Boden und Werkwelt: Untersuchungen zum Vokabular der Galloromania aufgrund von nichtliterarischen Texten. Mit besonderer Berücksichtigung mittellatein. Urkunden 9783111328089, 9783110984750

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Boden und Werkwelt: Untersuchungen zum Vokabular der Galloromania aufgrund von nichtliterarischen Texten. Mit besonderer Berücksichtigung mittellatein. Urkunden
 9783111328089, 9783110984750

Table of contents :
VORWORT
INHALT
EINLEITUNG
I. Geländeformen
II. Wildwachsende Pflanzen
III. Waldbäume, Holz
IV. Das Wasser, seine Regulierung und Nutzung
V. Fischweiher und Fischfang
VI. Fischbezeichnungen
VII. Schiffahrt
VIII. Mühle und Mühlteich
IX. Weg und Fahrzeug
X. Richtung, Orientierung im Gelände
XI. Landmaße und Landeinteilung
XII. Die Erde im Blickfeld des Bauern
XIII. Weidewirtschaft
XIV. Viehzucht
XV. Getreide und Getreideanbau
XVI. Hanfbau
XVII. Bäuerliche Siedlung
XVIII. Sonstiges aus dem Bereich der Landwirtschaft
XIX. Pflanzen und Früchte und ihre Kultur
XX. Rund um Wein und Cidre
XXI. Bier, Bierbrauerei
XXII. Behälter und Gefäße
XXIII. Gebrauchsgegenstände, Hausrat
XXIV. Werkzeuge
XXV. Lederbearbeitung und Gerberei
XXVI. Stoffe und Bekleidung
XXVII. Walkerei
XXVIII. Pelzbereitung
XXIX. Bäckerei
XXX. Metzgerei und Fleischbereitung
XXXI. Haus und Hausbau
ZUSAMMENFASSUNG
ALPHABETISCHER WORTINDEX
QUELLEN
LITERATUR

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B E I H E F T E ZUR ZEITSCHRIFT FÜR ROMANISCHE

PHILOLOGIE

B E G R Ü N D E T V O N GUSTAV G R Ö B E R F O R T G E F Ü H R T VON W A L T E R V O N W A R T B U R G H E R A U S G E G E B E N VON K U R T B A L D I N G E R

115. H E F T

Manfred Bambeck Boden und Werkwelt

MAX N I E M E Y E R V E R L A G 1968

TÜBINGEN

Boden und Werkwelt Untersuchungen zum Vokabular der Galloromania aufgrund von nichtliterärischen Texten. Mit besonderer Berücksichtigung mittellateinischer Urkunden

von

Manfred Bambeck

MAX N I E M E Y E R V E R L A G T Ü B I N G E N 1968

Als Habilitationsschrift auf Empfehlung der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft

©

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1968 Alle Rechte vorbehalten • Printed in Germany Satz und Bruck: Ferdinand Oechelhäuser Druck- und Verlags-GmbH Kempten/Allgäu Einband von Helnr. Koch Tübingen

P A R E N T I B U S DEPTJNCTIS UXOBIQTTE C A B I S S I M A E

VORWORT Die vorliegende Arbeit hat der Philosophischen Fakultät der Universität Heidelberg im Wintersemester 1964 als Habilitationsschrift vorgelegen. Für manchen Hinweis und für mannigfache Belehrung habe ich zu danken: Prof. Dr. Walther Bulst, Prof. Dr. Viktor Pöschl und Prof. Dr. Anton Schall (alle Heidelberg). Entscheidend gefördert wurde das Unternehmen auch durch das stete und warme Interesse, mit dem der hervorragende Kenner des Mittelalters, mein lieber Kollege Herr Karl-Ferdinand Werner (Mannheim), es in allen seinen Phasen begleitete. Den ersten Anstoß zur Arbeit verdanke ich Prof. Dr. Kurt Baldinger (Heidelberg). Er war es auch, der mir in vielen Details mit Rat und Tat zur Seite stand, der mir stets seine außergewöhnliche Erfahrung in lexikalischen Fragen rückhaltlos zur Verfügung stellte. Ihm gilt meine ganz spezifische Erkenntlichkeit. M. Bambeck

VII

INHALT Vorwort Einleitung I Geländeformen II Wildwachsende Pflanzen III Waldbäume, Holz IV Das Wasser, seine Regulierung und Nutzung V Fischweiher und Fischfang VI Fischbezeichnungen VII Schiffahrt VIII Mühle und Mühlteich IX Weg und Fahrzeug X Richtung, Orientierung im Gelände XI Landmaße und Landeinteilung XII Die Erde im Blickfeld des Bauern XIII Weidewirtschaft XIV Viehzucht XV Getreide und Getreideanbau XVI Hanfbau XVII Bäuerliche Siedlung XVIII Sonstiges aus dem Bereich der Landwirtschaft XIX Pflanzen und Früchte und ihre Kultur XX Rund um Wein und Cidre XXI Bier, Bierbrauerei XXII Behälter und Gefäße XXIII Gebrauchsgegenstände, Hausrat XXIV Werkzeuge XXV Lederbearbeitung und Gerberei XXVI Stoffe und Bekleidung XXVII Walkerei XXVIII Pelzbereitung XXIX Bäckerei XXX Metzgerei und Fleischbereitung XXXI Haus und Hausbau Zusammenfassung Alphabetischer Wortindex Quellen Literatur

VII XI 1 8 11 18 33 40 44 53 59 64 71 84 102 106 110 122 123 126 129 136 145 148 150 158 162 171 181 184 186 188 190 200 204 228 234 IX

EINLEITUNG Der Titel der vorliegenden Arbeit entspricht nicht der ihr zugrundeliegenden Ausgangsintention. Beabsichtigt war nämlich, die Frage nach der Herkunft und Situierung des Capitulare de villis neu zu stellen und im breiteren Rahmen einer möglichst weitgehenden Erfassung von frühmittellateinischen, auf dem Boden der Galloromania entstandenen Texten eine Konfrontierung zu ermöglichen. Es ist im Grunde also die gleiche Methode, welche F. L. Ganshof (Le Moyen Age, 55,1949,201-224) in unserem Zusammenhange zum ersten Male praktizierte, als er durch Berücksichtigung mittellateinischer Elemente nicht nur die letztlich vorausgegangenen Ergebnisse in der Capitulare-de-villis-¥r&ge (Wartburg, Speculum 15,1,1940) entscheidend erschütterte, sondern darüber hinaus einen neuen Weg in diesen Studien aufgezeigt hat. Bekanntlich hat einst Alfons Dopsch die These aufgestellt, das Capitulare de villis sei nicht unter Karl dem Großen im Jahre 812 für das gesamte Reich abgefaßt worden, sondern es sei unter Ludwig dem Frommen 794 oder 795 entstanden und habe nur für Aquitanien Geltung gehabt. Im Anschluß daran haben dann Romanisten wie Winkler, Spitzer und Jud versucht, dieser These mit sprachgeographischen Argumenten zu begegnen. Dabei ging man so zu Werke, daß man eine Anzahl der im Capitulare de villis begegnenden Wörter sowohl in ihrer Geschichte in den alten Texten als auch besonders in ihrer heutigen Verbreitung in den Mundarten verfolgte und daraus einen Schluß auf die Lokalisierung zog. Das Ergebnis war freilich widersprüchlich genug: für die einen gehörte der Text in den Norden, für die anderen in den Süden. In dem genannten Aufsatz, der zugleich eine bibliographisch vollständige Einführung in die Problemgeschichte um das Capitulare de villis darstellt, hat Ganshof diese Aporie sichtbar gemacht. Einen Höhepunkt dieser diachronisch profilierten sprachgeographischen Argumentation stellt zweifellos der erwähnte Aufsatz Wartburg's dar. Entscheidend und unumstößlich erschien die Schlußfolgerung, die er vor allem aus der Wendung zog ,,dominica in palmis quae osanna dicitur": Reflexe von hosanna leben ja bis heute im Poitou, der Saintonge und im Anjou in der Bed. „Buchsbaum" fort, was nur möglich ist, weil der Palmsonntag in diesen Gegenden mit „Hosanna" bezeichnet wurde. Der Buchsbaum erhielt den Namen des Feiertags, nachdem Buchsbaumzweige in Ersatz der in der Bibel erwähnten Palmen an diesem Festtage unter Hosanna-rufen in feierlicher Prozession in die XI

Kirche getragen wurden. Die in der Wendung „dominica in palmis quae osanna dicitur" vorliegende Situation hat also ihren genauen Widerhall in den genannten Gegenden Südwestfrankreichs. Der daraus sich ableitende Schluß, das Capitulare de villis müsse von dort herstammen, ergibt sich somit zwangsläufig. Nun hat aber Ganshof, wie angedeutet, gezeigt, daß man mit hosanna den Palmsonntag auf viel weiterem Gebiet bezeichnet hat . . . ,,au moins dès le début du VIII e s., mais peut-être dès le VI e ou le VII e , Osanna s'employait pour désigner la plante arborescente dont les ramaux étaient bénis le dimanche des Rameaux: le buis vraisemblablement. Ce phénomène linguistique en implique un autre: l'emploi, à la même époque, d'osanna pour désigner le dimanche des Rameaux luimême. Ceci . . . nous oblige à situer cet emploi d'osanna . . . dans une aire géographique beaucoup plus vaste qu'une fraction de l'Ouest ou du Sud-Ouest de la Gaule . . . " (op.cit. 217, 218). Auch hat Ganshof im Anschluß an Marc Bloch mit Recht eindringlich darauf hingewiesen, daß wir vom Capitulare de villis ein einziges Manuskript besitzen ,,un seul manuscrit, peut-être une copie de troisième ou quatrième main, en tous cas une copie fort incorrecte", (op.cit. 205) Hinzukommt, daß wir über die Herkunft der Schreiber und der Abschreiber nichts wissen, nichts wissen über die linguistischen Fakten, die daraus vielleicht sich ergeben könnten. Von hier aus gesehen erscheint das Problem der Herkunft des Capitulare de villis unlösbar. Ganshof hat zwischen den Text des Capitulare und der volkssprachlichen Vergleichsmöglichkeiten einen Teil jener lateinisch abgefaßten Überlieferung eingeschaltet, welche von den Romanisten außer Acht gelassen worden war. Gegenüber der mittellateinischen Verbreitung von Hosanna erscheint nun die Situation, die der rein volkssprachliche Befund erkennen ließ, gerade in ihrer topographischen Delimitierung oft wie ein fragmentarischer Restbestand. Die volkssprachlich sich anbietende Spezifizierung und Begrenzung weitet sich aus, zerfließt und fällt zusammen. Dem Beobachter wird jede schlüssige Beobachtung und positive Beurteilung angesichts der QuasiUbiquität der mittellateinischen Bezeugungen unmöglich. Es war also die Hereinnahme mittellateinischer Texte, welche zu Ganshof's negativem Ergebnis führte. Andererseits involviert aber a priori die Berücksichtigung mittellateinischer Tradition eine größtmögliche Nähe zur Wahrheit in dem uns hier beschäftigenden Problem. Für Ganshof besteht diese Wahrheit im begründeten Zweifel an einer konkreten Antwort auf die Frage, welche linguistischen Eigenheiten im Capitulare de villis auf ein bestimmtes Herkunftsgebiet schließen lassen. Niemand, der seinem Beweisgange gefolgt ist, wird in der derzeitigen XII

Phase der Geschichte unserer Problemstellung die Richtigkeit und Evidenz seiner Position negieren können. Freilich letzte Gewißheit darüber, ob und inwieweit seine Methode auch voll ausgeschöpft ist und somit alle Bedingungen für die Annahme seines Ergebnisses erfüllt sind, wird erst dann vorliegen, wenn einmal lückenlos alle im Bereich der Galloromania entstandenen frühmittelalterlichen Lateintexte mit dem im Capitulare de villis gegebenen Vokabular verglichen werden können. Zwei Voraussetzungen liegen der Verwirklichung dieses Zieles zugrunde: die eine bezieht sich auf die Art und Weise der Auswahl der aus dem Capitulare de villis zum Vergleich herangezogenen Wörter und die andere meint die Frage nach der praktischen Möglichkeit einer Erfassung der frühmittelalterlichen Urkundenlatinität in Frankreich. Man hat nämlich bisher - mit der einen Ausnahme Hosanna - nur auf Konkordanzen des Capitulare de villis = Vokabulars mit der Volkssprache geachtet, was sicher nur die eine Seite der Aufgabe sein kann. Vielmehr sind - was auf die erste von uns genannte Voraussetzung hinausläuft - im Capitulare de villis auch die Wörter in Rechnung zu stellen, welche keine Entsprechungen in der Volkssprache haben. Es ist somit eine größere Anzahl von Vokabeln nutzbar zu machen, deren Analoga dann von Fall zu Fall in den mit. Vergleichstexten zu suchen sind. Die Untersuchung zielt so nicht nur auf die Situation in der Volkssprache, sondern dürfte darüber hinaus vielleicht eine gewisse regionale Schattierung des Urkundenlateins erkennen lassen, was also auch vom Latein her ein Kriterium für die Lokalisierung des Capitulare de villis ergäbe. Hier berühren wir die zweite, oben geforderte Voraussetzung: der Idealfall wäre dann gegeben, wenn die gesamte mittelalterliche Urkundenlatinität Frankreichs ohne jede Ausnahme herangezogen werden könnte. Allerdings ist dies zur Zeit nicht möglich, weil nur ein geringer Teil der in den Archiven schlummernden Überlieferung in gedruckten Ausgaben vorliegt. Zudem ist von dem Minimum des Gedruckten nur wieder ein Teil relativ gut zugänglich. So war auch dieses unser Unternehmen von vornherein auf das Maß reduziert, welches durch die Anzahl der erreichbaren Texte gegeben war. Es sind dies, wie aus der Quellenangabe (s. S. 356ff.) ersehen werden kann, im ganzen 87 Nummern, welche zur Identifizierung des Capitulare de villis verwendet wurden. I m Verlauf der Untersuchung zeigte sich dann, daß für den im Capitulare de villis vorliegenden Wortschatz von hier nicht ein einziger Anknüpfungspunkt eruiert werden konnte. Höchstwahrscheinlich ist das durch unsere 87 Nummern gegebene Vergleichsmaterial zu spärlich und vor allem in seiner geographischen Streuung viel zu weitmaschig, als XIII

daß sich für die Situierung des Capitulare de villis ein Indiz ergeben könnte. Auch ist a priori die weitere Möglichkeit nicht auszuschließen, daß sogar bei der Erfassung der gesamten mittellateinischen Überlieferung für unsere Fragestellung nichts Greifbares herauskäme, was auf eine Sonderstellung des Capitulare de villis hinausliefe, eine Individualität beinhalte, die erst bei einem fortgeschrittenem Stadium der gesamten mittellateinischen Studien gedeutet und geklärt werden dürfte. Dagegen zeitigte das negative Ergebnis im Hinblick auf das Capitulare de villis ein positives Pendant in einer genaueren Einsicht in die Volkssprache. Wir durften uns ja bei der Bearbeitung unserer Quellen nicht mit einer Gegenüberstellung mit dem Capitulare de villis = Vokabular begnügen, sondern hatten stets den Wortschatz der Galloromania im Auge zu behalten, wie er in seiner Geschichte nach der derzeitigen Forschung sich darstellt. Während dabei die Verbindung zum Capitulare de villis wegen Unergiebigkeit sich löste, knüpfen sich die Fäden enger, welche in den Überlieferungsbestand der Volkssprache hinüberführten. Unsere Arbeit wurde das, was in ihrem Titel zum Ausdruck kommt. Für die Darstellung des Wortmaterials kam dabei entweder die alphabetische Reihenfolge in Frage, oder aber es war eine Anordnung nach der im Vokabular vorgegebenen inhaltlichen Konstitution zu wählen. Wir gaben der letzteren Möglichkeit den Vorzug, weil sich dabei zugleich auch eine Gesamtvorstellung für die Begriffswelt erschließt, welche in diesen mittellateinischen Urkunden - zumeist sind es Cartularien zum Ausdruck kommt. Per definitionem handelt es sich also primordial um einen Ausschnitt der sprachlichen Wirklichkeit im Bereich der Galloromania, welcher in seiner lexikalischen Ausprägung hier in Erscheinung tritt. Deshalb lag die systematische Verfolgung einzelner Phänomene in ihrer weiteren Verbreitung innerhalb der Romania jenseits der von unserer Aufgabe her gesteckten Grenzen. Die einzelnen, einen jeweiligen Sachbereich (s. Inhaltsverzeichnis) bildenden Bezeichnungen wurden also in ihrer geographischen Ausdehnung auf dem Boden der Galloramina nach unseren Ergebnissen unter Umständen neu gefaßt und gegenüber dem vorausgehenden Forschungsstande von Fall zu Fall abgehoben. Dabei wurde stets in der Richtung von Süden nach Norden gegangen und der Gesamtkomplex am Schluß behandelt. Sigel und Abkürzungen sind die im F E W verwendeten, sofern nicht einige in dem Abschnitt „Literatur" (s. S. 234ff.) angegebene vorgezogen wurden. Die neueren mittellateinischen Wörterbücher und Glossare sind bei den „Quellen" (s. S. 228ff.) unter den Sigeln: Blatt, GMLC, Latham, MWB, Niermeyer, Sella, Sella em aufgeführt.

XIV

I

Geländeformen

1. ariva (terra) 'Land am Ufer' Apr. arriver m. 'terre stérile, garrigue' (1392, Pans) geht auf ein * AD BIP ABITTM zurück, ein ursprüngliches Adjektiv, gebildet vom Substantiv ripa durch Vorsetzung des Präfixes ad- und durch Anfügung des Suffixes -arium. Es besagte wohl von Haus aus 'das zum Ufer gehörige' (seil. 'Gelände', unter Ellipse eines Substantivs wie campus, ager u. ä.). Die vorliegende Bedeutung 'terre stérile, garrigue' erklärt sich am ehesten aus einer spezifischen lokalen Bodenbeschaffenheit. Einen frühen Hinweis für die hier in Rede stehende ursprüngliche Geländebezeichnung darf man wohl in dem folgenden Passus erblicken: 1038 Carta de Turrivis: . . . in eodem loco, duas modiatas de terra ariva (CartSVicMars 1,336). Auch DC (subierra): „Terra ariva Riparia, quae est ad rivam seu ripam". Charte ann. 1046 ex Chartul. magno S. Victoria Massil. fol. 59: Donamus dorn. Deo et ecclesiam S.Victoris de terra ariva modiata una in comitatu Aquense. Alia ann. 1066 ibid. fol. 54: Dono de meo alode de terra ariva ad S. Victorem . . . . Vgl. auch Niermeyer. *Arivus, ariva weist vielleicht darauf hin, daß ein ursprünglicher Präpositionalnexus ad ripam - wohl ausgelöst durch vorausgehende Femininnomina (hier terra) - mit der Zeit als ein Adjektiv *adripu8, adripa, adripum aufgefaßt wurde, was die Vorstufe darstellt zu einer Weiterbildung *adriparium, wie sie in apr. arriver vorliegt. I m F E W fehlt der hier besprochene Typ. 2. Baucet, Bauceto [Abi., Eigenn.], balcet 'kleiner Abhang'. I n einem Dokument aus Marseille vom J a h r ca. 1080 heißt es u. a. : . . . dono . . . et saneto Victori et monachis Massiliensibus terram que fuit de Bono Filio de Baucet. .. (CartSVicMars 2,554). I n einem zweiten, ebenfalls aus Marseille vom J a h r 1164, ist die Rede vom Besitztum eines Vilelmus de Bauceto: Honorem Vilelmi de Bauceto episcopo vicecomitis deliberabunt (CartSVicMars 2,578). Und in einem dritten, in Provenzialisch abgefaßten, aus dem Rouergue vom J a h r 1250 heißt es: la cumba nostra queis toqua ab la onor del Mas Andral, e daus meg dia, ab lo cemder que eis dal Mas Andral e te alla Vilella e 1

te entro ad un balcet lonc local eu . . . mis una peira per bola; e daus bisa, toca ssi ab l'estrada . . . (CartN 45). Dieser Beleg ist derselbe, den Brunei 340,5 aufführt. I m Glossar wird das Wort mit Verweis auf M 'biausset' als 'petit escarpement' definiert. Unsere beiden Belege aus Marseille legen die Vermutung nahe, daß BALTEUS 'Gürtel'im Süden der Galloromania schon sehr früh als örtlichkeitsbezeichnung üblich gewesen sein muß. Balcet bleibt in dieser Bedeutung im F E W sub BALTEUS nachzutragen (s. dort 1,227 a den Hinweis auf die semantische Parallelentwicklung von CINGULUM in dem fast gleichen romanischen Verbreitungsgebiet)- 1 3. balqueria, balquiera 'mit hartem Gras bewachsenes Gelände' [ ?] Aus dem J a h r 1225 ist betr. Saint-Antonin (arr. Aix, cant. Trets, Bouches-du-Rhône) u. a. überliefert: item terram ubi fuit vinea . . . cum terra Sancti Antonini et cum balquiera quam rupit Hugo Duranti . . . item vineam . . . , que fuit Jaucerannorum et confrontât balquerie et vallato et venee veteri de Caballeria et cum balqueria ; item terram de las costas de las Vignas que confrontât cum balqueria B. Rengardus... (CartSVicMars 2,379). Was heißt hier balqueria ? F E W 1,211a bringt sub *BALCOS (gall.)'stark'u. a.: Apr. baie 'humide' ou 'couvert d'une croûte'. Dieses apr. balc ist überliefert in einem Text aus dem Quercy 1

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Balteus h a t t e schon im L t . seinen festen P l a t z in der Architektenterminologie. F E W 1,227a: "Sehr n a h e aber lag der Vergleich der Terrassenmauern m i t Felsb ä n d e r n u n d steilen W ä n d e n u n d d a m i t die Ü b e r t r a g u n g ihres N a m e n s auf die letzteren. Balteus bezeichnet die im A m p h i t h e a t e r terrassenförmig herumlaufenden Mauern, über denen die Sitzreihen derZuschauer angebracht waren . . .". Hier n u n entsprechende lt. Belege: pulvinorum baltei a b abaco hanc h a b e a n t proiecturam u t i circini c e n t r u m n n n m cum sit positum in capituli t e t r a n t e et a l t e r u m diducatur a d e x t r e m u m c y m a t i u m , circumactum balteorum extremas p a r t e s t a n g a t (Vitruvius 3,3(5), 7, ThesLL 2,1712,52). Dazu k o m m t Tertullian spect. 3 : vias . . . et cardines vocant balteorum per a m b i t u m et discrimina popularium per proclivum. (ThesLL ib.). Vielleicht n a h m aber die Ü b e r t r a g u n g gar nicht ihren Ausgang gerade von der Bauterminologie des Amphitheaters her. E i n A m p h i t h e a t e r b e s t a n d j a n u r in den bedeutenderen Städten, von woher schwerlich eine Bezeichnimg f ü r eine Geländeform gekommen sein d ü r f t e . Balteus war nämlich auch ein Terminus des H a u s b a u s schlechthin, wie aus I t a l a deut. 22,8 ersehen werden k a n n : . . . si . . . instruxeris d o m u m n o v a m , facies balteum tecti sui. (ThessLL ib.). Balteus gibt hier gr. OTeipâvï) wieder in der Bed. ' R a n d , Einfassung'. ZTetpdcv/] bedeutet von H a u s aus jede U m g e b u n g u n d U m k r ä n z u n g u n d begegnet so schon bei Moschus in der Bed. 'Bergrand, Felsr a n d ' . Von hier ist n u r noch ein Schritt zur Bed. 'escarpement', wie er im Apr. vorliegt. Gr. GTeepdcvT) entspricht lt. Corona, das seinerseits in nonsb. krona B e r g g r a t , Felswand' besagt ( R E W 2245). - Vgl. noch J . Hubschmid, Auffällige Übertragungen von Gegenständen u n d Körperteilen auf Geländeformen, R e v u e internationale d'onomastique 12, 1960, 86.

um ca. 1420 : Una terra trop bcdca, arenosa, ichi del fondament perfon e se levet en aut (Rn). Rn übersetzt 'humide', Lv: „Nach Diez Et. Wb. I I , 216 bedeutet es eher 'krustig'". Diese letztere Deutung stützt sich auf die Tatsache, daß nir. baic bedeutet: 'anything strong and stout; anything stiff and consistent, as parched clay; the hardened surface of the earth' (FEW 1,212, A.4), womit zu vergleichen sind (FEW ib. 211b): Fr. norm, bauche 'mortier fait de terre grasse et de paille', nfr. bauge, banque, bess. böque 'boue' u. ä. Da aber solche Bedeutungen, die zum Begriffskreis 'Lehm, Schlamm' etc. gehören, soweit ich sehe, für das Occitanische weder in alter noch in neuer Zeit nachgewiesen sind, dort vielmehr der Sachbereich harter und unkrautartiger Grasgewächse u. ä. von unserem Worte und seinen Ableitungen wiedergegeben erscheint,2 ist es angebracht, zwei voneinander getrennte semantische Entwicklungslinien von gall. *BALCOS 'stark' innerhalb der Galloromania anzunehmen.3 Auch wird man vorläufig gut daran tun, der Wendung „terra trop balca" in dem oben zitierten, Rn entnommenen Text (aus dem Quercy vom Jahr ca. 1420) mit einiger Vorsicht zu begegnen ; denn es ist zu bedenken, daß es sich um ein hapex legomenon handelt aus dem sog. Catalogue dels apostolis de Roma, 4 der Rn seinerzeit vorlag in der Bibliothèque du Roi fonds Gaignières, Ms. n° 99, olim n° 45. Bei dieser Sachlage ist es ja nicht ausgeschlossen, daß es noch andere Handschriften dieses Textes gibt, so daß erst ein Vergleich die wahre Lesung ergäbe. Auch ist die Möglichkeit einer falschen Lesung durch Rn nicht von vornherein auszuschließen ; das Wort steht in seiner adjektivischen Funktion in der Galloromania zu vereinzelt, als daß es nicht Anlaß zu Zweifeln an seiner Echtheit gäbe. Dagegen ist das von uns vier Mal belegte und um etwa 200 Jahre früher in der Gegend von Marseille anzusetzende Nomen balqueria, balquiera sicher authentisch. Der Kontext macht deutlich, daß es sich um die Bezeichnung von Geländestreifen handelt. Was genau und eindeutig mit balqueria gemeint ist, wird man allerdings nicht entscheiden können. Immerhin erscheint es vertretbar, im Hinblick auf die übrigen Bedeutungen in Südfrankreich an Flächen zu denken, die mit bestimmten, harten Grasarten bewachsen waren. a 8

4

F E W ib. geschieden sub I I . und sub I I I . Z. B : Apr balca 'nom de diverses graminées', Schweiz bâche 'mauvais foin de marécage', genf. bâche 'laiche' . . . Estrablin (Isère, Vienne) bô&i . . . , Die baoucho 'grosse touffe de foin grossier qui pousse dans les bois' ( F E W 2,211a), Briançon baucho, 'touffe de foin dans les rochers', Lallé (HAlpes) baouchia 'grosse herbe' . . . , npr. bauco 'graminée à tige rude ; nom de diverses plantes telles que fléole des marais, jonc des chaisiers, etc.' . . . Barcelonnette (BAlpes) boouchoua 'contenant beaucoup de bàoucha', etc. ( F E W ib. 211b). Der Catalogue dels apostolis de Koma ist eine Übersetzung der Flores chronicorum des Bernart Gui.

3

4. rocacium, rocassium 'Fels' Eine weitere Geländebezeichnung, die in den Süden gehört, darüber hinaus aber dort besonders dem Osten (östlich der Rhône) eignet, ist eine Felsbenennung *ROCCA mit dem Suffix -ACEUM. Nach F E W 10, 436a ist die Verteilung folgende: Adauph. rochaz m. 'rocher', apr. rochas (Drôme 14. Jh.), rocas (Provence, Gévaudan), hdauph. rouchá, Miribel-les-Echelles (Isère, Grenoble, St. Laurent) raêâ, mdauph. r%tsA, Die rouchá, HAlpes rutsás, rotëàs, Barcelonnette (Basses-Alpes) rouchás, pr. ri/kás, Freissinières (Hautes-Alpes, Embrun, Guillestre) rovtsás, Entraunes (Alpes M) rutsás, Puget-Théniers (Alpes-Maritimes) riekás, mars, roucás (1785), Aix rouquás (1723), Alais (Gard) roucás 'grand rocher', Pont-de-Montvert (Lozère, Florac) rwtêàs, Valgorge (Ardèche, Largentière) rutM, St. Pierre-de-Chignac (Dordogne, Périgueux) rouchá. Zeitlich vor all diesen Nachweisen liegen nun zwei Zeugnisse aus Nice: 1206: . . . Campum . . . coheret ab una parte rocacium (ChartSP 43); 1269: . . . recta via usque ad rocassium superiorem de Castelleto . . . (ib. 89). 5. Graveila [Eigenn.], gravois 'Sand' Auch die Sandbezeichnung afr. grávele, 'sable, grevier' gehört hierher, die höchstwahrscheinlich noch vorgallischen Ursprungs ist. F E W 4,255a, b, (sub *GBAVA 'Kies,): Afr. grávele 'sable, gravier, grève' seit 1120 . . . mfr. gravelle . . . gravielle 'grain de sable' . . . 1555, adomb. gravella' gravier' Chatillon-sur-Chaleronne 1390, Vendôme centr. gravelle, morv. id., graivale, Mâcon gravale, 'rugosité du sol', Verdun u. Chalonsur-Saône grávele 'petit caillou', Clessé (Saône-et-Loire, Mâcon, Lugny), Igé (Saône-et-Loire, Mâcon, Cluny), Bresse Châlonnaise, Bresse Louhannaise, Montret (Saône-et-Loire, Louhans) gravale, Sainte-Sabine (Côte d'Or, Beaune, Pouilly) graivole, Beaune gravelle, Nuits (Côte d'Or, Beaune) grávele 'menu gravier', Metz grçvçl, Blonay (Schweiz, Waadt) gravóla, Aussois (Savoie, St. Jean-de-Maurienne, Modane) gravel, Ruffieu (Ain, Belley, Champagne) gravéla, Die grovello 'endroit pierreux'. Nun liest man in einem Dokument aus Maine-et-Loire (Méron, arr. Saumur) : 1055-1093: . . . villanus monachorum . . . nomine Durandus Gravella (CartAng 1,226)... Höchstwahrscheinlich besagt dieser Eigenname eben 'Sand' und bedeutet dann eine Vordatierung von mindestens etwa 30 Jahren. An anderen Ableitungen von *GRAVA kennt die alte Sprache afr . . . gravei 'gros sable' BenSMaure, gravoi (12. Jh.), mfr. nfr. gravois (1549-1675) (nach F E W ib.). Der Typ gravois ist nun allerdings schon afr.: 1293: . . . la voie par où s'en vet aus mares, pour metre et hebergier le gravois de la voierie dudit evesque . . . (CartParis 3,93). 4

6. duna, dunus 'Düne' Schließlich sei für den Norden noch an ein spezifisches Küstenwort erinnert. F E W 3,180a (sub DÛNEN (mndl.) 'Düne') liest man: Fr. dune (seit 13. Jh.), Nord döen, boul. doens, Guern. dune, (dann auch npr. duno, Mars. id. 1785). Und BIWtbg heißt es: „ . . . Empr. du moyen néerl. DUNEN, aujourd'hui duin, qu'on rapproche du lat. de la Gaule DUNUM, d'origine gauloise 'hauteur' ". Solche Angaben lassen sich nun zeitlich präzisieren: 1203-1204 Balances: . . . omnes dune que inter Cuc et Traipié ad sepedictam Beati Judoci pertinent ecclesiam (Act Pont 251, Niermeyer). - 1205/1206: Nulluni molendinum deinceps acquiram . . . in latitudine a Wailly us que ad dunas de Waben . . . (ib. 261). Das hier uns beschäftigende Wort findet sich übrigens schon fast 400 Jahre früher schriftlich fixiert. Unterm J a h r 839 heißt es in einer Geschichtsquelle aus der Karolingerzeit u. a. s : Praeterea die septimo Kalendas Januarii . . . t a n t a inundatio contra morem maritimorum aestuum per totam paene Frisiam occupavit, u t aggeribus arenarum illic copiosis, quos dunos vocitant, fere coaequaretur . . . Deutet das Maskulin hier auf eine Kontamination mit gali, DUNUM, das dann im 9. J h . noch lebendig gewesen sein müßte, oder liegt einfach mangelnde Kenntnis des Verfassers vor, der das Wort nur vom Hörensagen kannte ? I n diesem Falle bezöge sich „vocitant" auf die fernen Friesen, im anderen meinte es wohl die einheimische Küstenbevölkerung, welcher der Begriff 'Düne' in Wort und Sache bekannt ist. Träfe diese Möglichkeit zu, dann wäre natürlich eine unmittelbare Herkunft aus dem Gallischen nicht von vornherein undenkbar. 6 Während die bisher behandelten Wörter entweder dem Süden oder dem Norden angehören, werden im folgenden noch vier gebracht, welche im wesentlichen über das gesamte Territorium der Galloromania verbreitet sind. 7. terra plana, planum 'Ebene' Nach F E W 9,29b (sub PLANUS 'flach, eben') gilt: Afr. mfr. piain m. 'terrain plat, plaine (le plus souvent déboisé)' (ca. 1138-1636), ib. 30a: plains pl. 'plaine vaste' (Florimont-Charles d'Orléans), des weiteren (ib. 30a): apr. plan 'plaine . . .'. Schon 844 heißt es im Bereich 6

Annates Bertiniani auctore Prudentio, Ausg. Waitz, Hannover 1883, 18. Der Beleg findet sieh auch bei Niermeyer. Latham: duna 'down, hill', 1086. ' Dagegen F E W 3,180a: . . . 'Das ndl. Wort stammt vielleicht aus dem Kelt., Franok 141. Auf keinen Fall kann aber das fr. Wort unmittelbar auf das Gall, zurückgeführt werden . . .'

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von Vierzon : I n silva quoque de Tertiaria, terciam partem et silve et terre plane (CartVierz 118). (Vgl. auch Latham: planum 'piain, level or open country', ca. 1070). - Niermeyer entnehme ich die folgende Bezeugung: ca. 1050: Prius constituant domos in piano et cum opus fuerit in sylva (CartdeS.-Pierre de la Couture (Maine)). Dazu kommen im Norden folgende mittellateinische Belege, von denen die beiden ersten noch vor dem dortigen bisherigen Erstbeleg (ca. 1138) rangieren: 1112-1113 (Graf Guillaume an die Abtei Marmoutier): . . . ecclesiam Sancti Leonardi Belismensis cum . . . cultis et incultis, boscho et piano... (ActPont 33). - 1126-1147 (Confirmation par le comte Gui des biens présents et futurs des chanoines réguliers d'Eu, sis en Pontieu ou dans le fief du comte de Pontieu): . . . quarterium terre . . . , tam in nemore quan in planis (ib. 59). - 1143 (Don par le comte Guillaume à l'abbé et aux moines de Notre-Dame et Saint-André de Vignats d'une partie de la forêt de Gouffern): . . . totum dominium meum de Montgarol, tam in piano quam in boscho et molendino (ib.45). - 1179: Partem terre in bosco et in piano (Actes de Namur; Niermeyer). - 1197 Paris: . . . Quicquid habebant. . . , absque ulla retencione tam plani quam nemoris . . . (ib. 214). Und für das Poitou gilt: 1224: Sciendum preterea quod in omnibus pascuis suis, tam nemoribus quam in planis, fratres ante memorate ecclesie . . . libera pascua et copiam falcandi . . . sunt habituri (CartBéch 35, 36). - 1245 Lyon (Privileg des Papstes Innozenz I I I . ) : décimas . . . cum pratis, vineis, terris, nemoribus, usagiis et pascuis in bosco et piano, in aquis et molendinis (ib. 197). 1256: omnia terragia . . . tam in terris nunc cultis quam in terris posterum excolendis, sive nemorosis sive in planis (ib. 109). Die formelhaft anmutende Verbindung mit 'Wald' (silva, boschum, nemus) ist ein weiteres Indiz für den im F E W 9, 34 a, A. 13 gemachten Hinweis, bei diesen Ebenen handele es sich vorzüglich um abgeholztes Gelände: „Der Gegensatz zeigt sich auch in dem Rechtssatz, le bois acquiert le piain', der bedeutet, daß der Besitzer eines Waldes ein anstoßendes Grundstück in Anspruch nehmen darf, wenn dieses während 20 Jahren nicht mehr angebaut worden ist." Für diesen Rechtssatz beruft sich das F E W auf Louis Liger, Oeconomie générale de la campagne ou Nouvelle Maison rustique, ein agrarpolitisch hochbedeutendes Werk des 18. Jahrhunderts. Unsere Belege zeigen, daß diese juristische Polarität Wald-Ebene offenbar in die karolingische Epoche zurückreicht. Übrigens bedeutet planum schon seit Sallust 'Ebene', welcher Hinweis im F E W nicht fehlen sollte: Sali. Jug. 53: Aciem in planum deducit. - Ovidius 2 art. am. 243: per planum ire. - id. 3 Trist. 4.17: cadere in piano. - Florus 4.12: Castra . . . in piano erant. - ib. 3,5: in plana descendere. - Justinus 2.10.24: de Xerxe: Montes in planum deducebat, et convexa vallium aequabat (nach Forcellini). 6

8. roketta 'kleiner Fels' Wir sahen oben, wie der Typ BOCACIUM in der Occitania beheimatet ist, mit Schwerpunkt im Gebiet östlich der Rhône. Die Galloromania zerfällt im Hinblick auf ROCCUS und die Ableitungen roc, roche, rocher, rochaz in vier Zonen (FEW 10,440 b). Dagegen ist der Typ mit dem Diminutivsuffix -itta gemeingalloromanisch. F E W 10,436b: Afr. rochette f. 'petite roche' (ab 1303), apr. roqueta (Gévaudan 13. Jh.), Givet (Ardennes, Recroi) rotchète, ang. rochette 'terrainpierreux' ,bress. rouchate 'petite roche' ; 'éminence avec une petite roche' ,Montbél. routchatte' petite roche', Schweiz rotzetta, bdauph. rouqueto, daupha. rvtééto, Cavalaire ( Var, Draguignan,St.Tropez) »-«¿¿io.Fürden Süden ergibt sich nun die folgende Vordatierung: ca. 1050 Puylombier (Bouches-du-Rhöne, arr. Aix) . . . a meridie, sicut stat roketta de Bono (CartSVicMars 1, 307). 9. braium 'Grundstück mit schlammigem Boden' [ ?] Während der Typ *ROCCUS sicher vorromanisch ist, aber nicht einer bestimmten Sprachgruppe bisher zugewiesen werden konnte 7 , gehen afr. brai 'boue, fange', apr. brac 'pus' mit einiger Sicherheit auf ein gallisches *BBACU zurück 8 . F E W 1,489a: awallon. brau 'boue, fange', abearn. brag, Pas-de-C. bras 'limon', St.-Pol brfy f. 'vase, boue qui se dépose au fond des mares', nfr. braye, Guern. braie m. 'fange, marais', ard. brai 'boue', J u r a breye, npr. bra, Lallé brac 'lieu bourbeux, écurie bourbeuse'. Für den Norden ist das Wort seit dem 12. J h . nachgewiesen. Dazu gesellt sich mit. braium, das in einem Dokument vom J a h r ca. 1100 erscheint: . . . Johannes de Sicoreio quietum clama vit braium, quem calumniabatur, et Moysen molendinarium et quicquid Huberrus . . . donaverat . . . monachis Sancti Martini . . . (CartMarm 73). Wie es scheint, meint braium hier ein Grundstück mit schlammigem Boden.

' Siehe J. Hubschmid, Z 78, 1962,145, 146 zu rocca. • BWtbg sub brai: seit 1309 in der Bed. 'sorte de goudron'. - Das Wort lebt auch in den Ortsnamen des Nordens fort (Auguste Vincent, Toponymie de la France, Bruxelles 1939, Nr. 554). 7

n Wildwachsende P f l a n z e n

Hier folgen n u n Bezeichnungen f ü r wildwachsende pflanzliche Gebilde, bei denen ein Bezug zu menschlicher Einflußnahme nicht unmittelbar gegeben erscheint. Von vornherein ist aber damit zu rechnen, daß die Namen solcher Gewächse nur deshalb schriftlich fixiert wurden, weil sie irgendwie in Zusammenhängen erwähnt werden mußten, welche die zivilisatorisch ordnende H a n d des Menschen in seinem Bemühen u m Aneignung und Beherrschung seiner natürlichen Umwelt erkennen lassen. 1. amarina 'Weide' So weist M.Pfister eine Bezeichnung f ü r 'Weide' nach: 1204 Montpellier: amarine donant de obolata I amarinam; - 1243 Avignon: redort a s amarinas (VR 18, 1959, 259). Dazu k o m m t ein Beleg vom J a h r ca. 1253 aus Marseille, der zeigt, daß dieses Gewächs begehrt war und deshalb nicht willkürlich entnommen werden konnte - sicherlich deshalb, weil m a n damit, wie noch heute, die Reben an den Stöcken festgebunden h a t - , obgleich der Text von solcher Verwendungsweise explicit nichts sagt (vgl. unten A. 10,2. Teil): . . . quicumque de alieno honore . . . capiet amarinas vel cannas, solvet pro qualibet amarina 2d., et pro qualibet canna 6d. (StM 5,19,17). Amarina setzt lt. AMERIKA (seil. SALIX) fort und ist in der Galloromania ein typisches W o r t des Südens: 9 apr. amarina 'jet d'osier', dauph. a(r)marina 'osier', Barcelonnette(Basses-Alpes) amarina, pr. onmarino 'brin d'osier', Ardèche, Gard: amarino, Clermont (Hérault, Lodève) aveyr. 'osier' ( F E W 1,87b). Bisher war das apr. Wort nachgewiesen bei R n in der Vida de S.Honorât, die manzwischen 1285 und 1300 ansetzt, 1 0 , d a n n bei Pans aus dem J a h r l 350. 11 9

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Der Norden hat dagegen bekanntlieh osier, das wahrscheinlich germ. Ursprungs ist. S. BIWtbg. R n definiert irrtümlich als 'cerisier sauvage' und 'jets de jonc'. Seinen Beleg aus dem Cartulaire de Montpellier vermag ich nicht zu chronologisieren. - F E W 1,87b: 'Schon zu Plinius' Zeiten wurde die von ihm SALIX AMERINA genannte Weidenart besonders zum Aufbinden der Reben gebraucht . . .'. Diese Verwendung der Salix amerina im Bereich der Weinkultur bezeugt vor Plinius bereits Vergil. Georg. 1,265: Amerina parant lentae retinacula viti. Servius bemerkt dazu: virgas, de quibus vites ligantur: quae virgae abundant circa Amerinum oppidum Italia« . . . alii genus salicis dicunt dispari colore a cetera salice, nam est rubra . . . ; quae nunc quoque Amerina a pusticis dicitur (ThesLL 1, 1886, 20). S. noch Gottlieb Stephan, Die Bezeichnungen der Weide im Galloromanischen, Giessen 1921, 46ff.

2. daladerii, daladel 'immergrüner Wegedorn' Eine andere echt meridionale Pflanzenbezeichnung haben wir in den Fortsetzern von lt. ALATEENTTS 'immergrüner Wegedorn'. Bisher war für das Apr. lediglich ein Beleg bekannt. Er stammt aus Saint-Pons-deThomiéres (Hérault) vom Jahr 1442 und hat, wie bei Lv zu ersehen ist, die Lautung aladem. Das Npr. (FEW 1,58a) kennt die Formen: (d)alader, daradku, (t)aradil, lang, alader (1756), alaver. Dazu kommen nun zwei weitere Formen aus Marseille, beide vor dem bisherigen Erstbeleg: ca. 1253: . . . omnes razoire . . . sint de euze vel de daladerii12 (StM 6,2). - 1432: . . . deu aver la ravoyra de grueys aytant con a de larch la porteta, et deu esser deuze o de boys o de daladel facha a torn (ib. 84,6). 3. Blancus-Flos, Albaflos, Albus-flos, 'Weißblume' (Eigenn.) Während sich in unseren Materialien kein lexikalisch relevanter Blumenname für den Süden ausmachen läßt, sind für den Norden einige hier vorzubringen. Vorweg seien zwei genannt, die als Beinamen auftreten und botanisch nicht mehr verifizierbar erscheinen. Es handelt sich um die Typen Albus Flos und Blancus Flos. I n Schriftstücken aus der Touraine heißt es: 1097: . . . uxor Petrosili, Azelaiza, cognomento Blancus-Flos (CartNoy 281) - 1113: . . . annuente ipsa uxore sua Albaflore (ib. 423). - 1113: Petrosilus et uxor eius Albus-flos (ib. 424). Wir haben hier also eine Namensvorfahrin der Blanchefleur in dem höfischen Roman Flore et Blancheflor, der um ca. 1170 angesetzt wird. Bemerkenswert ist in unseren Belegen das verschiedene Genus von flos. Der Schreiber wußte wohl, daß im Lat. flos maskulin ist; wenn ihm aber einmal das Feminin unterläuft, so wahrscheinlich deshalb, weil zu seiner Zeit in der Volkssprache fleur schon feminin war. Vielleicht ist überhaupt der Übergang vom Maskulin zum Feminin dadurch ausgelöst worden, 13 daß man Frauen mit Blumen in Verbindung brachte, so wie hier in der Namensgebung. Solche Namen waren vielleicht häufiger, als uns faßbar ist. 11 Auch sei hier daran erinnert, daß nach französischem Kinderglauben die kleinen Mädchen aus Rosen, die Buben dagegen aus Kohlköpfen kommen. 12

Andere Lesart: aladem. 18 F E W 3,636a: 'Flos . . . ist fast überall, wie im Gallorom., s. f. geworden; nur das It. (ausgenommen den Norden) Kat. halten am Maskulin f e s t . . . ' 14 Vgl. Frauennamen wie Aiglantine, Blanchefleur, Rose in den altfranzösischen Romanen (Louis-Fernand Flutre, Table des noms propres . . . figurant dans les romans du moyen-âge, écrits en français ou en provençal . . . , Poitiers 1962). S. noch Jacob Grimm, Kleinere Schriften, II, Berlin 1865, 366—401. 9

4. Coquerelle [Eigenn.] 'Anemone' Ein anderes schönes Beispiel für weibliche Namengebung nach Blumen liefert uns die folgende Wendung aus einem 1256 in Compiègne abgefaßten Text: De quitatione mortue manus Marie Coquerelle de J a u x . . . Mariam dictam Coquerelle, feminam nostram capitalem, intuitu pietatis, manumisimus (CartCompiègne 2,438). Coquerelle steht unter den F E W 2,859a verzeichneten Pflanzennamen: mfr. coquerelle 'anémone pulsatille' seit 1539 (dazu: HMarne, ard. id.; BIWtbg sub coqueret: 16. Jh.). Auch in einigen Mundarten sind Wort und Bedeutung vertreten (FEW ib.). Crespin belegt 1627 coquerelle 'physalis alkekengi' (FEW ib. 859b), centr. id. (FEW ib.). In anderen Mundarten bezeichnet das Wort andere Pflanzen (FEW ib.) Wir registrieren also über den Frauennamen zugleich eine Vordatierung der Pflanzenbezeichnung um fast 300 Jahre. 5. albus spinus 'Weißdorn' Zuletzt muß noch der Weißdorn Erwähnung finden. Das Afr., Alyonn., Adauph., Apr. kennen nur den Maskulintypus, der auf ein lt. *ALBISPINUS, für * ALB us SPINUS zurückzugehen scheint: Afr. albespin, alyonn. ardupin, adauph. arbepin, apr. albespin (FEW 1,60 b). Das Afr. kennt daneben auch die Femininvariante albe espine, welche als aubépine die Form des heutigen Schriftfranzösisch ist. 16 Auffällig bleibt, daß die nordfranzösischen Vertreter des maskulinen Typs, wie Gdf und Tobler lehren, im Vergleich zum Süden relativ spät lexikalisch faßbar erscheinen. Für den occitanischen Bereich ergibt sich dagegen: ca. 1100 (Wilhelm v. Poitou, Appel Chr) ; ca. 1150 (Jaufre Rudel, Rn ; Appel Chr), 1157 (Ortsn.: mas de YAlbespi, bei Millau, Brunei), 1175 (Örtlichkeit: estrada d'Albespi, Rouergue, Brunei S), ca. 1180 (Guiraut de Bornelh, AppelChr), 1550 (Pans). Für den Bereich von Grenoble (adauph.) kommt jetzt hinzu: ca. 1100: via . . . tendit usque ad unam arborem que vocatur albus spinus (CartGrenoble 95). Das bisher älteste Zeugnis findet sich jedoch im Antidotarium von Cambridge (11. Jh.): Potio quae utenda est . . . : poma de albo spino (A. Thomas, ALMA 4,1928, 100). 1 ' 16

BIWtbg: ". . . la coexistence des deux formes est due au fait que spïnus désigne proprement l'arbrisseau et spîna l'épine" . . . " Im Gévaudan ist das Toponymon Laubespin 1307 nachweisbar (R. Hallig, Pflanzennamen in den Ortsbezeichnungen des Gévaudan, in: Etymologica, Walther von Wartburg zum siebzigsten Geburtstag, Tübingen 1958, 336). Der älteste Beleg in einem Ortsnamen findet sich ca. 1030 in Mondeyres (Haute-Loire) : mansus qui dicitur Albespino (Vincent op. cit. Nr. 564). 10

m Waldbäume, Holz 1. euze, euzeu 'immergrüne Steineiche' Ense gehört in den Bereich der Benennungen für die verschiedenen Arten der Eiche. Mit euse, das lt. I L I C E fortsetzt (FEW 4,544 b), bezeichnet man im Süden Frankreichs die für das Mittelmeergebiet geltende immergrüne Steineiche (quercus ilex).17 Nach dem FEW existieren nun im Apr.18 zwei Reflexe des Wortes: elzer (Montpellier 1171) und euze (14.-15. Jh.). - Der Typ euze ist allerdings für Marseille schon ca. 1253 bezeugt: . . . omnes razoire sint de euze . . . (StM 6,2). Daneben ist ib. für das gleiche Jahr auch die Form euzeu überliefert: . . . omnes razoire cum quibus radetur sint ligni de fau o d'euzeu (ib. 3,14).19 2. garricus, garriga, garrica, garricha, garric 'Kermeseiche(ngehölz)' Auch garric, garriga ist ein echtes Wort der meridionalen Galloromania, das in das Bezeichnungsfeld um den Eichbaum gehört. Es besagt dort die Kermeseiche.20 Allerdings ist das Wort, obwohl es für Frankreich im wesentlichen dem Süden zuzurechnen ist, auch im Norden durchaus vertreten: z. B. Afr. mfr. jarrie 'terre inculte' (12.-15. Jh., saint orl. bourg.), afr. jarris 'houx'; 'báton de houx' (12.-13. Jh., pik.), 21 pik. garik 'unbebautes Land', Amiens garipe id.22 Darüber hinaus ist das Wort und seine Sippe in dem genannten Bedeutungsbereich fast über die gesamte Romanía außer Rumänien verbreitet. 23 Als Etymon hat ein vorromanisches * C A B R - 'Stein' zu gelten, wie man am ehesten aus bask. artakarro 'Art Eiche' ersieht, welches Wort im ersten Glied bask. arte 'Eiche' und im zweiten einen Stamm karr hat, der auch vorliegt in kat. carrasca 'Steineiche', sp. 'kleine Stein17

Der Norden blieb dagegen bei gall. * C A S S A N U S > fr. chêne. Über die Verteilung in den Mundarten s. FEW 4,544b. 19 Vgl. R. Hallig, Pflanzennamen in den Ortsbezeichnungen des Gévaudan, in: Etymologica, Waither von Wartburg zum siebzigsten Geburtstag, Tübingen 1958, 330). 20 Garriga heißt auch 'unbebautes Land'. » FEW 2,409b. " I. Hubschmid, Mediterrane Substrate, mit bes. Berücksichtigimg des Baskischen und der west-östlichen Sprachbeziehungen, Bern 1960, 41. 2 » S. FEW 2,410a, b. Mitteilung von Bertoldi. - Hubschmid 1. cit. 18

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eiche', port. 'Art Olivenbaum', galiz. carrabouxos 'Eichen'.24 An alten Belegen ist nun allerdings wieder Südfrankreich besonders ergiebig. Sie vermitteln einen Eindruck von der Vitalität des Wortes gerade dort:25 ca. 817 Conserans: Cedimus sie istum locum . . . cum suis garricis, cultibus et incultibus (Niermeyer). - 840 Saint-Marcellin (arr. Aix): . . . villam que dicitur Carvilianus, id est casis astantibus ac dirutis, terris cultis et incultis, vineis, pratis, paseuis, silvis, montibus, garricis, ortis . . . (CartSVicMars 1,39). - 864 Rodez: Cum silvis, garrigiis et aquarum decursibus (Niermeyer), - 943/948: Ista vero, omnia . . . S. Petro offerimus . . . cum terris cultis et incultis, pratis, vineis, garricis (CartBeaul 28). - 943/948: . . . cum terris cultis et incultis, cum ipsa plantada prope adherente, cum garricis, cum fraustis, cum omnia ad se pertinentia (CartBeaul 61). - 965/977 Marseille: . . . terra culta et inculta, pratis, paseuis, garricis, aquis (CartSVicMars 1,29). - 1016 Brignolles (Var): . . . ecclesiam . . . cum paseuis, silvis, garricis, aquis . . . (ib. 351). - 1017 Camps (Var): - cum . . . paseuis, silvis, garricis, aquis . . . (ib. 369). - 1018 Rousset (arr. Aix): . . . quartana partem in vineis, in campis,in garricis, in paseuis . . . (ib. 253). 1030 Reillanne (BAlpes): . . . ecclesiam . . . cum vineis et campis . . . garricis et oglatis, arboribus . . . (ib. 409). - 1031: . . . terras et vineas et trileas et arboribus diversis generis, et ortos et pratis et paseuis et garricis et boscos (ib. 2, 511). - 1032 St. Veran (arr. Grasse): . . . terra in circuitu . . . sicut terminata est ad exemplum visum hominis in vineis, campis, ortis, occlatis, terris cultis et incultis, pratis, in silvis et garricis. - (CartLe 1,137). - 1034: . . . casas cum curtes, cum solos et superpositos, terras et vineas, cultum vel eremum, pratis, paseuis, cum omni genere arborum qui infra sunt, sive cum ipsa garriga et cum ipso bosco et cum ipsas deeimas . . . (CartSVicMars 2,514). - 1035 Auriol (arr. Marseille): . . . in vineis et pratis, paseuis et silvis, garricis et oglatis (ib. 1,85). - 1044 Marseille: . . . in campis, vineis, ortis, pratis, montibus, garricis et uglatis, mari, insulis . . . (ib. 49). - 1046: . . . id est terris cultis sive incultis, garricis, atque aquarum decursibus . . . (ChartSP 13). - ca. 1050 Puget-Theniers (Alpes Mar.): . . . Mansum de Pojet, deeimum totum in integrum in lavastria, in cabainola III man21

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A. Carnoy, Le chêne dans la toponymie et la linguistique, in: Revue internationale d'onomastique 10, 1958, 89 stellt das Wort zur indogermanischen Wurzel gher 'piquer', was in Anbetracht von bask. arta-karro (s. Hubschmid 1. c.) kaum vertretbar ist. - Als Toponymon taucht ein La Garrigue erstmalig 972 zu Senouillac (Tarn) auf (Vincent op. cit. Nr. 638). Hierher gehören etymologisch auch roussill. quer und Piémont kere 'Fels'. Zu diesem und weiterem siehe I. Hubschmid, Pyrenäenwörter vorromanischen Ursprungs und das vorromanische Substrat der Alpen, Salamanca 1954, 31, 32 ( = Acta Salmanticensia, Filosofia y Letras, tomo VII, nüm. 2).

sos, in bosc gros totum decimum, garrica totum decimum . . . (CartLé 1,190). - 1066 Tourves (Var, arr. Brignolles): . . . cum terris cultis vel incultis, garricis vel petribus . . . (CartSYicMars 1,368). - 1079 SixFours (Var, arr. Toulon) : . . . quantum in . . . terminio habeo, . . . videlicet in campis et vineis, cultis et incultis, ortis, pratis, montibus, garricis et uglatis, mari, insulis, falconibus, portibus, stagnis, salinis (ib. 455). - 1138 Sainte-Cécile (Vaucluse): donamus . . . rivales, molnares, paludes, prata, pascua, boscos, garrichas (CartRich 38). - 1320: . . . subtus quandam quercus nominatam: lo garric crozat (CartN 124).86 Das formelhafte Auftreten zusammen mit anderen Geländebezeichnungen, die in diesen Testamenten, Kaufverträgen u. ä. stets wiederkehren, macht deutlich, wie selbstverständlich schon damals die Kermeseiche und die von ihr geprägte garrigue zum Landschaftsbild der Occitania gehört haben muß. 3. lenhairare 'Holz machen, sammeln' Die Nutzung des Holzes überhaupt erscheint sprachlich gefaßt in einem Verb, welches nicht nur für die Occitania gilt, sondern auch im frankoprovenzalischen Sprachraum beheimatet ist. Es ist eine Verbalableitung von LIGNUM 'Holz', welche das F E W (5,333b) allerdings nur in modernen Belegen kennt: Mdauph. linçyrâ, 'entasser les fagots' und Castres (Tarn) alegneyrâ 'mettre le gros bois en piles; mettre en fagots'. Nun bringt schon DC lignarare für Marseille aus dem J a h r 1378: Recepta informatione summaria de pignoratione facta in loco et territorio Giniaci, praetextu lignarandi, pascayrandi, fuit de facto gajaria concessa. I n den Lautungen leinarare, leinnairare, legnayrare, lenhairare, leignairare findet sich das Verb schon mehrere Male noch vor DC's bisherigem Erstbeleg: 1246 Monaco: homines castri de Monaco non habent nec habere debent leinarare nec alique ligna facere in territorio castri de Turbia (DocGri 17.) - ca. 1253 Marseille: quicumque fornillara o 26

F E W 2,409 b steht für unseren Zusammenhang: Apr. garric 'chêne-kermès' (Lv; Quercy 1506, AM 43,321; Bonis; Brunei; Aude 14. J h . . . . ; Livres de raison). Mit einiger Präzisierung und unter Hinzufügung weiterer v o m F E W nicht beachteter Quellen ergibt das für apr. garric folgendes Bild: 1177 Rouergue (Brunei), Peire d'Alvernhe (Rn), Cairel (Rn), ca. 1350 (Lv), 1369 Albi (Lv), 1446/47 Carcassonne (Lv). Betr. garriga 'lande où il ne croît que des chênes kermès' ist F E W ib. als D o k u m e n t a t i o n angegeben: L v ; Livres de raison; Brunei; 1350, Pans. Präzisiert und übersetzt in entsprechende Zeit- und Ortsangaben besagt das 1195 Rouergue (Brunei S), ca. 1120 Quercy (Brunei), 1274 (Rn), 1350 (Pans). Die Angaben im F E W für Bonis u. Livres de raison bleiben n o c h zu spezifizieren. In den Mundarten des Midi existieren n a c h F E W ib. noch einige weitere hierher gehörige Typen. 13

leinnairara,27 o soccas o estepas arracara . . . solvat . . . 10 s. (StM 5, 19, 16). - ca. 1253 Marseille: si pro furno causent calcis coquende aqui leinnairara, solvat . . . 100 s. (ib.). - 1279 Nice: immittere avere suum . . . et . . . pascere, jacere, ginestrare et erbam colligere, legnayrare, boscayrare, glandes colligere (ChartSP 102). - 1309: absque omni onere servitutis et juris pascendi, leignairandi, fustejandi et alia exercendi (CartN 118). - 1309 usus et consuetudinis pascendi animalia, lenhairandi, fustejandi et alia exercendi et utendi in nemore predicto (ib.). Das Verb scheint eine -or-, -er- Erweiterung von schon lt. LIGNABI zu sein: Cato apud Non. 208.4.: Qui aquatum u t lignatum ire videntur, securim atque lorum ferunt. - Caesar 3.B.G.15: Neque lignandi, neque aquandi potestas fiebat. - ib. 76: Alii lignandi pabulandique causa longius progrediebantur. - Livius 10.25: Responderuntque lignatum, se ire. Forcellini, dem ich diese Beispiele entnehme, definiert lignari: 'ad capienda ligna ire, ligna colligere et congerere'. 4. haistro [Ablativ] 'Heisterbuche' Während, wie wir oben sahen, für den Süden im wesentlichen Bezeichnungen der Eiche als Individualbenennungen für Waldbäume in Frage kamen, wurden für uns im Norden die Buche und die Stechpalme bemerkenswert. Bekanntlich gilt das lt. FAGUS 'Buche', bzw. FAGEA für die Galloromania weithin. 28 Vom Norden drang aber dann das germ. 2 *HAISTB 'Heisterbuche' vor. " I n der Bed. 'jeune hêtre' kennt man afr. hestre seit dem 13. Jh., in der Bed. 'fagus silvatica' seit 1301 (FEW 16,121b). In einem mit. Text aus der Pikardie (Saint-Josse-au-Bois, Pas-de-Calais) begegnet haistro schon 1171/1172: Ego Joannes . . . concedo . . . totum nemus quod dicitur Forestum, . . . exceptis quatuor arboribus, quercu et haistro, pomerio et meslerio (Act Pont 123; Niermeyer sub haistrus).30 5. hulso [Ablativ] 'ilex aquifolium' Gleichfalls germanischer Herkunft ist noch fr. HOXJX 'ilex aquifolium', das seit Chrestien de Troyes zum nordfranzösischen Wortschatz ge" Andere Lesarten: leignerara, leinairara, leinharara. — Als Bed. gibt der Herausgeber 'ramasser le bois.' s» F E W 3,373a. - Dauzat erwähnt sub hêtre ein mit. hestrum, 1210. 29 Es eignet der südlichen Wallonie, der Champagne, der Isle-de-France, der Pikardie und der Normandie, sowie dem östlichen Lothringen und der nördlichsten Franche-Comté. Vertreter von F A G U S und H A I S T R finden sich sonst im Norden nebeneinander. Siehe Weiteres F E W 16,122b. Für die Mundartformen ,0

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von hêtre vgl. FEW ib. 122 a.

Im Pas-de-Calais begegnet ein Ortsname Hestrus bereits seit 1112 (Vincent op. cit. Nr. 364).

hört (BIWtbg, 12. Jh.). Es hat nach Süden seine Grenze an der LoireVogesenlinie (FEW 16,263b). 31 Im Mit. taucht das Wort bereits vor 1127 in einem Text aus Chartres (Le Coudray) auf: fecerunt donum in manu Joscelini, sacerdotis et monachi, per quandam virgam de hulso apud Coldretum (CartChart 2,572). 82 6. forestel 'kleiner Wald' Diesen beiden Individualnamen gesellen sich nun einige weitere Bezeichnungen allgemeiner Natur zu, die sich auf den Wald, das von dort kommende Holz und seine Nutzung beziehen. So kennt das F E W (3,709 a) die Ableitung von forest: afr. forestel 'petite forêt' für das Anglonormannische und das Pikardische. Für das letztere ergab unser Material: 1259 Compiègne: l'église devant dite nos a donné l'aunoi et le forestel par les bornes qui y sont mises (CartCompiègne 2,476). 7. vivum lignum, vivum nemus 'Wald, Holz im Wüchse' Der Wald in den Perioden seiner höchsten Ergiebigkeit findet sich ansprechend charakterisiert in Qualifikationen mit vivus, wie sie u. a. F E W 14,583b verzeichnet sind: forêt vive 'où il y a de beaux et grands arbres' (Fur 1690 - Ac 1798), vif bois 'bois qui donne chaque année des branches et des feuilles' (14. Jh.), bois vif (seit Fur 1685). In der Pikardie gilt der Typ offenbar bereits an die 200 Jahre früher : 1145/1171 : Robertus Sanson jure hereditario reclamabat . . . usagium ligni habendum, de vivo, et ad chaufagium de mortuo (ActPont 117). - 1153: 93 Ad edificia vero sua facienda et claudenda vivum nemus, et mortuum nemus ad ardendum . . . accipient (CartCompiègne 1,141). - An diesen Stellen meint also vivum lignum, vivum nemus den Wald im Wüchse, bzw. das Holz aus dem Wald im Wüchse. Im Gegensatz dazu gebrauchte man das Qualifikativum mortuum für das abgestorbene Holz, wohl auch das Fallholz und Reisig im Walde.34 Diese Bedeutung von vivum ist Zu fr. houx gehört außerdem eine Reihe von Mundartformen (s. F E W 16,261b). Zum Verbreitungsgebiet s. die Karte bei W . v. Wartburg, L'articulation linguistique de la Romania, in: V I I Congreso International de Linguistica Romanica, I, Barcelona 1955, 35. " Siehe die Ortsnamen, Vincent op. cit. Nr. 570,598,622 (ülcetum schon 1090 in Eure-et-Loire). 3 3 Der Text bezieht sich auf die Gründung des Dorfes Royal-Lieu im Bereich von Chartres. 3 4 Dieses Qualifikativum mortuum begegnet ohne sein Gegenstück vivum bereits ca. 1080 in einer Urkunde betr. die Gründung der Abtei Lessay: custodibus . . . extra parcum mortua ligna silvarum ad necessitatem ignium (MusArch 52). Das Dokument trägt die Unterschriften von Wilhelm dem Eroberer, von Lanfranc, Erzbischof von Canterbury und des Kapitels von Coutances.

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natürlich nicht genau dieselbe wie sie F E W für den dort frühesten Beleg gegeben wird: vif bois 'bois qui donne chaque année des branches et des feuilles' (14. Jh.). Dennoch scheint eine semantische Filiation nicht unmöglich ; denn solange ein Wald noch im Wüchse steht, ist er fähig, jedes Jahr Zweige und Blätter zu zeitigen. Schon Ovid nennt eine Zypresse 'viva cupressus'. (Met. 6,49). 8. nutrire 'anlegen (Wald, Hecke)' Um lignum vivum, einen vif bois lange zu erhalten und überhaupt nach Maßgabe anderer wirtschaftlicher Erfordernisse und Bedingungen zu erzielen und zu regulieren, wird der Wald von vornherein vom Menschen in gegebener Situation gepflanzt und angelegt. Die alte Sprache nannte dies nutrire 'nähren': 1187 Abbeville: concessimus quod ipsi predicta jugera ad velle suum teneant, sive ad nemus nutriendum, vel ad sartum faciendum . . . concessimus in nemore de Cantrastero LX et X jugera inter illas duas carucatas quas a nobis habent ad nemus nutriendum (ActPont 189). Und in der volkssprachlichen Version des gleichen Textes am gleichen Ort heißt es: leur avons ottroié que lesdis journeulx ilz tiengnent ad leur voloir, soit a nourrir bois ou faire esschart . . . nous avons ottroié ou bois de Cantastre L X X journelz entre celles deux charruées . . . lesquelles ilz ont de nous ad nourrir bois (ib.). Auch für das Poitou gilt: 1277: E t si dicti religiosi in eisdem landis nemus nutrire voluerint vel plantare, illud liberum habeant et possideant in futurum (CartBéch 321). Nourrir bois heißt also offensichtlich 'einenWald, eine Hecke anlegen'. Diese Bed. fehlt F E W . Zudem kennt schon das Lateinische 'nutrire silvam' : At pauper rigui custos Alabandicus horti Cannabias nutrit silvas (Grat.Cyneg. 46, Forcellini sub silva). 9. buscherius 'Holzfäller, Holzhändler' Eine wesentliche Tätigkeit obliegt im Bereich der Waldkultur dem Holzfäller. I h m ist aufgetragen, gewisse Bäume unter Beachtung bestimmter, ihm übermittelter Richtlinien auszuhauen, sei es, um den Wald von Überwucherung zu befreien, sei es aber, weil man unter den verschiedensten hier auftretenden Aspekten unmittelbar auf der Suche nach Nutzholz ist. Den Holzfäller nennt das heutige Fr. bekanntlich bûcheron. Dies tritt seit 1611, nach Wartburg in Anlehnung an bûche, an die Stelle des alten, lautgerecht entwickelten boscheron, das seit dem 13. Jh. nachgewiesen ist (BIWtbg). Daneben kannte die alte Sprache noch ein buschier (FEW 1,648b), 35 das nach Gdf zuerst 1263 auftritt. Dieser Typ ist aber über 150 Jahre vorher bezeugt: ca. 1101 Morée (Loir- et- Cher, arr. Vendôme): Actum . . . testibus istis . . . Gaufredo 16

de Firmitate, Lamberto buscherio (CartMarm 77). Freilich ist nicht eindeutig zu sagen, ob dieser Lambertus auch wirklich Holzfäller war. Er könnte ebenso gut ein Holzhändler gewesen sein, wie ja afr. buschier auch 'marchand de bois' besagt. 10. boix batis 'Schlagwald' Ein typisches Wort mittelalterlicher Waldverwaltung ist boix batis. Etymologisch meint der Ausdruck einen Wald, der zu schlagen ist, was genau deutsch 'Schlagwald' entspricht. Ein Schlagwald gehörte im mittelalterlichen Frankreich zu einer Gemeinde, die ihn nutzen, die ihn schlagen durfte. Gdf bringt den Typ in der Lautung bois bateis (s. ib. sub bateis). Aber er definiert die Bedeutung unrichtig mit 'battu, frayé'. Gdf's frühester Beleg des Wortes ist aus Joinville vom Jahr 1264. Für Lothringen gilt dagegen bereits 1259 (Laheycourt, bei Vaubecourt, Dpt. Meuse): la dicte abbasse et li convens panront et averont tous lor astovoirs en boix batis de la dicte ville de Leheicourt por lor dis molins. (CartSHoilde 4). Der Herausgeber Alfred Jacob bemerkt treffend zur Stelle: „Les bois batis sont les bois banaux, ceux qui appartiennent à une communauté; les defois ou deffois sont l'opposé des bois batis." I m F E W findet sich unser Nexus boix batis (bois bateis) weder unter 36 *BTJSK noch unter BATTUERE, dagegen afr. bateis 'battu, frayé' F E W 1,292 a. 11. legnagium 'Dienstleistung für die Erlaubnis, Holz zu schlagen' Noch mehr steht in der spezifischen Feudalsphäre der Ausdruck legnagium. Das Wort beinhaltet im weiteren Sinne eine das Holz betreffende Verpflichtung gegenüber dem Feudalherrn. Schon Drevin hat es in der Lautung lenagium für die Haute-Bretagne aus dem Jahre 1105 nachgewiesen (FEW 5,334 a, A.3). DC bringt für die Normandie (Fécamp) unterm J a h r 1235: Haec vavassoire debet per annum duo carma de leignagio.37 Und das F E W (ib. 333a) vermerkt: Anorm. laignage 'obligation où étaient les habitants d'Ailly de couper le bois destiné au 36

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37

Mit. btischerius, afr. bûcher gehen etymologisch beide auf bûche (germ. *BUSK 'baguette', s. BIWtbg sub bûche) zurück. Es liegt also schon für die alte Zeit die Filiation *BUSK > buscherius > buscher vor. Und wenn es nfr. bûcheron heißt, empfiehlt es sich, diese Form als eine um das Suffix -on erweiterte Variante von afr. buschier zu deuten, und nicht, wie BIWtbg wollen, von bûche auazugehen, dem dann -eron angehängt worden sei. Batt(u)ere ist vielleicht schon im Spätlatein für 'Fällen' gebraucht worden: Gloss. IV, 591,6 battuit: concidit, decidit; V 494,8, caedere battere (ThesLL 2, 1789,22). Ein Hinweis auf DC fehlt FEW. 17

manoir seigneurial' (1485), apoit. ligneage 'redevance due au seigneur poux le droit de prendre du bois dans la forêt (1404). Das legnagium existierte aber auch in der Pikardie, wie aus dem folgenden Beleg ersichtlich ist: 1163/1164 (Abtei Balances betr. Rue): f e c i t . . . fratres . . . liberos . . . ab omni censu et redditu et transversis . . . et legnagio de Rua et ab avoeriis (ActPont 103). Demnach galt die Bezeichnung für Poitou, Normandie und Pikardie. Nimmt man hinzu, daß DC lignagiurn auch aus einem Gesetzestext von Heinrich I. von England belegt, daß Latham lignagium 'right to take timber' ca. 1115 kennt und daß schließlich mit. lignaticum in der Bedeutung 'redevance pour la coupe de bois' 1178 in einer normannischen Urkunde aus Sizilien begegnet (Niermeyer), wird es klar, daß es sich um einen Terminus jener anglonordwestfranzösischen Zivilisationseinheit handelt, die sich mit der Eroberung Englands durch Wilhelm angebahnt hatte. Lignagium ist sicher in den Kanzleien der Feudalverwaltung entstanden, da gerade in jenen Gebieten Frankreichs lt. lignum in der Volkssprache schon in vorliterarischer Zeit kaum mehr lebendig war.

IV

Das Wasser, seine Regulierung u n d Nutzung 3 8

1. aigueria 'Bach, Abflußkanal' Eine in alter Zeit nur dem Süden eigene Bezeichnung für 'Bach', dann auch 'rigole, conduit', besteht in apr. agueria, eine Abltg. von aqua 'Wasser'. Bisher kannte man dafür allerdings nur einen einzigen Beleg: ca. 1200 Toulousain bei Brunei. Dazu kommt nun einer aus Marseille vom J a h r 1253, der zeigt, daß Wort und Bedeutung auch östlich der Rhône gelebt haben müssen: très magistros lapidum . . . quorum arbitrio terminentur . . . questiones omnes que in civitate Massilie, vel eius suburbiis, orientur inter cives Massilie, occasione parietum communium factorum vel faciendorum . . . , et que orientur de andronis Massilie, et aigueriis, et de gorguis (StM 1,34). Fast 200 Jahre früher 88

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I m Mittelalter waren die Gewässer in Deutschland u n d Frankreich v o m Fiskus erstaunlich genau e r f a ß t : ' E n France et en Allemagne, fleuves et rivières sont domaines royaux ou seigneuriaux. D u plus grand a u plus petit, tous sont divisés en u n nombre stupéfiant de tronçons administratifs, chacun concédé à quelque puissance et qui veut y pêcher doit solliciter une autorisation, t o u j o u r s p a y a n t e . Même opération en ce qui concerne les lacs et étangs' (Bloch op. cit. 260).

begegnet das Wort (aquario,) im Mit. Kataloniens, wo es im GMLC seit 1015 nachgewiesen ist. Der Herausgeber definiert 'rigole, conduit'. Das F E W kennt nur eine mask. Entsprechung apr. agiers 'conduits d'eau', 17. J h . (FEW l,117a). M 2. gorga 'Wasserleitung' Während aiguiera bei seinem ersten Vorkommen (s. oben Brunei) noch fraglos mit 'Bach' übersetzt werden kann, d. h. also eine Bezeichnung für einen natürlichen Wasserlauf abgibt, ist dies bei apr. gorga nicht mehr der Fall. Das lt. GUBGES, das in klassischer Zeit 'Strudel' besagt, erfuhr in Südfrankreich (unter Übergang in die A-Deklination) eine Bedeutungsspezialisierung im Bereich der domestizierten Wasserkraft, wie die Bed. der bisher bekannten apr. Reflexe nahelegen. (FEW 4,330a) : Apr. gorga f. 'conduit de la fontaine' (Forcalquier 1478, MeyerDoc), gorgo 'conduit pour l'eau du moulin' (AlpesM. 1561, MeyerDoc). Das Wort ist schon an die 225 Jahre früher greifbar: ca. 1253 Marseille: quotienscumque questiones inter cives Massilie occasione parietum, stillicidiorum, gorgarum, adaygueriorum et aliarum . . . possessionum, carreriarum et andronarum sitarum in civitate vicecomitali . . . movebuntur . . . (StM 6,22). - ca. 1253 Marseille: tres magistros lapidum . . . quorum arbitrio terminentur . . . questiones omnes que in civitate Massilie, vel eius surburbiis, orientur inter cives Massilie, occasione parietum communium factorum vel faciendorum . . . , et que orientur de andronis Massilie, et aigueriis, et de gorguis (sie!) (ib. 1,34). - 1289 Marseille: officialibus parietum domorum, fumeriorum, gorgarum stilicidiorum (Bautier, ALMA 27, 1957, 274). I m F E W sollte zudem zum Ausdruck kommen, daß schon in lt. Zeit gurges nicht bloß 'Wasserstrudel', 'Abgrund in einem stehenden oder fließenden Gewässer' (FEW 4, 337 b) bedeutet, sondern auch alveus u. ä., sich also schon durchaus mit den in den Mundarten vorliegenden Bedeutungen trifft (z.B. Cahors 'creux de rivière', ang. 'dépression dans le lit d'un ruisseau', F E W ib. 330a). Zum Beispiel: Lucanus 4,142: Sicoris scisso gurgite rivis [i. e.: in fossas diduetas] dat poenas inundationis (ThesLL 6,2364,7). - ib. 6,276: Padus flumine toto transitet ignotos aperit sibi gurgite campos [sc. cum alveum mutat] (ThesLL ib.). - ib. 10,254: omnia flumina Nilus uno fonte vomens non uno gurgite perfert. (ThesLL ib.) - Sil. 9,228: sinuat " Dagegen in den Mundarten s. F E W 1,117a. Vielleicht ist die Ausgangsbed. nicht 'rivière', sondern 'conduit', wenn man beachtet: Gloss.: aquarium, úSpaytiyiov (ThesLL 2,367,44) und CAPITOL. Max. Balb. 10,16: fístul a aquarias (ib. 366,38). Die Iberoromania kennt neben den Reflexen von aquario, auch maskuline Entsprechungen. S. die erschöpfenden Ausführungen von José L. Pensado, Estudios de lexicografía asturiana, in: Archivum, X , Nr. 1, Oviedo 1960. 19

qua flexibus undam Aufidus et curvo circum errat gurgite ripas (Thea L L ib.). - Martianus Capella 6,540: Padus solutis Alpium nivibus flagranti solis . . . exuberat ultra gurgitis ripas (ThesLL ib.). - Ovidius met.: dum Stygio sub terris gurgite labor (ThesLL ib. 40). Vgl. auch Latham sub gurges. 3. rubina, rupina 'Schlucht', 'Kanal' In die gleiche Sphäre gehört apr. robina. F E W 10,578 a (sub It. BTJPINA 'Felskluft'): „ . . .Apr. robina f. 'canal' (Arles, St.-Gilles, Nîmes, Montpellier, Narbonne, L v ; Fagniez)40." In der Lautung rubina (einmal auch rupina) liest man das Wort in mit. Texten erheblich vor der bisherigen erstmaligen Bezeugung. In einer aus dem Kloster Lérins stammenden Urkunde „Carta ab Ispaniis translata" heißt es einmal unterm Jahr 840: Notum sit etiam tarn presentibus quam posteris qualiter apud Ispaniam, Tortuose civitatis, inventus est liber dialogorum qui fuit juris sancti Honorati monasterii et, vastato eodem monasterio, a Sarracenis delatus est in jamdictam civitatem. In quo quidem libro erat scriptura facultatum sancti Honorati et sancti Caprasii monasterii . . . Lyrinensis . . . in villa, rubinas, casas, terras aut vineas . . . (CartLé 1,261,263). Weiterhin 1043 Castellane (BAlpes): ab occidente, terminum habens petram qui dicitur Cucar . . . pergitque per verticem montis usque in rubina ; a septentrione, sicut decurrit rivulus qui exit de ipsa rubina et vadit usque in Alma Folla . . . (CartSVicMars 2,114, 115). - ca. 1050: terre . . . circa ipsam ecclesiam, . . . sicut aqua vergit, et ascendit in castro, et pergit per rupinas usque ad terram de Rogerio . . . (CartLé 1,237). - 1069: Est preterea rubina, que dicitur Balda Curta, quam monachis . . . damus (Cart S Vic Mars 1,188). - Der Passus . . . „Sicut decurrit rivulus qui exit et ipsa rubina" . . . im Beleg aus Castellane scheint darauf hinzudeuten, daß es sich um eine allseitige Einfassung des Wassers handelt, das dann als rivulus, als freier Bach heraustritt. Auf jeden Fall sind rivulus und rubina semantisch nicht identisch. Die vorausgehende Bestimmung dieser rubina . . . pergit per verticem montis usque in rubina . . . besagt wohl, daß ein Längslaufen des Wassers auf dem Kamm eines Berges gemeint ist bis dahin, 40

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Die aus L v und Fagniez entnommenen Belege in chronologischer Abfolge: 1336 Montpellier, 1476 Arles, 15. Jh. Montpellier, s. d. St.-Gilles. Dazu kommen: apr. robino 'rigole' (BAlpes 1518, MeyerDoc), mfr. robine 'canal de communication d'un étang salé avec la mer' (Aigues-Mortes 15. Jh.), nfr. routine (Provence 18. Jh.), bdauph. rt/bino 'canal de dessèchement ou d'arrosage', BRhône robino 'fossé d'écoulement dans les champs', mars, roubino 'canal de dessèchement pour les pays marécageux' (1785), Alais (Gard), pr. lang, 'embranchement d'un canal de navigation', lim. roubina 'ruisseau, canal' ( F E W 10,578a, b).

wo dieser Berg in einer rvbina, in einer Schlucht endet. Dann also hören •wir, daß aus dieser rvbina, wie schon gesagt, ein Bächlein hervorkommt. Dies ist vielleicht ein Hinweis für die semantische Entwicklung von rupina 'Felskluft' zu 'Kanal'.41 Das Wort ist allem Anscheine nach an besondere geologische Gegebenheiten gebunden: in den Gebieten der französischen Südalpen gibt es ja in der Tat Felsklüfte, unter denen sich kleine Bachtäler längs ziehen. Daher erklärt es sich auch, daß die ersten Belege, die Wartburg noch nicht kannte, gerade von dort her stammen. So bezeichnete rvbina wohl im zweiten Stadium seiner semantischen Entwicklung ('Felskluft'>) einen Wasserlauf, der aus einer Felskluft kommt, dann aber 'Wasserlauf', 'regulierter Wasserlauf', 'Kanal' schlechthin. In diese Richtung weist die Tatsache, daß auch für Oberitalien, wie Arnaldi und Smiraglia zeigen, schon gleichfalls seit dem 9. Jh. rupina nachweisbar ist als 'canalis ad derivandam aquam':841 :rivisrupinisaquationibus -Cod.Lang. 849: selvisstalariis, rivis, rM&Mwshacpaludibus(ALMA27, 1957,133). Eine entgegengesetzte semantische Sachlage - d. i. Übergang der Bed. 'Ufer' zur Bed. 'Fels' begegnet im Mit. von Padua und Amalfi: Cod. Päd. 673: fundo . . . quod est sub ripe [sic!] de Barbiano et Gabiano. - Cod. Amalf. 1006: posuimus columnellum fabritum in ipsa ripa da pede (Arnaldi und Smiraglia ib. 123). Der uns hier beschäftigende, durch lokale geologische Beschaffenheit ausgelöste Bedeutungsübergang ist sogar vom klassischen Latein her bereits angelegt. Wie aus Forcellini sub rupes zu ersehen ist, bezeichnete man mit rupes auch den Begriff 'Höhle', 'hohler Raum unter einem Felsen'. Es braucht nun aus solch einem hohlen Raum unter einem Felsen nur noch ein Wasser hervorzukommen oder auch bei hoher seitlicher Abdachung mitten hindurchzufliegen - was ja in Hochgebirgsgegenden nicht gerade selten ist -, so haben wir in der Tat diejenige semasiologische Ausgangssituation, welche rubina in der Bed. 'Kanal' verständlich macht. Daß felsiges Gelände im Midi recht landschaftsprägend sein kann, ist auch für die Bodenstruktur der mittelalterlichen Provence gut bezeugt. So bemerkt Bloch 188: „Les chaussées et voies publiques", écrivent vers 1070, les Usages de Barcelonne, appliqués, de ce côté-ci des Pyrénées, en Roussillon, „les eaux courantes et sources vives, les prés, les pâtis, les forêts, les garrigues et les roches . . .

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Wartburg schreibt FEW 10,578b u. a.: ". . . Die Bedeutung'Kanal' . . . erklärt sich sehr leicht daraus, daß in der Ebene keine eigentlichen Klüfte zu finden sind, so daß das Wort leicht in diesem Sinn verwendet werden konnte". 21

sont aux seigneurs non pour qu'ils les aient en alleu". Und 206: „La nature du sol avait empêché qu'en Provence le défrichement n'allât aussi loin que dans d'autres régions. Les terres incultes et destinées à l'être toujours n'y manquaient point. Il n'était guère de terroir qui ne possédât sa 'roche', sa 'garrigue', recouvertes de broussailles aromatiques . . . " 4. barquile 'Wasserreservoir' Dagegen ist barquile eine Benennung, in der gleich von Anfang an die Nutzung des Wassers durch den Menschen zum Ausdruck kommen dürfte. Das Wort stellt eine Abltg. von lt. BARCA 'Barke' dar (FEW 1,251a) und meint in seiner apr. Lautung barquil ein 'bassin d'eau, réservoir'. Bisher war es ein hapax legomenon; nur R n bringt es: 14. J h . Foix. Dazu kommt jetzt ca. 1253 Marseille: rector vel consules Massilie . . . debeant fieri facere in portu, in extremitate scilicet viarum transversarum que descendunt ad portum, in singulis, unum barquile in quo tota terra et rumenta omnia quae per dictas vias transversas adducuntur ab aquis pluvialibus ad dictum portum possit vel possint remanere scilicet in barquili dicto vel fovea ; u t ita, per predicta barquilia, dictus fimus dictaque omnia rumenta retineantur ne portum intrare possint (StM 4,2). 5. chalsada 'Steinerner Abfluß' I n die gleiche Sphäre gehört chalsada. Es ist dies ein wohl von Haus aus mit Kalk ausgeschlagener oder in Kalkboden eingelassener Abfluß, wie die Etymologie nahelegen dürfte: *CALCEATA, Abltg. von calx 'Kalk'. Für die Auvergne gilt hier unterm J a h r 1376: A. P. Jaques per curar la chalsada dels mongues a VI de mars . . . (RegFlou 18). Der Herausgeber Marcellin Boudet bemerkt zur Stelle: „chalsada, égout pavé, a toujours ce sens dans les comptes de Saint-Flour". F E W kennt chalsada nicht in diesem Sinne (FEW 2,107a-109b). Daß bei dieser hydrologischen Verwendung des Wortes wirklich der Ausgang calx 'Kalk' und nicht etwa calx 'tampon' vorliegt (vgl. hier sub calceia S. 61), erhellt unzweifelhaft schon aus Vitruv 7,1,7: canaliculis impletur calx ex oleo subacta . . . calx quae erit haerens in canalibus durescendo cum testaque solidescendo non patietur aquam neque aliam rem per coagmenta transire (ThesLL 3,198,29).42 42

22

Auch in den Ortsnamen ist der Typ * C A L C E A T A reich vertreten, s. Vincent op. cit. 93,157, 629, 789, hier allerdings in der Ausgangsbed. 'Straße' (vgl. S. 61).

6. acabussare 'ins Wasser tauchen* Zuletzt ist in diesem Begriffsbereich f ü r den Süden auch ein Verb zu nennen. (A)cabusar ist eine Ableitung von *CAPTJM (lt.) ' K o p f ' und bedeutet 'plonger dans l'eau' ( F E W 2,335a), wohl ursprünglich 'mit dem Kopf, Kopf vor ins Wasser tauchen'. F E W ib.: apr. cabusar 'plonger dans l'eau', 4 3 lang, cabussâ 'plonger dans l'eau la tête la première' ; ib. 335b: apr. acabusar 'plonger dans l'eau' LvP. 4 4 Soweit F E W . Der Erstbeleg kommt hier wieder aus Marseille ca. 1253: si aliqua persona ad ludum alearum vel datiorum vel scacorum vel ad alium quemlibet ludum juraverit, quod amittat pro qualibet vice quam jurabit 12d. . . . E t si illos 12d. dare et solvere non potent, acabussetur penitus indutus, cum vëstibus quas tunc detulerit, in portu Massilie vel in vallato quod est a portali Callate usque ad portale Sancti Martini, tot vicibus quot jurabit (StM 5,11). Es ist also die Rede von einer Strafe, die darin bestand, daß der Delinquent in vollen Kleidern ins Wasser getaucht wurde.

7. gotallum [Acc.] 'Abflußkanal' Diesen Bezeichnungen des Südens folgt in der uns hier beschäftigenden Kategorie eine weitere, welche über den Süden hinaus auch in den Südosten übergreift. F E W 4,351a (sub GUTTA 'Tropfen'): Daupha. gtftal m. 'rigole creusée dans un champ', Barcelonnette (BAlpes) goûtai 'égout du toit', Alzon (Gard, Le Vignon) 'égout' . . . , Bagnères (Haute Garonne) gtttaw 'précipice', 45 Soweit die Angaben im F E W . Doch ist der Worttyp nicht erst in den heutigen Mundarten vertreten, wenn es bereits f ü r das J a h r 1244 betr. Saint-Antonin (arr. Aix, Bouches-duRhône) heißt: dicta domus de Bailes teneatur curare besale sive fossat u m per quod terre esgotantur versus gotallum (CartSVicMars 2,383).

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Dieser Beleg geht auf R n zurück und stammt aus Foix 14. Jh. Vgl. noch: bdauph. kabüsä 'plonger dans l'eau; culbuter; mourir; v. a. jeter à l'eau', pr. Nice, lang, cabussâ' plonger dans l'eau la tête première' (schon 1690), Clermont (Hérault, Lodève), Puisserguier (Hérault, Béziers), Pézenas (ib.) id. Toulouse id. (Goudelin), Cahors copuça, aveyr. œbussà, Agen capuchâ.

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Diese Angabe aus L v P vermag ich mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln nicht zu identifizieren.

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Erwin Tagmann, Toponymie et vie rurale de la région de Miège (Haut-Valais roman), Erlenbach - Zürich 1946, 4: 'gotala, s. f. 'filet d'eau qui sort d'un pré". Die Ortschaft Le Goutail erscheint im 14. Jh. als OoUülium, (Villard-Egmond, Isère), der Bach le Ootail, ein Nebenfluß der Joyeuse bei Montagne (Isère) im

10. Jh. als Gvtvlo (Vincent, op. cit. 543).

23

8. rasa 'Abfluß, Graben' Ein nach seiner geographischen Verbreitung typisches Wort des nördlicheren Südens und des westlichen Südostens ist rase. F E W 10,100 b (sub KASTTS 'abgeschabt'): Mfr. rase f. 'rigole d'arrosage' (1442-1461), raze (1448-1478), . . . alyon. rasa 'rigole' (1559 . . .). ib. 103b, A.12: „Die Belege stammen aus den folgenden Orten: aus der Gegend von Clermont-Ferrand (1442), aus Aigueperse im PuyD. (1462), aus der Gegend von St.-Flour (Cantal, 1478), aus Crest (PuyD., 1473), also alle aus der Auvergne, stimmen also zu der aus den oben stehenden Formen sich ergebenden Geographie des Wortes". Demnach umfaßt das Areal nach dem F E W in alter Zeit die Auvergne und Lyon. Zwei mit. Belege des Wortes zeigen, daß es für Lyon an die 300 Jahre früher nachweisbar ist und überdies dem Rouergue ebenfalls nicht fremd gewesen sein kann: 1264: ad quandam metam positam de novo ad capud illius rase que est sita in dicto vallato (CartN 83). - 1298: a parte occidentis a rasa seu guta de Baygnuel que distillât in aqua de Garon, usque ad nemus . . . et a dicta guta usque ad parvum passum pratorum sitorum subtus dictum passum (CartLy 2,571).46 Auch klt. rädere wird schon von der Aktion des Wassers im Hinblick auf die umgebende Erde gebraucht: Lucretius 5.256: et ripas radentia flumina rodunt. - Lucanus 2.425: radensque Salerni Culta Siler. - Seneca Hippol. 16: Maeander steriles amne maligno radit arenas (nach Forcellini). 9. exava 'Kanal, Abfluß' Einen weiteren Benennungstyp für 'Kanal, Abfluß' findet man F E W 3,259 a als postverbales Nomen von lt. *EXAQUARE 'entwässern' aufgeführt: Afr. mfr. esseve 'canal, gouttière', mfr. seuwe, awallon. saiwe 'canal d'écoulement', lütt, sêwe, nam. id., Givet (Ardennes, Rocroi) sêwe, Möns seuwe, saive, wallon, saiwe 'ouverture pratiquée verticalement au pied d'un mur de clôture avoisinant une rivière, pour que dans les débordements les eaux puissent entrer et sortir librement', ard. sêw 'conduit, dans les caves, destiné à évacuer l'eau', hmanc. essève 'pente ou rigole par lesquelles l'eau se tire d'une pièce de terre', essiève, bmanc. çsçv 'rigole ou tranchée servant à écouler l'eau', ang. essève, essaife 'canal d'écoulement; drain dans un terrain' (FEW ib.). Vgl. nun dazu 739 Saint-de-Maurienne (Savoie) : domus quem apud ecclesie 44

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Vgl. Wilhelm Egloff, Le paysan dombiste. Étude BUT la vie, les travaux des champs et le parler d'un village de la Dombes (Ain), Paris 1937, 74: 'L'eau qui vient des terres labourées arrive aux prés par une grande rigole (. .la ràzd da prâ) et se répartit par de petites rigoles (de ptyete râze)' Ib. 197 (Gloss.). Verweis auf lyonn. rasot 'creux, ravin, rigole' und ALF Suppl. rigole.

Maurigennica commuta vimus, cum edificiis, cortiferis, exavis, ortis, vineis, campis seu unglis (CartGrenoble 36). Dieser sehr frühe Beleg aus dem franco-provenzalischen Bereich zeigt, daß dieser Typ sicher weiter verbreitet war als aus den Angaben des F E W hervorgeht,welche sich in alter und neuer Zeit nur auf den Norden erstrecken. 10. calciata 'Weiherdamm' Oben haben wir für den Süden chaisada in der Bed. 'égout pavé' registriert. Nach F E W 2,108 b gilt das etymologisch gleich gebaute fr. chaussée in der abweichenden, aber noch gleichfalls im Bereich der Wasserregulierung bleibenden Bedeutung 'élévation de terre pour retenir l'eau d'une rivière, d'un étang' seit dem 13. J h . (außerdem: Vienne Sosé, Charente ëosad, centr. échaussée, Loir-et-Cher ¿osé, morv. chaussie, PuyD. etsosadd, aveyr. colsado, F E W ib.). Das Mit. gestattet eine Präzisierung hinsichtlieh des Beginns der Überlieferung: 1268 Saint-Sorlin (Rhône, arr. Lyon): prior seu domus Portarum calciatam dicti stagni non possint . . . tollere vel levare altius (CartLy 2,271). — 1268 ib.: aqua in t a n t u m erat subtracta et alibi derivata, occasione calciate dicti stagni, quod dictum molendinum quasi nichil molere poterat (ib. 2,270)." 11. ravina aquarum 'Wasserfall' [ ?] Bevor wir die genau hier anschließenden Entsprechungen des Nordens erwähnen, gilt es, die dortigen Benennungen vorzubringen, die einigermaßen eindeutig in der Sphäre der rein physischen Welt des Wassers angesiedelt sind. Ein starker Regenguß und das daraus entstandene Hochwasser wird im Mfr. (1388-Miege 1688) 'ravine d'eau' genannt (FEW 10,67b sub RAPINA 'Raub'; ib.: Minot (Côte d'Or, Châtillon, Aignay) raivaine, Gruey (Vosges, Epinal, Bains-en-Vosges), ravên, Châtenois (Beifort) raivëne, St.-Alban-sur-Limagnoles (Lozère, Mende, Marvejols) rabino, nfr. ravine 'petit ravin creusé par un torrent', seit D'Aubigné). Eine verwandte Bedeutung dürfte schon ca. 1234 vorliegen in einem mit. Dokument aus der Normandie: quamdam decimam in parrochia de Aveseio, scilicet, inter haias de Tillio et ravinam aquarum (CartCenom 141). Ravina aquarum ist bedeutungsmäßig hier nicht ganz klar. Vermutlich besagt es 'Wasserfall'. Vgl. afr. ravine de terre 'avalanche', PsCambr (FEW ib. 67a). Bereits im Lt. wird rapere (vgl. 47

Vgl. das Vitruvzitat hier sub chdlaada (S. 22) Ende. - Auch Latham (sub coiceo 2) kennt calceda 'causey, causeway' bereits für das Jahr 1130. 25

das Adjektiv rapidus) f ü r Wasser in heftiger Bewegung gebraucht. Z. B.: Petron (Sat. 137): rapitur per valles improbus amnis. 12. aqua quae dormit 'stehendes Gewässer' Ein ruhiges, ein stehendes Gewässer bezeichnet man im Fr. bekanntlich mit dem Epitheton 'schlafend': une eau dormante. Soweit ich sehe, ist diese Ausdrucksweise in der Volkssprache erstmalig in der Chronique rimée des Philippe Mousket (Tournai ca. 1240) anzutreffen: Si trouva une aiguë dormant. Que on va la Mare clamant. 4 8 Doch schon 1140, 100 J a h r e früher, liest man in einem mit. Text aus der Touraine: concesserunt . . . monachi u t aqua quae dormiebat in illis junchosis per terram monachorum laberetur (CartNoy 557). 48 Ravina aquarum u n d aqua quae dormit sind also Benennungen, wie schon erwähnt, die sich primordial auf Gewässer gewissermaßen im Urzustand beziehen. Diesen beiden stehen nun im Norden noch zwei weitere Nomina gegenüber, die den Begriff Wasser im Umkreis seiner von Menschenhand genutzten oder geschaffenen Gestaltung aufweisen. 13. decursus 'Wasserlauf' Eine mit DE-praefigierte Ableitung von lt. CURSUS : decursus, also eigentlich 'Ablauf' in der Bed. 'cours d'eau' gilt u. a. f ü r die alte Zeit in der Champagne u n d in der Franche-Comté. F E W 2,1579b: achamp. afrcomt. decours 'cours d'eau' (13.-16. Jh.). I m Mit. der Pikardie begegnet ein solches decursus bereits vorher: 1198 (Abtei Balances-Argoules, arr. Avranches) : De maresco etiam quod est inter molendinum Richardi et abbatiam, partem illam que est a fosseto noviter facto in ipso maresco usque ad abbatiam, et a decursu aque fluentis ad molendinum abbatie (ActPont 218). - 1201 Crécy-en-Ponthieu (Somme): Limum quoque et quod aque decursum impedit licet eis super ripas extrahere et aquam ubicumque falcare (ib. 234). - 1216/1219 Thun-Abbeville : t o t u m managium . . . j u x t a decursum Alterie in feodo de T h u m situm . . . in m a n u m . . . Theobaldi coram me reddidit (ib. 380). I m übrigen ist es durchaus möglich, daß der hier in Rede stehende W o r t t y p aus dem Lateinischen unmittelbar überkommen ist. Z . B . : Lucretius 1,283: montis ex altis magnus decursus aquai (ThesLL 5,234,76). - ib. 5,263, 946; 6,609 (ThesLL ib.). - Ovidius met. 15,266. - Vitruvius 8,5,3; 8,6,6 (ThesLL ib.). - Valerius Maximus 2,4,6: aquae per semitas decursu 48 49

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Zit. nach TL 2,2034b. I m Kit. nannte man ein stehendes Gewässer iners: SEN. MED. nat. 5,15,1: aquarum inertium. Vgl. auch Ov. epist. 17,122 (ThesLL 1,354,81).

(ThesLL ib.). - Isid. orig. 13,21,4: decursus proprie finis cursus, sive aquarum sit seu quarumlibet rerum (ThesLL ib. 234,52). Die Vermutung, es liege hier eine durchgehende Tradition vom Lt. her vor, erhält eine Stütze in der Tatsache, daß decursus in hydrologischer Verwendung im Mit. des Berry schon seit 844 greifbar wird: 844: Simili quoque modo tribuo agellum latitudine prenominati fluminis decursu artatum (Cart Vierz 116). - 987: concedo Deo omnipotenti . . . arpentos très con aquarum decursibus (ib. 110). - 999: nos teneamus exclusam totam sive decursus aquarum (ib. 108). Noch vor 844 belegt Niermeyer decursus 'cours d'eau' in Italien (Spoleto 788). Dazu kommt auch Latham: decursus aque 'watercourse', ca. 1170. 14. doetus, doitus, douit 'Wasserlauf (regulierter ?)' F E W 3,170b sind unter dem Etymon D U C E R E 'führen' u. a. genannt: mfr. nfr. duit 'petit digue faite de pierres et de cailloux en travers du fleuve, près de l'embouchure, pour retenir au reflux le poisson que le flux a amené' (seit 15. Jh., Mant.), ang. 'petit barrage en branches de saule; petite jetée le long du bord d'une rivière', Barcelonnette (B Alpes) duch 'conduit d'eau ; ravin étroit dans la roche ',nfr. duit 'lit artificiel qui resserre au moyen de digues parallèles les eaux d'une rivière' (seit Lar 1870)." An dieser Darstellung im F E W fällt zunächst auf, daß dieser Worttyp als erst romanische Bildung vom Part. Perf. Pass. von D U C E R E aufgefaßt wird, obwohl schon im Lt. das Subst. DUCTUS in hydraulischem Sinne in der Bed. von 'Leitung, Graben' gang und gäbe ist. 60 Hinzu kommt, daß in Nordfrankreich solche Bedeutungen sowohl im Mit. als auch in der Volkssprache für die Pikardie und die Normandie bereits seit dem 12. J h . nachzuweisen sind (nach Dauzat duit 'conduit', 13. Jh.): 1145/1171: prata junguntur doeto qui dicitur Sorel (ActPont 118). - ca. 1207: in via doiti dimidiam acram (CartFM 51). - ca. 1207: super doetum unam acram (ib. 52). - 1257: possidendam totam dictam terram sicut doitum de valle Tuiti et qua minum de Fresneto eam concludunt (ib. 10). - 1483: de son bon gré a obligé ledit conte et luy a donné en pure et loyal échange les fonds en bois et brières a luy appartenants en la forest de Gouffer jusqu'au douit de Nécy (ActPont 653). 61 In diesen Belegen meint das Wort einen Wasserlauf: ob einen freien oder einen in einem regulierenden Graben gefaßten, ist allerdings nach dem vorliegenden Wortlaut nicht mit 60

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R E W setzt dagegen richtig ein Etymon D U C T U M an, versieht dann aber die Bed. 'Leitung' unnötigerweise mit Asterisk. Nach Gamillscheg setzt die Überlieferung im Fr. im 13. Jhr. ein. Es handelt sich hier um eine Kopie aus dem Jahr 1483 für ein auf den 7. Januar 1116 datiertes Pseudooriginal. - Auch für die britischen Inseln gilt: duitus 'conduit,Channel, watercourse', vor 1190, dwctüus id., vor 1187 (Latham). 27

Sicherheit zu eruieren. Im Hinblick auf die sonstigen Bedeutungen dürfte doch wohl auch hier an einen regulierten Wasserlauf zu denken sein. Schließlich sei an einige Belege aus dem Lateinischen erinnert, die einen erst romanischen Ansatz höchst unwahrscheinlich machen. Z. B. : Frontinus aq. 35: Aquam segnitia ductus modum . . . deperdere (Thes LL 5,2171,78).-Tacitus ann. 1,75: mole publicae viae ductuque aquarum labefactas aedis (ThesLL ib.). - Labeo dig. 8,5,21: si qua aqua nondum apparet, eius iter, ductus constitui non potest (ThesLL ib.). - Pomponius dig. 8,3,25: aquae ductus jus (ThesLL ib.). - Paul. dig. 43,20,7: si de via, itinere, actu, aquae ductu agatur (ThesLL ib.). - Frontinus aq. 21: rectus . . . ductus secundum Spem veniens . . . in altos rivos . . . diducitur . . . ib. Frontinus 66: aquam recipi in ductum .. . (ThesLL ib. 2172,7). - Ulpianus dig. 43,21,3,3; si aqua . . . per plures ductus dueatur. 62 15. falcare 'Wassergraben reinigen' Den Abschluß für den Norden bildet gleichfalls wieder (vgl. oben acabussare für den Süden) ein Verb. Bekanntlich existiert im Nfr. eine wohl aus der Normandie, der Pikardie oder dem Nordosten überkommene Suffixableitung zu lt. *FALCABE 'mähen': faucard in der hydrotechnischen Bedeutung 'grande faux à plusieurs lames pour couper les algues des cours d'eau'. Nach FEW 3,378b ist dieses Nomen seit Bescherelle 1849 belegt, nach Dauzat 14. Jh. Dazu gehört die Verbalableitung nfr. faucarder 'couper l'herbe des rivières, des fossés, les curer' gleichen Alters (ib.), nach BIWtbg 1840 „empr. du picard où il a été relevé en 1834 au même sens". Faucarder gilt auch für Lille, für Démuin (Somme, Montdidier, Moreuil), feucarder für Percy (Manche, St-Lô), St-Victor-de-Buthon (Eure-et-Loir, Nogent, La Loupe) faucarder. Auch das Npr. kennt faucarda (FEW ib.).6a Das Simplex falcare konnte im Mit. schon 'faucarder' besagen und ist dokumentiert seit dem Anfang des 13. Jh. in der Pikardie und in Châteaudun, was gut zu dem heutigen Verbreitungsgebiet des Types paßt: 1201 Crécy-enPonthieu (Somme): Limum quoque et quod aque decursum impedit licet eius super ripas extrahere et aquam ubicumque falcare (ActPont 234).64 - 1231 Châteaudun: statuimus . . . quod in predicta aqua . . . 52

Vgl. Hermann Davidson, Die Benennungen des Hauses und seiner Teile im Französischen, Diss. Kiel, Kiel 1903, 74. ®* Weiterhin: Démuin feucardeu 'ouvrier qui faucarde', nfr. faucardage 'action de faucarder' . . . , pik. feucardage, Démuin feucardache, poit. faucardement, nfr. id. (FEW ib.). 54 Der Herausgeber Clovis Brunei im Glossar: falcare aquam 'faucarder un cours d'eau'. - Falcatio aquarum 'faucardement des eaux' begegnet in dem gleichen Text ib. 233. 28

monachi nec per se nec per alios falcare vel curare poterunt de cetero, nec etiam malitiose eradicare. E t quotiens contingeret, quod . . . dicti monachi . . . in prenominata aqua amodo curarent vel falcarent, vel malitiose eradicarent, pro curatione . . . , prior l o c i . . . centum libras . . . solvere tenerentur, et pro eradicatione malitiosa viginti libras (Cart Marm 225). 16. gutta 'Rinnsal' Am Übergang zu den für die gesamte Galloromania gültigen Bezeichnungen für Gewässer steht lt. GUTTA.65 Wir sahen oben, daß das synonyme *GUTTAIIE für den Süden und den Südosten steht. Das Areal von OUTTA reicht vom Nordwesten her auch stark in die Rhônegegend um Lyon hinab, 66 mit Puy-de-Dôme sogar in die Auvergne hinein und damit in den nördlicheren Bereich der Occitania (FEW 4,350 b). Vorläufer aus älterer Zeit für GUTTA im semantischen Bereich 'kleiner Bach, Rinnsal, Quelle und ä.' sind dem F E W offenbar unbekannt. 67 Vgl. jetzt: 66

F E W 4,352 b : ' F r . goutte m i t m a n c h e n Ablt. wird sporadisch zur Bezeichnung eines kleinen Gewässers, sei es eines Bächleins, eines Sumpfes oder einer Quelle. Meist handelt es sich wohl u m unregelmäßige Rinnsale, solche , die streckenweise oder t e m p o r ä r versickern u n d daher das Wasser n u r in kleinen Mengen hervort r e t e n lassen . . .' i6 Aus d e m letzten Beleg f ü r rasa geht hervor, daß im Lyonesischen rasa u n d gutta als S y n o n y m a zu gelten h a t t e n (s. S. 24). i i F E W bringt n u r moderne Mundartformen (4,350b). - Vgl. dazu die interessanten Ausführungen von R a y m o n d Schmittlein in seinem Aufsatz, Les n o m s de rivières d u territoire de Beifort (in: Revue internationale d'onomastique 11, 1959, 193,194): 'Les affluents de montagne d u cours supérieur de la Savoureuse portent, pour la p l u p a r t , le n o m de Goutte: la Goutte des Ailles, la Goutte Louis, la Goutte des Plaines Fauchées, la Goutte Thierry, la Goutte des Forges, la Goutte d u L y s ou d'Ulysse, la Goutte des Roseaux, la Goutte Leheut, etc. . . . Le n o m de goutte se rencontre en France dans une région qui couvre le Massif Central e t v a j u s q u ' à la Lorraine et la Suisse. Le m a x i m u m de densité paraît être en Suisse r o m a n d e et dans les d é p a r t e m e n t s de la Loire, des Vosges e t d u Territoire de Belfort. Son extension semble avoir été beaucoup plus grande autrefois puisLongnon cite u n Ooutemajou d a n s l'Ariège. E n principe, goutte désigne u n p e t i t ruisseau, et s u r t o u t u n ruisseau temporaire. D a n s le Territoire de Belfort, où les gouttes n e sont jamais à sec, ce termedésigne plus volontiers u n petit t o r r e n t de montagne, mais il s'est employé aussi t r è s f r é q u e m m e n t dans la plaine avec le sens de ruisseau. Le n o m de goutte . . . se rencontre déjà dans de n o m b r e u x textes latins d u Moyen Age: usque a d guttam de Chermelle et a b eo loco sicut ipsa gutta vadit usque a d P e t r o s u m V a d u m (1211) . . . Goutte n ' e s t pas u n n o m propre, mais se trouve, la p l u p a r t d u temps, déterminé soit p a r u n n o m de personne: la Goutte Thierry, soit p a r u n n o m de lieu: Goutte des Plaines Fauchées, soit p a r une indication topographique: Goutte des Forges . . .' - E i n guttina ist bereits 870 nachweisbar in d e m Passus: in guttina quae discourrit (Vincent op. cit. Nr. 543, dort auch Toponyma). 29

847 Bonneval: Per Garonnam et illam guttam que decurrit per terrain nostram (Niermeyer). - 940/41: in alio fronte gutta percurrente qui a t (sic!) estum sicat (CartVi 35). - 1023 Anse (Rhône, arr. Villefranche) : Que denominate res cinguntur his terminis: a mane via publica Lugdunensis, . . . a circio decursus gutte et fontium, finalisque canalium per fontem Petoleiam et per vetulas ceppas noieriarum que sunt juxta plantatam Burziaci (CartAinay 561). - 1065: dédit Engelbertus . . . mediam guttam,68 Deinde Gosbertus . . . aliam mediam guttam ex eadem sclusa (CartNoy 43). - 1067: molendinum mittere in quandam guttam (ib. 57).59 - 1089: vendiderunt . . . omne quodcumque habebant in eadem sclusa a montorio eisudem sclusae usque in ripa fluminis, . . . et omnem aquam, et piscationem, et guttas, et molendina (ib. 202). - 1164 (grange d'Aiguebelle) : . . . de gutta80 de Basalac usque ad vadum que vocatur de Punras sicuti gutta ipsius vadi descendit usque ad Aquam bellam (CartGim 375). - 1228: concessit. . . mansum de Perairuel cum appendiciis suis, sicut ducunt due gutte usque ad rivum de Hiserone (CartLy 1,314). - 1234 Vernon (arr. Fontainebleau): Outa habebit X I I pedes in altum (CartParis 2,237). - Demnach gab es den hier in Rede stehenden Typ gutta sogar in der Gascogne (s. oben Beleg von 1164), sofern es sich bei jenem Beleg nicht um eine vorübergehende Vereinzelung handelt. Sonst findet sich gutta schwerpunktmäßig im Umkreis der mittleren Loire und hält sich - wenigstens nach dem obigen Quellenbefund - in der Rhônegegend etwa auf der Höhe von Lyon.' 1 17. fons vivus 'Quelle' Wie erinnerlich, qualifiziert man in Frankreich ein im besten Gedeihen stehendes Waldstück durch Hinzufügung des Adjektivs vif (s. S. 15). I n die gleiche Kategorie gehört nun das Faktum, daß auch das Wasser dort, wo es besonders den Eindruck des Lebendigen vermittelt, nämlich in der Erscheinungsform der Quelle, als 'vivus' charakterisiert wird. Schon 58 69

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Der Herausgeber C. Chevalier kommentiert: 'canalis, rivus'. Hier bezeichnet also gutta einen Bach, einen Wasserlauf, an dem eine Mühle angelegt werden soll. Der Herausgeber, der Abbé Clergeac, definiert: 'petit ruisseau, canal'. Die synonyme Diminutivform GUTTTTLA, die in den heutigen Mundarten anscheinend nicht weiterlebt, findet sich etwa von der mittleren Rhône bis nach Savoyen hinein: 849: de alio latus gutula que nominant Colemia (CartVi 214). 849: de uno latus terra ipsius Mediolano et guttula percurrente (ib. 215). - 883: terminant ipsae res . . . a sero gutula percurrente quae ad estum siccatur (Cart Sav 5). — 889: terminatur a mane gutula percurrente, . . . a sero molare . . . (ib 3) - ca 889: donat . . . vineam cum manso et vercariam, quae terminatur a mane guttula quae ad estum siccat (ib. 7). - 938/39: . . . in uno fronte via publica, in aleo fronte terra ipso Quintillone et guttula que ad estum siccat (CartVi 39).

das klassische Latein kannte diesen Vorgang. Das Fr. sagt: eau vive 'qui coule de source' (seit Estienne 1552), Seudre, Seugne (CharenteInférieure) revîler 'reparaître des sources', (AiriptDSèvres) rvilà (FEW 14,583b). Im historischen Teil heißt es FEW ib. 585b, A.6 u. a.: „Die Übertragung auf das sprudelnde und fließende Wasser (aqua, flumen) ist schon klt. Das Auftreten der Bed. im Fr. der Renaissance könnte in dem Sinne aufgefaßt werden, daß hier eine semantische Anlehnung ans Latein vorläge. Es könnte aber ebenso wohl so sein, daß nur durch Zufall ältere Belege bisher nicht zum Vorschein gekommen sind, daß aber in Wirklichkeit Kontinuität der Bed. vorläge". Vgl. dazu: 1027 Boue (heute Albertas, arr. Aix, Bouches-du-Rhône) : quidam rivulus, fluens de quodam fonte vivo (CartSVicMars 1,277).

18. durdilio, rapdilio 'Hochwasser' Für das Jahr ca. 1100 ist aus Cambeilay (Maine-et-Loire, arr. Segré, com. Le Lion-d'Angers) überliefert: Durdilio vel rapdilio vocatur Interruptio aque que, per excressentias et inundationes frequenter rectum iter relinquens, devia sequitur ac per foramina vel cavernas quas ipsa sibi, diutina pulsatione et assidua cavatione et quasi impetitus perseverantia, paulatim fecerit, irrumpit et exclusarum ac molendinorum ante positorum obsequio se detorquens, emolumentum quod factura erat, saliendo vel ludibunda diffugit. Durdilio ergo i n c r e v i t . . . in capite excluse . . . De illo . . . durdilione fecerunt monachi . . . concordiam . . . Insurgente . . . alio durdilione grandiore et rapidiore, cum monachi illum, ut conveniens erat, extirpare vellent, contradixit ne hoc fieret Rotgerius (CartAng 2,660). Mit durdilio und rapdilio ist hier also ein Überfluten des Wassers, eine Art Hochwasser gemeint. Dur - in durdilio - gehört sicher zu den FEW 3,192a unter dem Etymon DUBIA (Flußn.) vereinten Wörtern (Aost. Dwçr& 'Dora (Fluß des Tales)', auv. Dora, bellau. douéra 'source; pluie; pleurs', afr.doure 'fossé' (Soissons), champ, dours 'cours d'eau', dur; sav. drou 'trombe d'eau', dra Besonders im Mittelalter, da die Menschen im wesentlichen von den Produkten ihrer eigenen unmittelbaren ländlichen Umgebung zu leben hatten, besteht ein starkes Gefühl der direkten Abhängigkeit vom brotspendenden Acker der Heimat. 184 Davon sprechen unsere Texte ihrem juridischen Charakter entsprechend zwar nicht expressis verbis, aber es kommt sicher nicht von ungefähr, daß alles, was mit dem Getreidebau zusammenhängt, dort einen relativ breiten Baum einnimmt. Nur gering ist allerdings unsere lexikalische Ausbeute im Süden gegenüber dem in diesem Betracht ungleich reicheren Norden. 1. prima pala 'Getreide der ersten Worfelung' In Zeiten einer weniger entwickelten Technik worfelte man die Körner mehrere Male in gewissen Zeitabständen hintereinander. Man benutzte 188

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" L e besoin primordial était celui du pain et le 'blé' l'emportait de loin sur les autres cultures; toutefois, sous ce nom on ne semait pas que du froment, destiné à la farine blanche, mais le seigle, le méteil, l'épeautre, l'avoine ou l'orge, dont on faisait des farines mêlées et du pain noir" (H. Richardot et B . Schnapper, Précis d'histoire des faits économiques, Paris 1963, 139). - Vgl. hier S. 57ff. " U n mot domine la vie rurale de l'ancienne France, jusqu'au seuil du X I X e siècle, un vieux mot de notre pays, sûrement étranger au latin, probablement gaulois, comme tant d'autres termes - charrue, chemin, somart ou sombre (dans le sens de jachère), lande, arpent - par où notre vocabulaire agricole témoigne éloquemment de l'antiquité de nos labours: le mot de blé. N'entendons point par ce nom, comme l'usage littéraire le veut aujourd'hui, le seul froment. Sous lui le parler des campagnes comprenait, au moyen-âge, et continua longtemps de comprendre, toutes les céréales panifiables, qu'elles donassent le beau pain blanc, plaisir des riches, ou le pain noir, lourd de farines . . . que dévoraient les manants . . . Le blé, en ce sens, couvrait, de beaucoup, la plus grande partie de la terre cultivée. Point de village, point d'exploitation qui ne lui consacrât le meilleur de ses champs. L'on en poussait la culture jusque dans les cantons où la nature eût pu sembler l'interdire: âpres pentes alpestres et, dans l'Ouest et le Centre, ces terrains mal perméables et sans cesse trempés de pluie qui, aujourd* hui, nous paraissent prédestinés aux herbages . . . Le pain était, pour tous, un aliment essentiel; pour les humbles, la base même de la nourriture quotidienne. Comment se procurer la précieuse farine î L'acheter ? Mais cette solution eût supposé un système économique fondé sur les échanges. Or ceux-ci . . . furent, pendant de longs siècles, rares et difficiles. Le plus sûr était encore pour le seigneur de faire ensemencer sur son domaine, pour le paysan d'ensemencer lui-même, sur la tenure, les champs, pères des miches . . . " (Bloch op. cit. 21,22).

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dazu eine Schaufel (lt. PALA), daher (FEW 7,481b): Rhod. trespala v. a. 'éventer le grain avec la pelle', mars, tresparâ, trespalar (ib. 1785), Rhod. trespalaire 'celui qui évente le grain', Gémenos (Bouches-duRhône) trçpâro f. 'pelle pour ensaquer le grain', Var trepa.ro 'pelle pour éventer le blé'. Dieses Worfeln mit einer Schaufel, das heute nur in der Provence längs der Rhône sprachlich noch zum Ausdruck zu kommen scheint, steckt schon hinter der mittelalterlichen Getreidebezeichnung de prima pala:lss ca. 1160 Artigue (arr. Saint-Gaudens, Haute-Garonne) : tali pacto, u t singulis annis darent nobis triginta concas frumenti ad mensuram de Auxis, et eas in villam istam afferent ; frumentum autem debet esse de prima pala (CartAuch 102). Ähnlich heißt es in einer Bulle Coelestins I I I . vom J a h r 1195: Censum quem habet in grangia de Artigua, videlicet triginta mensuras tritici de prima pala (DC). Auch dieses päpstliche Dokument hat gaskognische Verhältnisse zum Gegenstand, wie aus der Erwähnung des Ortsnamens Artigua geschlossen werden kann, der wohl sogar identisch ist mit dem heutigen Artigue, aus dem unser obiger Beleg von ca. 1160 stammt. Es ist zudem nicht ausgeschlossen, daß unser Worttyp nicht erst im Mittelalter aufgekommen ist, da auch im Lateinischen pala spezifisch die Getreideworfel meinen kann: Tertullianus Praescript. 3.: Palam in manu portât ad purgandam aream suam. - Juvencus 1,371: ruralis pala (nach Forcellini). 2. raou, raoul 'Roggen, Mengelkorn' Unter den einzelnen Getreidearten ist hier zu nennen das Mengelkorn, womit man ein Gemisch aus Roggen und Weizen bezeichnet. Während der Weizen bekanntlich den Römern und überhaupt den Mittelmeervölkern seit eh und je vertraut ist, 188 kam der Roggen wohl erst später nach Gallien. 187 So erklärt es sich, daß germ. KOGGO 'Roggen' dort heimisch werden konnte. Dabei sind für das Germ, zwei Varianten zu beachten, die eine mit -gg-, die andere mit -g-. Die erstere fand ihren Niederschlag in awallon. regon 'seigle' (13.-15. J h . . . .), rigon (Jodoigne 1403), rogon (14. Jh.), Malmedy rgorj, rugon, Gleize id., lütt, rgon, ost186

DC definiert sub pala: 'frumentum de prima pala, quod semel est ventilatum'. 186 "Di e Völker des klassischen Altertums kennen den Weizen sämtlich von ihren frühesten Anfängen an" (Johannes Hoops, Waldbäume und Kulturpflanzen im germanischen Altertum, Straßburg 1905, 313). 187 "Der Boggen ist unter den angestammten Getreidearten der Alten Welt die jüngste . . . Seine Hauptverbreitung fand er . . . bei den baltisch-slawischen, germanischen und finnischen Völkern" (Hoops op. cit. 444,453). — Vgl. noch H. Blümner, Technologie und Terminologie der Gewerbe- und Künste bei Griechen und Römern, I, Leipzig 1875, 68, A. 6.

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wallon, règon 'variété de seigle qu'on cultive sur les hautes fagnes d'Ardenne', Nivelles (Brabant) r'gon 'épis de seigle repoussant l'année suivante dans du froment' (FEW 16,733a,b). Dagegen gelangte die zweite über das Gotische in den Süden, allerdings fast ausschließlich in der Bed. 'Mengelkorn', 188 was sich wohl daher erklärt, daß man die Mischung nach dem einen Mischungselement, eben dem Roggen, benannte: Apr. raô m. 'méteil' (Albi, Montauban, Montpellier, Quercy 14.-15.Jh.), araon (lang.), arao (Aude 1319), araho (Limoux 14.Jh.), abearn. arroo (1432 . . .), arredoo (14. J h . . . .), Albi röu, rogou, Tarn rag4, Aude raû, Arrens, bearn. arradoû (FEW ib. 733b). In späterer Zeit begegnet dann im Rouergue die Lautung raou, auch raoul, letztere vielleicht in volksetymologischer Anlehnung an den Eigennamen Raoul: 1779: 30 setiers froment, et 30 settiers raoul . . . 20 settiers raou . . . ; le froment, raou, conseigle, criblé à un seul crible (CartN 215). - 1783: 30 setiers froment et 10 setiers raoul (ib. 222). 3. rach 'Worfelabfall' Vom Getreide ist noch die Rede in einer Urkunde meridionaler Provenienz aus dem J a h r 1136 [spätere Übersetzung ?]: las pastoressas non devo gasanher per sestie de froment mas de 2 solz e huech deniers, e lo bren e lo rach (DocAlb 335). Der Passus besagt, daß die Hirtinnen pro Sextarius Weizen nicht mehr verdienen dürfen als 2 Sous 8 Denare ; außerdem steht ihnen die Kleie und der Worfelabfall zu. Rach fehlt in letzterer Bed. im F E W , wo es sub *RAKK nachzutragen ist. Vgl. dort (FEW 10,35 b): Barcelonnette (Basses-Alpes) racuènia, Queyras (östl. Teil von Hautes-Alpes) racuénio 'chose de rebut'. 4. fourmentas 'Weizenstroh' Die edlere Getreidesorte, der Weizen, ist für uns lediglich in einer Abltg. des Nordens vertreten, aber wiederum nur in einer Abltg., die das Stroh des Weizens meint. In der Normandie nennt man diesen weniger wertvollen Teil *FKUMENTACEUM > fromentas: Anorm. fromentas, 'paille de froment' . . . , La Hague (Nordwestspitze der Halbinsel Cotentin) fourmentas (FEW 3,828a). Das Wort gehörte einst nicht nur in die Normandie ; denn 1257 Verberie (cant. Pont-Sainte-Maxence, Dép.Oise): quatre muids d'avoine, bonne et loyale et payable, et six chens de fuere fourmentas et quatre chens de fuere d'avoine, à prendre là où leur devant dite disme sera menée (CartCompiègne 2,455). 188

Dagegen fromen raouenc 'mélangé avec un peu de seigle' (Comptes Consulaires d'Albi, 1359/60), raonoe (Montauban 14. Jh.), Béziers raunage m. 'méteil' (FEW ib. 733b). - Nach der Drucklegung kam mir zu Gesicht: Otto Jänicke, Die Bezeichnungen des Roggens in den romanischen Sprachen, unter besonderer Berücksichtigung des Galloromanischen, Tübingen 1967. Vgl. dort 165-168.

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5. vanata 'Getreideinhalt einer Schwinge' Über ganz Frankreich ist lt. VANNUS 'Getreideschwinge' mit manchen Ableitungen ( F E W 14,157äff.) verbreitet. Aber nur im Norden ist die -ATA-Bildung in der getreidetechnischen Bed. eigentlich lebenskräftig. *Vannata ist so viel Getreide, wie in eine Getreideschwinge hineingeht: afr. mfr. vanée f. 'contenu d ' u n v a n ' (Hainaut 1347; 1361; 1437). 188a Nach dem Mit. zu urteilen, m u ß das in Rede stehende Wort samt Bedeutung älter sein. E t w a 100 J a h r e früher als der bisherige Erstbeleg aus dem Hennegau liegt der folgende aus dem Dép. Oise: 1248: Royesur-Matz (cant. Lassigny) : percipient. . . bladum et avenam in predicta grangia, annis singulis, ad duas vanatas quas ipsi maluerint (CartCompiègne 2,350). Auffällig oft ist in den alten Dokumenten auch von der Getreidespreu die Rede (vgl. oben räch). Obwohl im Werte natürlich weit hinter der F r u c h t selbst rangierend, ist dieser Abfall eh und je ein wichtiges Futtermittel gewesen. 189 Freilich handelt es sich hier u m eine Sache, welche, im Gegensatz etwa zu Begriffen wie 'Weizen', 'Hafer', 'Korn' u. ä., k a u m je über den eigentlich bäuerlichen Lebenskreis hinaus sich mit einer einigermaßen präzisen Vorstellung verbunden haben dürfte. Daher erklärt es sich aber andererseits wohl auch, daß gerade f ü r den Begriff 'Getreidespreu' relativ viele Bezeichnungen bestehen, die in ihrer unterschiedlichen H e r k u n f t und semantischen Ausgangssituation a m ehesten einen Einblick vermitteln in gewisse Gegebenheiten der ethnischen und sachlich-historischen Differenziertheit innerhalb der galloromanischen Ruralstruktur. 6. rehaltonem [Acc.], rehautum, rehauton [Acc.] 'Worfelabfall' So haben wir f ü r die nördliche Galloromania gleich zwei einschlägige Benennungen. Auf anfrk. *HALTO 'Krüppel' werden zurückgeführt ( F E W 16,136b): Afr. mfr. hauton 'brisures des épis et du grain écrasés etc., que le vanneur sépare du grain net et qu'il rejette du v a n ' (seit 12. Jh.) . . . Afr. rehauton 'seconde criblure du blé' (pik. 1239-1269) ; subhauton (Cambrai 1182). Soweit F E W . W a r t b u r g f ü g t ib. u. a. hinzu: „Diese Wortgruppe ist durchaus auf Nordfrankreich beschränkt, und zwar ist sie wallon., pik., poit., champ., lothr., bourg., centr." Diese Angabe ist dahin188a 18

F E W ib. auch entsprechende Mundartreflexe. ' Als Kleie ist er für die Viehhaltung unentbehrlich. Auch kannten die Griechen und Römer das Kleiebrot, welches im Mittelalter, besonders in den langen Hunger- und Teuerungsperioden, der Masse der Bevölkerung gleichfalls vertraut gewesen sein dürfte (s. Blümner op. cit. I, 71,72,78,79). 113

gehend zu ergänzen und zu korrigieren, daß der Typ rehauton 69 Jahre früher auftritt: 1169 Roye (arr. Montdidier, Somme): Rehaltonem non debet habere, nisi nutrituram porcorum ecclesie habuerit (CartCompiègne 1,188). - ca. 1170 Compiègne: Preteria garbas nostras, ubicumque voluerimus, ducemus et forraginem ac rehaltonem in pace . . . habebimus (ib. 195). - 1174 Soissons: Nicholas et sibi vendicabat . . . procurationem sui et trium secum toto tempore messis et triturationis, illud etiam quod vulgo dicitur croin et rehautum (sie!) et furfur domus ecclesie in eadem villa site (MH 661). - ca. 1196 Roye-sur-Matz (arr. Compiègne, Oise): I n granchia sua mittet ecclesia trituratores suos quot et ad quale forum voluerit; stramen vero, paleam, le rehauton quod flagello et vanno excuti non poterit Rad. habebit (CartCompiègne 1,319). - 1254 Marest - sur - Matz (cant. Ribécourt, Oise):ferragium, paleam, rehautonem, redeeimam et tertiam partem vescie (ib. 2,424). 7. volgranum, bougrain, bograin 'Kornabfall' Ähnlich wird das aus dem Lt. kommende, aus *VOLUM 'fliegend' und GRANTJM 'Korn' zusammengesetzte und bisher für die ältere Zeit nur in mit. Texten gefundene volgranum definiert. F E W 14,617a: Mit. volgranum 'criblures de céréales, déchets que le vent empörte pendant le battage du blé' (Dijon), volgrenum (poit.), vogranum(tour. 1163), volugranum (Troyes 1194).180 Wartburg bemerkt ib. 618a u. a., das Wort sei im mittleren Frankreich im Mittelalter recht verbreitet gewesen und habe sich vereinzelt im Osten gehalten. Außerdem darf aber nicht übersehen werden: 1234: quindeeim sextaria de meliori biado, post frumentum, pereipiet annuatim, pro omni jure grani vel palearum, volgrani et caudarum, quod in grangia de Corgenart hueusque poterat reclamare (CartCenom 351). - 1250: rector pereipiet singulis annis in perpetuum dimidium modium frumenti ad mensuram granarii et omnes paleas: totum vero residuum cum volgranis, cujuscumque generis bladum sit, inter dictum rectorem et prebendarios . . . dividetur per medium (ib. 148). - 1275: concedit . . . omnes paleas diete decime, unum locum et unum tractum diete decime, les bougrains dicti biadi (ib. 302). - 1275: omnes paleas diete decime, tractum et locum, et les bograins diete decime, grangiam, pertinentem et ad dictam deeimam, et omnes alias res (ib. 301). Demnach galt unser Wort auch für Anjou und Maine bereits in alter Zeit. Bemerkenswert ist für diese Gegend die wo F E W ib. eine Reihe von Mundartreflexen. - Über das Verhältnis zu gali. *ux.wo s. J. Hubschmid, Praeromanica. Studien zum vorromanischen Wortschatz der Romania mit besonderer Berücksichtigung der frankoprovenzalischen und provenzalischen Mundarten der Westalpen. Bern 1949, 8. 114

sicher volkstümliche Lautung bougrains, bograins, die auch aus dem dem Nomen vorgesetzten fr. Artikel les hervorgeht. Wahrscheinlich liegt für den Typ bougrain eine volksetymologische Assoziation mit boue 'Dreck' vor als Ausdruck für die relative Wertlosigkeit des Kornabfalls. F E W (14.617 a) kennt bougrain erst seit 1605 (ang.), dann bmanc. id. und ang. id., 'menus grains dont la plupart sont enveloppés de leur glume'. Wartburg's Zurückführung der mit b- anlautenden Form auf den Einfluß von bogue (FEW ib. 618a) gilt vielleicht nur für den Typ bograins. Vgl. oben für bougrains.1*1 8. crom, crain, croinum, groinum 'Spreu' Auch croin, crain, groinum bedeuten eine Art der Reste, die beim Worfeln des Getreides abfallen. Der Typ ist allerdings, soweit ich sehe, bisher niemals von der modernen Philologie erkannt und erforscht worden. Doch vorher unsere Dokumentation: 1174 Soissons: Nicholas et sibi vendicabat . . . procurationem sui et trium secum toto tempore messis et triturationis, illud etiam quod vulgo dicitur croin et rehautum et furfur domus ecclesie in eadem villa site (MH 661). - 1259 Chevilly (cant. Villejuif, arr. Sceaux, Seine): Item, dicit quod decanus debet habere illud quod remanet de blado vennato, que res vocatur crain. Et, excepto isto croino, quod retinuit capitulum, ad opus camere, vendidit capitulum dictum decanatum Lamberto (CartParis 3,469). - 1270 Abbeville: Nec est praetermittendum quod virtute huius verbi, groini, grapinum non intellegitur ; in quo grapino die imus ispum [seil. : praepositum de Vaucellis] nihil pereipere debere (DC sub grapinum). Unsere Belege erstrecken sich also auf die Ile-de-France und die Pikardie. Das Wort ist, obgleich bisher nicht in einem volkssprachlichen Text begegnend, durchaus für die Volkssprache zu vindizieren, heißt es doch in unserem Erstbeleg aus Soissons ausdrücklich „illud . . . quod vulgo dicitur croin". Groin (groin, crain) ist einer der landwirtschaftlichen Ausdrücke, welche aus gallischer Zeit im internen Bereich der bäuerlichen Lebenssphäre bis ins Mittelalter hinein fortgelebt haben. 192 Er 191

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Für den Fall allerdings, daß bougrains nur eine graphische Variante für bograins ist, besteht Wartburgs Erklärung aus bogue in vollem Umfang zu Recht. "Der Unterschied zwischen den beiden Teilen des Berufsvokabulars wirkt sich oft auch bei der sprachlichen Assimilation eines unterworfenen Volkes aus. Als z. B. die Römer Gallien von den Städten aus latinisierten, da nahmen die gallischen Bauern für die Produkte, die sie den Herren abzuliefern hatten oder die sie nach der Stadt verkauften, die lateinischen Bezeichnungen auf; für die Unterprodukte aber, die sie dem Vieh verfütterten oder die weggeworfen werden müssen, blieben die gallischen Ausdrücke . . ." (W. v. Wartburg, Einführung in Problematik und Methodik der Sprachwissenschaft, 2. Aufl., Tübingen 1962, 108). 115

gehört sicherlich zu ir. crocenn gl. tergus, nir. croiceann 'Haut', corn. croghen, crohen, br. kroc'hen (daneben ohne Assimilation: c. croen, Plur. crwyn, acorn. croin). Als urkeltische Grundform ist * K R O K N O anzusetzen, 193 wozu unser croin, groin, crain die genaue galloromanische Entsprechung darstellt. Semantisch ergeben sich gleichfalls keine Schwierigkeiten. Auch im Deutschen nennt man die einzelnen Stücke der beim Getreideworfeln abfallenden Spreu 'Balg' ('Spreubalg'). 'Balg' aber besagt von Haus aus 'Schlauch', eigentlich 'die zum Aufbewahren von Flüssigkeiten abgestreifte Tierhaut' (Kluge - Götze - Mitzka), Bedeutungen, die sich treffen mit Angaben wie 'tergus', ' H a u t ' (s. oben), 'cutis', 'corium', 194 welche sich auf die genannte keltische Wortfamilie verteilen. Der Spreubalg beim Getreide ist eben die Haut, das Fell - lauter Bezeichnungen für etwas, das etwas anderes bedeckt, einschließt, umhüllt - , welches das Korn umgibt Und natürlich der wertlosere Teil der Frucht ist. So bedeutet auch die alit. Entsprechung von lt. cutis ' H a u t ' : kiâutas 'Hülse' und das gleichfalls dazugehörige kymr. cwd vereinigt in sich die Bedeutungen: 'Tasche, Sack, Wanst, Hülse' (Walde-Hofmann). 195 Auch südit. yûSka, èééka 'Spreu' wird von Rohlfs auf gr. «poùffxa 'Blase' zurückgeführt (Z44,1924,723)196 und Ernst Gamillscheg stellt fr. balle (de blé) einleuchtend zu schottisch ballan 'Schote' 'Hülse' (Z 43,1923, 564). Ähnlich gelangte B B A C A 'Hose' in Meuse, Allain braïe, Moselle bräy zur Bed. 'balle du blé' (FEW 1,481b). Schließlich sei noch nd. kaff 'Spreu' genannt, welches nach KlugeGötze - Mitzka identisch ist mit md. kaf 'Fruchthülse des gedroschenen Getreides'. 9. abladare 'besäen' Auffallenderweise begegnete uns bisher keine lexikalisch relevante Bezeichnung - weder im Süden noch im Norden - für den Oberbegriff 198

Siehe H. Pedersen, Vergleichende Grammatik der keltischen Sprachen, Göttingen 1909-1913, I, 160 und Whitley Stokes, Urkeltischer Sprachschatz, übers, und hrsg. von H. Bezzenberger, Göttingen 1894, 99. 194 Siehe Whitley Stokes ibid. - Latham registriert für ca. 1115: crodinum 'crap, chaff' und fügt fragend hinzu: 'for crapinum'. Näher erscheint uns hier eine Verbindung mit gall. * C R O D I U S 'hart' (vgl. REW und FEW unter diesem Etymon) sofern nicht eine 'falsche' Latinisierung unseres croin-Typs vorliegt. Vgl. hier S. 120f. betr. crapinum. 1,5 Die Spreu, die Spreubälge sind nichts anderes als die (leeren) Hülsen. 19 ' Die Richtigkeit der Zurückführung von südit. yûSka, Suika 'Spreu' auf gr. çoûcxa 'Blase' erhellt auch aus lt. follis 'balle du blé', follicidus 'balle des céréales' (Jacques André, Lexique des termes de botanique en latin, Paris 1956).Auch vagina kann bedeuten: 'gaine, balle du grain de blé au moment de sa formation' (André, op. cit.). 116

'Getreide'. Für die gesamte Galloromania ist dagegen wichtig: ca. 1001 : de campo unum sextarium annonae quando abladatum fuerit (Cart Sav 85). - 1161: Peciam [terrae] . . . de qua dabitis denarios quando erit abladata (Cart. d'Aniane, Niermeyer). Das Verbum meint 'ensemencer', d. h. von Haus aus 'mit Frucht, mit Getreide versehen'. Das Wort kehrt afr. und mfr. als ablaier wieder und lautet apr. abladar (FEW I,390a). 197 Ob sein erstmaliges nachweisbares Auftreten im Umkreis von Lyon für eine dorthin weisende Ausgangs- und Mittelpunktssituation zu veranschlagen ist, kann allerdings bei der äußerst summarischen FEW-Information für die ältere Zeit nicht mit einiger Begründung vermutet werden. 10. ablai 'Sämereien (Getreide)' Das dazu gehörige Substantiv ist afr. ablee 'blé; terre semée en blé', dann apr. abladas 'semences' (FEW 1,390 a). Letzteres wurde bisher einmal gefunden: 13. Jh. Martel (arr. Gourdon, Lot).1®8 Im Norden stand ablee bisher fest: 1270 und 1273 im Ponthieu und in einer Urkunde des 14. Jh. (TL). Aber für die Pikardie liest man die Schreibung ablai fast drei Jahrzehnte eher: 1248 Saint-Riquier (arr. Abbeville): les bestes l'abé et le covent . . . puent aler en pasture par toutes les terres waengnables, et en esteules, et ailleurs sans faire damage a autrui d'ciblais et de waengnages desi a dunes (ActPont 515). - 1274 Rue (arr. Abbeville): nostre chier seigneur et dame dessus dit veulent greent et ottrient . . . que chascuns venderres de blé ait les mesureurs nostre chier seigneur et dame devant diz delivrement pour ablai mesurer (ib. 621).

II. enboukie 'feucht, klebend (vom Getreide)' Getreide, das beim Verkauf nicht den behördlichen Vorschriften genügte, das verdorben oder sonstwie manipuliert war, benannte man in der gleichen Pikardie mit einer Abltg. von lt. BTTCCA 'Mund' : enboukié, wie in einer Anordnung aus der Grafschaft Ponthieu zu lesen ist: 1274 Rue (arr. Abbeville): Et se blez enboukiez venoit el marquié, nous devons jugier l'amende du mesfait a nostre volenté (ActPont 621). FEW 1,585 a kennt das Wort in einer Reihe von Mundartreflexen in der Anwendung auf den Kleberanft des Brotes: z. B. Issoudun emboucher 's'entrebaiser (de 2 pains, dans le four)' . . . Bas-Limousin emboutsa '(pain) qui s'est joint avec un autre'. Möglicherweise bezeichnete man 1,7

Ib. sind, auch die Mundarten aus Nord und Süd vertreten. lia h . Teulié, Revue de philologie française et provençale 8, 1894, 282. 117

demnach ursprünglich mit blé emboukié feuchtes Getreide, das aneinanderklebt. 12. baliarchum, baillardum, bailliart, balargia 'Gerste' I m Gegensatz zum Süden und zum Norden, wo wir keine einzige originäre Getreideart herauszustellen hatten, haben wir für die gesamte Galloromania in alter Zeit einen gemeinsamen Namen für die Gerste. Wartburg schreibt F E W 1,214a unten u. a.: „Schon zur Römerzeit war das aus Spanien stammende Getreide rühmlich bekannt. So lobt Plinius speziell die Gerste aus Cartagena; er erwähnt auch den (sie!) triticum balearicum. Daß schließlich besonders die Gerste die Bezeichnung erhielt, hängt vielleicht mit Wanderungen der zweizeiligen Gerste zusammen. I n der Tat war diese in Mitteleuropa vor den Römern fast (ib. 214b) unbekannt, wie die Funde zeigen . . ." Soweit Wartburg. Die erste, mir bekannte Erwähnung in nachrömischer Zeit stammt aus dem Norden der Galloromania unterm J a h r 867: Sunt ibi de spelta supra sementiam bennae XV; de baliarcho carradae X X X V . de avena carradae XV (CartSBert 167). I n der Pikardie t r a t an die Stelle der Endung -arc(h) das Suffix -ard, wohl um die ungewohnte Lautung -arc(h) einzupassen: 1211 Amiens: retentis sibi tantummodo duobus hospitibus apud Maioch et sex hospitibus apud Bertaueort, octo etiam modiis, quorum tertia pars erit mistelli, altera tertia baillardi et reliqua tertia avene (ActPont 336). - 1257 Bernay (arr. Abbeville): censum quinque sextariorum bailardi . . . tenebat (ib. 555). - 1273 ForestMontiers (arr. Abbeville): VII sestiers de grain, I U I sestiers de soile et I I I sestiers de bailliart rendus cascun an a le Saint Remi (ib. 620). Die Lautung auf -ard, -art fehlt im F E W für das Apik. 189 Während uns im Midi die Benennung für Mengelkorn raou200 begegnete, haben wir jetzt für Nord und Süd, Mitte und Ost, gleich zwei entsprechende Nomina hintereinander zu bringen. 13. conseigle 'Mengelkorn' Conseigle meint nach seinem Wortsinne 'was mit dem Hafer (seigle) zusammen ist', d. h. mit ihm vermengt wird. Es ist F E W 2,1061 a in dieser I»E F E W 1,214a die auf BALEARICUM zurückgehenden Typen: afr. baülarc 'orge de printemps à deux rangs', gask. balharc, boul. baillar, npr. baiard, lim. bayar, Bas-Armagnac baühar, land. balart, Gers, HPyr. balar, Bearn. balharc 'seigle', baïhart. - Beachte auch aus dem Poitou 1222: dédit et concessit abbati . . . quatuor sextarios bladi, duo scilicet frumenti et unum siliginis, quartumque balargiae . . . (CartBéch 18). Auffällig ist hier das Femininum. 200 Siehe S. 112. 118

Lautung nur vereinzelt nachgewiesen: in Lure (Haute-Saône) und in Clermont-Ferrand. 201 I m Rouergue trifft man conseigle bereits 1783: 6 setiers conseigle (CartN 222). 14. annona grossa, grossa anona, grossum bladum, grossam 'gröbere Getreidearten' I n Dokumenten aus der Touraine über die Ile-de-France bis hinauf in die Pikardie findet sich das Adjektiv grossus, a, um als ein Qualifikativum für Getreide: 1101: Molinarius vero habebit praebendam suam de communi, et très sextarios mestivae, unum frumenti et duos annonae grossae (CartNoy 326). - 1146 Melun: sexdecim sextaria grosse anone (MH 489). - 1150 Paris: contractum . . . super sex modiis annone, très de frumento et très de grosso biado (ib. 507). - 1219 Rue (arr. Abbeville): dedi in perpetuam elemosinam . . . duo boistella de meliori biado et duo boistella de grosso (ActPont 395). Vgl. dazu F E W 4,276 b: gros grains 'froment, méteil et seigle' (seit Fur 1690), apr. blat gros 'seigle et froment' (Foix 1387), gros blé 'seigle d'hiver' (1783 . . .). Die Wendungen grossa annona, grossum bladum 'Dickgetreide, Dickkorn' beziehen sich also sicherlich auch auf eine Art Mengelkorn oder auf eine andere weniger feine Getreidesorte. Sie zeugen für ein viel höheres Alter dieser Bezeichnung im Norden als die FEW-Information hergibt. Besonders wertvoll ist der Beleg von Paris 1150: grossum bladum, weil sich grossum bladum in fr. gros blé (1783, s. oben) unmittelbar fortsetzt. Auch in den Mundarten ist dieser Typ verbreitet (FEW ib.): norm, gros blé 'seigle d'hiver', Blonay (Waadt) grò blo 'mais', sav. grou-blâ, Vaux grwàbyà, Versailleux (Ain) gri/blâ, Montluel, Ain, Rhône gr Der Nachweis von aissada beginnt jetzt mit: 1190 Montpellier: saumata de aisadis (M. Pfister, Beiträge zur altprovenzalischen Lexikologie I, Vox 18, 1959, 282). ca. 1200 Aniane: decimum de ipsas Artigas que homines laborant cum aixatas a bracia sua (ib.). - 1252/88: qui ardria yssart aya ad us V homes e fasso en tour lissart raiza de una brassada ab podadoira ho ab aissada (DocAlb 341). - 1278 Marseille: item, I I aissadas et aissadonum et I pic (Bautier, ALMA 25,1955,10). 280 3. aissadonus 'kleiner Karst, Jäthacke' Ein zweiter, hier zur Diskussion stehender Vertreter derselben Wortfamilie ist apr. aisadon m. 'petite houe'. Das Nomen kehrt wieder in 288 289 2,0

M. Gonon, La vie familiale en Forez au XIV e siècle et son vocabulaire d'après les testaments, Paris 1961, 117. Weiteres s. noch FEW 1,152b. In Nordspanien begegnet exada 965, in St. Cugat (Lluis Nicolau d'Alwer, Quelques additions et corrections au Glossarium de Du Cange, ALMA 3, 1927 16). In der Lautung aixata kennt GMLC das Wort in sicherer Überlieferung seit 940. 159

npr. eissadoun 'serfouette, petite houe; pic, outil de carrier', dauph. eissadou, B-Alpes: eissadoun 'serfouette' (FEW 1,152b). Wie bei aissada (s. oben) beschränkt sich die Dokumentation im FEW für das Apr. auch diesmal auf eine einfache Angabe der Existenz des Wortes, wogegen für ca. 1253 aus Marseille vorliegt: de rebatendo ligone vel aissadono, sicut convenerint . . . de causando quemdam aissadonum, sicut convenerint (StM 5,51). - 1278 Marseille: item, I I aissadas et aissadonum et I pic (Bautier, ALMA 25, 1955, 10). 4. escoda 'Hammer des Steinmetzen' Der letzte meridionale, auf die Provence beschränkte Werkzeugsname, den wir vorzubringen haben, ist apr. escoda 'marteau de carrier servant á briser des pierres'. Die Identifikation des Wortes in alter und neuer Zeit nach FEW 2,1243a: apr. escoda (1350, Pans), Nice escouda, escuo, mars. escouda (1785), Draguignan escoude . . . , apr. escoudoun (1504, Pans). Die Erstbezeugung ist um etwa 100 Jahre höher hinaufzurücken; denn: ca. 1253 Marseille: de escoda, sicut convenerint (StM 5,51). Nach Leo Spitzer (NphM 1913, 166, A. 1) sieht Wartburg in apr. escoda ein postverbales Nomen zu einem im Occitanischen geschwundenen *escodar 'den einzelnen Stein aus dem Klotz herauslösen', das seinerseits E X *COTEM ('Wetzstein') enthalte (FEW ib. und 1243b, A. 3). Ein Verb escodar lebt tatsächlich in sp. pg. 'Steine behauen'. Corominas möchte darin ein in die erste Konjugation übergetretenes EXCTJTEBE 'herausschütteln' sehen (Corominas sub escodar), fügt aber zweifelnd hinzu: „El cambio de conjugación entre excutere y escodar es de un tipo poco corriente, de suerte que esta etimología, sugerida por Cabriera y luego por el DGén . . . , debe mirarse como insegura". Formal wäre dagegen die Etymologie Spitzers und Wartburgs eher zu vertreten. Aber auch sie ist unwahrscheinlich, weil das Simplex cos im Lt. und Rom. niemals schlechtweg 'Stein', sondern stets den bäuerlichen Gebrauchsgegenstand 'Wetzstein' meint. Es müßte gezeigt werden, wie dieses in Kultur genommene, zum Schärfen benutzte und deshalb besonders hergerichtete Stück Stein in der romanischen Benennung identisch werden konnte mit dem klotzigen und massigen Gestein etwa eines Steinbruchs. Ein solcher Nachweis scheitert an der sachlichen Unvereinbarkeit. Es ist vielmehr auszugehen von einem * E X C O T A K E anders gelagerter Herkunft. Im zweiten Element steckt das in klassisch lateinischer Gewandung auftretende cautem 'spitziger Fels, Riff'. Aber die Lautung -au- ist ein Hyperurbanismus, bis Vergil ist nur cotes überliefert. Im Glossarium Bruxellense heißt die Definition cotes: saxa aspera (ThesLL 3,711,11). Daß * E X C O T A E E wirklich bestanden haben dürfte, kann schon aus folgender Versfolge bei Lucan vermutet werden 160

(6,34): ingentes cautes avolsaque saxa metallis (ThesLL 3,711,43); auch in den Silvae des Statius ist cavités zusammengebracht mit avellere 'losreißen, herausbrechen' (4,600): prorata cautes avulsi montis. Für cavtem avellere, cotem avellere sagten Steinhauer und Bergarbeiter eben •EXCOTARE 'den Stein herausreißen, aushauen'. Dieses Verb ist genau gebaut wie etwa orl. esperrer 'extraire des pierres', in dem EX PETRA ('Stein, Fels') steckt (FEW8,319b). Apr. escoda 'marteau de carrier servant à briser des pierres' ist dazu postverbal. 201 5. havet 'Krampe' Seiner germ. Herkunft entsprechend ist afr. hef ( < anfrk. * HAF 'Haken') 'crochet, crampon' nur fiandr. pik. 12. Jh. - 1491 (FEW 16,110b). Dazu gehört die Abltg. fr. havet 'crochet' (1213-Oud 1660) (FEW ib., dort und l i l a viele Mundartformen). Havet ist vorzudatieren: ca. 1190 Meaux: Item ung grail, ung havet, une paelle de fer et ung trepié (StHot 188). 6. peincettes [Pl.] 'Pinzette' Nach BIWtbg kennt man fr. pincette seit 1321. FEW 8,543 a spezifiziert dieses Datum nach dem Plural: afr. pincettes pl. 'petit instrument de fer à deux branches qui sert à saisir certains objets'. In der Schreibung peincettes finden wir das Wort nun bereits ca. 1246 in Compiègne bezeugt: Peincettes ou tenailles délivrés en fardel à col doivent six deniers (CartCompiègne 2,311). 7. fessor 'Hacke' Eine Bezeichnung für 'Hacke' begegnete uns innerhalb der provenzalischen Sprachzone in dem Diminutivtyp aisadon (s. oben). In der gesamten Galloromania dagegen leben weiter die Ableger der schon lt. Werkzeugsbezeichnung FOSSORITTM 'Hacke', gebildet vom Part. Perf. Pass. fossum von fodere 'graben'. FEW 3,742a: Afr. mfr. fossoir 'houe, surtout pour le labour de la vigne' (seit Raschi, bes. bourg, champ, lothr. frcomt.), abourg. fessor SThib, afrcomt. fossour, afrb. id. . . . , adauph. fessou, apr. fossor usw. Demnach lebte die dissimilierte Variante fessor (-o- -o-(fossor) > -e- -o-) nur in Burgund und in der Dauphiné. Für die letztere Gegend sollte detaillierter berichtet werden, da 2,1

Von gleicher semantischer Genesis sind: Poit. cosse 'pierre calcaire tendre', hmanc. 'variété de silex', Bess. koiê 'petits cailloux extraits des carrières' (FEW ib.). 161

schon Lv fessour (St. Anthoni) 1503 und fesor 1504 (S. Eust.) bringt. Daß die Dissimilation aber dort vielleicht viel älter ist, geht hervor aus einer Inventarliste vom J a h r 1157: habemus . . . I I I culcitras, et duos coisinos, et I I cots, et I flazaa, et I I I brucs, et I baco ab lo sai, et X I eminas d'ammales, et I par., et I cumascle, et VI fessors, et I I arcas . . . (CartRich 134). 8. escalpre 'Meißel' Lt. scALPRUM 'Meißel' ist „innerhalb des Französischen . . . auf den äußersten Norden und den Osten sowie das Frankoprovenzalische beschränkt. Hingegen hat es sich auf weitem Gebiet auch im Occitanischen gehalten" (FEW 11,274b). Apr. escalpre besteht nach F E W ib. im 15. J h . in der Provence. Das ist zu spät angesetzt; denn: 1365 Nice: Item, unam trevellam. Item, unum escalpre (ChartSP 240). Für die römische Kurie gilt escalpre 'scalpello' bereits 1347 (Sella).

XXV

Lederbearbeitung u n d Gerberei

1. afachar 'beizen' Das Bearbeiten der Häute mit der Loherbeize nennt man in Südfrankreich *AFFACTABE > apr. afachar, also 'zu-machen, zurichten' (FEW 1,48 b). In der Lautung afaitar überliefert R n den Gerberterminus aus dem Cartularium von Montpellier, welches man in der 2. Hälfte des 13. J h . ansetzt; einige Zusätze gehören dem 14. J h . an. Die Lautung afachar 'tanner le cuir' findet sich nur bei LvP. Da man nicht weiß, worauf sich Levy dabei beruft, erscheint ein Beleg willkommen: 1445: nengun conreayie . . . non auja . . . en ninguna maniera bregar, ni afachar ho amaystrar, nengun curam prim adobat en herba coma servum, cordoam ho moutomna, pueys que seia adobat a son dever, sinon que premierement sia stat vist e aprovat per losdichs elegitz (StM 6,78,6).292 a,a

Mit. affactare, adfaectare belegt A.-M. Bautier für Bonifacio seit 1238 (ALMA 25, 1955, 8). Tatsächlich dürfte das Wort in seiner technischen Bedeutung noch älter sein, da Niermeyer (sub qffectator) affactator 'tanneur' bereits 1144 aus Montauban belegt.

162

2. adubum 'Zurichtung (Gerberei)' Ein anderer hierher gehöriger Ausdruck kommt aus anfrk. *DUBBAN 'schlagen' > apr. (a)dobar. Das apr. Verb selber ist, soweit bekannt, nicht in der Gerberei zuhause. Hingegen ist das postverbale Nomen adop bei L v P definiert: 'vêtement militaire; réparation; dédommagement; accommodement; affaitage'. I n dieser letzteren Bed. trifft man auf das Wort in der lt. Aufmachung adubum ca. 1253 in Marseille: viri boni et fideles et ydonei in misterio blancarie, qui debeant curare et inquirere u t adubum blancarie bene et fideliter peragatur (StM 1,38). 3. amaystrar '(das Leder) herrichten' Auch die Ausgangsvorstellung 'meistern' hat ihren sprachlichen Niederschlag im Bereich des Gerbereivokabulars gefunden, wie 1445 aus Marseille überliefert ist: nengun conreayre . . . non auja . . . en ninguna maniera bregar, ni afachar ho amaystrar, nengun curam prim adobat en herba coma servum, cordoam ho moutomna, pueys que seia adobat a son dever, sinon que premierament sia stat vist e aprovat per losdichs elegitz (StM 6,87,6). Amaystrar gehört zu apr. amaestrar hap. 14. Jh., 'élaborer, travailler' (FEW 6,39b), apr. amajestrar 'disposer', apr. maestrat 'arrangé avec art' (13.-14. Jh.) (FEW ib.). 293 4. bregadis 'Art Leder' Soeben hörten wir u. a. von apr. bregar als einer Bezeichnung für eine bestimmte Phase der Lederbearbeitung, welcher Terminus F E W sub BREKAN entgangen ist. Das davon abgeleitete bregadis ( < *BREKATICITJM, zu germ. *BREKAN 'brechen') existiert gleichfalls: 1396: tots los cuers quais si adobaran en bregadis non si deian conrrear ni mettre en grayssa, si non que premierament sian regardas per los . . . prodomes elegitz (StM 6,78,2). - 1445: tot curatier ho sabatier que voira adobar en bregadis cayn euer sia, puesca adobar (ib. 86,10). - 1445: t o t curatier o sabatier que metra euer en adop t a n t en rusca cant en herba, o en bregadis, . . . deia en cascun daquellos cuers o pels metre son senhal (ib. 86,17). - 1445: Cuer de bregadis cant mudaran e senharan del premier ferri per cascun euer d. 2 (ib. 86,22). Zum ersten Beleg von bregadis bemerkt B.égine Pernoud: „Sorte de cuir; le nom s'est encore conservé aM

Als Färbereiterminus registriert F E W 6,36a das gleich gebaute nfr. Verb amestrer 'mêler le eatharme lavé avec de la cendre gravelée, en les piétinant par petites portions' (Ac 1762-Lar 1866). - Rheinfelder leitet amestrer aus A D M I H I S T R A R E ab (Hans Rheinfelder, Ein vergessener Wortsprößling, in: Studia Romanica. Gedenkschrift für Eugen Lerch, Stuttgart 1955, 348-352). 163

dans le Dauphiné". Bisher war das Wort ein einziges Mal nachgewiesen: Pans bregadis 'espèce de cuir de mouton', 1397. I m F E W bleibt es sub germ. *BREKAN 'brechen' nachzutragen. 294 5. blanquerius, blancherius, blancerius 'Weißgerber' Ebenfalls einem germ. Etymon entstammen meridionale Bezeichnungen für die Weißgerberei. Der Weißgerber selbst erscheint apr. unter dem Namen blanquier (zu germ. BLANK 'weiß'). R n belegt das Wort aus dem Cartularium von Montpellier für die zweite Hälfte des 13. Jh., Pans 1412, MeyerDoc (blanchier, diese Lautung auch F E W 1,395a) 1427 Digne, 1554 Gap. DC bringt blanquerius 1319 betr. Carcassonne. Dazu stellen wir jetzt: 12. Jh. Montpellier: unusquisque blancherius . . . donat annuatim I I solidos dimidium (A. Gilles, Noms de métiers Montpelliérains du X I I e s., ALMA 26, 1956, 16). - 1235 Marseille: Petrus de Podio blancherius . . . Petrus de Podio blancerius (Bautier, ib. 362). 1248 Marseille: Stephanus Imberti blanquerius (ib.). - ca. 1253 Marseille: nullus blanquerius audeat de cetero emere herbas incameratas seu mixtas vel de eis operari (StM 1,38). - ca. 1253 Marseille: omnes illi qui erunt constituti a curia tarn super misterio curatarie quam blancarie, teneantur speciali sacramento quod ipsi bona fide et sine dolo faciant jurare omnes blanquerios que faciant aptari, et operarios suos, et illos qui pelles aptandas accipiunt . . . ne perturbent vel misceant vel tribulent suas calquerias (ib. 2,41). - 1311 Vienne: item, a Bernardo Columbi, blanquerio dicti loci . . . item, a . . . Arnaldo Petri Catalani, blanquerio dicti loci (CartProuille 1,104). - 1329: Johannes Martini, blanquerius dicti loci (ib. 197).295 F E W 1,395a: Alyon. blanchier 'mégissier', apr. id. MeyerDoc, blanquier. GMLC kennt blancharius 'curtidor' seit 1084. 6. blancaria , Gerberei' Dementsprechend heißt die Gerberei apr. blancaria, wie R n einmal aus dem schon öfter genannten Cartularium von Montpellier belegt. Vorher läßt sich das Wort für Marseille nicht weniger als drei Mal buchen: ca. 1253: viri boni et fideles et ydonei in misterio blancarie, qui debeant curare et inquirere ut adubum blancarie bene et fideliter peragatur 2,1

266

"Le broyeur . . . ist celui qui broie. Ein Arbeiter, der Hanf bricht, heißt broyeur de chanvre. Auch die Lohmühlen, in denen die geschnittenen Binden zur Lohe zerkleinert werden, nennt man jetzt broyeurs". (Otto Tröger, Namengebung und Bedeutungswandel in gerbereitechnischen und gerbereichemischen Avisdrücken der französichen Sprache, Diss. Frankfurt (Main), Borna-Leipzig 1928, 23). Vgl. Wilhelm Kusche, Ursprung und Bedeutung der üblicheren Handwerksbenennungen im Französischen, Diss. Kiel, Kiel 1902, 72,73.

164

(StM 1,38). - ca. 1253: très probi viri eligantur, qui debeant et teneant u r adducere aquam Jarreni versus Massiliam ad ortos et blancarias adaquandas (ib. 59). - ca. 1253: omnes illi qui erunt constituti a curia t a m super misterio curatarie quam blancarie, teneantur speciali sacramento (ib. 2,41). Apr. blancaria bleibt F E W 1,395a nachzutragen (dort nur npr. blancarie). 7. rusca ' Gerbe rlohe' Die Gerberlohe gewinnt man aus Rinde, besonders aus der Rinde der Eichbäume. So gelangte das gall. Wort BÜSCA 'Rinde' im Süden auch zur Bed. 'Gerberlohe'. 296 Nachgewiesen ist dies bisher für die alte Zeit zwei Mal : 1375 im Rouergue und 15. J h . in Montpellier (FEW 10,582a). 287 Zwei weitere Belege, davon der eine als Erstbezeugung, sind hinzuzunehmen: ca. 1250 Tarascon: De rusca ad opus corrium [ = coriorum] de saumata I ob. (CartS VicMars 1, L X X X V I ) . - 1445 Marseille: t o t curatier o sabatier que metra euer en adop t a n t en rusca cant en herba, o en bregadis, . . . deia en cascun daquellos cuers o pels metre son senhal (StM 6,86,17). Diesen sieben meridionalen Bezeichnungen haben wir im folgenden lediglich drei aus dem Norden gegenüberzustellen. 8. lorimerarius, loriminarius 'Hersteller von Lederwaren' Von lt. LOBTJM 'Riemen' abgeleitet lebte in Nordfrankreich ein lormier (1225-Trév 1771) 'fabricant de brides, éperons et autres objets de harnachement, moins les selles' (FEW 5,423b). 298 Wort und Sache müssen schon früher dagewesen sein: ca. 1116 Bruyères (Seine-et-Oise): testes . . . Arnulfus, Martinus lorimerarius (CartChart 2,592). - 1116/24 Chartres: Cuius donationis testes sunt: . . . Arnoldus, filius Dumenchii; Isembardus, filius Teodoli; Aufredus loriminarius (ib. 307). Die Lautung loriminarius zeigt, daß bei der Bildung von fr. lormier in letzter Linie nicht von *LOBAMEN auszugehen ist, der Form, die zweifellos in

297 2,8

"Non seulement les pays de montagnes, mais l'Ile-de-France, la Bourgogne et la Picardie étaient restés, dans les temps antérieurs, très largement couverts de forêts, où les paysans du voisinage faisaient paître leurs bêtes et nourissaient des porcs, et dans lesquelles vivaient des bûcherons, des charbonniers, des chasseurs et des exploitants d'écorces pour la tannerie." (H. Richardot et B . Schnapper, op. cit. 125,126). - Eine andere Bed. von rusca siehe S. 130. Ib. weitere, hierher gehörige Bezeichnungen aus dem Süden. Dazu u. a. (ib. ) : afr. lorenier (Orl. 1296), fr. lormerie 'ensemble des petits ouvrages de harnachement; métier de celui qui fait ces ouvrages' (13.Jh.-Trév 1771).

- Vgl. Blatt sub. lorimarius. 165

Nachfolge zum lt. belegten l o b a m e n t u m bestanden hat, 2 " sondern von * l o r i m e n . * L o r a m e n a b i u s ergäbe nämlich fr. loremier. Das -avor dem Hauptton bliebe dort als -e- erhalten. 300 Im FEW wird lormier deshalb wohl unrichtig aus * l o b a m e n hergeleitet (5,424a). 9. corvesarius, corvisarius 'Schuster', cordevisus, cordevesos, cordovesus, corvesium 'Leder' Cordoba war im Mittelalter wegen seiner Gerbereien hochberühmt. Deshalb nannte man ein von dort kommendes Leder afr. corvois (Aiol, ca. 1210), apr. cortves Guill Berguedam [+ ca. 1200]. Den, der mit solchem Leder berufsmäßig zu tun hatte, bezeichnete man durch Anhängung des Suffixes -arius. FEW 2,1182a: Afr. mfr. corvisier 'cordonnier' (lothr. 13.-14.Jh.), courvixier (lothr. 14.-16.Jh.), corbesier (wallon. 14. Jh.), corbusier (wallon. 1479), courvoisier (Chartres, frcomt. neuch. 14.-16. Jh.). 301 In Ronceray (hbret.) erscheint ein corvisarius bereits 1060 (FEW ib. 1183 a). Im Umkreis von Chartres-Angers tritt die Lautung corvesarius seit etwa 1100 ungemein häufig auf: 1082/1106: Hoc in capitulo Sancti Albini pactum est, videntibus et audientibus his: . . . Herberto sarterio, Fulcrado corvesario (CartAng 1,273). 1082/1106: Huic donationi interferunt hii quorum nomina subscripta sunt: . . . Christianus Richardus, Fulcradus corvesarius (ib. 78). — 1082/1106: Fulcrado corvesario . . . , Warino corvesario (ib. 47). - 1087: Fulcrado corvesario (ib. 222). - 1101/29 Tachainville (bei Chartres): Unde testes sunt: Ernaldus corveisarius; Petrus et Gislebertus costurarii (CartChart 2,348). - 1101/29 Chartres: Huius rei testes sunt: Hugo Coturnix . . . , Ernaldus corvesarius: Albertus, frater ejus; Albertus carpentarius (ib. 302). - ca. 1116 Nottonville (cant. Orgeres, Eure-etLoir): Cuius rei testes sunt . . . Galterius caprarius, Richardus corvisarius (CartMarm 157). - Auch das Grundwort cordovesus, das, wie oben erwähnt, im Fr. als corvois erst seit ca. 1210 bekannt ist, hat eine noch ältere mit. bezeugte Vorgeschichte. Noch in adjektivischer Funktion begegnet es als cordevisus in einem Merowingerdokument vom Jahr 716: Cordevisae pelles (Niermeyer).- Im Jahr 832 erscheint das Wort bereits als Nomen: Ad cordevesos et solas eorum componendos uncti ducenti (Const. de partit. bon. s. Dionys., Niermeyer). - 862 Compiegne: pro ducentis unctis qui dabuntur fratribus per singulos annos, ad cordo*•• Auf *LOEAMEK gehen regulär zurück afr. mfr. lorain 'courroie de cuir façonné qui maintient la selle du cheval' (FEW ib.). 300 Siehe E. Schwan und D. Behrens, Grammatik des Altfranzösischen, Leipzig 1911, § 80,1. 301 Auch in den Mundarten ist der Typ durchaus lebenskräftig (FEW ib.). Vgl.

noch Latham sub cordubanum.

166

ve8os eorum et coria componenda (MH 186). Über 200 J a h r e danach fanden wir es dann in der Lautung corvesium wieder im Dépt. Sarthe: ca. 1190 Le Lude: ad corvesium et pellitias viginti solidos (CartAng 2,843). - 1 1 9 2 La Flèche (Sarthe) : viginti solidos ad pellitias et corvesium emendum (ib. 763). Vgl. Lange 122 und A. 184. 10. Cordoam 'Corduba', corduamnus 'Leder', Cordoan [Eigenn.] Der eben erwähnten -ENSIS-Abltg. entspricht weiterhin in der gesamten Galloromania eine -ANTTS-Bildung - so wohl aufgefaßt nach dem arabischen cortóbani (s. BIWtbg sub cordonnier). Nach BIWtbg ist afr. cordoan 'cuir de Cordoue' aus apr. cordoan entlehnt (nach F E W 2,1182 b besteht fr. cordouan seit dem 12. Jh.), das seinerseits vom 12.-14. J h . lebte ( F E W ib.). 302 Eine Entlehnung aus dem Apr. erscheint aber keineswegs gesichert, wenn man sich einige mit. Belege aus dem Norden vor Augen f ü h r t : 1096: dedit . . . filiae uxoris eius unos soculares de Cordoam (CartNoy 265). - 1107 Fréteval (arr. Vendôme): Hoc donum concessit nobis Odo, filius eiusdem Mathei et dedimus ei sotulares corduamnos (CartMarm 74). F ü r die Vitalität des Typs im Norden dürfte auch die Tatsache ins Feld zu führen sein, daß er sogar zum Eigennamen werden konnte: 3 0 3 1196: Gervasium Cordoan et matrem eius (CartSVMans 28). Dies alles spricht dafür, daß afr. cordoan, da bisher so frühe Zeugnisse gerade im Süden zu fehlen scheinen, direkt aus dem Arabischen cortobanî (Adj. zu Cordoba) übernommen wurde. Ermöglicht wurde dies durch den direkten Handel mit der iberischen Halbinsel zur Zeit der dortigen Maurenherrschaft während des frühen Mittelalters. 304 S. auch L a t h a m sub cordubanum. 30!

Der -anus-Typ ist viel spärlicher nachzuweisen als die en^ia-Bildung: mfr. œrdoen 'cuir de peau de chèvre ou de bouc tannée' Villon, cordowan Chastellain,

alyon. cordouan, corduam, adauph. cordoan, bearn. courdoam; afr. cordoan adj.

303 804

'fait de cordouan' (13. Jh.); m. 'chaussure de cordouan' (13. Jh.), cordewan Huon de Bordeaux (um 1220) (FEW ib.). - Zum Kulturgeschichtlichen s. A. Schaube, Handelsgeschichte der romanischen Völker des Mittelmeergebietes bis zum Ende der Kreuzzüge, München u. Berlin 1906, 371-377. Auch corduinus begegnet (s. CartAng 1,60). In der Gründungsakte für den Markt von Saint-Denis, ausgestellt vom Merovinger Dagobert ist der Handel mit Spanien und Südfrankreich ausdrücklich erwähnt: ". . Jubemus etiam ut ipse mercadus per quatuor septimanas extendatur, ut Uli negotiatores de Longobardia, sive Hispania, et de Proventia, et de alias regioneB illuc advenire possent . . ." (J. Bourquelot, Etudes sur les foires de Champagne . . . Paris 1865, 12, A. 1). Und der erste Hinweis für die Bedeutung Cordubas als Lederzentrum findet sich bereits in den folgenden Versen des Theodulf, der Bischof von Orléans und Abt von Fleury-sur-Loire war und 821 gestorben ist: Iste tuo dictas de nomine Corduba pelles, / Hic niveas, alter protrahit inde rubras (Bourquelot, op. cit. 272, A. 1). Die Wendung . . . dictas de nomine Corduba pelles . . . beweist überdies, daß cordobanua schon zur Zeit Theodulfs bestanden haben dürfte. 167

I n Spanien selbst setzt die Überlieferung von cordobán (sp.) erst im 13. J h . ein (Corominas). So ist die Vermutung durchaus am Platze, apr. cordoan stamme seinerseits aus Nordfrankreich, was auf das genaue Gegenteil der von BIWtbg postulierten Süd-Nordwanderung hinausliefe. Freilich ist daneben die Möglichkeit einer Übernahme aus dem Arabischen oder Spanischen ins Provenzalische keineswegs auszuschließen. 11. corduanarius, cordoanarius, cordubanarius, corduanerius, 'Schuster' Die Verbreitung und Chronologisierung der cordouan entsprechenden Berufsbezeichnung cordouanier stellt sich nach F E W 2,1182b 305 dar wie folgt: Afr. mfr. cordouanier 'celui qui fabrique des chaussures* (13.Jh.-Cresp. 1637), cordewanier (flandr. 13.-14.Jh.), cordewenier (lothr. 13. Jh.), cordouonier (ang. 1449), cordonnier (champ. 1274 . . . ) , adauph. cordoaner, apr. cordoanier, cordonier. Berücksichtigt man die mit. Überlieferung, erkennt man, daß diese Benennung des Schusters zumindest im Norden wieder weiter zurückreicht 808 als dies aus rein volkssprachlichen Texten erschlossen werden kann: 1100 Abbeville: . . . domumque in qua Vuidardus corduanarius manebat (Act Pont 18). - 1115: Robertus corduanarius (CartParis 1,307). - 1157/89 betr. Courchamps (Maine-et-Loire): Hoc viderunt et audierunt: . . . Benedictus vicarius, Benedictus corduanarius (CartAng 2,716). - 1184 Montigny-le-Ganelon (cant. Cloyes, arr. Chäteaudun): Testibus his . . . Michael Bruni, Herveo cordoanario, Hueto Girolo (CartMarm 183). 1193 Paris: quamdam domum Beate Marie, juxta aulam domini regis sitam, domui Fulconis cordubanarii contiguam (CartParis 2,468). ca. 1195 Paris: Dedit . . . domum . . . domui Fulconis cordubanarii contiguam (ib. 4,188). - 12. J h . Champlan (arr. Corbeil, Seine-et-Oise): Albericus, corduanerius, VI denarios pro uno arpento de terra (Cart Longp 231). Der Erstbeleg von 1100 stammt aus der Pikardie, einer Sprachlandschaft, die im F E W (s. oben) nicht erscheint. Bemerkenswert ist bei den mit. Belegen die Form cordubanarius, die zeigt, daß die Schreiber genau wußten, woher das Wort stammt. Corduba war als Lederzentrum im 13. J h . durchaus im Bewußtsein der Leute, wie klar hervorgeht aus einem Satze von ca. 1246 aus Compiégne: Cuire de Cordou s'acquitte ä la tarque, et la tarque doit quatre deniers (Cart Compiégne 2,311).807 Vgl. noch Latham sub cordubanum, Niermeyer sub cordoanerius. 306

Dort noch eine große Menge von Reflexen in den Mundarten. °« Vgl. oben. 307 Nach Kusche (op. cit. 84) begegnet afr. cordouanier zuerst im Aimery de Narbonne. 8

168

12. curam 'Leder' Im Norden lebt, wie wir aus Anlaß von loriminarius bemerkten, eine -amen-Abltg. von lt. LOBTJM 'Riemen': *LOBAMEN > afr. mfr. lorain. Auch vom begriffsverwandten lt. COBITJM 'Leder' hat eine solche Bildung bestanden: denn ein lt. *CORIAMEN ist die Basis für afr. cuirien 'objets faits de cuir (12.-13. Jh.), . . . apr. coran 'courroie' (1397, Pans), curan 'cuir' (1397, Pans), abearn. coayram 'cuir préparé', afr. mfr. cuirien 'peau humaine', mfr. curin 'peau tendre (de la femme)', Malm, 'peau humaine', mfr. corame 'cuir' (FEW 2,1184a). Gerade 1 Jahr vor Pansier's bisherigem Erstbeleg läßt sich das apr. Wort in der Lautung curam für Marseille nachweisen: 1396: que tot curam blanc, sia cordoan moutons, vacas ho servuns que sian bons per conrrear, non si auson conrrear sinon que premierament sian vist . . . per los . . . prodomes elegitz . . . los prodomes . . . prenan per lur trebalh e destorbis, videlicet de curam menut 1 patac per dozena, e per cascum euer gros dos deniers (StM 6,78,3,4). Die Gegenüberstellung curam menut: cascum euer gros zeigt, daß die -amen-Bildung eher kollektiven Sinn hatte, während euer das einzelne Stück Leder bezeichnen konnte (cascum euer). In der Lautung curamen begegnet unser Typ in Venedig 1271 (Sella), in Forli 1364 (Sella em). 13. alun, alup, alump 'Alaun' Ein wichtiges Zusatzmittel bei der Lederbereitung ist der Alaun.308 Daher ist die relative Häufigkeit zu verstehen, mit der in mittelalterlichen Urkunden dieses Aluminium- und Potassesulphat erwähnt wird.309 Sein Name ist die Fortsetzung seiner lt. Bezeichnung ALTTMEN > fr. alun, alyon. alon, adauph. alun, apr. alum, wallon, àlon, Hattigny (Moselle) çlï, npr. alun, mars, arun (FEW 1,79 b). Da unsere Belege ausnahmslos aus dem Süden stammen, sei ihnen die bisher erstellte Identifikation von apr. alum vorangesetzt: 2. Hälfte 13.Jh. (Cart. Montpellier, Rn), 13./14.Jh. Tarascon (Lv), 1344-1347 Montauban (Lv). Soweit Rn und Lv. Die chronologische Reihe nimmt jetzt ihren 308

309

"II (seil, le commerce de l'alun) était fait par les épiciers et les droguistes. Le livre des métiers mentionne l'alun dans les statuts des teinturiers, des boursiers et des gantiers" (A. Franklin, Dictionnaire historique des arts, métiers et professions exercés dans Paris depuis le treizième siècle, Paris 1905, 1906, sub alun). "Dans une lettre adressée au Pape Pie II, Giovanni de Castro prétend que la valeur de l'alun consommé en Occident pour la teinture des laines s'élève annuellement à plus de 300000 ducats" (Heyd, op. cit. II, 351, A. 6). - Vgl. noch Henri Pirenne, Histoire économique de l'occident médiéval, 1951, 288. 169

Anfang mit: ca. 1250 Les Pennes (arr. Aix-en-Provence): Item totz aluns, estier aluns de Bolcan,310 III cargas por I (CartSVicMars, 1, LXXVI). Neben diesem, direkt aus lt. ALTTMEN kommenden alun, gibt es noch apr. Varianten, welche den kontaminierenden Einfluß eines anderen Wortes erkennen lassen: ca. 1250 Arles: 811 De arzisca, de alup de Alamp, de alup de Castillia, de alump de Pluma, garofle, de safra, fustanis . . . IX den. (ib. XCV). - ca. 1250 Les Pennes (arr. Aix-enProvence): Carge de toto alup, excepto alup de Bolca,312 donant très carge pro una carga, scilicet X so. (ib. LXXVI). - ca. 1250 Aix-enProvence: Carga de toto alup, excepto alup de Bolcano, de garnisonibus vendendis, de comino, de becunis pelosis' et coriis bovum . . . donat. . . tercium pedagium (ib. LXXVIII). - ca. 1250 Arles: Carga de alup de Castillia . . . II sol. II den. (ib. XCI). - ca. 1250 Arles: Carga de alup de Alomp . . . II sol. II den. (ib.). - ca. 1250 Arles: Carga de alup de Balcano, que est XX quintals, II sol. II den. (ib.). - ca. 1250 Arles: De arzisca, de alup de Alamp, de alup de Castillia . . . IX den. (ib. XCV). - ca. 1250 Ouegnon (arr. Marseille): Carga de toto alup XVII den. (ib. LXXXIX). - Es bestand also neben alun, alum im Apr. ein alup.31* Das Wort erklärt sich als eine Kontamination aus alun und Aleppo, einem Herkunftsort des Produkts, der sogar als Alomp und Alamp neben anderen Provenienzangaben wie Castillia und Bolca, Bolcano314 ausdrücklich genannt wird.316 Freilich sind Alomp und Alamp, wie -m- zeigt, wieder ihrerseits kontaminiert mit alum. In den Péages von Tarascon (13./14. Jh. findet sich alum d'Alap (Lv). 9io

FEW

14,639a sub V U L C A N U S fehlt aluns de Bolcan.

M. Pfister bringt alup seit Mitte des 13. Jh. (Marseille), Vox 18, 1959, 165, 166. Vgl. auch Latham s. alumen. 312 Vgl. Paul Aebischer, Esp. volcan, it. vulcano, fr. volcan: une conséquence de la découverte de l'Amérique centrale, Z 67, 209ff., 303. - F E W 14,693a. 311

313

Einmal auch alump, was wohl verschrieben sein wird, sofern es sich nicht um eine Kontaminationsform aus alum X alup handelt.

314

Bolca, Bolcano u. ä. beziehen sich auf die Vulcani insulae der Alten (FEW 14,640a).

316

Schaube op. cit. 215: „Genuesen und Provençalen können wir im Handelsverkehr mit Aleppo nicht direkt nachweisen. Doch begegnet Alaun von Aleppo häufig, auch in bedeutenden Quantitäten, auf dem Markt von Marseille und auf dem Transport von da nach den Messen der Champagne". Und ib. 207 heißt es u. a.: "Am 6. Juli 1248 hat der Marseiller Kaufmann Marinus de Sala von dem Placentiner Kaufmann Jordanus de Chilena . . . folgende Waren . . . erstanden: 40 Sack Alaun von Aleppo . . . " und ib. 371: "am 11. April 1234 hat er [es handelt sich um einen Handelsmann aus Marseille] für diese [seil, die Messe in Bar (Champagne)] . . . 6 Zentner Alaun von Aleppo in Commenda erhalten". Vgl. noch H. Richardot et B. Schnapper op. cit. 131.

170

14. aluda, alauda, alauga 'mit Alaun getränktes Leder' Das mit Alaun getränkte Leder heißt lt. ALTTTA. Daraus stammen fr. alue, apr. aluda (FEW 1,79b). Letzteres kennt R n aus dem 13. Jh., Pans 1408. Ein Beleg aus der Auvergne ermöglicht eine Präzisierung innerhalb des 13.Jh. (s. oben Rn): 1259: Quicumque venit ad forum vel ad nundinas apud AI Sandra ad vendendum pannos vel ferrum seu pelles vel alud[a]s, hoc est cordoa . . . debet VI den. (BPAuv 51). Daneben tauchen ein halbes Jahrhundert etwa früher Varianten mit -austatt -u- auf: ca. 1250 Tarascon: De alaudis et de scodadis de quibus fiunt pragamena, de carga I X den. (CartSVicMars 1 , L X X X I I ) . — ca. 1250 Tarascon: De carga de alaugis . . . I I sol. I I den. (ib. XCIII). Die -au-Varianten verdanken ihren Ursprung arab. launnn 'Farbe', während -g- statt Dental wahrscheinlich dadurch entstanden ist, daß sich bei der Benennung assoziierend der Ortsname Attoluogo einstellte, AÜoluogo ist der italienische Name für Ephesus, von woher man den danach genannten „Alaun von Altoluogo" bezog.31*

XXVI

Stoffe u n d Bekleidung

1. chiotus 'Art der Kleidung' I n den schon oft als Quellen von uns genannten Statuten aus Marseille (ca. 1253) heißt es u. a.: de chioto filioli cum frezio, froirato cum penna vel cendato (StM 2,39). Régine Pernoud zu chioto-. tunique; le mot, directement tiré du grec, se retrouve dans les Statuts d'Arles. Diese Bemerkung f u ß t auf DC, der unseren Beleg gleichfalls bringt, allerdings ohne ihn zu datieren und aus Anlaß von chiotus fragt: „an tunica, a graeco yycvn ?" Auch der Beleg aus den Statuten von Arles findet sich bei DC: Habeat sartor pro mantello domini I X den. et de samartha cum chioto vel sine chioto I I . den. Carpentier bei DC deutet das Wort richtig: „Pars vestis esse videtur, collare, ornamentum colli, gall. collet". DC's Herleitung von ^ITWV ist schon von der Bedeutung her zweifelhaft. Gr. hat niemals nur einen Teil der Kleidung gemeint. Auch sollte bei dieser Etymologie der Nexus chiot- gegenüber dem Ur314

Siehe Heyd, op. cit. II, 667, A. 2. - Robert S. Lopez and Irving W. Raymond, Médiéval trade in the mediterranean world, New York 1955, 219-220, Nr. 108. Vgl. auch Latham sub aluta. 171

sprungswort ^ - e r k l ä r t werden. Näherliegend erscheint mir die Vermutung, in diesem chiotum stecke der Name der griechischen Insel Chios. Mit. chiotus gibt einfach mgr. chiotis, Adj. zu Chios wieder. Chiotum steht in der Benennung nach der Herkunftsörtlichkeit des Produkts in einer Linie mit einer anderen apr. Stoffbezeichnung, die gleichfalls identisch mit dem Namen einer griechischen Insel ist: ca. 1253: De sartoribus . . . Item de Chipres317 o Turques cum cendato 2 s. (StM 6,34). Chiotus ist zwar bisher nur aus mit. Texten bekannt, aber es ist höchstwahrscheinlich, daß auch die Volkssprache ein *chiot kannte, womit doch ein gängiges Stück damaliger Bekleidung gemeint sein dürfte. Zusammen mit Bezeichnungen wie chipres, turques vermittelt chiotus eine lebhafte Vorstellung von den Handelsbeziehungen mit dem östlichen Mittelmeer. 318 Freilich kann es sich dabei, gerade was die Kleidung angeht, auch um vorübergehende Modeerscheinungen gehandelt haben. Chiotus, chipres und turques sind die für den Süden ausfindig gemachten Wörter, welche uns im Sachbereich von Stoff und Kleidung beschäftigen konnten. Diesen Bezeichnungen stehen im Norden zwei andere gegenüber.

2. parmentarius 'Schneider' 'Zurichter' nannte man im alten Frankreich u. a. den Schneider: parmentier (FEW 7,628 b sub P A B A B E 'zurüsten, einrichten') gilt seit dem 13. J h . für Lothringen, Champagne, Wallonie, Hennegau, Flandern, Pikardie und das Anglonormannische. 319 Auch die Ile-de-France darf hier nicht fehlen, um so weniger als sie zeitlich allen vorausliegt: 1128 Paris: Albricus parmentarius, Fredericus parmentarius (MH 402). Für das Mit. Englands gilt parmentarius 'parmenter, robe-trimmer or furrier' bereits seit 1086 (Latham). 317

"Avec les Italiens, les Provençaux sont la seule nation qui ait obtenu des privilèges en Chypre pendant le premier siècle de la domination franque. Au mois d'octobre 1198, la ville de Marseille avait obtenu du roi Amaury, pour elle seule, l'exemption complète des droits de douane à l'entrée et à la sortie". (Heyd op. cit. 364). Und ib. II, 697: "Dans l'Orient chrétien, les Chypriotes s'occupaient de cette fabrication [seil, des camocan 'étoffes de soie damassée, brochée d'or'] . . . on en faisait des robes de cérémonie, des ornements sacerdotaux et des tentures pour les appartements". - Die Handelsbeziehungen mit Cypern sind sogar bis in die Champagne hinauf zu verfolgen (Bourquelot op. cit. 204). 318 "la soie de Chio était des plus estimées" (Heyd op. cit. 497). si» FEW ib. noch eine Reihe von Entsprechungen in den Mundarten. Für die ältere Zeit bleibt noch zu beachten: mfr. parmenterie 'métier de tailleur'(boul. 1353; Tournai 1408-1480) (FEW ib.). 172

3. feltrerius 'Filzarbeiter' Neben dem parmentarius steht der feltrerius. Der feltrerius stellt den Filz her, ein in der Kleiderfertigung häufig verwendetes Element. Unter den Zeugen eines in Chartres zwischen 1116 und 1129 ausgefertigten Protokolls trifft man u. a. auf einen Hermannus feltrerius (CartChart 2,318). Fr. feutrier 'ouvrier qui fabrique le feutre' erscheint an die 150 Jahre danach, nämlich 1292 (FEW 3,525b).320 4. coquillon 'Troddel' Zum Abschluß der nur im Norden geltenden Kleiderterminologie bleibt noch coquillon zu erwähnen. Mit fr. coquillon, das im Stamme aus lt. c o n c h y l i ü m 'Muschel' kommt, ist eine Troddel oder Quaste gemeint. Es ist für die ältere Zeit bisher nur einmal nachgewiesen: Gay identifizierte es für 1399 (FEW 2,1003a: coquillon 'oreillettes de chaperon'). 321 In den Mundarten ist es auch nur sporadisch im Dép. Saône-et-Loire erkannt: Clessé couquellion 'pompon', Igé coquion (FEWib.). Diese einigermaßen dürftige Dokumentation gibt vermutlich nur einen kleinen Ausschnitt der tatsächlichen Existenz des Wortes, was allerdings bei seinem Bedeutungsinhalt auch nicht gerade verwunderlich ist, da er ja etwas abseits der großen Straße dessen liegt, was im allgemeinen in Literatur und Urkunde der schriftlichen Fixierung würdig erachtet wurde. Um so willkommener ist ein Beleg aus Noyon, der bereits in die erste Hälfte des 13. Jh. fällt: que les sereurs aient mantiaux fendus devant et fourés d'agniaux et que elles aient caperons de meismes le mantiau et que che soit caperon à I court coquillon qui soit droit, qui soit en manière de cornette et qu'il soit sans boutons (StHot 195). 5. orlum, orle 'Borte' Dagegen gibt es eine Bezeichnung für den Saum am Gewände, die schon im Mittelalter in der gesamten Galloromania gut bezeugt ist: Afr. urle m. 'bord, bordure d'un vêtement' besteht seit dem Oxforder Psalter (agn. ca. 1120), orle id. seit dem Trojaroman (um 1165-1170) (FEW 7,424a sub lt. * o r t t l a r e 'säumen', dort noch sehr viele Mundartformen). Die apr. Entsprechung orle kennt das FEW dagegen nur in der Bed. 'bordure, bord (d'un vase)' (14.-15. Jh.). Auch im Süden dürfte die kleidertechnische Bed. bestanden haben, obgleich sie - wohl 820 321

Vgl. Kusche op. cit. 69. Eve Rohde Lundquist, La mode et son vocabulaire. Quelques termes de la mode féminine au moyen âge suivis dans leur évolution sémantique. Göteborg 1950, 121. 173

zufallig - in keinem volkssprachlichen Text bisher ausgemacht werden konnte. Liest man doch in den Statuten von Marseille ca. 1253: ab aliquo draperio vel venditore pannorum aut pennarum aut orlorum . . . ipsi [seil, sartores]. . . sine dolo dabunt consilia et auxilia sua in emendo illis omnibus qui eorum consilio vel juvamine pannos vel vestes seu pelles vel pennas vel orles vestium quoscumque ement vel habere volunt . . . consilium petent ad emendum pannos vel pennas vel orles (StM 2,38). - Ib. ca. 1253: Nemini liceat . . . vel audeat quis tingere pennam variam, vel vendere veterem pro nova orlumve vetus pro novo, ignoranti et cui non dicatur illud a venditore; et si quis contra hoc fecerit, pennam dictam amittet et orlum similiter (ib. 5,22). Orlum ist also das latinisierte apr. orle, das der Schreiber, wie wir hörten, zweimal sogar direkt in dieser seiner volkstümlichen Lautung übernommen hat. Es muß also apr. orle auch in der Bed. 'bord, bordure d'un vêtement' im FEW Eingang finden. 6. cannabaz 'gröbere Tuchart' Ca. 1050 ist aus Marseille überliefert: dederunt unum optimum cotum et VIII aInas de cannabaz (CartSVicMars 1,65). Was mit den 8 Ellen cannabaz gemeint ist, wird uns sofort klar, wenn wir uns an das Etymon, nämlich CANNABIS 'Hanf' erinnern. Der Hanf war uns ja schon im Bereich der landwirtschaftlichen Terminologie begegnet.322 Hier haben wir nun ein Zeugnis für seine Bedeutung jenseits seiner landwirtschaftlichen Ursprungssphäre. Benutzte man doch dieses Gewächs auch zur Herstellung einer gröberen Tuchart. Die grobe Tucheigenschaft des Hanfes drückte man durch Anhängung des Suffixes -ACEUM aus; deshalb: afr. mfr. chenevas 'grosse toile de chanvre' seit Raschi (FEW 2,212a) und apr. canabas seit ca. 1300 Béziers (Rn),32S 1310 (Pans). Man ermißt an diesem Tatbestand für den Süden die ganze Zufälligkeit unserer Einsicht in das, was tatsächlich war; denn zwischen unserem Erstbeleg des Worttyps und seinem ersten Erscheinen in der Volkssprache liegen nicht weniger als 250 Jahre, die stumm bleiben, obwohl das Wort sicher gelebt hat. 7. catalanesca 'katalanisch' Wie erinnerlich, hatten wir als reine Meridionalismen chiotum, chipres und turques (vgl. S. 171, 172). Es handelt sich um Stoff- bzw. Kleidungs" a Vgl. Seite 122. »•» F E W ib. fälschlich Lv. - Dazu kommen zahlreiche Reflexe in den Mundarten (FEW ib. und 212b). 174

bezeichnungen nach ihren Herkunftsörtlichkeiten im östlichen Mittelmeerraum. Eindeutig liegt die Benennung eines Stoffes nach dem Ort seiner ursprünglichen Provenienz des weiteren vor, wenn man liest 1301 aus Nice: Item quandam gonellam rubeam catalanescam (Doc MRT 104). Catalanesco, lebt allerdings in der Galloromania nicht fort. Doch ist diese Wendung aus Nice vielleicht der erste Hinweis für die Rolle, die Katalonien für Frankreich in der Stoffindustrie einst spielte ; denn: mfr. castelloigne "sorte de couverture" (1468, Gay), cathalongne (1567), catelonne (va. 1580), castaleyne (1588), castologne (1594), nfr. castellongne (1640) (FEW 2,488 a. - Die Definition "sorte de couverture" nach einem dankenswerten Hinweis von M. Höfler). I n Venedig begegnet zafaranum de Catatonia bereits 1299 (Sella). 8. clamida, clamide [Abi. sing.] 'Kleidungsstück für Frauen' Von einem Frauenkleidungsstück ist die Rede ca. 1253 Marseille: de clamida domine de colore cum frezio et cum penna 2 s . . . de vestibus variis domine, scilicet clamide cum penna et tunica (StM 2,39). Clamida, clamide gehören zu gr. ^Xafxiiç 'Kriegsmantel'. I n der Galloromania ist das Wort bisher nur bekannt als mfr. nfr. chlamyde f. 'manteau grec, romain, relevé sur l'épaule droite et attaché avec une agrafe' (FEW 2,641b). Es wurde um 1500 (BlWtbg) 321 mit dem Wiedererwachen der humanistischen Studien als gelehrtes Wort in den fr. Wortschatz übernommen, wo es bis heute eigentlich nur als Terminus der Altertumskunde lebt. Hingegen darf unser Zeugnis dafür gewertet werden, daß im Süden das gr. Wort im 13. J h . als Bezeichnung für ein Damenkleid vielleicht durchaus lebendig war, dies um so eher als auch für Bonifacio 1238 gilt: habebat in dicto ligno, clamidem unam, spatam et braceriam (Bautier, ALMA 26,1956,50). - Und 1278 Marseille: item quandam clamidem panni viridis (ib.). Neben den oben besprochenen chiotus und chipres ist clamida, clamide ein weiterer Hinweis für den griechischen Modeeinfluß in Südfrankreich während des 13. Jahrhunderts. Wahrscheinlich ging dabei der Weg über Italien, wo cLamis 'mantello' für Rom bereits im 11. J h . gilt (Sella), dann Verona 1213 (Sella), Reggio 1242 (Sella em), Bologna 1250 (ib.). Vgl. auch Lange A. 189. 9. cotus, cot 'Art Tunika' Mit einer besonderen sachlichen Gegebenheit, die wir im einzelnen nicht mehr erkennen können, hängt es wohl zusammen, daß germ. *KOTTA 'wollener Mantel' in der Galloromania weit verbreitet und früh bezeugt »" Nach P. I. Wexler seit 1502 (FM 23, 1955, 61). 175

ist: Afr. cote 'tunique à manches, serrée au corps et commune aux deux sexes' kennen wir seit Wace und apr. cota seit 1375 (Pans), die Maskulinvarianten judfr. cot 'cotte' seit Raschi [11. Jh.], apr. id. seit 1190 (FEW 16,346b,348a). Diese Darstellung ist allerdings nicht mehr zu halten, da der Maskulintypus auch im Süden schon etwa 150 Jahre früher einsetzt: ca. 1050: Guitardus dedit aliam terram, et habuit pro ea cotum I et feltrum (CartSVicMars 1,287). - ca. 1050 Marseille: dederunt unum optimum cotum et V I I I aInas de cannabaz (ib. 65). - 1069 Arles: dederunt . . . XLY solidos et très multones et très agnos et coxinum hunum et feltrum et cotum (ib. 188). - ca. 1070 Garéoult (arr. Brignolles, Var) : Vitalis . . . vendidit mihi unam semodiatam de terra . . . ; et dedi ei unum cotum (ib. 390). - 1157: habemus . . . I I I culcitras, et duos coisinos, et I I cots, et I flazaa (CartRich 134). Bei einer solchen Sachlage kann das Wort im Süden auch aus dem Gotischen gekommen sein. 325 Doch vgl. auch Latham sub cota. 10. huca, hucha, heuque, huque 'Art Kapuzenmantel' F E W 16,258 a wird die Verbreitung einer Bezeichnung für einen Mantel mit Kapuze angegeben wie folgt: Mfr. huque f. 'cape avec capuchon, à l'usage des 2 sexes' (1404-Cotgr. 1611), hucque (Charles d'Orléans 1391-1465; ca. 1580), heuque (Jean de Stavelot 1408-Molinet), heucque (1614 . . .), anam. heucke (1564 . . .), apr. hucque (1503, Pans). Eine so im Norden konzentrierte Überlieferung veranlaßte Wartburg, das Wort aus mndl. HUIK 'Art Mantel' herzuleiten und dies so zu begründen (ib.): „Dieses Wort ist im allg. beschränkt auf das Mndl. (vgl. die weiteren Formen hoike, heuike, houke usw.), das Mndd. (huke, holte, heike) und Nordfrankreich. Der germ. Ursprung steht außer Zweifel. Doch findet Franck . . . die vielen mndl. Varianten leichter erklärbar, wenn man sie als Entlehnungen aus dem Fr. ansieht. Aber das ist sehr zweifelhaft, da das fr. Wort erst anfangs 15. J h . belegt ist. Allerdings belegt DC ein huca cum caputio aus Marseille vom Jahr 1276. Aber die Vereinzelung dieser Form macht mißtrauisch. Das massenhafte Auftreten der Belege im 15. J h . muß mit einer plötzlich einsetzenden Mode zusammenhängen, und ebenso das nicht minder plötzliche Abbrechen derselben zu Anf. des 16. J h . " Soweit Wartburg. Man ersieht aus seinen Ausführungen, wie - was nicht selten der Fall ist - der Romanist ein Wort aus dem Germanischen, der Germanist aber aus dem Romanischen erklären möchte, da beide nicht recht wissen, wo aus und wo ein. Stellen wir vorerst unseren Nachweis hier zusammen: ca. 1253 Marseille: De sartoribus . . . nullus sartor . . . accipiat de vestimentis hominum masculorum . . . ultra taxationes infrascriptas, videlicet de hucha »26 F E W 16,346b steht die ganze Wortfamilie unter anfrk. *KOTTA. 176

cum caputio vel almussa cum pennis 2 s . . . . Item . . . de hucha cum cendato et caputio vel almussa 2 s. (StM 6,43). - 1278 Marseille: item quandam hucham de morerio cum penna vulpium (Bautier, ALMA 27,1957,257). - 1431 Vienne: Loys et sadicte compaignie . . . laissent aller, venir . . . comme bon leur semblera, pourtans espées, esperons, houseaux, dagues, couteaux, or, argent, monnoye ou en masse, chaynes d'or ou d'argent, collers, fremailles, anneaulx, dyamans, vaisselle d'or ou d'argent, roubes, heuques et autres habis de drap, de soye, figure d'or ou d'argent, d'escarlate ou d'autre drap (DocDauph 346). - 1431 Vienne: quantité de Bourgoignons , . . se fourroyent dedens le chastel, doubtans que les gens d'armes du Daulphiné n'assaillissent le chastel, et menoit icelluy Molpré ledit Pellerint tenant par la hucque (ib. 352). 1431 Vienne: il ne scet pas s'il pourtoit autre hernoiz, et pourtoit son espée qui estoit en la gayne, et pourtoit une huque de futayne noir sans franges (ib. 353). Wartburgs Mißtrauen gegenüber DC's Beleg aus Marseille vom Jahr 1276 erweist sich somit als unbegründet. Zusammen mit unseren drei Belegen aus Marseille ergibt das eine Existenz von hucha im Süden seit etwa der Mitte des 13. Jh. Dazu kommen noch drei weitere mfr. von 1431 (Vienne) aus der Dauphiné, wie wir gezeigt haben. Dies alles spricht wohl für ein sukzessives Vorrücken - vielleicht längs des Rhônetales - vom Süden nach dem Norden. Deshalb erscheint eine Etymologie aus dem Niederländischen für ein Wort, das ca. 1253 zuerst in Marseille auftaucht, von vornherein so gut wie ausgeschlossen, da, soweit mit bekannt, keine kommerziellen Verbindungen von den Niederlanden als dem gebenden Lande nach Südfrankreich nachgewiesen sind. Vorderhand spricht also vieles dafür, daß in hucha eine Wiedergabe von arab. djoukhah (fr. Umschrift) steckt. Dozy 326 bemerkt zu dieser Bezeichnung u. a., indem er sich auf Angaben aus Al-Maqrizi327 stützt: 328 „nom d'un vêtement de drap. Macrîzî rapporte que, dans sa jeunesse, le drap n'était porté habituellement que par les Maghribins, les Francs, les habitants d'Alexandrie et quelques personnes du menu peuple de Miçr [= Aegypten] ; les hommes distingués ne portaient une djoukha que les jours de pluie. Plus tard, ajoute-t-il, la cherté des autres étoffes contraignit les gens des hautes classes à se servir de drap et l'usage en devint général en Egypte . . ."329 Demnach handelt es sich ,a

* R. P. A. Dozy, Dictionnaire détaillé des noms des vêtements chez les Arabes, Amsterdam 1845,129 transkribiert djoukhah. 827 Al-Maqrïzï war ein ägyptisch-arabischer Historiker, der von 1364 bis 1442 in Kairo gelebt hat. m R. P. A. Dozy, Supplément aux dictionnaires arabes, Leyde 1881. 32 ' Die entsprechenden Stellen aus Al-Maqrizi gibt Dozy in extenso im Dictionnaire détaillé.. . (op. cit. 128ff.). 177

hier um ein grobes Kleidungsstück. Die Tatsache, daß die Reichen es in Aegypten von Haus aus nur bei Regentagen trugen, weist darauf hin, daß es sich um ein Übergewand, um einen Mantel gehandelt haben dürfte. Auch bleibt zu beachten, daß Al-Maqrizi bei der Nennung der Leute, welche diese Gewandung trugen, ausdrücklich die „ F r a n k e n " erwähnt, d. i. die Leute aus dem Westen, die Christen, die Franzosen. Dies alles deutet darauf hin, daß die hucha aus dem Orient nach Südfrankreich kam, 3 3 0 hier sich einbürgerte und dann rhöneaufwärts in den Norden gelangte (s. oben). Überdies hat bereits Karl Häberlin aus Anlaß der Suregkap auf der Insel Föhr (Nordfriesland) die pertinente Bemerkung gemacht, die Suregkap sei wohl „ein später Nachkomme der aus dem spanischarabischen Kleiderschrank stammenden, von Holland aus über Deutschland verbreiteten HoiJce . . .". a 3 0 a Maria Cramer (ib. 3,4) schreibt dazu u. a.: „ E r (seil. Häberlin) weist hin auf den Ursprung des Wortes, das arabische haik. Die Grundbedeutung ist hawaka (haka), weben (hauk, das Weben; hijake, die Weberei; Kajak, der Weber), und ein nah verwandtes Wort ist hajaka {haka), in der 8. Form ihtaka, mit der Bedeutung sich einhüllen. Der Name Haik für das 4,50 m lange und 1,20 m breite, naturfarbene, wollene oder auch seidene Umschlagtuch ist im Maghrib, im westlichen Nordafrika, als Männer- und Frauengewand im Gebrauch (Abb. 8 und 9) . . . Für all diese Verhüllungen scheint das Wort Haik nur im Maghrib gebräuchlich zu sein. E s handelt sich hier um die tagtägliche Straßenkleidung". Diese Darlegung von Cramer (Häberlin) ist m. E . richtig, insofern sie die Herkunft aus dem Arabischen beinhaltet. Nur dürfte der Weg der Übernahme in Holland nicht unmittelbar oder ausschließlich über Spanien gegangen sein ; 3 3 0 b denn wir haben einen heuque.-Beleg j a bereits 1431 für Vienne gebucht (s. oben) - sofern es sich hier nicht um eine bloße Schreibung handelt " . . . E n dépit de cette lutte contre toute concurrence en Méditerranée, Marseille réussit à établir des relations avec les marchés du Levant . . . et au X I I I e s. elle devient un grand centre commercial" (Hubert Richardot et Bernard Schnapper op. cit. 131). - Die Handelsverbindungen zum Orient, welche den Import von Stoffen und Kleidern ermöglichten, waren schon vom ausgehenden Altertum an sehr rege : "Such centers as Gabes, Sfax, Sousse and Kairouan were particularly renowned for their textiles . . . " (Archibald R. Lewis, Naval power and trade in the Mediterranean a. d. 500-1100, Princeton 1951, 209). 8808 Zit. nach Maria Cramer, Trauergewandung und Totenklage in Nordwesteuropa und ihre Parallelen im Orient, in: Rheinisch-westfälische Zeitschrift für Volkskunde 3, 1956, 3. - Diesen Hinweis verdanke ich Herrn Prof. Dr. Anton Schall (Heidelberg), dem ich hierfür und für weitere arabistische Belehrung herzlichst Dank sage. 3 a 0 b Immerhin gilt auch für England mit. huca 'huke, cape with hood' bereits 1415 und heuka id. 1418 (Latham). 380

178

während die Niederlande erst 1555 unter spanische Herrschaft gekommen sind. Interessanterweise kennt dabei Südfrankreich den Typ mit dem Diphtongen anscheinend überhaupt nicht, sondern an seiner Stelle stets die Lautung -u-. Dies spricht für eine Kontamination des haikTypus mit dem oben genannten djoukha (fr. Umschrift), eine Kontamination, die ja auch sachlich durchaus im Bereich des Möglichen liegt. Dabei blieb djoukha dominant,lediglich den Anlaut bezog apr. hucque von haik. 11. calota 'Art Kopfbedeckung'; F E W 17,79 a wird sub anfrk. got. * S K A L A 'Schale' eine Mützenbezeichnung gestellt wie folgt: mfr. nfr. cale f. 'bonnet plat que portaient les femmes de basse condition, les paysannes' (seit 1474, seit Widerh 1675 provinziell, bes. pik. champ.), ib. 79b: mfr. nfr. calotte 'petit bonnet rond couvrant le haut de la tête (surtout des femmes)' (1394r-Mon 1636) . . . apr. calota 'calotte' (Provence 15. Jh.). Ib. 85 äußert sich Wartburg u. a. zu seiner Etymologie: „Die Wortgruppe von fr. cale, calotte usw. ist von Caix 248 und Schuchardt Z 25,491 mit gr. xaXÜ7tTpoc 'Mütze' zusammengestellt worden. Dem stehen außer lautlichen auch (ib. 85 b) geographische Bedenken entgegen. Das Wort ist in Nordfrankreich heimisch, in Südfrankreich sehr wenig vertreten . . . Die ganze Familie ist mit SKALA ZU verbinden, wie schon Spitzer Z 43,340 gesehen hat. Nur sieht Spitzer den Bedeutungswandel noch zu kompliziert . . . Es ist einfach von der Bed. 'grüne Nußschale' auszugehen. Wenn die Nüsse reifen, springen die äußersten Schalen auf und fangen an der nach unten gerichteten Seite der Nuß an, sich etwas zu lösen, während sie oben noch eng anliegen. Die hier in Betracht kommenden Kopfbedeckungen werden fast alle beschrieben als eng anliegend, nach unten in Bändern oder Schleifen auslaufend. Die Wortgruppe ist in einer Gegend entstanden, wo SKALA sein c- bewahrt hatte, und von dort in die anderen Provinzen gedrungen. Vielleicht ist der Ausgangspunkt im Osten zu suchen, wo für 'Nuß' u. ä. Formen mit c- vorherrschen, und wo besonders cale fast ausschließlich beheimatet ist". Soweit Wartburg. Auch diesmal dürfte ihn mangelnde Kenntnis der Verbreitung des in Rede stehenden Wortes zu einer vorderhand unrichtigen Etymologie verleitet haben. Hier unsere Dokumentation, die entgegen Wartburg den Anfang einmal mehr im Süden erkennen läßt: ca. 1253 Marseille: De signo quod debent portare judei . . . omnes Judei a Septem annis supra portent vel déférant calotam croceam (StM 5,14). Aus Aix belegt DC unterm Jahr 1259: Nulli canonici . . . portent per villam calotam lineam. Und Bautier (ALMA 26,1956,28) bringt fürs J a h r 1278 aus 179

Marseille: item II calotas dictas d'armar, XII d. Nimmt man die andere Tatsache hinzu, daß im Apr. kein cala in der Bed. 'Nußschale' belegt ist, darf als erwiesen gelten, daß eine Verbindung mit anfrk. got. *SKALA auszuscheiden hat. 831 Wahrscheinlicher ist deshalb die alte Etymologie aus gr. xaXûiîTpa, welche auf Caix und Schuchardt zurückgeht (s. oben). Corominas meint, sie ablehnen zu müssen, weil der Verlust von -p- nicht erklärt sei (2,638b). Doch diese Erklärung dürfte nicht schwer zu geben sein. Die Endung -u7tTpa-, lt. dann *-OPTBA-, ist im Lt. ungewöhnlich. Man hat das Wort volksetymologisch eingepaßt, indem man -optra- durch -otta- ersetzte. Eine solche Zerlegung des Wortes bot sich auch von der Sache her an: man sah im Anfang cal- wahrscheinlich calare 'herunterlassen' : die calota ist die Kopfbedeckung, die man (über den Kopf) herunterläßt.388 So gesehen ist auch formal gr. xaXii7tTpöc durchaus vertretbar. Noch näher erscheint uns die Vermutung, in unserem Wort stecke das im Lateinischen seit Afranius begegnende calautica 'Kopfbedeckung vornehmer Frauen mit auf die Wangen herabhängenden Zipfeln'.333 12. costurarius 'Nähter' In die Technik und Hierarchie derjenigen, die von Berufs wegen Kleider, Kopfbedeckungen und ähnliche StofFprodukte zu verfertigen haben, 8,1

I n Einführung in Problematik und Methodik der Sprachwissenschaft, Tübingen, 1962, 121 f ü h r t Wartburg seine Erklärung von fr. calotte aus anfrk. * S K A L A noch einmal v o r . - D i e Tatsache, daß germ. * S K A L A i m Süden heute in den Bed. 'brou'u.ä. in Ableitungen begegnet (z. B. oastr. Agen escalâ 'ôter le brou des noix, etc.', blim rescolà 'enlever à la châtaigne la peau rouge qui enveloppe le fruit', Aveyr. reskal m. 'brou', T a r n G. id., Lot rohkal 'noix', Cahors roscal 'noix sèche', aveyT. raskal 'brou', F E W 17,77b, zeigt uns, daß vielleicht auch in alter Zeit solche Bedeutungen dort bestanden haben. Von hier aus aber auch auf eine Übertragung au die Bed. 'Kopfbedeckung' im Mittelalter schließen zu wollen, wäre wohl allzu hypothetisch, »»a Vgl. noch: "Chambéry haleta 'calotte' est en réalité kalètâ; Couvet kaléyè est le pluriel de kola 'bonnet de c o t o n " ' (G. Redard, Vox 14, 1954/55, 366). E . R . Lundquist, op. cit. 217: "(1663) La Fontaine, Lettre à sa femme: . . .' " O n nous a dit . . . que beaucoup de Limousines de la première bourgeoisie portent des chaperons de drap rose -sèche Sur des cales de velours noir. Si je trouve quelqu'une de ces chaperons qui couvre une jolie tête je pourrai m ' y amuser en passant et par curiosité seulement. . . " ib. A, 2 Zu cale: . . . "Proprement, petit béguin, ou coiffe portée sous le chaperon . . . il signifie une espèce de bonnet et de coiffure de tête pour les femmes de fort basse condition . . . " 388 Hier wäre gleichfalls in der Volkssprache calautica > *calotica zu *calotta umgebildet worden, weil man in Hinblick auf die herabhängenden Zipfel (vgl. oben Wartburg's Definition 'nach unten in Bändern oder Schleifen auslaufend') in den Anlaut cal- das Verb calare 'herablassen' hineindeutete. Calautica wurde, soweit ich sehe, bereits von Körting vorgeschlagen. — Auch Gamillscheg geht von CALAUTICA aus. Aber seine Annahme einer Übernahme aus it. calotta wird durch die Überlieferung überflüssig. 180

führt uns die Benifsbezeichnung *CONSTJTCTBARIUS. Der *CONSTJTTTRABIUS ist einer, der mit der *CONSUTURA, der Naht, zu tun hat, also der 'Nähter'. Wartburg bemerkt dazu (FEW 2,1100a,b) u.a.: „Da das Nähen eine weniger schwierige und verantwortungsvolle Arbeit war als z. B. das Zuschneiden des Stoffes, ist der couturier in Paris zuerst der Gehilfe des Schneidermeisters". Afr. cousturier 'tailleur' besteht seit 1213, alyon. codurer 14. Jh., afor. coudurer seit 1290 und apr. cordurier, costorier seit dem 13. Jh. (Jaufre) (FEW 2,1098 b). Wort und Sache reichen - zumindest im Norden - nach dem Ausweis des Mit. in die Anfänge des 12. Jh. zurück: ca. 1115 Tachainville (bei Chartres): Unde testes sunt: Ernaldus corveisarius; Petrus et Gislebertus costurarii (CartChart 2,348). 13. chausaterius 'Hersteller von Beinkleidern' Eine weitere hierher gehörige Berufsbezeichnung ist mfr. ckaussetier 'fabricant de chausses' (14. Jh.-, . . 1636), apr. caussatier (Forcalquier 1489, MeyerDoc), Ariège caussatiè (1673), pr. caoussetih 'marchandfabricant d'habillements confectionnés pour hommes', apik. caucheteur 'ouvrier qui faisait les chausses qui tenaient lieu de bas' (13.-16. Jh.), achamp. chausseteur (FEW 2,72a). Im Süden ist der Anfang der Überlieferung um 5 Jahre hinaufzusetzen; denn: 1484: Acta . . . present. provid. viris Jacobo Dalmacii, Johanne G. chausaterio (CartMont 139).

xxvn Walkerei

Gemeinsam ist sowohl der Leder- als auch der Stoffbereitung die vorausgehende Bearbeitung durch den Walker. Da unsere Texte nicht immer eindeutig hergeben, welches spezifische Tätigkeitsobjekt jeweils vorliegt, fassen wir alles hierher Gehörige unter dem Oberbegriff des Walkens zusammen und führen es in einem eigenen, kleinen Kapitel im folgenden auf: 1. cumbata 'Trog voll für den Walkstock' Aus Anlaß von cannabaz hatten wir, um hier noch einmal daran zu erinnern (s. S.174 ), die Rede auf die Stoffgewinnung aus der Hanffaser zu bringen (s. S. 122). Dort beschränkte sich unser Hinweis auf diese 181

bloße Tatsache. Dagegen vermittelt uns die Definition von Vionnaz (Schweiz, Wallis) Icobö 'quantité de chanvre que l'on met sous le fouloir' (FEW 2,1525b) einen Einblick in die Herstellungsweise selbst; denn Icöbö ist eine -ATA-Abltg. von gall. C Ï Ï M B A 'Trog' ('Talkessel') und besagt eigentlich 'einen Trog voll, d. h. so viel an Hanf wie ein Trog faßt, welche Menge man unter den Walkstock stellt'. Gleichbedeutend sind: Hérémence (Schweiz, Wallis) koi/mbâ, Albertville (Savoyen) combaz (FEW ib.). Wartburg bemerkt dazu ib. u. a.: „. . . Ein zweites Gebiet umfaßt Savoyen, das Wallis und ein Stück der Waadt. Vielleicht darf man aus der Bed. der Abltg. schließen, daß diese sehr früh einer speziellen Terminologie angehört und daß hier CTJMBA 'auge à fouler, foulerie' (ib. 1526 a) bedeutet habe. Eine solche Vermutung findet eine starke Stütze an der Tatsache, daß diese Bed. heute noch dem bret. komm eignet". Soweit also Wartburg. Cumba in der Bed. 'auge à fouler' können wir allerdings nun nicht belegen. Dagegen findet sich cumbata, was genau dem heutigen Reflex aus Vionnaz entspricht (s. oben), zwei Mal bereits in der Mitte des 12. J h . im Vaucluse erwähnt: 1151 Richerenches (arr. Avignon): duas cumbatas telarum sine precio parari annuatim donamus . . . concesserunt, u t fratres de Templo singulis annis prenominato molendino L saumadas sine moltura molerent, et duas cumbatas telarum in paratoriis pararent (CartRich 67,68). Diese Belege bestätigen die obige Vermutung Wartburgs über das hohe Alter der walktechnischen Verwendung von cumba. Darüber hinaus wird deutlich, daß die heutige Verbreitung in Savoyen, Wallis und der Waadt nur das Reststück einer früher weiter bis in die Occitania nach Süden verlängerten Zone darstellt. 2. bastitorium, bastoer, bastouoir 'Walkmühle' Die Walkmühle wird im Areal Lyon-Dauphiné mit bastitorium bezeichnet. Bereits 1251331 heißt es: concessit . . . duo molendina et unum bastitorium . . . et de premissis molendinis, bastitorio et manso se devestivit (CartLy 1,575). In der volkstümlichen Lautung bastoer, bastouoir liest man es 1256 in der Dauphiné: At vero bastoer vel bastouoir, pro officina ubi aliquid tunditur (DC). Hinzu kommen weitere, bei DC verzeichnete Zeugnisse: 1309 (Dauphiné): Item cortex sive ruchia cum qua coria aptantur, quae portantur per aquam, quatuor denarios, et est unum jornale quantum unum bastitorium potest terere per diem. 1459: Icellui Boyn getta de son héritage, joignant du bastouoir de la 331

"Donation par Seguin d'Epaisse, chevalier, à l'hôpital de Jérusalem d'Epaisse, de deux moulins et d'un battoir situés à Chavagnat-sur-Yeyle et du mas Fayet situé à Bagé-la-Ville (arr. Bourg-en-Bresse)".

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poterie du suppliant, environ trois ou quatre palées de boue ou fanje ; et quant le suppliant vint en sondit bastouoir . . . en voulant besongner de son mestier . . . Das Wort gehört zweifellos zu germ. *BASTJAN 'mit Bast flechten'. Die walktechnische Bed. gehört in eine Linie mit apr. bastir 'apprêter, mettre en état' (FEW 1,277 b): beide Male liegt der Bedeutungsaspekt 'herrichten' vor, welcher in unserem Falle spezifisch, im Apr. allgemein gewendet erscheint. Der gemeinsame semantische Ausgang ist gegeben in der Grundbed. 'mit Bast arbeiten, besonders flechten' (FEW ib. 278b: anfrk. *BASTJAN), welche Tätigkeit als ein Herrichten gefaßt und gegebenenfalls wieder auf andere Tätigkeitsbereiche übertragen werden konnte. Die walktechnische Bed. ist dabei möglicherweise schon aus germanischer Zeit ererbt. Vgl. F E W ib.: „Schon im Germanischen muß das Verbum verschiedene spezielle technologische Bedeutungen angenommen haben". 3. battiour, battatorium 'Walkmühle' batere 'walken' Daneben existiert im Norden und Süden zugleich ein ähnlich gebauter Reflex von lt. B A T T U E K E 'schlagen' mit ähnlicher Bed. : Afr. bateor' moulin à draps, à t a n ' (bes. frcomt.), adauph. bateor, apr. batedor (FEW 1,296a). 335 Adauph. bateor besteht nach Devaux seit dem 14. J h . I m Mit. Lyons taucht das entsprechende batatorium, sowie auch batere 'walken,' bereits seit der 2. Hälfte des 13.Jh. auf: 1267:3S® consuevit molere bladum suum in molendino de Yerneto . . . et gauchare pannos sarcillorum in gauchonibus ibi sitis, pertinentibus ad dictum militem et batere canabum ipsius domus in batatoriis ibi sitis (CartLy 2,257). - 1267: 338a debebit dicta domus sarzilia sua gauchare in dictis gauchonibus et canabum suum batere in dictis battatoriis (ib. 258). - 1268 Saint Sorlin (arr. Lyon) : prior seu domus Portarum . . . non possint . . . artificiose facere quod dicta aqua derivetur vel subtrahatur vel fluat alibi, quin molendinum et batatoria seu batatorium et gaucherium dicti prioratus . . . suum officium valeant exercere (ib. 271). - Ohne Beleg erwähnt Niermeyer battitorium 'moulin à fouler' bereits für das 11. J h . 4. parator ad telas 'Stoffwalker' Daß bei mit. (adauph.) bastitorium (s. oben) von bastir in einer Bed. 'herrichten' auszugehen sei, erhellt wohl auch aus dem synonymen lt. P A B A B E , 335

Eine andere technische Bed. von battuere s. S. 119. as» "Compromis entre la prieure de Morancé et Guichard de Varennes . . . au sujet du moulin de Vernay, près de Lucenay [ = Lucenay, arr. Villefranche-surSaône]". 3S, a "Compromis entre la prieure de Morancé et Guichard de Varennes . . . au sujet du moulin de Vernay, près de Lucenay [ = Lucenay, arr. Villefranche-surSaône]". 183

das im Gegensatz zum lokal beschränkten bastitorium in stoff- und walktechnischer Bedeutung in der gesamten Galloromania vertreten ist, wie aus FEW 7,62a ersehen werden kann: Fr. pareur m. 'celui qui apprête le drap' (1250-DG), apr. parador (Fagniez, Millau 15. Jh. . . .), pazayre (Narbonne 1376 . . .), ang. pareur, mdauph. parâyre . . . apr. parar 'fouler le drap, les étoffes' (14.Jh.) usw. Daß PARARE und Sippe in solchem Sinne älter sein muß, zeigt die Wendung parator ad telas in einem Text aus der Dauphiné vom Jahr 1141: aut paratores ad telas aut calcatores chanebatearum aut orta aut prata, adaquatus, exitus et reditus, capitones sclusarum (CartRo 115).337 - Niermeyer erwähnt parator 'apprêteur de draps' für S. Quentin 1195.

xxvm Pelzbereitung Der Pelzherstellung kommt im Mittelalter ein höheres Gewicht zu als in der heutigen Zeit. Man trug in viel weiterem Maße auch minderwertige Pelze, die weithin gerade als übliche Bekleidungsstücke fungiert haben dürften.338 Terminologisch ist allerdings dieser Sachbereich anscheinend weniger ergiebig. Wenigstens fanden wir nur für im ganzen vier Wörter eine gewisse lexikalische Bedeutsamkeit, die aber ihrerseits gleich wieder dadurch eingeschränkt wird, daß davon nicht weniger als drei aus dem gleichen Stamme kommen und nur im Suffix differieren.339 1. conillgina, conellina, conelgina 'Kaninchenfell' Eine -INA-Ablt. von lt. CUNICULUS 'Kaninchen', nämlich conilhina bezeichnet im Apr. ein Kaninchenfell. Das Wort figuriert im FEW 2,1539 b 3,7

Auch für Montpellier ist parator in dieser Bed. im 12. Jh. überliefert (A. Gilles, Noms de métiers Montpelliérains du X I I e s., ALMA 26, 1956, 231). SAS YGJ DIE zahlreichen Ableger von GTJNNA 'Pelzrock', welche alle nicht mehr spezifisch Pelzkleidung, sondern Stoffkleidung meinen (FEW 4,325b-327a). ". . . les pelletiers de Paris étaient anciennement très nombreux en comparaison des drapiers ; . . . le drap était une étoffe de luxe, réservée aux riches bourgeois, comme la soie et le velours aux seigneurs, . . . les petites gens portaient des vêtements de peaux. Dans tous les cas, l'usage des pelleteries par les pauvres n'avait rien d'exclusif . . . " (Bourquelot, op. cit. 270, 271). - "Les peaux d'animaux, soit tannées et à l'état de cuir, soit diversement préparées et revêtues de leur poil, ont été, au moyen âge, l'objet d'une très grande consommation . . . " (ib. 270). 8

" Nämlich: pellitia, pelletarius(pelliterius), pellicaritis.

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als hapax legomenon, belegt von MeyerDoc in Embrun (HAlpes) vor dem 15. J h . Genauer und früher läßt sich das Wort nachweisen im Mit.: ca. 1250 Les Pennes (arr. Aix-en-Provence): de . . . grana, safra, garofle, cotono filato, sucre in panibus, cera, lacca, de conillginis, ceda et similibus, donat pedagium integrum, scilicet X sol. (CartSVicMars 1.LXXVI). - ca. 1250 ib.: safran, garofle, coton filat, sucre en pain, cera, laca, conellinas, seda e totz autres aver sotil dona pezage intier (ib.). - ca. 1250 Aix-en-Provence: grana, cotono filato, sucre in pane, ceira, lacca, conelginis . . . donat . . . X sol. (ib. LXXVIII). Unser zweiter Beleg bringt also die apr. Lautung conellina, welche im F E W zu berücksichtigen bleibt. In der Iberoromania begegnet der Typ bereits seit 929. Siehe Lange A. 187. 2. pellitia 'Pelzgewandung' Das zum ersten Mal bei Isidor von Sevilla bezeugte lt. PELLITIA (in der Schreibung pellicia) ist wieder dem Süden und Norden zugleich eigen: Afr. mfr. pelice f. 'manteau de fourrure', seit Wace (zwischen 1145 und 1170), apr. pelliza seit ca. 1160 im Rouergue (FEW 8,162b: pelisa; Brunei).' 40 Nimmt man das Mit. hinzu, sieht man, daß die Bildung seit Isidor von Sevilla wohl ununterbrochen weiter gelebt hat: 1085: accepitque . . . unam pellitiam (CartNoy 158). Und im Mit. Englands ist das Wort bereits seit dem 9. J h . faßbar (Latham sub pellicia). 3. pelletarius, pelliterius 'Pelzer' Pellitia ist eine Abltg. von PELLIS 'Pelz'. Dazu gehört auch die Berufsbezeichnung fr. pelletier 'celui qui fait et vend des fourrures' seit ca. 1170 (BIWtbg sub peau: pelletier 12. Jh.), apr. peletier seit 13. J h . (FEW 8,166b; Lv). Schon Drevin hat mit. pelletarius 1080 für die Bretagne nachgewiesen (FEW ib. 171 a, A. 12). Etwa um dieselbe Zeit setzen die mit. Belege auch im Bereich von Angers und in der Touraine ein: ca. 1070: Rotbertus pelletarius (CartAng 1,77). - 1084: Raimundus pelliterius (CartNoy 138). - 1088: Johannes Pelliterius-, Raimundus Pelliterius (ib. 189).341 4. pellicarius 'Pelzer' Von lat. PELLICEUS 'aus Fell bestehend' bildete man auf die gleiche bekannte Weise durch Anhängung des Suffixes -ARITTS das synonyme ,40 841

Dazu ( F E W ib.) in den Mundarten viele Ableger. Vgl. Kusche, op. cit. 81. 185

air. plicier m. 'pelletier' (Tournai 1307), plichier (Tournai 1311), afrb. pillicier (15. Jh.), adauph. pellicier, pellicer ( D i e l 3 . J h . . . .), apr.pelisier (seit 12. Jh.), agask. pericer (Bayonne 1342), nfr. pellissier (Mon 1636Wid 1675), Drôme pelisyë, Aix pelissié (1723), Mars pelissier (1785), bearn. perissi, ( F E W 8,163a, b). Die mit. Tradition verbürgt die Existenz dieses Typs seit der zweiten Hälfte des 11. J h . : ca. 1070: Rotbertus . . . pellicarius quendam suum descensum piscatorium Walterio abbati . . . vendidit (CartAngl,127). 842

XXIX

Bäckerei

1. pancogola 'Bäckerin' I n alter Zeit wird neben dem Bäcker auch die Bäckerin genannt, was zeigt, d a ß in der Brotherstellung auch Frauen tätig waren. I m Apr. ist die pancogola f. 'boulangère' bereits seit 1190 nachgewiesen ( F E W 7,550 b). Zu den bisher bekannten Belegen des Wortes (Rn, Lv) kommen noch folgende aus Albi: 1193: en cada pancogola, u n p a d u n denier ramondenc (DocAlb 142). - 1256: E t establic mai que las pancogolas que f a r a n p a a vendre . . . lo fassan leial (ib. 316). 2. bolengarius, bolengerius 'Bäcker' Das schriftfranzösische Wort f ü r 'Bäcker' boulanger ist dagegen ein Wort des Nordens. Es wird von Wartburg auf mndl. BOLLE 'Rundbrot' zurückgeführt. Das Zwischenglied zwischen BOLLE u n d boulanger liegt vor in der apik. -ENC-Abltg. boulenc 'boulanger' (Amiens 12. Jh.) ( F E W 1,427 b). Von boulenc bildete man in Analogie zu den vielen anderen Berufsbezeichnungen afr. bolengier, nfr. boulanger ( F E W ib. und 428 a). Nach BIWtbg besteht boulanger seit 1198 (in der Schreibung -engier in einem Text aus Abbeville) und t a u c h t als mit. bulingarius 1120 auf. Die mit. Überlieferung setzt noch 20 J a h r e früher ein: 1100: 343 deinde f u r n u m quem in Abbatisvilla habeo sicut hactenus 812 348

Vgl. Kusche, op. cit. 80. "Dotation de l'église construite à Abbeville en l'honneur des saints Pierre et Paul et offerte au monastère de Cluny' '.

186

tenui eis libéré condonavi, hoc est ut meus proprius panis panesque omnium clientum meorum et bolengariorum totius ville in eodem coquantur (ActPont 11). - ca. 1115:344 In cimiterio autem Sancti Pétri quidam furnus est constitutus pertinens ad elemosinam pauperum, a quo omnes bolengarii separantur, vicini autem nostri extra portam manentes non prohibentur (ib. 36). - 1126 Saint-Georges-sur-Eure: Ebroinus de Curgent, Lambertus, ambo bolengerii (CartChart 2,573).1199 Abbeville: bolengariis denarios non accomodabunt (Act Pont 221). Und in der gleichzeitigen volkssprachlichen Version lautet dieser Passus: il ne presteront deniers as boulengiers (ib.). Alle diese Belege stammen also aus der Pikardie, ausgenommen den vorletzten, der aus der benachbarten Normandie kommt. Es dürfte also im 12. Jh. der boulanger auch in der Normandie nicht unbekannt gewesen sein.345 Apik. boulengier bleibt im FEW nachzutragen. Zur Etymologie des hier vorliegenden Worttyps vgl. neuerdings Gamillscheg. 3. biscocta 'Biskuit' Fr. biscuit, seit 1538, ist nach BIWtbg eine „réfection" von afr. bescuit, 12. Jh. (FEW 2,1164b). Nach Dauzat besteht bescuit seit 1175 (Chrestien de Troyes). Dieses afr. bescuit hat einen femininen Vorgänger im Mit. der Touraine: 1087: uxori eius unam murenam, et filio eius unam biscoctam346 (CartNoy 171). 4. pasta 'Teig' [ ?] Das angerichtete, zum Einschießen in den Backofen fertig gemachte Mehl nannte man in ganz Frankreich nach lt. PASTA 'Brei', welches Nomen im Lt. ein einziges Mal belegt ist, bei dem in Bordeaux im 5. Jh. schreibenden Marcellus Empiricus (FEW 7,749b). Danach gilt fr. paste f. 'farine détrempée et pétrie' seit 1226, apr. pasta id. vom 14.-15. Jh. (FEW 7,744a). Nach Dauzat besteht fr. poste seit dem 12. Jh. Zwischen pasta bei Marcellus Empiricus und dem ersten galloromanischen Ableger steht nun ein Zeugnis aus der Mitte des 10. Jh.: ca. 950 Ansouis (arr. Apt, Vaucluse): dat censo porcum I, postas II, ova XX . . . Reddit ille vercaria censo porcum I, pullos IUI, pasta I, 344

"Contrat de pariage entre le comte Guillaume et Garin, prieur de Saint-Pierre d'Abbeville, au sujet des moulins de Rue et des fours à Abbeville". 845 Ygi Kusche, op. cit. 4. - Nach FEW 1,428a war boulanger im 13. Jh. beschränkt auf Pikardie, Wallonie, Lothringen und Champagne. 346 C. Chevalier zur Stelle : gallice biscuit. - Vgl. Karl Bauer, Gebäckbezeichnungen im Gallo-Romanischen, Diss. Giessen, Darmstadt 1923, 13,14 sub biscuit, wo allerdings auch nur mask. Formen aufgeführt sind. Dagegen existiert nach Rouvier FM 23,1955, 307) fr. biscotte seit 1807. 187

ova X X (CartSVicMars 1,309). Freilich erscheint die Bedeutung hier nicht recht gesichert. Doch wäre es nicht undenkbar, daß pastas II etwa zwei Einheiten Backmehl besagte. 5. Pasted [Eigenn.] 'Teigmasse' I n einem Dokument aus der Gascogne vom Anfang des 12. J h . wird u. a. ein Mann mit dem Beinamen Pasted aufgeführt: ca. 1100 Oursval (Barousse): Sancius Guilelmi, cognomento Pasted, dedit terram de Ursina Valle (CartAuch 49). Man darf dieses pasted als den gask. Reflex von lt. *FASTELLTTM betrachten und die angeführte Stelle als Erstbeleg des Wortes in der Galloromania überhaupt buchen; denn: afr. mfr. pastel m. 'morceau de pâte, gâteau' (seit ca. 1190), afr. pastel 'nourriture en gén.' (13. Jh.), adauph. 'pâtée ou gâteau pour empoisonner les loups' [nicht vor 13. Jh.], abearn. pasteg 'pain (de cire)' (1376) (FEW 7,746a). I m heutigen Gask. besagt pastè: 'pâté ; emplâtre ; grosse masse de pâte ; au fig. : personne grosse, difforme à force d'être grasse' (Palay). Unser Sancius, bzw. einer seiner Ahnen, wird also gleichfalls deshalb zu seinem Beinamen Pasted gekommen sein, weil er patzig, ungehobelt und dick 847 wie eine große Teigmasse dahergekommen ist, welche Übertragung natürlich zugleich auch die genannte Grundbedeutung voraussetzt und ausdrücklich für eine so alte Zeit bezeugt.

XXX

Metzgerei u n d Fleischbereitung

1. cavilherius 'Pflockvorrichtung zum Fleisch verkauf' I n einer Anweisung an die Metzger von Marseille aus dem J a h r 1408 steht u. a. geschrieben: stantibus macellariis retro tabulas de facili pecie seu frustra carnium substrahi possent pendentibus illis in cavilheriis tabularum ipsarum . . . dicti macellarii . . . stare possint. . . ante eorum tabulas . . . dum tarnen pecias sive frustra carnium ad cavilherios348 tabularum pendentes . . . cum juncis teneant (StM 6,77). I n diesem cavilherius steckt die Wurzel lt. CLAVICTJLA 'Pflock'. Das Wort 847

848

"Une grande partie des sobriquets met en valeur une particularité corporelle..." (Albert Dauzat, Les noms de personnes; origine et évolution, Paris 1925, 95). R. Pernoud zu cavUherios-. 'etaux'.

188

war bisher einmal später (1440 für die Basses-Alpes) in der apr. Lautung chavilhier 'rangée de chevilles auxquelles on suspend la viande dans les boucheries' bekannt (FEW 2,762 b). Der bisher früheste Beleg des Typs überhaupt stammt allerdings aus der Kurie zu Rom vom Jahr 1371: cavilherios in quibus penduntur bacones et alie salature (Sella). 2. rastellus 'Rücken eines Schlachttieres' Weit verbreitet ist in der Galloromania die sprachliche Übertragung vom Rechen auf das Rückgrat und der damit zusammenhängenden Teile, bisweilen auch spezifisch die Übertragung auf die entsprechenden anatomischen Elemente der Schlachttiere. FEW 10,97 b (sub lt. RASTELLUS 'Rechen'): z. B. mfr. rateau 'échine d'un animal de boucherie' (Dijon 1431-1566), abress. ratei (1544), raste.au 'échine' (1558), . . . Maine rasteau (1624), . . . Marseille rastèou (1785) 'carré de mouton, partie où sont les côtes', Aix id. (1723), Barèges (Hautes-Pyr.) arrastét 'échine (du porc, etc.)', Bagnères arrastétè, bearn. arraster, arrestèt. Für ein hohes Alter dieser Übertragung spricht der Umstand, daß im äußersten mediterranen Südosten, in Grasse (Alpes-Maritimes), bereits 1244 gilt: statuerunt quod qualibet die dominica . . . dentur carnes in refectorio vervecine vel bovine vel alie convenientes . . . , ita tarnen quod, quando vervecine dabuntur, inter duos canonicos detur ancha vel rastellus animalis et due pecie, que de quarteriis remanent, dentur aliis capellanis vel clericis, pecia inter duos et duos (ActAnt 289). 3. astus 'am Spieß gebratenes Fleisch' Eine andere, hierher gehörende Übertragung geht von lt. HASTA 'Spieß' aus: FEW4,391b: Afr. haste f. 'morceau de viande rôti' (12. J h . ca. 1300 . . .). Im FEW findet sich kein apr. Reflex angegeben, obgleich LvP eine maskuline Variante aste m. 'viande rôtie à la broche' verzeichnet 849 und Lv bietet: aste 'am Spieße gebratenes Fleisch' aus der Diätetik 304 (ca. 1210) und dem Brev. d'amor (Béziers ca. 1300). Dazu kommt ein weiterer Beleg aus den Statuten der Kirche von Maguelone vom Jahr 1331 (ARom 3, 1919, 369). Im Mit. reicht die Überlieferung nun bis ins 12. Jh. zurück. 1182 Saint-Martin-de-Bromes (arr. Digne): E t quicumque habuerit porcum, debet dare duos astos, id est duo crura de porco quem nutrivit, et unum astum vel unum crus habebunt milites, et monachi habebunt aliud (CartSVicMars 1,249). Der Norden hatte also hasta, der Süden hastus, um die Sache 'Stück gebratenes Fleisch' I n den Mundarten ist nach F E W ib. nur der Norden mit dem Feminintypus vertreten. 189

auszudrücken. Es liegt auf der Hand, daß es sich um eine sachlich gegebene Anknüpfung an lt. haeta 'Spieß' handelt, insofern das Fleisch am Spieß gebraten wurde. Was die südliche Maskulinform angeht, scheint es nicht ausgeschlossen, daß schon die lateinische Volkssprache neben kasta auch ein hastus gebrauchte. Bisher hat man die Maskulinvariante zwei Mal auf Inschriften nachweisen können (ThesLL 6,2550, 21). Auch gehört hierher die Tatsache, daß im Mit. Kataloniens astus nicht nur 'asador' bedeutet, sondern auch - und dies bereits im J a h r 1097 - 'pieza de carne que puede asarse de una vez' oder 'pieza de carne asada'. Es handelt sich hier offenbar um eine altkatalanisch-altprovenzalische Gemeinsamkeit, auf die implizit auch im GMLC aufmerksam gemacht wird, wenn in diesem Zusammenhang unser obiger Beleg gleichfalls gebracht wird. 4. bucharius, bocherius 'Metzger' Boucher 'Metzger' kennen BIWtbg seit dem 12. Jh., Dauzat „fin XII e s." Auch im Apr. lebt das Wort als boquier, bochier (FEW 1,587 b; ALF 152). Diese Abltg. von gall. *BUCCO 'Ziegenbock' wird im Mit. schon seit 990 gebraucht: Ne qui mercatorum, maxime buchariorum, se subtrahant (Lothringen, Niermeyer). - 1051/60 Saint-Hilaire-sur-Eure (arr. Mortagne-au-Perche, Orne): Herveus talamerarius, Gislebertus bocherius, Vitalis bocherius, Fulcherius, famulus Sancti Martini (Cart Marm 25). - ca. 1096 Chäteaudun: Huius . . . rei testes existunt . . . Guarnerius tanator, Hildredus bocherius, Girardus (ib. 66).350

XXXI

Haus und Hausbau

Während die Handwerksterminologie verhältnismäßig spärlich in unseren Texten lexikalisch wesentlich erscheint, ergeben die Einzelbenennungen, welche um das Haus, den Hausbau und seine Elemente kreisen eine relativ reich gegliederte Skala an detaillierenden Ausdrucksgegebenheiten. Auch fällt hier wieder viel ausgeprägter die regionale Scheidung in Süd, Nord und Südost ins Gewicht. »so y g i Kusche, op. cit. 12. - I m 12. Jh. begegnet bocherius auch schon in Montpellier (Gilles, ALMA 26, 1956, 227).

190

1. jazina '(Dach-) balken' Lt. *JACÏNA 'Lager' zeigt in der Provence die semantische Spezialisierung 'Lager(ung) des Hausgerüsts', d.i. 'Balken', F E W 5,5b: Apr. jayna 'poutre' (Puget-Théniers 1548, MeyerDoc), Draguignan (Var) jaine, Var jhaino 'poutre de faîtage', gaino, Cavalaire (Saint-Tropez, comm. de Gassin, Var) dydino, Môle (ib.) gdüo, Puget-Théniers (AlpesMaritimes) dzdino, Nice dzâina, lang, jaséno 'chevron' (schon 1756), Alais (Gard) dzazeno, Clermont (arr. Lodève, Hérault) jazena 'poutrelle', Pézenas (arr. Béziers, Hérault) jaséno 'planche mince fixée sur les chevrons d'une toiture pour recevoir la tuile-canal', Auvillars (arr. Castelsarrasin, Tarn-et-Garonne) 'poutrelle'. Diese bautechnische Bedeutung t a u c h t nun schon um die Mitte des 13. J h . auf: ca. 1250 Tarascon: De X I I jazinis minutis fit I t r a v a t a de f u s t a (CartSVicMars 1, L X X X I I ) . - ca. 1250 Arles: De X I I jazinis bastardis sex den. (ib. XCV). 351 2. riblar 'die Türfüllung anbringen' Unter dem E t y m o n lt. K E P L E B E 'füllen' finden sich F E W 10,267 b u. a.: 1. Apr. reble m. 'pierres servant à remplir les vides d ' u n m u r ' (Montpellier 1385) . . . , apr. reblo m. 'menu moëllon, biocaille' (Foix 1218), riblo (Albi), lang, ribloû 'biocaille', . . . Lang, rebld v. a. remplir (un mur) de blocaille' (1756), Alais id. 352 Dazu gehört auch das apr. Verb riblar, das bisher nicht beachtet wurde: 1432: deu aver de larch lo trauch de quavalet I quart de palm et a y t a n t la porteta que corra. E t la porteta deu esser ferrade de fuelha destanh, laquel fuelha prena et sia riblada ot en torn dou trauch, afin que non si puesca creysser n y amermar (StM 6,84,7). Das Verb besagt hier das Anbringen der Türfüllung. 3 5 3

3. cairatum 'vierkantig zugehauener Balken' Aus der Mitte des 13. J h . ist aus der Provence überliefert: ca. 1250 Arles: I t e m de quolibet cairato . . . I U I den. et ob. (CartSVicMars 1, XCIV). Hier meint das Wort 'poutre équarrie' ( F E W 2,1392b). Bisher war das Wort (apr. cairat, carat 'poutre équarrie') zwei Mal nachgewiesen: Tarascon 13./14.Jh. und Vienne 14. J h . (Lv). 351

B e t r . j a i n a s. noch Bautier, ALMA 27, 1957, 280.

a

" Zur weiteren Verbreitung des Typs s. F E W ib. 358 Ygi p Nauton, Limites lexicales 'ibéroromanes' dans le Massif Central, in: V I I Congreso Internacional de Lingüistica Románica, II, Barcelona 1955, 603. 191

4. reilla 'Türband' Stärkere Türen haben oft rundum eine Holz- oder Eisenverstärkung, welche, über der Angel zentriert, ein reibungsloses Bewegen ermöglichen soll. Im Apr. nennt man diese Vorrichtung relha, aus lt. BEGULA 'Schiene'. Relha 'penture de porte' ist nach FEW 10,217b für Carcassonne, Albi und Montauban vom 14.-15. Jh. bekannt. 354 In Marseille ist es nachweisbar um die Mitte des 13. Jh. in der Lautung reilla: ca. 1253: De fabris, quantum debent accipere . . . de causanda reilla, sicut convenerint (StM 5,51). Regula begegnet in ähnlicher technischer Verwendung bereits bei Statius (Theb. 6,594): Jam ruit atque aequam submisit régula. - Auch Vitruvius 5.10 hat: Regulae ferreae aut arcus fiant, eaeque uncinis ferreis ad contignationem suspendantur quam creberrimis (Forcellini). 5. bastida '(neues) Gebäude' Ein echt méridionales Wort für ein Gebäude, ein Landgut, auch Festung u. ä. ist bastida. Brunei S definiert 'édifice neuf' und belegt es 1196 aus dem Rouergue, Brunei 1196 aus der Gegend von Toulouse (in dem Eigennamen Marti de la Bastida), Rn aus Montauban ca. 1210 (Guillelm de Tudela) und nicht lokalisierbar aus dem Jahr 1276. DC datiert: 1223, 1256 (Poitou) und 1494. Auch Lv bezeugt bastida ca. 1475. Die mit. Dokumentation setzt nach unseren Belegen schon im Anfang des 12. Jh. ein: 1104: mansum de la Bastida (CartCham 229). - 1219 Le Vigan (Gard): convocatis testibus . . . Petro Bertrando, Petro Bastida, W. de Bosco (CartSVicMars 2,594). - 1242 Senez (arr. Castellane, Basses-Alpes) : ponit . . . bastidam domini episcopi cum pertinentiis suis (ActAnt 278). - 1298 Marseille:355 possit facere . . . bastidam seu bastidas . . . de lignamine vel lapidibus et cimento, et machinas et trabucos pro obsidendo et offendendo dicto loco Monachi, in loco scilicet . . . ubi Comune ipsum magis elegerit, dummodo locus vel loca huiusmodi, in quibus bastida seu bastide ipse fient, distent a Monacho ad j actum baliste vel tabucci et per tantum spatium plus quantum conveniens sit pro offendendo dicto loco, et quod gens obsidionis que erit in bastida seu bastidis offendi nequent de dicto loco Monachi ingeniis seu balistis. In qubius bastidis seu bastida possint fieri turrete et bordisce pro obsidencium custodia tuciori. Quam bastidam seu bastidas dictum Comune possit tenere, donec recuperaverit locum Monachi, ita 1,4 356

In den Mundarten des Südens ist das Wort noch heute recht lebendig. (FEW ib) "Mandement du roi Charles II. interdisant toute communication avec les habi tants de Monaco rebelles à la commune de Gênes, et autorisant les Génois à construire des forts sur terre Provençale pour le siège de la place' '.

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tarnen quod, statim immediate post recuperationem ipsam, Comune ipsum teneatur suis sumptibus diruere et removere bastidam seu bastidas huiusmodi cum omnibus machinis et trabuccis ac ceteris que fecisset in eis (DocGri 48). - 1299 Naples :356 Erga comune Janue volentes per effectum ostendere quem habemus dilectionis . . . et sincere caritatis affectum, eis, ad specialem intercessionis instanciam, graciose concessimus ut pro obsidendo Monacho in quo, sicut dicitur, forestati de Janua receptantur, bastidam in terra nostra facere valeant et habere (ib. 52). - 1306 Villefranche-de-Rouergue: senescallus concedere teneatur mercatum et nundinas in villa seu bastida, si fieret nova (Cart Bonn 237). - 1307: probi homines . . . qui habeant domos, bastidas et turres in territorio Massilie, in quibus tenent et nutriunt columbos . . . (StM 6,50). Es fällt auf, daß das Wort in den ersten beiden Belegen schon nicht mehr als Appellativum auftreten konnte, was vielleicht ein noch höheres Alter von bastida voraussetzt. Überhaupt scheint die Ausgangsbedeutung 'Gebäude', vielleicht 'neues Gebäude' gewesen zu sein, während die Bedeutung 'Fort' sekundär sein dürfte.857 6. cabcasal 'Hauptgebäude' Aus der Gaskogne wird unterm Jahr 1180 u. a. berichtet: vendiderunt . . . lo cabcasal de la Barta . . . Et quia pred. venditores non potuere invenire plenarie in predicto cabcasal VT concadas, ajustegon unam sex358

"Mandement de Charles I I confirmant l'autorisation accordée aux Génois de construire u n fort sur terre provençale, pour le siège de Monaco". »" Vgl. dazu Jean-Paul Trabut-Cussac (R 76, 1955, 275), der gleichfalls zu dem Ergebnis kommt, die bastides seien von Haus aus nicht in militärischer Absicht gegründet worden. Treffend beschreibt Bloch die geschichtliche Situation, in welcher die bastides entstanden sind (op. cit. 15): "Certes, les raisons que amenèrent les principaux pouvoirs de la société à favoriser le peuplement n'ont rien de bien difficile à pénétrer. Les seigneurs ,en général, y avaient intérêt parce qu'ils tiraient de nouvelles tenures ou de tenures accrues de redevances nouvelles: d'où l'octroi aux colons, comme appât, de toutes sortes de privilèges et de franchises et parfois le déploiement d'un véritable effort de propagande: dans le Languedoc on vit des hérauts parcourir le pays, annonçant à son de trompette la fondation des bastides". - Über die militärische Bedeutung der bastides längs der Grenze zum englischen Machtbereich in Südfrankreich vgl. ib. 16 und K u r t Baldinger RLiR 20, 1956, 70, ders., Lexikalische Auswirkungen der englischen Herrschaft in Südwestfrankreich (1152-1453), in: Britannica, Festschrift f ü r Hermann M. Flasdieck, Heidelberg 1960, A. 77. - Unhaltbar ist die Ansicht von Hermann Davidsen, Die Benennungen des Hauses und seiner Teile im Französischen, Diss. Kiel, Kiel 1903, 10: ". . . bastide war ursprünglich ein terminus technicus der Kriegskunst und bezeichnete eine Art beweglicher Belagerungstürme . . . " Heutzutage ist pr. bastido synonym mit mas 'maison rustique, ferme, métairie'. I n der Provence bedeutet es auch 'grange', daneben, wie in Marseille, 'maisond'agrément' (Walter O. Streng, op. cit. 22). 193

taratam de terra illa (CartGim 118). Nach L v P ist ein cabcasal ein 'cazal primitivement fondé ou maison principale'. R n bringt es erst 1294 (Lautung capcasal). (FEW 2,343 b: apr. capcazal, abearn. capcasau). 7. capmansionile, caputmansionile 'kleines Hauptgebäude' Eine ähnlich gebaute und auf den Midi beschränkte Zusammensetzung ist apr. capmazil 'petite habitation principale d'un domaine'. Unsere Kenntnis des apr. Typs stützte sich bisher lediglich auf die Behauptung bei L v P (FEW 2,343b: „petit capmas"). Im Limousin können wir ihm nun bereits in der ersten Hälfte des 10. J h . eine hohe Vitalität bescheinigen: 916: capmansionilem nostrum, cum orto, cum vinea . . . quantum ad ipsum capmansionilem aspicit (CartBeaul 60). - 916: capmansioniles duos (ib. 147). - 926: in villa quae dicitur Capra, capmansionile cum ipsa vinea (ib. 38). - 939: et in ipsa villa, capmansionile meum (ib. 143). - 943: caputmansionile ubi Martinus visus est manere . . . quantumcumque ad ipsa (sie!) capudmansionile aspicit (ib. 58). 8. pinnaculum 'Zinne, Giebel' Dagegen ist lt. pinnaculum innerhalb der Galloromania in der Bed. 'Giebel', 'Zinne' nur im Norden nachgewiesen. I m Lt. begegnet es so bei Tertullian und auch in den Reichenauer Glossen (FEW 8,537 b). I m Afr. ist es nicht volkstümlich entwickelt und besagt in der Lautung pinacle m. 'partie la plus élevée du temple de Jérusalem' 368 (ca. 1200 ; 1261), mfr. nfr. id. (1525-Trév 1771) (FEW ib. 536b). I n der zweiten Hälfte des 12. Jh., also noch vor Einsetzen der fr. Überlieferung des Wortes, findet sich pinnaculum im Mit. in Anjou: ca. 1172: contentio orta est . . . super quodam pinnaculo, inter domum elemosine Beati Albini et domum Gualterii . . . existenti . . . predictum pinnaculum nobis et illis commune permanebit (CartAng 2,488). Auch Latham überliefert: pinnaculum ,,spire, steeple", ca. 1185. Die Tatsache, daß fr. pinacle mit Bezug auf den Giebel des Tempels in Jerusalem gebraucht wird, veranlaßt Wartburg ib. 538a u. a. zu der Bemerkung: ,,1 [seil, die Bed. 'partie la plus élevée du temple de Jérusalem'] ist aus dem Lt. entlehnt, in der Bed. 'Zinne', zuerst im Anschluß an die Stelle Matthäus 4,5 zur Bezeichnung der Zinne des Tempels ; doch weitet sich diese rasch, wie denn auch mit. pignaculum schon 1222 in Paris als Bezeichnung der Zinne eines Hauses erscheint". Soweit also Wartburg. F E W ib. 536 b belegt er fr. pinacle 'couronnement ouvragé qui décore 358

Im Anschluß an Matthäus 4,5 (FEW ib. 537b).

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le sommet d'une tour, d'un toit, d'un pignon, d'un tabernacle' von 1363-1549 und präzisiert dazu ib. 538 a, A. 4: „Die Belege gehen weiter bis . . . 1700, doch mit unpräzisen Definitionen, wie 'pinnaculum, apex, Vertex' u. ä. Diese Bed. erscheint im Mit. schon viel früher: pinnaculum (1208), pignaculum (1323-1415). Sie ist also offenbar im Anschluß an die Bibel in der Sprache der Kirchenarchitektur der Geistlichkeit entwickelt worden und von hier später auch ins Fr. übergegangen. Sodann lebt es auch in der Architektur des Hausbaus, vgl. pignaculum 'Hausgiebel' (Paris 1222)". Die Ansicht Wartburgs läßt sich nach unseren beiden mit. Erstbelegen wohl kaum in dieser Form weiter vertreten. Unser Kontext aus Anjou macht deutlich, daß pinnaculum noch vor Einsetzen der fr. Belege im Mit. seinen Platz in der Architektur hatte, und nicht gerade nur in der Kirchenarchitektur der Geistlichkeit. Diese Tradition setzt sich hernach in der von Wartburg erwähnten, anschließenden mit. Überlieferung fort. Wenn in der Volkssprache die gelehrte Lautung -acle übernommen wurde, so brauchte dies nicht ausschließlich im Anschluß an die Bibel zu geschehen. Ebenso gut kann eine Übernahme aus dem Mit. vorliegen. 869 9. caminata 'mit einem Kamin versehen (Zimmer)' Fr. cheminée, 'endroit dans une chambre disposé pour servir de foyer et communiquant avec le dehors par un tuyau qui donne issue à la fumée' ist nach F E W 2,138b seit dem 12. J h . nachweisbar, nach Dauzat seit 1138. Es lebt fast in der gesamten Galloromania in „einer aus dem Fr. angepaßten Form" (FEW ib.). Das Wort beruht auf lt. CAMINATA 'mit einem Kamin versehen' (seil, CAMEBA). Dies ist nach BIWtbg 584 nachgewiesen und nach F E W ib. 139 b in der Lautung keminada in den Kasseler Glossen. Unser frühester Beleg stammt aus der Zeit zwischen 561 und 593 aus einer Verordnung des Burgunderkönigs Gontrannus: Solarium vero cum caminata, illi de Gergiaco et de Alciaco faciant (Cart Chalon 13). Und 862 liest man aus Compiègne: reconcinationes in refectorio vel camera fratrum, sive caminata (MH 186). 3,0 Vgl. auch Niermeyer. 10. degout 'Abflußkanal eines Hauses' F E W 4,348 b heißt es u. a.: „Afr. degot 'canal pour écouler les eaux' (Rochelle 1231 . . . ; Beaum Cout [ = J a h r 1283]), nfr. degout 'canal d'évacuation' (Mon 1636-Pom 1671)". I n der Bed. 'Abflußkanal eines äse Vgl. Davidsen op. cit. 17. »so Vgl. Davidson op. cit. 81. - Streng op. cit. 34. 195

Hauses' ist degout 1269 in der Normandie zu registrieren: tenentur reddere . . . très Cenomanenses ad terminos consuetos, pro le degout dicte domus (CartCenom 283). 11. chabro 'Sparren' Der Hauptbalken im Dache, von dem die anderen Latten nach links und rechts abzweigen, wird im Deutschen der Sparren genannt. Das Fr. hat dafür die Übertragung 'Zicklein' : chevron, welche nach BIWtbg seit dem 12. J h . existiert (nach Gamillscheg seit dem 13. Jh.). Nach F E W 2,306a begegnen südliche Ent- sprechungen u. a. in adauph. chouron, chavron, während apr. cabrion, chabrion 1576 (BAlpes), bzw. 1536 (Puget Th.) und cabrió 1436 (Montagnac) und 1427 (Millau) nachgewiesen sind.361 Hinzu kommt nun die Variante chabro(n) 1108 für die Dauphiné und für das Apr. 1281 ; denn: 1108 Grenoble: Bernardus Longobardus . . . venit ante presentiam domni Hugonis, episcopi Gratianopolitani . . . et laudavit predicto episcopo ut, de bosco quod dicitur Sapetus, quicquid necessarium fuerit in domo sua, sive trabes, sive chabros atque postes . . . accipiat in predicto bosco (CartGrenoble 79). - 1281 Miremont (cant. Chaudes-Aiguës, Cantal): de omnibus lignis nemorum nostrorum et exceptis arboribus de classis aptis ad faciendum naves et angardas et exceptis chabronibus de chassang ultra longitudinem quatuor brassatarum a summitate arborum usque ad terram (CartFl 264). 12. ostueyra 'Art Bett Vorrichtung' Im Pariser Becken (Perche) begegnet 1505 mfr. ostiaire f. 'porte' (FEW 7,439 a). Das Wort findet sich in der mit. Gewandung ostueyra etwa 150 Jahre früher in Nice, was als Indiz dafür zu werten sein dürfte, daß es allem Anscheine nach nicht auf den Norden beschränkt war. Der Beleg lautet: 1365: Item, unam ostueyram circa lectum (ChartSP 240). Freilich ist die Bedeutung nicht recht klar.362 Wahrscheinlich M. Gonon, Essai d'un glossaire forézien, d'après les testaments des X I I I e et X I V e siècles, ALMA 25, 1965, 152 belegt 1312 chiarori ( F E W ib.: afor. chiarori 1382). ses Vgl. die Anm. von Cais de Pierlas: Ostueyra, correspond probablement aux termes ostière ou ostevent de l'ancien français, soit porte ou paravent. — Zu mfr. ostiaire f. 'porte' bemerkt Wartburg F E W 7,439 b: "scheint eine gelehrte Ablt. von ostium zu sein, der allerdings weder im Lt. noch im Mit. etwas entspricht' '. Diese Behauptung kann in dieser Form nicht aufrechterhalten werden ; denn im Lt. existiert ja das Adjektiv ostiarius, o, um in der Bed. 'ad ostium pertinens'. Auch das Subst. ostiaria, ae 'quae ostium custodii' besteht (s. Forcellini). E s konnte also gut im Anschluß an das Adj. ostiarius von den Humanisten eine ostiaria (seil, porta) gebildet werden, sofern das Wort überhaupt nicht eine Nachahmung eines schon lt. ostiaria 'porte' ist.

881

196

liegt eine Bed. vor von der Art wie sie anderen Abltg. von OSTIUM in den Mundarten eignet. Z. B.: Dol hussiaux 'portes à coulisse d'un lit', Malestroit (Morbihan, Ploërmel) husset 'panneau mobile d'un lit' (FEW ib. 438 a). 13. Cadafalcium [Elurn.], cadafal, chadaffalt 'Gerüst' Unter den F E W 2,486 a ff. sub *CATAFALICTJM 'Gerüst' aufgeführten Formen aus allen Gegenden der Galloromania sollten noch beachtet werden: nach 1075: quartam partem quarterii vineae, que vocatur ad Cadafalcium (CartV 22). - 1339 Vienne: aliqua pars eorum civium cum vexillis armati venerunt in obsidione dicti castri de Pipeto, et quoddam cadafal quod nocte precedenti fecerant juxta et ante portam Pipeti munierunt (DocDauph 50). - 1376: Per far lo chadaffalt de las Rochas e lo eschali de la Sala de Breuons e lo cachapehs que es bastits de peyra sécha (RegFlou 18).363 14. si despeyrar 'einstürzen (Mauer)' Bricht ein Mauerwerk zusammen, so nennt man dies afr. despierrer v. n. 's'effondrer (d'un mur)' (1262) (FEW 8,319b). Die apr. Entsprechung se despeirar 'se démolir' ist F E W ib. nur aus L v P übernommen. I n der Form si despeyrar können wir das Verb jetzt 1383 aus der Auvergne vorführen: A X X V I I I de julhet ad ung home que azeguet l'espina de vas los Lax, I n a part que si despeyrava384 (RegFlou 165). 15. enceinte 'Einfriedung' Eine Umfriedung um eine Gebäulichkeit heißt fr. enceinte. In der Occitania ist in Marseille das entsprechende enceinto in der Bed. 'ligne de fortifications qui forme la clôture ou l'escarpe du corps d'une place' erst seit 1785 nachgewiesen (FEW 4,624a). Afr. enceinte ist nach F E W ib. seit ca. 1290 gebucht, während es in Wirklichkeit schon ca. 1265 in Pontoise begegnet: Ne manjussent oncques, ny ne boivent, les frères ne les soeurs hors de l'enceinte de leur hospital (StHot 136).

*•* In den Mundarten bedeutet das Wort auch 'Heuschober' (Streng op. cit. 110). »M Zum besseren Verständnis der Passage setzen wir den entsprechenden Teil des Kommentars von M. Bourdet her: ". . . L'espina des Lacs 'qui se dépierrait', se démolissait, était une partie du rempart s'avançant en pointe du jardin du collège à la porte des Agials, située vers l'entrée de la rue actuelle des Lacs, et dans le même axe". 197

16. eschali 'Treppe' Die Ableger von lt. SCALARIUM 'Treppe' sind weit in der Galloromania verbreitet, wenngleich weniger im Norden, so vor allem im Occitanischen und im Frankopro venzalischen (FEW 11,271b). Die apr., vom F E W verzeichneten Reflexe sind: apr. esqualier 'escalier' (1360, Comptes Albi; Bonis), escalier (1341, Pans; Millau 1431 . . . ),scalia (Millau 1520 . . . ) (FEW ib. 270 b). Auch die Lautung eschali begegnet in der Occitania, und zwar 1376 in der Auvergne: Per far lo chadaffalt de la Rochas et lo eschali de la Sala de Brezons (RegFlou 18).

17. bastimentum 'Befestigung', 'Gebäude' Nach BIWtbg. sub bâtir besagt fr. bâtiment im 12. J h . (nach Dauzat seit ca. 1160) 'action de bâtir', während die heutige Bedeutung erst im 17. J h . aufkommt. Hingegen gilt für die apr. Entsprechung bastimen nach F E W 1,278 a von vornherein die semantische Charakteristik: 'édifice; fortification ; action de bâtir' (FEW 1,278 a). Der früheste Beleg im Süden steht bei Bruneis in der Bed. 'édifice'. E r stammt aus dem Rouergue vom J a h r 1187. Es darf aber nicht übersehen werden, daß in der Bed. 'Gebäude' das Wort im Süden eine noch ältere Geschichte und weitere Verbreitung hat: 1061 Abtei Vabres (arr. SaintAffrique, Aveyron): donamus . . . medietatem castelli quod nominatur Petra Alba, de ipso bastimento quod ibi est et in antea factum erit per nomen de castello (CartSVicMars 2,182). - 1178 Toulouse: unum casalem cum omnibus edificiis et bastimentis que ibi sunt vel ibi pertinent (JuLa 134). - 1207 Toulouse: totum illum honorem cum omnibus hedificiis et bastimentis que ibi sunt (ib. 146). - 1212 Toulouse: omnes illas domos et casalem, cum loco in quo sunt et cum omnibus hedificiis et bastimentis ibi pertinentibus (ib. 152). - 1224 Lyon: archiepiscopus vellet aliquid bastimentum ad Buxum facere (CartLy 1,263). Der letzte Beleg macht deutlich, daß die Bed. 'Gebäude' in alter Zeit autochthon auch im frankoprovenzalischen Bereich gegolten haben dürfte. 365 Der erste Beleg (Aveyron) dagegen zeigt bastimentum in der Bed. 'Befestigung' (,,. . . per nomen de castello"), was genau zum katalanischen Bereich paßt, wo 1054 bastimentum in der Bed. 'obra fortificada' nachgewiesen ist (GMLC).

s«5 Vgl. Davidsen op. cit. 1. - M. Gonon, La vie familiale en Forez au X I V e siècle . . . op. cit. 40: "Bastiments est cité deux fois, avec quelque emphase, due peut-être au clerc: en 1347, à St.-Julien la Vêtre . . . vers 1400, une paysanne fieffée de Cervière lègue 'omnes domos et omnia bastimenta in villa Cerverie'". 198

18. luquetum 'Türklinke' Aus mndl. L U K E 'Verschluß' wird u. a. apr. luquet 'loquet' hergeleitet. F E W 16,489b kennt das Wort vom J a h r 1346 ab. Mir. lucot 'id.' erscheint 1387 (FEW ib.). Lokalisiert wird das apr. Nomen F E W ib. in Agen, Carcassonne, Arles. Einige Jahrzehnte eher ist luquet bereits im äußersten Südosten, in Nice, zu finden: 1301: Item, unum parvum luquetum de argento (DocMRT 107). Die Tatsache, daß ein luquetero bereits 1274 in Oviedo auftaucht, zeigt einmal mehr, wie lückenhaft es um unsere Überlieferung bestellt sein muß. 866 19. capudmansum, capimansum, caputmansus, capmansum, capmas ' Hauptgebäude' Für den Süden hatten wir den Typ capmansionile herauszustellen. 38 ' I m Süden und Norden zugleich ist dagegen der Typ capmansum bezeugt (FEW 2,343 b): apr. capmas 'habitation principale d'un domaine' 12.-13.Jh. (Rouergue, Quercy), camas (Aude 16. Jh.), mfr. chiefmes (pik. norm. 1393-1564), norm, chef-mois (Cotgr. 1611, noch Trev 1771), npr. capmas 'chef-lieu d'un domaine', Castres (Tarn) 'hameau', cammas. Für den Midi erscheint in dieser Überlieferung allerdings nur die zweite Hälfte der Wirklichkeit erfaßt, wenn man bedenkt: ca. 960: capmansionilis meus . . . quantum ad ispum capmansum aspicit (CartBeaul 74). - 968: vineas . . . cum capmanso ubi Severus manet (ib. 109). Ca. 1170: habent . . . capmas, scilicet Cabrel et in capmas Bertrandi Serraceni (CartBonn 29). Besonders schön kommt die Abgrenzung zwischen capmansum und capmansionile im Erstbeleg hervor: ein capmansionile ist eine Art Unterhaupthaus innerhalb einer Besitzung, das in Abhängigkeit zum Haupthaus, dem capmansum, steht. In der Lautung capudmansum begegnet der Typ bereits 877/879 im Cart. von Gellone: Donamus . . . unum capudmansum cum curte et orto (Niermeyer). - Die Lautung capimansum findet sich im Cart. vonConques 887: I n ipsa villa cedo vobis capimanso cum curte et orto et exeo (Niermeyer sub caputmansus). - Caputmansus begegnet ib. 942: Condonamus . . . alodus noster, hunus caputmansus cum vinea et terras (Auvergne, Niermeyer).

SM

Siehe José L. Pensado, Estudios de lexicografía asturiana, Archivum, X , Oviedo 1960, Nr. 19. »•' Siehe S. 194. 199

ZUSAMMENFASSUNG Bei der historischen Darstellung des galloromanischen Wortschatzes wurde bisher das Mittellatein - d. i. in unserem Zusammenhange das Latein seit der postmerovingischen Epoche - zwei Mal systematisch herangezogen. Nach den bibliographischen Supplementen zum F E W stehen an hierher gehörigen Arbeiten lediglich zur Verfügung :Drevin, Die französischen Sprachelemente in den lateinischen Urkunden des 11. und 12. Jahrhunderts, Diss. Halle 1912 und G. Roth, Polyptichon des hl. Remigius; eine sprachliche Untersuchung, Diss. Bonn 1917. Gegenüber unseren Untersuchungen, welche sich gemäß ihrer ursprünglichen Zielsetzung im Hinblick auf die Lokalisierung des Capitulare de villis auf das gesamte sprachliche Areal der Galloromania zu erstrecken hatten (s. Einleitung), beschränkte sich Drevin auf die Bretagne. Auch Roths Dissertation ist gemäß ihrer Begrenzung auf einen einzigen Text eher relevant für diesen selbst. So kommt es, daß im F E W das aus der mittellateinischen Überlieferung stammende Material im Ganzen sehr ungleich genutzt wurde. Über gelegentliche Erwähnungen ist man nicht hinausgekommen, und auch Du Cange wurde nicht eigentlich systematisch zu Rate gezogen. Noch 1960 konnte K u r t Baldinger seinen grundlegenden Beitrag, Die Bedeutung des Mittellateins für die Entstehung und Entwicklung der französischen Urkundensprache (Mit. hospes, fr. Mte im Begriffsfeld des Freien Bauern), in: Medium Aevum Yivum, Festschrift für Walther Bulst, Heidelberg 1960, S. 125, einleiten mit den Worten: „Die Bedeutung des Mit. für die Entwicklung der fr. Urkundensprache dürfte heute wohl von niemandem mehr bestritten werden." Um so erstaunlicher ist es, feststellen zu müssen, daß die bisherige romanistische Forschung - von Ausnahmen abgesehen (ich denke z. B. an die vielen hervorragend dokumentierten Arbeiten von P. Aebischer und J . Hubschmied) - die mit. Urkunden noch nicht systematisch für die lexikalische Entwicklung der Vulgärsprache nutzbar gemacht hat. Dagegen zeigt unsere Arbeit, daß für eine vollständige und authentische Darstellung des galloromanischen Wortschatzes eine konstante Berücksichtigung der mittellateinischen Urkundentradition unerläßlich ist. Denn die mittellateinische Urkundentradition bringt nicht selten in den Fällen einer schon im Mittelalter faßbaren und verfolgbaren Wortgeschichte eine numerische Bestätigung im Hinblick auf 200

das Verbreitungsgebiet. 888 Dabei ergibt sich gewöhnlich ein neuer Erstbeleg. 3 ' 9 Solche Erstbelege im Mittellatein können erheblich den bisher bekannten Erstbezeugungen vorausliegen. 370 Auch eine chronologische Präzisierung des Erstbelegs ist bisweilen möglich. 371 Anderwärts bildet die mittellateinische Tradition das durchgehende chronologische Bindeglied zwischen dem „klassischen" Latein und der Volkssprache 372 und zwingt unter Umständen zu einer neuen Einsicht in das Verbreitungsgebiet eines gegebenen Worttyps. 378 Und die bisher horizontal-synchronische Lagerung eines Teiles des Vokabulars erfährt eine vertikaldiachronische Profilierung, wenn die Mundartreflexe einer Gegend im Mittellatein desselben Gebietes oder in benachbartem Bereiche erscheinen. 374 Eine lexikalische Situationsänderung erweisen des weiteren die Fälle, bei denen im Mittellatein ein Typ zu registrieren ist, für den es zwar eine unmittelbare Entsprechung in der Volkssprache nicht zu geben scheint (was sicher auf die Lückenhaftigkeit der Überlieferung zurückzuführen ist), der aber anderseits kulturgeschichtlich höchst relevant sein kann. 375 Daneben konnten wir bisweilen Bedeutungen ausmachen, die bisher im F E W nicht verzeichnet sind. Dabei erwiesen sich die Volkssprache und das Mittellatein in etwa gleich ergiebig. 37 ' Nach der gleichen Maßgabe sind darüber hinaus auch Wörter zu vermerken, die bisher nicht registriert wurden, obwohl ihr Etymon und ihre sonstige Familie bekannt sind. Bezeichnenderweise kommt mitunter auch den Eigennamen bei Erstellung einer neuen lexikalischen Situation eine hervorragende Stellung zu. 378 »" Z. B.: III, 2; VII, 1; IX, 1; XII, 1; XII, 10; X I X , 6; X X I , 2. 389 Z. B.: III, 1; X, 9; XI, 17; XII, 8; XII, 13; X X , 3; XXII, 1; X X I I I , 2; XXV, 6; XXVIII, 1; X X X , 1; X X X I , 6; X X X I , 7; X X X I , 17. 870 Z. B.: I, 3; I, 6; III, 7; IV, 2; IV, 3; IV, 11; IV, 13; V, 6; VI, 2; VI, 6; VI, 7; VII, 8; VII, 14; IX, 2; IX, 11; X, 2; X, 5; X, 6; X, 7; XI, 1; XI, 5; XII, 7; XII, 8; XII, 11; XII, 20; XII, 21 ; XIV, 2; XIV, 6; XV, 5; XV, 14; XVI, 4; XVII, 3; X I X , 6; X X I I I , 2; X X I I I , 13; X X I V , 4; X X X I , 1; X X X I , 19. 371 Z. B.: I, 9; IV, 10; IX, 9; XI, 10. 871 Z. B.: IV, 14; IV, 17; V, 4; XI, 2; XI, 14; XII, 8; X X , 16; X X I X , 4. 373 Z. B.: III, 10; III, 11; IV, 1; IV, 8; VIII, 1; VIII, 9; VIII, 10; IX, 6; X, 4; XI, 4; XI, 7; XI, 9; XI, 15; XII, 12; XV, 16; X I X , 6; X X , 5; X X I , 2; XXV, 11; XXVI, 2; XXVI, 5; XXVI, 10; XXVI, 11 ; X X X I , 12. 371 Z . B . : IV, 15; V, 2; IX, 4; IX, 7; XI, 3; XI, 6; XI, 11; XI, 15; XI, 17; XII, 2; XII, 4 ; X I X , 1 ; X I X , 2 ; X X , 4 ; XXVII, 1. 376 Z. B.: X X V I , 1; XXVI, 7; XXVI, 8. 878 Z. B.: IV, 5; V, 9; VIII, 4; VIII, 8; XV, 3; XXIII, 7. 874 Z. B. : IV, 5 ; V, 9 ; VIII, 4 ; VIII, 8 ; XV, 3 ; X X I I I , 7. 377 Z.B.: VIII, 7; VIII, 8 ; X, 8; X X X I , 2; X X X I , 16. 878 Z. B. : I, 2 ; II, 3 ; II, 4 ; IX, 10; X X I X , 5. 201

Wenngleich volkssprachliche Texte in unseren Untersuchungen weniger in Betracht kamen, so hatten wir, wie schon oben angedeutet, ihre Bedeutsamkeit gemäß den uns vorliegenden Urkundensammlungen gegebenenfalls nicht minder gebührend in Rechnung zu stellen. Hierher gehören zuvörderst die Fälle, in denen wieder Vordatierungen anzuzeigen sind. 379 Auch kann ein bisher nur in einer bestimmten Gegend in der heutigen Mundart nachgewiesenes Wort gelegentlich diachronisches Relief bereits in der dortigen Volkssprache erhalten.88® Neben der Erstdatierung ist hier nicht weniger erheblich eine neue Letztdatierung. 3 8 1 Eine Untersuchung von der Art der hier vorliegenden führt dann schließlich unter Umständen zu einer Diskussion der Etymologie. 382 Neue, bisher nicht beachtete Elemente sprechen für die Annahme eines bestimmten Vorschlags, ohne daß damit allerdings Endgültiges bereits entschieden wäre. Vielmehr erscheint damit lediglich ein Kenntnisstand markiert, der sich zwar auf eine vermehrte, aber dennoch alles andere als vollständige Dokumentation berufen kann. Somit ist der vorläufige und hypothetische Charakter der hier gewonnenen Ergebnisse hinreichend gekennzeichnet, nicht zuletzt auch gerade im Hinblick auf das Endziel allen lexikalischen Bemühens, nämlich die totale Erfassung des einer Sprachgemeinschaft zugehörigen Wortgutes. Wie zufällig unser Wissen hier besonders für die älteren Zeitläufte ist, ersieht man schon aus der Tatsache, daß hier sogar noch regelrechte Neuentdeckungen möglich sind: afr. croin (XV,8) war bisher offensichtlich völlig unerkannt. Die methodologische Folgerung solcher Ergebnisse liegt auf der Hand. Läßt man die mittellateinische Tradition und überhaupt die urkundliche Überlieferung - wir konnten sie hier in einem nur kleinen Ausschnitt vorführen - bei der historischen Erstellung des galloromanischen Vokabulars außer Acht, läuft man auf Schritt und Tritt Gefahr, Fragmente und Torsen der lexikalischen Wirklichkeit aufzuzeigen. Diese Fragmente und Torsen sind allerdings auch dann keineswegs je ganz aus der Welt geschafft - es liegt das im partiellen Charakter der schriftlichen Überlieferung überhaupt. Die Forderung der möglichst systematischen Berücksichtigung des Mittellateins gilt dann aber auch eo ipso für die sprachlichen Verhältnisse auf der italienischen und iberischen Halbinsel, linguistischen

391 382

Z. B.: V, 7; VII, 3; VII, 11; IX, 8; XI, 13; XVIII, 4; X X I I I , 3; XXIV, 5; XXIV, 6; XXV, 1; XXVI, 4. Z.B.: XII, 14. Z. B.: XIV, 3; XV, 13; XVIII, 1. Z. B.: V, 10; VII, 6; XI, 8; XII, 8; XIII, 1; XV, 16; X I X , 6; X X , 1; X X I , 2; XXIII, 2; XXVI, 10; XXVI, 11.

202

Bereichen, in welchen der volkssprachlichen Überlieferung gleichfalls eine mächtige mittellateinische Schriftlichkeit voraus- und parallel läuft. 888 Die romanische Wortforschung muß sich, soweit sie historisch konzipiert ist, von der romantischen Beschränkung auf rein volkssprachliche Texte frei machen und sich öffnen für die reichen Schätze, welche noch ungehoben in den mittellateinischen Dokumentensammlungen schlummern. Die Schreiber beherrschten das Latein ja gottlob nicht immer mit der Perfektion, welche den Rückgriff auf ihre eigene Mundart ausgeschlossen hätte. Diese Konzessionen an die Volkssprache, meist nur notdürftig mit lateinischen Endungen eingepaßt, bedeuten für die Forschung nicht selten das unerläßliche Anfangs- oder Zwischenglied für die Genealogie und Identifikation eines Wortes.

»»> Für einen Teil der Iberoromania liegt inzwischen daö Buch von Lange vor, das ich kurz vor der Drucklegung noch einsehen konnte. 203

ALPHABETISCHER WORTINDEX* abeurar (apr.) 109 abeurare (mlt.) 109 abevrer (afr.) 109 abladar (apr.) 117 abladare (mlt.) 117 abladas (apr.) 117 abl&i (apik.) 117 ablaier (afr., mfr.) 117 ablee (afr.) 117 abotare (mlt.) 67 abouter (afr., nfr.) 67 aboutir (fr.) 67 abs (apr.) 84; 85 absa (térra) (mlt.) 85 absare (mlt.) 85 •absem (lt.) 85 absens (lt.) 85 *abses (lt.) 85 abai homines (mlt.) 85 absitas (mlt.) 85 absus (mlt.) 85 abutare (mlt.) 67 acabusar (apr.) 23 acabussare (mlt.) 23; 28 accimus (mlt.) 140 accrum (mlt.) 78 ache (tirol.) A. 138 achra (mlt.) 77 acinus (lt.) A. 238; 139; A. 242 acnua (lt.) A. 138; 78 acra (mlt.) 77; 78 acre (norm., fr.) A. 137; A. 139; 76 acres pl. (mlt.) 77 acrus (mlt.) 77 adfaectare (mlt.) A. 292 administrare (lt.) A. 293

adobar (apr.) 163 adop (apr.) 163 adpratare (mlt.) 100 *adriparium (mlt.) 1 •adripus (mlt.) 1 adrivare (scil. naves) (mlt.) 53 adubum (mlt.) 163 advinare (mlt.) 145 advineare (mlt.) 145 •advineatum (lt.) 144 adviniare (mlt.) 145 aegyptia (lt.) 133; 134 afachar (apr.) 162 afaitar (apr.) 162 afaitement (apik.) 57 afar (apr.) 124 •affactare (lt.) 57; 162 affactare (mlt.) A. 292 affactator (mlt.) A. 292 affaitement (mlt., apik.) 57 affar (abearn.) 124 affare (mlt.) 124 affarium (mlt.) 124 affronter (Schweiz, Allier) 64 afratá (HSavoie) 64 afrontar (apr.) 64 afrontare (mlt.) 64 ager (lt.) 78 agiers (apr.) 19 agra (mlt.) 78 agueria (apr.) 18 agùmena (ait.) 46 Aiglantine (afr.) A. 14 aigue dormant (ahain.) 26 aigueria (mlt.) 18 aine (nfr.) A. 238; 139 aine (Marne) 139

* Numerische Vollständigkeit wurde nicht angestrebt

204

aisada (apr., mlt.) 159 aisadon (apr.) 159 aisina (mlt., apr.) 159 aisne (afr.) A. 238; 139 aissada (apr. mlt.) 159 aissadonus (mlt.) 160 aixata (mlt.) A . 290; 159 akker (germ.) 78 aladèr (lang., npr.) 9 aladern (apr., mlt.) 9, A. 12 Alamp 170 Alap 170 alaternus (It.) 9 alauda (mlt.) 171 alauga (mlt.) 171 alaver (lang.) 9 Albaflos [Eigenn.] (mlt.) 9 albe espine (afr.) 10 albespin (afr., apr.) 10 Albeapinua [Ortsn.] (mlt.) A. 16 •albispinus (It.) 10 albre (apr.) 52 alburnus (It.) 41 ; 43 Albus-flos [Eigenn.] (mlt.) 9 •albus spinus (It.) 10 albus spinus (mlt.) 10 alegneyrá (Tarn) 13 Aleppo 170 alon (alyon., wallon.) 169 Alomp 170 altanus (It., mlt.) 64; 65 Altoluogo [Ortsn.] 171 aluda (apr., mlt.) 171 alue (fr.) 171 alum (apr.) 169; 170 alum d'Alamp (apr.) 170 alum d'Alap (apr.) 170 alumen (It.) 169; 170 alump (mlt.) 170 alun (fr., adauph., npr.) 169 alun (apr.) 170 aluns de Bolean (apr.) 170 alup (mlt., apr.) A. 311; 170 aluta (It.) 171 amaestrar (apr.) 163 amajestrar (apr.) 163

amarina (mlt., apr., dauph., Barcelonnette) 8 amarino (Ard&che, Gard, Her., aveyr.) 8 amaystrar (apr.) 163 amella (apr.) A. 219 amerina (It.) A. 10; 8 amestrer (nfr.) A. 293 ammela(apr.) 131 amygdala (It.) 131 ancha (mlt.) 142 angien (apik.) 38 *ankya (germ.) 142 aimona grossa (mlt.) 119 aosta (Murcia) 49 aparseyi (Waadt) 106 apastencar (apr.) A. 176 appradare (mlt.) 100 •appratare (It.) 100 appratare (mlt.) 100 apprayer (mfr., nfr.) 100 apradar (apr.) 100 apradir (apr.) 100 apsitate [Abl.] (mlt.) 85 aqua (It.) 18 aqua quae dormit (mlt.) 26 aquaria (It.) A. 39 aquarium (It.) A. 39 aradel (npr.) 9 araho (apr.) 112 arao (apr.) 112 araon (apr.) 112 arbepin (adauph.) 10 arbor (It.) 57 arbor molendini (mlt.) 'Muhlbaum' 57 arbor navis (mlt.) 52 arbora (mlt.) 'Muhlbaum' 57 arbre (fr.) 'Schiffsmast' 52 arbre (fr., hmanc., bmanc.) 'Muhlbaum' 57 archebane (afr.) 155 arohebanohus (mlt.) A. 282 archibanc (apr.) 155 archibancum (mlt.) 155; 156 archinbanc (apr.) 155 archobancum (mlt.) A. 282 ardupin (alyonn.) 10 205

aribar (apr.) 52 ariva (terra) (mit.) 1 armarina (dauph.) 8 arpennus (gall.) 78 arpent (fr.) 81 arpenter (fr.) 81; 82 arpenteur (afr., fr.) 81 arquibano (apr.) 155 arradoû (beam.) 112 arrastèr (beam.) 189 orrastèt (beam.) 189 arraatétâ (Bagnères) 189 arredoo (abeam.) 112 arripare (mit.) 53 arriver (apr.) 1 arriver (fr.) 52 arroo (abeam.) 112 arsibanc (apr.) 155 arta-karro (bask.) A. 24; 11 arte (bask.) 11 arun (Mars.) 169 ascia (It.) 159 aste (apr.) 189 astua (mit.) 189; 190 at (Yonne) 80 âte (Yonne, centr., Chablis) 80 aubépine (fr.) 10 aubour (beam., apik.) 43 aubourne (saint.) 43 aubre (npr.) 52 aus (apr.) 85 ausa (terra) (mit.) 85 ausedaz (apr.) 85 aussailla (apr.) 85 auta (apr.) 65 aUtë. (gask., beam.) 65 autain (poit.) 65 autan (apr., lang.) 65 autô (lim.) 65 auzelon (apr.) A. 180 avaleson (mit., afr.) A. 107; 35; 39 avalison (apik.) 35; 39 âver (Friedrichsd.) 70 avignier (afr., mfr., nfr.) 144 avingnier (mfr.) 144 avinhat (apr.) 144 aysimenta (mit.) 159 206

bac (fr.,) 49; A. 94 bac (ard.) A. 262 bacca (mit.) A. 265; 50; 149 bacchinon (lt.) 149 baccus (mit.) 50; 149 bâche (schweiz., genf.) A. 3 bachinus (mit.) 149 bacignus (mit.) 150 bagnié (lang.) 101 baiard (npr.) A. 199 bailardum (mit.) 118 bailhar (Bas-Armagnac) A. 199 baillar (boul.) A. 199 baillarc (afr.) A. 199 baillardum (mit.) 118 bailliart (apik.) 118 bakkos (kelt.) 149 balargia (mit.) A. 199 bale (apr.) 2 bale (nir.) 3 balea (apr.) A. 3; 3 balcet (apr.) 2 •baleos (gall.) 2; 3 baldacchino (it.) 154 baldaquin (ir.) 154 baldekin (afr.) 154 baldequinuS (mit.) A. 279; 154 Balg (deutsch) 116 balharc (gask., beam.) A. 199 balhart (beam.) A. 199 baliarchum (mit.) 118 bailan (schott.) 116 balle de blé (fr.) 116 baloase (berr.) A. 221 balqueria, balquiera (mit.) 2; 3 balteus (It.) A. 1 ; 2 ban (frk.) 101 banaston (apr.) 148 banastonus (mit.) 148 banderius (mit.) A. 167; 101 bandie (npr.) 101 bandier (apr., dauph., lang.) 101 bane (Calvados) 34 banète (wallon.) 34 baneton (fr.) 34 banier (afr., apr.) 101 banna (lt.) 35

bannariua (mit.) 101 bannerius (mit.) A. 167; 101 banners (bourg.) 101 bannier (rouerg.) 101 baouchia (HAlpes) A. 3 baoucho (Die) A. 3 bar (nfr., mit.) 42 barca (lt.) 22; 44 barga (apr.) 123 barilarius (mit.) A. 241 barilier (norm.) 139 barillarius (mit.) 139 barillier (afr., mfr.) 139 barquerius (mit.) 44 ; 45 barquier (apr.) 44 barquil (apr.) 22 barquile (mit.) 22 bars (nd., ndl., afr.) 42 bas (afr.) 38 bassière (afr.) A. 76 bastida (apr.) 192 bastida (mit.) 192; 193 bastido (pr.) A. 357 bastimen (apr.) 198 bastimentum (mit.) 198 bastir (apr.) 183 bastitorium (mit.) 182; 184 •bastjan (anfrk.) 183 bastoer (mit.) 182 bastouoir (mit.) 182 bastouoir (adauph.) 182 batatorium (mit.) 183 batels (afr.) 17 bâter (mit.) 120 batere (mit.) 183 bateor (adauph., afr.) 183 bâtiment (fr.) 198 battatorium (mit.) 183 batteur en grange (fr.) A. 202 battiour (mit.) 183 battitorium (mit.) 183 battre (le blé) (fr.) 119 battuere (lt.) 17; 120; 183; A. 36 Baucet, Bauceto [Abl.] (mit.) 1 bauohe (fr., norm.) 3 baucho (Briançon) A. 3 bauoo (npr.) A. 3

baudequin (afr.) 154 bauge (fr.) 3 bauque (fr.) 3 bayar (lim.) A. 199 begnoun (npr.) A. 71 Bellaffaire [Ortsn.] A. 207 beloccia (Novar.) A. 221 beloce (afr.) A. 220; A. 221 belôchie (Montbéliard) 132 belocier (afr.) 132 Belocier(e) [Eigenn.] (afr.) 132 belokhé (Saône-et-L.) 132 bên dal sçrs (Aude) 65 benna (gall., abress.) 34 benna (mtl.) 35 berbecar (rum.) 108 berßegardz® (logud.) 108 berbicarius (mit.) 108 berger (fr.) 108 berquarius (mit.) 108 bestinalis (piscis) (mit.) 40 bia (Gers) A. 163 bignoun (alim.) A. 71 bina (abress., Lézignan) A. 163; 99 binar (apr., adauph.) 98; 99 binare (mit.) 99 binatura (mit.) 99 biner (Marne) A. 163 binerie (Blois) 99 birbicarius (lt.) 108 bisoocta (mit.) 187 biscotte (fr.) A. 346 biscuit (fr.) A. 346; 187 bladon(n)a (gall.) 152; 153 blahir (kat., altarag.) A. 275 blancaria (mit., apr.) 164; 165 blancarie (npr.) 165 blancharius (mit.) 164 Blanchefleur [Eigenn.] (fr.) A. 14; 9 blancherius (mit.) 164 blanchier (apr.) 164 blanchier (alyon.) 164 Blancus-Flos [Eigenn.] (mit.) 9 blank (germ.) 164 blanquerius (mit.) 164 blanquier (apr.) 164 blas (mhd.) 151 207

blat gros (apr.) 119 blauché (Vosges) 131 blazir (pr.) A. 276 blé (kat.) A. 275 *blesa (got.) 151 blesé (akat.) A. 275 blése (Hér.) A. 268 blesium (mit.) 151 bleze (apr.) A. 275; 151; 152; 153 blezir (pr.) A. 275 bloche (norm.) A. 221 blocher (Aube, Bar) 131 bloSe (sudvog.) 131 bloâçy (HSaône) 132 bloâey (Vosges) 132 blôâï (Doubs) 132 blosse (Marne) A. 221 bloûchî (Doubs) 132 booa (lt.) 41 bocella (mit.) 37 bocherius (mit.) A. 350; 190 bochier (apr.) 190 boci (adauph.) 139 •bodina (gall., mit.) A. 128; 70; 71 bodne (afr.) 71 bodolare (mit.) 70 bodula (mit.) 71 bodulare (mit.) 70 boel (Caen) A. 156 boga (apr.) 41 bograin (mit.) 114; 115 bogua (mit.) 41 bogue (fr.) 115 bois bateis (afr.) 17 bois vif (fr.) 15 boisse (afr.) A. 74 boissel (mfr.) 37 boix bâtis (alothr.) 17 bolengarius (mit.) 187 bolengerius (mit.) 187 bolengier (afr.) 186 bolle (mndl.) 186 bolocier (alothr.) 132 bolosse (Aoste) A. 221 bondenel (fr.) 143 bondon (fr., apr.) 143 bondonum (mit.) 143 208

bonet (npr.) 58 bonet (anorm.) 58 boni (ard., nam., westwallon.) 80 bonier (afr.) 79 bonnarium (mit.) 80 bonner (fr.) 70 bonnier (nfr., Mons, flandr., Lille) 80 bonnier (Die) 101 bool (Caen) A. 156 boouchous (Barcelonnette) A. 3 bôque (bess.) 3 boquier (apr.) 'biez supérieur d'un moulin' 55 boquier (apr.) 'Metzger' 190 bord (frk.) 125 bordage (afr., mfr., norm., Guern., Vendôme) 125; 126; A. 209 bordagium (mlt.)A. 209; 126 bordai (BMaine) 125 borne (fr.) 70 borner (fr.) 70 bçroSi (Haute-Saône) 132 boscheron (afr.) 16 bosina (mit.) A. 127; 70; 71 bosne (afr.) A. 127; 71 bossa (mit.) 139 bosse (asav.) 139 bosselle (Loir-et-Cher) 37 bossit (afrb.) 139 »botina (gall.) A. 128; 79 bô&i (Isère, Vienne) A. 3 boucalh (gask.) 55 boucàu (gask.) 55 boucher (fr.) 190 boue (fr.) 115 bougnié (Mons) 80 bougrain (mit.) 114; 115 bougrain (ang., bmanc.) 115 boulaillo (aveyr.) A. 215 boulanger (fr.) A. 345; 186; 187 boulenc (apik.) 186 boulengier (apik.) 187 bounî (wallon.) 80 bouquè (gask., Gers) 55 bouquié (npr.) 55 bourgin (pr.) 33 bourignon (mfr.) 33

boussel (mfr.) 37 bouvâie (Guern.) 79 bouvata (mit.) 79 bouvée (afr., Guern.) 79 bouvier (fr.) A. 181 ; 108 bovarius (It.) A. 181 bovarius (mit.) 108; 109 bovata (mit.) 79 bovier (apr.) 108 bozola (apr.) A. 128; 71 bozolar (apr.) 71 bra (npr.) 7 brae (apr., Lallé) 7 braca (gall.) 38; 116 braca (mit.) 38 bracca (mit.) 38 brace (gall.) 145; 147 braceria (mit.) 147 bracha (mit.) 38 braciaria (mit.) 147 bras (Pas-de-Calais) 7 brag (abearn.) 7 bragot (Grau d'Agde) A. 77 brai (afr., ard.) 7 brai (nfr.) A. 8 braie (Guern.) 7 braie (fr.) 38 brale (Meuse) 116 brais (fr.) 145; 147 braium (mit.) 7 •brand (germ.) 93 branda (mit., apr.) 92; 93 brandarium (mit.) 92; 93 brande (fr.) 92 brander (afr.) 92 brasium (mit.) 145; 146 brasserie (fr.) 147 brasserius (mit.) 127 brassier (apr., mit., reg. fr.) A. 211; 127 brau (awallon.) 7 bray (Moselle) 116 braye (nfr.) 7 bregadis (apr.) 163; 164 bregar (apr.) 163 bregin (pr.) 33 *brekan (germ.) 123; 163 •brekatieium 163

brÇy (St-Pol) 7 breye (Jura) 7 broc (apr., fr.) 150 brôchie (Belfort) 132 brochinuB (lt.) A. 67 Ppo X lç (gr.) 33; 150 brocum (mit.) 150 broginus (mit.) 33 broia (mit.) 123 broie (mfr., nfr.) 123 broyeur (fr.) A. 294 brugina (mit.) A. 65 bruginus (mit.) 33 brusc (apr.) 45 bruscar (apr.) 45 bruscare (mit.) 45 brusquer (fr.) 45 bucca (lt.) 117 *bucco (gall.) 190 bucharius (mit.) 190 bûche (fr.) A. 35; 16 bûcher (afr.) A. 35 bucherium (mit.) 55 bûcheron (fr.) A. 35; 16 buschier (afr.) A. 35; 16 b#galo (Lozère) A. 215 b^lalo (Lozère) A. 215 b^lalos [Pl.] (Cantal) A. 215 bulingarius (mit.) 186 bulluca (vorgall.) 131 •bullucarius 132 bulucca (mit.) A. 221 bunnarium, bunuarium (mit.) 80 buscher (afr.) A. 35 buscherius (mit.) A. 35; 17 *bûsk (germ.) A. 35 •buttia 37; 138 byina (Puy-de-D.) A. 163 cabanaria (apr.) 124 cabanerié (bdauph.) 125 cabannaria (mit., apr.) 125 cabcasal (mit., apr.) 193; 194 cabfocum (mit.) 151 cabriô (apr.) 196 cabrion (apr.) 196 cabusar (apr.) 23 209

cabussà (pr., Hérault, Toulouse, long.) A. 43; 23 cadafal (mit.) 197 Cadafalcium [Flurn.] (mit.) 197 cafio (lang.) 150 cafuè (pr.) 150 cairat (apr.) 191 cairatum (mit.) 191 caken (mndl.) 39; 40 caladâ (pr., Aix) 60 caladar (apr., bdauph., Mars., Hér., Velay) 60 calan (apr.) A. 95 calanc (mfr.) A. 95 calant (afr.) A. 95 calare (lt.) A. 333; 180 calautica (lt.) A. 333; 180 calcaboz [Pl.] (mit.) 138 calcare (lt.) 103 ; 138 •calceata (lt.) A. 42; 22 calceda (mit.) A. 47 calceia (mit.) 22; 61 calciata (mit.) 25 cale (mfr., nfr.) A. 332; 179 calladare (mit.) 60 callis (lt.) 60 calota (apr.) 179 calota (mit.) 179; 180 •calotica (lt.) A. 333 •calotta (lt.) A. 333 calotte (mfr., nfr.) A. 331; 179 calx (lt.) 'Kalk' A. 113; 22 calx (lt.) 'tampon' 22 calzada (sp.) A. 113 camas (Aude) 199 camb (mndl.) 146; 147; camba (gall.) A. 259 camba (mit.) 146; 147 cambache (rouchi) 146 cambage (pik.) 146 cambarius (mit.) 146 cambe (apr., afr., mfr.) 122; 146 cambier (ahain., apik.) 146 *cambo (gall.) 147 Cambo [Toponym.] 90 cambon (apr.) 90 cambone, -m [Abl., Acc. sing.] (mit.) 90 210

Cambones [Ortsn.] (mlt.) A. 149 cambonum (mlt.) 90; A. 148 •cambos (gall.) 90 cambotte (Vire) 147 caminata (It., mlt.) 195 camin carral (mlt.) 63 camm (mndl.) 147; cammaa (Tarn) 199 camou (beam.) 90 camum (pannon.) A. 259 canabal (apr., Lot) 122 canabale (mlt.) 122 canabas (apr.) 174 cannabaz (mlt.) 174 cannabis (lt.) 122; 174 canthus (lt.) 141 caoussetid (pr.) 181 capafoc (apr.) 150 capanna (lt.) 124 capoasau (abeam.) 194 capcazal (apr.) 194 capfoc (apr.) A. 266 capimansum (mlt.) 199 capita [PI.] (lt.) A. 228 capmansionile (mlt.) 194; 199 capmansum (mlt.) 199 capmas (apr., mlt., npr.) 199 capmazil (apr.) 194 capsa (lt.) 134 capuchA (Agen) A. 43 capudmansionile (mlt.) 194 capudmansum (mlt.) 199 •capum (lt.) 23 caputmansionile (mlt.) 194 caputmansus (mlt.) 199 caque (fr. apr.) 40; A. 78 caquer (mfr., nfr.) 39 carat (apr.) 191 carbe (apr.) 122 careton (apik.) 63 carfoc (apr.) A. 266 Caronesse [Eigenn.] (apik.) 63 *carr- (vorroman.) 11 carrabouxos [PI.] (galiz.) 12 carrasca (kat.) 11 carrau (apr., abearn.) 63 carrelesse (aflandr.) A. 115

carretón (pik.) 63 carrucata (mlt.) 62 cartairada (apr.) 83 cartalá (abress.) 76 cartalá (Lallé) 76 cartalata (mlt.) 76 carteirado (BRhóne, Mars.) 83 cartelá (sav.) 76 cartelade (Guyerme) 83 cartelado (Agen) 83 cartelée (afr., mfr.) 76 carterade (LotG) 83 carterado (Agen) 83 casaduraa [Fl.] (arouerg.) 124 caaatura (mlt.) 124 *cassanus (gall.) A. 16 caetaleyne (mfr.) 175 castelloigne (mfr.) 175 castellongne (nfr.) 175 castologne (mfr.) 175 *catafalicum (lt.) 197 catalanesca (mlt.) 175 Catalaunense (mlt.) 156 Catalonia (mlt.) s. zafaranum catelonne (mfr.) 175 cathalongne (mfr.) 175 catón (apr.) A. 180 caucheteur (apik.) 181 cauchie (apik.) 61 cauda (lt., mlt.) 69; A. 125 cauda (lt.) 'Stiel' A. 287 cauda (mlt.) 158 caudica (lt.) 51 caumbre (agn.) 122 caupol (apr.) 44 caupolada (apr.) 44 caupolata (mlt.) 44 caupolus (mlt.) 44 caupulus (lt., mlt.) 44 caussatié (Ariége) 181 caussatier (apr.) 181 cautem (lt.) 160; 161 cavannaria (mlt.) 125 cavanneri (adauph.) 125 caverna (lt.) 34; A. 69 cavilherius (mlt.) 188; 189 caynebe (apr.) 122

celclar (apr.) 143 ceouclet (Mars.) 41 cepa (lt.) A. 228 cercius (mlt.) 65; 66 cerclare (mlt.) A. 251 cercle (fr.) 143 cercletus (mlt.) 41 cers (apr., Hér. t Ariège, H Garonne, kat.) 65;A. 120 chaalon (afr.) 156 chabanaria (mlt.) 125 chabanariô (daupha.) 125 chabanneria (apr.) 124 chabrion (apr.) 196 chabro (mlt.) 196 chadaffalt (apr.) 197 chainvle (alothr.) 122 c'hairot (Belfort) A. 244 chalan (afr., mfr., Aix, gask.) A. 95 chaland (nfr., ang., centr., Eure, nant., Loire-Inf.) A. 95 chalandre (afr.) A. 95 chalannum (mlt.) 50; 51 chalant (afr.) 50 chalo (apr.) 156 chalón (mfr., ang., norm.) 'Schiff* A. 95 chalón (apr.) 'Stoff' 156 chalonum (mlt.) 156 Chalos [Nom. Pl.] (mlt.) 156 chalsada (apr.) 22; 25; A. 47 chambo (Charente) 90 chambón (alyon.) 90 chambone [Abl.] (mlt.) 90; A. 149 chamboun (lim.) 90 chambre (anorm.) 122 chanavairil (mlt.) 123 chanebe (apr.) 122 chaneveri (afr.) 122; 123 chantel (afr.) 141 chantelage (fr.) 141 chantellagium (mlt.) 141 chanve (afr.) 122 chanvra (mlt.) 122 chanvre (fr.) 122 charal (apr.) 63 charbaut (apoit.) 122 chariotée (mfr.) 62; A. 114 211

charlant (afr.) A. 95 charrois (lyonn.) 61 charroi (afr., alim.) 63 charrau (asaint., apoit., mfr.) 63 charruée (Eure) 62 charvarit (Seudre S) 123 charvrit (Saintes, Seudre S) 123 chauchograpaud (Dordogne) 138 chaucie (afr.) 62 chauciée (afr.) 61 chausaterius (mit.) 181 chaussée (fr.) 26; A. 113 chausseteur (achamp.) 181 chaussetier (mfr.) 181 chaussie (morv.) 25 chavannaria (mit.) 125 chavene (anam.) 122 chavilhier (apr.) 189 chavron (adauph.) 196 chef-mois (norm.) 199 XeXàvSiov (mgr.) 60 chemin charral (afr.) 63 chemin charrau (asaint.) 63 cheminée (fr.) 195 chenevas (afr., mfr.) 174 cheneve (judfr.) 122 chenevral (afr., mfr.) 122 chenevreau (apoit.) 122 chenove (abourg.) 122 chenvra (mit.) 122 chevron (fr.) 196 chiefmes (mfr.) 199 chioron (afor.) A. 361 Chios 172 »chiot (apr.) 172 chiotis (mgr.) 172 chiotus (mit.) 171; 172 chipres (mit.) 172 chlamyde (mfr., nfr.) 175 X^ajuiç (gr.) 176 chouchebot (dauph.) 138 chouron (adauph.) 196 cierzo (sp.) A. 120 cingulum (lt.) 2 ciouclet (pr.) 41 circius (lt., mit.) 65; 66; A. 120 circulus (lt., mit.) 143; A. 248

212

circulus (It.) 'King' 41 ; A. 79 clairet (fr.) 141 clamida, clamide(m) [Obi.] (mit.) 175 claratum (mit.) 142 claret (nant., neuch., Toulouse, bearn.) A. 244 claudere (lt.) 107; 154 •clauditum (lt.) 107 claus (apr.) 99; A. 165 clausum (mlt.,lt.) 94; 99; 100; 106; A. 156 clavicula (lt.) 188 clieret (abress.) A. 244 •cloditum (lt.) 107 clore (afr.) 154 CIOB ( f r . ) 9 4 ;

99

clos (afor.) A. 165 closarius (mit.) 95; 101 closerius (mit.) 95 closier (fr., norm, Alençon, hmanc., ang., loch.) 94; 99; A. 155 closus (mit.) 100 clot (mit., apr.) 106; 107 clousier (loch.) A. 155 coa (apr.) 158 coayram (abearn.) 169 cobussá (aveyr.) A. 43 coca (mit., apr.) 61 coche (fr.) 51 coche d'eau (nfr.) 61 cochet (afr.) 61 codurer (alyon.) 181 coffin (centr.) A. 264 cofin (apr., pik., saint., Sologne) A. 264 cofin (apik.) 149 cofinus (mit.) 149 cogghe (mfr.) 51 cohechar (sp.) A. 213 coichi (apr.) 156 coire (ir.) 148 coisin (apr.) 156 coisinus (mit.) 157 coissin (afr., mfr.) 156 colodá (aveyr.) 60 colotá (aveyr.) 60 colsado (aveyr.) 25 comb (engl.) 147

combaz (sav.) 182 commacle (asav.) 153 comporter (afr., mfr.) 68; 69 conchylium (lt.) 173 condamina (abress., apr., mit., lt.) 90; 91; 92 condamine (dauph.) A. 150 condemina [pl.] (Schweiz) A. 150 condemine (Mâcon) A. 150 oondoma (lt.) 91; A. 161 •condominium (lt.) 90; 91 conduma (lt.) 91 conelgina (mit.) 185 conellina (apr.) 185 •confectare (lt.) A. 213 conilhina (apr.) 184 conillgina (mit.) 185 •consecale (lt.) A. 201 •consecalium (lt.) A. 201 conseigle (Haute-Saône, Clerm.-Ferrand, fr.) 118; 119 •consutura (lt.) 181 •consuturarius (lt.) 181 contamina sub villa [Ortsn.](mlt.) A. 151 copuça (Cahors) A. 43 coque (afr., mfr.) 51 Coquerelle [Eigenn.] (mit.) 10 coquerelle (mfr., HMarne, ard., centr.) 10 coquet (afr., mfr., norm.) 51 coquillon (afr., mfr.) 173 coquion (Igé) 173 corame (mfr.) 169 coran (apr.) 169 corbesier (awallon.) 166 corbusier (wallon.) 166 cordevisus (mit.) 166 cordewan (afr.) A. 302 cordewanier (aflandr.) 168 cordewenier (alothr.) 168 Cordoam 'Corduba' (mit.) 167 Cordoan [Eigenn.] (mit.) 167 cordoan (afr., apr.) 167; 168; A. 302 cordoan (adauph.) A. 302 cordoaner (adauph.) 168 cordoanarius (mit.) 168 cordoanier (apr.) 168

cordobán (sp.) 168 cordobanarius (mit.) 168 cordoen (mfr.) A. 302 cordonier (apr.) 168 cordonnier (achamp.) 168 cordouan (alyon.) A. 302 cordouanier (afr., mfr.) A. 307; 168 cordouonier (ang.) 168 cordovesus (mit.) 166 cordowan (mfr.) A. 302 corduamnus (mit.) 167 corduanarius (mit.) 168 corduanerius (mit.) 168 cordubanarius (mit.) 168 corduinus (mit.) A. 303 cordurier (apr.) 181 •coriamen (lt.) 169 corium (lt.) 169 corona (lt.) A. 1 corsaire (mfr., nfr.) 53 corsar (afr.) 53 corsari (apr.) 53 cortobanî (arab.) 167 cortoirado (aveyr.) 83 cortves (apr.) 166 corvesarius (mit.) 166 corvesium (mit.) 167 corvisarius (mit.) 166 corvisier (afr., mfr.) 166 corvois (afr.) 166 cos (lt.) 129; 160 cosinus (mit.) A. 284 cosoduro (aveyr.) 124 cosse (poit.) A. 291 costorier (apr.) 181 costurarius (mit.) 181 cot (judfr., apr., mit.) 176 cota (apr.) 176 •cotarium (lt.) 129 cote (afr.) 176 cotem (lt.) 160 ; 161 cotes (lt.) 160 cothier (apr.) 129 cotus (mit.) 176 coudurer (afor.) 181 couffin, (pr., Mars., Aix.Barcelonnette) A. 264 213

coufin (lang.) A. 264 coundamino (H6r.) A. 160 couquellion (Cless6) 173 courdoam (beam.) A. 302 coursaire (mfr., nfr.) 63 courvoisier (neuch.) 166 coussin (fr.) 166 cousturier (afr.) 181 coxa (It.) 166 coxinnus (mlt.) 166 coxinus (mlt.) 166; 167; A. 284 coyer (fr.) 129 crabbelen (mndl.) 120; 121 eraff (gall.) 121 crain (mlt.) 116; 116 crapaim (nir.) 121 crapi6 (npr.) 121 crapois (afr.) 42 crappao (gall.) 121 craspois (afr.) 42 craasus piscis (mlt.) 42 •craticiarium (It.) 130; 131 craticius (It.) 130; A. 217 craticula (It.) 131 cratis (It.) 131 *cremasculum (It.) 163 crocenn (ir.) 116 crodinum (mlt.) A. 194 •crodius (gall.) A. 194 croghen (corn.) 116 crohen (corn.) 116 croiceann (nir.) 116 croin (acorn.) 116 croin (mlt.) 116 croinum (mlt.) 116 cromascle (abourg.) 163; 164 cubel (apr.) 142 cubellus (mlt.) 142 cuirien (afr., mfr.) 169 cumaclio (abress.) 163 cumacloz (afrb.) 153 cumascle (apr.) 163 cumascle (mlt.) 164 cumba (gall.) 182 cumbata (mlt.) 182 cummi (It.) 47; A. 88 cuniculus (It.) 184 214

cupella (It.) 142 cupellus (It.) 142; 143 cupillus (It.) 142; 143 curam (apr.) 169 curan (apr.) 169 curin (mfr., Malm.) 169 cursus (It.) 26; 63 cuscinus (mlt.) A. 284 cussin (afr.) 156 cussini (mlt.) 156 cutis (It.) 116 cuveau (fr.) 142 cuxinus (mlt.) A. 284 cwd (kymr.) 116 cyerce (lang.) 65 daila (mlt.) A. 156 dala (mlt.) A. 156 daladel (apr.) 9 dalad^r (npr.) 9 daladerii (mlt.) 9 dale (Caen) A. 156 dalus (mlt.) A. 166 daossa (St. Etienne) 136 darad&u (npr.) 9 dare (afr., mfr.) 41 daraus (gall., mlt.) 41 daus (arouerg.) 64 dausse (afr., mfr.) 135 davas (apr.) 64 davfr (Ain) 64 daves (apr.) 64; 70 davey (Is&re) 64 debos (aveyr.) 64 decours (achamp., afrcomt.) 26 decursus (It.) 26 decursus (mlt.) 26 degot (afr.) 195 degotail (afr., mlt.) 56 degout (nfr., mlt.) 196; 196 deila (mlt.) A. 156 deild (anord.) 95 deille (anorm.) 95 dejosta (apr., Cantal) 69 dejoste (afr.) 69 dejouste (saint., afr.) 69 dejusta (apr.) 69

dejuxta (mit.) 69 déle (bess.) 95 dellage (norm.) 95 delle (norm.) 95; A. 156 daparâi (Isère) 106 despierrer (afr.) 197 •destas (apr.) A. 129 destrar (apr.) 71; 72 destre (afr., m f r . apr.) A. 129; 72 dèstre (npr.) 72 dever lo vent (alyon.) 66 devers lo vent (afrpr.) 66 devers vena (asav.) 66 deves lo vent (afrpr.) 66 dextans (1t.) 72; A. 129 dexter (It.) 71, 72; A. 129 dexter (mit.) 72; A. 130 dextra (lt.) 72 dextrare (mit.) 71 ; 72 dextrare (lt.) 72 dhregh - (idg.) 60 dious (Castres) 64 dobor (ir.) 31 dôen (Nord) 5 dôeno (boul.) 5 doetus (mit.) 27 doira (piem.) 31 doiru (astur.) 31 doitus (mit.) 27 dolsa (mit., apr.) 135 dolse (afr.) 135 Dçra [FluBn.] (auv.) 31 dos (aveyr.) 64 dose (afr.) 135 douéra (bellau.) 31 douit (apik.) 27 douourina (HAlpes) 31 douourisa (HAlpes) 31 dour (bret.) 31 doure (afr.) 31 dourel (afr.) 31 dours (champ.) 31 draia (apr.) 59 draia (mit.) 59 drairo (npr.) 60 draye (mfr.) 59; 60 drayra (mit.) 60

drou (sav.) 31 àxti (sav.) 31 •dubban (anfrk.) 163 ducere (lt.) 27 duch (Barcelonnette) 27 ductilus (mit.) A. 51 ductum (lt.) A. 50 ductus (lt.) 27; 28 Duero [FluBn.] 31 duin (ndl.) 5 duit (mfr., nfr.) 27 duit (ang.) 27 duitus (mit.) A. 51 duna (mit.) 5 dune (fr., Guern.) 5 dûnen (mndl.) 5 duno (npr., Mars.) 6 dunum (gall.) 5 dunus (mit.) 5 dur (champ.) 31 durdilio (mit.) 31 ; 32 Duria [FluBn.] 31 •durilio (mit.) 32 do