerischen und des landgräflich-leuchtenbergischen Votums im Reichsfürstenrat, wofür er ein Jahresgehalt 5 000 Gulden erhielt.⁴⁹³ Die reichspolitische Sackgasse, in die sich Heinrich Joseph von Schneidt als treuer Parteigänger des Wittelsbacher Kaisers hineinmanövriert hatte, sollte sich letztlich als Glücksfall für sein weiteres Wirken erweisen. Die Aufgabe als Reichstagsgesandter entsprach in hervorragender Weise seinen Fähigkeiten und Nei487 HHStA, MEA, Reichskanzlei und Taxamt 36, Bl. 20 f.: Schreiben des Kurfürsten an Reichsvizekanzler Johann Georg von Königsfeld (Konzept), Frankfurt 30. Januar 1742 und Antwortschreiben desselben an den Kurfürsten, Frankfurt 2. Februar 1742. 488 AVA, Adel, RAA 376.20; AVA, Adel, RAA 376.21. 489 Groß, Geschichte, S. 398; Loibl, Erthal, S. 479, 484 f., 488 f., 501 – 504, 507– 509, 521, 526, 529 f., 566, 626. 490 AVA, Adel, RAA 376.22; AVA, Adel, RAA 376.11: Bestätigung der Erhebung Schneidts in den Freiherrnstand durch Graf Maximilian von Preysing (beglaubigte Abschrift), Nymphenburg 26. August 1745. 491 HHStA, RHR, RK, Verfassungsakten RK 5: Neubesetzung der Referendarstellen durch den Mainzer Kurfürsten, Frankfurt 26. September 1745; Groß, Geschichte, S. 398. 492 HHStA, MEA, Reichskanzlei und Taxamt 36: Schreiben Schneidts an den Mainzer Kurfürsten mit der Bitte, ihm die Referendarstelle so lange zu belassen, bis er eine Reichshofratsstelle in Aussicht habe, o.O. o.D. 493 BayHStA, Personenselekt Cart. 385 Schneid: Kurfürstliches Dekret vom 26. März 1746; BayHStA, HR I Fasz. 303 Nr. 256: Schreiben an Schneidt und den bayerischen Legationssekretär (Konzepte), München 26. März 1746 und 2. April 1746.

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gungen, weshalb er nach dem Tod des kurbayerischen Geheimratskanzlers und Konferenzministers Franz Andreas von Praidlohn 1757, sogar das Amt des Geheimratskanzlers am Münchner Hof ablehnte.⁴⁹⁴ Äußerst zielstrebig und geschickt hatte sich Schneidt rasch die Führung weiterer Reichstagsvoten gesichert.⁴⁹⁵ 1747 bekam er die Gesandtschaft des Hochstifts Speyer mit der Propstei Weißenburg übertragen, anschließend folgten 1752 BadenBaden, 1758 Chur, 1763 Freising und 1764 die Hochstifte Regensburg und Eichstätt.⁴⁹⁶ Als Gesandter des Hochstifts Bamberg trat Schneidt seit 1754 in Erscheinung. Zunächst vom etatmäßigen Bamberger Gesandten Bibra substituiert, wurde er nach dessen Tod 1758 mit der Führung der Bamberger Stimme betraut, aus Kostengründen jedoch nur interimsweise, was sich bis zu seinem Tod nicht ändern sollte.⁴⁹⁷ Zwischenzeitlich vertrat er zudem die Hochstifte Würzburg, Basel und Fulda, die schwäbische Grafenbank, den Johanniterorden und Pfalz-Zweibrücken.⁴⁹⁸ Unter den geistlichen Reichstagsgesandten wurde seine Stimmführung für das Hochstift Speyer zunächst kritisch beäugt, galt er als bayerischer Gesandter doch in erster Linie als Vertreter der weltlichen Fürstenbank.⁴⁹⁹ Allerdings bewies er mehrfach seinen Eifer für die Interessen der geistlichen Reichsstände,⁵⁰⁰ was ihm zuerst deren Vertrauen und anschließend mehrere geistliche Reichstagsvoten zuteilwerden ließ. Heinrich Joseph zählte entsprechend auch zu den wichtigsten und einflussreichsten Stimmen im Corpus Catholicorum. Nicht nur seine zahlreichen Voten trugen zu seiner großen Bedeutung für das Reichstagsgeschehen bei, Schneidt galt auch als führender bayerischer Vertreter in Regensburg, da Joseph Maria Nikolaus von Neuhaus, der bis 1758 Kurbayern im Kurfürstenrat vertrat, seiner Aufgabe nicht gewachsen war.⁵⁰¹ Obwohl er nominell 494 Theodor Bitterauf, Die kurbayerische Politik im siebenjährigen Kriege, München 1901, S. 113. 495 Vgl. beispielsweise Schneidts Bemühungen um die Übertragung der Gesandtschaft des Hochstifts Chur oder seine Bitte an Prinzipalkommissar Thurn und Taxis, ihn beim Markgrafen von Baden-Baden als Reichstagsgesandten zu empfehlen, zeigen, siehe Kap. III.4.2. und III.4.3. 496 Oertel, Verzeichniß, S. 48, 55, 73, 117; Fürnrohr, Kurbaierns Gesandte, S. 105. 497 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 448: Schreiben Seinsheims an Schneidt, Werneck 10. August 1758. 498 Fürnrohr, Kurbaierns Gesandte, S. 105. 499 Siehe Kap. III.4.2. 500 Z.B. StABa, HStB, NverzA 4647: Weisung des Bamberger Fürstbischofs an Bibra, Schloss Seehof 30. Oktober 1748. 501 „Da er [Neuhaus] aber denen geschäfften in ermanglung eines richtigen begriffs und genugsamen einsichten gar wenig gewachsen und also auch seine berichte denen vorfallenden comitialsachen ein unvollkommenes genug-thuen, mithin auch wenig gewicht an seinem hoff verschaffen können […]. […] alles, es betreffe die churfürstliche oder die herzogliche gesandschafftsverrichtung, gehet durch die hand und negociation des freyherrn von Schneid. Indeme nun auff diesen die reichsund comitial-sachen beruhen und auff seine dießfalls abgeforderte gut-achten und entwürffe es insgeheim ankommet, worunter das chur-bayerische ministerium mit einem vollkommenen ver-

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nur die bayerischen Voten im Reichsfürstenrat vertrat, zeigte er sich auch für die bayerische Politik im Kurfürstenkolleg verantwortlich, da ihm Neuhaus „nicht allein die feder, sondern auch sich selbst zuführen überlaßet“, wie der kurböhmische Gesandte Christian August von Seilern im Juli 1753 nach Wien berichtete.⁵⁰² Für den bayerischen Kurfürsten übernahm Schneidt auch andere diplomatische Missionen, etwa als Wahlbotschafter beim Frankfurter Wahlkonvent 1764 oder als Wahlkommissar bei den Regensburger Bischofswahlen.⁵⁰³ Die Kumulation mehrerer Gesandtschaftsposten ermöglichte Schneidt und seiner Familie einen gewissen Wohlstand. Neben Weingütern in der Nähe von Mainz und seinen Besitzungen bei Lohr, welche 1792 auf einen Wert von immerhin 30 000 fl. taxiert wurden, hatte Heinrich Joseph auch nahe Regensburg im Pfalz-Neuburgischen zahlreiche Landsassengüter erworben.⁵⁰⁴ Seine Einbindung in regionale Netzwerke spiegeln die Karrieren seiner Söhne wider, welche die Positionen eines Regensburger Weihbischofs, thurn- und taxischen Geheimrats und Oberpostdirektors oder pfalz-neuburgischen Regierungsrats erreichten.⁵⁰⁵ Schneidt starb am 30. Mai 1786 in Regensburg.⁵⁰⁶ Er hatte über 40 Jahre als Gesandter beim Immerwährenden Reichstag gewirkt. Aus der Perspektive des Wiener Hofs hatte sich das Ansehen Schneidts nach 1745 bald gebessert. Schon am 12. Oktober 1748 hatte Kaiser Franz I. sein Freiherrndiplom in Ansehung seiner„auch […] gegen […] das durchleuchtigste ertz-haus […] [bezeigten] patriotische[n] gesinnung“ bestätigt.⁵⁰⁷ Nur wenige Jahre nach seiner erzwungenen Entlassung aus der Reichskanzlei galt er als „Bestgesinnter“ unter den prohabsburgischen Reichstagsgesandten und war ein verlässlicher Unterstützer der Wiener Interessen auf dem Reichstag. Dabei nahm sich Schneidt gegenüber

trauen sich auff ihn verlaßet“, vgl. HHStA, RK, PK, Berichte 98: Bericht des kaiserlichen Konkommissars Seydewitz an Reichsvizekanzler Colloredo, Regensburg 25. Oktober 1756; Rohrschneider, Reichstag, S. 127 f. Zu Neuhaus siehe Fürnrohr, Kurbaierns Gesandte, S. 108 – 110. 502 HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 17: Bericht Seilerns an Maria Theresia, Regensburg 21. Juli 1753. 503 Fürnrohr, Kurbaierns Gesandte, S. 105; Karl Hausberger, Das Bistum Regensburg 1: Die Regensburger Bischöfe von 1649 bis 1817 (Germania Sacra. Dritte Folge, 13), Berlin u. a. 2017, S. 247, 249 – 251, 266 – 269. 504 StAWü, MRA-Nachsteuer K 170/16: Bericht des Lohrer Amtmanns (Abschrift), Lohr 14. April 1792; Auerbach, Recueil, S. 341; Thomas Barth, Diplomatie und ländliche Gesellschaft im 18. Jahrhundert. Die Bedeutung des Immerwährenden Reichstags in Regensburg für den pfalz-neuburgischen und oberpfälzischen Landadel in der Oberpfalz, in: VHVO 143 (2003), S. 241 – 294, hier S. 257, 268 – 270. 505 Fürnrohr, Kurbaierns Gesandte, S. 107; Rohrschneider, Reichstag, S. 128. Zum Regensburger Weihbischof Valentin Anton von Schneidt siehe Hausberger, Regensburg, S. 444 – 447. 506 Fürnrohr, Kurbaierns Gesandte, S. 104. 507 AVA, Adel, RAA 376.23.

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seinem heimatlichen Hof gelegentlich größere Freiheiten, als es dessen Instruktionen eigentlich erlaubten. In Frankreich warf man ihm daher vor, sich an Österreich verkauft zu haben.⁵⁰⁸ Heinrich Joseph von Schneidt war im Untersuchungszeitraum einer der einflussreichsten und prägendsten Akteure des Reichstagsgeschehens. Die Quellen zeichnen das Bild eines geschickten und versierten Diplomaten, der das Reichstagsgeschäft perfekt beherrschte.⁵⁰⁹ Zurecht bezeichnet Walter Fürnrohr Schneidt als einen „scharfen Beobachter des Zeitgeschehens […] mit Sinn für das Wesentliche“.⁵¹⁰ Er besaß das volle Vertrauen und die Wertschätzung des Bamberger und Würzburger Fürstbischofs Adam Friedrich von Seinsheim und war während des Siebenjährigen Kriegs neben Johann Philipp von Fechenbach eine der beiden Säulen der Seinsheimschen Reichstagspolitik. Während der mehrmonatigen Abwesenheiten Fechenbachs 1755 und 1756 vertrat Schneidt auch das Würzburger Votum.⁵¹¹ 3.3.4 Johann Georg Franz Sigmund von Stingelheim Johann Georg Franz Sigmund (Sigismund) von Stingelheim wurde am 2. Dezember 1702 in Kürn bei Regensburg als Sohn des Joseph Franz von Stingelheim, und dessen zweiter Ehefrau Maria Sidonia von Leoprechting geboren.⁵¹² Sein Vater war pfalzneuburgischer Geheimer Rat, kurbayerischer Kämmerer und Erbkämmerer des Hochstifts Regensburg und hatte nach dem frühen Tod seiner ersten Gemahlin 1699 Maria Sidonia, ein ehemaliges Stiftsfräulein aus dem Damenstift Obermünster geheiratet.⁵¹³ Aufgewachsen in einer sehr religiösen Familie wurde er im Alter von 15 Jahren von seiner inzwischen verwitweten Mutter für die geistliche Laufbahn bestimmt, die sich im Dezember 1717 an das Regensburger Domkapitel wandte und erfolgreich 508 HHStA, RK, PK, Berichte 98: Bericht des Konkommissars Seydewitz an Reichsvizekanzler Colloredo, Regensburg 25. Oktober 1756; Auerbach, Recueil, S. 341; Rohrschneider, Reichstag, S. 128 f. 509 „M. de Schneidt possède à fond le style Comitial“, vgl. Auerbach, Recueil, S. 341. 510 Fürnrohr, Kurbaierns Gesandte, S. 107. 511 Siehe Kap. III.4.2. 512 Hausberger, Regensburg, S. 438; Karl Hausberger, Stinglheim, Johann Georg Freiherr von, in: Erwin Gatz (Hg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1648 bis 1803. Ein biographisches Lexikon, Berlin 1990, S. 489 – 490, hier S. 489 f. 513 Walter Eberwein, Bernhardswald im Wandel der Zeiten. Ein Streifzug durch die Geschichte der Herrschaft Kürn und der Hofmarken Adlmannstein, Bernhardswald, Hackenberg, Hauzendorf, Wolfersdorf und Wulkersdorf, Regenstauf 2001, S. 244; Hausberger, Regensburg, S. 438; Michael Mayr, Miscellaneen zu einer Chronik vom Schloße und der Herrschaft Kürn […] mit vorausgesandter Genealogie der Familie von Stingelheim, in:Verhandlungen des historischen Vereins für den Regenkreis 2 (1834), S. 1 – 91, hier S. 45 f.

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um Übertragung eines freigewordenen Kanonikats an ihren Sohn bat.⁵¹⁴ Nach seiner Tonsur am 23. Januar wurde er am 11. März 1718 aufgeschworen.⁵¹⁵ Im selben Jahr begann Stingelheim sein Studium an der Universität Ingolstadt, wo er zunächst Philosophie, Zivil- und Kirchenrecht und anschließend Theologie studierte. Der Weihe zum Subdiakon am 13. Mai 1725 folgte am 22. September die Diakonen- und am 14. Oktober 1725 die Priesterweihe.⁵¹⁶ Bevor er am 28. Juli 1727 als Kapitular ins Regensburger Domkapitel berufen wurde, war er in der dem Domkapitel zugehörigen Pfarrei Dingolfing tätig, die er 1729 als Stadtpfarrer übernahm.⁵¹⁷ 1732 zum Geheimen Rat, Offizial und Generalvisitator des Hochstifts ernannt, stieg Johann Georg in der Folge rasch innerhalb der Hierarchie des Fürstbistums auf. Nachdem er am 30. November 1738 zum Domkustos bestimmt worden war, wurde Stingelheim am 27. März 1741 zum Domdechant gewählt, womit er auch gleichzeitig als Hof- und Kammerratspräsident sowie Statthalter des abwesenden Fürstbischofs Johann Theodor von Bayern (1703 – 1763) fungierte.⁵¹⁸ Sein enormer Arbeitseifer hatte Stingelheim in nur knapp 14 Jahren seit seinem Eintritt in das Regensburger Domkapitel bis an die Spitze der hochstiftischen Verwaltung gelangen lassen. Zwar hatte der Fürstbischof dem Freisinger Domdechant und Statthalter Johann Christian Adam von Königsfeld 1744 auch die geistlichen und weltlichen Regierungsgeschäfte des Hochstifts Regensburg übertragen, was dort zunächst für Irritationen sorgte, doch bestätigte er die Statthalterschaft Stingelheims, der lediglich die fürstbischöflichen Weisungen durch Königsfeld erhalten sollte.⁵¹⁹ Ende Oktober 1745 wandte sich Stingelheim an den Kabinettssekretär und Vertrauten des Fürstbischofs, Ferdinand Maria von Torri, mit dem Ansuchen, ihm die Vertretung der Hochstifte Freising, Lüttich und Regensburg beim Reichstag zu übertragen. Dies sei nicht nur den „hochstiften rüembliger“, sondern aufgrund der aktuellen politischen Situation angeraten, weil die Stimmen aufgrund der Abwesenheit des kurpfälzischen Gesandten Ferdinand von Menshengen derzeit vom kurbayerischen Gesandten geführt würden. Da sich der Münchner Hof aber gerade anschicke, die österreichische Partei zu ergreifen, was die überlebenswichtige Neutralität des Lütticher Fürstbischofs gegenüber Frankreich in Zweifel ziehen

514 BZAR, ADK 255: Schreiben Maria Sidonias an das Regensburger Domkapitel, Kürn 21. Dezember 1717. Der bayerische Kurfürst Max Emanuel hatte das Gesuch Maria Sidonias per Rekommandationsschreiben unterstützt, vgl. ebd.: Schreiben des Kurfürsten an das Domkapitel, München 8. Februar 1718. 515 BZAR, BDK 7167, Bl. 137r.–146r.: Aufschwörungsprotokoll Stingelheims. 516 Hausberger, Regensburg, S. 438 f. 517 Ibid., S. 439; Mayr, Miscellaneen, S. 52. 518 BZAR, ADK 2067: Wahl Stingelheims zum Domdechant; Hausberger, Regensburg, S. 439. 519 Hausberger, Regensburg, S. 240.

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könnte, wäre die Abordnung eines eigenen Gesandten zur Abgrenzung vom bayerischen Kurs ratsam.⁵²⁰ Offenbar erschienen Stingelheims Überlegungen seinem Patron Torri und dem Fürstbischof plausibel, denn nur wenige Wochen später legitimierte sich der Regensburger Domdechant am 7. Dezember 1745 als Gesandter Johann Theodors beim Reichstag.⁵²¹ Bereits die Umstände der Berufung Stingelheims zum Reichstagsgesandten geben einen Eindruck, weshalb der Wiener Hof und seine Regensburger Gesandten Stingelheim gegenüber Vorsicht walten ließen. Als eine seiner ersten Amtshandlungen als Reichstagsgesandter hatte dieser im April 1746 die Beschwerden seines Fürsten über die österreichischen Einquartierungen im Hochstift Lüttich beim Kurmainzer Reichstagsdirektorium vorgebracht, was in Wien größte Empörung hervorrief.⁵²² Von Stingelheim stammte auch der Vorschlag, die Erhebung des Herzogs Karl Alexander von Lothringen zum Reichsmarschall beim Reichstag durch vorgeblich fehlende Weisungen zur Verärgerung des Wiener Hofs hinauszuzögern.⁵²³ So mag es durchaus verwundern, dass Stingelheim im Sommer 1751 vom Bamberger Reichstagsgesandten Johann Philipp von Bibra zur Führung des bambergischen Reichstagsvotums substituiert wurde und fortan in enger Abstimmung mit den österreichischen Gesandten die Belange des Bamberger Fürstbischofs beim Reichstags wahrnehmen sollte, zumal sich das Hochstift mitten im vor dem Reichstag ausgetragenen Streit um das fränkische Kreisdirektorium mit dem Bayreuther Markgrafen befand, wo es auf die Rückendeckung und Unterstützung des kaiserlichen Hofs angewiesen war.⁵²⁴ Der Bamberger Fürstbischof schien grundsätzlich mit Stingelheims Arbeit zufrieden gewesen zu sein, da er ihn am 30. Mai

520 AEM, AA005, H303, Bl. 75r.–85r.: Schreiben Stingelheims an Torri, Regensburg 26. Oktober 1745; Manfred Weitlauff, Kardinal Johann Theodor von Bayern (1703 – 1763). Fürstbischof von Regensburg, Freising und Lüttich. Ein Bischofsleben im Schatten der kurbayerischen Reichskirchenpolitik (Beiträge zur Geschichte des Bistums Regensburg, 4), Regensburg 1970, S. 407– 409. 521 AEM, AA005, H303, Bl. 101r.–103r.: Schreiben Stingelheims an Torri, Regensburg 9. Dezember 1745; Oertel, Verzeichniß, S. 62, 64, 71. 522 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 117: Bericht des österreichischen Gesandten Buchenberg an Kaiserin Maria Theresia, Regensburg 25. April 1747; AEM, AA005, H303, Bl. 159r.–161v.: Schreiben Stingelheims an Torri, Regensburg 30. April 1746; Weitlauff, Kardinal, S. 408. 523 AEM, AA005, H303, Bl. 159r.–161v.: Schreiben Stingelheims an Torri, Regensburg 30. April 1746; Weitlauff, Kardinal, S. 409. 524 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 414: Postskriptum Franckensteins an Bibra (Konzept), Schloss Seehof 7. Juli 1751. Siehe Kap. IV.2.6.

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1753 zum bambergischen Geheimen Rat ernannte,⁵²⁵ was für einen lediglich substituierten Gesandten doch eher ungewöhnlich war. Am 19. Oktober 1753 berief Fürstbischof Johann Theodor von Bayern Stingelheim zum Generalvikar und denominierte ihn zum Regensburger Weihbischof. Die Einsetzung zum Weihbischof und Titularbischof von Botrys durch Papst Benedikt XIV. erfolgte am 11. Februar 1754. Geweiht wurde Stingelheim am 24. März 1754 durch Dompropst Johann Christian Adam von Königsfeld, woraufhin er seine Gesandtschaftstätigkeit beim Reichstag beendete.⁵²⁶ Nach dreiwöchiger Krankheit verstarb Johann Georg von Stingelheim am 15. September 1759 wohl an einem Schlaganfall in der Domdechantei zu Regensburg und wurde im Domkreuzgang bestattet.⁵²⁷ Wie sein Nachlassinventar ausweist, war Stingelheim während seinem langjährigen Wirken in hohen Ämtern der hochstiftischen Verwaltung zu gewissem Wohlstand gekommen. Sein Vermögen inklusive einer großen Bibliothek, einem brillantbesetzten Pektorale, welches allein auf 2 850 fl. geschätzt wurde, einem Gemälde von Kaiser Karl VII. und seiner Gattin sowie weiteren Porträts wittelsbachischer Reichsfürsten und Vielem mehr wurde nach Abzug der Ausstände auf immerhin 34 312 Gulden taxiert.⁵²⁸ In seiner Zeit als Reichstagsgesandter war Stingelheim maßgeblich in Rangstreitigkeiten bei einer festlichen Tafel des Prinzipalkommissars Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis involviert.⁵²⁹ Gewissenhaft vertrat Stingelheim die ihm als Gesandten anvertrauten Hochstifte, wobei er trotz seiner Treue und Verbundenheit zum Hause Wittelsbach und den aufgrund der frankreichfreundlichen Haltung seines Prinzipals unvermeidlichen Differenzen mit den österreichischen Gesandten insgesamt zur Gruppe der „Gutgesinnten“ zu zählen ist. Ab Mitte 1751 bis Ende des Jahres 1753 führte er in einer heiklen reichspolitischen Phase substitutionsweise die Bamberger Reichstagsstimme. Da in diesem Zeitraum die politische Haltung des Bamberger Fürstbischofs Johann Philipp von Franckenstein in verschiedenen Fragen mit den kaiserlichen Ansichten und Zielen kollidierte, waren Stingelheims diplomatische Fähigkeiten besonders gefordert. Zusätzlich beanspruchte ihn der auch beim Reichstag ausgetragene Streit zwischen dem Hochstift

525 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1797, Prod. 246: Ernennungsdekret (Abschrift), Schloss Seehof 30. Mai 1753. 526 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 428: Postskriptum Stingelheims an Stadion, Regensburg 18. November 1753; Oertel, Verzeichniß, S. 62; Hausberger, Regensburg, S. 439. Oertel nennt den 25. März 1754 als Konsekrationsdatum. 527 BZAR, ADK 974/1: Notifikation der Todesnachricht an Kardinal und Fürstbischof Johann Theodor (Konzept), Regensburg 16. September 1759; Hausberger, Regensburg, S. 440. 528 BZAR, ADK 974/1: Nachlassinventar. 529 Siehe Kap. III.6.3.

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Bamberg und den Markgrafen von Ansbach und Bayreuth um das Direktorium des Fränkischen Reichskreises.⁵³⁰ Dabei agierte er in enger Abstimmung mit dem Bamberger Obermarschall und etatmäßigen Reichstagsgesandten Johann Philipp von Bibra, mit dem er in einem freundschaftlichen Verhältnis stand.⁵³¹ 3.3.5 Joseph Gottfried von Saurau Joseph Gottfried von Saurau entstammte dem steiermärkischen Adelsgeschlecht der Grafen von Saurau und wurde am 20. November 1720 als Sohn des Korbinian Graf von Saurau und der Maria Antonia Gräfin Breuner in Graz geboren.⁵³² Bald verlegte Saurau seinen Lebensmittelpunkt nach Salzburg, wo er sich am 13. Dezember 1741 an der juristischen Fakultät immatrikulierte.⁵³³ Auf Betreiben seines Vetters, des Salzburger Domherrn Franz Karl Hannibal von Dietrichstein, erhielt Saurau 1746 ein Kanonikat am Salzburger Domstift und wurde am 18. Juli 1746 aufgeschworen.⁵³⁴ Nach der erfolgreichen Ableistung seiner Residenzzeit empfing er am 22. September 1748 die Weihe zum Subdiakon und wurde am Tag darauf zum Domkapitular ernannt.⁵³⁵ Allerdings schien sich Saurau – als immerhin zweitgeborener Sohn – nicht vollends auf eine geistliche Karriere festlegen zu wollen, da er es bis kurz vor seinem Tod bei der niedrigsten geistlichen Weihe beließ, was einen einfachen Wechsel zurück in den Laienstand offen hielt und im Salzburger Domkapitel durchaus gängige Praxis war.⁵³⁶

530 Siehe Kap. IV.2.6 und zusammenfassend IV.2.7. 531 Siehe Kap. III.4.3. 532 SLA, GA XXV.S.04: Undatierter Stammbaum Sauraus; Ulrich Salzmann, Der Salzburger Erzbischof Siegmund Christoph Graf von Schrattenbach (1753 – 1771) und sein Domkapitel, in: MGSL 124 (1984), S. 9 – 240, hier S. 146; Manfred Josef Thaler, Das Salzburger Domkapitel in der Frühen Neuzeit (1514 bis 1806). Verfassung und Zusammensetzung (Wissenschaft und Religion, 24), Frankfurt am Main 2011, S. 459. Korbinian von Saurau, k. u. k. Kämmerer, Obersterblandmarschall, Geheimer Rat, Landeshauptmann in Krain (1734 bis 1742) sowie Statthalter zu Graz (seit 1742) und Maria Antonia von Breuner hatten am 21. Juni 1716 in der Stadtpfarrkirche Graz geheiratet, vgl. Walter Brunner – Conrad Heberling, Schloß Premstätten. Ritterturm – Adelsschloß – Ordenshaus – High-Tech-Center, Unterpremstätten 1989, S. 167. Schönfeld nennt fälschlicherweise den 26. Januar 1717 als Hochzeitsdatum, vgl. Ignaz von Schönfeld, Adelsschematismus des österreichischen Kaiserstaates, Wien 1824, S. 101. 533 Virgil Redlich, Die Matrikel der Universität Salzburg 1639 – 1810. Bd. 1: Text der Matrikel (Salzburger Abhandlungen und Texte aus Wissenschaft und Kunst, 5), Salzburg 1933, S. 485. 534 StLA, Saurau, Familie, K. 21, H. 246: Bewerbung und Erlangung der Salzburger Domherrnwürde des Joseph Gottfried von Saurau; Thaler, Domkapitel, S. 459 f. 535 Thaler, Domkapitel, S. 460. 536 Salzmann, Schrattenbach, S. 49; Thaler, Domkapitel, S. 63.

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Nach seiner Ernennung zum salzburgischen Geheimen Rat am 30. November 1750,⁵³⁷ folgte bereits ein halbes Jahr später der nächste Karriereschritt. Im Juni 1751 berief der Salzburger Erzbischof Andreas Jakob von Dietrichstein Saurau als Nachfolger des kurz zuvor verstorbenen Sebastian Anton von Zillerberg zum Salzburger Reichstagsgesandten.⁵³⁸ Seine Fähigkeiten und Person waren offensichtlich auch innerhalb des Domkapitels hochgeschätzt. So verfehlte er bei den Domdechantenwahlen 1750 und 1753 sowie bei der Wahl zum Dompropst 1753 die nötige Stimmenzahl nur äußerst knapp.⁵³⁹ Bemerkenswerterweise erhielt Saurau bei der Wahl des Erzbischofs im Frühjahr 1753 schon in der ersten Wahlversammlung vier der zwanzig Stimmen, obwohl er noch nicht einmal die Priesterweihe empfangen hatte.⁵⁴⁰ Am 5. November 1753 nahm Saurau als Vertreter des Erzstifts an einer Konferenz im Haus des kurbayerischen Konferenzministers und Obersthofmeisters Johann Maximilian von Preysing teil und verhandelte den Beitritt Salzburgs zur österreichisch-bayerischen Münzkonvention.⁵⁴¹ Im selben Jahr erhöhte der neugewählte Erzbischof Sigismund Christoph von Schrattenbach (1698 – 1771) Sauraus jährliche Bezüge von 4 135 auf 6 000 Gulden.⁵⁴² Im Juni 1756 handelte Joseph Gottfried in Regensburg einen Vertrag über die Ansprüche der Salzburger Emigranten gegenüber dem Erzstift mit dem preußischen Reichstagsgesandten Erich Christoph von Plotho aus, der am 28. Juni von beiden Gesandten unterzeichnet wurde.⁵⁴³ In den Jahren 1760 und 1761 verstarben in kurzer Folge zunächst sein jüngster Bruder Sigmund, dann sein Vater und zuletzt am 31. Oktober 1761 sein kinderlos gebliebener älterer Bruder Karl Maria Korbinian von Saurau, womit das gesamte Familienerbe mit Schloss Premstätten, der Herrschaft Schwanberg und einem

537 SLA, LAA A III.16.S: Dekret zur Ernennung Sauraus zum wirklichen Geheimen Rat vom 30. November 1750 (Konzept). 538 Unklar ist das genaue Datum der Ernennung Sauraus zum Reichstagsgesandten. Im Protokoll der Sitzung des Salzburger Domkapitels vom 26. Juni 1751 findet sich die Notiz 1. Juni, welchen Thaler ebenfalls angibt, vgl. SLA, Domkapitel, Protokolle der Kapitelsitzungen 1751; Thaler, Domkapitel, S. 460. Oertels Verzeichnis nennt den 26. Juni als Legitimationsdatum, weswegen von einer Ernennung im Juni 1751 auszugehen ist, vgl. Oertel, Verzeichniß, S. 44. Der in der Frankschen Beamtenkartei genannte und von Salzmann übernommene 17. Dezember 1751 ist hingegen unrealistisch, vgl. SLA, Frank Beamtenkartei, Josef Gottfried Graf von Saurau; Salzmann, Schrattenbach, S. 145. 539 Thaler, Domkapitel, S. 461, Anm. 8. 540 Salzmann, Schrattenbach, S. 23 f. 541 BayHStA, Kurbayern Äußeres Archiv 3886, Bl. 229 f. 542 SLA, Frank Beamtenkartei, Josef Gottfried Graf von Saurau. 543 SLA, Geheimes Archiv XV-32: Vertrag vom 28. Juni 1756.

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Grazer Stadthaus an Joseph Gottfried als letztem männlichen Vertreter seiner Familie fiel.⁵⁴⁴ Gewisse Außenseiterchancen wurden Saurau bei der Bischofswahl 1772 zugebilligt. Ein anlässlich der Wahl verfasster bayerischer Konfidentenbericht beschreibt ihn als einen „von haus-aus reiche[n] verständige[n] herr[n], der schon bey der vorigen wahl […] öfters 5 bis 6 stimmen bekame, […] aber seit dieser zeit um 19 Jahr älter geworden und öftermahlen unbeßlich [unpässlich] [sei].“⁵⁴⁵ Seine Anhängerschaft war jedoch gegenüber den anderen beiden Konkurrenten Ferdinand Christoph von Waldburg-Zeil und Hieronymus von Colloredo, der mit Unterstützung des kaiserlichen Wahlgesandten schlussendlich gewählt wurde, zu schwach, um ihn in eine aussichtsreiche Position zu bringen.⁵⁴⁶ Zwar war Saurau die höchste Würde des Erzstifts verwehrt geblieben, doch wurde er am 18. November 1772 einstimmig im ersten Wahlgang zum Domdechant gewählt.⁵⁴⁷ Erst im Alter von 53 Jahren empfing Joseph Gottfried schließlich am 29. Mai 1774 die Diakonenweihe und am 24. Juni 1774 die Priesterweihe.⁵⁴⁸ Im Februar 1775 schickte Erzbischof Hieronymus von Colloredo Saurau als Gesandten zum Empfang der Reichsbelehnung sowie zur Beilegung kleinerer Differenzen des Erzstifts mit Österreich nach Wien.⁵⁴⁹ Während seiner diplomatischen Mission erkrankte Saurau an einer Lungenentzündung und verstarb am 2. April 1775 in Wien.⁵⁵⁰ Seinen umfangreichen Besitz vermachte Joseph Gottfried seinem Grazer Vetter Maria Raymund von Saurau, wobei er in seinem Testament neben seinen beiden Schwestern auch seinen Regensburger Arzt sowie seinen Kammerdiener und Legationskanzlisten Adam Hubert Bauer großzügig bedachte.⁵⁵¹

544 Brunner – Heberling, Premstätten, S. 178, 180. Salzmann nennt einen zusätzlichen Bruder Maria Korbinian Karl von Saurau, der jedoch mit dem teilweise nur als Karl Maria oder Maria Korbinian bezeichneten Bruder identisch sein dürfte, vgl. Salzmann, Schrattenbach, S. 145, 149; Thaler, Domkapitel, S. 461. 545 SLA, GA XI 44: Bayerischer Konfidentenbericht zur Bischofswahl 1772. 546 Corbinian Gärtner, Chronik von Salzburg. Bd. 11, 1. Teil, Salzburg 1826, S. 323. 547 SLA, Domkapitel, Akten 08.1.M: Wahl des Joseph Gottfried von Saurau zum Domdechant; SLA, OU 1773 I 27: Bestätigung Erzbischofs Hieronymus von Colloredo, Salzburg 27. Januar 1773. 548 Thaler, Domkapitel, S. 460, Anm. 4. 549 Gärtner, Chronik, S. 421 f.; Otto Friedrich Winter (Hg.), Repertorium der diplomatischen Vertreter aller Länder seit dem Westfälischen Frieden (1648) Bd. 3 (1764 – 1815), Graz u. a. 1965, S. 391. 550 SLA, Domkapitel, Akten 03.2b: Rundschreiben des Salzburger Domkapitels an die umliegenden Stifte und Klöster, Salzburg 5. April 1775. 551 Ibid.: Testament Sauraus, Wien 27. März 1775. Adam Hubert Bauer sollte lebenslänglich 20 Gulden pro Jahr erhalten. Nach seinem Tod sollten die Zahlungen zu Gunsten seiner Kinder fortgesetzt werden. Seinem Arzt hatte Saurau 300 Gulden jährlich zugedacht.

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III Akteure und Strukturen der hochstiftischen Reichstagspolitik

Als Reichstagsgesandter für das Hochstift Würzburg trat Saurau erstmals im August 1753 in Erscheinung, als der würzburgische Gesandte Johann Philipp von Fechenbach ihn mit der substitutionsweisen Vertretung des Würzburger Votums beauftragte. Ab Juni 1761 führte er während einer längeren Abwesenheit Fechenbachs für ein halbes Jahr erneut die Würzburger Stimme im Reichsfürstenrat.⁵⁵² In seinem über zwanzigjährigem Wirken als Reichstagsgesandter erwies sich Saurau als wichtige und verlässliche Stütze der prohabsburgischen Partei auf dem Reichstag.⁵⁵³ Da er alternierend mit dem österreichischen Gesandten das Direktorium im Reichsfürstenrat ausübte, war Saurau aus Sicht der Hofburg eine der Schlüsselfiguren des Reichstagsgeschehens. Gleich mehrfach zeigte Saurau Kooperationsbereitschaft, als es darum ging, durch gezieltes Fernbleiben den Turnus des Fürstenratsdirektoriums dahingehend zu beeinflussen, dass der österreichische Gesandte Buchenberg in bedeutenden Sitzungen das Direktorium führen konnte.⁵⁵⁴ Ausdruck des großen Vertrauens, das ihm der Wiener Hof entgegenbrachte, war die interimsweise Übertragung der österreichischen Reichstagsstimme inklusive der Voten für Burgund und Nomeny nach dem Tod Buchenbergs 1769.⁵⁵⁵ In Anerkennung seiner zu „jederzeit bewährten vorzüglichen Ergebenheit und guten Gesinnung gegen das durchlauchtigste Erzhaus“ und zu „Vergeltung der von ihm einige Zeit her übernommenen österreichischen Stimmvertretung“⁵⁵⁶ wurde Saurau am 13. September 1770 zum kaiserlichen Geheimen Rat ernannt.⁵⁵⁷ Über Sauraus charakterliche Eigenschaften zeichnet die Forschung, hauptsächlich basierend auf der zeitgenössischen französischen Einschätzung, ein einhelliges Bild.⁵⁵⁸ Saurau galt als äußerst liebenswürdig, feinsinnig wie geistreich und soll von ausgleichender Natur gewesen sein, was seiner Amtsführung als Direktor des Reichsfürstenrats zugutekam.⁵⁵⁹ Betont wurde sein Hang zu Humor und Satire, was ihn zu einem gern gesehen Gast in der Regensburger Gesellschaft werden ließ. Auch den Vergnü-

552 Siehe Kap. III.4.2. 553 Auerbach, Recueil, S. 340; Rohr, Reichstag, S. 42. 554 Rohrschneider, Reichstag, S. 159 f. 555 Winter (Hg.), Repertorium der diplomatischen Vertreter aller Länder seit dem Westfälischen Frieden (1648), S. 71. 556 HHStA, RK, GehR 6 – 2 – 5: Schreiben an Reichsvizekanzler Colloredo (Abschrift), Wien 29. Oktober 1770. 557 Ibid.: Ernennungsdekret vom 13. September 1770 (Abschrift). 558 Auerbach, Recueil, S. 340; Rohr, Reichstag, S. 42; Rohrschneider, Reichstag, S. 159; Düwel, Reichskriegserklärung, S. 237. 559 Rohr, Reichstag, S. 42.

3 Die individuellen Voraussetzungen der Akteure

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gungen und Lustbarkeiten der Reichsstadt stand der Domherr Saurau aufgeschlossen gegenüber.⁵⁶⁰

3.4 Parallele Profile? Beobachtungen zu Gemeinsamkeiten und Tendenzen in den Biografien der Akteure Der Querschnitt durch die Biografien der maßgeblichen Akteure Bamberger und Würzburger Reichstagspolitik zeigt trotz der unterschiedlichen Anforderungsprofile der jeweiligen Positionen innerhalb des reichstagspolitischen Entscheidungsprozesses, einige Gemeinsamkeiten auf. Sämtliche vorgestellten Persönlichkeiten gehörten der katholischen Konfession an, alle hatten rechtswissenschaftliche Studien, fast ausschließlich an katholischen Universitäten, absolviert und im Anschluss als Hofräte, Geheime Räte oder in anderen Verwaltungspositionen an den fürstbischöflichen Höfen politische Erfahrung gesammelt, viele waren bereits früh mit Reichspolitik in Berührung gekommen. Während die Fürstbischöfe und die Reichstagsgesandten ihre Ämter in der Regel bis zu ihrem Tod versahen, waren die Geheimen Referendäre von ihrer Vertrauensstellung zu den Bischöfen abhängig. Bei ihren wichtigsten Mitarbeitern und Beratern setzten die neugewählten Landesherrn oftmals zu Beginn ihrer Regentschaft personelle Akzente, wobei Kompetenz und eine persönliche Verbindung die wichtigsten Auswahlkriterien darstellten. Auffällig ist, dass die Geheimen Referendäre mit einer Ausnahme nicht aus den alteingesessenen Beamtenfamilien der Residenzstädte stammten, sondern auswärtiger Herkunft waren. Als „zweite Männer im Staat“⁵⁶¹ wirkten sie im Hintergrund und übernahmen keine repräsentativen Aufgaben, was sich in ihrem meist bürgerlichen Geburtsrang widerspiegelte. Demgegenüber war eine adelige Abstammung für die Fürstbischöfe und ihre Reichstagsgesandten unverzichtbar. Die hochstiftischen Gesandten waren Teil einer professionalisierten reichspolitischen Funktionselite. Aufgrund ihrer jahrzehntelangen Tätigkeit in Regensburg gehörten sie zum überschaubaren Kreis der reichspolitischen Experten im Reich, was ihnen Handlungsspielräume und Karrierechancen eröffnete. Entsprechend

560 „Le comte de Saurau, Ministre Directorial de Salzbourg, est un homme aimable qui passe des plaisirs aux affaires et des affaires aux plaisirs. Né vassal de la Maison d’Autriche, il lui serait dévoué quand sa Cour ne le serait pas, et l’on sait que les archevêques de Salzbourg l’ont toujurs été. Son caractère personnel est conforme à ses goûts: de la douceur, de la modération dans ses principes, un esprit fin, délicat et malin, joint à un penchant invincible à la satire; un homme qui saurait faire avec lui une société de bons mots contre le ridicules et les sottises d’autrui, y compris la Diète, tirerait tout le parti possible de ce malicieux chanoine.“, vgl. Auerbach, Recueil, S. 340. 561 Kaiser – Pečar, Reichsfürsten, S. 12 f.

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III Akteure und Strukturen der hochstiftischen Reichstagspolitik

unterhielten alle betrachteten Reichstagsgesandten Verbindungen zu verschiedenen Höfen und vertraten mehrere Reichsstände bei der Reichsversammlung. Gleichzeitig galten sie aufgrund ihrer Erfahrung und Stellung als Spitzendiplomaten ihrer Fürsten, weshalb sie auch als ad-hoc-Gesandte im Einsatz waren. Insgesamt sind die Reichstagsgesandten wohl weniger dem Thiessenschen Konzept des „Diplomaten vom type ancien“⁵⁶² zuzurechnen als der freilich weit weniger differenzierten Kategorie des „Reichspersonals“, worunter die Funktionsträger an den Institutionen des Reichs subsumiert werden.⁵⁶³ Ein signifikantes Beispiel hierfür ist Heinrich Joseph von Schneidt, der seine Karriere im Umfeld des Mainzer Reichserzkanzlers begann, anschließend in der Reichskanzlei arbeitete, zwischenzeitlich mit einem Engagement beim Reichshofrat liebäugelte und schließlich über zwanzig Jahre beim Reichstag tätig war und sowohl Kaiser Karl VII. als auch dem habsburgischen Kaiserhaus treue Dienste leistete. Den Bruch, den das kurze Wittelsbacher Kaisertum in vielen Biografien des Reichspersonals hinterlassen hatte, konnten die davon betroffenen Adam Friedrich von Seinsheim, Johann Philipp von Fechenbach und Heinrich Joseph von Schneidt rasch überwinden, sie alle entwickelten sich zu treuen Parteigängern oder Klienten des habsburgischen Herrscherhauses, was sich wiederum auf ihr Selbstverständnis und ihre Amtsausübung auswirkte. Überhaupt waren viele der genannten Akteure in habsburgische Netzwerke eingebunden, was an späterer Stelle noch eigens thematisiert wird.⁵⁶⁴ Dies ist nur ein Beispiel für den erheblichen Einfluss der individuellen Voraussetzungen der Entscheidungsträger. Ihre Biografien stellen den Schlüssel zur Untersuchung ihrer spezifischen Abhängigkeiten, Loyalitäten und Netzwerke dar, welche ihre Vorstellungen, ihre Perzeption, ihr Handeln und damit die hochstiftische Reichstagspolitik prägten.

4 Abhängigkeiten, Verflechtungen und Handlungsspielräume – Die Reichstagsgesandten und ihre Netzwerke „Höflinge und Mitglieder fürstlicher Regierungen und Verwaltungsapparate sollen aber nicht a priori als Staatsdiener, sondern in ihrer Rollenvielfalt als Angehörige

562 Thiessen, Diplomatie vom „type ancien“, bes. S. 487– 493. 563 Stephan Wendehorst – Siegrid Westphal, Reichspersonal in der Frühen Neuzeit. Überlegungen zu Begrifflichkeit und Konturen einer auf Kaiser und Reich bezogenen Funktionselite, in: Anette Baumann u. a. (Hg.), Reichspersonal. Funktionsträger für Kaiser und Reich (Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich, 46), Köln 2003, S. 1 – 20; Härter, Forschung, Abs. 48. 564 Siehe Kap. III.4.3 und vor allem III.5.

4 Die Reichstagsgesandten und ihre Netzwerke

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von Verwandtschafts- und Klientelverbänden, als Landsleute, Freunde und Fürstendiener untersucht werden. Fürstendienst ist also nur eine unter den Rollen der Akteure; sie waren einer Vielzahl von sozialen Gruppen verpflichtet.“⁵⁶⁵ Hillard von Thiessens Postulat aus dem Kontext seiner Forschungen zu den römisch-spanischen Beziehungen Anfang des 17. Jahrhunderts lässt sich, wie Michael Rohrschneider zutreffend festgestellt hat, gleichermaßen auf die Reichstagsgesandten übertragen. Dabei bezeichnet Rohrschneider die „charakteristische Rollenpluralität der Akteure“ als „wichtige, wenn nicht sogar die wichtigste Determinante, die es bei Ressourcentransfers im Kontext des Reichstags zu beachten gilt“.⁵⁶⁶ So waren die Gesandten „immer gleichzeitig Adlige, Amtsträger, Patrone oder Klienten“, was Wechselwirkungen bedingte,⁵⁶⁷ da die „Ausübung der einen Rolle die Gestaltungsmöglichkeiten der anderen Rollen beeinflusst[e]“.⁵⁶⁸ Der frühneuzeitliche Diplomat sah sich also mit konkurrierenden Normensystemen konfrontiert. Dem zuverlässigen und treuen Fürstendienst stand die Pflicht gegenüber, Familienangehörige, Freunde, Klienten und Patrone im Rahmen seiner Stellung angemessen zu versorgen.⁵⁶⁹ Das Agieren der Reichstagsgesandten sollte also sinnvollerweise vor dem Hintergrund ihrer persönlichen Abhängigkeiten, Verpflichtungen und Interessen als Teilnehmer beziehungsweise Bestandteile von Netzwerken betrachtet werden, wofür die Instrumente der Reinhard-Schule bereits gewinnbringend eingesetzt wurden.⁵⁷⁰ Wolfgang Reinhard zufolge lassen sich vier, häufig auch in Mischformen auftretende Hauptformen der Beziehungen zwischen Personen in der frühneuzeitlichen Gesellschaft unterscheiden: Verwandtschaft, Landsmannschaft, Freund-

565 Thiessen, Diplomatie, S. 28. Gleichermaßen haben Hillard von Thiessen, Birgit Emich, Nicole Reinhardt und Christian Wieland darauf hingewiesen, „dass Diplomaten mindestens vier verschiedene Rollen gleichzeitig – als Fürstendiener, als Klienten, als Patrone und als Familienmitglieder – zu erfüllen hatten, wobei letztere offenbar die stärkste Bindekraft aufwies [und] jede dieser Rollen […] unterschiedliche Handlungsweisen [verlangte]“, vgl. Emich u. a., Patronageforschung, S. 253. 566 Rohrschneider, Reichstag, S. 219. 567 Birgit Emich, Normen an der Kreuzung. Intersektionalität statt Konkurrenz oder: Die unaufhebbare Gleichzeitigkeit von Amt, Stand und Patronage, in: Arne Karsten – Hillard von Thiessen (Hg.), Normenkonkurrenz in historischer Perspektive (ZHF, Beiheft, 50), Berlin 2015, S. 83 – 100, hier S. 85. 568 Ibid., S. 99. 569 Hillard von Thiessen, Korrupte Gesandte? Konkurrierende Normen in der Diplomatie der Frühen Neuzeit, in: Niels Grüne – Simona Slanicka (Hg.), Korruption. Historische Annäherungen an eine Grundfigur politischer Kommunikation, Göttingen 2010, S. 205 – 220, hier S. 215. 570 Rohrschneider, Reichstag, S. 299 f.; Haug, Außenbeziehungen.

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schaft und Patronage,⁵⁷¹ wobei „Verwandtschaftsbindungen und die Beziehung zwischen Patron und Klient eine besonders herausgehobene, normativ aufgeladene Bedeutung“ besitzen.⁵⁷² Strukturmerkmal der Netzwerke und Beziehungsgeflechte waren „fortlaufende Gabentausch-Handlungsketten“.⁵⁷³ Wie Patron-Klient-Beziehungen unterlagen auch Verwandtschaftsverbindungen den Regeln reziproker Gabentauschverhältnisse nach dem Prinzip des do ut des. ⁵⁷⁴ Charakteristika waren dabei das Ungleichgewicht innerhalb der Gabentauschbeziehung (die verpflichtenden Gegenleistungen des Klienten konnten nie den Wert der erhaltenen Leistung erreichen), die „zeitliche Diskrepanz zwischen Leistungen und Gegenleistungen“⁵⁷⁵ sowie „wechselseitige, allerdings nicht konkret definierbare Verpflichtungen, die dauerhaft zu erfüllen waren“.⁵⁷⁶ Ronald G. Asch klassifiziert grundsätzlich zwei sich mitunter überschneidende Patronageformen. Während die Benefizialpatronage „punktuelles Handeln“, wie die Vergabe von Ämtern und Pfründen oder die Gewährung von Rechten bezeichnet, wird unter Protektionspatronage eine „mehr oder weniger dauerhafte[ ] Schutzbeziehung“ verstanden.⁵⁷⁷ Aus heutiger Sicht problematisch wirkt der Umstand, dass Klientelbeziehungen zwischen Gleichrangigen in der Quellensprache häufig mit dem Euphemismus der „Freundschaft“ bezeichnet wurden und die Grenze zwischen Freundschaft und Klientelverhältnis in der frühneuzeitlichen Adelsgesellschaft fließend war,⁵⁷⁸ was

571 Wolfgang Reinhard, Paul V. Borghese (1605 – 1621). Mikropolitische Papstgeschichte (Päpste und Papsttum, 37), Stuttgart 2009, S. 15 f. 572 Thiessen, Diplomatie, S. 30. Peter Moraw bezeichnet dabei die Verwandtschaft als „weitaus wirkungskräftigste Sozialbeziehung des alten Europa“, vgl. Moraw, Patrone, S. 8. 573 Reinhard, Paul V., S. 17; Thiessen, Diplomatie, S. 31. 574 Thiessen, Diplomatie, S. 31; Dazu in einem anderen Kontext auch Hillard von Thiessen, Herrschen mit Verwandten und Klienten. Aufstieg und Fall des Herzogs von Lerma, Günstling-Minister Philipps III. von Spanien, in: Arne Karsten – Hillard von Thiessen (Hg.), Nützliche Netzwerke und korrupte Seilschaften, Göttingen 2006, S. 181 – 207, hier S. 199. 575 Rohrschneider, Reichstag, S. 220. 576 Thiessen, Diplomatie, S. 31. 577 Asch, Der Hof Karls I. von England, S. 289 f. 578 Reinhard, Geschichte, S. 133; Ronald G. Asch, Freundschaft und Patronage zwischen alteuropäischer Tradition und Moderne: Frühneuzeitliche Fragestellungen und Befunde, in: Eric Anton Heuser u. a. (Hg.), Varieties of friendship. Interdisciplinary perspectives on social relationships (Freunde – Gönner – Getreue, 1), Göttingen 2011, S. 265 – 286, hier S. 272 – 274. Dazu auch Sharon Kettering: „Early modern patrons and clients used the terms ‚friend‘ and ‚friendship‘, ami and amitié, to express their trust and loyalty. It is not always clear, however, which type of personal relationship the word ami describes when it appears in the documents. […] When was an ami a friend, and when was he a patron or client?“, vgl. Sharon Kettering, Patronage in Early Modern France, in: French Historical Studies 17 (1992), S. 839 – 862, hier S. 849.

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bei den im Folgenden rekonstruierten Freundschaftsbeziehungen berücksichtigt werden muss.

4.1 Handlungsspielräume eines Spitzendiplomaten – Das Netzwerk Johann Philipp von Fechenbachs Ein beeindruckendes Zeugnis für die Dimension und Funktionsweise des Netzwerks eines hochstiftischen Diplomaten Mitte des 18. Jahrhunderts ist die insgesamt 10.575 Blatt umfassende Briefsammlung des Würzburger und Fuldaer Reichstagsgesandten Johann Philipp von Fechenbach.⁵⁷⁹ Wenngleich deren Aussagekraft über das tatsächliche Verhältnis zwischen den Absendern beziehungsweise Adressaten und Fechenbach aufgrund der spezifischen Briefrhetorik frühneuzeitlicher Patronagekorrespondenz begrenzt ist,⁵⁸⁰ lassen sich daraus Fechenbachs politische Verbindungen sowie seine Patronage- und Klientelverhältnisse rekonstruieren. Unter den über 350 Absendern befinden sich Kaiser, Kurfürsten, Fürstbischöfe sowie Gesandte und Diplomaten aus ganz Europa. Eine der Grundlagen seines Netzwerks waren weit verzweigte Verwandtschaftsbeziehungen. Zu seinen Vettern zählten beispielsweise die Würzburger Fürstbischöfe Karl Philipp von Greiffenclau und Adam Friedrich von Seinsheim, der Bamberger Fürstbischof Johann Philipp von Franckenstein, die Fuldaer Fürstbischöfe Amand von Buseck und Heinrich Karl von Bibra oder der Fürstbischof von Speyer Franz Christoph von Hutten, die allesamt mit Fechenbach in Korrespondenz standen.⁵⁸¹ Sein Bruder Karl Ludwig bekleidete hohe Ämter in Domkapitel und Verwaltung des Hochstifts Fulda.⁵⁸² Auch zahlreiche Frauen finden sich in Fechenbachs Netzwerk. Von Familienangehörigen einmal abgesehen, korrespondierte er besonders mit Fürstin Maria Henriette von Thurn und Taxis, Gräfin Josepha Eberhardine zu Erbach-Fürstenau oder Gräfin Maria Theresia von Kolowrat, der Gattin seines engen Korrespondenzpartners, des österreichischen Diplomaten Adam Franz von Hartig.⁵⁸³ 579 Kallfelz, Fechenbach Teil 2, S. XVIf., 9 – 29. 580 Reinhard, Freunde, S. 38 f.; Kettering, Patronage in Early Modern France, S. 849 – 851; Emich u. a., Patronageforschung, S. 239 – 244. 581 Kallfelz, Fechenbach Teil 2, S. 9 – 29. In einzelnen Fällen konnte das Verwandtschaftsverhältnis nicht einwandfrei nachvollzogen werden. Hier lässt sich nicht ausschließen, dass die Bezeichnung Vetter auch als Ehrenanrede gebraucht wurde. 582 Diel, Freiherrn, S. 40. 583 Kallfelz, Fechenbach Teil 2, S. 13 – 29. Die Rolle von Frauen als Bestandteil frühneuzeitlicher Gesandtennetzwerke erfreut sich als Forschungsfeld in den letzten Jahren zunehmender Beliebtheit, vgl. z. B. Thiessen – Windler, Einleitung: Außenbeziehungen in akteurszentrierter Perspektive, S. 8 f.; Keller, Keller Handlungsspielräume.

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Besonders intensive Beziehungen unterhielt Fechenbach zum Münchner Hof, die aus seiner Zeit als Diplomat des Wittelsbacher Kaisers Karl VII. herrührten. Neben dem kurbayerischen Minister und Studienfreund Fechenbachs, Joseph Franz von Seinsheim, führte der würzburgische Reichstagsgesandte noch einen regen Schriftverkehr mit dem bayerischen Oberhofkanzler und Konferenzminister Praidlohn, dem Obersthofmeister Preysing, dem Konferenzminister und Reichsvizekanzler Königsfeld, aber auch mit einflussreichen Geistlichen am Hof des Kurfürsten.⁵⁸⁴ Seine Münchner Patrone vermittelten Fechenbach einträgliche Pfründen und Würden. Auf Fürsprache Seinsheims und Preysings ernannte Kurfürst Max III. Joseph Fechenbach 1746 zum infulierten Propst des Kollegiatstifts St. Martin und St. Kastulus in Landshut.⁵⁸⁵ 1754 und 1759 setzte er sich beim Papst – wenn auch vergeblich – für die Verleihung der Propsteien der Stifte St. Alban in Mainz und St. Moritz in Augsburg an Fechenbach ein.⁵⁸⁶ Zuvor hatte Fechenbach mehrfach diplomatische Missionen für den bayerischen Kurfürsten übernommen. Auch die Ernennungen zum kurbayerischen und kurkölnischen Geheimen Rat sowie die Aufnahme in Wittelsbacher Hausorden zeugen von Fechenbachs enger Verbindung zu den Wittelsbachern, von der auch seine Würzburger Dienstherren profitierten.⁵⁸⁷ Den Fürstbischöfen ermöglichten seine weitreichenden und vertraulichen Kontakte, sich auf informellen Wegen über die politische Haltung des Kurfürsten zu erkundigen.⁵⁸⁸ Allerdings könnte seine Nähe zum Münchner Hof im Einzelfall zu Loyalitätskonflikten in seiner Rolle als würzburgischer Reichstagsgesandter geführt haben. So berichtete der kaiserliche Konkommissar Carl Joseph von Palm im Juli 1753 nach Wien, Fechenbach verhalte sich „durchaus mehr pro cliente ante Bavarica, als vor einen würtzburgischen gesandten“.⁵⁸⁹ Um sich sein Netzwerk längerfristig zu erhalten und auszubauen, betrieb Johann Philipp von Fechenbach gezielt Kontaktpflege. Neben der Übernahme diplo-

584 Kallfelz, Fechenbach Teil 2, S. 9 – 29. 585 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2155, Bl. 17r.–18r.: Schreiben Seinsheims an Fechenbach, München 31. Juli 1746. Siehe auch Kap. III.3.3.2. 586 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2136: Schreiben Papst Benedikts XIV. an Max III. Joseph (beglaubigte Kopie), Rom 29. März 1754; StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2137: Schreiben des Kurfürsten an den Papst (Abschrift), München 4. März 1759. 587 Siehe Kap. III.3.3.2. 588 So etwa im Mai 1750, als der Würzburger Fürstbischof Karl Philipp von Greiffenclau Fechenbach auftrug, die Ansicht des Münchner Hofs zu den Hohenloher Religionsstreitigkeiten herauszufinden, vgl. StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2159, Bl. 120r.: Schreiben Greiffenclaus an Fechenbach, Würzburg 16. Mai 1750. 589 HHStA, RK, PK, Berichte 90a: Bericht Palms an Kaiser Franz I., Regensburg 31. Juli 1753.

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matischer ad-hoc-Missionen, die ihn etwa nach Wien oder München führten, nutzte er dafür beispielsweise die Ordensfeste des Hausritterordens vom Heiligen Georg in München.⁵⁹⁰ Die auffällig hohe Zahl an Dankschreiben für Weihnachts- und Neujahrsglückwünsche in Fechenbachs Briefnachlass weist darauf hin, dass Johann Philipp zudem systematisch Courtoisieschreiben zur Aufrechterhaltung seines Netzwerks einsetzte.⁵⁹¹ Die darin zumeist enthaltenen Ergebenheits- und Freundschaftsbekundungen waren dabei keineswegs nur rhetorischer Natur, schließlich mussten die Freundschafts- und Patronagebeziehungen aufgrund ihres informellen Charakters regelmäßig bekräftigt werden.⁵⁹² Ein weiteres probates Mittel der Patronage und Vernetzung zwischen Diplomaten im Alten Reich, das auch unter den Reichstagsgesandten rege gebraucht wurde, war die Übernahme von Taufpatenschaften.⁵⁹³ Inmitten der Verhandlungen zwischen dem Hochstift Würzburg und dem Fürstentum Brandenburg-Ansbach Anfang 1750 zur Verhinderung einer möglichen preußischen Sukzession im Fürstentum Brandenburg-Bayreuth, bot der leitende Ansbacher Minister Christoph Ludwig von Seckendorff-Aberdar dem ebenfalls in die Beratungen involvierten Johann Philipp von Fechenbach die Taufpatenschaft seines am 27. Januar 1750 geborenen Sohns an.⁵⁹⁴ Sein weitläufiges Netzwerk eröffnete Johann Philipp von Fechenbach Handlungsspielräume, die weit über seine Möglichkeiten im Rahmen seiner Tätigkeit als hochstiftischer Reichstagsgesandter hinaus reichten. Als Broker beziehungsweise Vermittler vermakelte Fechenbach seine vielfältigen Patronageressourcen mit großem Erfolg, wie seine zahlreichen Ämter, Pfründen und Würden belegen. „A broker mediates between parties […], using resources he does not always directly control. A broker’s resources are the people he knows who can provide access to 590 Z.B. StAWü, Würzburger Reichstagsakten 288, S. 428: Weisung des Würzburger Fürstbischofs an Fechenbach (Konzept), Würzburg 13. April 1752. 591 Zum Beispiel StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2154, Bl. 71r.: Dankschreiben des Kölner Kurfürsten Clemens August von Bayern, Schloss Augustusburg 8. Januar 1744; StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2157, Bl. 387r.: Dankschreiben des Mainzer Kurfürsten Johann Friedrich Karl von Ostein, Mainz 8. Januar 1750; StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2160, Bl. 271r.–272r.: Dankschreiben des Grafen Heinrich von Brühl, Dresden 7. Januar 1752. Der Einsatz von Weihnachtsgrüßen zur Netzwerkpflege findet sich auch bei Mark Hengerer, Amtsträger als Klienten und Patrone? Anmerkungen zu einem Forschungskonzept, in: Stefan Brakensiek – Heide Wunder (Hg.), Ergebene Diener ihrer Herren? Herrschaftsvermittlung im alten Europa, Köln u. a. 2005, S. 45 – 78, hier S. 65. 592 Asch, Freundschaft und Patronage zwischen alteuropäischer Tradition und Moderne: Frühneuzeitliche Fragestellungen und Befunde, S. 274. 593 Lehsten, Reichstagsgesandte Bd. 1, S. 408 – 414; Rohrschneider, Reichstag, S. 222 – 224. Zu Patenschaften als politischer Praxis in reichsstädtischen Außenbeziehungen vgl. Krischer, Patenschaften. 594 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2160, Bl. 364: Schreiben Seckendorffs an Fechenbach, Ansbach 28. Januar 1750. Zu den Verhandlungen siehe Weber, Politik, S. 27– 33.

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power and place. A broker acts as a middleman to arrange an exchange of resources between parties who are separated by physical or personal distance.“⁵⁹⁵ Der Definition Sharon Ketterings zufolge, darf Fechenbach geradezu als Paradebeispiel eines Brokers gelten, wie die folgenden Beispiele zeigen. Am 14. Mai 1749 bat der Würzburger Fürstbischof Karl Philipp von Greiffenclau, seinen Klienten und Vetter Johann Philipp darum, ein Schreiben an den Kölner Kurfürsten und Hochmeister des Deutschen Ordens, Clemens August von Bayern, zu überreichen, worin der Fürstbischof darum nachsuchte, seinen Neffen zum Landkomtur der Ballei Koblenz des Deutschen Ordens zu ernennen.⁵⁹⁶ Nur sieben Tage später übertrug Greiffenclau Fechenbach die einträgliche Oberpfarrei Herbolzheim, wobei Greiffenclau die Verleihung ausdrücklich als Gegengefälligkeit für die „vorhin mir erzeigte freundtschaft“ begriff.⁵⁹⁷ Besonders für das kleine Hochstift Fulda überbrückte Fechenbach „räumliche und hierarchische Distanzen“ und fungierte als „Mittler zwischen Zentrum und Peripherie“.⁵⁹⁸ Der Fürstabt und spätere Fürstbischof Amand von Buseck beispielsweise nutzte den Einfluss seines Vetters bei Kaiser Karl VII., der 1742 sein ius primariarum precum einsetzte, um einem Neffen Busecks eine Präbende zu vermitteln.⁵⁹⁹ Im November 1743 sandte der Fuldaer Fürstabt Wildbret an Fechenbach und bat ihn explizit darum, etwas davon an den Reichsvizekanzler Johann Georg

595 Sharon Kettering, Patrons, brokers, and clients in seventeenth-century France, New York u. a. 1986, S. 4; Vgl. hierzu auch Emich u. a., Patronageforschung, S. 244 f. Kettering nennt zwei wesentliche Unterschiede zwischen Brokern und sogenannten Go-betweens, wonach Fechenbach eindeutig zu den Brokern zu rechnen ist: „[…] brokers had resources of their own, personal connections, influence, reputation, information, or ideas, which they added to the negotiations affecting their outcome, while go-betweens did not. […] brokers received a commission for their services, while gobetweens might or might not.“, vgl. Sharon Kettering, Brokerage at the Court of Louis XIV, in: The Historical Journal 36 (1993), S. 69 – 87, hier S. 80. 596 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2158, Bl. 85r.: Schreiben Greiffenclaus an Fechenbach, Würzburg 14. Mai 1749. 597 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2169, Bl. 338: Postskriptum Greiffenclaus an Fechenbach, Würzburg 31. Mai 1749; Diel, Freiherrn, S. 37. 598 Emich u. a., Patronageforschung, S. 244 f. 599 „Wie sehr eu[ere] excellenz sich das wohl meiner famille angelegen seyn laßen, deßen abermahlige überzeigende probe hat mir die auswürckung des überschickten kayserlichen […] für meinen nepoten vorzüglich und allerdnädigst ertheiltes primariarum precum vergnüglichst an hand gegeben. Gleich ich nun mich für die […] gegebene mühe und mir erwiesene ausnehmende gefälligkeit besonders verbunden erkenne, also werde mir die irige gelegenheiten sehr angenehm beygehen laßen, worinnen meine wahre und würckliche erkenntlichkeit auff eine oder andere weis eu[erer] excell[enz] beglaubigen möge“, vgl. StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2154, Bl. 244: Schreiben Busecks an Fechenbach, Fulda 28. September 1742.

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von Königsfeld und den bayerischen Kronprinzen abzugeben.⁶⁰⁰ Hinter Busecks Bemühungen um ein gutes Verhältnis zum wittelsbachischen Kaiserhof stand jedoch nicht primär das Motiv der Benefizialpatronage, vielmehr strebte er nach kaiserlicher Protektion für die Fürstabtei. Die 1742 lancierten und von Karl VII. ernsthaft in Erwägung gezogenen Säkularisationspläne Friedrichs II. hatten die Germania Sacra in große Aufregung versetzt.⁶⁰¹ Buseck, der sich eine Beteiligung Karls VII. trotz gegenteiliger Gerüchte nicht vorstellen konnte, baute fest auf den Kaiser als Schutzherrn der geistlichen Reichsterritorien.⁶⁰² Aus der Perspektive des Fürstabts war Johann Philipp von Fechenbach als Verbindung zu Kaiser Karl VII. also von eminenter Bedeutung. Nach der unter den geistlichen Reichsfürsten nicht unumstrittenen Erhebung der Fürstabtei zum Hochstift 1752 ließ Buseck durch Fechenbach beim Bamberger Fürstbischof für die Anerkennung seiner Rangerhöhung werben.⁶⁰³ Fechenbach wiederum ermöglichte sein vertrauensvolles Verhältnis zu Buseck, Einfluss auf die fuldische Reichstagspolitik zu nehmen. So schrieb Buseck am 20. März 1753 an Fechenbach, dass er seinen Reichstagsgesandten Joseph Casimir von May instruieren werde, sich bezüglich der Römischen Königswahl „von denen wohlgesinnten in keine[r] weiß abzusonderen, sondern […] mit selbigen gleiche sprache zu führen […] [sowie] mit dem ihme in abschrift zugesendeten hochfürstlich würtzburgischen voto sich zu conformiren“.⁶⁰⁴ Im Dezember 1756 gelang es Johann Philipp von Fechenbach, über seine guten Beziehungen zum Premierminister Sachsen-Weimars, Heinrich Graf von Bünau, einen Vergleich im langjährigen Streit zwischen Sachsen-Weimar und dem Hochstift Fulda um das Amt Fischberg zu vermitteln.⁶⁰⁵ Mit den „2 stück Johannisberger

600 Ibid., Bl. 259r.–260r.: Schreiben Busecks an Fechenbach, Schloss Neuhof 15. November 1743. 601 Peter Baumgart, Säkularisationspläne König Friedrichs II. von Preußen. Zu einem kontroversen Thema der Preußenhistoriographie, in: Joachim Köhler (Hg.), Säkularisationen in Ostmitteleuropa. Zur Klärung des Verhältnisses von geistlicher und weltlicher Macht im Mittelalter, von Kirche und Staat in der Neuzeit (Forschungen und Quellen zur Kirchen- und Kulturgeschichte Ostdeutschlands, 19), Köln u. a. 1984, S. 59 – 69, hier S. 61 – 64. 602 Christian Peter, Staatsbildung und Residenzausbau. Höfische Repräsentation, adlige Netzwerke und zeremonielle Selbstbehauptung im geistlichen Fürstentum Fulda (ca. 1670 – 1802) (Veröffentlichungen des Fuldaer Geschichtsvereins, 69) 2010, S. 46 – 48. 603 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2155, Bl. 429r.–430r.: Schreiben Busecks an Fechenbach, Fulda 20. März 1753. 604 Ibid., Bl. 432r.: Schreiben Busecks an Fechenbach, Fulda 20. März 1753. 605 Ibid., Bl. 446r.–499r. Zur jahrzehntelangen Auseinandersetzung zwischen Sachsen-Weimar und Fulda wegen des Amtes Fischberg, die erst 1764 endgültig beigelegt werden konnte, vgl. Anneliese Hofemann, Studien zur Entwicklung des Territoriums der Reichsabtei Fulda und seiner Ämter (Schriften des Hessischen Landesamtes für Geschichtliche Landeskunde, 25), Marburg 1958, S. 73 f.

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rhein wein“, die ihm sein älterer Bruder, der Fuldaer Domdechant und Regierungspräsident Karl Ludwig von Fechenbach, im Namen des während der Sedisvakanz regierenden Domkapitels zum Dank zukommen ließ, war es jedoch nicht getan.⁶⁰⁶ Da aufgrund der Herrschaftsübernahme durch das Domkapitel ohnehin eine erneute Bevollmächtigung der Fuldaer Reichstagsgesandtschaft nötig war, hatte Johann Philipp von Fechenbach das Domkapitel im Gegenzug für seine diplomatischen Dienste um die Übertragung des Reichstagsvotums gebeten. Allerdings hatte das Domkapitel bereits zuvor dem bisherigen Gesandten Joseph Casimir von May die entsprechende Legitimationsvollmacht zukommen lassen, weshalb Fechenbach lediglich eine „adjunction“ zur fuldischen Reichstagsgesandtschaft zugestanden werden konnte.⁶⁰⁷ Die mit der Gesandtenstelle verbundenen Gehaltszahlungen sollte weiterhin May erhalten, nach dessen Tod aber auf Fechenbach übergehen.⁶⁰⁸ Der neu gewählte Fürstbischof Adalbert II. von Walderdorff bekräftigte die Abmachung, woraufhin nach dem Tod Mays Fechenbach am 20. Oktober 1758 die alleinige Vertretung des Hochstifts Fulda beim Reichstag übertragen wurde.⁶⁰⁹ Deutlich wird hier, dass die Fürstbischöfe durchaus in reziproke Gabentauschbeziehungen involviert waren, was der These Heiko Drostes, der Fürst sei „nicht an der Gabenkultur auf Gegenseitigkeit beteiligt“⁶¹⁰ gewesen, widerspricht. Droste zufolge konnte der Fürst theoretisch nicht zu einer Gegenleistung gezwungen werden,⁶¹¹ in der Praxis jedoch implizierte jede Gabe oder Gefälligkeit des Klienten, gemäß der Logik des do ut des, die Erwartung einer Gegengabe. Auch der Würzburger Fürstbischof Karl Philipp von Greiffenclau sah sich als Patron Fechenbachs sehr wohl zu Gegenleistungen gegenüber seinem Klienten verpflichtet. Nachdem Fechenbach im Sommer 1750 seine Präbende beim Ritterstift Wimpfen

606 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2155, Bl. 469r.: Schreiben Karl Ludwig von Fechenbachs an Johann Philipp von Fechenbach, Fulda 5. Januar 1757. 607 Ibid., Bl. 448r.–449r.: Schreiben Karl Ludwig von Fechenbachs an Johann Philipp von Fechenbach, Fulda 20. Dezember 1756. 608 Ibid., Bl. 467r.–468r.: Schreiben des fuldischen Kanzlers Ignaz Weitzell an Johann Philipp von Fechenbach, Fulda 4. Januar 1757. 609 Ibid., Bl. 493r.: Schreiben Walderdorffs an Fechenbach, Fulda 13. Mai 1757; StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2128: Zertifikat des Fürstbischofs Adalbert von Walderdorff für Johann Philipp, Fulda 20. Oktober 1758. 610 Heiko Droste, Patronage in der Frühen Neuzeit – Institution und Kulturform, in: ZHF 30 (2003), S. 555 – 590, hier S. 585. 611 Laut Droste habe der Fürst „nicht die Rolle eines Patrons“ eingenommen, da sich „Gnade und gegenseitige Verpflichtung“ ausschlössen, vgl. ibid. Dem widersprachen u. a. Emich u. a., Patronageforschung, S. 255 Auch Hillard von Thiessen hält die Nötigung des Fürsten zum Gabentausch für möglich, vgl. Thiessen, Diplomatie, S. 35, Anm. 89.

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zugunsten eines Familienmitglied des Fürstbischofs resigniert hatte, kündigte ihm dieser einen baldigen Ausgleich an.⁶¹² Die Gelegenheit sollte nicht allzu lange auf sich warten lassen. Bereits ein knappes Jahr später ernannte Karl Philipp von Greiffenclau Fechenbach zum würzburgischen Reichstagsgesandten.⁶¹³ Im April 1752 sah sich Greiffenclau erneut veranlasst, „die von dem herrn vettern […] vielfältig erwiesene freundschaftliche bezeigungen mit anderweiten gefälligkeiten [zu] erwiederen“, weshalb er Fechenbach die „anverlangte“ Oberpfarrei Gänheim „willigst [zu] ertheilen“ gedachte, welche dieser gegen die weniger lukrative Oberpfarrei Herbolzheim eintauschte.⁶¹⁴ Da die Dankesbekundungen Greiffenclaus für Gefälligkeiten seines Klienten generell Gegenleistungen in Aussicht stellten, darf die Reziprozität der Gabentauschverpflichtung als Strukturmerkmal der PatronKlient-Beziehung zwischen Greiffenclau und Fechenbach gelten. Die enorme Bedeutung von Fechenbachs politischem Netzwerk geht auch aus zwei Schreiben des Würzburger Fürstbischofs Adam Friedrich von Seinsheim aus dem Jahr 1756 hervor.⁶¹⁵ Fechenbach hatte den Wiener Hof gebeten, seinen von Kaiser Karl VII. verliehenen Titel eines kaiserlichen Geheimen Rats bestätigen zu lassen. Sein Freund und Patron Seinsheim engagierte sich in dieser Sache ebenfalls und richtete entsprechende Schreiben an den österreichischen Staatskanzler Wenzel Anton von Kaunitz-Rietberg und Reichsvizekanzler Rudolph Joseph von Colloredo. Dabei verwies der Bischof geschickt auf Fechenbachs zahlreiche politische Verbindungen, von denen die Hofburg im Falle einer positiven Entscheidung profitieren könnte: „ […] das mein […] gesande freyherr von Fechenbach für seine

612 „Der herr vetter haben mir und meiner famille von dero wohlmeynung und wahren freundtschaft so viele proben allschon gegeben und diese durch die anderweithe resignation dero in dem ritter stifft Wimpfen bis anhero innen gehabte prabend und custory so viel mehrer annoch bewehret […]. Ich wünsche nur in balden gelegenheit zu haben, dem herrn vettern meine dancknehmigkeit und damit viel angenehmes erzeigen zu können“, vgl. StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2159, Bl. 268r.: Schreiben Greiffenclaus an Fechenbach, Werneck 3. August 1750. 613 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2124: Ernennung Johann Philipps zum Reichstagsgesandten, Würzburg 5. September 1751. 614 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2160, Bl. 17: Schreiben Greiffenclaus an Fechenbach, Würzburg 7. April 1752. Per Dekret vom 10. Mai 1752 verlieh Greiffenclau Fechenbach die besagte Oberpfarrei, vgl. StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2125. Hinzuweisen ist dabei noch auf zwei Aspekte der frühneuzeitlichen politischen Patronage: Offenbar aus Furcht vor Patronagekritik oder gar Korruptionsvorwürfen scheute sich Fürstbischof Greiffenclau, Fechenbach beide Oberpfarreien zu belassen, was er diesem gegenüber bedauerte. Gleichzeitig galt es die Patronage zu legitimieren, weshalb die Übertragung der Oberpfarrei Gänheim mit Fechenbachs für das Hochstift erworbenen Verdiensten begründet wurde. Hierzu vgl. Ronald G. Asch u. a., Einleitung, in: dies. (Hg.), Integration – Legitimation – Korruption. Politische Patronage in Früher Neuzeit und Moderne, Frankfurt am Main u. a. 2011, S. 7– 30, hier S. 7 f., 14. 615 Dank für den Hinweis ergeht an Professor Dr. Michael Rohrschneider.

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verschidene ihro kayserlichen mayestät und dero […] ertzhauß besonders aber von kurtzer zeit her wahrhafft bewiesenen aller devotesten dienst eyfer die allerhöchste gnad erlangen mögte, mit der kayserlichen bestättigung des […] geheimen raths praedicat confoliret zu werden, derselbe würde andurch um so mehr befehiget auch aufgemunderet, bey seinem auf den reichs-tag zu Regenspurg vertrettende gesandtschafts posten sowohl als dessen an verschiedenen fürstlichen höfen habenden guten einfluß […] das würcksamste zu kayserlichem allerhöchsten dienst mit handlen zu helfen.“⁶¹⁶ Kaunitz teilte Seinsheims Einschätzung und empfahl der Kaiserin, Fechenbachs Gesuch zu entsprechen, da sich dieser „in den umständen befinde[ ], wo er den allerhöchsten dienst zu beförderen vermögend“ sei⁶¹⁷, woraufhin der Würzburger Diplomat per Dekret vom 13. April 1756 „zu dero wirklich k.k. geheimen rath […] ernennet, an- und aufgenommen“ wurde.⁶¹⁸ Überhaupt verdient das Verhältnis zwischen Fechenbach und dem Wiener Hof Beachtung. Wohl aufgrund seiner Vergangenheit als Diplomat des Wittelsbacher Kaisers Karl VII. wurde der würzburgische Reichstagsgesandte auf österreichischer Seite zunächst mit Vorsicht und Misstrauen beobachtet.⁶¹⁹ Innerhalb weniger Jahre entwickelte sich Fechenbach anschließend, flankiert von mehrfachen Gunsterweisen des Kaiserhofs,⁶²⁰ nicht nur zu einem der verlässlichsten Exponenten der „Gutgesinnten“ Partei auf dem Reichstag, sondern auch zu einem Klienten des Reichsvizekanzlers Rudolph Joseph von Colloredo, mit dem er eine rege Korrespondenz führte und dem er ausführlich Bericht erstattete.⁶²¹ Kurioserweise zählte sich Fechenbach, nachdem ihm der Ehrentitel des kaiserlichen Geheimen Rats

616 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2160, Bl. 37r.–38v.: Schreiben Seinsheims an Colloredo (Abschrift), Würzburg 13. April 1756. Ähnlich auch StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2160, Bl. 39r.–40v.: Schreiben Seinsheims an Kaunitz (Abschrift), Würzburg 13. April 1756. 617 HHStA, StK, Interiora, Geheime Räte 5 – 60: Kaunitz an Maria Theresia, Wien 13. April 1756. 618 Ibid.: Kaiserliches Hofdekret für Johann Philipp von Fechenbach (Konzept), Wien 13. April 1756. 619 HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 2: Instruktion für den kurböhmischen Reichstagsgesandten Christian August von Seilern, Wien 30. Oktober 1752; Rohrschneider, Reichstag, S. 130. 620 So hatte sich Kaiserin Maria Theresia 1754, wenn auch vergeblich, für die Verleihung der Propstei des Stifts St. Alban in Mainz an Fechenbach engagiert, vgl. StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2136: Schreiben Papst Benedikts XIV. an Maria Theresia (beglaubigte Kopie), Rom 29. März 1754. Ebenfalls schenkte die Kaiserin Fechenbach einen wertvollen Ring, vgl. Diel, Freiherrn, S. 37. Zu Gunsterweisen als Mittel der österreichischen Reichstagspolitik, vgl. Michael Rohrschneider, Strukturgegebenheiten und Vernetzungen der Reichstagsgesandtschaften Franz’ I. und Maria Theresias (1745 – 1763). Ein Problemaufriss, in: ders. (Hg.), Der Immerwährende Reichstag im 18. Jahrhundert. Bilanz, Neuansätze und Perspektiven der Forschung (zeitenblicke, 11, Nr. 2) 2012, hier Abs. 36 – 44. 621 Vgl. z. B. StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2162, Bl. 564 – 598; StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2169, Bl. 829 – 922; HHStA, RK, Berichte aus dem Reich 186; HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 547.

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bestätigt worden war, sogar selbst zu den kaiserlichen Vertretern in Regensburg. Als er vom österreichischen Gesandten Marquard Paris Anton von Buchenberg daraufhin die Anrede mit dem den kaiserlichen Gesandten vorbehaltenen „Excellenz“Titel einforderte, rief ihm dieser wieder ins Gedächtnis, dass er in Regensburg „nicht quà kayser, sondern quà Würzburg […] stehe[ ]“,⁶²² was die Loyalität Fechenbachs für seinen eigentlichen Dienstherrn in Frage stellt.⁶²³ Der Wiener Hof verstand es überaus geschickt, den Eifer Fechenbachs als ergebenem Klienten für die eigenen Zwecke auszunutzen. So schrieb Fechenbach am 23. Dezember 1756 an Colloredo, er habe dessen Brief bezüglich der Streitigkeiten zwischen Kurmainz und Fulda erhalten und „nach dem von euer excellenz mir gegebenen finger zeig dessen inhalt meinem herrn brudern [Domdechant und Regierungspräsident zu Fulda] überschrieben und die nachdrucksamste[n] vorstellungen darüber gemacht […]; ich zweiffle dahero keines weegs, daß mann von seiten des capituls zu Fulda, denen allergerechtesten kayserlichen gesinnungen sich zu fügen […] einen weiteren anstand nicht mehr nehmen werde“.⁶²⁴ Im Juli 1753 reiste Fechenbach gemeinsam mit dem bayerischen Reichstagsgesandten Heinrich Joseph von Schneidt, wenige Tage vor der Abstimmung über den württembergischen Rekurs gegen die Reichsritterschaft zum Landgut seines engen Freundes, des kurbayerischen Konferenzministers Joseph Franz von Seinsheim, um in kaiserlichem Auftrag eine Änderung der als negativ eingestuften bayerischen Voten zu erwirken.⁶²⁵ In ähnlicher Weise versuchte man von Fechenbachs Beziehungen an den kurbayerischen Hof zu profitieren, als Colloredo diesen bat, eine Mission des kaiserlichen bevollmächtigten Ministers beim Fränkischen Reichskreis Johann Wenzel von Widmann nach München zu unterstützen.⁶²⁶ Mit Widmann stand Fechenbach ohnehin in intensivem Kontakt und enger Freundschaft,⁶²⁷ was aus

622 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 136: Postskriptum Buchenbergs an Staatskanzler Kaunitz, Regensburg 9. November 1756; Zum Gebrauch des ExzellenzTitels beim Reichstag, siehe Reiser, Stadtleben, S. 26 f. 623 Siehe Kap. III.5.1. 624 HHStA, RK, Berichte aus dem Reich 186: Bericht Fechenbachs an Colloredo, Regensburg 23. Dezember 1756. 625 HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 17: Bericht des kurböhmischen Reichstagsgesandten Seilern an Maria Theresia, Regensburg 21. Juli 1753. Siehe auch Kap. IV.2.3. 626 HHStA, RK, Berichte aus dem Reich 186: Bericht Fechenbachs an Colloredo, Regensburg 27. Oktober 1756. 627 Z.B.: StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2169, Bl. 422r.–424r.: Schreiben Widmanns an Fechenbach, Wien 29. März 1750; Kallfelz, Fechenbach Teil 2, S. 28.

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österreichischer Perspektive ebenfalls Möglichkeiten zur Einflussnahme auf die hochstiftische Reichs- und Kreispolitik bot. Insgesamt gibt das Netzwerk des Würzburger Reichstagsgesandten Johann Philipp von Fechenbach einen anschaulichen Einblick in die Funktionsweise frühneuzeitlicher Diplomatennetzwerke im Alten Reich.⁶²⁸ Basierend auf den Determinanten Verwandtschaft, Freundschaft und Patronage gelang Fechenbach der Aufbau eines umfangreichen Netzwerks, das er systematisch pflegte und erweiterte. Als Broker vermakelte er Einfluss und Kontakte, was ihn für seine Patrone zu einem wertvollen Klienten werden ließ und ihm beachtliche Handlungsspielräume und Möglichkeiten eröffnete, die sich in der großen Zahl seiner Ämter, Würden und Pfründen widerspiegeln. Deutlich wird auch, wie es der Zugriff auf die Netzwerkressourcen eines Klienten den Patronen ermöglichte, in informaler Weise Einfluss auf die Reichs(tags)politik anderer Reichsstände zu nehmen, was jedoch gleichzeitig die Frage nach Loyalitätskonflikten des Klienten gegenüber seinen zahlreichen Patronen aufwirft.

4.2 Die Praxis der Mehrfachstimmführung – Chance und Risiko Einen wichtigen Faktor bei der Berücksichtigung konkurrierender Interessen, Abhängigkeiten und Verpflichtungen der hochstiftischen Reichstagsgesandten stellt die Praxis der Mehrfachstimmführung dar. Die 160 Reichstagsvoten, die sich auf die neun Mitglieder des Kurfürstenrats, sechs Kuriat- und 94 Virilstimmen im Fürstenrat und die 51, jedoch meist durch Regensburger Ratsherrn vertretenen Reichsstädte verteilten, wurden im 18. Jahrhundert durchgehend von etwa 30 auswärtigen Gesandten geführt. Reichstagsgesandte, die nur einen Reichstand exklusiv vertraten, waren daher die Ausnahme.⁶²⁹ Vor allem die Reichsstädte, aber auch die kleinen Reichsterritorien verzichteten aus Kostengründen meist auf die Entsendung eines eigenen Gesandten. Dies konnte durchaus von Vorteil sein, ermöglichte es die Mehrfachstimmführung gerade den kleineren Reichsständen, sich durch besonders erfahrene, versierte und einfluss-

628 Wie jüngst Sébastien Schick konstatierte, sind die Patronage- und Klientelbeziehungen innerhalb des Heiligen Römischen Reichs ein bislang vernachlässigtes Forschungsfeld, vgl. Schick, liaisons, S. 20 – 23. 629 Fürnrohr, Kurbaierns Gesandte, S. 16; Lehsten, Reichstagsgesandte Bd. 1, S. 460 f.; Wolfgang Burgdorf, Ein Weltbild verliert seine Welt. Der Untergang des Alten Reiches und die Generation 1806 (bibliothek altes Reich, 2), München 22009, S. 32; Rohrschneider, Reichstag, S. 187.

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reiche Gesandte vertreten zu lassen, von deren politischem Gewicht und weitreichenden Verbindungen sie im Bedarfsfall profitieren konnten.⁶³⁰ Die Praxis der Mehrfachstimmführung führte zu einer zunehmenden Professionalisierung der Gesandten,⁶³¹ die sie als Experten für Außen-, Reichs- und Reichstagspolitik „faktisch zu einem gerade von ambitionierten Reichsständen begehrten Humankapital“⁶³² werden ließ. Den Reichstagsgesandten ermöglichte die „Existenz konkurrierender Dienstherrn“⁶³³ Handlungsspielräume und Aufstiegschancen, wie etwa das Beispiel Johann Philipp von Bibras zeigt. Bibra hatte seine Karriere in Würzburger Diensten begonnen und war 1742 zum Würzburger Reichstagsgesandten ernannt worden. Später kamen die Voten der Hochstifte Augsburg, Konstanz und zuletzt Bamberg hinzu. Schließlich bot ihm der Bamberger Fürstbischof Johann Anton von Franckenstein den Posten eines Obermarschalls an. Nach der erfolgten Ernennung am 5. Februar 1751 legte Bibra – zur Verärgerung des Würzburger Fürstbischofs – seine übrigen Gesandtschaftsposten nieder und wechselte vollständig in Bamberger Dienste.⁶³⁴ Für die Gesandten bedeuteten mehrere Dienstverhältnisse also eine gewisse persönliche Unabhängigkeit.⁶³⁵ Aufgrund der hohen Kosten für eine standesgemäße Lebenshaltung in Regensburg waren die Reichstagsgesandten zudem quasi zwangsläufig auf zusätzliche Einkünfte angewiesen. Da die Gesandtschaftsposten begrenzt waren, bestand unter den Gesandten ein ständiger Konkurrenzkampf um die Führung der begehrten Reichstagsvoten. Entsprechend knüpften diese frühzeitig Kontakt zu neuen Dienstherrn beziehungsweise Patronen. Nach dem Tod des hoch betagten Reichstagsgesandten Joseph Casimir von May im September 1758, der zahlreiche geistliche Reichsstände in Regensburg vertreten hatte,⁶³⁶ wandte sich Franz Anton von Jodoci,⁶³⁷ Reichstagsgesandter des Hochstifts Passau, des Fürsten von Dietrichstein und der Abtei Kempten, an den Churer Fürstbischof Johann Baptist Anton von Federspiel und bat um die Übertragung des Churer Reichstagsvotums. In seiner

630 Burgdorf, Weltbild, S. 32. 631 Lehsten, Reichstagsgesandte Bd. 1, S. 485, 542. 632 Rohrschneider, Reichstag, S. 187. 633 Ibid. Vgl. auch Emich u. a., Patronageforschung, S. 253 f. 634 Stingl, Reichsfreiheit und Fürstendienst, S. 216. Siehe auch Kap. III.3.3.1. 635 Lehsten, Reichstagsgesandte Bd. 1, S. 542. 636 Düwel, Reichskriegserklärung, S. 198, 228 f. Zur Familie May als „Musterbeispiel für Nepotismus“ unter den Reichstagsgesandten, vgl. Walter Fürnrohr, Gesandtennepotismus auf dem Immerwährenden Reichstag, in: Genealogie 25 (1976), S. 161 – 173, hier S. 164 f. May vertrat zuletzt Basel, Chur, Eichstädt, Ellwangen, Fulda, Prüm, Trient, Worms und den Johannitermeister, vgl. Oertel, Verzeichniß, S. 51, 53, 67 f., 73 f., 76 f. 637 Oertel,Verzeichniß, S. 65, 75, 136; Düwel, Reichskriegserklärung, S. 195, 220 f. Zur Familie Jodoci, vgl. Fürnrohr, Gesandtennepotismus, S. 169 f.

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Antwort vom 13. Oktober 1758 teilte der Bischof Jodoci mit, dass er bereits Heinrich Joseph von Schneidt zum neuen Reichstagsgesandten ernannt habe.⁶³⁸ Schneidt hatte sich schon beim vorherigen Churer Bischof als Nachfolger Mays beworben und knapp drei Jahre vor dessen Ableben Ende November 1755 von Bischof Federspiel eine Zusage für die künftige Vertretung des Gesandtschaftsposten erhalten.⁶³⁹ Auch der Würzburger Reichstagsgesandte Johann Philipp von Fechenbach hatte sich bereits 1756 die Fortführung der fuldischen Reichstagsstimme nach dem Tod Mays gesichert.⁶⁴⁰ Erschwerend kam hinzu, dass jeder Herrschaftswechsel die Gefahr einer Abberufung barg, was sich insbesondere für die Gesandten der geistlichen Reichsstände als problematisch erwies. Die Reichstagsgesandten mussten sich dauerhaft um ein gutes Verhältnis nicht allein zu den regierenden Fürsten, sondern auch zu den führenden Mitgliedern der Domkapitel bemühen, da die aus konkurrierenden Stiftsadelsfamilien stammenden Fürstbischöfe die Ämter der hochstiftischen Verwaltung zur Versorgung von Familienangehörigen und eigener Klienten nutzten und dem Domkapitel während der Sedisvakanz auch Personalentscheidungen oblagen.⁶⁴¹ Dies wurde beispielsweise dem Bamberger Reichstagsgesandten Georg Karl Karg von Bebenburg zum Verhängnis, den das Bamberger Domkapitel während der Sedisvakanz im Sommer 1746 kurzerhand zugunsten Johann Philipp von Bibras von seiner Gesandtschaft abberief.⁶⁴² Seine Entlassung begründete das Domkapitel vor allem mit dessen „auff habenden vielen anderen zumahlen churfürstlichen reichsvotis“.⁶⁴³ Karg, der neben Bamberg, Corvey, Fulda, Passau, Speyer, Straßburg und Baden-Baden, auch den Trierer Kurfürsten auf dem Reichstag vertrat, führte zusammen mit seinem Sohn Friedrich Karl Karg von Bebenburg zeitweise gar zwei Stimmen im Kurfürstenrat und 25 Stimmen im Fürstenrat gleichzeitig.⁶⁴⁴ Besonders die vom Domkapitel monierte Vertretung fürstlicher und

638 BAC, 762.09, S. 497 f.: Schreiben Federspiels an Jodoci (Abschrift), Chur 13. Oktober 1758. 639 Ibid., S. 39: Schreiben Federspiels an Schneidt (Abschrift), Chur 27. November 1755. 640 Siehe Kap. III.4.1. 641 Press, Patronat, S. 28 – 31; Braun, Princeps, S. 153; Haug, Außenbeziehungen, S. 196. Siehe auch Kap. III.2.4. 642 Siehe Kap. III.2.2.2. 643 StABa, HStB, NverzA 4647: Abschrift des Schreibens an Karg von Bebenburg vom 3. August 1746. Der kaiserliche Konkommissar Carl Joseph von Palm spekulierte, dass zusätzlich auch Verstimmungen zwischen dem Bamberger Domkapitel und dem Bamberger Hofkanzler Georg Joseph Karg von Bebenburg, dem Bruder des Reichstagsgesandten, ursächlich für dessen Abberufung gewesen sein könnten, vgl. HHStA, RK, PK, Berichte 77b: Bericht Palms an Kaiser Franz I., Regensburg 19. Oktober 1746. 644 Oertel, Verzeichniß, S. 20, 47, 54 f., 65, 74, 82, 116; Emil Roth, Geschichte der freiherrlichen Familie Karg v. Bebenburg, München 1891, S. 95; Wilhelm Hein, Der Regensburger Reichstag von 1740

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kurfürstlicher Voten durch einen Gesandten, wurde aufgrund der häufigen Spannungen zwischen den beiden Kollegien allgemein äußerst kritisch gesehen.⁶⁴⁵ Hier scheint eine strukturelle Problematik der Mehrfachstimmführung auf dem Reichstag auf, die Frage nach Interessen- und Loyalitätskonflikten. Dabei „bewegten […] sich [die Gesandten] insofern auf einem schmalen Grat, als sie […] stets die Vereinbarkeit ihres Handelns mit den Intentionen sämtlicher Auftraggeber bzw. Patrone im Auge behalten mussten“,⁶⁴⁶ da bereits „der Verdacht der Illoyalität“ zur Aufkündigung einer Patronagebeziehung führen konnte.⁶⁴⁷ Um Loyalitätskonflikte möglichst zu vermeiden, galt es für die Reichstagsgesandten Dienstherrn mit konvergierenden politischen Interessen zu wählen. Entsprechend wurde bei der Auswahl und Beauftragung eines Reichstagsgesandten dessen übrige Dienstverhältnisse berücksichtigt, weshalb die Gesandten meist Reichsstände der gleichen Konfession oder Dynastie, entweder weltlichen oder geistlichen Stands vertraten. Freilich gab es Ausnahmen, wie Heinrich Joseph von Schneidt, der geistliche und weltliche Voten führte, was insbesondere von den Mitgliedern der geistlichen Bank kritisch gesehen wurde. Nachdem etwa der Würzburger Gesandte Fechenbach Schneidt im Frühjahr 1752 zur kurzfristigen Vertretung seiner Stimme bevollmächtigt hatte, gratulierte ihm der hochstiftische Gesandte Bibra zu seiner klugen Wahl, gab jedoch zu bedenken, dass „Schneidt auf der weltlichen fürsten banck sitz und stimm führet, somit bey denen bekannten […] principiis die geistliche und hochstiftischen grundsätze bey solch fälligen vorkommenheiten mitzuvertretten ausser stand“ sei. Obwohl Schneidt solches in seiner Eigenschaft als Gesandter des Hochstifts Speyer bereits praktiziere, dürfte es „nicht allzu wohl schicklich angesehen werden […], daß die geistliche vota durch einen gesandten auf der weltlichen banck […] abgeleget“ würde.⁶⁴⁸ Nur zwei Jahre später wählte Bibra selbst Schneidt als seinen Vertreter aus, was darauf hindeutet, dass diesem Umstand offenbar keine entscheidende Bedeutung mehr beigemessen wurde. Die Reichstagsöffentlichkeit differenzierte sehr genau zwischen den einzelnen Rollen der Gesandten in den Beratungen und bei der Ablegung der Voten. Mehr-

bis 1745. Diss. phil., Wien 1953, S. 105. Zu den Auswirkungen und Einflussmöglichkeiten der Mehrfachstimmführung der Familie Karg von Bebenburg, die auch von den österreichischen Vertretern beim Reichstag kritisiert wurde, vgl. Rohrschneider, Reichstag, S. 131 f.; Rohrschneider, Friedrich Karl, S. 127. 645 Beispielsweise aus österreichischer Perspektive, vgl. Rohrschneider, Reichstag, S. 188, Anm. 484. 646 Ibid., S. 187. 647 Emich u. a., Patronageforschung, S. 254. 648 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2161, Bl. 1r-4r.: Schreiben Bibras an Fechenbach, Bamberg 20. März 1752.

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fachgesandtschaften und die Stellvertretung beziehungsweise Symbolisierung eines Fürsten durch den Gesandten waren daher kein Widerspruch. So berichtete Konkommissar Palm über die Verhandlungen zum württembergischen Rekurs gegen die Reichsritterschaft, Johann Georg von Stingelheim habe sich in seiner Funktion als bambergischer Gesandter zusammen mit anderen „Wohlgesinnten“ zu Gunsten der Reichsritterschaft verwendet, während ihm „wegen seiner übrigen votorum [Freising, Lüttich und Regensburg] die hände gebunden gewesen“ wären.⁶⁴⁹ Entsprechend gaben die Gesandten bei der Abstimmung entweder unterschiedliche Voten zu Protokoll oder sie schlossen sich für einzelne oder sämtliche Auftraggeber einem bereits abgelegten Votum an. Dennoch konnten unterschiedliche Haltungen ihrer Prinzipale negativ auf die Gesandten zurückfallen. Dies bekam Johann Philipp von Bibra zu spüren, der Ende 1746 kurzzeitig vom preußischen Hof angegangen wurde, nachdem der Würzburger Fürstbischof in einer Titulaturfrage ausweichend reagiert und ein Versäumnis seines Reichstagsgesandten vorgeschoben hatte. Der Bamberger Fürstbischof befürchtete daraufhin gar längerfristige Folgen, etwa ein Misstrauen der preußischen Vertreter beim Reichstag gegenüber Bibra, wodurch künftige Geschäftshandlungen erschwert werden könnten.⁶⁵⁰ Loyalitätskonflikte ergaben sich auch im Fall von Konflikten zwischen den Auftraggebern eines Gesandten, doch handelte es sich dabei meist um kurzfristige Angelegenheiten, zumal der Gesandte nolens volens als Vermittler auftrat, war ihm doch an einem friedlichen Verhältnis seiner Prinzipale gelegen. Ein dauerhaftes Problem stellte eher die Weitergabe geheimer Informationen dar, weshalb das Verhältnis zwischen den Fürsten und ihren Gesandten in besonderem Maß auf Vertrauen angewiesen war. Eine Garantie, dass die Reichstagsgesandtschaft die Geheimnisse des einen Dienstherrn nicht dem anderen weitergab, bestand nicht.⁶⁵¹ Aus Perspektive der Fürstbischöfe konnte es sich aber durchaus als vorteilhaft erweisen, wenn ihre Reichstagsgesandten auch andere geistliche Fürsten vertraten. So profitierte der Bamberger Fürstbischof Johann Philipp von Franckenstein von den übrigen Dienstverhältnissen seines Gesandten, als er während des Kreisdirektorialstreits mit dem Bayreuther Markgrafen den Reichstagsgesandten Bibra instruierte, seine anderen Dienstherrn in Augsburg, Konstanz und Würzburg zu einer entschlossenen Unterstützung der Bamberger Position zu bewegen.⁶⁵²

649 HHStA, RK, PK, Berichte 90a: Bericht Palms an Kaiser Franz I., Regensburg 31. Juli 1753. 650 StABa, HStB, NverzA 4647: Weisung Franckensteins an Bibra, Bamberg 4. Dezember 1746. Siehe auch Kap. IV.1.1. 651 Friedrich, Drehscheibe, S. 272, 277– 284, 514 f. 652 StABa, HStB, NverzA 4648: Weisung Franckensteins an Bibra, Bamberg 7. Mai 1751. Siehe Kap. IV.2.3.

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Auffällig ist, dass die Hochstifte Bamberg und Würzburg innerhalb des Untersuchungszeitraums vergleichsweise eigenständig auf dem Reichstag vertreten waren. Der bis 1751 verantwortliche Gesandte Johann Philipp von Bibra votierte zwar zusätzlich auch für die Hochstifte Augsburg und Konstanz, doch aufgrund seiner Herkunft und seiner engen Verbindungen an die beiden fränkischen Höfe, in deren Verwaltungen er bis zu seinem Tod zahlreiche Ämter innehatte, lag der Schwerpunkt seiner diplomatischen Tätigkeit in der Bamberger und Würzburger Reichspolitik. Nach 1751 hatte er Johann Georg von Stingelheim zur Führung des bambergischen Votums substituiert, reiste im Frühjahr 1753 wegen der Verhandlungen im Kreisdirektorialstreit wieder nach Regensburg, ehe er der Reichsstadt im August 1754 endgültig den Rücken kehrte. Bibra bevollmächtigte vor seiner Abreise Heinrich Joseph von Schneidt, der zwar zahlreiche weitere Stimmen innehatte, sich seiner Bamberger Aufgabe jedoch mit großem Engagement widmete. Das Hochstift Würzburg unterhielt in Johann Philipp von Fechenbach seit 1751 für über 28 Jahre einen eigenen Reichstagsgesandten.⁶⁵³ Da beide Hochstifte zudem von 1757 bis 1779 in Personalunion regiert wurden, standen Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim somit zwei Gesandte in Regensburg zur Verfügung. Eine bislang kaum untersuchte Variante der Mehrfachgesandtschaft war die verbreitete Praxis der Substitution.⁶⁵⁴ Im Fall einer längeren Abwesenheit der Reichstagsgesandten war es üblich, per Substitution einen anderen Gesandten mit den Gesandtschaftsaufgaben und der Führung des Reichstagsvotums zu betrauen, wozu in der Regel vertraute Gesandte ausgewählt wurden, die prinzipiell ähnliche politische Interessen vertraten.⁶⁵⁵ Nötig wurde dies, da die Legationssekretäre zwar die Berichterstattung und die übrigen Gesandtschaftsaufgaben übernehmen konnten, den Gesandten jedoch nicht bei der Stimmabgabe im Reichstag vertreten durften.⁶⁵⁶ Die Besonderheit der Substitutionspraxis war, dass anders als bei der dauerhaften oder interimsweisen Übertragung, nicht der jeweilige Regent, sondern der Gesandte selbst den Substitut bevollmächtigte, wozu sich die etatmäßigen Gesandten bereits im Voraus entsprechende Vollmachten ausstellen ließen.⁶⁵⁷ Wie bei

653 Fechenbachs Gesandtschaftstätigkeit für das Hochstift Fulda ist aufgrund dessen geringer Bedeutung in finanzieller und politischer Hinsicht als nachrangig einzustufen. 654 Moser, Reichs-Taegen, Bd. 1, S. 189 f.; Corterier, Reichstag, S. 54; Rohrschneider, Reichstag, S. 189. 655 Moser, Reichs-Taegen, Bd. 1, S. 189; Corterier, Reichstag, S. 54. 656 Johann Jacob Moser, Teutsches Staats-Recht. Teil 45, Frankfurt am Main u. a. 1751, S. 309 f. 657 Rohrschneider, Reichstag, S. 189, Anm. 489. Als beispielsweise nach dem Tod des Würzburger Fürstbischofs Anselm Franz von Ingelheim (1683 – 1749) das regierende Domkapitel dem Würzburger Reichstagsgesandten Johann Philipp von Bibra am 10. Februar 1746 die erforderliche neue Legitimation zur Vorlage bei der Prinzipalkommission zugeschickt hatte, bat dieser um die Er-

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jeder neuen Legitimation eines Reichstagsgesandten war auch die substitutionsweise Übernahme eines Votums dem Kurmainzer Reichstagsdirektorium anzuzeigen. Bei Rückkehr des eigentlichen Gesandten war hingegen keine erneute Legitimation notwendig, die Substitutionsvollmacht erlosch automatisch.⁶⁵⁸ Wurde die Legitimation eines Reichstagsgesandten durch einen Herrschaftswechsel ungültig, galt dies gleichermaßen auch für den von ihm substituierten Gesandten.⁶⁵⁹ Dessen wichtigste Aufgabe bestand in der Ablegung des zu vertretenden Votums bei den Abstimmungen der Reichstagskurien. Häufig übernahm er auch die Berichterstattung an den Dienstherrn seines Auftraggebers, mitunter konnte die Kommunikation aber auch vollständig über den Legationssekretär laufen, der die Weisungen an den Gesandten weitergab und selbst berichtete.⁶⁶⁰ Als diplomatisches Spitzenpersonal ihrer Höfe waren die Bamberger und Würzburger Reichstagsgesandten wiederholt in ad-hoc-Missionen unterwegs, weshalb sie mehrfach andere Gesandte substituierten, aber auch selbst die Vertretung anderer Reichstagsvoten versahen. Im Untersuchungszeitraum war es zunächst Johann Philipp von Bibra, der im Mai und Juni 1750 den Reichstagsgesandten Joseph Casimir von May substituierte⁶⁶¹ und nach seiner Ernennung zum Bamberger Obermarschall 1751 den Regensburger Domdechanten und Gesandten der Hochstifte Freising und Lüttich, Johann Georg von Stingelheim zur Führung der Bamberger Reichstagsstimme beauftragte.⁶⁶² Im Frühjahr 1753 kehrte Bibra trotz seiner fortgeschrittenen Erblindung bis August 1754 an seine Regensburger Wirkungsstätte

gänzung einer „Clausula Substitutionis“, vgl. StAWü, Würzburger Reichstagsakten 278, Bl. 131v.: Bericht Bibras an das Domkapitel, Regensburg 15. Februar 1749. 658 Moser, Staats-Recht 45, S. 205 f., 275. Zum Legitimationsprozedere siehe Kap. III.6.2. 659 Auf diesen Umstand wies der vom Würzburger Reichstagsgesandten Johann Philipp von Fechenbach substituierte Heinrich Joseph von Schneidt angesichts des kritischen Gesundheitszustands des Würzburger Fürstbischofs Karl Philipp von Greiffenclau Ende November 1754 hin, vgl. StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2161, Bl. 155r.: Schreiben Schneidts an Fechenbach, Regensburg 25. November 1754. Siehe auch Kap. III.6.2. 660 Heinrich Joseph von Schneidt erstattete dem Würzburger Fürstbischof 1755/56 selbst Bericht, wofür er aus Würzburg die Anweisung erhalten hatte, diese entsprechend der hiesigen Gepflogenheiten halbbrüchig zu verfassen, vgl. StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 89: Weisung Seinsheims an Schneidt, Würzburg 13. Februar 1755. Während der Substitution Joseph Gottfried von Sauraus 1761 lief die Kommunikation mit dem Würzburger Hof gänzlich über den würzburgischen Legationssekretär Georg Joseph Nikolaus Marckloff, vgl. StAWü, Würzburger Reichstagsakten 312; StAWü, Würzburger Reichstagsakten 313. 661 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 281: Bericht Mays an den Würzburger Fürstbischof, Regensburg 27. Mai 1750; Dankschreiben des Fürstbischofs an May für die Übernahme der Gesandtschaftsaufgaben (Konzept), Würzburg 10. Juni 1750. 662 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 414: Postskriptum Franckensteins an Bibra (Konzept), Schloss Seehof 7. Juli 1751.

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zurück, da seine langjährige Erfahrung und Geschicklichkeit zur Beilegung des Kreisdirektorialstreits vor Ort unverzichtbar waren.⁶⁶³ Als ihm der Bamberger Bischof nach mehrfachem Ansuchen seine Rückkehr nach Bamberg gestattete, übertrug Bibra die Verrichtungen der Bamberger Reichstagsgesandtschaft substitutionsweise Heinrich Joseph von Schneidt.⁶⁶⁴ Schneidt, der nach Bibras Tod zum Bamberger Interimsgesandten ernannt worden war, ließ sich 1764 wiederum vom salzburgischen Reichstagsgesandten Joseph Gottfried von Saurau vertreten.⁶⁶⁵ Auch der Würzburger Reichstagsgesandte Johann Philipp von Fechenbach bevollmächtigte während seinen zahlreichen Absenzen regelmäßig befreundete Gesandte. Im März 1752⁶⁶⁶ und von November 1754 bis Oktober 1756⁶⁶⁷ substituierte er ebenfalls Schneidt, im August 1753⁶⁶⁸ sowie im Juni 1761 während einer Mission an den kaiserlichen Hof den salzburgischen Gesandten Saurau.⁶⁶⁹ Fechenbach und Saurau hatten als führende Mitglieder ihrer jeweiligen Domkapitel während der Sedisvakanzen und den nachfolgenden Bischofswahlen an den Bischofssitz zurückzukehren, was längere Abwesenheiten nach sich zog. Als Saurau während der Sedisvakanz und der höchst komplizierten Bischofswahl nach dem Tod des Salzburger Erzbischofs Andreas Jakob von Dietrichstein 1753 mehrere Monate in Salzburg weilte, substituierte er Fechenbach als seinen Vertreter.⁶⁷⁰ Für Fechenbach bedeutete dies eine besondere Ehre, versah doch der Salzburger Gesandte alter-

663 Siehe Kap. IV.2.6. 664 StABa, HStB, NverzA 4649: Weisung des Bamberger Fürstbischofs Franz Konrad von Stadion an Bibra, Bamberg 9. August 1754. 665 Winter (Hg.), Repertorium der diplomatischen Vertreter aller Länder seit dem Westfälischen Frieden (1648), S. 9. Aus Kostengründen blieb Schneidt bis zu seinem Tod nur Bamberger Interimsgesandter, was sich nicht auf die Gesandtschaftspraxis, sondern lediglich hinsichtlich der deutlich reduzierten Bezüge auswirkte, vgl. III.2.2.3. 666 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2161, Bl. 1r.–4r.: Schreiben Bibras an Fechenbach, Bamberg 20. März 1752. 667 Vgl. die entsprechenden Berichte und Weisungen in StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 88; StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 89; StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 90; StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 91; StAWü, Würzburger ReichstagsGesandtschaft 92. 668 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 130: Protokoll der Reichsfürstenratssitzung vom 6. August 1753 als Beilage zum Bericht des österreichischen Reichstagsgesandten Buchenberg an Kaunitz, Regensburg 11. August 1753. 669 HHStA, MEA, Reichstagsakten 576: Schreiben des Kurmainzer Direktorialgesandten Lincker an den Mainzer Kurfürsten, Regensburg 28. Juni 1761. 670 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2169, Bl. 622, 624r.–625r.: Schreiben Sauraus an Fechenbach, München 27. Februar 1753 und Salzburg 4. Mai 1753.

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nierend mit dem österreichischen Gesandten das Direktorium im Reichsfürstenrat.⁶⁷¹ Die Substitutionspraxis erschloss den Reichstagsgesandten zusätzliche Handlungsspielräume und Chancen, weswegen sie überaus beliebt war. Den etatmäßigen Gesandten erlaubte sie längere Abwesenheiten, ohne den Gesandtschaftsposten und die damit verbundenen Einkünfte aufgeben zu müssen. Die substituierten Gesandten hingegen durften auf zusätzliche Einnahmen hoffen, da sie die Gesandtschaftsvertretung den abwesenden Gesandten in Rechnung stellten.⁶⁷² Deutlich reizvoller als der finanzielle Aspekt war jedoch die Aussicht, neue Kontakte zu potentiellen zukünftigen Auftraggebern zu knüpfen. Bewährte sich der substituierte Gesandte, bot sich die Chance für eine dauerhafte Übertragung des Reichstagsvotums. Tatsächlich zog die substitutionsweise Vertretung einer Gesandtschaft nicht selten die Ernennung zum Reichstagsgesandten nach sich. Beispielsweise war Johann Philipp von Bibra bereits am 25. April 1745 von Georg Karl Karg von Bebenburg als Gesandter für das Hochstift Bamberg substituiert worden,⁶⁷³ bevor ihn das Bamberger Domkapitel Anfang August 1746 zu dessen Nachfolger ernannte. Auch bei Heinrich Joseph von Schneidt mündeten seine vertretungsweisen Gesandtschaftsdienste für die Hochstifte Bamberg und Würzburg in ein langfristiges Dienstverhältnis. Nicht zuletzt galt die Vertretung eines fremden Votums als Prestigefrage. Als Johann Philipp von Fechenbach 1761 den Salzburger Gesandten Saurau substituiert hatte, bezeichnete Schneidt seine „hindansetzung“ gegenüber dem Bamberger und Würzburger Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim gar als „verunglimpfung“ und stellte das bischöfliche Vertrauen in seine Fähigkeiten in Frage.⁶⁷⁴ Seinsheim bemühte sich um Schadensbegrenzung, indem er die eigenmächtige Entscheidung Fechenbachs bedauerte und seine vollste Zufriedenheit für Schneidts Dienste versicherte, was dieser zur Wiederherstellung seines Rufs gerne

671 Auch Fechenbachs Würzburger Dienstherr zeigte sich über dessen Substitution hocherfreut, da er großen Anteil an den zeitgleichen Verhandlungen zur Reform des Münzwesens im Reich nahm und er sich von der Übernahme des Fürstenratsdirektoriums durch seinen Gesandten eine Beschleunigung der Angelegenheit erhoffte, vgl. StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 84: Weisung des Würzburger Fürstbischofs Greiffenclau an Fechenbach, Würzburg 20. Februar 1753. 672 Das für die substitutionsweise Vertretung eines Reichstagsvotums Kosten anfielen, geht aus einem Schreiben des herzoglich bayerischen Gesandten Schneidt hervor, der im Zusammenhang mit der Bitte um eine Gefälligkeit nach dem Prinzip des do ut des anbietet, im Gegenzug eine künftige Substitution gratis zu versehen, vgl. StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2161, Bl. 187: Schreiben Schneidts an Fechenbach, Regensburg 15. Dezember 1754. Siehe dazu auch Kap. III.4.3. 673 HHStA, RK, Reichstagsakten 413, Bl. 385: Legitimationsbestätigung der Kurmainzer Gesandtschaftskanzlei, Regensburg 25. April 1745. 674 StABa, HStB, NverzA 4651: Schreiben Schneidts an Seinsheim (Konzept), Regensburg 22. Juli 1761.

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kundtun dürfe.⁶⁷⁵ Da die Auswahl eines Vertreters jedoch in der Verantwortung der Reichstagsgesandten lag, blieb den Fürstbischöfen lediglich Empfehlungen auszusprechen. Der Würzburger Fürstbischof Karl Philipp von Greiffenclau riet seinen Gesandten gleich mehrfach dazu, Joseph Casimir von May zu substituieren.⁶⁷⁶ Trotzdem bevollmächtigte sein Gesandter Fechenbach im März 1752 Schneidt anstelle Mays, womit sich der Fürstbischof schließlich auch einverstanden zeigte.⁶⁷⁷ Die Praxis der Mehrfachstimmführung bot den Reichstagsgesandten, aber auch ihren Dienstherrn enorme Vorteile. Für die Gesandten eröffnete sie zusätzliche Verdienstmöglichkeiten und Informationskanäle, den Zugriff auf Patronageressourcen und Verbindungen zu den Fürstenhöfen des Reichs. Die Fürsten profitierten von erfahrenen und gut vernetzten Gesandten, die gerade in mittleren und kleineren Reichsterritorien nicht im Übermaß vorhanden waren und deren Unterhalt sie allein nicht unbedingt finanzieren konnten. Da die Gesandten bevorzugt Auftraggeber gleicher Konfession und politischer Grundhaltung wählten und zwischen ihren einzelnen Rollen differenziert wurde, überwogen die Vorzüge der Mehrfachstimmführung etwaige Loyalitätskonflikte oder Informationsweitergaben, weshalb sich dieses Modell letztlich für den Großteil der Reichsstände durchsetzte. Eine beliebte und häufig gebrauchte Variante davon war die Substitution von Gesandtschaftsaufgaben, bei der die Gesandten weitgehend autonom Vertreter wählten, womit ihnen beachtliche Handlungsspielräume zur Verfügung standen und sie ihre Netzwerke pflegen und ausbauen konnten.

4.3 Gesandtennetzwerke in Regensburg Es entsprach der gängigen Praxis frühneuzeitlicher Diplomatie, dass Gesandte an ihren Einsatzorten Beziehungen zu einflussreichen Personen aufbauten, um Zugriff auf Ressourcen zu erlangen, von denen ihre jeweiligen Familien- und Klientelverbände, aber auch ihre Auftraggeber profitieren konnten.⁶⁷⁸ Da in Regensburg Diplomaten aus dem ganzen Reich akkreditiert waren, bildete der Reichstag in be-

675 Ibid.: Weisung Seinsheims an Schneidt, Schloss Seehof 23. Juni 1761. 676 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 78: Weisung Greiffenclaus an Bibra, Würzburg 25. Januar 1751; StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 81: Weisung Greiffenclaus an Fechenbach, Würzburg 9. März 1752. 677 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 81: Weisung Greiffenclaus an Fechenbach, Würzburg 16. März 1752. 678 Thiessen, Gestaltungsspielräume und Handlungspraktiken frühneuzeitlicher Diplomaten, S. 205 f.

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sonderem Maße einen Umschlagplatz für Ressourcen,⁶⁷⁹ aber auch einen Ort zur Initialisierung von Freundschaften und Klientelverhältnissen und damit gewissermaßen eine Kontaktbörse der Adelsgesellschaft. Zwar ist eine genaue Rekonstruktion der Regensburger Gesandtennetzwerke unmöglich,⁶⁸⁰ doch lassen sich zumindest gewisse Dynamiken nachvollziehen. Der Schlüssel ist dabei die Kommunikation zwischen den Gesandten, denn, wie Susanne Friedrich auf den Punkt gebracht hat, „konstituiert [Kommunikation] individuelle Verbindungen ebenso wie Gruppen, ihre Spur führt zu persönlichen und räumlichen Netzwerken oder Beziehungsgeflechten und erlaubt Aussagen über zeitliche Begrenzungen von Konstellationen“.⁶⁸¹ Ein determinierender Faktor für die Ausbildung von Netzwerken unter den Reichstagsgesandten war die Mitte des 18. Jahrhunderts vorherrschende Fraktionierung des Reichstags in Anhänger der österreichischen und der preußischen „Parthey“, aus österreichischer Perspektive der Gruppen der „Gutgesinnten“ und der „Widriggesinnten“. Diese bipolare Wahrnehmung prägte das Reichstagsgeschehen fundamental.⁶⁸² Wenig überraschend fanden sich also in der Regel Gesandte gleicher Konfession und politischer Haltung zusammen. Als beispielhaft kann erneut das Regensburger Netzwerk des würzburgischen Reichstagsgesandten Johann Philipp von Fechenbach gelten, zu dessen engsten Vertrauten die Gesandten Marquard Paris Anton von Buchenberg (Österreich), Johann Philipp von Bibra (Bamberg), Heinrich Joseph von Schneidt (Bayern, Baden-Baden, Speyer, Chur und ab 1754 auch Bamberg), Joseph Gottfried von Saurau (Salzburg) sowie Prinzipalkommissar Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis und seine Gattin Maria Henriette zählten. Im kursächsischen Gesandten Johann Georg von Ponickau und dem Gesandten Sachsen-Gothas und Sachsen-Eisenachs, Friedrich Samuel von Montmartin, finden sich weitere Exponenten der „Gutgesinnten“ unter Fechenbachs Korrespondenzpartnern.⁶⁸³ Dabei pflegte der Großteil der Genannten auch untereinander ein enges Verhältnis, wie Heinrich Joseph von Schneidt zu Joseph Gottfried von Saurau und dem Fürsten von Thurn und Taxis. Johann Philipp von Bibra stand zudem dem kaiserlichen Konkommissar Carl Joseph von Palm und dem Regensburger Domdechanten Johann Georg von Stingelheim (Regensburg, Lüttich, Freising) nahe. Bemerkenswert ist Bibras enge Freundschaft mit dem Hessen-Darmstädter Reichstagsgesandten Joachim Ludwig von Schwarzenau, der zeitweise auch die Voten Baden-Durlachs, Sachsen-Weimars, 679 680 681 682 683

Rohrschneider, Reichstag, S. 243. Friedrich, Drehscheibe, S. 252; Rohrschneider, Reichstag, S. 28, bes. Anm. 124. Friedrich, Kurier, Abs. 11. Siehe auch Rohrschneider, Reichstag, S. 196. Siehe auch Kap. III.1. Kallfelz, Fechenbach Teil 2, S. 9 – 29.

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Hollstein-Gottorfs und Brandenburg-Preußens vertrat und aus Wiener Sicht als einer der gefährlichsten Vertreter der „Widriggesinnten“ galt.⁶⁸⁴ Die politische Grundhaltung Schwarzenaus spiegelt sich dabei in der Auswahl seiner Taufpaten wider, die allesamt aus dem Lager der „Widriggesinnten“ stammten, weshalb die Patenschaft Bibras für die ersten beiden Kinder Schwarzenaus umso außergewöhnlicher war.⁶⁸⁵ Eine verbindende Gemeinsamkeit dürfte die persönliche Fehde Bibras mit dem kaiserlichen Prinzipalkommissar und das ebenfalls schlechte Verhältnis zwischen Schwarzenau und Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis gewesen sein. Bibra und Schwarzenau zählten zu den schärfsten Gegnern der Aufnahme des Fürsten von Thurn und Taxis in den Reichsfürstenrat, beide waren mit dem Konkommissar Palm befreundet, in dem der Prinzipalkommissar seinen eigentlichen Widersacher vermutete.⁶⁸⁶ Schwarzenau erwies sich für Bibra mehrfach als wertvoller Kontakt bei der Weitergabe von Interna aus den Sitzungen des Corpus Evangelicorum, außerdem warb Schwarzenau im Kreisdirektorialstreit unter den Mitgliedern des Corpus für die Bamberger Position. Aufgrund seiner engen Freundschaft mit Bibra und seinem Verhalten im Streit um das Direktorium im Fränkischen Kreis misstrauten ihm Teile der „Widriggesinnten“ und verdächtigten ihn nicht ganz unberechtigt der Sympathie für das Hochstift Bamberg.⁶⁸⁷ Da Bibra außerdem auch Kontakt zu August Ludwig von Wülcknitz (Hessen-Kassel, Anhalt, Bayreuth, Mecklenburg-Schwerin, Nassau-Diez, Sachsen-Gotha-Altenburg, Sachsen-Hildburghausen und Schaumburg-Lippe),⁶⁸⁸ einem weiteren Antagonisten der „Gutgesinnten“, hatte, begegnete man ihm auf österreichischer Seite mit einer gewissen Vorsicht.⁶⁸⁹ Derartige überparteiliche und überkonfessionelle Loyalitäten 684 Rohrschneider, Reichstag, S. 147– 151. Auf Druck des Wiener Hofs verlor Schwarzenau zu Beginn des Siebenjährigen Kriegs sämtliche Voten mit Ausnahme der Badischen, vgl. Lehsten, Reichstagsgesandte Bd. 1, S. 183 – 185. Zu Schwarzenau siehe Lupold von Lehsten, Die hessischen Reichstagsgesandten im 17. und 18. Jahrhundert. Band 2: Anhang (Quellen und Forschungen zur hessischen Geschichte, 137), Darmstadt u. a. 2003, S. 112, 119, 413 – 417. 685 Lehsten, Reichstagsgesandte Bd. 1, S. 411. 686 StABa, Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 1748, Qu. 12: Promemoria zum Bericht des Bayreuther Reichstagsgesandten Rothkirch, Regensburg 18. Januar 1751; Rohrschneider, Reichstag, S. 151. Siehe auch Kap. III.3.3.1 und Kap. IV.2.4. 687 StABa, Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 2819, Qu. 22: Bericht des Ansbacher Reichstagsgesandten Johann Georg Friedrich von Knebel (Abschrift), Regensburg 16. Juni 1752. Schwarzenau bezeichnete die Vorwürfe als „irrig“ und versicherte seine treue Unterstützung für die Markgrafen. Siehe auch Kapitel IV.2.6.2. 688 Rohrschneider, Reichstag, S. 151 – 153; Düwel, Reichskriegserklärung, S. 261 – 263. 689 „doch ist seine [Bibras] allzugrosse vertraulichkeit mit dem hiesigen dom dechanten von Stingelheim und dem von Wülcknitz allerdings verdächtig und zeigen sich genugsame spuren, wie sehr dergleichen personal-freundschafft und neigungen […] beträchtlich und nachtheilig seynd“, vgl. HHStA, RK, PK, Berichte 79c: Bericht des Prinzipalkommissars Joseph Wilhelm Ernst zu Fürs-

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waren jedoch auf dem in bipolare Lager gespaltenen Reichstag eine eher seltene Ausnahme. Ein nicht zu vernachlässigender Aspekt für die Genese von Verbindungen zwischen den Reichstagsgesandten war auch ihre Wohnsituation.⁶⁹⁰ So logierten beispielsweise Heinrich Joseph von Schneidt und Joseph Gottfried von Saurau über 20 Jahre gemeinsam im Neuen deutschen Haus in der Marschallstraße 5, zeitweise wohnte zusätzlich auch Johann Philipp von Bibra mit seiner Familie dort.⁶⁹¹ Als letzterer im April 1753 nach längerer Abwesenheit nach Regensburg zurückkehrte, offerierte ihm Johann Philipp von Fechenbach Quartier in seiner Unterkunft. Bibra lehnte jedoch ab, da er bereits ein entsprechendes Angebot des Domdechanten und Reichstagsgesandten Stingelheim angenommen hatte.⁶⁹² Exzellente Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme ergaben sich auch aus dem regen gesellschaftlichen Leben in Regensburg. Die zahlreichen Feste, Tafeln oder Theaterbesuche, die Mitgliedschaft in Orden oder der Regensburger Freimaurerloge sowie die bereits erwähnte Übernahme von Patenschaften waren viel genutzte Wege zur Konstituierung und Pflege von Netzwerken.⁶⁹³ Die Beziehungen und Freundschaften zwischen den Reichstagsgesandten in Regensburg können zumeist als Klientelverhältnisse charakterisiert werden, denen reziproke Gabentauschbeziehungen zugrunde lagen. Auf persönlicher Ebene profitierten die Gesandten dabei von Gefälligkeiten im Sinn der Benefizialpatronage, der Substitution von Reichstagsvoten oder Rekommandationen. Heinrich Joseph von Schneidt beispielsweise bat Johann Philipp von Fechenbach Ende 1754 darum, seinen Einfluss beim Würzburger Bischof geltend zu machen, damit seinem dreijährigem Sohn Ferdinand die Stelle des tödlich erkrankten Zollamtmanns zu Würzburg übertragen würde, wofür er Fechenbach die kostenfreie Vertretung der Gesandtschaftsaufgaben bei einer künftigen Abwesenheit in Aussicht stellte.⁶⁹⁴ In ähnlicher Weise ersuchte auch Johann Philipp von Bibra Fechenbach um Protektion

tenberg-Stühlingen an Kaiser Franz I., Regensburg 18. Dezember 1747; Rohrschneider, Reichstag, S. 132. 690 Lehsten, Reichstagsgesandte Bd. 1, S. 400 f. 691 Leipold – Styra, Wohnsitze, S. 15. 692 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2161, Bl. 58r.–60r.: Schreiben Bibras an Fechenbach, Bamberg 2. April 1753. Siehe auch Kap. III.2.2.6. 693 Lehsten, Reichstagsgesandte Bd. 1, S. 408 – 414, 420 f., 432 f.; Friedrich, Drehscheibe, S. 490 – 503. Siehe auch Kap. III.2.2.1. 694 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2161, Bl. 187: Schreiben Schneidts an Fechenbach, Regensburg 15. Dezember 1754. Der findige Schneidt argumentierte gegenüber Fechenbach, dieser könne dabei noch einem Dritten einen Gefallen erweisen, da sein minderjähriger Sohn noch knapp 20 Jahre durch einen Administrator vertreten werden müsste, dem Schneidt die Hälfte der Einkünfte abgeben wollte.

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für seinen Sohn am Würzburger Hof.⁶⁹⁵ Auch zwischen Schneidt und Prinzipalkommissar bestand eine solche Verbindung. Schneidt hatte zahlreiche bedeutende Verträge zwischen Kaiser Karl VII. und Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis ausgearbeitet, sein Sohn Johann Jakob Heinrich avancierte in thurn und taxisschen Diensten zum Geheimen Rat und Oberpostdirektor von München.⁶⁹⁶ Sichtbar wurden die Beziehungen zwischen den Reichstagsgesandten auch im Rahmen der substitutionsweisen Vertretung von Reichstagsvoten, wie sie im vorherigen Kapitel vorgestellt wurde.⁶⁹⁷ Ein weiterer Gegenstand des do ut des unter den Gesandten waren die Rekommandationen.⁶⁹⁸ So wurden die begehrten Gesandtschaftsposten häufig auf der Basis von mündlichen oder schriftlichen Empfehlungen vermittelt. Beispielsweise wandte sich Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis Anfang Februar 1750 an den Markgrafen von Baden-Baden und empfahl seinen Klienten Heinrich Joseph von Schneidt zur Führung der markgräflichen Reichstagsstimme.⁶⁹⁹ Knapp zwei Jahre später erhielt Schneidt das Baden-Badener Votum zunächst substitutionsweise und nach dem Tod Joseph Casimir von Mays schließlich vollständig übertragen.⁷⁰⁰ Auch als 1751 der Wechsel des Reichstagsgesandten Johann Philipp von Bibra in Bamberger Dienste bevorstand, ließ sich Ignaz Anton Friedrich Oexle von Friedenberg durch den kaiserlichen Konkommissar Palm beim Augsburger Fürstbischof für die Nachfolge Bibras empfehlen.⁷⁰¹ In der Korrespondenz der Gesandten untereinan-

695 „[…] wie ich dieser tägen in erfahrung gebracht, daß ein junger freiherr von Ried, knab bey dem hochfürstlich würtzburgischen hof in kürzen ausgemusteret werden solle. Nun haben euer excellenz bereits bey der ohn längstigen dergleichen erleedigung sich als einen hohen patronen für meinen in dem seminario sich befindenden sohn dargestellet […]. So nehme mir die gehorsamste freyheit, euer excellenz bittlichen dahin zu behelligen, […] bey dem gegenwärtigen erledigungs fall meinem sohn dero hoch vermögende protection angedeyhen zu lassen.“, vgl. ibid., Bl. 121v.–122r.: Schreiben Bibras an Fechenbach, Bamberg 13. November 1756. 696 Walter Fürnrohr, Die kurböhmischen Gesandten auf dem Immerwährenden Reichstag, in: Sudetendeutsche Familienforschung 19 (1977), S. 25 – 47, hier S. 107; Rohrschneider, Reichstag, S. 128. 697 Siehe Kap. III.4.2. 698 Kunz, Handlungsspielräume, S. 105. Zur Rekommandationspraxis, wenn auch in einem anderen Zusammenhang, siehe Andreas Pečar, Die Ökonomie der Ehre. Der höfische Adel am Kaiserhof Karls VI. (1711 – 1740) (Symbolische Kommunikation in der Vormoderne), Darmstadt 2003, S. 94 – 97. 699 FTTZA, HFS 902: Schreiben Thurn und Taxis an Ludwig Georg Simpert von Baden-Baden (Konzept), Regensburg 3. Februar 1750. 700 Oertel, Verzeichniß, S. 117. 701 StAA, Hochstift Augsburg, MüB 1268: Schreiben Palms an den Augsburger Fürstbischof, Regensburg 10. Mai 1751. Oexle wurde wenige Monate später die Führung des Augsburger Votums übertragen, vgl. Oertel, Verzeichniß, S. 58.

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der war die Rekommandation an den Dienstherrn des Adressaten ohnehin häufiger Bestandteil.⁷⁰² Eine der wichtigsten, wenn nicht sogar die entscheidende Ressource im Umfeld des Reichstags war Information. Nicht umsonst stellte die Weitergabe und Einschätzung von Informationen eine der zentralen Aufgaben der Reichstagsgesandten dar.⁷⁰³ Je größer das Netzwerk, desto mehr Informationskanäle standen den Gesandten zur Verfügung. Gerade bei der Beschaffung geheimer Informationen spielten die informellen Beziehungen und Freundschaften eine gewichtige Rolle.⁷⁰⁴ Der Würzburger Gesandte Bibra berichtete im März 1750 im Kontext einer Auseinandersetzung zwischen dem Hochstift Würzburg und Kurmainz, er habe trotz seiner verschiedenen Gesandtschaften kein einziges Exemplar einer Mainzer Druckschrift erhalten, habe sich jedoch bemüht „von einem guten freind ein exemplar […] zu handen zu bringen“.⁷⁰⁵ Ergiebig war in dieser Hinsicht vor allem seine Freundschaft mit Schwarzenau, der ihn, wie bereits erwähnt, mit Informationen aus dem Corpus Evangelicorum versorgte. Für die Bamberger und Würzburger Reichstagsgesandten war der Aufbau eines Zirkels von Vertrauten in Regensburg eine wesentliche Aufgabe ihrer Gesandtschaftstätigkeit und für die hochstiftische Reichstagspolitik von großer Relevanz. Den Fürstbischöfen eröffneten die persönlichen Beziehungen ihrer diplomatischen Vertreter zu anderen Reichstagsgesandten die Möglichkeit, sich informell über politische Positionen und Ziele anderer Reichsstände erkundigen zu können. Entsprechend wurden die Gesandten häufig angewiesen, sich über aktuelle Inhalte zunächst „mit den vertrauteren Gesandtschaften“ beziehungsweise „inter confidentiores“ auszutauschen und deren Standpunkte zu berichten, bevor die Fürstbischöfe einen Entschluss fassten.⁷⁰⁶ Galt es, Unterstützer für die politischen Interessen des Hochstifts zu werben oder Mehrheiten zu organisieren, waren die vertrauten Gesandten in der Regel die ersten und meist verlässliche Ansprechpartner.⁷⁰⁷ Ebenso wurden Neuigkeiten und Informationen zuerst an die Confi-

702 Beispielsweise ließ sich Schneidt durch Fechenbach dem künftigen Würzburger Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim empfehlen, der ihn später zum Bamberger Reichstagsgesandten ernannte, vgl. StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2161, Bl. 173r.: Schreiben Schneidts an Fechenbach, Regensburg 26. Dezember 1754. 703 Rohrschneider, Reichstag, S. 197. Siehe auch Kap. III.2.2.1 und III.2.2.4. 704 Friedrich, Drehscheibe, S. 269 – 284, 504 – 515, 538. 705 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 280: Postskriptum Bibras an Greiffenclau, Regensburg 5. März 1750. Zu den Hintergründen des Streits siehe Kap. IV.2.5. 706 Siehe Kap. III.2.2.4. Zu den Confidentiores siehe auch Friedrich, Drehscheibe, S. 260 – 262; Rohrschneider, Reichstag, S. 206. 707 Allerdings war die Unterstützung durch die vertrauten Gesandtschaften keineswegs garantiert. Beispielsweise sah sich der Bamberger Fürstbischof Franz Konrad von Stadion während der Ver-

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dentiores weitergeben.⁷⁰⁸ Welche Gesandten aus Bamberger und Würzburger Perspektive zum Kreis der Confidentiores zählten, geht aus den Quellen nicht explizit hervor. Mit ziemlicher Sicherheit gehörten jedoch die oben genannten Gesandten Bibra, Fechenbach, Schneidt, Saurau und zeitweise auch Stingelheim dazu. Im Mai 1761 wurde ein Treffen des Kurmainzer und Kurtrierer Gesandten Philipp Wilhelm Lincker von Lützenwick, Fechenbachs, Schneidts und Friedrich Karl Karg von Bebenburgs – letztgenannte vertraten zusammen den Großteil der katholischen Reichsfürsten – als Zusammenkunft „inter confidentiores“ bezeichnet.⁷⁰⁹ Grundlage der gemeinsamen Zusammenarbeit waren konvergierende politische Interessen, sowohl der Gesandten selbst als auch ihrer Prinzipale sowie die prohabsburgische Grundhaltung. Sämtliche Gesandten vertraten zudem geistliche Reichsfürsten, lediglich Schneidt oblagen auch die bayerischen Voten im Reichsfürstenrat und die Stimme der Markgrafschaft Baden-Baden.⁷¹⁰ Vertraten verschiedene Reichstagsgesandte denselben Fürsten oder dieselbe Dynastie hatten sich diese in besonderem Maße miteinander abzustimmen. Unter Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim, der die Hochstifte Bamberg und Würzburg seit 1757 in Personalunion regierte, betraf dies Heinrich Joseph von Schneidt und Johann Philipp von Fechenbach.⁷¹¹ Beide standen sich ohnehin nahe, wenngleich ihr Verhältnis nicht gänzlich spannungsfrei war.⁷¹² Die Personalunion verpflichtete die Gesandten zu enger Kooperation, sie hatten auf die Konformität ihrer Aussagen und Voten zu achten und gemeinsam über weitere Verfahrensweisen zu beraten, Alleingänge waren tunlichst zu vermeiden. Gleichermaßen hatten sich Johann Georg von Stingelheim und Heinrich Joseph von Schneidt regelmäßig mit den Gesandten der anderen Wittelsbacher Reichsfürsten, Ferdinand von Menshengen (Kurpfalz) und Friedrich Karl Karg von Bebenburg (Kurköln), zu verständigen und ihre Voten mit diesen abzugleichen.⁷¹³ Mit den Gesandten des Wiener Hofs pflegten die hochstiftischen Reichstagsgesandten ebenfalls eine enge Zusammenarbeit. In den fürstbischöflichen Wei-

handlungen mit Bayreuth im Kreisdirektorialstreit zu einem Kompromissvorschlag gezwungen, da das Hochstift in der Frage nach der Benennung des Kreisdirektoriums „von denen kaiserlichen und übrigen vertrauteren höfen und gesandschaften verlassen“ worden war, vgl. StABa, HStB, NverzA 4649: Weisung Stadions an Bibra, Bamberg 8. Juli 1754. Siehe Kap. IV.2.6. 708 Friedrich, Drehscheibe, S. 261 f. 709 Koch, Reichstag, S. 127. 710 Fürnrohr, Kurbaierns Gesandte, S. 104 f. 711 Z.B. StABa, HStB, NverzA 4651: Weisung Seinsheims an Schneidt, Würzburg 22. Mai 1760. 712 Berbig, Hochstift, S. 313. Siehe auch Kap. III.4.2. 713 HHStA, RK, PK, Berichte 90a: Bericht Palms an Kaiser Franz I., Regensburg 31. Juli 1753; Fürnrohr, Kurbaierns Gesandte, S. 105.

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sungen wurden diese neben den Confidentiores aber meist eigens aufgeführt.⁷¹⁴ Besonders Schneidt und Saurau waren häufig die ersten Ansprechpartner des österreichischen Reichstagsgesandten Buchenberg und galten als Schlüsselfiguren zur Durchsetzung kaiserlicher Interessen beim Reichstag. Ausweis ihrer Verdienste, aber auch ihrer Bedeutung, waren die nach Wien übermittelten Anempfehlungen kaiserlicher Protektion durch Buchenberg und Konkommissar August Friedrich von Seydewitz.⁷¹⁵ Dabei lag es im Wiener Interesse, dass die kaiserlichen Vertreter in Regensburg auch persönlich ein gutes Verhältnis zu den Gesandten der „Gutgesinnten“ unterhielten und diese in ihre Netzwerke integrierten. So betonte Buchenberg im November 1756 gegenüber Kaunitz, dass er mit Fechenbach trotz vorhergegangener Meinungsverschiedenheiten „ungehindert auf dem alten freundschaftlichen fuß fortstehe und auf solchem auch in zukunft […] [sich] allezeit zu erhalten suche“⁷¹⁶, was in Anbetracht seiner mehrfach überlieferten, abfälligen Äußerungen über Fechenbach doch eher politischen Gründen geschuldet sein konnte. Um Einfluss auf die hochstiftische Reichstagspolitik nehmen zu können, war ein vertrauensvolles oder gar freundschaftliches Verhältnis zwischen den kaiserlichen Vertretern und den fürstbischöflichen Reichstagsgesandten naturgemäß von Vorteil. Derartige Verbindungen wurden gezielt eingesetzt. So fällt auf, dass sich der mit Bibra freundschaftlich verbundene Konkommissar Palm deutlich häufiger an selbigen wandte, um Korrekturen am politischen Kurs des Hochstifts Würzburg zu veranlassen, als etwa Buchenberg, der sich wiederum verstärkt mit Fechenbach befasste.⁷¹⁷

4.4 Netzwerke als Strukturmerkmal des Reichstags Helmut Neuhaus zufolge ist „der frühneuzeitliche Reichstag als formales System und informelles Beziehungsgeflecht zu begreifen“.⁷¹⁸ Die informellen Netzwerke und Beziehungen waren Strukturmerkmale des Reichstags und prägten sein Verfahren und die Reichstagspolitik der Reichsstände. Die Reichstagsgesandten agierten in verschiedenen, mitunter konkurrierenden Rollen innerhalb ihrer Netzwerke,

714 Zum Beispiel StABa, HStB, NverzA 4649: Weisung des Bamberger Fürstbischofs Franz Konrad von Stadion an Schneidt, Bamberg 28. Dezember 1754. 715 Rohrschneider, Reichstag, S. 115, besonders Anm. 78. 716 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 136: Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 25. November 1756. 717 Siehe Kap. III.5.2 und III.5.3. 718 Helmut Neuhaus, Das Reich in der Frühen Neuzeit (Enzyklopädie deutscher Geschichte, 42), München 22003, S. 66.

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die dem Prinzip des do ut des unterlagen. Sie waren ihrer Familie, ihren „Freunden“ und Klienten sowie ihren Dienstherrn verpflichtet und vermakelten Ressourcen, über die sie direkten oder indirekten Zugriff besaßen. Die dauerhafte Distanz zwischen den Territorien und der Reichsversammlung und die Praxis der Mehrfachgesandtschaft eröffneten ihnen dabei enorme Handlungsspielräume und Möglichkeiten.⁷¹⁹ Der Aufbau eines Netzwerks und der Einsatz ihrer Beziehungen beschränkte sich nicht nur auf persönliche Vorteile im Sinne von Ämtern und Pfründen für sich selbst oder ihre Verwandten, vielmehr galten diese als elementare Bestandteile ihrer Gesandtschaftsaufgabe. Vor allem zur Informationsbeschaffung, aber auch zur Abstimmung politischer Positionen, zur Organisation von Mehrheiten, zur Beförderung von Verhandlungen oder der informellen Einflussnahme waren die Gesandten und ihre Auftraggeber auf funktionierende Netzwerke angewiesen. Am Beispiel des Bamberger und Würzburger Reichstagsgesandten Johann Philipp von Bibra lässt sich eindrücklich zeigen, wie sehr sich seine Freundschaft mit Joachim Ludwig von Schwarzenau auf sein persönliches Handeln, aber letztlich auch auf die Bamberger Reichstagspolitik auswirkte.⁷²⁰ Zur Steuerung der eigenen Partei bemühten sich insbesondere die Gesandten des Wiener Hofs gezielt darum, die hochstiftischen Reichstagsgesandten in ihre Netzwerke einzubinden. Dass es sich dabei nicht um Einzelfälle oder zufällige Freundschaften, sondern um eine Strategie zur Beeinflussung der fürstbischöflichen Reichstagspolitik handelte, wird im nächsten Kapitel deutlich.

5 Verlässliche kaiserliche Klientel? Strukturen und Mechanismen kaiserlicher Einflussnahme Wie eingangs dargelegt, ist sich die Forschung über die Rolle der geistlichen Reichsfürsten als verlässliche Unterstützer kaiserlicher Interessen beim Reichstag weitestgehend einig.⁷²¹ Aber auch wenn eine prokaiserliche Grundhaltung den hochstiftischen Entscheidungsträgern zumeist als wichtigste reichstagspolitische Maxime galt, lassen sich vielfach Einflussnahmen kaiserlicher Akteure auf die Bamberger und Würzburger Reichstagspolitik feststellen, weshalb eine systematische Betrachtung der dabei eingesetzten Mittel und Wege lohnenswert erscheint.

719 Haug, Außenbeziehungen, S. 197. 720 Siehe Kap. IV.2.4. 721 Siehe Kap. I.2.

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5.1 Konstituierung von Klientelverhältnissen Das wohl wirksamste Instrument zur Etablierung und Wahrung von Einflussmöglichkeiten auf die hochstiftische Reichstagspolitik stellte aus Wiener Perspektive die Konstituierung von Klientelverhältnissen dar. Von maßgeblicher Bedeutung waren dabei die kaiserlichen Wahlgesandtschaften zu den Bischofswahlen.⁷²² Die Entsendung kaiserlicher Wahlkommissare zu den Würzburger Bischofswahlen war seit 1642 zur Regel geworden, in Bamberg setzt diese Praxis erst 1683 kontinuierlich ein, wobei der Verzicht auf einen Wahlgesandten bei der Wahl Friedrich Karl von Schönborns im Jahr 1708 eine Ausnahme darstellt.⁷²³ Obwohl die kaiserlichen Kommissare häufig nur bedingt auf die Wahlentscheidung der Domkapitel einwirken konnten und die von der Hofburg favorisierten Kandidaten regelmäßig scheiterten, blieb die Anwesenheit eines kaiserlichen Vertreters keineswegs nur ein symbolischer Akt. Indem die Wahlkommissare sämtlichen Neoelekten verdeutlichten, sie hätten ihren Wahlerfolg allein der kaiserlichen Unterstützung zu verdanken, initiierte der Wiener Hof gleich zu Beginn einer neuen Regierungsperiode ein Abhängigkeitsverhältnis, dass den Fürstbischof zu Ergebenheit und Gefolgschaft verpflichtete.⁷²⁴ Zugleich boten die Wahlgesandtschaften eine günstige Gelegenheit, um die gegenwärtigen reichspolitischen Probleme mit dem Fürstbischof zu diskutieren und dessen Gesinnung nötigenfalls in die gewünschte Richtung zu lenken. Der 1746 nach Würzburg gereiste Wahlkommissar Rudolf Graf von Chotek etwa drängte den

722 Zu Wahlgesandtschaften als Bestandteil französischer Patronagepolitik in geistlichen Territorien siehe Haug, Außenbeziehungen, S. 230 – 244. 723 Die kaiserlichen Wahlgesandtschaften zu den Bamberger und Würzburger Bischofswahlen sind durch die zahlreichen Arbeiten Günter Christs exzellent erforscht, siehe z. B. Günter Christ, Das Hochstift Würzburg und das Reich im Lichte der Bischofswahlen von 1673 bis 1795, in: WDGBL 29 (1967), S. 184 – 206; Günter Christ, Kaiserliche Wahlgesandte im Hochstift Würzburg. Eine vergleichende Betrachtung einer Institution des alten Reiches, in: WDGBL 37/38 (1975), S. 379 – 391; Günter Christ, Gesandtenzeremoniell bei geistlichen Wahlen im 18. Jahrhundert, in: ZBLG 41 (1978), S. 547– 594; Günter Christ, Kaiserliche Wahlgesandte in Bamberg, in: BHVB 116 (1980), S. 165 – 190. Siehe außerdem Berbig, Hochstift, S. 9 – 115 sowie die jeweiligen Kapitel zu den Bischofswahlen in den Germania Sacra Bänden von Winfried Romberg und Dieter J. Weiß. 724 „[…] daß uns allenfalls […] der neu erwehlende, wer er auch seye, seine erhebung zu dancken habe“, vgl. HHStA, RK, Instruktionen 2, Bl. 78r.–178v.: Instruktion für den kaiserlichen Wahlkommissar Chotek zur Würzburger Bischofswahl, Wien 8. August 1746, Zitat Bl. 176v. Ein solcher Passus war fester Bestandteil der Instruktionen für die kaiserlichen Wahlkommissare, vgl. HHStA, RK, GWA 3, Bl. 325r.–332v.: Instruktion für den kaiserlichen Wahlkommissar Colloredo zur Bamberger Bischofswahl (Abschrift), Wien 3. Juli 1753; HHStA, RK, Instruktionen 17, Bl. 46r.–56v.: Instruktion für den kaiserlichen Wahlkommissar Widmann zur Würzburger Bischofswahl (Abschrift), [Wien] 7. Dezember 1754. Siehe auch Kap. IV.3.1.

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neugewählten Würzburger Landesherrn Anselm Franz von Ingelheim durch eigens abgefasste Memoranda zu einer ausführlichen Erklärung über dessen künftige reichspolitische Haltung.⁷²⁵ Neben einem Bekenntnis zur Achtung der Erbeinung von 1366 gelobte Ingelheim die begonnenen Verhandlungen über einen Subsidientruppenvertrag mit den Generalstaaten zum Abschluss bringen zu wollen. Bezüglich der von Preußen geforderten Garantie des Dresdner Friedens versicherte er nichts zu übereilen und den kaiserlichen Anweisungen Folge zu leisten sowie sich in der gerade schwelenden Auseinandersetzung der Hofburg mit der Kurpfalz „eiffrigst [zu] verwenden, damit die gute einverständnus zwischen haupt und gliedern hergestellet“ werden könnte.⁷²⁶ Die geleisteten Zusagen waren mitnichten nur allgemeiner Natur, sondern berührten auch die unmittelbare Verfahrensweise des Hochstifts beim Reichstag und fanden daher direkt Eingang in die erste Weisung des Bischofs an seinen Reichstagsgesandten.⁷²⁷ 1754 sollte der kaiserliche Wahlkommissar Widmann den künftigen Würzburger Fürstbischof überzeugen, auf einen von Seiten Würzburgs geplanten Rekurs gegen ein Reichskammergerichtsurteil zum Gut Büchold zu verzichten, worin er offenbar Erfolg hatte. Selbst auf die Besetzung der hochstiftischen Gesandtschaftsposten beim Fränkischen Kreis und beim Reichstag sowie hochrangiger Ämter am Hof hatte Widmann gegebenenfalls Einfluss zu nehmen: „Was die räthe, creys- und reichstägige gesandten und sonstige bey dem verstorbenen bischoffen und stifft biß anher in ansehen gestandene beamte anbetrifft, stehet zu erwarten, ob der neu erwehlte fürst solche beyzubehalten gemeinet seyn werde. So […] mag sich unser […] commissarius für jene mit seinem vorwort […] verwenden, von deren guten gedenckensart ihme bereits sattsame proben bekannt sind.“⁷²⁸

725 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 270: Memoranda Choteks zur Aussöhnung mit der Kurpfalz und der Garantie des Dresdner Friedens (Abschriften), Würzburg 30. August 1746; Dietmar Grypa u. a. (Hg.), Die Berichte der diplomatischen Vertreter des Kaiserhofes aus München an die Staatskanzlei zu Wien während der Regierungszeit des Kurfürsten Max III. Joseph. Bd. 1 1745 – 1746 (Quellen zur neueren Geschichte Bayerns, II, 1), München 2000, S. 433 – 435. 726 Rudolf Graf von Khevenhüller-Metsch – Hanns Schlitter, Aus der Zeit Maria Theresias. Tagebuch des Fürsten Johann Josef Khevenhüller-Metsch, kaiserlichen Obersthofmeisters 1742 – 1776. Bd. 2 1745 – 1749, Wien u. a. 1908, S. 409 f., Anm. 102. In gleicher Weise hatte der kaiserliche Gesandte auf die Domkapitulare eingewirkt, die Fortführung der Kreisassoziation und die Weiterbeschickung des dazu abgehaltenen Assoziationstags in die Wahlkapitulation des Fürstbischofs aufzunehmen, vgl. HHStA, RK, Instruktionen 2, Bl. 178r.; Grypa – Schmid (Hg.), Berichte, Bd. 1, S. 436 Zur Erbeinung von 1366 siehe S. 307, Anm. 392. 727 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 68: Weisung Ingelheims an Bibra, Würzburg 28. September 1746. Siehe Kap. IV.1.1. 728 HHStA, RK, Instruktionen 17, Bl. 46r.–56v.: Instruktion für den kaiserlichen Wahlkommissar Widmann zur Würzburger Bischofswahl (Abschrift), [Wien] 7. Dezember 1754, Zitat Bl. 55v.–56r. Zu

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Doch nicht allein die Fürstbischöfe, sondern auch die Geheimen Referendäre und die Reichstagsgesandten standen im Fokus der österreichischen Klientelbildungsanstrengungen. Die dabei typischerweise eingesetzten Ressourcen umfassten Pensionen, Standeserhöhungen, Geschenke, die Verleihung von Privilegien, Titeln und Ämtern sowie die Vergabe von Offiziersstellen bei der kaiserlich-königlichen Armee und die Besetzung der Reichsgeneralitätschargen.⁷²⁹ Der Würzburger Geheime Referendär Egid Valentin von Borié beispielsweise wurde durch Vermittlung seines Fürstbischofs Karl Philipp von Greiffenclau am 9. Januar 1752 zum Reichshofrat ernannt.⁷³⁰ Am Tag seiner Ernennung bekräftigte Borié in einem Schreiben an Reichsvizekanzler Colloredo „ihre[r] kaiserl. Majestät […] ein nützliches Werkzeug sein“ zu wollen, was er in der folgenden Jahren auch tatkräftig bewies.⁷³¹ Bis zu seinem Wechsel nach Wien im Mai 1755 erstattete er Colloredo regelmäßig Bericht über die Vorgänge am Würzburger Hof, im Fränkischen Reichskreis und im Reich, wobei er auch Interna wie gesundheitliche Probleme des Fürstbischofs weitergab.⁷³² Die Würzburger Initiativen bezüglich des Königswahlprojekts und des Württembergischen Vorgehens gegen die Reichsritterschaft, die Greiffenclau 1752 seiner reichspatriotischen Gesinnung wegen und aus Devotion gegenüber dem Erzhaus lancierte, basierten auf den Entwürfen Boriés, der diese in enger Abstimmung mit Colloredo verfasst und angeregt hatte.⁷³³ Als der Fürstbischof in einem Streit mit dem Grafen von Ingelheim im Herbst 1754 einen recursus ad comitia gegen ein Reichskammergerichtsurteil erwog, riet ihm Borié gemäß der kaiserlichen Intention ab und erklärte Colloredo, er werde sich „fortan verwenden, um seine hochfürstlichen gnaden bey solcher schiedliche[r] gesinnung zu erhalten.“ Im Gegenzug bat er für seinen Bischof, die Konfliktpartei möge durch einen informellen Hinweis aus Wien zur Einwilligung in einen angemessenen Vergleich angehalten werden.⁷³⁴

den Bemühungen der Hofburg, die Vergabe der Regensburger Gesandtschaftsposten zu beeinflussen, siehe Rohrschneider, Reichstag, S. 183 – 195, bes. S. 185. Zum Streit um das Gut Büchold siehe Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 144. 729 Rohrschneider, Strukturgegebenheiten, Abs. 36 – 43; Rohrschneider, Reichstag, S. 218 – 144, 302. 730 HHStA, RHR RK Verfassungsakten, RHR 27– 27; HHStA, RHR RK Verfassungsakten, RHR 27– 33; Muzik, Borié, S. 29 f. Siehe auch Kap. III.3.2.4. 731 Schreiben Boriés an Colloredo vom 9. Januar 1752, zitiert nach Muzik, Borié, S. 30. 732 HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 546, Bl. 113: Schreiben Boriés an Colloredo, Veitshöchheim 8. Juli 1754; Muzik, Borié, S. 31. 733 Siehe Kap. IV.2.2 und Kap. IV.2.3. 734 HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 546, Bl. 125r.: Postskriptum Boriés an Colloredo, Würzburg 17. November 1754. Zu den Hintergründen der Auseinandersetzung um das Gut Büchold siehe Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 144. Der Verzicht auf einen Rekurs war ein gerne

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In Wien schenkte man Borié uneingeschränktes Vertrauen, was insbesondere der Wirkung des Reichshofratsdekrets zugeschrieben wurde, wie aus der Instruktion für den kaiserlichen Wahlkommissar Widmann vom 7. Dezember 1754 hervorgeht: „Und da wir nicht zweifflen, es werde der von Borié, so mit einem unseren reichshofraths-decret versehen, ihm in allen an hand gehen, so kan er demselben ohnbedenckliches vertrauen beylegen […].“⁷³⁵ Sein Nachfolger Bernhard Emmanuel Prümmer wurde ebenfalls als ergebener Protektor kaiserlicher Interessen am Würzburger Hof wahrgenommen, was in seinem Fall auf seine in österreichischen Militärdiensten stehenden Söhne zurückgeführt wurde.⁷³⁶ In Borié als der treibenden Kraft der hochstiftischen Reichstagspolitik in den Jahren 1749 bis 1754 standen dem kaiserlichen Hof beachtliche Einflussmöglichkeiten offen. Überhaupt war man sich in Wien der Schlüsselrolle der Geheimen Referendäre sehr wohl bewusst, weshalb diese besonders im Fokus der österreichischen Patronage- und Klientelpolitik standen.⁷³⁷ Boriés enger Schriftverkehr mit der Hofburg bestätigt, dass die Vorschrift in der von Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn (1729 – 1746) erlassenen Instruktion, wonach der Geheime Referendär ohne Wissen des Fürstbischofs keine Korrespondenz mit auswärtigen Höfen führen durfte, seine Berechtigung hatte.⁷³⁸ Da Borié als Geheimer Referendär Schönborns mit großer Wahrscheinlichkeit die wenige Jahre vor seinem Dienstantritt verfasste Instruktion zur Richtlinie erhalten hatte, weckt sein Vorgehen durchaus Zweifel an seiner Loyalität zu seinem Würzburger Dienstherrn. Der Würzburger Reichstagsgesandte Johann Philipp von Fechenbach hatte sich infolge zahlreicher Gunsterweise des Wiener Hofs, darunter der Titel eines kaiserlichen Geheimen Rats oder die Schenkung eines kostbaren Rings Maria Theresias, zu einem derart treuen Klienten entwickelt, dass sich die Frage nach Normenkonkurrenzen und Loyalitätskonflikten förmlich aufdrängt.⁷³⁹ Tatsächlich unternahm Fechenbach, der sich selbst zeitweise als kaiserlicher Gesandter betrachtete, im Januar 1763 auf Betreiben des Reichsvizekanzlers und des österreichischen Reichstagsgesandten einen, wenn auch erfolglosen, Vorstoß zur Verzögerung der Abstimmung über die Neutralität des Reichs. Von seinem Fürstbischof

genutztes Instrument hochstiftischer Reichspolitik, um die kaiserlichen Akteure nach dem Prinzip des do ut des zu einer Vermittlung oder einer vorteilhaften Einflussnahme auf die Konfliktpartei zu bewegen, siehe auch Kap. IV.1.1. 735 HHStA, RK, Instruktionen 17, Bl. 46r.–56v.: Instruktion für den kaiserlichen Wahlkommissar Widmann zur Würzburger Bischofswahl (Abschrift), Wien 7. Dezember 1754, Zitat Bl. 56r. 736 Riedenauer, Gesandter, S. 279. 737 Ibid., S. 279 f. 738 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1765. 739 Siehe Kap. III.4.1.

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hatte Fechenbach aber die gegenläufige Weisung erhalten, auf eine beschleunigte Proposition hinzuwirken, was angesichts der Neutralitätsverhandlungen Seinsheims mit Preußen von äußerster Wichtigkeit war.⁷⁴⁰ Zumindest in diesem Fall hatte der Würzburger Gesandte die Belange seines Hofs hinter den Wünschen Wiens zurückgestellt. Eine zentrale Rolle bei der Unterhaltung der Patronage- und Klientelverhältnisse nahm Reichsvizekanzler Rudolph Joseph von Colloredo ein, der Fechenbach und Borié instruierte und ihre regelmäßigen Berichte empfing.⁷⁴¹ Auch die Korrespondenz mit den Fürstbischöfen lief häufig über den Reichsvizekanzler.

5.2 Zielgerichtete Interaktion auf verschiedenen Ebenen – Die Regensburger Gesandtschaften und der kaiserliche Minister beim Fränkischen Reichskreis Die physische Präsenz der Gesandtschaften in Regensburg schuf, wie Michael Rohrschneider treffend zusammengefasst hat, ein „Kommunikationsuniversum spezieller Art, das ganz maßgeblich durch Face-to-Face-“Kommunikation unter Anwesenden“ geprägt war“ und „indem sich Kommunikation sowohl auf formaler als auch auf informeller Ebene abspielte“.⁷⁴² Mit dem Prinzipalkommissar (bis 1748 Joseph Wilhelm Ernst zu Fürstenberg-Stühlingen, anschließend Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis), dem Konkommissar (bis 1754 Carl Joseph von Palm, ab 1755 August Friedrich von Seydewitz), dem kurböhmischen Gesandten (bis 1748 Franz Philipp von Sternberg, 1748 bis 1752 Johann Otto von Frankenberg und ab 1752 Christian August von Seilern) und dem österreichischen Gesandten (1745 bis 1769 Marquard Paris Anton von Buchenberg), verfügte der Wiener Hof über insgesamt vier Repräsentanten beim Reichstag, die allesamt Kommunikationskanäle eröffneten.⁷⁴³ Sie alle waren Teil personaler Netzwerke, einige standen mit den Bam-

740 Siehe Kap. IV.3.2.4. 741 Siehe z. B. HHStA, RK, Berichte aus dem Reich 186: Berichte Fechenbachs an Colloredo; HHStA, Große Korrespondenz 403 – 4 – 2: Weisungen Colloredos an Fechenbach (Konzepte); HHStA, Große Korrespondenz 403 – 3 – 2: Berichte Boriés an Colloredo. 742 Rohrschneider, Reichstag, S. 30. Siehe auch Schlögl, Anwesende, S. 31 – 33. 743 Zu den einzelnen Persönlichkeiten sowie der Koordination und Zusammenarbeit der verschiedenen kaiserlich-königlichen Gesandtschaften siehe Rohrschneider, Reichstag, S. 64 – 97. Grundsätzlich war die österreichische Reichstagspolitik Mitte des 18. Jahrhunderts vom Spannungsund Konkurrenzverhältnis zwischen der Reichskanzlei und der Staatskanzlei geprägt, wobei letztere unter Staatskanzler Kaunitz die Außen-, Reichs- und Reichstagspolitik des Wiener Hofs dominierte. Diese dualen Strukturen spiegeln sich auch in Regensburg wider. Während Maria Theresia und Kaunitz (vor 1753 Ulfeld) die Weisungen an die kurböhmische und die österreichische Ge-

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berger und Würzburger Reichstagsgesandten in vertraulichen und freundschaftlichen Verbindungen.⁷⁴⁴ Eine trennscharfe Differenzierung zwischen formalen und informalen Einflussnahmen ist kaum möglich, da die Koordination und Beratung der Reichstagspolitik mit den kaiserlichen Exponenten ja zum festen Bestandteil der hochstiftischen Gesandtschaftspraxis beim Reichstag zählte.⁷⁴⁵ Im ausführlich geschilderten Konflikt um die Rechte der Reichsritterschaft⁷⁴⁶ etwa hatte der Würzburger Gesandte Fechenbach Mitte Oktober 1752 den Würzburger Stimmentwurf mit der Bitte um Übersendung nach Wien bei Buchenberg abgegeben, „um zu vernehmen, ob und in wie weit […] [es] der allerg[nä]digsten absicht gemäs seyn mögte“.⁷⁴⁷ Wie in Kap. IV.2.3 ausgeführt, einigten sich die Würzburger Entscheidungsträger im Anschluss mit dem Bamberger Hof auf ein gemeinsames Votum, welches Buchenberg auf das Schärfste kritisierte. Unter der Drohung, selbiges würde den Kaiser dazu veranlassen, die Hochstifte zu den „Widriggesinnten“ zu rechnen, forderte der österreichische Direktorialgesandte eine grundlegende Überarbeitung. Während Buchenbergs rigoroses Vorgehen in Würzburg sofort Wirkung zeigte, ließen sich die Bamberger Akteure nicht so leicht einschüchtern. Der kaiserliche Minister beim Fränkischen Reichskreis Widmann reiste eigens nach Bamberg, um den Fürstbischof persönlich zu Änderungen zu bewegen, Buchenberg wiederum schrieb mehrfach an den Bamberger Obermarschall Bibra, bis er nach über zwei Monaten und mehreren abgelehnten Fassungen Ende März 1753 ein einigermaßen zufriedenstellendes Ergebnis erreicht hatte. Die hierbei erkennbare Praxis der österreichischen Akteure, auf verschiedenen Einflussebenen gleichzeitig zu operieren, stellte ein bewährtes und überaus effektives Instrument zur Steuerung der hochstiftischen Reichstagspolitik dar. Eine Schlüsselfigur hierbei war Johann Wenzel von Widmann, der seit dem Frühjahr 1747 als bevollmächtigter kaiserlicher Minister beim Fränkischen Reichskreis wirkte.⁷⁴⁸ Seine häufige Präsenz an den fränkischen Bischofshöfen, sein diploma-

sandtschaft erteilten und deren Berichte empfingen, standen Franz I. und Colloredo mit der Prinzipalkommission in Korrespondenz, vgl. Rohrschneider, Reichstag, S. 64 – 68. 744 Siehe Kap. III.4.3. 745 Siehe Kap. III.4.3. Dazu auch Rohrschneider, Reichstag, S. 156. Zur Unterscheidung von formalen und informalen Strukturen siehe Emich, Formalisierung, S. 151. 746 Siehe Kap. IV.2.3. 747 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 128: Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 28. Oktober 1752. 748 Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 189. Zu Widmann siehe Constant von Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich […]. Bd. 55, Wien 1887, S. 248 f.; Schmid, Max III. Joseph, S. 273 f.; Alois Schmid, Die Gesandtschaft des Wiener Kaiserhofes in München 1746 bis 1756, in: Rainer Babel u. a. (Hg.), Bourbon und Wittelsbach. Neuere Forschungen zur Dynastiengeschichte (Schriftenreihe der Vereinigung zur Erforschung der Neueren Geschichte, 33), Münster 2010, S. 291 –

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tischer Rang als Ministre plénipotentiaire ⁷⁴⁹ und sein vertrauliches Verhältnis zu den Fürstbischöfen und anderen hochstiftischen Funktionsträgern⁷⁵⁰ ermöglichten ihm dabei beachtliche Handlungsspielräume. Anschaulich lässt sich das Zusammenwirken in den verschiedenen Einflusssphären anhand der Auseinandersetzung um die Vormundschaft für den minderjährigen Herzog Ernst August II. Konstantin von Sachsen-Weimar-Eisenach Ende 1748 aufzeigen. Herzog Friedrich III. von Sachsen-Gotha-Altenburg hatte die Vormundschaft für den jungen Ernst August übernommen, wogegen Herzog Franz Josias von Sachsen-Coburg-Saalfeld entschieden protestierte und sich mit der Forderung nach einer Beteiligung an der Vormundschaftsregierung an den Reichstag und das Reichsoberhaupt wandte. Einer der wesentlichen Streitpunkte war dabei die Vertretung des minderjährigen Herzogs beim Reichstag, worin der Herzog von Sachsen-Gotha einen Vergleichsvorschlag hatte verstreichen lassen.⁷⁵¹ Um beim Würzburger Fürstbischof um Unterstützung für seine Position zu werben, hatte Friedrich III. von Sachsen-Gotha-Altenburg im Dezember 1748 einen Gesandten nach Würzburg geschickt, nach dessen Besuch dem würzburgischen Reichstagsgesandten Bibra aufgetragen wurde, sich neutral zu verhalten und defectum instructionis vorzuschützen.⁷⁵² Von den Gerüchten, das Hochstift befürworte den Standpunkt Sachsen-Gothas, benachrichtigte der Coburger Legationsrat Hendrich umgehend die kaiserlichen Vertreter, deren Bericht in Wien erhebliches

310, hier S. 297 f.; Grypa – Schmid (Hg.), Berichte, Bd. 1, S. 69*f. Angela Kulenkampff hat darauf hingewiesen, dass die kaiserlichen Vertreter bei den Reichskreisen ihre Weisungen von Maria Theresia und Kaunitz aus der Staatskanzlei erhielten, weshalb die vielfach in der Literatur verwendete Bezeichnung „kaiserliche Gesandte“ bei den Reichskreisen durch den Terminus „Bevollmächtigte Minister“ zu ersetzen ist, vgl. Angela Kulenkampff, Österreich und das Alte Reich. Die Reichspolitik des Staatskanzlers Kaunitz unter Maria Theresia und Joseph II., Köln u. a. 2005, S. 15, Anm. 24. 749 Die „Ministre plénipotentiaire“ zählten zur zweiten diplomatischen Rangstufe und besaßen im Unterschied zu den drittrangigen Residenten, Geschäftsträgern oder Agenten die namensgebenden Handlungs- und Verhandlungsvollmachten, siehe Krauske, Entwickelung, S. 169 – 181; Riedenauer, Gesandter, S. 264; Ott, Salzhandel, S. 204, 208 f. 750 So unterhielt Widmann eine freundschaftliche Verbindung mit dem Würzburger Reichstagsgesandten Fechenbach. Auch sein Verhältnis zum Bamberger und Würzburger Fürstbischof Seinsheim scheint sehr gut gewesen zu sein, wie ein Rekommandationsschreiben Seinsheims für Widmann vermuten lässt, vgl. HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 548, Bl. 126r.–128r.: Schreiben Seinsheims an Colloredo, Würzburg 20. November 1761. 751 Zu diesen Vorgängen vgl. Wolfgang Huschke, Politische Geschichte von 1572 bis 1775. Die Ernestiner, in: Hans Patze – Walter Schlesinger (Hg.), Geschichte Thüringens. Bd. 5.1.1. (Mitteldeutsche Forschungen, 48), Köln u. a. 1982, S. 6 – 551, hier S. 367– 369, 371. 752 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 277: Weisung Ingelheims an Bibra (Konzept), Würzburg 13. Dezember 1748.

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Befremden über das Verhalten des Würzburger Fürstbischofs auslöste. In einer konzertierten Aktion wirkten daraufhin Widmann und Konkommissar Palm auf die Entscheidungsträger des Hochstifts ein. Per Schreiben vom 19. Dezember wandte sich Widmann direkt an Ingelheim und äußerte seine Bestürzung über dessen Weisung, da nur die „so sehr gehässige und in comitiis […] unruhe anrichtende[n] personen“ in dieser Angelegenheit defectum instructionis erklärten, um „hierdurch ihre parthey [der Widriggesinnten] zu stärcken“, welche dem kaiserlichen Ansehen „nicht weniger als der teutschen reichs-verfassung […] einen […] stoß beyzubringen gedencket“.⁷⁵³ Am Würzburger Hof beeilte man sich, Widmann die kaisertreue und reichspatriotische Gesinnung des Fürstbischofs zu versichern. Der Reichstagsgesandte sei lediglich instruiert worden, sich während dem unklaren Fortgang des Vergleichsgeschäfts auf fehlende Weisungen zu berufen. Selbstverständlich sei man der Ansicht, nach dem ausgeschlagenen Vergleich müssten „in conformität deren kayserlichen oberrichterlichen judicatorum […] alle weiteren von Sachsen Gotha angebrachte[n] beschwerden gäntzlich abgewiesen werden“, was man öffentlich bekunden werde, „umb dadurch ein offenes kennzeichen meines [des Fürstbischofs] mit des allerhöchsten oberhaupts gerechtesten gesinnungen einstimmigen betrags zu geben“.⁷⁵⁴ Der kaiserliche Minister zeigte sich damit zufrieden und leitete das bischöfliche Schreiben nach Regensburg weiter.⁷⁵⁵ Wenige Tage später erkundigte sich nun Konkommissar Palm am Rande einer Gesellschaft bei Bibra, ob dieser denn inzwischen mit neuen Befehlen versehen worden sei. Dabei musste Palm feststellen, dass die fürstbischöfliche Weisung „nicht so deutlich und vollständig gefasset [worden war], […] wie […] [das] antwort-schreiben [des Bischofs an Widmann]“, weshalb er dem Gesandten eine Abschrift des wohlwollenden Schreibens übergab und ihm dessen Hintergründe erläuterte.⁷⁵⁶ Kommunikation und Koordination der kaiserlichen Vertreter fanden dabei sowohl untereinander als auch über Wien statt. Während Buchenberg etwa im März 1751 in seinem Bericht an die Kaiserin um eine unterstützende Weisung an die kaiserlichen Minister im Reich nachsuchte,⁷⁵⁷ war es im folgenden Beispiel Widmann, der Buchenbergs Mithilfe erbat.

753 Ibid.: Schreiben Widmanns an Ingelheim, Nürnberg 19. Dezember 1748. 754 Ibid.: Schreiben Ingelheims an Widmann (Reinschrift), Würzburg 24. Dezember 1748. 755 Ibid.: Schreiben Widmanns an Ingelheim, Nürnberg 26. Dezember 1748. 756 Ibid.: Bericht Bibras an Ingelheim, Regensburg 30. Dezember 1748; HHStA, RK, PK, Berichte 81c: Bericht Palms und Thurn und Taxis’ an Franz I., Regensburg 30. Dezember 1748. 757 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 123: Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 6. März 1751.

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Im Herbst 1747 hatte das Vorgehen des Pfälzer Kurfürsten im Konflikt um den Kauf der Herrschaft Zwingenberg, der sich noch vor einer Entscheidung des Reichshofrats an den Reichstag gewandt und damit die Befugnisse des Reichsoberhaupts als oberstem Richter offen in Frage gestellt hatte, in Wien für große Empörung gesorgt.⁷⁵⁸ Zur Stärkung der kaiserlichen Autorität sollte das Kommissionsdekret zur Beilegung des Zwingenberger Konflikts und der Ablehnung des Rekurses beim Reichstag breite Unterstützung finden und die Rolle des Kaisers als maßgeblichem Vermittler herausgestellt werden, wofür die kaiserliche Klientel im Reich mobilisiert wurde. Widmann hatte zunächst versucht, über die Würzburger Kreisgesandtschaft in Nürnberg an den Inhalt der diesbezüglichen Weisung an die Reichstagsgesandtschaft zu gelangen, ehe er sich Ende September direkt an die Fürstbischöfe wandte, um entsprechende Voten zu veranlassen.⁷⁵⁹ Doch der Bamberger Fürstbischof Franckenstein pochte auf die Wahrung der reichsständischen Rechte und erachtete den Rekurs in diesem besonderen Fall für gerechtfertigt,⁷⁶⁰ während der Würzburger Bischof seinen Gesandten vorerst lediglich anwies, bei den übrigen Gesandtschaften Erkundigungen einzuziehen.⁷⁶¹ Widmann schaltete daraufhin Buchenberg ein, der das Gespräch mit dem Bamberger und Würzburger Reichstagsgesandten Bibra suchte und mit seinen Argumenten mehr Erfolg hatte. Auf die entsprechenden Berichte Bibras an seine Dienstherrn, die Buchenberg zuvor persönlich zu lesen bekommen hatte, erging sowohl aus Bamberg als auch aus Würzburg die Weisung, der kaiserlichen Intention gemäß abzustimmen.⁷⁶² Auch für die überaus effiziente Kommunikation und Kooperation zwischen dem Wiener Hof und seinen Repräsentanten in Regensburg und beim Fränkischen Reichskreis lassen sich einige Beispiele anführen. Im Zusammenhang mit dem im Herbst 1747 verhinderten Rekurs des Würzburger Fürstbischofs Ingelheim etwa, als Konkommissar Palm Bibra mit einer Weisung seines Bischofs an die Wiener Be-

758 Siehe Kap. IV.1.1. 759 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 274: Bericht des Würzburger Kreisgesandten Schüll an Ingelheim, Nürnberg 29. September 1747; Schreiben Widmanns an Ingelheim, Nürnberg 29. September 1747. 760 StABa, HStB, NverzA 4647: Schreiben Franckensteins an Widmann (Abschrift), Bamberg 11. Oktober 1747. 761 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 70: Weisung Ingelheims an Bibra, Würzburg 14. Oktober 1747. 762 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 118: Bericht Buchenbergs an Staatskanzler Anton Corfiz Graf von Ulfeld, Regensburg 26. Oktober 1747; StABa, HStB, NverzA 4647: Weisungen Franckensteins an Bibra, Schloss Seehof 22. und 29. Oktober 1747 und Höchstadt 5. November 1747; StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 70: Weisung Ingelheims an Bibra, Zellingen 21. Oktober 1747.

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lehnungsgesandtschaft konfrontierte oder im Zuge der vom kaiserlichen Hof vorangetriebenen Introduktion des Fürsten von Thurn und Taxis, als Colloredo, Widmann und die Regensburger Gesandten gemeinsam auf den Bamberger Bischof und seinen Gesandten einwirkten.⁷⁶³

5.3 Das Mehrebenensystem kaiserlicher Einflussnahmen Jüngst skizzierten Ferdinand Kramer, Michael Ruck und Alexander Wegmaier das Potenzial von Begriff und Ansatz des „Mehrebenensystems“ für die Landesgeschichte,⁷⁶⁴ wobei auf dessen Signifikanz für das Verständnis und die Beschreibung der Strukturen des Alten Reichs hingewiesen wurde.⁷⁶⁵ Bereits 2012 forderte Karl Härter, „den Immerwährenden Reichstag als eigenständigen, komplexen Interaktionsraum im Mehrebenensystem des Alten Reiches […] zu untersuchen“,⁷⁶⁶ ein „Mehrebenensystem, das sich über unterschiedliche Rechts- und Sicherheitsebenen […] – Reich, Reichskreise, Reichsstände, Territorien, Städte, lokale Gemeinschaften und Jurisdiktionen – entfaltete […]“.⁷⁶⁷ In Anlehnung an diese Überlegungen erscheint das Konzept „Mehrebenensystem“ bei der Darstellung der kaiserlichen Interventionen zur Lenkung der hochstiftischen Reichstagspolitik hilfreich, zumal Kramer auch und gerade die „Beachtung […] [von] intermediären Funktionen bei formellen und informellen Prozessen und Netzwerken sowie entsprechenden Handlungsmustern im Mehrebenensystem“ als eine Forschungsperspektive herausgestellt hat.⁷⁶⁸ Während des Untersuchungszeitraums 1746 bis 1763 fanden Einflussnahmen auf allen Entscheidungsebenen hochstiftischer Reichstagspolitik statt. Auf der Ebene der Reichstagsgesandtschaften waren es im Untersuchungszeitraum vor allem Buchenberg, Palm und Seilern, die mit den Bamberger und Würzburger Gesandten im Rahmen offizieller Visiten, am Rande von Festivitäten und bei sonstigen Zusammenkünften interagierten, was nicht zuletzt auf persönliche Verbindungen

763 Siehe Kap. IV.1.1 und Kap. IV.2.4. 764 Kramer, Mehrebenensystem; Michael Ruck, „Mehrebenensystem“. Ein Impuls für die Landesgeschichte im 21. Jahrhundert?, in: ZBLG 84 (2021), S. 11 – 24; Alexander Wegmaier, Das Potential des „Mehrebenensystems“ für die Landesgeschichte, in: ZBLG 84 (2021), S. 25 – 75. 765 Kramer, Mehrebenensystem, S. 7– 9; Ruck, Mehrebenensystem, S. 19. 766 Härter, Forschung, Abs. 50. 767 Karl Härter, Sicherheit und gute Policey im frühneuzeitlichen Alten Reich. Konzepte, Gesetze und Instrumente, in: Bernd Dollinger – Henning Schmidt-Semisch (Hg.), Sicherer Alltag? Politiken und Mechanismen der Sicherheitskonstruktion im Alltag, Wiesbaden 2016, S. 29 – 55, hier S. 33. 768 Kramer, Mehrebenensystem, S. 6 f.

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und freundschaftliche Beziehungen zwischen den Gesandten zurückzuführen ist.⁷⁶⁹ Dabei oblag es der Überzeugungskraft und dem Geschick der kaiserlichen Gesandten, dass die gesprächsweise erläuterten Wünsche und Anliegen nicht nur Eingang in die Berichte der hochstiftischen Gesandtschaften fanden, sondern auch entsprechend akzentuiert wurden. Einen Kommunikationskanal zur obersten Entscheidungsebene eröffnete der kaiserliche Minister beim Fränkischen Kreis, der sich entweder per Brief an die Fürstbischöfe wandte oder persönlich an den Bischofshöfen vorsprach, aber auch auf den Ebenen des Geheimen Referendärs und der Reichstagsgesandtschaft Einfluss nehmen konnte. Die Vorteile der Kommunikation unter Anwesenden nutzten auch die kaiserlichen Wahlkommissare, deren Missionen ebenfalls Spielräume zur Beeinflussung der hochstiftischen Reichstagspolitik boten. Ausgesprochen wirkmächtig waren freilich die Schreiben aus Wien, die auf allen Ebenen zu finden sind. Charakteristisch für das Mehrebenensystem der kaiserlichen Einflussnahmen war das routinierte und perfekt orchestrierte gleichzeitige Einwirken kaiserlicher Akteure auf verschiedenen Ebenen des hochstiftischen Entscheidungsprozesses, was die Erfolgsaussichten derartiger Initiativen enorm erhöhte. Dabei stand der Hofburg ein breites Repertoire an formellen und informellen Möglichkeiten zur Verfügung, das je nach Dringlichkeit und Überzeugungsbedarf zum Einsatz kam. Auffällig sind die raschen Kommunikationsprozesse innerhalb der kaiserlichen Diplomatie, die mitunter zu Informationsvorsprüngen führten und gegenüber den hochstiftischen Gesandten gezielt ausgespielt wurden. Maßgeblich zur Effizienz dieses Systems trugen die Netzwerke sowie die Patronage- und Klientelbeziehungen bei, welche der Wiener Hof zielgerichtet initiierte. Häufigstes Motiv hinter den kaiserlichen Interventionen bildete die Korrektur der Bamberger und Würzburger Voten vor den Abstimmungen im Reichsfürstenrat. Das Spektrum reichte dabei von der Aufnahme oder Abänderung von Passagen, Formulierungen und sogar einzelner Wörtern bis hin zur Revidierung der getroffenen Abstimmungsentscheidung. Wiederholt betroffen waren Entscheidungen über die Besetzung der Reichsgeneralitätsposten, deren Vergabe als Instrument der österreichischen Klientelpolitik genutzt wurde, indem die eigene Anhängerschaft zu einer Begünstigung des favorisierten Prätendenten angehalten wurde.⁷⁷⁰ Aus kaiserlicher Perspektive erzielten die Einflussnahmen in der Regel die gewünschten

769 Siehe Kap. III.4.3. 770 Rohrschneider, Reichstag, S. 232 – 236; HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 122: Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 8. April 1750; StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 86: Weisung Greiffenclaus an Fechenbach, Werneck 9. September 1753; Schreiben Widmanns an Greiffenclau (Abschrift), München 15. August 1753.

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Resultate, wobei diese nicht immer ohne Komplikationen verliefen, sondern stellenweise auf vehementen Widerstand stießen. In besonderem Maße gilt dies für die Bamberger Reichstagspolitik unter Fürstbischof Johann Philipp von Franckenstein zu Beginn der 1750er Jahre, die von einer äußerst selbstbewussten Interessenvertretung geprägt war und damit immer wieder auf Konfrontationskurs zur kaiserlichen Intention geriet. So warf der österreichische Reichstagsgesandte Buchenberg Anfang Dezember 1752 dem Bamberger Reichstagsgesandten Stingelheim vor, „daß eine weil her fast alles, was von dem kay[serlich]en hoff geschehe, herrühre oder selben betreffe, das unglück hätte, zu Bamberg hunderterley ausstellungen, hunderterley unzufriedenheiten und wohl gar contrecarrirungen unterworffen zu seyn.“ Als konkrete Beispiele nannte er „die hohenlohische sache, worinnen dem catholischen weesen ungemein geschadet worden, daß Bamberg die judicata caesarea nicht mit-exequiren wollen. Dann die jenige monita, welche von seiten Bamberg bey dem heurigen gemeinschafftl[ich]en pro memoria catholicorum […] directè gegen die intention des kay[serlich]en hofes gemacht […] ferner was unlängst in der römhild[isch]en executions-sache geschehen […]. Nicht minder die jetzige unbeweglichkeit, mit welcher man zu Bamberg allein darauff bestehen wolte, daß, was der fürsten-stand zu auffrechthaltung seiner gerechtsamen in der römischen königswahl-sache zu erklären für nöthig finden würde […] mittelst der gewöhnlichen re- und correlation, es gehe auch wie es wolle, zu beschehen habe“.⁷⁷¹ Auf die genannten, zum Teil an späterer Stelle untersuchten Materien soll hier nicht weiter eingegangen werden, vielmehr verdeutlicht der Standpunkt des österreichischen Gesandten, dass der Bamberger Hof in dieser Phase ganz offensichtlich nicht als willfähriger und verlässlicher Anhänger des Kaiserhofs wahrgenommen wurde. Die Mahnungen der kaiserlichen Exponenten wurden von den Bamberger Entscheidungsträgern oftmals erst nach wiederholter und mit Nachdruck vorgetragener Kritik widerwillig umgesetzt, was im deutlichen Kontrast zum Würzburger Vorgehen steht. Bemerkenswerterweise lassen sich die Beanstandungen der Würzburger Reichstagspolitik im selben Zeitraum sogar auf gemeinsam mit Bamberg gefasste Konferenzbeschlüsse zurückführen.⁷⁷² Als Erklärung für diese Diskrepanz können die deutlich intensiveren Klientel- und Patronageverbindungen zwischen Würzburg und Wien herangezogen werden, waren doch mit Borié und Fechenbach die Schlüsselpositionen der Würzburger Reichstagspolitik mit kaiserlichen Klienten besetzt.⁷⁷³ 771 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 128: Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 6. Dezember 1752. 772 Siehe Kap. IV.2.2 und IV.2.3. 773 Siehe Kap. III.5.1.

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Nicht zuletzt geben die beschriebenen Mechanismen und die in Kapitel IV.2 dargestellten Beispiele Einsichten in die Funktionsweise der österreichischen Partei beim Reichstag. Die vielfach zu beobachtenden Einflussnahmen demonstrieren, dass den Kaiser und die Gruppe der „Gutgesinnten“ nicht durchweg homogene Interessen verbanden. Vielmehr sah sich die Hofburg auch bei geistlichen Reichsständen, welche doch als kaiserliche Anhängerschaft par excellence wahrgenommen wurden, zu aufwendigen Interventionen gezwungen, um diese zur Unterstützung der eigenen Ziele zu instrumentalisieren. Diese beschränkten sich nicht auf Einzelfälle, sie besaßen Systemcharakter. Es ist also davon auszugehen, dass das Abstimmungsverhalten der österreichischen Partei nicht automatisch aufgrund prinzipieller Interessenkonvergenzen, sondern auch durch gezielte kaiserliche Einflussnahmen zustande kam, wobei der Wiener Hof auf planvoll initiierte Klientelverhältnisse und andere Ressourcen zurückgriff.

6 Nur „Eckelhaffte[ ] und […] unbegreifflich scheinende[ ] Ceremoniel-Streit- und Kleinigkeiten“? – Aspekte des Reichstagszeremoniells 6.1 Zur Bedeutung des Reichstagszeremoniells Lange hatte die Historiografie die zahlreichen Rang- und Zeremonialstreitigkeiten auf dem Immerwährenden Reichstag als unverständliches, lächerliches und allgemein zu verachtendes Übel betrachtet und in selbigen nicht selten einen Beleg für die Unzulänglichkeit beziehungsweise politische Bedeutungslosigkeit des Reichstages gesehen.⁷⁷⁴ Doch bereits der zeitgenössische Publizist und Staatsrechtstheoretiker Johann Jacob Moser hatte trotz seiner persönlichen negativen Sichtweise auf die „[…] [ihm] selbst eckelhaffte[n] […] Ceremoniel-Streit- und Kleinigkeiten“ des Reichstags deren Bedeutung nicht unterschätzt: „[…] ist diese Ceremoniel-Wissen-

774 Fürnrohr, Parlament, S. 175 f.; Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 248 f.; Düwel, Reichskriegserklärung, S. 132 f. Ein eindrückliches Beispiel für diese negative Sicht findet sich in der von Max Braubach betreuten Dissertation zur Spätphase des Reichstags von Johannes Schick aus dem Jahr 1931: „Weit trauriger und nachhaltiger für das Wohl und Ansehen des Reiches aber waren noch die unseligen, kleinlichen und krankhaften Rangstreitigkeiten, die am Reichstag traditionell und herrschend geworden. […] Es will fast so scheinen, als habe man die geringe tatsächliche Bedeutung der Reichstagsinstitution nicht bloß vor der Welt, sondern vor sich selbst verbergen wollen durch den unmodischen Mantel eines alten Zeremoniells, der ehemalige Größe und Herrlichkeit wenigstens vortäuschen sollte. Ueber nichtigen Fragen des Zeremoniells und der Etikette wurden ernste Reichstagsgeschäfte vernachlässigt.“, vgl. Schick, Reichstag, S. 27 f.

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schafft für einen, der mit Teutschen Staats-Sachen, besonders aber mit ComitialAngelegenheiten, zu thun hat, ein malum necessarium, und sie dienet wenigstens darzu, daß einer, der darinn erfahren ist, ein und anderes reales Ubel dadurch verhüten, vermindern oder abstellen, helffen kann.“⁷⁷⁵ Die von Moser hier nur vage angedeuteten Funktionen des Reichstagszeremoniells sind mittlerweile durch die kulturgeschichtlich geprägten Forschungen von Barbara Stollberg-Rilinger, deren Ergebnisse zu einer umfassenden Neubewertung des lange vernachlässigten beziehungsweise negativ dargestellten Reichstagszeremoniells geführt haben, bestens untersucht.⁷⁷⁶ Stollberg-Rilinger bezeichnet „zeremonielles Handeln“ als formalisierte und normierte soziale Handlungen, die eine soziale Ordnung visualisieren und damit Zeichencharakter besitzen, wobei die beteiligten Akteure in der Lage sind, diese Zeichen zu verstehen und zu deuten.⁷⁷⁷ Der Reichstag ist damit nicht lediglich als ein Verfassungsorgan, sondern vielmehr auch als Raum sozialer Phänomene und Interaktionen zu verstehen.⁷⁷⁸ Die Grundlage des Reichstagszeremoniells war die auf dem Herkommen beruhende Rangordnung des Reichs.⁷⁷⁹ Dieses Rangsystem als „politisch-soziale[ ] Rangordnung“ war „überhaupt nur durch Zeichen wahrnehmbar“ und bedurfte daher einer „inszenierten Augenfälligkeit“.⁷⁸⁰ Vor diesem Hintergrund musste es geradezu zwangsläufig zu langwierigen und zähen Rangstreitigkeiten kommen, da jede Veränderung dieser Ordnung einen Präzedenzfall darstellte, auf den sich zukünftig berufen werden konnte und jede Rangerhöhung der Abwertung eines anderen Standes gleichkam.⁷⁸¹ Somit waren die Rangstreitigkeiten und zeremoniellen Konflikte, welche in den Berichten der Bamberger und Würzburger Reichstagsgesandten breiten Raum einnehmen, eben keine „störenden Nebensächlichkeiten“, als

775 Moser, Staatsrecht 43, S. 449. 776 Stollberg-Rilinger, Zeremoniell als politisches Verfahren. Rangordnung und Rangstreit als Strukturmerkmale des frühneuzeitlichen Reichstags; Stollberg-Rilinger, Inszenierung; Stollberg-Rilinger, Kleider. Zur Rezeption von Stollberg-Rilingers Forschungsergebnissen bezüglich des Reichstagszeremoniells vgl. z. B. Burkhardt, Vollendung, S. 93 – 96; Friedrich, Drehscheibe, S. 113 f. 777 Stollberg-Rilinger, Zeremoniell als politisches Verfahren. Rangordnung und Rangstreit als Strukturmerkmale des frühneuzeitlichen Reichstags, S. 94. 778 Ibid. 779 Bernd Roeck, Reichssystem und Reichsherkommen. Die Diskussion über die Staatlichkeit des Reiches in der politischen Publizistik des 17. und 18. Jahrhunderts (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. Abteilung Universalgeschichte, 112; Beiträge zur Sozial- und Verfassungsgeschichte des Alten Reiches, 4), Stuttgart 1984, S. 144 – 150; Friedrich, Drehscheibe, S. 113 f. 780 Stollberg-Rilinger, Zeremoniell als politisches Verfahren. Rangordnung und Rangstreit als Strukturmerkmale des frühneuzeitlichen Reichstags, S. 95. 781 Friedrich, Drehscheibe, S. 114.

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welche sie häufig von zeitgenössischen Beobachtern und nachfolgenden Historikergenerationen abqualifiziert worden waren, sondern „genuine Verfassungskonflikte“.⁷⁸² Allerdings war das Reichstagszeremoniell nicht nur Abbild der Rangverhältnisse und der Reichsverfassung, sondern auch die Verfahrensordnung des Reichstags und als solche maßgeblich für dessen Handlungsfähigkeit.⁷⁸³ Wie schon Moser konstatierte, diente das Zeremoniell unter anderem dazu, Konflikte zu entspannen oder, falls deren Lösung nicht möglich war, unvereinbare Streitpositionen durch rituelle Konservierung zumindest zu verharmlosen.⁷⁸⁴ Als klassisches Beispiel hierfür gilt die Alternation bei den sogenannten Sessionsstreitigkeiten um die Sitzordnung und die Reihenfolge der Umfrage im Reichstag. Um trotz der zahllosen ungelösten Sitz- und damit Rangstreitigkeiten ein Abstimmungsverfahren zu ermöglichen, wurde mit den „alternierenden Strophen“ ein turnusmäßiger Wechsel in der Reihenfolge von Sitz und Stimmabgabe der Streitparteien eingeführt.⁷⁸⁵ Beispielsweise alternierten Österreich, Salzburg und Burgund um den Vorsitz im Fürstenrat, die verschiedenen Linien der Häuser Sachsen und Brandenburg untereinander, Pfalz und Bayern,⁷⁸⁶ aber auch die Hochstifte Worms und Würzburg.⁷⁸⁷ Dennoch führten die Zeremonialstreitigkeiten zu einer Verzögerung des Geschäftsgangs, weshalb bereits zeitgenössische Beobachter die Sessionsfrage zunehmend als Anachronismus wahrnahmen und die Verselbstständigung von Zeremonialproblemen kritisierten.⁷⁸⁸ Mitte des 18. Jahrhunderts war das Reichstagszeremoniell in Europa zu einem Kuriosum geworden, hatten doch bis dahin die meisten deutschen und europäischen Höfe von lähmenden Zeremonialzwängen Abstand genommen.⁷⁸⁹ Auch Johann Jacob Moser wünschte sich „von Hertzen, […] es möchte doch ein grosser […] Reichs-Stand […] seinem Gesandten zu Regensburg anbefehlen, […] daß er jedem, der es begehrte, das bisher üblich geweste Ceremoniel geben wollte, er selbsten aber keines verlange, sondern jedem mit Höflichkeit zuvorkommen würde“⁷⁹⁰, um die

782 Stollberg-Rilinger, Inszenierung, S. 240. 783 Stollberg-Rilinger, Zeremoniell als politisches Verfahren. Rangordnung und Rangstreit als Strukturmerkmale des frühneuzeitlichen Reichstags, S. 108. 784 Ibid., S. 125 f.; Stollberg-Rilinger, Inszenierung, S. 245 f. 785 Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 272 – 274. 786 Ibid., S. 273. 787 Christian Gottfried Oertel, Neues Reichs-Tags-Diarium. Erster Band, Regensburg 1767, S. 13. 788 Burkhardt, Vollendung, S. 95; Stollberg-Rilinger, Zeremoniell als politisches Verfahren. Rangordnung und Rangstreit als Strukturmerkmale des frühneuzeitlichen Reichstags, S. 128 – 132. 789 Schütz, Gesandtschaft, S. 167 f.; Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 266. 790 Moser, Staats-Recht 45, S. 94.

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überbordenden Auswüchse des Reichstagszeremoniells zu durchbrechen.⁷⁹¹ Als visualisierte Rang- und Verfassungsordnung des Reichs und Verfahrensgrundlage des Reichstags musste das Reichstagszeremoniell weiterhin Bestand haben, blieb es allein zwischen den Reichsständen eine Angelegenheit des öffentlichen Rechts, als das Zeremoniell zwischen Territorien und Untertanen längst zur Etikette und das zwischen den vormodernen Staatswesen lediglich zur Sache politischer Nützlichkeit geworden war.⁷⁹²

6.2 Das Legitimationsverfahren der Reichstagsgesandten Zu Beginn seiner Tätigkeit in Regensburg hatte sich jeder Reichstagsgesandte zunächst beim Kurmainzer Reichstagsdirektorium zu legitimieren.⁷⁹³ Dabei ließen die Gesandten ihre Kreditive durch Legationssekretäre dem Kurmainzer Gesandten überbringen, welcher die Vollmachten auf ihre formale Korrektheit prüfte und die Reichstagskollegien von deren Ankunft benachrichtigte.⁷⁹⁴ Anschließend folgte in einem aufwendigen Notifikationsritual die Bekanntmachung der neu geschehenen Legitimation, welche der Legationssekretär „en carosse“ den übrigen Gesandtschaften mitteilte. Von großer Bedeutung war dabei die Rangordnung der Gesandten, was häufig zu Konflikten führte. Denn die fürstlichen Gesandten weigerten sich entschieden, die kurfürstlichen Vertreter als höherrangig anzusehen und demonstrierten bei Gelegenheiten wie dieser gerne die Gleichwertigkeit der kurfürstlichen und fürstlichen Gesandtschaften, indem beide die Notifikationen durch den Gesandtschaftssekretär erhielten. Gleichzeitig bemühten sich die fürstlichen Gesandten, ihren Rang durch Distanzierung beziehungsweise Abwertung der gräflichen und städtischen Vertreter zu erhöhen, weshalb diesen die Notifikationen durch einen rangniedrigeren Kanzlisten übermittelt wurden.⁷⁹⁵ Auf die Nachricht der Legitimation antworteten die Gesandtschaften mit einem Kompliment und Glückwünschen und erkundigten sich nach einem Termin für die erste Visite. Waren 791 Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 266 f. 792 Stollberg-Rilinger, Zeremoniell als politisches Verfahren. Rangordnung und Rangstreit als Strukturmerkmale des frühneuzeitlichen Reichstags, S. 131 f. 793 Moser, Staats-Recht 45, S. 109 – 112; Härter, Reichstagsdirektorium, S. 179 – 181; Krischer, Repräsentation, S. 138 – 142. 794 Moser, Staats-Recht 45, S. 110 f., 179 f., S. 197 f.; Härter, Reichstagsdirektorium, S. 179; Friedrich, Drehscheibe, S. 158 f. 795 Moser, Staats-Recht 45, S. 182 – 188; Friedrich, Drehscheibe, S. 117– 121, S. 158 f., S. 171; Krischer, Repräsentation, S. 139 – 142; Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 259 – 261. Zu dieser Praxis vgl. auch StAWü, Würzburger Reichstagsakten 278: Bericht Bibras an das Würzburger Domkapitel, Regensburg 4. März 1749.

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diese erfolgt, hatte der neu legitimierte Gesandte seinerseits den übrigen Gesandtschaften Gegenbesuche abzustatten.⁷⁹⁶ Nach der Akkreditierung beim Reichstagsdirektorium folgte die feierliche Audienz beim kaiserlichen Prinzipalkommissar, dem ein spezielles Beglaubigungsoder Kreditivschreiben übergeben wurde. Zwar war dies streng genommen zur Legitimation der Gesandten nicht notwendig, doch bestanden die Prinzipalkommissare strikt darauf, dass die Gesandten, „so offt sie sich bey dem Reichsdirectorio legitimiren […] auch mit einem besonderen Creditiv an sie versehen seyn, und ihnen solches in Gala übergeben“.⁷⁹⁷ Blieb diese „Höflichkeitsgeste“⁷⁹⁸ aus, konnte es durchaus zu größeren diplomatischen Verwicklungen kommen. Nach dem Tod des Würzburger Fürstbischofs Anselm Franz von Ingelheim im Februar 1749 hatte sich der Bamberger und Würzburger Reichstagsgesandte Johann Philipp von Bibra per Bevollmächtigung durch das Domkapitel beim Kurmainzer Direktorium als Würzburger Reichstagsgesandter legitimiert. Aus Verärgerung über den Prinzipalkommissar Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis entschloss sich Bibra, das ihm zugesandte Empfehlungsschreiben nicht zu überbringen und auf die Visite beim Prinzipalkommissar zu verzichten.⁷⁹⁹ Der Fürst von Thurn und Taxis, mit dem Bibra eine innige Feindschaft pflegte,⁸⁰⁰ beschwerte sich bei Reichsvizekanzler Rudolph Joseph Graf von Colloredo, der dem wegen der anstehenden Bischofswahl in Würzburg weilenden kaiserlichen Gesandten Johann Karl Philipp von Cobenzl befahl, dem Domkapitel das „unanständige betragen“ Bibras vorzustellen.⁸⁰¹ Der Würzburger Hofkanzler Fichtl, dem das Domkapitel auftrug, sich um den Vorfall zu kümmern,⁸⁰² missbilligte im Gespräch mit Cobenzl das Verhalten Bibras und versicherte, der Reichstagsgesandte werde angewiesen, seine Legitimation beim Prinzipalkommissar nachzuholen.⁸⁰³ Gegenüber dem Hofkanzler und dem Domkapitel rechtfertigte Bibra sein Verhalten mit vorherigen Unfreundlichkeiten des Fürsten von Thurn und Taxis und erklärte, die Legitimation beim Prinzipalkom-

796 Moser, Staats-Recht 45, S. 189 f.; Leiher, Stellung, S. 110 – 113. 797 Moser, Reichs-Taegen, Bd. 1, S. 134; Friedrich, Drehscheibe, S. 159; Schütz, Gesandtschaft, S. 168 – 170. Selbstverständlich folgten die Antrittsvisiten und die Übergabe der Beglaubigungsschreiben einem genau festgelegten Zeremoniell, vgl. Rudolf Freytag, Das Prinzipalkommissariat des Fürsten Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis, in: Jahrbuch des Historischen Vereins Dillingen XXV (1912), S. 249 – 274, hier S. 254. 798 Friedrich, Drehscheibe, S. 159. 799 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 278: Bericht Bibras an das Würzburger Domkapitel, Regensburg 23. Februar 1749. 800 Vgl. Kap. III.3.1 und III.6.3. 801 FTTZA, HFS 901: Schreiben Cobenzls an Colloredo (Abschrift), Würzburg 9. April 1749. 802 StAWü, Würzburger Domkapitelprotokolle 196, S. 476. 803 FTTZA, HFS 901: Schreiben Cobenzls an Colloredo (Abschrift), Würzburg 9. April 1749.

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missar, für die es „überhaubt keine nothwendichkeith“ gebe, sei vor der Wahl eines neuen Fürstbischofs „gantz überflüssig“.⁸⁰⁴ Thurn und Taxis benachrichtigte also wegen der ausbleibenden Legitimation erneut Graf Cobenzl in Würzburg,⁸⁰⁵ dem der neugewählte Bischof Karl Philipp von Greiffenclau versprach, Bibra werde seine Schuldigkeit gegenüber dem Prinzipalkommissar erfüllen.⁸⁰⁶ Greiffenclau, der bestrebt war, diplomatische Irritationen mit einem Repräsentanten des Kaiserhofs zu Beginn seiner Regierungszeit tunlichst zu vermeiden, schrieb seinem Gesandten daraufhin, da der „principal-commissarii […] noch nicht aufhöre[ ], klag […] zu führen“, solle Bibra trotz seiner „erklecklichen rechtfertigung […] demselben zu seiner einßmahligen beruhigung und zufriedenheit […] eine unverfängliche höfliche bezeigung“ erweisen.⁸⁰⁷ Dieses Beispiel verdeutlicht die Bedeutung des Legitimationsverfahrens der Reichstagsgesandten, das keineswegs nur eine zeremonielle Formalität, sondern „ein[en] politische[n] Akt an sich“⁸⁰⁸ darstellte. Die Übergabe des Kreditivs beim Reichstagsdirektorium und die Notifikation der Legitimation dienten dabei der „Herstellung des Gesandtenstatus“, während die „Visiten und Revisiten […] dessen Darstellung und Bestätigung“ demonstrierten.⁸⁰⁹ Erst nachdem das aufwendige Akkreditierungsprozedere komplett absolviert worden war, das auch bei jedem Herrschaftswechsel, wie im obigen Beispiel während der Herrschaft des Domkapitels und nach der Neuwahl des Fürstbischofs nötig war, nahmen die Gesandten an den Beratungen im Regensburger Rathaus teil.⁸¹⁰ Die Legitimation beim Prinzipalkommissar hatte zwar nominell keine rechtliche Funktion, war jedoch gewissermaßen Teil des Verfahrens und wurde von den kaiserlichen Vertretern beim Reichstag, gegebenenfalls mit Unterstützung des kaiserlichen Hofs, nachdrücklich eingefordert.⁸¹¹

804 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 278: Schreiben Bibras an den Hofkanzler und das Domkapitel, Regensburg 15. März 1749. 805 FTTZA, HFS 901: Schreiben Thurn und Taxis an Cobenzl (Konzept), Regensburg 18. April 1749. 806 Ibid.: Schreiben Cobenzls an Thurn und Taxis, Mainz 23. April 1749. 807 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 73: Weisung Greiffenclaus an Bibra, Würzburg 22. April 1749. StAWü, Reichswesen 171: Fürstbischöfliches Schreiben an Bibra (Konzept), Würzburg 22. April 1749; Kreditivschreiben an den Prinzipalkommissar (Konzept), Würzburg 23. April 1749. 808 Krischer, Repräsentation, S. 138. 809 Ibid., S. 140. 810 Moser, Staats-Recht 45, S. 189. 811 „Alleine die Kayserliche Principal-Commission prätendirte, krafft erpressen Kayserlichen Befehls, schlechthin dergleichen von jedem Gesandten“, vgl. Moser, Reichs-Taegen, Bd. 1, S. 134 f. Vgl. dazu beispielsweise auch die Akkreditierungspraxis der britischen Gesandten beim Prinzipalkommissar, Schütz, Gesandtschaft, S. 169 f.

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III Akteure und Strukturen der hochstiftischen Reichstagspolitik

6.3 Zwischen Verfassungskonflikt und persönlichen Animositäten: Rangstreitigkeiten zwischen den Gesandten geistlicher und weltlicher Fürsten Da die politische Rangordnung des frühneuzeitlichen Reichs nicht „objektiv ermittel[bar]“ war, sondern, wie Barbara Stollberg-Rilinger festgestellt hat, „durch symbolisch-rituelles Handeln performativ stets aufs Neue erzeugt“ wurde,⁸¹² kam rituellen, öffentlichen Feierlichkeiten erhebliche normative Bedeutung zu.⁸¹³ Entsprechend besaßen die öffentlich inszenierten Festakte zu Wahlen, Krönungen, Huldigungsfeiern, Herrschergeburts- und -namenstagen oder Begräbnissen großes Konfliktpotenzial, denn jede unwidersprochen bleibende Veränderung des Zeremoniells galt unmittelbar als Präzedenzfall und im Anschluss gegebenenfalls als rechtsverbindlich.⁸¹⁴ Beim Immerwährenden Reichstag waren es vor allem die festlichen Tafeln des Prinzipalkommissars, die sich zum Schauplatz ausgedehnter Rangstreitigkeiten unter den Reichstagsgesandten entwickelten.⁸¹⁵ Von politischer Brisanz war der im 18. Jahrhundert zwischen den Gesandten der geistlichen und der weltlichen Fürsten ausgefochtene Präzedenzstreit, der regelmäßig bei den Festivitäten des Prinzipalkommissars eskalierte und in den der Bamberger und Würzburger Reichstagsgesandte Johann Philipp Karl Josef von Bibra maßgeblich involviert war. Hintergrund des Konflikts war der Anspruch der geistlichen Reichsfürsten, aufgrund ihres geweihten Stands kollektiven Vorrang vor sämtlichen weltlichen Fürsten zu besitzen. Im 18. Jahrhundert war dieses Postulat längst zum Anachronismus geworden, da die geistlichen Fürsten hinter ihren weltlichen Pendants an Macht, wirtschaftlichen und militärischen Möglichkeiten und zumeist auch im Geburtsrang deutlich zurückstanden.⁸¹⁶ Entsprechend weigerten sich insbesondere die protestantischen Fürsten zunehmend, diesem Präze-

812 Stollberg-Rilinger, Logik und Semantik des Ranges in der Frühen Neuzeit, S. 204. 813 Krischer, Souveränität als sozialer Status: Zur Funktion des diplomatischen Zeremoniells in der Frühen Neuzeit, S. 5 f.; Stollberg-Rilinger, Logik und Semantik des Ranges in der Frühen Neuzeit, S. 205. 814 Stollberg-Rilinger, Zeremoniell als politisches Verfahren. Rangordnung und Rangstreit als Strukturmerkmale des frühneuzeitlichen Reichstags, S. 105; Stollberg-Rilinger, Logik und Semantik des Ranges in der Frühen Neuzeit, S. 205 f. 815 Barbara Stollberg-Rilinger, Ordnungsleistung und Konfliktträchtigkeit der höfischen Tafel, in: Peter-Michael Hahn – Ulrich Schütte (Hg.), Zeichen und Raum. Ausstattung und höfisches Zeremoniell in den deutschen Schlössern der Frühen Neuzeit (Rudolstädter Forschungen zur Residenzkultur, 3), München u. a. 2006, S. 103 – 122, hier S. 109 – 111; Rohrschneider, Reichstag, S. 168; Stöckl, Principalkommissar, S. 216. 816 Stollberg-Rilinger, Ordnungsleistung und Konfliktträchtigkeit der höfischen Tafel, S. 114; Stollberg-Rilinger, Logik und Semantik des Ranges in der Frühen Neuzeit, S. 210 f.

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denzanspruch nachzukommen, bemaß sich nach deren Ansicht der reichsrechtliche Rang der geistlichen Fürsten doch allein an ihren fürstlichen Regalien. Je stärker sich die Germania Sacra seit den 1740er Jahren durch Säkularisationsgefahr bedroht sah, um so vehementer verteidigten die geistlichen Fürsten ihren althergebrachten „zeremoniellen Vorrang, der eben auch einen verfassungsrechtlichen Status transportierte“.⁸¹⁷ Den Auftakt zu den hier dargestellten Rangstreitigkeiten bildete ein Vorfall bei der Feier des Prinzipalkommissars Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis anlässlich des kaiserlichen Namenstags 1744, als der Gesandte der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach und -Bayreuth sowie Sachsen-Weimars und -Eisenachs, Rudolf Anton von Heringen, gegenüber dem Würzburger Reichstagsgesandten Bibra die Präzedenz der geistlichen Gesandtschaften bestritt.⁸¹⁸ Im Namen seines Fürstbischofs Friedrich Karl von Schönborn erklärte Bibra dem Prinzipalkommissar und den übrigen Gesandten, dass die geistlichen Fürstentümer ihren durch Reichssatzungen garantierten Vorrang niemals aufgeben würden. Schönborn, angesichts der 1742 bekannt gewordenen Säkularisationspläne Friedrichs II. ohnehin um den Erhalt der geistlichen Fürstentümer besorgt,⁸¹⁹ rief sämtliche geistlichen Reichsfürsten zum Widerstand gegen derartige verfassungswidrige Ermächtigungen auf. Seinen beiden Reichstagsgesandten Bibra und Georg Karl Karg von Bebenburg gab er die Weisung, künftig alle gesellschaftlichen Anlässe zu meiden, wenn ihnen dort der gebührende Vorrang nicht zugestanden werden würde.⁸²⁰ Unter Prinzipalkommissar Joseph Wilhelm Ernst zu Fürstenberg-Stühlingen, der 1745 zum Nachfolger des Fürsten von Thurn und Taxis ernannt worden war, setzten sich die Spannungen fort. Fürstenberg hatte die weltlichen Gesandten gleichzeitig mit den kurfürstlichen Gesandtschaften zu einer festlichen Gesellschaft geladen, die geistlichen Gesandten jedoch erst am darauffolgenden Tag zu einer Tafel ohne Rangunterschiede.⁸²¹ Der Bamberger Fürstbischof Johann Philipp Anton von Franckenstein befahl seinem Reichstagsgesandten Bibra daraufhin, bei künftigen Anlässen „durch das aussenbleiben unsere missfälligkeit zu verstehen [zu] geben“ und mit den übrigen geistlichen Gesandten „eine gemeinsame sach zu[r] verthaidigung der dem geistlichen fürstenstand zukommenden vorzüglichkeiten [zu] machen“.⁸²²

817 818 819 820 821 822 der

Stollberg-Rilinger, Ordnungsleistung und Konfliktträchtigkeit der höfischen Tafel, S. 114. Berbig, Hochstift, S. 310. Romberg, Würzburger Bischöfe 1684 – 1746, S. 459 – 461. Berbig, Hochstift, S. 310 f. Ibid., S. 311 f. StABa, HStB, NverzA 4647: Weisung Franckensteins an Bibra, Bamberg 29. November 1746. Auch Würzburger Fürstbischof Anselm Franz von Ingelheim hatte Bibra angehalten, gegen eine

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Nach ähnlichen Zwischenfällen im Herbst 1747 wies Franckenstein seine in Wien befindliche Belehnungsgesandtschaft an,⁸²³ sich beim kaiserlichen Hof über die Benachteiligung der geistlichen Gesandten, deren Prinzipale immerhin die treueste Klientel des Kaisers seien, durch Prinzipal- und Konkommissar zu beschweren.⁸²⁴ Trotz der Versicherung des Reichsvizekanzlers, die kaiserlichen Kommissare in Regensburg würden angewiesen, die Vorrechte der geistlichen Fürsten künftig „auf das sorgsamste gegen alle beeinträchtigungen zu bewahren“,⁸²⁵ blieb der Bamberger Fürstbischof skeptisch „wie weit nun solche süße[n] versprechungen“ auch umgesetzt und eingehalten würden.⁸²⁶ Um sich gegen die Zurücksetzungen durch die weltlichen Gesandten zur Wehr zu setzen, forderte auch der Würzburger Fürstbischof Anselm Franz von Ingelheim gemeinsame Beratungen der Reichstagsgesandten geistlicher Reichsstände über ein abgestimmtes Vorgehen.⁸²⁷ Entsprechende Versammlungen wurden zwar abgehalten,⁸²⁸ doch wie zuvor legte sich die Aufregung meist rasch wieder und der Präzedenzkonflikt rückte bis zur nächsten Eskalation vor wichtigeren Angelegenheiten in den Hintergrund. Ein bereits in den zeitgenössischen Medien viel beachteter Rangstreit,⁸²⁹ der auch Eingang in die moderne Historiografie gefunden hat,⁸³⁰ ereignete sich kurz nach der Ankunft des erneut zum Prinzipalkommissar ernannten Fürsten von

solche Zurücksetzung allen erforderlichen Widerstand zu leisten, vgl. StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 68: Weisung Ingelheims an Bibra, Würzburg 30. November 1746. 823 Weiß, Die Reichsbelehnung in der Neuzeit, S. 560 f. Siehe auch Kap. IV.2.2. 824 StABa, HStB, NverzA 4647: Weisung Franckensteins an Bibra, Schloss Jägersburg 19. November 1747. 825 Ibid.: Abschrift des Berichts der Bamberger Belehnungsgesandtschaft, Wien 2. Dezember 1747. 826 Ibid.: Weisung Franckensteins an Bibra, Bamberg 20. Dezember 1747. 827 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 70: Weisungen Ingelheims an Bibra, Würzburg 17. November 1747 und 6. Dezember 1747. 828 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 274: Bericht Bibras, Regensburg 16. Dezember 1747. 829 Anton Faber, Europäische Staats-Cantzley. Bd. 97, Frankfurt am Main u. a. 1750, S. 94 – 133; Johann Jacob Moser, Johann Jakob Mosers Vermischte Abhandlungen aus dem Europäischen Völkerrecht, wie auch von Teutschen und andern Europäischen Staats-desgleichen von Canzley-Sachen. Drittes Stück, Frankfurt am Main 1755, S. 223 – 232; Johann Stephan Pütter, Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786, Göttingen 1787, S. 59 – 66. 830 Wurde der Vorfall in der älteren Literatur noch als „ergötzliche Geschichte“, bezeichnet (vgl. Meisenburg, Reichstag, S. 108 f.), oder auf einen „Zwist zweier Gesandter“ reduziert (vgl. Reiser, Stadtleben, S. 98), hat Barbara Stollberg-Rilinger diesen Rangstreit als „signifikantes Beispiel“ der „frühneuzeitlichen Ranglogik“ (vgl. Stollberg-Rilinger, Logik und Semantik des Ranges in der Frühen Neuzeit, S. 210) charakterisiert und auf dessen verfassungsrechtliche Dimension hingewiesen, vgl. Stollberg-Rilinger, Ordnungsleistung und Konfliktträchtigkeit der höfischen Tafel, S. 112 – 116; Stollberg-Rilinger, Logik und Semantik des Ranges in der Frühen Neuzeit, S. 210 – 215.

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Thurn und Taxis in Regensburg im Sommer 1748. Bereits in seiner Instruktion war der Prinzipalkommissar ausführlich auf die Problematik der Rang- und Zeremonialstreitigkeiten vorbereitet worden.⁸³¹ Um selbigen auszuweichen, hatte Thurn und Taxis, dessen Residenzschloss noch nicht komplett eingerichtet war, die Gesandten von Kurmainz, Kurköln, Kurböhmen, Österreich, Württemberg und den Reichstagsgesandten der Bischöfe von Regensburg, Freising und Lüttich informell und „ganz ohne Ceremoniel“⁸³² am 4. Juni 1748 zur Tafel ins Kloster Prüfening bei Regensburg einladen lassen.⁸³³ Als nun anstelle des gerade verhinderten kurböhmischen Gesandten der württembergische Gesandte Johann Eberhard von Wallbrunn die Frau des österreichischen Gesandten zur Tafel führte und neben dieser Platz nahm, hatte Wallbrunn den Vorrang des geistlichen Gesandten Johann Georg von Stingelheim verletzt, dem diese Ehre nach der herkömmlichen Rangfolge eigentlich zugekommen wäre. Stingelheim protestierte umgehend gegen diese Brüskierung des geistlichen Fürstenstands und ließ Wallbrunn am folgenden Tag eine Protestnote zustellen, die bald darauf im Druck erschien.⁸³⁴ Um die Wogen zu glätten, lud der Prinzipalkommissar kurz darauf alle Gesandten der geistlichen Fürsten zu einem Bankett am 16. Juni und die Gesandten der weltlichen Reichsstände zu einer Tafel am 20. Juni ein. Dies entpuppte sich jedoch als fataler Fehler, denn so bestätigte er indirekt die Auffassung Stingelheims. Während sich die Gesandten der weltlichen Fürsten daraufhin fast ausnahmslos weigerten, die spätere Einladung wahrzunehmen, womit sie sonst ja den Vorrang der geistlichen Gesandtschaften anerkannt hätten, blieb auch der Bamberger und Würzburger Gesandte Bibra unter Protest der Tafel vom 16. Juni fern.⁸³⁵ Durch den Gesandtschaftskanzlisten hatte Bibra dem Fürsten von Thurn und Taxis ausrichten lassen, er könne wegen der ihm „beschehenen allzu augenscheinlichen hindansetzung“ keinesfalls zum Bankett erscheinen, schließlich hätte er anstelle des rangniedrigeren Stingelheim bereits zur ersten Tafel am 4. Juni eingeladen werden müssen.⁸³⁶

831 HHStA, RK, PK, Instruktionen 2 – 8: Instruktion für Thurn und Taxis (Konzept), Wien 25. Januar 1748. 832 Moser, Vermischte Abhandlungen, S. 224. 833 Reiser, Stadtleben, S. 98; Stollberg-Rilinger, Ordnungsleistung und Konfliktträchtigkeit der höfischen Tafel, S. 112; Stollberg-Rilinger, Logik und Semantik des Ranges in der Frühen Neuzeit, S. 211 f. 834 Pütter, Entwickelung Bd. 3, S. 59 f.; Stollberg-Rilinger, Ordnungsleistung und Konfliktträchtigkeit der höfischen Tafel, S. 112 – 114; Stollberg-Rilinger, Logik und Semantik des Ranges in der Frühen Neuzeit, S. 212 – 214. 835 Stollberg-Rilinger, Ordnungsleistung und Konfliktträchtigkeit der höfischen Tafel, S. 114; Stollberg-Rilinger, Logik und Semantik des Ranges in der Frühen Neuzeit, S. 214. 836 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 276: Bericht Bibras, Regensburg 11. Juni 1748.

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So sehr sich Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis über die trotz seiner Vorkehrungen entstandenen „verdrießlichkeiten“ wunderte,⁸³⁷ so sehr entsprachen diese der frühneuzeitlichen Ranglogik. Wie Stollberg-Rilinger treffend auf den Punkt gebracht hat, war es demnach unmöglich „nicht nicht symbolisch [zu] kommunizieren, […] nicht nicht um den Rang [zu] streiten, sobald einer der Beteiligten […] begonnen hatte, eine zeremonielle Konstellation als symbolisch signifikante Verletzung der Rangordnung zu deuten“.⁸³⁸ Zwar hatte der Prinzipalkommissar ausdrücklich zu einer Tafel ohne Beachtung des Zeremoniells geladen, doch spätestens als Gastgeber und Gäste gemäß der Rangordnung zu Tisch schritten, kam der Reihenfolge und Sitzordnung eine symbolische Bedeutung zu, die der bischöfliche Reichstagsgesandte Stingelheim entsprechend als Rangverletzung interpretieren musste. Auch im Herbst 1748 wusste der hochstiftische Gesandte Bibra von einem erneuten Affront zulasten der geistlichen Gesandtschaften bei einer Tafel des Prinzipalkommissars zu berichten. So hatte die Fürstin von Thurn und Taxis zu ihrem Spiel neben den Gemahlinnen der Gesandten Kurkölns und Kurbrandenburgs, die Gattin des weltlichen Gesandten Rudolf Anton von Heringen anstelle einer der Frauen der geistlichen Gesandten eingeladen.⁸³⁹ Im Frühjahr 1750 veranstaltete Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis nach einer Beschwerde des württembergischen Reichstagsgesandten Wallbrunn über die Benachteiligung der weltlichen gegenüber den geistlichen Gesandten, eine Tafel eigens für die kurfürstlichen Gesandtschaften und die Gesandten der weltlichen Fürsten. Daraufhin beklagte Bibra bei seinen Prinzipalen, durch diese „abbittung“ würde der Fürst von Thurn und Taxis die altweltlichen Gesandten zu weiteren Anmaßungen „anreizen“, die „vorzüglichkeiten“ der geistlichen Fürsten „aber gleichsam […] von einer gelegenheit zur andern tiefer heruntersezen“.⁸⁴⁰ Der Würzburger Fürstbischof Karl Philipp von Greiffenclau sah sich daher veranlasst, beim Reichsvizekanzler Beschwerde über den „gantz unleydentlichen betrag des herrn principal commissarii“ einzulegen, und sich deswegen auch an andere geistliche Reichsfürsten zu wenden.⁸⁴¹ Auch der Bamberger Fürstbischof Franckenstein verurteilte das „seltsam[e] und rechtsabbrüchig[e] […] betragen“ des Prinzipalkommissars und lobte Bibra dafür,

837 FTTZA, HFS 900: Konzept eines Schreibens des Fürsten von Thurn und Taxis an Reichsvizekanzler Colloredo, Regensburg 24. Juni 1748. 838 Stollberg-Rilinger, Logik und Semantik des Ranges in der Frühen Neuzeit, S. 215 f. 839 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 277: Bericht Bibras, Regensburg 25. November 1748. 840 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 280: Bericht Bibras, Regensburg 24. Februar 1750. 841 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 75: Weisungen Greiffenclaus an Bibra, Würzburg 8. März und 15. April 1750; Schreiben Greiffenclaus an den Würzburger Agenten in Wien (Abschrift), Würzburg 8. März 1750

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kürzlich die „ohnschickliche taxisische einladung zur abends-gesellschaft ausgeschlagen“ zu haben. Zudem sollte er dem Fürsten von Thurn und Taxis die „darob mit recht und billigkeit geschöpfte empfindlichkeit“ des geistlichen Fürstenstandes darlegen.⁸⁴² Bei den Festlichkeiten zum Geburtstag des Kaisers Franz I. am 8. Dezember 1750 gab es erneut Anlass zu Beschwerden. Thurn und Taxis hatte eine Mittagstafel mit nachfolgender Abendgesellschaft veranstaltet, die geistlichen Gesandten jedoch nur für den Abend eingeladen. Die befreundeten Gesandten Bibra und Stingelheim boykottierten daraufhin die Abendgesellschaft und beklagten sich bei ihren Prinzipalen, während die geistlichen Gesandten Jodoci und Oexle darin offenbar kein Problem sahen und trotzdem erschienen.⁸⁴³ Für die geistlichen Reichsfürsten stellte die Missachtung des Vorrangs ihrer Gesandten ein Problem verfassungsrechtlicher Dimension dar. Zumindest im Fall des Bamberger und Würzburger Reichstagsgesandten Bibra erscheint jedoch fraglich, ob dessen zahlreiche Beschwerden gegen den Prinzipalkommissar allein seinem Eifer zur Wahrung des Präzedenzanspruchs des geistlichen Fürstenstands geschuldet waren, oder nicht vielmehr seiner persönlichen Animosität gegenüber Fürst Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis. Die jahrelange Feindschaft zwischen Bibra und Thurn und Taxis, die auch zwischen deren Gemahlinnen gepflegt wurde, galt in Regensburg als offenes Geheimnis.⁸⁴⁴ Bibra habe sich schon lange „beeyfert, dem herrn principal commissario nicht nur mannichfaltige verdrüßlichkeiten zuzuziehen, sondern auch deßen lauterste verrichtungen auf eine ungleiche Seite zu verdrehen“, berichtete etwa der Bayreuther Reichstagsgesandte im Januar 1751.⁸⁴⁵ Die Haltung der Bamberger und Würzburger Fürstbischöfe basierte aber allein auf den Berichten Bibras, der somit die Deutungshoheit über die vorgefallenen Ereignisse besaß, weshalb seine Dienstherrn die beklagten Vorfälle äußerst ernst nahmen. Der Prinzipalkommissar selbst witterte in den von Bibra angeprangerten Rangverletzungen eine Intrige des Konkommissars Carl Joseph von Palm, in dem er 842 StABa, HStB, NverzA 4647: Weisung Franckensteins an Bibra, Bamberg 25. März 1750. 843 HHStA, RK, PK, Berichte 84d: Bericht Palms an Colloredo, Regensburg 9. Dezember 1750. 844 Vgl. u. a. StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2186, Bl. 965r.–976v.: undatiertes Promemoria über den Streit zwischen Bibra und Thurn und Taxis in den Handakten des Würzburger Reichstagsgesandten Johann Philipp von Fechenbach. 845 StABa, Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 1748, Qu. 12: Promemoria zum Bericht des Bayreuther Reichstagsgesandten, Regensburg 18. Januar 1751. Dazu passt auch die Aussage des Kurkölner Reichstagsgesandten Karg von Bebenburg, nach dessen Ansicht dem geistlichen Fürstenstand im Sommer 1748 keineswegs „ab seiten der Kaysl. Principal Commission einiger Torto geschehen“ sei, vgl. Stollberg-Rilinger, Ordnungsleistung und Konfliktträchtigkeit der höfischen Tafel, S. 120, Anm. 60.

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einen hartnäckigen Widersacher sah.⁸⁴⁶ Palm der anfangs ebenfalls mit Bibra zerstritten gewesen sei, habe „mit ihme freundschaft gemacht […], um […] sich dessen gegen mich bedienen zu können“, wie Thurn und Taxis gegenüber Reichsvizekanzler Colloredo beklagte.⁸⁴⁷ Am kaiserlichen Hof wurden die langwierigen Rangstreitigkeiten und besonders die Beschwerden der geistlichen Fürsten durchaus ernst genommen. Nach den Protesten der Fürstbischöfe von Bamberg und Würzburg Anfang April 1750 schrieb Colloredo dem Prinzipalkommissar, man sei sich in Wien zwar dessen guter Haltung bewusst, dem Kaiser sei jedoch besonders daran gelegen, dass die geistlichen Fürsten und deren Gesandten in ihren Rechten nicht verletzt würden. Daher müsse ein Weg gefunden werden, deren Vorrang zu wahren, ohne dabei den weltlichen Gesandten Anlass zu Beschwerden zu geben.⁸⁴⁸ Allerdings wurde in Wien sorgfältig zwischen vermeintlichen Zurücksetzungen des geistlichen Fürstenstands und den Provokationen des streitlustigen Reichstagsgesandten Bibra unterschieden. So befand der Reichsvizekanzler nach erneuten Vorfällen im Dezember 1750, Bibra und seine Gattin hätten sich „ganz unartig“ betragen, weshalb der Prinzipalkommissar völlig zu Recht auf einer Entschuldigung bestehe und man Bibras Prinzipale benachrichtigen werde.⁸⁴⁹ Machtlos angesichts der kaiserlichen Protektion für den Prinzipalkommissar beeilte sich der Würzburger Hof auf die Rüge des Reichsvizekanzlers zur Vermeidung diplomatischer Verstimmungen zu entgegnen, dass sich die „privat zwistigkeiten“ zwischen Bibra und Thurn und Taxis allein auf die Verletzung der Vorrechte des geistlichen Fürstenstands gegründet hätten und nach der Versicherung des kaiserlichen Repräsentanten, diese künftig zu wahren, durch „beederseithige freundschafftliche erklährungen“ beigelegt worden wären.⁸⁵⁰ Zudem versicherte der Geheime Referendär am Würzburger Hof, Egid Valentin von Borié, dass die „gedenckensarth“ des würzburgischen Gesandten „gerecht und wahrhafft patriotisch seye“ und dieser instruiert worden sei, den kaiserlichen Repräsentanten „wahre hochachtung […] in freundschafftlich guten verständüs zu bezeigen“.⁸⁵¹ Trotz der vielfachen Beteuerungen betonte Colloredo in seinem Antwortschreiben vom 17. Februar noch einmal unmissverständlich die Forderung, dass Bibra „zu glimpf und mässigung […]

846 Zum Konflikt zwischen Thurn und Taxis und Palm, der 1754 in der Abberufung Palms vom Reichstag gipfelte, vgl. Rohrschneider, Reichstag, S. 92 – 97. 847 FTTZA, HFS 901: Schreiben des Fürsten von Thurn und Taxis an Reichsvizekanzler Colloredo (Konzept), Regensburg 28. April 1748. 848 FTTZA, HFS 902: Schreiben Colloredos an Thurn und Taxis, Wien 8. April 1750. 849 Ibid.: Schreiben Colloredos an Thurn und Taxis, Wien 9. Dezember 1750. 850 HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 545, Bl. 37r.–40r.: Schreiben Boriés an Colloredo, Würzburg 6. Februar 1751. 851 Ibid., Bl. 37r.–40r.: Schreiben Boriés an Colloredo, Würzburg 6. Februar 1751.

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angewiesen und in zukunft allen […] irrungen um so ehender ausgewichen werde“.⁸⁵² Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis entschloss sich 1755 schließlich, die Gesandten der geistlichen und der weltlichen Fürsten zukünftig strikt getrennt voneinander einzuladen, was die Rangstreitigkeiten zumindest für einige Jahre reduzieren sollte.⁸⁵³

6.4 Dimensionen zeremonieller Konflikte Der Immerwährende Reichstag war das politische Zentrum des Reichs, wo, wenn nicht hier vor der für symbolische Kommunikation sensibilisierten Reichstagsöffentlichkeit konnten Macht- und Geltungsansprüche visualisiert und inszeniert werden? Das Reichstagszeremoniell erfüllte ganz wesentliche Aufgaben als Geschäfts- und Verfahrensordnung und Kommunikationsregulativ⁸⁵⁴ und veranschaulichte die Rangordnung innerhalb des Reichs, was ihm eine verfassungsrechtliche Dimension gab. In den zahlreichen Rang- und Zeremonialstreitigkeiten, die gerade in der zweiten Hälfte der 1740er Jahre breiten Raum in den Berichten der Bamberger und Würzburger Reichstagsgesandtschaft einnahmen, spiegeln sich politische Konfliktlinien der betrachteten Epoche wider. Seit den bekannt gewordenen Säkularisationsabsichten Friedrichs II. und Kaiser Karls VII. schwebte das Damoklesschwert der Säkularisationsgefahr über der Germania Sacra. Dieser Schock, von dem sich die geistlichen Reichsfürsten letztlich nicht mehr erholen sollten, war noch in lebendiger Erinnerung, als die Vorgänge in Hohenlohe⁸⁵⁵ abermals das Selbstverständnis der geistlichen Fürsten erschütterten und zu einem kollektiven Eindruck der erodierenden Bedeutung des geistlichen Fürstenstands beitrugen. Vor diesem Hintergrund ist die vehemente Verteidigung von traditionellen Präzedenzansprüchen als der Versuch der Fürstbischöfe zu sehen, den Status quo zu wahren. Die Gesandten nahmen dabei prinzipiell die Perspektive ihrer Dienstherrn ein, symbolisierten sie doch deren Person. Erst die genaue Betrachtung der in den Bamberger und Würzburger Reichstagsakten geschilderten Zeremonialstreitigkeiten unter Berücksichtigung der persönlichen Beziehungen, Netzwerke und Loyalitäten der Gesandten offenbart die Komplexität und Vielschichtigkeit derartiger Auseinandersetzungen. Mit dem Wissen um die langjährige Fehde und persönliche Feindschaft zwischen dem 852 853 854 855

Ibid., Bl. 41r.: Schreiben Colloredos an Borié (Konzept), Wien 17. Februar 1751. Rohrschneider, Reichstag, S. 168; Stöckl, Principalkommissar, S. 220 f. Friedrich, Drehscheibe, S. 111 – 123. Siehe Kap. IV.2.1.

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III Akteure und Strukturen der hochstiftischen Reichstagspolitik

hochstiftischen Reichstagsgesandten Johann Philipp von Bibra und dem Prinzipalkommissar Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis erscheinen die dauerhaften Beschwerden Bibras weniger im Licht verfassungsrechtlicher Konflikte, sondern eher als Instrument zur Diskreditierung eines unliebsamen Antagonisten. Inwieweit es sich hierbei um einen Einzelfall handelte, können letztlich nur künftige Detailstudien zeigen, die sowohl die Sichtweise der Fürsten und Prinzipale als auch die persönlichen Motive der Gesandten einbeziehen. Klar vor Augen liegen jedoch die Vorzüge und die Notwendigkeit einer akteurszentrierten Untersuchungsperspektive, bei der die individuellen Voraussetzungen der Akteure, ihre Abhängigkeiten und persönlichen Interessen zur Erklärung politischer Phänomene nicht ausgeblendet werden.

IV Die Politik der Hochstifte Bamberg und Würzburg beim Reichstag Nachdem die grundlegenden Strukturen, Bedingungen, Abhängigkeiten und die maßgeblichen Akteure und Entscheidungsträger der Bamberger und Würzburger Reichstagspolitik einer ausführlichen Betrachtung unterzogen wurden, wird es im Folgenden darum gehen, konkrete Inhalte und Vorgehensweisen hochstiftischer Reichstagspolitik zu untersuchen. Dies soll anhand dreier ausgewählter Schwerpunkte geschehen: In der Forschung herrscht Einigkeit darüber, dass das kurze Episkopat des Würzburger Fürstbischofs Anselm Franz von Ingelheim in den Jahren 1746 bis 1749 eine eigentümliche Besonderheit („mißtönendes Intermezzo“¹) in der Reihe der Würzburger Fürstbischöfe darstellte,² was die Frage nach der Würzburger Reichstagspolitik unter Ingelheim aufwirft, wobei die dabei beobachteten Verhältnisse eine Verbindung zu den vorherigen Feststellungen herstellen. Ein größerer inhaltlicher Block widmet sich der komplexen, konfliktgeladenen reichspolitischen Phase der frühen 1750er Jahre. Hier wird das Bamberger und Würzburger Vorgehen beim Reichstag anhand verschiedener Probleme, welche Reich und Reichsversammlung oder die Hochstifte in diesem Zeitraum besonders beschäftigten, beleuchtet. Zuletzt soll die Bamberger und Würzburger Reichstagspolitik während des Siebenjährigen Kriegs und der Personalunion unter Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim analysiert werden.

1 Auswirkungen dysfunktionaler Strukturen – Die Würzburger Reichstagspolitik unter Anselm Franz von Ingelheim (1746 – 1749) Wie ausführlich dargelegt wurde, waren es vor allem die individuellen Eigenschaften der beteiligten Akteure, die bestimmend auf den reichstagspolitischen Entscheidungsprozess einwirkten. Faktoren wie Bildung und reichspolitische Erfahrung, aber auch persönliches Interesse prägten das Handeln der Entscheidungsträger ganz erheblich, was die Würzburger Reichstagspolitik unter Anselm Franz von Ingelheim eindrücklich belegt.

1 Richard Sedlmaier – Rudolf Pfister, Die fürstbischöfliche Residenz zu Würzburg. Textband, München 1923, S. 50. 2 Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 158 – 160. https://doi.org/10.1515/9783111241586-005

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IV Die Politik der Hochstifte Bamberg und Würzburg beim Reichstag

Wie auch im Hochstift Bamberg war die Wahl eines Nachfolgers des langjährigen, in Personalunion regierenden Fürstbischofs Friedrich Karl von Schönborn (1729 – 1746) von den Bemühungen des Domkapitels geprägt, eine weitere Personalunion zwischen Bamberg und Würzburg mit allen Mitteln zu verhindern und sich klar von der vorherigen Regierung abzugrenzen. Dies minderte im Vorfeld der Elektion die Chancen des ambitionierten Schönborn-Neffen Adam Friedrich von Seinsheim und des vom Wiener Hof favorisierten Mainzer Kurfürsten Johann Friedrich Karl von Ostein, ebenfalls Neffe des verstorbenen Schönborn. Anselm Franz von Ingelheim, der aufgrund seines hohen Alters von 63 Jahren ohnehin als Übergangskandidat galt, konnte hingegen, wohl unter dem Einsatz immenser finanzieller Mittel, rasch die Unterstützung der Domkapitulare gewinnen und wurde am 29. August 1746 im ersten Wahlgang einstimmig zum neuen Würzburger Fürstbischof gewählt.³ Bereits zeitgenössische Beobachter erachteten die kurze Regierungszeit Ingelheims von nur knapp zweieinhalb Jahren als Ausnahmeerscheinung, ein Urteil, dem sich die historische Forschung anschloss.⁴ Der gesundheitlich angeschlagene Fürstbischof galt bereits zu Lebzeiten als entscheidungsschwach und einer Gruppe von Alchemisten hörig, für deren Experimente er gewaltige Summen ausgab, weshalb er beim Domkapitel und in der Bevölkerung äußerst unbeliebt war.⁵ Ingelheim verzichtete auf eine prunkvolle Hofhaltung, zog sich vom Hofleben weitgehend zurück und unterbrach den Ausbau der Würzburger Residenz. Seine persönlichen Interessen beschränkten sich auf Alchemie und die eigene Frömmigkeit.⁶ Gleich zu Beginn seiner Regentschaft vollzog Ingelheim zur klaren Distanzierung von seinem Vorgänger einen personellen Umbruch an der Spitze der hochstiftischen Verwaltung. Der langjährige Hofkanzler Franz Ludwig von Fichtl und der Geheime Referendär Egid Valentin von Borié, die engsten und einflussreichsten Ratgeber des verstorbenen Fürstbischofs, wurden ihrer Ämter enthoben. Zum Hofkanzler wurde der bisherige Syndikus des Domkapitels und Hofrat Franz Ludwig Habermann ernannt. Als Nachfolger des auch beim Domkapitel in Ungnade gefallenen Borié holte Ingelheim mit Georg Friedrich Bohländer einen Vertrauten

3 Berbig, Hochstift, S. 34; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 114 – 118, 120. Zu Bestechungspraktiken bei frühneuzeitlichen Bischofswahlen siehe Niels Grüne, Heuchelei als Argument. Bestechungspraktiken und Simoniedebatten im Umfeld von Bischofswahlen der Frühen Neuzeit, in: Arndt Brendecke (Hg.), Praktiken der Frühen Neuzeit. Akteure – Handlungen – Artefakte (Frühneuzeit-Impulse, 3), Köln 2015, S. 596 – 606. 4 Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 158 – 160. 5 Ibid., S. 122, 143 f., 152 f., 159 f. Siehe auch Else Brater, Alchimie in Würzburg in den Jahren 1746 – 1749, in: Sudhoffs Archiv für Geschichte der Medizin 24 (1931), S. 329 – 370. 6 Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 128 f., 139 f., 151 – 153.

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seiner Familie ohne außenpolitische Erfahrung an den Würzburger Hof.⁷ Der bisherige Reichstagsgesandte Johann Philipp von Bibra behielt hingegen sein Amt. Über Ingelheims Regierungspraxis ist bekannt, dass er zumindest die Vorschläge der Hofkammer „durchweg ohne eigene Willensbildung“⁸ annahm, was bei den Entschließungen der Geheimen Kanzlei ähnlich gewesen sein dürfte. Als Indiz dafür kann die konsequent gebrauchte Formulierung Nomine celcissimi über den Konzepten der Weisungen an den Reichstagsgesandten gelten, welche sich im Untersuchungszeitraum nur während der Regierungszeit Ingelheims feststellen lässt. Anders als von seinen Nachfolgern sind von Ingelheim auch keine handschriftlichen Anmerkungen zu den Weisungen überliefert. Welche Konsequenzen hatte nun diese besondere personelle Konstellation für die hochstiftische Reichstagspolitik?

1.1 Defectum Instructionis als Strategie? Die Regierungszeit Ingelheims Mitte 1746 bis Anfang 1749 fiel „in die frühe Konsolidierungsphase des habsburg-lothringischen Kaisertums“⁹ und die letzten Jahre des Österreichischen Erbfolgekriegs. Der ein knappes Jahr zuvor gewählte Kaiser Franz I. strebte eine Einbindung des Reiches in den noch immer nicht beendeten Krieg gegen Frankreich an. Erreicht werden konnte in mühsamen Verhandlungen jedoch lediglich eine Assoziation der Vorderen Reichskreise am 27. Juli 1748, nur wenige Monate vor dem Frieden von Aachen.¹⁰ Beim Reichstag wurden zwischen den gescheiterten österreichischen Bemühungen um die Erklärung eines Reichskriegs gegen Frankreich und den einsetzenden Friedensverhandlungen kaum bedeutsame Fragen behandelt, ihm kam während der anderen Orts geführten Assoziationsverhandlungen und der weiter schwelenden militärischen Auseinandersetzung gerade im Vergleich zu den frühen 1750er Jahren nur nachrangige Bedeutung zu.¹¹

7 StAWü, HV Ms. q. 176 a, Bl. 4r.; Schott, Verhältnis, S. 89 – 92; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 130. Siehe auch Kap. III.3.2.3 und III.3.2.4. 8 Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 131. 9 Ibid., S. 122. Siehe auch Rohrschneider, Reichstag, S. 38 f. 10 Notker Hammerstein, Zur Geschichte der Kreis-Assoziationen und der Assoziationsversuche zwischen 1714 und 1746, in: Karl Otmar von Aretin (Hg.), Der Kurfürst von Mainz und die Kreisassoziationen 1648 – 1746. Zur verfassungsmäßigen Stellung der Reichskreise nach dem Westfälischen Frieden (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. Beiheft, 2), Wiesbaden 1975, S. 79 – 120, hier S. 113 – 118; Aretin, Das Alte Reich Bd. 3, S. 34 – 41; Georg Schmidt, Wandel durch Vernunft. Deutschland 1715 – 1806 (Neue Deutsche Geschichte, 6), München 2009, S. 153 f. 11 Meisenburg, Reichstag, S. 93 – 118.

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IV Die Politik der Hochstifte Bamberg und Würzburg beim Reichstag

Charakteristikum der würzburgischen Reichstagspolitik unter Fürstbischof Ingelheim war eine überaus zögerliche und zurückhaltende Linie, verbunden mit dem Versuch, sich weder in Wien noch an anderen Höfen durch eine klare Positionierung Unmut zuzuziehen, wenngleich die eigene Loyalität nahezu bedingungslos dem kaiserlichen Hof galt. Dies zeigte sich gleich zu Beginn von Ingelheims Regentschaft im Umgang mit der vom preußischen König geforderten Garantie der Friedensschlüsse von Breslau und Dresden, also einer formellen Bestätigung der preußischen Annexion Schlesiens durch das Reich. Noch während der Sedisvakanz war der preußische Gesandte Henning Bernhard von der Goltz nach Würzburg gereist, um beim Domkapitel und dem künftigen Fürstbischof für eine Anerkennung der Friedensschlüsse und die Bewilligung der Titulatur eines „Souveränen Herzogs von Schlesien“ für Friedrich II. zu werben, woraufhin der ebenfalls anwesende kaiserliche Wahlkommissar Rudolf Graf von Chotek Ingelheim mahnte, keine voreiligen Schritte zu unternehmen und nur im kaiserlichen Einverständnis zu agieren.¹² Demgemäß erging in der ersten Weisung des neugewählten Fürstbischofs an den Reichstagsgesandten Bibra die Aufforderung, sich bezüglich des preußischen Anliegens abwartend zu verhalten, sich „so viel immer thuenlich der kayserl[ichen] […] intention gar gern [zu] fügen“ und nach den Direktiven der übrigen Gesandten zu erkundigen.¹³ Nachdem Bibra Ende Oktober 1746 anfragte, wie nun mit der gewünschten Titulatur umzugehen sei,¹⁴ erhielt er aus Würzburg die Antwort, man wolle sich zwar dem preußischen König „bey allen gelegenheiten gefällig […] erweisen“, doch vor einer Entscheidung den Wortlaut des kaiserlichen Kommissionsdekrets dazu abwarten. Entsprechend hatte Hofkanzler Habermann dem preußischen Gesandten Goltz mitgeteilt, der Fürstbischof wolle die preußischen Ansprüche keineswegs in Zweifel ziehen und sähe sich nur zu gerne bereit, Herzogstitel und die verlangte Garantie zuzugestehen, wenn nicht der Reichstagsgesandte unlängst berichtet hätte, dass die Klärung dieser Frage beim Reichstag unmittelbar bevorstünde, der man nicht vorgreifen wolle.¹⁵ Der Versuch des Würzburger Hofs, keine eindeutige Position zu beziehen, um weder bei der österreichischen noch der preußischen Seite Missfallen zu erwecken,

12 Siehe Kap. III.5. 13 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 68: Weisung Ingelheims an Bibra, Würzburg 28. September 1746. 14 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 271: Bericht Bibras an Ingelheim, Regensburg 25. Oktober 1746. 15 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 68: Weisungen an Bibra, Würzburg 26. und 31. Oktober 1746; Schreiben des Hofkanzlers Habermann an den preußischen Gesandten Goltz (Abschrift), Würzburg o.D.

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erwies sich als Fehlschlag. Der nach Bamberg weitergereiste Gesandte Goltz drückte gegenüber dem Bamberger Fürstbischof mit „verächtlichen und hohnlächlenden mund“ seine Verärgerung über das ausweichende Verhalten des benachbarten Hochstifts aus. Während ihm bei seiner Ankunft in Würzburg die Titulatur als eine „ganz ohnbedenckliche sache verwilliget“ worden sei, würde diese nun aufgrund neuer Berichte des Reichstagsgesandten verweigert. Fürstbischof Johann Philipp von Franckenstein argwöhnte daher, dass sich der gemeinsame Gesandte Bibra deswegen künftig Gehässigkeiten oder zumindest dem Misstrauen der preußischen Reichstagsgesandtschaft ausgesetzt sähe und missbilligte die unglückliche Kommunikation Würzburgs.¹⁶ Symptomatisch für die zurückhaltende Würzburger Reichstagspolitik war auch die Behandlung der Frage nach dem Umgang mit dem Suspensiveffekt bei den verfassungsrechtlich höchst umstrittenen Rekursen an den Reichstag. Etwa ab der Mitte des 17. Jahrhunderts hatten sich die unterlegenen Prozessparteien zunehmend direkt per Rekurs an den Reichstag gewandt, um die Aufhebung oder Abänderung eines Reichshofrats- oder Reichskammergerichtsurteils zu erreichen oder den Prozess schlicht zu verzögern. Obwohl der recursus ad comitia auf keiner rechtlichen Grundlage fußte, stand die Möglichkeit der Beschwerde über die Urteile der Reichsgerichte beim Reichstag generell jedermann offen.¹⁷ Die beiden Reichsgerichte und der Kaiser verurteilten den Rechtsbehelf des Rekurses als unzulässigen Eingriff in die Reichsjustiz und einen Angriff auf die kaiserliche reichsrichterliche Autorität, wobei sie meist auf die Unterstützung der geistlichen Reichsstände bauen durften, sofern diese nicht gerade selbst von einem Rekurs profitierten.¹⁸ Tatsächlich gaben die Hochstifte gegenüber der Hofburg immer wieder vor, im kaiserlichen Interesse auf einen Rekurs verzichten zu wollen, wofür sie sich nach der Logik des do ut des eine Vermittlung in den betreffenden Auseinandersetzungen oder eine vorteilhafte Beeinflussung der Konfliktpartei durch den Wiener Hof erwarteten. Wenngleich die Rekurse in der Regel ergebnislos blieben – von den 75 Rekursen in den 1720er bis 1760er Jahren gelangten nur sieben überhaupt zur Beratung, nach 1767 sogar kein einziger mehr¹⁹ – stieg ihre Zahl seit den 1740er Jahren stark an, was von einem Großteil der Reichsstände als Problem wahrgenommen wurde. Vor allem der im Corpus Evangelicorum organisierte protestanti-

16 StABa, HStB, NverzA 4647: Weisung Franckensteins an Bibra, Bamberg 4. Dezember 1746. 17 Härter, Rekurs, S. 260 f. 18 Wolfgang Sellert, Prozeßgrundsätze und Stilus Curiae am Reichshofrat. Im Vergleich mit den gesetzlichen Grundlagen des reichskammergerichtlichen Verfahrens (Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte, N.F., 18), Aalen 1973, S. 410; Sydow, Recursus ad Comitia, S. 112, 119 – 122. 19 Härter, Rekurs, S. 263 f.; Sydow, Recursus ad Comitia, S. 108.

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sche Reichsteil nutzte die Rekurse mit dem Ziel, den obersten Reichsgerichten die Jurisdiktion in religiösen Streitfragen gänzlich zu entziehen und dem Reichstag zu überantworten, wo konfessionelle Konflikte im Rahmen der itio in partes grundsätzlich durch einen Kompromiss beigelegt werden mussten.²⁰ Bibra hatte am 18. November 1746 berichtet, dass der Kurfürst von Sachsen als kreisausschreibender Fürst des Obersächsischen Reichskreises die Exekution eines Reichskammergerichtsurteils mit Verweis auf den effectus suspensivus, also bis zur Entscheidung über den gegen selbiges Urteil eingelegten Rekurs beim Reichstag,²¹ verweigert hatte.²² Die fürstbischöfliche Weisung vom 30. November enthielt den Wunsch, es würde durch einen Reichsschluss festgelegt, welche der justizhemmenden Rekurse überhaupt für eine Beratung beim Reichstag qualifiziert seien. Bei begründeten Rekursen gäbe es jedoch keine Rechtsgrundlage, um den Suspensiveffekt zu versagen.²³ Nur drei Tage später wurde Bibra aus Würzburg harsch darauf hingewiesen, dass er die zuvor mitgeteilte Ansicht nicht „in votando aufwerfen“ solle, sondern diese nur„eventualiter“ für den Fall einer Proposition beim Reichstag übermittelt wurde.²⁴ Damit war dem Würzburger Reichstagsgesandte explizit untersagt worden, die Haltung seines Prinzipals in Regensburg zu äußern, sofern eine Stellungnahme nicht im Rahmen einer formellen Abstimmung quasi unumgänglich erforderlich würde. Um sich während der Beratungen beim Reichstag in heiklen Thematiken nicht positionieren zu müssen oder die Stimmabgabe aufzuschieben, wurden die Reichstagsgesandten häufig angewiesen, „defectum instructionis“ vorzugeben. Die Enthaltung mit dem Hinweis auf fehlende oder ausbleibende Weisungen galt als gebräuchliches und probates Mittel.²⁵ Gerade im Vergleich mit den übrigen im Untersuchungszeitraum untersuchten Episkopaten ist jedoch auffällig, wie häufig sich der Würzburger Reichstagsgesandte unter der Ägide Ingelheims auf fehlende Weisungen zu berufen hatte und eindeutige Entschließungen verzögert wurden. Anstelle einer Beurteilung der Beschwerden der fränkischen Reichsritterschaft gegen den Verkauf der Herrschaft Zwingenberg an die Kurpfalz²⁶ erhielt Bibra

20 Aretin, Das Alte Reich Bd. 3, S. 52 f. Siehe auch Kap. III.1. 21 Sellert, Prozeßgrundsätze, S. 411; Sydow, Recursus ad Comitia, S. 108 f., 119. 22 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 271: Bericht Bibras an Ingelheim, Regensburg 18. November 1746. 23 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 68: Weisung an Bibra, Würzburg 30. November 1746. 24 Ibid.: Weisung an Bibra, Würzburg 3. Dezember 1746. 25 Friedrich, Struktur, S. 292 – 294; Rohrschneider, Reichstag, S. 200 f. 26 Aretin, Das Alte Reich Bd. 3, S. 53 – 57; Günther Ebersold, Herrschaft Zwingenberg – ein gescheiterter Staatsbildungsversuch im südöstlichen Odenwald (1504 – 1806) Ein Beitrag zur kurpfäl-

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Mitte Dezember 1746 die Weisung, zunächst defectum instructionis vorzuschützen.²⁷ Auf Bibras weitere Berichterstattung ließ der Würzburger Hof im März 1747 verlauten, dass es keine Entscheidung geben dürfe, bevor nicht die Reichsritterschaft ihre Position beim Reichstag dargelegt hätte.²⁸ Ende April wurde Bibra erneut vertröstet, eine endgültige Entschließung über die Zwingenberger Angelegenheit, wie auch über den Rekurs des Hochstifts Lüttich und weitere Themen, erfolge erst, nachdem sich diese weiter aufgeklärt hätten und man „von der intention sowohl des kayserlichen hofs, als anderer reichs-mit-ständen genauer informieret seyn werde“.²⁹ Nachdem der Gesandte in seinem Bericht vom 29. April 1747 ankündigte, es würde nun bald zur Abstimmung geschritten, wiederholte sich die Order, Bibra solle sich auf fehlende Instruktionen berufen, um „allen anstössigkeiten sowohl bei dem kayserlichen hof als bei Churpfalz“ auszuweichen.³⁰ Im Einklang mit den vorherigen Weisungen bestand Bibra am 29. Mai im Reichsfürstenrat darauf, der Reichsritterschaft erneut die Möglichkeit zur Äußerung zu geben, ehe eine endgültige Entscheidung getroffen werde.³¹ Folglich gab er in seinem Bericht vom 12. Juni zu bedenken, ob die ausweichende würzburgische Strategie wirklich ratsam sei, da sich das Hochstift damit ja bereits positioniert habe. Zudem könnte sie zu Missvergnügen am Wiener Hof führen, schließlich sei die Zwingenberger Streitsache beim Reichshofrat in Klärung, weshalb eine Entscheidung beim Reichstag der kaiserlichen Jurisdiktion zuwiderlaufe.³² In Würzburg verfingen Bibras Befürchtungen nur bedingt. Wiederholt wurde ihm aufgetragen, im Reichsfürstenrat ausgebliebene Weisungen anzuführen. Lediglich für den Fall, dass mehrere Gesandte in gleicher Weise defectum instructionis vorgeben würden, hätte er zu erklären, dass die Zwingenberger Angelegenheit nicht für die Beratung am Reichstag qualifiziert sei, sondern vor dem Reichshofrat entschieden werden müsse.³³

zischen Geschichte (Europäische Hochschulschriften Reihe 3, Geschichte und ihre Hilfswissenschaften, 721), Frankfurt am Main u. a. 1997, S. 127– 131. 27 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 68: Weisung Ingelheims an Bibra, Würzburg 17. Dezember 1746. 28 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 69: Weisungen Ingelheims an Bibra, Würzburg 9. und 31. März 1747. 29 Ibid.: Weisung Ingelheims an Bibra, Würzburg 27. April 1747. 30 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 272: Bericht Bibras an Ingelheim, Regensburg 29. April 1747; StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 69: Weisung Ingelheims an Bibra, Würzburg 8. Mai 1747. 31 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 273: Bericht Bibras an Ingelheim, Regensburg 30. Mai 1747. 32 Ibid.: Bericht Bibras an Ingelheim, Regensburg 12. Juni 1747. 33 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 70: Weisungen Ingelheims an Bibra, Würzburg 17. und 29. Juni 1747.

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IV Die Politik der Hochstifte Bamberg und Würzburg beim Reichstag

Dabei handelte es sich keineswegs um einen Einzelfall. In Reaktion auf die im Herbst 1747 erneut aufgekommenen Säkularisationsgerüchte hatte der österreichische Reichstagsgesandte Buchenberg Bibra den Plan eines losen Zusammenschlusses mehrerer kaisertreuer Reichsstände zur gemeinsamen Beratung eröffnet.³⁴ Da man in Würzburg argwöhnte, dies könnte die Bildung einer Gegenliga provozieren und der Ansicht war, dass die ohnehin im Kreis vertrauter Gesandter üblichen Beratungen nicht weiter institutionalisiert werden müssten, erging an Bibra die fürstbischöfliche Weisung, er habe so lange defectum instructionis anzugeben, bis sich andere Gesandtschaften zu den Überlegungen geäußert hätten. Die genannten Bedenken sollte er jedoch als seine „privat anstände“ bei Gelegenheit kundtun.³⁵ Im Dezember des folgenden Jahres wurde Bibra in der strittigen Vormundschaftsangelegenheit Ernst Augusts II. von Sachsen-Weimar-Eisenach ebenfalls angewiesen, „mit unserem voto […] keinen theil [zu] favorisire[n], sondern […] defectum […] instructionis“ anzuführen.³⁶ Neben der beharrlichen Vermeidung klarer Positionen lässt sich ein gewisser Wankelmut bei den Würzburger Entscheidungen konstatieren. Wegen der Gesuche der Fürsten von Thurn und Taxis und Nassau-Usingen um Aufnahme in den Reichsfürstenrat hatte Bibra auf seine kritische Berichterstattung im März und April 1748 die recht deutlichen Weisungen empfangen, er solle bei der Vereitelung selbiger mitwirken und es sei „auf alle weiß der bedacht dahin zu nehmen, damit denen ferneren introductionen neuer fürsten in betracht deren vor augen liegenden üblen folgerungen die thür verschlossen werde“.³⁷ Nachdem sich aber Fürst Karl von Nassau-Usingen am 1. Oktober 1748 mit der Bitte um Befürwortung seines Introduktionsvorhabens an den Würzburger Fürstbischof gewandt hatte, versicherte dieser dem Fürsten seine tatkräftige Unterstützung.³⁸ Zu seiner größten Verwunderung wurde der Würzburger Reichstagsgesandte daraufhin mit der Order

34 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 274: Bericht Bibras an Ingelheim, Regensburg 22. November 1747. 35 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 70: Weisung Ingelheims an Bibra, Würzburg 29. November 1747. 36 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 277: Weisung Ingelheims an Bibra (Konzept), Würzburg 13. Dezember 1748. 37 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 71: Weisung Ingelheims an Bibra, Würzburg 15. April 1748; außerdem die Weisungen Ingelheims an Bibra, Würzburg 23. März und 9. April 1748. Zu den Hintergründen siehe Kap. IV.2.4. 38 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 277: Schreiben des Fürsten Karl von Nassau-Usingen an Ingelheim, Biebrich 1. Oktober 1748; Antwortschreiben Ingelheims an den Fürsten (Konzept), Würzburg 28. November 1748. Darin schrieb Ingelheim, er werde seinen Gesandten zu Regensburg „instruiren, das er nicht nur das votum pro receptione dero fürstlichen gesambthauses favorabiliter oblege, sondern auch zum gleichen beitritt andere gesandschaften zu bewegen sich verwende“.

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bedacht, die Introduktion des Fürsten von Nassau-Usingen „auf alle thunliche art [zu] unterstüzen und befördern“.³⁹ Bibra, seines Zeichens ein vehementer Gegner der Introduktion weiterer Fürsten in den Reichsfürstenrat, antwortete seinem Prinzipal, er werde dessen Befehl gehorsam befolgen, obgleich derzeit nicht abzusehen sei, dass „das fürstliche haus Nassau […] ein einziges altweldtfürstliches oder […] geistliches […] votu wegen […] [der] äusserst bedencklichen folgen beyfällig sich werde zurechnen können“.⁴⁰ Prompt folgte die Einschränkung, die Weisung hätte nicht zum Inhalt gehabt, „dass du dihr ein hefftiges geschäfft daraus machen solltest, massen uns allerdings gleichgültig ist, ob sothane reception zum stand kommen oder nicht“, lediglich aufgrund der besonderen Verbundenheit des Bischofs mit dem Haus Nassau sei dessen Gesuch beizustimmen.⁴¹ Nur einmal während der Regierungszeit Anselm Franz von Ingelheims wurde die Reichsversammlung zur Wahrnehmung ureigener Interessen in Betracht gezogen. Hintergrund war die langjährige Auseinandersetzung der Würzburger Hofkammer mit der jüdischen Handelssozietät Zacharias Fränkels Erben & Co. aus Fürth um Geschäfte mit Subsidiengeldern aus einem Subsidienvertrag des Hochstifts mit Kaiser Leopold I. Im Dezember 1717 zedierte die Hofkammer Forderungen über 190 000 Gulden gegen die Zahlung von 77 000 Gulden an die Handelssozietät, ein würzburgischer Hofkammerrat sollte die Ansprüche in Wien aber weiter betreiben wofür er monatlich 200 fl. von der Handelsgesellschaft erhielt. Am 7. Oktober 1746 erklärte das Reichskammergericht den Zessionsvertrag für nichtig und verpflichtete die Hofkammer, jene 77 000 Gulden und die an den Hofkammerrat bezahlte Aufwandsentschädigung einschließlich Zinsen an die Handelsgesellschaft Fränkel zu erstatten.⁴² Fürstbischof und Hofkammer legten unmittelbar Revision gegen das Urteil ein. Zusätzlich sollte der Würzburger Reichstagsgesandte Ende April 1747 die Angelegenheit der Reichstagsöffentlichkeit publik machen und damit erste Schritte zur Einleitung eines Rekurses an die Reichsversammlung unternehmen. Zu diesem Zweck wurden ihm 46 Exemplare einer Druckschrift zur Darlegung der Würzburger Rechtsauffassung übermittelt, welche Bibra an die Gesandten verteilen sollte.⁴³ Dieser erklärte seinem Hof daraufhin die übliche Vorgehensweise bei der

39 Ibid.: Weisung Ingelheims an Bibra (Konzept), Würzburg 6. Dezember 1748. 40 Ibid.: Bericht Bibras an Ingelheim, Regensburg 9 Dezember 1748. 41 Ibid.: Weisung Ingelheims an Bibra (Konzept), Würzburg 18. Dezember 1748. 42 Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Reichskammergericht Bd. 13, Nr. 5283 – 5568 (Buchstaben I und J) (Bayerische Archivinventare, 50/13), München 2006, S. 370 – 377. 43 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 69: Weisung Ingelheims an Bibra, Würzburg 27. April 1747. Darin ein Exemplar der Druckschrift: Acten-mäßiger ohnwiderleglicher Beweiß, daß die in Sachen Juden Zacharias Fränckels Erben und Consorten zu Fürth contra die hochfürstliche

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Initiierung eines Rekurses, an dessen Beginn die Diktatur einer Beschwerdeschrift durch das Kurmainzer Reichstagsdirektorium stünde, wofür dann mindestens 300 Exemplare von Nöten wären. Zuvor sei die Druckschrift allerdings gemeinsam mit dem Kurmainzer Gesandten auf Unstimmigkeiten zu prüfen.⁴⁴ Wenige Wochen später erläuterte Bibra nach eingehender Lektüre des inklusive Beilagen 122 Seiten umfassenden Textes und einem Treffen mit dem Kurmainzer Gesandten detailliert einige unpassende oder fragwürdige Formulierungen. Schließlich riet er vom geplanten Rekurs ab, da einerseits auf die eingelegte Revision zu hoffen sei, andererseits der hoch umstrittene recursus ad comitia das Missfallen des kaiserlichen Hofs erwecken dürfte.⁴⁵ Seine berechtigten Einwände wurden in Würzburg jedoch brüsk zurückgewiesen. Diese würden „nicht als ein gutachten, sondern nur als […] blose[r] wunsch“ verstanden, doch „ist uns solches gantz gleichgültig“, weswegen der Gesandte den Rekurs weiter voranzutreiben habe.⁴⁶ Bibra versprach, beim Kurmainzer Direktorium schleunigst die Diktatur zu beantragen und bat den Fürstbischof seinen „fehltritt“ zu verzeihen.⁴⁷ Freilich sollte Bibra Recht behalten. Etwas zerknirscht erfolgte nach den Reichstagsferien Ende Oktober aus Würzburg die Mitteilung, dem zur Reichsbelehnung in Wien weilenden würzburgischen Gesandten Johann Philipp von Mauchenheim genannt Bechtolsheim sei unmissverständlich bedeutet worden, das Hochstift habe den geplanten Rekurs „nicht sehr eyferig“ weiter zu verfolgen.⁴⁸ Der Mainzer Direktorialgesandte Philipp Wilhelm Lincker von Lützenwick hatte zur gleichen Zeit Konkommissar Carl Joseph von Palm vertraulich darauf hingewiesen, dass er die Diktatur des Würzburger Rekurses nicht länger aufschieben könne. Palm stattete Bibra daraufhin einen Besuch ab, um ihm den Wunsch des Kaisers, das Hochstift möge auf einen Rekurs verzichten, nahezubringen. Dabei signalisierte er dem Würzburger Reichstagsgesandten eine gewisse Vermittlungsbereitschaft des

Hof-Cammer zu Wirtzburg an dem kayserlichen Reichs-Cammer-Gericht unterm 7. Octobris 1746 eröffnete vermeyntliche Urtheil durchaus nicht bestehe, [Würzburg] 1747. 44 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 273: Bericht Bibras an Ingelheim, Regensburg 2. Mai 1747. 45 Ibid.: Bericht Bibras an Ingelheim, Regensburg 12. Juni 1747. 46 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 70: Weisung Ingelheims an Bibra, Würzburg 29. Juni 1747. Wenig überraschend scheint der Geheime Referendär Bohländer maßgeblich in die Sache involviert gewesen zu sein. In der Archivaliensammlung der Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte findet sich ein Aktenkonvolut mit der Aufschrift „Jud Fränckel nach der wahl in des H[errn] hofrath Bohländer zimmer gefunden“, vgl. StAWü, HV Ms. f. 781. 47 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 273: Bericht Bibras an Ingelheim, Regensburg 1. Juli 1747. 48 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 70: Weisung Ingelheims an Bibra, Würzburg 21. Oktober 1747.

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kaiserlichen Hofs, worauf Bibra andeutete, sein Prinzipal sei ebenfalls für eine Kompromisslösung offen.⁴⁹ Quasi vor vollendete Tatsachen gestellt, erging aus der Würzburger Residenz die Weisung, es wäre dem Fürstbischof angenehm, wenn durch eine anderweitige Vermittlung des Kaisers ein Rekurs vermieden werden könnte,⁵⁰ was Bibra dem österreichischen Reichstagsgesandten Buchenberg eröffnete. Dieser wiederum berichtete nach Wien, der Fürstbischof erhoffe sich, dass man von höchster Stelle das Reichskammergericht unter der Hand dazu bewegen würde, der klagenden Handelsgesellschaft zu einem gütlichen Vergleich mit der Würzburger Hofkammer zu raten.⁵¹ Bemerkenswerterweise hatte Bibra zur selben Zeit auch für das Hochstift Augsburg einen ähnlichen Versuch unternommen, den Wiener Hof zu einer günstigen Einflussnahme auf die Reichsgerichte zu bewegen. So hatte sich Augsburg „aus purer […] devotion für ihro kayserliche mayestät jedoch in gäntzlicher hoffnung[…], daß dadurch in seiner bey dero kayserlichen reichs-hoff rath wider die reichsritterschafft […] rechtshängigen strittigkeit […] die allergerechteste reflexion zum besten […] des hochstiffts zu nehmen allergnädigst geneigt seyn würden“, zur Streichung einer umstrittenen Klausel aus dem Votum zur Zwingenberger Rekurssache entschlossen.⁵² In beiden Fällen lässt sich das Motiv erkennen, die eigenen Handlungsspielräume beim Reichstag nach dem Prinzip des do ut des im Interesse des Wiener Hofs einzusetzen, wovon sich die Hochstifte konkrete Vorteile erhofften. Doch so einfach war es nicht. Als Bibra nach Buchenberg am 13. November 1747 auch den Konkommissar von der Kompromissbereitschaft seines Fürsten in Kenntnis setzte, offenbarte ihm dieser, er habe von Reichsvizekanzler Colloredo den Auszug einer fürstbischöflichen Weisung an den Belehnungsgesandten Bechtolsheim erhalten, worin sich Ingelheim längst bereit erklärt hätte, auf einen Rekurs „gänzlichen und ohne alle bedingnisse“ zu verzichten.⁵³ Von Seiten Würzburgs wurde dies Bibra gegenüber entschieden zurückgewiesen und als „unerfindliches gedicht“ bezeichnet, gleichzeitig aber bekräftigt, dass der Bischof einen „billigmäßigen vergleich […] nieh-

49 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 274: Bericht Bibras an Ingelheim, Regensburg 23. Oktober 1747; HHStA, RK, PK, Berichte 79b: Bericht Palms an Franz I., Regensburg 28. Oktober 1747. 50 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 70: Weisung Ingelheims an Bibra, Würzburg 3. November 1747. 51 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 118: Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 11. November 1747. 52 Ibid.: Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 18. November 1747. 53 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 274: Bericht Bibras an Ingelheim, Regensburg 14. November 1747.

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IV Die Politik der Hochstifte Bamberg und Würzburg beim Reichstag

mahlen abschlagen“ werde.⁵⁴ Trotzdem war die Würzburger Verhandlungsposition damit deutlich geschwächt worden. Schließlich wurde die Angelegenheit im März 1750 durch einen Vergleich zwischen Koppel Zacharias und Koppel Bermann Fränkel und der Würzburger Hofkammer vorerst beigelegt.⁵⁵ Ob und inwieweit sich Wien dabei für das Hochstift engagiert hatte, bleibt an dieser Stelle unklar. Insgesamt war die Würzburger Reichstagspolitik unter Anselm Franz von Ingelheim geprägt von Zurückhaltung, Unentschlossenheit und Wechselhaftigkeit. Dezidierte Standpunkte wurden kaum formuliert und noch seltener nachdrücklich beim Reichstag vertreten. Ausnahmen bildeten lediglich die Rückendeckung für den Reichstagsgesandten Bibra bezüglich der Rang- und Zeremonialstreitigkeiten,⁵⁶ die unverfängliche Befürwortung von Instandsetzungsmaßnahmen bei der Reichsfestung Philippsburg oder die Ablehnung einer über die reichssatzungsmäßige Zahl hinausgehende Besetzung der Reichsgeneralitätschargen.⁵⁷ Der geplante Rekurs gegen das Reichskammergerichtsurteil zugunsten der Fränkelschen Handelsgesellschaft basierte letztlich auf rein finanziellen Überlegungen, die aufgrund der hohen Kosten für Ingelheims Alchemisten von erheblicher Relevanz waren. Darauf deutet auch der Abschluss eines Subsidienvertrags mit den Generalstaaten im Frühjahr 1747 hin, kraft dessen zwei Würzburger Regimenter zu je 800 Mann gegen jährliche Zahlungen von 100 000 niederländischen Gulden für zwei Jahre in niederländische Dienste wechselten.⁵⁸ Hinter der ausweichenden Politik stand jedoch weniger eine Strategie, vielmehr dürften mangelnde Kompetenz und fehlendes Interesse der Entscheidungsträger am Würzburger Hof ursächlich gewesen sein.

1.2 Macht und Ohnmacht der Entscheidungsträger Anselm Franz von Ingelheim nahm selbst kaum Anteil an den politischen Entwicklungen im Reich, ob und in welchem Umfang er selbst reichstagspolitische Entscheidungen traf, ist fraglich. Bereits die Zeitgenossen kritisierten jedoch die

54 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 70: Weisung Ingelheims an Bibra, Würzburg 19. November 1747. 55 Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Reichskammergericht, S. 373. 56 Siehe Kap. III.6.3. 57 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 68: Weisung Ingelheims an Bibra, Würzburg 15. November 1746; StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 70: Weisungen Ingelheims an Bibra, Würzburg 10. und 12. Dezember 1747; StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 71: Weisung Ingelheims an Bibra, Würzburg 9. Mai 1748; StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 72: Weisung Ingelheims an Bibra, Würzburg 16. Juli 1748. 58 Zwießler, Subsidientruppen; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 125 f.

1 Auswirkungen dysfunktionaler Strukturen

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fragwürdige Auswahl seiner engsten Ratgeber und Vertrauten.⁵⁹ Seine Favoriten Gottfried Tichy, ein gelernter Barbier und leitender Laborant Ingelheims sowie sein Leibarzt Johann von Werding, bei dem es sich angeblich um einen flüchtigen Straftäter und niederrangigen Bediensteten der Wiener Reichskanzlei gehandelt haben soll, übten mit anderen Alchemisten maßgeblichen Einfluss auf den kränklichen Fürstbischof aus. Sie waren während der langen Krankheitsphasen häufig die einzigen Personen, die in die fürstbischöflichen Gemächer vorgelassen wurden.⁶⁰ Desinteresse und die langwierigen Unpässlichkeiten des Fürstbischofs führten zu einem Machtvakuum innerhalb des außen- und reichstagspolitischen Entscheidungsprozesses. Doch auch die Akteure der zweiten Reihe, namentlich der Hofkanzler Franz Ludwig Habermann und der Geheime Referendär Georg Friedrich Bohländer vermochten dieses nicht adäquat auszufüllen. Am ehesten würde noch Habermann den notwendigen Voraussetzungen entsprochen haben, verfügte er als langjähriger Professor an der Juristischen Fakultät der Würzburger Universität, Judenamtmann und Syndikus des Ritterstifts St. Burkhard sowie des Domkapitels zumindest über juristische Kenntnisse und Erfahrung.⁶¹ Allerdings stand er bereits in den letzten Lebensjahren und war in wichtige politische Entscheidungen nicht eingebunden.⁶²

59 „Anselm Franz wollte keine ehrliche fromme treugesinnte und rechtschaffene männer an seinen hoff haben“, vgl. StAWü, HV Ms. q. 176 a, Bl. 135v.: Notiz im Tagebuch des Hoffouriers Johann Christoph Spielberger. Der spätere Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim schrieb 1748 an seinen Bruder Joseph Franz, dass alle wichtigen Hofämter gegen Geldzahlungen in die Privatschatulle Ingelheims verkauft würden, vgl. Roda, Seinsheim, S. 43. 60 Brater, Alchimie, S. 337– 362; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 143 f. 61 Monika Preuß, „Sie könten klagen, wo sie wollten“. Möglichkeiten und Grenzen rabbinischen Richtens in der frühen Neuzeit (Hamburger Beiträge zur Geschichte der deutschen Juden, 43), Göttingen 2014, S. 59 f. 62 So erklärte er gegenüber dem Domkapitel, nicht in die Verhandlungen über den Subsidienvertrag mit den Generalstaaten eingebunden gewesen zu sein, vgl. StAWü, Würzburger Domkapitelprotokolle 194, S. 294 – 299. Siehe auch Zwießler, Subsidientruppen, S. 283 f.; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 125 f. Ein Schreiben des würzburgischen Geheimen Rats Hess an den Eichstätter Geheimen Rat Strader aus dem Jahr 1748 bestätigt Habermanns Bedeutungsverlust: „Der Folard [französischer Gesandter] ist gerstert [sic] hier erschienen […] Celcissimus haben […] ihn honoris causa an den Kanzler Habermann verwiesen. Welches aber […] so viel andeuthet, dass nichts geheimes von Wichtigkeit tractirt werden wollen; sonsten würde der Kanzler (welcher das Fürstliche Vertrauen nicht mehr hat) gewiss nicht pro Instrumento gebraucht worden seyn“, vgl. Schreiben Hess‘ an Strader (Abschrift), Würzburg 6. Mai 1748, zitiert nach Johann Christoph von Aretin, Beyträge zur Geschichte und Literatur, vorzüglich aus den Schätzen der pfalzbaierischen Centralbibliothek zu München. Bd. 6, München 1806, S. 49. Habermann verstarb am 20. Mai 1749, vgl,

234

IV Die Politik der Hochstifte Bamberg und Würzburg beim Reichstag

Damit fielen die reichstagspolitischen Beschlüsse hauptsächlich in die Verantwortung des Geheimen Referendärs, dem es jedoch an reichsrechtlichen Kenntnissen und politischer Erfahrung gänzlich fehlte. Die geschilderten Vorgänge lassen den Eindruck entstehen, dass Bohländer mit der Rezeption und Beurteilung der Gesandtenberichte sowie angemessenen Reaktionen schlichtweg überfordert war. Allein der Reichstagsgesandte Johann Philipp von Bibra zeigte sich seinen Aufgaben gewachsen. Seine diplomatischen Fähigkeiten waren längst überregional bekannt, dank seiner vier Reichstagsvoten zählte er zu den einflussreichsten Gesandten in Regensburg. Obwohl er an wesentlichen Schritten des reichstagspolitischen Entscheidungsablaufs beteiligt war,⁶³ gelang es ihm nicht, seine eigentlich dringend benötigte Expertise vollumfänglich einzubringen. Ursächlich dafür war die höherrangige Stellung des Geheimen Referendärs innerhalb des hochstiftischen Machtgefüges und die fehlende Führungsautorität und Kontrollinstanz des Fürstbischofs, die es Bohländer erlaubten, Bibras Ratschläge, aber auch gängige Normen hochstiftischer Reichstagspolitik zu ignorieren. Gerade die Ereignisse um den geplanten Rekurs gegen das Reichskammergerichtsurteil illustrieren die Problematik der dysfunktionalen Kommunikationsstruktur zwischen Hof und Gesandtschaft. In Anlehnung an Jürgen Habermas‘ Theorie des kommunikativen Handelns werden die Interaktionsmodi „Argumentieren“ und „Verhandeln“ in entscheidungsvorbereitenden Kommunikationsvorgängen unterschieden.⁶⁴ Vergeblich mühte sich Bibra mit schlüssig begründeten Argumenten von einem Rekurs, der mit der normativen Maßgabe prokaiserlicher Reichstagspolitik unvereinbar war, abzuraten. Bohländer war jedoch nicht bereit, sich argumentativ überzeugen zu lassen, womit die Grundvoraussetzung argumentativen Handelns fehlte und gleichzeitig nicht in der Lage, die politischen Realitäten zu erkennen. Wider besseren Wissens musste Bibra also eindeutig fehlgeleitete Beschlüsse ausführen. Gleich mehrfach fällt der barsche Ton in den Weisungen an den Gesandten auf, wenn eine Entschließung auf dessen Einwendungen hin korrigiert oder spezifiziert werden musste, was eine konstruktive Zusammenarbeit erheblich erschwerte. Dies richtet den Fokus auf die Verhandlungsund Aushandlungsprozesse zwischen dem Reichstagsgesandten und seinem Hof. Vertrauen war dabei eine elementare Grundvoraussetzung, welche auch und gerade durch Höflichkeit in der Kommunikation erreicht und erhalten wurde. Mit der unbeantwortet gebliebenen Entschuldigung des Gesandten für seine vorausschauAlfred Wendehorst, Die Benediktinerabtei und das adelige Säkularkanonikerstift St. Burkard in Würzburg (Germania Sacra. Neue Folge, 40), Berlin u. a. 2001, S. 131. 63 Siehe Kap. III.2.1. 64 Jürgen Habermas, Theorie des kommunikativen Handelns. 2 Bde., Frankfurt am Main 1995; Lehmkuhl, Entscheidungsprozesse, S. 197– 200; Brummer – Oppermann, Außenpolitikanalyse, S. 79 f.

2 Im Zeichen der Krise – Hochstiftische Reichstagspolitik in den 1750er Jahren

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ende und letztlich zutreffende Warnung hinsichtlich des Rekurses, war eine „Vertrauensschwelle“ überschritten worden.⁶⁵ Tatsächlich begründete Bibra seinen späteren Wechsel in Bamberger Dienste mit seinen negativen Erfahrungen während der Regierungszeit Ingelheims, „allwo es das ansehen gewonnen, daß bey nahe niemand mehr bey seiner bedienstung sich die sicherheit versprechen könne“.⁶⁶ Auch versäumte es der Geheime Referendär, den Reichstagsgesandten in angemessener Weise von den parallel laufenden Verhandlungen der Würzburger Belehnungsgesandtschaft zu informieren. Für Bibra muss es geradezu einem Affront gleichgekommen sein, dass ihn der kaiserliche Konkommissar mit Interna aus der Instruktion für den fürstbischöflichen Gesandten in Wien konfrontierte, die seiner eigenen Weisung zuwiderliefen, was seine Verhandlungsposition erheblich schwächte. Für die Gestaltung hochstiftischer Reichstagspolitik waren also die individuellen kognitiven Fähigkeiten, politischen Erfahrungswerte, Charakterzüge, Interessen der maßgeblichen Funktionsträger von zentraler Bedeutung. Während des Episkopats Ingelheims wurde der routinierte außenpolitische Entscheidungsprozess von der fehlenden bischöflichen Führungsautorität, der mangelnden Kompetenz des Geheimen Referendärs und defizitären Kommunikationsstrukturen beeinträchtigt, was eine paralysierende und erratische Wirkung auf die Würzburger Reichstagspolitik hatte. Der Anteil der drei beteiligten Institutionen Gesandtschaft, Geheime Kanzlei beziehungsweise Geheimer Referendär und Fürstbischof am Entscheidungsprozess war somit abhängig vom Verhältnis zwischen den Individuen und dem internen Machtgefüge, wobei dem Geheimen Referendär eine Schlüsselposition zukam. Wäre die Regierungszeit Ingelheims nicht bereits Anfang 1749 zu Ende gewesen, hätte sich das Hochstift Würzburg unter diesen Bedingungen mittelfristig in die reichspolitische Bedeutungslosigkeit manövriert.

2 Im Zeichen der Krise – Hochstiftische Reichstagspolitik in den 1750er Jahren Nach dem Ende des Österreichischen Erbfolgekriegs waren wesentliche Probleme ungelöst geblieben. Der Friede von Aachen 1748 hatte lediglich einen „fragil und transitorisch erscheinenden Zustand des Nicht-Krieges geschaffen“ und einen

65 Haug, Außenbeziehungen, S. 247– 362, bes. S. 261 – 281, 354 – 362. 66 StAWü, Reichswesen 169: Schreiben Bibras an Fürstbischof Karl Philipp von Greiffenclau, Regensburg 24. März 1751.

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IV Die Politik der Hochstifte Bamberg und Würzburg beim Reichstag

Eindruck politischer Instabilität und Unsicherheit in Europa hinterlassen.⁶⁷ Hinzu kamen innere Konflikte im Heiligen Römischen Reich, wo die Einflusssphären und Interessen Österreichs und Preußens an verschiedenen Kristallisationspunkten – besonders beim Regensburger Reichstag, aber auch im Fränkischen Reichskreis – kollidierten.⁶⁸ Hatte sich Friedrich II. nach dem kurzen wittelsbachischen Intermezzo mit der Rückkehr des österreichischen Kaisertums abfinden müssen, setzte er nach 1745 alles daran, durch seine reichspolitische Blockadehaltung „die ‚prokaiserlichen Wirkmechanismen‘ in den Reichsinstitutionen außer Kraft zu setzen“⁶⁹, was sich lähmend auf den Reichsverband auswirkte.⁷⁰ Damit einher ging auch die zunehmende religiöse Überlagerung politischer Konflikte und die stetige Verfestigung der konfessionellen Fronten im Reich. Mit dem verstärkten Einsatz der Religion als einem Instrument der Parteibildung und den konfessionell weitgehend homogenen Anhängerschaften der rivalisierenden Höfe in Berlin und Wien standen sich in den zahlreichen Auseinandersetzungen während der Friedensjahre 1748 bis 1756 zumeist das kaiserlich-österreichisch-katholische und das preußisch-protestantische Lager gegenüber.⁷¹ Die Hochstifte Bamberg und Würzburg unter den Fürstbischöfen Johann Philipp Anton von Franckenstein (1746 – 1753), Franz Konrad von Stadion (1753 – 1757) und Karl Philipp von Greiffenclau (1749 – 1754) zählten naturgemäß zur kaiserlichen Klientel. Doch wie agierten die Hochstifte in dieser komplexen und konfliktgeladenen Atmosphäre beim Reichstag? Nach Karl Otmar von Aretin „ging es in den Friedensjahren zwischen 1748 und 1756 [beim Reichstag], von einigen kleineren Streitfragen abgesehen, um drei Probleme: erstens um den Versuch Württembergs, sich die schwäbische Reichsritterschaft zu unterwerfen, zweitens um Religionsstreitigkeiten. […] Das dritte Problem war die Aufnahme neuer fürstlicher Häuser mit Sitz und Stimme in

67 Duchhardt, Balance, S. 319 f. 68 Rohrschneider, Reichstag, S. 117. 69 Ibid., S. 63. 70 Volker Press, Friedrich der Große als Reichspolitiker, in: Volker Press – Johannes Kunisch (Hg.), Das alte Reich. Ausgewählte Aufsätze (Historische Forschungen, 59), Berlin 2000, S. 260 – 288, hier S. 267 f.; Schmidt, Wandel, S. 155. 71 Dieter Stievermann, Politik und Konfession im 18. Jahrhundert, in: ZHF 18 (1991), S. 177– 199, hier S. 196 f.; Gabriele Haug-Moritz, Die Krise des Reichsverbands in kaiserlicher Perspektive (1750 – 1790), in: Monika Hagenmaier – Sabine Holtz (Hg.), Krisenbewusstsein und Krisenbewältigung in der frühen Neuzeit – Crisis in Early Modern Europe. Festschrift für Hans-Christoph Rublack, Frankfurt am Main u. a. 1992, S. 73 – 80, hier S. 74 – 80; Gabriele Haug-Moritz, Kaisertum und Parität: Reichspolitik und Konfessionen nach dem Westfälischen Frieden, in: ZHF 19 (1992), S. 455 – 482, hier S. 477– 482; Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 228; Schmidt, Wandel, S. 155 – 157; Rohrschneider, Reichstag, S. 100 – 102, 117 f., 170 f.

2 Im Zeichen der Krise – Hochstiftische Reichstagspolitik in den 1750er Jahren

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den Reichstag.“⁷² Aretins Aufzählung gibt die einzelnen Untersuchungsgegenstände dieses Kapitels vor, welche um ausgewählte, für die Hochstifte besonders relevante reichstagspolitische Themen und Schwerpunkte ergänzt wurden. Welche Interessen vertraten die Fürstbischöfe beim Reichstag und auf welche Weise versuchten sie diese durchzusetzen? Gelang es den geistlichen Fürsten eigene Schwerpunkte zu setzen und Politik (mit) zu gestalten?

2.1 Der Umgang mit korporativer Reichstagspolitik – Die Hohenloher Religionsstreitigkeiten Zu Beginn der 1750er Jahre erreichten die religiösen Konflikte im Reich – befeuert durch die latenten Säkularisationsängste der geistlichen Reichsfürsten, der Furcht der protestantischen Seite vor Fürstenkonversionen und der generell zunehmenden konfessionellen Fraktionierung – einen Höhepunkt.⁷³ Für den protestantischen Reichsteil hatte sich anstelle der obersten Reichsgerichte das Corpus Evangelicorum als Appellationsinstanz etabliert, dass allein den Reichstag für die Behandlung von Religionsangelegenheiten zuständig befand und nötigenfalls das Recht zur Selbsthilfe gegen beklagte Missstände reklamierte.⁷⁴ Ursprung der zahllosen Religionsstreitigkeiten, zeitgenössisch meist als Religionsgravamina oder Religionsbeschwerden bezeichnet,⁷⁵ über die auf dem Reichstag nur selten abgestimmt, doch umso heftiger gestritten wurde, waren dabei meist Fürstenkonversionen und Simultaneen.⁷⁶ Diese Konfliktfelder waren auch ursächlich für die Hohenloher Religionsstreitigkeiten, welche sich nach jahrzehntelangen Spannungen anlässlich der Ter-

72 Aretin, Das Alte Reich Bd. 3, S. 52. 73 Jürgen Luh, Unheiliges Römisches Reich. Der konfessionelle Gegensatz 1648 bis 1806 (Quellen und Studien zur Geschichte und Kultur Brandenburg – Preußens und des Alten Reiches, 1), Potsdam 1995, bes. S. 45 – 55; Aretin, Das Alte Reich Bd. 3, S. 52, 71 – 81; Schmidt, Wandel, S. 155 – 157; Rohrschneider, Reichstag, S. 170 – 172. 74 Haug-Moritz, Corpus Evangelicorum und deutscher Dualismus, S. 203 – 207; Kalipke, „Weitläufftigkeiten“ und „Bedencklichkeiten“ – Die Behandlung konfessioneller Konflikte am Corpus Evangelicorum, S. 408, 420 – 424. 75 Brachwitz, Die Autorität des Sichtbaren, S. 1. 76 Bernd Christian Schneider, Ius reformandi. Die Entwicklung eines Staatskirchenrechts von seinen Anfängen bis zum Ende des Alten Reichs (Jus Ecclesiasticum, 68), Tübingen 2001, S. 437– 450; Frank Kleinehagenbrock, Die Erhaltung des Religionsfriedens. Konfessionelle Konflikte und ihre Beilegung im Alten Reich nach 1648, in: Historisches Jahrbuch 126 (2006), S. 135 – 156, hier S. 144; Brachwitz, Die Autorität des Sichtbaren, S. 8; Zu Definition und der zeitgenössischen Rechtsauffassung des Simultaneums siehe auch Kalipke, Verfahren, S. 102 – 110

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IV Die Politik der Hochstifte Bamberg und Würzburg beim Reichstag

minierung des Osterfests 1744 nach dem gregorianischen Kalender verschärften. Hintergrund war die Konversion zweier Grafen aus der Hauptlinie HohenloheWaldenburg zum Katholizismus 1667 und die anschließende Rekatholisierungspolitik, welche nach Ansicht der protestantischen Untertanen gegen die eigens geschlossenen Hausverträge und Garantien zur Aufrechterhaltung des evangelischen Kirchenwesens in den Hohenloher Landen verstieß. Hinzu kamen interne Auseinandersetzungen innerhalb des Gesamthauses, unter anderem aufgrund der einseitigen Aufnahme der katholischen Waldenburger Linie in den Reichsfürstenstand 1744. Als die katholischen Fürsten von Hohenlohe-Schillingsfürst, HohenloheBartenstein und Hohenlohe-Pfedelbach auf die Proteste der evangelischen Bürger mit der Aufhebung des evangelischen Konsistoriums in Öhringen, der Schließung einiger evangelischer Kirchen und weiterer rechtswidriger Sanktionen reagierten, wandten sich die evangelischen Grafen von Hohenlohe-Neuenstein und das Corpus Evangelicorum an den Reichshofrat. Dieser ordnete die Aufhebung der widerrechtlichen Maßnahmen an, doch die katholischen Fürsten setzten ihren restriktiven Kurs fort.⁷⁷ Nach mehrjährigem Prozess urteilte der Reichshofrat in seinem Conclusum vom 12. Juni 1748, dass sämtliche Sanktionen und alle den Hohenloher Hausverträgen zuwiderlaufenden Aktionen rückgängig gemacht werden müssten. Per Conclusum vom 13. September 1748 wurde den Fürsten eine letzte zweimonatige Frist zur Wiederherstellung der ursprünglichen Verhältnisse eingeräumt und die kreisausschreibenden Fürsten des Fränkischen Kreises in Bamberg und Ansbach mit der Exekution des Urteils beauftragt, wogegen die katholischen Fürsten von Hohenlohe Revision einlegten.⁷⁸ Längst hatte der Streit reichsweite Aufmerksamkeit erfahren, denn die Argumentationslinien der Konfliktparteien – die katholische Linie berief sich auf das in Art. V § 30 IPO festgeschriebene jus reformandi und das Prinzip des Simultaneums in Art. VII IPO, während die Protestanten die Restitution der religiösen Verhältnisse des Normaljahres 1624 nach Art. V § 31 IPO forderten und auf die Einhaltung der Hohenloher Hausverträge pochten – warfen grundsätzliche Fragen auf, deren Klärung präjudizielles Potenzial aufwies.⁷⁹ Für die Hochstifte Bamberg und Würzburg besaßen die Hohenloher Differenzen eine besondere Relevanz. Als kreisausschreibender Fürst stand der Bamberger Fürstbischof Johann Philipp von Franckenstein vor dem Problem, als geistlicher

77 Jochen Vötsch, Die Hohenloher Religionsstreitigkeiten in der Mitte des 18. Jahrhunderts, in: Württembergisch Franken 77 (1993), S. 361 – 399, hier S. 361 – 370; Luh, Reich, S. 62; Aretin, Das Alte Reich Bd. 3, S. 72 – 74; Brachwitz, Die Autorität des Sichtbaren, S. 77. 78 Vötsch, Religionsstreitigkeiten, S. 370 f.; Aretin, Das Alte Reich Bd. 3, S. 74. 79 Aretin, Das Alte Reich Bd. 3, S. 73 – 75. Zur zeitgenössischen publizistischen Debatte siehe Schneider, Ius reformandi, S. 463 – 533.

2 Im Zeichen der Krise – Hochstiftische Reichstagspolitik in den 1750er Jahren

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Reichsfürst ein Reichshofratsurteil gegen einen katholischen Reichsstand exekutieren zu müssen. Zeitgleich sah Franckenstein seine Befugnisse als Inhaber des Kreisdirektoriums und des Ausschreibamts vehementen Angriffen von Seiten der Markgrafen von Ansbach und Bayreuth ausgesetzt, die das Ausschreibamt in dreijährigem Turnus abwechselnd gemeinsam mit Bamberg versahen und bereit standen, um bei einem Zögern des Bamberger Bischofs selbst tätig zu werden.⁸⁰ Überhaupt war die Situation im Fränkischen Kreis hinsichtlich konfessioneller Differenzen äußerst angespannt. Bereits die Übertragung des bisher evangelisch vertretenen Waldenburger Kreistagsvotums an den Bamberger Direktorialgesandten im Zuge des Osterfeststreits von 1744 hatte für heftige Proteste gesorgt,⁸¹ wenige Jahre später sollte es sogar zu einer kurzfristigen konfessionellen Spaltung des Kreises kommen.⁸² Auch das Hochstift Würzburg nahm als benachbarter Kreisstand, vor allem jedoch aufgrund der seinem territorium non clausum geschuldeten reichhaltigen Erfahrungen mit Religionsstreitigkeiten in gemischtkonfessionellen Orten mit verschiedenen Herrschaftsträgern,⁸³ erheblichen Anteil an den Hohenloher Vorgängen. Nachdem der Reichshofrat am 21. März 1749 das Revisionsansuchen der Hohenloher Fürsten abgelehnt und die Exekution seines Urteils vom 13. September 1748 binnen zweier Monate angeordnet hatte, ergriff der Würzburger Hof die Initiative und begann Ende April 1749 die katholischen Reichsfürsten zum gemeinsamen Widerstand gegen die in den Reichshofratsconclusa enthaltenen „principia generalia […], welche in ihrer folge allen catholischen hohen chur-fürsten und ständen zur unleydentlichen beschwehrnüs auffallen“, wodurch in letzter Konsequenz gar „die gantze reichsverfassung völlig umgestossen […] würde“, zu mobilisieren.⁸⁴ Fürstbischof Karl Philipp von Greiffenclau schlug den kontaktierten Höfen vor, eine Zusammenkunft der katholischen Reichstagsgesandtschaften einzuberufen und diese ein gemeinsames Beschwerdeschreiben an den Kaiser richten zu lassen, damit dieser dem Reichshofrat bedeute, „nach denen reichs-satz und ordnungen […] sich genauer zu achten“, womit er in erster Linie auf die landesherrliche Kirchenhoheit

80 Siehe Kap. IV.2.6. 81 Vötsch, Religionsstreitigkeiten, S. 377– 379; Winfried Dotzauer, Die deutschen Reichskreise (1383 – 1806). Geschichte und Aktenedition, Stuttgart 1998, S. 133. 82 Siehe Kap. IV.2.6.3. 83 Brachwitz, Die Autorität des Sichtbaren, S. 7 f. 84 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 73: Schreiben des Würzburger Fürstbischofs Greiffenclau an die Kurfürsten von Bayern, Köln und Trier sowie die Fürstbischöfe von Augsburg, Bamberg, Eichstätt, Fulda, Konstanz, Lüttich, Salzburg, Speyer und den Markgrafen von BadenBaden (Abschrift), Würzburg 29. April und 6. Mai 1749.

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(jus circa sacra) rekurrierte.⁸⁵ Der Würzburger Fürstbischof befand weiterhin, dass über die Angelegenheit nicht beim Reichstag abgestimmt werden sollte, da eine dortige itio in partes in eine compositio amicabilis, einen von beiden religiösen Corpora erarbeiteten Kompromiss, münden müsste, sondern beim Reichshofrat, allerdings unter Beherzigung der Reichsgesetze und damit zu Gunsten der katholischen Konfliktpartei, entschieden werden sollte. Da die „dem catholischen weesen so gefährliche principia allschon von geraumer zeit […] vorbereithet, ja sogar á corpore evangelico denen protestantischen universitäten zur offentlichen lehrung vorgeleget und aufgegeben worden“ wären, müssten außerdem auch „catholischerseits […] von denen diesseitigen universitäten die unserige principia sowohl durch offentliche lehre als durch den druck bekannt gemachet werden“.⁸⁶ Der Würzburger Hof verfolgte in der Hohenloher Streitsache also zunächst das Ziel einer korporativen Politik der katholischen Reichsstände nach dem Vorbild der auch außerhalb einer itio in partes im Corpus Evangelicorum gut organisierten protestantischen Reichsstände, wozu er eine rege diplomatische Aktivität entfaltete. Dies ist umso beachtlicher, da der Kaiser und der katholische Reichsteil die dauerhafte Existenz konfessioneller Corpora als Institutionen der Reichsverfassung außerhalb einer itio in partes prinzipiell negierten.⁸⁷ Weiterhin sollte das gemeinsame Vorgehen nach protestantischem Vorbild durch wissenschaftlichen und publizistischen Diskurs über die eigene Rechtsauffassung an den katholischen Universitäten flankiert werden, wozu Greiffenclau unmittelbar die Würzburger Rechtsgelehrten Johann Caspar Barthel und Johann Jakob Joseph Sündermahler beauftragte.⁸⁸ 85 Ibid. Der Vorschlag eines gemeinsamen Schreibens mehrerer katholischer Reichsstände an den Kaiser stammte wohl ursprünglich vom Mainzer Kurfürsten Johann Friedrich Karl von Ostein. Greiffenclau hatte seinen Gesandten Johann Philipp von Fechenbach an den kurfürstlichen Hof geschickt, um über ein gemeinsames Vorgehen in der Hohenloher Angelegenheit zu beraten, vgl. StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 73: Schreiben Greiffenclaus an Ostein (Abschrift), Würzburg 29. April 1749. Zum ius circa sacra siehe Martin Heckel, Ius circa sacra, in: Roman Herzog u. a. (Hg.), Evangelisches Staatslexikon. Bd. I A–M, Stuttgart 1987, Sp. 1408 – 1411. 86 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 73: Protokoll der Geheimen Kabinettsitzung (Abschrift), Würzburg 20. Mai 1749. 87 Heckel, Itio in partes, S. 265 – 275; Kremer, Friede, S. 162 – 185; Härter, Corpus, S. 69 f. 88 „wie dann seine hochfürstlichen gnaden gnädigst wollen, daß dero dahiesige professores in sonderheit dero geheimer rath Barthel und hofrath Sündermahler in hoc materia ihre gute fähigkeit zeigen und diese zum vorwurf ihrer hiernächstigen dissertationen pro gradu nehmen sollen“, vgl. StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 73: Protokoll der Geheimen Kabinettsitzung (Abschrift), Würzburg 20. Mai 1749. Sündermahler veröffentlichte im Jahr darauf eine entsprechende Schrift: Johann Jakob Joseph Sündermahler, Utrum Clausula Samt und Sonders In Commissione Executionis Circa Causas, Quae Religionem & Diversae Religionis Asseclas Concernunt, Locum Habeat […], Würzburg 1750. Zu den Biografien Barthels und Sündermahlers siehe Friedrich Merzba-

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Am 16. Mai 1749 versammelten sich die katholischen Reichstagsgesandten unter dem Vorwand einer Feier zum Festtag des Heiligen Johannes Nepomuk im Regensburger Kloster St. Jakob. Sie beschlossen, dass sich der Mainzer Gesandte an die kaiserliche Prinzipalkommission wenden sollte, um im Namen der katholischen Reichsstände beim Kaiser antragen zu lassen, den Hohenloher Fürsten eine Revision gegen das Reichshofratsconclusum samt Suspensiveffekt, also einer Aussetzung der angeordneten Exekution bis zur endgültigen Klärung, zu gestatten.⁸⁹ Dies sollte explizit nur in mündlicher Form geschehen, um einer Konfrontation mit dem Corpus Evangelicorum auszuweichen. Außerdem verständigten sich die Gesandten mehrheitlich darauf, den Hohenloher Fürsten bis zu einer Entscheidung über die Revision von der Einleitung eines Rekurses an den Reichstag abzuraten.⁹⁰ Einigkeit bestand unter den Gesandtschaften darin, dass man den Hohenloher Fürsten allein aufgrund des weitreichenden, die Bestimmungen des Westfälischen Friedens berührenden Inhalts des Conclusums vom 12. Juni 1748 und der daraus resultierenden Sorge vor einem gefährlichen Präzedenzfall beistehe.⁹¹ Das darauffolgende Reichshofratsconclusum vom 17. Juni 1749 bestätigte zwar die Entscheidung aus dem Vorjahr, setzte aber den Exekutionsauftrag vorläufig aus und stellte somit aus Sicht der katholischen Reichsstände zumindest einen Teilerfolg dar, hatte man doch immerhin Zeit gewonnen, um das weitere gemeinsame Vorgehen abzustimmen. Der Würzburger Fürstbischof richtete am 12. Juli 1749 erneut ein Schreiben an den katholischen Reichsteil, worin er – anders als noch Anfang Mai – vorschlug, „das gantze geschäfft ausser aller offentlicher veranlassung derer in comitiis versambleten catholischen gesandtschafften zu halten und cher, Johann Caspar Barthel (1697– 1771), in: WDGBL 39 (1977), S. 183 – 201; Norbert Jung, Johann Jakob Joseph Sündermahler (1711 – 1775). Ein Jurist der Aufklärungszeit, in: Günter Dippold – Alfred Meixner (Hg.), Staffelsteiner Lebensbilder. Zur 1200-Jahrfeier der Stadt Staffelstein (Staffelsteiner Schriften, 11), Staffelstein 2000, S. 91 – 99. 89 Zu den Voraussetzungen für eine Revision und der Problematik des Suspensiveffekts siehe Wolfgang Sellert, Die Revision (Supplikation) gegen Entscheidungen des Kaiserlichen Reichshofrats, in: Ignacio Czeguhn u. a. (Hg.), Die Höchstgerichtsbarkeit im Zeitalter Karls V. Eine vergleichende Betrachtung (Schriftenreihe des Zentrums für rechtswissenschaftliche Grundlagenforschung, 4), Baden-Baden 2011, S. 21 – 37. 90 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 278: Bericht Bibras an Greiffenclau, Regensburg 18. Mai 1749. 91 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 121: Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 24. Mai 1749. Gleichwohl erklärten sich einige katholische Reichsstände, darunter die wittelsbachischen Territorien, Kurmainz, Kurtrier und Würzburg, dazu bereit, den Großteil der Prozesskosten beim Reichshofrat für die Hohenloher Fürsten zu übernehmen, vgl. StAA, Hochstift Augsburg, MüB 1262: Postskriptum Bibras an den Augsburger Fürstbischof Joseph Ignaz Philipp von Hessen-Darmstadt, Regensburg 14. Januar 1750; Brachwitz, Die Autorität des Sichtbaren, S. 85 f.

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bey kayserlicher mayestät allein zu betreiben“, um eine itio in partes zu vermeiden und dem Kaiser das vollumfängliche Vertrauen zu demonstrieren. Zweckmäßiger sei es, wenn „ein jeder catholische […] stand für sich ihro kayserliche mayestät belanget“, wozu ein gemeinsames Schreiben in unauffälligen Beratungen der katholischen Gesandtschaften entworfen werden sollte. Zudem forderte Greiffenclau erneut, dass den „wiedrigen lehren eine grundsame wiederlegung entgegen gesetzet und ebenmäßig zum offenen verkauff in Regensburg gebracht werde; welches durch die so vielfältig habende catholische universitäten gar leichtlich zu bewürcken wäre“.⁹² In der Konferenz der katholischen Gesandten vom 25. Oktober 1749 fand der Würzburger Vorschlag Zustimmung, ein von der Kurmainzer Gesandtschaft vorbereiteter Entwurf wurde angenommen und im Anschluss von den Gesandten an ihre jeweiligen Höfe eingeschickt.⁹³ Ein „Paukenschlag“⁹⁴ des Corpus Evangelicorum im Mai 1750 spitzte die Lage weiter zu. Am 13. Mai 1750 beauftragte das Corpus den Markgrafen von Ansbach, die ausgesetzte Exekution des Reichshofratsurteil vom 12. Juni 1748 gegen die Waldenburger Fürsten zu vollstrecken, wobei es sich angesichts der zahlreichen Verzögerungen durch die katholischen Reichsstände auf das Prinzip der Selbsthilfe berief.⁹⁵ Die Entscheidungsträger am Würzburger Hof unterschätzten den Ernst der Situation, als sich Fürstbischof Greiffenclau am 16. Mai mit beruhigenden Worten an die katholischen Reichsfürsten wandte, die Aktion des Corpus Evangelicorum als eine leere Drohung einstufte und die Überzeugung vertrat, der Kaiser werde nun mit „standhaffter entschliessung“ zugunsten der katholischen Hohenlohe eingreifen.⁹⁶ In beachtlicher Unsicherheit zum Umgang mit dem Corpus Catholicorum 92 Brachwitz, Die Autorität des Sichtbaren, S. 82 – 84; StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 74: Schreiben Greiffenclaus an die katholischen Reichsstände (Abschrift), Würzburg 12. Juli 1749. 93 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 121: Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 28. Oktober 1749. Der Würzburger Fürstbischof schickte das nur geringfügig abgeänderte Schreiben am 20. November an den Kaiser, vgl. StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 74: Schreiben Greiffenclaus an den Kaiser (Abschrift), Würzburg 20. November 1749. 94 Haug-Moritz, Corpus Evangelicorum und deutscher Dualismus, S. 204. 95 Vötsch, Religionsstreitigkeiten, S. 381 f. 96 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 76: Schreiben Greiffenclaus an die korrespondierenden Höfe (Abschrift), Würzburg 16. Mai 1750. Zu dieser Fehleinschätzung dürfte beigetragen haben, dass sich das Hochstift zeitgleich in intensiven und vertraulichen Verhandlungen mit dem Ansbacher Hof befand, um eine mögliche preußische Sukzession im Markgraftum BrandenburgBayreuth zu verhindern und dem Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg gemeinsam mit Bamberg ein Truppenkontingent von 15 000 Mann gegen britische Subsidien zu offerieren, siehe Weber, Politik, S. 20 – 31; Rudolf Endres, Die Erbabreden zwischen Preußen und den fränkischen Markgrafen im 18. Jahrhundert, in: JfL 25 (1965), S. 43 – 87, hier S. 74 – 79. Dem Ende Mai 1750 zu den

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schloss Greiffenclau mit der Überlegung, ob nun nicht doch ein gemeinsames Auftreten „nach dem vorgang deren jenseithigen religions verwandten“ rätlich sei.⁹⁷ Zumindest in Würzburg war die von Peter Brachwitz festgestellte Invisibilisierungsstrategie der katholischen Reichsstände⁹⁸ also keineswegs unumstritten. Die Würzburger Zuversicht entpuppte sich bald als Fehleinschätzung. Am 27. Mai benachrichtigte der Bamberger Geheime Referendär Heinrich von Oberkamp den gemeinsamen Reichstagsgesandten Johann Philipp von Bibra, man habe aus sicherer Quelle erfahren, dass der Ansbacher Markgraf fest entschlossen sei, die ihm vom Corpus Evangelicorum aufgetragene Exekution in zehn Tagen zu vollstrecken.⁹⁹ Nach Ansicht der Bamberger Akteure, die diesen Schritt schon zuvor immer wieder erwogen hatten,¹⁰⁰ schien eine offizielle Beratung der Hohenloher Streitigkeiten beim Reichstag der letzte Ausweg zu sein, wohlwissend, dass es dafür vermutlich bereits zu spät war.¹⁰¹ Vergeblich mühten sich der Bamberger Fürstbischof als Mitinhaber des Ausschreibamts, verschiedene katholische Reichs- und Kreisstände und nicht zuletzt der Kaiser, Karl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach vom Vollzug der Exekution abzubringen. Am 10. Juni entsandte der Markgraf zwei Regierungsbeamte und einen Sekretär nach Öhringen, um das dortige Konsistorium nach Maßgabe des Reichshofratsurteils vom 12. Juni 1748 zu restituieren und die übrigen Beschwerdepunkte abzustellen.¹⁰² In Würzburg, noch stärker aber in Bamberg herrschte erhebliche Frustration und Enttäuschung über die Untätigkeit des kaiserlichen Hofs angesichts der Selbstermächtigung des Corpus Evangelicorum, welche die Autorität des Kaisers als

Verhandlungen nach Hannover entsandten Reichstagsgesandten Bibra wurde aufgetragen, sich beim ebenfalls in Hannover befindlichen Ansbacher Minister Christoph Ludwig von Seckendorff zu erkundigen, „ob und wie weith es mit einem […] würcklichen thätlichen vorgang ernstlich gemeynet seye“, vgl. StAWü, HV Ms. f. 659: Protokoll der Konferenz zwischen Greiffenclau, dem Hofkammerund Hofkriegsratspräsidenten Adam Friedrich von Seinsheim, dem Reichstagsgesandten Bibra und dem Geheimen Referendär Borié, Würzburg 26. Mai 1750. 97 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 76: Schreiben Greiffenclaus an die korrespondierenden Höfe (Abschrift), Würzburg 16. Mai 1750. 98 Brachwitz, Die Autorität des Sichtbaren, S. 76 – 86. 99 StABa, HStB, NverzA 4647: Schreiben Oberkamps an Bibra, Bamberg 27. Mai 1750. 100 Ibid.: Weisung Franckensteins an Bibra, Bamberg 20. Juli 1749. 101 Ibid.: Schreiben Oberkamps an Bibra, Bamberg 27. Mai 1750. 102 Vötsch, Religionsstreitigkeiten, S. 382 f. Franckenstein hatte eigens den Reichstagsgesandten Bibra nach Ansbach geschickt, um gegen die „reichssazungs wiedrige thätige hülffsvollstreckung die dringlichste[n] […] vorstellungen zu machen“, vgl. StABa, HStB, NverzA 4647: Instruktion für den Reichstagsgesandten Bibra, Forchheim 5. Juni 1750.

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oberstem und überparteilichem Richter eindrücklich in Frage stellte.¹⁰³ Bei einem Treffen der beiden Fürstbischöfe am 21. August 1750 auf Schloss Werneck mussten sich beide Regenten eingestehen, dass Unterstützung für die katholische Partei aus Wien nicht mehr zu erwarten sei. Den katholischen Fürsten bliebe zur grundsätzlichen Bestätigung des jus circa sacra nur die itio in partes beim Reichstag, wo sich von einer compositio amicabilis wenigstens eine Mäßigung beider Religionsteile erhoffen ließe. Um die Wogen zu glätten, müssten sich sämtliche katholischen Landesherrn in Zurückhaltung üben und jeden Anlass zu weiteren Beschwerden protestantischer Untertanen vermeiden, was insbesondere den Hohenloher Fürsten nahe zu legen sei.¹⁰⁴ Diese äußerst zurückhaltenden Vereinbarungen zeigen, wie sehr die Vorgänge um die eigenmächtige Exekution eines aus Sicht der katholischen Reichsstände widerrechtlichen Reichshofratsurteils durch das als illegitim betrachtete Corpus Evangelicorum das Selbstverständnis der geistlichen Fürsten erschüttert hatten. Gegen die notwendige Maßregelung der Hohenloher Fürsten durch die Reichsgerichte hätten kaum Einwände bestanden, doch mit einer nachträglichen prinzipiellen Bestätigung der eigenen Rechtsauffassung hinsichtlich der landesherrlichen Kirchenhoheit und des jus reformandi hatten die Fürstbischöfe fest gerechnet. Nachdem sich die katholischen Hohenlohe, insbesondere Reichskammerrichter Karl Philipp von Hohenlohe-Bartenstein, noch immer den Anweisungen der Öhringer Kommission widersetzten, ließ Ansbach auf Beschluss des Corpus Evangelicorum am 13. Oktober 1750 einen Hauptmann und 104 Grenadiere in HohenloheWaldenburg einrücken. Ein Reichshofratsconclusum vom 29./30. Oktober 1750 erklärte die eigenmächtige Exekution für nichtig und forderte den sofortigen Abzug der Ansbacher Truppen, lehnte aber gleichzeitig das Revisionsgesuch der Waldenburger ab und beauftragte die kreisausschreibenden Fürsten des Fränkischen Kreises mit der Exekution des Urteils von 1748 innerhalb von zwei Monaten.¹⁰⁵ Bitter beklagte sich der Bamberger Fürstbischof Anfang Dezember, dass der Kaiser als oberster„richter die seinige obliegenheit zu vollbringen bedencken traget […] [und] die catholische reichsverfassungsmäsige befugnüsen benachtheiliget, ja zu boden gerichtet zu wissen und vielleicht selbsten hierzu ein werkzeuge […] ab-

103 StABa, HStB, NverzA 4647: Weisung Franckensteins an Bibra, Schloss Seehof 1. und 5. Juli 1750; StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 76: Weisung Greiffenclaus an Bibra, Würzburg 17. Juli 1750. Zur insgesamt unglücklichen Rolle des kaiserlichen Hofs siehe Aretin, Das Alte Reich Bd. 3, S. 75 – 79. 104 StAWü, HV Ms. f. 777: Konferenzprotokoll, Werneck 21. August 1750. 105 Aretin, Das Alte Reich Bd. 3, S. 77 f.; Vötsch, Religionsstreitigkeiten, S. 387– 389.

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geben zu müssen“.¹⁰⁶ Obwohl der Wiener Hof das gemeinsame Auftreten der katholischen Gesandtschaften deutlich kritisiert hatte,¹⁰⁷ drängte der Bamberger Gesandte Bibra auf ein weiteres Treffen, um das Vorgehen seines Hofs hinsichtlich des Exekutionsauftrags, der ja durch Ansbach längst, wenn auch auf andere Veranlassung hin, vollzogen worden war, abzustimmen.¹⁰⁸ Zu einer weiteren Exekution kam es nicht mehr. Das Corpus Evangelicorum hingegen antwortete Mitte 1751 mit einem Schreiben auf das Reichshofratsconclusum, worin es das Recht zur Selbsthilfe bekräftigte, welche der Kaiser wiederum am 21. Januar 1752 per Kommissionsdekret als verfassungswidrig verurteilte.¹⁰⁹ Die konfessionelle Spaltung des Reichs war weiter vertieft worden. Das Agieren der Hochstifte Bamberg und Würzburg offenbart die Problematik und Aporie korporativer Politik der katholischen Reichsstände beim Reichstag in ihrer ganzen Dimension und weist auf die Bedeutung von „Konfession“ und „Staatsinteresse“ als Leitfaktoren hochstiftischer Reichstagspolitik hin. Gegen ein nachteilig interpretierbares Reichshofratsconclusum hatten die katholischen Gesandtschaften auf Würzburger Initiative hin zunächst als Corpus Catholicorum, freilich unter Vermeidung dieser Bezeichnung und mit weiteren Vorsichtsmaßnahmen, gemeinsam Protest eingelegt.¹¹⁰ In blindem Vertrauen auf kaiserliche Unterstützung wurde das Corpus Catholicorum anschließend von einer inoffiziellen Interessenvertretung des katholischen Reichsteils zu einem bloßen Austauschforum degradiert. Nicht in Regensburg, sondern in Wien hofften die Katholiken auf Erfolg. Gleichzeitig lässt sich eine gewisse Bewunderung, gar Neid der Fürstbischöfe über die selbstbewusste und gut organisierte Interessenwahrnehmung der Protestanten durch das Corpus Evangelicorum konstatieren. Nicht umsonst bezog sich der Würzburger Fürstbischof ausdrücklich auf das Vorbild der protestantischen Reichsstände, wenn er immer wieder eine publizistische Tätigkeit der katholischen Universitäten forderte, um den Meinungsmarkt des Reichs nicht den Protestanten zu überlassen. Der Erfolg des Corpus Evangelicorum ließ die katholischen Reichsfürsten schließlich offen an der Aufgabe des Corpus Catholicorum zweifeln, zumal das starre Negieren der Existenz ganz offensichtlich agierender Corpora keinerlei

106 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 411: Sitzungsprotokoll der Geheimen Konferenz, Bamberg 5. Dezember 1750. 107 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 123: Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 5. August 1750. 108 Ibid.: Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 5. Dezember 1750. 109 Aretin, Das Alte Reich Bd. 3, S. 78 f.; Vötsch, Religionsstreitigkeiten, S. 390 f. 110 Dem Fazit Rombergs, Würzburg habe sich in der Hohenloher Sache „merklich zurückhaltend und ohne aktiv einzugreifen“ verhalten, kann auf Grundlage der hier dargelegten Ausführungen nicht zugestimmt werden, vgl. Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 175.

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Nutzen gezeigt hatte. Vielmehr waren den Katholiken die Vorzüge eines institutionalisierten Zusammenschlusses und die Notwendigkeit der geschlossenen Interessenartikulation, auch und gerade gegenüber dem Kaiser, eindrucksvoll vor Augen geführt worden. Die Invisibilisierungsstrategie der katholischen Reichsstände war also nicht so eindeutig und unumstritten, wie mitunter in der Literatur dargestellt.¹¹¹ Dennoch konnte sich der katholische Reichsteil nicht zu einer Überwindung der vor allem auch aus Wien gesetzten Maßgabe einer Invisibilisierung des Corpus Catholicorum durchringen.¹¹² Von der ambivalenten und unschlüssigen Haltung zum Umgang mit der Vertretung gemeinsamer Interessen als Corpus Catholicorum profitierten freilich die Protestanten, wie der Bamberger Fürstbischof Anfang 1752 resümierte: „die hohenlohische sache hat leyder […] deren catholischen ständen schwacheit geprüfet, denen protestantischen ständen dahin die augen geöfnet und gewießen, wie weith dieselbe mit ihrer fürdauerlichen zusammenschließung die in ihren meynungen und absichten leyder getrennte catholische höfe übersehen können“.¹¹³ Insgesamt markieren die Auseinandersetzungen in Hohenlohe den Beginn der zunehmenden Konfessionalisierung der Reichspolitik, in den folgenden Jahren sollte sich der religiöse Gegensatz im Reich weiter verschärfen.

2.2 Mitwirkungsanspruch, Reichspatriotismus und Klientelpolitik – Das Projekt einer Römischen Königswahl Es ist bereits dargelegt worden, wie der Wiener Hof über die Einbindung der Entscheidungsträger hochstiftischer Reichstagspolitik in seine Netzwerke und die Konstituierung von Klientelverhältnissen Einfluss auf die Bamberger und Würzburger Reichstagspolitik nahm.¹¹⁴ Welche Auswirkungen dies im konkreten Fall haben konnte, zeigen die Vorgänge um das Projekt einer Römischen Königswahl. Nach dem Frieden von Aachen vom 18. Oktober 1748 wurden von verschiedenen Akteuren Initiativen zur Wahrung des allgemein als instabil betrachteten Friedens

111 Brachwitz, Die Autorität des Sichtbaren, S. 76 – 92. Auf die Würzburger Überlegung vom 16. Mai 1750, die Invisibilisierung aufzugeben, geht Brachwitz nicht ein. 112 HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 1: Weisung an Buchenberg und Frankenberg (Konzept), o.O. o.D. [wohl Juli 1750]; HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 6: Weisung an Buchenberg und Frankenberg (Konzept), o.O. 1750; HHStA, RK, PK, Weisungen, Fasz. 7 b: Weisung an Konkommissar Palm (Konzept), Wien 20. August 1751. Siehe auch Kap. IV.2.6.2. 113 StABa, HStB, NverzA 4648: Weisung Franckensteins an Bibra, Bamberg 19. Januar 1752. 114 Siehe Kap. III.5.

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angeregt.¹¹⁵ Unter maßgeblichem Einfluss des Duke of Newcastle Thomas PelhamHolles betrieb England die Einrichtung eines umfassenden Bündnissystems auf Basis von Subsidienverträgen mit zahlreichen Reichsständen, um das bisherige Reichssystem aufrechtzuerhalten und den französischen Einfluss im Reich zu neutralisieren. Teil dieser Strategie war das Projekt einer Römischen Königswahl. Durch die Wahl des erst achtjährigen Erzherzogs Joseph von Österreich-Lothringen zum Nachfolger seines Vaters sollte die Gefahr eines Dynastiewechsels bei der nächsten Kaiserwahl vermieden werden.¹¹⁶ In der Diskussion um das Königswahlprojekt schlossen sich die Fürstbischöfe in Bamberg und Würzburg rasch der Auffassung zahlreicher Reichsfürsten an, dass ein solches Vorhaben nicht ohne Beteiligung des Fürstenstands durchgeführt werden könne. Die Fürsten beriefen sich dabei traditionell auf Art. VIII des Westfälischen Friedens (IPO) und führten die 1711 kurz vor Abschluss unterbrochenen Verhandlungen beim Reichstag über eine ständige Wahlkapitulation an, die seit dem Tod Kaiser Josephs I. nicht mehr fortgesetzt worden waren. Freilich bestritten die Kurfürsten die seit dem 17. Jahrhundert verstärkt erhobenen Mitwirkungsansprüche des Fürstenstands, um ihr wichtiges Machtinstrument des Wahlvorrechts vor Beeinträchtigungen zu schützen, was heftige Konflikte zwischen dem Kurfürsten- und dem Fürstenkollegium erwarten ließ.¹¹⁷ Besonderes Engagement in der hitzigen Debatte um eine angemessene Teilhabe des Fürstenstands am Wahlgeschäft zeigte im Sommer 1752 das Hochstift Würzburg. Auf die zunehmende Eskalation – der französische Gesandte Hubert de Folard hatte

115 Beispielsweise das Vorhaben des Mainzer Kurfürsten Johann Friedrich Karl von Ostein, die Kreisassoziation um die Seemächte zu erweitern, vgl. Aretin, Das Alte Reich Bd. 3, S. 37– 39. 116 Hermann Gehlsdorf, Die Frage der Wahl Erzherzog Josephs zum römischen Könige, hauptsächlich von 1750 bis 1752. Diss. phil., Bonn 1887; Reed Browning, The Duke of Newcastle and the Imperial Election Plan, 1749 – 1754, in: Journal of British Studies 7 (1967), S. 28 – 47; Walter G. Rödel, Frankreich, Kurpfalz, Kurmainz und die Frage der Römischen Königswahl 1753 – 1755, in: Heinz Duchhardt – Eberhard Schmitt (Hg.), Deutschland und Frankreich in der frühen Neuzeit. Festschrift für Hermann Weber zum 65. Geburtstag (Ancien Régime, Aufklärung und Revolution, 12), München 1987, S. 509 – 548; Aretin, Das Alte Reich Bd. 3, S. 45 – 48; Helmut Neuhaus, Die Römische Königswahl vivente imperatore in der Neuzeit. Zum Problem der Kontinuität in einer frühneuzeitlichen Wahlmonarchie, in: Johannes Kunisch (Hg.), Neue Studien zur frühneuzeitlichen Reichsgeschichte (ZHF, Beiheft, 19), Berlin 1997, S. 1 – 53, hier S. 44 – 47; Brendan Simms, Zweierlei Reich. Die britische Politik im Spannungsfeld zwischen Amerika und Europa im Schatten der „Diplomatischen Revolution“, in: Sven Externbrink (Hg.), Der Siebenjährige Krieg (1756 – 1763) Ein europäischer Weltkrieg im Zeitalter der Aufklärung, Berlin 2011, S. 65 – 74, hier S. 69 f. 117 Gehlsdorf, Wahl, S. 44 f., 65 – 76, 79, 87 f.; Karl Otmar von Aretin, Das Alte Reich 1648 – 1806. Bd. 2: Kaisertradition und österreichische Großmachtpolitik (1648 – 1745), Stuttgart 22005, S. 182 – 184; Wolfgang Burgdorf, Die Wahlkapitulationen der römisch-deutschen Könige und Kaiser 1519 – 1792, Göttingen 2015, S. 11.

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zuletzt einigen fürstlichen Gesandtschaften unter der Hand versichert, sein König werde sich als Garant des Westfälischen Friedens der Rechte des fürstlichen Kollegiums annehmen – erklärte der Geheime Referendär Egid Valentin von Borié gegenüber Reichsvizekanzler Colloredo, der Würzburger Fürstbischof werde sich im Interesse des Kaiserhofs an die in Korrespondenz stehenden Fürstenhöfe wenden, wie es die „pflicht eines treuen und patriotischen […] fürsten“ sei.¹¹⁸ In enger Abstimmung mit Colloredo hatte Borié einen Kompromissvorschlag erarbeitet, welchen Fürstbischof Karl Philipp von Greiffenclau am 21. und 22. August per Zirkularschreiben an insgesamt 20 Reichsstände übermittelte.¹¹⁹ Demnach werde man zwar auch von Seiten Würzburgs die Rechte und Befugnisse des Fürstenstands jederzeit verteidigen, doch müsse man dabei „vernünftige mäsigung und vorsichtige überlegung“ walten lassen. Den fürstlichen Ansprüchen sei Genüge getan, wenn die Reichstagskollegien lediglich über die Frage, ob eine Römische Königswahl vivente imperatore überhaupt nötig sei, abstimmen würden. Dabei wäre es dem fürstlichen Ansehen keineswegs abträglich, wenn zum „gemeinen besten“ jeder Anlass zu „collisionen“ mit dem Kurfürstenkolleg vermieden würde und man auf den sonst üblichen Vergleich der gefassten Beschlüsse zwischen den Kollegien, der sogenannten Re- und Korrelation, verzichten würde. Zudem wäre die vielerorts geforderte Berichtigung der ständigen Wahlkapitulation zwar zu wünschen, doch könne man deswegen keinesfalls „das dem gesambten reich zu bevestigung dessen innerer ruhe so angelegene geschäfft der wahl“ aussetzen.¹²⁰ Etwa zwei Wochen später erhielten auch der Herzog von Württemberg, die Markgrafen von BrandenburgAnsbach und -Bayreuth sowie die hessischen Landgrafen, welche überwiegend auf eine weitreichende Mitsprache des Fürstenstands bei einer Königswahl drängten, den Würzburger Appell.¹²¹ An die katholischen Höfe in Augsburg, Baden-Baden, Bamberg, Eichstätt, Fulda, Konstanz und Speyer erging zusätzlich ein Postskriptum, worin Greiffenclau argumentierte, dass die protestantischen Stände bei neuen Verhandlungen über eine ständige Wahlkapitulation „viele der alten religion

118 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 291: Schreiben Boriés an Colloredo (Konzept), Würzburg 20. August 1752. Zu Folard siehe Bauer, Folard. Zur Gruppe der „korrespondierenden“ Fürsten siehe Friedrich, Drehscheibe, S. 264 – 269. 119 Zu den Empfängern zählten neben Kurtrier und Kurbraunschweig die geistlichen Reichsfürsten in Augsburg, Bamberg, Basel, Berchtesgaden, Corvey, Eichstätt, Fulda, Kempten, Konstanz, Lüttich, Passau, Salzburg und Speyer sowie Baden-Baden, Baden-Durlach, Hessen-Darmstadt, Sachsen-Gotha und Schwarzenberg. 120 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 291: Zirkularschreiben Greiffenclaus (Konzept), Würzburg 20., 21. und 22. August 1752. 121 Ibid.: Zirkularschreiben Greiffenclaus (Konzept), Werneck 12. und 13. September 1752.

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nachtheilige säze“ einbringen dürften, weswegen deren zeitnahe Beratung ohnehin von fragwürdigem Nutzen sei.¹²² Es zählte zu den Charakteristika der Regierungspraxis Greiffenclaus, sich in politischen Fragen mit zahlreichen Höfen auszutauschen und eine umfangreiche diplomatische Korrespondenz zu führen. Dahinter stand die grundsätzliche Überzeugung, ein gemeinsames Vorgehen mehrerer Reichsstände sei der Durchsetzung der eigenen wie der kollektiven Interessen förderlich, weshalb Greiffenclau im konkreten Fall mehrfach den Nutzen einhelliger Stellungnahmen propagierte und seinen Schreiben die entsprechenden Entwürfe gleich beilegte.¹²³ Diese, aus österreichischer Sicht mitunter auch kritisch beobachtete Verfahrensweise¹²⁴ stellte das Hochstift nun in den Dienst des kaiserlichen Hofs. Mehr noch, der Fürstbischof versicherte seinen Mitständen, dass „ihre kayserliche mayestät selbsten den sorgsambsten bedacht darauf nehmen“ das Fürstenkollegium „in einer anständigen […] arth“ am Wahlvorgang einzubeziehen und verkündete, durch eine „gefällige bezeigung“ würde der Fürstenstand „statt einer verminderung vielmehr die bestärckung seiner forderung […] erlange[n]“, womit er sich aus eigenem Antrieb als Fürsprecher des Wiener Hofs exponierte.¹²⁵ Für Wien bot das Würzburger Vorgehen noch einen weiteren Vorteil. Da Borié den Reichsvizekanzler ausführlich über die Reaktionen der angeschriebenen Höfe benachrichtigte,¹²⁶ erhielt man ein präzises Stimmungsbild über die Haltung zahlreicher Reichsstände zu den Königswahlplänen. Angesichts der akuten reichspolitischen Probleme, insbesondere des Königswahlprojekts und des württembergischen Rekurses gegen die Reichsritterschaft,¹²⁷ intensivierte Greiffenclau im Herbst 1752 die Zusammenarbeit mit dem benachbarten Hochstift Bamberg. Um eine gemeinsame Strategie zu entwickeln und die weitere Vorgehensweise beider Hochstifte beim Reichstag zu koordinieren, entsandte er zwei enge Vertraute, den Hofkriegsrats- und Hofkammerpräsident Adam Friedrich von Seinsheim und seinen Geheimen Referendär Borié an den Bamberger

122 Ibid.: Zirkularschreiben Greiffenclaus (Konzept), Würzburg 21. August 1752. 123 Ibid.: „ohnmaasgeblicher Vorschlag eines Conclusi des Reichsfürstlichen Collegii, welches der kay[serliche]n Principal Commission zuzustellen wäre“, o.O. o.D.; Schreiben Greiffenclaus an die Bischöfe von Augsburg, Bamberg, Eichstätt, Konstanz, Salzburg und Speyer (Konzept), o.O. 24. und 25. August 1752. 124 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 128: Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 6. Dezember 1752. Siehe auch Kap. IV.2.3. 125 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 291: Zirkularschreiben Greiffenclaus (Konzept), Würzburg 20., 21. und 22. August 1752. 126 Ibid.: Schreiben Boriés an Colloredo (Konzepte), o.O. 23. August 1752 und Werneck 9., und 24. September sowie 23. Oktober 1752. 127 Siehe Kap. IV.2.3.

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Hof. Der Bamberger Fürstbischof Johann Philipp von Franckenstein empfing die Würzburger Gesandtschaft in Zeil am Main, wo am 18. November eine entsprechende Konferenz abgehalten wurde.¹²⁸ Nachdem Borié aus der Würzburger Korrespondenz und dem von Colloredo übersandten Entwurf für das kaiserliche Kommissionsdekret an den Reichstag referiert und einen Würzburger Stimmvorschlag zur Diskussion gestellt hatte, setzte sich schließlich die Bamberger Position durch, woraufhin Änderungsempfehlungen am Kommissionsdekret inklusive einer Verankerung der umstrittenen Re- und Korrelation zwischen den Conclusa der Reichstagskollegien beschlossen wurden.¹²⁹ Obwohl bereits im Vorjahr Kritik an der beharrlichen Forderung Bambergs nach einer angemessenen Berücksichtigung des Fürstenstands in der Königswahlsache laut geworden war¹³⁰ und Würzburg einige Wochen zuvor reichsweit mit einem gegenteiligen Vorschlag hervorgetreten war, war es Fürstbischof Franckenstein, der ohnehin eine äußerst selbstbewusste Haltung hinsichtlich der Rechte der Reichsfürsten vertrat,¹³¹ anscheinend gelungen, die Emissäre des benachbarten Hochstifts von seinem Standpunkt zu überzeugen. Auch nachdem der österreichische Reichstagsgesandte Buchenberg gegenüber dem Bamberger Gesandten Johann Georg von Stingelheim Anfang Dezember heftige Anschuldigungen über das aus Wiener Sicht missliebige Verhalten seines Hofs erhob, wobei er auch „die jetzige unbeweglichkeit“, mit der in Bamberg auf eine „re- und correlation, es gehe auch wie es wolle“ bestanden würde,¹³² anprangerte, blieb der Fürstbischof stur.¹³³

128 Von Seiten Bambergs zählten neben Fürstbischof Franckenstein noch dessen Geheimer Referendär und Vizekanzler Oberkamp, Hofkammerpräsident Mauchenheim gen. Bechtolsheim, Obermarschall Bibra, Oberstallmeister Redwitz, der Geheime Rat Rotenhan und Hofrat Faber zu den Teilnehmern der Konferenz. 129 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 291: Konferenzprotokoll (Abschrift), Zeil 18. November 1752. Dazu auch die Schilderung des österreichischen Reichstagsgesandten Buchenberg: „nur allein Bamberg hat von seiner meynung, daß die re und correlation ohnumgänglich nöthig, und außer derselben denen fürstlichen gerechtsamen nicht sattsam vorgesehen seyn würde, bis anjetzo nicht abstehen wollen und mögte diese bambergische sondere meynung, bevorab da bey der jüngsthin mit Würtzburg gehaltenen zusammentrettung nicht nur über die ritterschafftlichen, sondern eben wohl über der römischen königs-wahl-sache sich besprochen worden ist, auch bey jetzt ernannten lezteren hoff, seinem selbstigen ehemahligem vorschlag zu wider vielleicht das übergewicht erhalten haben“, vgl. HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 128: Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 23. Dezember 1752. 130 StABa, HStB, NverzA 4648: Weisung Franckensteins an Bibra, Schloss Seehof 17. Oktober 1751. 131 Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 190. Siehe auch Kap. IV.2.3. 132 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 128: Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 6. Dezember 1752. 133 So wurde in der Geheimen Konferenzsitzung vom 26. Dezember ein Festhalten an der umstrittenen Re- und Korrelation beschlossen. Eine Kopie des durch den Geheimen Referendär

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Zu Beginn des Jahres 1753 rückte die unnachgiebige Haltung Bambergs in der Königswahlfrage vor der akuteren Problematik des Württembergischen Rekurses gegen die Reichsritterschaft, in der sich die kaiserlichen Gesandten und Minister Buchenberg und Widmann in langwierigen Auseinandersetzungen um eine Korrektur des Bamberger Votums bemühten, in den Hintergrund,¹³⁴ ehe das Projekt am von Frankreich und Preußen gesteuerten Widerstand des Pfälzer Kurfürsten Karl Theodor scheiterte.¹³⁵ Im Umgang der beiden Hochstifte mit dem – tatsächlich wohl bereits 1750 gescheiterten¹³⁶ – Königswahlprojekt offenbaren sich deutliche Unterschiede, welche sich nicht zuletzt auf die gezielt eingesetzte Wiener Klientelbildungspolitik zurückführen lassen. Der Würzburger Fürstbischof Karl Philipp von Greiffenclau scheute sich nicht, die an etlichen Fürstenhöfen erhobenen Mitwirkungsforderungen in einem reichsweit verschickten Appell offen zu hinterfragen und sich dabei zum Wohl des Reichs und des kaiserlichen Hofs und zu Lasten eigener Machtansprüche erstaunlich klar zu positionieren. Die treibende Kraft dahinter war der Würzburger Geheime Referendär Egid Valentin von Borié, der in einem Klientelverhältnis mit dem Wiener Hof stand,¹³⁷ was erklären könnte, warum Würzburg ohne erkennbare Gegenleistung nicht nur eigene Ansprüche aufgab, sondern sich auch bei anderen Reichsständen für einen Verzicht auf eine stärkere Beteiligung am Königswahlprojekt einsetzte. Im Vorgehen Würzburgs, sich dabei eng mit zahlreichen, insbesondere geistlichen Reichsfürsten abzustimmen, ja sogar gemeinsame Reichstagsvoten zu erarbeiten, lässt sich erneut die Bemühung um eine korporative Reichs- und Reichstagspolitik erkennen. Die maßgeblichen Entscheidungsträger in Bamberg, Fürstbischof Johann Philipp von Franckenstein, der Geheime Referendär Heinrich von Oberkamp und der Obermarschall und Reichstagsgesandte Johann Philipp von Bibra, zählten hingegen nicht zu Klienten des kaiserlichen Hofs, was sich in der deutlich selbstbewussteren Bamberger Reichstagspolitik niederschlug. Selbst nach der ausdrücklichen Kritik des österreichischen Reichstagsgesandten demonstrierten die Bamberger Akteure Durchsetzungsvermögen, indem sie auch weiterhin nicht von der Forderung nach einer signifikanten Beteiligung des fürstlichen Kollegiums abwichen.

Oberkamp erstellten Sitzungsprotokolls befindet sich in der Würzburger Akte zur Königswahl, vgl. StAWü, Würzburger Reichstagsakten 291: Protokoll der Geheimen Konferenzsitzung (Abschrift), Bamberg 26. Dezember 1752. 134 Siehe Kap. IV.2.3. 135 Rödel, Königswahl, S. 514 – 544; Aretin, Das Alte Reich Bd. 3, S. 48; Neuhaus, Königswahl, S. 45 – 47; Press, Friedrich der Große als Reichspolitiker, S. 268. 136 Aretin, Das Alte Reich Bd. 3, S. 47 f.; Neuhaus, Königswahl, S. 45. 137 Siehe Kap. III.5.1.

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IV Die Politik der Hochstifte Bamberg und Würzburg beim Reichstag

2.3 Interessenkonflikte – Die württembergische Attacke auf die Reichsritterschaft Zur Jahreswende 1749/1750 kulminierten jahrhundertealte Streitigkeiten des Herzogtums Württemberg mit der Reichsritterschaft im Südwesten des Reichs in einem Rekurs des Württemberger Herzogs Karl Eugen an den Reichstag, der die reichsunmittelbare Stellung der Reichsritterschaft in Frage stellte, was einem grundlegenden Angriff auf deren Existenz gleichkam. Der Württemberger Rekurs forderte nicht weniger als ein normativum imperii, ein vom Reichstag zu verabschiedendes Reichsgesetz zur grundsätzlichen Regelung des Verhältnisses zwischen der Reichsritterschaft und den Reichsfürsten, welches im Kern auf eine Unterwerfung der freien Reichsritter, die künftig als territoriale Untertanen gelten sollten, abzielte. Indem Württemberg den obersten Reichsgerichten, in denen die gut vernetzte Reichsritterschaft personell zahlreich vertreten war, Parteilichkeit vorwarf, rechtfertigte der Herzog die Einschaltung des Reichstags. Den Reichstag nun aber über die Einschränkung vom Kaiser gewährter Privilegien entscheiden zu lassen und dabei den Reichsgerichten gleichzeitig die Kompetenz abzusprechen, bedeutete nicht nur eine eklatante Provokation des Kaisers, sondern hatte das Potenzial für eine schwere Verfassungskrise, weshalb sich lediglich Brandenburg-Bayreuth und später noch Sachsen-Meiningen dem württembergischen Rekurs anschlossen.¹³⁸ Die Fürstbischöfe von Bamberg und Würzburg offenbarten in der Korrespondenz mit ihren Reichstagsgesandten ein ambivalentes Verhältnis zur Reichsritterschaft und den Württemberger Plänen. Einerseits war die eigene Position vollkommen klar. Da sich die Führungsschicht der Hochstifte größtenteils aus reichsritterschaftlichen Familien rekrutierte und beide Fürstbischöfe zu den Parteigängern des Kaisers zählten, mussten sie dem Rekurs entschieden entgegentreten. Allerdings konnten beide Landesherrn die Klagen des Herzogs über die andauernden Auseinandersetzungen mit den prozessfreudigen Reichsrittern anhand

138 Dietmar Willoweit, Rechtsgrundlagen der Territorialgewalt. Landesobrigkeit, Herrschaftsrechte und Territorium in der Rechtswissenschaft der Neuzeit (Forschungen zur deutschen Rechtsgeschichte, 11), Köln u. a. 1975, S. 327– 335; Volker Press, Der württembergische Angriff auf die Reichsritterschaft 1749 – 1754 (1770), in: Franz Quarthal (Hg.), Zwischen Schwarzwald und Schwäbischer Alb. Das Land am oberen Neckar (Veröffentlichung des Alemannischen Instituts Freiburg im Breisgau, 52), Sigmaringen 1984, S. 329 – 348; Thomas Schulz, Der Kanton Kocher der Schwäbischen Reichsritterschaft 1542 – 1805. Entstehung, Geschichte, Verfassung und Mitgliederstruktur eines korporativen Adelsverbandes im System des alten Reiches (Esslinger Studien/Schriftenreihe, 7), Esslingen am Neckar 1986, S. 125 – 129; Aretin, Das Alte Reich Bd. 3, S. 53 – 57; Michael Puchta, Mediatisierung „mit Haut und Haar, Leib und Leben“. Die Unterwerfung der Reichsritter durch Ansbach-Bayreuth (1792 – 1798) (Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, 85), Göttingen 2012, S. 77 f.

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eigener Erfahrungen in heterogenen Herrschaftsgebieten mit zahlreichen reichsritterschaftlichen Enklaven¹³⁹ durchaus nachvollziehen. Dennoch erklärte der Würzburger Fürstbischof Karl Philipp von Greiffenclau Anfang März 1750 hinsichtlich des Württemberger Rekurses, er könne sich „mit diesen allzu weith greifenden und in der folge noch weither gehenden principiis […] niehmahlen […] vereinbahren“.¹⁴⁰ In gleicher Weise drückte der Bamberger Fürstbischof Johann Philipp von Franckenstein seine Zuversicht aus, dass sich „mit uns noch manche andere geistliche fürsten […] geneigt werden erfinden lassen, durch ohntadelhafte mittel und ausweege denen ritterschaftlichen bedrohungen“ entgegen zu treten.¹⁴¹ Auf dem Reichstag trat das Würzburger Hochstift im März 1751 mit einem Vergleichsvorschlag hervor, den Fürstbischof Greiffenclau bereits am 17. Juli des Vorjahres an Herzog Karl Eugen geschickt hatte.¹⁴² Greiffenclau bestritt darin nicht, dass die Ritterschaft vielerorts „die schrancken ihrer zuständigkeiten […] weit überschritten habe“. Diese höchst unterschiedlich gelagerten Streitfälle könnten jedoch keineswegs in einer „allgemeine[n] geschäfftshandlung“ berichtigt werden, vielmehr befürworte er eine schiedliche Einigung, wozu beide Streitparteien Deputationen einsetzen sollten, die „sub auspiciis caesareis“ unter der Aufsicht eines kaiserlichen Kommissars über die Konfliktgegenstände zu beraten hätten, womit das Hochstift bislang gute Erfahrungen gemacht hätte.¹⁴³ Wie der österreichische Reichstagsgesandte Buchenberg ausführte, bestach der Würzburger Vorschlag dadurch, dass zahlreiche Reichsstände, die im Fall einer Abstimmung für den Württemberger Rekurs stimmen würden, für eine solche Mediation zu gewinnen wä-

139 Rudolf Endres, Staat und Gesellschaft. Zweiter Teil: 1500 – 1800, in: Andreas Kraus – Max Spindler (Hg.), Handbuch der Bayerischen Geschichte Bd. III, 1. Geschichte Frankens bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts, München 1997, S. 702 – 782, hier S. 739 – 748. 140 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 83: Weisung Greiffenclaus an Fechenbach, Würzburg 8. März 1750. 141 StABa, HStB, NverzA 4647: Weisung Franckensteins an Bibra, Bamberg 4. März 1750. 142 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 123: Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 16. März 1751. 143 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 76: Schreiben Greiffenclaus an Herzog Karl Eugen (Abschrift), Würzburg 17. Juli 1750. Einen ähnlichen Vorschlag hatte der österreichische Gesandte bereits 1704 im Zusammenhang mit einem ähnlichen Württemberger Rekurs gegen die Reichsritterschaft aufgeworfen, worauf sich das Hochstift nun ausdrücklich bezog. Wie der österreichische Gesandte später berichten sollte, hatte Würzburg keine derartigen Vergleichshandlungen zu Ende gebracht. Die im Schreiben an den Herzog erwähnten positiven Erfahrungen seien „nur lediglich für einen frisch gewagten coup de plume des […] dortigen geheimden referendarii anzusehen“, vgl. HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 124: Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 29. Juni 1751.

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ren.¹⁴⁴ In Wien wurde das Würzburger Modell zum Gegenstand einer eigens einberufenen Konferenz, wobei es prinzipiell Zustimmung fand, sofern die Beratungen nicht beim Reichstag, sondern am kaiserlichen Hof geführt würden.¹⁴⁵ Nachdem in Regensburg noch weitere, im Wesentlichen ähnliche Vergleichsvorschläge diskutiert worden waren,¹⁴⁶ verlegte der Wiener Hof seine Strategie mit Erfolg darauf, das Verfahren unter Mithilfe des Mainzer Reichstagsgesandten zugunsten der Reichsritterschaft zu verzögern. Erst im Juni 1752 beugte sich Lincker dem Druck verschiedener Reichsstände und brachte den württembergischen Rekurs zur Diktatur.¹⁴⁷ Für Aufsehen und heftige Kritik von Seiten der kaiserlichen Exponenten in Regensburg sorgte im November 1752 der in einer Konferenz zwischen Bamberg und Würzburg am 18. November in Zeil am Main gefasste gemeinsame Stimmentwurf.¹⁴⁸ Buchenberg zeigte sich besonders verärgert über zwei kritische Formulierungen, welche zuvor bereits von Reichsvizekanzler Colloredo gegenüber dem Würzburger Referendär Borié angemahnt worden waren. Dem Votum zufolge wären die Beschwerden gegen die Rechtsprechung der obersten Reichsgerichte durchaus gerechtfertigt und ein neues Reichsnormativ zwar nicht notwendig, jedoch müssten einige „nicht erklecklich oder ohnlauter[e] und dunkel[e]“ Aspekte zulasten der Reichsstände in den Reichssatzungen geprüft werden.¹⁴⁹ Wie im Konferenzprotokoll vom 18. November festgehalten wurde, wollten die Hochstifte eine Beeinträchtigung der reichsritterschaftlichen Rechte durch eine grundsätzliche Entscheidung zwar unbedingt vermeiden, sich jedoch zur Wahrung der eigenen „ständischen befügnüssen […] wenigstens die thür zu[r] […] nothdürfftigen beschwerführung […] offen behalte[n]“.¹⁵⁰ Der österreichische Reichstagsgesandte erachtete den Entwurf für umso gefährlicher, da selbiger „nach der sonderheitlich zu Würtzburg angenommenen gewohnheit alsobald an andere höfe […] zu erhal-

144 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 123: Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 16. März 1751. 145 HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 1: Weisung an Buchenberg und den kurböhmischen Reichstagsgesandten Frankenberg (Konzept), Pressburg 19. Mai 1751. 146 HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 13: Bericht Frankenbergs an Maria Theresia, Regensburg 30. Juni 1751; HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 124: Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 14. Juli 1751. 147 Aretin, Das Alte Reich Bd. 3, S. 56; Press, Reichsritterschaft, S. 341 f. 148 StABa, HStB, NverzA 4648: „Zufälliger Gedanken einer Ständischen Öffnung in der respectivè Würtenbergischen und Ritterschaftlichen Sache“, [Zeil 18. November 1752]. 149 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 128: Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 6. Dezember 1752. 150 StABa, HStB, NverzA 4648: Nebenprotokoll (Abschrift), Zeil 18. November 1752.

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tung der gleichförmigkeit mitgetheilt worden, deren einige leichtlich sich dadurch irr machen“ lassen könnten.¹⁵¹ Mit drastischen Worten wandte sich Buchenberg an die hochstiftischen Reichstagsgesandten Fechenbach und Stingelheim und verkündete, dass dieses Votum „allerhöchster orthen […] als für eines deren widrigsten und gehässigsten […] aufgenommen werden würde“. Bemerkenswert ist die kaum verhohlene Drohung des österreichischen Gesandten, „omnimoda libertas votandi stünde zwar gantz billig und ungekränckt einem jeden stand zu, dem kayserlichen hoff aber auch hinwiederum omnimoda libertas, von der gesinnung eines standes zu glauben, oder nicht zu glauben, was ihme aus denen ablegenden günstigen oder ungünstigen mehr oder weniger anstössigen stimmen vorkäme“.¹⁵² In geradezu zynischer Weise hatte Buchenberg den beiden Domherrn mit Verweis auf die reichsständische Wahlfreiheit die Aporie hochstiftischer Politik beim Reichstag dargelegt. Die Warnung, der Kaiser könne die Hochstifte den „widriggesinnten“ Reichsständen zurechnen, wog aus Perspektive eines geistlichen Fürstentums schwer. Die Reaktion der beiden Fürstbischöfe auf die entsprechenden Berichte ihrer Reichstagsgesandten fiel dennoch unterschiedlich aus. Während Fechenbach bereits am 9. Dezember 1752 eine um beide Formulierungen entschärfte Version des strittigen Stimmentwurfs erhielt, den er mit den kaiserlichen und vertrauteren Gesandten abstimmen sollte,¹⁵³ tat man sich am Bamberger Hof mit der Aufgabe der eigenen Ansprüche schwer. Fürstbischof Franckenstein wies Stingelheim an, sein sorgfältig erarbeitetes Votum, dass weder die kaiserlichen Zuständigkeiten noch die reichsritterschaftlichen Rechte beschränke und dennoch eine „ständische sprache […] führe[ ]“, gegenüber Buchenberg zu verteidigen.¹⁵⁴ Daraufhin reiste der kaiserliche bevollmächtigte Minister beim Fränkischen Reichskreis Johann Wenzel von Widmann nach Bamberg, um persönlich Änderungen am Stimmentwurf des Fürstbischofs zu veranlassen.¹⁵⁵ Auf die Bitte Widmanns hin nahm sich anschließend Buchenberg der Sache an. Der österreichische Reichstagsgesandte befand, dass der Bamberger Entwurf noch immer zu sehr auf ein 1704 gefasstes, vom Kaiser jedoch nicht ratifiziertes Reichsgutachten über die Beschneidung der ritterschaft-

151 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 128: Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 6. Dezember 1752. 152 Ibid.: Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 6. Dezember 1752. 153 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 83: Weisung Greiffenclaus an Fechenbach, Würzburg 9. Dezember 1752. 154 StABa, HStB, NverzA 4648: Weisung Franckensteins an Stingelheim, Bamberg 29. Dezember 1752. 155 Ibid.: Weisung Franckensteins an Stingelheim mit beigefügtem Stimmentwurf samt der durch Widmann geforderten Abänderungen, Bamberg 29. Januar 1753.

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lichen Privilegien abzielte, was er in einem Schreiben an den Bamberger Obermarschall Bibra monierte.¹⁵⁶ Erst nach zwei weiteren Fassungen, an denen jedes Mal einige Passagen und Formulierungen bemängelt worden waren, zeigte sich Buchenberg Ende März 1753 mit dem Bamberger Votum einigermaßen zufrieden, ohne sich einen Seitenhieb auf die langwierigen Verhandlungen mit den hochstiftischen Entscheidungsträgern zu verkneifen: Man müsse den „bewandten umständen nach und da man es mit leuthen zu thun gehabt, welche sonsten von ihren vorgefassten meynungen so leicht nicht abzugehen pflegen und noch dazu von irrigen principis verschiedentlich eingenommen seind, allerdings zu frieden […] seyn […], es wenigstens soweit gebracht zu haben, daß eröffnetes votum sich nunmehr unter die günstigen mit zehlen lasset“.¹⁵⁷ Als der Württemberger Rekurs am 10. und 13. Juli 1753 beim Reichstag beraten wurde, wiesen die Reichsstände mit großer Mehrheit die Forderung nach einem Normativ zurück und bestätigten die Zuständigkeit des Kaisers und des Reichshofrats zur Klärung der Streitigkeiten, wobei sowohl die Rechte der Reichsritterschaft als auch der Stände zu wahren seien.¹⁵⁸ Auch die hochstiftischen Gesandten Fechenbach und Stingelheim zählten zu denjenigen, denen Buchenberg auf Befehl des Staatskanzlers Kaunitz für ihre konstruktive Mitwirkung am aus Wiener Sicht so positiven Ausgang der Abstimmung ausdrücklich dankte.¹⁵⁹ Im Vorgehen der beiden Hochstifte hinsichtlich des Württembergischen Rekurses gegen die Reichsritterschaft lassen sich unübersehbare Parallelen zum Verfahren hinsichtlich des Königswahlprojekts feststellen. Nachdem Würzburg zunächst erneut eine vermittelnde Rolle eingenommen hatte, verständigten sich die Fürstbischöfe von Bamberg und Würzburg im Rahmen einer bilateralen Konferenz 156 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 129: Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 10. Februar 1753. Zum Reichsgutachten vom 4. Juni 1704 siehe Puchta, Mediatisierung, S. 76; Schulz, Kanton, S. 119 – 121. 157 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 129: Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 29. März 1753. 158 Press, Reichsritterschaft, S. 343; HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 130: Reichsfürstenratsprotokoll vom 13. Juli und Conclusum vom 23. Juli 1753. 159 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 130: Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 29. Juli 1753. Nicht zuletzt Fechenbach hatte seinen Teil dazu beigetragen, dass die Abstimmung so deutlich nach der kaiserlichen Intention ausfiel. Als wenige Tage vor der Abfassung des Conclusums bekannt wurde, dass die bayerischen Gesandten Neuhaus und Schneidt die Weisung erhalten hätten, nach sächsischem Vorbild auf die Berücksichtigung des vom Kaiser nicht ratifizierten Reichsgutachtens von 1704 zu drängen, reisten Fechenbach und Schneidt zum Landgut des kurbayerischen Konferenzministers Joseph Franz von Seinsheim, einem engen Freund Fechenbachs, der signalisierte, sich in München für eine Abänderung des Votums einsetzen zu wollen, vgl. HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 17: Bericht des kurböhmischen Reichstagsgesandten Seilern an Maria Theresia, Regensburg 21. Juli 1753.

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darauf, ihre kollektiven Interessen einvernehmlich beim Reichstag zu vertreten. Die Reaktion auf die Intervention des österreichischen Reichstagsgesandten verdeutlicht aber, dass es den Hochstiften nicht gelang, ihre Belange gemeinsam und nachdrücklich auch gegenüber dem Wiener Hof zu vertreten. Auffällig ist jedoch, dass die Bamberger Akteure ihre Interessen deutlich entschiedener artikulierten, was auch im folgenden Kapitel deutlich wird. Eigeninteressen konnten also im Einzelfall die prokaiserliche Grundhaltung als Norm hochstiftischer Reichstagspolitik überwiegen.

2.4 Einflussmöglichkeiten und Handlungsspielräume der Gesandten – Bamberger Widerstand gegen die Introduktion des Fürsten von Thurn und Taxis in den Reichsfürstenrat Zweifelsohne stellte die Berichterstattung der Reichstagsgesandten die wichtigste Entscheidungsgrundlage für die hochstiftische Reichstagspolitik dar. Dies verlieh den Gesandten ein nicht unerhebliches Gewicht innerhalb des politischen Entscheidungsprozesses, da sie nicht nur die Auswahl über die zu berichtenden Nachrichten trafen, sondern diese häufig auch direkt einer Wertung unterzogen und ihre, an den Bischofssitzen meist hoch geschätzte, fachkundige Meinung dazu äußerten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Gesandten eben keine neutralen Beobachter des Reichstagsgeschehens waren, sondern ihre „individuellen Loyalitäten“, ihre Einbindung in Netzwerke, Patronage- und Klientelverhältnisse zu einer intentionalen und tendenziösen Berichterstattung führen konnten.¹⁶⁰ Diese Prämisse und ihre Auswirkungen werden deutlich sichtbar im Rahmen der Vorgänge um die Introduktion des Fürsten von Thurn und Taxis in den Reichsfürstenrat. Die Thurn und Taxis, deren Wohlstand und Einfluss auf dem Reichspostgeneralat beruhte, zählten zu den wichtigsten kaiserlichen Klienten im Reich. Nach knapp zehnjährigen Bemühungen hatte Kaiser Leopold I. die Thurn und Taxis 1695 in den Reichsfürstenstand erhoben.¹⁶¹ Als problematisch erwies sich nun die Divergenz zwischen dem als probatem politischen Instrument durchaus großzügig eingesetzten Erhebungsrecht des Kaisers und dem „wesentlich restriktiver geübten, den kaiserlichen Initiativen nur zögernd, gelegentlich schubweise folgenden Kooptationsrecht für den Reichsfürstenrat durch seine Mitglieder […].“¹⁶² Erst die 160 Friedrich, Drehscheibe, S. 321 – 335. 161 Peter Styra, Eine Karriere durch die Post. Die Standeserhebungen des Hauses Thurn und Taxis (Thurn und Taxis Studien. Neue Folge, 4), Regensburg 2013, S. 56 – 73. 162 Thomas Klein, Die Erhebungen in den weltlichen Reichsfürstenstand 1550 – 1806, in: BDLG 122 (1986), S. 137– 192, hier S. 139.

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Aufnahme mit Sitz- und Stimmrecht in den Reichsfürstenrat erlaubte den bereits von den Zeitgenossen so bezeichneten „neuen“ Fürsten¹⁶³ die aktive Partizipation am Reichstagsgeschehen und stellte sie damit den altfürstlichen Häusern gleich, welche wiederum die Aufnahme weiterer Fürsten in den Reichsfürstenrat zu verhindern suchten.¹⁶⁴ Nach jahrzehntelangen, mit unterschiedlicher Intensität betriebenen Bemühungen der Fürsten von Thurn und Taxis, die Introduktion in das fürstliche Kollegium zu erlangen, forcierte Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis die Aufnahme seit den 1740er Jahren.¹⁶⁵ Dabei durfte Thurn und Taxis, der bereits unter Kaiser Karl VII. zwei Jahre als Prinzipalkommissar fungiert hatte und dieses Amt seit 1748 erneut bekleidete, auf die Hilfe des Wiener Hofs bauen, der sich mit erheblichem Ressourceneinsatz für seinen Klienten verwendete.¹⁶⁶ Mitte März 1748 hatte der Bamberger und Würzburger Reichstagsgesandte Johann Philipp von Bibra seinen Prinzipalen erstmals von den Introduktionsbestrebungen des Fürsten von Thurn und Taxis berichtet. Sowohl Fürstbischof Johann Philipp von Franckenstein in Bamberg als auch der Würzburger Fürstbischof Anselm Franz von Ingelheim waren dabei der Argumentation Bibras gefolgt, wonach die Aufnahme weiterer Häuser in das fürstliche Kollegium zwangsläufig einen Bedeutungsverlust für die Voten der altfürstlichen Häuser und der Erz- und Hochstifte mit sich brächte und daher in gemeinsamer Zusammenarbeit zu verhindern sei.¹⁶⁷ Dies war der Auftakt für die mehrjährigen leidenschaftlichen Be-

163 Seit dem Westfälischen Frieden bis 1754 waren insgesamt zwölf „neue“ Fürsten in den Reichsfürstenrat introduziert worden. Es handelte sich um die Häuser Auersperg, Dietrichstein, Fürstenberg, Hohenzollern, Liechtenstein, Lobkowitz, Nassau-Diez, Ostfriesland, Salm, Schwarzburg, Schwarzenberg sowie Thurn und Taxis. Zu den alt(welt)fürstlichen Häusern zählten die Erzherzöge von Österreich, die Fürsten von Anhalt, die Markgrafen von Baden und Brandenburg, die Herzöge von Braunschweig, Holstein, Mecklenburg, Pommern, Sachsen, Savoyen und Württemberg, die Landgrafen von Hessen und die Pfalzgrafen bei Rhein, wobei sich nicht alle der Genannten, wie beispielsweise Österreich, selbst zum Kreis der altfürstlichen Häuser im Reichsfürstenrat rechneten, vgl. Johann Jacob Moser, Von denen Teutschen Reichs-Ständen […], Frankfurt am Main 1967, S. 549 f.; Klein, Die Erhebungen in den weltlichen Reichsfürstenstand 1550 – 1806, S. 138; Rohrschneider, Reichstag, S. 246. 164 Harry Schlip, Die neuen Fürsten. Zur Erhebung in den Reichsfürstenstand und zur Aufnahme in den Reichsfürstenrat im 17. und 18. Jahrhundert, in: Volker Press – Dietmar Willoweit (Hg.), Liechtenstein – Fürstliches Haus und staatliche Ordnung. Geschichtliche Grundlagen und moderne Perspektiven, Vaduz u. a. 1987, S. 249 – 292, hier S. 250 – 258, 271. 165 Styra, Karriere, S. 122 – 135. 166 Rohrschneider, Reichstag, S. 245 – 271; Rohrschneider, Klientelpolitik auf dem Immerwährenden Reichstag: Das Beispiel der Introduktion des Fürsten von Thurn und Taxis in den Reichsfürstenrat 1754. 167 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 402: Bericht Bibras an Franckenstein, Regensburg 12. März 1748; StAWü, Würzburger Reichstagsakten 275: Bericht Bibras an Ingelheim, Regensburg 12. März 1748;

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mühungen des hochstiftischen Gesandten, die Zustimmung seiner Fürstbischöfe zur Introduktion zu verhindern. Bei der Frage nach Bibras Motiven gelangt man rasch zu seinem persönlichen Netzwerk in Regensburg. Bibra pflegte eine enge Freundschaft mit dem HessenDarmstädter Reichstagsgesandten Joachim Ludwig von Schwarzenau, der neben der Landgrafschaft noch weitere altfürstliche Häuser beim Reichstag vertrat.¹⁶⁸ Schwarzenau organisierte den Widerstand der altfürstlichen Reichsstände und galt aus österreichischer Sicht als einer der gefährlichsten Agitatoren gegen das Introduktionsvorhaben. Ihm zur Seite stand in August Ludwig von Wülcknitz ein weiterer Protagonist der „Widriggesinnten“, der ebenfalls die Voten mehrerer Altfürstlichen führte und auch zu Bibras Kontakten zählte.¹⁶⁹ Schließlich unterhielt der Bamberger und Würzburger Reichstagsgesandte noch ein enges und vertrauliches Verhältnis zum kaiserlichen Konkommissar Carl Joseph von Palm, der trotz seiner Stellung Vorbehalte gegen die Introduktion hatte und den Hauptkritikpunkt der Altfürstlichen, Thurn und Taxis verfüge nicht über das notwendige immediate, reichsfürstliche Territorium, anerkannte. Der Prinzipalkommissar, dessen Beziehung zu Palm ohnehin zerrüttet war, betrachtete diesen als entschiedenen Widersacher seiner Aufnahme in den Reichsfürstenrat und insistierte beim Wiener Hof auf der Abberufung des Konkommissars, woraufhin Palm im Sommer 1754 sein Amt niederlegen musste.¹⁷⁰ Wie Schwarzenau begegnete auch Bibra dem Fürsten von Thurn und Taxis in offener Feindschaft, was zur strikten Ablehnung der Rangerhöhung seines Antipoden beitrug. Mitte März 1753 berichtete der mittlerweile von Bibra substituierte Regensburger Domdechant Johann Georg von Stingelheim nach Bamberg, Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis bereite die baldige Proposition seines Admissionsgesuchs im Reichsfürstenrat vor und werbe unter den Gesandtschaften bereits um Unterstützung.¹⁷¹ Wenige Tage später trat ein Geheimer Rat des Fürsten an Stingelheim heran und bat ihn, den Fürstbischof um eine beifällige Instruktion zu ersuchen, wobei er auf die 1744 geäußerte Zustimmung des vormaligen Bamberger Fürstbischofs Friedrich Karl von Schönborn verwies.¹⁷² Fürstbischof Franckenstein ließ daraufhin vielsagend verlauten, sein demnächst nach Regensburg reisender

StABa, HStB, NverzA 4647: Weisung Franckensteins an Bibra, Bamberg 17. März 1748; StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 71: Weisung Ingelheims an Bibra, Würzburg 23. März 1748. 168 Siehe Kap. III.3.1. und III.4.3. 169 Rohrschneider, Reichstag, S. 256 – 258. 170 Ibid., S. 92 – 97, 269 – 271. Siehe auch Kap. III.6.3. 171 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 425: Bericht Stingelheims an Franckenstein, Regensburg 17. März 1753. 172 Ibid.: Bericht Stingelheims an Franckenstein, Regensburg 13. April 1753.

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Obermarschall Bibra werde Stingelheim „die meinige hierüber heegende gedancken […] eröffnen und in der folge wird sich […] zu ergeben haben, in wie weit dieses gesuch […] zu unterstüzen seyn mögte“.¹⁷³ Zuvor hatte Franckenstein am 4. April auf die Zuschrift des Prinzipalkommissars ausweichend geantwortet, er müsse vor einer positiven Zusage „die wegen denen […] verschiedenen introductionen weitwendig verhandelte[n] urkunden […] fordersamst nachschlag[en] lasse[n].“¹⁷⁴ Ganz anders als in Bamberg fanden die Introduktionsbemühungen des Fürsten Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis unter den maßgeblichen würzburgischen Akteuren breite Unterstützung. Der Würzburger Reichstagsgesandte Johann Philipp von Fechenbach, der dem Prinzipalkommissar und seiner Gemahlin freundschaftlich eng verbunden war, engagierte sich für dessen Vorhaben, indem er es in Würzburg, aber auch, wenngleich vergeblich, seinem Vetter Franckenstein in Bamberg nachdrücklich anempfahl.¹⁷⁵ Auf ein entsprechendes Gesuch Thurn und Taxis‘ vom 16. März 1753 versicherte der Würzburger Fürstbischof Karl Philipp von Greiffenclau seine bereitwillige Unterstützung für dessen Introduktion und instruierte seinen Reichstagsgesandten demgemäß.¹⁷⁶ Obwohl sich Greiffenclau einem Bericht des böhmischen Legationssekretärs Ferdinand Jungen zufolge für seine klare Position den Drohungen einiger altfürstlicher Häuser ausgesetzt sah,¹⁷⁷ blieb er zur Freude des Wiener Hofs, der die Introduktion seines Klienten vehement vorantrieb,¹⁷⁸ fest bei seinem Entschluss. Für Aufsehen sorgte hingegen der Bamberger Reichstagsgesandte Bibra, als er Mitte August 1753 als einziger Gesandter eines „wohlgesinnten“, noch dazu geistlichen Reichsstands an einer Konferenz der altfürstlichen Gesandtschaften teilnahm, in der sich die Anwesenden zu einmütigem Widerstand gegen die thurn und taxi-

173 StABa, HStB, NverzA 4649: Weisung Franckensteins an Stingelheim, Schloss Seehof 16. Mai 1753. 174 FTTZA, HFS 890: Schreiben Franckensteins an Thurn und Taxis, Bamberg 4. April 1753. 175 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 292: Schreiben Fechenbachs an Greiffenclau, Regensburg 19. und 22. April 1753; StABa, HStB, NverzA 4649: Schreiben Franckensteins an Fechenbach (Abschrift), Bamberg 4. April 1753 176 FTTZA, HFS 890: Schreiben Greiffenclaus an Thurn und Taxis, Würzburg 26. April 1753; StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 84: Postskriptum Greiffenclaus an Fechenbach, Würzburg 26. April 1753. 177 HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 18: Bericht Jungens an Colloredo, Regensburg 9. Oktober 1753. 178 Rohrschneider, Reichstag, S. 245 – 271; Rohrschneider, Klientelpolitik auf dem Immerwährenden Reichstag: Das Beispiel der Introduktion des Fürsten von Thurn und Taxis in den Reichsfürstenrat 1754.

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schen Aufnahmepläne verabredeten.¹⁷⁹ Franckensteins Nachfolger Franz Konrad von Stadion schrieb daraufhin Ende August an Stingelheim, er werde sich von den Prinzipien der altfürstlichen Häuser und somit „auch von jenen in dieser gleichförmigkeit […] von dem unserigen obermarschalln und reichs-tags-gesanden monirten bedingnüßen nicht […] trennen“.¹⁸⁰ Bibra hatte erneut einen Fürstbischof von den Nachteilen der thurn und taxisschen Introduktion überzeugt. Als problematisch sollte sich für das Hochstift Bamberg die ungünstige Konstellation erweisen, dass es wegen des Kreisdirektorialstreits¹⁸¹ einerseits auf Hilfe aus Wien, aber auch auf einige altfürstliche Stimmen angewiesen war, sich andererseits aber der von den kaiserlichen Gesandten zunehmend ungeduldiger angemahnten Unterstützung für das Introduktionsgesuch verweigerte. Wann immer Bibra auf Drängen seines Fürstbischofs Buchenberg und Seilern bat, sich in Wien nach ihren ausstehenden Instruktionen zu erkundigen, erinnerten diese den Bamberger Gesandten an die missliebige Haltung seines Hochstifts in der Introduktionsfrage.¹⁸² Am kaiserlichen Hof war man sich der Bamberger Zwangslage bewusst und bereit, diese im eigenen Interesse zu nutzen: Obwohl „der hiesige hoff bey diesem directorial handel allzu wesentlich interessiret seye, um Bamberg fallen lassen zu können […], [sei] dem bambergischen gesandten […] verstehen [zu] geben, wie es dem bischoffen […] gefallen würde, wann der kayserliche hoff die bambergische wiedrige bezeugung in der taxischen sach demselben in seiner eygenen […] directorial angelegenheiten erwiederen wolte“.¹⁸³ Trotz des erhöhten Drucks versuchte sich der Bamberger Hof zu Beginn des Jahres 1754 an einer Gratwanderung. Zwar hatte Bibra am 14. Januar die Vollmacht erhalten, der Introduktion im Namen des Fürstbischofs zuzustimmen, sofern er wahrnehmen sollte, dass eine weitere Zurückhaltung keinen Nutzen, sondern nur die „gehässigkeit des kaiserlichen hofes“ zur Folge hätte.¹⁸⁴ Auf Bibras Bericht, die Gesandten Kurbraunschweigs, Baden-Durlachs und Hessen-Darmstadts, deren Unterstützung man im Kreisdirektorialstreit benötige, würden ihn „täglich an-

179 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 130: Bericht Buchenbergs an Maria Theresia, Regensburg 17. August 1753. 180 StABa, HStB, NverzA 4649: Weisung Stadions an Stingelheim, Bamberg 24. August 1753. 181 Siehe Kap. IV.2.6. 182 Z. B. StABa, HStB, NverzA 4649: Weisung Stadions an Bibra, Bamberg 29. Dezember 1753; HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 18: Bericht Seilerns an Maria Theresia, Regensburg 6. Dezember 1753; HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 19: Bericht Seilerns an Maria Theresia, Regensburg 15. Februar 1754. 183 HHStA, StK, DK, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 2: Weisung an Seilern (Konzept), Wien 7. Januar 1754; Rohrschneider, Reichstag, S. 267. 184 StABa, HStB, NverzA 4649: Weisung Stadions an Bibra, Bamberg 14. Januar 1754.

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IV Die Politik der Hochstifte Bamberg und Würzburg beim Reichstag

mahnen, von denen ihrigen […] principiis nicht abzuweichen“,¹⁸⁵ erging am 20. Januar die Weisung, Bibra habe sich so lange wie möglich neutral zu verhalten und nur bei einem kurzfristigen Einlenken der altfürstlichen Häuser auf die kaiserliche Linie „nicht eben der lezte“ zu sein.¹⁸⁶ Als sich jedoch abzeichnete, dass die Introduktionsfrage beim Reichstag vor den hochstiftischen Direktorialbefugnissen zur Abstimmung gelangen würde und Fürstbischof Stadion sowohl durch Widmann als auch durch Reichsvizekanzler Colloredo in deutlichen Worten zur Räson gerufen wurde, hatte man sich in Bamberg den politischen Realitäten zu stellen. Am 28. Februar 1754 unternahm Bibra noch einen Versuch, ein entgegenkommendes fürstbischöfliches Schreiben an Colloredo zu verhindern. Mit verbitterten Worten äußerte er sich über den kaiserlichen Hof, der es dem Bischof zumute, sich „gegen reichsgrundgesätze, gegen die verbindung, in welcher die correspondirende[n] fürstlichen höffe miteinander stehen, gegen euer hochfürstlichen gnaden eigene anständigkeit zu ihro und ihres hochstiffts augenscheinlichen nachtheil und verringerung des ansehens und gewichts ihrer reichstägigen stimme […] [ein] voto zu erkauffen“. Sein Widerstand sei im Übrigen nicht auf „eine alte gehässigkeit gegen den fürsten von Taxis“ zurückzuführen, sondern richte sich gegen alle neuen Introduktionen, wobei die Aufnahme des Prinzipalkommissars den Reichsgesetzen in besonderem Maß zuwiderlaufe. Schließlich brachte Bibra die abstruse Idee vor, den kaiserlichen Gesandten mit einer Abberufung der bambergischen Reichstags- und Kreistagsgesandtschaften zu drohen, falls deren Instruktionen in der Kreisdirektorialsache nicht in den nächsten 14 Tagen eintreffen sollten.¹⁸⁷ Spätestens der absurde Vorschlag, den Wiener Hof mit einem Ultimatum zur Unterstützung zwingen zu können, musste in Bamberg gewisse Zweifel an Bibras Wahrnehmungs- und Einschätzungsvermögen aufkommen lassen. Als in Bamberg ein Schreiben des Reichsvizekanzlers vom 7. März 1754 eintraf, worin der Fürstbischof erneut aufgefordert wurde, das thurn und taxissche Gesuch zu befürworten,¹⁸⁸ nahm Franz Konrad von Stadion dies zum Anlass, die Geheime Konferenz über die Haltung des Hochstifts in der Introduktionsangelegenheit beraten zu lassen. Im Beisein des Fürstbischofs und der führenden Mitglieder des Domkapitels sowie der hochstiftischen Verwaltung wurde der endgültige Entschluss gefasst, Bibra habe im Fall einer Abstimmung „ad majora“ und damit für die Aufnahme des fürstlichen Hauses Thurn und Taxis in den Reichsfürstenrat zu stimmen 185 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 430: Bericht Bibras an Stadion, Regensburg 16. Januar 1754. 186 StABa, HStB, NverzA 4649: Weisung Stadions an Bibra, Bamberg 20. Januar 1754. 187 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 430: Bericht Bibras an Stadion, Regensburg 28. Februar 1754. 188 HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 38, Bl. 163r.–164v.: Schreiben Colloredos an Stadion (Konzept), Wien 7. März 1754.

2 Im Zeichen der Krise – Hochstiftische Reichstagspolitik in den 1750er Jahren

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und sich ansonsten „stetshin an ihro kayserliche mayestät […] ohntrennlich an[zu] schließen […] zumahlen ohnehin auf der alt-fürstlichen häußeren […] unterstüzung in der directorial-sache keine sichere rechnung zu machen seye“.¹⁸⁹ Als Fürstbischof Stadion seinen Reichstagsgesandten davon benachrichtigte, kam es zum Eklat. Bibra erklärte, er könne den Entschluss nicht anders deuten, als dass seinen Berichten „trauen und glauben entzogen“ worden sei, weshalb er in Anbetracht des fürstbischöflichen Misstrauens und seiner schwachen Gesundheit um seine baldige Entlassung bat.¹⁹⁰ Freilich galt Bibra trotz seiner wohl von persönlicher Antipathie geleiteten Fehleinschätzungen und seiner fast vollständigen Erblindung weiterhin als versierter Diplomat, der aufgrund der fortgeschrittenen Vergleichsverhandlungen im Kreisdirektorialstreit auf seinem Regensburger Posten unverzichtbar war. Der Bamberger Fürstbischof ließ per Weisung verlauten, zwischen einer abweichenden Meinung und einem Vertrauensentzug bestünde ein beträchtlicher Unterschied und Bibra habe es gleichgültig zu sein, ob er einen mit seiner Meinung „gleichförmigen oder aber davon abweichenden befehl zu vollziehen“ habe. Von einem Vertrauensverlust könne keine Rede sein, vielmehr habe Bibra die „obliegenheiten eines rechtschaffenen und einsichtigen ministri auf das vollkommeste erschöpfet“.¹⁹¹ Bibra schien sich daraufhin wieder beruhigt zu haben. Zwar suchte er am 30. März erneut um seine Abberufung an, bat jedoch im Bewusstsein der Aussichtslosigkeit seines Gesuchs alternativ um die Erlaubnis, während der Reichstagsferien nach Bamberg reisen zu dürfen.¹⁹² Nach den Ferien und einer Audienz beim Fürstbischof kehrte Bibra nach Regensburg zurück, wo er bis zum Abschluss der Verhandlungen mit den Gesandten der Markgrafen von Ansbach und Bayreuth blieb. Als am 6. Mai 1754 die Introduktion des Fürsten von Thurn und Taxis, aus religionsparitätischen Gründen gemeinsam mit dem fürstlichen Haus Schwarzburg, beim Reichstag zur Abstimmung gestellt wurde, fiel das Bamberger Votum zwar positiv, doch vergleichsweise nüchtern aus: „seine hochfürstlichen gnaden zu Bamberg wolten bewandten umständen nach und bey diesem besonderen fall denen sich ergebenden mehreren stimmen beitreten. Ulteriora reservando“.¹⁹³

189 StABa, HStB, NverzA 4649: Weisung Stadions an Bibra, Bamberg 17. März 1754; StABa, HStB, Geheime Kanzlei 431: Konferenzprotokoll vom 16. März 1754 (Abschrift). 190 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 431: Bericht Bibras an Stadion, Regensburg 20. März 1754. Aus gesundheitlichen Gründen hatte Bibra bereits am 11. März um seine Demission nachgesucht, vgl. StABa, HStB, Geheime Kanzlei 431: Bericht Bibras an Stadion, Regensburg 11. März 1754. 191 StABa, HStB, NverzA 4649: Weisung Stadions an Bibra, Bamberg 23. März 1754. 192 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 431: Bericht Bibras an Stadion, Regensburg 30. März 1754. 193 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 132: Reichsfürstenratsprotokoll vom 6. Mai 1754 und Conclusum vom 10. Mai 1754.

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IV Die Politik der Hochstifte Bamberg und Würzburg beim Reichstag

Schließlich äußerte Bibra nach beendeter Umfrage mit Verweis auf das Votum seines Freundes Schwarzenau, der beantragt hatte, vor einer endgültigen Abstimmung die noch nicht eingelangten Instruktionen einiger altfürstlicher Häuser und die bislang nicht erfolgte kaiserliche Reaktion auf ein gemeinsames Schreiben derselben abzuwarten, er werde diesbezüglich die Instruktion seines Fürstbischofs erbitten und sich bis dahin alles Weitere vorbehalten.¹⁹⁴ Auf dieses verhaltene Zeichen des Protests und der Loyalität gegenüber Schwarzenau hatte Bibra offenbar nicht verzichten können. Die dargestellten Ereignisse geben einen Einblick in die Funktionsweise der Aushandlungsprozesse zwischen dem Hof und dem Gesandten. Vertrauen war in der Kommunikation zwischen Hof und Gesandtschaft von fundamentaler Bedeutung. Eine nicht unerhebliche Rolle zur Aufrechterhaltung und Wiederherstellung von Vertrauen spielte dabei die „face-to-face“-Kommunikation während der Aufenthalte der Gesandten an den heimatlichen Höfen.¹⁹⁵ Vor allem aber wurde aufgezeigt, dass die Reichstagsgesandten erheblichen Einfluss auf die Gestaltung der hochstiftischen Reichstagspolitik nehmen konnten. Es dürfte kein Zufall gewesen sein, dass sich sämtliche Dienstherren Bibras in Bamberg und Würzburg auf dessen tendenziöse Berichterstattung hin gegen eine Unterstützung des thurn und taxisschen Introduktionsgesuchs aussprachen und nach der Niederlegung seiner übrigen Voten lediglich Bamberg als einziger geistlicher Reichsstand zu den Gegnern der Introduktion zählte. Zugleich offenbaren sich Handlungsspielräume der Gesandten am Dienstort, wie die Teilnahme an Konferenzen, die Bildung von Interessengemeinschaften und nicht zuletzt gewisse Gestaltungsmöglichkeiten bei der Ablegung der Voten. In ihren Anschauungen und Denkweisen waren die Gesandten geprägt durch ihr persönliches Umfeld und ihre individuellen Loyalitäten. Das Vorgehen Bibras als leidenschaftlichem Antagonisten des Fürsten von Thurn und Taxis steht dabei im deutlichen Gegensatz zum Verhalten des Würzburger Gesandten Johann Philipp von Fechenbach, der sich als Freund des Prinzipalkommissars mit den Möglichkeiten seines weitgespannten Netzwerks für dessen Vorhaben engagierte. Die Gesandten sahen sich also fallweise, bewusst oder unbewusst, einem Spannungsverhältnis zwischen persönlichen Interessen und denen ihrer Prinzipale ausgesetzt. Es war ihnen als begrenzt rationalen Akteuren nicht immer möglich, zwischen diesen konkurrierenden Motiven zu differenzieren. Nicht selten handelten sie daher, wie wohl auch der Bamberger Gesandte Bibra, in 194 Ibid.: Reichsfürstenratsprotokoll vom 6. Mai 1754; StABa, HStB, Geheime Kanzlei 432: Bericht Bibras an Stadion, Regensburg 7. Mai 1754. 195 Der Prämisse, dass die Kommunikation unter Anwesenden zur Herstellung von Vertrauen besonders erfolgreich und ein Charakteristikum der Frühen Neuzeit war, widersprechen die Befunde Tilman Haugs, vgl. Haug, Außenbeziehungen, S. 296 – 301.

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der festen Überzeugung, dass ihre eigenen Präferenzen auch den Interessen ihrer Auftraggeber entsprachen.¹⁹⁶

2.5 Öffentlichkeitsarbeit, Mediennutzung und Geheimnisverrat Der Reichstag in Regensburg war als „wichtige Drehscheibe der Information und Kommunikation“¹⁹⁷ die „offizielle Nachrichtenzentrale des Reiches“¹⁹⁸ und damit die erste Adresse zur Veröffentlichung und Verbreitung politischer Druck- und Flugschriften, die vor Ort auf breite Aufmerksamkeit stießen.¹⁹⁹ Für die in Regensburg vertretenen Reichsstände besaßen Reichstag beziehungsweise die Reichstagsöffentlichkeit als Forum zur Meinungsbildung durch die zielgerichtete Darstellung eigener Politik eine herausgehobene Bedeutung.²⁰⁰ Die Rechtfertigung der Handlungen und Positionen sowie die Vermittlung eines positiven Bildes des zu repräsentierenden Reichsstands lässt sich mit dem modernen Begriff der Öffentlichkeitsarbeit beschreiben, die zu den Aufgaben der Reichstagsgesandten zählte.²⁰¹ Instrumente der Informationsweitergabe zum Zweck der Meinungsbildung waren dabei vor allem die persönliche Kommunikation der Gesandten und die Nutzung von Medien. Für den Einsatz von Druckschriften boten sich dabei verschiedene Möglichkeiten. Neben der offenen oder anonymen Distribution konnten sie offiziell durch das Kurmainzer Reichstagsdirektorium zur Diktatur gebracht werden oder auch bei örtlichen Verlegern und Buchdruckern zum Kauf angeboten

196 Dies hat zuletzt auch Barbara Keys aus einer zeitgeschichtlichen Perspektive festgestellt, vgl. Barbara Keys, The Diplomat’s Two Minds: Deconstructing a Foreign Policy Myth, in: Diplomatic History 44 (2020), S. 1 – 21, hier S. 2 f., 20 f. 197 Friedrich, Drehscheibe, S. 541. 198 Gestrich, Absolutismus, S. 98. 199 Friedrich, Drehscheibe, S. 179 – 184, 206 – 216, 419 – 428; Härter, Reichstag, S. 23. Zur Definition des vielseitig verwendeten Begriffs der „Flugschrift“, vgl. Daniel Bellingradt, Flugpublizistik und Öffentlichkeit um 1700. Dynamiken, Akteure und Strukturen im urbanen Raum des Alten Reiches (Beiträge zur Kommunikationsgeschichte, 26), Stuttgart 2011, S. 12 f.; Friedrich, Drehscheibe, S. 55 – 58. Wie bei Friedrich soll auch hier die Definition von Günter Berghaus übernommen werden, wonach Flugschriften „mehr als aus einem Blatt bestehende, selbstständige, nicht periodische und nicht gebundene Drucke [sind], die sich mit dem Ziel der Information, Agitation oder Propaganda an die gesamte Öffentlichkeit ihrer Zeit wandten“, vgl. Günter Berghaus, Die Aufnahme der englischen Revolution in Deutschland (1640 – 1669). Bd. 1, Studien zur politischen Literatur und Publizistik im 17. Jahrhundert mit einer Bibliographie der Flugschriften, Wiesbaden 1989, S. 9. 200 Gestrich, Absolutismus, S. 96 – 100; Friedrich, Drehscheibe, S. 395 – 404. Siehe auch Kap. IV.3.2.3. 201 Friedrich, Drehscheibe, S. 395 – 397. Allerdings ist die Verwendung moderner Begrifflichkeiten im historischen Kontext vorsichtig einzusetzen, worauf Friedrich ebenfalls hinweist.

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IV Die Politik der Hochstifte Bamberg und Würzburg beim Reichstag

werden.²⁰² Wie das Bamberger Vorgehen im Kreisdirektorialstreit veranschaulicht,²⁰³ stand die Art und Weise der Verteilung von Druckschriften an die Gesandtschaften unter genauer Beobachtung und erfolgte mitunter ritualisiert. Grundsätzlich kann hinsichtlich der Mediennutzung beim Reichstag die von Lucien Bély getroffene Unterscheidung in einen defensiven Umgang mit Druckschriften, womit Bemühungen zu deren Verhinderung gemeint sind, und ihren offensiven, gezielten Einsatz, Anwendung finden. Letzterer wurde von Susanne Friedrich unter Berücksichtigung mündlicher Vorstellungen und Gespräche als „persuasive Kommunikation“ bezeichnet,²⁰⁴ was die Intention der Maßnahmen noch treffender beschreibt. Beide Varianten des Medienumgangs lassen sich während der Regierungszeit des Würzburger Fürstbischofs Karl Philipp von Greiffenclau in Konflikten des Hochstifts mit Kurmainz beobachten. Zu Ende des Jahres 1749 war ein Streit um illegale Abholzungen durch Kurmainzer Untertanen unter dem Schutz Mainzer Truppen in den Wäldern der Freiherrn von Wolffskeel bei Kleinrinderfeld nahe der Hochstiftsgrenze eskaliert.²⁰⁵ Erst nachdem am 11. Januar 1750 die gesamte Würzburger Garnison mit knapp 1.400 Mann und mehreren Kanonen in den betroffenen Ort verlegt worden war, trat die Mainzer Streitmacht den Rückzug an.²⁰⁶ Noch bevor die Auseinandersetzung den Reichstag erreichte, wurde der Würzburger Reichstagsgesandte Bibra am 26. Dezember von den Vorgängen informiert, „welche dem publico mehreres aufsehen erwecken dörfften“.²⁰⁷ Parallel wurde auch die in Wien befindliche würzburgische Reichsbelehnungsgesandtschaft angewiesen, die Mainzer Zudringlichkeiten dem Kaiserhof und beim Reichshofrat bekannt zu machen.²⁰⁸ Bibra antwortete wenige Tage später, er werde „aller orth wo es nöthig seyn will den […] churmaintzer ohnfug […] vorstellig […] machen“ und berichtete, dass der Kurmainzer Gesandte in Regensburg bereits die Rechtmäßigkeit der Mainzer Aktionen versicherte, worauf Bibra „wo er sie geltend gemacht hatte, bereits […]

202 Ibid., S. 171 – 179, 184 – 186, 211, 397 f. Zum Regensburger Verlags- und Druckereiwesen siehe Neubauer, Regensburg, S. 14 – 19. Siehe auch Kap. IV.2.6.1. 203 Siehe Kap. IV.2.6.1. 204 Bély, Espions, S. 262; Friedrich, Drehscheibe, S. 397. 205 Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 177 f. 206 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 75: Weisung Greiffenclaus an Bibra, Würzburg 21. Januar 1750; Hermann Helmes, Aus der Geschichte der Würzburger Truppen (1628 – 1802) (VGffG, R. XIII, Bd. 4), Würzburg 1909, S. 71. 207 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 74: Weisung Greiffenclaus an Bibra, Würzburg 26. Dezember 1749. 208 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 75: Bericht des Würzburger Gesandten Franckenstein an Greiffenclau (Abschrift), Wien 3. Januar 1750.

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wiedersprochen und das gegentheil erweislich gemacht habe“. ²⁰⁹ Als die Notwendigkeit eines militärischen Eingreifens am Würzburger Hof absehbar wurde, wies man Bibra an, bei allen Regensburger Gesandtschaften die Unabwendbarkeit eines Militäreinsatzes als letztem Hilfsmittel argumentativ darzulegen, war man sich in Würzburg doch völlig im Klaren, dass eine solche „die reichsruhe stöhrende […] verpönte gewaltthätige unternehmung“ einer profunden Rechtfertigung bedurfte.²¹⁰ Zur Freude des Fürstbischofs berichtete Bibra am 14. Januar 1750 vom Erfolg seiner „ohnablässigen“ Überzeugungsarbeit, wonach sämtliche Gesandtschaften das Würzburger Vorgehen „vollkommen gutheisse[n]“ würden.²¹¹ Deutlich wird hier die Bedeutung der temporalen Dimension von Kommunikation beim Reichstag.²¹² Noch bevor die Würzburger Truppen ihren Marschbefehl erhalten hatten, hatte Bibra die Reichstagsgesandten quasi im Voraus von der Rechtmäßigkeit und Notwendigkeit einer militärischen Aktion überzeugt. Indem er frühzeitig auf die Meinungsbildung der Gesandten eingewirkt hatte, konnte das Hochstift einen entscheidenden Vorsprung im Kampf um die Deutungshoheit in der Auseinandersetzung gewinnen. Durch Bibras umtriebige Kommunikation und die in Wien betriebene „Lobbyarbeit“ war die Kurmainzer Seite ins Hintertreffen geraten und zu einer Reaktion genötigt worden. Ende Januar hatte man in Würzburg erfahren, dass Kurmainz eine eigene Darstellung des Sachverhalts („Species facti“)²¹³ verschiedenen Höfen, Gesandtschaften und dem Kreisausschreibamt des Fränkischen Kreises hatte zukommen lassen.²¹⁴ Die Würzburger Reaktion folgte prompt. Anfang Februar erhielt Bibra 120 Exemplare einer Gegendarstellung zur Verteilung an sämtliche Gesandtschaften zugestellt, worauf Bibra noch einmal 30 bis 40 Exemplare nachorderte.²¹⁵ Eine offizielle Diktatur durch die Kurmainzer Gesandtschaft war naheliegenderweise keine Option.

209 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 279: Bericht Bibras an Greiffenclau, Regensburg 31. Dezember 1749. 210 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 75: Weisung Greiffenclaus an Bibra, Würzburg 7. Januar 1750. 211 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 280: Bericht Bibras an Greiffenclau, Regensburg 14. Januar 1750. 212 Friedrich, Struktur. 213 „Ein ‚Tatbericht‘ (species facti) ist eine Darstellung von Tatumständen […]. Man könnte modern auch von einer ‚Sachverhaltsdarstellung‘ sprechen“, vgl. Hochedlinger, Aktenkunde, S. 206 f. 214 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 75: Weisung Greiffenclaus an Bibra, Würzburg 31. Januar 1750; StAWü, Würzburger Reichstagsakten 280: Bericht Bibras an Greiffenclau, Regensburg 7. Februar 1750. 215 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 280: Bericht Bibras an Greiffenclau, Regensburg 12. Februar 1750.

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IV Die Politik der Hochstifte Bamberg und Würzburg beim Reichstag

Am 5. März 1750 berichtete Bibra, der Mainzer Gesandte Philipp Wilhelm Lincker von Lützenwick habe unter den Regensburger Gesandtschaften erneut ein „species facti über den dem churfürstenthum Mayntz mit aller superiorität […] zustehenden […] Weisenbacher forst […]“ ausgegeben. Bibra selbst hatte trotz seiner vier Reichstagsvoten nur ein Exemplar der Druckschrift erhalten, über einen guten Freund aber ein weiteres Exemplar organisiert, um es nach Würzburg schicken zu können.²¹⁶ Hier fand die publizistische Auseinandersetzung vorerst ein Ende. Am Würzburger Hof hatte man sich entschieden, auf eine erneute Beantwortung zu verzichten, da „das publicum in die deductionem juris […] nicht eingehet, jene umbstände aber, welche dessen aufmercksamkeit erwecket haben, allschon genüglichen ausgeführet worden seynd und […] die letztere zudringlichkeiten Chur Mayntz selbsten nicht einmahl hat rechtfertigen mögen“.²¹⁷ Die eigene Position war an den wichtigen Reichsinstitutionen in Regensburg und Wien sowie beim Fränkischen Kreistag²¹⁸ offenbar überzeugend genug dargelegt worden, was dem vorausschauenden, persuasiven Kommunikationseinsatz des Gesandten zu verdanken war. Eine defensivere Strategie wählte das Hochstift knapp drei Jahre später, als sich im Zuge der Verleihung des Palliums durch Papst Benedikt XIV. an Fürstbischof Karl Philipp von Greiffenclau erneut ein Konflikt mit dem Mainzer Kurfürsten entspann. Da das Pallium, ein päpstliches Amtszeichen in Form einer Stola, allgemein zu den Metropolitanrechten gezählt wurde, fürchtete das Erzstift eine Beeinträchtigung seiner Privilegien und im widrigsten Fall die Herauslösung des Würzburger Suffraganbistums aus dem Mainzer Metropolitanverband, weswegen Mainz vehement gegen die Vergabe protestierte.²¹⁹ Wie der Regensburger Chronist Christian Gottlieb Gumpelzhaimer schrieb, ließ der Würzburger Reichstagsgesandte Johann Philipp von Fechenbach Mitte Januar

216 Ibid.: Postskriptum Bibras an Greiffenclau, Regensburg 5. März 1750 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 75: Species Facti über Den dem Churfürstenthum Mayntz mit aller Superiorität/ hohen und niederen Gerechtigkeiten eigenthumlich zustehenden, im Churfürstlichen Ober=Ambt Bischoffsheim gelegenen Weisenbacher Forst, Und das hierzu gehörige/ von denen von Wolffskeel zu Rothenbauer/ in vermeintlichen Anspruch gezogene Stuck Wald Das Gails-Loch genannt: sambt denen dem Publico mitgetheilten Beweg-Ursachen und Veranlassungen deren in dasige Gegenden und Ober-Ertz-Stifftl. Landen abgeschickten Churfürstl- Kriegs Völckeren, Mayntz 1750. 217 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 75: Postskriptum Greiffenclaus an Bibra, Würzburg 19. März 1750. 218 Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 178. 219 StAWü, Geistliche Sachen 2001; Friedrich Merzbacher, Der Streit um das Palliumsrecht der Würzburger Fürstbischöfe von 1752 – 1755, in: Archiv für katholisches Kirchenrecht 125 (1951), S. 330 – 338; Muzik, Borié, S. 32 f.; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 178 f.

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1753 den örtlichen Zeitungsschreibern die Berichterstattung in Zusammenhang mit der Verleihung des Palliums verbieten.²²⁰ Als Fechenbach wenige Tage später von der bevorstehenden Veröffentlichung eines Mainzer Promemorias in Regensburg berichtete, wurde er angewiesen, eine solche umgehend mitzuteilen, da man in diesem Fall nicht auf eine gründliche Widerlegung der Mainzer Vorwürfe verzichten könne. Bis dahin habe er die „wohlgedenkende[n] gesandtschaften in ihrer guten gesinnung zu stärcken“, den übrigen aber die Haltlosigkeit der aufgeworfenen Beschwerden zu verdeutlichen.²²¹ In der Folge zielte das Würzburger Vorgehen nicht darauf ab, die Deutungshoheit über die Rechtmäßigkeit der Palliumverleihung vor der Reichstagsöffentlichkeit durch die Veröffentlichung eigener Deduktionen zu behaupten. Mit der entsprechenden päpstlichen Bulle vom 5. Oktober 1752 und der am 6. Januar 1753 erfolgten Bekleidung des Würzburger Fürstbischofs mit dem Pallium durch seinen Weihbischof ²²² waren schließlich bereits Fakten geschaffen worden.Vielmehr mühten sich besonders Fechenbach und der Geheime Referendär Borié, durch intensive Korrespondenz mit Reichsvizekanzler Colloredo, dem kaiserlichen Minister Widmann und dem engen Vertrauten Maria Theresias Karl Josef von Batthyány das Wohlwollen des Wiener Hofs in dieser Angelegenheit zu erlangen.²²³ Auf eine publizistische Auseinandersetzung beim Reichstag wollte sich das Hochstift hingegen nicht einlassen. Fechenbach wurde am 7. Februar instruiert, die Würzburger Einwände auf das veröffentlichte Mainzer Promemoria „unter der hand bekannt werden [zu] lassen“, womit man es endgültig bewenden lassen und die Mainzer Agitation künftig „mit geringachtung […] übergehen“ wolle.²²⁴ Auch nach weiteren Mainzer Veröffentlichungen in Regensburg wurde dem Gesandten bedeutet, man werde „von unserer bis nun zu eingehaltenen masigung nicht abgehen, sondern den […] inhalt der pabstlichen bull für uns und unsere gerechte

220 Christian Gottlieb Gumpelzhaimer, Regensburg’s Geschichte, Sagen und Merkwürdigkeiten. Dritte Abtheilung vom Jahre 1618 bis 1790, Regensburg 1838, S. 1623. Auch als im Sommer 1759 ein Regensburger Zeitungsverleger die Herausgabe einer kaiserlich privilegierten Reichstagszeitung angekündigt hatte, untersagte Fechenbach diesem Nachrichten über ihn oder die von ihm vertretenen Reichsstände zu drucken, vgl. HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 140: Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 26. Juli 1759. 221 StAWü, Geistliche Sachen 2001: Privatdienstschreiben Fechenbachs an Greiffenclau, Regensburg 17. Januar 1753; Weisung an Fechenbach (Konzept), Würzburg 25. Januar 1753. 222 Merzbacher, Palliumsrecht, S. 330 – 334. 223 StAWü, Geistliche Sachen 2001; Merzbacher, Palliumsrecht, S. 334 – 336; Muzik, Borié, S. 33; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 179. 224 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 292: Weisung Greiffenclaus an Fechenbach (Konzept), Würzburg 7. Februar 1753.

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IV Die Politik der Hochstifte Bamberg und Würzburg beim Reichstag

sache das worth sprechen lassen“.²²⁵ Die zu diesem Konflikt freilich auch in Würzburg verfassten Schriften des Würzburger Kirchenrechtsprofessors Johann Caspar Barthel²²⁶ wurden der Reichstagsöffentlichkeit anscheinend nicht kommuniziert. Durch die bewusst inszenierte Zurückhaltung demonstrierte das Hochstift, wie sehr man von der apodiktischen Rechtmäßigkeit der päpstlichen Auszeichnung überzeugt war und daher jede weitere Rechtfertigung für unnötig erachtete. Die geschilderten Vorgänge zeigen nicht nur exemplarisch den Umgang des Würzburger Hofs mit Information und Kommunikation beim Reichstag in Konfliktsituationen, sondern belegen auch die Relevanz des Reichstags als Arena des politischen Diskurses und als Nachrichtenzentrale des Reichs, waren doch beide Materien keineswegs zur Beratung und Beschlussfassung in den Reichstagskollegien qualifiziert. Obwohl keine der Konfliktparteien beabsichtigte, die Auseinandersetzungen beim Reichstag beraten zu lassen, war beiden die Wirkmächtigkeit der Art und Weise von Umgang und Darstellung der Differenzen vor der Reichstagsöffentlichkeit bewusst. Wer die Deutungshoheit in Regensburg behaupten konnte, durfte auf die Sympathien der Reichsstände hoffen. Wie gefährlich und riskant der Kampf um Information mitunter sein konnte, geht aus der Affäre um den Würzburger Gesandten Fechenbach und den Regensburger Advokaten, Publizisten und Zeitungsschreiber Christoph Gottlieb Richter²²⁷ im Kontext der Palliumverleihung 1753/1754 hervor. Richter verdingte sich bei verschiedenen Reichstagsgesandtschaften als Sekretär und auch Fechenbach hatte ihn mehrfach für seine privaten Angelegenheiten engagiert. Fechenbachs Schilderung zufolge hatte Richter ihm von einem brisanten Schriftstück des Mainzer Kurfürsten in der Gesandtschaft Hessen-Kassels erzählt und angeboten, dieses gegen eine Belohnung zu beschaffen. Fechenbach ging auf den Vorschlag ein und erhielt mehrere Schreiben aus der Korrespondenz zwischen dem Mainzer Kurfürsten und dem Landgrafen von Hessen-Kassel, die sich um Maßnahmen gegen die Erhebung Fuldas zum Bistum und die Verleihung des Palliums an Würzburg drehten.²²⁸ Als Teile des kompromittierenden Schriftwechsels abgedruckt und veröffentlicht wurden, war die Empörung in Kassel und Mainz groß, denn bei den Schreiben handelte es sich schlichtweg um Fälschungen aus der Feder Richters. Bei der Vernehmung gab Richter den Betrug zu, beschuldigte allerdings Fechenbach, ihn durch „ohnnach-

225 StAWü, Geistliche Sachen 2001: Weisung Greiffenclaus an Fechenbach (Konzept), Würzburg 30. Mai 1753. 226 Eine Übersicht findet sich bei Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 179, Anm. 81. 227 Zur Biografie Richters siehe Johann Georg Meusel, Lexikon der vom Jahr 1750 bis 1800 verstorbenen teutschen Schriftsteller. Bd. 11, Leipzig 1811, S. 280 – 284. 228 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2207, Bl. 160r.–167v.: Schreiben Fechenbachs an Greiffenclau (Konzept), o.O. o.D.

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lässiges zudringen unter vielerley wiederhohlter versprechungen und bedrohungen darzu verleithet“ zu haben.²²⁹ Ob der Würzburger Gesandte tatsächlich Auftraggeber der gefälschten Schriftstücke war, ist unklar. Die Aussage des Würzburger Fürstbischofs, er werde die übersandten Schreiben geheim halten, damit „die quelle giebig verbleibet aus welcher schon viele nachrichten geflossen“, lässt sich dahingehend interpretieren, dass Fechenbach auf einen Betrüger hereingefallen war.²³⁰ Wie jedoch der Mainzer Kurfürst und der Landgraf von Hessen-Kassel gegenüber Fürstbischof Greiffenclau zurecht beklagten, hätte Fechenbach, sofern er wirklich nicht der eigentliche Urheber der Fälschungen war, die Echtheit der Schreiben prüfen müssen und selbige nicht veröffentlichen dürfen, schließlich waren Falschmeldungen und Fälschungen in Regensburg keine Seltenheit.²³¹ Während Richter zu einer Zuchthausstrafe verurteilt wurde,²³² forderten die geschädigten Höfe vom Würzburger Fürstbischof, ihnen „die deshalb gebührende satisfaction von dem von Fechenbach […] zu verschaffen“.²³³ Der um Schadenbegrenzung bemühte Würzburger Hof hatte bereits zuvor seine Agenten in Rom und Wien über die Fälschungen informiert und diese um Richtigstellung gebeten.²³⁴ Fechenbach, der die Veröffentlichung der Schreiben bestritt, hatte den Mainzer Gesandten Lincker, den hessen-kasselischen Gesandten Wülcknitz und den österreichischen Gesandten Buchenberg persönlich von den Fälschungen in Kenntnis gesetzt.²³⁵ Zu etwaigen Konsequenzen für Fechenbach von Seiten Würzburgs finden sich keine Anhaltspunkte. Auch wenn die Rolle des Würzburger Gesandten in diesem Vorfall nicht verlässlich zu klären ist, wirft dieser einen interessanten Blickwinkel auf Spionage und Geheimnisverrat im Umfeld des Reichstags. Insbesondere die meist gering besoldeten Gesandtschaftssekretäre und Kanzlisten, vor allem solche, die keine feste

229 Ibid., Bl. 170r.–171v.: Schreiben des Landgrafen Wilhelm VIII. von Hessen-Kassel an Greiffenclau (Abschrift), Kassel 3. August 1754. 230 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 292: Weisung Greiffenclaus an Fechenbach (Konzept), Würzburg 7. Februar 1753. 231 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2207, Bl. 170r.–174r.: Schreiben des Landgrafen Wilhelm VIII. von Hessen-Kassel an Greiffenclau (Abschrift), Kassel 3. August 1754; Schreiben des Mainzer Kurfürsten Johann Friedrich Karl von Ostein an Greiffenclau (Abschrift), Mainz 7. August 1754. Siehe auch Friedrich, Drehscheibe, S. 335 – 345, bes. S. 338. 232 Meusel, Lexikon, S. 280. 233 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2207, Bl. 170r.–171v.: Schreiben des Landgrafen Wilhelm VIII. von Hessen-Kassel an Greiffenclau (Abschrift), Kassel 3. August 1754. Eine gleichlautende Forderung erhob auch der Mainzer Kurfürst in seinem Schreiben vom 7. August 1754. 234 Ibid., Bl. 200: Schreiben Greiffenclaus an seine Agenten in Rom und Wien (Abschrift), Würzburg 19. März 1754. 235 Ibid., Bl. 160r.–167v.: Schreiben Fechenbachs an Greiffenclau (Konzept), o.O. o.D.

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IV Die Politik der Hochstifte Bamberg und Würzburg beim Reichstag

Anstellung besaßen und nur fallweise beauftragt wurden, galten als Risikofaktoren.²³⁶ Nicht umsonst bestand der Vorgänger Fechenbachs und Bamberger Gesandte Johann Philipp von Bibra gegenüber dem Bamberger Fürstbischof auf der Einstellung eines eigenen Kanzlisten, um keinen fremden Schreibern vertrauliche Dokumente aushändigen zu müssen.²³⁷ Offensichtlich nahmen die Kanzlisten eine Schlüsselrolle bei der Beschaffung geheimer Informationen ein. So hatte der Bamberger und Würzburger Kanzlist Pfister im September 1752 „unter der hand“ eine Entschließung des Corpus Evangelicorum „an sich gebracht“.²³⁸ Nach dem Wechsel Pfisters in Würzburger Dienste 1739 bat der Passauer Reichstagsgesandte seinem Bischof um die Einstellung eines neuen Kanzlisten. Der ins Auge gefasste Kandidat sei wärmstens zu empfehlen, „weilen […] [er sich] nicht allein schon […] [im] 15te jahr hier bey dem reichstag sich befindet, sondern einen gewissen canal hat, durch welchen er was bey dem so genanten corpore evangelicorum vorbeygehet, zeitlich in erfahrung bringet“.²³⁹ Kam es zu einem Geheimnisverrat, waren die Beteiligten um rasche Aufklärung bemüht. Während der Hohenloher Religionsstreitigkeiten gelangte ein Entwurf der Hohenloher Fürsten, zu dem sich die katholischen Gesandtschaften beraten hatten, an das Corpus Evangelicorum. Allerdings hatte der Mainzer Gesandte in weiser Voraussicht sämtliche Exemplare vor der Verteilung individualisiert, weshalb die betroffene Gesandtschaftskanzlei schnell gefunden und die undichte Stelle identifiziert werden konnte.²⁴⁰ Die Vorsichtsmaßnahme des Mainzer Gesandten lässt den Schluss zu, dass mit Informationsweitergabe, Geheimnisverrat und Spionage zwischen den beiden konfessionellen Corpora gerechnet werden musste. Dies beschränkte sich keineswegs nur auf subalternes Gesandtschaftspersonal. Auch Gesandte gaben geheime Informationen aus den Besprechungen ihrer Corpora weiter, wie das Beispiel Schwarzenaus zeigt, der seinen Freund Bibra über die Entwicklungen im Corpus Evangelicorum während des Kreisdirektorialstreits auf dem Laufenden hielt.²⁴¹

236 Friedrich, Drehscheibe, S. 231 – 241, bes. S. 238 f. 237 Siehe Kap. III.2.2.5. 238 StABa, HStB, NverzA 4648: Weisung Franckensteins an Stingelheim, Schloss Seehof 15. September 1752. 239 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2199, Bl. 364r.–365v.: Bericht des Passauer Reichstagsgesandten an den Passauer Fürstbischof (Konzept), Regensburg 2. August 1739. 240 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 407: Bericht Bibras an den Bamberger Fürstbischof Franckenstein, Regensburg 13. November 1749. 241 Siehe Kap. IV.2.6.2. Zur Informationsweitergabe durch Gesandte allgemein siehe Friedrich, Drehscheibe, S. 504 – 515, bes. S. 513 – 515.

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Die vorhergehenden Ausführungen geben einen Einblick in die Mechanismen und Funktionsweisen des Kommunikationsuniversums Immerwährender Reichstag. In seinen wichtigen Funktionen als Informationsdrehscheibe und als Forum politischer Kommunikation besaß der Reichstag aus der Perspektive der Hochstifte außerordentliche Relevanz. Publizistische Auseinandersetzungen und Deutungskämpfe beschränkten sich dabei keineswegs nur auf die bei der Reichsversammlung beratenen Materien, vielmehr war Regensburg der Ort, an dem die Reichsstände ihre Politik darstellten oder rechtfertigten. Hierbei kam den Reichstagsgesandten entscheidende Bedeutung zu, sie hatten für eine positive Außendarstellung ihrer Dienstherrn Sorge zu tragen und als Kommunikationsspezialisten Überzeugungsarbeit zu leisten.²⁴² Wie wichtig der Kampf um den Meinungsmarkt Regensburg war und wie dieser konkret ablaufen konnte, wird auch im folgenden Kapitel deutlich.

2.6 Vom Kreistag in den Reichstag – Der Streit um das fränkische Kreisdirektorium Ein interessantes Beispiel, an welchem sich die komplexen Zusammenhänge von Kreis- und Reichspolitik, die zeittypische, konfessionelle Überlagerung von kreisund reichspolitischen Konflikten und nicht zuletzt das Vorgehen und die Mittel reichsständischer Politik in Regensburg exemplarisch aufzeigen lassen, ist der vielbeachtete Streit zwischen den brandenburgischen Markgrafen von Ansbach und Bayreuth und dem Hochstift Bamberg um das fränkische Kreisdirektorium.²⁴³ Die Bedeutung der Reichskreise als wichtigem „Instrument österreichischer Reichspolitik“²⁴⁴ ist in den letzten Jahrzehnten immer wieder betont worden.²⁴⁵ Dem Fränkischen Kreis kam dabei aufgrund seiner strategisch günstigen geogra-

242 Siehe auch Kap. III.2.2.1. 243 Am ausführlichsten wurde der Streit bislang von Bernhard Sicken untersucht, vgl. Sicken, Reichskreis, S. 70 – 73, 189 – 208; Sicken, Leitungsfunktionen, S. 255 – 264. Außerdem siehe Berbig, Hochstift, S. 116 – 121; Luh, Reich, S. 71 f.; Harm Klueting, Reichskirche und Reichskreise – Geistliche Reichsfürsten in exekutiven Ämtern der Kreise, in: Wolfgang Wüst – Michael Müller (Hg.), Reichskreise und Regionen im frühmodernen Europa – Horizonte und Grenzen im spatial turn. Tagung bei der Akademie des Bistums Mainz, Erbacher Hof, 3.–5. September 2010 (Mainzer Studien zur Neueren Geschichte, 29), Frankfurt am Main u. a. 2011, S. 101 – 122, hier S. 114 – 116; Rohrschneider, Reichstag, S. 117 f. (Mit einem Überblick über die Rezeption des Kreisdirektorialstreits in der Literatur); Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 192 – 194, 220 f. 244 Kulenkampff, Österreich, S. 15. 245 Schmid, Reichskreis, S. 245 – 249; Kulenkampff, Österreich, S. 15 – 25; Rohrschneider, Reichstag, S. 107 f.

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IV Die Politik der Hochstifte Bamberg und Würzburg beim Reichstag

fischen Lage besondere Relevanz zu, zumal hier die Interessen der beiden rivalisierenden Mächte Österreich, hauptsächlich vertreten durch die geistlichen Kreisstände Bamberg und Würzburg, und Preußen, vertreten durch die fränkischen Hohenzollern in Ansbach und Bayreuth, kollidierten.²⁴⁶ Um die Führung des Fränkischen Kreises hatten das Hochstift Bamberg und die Markgrafen von Brandenburg-Ansbach bereits in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts heftige Auseinandersetzungen geführt, die schließlich 1559 auf dem Augsburger Reichstag durch einen Vertrag beigelegt werden konnten.²⁴⁷ Dabei waren die wesentlichen Führungsaufgaben – das Ausschreibamt und die Leitung der Kreistage – zwischen beiden Streitparteien in der Form aufgeteilt worden, dass beide Fürsten künftig sowohl die Kreistage gemeinsam ausschreiben, aber auch die Beratungspunkte, Termin und Tagungsort einvernehmlich festlegen sollten. Das Hochstift Bamberg erhielt dafür auf den Kreistagen das Recht zugesprochen, „Mund und Feder“ zu führen, also die Beratungsthemen vorzutragen, Umfragen zu leiten und abschließend die Beschlüsse und den Kreisabschied zu formulieren, was im Vertrag als „Direktion“ bezeichnet wurde.²⁴⁸ In der Folge bemühte sich das Hochstift, daraus das Vorrecht des Kreisdirektoriums abzuleiten und konnte nach und nach seine Machtposition im Kreis unter anderem durch Beschneidung der Zuständigkeiten des Ausschreibamts und aufgrund fortdauernder Streitigkeiten zwischen Ansbach und Bayreuth um den jeweiligen Anteil am Ausschreibamt ausbauen.²⁴⁹ Nachdem sich die beiden fränkischen Hohenzollern-Linien in dieser Frage auf eine wechselnde Beteiligung am Ausschreibamt im dreijährigen Turnus geeinigt hatten, stieß das Bamberger Direktorium auf den zunehmenden Widerstand der beiden Markgraftümer.²⁵⁰

246 Sicken, Reichskreis, S. 63 – 77; Rudolf Endres, Preußens Griff nach Franken, in: Heinz Duchhardt (Hg.), Friedrich der Große, Franken und das Reich, Köln u. a. 1986, S. 57– 79; Manfred Hanisch, Friedrich II. und die preußische Sukzession in Franken in der internationalen Diskussion, in: Heinz Duchhardt (Hg.), Friedrich der Große, Franken und das Reich, Köln u. a. 1986, S. 81 – 91, hier S. 88 – 91; Rohrschneider, Reichstag, S. 107 f. 247 Sicken, Reichskreis, S. 177 f.; Sicken, Leitungsfunktionen, S. 251 – 253. Einen kurzen Überblick über die Geschichte des Fränkischen Kreises gibt Dotzauer, Reichskreise, S. 81 – 141. 248 Sicken, Reichskreis, S. 176; Sicken, Leitungsfunktionen, S. 253. 249 Sicken, Reichskreis, S. 178 f., 226 – 228; Berbig, Hochstift, S. 116 f.; Sicken, Leitungsfunktionen, S. 253 – 255. 250 Sicken, Leitungsfunktionen, S. 254 f. Seit 1726 wechselten sich die Markgrafen von Ansbach und Bayreuth im dreijährigen Turnus als mitausschreibende Fürsten ab.

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2.6.1 Der Kampf um den Meinungsmarkt in Regensburg Der Konflikt spitzte sich zu, als sich Brandenburg-Bayreuth während der Sedisvakanz nach dem Tod des Bamberger und Würzburger Fürstbischofs Friedrich Karl von Schönborn 1746 weigerte, die Direktorialbefugnisse des Bamberger Domkapitels anzuerkennen. Nach der inzwischen erfolgten Bischofswahl und einer Bestätigung der Rechte des Domkapitels durch den Reichshofrat nahmen die markgräflichen Gesandten Anfang Oktober 1746 zwar wieder an den Kreistagssitzungen teil, protestierten jedoch gegen die Entscheidung des Reichshofrats, der sie die Anerkennung verweigerten.²⁵¹ Weitergeführt wurde die Auseinandersetzung zunächst auf publizistischer Ebene, wozu die Konfliktparteien ihre Universitäten bemühten. Auf eine in Bamberg verfasste Dissertation, in der die Rechte des Domkapitels verteidigt wurden,²⁵² reagierte Bayreuth mit der Veröffentlichung einer ausführlichen Widerlegung, worin das Markgraftum die alleinige Führung von Ausschreibamt und Direktorium während einer Sedisvakanz beanspruchte.²⁵³ Zum Jahresende 1746 erreichte der Konflikt die Bühne des Reichstags. Der Bamberger Reichstagsgesandte Johann Philipp von Bibra berichtete, dass die gegen das Domkapitel gerichtete Druckschrift beim örtlichen Buchdrucker Seiffarth zum Kauf angeboten würde, der vorgebe, „daß ihme solche von Bayreuth zugeschicket worden [sei]“.²⁵⁴ Theoretisch war die Veröffentlichung von Flugschriften in Regensburg reglementiert. So mussten prinzipiell Verfasser, Drucker oder Verleger,

251 Sicken, Reichskreis, S. 189 – 192; Berbig, Hochstift, S. 117 f. Nach Ansicht der Markgrafen handelte es sich bei dem Streit um eine Frage der Kreisverfassung, die nicht in die Kompetenz des Reichshofrats falle, sondern ausschließlich auf dem Reichstag entschieden werden könne, wobei sie sich auf Art. XII § 4 der kaiserlichen Wahlkapitulation beriefen, vgl. Burgdorf, Die Wahlkapitulationen der römisch-deutschen Könige und Kaiser 1519 – 1792, S. 502. 252 Alexander Hammer – Lorber von Störchen, Johann Ignaz Christoph, Dissertatio prodroma iuris publici de iure directorii in Circulo Franconico sede Bambergensi vacante, Reverendissimo et Illustrissimo Ecclesiae Imperialis Bambergensis Capitulo indubie competente, Bamberg 1746. Zu den Biografien der beiden Bamberger Juristen siehe Johann Friedrich von Schulte, Hammer, Alexander, in: ADB 10 (1879), S. 480; Johann Friedrich von Schulte, Lorber von Störchen, Johann Ignaz Christoph, in: ADB 19 (1884), S. 170 – 171. 253 Johann Gottlieb Gonne, Gründliche Abhandlung der Frage ob das Dom-Capitul zu Bamberg Sede Vacante in Ansehung des Mit-Ausschreib-Fürsten-Amts und Condirectorii in dem löblichen Fränckischen Creys die Person eines regierenden Bischoffs daselbst repraesentiren könne? oder nicht vielmehr das Weltliche Creys-Ausschreib-Amt auf solchen Fall, das Ausschreiben und Directorium allein zu führen habe, o.O. 1746. Die ursprünglich anonym veröffentlichte Druckschrift wird dem Erlanger Juristen und Bayreuther Hofrat Johann Gottlieb Gonne (1713 – 1758) zugeschrieben. Zur Biografie Gonnes siehe Clemens Alois Baader, Lexikon verstorbener Baierischer Schriftsteller des achtzehenten und neunzehenten Jahrhunderts. Bd. 1, Teil 1, Augsburg 1824, S. 205 – 207. 254 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 396: Bericht Bibras an Franckenstein, Regensburg 31. Dezember 1746. Der Buchdrucker Seiffarth wird erwähnt bei Neubauer, Regensburg, S. 16.

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Erscheinungsort und Jahr angegeben werden und es bestand die Möglichkeit, Schmähschriften zu konfiszieren sowie die Verfasser, Drucker und Verbreiter zu bestrafen.²⁵⁵ Auch Bibra gab in seinem Bericht zu überlegen, ob „der inhalt so beschaffen seye, daß, nachdeme sich kein author darzu angegeben hat, diese piece […] eine confiscation verdiene“.²⁵⁶ Entgegen der Vorschrift erschien der Großteil derartiger Flugschriften anonym, was einerseits an der Sorge vor Strafverfolgung, andererseits daran lag, dass die häufig im Auftrag eines Landesherrn oder dessen Regierung verfassten Schriften ohne Herkunftsnachweis den Anschein einer gewissen Unparteilichkeit vorspiegelten und damit ihre intendierten Absichten wirksamer zu erreichen suchten, als wenn Herkunft und Zweck offenkundig erkennbar waren.²⁵⁷ Auch die gegen die Direktorialbefugnisse des Bamberger Domkapitels gerichtete Flugschrift war deshalb anonym veröffentlicht worden und selbst der Bamberger Bischof musste zugeben, wie geschickt deren Verfasser auch zahlreiche Argumente gegen die eigene Position eingearbeitet hatte, um Glaubwürdigkeit und Evidenz seiner Argumentation zu erhöhen.²⁵⁸ Zusätzlich zur Positionierung im Buchhandel hatte der württembergische Reichstagsgesandte Johann Eberhard von Wallbrunn, der interimsweise auch das Bayreuther Reichstagsvotum vertrat, die Druckschrift bei den protestantischen Reichstagsgesandtschaften verteilen lassen, um vorsorglich für ein künftiges Bayreuther Vorgehen um Unterstützung zu werben.²⁵⁹ Auf Bamberger Seite bemühte man sich inzwischen um kaiserlichen Beistand. Mitte März hatte Bibra den durchreisenden kaiserlichen bevollmächtigten Minister beim Fränkischen Reichskreis, Johann Wenzel von Widmann, in Regensburg von den neuen Bayreuther Zudringlichkeiten wegen des Bamberger Kreisdirektoriums informiert und deswegen auch mit dem Brandenburg-Ansbacher Reichstagsgesandten Johann Hermann von Staudach gesprochen.²⁶⁰ Im September 1747 nutzte der Bamberger Fürstbischof Johann Philipp Anton von Franckenstein die Gelegenheit, als er seinen Bruder, den Würzburger Ratspräsidenten Johann Philipp Ludwig von Franckenstein, zum Empfang der Reichslehen nach Wien entsandt

255 Schort, Politik und Propaganda, S. 243 – 249; Friedrich, Drehscheibe, S. 179 f. 256 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 396: Bericht Bibras an Franckenstein, Regensburg 31. Dezember 1746. 257 Friedrich, Drehscheibe, S. 420. 258 StABa, HStB, NverzA 4647: Weisung Franckensteins an Bibra, Bamberg 15. Januar 1747. 259 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 397: Bericht Bibras an Franckenstein, Regensburg 5. Januar 1747. 260 Ibid.: Berichte Bibras an Franckenstein, Regensburg 18. und 21. März 1747.

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hatte, um den Kaiser über die andauernden Differenzen mit Bayreuth zu benachrichtigen und um kaiserliche Unterstützung in dieser Sache zu bitten.²⁶¹ Anfang Oktober 1747 wandte sich Brandenburg-Bayreuth an sämtliche Mitglieder des Fränkischen Reichskreises mit Ausnahme der geistlichen Kreisstände sowie an den Großteil der Reichsstände mit der Bitte, dass diese ihren Kanzleien auftragen sollten, sämtliche Schreiben an das fränkische Kreisausschreibamt entweder zuerst an den jeweils mitkreisausschreibenden markgräflichen Hof, oder aber je eine Ausfertigung an Bamberg und eine an Ansbach oder Bayreuth zu schicken, da das Hochstift Bamberg solche bislang nicht weitergeleitet, sondern direkt der Bamberger Kreisgesandtschaft zur Diktatur übersandt habe.²⁶² In Bamberg war man von der Nachricht an die Kreisstände vom Schwarzenberger Kreisgesandten informiert worden, von dem man eine Kopie des Bayreuther Schreibens erhalten hatte.²⁶³ Der Bamberger Reichstagsgesandte Bibra war indes vom herzoglich bayerischen Reichstagsgesandten Heinrich Joseph von Schneidt im Vertrauen benachrichtigt worden, dass Bayreuth gleichermaßen an den kurbayerischen Hof und höchstwahrscheinlich noch an weitere Reichsstände herangetreten sei, was in Bamberg bis dato unbekannt geblieben war.²⁶⁴ Gegenüber Bibra äußerte der Bamberger Fürstbischof sein Befremden über das Bayreuther Vorgehen, zumal „solche streit-sache noch zur zeit an den reichstag nicht gebracht“ worden sei, weshalb er darin den Versuch vermutete, „unter der hand von denen ständen die vorläuffige[n] zusagungen herauszufischen“. Als Reaktion plante der Bischof die Verteilung eines Zirkularschreibens an sämtliche Kreis- und den Großteil der Reichsstände, zu dessen Entwurf Bibra seine Gedanken und Ratschläge mitteilen sollte.²⁶⁵ Besonders gefährlich erschien aus Bamberger Sicht, dass im markgräflichen Schreiben von einem „evang[elischen] weltlichen creys directorii“ die Rede war, womit Bayreuth seinen Anspruch auf ein Kondirektorium im Fränkischen Kreis offen formuliert und überdies zahlreichen

261 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 635: Nebeninstruktion für den Gesandten Franckenstein, Bamberg 4. September 1747; Weiß, Die Reichsbelehnung in der Neuzeit, S. 560 f.; Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 189 f., 193. 262 StABa, Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 2806, Qu. 5: Schreiben des Bayreuther Markgrafen an die Kreis- und Reichsstände (Konzept), Bayreuth 2. Oktober 1747. 263 StABa, HStB, NverzA 4647: Weisung Franckensteins an Bibra, Schloss Jägersburg (Eggolsheim) 19. November 1747. 264 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 400: Bericht Bibras an Franckenstein, Regensburg 14. November 1747. Schneidt hatte Bibra auch eine Abschrift des Bayreuther Schreibens an den bayerischen Kurfürsten vom 2. Oktober 1747 zugespielt. 265 StABa, HStB, NverzA 4647: Weisung Franckensteins an Bibra, Schloss Jägersburg (Eggolsheim) 19. November 1747.

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Reichsständen mitgeteilt hatte.²⁶⁶ Da die Besonderheiten der Fränkischen Kreisverfassung bei den übrigen Ständen nicht im Einzelnen bekannt wären, befürchtete der Bamberger Bischof, das Bayreuther Schreiben werde insbesondere bei den übrigen kreisausschreibenden Ständen auf Zustimmung stoßen, was eine Bamberger Gegendarstellung umso dringlicher und notwendiger werden ließ.²⁶⁷ Noch bevor jedoch das Bamberger Zirkularschreiben in den Druck gegeben werden konnte, hatte der Markgraf bereits nachgelegt. Wie Bibra am 26. Dezember berichtete, hatte der Legationssekretär der Bayreuther Reichstagsgesandtschaft einige Tage zuvor ein „Extract-Schreiben[ ] […] das Ausschreib-Amt sive Directorium im Fränkischen Creys betreffend“ an die Reichstagsgesandtschaften verteilt, worin Bayreuth seinen Anspruch auf ein gleichberechtigtes evangelisch-weltliches Ausschreibamt und Direktorium bekräftigte.²⁶⁸ Diese Aktion erregte nicht nur in Regensburg großes Aufsehen. Der noch immer in Wien weilende Bamberger Gesandte Franckenstein schrieb am 6. Januar 1748 nach Bamberg, dass auch in Wien große Verwunderung darüber herrsche, dass solche „dinge[ ] ohngescheut und ohne alle rücksicht in das publicum“ gebracht würden und der Bayreuther Reichstagsgesandte auf Nachfrage gegenüber dem kaiserlichen Konkommissar geäußert habe, dass er an der Flugschrift und dessen Verbreitung keinerlei Anteil gehabt hätte.²⁶⁹ Der Zeitpunkt der Verteilung der Flugschrift unmittelbar vor Beginn der Reichstagsferien war geschickt gewählt, da ihr so einerseits hohe Aufmerksamkeit zuteilwurde, andererseits aber eine Bamberger Reaktion verzögert werden konnte. Überhaupt ergaben sich aufgrund der langwierigen und zeitverzögerten Kommunikation zwischen den Gesandten und ihren Prinzipalen längere Phasen der Unsicherheit, in denen Behauptungen und Gerüchte unbestätigt oder unwiderlegt 266 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 400: Bericht Bibras an Franckenstein, Regensburg 25. November 1747. Bereits im August 1747 hatte Brandenburg-Bayreuth argumentiert, die Bezeichnungen „Ausschreibamt“ und „Direktorium“ würden synonym verwendet und der Begriff „Direktorium“ sei lediglich die lateinische Übertragung des Begriffs „Ausschreibamt“, was aus Bamberger Sicht einen Angriff auf die eigenen Vorrechte des Kreisdirektoriums bedeuten musste, vgl. Sicken, Reichskreis, S. 193. 267 StABa, HStB, NverzA 4647: Weisung Franckensteins an Bibra, Bamberg 3. Dezember 1747. 268 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 400: Bericht Bibras an Franckenstein, Schloss Blumenthal 26. Dezember 1747. In Bamberg war man auch durch den Schwarzenbergischen Reichstagsgesandten Ignaz Anton Friedrich Oexle von Friedenberg von der Verteilung des „Extract-Schreibens“ benachrichtigt worden, vgl. StABa, HStB, NverzA 4647: Weisung Franckensteins an Bibra, Bamberg 14. Januar 1748. Es dürfte kaum Zufall gewesen sein, dass sowohl der Kreis- als auch der Reichstagsgesandte der Fürsten von Schwarzenberg als Informanten für das Hochstift Bamberg tätig wurden, was die Frage nach der Interessenlage eines kleineren katholischen Kreisstands in der Auseinandersetzung um das fränkische Kreisdirektorium aufwirft. 269 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 401: Bericht des Gesandten Franckenstein an Fürstbischof Franckenstein, Wien 6. Januar 1748.

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bleiben mussten. Dies setzte die betreffenden Akteure enorm unter Druck, zeitnah Rechtfertigungen oder Gegendarstellungen zu veröffentlichen und löste mitunter auch unkontrollierbare Informationsprozesse aus.²⁷⁰ Auch das Bamberger Hochstift war nach den Bayreuther Veröffentlichungen unter Zugzwang geraten, zumal in das ursprünglich fast druckfertige Zirkularschreiben nun noch eine ausführliche Antwort auf die jüngste Bayreuther Flugschrift eingearbeitet werden musste und Bibra seine Anmerkungen und Verbesserungsvorschläge dazu ergänzen sollte.²⁷¹ Mit jedem Tag einer ausbleibenden Gegendarstellung stieg der Druck auf das Hochstift, denn je länger sich die Beantwortung hinzog, desto eher schienen die Bayreuther Ausführungen zumindest in Teilen begründet zu sein.²⁷² Anfang März waren dem Bamberger Reichstagsgesandten Johann Philipp von Bibra schließlich 50 Exemplare des Bamberger Antwortschreibens samt der Anweisung zugeschickt worden, selbige auf exakt die gleiche Art und Weise wie die Bayreuther Flugschrift durch den Legationssekretär und vorgeblich ohne Wissen und Mitwirkung Bibras verteilen zu lassen und diese gegebenenfalls auch bei einem verschwiegenen Buchhändler für etwa einen halben Gulden pro Exemplar verkaufen zu lassen. Fürstbischof Franckenstein hatte Bibra dabei sogar beauftragt, die genauen Umstände der Verteilung der Bayreuther Flugschrift in Erfahrung zu bringen, um damit in exakt der gleichen Weise verfahren zu können.²⁷³ Deutlich wird hier, dass die Ritualisierungspraxis auf dem Regensburger Reichstag zum Teil weit über ritualisierte Notifikationen, Legitimationen oder Beratungen hinausging.²⁷⁴ Ein abweichendes Vorgehen hätte entweder als zusätzliche, möglicherweise von der Reichstagsöffentlichkeit als überzogen angesehene Provokation oder als Nachgeben und damit als Anzeichen von Schwäche ausgelegt werden können. Um dem Bamberger Zirkular nur ansatzweise eine ähnliche Reichweite verschaffen zu können, wie sie die Bayreuther Flugschrift erreicht hatte, orderte Bibra

270 Gestrich, Absolutismus, S. 98 f. 271 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 401: Bericht Bibras an Franckenstein, Regensburg 21. Januar 1748; StABa, HStB, NverzA 4647: Weisung Franckensteins an Bibra, Bamberg 7. Januar 1748. 272 So erklärte etwa der Würzburger Hof gegenüber Bibra: „es wäre guth, wann ab seiten des fürstenthumbs Bamberg die dem publico schon mehrmahlen zugesicherte behauptung dessen privativi directorii bald zum vorschein kommeten und die brandenburgische zum offenen druck gegebene äusserungen eines anmassenden gleichmäßigen directorii elidiret würden, damit das publicum nicht länger beargwohnet bleibe, als wann es dem bambergischen directorio an hinlänglichen gründen gebrechete“, vgl. StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 71: Weisung Ingelheims an Bibra, Würzburg 25. Januar 1748. Siehe auch Friedrich, Struktur, S. 296. 273 StABa, HStB, NverzA 4647: Weisungen Franckensteins an Bibra, Bamberg 28. Januar und 1. März 1748. 274 Zur Ritualisierungspraxis auf dem Reichstag siehe u. a. Stollberg-Rilinger, Kleider, S. 260 – 274.

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IV Die Politik der Hochstifte Bamberg und Würzburg beim Reichstag

noch einmal 150 zusätzliche Exemplare.²⁷⁵ In der Tat war die erste Auflage der Bamberger Flugschrift stark unterdimensioniert angesetzt worden, umfassten die Auflagen der in Regensburg veröffentlichten Flugschriften in der Regel zwischen mehreren hundert und eintausend, in manchen Fällen jedoch auch mehrere tausend Exemplare.²⁷⁶ Zusätzlich hatte Bibra den Auftrag erhalten, die Bamberger Position auch in den hiesigen Zeitungen veröffentlichen zu lassen.²⁷⁷ Zeitungen spielten innerhalb der Nachrichtendrehscheibe Regensburg eine nicht unerhebliche Rolle. Die Gesandten nutzten die Lektüre von Zeitungen, um Hintergrundinformationen zu aktuellen politischen Themen zu erhalten, sich ein Bild von der aktuellen Nachrichtenlage zu verschaffen und gegebenenfalls feststellen zu können, welche Informationen bereits als der Öffentlichkeit bekannt vorausgesetzt werden konnten.²⁷⁸ Wenig überraschend erfolgte prompt die Reaktion der Markgrafen auf das Bamberger Zirkularschreiben. Am 26. März 1748 ließ der Ansbacher Reichstagsgesandte Staudach eine Flugschrift mit dem Titel: „Vorläuffige in der Wahrheit vestgegründete Nachricht, was es mit dem Ausschreib-Amt in dem Fränckischen ReichsCrays für eine Beschaffenheit hat […]“ an die Reichstagsgesandtschaften verteilen, worin abermals die Direktorialrechte des Domkapitels während der Sedisvakanz und die Bamberger Vorrechte eines alleinigen Kreisdirektoriums bestritten wurden.²⁷⁹ Da sich die Ansbacher Schrift vornehmlich auf ältere Akten und den Vertrag von 1559 bezog, musste eine Bamberger Erwiderung ebenfalls darauf Bezug nehmen, was sich als unerwartet schwierig erwies. Knapp zwei Monate später erklärte Bischof Franckenstein gegenüber seinem Gesandten mit Bedauern, man hätte auf die Ansbacher Flugschrift gerne deutlich zügiger reagiert, doch die „bey unseren in archiv vorräthigen älteren creys-actis wahrgenommene unordnung“ habe die Beantwortung verzögert.²⁸⁰ Bibra wurde angewiesen, dem Kurmainzer Direktorialgesandten zu erläutern, dass man das Antwortschreiben vor einer Drucklegung gerne allen vertrauten Mitständen und besonders dem Mainzer Kurfürsten „zur

275 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 402: Bericht Bibras an Franckenstein, Regensburg 6. März 1748. 276 Schort, Politik und Propaganda, S. 466 f.; Friedrich, Drehscheibe, S. 419 f. 277 StABa, HStB, NverzA 4647: Weisung Franckensteins an Bibra, Bamberg 17. März 1748. Zu diesem Zweck sollte Bibra einem örtlichen Zeitungsverleger ein oder mehrere Exemplare der Bamberger Flugschrift kostenlos überlassen, dessen Artikel jedoch vor dem Druck noch einmal überprüfen. 278 Hans Gstettner, Regensburger Reichstags–Korrespondenzen. Ein Stück Pressepolitik des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation (Zeitung und Leben, 33), München 1936, S. 19 – 35; Neubauer, Regensburg, S. 19 – 25; Schort, Politik und Propaganda, S. 219 f.; Friedrich, Drehscheibe, S. 216 – 223, 428 – 434. 279 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 402: Bericht Bibras an Franckenstein, Regensburg 27. März 1748; Sicken, Reichskreis, S. 193 f. 280 StABa, HStB, NverzA 4647: Weisung Franckensteins an Bibra, Schloss Seehof 22. Mai 1748.

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einsicht und ermessung“ vorlegen wolle.²⁸¹ Diese Vorsichtsmaßnahme erschien durchaus angebracht, hatten doch einige Passagen im vorherigen Bamberger Zirkularschreiben Vergleiche und Beispiele aus anderen Reichskreisen enthalten, welche bei den betroffenen Reichsständen mitunter Irritation und Missfallen ausgelöst hatten.²⁸² Gegenüber seinem Reichstagsgesandten hatte Fürstbischof Johann Philipp von Franckenstein Anfang 1748 mit bemerkenswertem Weitblick die weitere Bamberger Strategie dargelegt. Zwar sollte Bibra das Zirkularschreiben nutzen, um den vertrauteren Gesandtschaften den Bamberger Standpunkt darzulegen, jedoch eine „anzettlung ahn den reichs-tag […] auf alle weiß vermeyden“. Nach Auffassung des Bischofs fiel der Streit in die alleinige Kompetenz des Reichshofrats und damit des Kaisers als oberstem Gerichtsherrn, von welchem man sich als kaisertreuer Reichstand ein günstiges Urteil und Unterstützung erwartete. Mehr als fünf Jahre im Voraus ahnte Franckenstein, dass „Brandenburg und hauptsächlich Bayreuth […] alsdann vermuthlich mit umgehung des kayserlichen obersten richter-ambts an die reichs-versammlung eylen [werden]“. Aufgrund der gerichtlichen Bestätigung der hochstiftischen Direktorialrechte, der offen zur Schau gestellten patriotischen Gesinnung Bambergs und nicht zuletzt Bibras Geschicklichkeit, so Franckenstein, werde ein Bayreuther Rekurs an den Reichstag aber keine Erfolgsaussichten haben.²⁸³ Zunächst aber rückte der Kreisdirektorialstreit in Regensburg ab Mitte 1748 bis Ende 1750 vor anderen akuteren Problemen, insbesondere des Hohenloher Konfessionsstreits, in den Hintergrund. Aus dem Bamberger Vorgehen in der ersten Phase des Kreisdirektorialstreits ab 1746 werden die Dynamiken und Mechanismen der Informations- und Kommunikationszentrale Regensburg ersichtlich. Im Kommunikationssystem des Reichstags erzwang jeder publizistische Angriff eine rasche Erwiderung, deren Inhalt von der juristisch gebildeten Reichstagsöffentlichkeit kritisch beurteilt wurde. Zeitdruck und Qualitätsanspruch setzten die beteiligten Reichsstände erheblich unter Zugzwang, mussten die Flugschriften doch fundiert argumentieren, wozu die Kontrahenten auf ihre Archive und die Juristen ihrer Universitäten angewiesen waren. Das Prozedere der Veröffentlichung und Verteilung der Flugschriften unterlag dabei genauester Beobachtung, da ihm hohe Symbolkraft zukam. Auffällig ist, dass sich das Hochstift schwer tat, die markgräflichen Attacken in Form fundierter juristischer Druckschriften zu parieren und zu erwidern. Zwar mussten die Markgrafen zur Veränderung des Status quo zwangsläufig die Initiative ergreifen, doch stießen

281 Ibid.: Weisung Franckensteins an Bibra, Schloss Seehof 22. Mai 1748. 282 Ibid.: Postskriptum Franckensteins an Bibra, Bamberg 3. April 1748. 283 Ibid.: Weisung Franckensteins an Bibra, Bamberg 7. Januar 1748.

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die schwerfälligen und verspäteten Reaktionen Bambergs bereits auf die Verwunderung und Kritik der pro Bamberg gesinnten Mitstände. 2.6.2 Formierung von Anhängerschaften – Die Einschaltung der Corpora Offenbar hatte das strikte Vorgehen des Corpus Evangelicorum im brisanten Hohenloher Religionskonflikt die Markgrafen ermuntert, sich im Kreisdirektorialstreit ebenfalls um die Unterstützung des Corpus Evangelicorum zu bemühen.²⁸⁴ Wie Bibra Ende November 1750 von seinem engen Freund Joachim Ludwig von Schwarzenau erfahren hatte, hatten sich Friedrich III. von Brandenburg-Bayreuth und Karl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach an das Corpus Evangelicorum gewandt, und – äußerst geschickt verknüpft – um den Beistand der protestantischen Reichsstände wegen der von Bamberg als reichsverfassungswidrig bezeichneten Ansbacher Exekution gegen Hohenlohe-Waldenburg und der Durchsetzung eines protestantischen Mitdirektoriums im Fränkischen Kreis gebeten.²⁸⁵ Auf die ungünstigen Nachrichten Bibras hin wurde in Bamberg am 5. Dezember eine Krisensitzung des Fürstbischofs und seiner wichtigsten Berater anberaumt. Ein Rekurs der Markgrafen von Ansbach und Bayreuth an den Reichstag wurde dabei zwar als wenig aussichtsreich eingeschätzt, dennoch wurden gewisse Vorkehrungen beschlossen. Neben einer Benachrichtigung des Reichsvizekanzlers und des Reichshofratspräsidenten sollte auch der Reichstagsgesandte bei den vertrauteren protestantischen Gesandtschaften gesprächsweise die Besonderheiten der Fränkischen Kreisverfassung und der Beschaffenheit des Kreisdirektoriums erläutern.²⁸⁶ Bibra hatte sich daraufhin mit Schwarzenau und dem kurbraunschweigischen Reichstagsgesandten Burkhard Christian von Behr besprochen. Schwarzenau war zwar von seinen Höfen angewiesen worden, unter den protestantischen Gesandten für eine Abweisung des Brandenburger Gesuchs zu werben, doch erklärte er Bibra, dass die Markgrafen aufgrund der eifrigen Unterstützung durch den preußischen Reichstagsgesandten Adam Heinrich von Pollmann beste Aussichten auf die Hilfe des Corpus Evangelicorum hätten. Behr hingegen zeigte sich weniger offen für Bibras Ausführungen und schien das Brandenburger Ansuchen zumindest teilweise zu befürworten, weshalb Bibra den britischen Gesandten Onslow Burrish über die Bamberger Sichtweise aufklärte, der daraufhin anbot, nochmals mit Behr zu

284 Sicken, Reichskreis, S. 196. Zu den Hohenloher Religionsstreitigkeiten siehe Kap. IV.2.1. 285 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 411: Berichte Bibras an Franckenstein, Regensburg 30. November und 2. Dezember 1750. 286 Ibid.: Konferenzprotokoll (Abschrift), Bamberg 5. Dezember 1750.

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sprechen.²⁸⁷ Burrish war britischer Gesandter an zahlreichen deutschen Höfen, vornehmlich aber in München und am Regensburger Reichstag und hatte den vagen Auftrag, gute Beziehungen zu den kaiserlichen, Kurmainzer, Kurtrierer und bayerischen Gesandten zu unterhalten und dabei die Interessen Großbritanniens zu fördern. Auch zu den Bamberger und Würzburger Fürstbischöfen hielt Burrish regen Kontakt und erwies sich mehrfach als nützlicher Vermittler und Vertreter hochstiftischer Interessen.²⁸⁸ Hatte es zunächst noch den Anschein gehabt, Bibras und Schwarzenaus Bemühungen bei den Mitgliedern des Corpus Evangelicorum wären erfolgreich gewesen,²⁸⁹ musste der Bamberger Reichstagsgesandte Anfang Mai 1751 berichten, dass sich das Corpus Evangelicorum auf eine Unterstützung der Markgrafen wegen der Ansbacher Exekution gegen Hohenlohe-Waldenburg und deren Kreisdirektorialansprüchen verständigt hatte.²⁹⁰ Die Nachricht versetzte den Bamberger Hof in höchste Aufregung, hatte der Streit damit doch eine neue Dimension erreicht. Bibra wurde aufgetragen, seine übrigen Prinzipale in Augsburg, Konstanz und Würzburg von den Ereignissen zu unterrichten und um deren tatkräftige Unterstützung nachzusuchen und anschließend alle übrigen katholischen Gesandtschaften anzuhalten, sich ihrerseits um den Beistand ihrer Höfe für die Bamberger Position zu bemühen. Weiterhin kündigte Fürstbischof Franckenstein an, sich deswegen an den Reichshofrat und den Kaiser selbst zu wenden, Bibra ein Promemoria zur Unterweisung der Regensburger Gesandtschaften zuzuschicken und zwei entsprechende Zirkularschreiben, das eine an die katholischen und das andere an die protestantischen Reichsstände zu richten.²⁹¹ Mit der Entscheidung des Corpus Evangelicorum, die Markgrafen gegen das Hochstift Bamberg zu unterstützen, hatte sich aus Bamberger Sicht der Kreis der nun in Frage kommenden Parteigänger entlang der konfessionellen Grenzen quasi von selbst herauskristallisiert. Obwohl sich beispielsweise Schwarzenau weiterhin um ein enges Vertrauensverhältnis bemühte, wies Franckenstein Bibra mit dem Ausdruck einer gewissen persönlichen Enttäuschung an, dessen „beharrlich fort287 Ibid.: Bericht Bibras an Franckenstein, Regensburg 22. Dezember 1750. 288 Jarl Kremeier, Drei Audienzen des englischen Gesandten Onslow Burrish bei Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn in den Jahren 1745 und 1746, in: MJB 50 (1998), S. 76 – 86; Schütz, Gesandtschaft, S. 73 f. 289 StABa, HStB, NverzA 4648: Weisung Franckensteins an Bibra, Bamberg 14. April 1751. 290 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 413: Bericht Bibras an Franckenstein, Regensburg 2. Mai 1751; Das entsprechende Conclusum des Corpus Evangelicorum wurde am 21. April 1751 gefasst, vgl. Belstler, Stellung, S. 78 f. 291 StABa, HStB, NverzA 4648: Weisungen Franckensteins an Bibra, Bamberg 7. Mai und Schloss Ullstadt 19. Mai 1751. Wie üblich wurden die Entwürfe der Zirkularschreiben zunächst an Bibra geschickt, der sein Gutachten darüber abzugeben hatte.

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bezeigendes vertrauen zwar ferner zu unterhalten, gleichwohlen aber darauf niemahlen zu bauen und sich zu keiner zeit auf mündliche gefällige eusserungen […] zu verlassen“.²⁹² Allerdings war die konfessionelle Lagerbildung auf dem Reichstag Mitte 1751 noch nicht so weit fortgeschritten, als dass das Hochstift a priori auf eine vorbehaltlose Unterstützung der eigenen Position im Kreisdirektorialstreit von Seiten der katholischen Reichsstände hoffen durfte. Aus diesem Grund hatte Bibra den katholischen Gesandten zu versichern, dass sich die Erkenntlichkeit des Hochstifts für erwiesenen Beistand nicht allein auf Dankesbezeigungen beschränken werde, sondern konkrete Gefälligkeiten in zukünftigen Angelegenheiten im Sinne einer reziproken Geschäftsbeziehung offeriert würden.²⁹³ Immerhin hatte das Bamberger Zirkularschreiben bei zahlreichen katholischen Reichsständen seine Wirkung nicht verfehlt. Wie Kurmainz sicherten auch die Fürstbischöfe von Basel, Chur, Eichstätt, Konstanz, Salzburg, Speyer und Straßburg, die Fürstäbte von Corvey und Fulda, sowie die Fürsten von Fürstenberg, Hohenzollern, Liechtenstein und Seckau ihre Unterstützung zu.²⁹⁴ Kurköln hatte sich zwar ebenfalls positiv geäußert, wollte sich jedoch vor einer verbindlichen Zusage noch mit Kurbayern und Kurpfalz abstimmen, weshalb Bibra auf deren Reichstagsgesandte entsprechend einwirken sollte.²⁹⁵ Für große Verärgerung in Bamberg sorgte hingegen die Zurückhaltung des Würzburger Hofs, dem die mangelnde Hilfsbereitschaft anderer Stände angelastet wurde.²⁹⁶ Für die Bamberger Entscheidungsträger stellte sich nun die schwierige Frage, ob und inwieweit das Corpus Catholicorum zur Mithilfe mobilisiert werden sollte. Da ohnehin eine Versammlung der katholischen Reichstagsgesandten wegen der Abfassung eines Promemoria an den Kaiser bezüglich der Hohenloher Religions292 Ibid.: Weisung Franckensteins an Bibra, Schloss Ullstadt 19. Mai 1751. 293 Ibid. 294 Ibid.: Abschriften der entsprechenden Zuschriften lagen dem Postskriptum Franckensteins an Bibra, Bamberg 8. August 1751, bei. 295 Ibid.: Postskriptum Franckensteins an Bibra, Schloss Seehof 11. Juli 1751; Die drei Wittelsbacher Kurfürsten stimmten ihre Reichstagspolitik regelmäßig untereinander ab. So beispielsweise auch 1748 bezüglich der Hohenloher Religionsstreitigkeiten, vgl. Brachwitz – Koller, Resonanz auf Pluralisierung. Das Corpus Evangelicorum als Autorität in konfessionellen Konflikten, S. 129. Siehe auch Kap. III.4.3. 296 StABa, HStB, NverzA 4648: Weisung an Bibra, Schloss Seehof 28. Juli, 13. August und 26. September 1751. Am Würzburger Hof hielt man es nicht für ratsam, den Kaiser oder den Reichstag in dieser Sache um Hilfe zu bitten. Vielmehr wurde die Ausschreibung eines baldigen Kreistags befürwortet, wo sich zeigen werde, wie sich die markgräflichen Gesandten verhielten. Der Würzburger Geheime Referendär Egid Valentin von Borié hatte in einem Schreiben an Bibra sogar gewisse Zweifel an den Bamberger Direktorialansprüchen geäußert und diesbezügliche Nachfragen gestellt, vgl. StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 79: Schreiben Boriés an Bibra und Konferenzprotokollauszug, Veitshöchheim 27. Mai 1751.

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streitigkeiten abgehalten werden sollte, stand zur Debatte, ob auch wegen des Kreisdirektorialstreits ein Promemoria im Namen der katholischen Reichsstände an die Prinzipalkommission zu übergeben sei, da so die „einmüthigkeit des verlangens“ nach kaiserlichem Beistand von Seiten des katholischen Reichsteils deutlicher als durch einzelne Zuschriften demonstriert würde.²⁹⁷ Am 11. Juli 1751 hatte sich Fürstbischof Franckenstein noch eindeutig dagegen ausgesprochen, da so „nebst vielen anderen besorgnüßen der widrige anlaß gegeben werden könnte, daß catholici, wie protestantes für ein corpus endlichen gehalten und angesehen, somithin das zeitherige reichs-systema in einen ziemlich nachtheiligen begriff versezet werden dörfte“, weshalb er Bibras Ratschlag erbat, ob nicht der „alte[ ] weeg mittels erlassung einzeler schreiben einzuschlagen“ sei.²⁹⁸ Knapp zwei Wochen später hielt es Franckenstein schließlich doch für hilfreich, wenn zur Erwirkung „schleunigste[r] obristrichterliche[r] abhülff“ neben den einzelnen Zuschriften der katholischen Reichsstände an den Kaiser auch die Prinzipalkommission durch die Kurmainzer Reichstagsgesandtschaft „nomine omnium catholicorum […] dahin belanget würde, mittels eines […] standhaften berichts das gerechte catholische verlangen zur […] obristrichteramtlichen vorkehr nachdrucksamst anzuempfehlen und kräftigst zu unterstüzen“.²⁹⁹ Da sich mit Kurtrier und den Wittelsbacher Kurfürsten von Bayern, Köln und der Pfalz nach wie vor wichtige katholische Reichsstände zurückhaltend und ausweichend hinsichtlich einer klaren Unterstützung der angegriffenen Bamberger Kreisdirektorialrechte verhielten, befürwortete auch Bibra die Mobilisierung des Corpus Catholicorum, da seiner Überlegung nach ein per Mehrheitsbeschluss gefasstes Beistandsschreiben des Corpus einen positiven Einfluss auf die noch zögerlichen Höfe haben würde.³⁰⁰ Allerdings war durchaus zweifelhaft, ob ein solches Vorgehen unter den katholischen Reichsständen mehrheitsfähig sein würde, denn die ambivalente Haltung Bambergs zur Inanspruchnahme des Corpus Catholicorum kann als beispielhaft für die grundsätzlich widersprüchliche Haltung des katholischen Reichsteils hinsichtlich des Corpus Catholicorum gelten. Während das Corpus Catholicorum den katholischen Reichstagsgesandten einerseits als informelles Forum zur Abstimmung und Beratung gemeinsamer Reichstagspolitik und zur Interaktion mit dem Kaiser diente,³⁰¹ lehnten der Kaiser und die katholischen Reichsstände ande-

297 298 299 300 301

StABa, HStB, Geheime Kanzlei 414: Bericht Bibras an Franckenstein, Regensburg 8. Juli 1751. StABa, HStB, NverzA 4648: Postskriptum Franckensteins an Bibra, Schloss Seehof 11. Juli 1751. Ibid.: Weisung Franckensteins an Bibra, Schloss Seehof 28. Juli 1751. StABa, HStB, Geheime Kanzlei 414: Bericht Bibras an Franckenstein, Regensburg 2. August 1751. Härter, Corpus, S. 69, 77.

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rerseits die konfessionellen Corpora als Institutionen innerhalb der Reichsverfassung außerhalb einer itio in partes generell ab und vermieden es daher tunlichst, nominell als Corpus Catholicorum aufzutreten.³⁰² Die Aktivitäten des Corpus Catholicorum im Sommer 1751, wobei der Kreisdirektorialstreit neben dem Hohenloher Religionskonflikt nur eine untergeordnete Rolle spielte,³⁰³ brachten den Wiener Hof in eine komplizierte Lage. Die bereits geschilderte Praxis der Invisibilisierung des Corpus Catholicorum galt in Wien als grundsätzliche Maxime,³⁰⁴ schließlich musste der Kaiser als überparteiliches und neutrales Reichsoberhaupt jeden Anschein vermeiden, als „Sachwalter des Corpus Catholicorum aufzutreten“.³⁰⁵ Da mit dem Corpus Catholicorum jedoch die wichtige kaiserliche Klientel der katholischen und vor allem der geistlichen Reichsstände anlässlich der Hohenloher Ereignisse dringenden Handlungsbedarf von Seiten des Kaisers zum Schutz des katholischen Reichsteils geboten sah, war dieser zu einer entgegenkommenden Reaktion genötigt. Anfang September hatte der kaiserliche Konkommissar Carl Joseph von Palm Bibra die kaiserliche Auffassung zum Vorgehen des Corpus mitgeteilt. Zwar sei „so viel nur immer möglich die gestalt eines corporis catholicorum […] [zu vermeiden], somit die communication unter denen catholischen gesandschaften ohnaufsichtig [zu] bewerckstellige[n], gleichwohlen […] das ansuchen deren catholischen ständen an kayserliche mayestät mit gemeinschaftlichter zusammensicht und vereinbahrten principiis gebracht werde, […] [wozu] die ministri [meint die Reichstagsgesandten] ihro mayestät der kayserin die hand zu biethen befehliget seyen, ihro mayestät der kayser dahingegen […] sich in dieser beschäftigung dermahlen ohnpartheylich und ohntheilnehmlich zu betragen gedencken“. Das Bamberger Beistandsgesuch in der Kreisdirektorialsache hingegen sei nach Ansicht des Kaisers nicht dem wegen Hohenlohe geplanten Promemoria „einzumengen, in welchem die religions-angelegenheiten lediglich zu befechten seyen“. Wegen der „protestantischen ermächtigung in dieser politischen sache“ hätten die katholischen Stände in einer „von denen religions sachen gesonderte[n] schriftlichen behelligung […] das obriste richterambt [den Kaiser] […] an[zu]ruffen“.³⁰⁶

302 Ibid., S. 69 f.; Kalipke, Behandlung, S. 482; Brachwitz, Die Autorität des Sichtbaren, S. 60 – 62, 88 – 92. Siehe auch Kap. IV.2.1. 303 Siehe Kap. IV.2.1. 304 Rohrschneider, Reichstag, S. 176 – 178. 305 Härter, Corpus, S. 77. 306 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 414: Bericht Bibras an Franckenstein, Regensburg 2. September 1751; Siehe auch HHStA, RK, PK, Weisungen, Fasz. 7 b: Weisung an Palm (Konzept), Wien 20. August 1751.

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Diese kaiserliche Sichtweise ist insofern aufschlussreich, da daraus die mitunter pragmatische Haltung des Wiener Hofs zum Corpus Catholicorum ersichtlich wird. War eine eigentlich unbedingt zu vermeidenden Spaltung des Reichsverbandes in die konfessionellen Corpora fallweise nicht zu verhindern, hatte sich diese verfassungsgemäß nur auf rein konfessionelle Streitfragen zu beschränken. Der Streit um die Direktorialrechte im Fränkischen Kreis stellte jedoch aus kaiserlicher Perspektive eine politische Angelegenheit dar, die somit allein in die Kompetenz der kaiserlichen obersten Gerichtsbarkeit fiel.Vor dem Hintergrund der reichsverfassungsrechtlichen Bestimmungen im Fall einer itio in partes erwies sich diese Auffassung auch für das Hochstift Bamberg günstiger, denn die dabei notwendige compositio amicabilis ³⁰⁷ schrieb zwangsweise einen Kompromiss zur Beilegung des Streits vor, was in jedem Fall Bamberger Zugeständnisse an die Markgrafen erforderlich machen würde. In enger Abstimmung mit dem Kurmainzer Gesandten Lincker und den kaiserlichen Gesandten wurde in der Kreisdirektorialsache nun ein Vorstellungsschreiben entworfen, das in der Mainzer und der Bamberger Gesandtschaftskanzlei vervielfältigt und anschließend durch Lincker und Bibra an die katholischen Reichstagsgesandtschaften verteilt werden sollte, damit deren Höfe unisono beim Kaiser um Unterstützung für die bedrängten Bamberger Direktorialrechte nachsuchen konnten.³⁰⁸ 2.6.3 Die konfessionelle Spaltung des Fränkischen Kreises Eskalierende Wirkung hatte im Frühjahr 1752 die in Ansbach und Bayreuth bekannt gewordene, scharf formulierte Eingabe des Hochstifts an den Reichshofrat, worin Bamberg um die Bestätigung seiner Direktorialrechte und eine Zurückweisung der markgräflichen Ansprüche gebeten hatte.³⁰⁹ Für besondere Empörung an den markgräflichen Höfen sorgte dabei, dass die von deren Kreisgesandten organisierten Beratungen der evangelischen Kreisstände darin als „Heckenzusammenkünfte“ bezeichnet worden waren.³¹⁰ Insbesondere die mäßigenden Stimmen in Ansbach fühlten sich vom Bamberger Vorgehen düpiert, weshalb Ansbach in der Folge den Bayreuther Konfrontationskurs stärker unterstützte.³¹¹ 307 Heckel, Itio in partes, S. 265 – 275. 308 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 415: Berichte Bibras an Franckenstein, Regensburg 21. und 24. Oktober 1751. 309 Sicken, Reichskreis, S. 197 f.; Sicken, Leitungsfunktionen, S. 257 f. 310 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 81: Postskriptum Greiffenclaus an Fechenbach, Würzburg 16. März 1752; Sicken, Reichskreis, S. 197. 311 Sicken, Leitungsfunktionen, S. 257. Die stärker an Bayreuth orientierte Politik Ansbachs dürfte auch der Erneuerung des Hausvertrages der Hohenzollern („Pactum Fridericianum“) am 24. Juni

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Seine Fortsetzung fand der Streit um das Kreisdirektorium 1752 zunächst auf Kreisebene. Der Bayreuther Kreisgesandte Philipp Andreas von Ellrodt erklärte den protestantischen Kreisständen in Reaktion auf die Bamberger Reichshofratseingabe, dass es nun an der Zeit sei, sich von den katholischen Kreisständen zu separieren und unter dem Vorsitz des weltlichen Kreisdirektoriums eine eigene Kreisversammlung der protestantischen Stände zu konstituieren.³¹² Bei einer Beratung der evangelischen Kreisstände im Nürnberger Rathaus am 21. März 1752 äußerte jedoch die Mehrzahl der anwesenden Gesandten Bedenken gegen eine förmliche Trennung vom Kreis.³¹³ Aber auch das Hochstift Bamberg verspürte Gegenwind, obwohl es sich in der aussichtsreicheren rechtlichen und – aufgrund der Solidaritätsbekundungen zahlreicher Reichsstände und der kaiserlichen Hilfe – auch politischen Lage befand. Im Fränkischen Kreis standen nicht einmal die geistlichen Stände uneingeschränkt hinter Bamberg.³¹⁴ Sogar Würzburg als mitmächtigster geistlicher Kreisstand widersetzte sich der Bamberger Argumentation, die Bayreuther Direktorialansprüche kämen einem grundsätzlichen Angriff auf den geistlichen Fürstenstand gleich. Für Bischof Karl Philipp von Greiffenclau stellte der Kreisdirektorialstreit vielmehr eine „particularirrung[ ]“ zwischen dem Hochstift und den Markgrafen dar.³¹⁵ Wie auch die Mehrzahl der übrigen Kreisstände zeigte sich Würzburg verärgert über den Stillstand der Kreisgeschäfte und drohte schließlich sogar mit einem gänzlichen Rückzug vom Kreis.³¹⁶ Auf den Druck der übrigen Kreisstände hin, teilte der Bamberger Bischof Anfang Mai 1752 mit, er habe die Abänderung der Unmut erregenden Begrifflichkeiten im Schreiben an den Reichshofrat veranlasst und eine Wiederaufnahme der

1752 geschuldet gewesen sein, worin die Erbfolge der fränkischen Markgraftümer geregelt wurde. Sollte eine der fränkischen Linien aussterben, würde die andere nachfolgen. Nach dem Erlöschen beider fränkischen Linien sollten die Fürstentümer mit dem Königreich Preußen vereinigt werden, vgl. Endres, Die Erbabreden zwischen Preußen und den fränkischen Markgrafen im 18. Jahrhundert, S. 76 – 79; Weber, Politik, S. 33 – 38. 312 StABa, Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 2814, Qu. 157: Protokoll der Versammlung der protestantischen Kreisstände im Nürnberger Rathaus, Nürnberg 9. März 1752; Otto Brunner, Die politische Stellung des fränkischen Reichskreises im Siebenjährigen Krieg. Diss. phil., Erlangen-Nürnberg 1965, S. 17– 23. 313 StABa, Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 2814: Bericht Ellrodts an den Markgrafen, Nürnberg 21. März 1752. 314 Sicken, Leitungsfunktionen, S. 258 f. 315 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 82: Weisung Greiffenclaus an Fechenbach, Veitshöchheim 6. Mai 1752. 316 Ibid.: Weisung Greiffenclaus an Fechenbach, Veitshöchheim 2. Juni 1752.

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Kreistagssitzungen befohlen.³¹⁷ Allerdings boykottierten die markgräflichen Gesandten die Versammlungen unter dem Bamberger Direktorium, denen auch zahlreiche andere evangelische Kreisstände demonstrativ fernblieben, womit der Fränkische Kreis nun konfessionell gespalten war.³¹⁸ An einer dauerhaften Lähmung des Kreises konnte jedoch kein ernsthaftes Interesse bestehen, weshalb sich die Vermittlungsbemühungen in Regensburg rasch intensivierten. Würzburg ließ über seinen Reichstagsgesandten Fechenbach beim kursächsischen Reichstagsgesandten auf die Wiederbeschickung des Kreistags drängen,³¹⁹ Kurbraunschweig wiederum wandte sich an die markgräflichen Höfe und schwächte deren Optimismus auf ein Eingreifen des Corpus Evangelicorum und auch der Wiener Hof entsandte den Freiherrn von Widmann, um zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln.³²⁰ Ein Vergleich schien die einzige mögliche Lösung zu sein, da sich die Markgrafen ohnehin strikt weigerten, ein Urteil des Reichshofrats in dieser Angelegenheit zu akzeptieren. Der preußische Resident in Wien, Heinrich von Diest, hatte am 9. Juni 1752 gegenüber Reichvizekanzler Colloredo verdeutlicht, dass auch Preußen die Jurisdiktion des Reichshofrats im Kreisdirektorialstreit keinesfalls anerkennen werde. Colloredo, der zunächst auf der Kompetenz des Reichshofrats bestanden hatte, erklärte daraufhin, der Kaiser werde „Bamberg zu tractirung der güte […] bewegen“, weshalb auch der preußische König die brandenburgischen Häuser „auf gleiche sentiments zu bringen suchen“ müsse.³²¹ Da sich das Hochstift weiterhin kaum kompromissbereit zeigte, setzten die Markgrafen ihren Boykott des Kreistags fort. Als Ende Oktober 1752 der Beschluss

317 Ibid.: Weisung Greiffenclaus an Fechenbach, Veitshöchheim 14. Mai 1752. 318 An den Sitzungen nahmen zunächst nur die Gesandten der geistlichen Kreisstände Bamberg, Würzburg, Eichstätt und Deutscher Orden sowie der Stände Schwarzenberg, Löwenstein-Wertheim, Rieneck, Seinsheim, Reichelsberg, Schönborn und der Reichsstadt Nürnberg teil, vgl. Sicken, Reichskreis, S. 200. 319 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 82: Weisung Greiffenclaus an Fechenbach, Veitshöchheim 2. Juni 1752. 320 Sicken, Leitungsfunktionen, S. 259. Zu den Vermittlungsbemühungen Kurbraunschweigs und Kursachsens siehe auch StABa, Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 2819. 321 StABa, Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 2814, Qu. 311 b: Bericht des Bayreuther Geheimen Rats und Gesandten Johann Friedrich von Lauterbach an Markgraf Friedrich III., Wien 10. Juni 1752; Zum Verhältnis Friedrichs II. zum Reichshofrat siehe auch Tobias Schenk, Friedrich der Große, der kaiserliche Reichshofrat und die Legende von der landesherrlichen Souveränität, in: Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte 64 (2012), S. 377– 391.

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des Fränkischen Kreiskonvents, den Leipziger Münzfuß beizubehalten,³²² beim Reichstag zur Diktatur gelangen sollte, brachte der Bayreuther Reichstagsgesandte Johann von Rothkirch zusammen mit dem Ansbacher Gesandten und dem Reichstagsgesandten Hessen-Kassels Einwände dagegen vor und stellte die Legitimität der Kreisversammlung öffentlich in Frage.³²³ Etwa gleichzeitig wandte sich der kursächsische Reichstagsgesandte mit Kompromissvorschlägen zur Beilegung des Kreisdirektorialstreits an den Bamberger Gesandten Stingelheim, doch Fürstbischof Franckenstein lehnte jegliche Vermittlungsbemühungen Kursachsens ab.³²⁴ Die Fronten blieben also weiter verhärtet. 2.6.4 Der Rekurs an den Reichstag Zu Beginn des Jahres 1753 erreichte der Kreisdirektorialstreit seinen Höhepunkt. Mitte Februar ergriffen die Markgrafen den recursus ad comitia und brachten den Kreisdirektorialstreit damit offiziell vor den Reichstag.³²⁵ In dem am 19. Februar zur Diktatur gelangten Rekursschreiben konzentrierten sich die Vorwürfe gegen Bamberg in erster Linie darauf, dass das Hochstift dem mitausschreibenden Fürsten keinerlei Direktorialbefugnisse zugestehe und diesem nur die Mitausführung einzelner weniger ausschreibamtlicher Verrichtungen gestatte, per Gesuch an den Kaiser den Ständen den synonymen Gebrauch der Bezeichnungen „Direktor“ und „ausschreibender Fürst“ für die Markgrafen verbieten lassen wolle und vorgebe, dass das weltliche Ausschreibamt während des versammelten Kreiskonvents 322 Insbesondere Würzburg hatte auf einen einmütigen und raschen Kreisschluss in dieser Frage gedrängt, nicht zuletzt, um gegenüber den markgräflichen Häusern und den noch abwesenden Kreisständen die Geschlossenheit und Handlungsfähigkeit des Kreiskonvents zu demonstrieren, vgl. StAWü, Würzburger Kreisakten 251: Weisung Greiffenclaus an den Kreisgesandten Hess, Werneck 8. September 1752. Nicht an der Kreisversammlung teilgenommen hatten neben den markgräflichen Gesandten die evangelischen Kreisstände Henneberg-Schleusingen, Henneberg-Schmalkalden, Hohenlohe-Neuenstein, Castell, Wertheim, Rieneck, Erbach, Limburg-Gaildorf und Limburg-Speckfeld, vgl. StAWü, Würzburger Kreisakten 367, Bl. 80r.: Protokoll der Kreissitzung, Nürnberg 16. September 1752. Auch das katholische Haus Hohenlohe-Waldenburg war bei der Abstimmung nicht vertreten, nachdem im Frühjahr 1752 ein heftiger Streit bei der Kreisversammlung um die Vertretung des Waldenburger Votums durch einen katholischen Gesandten entbrannt war und der Waldenburger Gesandtschaftsposten anschließend zunächst unbesetzt geblieben war, vgl. Dotzauer, Reichskreise, S. 133. 323 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 421: Bericht Stingelheims an Franckenstein, Regensburg 30. Oktober 1752. Der Landgraf von Hessen-Kassel war über die Herrschaft Henneberg-Schmalkalden im Fränkischen Kreis vertreten. 324 Ibid.: Bericht Stingelheims an Franckenstein, Regensburg 30. Oktober 1752; StABa, HStB, NverzA 4648: Weisung Franckensteins an Stingelheim, Schloss Seehof 3. November 1752. 325 Johann Jacob Moser, Teutsches Staats-Archiv, oder Sammlung derer neuest- und wichtigsten Reichs-, Crays- und anderer Handlungen […]. (1753/1), Hanau 1753, S. 988 – 1058.

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gänzlich ruhe. Nicht zuletzt betonten die Markgrafen, dass sie mehrfach zu „schiedlicher Vereinbarung die Hand sorgfältig geboten“ hätten, welcher sich der Bamberger Fürstbischof jedoch strikt verweigere.³²⁶ Fürstbischof Franckenstein zeigte sich zunächst verärgert, dass die Kurmainzer Reichstagsgesandtschaft den Rekurs der Markgrafen so rasch und ohne Vorwarnung zur Diktatur gebracht hatte, weshalb er Stingelheim anwies, gegenüber dem Mainzer Gesandten sein Befremden zu äußern und eine ebenso schleunige Diktatur der Bamberger Erwiderung zu fordern. Des Weiteren ließ er durch seinen Reichstagsgesandten sämtlichen Gesandtschaften mitteilen, dass er, trotz seiner Überzeugung, deren Prinzipale wüssten bereits von der Haltlosigkeit des Rekurses, in Bälde eine gründliche Widerlegung vorlegen werde. Auch ließ er darum bitten, dass deren Höfe bis dahin keine voreiligen Entschließungen in dieser Sache treffen möchten.³²⁷ Vom kaiserlichen Konkommissar Palm und dem österreichischen Direktorialgesandten Buchenberg erhoffte sich Franckenstein tatkräftige Unterstützung bei der Abweisung des Rekurses, der „die obristreichs-richterliche auctorität auf das gefährlichste beantaste[ ] und auf die völlige umstürzung der reichs- und fränckischen creysgrundverfassung […]“ abziele.³²⁸ Franckenstein bewies abermals politischen Scharfsinn, hatte er doch früh die Strategie der markgräflichen Höfe Ansbach und Bayreuth erkannt: „nach dem recurs [werde man] brandenburgischer seiths allerley nebenweegige beschäftigungen einschlagen und dasjenige, was man in denen vorgeschriebenen gerichtlichen weegen für ohnthunlich erachtet, durch mediations-übertragung und vorschlägige schiedliche ausgleichung zu erhohlen sich äusserst bestreben“.³²⁹ Da er aber das Bamberger Vorrecht des alleinigen Kreisdirektoriums als zweifelsfrei berechtigt betrachtete, wollte sich der Fürstbischof nach wie vor keinesfalls auf einen Vergleich einlassen, der in jedem Fall eine Schmälerung der bisher ausgeübten Befugnisse bedeuten musste. Auf konkrete Vermittlungsbemühungen anderer Reichsstände sollte Stingelheim daher kurzfristig fehlende Weisungen vorschützen, langfristig aber den entsprechenden Gesandtschaften darlegen, dass der Vertrag von 1559 und das Herkommen viel zu eindeutig seien, als dass ein Kompromiss angebracht wäre.³³⁰ Tatsächlich teilte der Bayreuther Reichstagsgesandte Rothkirch dem kursächsischen Gesandten Johann Georg von Ponickau wenige Wochen später mit, dass der Bayreuther Markgraf eine kursächsischen Mediation im Kreisdirektorialstreit be326 327 328 329 330

Ibid., S. 990 f. StABa, HStB, NverzA 4648: Weisung Franckensteins an Stingelheim, Bamberg 25. Februar 1753. Ibid.: Weisung Franckensteins an Stingelheim, Bamberg 11. März 1753. Ibid. Ibid.

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fürworte. „Je mehrere bereitwilligkeit hochfürstlich brandenburgischer seits zu gütlichen weegen bezeiget wird“, so schrieb Rothkirch an Markgraf Friedrich III., „je mehr muß solches den gegentheil in torto sezen und aller orten favorable impression machen“.³³¹ Das Kalkül der Markgrafen, das Hochstift durch demonstrative Kompromissbereitschaft an den Verhandlungstisch zu zwingen, ging auf. Da absehbar war, dass weder eine itio in partes, noch eine kaiserliche Entscheidung des Konflikts zu Gunsten Bambergs zu einer langfristigen Beruhigung und zur Abwendung der drohenden, dauerhaften Spaltung des Fränkischen Kreises führen würden, befürwortete die Mehrzahl der Reichsstände eine gütliche Einigung auf Basis eines Vergleichs. So berichtete der Würzburger Reichstagsgesandte Fechenbach nach Würzburg, dass die „Gutgesinnten“ der Ansicht wären, „daß […] ein vergleich unter begnehmigung [der] kayserlichen majestät das eintzige auskunftsmittel seyn mögte“.³³² In einem geradezu verzweifelt anmutenden Akt ließ Franckenstein den Würzburger Fürstbischof Anfang April sogar bitten, Fechenbach jedwede Unterredung mit anderen Gesandtschaften bezüglich einer Vermittlung oder eines Vergleichs im Kreisdirektorialstreit zu untersagen.³³³ Nachdem die mäßigenden Würzburger Ratschläge in Bamberg kein Gehör gefunden hatten, wurde Fechenbach schließlich aufgetragen, „äusserlich die […] bambergische principia“ zu unterstützen, jedoch bei Ankunft des etatmäßigen Bamberger Reichstagsgesandten Bibra, diesem „die […] nothwendigkeit der sachen vorzustellen“, da man „von der guten einsicht […] dieses […] so erfahrenen ministri“ überzeugt sei.³³⁴ Offenbar hatte es die aus Bamberger Sicht ungünstige Entwicklung der Lage ratsam erscheinen lassen, den gesundheitlich angeschlagenen, doch hoch geachteten und erfahrenen Reichstagsgesandten Bibra persönlich nach Regensburg zu schicken. Nach dem überraschenden Tod des Bamberger Bischofs Franckenstein am 3. Juni 1753 setzte der neugewählte Fürstbischof Franz Konrad von Stadion zunächst die harte Linie seines Vorgängers fort. Noch kurz vor den Sommerferien erfolgte am 7. August 1753 die Diktatur der Bamberger Erwiderung auf den Rekurs der Markgrafen, worin das Hochstift seine Position erneut darlegte und die markgräflichen Ansprüche zurückwies.³³⁵ Allerdings hatte der kaiserliche Hof bereits im Juli si-

331 StABa, Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 2819, Qu. 54: Bericht Rothkirchs an Markgraf Friedrich III., Regensburg 18. April 1753. 332 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 84: Postskriptum Fechenbachs an Greiffenclau (Konzept), Regensburg 12. April 1753. 333 Ibid.: Weisung Greiffenclaus an Fechenbach, Würzburg 10. April 1753. 334 Ibid.: Weisung Greiffenclaus an Fechenbach, Würzburg 15. April 1753. 335 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 427: Bericht Bibras an Stadion, Regensburg 8. August 1753; Christian Gottfried Oertel, Reichs-Tags-Diarium […]. Bd. 1, Regensburg 1766, S. 85 f. Konkommissar

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gnalisiert, eine Beilegung des Konflikts durch einen einvernehmlichen Vergleich zu befürworten.³³⁶ Bis Jahresende war der Druck auf das Hochstift Bamberg, die unnachgiebige Haltung endlich aufzugeben, deutlich gestiegen. Fürstbischof Stadion sah sich gezwungen, Bibra aufzutragen, „denen kaiserlichen und vertrauteren gesandschaften auf der einen seithen die […] bambergische bereitwilligkeit zur friedgesinnlichen auskunft […] erkennen [zu] [ ]geben, auf der anderen seithen dahingegen zugleicher zeit […] die reichsgutächtliche abschlagung des […] recurses“ voranzutreiben.³³⁷ Nach wie vor hoffte der Fürstbischof auf eine Abweisung des Rekurses und die damit verbundene, vollumfängliche Bestätigung der Bamberger Direktorialrechte. Doch zu Beginn des Jahres 1754 kippte die Stimmung mehr und mehr. Trotz der verzweifelten Bemühungen Bibras, den weiterhin publizierten Druckschriften der Brandenburger Höfe angemessen zu begegnen und die Unterstützung der pro Bamberg gesinnten Gesandtschaften aufrecht zu erhalten, sah sich der Bamberger Gesandte immer häufiger mit vergleichsweise moderat formulierten Kompromissvorschlägen der markgräflichen Höfe konfrontiert, die von vermittelnden Gesandten, besonders Kursachsens und Kurbraunschweigs, an ihn herangetragen wurden.³³⁸ Erschwerend kam hinzu, dass der kaiserliche Hof seine Unterstützung für das Hochstift weitgehend zurückgezogen hatte, nachdem sich Fürstbischof Stadion hartnäckig weigerte, seine ablehnende Haltung für das von Wien tatkräftig betriebene Introduktionsvorhaben des Fürsten von Thurn und Taxis aufzugeben.³³⁹ Auch der nach Wien geschickte Bamberger Gesandte und Kärntner Viztum Johann Philipp Anton Horneck von Weinheim und Stadions Schreiben an den Reichsvizekanzler vermochten dagegen wenig auszurichten.³⁴⁰

Palm wies in seinem Bericht darauf hin, dass die Bamberger Schrift unbedingt noch vor den Ferien zur Diktatur gelangen sollte, damit sämtliche Gesandtschaften ausreichend Zeit zur Einholung von Instruktionen erhielten und die Angelegenheit direkt nach den Ferien zur Abstimmung gelangen könnte, vgl. HHStA, RK, PK, Berichte 91a: Bericht Palms an Franz I., Regensburg 8. August 1753. 336 StABa, Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 2819, Qu. 67: Bericht des Bayreuther Gesandten Lauterbach an Markgraf Friedrich III., Wien 7. Juli 1753; Berbig, Hochstift, S. 120. 337 StABa, HStB, NverzA 4649: Weisung Stadions an Bibra, Bamberg 16. Dezember 1753. 338 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 430: Berichte Bibras an Stadion, Regensburg 18., 27. und 30. Januar 1754; Sicken, Reichskreis, S. 202 f.; Sicken, Leitungsfunktionen, S. 260. 339 Rohrschneider, Reichstag, S. 267. Siehe Kap. IV.2.4. 340 StABa, HStB, NverzA 4649: Bericht Bibras an Stadion, Regensburg 15. Januar 1754; Bericht des Viztums (Abschrift), Wien 5. März 1754; HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 38, Bl. 132r.–137r.: Schreiben Stadions an Colloredo, Bamberg 24. Februar 1754. Zu den weiteren Hintergründen der diplomatischen Mission des Kärntner Viztums siehe Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 222 f.

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Auf Bibras nachdrückliche Mahnung hin, erklärte der Bamberger Fürstbischof am 24. Februar, man müsse nun „die ganze welt von der unserigen friedliebenheit, und des sehnlichen wunsches zu überzeugen gedencken, diese mißhelligkeiten in balden und gleichgültig entweder in gerichtlichen weegen, oder aber auf schiedliche arth, jedoch ohne abbruch unserer weesentlichen zuständigkeiten […] beygeleget zu wissen“.³⁴¹ Schließlich war Stadion kaum etwas anderes übrig geblieben, als in Vergleichsverhandlungen einzuwilligen, denn aufgrund der fehlenden kaiserlichen Unterstützung schwand auch unter den kurfürstlichen und fürstlichen Höfen der Rückhalt für die unnachgiebige Position Bambergs.³⁴² Mitte März ergriffen die Markgrafen die Initiative und ließen über den Bayreuther Reichstagsgesandten Rothkirch einen konkreten Vergleichsvorschlag beim Kurmainzer Reichstagsdirektorium zur Diktatur einreichen sowie gegenüber Bibra ihre Verhandlungsbereitschaft bekräftigen. Um die Sache abzukürzen, hatte Rothkirch vorgeschlagen, die förmliche Diktatur der Vergleichspunkte vor dem Reichstag auszulassen und den erarbeiteten Vorschlag direkt der Bamberger Gesandtschaft zukommen zu lassen, worauf sich Bibra gerne einließ. Dieser wiederum notierte seine gutachtliche Meinung zu den einzelnen Inhalten und schickte den Entwurf mit der Bitte um weitere Anweisungen nach Bamberg.³⁴³ Die darauf einsetzenden Vergleichsverhandlungen liefen anschließend hauptsächlich über die Reichstagsgesandten der beteiligten Streitparteien. Zu Beginn verhandelte Bibra mit den markgräflichen Gesandten Johann von Rothkirch und Johann Georg Friedrich von Knebel jeweils einzeln, die sich dann wiederum untereinander abstimmten, später folgten gemeinsame Unterredungen. Da die Gesandten jeweils erst an ihre Höfe berichten und deren Weisungen abwarten mussten, gestalteten sich die Verhandlungen äußerst langwierig.³⁴⁴ Besonders für den mittlerweile erblindeten Bamberger Gesandten Bibra, der seinen Fürstbischof bereits um Entlassung gebeten hatte,³⁴⁵ bedeuteten die zeitintensiven Beratungen eine immense Kraftanstrengung. Zunächst schien eine Einigung weit entfernt, zumal sich insbesondere in der Frage nach der Verwendung oder Umbenennung der Bezeichnung „Kreisdirekto-

341 StABa, HStB, NverzA 4649: Postskriptum Stadions an Bibra, Bamberg 24. Februar 1754. 342 Ibid.: Weisung Stadions an Bibra, Bamberg 12. März 1754. 343 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 431: Bericht Bibras an Stadion, Regensburg 16. März 1754. 344 Ibid.: Berichte Bibras an Stadion, Regensburg 24. und 25. März 1754. 345 Ibid.: Bericht Bibras an Stadion, Regensburg 11. März 1754. Fürstbischof Franz Konrad von Stadion war jedoch auf die Erfahrung und das Verhandlungsgeschick Bibras angewiesen und stellte diesem eine Rückkehr nach Bamberg erst nach Abschluss der Verhandlungen in Aussicht, vgl. StABa, HStB, NverzA 4649: Weisung Stadions an Bibra, Bamberg 17. März 1754.

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rium“ kein Kompromiss abzeichnete.³⁴⁶ Erzürnt schrieb Fürstbischof Stadion an seinen Gesandten, „die zumuthung, […] creis von dem directorio hinwegzulassen […] [könne] nicht einmal mit anständigkeit vor der ehrbaren welt behauptet werden. […] Kein creis directorium in dem ganzen reich wird [als] ein creistags-directorium“ bezeichnet.³⁴⁷ Auch Rothkirchs anderer Dienstherr, der Herzog von Württemberg, würde sich schließlich kaum dazu bereit erklären, „sich von nun an nicht mehr schwäbischen creises-directorem, sondern convents-directorem nennen zu lassen“, weshalb Bibra den Brandenburger Gesandten mitteilen sollte, dass „so geneigt wir uns bishero hätten […] finden lassen, die schiedliche auskunfts-gewinnung auch sogar mit aufopferung einiger unserer offenbaresten zuständigkeiten zu erleichtern, so wenig würden wir uns jemahls entschliesen, uns anders nennen […] zu lassen“.³⁴⁸ Da die Markgrafen aber weiterhin strikt auf einer Trennung der Begrifflichkeiten „Kreis“ und „Direktorium“ bestanden und selbst die pro Bamberg gesinnten Gesandtschaften darin kein Hindernis sahen, wies Stadion seinen Gesandten an, sich wenigstens um das „directorio bey dem versammleten creise“ zu bemühen, notfalls aber darauf zu verzichten, wobei es am Ende davon abhänge, ob das Domkapitel dem Vertrag auch ohne diesen wichtigen Punkt zustimmen werde.³⁴⁹ In seiner Sitzung vom 19. Juli 1754 genehmigte das Domkapitel den Vertragsentwurf mit dem Zugeständnis des „directorium[s] bey versammleten crayß“, wovon Bibra unmittelbar nach Sitzungsende per Eilbote benachrichtigt wurde, um die Verhandlungen endlich abschließen zu können.³⁵⁰ Wenige Tage später unterzeichneten Bibra und die markgräflichen Gesandten am 22. Juli 1754 in Prüfening bei Regensburg den Vergleichsvertrag.³⁵¹ Mit dem Direktorium beim versammelten Kreistag hatte Bamberg weiterhin die Sitzungen der Kreisversammlung zu leiten und deren Beschlüsse und Abschiede zu formulieren, zudem oblag dem Hochstift die Führung der Kreiskanzlei und des Kreisarchivs. Das Ausschreibamt, welches Bamberg und das jeweilige Markgraftum gleichberechtigt versahen, hatte die Kreisversammlung einzuberufen, die Beratungspunkte auszuwählen sowie für die Ausführung der Aufgaben von Kaiser und Reich und die Sicherheit im Kreis zu sorgen. Allerdings führte das Hochstift den Schriftverkehr, wobei eine Informationspflicht gegenüber dem mitausschreibenden

346 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 432: Bericht Bibras an Stadion, Regensburg 7. Mai 1754. 347 StABa, HStB, NverzA 4649: Weisung Stadions an Bibra, Bamberg 22. Juni 1754. 348 Ibid.: Weisung Stadions an Bibra, Bamberg 27. Juni 1754. 349 Ibid.: Weisung Stadions an Bibra, Bamberg 9. Juli 1754. 350 Ibid.: Weisung Stadions an Bibra, Bamberg 19. Juli 1754; StABa, HStB, Domkapitel, Rezessbücher, Nr. 82, Bl. 202r.–206r.: Protokoll der Domkapitelsitzung vom 19. Juli 1754. 351 Sicken, Leitungsfunktionen, S. 261; Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 221.

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Markgrafen bestand, der wiederum die von Bamberg vorgelegten Entwürfe ergänzen oder ändern durfte.³⁵² Neben einer effizienteren Regelung des Beratungsverfahrens wurde beschlossen, dass keine Konfliktpartei künftig Einwände gegen die gesonderten, informellen Unterredungen religionsverwandter Kreisstände erheben dürfe. Auch fand sich Bamberg bereit, auf seinen bisherigen Standpunkt, dass Ausschreibamt habe während des versammelten Kreiskonvents gänzlich zu ruhen, zu verzichten. Die Markgrafen mussten den Anspruch eines weltlichen Kreisdirektoriums oder Kondirektoriums aufgeben und sich mit der Bezeichnung „ausschreibender Fürst“ begnügen, wobei als Kompromiss in lateinischen Schreiben die Formulierung „directores circuli“ verwendet und durch den Zusatz „ausschreibende Fürsten“ spezifiziert werden sollte. Um guten Willen zu zeigen, versprach das Hochstift gegen die gemeinsame Anrede „directores“ in an den Kreis gerichteten Schreiben Dritter keinen Widerspruch einzulegen. Bemerkenswerterweise wurden die Kreisstände weder von den Verhandlungen noch über deren Ergebnisse informiert.³⁵³ Der Vertrag bestätigte im Wesentlichen das ursprüngliche Abkommen über die Aufteilung der Führungsämter des Kreises aus dem Jahr 1559, womit das Hochstift den Großteil seiner Vorrechte wahren konnte. Bayreuth wiederum hatte in der jahrelangen Auseinandersetzung sein Ziel einer Partizipation am Kreisdirektorium nicht durchsetzen können, was ohne die breite Unterstützung der Mehrzahl der Reichstände und des Kaisers von vornherein ein aussichtsloses Unterfangen gewesen war. Während Karl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach und Fürstbischof Franz Konrad von Stadion den Vertrag unmittelbar ratifizierten, forderte der Bayreuther Hof nachträglich einige Änderungen. Eine Nachverhandlung kam aus Bamberger Sicht jedoch nicht in Frage, zumal Ansbach den erfolgreichen Vertragsabschluss bereits dem Reichstag sowie dem preußischen und dem kaiserlichen Hof mitgeteilt hatte und den Vertrag als bindend erachtete. Obwohl man selbst in Berlin dem Bayreuther Hof zur Annahme des Vertrags geraten hatte, verweigerte Friedrich III. von Brandenburg-Bayreuth seine Ratifikation.³⁵⁴ Mit der Wiederbeschickung des Kreistags durch die Markgrafen im Spätsommer 1754 schien der langjährige Kreisdirektorialstreit trotz der ausgebliebenen Vertragsratifikation endlich beigelegt zu sein. Als aber Franz Konrad von Stadion am 6. März 1757 verstarb, bestritten Ansbach und Bayreuth, wie bereits 1746, erneut die Direktorialrechte des Domkapitels. Erst nach der erfolgreichen Wahl Adam 352 StABa, A 85, Fach 349, Nr. 1695; StABa, A 85, Fach 349, Nr. 1696; Sicken, Reichskreis, S. 203 – 205; Sicken, Leitungsfunktionen, S. 261. 353 Sicken, Reichskreis, S. 205; Sicken, Leitungsfunktionen, S. 262. 354 Sicken, Reichskreis, S. 206 f.; Sicken, Leitungsfunktionen, S. 262 f.; Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 221.

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Friedrich von Seinsheims konnten die Kreistagssitzungen wieder regulär fortgeführt werden, wobei sich Seinsheim – durch die Personalunion zwischen Bamberg und Würzburg ohnehin gestärkt – auch nach dem Siebenjährigen Krieg um die Vermeidung weiterer Spannungen mit den Markgrafen von Ansbach und Bayreuth bemühte.³⁵⁵ Insgesamt lassen sich am Beispiel des Kreisdirektorialstreits vier typische Phasen der Austragung von Streitigkeiten beim Reichstag charakterisieren: In der Informationsphase (1) kommunizierten die Konfliktparteien der Reichstagsöffentlichkeit zunächst den Streitgegenstand und legten ihre jeweiligen Standpunkte in ausführlichen Druckschriften dar. Daraus entwickelte sich in der Regel eine publizistische Auseinandersetzung mit dem Ziel, die Gesandtschaften durch „persuasiven Kommunikationseinsatz“³⁵⁶ von der eigenen Position zu überzeugen und Anhängerschaften zu formieren (2). Hierbei nahmen Mitte des 18. Jahrhunderts vor allem die konfessionellen Corpora eine wichtige Funktion ein, weshalb nicht selten originär politische Konflikte zu religiösen Streitigkeiten stilisiert wurden. Sobald man sich der Gefolgschaft eines breiten Unterstützerkreises versichert glaubte, wandte sich eine Konfliktpartei per Rekurs (3) an den Reichstag. Da ein Rekurs in einer konfessionellen Streitfrage mit einer der itio in partes folgenden compositio amicabilis ohnehin auf eine gütliche Einigung hinauslief, den beteiligten Reichsständen jedoch vollkommen bewusst war, dass die Aussicht auf eine Verhandlung des Rekurses beim Reichstag äußerst gering war, traten die Kontrahenten schließlich in Vergleichsverhandlungen (4) zur Beilegung des Streits ein. Diese vier Stadien (Informationsphase, Formierung von Anhängerschaften, Rekurs und Vergleichsverhandlungen) zogen sich über mehrere Jahre hin, waren mit hohem Aufwand verbunden und banden dementsprechend Ressourcen, was sich auch in der geringeren Intensität der übrigen reichspolitischen Aktivitäten Bambergs während der Höhepunkte des Konflikts äußerte. Deutlich wird auch die Mediationsfunktion des Reichstags und der Rekurse. Zwar dominierten in der zeitgenössischen Wahrnehmung und der historischen Forschung die negative Beurteilung des recursus ad comitia als einem Symbol für die Krise des reichsgerichtlichen Justizwesens und der Reichsverfassung, doch greift dieses Deutungsmuster bisweilen zu kurz.³⁵⁷ Denn die Rekurse eröffneten den Reichsständen auch eine gesichtswahrende Möglichkeit, Kompromisse auf außer-

355 Sicken, Reichskreis, S. 207– 209; Berbig, Hochstift, S. 120 f.; Sicken, Leitungsfunktionen, S. 263 f.; Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 257. 356 Friedrich, Drehscheibe, S. 397. 357 Einen Überblick über die Interpretationsmuster des recursus ad comitia in der Forschung gibt Gernot Sydow, der diese gleichzeitig als zu einseitig kritisiert, vgl. Sydow, Recursus ad Comitia, S. 117– 122. Dazu auch Härter, Rekurs, S. 263 f.

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gerichtlichem Weg einzugehen.³⁵⁸ Es ist durchaus anzunehmen, dass angesichts der geringen Zahl an tatsächlich beim Reichstag verhandelten Rekursen³⁵⁹ viele der rekurrierenden Reichsstände das Instrument des recursus ad comitia von vornherein als reine Drohgebärde und Stimulus zur Initiierung von Vergleichsverhandlungen einsetzten. Bei der Aushandlung der Kompromisse nahmen häufig nicht involvierte Gesandtschaften eine Vermittlerrolle ein, konnten die Kommunikation zwischen den Streitparteien übernehmen, verfahrene Situationen lösen und nötigenfalls Druck auf unnachgiebige Verhandlungspartner aufbauen. In den verhandlungsgeübten und juristisch versierten Gesandten verfügten die Reichsstände zudem über ideale Unterhändler zur Verhandlung bilateraler Streitigkeiten und Abkommen, die noch dazu in Regensburg auf quasi neutralem Boden agieren konnten.

2.7 Reaktionen auf die Krise Die Jahre nach dem Frieden von Aachen bis zum Ausbruch des Siebenjährigen Kriegs waren geprägt von zahlreichen Auseinandersetzungen und dem wachsenden Gegensatz zwischen den konfessionellen Lagern, die sich verstärkt an die konkurrierenden Mächte Österreich und Preußen banden und eine unterschiedliche Auffassung zur Auslegung der Reichsverfassung vertraten. Aus der Perspektive der geistlichen Reichsfürsten wurden in dieser aufgeheizten und konfliktgeladenen Atmosphäre sicher geglaubte Maximen in Frage gestellt. Die steigende Zahl der Rekurse an den Reichstag wurde als Angriff auf die kaiserliche Jurisdiktion gedeutet, was in Verbindung mit einer gleichzeitigen Unzufriedenheit über die Arbeit der Reichsgerichte und der Forderung nach einer Visitation des Reichskammergerichts zum Eindruck eines maroden Justizwesens im Reich führte.³⁶⁰ Die dabei sichtbar werdende Schwäche des Kaisers und das unglückliche Verfahren des Wiener Hofs in den Hohenloher Religionsstreitigkeiten erschütterten das mitunter naiv anmutende Vertrauen der Hochstifte in den Kaiser als Schutzherrn der geistlichen Reichsstände, was wohl auch zur bisweilen kritischen Haltung der Bamberger Akteure gegenüber der Wiener Reichstagspolitik beitrug. Nicht zuletzt das forsche und letztlich erfolgreiche Auftreten des Corpus Evangelicorum und die

358 Härter, Rekurs, S. 264. 359 Ibid., S. 263 f.; Sydow, Recursus ad Comitia, S. 108. 360 Beispielsweise StABa, HStB, NverzA 4647: Weisung Franckensteins an Bibra, Bamberg 28. Januar 1750; StABa, HStB, NverzA 4648: Weisung Franckensteins an Stingelheim, Bamberg 18. Februar 1752; Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 191 f.

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zunehmende Fraktionierung im Reich und beim Reichstag untermauerten die krisenhafte Erscheinung der Reichsverfassung. Aus einem reichspatriotischen und kaisertreuen Selbstverständnis heraus trat das Hochstift Würzburg gleich mehrfach gestaltend mit Initiativen zur Aufrechterhaltung der Reichsverfassung und zur Stärkung der kaiserlichen Position hervor.³⁶¹ Eine Strategie zur Bewältigung der verschiedenen Herausforderungen war dabei die gezielte Vernetzung mit anderen, vor allem katholischen und geistlichen Reichsständen durch umfangreiche Korrespondenz und die Entsendung von adhoc-Gesandtschaften. Dahinter stand das Motiv, die kollektiven Interessen beim Reichstag geschlossen zu artikulieren, weshalb Fürstbischof Greiffenclau seine Vorschläge und Entwürfe im Voraus zur Debatte stellte.³⁶² Die Bestrebung nach einer korporativen Reichstagspolitik ist hier deutlich erkennbar.³⁶³ Ein besonders enges Vertrauensverhältnis herrschte zwischen Würzburg und dem Bamberger Hof, mit dem die Reichstagspolitik in mehrere Konferenzen abgestimmt wurde. Gerade vor dem Hintergrund der nachlässigen Besetzungspraxis der Würzburger Kreisgesandtschaft 1748 bis 1753 kann damit eine klare Schwerpunktsetzung in den Würzburger Außenbeziehungen festgestellt werden, die deutlich auf der Reichstagspolitik lag. Der Aufschwung der Würzburger Reichstagspolitik nach der wirren Phase unter Anselm Franz von Ingelheim, ist dabei eindeutig auf die Person des agilen und ambitionierten Geheimen Referendärs Egid Valentin von Borié zurückzuführen.³⁶⁴ Auffällig ist das selbstbewusste Auftreten des Hochstifts Bamberg gegenüber dem Wiener Hof bei der Wahrung eigener Interessen und der Vertretung divergenter Ansichten. Zwar vermochten es die Bamberger Fürstbischöfe nicht, konträre

361 Zum Zusammenhang zwischen „Reichspatriotismus“ und „Krise“ siehe Michael Stolleis, Reichspublizistik und Reichspatriotismus vom 16. zum 18. Jahrhundert, in: Günter Birtsch (Hg.), Patriotismus (Aufklärung, 4, 2), Hamburg 1991, S. 7– 23. 362 Der Geheime Referendär Egid Valentin von Borié erklärte gegenüber dem Reichstagsgesandten Bibra, dass der Bischof „vor dem beobachteten vernehmen mit anderen hohen höfen eine endliche entschliesung zu ertheilen nicht pflege[ ]“, vgl. StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 78: Schreiben Boriés an Bibra, Würzburg 28. März 1751. Dem Urteil Rombergs, die Würzburger Reichspolitik unter Karl Philipp von Greiffenclau hätte in „eher halbherzige[n], unkoordinierte[n] und diffuse[n] Schritte[n]“ bestanden, muss daher widersprochen werden, vgl. Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 176. 363 Der Begriff „korporative Reichspolitik“, von Karl Härter als „eine von einer Mehrheit („wichtiger“) geistlicher Reichsstände im Kontext des Corpus Catholicorum verfolgte gemeinsame Reichstagspolitik“ definiert, wird hierbei weiter gefasst und darunter auch Ansätze und Aktivitäten gemeinsamer Reichstagspolitik der geistlichen Reichsfürsten außerhalb der Strukturen des Corpus Catholicorum subsumiert, vgl. Härter, Corpus, S. 63. 364 Siehe Kap. III.3.2.4.

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Standpunkte in letzter Konsequenz zu behaupten. Dennoch scheute insbesondere Fürstbischof Franckenstein in mehreren Fällen nicht vor einer direkten Konfrontation mit den kaiserlichen Akteuren zurück, was darauf hinweist, dass das oft bemühte Axiom der Hochstifte als natürlicher kaiserlicher Klientel und verlässlicher Parteigänger Wiens³⁶⁵ einer differenzierten Betrachtung bedarf. Die zahlreichen kaiserlichen Einflussnahmen auf die hochstiftische Reichstagspolitik zeigen, dass die politischen Ziele der Fürstbischöfe und des kaiserlichen Hofs nicht grundsätzlich in allen Facetten übereinstimmten und von einer vorbehaltlosen Unterstützung kaiserlicher Reichstagspolitik durch die Hochstifte nicht ausgegangen werden kann. Die dabei zu beobachtenden unterschiedlichen Reaktionen auf kaiserliche Interventionen in Bamberg und Würzburg vor dem Hintergrund einer prinzipiell ähnlichen Ausgangs- und Interessenlage lassen sich durch die mehr oder weniger starke Einbindung der hochstiftischen Entscheidungsträger in die Netzwerke und Klientelverhältnisse des Wiener Hofs erklären.³⁶⁶ Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die Hochstifte Bamberg und Würzburg in der spannungsreichen Phase der 1750er Jahre sehr aktiv beim Reichstag agierten, großen Anteil an den Problemen des Reichs nahmen und reichspolitisches Engagement bewiesen,³⁶⁷ womit sie – von den Kurfürstentümern einmal abgesehen – eine herausgehobene Position unter den geistlichen Reichsständen bekleideten, während die übrigen Fürstbischöfe des Reichs in diesem Zeitraum beim Reichstag weit weniger in Erscheinung traten.³⁶⁸ Erhebliche Bedeutung besaß der Reichstag für Bamberg und Würzburg als Forum der politischen Kommunikation und Meinungsbildung, was sich im gezielten Kommunikations- und Medieneinsatz widerspiegelt. Den Fürstbischöfen waren Nutzen und Notwendigkeit korporativer Reichstagspolitik bewusst, wobei sie sich grundsätzlich am Vorgehen des Corpus Evangelicorum, etwa bezüglich der propagandistischen Aktivierung katholischer Universitäten, orientierten, doch es gelang ihnen und dem katholischen Reichsteil nicht, die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen eine stärkere Institutionalisierung des Corpus Catholicorum zu überwinden. Nicht zuletzt veranschaulichen die vorherigen Kapitel die formellen und informellen Mechanismen, Funktions- und Verfahrensweisen des Reichstags und die

365 Aretin, Großmächte, S. 67; Braun – Göttmann, Staat, S. 78 – 80; Aretin, Reichsverfassung und Mindermächtige. Geistliche Fürsten und italienische Vasallen als Stützen der kaiserlichen Reichspolitik, S. 189, 193; Brendle – Schindling, Reichskirche, S. 214; Rohrschneider, Reichstag, S. 49. 366 Siehe Kap. III.5. 367 In diesem Kapitel nicht behandelt wurden die Bemühungen Bambergs und Würzburgs um eine Verbesserung des Münzwesens sowie die Vorschläge zur Verbesserung der Reichsjustiz. 368 Mit der Wiener Überlieferung der österreichischen und kurböhmischen Reichstagsgesandtschaften und der Prinzipalkommission bestätigen „neutrale“ Quellenkorpora diesen Befund.

2 Im Zeichen der Krise – Hochstiftische Reichstagspolitik in den 1750er Jahren

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zugrundeliegenden Verhandlungs- und Aushandlungsprozesse. Neben dem bereits geschilderten ambivalenten Umgang mit dem Corpus Catholicorum werden etwa typische Vorgehensweisen bei der Behandlung von Streitigkeiten beim Reichstag deutlich. Die Veröffentlichung des Konfliktgegenstands vor der Reichstagsöffentlichkeit, das Werben um Anhängerschaften unter dem gezielten Einsatz medialer Kommunikation, die förmliche, aber erfolglose Einlegung eines Rekurses und die Führung von Vergleichsverhandlungen, wobei weder das ursprüngliche Problem noch der Rekurs zum Inhalt offizieller Beratungen oder gar einer Abstimmung bei der Reichsversammlung wurde, bildeten entsprechende Charakteristika. Die Rekurse erscheinen damit auch als Konfliktlösungsinstrument. Hier nahm der Reichstag eine Mediationsfunktion ein, konnten die Reichstagsgesandten als verhandlungserprobte und bevollmächtigte Unterhändler in Regensburg auf neutralem Boden, gegebenenfalls mit Hinzuziehung von Vermittlern unter geradezu idealen Bedingungen partikulare Abkommen aushandeln. Die konfessionelle Überlagerung genuin politischer Konflikte fungierte gleichermaßen als eine informelle Methode zur Einhegung, Verrechtlichung und Beilegung komplizierter oder verfahrener Auseinandersetzungen, galten doch in diesem heiklen Feld klare Vorgaben, welche den Streitparteien gesichtswahrende Möglichkeiten zur Lösung boten. Freilich war auch die umgekehrte Wirkungsweise möglich, womit Konflikte überhaupt erst produziert, verschärft oder eskaliert werden konnten.³⁶⁹ Auch werden die spezifischen Dynamiken des Reichstags als Informations- und Kommunikationssystem erkennbar. Je nach Anlass und Erfolgsaussicht wählten die Gesandten defensive oder offensive beziehungsweise persuasive Kommunikationsstrategien. Die von der Reichstagsöffentlichkeit genauestens beobachteten publizistischen Auseinandersetzungen folgten bestimmten Mustern, in denen es auf fundierte Argumentation, das richtige Timing und symbolische Kommunikation ankam. Der bewusste Einsatz von Fehlinformationen oder Geheimnisverrat gehörten ebenfalls dazu. Insgesamt werden die vielgestaltigen Funktionen des Reichstags als Ort des politischen Austausches und verfassungsrechtlichen Diskurses, als Informationsund Kommunikationsplattform, als politisches Forum und gesetzgebendes Entscheidungsorgan aus der Perspektive zweier geistlicher Reichsterritorien sichtbar, welche den hohen Stellenwert des Reichstags innerhalb der fürstbischöflichen Außenbeziehungen verdeutlichen. Doch wie stellte sich dieser unter gänzlich anderen Bedingungen dar?

369 Kleinehagenbrock, Erhaltung, S. 154 – 156; Härter, Forschung, Abs. 41.

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IV Die Politik der Hochstifte Bamberg und Würzburg beim Reichstag

3 Der Reichstag und der Siebenjährige Krieg – Hochstiftische Reichstagspolitik während der Personalunion unter Adam Friedrich von Seinsheim (1755/1757 – 1763) 3.1 Fürstbischof Seinsheim als Klient des Wiener Hofs Die Ausgangslage für eine enge Beziehung zwischen Adam Friedrich von Seinsheim und der Wiener Hofburg stellte sich zunächst eher suboptimal dar. Sein Vater Maximilian Franz von Seinsheim und sein älterer Bruder Joseph Franz bekleideten hohe Ämter am kurbayerischen Hof, letzterer diente zunächst Kaiser Karl VII. in Mannheim und Den Haag als Botschafter und avancierte später zum Obersthofmeister, Konferenz- und Kriegsminister Max III. Josephs. Auch der junge Domkapitular Adam Friedrich von Seinsheim betätigte sich im diplomatischen Dienst des Wittelsbacher Kaisers als Kommissar beim Fränkischen Reichskreis und als Gesandter an den Höfen in Heidelberg, Köln, Trier und München. In weiser Voraussicht hielt er seine Ernennung zum kaiserlichen Geheimen Rat vom 11. Juni 1742 zwar geheim,³⁷⁰ sein familiärer Hintergrund und seine diplomatischen Aktivitäten in den 1740er Jahren ließen ihn aber dennoch als Parteigänger der Wittelsbacher erscheinen, was nach dem Tod Karls VII. und der Rückkehr des habsburgischen Kaisertums – wie in so vielen Biografien dieser Zeit – zum existentiellen Problem werden konnte. Von seinem Onkel und politischen Lehrmeister, dem Bamberger und Würzburger Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn, in einer prohabsburgischen Haltung geprägt, bemühte sich Seinsheim nach 1745 rasch um die Gunst des Wiener Hofs und erlangte 1751 die Ernennung zum kaiserlichen Geheimen Rat durch Franz I. und Maria Theresia.³⁷¹ Die Bamberger Bischofswahl 1753, bei welcher Adam Friedrich von Seinsheim äußerst knapp gegen Domdechant Franz Konrad von Stadion unterlag, trübte das Verhältnis kurzzeitig. Seinsheim, der sich früh um den Beistand Wiens bemüht hatte, schrieb seine Niederlage der ungenügenden kaiserlichen Unterstützung zu und zeigte sich enttäuscht, dass man seine nachträglichen, wenn auch halbherzigen

370 Renner, Jugend- und Studienzeit, S. 289 – 298; Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 240; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 238. 371 HHStA, RK, GehR 6 – 1 – 10: Kaiserliches Dekret (Abschrift), Pressburg 22. Mai 1751; Ssymank, Seinsheim, S. 12; Dietmar Grypa u. a. (Hg.), Die Berichte der diplomatischen Vertreter des Kaiserhofes aus München an die Staatskanzlei zu Wien während der Regierungszeit des Kurfürsten Max III. Joseph. Bd. 2 1747– 1749 (Quellen zur neueren Geschichte Bayerns, II, 2), München 2000, S. 660, 662 f., 678; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 238 f.

3 Der Reichstag und der Siebenjährige Krieg

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Anfechtungsversuche nicht förderte.³⁷² Tatsächlich war der kaiserliche Wahlkommissar Karl von Colloredo ausdrücklich instruiert worden, keinen Kandidaten zu bevorzugen und jedem Elekten zu verdeutlichen, er habe seinen Erfolg dem kaiserlichen Einsatz zu verdanken. Auch hatte Colloredo dafür Sorge zu tragen, dass Seinsheim bei einer Wahl Stadions nicht „auf den argwohn […] verfalle[ ], als wäre von uns ihme etwas im weeg geleget worden“, was ihm offensichtlich nicht gelungen war.³⁷³ Der Drohung seines Bruders gegenüber dem Reichsvizekanzler, die Bischofswahl der päpstlichen Entscheidung überantworten zu wollen, widersprach Adam Friedrich allerdings entschieden und verwies auf seine vorherige Erklärung, in diesem Fall eher auf seine Wahl verzichten zu wollen. Mit diesem klugen Schachzug hatte er seine Treue und Ergebenheit gegenüber dem Kaiserhof demonstriert und sich damit für die nächste Bischofswahl als Favorit Wiens in Stellung gebracht, wo man sich ohnehin „viel ersprießliches von dem grafen Seinsheim zu erwarten versprechete[ ]“.³⁷⁴ Die Gelegenheit sollte nicht lange auf sich warten lassen. Nach dem Tod des Würzburger Fürstbischofs Karl Philipp von Greiffenclau am 25. November 1754 galt Seinsheim aufgrund seines vergleichsweise jungen Alters von 47 Jahren und seiner langjährigen Verwaltungserfahrung als aussichtsreicher Kandidat.³⁷⁵ In der Instruktion des kaiserlichen Wahlkommissars Johann Wenzel von Widmann wurde Seinsheim als angenehmer Kandidat bezeichnet, der im Erfolgsfall „in solche verbindlichkeit gesetzet werde[n müsse], damit man […] von seiner patriotischen [im Sinne von kaisertreuen] gedenckens-art gesichert [wäre] und er zugleich sich jederzeit an dem chur bayerischen hof zu erhaltung der fürwaltenden guten einverständnüs anwende und es das ansehen gewinne, daß wir uns in rücksicht auf Chur-Bayern zu behuff sein[es] grafens Seinsheim angewendet hätten“.³⁷⁶ Diese Passage ist äußerst aufschlussreich, beschreibt sie nicht nur die Einleitung eines Klientelverhältnisses, sondern auch das Kalkül der Hofburg, mit der Personalie

372 HHStA, RK, GWA 3, Bl. 275r.–280r.: Schreiben Seinsheims an Maria Theresia, Franz I. und Colloredo, Bamberg 12. Juni 1753; Bl. 290r.–292r.: Schreiben Seinsheims an Colloredo, Bamberg 26. Juni 1753; Bl. 296r.–198v.: Schreiben Seinsheims an Colloredo, Bamberg 28. Juni 1753; Bl. 335r.–337r.: Schreiben Seinsheims an Colloredo, Bamberg 4. Juli 1753; Berbig, Hochstift, S. 48 – 57; Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 214 – 216. 373 HHStA, RK, GWA 3, Bl. 325r.–332v.: Instruktion für den kaiserlichen Wahlkommissar Karl von Colloredo (Abschrift), Wien 3. Juli 1753, Zitat Bl. 329r. 374 Ibid., Bl. 328v.: Instruktion für den kaiserlichen Wahlkommissar Karl von Colloredo; Berbig, Hochstift, S. 57. 375 Ssymank, Seinsheim, S. 7, 19; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 242 f. 376 HHStA, RK, Instruktionen 17, Bl. 46r.–56v.: Instruktion für den kaiserlichen Wahlkommissar Widmann (Abschrift), [Wien] 7. Dezember 1754, Zitat Bl. 51v.–52r.

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IV Die Politik der Hochstifte Bamberg und Würzburg beim Reichstag

Seinsheim Einfluss auf den kurbayerischen Hof nehmen zu können, als dessen Kandidat er offensichtlich wahrgenommen wurde. Die Wiener Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Nachdem Seinsheim am 7. Januar 1755 einstimmig zum Würzburger Fürstbischof gewählt worden war, bekräftigte das Domkapitel in seiner Wahlanzeige an den Kaiser, dass dieser seine „angebohrne devotion gegen euer kayserl[iche] majestät, den heil[igen] röm[ischen] reich und [dem] allerdurchleuchtigsten ertzhauss Österreich in allen vorkommenheiten mit wahren proben […] bethätigen“ werde.³⁷⁷ Dabei handelte es sich keineswegs um eine leere Floskel, vielmehr stimmte Seinsheim seine Reichspolitik fortan eng mit dem Wiener Hof ab. Besonders deutlich belegen dies die Vorgänge um den Abschluss zweier Subsidienverträge in den Jahren 1755 und 1756. Auf Initiative des Ansbacher Ministers Christoph Ludwig von Seckendorff trat Seinsheim wenige Monate nach seiner Wahl in Verhandlungen mit dem Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg um britische Subsidiengelder ein. Gegenstand war die Bereitstellung von mehreren Tausend Soldaten durch Ansbach und Würzburg, womit Großbritannien der Bedrohung Hannovers durch Frankreich begegnen wollte.³⁷⁸ Als sich die Verhandlungen im August 1755 konkretisierten, wandte sich Seinsheim nach Wien, um sich der kaiserlichen Befürwortung des projektierten Militärbündnisses zu versichern. Ohne das Plazet des Kaiserhofs wollte er die Verhandlungen offenbar nicht zu Ende bringen, schrieb er doch am 5. August seinem Bruder, ein Vertragsabschluss bezüglich der „englischen subsidien“ sei noch nicht erfolgt, da „mann annoch eine günstige antwort von Wien […] erwarte“.³⁷⁹ Gemäß des am 6. September geschlossenen Kontrakts hatte das Hochstift Würzburg für die Dauer von einem Jahr drei Bataillone Infanterie zu je 800 Mann bereitzuhalten, wofür Großbritannien unmittelbar nach der Ratifikation 60 000 Gulden Wartegeld bezahlen sollte, die bei einem Kriegseinsatz mit den dann fälligen 30 Reichstalern pro Soldat sowie den Offizierszulagen verrechnet würden. König Georg II. wurde eine einseitige Verlängerungsoption „auf ein oder mehrere Jahre“ eingeräumt. Nach einer wohlwollenden Nachricht aus Wien ratifizierte Adam Friedrich von Seinsheim den Vertrag am 27. September 1755.³⁸⁰

377 StAWü, Würzburger Domkapitelprotokolle 202, S. 46 f. 378 Ssymank, Seinsheim, S. 25, 56; Aretin, Das Alte Reich Bd. 3, S. 83; Brendan Simms, Pitt and Hanover, in: Brendan Simms – Torsten Riotte (Hg.), The Hanoverian dimension in British history, 1714 – 1837, Cambridge 2007, S. 28 – 57, hier S. 36 f. 379 SAS, Nr. 769/85: Schreiben Adam Friedrichs an seinen Bruder Joseph Franz, Werneck 5. August 1755. 380 NLA HA, Hann. 10, Nr. 420: Subsidienvertrag, Hannover 6. September 1755, ratifiziertes Vertragsexemplar, Würzburg 27. September 1755; Ssymank, Seinsheim, S. 27.

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Nur wenige Monate später hatte sich die politische Lage in Europa grundlegend verändert. Nach dem für Seinsheim überraschenden Renversement des alliances fand sich das Hochstift Würzburg über das Militärbündnis mit Hannover plötzlich in einer Allianz mit Preußen wieder, was sämtlichen Maximen hochstiftischer Außenpolitik zuwiderlief. Bereits nach dem Abschluss der Westminsterkonvention zwischen Großbritannien und Preußen am 16. Januar 1756, die sich als entscheidender Impetus für die Intensivierung der französisch-österreichischen Bündnisverhandlungen erweisen sollte,³⁸¹ hatte sich Seinsheim bei Reichsvizekanzler Colloredo nach den Konsequenzen für seinen Subsidienvertrag mit Hannover erkundigt, da er „hierunter die kayserliche allerhöchste intention nicht gerne verfehlen“ wollte.³⁸² Nach der Eskalation der kriegerischen Auseinandersetzungen in Nordamerika und der französischen Besetzung Menorcas befanden sich Frankreich und Großbritannien seit den gegenseitigen Kriegserklärungen im Mai und Juni 1756 offiziell im Krieg.³⁸³ Zusätzliche Truppen konnten da nicht schaden, weshalb Georg II. und seine hannoverischen Geheimen Räte Mitte Juli 1756 auf der vertraglich zugesicherten Verlängerung des Subsidienvertrags bestanden.³⁸⁴ Abermals bat der Würzburger Fürstbischof in Wien um Rat, ehe ihm Staatskanzler Kaunitz am 7. August mitteilte, er solle sich der „verbindung noch in zeiten […] entledigen“ und stattdessen einen subsidienvertrag mit dem erzhaus schließen, „welche[r] sich, wann es möglich wäre, auf eine höhere trouppenanzahl, als an Engeland versprochen worden, beliefe“.³⁸⁵ In enger Abstimmung mit Kaunitz kündigte Seinsheim die Subsidienkonvention mit Hannover vertragswidrig auf und vereinbarte nur zehn Tage nach deren Ablauf und knapp zwei Wochen nach dem preußischen Einfall in Kursachsen am 16. September 1756 einen neuen Kontrakt mit der Hofburg. Dieser sah die Stellung von insgesamt 4 000 Soldaten, die Hälfte davon unentgeltlich, die Übrigen gegen Subsidienzahlungen in Höhe von 40 Gulden pro Mann, über zwei Jahre vor. Darüber hinaus sagte Seinsheim vertraglich zu, mit „ihro k[aiserlich] k[öniglichen] mai[es] t[äten] in reichs vorfallenheiten auf reichs und creys tägen in guten vernehmen und

381 Duchhardt, Balance, S. 328. 382 HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 547, Bl. 163r.: Postskriptum Seinsheims an Colloredo, Würzburg 17. März 1756. 383 Marian Füssel, Der Preis des Ruhms. Eine Weltgeschichte des Siebenjährigen Krieges 1756 – 1763, München 2019, S. 66 – 98. 384 HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 38, Bl. 201: Schreiben der hannoverschen Minister Münchhausen und Steinberg an den Würzburger Hofkammer- und Kriegsratspräsidenten Johann Gottfried von Wolfskeel (Abschrift), Hannover 15. Juli 1756. 385 Ibid., Bl. 216r.–219v.: Schreiben Kaunitz’ an Seinsheim (Konzept), Wien 7. August 1756, Zitat Bl. 218r.

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für einen mann zu stehen und das interesse des durchlauchtigsten erzhauses und mitselbem […] [die] wohlfahrt des vaterlandes kräftigst zu unterstützen auch diesfalls geheime abrede zu pflegen“.³⁸⁶ Im Gegensatz zum Abkommen mit Hannover waren dabei keine finanziellen Erwägungen ausschlaggebend, zumal die ausgehandelte Truppenzahl nicht durch die vorhandenen Streitkräfte gedeckt werden konnte, weshalb mehrere Hundert Soldaten mit erheblichem Kostenaufwand angeworben und ausgerüstet werden mussten. Seinem Bruder eröffnete der Fürstbischof: „[Die] tractaten seynd freylich nit avantagem, wie die hannöverische, […] nur ist nichts anders übrig, als mithelffen, das Preussen entfernt bleibe“.³⁸⁷ Als einer der ersten Reichsfürsten überhaupt positionierte sich Seinsheim damit nur wenige Wochen nach dem preußischen Überfall auf Sachsen ganz entschieden auf Seiten des Wiener Hofs, indem er nicht nur militärische Hilfe zusagte, welche die Möglichkeiten seines Hochstifts deutlich überstieg, sondern sich auch zu uneingeschränkter politischer Gefolgschaft verpflichtete. Die enorme Tragweite seines Handelns war ihm dabei bewusst, wie er auch und gerade gegenüber der Hofburg betonte: „Obwohlen ich auff einer seithe durch entsagung derer churbraunschweigischen subsidien mir dieses hoffs haß und unwillen zuziehe, auff anderer seithe aber mich der rache eines meinem hochstifft drohenden kriegsherr[n] bloß stelle, und endtlich auch einen wiedrigen vorwurff meiner mit neutralitäts-gedancken umgehender creys-mittstanden zu gewarthen habe, so wird mir doch herr graff von Pergen [der an den Verhandlungen beteiligte kaiserliche Gesandte] das zeugnis geben müssen, mit welcher leichtigkeit ich mich dem allerhöchsten dienst vorzeiglich ergeben […] habe“.³⁸⁸ Aufgrund der von Kaunitz geschickt instrumentalisierten Säkularisationsängste erachtete der Würzburger Fürstbischof seine tatkräftige Unterstützung dennoch als alternativlos.³⁸⁹ Seinem Bruder erklärte Seinsheim: „Was ist also von

386 HHStA, Urkundenreihen, Staatsverträge Abschriften 13: Subsidienvertrag (Abschrift), Werneck 16. September 1756; StAWü, HV Ms. f. 656. 387 SAS, Nr. 770/120: Schreiben Adam Friedrichs an seinen Bruder Joseph Franz, Werneck 15. September 1756. 388 HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 38, Bl. 271r.–276v.: Schreiben Seinsheims an Kaunitz, Würzburg 16. September 1756, Zitat Bl. 271. 389 „[…] die vereinigung zusammen gesezter kräfften das einzige mittel seye, dieser unvermeidentlichen allgemeinen gefahr zu begegnen […] würde das durchlauchtigste erzhauß den von diesem allgemeinen feind zubereitenden unterdrückung bloß gestellet, so wär es zugleich um die teutsche freyheit, insonderheit aber um die geistliche[n] reichs-fürsten geschehen“, vgl. ibid., Bl. 284r.–286v.: Schreiben Kaunitz’ an Seinsheim (Konzept), Wien 6. Oktober 1756, Zitat Bl. 284v.–285r. Von einer neutralen Haltung versprach sich Seinsheim keinen Vorteil, wie er in einem Schreiben an seinen Bruder ausführte: „[…] so gelten ihme [Friedrich II.] alle länder gleich, sie mögen sich gegen ihme gesezet, als neutral gezeiget haben, seine raison de guerre erfordert alles in depot zu nehmen,

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diesem könig zu […] hoffen […]. […] nachdem es aber dermahlen auf die kayserin alleinig ankommet, welche dieses starke ungewitter abhalten muss, also muss man trachten dieser auf alle arth beyzustehen […], unterliegt diese, so seynd wir überschwemmt und können solches durch unsere geringe force nicht aufhalten […] nun wird nichts übrig seyn, als das wie […] unser mitbeytrag […].³⁹⁰ Sicherheit versprach sich Seinsheim von seinem Subsidienvertrag mit der Hofburg, den er als reziprokes Schutzbündnis verstand. Im Fall des befürchteten preußischen Angriffs auf sein Territorium sei, so schrieb er seinem Bruder, „die kayserin […] alsdann schuldig nach der convention mich zu retten“.³⁹¹ Trotzdem sollte der Subsidienvertrag auf Wunsch Seinsheims gegenüber der Öffentlichkeit als Resultat der Bündnisverpflichtungen zwischen dem Hochstift und der böhmischen Krone aufgrund der Erbeinung aus dem Jahr 1366 dargestellt werden,³⁹² was der substituierte Reichstagsgesandte Heinrich Joseph von Schneidt auch in Regensburg möglicher Kritik entgegenzuhalten hatte.³⁹³

die länder [von der] […] [Kriegs‐] mannschafft zu entblössen, die gelder an sich zu ziehen […] damit ihme so viel weniger widerstand gemacht kan[n] werden; eben diese reflexiones haben mich enschlossen [gemacht] […] zwey regimenter infantrie jedes à 2 000 köpf in österreichischen sold [zu] geben“, vgl. SAS, Nr. 770/120: Schreiben Adam Friedrichs an seinen Bruder Joseph Franz, Werneck 15. September 1756; Kech, Hofhaltung, S. 91. Siehe auch Kech, Hofhaltung, S. 77, 91. 390 SAS, Nr. 770/119: Schreiben Adam Friedrichs an seinen Bruder Joseph Franz, Werneck 12. September 1756. 391 SAS, Nr. 770/128: Schreiben Adam Friedrichs an seinen Bruder Joseph Franz, Würzburg 10. Oktober 1756. Aus dem Schriftwechsel mit seinem Bruder geht hervor, dass der Fürstbischof mit einem preußischen Angriff auf sein Hochstift rechnete: „ich hoffe selbst, das unsere gränzen wenigstens dieses jahr noch unangefochten bleiben werden […] aber ist es nothwendig sich in den stand zu sezen, besonders aber die kayserin zu unterstützen“, vgl. SAS, Nr. 770/120: Schreiben Adam Friedrichs an seinen Bruder Joseph Franz, Werneck 15. September 1756. 392 Hofmann, Politik, S. 15 – 17; Ssymank, Seinsheim, S. 31. Bei dieser Erbeinung handelte es sich um ein militärisches Schutzbündnis, welches Kaiser Karl IV. (1355 – 1378), dessen Sohn Wenzel als König von Böhmen (1363 – 1419), der Mainzer Erzbischof Gerlach von Nassau (1346 – 1371) und das Erzstift Mainz sowie der Würzburger Bischof Albrecht II. von Hohenlohe (1345 – 1372) für sich und ihre Nachfolger im August 1366 geschlossen hatten. Im 17. und 18. Jahrhundert hatte sich die Erbeinung aus Würzburger Sicht zur Grundlage geschäftsorientierter Subsidienverträge und einem Instrument habsburgischer Gefolgschaft entwickelt, auf dessen Basis der Wiener Hof das Hochstift immer wieder zur Truppenstellung aufforderte, vgl. Claudia Garnier, Die Politik der geistlichen Kurfürsten im Spätmittelalter im Spiegel ihrer Einungen und Verträge. Der „Mainzer Kurverein“ (1399) und der „Binger Kurverein“ (1424), in: Mario Müller u. a. (Hg.), Erbeinungen und Erbverbrüderungen in Spätmittelalter und Früher Neuzeit. Generationsübergreifende Verträge und Strategien im europäischen Vergleich (Studien zur brandenburgischen und vergleichenden Landesgeschichte, 17), Berlin 2014, S. 96 – 115, hier S. 106 f.; Romberg, Würzburger Bischöfe 1684 – 1746, S. 446, 453. 393 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 92: Weisung Seinsheims an Schneidt, Würzburg 10. Oktober 1756.

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Der kaiserliche Hof sollte indes schon bald Gelegenheit bekommen, sich für den treuen Beistand seines Klienten gemäß des do ut des zu revanchieren. In einer höchst brisanten Phase starb am 6. März 1757 während der Verhandlungen um die Kreisarmatur des durch die preußischen Truppen in Böhmen und Sachsen akut gefährdeten Fränkischen Reichskreises der Bamberger Fürstbischof Franz Konrad von Stadion. Mit der Vakanz des Bischofsstuhls drohte eine Lähmung der Rüstungsanstrengungen des Kreises, welche die protestantischen Markgrafen in Ansbach und Bayreuth ohnehin nur widerwillig begonnen hatten. Da sie die Kreisdirektorialansprüche des Domkapitels während der Sedisvakanz generell bestritten, initiierten sie zudem eigene Kreistagssitzungen der evangelischen Kreisstände unter dem Vorsitz Ansbachs, womit eine Spaltung des Kreises zu befürchten stand. Unbedingtes Ziel des Wiener Hofs und der prokaiserlichen Stände war also eine rasche Wiederbesetzung der Bamberger Cathedra mit einem schlagkräftigen, kaisertreuen Kandidaten, wofür der Würzburger Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim geradezu prädestiniert erschien.³⁹⁴ In einer beispiellosen, „konzertierten Aktion“³⁹⁵ organisierte die Hofburg die schleunige Wahl ihres Klienten Seinsheim. Der kaiserliche Wahlkommissar Widmann mühte sich in Bamberg um die nötigen Stimmen und drängte die Domkapitulare erfolgreich zur Vorverlegung des Wahltermins, während der kaiserliche Sachwalter in Rom, Kardinal Alessandro Albani, ein Administrationsbreve erwirkte, welches dem neugewählten Fürstbischof den sofortigen Regierungsantritt nach der Wahl erlaubte. Da eine zügige Wahl Seinsheims auch im Interesse der Kurie lag, wurden die notwendigen Formalitäten in erstaunlicher Geschwindigkeit erledigt. Aus der Wahl am 21. April 1757 ging Adam Friedrich von Seinsheim einstimmig als neuer Fürstbischof hervor.³⁹⁶ Seine entschiedene Parteinahme auf Seiten Österreichs hatte sich für Seinsheim also ausgezahlt. Zeitgenössische Beobachter hatten bereits einige Monate zuvor einen Zusammenhang zwischen der couragierten Truppenstellung Seinsheims und dessen Ambitionen auf den Bamberger Bischofsstuhl hergestellt.³⁹⁷ Dem 394 Sicken, Reichskreis, S. 207 f.; Berbig, Hochstift, S. 57 f.; Burkhardt, Abschied, S. 177. 395 Johannes Burkhardt, Vom Debakel zum Mirakel. Zur friedensgeschichtlichen Einordnung des Siebenjährigen Krieges, in: Helmut Neuhaus – Barbara Stollberg-Rilinger (Hg.), Menschen und Strukturen in der Geschichte Alteuropas. Festschrift für Johannes Kunisch zur Vollendung seines 65. Lebensjahres, dargebracht von Schülern, Freunden und Kollegen (Historische Forschungen, 73), Berlin 2002, S. 299 – 318, hier S. 307. 396 Berbig, Hochstift, S. 57– 65; Burkhardt, Abschied, S. 176 – 184; Burkhardt, Beitrag, S. 182 – 186; Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 242 – 247. 397 So berichtete der kurhannoversche Gesandte Ludwig Eberhard von Gemmingen aus Würzburg, die Gründe für den Würzburger Subsidienvertrag mit Österreich bestünden „in der allzu großen abhängigkeit [Seinsheims] von dem wienerischem hofe und vielleicht auch in der begierde nach

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Kaiserhof wiederum war es gelungen, einen verlässlichen Klienten auf der wichtigen Position des Kreisdirektors zu installieren, von dem man sich einen positiven Einfluss auf die übrigen Kreisstände, insbesondere auf den Ansbacher Markgrafen erhoffte. Da Seinsheim seinen Erfolg unmittelbar auf die kaiserliche Unterstützung zurückführte, fühlte er sich dem Wiener Hof anschließend umso stärker verpflichtet.³⁹⁸ Zugleich war der Fürstbischof fest davon überzeugt, dass nur ein Sieg Österreichs den Fortbestand der geistlichen Fürstentümer garantieren könnte, weshalb es aus seiner Perspektive alles Erdenkliche dazu beizutragen galt. Wie wirkte sich dies auf die Reichstagspolitik der Hochstifte Bamberg und Würzburg während des Siebenjährigen Kriegs aus?

3.2 Die Bedeutung des Reichstags während des Siebenjährigen Kriegs 3.2.1 Reichskriegserklärung, Römermonate und Generalitätspromotionen – Der Beitrag der Reichsversammlung zum Krieg Die große Stunde des Reichstags während des Siebenjährigen Kriegs schlug am Montag, den 10. Januar 1757 um 11 Uhr. Nach langer Vorbereitung und hitzigen publizistischen Auseinandersetzungen im Vorfeld wurde am ersten Sitzungstag nach den Weihnachtsferien über eine Verurteilung des preußischen Einfalls in Sachsen und die Aufstellung der Reichsarmee in dreifacher Stärke (120 000 Mann) gegen Friedrich II. abgestimmt.³⁹⁹ Die beiden Fürstbischöfe von Bamberg und Würzburg, Franz Konrad von Stadion und Adam Friedrich von Seinsheim, hatten ihre Voten bereits am 20. und 29. Oktober an ihre Gesandtschaften übermittelt.⁴⁰⁰ erfolgendem ableben des herrn bischoffs von Bamberg […] solches bischthum mit dem hiesigen zugleich zu besitzen“, vgl. NLA HA, Hann. 92, Nr. 1208, Bl. 70r.–78r.: Bericht Gemmingens an König Georg II., Würzburg 11. Oktober 1756, Zitat Bl. 77r. Ähnlich äußerte sich auch der preußische Reichstagsgesandte Erich Christoph von Plotho, vgl. Rohrschneider, Reichstag, S. 232, Anm. 721. 398 Berbig, Hochstift, S. 64 f. 399 Schmid, Max III. Joseph, S. 358 f.; Düwel, Reichskriegserklärung, S. 605 – 627; Füssel, Preis, S. 130 – 133. 400 StABa, HStB, Nverz. Akten 4650: Weisung Stadions an Schneidt, Bamberg 20. Oktober 1756; StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 92: Weisung Seinsheims an Fechenbach, Werneck 29. Oktober 1756. Seinsheim hatte sein Votum weitgehend vom zuvor eingeschickten Entwurf Schneidts für das Hochstift Speyer übernommen. Sein Gesandter Fechenbach riet daraufhin dringend, die allgemeine Zustimmung zur Reichskriegserklärung zu spezifizieren und wörtlich auf das Triplum der Reichsarmatur anzutragen, worauf die kaiserlichen Exponenten in Regensburg bestünden, vgl. StAWü, Würzburger Reichstagsakten 301: Bericht Fechenbachs an Seinsheim, Regensburg 2. November 1756. Seinsheim ließ seinem Votum umgehend einen entsprechenden Passus einfügen, vgl. StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 92: Weisung Seinsheims an Fechenbach, Röttingen 4. November 1756.

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Mit den Stimmen Bambergs und Würzburgs sowie aller geistlichen Reichsstände votierte der Reichsfürstenrat am 10. und 17. Januar mit 62 zu 26 Stimmen für die Reichskriegserklärung und die dreifache Reichsarmatur, im Kurfürstenrat war die Abstimmung mit fünf Stimmen und nur einer Gegenstimme noch deutlicher ausgefallen.⁴⁰¹ Im Mai 1757 kam Bewegung in die Rüstungsanstrengungen des Reichs. Anfang Mai bewilligte der Reichstag 30 Römermonate zur Finanzierung des Feldzugs und legte das Oberkommando der Reichsarmee in die Hände des Kaisers.⁴⁰² Zum Impuls für eine beschleunigte Truppenstellung von Seiten der Reichsstände entwickelte sich die militärische Aktion des preußischen Oberstleutnants Johann von Mayr, der im Mai 1757 mit einem etwa 1.500 Mann starken Freikorps in die Oberpfalz und nach Franken vorgerückt war. Stand hinter Mayrs Expedition eigentlich die Absicht, die Sammlung der Reichsverbände bei Nürnberg zu verhindern und den Fränkischen Reichskreis samt der benachbarten Territorien von einem Eintritt in den Krieg abzuhalten, sahen nun zahlreiche Reichsstände das Bild des preußischen Königs als einem Gewalttäter, dem dringend Einhalt zu gebieten sei, bestätigt, woraufhin sie den Abmarsch ihrer Truppenkontingente zur Reichsarmee forcierten.⁴⁰³ Der Bamberger und Würzburger Fürstbischof trieb zum Schutz seiner Hochstifte die Mobilisierung der Kreistruppen voran und befahl eigenmächtig den Ausmarsch des zweiten Würzburger Subsidienregiments zur Abwehr der preußischen Freitruppen, die sich nach kleineren Gefechten aus Franken zurückzogen.⁴⁰⁴

401 Düwel, Reichskriegserklärung, S. 605 – 627, bes. S. 616 f.; HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 137: Protokoll der Reichsfürstenratssitzung vom 10. Januar 1757, Beilage zum Bericht des österreichischen Reichstagsgesandten Buchenberg an Kaunitz, Regensburg 13. Januar 1757. Düwel zufolge hatte der Augsburger Reichstagsgesandte lediglich für ein Duplum votiert, allerdings ist in den vom Verfasser eingesehenen Protokollabschriften sowohl in der österreichischen als auch in der Würzburger Überlieferung eindeutig von drei Simpla die Rede. Kurbrandenburg, Kursachsen und Kurböhmen hatten als Beteiligte nicht abgestimmt. 402 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 137: Protokoll der Reichsfürstenratssitzung vom 2., 6. und 9. Mai 1757, Beilage zum Bericht des österreichischen Reichstagsgesandten Buchenberg an Kaunitz, Regensburg 12. Mai 1757; Düwel, Reichskriegserklärung, S. 735 – 737. 403 Erhard Meissner, Die südwestdeutschen Reichsstände im Siebenjährigen Krieg (1756 – 1763), in: Ellwanger Jahrbuch 23 (1969/1970), S. 117– 158, hier S. 141 – 149; Aretin, Das Alte Reich Bd. 3, S. 95. Kurbayern hingegen rief seine Truppen umgehend zurück und erklärte sich zunächst für neutral, bevor Kurfürst Max III. Joseph seine Truppen am 12. August 1757 doch noch zur Reichsarmee marschieren ließ, vgl. Schmid, Max III. Joseph, S. 376 – 379, 393. 404 Lothar von Thüna, Die Würzburger Hilfstruppen im Dienste Österreichs 1756 – 1763. Ein Beitrag zur Geschichte des Siebenjährigen Krieges, Würzburg 1893, S. 20 – 24; Brunner, Stellung, S. 24 – 33; Rudolf Endres, Franken in den Auseinandersetzungen der Großmächte bis zum Ende des Fränkischen Reichskreises, in: Andreas Kraus – Max Spindler (Hg.), Handbuch der Bayerischen Geschichte

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Unter dem Eindruck der ersten Kriegsmonate sowie der Niederlage der Reichsarmee und der französischen Truppen in der Schlacht bei Roßbach setzte sich Seinsheim intensiv mit den strukturellen Problemen der Reichskriegsverfassung und des Reichsheers auseinander. Anfang Dezember 1757 empfing er auf Schloss Werneck den Oberbefehlshaber der Reichsarmee Joseph Friedrich von Sachsen-Hildburghausen und den ausgewiesenen Militärexperten Georg Wilhelm von Hessen-Darmstadt, mit denen er im Beisein des kaiserlichen Ministers Johann Wenzel von Widmann über Maßnahmen zur Verbesserung der Reichsarmee konferierte und einen umfangreichen, 18 Hauptpunkte umfassenden Reformvorschlag erarbeitete, den er bezeichnenderweise Staatskanzler Kaunitz übermittelte.⁴⁰⁵ Der Reichsversammlung bescheinigte Seinsheim strukturelle Defizite bei der Behandlung militärischer Fragen, weshalb er sie in seinen Reformideen miteinbezog: „Bißhero [sei] in allen veranstaltungen, die auf diesem reichstag gemacht werden, […] denen bißherigen securitatem publicam betreffenden reichsconclusis von so vielen jahren her geschehen, niemalen etwas recht standhafftes heraus gekommen“, was an der fehlenden militärischen Erfahrung und Kompetenz der Regensburger Akteure liege. Deshalb müsste der kaiserlichen Prinzipalkommission eine gründlich informierte Person an die Seite gestellt werden, die mit „dem commandierenden general in beständiger correspondenz seyn müßte“ und die „reichsgesanden ausführlich instruiren und persuadiren, ihnen ihre praeventiones beneh-

Bd. III, 1. Geschichte Frankens bis zum Ausgang des 18. Jahrhunderts, München 1997, S. 496 – 516, hier S. 510. 405 HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 38, Bl. 508r.–539v.: Schreiben Seinsheims an Kaunitz mit beiliegendem Reformvorschlag, Würzburg 18. Dezember 1757; Helmut Neuhaus, Das Reich im Kampf gegen Friedrich den Großen. Reichsarmee und Reichskriegführung im Siebenjährigen Krieg, in: Bernhard Kroener (Hg.), Europa im Zeitalter Friedrichs des Großen. Wirtschaft, Gesellschaft, Kriege (Beiträge zur Militärgeschichte, 26), München 1989, S. 213 – 243, hier S. 221 f.; Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 252; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 255 f. Im Kern zielte Seinsheims Vorschlag darauf ab, die unzureichende und umständliche, durch jeden Reichsstand selbst vorzunehmende Ausrüstung, Proviantversorgung, Materialbeschaffung und Lazaretteinrichtung durch eine zentrale Stelle für alle Kontingente einheitlich und effizient zu organisieren, wofür eine zweite Kriegskasse eingerichtet werden sollte. Diese hätte unter dem Befehl des kommandierenden Generals und des Reichskriegskassiers zu stehen, denen von jedem Reichskreis ein oder zwei Rechnungsführer und Kontrolleure beigestellt würden. Die nachlässigen Musterungen der Kreiskontingente seien strenger und unter Aufsicht eines Kriegskommissars und eines eigens zu bestimmenden Generals durchzuführen, da die tatsächlich gestellten Einheiten den Sollstand meist deutlich unterschritten und häufig schlecht ausgestatten wären. Bei der Auswahl der Offiziersränge müssten Eignung und militärische Fähigkeiten eine wichtigere Rolle spielen als Klientelpolitik. Um die militärische Schlagkraft der in der Regel nicht exerzierten und weitgehend ungeschulten Soldaten zu erhöhen, bedürfe es zudem der Einführung des österreichischen Militärreglements und einer besseren Ausbildung.

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IV Die Politik der Hochstifte Bamberg und Würzburg beim Reichstag

men, allen mißverstand erklären […] finaliter aber ihnen […] einen standhafften plan wie […] alles einzurichten seye, vorlegen“ könnte.⁴⁰⁶ Zwar wurde Seinsheims Hoffnung, der kaiserliche Hof würde eine Reformierung der Reichsarmee eifrig vorantreiben und beim Reichstag unmittelbar auf die Agenda setzen, enttäuscht, mit der von ihm befürworteten und wohl auch mitbetriebenen Neubesetzung des Oberkommandos der Reichstruppen mit Herzog Friedrich Michael von Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld im Februar 1758 konnte er aber immerhin einen kleinen Erfolg verbuchen.⁴⁰⁷ Allerdings führten die Bestellung des Pfalzgrafens zum Befehlshaber per kaiserlichem Kommissionsdekret ohne Mitwirkung des Reichstags und die dabei vernachlässigte konfessionelle Parität zu erheblichen Protesten in Regensburg, weshalb dieser erst am 14. März 1760 formell als Generalfeldmarschall bestätigt wurde.⁴⁰⁸ Vom gescheiterten Reichsachtverfahren gegen Friedrich II. und seine Verbündeten einmal abgesehen,⁴⁰⁹ oblag der Reichsversammlung im Wesentlichen nur mit der – nach den schlechten Erfahrungen im Frühjahr 1757 wieder beim Reichstag behandelten – Besetzung der Reichsgeneralitätschargen und der Genehmigung von Römermonaten Entscheidungsgewalt in kriegsrelevanten Materien. Letztere entwickelte sich mit zunehmender Dauer des Krieges zu einem immer neuralgischeren Beratungsgegenstand, da die Reichskriegskasse zur Finanzierung der Reichsarmee regelmäßig auf neue Römermonate angewiesen war, welche die Reichsstände immer stärker an ihre finanziellen Belastungsgrenzen brachten. Gerade für die entschiedenen Parteigänger des Wiener Hofs kam dies einer aporischen Situation gleich, wurde von ihnen doch ein besonders vorbildhaftes und patriotisches Abstimmungsverhalten erwartet, was zwangsläufig mit der finanziellen Erschöpfung und Kriegsmüdigkeit der Reichsstände kollidierte und im Besonderen auf Adam Friedrich von Seinsheim und seine beiden Hochstifte zutraf. Nach den mit großer Zustimmung befürworteten 30 Römermonaten im Mai 1757 wurde bereits ein knappes Jahr später erneut über Römermonate beraten. Während der Verhandlungen hatte am 26. Mai 1758 ein etwa 6 000 Mann starker preußischer Truppenverband die Bamberger Grenzen überschritten und wenige

406 HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 38, Bl. 524v.–526r. 407 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 446: Weisungen Seinsheims an Schneidt, Würzburg 20. Januar, 16. Februar und 4. März 1758; Bericht Schneidts an Seinsheim, Regensburg 22. Januar 1758; Hofmann, Politik, S. 36 f.; Artur Brabant, Das Heilige Römische Reich teutscher Nation im Kampf mit Friedrich dem Grossen. Die Reichspolitik und der Feldzug in Kursachsen 1758, Berlin 1911, S. 41 – 52; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 255. 408 Brabant, Kampf, Bd. 2, S. 41 – 52; Koch, Reichstag, S. 67– 69; Rohrschneider, Reichstag, S. 234 f. 409 Brabant, Kampf, Bd. 2, S. 30 – 41; Koch, Reichstag, S. 58 – 65, 77– 86; Aretin, Das Alte Reich Bd. 3, S. 99 – 103; Schort, Politik und Propaganda, S. 155 – 169.

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Tage später die Hauptstadt Bamberg besetzt, um Seinsheim unter der Forderung von zwei Millionen Reichstalern an Kontributionen zur Neutralität zu zwingen.⁴¹⁰ Auch wenn sich die feindliche Streitmacht bereits am 10. Juni vor herannahenden kaiserlichen Truppen zurückzog, beliefen sich die entstandenen Schäden durch Brandschatzung, Plünderung und Kontributionszahlungen auf enorme 597 866 Gulden.⁴¹¹ Dennoch war Seinsheim von der unumgänglichen Notwendigkeit neuer Beitragszahlungen zur Fortsetzung des Reichskriegs fest überzeugt. „Obwohlen ich nun die billigste ursache hätte, in ansehung jener von meinen beeden hochstiffts landen […] erlittenen unsäglichen bedrückungen […] auf ein- oder andere erleichterung anzutragen, so will jedoch in rückbetracht der dringenden noth und zu erhaltung der ehr des teutschen reichs […] nicht entgegen seyn“, schrieb der Fürstbischof seinem Würzburger Gesandten Fechenbach am 13. Juli, nachdem er die Bamberger Gesandtschaft ebenfalls angewiesen hatte, den Römermonaten zuzustimmen.⁴¹² Bei der Abstimmung im Reichsfürstenrat am 25. August betonte der Bamberger Gesandte Heinrich Joseph von Schneidt, sein Prinzipal werde sich seiner patriotischen Gesinnung wegen und trotz der erheblichen Kriegsschäden des Hochstifts bemühen, „die hierzu erforderliche[n] mittel aufzubringen […] in der trostvollen zuversicht, daß nach ihro kayserl[ichen] may[estäten] […] zusicherung denen ständen des reichs […] dieser kosten aufwand anwiederum werde ersezet, in sonderheit aber dero in grund und boden verdorbene fürstl[ichen] Bamberger lande […] vollkommen entschädiget werden“.⁴¹³ Damit wurde die Aspiration Seinsheims auf eine Kompensation der entstandenen Kriegsschäden, wofür er bereits eine Darstellung der Ereignisse samt Auflistung aller Verluste in Auftrag gegeben hat410 Johann Gustav Droysen (Hg.), Politische Correspondenz Friedrichs des Großen. Bd. 17, Berlin 1889, S. 3 f.: Brief Friedrichs II. an Prinz Heinrich, Littau 4. Mai 1758; Ssymank, Seinsheim, S. 35 f.; Endres, Franken, S. 510. 411 Andreas Leipold, Der erste preußische Einfall in die Residenzstadt Bamberg im Siebenjährigen Krieg vom 30. Mai bis zum 10. Juni 1758, in: BHVB 143 (2007), S. 521 – 531; Omlor, Der Untertan im Krieg der Fürsten. Zum Verhältnis von Militär und lokaler Bevölkerung am Beispiel der preußischen Invasion des Hochstifts Bamberg 1758, S. 154 f.; Andreas Leipold, Der Siebenjährige Krieg (1756 bis 1763) in Oberfranken. Der Einfall der Preußen in das Hochstift Bamberg im Jahr 1758, in: Archiv für Geschichte von Oberfranken 89 (2009), S. 49 – 79; Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 252 f.; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 257. Zur Authentizität der Schadensumme siehe S. 314, Anm. 414. 412 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 96: Weisung Seinsheims an Fechenbach, Würzburg 13. Juli 1758; StABa, HStB, Geheime Kanzlei 448: Weisung Seinsheims an Schneidt (Konzept), Würzburg 8. Juli 1758. 413 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 139: Protokoll der Reichsfürstenratssitzung vom 25. August 1758, Beilage zum Bericht des österreichischen Reichstagsgesandten Buchenberg an Maria Theresia, Regensburg 2. September 1758.

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te,⁴¹⁴ durchaus findig in das Bamberger Votum eingeflochten und die Reichsversammlung frühzeitig von seinen Entschädigungsansprüchen informiert. Nach dem Kriegsjahr 1759, welches als Annus Mirabilis in die Geschichte eingehen sollte, die Niederlage der Franzosen in Nordamerika absehbar werden ließ und in welchem Österreich den Sieg über das so gut wie geschlagene Preußen verpasste,⁴¹⁵ war es am 15. April 1760 wieder so weit: Das Mainzer Reichstagsdirektorium brachte ein kaiserliches Kommissionsdekret mit dem Antrag auf eine „ergiebige verwilligung von römer-monathen“ zur Diktatur.⁴¹⁶ Da sich die finanzielle Lage der beiden Hochstifte durch wiederholte feindliche Einfälle, die abermalige Besetzung Bambergs im Mai 1759 und kostspielige Einquartierungen von Reichstruppen und französischen Einheiten erheblich verschlechtert hatte, war nun das ganze Geschick hochstiftischer Diplomatie gefordert, schließlich war sich Seinsheim der Symbolwirkung seines Abstimmungsverhaltens sehr wohl bewusst. Der Fürstbischof trug seinen beiden Gesandten auf, nach Absprache mit den „wohlgesinnete[n] confidentiores […] eine weitere anlage von 30 bis 40 römer monathen […] nicht nur simpliciter mit anstimmen, sondern auch diese […] angelegenheit um so nachdrücklicher befördern helffen“, jedoch gemeinsam „auf eine wohl schickliche arth unter der hand im voraus“ eine Befreiung von den Beiträgen zu erwirken.⁴¹⁷ Ähnlich verfuhr auch der Gesandte des Kölner Kurfürsten Clemens August von Bayern, Friedrich Karl Karg von Bebenburg, der eine entsprechende Zusicherung nach mehrtägigen Verhandlungen mit Konkommissar August Friedrich von Seydewitz durchsetzen konnte. Da Karg zwei kurfürstliche und 16 fürstliche Stimmen beim Reichstag vertrat, blieb Seydewitz auch gar nichts anderes übrig, wenn er den Erfolg des unpopulären Abstimmungsgegenstands nicht ge-

414 Species Facti: Fernerweite verläßige Geschichts-Verzehlung und umständliche Bemerkung derer dem Fürstlichen Hochstifft Bamberg durch verschiedene gewaltsam eingedrungene KöniglichPreußische und Chur-Fürstlich-Brandenburgische Kriegs-Völkere Landfriedensbrüchig zugefügter Vergewaltigungen, dann verursachter Bedrangnus und Beschädigungen […], Bamberg 1758; Omlor, Der Untertan im Krieg der Fürsten. Zum Verhältnis von Militär und lokaler Bevölkerung am Beispiel der preußischen Invasion des Hochstifts Bamberg 1758, S. 147. Omlor weißt zurecht darauf hin, dass die angegebenen Schadenssummen vor dem Hintergrund der intendierten Kompensationsforderungen kritisch betrachtet werden müssen. 415 Füssel, Preis, S. 270 – 314. 416 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 452: Bericht Schneidts an Seinsheim mit beiliegendem Abdruck des Kommissionsdekrets, Regensburg 16. April 1760. 417 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 98: Weisung Seinsheims an Fechenbach, Würzburg 19. Mai 1760; StABa, HStB, NverzA 4651: Weisung Seinsheims an Schneidt, Würzburg 22. Mai 1760.

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fährden wollte.⁴¹⁸ Mit dem Bamberger Gesandten einigte sich Seydewitz zunächst darauf, dass Schneidt zwar eine positive Instruktion für die Bewilligung von 40 Römermonaten erwirken und dies den übrigen Gesandtschaften mitteilen sollte, der kaiserliche Hof seinen Prinzipal aber„wegen würcklicher zahlung nicht dringen und zeit laßen würde[ ]“. Im Gegenzug hatte Schneidt in Aussicht gestellt, dass sich Seinsheim zumindest für Würzburg „der baaren zahlung neuer römer monathen […] nicht […] entziehen“ wolle.⁴¹⁹ Nachdem Schneidt am 18. Juli von der Forderung einiger „Gutgesinnter“ berichtet hatte, der Kaiser müsse gemeinsam mit französischer Hilfe Dänemark und Schweden für ihre Herzogtümer Holstein-Glückstadt und Vorpommern zur Begleichung der ausstehenden Römermonatsgelder zwingen,⁴²⁰ erklärte der Bamberger und Würzburger Fürstbischof, seinen „reichsständischen obliegenheiten […] auf keine weis entsagen“ zu wollen und nach Anrechnung einiger geleisteter Proviant- und Furagelieferungen „an baarem geld soviel nur möglich an das reichscassier-amt [zu] übermache[n]“, um seine „patriotische bereitwilligkeit überzeugend[ ]“ zu demonstrieren.⁴²¹ Ursächlich für diesen Sinneswandel dürfte die nachdrückliche Forderung des Wiener Hofs gewesen sein, Seinsheim müsse die fränkischen Kreisstände als Kreisdirektor zur Entrichtung der säumigen Beiträge anhalten.⁴²² Im Frühjahr 1762 wurde in Regensburg ein letztes Mal über Römermonate diskutiert. Im Vorfeld hatte die Hofburg verschiedenen Höfen die Unverzichtbarkeit einer neuen „Finanzierungsrunde“ für die Weiterführung des Krieges dargelegt, zumal nicht einmal die Hälfte der bisher bewilligten Gelder bei der Reichskriegskasse eingegangen wären.⁴²³ Der kaiserliche Minister Widmann hatte den Bamberger und Würzburger Fürstbischof äußerst beharrlich an die Pflichten eines patriotischen Reichsfürsten erinnert, was angesichts leerer Kassen und der tiefen Enttäuschung über die leeren Versprechungen des Wiener Hofs, die an späterer Stelle noch thematisiert werden, zu erheblicher Frustration Seinsheims führte. Gegenüber seinem Reichstagsgesandten Fechenbach äußerte er schwere Vorwürfe: „So unerbittlich und ohnbiegsam fahret mann nichts desto weniger […] gantz

418 Koch, Reichstag, S. 107– 111, bes. S. 108 – 110. Zu Karg von Bebenburg siehe Rohrschneider, Friedrich Karl. 419 HHStA, RK, PK, Berichte 108b: Bericht Seyewitz’ an Colloredo, Regensburg 22. Mai 1760. 420 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 452: Bericht Schneidts an Seinsheim mit beiliegendem Abdruck des Kommissionsdekrets, Regensburg 18. Juli 1760. 421 StABa, HStB, NverzA 4651: Weisung Seinsheims an Schneidt, Veitshöchheim 26. Juli 1760. 422 HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 548, Bl. 63r.–65r.: Schreiben Seinsheims an Colloredo, Werneck 9. August 1760; Brunner, Stellung, S. 41 f. 423 Koch, Reichstag, S. 148 f.

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hartnäckig fort von mir zu gesinnen, daß ich vor diesesmahl gedültig nachgeben und der vorgeblich bösen folgen halber baare zahlung leisten, mit meinen liquiden forderung[en] aber mich ad calendas graecas verweisen lassen möge. […] sehe ich wohl vor, daß, wie es zu Wienn schon der brauch ist, bestgesinnete fürsten und stande und also ich vorzeiglich dannoch im creutz werde krie[ch]en müssen. […] Ich aber gleichwohlen derjenige allein nicht seyn mag, welcher für das gantze reich die vorgeblich erschöpffte operations cassam doppelt anfüllen und mit verlust […] meiner forderung das reichs kriegsheer allein erhalten soll […]“.⁴²⁴ Letzten Endes gelang es Seinsheim wieder nicht, seinen Standpunkt zu behaupten. Die hochstiftischen Obereinnahmen wurden angewiesen, die aufgelaufenen Rückstände bei der Reichskriegskasse zu begleichen, womit „mann dem kayserl[ichen] verlangen nunmehro auch in dieser wie in tausendt anderen angelegenheiten ohne die mindeste reelle gegen erkanntlichkeit, die leere[n] worthe allein ausgenommen“, vollkommen nachgekommen sei. Allein die ebenfalls reklamierten „geistlichen decimal-gelder[ ] [würden] ein für allemahl, es mag auch schreyen wer da wolle, ein[ ]behalten“. Wegen der neu zu bewilligenden Römermonate hätten sich Fechenbach und Schneidt der Stimmenmehrheit anzuschließen.⁴²⁵ Aufgrund der sich abzeichnenden Komplikationen, gerade auch hinsichtlich der anstehenden Friedensverhandlungen, verzichtete der kaiserliche Hof jedoch auf eine Proposition beim Reichstag. Das absehbare Kriegsende verschonte die pflichtbewussten Reichsstände schließlich vor weiteren Römermonaten.⁴²⁶ 3.2.2 Bedeutungsverlust – Bedeutungswandel? Im Frühjahr 1761 wurde die Germania Sacra vom Schreckgespenst der Säkularisation erschüttert. Mit dem Tod des Kölner Kurfürsten Clemens August von Bayern am 6. Februar 1761, der wegen seiner kumulierten Bischofswürden von Hildesheim, Münster, Osnabrück und Paderborn auch als „monsieur des cinq églises“ bezeichnet wurde, verloren ausgerechnet die westfälischen Hochstifte ihren Schutz, die seit Kriegsbeginn zum Ziel englisch-hannoverscher und preußischer Säkularisationsabsichten geworden waren.⁴²⁷ Die schlimmsten Befürchtungen der geistlichen

424 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 100: Weisung Seinsheims an Fechenbach, Würzburg 25. Februar 1762. 425 Ibid.: Weisung Seinsheims an Fechenbach, Würzburg 5. März 1762. 426 Koch, Reichstag, S. 150 – 153. 427 Baumgart, Säkularisationspläne, S. 64 f.; Burkhardt, Abschied, S. 263 f., 277– 279; Wolfgang Burgdorf, „Der Kurfürst von Köln solle für einen weltlichen Kurfürsten erklärt, verheiratet, und die Kur auf seine Deszendenten festgestellt werden, …“. Clemens August, der Siebenjährige Krieg und die Folgen, in: Frank Günter Zehnder (Hg.), Im Wechselspiel der Kräfte. Politische Entwick-

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Reichsfürsten schienen sich zu bestätigen, als der englische König Georg III. die Bischofswahlen in den von englisch-hannoverschen Truppen besetzten Hochstiften unterbinden ließ.⁴²⁸ Würden die Säkularisationspläne ganz oder teilweise umgesetzt, so befürchtete der Mainzer Kurfürst, verlören die katholischen Stände einige Stimmen im Reich, womit die Existenz aller geistlichen Territorien dauerhaft bedroht wäre.⁴²⁹ Die bedrängten westfälischen Domkapitulare wandten sich hilfesuchend an den Kaiser, die geistlichen Reichsstände, die Reichsversammlung und sogar an auswärtige Mächte. Auch Adam Friedrich von Seinsheim zählte zu den Adressaten der westfälischen Hilferufe.⁴³⁰ Am 14. Mai 1761 gelangte ein kaiserliches Hofdekret beim Reichstag zur Diktatur, worin die Reichsstände aufgefordert wurden, per Reichsgutachten Vorschläge zur Gewährleistung der kanonischen Wahlfreiheit in den bedrängten Hochstiften zu unterbreiten. Über die Wirksamkeit eines Reichsschlusses machte sich der Bamberger Reichstagsgesandte Schneidt jedoch keinerlei Illusionen, ihm zufolge könnte allein ein vom Kaiser veranlasstes Vorrücken französischer Truppen in die besetzten Stiftslande die Säkularisationsgefahr mindern.⁴³¹ Fürstbischof Seinsheim wies seine beiden Reichstagsgesandten an, sich mit den Confidentiores zu besprechen, damit bei einer Umfrage im Reichstag „eine soviel möglich gleichförmige sprache zum besten deren betränckten westphälischen hochstiffteren […] geführet werden möge“, wobei „das gehäßige wort sacularisation gänzlich zu vermeiden“ sei.⁴³² Gleichzeitig suchte Seinsheim den engen Schulter-

lungen des 17. und 18. Jahrhunderts in Kurköln, Köln 1999, S. 23 – 42, hier S. 30 – 37; Externbrink, Friedrich, S. 144 – 152. 428 Hans Erich Feine, Die Besetzung der Reichsbistümer vom Westfälischen Frieden bis zur Säkularisation 1648 – 1803 (Kirchenrechtliche Abhandlungen, 97/98), Stuttgart 1921, Nachdruck Amsterdam 1964, S. 106; Berbig, Hochstift, S. 305 f.; Burkhardt, Abschied, S. 309; Christine van den Heuvel, Justus Möser und die englisch-hannoversche Reichspolitik zwischen Siebenjährigem Krieg und Fürstenbund, in: ZHF 29 (2002), S. 383 – 423, hier S. 396 – 399. 429 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 99: Schreiben des Mainzer Kurfürsten an Seinsheim (Abschrift), Mainz 15. Mai 1761. 430 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 466: Schreiben des Hildesheimer Domkapitels an Seinsheim, Hildesheim 2. Mai 1761; Schreiben Seinsheims an das Hildesheimer Domkapitel (Konzept), Schloss Seehof 20. Mai 1761; StAWü, Geistliche Sachen 213: Schreiben des münsterschen Domkapitels an Seinsheim, Münster 4. April 1761; Schreiben des Paderborner Domkapitels an Seinsheim, Paderborn 2. Mai 1761; Berbig, Hochstift, S. 305 f. 431 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 453: Bericht Schneidts an Seinsheim mit beiliegendem Hofdekret vom 8. Mai 1761, Regensburg 16. Mai 1761; Berbig, Hochstift, S. 306. 432 StABa, HStB, NverzA 4651: Weisung Seinsheims an Schneidt, Schloss Seehof 22. Mai 1761. Fast gleichlautend auch StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 99: Weisung Seinsheims an Fechenbach, Schloss Seehof 21. Mai 1761.

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schluss mit dem Mainzer Kurfürsten Johann Friedrich Karl von Ostein, da er Alleingänge einzelner Reichsstände in dieser gefährlichen Angelegenheit als nutzlos erachtete. Der Reichserzkanzler sollte im Namen der geistlichen Fürsten Frankreich und Schweden als Garantiemächte des Westfälischen Friedens auffordern, den Fortbestand aller geistlichen Territorien bei den anstehenden Friedensverhandlungen zu gewährleisten.⁴³³ Auch in Wien wurden die katastrophalen Folgen etwaiger Säkularisationen nachdrücklich vorgestellt.⁴³⁴ Das Schicksal der Hochstifte im Nordwesten des Reichs war eng mit der parallel beratenen Frage nach der Mitwirkung der Reichsstände beim in Augsburg geplanten Friedenskongress verknüpft. Da Großbritannien, Preußen und anfangs auch Frankreich das Reich und sein Oberhaupt nicht als kriegführende Partei anerkennen wollten, schien eine Beteiligung von Kaiser und Reich zunächst unsicher.⁴³⁵ In Regensburg diskutierten die wichtigsten Gesandten der geistlichen Fürsten – durch Substitution und Mehrfachstimmführung war dieser Kreis auf Lincker, Karg, Schneidt und Fechenbach geschrumpft – über die Wahrung der reichsständischen Interessen bei den Friedensverhandlungen, wobei auch die Situation der westfälischen Hochstifte thematisiert wurde.⁴³⁶ Zwar hatte Seinsheim Schneidt aufgetragen, sich um eine Zulassung der Reichsstände zu den Friedensverhandlungen zu bemühen, die Regensburger Beratungen waren für den Bischof aber nur von nachrangiger Bedeutung. Um angesichts der Kompensationsforderungen zahlreicher Reichsstände nicht zu kurz zu kommen, suchte er den Ausgleich seiner Kriegsschäden in bilateralen Verhandlungen zu erreichen, wozu er schon im Voraus Entschädigungszusagen von Frankreich und der Kaiserin eingeholt hatte. Da solche „zusicherungen […] vielleicht mehrere andere fürsten und stände nicht vor sich haben“, forderte Seinsheim seinen Reichstagsgesandten Schneidt zu Vorsicht und Zurückhaltung auf, um „allen anlaß vermeiden zu können, welcher bey diesen für mich guth gesinnten hohen mächten einige aufsichtigkeit erwecken möge“⁴³⁷ und schickte Fechenbach zur Sicherstellung seiner Ansprüche in äußerster Dis433 StAWü, Geistliche Sachen 213: Schreiben Seinsheims an Ostein (Konzepte), Würzburg und Schloss Seehof 23. April, 21. Mai und 28. Mai 1761; Schreiben Osteins an Seinsheim, Mainz 26. April, 15. Mai und 20. Mai 1761. 434 Zur Mission des Würzburger Reichstagsgesandten Fechenbach nach Wien siehe Kap. IV.3.2.3. 435 Koch, Reichstag, S. 125 f.; Alois Schmid, Der geplante Friedenskongreß zu Augsburg 1761, in: Andreas Kraus (Hg.), Land und Reich. Stamm und Nation. Probleme und Perpektiven bayerischer Geschichte. Bd. 2, München 1984, S. 235 – 258, hier S. 243 f. 436 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 312: Bericht Fechenbachs an Seinsheim, Regensburg 12. Juni 1761. In der Besprechung am 11. Juni einigten sich die Gesandten rasch auf die von Lincker vorgeschlagenen „Desideria imperii“, siehe Koch, Reichstag, S. 129 f. 437 StABa, HStB, NverzA 4651: Weisung Seinsheims an Schneidt, Schloss Seehof 17. Mai 1761.

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kretion an den kaiserlichen Hof.⁴³⁸ Mit den Entschädigungsversicherungen aus Wien und Versailles in der Hinterhand fiel es Seinsheim schließlich leicht, einer alleinigen Vertretung des Reichs durch den Kaiser und dem Verzicht auf eigene Unterhändler von Seiten der Reichsstände beizustimmen.⁴³⁹ Am 1. Juli berieten einige Exponenten der „Gutgesinnten“ im Quartier des Salzburger Direktorialgesandten Joseph Gottfried von Saurau, der für den kurz zuvor nach Wien gereisten Fechenbach auch das Würzburger Votum führte, über einen gemeinsamen Stimmentwurf, der die Bevollmächtigung des Kaisers zu den Friedensverhandlungen und die dabei zu berücksichtigenden Desideria der Reichsstände umfassen sollte.⁴⁴⁰ Die Ergebnisse fasste Saurau in seinem Votum für Salzburg zusammen, dem auf Geheiß Seinsheims auch Bamberg und Würzburg bei der Abstimmung im Reichsfürstenrat am 27. Juli 1761 beitraten.⁴⁴¹ Nach hitzigen Debatten und einem gescheiterten Versuch des preußischen Gesandten, eine itio in partes zu veranlassen, votierte die Mehrheit der Reichsstände dafür, dem Kaiser die Vertretung der reichsständischen Interessen beim Augsburger Friedenskongress zu übertragen. Am 7. August 1761 kam ein entsprechendes Reichsgutachten zustande, welches der Kaiser am 15. August ratifizierte und den Reichsständen für ihr Ver-

438 Siehe Kap. IV.3.2.3. 439 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 99: Weisung Seinsheims an Fechenbach, Schloss Seehof 27. Mai 1761. 440 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 312: Bericht des Würzburger Legationssekretärs Georg Joseph Marckloff an Seinsheim, Regensburg 1. Juli 1761. Grundlage der Besprechung zwischen Lincker, Saurau, Schneidt, dem Ansbacher und Württemberger Gesandten Johann Lorenz von Seefried und Joseph Karl Teuffel von Birkensee, der die Stimmen Mecklenburg-Schwerins, Holstein-Gottorps, Schwarzburgs, Hessen-Darmstadts und Pfalz-Zweibrückens vertrat, bildeten die am 11. Juni zwischen den Confidentiores verabredeten Punkte, vgl. StABa, HStB, Geheime Kanzlei 454: Bericht Schneidts an Seinsheim mit beiliegendem Hofdekret vom 8. Mai 1761, Regensburg 2. Juli 1761. 441 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 99: Weisung Seinsheims an Marckloff, Schloss Seehof 4. Juli 1761; StABa, HStB, NverzA 4651: Weisung Seinsheims an Schneidt, Schloss Seehof 4. Juli 1761. Saurau lobte die Wahl des Kongressortes Augsburg und bezeichnete die Vertretung der Reichsstände bei den Verhandlungen durch den Kaiser als den „thunlich- und schicklichste[n] weeg“. Oberstes Ziel sei die Bestätigung und Aufrechthaltung der Inhalte des Westfälischen Friedens und nachfolgender Friedensschlüsse, auch müssten die im Zuge der Abwehr des preußischen Angriffs auf Sachsen erlittenen Schäden der Reichsstände kompensiert werden. Preußen müsse an einer Beeinträchtigung des freien Handels nach Art. IX, § 1 des Westfälischen Friedens und der Prägung geringhaltiger Münzsorten gehindert werden. Friedrich II. habe seinen reichsständischen Pflichten, besonders der Zahlung der aufgelaufenen Rückstände des Kammerzielers zur Unterhaltung des Reichskammergerichts, nachzukommen. Ebenso müssten Maßnahmen zum Schutz der Reichsterritorien vor den gefürchteten preußischen Soldatenwerbungen getroffen werden, vgl. StAWü, Würzburger Reichstagsakten 312: Protokoll der Reichsfürstenratssitzung vom 27. Juli 1761, Beilage zum Bericht des Legationssekretärs Marckloff an Seinsheim, Regensburg 31. Juli 1761.

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trauen dankte.⁴⁴² Trotz weit gediehener Vorbereitungen fand die Augsburger Friedenskonferenz nie statt. Die kriegführenden Großmächte Österreich, Frankreich und Großbritannien hofften im Sommer weiter auf eine militärische Entscheidung des Konflikts, was zielführenden Friedensbemühungen im Weg stand.⁴⁴³ Die behinderten Bischofswahlen in den westfälischen Hochstiften wurden schließlich nicht mehr beim Reichstag beraten, da der Vormarsch der französischen Truppen im Sommer 1761 Anlass zur Hoffnung auf eine baldige Befreiung der besetzten Fürstbistümer gab und die Reichsversammlung die Herbstferien antrat.⁴⁴⁴ Ohnehin wäre der Nutzen eines Reichsgutachtens fragwürdig gewesen. Der französische Feldzug brachte jedoch keine wesentliche Veränderung auf dem nordwestdeutschen Kriegsschauplatz, erst mit dem Präliminarfrieden von Fontainebleau zwischen Großbritannien und Frankreich im Herbst 1762 kam die Säkularisation der Hochstifte nicht mehr infrage, woraufhin die Bischofswahlen durchgeführt werden konnten.⁴⁴⁵ Nach der erfolgreichen Reichskriegserklärung gelang es der Reichsversammlung in den folgenden Jahren bis Kriegsende nicht mehr, entscheidenden Einfluss auf das Kriegsgeschehen zu nehmen. Das langwierige Ringen um die Beteiligung am letztlich nur von Seiten der Reichsstände ernsthaft verfolgten Augsburger Friedensprojekt und dessen rasches Scheitern kann exemplarisch für die zunehmende Machtlosigkeit des Reichstags während des Siebenjährigen Kriegs stehen.⁴⁴⁶ Wie in der Angelegenheit der verhinderten westfälischen Bischofswahlen blieben die politischen Möglichkeiten der Reichsversammlung – Schneidt hatte es auf den Punkt gebracht – wirkungslos gegen militärische Macht. Als symptomatisch für diese Entwicklung sind auch die abnehmende Zahl der Regensburger Gesandten und die verstärkte Substitutionspraxis zu nennen. Nach Aussage des österreichischen Ge-

442 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 454: Berichte Schneidts an Seinsheim, Regensburg 5. und 8. August 1761; Koch, Reichstag, S. 134 – 144; Schmid, Friedenskongreß, S. 252 – 254; Schmid, Max III. Joseph, S. 453 f. 443 Schmid, Friedenskongreß, S. 254 – 258. 444 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 454: Bericht Schneidts an Seinsheim mit beiliegendem Hofdekret vom 8. Mai 1761, Regensburg 18. August 1761. 445 Feine, Besetzung, S. 107; Burkhardt, Abschied, S. 309 – 315; Heuvel, Reichspolitik, S. 398 – 403; Füssel, Preis, S. 392 f., 450 f. Die Wahlen erfolgten in Münster am 16. September 1762, in Paderborn am 25. Januar 1763 und in Hildesheim am 7. Februar 1763. Im Hochstift Osnabrück wurde am 27. Februar 1764 der zweitgeborene Sohn des britischen Königs Georg III. im Alter von nur sechs Monaten zum Fürstbischof gewählt und das Domkapitel während der folgenden Vormundschaftsregierung weitgehend entmachtet. 446 Heinz Duchhardt, Gleichgewicht der Kräfte, Convenance, europäisches Konzert. Friedenskongresse und Friedensschlüsse vom Zeitalter Ludwigs XIV. bis zum Wiener Kongress (Erträge der Forschung, 56), Darmstadt 1976, S. 99.

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sandten Buchenbergs waren im Sommer 1761 sogar knapp zehn Prozent der Voten im Reichsfürstenrat komplett unbesetzt.⁴⁴⁷ Lässt sich also ein genereller Bedeutungsverlust des Reichstags in den Kriegsjahren konstatieren? Als Indikator für die Relevanz des Reichstags aus der Perspektive der Hochstifte Bamberg und Würzburg kann die Zahl der fürstbischöflichen Weisungen und der Gesandtschaftsberichte herangezogen werden.⁴⁴⁸ Bei der aussagekräftigeren Überlieferung der Weisungen an die Bamberger Reichstagsgesandtschaft scheint sich die These zu bestätigen. Die Gesamtzahl der Weisungen fiel 1759 im Vergleich zu den beiden Vorjahren um 37 Prozent auf 27 Prozent und reduzierte sich 1760 noch einmal um knapp die Hälfte. In den Folgejahren sank die Summe kontinuierlich und erreichte mit zwölf Weisungen im Jahr 1763, das noch im Zeichen der Nachwehen des Kriegs stand,⁴⁴⁹ das niedrigste Niveau innerhalb des Untersuchungszeitraums. Demgegenüber steht der Befund, dass die Zahl der eingelaufenen Berichte beider Gesandtschaften im Vergleich zu den Vorkriegsjahren weitgehend konstant blieb.⁴⁵⁰ Diese Disproportionalität erklärt sich aus der Natur der Weisungen, welche dem Fürsten dazu dienten, seine Haltung zu aktuellen Verhandlungsthemen zu übermitteln, Stimmentwürfe zu konzipieren oder allgemein Verhaltungsdirektiven zu geben. Da während der Kriegsjahre weniger Materien beraten wurden und zur Abstimmung gelangten,⁴⁵¹ ist die geringere Menge der Weisungen nur folgerichtig. Müsste sich diese Tendenz aber nicht auch in der Berichterstattung der Gesandten widerspiegeln? Aufschluss gibt eine Weisung Seinsheims an seinen Reichstagsgesandten Schneidt aus dem Jahr 1758. Da er bereits seit einiger Zeit keine „nachrichten und neuigkeiten“ aus Regensburg erhalten habe, bat der Bischof darum, den „legationssecretarius sowohl als de[n] canzlist[en] Pfister zu posttägiger einschickung deren kundwerdenden und einlauffenden neuigkeiten“ zu veranlassen. „Ich muß bekennen“, so schrieb Seinsheim weiter, „daß ich zu diesem […] ansuchen durch die verbreitete preußische victorie über die rußische armée bewogen worden [bin]. Es 447 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 144: Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 28. Juli 1761. 448 Den Nutzen und die Aussagekraft quantifizierender Methodik zur Evaluation der Leistungsbilanz des Immerwährenden Reichstags hat einst Johannes Burkhardt nachgewiesen, siehe Burkhardt, Verfassungsprofil und Leistungsbilanz des Immerwährenden Reichstags. 449 So stellte Seinsheim Mitte Mai 1763 fest: „Ansonsten erscheinet der gegenwärtige Reichs-Tag bey nunmehrigen Friedens-Zeiten an wichtigen Reichs-Angelegenheiten, ausser denen nun wieder den Kopf in die Höhe streckenden Religions Händelen zimmlich steril“, vgl. StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 101: Weisung Seinsheims an Fechenbach, Veitshöchheim 17. Mai 1763. 450 Zur Statistik der Weisungen und der Gesandtschaftsberichte siehe Kap. VI.3 und VI.4. 451 Koch, Reichstag, S. 87, 100 f., 111, 145 f.

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wollen aber […] die von einer anderen hand aus Regenspurg erhaltene[n] nachrichten […] den vorgang ganz anderst und zwar dahin erzehlen, daß sich die Russen […] nach einem […] starken widerstand zwar retiriret [zurückgezogen], tags darauf aber selbsten einen anderen neuen angriff mit solchem success gethan, daß der verlust auf beyden seithen gleich […], ja Cüstrin neuerl[ich] von denen Russen beschossen werde […]“.⁴⁵² Seine Regensburger Gesandtschaften stellten für den Fürstbischof die wichtigsten Informationsquellen zu den aktuellen Kriegsentwicklungen dar, regelmäßig enthielten die einlaufenden Berichte ausschließlich Nachrichten über das Kriegsgeschehen, was ihre gleichbleibende Frequenz erklärt. Die hier geschilderten Ereignisse bezogen sich auf die Schlacht von Zorndorf am 25. August 1758, um deren Ausgang eine breite Auseinandersetzung in der zeitgenössischen Publizistik entbrannte.⁴⁵³ Nicht umsonst wurde der Siebenjährige Krieg bereits von den Zeitgenossen als „Federkrieg“ bezeichnet⁴⁵⁴ und in der Historiographie zurecht auch als „Medienereignis“⁴⁵⁵ und „Medienkrieg“⁴⁵⁶ charakterisiert. Das enorme Informationsbedürfnis der keineswegs nur Fürstenhöfe, Diplomaten und Gelehrten umfassenden Öffentlichkeit stimulierte die Propagandatätigkeit der Kriegsparteien⁴⁵⁷ und ließ, wie Marian Füssel zusammengefasst hat, „Nachrichten und Kriegsberichte […]

452 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 449: Weisung Seinsheims an Schneidt (Konzept), Bamberg 9. September 1758 Für die Wochen vor dem 9. September liegen zahlreiche Berichte Schneidts in täglicher oder zweitägiger Frequenz vor, was auf Verzögerungen bei der Zustellung hindeutet. 453 Füssel, Preis, S. 241 – 249, bes. S. 245 f. Siehe auch Marian Füssel, Das Undarstellbare darstellen. Das Bild der Schlacht im 18. Jahrhundert am Beispiel Zorndorf (1758), in: Birgit Emich – Gabriela Signori (Hg.), Kriegs / Bilder in Mittelalter und Früher Neuzeit (ZHF, Beiheft, 42), Berlin 2009, S. 317– 349. 454 Rohrschneider, Reichstag, S. 208. 455 Schort, Politik und Propaganda, S. 463. 456 Füssel, Preis, S. 315 – 345. 457 Antje Fuchs, „Man suchte den Krieg zu einem Religions-Kriege zu machen.“. Beispiele von konfessioneller Propaganda und ihrer Wirkung im Kurfürstentum Hannover während des Siebenjährigen Krieges (1756 – 1763), in: Michael Kaiser – Stefan Kroll (Hg.), Militär und Religiosität in der Frühen Neuzeit (Herrschaft und soziale Systeme in der Frühen Neuzeit, 4), Münster 2004, S. 207– 224; Andreas Gestrich, Kriegsberichterstattung als Propaganda. Das Beispiel des „Wienerischen Diarium“ im Siebenjährigen Krieg, in: Ute Daniel (Hg.), Augenzeugen. Kriegsberichterstattung vom 18. zum 21. Jahrhundert, Göttingen 2006, S. 23 – 39; Schort, Politik und Propaganda, S. 29 – 40, 463 – 478; Antje Fuchs, Der Siebenjährige Krieg als virtueller Religionskrieg an Beispielen aus Preußen, Österreich, Kurhannover und Großbritannien, in: Franz Brendle – Anton Schindling (Hg.), Religionskriege im Alten Reich und in Alteuropa, Münster 2010, S. 313 – 343; Rohrschneider, Reichstag, S. 207– 217; Werner Telesko u. a., Zwischen Panegyrik und Tatsachenbericht: Zu Struktur und Zielsetzung von Medienereignissen zur Zeit Maria Theresias, in: ZHF 44 (2017), S. 441 – 486, hier S. 455 – 465.

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zu einer lukrativen Ware“⁴⁵⁸ werden. Regensburg nahm dabei eine Schlüsselrolle als Umschlagplatz für den Verkauf und die Verteilung von Flugschriften, Deduktionen, Zeitungen und anderen Druckerzeugnissen sowie für Nachrichten und Informationen generell ein, an kaum einem anderen Ort im Alten Reich konnten Publizisten und Propagandisten ihren Schriften eine größere Reichweite verschaffen. Im Umfeld des Reichstags entwickelte sich ein spezifisches Kommunikationssystem, das von den örtlichen Buchhändlern und Druckereien über die Gesandtschaften als Bestandteile der Reichstagsöffentlichkeit und Distributionszentren bis hin zu den Residenzen und Fürstenhöfen innerhalb und außerhalb des Reichs reichte.⁴⁵⁹ Erhebliche Bedeutung kam dabei den Reichstagsgesandten zu. Sie organisierten Druck und Verbreitung der Schriften, wirkten gegebenenfalls auf den Magistrat der Stadt Regensburg ein, um den Verkauf missliebiger Druckerzeugnisse zu verbieten und überwachten die publizistischen Aktivitäten der Gegenpartei. Zugleich waren sie Adressaten und die ersten Rezipienten der Publikationen, bemaßen ihre Relevanz und entschieden über ihre Weiterleitung an die eigenen Auftraggeber. Sofern nötig, regten sie dabei Antwortschreiben an, wozu sie Entwürfe erarbeiteten oder wurden selbst als Autoren tätig.⁴⁶⁰ Besonders umtriebig agierte der preußische Reichstagsgesandte Erich Christoph von Plotho, der während des Siebenjährigen Kriegs als Verfasser zahlloser Propagandaschriften hervortrat, möglicherweise in seinem Quartier sogar eine

458 Füssel, Preis, S. 337. 459 Gstettner, Reichstags–Korrespondenzen, S. 19 – 35; Neubauer, Regensburg, S. 14 – 25; Schort, Politik und Propaganda, S. 219 f., 466 f.; Friedrich, Drehscheibe, S. 537– 542; Karl Härter, War as Political and Constitutional Discourse: Imperial Warfare and the Military Constitution of the Holy Roman Empire in the Politics of the Permanent Diet (1663 – 1806), in: Angela de Benedictis (Hg.), Teatri di guerra: rappresentazioni e discorsi tra età moderna ed età contemporanea, Bologna 2010, S. 215 – 237, hier S. 217, 220 f., 223 f., 232 f.; Härter, Forschung, Abs. 44 – 46; Rohrschneider, Reichstag, S. 210. Forschungen zur russischen Präsenz beim Immerwährenden Reichstag betonen, dass die Einrichtung einer ständigen Vertretung in Regensburg 1757 in erster Linie dem Informationsbedürfnis des Zarenhofs geschuldet war. Um stets aktuelle Neuigkeiten über Truppenbewegungen und politische Entwicklungen zu erhalten, schien Regensburg der ideale Standort gewesen zu sein, vgl. Petrova, Vertreter, S. 221, 234; Jurij Ivonin, Die russische Gesandtschaft auf dem Immerwährenden Reichstag in Regensburg während des Siebenjährigen Krieges 1756 – 1763, in: Olga Kurilo (Hg.), Friedrich II. und das östliche Europa. Deutsch-polnisch-russische Reflexionen, Berlin 2013, S. 86 – 99, hier S. 90, 99. 460 Schort, Politik und Propaganda, S. 467; Rohrschneider, Reichstag, S. 211 – 214. Anfang Juni 1760 ließ Fechenbach die Verbreitung eines anonym verfassten Pamphlets verbieten, worin fälschlicherweise Bamberg und Würzburg als Verlagsorte angegeben waren, vgl. StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 98: Weisung Seinsheims an Fechenbach, Schloss Seehof 13. Juni 1760. Siehe auch Kap. IV.2.5.

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eigene kleine Druckerei samt Verkauf betrieb und die Reichstagsöffentlichkeit mit Druckschriften regelrecht überflutete.⁴⁶¹ Die „Gutgesinnten“ betrachteten Plothos Veröffentlichungen als kaum erträgliche Provokation und erwogen Gegenmaßnahmen, sogar sein Ausschluss vom Reichstag stand zur Debatte.⁴⁶² Auch Adam Friedrich von Seinsheim vertrat die Auffassung, man „hätte billige ursache […] [die preußische Gesandtschaft] aller ihrer gesandschaffts-rechten verlustiget zu erklähren“. „Plotho[s] zeitherig gantz ohnbemessene ausbrüche […] [hätten] eine dergleichen ahndung allerdings verdienet[ ]“, was angesichts der militärischen Lage schwierig sei, weshalb sich Fechenbach diesbezüglich zurückhalten sollte.⁴⁶³ Nichtsdestoweniger wurden die propreußischen Publikationen in Bamberg und Würzburg wahrgenommen und auf fürstbischöflichen Befehl archiviert, wie Seinsheim Fechenbach darlegte: „Übrigens habe ich die zeithero nach und nach herausgegebene druckschrifften des churbrandenburg[isch]en hofes […] in der absicht ad acta verlanget, um der nachkommenschafft […] proben zu hinterlasen, woraus sie die gedenckens arth eines solchen reichsmitglieds und die unglückseeligkeiten unserer zeiten desto mehr darob wahrnehmen möge und da noch immer die frage offenstehet, ob eine […] zu […] trennungen verfassungs-wiedrig ahnlass gebende gesandschafft an dem reichs-convent zu toleriren seye? […] so müssen eben diese pasquillen grosen theils das werckzeug zur erkenntnüs der sache mit abgeben, folglich mus mann solche auch zu gesicht nehmen“.⁴⁶⁴ In Anbetracht des signifikanten Stellenwerts, den der Reichstag als Informationszentrum und Bezugsquelle von Kriegsnachrichten für den Bamberger und Würzburger Fürstbischof besaß, wäre es verfehlt, von einem grundsätzlichen Bedeutungsverlust der Reichsversammlung im Verlauf des Siebenjährigen Kriegs zu sprechen. Allerdings lässt sich mit den fehlenden Einflussmöglichkeiten des Reichstags auf das Kriegsgeschehen, hinter welchem die zu Friedenszeiten üblichen Beratungsthemen in den Hintergrund rückten, ein gewisser Bedeutungswandel feststellen. Zum Erhalt von Neuigkeiten und Informationen von zunehmendem Wert war Regensburg gleichzeitig immer weniger der Ort, an dem Seinsheim seine politischen Belange zu erreichen suchte, wie das folgende Kapitel zeigt.

461 Koch, Reichstag, S. 26 f., 38, 40, 44 f., 64 f., 75 f., 115 f.; Schort, Politik und Propaganda, S. 264 – 267, 313 – 315, 464, 467; Rohrschneider, Reichstag, S. 212 – 214. 462 StABa, HStB, Nverz. Akten 4650: Weisung Stadions an Schneidt, Bamberg 26. Februar 1757; Rohrschneider, Reichstag, S. 144 f. 463 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 93: Weisung Seinsheims an Fechenbach, Würzburg 1. März 1757. 464 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 95: Weisung Seinsheims an Fechenbach, Würzburg 8. März 1758.

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3.2.3 Erfolg der direkten Diplomatie? Spätestens seit Mitte 1757 lässt sich die Tendenz beobachten, dass der Bamberger und Würzburger Fürstbischof seine Angelegenheiten und Interessen weniger über die Regensburger Reichstagsgesandtschaften als vielmehr direkt gegenüber der Hofburg artikulierte. Die Korrespondenz Seinsheims mit Reichsvizekanzler Colloredo, Staatskanzler Kaunitz, Widmann und seinem alten Würzburger Freund Egid Valentin von Borié, der inzwischen als Reichshofrat, Reichsreferendar und seit 1761 als Staatsrat in österreichischen Diensten stand und als inniger Vertrauter Maria Theresias galt,⁴⁶⁵ intensivierte sich ab diesem Zeitpunkt deutlich. Mitunter wandte sich Seinsheim auch direkt an die Kaiserin.⁴⁶⁶ Es waren vor allem drei Hauptmotive, die Seinsheim in überwiegend schriftlichen Kommunikationsprozessen mit den Wiener Akteuren während der Kriegsjahre zu erreichen suchte: Militärische Unterstützung, die Befreiung von Truppeneinquartierungen und eine Kompensation der erlittenen Kriegsschäden. Vehement, ja geradezu flehentlich bat der Fürstbischof angesichts der preußischen Bedrohung und während der Einfälle feindlicher Truppen in seine Hochstifte um den Schutz seines Territoriums durch die Reichsarmee und österreichische Streitkräfte.⁴⁶⁷ Die wiederholt vorgebrachten Beistandsgesuche und die vielfachen Klagen Seinsheims über die Zerstörung seiner schutzlosen Lande ließen in der älteren Historiographie den auch später immer wieder übernommenen Topos des austrophilen, trotz seiner Kaisertreue stets im Stich gelassenen und durch den kaiserlichen Hof ausgenutzten und verratenen Fürstbischofs entstehen.⁴⁶⁸ Faktisch lassen sich durchaus Bemühungen des Wiener Hofs erkennen, den Bitten Seinsheims zu entsprechen. Hatte der Fürstbischof beispielsweise vor dem Abzug der Reichsarmee aus Franken nach Böhmen im Mai 1758 die Zurückhaltung eines Truppenkontingents zum Schutz des Fränkischen Reichskreises gefordert, so erhielt die Generalität der Reichsarmee eine entsprechende Weisung und postierte zu diesem Zweck zwei fränkische Kreisregimenter, württembergische Dragoner und Husaren, insgesamt etwa 3 000 Mann, zwischen Lichtenfels und Hof.⁴⁶⁹ Dieser

465 Rohrschneider, Reichstag, S. 69. 466 HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 38; HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 39; HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 40; HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 547; HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 548; Hofmann, Politik, S. 15, 30 – 40, 47 f., 51 f., 58 – 62, 71 – 74, 85 – 88. 467 HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 38; HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 547; HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 548; HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 39. 468 Hofmann, Politik, S. 90 – 96; Ssymank, Seinsheim, S. 34, 54 f.; Berbig, Hochstift, S. 303 f.; Endres, Franken, S. 510 f.; Schott, Reichspolitik, S. 50 – 53. 469 HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 39, Bl. 37r.–38r.: Schreiben Seinsheims an Kaunitz, Würzburg 17. Mai 1758; Thüna, Hilfstruppen, S. 73 f.; Hofmann, Politik, S. 39; Großer Generalstab (Hg.), Der

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Streitmacht gelang es nicht, die Besetzung Bambergs durch preußische Truppen Ende Mai zu verhindern. Auf Seinsheims Hilferufe erging aus Wien die Nachricht, vier niederländische Bataillone und ein Husarenregiment hätten den Marschbefehl gen Bamberg erhalten und tatsächlich zogen sich die preußischen Truppen bereits am 10. Juni 1758 vor dem herannahenden Truppenverband zurück.⁴⁷⁰ Im Jahr darauf hatte der Wiener Hofkriegsrat angeordnet, den Fränkischen Reichskreis besonders abzusichern, woraufhin die Reichsarmee im nordöstlichen Franken in Stellung ging.⁴⁷¹ Der Vormarsch preußischer Truppen, die sich von zwei Seiten näherten, veranlasste den Oberbefehlshaber der Reichsarmee jedoch zum Rückzug. Zunächst hatte General Zweibrücken noch 6 000 Mann bei Bamberg zurückgelassen, sich dann aber mit allen Streitkräften Richtung Höchstadt und Nürnberg orientiert, woraufhin die Bischofsstadt von preußischen Einheiten eingenommen wurde. Bedrängt durch österreichische Truppenbewegungen in Böhmen verließen die Preußen Bamberg im Mai 1759 nach achttägiger Okkupation.⁴⁷² Anfang 1761 dankte Seinsheim dem Reichsvizekanzler für „diejenige getreue vorsorge, womit […] [derselbe] zu unterstützung des kayserl[ichen] reichs executions kriegs heeres noch ein nahmhafftes corps kay[serlich] königl[icher] trouppen in die gegend Eger zu veranlassen und darmit den schutz derer fränck[isch]en creys landen auf den notfall versicheren zu helffen belieben wollen“.⁴⁷³ Nachdem am 20. November 1762 zum vierten Mal preußische Truppen in Bamberg einmarschiert waren und sich die Kommandeure der Reichstruppen in Böhmen und der Oberpfalz zu einem Gegenangriff nicht in der Lage sahen, schickte die Hofburg eine 6 000 Mann starke Verstärkung von der österreichischen Armee, die gemeinsam mit den Einheiten des Reichsheers den preußischen Generalmajor Friedrich Wilhelm von Kleist am 8. Dezember 1762 zum Rückzug zwangen.⁴⁷⁴

Siebenjährige Krieg. Bd. 7: Olmütz und Crefeld (Die Kriege Friedrichs des Großen), Berlin 1909, S. 191 – 193. 470 HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 39, Bl. 39 u. 52; Schreiben Seinsheims an Kaunitz, Veitshöchheim 29. Mai 1758; Bl. 53r.–59v.: Schreiben Seinsheims an Maria Theresia, Würzburg 2. Juni 1758; Bl. 64: Antwortschreiben an Seinsheim (Konzept), Wien 3. Juni 1758; Großer Generalstab (Hg.), Olmütz, S. 194 – 199; Brabant, Kampf, Bd. 2, S. 106 – 109. Brabant zufolge hatten die niederländischen (wallonischen) Bataillone bereits am 4. April 1758 einen Marschbefehl des Wiener Hofkriegsrats erhalten. 471 Großer Generalstab (Hg.), Der Siebenjährige Krieg. Bd. 9: Bergen (Die Kriege Friedrichs des Großen), Berlin 1911, S. 210 f. 472 Thüna, Hilfstruppen, S. 95 f.; Großer Generalstab (Hg.), Bergen, S. 211 – 231. 473 HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 548, Bl. 101: Postskriptum Seinsheims an Colloredo, Würzburg 5. Januar 1761. 474 Eberhard Kessel, Das Ende des Siebenjährigen Krieges 1760 – 1763. 2 Bde., Paderborn u. a. 2007, S. 823 – 826.

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Natürlich kann anhand der hier kursorisch geschilderten Beispiele keine umfassende Neubewertung der Rolle des Wiener Hofs vorgenommen werden, hierfür wären eigene, quellenbasierte Studien nötig. Dennoch ist das Urteil der älteren Literatur kritisch zu hinterfragen, zumal strategische Erwägungen und militärische Zwänge der kommandierenden Generäle oder die Frage, inwieweit die Kaiserin und ihr politisches Spitzenpersonal überhaupt unmittelbaren Einfluss auf militärische Entscheidungen nehmen konnten, keine Berücksichtigung fanden.⁴⁷⁵ Die kontinuierlich vorgebrachten Bitten um eine ausreichende militärische Sicherung des Fränkischen Reichskreises standen zwangsläufig im Widerspruch mit den Bemühungen des Fürstbischofs, seine Hochstifte vor den Belastungen durch Truppeneinquartierungen zu bewahren. Die kostspieligen und gerade bei den Untertanen unbeliebten Quartiernahmen waren beinahe so gefürchtet wie feindliche Truppendurchzüge, war das Ergebnis doch häufig ähnlich. Die immanente Diskrepanz entsprechender Beschwerden des Bamberger Reichstagsgesandten blieb dem österreichischen Gesandten Buchenberg nicht verborgen: „Desto mehr aber wird sich von seiten Bamberg beschwehrt, daß, dessen ohngeachtet […] es noch jüngsthin die meynung gehabt hätte, zu bedeckung des fränckischen creyses den cordon weiter vorwärts in Thüringen zuziehen, mit solchem gleichwohlen rückwärts die […] bamberg[ischen] lande nunmehro angetragen, […] disen sozusagen der ganze last deren winterquartiren überbürdet werden wolle“.⁴⁷⁶ Im Jahr darauf wandte sich Seinsheim wegen der gewünschten Erleichterung der Quartierlasten direkt an Kaunitz und Kaiserin Maria Theresia.⁴⁷⁷ Borié, der sich im Interesse der Hochstifte vergeblich für eine Verlegung der Winterquartiere nach Sachsen verwendet hatte, konnte dem Fürstbischof zumindest mitteilen, dass die zuständigen Generäle zu einer Schonung seiner Territorien angewiesen worden seien.⁴⁷⁸ Nach erheblichen Belastungen durch die Beherbergung von mehreren Tausend Soldaten in der Residenzstadt Würzburg 1759 wählte Seinsheim im Herbst 1760 in Anbetracht der bevorstehenden Einquartierung eines württembergischen Kontingents eine neue Strategie.⁴⁷⁹ Er schickte seinen Reichstagsgesandten Fechenbach 475 Zumindest Staatskanzler Kaunitz schien seine strategischen Ansichten bei der militärischen Führung nicht durchsetzen zu können, vgl. Michael Hochedlinger, Austria’s wars of emergence. War, state and society in the Habsburg Monarchy 1683 – 1797 (Modern wars in perspective), London u. a. 2003, S. 343 f. 476 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 138: Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 21. November 1757. 477 HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 39, Bl. 172r.–173v.: Schreiben Seinsheims an Kaunitz, Würzburg 8. Oktober 1758; Bl. 182r.–186r.: Schreiben Seinsheims an Kaunitz, Würzburg 26. November 1758; Bl. 187r.–197r.: Schreiben Seinsheims an Maria Theresia, Würzburg 24. Dezember 1758. 478 Thüna, Hilfstruppen, S. 82; Hofmann, Politik, S. 45. 479 Schott, Verhältnis, S. 266 f.; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 259 f.

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persönlich nach Wien, um „so wohl bey beeden kay[serlichen] mayestäten, als auch bey dortigem ministerio und sonstigem kriegs departement die triftigsten vorstellungen […] zumachen […], damit meinen landen, welche nur ab dem nahmen derer würtemberg[ischen] trouppen zitteren und diese weit mehr als selbst die feindliche[n] zu förchten ursach haben, ein solches unglück […] nicht wiederfahren möge“.⁴⁸⁰ Nicht allein wegen der hohen Leistungsfähigkeit der Kommunikation unter Anwesenden⁴⁸¹ erschien Seinsheim eine ad-hoc-Gesandtschaft in dieser Angelegenheit notwendig, vielmehr war diese ihrer informalen Intention geschuldet, die fürstbischöflichen Anliegen mit Hilfe von Schmiergeldzahlungen zu befördern. Fechenbach war zudem der ideale Kandidat für diese Mission, stand er doch selbst in einem Patronageverhältnis mit dem kaiserlichen Hof und insbesondere Reichsvizekanzler Colloredo, dem er regelmäßig Bericht erstattete.⁴⁸² Wenig überraschend befürwortete Fechenbach Zahlungen an seinen Patron: „Da nun des h[errn] reichsvice canzlers excellenz so wohl wegen der winter quartier, als w[ürttembergischen] troupen […] alle assistenz versprochen, so bin ich des dafür haltens das mann ihm die 1 000 ducaten douceur gebe“.⁴⁸³ Wenngleich die Gabe von Geschenken in der diplomatischen Praxis fest verankert war und die Grenze zwischen Präsenten als Bestandteil der symbolischen Kommunikation und einem auf Korruption abzielenden Verpflichtungsinstrument nicht immer eindeutig bestimmt werden kann, lässt sich der hier beschriebene Fall nach Hillard von Thiessen doch recht eindeutig als „korrumpierende, heimlich gegebene Zuwendung[ ] zum Erreichen bestimmter, auf legalem Wege nicht oder nur unter Schwierigkeiten zu erlangende[n] Ziele[n]“ bezeichnen.⁴⁸⁴ Der dabei auftretenden Normenkonkurrenz war sich der geistliche Diplomat Fechenbach sehr wohl bewusst, erklärte er doch gegenüber Seinsheim: „euer [hochfürstlichen Gnaden] wissen, was andere thun und ich meines orts habe keine andere absicht als die wohlfahrt des hochstiffts“.⁴⁸⁵

480 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2162, Bl. 210r.–211r.: Weisung Seinsheims an Fechenbach, Hoflager bei Haßfurt 6. November 1760. 481 Schlögl, Politik, S. 585. 482 Siehe Kap. III.3.3.2 und III.5.1. 483 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2162, Bl. 214r.–215r.: Bericht Fechenbachs an Seinsheim (Abschrift), Wien 14. November 1760. 484 Thiessen, Korrupte Gesandte, S. 209; Siehe auch Ott, Salzhandel, S. 192 (mit weiteren Literaturhinweisen). 485 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2162, Bl. 214r.–215r.: Bericht Fechenbachs an Seinsheim (Abschrift), Wien 14. November 1760, Zitat Bl. 215r.

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Wie Seinsheim seinem Emissär auftrug, sollte auch Kaunitz „eine remuneration zum besten meines hochstiffts“ erhalten.⁴⁸⁶ Nach der Abreise Fechenbachs übernahm es der Würzburger Hofrat Joseph Franz Kauppers von Kleimentahl gemeinsam mit seinem Freund Borié, die Vermeidung von Winterquartieren und den bei dieser Gelegenheit ebenfalls vorgebrachten Konflikt mit den gefürsteten Häusern Hohenlohe-Bartenstein und Hohenlohe-Schillingsfürst um die Führung des fränkischen Herzogswappens im Sinne des Fürstbischofs zu regeln.⁴⁸⁷ Borié stellte einen wichtigen Faktor in der Mikropolitik des Hochstifts dar, fungierte er aufgrund seiner einflussreichen Stellung am kaiserlichen Hof und seiner persönlichen Beziehungen nach Franken als Mittler hochstiftischer Belange.⁴⁸⁸ Nicht umsonst erhielt er auch einige Jahre nach seinem Wechsel in kaiserliche Dienste noch immer stolze 800 Gulden pro Jahr aus den Würzburger Kassen.⁴⁸⁹ Die eingesetzten Bestechungsgelder verfehlten ihren Zweck nicht. Anfang Dezember rückte das württembergische Korps auf kaiserlichen Befehl Richtung Heimat ab und schied aus dem Krieg aus. General Andreas Hadik von Futak erhielt die Order, die Reichsarmee größtenteils im Vogtland einzuquartieren und das Hochstift weitgehend zu verschonen.⁴⁹⁰ Ein großes Anliegen war dem Bamberger und Würzburger Fürstbischof die Entschädigung der durch die preußischen Besetzungen verursachten Kosten und Kriegsschäden. Sämtliche Verluste hatte Seinsheim unmittelbar nach den jeweiligen feindlichen Einfällen in umfangreichen Schadenslisten dokumentieren lassen, die als Grundlage seiner Kompensationsforderungen dienen sollten.⁴⁹¹ Im Sommer 1758 forderte er seine Reichstagsgesandtschaften auf, die Wiedergutmachungsansprüche der Hochstifte beim Reichstag bekannt zu machen,⁴⁹² aber auch in dieser Frage schien der Wiener Hof der vielversprechendere Adressat zu sein. Tatsächlich sagte Maria Theresia dem Bischof auf seine diesbezüglichen Nachrichten per kaiserlichem Schreiben vom 10. Juni 1759 zu, dass sie „auf die einverleibung dieser […] entschädigung[ ] […] in die künfftige[n] friedens praeliminarien nach maaß des […]

486 Ibid., Bl. 219: Weisung Seinsheims an Fechenbach, Zeil 13. November 1760. 487 Ibid., Bl. 238r.–239r.: Weisung Seinsheims an Fechenbach, Aschach 18. November 1760. Zum Streit um die Wappenführung siehe Ssymank, Seinsheim, S. 65. 488 Ssymank, Seinsheim, S. 14 f.; Muzik, Borié, S. 43. 489 StAWü, HV Ms. q. 61: Bestallungstabelle des Hochstifts Würzburg, Würzburg 1770, S. 50 f. 490 HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 39, Bl. 501: Schreiben an Seinsheim (Konzept), Wien 2. Dezember 1760; Kessel, Ende, S. 56. Hadik selbst verlegte sein Hauptquartier am 19. und 20. Dezember von Hof ins bambergische Kronach. 491 Siehe S. 314, Anm. 414. 492 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 95: Weisung Seinsheims an Fechenbach, Würzburg 13. Juni 1758; StABa, HStB, Geheime Kanzlei 448: Weisungen Seinsheims an Schneidt (Konzepte), Werneck 24. August und 8. September 1758.

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anhoffenden glücklichen ausschlags deren diesseitigen waffen möglichst antragen und bestehen werde“.⁴⁹³ Mit den sich konkretisierenden Planungen für einen Friedenskongress in Augsburg wurde die Entschädigungsangelegenheit im Sommer 1761 virulent. Da die „zugesicherte indemnisation durch den weeg derer friedens preliminarien sehr beschwerlich zu erhalten oder allenfalls bey concurrirung mehr anderer auff gleiche schadloßhaltung antragender ständen nicht allerdings ausgiebig seyn dörffte, zumahlen […] mann sich auff einen vortheilhafften frieden [keine] große hoffnung machen könne, welches vielleicht auch den anlaß geben mögte, denen kayserlichen versprechungen unter dem vorwandt wiedriger zeithen […] ihre krafft wiederumb zu benehmen“, schickte Seinsheim Fechenbach im Juni 1761 erneut nach Wien, um dort an die kaiserliche Zusage zu erinnern und einzuleiten, dass nötigenfalls „nebst diesem weeg einer durch den friedens tractat […] anhoffender schadtloßhaltung, noch andere media zu hülffe genommen werden, wodurch mann […] theils in diesen theils in anderen weegen zu gleichwohlen einer […] indemnisation gelangen möge“.⁴⁹⁴ Seinsheim glaubte also nicht an eine ausreichende Berücksichtigung aller Reichsstände bei den Friedensverhandlungen, weshalb er in Wien nach anderen Ausgleichswegen sondieren ließ, wozu er sich in seiner Sonderrolle als kaiserlicher Klient vor anderen berechtigt sah. Daher sollte die Mission auch strikter Geheimhaltung unterliegen und Fechenbach „zu vermeydung alles auffsehens und menagierung [Mäßigung] derer kösten keinen gesandtschafftlichen caractère an[ ]nehmen“ und unter dem „vorwand anderer privat angelegenheiten“ reisen.⁴⁹⁵ Konkret erhoffte sich der Fürstbischof für Bamberg die „erwerbung verschiedener an der Donau gelegener herrschafften“ sowie für Würzburg einige Gebietserweiterungen auf Kosten Ansbachs nach dem Tod des dortigen Markgrafen und die Garantie des böhmischen Lehens Mainbernheim. Weitere Überlegungen, die Fechenbach jedoch noch mit Borié abstimmen sollte, bezogen sich etwa auf den Er-

493 HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 39, Bl. 389r.–390r.: Handschreiben Maria Theresias an Seinsheim (Konzept), Wien 10. Juni 1759. Bei Hofmann wird fälschlicherweise der 7. Juni 1759 genannt, vgl. Hofmann, Politik, S. 63. 494 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2164, Bl. 488r.–496r.: Instruktion Seinsheims für Fechenbach, Schloss Seehof 6. Juni 1761, Zitat Bl. 490. Zu Fechenbachs Mission siehe auch Hofmann, Politik, S. 63 – 68, 97– 99; Ssymank, Seinsheim, S. 15 f., 45 – 48; Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 254; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 264. 495 Ebd. Bl. 488v., 489v. Das an den Fürstbischof gerichtete Rekreditivschreiben weist hingegen auf eine formelle Akkreditierung der Gesandtschaft Fechenbachs beim kaiserlichen Hof hin, vgl. HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 548, Bl. 123: Rekreditiv Fechenbachs (Konzept), Wien 8. September 1761. Siehe auch Wild, Formen und protokollarische Inszenierung der internationalen Diplomatie der Frühen Neuzeit im Spiegel ihres Schriftguts, S. 246 f.

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werb der Grafschaft Königsberg, einen vorteilhaften Subsidienvertrag und andere finanzielle Erleichterungen. Auch wurde Fechenbach aufgetragen, unter Mithilfe des Wiener Agenten Ferner von Fernau die strittige Wappenangelegenheit und Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung der in kaiserlichem Sold stehenden Würzburger Truppen zu klären, ferner die gefährlichen Auswirkungen einer Säkularisation der westfälischen Hochstifte, die Problematik der preußischen Sukzession in den fränkischen Markgraftümern und verschiedene Kreisangelegenheiten vorzustellen.⁴⁹⁶ Freilich war sich Seinsheim darüber im Klaren, dass „die gute gesinn- und begünstigung derer geschäfften von sicheren orthen erkauffet seyn wollen“.⁴⁹⁷ Neben finanziellen Gegenleistungen sollte der Fürstbischof seine guten Verbindungen zum Ansbacher Minister Seckendorff nutzen, um die Inhalte des 1752 zur Regelung der Erbfolge in den Brandenburger Markgraftümern Ansbach und Bayreuth geschlossenen Pactum Fridericianum zu enthüllen.⁴⁹⁸ Die Hoffnung auf territoriale Erweiterungen wurde in Wien rasch gedämpft, da solche allein im unwahrscheinlichen Fall eines deutlichen Sieges über Preußen realisierbar wären. Seinsheim erklärte seinem Gesandten, man müsse daher „mit solchen vorschlägen in bereitschafft stehen […], welche von dem kays[erlichen] hof unmittelbahr abhangen“, wie etwa die „erwerbnüß des privilegii de non appellando“, welche jedoch „nicht allzu eyfrig zu betreiben“ sei, sondern „nur vorläufig hierzu die weege mit guter art unter der hand“ zu bereiten wären.⁴⁹⁹ Immerhin gelang es dem Hofkriegsratsagenten Jakob Anton Gregori von Romendorff, die offenen Würzburger Forderungen für den Unterhalt der Subsidientruppen zumindest einigermaßen in Form von auf die Erblande versicherten Obligationen einzutreiben, die Fechenbach noch vor Ort zur Bezahlung Romendorff und Fernaus einlösen sollte.⁵⁰⁰ Vorerst musste sich der Fürstbischof damit begnügen, sämtliche Angelegenheiten durch seinen Gesandten der kaiserlichen Gunst empfohlen beziehungsweise eingeleitet zu haben. Der Friedensvertrag von Hubertusburg schrieb

496 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2164, Bl. 491v.–496r.; Hofmann, Politik, S. 97 f. 497 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2164, Bl. 506r.–509v.: Weisung Seinsheims an Fechenbach, Schloss Seehof 1. Juli 1761, Zitat Bl. 506r. 498 Ibid., Bl. 507v.–508r. Siehe auch S. 287, Anm. 311. 499 Ibid., Bl. 542r.–543v.: Weisung Seinsheims an Fechenbach, Schloss Seehof 22. Juli 1761. Zum privilegium de non appellando siehe Ulrich Eisenhardt (Hg.), Die kaiserlichen privilegia de non apellando (Quellen und Forschungen zur höchsten Gerichtsbarkeit im alten Reich, 7), Köln u. a. 1980; Gernot Sydow, Das Verhältnis von Landes- und Reichsgerichtsbarkeit im Heiligen Römischen Reich: Eine Neubewertung der privilegia de non appellando, in: Der Staat 41 (2002), S. 263 – 284. 500 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2164, Bl. 559: Weisung Seinsheims an Fechenbach, Werneck 14. August 1761. Siehe auch Thüna, Hilfstruppen, S. 162 – 165.

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schließlich eine allgemeine Amnestie und das Vergessen aller Kriegsschäden fest, womit jegliche Entschädigungspläne hinfällig wurden.⁵⁰¹ Blieben die großen Erwartungen Seinsheims in dieser Hinsicht enttäuscht, so lassen sich neben den zuvor genannten diplomatischen Erfolgen noch weitere Punkte nennen, die er in Korrespondenz mit der Hofburg beziehungsweise mittels ad-hoc-Gesandtschaften während des Krieges erreichen konnte. Beim Verkauf der bambergischen Besitzungen in Kärnten an Österreich am 5. Mai 1759 gelang es dem Bamberger Verhandlungsführer und Kärntner Viztum Johann Philipp Anton von Horneck, in Anerkennung der treuen Dienste seines Hochstifts eine Erhöhung der Kaufsumme um 100 000 Gulden auf insgesamt eine Million Gulden durchzusetzen.⁵⁰² Kurz darauf ließ Seinsheim die von den preußischen Besatzern erzwungenen Wechselbriefe per kaiserlichem Patent annullieren.⁵⁰³ Im Zuge der Verlängerung des 1756 geschlossenen Subsidienvertrags wurden dem Hochstift Würzburg die vertraglich vereinbarten, doch nicht mehr leistbaren Nachrekrutierungen erlassen, woraufhin beide Würzburger Regimenter zusammengelegt und in österreichischen Sold übernommen wurden.⁵⁰⁴ 1760 erwirkte er für seinen Bruder Joseph Franz die Bestätigung der am 15. Oktober 1745 erfolgten Ernennung zum kaiserlichen Geheimen Rat.⁵⁰⁵ Die Kommunikationsprozesse zwischen Adam Friedrich von Seinsheim und den Wiener Akteuren blieben keineswegs auf eine Richtung beschränkt. Vielmehr ermöglichten sie es dem kaiserlichen Hof, den Fürstbischof während des gesamten Krieges bei seiner patriotischen Gesinnung zu erhalten und ihm die Notwendigkeit standhafter Parteinahme, auch unter Berücksichtigung der erheblichen Kriegslasten seiner Hochstifte, vor Augen zu halten. Bereits in einer frühen Phase des Siebenjährigen Kriegs hatte der Bamberger und Würzburger Fürstbischof auf die geringen Einflussmöglichkeiten des Reichstags hinsichtlich des Kriegsgeschehens reagiert und sich in militärischen Fragen direkt an die Hofburg gewandt. Dabei konnte er von seinem Klientelverhältnis

501 Hofmann, Politik, S. 90; Ssymank, Seinsheim, S. 48; Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 256; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 264. 502 Looshorn, Bamberg, S. 173 – 184, 216 f., 244 – 251; Ssymank, Seinsheim, S. 48 – 50; Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 261 f. 503 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 97: Weisung Seinsheims an Fechenbach, Würzburg 9. Juni 1759. 504 HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 548, Bl. 434r.–435v.: Schreiben Seinsheims an Kaunitz, Schloss Seehof 22. Juli 1759; Thüna, Hilfstruppen, S. 151 – 168; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 257 f. 505 HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 548, Bl. 69: Schreiben Seinsheims an Colloredo, Werneck 4. September 1760; StAWü, HV Ms. f. 774: Dankschreiben Seinsheims an Kaunitz und Colloredo (Konzepte), Bamberg 28. Oktober 1760; Thüna, Hilfstruppen, S. 166.

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profitieren und einige Vorteile erzielen. Die kaiserlichen Gunsterweise bedeuteten aber zugleich Verpflichtung, was einen Erklärungsansatz für die in der älteren Historiographie viel kritisierte, trotz aller Kriegswidrigkeiten bis zuletzt nicht aufgegebene, strikt kaisertreue Haltung Seinsheims bietet. 3.2.4 Zwänge und Handlungsspielräume – Die Neutralitätsverhandlungen und das Ende des Siebenjährigen Kriegs Auf den außereuropäischen Kriegsschauplätzen war die Entscheidung längst gefallen. Nach dem Fall Québecs 1759 und der Kapitulation Montreals 1760 hatte Frankreich zunächst seine Besitzungen in Nordamerika abschreiben müssen, 1761 übernahmen die Briten die Kontrolle über die Karibik und nach der Einnahme der südindischen Stadt Pondichéry auch über Indien. Zwar gelang den Franzosen 1762 die kurzfristige Eroberung des britischen Stützpunkts St. John auf Neufundland, doch mussten sie diesen Mitte September 1762 wieder aufgeben, womit die Kampfhandlungen zwischen Großbritannien und Frankreich in Nordamerika endeten. Nach dem Tod der russischen Zarin Elisabeth schloss ihr Nachfolger Zar Peter III. am 16. März 1762 einen Waffenstillstand mit Preußen, dem am 5. Mai ein Friedensvertrag folgte. Auch im Reich ging der Krieg seinem Ende entgegen.⁵⁰⁶ Nach der Niederlage der Reichsarmee und österreichischer Truppen in der Schlacht bei Freiberg am 29. Oktober 1762 traten Österreich, Sachsen und Preußen zum Jahresende in Friedensverhandlungen ein.⁵⁰⁷ Um das Reich zur Neutralität zu zwingen, befahl Friedrich II. im November dem preußischen Generalmajor Friedrich Wilhelm von Kleist, mit einigen tausend Mann erneut im Hochstift Bamberg einzumarschieren. Der preußische Reichstagsgesandte Plotho sollte parallel in Regensburg verkünden, Kleists Operation richte sich auch gegen die übrigen feindlich gesinnten Reichsstände.⁵⁰⁸ Im Auftrag des Mainzer Kurfürsten und verschiedener„gutgesinnter“ Gesandtschaften trug der Mainzer Gesandte Philipp Wilhelm Lincker von Lützenwick Anfang Dezember dem Prinzipalkommissar und dem österreichischen Gesandten Buchenberg die Verärgerung der Reichsstände über die „beklagens-würdige[ ] inaction auf seiten der kays[erlich]-königl[ich]en haupt-armée während der gantzen dißjährigen campagne“ vor. Der für Schlesien, Böhmen und Sachsen geschlossene Waffenstillstand hätte die „aufrecht gebliebenen vordere[n] drey reichs-creyße in […] ungemach und

506 Füssel, Preis, S. 287– 302, 365 – 369, 400 – 405, 440 – 446. 507 Kessel, Ende, S. 796 – 812, 941 – 947; Füssel, Preis, S. 455 – 457. 508 Johann Gustav Droysen (Hg.), Politische Correspondenz Friedrichs des Großen. Bd. 22, Berlin 1895, S. 315 f.: Weisungen Friedrichs II. an Plotho und Kleist, Meißen 11. November 1762; Kessel, Ende, S. 823 – 825.

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schaden […] versetz[t]“, was ohne schleunige Abhilfe zum Ausscheiden der betroffenen Reichsstände aus dem Krieg und dem Rückruf ihrer Truppenkontingente führen würde.⁵⁰⁹ Lincker sollte Recht behalten, das preußische Vorgehen verfehlte seine Wirkung nicht. Der Herzog von Württemberg vereinbarte am 4. Dezember 1762 eine Neutralitätskonvention mit Preußen und der bayerische Kurfürst hatte Ende November den verhandlungserprobten Münz- und Bergrat Johann Georg von Lori zu Verhandlungen mit Plotho nach Regensburg entsandt, die am 6. Januar 1763 mit dem Abschluss eines Neutralitätsabkommens endeten.⁵¹⁰ Der insgesamt vierte preußische Einfall in die Hochstiftslande versetzte auch Adam Friedrich von Seinsheim den entscheidenden Schlag. Nach der erneuten Besetzung der Hauptstadt Bamberg verlangte Kleist neben Kontributionen in Höhe von einer Million Reichstaler und der Stellung von 2 000 Rekruten und 500 Pferden eine Neutralitätserklärung des Fürstbischofs. Seinen Forderungen verlieh er durch Geiselnahmen, Kontributionserpressungen und Plünderungsstreifzügen durch Würzburger Territorium Nachdruck. Als trotz der flehentlichen Hilferufe Seinsheims nach Wien keine unmittelbare militärische Hilfe zu erwarten stand, beschloss die Geheime Konferenz in Würzburg am 5. Dezember 1762 einhellig, auf die preußischen Bedingungen zumindest teilweise einzugehen. Seinsheim fand sich bereit, seine gestellten Truppen zurückzubeordern und aus dem Krieg auszuscheiden, wofür er ein Ende der preußischen Feindseligkeiten samt Rückgabe der requirierten Güter, Gelder und Gefangenen sowie freies Stimmrecht beim Reichsund Kreistag verlangte.⁵¹¹ Kleist bestand indes strikt auf einer Neutralitätserklärung der hochstiftischen Gesandtschaften, weshalb der Bamberger Obersthofmeister Johann Alexander von Rotenhan notgedrungen zu weiteren Verhandlungen instruiert wurde. Diese verzögerten sich, da Rotenhan auf seiner Reise von Würzburg nach Bamberg von preußischen Deserteuren überfallen und seiner Instruktionen beraubt wurde. Als das preußische Korps am 8. Dezember vor anrückenden Truppen der Reichsarmee aus Bamberg abzog, zwang Kleist den hochstiftischen Unterhändler zur Mitreise und zur Fortsetzung der Neutralitätsverhandlungen. Drei Tage später einigten sich

509 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 145: Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 10. Dezember 1762. 510 Schmid, Max III. Joseph, S. 464 – 471; Aretin, Das Alte Reich Bd. 3, S. 107. 511 StABa, HStB, NverzA 4651: Weisung Seinsheims an Schneidt mit beiliegendem Konferenzprotokoll vom 5. Dezember 1762, Würzburg 18. Dezember 1762; Hofmann, Politik, S. 70 – 76; Ssymank, Seinsheim, S. 38 – 41; Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 254 f.; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 261 f.

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Kleist und Rotenhan auf einen Vertragsentwurf, der jedoch nicht ratifiziert wurde.⁵¹² Die unter schweren Gewissensbissen getroffene Entscheidung, in Neutralitätsverhandlungen einzuwilligen, kommunizierte Seinsheim unmittelbar dem Wiener Hof, wobei er die Ausweglosigkeit seiner Lage betonte.⁵¹³ Auch beim Reichstag geriet der Fürstbischof in Erklärungsnöte. Auf die Nachricht von der am 4. Dezember vereinbarten Neutralitätskonvention des Herzogs von Württemberg und der Ankündigung Plothos, er sei zu Neutralitätsverhandlungen mit den Reichstagsgesandten bevollmächtigt, debattierten die Confidentiores am 14. Dezember über das weitere Vorgehen, wobei einige Gesandte befanden, es „gereiche dem gesammten reich zur unehr und prostitution, wann von feyerlichen reichs-schlüssen ein stand nach dem anderen abginge und mit dem könig von Preußen in einen neutralitats-tractat sich einließe[n]“.⁵¹⁴ Gegenüber seinem Reichstagsgesandten Fechenbach rechtfertigte sich Seinsheim, Kleist habe „auf ofenem rathauß sogar vor zusammen berufenen räthen und bürgerlichen vorstehern mit feuerschwert und plünderungen getrohet, alles unglück mir und meiner hartnäckigkeit beygemessen […]. Also habe ich freylich zu vermeidung des größeren übels endlich daß geringere auß gewalt und zwang erwehl[t], so fort weilen ich vom kayserlichen hof solange zeit ganz hülflos gelasen wurde, eine etwas verbindlichere erklährung von mir geben müssen.“⁵¹⁵

512 HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 548, Bl. 227r.–240r.: Bericht Rotenhans an Seinsheim (Abschrift), Schleusingen 11. Dezember 1762; Hofmann, Politik, S. 76 – 85, 100 – 102; Ssymank, Seinsheim, S. 41 – 45. Im letzten Artikel der bei Hofmann abgedruckten Punktation zeigt sich der Versuch, einen Alleingang noch zu vermeiden: „Da man aber dem Ruhm der siegreichen preuss. Waffen mehr angemessen findet, wann die sämmtl. Reichs Armee von dem versammelten Reich zurückgerufen würde, als wann ein einselter Reichs-Stand hierzu den Anfang machet, werden des Herrn Generals Hochwohlgeboren gehorsam ersuchet, bey Ihro königl. preuss. Majestät die Einleithung dahin zu machen, dass allerhöchst dieselbe sich allergnädigst begnügen mögen, wann von seithen Bamberg und Würzburg auf dem Reichstag die Stimmung geführet würde, dass die ganze Reichs-Armee als ein neutrales Reichscorps, welches gegen Ihro königl. preuss. Majestät nicht zu dienen hätte, avociren und lediglich zu des Reiches Sicherheit verwendet werde, bey welchen sodann mehr erwehnte Bamberg. und Würzburg. Contingenter zu verbleiben hätten.“, vgl. Hofmann, Politik, S. 101 f. 513 HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 40, Bl. 121r.–127r.: Schreiben Seinsheims an Kaunitz, Würzburg 9. Dezember 1762; Bl. 128r.–130v.: Schreiben Seinsheims an Maria Theresia, Würzburg 30. Dezember 1762; HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 548, Bl. 212r.–218r.: Schreiben Seinsheims an Colloredo, Würzburg 9. Dezember 1762; Bl. 219r.–241r.: Schreiben Seinsheims an Colloredo, Würzburg 20. Dezember 1762. 514 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 456: Bericht Schneidts an Seinsheim, Regensburg 15. Dezember 1762; Koch, Reichstag, S. 159 f. 515 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 100: Weisung Seinsheims an Fechenbach, Würzburg 18. Dezember 1762.

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Die Nachricht von den zu Hubertusburg initiierten Friedensverhandlungen zwischen Österreich und Preußen und die entsprechenden Vorbereitungen in Regensburg ließen Seinsheim neuen Mut schöpfen. In der Hoffnung, die Reichsversammlung würde seiner Neutralitätserklärung mit einem allgemeinem Reichsschluss zuvorkommen, wies er Rotenhan an, die Neutralitätsverhandlungen in Leipzig nach Kräften zu verzögern.⁵¹⁶ Seine Reichstagsgesandtschaften erhielten die Order, in enger Zusammenarbeit eine beschleunigte Proposition zu erreichen, die der Direktorialgesandte Lincker so formulieren sollte, dass sich Seinsheim mit seinen beiden Voten ohne Bedenken anschließen könnte.⁵¹⁷ Nachdem Schneidt noch am 3. Januar 1763 berichtet hatte, der kaiserliche Hof wolle wegen der Hubertusburger Verhandlungen eine Beratung der Neutralitätsfrage beim Reichstag hinauszögern, weshalb eine baldige Proposition nicht abzusehen sei,⁵¹⁸ überschlugen sich wenige Tage später die Ereignisse. Frankreich und England erklärten, zur Wiederherstellung des Friedens sei die Neutralität des Reichs bei der Reichsversammlung in Vorschlag zu bringen, woraufhin Lincker die Proposition für den 10. Januar 1763 ansetzte.⁵¹⁹ Mit allen Mitteln versuchten die kaiserlichen Akteure diese zu verhindern. Um die Einleitung der Beratungen nicht fremder Initiative überlassen zu müssen, bat der österreichische Gesandte um die eilige Abfassung eines kaiserlichen Kommissionsdekrets, welches bei rechtzeitiger Ankunft eine gesichtswahrende Lösung geboten hätte. Reichsvizekanzler Colloredo drängte auf einen achttägigen Aufschub und der von ihm und Buchenberg instruierte Würzburger Gesandte Fechenbach schlug vor, die für den 17. Januar angekündigte Rückkehr des Fürstenratsdirektors Saurau abzuwarten. Doch alle Bemühungen schlugen fehl, vor allem auf Druck Plothos und des Kurbraunschweigischen Gesandten Ludwig Eberhard von Gemmingen eröffnete Lincker am Montag, den 10. Januar, exakt 6 Jahre nach der Abstimmung über die Reichskriegserklärung, das Protokoll.⁵²⁰

516 Hofmann, Politik, S. 83 f. 517 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 101: Weisung Seinsheims an Fechenbach, Würzburg 30. Dezember 1762; StABa, HStB, NverzA 4651: Weisung Seinsheims an Schneidt, Würzburg 30. Dezember 1762. 518 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 457: Bericht Schneidts an Seinsheim, Regensburg 3. Januar 1763. 519 Ibid.: Berichte Schneidts an Seinsheim, Regensburg 7. und 9. Januar 1763; Koch, Reichstag, S. 164 f. 520 HHStA, StK, DK, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 146: Bericht Buchenbergs an Kaunitz, Regensburg 11. Januar 1763; HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 548, Bl. 262: Bericht Fechenbachs an Colloredo, Regensburg 11. Januar 1763; Koch, Reichstag, S. 164 – 166. Wie Seinsheim gegenüber Schneidt spekulierte, hatte wohl auch die preußische Besetzung der Mainzer Territorien in Thüringen zu der raschen Proposition durch Lincker beigetragen, vgl. StABa, HStB, NverzA 4651: Weisung Seinsheims an Schneidt, Würzburg 14. Januar 1763.

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Im Vorfeld der für den 17. Januar terminierten Abstimmung im Reichsfürstenrat verdeutlichte Seinsheim seinen Reichstagsgesandten die gefährliche Lage, wonach er „mehr als je ein anderer ursach [habe], eine solche sprache vorläuffig zu eröffnen, die mich auf keiner seite in verlegenheit setzen möge, dann meinen bekannten umständen nach würde es sehr ohnanständig lauten, auch über die massen gefährlich seyn, wann ich defectum instructionis allegiren wollte“. Den „Confidentioribus“ sei mitzuteilen, dass er„bis auf diese stund mit des königs in Preussen maye[stät] nichts abgeschlossen […] habe“. Von den beigefügten Stimmentwürfen, die auf eine Neutralitätserklärung des Reichs und den Rückruf der hochstiftischen Truppenkontingente abzielten, sei nur im Notfall und nach gemeinsamer Entscheidung beider Gesandten abzuweichen.⁵²¹ Infolge der empfundenen Enttäuschung über das Wiener Vorgehen bezüglich der hochstiftischen Römermonatszahlungen und ausgebliebenen militärischen Beistand fiel Seinsheim diese Entscheidung umso leichter, zumal er sein großes Ziel, die Wahrung des nexus imperii durch die Vermeidung eines partikularen Neutralitätsvertrags vor einem Neutralitätsvotum des Reichs, so kurz vor Augen hatte. In Rücksicht auf sein Klientelverhältnis stellte der Bischof dem Reichsvizekanzler die Lage einen Tag später aber etwas anders dar. Er „stecke zwischen thür und angel“, da er einerseits „zu erfüllung der kaiyserl[ichen] […] absicht der sachen abschluß mit guter arth verlängeren zu helffen zwar voller begierde“ sei, „aber auf anderer seite bey dem mindest aufsichtigen schritt die allerbedencklichste folge zu besorgen habe“. Deshalb habe er seine Gesandtschaften „mit zweyerley instructionen […] versehen“, damit diese je nach der Mehrheit der Stimmen entweder ausweichend oder aber für eine Neutralität des Reichs stimmen könnten.⁵²² Fechenbach und Schneidt hielten dem Druck der kaiserlichen Exponenten am Tag der Abstimmung offenbar nicht stand. Bei der Umfrage am 17. Januar 1763 wählten sie einen unverfänglichen Ausweg und gaben zu Protokoll, dass sie zwar mit Instruktionen versehen seien, „das jenige, was bey heutiger protocollseröffnung vorgegangen [aber] vordersamst einzuberichten und nähere verhaltungs-befehle […] zu erwarten“ hätten.⁵²³ Der Bamberger und Würzburger Fürstbischof erwi-

521 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 101: Weisung Seinsheims an Fechenbach mit beigefügtem Votum, Würzburg 14. Januar 1763; StABa, HStB, NverzA 4651: Weisung Seinsheims an Schneidt mit beigefügtem Votum, Würzburg 14. Januar 1763. 522 HHStA, RK, Kleinere Reichsstände 548, Bl. 264r.–265r.: Schreiben Seinsheims an Colloredo, Würzburg 15. Januar 1763. 523 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 316: Berichte Fechenbachs an Seinsheim, Regensburg 17. und 19. Januar 1763; Reichsfürstenratsprotokoll vom 17. Januar 1763 als Beilage zum Bericht vom 19. Januar 1763.

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derte, er könne nicht sehen, wozu „der längere vorschub dieses handels […] eigentlich dienen solle und was es dem kayserl[ich]en hof nutzen könne, den wohl meinenden geistlichen fürsten-stand in gefährlichere verwickelung und verlegenheit zu setzen“, zumal der „starcke[ ] zug der neutralität-sprache nicht mehr zu hemmen […] ist“. Er befahl daher seinen Gesandten „bey nächst wiederum eröffneter umfrage das […] zugefertigte votum ohnbedencklich ab zu legen […] [und] sich nicht weiter irr machen zu lassen“, woraufhin Fechenbach und Schneidt in der am 24. Januar fortgesetzten Sitzung für die Neutralität des Reichs und die Abberufung der Bamberger und Würzburger Truppen votierten.⁵²⁴ Letztlich konnte sich die Hofburg dem deutlichen Stimmungsbild nicht länger verschließen, weshalb sie ein kaiserliches Kommissionsdekret „die Reichssicherheitsmaterie betreffend“ an den Reichstag erließ, worin die Reichsstände von ihren Kriegsverpflichtungen entbunden wurden.⁵²⁵ Bei der Proposition am 7. Februar enthielten die beifälligen Voten Bambergs und Würzburgs noch den Zusatz, mit der Demobilisierung der Reichsarmee müssten die Reichsstände auch von der Last der Winterquartiere befreit werden, was jedoch keine Aufnahme in das Conclusum des Reichsfürstenrats fand.⁵²⁶ Mit dem am 11. Februar erfolgten Reichsgutachten aller drei Kollegien waren die Reichsstände dem Abschluss des Hubertusburger Friedens am 15. Februar noch zuvorgekommen. Der kaiserliche Hof ratifizierte das Reichsgutachten per Dekret vom 24. Februar, worin auch die das Reich betreffenden Punkte des Friedensvertrags von Hubertusburg enthalten waren.⁵²⁷ Der Reichskrieg war zu Ende. Mit der gegen den Widerstand des Wiener Hofs in die Wege geleiteten Friedensinitiative hatte die Reichsversammlung ihre verloren geglaubte Handlungsfähigkeit eindrucksvoll demonstriert.

3.3 Gewinner oder Verlierer? Es waren zwei sich überschneidende Faktoren, welche die Reichstagspolitik der Hochstifte Bamberg und Würzburg während des Siebenjährigen Kriegs im Wesentlichen bestimmten: Das Klientelverhältnis zwischen dem Wiener Hof und

524 StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 101: Weisung Seinsheims an Fechenbach, Würzburg 19. Januar 1763. Ebenso an Schneidt, vgl. StABa, HStB, Geheime Kanzlei 457: Weisung Seinsheims an Schneidt (Konzept), Würzburg 19. Januar 1763. 525 Koch, Reichstag, S. 168 f.; Duchhardt, Gleichgewicht, S. 100. 526 StAWü, Würzburger Reichstagsakten 316: Reichsfürstenratsprotokolle vom 7. und 11. Februar 1763 als Beilage zu den Berichten Fechenbachs an Seinsheim, Regensburg 10. und 14. Februar 1763. 527 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 457: Bericht Schneidts an Seinsheim mit beigefügtem Dekret, Regensburg 27. Februar 1763; Koch, Reichstag, S. 170 – 174.

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Fürstbischof Seinsheim sowie dessen Leitgedanke, nur ein militärischer Triumph Österreichs über Friedrich II. könne die von Preußen und England ausgehende Säkularisationsgefahr eindämmen.⁵²⁸ Dementsprechend und wie 1756 auch vertraglich zugesichert, unterstützte Seinsheim pflichtbewusst die kaiserlichen Initiativen und Interessen beim Reichstag. Da die politische Realität im Reich von militärischen Erwägungen und der Entwicklung auf den Schlachtfeldern dominiert wurde, verlor die Reichsversammlung im Verlauf des Krieges für die Durchsetzung seiner eigenen Anliegen und Ziele zunehmend an Bedeutung, weshalb sich Seinsheim mit einigem Erfolg direkt an die Hofburg wandte. Dennoch behielt der Reichstag als Nachrichtendrehscheibe und Informationsquelle seinen substanziellen Wert. Mit der Erschöpfung der Kriegsparteien und der Kriegsmüdigkeit des Reichs kehrte der Reichstag Anfang 1763 fulminant auf das politische Parkett zurück. Gegen den Willen des kaiserlichen Hofs und noch vor Abschluss der Hubertusburger Friedensverhandlungen votierten die Reichsstände in Regensburg für die Neutralität des Reichs und ein Ende des Reichskriegs. Gerade für den Bamberger und Würzburger Fürstbischof eröffneten die Beratungen beim Reichstag einen Ausweg aus einer hoffnungslosen Zwangslage. Zwiegespalten zwischen den durch Waffengewalt erzwungenen Neutralitätsverhandlungen mit Preußen und den gegenläufigen Verpflichtungen gegenüber der Kaiserin und dem Reich erhielt er seine Handlungsfähigkeit zurück und konnte die Schmach eines partikularen Neutralitätsvertrags abwenden. Bemerkenswerterweise emanzipierte Seinsheim sich dabei von der österreichischen Verzögerungstaktik und ließ seine Reichstagsgesandten unmissverständlich und entgegen der Wiener Intention für eine Neutralität des Reiches abstimmen. Ganz deutlich tritt hier Reputation als Leitfaktor der Außenpolitik in Erscheinung.⁵²⁹ Das Reich und seine politische Zentrale in Regensburg waren im langjährigen kriegerischen Konflikt zwischen Österreich und Preußen, nicht marginalisiert worden.⁵³⁰ Aus dieser Perspektive heraus ist dem Fazit Johannes Burkhardts zuzustimmen, der konstatierte: „Das Reich war der einzige Kriegsteilnehmer auf dem Kontinent, der sein Kriegsziel wirklich erreichte. Mit der Wiederherstellung des

528 Ssymank hatte ebenfalls diese beiden Aspekte als maßgebliche Größen erkannt, das Klientelverhältnis jedoch vage als „persönliche Ergebenheit gegenüber Habsburg […], die, wenn auch oft nur unbewusst, eine grosse Bedeutung bei seinen politischen Entscheidungen hatte“ bezeichnet, vgl. Ssymank, Seinsheim, S. 54. 529 Rohrschneider, Reputation. 530 Duchhardt, Gleichgewicht, S. 100 f.

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Vorkriegszustandes nämlich hatten alle Kombattanten ihre jeweiligen Ziele verfehlt, während für das Reich eben dies das Ziel gewesen war.“⁵³¹ Zählten Adam Friedrich von Seinsheim und seine beiden Hochstifte nun zu den Gewinnern oder Verlierern des Siebenjährigen Kriegs? Die Stereotypen der borussisch geprägten Geschichtsschreibung des 19. und 20. Jahrhunderts prägten lange Zeit die Sichtweise auf den Siebenjährigen Krieg und festigten das Bild von Friedrich II. als strahlendem Sieger, dem Aufstieg Preußens zur Großmacht und dem Niedergang des Reichs und seiner Institutionen.⁵³² Dieses Grundmotiv findet sich auch in der negativen Beurteilung der Politik Seinsheims in der älteren Literatur wieder. Als „Spielball in den Händen seiner Wiener Freunde“ wurden seiner blinden Kaisertreue die erheblichen Kriegsschäden angelastet, für die er nach dem Friedensschluss noch nicht einmal Kompensationen erhalten hatte.⁵³³ Noch 1976 fasste Hans Joachim Berbig zusammen: „Von der Reichsarmee in entscheidenden Augenblicken im Stich gelassen, im Friedensvertrag für seine Standhaftigkeit und Opferbereitschaft ohne Anerkennung geblieben, erfuhr Adam Friedrich den Undank des Erzhauses, das des Fürstbischofs Reichspatriotismus, Kaisertreue, ja Austrophilie weidlich ausgenützt hatte“.⁵³⁴ Berücksichtigt man nun Seinsheims Motive zu Beginn des Krieges, den Fortbestand seiner Hochstifte und die Abwendung der von einem preußischen Sieg drohenden Säkularisationsgefahr, so hatte er im Endeffekt beide Ziele, wenn auch unter immensen Kosten, erreicht. Zwar litten beide Hochstifte zu Kriegsende unter einer erdrückenden Schuldenlast, deren Abzahlung Seinsheim trotz lebenslanger Anstrengungen nicht gelingen sollte,⁵³⁵ doch wog der Erhalt der eigenen Existenz definitiv schwerer.⁵³⁶ Unverhofft konnte der Fürstbischof zu Kriegsende noch einen

531 Johannes Burkhardt, Wie ein verlorener Krieg zum Sieg umgeschrieben wurde. Friedrich der Große, der Siebenjährige Krieg und der Friede von Hubertusburg, in: Johannes Burkhardt u. a. (Hg.), Sprache. Macht. Frieden (Documenta Augustana Pacis, 1), Augsburg 2014, S. 265 – 308, hier S. 303. Ähnlich urteilte bereits Aretin, vgl. Aretin, Das Alte Reich Bd. 3, S. 107. Barbara StollbergRilinger hat dem entgegengehalten, dass man diese Sichtweise nur teilen könne, „wenn man die Auflösungserscheinungen des Reichsverbandes in den letzten Jahrzehnten seines Bestandes ignoriert“, vgl. Barbara Stollberg-Rilinger, Maria Theresia. Die Kaiserin in ihrer Zeit. Eine Biographie, München 2017, S. 926, Anm. 211. 532 Sven Externbrink, Einleitung: Der Siebenjährige Krieg – ein europäischer Weltkrieg im Zeitalter der Aufklärung, in: ders. (Hg.), Der Siebenjährige Krieg (1756 – 1763) Ein europäischer Weltkrieg im Zeitalter der Aufklärung, Berlin 2011, S. 9 – 23, hier S. 16 f.; Burkhardt, Krieg, S. 269 – 303. 533 Hofmann, Politik, S. 90 – 96, Zitat S. 93. Ähnlich auch Ssymank, Seinsheim, S. 34, 45 – 50, 54 f. 534 Berbig, Hochstift, S. 304. 535 Ssymank, Seinsheim, S. 89 – 94. 536 Auch Romberg schreibt in dieser Hinsicht von „halbwegs glimpflich überstandenen Kriegswirren“, vgl. Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 265.

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persönlichen Erfolg verbuchen, indem die Neutralitätserklärung des Reichs der Seinigen zuvorkam. Dass Seinsheim sich selbst zu den Gewinnern des Krieges zählte, darf zwar bezweifelt werden, aber als Verlierer betrachtete er sich nicht, wie aus einem Schreiben an seinen Bruder hervorgeht: „[…] obwohlen der Kriegsschaden in beiden Hochstiften über 800 000 fl hinauslaufet, es ist, wie das teutsche Sprichwort lautet, er hat zwar das bein gebrochen, es ware aber ein Glick, das es der Hals nicht gewesen ist.“⁵³⁷

537 Schreiben Adam Friedrichs an seinen Bruder Joseph Franz vom 30. Januar 1763, zitiert nach Roda, Seinsheim, S. 45.

V Fazit – Die Relevanz des Reichstags, Entscheidungsprozesse, Gesandtschaftspraxis und die Bedeutung informeller Praktiken Die Bamberger und Würzburger Fürstbischöfe maßen dem Immerwährenden Reichstag Mitte des 18. Jahrhunderts hohe Bedeutung bei, er war die wichtigste Bezugsgröße und zentrales Handlungsfeld hochstiftischer Außenbeziehungen und Reichspolitik. In einem ersten Schritt konnte bereits die Analyse des Bamberger und Würzburger Gesandtschaftswesens zeigen, dass sich die Schwerpunkte hochstiftischer Außenbeziehungen beim Fränkischen Kreiskonvent in Nürnberg und beim Reichstag in Regensburg verorten lassen. Nur dort unterhielten die Hochstifte ständige Gesandtschaften, am kaiserlichen Hof und am Reichshofrat in Wien sowie bei der römischen Kurie ließen sie sich durch Agenten vertreten. Ansonsten nutzten sie in ihrer politischen Kommunikation ad-hoc-Gesandtschaften und Korrespondenz, ständige diplomatische Vertretungen hatten sich also nur bei den wichtigen Reichsinstitutionen etabliert, wo sie quasi unverzichtbar waren. In dieser Ausprägung genügte das Gesandtschaftswesen den Ansprüchen und Anforderungen der hochstiftischen Außenbeziehungen, wobei sich diese Befunde trotz fehlender Vergleichsstudien im Wesentlichen auf die diplomatischen Strukturen geistlicher und – von den römischen Agenten einmal abgesehen – auch weltlicher Reichsterritorien vergleichbarer Größe übertragen lassen. Die erhebliche Relevanz des Reichstags für die geistlichen beziehungsweise mittleren und kleineren Reichsstände ohne ausgeprägte machtpolitische Möglichkeiten, von der die Forschung bislang ausging, konnte anhand der Bamberger und Würzburger Perspektive nachgewiesen werden. Für die beiden Hochstifte erfüllte der Reichstag ein breites Spektrum politischer Funktionen. Er diente als Repräsentationsort, an dem es galt, den eigenen verfassungsrechtlichen Rang, Status und Machtansprüche zu wahren und zu demonstrieren und als politisches Entscheidungszentrum, wo die aktive Mitwirkung an Reichsgesetzen und Beschlüssen möglich war. Eminente, nicht zu unterschätzende Bedeutung besaß der Reichstag als Nachrichtendrehscheibe, Informations- und Kommunikationsplattform: Die Reichstagsgesandtschaften stellten für die Fürstbischöfe die wichtigsten Informationsquellen zu politischen, militärischen und dynastischen Neuigkeiten und Nachrichten aus ganz Europa dar. Außerdem nutzten die Hochstifte den Reichstag als das zentrale politische Forum im Reich, um Anliegen, Standpunkte, Rechtsauffassungen und Interessen zu artikulieren, dazustellen und zu diskutieren. In der konfliktgeladenen Phase der frühen 1750er Jahre wurde der wachsende konfessionelle Gegensatz im Reich auch und gerade bei der Reichsversammlung in https://doi.org/10.1515/9783111241586-006

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der verstärkten Instrumentalisierung der religiösen Corpora und einer zunehmenden Fraktionierung im Spannungsfeld der rivalisierenden Mächte Österreich und Preußen sichtbar. Vor allem bei den geistlichen Reichsständen hinterließen die zahlreichen Angriffe auf die Reichsverfassung und das kaiserliche Ansehen einen krisenhaften Eindruck, zumal die nur wenige Jahre zurückliegenden Säkularisationspläne der Germania Sacra noch in lebhafter Erinnerung waren. Die Fürstbischöfe von Bamberg und Würzburg reagierten darauf, indem sie ihre Reichstagspolitik zunehmend untereinander koordinierten und begannen, die fragwürdige Strategie der Invisibilisierung des Corpus Catholicorum zumindest intern zu hinterfragen. Allerdings gelangte die korporative Reichstagspolitik der geistlichen Reichsstände nicht über Ansätze hinaus, da die unter den „Gutgesinnten“ vorherrschende und vom kaiserlichen Hof vertretene Auslegung der Reichsverfassung nach wie vor eine Existenz konfessioneller Corpora außerhalb der itio in partes negierte und sich auch die Bamberger und Würzburger Landesherrn dieser Maßgabe fügten. Insgesamt zählten die Hochstifte Bamberg und Würzburg in dieser Phase unter den geistlichen Reichsständen zu den aktivsten reichspolitischen Akteuren. Der Würzburger Hof zeigte erheblichen Eifer und Einsatz zur Krisenbewältigung, indem er gleich mehrere Initiativen zur Aufrechterhaltung der Reichsverfassung und zur Stärkung der kaiserlichen Autorität lancierte, die eng mit dem Wiener Hof abgestimmt waren. Auch in Bamberg wurde großer Anteil an den beim Reichstag virulenten Debatten und Themen genommen, wobei hier weniger Reichspatriotismus und Kaisertreue, sondern Eigeninteressen Priorität besaßen. Obwohl sich die Ausgangsbedingungen und Interessenlagen in beiden Hochstiften glichen, Bamberg wegen des Kreisdirektorialstreits sogar auf kaiserliche Unterstützung angewiesen war, ist hier eine deutliche Diskrepanz festzustellen, die letztlich auf die stärkeren Klientelbindungen zwischen Würzburg und Wien zurückgeführt werden kann. Dabei wurde deutlich, dass die geistlichen Reichsstände keineswegs als bedingungsund vorbehaltlose kaiserliche Parteigänger beim Reichstag agierten und ihre eigenen politischen Absichten und Ziele nicht hinter dem ihnen oft generell attestierten Reichspatriotismus zurücktraten. Während des Siebenjährigen Kriegs lässt sich ein Bedeutungswandel des Reichstags konstatieren. Auf das Kriegsgeschehen konnte die Reichsversammlung keinen nennenswerten Einfluss nehmen, ihre politischen Möglichkeiten standen hinter militärischer Macht und den Entwicklungen auf den Schlachtfeldern zurück, weshalb der Bamberger und Würzburger Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim seine politischen Ziele nicht mehr beim Reichstag, sondern beim Kaiserhof zu erreichen suchte. Allerdings behielt der Reichstag als Nachrichtendrehscheibe große Relevanz, da in Regensburg Kriegsnachrichten aus der ganzen Welt zusammenliefen und die Donaustadt einen wichtigen Schauplatz der publizistischen

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Auseinandersetzung des auch als „Medienkrieg“¹ bezeichneten Siebenjährigen Kriegs markierte. Zum Abschluss des Kriegs war es der Reichstag, der dem Reich und insbesondere dem Bamberger und Würzburger Fürstbischof seine verloren geglaubte Handlungsfähigkeit zurückgab. Gegen den Widerstand des Wiener Hofs votierten die Reichsstände für die Neutralität des Reichs, womit sie dem Frieden von Hubertusburg noch zuvorkamen. Die Analyse der hochstiftischen Reichstagspolitik während des Siebenjährigen Kriegs stellt das in der historischen Forschung lange tradierte Bild Seinsheims als blindem und ausgenutzten Unterstützer der Hofburg auf den Prüfstand. Zwar agierte der Bamberger und Würzburger Fürstbischof beim Reichstag als Klient des kaiserlichen Hofs, wobei er einige Vorteile aus seinem Klientelverhältnis erzielen konnte, seine Politik beruhte jedoch auf der festen Überzeugung, bei einem preußischen Sieg würden die geistlichen Territorien der Säkularisation zum Opfer fallen, was tatkräftigen Beistand für die kaiserliche Sache alternativlos erscheinen ließ. Als das Ende des Kriegs ohnehin absehbar war und der Druck auf Seinsheim wegen der von Preußen erzwungenen Verhandlungen über einen partikularen Neutralitätsvertrag stieg, löste er sich in einem entscheidenden Moment aus dem Schlepptau des kaiserlichen Hofs und ließ seine Reichstagsgesandten entgegen allen Mahnungen aus Wien für die Neutralität des Reichs stimmen. Mit dem Fortbestand seiner Hochstifte und dem Erhalt des nexus imperii in der Neutralitätsfrage hatte Seinsheim seine wichtigsten Ziele – nicht zuletzt dank des Reichstags – erreicht. Neue Erkenntnisse erbrachte die vorliegende Arbeit auch zu den Entscheidungsprozessen hochstiftischer Reichstagspolitik und den zugrundeliegenden Strukturen. Die Fürstbischöfe legten Wert auf eine standesgemäße Vertretung und rege Teilhabe an den Beratungen, Diskursen und Entscheidungen in Regensburg und befassten sich, bis auf eine Ausnahme, persönlich intensiv mit den reichspolitischen Fragen und Problemstellungen. Die Reichstagspolitik blieb jedoch nur im Einzelfall ihr exklusiver Arkanbereich. Die Analyse des reichstagspolitischen Entscheidungsprozesses konnte das erhebliche Gewicht des Geheimen Referendärs hinsichtlich der hochstiftischen Reichstagspolitik offenlegen. Mit der Ausleuchtung der bislang kaum betrachteten Geheimen Sphäre an der Spitze der hochstiftischen Verwaltung und den zugehörigen Entscheidungsmechanismen im Bereich der Außenbeziehungen leistet die Arbeit zugleich einen Beitrag zu einem weitgehend blinden Fleck der Behördengeschichte geistlicher Reichsstände. Der Geheime Referendär nahm als engster Vertrauter des Fürstbischofs eine Schlüsselposition an den Höfen in Bamberg und Würzburg ein, was hohe Anforderungen an seine

1 Füssel, Preis, S. 315 – 345.

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Person stellte. Seine exponierte Stellung und die Arbeitsweise der Geheimen Kanzlei ließen ihm enorme Handlungsspielräume und Einflussmöglichkeiten, mitunter agierte der Geheime Referendär als alleiniger Spiritus Rector der hochstiftischen Reichstagspolitik. Sein tatsächlicher Einfluss beziehungsweise der Anteil des Fürstbischofs hinsichtlich der Gestaltung der Reichstagspolitik hing dabei von der Persönlichkeit der jeweiligen Amtsinhaber ab. Zwar besteht zu den außenpolitischen Entscheidungsprozessen mittlerer und kleinerer Reichsterritorien noch erheblicher Forschungsbedarf, die bislang vorliegenden Arbeiten und die Befunde dieser Studie deuten jedoch darauf hin, dass der große Einfluss einzelner leitender Amtsträger und enger Vertrauter der Fürsten sowie die Existenz Geheimer Konferenzen als Strukturphänomene frühneuzeitlicher Außenbeziehungen gelten können. Maßgebliche Bedeutung innerhalb des reichstagspolitischen Entscheidungsvorgangs kam den Reichstagsgesandten zu, die keineswegs nur als Sprachrohre ihrer Prinzipale agierten. Ihre Fähigkeiten und Perzeption bestimmten ihre Berichterstattung, die wiederum die Voraussetzung und Grundlage hochstiftischer Reichstagspolitik darstellte. Darüber hinaus nahmen die Bamberger und Würzburger Reichstagsgesandten auch als Ratgeber erheblichen Einfluss auf die Gestaltung der hochstiftischen Reichstagspolitik und wirkten als Korrektiv für das politische Vorgehen und die Entscheidungen der Bischöfe. Anhand verschiedener Aspekte und Beispiele konnte die eingangs formulierte These, dass die individuellen Voraussetzungen der beteiligten Akteure die Reichstagspolitik der beiden Hochstifte entscheidend beeinflussten, bestätigt werden. Kognitive Fähigkeiten, persönliche Loyalitäten, Abhängigkeiten, Weltbilder, Denkmuster sowie Patronage- und Klientelbeziehungen wirkten sich deutlich stärker auf die hochstiftische Reichstagspolitik aus, als deren grundsätzliche Normen und Leitfaktoren, zu welchen im Wesentlichen Staatsinteresse, Konfession, Kaisertreue und Reichspatriotismus zählten. Wie das Beispiel der alternativen Sichtweise auf die zeremoniellen Konflikte zwischen dem geistlichen Reichstagsgesandten Johann Philipp von Bibra und dem Prinzipalkommissar Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis oder die Vorgänge um die Introduktion des Fürsten von Thurn und Taxis in den Reichsfürstenrat verdeutlichen, müssen zur Erklärung von politischen Entscheidungen und Phänomenen die persönlichen Motive und Motivationen, Abhängigkeiten und Interessen der handelnden Personen berücksichtigt werden, was den Nutzen einer akteurszentrierten Untersuchungsperspektive unterstreicht. Neben den Strukturen, Funktionsweisen und Inhalten der Bamberger und Würzburger Reichstagspolitik wurden auch im Ergebnisraum der Diplomatie- und Institutionengeschichte des Immerwährenden Reichstags einige Erkenntnisse erzielt. Die detaillierte Untersuchung der Gesandtschaftspraxis richtete den Blick auf das Tätigkeitsprofil und die Auswahlkriterien der Reichstagsgesandten und des

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bislang wenig beachteten subalternen Gesandtschaftspersonals. Der Posten des Reichstagsgesandten erscheint dabei keineswegs als „Abstellgleis“, vielmehr als renommiertes, begehrtes und gut bezahltes Amt, für das Eignung und Qualifikation maßgeblich waren. Mit seinen spezifischen Mechanismen, seinem komplexen Verfahren und Zeremoniell sowie den formellen und informellen Praktiken bildete der Reichstag einen „Mikrokosmos sui generis“², der in all seinen Facetten nur von einem kleinen Expertenkreis beherrscht wurde. Seine Gestalt als dauerhaft tagender Gesandtenkongress, die Existenz konkurrierender Dienstherrn, die Praxis der Mehrfachstimmführung und die oft jahrzehntelange Tätigkeit der Gesandten in Regensburg führten zu einer Professionalisierung der Gesandten, die als reichsrechtliche und reichspolitische Spezialisten zur überschaubaren Funktionselite des „Reichspersonals“³ gehörten, was ihnen enorme Handlungsspielräume, Karrierechancen und Aufstiegsmöglichkeiten eröffnete. Der Reichstagspolitik lagen grundsätzlich mehrere unterschiedliche Verhandlungs- und Aushandlungsprozesse zugrunde. Verhandelt wurde diese zwischen den Höfen, zwischen den Entscheidungsträgern am Hof, zwischen Hof und Gesandtschaft und unter den Gesandten vor Ort. Die Analyse dieser Kommunikationsprozesse zeigt die enorme Bedeutung von Vertrauen, von informellen Einflussnahmen und konkurrierenden Interessen und Abhängigkeiten. Charakteristisch für die Funktionsweise des Reichstags, aber auch des Alten Reichs war die vielfach zu beobachtende, typische Vorgehensweise bei der Konfliktbewältigung. Komplexe Streitgegenstände wurden der Öffentlichkeit in Form von Druckschriften bekannt gemacht, woraus sich eine publizistische Debatte entwickelte. Unter dem Einsatz persuasiver Kommunikationsstrategien warben die Kontrahenten um Unterstützer, ehe die Androhung oder die tatsächliche Einleitung eines Rekurses schließlich zu Vergleichsverhandlungen oder zumindest zur Einhegung des Konflikts führte. Die Etikettierung politischer Zwistigkeiten als konfessionelle Auseinandersetzungen erleichterte nicht nur die Formierung von Anhängerschaften, sondern diente letztlich auch der Verrechtlichung und im besten Fall der Beilegung von Streitigkeiten, da die Reichsverfassung in religiösen Streitfragen eine itio in partes mit einer abschließenden compositio amicabilis vorschrieb. Indem die Verfahrensweise und das Ergebnis allen Beteiligten klar absehbar vor Augen lagen, konnte diesem Schritt ohne Weiteres vorgegriffen werden. Damit erfüllte der Reichstag eine wichtige Mediationsfunktion, obwohl nur eine verschwindend geringe Zahl dieser Differenzen überhaupt offiziell zur Verhandlung und Abstimmung gelangte. Die konfessionell konnotierten Rekurse und die itio

2 Rohrschneider, Reichstag, S. 299. 3 Wendehorst – Westphal, Reichspersonal, S. 1 – 20.

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in partes sind also als informelle Mechanismen zu verstehen, die zum Funktionieren und zur Einheit des Reichs einen wesentlichen Beitrag leisteten. Überhaupt ist die hohe Bedeutung informeller Praktiken und Strukturen als konstitutives Merkmal des Reichstagsgeschehens und der Reichstagspolitik zu bezeichnen. Auf allen betrachteten Ebenen, wie den Entscheidungsvorgängen an den Höfen, der Gesandtschaftspraxis, den Verhandlungsabläufen und dem Reichstagsverfahren allgemein, lassen sich informelle Prozesse feststellen. Eine wichtige Rolle spielten dabei die Netzwerke der Reichstagsgesandten, die über deren Kommunikation zumindest partiell rekonstruiert werden konnten. Der Aufbau funktionierender Netzwerke eröffnete den Gesandten nicht nur persönliche Vorteile und Handlungsspielräume, er war wichtiger Bestandteil ihrer Gesandtschaftsaufgabe und zur Informationsbeschaffung, zum Austausch politischer Standpunkte, zur Organisation von Mehrheiten und der informellen Einflussnahme unverzichtbar. Je besser die Gesandten vernetzt waren, desto wertvoller waren sie für ihre Auftraggeber und desto größer erwies sich ihre Aussicht auf Erfolg sowie berufliche und finanzielle Unabhängigkeit. Aus der Perspektive des Wiener Hofs war die zweckgerichtete Begründung von Patronage- und Klientelverhältnissen und die Einbindung der hochstiftischen Akteure in seine Netzwerke ein äußerst wirksames Instrument zur Lenkung der Bamberger und Würzburger Reichstagspolitik, die eine nicht unerhebliche Größe im reichspolitischen Kalkül der Hofburg darstellte. Die erstmalige Untersuchung der Reichstagspolitik geistlicher Reichsfürsten unter Einbeziehung der ihr zugrundeliegenden Abhängigkeiten und Handlungsspielräume relativiert die bisher in der Forschung vorherrschende These von den geistlichen Reichsständen als treuen und loyalen Parteigängern des Reichsoberhaupts, welche aus einer verkürzenden, allein ergebnisorientierten Beurteilung geistlicher Reichstagspolitik resultierte. Die Analyse der Verhandlungsprozesse und der Funktionsweisen von Netzwerken und informellen Praktiken offenbart ein differenzierteres Bild: Obwohl die hochstiftische Reichstagspolitik prinzipiell auf einer prokaiserlichen, reichspatriotischen Grundhaltung basierte, konnte der kaiserliche Hof nicht a priori von einer bedingungslosen Unterstützung durch die Fürstbischöfe ausgehen. Zwar verfolgten der Wiener Hof und die „gutgesinnten“ Hochstifte als kaiserliche Parteigänger beim Reichstag meist konvergierende Ziele und Interessen, kaiserliche Einflussnahmen auf die Bamberger und Würzburger Reichstagspolitik waren dennoch nicht die Ausnahme, sondern gängige Praxis. Der Hofburg gelang es grundsätzlich, ihre Absichten gegenüber den Hochstiften mittels Klienten, formellen und informellen Praktiken oder nötigenfalls qua kaiserlicher Autorität durchzusetzen, doch mussten dafür bisweilen immenser Druck oder gar Zwang ausgeübt werden. Das dabei zu beobachtende, routinierte Vorgehen erscheint in Gestalt eines Mehrebenensystems, was zu seinem Erfolg beitrug. Obwohl sich die Autonomie

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hochstiftischer Reichstagspolitik auf die von Wien vorgegebenen Spielräume beschränkte, vermochten die Bamberger und Würzburger Entscheidungsträger doch hin und wieder eigene Akzente zu setzen und konträre reichspolitische Positionen, wenn auch nicht in letzter Instanz zu behaupten, so doch zumindest zu artikulieren. Nur im seltenen Ausnahmefall widersetzten sich die Fürstbischöfe gänzlich dem kaiserlichen Willen, wie die Vorgänge um die Neutralitätserklärung des Reichs am Ende des Siebenjährigen Kriegs demonstrieren. Hier knüpft die Studie an die jüngeren Forschungsergebnisse Michael Rohrschneiders zur Parteibildungspolitik des Wiener Hofs an und erweitert diese, indem sie die Funktionsweise der österreichischen Partei aus der Sicht zweier Exponenten der „Gutgesinnten“ beschreibt. Obwohl sich die Parteien aufgrund grundsätzlich übereinstimmender reichspolitischer Interessen konstituierten, variierten die Intentionen des Wiener Hofs und die Zielvorstellungen seiner Anhängerschaft hinsichtlich der in Regensburg verhandelten Beratungsgegenstände durchaus. Die zahlreichen kaiserlichen Einflussnahmen auf die hochstiftische Reichstagspolitik legen nahe, dass das Abstimmungsverhalten der „Gutgesinnten“ nicht zwangsläufig infolge der grundlegenden Interessenkonvergenzen, sondern ebenso durch zielgerichtete Interventionen der österreichischen Akteure zustande kam. Zwar konnte ein tiefgehender Einblick in die Strukturen, Funktionsweisen und Inhalte der Reichstagspolitik geistlicher Reichsfürsten am Beispiel der Hochstifte Bamberg und Würzburg für die Mitte des 18. Jahrhunderts gegeben werden, die knapp 17 Jahre des behandelten Untersuchungszeitraums markieren jedoch nur einen geringen Abschnitt in der über 140-jährigen Geschichte des Immerwährenden Reichstags. Um die eingangs beschriebene Forschungslücke zur Reichstagspolitik geistlicher Reichsstände zu schließen, besteht also weiterhin erheblicher Forschungsbedarf. Wenngleich davon auszugehen ist, dass ein großer Teil der erzielten Ergebnisse auch auf andere geistliche Reichsterritorien übertragen werden kann, können dies letztlich erst künftige Vergleichsstudien belegen. Hier müssten die geistlichen Kurfürstentümer, weitere Hochstifte, aber auch die Fürstabteien in den Fokus genommen werden. Gleiches gilt für die ebenso noch zu wenig erforschte Reichstagspolitik der kleineren und mittleren weltlichen Reichsterritorien. Zudem war Reichstagspolitik nur ein Teil der Reichspolitik, auch die Reichskreise stellten eine wichtige reichspolitische Arena dar. Gerade das in dieser Arbeit nur immer wieder punktuell aufscheinende Zusammenspiel von Reichstags- und Kreispolitik ist als Desiderat zu nennen,⁴ wobei auch die Einbeziehung der Netzwerke und

4 Eine der wenigen Arbeiten zu diesem kaum behandelten Themenkomplex: Fabian Schulze, Reziprokes Agenda Setting? Kooperationsformen zwischen Kreistagen und Immerwährendem Reichstag auf den Gebieten des Münzwesens und der „securitas publica“ 1663 – 1683, in: Harriet

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Verflechtungen der kaiserlichen bevollmächtigten Minister bei den Reichskreisen lohnenswert erscheint. An fehlendem Quellenmaterial würden entsprechende Studien nicht scheitern.

Rudolph – Astrid von Schlachta (Hg.), Reichsstadt – Reich – Europa. Neue Perspektiven auf den Immerwährenden Reichstag zu Regensburg (1663 – 1806), Regensburg 2015, S. 153 – 177.

VI Anhang 1 Übersicht über die hochstiftischen Gesandten beim Immerwährenden Reichstag Die Liste der Gesandten folgt in erster Linie dem Verzeichnis Christian Gottfried Oertels aus dem Jahr 1760, ergänzend wurden die Aufzeichnungen über die erfolgten Legitimationen beim Kurmainzer Reichstagsdirektorium, die Überblicksdarstellungen zu den Bamberger und Würzburger Bischöfen und ein unvollständiges Verzeichnis der Würzburger Reichstagsgesandten aus der Archivaliensammlung des Historischen Vereins im Würzburger Staatsarchiv herangezogen.¹

1.1 Die Bamberger Reichstagsgesandten Peter Philipp von Dernbach (1663) (*1619, †1683): Studium in Würzburg und Rom, Domkapitular in Bamberg und Würzburg, Bamberger Hofrat und Kreisgesandter, 1651 zum Viztum in Kärnten ernannt. Nach Oertel legitimierte sich Dernbach am 18. Januar 1663 als Bamberger Reichstagsgesandter, Weiß nennt an seiner Stelle den Dompropst Franz Konrad von Stadion als Reichstagsgesandten. 1672 Bamberger Fürstbischof, 1675 Würzburger Fürstbischof.² Franz Konrad von Stadion (1663) (*1615, †1685): Bamberger und Würzburger Dompropst, Propst von St. Gangolf in Bamberg, Würzburger Domkustos, Kurmainzer und Würzburger Geheimer Rat. Am 18. Januar 1663 als Würzburger Reichstagsgesandter legitimiert, führte er laut Weiß auch das Bamberger Votum. Während seiner häufigen Abwesenheiten vertrat ihn der Mainzer Rat Johann Franz Hettinger.³

1 StAWü, HV Ms. f. 1575. 2 Oertel, Verzeichniß, S. 46; Ludwig Bittner u. a. (Hg.), Repertorium der diplomatischen Vertreter aller Länder seit dem Westfälischen Frieden (1648). Bd. 1 (1648 – 1715), Oldenburg, Berlin 1936, S. 10; Weiß, Bamberger Bischöfe 1522 – 1693, S. 526 – 570; Humphreys, Kreistag, S. 441; Romberg, Würzburger Bischöfe 1617– 1684, S. 463 – 531. 3 Oertel, Verzeichniß, S. 48; Amrhein, Reihenfolge, S. 59 f.; Friedrich Wachter, General-PersonalSchematismus der Erzdiözese Bamberg 1007– 1907, Bamberg 1908, S. 480; Weiß, Bamberger Bischöfe 1522 – 1693, S. 44. Zu Hettinger siehe Georg Mentz, Johann Phillip von Schönborn. Kurfürst von https://doi.org/10.1515/9783111241586-007

1 Übersicht über die hochstiftischen Gesandten beim Immerwährenden Reichstag

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Johann Adam von Sengelau (1663 oder 1665 – 1670) (†1670): Studium in Würzburg, Dr. jur., Bamberger, lobkowitzischer und kaiserlicher Rat, schwarzenbergischer Kanzleidirektor, Gesandter beim Fränkischen Kreis, Bamberger Vizekanzler, 1660 in den Adelsstand erhoben. Reichstagsgesandter für Bamberg, Brixen, Konstanz, Paderborn und Trient.⁴ Johann Hermann Maystetter (1670 – 1672) Lic. jur., Bamberger und Würzburger Geheimer Rat und Kreisgesandter. Enger Ratgeber des Bamberger und Würzburger Fürstbischofs Peter Philipp von Dernbach, nach dessen Tod vom Domkapitel entlassen und vorübergehend inhaftiert. Reichstagsgesandter für Bamberg, Brixen und Trient, aus Kostengründen im Dezember 1672 vom Reichstag abberufen. Wirkte später als Reichshofrat, deputierter Rat des Mainzer Kurfürsten, kaiserlicher Gesandter und Münzkommissar.⁵ Johann Nikolaus (Niklas) Vetterl von Wildenbrunn (1673 – 1676) Dr. jur., Regensburger Geheimer Rat und Kanzler, Standeserhebung 1662. Führte unter anderem die Stimmen der Hochstifte Bamberg, Eichstätt, Freising, Konstanz, Paderborn, Regensburg und Würzburg sowie die Voten Baden-Badens, des Deutschen Ordens, des Johannitermeisters, der Fürsten von Schwarzenberg und Hohenzollern.⁶ Johann Georg von Neuhoff (1676–?) (†1683): Dr. jur., Bamberger Rat und Kanzler in Kärnten, Diplomat des Bamberger und Würzburger Fürstbischofs Peter Philipp von Dernbach. 1681 zum Reichshofrat ernannt, diente er dem Hochstift weiterhin als Diplomat beim Frankfurter Deputationstag und in Wien.⁷

Mainz, Bischof von Würzburg und Worms 1605 – 1673. Zweiter Teil, Jena 1899, S. 46, 48 – 50, 298; Romberg, Würzburger Bischöfe 1617– 1684, S. 439. 4 AVA, Adel, RAA 391.26; Oertel, Verzeichniß, S. 46, 56, 60, 66, 67; Weiß, Bamberger Bischöfe 1522 – 1693, S. 44, 506, 635; Humphreys, Kreistag, S. 478. 5 Oertel, Verzeichniß, S. 46, 66 f.; Gschließer, Reichshofrat, S. 312 f.; Weiß, Bamberger Bischöfe 1522 – 1693, S. 528, 534, 572 f., 575; Humphreys, Kreistag, S. 462; Romberg, Würzburger Bischöfe 1617– 1684, S. 509, 511, 538. 6 AVA, Adel, RAA 436.60; Oertel, Verzeichniß, S. 44, 46, 48, 52, 56, 60 – 62, 77, 116, 132, 140 f.; Berbig, Hochstift, S. 276, 278 f.; Weiß, Bamberger Bischöfe 1522 – 1693, S. 534; Hausberger, Regensburg, S. 74, 112. 7 Karlmann Tangl, Beiträge zur Geschichte der Bergwerke im Lavanttahle IV, in: Österreichische Zeitschrift für Geschichts- und Staatskunde 49 (1837), S. 194 – 195; Bittner – Groß (Hg.), Repertorium,

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VI Anhang

Johann Adam von Sauer zum Schreyerhof (1681 – 1697) (†1697): Salzburger Hofrat, Teil einer Reichstagsgesandtendynastie (Vater Franz Melchior, Bruder Franz Lorenz und Sohn Johann Joseph waren allesamt Reichstagsgesandten). Vertrat die Hochstifte Augsburg, Bamberg, Brixen, Eichstätt, Konstanz, Passau, Trient und Würzburg, die Fürstpropstei Ellwangen, Baden-Baden, Sachsen-Lauenburg, die Häuser Eggenberg, Nassau-Hadamar und Salm sowie die Schwäbische Grafenbank.⁸ Christoph Heinrich Zeller von Ettmannsdorf (1698 – 1717) (†1728): Kurpfälzer Geheimer Rat und Manufakturinspektor, 1708 Hofmeister des Pfalz-Sulzbacher Erbprinzen Joseph Karl. Übernahm 1697 zunächst die Reichstagsgesandtschaft Baden-Badens und im Jahr darauf die Vertretung des Bamberger Votums. In den folgenden Jahren kamen die Voten Nomenys, des fürstlichen Hauses Lobkowitz, Fuldas und Leuchtenbergs dazu, ehe ihm 1717 die Reichstagsgesandtschaft der Kurpfalz und Pfalz-Lauterns übertragen wurde. Ab 1720 führte er auch die Kurtrierer Stimme.⁹ Georg Karl Karg von Bebenburg (1717 – 1746) (*1686, †1747): Lic. jur., Bamberger Geheimer Rat und Kämmerer. Georg Karl Karg von Bebenburg entstammte einer Bamberger Beamtenfamilie. Sein Vater und sein Bruder standen beide als Vizekanzler und Kanzler in Diensten der Bamberger Fürstbischöfe. Georg Karl legitimierte sich am 24. September 1717 als Komitialgesandter für Bamberg und Corvey.Vertrat anschließend noch Kurtrier, Baden-Baden, Fulda, die Fürsten von Lobkowitz, Passau, Speyer, Straßburg und Worms beim Reichstag. Er begründete eine Gesandtendynastie: Sein Sohn Friedrich Karl übertraf die zahlreichen Voten seines Vaters sogar noch und auch sein Enkel Max Joseph

S. 9 – 11; Gschließer, Reichshofrat, S. 309; Berbig, Hochstift, S. 14 – 17, 109, 282; Romberg, Würzburger Bischöfe 1617– 1684, S. 509. 8 Oertel, Verzeichniß, S. 46, 49, 53, 56 f., 64, 66 f., 76, 116, 118, 133, 135 f, 152; Fürnrohr, Gesandtennepotismus, S. 165; Romberg, Würzburger Bischöfe 1617– 1684, S. 549. 9 Oertel,Verzeichniß, S. 19, 35, 46, 74, 86, 116, 123, 130, 134; Alfred Tausendpfund, Die Manufaktur im Fürstentum Neuburg. Studien zur Sozial- und Wirtschaftsgeschichte unter besonderer Berücksichtigung der großbetrieblichen Entwicklung im Zeitalter des Merkantilismus (Nürnberger Werkstücke zur Stadt- und Landesgeschichte, 16), Nürnberg 1975, S. 118 f., 207; Beate Spiegel, Adliger Alltag auf dem Land. Eine Hofmarksherrin, ihre Familie und ihre Untertanen in Tutzing um 1740 (Münchner Beiträge zur Volkskunde, 18), Münster u. a. 1997, S. 61.

1 Übersicht über die hochstiftischen Gesandten beim Immerwährenden Reichstag

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führte die Stimmen von über zehn Reichsständen, womit die Familie Karg von Bebenburg über 80 Jahre ununterbrochen Reichstagspolitik betrieb.¹⁰ Johann Philipp Karl Joseph von Bibra (1746 – 1754/1758) Siehe Kap. III.3.3.1. Johann Georg Franz Sigmund von Stingelheim (1751 – 1753) Siehe Kap. III.3.3.4. Heinrich Joseph von Schneidt (1754 – 1786) Siehe Kap. III.3.3.3. Egid Valentin von Borié (1786 – 1793) Siehe Kap. III.3.2.4. Johann Sebastian von Zillerberg (1794 – 1795) (*1723, †1807): Salzburger und kaiserlicher Geheimer Rat. Nach seinem philosophischen und juristischen Studium in Ingolstadt folgten zunächst Praktikumsstationen am Reichskammergericht und am Reichshofrat. Anschließend wirkte Zillerberg als kurbayerischer Regimentsrat in Landshut, ehe er ab 1764 als Assessor des Bayerischen Reichskreises, später als kurbayerischer Beisitzer am Reichskammergericht tätig war. 1777 wechselte er als salzburgischer Direktorialgesandter nach Regensburg, wo er auch die Stimmen von Basel, des Johanniterordens und der schwäbischen Grafen führte. Nach dem Tod Boriés vertrat er interimsweise das österreichische Votum und 1794 bis 1795 ebenfalls interimsweise die Bamberger und Würzburger Gesandtschaft.¹¹

10 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1791, Prod. 95: Ernennungsdekret (Abschrift), Bamberg 7. Februar 1717; Oertel,Verzeichniß, S. 19 f., 47, 51, 54 f., 65, 74, 81 f., 117, 134; Roth, Geschichte, S. 94 – 98; Fürnrohr, Gesandtennepotismus, S. 167; Weiß, Bamberger Bischöfe 1693 – 1802, S. 449 – 451; Rohrschneider, Friedrich Karl; Rohrschneider, Karg von Bebenburg. 11 HHStA, RK, Reichstagsakten 414, Bl. 197, 200 – 202: Legitimationen Zillerbergs bei der kurmainzischen Direktorialkanzlei; Robert Landauer, Beiträge zur Salzburger Familiengeschichte. 16. Zillner von Zillerberg, in: MGSL 71 (1931), S. 99 – 101, hier S. 100; Fürnrohr, Parlament, S. 248; Winter (Hg.), Repertorium der diplomatischen Vertreter aller Länder seit dem Westfälischen Frieden (1648), S. 15, 485; Jahns, Reichskammergericht II/2, S. 847– 861.

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VI Anhang

Otto Philipp Groß von Trockau (1795 – 1803) (*1761, †1831): Nach seinem Studium in Würzburg und Göttingen absolvierte Otto Philipp Groß von Trockau seine reichsrechtliche Peregrinatio academica,¹² die ihn für ein halbjähriges Praktikum am Reichskammergericht nach Wetzlar und wohl auch nach Regensburg führte und ihn für die Übernahme politischer Spitzenpositionen qualifizierte. Er war Bamberger und Würzburger Domherr und Geheimer Rat und wurde 1795 zum Präsidenten der weltlichen Regierung des Hochstifts Würzburg ernannt. Im selben Jahr legitimierte er sich am 22. Mai 1795 als letzter Bamberger und Würzburger Reichstagsgesandter und behielt diese Posten, bis er sie im Zuge der Säkularisation der Hochstifte zum 1. Januar 1803 aufgeben musste.¹³ Aloys Franz Xaver von Rechberg und Rothenlöwen (1803 – 1806) (*1766, †1849): Nach seiner Ausbildung in der Salzburger und Münchner Pagerie legte er 1787 sein Hofratsexamen ab. 1795 zum Reichstagsgesandten Pfalz-Zweibrückens ernannt, wirkte er anschließend als Diplomat beim Rastatter Kongress, in St. Petersburg und Berlin. 1803 bis 1806 war er als bayerischer Reichstagsgesandter auch für die bis 1806 in Regensburg verbliebenen Gesandtschaften der säkularisierten Hochstifte zuständig. Später folgten weitere Einsätze als Diplomat in Tirol, Bayreuth, Wien, Paris und Mailand, ehe er 1817 als bayerischer Außenminister den Höhepunkt seiner Karriere erreichte.¹⁴

1.2 Die Würzburger Reichstagsgesandten Franz Konrad von Stadion (1663) Siehe Kap. VI.1.1. Johann Nikolaus (Niklas) Vetterl von Wildenbrunn (1673 – 1680) Siehe Kap. VI.1.1.

12 Burgdorf, Peregrinatio. 13 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1806, Prod. 286 u. 287: Geheimratsdekret und Dekret zur Ernennung zum Bamberger Reichstagsgesandten (Abschriften), Bamberg 6. Mai 1795; HHStA, RK, Reichstagsakten 414, Bl. 204 – 205: Legitimationen Trockaus bei der kurmainzischen Direktorialkanzlei; Amrhein, Reihenfolge, S. 308; Wachter, Schematismus, S. 168 f.; Link, Reichspolitik, S. 82 – 84, 402 – 404; Romberg, Würzburger Bischöfe 1746 – 1802, S. 419. 14 Wolfgang Burgdorf, Rechberg und Rothenlöwen, Aloys Franz Xaver, in: Hans Günter Hockerts (Hg.), Neue deutsche Biographie. Bd. 21, Berlin 2003, S. 229 – 230.

1 Übersicht über die hochstiftischen Gesandten beim Immerwährenden Reichstag

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Johann Adam von Sauer zum Schreyerhof (1681 – 1697) Siehe Kap. VI.1.1. Johann Ludwig Ungelter von Deisenhausen (Theissenhausen) (1698 – 1700) (*1650, †1716): Regensburger und Augsburger Domkapitular und Dompropst, Regensburger Gesandter beim Bayerischen Reichskreis. Am 10. Dezember 1685 legitimierte sich Johann Ludwig Ungelter von Deisenhausen zunächst als Reichstagsgesandter für das Hochstift Regensburg. Anschließend vertrat er mit Kurköln, Freising, Lüttich und Berchtesgaden auch die übrigen Territorien seines Dienstherrn Joseph Clemens von Bayern sowie die Hochstifte Augsburg und Würzburg beim Reichstag. Im April 1702 verließ er Regensburg.¹⁵ Joseph Anton Eusebius von der Halden (1700 – 1704) (*1664, †1728): Geheimer Rat zu Freising, Salzburg und Worms, führte die Voten der Bischöfe von Freising, Salzburg, Würzburg, Worms, der Fürstpropstei Ellwangen, der Häuser Auersberg und Hohenzollern sowie der schwäbischen Prälaten. Nach Zedlers Lexikon substituierte er 1704 seinen Neffen Joseph Leonhard von der Halden mit der Vertretung seiner Gesandtschaften und diente als Freisinger Hauptmann der Herrschaft Bischoflack in Krain. 1713 wurde er zum Salzburger Kämmerer und Direktorialgesandten beim Reichstag ernannt und kehrte für zwei Jahre nach Regensburg zurück, ehe er 1715 als Vizehofmarschall und Hofratsvizepräsident nach Salzburg ging.¹⁶ Joseph Leonhard Hieronymus von der Halden (1704 – 1742) (†1742): Studium an der Universität Ingolstadt, Würzburger Geheimer Rat und Amtmann zu Trimberg. Er übernahm 1702 zunächst die Osnabrücker Reichstagsgesandtschaft von seinem Vater Franz Rudolf von der Halden. Von seinem Onkel

15 BZAR, BDK 13552: Adam Ernst von Bernclau, Episcopatus Ratisbonensis […], o.D., S. 430; Oertel, Verzeichniß, S. 21, 49, 58, 61, 63, 71, 78; Tenter, Diplomatie, S. 161; Joachim Seiler, Das Augsburger Domkapitel vom dreißigjährigen Krieg bis zur Säkularisation (1648 – 1802). Studien zur Geschichte seiner Verfassung und seiner Mitglieder (Münchener theologische Studien, 29), St. Ottilien 1989, S. 878 f.; Peter Claus Hartmann, Der Bayerische Reichskreis (1500 bis 1803). Strukturen, Geschichte und Bedeutung im Rahmen der Kreisverfassung und der allgemeinen institutionellen Entwicklung des Heiligen Römischen Reiches (Schriften zur Verfassungsgeschichte, 52), Berlin 1997, S. 245. 16 Johann Heinrich Zedler, Grosses vollständiges Universal-Lexicon aller Wissenschafften und Künste […]. Bd. 12, Halle u. a. 1735, Sp. 240; Oertel, Verzeichniß, S. 43, 49, 51, 61, 76, 132, 137, 145; SLA, Frank Beamtenkartei, Josef Anton Eusebius von der Halden; Fürnrohr, Gesandtennepotismus, S. 169.

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VI Anhang

wurde er 1704 zur Führung weiterer Voten substituiert, worunter auch die Würzburger Gesandtschaft fiel, welche er knapp 38 Jahre versehen sollte. Außerdem wirkte er als Reichstagsgesandter für die Hochstifte Freising, Konstanz und Passau, das Haus Auersberg und die schwäbischen Prälaten.¹⁷ Johann Philipp Karl Joseph von Bibra (1742 – 1751) Siehe Kap. III.3.3.1. Johann Philipp Karl Anton von Fechenbach zu Laudenbach (1751 – 1779) Siehe Kap. III.3.3.2. Joseph Gottfried von Saurau (1753, 1761) Siehe Kap. III.3.3.5. Heinrich Joseph von Schneidt (1754 – 1755) Siehe Kap. III.3.3.3. Egid Valentin von Borié (1779 – 1793) Siehe Kap. III.3.2.4. Johann Sebastian von Zillerberg (1794 – 1795) Siehe Kap. VI.1.1. Otto Philipp Groß von Trockau (1795 – 1803) Siehe Kap. VI.1.1. Aloys Franz Xaver von Rechberg und Rothenlöwen (1803 – 1806) Siehe Kap. VI.1.1.

17 StAWü, Reichswesen 795: Dekret des Würzburger Fürstbischofs Johann Philipp Franz von Schönborn über die Ernennung von der Haldens zum Geheimen Rat (Konzept), Würzburg 1. November 1719; Joseph Leonhard Hieronymus von Halden, Corpus Humanum Sive Disputatio Physica de Fabrica, Nutritione, et Vita Partium corporis humani. Diss., Ingolstadt 1696; StAWü, Reichswesen 797: Vollmacht für den Reichstagsgesandten von der Halden (Konzept), Würzburg 22. Mai 1729; Oertel, Verzeichniß, S. 49, 57, 61, 65, 70, 137 f., 145; Fürnrohr, Gesandtennepotismus, S. 169.

2 Übersicht über das Gesandtschaftspersonal 1746 bis 1763

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2 Übersicht über das Gesandtschaftspersonal 1746 bis 1763 Trotz erheblichen Rechercheaufwands blieben die Biogramme des Gesandtschaftspersonals zum Teil sehr rudimentär. Gerade hinsichtlich der Würzburger Reichstagsgesandtschaft ist dies auch auf kriegsbedingte Überlieferungslücken zurückzuführen.¹⁸

2.1 Die Sekretäre Hieronymus Carl Kaufmann (*1691, †1752): Bereits Kaufmanns Vater stand als Hofrat in Bamberger Diensten. Aufgrund seiner guten Studienleistungen an der Bamberger Universität wurde Hieronymus Carl Kaufmann am 14. März 1722 die Stelle des Legationssekretärs bei der Bamberger Reichstagsgesandtschaft in Aussicht gestellt. Bereits im Herbst 1722 wurde der offenbar mittlerweile zum Rat ernannte Kaufmann dem gesundheitlich angeschlagenen Sekretär Wolf Eberhard Rösch zur Seite gestellt. Im Juni 1723 übernahm er die Aufgaben Röschs, dessen Tochter er am 4. Februar 1723 geheiratet hatte. Wie sein Vorgänger und sein Nachfolger war auch Kaufmann als Gesandtschaftssekretär für das Hochstift Brixen tätig. Als Kaufmann im 61. Lebensjahr am 12. Oktober 1752 an den Folgen eines Schlaganfalls verstarb, hinterließ er neben seiner Witwe noch drei unversorgte Kinder und Schulden in Höhe von 1 500 Gulden. Am 14. Oktober 1752 wurde er in der Kirche der Konventualen beigesetzt.¹⁹ Johann Georg Joseph Vollerth (*ca. 1717, †1803): Lic. jur., Bamberger Hofrat. Nach seinem Studium in Würzburg arbeitete Vollerth zunächst als Sekretär des Bamberger Obermarschalls und Reichstagsgesandten Johann Philipp von Bibra. Am 29. Oktober 1752 wurde er zum

18 Die Akte mit dem vielversprechenden Titel „Aufstellung, Besoldung, Beförderung des würzburgischen Gesandtschaftspersonals bei dem Reichstag zu Regensburg“ unter der Signatur Admin. 89/565 ist 1945 verbrannt. 19 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1792, Prod. 12: Dekret über die Expektanz auf die Stelle des Legationssekretärs (Abschrift), Mainz 14. März 1722; Prod. 83: Legitimationsdekret (Abschrift), Bamberg 1. Dezember 1722; StABa, HStB, Geheime Kanzlei 421: Berichte Stingelheims an Franckenstein, Regensburg 2. und 17. Oktober 1752; Berichte des Legationskanzlisten Pfister an Franckenstein, Regensburg 3. und 12. Oktober 1752; Schreiben Maria Anna Kaufmanns an Franckenstein, Regensburg 9. Oktober 1752; BZAR, Sammlung von Matrikeln, Regensburg-St. Ulrich, Bd. 6, S. 218; StadtABa, D 1008, Röttinger-Kartei, Johann Lorenz Kaufmann; BZAR, Sammlung von Matrikeln, Regensburg-St. Ulrich, Bd. 8, S. 191; Spörlein (Hg.), Matrikel, S. 361.

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VI Anhang

Nachfolger des verstorbenen Legationssekretärs Kaufmann ernannt. Sein Sohn, Dr. jur. Georg Anton Vollerth, wurde ihm 1783 als zweiter Sekretär zur Seite gestellt. Anfang Dezember 1803 verstarb Vollerth im Alter von 86 Jahren und wurde am 5. Dezember in der Dompfarrei St. Ulrich in Regensburg beigesetzt.²⁰ Johann Jakob Schusmann (*ca. 1688, †1769): Johann Jakob Schusmann war seit 1734 Legationssekretär der Würzburger Reichstagsgesandtschaft. Auch wenn er noch 1767 als Sekretär aufgeführt wurde, trat er nach der Ernennung Georg Joseph Nikolaus Marckloffs 1751 nicht mehr in Erscheinung. Schusmann, der bei seinem Tod auch als Kastner des Klosters Walderbach am Regen bezeichnet wurde, starb im Alter von 81 Jahren an einem Schlaganfall und wurde am 21. Oktober 1769 in der Regensburger Pfarrei St. Ulrich beigesetzt.²¹ Georg Joseph Nikolaus (Niklas) Marckloff (*ca. 1726, †1802): Über Marckloffs Herkunft und seinen Werdegang bis zu seinem Dienstantritt in Regensburg liegen keine gesicherten Informationen vor. Da die Mehrzahl seiner Erben bei seinem Tod links des Rheins verortet wurde, könnte Marckloff ursprünglich aus der Region Mainz gestammt haben. Im Studierendenverzeichnis der Universität Mainz sind einige Personen seines Nachnamens aufgeführt, er selbst ist darunter jedoch nicht eindeutig zu identifizieren. Seit 1751 wirkte Marckloff als Sekretär der Würzburger, später auch der Fuldaer Reichstagsgesandtschaft. 1758 wurde er zum Würzburger Titularhofrat ernannt. Seine langjährige Erfahrung und seine juristischen Fähigkeiten kamen der Würzburger Reichstagsgesandtschaft fast ein halbes Jahrhundert zugute. Aufgrund seiner fortschreitenden Erblindung bat er 1798 um einen Adjunkten. Am 9. April 1802 starb Marckloff in seinem 77. Lebensjahr an den Folgen einer Gallenkolik.²²

20 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1797, Prod. 222: Dekret für Georg Joseph Vollerth (Abschrift), Kronach 29. Oktober 1752; StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1805, Prod. 9: Dekret für Georg Anton Vollerth (Abschrift), Bamberg 22. Juli 1783; Merkle (Hg.), Die Matrikel der Universität Würzburg, S. 608; Kurfürstlich-Erzkanzlerisches Regierungs- und Intelligenzblatt, Regensburg 1803, o.S. 21 BZAR, Sammlung von Matrikeln, Regensburg-St. Ulrich, Bd. 9, o.S.; Oertel, Neues Reichs-TagsDiarium, S. 14. 22 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2156, Bl. 209: Dank Marckloffs an Fechenbach für das Titularhofratsdekret, Regensburg 18. November 1758; StAWü, Reichswesen 287; StAWü, Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 174 I: Berichte des Legationskanzlisten Jacob Joseph Nerl (Konzepte), Regensburg 8., 9. und 10. April 1802; Reichs-Convent, o.S.; Verzeichnis, S. 548 f.; Link, Reichspolitik, S. 165 f., 346.

2 Übersicht über das Gesandtschaftspersonal 1746 bis 1763

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2.2 Die Kanzlisten Johann Georg Sebastian Pfister (*ca. 1706, †1761): Johann Georg Sebastian Pfister heiratete wohl am 13. Juli 1728 in Regensburg Anna Barbara Meyer, die Tochter des Leibkutschers des Konstanzer Fürstbischofs. Als zwei Jahre später sein einjähriger Sohn beerdigt wurde, wird er als Schreiber bei der Reichstagsgesandtschaft des Deutschen Ordens bezeichnet. Ende Juli 1739 hatte er sich als Legationskanzlist der Passauer Reichstagsgesandtschaft beim Würzburger Reichstagsgesandten von der Halden erfolgreich auf die vakante und lukrativere Würzburger Kanzlistenstelle beworben. Obwohl der Passauer Gesandte Pfister wegen seines „unermüdeten fleiß[es] in seiner arbeit, als getragener genauer obsorg die acta in completen stand zu erhalten“ gerne in Passauer Diensten behalten hätte, musste er zugeben, dass dieser schlechter „als jeder laquais“ bezahlt worden sei.²³ Da die Bamberger Reichstagsgesandtschaft bei Dienstantritt des Gesandten Johann Philipp von Bibra 1746 über keinen eigenen Kanzlisten verfügte, wurde Pfister auf Betreiben Bibras auch zum Bamberger Legationskanzlisten ernannt. 1752 hatte sich Pfister vergeblich für die Stelle des Bamberger Legationssekretärs ins Spiel gebracht. Nach langer Krankheit verstarb Pfister am 16. Juni 1761 im Alter von 55 Jahren. Einen Tag später wurde er in der Dompfarrei St. Ulrich beerdigt. Da seine Frau und sein Sohn in prekären Verhältnissen lebten, hatte sein Nachfolger Johann Jacob Nerl die Hälfte seines Einkommens an Pfisters Familie abzugeben.²⁴ Johann Jacob Nerl (*ca. 1732, †1777): Nachdem Nerl zunächst als Kanzleiadjunkt bei der Würzburger Reichstagsgesandtschaft tätig gewesen war, rückte er nach dem Tod Pfisters zum Bamberger und Würzburger Legationskanzlisten auf. Die Hälfte seines Gehalts

23 StAWü, Adelsarchiv Fechenbach 2199, Bl. 364r.–365v.: Bericht des Passauer Reichstagsgesandten an den Passauer Fürstbischof (Konzept), Regensburg 2. August 1739. 24 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 396: Bericht Bibras, Regensburg 13. Oktober 1746; StABa, HStB, NverzA 4647: Postskriptum Franckensteins an Bibra, Bamberg 18. Oktober 1746; StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1797, Prod. 93: Ernennungsdekret (Abschrift), Vilseck 11. Juni 1750; StABa, HStB, Geheime Kanzlei 421: Bericht Pfisters an Franckenstein, Regensburg 3. Oktober 1752; StABa, HStB, Geheime Kanzlei 454: Bericht Schneidts an Seinsheim, Regensburg 18. Juni 1761; StABa, HStB, NverzA 4651: Weisung Seinsheims an Schneidt mit beiliegender Abschrift des Ernennungsdekrets, Schloss Seehof 20. Juni 1761; BZAR, Sammlung von Matrikeln, Regensburg-St. Rupert, Bd. 28, S. 65; BZAR, Sammlung von Matrikeln, Regensburg-St. Ulrich, Bd. 9, o.S.; BZAR, Sammlung von Matrikeln, Regensburg-St. Rupert, Bd. 35, S. 83; Christian Gottfried Oertel, Reichs-Tags-Diarium. Bd. 5, Regensburg 1761, S. 229.

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VI Anhang

hatte er auf fürstbischöflichen Befehl der verarmten Familie seines Vorgängers abzugeben. Nerl starb im Alter von 45 Jahren in Regensburg und wurde am 13. September 1777 in der Stadtpfarrei St. Ruprecht begraben. Sein Sohn Jacob Joseph Nerl übernahm um 1795 die Kanzlistenstelle der Würzburger Reichstagsgesandtschaft und wurde nach dem Tod des Würzburger Legationssekretärs Marckloff zu dessen Nachfolger ernannt.²⁵

25 StABa, HStB, Geheime Kanzlei 1800, Prod. 142: Ernennungsdekret (Abschrift), Schloss Seehof 20. Juni 1761; BZAR, Sammlung von Matrikeln, Regensburg-St. Rupert, Bd. 36, S. 141; Regensburgisches Diarium oder wöchentliche Frag- und Anzeige-Nachrichten […], Regensburg 1777, S. 291; StAWü, Großherzogtum Würzburg, Geheimer Staatsrat 2: Schreiben Jacob Joseph Nerls, Regensburg 5. Februar 1806.

3 Statistik der an die Gesandtschaften erteilten Weisungen

361

3 Statistik der an die Gesandtschaften erteilten Weisungen

Weisungen 80 70 60 50 40 30 20 10 0

Bamberger Weisungen

Würzburger Weisungen

Abb. 1: Zahl der jährlichen Weisungen an die Bamberger und die Würzburger Reichstagsgesandtschaft im Untersuchungszeitraum.

In die Statistik flossen alle offiziellen, also die im Namen des jeweiligen Fürstbischofs oder Domkapitels von der Geheimen Kanzlei expedierten Weisungen ein. Auch die 1751 bis Mitte 1755 kommentierten und wieder nach Regensburg geschickten Würzburger Gesandtschaftsberichte wurden berücksichtigt, da hierbei mehrere Berichte gesammelt behandelt worden waren, wurden diese hier auch nicht einzeln gezählt. Nicht aufgenommen wurden Postskripta, reine Dank- oder Glückwunschschreiben und Weisungen, die von den Geheimen Referendären oder anderen Personen unterzeichnet wurden. Als problematisch erweist sich die informelle Korrespondenz zwischen dem Würzburger Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim und seinem Reichstagsgesandten Johann Philipp von Fechenbach. Da Seinsheim seinen Vetter per eigenhändigen Handschreiben instruierte, sank die Zahl der Weisungen erheblich, was die Aussagekraft der Statistik der Würzburger Weisungen ab 1755 deutlich begrenzt. Die außergewöhnlich hohe Zahl von Weisungen an die Bamberger Gesandtschaft 1754 ist mit den Verhandlungen zur Beilegung des Kreisdirektorialstreits zu begründen und schlägt sich auch bei der größeren Anzahl der Berichte nieder.

362

VI Anhang

4 Statistik der Gesandtschaftsberichte

Berichte 140 120 100 80 60 40 20 0

Bamberger Berichte

Würzburger Berichte

Abb. 2: Zahl der jährlichen Weisungen an die Bamberger und die Würzburger Reichstagsgesandtschaft im Untersuchungszeitraum.

Wie auch bei der Statistik der Weisungen wurden Postskripta, welche vom selben Tag wie der zugehörige Bericht datieren, nicht als eigenständige Berichte in die Statistik aufgenommen. Die große Zahl der Postskripta hätte die Berichtsstatistik sonst enorm verändert. Gezählt wurden sämtliche Berichte, die von den jeweiligen Geheimen Kanzleien als offizielle Gesandtschaftsrelationen betrachtet wurden. Dazu gehörten auch die während der Abwesenheit der Gesandten gefertigten Berichte der Legationssekretäre. Demgegenüber wurden beispielsweise die zahlreichen Handschreiben des Würzburger Reichstagsgesandten Johann Philipp von Fechenbach nicht wie die Relationen fortlaufend nummeriert und fanden daher auch keinen Eingang in die Statistik. Gleiches gilt für die Schreiben der Gesandten, die sich direkt an den Geheimen Referendär oder andere Personen richteten. Da Berichtsumfang und individuelle Berichtspraktiken der Gesandten, wie etwa die Handschreiben Fechenbachs, nicht in der Statistik abgebildet werden können, kann diese freilich nur zur groben Orientierung dienen.

Abkürzungen Allgemeine Abkürzungen Abs. : Anm.: Art.: bes.: fl.: IPO: o.D.: o. J.: o.O.: o.S.: Prod.: Qu.: xr.:

Absatz Anmerkung Artikel besonders Gulden Instrumentum Pacis Osnabrugense (Osnabrücker Friedensvertrag des Westfälischen Friedens) ohne Datum ohne Erscheinungsjahr ohne Ortsangabe ohne Seitenangabe Produkt Quadrangel Kreuzer

Siglen für Archivbestände ADK: BDK: DK: DKP: GA: GehR: GHA: GWA: Hann: HFS: HR I: HStB: HV: LAA A: MEA: MRA: MüB: NL: NverzA: OU: PC: PK: RAA: RHR: RK:

Altes Domkapitelsches Archiv Bischöfliches Domkapitelsches Archiv Diplomatische Korrespondenz Domkapitel Geheimes Archiv Geheime Räte Geheimes Hausarchiv Geistliche Wahlakten Kurfürstentum/Königreich Hannover Haus- und Familiensachen Hofamtsregistratur I Hochstift Bamberg Historischer Verein von Unterfranken Landschaftliches Archiv – Akten Mainzer Erzkanzlerarchiv Mainzer Regierungsarchiv Münchener Bestand Nachlass Neuverzeichnete Akten Originalurkunden Politische Korrespondenz Friedrichs des Großen Akten der Prinzipalkommission Reichsadelsakten Reichshofrat Reichskanzlei

https://doi.org/10.1515/9783111241586-008

364

StK:

Abkürzungen

Staatskanzlei

Archive und Bibliotheken AEB: AEM: AVA: BAC: BayHStA: BSB: BZAR: DAR: DAW: FTTZA: HHStA: HStAM: HZAN: MfF: NAP: NLA HA: SAS: SLA: StAA: StABa: StadtAA: StadtABa: StAL: StA Mainz: StAMei: StAWü: StBB: StB Mainz: StLA:

Archiv des Erzbistums Bamberg Archiv des Erzbistums München Freising Allgemeines Verwaltungsarchiv Wien Bischöfliches Archiv Chur Bayerisches Hauptstaatsarchiv Bayerische Staatsbibliothek München Bischöfliches Zentralarchiv Regensburg Diözesanarchiv Rottenburg Diözesanarchiv Würzburg Fürst Thurn und Taxis Zentralarchiv Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien Hessisches Staatsarchiv Marburg Hohenlohe Zentralarchiv Neuenstein Museum für Franken Nationalarchiv Prag Niedersächsisches Landesarchiv, Abteilung Hannover Schlossarchiv Sünching Salzburger Landesarchiv Staatsarchiv Augsburg Staatsarchiv Bamberg Stadtarchiv Auerbach Stadtarchiv Bamberg Staatsarchiv Ludwigsburg Stadtarchiv Mainz Staatsarchiv Meiningen Staatsarchiv Würzburg Staatsbibliothek Bamberg Wissenschaftliche Stadtbibliothek Mainz Steiermärkisches Landesarchiv

Zeitschriften und Nachschlagewerke ADB: AHVU: AKG: BDLG: BHVB: HZ: JbKG: JfL: MGSL: MIÖG:

Allgemeine Deutsche Biographie Archiv des Historischen Vereins von Unterfranken und Aschaffenburg Archiv für Kulturgeschichte Blätter für deutsche Landesgeschichte Berichte des Historischen Vereins Bamberg Historische Zeitschrift Jahrbuch für Kommunikationsgeschichte Jahrbuch für Fränkische Landesforschung Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung

Abkürzungen

MJB: QFIAB: QFW: SRBLG: VHVO: VGffG: WDGBL: ZHF:

Mainfränkisches Jahrbuch Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken Quellen und Forschungen zur Geschichte des Bistums und Hochstifts Würzburg Schriftenreihe zur Bayerischen Landesgeschichte Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg Veröffentlichungen der Gesellschaft für Fränkische Geschichte Würzburger Diözesangeschichtsblätter Zeitschrift für Historische Forschung

365

Quellen- und Literaturverzeichnis Ungedruckte Quellen Archiv des Erzbistums Bamberg Pfarrmatrikel Bamberg, St. Martin, M7/18 Archiv des Erzbistums München Freising AA005, H303 Stiftsakten, Nr. 145 Allgemeines Verwaltungsarchiv Wien Adel, Reichsadelsakten 110.36, 183.36, 374.19, 376.11, 376.20, 376.21, 376.22, 376.23, 391.26, 436.60 Bischöfliches Archiv Chur 762.09 Bayerisches Hauptstaatsarchiv Hausritterorden vom Heiligen Georg, Bullen und Breven 12 und 14 Hausritterorden vom Heiligen Georg, Matrikelakt 78 Hausritterorden vom Heiligen Georg, Sekretariat 247 Hofamtsregistratur I Fasz. 303 Nr. 256 Kasten schwarz 9099 Kurbayern Äußeres Archiv 3886 Personenselekt Cart. 385 Schneid Bischöfliches Zentralarchiv Regensburg Altes Domkapitelsches Archiv 255, 974/1, 2067 Bischöfliches Domkapitelsches Archiv 7167, 13552 Sammlung von Matrikeln, Regensburg-St. Rupert 28, 35, 36 Sammlung von Matrikeln, Regensburg-St. Ulrich 6, 8, 9 Diözesanarchiv Rottenburg M 203, Bd. 1 Diözesanarchiv Würzburg Amtsbücher aus Pfarreien 1950, Fiche 8, S. 10 Amtsbücher aus Pfarreien 5777, Fiche 98, S. 392 Fürst Thurn und Taxis Zentralarchiv Haus- und Familiensachen 890, 900, 901, 902 Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien Große Korrespondenz 403 – 3 – 2, 403 – 4 – 2 https://doi.org/10.1515/9783111241586-009

Ungedruckte Quellen

Mainzer Erzkanzlerarchiv, Reichskanzlei und Taxamt 36 Mainzer Erzkanzlerarchiv, Reichstagsakten 576 Reichshofrat und Reichskanzlei, Verfassungsakten, Reichshofrat 27 – 27, 27 – 33 Reichshofrat und Reichskanzlei, Verfassungsakten, Reichskanzlei 5 Reichskanzlei, Berichte aus dem Reich 186 Reichskanzlei, Geheime Räte 3 – 1 – 8, 6 – 1 – 10, 6 – 2 – 5 Reichskanzlei, Geistliche Wahlakten 3 Reichskanzlei, Instruktionen 2, 17 Reichskanzlei, Kleinere Reichsstände 38, 39, 40, 545, 546, 547, 548 Reichskanzlei, Prinzipalkommission, Berichte 77b, 79b, 79c, 81c, 84d, 90a, 91a, 98, 108b Reichskanzlei, Prinzipalkommission, Instruktionen 2 – 8 Reichskanzlei, Prinzipalkommission, Weisungen, Fasz. 7 b Reichskanzlei, Reichstagsakten 413, 414 Staatskanzlei, Diplomatische Korrespondenz, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Berichte 13, 17, 18, 19 Staatskanzlei, Diplomatische Korrespondenz, Regensburg, Kurböhmische Gesandtschaft, Weisungen 1, 2 Staatskanzlei, Diplomatische Korrespondenz, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Berichte 117, 118, 121, 123, 124, 125, 128, 129, 130, 132, 136, 137, 138, 139, 140, 144, 145, 146 Staatskanzlei, Diplomatische Korrespondenz, Regensburg, Österreichische Gesandtschaft, Weisungen 6 Staatskanzlei Interiora, Geheime Räte 5 – 60 Urkundenreihen, Staatsverträge Abschriften 13 Hessisches Staatsarchiv Marburg 90, b 1711 Hohenlohe Zentralarchiv Neuenstein Ni 15 B 28, B 46 Museum für Franken Sammlung Eckert 326 Nationalarchiv Prag Saalbücher, Nr. 163 Niedersächsisches Landesarchiv, Abteilung Hannover Kurfürstentum/Königreich Hannover 10, Nr. 420; 92, Nr. 1208 Schlossarchiv Sünching 632, 769/85, 770/119, 770/120, 770/128 Salzburger Landesarchiv Domkapitel, Akten 03.2b, 08.1.M Domkapitel, Protokolle der Kapitelsitzungen 1751 Frank Beamtenkartei

367

368

Quellen- und Literaturverzeichnis

Geheimes Archiv XI 44, GA XXV.S.04, XV-32 Landschaftliches Archiv – Akten III.16.S Originalurkunden 1773 I 27 Staatsarchiv Augsburg Hochstift Augsburg, Münchener Bestand 281, 1262, 1268 Staatsarchiv Bamberg A 25, Fach 31, Nr. 73, 74, 76 A 85, Fach 349, Nr. 1695, 1696 A 115, Fach 43, Nr. 237 Hochstift Bamberg, Ämterrechnungen (Rep. A 231 I), Nr. 7162, Nr. 7169, Nr. 7173, Nr. 7177 Hochstift Bamberg, Domkapitel, Rezessbücher, Nr. 74, 81, 82, 85 Hochstift Bamberg, Geheime Kanzlei 396, 397, 400, 401, 402, 405, 407, 411, 413, 414, 415, 419, 421, 425, 427, 428, 429, 430, 431, 432, 434, 443, 446, 448, 449, 450, 452, 453, 454, 456, 457, 466, 635, 636, 637, 638, 668, 1765, 1785, 1788, 1791, 1792, 1793, 1794, 1796, 1797, 1799, 1800, 1802, 1803, 1804, 1805, 1806, 1938 I, 1938 II, 1939, 1940 Hochstift Bamberg, Hofkammer, Akten u. Bände 1156 Hochstift Bamberg, Neuverzeichnete Akten 4647, 4648, 4649, 4650, 4651 Markgraftum Brandenburg-Bayreuth, Geheimes Archiv Bayreuth Nr. 1748, 2806, 2814, 2819 Staatsarchiv Ludwigsburg B 389, U 190 PL 12 II, Bü 287 Staatsarchiv Meiningen Gutsarchiv Bibra, I 13 a, I 13 e, I 8, G, I 9 h, VIII 4 g Staatsarchiv Würzburg Adelsarchiv Fechenbach 1614, 1712, 2115, 2117, 2118, 2119, 2124, 2125, 2126, 2128, 2131, 2132, 2136, 2137, 2144, 2154, 2155, 2156, 2157, 2158, 2159, 2160, 2161, 2162, 2164, 2169, 2186, 2199, 2207 Aschaffenburger Archivreste 149 – 18 Geistliche Sachen 213, 2001 Großherzogtum Würzburg, Geheimer Staatsrat 2, 6 Historischer Verein Ms. f. 205, 580, 634, 653, 656, 659, 723, 774, 777, 781, 1434, 1575, Ms. q. 58, 61, 176 a, 176 b, 176 c Judenschaft 6 Mainzer Regierungsarchiv -Nachsteuer K 170/16 Präbendalakten 89 Reichswesen 169, 171, 254, 287, 306, 307, 308, 309, 794, 795, 796, 797, 798 Urkunden-Libell 465, 466, 467 Würzburger Domkapitelprotokolle 193, 194, 196, 201, 202 Würzburger Kreisakten 251, 367 Würzburger Reichstagsakten 270, 271, 272, 273, 274, 275, 276, 277, 278, 279, 280, 281, 284, 288, 291, 292, 293, 294, 295, 296, 301, 312, 313, 316,

Ungedruckte Quellen

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Würzburger Reichstags-Gesandtschaft 68, 69, 70, 71, 72, 73, 74, 75, 76, 77, 78, 79, 80, 81, 82, 83, 84, 96, 88, 89, 90, 91, 92, 93, 94, 95, 96, 97, 98, 99, 100, 101, 174 I Staatsbibliothek Bamberg .23 B 20#11 HV. Msc. 538 Stadtarchiv Auerbach Chronik von Auerbach des Seminarlehrers Joseph Köstler, Bd. XXV Stadtarchiv Bamberg D 1008: Röttinger-Kartei Stadtarchiv Mainz Kirchenbuch von Sankt Quintin (Taufen, Trauungen, Todesfälle 1711 – 1733) 20/39 Nachlass Schnarrenberger, Bd. 8 Steiermärkisches Landesarchiv Saurau, Familie, K. 21, H. 246

370

Quellen- und Literaturverzeichnis

Gedruckte Quellen und Literatur Vor 1800 Churbajerischer Hof- und Staats-Calender, München 1765. Chur-mayntzischer Stands- und Staatsschematismus […], Mainz 1742. Chur-mayntzischer Stands- und Staatsschematismus […], Mainz 1748. Chur-mayntzischer Stands- und Staatsschematismus […], Mainz 1754. Diario Ordinario. Num. 224, Rom 1777. Faber, Anton, Europäische Staats-Cantzley. Bd. 97, Frankfurt am Main u. a. 1750. Fahnenberg, Egid Joseph Karl von, Lebensgeschichte des Erzherzoglich Oesterreichischen Reichstagsgesandten Egid Valentin Felix Reichsfreiherrn von Borie, Wetzlar 1795. Fort-florirender Reichs-Convent, oder umständlicher Bericht von allerseits höchst- und hochansehnlichen Herren Gesandten […], Regensburg 1776. Des Fürstlichen Hochstiffts Wirtzburg und Hertzogthums Francken neu verbesserter Hoff-, Standsund Staats-Calender, Würzburg 1748. Fürstlichen Hoch-Stiffts Wirtzburg, und Hertzogthums Francken Hof-, Stands- und Staats-Calender, Würzburg 1754. Fürstlichen Hoch-Stiffts Wirtzburg, und Hertzogthums Francken Hof-, Stands- und Staats-Calender, Würzburg 1760. Fürstlichen Hoch-Stiffts Wirtzburg, und Hertzogthums Francken Hof-, Stands- und Staats-Calender, Würzburg 1762. Gonne, Johann Gottlieb, Gründliche Abhandlung der Frage ob das Dom-Capitul zu Bamberg Sede Vacante in Ansehung des Mit-Ausschreib-Fürsten-Amts und Condirectorii in dem löblichen Fränckischen Creys die Person eines regierenden Bischoffs daselbst repraesentiren könne? oder nicht vielmehr das Weltliche Creys-Ausschreib-Amt auf solchen Fall, das Ausschreiben und Directorium allein zu führen habe, o.O. 1746. Halden, Joseph Leonhard Hieronymus von, Corpus Humanum Sive Disputatio Physica de Fabrica, Nutritione, et Vita Partium corporis humani. Diss., Ingolstadt 1696. Hammer, Alexander – Lorber von Störchen, Johann Ignaz Christoph, Dissertatio prodroma iuris publici de iure directorii in Circulo Franconico sede Bambergensi vacante, Reverendissimo et Illustrissimo Ecclesiae Imperialis Bambergensis Capitulo indubie competente, Bamberg 1746. Hartmann, Michael Anton, Dissertatio Inauguralis Historico-Publica de Jure Capitulandi […], Würzburg 1747. Heß, Franz Joachim Wilhelm, Exercitatio iurisprudentiae universalis de Jura Naturae Gentium […], Würzburg 1725. Hoch-Fürstlich Augspurgischer Kirchen- und Hof-Calender […], Augsburg 1754. Hoch-Fürstlich Augspurgischer Kirchen- und Hof-Calender […], Augsburg 1761. Krebs, Christian Heinrich – Bilderbeck, Christoph Lorenz, Teutscher Reichs-Staat, Oder Ausführliche und umständliche Beschreibung des Heil. Römisch. Reichs Deutscher Nation […], Leipzig u. a. ²1709. Küchelbecker, Johann Basilius, Nachricht von denen im Heil. Römischen Reiche gewöhnlichen ReichsTagen […], Leipzig u. a. 1742. Le Calendrier de la Cour de Son Altesse Serenissime Electorale de Cologne, Köln 1759. Moser, Johann Jacob, Teutsches Staats-Recht. Teil 43, Frankfurt am Main u. a. 1751. Moser, Johann Jacob, Teutsches Staats-Recht. Teil 45, Frankfurt am Main u. a. 1751.

Gedruckte Quellen und Literatur

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Moser, Johann Jacob, Teutsches Staats-Recht. Teil 47, Frankfurt am Main u. a. 1752. Moser, Johann Jacob, Teutsches Staats-Archiv, oder Sammlung derer neuest- und wichtigsten Reichs-, Crays- und anderer Handlungen […]. (1753/1), Hanau 1753. Moser, Johann Jacob, Grund-Riß der heutigen Staats-Verfassung des Teutschen Reichs, Tübingen ⁷1754. Moser, Johann Jacob, Johann Jakob Mosers Vermischte Abhandlungen aus dem Europäischen Völkerrecht, wie auch von Teutschen und andern Europäischen Staats-desgleichen von CanzleySachen. Drittes Stück, Frankfurt am Main 1755. Moser, Johann Jacob, Von denen Teutschen Reichs-Taegen […]. Teil 1 (Neues Teutsches Staatsrecht, 5, 1), Frankfurt am Main u. a. 1774. Moser, Johann Jacob, Von denen Teutschen Reichs-Taegen […]. Teil 2 (Neues Teutsches Staatsrecht, 5, 2), Frankfurt am Main u. a. 1774. Moser, Johann Jacob, Von denen Teutschen Reichs-Ständen […], Frankfurt am Main 1967. Notizie per l’anno 1755, Rom 1755. Oberkamp, Heinrich, Dissertatio Inauguralis Iuridica […], Bamberg 1742. Oertel, Christian Gottfried, Vollständiges und zuverläßiges Verzeichniß der Kaiser, Churfürsten, Fürsten und Stände des Heil. Röm. Reichs, wie auch Derselben und auswärtiger Mächte Gesandtschaften, welche bey dem fürwährenden Reichs-Tage, von seinem Anfange 1662 an, biß zum Jahr 1760 sich eingefunden haben, Regensburg 1760. Oertel, Christian Gottfried, Reichs-Tags-Diarium. Bd. 5, Regensburg 1761. Oertel, Christian Gottfried, Reichs-Tags-Diarium […]. Bd. 1, Regensburg 1766. Oertel, Christian Gottfried, Neues Reichs-Tags-Diarium. Erster Band, Regensburg 1767. Prümmer, Bernhard Emmanuel, Dissertatio Inauguralis Juridica de Modo Testandi Minus Solenni […], Mainz 1731. Pütter, Johann Stephan, Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740, Göttingen 1786. Pütter, Johann Stephan, Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 3: Von 1740 bis 1786, Göttingen 1787. Regensburgisches Diarium oder wöchentliche Frag- und Anzeige-Nachrichten […], Regensburg 1777. Schüll, Joachim Leonhard, Continuatio Jurisprudentiae Feudalis […], Würzburg 1727. Species Facti: Fernerweite verläßige Geschichts-Verzehlung und umständliche Bemerkung derer dem Fürstlichen Hochstifft Bamberg durch verschiedene gewaltsam eingedrungene KöniglichPreußische und Chur-Fürstlich-Brandenburgische Kriegs-Völkere Landfriedensbrüchig zugefügter Vergewaltigungen, dann verursachter Bedrangnus und Beschädigungen […], Bamberg 1758. Sündermahler, Johann Jakob Joseph, Utrum Clausula Samt und Sonders In Commissione Executionis Circa Causas, Quae Religionem & Diversae Religionis Asseclas Concernunt, Locum Habeat […], Würzburg 1750. Zedler, Johann Heinrich, Grosses vollständiges Universal-Lexicon aller Wissenschafften und Künste […]. Bd. 12, Halle u. a. 1735.

Nach 1800 Akten der Prinzipalkommission des Immerwährenden Reichstages zu Regensburg 1663 bis 1806. Berichte – Weisungen – Instruktionen. Begleitband zur Mikrofiche-Edition mit chronologischem Inhaltsverzeichnis zu den Fiches 1 – 5108, München u. a. 1993.

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Quellen- und Literaturverzeichnis

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Personenregister Aufgenommen wurden alle im Text namentlich genannten Personen. Nicht aufgenommen wurden Personen als Verfasser oder Empfänger von Schriftstücken sowie die Reichstagsgesandten Johann Philipp von Bibra und Johann Philipp von Fechenbach aufgrund ihrer häufigen Nennung.

Adelmann von Adelmannsfelden, Joseph Anselm, Geheimer Rat 140 Albani, Alessandro, Kardinal 45, 308 Barth, Maria Elisabeth 151 Barthel, Johann Caspar, Jurist 240, 270 Batthyány, Karl Josef von, Feldmarschall 269 Bauer, Adam Hubert, Legationskanzlist 161 Baur, Franz Nikolaus, Domvikar 104 Beaurieux, Johann Franz Aegidius, Reichskammergerichtsassessor 133 Behr, Burkhard Christian von, Reichstagsgesandter 282 Benedikt XIV., Papst 158, 268 Bibra, Christoph Dietrich von, Hofrat 141 Bibra, Heinrich Karl von, Fuldaer Fürstbischof 167 Bohländer, Georg Franz Liborius, Kanoniker 131 Bohländer, Georg Friedrich, Geheimer Referendär 124, 131, 222, 230, 233, 234 Borié, Egid Valentin von, Geheimer Referendär und Reichstagsgesandter 44, 101, 106, 114, 124 f., 132 f., 133, 140, 196 – 198, 205, 218, 222, 248 – 251, 254, 269, 284, 299, 325, 327, 329, 330, 353, 356 Böttinger, Eva Katharina 126 Böttinger, Johann Ignaz Tobias, Kreisgesandter 39 Brandenburg-Ansbach, Karl Wilhelm Friedrich von, Markgraf 243, 282, 296 Brandenburg-Bayreuth, Friedrich III. von, Markgraf 282, 292, 296 Breuner, Maria Antonia 159 Buchenberg, Marquard Paris Anton von, Reichstagsgesandter 78, 127, 148, 150, 162, 175, 186, 192, 198 f., 201 – 203, 205, 228, 231, 250, 253 – 256, 261, 271, 291, 321, 327, 333, 336 Bulkeley, Henri de, Reichstagsgesandter 150 https://doi.org/10.1515/9783111241586-010

Bünau, Heinrich von, Minister 171 Burrish, Onslow, Gesandter 282 f. Buseck, Amand von, Fuldaer Fürstbischof 170 f.

167,

Chotek, Rudolf von, Gesandter 194, 224 Clemens August von Bayern, Kölner Kurfürst 52, 123, 147, 170, 314, 316 Cobenzl, Johann Karl Philipp von, Gesandter 210 f. Colloredo, Hieronymus von, Salzburger Erzbischof 161 Colloredo, Karl von, Gesandter 303 Colloredo-Waldsee, Rudolph Joseph von, Reichsvizekanzler 173 – 175, 196, 198 f., 203, 210, 218, 231, 248, 250, 254, 262, 269, 289, 305, 325, 328, 336 Degen, Franz Rudolph, Geheimer Referendär 45, 98, 101, 103, 113, 121, 127, 135 Dernbach, Peter Philipp von, Bamberger und Würzburger Fürstbischof, Reichstagsgesandter 350 f. Diest, Heinrich von, Resident 289 Dietrichstein, Andreas Jakob von, Salzburger Erzbischof 160, 183 Dietrichstein, Franz Karl Hannibal von, Domherr 159 Dietz, Franz Conrad Maximilian von, Kreisgesandter 39 Ehrencron, Hartmann Wilhelm Jacobi von, Hofrat 133 Ehrencron, Marianne Jacobi von 133 Ellrodt, Philipp Andreas von, Kreisgesandter 288 Eltz, Philipp Karl von, Mainzer Kurfürst 151 Erbach-Fürstenau, Josepha Eberhardine zu 167

406

Personenregister

Ernst August II., Herzog von Sachsen-Weimar-Eisenach 200, 228 Erthal, Franz Ludwig von, Bamberger und Würzburger Fürstbischof 100 f., 130 f., 138, 140 Erthal, Maria Katharina von 141 Eyb, Josepha Maria von 146 Eyb, Richard Anton von, Domkapitular 146 Faber, Christoph Balthasar, Hofrat 250 Fechenbach, Johann Reichard von, Generalfeldmarschallleutnant 146 Fechenbach, Karl Ludwig von, Regierungspräsident 167, 172 Federspiel, Johann Baptist Anton von, Fürstbischof von Chur 177 f. Ferner, Franz Jakob 43 Ferner von Fernau, Franz Ignaz, Reichshofratsagent 43, 52, 331 Fichtl, Franz Ludwig von, Hofkanzler 98, 210, 222 Folard, Hubert de, Gesandter 233, 247 Franckenstein, Johann Philipp Ludwig von, Domkapitular 49, 276, 278 Franckenstein, Johann Philipp von, Bamberger Fürstbischof 45 – 47, 49, 74 f., 88 f., 121, 127 f., 143, 150, 158, 167, 177, 180, 202, 205, 213 f., 216, 225, 236, 238, 243, 250 f., 253, 255, 258 – 260, 276, 279 – 281, 283, 285, 290 – 292, 300 Fränkel, Koppel Bermann, Handelsmann 232 Fränkel, Koppel Zacharias, Handelsmann 232 Frankenberg, Johann Otto von, Reichstagsgesandter 198 Franz I., Kaiser 154, 199, 217, 223, 302 Franz Josias, Herzog von Sachsen-Coburg-Saalfeld 200 Freyberg, Johann Anton von, Eichstätter Fürstbischof 49 Friedrich II., König von Preußen 171, 213, 219, 224, 236, 289, 306 f., 310, 312, 319, 339 f. Friedrich III., Herzog von Sachsen-Gotha-Altenburg 200 Fürstenberg-Stühlingen, Joseph Wilhelm Ernst zu, Prinzipalkommissar 56, 198, 213 Gebsattel, Franz Philipp Adolph von, Hofrat Geißler, Johann Andreas, Domvikar 132

148

Gemmingen, Ludwig Eberhard von, Reichstagsgesandter 336 Georg II., König von Großbritannien, Kurfürst von Hannover 143, 304 f. Georg III., König von Großbritannien, Kurfürst von Hannover 317, 320 Goltz, Henning Bernhard von der, Gesandter 224 f. Gonne, Johann Gottlieb, Jurist 275 Greiffenclau, Karl Philipp von, Würzburger Fürstbischof 40, 106, 121, 124 f., 133, 135 – 137, 139, 143 – 145, 149, 167, 170, 172 f., 182, 185, 196, 211, 216, 236, 239 f., 242 f., 248 f., 251, 253, 260, 266, 268, 288, 299, 303 Grilloni, Paolo Giacomo, Agent 45 Groß von Trockau, Otto Philipp, Reichstagsgesandter 73, 94, 354, 356 Groß von Trockau, Otto Philipp Erhard, Regierungspräsident 149 Habermann, Franz Ludwig, Hofkanzler 222, 224, 233 Hadik von Futak, Andreas, Feldmarschall 329 Halden, Joseph Anton Eusebius von der, Reichstagsgesandter 355 Halden, Joseph Leonhard von der, Reichstagsgesandter 142, 355, 359 Hartig, Adam Franz von, Diplomat 167 Hartmann, Michael Anton, Kreisgesandter 40 f. Hebendanz, Franz Ignaz von, Kreisgesandter 39, 126, 128 Hebendanz, Johann Georg, Hofkammerrat 130 Hebendanz, Maria Theresia von 126 Heinrich II., Kaiser 91 Hendrich, Christoph Sigmund von, Gesandter 200 Hepp, Christoph Balthasar, Kammerrat 129 Hepp, Johann Gottfried, Geheimer Referendär 102, 127, 129, 140 Hepp, Maria Anna 131 Heringen, Rudolf Anton von, Reichstagsgesandter 213, 216 Hessen-Darmstadt, Georg Wilhelm von, General 311 Hessen-Darmstadt, Joseph Ignaz Philipp von, Augsburger Fürstbischof 143 Hessen-Kassel, Wilhelm VIII. von, Landgraf 271

Personenregister

Heß, Franz Joachim Wilhelm, Hofkammerdirektor, Kreisgesandter 40, 42 Hettinger, Johann Franz, Reichstagsgesandter 350 Heyland, Maria Anna Josepha 129 Hohenlohe, Albrecht II. von, Würzburger Fürstbischof 307 Hohenlohe-Bartenstein, Karl Philipp von, Reichskammerrichter 244 Horneck, Johann Philipp Anton von, Domkapitular 332 Hutten, Franz Christoph von, Fürstbischof von Speyer 167 Ingelheim, Anselm Franz von, Würzburger Fürstbischof 24, 40, 45, 50, 97, 114, 121, 124 f., 132 – 135, 143, 195, 201 f., 210, 213 f., 221 – 224, 226, 229, 231 – 233, 235, 258, 299 Ingelheim, Joachim Philipp Graf von 131 Jodoci, Franz Anton von, Reichstagsgesandter 177 f., 217 Jodoci, Philipp Heinrich von, Reichstagsgesandter 95 Johann Theodor von Bayern, Kardinal, Bischof von Regensburg, Freising und Lüttich 156 – 158 Joseph Clemens von Bayern, Kurfürst von Köln 355 Joseph I., Kaiser 247 Joseph II., Kaiser 138, 247 Jungen, Ferdinand, Legationssekretär 260 Karg von Bebenburg, Friedrich Karl, Reichstagsgesandter 61, 77 f., 178, 191, 217, 314, 318, 352 Karg von Bebenburg, Georg Joseph, Hofkanzler 74, 178 Karg von Bebenburg, Georg Karl, Reichstagsgesandter 73 – 75, 78, 89, 93 f., 112, 178, 184, 213, 352 Karg von Bebenburg, Max Joseph, Reichstagsgesandter 352 Karl Eugen, Herzog von Württemberg 252 f., 295 Karl IV., Kaiser 307 Karl Theodor, Kurfürst von der Pfalz 126, 251

407

Karl VII., Kaiser 28, 47, 123, 134, 148, 152, 158, 168, 170 f., 173 f., 189, 219, 258, 302 Kaufmann, Hieronymus Carl, Legationssekretär 79, 86 – 88, 92, 94, 357 Kaunitz-Rietberg, Wenzel Anton von, Staatskanzler 117, 137 f., 173 f., 192, 198, 256, 305 f., 311, 325, 327, 329 Kauppers von Kleimentahl, Joseph Franz, Hofrat 329 Kleist, Friedrich Wilhelm von, Generalmajor 326, 333 – 335 Knebel, Johann Georg Friedrich von, Reichstagsgesandter 294 Kolowrat, Maria Theresia von 167 Königsfeld, Johann Christian Adam von, Dompropst 156, 158 Königsfeld, Johann Georg von, Reichsvizekanzler 168, 171 Leopold I., Kaiser 54, 229, 257 Leoprechting, Maria Sidonia von 155 Leygeber, Johann Georg, Kreisgesandter 39 Lincker von Lützenwick, Philipp Wilhelm, Reichstagsgesandter 56, 61, 191, 230, 254, 268, 271, 287, 318 f., 333 f., 336 Lori, Johann Georg von, Münz- und Bergrat 334 Lothringen, Karl Alexander von, Hochmeister des Deutschen Ordens, Feldmarschall 157 Marckloff, Georg Joseph Nikolaus, Legationssekretär 87 f., 91, 358 Maria Theresia, Kaiserin 174, 197 f., 269, 302, 307, 325, 327, 329 Mauchenheim genannt Bechtolsheim, Johann Philipp von, Hofkammerpräsident, Gesandter 230 f., 250 Max III. Joseph, Kurfürst von Bayern 135, 148 f., 152, 168, 302, 310 May, Joseph Casimir von, Reichstagsgesandter 171 f., 177 f., 182, 185, 189 Mayr, Johann von, Oberstleutnant 310 Maystetter, Johann Hermann, Reichstagsgesandter 92, 351 Menshengen, Ferdinand von, Reichstagsgesandter 156, 191 Meuser, Maria Klara 141

408

Personenregister

Mohr, Andreas, Reichsreferendar 137 Montmartin, Friedrich Samuel von, Reichstagsgesandter 186 Nassau, Gerlach von, Mainzer Erzbischof 307 Nassau-Usingen, Karl von, Fürst 228 Nerl, Jacob Joseph, Legationssekretär 94 Nerl, Johann Jacob, Legationskanzlist 89 f., 359 Neuhaus, Joseph Maria von, Reichstagsgesandter 153 f., 256 Neuhoff, Johann Georg von, Reichstagsgesandter 351 Neumann, Balthasar, Architekt 101 Oberkamp, Franz Joseph von, Mediziner 126 Oberkamp, Heinrich von, Geheimer Referendär 85, 109 f., 121 f., 126, 130, 243, 250, 251 Oberkamp, Johann Bartholomäus von, Mediziner 126 Oberkamp, Johann Philipp von, Kreisgesandter 128 f. Oberkamp, Karl Anton von, Hofrat 129 Oberkamp, Maria Anna von 126 Oexle von Friedenberg, Ignaz Anton, Reichstagsgesandter 189, 217, 278 Ostein, Johann Franz von, Domkapitular 149 Ostein, Johann Friedrich Karl von, Mainzer Kurfürst 222, 240, 247, 271, 318 Pabstmann, Adam Joseph, Geheimer Referendär 130 Palm, Carl Joseph von, Konkommissar 56, 168, 178, 180, 186 f., 189, 192, 198, 201 – 203, 217 f., 230, 259, 286, 291 Parmegiani, Gregorio, Agent 46 Pelham-Holles, Thomas, Duke of Newcastle 247 Peloja, Peter, Legationssekretär 40 Pergen, Johann Anton von, Gesandter 306 Pfalz-Sulzbach, Joseph Karl von, Erbprinz 352 Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld, Friedrich Michael von, Generalfeldmarschall 312, 326 Pfister, Carl Melchior, Jurist 131 Pfister, Johann Georg Sebastian, Legationskanzlist 87, 89 f., 94, 272, 321, 359 Plato, Heinrich Johann, Kämmerer 91 Plettenberg, Freiherr von, Geheimer Referendär 134

Plotho, Erich Christoph von, Reichstagsgesandter 150, 160, 323 f., 333 – 336 Pollmann, Adam Heinrich von, Reichstagsgesandter 282 Ponickau, Johann Georg von, Reichstagsgesandter 77, 186, 291 Praidlohn, Franz Andreas von, Minister 153, 168 Preysing, Johann Maximilian von, Minister 160, 168 Prümmer, Bernhard Emmanuel, Geheimer Referendär 102, 122 f., 130, 139, 197 Prümmer, Emanuel, Amtmann 139 Prümmer, Johann Franz Adam, Hofrat 141 Raab von Rauenheim, Karl Joseph, Geheimer Referendär 134 Rechberg und Rothenlöwen, Aloys Franz Xaver von, Reichstagsgesandter 94, 354, 356 Redwitz, Johann Christian von, Oberstallmeister 250 Reibelt, Johann Philipp von, Hofkanzler 134 Reibelt, Marianne Sabine Theresia von 134 Renazzi, Ercole, Agent 46 Richter, Christoph Gottlieb, Publizist 270 f. Ried, Joseph von, Gesandter 102, 104, 130, 140 Romendorff, Jakob Anton Gregori von, Hofkriegsratsagent 331 Rösch, Wolf Eberhard, Legationssekretär 92, 357 Rotenhan, Johann Alexander von, Obersthofmeister 250, 334 – 336 Rothkirch, Johann von, Reichstagsgesandter 290 – 292, 294 f. Sachsen-Hildburghausen, Joseph Friedrich von, Generalfeldmarschall 311 Sauer zum Schreyerhof, Franz Melchior von, Reichstagsgesandter 352 Sauer zum Schreyerhof, Johann Adam von, Reichstagsgesandter 352, 355 Sauer zum Schreyerhof, Johann Joseph von, Reichstagsgesandter 352 Saurau, Joseph Gottfried von, Reichstagsgesandter 61, 78, 91, 159, 183, 184, 186, 188, 191, 192, 319, 336, 356 Saurau, Karl Maria Korbinian von 160 Saurau, Korbinian von, Landeshauptmann 159

Personenregister

Saurau, Maria Raymund von, Erblandmarschall 161 Saurau, Sigmund von 160 Schenk von Schmidtburg, Karl Joseph, Domkapitular 50 Schmid, Johann Heinrich von, Hofagent 43 f. Schneidt, Esther 151 Schneidt, Ferdinand von 188 Schneidt, Heinrich Joseph von, Reichstagsgesandter 61, 76 f., 87, 91, 114, 151, 175, 178, 179, 181, 183 – 186, 188 – 192, 256, 277, 307, 313, 315 – 321, 336 – 338, 353, 356 Schneidt, Johann Jakob, Rentmeister 151 Schneidt, Johann Jakob Heinrich von, Oberpostdirektor 189 Schönborn, Damian Hugo Philipp von, Kardinal, Fürstbischof von Speyer und Konstanz 46 Schönborn, Franz Georg von, Kurfürst von Trier 74, 127, 135, 139 f. Schönborn, Friedrich Karl von, Bamberger und Würzburger Fürstbischof 28, 45, 73 f., 97, 112 f., 120 – 125, 134, 136, 142, 148, 194, 197, 213, 222, 259, 275, 302 Schönborn, Johann Philipp Franz von, Würzburger Fürstbischof 121 Schönborn, Lothar Franz von, Mainzer Kurfürst, Bamberger Fürstbischof 45, 97, 121 Schrattenbach, Sigismund Christoph von, Salzburger Erzbischof 160 Schüll, Joachim Leonhard, Kreisgesandter 40 Schusmann, Johann Jakob, Legationssekretär 358 Schutzbar, Johanna Charlotta Franziska von 142 Schwanasini, Gotthard von, Reichshofratsagent 43 Schwarzenau, Joachim Ludwig von, Reichstagsgesandter 78, 186 f., 190, 259, 264, 272, 282 f. Seckendorff-Aberdar, Christoph Ludwig von, Minister 169, 243, 304, 331 Seefried, Johann Lorenz von, Reichstagsgesandter 319 Seidner, Ignaz, Archivar 94 Seiffarth, Gottlieb, Buchdrucker 275 Seilern, Christian August von, Reichstagsgesandter 154, 198, 203, 261

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Seinsheim, Adam Friedrich von, Bamberger und Würzburger Fürstbischof 1 f., 6, 21, 24, 28, 40, 44, 46, 77, 81, 84, 90, 102 f., 106 – 108, 110, 120 – 124, 129 f., 137, 140, 147, 149, 155, 167, 173, 181, 184, 190 f., 198, 221 f., 249, 297, 302 – 309, 311 – 319, 321, 324 – 337, 339 – 341, 343 f., 361 Seinsheim, Joseph Franz von, Minister 147, 168, 175, 256, 302, 332 Seinsheim, Maximilian Franz von, Hofratspräsident 302 Sellari, Camillo Johann Philipp, Agent 45 Sengelau, Johann Adam von, Reichstagsgesandter 92, 351 Seydewitz, August Friedrich von, Konkommissar 56, 192, 198, 314 f. Spielberger, Johann Christoph, Hoffourier 106, 132, 135 Stadion, Franz Konrad von, Bamberger Fürstbischof 46, 105, 113, 121 f., 127, 145, 150, 190, 236, 261 – 263, 292 – 296, 302 f., 308 f. Stadion, Franz Konrad von, Reichstagsgesandter 350, 354 Stadler, Franz Joseph, Kreisgesandter 40 Stahl, Anna Elisabetha 151 Staudach, Johann Hermann von, Reichstagsgesandter 276, 280 Sternberg, Franz Philipp von, Reichstagsgesandter 198 Stingelheim, Johann Georg von, Reichstagsgesandter 88, 91, 93 f., 109, 150, 155, 180 – 182, 186 – 188, 191, 205, 215 – 217, 250, 255, 256, 259 – 261, 290, 291, 353 Stingelheim, Joseph Franz von, Geheimer Rat 155 Sündermahler, Johann Jakob Joseph, Jurist 240 Telli, Giovanni Battista, Agent 46 Telli, Serafino, Agent 46 Teuber, Christian, Reichsreferendar 47, 152 Teuffel von Birkensee, Joseph Karl, Reichstagsgesandter 319 Thurn und Taxis, Alexander Ferdinand von, Prinzipalkommissar 56, 77, 84, 109, 145, 158, 186 f., 189, 198, 203, 210, 213, 215 – 220, 258 – 260, 262 – 264, 293, 345 Thurn und Taxis, Maria Henriette von 167, 186

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Personenregister

Tichy, Gottfried, Alchemist 132, 233 Torri, Ferdinand Maria von, Kabinettssekretär 156 f. Trauttmansdorff-Weinsberg, Ferdinand von, Minister 141 Ulfeld, Anton Corfiz von, Staatskanzler 198 Ungelter von Deisenhausen, Johann Ludwig, Reichstagsgesandter 355 Vetterl von Wildenbrunn, Johann Nikolaus, Reichstagsgesandter 351, 354 Vollerth, Georg Anton, Legationssekretär 87, 358 Vollerth, Johann Georg Joseph, Legationssekretär 85, 87, 92, 357 Wagner, Christian Johann Baptist, Geheimer Referendär 100, 141 Waldburg-Zeil, Ferdinand Christoph von, Fürstbischof von Chiemsee 161 Walderdorff, Adalbert II. von, Fuldaer Fürstbischof 172

Wallbrunn, Johann Eberhard von, Reichstagsgesandter 215 f., 276 Weber, Georg Melchior, Legationssekretär 40 Weinheim, Johann Philipp Anton Horneck von, Gesandter 293 Wenzel, römisch-deutscher König, König von Böhmen 307 Werding, Johann von, Leibarzt 132, 233 Widmann, Johann Wenzel von, Minister 128, 175, 195, 197, 199 – 203, 255, 262, 269, 276, 289, 303, 308, 311, 315, 325 Wildenbrunn, Johann Nikolaus Vetterl von, Reichstagsgesandter 76, 92 Wülcknitz, August Ludwig von, Reichstagsgesandter 187, 259, 271 Zeller von Ettmannsdorf, Christoph Heinrich, Reichstagsgesandter 352 Zillerberg, Johann Sebastian von, Reichstagsgesandter 353, 356 Zillerberg, Sebastian Anton von, Reichstagsgesandter 160 Zwierlein, Johann Jakob, Jurist 134

bibliothek altes Reich – baR herausgegeben von Anette Baumann, Stephan Wendehorst und Siegrid Westphal Als ein innovatives, langfristig angelegtes Forum für Veröffentlichungen zur Geschichte des Alten Reichs setzt sich die „bibliothek altes Reich – baR“ folgende Ziele: ‒ ‒ ‒ ‒

Anregung zur inhaltlichen und methodischen Neuausrichtung der Erforschung des Alten Reichs Bündelung der Forschungsdiskussion Popularisierung von Fachwissen Institutionelle Unabhängigkeit

Inhaltliche und methodische Neuausrichtung An erster Stelle ist die Gründung der Reihe „bibliothek altes Reich – baR“ als Impuls für die interdisziplinäre Behandlung der Reichsgeschichte und deren Verknüpfung mit neuen methodischen Ansätzen konzipiert. Innovative methodische Ansätze, etwa aus der Anthropologie, der Geschlechtergeschichte, den Kulturwissenschaften oder der Kommunikationsforschung, wurden in den letzten Jahren zwar mit Gewinn für die Untersuchung verschiedenster Teilaspekte der Geschichte des Alten Reichs genutzt, aber vergleichsweise selten auf das Alte Reich als einen einheitlichen Herrschafts-, Rechts-, Sozial- und Kulturraum bezogen. Die Reihe „bibliothek altes Reich – baR“ ist daher als Forum für Veröffentlichungen gedacht, deren Gegenstand bei unterschiedlichsten methodischen Zugängen und thematischen Schwerpunktsetzungen das Alte Reich als Gesamtzusammenhang ist bzw. auf dieses bezogen bleibt.

Bündelung der Forschung Durch die ausschließlich auf die Geschichte des Alten Reichs ausgerichtete Reihe soll das Gewicht des Alten Reichs in der historischen Forschung gestärkt werden. Ein zentrales Anliegen ist die Zusammenführung von Forschungsergebnissen aus unterschiedlichen historischen Sub- und Nachbardisziplinen wie zum Beispiel der Kunstgeschichte, der Kirchengeschichte, der Wirtschaftsgeschichte, der Geschichte der Juden, der Landes- und der Rechtsgeschichte sowie den Politik-, Literatur- und Kulturwissenschaften.

Popularisierung von Fachwissen Die „bibliothek altes Reich – baR“ sieht es auch als ihre Aufgabe an, einen Beitrag zur Wissenspopularisierung zu leisten. Ziel ist es, kurze Wege zwischen wissenschaftlicher Innovation und deren Vermittlung herzustellen. Neben primär an das engere Fachpublikum adressierten Monographien, Sammelbänden und Quelleneditionen publiziert die Reihe „bibliothek altes Reich – baR“ als zweites Standbein auch Bände, die in Anlehnung an das angelsächsische textbook der Systematisierung und Popularisierung vorhandener Wissensbestände dienen. Den Studierenden soll ein möglichst rascher und unmittelbarer Zugang zu Forschungsstand und Forschungskontroversen ermöglicht werden.

https://doi.org/10.1515/9783111241586-011

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bibliothek altes Reich – baR

Institutionelle Unabhängigkeit Zur wissenschaftsorganisatorischen Positionierung der Reihe: Die „bibliothek altes Reich – baR“ versteht sich als ein grundsätzlich institutionsunabhängiges Unternehmen. Unabhängigkeit strebt die „bibliothek altes Reich – baR“ auch in personeller Hinsicht an. Über die Annahme von Manuskripten entscheiden die Herausgeber nicht alleine, sondern auf der Grundlage eines transparenten, nachvollziehbaren peer-review Verfahrens, das in der deutschen Wissenschaft vielfach eingefordert wird. Band 1: Lesebuch Altes Reich Herausgegeben von Stephan Wendehorst und Siegrid Westphal 2006. VIII, 283 S. 19 Abb. mit einem ausführlichen Glossar. ISBN 978-3-486-57909-3

Band 6: Siegrid Westphal, Inken Schmidt-Voges, Anette Baumann Venus und Vulcanus Ehen und ihre Konflikte in der Frühen Neuzeit 2011. 276 S. ISBN 978-3-486-57912-3

Band 2: Wolfgang Burgdorf Ein Weltbild verliert seine Welt Der Untergang des Alten Reiches und die Generation 1806 2. Aufl. 2008. VIII, 390 S. ISBN 978-3-486-58747-0

Band 7: Kaiser und Reich in der jüdischen Lokalgeschichte Herausgegeben von Stefan Ehrenpreis, Andreas Gotzmann und Stephan Wendehorst 2013. 321 S. ISBN 978-3-486-70251-4

Band 3: Die Reichsstadt Frankfurt als Rechts- und Gerichtslandschaft im Römisch-Deutschen Reich. Herausgegeben von Anja Amend, Anette Baumann, Stephan Wendehorst und Steffen Wunderlich 2007. 303 S. ISBN 978-3-486-57910-9 Band 4: Ralf-Peter Fuchs Ein ,Medium zum Frieden‘ Die Normaljahrsregel und die Beendigung des Dreißigjährigen Krieges 2010. X. 427 S. ISBN 978-3-486-58789-0 Band 5: Die Anatomie frühneuzeitlicher Imperien Herrschaftsmanagement jenseits von Staat und Nation Herausgegeben von Stephan Wendehorst 2015. 492 S. ISBN 978-3-486-57911-6

Band 8: Pax perpetua Neuere Forschungen zum Frieden in der Frühen Neuzeit Herausgegeben von Inken Schmidt-Voges, Siegrid Westphal, Volker Arnke und Tobias Bartke 2010. 392 S. 2 Abb., ISBN 978-3-486-59820-9 Band 9: Alexander Jendorff Der Tod des Tyrannen Geschichte und Rezeption der Causa Barthold von Wintzingerode 2012. VIII. 287 S. ISBN 978-3-486-70709-0 Band 10: Thomas Lau Unruhige Städte Die Stadt, das Reich und die Reichsstadt (1648 – 1806) 2012. 156 S. ISBN 978-3-486-70757-1

bibliothek altes Reich – baR

Band 11: Die höchsten Reichsgerichte als mediales Ereignis Herausgegeben von Anja Amend-Traut, Anette Baumann, Stephan Wendehorst und Steffen Wunderlich 2012. 231 S. ISBN 978-3-486-71025-0 Band 12: Hendrikje Carius Recht durch Eigentum Frauen vor dem Jenaer Hofgericht (1648 – 1806) 2012. 353 S. 2 Abb., ISBN 978-3-486-71618-4 Band 13: Stefanie Freyer Der Weimarer Hof um 1800 Eine Sozialgeschichte jenseits des Mythos 2013. 575 S., 10 Abb., ISBN 978-3-486-72502-5 Band 14: Dagmar Freist Glaube – Liebe – Zwietracht Konfessionell gemischte Ehen in Deutschland in der Frühen Neuzeit 2015. ISBN 978-3-486-74969-4 Band 15: Anette Baumann, Alexander Jendorff (Hrsg.) Adel, Recht und Gerichtsbarkeit im frühneuzeitlichen Europa 2014. 432 S. ISBN 978-3-486-77840-3 Band 16: André Griemert Jüdische Klagen gegen Reichsadelige Prozesse am Reichshofrat in den Herrschaftsjahren Rudolfs II. und Franz I. Stephan 2014. 517 S. ISBN 978-3-11-035267-2 Band 17: Alexander Denzler, Ellen Franke, Britta Schneider (Hrsg.) Prozessakten, Parteien, Partikularinteressen Höchstgerichtsbarkeit in der Mitte Europas

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vom 15. bis 19. Jahrhundert 2015. ISBN 978-3-11-035981-7 Band 18: Inken Schmidt-Voges Mikropolitiken des Friedens Semantiken und Praktiken des Hausfriedens im 18. Jahrhundert 2015. 365 S. ISBN 978-3-11-040216-2 Band 19: Frank Kleinehagenbrock Das Reich der Konfessionsparteien Konfession als Argument in politischen und gesellschaftlichen Konflikten nach dem Westfälischen Frieden 2017. ISBN 978-3-11-045043-9 Band 20: Anette Baumann, Joachim Kemper (Hrsg.) Speyer als Hauptstadt des Reiches Politik und Justiz zwischen Reich und Territorium im 16. und 17. Jahrhundert 2016. 260 S. ISBN 978-3-11-049981-0 Band 21: Marina Stalljohann-Schemme Stadt und Stadtbild in der Frühen Neuzeit Frankfurt am Main als kulturelles Zentrum im publizistischen Diskurs 2016. 508 S. ISBN 978-3-11-050145-2 Band 22: Annette C. Cremer, Anette Baumann, Eva Bender (Hrsg.) Prinzessinnen unterwegs Reisen fürstlicher Frauen in der Frühen Neuzeit 2017. 310 S. ISBN 978-3-11-047371-1 Band 23: Fabian Schulze Die Reichskreise im Dreißigjährigen Krieg Kriegsfinanzierung und Bündnispolitik im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation 2018. 632 S. ISBN 978-3-11-055619-3

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bibliothek altes Reich – baR

Band 24: Anette Baumann Visitationen am Reichskammergericht. Speyer als politischer und juristischer Aktionsraum des Reiches (1529 – 1588) 2018. 278 S. ISBN 978-3-11-057116-5 Band 25: Volker Arnke „Vom Frieden“ im Dreißigjährigen Krieg. Nicolaus Schaffshausens „De Pace“ und der positive Frieden in der Politiktheorie 2018. 308 S. ISBN 978-3-11-058062-4 Band 26: Berndt Strobach Der Hofjude Berend Lehmann (1661 – 1730). Eine Biografie 2018. 478 S. ISBN 978-3-11-060448-1 Band 27: Stefanie Freyer, Siegrid Westphal (Hrsg.) Wissen und Strategien frühneuzeitlicher Diplomatie. 2020. 262 S. ISBN 978-3-11-062186-0 Band 28: Jürgen Brand Clemens Wilhelm Adolph Hardung (1768 – 1821). Ein letzter Verteidiger des Reiches. Mit einem Faksimile seiner „Staatsrechtlichen Untersuchungen“ aus dem Jahre 1805 2019. 698 S. ISBN 978-3-11-062200-3 Band 29: Anette Baumann, Sabine Schmolinsky, Evelien Timpener (Hrsg.) Raum und Recht. Visualisierung von Rechtsansprüchen in der Vormoderne. 2020. 188 S. ISBN 978-3-11-068329-5

Band 31: Stefan Seitschek, Sandra Hertel (Hrsg.) Herrschaft und Repräsentation in der Habsburgermonarchie (1700 – 1740). Die kaiserliche Familie, die habsburgischen Länder und das Reich. 2021. 478 S. ISBN 978-3-11-066673-1 Band 32: Anna Lingnau Lektürekanon eines Fürstendieners. Die Privatbibliothek des Friedrich Rudolf von Canitz (1654 – 1699). 2021. Ca. 400 S. ISBN 978-3-11-068516-9 Band 33: Astrid Ackermann, Markus Meumann, Julia Schmidt-Funke, Siegrid Westphal (Hrsg.) Mitten in Deutschland, mitten im Krieg. Bewältigungspraktiken und Handlungsoptionen im Dreißigjährigen Krieg. 2023. Ca. 500 S. ISBN 978-3-11-069132-0 Band 34: Astrid Ackermann Herzog Bernhard von Weimar. Ein Militärunternehmer und politischer Stratege im Dreißigjährigen Krieg. 2023. Ca. 450 S. ISBN 978-3-11-070184-5 Band 35: Volker Arnke, Siegrid Westphal (Hrsg.) Der schwierige Weg zum Westfälischen Frieden. Wendepunkte, Friedensversuche und die Rolle der „Dritten Partei“. 2021. 306 S. ISBN 978-3-11-070359-7 Band 36: Avraham Siluk Die Juden im politischen System des Alten Reichs. Jüdische Politik und ihre Organisation im Zeitalter der Reichsreform. 2021. 462 S. ISBN 978-3-11-072347-2

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Band 38 Evelien Timpener In Augenschein genommen Hessische Lokal- und Regionalkartographie in Text und Bild (1500 – 1575) 2022. 198 S. ISBN 978-3-11-077755-0 Band 39 Joseph Bongartz, Alexander Denzler, Carolin Katzer, Stefan A. Stodolkowitz (Hrsg.) Feder und Recht. Schriftlichkeit und Gerichtswesen in der Vormoderne 2023. 426 S. ISBN 978-3-11-107730-7 Band 40 Anette Baumann (Hrsg.) Juristen als Experten? Wissensbestände und Diskurse von Juristen im 16. und 17. Jahrhundert 2023. Ca. 395 S. ISBN 978-3-11-107012-4

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