Blended Learning: Innere Differenzierung in der Erwachsenenbildung [1. Aufl.] 9783658312343, 9783658312350

Lisa Maria Pilotto analysiert zwei Differenzierungsmaßnahmen im Umgang mit heterogenen Gruppen im Rahmen des integrierte

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Blended Learning: Innere Differenzierung in der Erwachsenenbildung [1. Aufl.]
 9783658312343, 9783658312350

Table of contents :
Front Matter ....Pages I-XV
Einleitung (Lisa Maria Pilotto)....Pages 1-6
Theorieteil (Lisa Maria Pilotto)....Pages 7-75
Grundlagen der Studie (Lisa Maria Pilotto)....Pages 77-92
Forschungsfragen und -hypothesen (Lisa Maria Pilotto)....Pages 93-100
Methodik (Lisa Maria Pilotto)....Pages 101-130
Ergebnisse (Lisa Maria Pilotto)....Pages 131-177
Diskussion und Ausblick (Lisa Maria Pilotto)....Pages 179-187
Back Matter ....Pages 189-204

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Lisa Maria Pilotto

Blended Learning Innere Differenzierung in der Erwachsenenbildung

Blended Learning

Lisa Maria Pilotto

Blended Learning Innere Differenzierung in der Erwachsenenbildung

Lisa Maria Pilotto Eugendorf, Österreich

ISBN 978-3-658-31234-3 ISBN 978-3-658-31235-0  (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-31235-0 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa­ tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer VS ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany

Vorwort

V

Vorwort Das Abendgymnasium Salzburg bietet vielen Erwachsenen die Möglichkeit, die Reifeprüfung über den zweiten Bildungsweg nachzuholen. Trotz vielfältiger Angebote wie BlendedLearning-Klassen, Modulsystem, Coaching oder vorgezogener Reifeprüfung gibt es eine hohe Drop-out-Rate in den einzelnen Modulen, die vielen Lehrpersonen Kopfzerbrechen bereitet. Heterogenität ist allgegenwärtig. Die Schüler/-innen unterscheiden sich nicht nur in ihren Interessen, Begabungen und Potenzialen, sondern auch in ihrem Alter, ihrer Vorbildung oder ihren Berufserfahrungen. Die Lehrer/-innen haben die herausfordernde Aufgabe, alle Schüler/innen an ihren unterschiedlichen Wissensständen abzuholen und Themeninhalte zu bearbeiten. Ziel ist, dass jede/r Schüler/-in die Chance bekommt, das Thema nach seinem/ihrem Tempo und Stil zu erarbeiten. Die Drop-out-Rate, die bei Blended-Learning-Klassen im Vergleich zu den Präsenzklassen besonders hoch ist, soll minimiert werden. Die Schüler/-innen unterscheiden sich in Alter, Vorbildung, Beruf, soziokulturellem Hintergrund und vielen weiteren Faktoren. Schüler/-innen, die seit über 30 Jahren nichts mehr mit Mathematik zu tun hatten, sind überfordert, andere, die eine technische Vorbildung haben, dagegen unterfordert. Was können wir Lehrer/-innen tun, um dies zu verhindern? Gibt es Möglichkeiten, diese Drop-out-Rate zu mindern? Diese Fragen haben mich inspiriert und motiviert, mich diesem Themengebiet zu widmen. Die Studie soll Erkenntnisse für die Schule, meinen Unterricht und für andere bringen, wie das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit gesteigert werden können und dadurch Drop-out verhindert werden kann. Die Lehrperson ist zentral für den Studienerfolg (Hattie, 2013). So stellt sich für mich die Frage: was kann die Lehrperson tun, um die Schüler/-innen bestmöglich individuell zu unterstützen, ohne aufgrund des zusätzlichen Aufwands überfordert zu sein? So entwickelte sich zunehmend die Idee, die Wirkung der beiden Unterstützungsebenen – synchrone versus asynchrone Unterstützung – und deren Umsetzbarkeit zu untersuchen. Im Vordergrund steht die Frage: welche Angebote nehmen Schüler/-innen an und welche nicht und inwieweit ist das Angebot von der Lehrperson umsetzbar? Am Anfang war es eine Idee, die im Laufe des Dissertationsprojekts umgesetzt wurde. Da ich als Lehrerin mit Blended-Learning-Klassen täglich konfrontiert bin, war ich umso mehr motiviert, mein Konzept umzusetzen und zu überprüfen. Der Prozess der Hypothesenfindung, Konzeptentwicklung und Überprüfung dauerte vier

VI

Vorwort

Jahre, in denen viele meiner Mitmenschen zurückstecken mussten, um mich zu unterstützen. Besonders sind hier meine Familie und Freunde zu nennen. Mein besonderer Dank gilt meinen Betreuern Herrn Assoz.-Prof. Priv.-Doz. Prof. Dr. Günter Maresch und Herrn Univ.-Prof. Dipl.-Math. Dr. Arne Batkhe. Bei Fragen standen die Türen für mich immer offen und das ist keine Selbstverständlichkeit. Mein Hauptbetreuer, Assoz.-Prof. Priv.-Doz. Prof. Dr. Günter Maresch, begleitete mich stets über diesen Zeitraum und stand mir immer zur Seite, wenn Fragen auftauchten oder wenn ich das Gefühl hatte, in einer Sackgasse zu stecken. Mein Nebenbetreuer, Univ.-Prof. Dipl.-Math. Dr. Arne Bathke, der als Statistiker sein kritisches Auge auf die Testung und Auswertung gelegt hat, war für mich eine große Unterstützung. Des Weiteren danke ich allen Teilnehmer/-innen meiner Studie und meinen Kollegen/-innen Lisa, Florian und Michaela, die ihre Klassen zur Verfügung gestellt haben, für ihre Unterstützung, durch die diese Dissertation erst möglich wurde. Darüber hinaus möchte ich mich bei meinen Freundinnen MMag. Verena Bull für die Korrekturen und sprachlichen Anmerkungen und Mag. Michaela Mayr für die Hilfestellung bei Latex und R bedanken. Ich widme diese Doktorarbeit meiner Familie. Durch ihre Unterstützung sind diese Dissertation und die mit ihr verbundenen Arbeiten erst möglich geworden. Unser Sohn Anton wurde in dieser Zeit bestens von meinem Mann, meinen Eltern und meiner Schwester betreut. Vielen Dank!

Inhaltsverzeichnis

VII

Inhaltsverzeichnis 1

Einleitung

1

2

Theorieteil 2.1 Lernparadigmen – Lernmodelle . . . . . . . . . 2.2 Unterrichtsprinzipien und didaktische Prinzipien 2.3 Heterogenität und Diversität . . . . . . . . . . . 2.4 Differenzierung im Schulwesen . . . . . . . . . . 2.5 E-Learning im Schulwesen . . . . . . . . . . . . 2.6 Mediendidaktische Modelle und Ansätze . . . . .

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7 . 7 . 21 . 39 . 46 . 61 . 67

3

Grundlagen der Studie 77 3.1 Schule . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 3.2 Lehrplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 3.3 Themenplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80

4

Forschungsfragen und -hypothesen

5

Methodik 5.1 Planung und Ablauf der Studie . . . . 5.2 Vortestungen . . . . . . . . . . . . . 5.3 Studiendesign . . . . . . . . . . . . . 5.4 Fragebögen und mathematische Tests 5.5 Items der Fragebögen und Tests . . . 5.6 Stichprobe . . . . . . . . . . . . . . . 5.7 Datensammlung . . . . . . . . . . . . 5.8 Statistische Methoden . . . . . . . . .

6

93

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101 101 103 106 108 111 117 119 119

Ergebnisse 131 6.1 Überblick der Stichproben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 6.2 Hypothese 1: Vergleich der Gruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 6.3 Hypothese 2: Vergleich der zwei Interventionen . . . . . . . . . . . . . . . . 139

VIII 6.4 6.5 6.6 6.7 6.8 7

Inhaltsverzeichnis Hypothese 3: Selbsteinschätzung . . . . . . . . Hypothese 4: Pre- und Post-Test . . . . . . . . . Hypothese 5: Wohlbefinden und Rückmeldungen Hypothese 6: Interventionsgruppe 1 . . . . . . . Additum: Sensibilitätsprüfung . . . . . . . . . .

Diskussion und Ausblick

Literaturverzeichnis

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141 145 149 158 170 179 189

Abbildungsverzeichnis

IX

Abbildungsverzeichnis 2.1

Behaviorismus (nach Scholz, 2010) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

9

2.2

Kognitivismus (nach Scholz, 2010) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12

2.3

Konstruktivismus (nach Scholz, 2010) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

2.4

Überblick didaktischer Prinzipien nach Riedl (2004) und Vötterle (2007) . . . 22

2.5

Überblick didaktischer Prinzipien überarbeitet nach Maresch (o. J.) und Wittmann (1981). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23

2.6

Operatives Prinzip nach Aebli (Reiss/Hammer, 2013) . . . . . . . . . . . . .

2.7

Didaktische Prinzipien (in Anlehnung an Wittmann, 1998, S. 150; Krauthausen/Scherer, 2008, S. 133) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

2.8

Einfluss der Theorien von Piaget, Bruner und Aebli auf das operative Prinzip und ihre Umsetzung angelehnt an Hohenwarter (o. J.) . . . . . . . . . . . . 35

2.9

Heterogenität im Schulwesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42

31

2.10 Differenzierung im Unterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 2.11 Möglichkeiten der inneren Differenzierung im Unterricht. Angelehnt an Paradies/Linser (2001) und Klafki/Stöcker (1976) . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 2.12 Bedeutung der Lernanwendungen für betriebliches Lernen. (Learning Delphi, 2014 MMB Institut) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

2.13 Definition von Blended Learning in Anlehnung an Tayebinik/Puteh (2012) . . 66 2.14 Überblick der Lernumgebungen mit ihrem jeweiligen prozentualen Anteil an Online-Inhalten in Anlehnung an Allen et al. (2007, S. 5) . . . . . . . . . . .

67

2.15 Blended Learning-Konzept nach Gilly Salmon (2013) . . . . . . . . . . . . .

71

2.16 Blended Learning Konzept von G. Maresch (2008, S. 67) . . . . . . . . . . . 74 5.1

Studienablauf: Hypothesenerstellung, Planung bis Umsetzung der Studie und Auswertung der Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102

5.2

Summe der Punkte des mathematischen Tests FA (Funktionale Abhängigkeiten)104

5.3

Vortest und Nachtest der Gruppen im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . 105

5.4

Studiendesign der Hauptuntersuchung (,V’ steht für ,Vergleich’) . . . . . . . 106

5.5

Übersicht über die Testgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118

X

Abbildungsverzeichnis 6.1

Anzahl der Studierenden jeder Stichprobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

6.2

Anzahl der Studierenden jeder einzelnen Klasse bzw. Untersuchungsgruppe. . 132

6.3

Anzahl der männlichen und weiblichen Probanden/-innen der gesamten Stichprobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

6.4

Altersverteilung der Studierenden in den drei Untersuchungsgruppen INT1, INT2 und K . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133

6.5

Altersverteilung der drei Testgruppen INT1, INT2 und K im Faktor Geschlecht133

6.6

Vergleich der drei Testgruppen in Bezug auf Mathematiknote . . . . . . . . . 134

6.7

Vergleich der Testergebnisse FA1 unter allen Gruppen. . . . . . . . . . . . . 137

6.8

Vergleich der Testergebnisse FA2 unter allen Gruppen. . . . . . . . . . . . . 137

6.9

Vergleich der Gruppen beim Abschlusstest zum Thema Differentialrechnung (AN). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138

6.10 Unterschied zwischen Intervention und Intervention 2. . . . . . . . . . . . . 140 6.11 Zusammenhang (r = -0,54) zwischen Testergebnis FA1 und Leistungssteigerung (in Punkte) der Interventionsgruppen INT1 und INT2. . . . . . . . . . . 141 6.12 Vergleich der Testgruppen INT1, INT2 und K in Bezug auf Item D11 . . . . 143 6.13 Zusammenhang zwischen Leistungssteigerung und Selbsteinschätzung (Item D)143 6.14 Zusammenhang (r = -0,023 ) Item D (Selbsteinschätzung) mit Testergebnis FA2. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 6.15 Zusammenhang (r = -0,363∗∗ ) Item D (Selbsteinschätzung) mit Testergebnis AN. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 6.16 Vergleich Pre- und Post-Test. Der Mittelwert der Testergebnisse mit deren Standardabweichung in beide Richtungen ist dargestellt. . . . . . . . . . . . 146 6.17 Vergleich Pre- und Post-Test. Der Mittelwert der Testergebnisse mit deren Standardabweichung in beide Richtungen ist dargestellt. . . . . . . . . . . . 147 6.18 Zusammenhang zwischen Testergebnis von Pre- und Posttest . . . . . . . . . 148 6.19 Mittelwerte der Differenzen (Nachtest – Vortest) sind dargestellt. . . . . . . . 149 6.20 Unterschied zwischen den Gruppen im Item M8 . . . . . . . . . . . . . . . . 152 6.21 Item M13: Pre- und Post-Test im Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 6.22 W2: Gruppenvergleich beim Post-Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 6.23 W7: Pre- und Post-Test im Vergleich

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156

6.24 Zusammenhang zwischen Item W und M (r = 0,342) . . . . . . . . . . . . . 157 6.25 Mittlere Leistungssteigerung in Abhängigkeit von der Hilfestellung . . . . . 160 6.26 Durchschnittliches Testergebnis AN in Abhängigkeit von der Hilfestellung. . 160 6.27 Zusammenhang Testergebnis FA1 und Hilfestellung unter Ausschluss des Ausreißers (r = 0,20) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 6.28 Zusammenhang Hilfestellung mittels Handyangebot und Testergebnis FA2 (r = 0,43 unter Ausschluss des Ausreißers) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162

Abbildungsverzeichnis 6.29 Zusammenhang Hilfestellung mittels Handy und Testergebnis AN (r = 0,44) . 6.30 Bubble-Chart: Pre- und Post-Test FA und Nutzung des Handy-Angebots . . . 6.31 Bubble-Chart: Eingangs- und Ausgangstest und Hilfestellung über Handy bei Interventionsgruppe 1 – Gruppe 2 (SS 2018) . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.32 Mittlere Leistungssteigerung in Abhängigkeit des Förderunterrichts . . . . . 6.33 Zusammenhang: Förderunterricht und Leistungssteigerung (r = 0,0502 unter Ausschluss des Ausreißers) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.34 Zusammenhang: Förderunterricht und Testergebnis AN (r = 0,133 unter Ausschluss des Ausreißers) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.35 Bubble Chart: Zusammenhang Eingangs- und Ausgangstest und Förderunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.36 Unterschied des Testergebnisses FA1 der einzelnen Gruppen in Abhängigkeit vom Geschlecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.37 Unterschied des Testergebnisses FA2 der einzelnen Gruppen in Abhängigkeit vom Geschlecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.38 Zusammenhang: Mathematiknote und Eingangstest FA1 (r = 0,053) . . . . . 6.39 Zusammenhang: Mathematiknote und Leistungssteigerung (r = -0,32) . . . . 6.40 Zusammenhang Alter und Eingangstest (r = -0,4) . . . . . . . . . . . . . . . 6.41 Zusammenhang Alter und Ausgangstest FA2 (r = -0,16) . . . . . . . . . . . 6.42 Zusammenhang: Alter und Ergebnis des Post-Tests zum Themeninhalt Analysis (r = -0,04) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.43 Bubble-Chart: Alter, FA1 und Hilfestellung über das Handy (INT1) . . . . . 6.44 Bubble-Chart: Alter, Leistungssteigerung und Hilfestellung über Handy (INT1) 175 6.45 Vergleich der Handlungsdimensionen H in den einzelnen Gruppen . . . . . .

XI 162 163 164 165 166 167 167 170 171 172 172 173 173 174 174

175

Tabellenverzeichnis

XIII

Tabellenverzeichnis 2.1

Überblick über die Lernparadigmen Behaviorismus, Kognitivismus und Konstruktivismus (Baumgartner/Payr, 1999). Eine verfeinerte Darstellung dieses Gesamtüberblicks wird von Holzinger (2001) angeboten. . . . . . . . . . . . 20

2.2

Modell zum Fertigkeitenerwerb nach Baumgartner/Payr (1999, S. 85). . . . . 70

3.1

Mittelfristige Planung: fünf Doppelstunden zum Thema Differentialrechnung.

3.2

Aufbau der Stunde: Erste Unterrichtseinheit: Einführung in die Differentialrechnung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

82

3.3

Aufbau der Stunde: Zweite Unterrichtseinheit: Ableitungsregeln. . . . . . . 86

3.4

Aufbau der Stunde: Dritte Unterrichtseinheit: Kurvendiskussion. . . . . . . 88

3.5

Aufbau der Stunde: Vierte Unterrichtseinheit: Aufsuchen von Polynomfunktionen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

3.6

Aufbau der Stunde: Fünfte Unterrichtseinheit: Anwendungsaufgaben: Kostenund Preistheorie. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92

5.1

Überblick über die Fragebögen und Testbögen in der Hauptuntersuchung. . . 110

5.2

Überblick über die Items L des Fragebogens

5.3

Überblick über die Items M des Fragebogens . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

5.4

Überblick über die Items W des Fragebogens . . . . . . . . . . . . . . . . . 113

5.5

Überblick über die Items D des Fragebogens

5.6

Überblick über die Items H von Pre- und Post-Test zum Inhalt funktionale Abhängigkeiten (FA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115

5.7

Überblick über die Items von Pre- und Post-Test zum Inhalt funktionale Abhängigkeiten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116

5.8

Überblick über die Items vom Test AN zum Inhalt Analysis. . . . . . . . . . 117

5.9

Kontingenztafel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

. . . . . . . . . . . . . . . . . 112

. . . . . . . . . . . . . . . . . 114

5.10 Effektgröße r nach Cohen (1988) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 6.1

Item L: Darstellung der Zentralwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135

6.2

Vergleich der Gruppen (INT1, INT2, K) im Testergebnis FA1, FA2 und AN.

139

XIV 6.3 6.4 6.5 6.6 6.7 6.8 6.9 6.10 6.11 6.12 6.13 6.14 6.15 6.16 6.17 6.18 6.19

Tabellenverzeichnis Vergleich von Intervention 1 und Intervention 2 . . . . . . . . . . . Vergleich der Mittelwertsdifferenzen der Gruppen . . . . . . . . . . Ergebnisse der Selbsteinschätzung beim Post-Test . . . . . . . . . . Zusammenhang D und Testergebnisse FA1, FA2 und AN . . . . . . Vergleich von Pre- und Post-Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergleich der Mittelwertsdifferenzen der Gruppen . . . . . . . . . . Darstellung der Ergebnisse der Items M. . . . . . . . . . . . . . . . Darstellung der Ergebnisse der Items W. . . . . . . . . . . . . . . . Vergleich der Gruppen in Bezug auf Item W2 . . . . . . . . . . . . Übersicht: Nutzung der Fördermaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . Unterschied zwischen Gruppen mit und ohne Hilfestellung . . . . . Kontingenztafel: synchrone Hilfestellung und Testergebnis . . . . . Vergleich der Gruppen mit und ohne Förderkurs. . . . . . . . . . . Kontingenztafel: Förderunterricht und Testergebnis . . . . . . . . . Bewertung der differenzierten Maßnahmen und Analyse der Gründe. Unterschied zwischen Pre- und Post in den Items H . . . . . . . . . Zusammenhang zwischen H und Testergebnis FA2 und AN . . . . .

. . . . . . . . . . . . . . . . .

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139 140 142 144 146 148 151 154 155 158 159 164 165 168 169 176 177

Zusammenfassung

XV

Zusammenfassung Im Schuljahr 2017/18 wurde die Wirkung zweier Differenzierungsmaßnahmen in Bezug auf Unterstützung durch die Lehrperson oder durch Materialien getestet. Fünf Blended-LearningKlassen wurden in drei Gruppen (INT1, INT2 und K) eingeteilt. Die Interventionsgruppe 1 (INT1) erhielt ein variables Angebot an synchroner Unterstützung (z. B. Förderkurs, zusätzliche Sprechstunde, Erreichbarkeit über Handy) durch die Lehrperson und die Interventionsgruppe 2 (INT2) ein variables Angebot an asynchroner Unterstützung (z. B. Bereitstellung von ausgearbeiteten Lösungen oder Lang- und Kurztexten). Die Kontrollgruppe erhielt keine zusätzliche Unterstützung. Der Unterricht basiert auf jeweils gleichen Stundenplanungen zum Thema Differentialrechnung. Bevor das Thema Differentialrechnung bearbeitet wird, findet ein Pre-Test statt, nach Bearbeitung des Themas ein Post-Test. 58 Personen nahmen an der Studie teil, 52 davon konnten ausgewertet werden. Die Ergebnisse zeigen einen signifikanten Unterschied (p = 0.00 und r = 0,449) zwischen Pre- und Post-Test. Zu Beginn unterscheiden sich die Gruppen in ihrem Leistungsniveau signifikant, nach der Intervention war kein Gruppenunterschied mehr erkennbar. Die Interventionsgruppe 1 konnte während der Interventionsmaßnahme leistungsmäßig aufholen und die höchste mittlere Leistungssteigerung erzielen. Ein signifikanter Unterschied in der Variable Leistungssteigerung zeigt sich zwischen den drei Gruppen nicht. Zusätzliche Förderstunden zeigen keine Wirkung auf die Leistung, die Unterstützung über Handy oder E-Mail zeigt einen Trend. Leistungsstärkere Schüler/-innen nutzen das Angebot und erzielen beim Post-Test auch bessere Ergebnisse. Die qualitative Analyse der der Gruppe INT1 ergibt, dass die Mehrheit der Probanden/-innen die Maßnahmen als positiv empfindet und die Weiterführung einer solchen Maßnahme wünscht. Die Ergebnisse bestätigen beschriebene Resultate aus der Fachliteratur (Altrichter et al., 2009; Hattie, 2013; Joller-Graf,2012) und anhand dieser zeigt sich ein mögliches Potenzial innerer Differenzierung durch Unterstützung von der Lehrperson. Technologie ist ein Teil unserer Gesellschaft und könnte ein ideales Tool zur Individualisierung bieten. Eine nähere Untersuchung dieser speziellen Maßnahme (Handy-Angebot) ist sinnvoll. Es drängt sich die Frage auf, welchen Effekt bzw. welche Wirkungen diese Maßnahme bei größeren Stichproben oder über längere Zeiträume bringt und inwiefern diese flächendeckend in den Schulen implementiert werden kann.

1

Einleitung

Jeder Mensch ist individuell und einzigartig. Menschen sehen nicht nur äußerlich unterschiedlich aus, sondern haben auch unterschiedliche innere Wesenszüge. Jeder lernt anders, entweder schnell oder langsam, oberflächlich oder nachhaltig. Diese Einzigartigkeit des Individuums spiegelt die Heterogenität der Gesellschaft wider. Im Schulwesen, an Universitäten, in der Arbeitswelt oder in der Freizeit, überall sind einzigartige Individuen, die individuell behandelt werden wollen. Heterogenität ist quasi allgegenwärtig. Menschen unterscheiden sich in ihren Interessen, Talenten, Begabungen und vielem mehr. Lehrpersonen werden im Schulwesen vor viele Herausforderungen gestellt, wenn sie die individuellen Persönlichkeiten im Leben begleiten dürfen. Hier steht der Mensch als einzigartiges Individuum dem Wunsch von Gleichheit (für Schule und Arbeit) gegenüber. Schüler/-innen sollen beispielsweise gleiche Anforderungen und Lernziele bei Bildungsstandards erreichen. Klafki (2007), Bönsch (2009) und Neumann (2012)bezeichnen unser Schulsystem als eine Art Sortierungsmaschinerie. Der soziale Status wird oftmals über den beruflichen Werdegang definiert. Schüler/-innen, welche die geforderte Leistung, die der Lehrplan und die Bildungsstandards vorgeben, nicht erreichen, werden aus dem Bildungssystem ausselektiert bzw. abgestuft. Das österreichische Schulsystem gruppieren bereits Schüler/-innen je nach Alter, Leistungsniveau und teilweise auch Begabungen – diese Gruppierungen werden als Klassen bezeichnet. Obwohl der Drang besteht, die unterschiedlichen Individuen durch Vorselektion in ein homogenes Gefüge zu pressen, gelingt dieser Versuch nur in einem geringen Ausmaß. Die Gruppe wird durch ihre einzigartigen Teilnehmer/-innen immer heterogen bleiben (Trautmann/Wischer, 2007). Aufgrund von standardisierten Zielen und Vorgaben wie Zentralmatura, Bildungsstandards und anderen Testungen besteht um vieles mehr der Wunsch nach homogenen Leistungsgruppen in der Lehrerschaft in Schulen. Untersuchungen aus den 1960er- und 1970er - Jahren kommen jedoch zu dem Ergebnis, dass Leistungsgruppierungen ineffektiv seien (Meister, 2000). Meister (2000, S. 7) schreibt, dass „bestenfalls eine relative und punktuelle Homogenität von Fachleistungen zu erwarten“ sei. Dass alle Schüler/-innen in gleicher Zeit und unter gleichen Bedingungen dasselbe Lernziel erreichen, ist unwahrscheinlich und birgt eine immense Gefahr im Drop out (Neumann, 2012). Im Unterricht und in der Schule ist Heterogenität Realität; dieses Faktum darf nicht verschwiegen oder umgangen werden. Zentrale Vorgaben und der

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1. Einleitung

Versuch homogener Gruppenteilungen sollen überdacht werden. Lehrerinnen und Lehrer sollen oder müssen die Schülerin und den Schüler als einzigartiges Individuum betrachten dürfen und dementsprechend auch individuell arbeiten. Dies spiegelt sich womöglich auch in den Ergebnissen der Neuen Mittelschule wider. Erste Ergebnisse zeigen bereits, dass es nicht den erhofften Effekt bringt und das neue System überdacht werden muss. Ziel war eine gemeinsame Schule für alle – also eine Schule ohne Leistungsgruppen. Trotz zweier Lehrkräfte im Unterricht lassen die Ergebnisse zu wünschen übrig. Die Lösung kann nicht sein, dass alle Schüler/-innen in einen Topf geworfen werden und Lehrer/-innen mit der neuen Situation allein gelassen werden. Die neue Unterrichtssituation bedeutet nun, dass in gleicher Zeit unter gleichen Bedingungen gleiche Ziele erarbeitet werden müssen. Diese neue Situation birgt viele neue Herausforderungen. Lehrer/-innen werden in den Hauptgegenständen Mathematik, Englisch und Deutsch mit einer noch größeren Heterogenität als ursprünglich konfrontiert. Ohne eine spezielle Schulung und Vorbereitung auf den Umgang mit Diversität im Unterricht ist ein Versagen vorprogrammiert. Wie sieht die Verbreitung von Individualisierung und innerer Differenzierung in Österreichs Schulen nun wirklich aus? Einige wenige Items aus PISA 2003 können in diesem Zusammenhang Informationen liefern. Aus Sicht der befragten Schüler/-innen wurde innere Differenzierung oder Individualisierung im Mathematikunterricht kaum bis nie umgesetzt. 72 % behaupten dies zumindest, wohingegen 63 % der Schüler/-innen angeben, täglich mit Frontalunterricht zu verbringen (Altrichter et al., 2009). Vergleicht man Österreich international, so zeigt sich hier ebenfalls, dass Schüler/-innen aus Österreich weniger von einer Unterstützung im Mathematikunterricht berichten als Schüler/-innen aus anderen Ländern (Altrichter et al., 2009; Schwantner/Schreiner, 2006). Vergleicht man die Testleistungen von Schüler/-innen untereinander, denen Unterstützung durch die Lehrperson zuteil wurde, so spiegelt sich auch hier ein konträres Ergebnis wider. Für Finnland gibt es einen positiven Zusammenhang zwischen diesen beiden Variablen (Unterstützung und Testergebnisse), in Österreich jedoch nicht (OECD, 2001). Bacher (2006) erklärt sich diese Ergebnisse damit, dass in Österreich eventuell die Unterstützung zu gering ist, um überhaupt eine Wirkung zu haben. Ergebnisse einer Befindungsstudie von Eder (2007) beschreiben, dass die Individualisierung im Laufe der Schullaufbahn abnimmt. Die österreichischen PISA-Schüler/-innen empfinden diesen Vorgang ebenso und berichten darüber. Trotz dieser Ergebnisse liegt Österreich bei der Schulzufriedenheit international gesehen im oberen Spitzenfeld (Altrichter et al., 2009; Bacher, 2006). Wo liegen die Gründe dieser Ergebnisse? Weigern sich Lehrer/-innen tatsächlich, differenzierten und individualisierten Unterricht zu gestalten, handelt es sich um eine falsche Wahrnehmung der Schüler/-innen oder gibt es andere Gründe? Altrichter et al. (2009) berichten von einem optimistischeren Ergebnis, wenn Lehrkräfte befragt werden. Trotzdem ist es sehr

1. Einleitung

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ernüchternd (Trautmann/Wischer, 2011a); Altrichter et al. 2009): Meistens wird eine sehr einfache Differenzierungsmaßnahme genannt, das individuelle Eingehen auf Schüler/-innen. Dieses beschreibt eine unterschiedliche Betreuung seitens der Lehrperson und das Angebot unterschiedlich schwieriger Aufgaben für die Schüler/-innen. Das Angebot von unterschiedlichen Lernmaterialien, Hausaufgaben oder komplexeren Formen der Passung zwischen Lernvoraussetzungen und Lernwegen wird kaum bis gar nicht umgesetzt (Altrichter et al., 2009). Wischer (2008) zeigt mögliche Ursachen dieser Probleme in der Umsetzung auf. Sie unterscheidet hier zwischen drei Kernbereichen: komplexe Anforderungen an die Lehrkräfte, schüler- und lerngruppenspezifische Voraussetzungen und Widersprüche des professionellen Handelns (mehr dazu in Kapitel 2.4.6). Unterschiedliche Studien (Helmke/Weinert, 1997; Wang/Haertel/Walberg, 1990) behaupten, dass individuelle Eingangsvoraussetzungen den größten Einfluss auf den Lernerfolg haben (Guldimann, 2012). Das Ergebnis dieser Studien ist einer der Gründe, weshalb die Bedingungen des Lernens und ihre individuellen Unterschiede geklärt werden müssen, um einen positiven und bestmöglichen Lernerfolg zu garantieren. Diese individuellen Unterschiede sollen als Kriterien für die Heterogenität der Lernenden erörtert werden. Faktoren, die eine entscheidende Rolle für den Lernerfolg spielen und im Grunde deckungsgleich mit diesen Kriterien sind, werden im Folgenden aufgelistet und näher beschrieben (Guldimann, 2012): • Vorwissen (Quantität und Qualität): Vorwissen in bestimmten Bereichen definiert die Lernleistung. Schüler/-innen unterscheiden sich im Vorwissen, sowohl in der Quantität als auch in der Qualität. Wissen kann beispielsweise nur auswendig gelernt worden sein oder die Schüler/-innen haben es wirklich verstanden. Wenn die Schüler/-innen den Inhalt tatsächlich verstanden haben, können sie das erlernte Wissen auch anwenden. • Lernstrategien: Ziele zu setzen, zu planen, zu überwachen und zu überprüfen sind Merkmale allgemeiner Lernstrategien. Das Zusammenfassen eines Textes, was das Verstehen des Inhalts voraussetzt, ist eine bereichsspezifische Lernstrategie. Nach Guldimann (2012) bewirken bereits kurzfristige Interventionen einen Entwicklungsprozess von Strategien, jedoch ist kaum eine längerfristige Änderung möglich. • Lernzeit: Guldimann (2012) und Bönsch (2011) behaupten, dass Schüler/-innen sich in der Lernzeit unterscheiden. Braucht eine Schülerin bzw. ein Schüler zehn Minuten für eine Mathematikaufgabe, so braucht eine andere bzw. ein anderer 40 Minuten dafür. • Mediale Repräsentation des Lerninhaltes: Schüler/-innen können sich in ihrem Entwicklungsstand massiv unterscheiden. Dies betrifft vorwiegend die Sekundarstufe 1, da

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1. Einleitung sich die Schüler/-innen hier im Übergang zwischen konkretem und abstraktem Denken befinden. • Motivation und Interesse: Motivation und Interesse spielen eine wichtige Rolle für die Lernleistung. Diese verhalten sich gleichsam einer Spirale: Motivierte Schüler/-innen wenden andere Strategien zum Lösen der Aufgaben an als desinteressierte Schüler/innen. Dies führt nach Guldimann (2012) zu einer Erfolgsorientierung, die sich selbst verstärkt. In die entgegengesetzte Richtung ist dies ebenso möglich. • Metakognitives Wissen: „Unter Metakognition versteht man das Wissen über das eigene Denken und Lernen“ (Guldimann, 2012, S. 111). Meinungen, Einstellungen oder Gedanken können als Beispiel genannt werden. • Intelligenz: Die Beurteilung von Intelligenz beruht auf Intelligenztests und ist normalverteilt. Guldimann (2012) schreibt, dass diese nur 25 % der Schulleistung erklärt. Ist der Unterricht zum Beispiel schlecht bzw. nicht individuell auf die Schüler/-innen abgestimmt, so wirkt sich die Intelligenz vermehrt auf die Schulleistung aus. So ist wichtig, dass Lehrer/-innen adaptive Lernangebote bereitstellen (Joller-Graf, 2012).

Die Frage ist nun, was tun? Sind Leistungsgruppen die Lösung, stellt die Gesamtschule eine Alternative dar oder gibt es weitere Möglichkeiten? Klar ist, egal ob Leistungsgruppe oder nicht, die Schüler/-innen werden immer einzigartige Individuen sein und müssen dementsprechend individuell unterschiedlich unterrichtet werden. Es gibt viele Möglichkeiten, wie dies funktionieren kann. Schulen für Berufstätige bieten oftmals eine Möglichkeit für Schüler/-innen, dieser im traditionellen Schulwesen vorherrschenden Selektion zu entkommen. Die Schule bietet mehrere unterstützende Maßnahmen, sodass Schüler/-innen, die aus der Tagesschule ausselektiert werden, die Möglichkeit und Chance haben, ihren Maturaabschluss zu absolvieren. Sowohl Personen, die mitten im Arbeitsleben oder bereits in der Pension sind, als auch Personen, die direkt von der Tagesschule kommen, werden von der Schule aufgenommen und bekommen die Chance, ihre Reifeprüfung nachzuholen. Ein Beispiel eines solchen Schultyps ist das Abendgymnasium Salzburg. Hier wird ein Modulsystem angeboten, in dem sich jede Schülerin und jeder Schüler ihren/seinen individuellen Stundenplan zusammenstellen kann. Zudem kann die Schulzeit wie im Universitätsstudium selbst eingeteilt werden. Die Mindestdauer der Schule beträgt vier Jahre. Ist eine Schülerin oder ein Schüler jedoch besonders begabt und motiviert, so sind auch kürzere Zeiten möglich. Die Schüler/-innen in dieser Schulform werden als Studierende bezeichnet. Wenn also im Weiteren von Studierenden geschrieben wird, werden darunter die Schüler/-innen dieses Schultyps verstanden. Es werden neben dem traditionellen Präsenzunterricht auch Fernstudiumsklassen angeboten. Diese werden nach dem Prinzip des Blended Learning (siehe Kapitel 2.5.4) unterrichtet. Die

1. Einleitung

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Studierenden können sich hierzu freiwillig melden. Auch wenn Schulen wie das Abendgymnasium einen gewissen Schutz vor Selektion bieten, sind sie ebenso sehr geprägt von einer Heterogenität innerhalb einer Gruppe, wodurch manche Lehrerin oder mancher Lehrer gefordert sein kann. Hier sind sowohl die Präsenz- als auch Blended-Learning-Klassen betroffen. Studierende haben unterschiedlichste Voraussetzungen, wie Alter, bisher erfahrene Schulbildung, Berufsausbildung oder das soziokulturelle Umfeld. Dieser Schultyp selektiert nicht nach Alter oder speziellen Begabungen aus, wie es in Tagesschulen geschieht. Jede Person wird als Individuum betrachtet und jede bzw. jeder erhält die Möglichkeit, sich beweisen zu können. Da die Studierenden sich sowohl im Alter als auch in ihren unterschiedlichen Vorerfahrungen (Arbeit, Schule, ...) und ihrer Herkunft unterscheiden, müssen Unterrichtsgruppen stark heterogen sein. Vermutlich sind diese auch heterogener als in der Tagesschule. Die Studierenden kommen mit unterschiedlichsten Voraussetzungen in die Schule und sollen nun laut Bildungsstandards und Lehrplan zu einem gemeinsamen Ziel geführt werden. Wie soll das nun gehen? Die mögliche Antwort kann gezielte Differenzierung im Unterricht sein. Jede Lehrerin bzw. jeder Lehrer muss sich die Frage stellen, wie sie bzw. er alle Schüler/-innen bestmöglich fördern kann, und so bewusst gezielte Maßnahmen vornehmen. Das Konzept der didaktischen Differenzierung (siehe Kapitel 2.4) lässt sich laut Meister (2000) auf alle Schularten übertragen, auch auf die Erwachsenenbildung. Trautmann und Wischer (2007) schreiben, dass jede Unterrichtssituation ein Potenzial zur Individualisierung und Differenzierung hat. Jedoch nennen sie Blended-Learning-Settings nicht explizit. Lehner (2009) und Schrack (2008) betonen aber, dass E-Learning und somit auch Blended Learning Chancen zur Individualisierung des Lernens sind. Es bietet nicht nur die Möglichkeit, den Studierenden große Mengen an Informationen verfügbar zu machen, sondern auch die Bereitstellung idealer Lernpfade für jede einzelne Schülerin bzw. jeden einzelnen Schüler. Trotzdem muss erwähnt werden, dass dies sowohl den Studierenden als auch den Lehrenden bestimmte Kompetenzen abfordert (Lehner, 2009). Aufgrund von dieser stark auftretenden Heterogenität scheint es in diesem Bildungssektor (Weiterbildungssektor) besonders wichtig zu sein, zu wissen, wie man mit dieser Heterogenität umgeht. Innere Differenzierung ist im traditionellen Präsenzunterricht sowie im Fernunterricht Voraussetzung und Kernelement für ein erfolgreiches Lehren und Lernen. Während es im Bereich des Schulsektors bei Kindern und Jugendlichen bereits einige Forschungsergebnisse zum Thema innere Differenzierung im Unterricht gibt, liegen kaum Studien im Bereich der Erwachsenenbildung vor. Diese Arbeit beschreibt und definiert die Begriffe der Differenzierung und Binnendifferenzierung sowie des Blended Learnings und füllt die vorliegende Wissenslücke in diesem Bereich.

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1. Einleitung

Die Interventionsstudie untersucht gezielt, ob und wie wirksam zwei Maßnahmen der inneren Differenzierung in Blended-Learning-Settings sind. Weiters wird die Frage gestellt, ob individuelle Unterstützung seitens der Lehrperson effektiver ist als differenzierte Lehrmittel. Hierbei wurden zwei Interventionsgruppen (mit drei Klassen) und zwei Kontrollgruppen (mit zwei Klassen) in den Schuljahren 2017/18 und 2018/19 untersucht. Die Arbeit besteht aus einem Theorieteil, in dem alle Begriffe und Definitionen vorgestellt werden, und einem zweiten Teil, in welchem die durchgeführte Studie vorgestellt, die Datenauswertung erörtert wird und die Analysen diskutiert werden.

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Theorieteil

2.1

Lernparadigmen – Lernmodelle

Trotz Klasseneinteilungen, des Angebots verschiedener Schultypen oder Schulzweige (beispielsweise Mittelschule, Sprachliches Gymnasium, Realgymnasium, ...) oder gar Leistungsgruppierungen (durch Förderkurse oder Leistungsgruppen) unterscheiden sich Schüler/-innen in österreichischen Schulen in vielerlei Hinsicht: Sie bringen sowohl unterschiedlichstes Vorwissen mit als auch unterschiedliche Lernstrategien. Die Lehrerin/Der Lehrer hat die besondere Rolle, den Lernstand und Lernprozess jedes einzelnen Schülers bzw. jeder einzelnen Schülerin zu erkennen und zu analysieren, sodass sie/er die Lernenden bestmöglich unterstützen kann. Dies setzt das Wissen über Lerntheorien, Lernprozesse und deren mögliche Unterstützung voraus. Für die Planung des Unterrichts und dessen Umsetzung sind für eine Lehrperson die ersten entscheidenden Fragen wohl: ,Was bedeutet Lernen?’, ,Wie kommt es zum Lernprozess?’ und ,Wie kann ich meine Schüler/-innen beim Lernprozess bestmöglich unterstützen?’ In diesem Kapitel werden unterschiedliche Lernparadigmen und Lerntheorien, die als Fundament der Konzeption von Blended-Learning-Kursen gelten, dargestellt. Es werden sowohl Begriffe, die Rolle der Lehrperson als auch Kritikpunkte an den einzelnen Lernparadigmen beschrieben.

2.1.1

Der Begriff des Lernens

Wenn wir an Lernen denken, wird dieser Begriff in der Alltagssprache oftmals mit Kind und Schule assoziiert. Das Baby lernt Krabbeln, das Kleinkind Gehen und Sprechen und anschließend sogar Lesen und Schreiben. Fakt ist, dass Menschen ihr Leben lang lernen. In der Psychologie wird Lernen als Erfahrungen Sammeln und diese auf neue Situationen Anwenden verstanden (Lahmer, 2000). Nach Leuders (2001) ist Lernen die Aufnahme und Verarbeitung von Information. Es entsteht ein inneres Abbild im Gehirn, welches die Realität bzw. Wirklichkeit mehr oder weniger getreu widerspiegelt. Holzinger (2001) beschreibt Lernen als einen Prozess, unter dem jede

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2. Theorieteil

Verhaltensänderung (behavior) oder Wissensänderung (knowledge), unabhängig davon, ob diese bewusst oder unbewusst geschieht, verstanden wird. Ein Lernprozess ist genau dann als positiv zu bewerten, wenn die Realität möglichst wirklichkeitsgetreu wiedergegeben wird (Leuders, 2001). Für die Lehrperson ist es jedoch schwierig, diesen Lernprozess immer zu erkennen, da Lernen nicht so einfach für uns Außenstehende sichtbar ist. Der Lernprozess findet im Kopf jedes Einzelnen statt. Die Lehrperson kann nur die erbrachte Leistung beurteilen und erkennen (Guldimann, 2012). Wie kommt es zum Lernprozess? „Lernen findet im ,Kopf’ statt“, schreibt Hattie (2014, übersetzt von Beywl/Zierer, 2014, S. 104). Aufgabe der Lehrperson ist es, dieses Lernen inkl. des Lernprozesses sichtbar zu machen. Es wäre naiv, zu glauben, dass es nur eine richtige Art des Lernens gibt. So wie es viele Wege nach Rom gibt, gibt es auch viele Wege und Arten, zu lernen. Jeder Unterricht hat das Ziel, dass Lernen in einem geplanten und durchdachten Setting stattfindet. Hattie (2014) kritisiert, dass in der Ausbildung der Lernprozess oftmals vergessen wird. Der Fokus liegt mehr auf dem Unterrichten als auf dem Lernen. Lerntheorien versuchen, diesen einzigartigen Lernprozess zu analysieren und zu begründen. Sie versuchen weiters die Frage zu klären, wie es zum Lernen kommt, und zu beschreiben, welche Faktoren hierbei beteiligt sind (Lehner, 2009). So wird zu Beginn des Kapitels der Begriff Lerntheorie eingeführt und anschließend ein Überblick über Lerntheorien gegeben. Lerntheorien & Lernparadigmen Lerntheorien haben das Ziel, einen Lernprozess näher zu beschreiben und zu interpretieren. Sie sind ein Versuch, Wissen über Lernstrukturen zu beschreiben. Lefrancois (1976, S. 6) definiert den Begriff der Lerntheorien wie folgt: Lerntheorien sind Versuche, die Kenntnisse über das Lernen zu systematisieren und zusammenzufassen. Oft fällt im Zusammenhang mit Lerntheorien auch der Begriff Paradigma oder Lernparadigma. Ein Paradigma ist ein theoretisches Konstrukt, welches einen Zusammenhang zu verstehen versucht. Somit ist ein Lernparadigma ein theoretisches Gerüst, welches den Lernprozess versucht zu verstehen. Baumgartner und Payr (1999, S. 99) beschreiben den Begriff folgendermaßen: Unter Paradigma wollen wir ein historisch gewachsenes, relativ geschlossenes theoretisches Gebäude verstehen. Ein Paradigma stellt daher eine ganz bestimmte Sichtweise dar. Dementsprechend ist ein Lernparadigma eine spezifische Sichtweise, wie Lernen zu verstehen ist, nach welchen Gesetzmäßigkeiten es funktioniert, wie es stattfindet und unterstützt werden kann.

2.1. Lernparadigmen – Lernmodelle

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Das Thema Lernen kann, wie in vielen wissenschaftlichen Fachrichtungen, von unterschiedlichsten theoretischen Standpunkten betrachtet werden. Diese verschiedenen Lerntheorien lassen sich in drei Hauptströmungen zusammenfassen (Holzinger, 2001). In der Fachliteratur werden sie auch als Lernparadigmen bezeichnet. Für die unterschiedlichen Lerntheorien ergeben sich unterschiedliche Konsequenzen bei der Unterrichtsplanung und -gestaltung (Lehner, 2009). Alle drei Lernparadigmen haben ihre Bedeutung und werden aus diesem Grund hier kurz aufgelistet und anschließend skizziert (Baumgartner/Payr, 1999; Holzinger, 2001): • Behaviorismus (ca. 1920er-Jahre) – Lernen durch Verstärkung • Kognitivismus (ca. 1960er-Jahre) – Lernen durch Erkenntnis • Konstruktivismus (ca. 1990er-Jahre) – Lernen durch Erfahrungen und Erleben Im Bereich E-Learning and Blended Learning stehen bei der Erklärung von Lernprozessen diese drei Lerntheorien im Vordergrund. Sie beeinflussen stark die Gestaltung, Umsetzung und das Design sowohl von realen als auch von virtuellen Lernumgebungen. Alle drei Lernparadigmen implizieren Anregungen für die Unterrichtsgestaltung. So haben auch alle drei Lerntheorien ihre Berechtigung für die Unterrichtsgestaltung in BlendedLearning-Settings. Das folgende Kapitel versucht, sowohl einen kurzen Überblick über diese zu geben als auch Anregungen für den Unterricht anzubieten.

2.1.2

Behaviorismus

Der Behaviorismus geht auf den Anfang des 20. Jahrhunderts zurück. Watson, Pawlow, Thorndike, Skinner oder Ryle sind einige der wichtigsten Vertreter dieses lerntheoretischen Ansatzes (Maresch, 2008). Bei Pawlow spielen Tierversuche (mit Hunden, Tauben und Ratten) eine bekannte Rolle. Diese Lerntheorie mit ihren Prinzipien dominiert vor allem die Psychologie bis zur Mitte des 20 Jahrhunderts (Reinmann, 2013).

Abbildung 2.1 – Behaviorismus (nach Scholz, 2010)

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2. Theorieteil

Beim behavioristischen Ansatz wird das Gehirn des Lernenden als Blackbox aufgefasst. Ein Reiz kommt als Input, worauf deterministisch reagiert wird (siehe Abb. 2.1). Die inneren Prozesse spielen bei dieser Lerntheorie eine untergeordnete Rolle. So sind auch Ideen, Emotionen und innere Erfahrungen des Lernenden hier nicht von Interesse. Im Vordergrund stehen hier das Reiz-Reaktion-Lernen (=stimulus-response-pattern) und die Verstärkung (Holzinger, 2001; Lehner, 2009). Dieses Hervorrufen bedingter Reflexe wird auch als klassische Konditionierung oder reaktives Lernen bezeichnet (Edelmann, 1996). Das Hauptaugenmerk des Behaviorismus liegt auf der Untersuchung beobachtbaren Verhaltens (z. B. Körperreaktionen) (Holzinger, 2001; Lehner, 2009). Welche Rolle nimmt die Lehrperson ein? Beim Behaviorismus erhält die Lehrperson eine ganz zentrale Rolle, indem sie gezielt geeignete Anreize und Rückmeldungen auf Reaktionen der Schüler/-innen gibt. Oftmals wird sie als autoritär bezeichnet (Baumgartner/Payr, 1999). Lehrende müssen bei dieser Theorie deshalb genau wissen, was die Lernenden zu wissen haben, so Maresch (2008) sowie Baumgartner und Payr (1999). Im Behaviorismus wird angenommen, dass ein geeigneter Reiz von außen ausreicht, um das gewünschte Lernverhalten zu erhalten. Für das Unterrichten ergibt dies folgende Konsequenzen: Wissen soll bzw. muss in kleine Lerneinheiten zergliedert und in einer vorbestimmten (aus Sicht des Lehrenden geeignetsten) Reihenfolge präsentiert werden (Maresch, 2008). Baumgartner und Payr (1999) beschreiben typische Beispiele für behavioristisches Lernen, die nach dem Drill-&-Practice-Muster ablaufen. Lernende üben hier so lange, bis sie das Wissen spontan und automatisch abrufen können. Baumgartner und Payr (1999) bezeichnen diese als ,hirnlose’ Übungsmethoden und nennen das Lernen von Maschinenschreiben, Klavierspielen und Jonglieren als Beispiele. Vertreter/-innen des Behaviorismus erarbeiteten folgende Kernaussagen, welche nach ihrem Ansatz eine besondere Rolle für das Lernen und die Gestaltung des Unterrichts spielen (Maresch, 2008): • Aktivität des Lernenden: Lernen kann demnach nur funktionieren, wenn der/die Lernende selbst aktiv ist bzw. wird. Es reicht nicht aus, sich von der Lehrperson im Unterricht berieseln zu lassen. • Gestaltung des Inhalts: Die Lehrperson hat die entscheidende Aufgabe, den Inhalt gezielt in einer bestimmten Abfolge zu präsentieren. Hierbei wird das Wechselspiel zwischen Frage und Antwort besonders empfohlen. Dies bedeutet, der Lehrer/die Lehrerin soll den Unterrichtsstoff in einer Abfolge von Fragen und Antworten gestalten. • Lernziele: Lernziele müssen klar vorgegeben und objektiv sein. • Belohnung: Zeigt der Lernende das gewünschte Verhalten, so soll dieser belohnt werden,

2.1. Lernparadigmen – Lernmodelle

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um dieses bestimmte Verhalten zu bestärken. Untersuchungen von Thorndike zeigen, dass positives Bestärken durch Belohnung wirksamer ist als Bestrafung (Maresch, 2008). • Gestaltung der Lernaufgaben: Die Aufgaben sollen zu Beginn einfach sein, erst später schwieriger. Ziel ist es, bewusst nur Aufgaben zu wählen, welche die Lernenden mit hoher Wahrscheinlichkeit noch bewältigen können. • Lerntempo: Die Schüler/-innen sollen die einzelnen Themen möglichst individuell in ihrem eigenen Lerntempo bearbeiten können, die Reihenfolge der Inhalte ist dabei vorgegeben. In den letzten Jahrzehnten wurden immer mehr computergestützte Lernprogramme entwickelt. Dadurch gewinnt der Behaviorismus als zentrale Theorie wieder an Bedeutung. Der Psychologe Skinner entwickelte in diesem Zusammenhang die sogenannte programmierte Instruktion (Meir, o. J.). So spielt das Lernparadigma des Behaviorismus auch eine wichtige Rolle für Blended-Learning-Settings. So werden über Onlinekurse beispielsweise Lernprogramme angeboten, bei welchen die Theorien des Behaviorismus zentral sind. Hier wird Wissen teilweise mittels ,hirnloser’ Übungen (wie von Baumgartner/Payr, 1999 beschrieben) eingeschliffen. Kritik Da Lernen beim Behaviorismus quasi auf die Konditionierung des menschlichen Gehirns reduziert wird, gibt es einige Kritik seitens alternativer Lernansätze wie des Kognitivismus und Konstruktivismus. Einige dieser Kritikpunkte sind hier angeführt (Holzinger, 2001; Maresch, 2008): • Der Lernprozess ist nur durch äußeres Verhalten bestimmt. Dadurch wird die Qualität des Gedankengangs vernachlässigt. • Der Behaviorismus hat eine stark mechanische Auffassung. Er lässt kaum einen oder keinen Raum für individuelle Schwerpunkte im Unterricht. • Die/der Lernende werden automatisch in die Passivität gedrängt. Beim behavioristischen Ansatz ist das Ziel nur, Informationen wiederzugeben.

2.1.3

Kognitivismus

Beim Kognitivismus stehen im Gegensatz zum Behaviorismus die inneren Prozesse des menschlichen Gehirns im Vordergrund. Somit wird das menschliche Gehirn nicht mehr nur als Black Box verstanden, wodurch der Lernprozess ein passiver Prozess ist bzw. war. Nach dieser Theorie ist der Lernprozess nun eine aktive Leistung der Verarbeitung von Informationen (Meir, o. J.). Jeder mentale Prozess, der mit Erkennen und Wissen zu tun hat, wird als

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2. Theorieteil

Kognition bezeichnet. Lernen ist dadurch ein Prozess der Informationsverarbeitung mit dem Ziel, Probleme zu lösen (Reinmann, 2013). Reinmann (2013) schreibt dazu Folgendes: Lernen gilt als ein mentaler Prozess, der sich analog zur Informationsverarbeitung im Computer modellieren lässt. Die Aufnahme und Verarbeitung von Information führen zu Wissen, das im Gehirn repräsentiert ist und gespeichert wird. Lehr-Lernprozesse stellt man sich als meist sprachlich codierte Informationsübertragung vom Sender (Lehrende) zum Empfänger (Lernende) vor. (Reinmann, 2013, S. o. A.) Beim Kognitivismus wird versucht, die unterschiedlichen Abläufe zu unterscheiden und sie in Beziehung zu setzen (Maresch, 2008 zitiert Baumgartner/Payr, 1994). Dies wird in Abbildung 2.2 veranschaulicht. Im Vordergrund stehen hier individuelle Denk- und Verarbeitungsprozesse, zum Beispiel: Begriffsbildung, Wahrnehmung, Wiedererkennen und Schlussfolgern (Hußmann, 2011 zitiert Holzinger, 2000). Baumgartner und Payr (1999) schreiben, dass es hier nicht darum geht, auf gewisse Reize die einzig richtige Antwort zu finden, sondern um das Erlernen und Verwenden richtiger Methoden und Verfahren zur Problemlösung.

Abbildung 2.2 – Kognitivismus (nach Scholz, 2010)

Beim Kognitivismus lassen sich drei Lernmodelle unterscheiden: Das Lernen am Modell, das Lernen durch Einsicht und das Handlungslernen. Alle drei Modelle werden überblicksartig beschrieben. Lernmodelle des Kognitivismus: • Lernen am Modell: Dieses Modell folgt der Auffassung, dass Menschen aufgrund von Beobachtung und Nachahmung lernen. Der/Die Lernende beobachtet eine Person und versucht, das Gesehene zu imitieren. Der Sport, etwa Skifahren, Schwimmen oder Radfahren, kann als eines vieler Beispiele genannt werden. Die Kleinkinder sehen ihre Eltern oder Freunde und versuchen, diese zu imitieren. Dies erklärt auch, dass Kinder

2.1. Lernparadigmen – Lernmodelle

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oft einen ähnlichen Fahr- oder Schwimmstil aufweisen wie ihre Eltern. In der Schule könnte man das Schreiben lernen als Beispiel nennen. Die Schüler/-innen versuchen die Lehrperson zu imitieren, wenn sie diese beim Schreiben sehen. Man unterteilt den Lernprozess in zwei Phasen: die Aneignungsphase und die Ausführungsphase. In der Aneignungsphase finden Prozesse der Wahrnehmung statt und in der zweiten Phase steht im Vordergrund, das Wahrgenommene zu reproduzieren (Scholz, 2010). • Lernen durch Einsicht: In der Fachliteratur wird dieses Lernmodell ebenso als sinnvollentdeckendes oder problemlösendes Lernen bezeichnet. Hier gilt es als Lernerfolg, wenn Schüler/-innen plötzlich sagen: ,Jetzt habe ich es begriffen!’ oder ,Mir ist ein Licht aufgegangen!’. Hobmair (1996, S. 173) schreibt diesbezüglich: Lernen durch Einsicht meint den Prozess, bei dem eine Person ein Problem denkend umstrukturiert und neu organisiert und so Handlungsstrategien zu dessen Lösung herausfindet. Als Ergebnis dieses Prozesses zeigt sich häufig ein geändertes oder neuartiges Verhalten [. . . ]. Die Grenzen sowohl zum Handlungslernen als auch zum Konstruktivismus sind fließend. Es besteht auch hier anfangs ein Problem, das gelöst werden soll. Es hängt immer davon ab, was der Lernende selbst aus dem Lösen des Problems macht (Scholz, 2010). • Handlungslernen: Handlungslernen ist ein vom Lernenden selbst gesteuerter Prozess, wobei der Lernende die Vorgehensweise bei der Lösung der Aufgabe reflektiert. Die Schülerin oder der Schüler könnte sich die Frage stellen, was am Ende als Ergebnis herauskommen soll, oder sie/er überdenkt, welche Mittel ihr/ihm zur Verfügung stehen. Anschließend folgt die Erstellung des Handlungskonzepts, inwiefern die Aufgabe realisierbar ist. Falls die Erfolgschancen negativ sind, wird das Handlungskonzept modifiziert und neu bewertet. Handlungslernen zeigt, dass Lernende nicht nur bei richtigen Lösungen lernen, sondern auch bei Irrtum. Dieses Lernmodell impliziert das Lernen durch Fehler und spielt eine entscheidende Rolle im Mathematikunterricht (Scholz, 2010).

Welche Rolle nimmt die Lehrperson ein? Da der Lernende nun eine aktive Rolle erhält, also eine, die über eine reine Reaktion auf Reize hinausgeht, hat die Lehrperson ebenfalls eine etwas andere Rolle als beim Behaviorismus. Es steht nun die didaktische Aufbereitung von Problemstellungen im Vordergrund. Die Lehrperson wählt gezielt Aufgaben aus bzw. stellt sie zur Verfügung und unterstützt die Lernenden bei der Bearbeitung dieser (Meir, o. J.). Will eine Lehrperson kognitivistische Elemente in den Unterricht integrieren, sollten die Inhalte zum Beispiel realitätsnah präsentiert

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2. Theorieteil

werden. Schüler/-innen sollen Handlungsalternativen wählen können und Freiheit in ihren einzelnen Bearbeitungsschritten haben (Scholz, 2010). Obwohl die/der Lehrer/-in und die/der Schüler/-in bidirektional kommunizieren, bedeutet dies nicht, dass sie gleichberechtigt sind. Der Lehrer/die Lehrerin hat die Funktion eines Tutors (Reinmann, 2013).

Kritik Auch zum Kognitivismus werden von Baumgartner und Payr (1999) sowie Maresch (2008) einige Kritikpunkte genannt und skizziert: • Der Lernweg und vor allem das Ergebnis liegen bei dieser Theorie bereits vor. Der Lernende kann damit nur vorgegebene Wege beschreiten. Die Schüler/-innen können zwar die Aufgaben auf ihre Weise lösen, um auf das richtige Ergebnis zu kommen, aber was richtig ist, ist bereits vordefiniert. Es gibt hier nur ein Richtig oder ein Falsch. • Während des Arbeitsprozesses bis hin zur Lösung spielen individuelle Unterschiede bei den Lernenden eine geringe Rolle. • Maresch (2008) schreibt, dass dem Körper eine sehr geringe Bedeutung beigemessen wird. Der Behaviorismus betont stark das körperliche Verhalten, wohingegen beim Kognitivismus die geistigen Verarbeitungsprozesse in den Mittelpunkt der Untersuchungen gestellt werden. • Das menschliche Bewusstsein bleibt in den Untersuchungen des Kognitivismus unberücksichtigt. Es wird das Gehirn nur als eine Art Informationsverarbeitungsmaschine betrachtet (Maresch, 2008; Baumgartner/Payr, 1999). • Es wird der individuelle menschliche Geist untersucht, jedoch gibt es Annahmen, dass dieser nicht im Gehirn lokalisiert sei. Nach Baumgartner und Payr (1999, S. 106) sind „geistige Prozesse ohne soziale Kommunikation weder wahrnehmbar noch können sie sich ohne diese soziale Kommunikation in der biologischen Evolution entwickeln [...]“.

2.1.4

Konstruktivismus

Nach Reinmann (2013) gibt es verschiedene Konstruktivismus-Varianten. Alle haben eines gemeinsam: Realität lässt sich nicht objektiv oder voraussetzungsfrei wahrnehmen oder erklären. Beim Konstruktivismus steht das Generieren von Problemstellungen im Vordergrund, nicht das Lösen von Problemen. Ein weiterer wichtiger Unterschied zu den anderen Lerntheorien ist, dass hier die Probleme nicht offensichtlich vorgegeben sind (Baumgartner/Payr, 1999). Somit gibt der Konstruktivismus Raum für die individuelle Wahrnehmung und Interpretation (siehe Abb. 2.3).

2.1. Lernparadigmen – Lernmodelle

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Abbildung 2.3 – Konstruktivismus (nach Scholz, 2010)

Der Lernprozess ist hier sehr offen und wird als individuelle Konstruktion von Wissen betrachtet. In dieser Lerntheorie gibt es kein falsches oder richtiges Wissen, nur unterschiedliche Sichtweisen. Diese hängen auch stark von der Erfahrungswelt jeder/jedes Einzelnen ab (Meir, o. J.). Baumgartner und Payr (1999, S. 107) schreiben Folgendes: Lernen wird im konstruktivistischen Ansatz als ein aktiver Prozess gesehen, bei dem Menschen ihr Wissen in Beziehung zu ihren früheren Erfahrungen (bzw. Wissen) in komplexen realen Lebenssituationen konstruieren. Holzinger (2001, S. 149) stützt sich auf Thissen (1997) und fasst die konstruktivistische Auffassung vom Lernen und Lehren folgendermaßen zusammen: Lernen ist aktive Wissenskonstruktion in Verbindung mit bereits bestehendem Vorwissen. Lernen ist individuell – der jeweilige Lernweg ist nicht vorhersehbar. Baumgartner und Payr (1999, S. 107) beschreiben die Rolle des Lernenden aus Sicht des Konstruktivismus: Für den Konstruktivismus ist der menschliche Organismus ein informationell geschlossenes System, welches auf zirkulärer Kausalität und Selbstreferentialität beruht und autonom strukturdeterminiert ist. Dies führt auch dazu, dass die Lehrperson eine andere Rolle als üblich einnimmt. Welche Rolle nimmt die Lehrperson ein? Beim Konstruktivismus steht die/der Lernende ganz zentral im Mittelpunkt. Die/der Lernende nimmt eine aktive bzw. konstruktive Rolle ein. Sie/Er bekommt wenig bis keine Vorgaben und muss selbstorganisiert zu einer Lösung finden. Die Schüler/-innen müssen hierfür Kompetenzen und Wissen (= Vorwissen) bereits mitbringen. Dies bedeutet, dass die Lehrperson eine andere Rolle einnimmt als in den oben genannten Lerntheorien. Diese geht über die reine Informationspräsentation und Wissensvermittlung hinaus. Die/der Lehrer/-in nimmt die Rolle eines Coachs bzw. Lernbegleiters anstatt eines autoritären Lehrers oder Tutors ein

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2. Theorieteil

und unterstützt die eigenverantwortlichen und sozialen Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler. Die Lernenden sollen sich währenddessen mit den Lerninhalten selbstständig auseinandersetzen und Zusammenhänge entdecken (Baumgartner/Payr, 1999). Lehrende begleiten währenddessen die Lernenden durch Hilfestellungen und Rückmeldungen als Coach. Damit Lernende ihr individuelles Wissen selbstständig konstruieren können, ist es besonders wichtig, dass der Inhalt klar strukturiert und leicht erforschbar aufbereitet ist. Nach Holzinger (2001) zeichnen sich konstruktivistische Lehrende durch drei Eigenschaften aus: • Die Lehrperson sieht sich verantwortlich für die Aktivierung des Lernenden (z. B. mit Hilfe authentischer Aufgaben, eines motivierenden Einstiegs ...). • Er/sie regt einen natürlichen und individuellen Lernprozess an. • Metakognition (= Wissen über das Wissen) und Toleranz für andere Perspektiven sollen aufgebaut werden. So, wie bei den anderen beiden Lerntheorien Kritikpunkte genannt wurden, gibt es auch Kritik an diesem Paradigma (Baumgartner/Payr, 1999; Maresch, 2008): Kritik • Solipsismus: Nach solipsistischer Vorstellung existiert die Welt nur in unserem Kopf. Dieser Auffassung nach gibt es also keine Welt ,draußen’. Auch wenn über die eigenen Sinne wahrgenommene Situationen sicherlich auf eine ganz bestimmte Weise für einen selbst real sind, bedeutet dies nicht, dass der menschliche Standpunkt verabsolutiert werden kann. Dies hätte nämlich zur Folge, dass er als der einzig reale angesehen wird (Baumgartner/Payr, 1999). • Sprachlicher Determinismus: Baumgartner und Payr (1999) sind der Auffassung, dass die Behauptung der Sapir-Whorf-Hypothese überzogen ist. Diese Hypothese besagt, dass Wahrnehmung von Realität ohne Sprache unmöglich ist. So beziehen sie sich auf ein Beispiel aus der Tierwelt. Ihrer Meinung nach nehmen Tiere ebenso wie Menschen Realität wahr, womit die Hypothese widerlegt wäre. • Relativismus: Der Konstruktivismus setzt voraus, dass jeder/jede Beobachter/in sein/ihr eigenes Referenzsystem hat. Dies bedeutet, dass keine allgemein gültigen Kriterien existieren. Demnach stellt sich aber die Frage, wie der Konstruktivismus dann behaupten kann, dass sein Ansatz der einzig gültige sei (Maresch, 2008). • Wissenschaftsargument: Es gibt kein universelles Referenzsystem, wenn jeder Beobachter sein eigenes hat. Dies würde bedeuten, dass die Welt aus vielen verschiedenen

2.1. Lernparadigmen – Lernmodelle

17

Realitäten besteht. In diesem Fall wäre eine wissenschaftliche Forschung nicht möglich (Baumgartner/Payr, 1999).

2.1.5

Gestaltungsmöglichkeiten des Konstruktivismus

Für den Aufbau und die Durchführung des Unterrichts im konstruktivistischen Sinn lassen sich drei Ansätze unterscheiden. All diese geben konkrete Informationen und Hilfestellungen zur Implementierung entsprechender Lernumgebungen. In diesem Kapitel werden Anchored Instruction, Cognitive Apprenticeship und Pragmatismus vorgestellt (Holzinger, 2001; Maresch, 2008). 2.1.5.1

Anchored Instruction

Alte Lernansätze oder traditionelle Instruktionen führen oft nicht zum gewünschten Ziel. Prozesse des Problemlösen oder Transfers scheinen für viele nicht bis kaum zu bewältigen zu sein. Neue Ansätze des Lernens könnten hierbei neue Möglichkeiten bieten. Bransford et al. (1990) skizzieren den Ansatz der Anchored Instruction, welche von der Cognition and Technology Group at Vanderbilt University (CTGV) entwickelt wurde. Sie schreiben Folgendes: The model is designed to help students develop useful knowledge rather than inert knowledge. At the heart of the model is an emphasis on the importance of creating an anchor focus that generates interest and enables students to identify and define problems and to pay attention to their own perception and comprehension of these problems. (Brandsford et al., 1990, S. 123) Hauptgedanke dieser Theorie ist, zu Beginn einer Unterrichts- bzw. Lernsequenz einen Anker (anchor) zu setzen. Dieser dient dazu, bei den Schüler/-innen Interesse zu wecken und intrinsische Motivation zu schüren. Hat man dies erreicht, hat die Lehrperson die Schüler/-innen für sich gewonnen. Sie sind nun nämlich offen für die Wahrnehmung und ein Verständnis des Neuen. Anker sind sowohl Aufgabenstellungen als auch Problemsituationen. Die Lehrperson hat viele verschiedene Möglichkeiten, einen Anker zu präsentieren. Es können hierbei Übungsblätter, aber auch neue Medien verwendet werden (Bransford et al., 1990; Maresch, 2008). 2.1.5.2

Cognitive Apprenticeship

Ein weiteres Beispiel für eine Unterrichtsgestaltung mit konstruktivistischem Ansatz stellt Cognitive Apprenticeship dar. Diese kommt beispielsweise in der Lehrlingsausbildung im Handwerk zum Tragen (Holzinger, 2001). Wesentliche Kennzeichen sind:

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2. Theorieteil • Der Lernprozess findet nur in Kooperation mit der Lehrperson (oder anderen Experten) und anderen Lernenden statt. • Alle Inputs sind an authentische und konkrete Beispiele geknüpft und nicht nur an theoretische Denkweisen. • Die Lehrperson begleitet den Lernprozess und steigert den Schwierigkeitsgrad sukzessive. Zu Beginn werden einfache Aufgaben gestellt, erst später folgen schwierigere. • Ein weiteres wichtiges Merkmal für die Lehrlingsausbildung ist, dass mit Werkzeugen an realen Gegenständen gearbeitet wird (Holzinger, 2001).

Collins et al. (1987, S. 3) beschreiben die Gründe für diesen neuen Ansatz des Unterrichtens folgendermaßen: [...] the term cognitive apprenticeship refers to the fact that the focus of the learning-through-guided-experience is on cognitive and metacognitive, rather than on physical, skills and processes. While we do not wish to draw a major theoretical distinction between the learning of physical and cognitive skills, there are differences that have practical implications for the organization of teaching [...] (Collins et al., 1987, S. 3) Im Cognitive-Apprenticeship-Modell steht das Lernen und Vermitteln von Problemlösefähigkeiten mit Hilfe von authentischen Beispielen oder realen Situationen im Vordergrund. Maresch (2008) schreibt, dass bei diesem Ansatz die Wirkung und die Rezeption allgemein übertragbarer Fähigkeiten oft als wichtiger angesehen werden als spezielle fachinterne Lerninhalte. Sieben zentrale Methoden für Cognitive Apprenticeship nach Collins et al. (1987) sind: • Modelling: Beim Modellierungsprozess präsentiert die Lehrperson ein bestimmtes Problem. Sie/er führt die Schüler/-innen näher an dieses heran und vermittelt den Lernenden auch einen Einblick in die Strategien und Kompetenzen, welche diese für das Lösen der Aufgabenstellung benötigen. Wichtig hierbei ist, dass diese Veranschaulichung möglichst mit authentischen Problemstellungen erfolgt. Ziel ist es, dass Schüler/-innen sich modellhaft vorstellen können, welche Problemlösungsprozesse für die jeweilige Herausforderung adäquat sind. Ist dies erreicht, arbeiten die Lernenden an konkreten, realistischen und somit auch komplexeren Aufgaben. Diese neuen Aufgaben sollen mit den neu erworbenen Lösungsstrategien bearbeitet werden (können). Eine Herausforderung für die Lehrperson kann sein, möglichst authentische, komplexe und motivierende Beispiele zu entwickeln (Collins et al., 1987; Maresch, 2008).

2.1. Lernparadigmen – Lernmodelle

19

• Coaching: Die Lehrperson gibt zu Beginn und während der Bearbeitungsphase von gestellten Aufgaben Hinweise, Rückmeldungen oder Hilfestellungen (Maresch, 2008). • Scaffolding: Ein Coach hilft den Lernenden, den Lösungsweg zu strukturieren, sie/er gibt Anleitungen oder unterstützt bei weiteren untergeordneten Zielen um die Lernziele zu erreichen. Er/sie stellt quasi ein unterstützendes Gerüst dar, das jederzeit für die Lernenden greifbar ist. Dies bedeutet auch, dass ein Coach Teilaufgaben für Lernende übernehmen kann, die diese eventuell noch nicht selbständig lösen können (Collins et al., 1987; Maresch, 2008). Holzinger (2001) nennt dies kooperatives Problemlösen zwischen Lehrperson und Schüler/-in. • Reflection: Schüler/-innen werden gefördert, wenn sie zur Selbstreflexion über die einzelnen Bearbeitungsschritte bzw. Lösungsstrategien angeregt werden. Untersuchungen haben gezeigt, dass Selbstreflexion eine sinnvolle Strukturierung des neu erlernten Wissens sowie die Bewertung und Übertragbarkeit dieses Wissens auf andere Bereiche unterstützt (Collins et al., 1987; Maresch, 2008). • Articulation: Eine zentrale Methode für Cognitive Apprenticeship stellt Articulation dar. Hier bekommt die/der Lernende die Gelegenheit, dem Coach ihre/seine Handlungsschritte zu erklären und zu argumentieren. Weiters kann sie/er ein Fazit ziehen und ihre/seine nächsten Schritte nennen. • Fading: Unter Fading wird der Prozess verstanden, in dem sich die Lehrperson immer mehr zurückzieht. Die Hilfestellungen seitens dieser werden stückchenweise reduziert, sobald die Lernenden weniger Fehler machen bzw. keine Fragen mehr haben (Maresch, 2008). • Exploration: Unter Exploration versteht man, dass bereits erworbene Lösungsstrategien in authentischen Aufgaben ausprobiert werden können. Lernende haben hier die Möglichkeit, ihre bereits erlernten Lösungsstrategien umzusetzen, anzuwenden und vor allem situationsgerecht variabel einzusetzen (Collins et al., 1987; Maresch, 2008). Maresch (2008) vermutet, dass Cognitive Apprenticeship tiefes Lernverständnis gewährleisten kann. Das Besondere ist hierbei, dass die Lernenden flexibel und dauerhaft ihr Wissen abrufen können. Durch die Methoden Modeling und Coaching können absurde Leerläufe vermieden werden. 2.1.5.3

Pragmatismus

Der Pragmatismus ist ein Ansatz, der alle drei bis jetzt genannten Lernparadigmen – Behaviorismus, Kognitivismus und Konstruktivismus – verbindet. Nach Maresch (2008) liegt der

20

2. Theorieteil

Pragmatismus sozusagen ,quer’ zu den drei bis jetzt vorgestellten Lernparadigmen. Dies bedeutet, er enthält Elemente jeder (oben genannten) Lerntheorie und schließt keine explizit aus. Erste Ansätze des Pragmatismus finden sich bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wieder. Charles Sanders Pierce, William James und John Dewey sind bekannte Namen in dieser Zeit. Dewey beispielsweise ist bekannt für den Grundsatz: ,Learning by Doing.’ Er ist überzeugt davon, dass Theorie und Praxis eng verbunden sind. Weiterentwickelt wurde der Pragmatismus von Quine Sellars, Davidson, Putnam und Rorty (Maresch, 2008). Der Pragmatismus erweckt den Anschein, dass er offen ist für die anderen Lernparadigmen, und bietet daher eine Alternative. Er bewertet nicht, ob etwas grundlegend gut oder schlecht ist, sondern beschäftigt sich vielmehr mit der Frage, wann welches Konzept inwiefern sinnvoll ist (Maresch, 2008).

2.1.6

Lerntheorien: Überblick

Die drei bereits beschriebenen Lernparadigmen Behaviorismus, Kognitivismus und Konstruktivismus können über charakteristische Symbole beschrieben werden. Für den Behaviorismus steht der ,pawlowsche Hund’, für den Kognitivismus das ,menschliche Gehirn’ und für den Konstruktivismus die ,soziale Interaktion’ (Holzinger, 2001). Baumgartner und Payr (1999) liefern eine Gesamtübersicht der drei beschriebenen Hauptströmungen, welche von Holzinger (2001) überarbeitet wurde. Tabelle 2.1 – Überblick über die Lernparadigmen Behaviorismus, Kognitivismus und Konstruktivismus (Baumgartner/Payr, 1999). Eine verfeinerte Darstellung dieses Gesamtüberblicks wird von Holzinger (2001) angeboten.

Lernparadigma Gehirn ist ... Wissen wird ... Lernziele

Lehrerrolle Strategie. Feedback Arbeitsweise der Studierenden

Behaviorismus

Kognitivismus

Reiz - Reaktion passives Konstrukt abgelagert richtige Antworten

Problemlösen Computer

Konstruktivismus

Konstruieren informationell geschlossenes System verarbeitet konstruiert richtige Me- komplexe Situationen bethoden zur wältigen Antwortfindung Autorität Tutor Coach lehren beobachten und kooperieren helfen extern vorgege- extern modelliert intern modelliert ben allein zusammen mit interaktiv in einer Gruppe Kolleg/innen

2.2. Unterrichtsprinzipien und didaktische Prinzipien

21

Die Tabelle 2.1 bietet einen Ausschnitt dieser Gesamtübersicht. Sie soll einen Überblick und eine schnelle Zuordnung der drei Lernparadigmen Behaviorismus, Kognitivismus und Konstruktivismus ermöglichen. Computer können das Lernen grundsätzlich nicht verbessern. Nach Hußmann (2011) ist es eine Leistung des Individuums selbst. Computer oder Lernsoftware bergen jedoch Chancen für das Lernen. Multimediales computerunterstütztes Lernen, wobei jede Lernsoftware auf den in diesem Kapitel vorgestellten Lerntheorien basiert, verbessert die Motivation und Aufmerksamkeit.

2.2

Unterrichtsprinzipien und didaktische Prinzipien

Bereits im 17. Jahrhundert wurden von Comenius erste didaktische Prinzipien formuliert (Comenius, 2007). Unterrichtsprinzipien sind Grundsätze für ein erfolgreiches und qualitätsvolles Lernen, welche sowohl das Lernen als auch das Lehren im Unterricht bestimmen. Sie sind für alle Fächer, Schularten und Altersstufen gültig und sichern die Effizienz bzw. Qualität des Unterrichts. Die Aufgabe dieser Prinzipien ist, Lernprozesse zu steuern und die Ermöglichung von Lernen zu optimieren (Schröder, 2010; Vötterle, 2007). Schröder beschreibt sie näher als „generalisierte Verfahrensweisen mit regulativer Funktion“ (2010, S. 161). Betrifft es das Handeln im Unterricht, so werden sie auch als didaktische Grundsätze bezeichnet. Didaktische Prinzipien können somit als Leitlinien oder Ideale, welche die Gestaltung des Mathematikunterrichts beschreiben, verstanden werden. Reiss und Hammer (2013) unterstreichen, dass dadurch komplexe Abläufe im Klassenzimmer strukturiert und übersichtlich gemacht werden können. Didaktische Prinzipien sind jedoch keine Rezepte oder Gesetzmäßigkeiten für den Unterricht. Sie dienen rein als Ratschlag bzw. Hilfestellung. In manchen Fällen kann es auch vorkommen, dass sich einzelne Prinzipien gegenseitig widersprechen (Reiss/Hammer, 2013; Krauthausen/Scherer, 2008), wie zum Beispiel das Prinzip der Variation und das Prinzip der stufenweisen Vorgehensweise. Auf der einen Seite ist es wichtig, im Unterricht zu variieren (Themen, Schwierigkeitsgrad, ...), auf der anderen Seite besagt das Prinzip der stufenweisen Vorgehensweise, dass die Bearbeitung einzelner Inhalte nach einer klar vorbestimmten Reihenfolge vom Einfachen zum Schwierigen ablaufen soll/muss. Diese Gegensätzlichkeit bedeutet nicht, dass die Aussagen unnütz und sinnlos sind. Didaktische Prinzipien dürfen bzw. können, wie bereits geschrieben, nur als Leitlinien für den Unterricht verstanden werden. Je nach Klasse, Leistungsstand und Themeninhalt wird die Lehrperson gezielt das sinnvollere Prinzip auswählen und umsetzen. Es gibt eine Vielzahl didaktischer Prinzipien in der Literatur. Je nach Fach (Unterrichtsgegenstand) werden diese unterschiedlich bezeichnet und beschrieben. So gibt es in der Mathematikdidaktik - wie in der allgemeinen Didaktik – eine Vielzahl unterschiedlicher Prinzipien. Diese beschäftigen sich alle damit, wie mathematische Inhalte bestmöglich strukturiert

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2. Theorieteil

und präsentiert werden können. Manche Prinzipien beruhen auf theoretischen Überlegungen, andere aber setzen sich mit der frühkindlichen Entwicklung auseinander. Didaktische Prinzipien sind kaum empirisch belegt, sondern beruhen oftmals auf erfahrungsbezogenem Wissen. Dies sind auch Gründe, weshalb didaktische Prinzipien eher als Ratschlag für die Gestaltung des Unterrichts denn als gesetzmäßige Vorschriften angesehen werden sollen (Reiss/Hammer, 2013). Allgemein wird zwischen konstitutiven Unterrichtsprinzipien und Prinzipien der methodischen Unterrichtsgestaltung unterschieden (Vötterle, 2007; Riedl, 2004). In beiden Kategorien können mehrere Prinzipien genannt und zugeordnet werden (siehe Abbildung 2.4). Konstitutive (fundierende) Unterrichtsprinzipien lassen sich beispielsweise in die drei Kategorien Sachorientierung, Schülerorientierung und Zielorientierung einteilen (Riedl, 2004). Als Unterrichtsprinzipien der methodischen Unterrichtsgestaltung können das Prinzip der Differenzierung, das Prinzip der Motivierung oder das Prinzip der Aktivität als Beispiele genannt werden. Da sich diese Arbeit mit didaktischen Prinzipien der Unterrichtsgestaltung im engeren Sinn auseinandersetzt, ist es besonders wichtig, einen detaillierten Überblick über diese Prinzipien zu geben. Es werden gezielt didaktische Unterrichtsprinzipien der Mathematik, welche für die Dissertation eine besondere Rolle einnehmen, ausgewählt und näher beschrieben.

Abbildung 2.4 – Überblick didaktischer Prinzipien nach Riedl (2004) und Vötterle (2007)

Die beschriebenen Lerntheorien stehen im engen Zusammenhang mit didaktischen Prinzipien. Abbildung 2.5 soll diese Zusammenhänge und Entwicklungen unterschiedlicher Theorien (wie die von Piaget, Bruner und andere) deutlich machen. Da im letzten Kapitel Lernparadigmen behandelt wurden, scheint es sinnvoll, hier anzuknüpfen und einen Überblick über didaktische Unterrichtsprinzipien in Verbindung mit diesen Theorien zu geben.

2.2. Unterrichtsprinzipien und didaktische Prinzipien

23

So beschäftigen wir uns zu Beginn mit den einzelnen Theorien von Piaget, Bruner, Gagné und Aebli, und versuchen anschließend, einige Prinzipien aufzugreifen und zu erläutern. Danach werden mehrere didaktische Grundsätze skizziert, bei welchen das operative Prinzip nach Wittmann (1998) im Mittelpunkt steht. Sowohl Bruner, Piaget als auch Aebli beschäftigen sich mit diesem zentralen Prinzip. Aebli hat die Grundüberlegungen seiner Kollegen aufgenommen und für sich modifiziert.

Abbildung 2.5 – Überblick didaktischer Prinzipien überarbeitet nach Maresch (o. J.) und Wittmann (1981).

Die Theorien von Piaget, Bruner, Aebli, Gagné et al. (siehe Abbildung 2.5) liefern wichtige Schlüsselelemente für die mathematische Unterrichtsentwicklung des letzten Jahrhunderts. Sie prägen sowohl die Unterrichtsgestaltung jedes Mathematikunterrichts als auch die Lehrplanentwicklung. Weiterhin tragen sie dazu bei, die Lernprozesse der Schüler/-innen besser zu verstehen und zu unterstützen. Sie bieten unterschiedliche Möglichkeiten, Lernende im Unterricht zu begleiten. Die Abbildung 2.5 (oben) soll sowohl einen Überblick über die wichtigsten Vertreter/-innen der Mathematikdidaktik verschaffen als auch deren Prinzipien und Zusammenhänge widerspiegeln. Die Theorien von Piaget, Bruner et al. beschreiben einzelne Prinzipien und interpretieren diese aus ihrer Sichtweise. Piaget mit seiner Stufentheorie, Bruner mit dem Spiralprinzip und EIS (Enaktiv – Ikonisch – Symbolisch), Gagné mit der Gagnéschen Hierarchie, Aebli, Klein, Toeplitz und Wageschein sind wichtige Persönlichkeiten in der Lernforschung. Sie leisten alle einen besonderen Beitrag zur Unterrichtsentwicklung, weshalb sie hier genannt werden. Die Abbildung soll auch veranschaulichen, dass es schwierig ist, die einzelnen Prinzipien immer strikt voneinander zu unterscheiden. Oftmals wurden Theorien aufgenommen und verfeinert bzw. modifiziert. Auch können einzelne Prinzipien

24

2. Theorieteil

nicht nur einer Theorie zugeordnet werden, sondern vielmehr können die einzelnen Prinzipien unter verschiedenen Blickwinkeln (Theorien) betrachtet werden.

2.2.1

Theorien nach Piaget

Piaget (1896-1980) nimmt an, dass Lernen auf einer Wechselwirkung zwischen Individuum (= dem/der Lernenden) und Umwelt beruht. Es sind bei der Wissensgenerierung in den Wissenschaften die gleichen Mechanismen maßgebend wie beim Individuum. Er versucht deshalb, den Wissenserwerb bzw. das Lernen in methodischer Anlehnung an die Biologie empirisch zu beschreiben und zu begründen (Wittmann, 1981). Piagets Psychologie des menschlichen Erkennens ist überwiegend kognitiv orientiert. Er liefert vielfältige Beiträge zum Kognitivismus, sodass 1970 sogar die Jean Piaget Society gegründet wird (Holzinger, 2001). Eine große Bedeutung kann seinen Untersuchungen der qualitativen Entwicklung der intellektuellen Strukturen beigemessen werden, welche ihn zu seiner Theorie führten. Da sich Piaget in seinen frühen Jahren sehr stark mit der Biologie befasst hat, ist seine Theorie – wie bereits anfangs angedeutet – sehr stark von biologischen Modellen bzw. Darwins Theorie beeinflusst. Es wird hierbei das Verhältnis von Organismus und Umwelt bzw. Individuum analysiert. In der Evolutionstheorie wird eine Höherentwicklung und Anpassung des Organismus an den Lebensraum angenommen. Der Beginn oder Ablauf eines solchen Vorgangs wird mit einer höheren Gewalt (z.B. Schöpfer) erklärt. Ausgehend von dieser Theorie entwickelt Piaget seine genetische Erkenntnistheorie (Wittmann, 1981). Besondere Bedeutung haben die Entwicklungsstufen, die ein Lerner im Laufe der Jahre durchläuft, um seine konstruktive Lernfähigkeit zu steuern und zu verbessern. Diese fasst Piaget in seiner Stufentheorie zusammen. Zudem entwickelt er eine Theorie der kognitiven Entwicklung des Kindes, welche auf dem Gleichgewicht von zwei Prozessen – der Assimilation und Akkommodation – beruht (Pöhnl, 2010). Sie wird als Äquilibrationstheorie bezeichnet. Beide seiner Theorien werden im Folgenden beschrieben. 2.2.1.1

Äquilibrationstheorie

Die Äquilibrationstheorie (Gleichgewichtstheorie) basiert auf biologischen und physikalischen Modellen. Im Mittelpunkt der Untersuchungen steht die Wechselwirkung zwischen Organismus und Umwelt. Das aus der Physik bekannte Gesetz des thermischen Gleichgewichts ist quasi der Grundgedanke Piagets Überlegungen. Kern der Äquilibrationstheorie nach Wittmann (1981, S. 61) ist folgender: Das Individuum lebt in einer Umwelt, die Zwänge und Widerstände ausübt, Forderungen erhebt, sich ständig verändert, auf die Sinnesorgane des Individuums einwirkt usw., andererseits aber auch lebensnotwendigen Bedarf enthält. Umgekehrt verharrt das Individuum der Umwelt gegenüber nicht in Passivität, sondern

2.2. Unterrichtsprinzipien und didaktische Prinzipien

25

richtet sich im Rahmen verfügbarer Möglichkeiten auf die Umwelt ein und versucht seinerseits, sie in seinem Sinn zu verändern. Insgesamt kommt es daher zu einer Wechselwirkung, die dazu dient, Spannungsgefälle zwischen Individuum und Umwelt auszugleichen, d.h. Gleichgewichtszustände herzustellen und zu erhalten. (Wittmann, 1981, S. 61) Piaget ist der Ansicht, dass jedes Individuum einen Drang verspürt, im Gleichgewicht mit der Umwelt zu sein. Ziel ist eine Art Widerspruchsfreiheit zwischen der Wirklichkeit und dem eigenen ,Bild der Wirklichkeit’. Der Lernende gleicht hierbei ständig sein ,Bild der Wirklichkeit’ mit der Wirklichkeit ab. Dieser Prozess der Korrespondenz und darauffolgenden Erweiterung kann als Lernen beschrieben werden. Piaget ist aufgrund dieser Theorie der Auffassung, dass eine starke kognitive Motivation für das Lernen besteht. Ähnlich sieht er es, wenn es für Menschen um den Wissenserwerb der Menschheit geht. Dies wird als Forschungsdrang bezeichnet (Wittmann, 1981). Was bedeuten nun die Begriffe Äquilibration, Assimilation und Akkommodation in Piagets Theorie? Der Lernende versucht, neue Erfahrungen mit seinem Vorwissen in Einklang zu bringen. Reiss und Hammer (2013) beschreiben, dass ein lernendes Kind neue Erfahrungen in sein vorhandenes Wissen einpasst, sodass es mit der Welt im Gleichgewicht ist. Dieser Gleichgewichtszustand wird als Äquilibration bezeichnet. Es gibt hierbei zwei Varianten: Entweder werden die neuen Erfahrungen in ein vorhandenes kognitives Schema eingefügt, oder ein Schema wird angepasst und neu aufgebaut. Ersteres wird als Assimilation und Letzteres als Akkommodation bezeichnet (Reiss/Hammer, 2013). Assimilation beschreibt demzufolge die Anpassung des neu Gelernten an bereits vorhandene Strukturen, Akkomodation wiederum die Anpassung eigener Strukturen an die Umwelt, sodass sie im Einklang mit der Umwelt sind. Hier kann auch ein neues Schema, eine neue Struktur, aufgebaut werden (Holzinger, 2001). In seinen Untersuchungen über die Entwicklung des Kleinkindes erkannte Piaget (1936), dass Kleinkinder bereits von ihnen bekannten Schemata Gebrauch machen. Ein Kleinkind, welches beispielsweise noch nicht sprechen kann und kaum über eigene Vorstellungen verfügt, fasst instinktiv Objekte an, um diese zu erforschen. Diese praktischen Handlungen werden als sensomotorische Handlungen bezeichnet (Aebli, 2001). Aebli (2001, S. 95) schreibt dazu Folgendes: Die Handlungen (technisch: die Handlungsschemata) dienen der Assimilation, also der Erfassung des Gegenstandes. Piaget nennt sie daher „Assimilationsschemata”. Mit diesen Grundbegriffen – Assimilation, Akkommodation und Äquilibration – versucht Piaget, die Wechselwirkungen zwischen Lernenden und Umwelt zu erklären

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2. Theorieteil

(Reiss/Hammer, 2013). Der Lernende entwickelt im Zuge von Assimilation und Akkommodation bestimmte Schemata, die ihm helfen, Problemsituationen oder Aufgaben zu meistern. Diese zwei beschriebenen Prozesse bezwecken die Konstruktion von Wirklichkeit und laufen nach Piaget selbst gesteuert ab. Pöhnl (2010) zeigt auf, dass in Piagets Theorie im Gegensatz zum radikalen Konstruktivismus der äußeren Wirklichkeit große Bedeutung beigemessen wird. Piaget denkt, dass Wirklichkeit und Wissen über die Wirklichkeit den gleichen Stellenwert haben. Lernen ist aus Sicht von Piaget ein konstruktiver Prozess, der vom Lernenden selbstständig vollzogen wird. Sein Ansatz ist dadurch sehr stark subjektorientiert, indem ein kognitives Lehr-Lernverständnis besondere Bedeutung hat. 2.2.1.2

Prinzip des aktiven Lernens

In Anlehnung an diese Theorie kann das Prinzip des aktiven Lernens genannt werden. Wittmann (1981) schreibt, dass aktive Assimilations- und Akkommodationsvorgänge für das Lernen unverzichtbar sind. Wichtig ist daher, dass Lernbedingungen ermöglicht werden, in denen Schüler/-innen aktiv an Inhalten arbeiten können. Für die Lehrperson bedeutet dies, dass ein reiner Lehrervortrag hier nicht erwünscht ist, da dies nur wenig bis keine Wirkung hat. Die Schüler/-innen sollen nach einer Instruktion immer die Möglichkeit haben, aktiv an der Problemstellung zu arbeiten. Die Rolle der Lehrperson ist es, Probleme verständlich zu machen und bei der Exploration unterstützend zur Seite zu stehen. Er/Sie gibt Hinweise und Tipps, sodass die Lernenden selbst zu ihrem Ziel gelangen (Wittmann, 1981). Für die Lehrperson bedeutet dies, dass sie allen Schülerinnen und Schülern den Freiraum gewährt nach richtigen Lösungen zu suchen, auch wenn der ausgesuchte Weg vielleicht gar nicht ans Ziel führt. Dieses Prinzip setzt voraus, dass die Schüler/-innen sehr aktiv sind und die Lehrperson nicht autoritär auftritt (Schröder, 2010). Wittmann (1981, S. 77) gibt im Zusammenhang mit diesem Prinzip weitere Hinweise für die Umsetzung im Unterricht: Der Unterricht hat an der vorliegenden kognitiven Struktur des Lernenden anzusetzen. Aktive Assimilations- und Akkommodationsversuche des Schülers sind unverzichtbare Lernbedingungen und müssen während des Unterrichts in geeignet organisierten Lernsituationen breiten Raum erhalten. (Wittmann, 1981, S. 77) Dieses Prinzip nimmt eine besondere Rolle während des Dissertationsprojektes ein. Die Studierenden werden zur Hälfte über Onlinekurse unterrichtet und geleitet. Die Lehrperson hat eine entscheidende und wichtige Aufgabe. Sie versucht, den Lernprozess zu lenken und zu begleiten, lässt aber den/die Schüler/-in selbstständig arbeiten. G. Salmon (2013)

2.2. Unterrichtsprinzipien und didaktische Prinzipien

27

betont mehrmals, dass Aktivierung und Motivation bei Blended-Learning-Kursen zu Beginn besonders wichtig für einen Lernerfolg sind. Neben dem traditionellen Lernen kommt die technologische Komponente hinzu und darf keinesfalls unterschätzt werden. Die Schüler/innen sollen von ihrem Lernstand abgeholt und in die E-Learning-Tools eingeführt werden. Mit einem positiven Kick Off und einer klaren Einführung in die Online-Programme ist ein positiver Lernprozess sehr wahrscheinlich. 2.2.1.3

Stufentheorie

Wie bereits erwähnt, versucht Piaget, Wissenserwerb und den Aufbau von Erkenntnissen empirisch zu erklären. So führte er zahlreiche Versuche mit Kindern aller Altersstufen durch und entwickelte aus seinen empirischen Forschungsergebnissen seine Stufentheorie. Diese besagt, dass die psychologische Entwicklung eines Kindes schrittweise in Etappen bzw. Stadien verläuft. Obwohl die einzelnen Stufen von jedem Kind in gleicher Reihenfolge durchlaufen werden, gibt es Unterschiede in der Verweildauer. Somit sind zeitliche Verschiebungen dieser Stufen nicht ausgeschlossen. Piaget ist der Auffassung, dass ein neues Stadium nicht durch bloßes Hinzufügen eines neuen Schemas gekennzeichnet ist, sondern durch Reorganisation verfügbarer Schemata (Wittmann, 1981). Die Einteilung der einzelnen Stadien ist in der Literatur uneinheitlich. Diese Arbeit lehnt sich wie bereits Wittmann (1981) an Flavell (1963) an und unterteilt die Stufen der Intelligenzentwicklung wie folgt: • Sensomotorisches Stadium (0-1,5 Jahre) Kinder im Alter von der Geburt bis ca. eineinhalb Jahren befinden sich im sensomotorischen Stadium. Diese Phase ist gekennzeichnet durch eine sensomotorische Intelligenz, die auf biologischen Formen der Anpassung wie Reflexen oder ReizReaktionskoppelungen basiert. Das Schlucken, Schreien, Saugen oder auch einfache Bewegungen der Körperteile können als Beispiele genannt werden. Wittmann (1981) schreibt, dass genau in dieser Phase die Nachahmung als Methode für die Akkommodation und das Spiel als Methode für die Assimilation entwickelt wird. • Präoperatives Stadium (1,5-7 Jahre) Die Stufe des präoperativen Stadiums kann in zwei Phasen unterteilt werden: Die erste beschreibt die Phase des vorbegrifflichen Denkens (Alter von eineinhalb bis vier Jahren) und die zweite die Phase des anschaulichen Denkens (Alter von ca. 4-7 Jahren). Das präoperative Stadium ist gekennzeichnet durch die Sprachentwicklung und das Erlernen von Symbolen. Wittmann (1981) schreibt, dass ein Kind in dieser Phase fähig sein wird, Sprache, Bilder und Symbole zu gebrauchen.

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2. Theorieteil • Konkret-operatives Stadium (7-11/12 Jahre) In dieser Phase stehen die Koordinierung und Organisation von Operationen im Vordergrund. Die Operationen werden in Operationssystemen geordnet, was zur Folge hat, dass eine höhere Flexibilität und Mobilität der intellektuellen Aktivitäten des Kindes möglich gemacht werden. • Formal- operatives Stadium (ab 11/12 Jahren) Je älter das Kind wird, umso mehr Erfahrungen sammelt es und seine geistige Spannweite nimmt weiter zu. Es wird nun immer mehr möglich sein, vorliegende und geschaffene Situationen immer größeren Kontexten möglicher Situationen zuzuordnen. Dies bedeutet, dass das Kind nun den Unterschied zwischen allgemeinen Fällen und Spezialfällen erkennt. In dieser Phase wird abstraktes Denken möglich.

Bei den Studierenden der vorliegenden Studie handelt es sich um Erwachsene. Dadurch ist die Stufentheorie nur wenig bedeutend für die Unterrichtsgestaltung von Blended-LearningKursen. Aus diesem Grund werden die einzelnen Stadien hier nicht tiefgründiger behandelt.

2.2.2

Theorien nach Bruner

Jerome Bruner war ein amerikanischer Entwicklungs- und Kognitionspsychologe (Weigand, o. J.). Er beschrieb in seinem Buch Der Prozess der Erziehung die Hypothese, dass jedem „Kind auf jeder Entwicklungsstufe jeder Lehrgegenstand in einer intellektuell ehrlichen Form gelehrt werden kann“ (Bruner, 1970, S. 44). Dies impliziert ein spiralförmiges Curriculum und die Forderung unterschiedlicher Repräsentationsmodi im Unterricht. Im Folgenden werden seine Theorien und Prinzipien, welche die Umsetzung von mathematischen Inhalten im Schulwesen stark prägen, dargestellt. Anfangs wird das Spiralprinzip präsentiert, anschließend folgt das Modell von EIS (Enaktiv – Ikonisch – Symbolisch). Bruner übernimmt zwar größtenteils die Theorie von Piaget, geht aber einen Schritt weiter. Er thematisiert, inwiefern der kognitive Stand des Lernenden über soziale Prozesse einen Einfluss auf die kognitive Entwicklung hat. Er ist sich dieses Einflusses sehr sicher, weshalb er auch großen Wert auf „Vermittlung“ und „Instruktion“ legt (Bruner, 1967; Wittmann, 1981). 2.2.2.1

Spiralprinzip

Im Mittelpunkt des Spiralprinzips steht die Erarbeitung mathematischer Inhalte in verschiedenen Klassen auf unterschiedlichen Niveaustufen. Themen sollen immer wieder neu aufgegriffen und in Bezug auf Vorwissen und Entwicklung der Schüler/-innen vertieft werden (Reiss/Hammer, 2013). Schülerinnen und Schüler lassen sich demnach auf Inhalte von unterschiedlichen kognitiven oder sprachlichen Niveaus – von einfachen bis hin zu abstrakten

2.2. Unterrichtsprinzipien und didaktische Prinzipien

29

Darstellungen – immer wieder neu ein. Die Lehrperson greift quasi die einzelnen Themen immer wieder neu auf und vertieft diese im Verlauf des Unterrichts. Wittmann (1981) bezeichnet das Spiralprinzip als eines der wichtigsten didaktischen Prinzipien in der Mathematik. Grundlegende Begriffe sollen demnach in mehreren Durchgängen auf unterschiedliche Arten und unterschiedlichen Niveaus aufgegriffen und bearbeitet werden. Das Spiralprinzip legt auch die Reihenfolge zu lehrender Inhalte fest, sodass eine Entwicklung in Richtung einer höheren Stufe möglich ist. Dieses Prinzip lässt sich in jedem Curriculum finden. Es bildet eine wesentliche Grundlage aller Lehrpläne, so auch in der Mathematik. Aus diesem spiralförmigen Aufbau des Lehrplans lassen sich zwei Prinzipien ableiten und unterscheiden: • Prinzip des vorwegnehmenden Lernens: Themeninhalte können bereits früh eingeleitet werden, auch wenn eine gänzliche Bearbeitung aufgrund des kognitiven Entwicklungsstands erst später sinnvoll erscheint. Sie sollen nicht aufgeschoben werden, bis alles auf einmal behandelt werden kann, sondern stückweise erarbeitet. Ein Beispiel aus dem Lehrplan in Mathematik wäre das Thema Funktionen. Der Begriff einer Funktion wird bereits früh eingeführt, mit speziellen Funktionen wird erst später gearbeitet (Karaschewski, 1966; Wittmann, 1981). • Prinzip der Fortsetzbarkeit: Wenn ein Thema frühzeitig behandelt wird, ist gut zu überlegen, wie dies geschieht. Der Unterricht soll so ablaufen, dass ein Ausbau auf höherem Niveau möglich ist und kein Umdenken notwendig ist (Wittmann, 1981). 2.2.2.2

Enaktiv – Ikonisch – Symbolisch (EIS)

Bruner ist der Auffassung, dass die Denkentwicklung mit unterschiedlichen Repräsentationsebenen von Inhalten verbunden ist. So gibt es drei Arten, wie Wissen dargestellt oder erschlossen werden kann (Holzinger, 2001; Reiss/Hammer, 2013; Wittmann, 1981): • enaktiv (durch Handlungen): Diese Repräsentationsebene stellt die niedrigste Repräsentationsform von Inhalten dar. Der Begriff enaktiv kann in diesem Zusammenhang mit haptisch oder motorisch gleichgesetzt werden. Ein Kind erschließt die Wirklichkeit durch das Anfassen von Dingen bzw. durch Handlungen. Wittmann (1981) zeigt auf, dass von der Kindheit bis zum konkret-operativen Stadium (siehe Stufentheorie von Piaget) Handlungen eine dominierende Rolle einnehmen. Mit zunehmendem Alter werden diese Handlungen immer mehr durch Vorstellungen ersetzt. • ikonisch (durch Bilder): Werden (mentale) Bilder als Hilfsmittel zur Repräsentation von Inhalten eingesetzt, befinden wir uns auf der ikonischen Ebene. Wittmann (1981, S. 87) beschreibt, wo und wann diese Ebene ihre Bedeutung zeigt:

30

2. Theorieteil Diese Form wird hauptsächlich von Prinzipien der Wahrnehmungsorganisation und von Umstrukturierungen beherrscht (Ausfüllen, Ergänzen, Extrapolieren). Sie ist besonders wichtig für die Darstellung von Handlungsabläufen (z. B. Flussdiagramme, Baudiagramme) und zur simultanen Erfassung verschiedener Alternativen (z. B. von Handlungen, die konkret nicht simultan ausführbar sind, wie [dem] Ausgliedern von Teilmengen mit nichtleerem Durchschnitt [. . . ]

• symbolisch (durch Symbole, Zeichen und Sprache): Die symbolische Ebene stellt die höchste der drei Ebenen dar. Sie repräsentiert das abstrakte Denken. Kennzeichnend ist die Verwendung von Zeichen und Symbolen. Sie sind nicht zu verwechseln mit Bildern (ikonische Ebene). Wittmann schreibt in diesem Zusammenhang: Im Gegensatz zu Bildern, die etwas darstellen, und demgemäß eine strukturelle oder bildliche Ähnlichkeit mit dem Dargestellten aufweisen, stellen Symbole nichts dar, sondern können etwas bedeuten (bzw. bedeuten etwas): Symbole sind Bedeutungsträger. (Wittmann, 1981, S. 87)

Bilder stellen nach Wittmann (1981) etwas dar, Symbole nicht – sie bedeuten etwas, so seine Aussage.

2.2.3

Theorie nach Gagné

Robert Mills Gagné verknüpfte in seiner Theorie den Behaviorismus mit dem Kognitivismus. Er ist der Überzeugung, dass behavioristische Lernstrategien – nach dem Reiz-ReaktionsMuster – eine Voraussetzung für das Lernen sind, jedoch sind seiner Meinung nach die inneren Bedingungen (innere Repräsentation der Umwelt und Verarbeitung von Informationen) bedeutsamer als die äußeren (Reize, Verstärkungen). Er ordnete im Rahmen einer Lernhierarchie seine acht Lerntypen zu (Holzinger, 2001; Wittmann, 1981). Gagnésche Hierarchie Gagnés acht Lerntypen sind hierarchisch, vom ,elementaren’, über den einfachen zum schwereren, aufgebaut (Wittmann, 1981; Aebli, 2001): 1. Signallernen (Klassisches Konditionieren): Beim Signallernen werden undurchsichtige Reaktionen wie Angst oder Wachsamkeit mit gewissen Reizen assoziiert. Ein Beispiel dafür ist der Pawlowsche Hund. 2. Reiz-Reaktions-Lernen (Operantes Konditionieren): Beim Reiz-Reaktions-Lernen stehen willkürliche Reaktionen im Vordergrund. Beispiele dafür sind die Tierdressur oder das Lernen der Aussprache von Fremdwörtern.

2.2. Unterrichtsprinzipien und didaktische Prinzipien

31

3. Kettenlernen (Lernen von Fertigkeiten): Werden mehrere Reaktionen des Reiz-ReaktionsLernens verbunden, so werden sie als Kettenlernen assoziiert. Ein Beispiel ist das Erlernen der Fähigkeit, einen Schnürsenkel zu binden oder Zähne zu putzen. 4. Sprachliche Assoziationen: Sprachliche Assoziationen stellen eine Kettenbildung im Bereich Sprachverhalten dar. Das Auswendiglernen eines Lehrsatzes oder das Benennen von Objekten können als Beispiele genannt werden. 5. Multiple Diskrimination: Multiple Diskrimination beschreibt den Prozess, wenn komplexe Reize unterschieden werden und zu unterschiedlichen Reaktionen führen. 6. Begriffslernen: Gagné versteht unter Begriffslernen ein Reagieren auf abstrahierte Eigenschaften. 7. Regellernen: Es werden Ketten von zwei oder mehr Begriffen gebildet. Edelmann (1996, S. 203) schreibt, dass „nach Gagné die Voraussetzung des Regellernens darin besteht, [dass] alle Begriffe bekannt sind, während das eigentliche Regellernen in der Erfassung der Beziehung zwischen den einzelnen Begriffen besteht“. 8. Problemlösen: Beim Problemlösen werden Regeln zur Bewältigung und Steuerung von Umweltprozessen gelernt und eingesetzt. In Gagnés Lernstufentheorie ist Signallernen die niedrigste Stufe des Lernens und Problemlösen bildet die höchste. Seine Lernhierarchie nimmt einen wichtigen Stellenwert für die Planung und Gestaltung des Unterrichts ein.

2.2.4

Aebli und die operative Methode

Die operative Methode schließt im Wesentlichen an die Theorien von Piaget und Aebli an. Nach Reiss und Hammer (2013) werden zentrale Aspekte dieser Theorien kombiniert. Aeblis operative Methode setzt sich aus der ,Verinnerlichung der Operationen’ und der ,operativen Durcharbeitung’ zusammen.

Abbildung 2.6 – Operatives Prinzip nach Aebli (Reiss/Hammer, 2013)

32

2. Theorieteil

Aebli (1985, S. 4) hat das operative Prinzip wie folgt beschrieben: Das operative Prinzip leitet einen Unterricht, der das Denken im Rahmen des Handelns weckt, es als ein System von Operativen aufbaut und es schließlich wieder in den Dienst des praktischen Handelns stellt. Das Lernen ist durch eigenes Handeln bestimmt, wobei das Denken verinnerlichtes oder gedachtes Handeln beschreibt. Piaget nennt diese verinnerlichten Handlungen ,Operationen’. Er definiert sie als reversibel, zusammensetzbar sowie assoziativ. Das bedeutet zum Beispiel, dass Lernende auf verschiedene Weisen zum Ziel gelangen können und nicht nur ein einziger Weg der wahre ist. Lernende sollen in diesem Prozess durch Reflexion über ihre Handlungen eine eigene Vorstellung erhalten. Nach Piaget ist die Entwicklung der menschlichen Intelligenz weitgehend konstant und altersspezifisch. Aebli ist jedoch der Ansicht, dass die Bedeutung der Erziehungsbedingungen und des Unterrichts für die Intelligenzentwicklung sehr entscheidend ist und dadurch die Stufen nicht unbedingt altersabhängig sind. Er verknüpft hierbei die Theorien von Piaget und Bruner (Reiss/Hammer, 2013; Weigand, o. J.). Nach Aebli (1961, Aufl. 2011) läuft die Verinnerlichung einer Operation, also einer Denkentwicklung, in drei Hauptstufen ab. Er nennt folgende drei altersunabhängige Stufen: 1. konkrete Stufe: konkretes Handeln 2. figurale Stufe: zeichnerisches Handeln 3. symbolische Stufe: Handeln in der Vorstellung Zu Beginn wird bei der konkreten Stufe mit konkreten Gegenständen und Materialien gearbeitet, anschließend wird mit bildlich dargestellten Inhalten operiert und auf der dritten Stufe, der symbolischen, werden die Operationen durch Zeichen dargestellt. Ein wichtiges Element stellt der Stufenübergang dar. Dieser dient zum Reflektieren der eigenen Tätigkeit. Die drei Stufen selbst beschreiben den Verinnerlichungsprozess. Das Vorwissen und die Vorerfahrungen der Lernenden sind sehr wichtig und haben Einfluss auf die Wahl der Repräsentationsform der neuen Inhalte (Reiss/Hammer, 2013). Für den Stufenübergang ist sowohl das Reflektieren der Handlungen als auch das ,operative Durcharbeiten’ entscheidend. Unter ,operativem Durcharbeiten’ wird variables und sinnbezogenes Üben verstanden, welches einem besseren Verständnis und der Vertiefung dient (Weigand, o. J.).

2.2.5

Beispiele didaktischer Prinzipien

Da es eine Vielzahl didaktischer Prinzipien gibt, ist es nahezu unmöglich, alle aufzuzählen. Oft gibt es Überschneidungen oder Widersprüche in den Prinzipien selbst. Krauthausen und

2.2. Unterrichtsprinzipien und didaktische Prinzipien

33

Scherer (2008) bekräftigen dies und schreiben, dass unterschiedliche Hintergrundtheorien naturgemäß zu unterschiedlichen Prinzipien führen können. Ferner fügen sie hinzu, dass Prinzipien, die auf denselben Hintergrundtheorien basieren, nicht immer widerspruchsfrei sind. Unterrichtsprinzipien sind Grundsätze, jedoch keine Gesetzmäßigkeiten. Bei der Planung und Gestaltung des Unterrichts kommt es immer wieder zu Situationen, in denen Prinzipien sich gegenseitig widersprechen – auch wenn ein Prinzip für sich betrachtet richtig ist. Es ist im Endeffekt der Urteilsfähigkeit des/der Lehrers/Lehrerin überlassen, welches Prinzip in der jeweiligen Unterrichtssituation verwendet wird. Wittmann (1998) beschreibt zehn didaktische Prinzipien und setzt diese in Verbindung miteinander. Er versucht, diese zu kategorisieren und zu strukturieren. Er ist sich jedoch bewusst, dass dies nur ein kleiner Ausschnitt aus einem großen Ganzen ist. Abbildung 1.6 soll den Zusammenhang der einzelnen Prinzipien darstellen. Sie hängen teilweise voneinander ab oder lassen sich aus einander heraus erklären. In Anlehnung an die grafische Aufbereitung bei Wittmann (1998, S. 150) und Krauthausen/Scherer (2008, S. 133) werden der Aufbau und die Zusammenhänge der Abbildung dargestellt.

Abbildung 2.7 – Didaktische Prinzipien (in Anlehnung an Wittmann, 1998, S. 150; Krauthausen/Scherer, 2008, S. 133)

Die Ecken des dargestellten Dreiecks spiegeln das Didaktische Dreieck, das sich aus Lehrer, Schüler und Stoff zusammensetzt, wider. Oben befindet sich die Lehrperson (organisatorischer Auftrag der Lehrperson), rechts unten der Lernende (individuelle Disposition) und links unten

34

2. Theorieteil

stehen die Prinzipien, die den Stoff (die Sache) betreffen. Jede Ecke des Dreiecks umfasst drei Prinzipien, die jeweils einem übergeordneten Prinzip zugeordnet werden. Wittmann (1998) unterscheidet hier drei große übergeordnete Prinzipien, angelehnt an das Didaktische Dreieck: • soziale Prinzipien: (inter-) aktives ganzheitliches Lernen organisieren, interaktiver Zugang zu Darstellungen und Zone der proximalen Entwicklung • epistemologische Prinzipien: fundamentale Ideen, grundlegende Darstellungsweisen wählen und Spiralprinzip • psychologische Prinzipien: Vorwissen, schrittweise Schematisierung, natürliche Differenzierung Da das operative Prinzip sowohl epistemologische als auch psychologische und unterrichtsorganisatorische Aspekte beinhaltet, steht es im Zentrum des Dreiecks. Krauthausen und Scherer (2008) nennen es das erkenntnistheoretisch zentrale Prinzip. Die Abbildung beinhaltet noch weitere Informationen: Es werden die einzelnen Prinzipien zu den Kategorien Wissensentwicklung, Entwicklungsstufen und Darstellungsformen mittels der Schattierung zugeordnet. Die dunkelgrau dargestellten Dreiecke beziehen sich auf Wissensentwicklung, die hellgrauen auf wohlüberlegte Auswahl von Arbeitsmitteln (Repräsentationsformen) und die weiß hinterlegten Felder beschreiben die potenziell unterschiedlichen Niveaus (Entwicklungsstufen). So beziehen sich beispielsweise das Spiralprinzip, Zone der proximalen Entwicklung und das Prinzip der natürlichen Differenzierung auf potenziell unterschiedliche Leistungsniveaus, die die Schüler/-innen während der Entwicklung von Wissen haben (Hohenwarter, o. J.; Krauthausen/Scherer, 2008). Im Folgenden werden die Prinzipien, die von Wittmann (1998) präsentiert werden und in der Abbildung angeführt sind, überblicksmäßig beschrieben. Das Prinzip der natürlichen Differenzierung erhält einen besonderen Stellenwert in dieser Arbeit und wird in einem eigenen Kapitel zum Thema Differenzierung im Schulwesen erläutert. 2.2.5.1

Operatives Prinzip

Das Unterrichtsprinzip des operativen Prinzips geht auf Piagets Theorie zurück. Es wurde sowohl von Bruner als auch Aebli weiter modifiziert (siehe Abb. 2.5 und 2.8). Im Vordergrund stehen hier Handlungen an konkreten Objekten. Sowohl die Theorien von Piaget als auch von Bruner und von Aebli beeinflussen das operative Prinzip (siehe Abbildung 2.8). Dieses kann in drei große Komponenten unterteilt werden. Durch die Theorien lassen sich Prinzipien wie das Spiralprinzip oder das Prinzip der Stufengemäßheit ableiten oder aber sie beschreiben Möglichkeiten der Unterrichtsgestaltung (z. B. durch das Prinzip des operativen Durcharbeitens oder der Variation).

2.2. Unterrichtsprinzipien und didaktische Prinzipien

35

Mit dem operativen Durcharbeiten sind vielfältige systematische Veränderungen verbunden: Veränderung der Ausgangssituation, Suche nach alternativen Lösungswegen, Variieren der gesuchten Größen, Variation des Unwesentlichen, d. h. Variieren der Größen, die keinen Einfluss auf die betrachteten Zusammenhänge haben schreibt Weigand (o. J., S. 9).

Abbildung 2.8 – Einfluss der Theorien von Piaget, Bruner und Aebli auf das operative Prinzip und ihre Umsetzung angelehnt an Hohenwarter (o. J.)

Dies bedeutet also, dass sich aus den Theorien und dem operativen Prinzip selbst viele Prinzipien ableiten lassen. Wittmann (1985) liefert in seinem Aufsatz Hinweise auf die unterrichtlichen Konsequenzen. In diesem Zusammenhang drückt er das operative Prinzip auf folgende Weise aus: „Objekte erfassen bedeutet zu erforschen, wie sie konstruiert sind und wie sie sich verhalten, wenn auf sie Operationen (Transformationen, Handlungen, . . . ) ausgeübt werden. Daher muss man im Lern- oder Erkenntnisprozess in systemischer Weise (1) untersuchen, welche Operationen ausführbar und wie sie miteinander verknüpft sind, (2) herausfinden, welche Eigenschaften und Beziehungen den Objekten durch Konstruktion aufgeprägt werden,

36

2. Theorieteil (3) beobachten, welche Wirkungen Operationen auf Eigenschaften und Beziehungen der Objekte haben“ (Krauthausen/Scherer, 2008, S. 147 zitieren Wittmann, 1985, S. 9).

2.2.5.2

(Inter-)aktives ganzheitliches Lernen organisieren

Unter (inter-)aktives ganzheitliches Lernen organisieren wird die Organisation eines aktiventdeckenden Unterrichts verstanden. Wenn die aktive Komponente fehlt, so ist nach Wittmann (1981) die Instruktion der Lehrperson wirkungslos. 2.2.5.3

Interaktiver Zugang zu Darstellungen

Kinder können ausschließlich anhand von Arbeitsmaterialien nicht alles verstehen. Im Speziellen können sie daraus keine konkreten oder visuellen Darstellungsformen verstehen. Eine gemeinsame Erforschung ist notwendig. Das bedeutet, dass Arbeitsmaterialien allein nicht ausreichen, um daraus die Information ablesen zu können (Krauthausen/Scherer, 2008). 2.2.5.4

Prinzip: Auswahl grundlegender Darstellungsweisen

Lehrer/-innen müssen hinsichtlich der Verwendung bestimmter Materialien und Repräsentationsformen ihre Entscheidung wohlüberlegt treffen. Quantität bedeutet in diesem Zusammenhang nicht immer gleich Qualität (Krauthausen/Scherer, 2008). 2.2.5.5

Fundamentale Ideen

Bruner (1960) stellt in seinem Werk The Process of Education zum ersten Mal fundamentale Ideen als Mittel zur Lösung des Transferproblems im Schulwesen dar (Rezat, 2013; von der Bank, 2016). Er schreibt hier Folgendes: In order for a person to be able to recognize the applicability or inapplicability of an idea to a new situation and to broaden his learning thereby, he must have clearly in mind the general nature of the phenomenon with which he is dealing. The more fundamental or basic is the idea he has learned, almost by definition, the greater will be its breadth of applicability to new problems. Indeed, this is almost a tautology, for what is meant by ‘fundamental’ in this sense is precisely that an idea has wide as well as powerful applicability. (Bruner, 1960, S. 18). Bei Bruners (1960) fundamentalen Ideen handelt es sich um grundlegende Ideen, die für den Fachunterricht sowohl einfach als auch folgenreich sind. Sie sollen als Leitlinien für den Unterricht dienen. Die Frage ist hierbei, was nun als fundamentale Idee in der Mathematik

2.2. Unterrichtsprinzipien und didaktische Prinzipien

37

zählt (Hischer, 2015). Martin Wagenschein, Hans-Joachim Vollrath, Erich Wittmann, Hans Freudenthal und Fritz Schweiger lieferten wichtige Beiträge zu diesem Thema. In der Fachliteratur gibt es unterschiedliche Konzepte und Definitionen von fundamentalen Ideen (von der Bank, 2016). Hischer (2015) fasst die Ideen von Schweiger (1992) und Schupp (1997) zusammen und liefert eine Beschreibung der Begrifflichkeit: Fundamentale Ideen der Mathematik . . . • sind aufzeigbar. • sind auch außerhalb der Mathematik auffindbar. • geben Aufschluss über das Wesen der Mathematik. • sind durchgängig. • sind transparent. • sind eher vage als präzise. Synonyme zur Begrifflichkeit sind Leitideen, zentrale Ideen, fundamentale Konzepte, universelle Ideen oder große Ideen (von der Bank, 2016). Wittmann (1981) beschreibt, dass fundamentale Ideen bereits im Anfangsunterricht eingesetzt werden. Er schreibt hier: Die fundamentalen Ideen sollen also bereits im Anfangsunterricht kindgerecht, aber intellektuell redlich grundgelegt werden und dann auf den weiteren Stufen des Lernprozesses, also in späteren Jahrgangsstufen erneut aufgegriffen und dabei angereichert werden. (Wittmann, 1981, S. 79)

2.2.5.6

Spiralprinzip

Das Spiralprinzip wurde bereits in Kapitel 2.3.2 beschrieben. Es geht auf Jerome Bruner (1970) zurück. Er ist der Ansicht, dass mathematische Inhalte von Anfang an „mit unbedingter intellektueller Redlichkeit gelehrt werden” müssen. So soll die Behandlung eines Themengebiets nicht aufgeschoben werden, wenn die Bearbeitung nicht gänzlich sinnvoll möglich ist, sondern in Teilen erfolgen. Wichtig ist dabei jedoch, dass dies korrekt geschehen muss (Krauthausen/Scherer, 2008; Wittmann, 1981).

38 2.2.5.7

2. Theorieteil Fortschreitende Schematisierung

Das Prinzip der fortschreitenden Schematisierung geht auf den Mathematikdidaktiker Treffers zurück und ist eines der wichtigsten Kernprinzipien der Realistic Mathematics Education (RME) (Treffers, 1987; Streefland, 1991; Glade, 2011). Unter Schematisierung werden alle Prozesse verstanden, die von individuellen, informellen oder durch Anschauungsmaterialien gestützten Lösungswegen zum Kalkül führen (Glade, 2011). Treffers (1987) unterscheidet zwischen horizontaler Mathematisierung und vertikaler Mathematisierung. Horizontale Mathematisierung beschreibt den Modellierungsprozess, die vertikale Mathematisierung bezieht sich auf das Level der mathematischen Aktivität der Lernenden (Glade, 2011; Krauthausen/Scherer, 2008). Glade (2011, S. 1) ordnet den Prozess des Schematisierens der vertikalen Mathematisierung zu und begründet dies wie folgt: „es geht nicht um die Mathematisierung lebensweltlicher Situationen („transforming a problem field into a mathematical problem“), sondern um die innermathematische Weiterentwicklung der ersten Ansätze („processing within the mathematical system“) [. . . ].“ Glade (2014) zeigt auf, dass dieses didaktische Prinzip in Lernumgebungen zum Thema selten realisiert wird. „Nahezu in allen publizierten Lernumgebungen ist die Anregung zur Entwicklung von kalkülmäßigen (von einfacheren bzw. nicht materialgestützten) Wegen nicht explizit vorhanden” (Glade, 2014, S. 1). Krauthausen und Scherer (2008) sind der Meinung, dass die Bezeichnung etwas allgemeiner formuliert werden müsste. Ihrer Ansicht nach, wäre der Begriff fortschreitende Mathematisierung passender. 2.2.5.8

Orientierung am Wissen

Wenn Kinder eingeschult werden, sind sie keine tabula rasa. Auch wenn sie die erste Klasse (Primarstufe) beginnen, bedeutet dies nicht, dass sie Lernanfänger sind. Das Prinzip Orientierung am Wissen ist ein sehr ernst zu nehmendes Prinzip, um Unterricht erfolgreich zu gestalten. Die Lehrperson muss die Eingangsvoraussetzungen der einzelnen Schüler/-innen sorgfältig erheben, bevor der Unterricht beginnt. Ziel jedes Unterrichts sollte sein, in allen Phasen des Unterrichtens am Vorwissen der Lernenden anzusetzen. Dies bedeutet quasi, dass man sie von ihrem Leistungsstand abholt. Nur so können Lernen und Unterricht erfolgreich sein (Krauthausen und Scherer, 2008). 2.2.5.9

Unterrichtsprinzip der natürlichen Differenzierung

Der Begriff der natürlichen Differenzierung taucht immer häufiger in der deutschsprachigen Literatur der Mathematikfachdidaktik auf (Krauthausen/Scherer, 2001; Scherer 2008; Wittmann, 2003 und Wittmann/Müller, 1994). Es gibt unterschiedliche Auffassungen und Konzepte,

2.3. Heterogenität und Diversität

39

was natürlichen Differenzierung ist und was sie ausmacht. Die Literatur gibt diesbezüglich divergente Auskünfte. Teilweise wird dieses Prinzip als Gegenkonzept zur inneren Differenzierung angesehen (Krauthausen/Scherer, 2001), manchmal aber auch als besondere Form der inneren Differenzierung (Hirt, 2007; Scherer/Moser Opitz, 2010). Die Literatur misst der natürlichen Differenzierung durchgehend große Bedeutung zu. In Kapitel 2.4 wird der Begriff aufgegriffen und definiert. In dieser Arbeit liegt der Fokus auf der Gestaltung des Unterrichts in Blended-LearningKlassen. Differenzierung ist ein Unterrichtsprinzip und steht im Zusammenhang mit dem operativen Prinzip. Sie spielt eine wichtige Rolle für die Gestaltung des Unterrichts und bietet eine Möglichkeit, im Unterricht zu individualisieren. Es gibt unterschiedlichste Arten und Möglichkeiten, zu differenzieren und diese werden in den folgenden Kapiteln dargestellt.

2.3

Heterogenität und Diversität

Heterogenität und Diversität sind im Schul- und Hochschulwesen allgegenwärtig (Linde/Auferkorte-Michaelis, 2018). In der Fachliteratur verzeichnen viele Autoren/-innen (z. B. Altrichter et al., 2009; Krauthausen/Scherer, 2008; Radatz, 1995) eine zunehmende Heterogenität im Schulkontext. In Bezug auf Schulanfänger/-innen gibt es eine Entwicklungsvarianz bei Kindern gleichen Alters von bis zu fünf Jahren (Lorentz, 2000 zitiert nach Krauthausen/Scherer, 2008). „So reicht die Spanne von Kindern, die nicht bis fünf und kaum bis drei zählen können, zu Kindern, die im Zahlenraum bis 1000 rechnen [. . . ].“ (Krauthausen/Scherer, 2008, S. 224) Das sind einige Gründe, warum dieses Thema im Schulwesen häufig sowohl von Lehrern/Lehrerinnen als auch von bildungspolitischer Seite diskutiert wird. Im ersten Abschnitt des Kapitels wird der Begriff Heterogenität definiert und werden seine Dimensionen vorgestellt. Der letzte Abschnitt beschäftigt sich mit der Thematik, wie im Unterricht mit dieser Heterogenität umgegangen werden kann.

2.3.1

Begriffliche Klärung

Der Begriff heterogen kommt ursprünglich aus dem Griechischen – heteros „anders, abweichend“ und genos „Geschlecht, Art, Gattung“ (Trautmann/Wischer, 2011b, S. 38) – und bedeutet „nicht gleichartig im inneren Aufbau; uneinheitlich, aus Ungleichartigem zusammengesetzt; ungleichmäßig aufgebaut, ungleichartig“ (Bibliographisches Institut, 2018). Im Zusammenhang mit Heterogenität fällt oftmals auch der Gegenbegriff homogen (Trautmann/Wischer, 2011b). Wahrig (1986, S. 642; 667) beschreibt Heterogenität als Verschiedenartigkeit und Homogenität als Gleichartigkeit. Bloch (2014) zeigt auf, dass sowohl in der erziehungswissenschaftlichen als auch in der pädagogischen Fachliteratur der Begriff Heterogenität unterschiedlich eingesetzt und inter-

40

2. Theorieteil

pretiert wird. Nach Heinzel und Prengel (2002) werden fünf Interpretationen unterschieden. So kann der Begriff „als Verschiedenheit (1), als Veränderlichkeit (2), als Unbestimmtheit (3), als Beliebtheit (4) und als aufgeklärte Heterogenität (5)“ verstanden werden. Trautmann und Wischer (2011, S. 38) beschreiben, dass im schulischen und im unterrichtlichen Kontext Heterogenität gerne synonym mit den Begriffen „Verschiedenheit, Vielfalt oder Unterschieden/Differenz“ verwendet wird. In Anlehnung an Bloch (2014), Trautmann/Wischer (2011b), Linde/Auferkorte-Michaelis (2018) und Krauthausen/Scherer (2008) wird versucht, Heterogenität zu definieren: Heterogenität – gelegentlich auch als Inhomogenität bezeichnet – bedeutet verschieden sein in bestimmten Merkmalen. Häufig fällt in diesem Zusammenhang auch der Begriff Diversität. Beispiele für solche Merkmale sind etwa Alter, Geschlecht, soziokultureller Hintergrund, Wissen, Lebenserfahrungen und Traditionen (Bloch, 2014). Der Begriff kann nur relativ gesehen werden. Heterogenität ergibt sich erst durch einen Vergleich unterschiedlicher Merkmale mit einem als Maßstab festgelegten Kennzeichen. (Linde/Auferkorte-Michaelis, 2018; Krauthausen/Scherer, 2008). Altrichter et al. (2009) formulieren, dass eine heterogene Gruppe dadurch gekennzeichnet ist, dass diese in Hinblick auf ein oder mehrere Eigenschaften als sehr verschieden erlebt wird. Was nun unter „sehr verschieden“ zählt, hängt von „historisch wandelbaren Maßstäben ab“ (Altrichter et al., 2009, S. 342). Obwohl Diversität in den letzten Jahren zugenommen hat – wie auch der HeterogenitätsDiskurs –, wird in den meisten Fällen der Diskurs jedoch nur sehr beschränkt geführt. Es werden den Studierenden Merkmale (Geschlecht, Alter, Zuwanderungsbiografie etc.) zugeordnet und „für die identifizierten Gruppen werden Unterstützungsangebote gefordert bzw. angeboten“ (Linde/Auferkorte-Michaelis, 2018, S. 17). Die vorliegende Arbeit beschränkt sich nicht nur auf wenige Merkmale (z. B. demografische Merkmale) der Heterogenität von Schülern und Schülerinnen, sondern beschreibt die unterschiedlichen Dimensionen von Heterogenität.

2.3.2

Dimensionen von Heterogenität

Auf die Frage, in welchen Merkmalen sich Lernergruppen unterscheiden können, folgen unterschiedliche Antworten und Auflistungen von Merkmalen. Die Begriffe kognitive Leistungsfähigkeit, soziale Herkunft, Alter und Geschlecht werden meist als bedeutsame Merkmalsunterschiede bezeichnet (Trautmann/Wischer, 2011b). Es gibt viele Autoren (u. a. Trautmann/Wischer, 2011b; Altrichter/Hauser, 2007; Vock/Gronostaj, 2017), die diese Liste ergänzen und zudem weitere Aspekte einbringen können. Trautmann und Wischer (2011b, S. 41) zitieren Altrichter/Hauser (2007, S. 6): Die Klassenzimmer sind gleichsam mit Heterogenität gepflastert, Schülerinnen

2.3. Heterogenität und Diversität

41

und Schüler einer Klasse sind oft sehr unterschiedlich in Bezug auf

• Erfahrungshintergrund – nach ihrer sozialen, kulturellen, nationalen Identität, Erziehungsstile der Eltern etc. • Kenntnisse und Vorerfahrungen, Leseverhalten, Fernsehkonsum etc. • Allgemeine Fähigkeiten und Begabungen und logisches Denken, künstlerische Fähigkeiten, sportliche Eigenschaften etc. • Persönlichkeitsmerkmale, wie Schüchternheit, Offenheit, unterschiedliche Lerntypen etc. • Arbeitshaltungen – Durchhaltevermögen, zielgerichtetes Arbeiten, Ehrgeiz, Langsamkeit, Entmutigung, Unsicherheit etc. • Arbeitstechniken im Umgang mit angebotenen Lernmaterialien • Motivation und Einstellung zu bestimmten Unterrichtsfächern • Arbeits- und Lerntempo, Ausdauer, Lernorganisation Leistungen.

Diese dargestellte Auflistung kann die praktischen Erfahrungen möglicherweise gut abbilden, jedoch werden diese Listen nie ein Ende haben. So kann diese Liste von Merkmalen immer weiter ergänzt werden und die Situation die Lehrperson möglicherweise überfordern (Trautmann/Wischer, 2011b). Welche Dimensionen sollten nun im schulischen Kontext berücksichtigt werden? Trautmann und Wischer (2011b) sehen relevante Heterogenitäts-Dimensionen in zwei unterschiedlichen Perspektiven – der psychologischen Lehr-Lern-Forschung und der sozial- und erkenntniskritischen Perspektive. Die Abbildung 2.9 beschreibt mögliche Dimensionen der Heterogenität von Lernenden in der Erwachsenenbildung. Sie wurde in Anlehnung an Gaisch und Aichinger (2016) zusammengestellt. Es werden zu den vier Dimensionen Unterscheidungsmerkmale von Lernenden angeführt. Die Dimensionen lassen sich in vier Kategorien einteilen. Es wird zwischen kognitiver, demografischer, fachlicher und beruflicher Heterogenität unterschieden (Linde/AuferkorteMichaelis, 2018).

42

2. Theorieteil

Abbildung 2.9 – Heterogenität im Schulwesen

Nach Linde und Auferkorte-Michaelis (2018) wird zwischen relevanten Differenzen der Studierenden im Lehr-Lern-Kontext und relevanten Differenzen, die vom Schulsystem erst erzeugt werden, unterschieden. Kognitive, demografische und berufliche Heterogenität beziehen sich in diesem Modell (siehe Abbildung) jeweils auf Unterschiede der Studierenden. Fachliche Diversität beschreibt relevante Unterschiede, die durch die Schule erzeugt werden, z. B. Interdisziplinarität. Die Perspektiven der psychologischen Lehr-Lern-Forschung sowie erkenntnistheoretische Perspektiven (in Anlehnung an Trautmann/Wischer, 2011b) sind im Modell ebenfalls repräsentiert. Der Zugang kann von beiden Perspektiven gewählt werden. Dies hängt stark vom Erkenntnisinteresse ab. Trautmann und Wischer (2011b, S. 53) schreiben: Will man Unterricht oder die Gesellschaft verbessern? Während die lehr-lernpsychologische Perspektive mit ihrem Fokus auf Unterricht besonders für die Allgemeine Didaktik und die Fachdidaktiken attraktiv ist, sind die [. . . ] Zugänge [aus der erkenntnistheoretischen Perspektive] hoch anschlussfähig für schultheoretische Analysen und sozialkritische Bewegungen, die Schule und Gesellschaft insgesamt in den Blick nehmen und verändern wollen. (Trautmann/Wischer, 2011b, S. 53) 2.3.2.1

Demografische Heterogenität

Demografie kommt vom Griechischen ,Volksbeschreibung’ und bedeutet die Wissenschaft von der Bevölkerung. Der Zustand dieser (wie z. B. Alter, Größe, Zuwanderung, ...) wird näher

2.3. Heterogenität und Diversität

43

beschrieben und analysiert (Eckart, 2011). Unter demografischer Heterogenität werden (in der Abbildung 2.9) alle personenbezogenen Merkmale der Bevölkerung, nach denen sich die Lernenden unterscheiden können, verstanden. Als Beispiele können Alter, Geschlecht, familiärer Hintergrund, soziale Mobilität und Religion als Merkmale genannt werden (Linde/AuferkorteMichaelis, 2018). Über das Merkmal Familiärer Hintergrund beispielsweise wird in der Fachliteratur Folgendes geschrieben: Familiärer Hintergrund und Bildungserfolg haben einen Zusammenhang, behaupten Ehmke/Jude (2010) und Vock/Gronostaj (2017). Haben Lernende geringe sprachliche Kompetenzen, so ist dies meist auf sprachlich wenig anregende familiäre Umgebungen zurückzuführen (Grosche, 2013; Vock/Gronostaj, 2017). Es gibt immer wieder Lehrpersonen, die dieses Merkmal nicht berücksichtigen. Vock und Gronostaj (2017) beschreiben die Gefahren hierbei wie folgt: Wenn an Schulen also (bildungs-) sprachliche Kompetenzen eher vorausgesetzt werden als erlernt und eingeübt werden können, führt das zu einer systematischen (wenn auch impliziten) Bevorzugung von Kindern, die zu Hause reichhaltigen und komplexen sprachlichen Input im Deutschen erhalten. (Vock/Gronostaj, 2017, S. 28) 2.3.2.2

Kognitive Heterogenität

Ein Teil der kognitiven Heterogenität wird von Trautmann und Wischer (2011b) als psychologische Lehr-Lern-Perspektive beschrieben. Schüler/-innen unterscheiden sich in ihrem Vorwissen, kognitiven Strukturen, Problemlösestrategien und vielem mehr (Linde/AuferkorteMichaelis, 2018). Trautmann und Wischer (2011b, S. 44) zitieren Helmke/Weinert (1997, S. 108): Vergleicht man Menschen mit ähnlicher Intelligenz, aber einem sehr unterschiedlichen Wissenstand bei der Bearbeitung anspruchsvoller Lern-, Gedächtnis- oder Denkaufgaben aus einem bestimmen Inhaltsgebiet, so übertreffen diejenigen, die über das bessere Wissen verfügen (Experten), die Novizen in praktisch allen Belangen. (Helmke/Weinert, 1997, S. 108) 2.3.2.3

Berufliche und schulische Heterogenität

Da das Gymnasium für Berufstätige eine spezielle Ausbildungsform darstellt, ist es sinnvoll, diese Dimension von Heterogenität zu nennen. Berufliche Heterogenität ist in diesem Schultyp dadurch gekennzeichnet, dass die Lernenden schulische und berufliche Vorbildungen vorweisen. Zudem unterscheiden sie sich in ihrer Berufspraxis. Zum Beispiel gibt es Schüler/-innen,

44

2. Theorieteil

die in einer Firma als Techniker angestellt sind und dadurch eventuell mehr mit mathematischen oder physikalischen Inhalten vertraut sind als Schüler/-innen, die einen Friseursalon führen. 2.3.2.4

Fachliche Heterogenität

Fachliche Heterogenität ist gekennzeichnet durch die Verschiedenheit der Fächer im Schulwesen. So sind Interdisziplinarität und Transdisziplinarität (fachübergreifender Unterricht) Beispiele dafür. (Linde/Auferkorte-Michaelis, 2018).

2.3.3

Umgang mit Heterogenität im Unterricht

Im Schulkontext wird Heterogenität eher als negativ und Homogenität tendenziell eher als positiv empfunden (Altrichter et al., 2009). Dies sind auch Gründe dafür, warum Jahrgangsstufen oder Schulzweige in Gymnasien, Berufsbildenden höheren Schulen oder Neuen Mittelschulen – mit dem Ziel einer Homogenisierung der Gruppen – eingeführt wurden. Diese anvisierte Homogenität kann aber nicht erreicht werden und stellt nur eine Fiktion dar. Trotzdem ist es sehr wichtig, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen. Unterschiedliche Studien belegen, dass individuelle Eingangsvoraussetzungen den größten Einfluss auf den Lernerfolg haben (vgl. Helmke/Weinert 1997; Wang/Haertel/Walberg, 1990, zitiert nach Guldimann in Buholzer, 2012). So ist es von besonderer Bedeutung, die Bedingungen des Lernens mit ihren Unterschieden als Kriterien (Kennzeichen) für Heterogenität zwischen Schülern und Schülerinnen zu klären. Nach Weinert (1997) können vier Reaktionsmöglichkeiten auf Lerndifferenzen unterschieden werden: 1. Passive Reaktionsform Die Lehrperson ignoriert die individuellen Lern- und Leistungsunterschiede und orientiert sich an einem/r realen oder fiktiven Durchschnittsschüler/-in. Dies beeinflusst die Planung der Schnelligkeit und Schwierigkeit des Unterrichtens. 2. Substitutive Reaktionsform Durch schulorganisatorische Homogenisierung (z. B. Leistungsgruppen, Sitzenbleiben) werden die Schüler/innen an die Lernanforderungen angepasst. 3. Aktive Reaktionsform Die aktive Reaktionsform ist gekennzeichnet durch eine laufende Anpassung des Unterrichts an die lernrelevanten Unterschiede der Lernenden. Die Lehrstrategien werden differenziert und angepasst, um möglichst bei allen Schüler/-innen ein Optimum des Lernfortschritts zu erzielen.

2.3. Heterogenität und Diversität

45

4. Proaktive Reaktionsform Dies stellt eine gezielte Förderung der Lernenden durch adaptive Gestaltung des Unterrichts dar. Curriculum und Unterricht werden so konzipiert, dass eine einfache Förderung der Schüler/-innen möglich ist. Darin enthalten sind differenzielle Lernziele, wobei zwischen Basis- und Aufbaucurriculum unterschieden wird. Die zwei erst genannten Reaktionsweisen dominieren die Schulpraxis, so Altrichter et al. (2009). Die vier Reaktionsmöglichkeiten von Weinert (1997) fasst Scholz (2007) in zwei bzw. Dubs (2009) in drei Richtungen zusammen: 1. Äußere Differenzierung Durch unterschiedliche Auswahlverfahren sollen nach dem Prinzip der Selektion (z. B. Jahrgangsklassen, Schulzweige, Aufnahmeprüfungen, Sitzenbleiben) möglichst homogene Gruppen gebildet werden. Trotz Maßnahmen der äußeren Differenzierung ist eine heterogene Schülergruppe Standard. 2. Innere Differenzierung Die Heterogenität innerhalb der Schülergruppe wird als Chance empfunden. Die Prinzipien der Modifikation und Integration stehen hier im Vordergrund. Unter Beibehaltung der Lerngruppe wird mittels unterschiedlicher Strategien der inneren Differenzierung versucht, die einzelnen Schüler/-innen individuell zu fördern. 3. Integration von Problemschülern und Problemschülerinnen Dubs (2009) liefert ein weiteres Lehrerverhalten im Umgang mit Heterogenität, das aus seiner Sicht sehr bedeutend ist. Für Lehrpersonen stellt das Einbinden von Problemschülern und Problemschülerinnen oftmals eine Herausforderung dar. Die Basis für eine gute Beziehung zwischen Lehrern und Lehrerinnen auf der einen Seite und Schüler/innen auf der anderen bilden Wertschätzung und Vertrauen. Lehrpersonen sollen die erbrachten Leistungen ehrlich anerkennen und Schüler/-innen müssen Verantwortung für ihr Lernen übernehmen. Für Lehrpersonen kann die Heterogenität von Klassen als Chance betrachtet werden. Innere Differenzierung und individualisierter Unterricht sind Möglichkeiten, mit Heterogenität im Unterricht umzugehen. Es gibt unseres Wissens keine wissenschaftlich fundierten Aussagen, ob heterogene oder homogene Schülergruppen bessere schulische Leistungen erreichen. Somit besteht auch keine direkte Notwendigkeit einer weiteren Selektion im Schulwesen. Zudem ist eine derartige Selektion einzelner Schüler/-innen in homogene Gruppen kaum bis gar nicht umsetzbar. Somit sind alle Lehrpersonen von einer Heterogenität, ob schwächer oder stärker, betroffen. Das Ziel besteht darin, mit ihr sinnvoll umzugehen. Eine genannte Maßnahme ist die innere Differenzierung, welche im nächsten Kapitel (2.4) beschrieben wird.

46

2.4

2. Theorieteil

Differenzierung im Schulwesen

Schüler/-innen bringen unterschiedlichste Voraussetzungen mit, wenn sie in die Schule kommen. Viele Faktoren wie genetisches Potential, Sozialisation und soziokulturelle Einflüsse sind Gründe für Heterogenität. Diese äußert sich sowohl in unterschiedlichen Leistungen je nach Fachbereichen als auch in Unterschieden bei Interessen, Konzentrationsfähigkeit und Begabungen (Sitte/Wohlschlägl, 2001). Um jedem Individuum in der Schule und im Unterricht gerecht zu werden, fällt häufig der Begriff Differenzierung als Maßnahme im Zusammenhang mit Heterogenität. Dieses Kapitel beschäftigt sich zunächst mit der historischen Spurensuche und der Einbettung des Begriffs Differenzierung im Unterrichtswesen. Es folgt ein Überblick der verschiedenen Differenzierungsmöglichkeiten und -ebenen. Anschließend wird der Begriff innere Differenzierung als Prinzip näher beschrieben und diskutiert.

2.4.1

Historische Spurensuche

Die Thematik der inneren Differenzierung ist eng verbunden mit der Organisation von Unterricht in Schülergruppen bzw. Klassen. Im Mittelalter erhielten nur wenige Kinder und Jugendliche die Möglichkeit einer Schulbildung. Diese Privilegierten besuchten die sogenannten „Elementarschulen” (Fischer, 1962, S. 10). Wenn sie beschult wurden, dann nur individuell oder in Kleingruppen. Im 17. Jahrhundert empfahl Johann Amos Comenius (1592-1670) erstmals eine Zusammenführung der Schüler (Mädchen erhielten in dieser Zeit keine Schulbildung. Aus diesem Grund wird nur die männliche Form verwendet.) zu Klassen (Schneuwly, 2014). Er behauptete, dass Frontalunterricht in größeren Klassen effektiv und ökonomisch sei, um alle Kinder zu lehren (Riedl, 2008). Feige (2005) beschreibt, dass hinter Comenius’ Empfehlung das ökonomische Motiv lag, Unterricht bzw. Schulbildung für alle zu ermöglichen. So propagierte er eine Einteilung der Schüler nach dem Alter sowie eine jährliche gemeinsame Einschulung (Schneuwly, 2014). Werden Kinder und Jugendliche nun in einer Klasse im Gleichschritt unterrichtet, ist zwangsmäßig ein Dilemma vorprogrammiert: Lernen in Gruppen kann zwar förderlich wirken, aber auch hemmen. Bereits im Aufbau des Klassenunterrichts zeigte sich die Schwierigkeit, den individuellen Fähigkeiten der Lernenden gerecht zu werden. So gab es bereits Ende des 17. Jahrhunderts erste Tendenzen, Schüler bei „Fachkursen“ in unterschiedliche Niveaugruppen (= Leistungsgruppen) einzuteilen (Schneuwly, 2014; Fischer, 1962). Herbart (1776-1841) bezeichnete bereits in dieser Zeit das zentrale Problem der Heterogenität als „Verschiedenheit der Köpfe“ (Riedl, 2008). Nach Feige (2005) und Reh (2005) erfolgte die eigentliche Einführung eines Klassenunterrichts auf breiterer Ebene erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Hierbei wurden die Kinder

2.4. Differenzierung im Schulwesen

47

in Jahrgangsklassen zusammengefasst, um eine Homogenisierung innerhalb der Gruppen zu erzielen. Dieser Versuch führte nur teilweise zum Erfolg. Individuelle Unterschiede innerhalb der Klasse und die damit verbundenen Probleme der Unter- und Überforderung waren auch hier gegeben. Die Einführung der ersten Leistungsgruppen kann in diesem Zusammenhang als Reaktion auf die gegebenen Leistungsunterschiede innerhalb der Jahrgangklassen gedeutet werden (Schneuwly, 2014). Brophy und Good (1976, S. 316-317) zeigen die Problematik der Leistungsunterschiede innerhalb der Gruppe – empirisch gestützt – auf: Lehrer, die allen Schülern dieselbe Häufigkeit und dieselbe Art an Lernmöglichkeiten im Klassenzimmer geben sowie die gleichen Ziele für alle setzen, werden die Klasse so gestalten, dass viele Schüler über- oder unterfordert werden. Gleichheit [Hervorhebung im Original] ist nicht die Antwort. Gleichheit ist unzutreffend als Erwartung und schädlich als Strategie. Die Herausforderung der Heterogenität bei Lernenden in einem gemeinsamen Lernumfeld (wie in einem Klassenverband) ist quasi so alt wie dieser Unterricht selbst (Riedl, 2008). Das Prinzip der Differenzierung soll eine mögliche Lösung für den Umgang der schulischen Heterogenität sein (Dubs, 2009). Es versucht, an der Schnittstelle zwischen dem am gemeinsamen Ziel ausgerichteten Lehrprozess und dem individuellen Lernprozess anzusetzen (Schneuwly, 2014). Das Prinzip der Differenzierung wurde zunächst in der Reformpädagogik verstärkt behandelt und schließlich im deutschen Sprachraum in den 1970er Jahren in der Allgemeinen Didaktik unter dem Begriff Binnendifferenzierung breit diskutiert (Klafki/Stöcker, 1976; Trautmann/Wischer, 2009; Wischer, 2008). Zudem wurde das Prinzip unter dem Stichwort adaptiver Unterricht in der psychologischen Lehr- und Lernforschung verstärkt untersucht (Wischer, 2008). Wischer (2008, S. 714) zitiert die Studie von Hage et al. (1985) und schreibt, dass „die ausgewiesene Dominanz des Frontalunterrichts zu Gunsten von selbstständigkeitsorientierten Lernformen zurückgegangen“ ist. Geht man aber der Frage nach, inwieweit auch den individuellen Lernvoraussetzungen angepasste Wege eröffnet werden, so sieht das Ergebnis noch sehr ernüchternd aus (Wischer, 2008). Altrichter et al. (2009, S. 347) stützen diese Aussage und liefern in diesem Kontext sogar klare Fakten aus der PISA-Studie von 2003: „72 % der befragten Schüler/innen geben an, Individualisierung/Differenzierung in ihren Mathematikstunden nie oder fast nie erlebt zu haben. [. . . ] Nur 6 % der Schüler/innen berichten, eine relativ große Vielfalt an Arbeitsformen zu erleben [. . . ]“. Die Bedeutung der Differenzierung im Unterricht war bereits viele Jahre lang ein Spezialthema von engagierten Lehrer/-innen. Seit die Gesamtschule Ziel der Bildungspolitik ist, scheint diese Differenzierung auch ein besonderes Anliegen der Politik zu sein. Ein weiterer Grund

48

2. Theorieteil

ist eventuell das steigende Bewusstsein der gesellschaftlichen Heterogenität (Altrichter et al., 2009).

2.4.2

Begriffliche Klärung

Der Begriff Differenzierung kommt aus dem Lateinischen differre und bedeutet ,verschieden sein’ oder ,sich unterscheiden’. Differenzierung bedeutet im Schulwesen, eine gezielte Maßnahme zu setzen, um einer heterogenen Gruppe gerecht zu werden. Hierbei gibt es unterschiedlichste Möglichkeiten, zu differenzieren. Die Maßnahmen können seitens des Bildungsministeriums oder der Schule, quasi von außen, oder seitens der Lehrperson, in diesem Fall von innen, gesetzt werden. Wenn die Differenzierung von innen gesteuert wird, also von der Lehrkraft, wird sie auch als innere Differenzierung oder Binnendifferenzierung bezeichnet (siehe Kapitel 2.4.4). Die Maßnahmen für eine Unterrichtsdifferenzierung können didaktisch, organisatorisch und inhaltlich sein, aber auch variable Hilfestellungen der Lehrperson dienen als wichtige Differenzierungsmaßnahme. In der Literatur fallen zur Definition immer wieder ähnliche oder gleiche Begriffe. So tauchen in diesem Zusammenhang oft die Begrifflichkeiten: Abstufung, Unterscheidung, Ungleichartigkeit, Sondierung, Aufgliederung, Strukturierung und Herausgestaltung ungleicher Formen auf (Linser/Paradies, 2001). Differenzierung kann neben einer gezielten Maßnahme auch als Unterrichtsprinzip aufgefasst werden, nämlich als Prinzip der Differenzierung. Somit kann unter Differenzierung sowohl ein Unterrichtsprinzip als auch die gesetzte Maßnahme im Unterricht für die Realisierung dieses Prinzips verstanden werden (Schröder, 2010). Der Begriff wurde in der allgemeinen Pädagogik der 1970er Jahren bedeutend von Klafki (1976) und Schittko (1984) geprägt. Schittko (1984, S. 23) sieht Differenzierung als Bemühungen, [...] angesichts der unterschiedlichen Lernvoraussetzungen der Schüler und unterschiedlicher gesellschaftlicher Anforderungen durch eine Gruppierung nach bestimmten Kriterien und durch fachdidaktische Maßnahmen den Unterricht so zu gestalten, [dass] die für das schulische Lernen gesetzten Ziele möglichst weitgehend erreicht werden können.

Klafki und Stöcker (1976) geben eine Definition der inneren Differenzierung in Abgrenzung zur äußeren Differenzierung (siehe 2.4.4). Bönsch (2009) definiert Differenzierung folgendermaßen: Unter Differenzierung wird einmal das variierende Vorgehen in der Darbietung und Bearbeitung von Lerninhalten verstanden, zum anderen die Einteilung bzw. Zugehörigkeit von Lernenden zu Lerngruppen nach bestimmten Kriterien. [. . . ] Differenzierung stellt sich für die Organisation von Lernprozessen als Bündel von Maßnahmen dar, Lernen in

2.4. Differenzierung im Schulwesen

49

fachlicher, organisatorischer, institutioneller wie individueller und sozialer Hinsicht zu optimieren. (Bönsch, 2009, S. 14)

Linser und Paradies (2001, S. 9) sind der Auffassung, dass Differenzierung „die Unterscheidung, Verfeinerung, Abstufung und Aufteilung der Lerninhalte [. . . ]“ bedeutet. Sie betrachten den Lernprozess als einen komplexen und subjektiven Vorgang, welcher bestmöglich nur durch individuell gesetzte und differenzierte Maßnahmen unterstützt werden sollte (Linser/Paradies, 2001). Im Zusammenhang mit dem Begriff Differenzierung steht auch der Begriff der Individualisierung und des individualisierten Unterrichts. Differenzierung bietet Möglichkeiten, individualisierten Unterricht zu gestalten. Hierbei ist immer das Ziel, den Schüler/die Schülerin bestmöglich in seinem/ihrem eigenen Sein zu unterstützen. Das Lernangebot muss demnach an jeden Einzelnen angepasst werden. Diese innere Differenzierung kann nur mittels spezieller Strategien umgesetzt werden. Auch wenn bei unterschiedlichen Vorerfahrungen, Begabungen und Bedürfnissen der Lernenden differenzierte Unterrichtsverfahren sinnvoll sind, muss bei allen Versuchen, diese einzusetzen, immer die Gruppe im Mittelpunkt bleiben (Linser/Paradies, 2001).

2.4.3

Differenzierungsebenen

Es gibt unterschiedlichste Möglichkeiten, in der Schule oder im Unterricht zu differenzieren. Dazu gehören auch unterschiedliche Varianten der Gliederung und der Kriterien, nach denen differenziert werden kann. Derselbe Lerninhalt kann sowohl in methodischer und didaktischer als auch in sozialer Hinsicht differenziert angeboten werden. So kann der Lernumfang, der Bearbeitungsmodus, das Alter, das Geschlecht und vieles mehr ein Differenzierungskriterium darstellen. Da die Differenzierungsmaßnahmen sehr vielfältig sind, gibt es auch keine eindeutige und einheitliche Aufteilung in der Fachliteratur. In diesem Kapitel wird versucht, einen selbstständigen Überblick der Differenzierungsmöglichkeiten zu präsentieren (in Anlehnung an Bönsch, 2009; Linser/Paradies, 2001; Klafki/Stöcker, 1976 zitiert nach Trautmann/Wischer, 2007). Im österreichischen Schulsystem wird bereits von ,Außen’ eine Differenzierung durchgeführt. Durch gezielte Maßnahmen, wie Verteilung auf verschiedene Schulformen, Sitzenbleiben oder Niveaus, versucht man die Schüler/-innen in homogene Lerngruppen einzuteilen. Das Ziel ist hier vorwiegend, Gruppen zu bilden, in denen sich Lerntempo und Lerngruppe bestmöglich decken. Dies bedeutet eine „Anpassung der Schülerinnen und Schüler an ein (dann einheitliches) Lernangebot“ (Trautmann/Wischer, 2007, S. 44). Trotzdem erübrigt es sich nicht, das Lernangebot seinerseits individuell an jeden Einzelnen anzupassen. Diese innere Differenzierung kann nur mittels spezieller Strategien umgesetzt werden.

50

2. Theorieteil

Nach Bönsch (2009) wird zwischen drei Ebenen der Differenzierungsmöglichkeiten unterschieden. Er nennt in diesem Zusammenhang (1) die Schulsystemdifferenzierung, (2) die Schuldifferenzierung und (3) die Unterrichtsdifferenzierung. Die drei genannten Kategorien können weiter unterteilt werden. Im Gegensatz zu Bönsch (2009) unterteilen Paradies und Linser (2001) die Differenzierung in zwei Ebenen anstatt in drei. Sie nennen hier die äußere und innere Differenzierung. Schulform, Schulprofil und Jahrgangsklasse gehören der Kategorie äußere Differenzierung an. Weiter betrachten sie die schulorganisatorische und didaktische Differenzierung als Teil der inneren Differenzierung. Klafki und Stöcker (1976) liefern nach Trautmann und Wischer (2007) einen Überblick der Möglichkeiten der inneren Differenzierung. Sie unterteilen innere Differenzierung in drei Kernbereiche: (1) nach Aufgabe, (2) nach Maß an Lehrerzuwendung und (3) nach Zugängen, Interessen und Lernstilen.

Abbildung 2.10 – Differenzierung im Unterricht

Diese Arbeit fasst die drei genannten unterschiedlichen Konzepte in ein einheitliches zusammen. Dies ist in Abbildung 2.10 dargestellt. Differenzierung wird in dieser Arbeit als Überkategorie der Bereiche äußere Differenzierung und innere Differenzierung gesehen, wobei diese beiden weitere Unterkategorien beinhalten. So kann äußere Differenzierung nach (1) Schulsystem, (2) Schulform und (3) Unterricht erfolgen. Differenzierung nach Interessen oder Leistungen kann aus dieser Sicht sowohl der äußeren Differenzierung als auch der inneren Differenzierung zugeordnet werden. Die innere Differenzierung hat als Unterkategorie die Unterrichtsdifferenzierung, welche sowohl schulorganisatorische, didaktische und

2.4. Differenzierung im Schulwesen

51

interessensorientierte als auch leistungsorientierte Differenzierungsmaßnahmen einschließt. Es zeigt sich hier bereits, dass Differenzierung im Unterricht auf vielfältige Art und Weise möglich ist. Hierfür ist es zunächst zielführend, die Begriffe der inneren und äußeren Differenzierung (siehe Abbildung oben) voneinander abzugrenzen und zu definieren. Ebenso werden die übrigen in der Abbildung verwendeten Begriffe erläutert. Äußere Differenzierung: Äußere Differenzierung folgt dem Gedanken, die Schüler/-innen in möglichst homogenen Gruppen zusammenzufassen. Linser und Paradies (2001) beschreiben die Ebene der äußeren Differenzierung aus Sicht der Lehrperson als ein starres Modell. Sie ist weitestgehend von außen vorgegeben und kaum individuell gestaltbar bzw. seitens der Lehrperson veränderbar (Linser/Paradies, 2001). Einfluss hätten hier nur die Schulaufsichtsbehörde, die Direktion oder das Bildungsministerium. Bönsch (2009) jedoch sieht äußere Differenzierung auch als eine Differenzierungsmaßnahme in der Unterrichtsgestaltung. Diese Arbeit erkennt beide Möglichkeiten an. Riedl (2008) schreibt, dass äußere Differenzierungsmaßnahmen nur zu einem gewissen Grad helfen. Hierbei lassen sich nur grob die Gruppen zu homogenen Lerngruppen zusammenfassen. Seiner Ansicht nach greift innere Differenzierung viel weiter. Innere Differenzierung: Innere Differenzierung kommt innerhalb einer Lerngruppe zur Anwendung. Es sollen danach individuelle Voraussetzungen, Bedürfnisse, Ziele und Interessen berücksichtigt werden. Riedl (2008, S. 2) definiert innere Differenzierung auf diese Weise: Sie ist die didaktisch-methodische Individualisierung von Unterricht in einem noch zwangsläufig heterogenen Klassenverband und berücksichtigt die nach wie vor bestehende Heterogenität innerhalb einer Lernergruppe. Sie bezieht sich sowohl auf die Planung und Vorbereitung als auch auf die schülerorientierte Gestaltung von Unterricht und fällt somit in den Verantwortungsbereich der unterrichtenden Lehrkraft. (Riedl, 2008, S. 2) Dem Begriff innere Differenzierung wird ein eigenes Kapitel (2.4.4) gewidmet. In diesem wird der Begriff definiert und werden untergeordnete Kategorien präsentiert. Ebenso wird der Begriff natürliche Differenzierung aufgegriffen. Schulsystemdifferenzierung beschreibt die Möglichkeit der Variierung der Schulstrukturen. Die Versuche der Einführung der Gesamtschule können hier als Beispiel genannt werden. Schuldifferenzierung (Schulform): Das Schulsystem in Österreich bietet unterschiedlichste Schultypen (= Schulformen) zur Auswahl wie Gymnasium, Neue Mittelschule und BHS (= Berufsbildende höhere Schule). Schüler/-innen können bzw. müssen im österreichischen Schulsystem bereits mit 10 Jahren ihre erste Entscheidung bezüglich der Schulwahl treffen. So

52

2. Theorieteil

wird mittels Schulform bereits vordifferenziert. Weiterhin wird auch innerhalb der Schulform differenziert: die Schüler/-innen können sich oftmals Zweige wählen. Beispiele sind der altsprachliche, neusprachliche, wirtschaftskundliche oder musische Zweig im Gymnasium; Mechatronik, Elektrotechnik oder Design in Berufsbildenden höheren Schulen oder andere Zweige in den Neuen Mittelschulen. Unterrichtsdifferenzierung: Die Unterrichtsdifferenzierung kann sowohl schulorganisatorisch als auch didaktisch, interessensorientiert oder leistungsorientiert erfolgen. Bönsch (2009, S. 18) ist der Ansicht, dass diese Differenzierungsmaßnahme nicht nur im engeren Sinn des Unterrichtsrahmens betrachtet werden muss. So definiert er Unterrichtsdifferenzierung wie folgt: Unterrichtsdifferenzierung beginnt bei Maßnahmen der Schuldifferenzierung, weil durch sie sehr konkrete Lehrplanentscheidungen wirksam werden (Sprachenfolge, Stundenanteil von Fächern u.a.m.), meint im engeren Sinn aber die differenzierenden Maßnahmen, die nach Vorabklärung bestimmter Differenzierungskriterien (Alter, allgemeine Begabung usw.) den Unterricht in einem Fach/in einer Fächergruppe betreffen. (Bönsch, 2009, S. 18) Schulorganisatorische Differenzierung: Unter der schulorganisatorischen Differenzierung werden Maßnahmen verstanden, die die Zugehörigkeit von Schüler/innen zu Lerngruppen nach bestimmten Kriterien betreffen. Es wird etwa nach Zielen, Unterrichtsmethoden, Sozialformen, Unterrichtsinhalten und Lernvoraussetzungen differenziert (Linser/Paradies, 2001). Didaktische Differenzierung: Didaktische Differenzierung beschreibt ein variierendes „Vorgehen in der Darbietung und Bearbeitung von Lerninhalten“ (Linser/Paradies, 2001, S. 35). Es können beispielsweise Lernstile, Lernbereitschaft oder Lerntempo variiert werden.

2.4.4

Begriffsbestimmung innere Differenzierung

In österreichischen Schulen sind Klassen mit 25 oder mehr Schüler-/innen oft Standard. Sie alle unterscheiden sich in ihren Bedürfnissen und Lernvoraussetzungen oder anderen Kriterien (siehe Kapitel Heterogenität). Die Maßnahmen unterschiedlicher Schulformen, Schulzweige, das Sitzenbleiben sowie auch Jahrgangsklassen (= äußere Differenzierung) zielen darauf ab, dass die Schülergruppen möglichst homogen sind. Indem gezielt bestimmte Schüler/-innen zusammengefasst werden, soll eine Anpassung zwischen Lernangebot und Schüler/-innen stattfinden. Trautmann und Wischer (2007, S. 44) bezeichnen diesen Prozess als „eine Passung zwischen Lerngruppe und Lernangebot“. Wie bereits in den vorherigen Kapiteln beschrieben, funktioniert diese Anpassung nur teilweise. Die vorselektierte Gruppe wird aufgrund der Einzigartigkeit jedes einzelnen Schülers bzw. jeder Schülerin weiterhin heterogen bleiben.

2.4. Differenzierung im Schulwesen

53

Zudem muss erwähnt werden, dass Lehrer/innen immer mehr das Gefühl haben, dass die Heterogenität in den Klassen in den letzten Jahren zugenommen hat und sie empfinden diese Situation als sehr herausfordernd, so Trautmann und Wischer (2007). Das Konzept der inneren Differenzierung liefert nach Joller-Graf (2012, S. 123) „[. . . ] einen Beitrag zur Heterogenitätsthematik, indem es auf die Vielfalt der Lernenden mit einem flexiblen, variantenreichen und differenzverträglichen Unterricht antwortet“. Diese Meinung von Joller-Graf (2012) ist weit verbreitet und wird in der Fachliteratur immer wieder postuliert. Individuelle Förderung und innere Differenzierung gelten als Ansätze, um einer stark heterogenen Gruppe – obwohl bereits durch äußere Differenzierung vorselektiert wurde – im Unterricht gerecht zu werden. Die Maßnahme der inneren Differenzierung ist ein Versuch, den Lernenden verschiedene Lernwege innerhalb einer Lerngruppe zu ermöglichen. Unter innere Differenzierung werden meistens organisatorische und methodische Maßnahmen verstanden, welche innerhalb der Gruppe bzw. Klasse durchgeführt werden. In der Fachliteratur wird sie auch als Binnendifferenzierung bezeichnet. Kunze (2008) zeigt auf, dass die Maßnahmen der inneren Differenzierung im Gegensatz zur äußeren Differenzierung offen und dynamisch sind. Jede/r Lehrer/in kann individuell daran mitgestalten, wohingegen bei der äußeren Differenzierung kaum bis keine Mitgestaltung möglich ist. Bildungspolitische Vorgaben sind ein Beispiel dafür. Klafki und Stöcker (1976, S. 497) geben folgende Definition der inneren Differenzierung in Abgrenzung zur äußeren Differenzierung: ,Innere Differenzierung’ meint [. . . ] alle jene Differenzierungsformen, die innerhalb einer gemeinsam unterrichteten Klasse oder Lerngruppe vorgenommen werden, im Unterschied zu allen Formen so genannter äußerer Differenzierung, in der Schülerpopulationen nach irgendwelchen Gliederungs- oder Auswahlkriterien – z. B. den Gesichtspunkten unterschiedlichen Leistungsniveaus oder unterschiedlicher Interessen – in Gruppen aufgeteilt werden, die räumlich getrennt und von verschiedenen Personen bzw. zu verschiedenen Zeiten unterrichtet werden. (Klafki/Stöcker, 1976, S. 497) Neben dem Begriff der inneren Differenzierung fällt häufig auch der Begriff der Individualisierung. Deshalb ist es wichtig, diesen auch zu nennen und zu definieren. Individualisierung steht im Zusammenhang mit dem Begriff der Differenzierung, kann aber doch unterschieden werden. Kräft (2011, S. 21) grenzt die beiden Begrifflichkeiten wie folgt voneinander ab: Individualisierung bezieht sich auf das Lernen der Schüler, Differenzierung auf die Lernangebote und die Organisation von Unterricht – vereinfacht könnte man sagen, Individualisierung bezieht sich auf das Lernen der Schüler, Differenzierung auf das Lehren der Lehrer. (Kräft, 2011, S. 21)

54

2. Theorieteil

Innere Differenzierung setzt sich aus mehreren Komponenten zusammen. In Abbildung 2.11 sind diese unterschiedlichen Möglichkeiten der inneren Differenzierung grafisch dargestellt.

Abbildung 2.11 – Möglichkeiten der inneren Differenzierung im Unterricht. Angelehnt an Paradies/Linser (2001) und Klafki/Stöcker (1976)

Wie bereits im letzten Kapitel erläutert, wird zwischen schulorganisatorischer und didaktischer Differenzierung unterschieden. In dieser Arbeit wird eine weitere Kategorie der inneren Differenzierung hinzugefügt. In Anlehnung an Klafki/Stöcker (1976) ist die Differenzierung nach Maß an Lehrerzuwendung (= Unterstützung seitens der Lehrperson) ebenso eine Maßnahme der Inneren Differenzierung, welche sowohl schulorganisatorische als auch didaktische Komponenten beinhaltet. Abbildung 2.11 bietet einen Überblick über innere Differenzierung und Unterrichtsdifferenzierung. Die Kategorie Unterstützung wird hier als eigene Maßnahme der Unterrichtsdifferenzierung angesehen, wobei diese mit der didaktischen und schulorganisatorischen Differenzierung eng in Verbindung steht. Klafki (2007) ist der Ansicht, dass im Unterricht nur durch gezielte Anwendung innerer Differenzierungsmaßnahmen jeder einzelne Schüler bzw. jede einzelne Schülerin bestmöglich gefördert werden kann. Innere Differenzierung führt zu einem sehr hohen Grad an Selbstständigkeit und Kooperationsfähigkeit der Lernenden, so Klafki (2007). Um die innere Differenzierung zu verwirklichen, liefert er mehrere Gesichtspunkte, die ihm für die sinnvolle Umsetzung wichtig erscheinen. Mehr dazu im Kapitel 2.4.5.

2.4. Differenzierung im Schulwesen

55

Natürliche Differenzierung Neben den Begriffen Differenzierung, innere Differenzierung oder äußere Differenzierung fällt in der deutschsprachigen fachdidaktischen Literatur häufig der Begriff der natürlichen Differenzierung. Das operative Prinzip (beschrieben in Kapitel 2.2.4) beispielsweise ist eng verknüpft mit dem Prinzip der natürlichen Differenzierung nach Wittmann (1998). Es zählt zu den vielen didaktischen Prinzipien, die in der Mathematikfachdidaktik beschrieben sind. Die Frage ist nun: Ist der Begriff gleichzusetzen mit der inneren Differenzierung oder ist er eine Art Gegenkonzept? Die Frage kann nicht eindeutig beantwortet werden. Bei manchen Autoren wird natürliche Differenzierung als Gegenkonzept verstanden (Krauthausen/Scherer, 2001), bei anderen wiederum wird sie eher als zusätzliche Form der inneren Differenzierung betrachtet (Hirt, 2007; Scherer; Moser Opitz, 2010; Schneuwly, 2014). Differenzierung kann neben dem beschriebenen Konzept – innere Differenzierung und äußere Differenzierung – auch in offene Differenzierung und geschlossene Differenzierung unterteilt werden (Heymann, 2010). Geschlossene Differenzierung beschreibt Maßnahmen, die stark von der Lehrperson gesteuert werden. Die Lehrperson setzt dem Lernenden individuelle Lernwege fest und tut dies auf Grundlage einer Diagnose. Dies bedeutet in weiterer Folge, dass die Verantwortung weitgehend beim Lehrenden verbleibt (Schneuwly, 2014). Bei der offenen Differenzierung hingegen bleibt die Lehrperson weitgehend im Hintergrund. Ziel ist, dass Lernende ihre eigenen individuellen Lernwege finden. „Der Lernweg des Einzelnen ergibt sich im Prozess selbst“, so Heymann (2010, S. 8). Die Verantwortung liegt bei diesem Konzept eindeutig auf der Lernendenseite. Schüler/-innen können hier selbst frei Aufgaben und Lernwege bestimmen (Schneuwly, 2014). Natürliche Differenzierung schließt sich dem Konzept der offenen Differenzierung an. Wittmann/Müller (2004, S. 15) definieren dieses Konzept dahingehend: Im Sinne des aktiv-entdeckenden und sozialen Lernens bietet sich [. . . ] eine Differenzierung vom Kind aus an: Die gesamte Lerngruppe erhält einen Arbeitsauftrag, der den Kindern Wahlmöglichkeiten bietet. Da diese Form der Differenzierung beim „natürlichen Lernen“ außerhalb der Schule eine Selbstverständlichkeit ist, spricht man von „natürlicher Differenzierung“. (Wittmann/Müller, 2004, S. 15) Diese Arbeit betrachtet natürliche Differenzierung nicht als Gegenkonzept, sondern folgt Hirt (2007) (siehe oben). Natürliche Differenzierung wird als Teil der inneren Differenzierung angenommen, die in der Hauptuntersuchung (siehe Kapitel Methodik) zum Tragen kommt. Die Studierenden sind selbst verantwortlich für ihren Lernprozess. Sie erhalten seitens der Lehrperson nur Angebote. Ob und wie stark sie diese im Einzelnen wahrnehmen, ist jedem selbst überlassen.

56

2. Theorieteil

2.4.5

Umsetzung innerer Differenzierung im Unterricht

Heterogenität gehört zum Alltag des Unterrichts und ist aus diesem nicht mehr wegzudenken. Lehrer/-innen stehen jeden Tag vor neuen Herausforderungen bei der Unterrichtsgestaltung. Wie bereits in den vorangehenden Kapiteln erläutert, wird innere Differenzierung als eine mögliche Reaktion im Umgang mit heterogenen Gruppen gesehen. Dieses Kapitel behandelt die Frage, wie innere Differenzierung im Unterricht umgesetzt werden kann. Zu Beginn soll folgendes klargestellt werden: „Jede Unterrichtssituation enthält Potenzial zur Individualisierung und Differenzierung“ (Trautmann/Wischer, 2007, S. 45). Auch im Frontalunterricht lassen sich Maßnahmen der inneren Differenzierung umsetzen. So können beispielsweise unterschiedlich anspruchsvolle Fragen formuliert werden. Der Vorteil hierbei ist, dass derartige Gesprächstechniken nicht aufwändig sind und jederzeit einsetzbar sind. Ein Nachteil ist, dass diese Technik immer nur auf eine spezielle Schülergruppe oder nur einen/e Schüler/-in abzielt. Für den Rest der Gruppe ist das Gespräch oder die Thematik wenig relevant (Trautmann/Wischer, 2007). In der Fachliteratur gibt es ein breites Angebot von Strategien zum Umgang mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen. Dies gilt ebenso für Differenzierungsmaßnahmen im Unterricht. Kunze (2008) und Linser/Paradies (2001) liefern drei Grundformen von Unterricht, in denen innere Differenzierung gut umgesetzt werden kann: • Individualisierter Unterricht (Interessen- und Wahldifferenzierung), • Kooperativer Unterricht (schulorganisatorische Differenzierung), • Gemeinsamer Unterricht (didaktische Differenzierung). Wischer (2008) sieht im Gegensatz zu Kunze (2008) und Linser/Paradies (2001) nur die ersten beiden Grundformen im Zusammenhang mit innerer Differenzierung. 2.4.5.1

Individualisierter Unterricht

Schüler/-innen haben beim individualisierten Unterricht die Möglichkeit spezifisch auf ihre Kompetenzen und Interessen aufbauend die Inhalte zu bearbeiten. Weitere aufwändige Differenzierungsmaßnahmen müssen nach Paradies/Linser (2001) nicht mehr angeboten werden. Wischer (2008) hebt in diesem Zusammenhang die Einzelarbeit hervor. Sie „kann zu einer besseren Passung führen, wenn Lehrende sich bestimmten SchülerInnen stärker zuwenden und diese aktiv unterstützen [. . . ]“ (Wischer, 2008, S. 716). Paradies und Linser (2001) nennen als Grundvoraussetzungen eines individualisierten Unterrichts: • Anknüpfung am Vorwissen und individuellen Erfahrungen • (größtenteils) selbst gesteuerter Lernprozess

2.4. Differenzierung im Schulwesen

57

• Förderung individueller Lernwege Im individualisierten Unterricht planen und bearbeiten Schüler/-innen ihren Inhalt selbst. Die Lehrperson stellt zur Unterstützung nur ihr eigenes Basiswissen zur Verfügung und spielt eine begleitende Rolle. Beispiele für Varianten einer individualisierten Unterrichtsform sind beispielsweise die Freiarbeit, Stationenarbeit, Planarbeit, außerschulische Arbeiten oder Computerarbeiten (Linser/Paradies, 2001). Trautmann und Wischer (2007) beschreiben zwei Strategien der Adaption oder Passung. Beides sind Bemühungen, „Verfahren zu finden, die eine bessere Passung von Lernangeboten und individuellen Schülermerkmalen ermöglichen“ (Trautmann/Wischer, 2007, S. 44). Diese werden nun kurz vorgestellt: • Remediale Strategie: Bei dieser Strategie werden fehlendes Vorwissen oder fehlende Voraussetzungen einzelner Schüler/innen ausgeglichen. Im Sinne eines Aufholens versuchen sie, die Lernprobleme in zusätzlichen Förderangeboten zu beseitigen. Das Ziel ist, dass alle Schüler/-innen gleichermaßen vom Unterricht profitieren können. Im Klassenunterricht finden remediale Strategien mittels Mastery Learning (zielerreichendes Lernen) ihre Anwendung. Der Ansatz von Mastery Learning geht auf Bloom zurück. Er nimmt an, dass unterschiedliche Lernerfolge hauptsächlich auf Unterschieden in benötigter Lernzeit und Vorwissen zurückzuführen sind. • Kompensatorische Strategie: Die kompensatorische Strategie setzt am bereits vorhandenen Wissen der einzelnen Lernenden an. Sie versucht, fehlende Lernvoraussetzungen auszugleichen, „indem der Unterricht auf bereits vorhandene und besonders gut ausgeprägte Fähigkeiten aufbaut“ (Trautmann/Wischer, 2007, S. 45). Nach Trautmann und Wischer (2007) führt dies schnell zu Erfolgserlebnissen, jedoch bleiben die ungleichen Voraussetzungen weiterhin unverändert bestehen.

2.4.5.2

Kooperativer Unterricht

Kooperativer Unterricht bezeichnet eine Lernform, in welcher Schüler/-innen speziellen Gruppen zugeordnet werden und in diesen an einer Aufgabe arbeiten. Diese differenzierte Zuordnung kann nach pädagogischen, didaktischen oder pragmatischen Prinzipien erfolgen (Linser/Paradies, 2001). So können einzelne Gruppen Aufgaben auf unterschiedlichen Niveaustufen bearbeiten oder die Lernenden der Gruppe lösen jeweils eine für sich geeignete Teilaufgabe (Wischer, 2008). Die Lehrperson hat bei dieser Unterrichtsform eine moderierende und beratende Funktion. Sie stellt Materialien (bzw. die Lernumgebung) zur Verfügung und hilft bei Problemen (Linser/Paradies, 2001).

58

2. Theorieteil

2.4.5.3

Gemeinsamer Unterricht

Die Differenzierung erfolgt nach didaktischen Kriterien (Lerntempo, Lernstil, ...) durch die Lehrperson. Diese können sowohl im Klassenunterricht als auch in Präsentationen umgesetzt werden. Folgende Kriterien sind nach Paradies und Linser (2001) Grundvoraussetzungen für gemeinsamen Unterricht: • Planung und Durchführung völlig in der Hand der Lehrperson • keine Berücksichtigung individueller Lernwege oder Lerntypen • Vermittlung erfolgt in Form von Sprache, auditiven oder visuellen Medien • eingeschobene Einzelarbeit (während bestimmter Phasen) • festgesetzter Zeitrahmen sowie festes Stoffpensum Die Auflistung zeigt auf, dass bei dieser Unterrichtsform der Lehrende im Vordergrund steht. Die Unterrichts- und Lernphasen sind weitestgehend von der Lehrperson vorbestimmt. In zeitlich festgelegten Unterrichtphasen wird didaktische Differenzierung (z. B. Lerntempo, Lernstile) angeboten.

2.4.6

Herausforderungen bei der Umsetzung

Die Umsetzung innerer Differenzierung im Unterricht ist keineswegs gängige Praxis, obwohl mehr als die Hälfte der Eltern sich mehr Angebote einer solchen individuellen Förderung im Unterricht für ihre Kinder wünschen (vgl. Altrichter et al., 2009; Klemm/Zorn, 2016; Vock/Gronostaj, 2017). Empirische Untersuchungen bestätigen, dass nur selten parallel verschiedene Lernarrangements (z. B. Schrader/Helmke, 2008; Schiepe-Tiska et al., 2013) oder innere Differenzierung in Form verschiedener qualitativer oder quantitativer Aufgaben (Altrichter et al., 2009; Nieder/Frühauf, 2012) angeboten werden. Ob innere Differenzierung im Unterricht praktiziert wird, hängt weniger von der Heterogenität der Klasse ab (Warwas/Hertel/Labuhn, 2011; Westphal et al., 2016), sondern eher von den Kompetenzen der Lehrperson (Anders et al., 2010; Westphal et al., 2016). Beiträge aus der Literatur erwecken oftmals den Anschein, als sei die Umsetzung von Differenzierung eine Frage des Wollens und nicht eine Frage des Könnens (Wischer, 2008). Selten wird von Misserfolgen berichtet, häufig von wunderbar funktionierenden und gelungenen Aktivitäten. Wischer (2008) zitiert einen befragten Lehrer, der die Situation treffend formuliert: Binnendifferenzierung ist „ein Wort für das schlechte Gewissen des Lehrers“. Ist dem tatsächlich so? Oder gibt es Gründe, warum die Umsetzung nur spärlich funktioniert? Vock/Gronostaj (2017), Trautmann/Wischer (2008) und Wischer (2008) benennen mögliche Gründe für die Probleme bzw. Schwierigkeiten in der Umsetzung.

2.4. Differenzierung im Schulwesen 2.4.6.1

59

Komplexe Anforderungen an die Lehrperson

In der Unterrichtsrealität ergeben sich bereits aufgrund fehlender Materialien Probleme bei der Umsetzung. Die Lehrperson soll für jeden Lernenden den optimalen Lernschritt festlegen. Dies bedeutet, er/sie muss zuerst die Lernvoraussetzungen im Detail diagnostizieren (Vock/Gronostaj, 2017). So stellt innere Differenzierung neben dem zeitlichen Arbeitsaufwand weitere hohe Anforderungen an die Lehrperson: Der Lehrende benötigt hohe diagnostische Fähigkeiten, um Schüler/-innen und ihren Lernfortschritt beurteilen und Testinstrumente oder passende Aufgaben entwickeln zu können. Weiters sind die komplexen Lernarrangements, die innere Differenzierung bereitstellen soll, zu nennen. Diese erfordern erhöhte Aufmerksamkeit der Lehrkraft, da parallel mehrere Prozesse ablaufen und für jeden einzelnen Schüler bzw. jede einzelne Schülerin individuelle Entscheidungen getroffen und Hilfestellungen gegeben werden müssen (Wischer, 2008). So beschreiben Vock und Gronostaj (2017, S. 68) die oftmals vorzufindende Situation in den Schulen: Weil dies zeitaufwändig ist, verzichten Lehrkräfte in der Praxis häufig darauf, Differenzierungsmaßnahmen anhand einer vorherigen Diagnose einzusetzen, sondern verteilen Arbeitsblätter unterschiedlicher Schwierigkeit „per Augenmaß“. Auch wenn den Lehrpersonen Testinstrumente zur Verfügung gestellt werden, mit welchen sie die Lernentwicklung verlässlich erfassen können, liegt das Problem weiterhin darin, dass immer noch ein passgenaues und auf die Diagnose abgestimmtes Lernangebot fehlt und erstellt werden muss (Breidenstein et al., 2015). Diese praktischen Herausforderungen nehmen aber mit dem technischen Fortschritt immer mehr ab. Durch „verbesserte Lern- und Diagnosematerialien der Schulbuchverlage und den neuen technischen Möglichkeiten [sollen diese Herausforderungen] in den nächsten Jahren möglicherweise abgebaut werden [. . . ]“, so Vock und Gronostaj (2017, S. 69). 2.4.6.2

Interne Herausforderungen

Neben den beschriebenen praktischen Herausforderungen existieren jedoch weitere grundlegende Schwierigkeiten: So können stark adaptive Unterrichtsformen, wie beispielsweise Mastery Learning, Gefahr laufen, dass sich Lernende in ihrem Lernprozess sehr einsam fühlen. Dies hätte weiters einen Motivationsverlust und eventuelle Leistungseinbußen zur Folge (Stevenson/Stiegler, 1992; Vock/Gronostaj, 2017). Stark adaptiver Unterricht kann zwar „das Bedürfnis nach Kompetenzerleben befriedigen“ (Vock/Gronostaj, 2017, S. 69), jedoch kommt das Bedürfnis nach Kooperation zu kurz. Auch gibt es wenig empirische Belege dafür, dass adaptiver Unterricht zu einer Leistungssteigerung führt (Altrichter et al., 2009), und wenn, dann ist der Unterschied und Effekt nur sehr klein (Lou et al., 1996). So stehen Lütje-Klose (2011) und Vock und Gronostaj (2017) auf dem Standpunkt, dass Individualisierung und

60

2. Theorieteil

Gemeinsamkeit im Unterricht in einem Gleichgewicht stehen sollen und beide Konzepte ihre Berechtigung haben. Eine weitere Herausforderung, um innere Differenzierung im Unterricht zu implementieren, liegt in der Existenz von Widersprüchen: Auf der einen Seite sollen Lehrpersonen selektieren und Noten vergeben, auf der anderen alle Schüler/-innen bestmöglich fördern. So steht der Wunsch nach gleichen Leistungen und Vergleichbarkeit – durch das Curriculum und die Zentralmatura vorgegeben – dem didaktischen Prinzip der Differenzierung gegenüber (Wischer, 2008). Arbeiten Schüler/-innen an unterschiedlichen Aufgaben mit unterschiedlichem Niveau, kann dies zu einem Dilemma führen. Welche Note gibt man der jeweiligen Person? Zu diesem Widerspruch formulieren Trautmann und Wischer (2011b, S. 134): In den Appellen für innere Differenzierung geht dann allerdings die Frage verloren, wie die Selektion resp. Allokation – die ja als strukturelle Funktion der Schule nicht einfach verschwindet, sondern als Berechtigungswesen die Schule bis ins kleinste Detail durchzieht – in dieser neuen Differenzierungsform zum Ausdruck kommt. Stattdessen scheint man im Reformdiskurs davon auszugehen, dass die Verlagerung der Differenzierung nach innen (in den Unterricht) eine Erörterung der Selektionsproblematik überflüssig macht; zumindest wird diese dort nicht mehr thematisiert und verschwindet. Innere Differenzierung kann so – natürlich nur in der Programmatik – als Lösung ohne Risiken und Nebenwirkungen erscheinen, die die ungeliebte Platzierungsfrage obsolet macht. (Trautmann/Wischer, 2011b, S. 134) Weiter stehen individuellen Zielkriterien den kollektiven Zielen des Unterrichts gegenüber. Im Unterricht nach dem Prinzip der inneren Differenzierung soll der Lernzuwachs des einzelnen Schülers bzw. der einzelnen Schülerin im Vordergrund stehen. Unterricht hat aber auch die Aufgabe im Sinne des Chancenausgleichs, Unterschiede abzubauen (mittels remedialer oder kompensatorischer Strategien). Würde innere Differenzierung als konsequente Maßnahme umgesetzt werden, so würden die Unterschiede der Lernenden weiter auseinanderdriften (Wischer, 2008). Wischer (2008, S. 720) beschreibt den Konflikt folgendermaßen: Der Konflikt besteht darin, dass entweder das Unterrichtstempo für die Schnelleren reduziert werden muss, um den Bedarf an zusätzlicher Lernzeit für die Langsameren überschaubar zu halten. Oder aber die Leistungsdifferenzen werden – wenn die Schnelleren die Wartezeit optimal nutzen – so vergrößert, dass ein gemeinsamer Klassenunterricht schwierig wird (zusammenfassend Rauin 1987). Diese beiden (Haupt-)Probleme mögen erklären, warum innere Differenzierungsmaßnahmen kaum bis gar nicht praktiziert werden. Wenn differenzierte Maßnahmen vorgenommen werden,

2.5. E-Learning im Schulwesen

61

dann nur „als unspektakuläre Formen des Eingehens“ (Altrichter et al., 2009, S. 348). Der Großteil der Lehrpersonen gibt bei Befragungen an, dass Differenzierung nach Inhalten oder Hausübungen nicht praktiziert wird (Altrichter et al., 2009). Eine flächendeckende Umsetzung von innerer Differenzierung kann nur dann möglich sein, wenn auch die Rahmenbedingungen geschaffen werden.

2.5

E-Learning im Schulwesen

,Ich studiere in Österreich, wohne aber in Deutschland.’ – Eine derartige Aussage wäre vor einigen Jahrzehnten noch undenkbar gewesen. E-Learning-Umgebungen machen dies – und noch vieles mehr – heutzutage aber möglich. So können – bei Verfügbarkeit großer Mengen an Informationen – Lernprozesse außerdem hochgradig individualisiert werden. Lehner (2009) bekräftigt dies und schreibt, dass E-Learning eine Chance bietet, zu individualisieren. E-Learning-Arrangements sind ein wichtiger Teil der modernen Unterrichtswelt geworden. In Universitäten, Fachhochschulen, privaten Instituten wie auch bereits in Schulen werden E-Learning-Kurse angeboten. Es gibt unterschiedlichste Formen von E-Learning. Blended Learning beispielsweise – eine Mischung von Präsenz- und Onlineunterricht – gewinnt im Weiterbildungssektor immer mehr an Bedeutung (Erpenbeck/Sauter/Sauter, 2015). Bei einer Umfrage von MMB Learning Delphi (2014) wird diese Entwicklung deutlich: 99 % der Befragten sehen Blended Learning als zukünftige Anwendungsmöglichkeit für betriebliches Lernen. Virtuelle Klassenräume und Mobile Apps nehmen beim Blended Learning ebenfalls eine zentrale Rolle in der Zukunft ein.

Abbildung 2.12 – Bedeutung der Lernanwendungen für betriebliches Lernen. (Learning Delphi, 2014 MMB Institut)

Abbildung 2.12 stellt die Ergebnisse der Befragung dar. Die Frage lautete: „Was schätzen Sie – werden die folgenden Anwendungen in den kommenden drei Jahren eine zentrale Bedeutung

62

2. Theorieteil

oder eine geringe Bedeutung als Lernform für das betriebliche Lernen in Unternehmen haben?“ (MMB Institut, 2014, S. 5). Einer der Gründe, warum Blended Learning boomt, mag wohl daran liegen, dass Blended Learning sich für Qualifizierungsmaßnahmen als besonders effizient erwiesen hat (Erpenbeck/Sauter/Sauter, 2015). Dieses Kapitel versucht Klarheit in der unübersichtlichen Vielfalt an Lernarrangements zu verschaffen. So werden zu Beginn die wichtigsten Formen von ELearning vorgestellt und definiert. Hierbei werden die Begriffe E-Learning, Blended Learning, Flipped Classroom und Face-to-Face-Learning unterschieden und beschrieben. Als Abschluss wird Blended Learning als Individualisierungsmöglichkeit untersucht.

2.5.1

E-Learning

E-Learning ist seit Mitte der 90er Jahre ein Begriff im Unterrichtsgeschehen. In seinen Anfängen schien es so, als sei es das Allheilmittel, um große Lerngruppen aus- oder weiterzubilden. Heutzutage zeigt sich ein Trend immer mehr in Richtung Blended Learning (Erpenbeck/Sauter/Sauter, 2015; Seifert, 2014; Kraft, 2003), der in Kapitel 2.6.4 näher beschrieben wird. Alles dreht sich um E-Learning und mögliche Varianten von E-Learning. Der Begriff ist allgegenwärtig in der neuen Lehr- und Lernwelt geworden. Was wird nun unter E-Learning verstanden? Dichanz/Ernst (in Scheffer/Hesse, 2002, S. 55) beschreiben E-Learning auf einfache Weise: Unter E-Learning wird das Lernen in/mit einer computerunterstützten Lernumgebung verstanden. (Dichanz/Ernst in Scheffer/Hesse, 2002, S. 55) Kraft (2003) schließt sich dieser Definition an. Sie sieht E-Learning zunächst nur als ein Lehren und Lernen, das durch elektronische Medien unterstützt wird. Hierbei unterscheidet sie zwischen dem Offline- und dem Onlinebereich. Die beiden Bereiche beinhalten unterschiedlichste technisch-mediale Settings (wie z. B. CD-ROM, DVD oder Web-based-Trainings= WBTs). Der Begriff E-Learning ist jedoch sehr komplex und es werden unterschiedliche Definitionen für diesen angeboten. In der Fachliteratur wird grundsätzlich zwischen zwei Interpretationsmöglichkeiten unterschieden: E-Learning kann einerseits aus technisch-organisatorischer Sicht, andererseits aus etymologisch-psychologischer Sicht interpretiert werden (Dichanz/Ernst, 2002). • Technisch-organisatorische Interpretation: E-Learning ist das Angebot von OnlineLehr- und -Lernangeboten, die unabhängig von Ort und Zeit genutzt werden können (Dichanz/Ernst, 2002). • Etymologisch-psychologische Interpretation: Die etymologisch-psychologische Interpretation wird über die Begrifflichkeit selbst definiert. Der erste Buchstabe ,E’ könnte

2.5. E-Learning im Schulwesen

63

unterschiedlich interpretiert werden, wie zum Beispiel ,Easy’ Learning, ,Effective’ Learning oder ,Entertaining’ Learning (Dichanz/Ernst, 2002). Die vorliegende Arbeit folgt der ersten Interpretation – wie dies auch viele Autoren in der Fachliteratur handhaben (u. a. Erpenbeck/Sauter/Sauter, 2015; Staker/Horn, 2012, Dichanz/Ernst, 2002; etc.) - der ersten Interpretation. E-Learning beschreibt somit ein strukturiertes Unterrichtsprogramm, in dem Inhalt und Instruktion über das Internet angeboten werden. Die Studierenden können größtenteils von zu Hause aus die Arbeiten erledigen; einige Fälle wie Prüfungen oder Laborstunden sind davon ausgenommen (Staker/Horn, 2012). Erpenbeck, Sauter und Sauter (2015) folgen dieser Definition, wobei sie ergänzen, dass ein wesentliches Element für E-Learning Web-based-Trainings (WBTs) sind. Weiterhin fügen sie hinzu, dass E-Learning nicht nur auf die technischer Ebene reduziert werden darf. E-Learning umfasst „vielfältige konzeptionelle Elemente des Lernens mit dem Ziel, selbstgesteuerte oder organisierte Kernformen zu fördern“ (Erpenbeck/Sauter/Sauter, 2015, S. 5). E-Learning bietet neue Möglichkeiten des Lehrens und Lernens. Kraft (2003) hebt folgende Potenziale des E-Learnings hervor: • E-Learning schafft mit Diskussionsforen oder Chats neue Möglichkeiten für Kommunikation (neue Formen des kooperativen Lernens). • E-Learning ermöglicht einen selbstgesteuerten Lernprozess und kann durch Bereitstellung unterschiedlichster Hilfsangebote als Chance für Individualisierung gesehen werden. • E-Learning kann sowohl zeitlich als auch räumlich flexibel praktiziert werden. • Durch E-Learning werden vielfältige Lernressourcen (wie z.B. Datenbanken, wissenschaftliche Institutionen und Statistiken) erschlossen. Diese Potenziale des E-Learning können je nach E-Learning-Form unterschiedlich genutzt werden. So schaffen bereits CD-ROMs und DVDs im Offlinebereich Rahmenbedingungen für einen selbst gesteuerten Lernprozess und für Individualisierung. Kollaboratives Lernen wird erst mit Web-unterstützten Tools ermöglicht (Kraft, 2003).

2.5.2

Face-to-Face-Learning

Face-to-Face-Learning (= F2F) beschreibt das traditionelle Lernsetting. Es wird auch als Präsenzunterricht bezeichnet. Der/die Lehrer/-in und die Studierenden sind allesamt physisch im Klassenzimmer präsent. Während des Unterrichts erarbeiten sich Lehrende und Lernende einzelne Themeninhalte mittels unterschiedlichster Unterrichtsmethoden (Frontalunterricht, Gruppenarbeit, Einzelarbeit, Partnerarbeit, ...).

64

2. Theorieteil

Banna (2014) beschreibt die Beziehung zwischen Lehrperson und Schüler/-in als eines der wichtigsten Schlüsselelemente für einen erfolgreichen Lernprozess. Face-to-Face-Learning fördert genau diese Beziehung zwischen Schüler/-in und Lehrer/-in. Im Fernunterricht könnte diese essenzielle Beziehung aufgrund der Distanz und des virtuellen Unterrichtsformats zu kurz kommen oder sogar verloren gehen. Banna (2014) zeigt auf, dass Face-to-Face-Learning ein persönliches Element in den Unterricht einbringt, das in die Themenerarbeitung mit einfließt – im Gegensatz zum E-Learning (Banna, 2014). Kraft (2003) unterstützt Bannas Aussage und bekräftigt dies durch Ergebnisse einer Befragung (Winkler, 2002). In dieser erhielten die Teilnehmer/-innen die Aufgabe, die Bedeutung von Präsenzveranstaltungen zu bewerten. Das Ergebnis der Studie zeigte eindeutig, dass Präsenzphasen neben Onlinephasen eine wichtige Rolle einnehmen. In der ersten Präsenzphase, vor Beginn des Onlinesettings, stuften 43 % der Teilnehmer/-innen die Präsenzphase als sehr wichtig ein. Interessant ist, dass mit zunehmenden Präsenzphasen mehr Teilnehmer/-innen diese als sehr wichtig empfanden. In der dritten Präsenzphase beispielsweise stuften bereits 80 % der Teilnehmer/-innen F2F als sehr wichtig ein. Alle Probanden/-innen „beton[t]en die Bedeutung der direkten Kommunikation auf den Präsenzveranstaltungen“ (Kraft, 2003, S. 48). Eine Teilnehmerin beschrieb die Qualität der Kommunikationsformen – und dadurch auch die Untersuchungsergebnisse – sehr treffend: Gibt es ein Defizit beim Online-Lernen? Natürlich! Mir ist ein Wort eingefallen, das die Defizite verdeutlicht: Gespräch. Kommunikation und Austausch ist online möglich, sogar sehr viel, teils reflektierter, weil man bei zeitversetzter Diskussion mehr über die eigenen Beiträge nachdenkt usw. Ich würde aber die meisten ablaufenden Kommunikationsformen nicht als ,Gespräch’ nennen. Und ich z.B. lerne mit am besten im Gespräch, das ist für mich eine eigene Lernform. Dialog kann auch online stattfinden, aber nicht auf dieselbe Weise wie in natura, wo ich es dann Gespräch nennen würde. (Zitat einer Teilnehmerin von ENTER) (Kraft, 2003, S. 48) Zudem lieferte die Untersuchung die Erkenntnis, dass Präsenzphasen einen wichtigen Beitrag leisten, um das Durchhaltevermögen der Teilnehmer/-innen zu stärken (Kraft, 2003).

2.5.3

Flipped Classroom

Es werden in der Fachliteratur zwei verwandte Bewegungen, die die traditionelle Unterrichtsgestaltung erheblich veränderten, vorgestellt. Die erste Bewegung beschreibt eine technologische Bewegung, die die kostengünstige Informationsverbreitung ermöglichte. Diese begann bereits Mitte des 15. Jahrhunderts, mit der Erfindung des Buchdrucks. Dann folgten die Entwicklung des elektronischen Telegrafen (1837 von Samuel Morse), des Radios (Ende des 19. Jahrhunderts), des Fernsehers (in den 1920er Jahren) und des Computers (Mitte des 20. Jahrhunderts).

2.5. E-Learning im Schulwesen

65

Schließlich wurden das Internet (1960) und das World Wide Web (in den 1990er Jahren) entwickelt (Bishop/Verleger, 2013). Die zweite Bewegung entwickelte sich durch die Anwendung dieser neuen Technologien und wird im modernen Unterricht heutzutage oftmals als flipped classroom bezeichnet. Dieser Begriff wird in vielfältiger Weise in der modernen Bildungsarbeit verwendet, wobei es bezüglich einer exakten Definition Lücken zu geben scheint (Bishop/Verleger, 2013). Lage et al. (2000, S. 32) definieren flipped classroom auf eine relativ einfache Weise: Inverting the classroom means the events that have traditionally taken place inside the classroom now take place outside the classroom and vice versa. Flipped classroom beschreibt eine Unterrichtsform, die nach dem Prinzip ,Flipped Learning’ gestaltet wird. Diese wird auch ,Inverted Classroom’ genannt. In diesem Unterrichtssetting wird die Präsenzphase mit der Onlinephase verschränkt und Lernen wird quasi ,umgedreht’. Die Studierenden sehen sich von zu Hause aus E-Learning-Videos an oder bereiten sich über andere Onlinetools für den Unterricht vor. Im Unterricht wird das Thema nicht von der Lehrerin/vom Lehrer eingeführt oder präsentiert. Die Lehrperson steht nur als Lernbegleitperson zur Verfügung. Im Vordergrund der Stunde steht das Üben (eLearning Industry, 2011-2016; Buchner/Schmid, o. J. Flipped Classroom Austria).

2.5.4

Blended Learning

Blended Learning gewinnt immer mehr an Bedeutung im Schul- oder Hochschulwesen, seit bekannt geworden ist, dass dieses Lernarrangement – eine Mischung aus computerunterstützten Elementen und Präsenzphasen – besonders wirksam ist. Die Bedeutung von Blended Learning wird im Zusammenhang mit betrieblichem Lernen sehr hoch eingestuft. Statistische Ergebnisse zur Bedeutung von Blended Learning und Status Quo liefert das MMB Learning Delphi 2014. Der Begriff nimmt immer mehr an Bekanntheit zu; dies lässt sich auch in anderen Statistiken wiederfinden. Es sieht danach aus, als würde ein Trend in höheren Bildungseinrichtungen vorherrschen. Es wird immer mehr auf Blended-Learning-Kurse gesetzt. Obwohl diese Blended-Learning-Kurse heutzutage ein wichtiges Unterrichtstool geworden sind, gibt es jedoch Uneinigkeit in der Begriffsbestimmung. So gibt es unterschiedliche Auffassungen, was Blended Learning wirklich bedeutet. Für Blended Learning finden sich in der Fachliteratur noch andere Bezeichnungen wie Flexible Learning, Distributed Learning oder Hybrid Courses (Graham, 2006). Blended Learning kann vom englischen Begriff ,blender’ abgeleitet werden, das übersetzt ,Mixer’ oder ,vermischt’ bedeutet. So bezeichnet Blended Learning ein quasi ,vermischtes Lernen’ (Kraft, 2003). Diese Begriffsbestimmung bzw. Übersetzung ist allerdings so allgemein, dass sie viel Spielraum für Interpretationen lässt.

66

2. Theorieteil

Driscoll (2002) erkennt die Problematik, dass der Begriff Blended Learning Unterschiedliches für unterschiedliche Leute bedeutet, und schreibt dazu Folgendes: „This may appear to be an academic point but in reality these definitions illustrate the untapped potential of blended learning.“ (Driscoll, 2002, S. 1) Graham (2006) zitiert Graham, Allen, und Ure (2003) und zählt die drei wichtigsten und bekanntesten Definitionen von Blended Learning auf. Blended Learning ist . . . • . . . eine Kombination von Instruktionsmodalitäten (Bersin & Associates, 2003; Singh & Reed, 2001; Thomson, 2002). • . . . eine Kombination der Lehrmethoden (Driscoll, 2002; Rossett, 2002). • . . . eine Kombination aus Online- und Face-to-Face-Learning (Graham, 2006; Sands, 2002; Tayebinik/Puteh, 2012; Young, 2002). Die Übersicht zeigt deutlich, dass auch die Literatur sich uneins über den Begriff des Blended Learning ist. Driscoll (2002) definiert Blended Learning beispielsweise als Kombination von Unterrichtsmethoden. Andere Autoren wiederum bezeichnen die systematische und strategische Kombination von Information und Kommunikationstechnologie in akademischen Kursen als einen neuen Weg der Unterrichtsgestaltung. Diese neue Unterrichtsmethode hat viele Namen: ,Mediated Learning’, ,Hybrid Instruction’, ,Web-assisted Instruction’, ,Blended Learning’, oder ,Web-enhanced Instruction’. Unterschiedliche Definitionen und Interpretationen von Blended Learning können ein und das selbe meinen. So ist beispielsweise Hybrid Instruction genau das Gleiche wie Blended Learning (Tayebinik/Puteh, 2012). In diesem Zusammenhang schreiben Tayebinik und Puteh (2012) und Graham (2006), dass die dritte (und letztgenannte) Definition, die meiste Anerkennung findet. Die ersten beiden seien zu breit definiert und könnten für jedes Lernsystem stehen. Diese Dissertation schließt sich Graham (2006) und Tayebinik/Puteh (2012) an und betrachtet Blended Learning als eine Lernumgebung, die Face-to-Face-Learning mit Online Learning kombiniert. So folgt die vorliegende Arbeit der Definition nach Graham (2006, S. 5), der den Begriff folgendermaßen definiert: Blended learning systems combine face-to-face instruction with computer-mediated instruction.

Abbildung 2.13 – Definition von Blended Learning in Anlehnung an Tayebinik/Puteh (2012)

2.6. Mediendidaktische Modelle und Ansätze

67

Nach dieser Definition verbindet Blended Learning zwei Lernumgebungen: Es gibt auf der einen Seite das traditionelle Setting, auch Präsenzunterricht oder Face-to-Face-Learning genannt, und auf der anderen Seite gibt es Online-Lernumgebungen. Auf Grund der Onlinekomponente spielen zudem computerbasierte Technologien eine wichtige Rolle in BlendedLearning-Kursen (Graham, 2006). In Blending In: The Extent and Promise of Blended Learning, ist die Definition abhängig von einem bestimmten Verhältnis zwischen Webumfang und traditionellem Unterricht. Dies ist in Abbildung 2.14 dargestellt. Blended Learning beschreibt hier einen Kurs, in dem 30 bis 79 % online präsentiert und unterrichtet werden (Allen et al., 2007).

Abbildung 2.14 – Überblick der Lernumgebungen mit ihrem jeweiligen prozentualen Anteil an Online-Inhalten in Anlehnung an Allen et al. (2007, S. 5)

Die Definition von Blended Learning wird hierbei zwar eingegrenzt, jedoch ist die Definition noch nicht spezifisch. Es fehlen in der Fachliteratur konkrete Bausteine, wie BlendedLearning-Arrangements umgesetzt werden sollen. Es wird viel geschrieben, jedoch auch viel Unterschiedliches. Kraft (2003, S. 44) beschreibt die Situation der Begriffsdefinition und des Konzepts ebenso kritisch und schreibt: Gegenwärtig ist Blended Learning jedoch eher ein Etikett für unterschiedliche Lehr-Lern-Arrangements: Es fehlt an fundierten Konzepten sowie empirischen Studien zum Blended Learning. Unklar ist, wie die einzelnen Bausteine solcher Arrangements didaktisch sinnvoll kombiniert werden können, welche technischen, didaktisch-methodischen und nicht zuletzt organisatorischen Standards dafür erforderlich sind und für welche Lerninhalte, Lehr-Lernziele und Lernertypen diese Arrangements (besonders) geeignet sind. (Kraft, 2003, S. 44) Obwohl vieles noch unklar erscheint, setzt sich Blended Learning trotz alledem durch und wird in vielen Institutionen auf unterschiedliche Arten angeboten.

2.6

Mediendidaktische Modelle und Ansätze

In diesem Kapitel werden didaktische Modelle zusammen mit mediendidaktischen Ansätzen vorgestellt. So werden das hierarchische Lernmodell von Dreyfus/Dreyfus (1987), das Fünf-

68

2. Theorieteil

Stufen-Modell von Gilly Salmon (2013), die Cognitive Load Theory von Sweller (1988) und abschließend das didaktische Blended Learning Konzept von Maresch (2008) analytisch betrachtet und Zusammenhänge wie auch Hinweise für eine geeignete Didaktik aufgezeigt. Das letzte Konzept von Maresch (2008) ist von besonderer Bedeutung für diese Arbeit. Alle Probanden/-innen sind Teil eines Blended-Learning-Settings und der Aufbau der Semester orientiert sich an diesem Konzept. Jedoch muss erwähnt werden, dass dies aus Zeitmangel über einen längeren Zeitraum geschieht.

2.6.1

Hierarchisches Lernmodell von Dreyfus/Dreyfus

Die Brüder Dreyfus haben ein fünfstufiges, hierarchisches Lernmodell entwickelt. Die zentrale Idee von Dreyfus/Dreyfus (1987) ist, dass Schüler/-innen sich schrittweise bzw. stufenweise ein besseres Verständnis eines Lerninhalts aneignen. Lernende sollen den Prozess vom statischen Faktenwissen (,know what’) über dynamisches Faktenwissen, das immer noch theoretisches Wissen(,know how’) beschreibt, zur intuitiven Fertigkeit, die dieses Expertentum definiert, durchwandern (Baumgartner/Payr, 1999; Dreyfus/Dreyfus, 1987). Sie unterscheiden hierbei die folgenden fünf unterschiedlichen Stufen des Lernprozesses: Neuling, Anfängertum, Kompetenz, Gewandtheit und Expertentum, welche im weiteren Text kurz vorgestellt werden (Baumgartner/Payr, 1999; Dreyfus/Dreyfus, 1987; Maresch, 2008).

2.6.1.1

Stufe 1: Neuling – kontextfreies Lernen

Ein Neuling beginnt auf Stufe Null. Das zu lernende Stoffgebiet ist ihm noch nicht vertraut und er hat noch keine Erfahrungen diesbezüglich gesammelt. Umgangssprachlich könnte er als ,blutiger Anfänger’ bezeichnet werden. Die Lehrperson versucht den Inhalt in sinnvolle Teile aufzuteilen, sodass Schüler/-innen kontextfreie Fakten und Regeln erlernen können. Im Vordergrund stehen dabei durchaus behaviouristische Lernelemente. Im ersten Schritt geht es also um die Vermittlung von reinem Faktenwissen.

2.6.1.2

Stufe 2: Anfängertum – erfahrenes Lernen

Abstrakt und meistens praxis- und realitätsfremd, so kann das Wissen des Neulings der ersten Stufe beschrieben werden. Das Ziel der Stufe ,Anfängertum’ ist es, bereits erworbenes Wissen anzuwenden. Um dies zu erreichen, müssen in diesem Zusammenhang ausgedehnte eigene Erfahrungen gesammelt werden. Das angeeignete ,Wissen, dass’ aus der ersten Stufe muss ausgedehnt werden zu einem ,Wissen, wie’. Dieses Wissen handelt immer noch von einem theoretischen Wissen. Nur weil man weiß, wie man schwimmt, bedeutet dies nicht, dass man in der Praxis tatsächlich schwimmen kann.

2.6. Mediendidaktische Modelle und Ansätze 2.6.1.3

69

Stufe 3: Kompetenz – bewusste Auswahl und Bewertung

Die Stufe ,Kompetenz’ ist dadurch gekennzeichnet, dass Lernende die gelernten und theoretisch geprüften Faustregeln adäquat anwenden können und zudem ihre eigenen Entscheidungen bewusst treffen. In dieser Stufe wird erstmals eine aktive Komponente sichtbar. Lernende sind für die Auswahl und Beurteilung der Situation selbst verantwortlich. Dadurch ist erstmals auch das Interesse am Erreichen von Zielen gegeben. Die Schüler/-innen sind zudem gefühlsmäßig an dem Lernprozess beteiligt. 2.6.1.4

Stufe 4: Gewandtheit – holistisches Erkennen

In der Stufe ,Gewandtheit’ wird zum ersten Mal das große Ganze berücksichtigt. Es werden hierbei nicht mehr nur kleine Teile der Aufgabe betrachtet und diese beurteilt, sondern das gesamte Bild einer Situation. Dreyfus/Dreyfus (1987) bezeichnen dies auch als ,holistic Similarity Recognition’, also als „holistisches Erkennen von Ähnlichkeiten” (Baumgartner/Payr, 1999, S. 79). Die Arbeit von Praktiker/-innen ist gekennzeichnet durch ihre Entscheidungsfindung. Anstelle eines quälenden Abwägens von Lösungsstrategien wählen sie oftmals weniger distanzierte, bewusst reflektierende Art zur Entscheidungsfindung. Baumgartner und Payr (1999) beschreiben dies näher: Gemeint ist hier eine spezifische Herangehensweise, die durch die jahrelangen und mannigfaltigen Erfahrungen erreicht wird. Während in der dritten Stufe die verschiedenen Alternativen offen vorliegen und zwischen ihnen ein Evaluierungsprozess stattfinden muss, handelt es sich bei dieser impliziten „Entscheidung“ um die Art und Weise, wie die betreffende Situation betrachtet wird. (Baumgartner/Payr, 1999, S. 80) Lernende in der Stufe Gewandtheit haben bereits eine Vielzahl von persönlichen Erfahrungen gemacht, sodass sie dadurch die Situation bzw. das Problem aus einem eigenen Blickwinkel betrachten und unter diesen Gesichtspunkten subsummieren können. 2.6.1.5

Stufe 5: Expertentum – körperliche Integration

In der fünften und letzten Stufe sind die bereits erworbenen intuitiven Fertigkeiten so tief im Körper verankert, dass diese nicht mehr bewusst wahrgenommen werden. Dies erscheint für Lernende in dieser Stufe als eine unreflektierte Fähigkeit. Der/Die Lernende ist nun Experte. Dreyfus und Dreyfus (1987) beschreiben die Situation folgendermaßen: Wenn keine außergewöhnlichen Schwierigkeiten auftauchen, lösen Expertinnen und Experten weder Probleme noch treffen sie Entscheidungen; sie machen einfach das, was normalerweise funktioniert. (Dreyfus/Drefus, 1987, S. 55)

70

2. Theorieteil

Ein Beispiel für eine alltägliche Tätigkeit in der Stufe ,Expertentum’ ist das Gehen. Dieser Vorgang passiert einfach nebenbei und bedarf keiner weiteren oder bewussten Steuerung oder kognitiven Anstrengung. 2.6.1.6

Gefahren der einzelnen Lernstufen

In jeder Stufe des hierarchischen Lernmodells unterliegt der Lernende bestimmten Gefahrenquellen. Baumgartner und Payr (1999) haben diese im ,Modell zum Fertigkeitserwerb’ beschrieben. Diese Gefahrenquellen sind in Tabelle 2.2 in der letzten Spalte angeführt. Es bedeutet aber nicht, dass diese immer oder überhaupt eintreten müssen. Tabelle 2.2 – Modell zum Fertigkeitenerwerb nach Baumgartner/Payr (1999, S. 85). Stufe

Lernelemente

Entscheidung

Gefahr

Neuling

Fakten und kontextfreie Regeln

keine, passive Rezeption

Übergeneralisierung

Anfängertum

Anwenden von Fakten/kontextfreien Regeln in Situationen; Sammeln erster Erfahrungen

keine Nachahmung und Imitation

Übergeneralisierung eigener Erfahrung bzw. gelernter Regeln

Kompetenz

Anwenden von Fakten/kontextfreien Regeln; Einbeziehung eigener Erfahrungen

analytisch

Überschätzung eigener Fähigkeiten, erhöhte Unfallgefahr

Gewandtheit

Gestaltwahrnehmung, holistisches Erkennen von Ähnlichkeiten

analytisch

Tunnelperspektive

Expertentum

Gestaltwahrnehmung, holistisches Erkennen von Ähnlichkeiten

intuitiv

Tunnelperspektive

Beim Neuling beispielsweise besteht die Gefahr einer Übergeneralisierung beim Lernen, bei Experten/-innen besteht die Gefahr einer Tunnelperspektive. Zudem liefert die Tabelle einen Überblick über das stufenweisen Lernmodell von Dreyfus und Dreyfus (1987).

2.6.2

5-Stufen-Modell von Salmon

Gilly Salmons (2013) 5-Stufen-Modell zielt darauf ab, dass Lernende in Online-Kursen erfolgreich schrittweise und strukturiert auf soeben erarbeitetem Wissen aufbauen können. Es müssen hierbei realistische und sinnvoll aneinander gereihte Lernschritte geboten werden, in welchen Lernende einerseits komplexere Online-Fertigkeiten erwerben, andererseits dabei

2.6. Mediendidaktische Modelle und Ansätze

71

aber auch Selbstvertrauen und Motivation entwickeln. Von diesen profitieren die Schüler/innen in den nächsten Lernschritten. Für jede einzelne Lernstufe werden konkrete Aktivitäten für Lernende und Lehrende vorgeschlagen (Maresch, 2008; Salmon, 2013). Das Modell von G. Salmon ist in der Abbildung 2.15 dargestellt. Die einzelnen fünf Stufen (Salmon, 2013) werden in weiterer Folge näher vorgestellt.

Abbildung 2.15 – Blended Learning-Konzept nach Gilly Salmon (2013)

2.6.2.1

Stufe 1: Zugang und Motivation

In der ersten Stufe, dem Beginn eines Online-Kurses, ist es besonders wichtig, dass der Zugang zur Lernplattform bzw. zu anderen Online-Tools einfach, problemlos und schnell funktioniert. Es ist Schlüsselfaktor für einen erfolgreichen Start im Online-Learning (Maresch, 2008; Salmon, 2013). Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Motivation. Um diese zu beleben, soll die Lehrperson häufig die Lernplattformen besuchen und zu Diskussionen anregen (Maresch, 2008; Salmon, 2013). 2.6.2.2

Stufe 2: Online-Sozialisation

Ist der erste Schritt getan – das bedeutet, der Zugang in das Online-System funktioniert einwandfrei und die Studierenden haben eine Grundmotivation – steht die Online-Sozialisation im Vordergrund. Auf dieser Stufe muss ein Vertrauensnetzwerk geknüpft werden (Maresch, 2008; Salmon, 2013).

72

2. Theorieteil

2.6.2.3

Stufe 3: Informationsaustausch

Auf Stufe drei findet der Informationsaustausch statt. Studierende kennen bereits die OnlineTools (von Stufe eins und zwei) und sollen diese im Kurs auch testen. Informationen und Aufgaben werden unter den Beteiligten ausgetauscht. Die Studierenden können ihr eigenes Bearbeitungstempo wählen. Dies ist ein Vorteil gegenüber dem Präsenzunterricht, da dadurch auch hochgradig zu individualisiertem Lernen angeregt werden kann (Maresch, 2008; Salmon, 2013). Maresch (2008, S. 51) schreibt als Hilfestellung der Stufendauer: Wenn die Teilnehmer/innen gelernt haben, Informationen zu finden, diese zu verarbeiten und anschließend auszutauschen und wenn die Anzahl derjenigen gering ist, die nur passiv die Beiträge in der Lernplattform konsumieren, aber sich nicht aktiv beteiligen, ist die Stufe 3 abgeschlossen. (Maresch, 2008, S. 51)

2.6.2.4

Stufe 4: Wissenskonstruktion

Wenn die Studierenden in dieser Phase bereits alle (technischen und sozialen) Grundvoraussetzungen im Umgang mit der Lernplattform erworben haben, können sie sich mit der Wissenskonstruktion auseinandersetzen (Maresch, 2008; Salmon, 2013). Maresch (2008) gibt Hinweise, wie Lehrende den Prozess der Wissenskonstruktion fördern können. Hier ein Auszug daraus: • Beiträge und Fragen Studierender müssen so schnell wie möglich beantwortet bzw. bestätigt werden. • Alle Postings sollen für alle zugänglich sein. • Lehrpersonen müssen den Studierenden immer respektvoll gegenübertreten. Das Abqualifizieren, Angreifen oder Debattieren darf keinesfalls zugelassen werden. All diese Hinweise stellen wichtige Schlüsselelemente in der Vermittlung von Wissensprozessen dar und dürfen nicht unterschätzt werden.

2.6.2.5

Stufe 5: Selbstorganisation und persönliche Weiterentwicklung

In dieser Stufe übernehmen Lernende selbst Verantwortung für ihr Lernen oder das der eigenen Gruppe. Diese Stufe ist charakterisiert durch Reflexion und Kommunikation (Maresch, 2008; Salmon, 2013).

2.6. Mediendidaktische Modelle und Ansätze

2.6.3

73

Die Cognitive Load Theory (CLT)

Die Cognitive Load-Theorie (Sweller, 1988) geht auf die Erkenntnisse der Gedächtnispsychologie zurück. Die folgenden theoretischen Annahmen basieren auf Prinzipien der Funktionsweise des kognitiven Apparates und diese sind: • Der Mensch besitzt eine unbeschränkte Kapazität des Langzeitgedächtnisses (Baddeley, 1997). • Die Verarbeitungskapazität des Arbeitsgedächtnisses eines Menschen ist begrenzt (Miller, 1956). • Die Repräsentation von Wissen (des Menschen) ist schemabasiert (Chi, Glasner und Rees, 1982; Chandler/Sweller, 1991). • Das Arbeitszeitgedächtnis kontrolliert, reguliert und hält aufgabenrelevante Informationen aufrecht (Maresch, 2008). Aus der Sicht der Cognitive Load-Theorie kann Lernen in drei Bereiche unterteilt werden: 1. intrinsic cognitive load 2. extraneous cognitive load 3. germane cognitive load So beschreibt intrinsic load den Anteil kognitiver Belastung, der auf Lernmaterialien zurückzuführen ist und extraneous cognitive load den Anteil der kognitiven Belastung, der aufgrund nicht optimierter Gestaltung der Lernmaterialien basiert. Gründe für extraneous load können beispielsweise zu viele Querverweise oder ein unübersichtliches Lernmaterial sein. Germane cognitive load beschreibt den Anteil kognitiver Belastung, den es zu optimieren gilt (Maresch, 2008).

2.6.4

Das didaktische Blended Learning Konzept von Maresch

G. Maresch (2008) stellt ein didaktisches Blended Learning Konzept vor, welches auf dem konstruktivistisch basierten Ansatz des Cognitive Apprenticeship beruht. Sein Konzept besteht aus vier Stufen, die einen Didaktik-basierten Verlauf eines Blended-Learning-Unterrichts während eines Themenblocks beschreiben. Dieser erstreckt sich nach Maresch (2008) über einen Zeitraum von zwei bis vier Schulwochen. Zwei Stunden pro Woche sollen dabei als Präsenzzeit dienen.

74

2. Theorieteil

Abbildung 2.16 – Blended Learning Konzept von G. Maresch (2008, S. 67)

Das Blended Learning Konzept wird in Abbildung 2.16 dargestellt und die einzelnen Stufen werden beschrieben. 2.6.4.1

Stufe 1: Input

Zu Beginn eines Themenblocks steht der Input. Die Lehrperson gibt einen Impulsvortrag und führt damit in das Themenfeld ein. Sie „vermittelt einen ersten Eindruck in die Strategien und Kompetenzen, die Expertinnen und Experten bei der Behandlung dieser Thematik anwenden würden“ (Maresch, 2008, S. 68). Diese Stufe beinhaltet durchaus behavioristische Elemente, jedoch sollen diese zeitlich so knapp wie möglich gehalten werden. Haben die Schüler/innen eine modellhafte Vorstellung über die Problemlösestrategien, die in diesem Thema notwendig sind, so ist kann die nächste Stufe erfolgen. Während der ersten Stufe sind auf der Lernplattform geeignete Lernmaterialien abrufbar. Maresch (2008) nennt Textdokumente, Präsentationen, virtuelle Modelle und Animationen als Beispiele hierfür. 2.6.4.2

Stufe 2: geleitetes Üben

Die Stufe 2 wird als ,geleitetes Üben’ bezeichnet. Auf dieser werden den Schüler/-innen bereits komplexe Aufgaben, diese sind möglichst authentisch, motivierend und im idealen

2.6. Mediendidaktische Modelle und Ansätze

75

Maß komplex, gestellt. Diese können mithilfe der neu erworbenen Problemlösestrategien gelöst werden. Lehrer/-innen erhalten in dieser Stufe die Rolle eines Coachs. Geleitetes Lernen steht im Vordergrund. Neben Einzelarbeit ist hier auch die Partnerarbeit als Sozialform genannt (Maresch, 2008). In dieser Stufe werden die Schüler/-innen erstmals mit möglichen Kommunikationstools auf der Lernplattform eingeführt (Maresch, 2008). 2.6.4.3

Stufe 3: eigenständiges Anwenden

Die Schüler/-innen wenden ihr erworbenes Wissen aus Stufe 1 und 2 eigenständig an. Die Aufgaben sind in dieser Stufe realitätsnah, praxisorientiert und komplex zu gestalten. Maresch (2008) schreibt weiterhin, dass die Beispiele neben der Komplexität auch „inner- und außerfachliche Vernetzung des geeigneten Wissens gewährleisten“ (S. 70) sollen. Die Lehrperson zieht sich in dieser Stufe immer mehr zurück. Hilfestellungen und Unterstützung werden minimiert. Dies ist möglich, weil die Schüler/-innen im Laufe der Zeit immer weniger Fragen haben und weniger Fehler machen. Auf der Lernplattform werden nun Gruppenfunktionen, Lernmaterialien, Chat und andere Features angeboten. Als Sozialform wird in dieser Phase Partneroder Gruppenarbeit empfohlen. Diese Stufe kann bereits vorrangig in E-Learning-Phasen gestaltet werden (Maresch, 2008). 2.6.4.4

Stufe 4: Präsentation und Artikulation

In Stufe 4 sollen die Aspekte Präsentation, Artikulation, Diskussion und die mit ihnen verbundene Reflexion im Vordergrund stehen. So ist die Stufe 4 als Präsenzphase gekennzeichnet. Die Schüler/-innen dürfen die Ergebnisse, die sie in den vorherigen Stufen erarbeitet haben, den Klassenkollegen/-innen und der Lehrperson präsentieren. Sie sollen in dieser Präsentation ihre Ergebnisse begründen und Schlussfolgerungen äußern. Mit der Präsentation soll auch die Selbstreflexion angeregt und gefördert werden. Die Lehrperson hat die Rolle zusammenzufassen und zu reflektieren. Wenn sie Defizite erkennt und es dadurch für nötig empfindet, kann ein Zurückspringen in untere Stufen angeregt werden. Die Lernumgebung greift nach Maresch (2008) unterstützend ein. Gallerien, Webseiten und Diskussionsboards werden zusätzlich verwendet (Maresch, 2008).

3

Grundlagen der Studie

In diesem Kapitel wird eine Übersicht der Kursplanung, die während der Hauptuntersuchung im Schuljahr 2017/2018 durchgeführt wurde, dargestellt. Die Interventionsgruppen und Kontrollgruppen werden im selben Umfang und mit demselben Inhalt unterrichtet. Ausgangspunkt der Planung des Kapitels ,Differentialrechnung’ ist, dass fünf Doppelstunden zur Verfügung stehen, was in etwa einem Zeitaufwand von vier bis fünf Wochen entspricht. Die Blended-Learning-Klassen werden im Verhältnis 1:1 unterrichtet. Sie erhalten in fünf Doppelstunden einen Input in den Präsenzphasen wobei zusätzliche fünf Doppelstunden für E-Learning-Phasen vorgesehen sind. In den Phasen des Fernunterrichts werden Hausübungen individuell bearbeitet sowie ein neues Themengebiet erarbeitet. Hierbei haben die Studierenden die Aufgabe, sich in das Themengebiet der nächsten Unterrichtseinheit einzulesen. Alle Interventionsgruppen werden möglichst gleich unterrichtet. Der Unterricht der unterschiedlichen Gruppen basiert auf denselben Stundenplanungen, die in diesem Abschnitt näher beschrieben werden. Alle Interventionsgruppen wurden nach der selben Unterrichtsplanung unterrichtet. Die Lehrpersonen der Kontrollgruppen werden ebenfalls gebeten, den Unterricht gleich bzw. möglichst ähnlich zu gestalten. Die Interventionsgruppen erhalten ausnahmslos denselben Input und dieselben Aufgabenstellungen (Schulübungen und Hausübungen). Sie unterscheiden sich lediglich bei dem Kriterium ,Hilfestellung’. Interventionsgruppe 1 (INT1) erhält differenzierte synchrone Hilfestellung und Interventionsgruppe 2 (INT2) differenzierte asynchrone Hilfestellung. In diesem Kapitel werden die Testschule, der Lehrplan des Schultyps Abendgymnasium und Unterrichtsplanungen zum Thema ,Differentialrechnung’ vorgestellt. Zu Beginn wird der Schultyp Abendgymnasium mit dessen Angeboten näher beschrieben. Der Untersuchungsgegenstand sowie der Themeninhalt der Hauptuntersuchung werden mit dem Lehrplan in Verbindung gesetzt und analysiert. Die Planungen der Unterrichtsstunden, die während der Hauptuntersuchung durchgeführt werden, dienen als Abschluss dieses Praxisteils.

3.1

Schule

Die Interventionsstudie fand im Abendgymnasium Salzburg statt. Dieses wird auch als Gymnasium für Berufstätige bezeichnet. Die Schule ist eine staatlich allgemeinbildende höhere

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 L. M. Pilotto, Blended Learning, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31235-0_3

78

3. Grundlagen der Studie

Schule, die dem Weiterbildungssektor - dem zweiten Bildungsweg – zuzuordnen ist. Aufgrund der Tatsache, dass sie staatlich geführt ist, sind der Zugang und Besuch der Schule für alle Schüler/-innen kostenlos. In Österreich werden sieben dieser Schulen geführt: in Wien, Graz, Linz, Salzburg, Innsbruck, Klagenfurt und Villach. Wie der Begriff Abendgymnasium andeutet, findet der Unterricht abends statt, wobei eine Ausnahme die Schule in Wien darstellt, die auch tagsüber Kurse anbietet. Voraussetzung für einen Schulbesuch ist ein Mindestalter von 17 Jahren. Alle Schulen bieten zwei unterschiedliche Unterrichtsformen zur Auswahl an: Auf der einen Seite gibt es den traditionellen Präsenzunterricht, auf der anderen Seite den Fernunterricht. Wird dieser Fernunterricht in Abhängigkeit von seiner üblichen Praxis und Gestaltung mit den Begrifflichkeiten des Theorieteils verglichen, so müsste dieses angebotene Setting als Blended Learning bezeichnet werden. In den Abendgymnasien wird nur ein Teil (50 %) online unterrichtet, die andere Hälfte wird als Präsenzphase geführt (Abendgymnasium Salzburg, 2019). Auch wenn das Abendgymnasium die Unterrichtsform als Fernunterricht bezeichnet, wird in dieser Arbeit der in der Fachliteratur übliche Begriff ,Blended Learning’ verwendet. Im Abendgymnasium wird für beide Unterrichtsformen – sowohl für Präsenzunterricht als auch Blended Learning – ein modulares Kurssystem angeboten. Dieser Schultyp hat dadurch die Möglichkeit, auf vielfältige Weise zusätzlich auf individuelle Bedürfnisse und Gegebenheiten der Studierenden einzugehen. Unterrichtsfächer können beispielsweise unabhängig voneinander besucht und absolviert werden. So sind Einzelfachbuchungen zulässig. Auch können einzelne Unterrichtsinhalte kurzzeitig pausiert werden, um sich auf konkrete Fächer konzentrieren zu können. Dies bedeutet, dass die Module im individuellen Tempo, mal schneller, mal langsamer, absolviert werden können. Mit dem Begriff ,Überholspur’ beschreibt das Abendgymnasium Salzburg (2019) die Möglichkeit zur Verkürzung des Studiums sowie mit ,Bremsspur’ die Möglichkeit der Verlängerung. Neben dem Modulsystem und dessen beschriebenen Möglichkeiten kann vorzeitig die Reifeprüfung in einzelnen Fächern absolviert werden. Der große Vorteil ist, dass die Studierenden am Ende nur noch wenige Prüfungsfächer ablegen müssen und die Chance für einen positiven Abschluss aufgrund einer niedrigen Anzahl an Prüfungsfächern an einem Termin steigt (Abendgymnasium Salzburg, 2019). Das Gymnasium für Berufstätige bietet zudem zwei unterschiedliche Zweige an: den wirtschaftskundlichen Teil mit den Schwerpunkten Informatik und Ökonomie und den gymnasialen Zweig mit den Schwerpunkten Sprachen und musische Fächer. Je nach Interessen und Begabungen wählen die Studierenden ihren Schulzweig. Sowohl das Modulsystem und die Unterrichtsformen Präsenzunterricht und Blended Learning als auch die Schulzweige ermöglichen eine Individualisierung für die Studierenden. Die vorliegende Arbeit untersucht die Wirkung zweier Differenzierungsmaßnahmen im Blended Learning-Setting. Mehr dazu finden Sie in Kapitel 4 und im Methodenteil in Kapitel 5.

3.2. Lehrplan

3.2

79

Lehrplan

Für das Abendgymnasium Salzburg gilt der Lehrplan der Allgemeinbildenden höheren Schulen (AHS) für Berufstätige. Das Curriculum besteht aus Bildungs- und Lehraufgaben, Beiträgen zu den Bildungsbereichen, didaktischen Grundsätzen und dem gewählten Lehrstoff. Die Untersuchung der vorliegenden Arbeit beschäftigt sich mit der Wirkung der differenzierten Unterstützung von Lehrpersonen in Blended-Learning-Settings. In den didaktischen Grundsätzen des Lehrplans wird die Rolle der Lehrperson im Mathematikunterricht beschrieben und das Anwenden von Differenzierungsmaßnahmen explizit gefordert: Lernen ohne instruktionale Unterstützung ist in der Regel – insbesondere in Mathematik – ineffektiv und führt leicht zur Überforderung. Lehrerinnen und Lehrer müssen die Studierenden anleiten und insbesondere bei Problemen gezielt unterstützen. Die minimale Realisierung besteht in der Bereitstellung von adäquaten Lernumgebungen und Lernangeboten, die maximale Realisierung in Differenzierungsmaßnahmen, durch die individuelle Begabungen, Fähigkeiten, Neigungen, Bedürfnisse und Interessen gefördert werden. (BMBWF, 2009, S. 27) Der Lehrplan (BMBWF, 2009) schreibt vor, dass Studierende individuell betrachtet werden müssen. Die instruktionale Unterstützung ist ein wichtiger didaktischer Grundsatz für den Mathematikunterricht. So sollen Lehrpersonen sinnvoll anleiten und unterstützend fungieren. Die Anwendung von Differenzierungsmaßnahmen nimmt einen entscheidenden Stellenwert ein und soll im Unterricht umgesetzt werden. Auf welche Weise sowohl in Präsenzklassen als auch in Blended Learning-Klassen differenziert werden soll, wird jedoch nicht dargestellt. Alle Lehrpläne sind aufgrund des vorherrschenden Modulsystems semestriert. Deshalb sind die Lehrinhalte der AHS-Oberstufe jeweils einem der acht Semester zugeordnet. In den ersten Semestern steht das Wiederholen des Unterstufenstoffs (AHS-Unterstufe) im Vordergrund. Ziel ist, die Schüler/-innen mit ihrem Vorwissen abzuholen. Da das Aufsteigen der Lehrpersonen ins nächste Modul nicht zwingend vorgesehen ist und ein Lehrerwechsel somit jederzeit möglich erscheint, ist es besonders wichtig, dass sich alle Lehrpersonen strikt an den Lehrplan halten. In der Untersuchung werden Klassen des sechsten Semesters getestet. Hier ist das Thema Differentialrechnung und Integralrechnung laut Curriculum vorgesehen. Die Interventionsstudie wird im Rahmen eines vier- bis fünfwöchigen Blocks zum Thema Differentialrechnung durchgeführt. Im Bereich Differentialrechnung sind folgende Kompetenzen, die von den Studierenden beherrscht werden sollen, unter Lehrpläne der Unterrichtsgegenstände, BGBl. II Nr. 273/2009, angeführt (BMBWF, 2009): Stoffinhalt: Differentialrechnung • Studierende sollen Änderungen durch Änderungsmaße (Differenzenquotient) beschreiben können.

80

3. Grundlagen der Studie • Studierende sollen den Differentialquotienten (Änderungsrate), ausgehend vom Differenzenquotienten (mittlere Änderungsrate), unter Verwendung eines intuitiven Grenzwertbegriffes definieren können. • Studierende können die Begriffe Differenzen- und Differentialquotient als Sekantenbzw. Tangentensteigung deuten. • Studierende kennen den Begriff der Ableitungsfunktion und können diesen als erste Ableitung deuten. • Studierende beherrschen die Differentiationsregeln und können diese auch anwenden. • Studierende können Funktionen – insbesondere Polynomfunktionen – untersuchen (Extremstellen, Wendestellen, Monotonie- und Krümmungsverhalten). • Studierende können die Differentialrechnung anwenden (z. B. Extremwertaufgaben, Wirtschaftsmathematik).

Alle getesteten Klassen werden innerhalb von vier bis fünf Wochen in das Themengebiet Differentialrechnung eingeführt. Die Planung dieses Themengebiets basiert auf dem Lehrplan (BMBWF, 2009) und wird im nächsten Kapitel präsentiert.

3.3

Themenplanung

Während der Einführung in das Themengebiet ,Differentialrechnung’ werden zwei Differenzierungsmaßnahmen – asynchrone und synchrone Unterstützung – bei den Interventionsgruppen angeboten. Differentialrechnung stellt den Lehrstoff des sechsten Semesters laut Lehrplan der AHS für Berufstätige (BMBWF, 2009) dar. Dadurch stammen alle Testklassen aus einem sechsten Semester. Näheres dazu ist in Kapitel 5.3 beschrieben. Das Vorwissen der Studierenden ist als gleich einzustufen. Die Einführung dauert fünf Doppelstunden; dies ergibt einen Zeitraum von vier bis fünf Wochen. Die Themenplanung setzt sich dabei aus folgenden Inhalten zusammen: 1. Einführung in die Differentialrechnung 2. Ableitungsregeln 3. Kurvendiskussion 4. Aufsuchen von Polynomfunktionen 5. Anwendungsaufgaben: Kosten- und Preistheorie

3.3. Themenplanung

81

Die Tabelle zeigt einen Überblick über die Unterrichtselemente während der Hauptuntersuchung. Die Inhalte sind den Wochen zugeordnet, in denen diese bearbeitet werden sollen. Zusätzlich ist für alle Blended-Learning-Kurse – sowohl in den Interventionsgruppen als auch in den Kontrollgruppen – ein Übungsblock für zu Hause vorgesehen. Die Übungsblätter stellen eine Liste von Aufgaben aus dem Schulbuch dar. Diese Aufgaben stehen in Verbindung mit dem Thema, welches in dieser Woche behandelt wird. Studierende haben die Aufgabe, mindestens drei der Beispiele zu wählen und zu lösen. Das bedeutet: die Schüler/-innen erhalten ein Blatt mit Übungsvorschlägen (z. B. Übungsblatt 1, Übungsblatt 2, etc. ) aus dem Schulbuch. Hier sind Beispielnummern aus dem Schulbuch Mathematik verstehen 7 von Malle et al. (2011) aufgelistet. Die Aufgabenstellung ist, mindestens drei der Aufgaben zu lösen. In der letzten Spalte werden die benötigten Materialien in der jeweiligen Woche präsentiert. So werden in Woche 1 beispielsweise der Computer und der Taschenrechner im Unterricht eingesetzt. Auch für das Fernelement sind Computer, Übungsblatt und ein Taschenrechner vorgesehen. Für die Interventionsgruppe 1 (INT1) ist zudem in allen Wochen ein Handy notwendig.

82

3. Grundlagen der Studie

Tabelle 3.1 – Mittelfristige Planung: fünf Doppelstunden zum Thema Differentialrechnung. Woche Woche 1

Inhalt

Fernlehre

Materialien

Einführung in die Differentialrechnung

Übungsblatt 1

Computer, Tafel, Übungsblatt, Taschenrechner, Handy (für INT1)

Ableitungsregeln

Übungsblatt 2

Computer, Tafel, Übungsblatt, Taschenrechner, Handy (für INT1)

Kurvendiskussion

Übungsblatt 3

Tafel, Computer mit Beamer, Handy (für INT1)

Aufsuchen von Polynomfunktionen

Übungsblatt 4

Computer, Übungsblatt, Taschenrechner, Handy (für INT1)

Übungsblatt 5

Computer, Übungsblatt, Taschenrechner, Handy (für INT1)

Woche 2

Woche 3

Woche 4

Woche 5

Anwendungsaufgaben: Preistheorie

Kosten-

und

Die folgenden Kapitel 3.3.1 bis 3.3.5 präsentieren die Stundenplanungen der Interventionsgruppen. Die Lehrpersonen der Kontrollgruppen werden gebeten, ebenfalls nach dieser Planung zu unterrichten.

3.3.1

Erste Unterrichtseinheit: Einführung in die Differentialrechnung

Die erste Unterrichtseinheit dient als Einführung in das Themengebiet. Es wird an das Vorwissen der Studierenden angeknüpft. Die anwendungsorientierten Einführungsbeispiele dienen als ein motivierender Einstieg. Als Lernziele werden für diese Stunde folgende festgelegt: • Die Schüler/-innen erkennen den Unterschied zwischen Differenzen- und Differentialquotient.

3.3. Themenplanung

83

• Die Schüler/-innen können den Differenzenquotienten und Differentialquotienten benennen und richtig zuordnen. Voraussetzungen: Die Schüler/-innen kennen den Begriff einer Funktion. Sie können die Funktionstypen zuordnen und können Funktionen aufstellen. Alle drei Begriffe Sekante, Tangente und Steigung sind den Studierenden in Semester drei und vier bereits begegnet. Ziel ist, die Idee einer Sekante und Tangente und die der Steigung auf beliebige Funktionen zu übertragen und zu interpretieren.

84

3. Grundlagen der Studie

Tabelle 3.2 – Aufbau der Stunde: Erste Unterrichtseinheit: Einführung in die Differentialrechnung. Zeit 1-5 min

6-35 min

Inhalt

Sozialform

Materialien

1. Motivierender Einstieg und Wiederholung: Wiederholung der Begriffe Sekante, Tangente und Steigung

Lehrer/Schülerdialog

Tafel, Computer mit Beamer

2. Differenzenquotient: mittlere Änderungsrate 2.1. Mittlere Geschwindigkeit: Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen

Lehrer/Schülerdialog

Tafel, Angabeblatt für das Einführungsbeispiel

Anwendungsbeispiel: Der Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen verbindet in Japan die Hauptstadt Tokyo mit den großen Städten des Landes. Japan hat bereits 1964 mit dem Ausbau eines Hochgeschwindigkeitsnetzes für Züge begonnen. Dieses Netz gilt trotz der hohen Durchschnittsgeschwindigkeiten von über 200 km/h als extrem sicher und zuverlässig. Angabe einer Tabelle: Berechnung der mittleren Geschwindigkeit der Teilabschnitte und Gesamtstrecke. 2.2. Differenzenquotient entspricht Sekantensteigung Beispiel: Berechnung der Steigung einer linearen Funktion

36-60 min

3. Differentialquotient: momentane Änderungsrate 3.1. Momentangeschwindigkeit: Begriffsdefinition und Beispiel

Tafel, Lehrer/Schülerdialog

Angabe des Beispiels, Computer mit Beamer

Lehrer/Schülerdialog

Tafel, Computer mit Beamer

3.2. Differentialquotient/Tangentensteigung: Das Tangentenproblem wird vorgestellt. Mit Geogebra (Schieberegler) wird die Definition des Differentialquotienten erarbeitet. 4. Zusammenfassung: 61-70 min

Die zwei Begriffe werden tabellarisch gegenübergestellt und Merksätze werden formuliert. Beispiel: Berechnung der ersten Ableitung mittels Grenzwertrechnung

71-90 min

Fragen & Hausübung

Lehrer/Schülerdialog

3.3. Themenplanung

3.3.2

85

Zweite Unterrichtseinheit: Ableitungsregeln und grafische Interpretation

Die zweite Doppelstunde hat das Ziel, auf dem Vorwissen der Studierenden aufzubauen und dieses Wissen zu ergänzen. Sie kennen bereits den Unterschied zwischen Differenzen- und Differentialquotient und können die beiden Begriffe grafisch deuten. Auch setzen sie die erste Ableitung mit der Grenzwertrechnung in Verbindung. Die Lernziele für diese Unterrichtseinheit sind: • Die Schüler/-innen kennen die Ableitungsregeln (Potenzregel, Summenregel, Quotientenregel, Produktregel). • Die Schüler/-innen können die Ableitungsregeln korrekt anwenden. • Die Schüler/-innen können eine Funktion grafisch ableiten. • Die Schüler/-innen können den Grafen der ersten Ableitung einer Funktion richtig zuordnen.

Voraussetzungen: Die Schüler/-innen kennen den Begriff einer Funktion. Sie können die Funktionstypen zuordnen und können Funktionen aufstellen. Sie kennen den Unterschied zwischen Differenzenund Differentialquotient.

86

3. Grundlagen der Studie

Tabelle 3.3 – Aufbau der Stunde: Zweite Unterrichtseinheit: Ableitungsregeln. Zeit 1-10 min

6-15 min

16-70 min

71-85 min 86-90 min

Inhalt

Sozialform

Materialien

1. Wiederholung: Wiederholung der Begriffe Differenzen- und Differentialquotient (grafisch)

Lehrer/Schülerdialog

Tafel, Computer mit Beamer, Geogebra

Lehrer/Schülerdialog

Tafel

Lehrer/Schülerdialog

Tafel

Lehrer/Schülerdialog

Tafel

2. Motivierender Einstieg: Berechnung der ersten Ableitung einer quadratischen Funktion mittels Grenzwertrechnung. Dieses Ergebnis wird mit dem neuen Themeninhalt in Verbindung gesetzt. 3. Ableitungsregeln: Potenzregel, Summenregel, Quotietenregel, Produktregel 3.1. Potenzregel: Regel notieren Beispiele rechnen Merksatz formulieren 3.2. Ableitung einer Konstante: Regel notieren Beispiele rechnen Merksatz formulieren 3.3. Ableitung eines konstanten Faktors: Regel notieren Beispiele rechnen Merksatz formulieren 3.4. Summenregel: Regel notieren Beispiele rechnen Merksatz formulieren 3.5. Produktregel: Regel notieren Beispiele rechnen Merksatz formulieren 3.6. Quotientenregel: Regel notieren Beispiele rechnen Merksatz formulieren 4. Zusammenfassung: Alle Rechenregeln werden noch einmal wiederholt und zusammengefasst. Fragen & Hausübung

Lehrer/Schülerdialog

3.3. Themenplanung

3.3.3

87

Dritte Unterrichtseinheit: Kurvendiskussion

In der dritten Doppelstunde liegt der Fokus auf dem Grafen der Funktion. Zudem wird die Funktion diskutiert. Lernziele für diese Unterrichtsstunden sind: • Die Schüler/-innen können Nullstellen, lokale Extremstellen und Wendepunkte berechnen. • Die Schüler/-innen wissen, was Nullstellen, lokale Extremstellen (Hoch- und Tiefpunkte), Wendepunkte oder Sattelpunkte sind und können diese im Grafen einzeichnen. • Die Schüler/-innen können die Monotonie- und die Krümmungsbereiche einer Funktion bestimmen. • Die Schüler/-innen können eine Kurvendiskussion durchführen. • Die Schüler/-innen können grafisch ableiten.

Voraussetzungen: Die Schüler/-innen kennen den Begriff einer Funktion. Sie können die Funktionstypen zuordnen und können Funktionen aufstellen. Sie kennen den Unterschied zwischen Differenzenund Differentialquotient. Sie wissen, dass die erste Ableitung der Tangentensteigung oder Steigung an einer Stelle entspricht und können somit auf Monotonie oder Krümmung des Grafen einer Funktion schließen.

88

3. Grundlagen der Studie

Tabelle 3.4 – Aufbau der Stunde: Dritte Unterrichtseinheit: Kurvendiskussion. Zeit 1-5 min

6-15 min

Inhalt

Sozialform

Materialien

1. Wiederholung: Wiederholung der Begriffe Differentialquotient, Differenzienquotient im grafischen Kontext und der Ableitungsregeln.

Lehrer/Schülerdialog

Tafel, Computer mit Beamer

2. Motivierender Einstieg: Brainstorming; wichtige Eigenschaften von Funktionen

Lehrer/Schülerdialog

Tafel

Lehrer/Schülerdialog

Tafel, Angabeblatt eines Beispiels, Computer mit Beamer

Lehrer/Schülerdialog

Tafel, Computer mit Beamer

Zusammenfassung: Die (für den Unterricht) wichtigsten Punkte, die einen Graphen einer Funktion beschreiben, werden aufgelistet.

16-65 min

3. Kurvendiskussion: Durchführung einer Kurvendiskussion anhand eines konkreten Beispiels

3.1. Definitionsbereich 3.2. Nullstellen 3.3. Extremwerte 3.4. Monotonieverhalten 3.5. Wendepunkte 3.6. Wendetangente 3.7. Zeichnung und Vergleich 4. Zusammenfassung: 66-85 min

86-90 min

Wiederholung des besprochenen Beispiels und Anwendung bei einem anderen Beispiel Schüler/-innen führen selbstständig eine Kurvendiskussion durch und vergleichen die Ergebnisse mit denen ihres Taschenrechners oder Computers

Einzelarbeit

Fragen

Lehrer/Schülerdialog

3.3. Themenplanung

3.3.4

89

Vierte Unterrichtseinheit: Auffinden von Polynomfunktionen

In dieser Doppelstunde steht die Umkehrung der Kurvendiskussion im Vordergrund. In der letzten Einheit haben die Studierenden die Kurvendiskussion kennen gelernt. Nun ist die Aufgabe das Finden und Aufstellen der Termdarstellung unter gegebenen Bedingungen. Die Planung dieser Unterrichtsstunde baut auf dem Spiralprinzip (siehe Kapitel 1.2.2) auf. In Semester drei und vier wurde der Funktionsbegriff bereits definiert. Das Aufstellen und Finden von Funktionsgleichungen ist den Studierenden aus diesem Semester bereits bekannt und sie beherrschen das Aufstellen von linearen, quadratischen Funktionen und Polynomfunktionen. Es sind hierbei Punkte einer Funktion bekannt. Diese bilden die Bedingungen für das Aufstellen des Gleichungssystems. In dieser Unterrichtseinheit wird auf dem Vorwissen aufgebaut und dieses Wissen ergänzt und erweitert. Die Lernziele dieser Unterrichtssequenz sind folgende: • Die Schüler/-innen können gegebene Bedingungen aus Texten oder Graphen von Funktionen erkennen. • Die Schüler/-innen können Termdarstellungen von Polynomfunktionen aufgrund von Bedingungen aufstellen. Voraussetzungen: Die Schüler/-innen kennen den Begriff einer Funktion sowie das Aufstellen von Polynomfunktionen unter einfachen Bedingungen (z. B. Punkte der Funktion sind bekannt). Sie können die Funktionstypen zuordnen und können Funktionen aufstellen. Sie kennen den Unterschied zwischen Differenzen- und Differentialquotient.

90

3. Grundlagen der Studie

Tabelle 3.5 – Aufbau der Stunde: Vierte Unterrichtseinheit: Aufsuchen von Polynomfunktionen. Zeit 1-5 min

6-46 min

Inhalt

Sozialform

Materialien

1. Wiederholung: Beispiel: Aufstellen einer lineare Funktionen und von quadratischen Funktionen

Lehrer/Schülerdialog

Tafel, Computer mit Beamer, Geogebra

2. Ergänzung: Auffinden von Polynomfunktionen mit anderen Bedingungen

Lehrer/Schülerdialog

Tafel, Taschenrechner mit CAS

Partnerarbeit

Schulbuch, Taschenrechner

Lehrer/Schülerdialog

Tafel, Computer mit Beamer

2.1. quadratische Funktion: Hochpunkt und weitere Informationen sind gegeben 2.2. Polynomfunktion höheren Grades: Beispiel: Gegeben ist ein Graph einer Polynomfunktion dritten Grades. Die Termdarstellung wird gesucht. 3. Übungsphase: 47-75 min

Die Schüler/-innen bearbeiten Beispiele aus dem Schulbuch. Die gegebenen Bedingungen für das Auffinden der Polynomfunktionen sollen erkannt und verwendet werden. Die Lehrperson steht als Coach zur Verfügung.

76-85 min

4. Zusammenfassung: Aufgaben, die den Schüler/-innen unklar sind, werden herausgegriffen und wiederholt. Diese Aufgaben werden präsentiert.

86-90 min

Fragen

Lehrer/Schülerdialog

3.3. Themenplanung

3.3.5

91

Fünfte Unterrichtseinheit: Kosten- und Preistheorie

In der fünften Doppelstunde wird das Erlernte in einen anwendungsorientierten Kontext gesetzt. Das Thema der Stunde ist Kosten- und Preistheorie. Hoch- und Tiefpunkte, Nullstellen, Wendepunkte und das Monotonieverhalten können wirtschaftsmathematisch gedeutet werden. Die Lernziele dieser Unterrichtseinheiten sind: • Die Schüler/-innen kennen die Ableitungsregeln (Potenzregel, Summenregel, Quotientenregel, Produktregel). • Die Schüler/-innen können die Ableitungsregeln korrekt anwenden. • Die Schüler/-innen können eine Funktion grafisch ableiten. • Die Schüler/-innen können den Grafen der ersten Ableitung einer Funktion richtig zuordnen. Voraussetzungen: Die Schüler/-innen kennen den Begriff einer Funktion. Sie können die Funktionstypen zuordnen und können Funktionen aufstellen. Sie kennen den Unterschied zwischen Differenzenund Differentialquotient.

92

3. Grundlagen der Studie

Tabelle 3.6 – Aufbau der Stunde: Fünfte Unterrichtseinheit: Anwendungsaufgaben: Kosten- und Preistheorie. Zeit 1-5 min

6-60 min

Inhalt 1. Wiederholung: Die Begriffe Nullstellen, Extremstellen und Wendepunkte werden wiederholt. Grafen von Funktionen (Weg-/Zeit- und Kosten-/MengenFunktionen) werden analysiert. 2. Motivierender Einstieg: Powerpointpräsentation

Sozialform

Materialien

Lehrer/Schülerdialog

Tafel

Lehrer/Schülerdialog

Tafel, Computer mit Beamer, Powerpointpräsentation

Einzelarbeit

Schulbuch und Übungsblatt

Begriffe werden definiert und als Grafen skizziert 2.1. Kostenverlauf: degressiv, progressiv, rezessiv, linear 2.3. Kostenfunktion: variable und fixe Kosten, Stückkostenfunktion, variable Stückkostenfunktion 2.4. Nachfragefunktion: variabler und konstanter Preis 2.5. Erlösfunktion: maximaler Erlös 2.6. Gewinnfunktion: Gewinnschwellen, maximaler Gewinn 2.7. Betriebsoptimum und -minimum 3. Übungsphase: 61-85 min

86-90 min

Die Schüler/-innen bearbeiten selbstständig Beispiele aus dem Schulbuch und Übungsblatt. Fragen

Lehrer/Schülerdialog

4

Forschungsfragen und -hypothesen

In diesem Kapitel werden die wichtigsten Studienergebnisse im Bereich Individualisierung im Unterricht und Blended Learning präsentiert. Es stellt sich hierbei die Frage, ob diese Maßnahmen sich auf die Leistung oder andere Faktoren auswirken und inwiefern diese Wirkungen empirisch belegt sind. Die sich dabei zeigende Wissenslücke wird im Folgenden dargestellt und führt zur Forschungsfrage und ihren Hypothesen. Diese werden im letzten Abschnitt des Kapitels behandelt. Sie bilden den Grundstein für den Methodik- und Ergebnisteil. Im Methodikteil wird der Weg zur Beantwortung dieser Hypothesen beschrieben, das Kapitel Ergebnisse liefert die Antworten. Online-Lernen stellt eine neue Art des Lernens dar und beinhaltet viele Vorteile (z. B. Flexibilität, vereinfachte Individualisierungsmöglichkeiten, geringe Kosten, Unabhängigkeit von Ort und Zeit), weshalb im Ausbildungssektor auch ein diesbezüglicher Trend deutlich erkennbar ist (Köhne, 2005). Einige Gründe für diesen Trend nennt Köhne (2005). Unter anderem schreibt er, dass global verteilte Unternehmen in der heutigen Zeit einen Zusammenschluss suchen und dadurch die Bedeutung des orts- und zeitunabhängigen Lernens zunimmt. Köhne (2005, S. 48) zitiert hierbei Johannsen (2002), Sauter/Sauter (2002) und Seufert et al. (2001) und formuliert: „Multinationale Konzerne verlangen von ihren Mitarbeitern multikulturelle Kompetenzen, die in multinationalen Lernteams auf- und ausgebaut werden können (Sauter/Sauter 2002, S. 86)“. Wie bereits in Kapitel 2.5 beschrieben, gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten, E-Learning umzusetzen. Das MMB Institut(2014) sieht Blended Learning an der Spitze der E-Learning-Welt. Aus Befragungen geht hervor, dass die Bedeutung von Blended Learning (in betrieblichen Unternehmen) am höchsten eingeschätzt wird (MMB Institut, 2014). Blended Learning ist demzufolge keine Ausnahme mehr im Bildungssektor. Fernstudienelemente über OnlineLearning sind ein wichtiger Bereich der neuen Lernumgebung geworden und werden vermehrt in unterschiedlichsten Bereichen angeboten. Bereits in Universitäten, Schulen und auch privaten Instituten finden sich diese neuen Lernumgebungen wieder. Aufgrund dieser neuen Situation drängt sich die Frage auf, ob Studierende in E-LearningKursen im Vergleich zum Standardunterricht (= Face-to-Face) dieselbe Leistung erbringen und inwiefern sich diese Lernumgebung auf das Wohlbefinden der Studierenden auswirkt. Die Fachliteratur ist sich zu dieser Thematik uneins. Es gibt unterschiedlichste Standpunkte und Forschungsergebnisse.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 L. M. Pilotto, Blended Learning, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31235-0_4

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4. Forschungsfragen und -hypothesen

Die Ergebnisse von Nazarenko (2015) zeigen, dass Studierende die neue Unterrichtsform als positiv empfinden. Chen und Jones (2007) vergleichen Unterricht in Blended-Learning-Kursen mit traditionellem Unterricht in Bezug auf Effektivität und Erwartungen von Studierenden. Den Ergebnissen zufolge erbringen beide Kurse sehr gute Resultate. Im Gesamten gibt es in beinahe allen Items keine messbaren signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. In einem Item jedoch zeigt sich ein signifikanter Unterschied zugunsten des traditionellen Unterrichts. Diesbezüglich schreiben Chen und Jones (2007, S. 10): „[. . . ] students in the traditional setting were more satisfied with the clarity of instruction“. Sie fügen hinzu, dass Studierende des Blended-Learning-Settings den Kurs tendenziell als schwieriger empfinden als Studierende des traditionellen Unterrichts. Nach Köhne (2005), Marsh (2001) sowie Sauter und Sauter (2002) werden beim E-Learning-Setting wie auch beim Blended Learning Kompetenzen (durch lernorganisatorische und technische Anforderungen) für Tätigkeiten vorausgesetzt, die im Face-to-Face Unterricht von der Lehrperson übernommen werden. So ist bei diesem Lernarrangement die Betreuung durch einen Tutor essenziell notwendig (Köhne, 2005, zitiert Zenger/Uehlein, 2001). Im Gegensatz zu Chen und Jones (2007), die keine Leistungsunterschiede zwischen BlendedLearning-Kursen und Kontrollgruppen sehen, stellt Vernadakis (2012) signifikante Unterschiede in der Leistung fest. Tosun (2015), Zhang, Song und Burston (2011), Khazaei und Dastierdi (2011) und Alswiah (2009) bekräftigen dies. Sie beschreiben viele positive Effekte von Blended Learning. Hattie (2013) sieht nur einen kleinen Effekt von Fernunterricht. Er beschreibt in diesem Zusammenhang eher negative Effekte bei sowohl synchronem als auch asynchronem Fernunterricht in Hinblick auf die Leistung. Es zeigt sich bereits durch die unterschiedlichen Forschungsergebnisse, dass Blended Learning bzw. E-Learning nur unter bestimmten Voraussetzungen zu funktionieren scheint. Der Schlüssel für funktionierendes Online-Lernen nach Salmon (2013) ist eine gut strukturierte Einführung in das Online Learning. Neben der strukturierten Einführung könnte es weitere Schlüsselelemente geben, welche die Leistung, die Selbsteinschätzung und das Wohlbefinden stark beeinflussen. Eine ,Gleichartigkeit’ von Schüler/-innen in einer Klasse gibt es nicht (Sitte/Wohlschlägl, 2001). Viele Faktoren wie genetisches Potential, unterschiedliche Sozialisation oder soziokulturelle Einflüsse (siehe Kapitel 2.3) bewirken, dass sich Schüler/-innen in verschiedensten Merkmalen unterscheiden. Mit dieser ,Ungleichartigkeit’ taucht der Begriff ,Heterogenität’ in der Literatur auf. Diese äußert sich sowohl in unterschiedlichen Leistungen in bestimmten Bereichen als auch in verschiedenen Interessen, Konzentrationsfähigkeiten und Begabungen. Jede Gruppe, also auch jede Blended-Learning-Gruppe, ist geprägt von einer Heterogenität, die für Lehrer/-innen oftmals eine Herausforderung darstellt. In Blended-Learning-Kursen könnte der korrekte Umgang mit heterogenen Klassen ein weiteres Schlüsselelement für einen erfolgreichen Unterricht neben den beschriebenen Stufen von

4. Forschungsfragen und -hypothesen

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Salmon (2013) darstellen. In der Fachliteratur werden in vielen Fällen innere Differenzierung und die mit ihr verbundenen Maßnahmen als Antwort genannt. Potenzial zur Individualisierung und Differenzierung hat jede Unterrichtssituation, so auch E-Learning oder Blended Learning (Trautmann/Wischer, 2007). E-Learning wie auch Blended Learning bieten die Möglichkeit, sehr individuelle Lernpfade (Inhalt, Stoffmenge, variable Unterstützungsmöglichkeiten) anzubieten, dadurch kann hochgradig individualisiert werden (Lehner, 2009). Dies bestätigt Köhne (2005) und zitiert dabei Pichler (2001), Sauter und Sauter (2002), Skalnik (2003) sowie Troha (2002). Aus Sicht der Autoren/-innen bietet Blended Learning individuelle Lernwege, indem ein geeignetes Angebot an Materialien angeboten werden kann. Im Gegensatz zum Online Learning sind differenzierte Maßnahmen im Präsenzunterricht nur begrenzt umsetzbar. Online-Lernen bietet die Chance, Ort, Zeit und Lerntempo selbst zu regulieren, wohingegen die Präsenzphasen dies nur wenig zulassen. Studienergebnisse zeigen, dass sich in Österreich die Lernvoraussetzungen von Grundschüler/-innen stark unterscheiden können. Die Kinder sind zwar ,altershomogen’, unterscheiden sich jedoch in ihrem Lern- und Entwicklungsalter (Altrichter et al., 2009, zitieren Brügelmann, 1998, und Schipper, 1996). In diesem Zusammenhang schreiben Altrichter et al. (2009, S. 342): „Die Differenzen in schriftsprachlichen und mathematischen Leistungsvoraussetzungen können bei Schulanfänger/-innen drei bis vier Jahre betragen (vgl. Brügelmann 1998; Schipper 1996)“. Nach OECD (2001), Haider und Reiter (2004) sowie Altrichter et al. (2009) erzeugt das österreichische Bildungssystem mehr ,ungünstige Heterogenität’ als andere Länder im internationalen Vergleich. Hier werden die Ergebnisse von Vergleichsstudien wie TIMSS und PISA als Grundlage der Aussagen verwendet. Arbeitet man mit heterogenen Gruppen, so ist es notwendig, differenzierende Maßnahmen vorzunehmen. Dies ist die Ansicht vieler Autor/-innen der Fachliteratur. In diesem Zusammenhang fällt häufig der Begriff der ,inneren Differenzierung’. Es kann beispielsweise inhaltlich, organisatorisch oder durch verschiedene unterstützende Maßnahmen differenziert werden (Specht, 2009; Leuders, 2003; Joller-Graf, 2012). In Kapitel 2.4 werden weitere Differenzierungsmöglichkeiten vorgestellt. So wie in der Fachliteratur wird auch im Lehrplan der AHS für Berufstätige (BMBWF, 2009) ,Differenzierung’ als Schlüsselelement im Unterricht gesehen, wenn individualisiert gearbeitet werden soll. Im Alltag wird Differenzierung mit einem positiven Effekt assoziiert, aber oftmals nicht empirisch hinterfragt. Inwieweit der Forschungsstand dies bejaht oder verneint, soll im nächsten Abschnitt geklärt werden. Im Bereich innere Differenzierung liegen bereits vielfältige wissenschaftliche Ergebnisse vor. Trautmann und Wischer (2007) fassen den Stand der vorliegenden Forschungsergebnisse in Bezug auf innere Differenzierung im Unterricht wie folgt zusammen: [. . . ] zu den Wirkungen differenzierender Lernarrangements ist die Ergebnislage spärlich, zugleich aber auch unklar und widersprüchlich. Dies ist u. a. darauf

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4. Forschungsfragen und -hypothesen zurückzuführen, dass wegen der vielen Differenzierungsformen [. . . ] eine Operationalisierung und Kontrolle der Unterrichtsvariablen schwierig ist. Trotzdem lässt sich feststellen, dass sich die Ergebnisse doch weniger optimistisch lesen als die mit dem Konzept verknüpften Erwartungen. So wird in Überblicksarbeiten zum Forschungsstand eher von Vorteilen im nicht-kognitiven Bereich – der Persönlichkeitsentwicklung – und von Nachteilen fachlicher Resultate berichtet (vgl. z. B. Lüders/Rauin 2004). (Trautmann/Wischer, 2007, S. 45)

Wie Trautmann und Wischer (2007) angeführt haben, zeigt sich Uneinigkeit in der Fachliteratur, inwieweit innere Differenzierungsmaßnahmen eine positive Wirkung auf Leistung oder Wohlbefinden einzelner Schüler/-innen haben. Ebenso beschreiben sie die Schwierigkeit der Überprüfbarkeit und Operationalisierung der Unterrichtsvariablen. Ergebnisse einzelner Studien zeigen, dass innere Differenzierung einen positiven Effekt auf das Wohlbefinden und teilweise auch auf die Leistung hat. In vielen Untersuchungen jedoch ist nur ein geringer bis kein signifikanter Unterschied in der Leistung im Vergleich zu einer Kontrollgruppe gegeben (Altrichter et al., 2009). Joller-Graf (2012) behauptet, dass innere Differenzierung eine positive Wirkung aufweist, wenn die Unterrichtsorganisation gute Individualisierungsmaßnahmen für Schüler/-innen bereitstellt. Er führt dies folgendermaßen aus: Der Umstand, dass sich die Lehrkraft gezielt einzelnen Schülerinnen und Schülern oder kleineren Gruppen zuwenden kann und diese durch maßgeschneiderte Erklärungen in ihren Konstruktionsbemühungen unterstützt werden, hat einen nachweisbar positiven Effekt auf den Lernzuwachs. Bei einer Subgruppenbildung spielt es dabei keine Rolle, ob diese leistungshomogen oder leistungsheterogen zusammengesetzt ist (vgl. Lou et al. 1996, S. 440). (Joller-Graf, 2012, S. 125) Joller-Graf (2012) schreibt differenzierenden Maßnahmen ebenfalls positive Effekte zu und liefert im Zuge dessen fünf Fragen für Lehrer/-innen, um diese in der Umsetzung zu unterstützen. Wie bereits in Kapitel 2.4.6 näher ausgeführt, scheint es Probleme in der Umsetzung zu geben, wenn Studienergebnisse analysiert werden. Ob innere Differenzierung im Unterricht praktiziert wird, hängt weniger von der Heterogenität der Klasse ab (Warwas et al., 2011; Westphal et al., 2016), sondern eher von den Kompetenzen der Lehrperson (Anders et al., 2010; Westphal et al., 2016). Die von Joller-Graf (2012) formulierten Fragen sollen den Lehrkräften helfen, ein bestimmtes Lehrmittel qualitativ einzuordnen. Hiermit wissen sie, ob das Material für differenziertes Lernen geeignet und einsetzbar ist. Auch Altintas und Özdemir (2015) bekräftigen Joller-Grafs Aussage in einer Studie im Hochbegabtensektor. Hattie (2013) zitiert Lou et al. (1996) und deren Meta-Analyse zur Differenzierung nach Fähigkeit bzw. Leistung. Aufgrund ihrer Ergebnisse räumen sie der internen Differenzierung

4. Forschungsfragen und -hypothesen

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im Vergleich zu keiner Differenzierung einen leichten Vorteil ein. Der Effekt ist abhängig von der Klassengröße, so Hattie (2013). Bei größeren Klassen ist der Effekt größer als bei kleineren. Bei Klassen mit 35 Schüler/-innen ergibt sich beispielsweise eine Effektstärke von d = 0,35, was einen mittleren Effekt bedeutet, während die Effektstärke bei kleinen Klassen d = 0,22 beträgt. Trautmann und Wischer (2007) zitieren Arlin (1984) und schreiben über die Forschung zum zielerreichenden Lernen, dass sich durch extra Lernzeit zwar Leistungsunterschiede vermindern lassen, diese zusätzliche Lernzeit jedoch immer notwendig sein wird. Sie nimmt nicht ab, wie früher angenommen wurde. Adaptiver und individualisierter Unterricht erzielt bei überfachlichen Zielen bessere Ergebnisse und ein positiveres subjektives Befinden. Schüler/-innen empfinden den Unterricht als schülerzentriert und weniger mit Leistungsdruck verbunden, verglichen mit Kontrollgruppen. In Hinblick auf Leistungsergebnisse (fachliche Ziele) gibt es keine Unterschiede zwischen Gruppen mit Differenzierung und denen ohne (Altrichter et al., 2009). Altrichter et al. (2009, S. 348) zitieren Anderson (1995) und schreiben, dass diese „Ergebnisstruktur [. . . ] in vielen Untersuchungen immer wieder“ auftritt. Sie fassen diese wie folgt zusammen: Formen von Individualisierung und Differenzierung im Unterricht (bzw. von „erweiterten Lernformen“, die Individualisierung ermöglichen sollen) zeigen häufig eine leichte Überlegenheit in nicht-leistungsbezogenen Kriterien, wie z. B. in sozialen Lernzielen, Einstellung gegenüber Schule und Lehrpersonen, Kooperativität, Kreativität und Selbstständigkeit (vgl. Rauin 1987: 127; Giaconia/Hedges 1982; Chall 2002; Feyerer 1998: 128). (Altrichter et al., 2009, S. 348) Trautmann und Wischer (2007, S. 45) sind der Ansicht, dass jede „Unterrichtssituation [. . . ] Potenzial zur Individualisierung und Differenzierung“ beinhaltet, so auch E-Learning. Lehner (2009) ist derselben Auffassung und zeigt auf, dass E-Learning große Stoffmengen schnell und einfach verfügbar machen kann. Durch diese Lernumgebung besteht in weiterer Folge die Möglichkeit, individuelle Lernpfade anzubieten und somit hochgradig zu differenzieren. Blended-Learning-Kurse, welche vorwiegend in der Erwachsenenbildung ihren Einsatz finden, sind stark geprägt von einer Heterogenität innerhalb der Gruppe. Studierende haben unterschiedlichste Voraussetzungen, wie im Alter, in der Schulbildung, in der Berufsausbildung oder im soziokulturellen Umfeld. Es scheint hier im Besonderen wichtig zu sein, auf diese Heterogenität im Unterricht einzugehen. Auch ist eine Gruppengröße von 25 Studierenden und mehr Standard. Somit ist innere Differenzierung im Unterricht bzw. im Fernunterricht Voraussetzung und Kernelement für ein erfolgreiches Lehren und Lernen. Während es im Bereich des Schulsektors bei Kindern und Jugendlichen bereits einige Forschungsergebnisse bezüglich innerer Differenzierung im Unterricht gibt, liegen kaum Studien im Bereich der Erwachsenenbildung vor. Ebenso konnten keine weitere Forschungsergebnisse und Studien gefunden

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4. Forschungsfragen und -hypothesen

werden, welche sich speziell mit Blended-Learning-Klassen in der Erwachsenenbildung in Kombination mit innerer Differenzierung auseinandersetzen. Inwieweit innere Differenzierungsmaßnahmen eine positive Auswirkung auf Blended-LearningKurse haben, ist empirisch noch unklar und nicht untersucht. Blended Learning oder Online Learning werden im Allgemeinen als Chance für die Individualisierung betrachtet (so z. B. Lehner, 2009), jedoch ist diese Aussage nicht empirisch belegt. Beide einzelnen Bereiche sind gut erforscht, die Schnittstelle zwischen ihnen jedoch kaum bis gar nicht. Dies ergibt die vorherrschende Wissenslücke in der Fachliteratur, auf die in dieser Dissertation das Augenmerk gelegt wird. Für die Überprüfbarkeit wurde diese große Schnittmenge auf einen kleineren und spezielleren Bereich reduziert. So findet die Untersuchung im Fach Mathematik zum Thema ,Differentialrechnung’ im sechsten Semester statt, hierbei werden zwei detaillierte Differenzierungsmaßnahmen untersucht. Dieser eingegrenzte und wissenschaftlich unbekannte Untersuchungsbereich führt zur Forschungsfrage für die Untersuchung: Gibt es einen positiven Effekt bei Anwendung von Methoden innerer Differenzierung auf die mathematische Leistung und auf die Erwartung der Studierenden in Blended-Learning-Klassen im Vergleich zu klassischem Unterricht? Die Forschungsfrage wird spezialisiert auf ein konkretes Thema in der Mathematik, nämlich die Differentialrechnung, und lautet: Gibt es einen positiven Effekt bei Anwendung von Methoden von innerer Differenzierung auf die mathematische Leistung in Analysis (hier: speziell in der Differentialrechnung) und auf die Erwartung der Studierenden in Blended-LearningKlassen im Vergleich zu klassischem Unterricht? Es werden konkret zwei Maßnahmen der inneren Differenzierung bezüglich ihres Effekts auf das Lernergebnis untersucht (siehe Kapitel Methodikteil). Hiermit ergeben sich folgende Hypothesen und Forschungsfragen: 1. Es ist anzunehmen, dass Blended-Learning-Klassen mit innerer Differenzierung leistungsstärker sind als Klassen ohne. (a) Gibt es einen Unterschied im Testergebnis zu Beginn und am Ende zwischen Unterricht mit einer differenzierenden Maßnahme und ohne derartige Maßnahme? (b) Gibt es einen Unterschied im Testergebnis zu Beginn und am Ende zwischen Interventionsgruppe 1 (= innere Differenzierung durch synchrone Unterstützung, INT1) und der Kontrollgruppe? (c) Gibt es einen Unterschied im Testergebnis zu Beginn und am Ende zwischen Interventionsgruppe 2 (= innere Differenzierung durch asynchrone Unterstützung, INT2) und der Kontrollgruppe?

4. Forschungsfragen und -hypothesen

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2. Es ist anzunehmen, dass innere Differenzierung durch synchrone Unterstützung effizienter ist als innere Differenzierung durch asynchrone Unterstützung. (a) Gibt es Unterschiede in den Ergebnissen des Pre-Tests zwischen Interventionsgruppe 1 (s. o., INT1) und Interventionsgruppe 2 (s. o., INT2)? (b) Gibt es Unterschiede in den Ergebnissen des Post-Tests zwischen Interventionsgruppe 1 und Interventionsgruppe 2? (c) Gibt es Unterschiede in den Ergebnissen des Mathematiktests zum Thema Differentialrechnung zwischen Interventionsgruppe 1 und Interventionsgruppe 2? (d) Gibt es Unterschiede in den Ergebnissen der Selbstreflexion zwischen Interventionsgruppe 1 und Interventionsgruppe 2? 3. Es ist anzunehmen, dass die Selbsteinschätzung mit dem Testergebnis in Zusammenhang steht. (a) Gibt es einen Unterschied bei den Antworten in der Selbstreflexion über den beherrschten Stoff in Abhängigkeit von der Unterrichtsgestaltung? (b) Sind Klassen mit positiver Selbstreflexion besser (= höhere Punktezahl)? 4. Es ist anzunehmen, dass Klassen nach der Inputphase eine Leistungssteigerung haben und, dass Klassen, die mit einer Maßnahme der inneren Differenzierung unterrichtet werden, eine höhere Leistungssteigerung haben (Pre-Test und Post-Test) als Klassen ohne Maßnahme. (a) Gibt es einen Unterschied in den Testergebnissen zwischen Pre- und Post-Test bei der Kontrollgruppe? (b) Gibt es einen Unterschied in den Testergebnissen zwischen Pre- und Post-Test bei Interventionsgruppe 1 und 2? (c) Gibt es einen Unterschied in der Leistungssteigerung (in Punkten) zwischen Preund Post-Test zwischen den Interventionsgruppen und der Kontrollgruppe? 5. Es ist anzunehmen, dass Klassen, die mit einer Maßnahme der inneren Differenzierung unterrichtet werden, positivere Rückmeldungen zum Unterricht geben also Klassen ohne. (a) Gibt es einen Unterschied in den Items W1 bis W12 zwischen dem Unterricht ohne Differenzierung und mit innerer Differenzierung? (b) Gibt es einen Unterschied in den Items M1 bis M12 zwischen dem Unterricht ohne Differenzierung und mit innerer Differenzierung?

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4. Forschungsfragen und -hypothesen (c) Haben Klassen der Interventionsgruppe 1 eine höhere Leistungssteigerung und steht dieses Ergebnis im Zusammenhang mit positiveren Rückmeldungen?

6. Es ist anzunehmen, dass Schüler/-innen, die die Maßnahme der inneren Differenzierung mit Unterstützung seitens der Lehrperson (durch Zusatzunterricht und Handy-Angebote) vermehrt in Anspruch nehmen, leistungsstärker sind als Schüler/-innen, die dieses Angebot weniger in Anspruch nehmen. (a) Nutzen bessere Schüler/-innen das freiwillige Zusatzangebot mehr als leistungsschwächere Schüler/-innen? (b) Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Nutzung des Angebots und der Wahl der Differenzierungsmaßnahme?

5

Methodik

Die Hauptuntersuchung stellt eine Interventionsstudie in der Aktionsforschung dar. In dieser wird mittels quantitativer Methoden versucht, die Forschungsfrage mit ihrer Hypothese und ihren dazugehörigen Unterhypothesen im Klassenzimmer zu überprüfen. Dieses Kapitel präsentiert das Studiendesign, den Ablauf der Untersuchung und die zu testenden Variablen sowie einzelne Ergebnisse der Vortestungen, die die Validität und Reliabilität der Tests in der Hauptuntersuchung gewährleisten. In weiterer Folge wird die Stichprobe (Anzahl, Alter, Geschlecht, Klassenzugehörigkeit) beschrieben sowie die Datenerfassung und deren Evaluation angeführt. Die Durchführung der einzelnen verwendeten Tests wird begründet und näher ausgeführt.

5.1

Planung und Ablauf der Studie

In diesem Abschnitt soll der Prozess der Arbeit an dieser Dissertation (siehe Abbildung 5.1) im Laufe von vier Jahren vorgestellt werden. Bevor es zur eigentlichen Hauptuntersuchung und deren Evaluation gekommen ist, waren Vorarbeiten notwendig. Die erste Phase dauerte etwas über ein Jahr (Mai 2015 bis Juli 2016). Sie diente der Literatursuche, der Hypothesenentwicklung und der Erstellung der Tests für die Hauptuntersuchung. Am Ende dieser Phase folgte die Erstellung der Fragebögen und mathematischen Tests zu funktionalen Abhängigkeiten und Analysis. Bortz und Döring (2002) beschreiben, dass geschlossene Fragen den offenen Frageformaten bei schriftlichen Befragungen vorzuziehen sind. Sie begründen dies wie folgt: „Die Verwendung geschlossener Fragen erleichtert die Auswertung der Fragebögen erheblich” (S. 254). Zudem sehen sie in ihr eine höhere Objektivität im Vergleich zu offenen Fragen (Bortz/Döring, 2002). Dies sind Gründe, weshalb die Testformate, wie sie in der neuen zentralen Reifeprüfung der AHS im Grundkompetenzenteil zu finden sind, in den mathematischen Tests der Pre- und Post-Tests eine besondere Rolle spielen. Die Testformate enthalten Aufgaben zum Ankreuzen, Zuordnungen, Lückentexte und in verminderter Form offene Fragen. Während dieser Phase werden auch differenzierte Materialien (Lang- und Kurztexte zu den einzelnen Themen und Lösungen) zum Thema Einführung in die Differentialrechnung erstellt. Ebenso werden die Unterrichtsplanungen (U1: Einführung in die Differentialrechnung; U2: Ableitungsregeln; U3: Kurvendiskussion; U4: Aufsuchen von Polynomfunktionen; U5:

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5. Methodik

Anwendungsaufgaben zum Thema Kosten- und Preistheorie) für einen vier- bis fünfwöchigen Zeitraum formuliert. Diese sind in Kapitel 3 näher beschrieben.

Abbildung 5.1 – Studienablauf: Hypothesenerstellung, Planung bis Umsetzung der Studie und Auswertung der Daten

Nach Erstellung der Testmaterialien wurden diese in der nächsten entscheidenden Phase (im Sommer- und Wintersemester 2016) in Vortestungen überprüft. Unklar formulierte Aufgabenstellungen wurden überarbeitet und adaptiert. Die Ergebnisse der Vortestungen dienten weiterhin zur Überprüfung der internen Konsistenz der Testfragen. Im Zuge jeder Überarbeitung wurden die Hypothesen überdacht und neu formuliert. Der Ablauf und die einzelnen Teilergebnisse dieser Vortestungen werden im nächsten Kapitel 5.2 präsentiert. Im Wintersemester 2017 begann die eigentliche Hauptuntersuchung und dauerte bis zum Wintersemester 2018 an. In dieser wurden zwei Interventionsgruppen (bestehend aus drei Klassen) und eine Kontrollgruppe (bestehend aus zwei Klassen) getestet. Nach Abschluss jeder Testung wurden die Daten in Excel-, PDF- und in CSV-Dateien gespeichert. Die mathematischen Tests wurden alle händisch korrigiert und anschließend ausgewertet. Die Vorgehensweise der Datensammlung und Evaluation wird in Kapitel 5.7 dargestellt. In der letzten Phase des Dissertationsprojekts stehen die Evaluation und Interpretation der gesammelten Ergebnisse im Vordergrund. Schlussfolgerungen für den Unterricht und weitere

5.2. Vortestungen

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Studien werden gezogen.

5.2

Vortestungen

Vor der eigentlichen Hauptuntersuchung fanden mehrere Vortestungen statt. Ziel dieser war es, die Reliabilität der Testsysteme in der Hauptuntersuchung zu gewährleisten. Diese Vortestungen erfolgten in den Schuljahren 2015/16 und 2016/17 (siehe Abbildung 5.1). Alle Testaufgaben und Fragebögen wurden zu Beginn in Word zusammengestellt. Die Studierenden beantworteten all diese Fragen auf Papier. Die erste untersuchte Gruppe erhielt einen zusätzlichen Auftrag. Sie sollte Randnotizen machen, falls Aussagen unklar formuliert waren. In der zweiten und dritten Vortestung lag der Fokus auf der Punktevergabe und dem Schwierigkeitsgrad der einzelnen Aufgaben selbst. Im ersten Durchlauf der Vortestungen gab es einige Unklarheiten in den Fragestellungen. Diese wurden überarbeitet. Auch waren die einzelnen Aufgaben unterschiedlich schwer zu bewältigen. Somit wurde versucht, dies zu korrigieren. Nach Korrektur der Angaben, welche durch die Vortestungen begründet war, wurden die zwei mathematischen Tests und die Fragebögen in Moodle eingearbeitet. Der Ablauf einer Vortestung sah also folgendermaßen aus: Die Testungen wurden zu Beginn auf Papier geschrieben, händisch ausgewertet und die Ergebnisse in Excel eingegeben. Diese wurden sowohl mit Excel als auch R ausgewertet. Es gab eine Überprüfung der einzelnen Items auf interne Konsistenz (mithilfe von Cronbachs Alpha). Die Items selbst beziehen sich auf die einzelnen Handlungsdimensionen und Grundkompetenzen der Aufgabenstellungen. Die Fragebögen, Tests und die dazugehörigen Items werden ab Kapitel 5.4 näher erläutert. In diesem Zusammenhang werden die Ergebnisse der Vor-Vortestung und der Vortestung im Sommersemester 2016 ausgewählt und vorgestellt. Da die zweite Vortestung (im WS 2016) kaum Änderungen der Tests oder Fragebögen brachte, wird auf diese nicht näher eingegangen. Die Vor-Vortestung im WS 2015 und die erste Vortestung im SS 2016 bewirkten Änderungsmaßnahmen wie Korrektur der Punktevergabe, Änderungen der Aufgaben und der Zuordnung einzelner Items. Die Interventionsmaßnahmen oder die Unterrichtsplanungen wurden in keiner der Vortestungen überprüft.

5.2.1

Ergebnisse der Vortestungen

Vortestungen sind sinnvoll, wenn die Testsysteme möglichst valide und reliabel sein sollen. Sie dienen zur Überprüfung der Testfragen und deren interner Konsistenz. Ebenso kann der Studienablauf geprobt werden oder aber die in den Vortestungen auftretenden Probleme können für die Hauptuntersuchung vermieden werden. Dieses Kapitel präsentiert einzelne Ergebnisse dieser Vortestungen und fasst die Hauptprobleme zusammen.

104 5.2.1.1

5. Methodik Vor-Vortestung im WS 2015

In der Vor-Vortestung (= erste Vortestung) wurden zehn Personen getestet, davon waren sechs männlich und vier weiblich. Der Studienablauf (Pre- und Post-Test mit Fragebögen) stand nicht im Vordergrund. Deshalb wird diese Testung als Vor-Vortestung betrachtet. Ziel dieser ersten Vortestung bzw. Vor-Vortestung war es, die Aufgaben in mathematischen Tests auf ihre Verständlichkeit und Machbarkeit zu überprüfen. Die Studierenden wurden weiterhin gebeten, am Rand Notizen zu hinterlassen, wenn Aussagen unpräzise oder unklar formuliert waren. Einzelne Aufgaben mussten dadurch überarbeitet werden. Auch zeigte sich, dass einige Aufgaben sehr leicht, andere wiederum schwer zu bewältigen waren. Pro Aufgabe können maximal zwei Punkte erzielt werden. Es sind insgesamt 16 Aufgaben zum Thema funktionale Abhängigkeiten zu lösen. Die Aufgaben e, g, i, j, k, l, m, o und p sind rot markiert. Das bedeutet, dass nur einer gewisser Prozentsatz sie korrekt bearbeitete. Genauer gesagt: 70 % der Studierenden oder weniger lösten diese Aufgabenstellungen. ein solches Ergebnis deutet darauf hin, dass diese genannten Beispiele für die Schüler/-innen schwer bis kaum lösbar waren. Die anderen Aufgaben wurden von mindestens 80 % der Schüler/-innen korrekt gelöst. Insgesamt konnten 32 Punkte erreicht werden. Der Mittelwert der erreichten Punkte dieser Stichprobe beträgt 21,6 Punkte und der Median 24 Punkte .

Abbildung 5.2 – Summe der Punkte des mathematischen Tests FA (Funktionale Abhängigkeiten)

Der oben dargestellte Boxplot (Abbildung 5.2) beschreibt das Ergebnis der einzelnen Teilnehmer/innen. Keine Person erhielt weniger als 25 % der zu erreichenden Punkte. Zwei Personen lagen zwischen 25 % und 50 %, vier zwischen 50 % und 75 % und vier erreichten zwischen 75 % und 100 %. Da der Median bei 24 Punkten liegt, bedeutet dies, dass mindestens 50 % der Studierenden 78 % oder mehr Punkte erreichten.

5.2. Vortestungen 5.2.1.2

105

Vortestung im SS 2016

Bei der zweiten Vortestung handelt es sich um die erste Vortestung der Hauptuntersuchung. Im Gegensatz zu der ersten Vortestung, bei der nur Teile der Testapparate verwendet wurden, durchläuft die zweite Vortestung den kompletten Ablauf (ausgenommen die Intervention). Hier wurden alle Tests und Fragebögen verwendet, die in der Hauptuntersuchung vorgesehen waren. Auch der Ablauf wurde teilweise vorgegeben. So durfte der Pre-Test erst kurz vor Einführung des Themeninhalts Differentialrechnung durchgeführt werden und der Post-Test musste nach fünf Doppelstunden bearbeitet werden. Dies bedeutete, dass nur sechste Semester in Frage kommen. Diese Vortestung diente quasi als Probedurchlauf für die Hauptuntersuchung. Sechs Personen (fünf weiblich, eine männlich) wurden bei der zweiten Vortestung ausgewertet. Zu Beginn bearbeiteten sie den mathematischen Test zum Inhalt funktionale Abhängigkeiten und den Fragebogen. Anschließend folgte eine Einführung in die Differentialrechnung. Dies dauerte vier Wochen. Nach diesen wurde der Nachtest durchgeführt. Die Probanden/-innen schrieben ein weiteres Mal den mathematischen Test zum Inhalt funktionale Abhängigkeiten und beantworteten die Fragen des Fragebogens. Zudem schrieben sie einen Test zum Inhalt Analysis. Der detaillierte Studienablauf mit Studiendesign ist in Kapitel 5.3. beschrieben. Der Zusammenhang zwischen Pre- und Post-Test zum Inhalt funktionale Abhängigkeiten stellt einen positiven mittleren Zusammenhang mit r = 0,38 dar. Studierende mit guten Testergebnissen im Pre-Test erhalten auch gute Testergebnisse im Post-Test. Alle Teilnehmer/-innen mit Ausnahme einer Person erzielen ein besseres Ergebnis im Vergleich zum Eingangstest und haben dadurch eine Leistungssteigerung zu verzeichnen. Es gibt jedoch keinen signifikanten Unterschied zwischen dem Vor- und dem Nachtest (p-Wert = 0,09461).

Abbildung 5.3 – Vortest und Nachtest der Gruppen im Vergleich

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5. Methodik

Bei den Vortestungen wurde zu jedem Item Cronbachs Alpha bestimmt, welches die interne Konsistenz der Items angibt. Die Werte lagen anfangs niedriger als 0,7. Erst in der letzten Vortestung im Wintersemester 2016 – nach Überarbeitung der Fragen – zeigte sich ein Wert von über 0,7. Die Items sowie die Testergebnisse der internen Konsistenz. werden ab Kapitel 5.5 beschrieben. 5.2.1.3

Vortestung im WS 2016

Im Wintersemester 2016 wurde der Eingangstest zum Inhalt funktionale Abhängigkeiten ein weiteres Mal durchgeführt. Die ersten beiden Vortestungen hatten gezeigt, dass die Punktevergabe die Leistungen der Studierenden wenig widerspiegelt. Hatte ein Studierender vier von fünf Aussagen richtig, wurde dies genauso bewertet, als habe er drei von fünf Aussagen richtig beantwortet. Aus diesem Grund wurde die Punktevergabe bei den Aufgaben abgeändert. Anstatt von zwei Punkten pro Aufgabe wurde bei einer richtigen Aussage ein Punkt vergeben. Somit konnten auch fünf oder sechs Punkte pro Aufgabe vergeben werden.

5.3

Studiendesign

Als Untersuchungsdesign wurde eine Testung mit Messwiederholung gewählt, in der es zwei Interventionsgruppen und eine Kontrollgruppe gibt. Pospeschill und Siegel (2018) behaupten, dass sich besonders für kleinere Stichproben Messwiederholungspläne – wie unten dargestellt und beschrieben – vor und nach einer Intervention eignen. Zu Beginn der Haupttestung fand eine Testung zum Thema funktionale Abhängigkeiten mit einem Fragebogen statt. Genau derselbe mathematische Test und derselbe Fragebogen wurden auch nach der Intervention bearbeitet. Der Fragebogen beim Nachtest wurde nur durch einzelne Zusatzfragen ergänzt, welche die Intervention und den Lernfortschritt hinterfragen.

Abbildung 5.4 – Studiendesign der Hauptuntersuchung (,V’ steht für ,Vergleich’)

Das heißt, dass alle Studienteilnehmer/-innen einen Vor- und einen Nachtest zum Thema

5.3. Studiendesign

107

funktionale Abhängigkeiten bearbeitet haben. Zusätzlich wurden mittels eines Fragebogens allgemeine Informationen erhoben. Die Probanden/-innen bewerteten sowohl den Unterricht als auch ihren Lernerfolg zum Inhalt Differentialrechnung. Beim Post-Test führten sie einen weiteren Test durch. Dieser enthielt Beispiele zum Thema Analysis. Die Haupt- und Unterhypothesen sind sowohl Unterschiedshypothesen als auch Zusammenhangshypothesen. Es werden die Ergebnisse von Pre-Test und Post-Test in den einzelnen Gruppen verglichen, wie auch die Gruppen untereinander. Abbildung 5.4 stellt die zwei Interventionsgruppen und die Kontrollgruppe in Kombination mit deren Testungen und Interventionen dar. Die drei Gruppen – Interventionsgruppe 1 (INT1), Interventionsgruppe 2 (INT2) und Kontrollgruppe (K) – unterscheiden sich wie folgt: • Interventionsgruppe 1 Die Interventionsgruppe 1 bearbeitet einen Pre-Test zum Thema funktionale Abhängigkeiten und einen Fragebogen. Dann erfolgt eine vierwöchige Bearbeitung des Themas Differentialrechnung. Während dieses Zeitraums erhalten sie die spezielle differenzierte Förderungsmaßnahme. Der Gruppe wird angeboten, zweimal wöchentlich zusätzlichen Förderunterricht zu besuchen; zudem kann sie die Lehrperson in den angegebenen Kernzeiten über das Handy jederzeit textlich kontaktieren und Fragen stellen. Die Lehrperson antwortet in diesen Kernzeiten innerhalb von fünf Minuten auf die Fragestellung. Neben diesen zwei Möglichkeiten wird eine weitere Sprechstunde angeboten, in welcher die Studierenden persönlich Fragen zum Inhalt stellen können. Nach jedem Förderkurs können die Studierenden online Feedback geben. Nach vier bis fünf Wochen – nach Beendigung des Themas – wird der Post-Test durchgeführt. • Interventionsgruppe 2 Die Interventionsgruppe 2 bearbeitet ebenfalls einen Pre-Test zum Inhalt funktionale Abhängigkeiten und den allgemeinen Fragebogen. Dann erfolgt eine vierwöchige Bearbeitung des Themas Differentialrechnung. Während dieses Zeitraums erhalten die Studierenden dieser Gruppe die spezielle differenzierte Förderungsmaßnahme über Materialien. Neben dem Schulbuch werden Zusammenfassungen in Kurz- und Langform zu den einzelnen Themen sowie alle durchgerechneten Lösungen der Übungsaufgaben aus dem Schulbuch angeboten. Die Lehrperson bietet keine zusätzlichen Lern- oder Fragestunden während dieses Zeitraums an. Nach vier bzw. fünf Wochen, also nach Abschluss des Themas, wird der Post-Test (mathematische Tests und ein Fragebogen) durchgeführt.

108

5. Methodik • Kontrollgruppe Die Kontrollgruppe bearbeitet, wie die beiden anderen Gruppen, die Tests zum Inhalt funktionale Abhängigkeiten und Analysis. Zwischen den zwei Testungen Pre-Test und Post-Test erhält die Gruppe jedoch keine Intervention, also keinerlei zusätzliche Unterstützung. Sie hat das Schulbuch als einzige Lernunterlage zur Verfügung. Die Lehrperson bietet keine zusätzlichen Lern- oder Fragestunden während dieses Zeitraums an. Nach einer vier- bis fünfwöchigen Einarbeitung wird der Post-Test durchgeführt.

Im Untersuchungsdesign ist die Gruppe die unabhängige Variable und die Testergebnisse (Outcome) der mathematischen Tests FA (= Funktionale Abhängigkeiten) und AN (= Analysis) sind die abhängige Variable. Eine unabhängige Variable wird auch als Prädiktor oder Faktor bezeichnet. Weitere abhängige Variablen sind die Ergebnisse der Antworten des Fragebogens (Skala von eins bis fünf) und das Ausmaß der Nutzung der Unterstützungsangebote. Die Hypothesen und Unterhypothesen erfordern zusammenfassend folgende unabhängige Variablen: • Gruppe: Intervention 1, Intervention 2, Kontrollgruppe. • Geschlecht: männlich, weiblich. • Zeitpunkt: Pre-Test und Post-Test. Die Stichproben im Untersuchungsdesign sind sowohl abhängig als auch unabhängig. Dies richtet sich nach der Fragestellung (siehe Kapitel 4 und Abbildung 5.4 oben).

5.4

Fragebögen und mathematische Tests

Während der Untersuchung gab es unterschiedliche Testapparate: Fragebögen, mathematische Tests, Feedback-Erhebungen über Moodle und Handaufzeichnungen betreffend die Anzahl der in Anspruch genommenen Hilfeleistungen wie Förderunterricht oder Handyanfragen. Weiterhin wurde die Selbsteinschätzung der Schüler/-innen mittels Fragebogen erhoben. In der folgenden Tabelle (5.1) werden alle Tests und Fragebögen im Überblick dargestellt. Zu jedem Testsystem folgen eine Beschreibung und die Zuordnung, welche Gruppe zu welchem Zeitpunkt welchen Test bearbeitet. Der Fragebogen beim Pre-Test beispielsweise setzt sich aus allgemeinen Fragen und speziellen Fragen zusammen. Alle drei Testgruppen beantworten die Fragen vor Beginn der Interventionsmaßnahme (also bevor die Differentialrechnung eingeführt wird). Die Aufgabenformate der mathematischen Tests folgen dem Format der zentralen Reifeprüfung des Grundkompetenzenteils. Es gibt offene und geschlossene Formate, Lückentexte oder

5.4. Fragebögen und mathematische Tests

109

Zuordnungsaufgaben. In den Vortestungen war die Punktevergabe 2, 1 oder Null. Da dies zu wenig differenziert war und kaum Vergleiche zuließ, wurde die Punkteverteilung für die Hauptuntersuchung geändert. Hier wird pro richtiger Aussage ein Punkt vergeben. Dadurch sind bis zu sechs Punkte (je nach Aufgabenstellung) möglich. In den meisten Aufgaben werden bei korrekter Antwort fünf Punkte vergeben. Dies bedeutet, dass die einzelnen Aufgaben nicht mehr einer fixen Skala folgen wie in den Voruntersuchungen, sondern jede Aufgabe ihre eigene Skala besitzt (3 bis 6 Punkte).

110

5. Methodik

Tabelle 5.1 – Überblick über die Fragebögen und Testbögen in der Hauptuntersuchung. Testsystem

Beschreibung

Gruppe

Zeitpunkt

Fragebogen Pre-Test

Allgemeine Fragen: Alter, Geschlecht, Distanz zur Schule, berufstätig, Schulleistungen im letzten Semester oder in der letzten Schule

Interventionsgruppe 1; Interventionsgruppe 2 und Kontrollgruppe

Vortest

Spezielle Fragen: Lerntyp, Bewertung des Mathematikunterrichts, Wünsche für die Umsetzung im Mathematikunterricht Mathematischer Test: Funktionale Abhängigkeiten

Grundkompetenzaufgaben: Aufgaben über Grundkompetenzen FA wie FA 1.3, FA 1.4, ... (siehe Tabelle 5.7)

Interventionsgruppe 1; Interventionsgruppe 2 und Kontrollgruppe

Vortest

Feedback Moodle

über

Feedback über Förderkurs: Hat die Stunde etwas genutzt?

Interventionsgruppe 1

Intervention

Handschriftliche Notizen

Aufzeichnungen: Teilnahme am Förderkurs , Nutzung der Zusatzangebote

Interventionsgruppe 1

Intervention

Fragebogen Test

Allgemeine Fragen: Alter, Geschlecht, Distanz zur Schule, berufstätig, Schulleistungen im letzten Semester oder in der letzten Schule

Interventionsgruppe 1; Interventionsgruppe 2 und Kontrollgruppe

Nachtest

Spezielle Fragen: Lerntyp, Bewertung des Mathematikunterrichts, Wünsche für die Umsetzung im Mathematikunterricht, Selbsteinschätzung des Gelernten

Interventionsgruppe 1; Interventionsgruppe 2 und Kontrollgruppe

Fragen zur Intervention: Teilnahme, Gründe, Bewertung der Intervention

Interventionsgruppe 1; Interventionsgruppe 2

Grundkompetenzaufgaben: Aufgaben über Grundkompetenzen FA wie FA 1.3, FA 1.4, ... (siehe Tabelle 5.7)

Interventionsgruppe 1; Interventionsgruppe 2 und Kontrollgruppe

Nachtest

Grundkompetenzaufgaben: Aufgaben Interventionsgruppe 1; Inüber Grundkompetenzen AN (siehe Ta- terventionsgruppe 2 und belle 5.8) Kontrollgruppe Anmerkung. ,Vortest’ beschreibt den Zeitpunkt vor der Intervention, ,Nachtest’ nach der Intervention und ,Intervention’ steht für den Zeitpunkt während der Intervention.

Nachtest

Post-

Mathematischer Test: Funktionale Abhängigkeiten Mathematischer Test: Analysis

Die Fragebögen beinhalten das Skalenniveau von 1 bis 5, wobei 1 für ,sehr stark’ und 5 für ,gar nicht’ steht. Es werden die Bereiche bzw. die Items Lerntyp (L), Sicht des Mathematikunterrichts (M), Wünsche an den Mathematikunterricht (W) und Selbsteinschätzung zum Können (D) unterschieden. Diese werden im nächsten Unterkapitel erläutert.

5.5. Items der Fragebögen und Tests

5.5

111

Items der Fragebögen und Tests

In diesem Abschnitt werden die Items der vorgestellten Fragebögen und mathematischen Tests sowie das Ergebnis der internen Konsistenz näher beschrieben.

5.5.1

Items: Fragebogen

Der Fragebogen besteht aus mehreren Teilen: Der erste Abschnitt enthält Fragen zu allgemeinen Informationen (wie Alter, Geschlecht, Distanz zur Schule, letzte Schulnoten, ...), der zweite Abschnitt Fragen zum Lerntyp (Item: L), der dritte zum Feedback über den Mathematikunterricht (Item: M) und der letzte zu Wünschen an den Mathematikunterricht (Item: W). Beim Post-Test geben die Probanden/-innen zu diesen Fragen noch ein Feedback bzgl. der Interventionsmaßnahme zusätzliche Unterstützung seitens der Lehrperson und eine Selbsteinschätzung (Item: D) zum Wissen und Können ab. Das Feedback über die Interventionsmaßnahme wird über eine offene Frage erhoben. Allen Studierenden ist selbst überlassen, ob sie kurze Antwortsätze oder Stichworte schreiben möchten. Alle Items wurden auf interne Konsistenz geprüft (Moosbrugger/Kelava, 2012). Es gab folgendes Ergebnis: • Lerntyp (L): 10 Items, α= 0,780 • Mathematikunterricht (M): 13 Items, α= 0,863 • Wünsche (W): 8 Items, α= 0,738 • Selbsteinschätzung zum Inhalt Differentialrechnung (D): 12 Items, α= 0,979 Den Ergebnissen zufolge liegen alle Werte über 0,7. Daraus lässt sich schließen, dass die interne Konsistenz bei den Items L, M, W und D angenommen werden kann. Die folgenden Tabellen geben Informationen über die einzelnen Items. Die Tabelle 5.2 beschreibt die Items L, welche Auskunft über das Lernverhalten geben sollen.

112

5. Methodik

Tabelle 5.2 – Überblick über die Items L des Fragebogens

Item

Beschreibung

Mir fällt das Lernen besonders leicht, . . . L1 L2 L3 L4 L5 L6 L7 L8 L9 L10 L11

wenn ich in der Gruppe Experimente durchführe. wenn ich Experimente selbst durchführen und Dinge ausprobieren kann. wenn ich mich mithilfe eines Textes/Buches über ein Thema informieren kann. wenn ich zu einem Thema einen Film sehe. wenn ich zu einem Thema eine Internetrecherche durchführe. wenn ich mir den Sachverhalt erarbeite. wenn mir ein Mitschüler/-in Sachverhalte und Zusammenhänge erklärt. wenn der/die Lehrer/in Sachverhalte und Zusammenhänge erklärt. wenn der Unterricht Bezüge zu meinem persönlichen Alltag hat. wenn der Unterricht ein Thema behandelt, über das ich mich auch außerhalb des Unterrichts mit anderen unterhalten kann. wenn der Unterricht ein Thema behandelt, über das ich mich auch außerhalb des Unterrichts mit anderen unterhalten kann.

Anmerkung. ,L’ beschreibt Item ,Lerntyp’.

Die folgende Tabelle 5.3 beschreibt die Items M. Diese geben Auskunft über die Qualität des Mathematikunterrichts aus Sicht der Studierenden. Tabelle 5.4 listet die Items W auf. Diese stellen die Wünsche der Studierenden dar.

5.5. Items der Fragebögen und Tests

113

Tabelle 5.3 – Überblick über die Items M des Fragebogens

Item

Beschreibung

Im Mathematikunterricht kann ich . . . ... M1 M2 M3 M4 M5 M6 M7 M8 M9 M10 M11 M12 M13

mir selbst Themeninhalte mittels Texten und Skripten erarbeiten. die Themeninhalte mit unterschiedlichen Quellen erarbeiten (Computer, Buch, Skriptum, . . . ). selbstständig arbeiten. in Gruppen arbeiten. viel Unterstützung von der Lehrperson bekommen (falls erwünscht). in zusätzlichen Sprechstunden Themeninhalte vertiefen. detaillierte Einführungen in Themen seitens der Lehrperson bekommen. mir meine Aufgaben (Hausübungen, Projekte, ...) selbst wählen. Themeninhalte vertiefen, falls das Interesse gegeben ist. zusätzliche Unterstützungsmaterialien auf Moodle abrufen. Lernvideos für ein besseres Verständnis der Themeninhalte ansehen. jederzeit Fragen stellen. schnelle Rückmeldungen (via E-Mail), falls ich Fragen habe, erwarten.

Anmerkung. Items ,M’ beschreiben die Qualität des Mathematikunterrichts.

Tabelle 5.4 – Überblick über die Items W des Fragebogens

Item

Beschreibung

Ich wünsche mir ... W1 W2 W3 W4 W5 W6 W7 W8

mehr Unterstützung durch die Lehrperson. mehr zusätzliche Materialien in Moodle. mehr Lernvideos. mehr Gruppenarbeiten. mehr Möglichkeiten, selbst etwas auszuarbeiten. mehr Hilfe von Schulkollegen/-innen. mehr Zeit zu haben, um neben der Arbeit zu lernen. mehr Lernspiele, Quizz, ...

Anmerkung. Items ,W’ beschreiben die Wünsche an die Lehrperson oder an den Mathematikunterricht.

Die nächste Tabelle (5.5) beschreibt die Items D. Die Probanden/-innen schätzen ihr Können zum Inhalt Differentialrechnung ein, den sie während der Interventionsphase erarbeitet haben.

114

5. Methodik

Tabelle 5.5 – Überblick über die Items D des Fragebogens

Item

Beschreibung

Selbsteinschätzung: Differentialrechnung D1 D2 D3 D4 D5 D6 D7 D8 D9 D10 D11 D12

Ich weiß, was ein Differenzenquotient ist. Ich weiß den Zusammenhang eines Differenzenquotienten mit der mittleren Änderungsrate. Ich kann Differenzenquotienten berechnen. Ich kann Differenzenquotienten als mittlere Änderungsrate interpretieren. Ich weiß, was ein Differentialquotient ist. Ich weiß, dass der Differentialquotient durch einen Grenzübergang aus dem Differenzenquotienten entsteht. Ich weiß, dass der Differentialquotient eine momentane Änderungsrate ist. Ich kenne den Zusammenhang eines Differentialquotienten mit der Steigung einer Tangente. Ich kann den Differentialquotienten berechnen. Ich kann Tangenten ermitteln. I ch kann momentane Änderungsraten mit dem Differentialquotienten beschreiben. Ich kann einen Differentialquotienten als momentane Änderungsrate interpretieren.

Anmerkung. Items ,D’ geben Auskunft über die Selbsteinschätzung der Studierenden zum Inhalt Analysis

5.5. Items der Fragebögen und Tests

5.5.2

115

Items: mathematische Tests (FA und AN)

Angelehnt an das Konzept der Grundkompetenzen (Frebort et al., 2015) und das Kompetenzmodell zu Mathematik der Sekundarstufe 1 (Bayer-Felzmann et al., 2012) wurden die Aufgaben erstellt. Die einzelnen Testbeispiele sind sowohl den Grundkompetenzen als auch den Handlungskompetenzen (Item H) zugeordnet. Die Items der mathematischen Aufgaben (wie die Items vom Fragebogen) wurden auf ihre interne Konsistenz in den Vortestungen geprüft. Alle Werte von Alpha waren über 0,7, wenn davon ausgegangen wird, dass das Skalenniveau der einzelnen Aufgaben gleich ist. Es werden vier Handlungsdimensionen unterschieden (Bayer-Felzmann et al., 2012). Diese sind den einzelnen Testaufgaben aus Pre- und Post-Test zugeordnet (siehe Tabelle 5.6). Tabelle 5.6 – Überblick über die Items H von Pre- und Post-Test zum Inhalt funktionale Abhängigkeiten (FA) Handlungskompetenz H

Beschreibung

Beispiele

H1 H2

Darstellen und Modellbilden Rechnen und Operieren

H3

Interpretieren

7 8, 10, 11, 4, 13, 14 1, 2, 3, 5, 6, 9, 12, 13 15

H4 Argumentieren und Begründen Anmerkung. Die einzelnen Beispiele sind den Items zugeordnet.

In den nächsten beiden Tabellen 5.7 und 5.8 sind die Grundkompetenzen und die jeweiligen Beschreibungen sowie die zugehörigen Beispiele und Handlungsdimensionen dargestellt.

116

5. Methodik

Tabelle 5.7 – Überblick über die Items von Pre- und Post-Test zum Inhalt funktionale Abhängigkeiten. Grundkompetenz

Beschreibung

FA 1.3

Zwischen tabellarischen und grafischen Darstellungen funktionaler Zusammenhänge wechseln können

FA 1.4

Aus Tabellen, Graphen und Gleichungen von Funktionen Werte(paare) ermitteln und im Kontext deuten können

FA 1.7

Funktionen als mathematische Modelle verstehen und damit verständig arbeiten können

FA 1.1

Für gegebene Zusammenhänge entscheiden können, ob man sie als Funktionen betrachten kann

FA 2.1

Verbal, tabellarisch, grafisch oder durch eine Gleichung (Formel) gegebene lineare Zusammenhänge als lineare Funktionen erkennen bzw. betrachten können; zwischen diesen Darstellungsformen wechseln können

FA 2.3

Die Wirkung der Parameter k und d kennen und die Parameter in unterschiedlichen Kontexten deuten können

FA 4.1

Typische Verläufe von Graphen in Abhängigkeit vom Grad der Polynomfunktion (er)kennen

FA 4.2

Zwischen tabellarischen und grafischen Darstellungen von Zusammenhängen dieser Art wechseln können

FA 4.3

Aus Tabellen, Graphen und Gleichungen von Polynomfunktionen Funktionswerte, aus Tabellen und Graphen sowie aus einer quadratischen Funktionsgleichung Argumentwerte ermitteln können

FA 4.4

Den Zusammenhang zwischen dem Grad der Polynomfunktion und der Anzahl der Null-, Extrem- und Wendestellen kennen

AG 2.3

Quadratische Gleichungen in einer Variablen umformen/lösen, über Lösungsfälle Bescheid wissen, Lösungen und Lösungsfälle (auch geometrisch) deuten können

Anmerkung. FA steht für Funktionale Abhängigkeiten und AG für Algebra (Frebort et al., 2015).

5.6. Stichprobe

117

Tabelle 5.8 – Überblick über die Items vom Test AN zum Inhalt Analysis.

Grundkompetenz

Beschreibung

AN 1.1

Absolute und relative (prozentuelle) Änderungsmaße unterscheiden und angemessen verwenden können

AN 1.2

Den Zusammenhang Differenzenquotient (mittlere Änderungsrate) – Differentialquotient (,momentane’ Änderungsrate) auf der Grundlage eines intuitiven Grenzwertbegriffes kennen und damit (verbal sowie in formaler Schreibweise) auch kontextbezogen anwenden können

AN 1.4

Das systemdynamische Verhalten von Größen durch Differenzengleichungen beschreiben bzw. diese im Kontext deuten können

AN 2.1

Einfache Regeln des Differenzierens kennen und anwenden können: Potenzregel, Summenregel

AN 3.1

Den Begriff Ableitungsfunktion/Stammfunktion kennen und zur Beschreibung von Funktionen ein- setzen können

AN 3.2

Den Begriff Ableitungsfunktion/Stammfunktion kennen und zur Beschreibung von Funktionen ein- setzen können

AN 3.3

Eigenschaften von Funktionen mithilfe der Ableitung(sfunktion) beschreiben können: Monotonie, lokale Extrema, Links- und Rechtskrümmung, Wendestellen

Anmerkung. AN steht für Analysis (Frebort, Hohenwarter et al., 2015).

5.6

Stichprobe

An der Hauptuntersuchung nahmen insgesamt 58 Personen (24 weiblich, 28 männlich) teil; zwei Interventionsgruppen (bestehend aus drei Klassen) und zwei Kontrollgruppen (bestehend aus zwei Klassen). Die Kriterien für die Teilnahme sind, an allen Testungen teilzunehmen

118

5. Methodik

und das Modul Mathematik 6 (M6) zu besuchen. Es erfolgt ein Ausschluss, wenn eines der folgenden Kriterien zutrifft: • Die Testperson erscheint zum Pre-Test nicht. • Die Testperson erscheint zum Post-Test nicht. • Die Testperson beantwortet keinerlei Fragen im Fragebogen. Insgesamt fünf Klassen des gleichen Moduls (= Modul 6) wurden getestet, wobei drei davon Interventionsgruppen waren. Die zwei weiteren Klassen dienten als Kontrollgruppen. Zwei der drei Interventionsklassen waren der Intervention 1 (vermehrte synchrone Unterstützung) zugeordnet. 52 Personen der 58 Probanden/-innen erfüllten die oben angeführten Kriterien zur Bewertung und konnten ausgewertet werden. Sowohl die Interventionsgruppen als auch Kontrollgruppen waren ,Fernstudiumklassen’, die nach dem Prinzip Blended Learning unterrichtet werden. Im Abendgymnasium Salzburg bedeutet Blended Learning einen Unterricht, bei dem 50 % der Unterrichtszeit über Fernlehre und 50 % über Face-to-Face unterrichtet werden. Die zwei Interventionsgruppen werden über vier bis fünf Wochen (= fünf Doppelstunden) in die Differentialrechnung eingeführt, wobei differenzierende Maßnahmen eingesetzt werden. Die zwei Interventionsgruppen unterscheiden sich in der Art der Differenzierungsmaßnahme. Die Kontrollgruppe bearbeitet das Thema ,Differentialrechnung’ wie die Interventionsgruppen. Der Zeitraum und die Unterrichtsgestaltung sind für alle Gruppen gleich. Es gibt nur ein Kriterium, in dem sich die Gruppen unterscheiden, und zwar ,Unterstützung’. Das Angebot der zusätzlichen Unterstützung ist in den Interventionsgruppen unterschiedlich. Dies wurde ebenso in Kapitel 5.3 näher beschrieben.

Abbildung 5.5 – Übersicht über die Testgruppen

Die Interventionsgruppe 1 (n = 26) erhält die Möglichkeit der zusätzlichen individuellen Unterstützung seitens der Lehrperson. Es werden zu der einmal wöchentlichen fixen PräsenzPhase zwei Förderstunden pro Woche, eine zusätzliche Sprechstunde und Rückmeldung über Handy oder E-Mail angeboten.

5.7. Datensammlung

119

Die zweite Interventionsgruppe (n = 6) erhält zusätzliches Material. Der Umfang wird variiert. Die Studierenden können zwischen Langtexten, welche detailliert und ausführlich die Inhalte beschreiben, und Kurztexten frei wählen. Die Kurztexte sind eine Art Zusammenfassung für die Studierenden. Weiterhin erhalten sie alle detaillierten Lösungen zu den Übungsaufgaben. Die Kontrollgruppe (n = 20) wird wie die Interventionsgruppen über vier bis fünf Wochen in das Thema Differentialrechnung eingeführt, jedoch wird hier nur das Schulbuch verwendet. Das Buch steht sowohl ihnen als auch den Interventionsgruppen zur Verfügung. Die Gruppen sind mit einem durchschnittlichen n = 11 sehr kleine Klassen. Grund dafür war die hohe Drop-out Rate während des Semesters.

5.7

Datensammlung

In den Vortestungen (2015 bis 2016) wurden alle Tests in Papierform durchgeführt. Aufgrund des organisatorischen und materiellen Aufwands wurden alle Tests und Fragebögen für die Hauptuntersuchung (2017/2018) in Moodle eingearbeitet. Dort sind die Fragen als Online-Test abrufbar. Die Studienteilnehmer/-innen bearbeiten alle Tests und Fragebögen über die Online-Plattform Moodle. Alle Daten werden von dort in eine PDF- oder Excel-Datei übertragen und auf einer externen Festplatte gesichert. Die Daten werden in Excel für den Export in SPSS und CSV für R vorbereitet und übertragen. Dort finden die weiteren Auswertungen (Erstellung von Diagrammen, Berechnung statistischer Kennzahlen, Unterschiedsprüfungen) statt.

5.8

Statistische Methoden

Die Studie umfasst sechs Haupthypothesen, die mittels statistischer Methoden untersucht werden. Aus diesen Haupthypothesen und den Forschungsfragen ergeben sich folgende Nullhypothesen für die statistische Berechnung: 1. H0 : Es gibt keinen signifikanten Unterschied in der Leistung zwischen Blended-LearningKlassen mit innerer Differenzierung und Klassen ohne innere Differenzierung zu Beginn und am Ende der Untersuchung. Faktor: Testergebnis FA, AN. 2. H0 : Es gibt keinen signifikanten Unterschied in der Leistung zwischen Blended-LearningKlassen, die mit innerer Differenzierung durch synchrone Unterstützung unterrichtet werden, und Klassen, die mit innerer Differenzierung durch asynchrone Unterstützung unterrichtet werden. Faktor: Testergebnis FA, AN. 3. H0 : Es gibt keinen Zusammenhang zwischen den Ergebnissen der Selbsteinschätzung und dem Testergebnis. Faktor: FA, AN.

120

5. Methodik

4. H0 : Es gibt keinen signifikanten Unterschied in der Leistung zwischen dem Pre- und Post-Test der einzelnen Gruppen und keinen signifikanten Unterschied in der Leistungssteigerung. Faktor: Testergebnis FA, AN, Differenz. 5. H0 : Es gibt keinen signifikanten Unterschied in Bezug auf Rückmeldungen zum Unterricht zwischen Blended-Learning-Klassen, die mit einer Maßnahme der inneren Differenzierung unterrichtet werden im Vergleich zu Klassen, die keine Maßnahme erhalten haben. Faktor: Items M und W. 6. H0 : Es gibt keinen signifikanten Unterschied in der Leistung oder im Wohlbefinden zwischen den Schüler/-innen, die die Maßnahme der inneren Differenzierung mit Unterstützung seitens der Lehrperson (durch Zusatzunterricht und Handy-Angebote) angenommen haben, und den Schüler/-innen der gleichen Interventionsgruppe, die das Angebot nicht in Anspruch genommen haben. Faktor: Testergebnis FA, AN und qualitative Rückmeldungen. Die Daten werden in Excel, R und SPSS eingegeben und ausgewertet. Das Programm R wird für die Erstellung der unterschiedlichen Diagramme genutzt. Säulendiagramme, Scatterplots, Boxplots, Histogramme, Sladderplots und Bubble-Charts kommen zur Anwendung. Ziel ist, die numerischen Ergebnisse grafisch zu repräsentieren. Da die einzelnen Interventionsgruppen und Kontrollgruppen eine Gruppengröße von n < 15 haben, können bei Anwendung statistischer Methoden parametrische Tests nicht verwendet werden. Diese sind nur unter Erfüllung bestimmter Voraussetzungen anwendbar (Pospeschill und Siegel, 2018). Pospeschill und Siegel schreiben dazu Folgendes: Generell gilt: Je kleiner die Stichprobe wird, umso schwieriger wird es, diese Voraussetzungen zu erfüllen. Daher wird in solchen Fällen häufig auf nichtparametrische Tests zurückgegriffen, bei denen die Daten vor Durchführung des Tests allerdings in Ränge (also in Daten auf Ordinalskalenniveau) transformiert werden müssen [. . . ]. (Pospeschill/Siegel, 2018, S. 4) Die Mindeststichprobengröße liegt bei drei bis fünf. Diese Voraussetzung wird in der Hauptuntersuchung erfüllt. So werden für die Evaluation nichtparametrische Tests wie der H-Test und der Test nach Wilcoxon sowie auch parametrische Tests wie eine einfaktorielle Varianzanalyse oder ein t-Test für abhängige Stichproben durchgeführt. Weiterhin werden Mittelwerte, Standardabweichungen, Median, erstes und drittes Quartil für die Abbildungen mit R bestimmt. Für die Unterschiedshypothesen werden nichtparametrische Tests zur Unterschiedsprüfung berechnet, zudem auch der Effektschätzer, welcher den nichtparametrischen relativen Effekt angibt. Ebenso werden für die Zusammenhangshypothesen Korrelationen berechnet. Alle verwendeten Tests und Kennzahlen werden in R und SPSS berechnet und in diesem Kapitel vorgestellt.

5.8. Statistische Methoden

5.8.1

121

Zentral- und Streumaße

In diesem Abschnitt werden statistische Kennzahlen, die für die vorliegende Dissertation bedeutsam sind und Eigenschaften einer Verteilung beschreiben, vorgestellt. Diese statistischen Kennwerte können in zwei Gruppen unterteilt werden: Die erste Gruppe beinhaltet alle Kennzahlen, die die zentrale Tendenz beschreiben sollen, die zweite Gruppe die Dispersionsmaße. Rasch et al. stellen diese beiden Gruppen wie folgt vor: Maße der zentralen Tendenz repräsentieren alle Messwerte einer Verteilung zusammenfassend, Dispersionsmaße hingegen geben Auskunft über die Variation der Messwerte, also darüber, wie unterschiedlich ein Merkmal verteilt ist. (Rasch et al., 2006, S. 15) In diesem Abschnitt werden Median, arithmetisches Mittel, Varianzbreite oder Range, Varianz und Standardabweichung definiert und beschrieben. 5.8.1.1

Modus

Der Modus oder Modalwert ist derjenige Wert, der in einer Datenliste bei einer Variablen am häufigsten vorkommt. Dadurch ist die Wahrscheinlichkeit auch am höchsten, diesen Wert zufällig aus der Gesamtheit der Messwerte zu ziehen. Für den Modus müssen die Messdaten lediglich nominalskaliert sein (Rasch et al., 2006). 5.8.1.2

Median

„Der Median teilt eine Verteilung in zwei Hälften.“ (Rasch et al., 2006, S. 16) Die Daten werden der Größe nach geordnet und in dieser geordneten Liste wird ein Wert gesucht, der diese halbiert. Ist die Anzahl der Werte ungerade, so ist die Bestimmung des Medians ein Wert der Liste selbst. Ist die Anzahl der Datenliste jedoch gerade, muss die numerische Mitte der beiden mittleren Zahlen bestimmt werden. Der Median wird sowohl in Grafiken (wie z. B. Boxplot) als auch bei numerischen Berechnungen und Vergleichen verwendet (Rasch et al., 2006). 5.8.1.3

Arithmetisches Mittel

Das arithmetische Mittel – oder Mittelwert – stellt sowohl in der Fachliteratur als auch im Alltag das am häufigsten verwendete Maß für die zentrale Tendenz dar. Dieser Mittelwert „gibt den Durchschnittswert aller Messergebnisse wider“ (Rasch et al., 2006, S. 16). Alle Messwerte werden hierbei aufsummiert und diese Summe wird durch deren Anzahl n dividiert. So ergibt sich folgende Formel für den Mittelwert:

122

5. Methodik

x¯ =

1 n ∑ xi n i=1

(5.1)

Für das arithmetische Mittel müssen die Daten mindestens intervallskaliert sein. 5.8.1.4

Variationsbreite

Die Variationsbreite wird in der Fachliteratur als Spannweite oder im Englischen ,Range’ bezeichnet. Sie „gibt die Größe des Bereichs an, in dem die Messwerte liegen“ (Rasch et al., 2006, S. 20). Berechnet wird die Spannweite, indem die Differenz vom maximalen und minimalen Wert bestimmt wird. 5.8.1.5

Varianz

Die Varianz stellt ein wichtiges Streumaß in den Sozialwissenschaften dar (Rasch et al., 2006). Wie das arithmetische Mittel müssen für die Berechnung der Varianz die Messwerte (Daten) intervallskaliert sein. Für die Berechnung gilt Folgendes:

V (x) = s2 (x) =

1 n ∑ (xi − x)¯ 2 n − 1 i=1

(5.2)

Rasch et al. beschreiben die Varianz als ein Streumaß, das schwer interpretierbar ist, und erläutern dies derart: Dieses Ergebnis ist durch die Quadrierung schwer zu interpretieren. Wie sind z. B. „Erinnerungswerte zum Quadrat“ zu verstehen? Ein Maß, das zumindest einige dieser Unannehmlichkeiten der Varianz beseitigt, ist die Standardabweichung. (Rasch et al., 2006, S. 21) Aufgrund dieser Problematik wird in der vorliegenden Dissertation die Standardabweichung anstatt der Varianz bevorzugt als Streumaß verwendet. 5.8.1.6

Standardabweichung

Die Standardabweichung ergibt sich aus der Wurzel der Varianz. Sie wird auch als Streuung bezeichnet. Grafisch betrachtet kann sie als Abstand des Mittelwerts zum Wendepunkt einer Normalverteilung interpretiert werden. So beeinflusst sie die Breite einer Normalverteilung (Rasch et al., 2006). Sie kann durch folgende Formel beschrieben werden:

5.8. Statistische Methoden

123

q s(x) = s2 (x) =

s

1 n ∑ (xi − x)¯ 2 n − 1 i=1

(5.3)

Bathke (2016) fügt hinzu, dass n-1 durch N ersetzt wird, wenn die Daten der gesamten Grundpopulation vorliegen.

5.8.2

Abhängigkeitszahlen

Werden zwei binäre oder nominale Daten zusammenfassend beschrieben, werden Kontingenztafeln eingesetzt. Sie werden auch als Kreuztabellen bezeichnet. Diese Kontingenztafeln enthalten Kombinationen (in absoluten oder relativen Häufigkeiten) der Ausprägungen und sollen die Abhängigkeit oder Unabhängigkeit der beiden Merkmale darstellen (Bathke, 2016). Die Tabelle 5.8 ist ein allgemeines Beispiel einer Kontingenztafel. Tabelle 5.9 – Kontingenztafel

Absolute Häufigkeiten Variable Ja X Nein Summe

Variable Y Ja Nein a b c d a+c b+d

Summe a+b c+d n

In diesem Kapitel werden die Risikodifferenz, das Relative Risiko und das Odds Ratio vorgestellt. Alle folgenden Formeln beziehen sich auf die Kreuztabelle von Tabelle 4.8 und deren Beschriftungen. 5.8.2.1

Risikodifferenz (RD)

Die Risikodifferenz (RD) beschreibt die Differenz der Wahrscheinlichkeit eines Interventionserfolgs unter der Interventionsgruppe minus der Wahrscheinlichkeit eines Interventionserfolgs unter der Kontrollgruppe (Schwarzer et al., 2004). Risikodi f f erenz =

5.8.2.2

c a − a+b c+d

(5.4)

Relatives Risiko (RR)

Das Relative Risiko (RR) ist ein Begriff der deskriptiven Statistik und gibt an, „um welchen Faktor sich ein Risiko (z. B. für eine Erkrankung) in zwei Gruppen unterscheidet“ (Pospeschill/Siegel, 2018, S. 106). Das RR kann für Zusammenhangshypothesen sowohl bei

124

5. Methodik

unabhängigen als auch bei abhängigen Stichproben bestimmt werden. Weitere Voraussetzungen sind, dass es sich um kategoriale Daten handelt und eine oder zwei Gruppen untersucht werden (Pospeschill/Siegel, 2018). Für das Relative Risiko „wird ein Verhältnis (Quotient) aus den Wahrscheinlichkeiten beider Gruppen bzgl. des Merkmals errechnet“ (Pospeschill/Siegel, 2018, S. 106):

RR =

a/(a + b) c/(c + d)

(5.5)

Das Relative Risiko beschreibt, um welchen Faktor das Risiko, einem Merkmal zu unterliegen, zwischen zwei Gruppen abweicht. Das RR kann folgendermaßen interpretiert werden: • RR = 1: Das Risiko ist in beiden Gruppen gleich groß. • RR > 1: Das Risiko der exponierten Gruppe ist größer als das Risiko der nicht exponierten Gruppe, ein Merkmal zu bekommen. • RR < 1: Das Risiko der exponierten Gruppe ist kleiner als das Risiko der nicht exponierten Gruppe, ein Merkmal zu bekommen. Hemmerich (2019) beschreibt, dass es bei diesen Kennzahlen keine Interpretationsrichtlinien gibt. Er nennt hier als Beispiel die Richtlinien von Cohen zur Interpretation vom Korrelationskoeffizienten r. So können in diesem Fall unterschiedliche Wissenschaftler/-innen bei demselben RR zu unterschiedlichen Interpretationen kommen. Wenn RR = 1 ist, so ist die Interpretation eindeutig. Es bedeutet, dass kein Effekt gegeben ist. 5.8.2.3

Odds Ratio

Das Odds Ratio (OR) ist eine weitere Kennzahl, aus welcher sich eine Abhängigkeit zweier binärer Merkmale interpretieren lässt. Es stellt das gebräuchlichste Maß dar, um die Stärke eines Zusammenhangs zu zeigen, und kann auch als Effektstärke interpretiert werden (Hemmerich, 2019). Das OR beschreibt den Quotienten der beiden Odds und kann folgendermaßen bestimmt werden:

OR =

a/c ad = b/d bc

(5.6)

Je weiter das Odds Ratio von 1 entfernt ist, umso mehr ist die Abhängigkeit zweier binärer Merkmale gegeben (Bathke, 2016). Aus dem Odds Ratio lässt sich jedoch keine Kausalität schließen, schreibt Hemmerich (2019), da ein dritter Faktor, der die beiden Merkmale beeinflusst, existieren kann.

5.8. Statistische Methoden

5.8.3

125

Merkmalszusammenhänge

Die Forschungsfragen in der vorliegenden Dissertation interessieren sich für den Zusammenhang unterschiedlicher Variablen zueinander. Im Folgenden werden die statistischen Verfahren, die für die Überprüfung von Merkmalszusammenhängen verwendet werden, vorgestellt. So werden die Kovarianz und die ProduktMoment-Korrelation genannt und näher beschrieben. 5.8.3.1

Kovarianz

Nach Rasch et al. (2006) lässt sich durch die Kovarianz ein linearer Zusammenhang zweier Variablen erfassen. So hängen zwei Merkmale A und B hoch zusammen, wenn bei hohen Werten von A auch hohe Werte von B gegeben sind oder umgekehrt. Ist die Kovarianz positiv, so deutet dies auf einen positiven Zusammenhang. Ist die Kovarianz Null, so besteht kein Zusammenhang zwischen den zwei Variablen (Merkmalen). Die Kovarianz ist ein durchschnittliches Abweichungsprodukt von Messwertepaaren, so Rasch et al. (2006). Die Berechnung gibt folgende Formel wieder: cov(x, y) =

1 n ∑ (xi − x)¯ (yi − y)¯ n − 1 i=1

(5.7)

Sie ist ein unstandardisiertes Maß für die Bestimmung eines Zusammenhangs. Als standardisiertes Maß gilt die Produkt-Moment-Korrelation, die im nächsten Abschnitt beschrieben wird (Rasch et al., 2006). 5.8.3.2

Produkt-Moment-Korrelation

Die Produkt-Moment-Korrelation nach Pearson ist das bevorzugte standardisierte Maß, um die Stärke eines linearen Zusammenhangs zweier Variablen zu bestimmen (Rasch et al., 2006). Sie wird als Korrelationskoeffizient r bezeichnet und wird mit folgender Formel berechnet: r=

sxy cov(x, y) = sx sy sx sy

(5.8)

Die Werte des Korrelationskoeffizienten r liegen zwischen -1 und +1. Besteht ein perfekter positiver Zusammenhang, so ist r demnach +1 (Rasch et al., 2006). Nach Bathke (2016) misst der Wert r die Stärke und Richtung der linearen Beziehung. Beschreibt r > 0 eine positive lineare Beziehung, beschreibt r < 0 eine negative. Der Korrelationskoeffizient r kann nach Rasch et al. (2006) auch als Effektstärke interpretiert werden. Die Autoren/-innen bevorzugen jedoch die Fishers Z-transformierte Korrelationen

126

5. Methodik

zu gebrauchen. Der Effektschätzer kann durch weitere Methoden berechnet werden, diese werden in Kapitel 5.8.5 präsentiert. 5.8.3.3

Rangkorrelation (Spearman)

Neben intervallskalierten Daten können die Daten auch ordinalskaliert sein. Ist dies der Fall, so kann keine Produkt-Moment-Korrelation gerechnet werden. Die Rangkorrelation nach Spearman kommt hier zur Anwendung. rs = ρ = 1 −

6 ∑ di2 n(n2 − 1)

(5.9)

. 5.8.3.4

Kendall-Tau-Korrelation

Die Kendall-Tau-Korrelation steht für eine andere Möglichkeit des Korrelationskoeffizienten als bei der Rangkorrelation nach Spearman (Bühl, 2008). Mit der Formel (5.10) kann der Koeffizient nach Kendall bestimmt werden. τ=

2S c−d = c + d n(n − 1)

(5.10)

Bühl (2008) schreibt diesem Koeffizienten einen Vorteil beim Auftreten von Ausreißern zu. Zudem schreibt er, dass die Koeffizienten nach Kendall im Vergleich zum Korrelationskoeffizienten der Rangkorrelation deutlich niedriger sind.

5.8.4

Überprüfung von Unterschiedshypothesen

Parametrische Tests setzten eine Normalverteilung und eine gewisse Stichprobengröße voraus. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, kommen nichtparametrische Tests zum Einsatz. Wenn die Daten nicht intervallskaliert und normalverteilt sind sowie die Stichprobe unter 15 liegt, so wird ein nichtparametrischer Test angewendet (Pospeschill/Siegel, 2018). Für die Daten treffen teilweise diese Punkte zu, die einen Ausschluss rechtfertigen. Die Interventionsgruppen und auch die Kontrollgruppen sind klein. Die Daten liegen nicht immer einer Normalverteilung zu Grunde. So werden für die Unterschiedsprüfungen sowohl parametrische als auch nichtparametrische Verfahren verwendet. Diese werden in diesem Kapitel vorgestellt. Für die Unterschiedsprüfungen wird das Signifikanzniveau • p < 0.05: signifikant (*) • p < 0.01: hoch signifikant (**) • p < 0.001: höchst signifikant (***)

5.8. Statistische Methoden

127

festgelegt. Die Nullhypothese ist demnach abzulehnen, wenn der p-Wert unter 0.05 liegt. Hemmerich (2019) beschreibt, dass ein signifikantes Ergebnis keine Aussage des Effekts oder Zusammenhangs liefert. Hierfür ist die Berechnung der Effektstärke notwendig. Diese wird in Kapitel 5.8.5 näher beschrieben. 5.8.4.1

Varianzanalyse ohne Messwiederholung

Die Varianzanalyse ohne Messwiederholung (einfache Varianzanalyse) ist ein parametrisches Verfahren zur Überprüfung von Unterschiedshypothesen. Die Anzahl der miteinander zu vergleichenden Stichproben ist größer oder gleich zwei. Die Stichproben sind unabhängig (z. B. INT1, INT2, und K). Die Voraussetzungen für eine Varianzanalyse ohne Messwiederholung nach Bühl (2008) und Rasch et al. (2006) sind: • intervallskalierte Daten • Normalverteilung • zwei oder mehr Gruppen • Unterschiedshypothese • unabhängige Stichproben (z. B.: INT1, INT2, K) Da eine Voraussetzung der Varianzanalyse normalverteilte Daten sind, müssen diese über die Verteilungsform überprüft werden. Dafür wird der Kolmogorov-Smirnov-Test (K-S-Test) eingesetzt. Dieser Test kann die Verteilung einer Variablen wahlweise auf Normalverteilung, Poissonverteilung oder Gleichverteilung überprüfen (Bühl, 2008). In der Auswertung wurden alle Voraussetzungen überprüft und danach die Entscheidung für die Testwahl getroffen. Die Varianzanalyse ohne Messwiederholung wird für die Überprüfung der Hypothese 1 berechnet. 5.8.4.2

t-Test für un- und abhängige Stichproben

Der t-Test für abhängige Stichproben ist ein parametrischer Test zur Überprüfung von Unterschiedshypothesen und wird bei Messwiederholungen (z. B. Pre- und Post-Test-Verfahren) eingesetzt (Rasch et al., 2006). Die Voraussetzungen für den t-Test nach Bühl (2008) sind: • intervallskalierte Daten • Normalverteilung • zwei Gruppen

128

5. Methodik • Unterschiedshypothese • zwei un- oder abhängige Stichproben (z. B.: INT1 und INT2 oder zwei Messzeitpunkte)

Rasch et al. (2006) nennt die Korrelation r ein Maß für die Stärke der Abhängigkeit. Sie wird für die Teststärkenanalyse verwendet. Der t-Test für unabhängige Stichproben wird für die Teil-Überprüfung der Hypothese 2 verwendet, der t-Test für abhängige Stichproben für die Teil-Überprüfung von Hypothese 4. 5.8.4.3

Mann Whitney-Test (U-Test)

Der Mann Whitney-Test (U-Test) ist ein nichtparametrischer Test zur Überprüfung von Unterschiedshypothesen. Dieser Test ist eine Alternative zum t-Test für zwei unabhängige Stichproben. Im Gegensatz zum t-Test wird beim U-Test keine Normalverteilung vorausgesetzt (Falk et al., 2014). Die Voraussetzungen für den U-Test nach Pospeschill und Siegel (2018) sind: • ordinalskalierte Daten • zwei Gruppen • Unterschiedshypothese • unabhängige Stichprobe (z. B.: INT 1 und INT2) Pospeschill und Siegel (2018) behaupten, dass sich der U-Test bei Unterschiedsprüfungen zweier unabhängiger Stichproben hinsichtlich der zentralen Tendenz besonders bewährt. Anstatt des U-Tests kann ebenfalls der Kruskal-Wallis-Test (H-Test) verwendet werden (Bühl, 2008). 5.8.4.4

Wilcoxon

Der Wilcoxon-Test ist wie der U-Test ein nichtparametrischer Test zur Überprüfung von Unterschiedshypothesen. Im Gegensatz zum U-Test vergleicht der Wilcoxon-Test zwei abhängige Stichproben hinsichtlich ihrer zentralen Tendenz (Pospeschill/Siegel, 2018). Die Voraussetzungen für den Wilcoxon-Test nach Pospeschill und Siegel (2018) sind: • ordinalskalierte Daten • Unterschiedshypothese • zwei abhängige Stichproben (z.B.: Pre- und Post-Test) Dieser Test kommt vorwiegend bei Hypothese 5 zum Einsatz.

5.8. Statistische Methoden 5.8.4.5

129

Kruskal-Wallis-Test (H-Test)

Der Kruskal-Wallis-Test (H-Test) stellt, wie die bereits oben vorgestellten Tests, einen nichtparametrischen Test dar. Die Daten müssen vom Skalenniveau mindestens ordinal sein. Mehr als zwei unabhängige Stichproben werden hinsichtlich ihrer zentralen Tendenz verglichen (Pospeschill/Siegel, 2018). Zusammenfassend sind die Voraussetzungen für den H-Test nach Pospeschill und Siegel (2018): • ordinalskalierte Daten • mehr als zwei Gruppen (INT1, INT2, K) • Unterschiedshypothese • unabhängige Stichproben Der Kruskal-Wallis-Test wird in der Überprüfung der Hypothesen verstärkt verwendet. Wurde eine ANOVA (Varianzanalyse ohne Messwiederholung) gerechnet, so wurde das Ergebnis mittels Kruskal-Wallis-Test nachgeprüft.

5.8.5

Effektgrößen

Neben der statistischen Signifikanz ist für die Interpretation von Ergebnissen ebenso die Effektstärke bedeutsam. Ein Effektschätzer gibt die Stärke eines statistischen Effekts an. Es wird zwischen standardisierten und unstandardisierten Effektstärken unterschieden (Tran, 2011). Als häufig verwendete und standardisierte Effektgrößen nennt Tran (2011) Cohens d, ProduktMoment-Korrelation r, Eta2 und das Odds Ratio (OR) sowie das Relative Risiko (RR). Da nicht alle Daten parametrischen Tests zulassen, werden in dieser Arbeit das OR, das RR und der relative Effektschätzer als Effektgröße bestimmt. Der Koeffizient r der Produkt-Moment-Korrelation kann als Effektgröße nach den Faustregeln und Richtlinien nach Cohen (1988), zitiert von Tran (2011), folgendermaßen interpretiert werden: Tabelle 5.10 – Effektgröße r nach Cohen (1988)

Größe des Effekts Klein Mittel Groß

r 0.1 0.3 0.5

Das Odds Ratio (OR) und das Relative Risiko (RR) als Effektschätzer sind in Kapitel 5.8.2 vorgestellt.

130

5. Methodik

Der Schätzer des relativen Effekts wird von Brunner und Munzel (2013) vorgestellt. Dieser wird durch die Differenz von Rangmittelwert und 1/2 bestimmt (siehe Formel 5.11) und wird vorwiegend für die Interpretation bei nichtparametrischen Verfahren verwendet. pi =

1 1 ¯ (R1 − ) N 2

(5.11)

6

Ergebnisse

Die Hauptuntersuchung der Studie fand in den Schuljahren 2017/18 und 2018/2019 statt. In dieser Zeit wurden sämtliche Daten, die auf die Beantwortung der Forschungsfragen und -hypothesen abzielen, gesammelt und in Excel eingetragen. Fünf Klassen, die nach dem Prinzip des Blended Learning unterrichtet werden, bearbeiten mathematische Tests zum Thema funktionale Abhängigkeiten und Differentialrechnung. Weiters erhalten die Studienteilnehmer/innen zwei Fragebögen. Diese dienen dazu, allgemeine Informationen über die Teilnehmer/innen wie z. B. das Alter, das Geschlecht oder die Mathematiknote im letzten Semester zu erhalten. Weiterhin gibt es Fragestellungen zur Unterrichtsqualität und zur Beherrschung des Themeninhalts. Die Studierenden sollen das erarbeitete Wissen zum Thema Differentialrechnung reflektieren und beurteilen. In diesem Kapitel wird ein Überblick der wichtigsten Ergebnisse, welche die sechs Haupthypothesen überprüfen, dargestellt. Zu Beginn wird ein Überblick über die Stichprobe gegeben (wie Anzahl, Geschlechterverteilung oder Altersverteilung). Danach werden die Ergebnisse der Zusammenhangs- und Unterschiedsanalysen in Bezug auf die Hypothesen präsentiert und in weiterer Folge eine Sensitivitätsprüfung durchgeführt.

6.1

Überblick der Stichproben

Insgesamt nahmen 58 Probanden/-innen an der Studie teil, wobei 52 davon für die Untersuchung der Haupthypothese ausgewertet wurden. Grund für einen Ausschluss in der Berechnung ist die Abwesenheit bei einem Testtermin. Falls ein/e Studienteilnehmer/-in beim Eingangstest oder Ausgangstest fehlte, wurden die Daten derjenigen Person für die Berechnung nicht verwendet. Auf die Codes ZO193, AS2114, 12345, EL4717, MA7B16, HE52309 trifft dieses Kriterium zu. Deshalb wurden sie bei der Berechnung ausgeschlossen. In der Interventionsgruppe 1 (Gruppe mit besonderer Unterstützung der Lehrperson) konnten insgesamt 26 Personen ausgewertet werden, in der Interventionsgruppe 2 (Gruppe mit asynchroner Unterstützung mittels Materialien und Angebot an Lösungen) sechs Personen und in der Kontrollgruppe 20. Die Aufteilung der Studienteilnehmer/-innen in den drei Testgruppen ist in Abbildung 6.1 dargestellt.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 L. M. Pilotto, Blended Learning, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31235-0_6

132

6. Ergebnisse

Abbildung 6.1 – Anzahl der Studierenden jeder Stichprobe

Abbildung 6.2 – Anzahl der Studierenden jeder einzelnen Klasse bzw. Untersuchungsgruppe.

Die Zuordnung der Klasse zur Gruppe INT1, INT2 oder K erfolgt zufällig. Alle Schüler/-innen eines Klassenverbands erhielten die selbe Intervention. Alle waren somit einheitlich entweder der Gruppe INT1, INT2 oder K zugeordnet. Die Interventionsgruppe 1 (INT1) setzt sich aus zwei, die Interventionsgruppe 2 (INT2) aus einer und die Kontrollgruppe (K) aus zwei Klassen zusammen. In Abbildung 6.2 ist die Anzahl der Teilnehmer/-innen je Klasse angeführt. Die Gruppen sind mit Ausnahme der Interventionsgruppe 2 (n = 6) ähnlich groß. In der ersten Gruppe der Interventionsgruppe 1 nehmen 14 Studierende teil und in der zweiten (INT12 ) konnten 12 von 14 Personen ausgewertet werden. Die erste und zweite Kontrollgruppe (K1 und K2) waren gleich groß mit einer Gruppengröße n von zehn.

Abbildung 6.3 – Anzahl der männlichen und weiblichen Probanden/-innen der gesamten Stichprobe

Von den insgesamt 52 ausgewerteten Probanden/-innen sind 29 Personen weiblich und 23

6.1. Überblick der Stichproben

133

männlich (siehe Abbildung 6.3) und das durchschnittliche Alter beträgt 31,10 (+-8,29) Jahre. In den einzelnen Untersuchungsgruppen (INT1, INT2 und K) sieht die Verteilung folgendermaßen aus: 46 % (14 männlich, 12 weiblich) der Interventionsgruppe 1 , 50 % (3 männlich, 3 weiblich) der Interventionsgruppe 2 und 70 % (6 männlich, 14 weiblich) der Kontrollgruppe sind weiblich. Bis auf die Kontrollgruppe sind die Testgruppen hinsichtlich des Geschlechts gleich verteilt.

Abbildung 6.4 – Altersverteilung der Studierenden in den drei Untersuchungsgruppen INT1, INT2 und K

Abbildung 6.5 – Altersverteilung der drei Testgruppen INT1, INT2 und K im Faktor Geschlecht

Die Altersverteilung in den einzelnen Gruppen wird in den Abbildungen 6.4 und 6.5 präsentiert. Ihnen zufolge kann ein Altersunterschied zwischen den Gruppen angenommen werden (siehe Abbildung 6.4). Es besteht ein Trend, dass die Interventionsgruppe 2 gegenüber den anderen beiden Gruppen jünger ist. Der Median liegt hier unter 25 Jahren, wobei bei Intervention 1 der Median über 30 und bei der Kontrollgruppe über 25 liegt. Dieser wird statistisch jedoch nicht bestätigt. Der p-Wert des Kolmogorov-Smirnov-Test (p = 0,200) liefert einen Wert von über 0,05. Somit kann eine Normalverteilung angenommen werden. Da die Daten intervallskaliert und normalverteilt sind, wird für die Unterschiedsprüfung eine einfaktorielle Varianzanalyse gerechnet. Die Unterschiedsprüfung ergibt keinen signifikanten Unterschied (p = 0,099) zwischen den Gruppen in Bezug auf deren Alter. Der Korrelationskoeffizient beträgt r = -0,172 und der Schätzer des relativen Effekts pˆ INT 1 = 0,563. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine zufällig ausgewählte Person der Interventionsgruppe 1 älter ist als eine zufällig ausgewählte Person nicht aus der Interventionsgruppe 1 beträgt 0,563. Eine Unterschiedsprüfung mit KruskalWallis ergibt dieselben Ergebnisse. Die Nullhypothese ist in beiden Fällen beizubehalten. Die Abbildung 6.5 veranschaulicht die Altersverteilung der einzelnen Testgruppen in Abhängigkeit vom Geschlecht. Das Ergebnis zeigt, dass mindestens 50 % der Männer der

134

6. Ergebnisse

Interventionsgruppe 2 jünger als 20 Jahre alt sind. Im Gegensatz dazu sind in der Interventionsgruppe 1 und der Kontrollgruppe mehr als 50 % der männlichen Studierenden deutlich älter als 30 Jahre. Bei den weiblichen Studierenden ist diese Tendenz ähnlich. Der Median der Interventionsgruppe 2 liegt auch hier unter den beiden anderen Testgruppen. Ein Test nach Kruskal-Wallis ergibt keinen signifikanten Unterschied (ˆpm = 0,112, rm = -0,105 und pˆ w = 0,419, rw = -0,145) zwischen diesen Gruppen.

6.1.1

Vorwissen: Mathematiknote

Alle Probanden/-innen werden nach ihrer letzten Mathematiknote zu Semesterende befragt. 49 Personen beantworteten diese Fragestellung. Die Abbildung 6.6 zeigt das Ergebnis der Datenerhebung. In der Kontrollgruppe liegt der Median bei 2. Dies entspricht der Note Gut. Im Vergleich dazu liegen die Zentralwerte der Interventionsgruppe 1 bei Median von drei (Befriedigend) und der Interventionsgruppe 2 bei vier (Genügend).

Abbildung 6.6 – Vergleich der drei Testgruppen in Bezug auf die Mathematiknote

Da die Daten ordinalskaliert und nicht normalverteilt sind, wird für die Unterschiedsprüfung ein Kruskal-Wallis-Test in R und SPSS durchgeführt. Der berechnete p-Wert liegt bei 0,044 (p < 0,05). Der Schätzer des relativen Effekts pˆ beträgt 0,601 für die Interventionsgruppe 1. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein/e zufällig ausgewählte/r Schüler/-in, der/die der Gruppe INT1 angehört, eine schlechtere Schulnote erzielt, als ein zufällig ausgewählte/r Schüler/-in, der/die einer anderen Gruppe angehört, ist 0,601. Somit kann ein signifikanter Leistungsunterschied zwischen den einzelnen Gruppen angenommen werden. Die drei Gruppen unterscheiden sich signifikant im Vorwissen. Sie sind im Leistungsstand verschieden. Die Kontrollgruppen sind im Vergleich zu den Interventionsgruppen leistungsstärker. Die Nullhypothese wird abgelehnt und die Alternativhypothese angenommen.

6.1. Überblick der Stichproben

6.1.2

135

Lerntypen

Die Probanden/-innen reflektieren über ihr Lernverhalten. In diesem Abschnitt sind die Ergebnisse des Post-Tests dargestellt. Die Items L beschreiben Fragen, wie die Probanden/-innen aus ihrer Sicht bestmöglich lernen. Da die Daten ordinalskaliert sind, werden bei den Unterschiedsprüfungen nichtparametrische Verfahren verwendet. In Tabelle 6.1 finden Sie alle Items L. Pro Item und Gruppe (INT1, INT2, K) wird der Median bestimmt und dargestellt. Tabelle 6.1 – Darstellung der Zentralwerte (Median) der Ergebnisse. Mir fällt das Lernen besonders leicht, . . . INT1 wenn ich in der Gruppe Experimente durchführe.(L1) wenn ich Experimente selbst durchführen und Dinge ausprobieren kann. (L2) wenn ich mich mit Hilfe eines Textes/Buchs über ein Thema informieren kann. (L3) wenn ich zu einem Thema einen Film sehe. (L4) wenn ich zu einem Thema eine Internetrecherche durchführe. (L5) wenn ich mir den Sachverhalt erarbeite. (L6) wenn mir ein Mitschüler/-in Sachverhalte und Zusammenhänge erklärt. (L7) wenn der/die Lehrer/-in Sachverhalte und Zusammenhänge erklärt. (L8) wenn der Unterricht Bezüge zu meinem persönlichen Alltag an. (L9) wenn der Unterricht ein Thema behandelt, über das ich mich auch außerhalb des Unterrichts mit anderen unterhalten kann. (L10)

Post-Test INT2

K

2.0 2.0

2.5 2.5

3.0 2.0

3.0

3.0

2.0

3.0 3.0 2.0 2.0

2.0 2.0 2.0 1.5

2.0 2.0 2.0 3.0

2.0

1.5

2.0

2.0 2.0

2.0 1.5

2.0 1.0

Anmerkung. 1 steht für ,sehr stark’, 2 für ,stark’, 3 für ,durchschnittlich’, 4 für ,etwas’ und 5 für ,gar nicht’.

Die Daten sind ordinalskaliert. So wurde für die Unterschiedsprüfung ein Kruskal-Wallis-Test in R gerechnet. Die drei Untersuchungsgruppen INT1, INT2 und K unterscheiden sich nicht signifikant in Bezug auf den Lerntyp. Der p-Wert liegt bei allen Items L über 0,05. Die Nullhypothese wird in allen Items L angenommen. Es kann davon ausgegangen werden, dass sich die Gruppen beim Lernverhalten nicht unterscheiden.

136

6.2

6. Ergebnisse

Hypothese 1: Vergleich der Gruppen

Sowohl die Interventionsgruppen als auch Kontrollgruppe bearbeiten beim Pre- und Post-Test einen mathematischen Test zum Thema FA (= funktionale Abhängigkeiten) und beim Post-Test einen mathematischen Test zum Thema AN (= Analysis). Die zu prüfende Hypothese lautet: H0 : Es gibt keinen signifikanten Unterschied in der Leistung zwischen BlendedLearning-Klassen mit innerer Differenzierung und Klassen ohne innere Differenzierung zu Beginn und am Ende der Untersuchung. Faktor: Testergebnis FA, AN. Die drei untergeordneten Forschungsfragen sind: 1. Gibt es einen Unterschied im Testergebnis zwischen Unterricht mit einer differenzierenden Maßnahme und ohne derartige Maßnahme? 2. Gibt es einen Unterschied im Testergebnis zwischen Interventionsgruppe 1 (= innere Differenzierung durch Inhalt) und der Kontrollgruppe? 3. Gibt es einen Unterschied im Testergebnis zwischen Interventionsgruppe 2 ( = innere Differenzierung durch Unterstützung) und der Kontrollgruppe? Zu Beginn werden alle Variablen wie ,Testergebnis FA1’, ,Testergebnis FA2’ sowie ,Testergebnis AN’ auf Normalverteilung geprüft. Hier werden der Shapiro-Wilk-Test und der Kolmogorov-Smirnov-Test verwendet. Alle Variablen haben einen p-Wert über 0,05. Somit kann bei allen Variablen eine Normalverteilung angenommen werden (FA1: p = 0,226; FA2: p = 0,758 und AN: p = 0,511). Da die Daten intervallskaliert und normalverteilt sind, wird eine einfaktorielle Varianzanalyse (ANOVA) für die Unterschiedsprüfungen mit SPSS durchgeführt. Beim Eingangstest (Pre-Test zum Thema FA1) gibt es einen signifikanten Unterschied mit einem p-Wert von 0.019 (p < 0,05). Der Schätzer des relativen Effekts (INT1) beträgt 0,401. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein/e zufällig ausgewählte/r Schüler/-in, der/die der Gruppe INT1 angehört, ein besseres Resultat bei FA1 erzielt als ein/e zufällig ausgewählte/r Schüler/-in, der/die einer anderen Gruppe angehört, ist 0,401. Der Korrelationskoeffizient beträgt r = 0,366. Die Nullhypothese wird abgelehnt und die Alternativhypothese angenommen. In Abbildung 6.7 ist dieser Gruppenunterschied beim Testergebnis FA1 dargestellt. Die erste Grafik stellt den Gruppenunterschied zu Testbeginn dar. Es liegt ein signifikanter Unterschied vor und dieser wird mit einem Stern gekennzeichnet. Der Median des Testergebnisses FA1 ist bei der Kontrollgruppe am höchsten. Die Studierenden der Interventionsgruppen erzielten schlechtere Ergebnisse als die der Kontrollgruppe.

6.2. Hypothese 1: Vergleich der Gruppen

137

Abbildung 6.7 – Vergleich der Testergebnisse FA1 unter allen Gruppen.

Abbildung 6.8 – Vergleich der Testergebnisse FA2 unter allen Gruppen.

Beim Post-Test über das Thema funktionale Abhängigkeiten (FA2) gibt es keinen signifikanten Unterschied (p = 0,391 > 0,05) zwischen den Gruppen INT1, INT2 und K. Der Korrelationskoeffizient nach Pearson beträgt r = 0,190. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein/e zufällig ausgewählte/r Schüler/-in, der/die der Gruppe K angehört, ein besseres Resultat bei FA2

138

6. Ergebnisse

erzielt, als ein/e zufällig ausgewählte/r Schüler/-in, der/die einer anderen Gruppe angehört, ist 0,575. Der Schätzer des relativen Effekts (Gruppe K) ist 0,575. Diese Ergebnisse sind in Abbildung 6.8 dargestellt. Hier ist der Trend ähnlich wie in Abbildung 6.7. Der Abstand zwischen den Gruppen wird geringer. Die beiden Interventionsgruppen holen auf und der Leistungsunterschied ist nicht mehr signifikant (p = 0,391, r = 0,190). Die Nullhypothese wird angenommen. Beim Testergebnis AN (Analysis) gibt es keinen signifikanten Unterschied (einfaktorielle Varianzanalyse: p = 0,275 > 0,05) zwischen den drei Testgruppen beim Testergebnis AN (= Analysis) im Rahmen des Post-Tests (siehe Abbildung 6.9). Der Korrelationskoeffzient nach Pearson ist r = 0,227. Der Trend ist derselbe wie in den oben vorgestellten Ergebnissen. Der Medianwert ist bei der Kontrollgruppe höher als bei den Interventionsgruppen. Es gibt keinen signifikanten Unterschied zwischen den Testgruppen. Die Nullhypothese wird beibehalten.

Abbildung 6.9 – Vergleich der Gruppen beim Abschlusstest zum Thema Differentialrechnung (AN).

Werden die Gruppen paarweise verglichen, so zeigt sich ein signifikanter Unterschied zwischen Interventionsgruppe 1 und Kontrollgruppe zu Beginn der Testung (FA1). Zwischen INT1 und INT2 oder INT2 und K gibt es keinen signifikanten Unterschied zu Testbeginn. Der p-Wert ist 0,043 und unter 0,05. Die Tabelle 6.2 fasst die oben beschriebenen Ergebnisse zusammen. Die Schätzer der relativen Effekte pˆ sowie die Korrelationskeffzienten r sind in dieser zu finden. Alle Ergebnisse wurden mit einer Varianzanalyse berechnet und mit dem Kruskal-Wallis Test überprüft. Beim Eingangstest kann ein Unterschied im Testergebnis zwischen den Gruppen angenommen werden, im Ausgangstest nicht.

6.3. Hypothese 2: Vergleich der zwei Interventionen

139

Tabelle 6.2 – Vergleich der Gruppen (INT1, INT2, K) im Testergebnis FA1, FA2 und AN.

FA1 Testgruppen

Unterschiedsprüfung FA2

AN

* n.s. p = 0,028 p = 0,210 r = 0,355 r = 0,246 Schätzer des relativen Effekts pˆ i INT1 INT2 K INT1 INT2 K

INT1

INT2

K

0,401

0,434

0,524

0,578

0,564

0,609

0,436

0,523

n.s. p = 0,128 r = 0,289

0,575

Anmerkung. INT1 steht für Interventionsgruppe 1, INT2 für Interventionsgruppe 2. FA1 ist der mathematische Test zum Inhalt funktionale Abhängigkeiten beim Pre-Test und FA2 beim Post-Test. Das Ergebnis der Unterschiedsprüfung ist dargestellt. * steht für einen sign. Unterschied, n.s. für keinen signifikanten Unterschied. Der p-Wert von der einfaktoriellen Varianzanalyse, der relative Effekt und der Korrelationskoeffizient r sind dargestellt.

6.3

Hypothese 2: Vergleich der zwei Interventionen

In diesem Abschnitt wird untersucht, ob das Resultat abhängig ist von der jeweiligen Intervention und ob es zwischen diesen beiden Interventionsmaßnahmen signifikante Unterschiede gibt. Die erste Nullhypothese, die es in diesem Abschnitt zu untersuchen gilt, lautet: H0 : Es gibt keinen signifikanten Unterschied in der Leistung zwischen BlendedLearning-Klassen, die mit innerer Differenzierung durch synchrone Unterstützung unterrichtet werden, und Klassen, die mit innerer Differenzierung durch asynchrone Unterstützung unterrichtet werden. Faktor: Testergebnis FA, AN. Die untergeordneten Forschungsfragen sind in Kapitel 3 und Kapitel 4.7 beschrieben. Der Kolmogorov-Smirnov-Test liefert für die Variablen ,FA1’, ,FA2’ und ,AN’ einen p-Wert über 0,05. Somit kann davon ausgegangen werden, dass die Daten normalverteilt sind. Für die Unterschiedsprüfung wird ein t-Test für unabhängige Stichproben in SPSS, ein Schätzer des relativen Effekts und der Korrelationskoeffizient nach Pearson gerechnet. Tabelle 6.3 – Vergleich von Intervention 1 und Intervention 2

Mittelwert Standardabweichung

Pre-Test Int1 Int2

Int1

34,77 4,02

43,13 5,58

39,17 7,02

Post-Test Int2 45,17 5,23

Anmerkung. INT1 steht für Interventionsgruppe 1, INT2 für Interventionsgruppe 2.

Die Tabelle 6.3 zeigt die Mittelwerte und Standardabweichungen der zwei Interventionsgruppen beim Pre- und Post-Test. Zwischen den zwei Interventionsgruppen gibt es keinen

140

6. Ergebnisse

signifikanten Unterschied in der Leistung (FA1, FA2 oder AN). Die Unterschiedsprüfung des t-Tests für unabhängige Stichproben liefert p-Werte über 0,05. Die Nullhypothesen werden beibehalten. Betrachten wir die Leistungssteigerung der zwei Interventionsmaßnahmen im Vergleich. Die folgende Tabelle (6.4) und die Abbildung 6.10 zeigen die durchschnittliche Leistungssteigerung mit Standardabweichung der Gruppen INT1 und INT2. Der Mittelwert der Leistungssteigerung (Leistungsdifferenz) von Interventionsgruppe 1 beträgt 8,37 (± 6,40) Punkte, die von Interventionsgruppe 2 beträgt 6,00 (± 5,87) Punkte. Tabelle 6.4 – Vergleich der Mittelwertsdifferenzen der Gruppen

Mittelwert Standardabweichung

Int1

Int2

Vergleich Int1-Int2

8,37 6,40

6,00 5,87

p = 0,317 pˆ 1 = 0,472 , pˆ 2 = 0,565

Anmerkung. INT1 steht für Interventionsgruppe 1, INT2 für Interventionsgruppe 2. In der rechten Spalte wird der p-Wert von Kruskal-Wallis und der relative Effekt dargestellt.

Die Prüfung auf Normalverteilung der Variable ,Leistungssteigerung’ erfolgt mithilfe des K-S-Tests (Kolmogorov-Smirnov-Test). Der p-Wert liegt unter 0,05. Dadurch wird ein nichtparametrisches Verfahren, der Kruskal-Wallis Test und der Mann Whitney Test, für die Unterschiedsprüfung verwendet.

Abbildung 6.10 – Unterschied zwischen Intervention und Intervention 2.

Die Unterschiedsprüfung nach Kruskal-Wallis ergibt einen p-Wert von 0,317 (p > 0,05) und nach Mann-Whitney p = 0,631. Der Schätzer des relativen Effekts beträgt 0,472 für INT1 und 0,565 für INT2. Es gibt keinen signifikanten Unterschied in der Leistungssteigerung zwischen

6.4. Hypothese 3: Selbsteinschätzung

141

den Gruppen INT1 und INT2. Somit wird die Nullhypothese beibehalten. Dieses Ergebnis ist sowohl in der Tabelle als auch der Grafik oben zusammengefasst. In der nächsten Abbildung 6.11 wird der Zusammenhang zwischen dem Testergebnis von FA1 (Pre-Test über funktionale Abhängigkeiten) und der Leistungssteigerung der beiden Interventionsgruppen überprüft.

Abbildung 6.11 – Zusammenhang (r = -0,54) zwischen Testergebnis FA1 und Leistungssteigerung (in Punkte) der Interventionsgruppen INT1 und INT2.

Der Zusammenhang wird mit der Korrelation von Pearson bestimmt und mit dem Programm R dargestellt. Es gibt einen hohen negativen Zusammenhang zwischen den beiden Variablen Testergebnis FA1 und Leistungssteigerung mit r = -0,54. Schüler/-innen, die gute Resultate beim Eingangstest (FA1) erzielt haben, haben eine geringere Leistungssteigerung vorzuweisen als Schüler/-innen mit schlechten. Dieser Trend ist in beiden Interventionsgruppen zu finden.

6.4

Hypothese 3: Selbsteinschätzung

Im Zuge des Post-Tests beantworten die Probanden/-innen Fragen, bei welchen sie ihre Leistung und ihr Wissen zum Thema Analysis im Schulnotensystem selbst einschätzen. Die Nullhypothese lautet: H0 : Es gibt keinen Zusammenhang zwischen den Ergebnissen der Selbsteinschätzung und dem Testergebnis. Faktor: FA, AN.

142

6. Ergebnisse

Weitere Forschungsfragen im Zusammenhang mit dieser Nullhypothese sind in Kapitel 4 und 5 notiert. Die Tabelle 6.5 beschreibt die Items D und präsentiert die Ergebnisse über Median und Mittelwert der einzelnen Items pro Testgruppe.

Tabelle 6.5 – Ergebnisse der Selbsteinschätzung beim Post-Test

Selbsteinschätzung: Differentialrechnung Int1 Ich weiß, was ein Differenzenquotient ist. (D1) Ich weiß den Zusammenhang eines Differenzenquotienten mit der mittleren Änderungsrate. (D2) Ich kann Differenzenquotienten berechnen. (D3) Ich kann Differenzenquotienten als mittlere Änderungsrate interpretieren. (D4) Ich weiß, was ein Differentialquotient ist. (D5) Ich weiß, dass der Differentialquotient durch einen Grenzübergang aus dem Differenzenquotienten entsteht. (D6) Ich weiß, dass der Differentialquotient eine momentane Änderungsrate ist. (D7) Ich kenne den Zusammenhang eines Differentialquotienten mit der Steigung einer Tangente. (D8) Ich kann den Differentialquotienten berechnen. (D9) Ich kann Tangenten ermitteln. (D10) Ich kann momentane Änderungsraten mit dem Differentialquotienten beschreiben. (D11) Ich kann einen Differentialquotienten als momentane Änderungsrate interpretieren. (D12)

Post-Test Int2

K

3,0 (2,9) 3,0 (3,2)

3,0 (3,0) 4,0 (3,3)

3,0 (2,5) 3,0 (2,6)

3,0 (3,2) 3,0 (3,3)

3.5 (3,3) 3,5 (3,5)

3,0 (2,7) 3,0 (2,8)

3,0 (3,0) 3,0 (3,4)

3,0 (3,0) 3,5 (3,3)

3,0 (2,5) 3,0 (3,0)

3,0 (3,1)

3,0 (2,8)

3,0 (2,5)

3,0 (3,4)

3,0 (2,8)

3,0 (2,4)

3,0 (3,5)

3,0 (3,0)

3,0 (2,5)

3,0 (3,6) 3,0 (3,6)

4,0 (3,5) 3,5 (3,3)

3,0 (2,8) 3,0 (2,7)

3,5 (3,5)

4,0 (3,5)

3,0 (2,7)

Anmerkung. INT1 steht für Interventionsgruppe 1, INT2 für Interventionsgruppe 2. Median und arithmetisches Mittelwert (in Klammer) sind in der Tabelle dargestellt. 1 = ,Sehr gut’. 2 = ,Gut’, 3 = ,Befriedigend’, 4 = ,Genügend’ und 5 = ,Nicht genügend’.

Die drei Testgruppen unterscheiden sich in einem der zwölf Items signifikant, nämlich im Item D11. Das Item D11 beschreibt: ,Ich kann momentane Änderungsraten mit dem Differentialquotienten beschreiben.’ Das Ergebnis wird in Abbildung 6.12 gezeigt. Für die Unterschiedsprüfungen wird der Kruskal-Wallis Test verwendet. Der p-Wert beträgt 0,044 (p < 0,05). Der Schätzer des relativen Effekts beträgt 0,582 (INT1). Die Wahrscheinlichkeit, dass eine zufällig ausgewählte Person der INT1 eine höhere Zahl (entspricht: schlechtere Einschätzung) wählt als eine zufällig ausgewählte Person der anderen beiden Gruppen, ist 0,582.

6.4. Hypothese 3: Selbsteinschätzung

143

Abbildung 6.12 – Vergleich der Testgruppen INT1, INT2 und K in Bezug auf Item D11

In allen anderen Items gibt es keinen signifikanten Unterschied zwischen den drei Gruppen INT1, INT2 und K. Die Nullhypothese wird bei diesen beibehalten. Es wird das arithmetisches Mittel der Items D1 bis D12 für die weiteren Auswertungen bestimmt. Die neue Variable wird als Item D bezeichnet und beschreibt die Selbsteinschätzung der Teilnehmer/-innen bezogen auf ihr Können. Die Korrelation zwischen Item D und dem Testergebnis FA2, AN und der Leistungssteigerung wird mit der Korrelation von Pearson berechnet.

Abbildung 6.13 – Zusammenhang zwischen Leistungssteigerung und Selbsteinschätzung (Item D)

Der Zusammenhang zwischen Leistungssteigerung und Selbsteinschätzung wird in Abbildung 6.13 dargestellt. Schüler/-innen, die sich als schlechter einschätzen, erzielen eine höhere

144

6. Ergebnisse

Leistungssteigerung, als Schüler/-innen, die sich besser einschätzen. Der lineare positive Zusammenhang ist leicht. Der Korrelationskoeffizient r = 0,196. Die nächsten beiden Abbildungen (Abb. 6.14 und Abb. 6.15) stellen die linearen Zusammenhänge zwischen Selbsteinschätzung und FA2 bzw. AN dar. Das Item Selbsteinschätzung steht in keinem linearen Zusammenhang mit dem Testergebnis FA2 (r = -0,023).

Abbildung 6.14 – Zusammenhang (r = -0,023 ) Item D (Selbsteinschätzung) mit Testergebnis FA2.

Das Item Selbsteinschätzung steht in einem mittleren negativen linearen Zusammenhang mit dem Testergebnis Analysis. Der Korrelationskoeffzient r ist -0,363. Diese Korrelation ist auf dem Niveau 0,01 signifikant. In den beiden angeführten Abbildungen sind die linearen Regressionen der einzelnen Testgruppen eingezeichnet. Die Korrelationskoeffizienten r sind in der Tabelle 6.6 angeführt. Tabelle 6.6 – Zusammenhang D und Testergebnisse FA1, FA2 und AN

INT1 INT2 K

D

FA1

FA2

AN

r = 0,062 r = -0,799 r = -0,244

r = 0,018 r = -0,418 r = 0,206

r = -0,342 r = -0,198 r = -0,342

Anmerkung. INT1 steht für Interventionsgruppe 1, INT2 für Interventionsgruppe 2. D steht für das Item D und r stellt den Korrelationskoeffizienten dar.

Die Interventionsgruppe 1 und die Kontrollgruppe zeigen ähnliche Ergebnisse. Es gibt einen hohen negativen linearen Zusammenhang zwischen FA1 und der Selbsteinschätzung bei der Interventionsgruppe 2 (r = -0,799). Schüler/-innen, die sich als gut einschätzen, erzielen gute

6.5. Hypothese 4: Pre- und Post-Test

145

Abbildung 6.15 – Zusammenhang (r = -0,363∗∗ ) Item D (Selbsteinschätzung) mit Testergebnis AN.

Resultate. Dieser Zusammenhang ist bei der Interventionsgruppe 1 nur bei Test AN erkennbar (r = -0,342). Interventionsgruppe 2 und die Kontrollgruppe zeigen diesen Trend bei allen Tests.

6.5

Hypothese 4: Pre- und Post-Test

Die Probanden/-innen erhalten vor und nach der gesetzten Intervention einen identischen mathematischen Test sowie einen Fragebogen. Es stellt sich die Frage, ob es eine Leistungssteigerung zwischen Pre- und Post-Test gibt und welche Gruppen besonders von einer Leistungssteigerung betroffen sind. Die Nullhypothese, die überprüft wird, ist folgende: H0 : Es gibt keinen signifikanten Unterschied in der Leistung zwischen dem Preund Post-Test der einzelnen Gruppen und keinen signifikanten Unterschied in der Leistungssteigerung. Faktor: Testergebnis FA, AN, Differenz. Weitere Forschungsfragen, die in diesem Abschnitt untersucht werden sollen, sind: 1. Gibt es einen Unterschied in den Testergebnissen zwischen Pre- und Post-Test bei der Kontrollgruppe? 2. Gibt es einen Unterschied in den Testergebnissen zwischen Pre- und Post-Test bei Interventionsgruppe 1 und 2? 3. Gibt es einen Unterschied in der Leistungssteigerung (in Punkten) zwischen Pre- und Post-Test zwischen den Interventionsgruppen und der Kontrollgruppe?

146

6. Ergebnisse

Die Variablen FA1, FA2 sowie AN wurden bereits auf Normalverteilung geprüft (siehe Kapitel 6.2). Da die Daten intervallskaliert und normalverteilt sind, wird für diese Unterschiedsprüfungen ein t-Test für abhängige Stichproben berechnet. Tabelle 6.7 stellt die Testergebnisse Median, Mittelwert und Standardabweichung von FA1, FA2 und AN der einzelnen Gruppen und Tests dar. Tabelle 6.7 – Vergleich von Pre- und Post-Test

Pre-Test Int1 Int2 Median Mittelwert Standardabweichung

K

Post-Test Int1 Int2

35,00 34,77 4,02

36,50 39,50 42,50 43,00 39,17 39,15 43,13 45,17 7,02 6,36 5,58 5,23 Schätzer des relativen Effekts pˆ i pˆ Pre = 0,344 pˆ Post = 0,656

K 46,00 45,65 7,37

Anmerkung. INT1 steht für Interventionsgruppe 1, INT2 für Interventionsgruppe 2. Mittelwert, Standardabweichung und Median sowie der Schätzer des relativen Effekts sind dargestellt.

Abbildung 6.16 – Vergleich Pre- und Post-Test. Der Mittelwert der Testergebnisse mit deren Standardabweichung in beide Richtungen ist dargestellt.

Die Interventionsgruppe 1 liegt mit einem Mittelwert von 34,77 Punkten deutlich unter den mittleren Testergebnissen der anderen beiden Gruppen. Beim Post-Test ist dies nicht mehr der Fall. Die Unterschiedsprüfung des t-Tests für abhängige Stichproben liefert einen höchst signifikanten Unterschied (p = 0,00) zwischen Pre- und Post-Test. Eine Berechnung des Wilcoxon-Test bestätigt dieses Ergebnis. Es besteht ein höchst signifikanter Unterschied zwischen Eingangs und Ausgangstest mit dem Wert p = 0.00. Der Schätzer des relativen

6.5. Hypothese 4: Pre- und Post-Test

147

Effekts pˆ beträgt 0,656 (Post-Test). Die Wahrscheinlichkeit, dass eine zufällig ausgewählte Person aus dem Post-Test höhere Resultate erzielt als eine zufällig ausgewählte Person aus dem Pre-Test, ist 0,656. Der Korrelationskoeffizient r = 0,449. Die Korrelation ist signifikant auf dem Niveau 0,01.

Abbildung 6.17 – Vergleich Pre- und Post-Test. Der Mittelwert der Testergebnisse mit deren Standardabweichung in beide Richtungen ist dargestellt.

Der berechnete Unterschied soll über die Grafiken 6.16 und 6.17 verdeutlicht werden. Wird eine Unterschiedsprüfung (t-Test für abhängige Stichproben) innerhalb der Gruppen durchgeführt, so zeigt sich ein höchst signifikanter Unterschied zwischen Pre- und Post-Test bei der Interventionsgruppe 1 (p = 0,000 < 0,05, pˆ = 0,697) und ein hoch signifikanter Unterschied bei der Kontrollgruppe (p = 0,002 < 0,05, pˆ = 0,623). Die Nullhypothesen werden jeweils verworfen und die Alternativhypothese angenommen. Zwischen Pre- und Post-Test gibt es keinen signifikanten Unterschied (p = 0,058 > 0,05) bei der Interventionsgruppe 2. Zwischen Pre- und Post-Test besteht ein mittlerer positiver linearer Zusammenhang zwischen Pre- und Posttest mit r = 0,449. Teilnehmer/-innen, die gute Resultate im Pre-Test (Inhalt FA) erzielen, erreichen ebenfalls gute Ergebnisse im Post-Test zum Inhalt funktionale Abhängigkeiten (FA). Dies spiegelt Abbildung 6.18 wider.

148

6. Ergebnisse

Abbildung 6.18 – Zusammenhang zwischen Testergebnis von Pre- und Posttest

Betrachten wir die Ergebnisdifferenz (Leistungssteigerung) von Pre- und Post-Test zum Inhalt funktionale Abhängigkeiten. Die Ergebnisse der mittleren Ergebnisdifferenzen und ihre Standardabweichung sind für jede Gruppe (INT1, INT2, K) berechnet und in der Tabelle 6.8 zu finden. Tabelle 6.8 – Vergleich der Mittelwertsdifferenzen der Gruppen

Differenz: Pre- und Post-Test Int1 Int2 Mittelwert Standardabweichung

8,37 6,40 0,547

6,00 5,87

K 6,50 7,04

Schätzer pˆ i 0,449 0,455

Die mittlere Leistungssteigerung der einzelnen Gruppen ist in Abbildung 6.19 dargestellt. Aus den Ergebnissen der Tabelle und der Abbildung kann man erkennen, dass sich ein leichter (mittlerer) Vorteil für Interventionsgruppe 1 (= Gruppe mit synchroner Unterstützung) abzeichnet.

6.6. Hypothese 5: Wohlbefinden und Rückmeldungen

149

Abbildung 6.19 – Mittelwerte der Differenzen (Nachtest – Vortest) sind dargestellt.

Die Unterschiedsprüfung mittels Kruskal-Wallis-Test (Daten sind nicht normalverteilt) liefert folgendes Ergebnis: der p-Wert ist 0,749 (> 0,05) und der Korrelationskoeffzient nach Spearman r = -0,102. Der Schätzer des relativen Effekts beträgt 0,547 (INT1). Das bedeutet folgendes: Die Wahrscheinlichkeit, dass eine zufällig ausgewählte Person der INT1 eine höhere Leistungssteigerung erzielt als eine zufällig ausgewählte Person einer anderen Gruppe, liegt bei 0,547. Es kann kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen INT1, INT2 und K angenommen werden. Die Nullhypothese wird beibehalten.

6.6

Hypothese 5: Wohlbefinden und Rückmeldungen

Über die Fragebögen von Pre- und Post-Test bzw. während der Interventionsmaßnahme wird die Unterrichtsqualität in Mathematik untersucht. Hierbei werden Aussagen zum Mathematikunterricht, Wunschvorstellungen der Teilnehmer/-innen und Rückmeldungen über die Maßnahme erhoben. Die nächste Haupthypothese ist als Nullhypothese formuliert: H0 : Es gibt keinen signifikanten Unterschied in Bezug auf Rückmeldungen zum Unterricht zwischen Blended-Learning-Klassen, die mit einer Maßnahme der inneren Differenzierung unterrichtet werden, im Vergleich zu Klassen, die keine Maßnahme erhalten haben. Faktor: Items W und M.

150

6. Ergebnisse

Die Unterfragen dieser Haupthypothese, die als Hypothesen ebenfalls zu prüfen sind, sind folgende: 1. Gibt es einen Unterschied in den Items W1 bis W12 zwischen den Gruppen INT1, INT2 und K? 2. Gibt es einen Unterschied in den Items M1 bis M12 zwischen den Gruppen INT1, INT2 und K? 3. Gibt es einen Zusammenhang zwischen Item M und W? 4. Gibt es Zusammenhänge zwischen Item M oder Item W und dem Testergebnis AN? Für die Unterschiedsprüfungen werden der Wilcoxon-Test und der Kruskal-Wallis-Test mit R und SPSS gerechnet. Lineare Zusammenhänge werden über die Korrelation von Pearson und Spearman überprüft. Im ersten Abschnitt wird Item M ,Feedback zum Mathematikunterricht’ näher analysiert, im zweiten Item W ,Wünsche an den Mathematikunterricht und an die Lehrperson’. Hier werden die Wünsche, welche die Probanden/-innen an den Unterricht oder die Lehrperson haben, erhoben und analysiert.

6.6.1

Was leistet der Mathematikunterricht?

Die Probanden/-innen geben Rückmeldung zum Mathematikunterricht über einen Fragebogen, der sowohl beim Pre- als auch Post-Test ausgeteilt wird. In der Tabelle 6.9 sind die Items M1 bis M13 definiert und die Medianwerte dieser Items für die drei Testgruppen im Pre- und Post-Test dargestellt.

6.6. Hypothese 5: Wohlbefinden und Rückmeldungen

151

Tabelle 6.9 – Darstellung der Ergebnisse der Items M.

Im Mathematikunterricht kann ich . . .

mir selbst Themeninhalte mittels Texten und Skripten erarbeiten.(M1) die Themeninhalte mit unterschiedlichen Quellen erarbeiten (Computer, Buch, Skriptum,. . . ). (M2) selbstständig arbeiten.(M3) in Gruppen arbeiten. (M4) viel Unterstützung von der Lehrperson bekommen (falls erwünscht). (M5) in zusätzlichen Sprechstunden Themeninhalte vertiefen. (M6) detaillierte Einführungen in Themen seitens der Lehrperson bekommen. (M7) mir meine Aufgaben (Hausübungen, Projekte ...) selbst wählen. (M8) Themeninhalte vertiefen, falls das Interesse gegeben ist. (M9) zusätzliche Unterstützungsmaterialien auf Moodle abrufen. (M10) mir Lernvideos für ein besseres Verständnis der Themeninhalte ansehen. (M11) jederzeit Fragen stellen. (M12) schnelle Rückmeldungen (via Email), falls ich Fragen habe, erwarten. (M13)

Pre-Test Int1 Int2

K

Post-Test Int1 Int2

K

3,0

2,5

2,0

3,0

3,0

2,0

3,0

2,0

2,0

3,0

3,0

2,0

3,0 3,0 2,0

2,0 3,0 2,5

2,0 2,0 1,0

3,0 3,0 1,5

2,5 2,5 1,0

2,0 3,0 2,0

2,0

4,0

2,0

2,0

1,5

2,0

2,0

2,0

2,0

2,0

1,5

1,0

3,0

4,0

3,0

2,0

3,0

4,0

2,0

3,0

2,0

3,0

3,0

2,0

2,0

2,0

2,0

2,0

2,0

2,0

2,0

3,0

2,0

3,0

2,5

2,0

1,0 2,0

1,0 1,5

1,0 2,0

1,0 1,0

1,0 1,5

2,0 2,0

Anmerkung. INT1 steht für Interventionsgruppe 1, INT2 für Interventionsgruppe 2. Die Werte basieren auf einer fünfstufigen Skala von 1 bis 5. Der Wert 1 entspricht ,sehr stark’, 2 ,stark’, 4 ,etwas’ und 5 ,gar nicht’. Die Zentralwerte der Items M sind dargestellt.

Das Skalenniveau des Fragebogens ist von 1 bis 5 festgelegt, wobei 1 ,sehr stark’ der beste Wert und 5 ,gar nicht’ der schlechteste ist. Die Medianwerte aller Items (M1 bis M13) sowohl beim Pre- als auch beim Post-Test sind in der Tabelle als Überblick und Vergleich angegeben. Die Unterschiedsprüfung erfolgt mit Kruskal-Wallis und Wilcoxon in R und SPSS. Der Kruskal-Wallis-Test wird verwendet, wenn ein Gruppenunterschied zu überprüfen ist, der Wilcoxon-Test beim Unterschied zwischen Pre- und Post-Test. Betrachten wir die in der Tabelle dargestellten Ergebnisse, so lassen sich Unterschiede zwischen den Gruppen in einzelnen Items M vermuten. In manchen Items beurteilen die Studierenden von einer Interventionsmaßnahme den Mathematikunterricht besser als die Kontrollgruppe. Die Ergebnisse der Unterschiedsprüfung der Items M5, M8, M10 und M13 werden im Folgenden präsentiert.

152

6. Ergebnisse

Item M5: Unterstützung durch die Lehrperson Sowohl in der Interventionsgruppe 1 als auch der Interventionsgruppe 2 gibt es bei Item M5, ,Im Mathematikunterricht kann ich viel Unterstützung seitens der Lehrperson bekommen.’, eine Verbesserung. Die Kontrollgruppe beurteilt diese Situation beim Post-Test als schlechter. Der Median beträgt anfangs 1. Dieser sank um einen Wert auf 2. Einen signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen beim Post-Test bezüglich dieses Merkmals gibt es nicht (Unterschiedsprüfung nach Kruskal-Wallis-Test). Der p-Wert beträgt p = 0,430 und liegt über 0.05. Die Korrelation nach Spearman beträgt r = -0,183. Die Nullhypothese wird angenommen. Item M8: Aufgaben selbst wählbar In Item M8, ,Im Unterricht kann ich mir meine Aufgaben selbst wählen’ bewerten die Probanden/-innen, inwieweit im Unterricht die Aufgabenwahl frei gestaltet werden kann. Der Zentralwert der Interventionsgruppe 1 beträgt m = 2 und ist im Vergleich zu den anderen Gruppen am besten. Die Ergebnisse sind in der Abbildung 6.20 repräsentiert.

Abbildung 6.20 – Unterschied zwischen den Gruppen im Item M8

Für die Hypothesenprüfung wird der Kruskal-Wallis Test verwendet. Es gibt einen signifikanten Unterschied zwischen den drei Gruppen im Post-Test bezüglich dieses Items. Der p-Wert beträgt p = 0.045 (< 0,05). Die Schätzer der relativen Effekte betragen 0,404 (INT1), 0,535 (INT2) und 0,614 (K). Die Korrelation nach Spearman ist r = 0,351. Die Nullhypothese wird verworfen und die Alternativhypothese angenommen. Item M10: zusätzliche Materialien in Moodle Das Item M10: „Im Mathematikunterricht kann ich zusätzliche Unterstützungsmaterialien auf Moodle abrufen.” wird von den Gruppen gleich beurteilt. Der Medianwert der Interventionsgruppe 2, welche zusätzliche Informationstexte und Lösungen erhält, liegt sowohl bei Eingangs- als auch Ausgangstest bei 2 und ist gleich hoch wie die Zentralwerte von INT1 und

6.6. Hypothese 5: Wohlbefinden und Rückmeldungen

153

K. Es gibt keinen signifikanten Unterschied zwischen den Gruppen oder zwischen Pre- und Post-Test. Item M13: schnelle Rückmeldungen bei Fragen Das Item M13 „Im Mathematikunterricht kann ich schnelle Rückmeldungen (via E-Mail), falls ich Fragen habe, erwarten.” zeigt in den Ergebnissen der Zentralwerte einen Vorteil für Interventionsgruppe 1. Der Median verbessert sich von 2 auf 1, im Gegensatz zur Kontrollgruppe. Bei dieser ist der Median sowohl beim Pre- als auch Post-Test gleichbleibend mit einem Median von 2. Die untere Grafik (Abbildung 6.21) stellt dieses Ergebnis dar. Eine Unterschiedsprüfung nach Kruskal-Wallis deutet auf keinen signifikanten Unterschied hin. Der p-Wert beträgt p = 0,283 (> 0,05) und der Schätzer des relativen Effekts beträgt 0,572 (K).

Abbildung 6.21 – Item M13: Pre- und Post-Test im Vergleich

Item M: M1 bis M13 Das Item M wird über das arithmetische Mittel der Items M1 bis M13 bestimmt. Eine Unterschiedsprüfung nach Kruskal-Wallis ergibt einen p-Wert von p = 0,275 (> 0,05). Es gibt keinen signifikanten Unterschied in den allgemeinen Rückmeldungen zum Mathematikunterricht zwischen den Gruppen INT1, INT2 und K. Die Nullhypothese wird angenommen.

154

6.6.2

6. Ergebnisse

Item W: Wünsche

Die Probanden/-innen erhalten mehrere Aussagen zum Thema ,Was wünsche ich mir vom Unterricht?’. Jede Aussage wird sowohl beim Eingangs- als auch Ausgangstest über eine Skala von 1 bis 5 beurteilt, wobei eine niedrige Zahl einen hohen Wunsch und eine höhere Zahl einen niedrigeren Wunsch beschreibt. Die Rückmeldungen sind als Zentralwerte (Medianwerte) der einzelnen Testgruppen zusammengefasst und in Tabelle 6.10 dargestellt. Tabelle 6.10 – Darstellung der Ergebnisse der Items W.

Ich wünsche mir ... Pre-Test Int1 Int2 2,0 mehr Unterstützung durch die Lehrperson. 3,0 (W1) 2,5 mehr zusätzliche Materialien in Moodle. 3,0 (W2) mehr Lernvideos. (W3) 2,0 3,5 mehr Gruppenarbeiten. (W4) 3,0 4,0 4,0 mehr Möglichkeiten, selbst etwas auszuarbei- 3,0 ten. (W5) mehr Hilfe von Schulkollegen/-innen. (W6) 3,0 3.5 2,0 mehr Zeit zu haben, um zu lernen neben der 2,0 Arbeit. (W7) mehr Lernspiele, Quizz, ... (W8) 3,0 2,5

K 3,0

Post-Test Int1 Int2 3,0 3,5

K 2,0

3,0

3,0

3,5

2,0

2,0 3,0 3,0

3,0 3,0 3,0

2,0 2,0 3,5

2,0 3,0 3,0

2,0 1,0

3,0 1,0

2,5 1,0

3,0 1,0

3,0

3,0

2,0

3,0

Anmerkung. INT1 steht für Interventionsgruppe 1, INT2 für Interventionsgruppe 2. Die Werte basieren auf einer fünfstufigen Skala von 1 bis 5. Der Wert 1 entspricht ,sehr stark’, 2 ,stark’, 4 ,etwas’ und 5 ,gar nicht’. Die Zentralwerte der Items W sind dargestellt.

Da alle Daten ordinalskaliert sind, werden ein Kruskal-Wallis-Test und ein Wilcoxon-Test für die Hypothesenprüfung verwendet. Das Testergebnis von Item W1, W2, W7 und das Gesamtitem W werden vorgestellt. Item W1: Unterstützung durch die Lehrperson Das Item W1 befragt die Studienteilnehmer/-innen, ob sie mehr Unterstützung seitens der Lehrperson wünschen oder weniger. Die Interventionsgruppe 1 empfindet diesen Wunsch sowohl bei Pre- als auch Post-Test gleichbleibend „durchschnittlich” (Median = 3). Die Interventionsgruppe 2, die keine zusätzliche Unterstützung über die Lehrperson erhalten hat, aber Unterstützung mit zusätzlichen Materialien und durchgerechneten Lösungen, bewertet den Wunsch beim Post-Test mit 3,5. Zu Beginn war der Wunsch nach Unterstützung sehr gegeben. Nun nur noch etwas. Für die Kontrollgruppe erhöht sich der Wunsch nach Unterstützung

6.6. Hypothese 5: Wohlbefinden und Rückmeldungen

155

beim Post-Test. Ein signifikanter Unterschied zwischen Pre- und Post-Test innerhalb der Gruppen wird mit Berechnung von Wilcoxon-Test (INT1: p = 0,609, pˆ INT 1 = 0,538; INT2: p = 0,194, pˆ INT 2 = 0,679 und K: p = 0,445, pˆ K = 0,396) nicht bestätigt. Die Nullhypothese wird angenommen. Ebenfalls ergibt der Kruskal-Wallis-Test keinen signifikanten Unterschied zwischen den drei Gruppen. Der p-Wert beträgt 0,948 (Pre-Test) und 0,058 (Post-Test). Die Nullhypothese wird angenommen. Item W2: mehr zusätzliche Materialien in Moodle Item W2 fragt die Probanden/-innen, ob sie sich mehr Materialien in Moodle wünschen. Der Wunsch nach mehr Materialien sinkt bei der Interventionsgruppe 2, welche mehr Materialien während der Intervention erhalten hat, im Laufe der Intervention. Beim Pre-Test ist der Zentralwert 2,5, beim Post-Test 3,5. Der Median bei Interventionsgruppe 1 bleibt gleich, der Median bei der Kontrollgruppe sinkt auf 2. Somit steigt der Wunsch nach mehr Materialien. Beim Eingangstest gibt es sowohl zwischen den Gruppen keinen signifikanten Unterschied als auch keinen signifikanten Unterschied zwischen dem Pre- und dem Post-Test der Aussagen. Die Ergebnisse des Post-Tests sind in der Tabelle 6.11 zusammengefasst. Tabelle 6.11 – Vergleich der Gruppen in Bezug auf Item W2

Int1 Median

Item W2 (Post-Test) Int2 K

3,0 0,514

3,5

2,0

Schätzer pˆ i 0,793 0,394

Abbildung 6.22 – W2: Gruppenvergleich beim Post-Test

156

6. Ergebnisse

Die Wahrscheinlichkeit, dass eine zufällig ausgewählte Person der INT2 sich weniger Materialien wünscht als eine zufällig ausgewählte Person der anderen Gruppen, beträgt 0,793. Die Nullhypothese kann abgelehnt werden und die Alternativhypothese angenommen. Die Unterschiedsprüfung nach Kruskal-Wallis ergibt einen signifikanten Unterschied zwischen den drei Gruppen. Der p-Wert beträgt p = 0.009 beim Post-Test. Der Korrelationskoeffizient nach Spearman beträgt r = -0,169 und der Schätzer des relativen Effekts 0,793 für die Interventionsgruppe 2 und 0,394 für die Kontrollgruppe. Die Nullhypothese kann verworfen werden und die Alternativhypothese angenommen: Es gibt einen signifikanten Unterschied zwischen den drei Testgruppen im Item W2. Item W7: Wunsch, mehr Zeit zu haben Die Probanden/-innen beurteilen, inwiefern sie sich mehr Zeit zum Lernen neben ihrer Arbeit wünschen. Für die Unterschiedsprüfung werden ein Wilcoxon und ein Kruskal-Wallis-Test berechnet.

Abbildung 6.23 – W7: Pre- und Post-Test im Vergleich

Es gibt einen signifikanten Unterschied zwischen Pre- und Post-Test (siehe Abbildung 6.23). Der p-Wert beträgt 0,005 und der Schätzer des relativen Effekts 0,581 (Post-Test). Wird das Ergebnis näher analysiert, lässt sich erkennen, dass dieser Unterschied auf die Rückmeldungen der Interventionsgruppe 1 zurückzuführen ist. Die Rückmeldungen in Bezug auf das Wohlbefinden der Studienteilnehmer/-innen im Unterricht zeigen folgende Ergebnisse: es gibt einen signifikanten Unterschied (p = 0,025) in Item W7 (Wunsch, mehr Zeit zu haben)

6.6. Hypothese 5: Wohlbefinden und Rückmeldungen

157

zwischen Pre- und Post-Test bei Interventionsgruppe 1. Bei der Interventionsgruppe 2 und der Kontrollgruppe gibt es hingegen keinen signifikanten Unterschied (p > 0,05) hingegen. Am Ende der Interventionsmaßnahme bewertet die Interventionsgruppe 1 das Kriterium Zeit negativer als zu Beginn. Die Nullhypothese wird abgelehnt, die Alternativhypothese angenommen.

Item W: W1 bis W8 Werden die zwei Interventionsgruppen hinsichtlich des Items W (Wünsche) auf einen Unterschied untersucht, so ist dieser statistisch nicht auffindbar. Der p-Wert der Unterschiedsprüfung beträgt p = 0,768 und der Korrelationskoeffizient nach Spearman r = -0,95.

Zusammenhang zwischen Item W und M Die Mittelwerte der Items M1 bis M13 und W1 bis W8 ergeben die Items M und W. Der lineare Zusammenhang zwischen diesen beiden Variablen wird mittels einer Korrelation nach Spearman untersucht.

Abbildung 6.24 – Zusammenhang zwischen Item W und M (r = 0,342)

Die Resultate ergeben einen mittleren positiven linearen Zusammenhang zwischen Item M und W. Der Korrelationskoeffizient nach Spearman ist r = 0,342. Die Korrelation ist auf dem Niveau 0,05 signifikant. Der Zusammenhang ist in Abbildung 6.24 dargestellt.

158

6.7

6. Ergebnisse

Hypothese 6: Interventionsgruppe 1

In diesem Abschnitt wird die sechste Hypothese vorgestellt und analysiert. Es stellt sich hierbei die Frage, inwiefern die einzelnen Hilfestellungen der Interventionsmaßnahme 1 in Anspruch genommen werden und wie diese auf das Testergebnis wirken. Haben Schüler/-innen, die das Angebot vermehrt annehmen ein höheres Ergebnis oder Wohlbefinden im Unterricht? Welche Gründe gibt es, wenn Angebote nicht in Anspruch genommen werden? Die folgende Nullhypothese wird in diesem Abschnitt untersucht: H0 : Es gibt keinen signifikanten Unterschied in der Leistung oder im Wohlbefinden zwischen den Schüler/-innen, die die Maßnahme der inneren Differenzierung mit Unterstützung seitens der Lehrperson (durch Zusatzunterricht und Handy-Angebote) angenommen haben, und den Schüler/-innen der gleichen Interventionsgruppe, die das Angebot nicht in Anspruch genommen haben. Faktor: Testergebnis FA, AN und qualitative Rückmeldungen. Weiterhin werden die formulierten Forschungsfragen, die in Kapitel 4 beschrieben sind, und die Rückmeldungen der Teilnehmer/-innen über die Interventionsmaßnahme analysiert und zusammengefasst. Die Aufzeichnungen geben Informationen über die Nutzung von Hilfestellungen in der Interventionsgruppe 1 (INT1) wieder. Elf von 26 Personen nehmen das Angebot der zusätzlichen Hilfestellung über Handy oder E-Mail an und 24 davon nehmen regelmäßig am Förderunterricht teil. Eine Übersicht der Nutzung wird in Tabelle 6.12 präsentiert. Tabelle 6.12 – Übersicht: Nutzung der Fördermaßnahmen

Int1 Int1_2

Nutzung der Hilfestellungen Förderunterricht indiv. Unterstützung

Gesamt

13 (92,9%) 11 (91,7%)

14 12

5 (35,7%) 6 (50%)

Anmerkung. INT1 steht für die erste Gruppe von Intervention 1, INT12 für die zweite Gruppe. Die absoluten Häufigkeiten sowie die relativen Häufigkeiten (in Klammern) sind dargestellt.

Das Angebot der zusätzlichen Unterstützung (Förderstunden, Handyerreichbarkeit und Sprechstunden) nimmt die Interventionsgruppe 1 unterschiedlich in Anspruch. Die zwei Förderstunden pro Woche werden von über 90 % der Teilnehmer/-innen angenommen, das Angebot der individuellen Unterstützung über Handy weniger. Die zusätzliche Sprechstunde wird von niemandem wahrgenommen. 35 % der Studierenden der ersten Gruppe von INT1 kontaktieren regelmäßig die Lehrperson, wenn beim Üben zu Hause Fragen auftauchen. 0 % nehmen das Angebot der zusätzlichen Sprechstunde in Anspruch. Die zweite Gruppe von INT1 nimmt

6.7. Hypothese 6: Interventionsgruppe 1

159

das Angebot Handyerreichbarkeit stärker wahr als die erste Testgruppe. Hier nutzen 50 % der Teilnehmer/-innen das Angebot. Die individuelle Sprechstunde nimmt auch hier niemand an.

6.7.1

Einfluss der individuellen synchronen Hilfestellung über Handy auf das Ergebnis

Für die Analyse des Einflusses der individuellen synchronen Hilfestellung über Handy auf das Testergebnis werden mehrere Tests durchgeführt. Für die Unterschiedsprüfung wird ein t-Test für unabhängige Stichproben bzw. ein Mann-Whitney (U-Test) in SPSS gerechnet, lineare Zusammenhänge werden mit dem Korrelationskoeffizienten von Pearson bestimmt und die Abhängigkeit zweier binärer Merkmale mit dem Odds Ratio. Für die Variablen Testergebnis FA1, FA2 und AN kann eine Normalverteilung angenommen werden (siehe Kapitel 6.2). Deshalb wird für die Unterschiedsprüfung ein t-Test für unabhängige Stichproben in SPSS gerechnet. Die Unterschiedsprüfung ergibt keinen signifikanten Unterschied zwischen der Gruppe mit Hilfestellung durch Handyerreichbarkeit und der Gruppe ohne diese in Bezug auf alle Testergebnisse (FA1, FA2, AN und Leistungssteigerung). Alle p-Werte sind über 0,05. Es gibt eine Person, die sowohl den Förderunterricht als auch das Angebot Handy- oder E-Mailerreichbarkeit niemals angenommen hat, diese ist auch nie im Unterricht erschienen. Die Inhalte waren dem Schüler nicht neu und konnten zu Hause selbstständig ohne weitere Hilfe erarbeitet werden. Da diese Person ein Ausreißer in den Ergebnissen darstellt und diese dadurch beeinflusst, wird er im Folgenden für die Analyse der Unterschiedsprüfung und des Zusammenhangs der Testergebnisse ausgeschlossen. Mit diesem Ausschluss zeigen sich folgende Ergebnisse: Tabelle 6.13 – Vergleich der Gruppen mit und ohne Hilfestellung.

FA1 Gruppe H Hilfestellung

Unterschiedsprüfung FA2

AN

n.s. n.s. p = 0,810 p = 0,236 Schätzer des relativen Effekts pˆ i Ja Nein Ja Nein 0,459

0,529

0,5

* p = 0,025

0,5

Ja

Nein

0,523

0,483

Anmerkung. FA1 ist der mathematische Test funktionale Abhängigkeiten beim Pre-Test. FA2 ist der mathematische Test funktionale Abhängigkeiten beim Post-Test. * steht für einen signifikanten Unterschied, n.s. für keinen signifikanten Unterschied. Der p-Wert des t-Tests und die relativen Effekte sind dargestellt.

Es gibt keinen signifikanten Unterschied zwischen der Gruppe mit Hilfestellung und der

160

6. Ergebnisse

ohne in Bezug auf das Testergebnis FA1, FA2 sowie das Ergebnis der Leistungssteigerung (Differenz von FA2 und FA1). Die p-Werte liegen jeweils über 0,05 (siehe Tabelle 6.13). Die Nullhypothesen werden angenommen. Die Abbildung 6.25 zeigt die mittlere Leistungssteigerung der Gruppen mit und ohne Hilfestellung über Handy im Vergleich. Die Gruppe mit Hilfestellung hat eine durchschnittliche Leistungssteigerung von 9,27 (± 6,05) Punkten und die Gruppe ohne Hilfestellung von 6,97 (± 6,38) Punkten.

Abbildung 6.25 – Mittlere Leistungssteigerung in Abhängigkeit von der Hilfestellung

Obwohl statistisch kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen statistisch gezeigt wird, gibt es einen Vorteil für die Gruppe mit Hilfestellung. Die durchschnittliche Leistungssteigerung ist in der Gruppe, die Hilfestellung über Handy in Anspruch genommen hat, höher als in der Gruppe ohne Hilfestellung.

Abbildung 6.26 – Durchschnittliches Testergebnis AN in Abhängigkeit von der Hilfestellung.

6.7. Hypothese 6: Interventionsgruppe 1

161

Im mathematischen Test zum Inhalt Analysis ist ein signifikanter Unterschied zwischen der Gruppe mit und ohne Hilfestellung gegeben. Der p-Wert beträgt p = 0,025 und der Schätzer des relativen Effekts 0,523 (Gruppe mit Hilfestellung). Die Nullhypothese wird verworfen und die Alternativhypothese angenommen.

Abbildung 6.27 – Zusammenhang Testergebnis FA1 und Hilfestellung unter Ausschluss des Ausreißers (r = 0,20)

Wird die Korrelation zwischen Hilfestellung und Testergebnis analysiert, zeigt sich ein leicht positiver linearer Zusammenhang (r = 0,20) zu Beginn (FA1) und ein mittlerer linearer Zusammenhang am Ende (FA2 und AN) zwischen dem Testergebnis und der Variable Hilfestellung. Der lineare Zusammenhang zwischen den Variablen ,Anzahl der Hilfestellungen’ und ,Testergebnis FA1’ ist in Abbildung 6.27 skizziert. Die mittleren linearen Zusammenhänge zwischen Anzahl der Hilfestellungen und Testergebnis FA2 und AN sind in den Abbildungen 6.28 und 6.29 angeführt.

162

6. Ergebnisse

Abbildung 6.28 – Zusammenhang Hilfestellung mittels Handyangebot und Testergebnis FA2 (r = 0,43 unter Ausschluss des Ausreißers)

Abbildung 6.29 – Zusammenhang Hilfestellung mittels Handy und Testergebnis AN (r = 0,44)

Die Korrelationskoeffizienten betragen mit Ausschluss des Ausreißers r = 0,43 (mit Ausreißer r = 0,35) zwischen Variable FA2 und Hilfestellung und r = 0,44 zwischen Variable AN und Hilfestellung. Studierende, die mehr Hilfestellung in Anspruch genommen haben, erzielen auch höhere Resultate. Dieser positive lineare Zusammenhang lässt sich bei beiden mathematischen Tests beim Post-Test zeigen. Beim Eingangstest (FA1) ist der lineare Zusammenhang nur leicht gegeben (r = 0,20).

6.7. Hypothese 6: Interventionsgruppe 1

163

Die oben beschriebenen Zusammenhänge werden in einem Diagramm zusammengefasst. Die Korrelationen zwischen Eingangs-, Ausgangs- und synchroner Hilfestellung werden untersucht. Die Bubble-Chart (Abb. 6.30) soll diesen Zusammenhang verdeutlichen. Auf der x-Achse finden sich die Ergebnisse des Pre-Tests, auf der y-Achse die Ergebnisse des Post-Tests und der Kreisradius beschreibt die Anzahl der in Anspruch genommenen Hilfestellungen über Handy. Studierende, die vermehrt Hilfestellung in Anspruch genommen haben, tendieren zu höheren Testergebnissen sowohl im Pre- als auch im Post-Test. Das bedeutet, dass leistungsstärkere Schüler/-innen das Angebot Hilfestellung über Handy mehr annehmen als leistungsschwächere und beim Post-Test auch ein höheres Testergebnis erzielen.

Abbildung 6.30 – Bubble-Chart: Pre- und Post-Test FA und Nutzung des Handy-Angebots

Da eine Klasse der Interventionsgruppe 1 (im Sommersemester 2018) das Unterstützungsangebot mehr angenommen hat als die Klasse im Wintersemester davor, wird nun noch gezielt diese Gruppe noch betrachtet. Das Ergebnis zeigt eindeutig, dass Personen, welche das Angebot vermehrt in Anspruch genommen haben, auch bessere Ergebnisse erhalten. Interessant ist, dass die Personen von Beginn an bereits besser waren als die Personengruppe, die das Angebot nicht in Anspruch nimmt. Der Korrelationskoeffizient beträgt r = 0,49 für die zweite Gruppe der Interventionsgruppe 1 (SS 2018). Eine Bubble-Chart zeigt die Zusammenhänge zwischen den Testergebnissen und der Hilfestellung in Abbildung 6.31.

164

6. Ergebnisse

Abbildung 6.31 – Bubble-Chart: Eingangs- und Ausgangstest und Hilfestellung über Handy bei Interventionsgruppe 1 – Gruppe 2 (SS 2018)

Die Variablen Nutzung der Hilfestellung über Handy und Testergebnis (Anzahl der Teilnehmer/innen mit einem Testergebnis über 66,6 % oder unter 66,6 %) sind in der folgenden Kontingenztafel (siehe Tabelle 6.14) dargestellt. Hierbei sind die absoluten Häufigkeiten den Variablen zugeordnet. Von den insgesamt 26 Personen nehmen elf Personen das Angebot an. Von diesen elf Teilnehmer/-innen erzielen sechs ein Testergebnis FA2 von über 66,6 %. Der Ausreißer wird in der Berechnung berücksichtigt. Tabelle 6.14 – Kontingenztafel: synchrone Hilfestellung und Testergebnis

Absolute Häufigkeiten Testergebnis über 66,6 %) FA2 unter 66,6 %) Summe

Angebot Handy Ja Nein 6 3 5 12 11 15

Summe 9 17 26

Das Odds Ratio wird aus den Informationen der Kontingenztafel berechnet. Dieses beträgt 4,8. Dieser Wert lässt sich wie folgt interpretieren: Die Chance, ein gutes Resultat zu erzielen, ist unter Nutzung der Maßnahme (individuelle Hilfestellung über Handy) 4,8 Mal höher als unter keiner Nutzung.

6.7.2

Einfluss des Förderkurses auf das Testergebnis

Für die Analyse des Einflusses der individuellen synchronen Hilfestellung über den Förderkurs werden mehrere Tests durchgeführt. Für die Unterschiedsprüfung wird ein t-Test für unabhängi-

6.7. Hypothese 6: Interventionsgruppe 1

165

ge Stichproben bzw. ein Mann Whitney (U-Test) in SPSS gerechnet, lineare Zusammenhänge werden mit dem Korrelationskoeffizienten von Pearson bestimmt und die Abhängigkeit von zwei binären Merkmalen mit dem Relativen Risiko. Zudem wird der Schätzer des relativen Effekts berechnet. Die Unterschiedsprüfung zwischen der Gruppe, die Hilfestellung durch den Förderkurs angenommen hat, und der Gruppe, die diese Maßnahme nicht angenommen hat, ist signifikant im Testergebnis FA2 zugunsten der Kontrollgruppe ohne Ausschluss des Ausreißers. Wie bereits im vorigen Abschnitt wird auch für die Analyse der folgenden Ergebnisse der Ausreißer ausgeschlossen. Unter Ausschluss des Ausreißers gibt es in allen Testergebnissen (FA1, FA2 und AN) keinen signifikanten Unterschied zwischen der Gruppe, die den Förderkurs in Anspruch genommen hat, und der Gruppe, die das nicht getan hat. Ein t-Test für unabhängige Stichproben liefert p-Werte von über 0,05. Die p-Werte und die Schätzer des relativen Effekts sind in Tabelle 6.15 dargestellt. Tabelle 6.15 – Vergleich der Gruppen mit und ohne Förderkurs.

FA1 Gruppe F Hilfestellung

Unterschiedsprüfung FA2

AN

n.s. n.s. p = 0,319 p = 0,181 Schätzer des relativen Effekts pˆ i Ja Nein Ja Nein 0,487

0,654

0,466

n.s. p = 0,221

0,904

Ja

Nein

0,466

0,904

Anmerkung. FA1 ist der mathematische Test funktionale Abhängigkeiten beim Pre-Test. FA2 ist der mathematische Test funktionale Abhängigkeiten beim Post-Test. * steht für einen signifikanten Unterschied, n.s. für keinen signifikanten Unterschied. Der p-Wert des t-Tests und die relativen Effekte sind dargestellt.

Abbildung 6.32 – Mittlere Leistungssteigerung in Abhängigkeit des Förderunterrichts

166

6. Ergebnisse

Die Abbildung 6.32 zeigt die mittlere Leistungssteigerung der Gruppen mit und ohne Hilfestellung über den Förderkurs im Vergleich. Die Gruppe mit Teilnahme am Förderkurs hat eine durchschnittliche Leistungssteigerung von 7,85 (± 6,46) Punkten und die Gruppe ohne Hilfestellung von 11,00 (± 0,00) Punkten. Die Gruppe mit Förderkurs wird mit der Gruppe ohne Förderkurs in Bezug auf die mittlere Leistungssteigerung verglichen. So wie in den oben genannten Ergebnissen ist der p-Wert auch hier über 0,05. Dieser beträgt p = 0,638 und der Schätzer des relativen Effekts beträgt 0,798 (kein Förderkurs). Die Wahrscheinlichkeit, dass eine zufällig ausgewählte Person, die den Förderkurs nicht besucht, ein besseres Resultat erzielt als eine zufällig ausgewählte Person, die ihn besucht, ist 0,798. Die Nullhypothese wird beibehalten.

Abbildung 6.33 – Zusammenhang: Förderunterricht und Leistungssteigerung (r = 0,0502 unter Ausschluss des Ausreißers)

Die Korrelationen zwischen den Variablen ,Anzahl der angenommenen Förderstunden’ und ,Leistungssteigerung’ (Abbildung 6.33) und dem ,Testergebnis AN’ (Abbildung 6.34) sind beinahe Null. In dem der Ausreißer ausgeschlossen wird, nähert sich der Korrelationskoeffizient jeweils Richtung Null. Die Korrelationskoeffizienten betragen r = 0,05 (Abbildung 6.33) und r = 0,133 (Abbildung 6.34). So gibt es keinen linearen Zusammenhang zwischen Anzahl der Förderstunden und Testergebnis oder Leistungssteigerung.

6.7. Hypothese 6: Interventionsgruppe 1

167

Abbildung 6.34 – Zusammenhang: Förderunterricht und Testergebnis AN (r = 0,133 unter Ausschluss des Ausreißers)

Die Bubble-Chart (Abbildung 6.35) spiegelt diese Ergebnisse wider. Sie zeigt den positiven Zusammenhang zwischen Pre- und Post-Test, aber auch, dass das Testergebnis nicht im Geringsten mit der Nutzung der Maßnahme im Zusammenhang steht. Der Förderkurs wird von allen Schüler/-innen gleichermaßen in Anspruch genommen, sowohl von leistungsschwachen als auch von leistungsstarken. Ein Vorteil dieser Maßnahme in Bezug auf die Leistung zeigt sich nicht.

Abbildung 6.35 – Bubble Chart: Zusammenhang Eingangs- und Ausgangstest und Förderunterricht

168

6. Ergebnisse

Den Ergebnissen zufolge scheint es keinerlei Zusammenhänge zwischen Förderunterricht und Testergebnissen zu geben. Die Variable Nutzung der Hilfestellung über Förderunterricht und die Variable Testergebnis FA2 (Resultat über 66,6 % oder unter 66,6 %) sind in der folgenden Kontingenztafel (siehe Tabelle 6.16) dargestellt. Hierbei sind die absoluten Häufigkeiten den Variablen zugeordnet. Von den insgesamt 26 Personen nehmen 24 Personen das Angebot Förderkurs an. Von diesen 24 Teilnehmer/-innen erzielen sieben Personen ein Testergebnis FA2 von über 66,6 % der zu erreichenden Punkte. Der Ausreißer wird in der Berechnung berücksichtigt. Tabelle 6.16 – Kontingenztafel: Förderunterricht und Testergebnis

Absolute Häufigkeiten Testergebnis über 66,6 %) FA2 unter 66,6 %) Summe

Förderunterricht Ja Nein 7 2 17 0 24 2

Summe 9 17 26

Aus den Informationen der Kontingenztafel wird das relative Risiko berechnet, welches RR = 77,7 % beträgt. Das Risiko der Gruppe mit Förderkurs, ein höheres Testergebnis zu bekommen, ist kleiner als das der Gruppe ohne Förderkurs.

6.7.3

Rückmeldungen über die Teilnahme

Die Studierenden der Interventionsgruppe 1 geben Feedback zu den Interventionsmaßnahmen. Die Aussagen werden für die Analyse zusammengefasst und sind in Tabelle 6.17 dargestellt. Aus den Rückmeldungen der Probanden/-innen ergibt sich, dass die Mehrzahl beide Angebote als sehr hilfreich empfinden. Der Förderkurs sowie auch das Angebot der Handy- und E-MailErreichbarkeit werden positiv bewertet. Betrachten wir die Rückmeldungen in der Tabelle, so finden 18 von 19 Teilnehmer/-innen den Förderkurs hilfreich. Drei Personen begründen dies mit der Wiederholung des Stoffinhalts und weitere drei Personen mit dem wiederholten Erklären des Themengebiets durch die Lehrperson.

6.7. Hypothese 6: Interventionsgruppe 1

169

Tabelle 6.17 – Bewertung der differenzierten Maßnahmen und Analyse der Nutzung. Hat der Förderunterricht geholfen? Was hat Ihnen geholfen? Antworten ‹JA, hat mir geholfen! › ‹In diesem Semester kaum. › ‹Mehr Zeit, um selbst zu rechnen. › ‹Ja, wegen Vertiefung der Themen.› ‹Ja, wegen Wiederholung.› ‹Ja, wegen Erklärung.› ‹JA, beibehalten!›

Anzahl n (N = 19) 18 1 1 1 3 3 1

Warum haben Sie das Angebot Handy - und E-Mail-Erreichbarkeit angenommen, warum nicht? Antworten

Anzahl n (N = 23)

angenommen: ‹schnelle Rückmeldung› ‹weil es mir weitergeholfen hat› ‹Weil ich mehrere Aufgaben nicht allein lösen konnte.› ‹Wenn kein Material, Buch oder Internet mehr helfen konnte.› ‹da ich [. . . ] sofort Antworten bekomme und nicht warten muss. ‹Tolles Angebot.› nicht angenommen: ‹fehlende Zeit› ‹Ich möchte die Lehrperson nicht stören.› ‹Ich warte auf die Förderstunde.› ‹Lehrperson hat auch ein Privatleben.› ‹Ich bin altmodisch [. . . ]›

6 1 1 1 1 1 7 2 2 1 1

Wie zu Beginn dieses Kapitels beschrieben, wird das Angebot der Handy- und E-MailErreichbarkeit kaum angenommen. Im Post-Test werden die Probanden/-innen konkret nach Gründen (Warum haben Sie am Förderkurs teilgenommen, warum nicht? Warum haben Sie das Handy-Angebot in Anspruch genommen, warum nicht?) gefragt. Die Antworten der Probanden/-innen sind einheitlich. Die Mehrheit betrachtet das Angebot positiv und sinnvoll. Sieben Personen nennen den Zeitfaktor als Hauptproblem. Da ihnen die Zeit aufgrund von Verpflichtungen wie Beruf und Familie fehlt, können sie das Angebot nicht wahrnehmen. Eine Person schreibt beispielsweise: ,Ich hätte es wahrscheinlich angenommen, wenn ich mehr Zeit privat gehabt hätte, um zu lernen.’ Ein anderer Grund ist die Angst vor Verletzung der Privatsphäre der Lehrperson. Probanden/-innen wollen in die Freizeit der Lehrperson nicht eingreifen und befürchten, ein Störfaktor zu sein (n = 2). In den Aussagen zeigt sich, dass die gesamte Gruppe alle Angebote sinnvoll findet. Die Angebote selbst sind kein Grund, weshalb sie nicht beim Förderkurs oder beim Handy-Angebot teilnehmen. Äußere Umstände wie Zeitfaktor, Angst vor Störung und Unwissen sind Beispiele hierfür.

170

6.8

6. Ergebnisse

Additum: Sensibilitätsprüfung

In diesem Abschnitt wird der Einfluss anderer Faktoren auf die Testergebnisse untersucht. So wird der Einfluss des Geschlechts, der Mathematiknote, des Alters und die Handlungsdimensionen der Testaufgaben auf das Testergebnis untersucht und vorgestellt.

6.8.1

Einfluss des Geschlechts auf Ergebnis

Die Unterschiedsprüfung wird mit dem t-Test für unabhängige Stichproben und einem Mann Whitney-Test durchgeführt. Die Abbildungen 6.36 und 6.37 zeigen die Testergebnisse FA1 und FA2 in Abhängigkeit der Gruppen (INT1, INT2, K) und des Geschlechts. Männer scheinen den Testergebnissen nach im Vorteil zu liegen. Der Zentralwert vom Test FA1 oder FA2 liegt bei den männlichen Studierenden in jeder Gruppe höher als bei den weiblichen.

Abbildung 6.36 – Unterschied des Testergebnisses FA1 der einzelnen Gruppen in Abhängigkeit vom Geschlecht

Die Unterschiedsprüfung (t-Test für unabhängige Stichproben) ergibt keinen signifikanten Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Studierenden im Testergebnis FA1, FA2, AN oder Leistungssteigerung. Die p-Werte betragen p = 0,473 (FA1, pˆ m = 0,543), p = 0,064 (FA2, pˆ m = 0,585), p = 0,670 (AN, pˆ w = 0,538) und p = 0,275 (Leistungssteigerung, pˆ m = 0,524). Alle liegen über 0,05. Die Schätzer der relativen Effekte sind jeweils in den Klammern angegeben. Die Testergebnisse unterscheiden sich nicht in Abhängigkeit vom Geschlecht. Alle Nullhypothesen bleiben erhalten.

6.8. Additum: Sensibilitätsprüfung

171

Abbildung 6.37 – Unterschied des Testergebnisses FA2 der einzelnen Gruppen in Abhängigkeit vom Geschlecht

6.8.2

Einfluss der (letzten) Mathematiknote auf das Ergebnis

Wie bereits in Kapitel 6.1.1 zeigt sich ein signifikanter Unterschied im Vorwissen (Mathematiknote) der drei Testgruppen. Aus diesem Grund wird der Einfluss der Mathematiknote auf das jeweilige Testergebnis oder die Leistungssteigerung untersucht. Für die Überprüfung eines linearen Zusammenhangs wird die Korrelation nach Spearman in R und SPSS berechnet. Die Abbildungen 6.38 und 6.39 zeigen die Zusammenhänge der Variablen ,Mathematiknote’ und ,Testergebnis FA1’ und der Variablen ,Mathematiknote’ und ,Leistungssteigerung’ (Differenz von FA2 und FA1). Die Berechnung der Korrelation nach Spearman liefert keinen linearen Zusammenhang zwischen Eingangstest (FA1) und Mathematiknote. Der Korrelationskoeffzient ist r = 0,053.

172

6. Ergebnisse

Abbildung 6.38 – Zusammenhang: Mathematiknote und Eingangstest FA1 (r = 0,053)

Zwischen Leistungssteigerung und Mathematiknote gibt es einen negativen linearen Zusammenhang mit einem Korrelationskoeffizienten von r = -0,32. Schüler/-innen mit einer schlechteren Mathematiknote erzielen demnach eine niedrigere Leistungssteigerung bzw. ein niedrigeres Testergebnis. Ähnliche Zusammenhänge zeigen sich in den anderen Post-Tests FA2 und AN. Beim Post-Test FA2 gibt es einen negativen linearen Zusammenhang mit r = -0,398 und beim Post-Test (AN) beträgt der Korrelationskoeffizient r = -0,205.

Abbildung 6.39 – Zusammenhang: Mathematiknote und Leistungssteigerung (r = -0,32)

6.8. Additum: Sensibilitätsprüfung

6.8.3

173

Einfluss des Alters auf das Ergebnis

Da ein tendenzieller Altersunterschied innerhalb der Gruppen vorliegt, wird der Einfluss des Alters auf das Testergebnis untersucht. Die Zusammenhänge werden mit einer Korrelation nach Pearson bestimmt. Abbildung 6.40 beschreibt den Zusammenhang zwischen Alter und Pre-Test (FA1). Hierbei ergibt sich ein mittlerer negativer linearer Zusammenhang mit r = -0,4 im Eingangstest. Je älter die Studierenden sind, desto niedriger ist ihr Testergebnis. Der Zusammenhang beim Post-Test (FA2) nimmt im Vergleich zum Pre-Test ab (Abb. 6.41). Der Korrelationskoeffizient beträgt r = -0,16 und stellt einen leichten linearen Zusammenhang dar.

Abbildung 6.40 – Zusammenhang Alter und Eingangstest (r = -0,4)

Abbildung 6.41 – Zusammenhang Alter und Ausgangstest FA2 (r = -0,16)

174

6. Ergebnisse

Beim Post-Test zum Thema Differentialrechnung (AN) gibt es keinen Zusammenhang mit r = -0,04 (Abb. 6.42). Den Ergebnissen zufolge spielt das Alter zu Beginn eine entscheidende Rolle, welche nach der Intervention nicht mehr zu finden ist.

Abbildung 6.42 – Zusammenhang: Alter und Ergebnis des Post-Tests zum Themeninhalt Analysis (r = -0,04)

Der Zusammenhang von Alter, Testergebnis und Nutzung der Hilfestellung über Handy wird über die Bubble-Charts (Abbildung 6.43, Abbildung 6.44) dargestellt. Betrachtet man die Abbildungen, so zeigt sich eine leichte Tendenz zugunsten der Nutzung von Hilfestellung. Probanden/-innen mittleren Alters nehmen dieses Angebot tendenziell mehr in Anspruch als ihre jüngeren oder älteren Kollegen/-innen.

Abbildung 6.43 – Bubble-Chart: Alter, FA1 und Hilfestellung über das Handy (INT1)

6.8. Additum: Sensibilitätsprüfung

175

Abbildung 6.44 – Bubble-Chart: Alter, Leistungssteigerung und Hilfestellung über Handy (INT1)

6.8.4

Einfluss der Handlungsdimension auf Ergebnis

Die Aufgaben von Pre- und Post-Test (FA) sind den einzelnen Handlungsdimensionen H zugeordnet. In diesem Abschnitt wird untersucht, ob die Verteilung der Machbarkeit der Aufgaben in den drei Testgruppen (INT1, INT2 und K) gleich ist. Diese Zuordnung der Testaufgaben (FA) ist in Kapitel 4.5.2 vorgestellt. H1 stellt die Handlungsdimension Darstellen und Modellieren dar, H2 Rechnen und Operieren, H3 Interpretieren und H4 Argumentieren. Die Abbildung 6.45 zeigt die durchschnittlichen Testergebnisse der vier Handlungsdimensionen in Abhängigkeit von den Gruppen. Pre- und Post-Test sind ebenfalls abgebildet. H1_1 beschreibt beispielsweise die Handlungsdimension H1 beim Pre-Test und H1_2 die Handlungsdimension H1 beim Post-Test.

Abbildung 6.45 – Vergleich der Handlungsdimensionen H in den einzelnen Gruppen

176

6. Ergebnisse

Bei allen vier Handlungsdimensionen können für die Vergleichbarkeit annähernd gleich viele Punkte (H1: 5,00 Punkte, H2: 4,33, H3: 5,00 Punkte und H4: 4,00) erzielt werden. Die Grafik oben zeigt, dass die Probanden/-innen die Aufgaben der Handlungsdimension H2 und H3 besser lösen können, als aus H4. Die Gruppen zeigen tendenziell den gleichen Trend. Item H1 und H4 werden bei allen Testgruppen schlechter gelöst als H2 und H3. Die Interventionsgruppe 1 erzielt beim Pre-Test im Vergleich zu den anderen beiden Gruppen die niedrigsten Werte. Beim Post-Test ist der Trend derselbe, die Gruppe holt jedoch auf. Der Unterschied zu den andern Testgruppen ist geringer. Die Interventionsgruppe 2 steigert sich in den Items H1 und H4 am stärksten. Ob sich die Testgruppen beim Lösen der Aufgaben in Bezug auf deren Handlungsdimensionen unterscheiden, wird in einer Unterschiedsprüfung untersucht. Die Items H1, H2, H3 und H4 werden mit dem K-S-Test und dem Shapiro-Wilk-Test auf Normalverteilung geprüft. Da die p-Werte unter 0,05 liegen, wird angenommen, dass die Daten nicht normalverteilt sind. Aus diesem Grund wird für die Unterschiedsprüfung ein Kruskal-Wallis-Test gerechnet. In den Handlungsdimensionen H1, H2 und H4 zeigen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen. Die p-Werte sind über 0,05. In der Handlungsdimension H3 zeigt sich beim Pre-Test ein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen INT1, INT2 und K. Der p-Wert beträgt p = 0,018 (p < 0,05) und der Korrelationskoeffizient r = 0,286. Die Nullhypothese wird verworfen und die Alternativhypothese angenommen. Beim Post-Test (Item H3) ist der p-Wert p = 0,628 (p > 0,05) und der Korrelationskoeffizient r = 0,254. Es gibt keinen signifikanten Unterschied zwischen den Testgruppen. Die Nullhypothese wird angenommen. Die Tabelle 6.18 spiegelt den Vergleich der Items H zwischen Pre- und Post-Test. Die Items H2, H3 und H4 zeigen einen signifikanten Unterschied zwischen Pre- und Post-Test. Die p-Werte und Korrelationskoeffizienten r sind jeweils in der Tabelle aufgelistet. Tabelle 6.18 – Unterschied zwischen Pre- und Post in den Items H

H1 Pre- und Post-Test

Unterschiedsprüfung H2 H3

n.s. p = 0,319 r = 0,199

*** p = 0,000 r = 0,353

*** p = 0,000 r = 0,281

H4 * p = 0,003 r = 0,160

Anmerkung. Pre- und Post-Test der Handlungsdimensionen H. Der p-Wert des Wilcoxon-Test und der Korrelationskoeffzient r nach Spearman sind dargestellt. * steht für einen signifikanten Unterschied, ** für einen hoch signifikanten Unterschied, *** für einen höchst signifikanten Unterschied und n.s. für keinen signifikanten Unterschied.

Vergleicht man die Testergebnisse in den einzelnen Handlungsdimensionen (Post-Test) mit den Endtests (FA2 und AN), so zeigen sich hohe lineare Zusammenhänge. Zwischen H2 und dem

6.8. Additum: Sensibilitätsprüfung

177

Testergebnis FA2 gibt es einen hohen linearen Zusammenhang mit r = 0,844. Ähnlich sieht dies beim Item H3 beim Post-Test aus. Zwischen H3 beim Post-Test und dem Testergebnis FA2 gibt es einen hohen linearen Zusammenhang mit r = 0,904. Die anderen Handlungsdimensionen zeigen niedrigere positive lineare Zusammenhänge bis keine Zusammenhänge mit dem Testergebnis. Tabelle 6.19 – Zusammenhang zwischen H und Testergebnis FA2 und AN.

FA2 AN

H1

Korrelation H2 H3

H4

r = 0,071 r = 0,118

r = 0,844 r = 0,496

r = 0,095 r = 0,069

r = 0,904 r = 0,437

Anmerkung. r steht für Korrelationskoeffizient nach Spearman

In der Tabelle 6.19 sind alle Zusammenhänge der Items H (Post-Test) mit den Testergebnissen FA2 und AN dargestellt. Es zeigt sich, dass es zwischen den Handlungsdimensionen H1 und H4 mit den Testergebnissen (FA2 und AN) keinen linearen Zusammenhang gibt. Die Korrelationskoeffizienten liegen nahe bei Null.

7

Diskussion und Ausblick

Innere Differenzierung soll positive Effekte in unterschiedlichen Bereichen bringen. Sie wird oftmals als Antwort im Umgang mit heterogenen Klassen gesehen (z. B. Trautmann/Wischer, 2007) und wird vom Lehrplan ebenso gefordert. Die vorliegende Dissertation hat zum Ziel, die Wirkung von innerer Differenzierung in Blended-Learning-Klassen zu untersuchen und ihre Chancen wie auch Limitierungen aufzuzeigen. In der Diskussion soll ein Ausblick angestellt werden, inwiefern Differenzierung in Form von Unterstützung sich auf fachliche und überfachliche Ziele auswirkt und in welchen Bereichen gezielt weiter geforscht werden soll.

Leistung Schüler/-innen unterscheiden sich in ihren Lernvoraussetzungen und ihrem Vorwissen. Dies zeigt sich bereits in den Ergebnissen des Pre-Tests. Obwohl alle Probanden/-innen das gleiche Vorwissen in Mathematik (gleiches Semester und Modulinhalte) aufweisen müssten, zeigen die Ergebnisse eindeutig, dass es Unterschiede zwischen den Lernenden gibt. Guldimann (2012) nennt quantitatives und qualitatives Vorwissen als einen Faktor, der für den Lernerfolg von Schüler/-innen eine entscheidende Rolle spielt. Er schreibt in diesem Zusammenhang Folgendes: Verschiedene Studien (vgl. Helmke/Weinert 1997; Wang/Haertel/Walberg 1990) zeigen, dass die individuellen Eingangsvoraussetzungen den größten Einfluss auf den Lernerfolg haben. (Guldimann, 2012, S. 109) Dies ist einer der Gründe, weshalb im Umgang mit Heterogenität die Kriterien Vorwissen, Lernzeit, Lernstrategien oder Motivation jedes/jeder einzelnen Schülers/-in erörtert werden müssen, um individuelles Lernen zu ermöglichen. Jede/r einzelne Schüler/-in muss von ihrem/seinem Leistungsstand abgeholt werden, um erfolgreiches Lernen zu garantieren. Durch das spezielle Blended-Learning-Setting und die zwei Maßnahmen innerer Differenzierung in Form von Unterstützung soll individuelles Lernen ermöglicht werden. Die Ziele dieser Maßnahmen sind Leistungssteigerung und höheres Wohlbefinden im Unterricht.

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021 L. M. Pilotto, Blended Learning, https://doi.org/10.1007/978-3-658-31235-0_7

180

7. Diskussion und Ausblick

Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen ähnliche Resultate und Trends, wie sie bereits Autoren/-innen wie Altrichter et al. (2009), Trautmann und Wischer (2007) oder Lou et al. (1996, zitiert von Hattie, 2013) in Studien feststellten. Beim Eingangstest gibt es zwischen den Gruppen einen signifikanten Unterschied zugunsten der Kontrollgruppe. Die Kontrollgruppe hat nicht nur bessere Schulnoten in Mathematik, sondern auch ein besseres Testergebnis beim Pre-Test als die zwei Interventionsgruppen. Im Detail unterscheidet sich die Interventionsgruppe 1 signifikant von der Kontrollgruppe. Die Probanden/-innen der Interventionsgruppe 2 hingegen nicht. Im Pre-Test schneiden Studierende von Intervention 2 besser ab als Studierende von Intervention 1, obwohl ihre angegebenen Mathematikleistungen (Schulnote) schlechter sind. Nach einer vier- bis fünfwöchigen Interventionsphase bzw. Unterrichtsphase erfolgt der Post-Test. Zu diesem Zeitpunkt konnte kein signifikanter Unterschied mehr zwischen den Gruppen festgestellt werden. Interventionsgruppe 1, die das Angebot zusätzlicher Lehrerunterstützung erhält, holt auf. Die Gruppe schafft es, den Leistungsunterschied, der zu Beginn vorlag, zu kompensieren. Beim Pre-Test liegt das Ergebnis von INT1 durchschnittlich um 4,4 Punkte unter dem der Interventionsgruppe 2 oder der Kontrollgruppe. Beim Post-Test liegt das durchschnittliche Testergebnis nur noch 2,3 Punkte darunter. Das bedeutet, dass die Interventionsgruppe 1 es innerhalb von nur vier Wochen schafft, aufzuholen. Wird die Leistungssteigerung der Testgruppen verglichen, so zeigt sich ein Vorteil für die INT1 im Vergleich zur Kontrollgruppe. Interventionsgruppe 1 hat eine durchschnittliche Leistungssteigerung von 8,37 Punkten (12,13 %), die Interventionsgruppe 2 nur von 6 Punkten (8,70 %) und die Kontrollgruppe von 6,50 Punkten (9,42 %). Ein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen bezüglich dieser Variablen konnte nicht gezeigt werden. Gründe dafür können in der vergleichsweise großen Varianz der Ergebnisse, der kleinen Stichprobe oder der kurzen Interventionsdauer liegen. Es drängt sich hierbei die Frage auf, wie groß der Effekt wäre, wenn der Versuch ein ganzes Semester oder Jahr gedauert hätte. Hattie (2013) zitiert in Bezug auf Effekte und Klassengröße Lou et al. (1996) und deren Meta-Analyse zur Differenzierung nach Fähigkeit bzw. Leistung. Aufgrund der Ergebnisse räumen sie der internen Differenzierung einen leichten Vorteil im Vergleich zu keiner Differenzierung ein. Der Effekt ist ihrer Ansicht nach von der Klassengröße abhängig. Bei größeren Klassen ist der Effekt größer als bei kleineren. Bei Klassen mit 35 Schüler/-innen beträgt die Effektstärke beispielsweise d = 0,35, bei kleinen Klassen d = 0,22. Da keine der Testgruppen in der Untersuchung 35 oder mehr Schüler/-innen umfasst, ist ein geringer Effekt zu erwarten. Da die Stichprobe aufgrund der hohen Drop-out-Rate in den höheren Semestern sehr klein ist, können hier keine großen Effekte oder signifikanten Ergebnisse erwartet werden. Auch könnte dieser kleine Effekt auf besondere Gegebenheiten zurückzuführen sein. Die Testgruppen sind Blended-Learning-Klassen und diese sind mit einer Zahl von ca. zwölf Schülern/-innen sehr klein.

7. Diskussion und Ausblick

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Lehner (2009) schreibt, dass die Unterrichtsform Blended Learning die Chance beinhaltet, hochgradig zu individualisieren. Mayer (2000) nennt die Gruppengröße als einen Indikator für den Lernerfolg. Diese beiden Gegebenheiten könnten bereits eine individuelle Wirkung für alle Gruppen (INT1, INT2 und K) haben; dadurch wäre ein kleiner Effekt der untersuchten Differenzierungsmaßnahme ebenfalls begründbar. Trotz alledem lassen sich Trends erkennen, dass die Interventionsmaßnahme 1 eine Leistungssteigerung bringt. Welche Effekte (z. B. auf die Leistung) können nun von innerer Differenzierung erwartet werden? Hattie (2013) zitiert Hartleys (1977) Meta-Analyse über Effekte verschiedener Unterrichtsformen auf die mathematische Leistung. Diese Analyse zeigt nur geringfügige Verbesserungen im individualisierten Unterricht. Altrichter et al. (2009) sowie Trautmann und Wischer (2007) unterstützen Hatties (2013) Aussage und führen aus, dass innere Differenzierungsmaßnahmen nur geringe Effekte für fachliche Ziele liefern. Einen leichten Vorteil in Bezug auf mathematische Leistungssteigerung, die von Hattie (2013) und anderen Autoren/-innen beschrieben wird, bringt die Interventionsmaßnahme 1. Bei der inneren Differenzierungsmaßnahme in Form unterschiedlich gestalteter Lehrerunterstützung gibt es den Trend, dass eine stärkere Leistungssteigerung im Vergleich zu den anderen Gruppen möglich ist. Für die Maßnahme in Form der Bereitstellung zusätzlicher Materialien in der Interventionsgruppe 2 ist dieser Trend kaum bis gar nicht erkennbar. Diese Form scheint keine positive bzw. keinerlei Wirkung auf die Leistung zu haben. Die durchschnittliche Leistungssteigerung vom Pre- zum Post-Test liegt sogar unter der der Kontrollgruppe (6,50 Punkte). Die Leistungssteigerung der Kontrollgruppe, die zu Beginn die besten Testergebnisse ,FA1’ erzielt, ist höher als die Leistungssteigerung der Interventionsgruppe 2. Die Ergebnisse zeigen einen leichten Vorteil von Differenzierung in Form von Lehrerunterstützung in Bezug auf mathematische Leistung. Es sind Tendenzen, die jedoch in weiteren Studien mit größeren Fallzahlen und über längere Zeiträume näher untersucht werden müssen.

Wohlbefinden und Rückmeldungen Schüler/-innen dürfen und sollen sich im Mathematikunterricht wohlfühlen. Auch dürfen sie das Gefühl verspüren, dass sie im Zentrum stehen und als einzelne Personen mit ihren Potenzialen wichtig sind. Studienergebnisse von PISA und TIMSS zeigen, dass Schüler/-innen den Unterricht nicht als schülerzentriert empfinden (Altrichter et al., 2009) und Mathematikunterricht vorwiegend als Frontalunterricht erleben. Individualisierter Unterricht und differenzierter Unterricht bringen Vorteile für überfachliche Ziele, so beispielsweise Altrichter et al. (2009) und Trautmann und Wischer (2007). Die Untersuchung ergibt, dass es bei den Items M (Rückmeldungen zum Mathematikunterricht) und W (Wünsche der Schüler/-innen) im Allgemeinen keinen signifikanten Unterschied

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zwischen den Testgruppen gibt. Werden die Items jedoch im Detail analysiert, so zeigen sich sowohl Tendenzen als auch signifikante Unterschiede. Das Ergebnis von Item M5, welches die Umsetzung der Lehrerunterstützung im Mathematikunterricht untersucht, gibt einen Trend vor. Die Schüler/-innen der Interventionsgruppen nehmen die zusätzliche Unterstützungsform eindeutig wahr und beurteilen dieses Item beim Post-Test besser. Die Kontrollgruppe hingegen beurteilt dieses beim Post-Test schlechter. Sie merkt, dass sie keinerlei zusätzliche Unterstützung zum Unterricht erhält. Obwohl kein signifikanter Unterschied zwischen den Gruppen angenommen werden kann, lässt sich jedoch durch die Resultate ein Trend erahnen. Besonders ist das Ergebnis der Auswertung von W7 zu erwähnen. Studierende wurden befragt, ob sie sich mehr Zeit wünschen, um zu lernen. Beim Pre-Test äußern alle drei Testgruppen, dass dieser Wunsch stark bzw. sehr stark besteht. INT1 und INT2 empfinden den Wunsch als stark, die Kontrollgruppe sehr stark. Nach der Interventionsphase zeigt sich sowohl bei Interventionsgruppe 1 als auch bei Interventionsgruppe 2 ein signifikanter Unterschied zwischen Vorher und Nachher. Nun ist der Wunsch, mehr Zeit zum Lernen zu haben, stärker. Bei der Kontrollgruppe bleibt der Wunsch unverändert sehr stark. Grund hierfür könnte sein, dass Studierende die Zusatzangebote als sinnvoll empfinden und diese gerne wahrnehmen würden. Durch fehlende Zeit wird ihnen dies verwehrt. Somit steigt der Wunsch, mehr Zeit für das Lernen zu haben. Diese Vermutung müsste durch eine weitere Erhebung untersucht werden. Die qualitative Analyse der Ergebnisse bestätigt, dass innere Differenzierung Vorteile für überfachliche Ziele bringt, wie Altrichter et al. (2009) oder Trautmann und Wischer (2007) beschreiben. Alle Studierenden der Interventionsgruppen nehmen die Differenzierungsmaßnahmen in Form von Unterstützung positiv wahr. Beide Interventionsgruppen empfinden die Maßnahmen als sinnvoll und bereichernd. Die Schüler/-innen äußerten den Wunsch, dass dieses Angebot weitergeführt werden solle. Die Rückmeldungen der Schüler/-innen der Interventionsgruppe 1 sind durchgehend positiv. Schüler/-innen der Interventionsgruppe 2 gaben der unterrichtenden Lehrperson verbal die Rückmeldung, dass die durchgerechneten Lösungen besonders hilfreich sind, die zusätzlichen Informationsblätter jedoch weniger. Zudem fehle ihnen die zusätzliche Unterstützung seitens der Lehrperson. Die Lehrperson berichtet weiterhin von Unmut in der Gruppe während des Interventionszeitraums. Nach der Intervention wurden aufgrund dieser Rückmeldung zusätzliche Förderstunden angeboten, um etwaige Fragen zu klären. Neben den Rückmeldungen reflektieren die Probanden/-innen ihr Wissen. Selbstreflexion stellt die Basis und Voraussetzung für differenzierten Unterricht dar (Jost, 2015). Sind die Schüler/-innen in der Lage, sich selbst richtig einzuschätzen, können sie eine begründete Auswahl treffen, wodurch ihnen die Tür zu selbst gesteuertem Lernen geöffnet wird. Ohne Selbstreflexion ist Differenzierung im Unterricht nicht umsetzbar. Die Ergebnisse

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der Untersuchung zeigen, dass sich die Probanden/-innen mittelmäßig gut einschätzen können. Bessere Schüler/-innen schätzen sich genauer ein. Schüler/-innen, die sich über- oder unterschätzen, bewerten ihr Können durchschnittlich gut. Generell ist in diesem Zusammenhang eine Tendenz zur Mitte erkennbar. Der Großteil der Befragten, unabhängig von der Leistung, tendiert dazu, die Bewertung des eigenen Könnens in der Mitte zu verorten. Um dies zu vermeiden, wäre eine Skala mit gerader Anzahl von Zuordnungen (wie z. B. ,sehr gut’ oder ,gut’) eventuell hilfreich. Schüler/-innen müssten sich somit für eine Seite entscheiden. Durch den Trend zur Mitte schätzen sich viele falsch ein. Schüler/-innen, die sich für eine Seite entscheiden, schätzen ihr Können hingegen recht gut ein.

Unterstützung über Lehrperson oder Materialien In diesem Abschnitt wird diskutiert, inwieweit das Angebot der Differenzierungsmaßnahme in Anspruch genommen wird und wie die Nutzung mit der Leistung in Zusammenhang steht, sowie welche individuellen Rückmeldungen die Probanden/-innen zu den einzelnen Maßnahmen geben. Das Angebot der zusätzlichen Unterstützung (Förderstunden, Handyerreichbarkeit und Sprechstunden) wird von der Interventionsgruppe 1 unterschiedlich angenommen. Über 90 % der Probanden/-innen besuchen alle zusätzlich zum Unterricht angebotenen Förderstunden (zwei Stunden pro Woche) freiwillig. Das Angebot der individuellen Unterstützung über Handy oder über zusätzliche Sprechstunden wird nur wenig bis gar nicht angenommen. Beim Angebot Handyerreichbarkeit gibt es Gruppenunterschiede. In der ersten Testgruppe der Intervention 1 nahmen 35 % der Studierenden das Angebot in Anspruch und kontaktierten bei Fragen regelmäßig die Lehrperson. 0 % nahmen das Angebot der zusätzlichen Sprechstunde in Anspruch. Die zweite Gruppe der Intervention 1, die im folgenden Semester getestet wurde, nahm das Angebot stärker an. 50 % der Teilnehmer/-innen stellten regelmäßig Fragen über das Handy. In die individuelle Sprechstunde kam auch hier niemand. Dass in dieser Gruppe mehr Personen die Initiative ergriffen haben, die Lehrperson zu kontaktieren, lässt sich vielleicht durch deren Persönlichkeiten oder aber Vorerfahrungen (Empfehlungen) begründen. Warum niemand in die individuelle Sprechstunde gekommen ist, kann mehrere Ursachen haben. Der Zeitfaktor könnte hier die entscheidende Rolle spielen. Für alle Schüler/-innen ist Zeit ein wichtiges Kriterium. Dies wurde in Item W7 erhoben und statistisch bestätigt. Die Interventionsgruppe 1 verspürt diesen Wunsch, mehr Zeit zu haben, stärker nach Ablauf der Intervention. Die Probanden/-innen von Intervention 1 würden die zusätzlichen Angebote gerne wahrnehmen, können dies aber nur bedingt. Sie begründen, warum sie das Angebot nicht in Anspruch genommen haben, im Fragebogen im Rahmen einer offenen Frage. Als Grund geben sie mehrmals die fehlende Zeit an. Die zusätzliche Sprechstunde musste aus organisatorischen Gründen an einem anderen Tag angeboten werden, an welchem die Gruppen jedoch ihren unterrichtsfreien Tag hatten. Durch diese Situation war für viele die Zeit der

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Grund für ein Nichterscheinen in der Sprechstunde. Welche Schüler/-innen welches Angebot annehmen, ist abhängig von der mathematischen Leistung. Den Ergebnissen zufolge nutzen alle Schüler/-innen unabhängig vom mathematischen Können (Vorwissen) das Förderangebot. Das Angebot, Fragen über Handy oder E-Mail zu stellen, nehmen tendenziell leistungsstärkere Schüler/-innen in Anspruch. Schüler/-innen mit besseren Ergebnissen beim Eingangstest nehmen dieses individuelle Angebot eher wahr und erhalten auch bessere Endergebnisse beim Ausgangstest. Es lassen sich keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern oder im Alter erkennen. Gründe, weshalb bessere Schüler/-innen das Angebot eher nutzen, können vielfältig sein. Einige Antworten lassen sich aus den Rückmeldungen der Probanden/-innen (Feedbackerhebungen und Fragebogen) erschließen. Ein Großteil begründete die Nichtinanspruchnahme damit, dass die Zeit neben Beruf und Familie fehlt. Weiters wollen sie nicht zu ,unchristlichen’ Zeiten schreiben und dadurch die Lehrperson stören. Eine Person gibt an, dass ,Lehrpersonen auch eine Privatsphäre haben.’ Die Personen, die das Angebot in Anspruch genommen haben, waren sich einig. Sie sehen das Angebot als Bereicherung und empfinden es als besser geeignet als die Korrektur der Hausübung. Nach der Interventionsmaßnahme baten die Schüler/-innen die Lehrperson, das Angebot beizubehalten. Interessant ist es, zu erwähnen, dass nach Abschluss der Interventionsmaßnahme andere Schüler/-innen über Handy oder E-Mail die Lehrperson bei Fragen vermehrt kontaktierten. Warum ist das so? Ist die Schwelle, sich in den Förderkurs zu setzen niedriger als aktiv die Lehrperson zu kontaktieren? Letzteres ist womöglich sehr gering, wohingegen sie beim Aktivwerden, um die Lehrperson zu kontaktieren, sehr hoch sein muss. Die Angst, eine nicht angebrachte Frage zu stellen, könnte leistungsschwächere Schüler/-innen daran hindern, dieses Angebot zu nutzen. Vielleicht wurde den Probanden/-innen erst nach der Intervention bewusst, dass dieses Angebot keine Auswirkung auf ihre Note hat, sondern als reine Unterstützung zu sehen ist. Dies könnte die gehäuften neuen Anfragen nach der Intervention erklären. Dass die Anonymität über E-Mail oder Handy nicht gegeben ist, könnte ein weiterer Faktor sein, weshalb Schüler/-innen dieses Tool ablehnen. Ein anderer Grund könnte die Offenheit des Unterrichts in der Blended-Learning-Phase sein. Vock und Gronostaj (2017, S. 71) zitieren Lipowsky (2002, S. 133): Leistungsschwächere Schüler/innen arbeiten im Offenen Unterricht weniger zielgerichtet bzw. haben Schwierigkeiten, sich für einen Lerngegenstand zu entscheiden (Lipowsky, 1999). Sie benötigen also offenbar „besondere [. . . ] Strukturierungen, Hilfen und Stützmaßnahmen [. . . ] um die Offenheit des Unterrichts zu nutzen, die Freiräume zu gestalten und ihre Arbeitsprozesse zu beenden“. Die Schüler/-innen sind zu Hause, wenn sie an ihren Übungen und Inhalten sitzen. Diese Phase des Blended Learning ist sehr offen und könnte leistungsschwächeren Schülern/-innen

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Schwierigkeiten bereiten. Zudem sollen sie ihre Fragen, die sich aus den neuen Inhalten ergeben, strukturieren und formulieren. Dies kann für manche eventuell eine Überforderung darstellen. Somit ziehen sie es vor, in eine passive Rolle zu schlüpfen und den Förderkurs zu besuchen. Die Analyse der Differenzierungsmaßnahme in Form von Materialien lassen keine Interpretationen zu. Der Grund liegt in der kleinen Stichprobe der Interventionsgruppe 2. Die Interventionsgruppe 2 mit einer Anzahl von n = 6 ist aufgrund einer hohen Drop-out-Rate während des Semesters sehr klein. Dadurch lassen die Ergebnisse kaum bzw. keine Interpretationen zu. Die persönlichen Rückmeldungen am Ende der Intervention ergeben, dass die Zeit ohne Lehrerunterstützung als schwierig empfunden wurde, die Lösungen in durchgerechneter Form (zusätzliche Materialien) jedoch als ein tolles Angebot gesehen wurden. Nach der Intervention erhielt die Lehrperson sogar eine Anfrage, ob das Bereitstellen der Lösungswege weiterhin möglich sei. Dies empfinde man nämlich als sehr hilfreich.

Zusammenfassung mit Ausblick Schüler/-innen bringen unterschiedlichste Lernvoraussetzungen mit. Kein einzelner Differenzierungsansatz kann dieser Vielfalt von Voraussetzungen und Anforderungen allein gerecht werden (Klafki, 1976; Lazarides, 2012) – auch nicht innere Differenzierung in Form von Unterstützung. Leuders und Prediger (2012) fordern, dass unterschiedliche Differenzierungsansätze mit variierenden Schwerpunktsetzungen genutzt und angeboten werden sollen. Es gibt eine große Vielfalt an Differenzierungsmaßnahmen (siehe Kapitel 2.4), die eine jede Lehrperson nutzen kann, um Schüler/-innen zu unterstützen. Leider scheint die Umsetzung nur spärlich zu funktionieren (Trautmann/Wischer, 2011a). Studien deuten darauf hin, dass innere Differenzierung in österreichischen Schulen kaum bzw. gar nicht vertreten ist (Altrichter et al., 2009). Gründe wie Überforderung, Mehraufwand oder komplexe Anforderungen an die Lehrperson (siehe Kapitel 2.4.6) werden hierfür genannt (Wischer, 2008). Die Erstellung von Materialien bedeutet einen Mehraufwand und stellt komplexe Anforderungen an die Lehrkraft. In Finnland stehen die Variablen Unterstützung und Testergebnisse in einem positiven Zusammenhang, in Österreich konnte dieser Zusammenhang nicht gezeigt werden (OECD, 2001). Bacher (2006) sieht den Grund hierfür in der zu geringen Unterstützung. Aktivierende und differenzierende Lernformen bewirken tendenziell einen besseren Lernerfolg als traditionelle Lernformen (Mayer et al., 2000; Wilhelm, 2007). Altrichter et al. (2009) geben einen Überblick über die vorliegenden Studien, die innere Differenzierung und ihre Wirkung auf Leistung oder andere Zielen betreffend. Manche Studien, wie Mayer et al. (2000) oder Joller-Graf (2012), zeigen tendenziell bessere Leistungen. Der Großteil der Untersuchungen kann keine systematischen Vorteile bei individualisiertem Unterricht finden (Altrichter et all., 2009; Gruehn, 2000; Lipowsky, 2002). Jedoch schreiben sie innerer

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Differenzierung Vorteile in überfachlichen Zielen (soziale Lernziele, positiveres subjektives Befinden oder Selbstständigkeit) zu (Trautmann/Wischer, 2007). Die in dieser Dissertation vorgelegte Untersuchung schließt sich der Mehrheit der Studienergebnisse an. Tendenziell zeigt die Interventionsmaßnahme 1 (synchrone Unterstützung: Lehrperson) Vorteile gegenüber der Interventionsmaßnahme 2 (asynchrone Unterstützung: Materialien) und der Kontrollgruppe (keine zusätzliche Unterstützung). Aus den Ergebnissen der Untersuchung lässt sich die besondere Rolle, welche die Lehrperson beim Lernprozess einnimmt, erahnen. Diese stellt ein Schlüsselelement für erfolgreiches Lernen dar. Diese zentrale und besondere Rolle der Lehrperson im Unterricht und die Auswirkung auf den Lernprozess werden in der Fachliteratur vielfach hervorgehoben (Hattie, 2013; Meyer, 2004 u. a.). Hilbert Meyer (2004) beschreibt in seinem Buch Was ist guter Unterricht? zehn Merkmale, die guten Unterricht ausmachen, und nennt folgende: (1) Klare Strukturierung des Unterrichts, (2) viel Lernzeit, (3) lernförderndes Klima, (4) inhaltliche Präzision, (5) sinnstiftendes Kommunizieren, (6) Methodenvielfalt, (7) individuelles Fördern, (8) intelligentes Üben, (9) transparente Leistungserwartungen und (10) Vorbereitung. Wilhelm (2007) studiert diese von Meyer (2004) beschriebenen Kriterien und bemerkt, dass die Merkmale besonders auf Lehrpersonen ausgerichtet sind. Die zentrale Rolle der Lehrperson, die einen guten Unterricht ausmacht, beschreibt er wie folgt: Die Lehrperson sorgt dafür, dass der didaktische und pädagogische Rahmen für den Unterricht stimmt. Von den Schülerinnen und den Schülern wird erwartet, dass sie diesen speziell für sie gestalteten Rahmen annehmen. (Wilhelm, 2007, S. 79) Die Meta-Analyse von Mayer et al. (2000) untersucht 13 Indikatoren, welche Aussagen zum Lernerfolg von Schüler/-innen erlauben. Hierbei werden das Fachwissen der Lehrkraft und didaktische Konzepte als zwei dieser 13 Indikatoren für Lernerfolg beschrieben. Diese beiden Indikatoren zeigen auf, wie bedeutsam Differenzierung in Form von Lehrerunterstützung ist. In den Studien von Mayer et al. (2000) konnte gezeigt werden, dass der Schulerfolg im Zusammenhang mit dem Fachwissen der Lehrperson steht. Das bedeutet: ,Je besser das Fachwissen der Lehrkräfte, desto grösser der Schulerfolg’ (Wilhelm, 2007, S. 80). Das Schlüsselelement für den Lernerfolg kann die Lehrperson sein. Warum dann nicht den Schüler/-innen mehr Unterstützung durch die Lehrperson auch außerhalb des Unterrichts bieten? In Zeiten moderner Technologie sollte es an Möglichkeiten nicht mangeln. Für die Lehrperson ist dies ein geringer Mehraufwand und leicht umsetzbar. Zur leichteren Planbarkeit und Organisation können Kernzeiten für Schüler/-innen angeboten werden, in denen sie ihre Fragen formulieren können. Innere Differenzierung in Form von Lehrer/-innen-Unterstützung über E-Mail oder Handy ist die Zukunft des neuen Lernens, weniger die Unterstützung über zusätzliche Materialien.

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Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass hier ein Potenzial schlummert, das genutzt werden kann. Diese Maßnahme birgt nicht die Gefahr, wie so manche Autoren/-innen schreiben, den Anteil effektiver Lernzeit zu verringern, die durch die Organisation von Differenzierungsmaßnahmen im Präsenzunterricht gegeben ist (Altrichter et al., 2009; Feyerer, 1998; Wellenreuther, 2008). Das Fernstudium-Element als differenzierende Maßnahme bietet Chancen und sollte genutzt werden, um Schüler/-innen in Österreich zu unterstützen. Studien im größeren Rahmen (größere Stichprobe) und über eine längere Dauer wären sinnvoll, um dieses Potenzial bzw. den möglichen Effekt weiter zu erforschen. Was es braucht, um diese Form von Unterstützung flächendeckend zu implementieren, sind die richtigen Tools (Diskussionsforum, App), die Bereitstellung von Diensthandys, datenschutzkonforme E-Mails (Lehrer/-innen und Schüler/-innen) oder Messenger-Systeme, die die Privatsphäre der einzelnen Personen nicht einschränken. Zudem müssen sie leicht zugänglich und einfach bedienbar sein, damit eine Überforderung sowohl bei Lehrer/-innen als auch bei Schüler/-innen ausgeschlossen ist. Gilly Salmons (2013) Stufentheorie soll als Grundlage für die Einführung dieser neuen Lern- und Unterstützungsform dienen. Ob Differenzierung nun in Form von Lehrerunterstützung oder Unterstützung über Materialien bessere Leistungen oder andere Wirkungen erzielt, kann nicht eindeutig beurteilt werden. Die Ergebnisse zeigen Vorteile für die Interventionsmaßnahme 1. Durch Lehrerunterstützung erfahren die Probanden/-innen eine höhere Leistungssteigerung als durch die Unterstützung durch Materialien. Diese Tendenzen müssen jedoch in weiteren Studien mit größeren Fallzahlen und über längere Zeiträume näher untersucht werden. Wie groß das Potenzial der jeweiligen Differenzierungsmaßnahme, besonders der inneren Differenzierung in Form von Lehrerunterstützung, hinsichtlich einer Leistungssteigerung über einen längeren Zeitraum ist, wäre noch zu untersuchen.

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