Arbeitsteilung und Vertrag: Verantwortlichkeit für das Fehlverhalten Dritter in Vertragsbeziehungen 9783161520860, 9783161509247

Die ausgeprägte Arbeitsteilung in hochentwickelten Volkswirtschaften stellt eine Herausforderung für die historisch gewa

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Arbeitsteilung und Vertrag: Verantwortlichkeit für das Fehlverhalten Dritter in Vertragsbeziehungen
 9783161520860, 9783161509247

Table of contents :
Cover
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Kapitel 1: Grundlagen
§ 1 Untersuchungsgegenstand und Erkenntnisinteresse
A. Die Binnenperspektive des deutschen Rechts
I. Kasuistische Unübersichtlichkeit und mangelnde Klarheit über die Haftungsgrundlagen
II. Haftung und Unternehmensorganisation
1. Die Herausforderung durch die Arbeitsteilung
2. Organisationsanreize durch Haftung
B. „Vom Beruf unserer Zeit “ – mal wieder?: Europäische Rechtsvereinheitlichung
I. Skepsis gegenüber gewillkürter Harmonisierung und Vermessung der Möglichkeiten der Rechtsvergleichung
II. Rechtsvergleichende Miniatur
1. Leistungsversprechen
2. Sicherung des Integritätsinteresses
3. Folgerungen und Beschränkung des Untersuchungsgegenstands
a) Ermittlung überpositiver Zurechnungskriterien
b) Materielle Selbständigkeit oder Unselbständigkeit der Verantwortlichkeit für Gehilfenverhalten?
§ 2 Methodische Skizze
A. Rechtsdogmatik und Rechtsökonomik: Konsequentialismus, methodologischer Individualismus und juristische Hermeneutik
I. Das Bedürfnis nach einem deskriptiven Verhaltensmodell und seine Erfüllung durch die Ökonomik
1. Folgenabschätzung als Aufgabe der Rechtswissenschaft
2. Integration sozialwissenschaftlicher Verhaltensmodelle in die juristische Folgenabschätzung
II. Normative Ökonomik und teleologische Interpretation
1. Ziele schuldrechtlicher Regulierung
a) Leistungsstörungsrecht, Effizienz und hypothetischer Konsens
(1) Autonome Bindung und rechtsförmige Sanktion
(2) Kritik des wohlfahrtsökonomischen Effizienzdenkens aus Sicht des normativen Individualismus
b) Heteronome Verpflichtungen: Der Verstoß gegen Schutzpflichten im Kontext der Vertragsdurchführung
(1) Dogmatische und funktionale Sonderstellung der Schutzpflichten
(2) Schutzpflichten im Spiegel haftungsrechtlicher Effizienzziele
c) (Vor-)vertragliche Informationsverantwortlichkeit auf der Schnittstelle von autonomer und heteronomer Verpflichtung
2. Interpretation, zurückgenommener Rationalitätsanspruch und ökonomischer Erfahrungsschatz
B. Rechtsvergleichung und Rechtsökonomik
I. Funktionalismus und deskriptive Ökonomik
1. Definitionspotential und Analyseerweiterung
2. Funktionsbegriff und Ökonomik
II. Rechtsvergleichung und normative Ökonomik
III. Ökonomische Modellannahmen und rechtsvergleichende Erkenntnisse
§ 3 Agenda
Kapitel 2: Entwicklungsstränge der Verantwortlichkeit für Hilfspersonen
§ 1 Römisches Recht
A. Allgemeine Zurechnungsgesichtspunkte und Einstandspflicht für Dritte
B. Noxalhaftung für Delikte der Gewaltunterworfenen
C. Haftung für das Verschulden Dritter in Sonderverbindungen
I. Vertragliche Übernahme des Personalrisikos
II. Custodia-Haftung und Einstandspflicht für Gehilfenfehler
1. Die Bewachungspflicht im klassischen römischen Recht
2. Zusammenhang von custodia-Haftung und Einstandspflicht für Gehilfen
a) Von Eigenverschulden unabhängige Haftung für Gehilfenfehler
b) Custodia-Haftung und Einstandspflicht bei Auswahlverschulden
c) Konsequenzen
III. Haftung nur bei eigenem Verschulden, insbesondere für culpa in eligendo
1. Miet- und Pachtvertrag
2. Auftragsverhältnisse
3. Sonstige Fälle
4. Bewertung
D. Receptum-Haftung und verwandte Tatbestände
E. Quasideliktische Haftungstatbestände des Prätors
I. Actio de deiectis vel effusis
II. Actio furti/damni in factum adversus nautas, caupones, stabularios
F. Römisches Fallrecht als Ausdruck einer funktional rationalisierbaren Risikoverteilung
§ 2 Nachklassik, Christentum und Mittelalter
A. Systematisierungsstreben und christlicher Einfluss
B. Moralische Imputation und Einstandspflicht für Drittverhalten
C. Konsequenzen
§ 3 Humanismus und Usus Modernus
A. Fortschreiben mittelalterlicher Haftungs- und Zurechnungslehren
B. Schuldparadigma und Haftung für Gehilfenfehler
C. Faktisch verschuldensunabhängige Haftungstatbestände
D. Tendenz zur impliziten Verobjektivierung
§ 4 Spätscholastik, Naturrecht und Kodifikationen des 18. und 19. Jahrhunderts
A. Haftungsrechtliche Konsequenzen der Trennung von forum internum und forum externum in der Spätscholastik
B. Ethische Imputation in der Naturrechtslehre
C. Kodifikationen des 18. und 19. Jahrhunderts
I. Haftung bei Bestehen von Sonderverbindungen
II. Verantwortlichkeit jenseits bestehender Sonderverbindungen
D. Verschuldensprinzip als Grundlage eines weltlichen Haftungsrechts
§ 5 Pandektistik und Rechtsentwicklung im 19. Jahrhundert
A. Zurechnungslehre und Schuldprinzip in der Pandektenwissenschaft
B. Einstandspflicht für Drittverhalten als Widerspruch zum Schuldprinzip und Relativierungen in der Lehre
C. Gesetzgebung und Rechtsprechung
D. Risikozuweisung als Aufgabe des Privatrechts im Zeitalter der Industrialisierung
§ 6 Bewertung und Fortgang der Untersuchung
Kapitel 3: Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurisprudenz
§ 1 Begründungsansätze im deutschen Recht
A. Haftung für Erfüllungsgehilfen nach § 278 BGB
I. Bedeutung und Reichweite der tradierten Erklärungsversuche
1. Heteronome Zurechnung und Verschuldensprinzip
2. Pluralistisches Verständnis der Verhaltenszurechnung als Ausdruck der Vielgestaltigkeit schuldrechtlicher Pflichten
II. Einstandspflicht kraft Parteiwillens
1. Erfolgsversprechen und Einstandspflicht
2. Garantie für das ordnungsgemäße Verhalten von Hilfspersonen
3. Unzulänglichkeit jeglicher rechtsgeschäftlicher Erklärungsansätze?
III. Risiko-Nutznießungsgedanke
1. Grundgedanke und flexible Risikozurechnung
2. Grenzen des Risiko-Nutznießungsgedankens, insbesondere Schutzpflichten
IV. Gedanke der Sphärenöffnung und des Vertrauensschutzes
V. Relativer Charakter einer tragfähigen Begründung der Gehilfenhaftung und Ergänzungsbedürftigkeit der tradierten Kriterien
B. Haftung für Organwalter, § 31 BGB
I. Der Theorienstreit um die Natur der Haftung nach § 31 BGB und die sachliche Reichweite der Organhaftung
II. Materielle Rechtfertigung der Organhaftung jenseits des Theorienstreits
1. Ergebnisbeschreibung und materielle Normbegründung
2. Risiko-Nutznießungsgedanke und verwandte Begründungsansätze
a) Die fundamentale „Gerechtigkeitsidee“
b) Die Trennung von Vermögensmassen als rechtstechnischer Grund der Haftungsüberleitung
III. Notwendigkeit einer materiellen Konkretisierung der Organhaftung
C. Haftung für Auswahl-, Ausrichtungs- und Überwachungsverschulden beim Einsatz von Verrichtungsgehilfen, § 831 BGB
I. Verschuldenshaftung als (unvollständige) Verwirklichung funktionaler Zurechungsprinzipien
II. Rechtspolitische Kritik und „korrigierende“ Tendenzen in der Rechtsanwendung
III. Bedürfnis nach einer einheitlichen materiellen Fundierung des dogmatisch uneinheitlichen Schutzes des Integritätsinteresses
D. Zusammenfassung und weiterer Gang der Untersuchung
§ 2 Begründungsansätze anderer Rechtsordnungen
A. Legitimation der Verantwortlichkeit für Gehilfenfehler im Rechtskreis des common law
I. Sicherung des Leistungsinteresses
1. Vertragsbruch und Rechtsbehelfe in ihrer Bedeutung für die Gehilfenhaftung
2. Ausschluss der Rechtsbehelfe trotz Nichteinhaltung des Versprechens
a) Grundregel bei Vereitelung der Vertragserfüllung
b) Einstandspflicht für Gehilfen im Besonderen
c) Befund und Konsequenzen
II. Verantwortlichkeit für Dritte jenseits vertragsrechtlicher Einstandspflichten
1. Vicarious liability des Geschäftsherrn
a) Präzedenzien
b) Literatur
(1) Risiko-Nutznießung und die Parallele zur strict liability
(2) Sicherung der Kompensation des Opfers
(3) Schadensstreuung
2. Weitere Fälle der Verantwortlichkeit für Drittschädigungen, insbesondere Haftung für selbständige Unternehmer und Produkthaftung
a) Haftung für selbständige Unternehmer
(1) Ausdehnung des Auswahlverschuldens
(2) Nicht delegierbare Pflichten zur Schadensvermeidung als Grundlage einer faktisch verschuldensunabhängigen Haftung
i. Das einschlägige Fallrecht
ii. Legitimationsansätze in der Literatur
b) Produkthaftung
(1) Strikte Verantwortlichkeit für Produktfehler und implizite Haftung für Gehilfenversagen
(2) Ökonomischer Charakter bzw. Unergiebigkeit der angeführten Gründe für eine verschuldensunabhängige Produkthaftung
B. Normative Fundamente der Verantwortlichkeit für Gehilfenfehler im französischen Recht
I. Sicherung des Leistungsinteresses
1. Die eingeschränkte Erfolgsgarantie bei den obligations de résultat
a) Grundlegende Einteilung der Obligationstypen
b) Verpflichtungswille als Grundlage der Einstandspflicht
2. Allgemeines Prinzip der Haftung für Gehilfenfehler als Fortentwicklung spezieller Zurechnungsnormen
II. Gewährleistung des Integritätsinteresses
1. Obligation de securité und Sperrwirkung des vertragsrechtlichen Haftungsregimes
2. Haftung für Verrichtungsgehilfen
3. Produkthaftung und action directe gegen den Hersteller
C. Vergleichende Bewertung und Fortgang der Untersuchung
Kapitel 4: Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen
§ 1 Ökonomik der deliktsrechtlichen Verantwortlichkeit für Drittverhalten und allgemeine Ziele des Haftungsrechts
A. Kontrolle des Prinzipals über das vom Agenten ausgehende Schadensrisiko als Grundvoraussetzung der Einstandspflicht
I. Agenturtheoretische Grundlagen der Analyse
II. Einwirkungsmöglichkeit auf den Handelnden als notwendige Bedingung der Einstandspflicht
B. Zusätzliche Kriterien der Haftungsbegründung
I. Überlegene Möglichkeiten des Hintermanns zur Risikominimierung
1. Kognitive Vorteile des Prinzipals
2. Vorteile interner Sanktionen gegenüber externer Haftung
II. Überwindung des Problems der Vermögensrestriktion (judgement proof problem)
III. Risikoaversion natürlicher Personen
1. Bedeutung individueller Risikopräferenz für das Recht
2. Relevante Konstellationen im Bereich der Einstandspflicht für Gehilfenverhalten
C. Die Relativität ökonomischer Begründungsansätze und die Konsequenzen für die Verantwortlichkeit für Gehilfenfehler
§ 2 Funktionen des Vertragsrechts aus Sicht der Ökonomik
A. Vertragsrecht im Licht ökonomischer Markt- und Wettbewerbstheorien
I. Die Unsichtbare Hand und das Vertragsrecht
II. Privatautonomie und Effizienzdenken im Vertragsrecht
B. Funktionen des Vertragsrechts aus Sicht der Ökonomik
I. Ermöglichung und Absicherung der Kooperation
1. Planmäßiges Wirtschaften und anonyme Transaktionen
2. Anreizwirkung und Verteilung von Risiken
3. Vertragsrecht und hypothetischer Konsens unter realen Bedingungen
4. Paternalismus
II. Angemessene Offenlegung von Informationen
III. Senkung der Transaktionskosten
1. Dispositives Gesetzesrecht und Markttransaktionskosten
2. Die hypothetische, vollständige Parteivereinbarung als heuristischer Maßstab
3. Abstrakt generelle Regelungen: Marktimitierendes Vertragsrecht und heteronome Präferenzen
4. Nachverhandlungen
5. Wünschenswertes Ausmaß effizienter Lückenfüllung
IV. Außerrechtliche Kooperationssicherung (Relationale Verträge)
1. Außerrechtliche Mechanismen der Kooperationssicherung
2. Missbrauchspotentiale und Relationalität der Austauschbeziehung
§ 3 Die Einstandspflicht für Dritte als Bestandteil eines ökonomisch rationalen Vertragsrechts
A. Ökonomik des Leistungsstörungsrechts
I. Grundlagen
1. Effiziente Risikoverteilung als übergeordnetes Ziel des Leistungsstörungsrechts
2. Zielverwirklichung durch leistungsstörungsrechtliche Sanktionen
II. Die Determinanten des Parteiverhaltens im Einzelnen
1. Verhaltensanreize auf Seiten des Schuldners
a) Die Grundentscheidung: ordnungsgemäße Erfüllung oder Pflichtwidrigkeit
(1) Der Anreiz zur effizienten Vertragserfüllung als Maßstab leisungsstörungsrechtlicher Sanktionen
i. Effizienzziel, Vertragsbruch und leistungsstörungsrechtlicher Anreiz
ii. Bedeutung des Verfahrens der Rechtsdurchsetzung
(2) Nachverhandlungen
(3) Mehrstufige Erfüllungsbemühungen
b) Vorsorgemaßnahmen zur Sicherung der eigenen Leistungsfähigkeit
(1) Maßnahmen zur Beseitigung bekannter Risiken
i. Rechtliche Sanktionen nicht-ordnungsgemäßer Erfüllung
ii. Marktförmige Sanktionen nicht-ordnungsgemäßer Erfüllung
(2) Erwerb von Informationen über potentielle Erfüllungshindernisse
2. Verhaltensanreize auf Seiten des Gläubigers
a) Investitionen in Erwartung der Erfüllung
(1) Steigerung des Kooperationsgewinns durch Investitionen des Gläubigers in Erwartung der Erfüllung
(2) Überinvestitionen als Folge einer Versicherung des Gläubigers gegen Nichterfüllungsschäden
(3) Anreizeffekte der prozessualen Durchsetzung leistungsstörungsrechtlicher Sanktionen
(4) Gläubigerinvestitionen und Nachverhandlungen
b) Ex ante Maßnahmen zur Minimierung des Nichterfüllungsschadens
c) Ex post Maßnahmen zur Minimierung des Nichterfüllungsschadens
3. Risikopräferenz und Risikoallokation
a) Optionale Versicherung bei heterogenen Risikopräferenzen
b) Risikoallokation und Anreizwirkung
III. Folgerungen für die Einstandspflicht für das Fehlverhalten von Erfülungsgehilfen
B. Ökonomik des Gewährleistungsrechts
I. Investitionstheorie der Gewährleistung
1. Gewährleistung als Versicherung
2. Gewährleistung als Instrument der Verhaltenssteuerung
II. Gewährleistung als Qualitätssignal
III. Folgerungen für die Einstandspflicht für das Fehlverhalten von Erfüllungsgehilfen
C. Ökonomik der Informationsverantwortlichkeit im Vertragsrecht
I. Informationsökonomik, Zielkonflikt der Informationspolitik und privatrechtliche Verteilung der Informationsverantwortung
1. Das Problem der Unterversorgung mit Information
2. Ziele ökonomisch rationaler Informationspolitik
3. Folgerungen für die privatrechtliche Verteilung der Informationsverantwortung
II. Informationsverantwortlichkeit im Vertragsrecht
1. Komparativer Kostenvorteil, Vertrauensprämie und Reichweite der Informationsverantwortlichkeit
a) Informationskosten und Vertrauensprämie
b) Korrelation von Vertrauensprämie und Reichweite der Informationsverantwortlichkeit?
2. Informationsverantwortlichkeit und Anreize zur Beschaffung und Verwertung von Informationen
a) Wertsenkende Informationen
b) Werterhöhende Informationen
(1) Keine Aufklärungspflicht bei produktiven Informationen
(2) Aufklärungspflicht des Erwerbers zur Sicherung der Informationsverwertung?
(3) Aufklärungspflicht bei unproduktiven Informationen, insbesondere Vorauswissen
c) Zufallsinformationen
III. Folgerungen für die Einstandspflicht für das Fehlverhalten von Hilfspersonen
D. Verantwortlichkeit für Gehilfen im Spiegel der Ökonomik und Konsequenzen für Fortgang der Untersuchung
Kapitel 5: Arbeitsteilung und positives Recht
§ 1 Schutz des Leistungsinteresses
A. Herausforderung durch leistungsstörungsrechtliche Formenvielfalt
I. Implizite und explizite Verhaltenszurechnung im Leistungsstörungsrecht
II. Verantwortlichkeit für Gehilfenfehler und Grenzen des Erfül ungsanspruchs
III. Konsequenzen und Fortgang der Untersuchung
B. Einstandspflicht für Dritte im Rahmen des Erfüllungsanspruchs
I. Objektive Unmöglichkeit und Unmöglichkeit für den Schuldner
1. Wegfall der Leistungspflicht bei objektiver und subjektiver Unmöglichkeit als Reaktion auf vorpositive Gegebenheiten
a) Objektive Unmöglichkeit
b) Unmöglichkeit für den Schuldner
c) Folgerungen und Fortgang der Untersuchung
2. Orientierung am Schuldinhalt als Einfallstor normativer Risikozuweisungen
a) Der Versprechensinhalt als Determinante der Anwendung des § 275 Abs 1 BGB
b) Nachlieferungszwang beim Stückkauf und Unmöglichkeitseinwand
3. Ökonomik des Einwands der Unmöglichkeit im Lichte arbeitsteiliger Leistungserbringung
a) Präventionsanreize im Hinblick auf nachteilige Folgen nicht ordnungsgemäßer Erfüllung
b) Präferenzgerechte Zuweisung des Risikos nicht ordnungsgemäßer Erfüllung
c) Kompatibilität der ökonomischen Sicht mit der Dogmatik des Unmöglichkeitseinwands
II. Leistungserschwernis
1. Einrede wegen Überschreitens der Zumutbarkeitsschwelle, § 275 Abs 2 BGB
a) Grobes Missverhältnis zwischen Erfüllungsaufwand und Leistungsinteresse
b) Leistungsinteresse
c) Erfüllungsaufwand
d) Vertretenmüssen als Determinante der Zumutbarkeitsschwelle
e) Anwendung des § 275 Abs 2 BGB im Licht arbeitsteiliger Leistungserbringung
2. Vertragstypische Grenzen der Leistungspflicht, §§ 439 Abs 3, 635 Abs 3 BGB
a) Struktur der Regelung
b) Schwelle absolut unverhältnismäßiger Kosten
(1) Die Grenze der Nacherfüllungspflicht im nationalen Recht
(2) Totalverweigerung und Sekundärrecht
c) Anwendung im Hinblick auf die arbeitsteilige Leistungserbringung
III. Ergänzende Vertragsauslegung und Störung der Geschäftsgrundlage
1. Ergänzende Vertragsauslegung
2. Störung der Geschäftsgrundlage
a) Anwendungsbereich der Geschäftsgrundlagenlehre
b) Parallele Steigerung von Erfüllungsaufwand und Leistungsinteresse
IV. Ökonomisch rationale Einstandspflicht für Dritte im Rahmen des Naturalerfüllungsanspruchs und Fortgang der Untersuchung
C. Einstandspflicht für Dritte im Rahmen des Schadensersatzanspruchs
I. Struktur der vertraglichen Schadensersatzhaftung
1. Einheitlicher Anspruch auf Schadensersatz wegen Pflichtverletzung
2. Pflichtverletzung und Vertretenmüssen
a) Unmöglichkeit und verwandte Tatbestände
b) Nichterfüllung und Schlechtleistung
3. Pflichtverletzung und Zurechnung als Determinanten der Analyse
II. Haftung bei Ausschluss der Leistungspflicht, Nichterfüllung und nicht rechtzeitiger Erfüllung
1. Eigene Verantwortlichkeit des Schuldners
a) Regelverantwortlichkeit für eigenes Verschulden
b) Überwachungs-, Vorsorge- und Abwendungspflichten
c) Übernahme eines Beschaffungsrisikos
2. Zurechnung des Verhaltens von Erfüllungsgehilfen
a) Handeln eines Erfüllungsgehilfen
b) Bedienen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit
c) Tätigkeit im Pflichtenkreis des Schuldners
d) In Erfüllung der Verbindlichkeit (nicht nur bei Gelegenheit)
e) Verschulden des Erfüllungsgehilfen
III. Haftung wegen nicht wie geschuldet erbrachter Leistung
1. Eigene Verantwortlichkeit des Schuldners
a) Überwachungs-, Vorsorge- und Abwendungspflichten
b) Übernahme einer Garantie
2. Zurechnung des Verschuldens von Erfüllungsgehilfen
a) Bedienen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit
b) Tätigkeit im Pflichtenkreis des Schuldners
IV. Mitverantwortlichkeit des Gläubigers und seiner Leute
1. Bilaterale Verantwortlichkeit im Leistungsstörungs- und Schadensrecht
a) Totalbefreiung des Schuldners
b) Naturalerfüllung durch den Schuldner
c) Schadensersatzhaftung des Schuldners
2. Anspruchskürzung wegen eigenen oder zurechenbaren fremden Mitverschuldens
a) Systematik und Zielrichtung der Mitverantwortlichkeit
b) Unmittelbare Mitverantwortlichkeit des Gläubigers
c) Zurechnung fremder Verantwortlichkeit
D. Verantwortlichkeit des Verkäufers für Hersteller und Vorlieferanten als Illustration
I. Reichweite des Sachproblems
II. Pflicht zur Naturalerfüllung (Nacherfüllungsanspruch)
III. Schadensersatzhaftung
1. Unmittelbare Verantwortlichkeit
2. Verschuldenszurechnung
§ 2 Gewährleistung (vorvertraglicher) Informationsinteressen
A. Zuweisung von Informationsverantwortlichkeit durch unterschiedliche Rechtsinstitute
B. Anfechtung
I. Anreizwirkung der Nichtigkeitsfolge für die arbeitsteilige Wahrnehmung der Informationsverantwortung
1. Anreizwirkung der Gewährung und Verweigerung von Lösungsrechten
2. Anreizwirkung und ökonomisch rationale Informationsverantwortlichkeit bei Arbeitsteilung
3. Weitergehende und alternative Risikozuweisung durch Schadensersatzansprüche
II. Irrtumsanfechtung
1. Eigenschaftsirrtum
a) Das Verständnis des Eigenschaftsirrtums in der zivilrechtlichen Irrtumslehre
b) Die Verkehrswesentlichkeit als normativer Schlüsselbegriff
c) Materielle Kriterien der Risikozuweisung bei nicht geäußerter Eigenschaftserwartung
d) Verkehrswesentlichkeit, Informationsverantwortung und Arbeitsteilung
2. Schadensersatzhaftung des Anfechtungsberechtigten und Ausschluss der Kompensation
a) Bedeutung der Haftung und des Ausschlusstatbestands nach § 122 BGB für die Informationsverantwortlichkeit
b) Konkurrierende Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen
3. Informationsverantwortung im Irrtumsrecht bei Arbeitsteilung
III. Arglistanfechtung
1. Die Zentralität der Informationspflichten für die erfassten Täuschungshandlungen
a) Informationspflichtwidrigkeit der Fehlvorstellung als normative Verbindung von aktivem Tun und Unterlassen
b) Arglisterfordernis
2. Verantwortlichkeit für Täuschungen durch Dritte
a) Unbedingte Zurechnung von Täuschungen durch Personen im Verantwortungsbereich des Erklärungsempfängers
b) Kenntnis und Kennenmüssen des Erklärungsempfängers
C. Haftung für fahrlässige Informationspflichtverletzung
I. Nebeneinander von Arglistanfechtung und Verantwortlichkeit für fahrlässige Informationspflichtverletzungen
II. Zurechenbare Verletzung von Informationspflichten bei der arbeitsteiligen Vertragsanbahnung
1. Einteilung und Begründung vorvertraglicher Informationspflichten
a) Einheit und Vielheit in der Dogmatik der Informationspflichten
b) Wahrheits-, Aufklärungs- und Informationsbeschaffungspflichten
c) Pflichten zur Aufklärung über vorhandenes Wissen
d) Pflichten zur Informationsbeschaffung
(1) Einheitliches normatives Fundament
(2) Informationsbeschaffung als Grundlage geschuldeter Aufklärung
(3) Informationsbeschaffung und Wahrheitspflicht
2. Eigene Verantwortlichkeit des Vertragsschließenden
3. Zurechnung fremden Fehlverhaltens
a) Zurechnungstragende Sonderverbindung
b) Bedienen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit
c) Tätigkeit im Pflichtenkreis des Erklärungsempfängers
d) Verschuldenszurechnung
III. Mitverantwortlichkeit des Irrenden
D. Verbraucherrechtliche Widerrufsrechte
I. Eingeschränkte Bedeutung der Arbeitsteilung im Rahmen des verbraucherrechtlichen Schutzes der Entscheidungsfreiheit
1. Konsequenzen der situativen und vertragsgegenstandsbezogenen Legitimation von Widerrufsrechten
2. Einfluss von Aufklärungs- und Informationspflichten auf das Widerrufsrecht
3. Verbundene Geschäfte
II. Differenzierte Risikozuweisung bei verbundenen Geschäften
1. Finanzierungszweck des Darlehens
2. Wirtschaftliche Einheit zwischen Bargeschäft und Darlehen
a) Vermutungstatbestand des „sich Bedienens“
b) Grundtatbestand
c) Sonderregelung für finanzierten Immobilienerwerb
3. Widerrufsdurchgriff trotz Fehlen einer wirtschaftlichen Einheit
E. Vertrieb von Immobilienanlagen („Schrottimmobilien“)
I. Verantwortung bei Verletzung von Informationspflichten
1. Erfüllungsgehilfeneigenschaft Dritter im Strukturvertrieb
2. Tätigkeit im Pflichtenkreis des Darlehensgebers
a) Aufklärung über Darlehensrisiken
b) Belehrung über das Widerrufsrecht
II. Verantwortung als Folge von Widerrufs-, Einwendungs- und Rückforderungsdurchgriff
§ 3 Sicherung des Integritätsinteresses
A. Schadensersatz als zentrale, vertragsrechtliche Sanktion der Verletzung des Integritätsinteresses
B. Auswahl- und Überwachungspflichten des Schuldners
C. Zurechnung des Verhaltens von Erfüllungsgehilfen
I. Einschalten durch den Schuldner
II. Zur Erfüllung einer Schuldnerverbindlichkeit
Kapitel 6: Arbeitsteilung und Verantwortlichkeit im europäischen Vertragsrecht
§ 1 Gemeinschaftsprivatrecht
A. Wissenschaftliche Systematisierungen des geltenden Gemeinschaftsrechts
B. Gewährleistung beim Verbrauchsgüterkauf, Informationspflichten und Widerrufsrechte
§ 2 Gemeinsamer Referenzrahmen
A. Schutz des Leistungsinteresses
I. Grundsatz
II. Erfüllungsanspruch
III. Schadensersatz
1. Die Erfüllung ausschließende Hinderungsgründe
2. Leistungserschwernis
B. Informationsverantwortung
I. (Vorvertragliche) Aufklärungspflichten
II. Informationserzwingende Widerrufsrechte
C. Integritätsinteresse
Kapitel 7: Zusammenfassung der Ergebnisse
§ 1 Grundlagen
§ 2 Entwicklungsstränge der Verantwortlichkeit für Erfüllungsgehilfen
§ 3 Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurisprudenz
§ 4 Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen
§ 5 Arbeitsteilung und positives Recht
§ 6 Arbeitsteilung und Verantwortlichkeit im europäischen Vertragsrecht
Literaturverzeichnis
Sachregister

Citation preview

JUS PRIVAT UM Beiträge zum Privatrecht Band 163

Tobias Tröger

Arbeitsteilung und Vertrag Verantwortlichkeit für das Fehlverhalten Dritter in Vertragsbeziehungen

Mohr Siebeck

Tobias Tröger, geboren 1972; Studium der Rechtswissenschaft an der Ludwig-MaximiliansUniversität München, 1. Staatsexamen 1996; Referendariat in München und San Francisco, 2. Staatsexamen 1999; Promotion an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen 1999; Masterstudium an der Harvard Law School, LL. M. 2004; Habilitation durch die Juristische Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen 2011; Rufe an die Universität Passau und die Goethe Universität Frankfurt am Main; Seit 2011 Inhaber der Professur für Bürgerliches Recht, Handelsund Wirtschaftsrecht der Goethe-Universität.

e-ISBN 978-3-16-152086-0 ISBN  978-3-16-150924-7 ISSN  0940-9610 (Jus Privatum) Die deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbib­lio­ graphie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2012  Mohr Siebeck Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde-Druck in Tübingen aus der Stempel-Garamond gesetzt, auf alterungs­beständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Otters­weier gebunden.

Vorwort Der Spiritus Rector der modernen, durch die Adaption mathematischer und statistischer Methoden nach größerer analytischer Präzision strebenden Wirtschaftswissenschaften, Paul A. Samuelson, stellte einem Standardlehrbuch seiner Disziplin eine höchst selbstbewusste Programmatik voran, die bei einem Autor einer rechtswissenschaftlichen Monographie naturgemäß gemischte Gefühle auslöst: Träfe das „I don’t care who writes a nation’s laws – or crafts its advanced treaties – if I can write its economic textbooks“ ohne Einschränkungen zu, wäre schließlich die Bedeutung des eigenen Bemühens ganz erheblich relativiert, wenn nicht gar vollständig in Frage gestellt. Entscheidet man sich, die überzeichnete Sicht Samuelsons nicht wegen des ihr zugrundeliegenden, naiven Glaubens an die Berechenbarkeit der Welt als widerlegten, pythagoreischen Zahlenkult zu verwerfen, lässt sie sich aber auch als eine Herausforderung verstehen. Könnte ein Proprium der eigenen Forschung nicht darin liegen, die Sensibilität der Jurisprudenz für die Nuancen der Wirklichkeit mit der größere Wirkungszusammenhänge exakter beschreibenden Modellwelt der Ökonomik zu synthetisieren, um gerade auch in die Rechtsanwendung Einsichten in individuelle und gesellschaftliche Konsequenzen einzubinden? Diese Abhandlung will eine illustrierende Antwort auf eben diese Frage geben, indem sie das Querschnittsthema der Arbeitsteilung im Vertragsrecht aus der Perspektive institutionenökonomischer Einsichten beleuchtet. Sie bezieht dabei auch in den differenzierten Debatten zur Dogmatik des geltenden Rechts Stellung und will auf diese Weise zur adäquaten Entscheidung von Einzelfällen beitragen. Eine Bewährung des gewählten Ansatzes als Methode der praktischen Rechtswissenschaft kann auch seine Eignung für die weitere Konkretisierung des gemeineuropäischen Zivilrechts belegen. Die vorliegende Untersuchung wurde im Wintersemester 2010/2011 von der Juristischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen als Habilitationsschrift angenommen. Ihre Entstehung wäre nicht möglich gewesen ohne das großzügige Gewährenlassen meines hochverehrten akademischen Lehrers, Prof. Dr. Dres. h.c. Harm Peter Westermann, der nicht erst bei der Erstellung des Erstgutachtens gemerkt hat, dass in der Wissenschaft der Apfel mitunter doch weiter vom Stamm fällt, als der Volksmund vermutet, hieran aber nie Anstoß nahm, sondern auf seine unverwechselbare Art stets bestärkend und fördernd wirkte. Eben  Samuelson, Foreword, in: Saunders/Walstad (Hrsg.) The Principles of Economics Course: A Handbook for Instructors, 1990, S.  i x–x. 

VI

Vorwort

so verbunden bin ich dem Zweitgutachter, Prof. Dr. Mathias Habersack, der mich als „Altlast“ in seiner Tübinger Zeit an seinem Lehrstuhl aufnahm und mir damit inspirierende Jahre ermöglichte, während derer er mich zudem in jeder Hinsicht optimal unterstützte. Herr Dr. Christoph Thole hat die Last eines auf die ökonomische Grundlegung der Arbeit bezogenen Drittvotums übernommen. Allen Gutachtern bin ich für ihre Mühen und die Vielzahl von weiterführenden, kritischen Anmerkungen dankbar. Nicht nur am Anfang meines wissenschaftlichen Werdegangs hat mein Doktorvater, Prof. Dr. h.c. Wolfgang Zöllner, nachhaltigen Einfluss ausgeübt. In einem Tübinger Kaffehaus mit treffendem Namen hat er mich nach dem Rigorosum zum Einschlagen der wissenschaftlichen Laufbahn ermutigt, mich seither kritisch-streng auf Kurs gehalten und in vielfältiger Weise gefördert und geprägt. Zu Dank verpflichtet bin ich Freunden und Kollegen, die nicht nur für ebenso hilfreiche wie kontroverse Debatten zur Verfügung standen. Herausheben möchte ich Dr. Franziska Berger, Dr. Christoph Burchard, Prof. Dr. Helge Dedek, Dr. Tim Florstedt, Dr. Robert Häcker, Prof. Dr. Hans Hanau und Dr. Iris Kemmler. Bei der Drucklegung haben mich meine Passauer und Frankfurter Mitarbeiter, Alexander Friedrich, Jennifer Pia Gehrke, Antje Hirsch-Hottes, Nathalie Kaiser, Lisa Pfaffinger, Philipp Scheibenpflug und Gerrit Tönningsen unterstützt, die DFG hat einen großzügigen Druckkostenzuschuss gewährt. Die Rechtsentwicklung ist bis November 2011 berücksichtigt. Meinen Eltern danke ich für die liebevolle Unterstützung. Ich widme die Arbeit meiner Frau, Dr. Lucina Berger, ohne die diese Arbeit nie abgeschlossen worden wäre. Frankfurt am Main im Januar 2012

Tobias Tröger

Inhaltsübersicht Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXV

Kapitel 1: Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

§  1 Untersuchungsgegenstand und Erkenntnisinteresse . . . . . . . . . . . . . §  2 Methodische Skizze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . §  3 Agenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2 31 73

Kapitel 2: Entwicklungsstränge der Verantwortlichkeit für Hilfspersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

§  1 Römisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . §  2 Nachklassik, Christentum und Mittelalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . §  3 Humanismus und Usus Modernus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . §  4 Spätscholastik, Naturrecht und Kodifikationen des 18. und 19. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . §  5 Pandektistik und Rechtsentwicklung im 19. Jahrhundert . . . . . . . . . . §  6 Bewertung und Fortgang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . .



78 104 109



114 122 131

Kapitel 3: Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurisprudenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

133

§  1 Begründungsansätze im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . §  2 Begründungsansätze anderer Rechtsordnungen . . . . . . . . . . . . . . .

134 166

Kapitel 4: Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen . . . . . .

199

§  1 Ökonomik der deliktsrechtlichen Verantwortlichkeitfür Drittverhalten und allgemeine Ziele des Haftungsrechts . . . . . . . . . . §  2 Funktionen des Vertragsrechts aus Sicht der Ökonomik . . . . . . . . . . §  3 Die Einstandspflicht für Dritte als Bestandteil eines ökonomisch rationalen Vertragsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

200 217 244

VIII

Inhaltsübersicht

Kapitel 5: Arbeitsteilung und positives Recht . . . . . . . . . . . . . . . .

297

§  1 Schutz des Leistungsinteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . §  2 Gewährleistung (vorvertraglicher) Informationsinteressen . . . . . . . . . §  3 Sicherung des Integritätsinteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

299 436 517

Kapitel 6: Arbeitsteilung und Verantwortlichkeit im europäischen Vertragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

527

§  1 Gemeinschaftsprivatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . §  2 Gemeinsamer Referenzrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

529 534

Kapitel 7: Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . .

545

§  1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . §  2 Entwicklungsstränge der Verantwortlichkeit für Erfüllungsgehilfen . . . §  3 Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurisprudenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . §  4 Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen . . . . . . . . . . . . . §  5 Arbeitsteilung und positives Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . §  6 Arbeitsteilung und Verantwortlichkeit im europäischen Vertragsrecht . .



545 546



547 550 553 558

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

559 619

Inhaltsverzeichnis Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXV

Kapitel 1: Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

§  1 Untersuchungsgegenstand und Erkenntnisinteresse . . . . . . . . .

2

A. Die Binnenperspektive des deutschen Rechts . . . . . . . . . . . . . .

3

I. Kasuistische Unübersichtlichkeit und mangelnde Klarheit über die Haftungsgrundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Haftung und Unternehmensorganisation . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Herausforderung durch die Arbeitsteilung . . . . . . . . . . . 2. Organisationsanreize durch Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . .

5 8 8 9

B. „Vom Beruf unserer Zeit .  .  .“ – mal wieder?: Europäische Rechtsvereinheitlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

12



I. Skepsis gegenüber gewillkürter Harmonisierung und Vermessung der Möglichkeiten der Rechtsvergleichung . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsvergleichende Miniatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Leistungsversprechen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sicherung des Integritätsinteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Folgerungen und Beschränkung des Untersuchungsgegenstands . a) Ermittlung überpositiver Zurechnungskriterien . . . . . . . . . b) Materielle Selbständigkeit oder Unselbständigkeit der Verantwortlichkeit für Gehilfenverhalten? . . . . . . . . . . . .

17 23 23 25 27 27 29

§  2 Methodische Skizze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

A. Rechtsdogmatik und Rechtsökonomik: Konsequentialismus, methodologischer Individualismus und juristische Hermeneutik . .

32

I. Das Bedürfnis nach einem deskriptiven Verhaltensmodell und seine Erfüllung durch die Ökonomik . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Folgenabschätzung als Aufgabe der Rechtswissenschaft . . . . . . 2. Integration sozialwissenschaftlicher Verhaltensmodelle in die juristische Folgenabschätzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33 33 39



Inhaltsverzeichnis



II. Normative Ökonomik und teleologische Interpretation . . . . . . 1. Ziele schuldrechtlicher Regulierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Leistungsstörungsrecht, Effizienz und hypothetischer Konsens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Autonome Bindung und rechtsförmige Sanktion . . . . . . (2) Kritik des wohlfahrtsökonomischen Effizienzdenkens aus Sicht des normativen Individualismus . . . . . . . . . . . . . b) Heteronome Verpflichtungen: Der Verstoß gegen Schutz pflichten im Kontext der Vertragsdurchführung . . . . . . . . . (1) Dogmatische und funktionale Sonderstellung der Schutzpflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Schutzpflichten im Spiegel haftungsrechtlicher Effizienz ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) (Vor-)vertragliche Informationsverantwortlichkeit auf der Schnittstelle von autonomer und heteronomer Verpflichtung . . 2. Interpretation, zurückgenommener Rationalitätsanspruch und ökonomischer Erfahrungsschatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43 44 44 44 51 52 52 54 60 61

B. Rechtsvergleichung und Rechtsökonomik . . . . . . . . . . . . . . . .

67



I. Funktionalismus und deskriptive Ökonomik . . . . . . . . . . . . .



1. Definitionspotential und Analyseerweiterung . . . . . . . . . . . . 2. Funktionsbegriff und Ökonomik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Rechtsvergleichung und normative Ökonomik . . . . . . . . . . . .

68 68 69 70

III. Ökonomische Modellannahmen und rechtsvergleichende Erkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

§  3 Agenda . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

Kapitel 2: Entwicklungsstränge der Verantwortlichkeit für Hilfspersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

§  1 Römisches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

A. Allgemeine Zurechnungsgesichtspunkte und Einstandspflicht für Dritte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

B. Noxalhaftung für Delikte der Gewaltunterworfenen . . . . . . . . .

80

C. Haftung für das Verschulden Dritter in Sonderverbindungen . . . .

82



83 84 85

I. Vertragliche Übernahme des Personalrisikos . . . . . . . . . . . . . II. Custodia-Haftung und Einstandspflicht für Gehilfenfehler . . . .

1. Die Bewachungspflicht im klassischen römischen Recht . . . . . . 2. Zusammenhang von custodia-Haftung und Einstandspflicht für Gehilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

86

Inhaltsverzeichnis

a) Von Eigenverschulden unabhängige Haftung für Gehilfen fehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Custodia-Haftung und Einstandspflicht bei Auswahl verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

III. Haftung nur bei eigenem Verschulden, insbesondere für culpa in eligendo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XI 87 89 90

1. Miet- und Pachtvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auftragsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sonstige Fälle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91 91 93 94 95

D. Receptum-Haftung und verwandte Tatbestände . . . . . . . . . . . .

96

E. Quasideliktische Haftungstatbestände des Prätors . . . . . . . . . . .

98



I. Actio de deiectis vel effusis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 II. Actio furti/damni in factum adversus nautas, caupones, stabularios . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101

F. Römisches Fallrecht als Ausdruck einer funktional rationalisier baren Risikoverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

§  2 Nachklassik, Christentum und Mittelalter . . . . . . . . . . . . . . . 104 A. Systematisierungsstreben und christlicher Einfluss . . . . . . . . . . . 104 B. Moralische Imputation und Einstandspflicht für Drittverhalten . . 106 C. Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107

§  3 Humanismus und Usus Modernus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 A. Fortschreiben mittelalterlicher Haftungs- und Zurechnungslehren 109 B. Schuldparadigma und Haftung für Gehilfenfehler . . . . . . . . . . . 109 C. Faktisch verschuldensunabhängige Haftungstatbestände . . . . . . . 111 D. Tendenz zur impliziten Verobjektivierung . . . . . . . . . . . . . . . . 112

§  4 Spätscholastik, Naturrecht und Kodifikationen des 18. und 19. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 A. Haftungsrechtliche Konsequenzen der Trennung von forum internum und forum externum in der Spätscholastik . . . . . . . . . 114 B. Ethische Imputation in der Naturrechtslehre . . . . . . . . . . . . . . 115 C. Kodifikationen des 18. und 19. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . 117

I. Haftung bei Bestehen von Sonderverbindungen . . . . . . . . . . . 117

XII

Inhaltsverzeichnis

II. Verantwortlichkeit jenseits bestehender Sonderverbindungen . . . 119

D. Verschuldensprinzip als Grundlage eines weltlichen Haftungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

§  5 Pandektistik und Rechtsentwicklung im 19. Jahrhundert . . . . . . 122 A. Zurechnungslehre und Schuldprinzip in der Pandekten wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 B. Einstandspflicht für Drittverhalten als Widerspruch zum Schuldprinzip und Relativierungen in der Lehre . . . . . . . . . . . . 123 C. Gesetzgebung und Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 D. Risikozuweisung als Aufgabe des Privatrechts im Zeitalter der Industrialisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128

§  6 Bewertung und Fortgang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . 131

Kapitel 3: Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurisprudenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 §  1 Begründungsansätze im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . 134 A. Haftung für Erfüllungsgehilfen nach §  278 BGB . . . . . . . . . . . . 134

I. Bedeutung und Reichweite der tradierten Erklärungsversuche . . 1. Heteronome Zurechnung und Verschuldensprinzip . . . . . . . . . 2. Pluralistisches Verständnis der Verhaltenszurechnung als Ausdruck der Vielgestaltigkeit schuldrechtlicher Pflichten . . . . . . . . . . . II. Einstandspflicht kraft Parteiwillens . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Erfolgsversprechen und Einstandspflicht . . . . . . . . . . . . . . . 2. Garantie für das ordnungsgemäße Verhalten von Hilfspersonen . . 3. Unzulänglichkeit jeglicher rechtsgeschäftlicher Erklärungs ansätze? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Risiko-Nutznießungsgedanke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundgedanke und flexible Risikozurechnung . . . . . . . . . . . 2. Grenzen des Risiko-Nutznießungsgedankens, insbesondere Schutzpflichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Gedanke der Sphärenöffnung und des Vertrauensschutzes . . . . .

134 134 136 138 139 141 142 143 143 147 148

V. Relativer Charakter einer tragfähigen Begründung der Gehilfen haftung und Ergänzungsbedürftigkeit der tradierten Kriterien . . 149

B. Haftung für Organwalter, §  31 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 I. Der Theorienstreit um die Natur der Haftung nach §  31 BGB und die sachliche Reichweite der Organhaftung . . . . . . . . . . . . . . 152

Inhaltsverzeichnis

XIII

II. Materielle Rechtfertigung der Organhaftung jenseits des Theorienstreits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 1. Ergebnisbeschreibung und materielle Normbegründung . . . . . . 2. Risiko-Nutznießungsgedanke und verwandte Begründungs ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die fundamentale „Gerechtigkeitsidee“ . . . . . . . . . . . . . . b) Die Trennung von Vermögensmassen als rechtstechnischer Grund der Haftungsüberleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . .

156 157 157 158

III. Notwendigkeit einer materiellen Konkretisierung der Organhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159

C. Haftung für Auswahl-, Ausrichtungs- und Überwachungs verschulden beim Einsatz von Verrichtungsgehilfen, §  831 BGB . . 160 I. Verschuldenshaftung als (unvollständige) Verwirklichung funktionaler Zurechungsprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 II. Rechtspolitische Kritik und „korrigierende“ Tendenzen in der Rechtsanwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 III. Bedürfnis nach einer einheitlichen materiellen Fundierung des dogmatisch uneinheitlichen Schutzes des Integritätsinteresses . . . 164

D. Zusammenfassung und weiterer Gang der Untersuchung . . . . . . . 165

§  2 Begründungsansätze anderer Rechtsordnungen . . . . . . . . . . . . 166 A. Legitimation der Verantwortlichkeit für Gehilfenfehler im Rechtskreis des common law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167

I. Sicherung des Leistungsinteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vertragsbruch und Rechtsbehelfe in ihrer Bedeutung für die Gehilfenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausschluss der Rechtsbehelfe trotz Nichteinhaltung des Versprechens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundregel bei Vereitelung der Vertragserfüllung . . . . . . . . b) Einstandspflicht für Gehilfen im Besonderen . . . . . . . . . . . c) Befund und Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

167 167 168 168 171 172

II. Verantwortlichkeit für Dritte jenseits vertragsrechtlicher Einstandspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 1. Vicarious liability des Geschäftsherrn . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Präzedenzien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Risiko-Nutznießung und die Parallele zur strict liability . . (2) Sicherung der Kompensation des Opfers . . . . . . . . . . . (3) Schadensstreuung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Weitere Fälle der Verantwortlichkeit für Drittschädigungen, insbesondere Haftung für selbständige Unternehmer und Produkthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

172 174 175 175 176 178

179

XIV

Inhaltsverzeichnis

a) Haftung für selbständige Unternehmer . . . . . . . . . . . . . . (1) Ausdehnung des Auswahlverschuldens . . . . . . . . . . . . (2) Nicht delegierbare Pflichten zur Schadensvermeidung als Grundlage einer faktisch verschuldensunabhängigen Haftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . i. Das einschlägige Fallrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . ii. Legitimationsansätze in der Literatur . . . . . . . . . . . b) Produkthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Strikte Verantwortlichkeit für Produktfehler und implizite Haftung für Gehilfenversagen . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Ökonomischer Charakter bzw. Unergiebigkeit der angeführten Gründe für eine verschuldensunabhängige Produkthaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

179 180

181 181 182 184 184

186

B. Normative Fundamente der Verantwortlichkeit für Gehilfenfehler im französischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187

I. Sicherung des Leistungsinteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die eingeschränkte Erfolgsgarantie bei den obligations de résultat a) Grundlegende Einteilung der Obligationstypen . . . . . . . . . b) Verpflichtungswille als Grundlage der Einstandspflicht . . . . . 2. Allgemeines Prinzip der Haftung für Gehilfenfehler als Fortentwicklung spezieller Zurechnungsnormen . . . . . . . . . . II. Gewährleistung des Integritätsinteresses . . . . . . . . . . . . . . . 1. Obligation de securité und Sperrwirkung des vertragsrechtlichen Haftungsregimes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Haftung für Verrichtungsgehilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Produkthaftung und action directe gegen den Hersteller . . . . . .

188 188 188 189 191 193 193 194 196

C. Vergleichende Bewertung und Fortgang der Untersuchung . . . . . 197

Kapitel 4: Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen . . 199 §  1 Ökonomik der deliktsrechtlichen Verantwortlichkeit für Drittverhalten und allgemeine Ziele des Haftungsrechts . . . . 200 A. Kontrolle des Prinzipals über das vom Agenten ausgehende Schadensrisiko als Grundvoraussetzung der Einstandspflicht . . . . 201 I. Agenturtheoretische Grundlagen der Analyse . . . . . . . . . . . . 201 II. Einwirkungsmöglichkeit auf den Handelnden als notwendige Bedingung der Einstandspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202

B. Zusätzliche Kriterien der Haftungsbegründung . . . . . . . . . . . . 203 I. Überlegene Möglichkeiten des Hintermanns zur Risikominimierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

1. Kognitive Vorteile des Prinzipals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

Inhaltsverzeichnis



XV

2. Vorteile interner Sanktionen gegenüber externer Haftung . . . . . 206

II. Überwindung des Problems der Vermögensrestriktion (judgement proof problem) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 III. Risikoaversion natürlicher Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 1. Bedeutung individueller Risikopräferenz für das Recht . . . . . . . 211 2. Relevante Konstellationen im Bereich der Einstandspflicht für Gehilfenverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212

C. Die Relativität ökonomischer Begründungsansätze und die Konsequenzen für die Verantwortlichkeit für Gehilfenfehler . . . . 214

§  2 Funktionen des Vertragsrechts aus Sicht der Ökonomik . . . . . . . 217 A. Vertragsrecht im Licht ökonomischer Markt- und Wettbewerbs theorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217

I. Die Unsichtbare Hand und das Vertragsrecht . . . . . . . . . . . . . 217 II. Privatautonomie und Effizienzdenken im Vertragsrecht . . . . . . 220

B. Funktionen des Vertragsrechts aus Sicht der Ökonomik . . . . . . . 221

I. Ermöglichung und Absicherung der Kooperation . . . . . . . . . . 1. Planmäßiges Wirtschaften und anonyme Transaktionen . . . . . . 2. Anreizwirkung und Verteilung von Risiken . . . . . . . . . . . . . 3. Vertragsrecht und hypothetischer Konsens unter realen Bedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Paternalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Angemessene Offenlegung von Informationen . . . . . . . . . . . . III. Senkung der Transaktionskosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Dispositives Gesetzesrecht und Markttransaktionskosten . . . . . 2. Die hypothetische, vollständige Parteivereinbarung als heuristischer Maßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Abstrakt generelle Regelungen: Marktimitierendes Vertragsrecht und heteronome Präferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Nachverhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Wünschenswertes Ausmaß effizienter Lückenfüllung . . . . . . . . IV. Außerrechtliche Kooperationssicherung (Relationale Verträge) . . 1. Außerrechtliche Mechanismen der Kooperationssicherung . . . . . 2. Missbrauchspotentiale und Relationalität der Austausch beziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

222 222 225 226 229 229 232 232 233 234 237 238 239 239 241

§  3 Die Einstandspflicht für Dritte als Bestandteil eines ökonomisch rationalen Vertragsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 A. Ökonomik des Leistungsstörungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . 245

I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246

XVI

Inhaltsverzeichnis

1. Effiziente Risikoverteilung als übergeordnetes Ziel des Leistungs störungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zielverwirklichung durch leistungsstörungsrechtliche Sanktionen II. Die Determinanten des Parteiverhaltens im Einzelnen . . . . . . . 1. Verhaltensanreize auf Seiten des Schuldners . . . . . . . . . . . . . a) Die Grundentscheidung: ordnungsgemäße Erfüllung oder Pflichtwidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Der Anreiz zur effizienten Vertragserfüllung als Maßstab leistungsstörungsrechtlicher Sanktionen . . . . . . . . . . . i. Effizienzziel, Vertragsbruch und leistungsstörungs rechtlicher Anreiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ii. Bedeutung des Verfahrens der Rechtsdurchsetzung . . . (2) Nachverhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Mehrstufige Erfüllungsbemühungen . . . . . . . . . . . . . b) Vorsorgemaßnahmen zur Sicherung der eigenen Leistungsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Maßnahmen zur Beseitigung bekannter Risiken . . . . . . . i. Rechtliche Sanktionen nicht-ordnungsgemäßer Erfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ii. Marktförmige Sanktionen nicht-ordnungsgemäßer Erfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Erwerb von Informationen über potentielle Erfüllungs hindernisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhaltensanreize auf Seiten des Gläubigers . . . . . . . . . . . . . a) Investitionen in Erwartung der Erfüllung . . . . . . . . . . . . . (1) Steigerung des Kooperationsgewinns durch Investitionen des Gläubigers in Erwartung der Erfüllung . . . . . . . . . . (2) Überinvestitionen als Folge einer Versicherung des Gläubigers gegen Nichterfüllungsschäden . . . . . . . . . . (3) Anreizeffekte der prozessualen Durchsetzung leistungs störungsrechtlicher Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Gläubigerinvestitionen und Nachverhandlungen . . . . . . b) Ex ante Maßnahmen zur Minimierung des Nichterfüllungs schadens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ex post Maßnahmen zur Minimierung des Nichterfüllungs schadens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Risikopräferenz und Risikoallokation . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Optionale Versicherung bei heterogenen Risikopräferenzen . . b) Risikoallokation und Anreizwirkung . . . . . . . . . . . . . . .

246 248 250 250 250 250 250 256 258 260 262 262 262 264 265 266 266 266 267 268 269 269 271 271 271 272

III. Folgerungen für die Einstandspflicht für das Fehlverhalten von Erfüllungsgehilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273

B. Ökonomik des Gewährleistungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275

I. Investitionstheorie der Gewährleistung . . . . . . . . . . . . . . . . 275



1. Gewährleistung als Versicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276

Inhaltsverzeichnis



XVII

2. Gewährleistung als Instrument der Verhaltenssteuerung . . . . . . 277

II. Gewährleistung als Qualitätssignal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 III. Folgerungen für die Einstandspflicht für das Fehlverhalten von Erfüllungsgehilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278

C. Ökonomik der Informationsverantwortlichkeit im Vertragsrecht . 279 I. Informationsökonomik, Zielkonflikt der Informationspolitik und privatrechtliche Verteilung der Informationsverantwortung . 280 1. Das Problem der Unterversorgung mit Information . . . . . . . . . 2. Ziele ökonomisch rationaler Informationspolitik . . . . . . . . . . 3. Folgerungen für die privatrechtliche Verteilung der Informations verantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Informationsverantwortlichkeit im Vertragsrecht . . . . . . . . . . 1. Komparativer Kostenvorteil, Vertrauensprämie und Reichweite der Informationsverantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Informationskosten und Vertrauensprämie . . . . . . . . . . . . b) Korrelation von Vertrauensprämie und Reichweite der Informationsverantwortlichkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Informationsverantwortlichkeit und Anreize zur Beschaffung und Verwertung von Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Wertsenkende Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Werterhöhende Informationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Keine Aufklärungspflicht bei produktiven Informationen . (2) Aufklärungspflicht des Erwerbers zur Sicherung der Informationsverwertung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Aufklärungspflicht bei unproduktiven Informationen, insbesondere Vorauswissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zufallsinformationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

280 282 283 284 285 285 287 287 288 290 290 290 291 292

III. Folgerungen für die Einstandspflicht für das Fehlverhalten von Hilfspersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294

D. Verantwortlichkeit für Gehilfen im Spiegel der Ökonomik und Konsequenzen für Fortgang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . 295

Kapitel 5: Arbeitsteilung und positives Recht . . . . . . . . . . . . . . 297 §  1 Schutz des Leistungsinteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 A. Herausforderung durch leistungsstörungsrechtliche Formenvielfalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 I. Implizite und explizite Verhaltenszurechnung im Leistungs störungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 II. Verantwortlichkeit für Gehilfenfehler und Grenzen des Erfüllungsanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302

XVIII

Inhaltsverzeichnis

III. Konsequenzen und Fortgang der Untersuchung . . . . . . . . . . . 305

B. Einstandspflicht für Dritte im Rahmen des Erfüllungsanspruchs . . 306

I. Objektive Unmöglichkeit und Unmöglichkeit für den Schuldner . 1. Wegfall der Leistungspflicht bei objektiver und subjektiver Unmöglichkeit als Reaktion auf vorpositive Gegebenheiten . . . . a) Objektive Unmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Unmöglichkeit für den Schuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Folgerungen und Fortgang der Untersuchung . . . . . . . . . . 2. Orientierung am Schuldinhalt als Einfallstor normativer Risikozuweisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Versprechensinhalt als Determinante der Anwendung des §  275 Abs.  1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Nachlieferungszwang beim Stückkauf und Unmöglichkeits einwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Ökonomik des Einwands der Unmöglichkeit im Lichte arbeitsteiliger Leistungserbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Präventionsanreize im Hinblick auf nachteilige Folgen nicht ordnungsgemäßer Erfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Präferenzgerechte Zuweisung des Risikos nicht ordnungs gemäßer Erfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Kompatibilität der ökonomischen Sicht mit der Dogmatik des Unmöglichkeitseinwands . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Leistungserschwernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einrede wegen Überschreitens der Zumutbarkeitsschwelle, §  275 Abs.  2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grobes Missverhältnis zwischen Erfüllungsaufwand und Leistungsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Leistungsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Erfüllungsaufwand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Vertretenmüssen als Determinante der Zumutbarkeitsschwelle e) Anwendung des §  275 Abs.  2 BGB im Licht arbeitsteiliger Leistungserbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vertragstypische Grenzen der Leistungspflicht, §§  439 Abs.  3, 635 Abs.  3 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Struktur der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schwelle absolut unverhältnismäßiger Kosten . . . . . . . . . . (1) Die Grenze der Nacherfüllungspflicht im nationalen Recht (2) Totalverweigerung und Sekundärrecht . . . . . . . . . . . . c) Anwendung im Hinblick auf die arbeitsteilige Leistungs erbringung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

307 307 307 308 311 311 311 313 316 317 319 321 323 323 324 329 332 335 338 339 340 341 342 345 348

III. Ergänzende Vertragsauslegung und Störung der Geschäftsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349

1. Ergänzende Vertragsauslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 2. Störung der Geschäftsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350

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XIX

a) Anwendungsbereich der Geschäftsgrundlagenlehre . . . . . . . 351 b) Parallele Steigerung von Erfüllungsaufwand und Leistungsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355

IV. Ökonomisch rationale Einstandspflicht für Dritte im Rahmen des Naturalerfüllungsanspruchs und Fortgang der Untersuchung 360

C. Einstandspflicht für Dritte im Rahmen des Schadens ersatzanspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 362

I. Struktur der vertraglichen Schadensersatzhaftung . . . . . . . . . . 1. Einheitlicher Anspruch auf Schadensersatz wegen Pflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Pflichtverletzung und Vertretenmüssen . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unmöglichkeit und verwandte Tatbestände . . . . . . . . . . . . b) Nichterfüllung und Schlechtleistung . . . . . . . . . . . . . . . 3. Pflichtverletzung und Zurechnung als Determinanten der Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

363 363 365 365 368 370

II. Haftung bei Ausschluss der Leistungspflicht, Nichterfüllung und nicht rechtzeitiger Erfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371

1. Eigene Verantwortlichkeit des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . a) Regelverantwortlichkeit für eigenes Verschulden . . . . . . . . . b) Überwachungs-, Vorsorge- und Abwendungspflichten . . . . . c) Übernahme eines Beschaffungsrisikos . . . . . . . . . . . . . . 2. Zurechnung des Verhaltens von Erfüllungsgehilfen . . . . . . . . . a) Handeln eines Erfüllungsgehilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bedienen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit . . . . . . . . . . c) Tätigkeit im Pflichtenkreis des Schuldners . . . . . . . . . . . . d) In Erfüllung der Verbindlichkeit (nicht nur bei Gelegenheit) . . e) Verschulden des Erfüllungsgehilfen . . . . . . . . . . . . . . . . III. Haftung wegen nicht wie geschuldet erbrachter Leistung . . . . . 1. Eigene Verantwortlichkeit des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . a) Überwachungs-, Vorsorge- und Abwendungspflichten . . . . . b) Übernahme einer Garantie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zurechnung des Verschuldens von Erfüllungsgehilfen . . . . . . . a) Bedienen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit . . . . . . . . . . b) Tätigkeit im Pflichtenkreis des Schuldners . . . . . . . . . . . . IV. Mitverantwortlichkeit des Gläubigers und seiner Leute . . . . . . . 1. Bilaterale Verantwortlichkeit im Leistungsstörungs- und Schadensrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Totalbefreiung des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Naturalerfüllung durch den Schuldner . . . . . . . . . . . . . . c) Schadensersatzhaftung des Schuldners . . . . . . . . . . . . . . 2. Anspruchskürzung wegen eigenen oder zurechenbaren fremden Mitverschuldens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Systematik und Zielrichtung der Mitverantwortlichkeit . . . . . b) Unmittelbare Mitverantwortlichkeit des Gläubigers . . . . . . .

372 372 376 379 383 384 386 393 398 401 405 406 406 410 412 413 413 415 416 416 417 419 423 423 425

XX

Inhaltsverzeichnis

c) Zurechnung fremder Verantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . 426

D. Verantwortlichkeit des Verkäufers für Hersteller und Vorlieferanten als Illustration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427

I. Reichweite des Sachproblems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 II. Pflicht zur Naturalerfüllung (Nacherfüllungsanspruch) . . . . . . 429 III. Schadensersatzhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430



1. Unmittelbare Verantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430 2. Verschuldenszurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431

§  2 Gewährleistung (vorvertraglicher) Informationsinteressen . . . . 436 A. Zuweisung von Informationsverantwortlichkeit durch unterschiedliche Rechtsinstitute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 B. Anfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438 I. Anreizwirkung der Nichtigkeitsfolge für die arbeitsteilige Wahrnehmung der Informationsverantwortung . . . . . . . . . . . 439 1. Anreizwirkung der Gewährung und Verweigerung von Lösungsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anreizwirkung und ökonomisch rationale Informations verantwortlichkeit bei Arbeitsteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Weitergehende und alternative Risikozuweisung durch Schadensersatzansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Irrtumsanfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Eigenschaftsirrtum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Verständnis des Eigenschaftsirrtums in der zivilrechtlichen Irrtumslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Verkehrswesentlichkeit als normativer Schlüsselbegriff . . c) Materielle Kriterien der Risikozuweisung bei nicht geäußerter Eigenschaftserwartung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Verkehrswesentlichkeit, Informationsverantwortung und Arbeitsteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Schadensersatzhaftung des Anfechtungsberechtigten und Ausschluss der Kompensation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bedeutung der Haftung und des Ausschlusstatbestands nach §  122 BGB für die Informationsverantwortlichkeit . . . . . . . b) Konkurrierende Haftung wegen Verschuldens bei Vertrags verhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Informationsverantwortung im Irrtumsrecht bei Arbeitsteilung . III. Arglistanfechtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Zentralität der Informationspflichten für die erfassten Täuschungshandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Informationspflichtwidrigkeit der Fehlvorstellung als normative Verbindung von aktivem Tun und Unterlassen . . . .

439 439 440 441 442 443 444 445 449 451 452 455 457 457 458 458

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b) Arglisterfordernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verantwortlichkeit für Täuschungen durch Dritte . . . . . . . . . . a) Unbedingte Zurechnung von Täuschungen durch Personen im Verantwortungsbereich des Erklärungsempfängers . . . . . b) Kenntnis und Kennenmüssen des Erklärungsempfängers . . . .

XXI 460 461 461 464

C. Haftung für fahrlässige Informationspflichtverletzung . . . . . . . . 464 I. Nebeneinander von Arglistanfechtung und Verantwortlichkeit für fahrlässige Informationspflichtverletzungen . . . . . . . . . . . 466 II. Zurechenbare Verletzung von Informationspflichten bei der arbeitsteiligen Vertragsanbahnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 468 1. Einteilung und Begründung vorvertraglicher Informations pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Einheit und Vielheit in der Dogmatik der Informations pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Wahrheits-, Aufklärungs- und Informationsbeschaffungs pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Pflichten zur Aufklärung über vorhandenes Wissen . . . . . . . d) Pflichten zur Informationsbeschaffung . . . . . . . . . . . . . . (1) Einheitliches normatives Fundament . . . . . . . . . . . . . (2) Informationsbeschaffung als Grundlage geschuldeter Aufklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Informationsbeschaffung und Wahrheitspflicht . . . . . . . 2. Eigene Verantwortlichkeit des Vertragsschließenden . . . . . . . . 3. Zurechnung fremden Fehlverhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zurechnungstragende Sonderverbindung . . . . . . . . . . . . . b) Bedienen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit . . . . . . . . . . c) Tätigkeit im Pflichtenkreis des Erklärungsempfängers . . . . . d) Verschuldenszurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Mitverantwortlichkeit des Irrenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

469 469 470 474 480 480 481 483 486 486 487 489 490 492 493

D. Verbraucherrechtliche Widerrufsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494 I. Eingeschränkte Bedeutung der Arbeitsteilung im Rahmen des verbraucherrechtlichen Schutzes der Entscheidungsfreiheit . . . . 495 1. Konsequenzen der situativen und vertragsgegenstandsbezogenen Legitimation von Widerrufsrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Einfluss von Aufklärungs- und Informationspflichten auf das Widerrufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verbundene Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Differenzierte Risikozuweisung bei verbundenen Geschäften . . . 1. Finanzierungszweck des Darlehens . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wirtschaftliche Einheit zwischen Bargeschäft und Darlehen . . . . a) Vermutungstatbestand des „sich Bedienens“ . . . . . . . . . . . b) Grundtatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sonderregelung für finanzierten Immobilienerwerb . . . . . . .

495 498 499 500 501 502 502 506 506

XXII

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3. Widerrufsdurchgriff trotz Fehlen einer wirtschaftlichen Einheit . 508

E. Vertrieb von Immobilienanlagen („Schrottimmobilien“) . . . . . . . 509

I. Verantwortung bei Verletzung von Informationspflichten . . . . . 510 1. Erfüllungsgehilfeneigenschaft Dritter im Strukturvertrieb . . . . . 2. Tätigkeit im Pflichtenkreis des Darlehensgebers . . . . . . . . . . . a) Aufklärung über Darlehensrisiken . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Belehrung über das Widerrufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . .

511 512 512 514

II. Verantwortung als Folge von Widerrufs-, Einwendungs- und Rückforderungsdurchgriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515

§  3 Sicherung des Integritätsinteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 517 A. Schadensersatz als zentrale, vertragsrechtliche Sanktion der Verletzung des Integritätsinteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 518 B. Auswahl- und Überwachungspflichten des Schuldners . . . . . . . . 520 C. Zurechnung des Verhaltens von Erfüllungsgehilfen . . . . . . . . . . 522

I. Einschalten durch den Schuldner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523 II. Zur Erfüllung einer Schuldnerverbindlichkeit . . . . . . . . . . . . 524

Kapitel 6: Arbeitsteilung und Verantwortlichkeit im europäischen Vertragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 527 §  1 Gemeinschaftsprivatrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 529 A. Wissenschaftliche Systematisierungen des geltenden Gemeinschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 529 B. Gewährleistung beim Verbrauchsgüterkauf, Informationspflichten und Widerrufsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531

§  2 Gemeinsamer Referenzrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 534 A. Schutz des Leistungsinteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535

I. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535 II. Erfüllungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536 III. Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 538



1. Die Erfüllung ausschließende Hinderungsgründe . . . . . . . . . . 538 2. Leistungserschwernis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 540

B. Informationsverantwortung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 542

I. (Vorvertragliche) Aufklärungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . 542 II. Informationserzwingende Widerrufsrechte . . . . . . . . . . . . . . 543

Inhaltsverzeichnis

XXIII

C. Integritätsinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543

Kapitel 7: Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . 545 §  1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 545 §  2 Entwicklungsstränge der Verantwortlichkeit für Erfüllungs gehilfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 546 §  3 Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurisprudenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 547 §  4 Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen . . . . . . . . . . . 550 §  5 Arbeitsteilung und positives Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553 §  6 Arbeitsteilung und Verantwortlichkeit im europäischen Vertragsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 558 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 559 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 619

Abkürzungsverzeichnis a. articulus a.A. anderer Ansicht A.2d Atlantic Reporter, Second Series ABl. Amtsblatt Abs. Absatz ABGB Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch AbzG Abzahlungsgesetz A. C. Law Reports, Appeal Cases (Third Series) AcP Archiv für die civilistische Praxis a. E. am Ende a. F. alte Fassung Afr. Africanus Ala. L. Rev. Alabama Law Review Alex. Alexander Severus Alf. Alfenus Allg. Allgemeine/r ALR Allgemeines Landrecht für die Preußischen Staaten Am. Econ. Ass’n Papers Papers and proceedings of the annual meeting of the American   & Proc.   Economic Association Am. Econ. Rev. American Economic Review Am. J. Comp. L. American Journal of Comparative Law Am. J. Juris. American Journal of Jurisprudence Am. L. Rev. American Law Review Am. Soc. Rev. American Sociological Review Ant. Antoninus AöR Archiv des öffentlichen Rechts A. P. Assemblée plénière de la Cour de cassation App.Cas. Appeal Cases ArbGG Arbeitsgerichtsgesetz Art. Artikel/article AT Allgemeiner Teil Aufl. Auflage Ariz. L. Rev. Arizona Law Review B. & S. Best and Smith’s Queens Bench Reports BaföG Berufsausbildungsförderungsgesetz BB Betriebs Berater Bd. Band Bearb. Bearbeiter Begr. Begründer BegrRegE Begründung des Regierungsentwurfs Bell J. Econ. Bell Journal of Economics BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGH Bundesgerichtshof BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen BKR Zeitschrift für Bank und Kapitalmarktrecht

XXVI BT-Drucks. Bull. Civ. bzw. C. Cal. L. Rev. cap. Cass. civ. Case W. Res. L. Rev. C. B. N. S. C. civ. C. C. C. Cels. CESL CFR chap. Ch.D. Chi.-Kent L. Rev. Civ. 1re, 2e, 3e CLP CPR Cir. CISG Cl. & F. CLJ CMBC Coll. Colum. L. Rev. Com. Const. Pol. Econ. Cornell L. Rev. C. P. Ct.App. D. DAR DB DCFR ders. d. h. Diocl. D. P. disp. DJT DNotZ DStR Duke L. J. EBOR Econ. Econ. Hist. Rev. EG EGBGB Emory L. J. endg. Eos ERA ERCL

Abkürzungsverzeichnis Bundestagsdrucksache Bulletin des arrêts de la Cour de cassation (chambres civiles) beziehungsweise Codex Iustinianus California Law Review Caput/capitulum Cours de cassation, chambre civil Case Western Reserve Law Review Common Bench Reports, New Series Code civil Revue Contrats-concurrence-consommation Celsus Common European Sales Law Common Frame of Reference Chapitre Law Reports, Chancery Division (2d Series) Chicago-Kent Law Review Chambres civil de la Cour de cassation Current Legal Problems Civil Procedure Rules Circuit Connvention on Contracts for the International Sale of Goods Clarks & Finelly’s House of Lords Cases Cambridge Law Journal Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis Mosaicarum et Romanorum legume collatio Columbia Law Review Chambre commercial de la Cour de cassation Constitutional Political Economy Cornell Law Review Common Pleas Court of Appeals Digesten/Dalloz recueil Deutsches Autorecht Der Betrieb Draft Common Frame of Reference derselbe das heißt Diocletianus Recueil périodique et critique Dalloz disputatio Deutscher Juristentag Deutsche Notar-Zeitschrift Deutsches Steuerrecht Duke Law Journal European Business Organization Law Review Economic(s), Economy Economic History Review Europäische Gemeinschaft(en) Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Emory Law Journal endgültig commentarii Societatis Philologae Polonorum Europäische Rechtsakademie European Review of Contract Law

Abkürzungsverzeichnis ERPL Eur. J. Law & Econ. EuGH Eur. L. Rev. EuZW EWiR EWS Exch. f. Fed. R. Civ. P. FernabsG Fernabs-RL FernUSG FinanzDLFernabs-RL ff. F.2d Fla. St. U. L. Rev. Flor. Fn. Gai. GEK Geo. L. J. GPR Gl. GrünhutsZ H. & N. Harv. Int’l L. J. Harv. J. L. & Pub. Pol’y Harv. L. Rev. Hastings Int’l & Comp.   L. Rev. Hastings L. J. HaustürW-RL HKK-BGB h. M. Hofstra L. Rev. Hrsg. ibid. ICLQ i.e. Ill. L. Rev. Index Ind. L. J. Inst. Int’l Rev. L. & Econ. Iowa L. Rev. Israel L. Rev. i.Ü. Iul. Iura JA J. Behav. Decision Making J. Bus. J. Conflict Resol. J. Corp. L.

XXVII

European Review of Private Law European Journal of Law and Economics Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften European Law Review Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht Court of Exchequer Chamber folgende Federal Rules of Civil Procedure Fernabsatzgesetz Fernabsatz-Richtlinie Fernunterrichtsschutzgesetz Finanzdienstleistungenfernabsatz-Richtlinie fortfolgende Federal Reporter, Second Series Florida State University Law Review Florus Fussnote Gaius Gemeinsames Europäisches Kaufrecht Georgetown Law Journal Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht Glosse Zeitschrift für das Privat- und öffentliche Recht der Gegenwart Hurlstone & Norman’s Exchequer Reports Harvard International Law Journal Harvard Journal of Law and Public Policy Harvard Law Review Hastings International and Comparative Law Review Hastings Law Journal Haustürwiderrufs-Richtlinie Historisch-kritischer Komentar zum BGB herrschende Meinung Hofstra Law Review Herausgeber ibidem International and Comparative Law Quarterly id est Illinois Law Review Quaderni camerti di studi romanistici Indiana Law Journal Institut(e, iones) International Review of Law and Economics Iowa Law Review Israel Law Review im Übrigen Iulianus Rivista internazionale di dritto romano e antico Juristische Ausbildung Journal of Behavioral Decision Making The Journal of Business Journal of Conflict Resolution Journal of Corporation Law

XXVIII JCP jdf. J. Econ. Behav. & Org. J. Econ. Lit. J. Econ. & Mgmt Strat. J. Econ. Persp. J. Econ. Theory J. Fin. Econ. J. Fin. Mkts. JherJ J. Indust. Econ. J. Int’l L. & Pol. JITE J. L. & Econ. J. L. Econ. & Org. J. Legal Stud. J. Money, Credit   & Banking J. Pol. Econ. J. Pub. Econ. JR JURA JuS JW JZ K. B. KOM Lab. lib. LM LMK LQR L. R. L. & Soc. Inquiry L. T. LZ M. & W. Md. L. Rev. MDR Mich. L. Rev. Minn. L. Rev. MLR Mot. MschrKrim m. w. N. n. NBER N. E. Ner. NJ NJW Nr. NuR N. W.

Abkürzungsverzeichnis Juris-Classeur périodique jedenfalls Journal of Economic Behavior and Organization Journal of Economic Literature Journal of Economic and Management Strategy Journal of Economic Perspectives Journal of Economic Theory Journal of Financial Economics Journal of Financial Markets Jherings Jahrbücher der Dogmatik des bürgerlichen Rechts Journal of Industrial Economics Journal fo International Law and Politics Journal of Institutional and Theoretical Economcis Journal of Law and Economics Journal of Law, Economics and Organization Journal of Legal Studies Journal of Money, Credit and Banking Journal of Political Economy Journal of Public Economics Juristische Rundschau Juristische Ausbildung Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung Law Reports, King’s Bench (1901–1952) Kommissionsdokument Labeo liber Lindenmaier-Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs Kommentierte BGH-Rechtsprechung, Lindenmaier-Möhring Law Quarterly Review Law Reports Law and Social Inquiry Law Times Reports Leipziger Zeitschrift für Deutsches Recht Meeson & Welsby’s Exchequer Reports Maryland Law Review Monatsschrift für deutsches Recht Michigan Law Review Minnesota Law Review Modern Law Review Motive zu dem Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das   Deutsche Reich Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform mit weiteren Nachweisen nota National Bureau of Economic Research North Eastern Reporter Nerva Neue Justiz Neue Juristische Wochenschrift Nummer Natur und Recht North Western Reporter

Abkürzungsverzeichnis Nw. U. L. Rev. NZM NZV o. ä. Ohio St. L. J. OJLS Okla. L. Rev. O. R. Org. Behav. & Hum.   Decision Proc. P. part. Paul. PECL Phil. & Pub. Aff. Phil. Q. Phil. Rev. Pomp. pr. PrEisenbahnG PrGS Prot. PrPostG q. QB Q. B. D. Q. J. Econ. RabelsZ RAND J. Econ. RDC Rdnr. Rép. Civ. Res. L. & Econ. Rest. Rev. Econ. Stud. Rev. rech. jur. RG RGRK RGZ RHaftpflG RheinZ RIDA RIW RJ RRa Rs. RTD civ. S. S. C. L. Rev. S.  Cal. Interdisc. L. J. S.  Cal. L. Rev. S. E.

XXIX

Northwestern University Law Review Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht oder ähnlich Ohio State Law Journal Oxford Journal of Legal Studies Oklahoma Law Review Ontario Reports Organizational Behavior and Human Decision Process Pacific Reporter partie Paulus Principles of European Contract Law Philosophy and Public Affairs The Philosophical Quarterly Philosophical Review Pomponius principium Preußisches Gesetz über Eisenbahn-Unternehmungen vom   3. November 1838 Gesetzessammlung für die königlich preußischen Staaten Protokolle der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs   des BGB Preußisches Gesetz über das Postwesen vom 5. Juni 1852 quaestio Law Reports, Queen’s Bench (Third Series) Law Reports, Queen’s Bench Division Quarterly Journal of Economics Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privat  recht RAND Journal of Economics Revue des contrats Randnummer Répertoire de droit civil Research in Law and Economics Restatement Review of Economic Studies Revue de la recherche juridique Reichsgericht Reichsgerichtsrätekommentar Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Reichshaftpflichtgesetz Rheinische Zeitschrift für Zivil- und Prozeßrecht Revue international des droits de l’antiquité Recht der Internationalen Wirtschaft Rechtshistorisches Journal Reiserecht aktuell Rechtssache Revue trimestrielle de droit civile Siehe/Seite/Section South Carolina Law Review Southern California Interdisciplinary Law Journal Southern California Law Review South Eastern Reporter

XXX Sec. SeuffA SDHI Slg. Stan. L. Rev. Sup. Ct. Rev. S. W. S. W.2d SZ SZVS Tex. L. Rev. TranspR TRIPS UCC U. Chi. L. Rev. UCLA L. Rev. U. Ill. L. Rev. Ulp. UPA U. Pa. L. Rev. U. Pa. J. Bus. & Emp. L. U. S. U. S. C. U. Toronto L. Rev. v. Va. L. Rev. Vand. L. Rev. VerbrGK-RL VerbrKrG VerbrKr-RL VerbrR-RL VersR vgl. VjSchr. WarnR Wash. Wils. K. B. Wis. L. Rev. WLR WpHG WuB Yale L. J. z. B. ZEuP ZfRV ZGB ZgeschRWiss ZGR ZGS ZHR ZIP

Abkürzungsverzeichnis Section Seufferts Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte in den   deutschen Staaten Studia et documenta historiae et iuris Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofs Stanford Law Review Supreme Court Review South Western Reporter South Western Reporter, Second Series Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, romanisti  sche Abteilung Schweizerische Zeitung für Volkswirtschaft und Statistik Texas Law Review Transportrecht Trade Related Aspects of Intellectual Property Rights Uniform Commercial Code University of Chicago Law Review University of California at Los Angeles Law Review University of Illinois Law Review Ulpianus Uniform Partnership Act (1997) University of Pennsylvania Law Review University of Pennsylvania Journal of Business and Employment   Law United States Reports United States Code University of Toronto Law Review vom/von/versus Virginia Law Review Vanderbilt Law Review Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie Verbraucherkreditgesetz Verbraucherkredit-Richtlinie Verbraucherrechte-Richtlinie Versicherungsrecht – Zeitschrift für Versicherungsrecht,   Haftungs- und Schadensrecht vergleiche Vierteljahrschrift Warneyers Jahrbuch der Entscheidungen Washington Reports Wilson’s King’s Bench and Common Pleas Reports Wisconsin Law Review Weekly Law Reports Wertpapierhandelsgesetz Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht Yale Law Journal zum Beispiel Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Rechtsvergleichung Zivilgesetzbuch Zeitschrift für geschichtliche Rechtswissenschaft Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Schuldrecht Zeitschrift für das gesamte Handels- und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

Inhaltsverzeichnis ZNR ZPO z.T. ZVersWiss ZVglRWiss ZWS

Zeitschrift für neuere Rechtsgeschichte Zivilprozessordnung zum Teil Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft Zeitschrift für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften

XXXI

Kapitel 1

Grundlagen

§  1  Untersuchungsgegenstand und Erkenntnisinteresse Die positiven Wohlfahrtseffekte der Arbeitsteilung und ihre organisatorischen Konsequenzen auf der Angebotsseite haben bereits früh die Aufmerksamkeit der Ökonomen auf sich gezogen. Die hierarchische Koordination der Ressourcenal­ lokation im Unternehmen hat eine ausdifferenzierte und juristisch im Wesent­ lichen rezipierte, theoretische Behandlung erfahren.  Demgegenüber erschließt    Vorteile der Arbeitsteilung liegen vor allem in den Produktivitätsgewinnen durch die Ver­ besserung der Fertigkeiten spezialisierter Akteure (learning by doing), den realisierbaren Skale­ neffekten (economies of scale) und der Ausnutzung komparativer Vorteile (comparative advantages). Paradigmatisch ist die Beschreibung der Nadelfabrikation durch Adam Smith, An In­ quiry into the Nature and Causes of The Wealth of Nations, Campell/Skinner/Todd (Hrsg.), Glasgow Edition, Bd.  1, 1976, I.i. Rdnr.  3., S.  14 f. Prägend für das Verständnis des arbeitsteiligen Unternehmens unter Effizienzgesichtspunkten (Transaktionskostenersparnis durch hierar­ chische Ressourcenallokation im Unternehmen) Coase, 4 Economica 386 (1937).    Obwohl bereits Adam Smith den grundlegenden Konflikt skizzierte (An Inquiry into the Nature and Causes of The Wealth Wealth of Nations, Campell/Skinner/Todd (Hrsg.), Glasgow Edition, Bd.  2, 1976, V.1.e Rdnr.  18, S.  741), wird herkömmlich die erste tiefgreifende Beschrei­ bung der für die modernen Publikumsgesellschaften kennzeichnenden Trennung von Anteils­ eignerschaft und Geschäftsleitung Adolph Berle und Gardiner Means (The Modern Corporati­ on and Private Property, 1932) zugeschrieben; die Autoren sind dabei freilich gerade in ihrer allgemeinen Problemsicht nicht unerheblich von Walther Rathenau (Von kommenden Dingen, 1917, S.  141 ff.) beeinflusst, wie nicht zuletzt einige wörtliche Zitate aus dessen Werk belegen, vgl. ibid., S.  352; sowie jetzt auch K. W. Nörr, ZHR 172 (2008) 133, 141. Die heute wirkmächtige Methode, den aus der Trennung erwachsenden Konflikt zu analysie­ ren (Agenturtheorie), geht zurück auf Jensen/Meckling, 3 J. Fin. Econ. 305 (1976), deren Grund­ gedanken aber bereits bei Steinitzer (Ökonomische Theorie der Aktiengesellschaft, 1908, S.  55 ff.; dort auch zur Vorstellung des Unternehmens als Vertragsnexus, ibid. S.  48 f.) aufschei­ nen. Aus heutiger Sicht z. B. Roe in: Ménard/Shirley (Hrsg.), Handbook of New Institutional Economics, 2008, S.  371, 372 ff. Umfassende Aufbereitung und Anwendung auf das deutsche Aktienrecht bei A.Arnold, Die Steuerung des Vorstandshandelns, 2007; als Grundlage, weiter­ führender rechtsvergleichender Untersuchungen dient die Agenturtheorie bei Kraakman/Armour/Davies/Enriques/Hansmann/Hertig/Hopt/Kanda/Rock, The Anatomy of Corporate Law, 2.  Aufl., 2009. Zu auf Alchian/Densetz, 62 Am.Econ.Rev 772 (1972) zurückgehenden neueren Ansätzen, die den Charakter der Beiträge der einzelnen stakeholder zum Unternehmenserfolg als spezi­ fische Investition (specific investment) betonen und auf diese Weise den durch die Agenturtheo­ rie suggerierten, harten Interessengegensatz der Beteiligten zugunsten einer gemeinschaftlichen Sicht des Produktionsprozesses (team production) auflösen, Blair/Stout, 85 Va. L. Rev. 247 (1999); Wallman, 24 J. Corp. L. 807 (1999); zusammenfassend, Blair/Stout, Specific Investment and Corporate Law, 7 EBOR 473 (2006). Die Konzeption dient als Ausgangspunkt für erhel­ lende rechtsvergleichende Überlegungen bei Gelter, 50 Harv. Int’l L. J. 129 (2009). Wichtige Impulse erfuhr die ökonomische Theorie des Unternehmens durch neuere Überle­ gungen zum notwendig unvollständigen Charakter der auf den Verband als Nexus bezogenen

§  1  Untersuchungsgegenstand und Erkenntnisinteresse



sich ein vergleichbar ausgereiftes, theoretisches Fundament für eine adäquate Ver­ teilung der Risiken aus dem Gehilfeneinsatz im Verhältnis zur Marktgegenseite nicht auf den ersten Blick. Hierin zeigt sich ein gewisser „blinder Fleck“ der – im relevanten Kontext vor allem vom US-amerikanischen Vertragsrecht (contract law) ausgehenden – Rechtsökonomik, die aufgrund der dogmatischen Struktur der leistungsstörungsrechtlichen Verantwortlichkeit im common law das Perso­ nalrisiko nicht als Sonderproblem behandelt. Auch wenn dieser Befund bereits für sich alleine Anlass für eine breit angelegte Untersuchung des Problemkreises sein könnte, lässt sich das verfolgte Anliegen gerade auch aus den originären Zie­ len traditioneller Rechtswissenschaft legitimieren und stellt nicht etwa eine rechtsökonomische l’art pour l’art Übung dar. Es geht darum, die normativen Grundlagen für eine sachgerechte Problembehandlung im Einzelfall sowohl de lege lata als auch de lege ferenda zu sichern. Im Kern verfolgt die vorliegende Untersuchung drei, zum Teil miteinander ver­ wobene Erkenntnisziele. Angestrebt ist zum einen eine verbesserte normative Fundierung der Rechtsfindung im geltenden deutschen Recht. Zum anderen soll ein stringenter Auslegungs- und Bewertungsmaßstab für die gemeineuropäische Rechtsentwicklung gefunden und angelegt werden. Schließlich geht es – als im­ plizites Anliegen – auch darum, die Tragfähigkeit ökonomischer Argumentation im Privatrecht zu illustrieren, insbesondere für Konstellationen, in denen eine sol­ che mit dem Erfahrungsschatz gewachsener Rechtsordnungen verknüpft wird. 

A.  Die Binnenperspektive des deutschen Rechts Die tiefgreifende Umgestaltung bürgerlich-rechtlicher Kernmaterien durch die Schuldrechtsmodernisierung 2002 stellt für die deutsche Rechtswissenschaft eine Herausforderung dar. Ganz unabhängig von der Qualität der Reformgesetzge­ bung zwingt sie zu einer grundlegenden Neujustierung der Rechtsinstitute in den betroffenen Bereichen. Aus berufenem Munde wird nicht von ungefähr schon al­ lein die Darstellung der Grundstrukturen und Problemschwerpunkte des novel­ lierten Leistungsstörungs- und Kaufrechts als „herkulische Aufgabe“ bezeich-   

Verträge, der ein Bedürfnis nach Institutionen der nachträglichen Konfliktbewältigung hervor­ ruft, v. a. in der Sicht auf das Unternehmen als Herrschaftsinstrument bei Williamson, 61 Am. Econ. Rev. 112 (1971); Williamson, Markets and Hierarchies, 1975; Williamson, 19 J. Econ. Lit. 1537 (1981) und als Einheit von Eigentumsrechten bei Grossman/Hart, 94 J. Pol. Econ. 691 (1986); Hart/Moore, J. Pol. Econ. 1119 (1986); Hart, Firms, Contracts and Financial Structure, 1995.    Vgl. auch infra §  2 B III.    Infra A.    Infra B.    Infra §  2.



Kapitel 1:  Grundlagen

net. Es mag vor diesem Hintergrund auf den ersten Blick geradezu kleinmütig erscheinen, sich monographisch mit einem seit Inkrafttreten des BGB in seinen augenscheinlichen positivrechtlichen Grundlagen unverändert gebliebenen Ins­ titut wie der Einstandspflicht für Hilfspersonen im Rahmen von Vertragsbezie­ hungen auseinandersetzen zu wollen. Zu diesem Eindruck passt der vor nicht allzu langer Zeit geäußerte Befund, dass „die Dogmatik des §  278 BGB in Bezug auf das Personalrisiko hinlänglich ausgereift und ausgereizt“ sei. Ein erster Anhaltspunkt dafür, dass sich die eingehende Beschäftigung mit der Verantwortlichkeit für Gehilfen in Vertragsbeziehungen doch lohnen könnte, er­ gibt sich aber schon aus der einfachen Überlegung, dass eine Zurechnungsnorm, die ganz entscheidend auf die aus der betroffenen Sonderverbindung resultierende Pflichtenlage rekurriert, selbstverständlich die Veränderungen des schuldrecht­ lichen Regelungskontexts widerspiegelt. Exemplarisch sei hierfür auf die im jün­ geren Schrifttum vertretene Auffassung hingewiesen, die aus der in §  433 Abs.  1 Satz 2 BGB nunmehr explizit festgeschriebenen Pflicht des Verkäufers zur sach­ mangelfreien Verschaffung auch beim Stückkauf weitreichende Konsequenzen hinsichtlich der Eigenschaft des Produktherstellers als Erfüllungsgehilfe des Ver­ käufers zieht10 und so eine Fragestellung unter Berufung auf die Gesetzesnovelle erneut aufwirft, die seit Jahrzehnten in ständiger Rechtsprechung11 unter weitge­ hender Zustimmung der Literatur12 gegenteilig entschieden wurde. Es kann also trotz des unverändert gebliebenen Wortlauts von §  278 BGB mitnichten davon    Canaris in: E.Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002: Schuldrechtsmodernisierung, 2003, S.  5, 9.    Ohne Rücksicht auf die dogmatische Ausgestaltung im Einzelnen sind sedes materiae des Sachproblems in erster Linie (vgl. aber noch infra Kapitel 5) die §§  31, 278, 831 BGB. Dies gilt neben den organschaftlichen und vertragsrechtlichen Zurechnungstatbeständen auch für die deliktische Einstandspflicht. Diese ist über die Entlastungsmöglichkeit des §  831 Abs.  1 Satz 2 BGB zwar als Haftung für eigenes Verschulden konzipiert, regelt gleichwohl aber ein Zurech­ nungsproblem. Die rechtstechnische Ausgestaltung beruht darauf, dass die zur sachgerechten Bewältigung der Problematik heranzuziehenden Kriterien umstritten waren. Zur Entstehungs­ geschichte hier nur von Bodenhausen, Die Haftung des Geschäftsherrn für Verrichtungsgehil­ fen, 2000, S.  41 ff.; G.Wagner in: Zimmermann (Hrsg.), Grundstrukturen des Europäischen Deliktsrechts, 2003, S.  189, 300 ff. Auch noch infra Kapitel 3 §  1 C. I.    E.Schmidt, Festschrift für Heinrichs, 1998, S.  511, 515. 10   Insbesondere Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  31. Eingehend infra Kapitel 5 §  1 D mit weiteren Nachweisen in Fn.  665. 11   Seit RG v. 4.  1. 1921 – III 259/20, RGZ 101, 152, 154 (dort obiter) z. B. BGH v. 15.  3. 1956 – II ZR 284/54, VersR 1956, 259, 260; BGH v. 22.  2. 1962 – VII ZR 205/60, VersR 1962, 480, 481; BGH v. 21.  6 . 1967 – VIII ZR 26/65, BGHZ 48, 118, 121; BGH v. 25.  9. 1968 – VIII ZR 108/66, NJW 1968, 2238, 2239; BGH v. 9.  2. 1978 – VII ZR 84/77, NJW 1978, 1157. 12   Exemplarisch hier nur H.Westermann, JuS 1961, 333, 341; Diederichsen, Die Haftung des Warenherstellers, 1967, S.  32 ff.; U.Huber, AcP 177 (1977) 281, 305; Wolf in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  278 Rdnr.  34. Es darf freilich nicht verkannt werden, dass bereits vor der Schuldrechtsmodernisierung vereinzelte Stimmen in der Literatur Kritik an der höchstrichter­ lichen Judikatur und h. M. übten, vgl. insbesondere Esser/E.Schmidt, Schuldrecht I/2, 8.  Aufl., 2000, §  27 I 2, S.  96 ff.; für den Werklieferungsvertrag wegen §  651 Abs.  1 Satz 1 BGB a. F. und den besondere Sachkunde in Anspruch nehmenden Verkäufer – im Gegensatz zum bloßen „Ver­ teiler“ – auch Medicus, Bürgerliches Recht, 18.  Aufl., 1999, Rdnr.  8 05, 806.

§  1  Untersuchungsgegenstand und Erkenntnisinteresse



gesprochen werden, die Schuldrechtsmodernisierung habe die Einstandspflicht für Gehilfen im Kontext von Vertragsbeziehungen nicht berührt. Die aus dem Vorgesagten abzuleitende Agenda beschränkte sich unter Umstän­ den jedoch darauf, die gesicherte Dogmatik in dem veränderten Kontext zu ent­ falten, mit anderen Worten, auf eine Überprüfung von Ergebnissen in Einzelfäl­ len, die weitestgehend ohne grundlegende wissenschaftliche Aufbereitung bewäl­ tigt werden könnte. Bei näherem Hinsehen zeigt sich aber, dass die Dinge so ein­ fach nicht liegen. Zwar mag sich die Rechtspraxis mit der Handhabung der Gehil­ fenhaftung durch die Gerichte leidlich arrangiert haben. Entgegen der genannten Stimmen im Schrifttum fehlt den zur Bewältigung der unterschiedlichen Sach­ probleme aufgerufenen Rechtsinstituten aber doch das normativ tragende Funda­ ment. Eine hinreichend sichere Prognose von Einzelfallentscheidungen scheint in Konstellationen, die die Judikatur bis dato nicht beschäftigt hatten, nicht mög­ lich.13 Darüber hinaus lässt sich zeigen, dass bei der Rechtsanwendung die Impli­ kationen einer hohen Differenzierung arbeitsteiliger Wirtschaftsprozesse nicht immer voll verarbeitet sind.14

I.  Kasuistische Unübersichtlichkeit und mangelnde Klarheit   über die Haftungsgrundlagen Nach einer vom Bundesgerichtshof geprägten Formulierung ist zur Bestimmung der Eigenschaft einer Person als Erfüllungsgehilfe auf „die rein tatsächlichen Vor­ gänge des gegebenen Falles“15 abzustellen. In Anbetracht der auf dieser Grundla­ ge entwickelten kasuistischen Judikatur zur Verantwortlichkeit für Gehilfen nach §  278 BGB16 lässt sich zumindest daran zweifeln, ob die hehren Ziele des histo­ rischen Gesetzgebers auch heute noch als durch Rechtsprechung und Lehre er­ reicht angesehen werden können. Dieser versuchte nämlich durch die Schaffung des §  278 BGB eine Lösung für das Problem der Gehilfenhaftung zu entwickeln, die die „größten praktischen Unzuträglichkeiten“ beseitigen, die „Menge von Streitigkeiten“ reduzieren und die in „höchstem Maße“ beeinträchtigte Rechtssi­ cherheit wahren würde.17   Infra I.   Infra II. 15   BGH v. 21.  4. 1954 – VI ZR 55/53, BGHZ 13, 111, 113; BGH v. 27.  3. 1968 – VIII ZR 10/66, BGHZ 50, 32, 35; BGH v. 9.  10. 1986 – I ZR 138/84, BGHZ 98, 330, 334; st. Rspr. zuletzt BGH v. 25.  10. 2006 – VIII ZR 102/06, NJW 2007, 428, 430. 16   Symptomatisch die Kommentierungen in den die Praxis beherrschenden Handkommen­ taren, Grüneberg in: Palandt, BGB, 71.  Aufl., 2012, §  278 Rdnr.  28 ff., wo unter der Überschrift „Einzelfälle“ in alphabetischer Reihenfolge die entschiedenen Fälle ohne Rückkoppelung an ein dogmatisches Konzept referiert werden und die Bejahung der Erfüllungsgehilfeneigenschaft mit „ja“, ihre Verneinung mit „nein“ gekennzeichnet wird; ähnlich die Rechtsprechungsüber­ sichten bei H. P.Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  27 ff.; Unberath in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  I, 2.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  26 ff. 17   Mot. II, S.  30 = Mugdan II, S.  16. 13 14



Kapitel 1:  Grundlagen

Die Dinge verkomplizieren sich weiterhin, wenn man bedenkt, dass die Zu­ rechnung von Gehilfenverhalten in Vertragsbeziehungen zum Teil ausschließlich über die im Ausgangspunkt an abweichende Tatbestandsvoraussetzungen ge­ knüpfte Organ- bzw. Repräsentantenverantwortlichkeit begründet wird.18 Hier­ durch wird indiziert, dass offensichtlich in Teilbereichen andere, i.e. weniger res­ triktive Zurechnungskriterien gerechtfertigt erscheinen, was letztlich auch von der Gegenauffassung19 anerkannt wird, die erst nach erheblicher Korrektur des nach ihrer Sicht allein anzuwendenden §  278 BGB20 zu der Feststellung gelangen kann, dass der Streit um die anzuwendende Zurechnungsnorm keine praktische Bedeutung habe.21 Darüber hinaus löst auch die „Überführung“ der Schutzpflichten 22 sowie der wuchernden (vor)vertraglichen Aufklärungspflichten 23 in den Anwendungsbe­ reich vertragsrechtlicher Einstandspflichten im deutschen Recht einen nicht hin­ reichend durchdrungenen Automatismus im Rahmen der Verantwortlichkeit für Gehilfenverhalten aus. Schließlich hat der Bundesgerichtshof im hier interes­ sierenden Kontext jüngst noch weitgehend nebliges Neuland erschlossen. Neben der ursprünglich heftig umstrittenen, aber zwischenzeitlich etablierten Ein­ standspflicht für die Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten durch 18   Für verdrängende Anwendung der §§  31, 89 BGB auch auf die Verantwortlichkeit in Son­ derverbindungen z. B. Reuter in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  31 Rdnr.  30; Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  10; Hadding in: Soergel, BGB, Bd.  1, 13.  Aufl., 2000, §  31 Rdnr.  13; M.Wolf in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  278 Rdnr.  20; Larenz, Schuldrecht I, 14.  Aufl., 1987, §  20 VII, S.  296; Martinek, Repräsentantenhaftung, 1979, S.  46 ff.; wohl auch BGH v. 8.  12. 1989 – V ZR 246/87, BGHZ 109, 327, 330. 19   Für Beschränkung des §  31 BGB auf außervertragliche Haftung z. B. Weick in, Staudinger, BGB, §§  21–79, Neubearbeitung 2005, §  31 Rdnr.  3 ; Flume, Allgemeiner Teil, Bd.  I /2, 1983, §  11 III 5, S.  395 ff.; Gernhuber, Die Erfüllung, 2.  Aufl., 1994, §  20 II 1, S.  438 ff.; U.Huber, Leistungs­ störungen, Bd.  I, 1999, §  27 II 6 c, S.  686; Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, 10.  Aufl., 2010, Rdnr.  1135 f.; Kleindiek, Deliktshaftung und juristische Person, 1997, S.  274 ff. 20   Auch diejenigen, die im vertraglichen Bereich ausschließlich §  278 BGB als Zurechnungs­ tatbestand anwenden wollen, versagen den Verbänden die durch §  278 Satz 2 BGB eröffnete Freizeichnungsmöglichkeit selbst für vorsätzliches Handeln ihrer Organe, vgl. nur Gernhuber, Die Erfüllung, 2.  Aufl., 1994, §  20 II 1, S.  439 f.; U.Huber, Leistungsstörungen, Bd.  I, 1999, §  27 II 6 c, S.  686; siehe zu diesem Anliegen auch Esser/E.Schmidt, Schuldrecht I/2, 8.  Aufl., 2000, §  27 III 1, S.  108. 21   So z. B. Medicus/S.Lorenz, Schuldrecht I, 19.  Aufl., 2010, Rdnr.  383; U.Huber, Leistungs­ störungen, Bd.  I, 1999, §  27 II 6 c, S.  686 f. Fn.  107 a. E. („in der Regel“). 22   Grundlegend für das herrschende dogmatische Verständnis Heinrich Stoll, Die Lehre von den Leistungsstörungen, 1936, S.  26 ff.; Canaris, JZ 1965, 475, 477. Zum Ganzen auch infra §  2 A II 1 b). 23   Indiz für deren rapide zunehmende praktische Bedeutung und rechtssystematisch unzu­ reichende Erfassung sind nicht zuletzt die grundlegenden, monographischen Abhandlungen aus der jüngeren Zeit, z. B. Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, 1997; S.Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  387 ff.; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  416 ff., 567 ff.; R.Schwarze, Vorvertragliche Verständigungspflichten, 2001, S.  97 ff.; A.Pohlmann, Die Haftung wegen Aufklärungspflichtverletzung, 2002, S.  130 ff.; Rehm, Aufklärungspflichten im Vertragsrecht, 2003, S.  235 ff. Zur Problematik ausführlich infra §  2 A II 1 c) und Kapitel 4 §  3 C.

§  1  Untersuchungsgegenstand und Erkenntnisinteresse



Hilfspersonen mit der Folge einer Rückabwicklung des Leistungsaustauschs nach §§  280 Abs.  1, 241 Abs.  2, 311 Abs.  2 BGB i. V. m. §  249 Abs.  1 BGB, 24 werden nun­ mehr zentrale Fragen der informationellen Gehilfenverantwortlichkeit in dogma­ tisch überraschender Einkleidung auch im Rahmen einer „kreativen“ Interpreta­ tion der Figur des verbundenen Geschäfts im Sinne der §§  358, 359 BGB behan­ delt. 25 Hiermit wird nicht nur die Tradition der stark ergebnisgeleiteten Kons­ truktion der Gehilfenverantwortlichkeit im deutschen Recht fortgesetzt, sondern vor allem erneut das Bedürfnis verdeutlicht, die zentralen Wertungskriterien als Grundlage einer soliden Rechtsfindung aufzuzeigen. Letztere weisen – wie be­ reits die supranationale Überformung der betroffenen Rechtsbereiche indiziert 26 – über die nationale Rechtsordnung hinaus. Aber auch im Hinblick auf die Leistungspflichten muss das Panorama weiter aufgezogen werden, wenn man bedenkt, dass Verantwortlichkeit für Leistungs­ störungen aus der Sphäre Dritter auch im Rahmen der Pflicht zur Naturalerfül­ lung begründet wird. Solange nämlich die auf Dritte zurückgehende Leistungs­ erschwernis den Schuldner nicht nach §  275 BGB bzw. den spezialgesetzlichen Tatbeständen der §§  439 Abs.  3 S.  1, 635 Abs.  3 BGB von seiner Leistungspflicht befreit, sind ihm die verursachten Mehrkosten implizit zugewiesen.27 Die hier untersuchte, vermeintlich fokussierte Fragestellung nach der Verantwortlichkeit für Hilfspersonen in Vertragsverhältnissen, kann daher die Grenzen der Leis­ tungspflicht nicht außer Betracht lassen und importiert damit einige der strit­ tigsten Fragen des modernisierten Schuldrechts in die Untersuchung. Insgesamt zeigt die kurze Skizze der vielfältigen Unsicherheiten und Gemenge­ lagen, die die Verantwortlichkeit für Gehilfenverhalten im deutschen Privatrecht umgeben, dass mit der hier ins Zentrum gerückten Fragestellung ein im Einzel­ nen ebenso wie in den Grundlagen nicht vollständig gesichertes Terrain betreten wird. Dieser Befund erweist sich als überaus misslich, weil sich, unabhängig von der Gewichtung der betroffenen Interessen im Einzelfall, jedenfalls konstatieren lässt, dass die Vorhersehbarkeit bestehender Haftungsrisiken ein zentrales und 24   Vgl. BGH v. 31.  1. 1962 – VIII ZR 120/60, NJW 1962, 1196, 1197, 1198 (culpa in contrahen­ do iVm §  249 S.  1 BGB zugunsten des fahrlässig „Getäuschten“), seither st. Rspr. z. B. BGH v. 28.  2. 1968 – VIII ZR 210/65, NJW 1968, 986, 987; BGH v. 23.  4. 1969 – IV ZR 780/68, NJW 1969, 1625, 1626; vgl. auch bereits RG v. 29.  3. 1912 – VII 48/12, RGZ 79, 194, 197; RG v. 6.  2. 1914 – II 580/13, RGZ 84, 131, 133 (unerlaubte Handlung iVm §  249 S.  1 BGB auf Vertragsaufhebung auch nach Ablauf der Anfechtungsfrist). 25   Vgl. die zu §  9 VerbrKrG ergangenen, einen neuen Entwicklungsstrang einleitenden Ent­ scheidungen BGH v. 14.  6 . 2004 – II ZR 393/02, DStR 2004, 1346; BGH v. 14.  6 . 2004 – II ZR 407/02, DStR 2004, 1352; BGH v. 14.  6 . 2004 – II ZR 374/02, DStR 2004, 1353; BGH v. 14.  6 . 2004 – II ZR 392/01, DStR 2004, 1354; BGH v. 14.  6 . 2004 – II ZR 395/01, DStR 2004, 1356; BGH v. 14.  6 . 2004 – II ZR 385/02, DStR 2004, 1358. Zum Problemkomplex noch eingehend infra Kapitel 5. 26   Vgl. Artt. 3 Buchstabe n, 15 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates, ABl.  EG Nr. L 133 vom 22.  5. 2008, S.  66. 27   Eingehend zu diesen Zusammenhängen infra Kapitel 5 §  1 A.



Kapitel 1:  Grundlagen

berechtigtes Anliegen jeglichen planmäßigen Wirtschaftens und eine Grundbe­ dingung für die angemessene Risikovorsorge darstellen. Eine mögliche Einstands­ pflichten vermeidende, in diesem Sinne optimierte Organisation arbeitsteiliger Wirtschaftsunternehmen ist ebenso wie die eigenverantwortliche Risikovorsorge der Marktgegenseite nur dann möglich, wenn sich die Verantwortungssphären verlässlich abschichten lassen. Auf das in Rede stehende Problem der Einstands­ pflicht für Gehilfen bezogen, harrt eines der Grundanliegen wohlverstandener positiver Rechtswissenschaft, einer Zurechnungsnorm wie §  278 BGB bzw. den anderen, die Verantwortlichkeit (implizit) regelnden Instituten eine feste, die Ent­ scheidung des Einzelfalls vorhersehbar machende Struktur zu geben, nach wie vor seiner Verwirklichung.

II.  Haftung und Unternehmensorganisation 1.  Die Herausforderung durch die Arbeitsteilung Das nach dem Vorstehenden einzuziehende, normativ abgesicherte Gerüst muss selbstredend im Einklang mit den heutigen Realitäten ausdifferenzierter Wirt­ schaftsprozesse stehen. Mit anderen Worten, es muss unter Wahrung aller schutz­ würdigen Interessen ein gerechtes und effizientes Haftungssystem innerhalb der arbeitsteiligen Wirtschaft konstituieren. Volle Zustimmung verdienen nach wie vor die Überlegungen Franz Wieackers, der aus Anlass des hundertjährigen Be­ stehens des Deutschen Juristentags ausführte: „Die Rückwirkungen der Arbeitsteiligkeit haben vielleicht die schwierigsten, aber auch aufschlussreichsten Probleme der modernen Privatrechtsdogmatik heraufbeschworen. Vom klassischen System aus gesehen, müssen sie als schwere, beunruhigende Anomalien erscheinen. Es würde die schönste Bewährung der modernen Zivilrechtstheorie sein, diese Erscheinungen widerspruchsfrei und harmonisch sei es in das alte, sei es in ein offeneres System einzubauen.“28

Die nicht ganz selten anzutreffende Tendenz, die Aufgabe einer Einstandspflicht für Hilfspersonen darin zu sehen, die Arbeitsteilung quasi haftungsrechtlich rückgängig zu machen und die Beziehungen der Beteiligten auf ein archaisches Zwei-Personen-Modell zurückzuführen,29 springt allerdings zu kurz und geht an der Sache letztlich vorbei. Dabei soll nicht geleugnet werden, dass als heuristi­ 28   Wieacker, Festschrift zum hundertjährigen Bestehen des Deutschen Juristentages, Bd.  II, 1960, S.  1, 17. Vgl. auch Rohe, Netzverträge, 1998, S.  2. 29   In diesem Sinne, all diejenigen, die davon ausgehen, die Möglichkeit des Gläubigers, Scha­ densersatz zu erlangen, dürfe durch die Arbeitsteilung nicht verschlechtert werden, z. B. Below, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 1965, C 3, 5 b (3), S.  76; J.Schröder, JR 1970, 41, 45; Delmere, Der Erfüllungsgehilfe in §  278 BGB, 1989, S.  6 4; Schmidt-Kessel, Standards vertraglicher Haftung nach englischem Recht, 2003, S.  410 (die von §  278 BGB erfassten Schuldnerpflichten seien haf­ tungsrechtlich nicht deligierbar); Schmidt-Kessel in: Prütting/Wegen/Weinreich (Hrsg.), BGB, 6.  Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  1; vgl. auch Esser, Schuldrecht I, 4.  Aufl., 1970, §  39 I 3, S.  254.

§  1  Untersuchungsgegenstand und Erkenntnisinteresse



sches Prinzip ein Vergleich mit der Haftungssituation bei integrierten Absatzsys­ temen durchaus erhellend sein kann. Die Verabsolutierung dieses Ansatzes wäre aber nur dann überzeugend, wenn die Herausbildung einer aus mehreren, recht­ lich selbständigen Gliedern bestehenden Wertschöpfungskette in den allermeis­ ten Fällen nicht auch im Interesse der Nachfrageseite erfolgen würde. In dieser Konstellation geht es nämlich um die angemessene Verteilung der originären Ri­ siken der alle Beteiligten begünstigenden Arbeitsteilung, also den rechtlichen Umgang mit einer im gesamtgesellschaftlichen Interesse liegenden Organisation von Produktions- und Absatzprozessen, deren Lasten nicht unbesehen einseitig verteilt werden dürfen. Insgesamt bedarf die normativ adäquate Bewältigung da­ her komplexerer Überlegungen zur wünschenswerten Risikoverteilung, die ins­ besondere die von der Haftungssanktion ausgehenden Organisationsanreize zu berücksichtigen hat. 2.  Organisationsanreize durch Haftung Der Einstandspflicht des Geschäftsherrn für seine Hilfspersonen kommt in einer hochdifferenzierten, arbeitsteiligen Volkswirtschaft unmittelbare Relevanz für die Organisation von Herstellungs- und Absatzsystemen in sämtlichen Bereichen des Warenhandels oder Dienstleistungsvertriebs zu. Die durch das Recht gezo­ gene Abgrenzung der Verantwortungsbereiche der Beteiligten und die daran an­ knüpfende Haftung für Fehler im eigenen Geschäftskreis ist entscheidend für die rechtspolitisch im Mittelpunkt stehende Frage, ob sich eine nach ökonomischen Bewertungsmaßstäben wünschenswerte, die legitime Haftungserwartung der Marktgegenseite berücksichtigende Betriebsorganisation im Rahmen der Vorga­ ben der positiven Legalordnung verwirklichen lässt. Sollen die juristischen Deter­ minanten nicht Hemmschuh beim Aufbau einer im gesamtgesellschaftlichen In­ teresse liegenden Organisation der Produktion und des Vertriebs von Waren und Dienstleistungen sein, darf dieser über den Einzelfall hinausweisende Aspekt so­ zialer Wohlfahrtssteigerung keinesfalls vernachlässigt werden.30 Die höchstrichterliche Spruchpraxis ist sich der skizzierten Zusammenhänge zwischen Anreizwirkung der Haftungssanktion und Organisation von Herstel­ lungs- und Vertriebsabläufen durchaus bewusst,31 macht freilich ihre entschei­ dungsleitenden, normativen Kriterien selten transparent. Exemplarisch für den häufig offen zu Tage tretenden sozialplanerischen Impetus der Rechtsanwendung im hier interessierenden Bereich ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1996, in der die Haftung einer Bausparkasse für Erklärungen von un­ 30   Ob die Vertragsrechtsordnung auf dieser gesamtgesellschaftlichen Ebene noch weitere, neben das Effizienzgebot tretende Maximen der Rechtspolitik verwirklichen muss und welche Bedeutung dem Gesichtspunkt im Rahmen der Norminterpretation zukommt, wird noch zu beleuchten sein. Siehe infra §  2 A II. 31   Allgemein zu durch Haftungsrecht gesetzten Verhaltensanreizen und ihrer Legitimität auch Wagner, AcP 206 (2006) 352.

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Kapitel 1:  Grundlagen

terbeauftragten Maklern eines selbständigen Kreditvermittlungsunternehmens festgestellt wird. Wörtlich heißt es in den Urteilsgründen: „Es kann nicht gebilligt werden, dass sich die Beklagte der Verantwortung für die persön­ lichen Vertragsverhandlungen durch die Einschaltung einer selbständigen Vermittlungs­ firma völlig entzieht. Sie musste auch damit rechnen, dass diese Vermittlungsfirma nicht nur eigene Mitarbeiter einsetzt, sondern auch andere Makler als Untervermittler tätig wer­ den lässt. Auch deren Verhalten bei den Darlehensverhandlungen muss sich die Beklagte gemäß §  278 BGB zurechnen lassen.“ 32

Der unabhängig von der tatsächlichen Vertriebsorganisation mit dem Haftungs­ risiko belasteten Bank bleibt im Ergebnis kaum etwas anderes übrig, als die Zügel in ihren dezentralen Absatzstrukturen zu straffen, um den ihr zugewiesenen Ver­ antwortungsbereich zu kontrollieren.33 Im Ergebnis wird so über eine offene Wertung die für angemessen erachtete Risikoverteilung durchgesetzt, ohne dass sich das Gericht allzu sensibel gegenüber den positivrechtlichen Vorgaben zeigt. Bedauerlich ist darüber hinaus, dass auch die tragenden Wertungsgesichtspunkte dunkel bleiben, die nach Auffassung des Senats dafür verantwortlich zeichnen, dass die haftungsrechtlichen Konsequenzen des Rückzugs aus dem Vertriebspro­ zess „nicht gebilligt“ werden könnten. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu §  278 BGB deutet sich insgesamt das Nachzeichnen einer Entwicklung an, die an anderer Stelle bereits sehr viel expliziter und weiter fortgeschritten ist. Auch bei der seit langem im Rahmen der §§  31, 89 BGB etablierten Haftung für Organisationsverschulden 34 bei privaten Personenvereinigungen 35 kommt der im genannten Urteil zu §  278 BGB anklin­ gende Gedanke einer der Disposition der Parteien entzogenen Abgrenzung von Verantwortungsbereichen deutlich zum Ausdruck. Hier wie dort wird eine Ein­ standspflicht für bestimmte Personen unabhängig von der tatsächlichen Organi­ sation des Schuldners nach Maßgabe der einschlägigen, an sich eine aktive Funk­ tionseinsetzung voraussetzenden Zurechnungsvorschriften bejaht. Umgekehrt begegnet – bei zum Teil abweichender Terminologie – die Figur des Organisati­ onsverschuldens auch im Rahmen der Eigenhaftung des Geschäftsherrn aus Son­ 32   BGH v. 24.  9. 1996 – XI ZR 318/95, ZIP 1996, 1950, 1951 („Colonia Bausparkasse“). Ähn­ lich die Konzeption des §  278 BGB bei Esser/E.Schmidt, SchuldR I/2, 8.  Aufl., 2000, §  27 I 3 a, S.  98 f., 101, wonach es darum gehe, dass bei einem „komplexen Leistungsprofil“ keine Vertrags­ ansprüche „verlorengehen“ bzw. darum, dass „das in §  278 BGB der Schuldnerin zudiktierte Personalrisiko“ erfasst werde. 33   Vgl. nur die an die Praxis adressierten Stellungnahmen zu dem Urteil, Reif, EWiR 1997, 13; Thode, WuB IV A §  278 BGB 1.97. 34   Grundlegend RG v. 28.  11. 1913 – III 194/13, WarnR 1914 Nr.  35, S.  50, 51 ff.; RG v. 27.  11. 1916 – VI 275/16, RGZ 89, 136, 137; RG v. 12.  1. 1938 – VI 172/37, JW 1938, 1651. 35   Spätestens seit der Entscheidung des BGH v. 24.  2. 2003 – II ZR 385/99, BGHZ 154, 88, 93 ff. (anders noch BGH v. 30.  6 . 1966 – VII ZR 23/65, BGHZ 45, 311, 312 f.), die auch für die Praxis die umfassende (analoge) Anwendbarkeit des §  31 BGB auf sämtliche als Außengesell­ schaft auftretenden, privaten Personenvereinigungen sicherstellt, kann von einem allgemein verbandsrechtlichem Prinzip gesprochen werden.

§  1  Untersuchungsgegenstand und Erkenntnisinteresse

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derverbindung36 und Delikt.37 Sie hat dort aber prima facie eine abweichende Funktion. Der entscheidende Unterschied im dogmatischen Ausgangspunkt liegt nämlich darin, dass der haftungsbegründende Tatbestand einmal bereits durch die missbilligte Organisation als solche ausgelöst wird, das andere Mal noch das Fehlverhalten des qua Organisationsverschuldens zugeschriebenen Gehilfen hin­ zu kommen muss. Mit anderen Worten, das „Organisationsverschulden“ bleibt im Rahmen der §§  31, 278 BGB an sich folgenlos, solange sich der normativ dem Verantwortungsbereich des Schuldners zugeordnete Dritte ordnungsgemäß ver­ hält. Im tatsächlichen Ergebnis gilt dies freilich regelmäßig auch im Rahmen der §§  280, 311a BGB bzw. der §§  823 ff. BGB, da eine Haftung dort bei „pflichtge­ rechtem“38 Gehilfenverhalten – mangels liquidierbaren Schadens – häufig schei­ tern wird: es fehlt am haftungsausfüllenden Tatbestand. Immerhin trägt der Ge­ schäftsherr aber das Risiko von Schäden, die auch bei einer lege artis Ausführung der delegierten Aufgabe unvermeidbar sind. Es stellt sich die Frage, ob die dog­ matisch abweichende Behandlung und die hierdurch induzierten Unterschiede im praktischen Ergebnis durch überzeugende Gründe in der Sache gerechtfertigt werden können. Die aus dem Anspruch der Konsistenz und Folgerichtigkeit  juristischer Dogmatik abzuleitende Frage nach einheitlichen Grundgedanken  der Haftungstatbestände drängt sich vor dem Hintergrund der durchaus ver­ gleichbaren Sachverhalte geradezu auf. Insofern kann zumindest sektoral auch  die These angezweifelt werden, dass die betroffenen Bestimmungen im Kern auf unterschiedlichen Haftungsprinzipien beruhten.39 Deren Berechtigung kann schließlich jenseits pseudo-dogmatischer Glasperlenspielerei nur dann behauptet werden, wenn sie auf der Grundlage sachlich überzeugender Unterschiede in den jeweils erfassten Konstellationen zu abweichenden Ergebnissen der Rechtsan­ wendung führen.

36   BGH v. 26.  6 . 1980 – III ZR 128/78, NJW 1980, 2410, 2411 (culpa in contrahendo); BGH v. 18.  6 . 1985 – VI ZR 234/83, NJW 1985, 2189, 2191 f. (positive Forderungsverletzung beim Dienstvertrag); Brandes, Die Haftung für Organisationspflichtverletzungen, 1994, S.  119 ff.; Matusche-Beckmann, Das Organisationsverschulden, 2001, S.  321 ff.; Wolf in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  276 Rdnr.  120; Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  311a Rdnr.  63; Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  276 Rdnr.  80. 37   Grundlegend RG v. 20.  11. 1902 – VI 268/02, RGZ 53, 53, 57 f. st. Rspr. Aus der Judikatur des BGH z. B. BGH v. 25.  10. 1951 – III ZR 95/50, BGHZ 4, 1, 2 f.; BGH v. 13.  6 . 1960 – III ZR 54/59, VersR 1960, 909, 910; BGH v. 17.  10. 1967 – VI ZR 70/66, MDR 1968, 139, 140; BGH v. 7.  12. 2004 – VI ZR 212/03, BGHZ 161, 255, 263; von Bar, Verkehrspflichten, 1980, S.  247 ff.; Brandes, Die Haftung für Organisationspflichtverletzungen, 1994, S.  161 ff.; Kleindiek, Delikts­ haftung und juristische Person, 1997, S.  314 ff.; Matusche-Beckmann, Das Organisationsver­ schulden, 2001, S.  37 ff.; Kötz/G.Wagner, Deliktsrecht, 11.  Aufl., 2010, Rdnr.  304 ff. 38   Gemeint ist insoweit, dass das Verhalten des Gehilfen, gedacht als ein solches des Ge­ schäftsherrn, den an diesen zu stellenden Sorgfaltsanforderungen entspricht. Dabei wird nicht verkannt, dass als Folge des Delegationsverbots an sich keinerlei Sorgfaltspflichten des Gehilfen bestehen – der Geschäftsherr haftet per se. 39   Vgl. zunächst hier nur den Überblick bei H.Westermann, JuS 1961, 333, 334, 335, 338.

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Kapitel 1:  Grundlagen

In der Summe zeigt sich eine Vielfalt letztlich unbewältigter Probleme, die Rückwirkungen auf die Funktion einer Steuerung der Unternehmensorganisati­ on über die Einstandspflicht für Fehlverhalten von Gehilfen haben. Diese resul­ tieren im deutschen Recht nicht zuletzt daraus, dass die Verantwortlichkeit über eine Vielzahl unterschiedlicher Rechtsinstitute verteilt wird, deren wertungs­ mäßige Grundlagen nicht durchgehend gesichert und hinreichend abgegrenzt  erscheinen. Das Anliegen der vorliegenden Arbeit mit Blick auf das deutsche bür­ gerliche Recht liegt daher darin, die normativen Grundlagen der Verantwortlich­ keit für Gehilfen herauszuarbeiten und ihre Umsetzung im Rahmen der positiv­ rechtlichen Vorgaben aufzuzeigen.

B.  „Vom Beruf unserer Zeit .  .  .“ – mal wieder?: Europäische Rechtsvereinheitlichung Die europäische Rechtsvereinheitlichung hat in den vergangenen Jahrzehnten die Kernbereiche des bürgerlichen Rechts erreicht und so über unterschiedliche Ka­ näle erheblichen Einfluss auf das Vertragsrecht der Mitgliedstaaten genommen. Angesprochen sind damit zum einen die supranationalen Harmonisierungs­ maßnahmen des europäischen Sekundärrechts. Exemplarisch seien zwei jüngere Harmonisierungsakte genannt: Mit der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie40 wurde das Recht des quintessentiellen, marktwirtschaftlichen Austauschgeschäfts zwi­ schen Verbrauchern und Unternehmen innerhalb des EWR angeglichen. Dabei reagierten die Mitgliedstaaten höchst unterschiedlich auf die Herausforderungen, die mit dem Einbruch des Sekundärrechts in Zentralbereiche ihrer Vertragsrechts­ ordnung verbunden waren.41 Immerhin blieb den nationalen Legislativen im Rah­ men der Umsetzung der sekundärrechtlichen Vorgaben noch der Spielraum zu autonomer Gestaltung, den der Charakter der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie als Akt der Mindestharmonisierung jedenfalls prinzipiell ließ. 42 Vor diesem Hinter­ grund stellt die perspektivisch breit intendierte,43 für einzelne Teilbereiche bereits    40   Richtlinie 1999/44/EG zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Ga­ rantien für Verbrauchsgüter, ABl.  EG Nr. L 171 vom 7.  7. 1999, S.  12. 41   Vgl. den Überblick über die Umsetzung in den einzelnen Mitgliedstaaten bei Schulte-Nölke/Twigg-Flessner/Ebers (Hrsg.), EC-Consumer Law Compendium, 2008, S.  407 ff. 42   Vgl. Art.  8 Abs.  2 VerbrGK-RL. Dass die Bestimmung den Mitgliedstaaten tatsächlich ei­ nen gewissen Manövrierraum eröffnet, zeigen die weitreichenden Abweichungen vom Richtli­ nienmodell hierarchischer Rechtsbehelfe in der englischen Umsetzung, vgl. dazu S.Arnold/Unberath, ZEuP 2004, 366. 43   Zur das gesamte Bürgerliche Recht betreffenden, zum Teil darüber hinausweisenden wis­ senschaftlichen Debatte die Beiträge zu den Tagungsbänden Jud/Wendehorst (Hrsg.), Neuord­ nung des Verbraucherprivatrechts in Europa?, 2009; Gsell/Herresthal (Hrsg.), Vollharmonisie­ rung im Privatrecht. Die Konzeption der Richtlinie am Scheideweg?, 2009. Daneben z. B. auch S.Arnold, RIW 2009, 679; Artz, GPR 2009, 171; Kieninger, RabelsZ 2009, 793.

§  1  Untersuchungsgegenstand und Erkenntnisinteresse

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uneingeschränkt prospektierte44 und entgegen anders lautender Äußerungen der Brüsseler Exekutivspitze45 dort nunmehr auch mit gewissen Abstrichen umge­ setzte Vollharmonisierung in einer Richtlinie für Verbraucherrechte46 einen qua­ litativen Strategiewechsel dar, der nochmals erhebliche Autonomieverluste für die nationalen Gesetzgeber mit sich bringt. Vergleichbar radikal greifen schließlich gegenwärtig bereits die Antidiskriminierungsrichtlinien47 in den bürgerlichrecht­ lichen status quo der Mitgliedstaaten des EWR ein, indem sie Schranken privatau­ tonomer Auswahl des Vertragspartners für bestimmte Transaktionen durch ein einheitliches, gemeineuropäisches Regime definieren. Die, freilich überschie­ ßende, Umsetzung der Richtlinien in Deutschland stellte für manche sogar den Anlass dar, die Privatautonomie als leitende Maxime des geltenden bürgerlichen Rechts als abgelöst anzusehen.48 Zum andern sind aber auch die über das zwar immer ausgreifendere, letztlich aber nach wie vor sektoral-begrenzt ansetzende Richtlinienrecht weit hinausgrei­ fenden, wissenschaftlichen Bemühungen um ein gesamteuropäisches Vertrags­ recht in den Blick zu nehmen. Dies nicht zuletzt, weil die entsprechenden Aktivi­ täten seit längerem die Unterstützung der europäischen Institutionen genießen und daher auch ein politisch ernst zu nehmendes Projekt darstellen. Bereits im Jahr 1989 befürwortete das Europäische Parlament das Vorhaben, ein gemein­ europäisches Vertragsgesetzbuch zu schaffen.49 Die Idee wurde zehn Jahre später 44   Art.  4 des Vorschlags für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Rechte der Verbraucher vom 8.  10. 2008, KOM (2008) 614, endg. 45   Laut Pressemitteilung des Europäischen Parlaments vom 17.  3. 2010 (abzurufen unter http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?language=EN&type=IM-PRESS&referenc e=20100317IPR70798) stellte die Vollharmonisierung auch aus der Sicht der zuständigen Kom­ missarin zwischenzeitlich keine Option bei der Konsolidierung des Verbraucherrechts dar. Vgl. auch Reding, ZEuP 2011, 1. 46   Art.  4 der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Ok­ tober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl.  Nr. L 304/64 vom 22.  11. 2011, S.  6 4, 74. 47   Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehand­ lungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft, ABl.  EG Nr. L 180 vom 19.  7. 2000, S.  22 ff.; Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festle­ gung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäfti­ gung und Beruf, ABl.  EG Nr. L 303 vom 2.  12. 2000, S.  16 ff.; Richtlinie 2002/73/EG des Euro­ päischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Män­ nern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum be­ ruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen, ABl.  EG Nr. L 269 vom 5.  10. 2002, S.  15 ff.; Richtlinie 2004/113/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, ABl.  EG L 373 vom 21.  12. 2004, S.  37 ff. 48   Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, Vorwort der Herausgeber und des Verlags, S.  V III. 49   Entschließung des Europäischen Parlaments zu den Bemühungen um eine Angleichung des Privatrechts der Mitgliedstaaten, ABl.  EG C 158 vom 26.  5. 1989, S.  400; Entschließung des

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vom Rat aufgegriffen,50 nicht von ungefähr zu einem Zeitpunkt, in dem auch die sekundärrechtliche Harmonisierung mit der Verabschiedung der Verbrauchsgü­ terkauf-Richtlinie eine neue Qualität erreichte.51 Seither hat die Kommission die Initiative an sich gezogen52 und zum Gegenstand eines Aktionsplans,53 eines Grünbuchs54 und jüngst eines, freilich thematisch wieder enger begrenzten Ver­ ordnungsvorschlags55 gemacht. Sie hat sich ursprünglich – wie auch zuvor bereits Europäischen Parlaments zur Angleichung bestimmter Bereiche des Privatrechts der Mitglied­ staaten, ABl.  EG C 205 vom 25.  7. 1994, S.  208; dazu z. B. Tilmann, ZEuP 1995, 534. 50   Auf dem Rat von Tampere wurde das Bedürfnis nach „einer allgemeinen Studie über die Frage, ob zur Beseitigung von Hindernissen für das reibungslose Funktionieren von zivilrecht­ lichen Verfahren, die zivilrechtlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten angeglichen werden müssen“ artikuliert, Vgl. Schlussfolgerungen des Europäischen Rats von Tampere, SI (1999) 800, Punkt 39. 51   Die Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie enthält trotz ihrer verbraucherrechtlichen Einklei­ dung in weiten Teilen Regelungen, die der Sache nach dispositives Kaufrecht darstellen und be­ trifft damit – anders als die reinen Verbraucherschutz-Richtlinien – zentrale Aspekte des allge­ meinen Vertragsrechts der Mitgliedstaaten, vgl. z. B. Grundmann, AcP 202 (2002) 40, 57 ff.; Grundmann, 14 Eur. Bus. L. Rev. 237, 248 ff. (2003); Tröger, ZEuP 2003, 525. 52   Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament zum Europäischen Vertragsrecht, ABl.  EG C 255, S.  1 und darauf antwortend Entschließung des Europäischen Par­ laments zur Annäherung des Zivil- und Handelsrechts der Mitgliedstaaten, ABl.  EG C 140 E vom 13.  6 . 2002, S.  538. Dazu von Bar, ZEuP 2001, 799, Leible, EWS 2001, 471; Schulte-Nölke, JZ 2001, 917; Staudenmayer, EuZW 2001, 485; A.Staudinger, VuR 2001, 353; Grundmann, NJW 2002, 393. 53   Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat, Ein kohärentes Vertragsrecht, Ein Aktionsplan, ABl.  EG C 63 vom 15.  3. 2003, S.  1 ff. Dazu von Bar/Swann, 11 ERPL 595 (2003); Kenny, 28 Eur. L. Rev. 538 (2003); Schmidt-Kessel, RIW 2003, 481; Staudenmayer, EuZW 2003, 165; Staudenmayer, 11 ERPL 113 (2003); M.Müller, EuZW 2003, 683; Pfeiffer, EWS 2004, 98; Basedow, ZEuP 2004, 1; Zypries, ZEuP 2004, 225. Zur weiteren Entwicklung v. a. Bericht der Kommission vom 23. September 2005 – Erster jährlicher Fortschrittsbericht zum europäischen Vertragsrecht und zur Überprüfung des ge­ meinschaftlichen Besitzstands, KOM (2005) 456, endg.; Bericht der Kommission vom 25. Juli 2007 – Zweiter Fortschrittsbericht zum Gemeinsamen Referenzrahmen, KOM (2007) 447, endg.; vgl. auch Entschließung des Europäischen Parlaments vom 23. März 2006 zum Europä­ ischen Vertragsrecht und zur Überarbeitung des gemeinschaftlichen Besitzstands: weiteres Vor­ gehen, ABl.  EG C 292 E vom 1.  12. 2006, S.  109; Entschließung des Europäischen Parlaments vom 7. September 2006 zum Europäischen Vertragsrecht, ABl.  EG C 305 E vom 14.  12. 2006, S.  247; Entschließung des Europäischen Parlaments vom 12. Dezember 2007 zum Europäischen Vertragsrecht, angenommene Texte, P6_TA(2007)0615; Entschließung des Europäischen Parla­ ments vom 3. September 2008 zum Gemeinsamen Referenzrahmen für das Europäische Ver­ tragsrecht, angenommene Texte, P6_TA(2008)0397. Zur Entwicklung auch Pfeiffer, AcP 208 (2008) 227. 54   Grünbuch der Kommission vom 1. Juli 2010, Optionen für die Einführung eines Europä­ ischen Vertragsrechts für Verbraucher und Unternehmen, KOM (2010) 348, endg. Die Konsul­ tation endete am 31. Januar 2011. Zum Ganzen Tonner, EuZW 2010, 767; Herresthal, ZIP 2011, 1347; speziell zu den im Grünbuch genannten, sieben Optionen zur Einführung eines gesamt­ europäischen Vertragsrechts, Riesenhuber, 7 ERCL 115 (2011); Sefton-Green, 7 ERCL 134 (2011); Gutman, 7 ERCL 151 (2011); Gomez/Ganuza, 7 ERCL 275 (2011); Cartwright, 7 ERCL 335 (2011). 55   Europäische Kommission, Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht, KOM (2011) 635 endg.; dazu v.Westphalen, ZIP 2011, 1985.

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das Parlament – für ein die nationalen Vertragsrechte prinzipiell unberührt las­ sendes, optionales Modell ausgesprochen 56 und hält für das allgemeine Vertrags­ recht ausweislich des Verordnungsvorschlags, aber noch ohne formales Bekennt­ nis zu einer der im Grünbuch genannten Optionen, an diesem Ansatz fest.57 Sie befindet sich damit im Einklang mit den jüngsten Äußerungen des Parlaments im Stockholm-Programm.58 Die wissenschaftlichen Reaktionen auf und Impulse für das politische Projekt waren seit jeher vielfältig. Die sichtbarsten Früchte trugen zweifellos die von unterschiedlichen Forschergruppen durchgeführten Bestands­ aufnahmen und deren über Existierendes hinausgehende Entwürfe für ein gemein­ europäisches Vertragsrecht,59 die zuletzt in einem Netzwerk kulminierten, dessen Agenda zum einen thematisch weit über das Vertragsrecht hinausgriff und zum anderen auch auf eine Synthese60 der rechtsvergleichenden Destillate des europä­

56   Vgl. Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat, Ein kohä­ rentes Vertragsrecht, Ein Aktionsplan, ABl.  EG C 63 vom 15.  3. 2003, S.  1, 2, 17, 19 ff., 25; Ent­ schließung des Europäischen Parlaments zur Annäherung des Zivil- und Handelsrechts der Mitgliedstaaten, ABl.  EG C 140 E vom 13.  6 . 2002, S.  538, 541 f. Abwägung der Vor- und Nach­ teile eines solchen optionalen Kodex aus ökonomischer Sicht bei Kerber/Grundmann, 31 Eur. J. Law & Econ. 215 (2006); aus ökonomischer Sicht gegen Harmonisierung und für ein optionales Instrument bereits R.van den Bergh, Festschrift für Claus Ott, 2008, S.  327, insbes. S.  342. 57   Zu der möglicherweise anderen Herangehensweise im Verbraucherrecht, supra Fn.  46 f. 58   Vgl. Nr.  99 der Entschließung des Europäischen Parlaments vom 25. November 2009 zu der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat – Ein Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts im Dienste der Bürger – Stockholm-Programm, P7_ TA(2009)0090. 59   Zu nennen sind insbesondere die Akademie Europäischer Privatrechtswissenschaftler (Gandolfi-Gruppe), die Kommission für Europäisches Vertragsrecht (Lando-Kommission), das Common Core Projekt (Mattei, Bussani), die European Research Group on Existing EC Private Law (Acquis Group; Schulte-Nölke) sowie die Study Group on a European Civil Code (von Bar). Überblick über die unterschiedlichen Ansätze der Forschergruppen bei Wurmnest, ZEuP 2003, 714; Zimmermann, EuZW 2009, 319, 319 ff.; eingehend Antoniolli/Fiorentini in: Antoni­ olli/Fiorentini (Hrsg.), A Factual Assessment of the Draft Common Frame of Reference by the Common Core Evalutating Group, 2011, S.  1, 3 ff. Vgl. auch Ernst, AcP 208 (2008) 248, 253 f. Mit dem Entwurf eines Europäischen Vertragsgesetzbuchs (vgl. Akademie Europäischer Pri­ vatrechtswissenschaftler, Europäisches Vertragsgesetzbuch, Vorentwurf, 2002), den Grundre­ geln des Europäischen Vertragsrechts (O.Lando/Beale (Hrsg.), Principles of European Con­ tract Law, Parts I and II, 2000; Übersetzung: v.Bar/Zimmermann, Grundregeln des Europä­ ischen Vertragsrechts, Teile I und II, 2002; O.Lando/Clive/Prüm/Zimmermann (Hrsg.), Prin­ ciples of European Contract Law, Part III, 2003; Übersetzung: von Bar/Zimmermann, Grund­ regeln des Europäischen Vertragsrechts, Teil  III, 2005) und dem Draft Common Frame of Reference (von Bar/Clive/Schulte-Nölke (Hrsg.), Principles. Definitions and Model Rules of European Private Law, 2008) liegen drei voll ausgearbeitete Normbestände, jedenfalls zum all­ gemeinen Vertragsrecht, vor. Der DCFR soll freilich innerhalb der sachlichen Überschnei­ dungen eine Fortentwicklung der PECL darstellen, vgl. von Bar/Clive/Schulte-Nölke (Hrsg.), Principles. Definitions and Model Rules of European Private Law, 2008, S.  24 ff. und sogleich Fn.  63; Vgl. aber auch die unterschiedliche Perspektiven beleuchtende, wenig Fortschritt bemer­ kende Kritik von Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529; dies., 28 OJLS 659 (2008); Honsell, ZIP 2008, 621, 629 f.; Ernst, AcP 208 (2008) 248. Zu den Vorarbeiten der Acquis Group, Jansen/Zimmermann, JZ 2007, 1113. 60   Zu den unterschiedliehen Regelungsansätzen von PECL und Gemeinschaftsprivatrecht,

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ischen Privatrechts mit dem acquis communautaire abzielte. 61 Die so geschaffenen Normbestände entstammen dabei keinesfalls einem Elfenbeinturm. Dies zeigt sich deutlich daran, dass sie bereits im Rahmen nationaler Gesetzgebungsverfah­ ren als Autorität herangezogen wurden62 und von der Europäischen Kommission als Grundlage des von ihr angestrebten gemeinsamen Referenzrahmens betrach­ tet werden. 63 Die Entwicklung des europäischen Vertragsrechts wird daneben auch durch zahlreiche weitere Vereinigungen begleitet, die Foren für die organi­ sierte Teilnahme am Diskurs schaffen und so den Sachverstand unterschiedlicher Kreise zu erschließen suchen. 64 Hinzu kommt schließlich eine Reihe von Zeit­ schriften, die ihren thematischen Fokus auf das gemeineuropäische Vertragsrecht richten65 und so die Fülle der anderweitig publizierten Beiträge zur europäischen Vertragsrechtsentwicklung weiter mehren. In der Gesamtschau zeigt sich, dass die gewachsene Bedeutung der Vereinheit­ lichung des Vertragsrechts durch die europäische Legislative dazu geführt hat, dass nicht nur die Beschäftigung mit dem acquis communautaire, sondern auch die Auseinandersetzung mit den konzeptionellen Grundfragen der Harmonisie­ rung sowie ihre umfassende Vorbereitung und Einbettung in der Mitte der Pri­ vatrechtswissenschaft der Gegenwart angelangt ist. Vor diesem Hintergrund be­ darf eine Untersuchung, die einen Problemkreis im Hinblick auf gemeineuropä­ ische Strukturen untersucht, an sich keiner näheren Rechtfertigung. Umgekehrt ist freilich das ambitionierte Projekt, mehr oder weniger konkrete Regeln eines gemeineuropäischen Vertragsrechts als Ergebnis rationaler Rechtsgewinnung „von oben“ vorzulegen, durchaus nicht unumstritten. Eine Auseinandersetzung mit einigen gewichtigen Einwänden66 dient daher ebenso der eigenen Positionie­

Clive, 9 ERA-Forum, Special Issue Contract Law 13, 20 (2009); Castronovo, 17 ERPL 559, 560 f. (2009) . 61   Das Joint Network on European Private Law – Network of Excellence (CoPECL) wurde von der Kommission finanziert, vgl. Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat vom 11. Oktober 2004 – Europäisches Vertragsrecht und Überarbeitung des ge­ meinschaftlichen Besitzstandes – weiteres Vorgehen, KOM (2004) 651 endg. 62   So werden z. B. die PECL im Regierungsentwurf zur deutschen Schuldrechtsmodernisie­ rung wiederholt als Vorbild erwähnt, vgl. BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  96, 103, 129, 131, 164 f., 214. 63   Vgl. Art.  2, Beschluss der Kommission vom 26. April 2010 zur Einsetzung einer Experten­ gruppe für einen gemeinsamen Referenzrahmen im Bereich des europäischen Vertragsrechts, ABl.  EG L 105 vom 27.  4. 2010, S.  109. „Selbstauskunft“ über die Arbeitsmethode der Gruppe in deren Machbarkeitsstudie, A European contract law for sonsumers and businesses, herunterzu­ laden von http://ec.europa.eu/justice/contract/files/feasibility-study_en.pdf. 64   Hierzu zählt beispielsweise die Society of European Contract Law (SECOLA), vgl. http:// www.secola.org. 65   Zu nennen sind hier insbesondere die Zeitschrift für Europäisches Privatrecht (ZEuP), die Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht (GPR), sowie das Review of European Contract Law (ERCL). 66   Infra I.

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rung wie eine erste rechtsvergleichende Miniatur zu exemplarischen Problemla­ gen der Einstandspflicht für Erfüllungsgehilfen. 67

I.  Skepsis gegenüber gewillkürter Harmonisierung und Vermessung   der Möglichkeiten der Rechtsvergleichung Auch wenn historische Parallelen zu dem Zeitalter der bürgerlich-nationalen Emanzipation letztlich nicht ohne Weiteres gezogen werden können, 68 erinnern doch zumindest der äußere Zuschnitt und der dogmatische Systemanspruch vie­ ler wissenschaftlicher Vereinheitlichungsprojekte an die großen kontinentaleuro­ päischen Kodifikationsvorhaben des 19. und 20. Jahrhunderts. Es erscheint daher nicht ausgeschlossen, dass mancher Einwand, der sich gegen Zielsetzung und Me­ thodik der angesprochenen nationalen Privatrechtskodizes richtet, auch gegen die Bemühungen um ein europäisches Privatrecht erhoben werden kann. Dies gilt umso mehr, als sich bedeutende skeptische Stimmen von ihrem historischen Kon­ text lösen lassen, ja sich sogar mit im Ausgangspunkt völlig divergenten Positi­ onen treffen. Dem soll einführend kurz nachgegangen werden, um so den Boden für eine knappe Skizze des eigenen methodischen Ansatzes zu bereiten. Im deutschen Kodifikationsstreit des 19. Jahrhunderts beruhte die kritische Haltung der historischen Rechtsschule nicht auf einer generellen Ablehnung ge­ genüber dem Ideal eines einheitlichen deutschen bürgerlichen Rechts, sondern auf ihrer Vorstellung, wie ein solches verwirklicht werden könnte. Hintergrund war die Überzeugung, dass ein „von den mit der gesetzgebenden Gewalt versehenen Personen mit Willkür“ hervorgebrachtes, in diesem Sinne „ungeschichtliches“69 Gesetzbuch jedenfalls „unorganisches“ Recht darstellen müsse, weil es im Wider­ spruch zu seiner kulturellen Tradition dem Volk aufgezwungen werde.70 Le­diglich in Zeiten höchster kultureller Blüte, in denen sich die Kenntnis des Rechtsstoffes mit der erforderlichen Fähigkeit zu dessen sprachlicher und systematisch-lo­ gischer Darstellung paare, könne ein vortreffliches Gesetzbuch gelingen.71 Insbe­ sondere Savigny hielt die Durchdringung und Aufarbeitung ebendieses Rechts­ stoffs in seiner gesamtkulturellen Einbindung, die als empirisches Element neben die systematische Bearbeitung zu treten hatten, zur Zeit seiner gegen Thibauts Vorstellung einer einigenden, nationale Identität stiftenden Kodifikation gerich­   Infra II.   Vgl. aber z. B. Kötz, ZEuP 2002, 10; Zimmermann, Die Europäisierung des Privatrechts und die Rechtsvergleichung, 2006, S.  51; Kanning, 27 OJLS 193 (2007). 69   Vgl. Savigny, ZgeschRw 1 (1815) 1, 6 = Vermischte Schriften, Bd.  1, 1850, S.  106, 113; vgl. auch die scharfen Abgrenzungen zur „unhistorischen Schule“ der Rechtswissenschaft in Savigny, ZgeschRw 1 (1815) 373 ff. = Vermischte Schriften, Bd.  5, 1850, S.  115 ff.; Savigny, ZgeschRw 3 (1817), 1 ff. 70   Savigny, Vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft, 1814, S.  16 ff., ibid., S.  25 f. 71   Savigny, Vom Beruf unserer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft, 1814, S.  25 f. 67

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teten Streitschrift für nicht hinreichend fortgeschritten.72 Erst durch das Wirken einer im Sinne der historischen Schule erneuerten Rechtswissenschaft sollte Deutschland reif werden für eine große Kodifikation des bürgerlichen Rechts. Auch wenn das Fundament für Savignys ablehnende Haltung, insbesondere die idealistische Geschichtsphilosophie Herders,73 aus heutiger Sicht nicht mehr trag­ fähig ist, behält doch die fundamentale Skepsis gegenüber dem hohen Rationali­ tätsanspruch des kodifizierenden Gesetzgebers ihre Berechtigung. Nicht von un­ gefähr trifft sich der so verstandene Einwand einer schädlichen Unterbrechung der historischen Evolution des Rechts74 mit den auch für die Neue Institutionen­ ökonomik 75 grundlegenden Thesen Hayeks, die in einer Zeit formuliert wurden, in der der idealistische Glaube an unaufhaltsamen, in grosso modo linear verlau­ fenden gesellschaftlichen Fortschritt durch die menschlichen Katastrophen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts längst desavouiert war. In der Sicht Hayeks stellt eine Privatrechtskodifikation eine „konstruierte Institution“ dar, 76 die im Gegensatz zu „spontanen Institutionen“ das Produkt schöpferischer Gestaltung ist und ihre Legitimität nicht auf einen „evolutionären Rationalismus“ im Sinne einer Marktbewährung stützen kann.77 Obwohl Hayek nicht mehr die idealisti­ sche Vorstellung einer auf ein Endziel gerichteten Evolution (des Rechts) unter­ hält, verneint auch er die höhere Rationalität des regulierenden Sozialplaners. Ganz ähnliche Implikationen für die Bewertung gewillkürter Rechtssetzung hat schließlich die Sicht, die Institutionen als „Gleichgewicht eines Spiels“ begreift,78 d. h. als die in wiederholter Interaktion entwickelte, nach den Überzeugungen der Beteiligten optimale Methode zur Bewältigung der strategischen Herausforde­ rung des Spiels.79 Aus dieser Perspektive erscheinen die formellen (rechtlichen) und informellen (außerrechtlichen) Steuerungsmechanismen zur Bewältigung 72   Das als ideale Verwirklichung der Programmatik der historischen Schule und damit als Vorbild betrachtete Werk Savignys (Recht des Besitzes, 1803) war zur Zeit der Veröffentlichung der berühmten Streitschrift wider die Thesen Thibauts gerade 11 Jahre publiziert. Dementspre­ chend waren ähnlich ausgereifte Studien noch nicht einmal für einen Bruchteil des zu bewälti­ genden Rechtsstoffs vorgelegt. 73   Dazu nur Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, 2.  Aufl., 1967, S.  381 ff. 74   Besonders klar in dieser Hinsicht auch die von einem Prozess permanenter Adaption des Rechts an die Bedürfnisse der Gesellschaft ausgehende Sicht Rudolf von Jherings, vgl. Jhering, Der Kampf ums Recht, 1872; Jhering, Der Zweck im Recht, 1877–83. Dazu die Beiträge in Behrends (Hrsg.), Privatrecht heute und Jherings evolutionäres Rechtsdenken, 1993. 75   Begriff („New Institutional Economics“) von Williamson, Markets and Hierarchies, 1975, S.  1. 76   Im hier zugrundeliegenden Verständnis ist eine Institution ein Normbestand einschließ­ lich seiner Durchsetzungsinstrumente, der als Spielregel individuelles Verhalten steuert, vgl. nur die Nobelpreisrede von Douglas C. North (84 Am. Econ. Rev. 359 (1994)) und bereits – für den alten Institutionalismus – Gustav von Schmoller (Grundriß der Allgemeinen Volkswirt­ schaftslehre, 1900, S.  61). Zusammenfassend Richter/Furubotn, Neue Institutionenökonomik, 4.  Aufl., 2010, S.  7 f. 77   Vgl. Hayek, Law, Legislation, and Liberty, Bd.  1, 1973, S.  33 ff. 78   Grundlegend für das spieltheoretische Verständnis von Institutionen Schotter, The Econo­ mic Theory of Social Institutions, 1981. 79   In diesem Sinne z. B. Aoki, Toward a Comparative Institutional Analysis, 2001, S.  10.

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auftretender Konfliktlagen als Ergebnis einer potentiell unendlichen Wiederho­ lung der menschlichen Interaktion, bei der sich ein bestimmtes institutionelles Arrangement als überlegen erweist (z. B. das für eine Rechtsordnung spezifische Zusammenspiel von Gewährleistungsrecht und marktförmigen Reputationsme­ chanismen zur Bewältigung von Schlechtleistungen in Austauschbeziehungen80 ). Die im Vorstehenden aus unterschiedlichsten Perspektiven artikulierten Ein­ wände gegen umfassende Vereinheitlichungsprojekte „von oben“ haben in erster Linie die Konsequenz, mit der vorliegenden Untersuchung im Hinblick auf das gemeineuropäische Privatrecht weniger die Entwicklung grundstürzend neuer Lösungen als vielmehr das Aufzeigen – kontingenter – institutioneller Interde­ pendenzen anzustreben, die es bei der Schaffung einheitlichen europäischen Ver­ tragsrechts im Auge zu behalten gilt. Auch die Übernahme einzelner nationaler Regelungen in den gesamteuropäischen Normbestand stellt letztlich eine sektora­ le „Rechtstransplantation“ dar, die potentiell sämtliche mit einer solchen einher­ gehenden Implikationen mit sich bringt: 81 Auch der institutionelle Kontext eines gemeineuropäischen Vertragsrechts unterschiede sich in aller Regel von dem ent­ sprechenden Umfeld, aus dem die in den Kodex übernommene, nicht allen euro­ päischen Rechtsordnungen gemeinsame Regelung entstammt. Die eine Zuweisungen der Risiken der Arbeitsteilung bewirkenden, unter­ schiedlichen institutionellen Arrangements müssen daher möglichst in ihrer Ge­ samtheit daraufhin verglichen werden, welche Kriterien der Gefahrenverteilung sie zur Geltung bringen und zu welchen Lösungen diese konkret führen. Dabei ist nicht unbedingt davon auszugehen, dass sich mit einem einheitlichen makro­ dogmatischen Modell zu vereinbarende Lösungen nachweisen lassen, die nach Abklopfen des dogmatischen Stucks und unter Berücksichtigung außerrecht­ licher Faktoren tatsächlich einen gemeinsamen Bauplan der unterschiedlichen Regime erkennen lassen. 82 Gerade wo eine geschichtsbewusste Rechtsverglei­ chung stabile Differenzen in den institutionellen Beständen der untersuchten 80   Überblick zur exakt dieses Zusammenspiel nutzenden Signalwirkung der Gewährleistung bei Wehrt in DeGeest (Hrsg.), Encyclopedia of Law and Economics, Bd.  6 , 2.  Aufl., 2011, S.  256, 259 ff.; Gomez in: Grundmann/Bianca (Hrsg.), EU-Kaufrechts-Richtlinie, 2002, Einl. Rdnr.  74 ff.; Th. Eger, Festschrift für Claus Ott, 2002, S.  183, 192 f.; Parisi, 52 Am. J. Comp. L. 403, 409 ff. (2004); vgl. auch Tröger, ZVglRWiss 107 (2008) 383, 418 f. 81   Vgl. aus der Literatur zu den legal transplants grundlegend und begriffsprägend A.Watson, Legal Transplants, 1974. Zu der im Umfeld der Bezeichnung zum Teil erbittert geführten Debat­ te um die umschriebene Rezeption fremden Rechts, z. B. Teubner, 61 MLR 11, 15 ff. (1998); Nelken in: Legrand/Munday (Hrsg.), Comparative Legal Studies: Traditions and Transitions, 2003, S.  437, 446 ff.; Kanda/Milhaupt, 51 Am. J. Comp. Law 887, 889 f. (2003); Kirchner in No­ bel/Gets (Hrsg.), New Frontiers of Law and Economics, 2006, S.  201 ff.; Garoupa/Ogus, 35 J. Legal Stud. 339 (2006); Graziadei in: Reimann/Zimmermann (Hrsg.), The Oxford Handbook of Comparative Law, 2006, S.  4 41; im deutschsprachigen Schrifttum z. B. Heiss, ZVglRWiss 100 (2001) 396, 403; Fleischer, NZG 2004, 1129 ff.; Deipenbrock, ZVglRWiss 107 (2008) 343; von Hein, Die Rezeption US-amerikanischen Gesellschaftsrechts in Deutschland, 2008, S.  57 ff. 82   Zu den universalistischen Konzeptionen der Rechtsvergleichung, die davon ausgehen, dass sich hinter dogmatischen Unterschieden nationaler Regelungen einheitliche Problemlösungen aufzeigen lassen, noch infra §  2 B 2.

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Kapitel 1:  Grundlagen

Rechtsordnungen nachweist, ist das Aufzeigen der in diesem Fall offensichtlich unterschiedlich kalibrierten Zurechungskriterien von zentraler Bedeutung, um die Tragweite der für das europäische Privatrecht zu treffenden Auswahlentschei­ dungen zu erhellen. Das in der Konsequenz zu formulierende Desiderat, zur Vorbereitung gemein­ europäischer Projekte eine tiefschürfende Durchdringung gerade der Fundamente der nationalen Privatrechtsordnungen anzustreben, stellt auch ein Grundanliegen führender Vertreter der wissenschaftlichen Vereinheitlichungsdebatte dar, die aus einer dezidiert geistesgeschichtlichen Perspektive darum bemüht sind, den ge­ meinsamen ideellen Hintergrund der europäischen nationalen Rechtsordnungen unter dem „Geröll von zweihundert Jahren“ zu bergen. 83 Die hier präsentierte Untersuchung weicht allerdings insofern von den angesprochenen Analysen ab, als sie weniger auf das Aufdecken historischer Kontinuität setzt, sondern viel­ mehr versucht, eine Verankerung des Sachproblems in den überpositiven Model­ len der Institutionenökonomik zu finden. Hintergrund ist die Überlegung, dass, auch wenn man der mit beeindruckenden Argumenten unterlegten These einer Entwicklung der nationalen Rechtsordnungen in Europa aus gemeinsamen histo­ risch-ideellen Wurzeln folgt, 84 doch die selten gestellte und allenfalls implizit be­ antwortete Frage bleibt, welche der hinter den treibenden Kräften der Rechtsent­ wicklung stehenden Konzepte aus heutiger Sicht noch tragfähig sind. 85 Die Grün­ de, sich der Erkenntnisse und Methoden einer Nachbardisziplin zu bedienen, um das so formulierte Erkenntnisinteresse zu befriedigen, folgen letztlich aus den wohlverstandenen Grenzen der jeweiligen rechtswissenschaftlichen Disziplin. So wird angemerkt, dass Rechtsvergleichung und Rechtsgeschichte als solchen die normative Dimension abgehe. 86 Dem ist aus der hier vertretenen Sicht uneinge­ 83   Formulierung von Zimmermann, AcP 193 (1993) 121, 172; Vgl. auch Zimmermann, ZEuP 1993, 4, 9 ff., v. a. 20 f. 84   Zur These fortwirkender, einheitlicher Ursprünge der europäischen Rechtskultur und dem Verständnis des gesamteuropäischen Gemeinrechts als intellektueller Einheit hier nur Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, 2.  Aufl., 1967, S.  26 ff.; Coing, Die ursprüngliche Ein­ heit der europäischen Rechtswissenschaft, 1968; Coing, Europäisches Privatrecht, Bd.  1, 1985, S.  7 ff. 85   Exemplarisch Zimmermann, ZEuP 1993, 4, 9 ff. wo überaus instruktiv die gemeineuropä­ ischen Wurzeln des englischen Rechts herausarbeitet werden, aber eben ohne weitere Transmis­ sion aus den historischen Verbindungen zur römisch-kanonischen Tradition abgeleitet wird, dass diese Ursprünge auch als Fundament einer modernen europäischen Privatrechtsordnung dienen können. 86   Zutreffend Hill, 9 OJLS 101, 103 (1989); Vogenauer, ZEuP 2005, 234, 250; Unberath/Cziupka, AcP 209 (2009) 37, 39. Zuvor – für die Rechtsvergleichung – bereits Rabel, Rheinische Zeitschrift für Zivil- und Prozessrecht 13 (1925) 279, 280; Zweigert, RabelsZ 15 (1949/50) 5, 14 f.; Zweigert, Festschrift für Clive Schmitthoff, 1973, 403, 405. Damit ist aber auch umgekehrt nicht etwa gesagt, dass bei der normativen Auswahl zwischen unterschiedlichen, funktional äquivalenten Institutionen die Rechtsvergleichung keine Bedeutung hätte. Zu weit geht es aber, wenn der normative Institutionenvergleich ohne Rechtsvergleichung für unmöglich gehalten wird, so aber Rheinstein, 5 U. Chi. L. Rev. 615, 617 (1937–8). Zur Gegenauffassung, die insbe­ sondere in der geschichtlichen Überlieferung eine gleichberechtigte Rechtserkenntnisquelle sieht, vgl. infra Kapitel 2 Fn.  7.

§  1  Untersuchungsgegenstand und Erkenntnisinteresse

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schränkt zuzustimmen. Selbst dort, wo der Rechtsvergleich übereinstimmende Normbestände ergibt, ist dieses Ergebnis für sich allein noch nicht auf das Beste­ hen von universellen, einer Natur der Sache gehorchenden Problemlösungen zu­ rückführen. 87 Rechtsvergleichung und Rechtsgeschichte können also allenfalls eine – unter dem Vorbehalt der Vergleichbarkeit des gesamten institutionellen Umfeldes, d. h. der sozio-ökonomischen Verhältnisse stehende – Vermutung be­ gründen, dass historisch robuste bzw. international verbreitete Problemlösungen tatsächlich einen sozial erstrebenswerten Optimalzustand darstellen. Immerhin ist auch jenseits universalistischer Vorstellungen denkbar, die „Produkte“ dog­ mengeschichtlicher Evolution zwar als Ergebnis menschlichen Handelns, aber in ihrer historisch überlieferten Gesamtheit nicht (mehr) als Ausdruck eines ratio­ nalen Entwurfs zu verstehen. In dieser Sicht können sie dann als „spontane Ord­ nungen“ im Sinne Hayeks bzw. als Gleichgewicht eines Spiels legitimiert sein. 88 Geht man freilich davon aus, dass unter realen Bedingungen der Rechtsentwick­ lungen ein Erreichen multipler institutioneller Gleichgewichte durchaus denkbar ist, so ist keineswegs sicher, dass die historisch stabilen Zurechnungsregime ein­ zelner Rechtsordnungen auch tatsächlich optimale Sachlösungen im Sinne eines einheitlichen normativen Modells darstellen. Dies wäre vielmehr nur dann der Fall, wenn die gewachsenen Privatrechtsordnungen zumindest im untersuchten Bereich tatsächlich identischen Zielsetzungen, wie beispielsweise dem ökono­ mischen Effizienzpostulat gehorchten und dieses übereinstimmend verwirklich­ ten, 89 obwohl Abweichungen in den dogmatischen Strukturen und den mit dem Recht zusammenspielenden informellen Institutionen bestehen. Letztlich stellt eine solche Sicht nichts anderes dar als eine Variante universalistischen bzw. adap­ tionistischen Verständnisses der Rechtsvergleichung, da sie zu zeigen versucht, dass allgemeingültige Werte die unaufhaltsame, lineare Entwicklung des Rechts bestimmen, und zwar unabhängig davon, ob deren Legitimität per se akzeptiert 87   Vgl. auch Canaris, 2. Festschrift für Karl Larenz, 1983, S.  27, 86, der die deutsche Dogma­ tik einer Haftung für Schutzpflichtverletzungen nach Vertragsgrundsätzen durch rechtsverglei­ chende Erkenntnisse nicht in Frage gestellt sieht, denn „daß die meisten oder auch alle auslän­ dischen Rechtsordnungen die einschlägigen Probleme deliktsrechtlich lösen, kann doch wohl nicht im Ernst bedeuten, daß dies die allein „richtige“ Lösung ist“. Zu abweichenden Konzepti­ onen in der universalistischen Tradition der Rechtsvergleichung noch infra §  2 B I 2. 88   Vgl. supra Fn.  78. 89   In diesem Sinne für das common law grundlegend R.Posner, Economic Analysis of Law, 1.  Aufl., 1972, S.  6 , 98 ff., 153 f.; ähnlich z. B. Rubin, 6 J. Legal Stud. 51 (1977); Priest, 6 J. Legal Stud. 65 (1977); für die deutsche Rechtsordnung Ott in: Ott/H.-B. Schäfer (Hrsg.), Allokati­ onseffizienz in der Rechtsordnung, 1989, S.  25, 33 ff. Kritisch z. B. Kornhauser, 8 Hofstra L. Rev. 591 (1980); Cooter/Kornhauser, 9 J. Legal Stud. 139 (1980); Hirsch, 32 Fla. St. U. L. Rev. 425 (2005); modelltheoretische Behandlung unter Berücksichtigung individuellen, richterlichen Vorverständnisses bei Gennaioli/Shleifer, NBER Working Paper No.  W11265 (April 2005), http://www.nber.org/papers/W11265; empirische Untersuchung mit der Konvergenzthese wi­ dersprechenden Ergebnissen bei Niblett/R.Posner/Shleifer, The Evolution of a Legal Rule, Working Paper (Februar 2008), http://www.ssrn/abstract=1114941. Monographisch von Wangenheim, Die Evolution von Recht, 1995; Leder, Die sichtbare und die unsichtbare Hand in der Evolution des Rechts, 1998, S.  95 ff.

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Kapitel 1:  Grundlagen

wird oder nicht. Eine bedeutende Implikation liegt dabei darin, dass jede „starke“ Evolutionshypothese den Analysten vor die Notwendigkeit stellt, das gegenwär­ tige institutionelle Arrangement als Ausdruck des postulierten Ziels oder (tempo­ räre) Deviation von diesem qualifizieren zu müssen.90 Eine solche Einordnung setzt aber ihrerseits einen jenseits des vorgefundenen institutionellen Bestandes begründbaren Referenzpunkt voraus, also die abstrakte Bestimmung des evoluto­ risch angestrebten Ziels, und kommt somit auch nicht ohne außerhalb des Rechts­ stoffs angelegte, normative Theorie aus. Lassen sich fundamentale Übereinstimmungen nicht zeigen, bedarf es erst recht eines jenseits des untersuchten Stoffes begründeten, normativen Referenz­ rahmens, um den komparativen Untersuchungen eine über das rein Deskriptive hinausweisende Bedeutung gerade für das Projekt der Schaffung eines gemein­ europäischen Vertragsrechts zu geben. Die Herausforderung liegt zunächst darin, beim Herausarbeiten der durch das jeweilige institutionelle Arrangement erzielten Sachlösungen, die hinter u. U. grundlegend verschiedenen dogmatischen Ansät­ zen stehenden, materiellen Zurechnungsgesichtspunkte bzw. ihr jeweiliges Zu­ sammenspiel aufzuzeigen. Dabei sind die dogmatischen Überlagerungen so be­ hutsam abzutragen, dass materielle Divergenzen markierende Eigenheiten der untersuchten Normkomplexe bewahrt bleiben. Sofern auf dieser Grundlage idio­ synkratische Abweichungen nationaler Rechtsordnungen von einer rechtspoli­ tisch plausiblen, normativen Referenz aufgezeigt werden können, kann es weniger darum gehen, durch Verabsolutierung des gewählten Bezugspunktes etwaige De­ fizite der vermessenen Normbestände zu kritisieren, um daraus robuste, rechts­ politische Konsequenzen für ein künftiges europäische Privatrecht abzuleiten. Dies wäre aus der Sicht ökonomischer Zielsetzungen jedenfalls dann verfehlt, wenn bereits die Modellbildung die Kontextabhängigkeit optimaler Lösungen in­ diziert.91 Unterschiedliche Regulierungen der notwendig abstrahierenden und generalisierenden Gesetzgeber spiegelten dann nämlich nur die Einschätzung der Legislative wider, dass für die von ihnen regulierten Transaktionen bestimmte Bedingungen vorherrschten, die auf gesamteuropäischer Ebene so nicht präpon­ derant sein müssen. Noch wichtiger ist allerdings, dass von ökonomischen Desi­ deraten abweichende Zielsetzungen92 und die Kosten ihrer Verwirklichung in 90   Vgl. auch Jansen, ZEuP 2005, 750, 774, wonach „[j]ede Abweichung von dem in Europa vorherrschenden Rechtszustand oder einer herrschenden Lehre .  .  . spezifisch zu begründen“ sei, was immerhin impliziert, dass auf der Grundlage außerhalb des vorgefundenen Rechtsstoffs liegender Maßstäbe begründbare Abweichungen der genannten Art durchaus möglich sind, bei­ spielsweise zur bisher durch Pfadabhängigkeiten verhinderten Optimierung von Anreizstruk­ turen. 91   Vgl. z. B. Mattei/Cafaggi in: Newman (Hrsg.), The New Palgrave Dictionary of Econo­ mics and the Law, Bd.  1, 1998, S.  346, 347 f. Beispiel für die im spieltheoretischen Modell klar erkennbare Kontextabhängigkeit der Regulierung im Gewährleistungsrecht bei Friehe/Tröger, Sequencing of Remedies in Sales Law, GWP in Law and Economics, Vol.  2008, Art.  8 , http:// www.bepress.com/gwp/default/vol2008/iss1/art8. 92   Überblick über entsprechende, insbesondere redistributive Ziele verfolgende, vertragsthe­

§  1  Untersuchungsgegenstand und Erkenntnisinteresse

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Form der partiellen Preisgabe der Wohlfahrtspotentiale optimaler Ressourcenal­ lokation, von einem Gemeinwesen selbstredend bewusst in Kauf genommen wer­ den können, sodass die Analyse das Bewusstsein für entsprechende, politische Entscheidungen schärft. So kann es aus dieser Perspektive von Interesse sein, nachzuweisen, wo allokativ suboptimale, in diesem Sinne wohlfahrtsmindernde Regelungen zur Verwirklichung anderer, auch für das gemeineuropäische Ver­ tragsrecht potentiell relevanter Ziele in manchen Rechtsordnungen bewusst oder unbewusst hingenommen werden. In der Konsequenz ließe sich dann die poli­ tische Frage nach der gewünschten Kalibrierung konfligierender Ziele informier­ ter beantworten.

II.  Rechtsvergleichende Miniatur Zur Illustration der vorstehenden Ausführungen soll an dieser Stelle eine rechts­ vergleichende Miniatur dienen, die Rückschlüsse auf die Herausforderung des Systemvergleichs der kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen mit dem common law Rechtskreis erlaubt. 1.  Leistungsversprechen Bei der Einschaltung von Gehilfen in die Erfüllung von Leistungsversprechen93 trifft die deutsche Lösung eines vom Vertretenmüssen abhängigen Schadenser­ satzes (§§  280, 278 BGB) auf das prima facie grundlegend abweichende System der generellen Garantiehaftung des Versprechenden im common law.94 Betrachtet man die einschlägigen Institutionenbestände aber aus der Perspektive ihrer öko­ nomischen Funktion, die Risiken aus dem Eintritt nicht-antizipierter Leistungs­ störungen zu verteilen,95 sind die Unterschiede indessen geringer als es zunächst den Anschein hat. oretische Konzepte z. B. bei S.Smith, Contract Theory, 2004, S.  54 ff.; vgl. auch Lurger, Grund­ fragen der Vereinheitlichung des Vertragsrechts in der Europäischen Union, 2002, S.  406 ff. 93   Gemeint ist hiermit die rechtlich anerkannte Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung oder zu einem Unterlassen, die zwar nicht notwendig mit einem rechtsförmigen Zwang zur Naturalerfüllung versehen ist, deren Verletzung aber jedenfalls eine Sanktion auslöst. 94   Vgl. für England z. B. Robinson v. Harman (1848) 1 Exch. 850, 855; Lock v. Furze (1866) L. R. 1 C. P. 441, 450 f.; Livingstone v. Rawyards Coal Co. (1880) 5 App.Cas. 25, 39; exempla­ risch für das US-amerikanische Recht The American Law Institute, Restatement of the Law Second, Contracts, 1979, [im Folgenden: Rest. 2d Contracts], §  346. Zu der Frage, ob auch das common law trotz des unstreitigen praktischen Vorrangs des Schadensersatzes als Sanktion des Vertragsbruchs im Ausgangspunkt von einen (eingeschränkt durchsetzbaren) Erfüllungsan­ spruch als „Essenz“ des vertraglichen Versprechens ausgeht hier nur Friedmann, 111 LQR 628, 629 (1995); Kimel, From Promise to Contract, Towards a Liberal Theory of Contract, 2003, S.  9 0 ff.; Unberath, Die Vertragsverletzung, 2007, S.  225 ff.; Weller, JZ 2008, 764, 767 f.; kritisch Dedek, Negative Haftung aus Vertrag, 2007, S.  73 f. 95   Eingehend infra §  2 A II 1 und v. a. Kapitel 4 §  2 B. I. 2 und Kapitel 4 §  3 A.

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Zum einen, weil im deutschen Recht die Schadensersatzhaftung schon nicht der primäre, geschweige denn der einzige Rechtsbehelf des Gläubigers bei Verlet­ zungen der Leistungspflicht ist. Vergegenwärtigt man sich nämlich, dass der deut­ sche Schuldner für jegliches Fehlverhalten seiner Gehilfen jedenfalls insoweit ein­ zustehen hat, als er trotz der eingetretenen Störung der Vertragsabwicklung zur Erbringung der primären Leistung verpflichtet bleibt, kommt auch der deutschen Lösung im Rahmen der vollstreckungsrechtlichen Grenzen ein verschuldensun­ abhängiges Garantiemoment zu: 96 Z. B. werden auf Lieferung von Sachen gerich­ tete Stückschulden gemäß §§  883 Abs.  1, 884 ZPO im Wege der Wegnahme beim Schuldner durch den Gerichtsvollzieher vollstreckt, d. h. der Schuldner hat die Konsequenzen eines Fehlverhaltens der von ihm in den Erfüllungsvorgang einge­ schalteten Personen so lange uneingeschränkt zu tragen, wie die Verbindlichkeit in der beschriebenen Weise faktisch durchgesetzt werden kann. Zu beachten ist freilich, dass auch für die Bestimmung der Grenze der Naturalerfüllungspflicht nach §  275 Abs.  2 Satz 2 BGB Elemente des Vertretenmüssens eine Rolle spielen.97 Darüber hinaus kann sich der Verkäufer im praktischen Ergebnis eventuell not­ wendige Beschaffungsbemühungen auch dann sparen, wenn keine materiellrechtliche Schranke des Nacherfüllungsanspruchs eingreift. Er kann sich nämlich faktisch seiner Verpflichtung entledigen, indem er die zwangsweise Durchset­ zung mit Hilfe des Gerichtsvollziehers ins Leere laufen lässt, wenn er nur bereit ist, die Kosten des erfolglosen Vollstreckungsversuchs sowie diejenigen einer Er­ satzbeschaffung durch den Schuldner zu tragen.98 Ganz ähnlich wird der zur Vor­ nahme einer vertretbaren Handlung verpflichtende Leistungsanspruch gemäß §  887 ZPO vollstreckt, d. h. der auf einen unwilligen Schuldner treffende Gläubi­ ger kann in der Zwangsvollstreckung letztlich nur die Kosten einer Ersatzvornah­ me durch Dritte, d. h. den Marktwert der geschuldeten Leistung, liquidieren. Be­ trachtet man die gefundenen Ergebnisse aus ökonomischer Perspektive, zeigt sich, dass das deutsche Schuld- im Zusammenspiel mit dem Vollstreckungsrecht der Reichweite der Leistungspflicht und der damit verbundenen Verantwortlichkeit für das Fehlverhalten von Hilfspersonen ganz ähnliche Grenzen zieht, wie sie unter dem Gesichtspunkt des effizienten Vertragsbruchs für das common law dis­ kutiert werden, wo der Gläubiger regelmäßig nur den Ersatz seines (erkennbaren) positiven Interesses verlangen kann.99

  Vgl. hierzu auch schon Tröger, ZvglRWiss 107 (2008) 383, 405.   Vgl. dazu hier nur BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  131; Canaris, JZ 2001, 499, 503; Lobinger, Die Grenzen rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten, 2004, S.  63 f. 98   Der Schuldner muss vor der Liquidation des letzteren Postens freilich einen neuen Titel auf Schadensersatz erwirken, vgl. §  893 ZPO. Die nach materiellem Recht zu beurteilende Begrün­ detheit der Klage (vgl. nur Stöber in: Zöller, Zivilprozessordnung, 29.  Aufl., 2012, §  893 Rdnr.  1; Hartmann in: Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 70.  Aufl., 2012, §  893 Rdnr.  1) wird infolge der Erfüllungsverweigerung des Verkäufers regelmäßig zu bejahen sein, vgl. §  281 Abs.  2 BGB. 99   Vgl. infra Kapitel 4 §  3 A. I. 1 und Kapitel 4 §  3 A. II. 2. 96 97

§  1  Untersuchungsgegenstand und Erkenntnisinteresse

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Zum anderen ist aber auch die im Ausgangspunkt strikte Garantiehaftung des common law durch das Gläubigerrecht insgesamt ausschließende Doktrinen (i.e. auch die Schadensersatzhaftung bei Nichterfüllung entfallen lassende Institute) wie impossibility, impracticability oder frustration of purpose stark eingeschränkt und teilweise dem Verschuldensprinzip angenähert.100 Exemplarisch sei hierfür das US-amerikanische Restatement des Fallrechts zur Befreiung wegen Leis­ tungserschwernissen (discharge by supervening impracticability) genannt, wo es heißt: „Where, after a contract is made, a party’s performance is made impracticable without his fault by the occurrence of an event the non-occurrence of which was a basic assumption on which the contract was made, his duty to render that performance is discharged, unless the language or the circumstances indicate the contrary.“101

Hier wird ein Einfallstor für die Garantiehaftung aufweichende Überlegungen jedenfalls einen Spalt breit in Richtung des Verschuldensprinzips geöffnet. Umge­ kehrt ist aber Letzteres wiederum gerade in Deutschland prominent mit Ele­ menten der Garantiehaftung durchsetzt. So nimmt §  276 Abs.  1 Satz 1 BGB mit der „aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses“ zu entnehmenden „Über­ nahme .  .  . eines Beschaffungsrisikos“ insbesondere die strenge Haftung bei Gat­ tungsschulden nach §  279 BGB a. F. auf, macht darüber hinaus aber den Gedanken der Garantieübernahme qua vertraglichen Leistungsversprechens auch für sonsti­ ge Schuldverhältnisse fruchtbar. Ganz ähnlich, aber noch etwas komplizierter liegen die Dinge im Bereich des Gewährleistungsrechts: Das reine Äquivalenzin­ teresse erfährt über die entsprechenden Rechtsbehelfe102 einen garantieartigen Schutz. Lediglich das positive Interesse wird nur unter Zugrundelegen des Ver­ antwortungsprinzips kompensiert. Dieses ist wiederum in starker Annäherung an die Garantiehaftung des common law auch in Kontinentaleuropa kein reines Verschuldensprinzip mehr, jedenfalls dann nicht, wenn man wiederum dem Ge­ sichtspunkt der Übernahme eines Beschaffungsrisikos bei der Auslegung des Vertrags erhebliches Gewicht beizumessen bereit ist.103 2.  Sicherung des Integritätsinteresses Ganz ähnlich scheinen jenseits der höchst unterschiedlichen dogmatischen Ein­ kleidung, die der Schutz des Integritätsinteresses im Rahmen der Vertragsanbah­ nung und -durchführung erfährt, funktionell äquivalente Rechtsinstitute zu exis­   Zu den Befreiungstatbeständen auch noch, infra Kapitel 3 §  2 A. I.   Rest. 2d Contracts, §  261 (Hervorhebung vom Autor) 102   Paradigmatisch: Nacherfüllung, Minderung und Rücktritt wie sie in Art.  3 II der Richtli­ nie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl.  EG 1999 L 171 vom 7.  7. 1999, S.  12, 15) vorgesehen sind. 103   Vgl. Schlechtriem, ZEuP 1993, 217, 229 f.; ders., Internationales UN-Kaufrecht, 4.  Aufl., 2007 Rdnr.  288 ff. 100 101

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tieren, die auf gemeinsame Leitgedanken im Sinne einer einheitlichen Metaebene hindeuten. Dabei ist aber nicht zu verkennen, dass die entscheidungsbestim­ menden Wertungskriterien von den untersuchten Rechtsordnungen durchaus un­ terschiedlich akzentuiert werden. Das deutsche Recht erreicht eine als adäquat empfundene Verantwortungsver­ teilung bekanntlich, indem die relevanten Verhaltenspflichten umfassend als sog. Schutzpflichten im Sinne des §  241 Abs.  2 BGB eingeordnet und damit dem ver­ tragsrechtlichen Haftungsregime unterstellt werden.104 In diesem besteht auf­ grund der strikten Einstandspflicht für Gehilfenfehler nach §  278 BGB eine von eigenem Verschulden unabhängige Leutehaftung.105 Die materiellen Determinan­ ten der Gehilfenverantwortlichkeit werden dementsprechend zum einen über die Abgrenzung des Personenkreises, vor allem aber auch über die Bestimmung der relevanten Pflichtenlage eingeführt. Tendenziell verfährt die deutsche Praxis da­ bei eher großzügig.106 Demgegenüber entwickelt das common law das Regime des vertragsbeglei­ tenden Integritätsschutzes im Wesentlichen auf deliktsrechtlicher Grundlage. Die einschlägigen Rechtsordnungen zeigen sich im Hinblick auf neben der verspro­ chenen Leistung bestehende, nach Vertragsgrundsätzen zu behandelnde Pflichten nach wie vor sehr viel zurückhaltender als das hier partiell verhältnismäßig weit gehende deutsche Recht.107 In der Folge hat das common law mit den spezifisch deliktsrechtlichen Beschränkungen der Haftung für Gehilfenfehler zu kämpfen. Beispielsweise folgt die Abgrenzung der Verantwortlichkeitssphäre des Ge­ schäftsherrn der Unterscheidung von Gehilfen (servant bzw. employee) und selb­ ständigem Unternehmer (independent contractor), die an die aus dem deutschen Recht bekannte Differenzierung zwischen Verrichtungsgehilfen und sonstigen Dritten erinnert. Exemplarisch sei wiederum das einschlägige U. S.-amerika­ nische Restatement wiedergegeben: A servant is a person employed to perform services in the affairs of another and who with respect to the physical conduct in the performance of the service is subject to the other’s control or right to control.108

  Zu der Kontroverse um die „Rechtsnatur“ der Schutzpflichten noch infra §  2 A II 1 b) (1).   Zu den auch von dem Bedürfnis nach einer Ausschaltung gerade des §  831 BGB getra­ genen, vielfältigen Ausweitungen der Schutzpflichten, eingehend Krebs, Sonderverbindungen und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S.  9 ff. 106   Im Einzelnen infra Kapitel 5 §  2 C., §  3. 107   Zu den implied terms des englischen Rechts, die prinzipiell die Funktion von auf §  241 Abs.  2 BGB gestützten Nebenpflichten erfüllen, Zimmermann, AcP 193 (1993) 121; SchmidtKessel, ZVglRWiss 96 (1997) 101; Grobecker, Implied Terms und Treu und Glauben, 1999; Grobecker, ZEuP 2000, 125. 108   The American Law Institute, Restatement of the Law Second, Agency, 1957, [im Fol­ genden: Rest. 2d Agency], §  220(1). Vgl. auch Rest. 2d Agency, §  2(2). Ähnliche Umschreibung der maßgeblichen Abgrenzungskriterien im englischen Recht z. B. in Short v. J. & W. Henderson Ltd. (1946), 62 L. R. 427, 429. 104 105

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Dabei darf freilich nicht übersehen werden, dass neben der Definition des rele­ vanten Personenkreises109 eine zweite Spur der Verantwortlichkeitsbegründung – nicht nur – für das common law konzeptionell in der Ausweitung der Eigenhaf­ tung liegt, wie sie z. B. durch das Statuieren von Auswahl- und Überwachungs­ pflichten im Rahmen des negligence standards der allgemeinen deliktischen Fahr­ lässigkeitshaftung110 oder gar über die Annahme einer verschuldensunabhängigen Verantwortlichkeit erfolgen kann.111 Insgesamt zeigt sich also das dogmatische Korsett hier wie dort keinesfalls so straff geschnürt, dass eine an einheitlichen, problembezogenen Wertungskrite­ rien orientierte Rechtsfindung ausgeschlossen wäre. 3.  Folgerungen und Beschränkung des Untersuchungsgegenstands a)  Ermittlung überpositiver Zurechnungskriterien Schon der kurze Überblick zeigt, dass bei ökonomisch informierter, funktionaler Betrachtung vielfältige Anhaltspunkte dafür bestehen, dass unterschiedliche Rechtsordnungen im untersuchten Bereich ähnliche Regelungsansätze zugrunde legen. Vor diesem Hintergrund ist zumindest nicht ausgeschlossen, dass die rechtsförmige Einstandspflicht für Pflichtwidrigkeiten der Gehilfen selbst in dogmatisch durchaus unterschiedlich ansetzenden Rechtsordnungen auch ver­ gleichbare Ergebnisse zeitigt und in der Konsequenz normativen Kriterien folgt, die sich auf einen gemeinsamen Nenner zurückführen lassen. Dies gilt umso mehr, als grosso modo die untersuchten Gütermärkte über vergleichbare infor­ melle Institutionen verfügen dürften, deren Steuerungswirkung ergänzend zu den Anreizen der rechtlichen Sanktionsmechanismen tritt. In der Konsequenz stellen sich für alle Legalordnungen der marktorientierten Volkswirtschaften die Fragen nach der angemessenen, die Rahmenbedingungen berücksichtigenden bzw. informelle Sanktionsmechanismen aktivierenden, rechtlichen Reaktion auf das schädigende Verhalten einzelner Glieder der arbeitsteilig organisierten Pro­ duktions- oder Vertriebskette in einem identischen Kontext. Lässt sich unter die­ sen Bedingungen eine „materielle“ Einheitlichkeit der rechtsförmigen Einstands­ 109   Vgl. auch die in Rest. 2d Agency §  220(2) aufgeführten Kriterien. Illustrativ die berühmten Tankstellen-Fälle Humble Oil & Refining Co. v. Martin, 148 Tex. 175, 222 S. W.2d 995 (1949); Hoover v. Sun Oil Co., 58 Del. 553, 212 A.2d 214 (1965). Zum englischen Recht Atiyah, Vicari­ ous Liability in the Law of Torts, 1967, S.  31 ff. 110   Seit Brown v. Kendall, 60 Mass. 292 (1850) ist die deliktische Haftung für fahrlässige Schadensverursachung in den U. S. A. etabliert. Für das englische Recht siehe Donoghue v. Ste­ venson [1932] A. C. 562. 111   Beispiel ist Spalding v. Waxler, 205 N. E. 2d 890 (1965), wo der Beklagte die Bremsen sei­ nes Fahrzeugs regelmäßig warten ließ – weshalb die Annahme eines Fehlers der Werkstatt nahe liegt –, aber gleichwohl für die Unfallschäden haften musste, die er aufgrund eines Bremsversa­ gens verursacht hatte. Das Gericht ging davon aus, dass bereits der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen widersprechende Zustand des Fahrzeugs die Annahme einer verschuldensunab­ hängigen, deliktsrechtlichen Haftung rechtfertigte.

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pflicht für in die Erfüllung von Leistungspflichten eingeschaltete Gehilfen trotz der bestehenden, grundlegenden dogmatischen Abweichungen herausarbeiten, könnte der festzuhaltende Normgehalt als Ausdruck universeller Prinzipien oder momentanes Ergebnis eines nicht notwendig zum Ende gelangten, aber gleichför­ mig verlaufenden, evolutorischen Selektionsprozesses begriffen werden: Auf­ grund der immensen Bedeutung der in Rede stehenden Problematik für den Gü­ terverkehr erscheinen die als den jeweiligen Bedürfnissen der betroffenen Gesell­ schaften adäquat empfundenen nationalen Lösungen als in besonders hohem Maße durch praktische Erfahrungen konsolidiert. Führt die Rechtsvergleichung demgegenüber zu dem Befund, dass keine mate­ rielle Einheitlichkeit im genannten Sinne besteht, sind unterschiedliche Resultate in der Sache, d. h. unterschiedlich weit reichende Einstandspflichten für das Fehl­ verhalten von Hilfspersonen, daraufhin zu untersuchen, ob die zu den Diver­ genzen führenden institutionellen Arrangements immerhin Ausdruck einer ab­ weichenden Kalibrierung identischer Zurechnungsgesichtspunkte sind oder aber auf gänzlich eigenständigen Erwägungen beruhen. Es geht insoweit darum, un­ terschiedliche Resultate auf abweichende rechtspolitische Entscheidungen inner­ halb der einzelnen Rechtsordnungen zurückzuführen (z. B. mehr oder weniger weit reichender Erfüllungszwang; mehr oder weniger weit reichende Auswahl- und Überwachungspflichten). Hierdurch werden die Voraussetzungen geschaf­ fen, um die Auswirkungen der Regelungen mit einem normativen Modell abzu­ gleichen und vor diesem Hintergrund zu bewerten. Dabei kann und muss aus den genannten Gründen (Kontextabhängigkeit, Relativierung des Effizienzziels) 112 nicht notwendig eine absolute und homogene Handlungsanweisung an den Ge­ setzgeber angestrebt werden, da auch das Erhellen der regulatorischen Zusam­ menhänge einen relevanten Erkenntnisgewinn darstellt. Die nach dem Vorstehenden erforderliche, tiefschürfende horizontale und ver­ tikale Mikro-Rechtsvergleichung könnte bei einem Querschnittsthema wie dem hier untersuchten in einer Monographie kaum geleistet werden. Die Vielzahl der Institute des Vertragsrechts, die lediglich implizite Risikozuweisungen im Rah­ men der arbeitsteiligen Produktions- und Absatzorganisation treffen,113 verdeut­ licht, dass letztlich nicht weniger zu bewerkstelligen wäre als eine Detailanalyse des Rechts der Leistungsstörung, der Willensmängel und des Verbraucherrechts, um die relevanten Aspekte der jeweiligen Regime freilegen zu können. Derartiges soll hier nicht versucht werden. Stattdessen zielen die nachfolgenden Ausfüh­ rungen darauf ab, überpositive Kriterien der Risikozuweisung zu entwickeln und deren Tragfähigkeit in einer eingehenden Auseinandersetzung mit dem deutschen bürgerlichen Recht zu belegen. Dabei erfolgt auch eine Positionierung innerhalb des historischen Kontextes und des gegenwärtigen rechtswissenschaftlichen Dis­ kurses, wobei die Betrachtung insoweit auch hier nicht auf die deutsche Rechts­   Vgl. supra I.   Für das deutsche bürgerliche Recht infra Kapitel 5.

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§  1  Untersuchungsgegenstand und Erkenntnisinteresse

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ordnung beschränkt bleibt.114 Die gewonnenen Einsichten können als Grundlage mikro-rechtsvergleichender Untersuchungen dienen, aber auch die Interpretation und Fortentwicklung der im Entstehen begriffenen Kodifikationen des europä­ ischen Privatrechts befruchten. Letzteres soll im Rahmen dieser Untersuchung immerhin angedeutet werden.115 b)  Materielle Selbständigkeit oder Unselbständigkeit der Verantwortlichkeit für Gehilfenverhalten? Eng verknüpft mit der komparativen Suche nach tragfähigen, materiellen Zurech­ nungskriterien ist eine Grundfrage der Einstandspflicht für Gehilfenverhalten, die zwar ihren sichtbaren Niederschlag vor allem auf dogmatisch-konstruktiver Ebene findet, die aber weitaus tiefer angesiedelt ist. Wie angedeutet, wirft die Ein­ standspflicht für Gehilfen für das common law mit seiner strengen Haftung für Vertragsverletzungen im Bereich vertraglicher Leistungsversprechen keinerlei dogmatisch konstruktive Probleme auf. Die Frage nach einer besonderen Begrün­ dung stellt sich explizit gar nicht, sie wird vielmehr implizit im Sinne einer weit­ reichenden Einstandspflicht beantwortet. Dasselbe gilt für die Einstandspflicht in den kontinentalen Rechtsordnungen, soweit sie immanent aus der fortbestehen­ den Verpflichtung zur Naturalerfüllung folgt.116 Für die auf individuellem Ver­ schulden basierende Schadensersatzhaftung der Leistungsstörungsrechte der kontinentalen Kodifikationen ist der dogmatische Ausgangspunkt jedoch anders, da sich das positive Recht insoweit auf eine rechtstechnische Bewältigung durch generalklauselartige Zurechnungsnormen verlassen muss.117 Entsprechende dog­ matische Konstruktionen finden sich wiederum auch im common law, soweit es um die vicarious liability wegen Verletzung der jenseits des Vertragsrechts ange­ siedelten Integritätspflichten geht.118 Aus diesem Befund resultiert letztlich die grundlegende Frage, ob und inwieweit der dogmatische Ansatz einer Verselbstän­ digung der Einstandspflicht für Gehilfen im Rahmen einer Zurechnungsnorm in der Sache gerechtfertigt ist. Denkbar scheint auch, dass es sich bei der Verant­ wortlichkeit für Gehilfenfehler um einen durch keine originären Problemlagen   Infra Kapitel 3.   Infra Kapitel 6. 116   Vgl. supra 1 und eingehend infra Kapitel 5 §  1 A. II. 117   Vgl. neben der deutschen Bestimmung des §  278 BGB, die schweizerische (§  101 Obligati­ onenrecht), österreichische (§  1313a ABGB), griechische (Artt. 330, 334 ZGB), belgische (Cass. 24. Januar 1974, Pas. I 553 und Cass. 21. Juni 1979), italienische (Art.  1228 Codice Civile), nie­ derländische (6:76 Burgerlijk Wetboek), dänische (Art.  3 -19-2 des Danske Lov von 1683) und portugiesische (Art.  8 00(1) Código Civil) Regelung. Der französische Code civil kennt eine aus­ drückliche Zurechnung des Gehilfenverschuldens im Vertragsrecht nur in Ausnahmefällen, vgl. Art.  1797 C. civ. (Werkunternehmer), Art.  1953 C. civ. (Gastwirte), Artt. 1733, 1735 C. civ. (Mieter), was freilich keinesfalls den Endpunkt der Rechtsentwicklung darstellt, vgl. bereits Becqué, RTD civ. 1914, 251, 252 ff.; Renaud, De la responsabilité du fait d’autrui en matière con­ tractuelle, 1923, S.  9. Zur heutigen Rechtslage in Frankreich infra Kapitel 3 §  2 B. I. 2. 118   Vgl. supra 2. 114

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Kapitel 1:  Grundlagen

gekennzeichneten, schlichten Unterfall der Verteilung des Risikos des Auftretens von Leistungsstörungen bzw. sonstigem schädigenden Verhalten handelt, wie die Problemlösung des common law im Bereich vertraglicher Leistungsversprechen suggeriert. Dies wäre nur anders, wenn sich zeigt, dass originäre Zurechnungser­ wägungen zu einer materiell eigenständigen Verteilung des Personalrisikos füh­ ren.

§  2  Methodische Skizze Ein in den letzten Jahrzehnten in vielfältigen Variationen wiederkehrendes The­ ma der Methodendiskussion in der deutschen Rechtswissenschaft kreist um das Potential der ökonomischen Analyse des Rechts als ergänzendes Element oder gar vollständiges Substitut für die tradierten Verfahren der Rechtsfindung. Die vor­ liegende Untersuchung positioniert sich in diesem Streit auf der Seite der Befür­ worter einer behutsamen Modifizierung tradierter dogmatischer und kompara­ tiver Rechtswissenschaft auf der Grundlage ökonomischer Einsichten.  In Anbe­ tracht des Diskussionsstandes erscheint es weniger dringlich, die für die eigene Sicht sprechenden Argumente in abstracto zu wiederholen, als vielmehr den Nachweis der Leistungsfähigkeit des gewählten Ansatzes im Rahmen der Analy­ se einer begrenzten privatrechtlichen Fragestellung in concreto vorzuführen. Eine kurze methodische Verortung im Verhältnis zu den vorherrschenden Strö­

   Zu der Diskussion vgl. z. B. Horn, AcP 176 (1976) 307, 330 ff.; Koller, Die Risikozurechnung bei Vertragsstörungen in Austauschverhältnissen, 1979, S.  79, insbesondere Fn.  6 ; Fezer, JZ 1986, 817; ders., JZ 1988, 223; F. Bydlinski, Fundamentale Rechtsgrundsätze, 1988, S.  286 f.; F. Kübler in: H.-B. Schäfer/Ott (Hrsg.), Allokationseffizienz in der Rechtsordnung, 1989, S.  293; ders., Festschrift für Ernst Steindorff, 1990, S.  687; R. Kohl in: Breidenbach/Grundmann/Mülbert/ Singer (Hrsg.), Rechtsfortbildung jenseits klassischer Methodik, Privatautonomie zwischen Status und Kontrakt, Privatrecht und Europa, 1993, S.  29; Eidenmüller, in: Breidenbach/Grund­ mann/Mülbert/Singer (Hrsg.), Rechtsfortbildung jenseits klassischer Methodik, Privatautono­ mie zwischen Status und Kontrakt, Privatrecht und Europa, 1993, S.  11, 24 ff.; ders., Effizienz als Rechtsprinzip, 1995; Taupitz, AcP 196 (1996), 114. Die Debatte trennt nicht immer hinreichend zwischen den verschiedenen Fragen, inwieweit einerseits die Untersuchung rechtlicher Frage­ stellungen mit dem Instrumentarium der mikroökonomischen Preistheorie Erkenntnispotenti­ ale im Sinne realwissenschaftlicher Wirkungsanalyse birgt und ob andererseits das Kriterium allokativer Effizienz als (alleiniger) normativer Maßstab der Rechtsfindung herangezogen wer­ den sollte. In letzter Hinsicht trifft sich die deutsche Kontroverse mit der frühen US-amerika­ nischen Auseinandersetzung, vgl. z. B. die Symposiums-Beiträge von R.Posner (8 Hofstra L. Rev. 487 (1980)), Coleman (8 Hofstra L. Rev. 509 (1980)) und Tullock (8 Hofstra L. Rev. 659 (1980)).    Gleichsinnig z. B. Deckert, Folgenorientierung in der Rechtsanwendung, 1995, S.  75; Deckert, AcP 197 (1997) 187, 192 ff.; Grundmann, RabelsZ 61 (1997) 423; Ott, Festschrift für Fried­ rich Kübler, 1997, S.  21, 38 ff.; Schwintowski, JZ 1998, 581, 588; Fleischer, Informationsasymmet­ rien im Vertragsrecht, 2001, S.  229; Thüsing, Wertende Schadensberechnung, 2001, S.  334 ff.; Kirchner in: Riesenhuber (Hrsg.), Europäische Methodenlehre, 2.  Aufl., 2010, §  5 Rdnr.  5.    Ähnlich Assmann/Kirchner/Schanze, in: Assmann/Kirchner/Schanze (Hrsg.), Ökono­ mische Analyse des Rechts, 1993, S.  X IV; Fleischer, Informationsasymmetrien im Vertragsrecht, 2001, S.  149.

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Kapitel 1:  Grundlagen

mungen in Rechtsdogmatik und Rechtsvergleichung erscheint aber dennoch als Orientierungshilfe für den Leser angezeigt.

A.  Rechtsdogmatik und Rechtsökonomik: Konsequentialismus, methodologischer Individualismus und juristische Hermeneutik Das Anliegen, die von einem geisteswissenschaftlichen Selbstverständnis ausge­ hende, dogmatische Rechtswissenschaft mit der sozialwissenschaftlichen Öko­ nomik zusammenzuführen, scheint auf den ersten Blick die Quadratur des Kreises zu versuchen. Nicht von ungefähr bedurfte es vor dem Aufstieg der öko­ nomischen Analyse zur vorherrschenden Methode der wissenschaftlichen Be­ schäftigung mit Recht in den USA der vollständigen Desavouierung dogmatischer Rechtswissenschaft durch den Rechtsrealismus. Dessen bleibendes Erbe liegt u. a. darin, dass die zunächst einflussreichen, der Pandektistik verwandten Bemü­ hungen einer begrifflich orientierten Systematisierung des common law stark an Bedeutung eingebüßt haben. Auch wenn im Rahmen des American Law Institutes noch immer an der Aufbereitung des Fallrechts in Form von Restatements gearbeitet wird,  sind weder die Hauptströmungen der US-amerikanischen Rechtswissenschaft noch die Rechtspraxis an einer dogmatischen Durchdringung des Rechts interessiert. In den USA wurde also zunächst ein Vakuum geschaffen, das u. a. von der Ökonomik gefüllt werden konnte, während die in ihrer Kritik an einer dogmatisch-interpretativ verstandenen Rechtswissenschaft dem Rechtsrea­ lismus ähnliche Freirechtsschule in Deutschland nie eine vergleichbare, den Sys­ temanspruch im breiten Bewusstsein diskreditierende Wirkung entfaltet hat.  Es lässt sich aber zeigen, dass auch ohne eine vollständige Verdrängung autonomer Rechtswissenschaft das Bedürfnis besteht, die Einsichten und Methoden deskrip­ tiver Ökonomik für rechtliche Fragestellungen fruchtbar zu machen sowie sich ihrer normativen Postulate für die Zwecke der hier anzustellenden Untersuchung zu bedienen.10

  Infra A.   Infra B.    Exemplarisch dafür das Vorwort in Langdell, A Selection of Cases on the Law of Con­ tracts, 1871, S. v ff.; dazu Kronman, The Lost Lawyer, 1993, S.  170 ff.    Vgl. dazu Currie, JZ 1996, 930, 933; Schindler, ZEuP 1998, 277.    Ausführlich zu den Zusammenhängen, Grechenig/Gelter, 31 Hastings Int’l & Comp. L. Rev. 295, 309 ff. (2008); Grechenig/Gelter, RabelsZ 72 (2008) 514, 522 ff.    Infra I. 10   Infra II.  

§  2  Methodische Skizze

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I.  Das Bedürfnis nach einem deskriptiven Verhaltensmodell   und seine Erfüllung durch die Ökonomik 1.  Folgenabschätzung als Aufgabe der Rechtswissenschaft Das herrschende Methodenverständnis in Deutschland sieht die Aufgabe der Rechtswissenschaft („Jurisprudenz im engeren Sinn“) darin, den Zusammen­ klang von System und Telos im positiven Recht zu gewährleisten.11 Die doppelt axiomatische Zielvorgabe12 soll verwirklicht werden, indem durch dogmatische Analyse ein widerspruchsfreies System des geltenden Rechts entwickelt bzw. her­ ausgearbeitet wird.13 Außerrechtliche Einsichten finden notwendigerweise nur in dem engen Korsett der erkenntnisleitenden, originär juristischen Interpretations­ methoden Verwendung. Soweit die Sozialwissenschaften Antworten auf die rechtlich determinierten Fragestellungen suchen, werden regelmäßig nur ihre Er­ gebnisse im Rahmen der juristischen Analyse für relevant erachtet.14 Geben die anderen Disziplinen keine, in diesem Sinne unmittelbar verwertbaren Auskünfte, wird ihnen nicht selten die Relevanz für die Jurisprudenz abgesprochen.15 Wäh­ rend auf diesem Weg eine Verzahnung der normativen Geisteswissenschaften mit 11   Vgl. nur die Beschreibungen des Gegenstands der Disziplin in den Standardwerken bei Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6.  Aufl., 1991, S.  189; Larenz/Canaris, Metho­ denlehre der Rechtswissenschaft, 3.  Aufl., 1995, S.  11 ff.; F. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 2.  Aufl., 1991, S.  8 ff. Vgl. auch Ernst in: Engel/Schön (Hrsg.), Das Proprium der Rechtswissenschaft, 2007, S.  3, 27 f. 12   Die Entwicklung eines logisch stimmigen Systems der Rechtssätze wird für möglich und erstrebenswert erachtet, vgl. Dedek, JZ 2009, 540, 542. 13   Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 2.  Aufl., 1983, S.  11 ff.; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1991, S.  437 ff.; Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts, 1996, S.  1 ff.; Pawlowski, Methodenlehre für Juristen, 3.  Aufl., 1999, Rdnr.  167; für das europäische Privatrecht ausführlich Riesenhuber, System und Prinzipien des Europä­ ischen Privatrechts, 2003, S.  5 ff., 52 ff.; Grundmann in: Riesenhuber (Hrsg.), Europäische Me­ thodenlehre, 2.  Aufl., 2010, §  10 Rdnr.  1; vgl. auch Zimmermann, 3 ERPL 95, 110 (1995); zu den historischen Wurzeln des vorherrschenden Systemverständnisses J. Schröder, Recht als Wissen­ schaft, Bd.  1, 2001, S.  244 ff. 14   Entsprechend werden der rechtswissenschaftlichen Analyse häufig Kapitel voran oder bei­ seite gestellt, in denen die Einsichten der anderen Disziplinen referiert werden, um diese dann im Rahmen der teleologischen Argumentation bzw. als „fünfte Auslegungsmethode“ heranzu­ ziehen. Deutlich z. B. Ackermann, Der Schutz des negativen Interesses, 2007, S.  138 ff. der die Ökonomik in dem als „Rechtspolitsche Grundlagen“ überschriebenen, von der folgenden „Rechtssystematischen Umsetzung“ getrennten Teil referiert. Ähnliche Darstellungen ökono­ mischer Einsichten unter der Rubrik Grundlegung o. ä. z. B. bei Kulms, Schuldrechtliche Orga­ nisationsverträge in der Unternehmenskooperation, 2000, S.  55 ff.; Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung bei Personengesellschaften, 2000, S.  150 ff. Merkt, Unternehmenspublizi­ tät, 2001, S.  191 ff.; Kieninger, Wettbewerb der Privatrechtsordnungen im europäischen Binnen­ markt, 2002, S.  45 ff.; Grigoleit, Gesellschafterhaftung für interne Einflussnahmen im Recht der GmbH, 2006, S.  31 ff.; Haar, Die Personengesellschaft im Konzern, 2006, S.  31 ff. 15   Vgl. Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, 13.  Aufl., 1994, §  76 III 4 h), S.  417 wo es heißt: „Insgesamt ist es m. E. aber bisher nicht gelungen, die maßgeblichen Kriterien mit den Mitteln der „ökonomischen Analyse“ wesentlich präziser zu formulieren als ohne deren Heranziehung, zumal der Mehraufwand an schwieriger Terminologie häufig außer Verhältnis zum Ertrag an

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Kapitel 1:  Grundlagen

der Jurisprudenz gelingen kann,16 bleibt mit einer derart begrenzten Öffnung der juristischen Hermeneutik in Bezug auf die deskriptiven Sozialwissenschaften ein ganzes Universum potentieller Erkenntnisquellen verschlossen. Sowohl Ob als auch Wie der Heranziehung sozialwissenschaftlicher Argumente laufen Gefahr, letztlich willkürlich zu erfolgen. Zugespitzt formuliert dient so verstandene „In­ terdisziplinarität“ nur der Bestätigung eigener Vorurteile. Vor diesem Hinter­ grund gewinnt auch der an sich harmlose Umstand Brisanz, dass zum Teil qua Definition alternative Methoden der Rechtsfindung aus der Jurisprudenz (im en­ geren Sinn) ausgeschlossen werden. Im Zusammenspiel mit der suggerierten Re­ sorptionsfähigkeit der überkommenen Methodik wird nämlich nicht selten das Bedürfnis für entsprechende Ansätze geleugnet.17 Es wird insoweit jedoch voll­ ständig ausgeblendet, dass die deskriptiven Sozialwissenschaften – und insbeson­ dere der entsprechende Zweig der ökonomischen Analyse18 – in erster Linie Wege zur Verwirklichung anderweitig definierter Ziele aufzeigen, indem sie mensch­ liche Reaktionen auf (rechtliche) Verhaltensanreize beschreiben und prognosti­ zierbar machen. Die angesprochene, beschränkte Verwertbarkeit insbesondere sozialwissen­ schaftlicher Forschung im Korsett tradierter Methodik verwundert umso mehr, als auch in dieser Literatur die Bedeutung „gerechter“ Falllösungen innerhalb der eröffneten Auslegungsspielräume und damit letztlich die Orientierung der Rechtsfindung an den Folgen angewandter Rechtsnormen betont wird.19 In die­ sem Sinne ist auch die überkommene Methodenlehre durchaus (eingeschränkt) konsequentialistisch; 20 für die zivilrechtliche Praxis gilt dies ohnehin in weit stär­ sachhaltigen Argumenten steht.“ Wie selbstverständlich wird davon ausgegangen, dass die Rechtswissenschaft die „maßgeblichen“ Kriterien definiere. 16   Exemplarisch aus jüngster Zeit z. B. Unberath (Die Vertragsverletzung, 2007), dem es in beeindruckender Weise gelingt, eine Dogmatik des Leistungsstörungsrechts auf moralphiloso­ phische (deontologische) Konzeptionen zu stützen. 17   Deutlich F. Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 2.  Aufl., 1991, S.  331, der die ökonomische Analyse des Haftungsrechts darauf reduziert, sie beinhalte nur die „Neu­ entdeckung längst bekannter ökonomischer Zwecke bestimmter Rechtsnormen und Rechtsins­ titute“. 18   Zur Unterscheidung von deskriptiver (positiver) und normativer ökonomischer Analyse hier nur R.Posner, Economic Analysis of Law, 8.  Aufl., 2011, S.  23 ff.; Shavell, Foundations of Economic Analysis of Law, 2004, S.  1 ff. 19   Z. B. Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6.  Aufl., 1991, S.  348 ff.; Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3.  Aufl., 1995, S.  168 ff. unter Betonung, dass das Ziel nur „im Rahmen der geltenden Gesetze und anerkannten Rechtsprinzipien“ (ibid. S.  169) verfolgt werden dürfe. Zum Verhältnis von Folgenorientierung und tradierter Methodik der Rechtsanwendung und -fortbildung Deckert, Folgenorientierung in der Rechtswissenschaft, 1995, S.  37 ff. 20   Gerade in der Auseinandersetzung mit der ökonomischen Analyse des Rechts kommt die prinzipielle Folgenorientierung auch bei all denjenigen deutlich zum Ausdruck, die ein Primat der „Gerechtigkeit“ oder „ethischer Prinzipien“ etc. insbesondere im Verhältnis zum Effizienz­ ziel der Wohlfahrtsökonomik postulieren, da sie eben auch deutlich eine Folgenorientierung der Normanwendung propagieren z. B. Coing/Honsell in Staudinger, Einleitung zum Bürgerlichen Gesetzbuch. §§  1–14; Verschollenheitsgesetz, Neubearbeitung 2004, Einl. Rdnr.  199; Sprau in:

§  2  Methodische Skizze

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kerem Maße. 21 Gerade die Selbsteinschätzung der Rechtsprechung zeigt auch, dass eine strikt positivistische Gegenposition nicht realistisch haltbar ist.22 Wenn demnach von einer Folgenorientierung auch der traditionellen Methodik gespro­ chen werden kann, soll keinesfalls überspielt werden, dass die Relevanz von Handlungsfolgen im Rahmen einer deontologischen Pflichtenlehre im Sinne eines Verstoßes/Befolgens von a priori Sittengesetzen o. ä. etwas grundsätzlich anderes ist, als die ausschließliche Orientierung sozialwissenschaftlicher Ansätze an den Realwirkungen menschlichen Verhaltens. 23 Indessen blendet auch die tra­ ditionelle Methodik im Rahmen der teleologischen Interpretation die tatsäch­ lichen Wirkungen von Rechtsnormen keinesfalls vollständig aus, 24 wie dies in einem ausschließlich deontologisch begründeten System von verrechtlichten a priori Verhaltensmaximen der Fall sein müsste. Deshalb erscheint die bewusste Heranziehung sozialwissenschaftlicher Methoden zur Beschreibung der Real­ wirkungen von Rechtsnormen weniger als Bruch, denn als Fortentwicklung der Palandt, BGB, 71.  Aufl., 2012, Einl. Rdnr.  39; Taupitz, AcP 196 (1996) 114, 166 f. Siehe auch Eidenmüller AcP 197 (1997), 80, 82 mit dem Hinweis, dass die Folgenorientierung in der Rechts­ wissenschaft nicht mit einer tragfähigen Methode der Wirkungsanalyse und -bewertung einher­ gehe. 21   Dieses, in einer Vielzahl durchaus selbstbewusster Rechtsfortbildungen manifestierte Selbstverständnis der deutschen Rechtsprechung kann durch die Stellungnahmen zweier ehe­ maliger BGH-Präsidenten verdeutlicht werden. Vgl. Heusinger, Rechtsfindung und Rechtsfort­ bildung im Spiegel richterlicher Erfahrung, 1975, S.  5 wo es heißt: „Rechtsprechung ist nicht so sehr ein logisches Glasperlenspiel, als vielmehr ein finales Handeln, ausgerichtet auf ein ver­ nünftiges Ergebnis, wie es der Gerechtigkeit entspricht“; ähnlich R.Fischer, Die Weiterbildung des Rechts durch die Rechtsprechung, 1971, S.  16 f., der es als ein großes Verdienst der Recht­ sprechung ansieht, dass sich diese „von den Vorstellungen des damaligen Gesetzgebers löst und die von ihr entwickelten Rechtsgrundsätze den Erfordernissen der nunmehr gegebenen wirt­ schaftlichen Verhältnisse anpaßte“. 22   Strikt gegen eine Folgenorientierung in der Rechtsanwendung insbesondere Luhmann, Rechtssystem und Rechtsdogmatik, 1974, S.  5 ff.; Luhmann, AöR 95 (1969) 1, 3 f. Dreh und An­ gelpunkt der Luhmann’schen Argumentation ist, dass „[d]ie Zweckorientierung der Rechtspo­ litik .  .  . die Entlastung der Rechtsausführung von Zweckerwägungen“ kompensiert (AöR 95 (1969) 1, 5). Diese funktional-systemtheoretische Sicht setzt eine klare Trennbarkeit von zweck­ definierender Rechtssetzung und schlicht rekonstruierender Rechtsanwendendung voraus, die freilich an der Realität der richterlichen Entscheidungstätigkeit vorbei geht, vgl. z. B. Kirchner, Ökonomische Theorie des Rechts, 1997, S.  29 ff.; Taupitz, AcP 196 (1996), 114, 125 ff. Zur radi­ kalen Kritik der Position im Rechtsrealismus und der Critical Legal Studies Bewegung infra Fn.  158. 23   Exemplarisch der „synthetische Rechtssatz a priori“ von der Möglichkeit des „äußeren Mein und Dein“ (in Ergänzung des angeborenen Rechts auf Freiheit des „inneren Mein und Dein“, d. h. des Körpers und der in unmittelbarem Besitz befindlichen Gegenstände) bei Kant, Die Metaphysik der Sitten, in: Preußische Akademie der Wissenschaft (Hrsg.), Kants Werke, Bd.  6 , unveränderter Nachdruck 2000, S.  249 f., der allein in der praktischen Vernunft wurzelt und keiner anderweitigen Deduktion zugänglich ist. Vgl. dazu die ausführliche Darstellung und vertragstheoretische Einordnung bei Byrd/Hruschka, 81 Chi.-Kent L. Rev. 47, 54 ff. (2006); Unberath, Die Pflichtverletzung, 2007, S.  32 ff. sowie die Kritik bei Ackermann, Der Schutz des negativen Interesses, 2007, S.  97 ff. 24   Weitaus kritischer indessen G. Wagner, AcP 206 (2006) 352, 425: „Eine rationale Begrün­ dung für eine ignorante und indifferente Haltung gegenüber den Folgen legislatorischer und gerichtlicher Entscheidungen ist nicht ansatzweise zu erkennen.“

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Kapitel 1:  Grundlagen

geübten Methodenpraxis, der die Berücksichtigung der tatsächlichen Wirkungen der Rechtsanwendung keinesfalls per se fremd ist. 25 Insofern ist nicht entschei­ dend, inwieweit die Legitimierbarkeit derartiger Maximen gerade in einer plura­ listischen Gesellschaft in Frage gestellt ist.26 Zwar droht, zugespitzt formuliert, die Blindheit gegenüber den realen Wirkungen der Regulierung in nicht weniger als einer säkular kaum zu rechtfertigenden, moralideologischen Herrschaft zu münden, gerade weil diese sich nicht in allen Konstellationen unter Rückgriff auf die Individualinteressen der Betroffenen legitimieren lässt. In diesem Sinne ist z. B. das zentrale Argument von Louis Kaplow und Steven Shavell zu verstehen, wonach Recht, das sich zentral auf eine deontologische Ethik stützt, Gefahr läuft, in bestimmten Konstellationen jedes Individuum schlechter zu stellen, d. h. sein Wohlergehen zu reduzieren. 27 Es stellt vor diesem Hintergrund dann auch ein hochproblematisches Argument dar, wenn – im Ausgangspunkt ganz zutreffend – gerade die Unverrückbarkeit moralfundierter Handlungsmaximen als Vorzug deontologischer Vertragsrechtslehren gepriesen wird. 28 Indessen gilt diese Kritik nicht uneingeschränkt für sämtliche ethisch fundierten Theorien vertraglicher Selbstbindung, sondern verfängt nur bei solchen, die die Aufgabe des Vertrags­ rechts paternalistisch darin sehen, die Parteien der privatautonom begründeten Sonderverbindung zur Verfolgung „guter“ und „wertvoller“, heteronom defi­ nierter Zwecke anzuhalten.29 Demgegenüber erscheinen solche Vertragstheorien 25   Auch in Deutschland fehlte es in der Vergangenheit nicht an die Problematik explizit be­ nennenden Konzeptionen, vgl. z. B. Esser, Vorverständnis und Methodenwahl in der Rechtsfin­ dung, 2.  Aufl., 1972; F. Kübler, Festschrift für Ludwig Raiser, 1974, 697; F. Kübler, Über die praktischen Aufgaben zeitgemäßer Privatrechtstheorie, 1975, S.  50; Assmann in: Assmann/ Kirchner/Schanze (Hrsg.), Ökonomische Analyse des Rechts, 2.  Aufl., 1993, S.  17, 35. 26   Darauf zentral abstellend jüngst Ackermann, Der Schutz des negativen Interesses, 2007, S.  88 f. Ähnliche, v. a. rechtspositiv argumentierende Theorien finden sich bei den infra Fn.  29 genannten Autoren im angelsächsischen Schrifttum. 27   Vgl. Kaplow/Shavell, Fairness versus Value, 2002, S.  52 ff. und passim. Ähnlich bereits Smart in: Smart/Williams (Hrsg.), Utilitarianism: For and Against, 1973, S.  2, 5. 28   Zuletzt v. a. Unberath, Die Vertragsverletzung, 2007, S.  116 ff., gestützt auf Raz in: Hacker/ Raz (Hrsg.), Law, Morality and Society, 1977, S.  210, 220 f. Nicht von ungefähr lässt sich der Autor dann sogar dazu hinreißen, der lediglich eine beschränkte Erfüllungspflicht anstrebenden Vertragspartei vorzuwerfen, sie habe „schlicht nicht verstanden, was Versprechen und Vertrag bedeutet“. In der Folge wird die Freiheit der Parteien in einem binären System allein darauf be­ schränkt, die inhaltlich feststehende Bindung willentlich herbeizuführen oder von ihr Abstand zu nehmen, vgl. Unberath, Die Vertragsverletzung, 2007, S.  146; ganz ähnlich schon Canaris, Festgabe 50 Jahre Bundesgerichtshof, Bd.  I, 2000, S.  129, 149 f. 29   So v. a. die sich auf Aristoteles berufende Theorie James Gordleys, der es als Aufgabe der kommutativen Gerechtigkeit ansieht, den derivativen Gütererwerb in einer Weise zu ermögli­ chen, die dem Veräußerer keine „unfairen“ Einbußen zufügt. Vgl. Gordley, Am. J. Juris. 1, 16 ff. (2002); Gordley, Foundations of Private Law, 2006, S.  287 ff. Siehe aber auch Raz, 95 Harv. L. Rev. 916 (1982) und Kimel, From Promise to Contract, 2003, S.  26 ff., die eine mit staatlichem Zwang durchsetzbare, vertragliche Bindung nur anerkennen wollen, wenn dies als „soziale Funktion“ an sich wertvoll ist. Dabei verstehen Raz (vgl. ibid. S.  935 ff.: Anerkennung der Selbstbindung, wenn diese der Förderung von Zwecken dient, die von einer (pluralistischen) Gesellschaft als wünschenswert erachtet werden, mit dem Beispiel der zu rassistischen Zwecken instrumentalisierten, und insofern nicht wertvollen Privatautonomie) und Kimel (ibid. S.  79:

§  2  Methodische Skizze

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gegen die erhobenen Einwände immun, die zwar die Bindung als solche ethisch legitimieren, deren Inhalt aber letztverbindlich aus dem – ggf. mit Hilfe sozial­ wissenschaftlicher Erkenntnisse zu konkretisierenden – Parteiwillen bestimmen wollen.30 Darüber hinaus erscheint es überhaupt nur dann als ein Defizit, dass der (Hand­ lungs-)Utilitarismus31 den Regeln der Moral die Qualität nicht relativierbarer Handlungsmaximen abspricht,32 wenn man die Imperative der Rechtsordnung unauflösbar mit moralischen Regeln verknüpfen möchte. Löst man demgegen­über entsprechend der hier vertretenen, einer pluralistischen Gesellschaft am ehesten gerecht werdenden Konzeption die Verquickung von Recht und Moral, verfängt eine auf einen vermeintlichen Widerspruch zwischen relativierbarer moralischer Handlungsmaxime und zwingendem Charakter von Rechtspflichten abstellende Argumentation nicht mehr.33 Im Übrigen basiert schon die unterliegende, scharfe Trennung zwischen den Gründen für eine zwingend zu befolgende Handlungsre­ gel einerseits und der Regel als hinreichendem Grund für die vorzunehmende Handlung andererseits34 auf wenig überzeugenden Annahmen: Nur wenn man von der rechtspositivistischen Utopie vollständig aus sich heraus determinierter Normen ausgeht, kann die isolierte Regel unmittelbar handlungslegitimierend Vertrag als Alternative zu persönlichen, auf Vertrauen basierenden Beziehungen, wobei aber die hierdurch ermöglichte Kooperation – im Gegensatz zur institutionenökonomischen Sicht (infra Kapitel 4 §  2 B. I) – lediglich als untergeordnete Legitimation vertraglicher Bindung akzeptiert wird) diesen Wert der vertraglichen Bindung durchaus unterschiedlich. Vgl. aber auch schon Jhering, Vom Geist des römischen Rechts auf den verschiedenen Stufen seiner Entwicklung, Bd.  3, 5.  Aufl., 1906, S.  350. Zu verhaltensökonomisch begründeten Spielarten paternalistischer (Privat-)Rechtstheorien noch infra Kapitel 4 §  2 B. I. 4. 30   Hierzu noch infra II 1 a) (1). 31   Aus Sicht des Aktutilitarismus sind Handlungen dann und nur dann geboten, wenn ihre externen Folgen zum maximalen allgemeinen Wohlergehen führen. Der Regelutilitarismus misst demgegenüber nicht die Handlung des Individuums am Nützlichkeitsprinzip, sondern sieht diese durch Regeln als hinreichend legitimiert, wenn diese Regeln bei allgemeiner Befol­ gung das Maximum an Wohlergehen generieren. Zum Ganzen Höffe in: Höffe (Hrsg.), Einfüh­ rung in die utilitaristische Ethik, 4.  Aufl., 2008, S.  3, 28 ff. 32   Deutlich Smart, 6 Phil. Q. 344, 348 (1956): „The extreme utilitarian, then, regards moral rules as rules of thumb and as sociological facts that have to be taken into account when deciding what to do, just as facts of any other sort have to be taken into account. But in themselves they do not justify any action“. Vor diesem pragmatischen Hintergrund lässt sich auch die auch den Utilitarismus treffende Fundamentalkritik des Konsequentialismus entkräften, die eine Über­ forderung des Individuums bemängelt, da dieses durch eine konsequentialistische Ethik ge­ zwungen werde, sein Handeln stets an den voraussehbaren Handlungsfolgen zu orientieren, vgl. z. B. Nida-Rümelin, Kritik des Konsequentialismus, 1993, S.  89 ff. 33   In diesem Sinne aber tendenziell Unberath, Die Vertragsverletzung, 2007, S.  118, wieder­ um gestützt auf Raz, Practical Reasons and Norms, Nachdruck 1990, S.  73 ff. 34   Nach Raz, Practical Reasons and Norms, Nachdruck 1990, S.  73 ff. stellen für das betrof­ fene Subjekt verbindliche (Rechts-)Normen (mandatory norms) sog. ausschließende Gründe (exclusionary reasons) für die Vornahme der normgemäßen Handlung dar, d. h. allein die Exis­ tenz der Norm liefert den Grund für das Handeln und das Ausblenden der gegen dieses spre­ chenden Gründe. Davon zu unterscheiden sind die Gründe für die Norm selbst, d. h. die Legiti­ mation ihres Charakters als verbindliche Handlungsanweisung.

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Kapitel 1:  Grundlagen

sein. Sobald diese aber der Auslegung bedarf, ist ohne Rückgriff auf die Gründe für die Regel (den Normzweck) nicht auszukommen – diese sind für den Einzel­ fall zu konkretisieren. Die beiden logisch getrennten Ebenen der Normbefolgung und der Normbegründung fallen de facto ineinander. Spricht man dann den re­ alen Handlungsfolgen aus den genannten Gründen nicht kategorisch die Relevanz ab, entspricht die vom Orientierung suchenden Handelnden vorzunehmende Operation doch ganz deutlich der vom Aktutilitarismus beschriebenen.35 Der vermeintlich schwache normative Status von funktional, d. h. über reale Folgen begründeten Rechtsnormen 36 ist aus rechtsrealistischer Warte nicht mehr und nicht weniger als die unvermeidbare Folge der Unhaltbarkeit strikt positivisti­ scher Rechtstheorien. Vor diesem Hintergrund ist es vorzugswürdig, bereits die Entwicklung eines „inneren Systems“ der positiven Rechtsordnung,37 in dem die Methode der Rechts­ findung die widerspruchslose Verwirklichung der verfolgten Normzwecke zu gewährleisten versucht, konzeptionell dafür zu öffnen, die tatsächliche Reaktion der Rechtssubjekte auf die gesetzten Verhaltensanreize zu prognostizieren. Nur dann können gesicherte Aussagen dahingehend getroffen werden, dass die identi­ fizierten Ziele des analysierten Normbestands verwirklicht oder verfehlt werden. Es ist die Grundidee jedes wissenschaftlich-systematischen Rechts, dass es Ein­ zelfälle stets als Manifestation eines mehr oder weniger abstrakt (tatbestandlich) zu fassenden gesamtgesellschaftlichen Problems begreift, dessen Lösung gerade nicht einzelfallbezogenen Billigkeitserwägungen, sondern allgemeinen Prinzipien folgt.38 Diese dienen letztlich der Verwirklichung gesamtgesellschaftlich an­ 35   Umgekehrt erkennt auch der Handlungsutilitarismus an, dass das Individuum nicht jedes Mal eine umfassende Folgenbewertung der sich ihm auftuenden Handlungsalternativen nach Nützlichkeitsgesichtspunkten vornehmen kann, sondern in Alltagssituationen (vermeintlich) klaren Verhaltensmaximen folgen wird. Den moralischen Handlungsmaximen wird so letztlich die Bedeutung von komplexititätsreduzierenden Alltagshilfen beigemessen. Vgl. Smart, 6 Phil. Q. 344, 346 (1956), der so pragmatisch den Vorwurf der fehlenden Operationalität handlungsu­ tilitaristischer Ethik zu entkräften sucht. 36   Unberath, Die Vertragsverletzung, 2007, S.  116 ff., 145 ff. spricht, aus seiner streng-positi­ vistischen Grundhaltung heraus durchaus konsequent, dem Handlungsutilitarismus und der – von ihm so bezeichneten – „radikalen Form der ökonomischen Analyse“ die Tauglichkeit als normative Theorie ab, da sie nicht in der Lage seien, „normative Aussagen wie sie für ein Rechts­ system kennzeichnend sind“, zu erklären oder zu rechtfertigten. Berücksichtigt man freilich die berechtigte Kritik am Rechtspositivismus, ist das exakte Gegenteil richtig. 37   Zum Begriff Canaris, Systemdenken und Systembegriff in der Jurisprudenz, 2.  Aufl., 1983, S.  40 ff.; Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6.  Aufl., 1991, S.  474 ff.; F. Bydlinski, System und Prinzipien des Privatrechts, 1996, S.  31 ff. 38   Inwieweit die Transzendenz des konkret-individuellen Interessenkonflikts auf die ge­ samtgesellschaftliche Ebene tatsächlich eine an jede Rechtsordnung zu richtende Legitimitäts­ anforderung darstellt, wie Rechtsökonomen bisweilen unterstellen (vgl. z. B. H.-B. Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 4.  Aufl., 2005, S.  123), mag hier dahinge­ stellt bleiben. Jedenfalls ist nicht unmittelbar einzusehen, warum eine Rechtsordnung, die jeden Einzelfall interessengerecht zu lösen vermag, an einem Legitimitätsdefizit kranken soll. Es lässt sich freilich bezweifeln, dass derartiges ohne über den Einzelfall hinausweisende Zielvorstellun­ gen auf einer sozialen Metaebene möglich ist.

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gestrebter Ziele, deren Durchsetzung auch im Einzelfall als legitim angesehen wird. Insofern ist schon im Ausgangspunkt fragwürdig, wenn ein ausgleichsbe­ dürftiger, scharfer Zielkonflikt zwischen juristischer Orientierung an der ge­ rechten Entscheidung des Einzelfalls einerseits und ökonomischem Blick auf die gesamtgesellschaftlichen Konsequenzen der rechtsförmigen Verhaltensanreize andererseits postuliert wird.39 Entscheidend ist letztlich, dass in der wissenschaft­ lichen Durchdringung des Rechts die gesellschaftliche Steuerungswirkung rechts­ förmiger Verhaltensgebote, d. h. die instrumentelle Dimension der Rechtsord­ nung, keinesfalls vernachlässigt werden darf. In dieser konsequentialistischen Sicht ist aber nicht nur der letztlich anzustellende Vergleich mit einem – wie auch immer ermittelten40 – sozialen Optimum von Bedeutung, sondern als Vorfrage gerade auch die Ermittlung der Resultate, die unter den realen institutionellen Gegebenheiten zu erwarten sind. Letztere wären aber nur dann unmittelbar aus den Verhaltensge- oder -verboten der Rechtsordnung abzuleiten, wenn man menschliches Verhalten mit Hilfe eines primitiven, eindimensionalen Modells prognostizieren wollte, in dem die Agenten mechanistisch den Imperativen recht­ licher Normen Folge leisten, gänzlich unbehelligt von sonstigen Einflüssen. Will man die drohenden Trugschlüsse vermeiden, ist das Einlassen auf ein komplexeres Verhaltensmodell alternativlos. 2.  Integration sozialwissenschaftlicher Verhaltensmodelle in die juristische Folgenabschätzung Ein naheliegender Weg, das angestrebte Analyseziel zu erreichen, liegt darin, die­ jenigen Disziplinen nach ihrem Verhaltensmodell zu befragen, die sich seit jeher mit der Prognose menschlichen Verhaltens beschäftigen. Mit anderen Worten, unter dem genannten Blickwinkel sind nicht nur die normativen Ergebnisse der Sozialwissenschaften von Bedeutung, sondern auch und gerade ihre deskriptiven Methoden. Letztere sind auf die spezifischen „juristischen“ Fragestellungen an­ zuwenden, d. h. die aus Sicht des Rechts als sozialem Steuerungsinstrument als klärungsbedürftig empfundenen Fragen sind mit Hilfe des Analyseinstrumenta­ riums der Sozialwissenschaften zu beantworten. Dies setzt – bis zu einem gewis­ sen Grad – auch dessen Beherrschung durch den modernen Rechtswissenschaftler voraus.41 Nicht lediglich passive Rezeption anderweitig hervorgebrachter Er­ 39   Z. B. Fleischer, Informationsasymmetrien im Vertragsrecht, 2001, S.  231, der entgegen der sonst sein Werk kennzeichnenden Opulenz kein die abstrakt behauptete Antinomie belegendes Beispiel benennt. 40   Dazu noch infra II. 41   Vgl. nur die auf eine entsprechende „Grundausbildung“ abzielende Ausbildungsliteratur in den USA, z. B. Jackson/Kaplow/Shavell/Viscusi/Cope, Analytical Methods for Lawyers, 2.  Aufl., 2011 mit einführenden, zumindest die passive Rezeption entsprechender Untersu­ chungen ermöglichenden Erläuterungen zu u. a. Entscheidungsanalyse, Spieltheorie, ökono­ mischer Vertragstheorie, Mikroökonomik und Statistik. Mit gleicher Zielrichtung jetzt auch für den deutschsprachigen Raum, Towfigh/Petersen, Ökonomische Methoden im Recht, 2010.

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kenntnisse, sondern aktive Teilnahme am und Einflussnahme auf den Diskurs sind das Ziel. Auf diese Weise verwischen letztlich die vermeintlich scharfen Grenzen der Disziplinen. Am Ende der so eingeleiteten Entwicklung kann eine fusionierte Methode konsequentialistischer Folgenabschätzung rechtlicher Regu­ lierung stehen, die Einblicke aus unterschiedlichen Disziplinen integriert, wie insbesondere der Ökonomik, der Politikwissenschaft, der Psychologie, der Sozi­ ologie und der Statistik. Unabhängig davon, ob man die Rechtswissenschaft als autonome Disziplin für im Verfall begriffen hält,42 sollte doch unstreitig sein, dass auf diese Weise zumindest eine Schärfung des Bewusstseins dafür erfolgt, die rechtlichen Institute auch (und v. a.) im Hinblick auf ihre gesamtgesellschaftliche Funktion zu betrachten.43 Von sekundärer Bedeutung ist dabei die Frage, ob es bei dieser Betrachtung die Dominanz einer Disziplin, insbesondere die nicht selten vollmundig behauptete Führungsrolle der Ökonomik tatsächlich gibt. 44 Zu viel hat die Ökonomik mittlerweile selbst von anderen Wissenschaften „gelernt“,45 als dass die Antwort nicht entscheidend von der Perspektive des Betrachters und sei­ ner Grenzziehung zwischen den Disziplinen abhinge.46 Unabhängig von den noch zu erörternden Grenzen der Theorie der Rational­ wahl trifft der methodologische Individualismus, wie er dem ökonomischen Ver­ haltensmodell zugrunde liegt,47 in besonderem Maße die Bedürfnisse einer auf Folgenbewertung abstellenden Analyse von Rechtsnormen, mit deren Hilfe der Normgeber die Verwirklichung der verfolgten Ziele beurteilen möchte. Insofern bietet sich das Verhaltensmodell der Ökonomik als pragmatischer, gegebenenfalls   So der programmatische Titel eines Essays, vgl. R.Posner, 100 Harv. L. Rev. 765 (1987).   Fleischer, Informationsasymmetrien im Vertragsrecht, 2000, S.  178 ff. und passim spricht insoweit treffend von einer stärker zu betonenden „Makrodogmatik“. 44   Zum „Imperialismus der Ökonomik“ im Sinne der (verdrängenden) Expansion ihrer Me­ thodik in andere Disziplinen, Brenner, 9 J. Legal Stud. 179 (1980); Hirshleifer, 75 Am. Econ Rev. 53 (1985); Kirchgässner, Jahrbuch für Neue Politische Ökonomie 1988, S.  128 ff.; umfassend Radnitzky/Bernholz (Hrsg.), Economic Imperialism: The Economic Approach Applied Out­ side the Field of Economics, 1987. 45   Besonders prominent dürfte die Erschütterung der Prämissen des ökonomischen Verhal­ tensmodells durch die Psychologie und die darauf eingehende, freilich keinesfalls allseits akzep­ tierte Reaktion der Verhaltensökonomik sein. Dazu noch infra bei Fn.  48 f. 46   Immerhin wird das besonders blumige, „umgekehrte Entropiegesetz für Gedankengut“, nach dem die Mikroökonomik auch im Recht die weniger stringenten, traditionellen Methoden verdrängen werde, vgl. Cooter/Ulen, Law and Economics, 1.  Aufl., 1988, S.  8 , in den Neuaufla­ gen des Standardlehrbuchs so nicht mehr wiederholt. Vgl. aber immerhin noch Ulen, 79 Chi.Kent L. Rev. 403, 404 f. (2004). 47   Unter der Sammelbezeichnung fallen sämtliche sozialwissenschaftlichen Handlungstheo­ rien, die – mit mehr oder weniger weitreichenden Einschränkungen – von einem rationalen, auf Präferenzbefriedigung abzielenden Verhalten der Subjekte ausgehen, um soziale Phänomene als ungeplante Ergebnisse individuell-absichtsvollen Handelns zu erklären. Dazu nur van Aaken, in: Jud/Bachner/Bollenberger/Halbwachs/Kalss/Meissel/Ofner/Rabl (Hrsg.), Prinzipien des Privatrechts und Rechtsvereinheitlichung, 2001, S.  127, 135 ff.; H.-B. Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 4. Aufl., 2005, S.  3. Grundlegend für das holistische Gegenmodell der Soziologie v. a. Durkheim, Die Regeln der soziologischen Methode, 1961, S.  194 ff.; umfassende Darstellung der methodischen Unterschiede bei Vanberg, Die zwei Sozio­ logien, 1975. 42 43

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zu adaptierender Ausgangspunkt für die hier anzustellende Analyse an. Dabei ist durchaus nicht entschieden, ob die vermeintlich unrealistischen Rationalitätsan­ nahmen des herkömmlichen ökonomischen Verhaltensmodells dessen Nutzwert als Analyseinstrument für die Rechtsökonomik gänzlich untergraben,48 da es sich bei vielen der beobachteten Deviationen von den Vorhersagen der Theorie der Rationalwahl49 um verhaltenswissenschaftliche Studien handelt, denen keine rea­ listischen Szenarien des Rechtslebens zugrunde liegen.50 Immerhin stellt die em­ pirisch unterfütterte Kritik insofern eine neue Herausforderung für die Theorie der Rationalwahl dar, als sie systematische Abweichungen von dem unter der REMM-Hypothese51 zu erwartenden Verhalten behauptet, d. h. gerade keine seit jeher erörterte und als unschädlich erkannte, ungeordnete Streuung der tatsäch­ lichen menschlichen Entscheidungsfindung um den rationalen Durchschnitt be­ trifft.52 Unabhängig von Bestand und Ausmaß etwaiger Anpassung des ökono­ mischen Verhaltensmodells an systematische Rationalitätsabweichungen bleibt sein grundsätzlicher wissenschaftstheoretischer Anspruch bestehen, falsifizier­ bare Hypothesen 53 über die zu erwartende Normwirkung zu entwickeln, wie sie für eine materiell-teleologische Interpretation nach dem Vorgesagten kennzeich­ nend sein sollten. Das ökonomische Verhaltensmodell dient als explanans dazu, den Einfluss unterschiedlicher institutioneller Arrangements, wie sie als Folge rechtlicher Veränderung begegnen können, auf das Entscheidungskalkül indivi­ dueller Akteure (explandum) vorherzusagen.54 Begreift man rechtliche Rege­ lungen als unabhängige Variablen im Sinne von Restriktionen, Sanktionen oder 48   Grundsätzlich zur Adaptionsbedürftig- und fähigkeit des ökonomischen Verhaltensmo­ dells auch für die Zwecke der Rechtsökonomik, hier nur Jolls/Sunstein/Thaler, 50 Stan. L. Rev. 1471 (1997–1998); Korobkin/Ulen, 88 Cal. L. Rev. 1053 (2000); Jolls in: Parisi/Smith (Hrsg.), The Law and Economics of Irrational Behavior, 2004, S.  268; im deutschsprachigen Schrifttum z. B. van Aaken, „Rational Choice“ in der Rechtswissenschaft, 2003, S.  71 ff.; Eidenmüller, JZ 2005, 216, 217 ff.; Fleischer/Schmolke/Zimmer in: Fleischer/Zimmer (Hrsg.), Beitrag der Ver­ haltensökonomie (Behavioural Economics), zum Handels- und Wirtschaftsrecht, 2011, S.  9. 49   Vgl. v. a. die berühmten Kolumnen von Richard Thaler und Kollegen im J. Econ. Persp. und die Auflistung bei Korobkin/Ulen, 88 Cal. L. Rev. 1051, 1058–59 note 24 (2000). 50   Dem entspricht z. B. die Verteidigung der tradierten Rationalitätsannahmen gegen die An­ griffe der Verhaltensökonomen bei R.Posner, 50 Stan. L. Rev. 1551 (1998). Zur weitgehenden Vereinbarkeit vermeintlicher Irrationalitäten in einem speziellen Fall (Verbraucherverträge) auch Epstein, 92 Minn. L. Rev. 803 (2008); a. A. Bar-Gill, 92 Minn. L. Rev. 749 (2008). 51   Der Resourceful, Evaluating, Maximizing Man wählt zwischen den – ggf. nach Suche und Innovation – zugänglichen Handlungsalternativen diejenige, die den größten Nutzen verspricht. Grundlegend, Meckling, SZVS 112 (1976) 545; Brunner/Meckling, 3 J. Money, Credit & Ban­ king 70, 71 (1977). Zusammenfassung bei Ulen, 19 L. & Soc. Inquiry 487 (1994); van Aaken, „Rational Choice“ in der Rechtswissenschaft, 2003, S.  79. 52   Vgl. zu letzteren nur Becker, 70 J. Pol. Econ. 1 (1962). 53   Zur Falsifizierbarkeit als Unterscheidungskriterium in der Wissenschaftsphilosophie nur Popper, Logik der Forschung, 11. Aufl., 2005, S.  57 ff. 54   Es stellt ein Weiterung der Ökonomik dar, dass auf der Grundlage ihres Verhaltensmodells auch Methoden entwickelt wurden, um ihre Vorhersagen und Erklärungen empirisch zu verifi­ zieren, vgl. nur Ulen, 79 Chi.-Kent L. Rev. 403, 418 ff. (2004). Vor diesem Hintergrund verfängt auch die Kritik nicht, dass die Vertreter der Ökonomik ihr „Versprechen“ der empirischen Überprüfung rechtsökonomischer Modelle nicht selten schuldig geblieben sind, z. B. Cane, 25

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Anreizen, lassen sich die Auswirkungen, die Abweichungen im Regelungsgehalt auf die Ergebnisse sozialer Interaktion als abhängiger Variable haben werden, mit Hilfe ökonomischer Modellbildung prognostizieren. 55 Als natürliche Folge des breiten Ansatzes einer vergleichenden, institutionenökonomischen Folgenanalyse werden auch die vielfältigen, nicht-rechtsförmigen Anreizmechanismen (infor­ melle, nicht-formgebundene Institutionen 56) berücksichtigt, die, wie z. B. Reputa­ tionsmechanismen, Reziprozität etc., das Verhalten der Akteure im untersuchten Segment beeinflussen. Vor diesem Hintergrund stellt der institutionenökono­ mische Ansatz auch ein geborenes – wenn auch nicht das einzig denkbare – Ana­ lyseinstrumentarium dar, wenn es darum geht, den natürlichen Fokus traditio­ neller Methodik auf Gesetzes- und Richterrecht zu überwinden, um Phänomene wie die zunehmende Entstaatlichung bzw. Privatisierung des Privatrechts in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung zu reflektieren.57 Der Rationalitätsgewinn gegenüber einer rein intuitiven, primär auf dem – nicht intersubjektiv nachvollziehbaren – Erfahrungsschatz des Vorhersagenden beru­ henden Folgenabschätzung, wie sie in der Jurisprudenz nicht selten begegnet, soll­ te nicht gering geschätzt werden.58 Umgekehrt kann die vergleichende Institutio­ nenanalyse bereichert werden, wenn von juristischer Seite das Verständnis von komplexen Verhaltensanreizen eingebracht wird, wie sie durch die ausdifferen­ zierten formellen Institutionen z. B. eines hochentwickelten Vertragsrechts ge­ setzt werden. Hierdurch lässt sich nicht zuletzt einer, nicht nur von Seiten der tra­ dierten Jurisprudenz verbreitet vorgetragenen Kritik an der „Abstraktheit“ öko­ nomischer Modellbildung begegnen.59 Jenseits des methodischen Missverständ­ OJLS 203, 208 Fn.  35 (2005). Die Modellbildung bezieht ihren Wert eben gerade daraus, dass sie die zeit- und ressourcenaufwändige Empirie substituiert! 55   Die beschriebenen, abstrakten Zusammenhänge sind keinesfalls erst durch die ökono­ mische Analyse des Rechts „entdeckt“ worden, sondern bildeten seit langem das Rückgrat der vergleichenden Institutionenanalyse, vgl. Richter/Furobotn, Neue Institutionenökonomik, 4. Aufl., 2010, S.  45 ff. Gerade im Haftungsrecht gab es bereits Ende des 19. Jahrhunderts entspre­ chende Ansätze, die sich freilich nicht durchsetzen konnten, vgl. Mataja, Das Recht des Scha­ densersatzes vom Standpunkte der Nationalökonomie, 1888; dazu z. B. Englard, The Philosphy of Tort Law, 1993, S.  173 ff.; Winkler, ZNR 26 (2004) 262. 56   Zum Begriff und zur Unterscheidung formeller (formgebundener) und informeller (for­ mungebundener) Institutionen, z. B. Nee/Ingram in: Brinton/Nee (Hrsg.), The New Instituti­ onalism in Sociology, 1998, S.  19; Nee, 87 Am. Econ. Rev. 85 (1998); auch schon Schmoller, Grundriß der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre, 1900, S.  61. 57   Zum Phänomen und unterschiedlichen Reaktionsmöglichkeiten z. B. Jansen/Michaels (Hrsg.), Beyond the State: Rethinking Private Law, 2008. 58   Vgl. auch die Empfehlung bei Unberath/Cziupka, AcP 209 (2009) 37, 74 f.; sowie noch infra II 2. 59   Für die diesbezüglichen, grundsätzlichen Vorbehalte, insbesondere gegenüber den Ratio­ nalitätsannahmen des Verhaltensmodells der Ökonomik und der Unbestimmtheit des Effizi­ enzkriteriums, hier nur Kennedy, 33 Stan. L. Rev. 387 (1981); E.Posner, 112 Yale L. J. 829 (2003); A.Bernstein, 64 Md. L. Rev. 101 (2005); Zusammenfassung der amerikanischen Kritik bei Ulen, 19 L. & Soc. Inquiry 487, 488 (1994). Im deutschsprachigen Schrifttum v. a. Fezer, JZ 1988, 817, 822 (freilich unter Verwechslung von modelltheoretischen Annahmen und normativem Leit­ bild; speziell zu Fezer auch Burow, JuS 1993, 8, 11). Aus grundsätzlich gegenüber institutionen­

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nisses gegenüber dem Erkenntniswert einer notwendig vereinfachenden Darstel­ lung anhand von Modellen („Im Gelände hilft eine Karte im Maßstab 1:1“), liegt in der Kritik nämlich insoweit ein Kern Wahrheit, als komplexe Regeln gewach­ sener Rechtsordnungen häufig auf Zielkonflikte reagieren, die in allzu simplen Modellen zu Lasten ihrer Aussagekraft ausgeblendet zu werden drohen. Der Grundansatz der Ökonomik wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass der legitime Wunsch nach Berücksichtigung der Essenz real-existierender, komplexer Anreizstrukturen die formallogische Modellierung erschwert bzw. z. T. unmög­ lich macht, solange immerhin qualitative Aussagen mit Hilfe der Ökonomik ge­ troffen werden können. An die Ökonomik kann keinesfalls der utopische An­ spruch herangetragen werden, nur dann „erfolgreich“ zu sein, wenn sie die alles erklärende „Weltformel“ zu liefern im Stande wäre. Sie ist vielmehr bereits dann weiterführend, wenn sie – trotz bestehender Grenzen – eine Methodik zur Verfü­ gung stellt, die bisher unterbelichtete Aspekte erhellt und in diesem Sinne das vor­ handene Wissen über rechtliche Fragestellungen erweitert. 60 Die wissenschaft­ liche Beweislast dürfte letztlich sogar umgekehrt sein: Die Puristen sind in der Pflicht, zu belegen, weshalb aufgrund ökonomischer Untersuchungen vorhande­ nes Wissen keine Berücksichtigung in „juristischen“ Analysen finden soll. 61

II.  Normative Ökonomik und teleologische Interpretation Neben der positiven ökonomischen Analyse bekennt sich die vorliegende Arbeit auch insoweit zur ökonomischen Theorie, als es um die normative Beurteilung der modellierten Folgen geht. Die Heranziehung eines entsprechenden Bewer­ tungskriteriums ist freilich mit der Entscheidung für ein ökonomisches Verhal­ tensmodell für Zwecke der Folgenabschätzung keinesfalls präjudiziert, 62 sondern ökonomischen Analysen positiv eingestellter Perspektive auch Faust in: Reimann/Zimmermann (Hrsg.), The Oxford Handbook of Comparative Law, 2006, S.  837, 850 („.  .  . in order to be useful in practice, economic analysis .  .  . must come down to earth and sacrifice exactitude in order to get closer to real life“). 60   In diesem Sinne auch die Erwiderung auf die Fundamentalkritik von Eric Posner durch Ayres, 112 Yale L. J. 881, 884 (2003) und Craswell, 112 Yale L. J. 903, 915 (2003). Ebenso F. Bydlinski, Fundamentale Rechtsgrundsätze, 1988, S.  286, der die ökonomische Analyse als „höchst wertvolles Instrument“ zur Verdeutlichung bestimmter Aspekte rechtlicher Regulierung be­ zeichnet, auch wenn sie nicht alle relevanten Gesichtspunkte erfassen könne. 61   Methodisch nicht überzeugend daher diejenigen, die die Rechtsökonomik nicht berück­ sichtigen, da sie angeblich keinen Erkenntnisgewinn liefere, vgl. supra Fn.  15. Demgegenüber konsequent vom eigenen Ausgangspunkt diejenigen, die, insbesondere mangels tragfähiger Be­ wertungskriterien, jede an den Realfolgen von Normen orientierte Betrachtung ablehnen, vgl. z. B. Oechsler, Gerechtigkeit im modernen Austauschvertrag, 1997, S.  17 ff., 136 ff. 62   Siehe nur Assmann, in: Assmann/Kirchner/Schanze (Hrsg.), Ökonomische Analyse des Rechts, 2.  Aufl., 1993, S.  17, 60; van Aaken, 5 EBOR 419, 426 f. (2004); Fleischer, Informationsa­ symmetrien im Vertragsrecht, 2001, S.  225. Aus ökonomischer Perspektive z. B. auch Trebilcock, The Limits of Freedom of Contract, 1993, S.  248, der im Ausgangspunkt sowohl allokative als auch distributive Ziele von Normen in seine konsequentialistische Analyse mit einbezieht.

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beruht auf einem näher zu begründenden Funktionsverständnis der untersuchten Rechtsinstitute. In dieser Hinsicht wird keinesfalls eine erschöpfende Auseinan­ dersetzung mit den Grundlagen der Versprechensbindung privater Rechtssub­ jekte angestrebt, 63 sondern viel bescheidener nur darauf abgezielt, die eigene Posi­ tion in den Diskurs einzuordnen und in der Begründung nachvollziehbar zu ma­ chen. 1.  Ziele schuldrechtlicher Regulierung a)  Leistungsstörungsrecht, Effizienz und hypothetischer Konsens (1)  Autonome Bindung und rechtsförmige Sanktion Die rechtsförmige Durchsetzung privatautonomer Versprechen erfährt ihre ma­ teriell-teleologische Begründung über die theoretische Konzeption der Rechtsge­ schäftslehre. Dies gilt sowohl im Rahmen rechtspositivistischer Lehren64 als auch – und erst recht – in über die autonom-rechtswissenschaftliche Interpretation hinausgehenden Ansätzen. Der beschriebene Zusammenhang findet im hier in­ teressierenden Kontext vor allem im jeweils als angemessen empfundenen, leis­ tungsstörungsrechtlichen Sanktionensystem seinen Ausdruck. Dieses verteilt die Risiken einer Abweichung im tatsächlichen von dem vorgestellten Ablauf der Leistungserbringung, rechnet also mit anderen Worten das Risiko von Einbußen zu, die aus der Nichtdurchführbarkeit der an sich antizipierten Pflichterfüllung resultieren. Dabei ist die Prädisposition des Leistungsstörungsrechts durch die Theorie rechtlicher Selbstbindung im Grundsatz unabhängig davon, ob man eine versprechensethisch fundierte oder eine funktionalistisch ausgerichtete Konzep­ tion der Rechtsgeschäftslehre befürwortet. 65 Immerhin scheint es aber für diejenigen, die auf ein moralisch aufgeladenes Verständnis des Versprechens rekurrieren, 66 nahe zu liegen, ein auf Versprechens­ 63   Vgl. aus jüngerer Zeit die fundamental angelegten Darstellungen bei S.Smith, Contract Theory, 2004, S.  41 ff.; Unberath, Die Vertragsverletzung, 2007, S.  6 ff.; Ackermann, Der Schutz des negativen Interesses, 2007, S.  63 ff.; Weller, Die Vertragstreue, 2009, S.  316 ff. 64   Beispiel dafür bei Larenz, Die Methode der Auslegung des Rechtsgeschäfts, 1930, S.  53 ff.; prominent für das common law v. a. Weinrib, The Idea of Private Law, 1995, S.  22 ff. Vgl. aber auch die dezidierte Legitimation der eigenen Vertragstheorien aus dem positiven Recht (common law) bei Gordley, 47 Am. J. Juris. 1, 16 ff. Noch dezidierter Raz, 95 Harv. L. Rev. 916 (1982), der eine ethische Fundierung des Rechts generell ablehnt und seine Theorie daher mit einem positivistischen Selbstverständnis entwickelt. Siehe auch Raz, Practical Reasons and Norms, 1990, S.  149 ff. Zum Ganzen bereits supra Fn.  29. 65   Zu der Unterscheidung mit unterschiedlichen Akzentuierungen z. B. von Mehren in: von Mehren (Hrsg.), International Encyclopedia of Comparative Law, Bd.  V II/1, 2008, Ch. 1 Rdnr.  21 (Stand 1992); S.Smith, Contract Theory, 2004, S.  106 f.; Ackermann, Der Schutz des negativen Interesses, 2007, S.  68; Unberath, Die Vertragsverletzung, 2007, S.  19 f. Zu den vielfäl­ tigen Kompatibilitäten der unterschiedlichen Begründungsansätze in den Ergebnissen hier nur U.Huber, Leistungsstörungen, Bd.  I, 1999, §  2 V 1–3, S.  45 ff. sowie infra Fn.  78. 66   So z. B. Larenz, Allgemeiner Teil des BGB, 7.  Aufl., 1989, §  2 II e), S.  41; Canaris, Die Ver­ trauenshaftung im deutschen Privatrecht, 1971, S.  417 Fn.  25; U.Huber, Leistungsstörungen,

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erfüllung abzielendes Sanktionensystem als unverrückbar durch die „Natur“ des subjektiven Rechts vorgegeben anzusehen, sei es in Form eines vorrangigen Zwangs zur Naturalerfüllung, 67 sei es als Haftung auf das Erfüllungsinteresse bei Ausbleiben des Versprochenen. 68 Dabei ist diese Sicht unabhängig davon, wie stark die Notwendigkeit einer Anerkennung privater Versprechen durch die Rechtsordnung als Voraussetzung rechtsförmiger Durchsetzung betont wird. 69 Löst man sich aber – wie es für die heteronom begründeten, schuldrechtlichen Pflichten selbstverständlich ist70 – auch für Versprechen von der Vorstellung einer quasi-sachnatürlichen Verknüpfung von Bindung und rechtlicher Sanktion im Fall der Leistungsstörung,71 wird die Notwendigkeit einer differenzierteren Be­ gründung für die spezifische Art und Weise der rechtsförmigen Durchsetzung freiwilliger Selbstverpflichtungen evident.72 Damit soll freilich nicht gesagt wer­ den, dass direkter oder mittelbarer, haftungsrechtlicher Zwang zur Sicherung der Bd.  I., 1999, §  2 V 3, S.  48; in der angelsächsischen Vertragstheorie v. a. Fried, Contract as Promi­ se, 1981, S.  17; siehe aber auch Barnett, 86 Colum. L. Rev. 269, 296 ff. (1986); Barnett, 12 Harv. J. L. & Pub. Pol’y 611, 626 ff. (1989), der zwar die Versprechensbindung ethisch fundiert, daraus aber keine Irrelevanz konsequentialistischer Ansätzen ableitet. In der Philosophie aber auch Ross, The Right and the Good, 1930, S.  35 f.; Searle, 73 Phil. Rev. 43 (1964). 67   Im Sinne dieser auf Windscheid, Die Actio des römischen Civilrechts, 1856, S.  230 ff. zu­ rückgehenden Lehre vom klagbaren Erfüllungsanspruch als allein aus dem Parteiwillen abzulei­ tendes subjektives Recht z. B. Canaris, Festgabe 50 Jahre Bundesgerichtshof, Bd.  I, 2000, S.  129, 147 ff.; Lobinger, Rechtsgeschäftliche Verpflichtung und autonome Bindung, 1999, S.  1 ff. (ins­ besondere S.  13); S.Smith, Contract Theory, 2004, S.  161 ff., 389 ff.; Unberath, Die Vertragsver­ letzung, 2007, S.  197; Weller, JZ 2008, 764, 767. Canaris, aaO. S.  149 mit Fn.  83 sieht hierin sogar einen Maßstab für den Reifegrad einer Rechtsordnung und ihrer Rechtsgeschäftslehre und be­ zeichnet Rechtsordnungen, die einen auf Naturalerfüllung gerichteten Grundsatz pacta sunt servanda nur eingeschränkt durchsetzen, implizit als unterentwickelt. Überblick über den „Entwicklungsstand“ der Rechtsordnungen der Welt bei Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, 3.  Aufl., 1996, §  35, S.  467 ff. Zu den historischen Grundlagen der heute in Deutschland vorherrschenden Sicht Rütten, Festschrift Gernhuber, 1993, S.  939, 946 ff. 68   Fried, Contract as Promise, 1981, S.  17 ff.; Friedmann, 111 LQR 628, 636 ff. (1995). 69   Vgl. z. B. Larenz, Allgemeiner Teil des BGB, 7.  Aufl., 1989, §  2 II e), S.  41 f.; Flume, Allge­ meiner Teil, Bd.  II, 4.  Aufl., 1992, §  1, 2, S.  2; Canaris, Die Vertrauenshaftung im deutschen Pri­ vatrecht, 1971, S.  413 f., 418, Canaris, AcP 184 (1984) 201, 217 ff.; Singer, Selbstbestimmung und Verkehrsschutz im Recht der Willenserklärung, 1995, S.  7; siehe bereits Mot. I, 126 = Mugdan I, 421; vgl. auch Kimel, From Promise to Contract, 2003, S.  79; Unberath, Festschrift für Joachim Hruschka, S.  719, 732 ff. 70   Vgl. sogleich infra b). 71   Der damit verbundene „Rückschritt“ geht letztlich in die Richtung des Aktionendenkens, vgl. Savigny, System des heutigen römischen Rechts, Bd.  5, 1841, §  204, S.  1 ff., das dem vertrag­ lich begründeten subjektiven Recht ein materiell-rechtliches „Klagerecht“ zur Seite stellte. Er geht aber noch weiter, weil auch der Inhalt der vertragsrechtlichen „Rechtsbehelfe“ als grund­ sätzlich nicht prädeterminiert betrachtet wird. Ob diese rechtstheoretische Konzeption auch eine adäquate Beschreibung der deutschen lex lata darstellt, so nach der Schuldrechtsmoderni­ sierung die infra Kapitel 5 §  1 Fn.  10 Genannten, soll hier dahinstehen. 72   Vgl. Ackermann, Der Schutz des negativen Interesses, 2007, S.  67 f. unter Bezugnahme auf ein „formales Muster autonomer Bindung“. Siehe auch schon sehr deutlich U.Huber, Leistungs­ störungen, Bd.  1, 1999, §  2 I, S.  25 f., der davon spricht, dass das Prinzip des pacta sunt servanda dahingehend zu verstehen sei, dass „Vertragspflichten, die nicht eingehalten werden, mit wir­ kungsvollen rechtlichen Sanktionen versehen sind“ und dabei „die Möglichkeit, auf Erfüllung

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Kapitel 1:  Grundlagen

Erfüllung oder des Erfüllungsinteresses als rechtsförmige Reaktion auf die Ver­ letzung autonom begründeter Pflichten nicht in Betracht käme. Entscheidend ist nur, dass sowohl der prinzipielle Einsatz als auch das Ausmaß von auf Erbringung der versprochenen Leistung abzielendem, staatlichem Zwang an Bindungswillen und Bindungserwartung der Beteiligten ex ante geknüpft ist und dass diese kei­ nesfalls stets auf Erfüllung gerichtet sein müssen.73 Mit anderen Worten, der Wil­ le der Beteiligten bestimmt nicht nur Ob, sondern auch Wie der Sanktion der Nichterfüllung. Dieser zentrale Befund gilt letztlich sowohl aus deontologischer als auch aus funktionaler Perspektive. Denn auch wenn man eine ethisch fundierte, auf die Würde des selbstbestimmten Wesens gegründete Pflicht zur Versprechensbefol­ gung annimmt, kommt es für die Vermessung der Reichweite rechtsgeschäftlicher Bindung auf den diesbezüglichen Gehalt der Selbstverpflichtung an.74 Die deon­ tologische Fundierung der Versprechensbindung leistet in dieser Hinsicht wenig, sondern muss sich bei der Ermittlung des Inhalts des bindenden Versprechens auf andere Erkenntnisquellen stützen, wenn sie nicht den Inhalt der „Selbst-“Bin­ dung normativ zuschreiben will.75 Exemplarisch hierfür steht die Legitimation der Selbstbindung in der rechtsphilosophischen Tradition Kants, die ganz zentral auf den Willen der Beteiligten rekurriert76 und damit im Gegensatz zu mehr oder weniger paternalistischen Theorien heteronom eingeschränkter, vertraglicher Bindung steht.77 In der Konsequenz kann jede Heranziehung von erfahrungswis­ senschaftlichen Einsichten im Rahmen einer versprechensethischen Konzeption zu klagen und das Leistungsurteil im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen“ nicht für die wichtigste dieser Sanktionen hält. 73   Der wohl einflussreichste Entwurf eines zwar willensbasierten, aber keineswegs stets auf Sicherung des positiven Interesses gerichteten Sanktionensystems stammt von Lon L. Fuller und William R. Perdue, Jr., siehe Fuller/Perdue, 46 Yale L. J. 52 (1936). Die Wirkmacht des grundsätzlichen Gedankenexperiments wird, trotz aller Kritik (z. B. Friedmann, 111 LQR 628, 629 ff. (1995); Macauly, 1991 Wis. L. Rev. 247, 249 ff.; speziell aus ökonomischer Sicht Birmingham in: Newman (Hrsg.), The New Palgrave of Economics and the Law, Bd.  3, 1998, S.  294 ff.; Craswell, 67 U. Chi. L. Rev. 99 (2000)), gerade für die deutsche Jurisprudenz nicht zuletzt durch zwei bedeutende Beiträge zur Rechtsgeschäftslehre aus jüngster Zeit belegt, die sich zentral auf Fuller/Perdue als Quelle der Inspiration für ihre höchst unterschiedlichen Überlegungen beru­ fen, vgl. Ackermann, Der Schutz des negativen Interesses, 2007, S.  4 4 ff.; Dedek, Negative Haf­ tung aus Vertrag, 2007, S.  61 ff. In der angelsächsischen Vertragstheorie auch Gilmore, The Death of Contract, 1974; Atiyah, The Rise and Fall of Freedom of Contracts, 1979, S.  716 ff.; Kronman, 89 Yale L. J. 472 (1980). 74   Vgl. nur für die Willenstheorie paradigmatisch Windscheid, Lehrbuch des Pandekten­ rechts, Bd.  I, 3. Aufl., 1870, §  69, S.  186 f. 75   Zur Unergiebigkeit der nicht-paternalistischen, versprechensethischen Ansätze gegenüber Inhalt, Reichweite, Sanktionierung etc. der Versprechensbindung und der daraus resultierenden Unbrauchbarkeit dieser Lehren als normativer Leitstern bei der Schaffung und Auslegung des dispositiven Gesetzesrechts, Craswell, 88 Mich. L. Rev. 489, 516 (1988); Kaplow/Shavell, Fair­ ness versus Value, 2002, S.  163. Vgl. auch G. Wagner, AcP 206 (2006) 352, 423 der über die hier dargestellten Zusammenhänge hinausgeht, wenn er plastisch von der generellen inhaltlichen „Armut der Privatautonomie als Privatrechtsprinzip“ spricht. 76   Eingehend dazu zuletzt Unberath, Die Vertragsverletzung, 2007, S.  43 ff. 77   Beispiele hierfür insbesondere supra Fn.  29. Vgl. aber auch die Beschreibung des positiven

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des Vertragsrechts Relevanz erlangen, wenn sie geeignet ist, den für die Bestim­ mung der Inhalte des dispositiven (Leistungsstörungs-)Rechts maßgeblichen Bindungs- und Sanktionswillen der Beteiligten zu erhellen. Denn gerade wenn die Parteien ihrerseits Selbstbindungen begründen, um allokative Ziele zu errei­ chen, kann eine am Effizienzziel orientierte, ökonomische Betrachtung auch im Rahmen einer versprechensethisch fundierten Rechtsgeschäftslehre bedeutende Einsichten liefern. 78 Wenn die Parteien einen Kooperationsgewinn anstreben, fin­ den Normen des dispositiven Gesetzesrechts, die genau diesen zu maximieren suchen, wie es als Ziel ökonomisch rationalen Vertragsrechts postuliert wird, 79 ihre Wurzel unmittelbar im (hypothetischen) Parteiwillen. Aber auch aus funktionalistischer Sicht sind im Ausgangspunkt ex ante Bin­ dungswille und Bindungserwartung der Beteiligten entscheidend, wenn und so­ fern die Versprechensbindung gerade zu dem Zweck etabliert wird, durch das Nachzeichnen der willensbasierten Selbstverpflichtung die angestrebten, gesell­ schaftlichen Ziele zu erreichen. Vor diesem Hintergrund muss im hier interes­ sierenden Zusammenhang kein abschließendes Urteil darüber gefällt werden, wie weit das Effizienzkriterium als Leitgedanke des Privatrechts insgesamt trägt. 80 deutschen Rechtszustands durch die Herausgeber eines einflussreichen Kommentars supra §  1 Fn.  48. 78   Deutlich zu diesem Zusammenhang aus dezidiert deontologischer Sicht zuletzt Unberath, Die Vertragsverletzung, 2007, S.  157 f.; im Sinne einer Konvergenz des Regelungsgehalts von auf versprechensethischer und funktionalistischer Grundlage ermittelter Normen des dispositiven Gesetzesrechts, zu dem ja auch das Leistunsstörungsrecht gehört, jüngst Unberath/Cziupka, AcP 209 (2009) 38, 76 f. Vgl. aber auch schon Barnett, 86 Colum. L. Rev. 269, 296 ff. (1986); Barnett, 12 Harv. J. L. & Pub. Pol’y 611, 628 (1989); Barnett, 77 Cornell L. Rev. 1022, 1027 ff. (1992), der die vertragsrechtlich gewährleistete Übertragbarkeit von Verfügungsrechten (property rights) als elementaren Bestandteil der menschlichen Persönlichkeit betrachtet und auf dieser Grundlage konsequentialistische Analyse und moralphilosophische Fundierung der Ver­ sprechensbindung für miteinander vereinbar hält. 79   Deutlich A. Schwartz, in Brousseau/Glachant (Hrsg.), The Economics of Contracts, 2002, S.  116, 117: „The state supplies parties with rules that maximize expected surplus“; R.Posner, 83 Tex. L. Rev. 1581, 1588 (2005): „.  .  . the norm of economic efficiency provides a guide to deciding what transaction was, in all likelihood, intended. Each party wants to maximize his gain from the transaction, and that is usually best done by agreeing to terms that maximize the surplus created by the transaction“. 80   Exemplarisch für die umfassenden Dominanzvorstellungen früher rechtsökonomischer Beiträge z. B. R.Posner, 9 Hofstra L. Rev. 775, 780 (1981) „I continue to believe that wealth maximization should guide public policy in all spheres“; zuvor schon R.Posner, Economic Anal­ ysis of Law, 1.  Aufl., 1972, S.  6 ; speziell gegen das Konzept der Vermögensmaximierung (wealth maximization) z. B. Dworkin, 9 J. Legal Stud. 191 (1980); Kronman, 9 J. Legal Stud. 227 (1980); Hammond, 91 Yale L. J. 1493 (1982). Für absoluten Vorrang des wohlfahrtsökonomischen Effi­ zienzkriteriums in jüngerer Zeit wieder Kaplow/Shavell, Fairness versus Welfare, 2002; ableh­ nend Sanchirico, 86 Cornell L. Rev. 1005 (2001); Farber, 101 Mich. L. Rev. 1791 (2003); van Aaken, 5 EBOR 419 (2004). Siehe auch Craswell, 32 J. Legal Stud. 245, 249 ff. (2003), der zwar die zentrale Argumentation von Kaplow/Shavell für nicht überzeugend hält, aber wegen der Unbestimmtheit gerechtigkeitsorientierter Rechtstheorien aus „pragmatischen“ Erwägungen zu ganz ähnlichen Ergebnissen gelangt. Im deutschsprachigen Schrifttum monographisch Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 1995, S.  393 ff.; van Aaken, „Rational Choice“ in der Rechtswissenschaft, 2003, S.  184 ff. Vgl. auch bereits supra Fn.  1.

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Kapitel 1:  Grundlagen

Versuche, ein umfassendes Effizienzziel als normatives Orientierungskriterium der Privatrechtsordnung, und nicht nur der Wirtschaftspolitik, zu (de-)legitimie­ ren, blenden letztlich die Vielschichtigkeit des positiven Privatrechts aus, das in manchen Bereichen mit dem Kriterium der allokativen Effizienz zu umschrei­ bende Zielsetzungen verfolgt, 81 aber nicht in seiner Gesamtheit allein auf diese abzielt. 82 Will man legislatorische Wertungen nicht vollkommen ignorieren, geht es im Kern also um eine „Versöhnung“ der Rechtsökonomik mit dem positiven Recht, die durch die Identifikation eines vom Gesetzgeber verankerten, sektora­ len Effizienzziels für den untersuchten Normbestand gelingen kann. 83 So wie im Rahmen neopositivistischer Ansätze erörtert wird, wie (vorrechtliche) moralische Werte Eingang in das Recht finden und bei seiner Anwendung in transformierter Form Geltung beanspruchen, 84 geht es darum, wie ökonomische Zielvorgaben ei­ nen „Geltungsbefehl“ durch das positive Recht erlangen und auf diesem Weg von der nachbardisziplinären, außerrechtlichen Kategorie zur interpretationsleitenden Binnenmaxime werden können. 85 Diese differenzierten Zusammenhänge werden verkannt, wenn pauschal behauptet wird, die „Fortentwicklung des geltenden Rechts aufgrund von Effizienzkalkülen [sei] ohne rechtliche Grundlage“. 86 In diesem Sinne dürfte für das positive Schuldrecht in der Tat die Relevanz des aus dem Parteiwillen legitimierten, gesamtgesellschaftlichen Ziels, allokativ effi­ ziente Transaktionen zu ermöglichen bzw. zu erleichtern, nur schwer bestreitbar sein. In einer Wirtschaftsordnung, die sich prinzipiell auf den Markt verlässt, um dezentral über den Einsatz knapper Ressourcen zu entscheiden, erfüllt das Schuldrecht vor allem die Funktion, die Befriedigung individueller Präferenzen durch Kooperation im Wege rechtlicher Absicherung zu fördern bzw. erst zu er­ möglichen. Die zentrale Aufgabe des Schuldrechts als Teil der institutionellen Marktorganisation liegt darin, die Funktionsbedingungen eines auf dezentral ini­ 81   Beispiele aus dem deutschen Zivilrecht bei Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 1995, S.  352 ff.; Eidenmüller, AcP 197 (1997), 80, 116 f.; Taupitz, AcP 196 (1996) 114, 146 ff. 82   Beispiele z. B. bei Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva im deutschen Vertrags­ recht, 1997, S.  78 ff. 83   Es ist schon von anderer Seite darauf hingewiesen worden, dass dem historischen Gesetz­ geber bei Schaffung des BGB Überlegungen keinesfalls fremd waren, die sich aus heutiger Sicht als effizienzorientiert darstellen, z. B. Taupitz, AcP 196 (1996) 114, 149 ff.; Thüsing, Wertende Schadensbetrachtung, 2001, S.  349. Speziell zu den einflussreichen, moderner Rechtsökonomik durchaus nahestehenden Argumenten im – stark vernetzten – rechtlichen und nationalökono­ mischen Diskurs des 19 Jahrhunderts gerade in Bezug auf die Verantwortlichkeit für Gehilfen­ fehler, infra Kapitel 2 §  5 B. 84   Vgl. Habermas, Faktizität und Geltung, 1992, S.  252 ff. 85   Auf Ernst Steindorff geht die plastische Umschreibung zurück, dass dergestalt transfor­ mierte Desiderate u. a. der Ökonomik zur „Politik des Gesetzes“ geworden sind, Steindorff, Festschrift für Karl Larenz, 1973, S.  217. In der Sache ebenso z. B. Harke, Allgemeines Schuld­ recht, 2010, Rdnr.  7. 86   So zuletzt aber immer noch R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  1 Rdnr.  9. Ähnlich auch U.Huber, Das Recht der Leistungsstörungen, Bd.  1, 1999, §  2 V 4, S.  49 ff. Anders, für das Vermögensrecht, der die Praxis beherrschende Kommentar, vgl. Sprau in: Pa­ landt, BGB, 71.  Aufl., 2012, Einl. Rdnr.  39.

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tiierten Tauschvorgängen beruhenden Wirtschaftssystems zum gesamtgesell­ schaftlichen Vorteil zu sichern. Unabhängig davon, wie groß das Bedürfnis ein­ zuschätzen ist, ex ante zur Vermeidung von Marktversagen (z. B. zum Abbau von Informationsasymmetrien) 87 oder als Reaktion auf als nicht hinnehmbar empfun­ dene Ungleichheiten in der anfänglichen Güterausstattung88 oder aus anderen, zu einer Beschränkung privatautonomer Selbstbindung führenden, paternalistischen Erwägungen89 einzugreifen, dürfte vor diesem Hintergrund Einigkeit darüber bestehen, dass nach Begründung der als voll gültig angesehenen Vertragsbindung zu Tage tretende, nicht vollständig antizipierte Umstände keinen redistributiven Einfluss auf die mit dem Vertrag intendierte Ressourcenallokation entfalten dür­ fen. Anders gewendet, es stellt eine – potentiell auch von redistributiven Erwä­ gungen beeinflusste – Frage der Konzeptionen eines als Marktorganisationsrecht verstandenen Schuldrechts dar, unter welchen Voraussetzungen die Eingehung einer der Bedürfnisbefriedigung dienenden Bindung Ausdruck anerkennens­ werter individueller Präferenzen ist und daher rechtsförmige Absicherung gegen opportunistische Beeinträchtigung verdient.90 Die Sicherung der Ziele der nach Durchlaufen der als adäquat empfundenen Filter als valide anerkannten Verbind­ lichkeit erfolgt dann aber frei von Erwägungen der Verteilungsgerechtigkeit, ver­ standen als Problem einer als wünschenswert empfundenen anfänglichen Aus­ stattung der Individuen mit Ressourcen.91 87   Vgl., mit unterschiedlicher Akzentuierung z. B. Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestim­ mung des Verbrauchers, 1998, S.  4 45 ff.; Leistner, Richtiger Vertrag und unlauterer Wettbewerb, 2007, S.  277 ff.; Adams, Ökonomische Theorie des Rechts, 2. Aufl., 2007, S.  73 ff., 119 ff. 88   Unter dem Begriff (insoweit kritisch z. B. Zöllner, AcP 176 (1976) 221, 235 f.) der „materi­ ellen Vertragsfreiheit“ wird diskutiert, ob und inwieweit die formelle Freiheit, Verträge zu schließen, einer rechtlichen Absicherung auch durch die Gewährleistung bestimmter materialer Standards bedarf, wie sie insbesondere im Rahmen einer paternalistischen Inhaltskontrolle ge­ währleistet werden sollen, vgl. zum Ganzen E. Kramer, Die „Krise“ des liberalen Vertragsden­ kens, 1974, S.  20 ff.; Hönn, Kompensation gestörter Vertragsparität, 1982, S.  298 ff.; Enderlein, Rechtspaternalismus und Vertragsrecht, 1996, S.  78 ff.; Oechsler, Gerechtigkeit im modernen Austauschvertrag, 1997, S.  86 ff.; Heinrich, Formale Freiheit und materiale Gerechtigkeit, 2000, S.  53 ff., 171 ff.; H.Hanau, Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit als Schranke privater Gestal­ tungsmacht, 2004, S.  70 ff. 89   Vgl. supra Fn.  29. 90   Gemeint ist eine sozial nicht wünschenswerte Verfolgung von Eigeninteressen unter Bruch des Vertrauens der Gegenseite durch Täuschung (List), vgl. allgemein z. B. Williamson, The Economic Institutions of Capitalism, 1985, S.  54. Zur Unterscheidung der verschiedenen For­ men von opportunistischem Verhalten vor und nach Begründung der schuldrechtlichen Bin­ dung, vgl. infra Fn.  58. Opportunistisches Verhalten kann Folge von Informationsasymmetrien (eine Seite verfügt über verborgenes, der Gegenseite nicht ohne weiteres zugängliches Wissen oder ist in der Lage, verborgene, der Gegenseite nicht erkennbare Handlungen vorzunehmen) oder von vertragsspezifischen Investitionen sein (zu diesen infra Kapitel 4 Fn.  32). Unter ratio­ nalen Akteuren tritt Opportunismus auf, wenn ex-ante die Opportunismusprämie für den Ver­ trauensbruch höher erscheint, als die individuelle Goodwill-Prämie bzw. die kollektive Stan­ desprämie bei vertrauensgemäß kooperativem Verhalten. 91   Zu der auf Aristoteles zurückgehenden Unterscheidung von Austausch- und Verteilungs­ gerechtigkeit z. B. Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva im deutschen Vertragsrecht, 1997, S.  9 ff.; Cane, 25 OJLS 203, 214 ff. (2005); auch noch infra Kapitel 4 §  2 Fn.  19.

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Kapitel 1:  Grundlagen

Damit muss für den hier untersuchten Gegenstand auch keine abschließende Stellung zu der Grundsatzfrage genommen werden, ob auch privatrechtliche Normen als Instrumente einer sozialpolitisch für wünschenswert befundenen Umverteilung gestaltet werden sollten oder ob redistributive Ziele des Gemein­ wesens ausschließlich durch steuer- und abgabenfinanzierte Transferleistungen zu bewerkstelligen sind.92 Das Leistungsstörungsrecht jedenfalls ist in dem ge­ nannten Sinne eine „Institution zur Stützung des Vertrages ex post“.93 Sein Ziel liegt darin, die mit dem unvollständigen Vertrag als Ergebnis dezentraler Ent­ scheidungen am Markt angestrebte, effiziente Ressourcenallokation gegen ex post Opportunismus abzusichern. Dabei wird nicht verkannt, dass auch einem auf Al­ lokationseffizienz abzielenden Leistungsstörungsrecht durchaus distributive Wirkung zukommt, z. B. weil es Risiken und Wohlfahrtsverluste aus fehlgeschla­ genen Transaktionen den beteiligten Akteuren zuweist. Allerdings sind diese dis­ tributiven Effekte eben nicht bestimmt durch Erwägungen der Verteilungsge­ rechtigkeit. Sie sind nur das (steuerungsrelevante) Nebenprodukt der insoweit indifferenten, auf Allokationseffizienz zielenden Anreizstruktur.94 Jenseits der ökonomischen Terminologie kommt das Ziel der Stützung des ur­ sprünglichen Parteiwillens bereits in der juristischen Begriffsbildung zum Aus­ druck. In dem prägenden Werk Heinrich Stolls heißt es, Leistungsstörungen seien „Hemmungen und Hindernisse, die bei der Verwirklichung des Ziels des Schuld­ verhältnisses entstehen“. Die einschlägigen Institutionen des Rechts reagieren also auf die Zielverfehlung der Beteiligten, deren ursprünglicher Plan somit auto­ matisch in den Mittelpunkt rückt.95 – womit auch die These von der Konvergenz 92   Für Letzteres z. B. Shavell, 94 Am. Econ. Ass’n Papers & Proc. 414 (1981); Kaplow/Shavell, 23 J. Legal Stud. 667 (1994); Kaplow/Shavell, Fairness v. Welfare, 2002, S.  28 ff.; Cooter/Ulen, Law & Economics, 6.  Aufl., 2011, S.  7 ff.; Shavell, Foundations of Economic Analysis of Law, 2004, S.  6 47 ff.; vgl. auch Eidenmüller, 5 ERCL 109, 119 ff. (2009). Das Argument ist – jenseits seiner formal-logischen Begründung – freilich schon sehr viel älter, vgl. z. B. Müller-Armack, Wirtschaftslenkung und Marktwirtschaft, 1947, S.  109. Kritisch aber Sanchirico, 29 J. Legal Stud. 797, 804 ff. (2000) mit ablehnender Replik von Kaplow/Shavell, 29 J. Legal Stud. 821 (2000); Sanchirico, 86 Cornell L. Rev. 1005, 1016 ff. (2001); Farber, 101 Mich. L. Rev. 1791, 1813 ff. (2003). Zum Dilemma der unvermeidlichen Effizienzeinbußen im Hinblick auf die Ver­ folgung legitimer Umverteilungsziele grundlegend Okun, Equality and Efficiency, The big tradeoff, 1975 (mit dem berühmten Bild des das Umverteilungssystem symbolisierenden Eimers mit einem Loch). 93   Vgl. dazu Williamson, The Economic Institutions of Capitalism, 1985, S.  33. 94   Von der kritischen Rechtstheorie wird freilich gerade die Hypothese angegriffen, das Pri­ vatrecht könne hinsichtlich verteilungspolitischer Fragen eine neutrale Haltung einnehmen. Es ist zentrales Anliegen dieser rechtstheoretischen Strömung aufzuzeigen, dass Privatrecht in vielfältiger Weise gesellschaftliche Benachteiligungen, Ungleichheiten und Diskriminierungen erzeugt und aufrechterhält. Für das Deliktsrecht deutlich Conaghan/W.Mansell, The Wrongs of Tort, 2.  Aufl., 1999; Abel, 37 UCLA L. Rev. 785 (1990); Überblick zum Vertragsrecht bei Lurger, Grundfragen der Vereinheitlichung des Vertragsrechts in der Europäischen Union, 2002, S.  406 ff. 95   Heinrich Stoll, Die Lehre von den Leistungsstörungen, 1936, S.  13. Ähnlich auch schon Heck, Grundriß des Schuldrechts, 1929, S.  72, der von „Leistungshindernissen“ als „Störungen des obligatorischen Organismus“ spricht, die sich aus der Perspektive der Parteien, die das Leis­

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versprechensethischer und funktionaler Vertragstheorien im hier interessierenden Zusammenhang Bestätigung findet. (2)  Kritik des wohlfahrtsökonomischen Effizienzdenkens aus Sicht des normativen Individualismus Im Hinblick auf den hier untersuchten Gegenstand ist eine Binnenkontroverse innerhalb der Rechtsökonomik von untergeordneter Bedeutung. Das wohlfahrts­ ökonomische Effizienzkriterium fällt nämlich für das Vertragsrecht mit dem zen­ tralen Bewertungsmaßstab des hypothetischen Konsens zusammen, wie er dem teilweise für vorzugswürdig gehaltenen, normativen Individualismus der Neuen Institutionenökonomik zugrunde liegt.96 In den hier primär untersuchten, markt­ förmigen Austauschtransaktionen werden nämlich auch die nach der konsensua­ listischen Konzeption vorzugswürdigen Lösungen die effizienten im Sinne der Wohlfahrtsökonomik darstellen: 97 Die rationalen Parteien streben mit ihrer In­ teraktion einen zu verteilenden Kooperationsgewinn an, der daraus resultiert, dass eine nutzensteigernde (effizientere) Ressourcenallokation herbeigeführt wird. Sie werden daher aus einer ex ante-Perspektive, zu einer Zeit, in der sie nicht wissen, ob sie durch die spätere Entwicklung begünstigt oder benachteiligt wer­ den,98 diejenige rechtliche Regelung bevorzugen, die ihre ursprünglich an­ gestrebten Ziele gegen die Gefahren des ex post-Opportunismus optimal absichert – ein Ergebnis, das dem aus Effizienzerwägungen abgeleitetem Ziel des Leis­ tungsstörungsrechts entspricht. In der – auch bei Einschaltung von Erfüllungsge­ hilfen – bipolaren Austauschtransaktion kommt es auf einen mit dem Effizienz­ kriterium häufig verbundenen, hoch problematischen, interpersonalen Nutzen­

tungsprogramm festlegen, als „progammwidrige Vorgänge“ darstellen. Aus jüngerer Zeit v. a. U.Huber, Leistungsstörungen, Bd.  1, 1999, §  1 I 2, S.  4, der über den zentralen Begriff der „Nichterfüllung“ als systemintegrierendem Strukturelement automatisch dem (hypothetischen) Parteiwillen bei Vertragsschluss entscheidende Bedeutung beimisst. 96   Zum hypothetischen Konsens als normativem Maßstab der Neuen Institutionenökono­ mik z. B. Buchanan, 1 Const. Pol. Econ. 1 (1990); Pies, Normative Institutionenökonomik, 1993, S.  163 f.; Mack, Ökonomische Rationalität, 1994, S.  91 ff.; Homann/Kirchner, Jahrbuch für Neue Politische Ökonomie 14 (1995) 195; Kirchner in: Schuppert/Neidhardt (Hrsg.), Gemein­ wohl – Auf der Suche nach Substanz, 2002, S.  157, 166. 97   Deutlich weitergehend, für generellen Gleichlauf zwischen hypothetischem Konsens und wohlfahrtsökonomischer Effizienz bei der Rechtfertigung dispositiven Rechts, Coleman, Risks and Wrongs, 1992, S.  272 („.  .  . the reliance on ex ante rational bargaining provides a rationality or welfarist defense of the default rule, not a consesualist one.“). Siehe auch noch infra Kapitel 4 bei Fn.  86. 98   Zur Maßgeblichkeit der freien Entscheidung hinter dem Rawls’schen Schleier des Nicht­ wissens (Rawls, A Theory of Justice, 1999, S.  17, 136 ff.) und dem daraus resultierenden hypothe­ tischen Konsens grundlegend Buchanan/Tullock, The Calculus of Consent, 1962; Buchanan, The Limits of Liberty, 1975. Zum aus den Überlegungen folgenden, sog. normativen Individua­ lismus auch Pies, Normative Institutionenökonomik, 1993, S.  130 ff.; Voigt, Institutionenö­ konomik, 2.  Aufl., 2009, S.  214 ff.; Erlei/Leschke/Sauerland, Neue Institutionenökonomik,  2. Aufl., 2007, S.  18 f.

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Kapitel 1:  Grundlagen

vergleich typischerweise nicht an.99 Anders formuliert, die Institutionen des Leis­ tungsstörungsrechts sind gerade deshalb konsensfähig, weil sie pareto-effizient100 sind. b)  Heteronome Verpflichtungen: Der Verstoß gegen Schutzpflichten im Kontext der Vertragsdurchführung (1)  Dogmatische und funktionale Sonderstellung der Schutzpflichten Im Ausgangspunkt anders stellt sich die Legitimitätsfrage für ein konsequentia­ listisch und überindividuell, z. B. aus dem Gesichtspunkt der Schadensprävention legitimiertes Haftungsregime, das den Verstoß gegen sog. Schutzpflichten101 im Zusammenhang mit der Vertragsanbahnung und -durchführung betrifft (§§  241 Abs.  2, 311 Abs.  2 BGB). Zugespitzt lässt sich sogar vorgelagert bezweifeln, ob die gesamte Problematik überhaupt zum Erkenntnisgegenstand dieser Untersuchung gemacht werden sollte. Immerhin wird im deutschen Recht nach verbreiteter Auf­ fassung mit der Zuweisung der einschlägigen Fälle zum vertragsrechtlichen Haf­ tungsregime lediglich Deliktsrecht „mit anderen Mitteln“ betrieben, auch wenn die zwischen den Parteien bestehende Sonderverbindung eine gewisse topische Vertragsnähe begründet.102 99   Seit der Kritik von Lionel Robbins (An Essay on the Nature and Significance of Economic Science, 2. Aufl., 1935, S.  6 40) ist jedenfalls der naive Glaube erschüttert, es könne eine „neu­ trale“ Wohlfahrtsfunktion entwickelt werden, um die Auswirkungen von Maßnahmen auf eine große Zahl von Menschen quasi-naturwissenschaftlich exakt zu bewerten. 100   Ein Wechsel von Zustand A zu Zustand B gilt als pareto-effizient, wenn dadurch mindes­ tens ein Individuum besser und keines schlechter gestellt wird. Ein pareto-optimales Stadium ist erreicht, wenn niemand durch eine Veränderung besser gestellt werden könnte, ohne dass zumindest ein Individuum schlechter gestellt würde. Grundlegend Pareto, Cours d’économie politique, 1896–97. 101   Die Terminologie in Rechtsprechung und Literatur ist – auch nach der Schuldrechtsmo­ dernisierung – uneinheitlich. Hier soll im Folgenden in Anlehnung an BGH v. 10.  3. 1983 – III ZR 169/81, NJW 1983, 2813, 2814 und BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  125 von Schutz­ pflichten die Rede sein, weil in dieser Begriffsbildung Zweck und Inhalt der in Rede stehenden Verpflichtungen am präzisesten benannt werden. Vgl. im Übrigen auch BGH v. 20.  12. 1977 – VI ZR 190/75, VersR 1978, 350, 351 („Fürsorgepflicht“); BGH v. 14. 9. 99 – X ZR 89/97, NJW 2000, 280, 282 (ebenso); BT-Drucks 14/6040, S.  163 („Obhutspflicht“); Larenz, Festschrift für Kurt Ballerstedt, 1975, S.  397, 400 f. („Erhaltungspflicht“); Olzen in: Staudinger, BGB, Einleitung zum Schuldrecht; §§  241–243 (Treu und Glauben), Neubearbeitung 2009, §  241 Rdnr.  477 („Ob­ huts- und Fürsorgepflichten“). Vgl. zur Begrifflichkeit auch Frost, „Vorvertragliche“ und „ver­ tragliche“ Schutzpflichten, 1981, S.  180 ff.; Teichmann, JA 1984, 709, 713 f.; G.Roth in: Mün­ chener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  241 Rdnr.  9 0; Ernst in: Münchener Kom­ mentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, in: §  280 Rdnr.  9 0, 102. 102   Für diese, nicht nur unter Rechtsvergleichern verbreitete Ansicht z. B. v.Caemmerer, Festschrift 100 Jahre DJT, Bd.  II, 1960, S.  49, 57 f., 59; v.Caemmerer, ZfRV 14 (1973) 241, 250; Schlechtriem, Vertragsordnung und außervertragliche Haftung, 1972, S.  341; Larenz, Festschrift für Kurt Ballerstedt, 1975, 397, 403 (bzgl. culpa in contrahendo); Heinrich Stoll, AcP 176 (1976) 150 f. Fn.  21; Hans Stoll, Festschrift für Ernst von Caemmerer, 1978, S.  433, 436, 452, 454, Hans Stoll, Festschrift für Werner Flume, 1978, S.  741, 752; Kreuzer, JZ 1976, 778, 780; U.Huber, AcP 177 (1977) 281, 319 ff.; U.Huber in: BMJ, Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des

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Indessen ist die dogmatische Kategorisierung der einschlägigen Pflichten und der auf ihrer Verletzung gründenden Haftungstatbestände, die auch durch die Schuldrechtsmodernisierung letztlich nicht entschieden werden konnte,103 für eine primär folgenorientierte Untersuchung der hier angestellten Art keinesfalls präjudiziell. Es darf allerdings auch nicht verkannt werden, dass im Wesentlichen unabhängig von der genannten Einordnung der unterliegenden Pflichten mit dem so etablierten Haftungsregime Regulierungsziele verbunden werden, wie sie zwar auch im Hinblick auf die vorliegende Analyse von Bedeutung sind, die aber mit den primären Zwecken der eine vertragliche Bindung anstrebenden Parteien prima facie nichts zu tun haben. So entspricht es der nahezu unbestrittenen Mei­ nung, dass mit Hilfe der Schutzpflichten das Integritätsinteresse der Vertragspar­ teien gewährleistet werden soll,104 wozu auch das Interesse an der Unversehrtheit des Vermögens zählt.105 Insbesondere letztere Schutzrichtung zeigt aber, z. B. mit Blick auf Informationspflichten, die nach verbreiteter Meinung auch eine Siche­ rung des Integritätsinteresses bezwecken,106 dass durchaus ein Bezug der Pflich­ ten im Sinne des §  241 Abs.  2 BGB zu den ureigensten Vertragszielen der kontra­ hierenden Parteien bestehen kann, selbst wenn diese einer weitgehend eigenstän­ digen Teleologie gehorchen.107 Unabhängig davon reicht aber bereits die rein tat­ Schuldrechts, Bd.  I, 1981, S.  6 47, 737, 743; von Bar, Verkehrspflichten, 1980, S.  298; Medicus in: BMJ, Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd.  I, 1981, S.  479, 489; Unberath, Die Vertragsverletzung, 2007, S.  187 ff.; Harke, Allgemeines Schuldrecht, 2010, S.  262; vehement a. A. v. a. Canaris, 2. Festschrift für Karl Larenz, 1983, S.  27, 85 ff.; in jüngerer Zeit Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S.  76 ff.; Schur, Leistung und Sorgfalt, 2001, S.  207 ff. Überblick zum Meinungsstand bei E. Kramer, in: Münchener Kom­ mentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, Einl. Rdnr.  8 0 ff. 103   Zu Recht überließ der Gesetzgeber, trotz der „Kodifikation“ der Schutzpflichten, deren dogmatische Klassifizierung ausdrücklich Rechtsprechung und Lehre, BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  126. Ablehnend gegenüber der Behauptung eines „wahren“ oder „genuinen“ (delik­ tischen) Charakters der jeweiligen Pflichten auch schon Canaris, 2. Festschrift für Karl Larenz, 1983, S.  27, 86. 104   Grundlegend Kress, Lehrbuch des Allgemeinen Schuldrechts, 1929, S.  1 ff., 578 ff.; Heinrich Stoll, Die Lehre von den Leistungsstörungen, 1936, S.  26 ff. Aus der Rechtsprechung BGH v. 22.  3. 1979 – VII ZR 133/78, NJW 1979, 1651, 1652; BGH v. 10.  3. 1983 – III ZR 169/81, NJW 1983, 2813, 2814; vgl. i.Ü. z. B. Larenz, Festschrift für Kurt Ballerstedt, 1975, S.  397, 400 f.; Teichmann in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  242 Rdnr.  178; BMJ (Hrsg.), Abschlußbericht der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts, 1992, S.  113; BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  125; G. H.Roth in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  241 Rdnr.  9 0; Olzen in: Staudinger, BGB, Einleitung zum Schuldrecht; §§  241–243 (Treu und Glau­ ben), Neubearbeitung 2009, §  241 Rdnr.  478. 105   Zu letzterem BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  125, 163; Ernst in: Münchener Kommen­ tar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl. 2007, in: §  280 Rdnr.  102. Eingehend bereits Canaris, 2. Festschrift für Karl Larenz, 1983, S.  27, 90. 106   Olzen in: Staudinger, BGB, Einleitung zum Schuldrecht; §§  241–243 (Treu und Glauben), Neubearbeitung 2009, §  241 Rdnr.  428; Sutschet in: Bamberger/Roth (Hrsg.), Beck’scher Online Kommentar, BGB, 20. Edition (1.  03. 2011), §  241 Rdnr.  78; Grüneberg in: Palandt, BGB, 71.  Aufl., 2012, §  241 Rdnr.  7. 107   Eingehend hierzu noch infra c). Allgemein zur Möglichkeit einer Betroffenheit nicht nur des Integritäts- sondern auch des Äquivalenzinteresses im Fall von Schutzpflichtverletzungen

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sächliche Nähe des relevanten Gehilfeneinsatzes und die im Zusammenhang mit der Vertragsanbahnung und -durchführung geschaffene Einwirkungsmöglich­ keit, um die damit verbundenen Fragen zum Gegenstand der vorliegenden Unter­ suchung zu machen. Dies geschieht freilich im Bewusstsein der teleologischen Eigenständigkeit der Rechtsanwendung und ggf. -fortbildung in diesem Kon­ text. (2)  Schutzpflichten im Spiegel haftungsrechtlicher Effizienzziele Betrachtet man die genannte Zielsetzung einer Gewährleistung des Integritätsin­ teresses, so wird zu Recht angemerkt, dass diese, unabhängig von der dogma­ tischen Einordnung der haftungstragenden Pflichten, eine erhebliche Nähe zum Deliktsrecht aufweist.108 Hier wie dort geht es daher darum, die in keinem aktu­ ellen rechtsgeschäftlichen Willen der Beteiligten wurzelnden,109 in diesem Sinne heteronomen Ziele des Haftungsregimes zu rechtfertigen. Im Hinblick auf die Zulässigkeit einer ökonomischen Desideraten folgenden Interpretation der lex lata fragt sich daher zunächst, ob das vertragsnahe privatrechtliche Haftungsre­ gime überhaupt auf das Ziel einer anreizorientierten Verhaltenssteuerung abzielen darf.110 Zentral ist dabei, ob eine derartige Ausrichtung der einschlägigen zivil­ rechtlichen Institute auch dann legitim ist, wenn die zu verfolgenden Steuerungs­ ziele keine Verankerung im genuinen Parteiwillen finden.111 Eingeführt ist damit die vermeintliche Dichotomie zwischen gemeinwohlorientiert steuerndem öffent­ lichem Recht einerseits und nur individuelle Freiheit sicherndem Privatrecht an­ dererseits.112 Im hier interessierenden Kontext lässt sich die aufgeworfene Frage dahingehend zuspitzen, ob Haftungsrecht primär aus dem Gedanken effizienter z. B. Olzen in: Staudinger, BGB, Einleitung zum Schuldrecht; §§  241–243 (Treu und Glauben), Neubearbeitung 2009, §  241 Rdnr.  478. 108   Canaris, 2. Festschrift für Karl Larenz, 1983, S.  27, 90 spricht davon, dass für die „dritte Spur“ der Haftung für Sorgfaltspflichtverletzungen „kein prinzipieller, sondern nur ein gradueller Unterschied gegenüber dem Deliktsrecht“ vorliege (Hervorhebung im Original). 109   Ausführlich Picker, AcP 183 (1983) 369, 393 ff. 110   Dazu allgemein – teilweise unter der unzutreffenden, weil Sühne-Assoziationen wecken­ den Überschrift „pönaler“ Institute des Privatrechts – in jüngerer Zeit C. Schäfer, AcP 202 (2002) 397; Ebert, Pönale Elemente im Privatrecht, 2004, S.  247 ff.; G. Wagner, AcP 206 (2006) 352, 422 ff. Zur „Generalprävention“ als Zielsetzung bestimmter zivilrechtlicher Institute auch schon Canaris, Festschrift für Ernst Steindorff, 1990, S.  519 m. w. N. 111   Dass die Rückführung der zivilistischen Institute auf einen entsprechenden Steuerungs- und Sanktionswillen der Parteien eine hinreichende Legitimationsgrundlage bietet, wird auch von entschiedenen Kritikern der hier vertretenen Sicht anerkannt, Honsell, Festschrift für Harm Peter Westermann, 2008, S.  315, 319. Privatautonom veranlasste und heteronom verfügte Steue­ rung nicht hinreichend trennend aber G. Wagner, AcP 206 (2006) 352, 426 ff., 451 ff. 112   Z. B. Kloepfer, NuR 1990, 337, 339. Zu den Ursprüngen, der – insbesondere im angelsäch­ sischen Rechtskreis nie mit der gleichen funktionalen Relevanz vollzogenen – kontinentaleuro­ päischen Trennung von öffentlichem Recht und Privatrecht in der Frühen Neuzeit, Bullinger, Öffentliches Recht und Privatrecht, 1968, S.  13 ff.; siehe auch Stolleis, in: Hoffmann-Riem/ Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Öffentliches Recht und Privatrecht als wechselseitige Auffangord­ nungen, 1996, S.  41, 55 ff.

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Schadensprävention gerechtfertigt werden kann. Mit anderen Worten, ob eine Ge­ währleistung des Integritätsinteresses vor allem deshalb erfolgt, um einen effizi­ enten Umgang mit knappen Ressourcen zu gewährleisten, indem die mit mög­ lichen Schadensfällen verbundenen Kosten113 minimiert werden. Derartiges wird zum Teil in Bausch und Bogen mit dem Hinweis verworfen, durch die Orientie­ rung an überindividuellen Steuerungszielen werde „die ganze rechtskulturelle Ausdifferenzierung von Strafe und Schadensersatz .  .  . ohne rationale Rechtferti­ gung durch einen Rückfall in archaische Rechtsepochen rückgängig gemacht“.114 Bei näherem Hinsehen liegen die Dinge freilich nicht so eindeutig,115 dass sich die Vertreter eines ökonomisch informierten, am Effizienzziel orientierten Haf­ tungsrechts ohne weiteres der barbarischen Kulturschändung zeihen lassen müss­ ten. Dabei ist weniger entscheidend, dass die unbestreitbare Steuerungswirkung des Haftungsrechts zunehmend anerkannt wird.116 Wichtiger ist, dass entgegen der wiedergegebenen Polemik die besseren Sachgründe für eine primäre Orien­ tierung gerade auch des geltenden deutschen Haftungsrechts am Ziel effizienter Ressourcenallokation sprechen,117 soweit dieses Integritätsschutz durch die Sta­ tuierung von Schutzpflichten anstrebt. Die z. T. mit harten Bandagen geführte 113   Zu dem in der Ökonomik vorherrschenden, auf Guido Calabresi zurückgehenden Kos­ tenverständnis noch infra Kapitel 4 §  1 B Fn.  23. 114   F. Bydlinsky, AcP 204 (2004) 309, 345; ganz ähnlich Honsell, Römisches Recht, 7.  Aufl., 2010, S.  88; Honsell, Festschrift für Harm Peter Westermann, 2008, S.  315, 335. Zurückhaltender in der Formulierung, aber inhaltsgleich für die h. M. z. B. Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Bd.  I, 14. Aufl., 1987, §  27 I, S.  423; Hermann Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3.  Aufl., 2003, Einl. III 2, S.  11. Für das common law z. B. Seavy, 45 Harv. L. Rev. 209, 211 f. (1931); Speiser/ Krause/Gans, The American Law of Torts, Bd.  1, 1983, S.  12; Sugarman, 73 Cal. L. Rev. 555, 591 (1985); Fleming, The Law of Torts, 9.  Aufl., 1998, S.  10; siehe aber auch Dobbs, The Law or Torts, 2000, §  11 S.  19: „Courts and writers almost always recognize that another aim of tort law is to deter certain kinds of conduct by imposing liability“. 115   Praktisch folgt dies schon daraus, dass die „reine Lehre“ nicht konsistent durchgehalten wird. So bedient sich auch der Bundesgerichtshof in bestimmten Bereichen offen des Präventi­ onsgedankens zur Rechtfertigung hoher Schadensersatzpflichten, BGH v. 15.  11. 1994 – VI ZR 56/94, BGHZ 128, 1 („Caroline von Monaco“), BGH v. 1.  12. 1999 – I ZR 49/97, BGHZ 143, 214 („Marlene Dietrich“). Bereits in BGH v. 14.  2. 1958 – I ZR 151/56, BGHZ 26, 349 („Herrenrei­ ter“), BGH v. 19.  1. 1961 – VI ZR 259/60, BGHZ 35, 363 („Ginseng“) legitimierte das Gericht die Schadensersatzforderung mit der sonst drohenden Sanktionslosigkeit der Persönlichkeits­ rechtsverletzung. Siehe aber auch BGH v. 10.  10. 1995 – VI ZR 219/94, NJW 1995, 3385, 3386; BGH v. 27.  2. 1996 – VI ZR 86/95, NJW 1996, 1404: Anreiz zur elterlichen Aufsicht durch dro­ henden, hohen Schadensersatz. 116   Z. B. E.Steffen in: RGRK, BGB, Bd.  II/5, 12.  Aufl., 1989, Vor. §  823 Rdnr.  6 ; Deutsch, All­ gemeines Haftungsrecht, 2.  Aufl., 1996, Rdnr.  17 ff.; Brüggemeier, Prinzipien des Haftungs­ rechts, 1999, S.  3 ff.; Brüggemeier, Haftungsrecht, 2006, S.  9 f.; Hager in: Staudinger, Vor. §  823 Rdnr.  9 f. Vgl. auch, mit weitergehenden Konsequenzen die in Fn.  117 Genannten. 117   Im Sinne eines normativen, die Interpretation des geltenden Haftungsrechts insgesamt prägenden Leitgedankens insbesondere Kötz, Festschrift für Ernst Steindorff, 1990, S.  6 43; Kötz/G. Wagner, Deliktsrecht, 11.  Aufl., 2010, Rdnr.  59 ff.; H.-B. Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 4.  Aufl., 2005, S.  125 ff.; G. Wagner, AcP 206 (2006) 352, 451 ff.; G. Wagner, Gutachten A, 66. DJT, 2006, S. A 77 ff. (im Hinblick auf superkompensato­ rischen Schadensersatz); G. Wagner in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  5, 5.  Aufl., 2009, Vor. §  823 Rdnr.  41.

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Auseinandersetzung dürfte im hier interessierenden Kontext wohl weniger hit­ zige Debatten auslösen, weil den besondere Wallungen erzeugenden, superkom­ pensatorischen Schadensersatzansprüchen insoweit keine Relevanz zukommt.118 Die wünschenswerte Steuerungsfunktion des Haftungsrechts kann auch mit rein ausgleichenden Ansprüchen gewährleistet werden. Somit muss der gesicherte Bo­ den der §§  249 ff. BGB zur Umsetzung ökonomischer Desiderate nicht verlassen werden.119 Kein durchschlagendes Gegenargument gegen eine am Effizienzkriterium aus­ gerichtete Sicht auf die Schutzpflichten lässt sich zunächst aus der Behauptung herleiten, ein vom Kompensationsgedanken getragenes Schadensersatzrecht sei weitgehend „ideologiefrei“120 – wohingegen sich präventiv ausgerichtete Institute dem Ideologievorwurf aussetzten: Die Rechtfertigung einer mit gegebenenfalls suboptimaler Prävention oder Risikoverteilung einhergehenden Ressourcenver­ schwendung mit rechtskulturellen, d. h. letztlich rechtsethischen Erwägungen,121 basiert selbstverständlich auch auf „ideologischen“ Vorstellungen – ohne dass mit diesem Befund ein abschließendes Urteil über deren Tragfähigkeit gefällt werden könnte. Für die hier zu ventilierende Zieldiskussion genügt es ohnehin festzuhal­ ten, dass Schadensrecht auch dann keine höhere Dignität im Sinne einer weltan­ schaulich neutralen Institution zukäme, wenn es sich allein am Kompensationsge­ danken orientierte. Anders könnte man nur dann urteilen, wenn die freiheitliche Konzeption eines rein individualistischen Zivilrechts, wie sie selbst in der Hoch­ zeit des klassischen Liberalismus im positiven Recht nie verwirklicht wurde122 und heute erst recht nicht der positiven lex lata entspricht,123 als frei von weltan­ schaulichen Determinanten bezeichnen wollte. 118   Die heftige Kritik der Gegner der hier vertretenen Position entzündet sich denn auch an der Zubilligung von „Strafschadensersatz“, vgl. F. Bydlinsky, AcP 204 (2004) 309, 343 ff.; Honsell, Festschrift für Harm Peter Westermann, 2008, S.  315, 319 ff. Überblick zum Meinungsstand bei G. Wagner, Gutachten A, 66. DJT, 2006, S. A 72 ff. Siehe auch speziell zum Schmerzensgeld bei Verletzungen des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts Canaris, Festschrift für Erwin Deutsch, 1999, S.  85, 103, der freilich generalpräventive Elemente im Zivilrecht nicht generell ablehnt, vgl. supra Fn.  110. Zur Ambivalenz der punitive damages zusprechenden U. S.-amerikanischen Pra­ xis aus ökonomischer Sicht z. B. Cooter, 40 Alabama L. Rev. 1143 (1989); Polinsky/Shavell, 111 Harv. L. Rev. 870 (1998); aus verhaltensökonomischer Sicht Kahnemann/Sunstein/Schadke, 107 Yale L. J. 2071 (1998). 119   Vgl. insoweit die – vom DJT abgelehnten – Reformvorschläge von G. Wagner, Gutachten A, 66. DJT, 2006, S. A 68 ff. 120   So Lange in: Lange/Hagen (Hrsg.), Wandlungen des Schadensersatzrechts, 1987, S.  11, 49. Von einer „Entideologisierung“ des den Ausgleichsgedanken in den Fordergrund stellenden Schadensrechts sprechen auch Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I/2, 8.  Aufl., 2000, §  30 II 3, S.  172, die aber an anderer Stelle betonen, dass im Hinblick auf die Haftungsbegründungstatbestände eine (ideologische) „Verteilungsdiskussion“ zu führen sei (ibid., §  30 I 2, S.  168). 121   Vgl. noch infra Fn.  125. 122   Vgl. die historische Untersuchung von Ebert, Pönale Elemente im Privatrecht, 2004, S.  188 ff. Eine präventive Zielsetzung der Strafklagen des klassischen römischen Rechts wird auch von Savigny ausdrücklich anerkannt, Savigny, Das Obligationenrecht als Theil des heu­ tigen Römischen Rechts, Bd.  2, 1853, §  82, S.  301 f. Vgl. auch infra Kapitel 2 §  1 E. I. 123   Bestandsaufnahme bei H. P.Westermann, AcP 208 (2008) 141.

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Im Ausgangspunkt ist anerkannt, dass der Kompensationsgedanke auf Zurech­ nungskriterien angewiesen ist, die auszugleichende Einbußen von solchen schei­ den, die vom Betroffenen endgültig zu tragen sind.124 In der tradierten Sicht die­ nen diese dazu, einen gerechten, d. h. ethischen Kriterien folgenden Ausgleich zwischen den Interessen der Beteiligten zu schaffen.125 Vor dem Hintergrund die­ ser rechtsethischen Fundierung eines kompensierenden Haftungsrechts erscheint eine Argumentation als inkongruent, mit der die Tragfähigkeit des Ausgleichsge­ dankens mit dem sachlich durchaus zutreffenden Hinweis auf die Verfügbarkeit von privaten oder staatlichen Versicherungslösungen angegriffen wird, weil diese dem Betroffenen ebenso gut Ersatz seiner Einbußen verschaffen könnten.126 Die funktionale Äquivalenz der genannten Vorsorgeeinrichtungen begründet eben gerade nicht deren rechtsethische Austauschbarkeit, da die moralische Dimension des Austauschgedankens gerade auch davon abhängt, dass der Schädiger den Ge­ schädigten kompensiert.127 Zu beachten ist aber, dass ein Verständnis des Kom­ pensationsgedankens, das den Ersatz sämtlicher Einbußen unabhängig vom Ver­ halten des Schädigers (und des Geschädigten) erforderte, nicht als adäquate ratio legis des von komplexen Zurechnungskriterien beherrschten Haftungsrechts an­ gesehen werden kann.128 Die diesbezügliche Überzeugungskraft der rechtse­ thischen Konzeption des Schadensrechts kann daher erst im Rahmen einer Zu­ sammenschau von Haftungsbegründungs- und -ausfüllungstatbeständen beur­ teilt werden.129 Es kommt darauf an, ob und inwiefern sich diese adäquat als Aus­ druck entsprechender Theorien beschreiben lassen. Der Ausgleichsgedanke stellt 124   Von diametral abweichenden Ausgangspunkten z. B. Honsell, Festschrift für Harm Peter Westermann, 2008, S.  315, 335 Fn.  88 („selbstverständliche Prämisse“); G. Wagner, AcP 206 (2006) 352, 453 f. 125   Exemplarisch der Bezug zu Kant bei Larenz/Canaris, Schuldrecht II/2, 13.  Aufl., 1994, §  75 I 1, S.  350. Anknüpfung an Aristoteles bei Honsell, 2. Festschrift für Theo Mayer-Maly, S.  2002, 287, 300 ff.; Honsell, Festschrift für Harm Peter Westermann, 2008, 315, 335. Im angel­ sächsischen Rechtskreis unter ausdrücklichem Rückgriff auf die aristotelesische iustitia correctiva z. B. Weinrib, 77 Iowa L. Rev. 403, 411 ff. (1992); Weinrib, 44 Duke L. J. 277, 282 ff. (1994); Coleman, 37 Ariz. L. Rev. 15, 27 (1995). Auch die Theorie von Epstein, 2 J. Legal Stud. 151 (1973); Epstein, 3 J. Legal Stud. 165 (1974) beruht explizit auf ethischen Grundlagen. Zur Kritik Perry, 26 Phil. & Pub. Aff. 351 (1997). 126   So z. B. Shavell, Foundations of Economic Analysis of Law, 2004, S.  268 f.; H.-B. Schäfer/ Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 4.  Aufl., 2005, S.  127. Vgl. aber auch Weinrib, 34 McGill L. J. 403, 412 (1989), der zwar die besondere Moralität des Deliktsrechts aus seiner Wurzel in der korrigierenden Gerechtigkeit ableitet, darin aber keinen Grund dafür sieht, das Haftungsrecht gegenüber seinen institutionellen Alternativen zu bevorzugen. 127   Zu diesem Aspekt insbesondere der iustitia correctiva z. B. Wright, 77 Iowa L. Rev. 625, 704 (1992). Allgemein zur sittlich-moralischen Dimension des Ausgleichsgedankens bereits die in Fn.  125 Genannten. Diese wird i.Ü. auch von der rechtsökonomischen Literatur nicht ver­ kannt, vgl. bereits Calabresi, The Costs of Accidents, 1970, S.  301 ff. (1970); siehe auch die breite Diskussion in Kaplow/Shavell, Fairness versus Welfare, 2002, S.  86 ff. 128   Supra bei Fn.  124. 129   Dieser teleologische Konnex wird für die §§  249 ff. BGB und die §§  823 ff. BGB in der deutschen Dogmatik ausdrücklich anerkannt, Hermann Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3.  Aufl., 2003, Einl. III 1, S.  9 ; Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I/2, 8.  Aufl., 2000, §  30 II, S.  169;  G. Wagner, AcP 206 (2006) 352, 457.

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Kapitel 1:  Grundlagen

letztlich ein formales Prinzip dar,130 das erst durch die Anreicherung mit materi­ alen Kriterien der Schadenszurechnung seinen vollständigen ethischen Gehalt erlangen kann.131 Nur ein dergestalt materialisierter Ausgleichsgedanke verliert die Inhaltsleere, die ihm nicht selten vorgeworfen wird.132 Nur einem derart auf­ geladenen Kompensationsgedanken kann schließlich nicht vorgeworfen werden, das gesamte System der (gerichtlichen) Durchsetzung individueller Kompensati­ onsansprüche erscheine als unangemessen kostspielig und durch umfassenden Versicherungsschutz vollständig substituierbar,133 weil es ihm eben nicht um eine versicherungsmäßige Risikovorsorge geht. Erwähnenswert ist zudem, dass es kei­ nesfalls ausgeschlossen ist, dass sich die Anreicherung des Ausgleichsgedankens (auch) ökonomischer Erwägungen zur Effizienz der Haftung bedient.134 Betrachtet man vor diesem Hintergrund speziell die Schutzpflichten des deut­ schen Rechts, zeigt sich die Richtigkeit einer konsequentialistischen Betrachtung gerade vor dem Hintergrund der positiven Vorgaben.135 Erinnert sei zunächst 130   So ausdrücklich z. B. Weinrib, 77 Iowa L. Rev. 403, 411 (1992); R.Posner, 10 J. Legal. Stud. 187, 193 (1981). Kaplow/Shavell, Fairness Versus Welfare, 2002, S.  93 sprechen davon, die Idee der korrigierenden Gerechtigkeit sei „unvollständig“ (incomplete). 131   Deutlich in diesem Sinne die Vertreter eines auf gerechten Ausgleich gegründeten Haf­ tungsrechts, die anerkennen, dass die Gründe, die eine Kompensation nach dem Prinzip der iustitia correctiva in den einschlägigen Fällen jenseits desselben zu suchen sind und Aristoteles Konzept als ein formales bezeichnen, Weinrib, 2 L & Phil. 37, 40 (1983); Weinrib, 44 Duke L. J. 277, 289 (1994); Coleman, Risks and Wrongs, 1992, S.  353; Coleman, 77 Iowa L. Rev. 427, 444 (1992); Perry, 77 Iowa L. Rev. 449, 450 (1992). 132   G. Wagner, AcP 206 (2006) 352, 453; Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  276 Rdnr.  7. 133   Vgl. z. B. H.-B. Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse des Zivilrechts, 4.  Aufl., 2005, S.  126. Aus dieser wohlfahrtsökonomischen Perspektive wird ein System privater Haftpflichten solan­ ge gerechtfertigt, wie der Wohlfahrtsgewinn, der aus der steuerungsbedingten Vermeidung von Einbußen erwächst, abzüglich der Präventionsaufwendungen und der Verwaltungskosten des Haftungsregimes die Verwaltungskosten eines reinen Versicherungssystems mit alternativen Mechanismen der Schadensvermeidung übersteigt, vgl. Shavell, Foundations of Economic Ana­ lysis of Law, 2004, S.  280 ff. 134   Sehr weitgehend insoweit R.Posner, 10 J. Legal. Stud. 187, 201 (1981): „Once the concept of corrective justice is given its correct Aristotelian meaning, it becomes possible to show that it is not only compatible with, but required by, the economic theory of law.“ Auch jenseits der Anhänger der ökonomischen Theorie ist Coleman, 37 Ariz. L. Rev. 15, 29 (1995) der Meinung, dass die Eigenschaft als cheapest cost avoider (dazu auch noch infra Kapitel 4 §  2 B. I. 2) ein mögliches Kriterium zur Bestimmung des Verantwortlichen in einem Haftungsrecht im Sinne der korrigierenden Gerechtigkeit darstellt, d. h. er zieht ein Kriterium heran, das erkennbar von einem individuellen, ethisch fundierten Schuldvorwurf gelöst ist. 135   Die hier zugrundegelegte Argumentation gilt mutatis mutandis für die – dogmatisch an­ ders ansetzenden Rechtsordnungen des common law. Nicht von ungefähr wurde die sog. Learned Hand-Formel (dazu im deutschsprachigen Schrifttum z. B. Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  276 Rdnr.  62; H.-B. Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 4.  Aufl., 2005, S.  158 f.), die auf das Setzen effizienter Präventionsanreize durch haftungsrechtliche Sanktionen abzielt, jdf. wenn man die verwende­ ten Variablen als Grenzwerte versteht (vgl. Miceli, Economics of the Law, 1997, S.  21), von einem U. S.-amerikanischen Bundesrichter in seiner Judikatur entwickelt, vgl. U.S. v. Carroll Towing, 159 F.2d 169, 173 (2d Cir. 1947).

§  2  Methodische Skizze

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daran, dass die Leitentscheidungen des Reichsgerichts136 insbesondere der Schlie­ ßung von empfundenen Schutzlücken dienten, also eine dezidiert ergebnisorien­ tierte Rechtsfindung darstellten.137 Die damit angesprochene Folgenorientierung wird durch die gefestigte Praxis bestätigt, die gerade unter Heranziehung von Realwirkungen statuierter Schutzpflichten eine mehrstufige Abwägung zur Vor­ aussetzung ihrer Begründung erklärt.138 Hinzu kommt, dass die statuierten Pflichten und ihre haftungsrechtliche Sanktionierung im Rahmen des §  280 Abs.  1 BGB139 nach dem derzeitigen Stand der Dogmatik, durch die der Verschuldens­ vorwurf über das Fahrlässigkeitsverständnis eine starke Verobjektivierung erfah­ ren hat,140 ein Zurechnungssystem begründen, das nicht mehr ohne Weiteres auf eine individuelle, rechtsethische Vorwerfbarkeit der Schädigungshandlung zu­ rückgeführt werden kann.141 Erfolgt im geltenden Recht aber eine Risikozuwei­ sung, die von einem die Schädigungshandlung betreffenden, individuellen Un­ werturteil grundsätzlich gelöst ist,142 erscheint nur noch eine Theorie der Haf­ 136   Insbesondere RG v. 7.  12. 1911 – VI 240/11, RGZ 78, 239, 240 f. (Linoleumrolle). Vgl. aber auch schon RG v. 5.  10. 1903 – VI 67/03, RGZ 55, 335, 336 f.; RG v. 13.  12. 1906 – VI 130/06, RGZ 65, 17, 18 f.; RG v. 24.  10. 1907 – VI 531/06, RGZ 66, 402, 405 f.; RG v. 9.  3. 1910 – I 161/09, RGZ 73, 148, 150. 137   Zu dieser gängigen Einschätzung z. B. Esser/E. Schmidt, SchuldR I/2, 8. Aufl., 2000, §  27 I 2, S.  97; Eubel, Die Haftung des Geschäftsherrn für den Gehilfen nach deutschem und japa­ nischem Recht, 1981, S.  50 ff.; Hans Stoll, Festschrift für Fritz von Hippel, 1967, S.  517, 527; Kreuzer, Culpa in contrahendo und Verkehrspflichten, 1972, S.  41; E.Lorenz, Festgabe 50 Jahre Bundesgerichtshof, Bd.  I, 2000, S.  329, 339 f.; Rathjen, MDR 1979, 446, 448 f.; E. Schmidt in:  E. Schmidt (Hrsg.), Rudolf von Jehring, Culpa in contrahendo, Hermann Staub, Die positive Vertragsverletzung, 1969, S.  131, 151 ff. Dezidiert a. A. allerdings Canaris, 2. Festschrift für Karl Larenz, 1983, S.  28, 85 ff.; Larenz/Canaris, SchuldR II/2, 13. Aufl., 1994, §  75 I 4 c, S.  360. 138   Vgl. Olzen in: Staudinger, BGB, Einleitung zum Schuldrecht; §§  241–243 (Treu und Glau­ ben), Neubearbeitung 2009, §  241 Rdnr.  487 f. Siehe auch Krebs, Sonderverbindung und außer­ deliktische Schutzpflichten, 2000, S.  504 ff. 139   Auch wenn im Hinblick auf die Klagbarkeit der Schutzpflichten in der Literatur derzeit eine vermittelnde, die zwangsweise Durchsetzung der Erfüllung nicht mehr prinzipiell aus­ schließende Sicht vorherrscht (vgl. z. B. Teichmann in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  242 Rdnr.  189; Olzen in: Staudinger, BGB, Einleitung zum Schuldrecht; §§  241–243 (Treu und Glau­ ben), Neubearbeitung 2009, §  241 Rdnr.  544 ff.; G. H.Roth in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  241 Rdnr.  4 4, 113; Gernhuber, Das Schuldverhältnis, 1989, §  2 IV 3, S.  24 f.), bleibt der Schadensersatz nach §  280 Abs.  1 BGB die praktisch bedeutsamste Sanktion der Pflichtverletzung, vgl. z. B. Olzen in: Staudinger, BGB, Einleitung zum Schuldrecht; §§  241– 243 (Treu und Glauben), Neubearbeitung 2009, §  241 Rdnr.  540. 140   Vgl. nur RG v. 15.  2. 1919, RGZ 95, 16, 17; BGH v. 17.  03. 1981 – VI ZR 191/79, BGHZ 80, 186, 193; BGH v. 13.  2. 2001 – VI ZR 34/00, NJW 2001, 1786, 1787; Deutsch, Fahrlässigkeit und erforderliche Sorgfalt, 2.  Aufl., 1995, S.  128 ff.; Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht, 2.  Aufl., 1996, S.  255. 141   Prononciert in diesem Sinne auch Schmidt-Kessel in: Prütting/Wegen/Weinreich (Hrsg.), BGB, 6.  Aufl., 2011, §  276 Rdnr.  3 ; Schlechtriem/Schmidt-Kessel, Schuldrecht, Allgemeiner Teil, 6.  Aufl., 2005, Rdnr.  564. Zur historischen Entwicklung, die eine Tendenz weg von einem christ­ lich oder säkular moralethisch fundierten, individuellen Schuldvorwurf hin zu einer objektiven Risikozurechnung erkennen lässt noch infra Kapitel 2 §  2 A; §  3 A; §  4 A, B; §  5 A. 142   Zu diesen Implikationen moderner Zurechnungslehren auch Schermaier in: Schmoeckel/ Rückert/Zimmermann (Hrsg.), HKK-BGB, Bd.  II/1, 2007, vor §  276 Rdnr.  19 ff. Für das common law ebenso Atiyah, Vicarious Liability in the Law of Torts, 1967, S.  14. Dort auch zu den

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Kapitel 1:  Grundlagen

tungsbegründung befriedigend, die gerade die übersubjektiv begründete Vertei­ lung der relevanten Risiken zu legitimieren vermag. Gerade dies erlaubt aber eine am Effizienzkriterium orientierte Analyse haftungsrechtlicher Institutionen. Die ökonomische Analyse kann daher im hier interessierenden Zusammenhang als normativer Leitstern bei der Interpretation und Fortbildung des geltenden Rechts dienen.143 Erst in diesem argumentativen Kontext wird schließlich der – empirisch gestützte144 – Hinweis aussagekräftig, dass es zu einer Zunahme der Schadenser­ eignisse kommt, wenn tatsächlich das privatrechtliche Haftungsregime durch eine (staatliche) Versicherungslösung substituiert wird.145 Die Argumentation setzt nämlich den Begründungszusammenhang zwischen einer Betonung von Präventionszielen im Haftungsrecht und einer konsequentialistischen Ausrich­ tung des betroffenen Rechtsgebiets voraus, vermag ihn aber nicht selbständig zu etablieren. Folgt man aber insoweit der hier zugrundegelegten Argumentation, belegt die Empirie die Leistungsfähigkeit der ökonomischen Modellbildung bei der Konkretisierung eines an Realwirkungen ausgerichteten Haftungsrechts. c)  (Vor-)vertragliche Informationsverantwortlichkeit auf der Schnittstelle von autonomer und heteronomer Verpflichtung Nicht von ungefähr ordnet die deutsche Dogmatik die (vor-)vertraglichen Auf­ klärungspflichten, die unmittelbar eine Information der Gegenseite verlangen, als Nebenpflichten im Sinne des §§  241 Abs.  2, 311 Abs.  2 BGB ein.146 Damit ist zu­ treffend indiziert, dass die explizit ausgesprochene Rechtsfolge, die andere Partei der Sonderverbindung zu informieren, aus der Perspektive des Verpflichteten he­ Implikationen der breiten Haftungsüberwälzung auf private und öffentliche Versicherungsträ­ ger. 143   Grundsätzlich im Sinne einer möglichen Konkretisierung des Haftungsrechts – insbesod­ nere des Sorgfaltsmaßstabs des §  276 Abs.  2 BGB – mit Hilfe ökonomischer Erkenntnisse auch Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip – Möglichkeiten und Grenzen der ökonomischen Analyse des Rechts, 1995, S.  454 ff.; Taupitz, AcP 196 (1996), 114, 127 f., 135 f., 155 ff.; Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  276 Rdnr.  61. 144   Vgl. die Untersuchung von Devlin, 10 Int’l Rev. L. & Econ. 139 (1990), die am Beispiel der kanadischen Provinz Quebec und unter Hinweis auf andere, gleichgelagerte Studien zeigt, dass die Unfallhäufigkeit im Straßenverkehr signifikant zunahm, wo die Anreizwirkung der priva­ ten Haftungsregeln in Folge der Einführung einer reinen Versicherungslösung beseitigt wird (Zahlen ibid., S.  201). Ähnliche Ergebnisse für die deutsche Zuckerindustrie bei Kötz/Schäfer, 13 Int’l Rev. L. & Econ. 19 (1993). Vgl. auch den Überblick bei G. Schwartz, 42 UCLA L. Rev. 377, 390 ff. (1994) mit einer differenzierten Einschätzung (ibid. S.  423 ff.). Nicht nachvollziehbar, die uneingeschränkt skeptische Einschätzung von Jansen, Die Struktur des Haftungsrechts, 2003, S.  176. 145   H.-B. Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 4.  Aufl., 2005, S.  127. 146   Vgl. hier nur Olzen in: Staudinger, Einleitung zum Schuldrecht; §§  241–243 (Treu und Glauben), Neubearbeitung 2009, §  241 Rdnr.  427 ff.; Emmerich in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  311 Rdnr.  97. Zusammenfassend zum Streitstand vor der Schuld­ rechtsmodernisierung Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2000, S.  416 ff.; Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S.  508 ff.

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teronomen Charakter hat. Dieser Befund gilt darüber hinaus auch dort, wo die Informationsverantwortlichkeit mittelbar über andere Rechtsinstitute, wie z. B. Anfechtungs- und Widerrufsrechte,147 verteilt wird: Der von den entsprechenden Regelungen ausgehende, sanktionsinduzierte Zwang zur Aufklärung kann jeden­ falls nicht auf einen entsprechenden Selbstbindungswillen des Belasteten zurück­ geführt werden. Gleichwohl trägt der Gesichtspunkt, dass die Parteien mit ihrer Transaktion eine allokative Effizienzsteigerung anstreben,148 auch die ökonomische Fundie­ rung (vor-)vertraglicher Aufklärungspflichten. Unabhängig davon, ob man die Versprechensbindung als privatrechtliche Konsequenz der mit der menschlichen Existenz a priori verbundenen Freiheitsrechte anerkennt oder hierfür funktionale Gründe für maßgeblich hält,149 geht es sowohl aus versprechensethischer als auch aus funktionalistischer Sicht darum, die „fehlerfreie“ Bildung des auf Selbstbin­ dung abzielenden Willens der Parteien zu gewährleisten. Im Hinblick auf die von den Beteiligten selbst mit dem schuldrechtlichen Güteraustausch angestrebte, ef­ fiziente Allokation ist aber nur ein solcher Wille „fehlerfrei“, der unter Vorausset­ zungen gebildet wurde, die informationell Gewähr bieten, dass tatsächlich präfe­ renzadäquate Bindungsentscheidungen getroffen werden. Gerade in dieser Hin­ sicht kann aber wiederum auf die Erkenntnisse der (Informations-)Ökonomik abgestellt werden, wenn es darum geht, zu ermitteln, welche informationellen Voraussetzungen gegeben sein müssen, dass effiziente, freiwillige Transaktionen angebahnt und durchgeführt werden können. Auch insoweit folgt der „Anwendungsbefehl“ für das Effizienzkriterium aus den Zielen der Parteien und der stützenden Funktion des Rechts.150 Der Unter­ schied zur rechtlichen Anerkennung der Vertragsbindung selbst besteht indessen darin, dass die konkreten Institutionen keinem tatsächlichen, übereinstimmenden Parteiwillen entsprechen, sondern nur als Konsequenz der prinzipiellen Aner­ kennung privatautonomer Selbstverpflichtung legitimierbar sind. 2.  Interpretation, zurückgenommener Rationalitätsanspruch und ökonomischer Erfahrungsschatz Es soll an dieser Stelle nicht verschwiegen werden, dass die Auswirkungen des institutionenökonomischen Ansatzes auf die juristische Hermeneutik weiter rei­ chen, als selbst manche seiner Anhänger glauben. Die ökonomischen Analyseme­ thoden werden nämlich nicht nur als Elemente einer (verbesserten) teleologischen Interpretation eingeführt, welche die Auslegung mit Hilfe der tradierten Krite­ 147   Schon supra §  1 A I. Tiefschürfender Überblick über das Arsenal des deutschen Bürger­ lichen Rechts zur Verteilung der Informationsverantwortlichkeit bei Fleischer, Informations­ asymmetrie im Vertragsrecht, 2000, S.  234 ff. 148   Zu den allokativen Zielen der Partein supra a) (1). 149   Supra a) (1). 150   Supra bei Fn.  93.

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rien – quasi als Vorbedingung der vergleichenden Institutionenanalyse – im Üb­ rigen unberührt ließe.151 Ein solches Verständnis übersieht nämlich, dass sich der Einfluss des ökonomischen Ansatzes auf die juristische Hermeneutik nicht in dem genannten Sinne sektoral beschränken lässt, sondern vielmehr zu einer um­ fassenden Neuausrichtung des interpretationsbestimmenden Bezugssystems führt. Die bei der Modellbildung notwendig offen gelegten Prämissen, Axiome und Paradigmen der Ökonomik bilden nämlich ein (konstruiertes) die Interpre­ tation stabilisierendes Bezugssystem, das an die Stelle eines homogenen Vorver­ ständnisses152 treten kann, wie es heute gerade auch für die Zwecke der juristi­ schen Interpretation nicht mehr als natürliche Gegebenheit existiert. Weder kann in einer modernen, pluralistischen Gesellschaft davon ausgegangen werden, dass ein einheitlicher, vorpositiver Erwartungshorizont besteht,153 noch sichert der professionelle Sozialisationsprozess154 oder die Begründungsprozedur des juristi­ schen Diskurses selbst155 die für den Rationalitätsanspruch der juristischen Her­ meneutik zentrale, homogene Verarbeitung sozialer Entwicklung innerhalb der Disziplin. Vor diesem Hintergrund des Verlustes eines einheitlichen, das Vorver­ ständnis determinierenden, (rechts-)kulturellen Überlieferungszusammenhangs stellt die Entscheidung für den rechtsökonomischen Ansatz eine der vielen Mög-    151   Besonders deutlich in diesem Sinne z. B. Kirchner in: Riesenhuber (Hrsg.), Europäische Methodenlehre, 2.  Aufl., 2010, §  5 Rdnr.  28, der scharf zwischen „juristischer“ Interpretation und deren Ergebnisse vergleichender ökonomischer Analyse trennt. 152   In der philosophischen Hermeneutik ist es das Vorverständnis als allen Diskursteilneh­ mern gemeinsamer, historisch geprägter und sozial situierter Wissensbestand, der eine Interpre­ tation von Texten im Sinne der produktiven Konkretisierung eines kulturellen Überlieferungs­ zusammenhangs erlaubt, vgl. dazu grundlegend Gadamer, Wahrheit und Methode, 6. Auflage, 1990, S.  273 ff. 153   Esser, Vorverständnis und Methodenwahl in der Rechtsfindung, 2. Aufl., 1972, S.  134 geht davon aus, das die juristische Interpretation bei ihrer Auswahl von „Regelungsmustern und Normen“ aus dem existierenden Vorrat mit einem „selektiven Vorverständnis“ arbeitet, dass sich auf „Gerechtigkeits- und Arbeitsprinzipien“ verlässt, die nicht dem positiven Recht selbst entnommen werden können. Bei dem Erschließen des Regelungssinns mit Hilfe der genannten, überindividuellen Entscheidungsvorstellungen bestehe ein (einheitlicher) Erwartungshorizont, aus dem der Interpret nicht hinaustreten könne, ibid., S.  140. Dieser Erwartungshorizont ist zentral für die „Regelhaftigkeit und Wiederholbarkeit der Entscheidung“, ibid., S.  145 Fn.  5. 154   Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl., 1991, S.  208; Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl., 1995, S.  29 f. gehen davon aus, dass der fortlau­ fende Lernprozess des Rechtswissenschaftlers während seiner Ausbildung und Praxis inner­ halb der Profession ein einheitliches Vorverständnis erzeugt. Nicht erst die Realität der Juris­ tenausbildung an der deutschen Massenuniversität und die Vielgestaltigkeit heutiger juristischer Praxis nährt die Zweifel, dass tatsächlich ein gemeinsamer Erfahrungsschatz der Profession existiert, der die übrigen, gänzlich inhomogenen Hintergründe der Individuen überlagern könnte. 155   Nach Alexy, Recht, Vernunft, Diskurs, 1995, S.  75 ff. wird die Richtigkeit juristischer In­ terpretation durch eine „intersubjektiv zugängliche und deshalb objektiv überprüfbare argu­ mentative Prozedur“ gewährleistet. Der Rationalitätsanspruch basiert damit letztlich auf der Annahme, es existiere ein ideales Regelwerk der praktischen Vernunft. In diesem Sinne zur Lehre Alexys auch Christensen/Lerch in: Lerch (Hrsg.), Recht Vermitteln, 2005, S.  55, 62.

§  2  Methodische Skizze

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lichkeiten dar, die gerissene Lücke zu füllen.156 Die als maßgeblich erachteten Axi­ ome und Denkgesetze der Ökonomik, die im gesellschaftlichen Wandel von der Disziplin laufend neu erzeugt werden, begründen ein stabilisierendes Bezugssys­ tem, auf das sich die Rechtsanwendung stützt, um die intersubjektive Zugänglich­ keit des Diskurses zu gewährleisten.157 Sie dienen auf diesem Weg auch dazu, eine mehr oder weniger radikale Normskepsis zu entkräften,158 da die disziplinimma­ nente Offenlegung und Rechtfertigung realer Entscheidungsfolgen ein Verbergen der tragenden Motive hinter vorgeblich rekonstruktiven und daher vermeintlich ergebnisblinden Rationalisierungsstrategien ausschließt. Dieses Anliegen wird demgegenüber nicht verwirklicht, wenn zum Teil heftige Kritik an der vorherr­ schenden, vermeintlich ahistorischen Methodik geübt und eine „Verflachung der Zivilrechtswissenschaft“159 konstatiert wird, auf die mit einer modernen, ge­ schichtlichen Rechtswissenschaft zu reagieren sei. Selbst wenn es zuträfe, dass diese durch ihre Konzentration auf das BGB als „Momentaufnahme“ und ihre bloße „Deutung von Begriffen“ den Anspruch verliere, Wissenschaft zu treiben,160 bliebe nämlich noch gänzlich im Dunkeln, welche normative Navigationshilfe zum Einsatz kommen soll, wenn die Herausforderung angenommen würde, die „ererbte Dogmatik weiterzuentwickeln, kontinuierlich auszubauen, zu moderni­ sieren“.161 Die Offenlegung der historischen Argumentationsstränge und Wer­ tungen, wie sie der Kodifikation zugrunde liegen, können zwar in einem ersten Schritt in die richtige Richtung führen, wenn es darum geht, begriffsjuristische Verkrustungen aufzubrechen und diesbezügliche Fehlentwicklungen zu korrigie­ ren. Sie helfen aber für sich allein nicht weiter, wenn der nächste Schritt zu tun ist 156   Überblick über alternative Reaktionen bei Buckel/Christensen/Fischer-Lescano (Hrsg.), Neue Theorien des Rechts, 2. Aufl., 2009, S.  227 ff. 157   Zu der entsprechenden Erwartungshaltung an die Dogmatik, „intellektuell überprüfbare und öffentlich einsichtige Kriterien für die Handhabung des Bewertungsspielraums anzugeben, den jede Anwendung einer Norm auf einen konkreten Fall erfordert“, auch Wieacker in: Bub­ ner/Cramer/Wiehl (Hrsg.), Hermeneutik und Dialektik, Bd.  II, 1970, S.  311, 316 (Hervorhe­ bung im Original). 158   Die Extremposition, die dem Prozess einer normbasierten Rationalisierung jegliche Rele­ vanz für die allein durch psychologische Dispositionen und emotionale Neigungen bestimmte, (richterliche) Entscheidungspraxis abspricht, wurde erstmals im Rechtsrealismus bezogen, vgl. J.Frank, Law and the Modern Mind, 1930, S.  108 ff.; ganz ähnlich und für die Critical Legal Studies prägend Kennedy, 89 Harv. L. Rev. 1685, 1775 (1976). Im (vermeintlichen) Anschluss an die Sprachphilosophie Ludwig Wittgensteins auch Kripke, Wittgenstein on Rules and Private Language, 1982. In der rechtstheoretischen Literatur wird der „radikale Skeptizismus à la Kripkenstein‘“ häufig als Missverständnis der Sprachphilosophie Wittgensteins kritisiert, z. B. Röhl/ Röhl, Allgemeine Rechtslehre, 3.  Aufl., 2008; Klatt, Theorie der Wortlautgrenze, 2004, S.  161 ff.; Hotz, Richterrecht zwischen methodischer Bindung und Beliebigkeit, 2008, S.  55 Fn.  77; Neumann in: Senn/Fritschi (Hrsg.), Rechtswissenschaft und Hermeneutik, ARSP-Beiheft 117, 2009, S.  87, 90. Vgl. auch Barak, Purposive Interpretation in Law, 2005, S.  24 zum fundamen­ talen Paradox des Regelskeptizismus: „If language has no meaning, then there is no meaning to the statement that language has no meaning“. 159   Schermaier, JZ 2006, 330, 332. 160   Schermaier, JZ 2006, 330, 338. 161   Schermaier, JZ 2006, 330, 338.

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Kapitel 1:  Grundlagen

und die Wertungen zu gewichten sind, d. h. die eigentliche normative Entschei­ dung zu treffen ist.162 Die so verstandene geschichtliche Rechtswissenschaft teilt somit das Dilemma jeder autonomen Rechtswissenschaft, die ohne außerrecht­ liche methodische Hilfestellung auszukommen können glaubt und sich damit letztlich der Möglichkeit eines verifizierbaren Diskurses über die Grundlagen der in Streitfällen notwendigen normativen Entscheidungen beraubt. Damit soll frei­ lich umgekehrt nicht bestritten werden, dass ein historisches Bewusstsein gerade auch für einen effizienzorientierten Institutionenvergleich erhebliche (indizielle) Bedeutung hat. Dies gilt v. a. wenn es um eine quasi-empirische Suche nach mo­ dell-theoretisch zweitbesten Lösungen geht, die sich unter realen Bedingungen verwirklichen lassen.163 Es steht auf einem anderen Blatt, dass dem Gegenentwurf einer im genannten Sinne interdisziplinären Rechtswissenschaft die Tendenz inne wohnt, ein immer anspruchsvolleres Grundverständnis der zugrunde gelegten, sozialwissenschaft­ lichen Methoden vorauszusetzen, wodurch die Praxis als Teilnehmer, aber auch als potentieller Adressat der Forschungsergebnisse vom Diskurs ausgeschlossen zu werden droht.164 Indessen spiegelt sich hierin nur eine – historisch keinesfalls singuläre – Arbeitsteilung,165 die solange nicht schädlich ist, wie die Verknüp­ fung der betroffenen Diskurse erhalten bleibt, was zum einen durch als Interme­ diäre fungierende Personen,166 aber auch durch entsprechende Anpassung der 162   Ein Befund, der auch bei Schermaier mit Händen zu greifen ist, wenn er bestimmten his­ torisch informierten Interpretationen den Vorzug gibt, ohne die solchen Deutungen ja keines­ falls per se innewohnende, sachliche Überlegenheit mehr als nur apodiktisch zu behaupten bzw. ganz „unhistorisch“ mit diffusen Erwägungen zu einer nicht näher fundierten Zweckmäßigkeit argumentiert. Vgl. Schermaier, JZ 2006, 330, 332 f. (zum bereicherungsrechtlichen Ausgleich im Dreipersonenverhältnis) und 336 (zum „richtigen“ Verständnis des Unmöglichkeitseinwands). Auffällig ist insoweit, dass auf den ersten Blick kontingent die Dogmengeschichte mal auf die Interpretation der lex lata durchschlagen, das andere mal aber für deren Verständnis aufgrund einer bewussten legislatorischen Absetzungsintention irrelevant sein soll. Stellt aber die Kodifi­ kation nur die historische Interpretationen nicht behindernde „Momentaufnahme“ dar (Schermaier, JZ 2006, 330, 338), so erscheint die in Bezug auf die Irrtumslehre vertretene These vom endgültigen, auch für die Lehre verbindlichen Bruch mit dem historischen Verständnis als un­ auflösbarer, weil systemfremder Widerspruch zu der sonst propagierten, die Dogmengeschichte voll aufnehmenden Interpretation des positiven Rechts. Nur am Rande sei bemerkt, dass der nur eine Momentaufnahme schaffende Gesetzgeber bei Schermaier immer der des Jahres 1900 ist. 163   Vgl. noch infra Kapitel 2 und Kapitel 4 §  2 B. I. 3. 164   Vgl. zur Situation in den Vereinigten Staaten nur R.Posner, 115 Harv. L. Rev. 1314, 1324 (2002): „interdisciplinary legal scholarship is intended to be read by professors . . . rather than by practitioners (including judges)“. Ähnlich schon Edwards, 91 Mich. L. Rev. 34 (1992). Empi­ rische Belege für eine wachsende Kluft zwischen Wissenschaft und Praxis in den USA bei McClintock, 51 Okla. L. Rev. 659, 660 (1998); Sirico, Jr., 75 Ind. L. J. 1009, 1009–10 (2000). 165   Für deren auch organisatorische Verfestigung z. B. Ulen, 79 Chi.-Kent L. Rev. 403, 428 f. (2004). 166   So besetzen mit Richard A. Posner (US Court of Appeals for the Seventh Circuit), Guido Calabresi (US Court of Appeals for the Second Circuit) und Frank H. Easterbrook (US Court of Appeals for the Seventh Circuit) Gallionsfiguren der (frühen) Rechtsökonomik herausgeho­ bene Positionen innerhalb der US-amerikanischen Bundesgerichtsbarkeit, Posner (1993–2000)

§  2  Methodische Skizze

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Ausbildungsinhalte167 und Orientierung der Forschungsgegenstände gelingen kann. Vehement zu widersprechen ist der vereinzelt anzutreffenden Behauptung, die ökonomische Analyse des Rechts sei als „interpretative Theorie“ des Vertrags­ rechts zum Scheitern verurteilt.168 Zuzugestehen ist im Ausgangspunkt allerdings, dass zur Verdeutlichung bestimmter Aspekte vertragsrechtlicher Regulierung entwickelte, insbesondere formal-logische Modelle, nicht den Anspruch erheben können – dies freilich auch nicht tun –, das tatsächlich geltende Vertragsrecht mit all seiner dogmatischen Ausdifferenzierung zu erklären. Zum einen zeigen kom­ plexe evolutorische Theorien des Rechts, dass mit linearem Effizienzstreben in der historischen Ausbildung formaler Institutionen nicht ohne weiteres zu rech­ nen ist.169 Zum anderen erfasst die speziell auf das Vertragsrecht zentrierte Öko­ nomik naturgemäß nicht die Aspekte realer Rechtsanwendung, die den Gegen­ stand anderer, nicht ausschließlich mit dem Vertragsrecht befasster Forschungs­ gebiete darstellen, wie z. B. die Auswirkungen der Kosten der Rechtsdurchset­ zung170 oder der Ungewissheit über die (gerichtliche) Norminterpretation und  -anwendung171 auf die Anreize der Parteien, die Probleme der Vermögensrestrik­ tion insolventer Parteien etc.172 Entscheidend ist aber, dass weder die Deviation realer Normbestände vom Effizienzideal noch die Notwendigkeit des Imports zusätzlicher Einsichten der Ökonomik deren Eignung zur wertenden Bestim­ mung der Inhalte des Vertragsrechts in Frage stellt, solange man für diese Zwecke nicht kategorisch auf eine außerhalb des positiven Rechts liegende, normative Theorie verzichten will.173 Allerdings ist auch zu betonen, dass das rigide Methodengerüst der Ökonomik zwar erlaubt, die Richtigkeit der vergleichenden Wirkungsanalysen und der dar­ auf basierenden Normdetermination innerhalb der Disziplin bzw. ihrer Spielarten zu überprüfen, hierdurch aber keinesfalls der verlorene allgemeine Rationalitäts­ anspruch der juristischen Hermeneutik zurückzugewinnen ist. Wer den Sprung in die Ökonomik ablehnt, kann den mit Hilfe ihrer Methodik gewonnenen Re­ geln keine Richtigkeitsgewähr entnehmen. In diesem Sinne ist die mögliche Rati­ und Easterbrook (seit 2006) zweitweise sogar als Chief Judges. Alle Genannten lassen in ihren Judikaten immer wieder zentral ökonomische Argumente in die Spruchpraxis einfließen. 167   Vgl. schon supra bei Fn.  41. Zur interdisziplinären Ausrichtung gerade auch der Lehre an den US-amerikanischen (top-tier) law schools, Dedek, JZ 2009, 540, 545 ff. 168   Unberath, Die Vertragsverletzung, 2007, S.  147. 169   Überblick bei C. Schubert/v.Wangenheim (Hrsg.), Evolution and Design of Institutions, 2006. Vgl. auch schon Fn.  89. 170   Hierzu z. B. Shavell, 11 J. Legal Stud. 333 (1982); Bebchuk, 15 RAND J. Econ. 404 (1984); Rose-Ackerman/Geistfeld, 16 J. Legal Stud. 483 (1987); Shavell, 19 Int’l Rev. L. & Econ. 99 (1999). Infra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. a) (1) ii und Kapitel 4 §  3 A. II. 2. a) (3). 171   Dazu exemplarisch Kaplow/Shavell, 37 J. L. & Econ. 1 (1994); Kaplow/Shavell, 39 J. L. & Econ. 191 (1996). Infra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. a) (1) ii und Kapitel 4 §  3 A. II. 2. a) (3). 172   Vgl. Pitchford in: Newman (Hrsg.), The New Palgrave on Economics and the Law, Bd.  2, 1998, S.  380 ff. Infra Kapitel 4 §   1 B. II. 173   Ebenso Ayres, 112 Yale L. J. 881, 885 (2003); Craswell, 112 Yale L. J. 903, 922 (2003).

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Kapitel 1:  Grundlagen

onalität des interdisziplinären Ansatzes eine sektorale; sein Rationalitätsanspruch ist ein gedämpfter. Gleichzeitig darf aber nicht verkannt werden, dass die Orientierung der Rechts­ findung an ökonomischer Rationalität umfassenden Einfluss auf die Normdeter­ mination ausübt. Die Ökonomik stellt ein durch die Disziplin kreiertes, gemein­ sames Wissen dar, das – insoweit dem Vorverständnis vergleichbar – bereits bei der Ermittlung der möglichen Regelungsalternativen einen selektierenden Ein­ fluss entfaltet. Die naive Vorstellung einer unbeeinflussten „juristischen“ Inter­ pretation und der anschließenden, vergleichenden institutionenökonomischen Analyse autonom gewonnener Auslegungsergebnisse verkennt die unvermeidbare Vorwirkung ökonomischer Denkstrukturen und lässt sich folglich nicht aufrecht erhalten. Diese Vorwirkung stellt aber kein spezifisches Defizit der ökonomischen Methode dar, sondern ist unvermeidbarer Ausdruck bewusster oder unbewusster Auswahl im Rahmen des hermeneutischen Zirkels. Nur am Rande sei erwähnt, dass sich vor diesem Hintergrund ein Bedenken gegen die Erweiterung des Methodenkanons weitgehend entkräften lässt, wie es von Seiten einer primär dogmatisch orientierten, autonomen Rechtswissenschaft nicht selten im Hinblick auf die vermeintliche Realitätsferne ökonomischer Mo­ delle geäußert wird.174 Die ökonomische Betrachtung legt in der Tat das Schwer­ gewicht ihres Erkenntnisinteresses auf die auch für den Einzelfall geltenden, nor­ mativen Empfehlungen, denen die positivistisch verstandene lex lata als Bewer­ tungsobjekt gegenübergestellt wird. Die klassisch juristische Tätigkeit eines das Recht aus den vorhandenen Rechtsquellen ermittelnden Rechtsanwenders stellt dann aber nicht mehr dar, als eine von den Rechtsökonomen zumeist an den Rand gerückte Vorbedingung für die eigentliche Analyse – soweit überhaupt mehr als eine Empfehlung an nicht näher bezeichnete Normgeber ausgesprochen werden soll. Der entscheidende Aspekt ist aber, dass die interdisziplinäre Tätigkeit an die­ ser Stelle nicht stehen bleiben muss. Die Verringerung von Komplexität in den ökonomischen Modellen ist für deren Operationalität von zentraler Bedeutung. Wenn es aber darum geht, in einem weiteren Schritt die normativen Empfeh­ lungen für das geltende Recht fruchtbar zu machen, muss die Vielschichtigkeit juristischer Regeln doch wieder voll reflektiert werden. Mit anderen Worten, die rechtspolitischen Desiderate der Ökonomik sind umfänglich einzubetten, indem bei der effizienzorientierten Interpretation die gesamte Bandbreite des Normen­ bestands unter der funktional-konsequentialistischen Perspektive erfasst wird. Das feine Institutionengespinnst des geltenden Rechts darf in diesem Schritt nicht mehr in seiner Komplexität holzschnittartig simplifiziert und als unifinale Alter­ native im Rahmen klar abgrenzbarer, antagonistischer Regulierungsmöglich­ keiten begriffen werden.175 Bei dieser ökonomisch informierten Interpretation   Vgl. supra bei Fn.  59.   Als Folge kann auch die Ökonomik profitieren, indem ihr Bewusstsein für jenseits der Modellannahmen tatsächlich mögliche, nächstbeste Lösungen geschärft wird, vgl. noch infra III. 174

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kommt es dann zu der oben beschriebenen, unvermeidbaren Vorwirkung, die aber – wie bereits betont – kein spezifisches Defizit der hier vorgeschlagenen Er­ weiterung der tradierten Methodik darstellt.

B.  Rechtsvergleichung und Rechtsökonomik Die als Hauptströmung der Disziplin vorherrschende, funktionale Methode der Rechtsvergleichung176 verfügt im Ausgangspunkt über vielfältige Schnittpunkte mit der ökonomischen Institutionenanalyse, die eine Synthese der Ansätze als fruchtbar erscheinen lassen.177 Dies gilt zum einen für das Auffinden der rele­ vanten Funktionen der zu vergleichenden Rechtsordnungen und der sie erfüllen­ den rechtlichen und außerrechtlichen Verhaltensdeterminanten.178 Darüber hin­ aus liefert die Ökonomik ein denkbares Bewertungskriterium, wenn das Ziel des Rechtsvergleichs darin liegt, die Distanz der vorgefundenen Sachlösungen zu einem plausiblen sozialen Optimum zu vermessen.179 Schließlich kann umgekehrt die Rechtsvergleichung erhellend wirken, wenn es darum geht, rigide Prämissen ökonomischer Modelle zu lockern, und ohne prinzipielle Preisgabe der erkennt­ nisleitenden Methodik, unter realistischen Bedingungen handhabbare (zweitbes­ te) Lösungen zu finden.180

176   Sowohl Kritiker als auch Anhänger des Ansatzes beziehen sich zentral auf die metho­ dischen Überlegungen Konrad Zweigerts und seiner Mitstreiter. Vgl. Zweigert, Zur Methode der Rechtsvergleichung, Studium Generale 13 (1960) 193; von Caemmerer/Zweigert, in: Livre du centenaire de la société de législation comparée, Bd.  2, 1971, S.  269, 282 ff.; Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung auf dem Gebiet des Privatrechts, Bd.  I, 1. Aufl., 1971, S.  27 ff.; Zweigert, Israel L. Rev. 465 (1972). Diese Arbeiten enthalten freilich keine voll ausgear­ beitete, grundstürzend neue methodische Theorie funktionaler Rechtsvergleichung. Vgl. zuvor im Sinne des Funktionalismus bereits Rabel, RheinZ 13 (1924) 279, 282; Rheinstein, 2 U. Chi. L. Rev. 232, 246 ff. (1934/35). Kritische Bestandsaufnahme primär aus soziologischer Perspektive bei Michaels, in: Reimann/Zimmermann (Hrsg.), The Oxford Handbook of Comparative Law, 2006, S.  339. 177   Vgl. zum Verhältnis von Rechtsökonomik und Rechtsvergleichung auch Mattei, Compa­ rative Law and Economics, 2. Aufl., 1998, S. ix ff.; Mattei/Cafaggi in: Newman (Hrsg.), The New Palgrave Dictionary of Economics and the Law, Bd.  1, 1998, S.  346; Mattei/Monti, 1 Glo­ bal Jurist Frontiers No.  2, Article 5 heruterzuladen von http://www.bepress.com/gj; van Aaken, in: Jud/Bachner/Bollenberger/Halbwachs/Kalss/Meissel/Ofner/Rabl (Hrsg.), Prinzipien des Privatrechts und Rechtsvereinheitlichung, 2001, S.  127; Fleischer, Festschrift für Herbert Wiedemann, 2002, S.  827, 846 ff.; Faust in: Reimann/Zimmermann (Hrsg.), The Oxford Hand­ book of Comparative Law, 2006, S.  837. Vgl. auch die von Gerrit De Geest und Roger Van den Berg herausgegebene, dreibändige Anthologie, die zentrale Untersuchungen der Strömung ver­ sammelt, De Geest/R.Van den Bergh (Hrsg.), Comparative Law and Economics, Bd.  I-III, 2004. 178   Infra I. 179   Infra II. 180   Infra III.

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Kapitel 1:  Grundlagen

I.  Funktionalismus und deskriptive Ökonomik 1.  Definitionspotential und Analyseerweiterung Die konsequentialistischen Modelle der Ökonomik können zeigen, welche Funk­ tionen das institutionelle Umfeld marktförmiger Austauschprozesse erfüllt. Dies ist zunächst relevant, um den suchenden Blick des (funktionalen) Rechtsverglei­ chers zu lenken, wenn es darum geht, die zu vergleichenden – rechtlichen und außerrechtlichen – Verhaltensnormen der betrachteten Rechtsordnungen zu fin­ den.181 In diesem Sinne kann die Ökonomik herangezogen werden, um ein das Vergleichsmaterial bestimmendes tertium comparationis zu definieren, weil sie ein von dogmatischen Strukturen gelöstes,182 soziales Problem beschreibt. So zeigt beispielsweise die Ökonomik, dass – unabhängig davon, welche normativen Ziel­ setzungen verfolgt werden – im Fall der Leistungsstörung eine Zuweisung nicht antizipierter Risiken bei der Vertragsabwicklung erfolgt.183 Für die Vergleichung kann daraus gefolgert werden, dass es gilt, sämtliche rechtlichen und außerrecht­ lichen Mechanismen in der Zusammenschau zu untersuchen, die in diesem Sinne risikoverteilenden Charakter entfalten. In dieser Hinsicht ist der institutionenökonomische Ansatz über das Definiti­ onspotential hinaus auch insoweit vielversprechend, um einem nicht selten be­ klagten Defizit praktizierter Rechtsvergleichung zu begegnen. Sofern bemängelt wird, dass – trotz ihrer in der Theorie durchaus anerkannten Relevanz184 – au­ ßerrechtliche Institutionen in der Praxis der funktionalen Rechtsvergleichung zu selten betrachtet werden,185 liegt dies nicht zuletzt am Fehlen eines adäquaten Analyseinventars. Dieses muss den Komparatisten in die Lage versetzen, außer­ rechtliche Verhaltensdeterminanten nicht nur zufällig, sondern systematisch auf­ zufinden.186 Ein solches stellt aber die Neue Institutionenökonomik zur Verfü­ gung, die neben der Anreizwirkung der formgebundenen auch diejenige der nicht formgebundenen Institutionen in ihre Modelle einbezieht und gerade in letzter 181   Gleichsinnig van Aaken, in: Jud/Bachner/Bollenberger/Halbwachs/Kalss/Meissel/Of­ ner/Rabl (Hrsg.), Prinzipien des Privatrechts und Rechtsvereinheitlichung, 2001, S.  127, 145 f.; Fleischer, Festschrift für Herbert Wiedemann, 2002, S.  827, 847; Faust, in: Reimann/Zimmer­ mann (Hrsg.), The Oxford Handbook of Comparative Law, 2006, S.  837, 854 f. 182   Zu dem von dogmatischen Strukturen gelösten Erkenntnisinteresse der Rechtsverglei­ chung z. B. Kötz, RabelsZ 54 (1990) 203, 216; auch Rheinstein, Einführung in die Rechtsverglei­ chung, 2. Aufl., 1987, S.  26. 183   Vgl. bereits supra A. II. 1. Ausführlich infra Kapitel 4 §  2 B. I. 2 und Kapitel 4 §  3 A. 184   Vgl. nur Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, 3. Aufl., 1997, S.  37. 185   Z. B. Frankenberg, 26 Harv. Int’l L. J. 422, 438 (1985); Graziadei in: Legrand/Munday (Hrsg.), Comparative Legal Studies: Traditions and Transitions, 2003, S.  100, 110; Rosen in: Legrand/Munday (Hrsg.), Comparative Legal Studies: Traditions and Transitions, 2003, S.  493, 504. 186   Vor dem Hintergrund dieses Befunds lässt sich – entgegen Michaels, in: Reimann/Zim­ mermann (Hrsg.), The Oxford Handbook of Comparative Law, 2006, S.  339, 364 – die Kritik nicht mit dem Hinweis entkräften, es handle sich nur um ein Defizit der Praxis funktionaler Rechtsvergleichung.

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Hinsicht erhebliche Erkenntnisgewinne vorzuweisen hat.187 Der Vergleich profi­ tiert von den Einsichten der Neuen Institutionenökonomik auch insofern, als er aus ihren Modellen Hinweise darauf erhält, welche außerrechtlichen Mechanis­ men für die zu ermittelnden Lösungen der jeweiligen gesellschaftlichen Problem­ lagen, i.e. die untersuchte Funktion, von Bedeutung sind. Die nicht nur prokla­ mierte, sondern auch in den Untersuchungen umgesetzte Gleichwertigkeit recht­ licher und außerrechtlicher Institutionen bewahrt die ökonomisch informierte, vergleichende Analyse bereits im Ausgangspunkt davor, zu kurz zu springen und allein auf das (geschriebene) Recht zentriert zu sein.188 Dessen soziale Einbettung wird notwendig berücksichtigt. Die Zusammenhänge zeigen freilich auch, dass eine breit rechtsvergleichend ansetzende Analyse zu einem Querschnittsthema, wie sie hier unternommen wird, kaum zu bewältigende Ansprüche an die Aufbereitung des Stoffes stellt.189 Die bereits begründete Konzentration der vorliegenden Untersuchung auf das Entwickeln der überpositiven Grundlagen einer möglichen Mikrorechtsverglei­ chung190 findet vor diesem Hintergrund ihre Bestätigung. 2.  Funktionsbegriff und Ökonomik Der bis dato nicht weiter spezifiziert verwendete Begriff der Funktion bedarf der näheren Klärung, vor allem, um die Grenzen seiner ökonomischen Aufladung zu verdeutlichen. Der mit Hilfe der Ökonomik im oben genannten Sinne ermittelten Funktion (tertium comparationis) kommt – wie bereits in anderem Zusammen­ hang angemerkt191 – kein universeller Rationalitätsanspruch zu, wie er etwa neu­ kantischer oder neo-artistotelischer Vorstellung entspräche. Es wäre offensicht­ lich verfehlt, den ökonomischen Modellen oder gar den von ihnen nahe gelegten rechtlichen Lösungen eine höhere, quasi-naturrechtliche Bedeutung beizumessen und sie in der Tradition Gustav Radbruchs als Vergleichsmaßstab im Sinne eines idealen Rechts heranzuziehen.192 Sie beschreiben auch keine Sachnatürlichkeiten in dem Sinne, dass stets eine universelle rechtliche Lösung für die beschriebenen Probleme jenseits der dogmatischen Unterschiede abgeleitet werden könnte193   Vgl. bereits supra A I.   Zu der Bedeutung der Unterscheidung von „fremdem Recht aus Büchern“ und Rechts­ wirklichkeit in der Rechtsvergleichung auch Neumayer, RabelsZ 34 (1970) 411. Grundlegend zur Unterscheidung von law on the books und law in action, Pound, 44 Am. L. R. 12 (1910). 189   Nicht selten wird von rechtsvergleichender Seite gegenüber ökonometrischen Untersu­ chungen zur Qualität komplexer Normbestände ein Mangel an Detailgenauigkeit gerügt, vgl. z. B. Kern, Justice Between Simplification and Formalism, 2007 gegen Djankov/La Porta/Lopez-de-Silanes/Shleifer, NBER Working Paper 8890 (April 2002), http://www.nber.org/pa­ pers/w8890. 190   Supra §  1 B. II. 3. 191   Supra A II 2. 192   Vgl. Radbruch, MschrKrim 2 (1906) 422 = A. Kaufmann (Hrsg.)/Scholler (Bearb.), Rechtsvergleichende Schriften, Gesamtausgabe Gustav Radbruch, Bd.  15, 1999, S.  152. 193   Zur Ableitbarkeit universeller Rechtsprinzipien aus den dogmatisch unterschiedlichen 187

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Kapitel 1:  Grundlagen

oder sich als das Ergebnis eines unaufhaltsamen Evolutionsprozesses darstellte.194 Die ökonomische Modellbildung dient nicht dazu, dem Wesen der Dinge inne­ wohnende, soziale Problemlagen und ihre universellen oder sich notwendig in der Evolution durchsetzenden Lösungen aufzufinden. Es geht vielmehr nur um eine pragmatische Annäherung an den Gegenstand des Rechtsvergleichs unter Aufde­ ckung der dabei gewählten Prämissen und der daraus folgenden, intersubjektiven Diskussionsfähigkeit der getroffenen Auswahlentscheidung. Gerade aus instituti­ onenökonomischer Perspektive sind mannigfaltige Gründe für beständige Idio­ synkrasien einzelner Rechtsordnung als stabile lokale Gleichgewichte in Folge von Pfadabhängigkeiten (path dependence), Rentenstreben schlagkräftiger gesell­ schaftlicher Gruppen (rent seeking) etc. denkbar.195

II.  Rechtsvergleichung und normative Ökonomik In der über mögliche Synergien zwischen Rechtsvergleichung und Ökonomik re­ flektierenden Literatur ist bereits vielfach angemerkt worden, dass mit dem Effi­ zienzkriterium der Ökonomik ein mögliches Bewertungskriterium zu Verfügung steht, das eine normative Beurteilung der verglichenen Normbestände auch jen­ seits inhärenter oder evolutorischer Rationalität erlaubt.196 Im Einklang mit dem für die teleologische Interpretation nationalen Rechts Ausgeführten erscheint  dabei für den hier untersuchten Gegenstand die Kontroverse zwischen wohl­ fahrtsökonomischem Effizienzdenken und der Orientierung am hypothetischen Konsens nicht entscheidend.197 Die für einen Gleichlauf der Wertungskriterien genannten Gründe greifen nicht nur für die vergleichende Wirkungsanalyse natio­ naler Auslegungsvarianten, sondern betreffen mutatis mutandis auch die entspre­ chende Untersuchung von Regelungsalternativen, die in unterschiedlichen Rechts-  ordnungen begegnen. Dabei ist aber nicht zu verkennen, dass bei der normativen Rechtsvergleichung nicht selten Unterschiede im außerrechtlichen institutionellen Lösungen einzelner Rechtsordnungen z. B. Esser, Grundsatz und Norm in der richterlichen Rechtsfortbildung, 1956, S.  31 ff., 346 ff.; Gordley, 46 Am. J. Comp. L. 607 (1998); Gordley in: Legrand/Munday (Hrsg.), Comparative Legal Studies: Traditions and Transitions, 2003, S.  31. Auch Heck, Begriffsbildung und Interessenjurisprudenz, 1932, S.  133 f. 194   Zum evolutorischen Verständnis der Rechtsentwicklung bereits supra B I. Speziell für das Verbandsrecht unter dem Gesichtspunkt der Überlegenheit effizienter Institutionen der Unter­ nehmensführung auch Hansmann/Kraakman in: Gordon/Roe (Hrsg.), Convergence and Per­ sistence in Corporate Governance, 2004, S.  33; gegen sie Bebchuk/Roe in: Gordon/Roe (Hrsg.), Convergence and Persistence in Corporate Governance, 2004, S.  69. 195   Vgl. Wangenheim, Die Evolution von Recht, 1995, S.  15 ff., 95 ff. 196   Vgl. hier nur Mattei, Comparative Law and Economics, 2. Aufl., 1998, S.  94; Mattei/Monti, 1 Global Jurist Frontiers No.  2, Article 5, S.  4 heruterzuladen von http://www.bepress.com/ gj; Fleischer, Festschrift für Herbert Wiedemann, 2002, S.  827, 847 f.; Faust in: Reimann/Zim­ mermann (Hrsg.), The Oxford Handbook of Comparative Law, 2006, S.  837, 848. 197   Vgl. supra A II 1. Speziell für die Rechtsvergleichung gegen das Effizienzkriterium van Aaken, in: Jud/Bachner/Bollenberger/Halbwachs/Kalss/Meissel/Ofner/Rabl (Hrsg.), Prin­ zipien des Privatrechts und Rechtsvereinheitlichung, 2001, S.  127, 146 Fn.  9 0.

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Umfeld zu berücksichtigen sein werden, die bei einer konsequentialistischen Analyse nationaler Regelungsalternativen keine Rolle spielen. Dies ist insbeson­ dere deshalb von erheblicher praktischer Bedeutung, weil gerade zu ähnlichen Ergebnissen führende, aber dogmatisch abweichende Normbestände im Rahmen eines effizienzorientierten Ansatzes unter dem Gesichtspunkt der verursachten Transaktionskosten verglichen werden müssen198 und diese ganz entscheidend von den vorherrschenden außerrechtlichen Bedingungen abhängig sein kön­ nen.199 Das normative Kriterium der Allokationseffizienz erlaubt demnach die Bewer­ tung der zu vergleichenden Normbestände, und zwar trotz der Komplexität, die durch die Betrachtung der manifesten (intendierten) und latenten (nicht-inten­ dierten) Funktionen einer Institution entsteht.200 Gerade Letztere sind konzepti­ onell gleichwertig in die Modellbildung der Ökonomik einbezogen, die ja die Wirkungen einer verhaltenssteuernden Norm möglichst umfassend zu beschrei­ ben versucht. Die hier der normativen Analyse zugrunde gelegte institutionen­ ökonomische Vertragstheorie tritt demnach mit dem Anspruch auf, ein soziales Optimum unter gegebenen Bedingungen zu modellieren und bietet so für die Rechtsvergleichung einen in der Gegenwart wurzelnden normativen Referenz­ rahmen. In diesem Zusammenhang ist nochmals zu betonen, dass mit der ökonomischen Modellbildung nicht das Ideal eines universellen Vernunftrechts formuliert wer­ den soll. 201 Es geht auch insoweit lediglich darum, ein Instrumentarium zu schaf­ fen, das die gefundenen Ergebnisse unter den benannten Prämissen nachvollzieh­ bar und überprüfbar macht 202 und so dem Sozialplaner Anhaltspunkte liefert, welche Effizienzimplikationen mit den verglichenen Regelungsalternativen ver­ bunden sind. Dass dies häufig zu ambivalenten, kontextabhängigen Aussagen führen kann, gilt es im Folgenden noch näher zu erläutern.

III.  Ökonomische Modellannahmen und rechtsvergleichende Erkenntnisse Das Potential der wechselseitigen Befruchtung aus einer Verbindung von Ökono­ mik und Rechtsvergleichung wird vollends erkennbar, wenn man sich vergegen­ 198   Zum Teil wird in dem Herausarbeiten der durch unterschiedliche Regelungen induzierten Transaktionskosten einer der Haupbeiträge der Neuen Institutionenökonomik zur Rechtsver­ gleichung gesehen, vgl. Ogus, 48 ICLQ 405 (1999). 199   Zu den daraus folgenden Anforderungen an die Stoffverwertung und die hier gezogene Konsequenz der Beschränkung des Untersuchungsgegenstands, supra I. 1. und §  1 B. II. 3. 200   Die Schwierigkeiten, die mit der bezeichneten Multifunktionalität von Institutionen ver­ bunden sind, wurden bereits früh erkannt, vgl. Rheinstein, 5 U. Chi. L. Rev. 615, 618 (1937/38). Zur Begrifflichkeit vgl. Michaels in: Reimann/Zimmermann (Hrsg.), The Oxford Handbook of Comparative Law, 2006, S.  339, 361. 201   Bereits supra A II 2 sowie supra I 2. 202   Supra A II 2.

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Kapitel 1:  Grundlagen

wärtigt, dass die Rechtsvergleichung ein Reservoir an real existierenden Lösungen für die mit Hilfe der Ökonomik definierten sozialen Probleme liefert.203 Begreift man diese Lösungen als (zweitbeste) Annäherungen an das modellierte Opti­ mum, 204 kann die Rechtsvergleichung das Verständnis für Kognitions- und Rati­ onalitätsgrenzen schärfen, die von der Ökonomik im Ausgangspunkt nicht selten vernachlässigt werden müssen, um die Modellierbarkeit des Verhaltens der be­ troffenen Akteure zu gewährleisten. Dieser Befund sollte freilich nicht zum An­ lass genommen werden, pauschal die Lebensferne und übertriebene Abstraktion ökonomischer Modelle zu kritisieren.205 Der Vorwurf wäre nämlich nur dann be­ rechtigt, wenn die notwendig abstrahierenden Modelle ihrer quantitativ schät­ zenden Prognose- bzw. Erklärungskraft nachhaltig beraubt wären. Umgekehrt ist aber nicht zu verkennen, dass – soweit dies ohne Preisgabe der Vorteile des ökonomischen Analyseinventars möglich ist – eine Anpassung der Modelle an die komplexen institutionellen Gegebenheiten bestehender Rechtsordnungen das Prognose- bzw. Erklärungspotential rechtsökonomischer Untersuchungen weiter verbessern könnte. Es geht dabei weniger darum, das Bewusstsein der Ökonomik für das law in action auf konzeptioneller Ebene zu schärfen – die konsequentialis­ tische Sicht der Ökonomik bedingt ja per definitionem, dass allein die tatsächlich angewandte Verhaltensnorm mit all ihren sozialen Implikationen von Interesse ist. Das Ziel ist vielmehr, auf der Anwendungsebene generell die Realitätsnähe der ökonomischen Modellbildung zu vergrößern und speziell den, historisch be­ dingten, Ameriko-Zentrismus institutionenökonomischer Untersuchungen wei­ ter zu überwinden. 206 Mit Hilfe entsprechend adaptierter Modelle können die Analysen an die besonderen Bedingungen der untersuchten Rechtsordnungen an­ gepasst werden, wodurch das ausgereifte Instrumentarium der Disziplin für eine breiter aufgestellte, vergleichende Institutionenanalyse fruchtbar gemacht wird.

203   In diesem Sinne bereits Mattei, Comparative Law and Economics, 2. Aufl., 1998, S.  28; van Aaken, in: Jud/Bachner/Bollenberger/Halbwachs/Kalss/Meissel/Ofner/Rabl (Hrsg.), Prinzipien des Privatrechts und Rechtsvereinheitlichung, 2001, S.  127, 149; Fleischer, Festschrift für Herbert Wiedemann, 2002, S.  827, 847 f.; De Geest/Van den Berg in: De Geest/van den Berg (Hrsg.), Comparative Law and Economics, Bd.  1, 2004, S. ix, xiii; Faust in: Reimann/Zimmer­ mann (Hrsg.), The Oxford Handbook of Comparative Law, 2006, S.  837, 850 ff., 855. 204   Eingehend noch infra Kapitel 4 §  2 B. I. 3. 205   Vgl. Mattei/Cafaggi in: Newman (Hrsg.), The New Palgrave Dictionary of Economics and the Law, Bd.  1, 1998, S.  346, 347 sowie bereits supra Fn.  59. 206   In der Literatur wird darauf hingewiesen, dass in der ökonomischen Analyse auch nichtamerikanischer Rechtsordnungen häufig institutionelle Rahmenbedingungen unterstellt wer­ den, wie sie lediglich in den USA anzutreffen sind, vgl. Mattei, Comparative Law and Econo­ mics, 2. Aufl., 1998, S.  69 ff. Das Bedürfnis für eine eingehende Analyse anderer (Vertrags-) Rechtsordnung wird auch von führenden Vertretern der US-amerikanischen Institutionenöko­ nomik anerkannt, vgl. Hermalin/Katz/Craswell in: Polinsky/Shavell (Hrsg.), Handbook of Law and Economics, Bd.  1, 2007, S.  1, 128.

§  3  Agenda Die auf der beschriebenen methodischen Grundlage gewonnenen Einsichten tra­ gen nicht nur zu Kritik und Bewertung von Gesetzgebungsmaßnahmen bei, son­ dern sind geeignet, gerade auch die Anwendung des geltenden Rechts zu leiten. Entsprechend verfolgt auch die vorliegende Untersuchung ein Doppelziel. Zum einen soll das deutsche Recht in einem Bereich fortentwickelt werden, der bei ge­ nauerer Betrachtung erhebliche Untiefen für den Rechtsanwender bereit hält, die zu umschiffen nur unter Rückbesinnung auf die fundamentalen Ziele der in Rede stehenden Normbestände gelingen kann. Zum anderen soll auch die in Rechtsset­ zung und Wissenschaft voranschreitende Vereinheitlichung gerade der Kernbe­ reiche des Schuldvertragsrechts in Europa in den Blick genommen werden. Die Strukturen beginnen sich am Horizont immer deutlicher abzuzeichnen, das Ge­ lingen des Projekts ist aber nicht zuletzt von einer breiten Diskussion gerade der Grundlagen zivilrechtlicher Gesetzgebung abhängig. Diese soll um eine metho­ disch-exemplarische, interdisziplinäre Querschnittsdarstellung anhand eines Sachproblems ergänzt werden. Die Herausforderung der europäischen Privat­ rechtsvereinheitlichung wird dabei als Chance begriffen, die tradierten Methoden einer autonomen Rechtswissenschaft nicht nur unverändert auf europäischer Ebene fortzuführen, sondern sie adäquat weiterzuentwickeln, um zu einem über die nationalen Strukturen hinausweisenden Analyseinstrumentarium zu gelan­ gen. Dieses lässt sich umgekehrt aber auch für die Auseinandersetzung mit den Fragestellungen nationaler Rechtsordnungen fruchtbar machen. Zu diesem Zweck soll ein historischer Überblick die Entwicklungsstränge der Gehilfenhaftung aufzeigen, um deren moderne Funktion als Instrument effizi­ enter Risikozuweisung zu belegen. Die sich anschließende Auseinandersetzung mit den in der juristischen Literatur und Praxis angeführten Erklärungsansätzen    Exemplarisch in diese Richtung z. B. Langenbucher, in: Ackermann/Arnold/Eckardt/Gie­ sen/Klose/Krämer/Lakkis/Müller-Ehlen/Ricken/Schnorr/Schultes (Hrsg.), Tradition und Forschritt im Recht, 2000, S.  65, 68 ff.; Riesenhuber, System und Prinzipien des Europäischen Vertragsrechts, 2003, S.  5 ff.; offener z. B. Vogenauer, ZEuP 2005, 234, 252 f.; Jansen, ZEuP 2005, 750, 753 ff.; dezidiert eingenständige Methodik jdf. für die Auffindung allgemeiner Rechts­ grundsätze bei Metzger, Extra legem, intra ius: Allgemeine Rechtsgrundsätze im Europäischen Privatrecht, 2009, S.  13 ff.    Zur Notwendigkeit einer übernationalen, von „Sachproblemen ausgehenden“ europäischen Rechtswissenschaft als Vorbedingung für die Schaffung eines gemeineuropäischen Privatrechts auch schon Coing, NJW 1990, 937.    Infra Kapitel 2.

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Kapitel 1:  Grundlagen

der Einstandspflicht im Rahmen der Arbeitsteilung soll sowohl die teleologischen Anknüpfungspunkte für die Entwicklung eines ökonomisch informierten Sys­ tems der Personalverantwortlichkeit liefern, als auch die Notwendigkeit einer Er­ gänzung der tradierten Lehren erhellen. Auf dieser Basis soll das ökonomische Modell abstrakt entwickelt werden,  bevor es als Grundlage einer Auseinander­ setzung mit dem geltenden Recht dienen kann.  Ein Ausblick auf das existierende und künftige europäische Privatrecht rundet das Bild ab.

  Infra Kapitel 3.   Infra Kapitel 4.    Infra Kapitel 5.    Infra Kapitel 6.  

Kapitel 2

Entwicklungsstränge der Verantwortlichkeit   für Hilfspersonen Der in der vorliegenden Untersuchung angestrebte Institutionenvergleich kommt – auch wenn mit dem Effizienzkriterium ein tragfähiger, im Ausgangspunkt ei­ genständiger Bewertungsmaßstab zur Verfügung steht – nicht ohne historisches Bewusstsein aus. Die Normbestände der untersuchten Rechtsordnungen können, wie bereits erwähnt, als pragmatische Abweichung vom unter realen Bedingungen unerreichbaren, modelltheoretischen Optimum begriffen werden.  Gerade die Stabilität einzelner institutioneller Arrangements liefert – wie auch ihre durch einen vertikalen Vergleich festzustellende, jurisdiktionsübergreifende Verbrei­ tung – vor diesem Hintergrund ein starkes Indiz für ihren Charakter als eine solcherart (zweit-)beste Lösung. Offensichtlich können entsprechende Aussagen aber nicht ohne Kenntnis der rechtshistorischen Herkunft der in Rede stehenden Normbestände inklusive ihrer geistesgeschichtlichen Wurzeln getroffen werden. Diese können schließlich Ausdruck einer bestehenden Wertungskontinuität sein, sie mögen aber auch einem mehr oder weniger singulären, zwischenzeitlich ver­ flüchtigten genius saeculi entsprechen. Nur vor dem geschichtlichen Hintergrund können Aussagen über den Status der vorgefundenen Institutionen mit einer ge­ wissen Plausibilität getroffen werden, freilich ohne dass allein auf der Grundlage der historischen Betrachtung ein normatives Urteil über den gegenwärtig wün­ schenswerten Rechtszustand gefällt werden könnte. Der im Folgenden vorzunehmende rechtshistorische Abriss ist daher keines­ falls bloße Fleißaufgabe, sondern dient unmittelbar der Verwirklichung des hier verfolgten Ansatzes. Dabei maßt sich die Darstellung des in den Methoden der Disziplin nicht systematisch geschulten Autors nicht an, den Wissensschatz der Gesichtswissenschaft durch intensives Quellenstudium nachhaltig zu erweitern. Sie dient vielmehr lediglich dem weitaus bescheideneren Ziel, die Ergebnisse der rechtsgeschichtlichen Forschung für die Zwecke der eigenen Untersuchung fruchtbar zu machen. Dabei geht es vor allem darum, die zentralen Wertungskri­ terien sichtbar zu machen, die, ausgehend vom römischen Recht, in den einfluss­ reichen historischen Rechten und Denkschulen eine Zurechnung des Fehlverhal­   Vgl. dazu supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1 und Kapitel 1 §  2 B. II.   Supra Kapitel 1 §  2 B. III. Eingehend auch noch infra Kapitel 4 §  2 B. I. 3.    Siehe auch bereits supra Kapitel 1 §  1 B. I.    Supra Kapitel 1 §  1 Fn.  86 und Kapitel 1 §  2 A. II. 2.  

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tens von Gehilfen begründeten. Vor dem Hintergrund dieses Erkenntnisziels er­ scheint es zulässig, die Untersuchung nicht auf die Fälle expliziter Haftung für Gehilfenfehler zu beschränken. Dahinter steht die – im Rahmen der Auseinan­ dersetzung mit dem geltenden Recht noch zu bestätigende – Vermutung, dass in den Tatbeständen einer impliziten Einstandspflicht letztlich die nämlichen nor­ mativen Kriterien zum Tragen kommen, wie sie von der jeweiligen Rechtsord­ nung für ihre ausdrücklichen Zurechnungstatbestände formuliert werden. Ent­ scheidende Impulse sind daher auch von einer weiter ausgreifenden Untersuchung des Stoffes zu erwarten. Der hier von einem Nichthistoriker zu vermittelnde Überblick hat dabei weni­ ger mit den die Vertreter der Geschichtswissenschaft umtreibenden Schwierig­ keiten zu kämpfen, die sich aus Lücken, offensichtlichen Divergenzen und Über­ lagerungen in den Quellen bei der Ermittlung des historischen Rechtszustands ergeben. Die eigentliche Herausforderung liegt vielmehr darin, mit den folgenden Ausführungen die historischen Befunde auch für eine Untersuchung fruchtbar zu machen, die ihr Erkenntnisinteresse im Weiteren mit dezidiert modern-zweckra­ tionalen Methoden verfolgt. Insofern besteht durchaus die Gefahr eines Über­ spielens der historisch-kulturellen Konditionalität der untersuchten Normbe­ stände und Rechtsinstitute, wie sie bei aller finalen Indienstnahme der Rechtsge­ schichte zur Klärung von Gegenwartsfragen droht.  Auch wenn die vorliegende Untersuchung keinesfalls einer „reinen“ Lehre ausschließlich kontemplativer Auseinandersetzung mit der Rechtsgeschichte gehorcht, will sie auch nicht in einem naiven Sinn „aus der Geschichte lernen“. Dem historischen Erfahrungs­ schatz als solchem wird keine normative Bedeutung beigemessen, ihm sollen kei­ nesfalls konkrete Handlungsanweisungen für die Normanwendung oder -setzung entnommen werden. Die Maßstäbe für eine solche Beurteilung des geltenden bzw. kommenden Rechts werden vielmehr – im positiven Recht verankerten – sozial­ wissenschaftlichen Einsichten entnommen, zu deren gesteigerter Luzidität die   Infra Kapitel 5.   Strikt ablehnend daher z. B. Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, 2.  Aufl., 1967, S.  14 ff.; Grimm in: Grimm (Hrsg.), Rechtswissenschaft und Nachbarwissenschaften, Bd.  2, 1976, S.  24; Stolleis, 4 RJ (1985) 251, 253 f. Vgl. auch bereits die polemische Forderung der Frei­ rechtsschule, durch Trennung der Rechtsgeschichte von der Beschäftigung mit dem geltenden Recht „die Geschichte .  .  . vor tendenziöser Klitterung (zu) bewahren und .  .  . zur Domäne jener Forscher zu machen, die nicht ihre Ausbeuter, sondern ihre Liebhaber“ seien, vgl. Kantorowicz, MschrKrim 4 (1907/08) 65, 108. Positiv im Sinne einer Bedeutung der Geschichte als Rechtserkenntnisquelle und einer daraus resultierenden Verknüpfung von Rechtsgeschichte und teleologisch orientierter Rechtsdogma­ tik aber in jüngerer Zeit z. B. Baldus/Wacke, Frankfurt locuta, Europa finita?, ZNR 17 (1995) 287; R. Knütel, ZEuP 1994, 244, 247 ff., 261 ff.; Zimmermann, Festschrift für Hans Hermann Seiler, 1999, S.  1, 13 ff.; Bucher, ZEuP 2000, 394, 396 ff.; Picker, AcP 201 (2001) 765, 802 ff.    Unter diesem Schlagwort scharf ablehnend im Hinblick auf Versuche, die Rechtsgeschichte der Weimarer Republik und der nationalsozialistischen Diktatur für die (bundesrepublika­ nische) Gegenwart fruchtbar zu machen, Lübbe, RJ 7 (1988) 417; gegen sie Rüthers, RJ 8 (1989) 387.    Supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1.  

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rechtsgeschichtlichen Erkenntnisse aber in der genannten Weise beitragen kön­ nen. Dabei ist der Versuch, durch Verknüpfung mit institutionenökonomischen Einsichten Entwicklungslinien der Rechtsgeschichte zu erhellen,10 keinesfalls da­ hingehend misszuverstehen, dass unreflektiert mit modern zweckrationalen Me­ thoden eine Erklärung und Interpretation des historischen Rechts unternommen werden soll. Auch wenn sich der Forscher bei der Ermittlung des Rechtszustands von der Rückwirkung seiner Erkenntnisziele auf den Interpretationsvorgang nicht vollständig befreien kann,11 erscheint es doch zulässig und ertragverspre­ chend, mehr oder weniger gesicherte historische Rechtszustände aus der Sicht so­ zialwissenschaftlicher Folgenanalyse einzuordnen, solange dabei nicht eine weit­ gehende Konformität mit normativen Desideraten der Disziplin unterstellt oder nachgewiesen werden soll, die sozio-kulturelle Idiosynkrasien vergangener Epo­ chen überspielt. Zur Verwirklichung der hier verfolgten Zwecke soll zunächst das römische Recht v. a. der klassischen Zeit in den Blick genommen werden,12 bevor der nach­ haltige Einfluss des Christentums auf das Haftungsrecht in Nachklassik und Mit­ telalter untersucht wird.13 Darüber hinaus soll die Sicht der Juristen im Zeitalter des Humanismus und des Usus Modernus ebenso berücksichtigt werden,14 wie diejenige der Spätscholastiker, Naturrechtslehrer und Kodifikationen des 18. und frühen 19. Jahrhunderts,15 bevor mit der Pandektistik die bedeutsamste Strömung der Rechtswissenschaft vor Inkrafttreten des BGB in die Betrachtung einbezogen wird.16 Dabei wird sich zeigen, dass neben objektiv-funktional begründbaren Zu­ rechnungstatbeständen v. a. moraltheologische und säkular-ethische Lehren die Einstandspflicht für Drittverhalten determinierten.

   Aus der Perspektive der Ökonomik ist die – methodisch nicht immer über jeden Zweifel erhabene – Heranziehung historischer Beispiele ohnehin bedeutsames Mittel der Beweisfüh­ rung, vgl. z. B. Demsetz, 57 Am. Econ. Ass’n Papers & Proc. 347 (1967) (Analyse der Entstehung von Verfügungsrechten (an Jagdwild) unter den Ureinwohner Nordamerikas als Reaktion auf den Pelzhandel der Kolonisten des 17 Jahrhunderts); Coase, 17 J. L. & Econ. 357 (1974) (Private Leuchttürme in England des 19. Jahrhunderts als – vermeintlicher – Gegenbeweis zur Annah­ me, deren Betrieb stelle eine Versorgung mit öffentlichen Gütern dar). 10   Neben den supra Kapitel 1 §  1 B. I in Fn.  89 Genannten sehr optimistisch in dieser Hinsicht auch Garoupa/Gómez Pomar, 4 Rev. L. & Econ. 1, 1 f. (2008): „The use of economic analysis in legal history, we believe, can make positive contributions to the understanding of historical changes in legal institutions, in terms of explaining legal evolution and of analyzing the conse­ quent adjustments in behavior that shape social organization.“ 11   Für die Analyse des geltenden Rechts supra Kapitel 1 §  2 A. II. 2. 12   Infra §  1. 13   Infra §  2. 14   Infra §  3. 15   Infra §  4. 16   Infra §  5.

§  1  Römisches Recht A.  Allgemeine Zurechnungsgesichtspunkte und Einstandspflicht für Dritte Während die Deliktshaftung des klassischen römischen Rechts vom Verschuldens­ prinzip als zentralem Zurechnungskriterium beherrscht wurde, stellte sich die allgemeine Verantwortlichkeit des Vertragsschuldners als ein kontextabhängiges, eher pragmatisch der Einzelfallgerechtigkeit verpflichtetes Nebeneinander von Elementen einer objektiven Garantiehaftung und solchen einer subjektiven Ver­ schuldenshaftung dar.  Während eine auf solche Einbußen, die sich als Folge schuldhafter (eigener) Handlungen darstellen, beschränkte Zurechung vermeint­ lich größere konzeptionelle Schwierigkeiten für die Begründung einer Einstands­ pflicht für Drittverhalten aufwirft, scheint die nur durch äußere, von keinem Be­ teiligen beherrschbare Ereignisse begrenzte Garantiehaftung eine Verantwort­ lichkeit für die eigenen Leute bereits zu implizieren. Indessen sind vor dem Hin­ tergrund des Systematisierungen nur teilweise zulassenden Fallrechts verallge­ meinernde Deduktionen verfehlt. Ausgangspunkt der Überlegungen muss vielmehr sein, dass das römische Recht aufgrund der betont bilateralen Struktur des gesamten Zivilrechts keine allgemeine Regelung der Einstandspflicht für das    Seit mit der lex Aquilia der Kompensationsgedanke als originär zivilistisches Element der zuvor rein pönal fundierten Deliktsklagen an Prominenz gewann (vgl. zur Entwicklung Zimmermann, The Law of Obligations, 1990, S.  969 ff., 973 ff.; Jansen, Die Struktur des Haftungs­ rechts, 2003, S.  202 ff.), erfuhr nicht nur die Berechnung der Bußsummen eine Flexibilisierung, sondern wurde auch die ursprünglich dolus erfordernde Haftung auf eine solche für culpa er­ weitert, vgl. auch insoweit Zimmermann, The Law of Obligations, 1990, S.  1004 ff.; Jansen, Die Struktur des Haftungsrechts, 2003, S.  210 ff. Maßgeblich war insbesondere die Deutung des Tat­ bestands des damnum iniuria datum als damnum culpa datum durch die Juristen der späten Republik, hierzu Birks, 37 TRG 163, 203 (1969).    Vgl. dazu den Überblick bei Schermaier in: Schmoeckel/Rückert/Zimmermann (Hrsg.), HKK-BGB, Bd.  II/1, 2007, §§  276–278 Rdnr.  12 ff.    Den Charakter der (deliktischen) culpa-Haftung als individuelle Verantwortlichkeit auf der Grundlage einer bestimmten (sorgfaltspflichtwidrigen) Typizität der schadenstiftenden Handlung betont bereits D.Nörr, Causa mortis, 1986, S.  134 f.    Zentral ist insoweit die Regel des casus a nullo praestantur in Ulp. D. 50, 17, 23. Zu Über­ einstimmungen und Unterschieden in der Kennzeichnung haftungsentlastender Umstände als casus einerseits und vis maior andererseits, Mayer-Maly, Festschrift für Arthur Steinwenter, 1958, S.  58, insbes. 66 ff.; Stobbe, Höhere Gewalt, Diss. Göttingen 1963, S.  13 ff.; Doll, Von der vis maior zur höheren Gewalt, 1989, S.  19 ff.; Ernst, Index 22 (1994) 293, 298 ff.    Die berühmte Regel des alteri stipulari nemo potest (Ulp. D. 45, 1, 38, 17) stand nicht nur

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Fehlverhalten Dritter kannte. Als Leitmaxime der römischen Juristen kann im hier interessierenden Kontext der Satz des neque enim debet nocere factum alterius ei qui nihil fecit betrachtet werden.  Gleichwohl bestimmte das klassische Recht in unterschiedlichen Konstellationen eine von uneinheitlichen Gründen getra­ gene und daher unter heterogenen Voraussetzungen eingreifende Haftung für das Fehlverhalten Dritter. In den Blick zu nehmen ist zunächst die Noxalhaftung, die zwar dogmatisch vom Bestand einer Sonderverbindung unabhängig war, durch diesen aber nicht ausgeschlossen wurde und somit für den erfassten Personenkreis eine auch innerhalb von Sonderverbindungen greifende, in diesem Sinne überwöl­ bende Einstandspflicht begründete und zum Teil auch auf konkurrierende ver­ tragliche Haftungstatbestände einwirkte.  Letztere finden sich sowohl als strikte Einstandspflicht für fremdes Verhalten als auch als Haftung für eigene culpa (in eligendo) verstreut in unterschiedlichen Fragmenten, die sich, entgegen einer an­ derslautenden tradierten Sicht, nur eingeschränkt auf eine einheitliche Grundlage stellen lassen. Darüber hinaus sind im hier interessierenden Zusammenhang die durch prätorische Edikte geschaffenen Klagemöglichkeiten der actio de recepto10 und der actio furti/damni in factum adversus nautas, caupones, stabularios11 von Interesse. Diese waren zwar dogmatisch ebenfalls nicht vertraglicher Natur, je­ doch faktisch an den Bestand einer Sonderverbindung gebunden. Durch sie wur­ de eine besondere Einstandspflicht der Schiffer, Gast- und Stallwirte für Dritt­ verhalten in Bezug auf eingebrachte Sachen der Kunden geschaffen, deren Ziel­ richtung starke Parallelen mit der ebenfalls zu betrachtenden Haftung der Be­ wohner eines Mietshauses aufwies, die diese für Beeinträchtigungen traf, die Passanten durch von Dritten aus dem Haus geschüttete oder geworfene Gegen­ stände erlitten.12 Verträgen zugunsten Dritter, sondern auch der direkten Stellvertretung entgegen, vgl. nur Zimmermann, The Law of Obligations, 1990, S.  45 ff.; Schmoeckel in: Schmoeckel/Rückert/Zim­ mermann (Hrsg.), HKK-BGB, Bd.  I, 2003, §§  164–181 Rdnr.  3 ; vgl. aber auch Wieling in: D. Nörr/Nishimura (Hrsg.), Mandatum und Verwandtes, 1993, S.  235, 257 f. und eingehend Finkenauer, SZ 125 (2008) 440, 457 ff.; Finkenauer, Vererblichkeit und Drittwirkungen der Stipula­ tion im klassischen römischen Recht, 2010, S.  281 ff.    Ulp. D. 39, 1, 5, 5. Bezugnahmen auf diese Regel finden sich z. B. in Paul. D. 2, 10, 2; Cels. D. 8, 6, 6, 1c & 1d; Alf. D. 28, 5, 45; Ner. D. 44, 4, 11 pr.; Ulp. D. 44, 4, 4, 17. Die zentrale Bedeu­ tung des Grundsatzes, auf die v. a. Knütel, SZ 100 (1983) 340, 359 hingewiesen hat, war auch im Bewusstsein späterer Gesetzgeber präsent, was sich z. B. darin zeigt, dass er in §  1313 S.  1 ABGB noch Eingang in eine naturrechtliche Kodifikationen des 19. Jahrhunderts fand.    Ausführliche Untersuchungen bei R. Knütel, SZ 100 (1983) 340; Wicke, Respondeat Supe­ rior, 2000, S.  42 ff. Kürzere Überblicke bei Delmere, Der Erfüllungsgehilfe in §  278 BGB, 1989, S.  42 ff.; Zimmermann, The Law of Obligations, 1990, S.  1118 ff.; Kaser/R. Knütel, Römisches Privatrecht, 19.  Aufl., 2008, §  36 Rdnr.  25; Schermaier in: Schmoeckel/Rückert/Zimmermann (Hrsg.), HKK-BGB, Bd.  II/1, 2007, §§  276–278 Rdnr.  23 ff.    Infra B.    Infra C, insbesondere II. 10   Infra D. 11   Infra E II. 12   Infra E I.

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B.  Noxalhaftung für Delikte der Gewaltunterworfenen Mit der Noxalhaftung begegnet zunächst eine dogmatisch vom Bestand einer Sonderverbindung gelöste Einstandspflicht des pater familias für die Delikte der seiner Gewalt unterworfenen Hauskinder und Sklaven.13 Trotz gegenteiliger Stimmen im älteren Schrifttum ist davon auszugehen, dass die Noxalhaftung die persönliche, von eigenem Verschulden unabhängige Einstandspflicht des gewalt­ habenden Hausvaters begründete.14 Eine Bußzahlung aus dem gegen ihn gerichte­ ten Sühnebegehren konnte der verklagte Gewalthaber allerdings durch Ausliefe­ rung des Täters (noxae deditio) abwenden.15 Die persönliche Haftung war also nicht unbegrenzt.16 Die charakteristische Wahlmöglichkeit des Gewalthabers zwischen Bußzahlung und Auslieferung führte jedenfalls in der nachklassischen Zeit auch zu einer Möglichkeit, die eigene Haftung auf den Wert des Ausgeliefer­ ten zu begrenzen.17 In dieser Periode kam die Noxalhaftung für Delikte der Hauskinder mit der Zurückdrängung der Hausgewalt in diesem Verhältnis ganz aus der Übung18 und beschränkte sich somit auf Sklaven, die als Vermögensgegen­ stand betrachtet wurden. Blieb in diesem Kontext der „Wert“ des Auszuliefernden hinter der festgesetzten Bußzahlung zurück, war die Einstandspflicht vermö­ gensmäßig effektiv beschränkt. Die ebenfalls in der Nachklassik etablierte Pflicht zur Rückgabe des Sklaven, sobald die von ihm geleisteten Dienste der festgesetz­ ten Bußzahlung wertmäßig entsprachen, betont die vermögensrechtliche Dimen­ sion der Auslieferung in dieser Zeit. Dies steht im Gegensatz zu ihren Ursprüngen in der Privatrache, die vor allem darauf abzielte, Rechtsgewalt über den Auszulie­ fernden zu Sühnezwecken zu begründen.19

13   Überblick zur Noxalhaftung bei Kaser, Das römische Privatrecht, 1. Abschnitt, 2.  Aufl., 1971, §  147 I, S.  630 ff.; Benöhr, SZ 97 (1980), 273. 14   Vgl. Ulp. D. 9, 4, 2, 1. Zum Ganzen Kaser, Das römische Privatrecht, 1. Abschnitt, 2.  Aufl., 1971, §  147 I 1, S.  631 m. w. N.  auch zur Gegenauffassung. 15   Zu den Einzelheiten der durch Gewaltübertragung erfolgenden Auslieferung, Kaser, SZ 67 (1950) 474, 475 (Hauskind); Lenel, SZ 47 (1927) 1, 12 f. (Sklave) je m. w. N. 16   Etwas anderes galt für die später in der lex Aquilia entwickelte persönliche Haftung des Hausvaters, der Kenntnis von dem deliktischen Vorhaben des Gewaltunterworfenen hatte und dieses gleichwohl nicht verhinderte. Dieser haftete so, als ob er die Tat selbst begangen hatte. Mit anderen Worten, die noxale Haftungsbeschränkung stand dem unter der lex Aquilia verant­ wortlichen Gewalthaber nicht mehr zu, auch wenn der Geschädigte nach seiner Wahl u. U. noch die Möglichkeit einer actio noxalis besaß, die zur Auslieferung des Gewaltunterworfenen führ­ te, vgl. Ulp. D. 9, 4, 2, 1. Dazu eingehend v.Lübtow, Untersuchungen zur Lex Aquilia de damno iniuria dato, 1971, S.  4 4 ff. 17   Vgl. Inst. 4, 8, 2. Im Sinne des hier vorgeschlagenen Verständnisses D.Johnston, 70 ChiKent L. Rev. 1515, 1525 (1995); Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  43. 18   Vgl. Inst. 4, 8, 7; dazu Kaser, Das römische Privatrecht, 2. Abschnitt, 2.  Aufl., 1975, §  226 II 3, S.  205, §  271 III 1, S.  430; Zimmermann, Law of Obligations, 1990, S.  1119. 19   Vgl. Kaser, Das altroemisches Ius, 1949, S.  231. Allgemein zur Entstehung des römischen Deliktsrechts aus dem Sühnegedanken, Kaser, Das römische Privatrecht, 1. Abschnitt, 2.  Aufl., 1971, §  39 II 2, S.  147 ff.; Jansen, Die Struktur des Haftungsrechts, 2003, S.  191 ff.

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Diese zu beobachtenden Ökonomisierung darf aber nicht den Blick dafür ver­ stellen, dass der pönale Charakter der Noxalhaftung stets erhalten blieb, wodurch konzeptionell ein gewisser Abstand zu einer modernen funktionalen Haftung für Gehilfenfehler begründet wurde. Gleichwohl ist bedeutsam, dass die römischrechtliche Haftung ihre Grundlage in der Hausgewalt (patria potestas) hatte. Die­ ser unterlagen die Mitglieder des Hausverbandes, weshalb konsequenterweise die Haftung des bisherigen Gewalthabers mit dem Ausscheiden aus dem Gewaltver­ hältnis endete, allerdings nach der Regel des noxa caput sequitur auf den neuen Gewalthaber bzw. den frei gewordenen Täter überging.20 Von Interesse ist weiter­ hin, dass für die klassische Zeit zumindest im Hinblick auf die Sklavendelikte vertreten wird, dass über den Eigentümer hinaus auch andere Personen als Passiv­ legitimierte der Noxalklage in Betracht kamen. Insoweit bestehen nämlich meh­ rere Hinweise darauf, dass neben dem zivilrechtlichen Eigentum auch unter­ schiedliche Formen der Sachgewalt ausreichten, die Beklagtenstellung zu begrün­ den, weshalb in der Gesamtschau von einer sowohl an rechtlichen, aber zumindest auch an faktischen Kategorien der Herrschaft orientierten Bestimmung des Kreises der Haftenden gesprochen werden kann. So hafteten mit dem Inhaber der Sachgewalt nach prätorischem Recht (in bonis habens) 21 und dem gutgläubigen Besitzer (bonae fidei possessor) auch Nichteigentümer. 22 Dies galt eventuell sogar für den bösgläubigen Besitzer23 und nach zum Teil vertretener Meinung auch für den Nießbraucher und den Pfandgläubiger. 24 Insofern scheint zumindest auch die tatsächliche Einwirkungsmöglichkeit auf den Sklaven ein beachtlicher Gesichts­ punkt gewesen zu sein. Bedenkt man weiterhin, dass arbeitsteiliges Wirtschaften in der römischen Gesellschaft vor allem durch Sklaveneinsatz erfolgte, 25 liegt es nicht vollkommen fern, der Noxalhaftung eine Funktion zuzusprechen, wie sie heute die Haftung für angestellte Gehilfen erfüllt 26 und die maßgeblich in der Kontrollmöglichkeit des (faktischen) Gewalthabers wurzelt. Wenn demgegenü­ ber unter Betonung des Sühnecharakters die Funktion der Noxalhaftung dahin­ gehend beschrieben wird, sie solle den Verletzten in die Lage versetzen, den aus­ gelieferten Täter so zu bestrafen, wie er es gedurft hätte, wenn dieser von Anfang an seiner Gewalt unterworfen gewesen wäre, 27 wird weder die zu beobachtende 20   Gai. 4, 77; Ulp. D. 47, 2, 41, 2; Paul. D. 47, 2, 18. Dazu Daube, 7 CLJ 23 (1939); Schmidlin, Die römischen Rechtsregeln, 1970, S.  94 ff. 21   Zu diesem Institut allgemein Kaser, Festschrift für Heinz Hübner, 1984, S.  63, 71 ff. 22   Ulp., Paul, Gai., D. 9, 4, 11–13; Ulp. D. 47, 2, 17, 3. 23   Gai., D. 9, 4, 13. 24   Letzteres hält Kaser, Das römische Privatrecht, 1. Abschnitt, 2.  Aufl., 1971, §  147, I 2, S.  631 Fn.  11 für möglich. Vgl. aber auch Pomp., D. 9, 4, 18 (keine Noxalhaftung des Nießbrauchers) und Paul. D. 9, 4, 22 (Pfandgläubiger). 25   Zu den teilweise hochqualifizierten Sklaventätigkeiten vgl. illustrativ nur Bradley, Slavery and Society at Rome, 10.  Aufl., 2007, S.  57 ff.; Spengler, Gedächtnisschrift für Wolfgang Blomey­ er, 2004, S.  271; Siehe auch Waldstein/Rainer, Römische Rechtsgeschichte, 10.  Aufl., 2005, §  11 Rn.  10 f., §  18 Rn.  12 f. 26   So auch Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  43. 27   So Levy, Nachträge zur Konkurrenz der Aktionen und Personen, 1962, S.  8 0 f.

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Kapitel 2:  Entwicklungsstränge der Verantwortlichkeit für Hilfspersonen

Ökonomisierung der Haftung angemessen gewürdigt, noch berücksichtigt, dass sich die Haftung eben gegen den Gewalthaber richtete und diesen zumindest mit vermögensmäßigen Nachteilen belastete. Dessen Verantwortlichkeit lässt sich zu­ mindest auch als Ausfluss seiner relativ überlegenen Kontrollmöglichkeit begrei­ fen. Für diese Sicht spricht schließlich auch, dass sich die Verantwortlichkeit des Hausvaters, der die Tat des Gewaltunterworfenen bewusst geschehen lässt, unter der lex Aquilia28 als eine Haftungsverschärfung des seine Kontrollpflichten in qualifizierter Weise Vernachlässigenden begreifen lässt.

C.  Haftung für das Verschulden Dritter in Sonderverbindungen Neben der deliktischen Noxalhaftung und den noch zu behandelnden präto­ rischen Sondertatbeständen 29 kannte das klassische römische Recht im Rahmen von Sonderverbindungen eine Vielzahl von uneinheitlichen Fällen einer Zurech­ nung des Fehlverhaltens Dritter. Dabei ist für das Verständnis der stark kontext­ bezogenen Tatbestände bedeutsam, dass sie jeweils begründungsbedürftige Aus­ nahmen zu der Regel darstellten, dass grundsätzlich niemand Nachteile aus dem Verhalten eines Dritten erleiden sollte.30 Wie bereits erwähnt, wurde die Durch­ brechung des Grundsatzes nicht als einheitliches Problem einer systematisch übergreifenden und eigenständigen Verantwortlichkeit für das Fehlverhalten von Gehilfen betrachtet. Die Suche nach verbindenden normativen Grundlagen trans­ zendiert den historischen Bestand jedenfalls und läuft sogar Gefahr, ihm Gewalt anzutun.31 Im Folgenden soll daher der Zielsetzung dieses historischen Über­ blicks entsprechend versucht werden, plausible gesellschaftliche Funktionen der bekannten Fälle einer Einstandspflicht für das Fehlverhalten Dritter in Sonder­ rechtsbeziehungen aufzufinden, ohne umgekehrt aus dieser Perspektive Rück­ schlüsse auf Inhalt und Gestalt des historischen Rechtsstoffs zu ziehen. Zu diesem Zweck soll daher zunächst ein Blick auf die ausdrückliche und inzidente Über­ nahme der Einstandspflicht für Drittverhalten geworfen werden,32 bevor der Zu­ sammenhang zwischen der letztlich ebenfalls aus dem Vertragsinhalt fließenden custodia-Haftung bestimmter Personen und deren Einstandspflicht für Gehilfen­ fehler untersucht wird.33 Abschließend werden die Konstellationen näher be­ leuchtet, in denen das klassische römische Recht die Verantwortlichkeit auf Fälle eines eigenen (Auswahl-)Verschuldens des Haftenden knüpfte.34   Vgl. supra Fn.  16.   Infra D und E. 30   Dazu schon supra bei Fn.  6 . 31   Exemplarisch insoweit die tradierte Sicht, die ein mit der Überlieferung unvereinbares Verständnis der custodia-Haftung postulierte, um bestimmte Fälle der Einstandspflicht ver­ meintlich systematisch einheitlich erfassen zu können, vgl. infra I 2. 32   Infra I. 33   Infra II. 34   Infra III. 28 29

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I.  Vertragliche Übernahme des Personalrisikos Ausgangspunkt der Annahme einer strengen Einstandspflicht für das Verhalten von Gehilfen ist bei den älteren Juristen zunächst die privatautonome Übernahme derselben.35 Zu nennen ist zum einen die bereits in der republikanischen Prosa nachweisbare Möglichkeit einer ausdrücklich vereinbarten Haftung für Drittver­ halten. Die von Cato in den leges venditioni et locationi dictae wiedergegebenen Verträge bezogen einerseits die durch die Hirten verursachten Schäden in die Haftung des Pächters der Winterweide ein und ließen umgekehrt den Verpächter für seine Leute (familia) einstehen.36 Die Möglichkeit einer ausdrücklichen Haf­ tungsübernahme wird auch in der Überlieferung aus der klassischen Zeit erkenn­ bar vorausgesetzt.37 Auch die Verwendung bestimmter Formeln bei der Stipulati­ on führte dazu, dass der Versprechende für das pflichtwidrige Verhalten Dritter haftete.38 Neben diese expliziten Haftungsübernahmen für Drittverhalten trat zum an­ deren aber auch die Interpretation einzelner Vertragsklauseln im Sinne einer ent­ sprechenden Zurechnung. Der dogmatische Anknüpfungspunkt ist das Verständ­ nis bestimmter Vereinbarungen als Garantie der Leistung, sodass eine Haftung ganz unabhängig von der Person desjenigen eintritt, dessen Verhalten zur Vereite­ lung des geschuldeten Erfolgs führte. Wiederum bei Cato begegnet der Fall, dass zum Zwecke der Olivenernte Leitern bzw. andere Gerätschaften zur Verfügung gestellt werden, die nach den mitgeteilten vertraglichen Absprachen unbeschädigt zurückgegeben werden müssen, es sei denn die Schäden gehen auf altersbedingten Bruch zurück.39 Daraus wird geschlossen, dass der Erntende auch für die von seinen Arbeitern verursachten Schäden einstehen musste. 40 Dem entspricht es, wenn bei bestimmten Vertragstypen mit der Übernahme der Haftung für omne periculum 41 auch die Einstandspflicht für Gehilfenverhalten als vereinbart be­ trachtet wird.42 Ganz ähnliche Begründungszusammenhänge begegnen schließ­ lich dort, wo die vertragliche Einstandspflicht des Maultiermieters für die Tiere schädigendes Drittverhalten (Überlastung) als Ausfluss einer Garantie für die un­

35   Zum Folgenden v. a. Knütel, SZ 100 (1983) 340, 364 ff.; Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  63 f. 36   Vgl. Cato, De agricultura, Thielscher (Hrsg.), c.149, 4, 1963, S.  148. 37   Vgl. Ulp. D. 19, 2, 11 pr. wo für die locati conducti die Haftung auch ohne – die offensicht­ lich mögliche – ausdrückliche Vereinbarung statuiert wird. 38   Dazu eingehend Kaser, SZ (1973) 184, 192 ff. und jetzt Finkenauer, Vererblichkeit und Drittwirkungen der Stipulation im klassischen römischen Recht, 2010, S.  66 ff., 104 ff. und pas­ sim; zusammenfassend Knütel, SZ 100 (1983) 340, 365; Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  63 f. 39   Cato, De agricultura, Thielscher (Hrsg.), c. 144, 2, c) & d), c. 146, 6, 1963, S.  140, 146). 40   Z. B. v.Lübtow, Eos 48, 3 (1957) 227, 280 f.; Molnár, Labeo 21 (1975) 23, 43. 41   Z. B. für das commodatum in Ulp. D. 13, 6, 5, 2, das depositum in Pomp. D. 2, 14, 7, 5 sowie die locatio conductio in Iul. 19, 2, 9, 2. 42   Knütel, SZ 100 (1983) 340, 364.

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versehrte Rückgabe verstanden wird.43 Verbleichbar konnte bei entsprechender Vereinbarung auch den Pächter eines Hauses eine eingeschränkte Garantiehaf­ tung treffen,44 die ihn lediglich von der Haftung für nicht aus seiner Sphäre stam­ mende Risiken freistellte. Folglich führte diese zu einer Einstandspflicht, wenn das Gebäude infolge eines Verschuldens der eigenen Leute abbrannte und daher nicht unversehrt zurückgegeben werden konnte. 45 Auch wenn die vereinzelten Fragmente keine Rückschlüsse auf allgemeine Grundprinzipien zulassen, ist doch nicht zu übersehen, dass die extensive, zur Haftung für Gehilfenfehler führende Interpretation einzelner Vertragsklauseln ausnahmslos in Konstellationen begegnet, die durch eine überlegene Einwir­ kungsmöglichkeit des Haftenden auf die Gehilfen im Vergleich zu derjenigen sei­ nes Vertragspartners gekennzeichnet sind. Die später noch aus heutiger Sicht zu entwickelnde Position, wonach eine solche Kontrollmöglichkeit notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung der Haftung ist, 46 findet insoweit eine historische Stütze.

II.  Custodia-Haftung und Einstandspflicht für Gehilfenfehler Gerade die Fälle der extensiv interpretierten Vertragsklauseln, die zu einer inzi­ denten Übernahme des Personalrisikos führten,47 weisen eine enge Verwandt­ schaft zu den Fällen der custodia-Haftung auf,48 bei der die Bewachungspflicht einer Partei letztlich ebenfalls als Ausfluss bzw. Konsequenz der getroffenen Ver­ einbarungen betrachtet werden kann und die – jedenfalls nach der tradierten Sicht – auch zu einer Einstandspflicht für Hilfspersonen führen kann. Wegen ihrer be­ sonderen Bedeutung für die rechtliche Entwicklung erscheint es gerechtfertigt, sie im Folgenden eingehender zu betrachten.

43   So die Interpretation von Alf./Paul. D. 19, 2, 30, 2 bei Knütel, SZ 100 (1983) 340, 366. Hoffmann-Riem, SZ 86 (1969), 394, 401 sieht die Einstandspflicht freilich als Ausdruck einer custodia-Haftung. MacCormack, 18 RIDA 525, 535 (1971) hält es für möglich, dass die Haftung des Mieters eine solche für Auswahlverschulden ist. Dagegen aber bereits zuvor Medicus, SZ 83 (1966), 426, 430. 44   Zur Haftung bei der locatio conductio rei in Ermangelung entsprechender Absprachen infra III. 45   Vgl. Alf./Paul. D. 19, 2, 30, 4 und wiederum die Interpretation von Knütel, SZ 100 (1983) 340, 365. Zur Reichweite der Haftung auch Mayer-Maly, Locatio conductio, 1956 S.  190; Medicus, SZ 83 (1966), 426, 429 f. D.Nörr, Festschrift für Wieacker, 1978, S.  115, 123. 46   Infra Kapitel 4 §  1 A. II. 47   Supra I. 48   Nicht von ungefähr werden bestimmte Fälle vertraglicher Garantieübernahmen denn auch als solche der custodia verstanden, vgl. supra Fn.  43.

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1.  Die Bewachungspflicht im klassischen römischen Recht In bestimmten Sonderverbindungen ging das römische Recht von einer Pflicht des Schuldners aus, übernommene Gegenstände zu bewachen (custodiam prae­ stare), für deren Verletzung er unabhängig von eigenem Verschulden einstehen musste. Die Haftung war lediglich dann ausgeschlossen, wenn das Abhanden­ kommen oder die Verschlechterung der eingebrachten Sachen auf einem Ereignis beruhte, das als Entlastungsgrund anerkannt war, womit Schadensursachen er­ fasst wurden, die auch bei angemessener Bewachung nicht beherrschbar waren.49 Die insoweit gängige Unterscheidung von höherer Gewalt (vis maior) und nie­ derem Zufall (casus minor) spiegelt die Entwicklung des klassischen Fallrechts nicht in seiner vollen Bandbreite wider.50 Sie beschreibt aber als spätklassische Begriffbildung die Ergebnisse der Kasuistik in zutreffender Weise.51 Entsprechende Haftungstatbestände auf der Grundlage einer im beschriebenen Sinn eingeschränkten Garantie, die in manchen Konstellationen ausdrücklich übernommen, in anderen vom Gesetz unterstellt wurde,52 sind für das klassische Recht nicht immer sicher nachweisbar. Nachklassische Textveränderungen soll­ ten den vollzogenen Wandel hin zu einer subjektivierten, auf individuelles Ver­ schulden im Einzelfall abstellenden Haftungskonzeption widerspiegeln und ver­ decken insofern den ursprünglichen Rechtszustand. Gleichwohl kann eine custodia-Haftung für den Entleiher,53 den Walker/Wäscher (fullo) und den Flick­ schneider (sarcinator) 54 als gesichert gelten, wenn diese für ihre vertragsgemäßen Zwecke fremde Sachen übernahmen. Neben Walker und Flickschneider hafteten auch noch andere Werkunternehmer für custodia, denen Sachen des Bestellers zur Bearbeitung oder zum Transport übergeben worden waren, 55 darunter vor allem der berühmte Fall des Säulentransporteurs,56 der über den gemeinrechtlichen Dis­ kurs57 gerade für die Entwicklung der deutschen lex lata mit ihrer in §  278 BGB 49   Vgl. z. B. Gai. D. 44, 7, 1, 4; D. 18, 6, 2, 1; D. 19, 2, 25, 6; Afr. D. 19, 2, 33; Flor. D. 19, 2, 36; Ulp. D. 4, 9, 3, 1; D. 19, 2, 9, 2; D. 19, 5, 17, 4; Paul. D. 2, 13, 7 pr.; D. 13, 7, 30. 50   Vgl. allgemein dazu Mayer-Maly, Festschrift für Artur Steinwenter, 1958, S.  58 sowie supra Fn.  4. 51   Kaser, SZ 96 (1979) 89, 101; Zimmermann, The Law of Obligations, 1990, S.  194 f. 52   Grundlegend für diese Sicht der heute h. M. Baron, AcP 78 (1892) 203, 277 ff.; aus jüngerer Zeit z. B. F. Schulz, Classical Roman Law, 1951, S.  515; Kaser, SZ 96 (1979) 89, 99 ff.; Kaser, Das römische Privatrecht, 1. Abschnitt, 2.  Aufl., 1971, §  118 III 2, S.  507; Zimmermann, The Law of Obligations, 1990, S.  193 ff.; vgl. auch Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht, 4.  Aufl., 1987, S.  233 ff. die zwar das von individuellem Verschulden unabhängige Fundament der Haf­ tung betonen, in ihr aber eine „unterentwickelte Form der Verschuldenshaftung“ sehen, ibid., S.  234. Gegen die Annahme einer eingeschränkten Garantiehaftung z. B. MacCormack, SZ 89 (1972) 149, 155; G. C. J. J.van den Bergh, 43 TR 59, 71 f. (1975). 53   Gai. 3, 205; Ulp. D. 13, 6, 5, 5 f. 54   Gai. 3, 205 f.; Lab. D. 19, 2, 60, 2. 55   Überwiegend wird die explizite Nennung von fullo und sarcinator in Gai. 3, 205 als exemp­ larisch angesehen, vgl. z. B. Kaser, Das römische Privatrecht, 1. Abschnitt, 2.  Aufl., 1971, §  118 III 2, S.  508 Fn.  41; Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht, 4.  Aufl., 1987, S.  234 Fn.  28. 56   Gai. D. 19, 2, 25, 7. 57   Vgl. die Nachweise zur Diskussion bei Windscheid/Kipp, Lehrbuch des Pandektenrechts,

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statuierten, unbedingten Einstandspflicht für Gehilfenfehler von zentraler Be­ deutung war.58 Zumindest im Verlauf der Rechtsentwicklung wurde darüber hin­ aus auch die noch gesondert zu behandelnde Haftung des Reeders (nauta), Gast- (caupo) und Stallwirts (stabularius) als eine solche für custodia eingeordnet.59 In einer dem Entleiher vergleichbaren Position fanden sich schließlich auch Verkäu­ fer, die nach Vertragsschluss bis zur Übergabe im Besitz der Kaufsache blieben, 60 sowie potentielle Erwerber, die fremde Sachen zum Zwecke der Inspektion in ih­ ren Besitz nahmen. 61 Vor diesem Hintergrund ist nicht überraschend, dass die einschlägigen Fragmente, trotz beachtlicher Gegenstimmen, überwiegend im Sinne einer custodia-Haftung der betroffenen Personen interpretiert werden. 62 Schließlich finden sich deutliche Hinweise auf eine custodia-Haftung des Spei­ chervermieters (horrearius), 63 des Mieters/Pächters einer beweglichen Sache, 64 des Nießbrauchers65 sowie des Besitzpfandgläubigers. 66 2.  Zusammenhang von custodia-Haftung und Einstandspflicht für Gehilfen Die dogmatische Verknüpfung zwischen custodia-Haftung und einer Einstands­ pflicht für Gehilfenfehler resultiert in der tradierten Sicht daraus, dass sie die schadenstiftenden Handlungen von Hilfspersonen als niederen Zufall begreift, für den der genannte Personenkreis ohne Weiteres einzustehen hatte. 67 Allerdings liegt dieser Sicht ein Verständnis der custodia zugrunde, das von der heute herr­ Bd.  2, 9.  Aufl., 1906, S.  746 f. Fn.  5, wo freilich die einschlägige Überlieferung als Beleg gegen eine vom Eigenverschulden des Unternehmers unabhängige Einstandspflicht für seine Gehilfen in­ terpretiert wird. Auch noch infra Kapitel 3 §  1 A. II. 1. 58   Vgl. neben der erkennbar an Gai. D. 19, 2, 25, 7 („.  .  . quorum opera uteretur .  .  .“) angelehn­ ten Formulierung des §  278 BGB („.  .  . deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten be­ dient .  .  .“) den Hinweis in Mot. II, S.  30 = Mugdan II, S.  16 sowie die entsprechende Einschät­ zung bei Zimmermann, The Law of Obligations, 1990, S.  400. 59   Dazu noch eingehend infra D. 60   Ner. D. 19, 1, 31 pr; Iul. D. 47, 2, 14 pr.; Paul. D. 18, 6, 3. 61   Ulp. D. 13, 6, 10, 1; D. 19, 5, 17, 4. Vgl. aber auch Ulp. D. 19, 5, 17, 2 wo von einer Haftung nur für dolus und culpa ausgegangen wird. 62   Bejahend für die custodia des Verkäufers z. B. Kunkel, SZ 45 (1925) 266, 278 ff.; Seckel/ Levy, SZ 47 (1927) 122, 262; Kaser, SZ 96 (1979) 89, 118 ff.; anders v. a. Haymann, SZ 40 (1919) 167, 254 ff. Weitere Nachweise zur Literatur bei Kaser, Das römische Privatrecht, 1. Abschnitt, 2.  Aufl., 1971, §  118 III 2, S.  508 Fn.  39; Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht, 4.  Aufl., 1987, S.  235 Fn.  31. Zur custodia-Haftung des inspectors Knütel, SZ 100 (1983) 340, 385 ff.; Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  74 ff. 63   Ant. C. 4, 65, 1; Lab. D. 19, 2, 60, 6; D. 19, 2, 60, 9; Paul. D. 1, 15, 3, 2; D. 19, 2, 55 pr. 64   Inst. 3, 24, 5; Diocl. C. 4, 65, 28. 65   Paul. D. 7, 9, 2. 66   Ulp. D. 13, 7, 13, 1; Paul. D. 13, 7, 13, 30; Diocl. C. 8, 13, 19. Gegen eine custodia-Haftung des Faustpfandgläubigers spricht allerdings Ulp. D. 47, 2, 12, 2; D. 47, 2, 14, 5. 67   In diesem Sinne v. a. F. Schulz, GrünhutsZ 38 (1911) 9, 10 und passim; Rabel, in: Kohler (Hrsg.), Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung, Bd.  1, 2.  Aufl., 1913, S.  399, 481 Fn.  4 ; Siber, Römisches Recht in Grundzügen für die Vorlesung, Bd.  2, 1928, S.  245; zuvor schon Wüstendörfer, §  278 des Bürgerlichen Gesetzbuches im Lichte des Römischen

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schenden Auffassung als überwunden betrachtet wird. 68 Der im neueren Schrift­ tum erhobene Vorwurf geht dabei dahin, dass der Charakter der custodia als eine vertragliche Bewachungspflicht verkannt wird, deren Verletzung zwar zu einer verschuldensunabhängigen Haftung führte, die aber gleichwohl in ihrer Reich­ weite begrenzt sein konnte. Die mehr oder weniger automatische Deduktion der Einstandspflicht für jegliche Gehilfenfehler als Ausfluss von custodia setzte aber voraus, dass diese einen schlechthin geltenden, verschuldensunabhängigen Haf­ tungsmaßstab bildete. 69 In der heute vorherrschenden Lesart kann demgegenüber nicht ohne weiteres vom Bestand einer Bewachungspflicht auf die Einstands­ pflicht für Gehilfen geschlossen werden, sondern vielmehr kommt es auf den ex­ akten Inhalt der jeweils geschuldeten custodia an, die konzeptionell Drittver­ schulden erfassen oder aber eben auch ausnehmen konnte.70 Damit ist ohne Wei­ teres vereinbar, wenn sich in der Überlieferung trotz durchgehender Annahme einer Bewachungspflicht erhebliche Unterschiede im Hinblick auf Vorausset­ zungen und Reichweite der Haftung für Schäden finden, die von Dritten verurs­ acht wurden, die in die Abwicklung der Sonderverbindung eingeschaltet waren. a)  Von Eigenverschulden unabhängige Haftung für Gehilfenfehler So lässt sich den Quellen entnehmen, dass der fullo, der Kleider zur Reinigung übernommen hatte, auch für den Diebstahl durch seine Lehrlinge aus dem Werk­ vertrag haftete, d. h. also für vorsätzliche Schädigungshandlungen seiner Gehilfen einzustehen hatte.71 Die bei Iulianus anscheinend noch kategorisch abgelehnte Einstandspflicht des verwahrenden Werkunternehmers bzw. des Entleihers für jegliche Sachbeschädigungen durch Dritte72 wird an anderer Stelle differenzierter beurteilt. Marcellus, dem Ulpian beipflichtet, bejaht eine Haftung beispielhaft dann, wenn sich die Beschädigung bei ordnungsgemäßer Bewachung hätte ver­ meiden lassen bzw. wenn sie durch den angestellten Wächter verursacht wurde.73 Rechts, 1897, S.  19 ff., 33 ff.; im Ergebnis ähnlich Krückmann, SZ 60 (1940) 1, 16 ff.; SZ 63 (1943) 1, 17 ff.; SZ 64 (1944) 1, 46 ff. 68   So die Einschätzung bei Levy, Weströmisches Vulgarrecht – das Obligationenrecht, 1956, S.  85 Fn.  309; Knütel, SZ 100 (1983) 340, 356; in der Sache ebenso Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  66. Gegen Ableitbarkeit der Einstandspflicht für Gehilfenfehler aus einer custodiaPflicht auch MacCormack, 18 RIDA 525, 533, 535 ff. (1971). 69   Gegen diese Sicht Knütel, SZ 100 (1983) 340, 356. 70   Dem entspricht es, wenn Knütel, SZ 100 (1983) 340, 357 anmahnt, bei der custodia-Haf­ tung u. a. nach dem jeweiligen Schadensereignis zu differenzieren. 71   Vgl. Ulp. D. 14, 3, 5, 10. Eingehend Knütel, SZ 100 (1983) 340, 407 ff. Verfehlt ist es, wenn Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  66 Fn.  121 die beschriebene Konstellation mit dem Dieb­ stahl der entliehenen Sache durch einen Sklaven des Verleihers gleichstellt, da in diesem Fall der dominus gerade keine custodia schuldete, vgl. Paul. D. 47, 2, 54, 1 wo eine Zurechnung nicht im Rahmen der actio furti wohl aber über die Noxalhaftung (infra B) des Verleihers angenommen wird. Auch dazu eingehend Knütel, SZ 100 (1983) 340, 378 ff. 72   Iul. D. 13, 6, 19. 73   Ulp. D. 19, 2, 41. Dass die dort als eine Haftpflicht begründende Schadensverursachung durch ipse custos diejenige durch angestelltes Wachpersonal des custodia-Pflichtigen meint, ist in

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In dieser Sicht wurde die Einstandspflicht für Drittverhalten also weder per se abgelehnt noch beruhte sie notwendig auf einem eigenen Verschulden des Unter­ nehmers.74 Entsprechend wurde auch die Einstandspflicht des Entleihers bejaht, wenn sein Sklave die Sache entwendete.75 In einer dem Entleiher vergleichbaren Position befand sich auch der Kaufinteressent, der sich den Kaufgegenstand zum Zwecke der Inspektion liefern ließ.76 Auch wenn die einschlägigen Fragmente im Einzel­ nen höchst umstritten sind und insbesondere keine Einigkeit über die Möglich­ keit und das Ausmaß einer Interpolation besteht, zeigen textkritische Auseinan­ dersetzungen immerhin, dass zumindest für den Zeitraum der eigentlichen Un­ tersuchung eine von eigenem Verschulden unabhängige Einstandspflicht des inspector auf der Grundlage einer custodia-Haftung angenommen werden kann.77 Bemerkenswert ist in diesem Kontext, dass die nach der von Ulpian mitgeteilten Auffassung Labeos bestehende Einstandspflicht für solche Hilfspersonen, denen die zu inspizierende Sache zur Bewachung und Übermittlung anvertraut worden war, 78 gerade nicht als eine absolute verstanden werden kann, sondern vielmehr nur zur Abwehr bestimmter Gefahren verpflichtete. Die Freistellung des inspector von dem Risiko, dass die zurückgesandte, zur Ansicht gelieferte Sache dem hierfür eingesetzten Boten unverschuldet abhanden kommt, wäre nicht recht ver­ ständlich, wenn auch beim Transport eine unterschiedslose Haftung für jede Form des niederen Zufalls bestanden haben sollte.79 Die Überlieferung lässt sich allerdings dann verstehen, wenn man den Rücktransport selbständig beurteilt und die custodia mit dem Beginn der Übermittlung enden lässt. 80 Ähnlich liegen die Dinge, wenn man die Bewachungspflicht nicht dahingehend versteht, sämt­ liche aus der Sphäre des Gehilfeneinsatzes herrührende Störungen zu inkriminie­ der Literatur ausführlich begründet worden, vgl. Siber, Römisches Recht in Grundzügen für die Vorlesung, Bd.  2, 1928, S.  245; Krückmann, SZ 64 (1944) 1, 52; Knütel, SZ 100 (1983) 340, 413. 74   Zum ganzen wiederum eingehend Knütel, SZ 100 (1983) 340, 410 ff. 75   Paul. D. 47, 2, 54, 2. 76   Vgl. Ulp. D. 29, 5, 20, 2. Ähnliche Fallkonstellationen finden sich darüber hinaus in Ulp. D. 13, 6, 10, 1; Paul. D. 13, 6, 11; Ulp. D. 13, 6, 12 pr. 77   Dies wird sowohl damit begründet, dass die eigentliche Untersuchung allein im Interesse des Inspektors liege (Ulp. D. 19, 5, 17, 4), als auch dadurch gerechtfertigt, dass vom Kaufinteres­ senten der Anstoß zu dem inspiciendum dare ausging (Labeo-Pomp.-Ulp. D. 19, 5, 17, 1), dazu D.Nörr, SZ 73 (1956), 68, 89 f.; R. Knütel, SZ 100 (1983) 340, 387 Fn.  197. Grundlage der Beur­ teilung ist erkennbar der Utiltiätsgedanke, wonach die strenge der Haftung davon abhing, in wessen Interesse das relevante Rechtsverhältnis begründet worden war, vgl. Kaser, Das römische Privatrecht, 1. Abschnitt, 2.  Aufl., 1971, §  118 III 4 b), S.  512; Zimmermann, The Law of Obliga­ tions, 1990, S.  192 ff., 202 ff. Eingehend D.Nörr, SZ 73 (1956) 68. 78   Vgl. Ulp. D. 19, 5, 20, 2: „certe culpam eorum, quibus custodiendum perferendumve dede­ ris, praestare te oportere“. 79   Vgl. auch noch infra b). 80   R. Knütel, SZ 100 (1983) 340, 386 f.; tendenziell zustimmend Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  75 f. Dagegen freilich die älteren Stimmen, die auch die Haftung für Gehilfen als Aus­ fluss der custodia-Haftung des Inspektors betrachten und die fragliche Stelle für interpoliert halten, insbes. F. Schulz, GrünhutsZ 38 (1911) 9, 20 f. Ebenso für Ulp. D. 13, 6, 10, 1 die infra b) in Fn.  85 genannten.

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ren, sondern nur diejenigen zu sanktionieren, die für den inspector überlegen beherrschbar waren. Schließlich begreift die vorherrschende Interpretation auch die Einstandspflicht des Säulentransporteurs für die Beschädigungen, die das Transportgut durch das Verschulden seiner – versklavten oder freien – Hilfspersonen erfährt, 81 als eine von eigenem Verschulden unabhängige. 82 b)  Custodia-Haftung und Einstandspflicht bei Auswahlverschulden Demgegenüber wurden in anderen Konstellationen Schuldner, die grundsätzlich einer custodia-Haftung unterlagen, nicht mit einer unbedingten Einstandspflicht für durch Gehilfenfehler verursachte Schäden belegt. So haftete beispielsweise der Schiffer, der den versprochenen Transport nicht mit seinem eigenen Schiff be­ werkstelligen konnte und deshalb das Frachtgut von einem anderen Unternehmer befördern ließ, nur unter der Voraussetzung für den Verlust der Ladung bei dem Dritten, dass er diesen gegen den Willen des Eigentümers oder zur Unzeit einge­ schaltet hatte oder, dass ihn ein Auswahlverschulden (culpa in eligendo) traf. 83 Ähnlich haftete auch der Entleiher nur dann für das Abhandenkommen der Sa­ che, wenn er den mit ihrem Rücktransport beauftragten Sklaven nicht sorgfältig ausgewählt hatte, wofür – wohl in Anbetracht des Werts der entliehenen Sache (Silber) – ein strenger Maßstab galt. 84 Gleiches gilt schließlich für die Rücksen­ dung der untersuchten Sache beim inspiciendum dare, sofern man die – hoch kon­ troversen – einschlägigen Fragmente für echt hält und entsprechend von einer Haftung allenfalls für culpa in eligendo ausgeht. 85 Die Unvereinbarkeit dieser Po­   Gai. D. 19, 2, 25, 7.   Vgl. z. B. Mayer-Maly, Locatio conductio, 1958, S.  28 f.; MacCormack, 18 RIDA 525, 541 (1971); Kaser, Das römische Privatrecht, 1. Abschnitt, 2.  Aufl., 1971, §  118 III 6, S.  513 Fn.  81; Honsell/Mayer-Maly/Selb, Römisches Recht, 4.  Aufl., 1987, S.  329; Zimmermann, The Law of Obligations, 1990, S.  399 f.; Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  70; ausführliche textkritische Begründung bei Knütel, SZ 100 (1983) 340, 419 ff., insbes. ibid. 422. 83   Ulp. D. 19, 2, 13, 1. Dazu und insbesondere zur Authentizität des culpa in eligendo Erfor­ dernisses, Knütel, SZ 100 (1983) 340, 415 ff., insbes. 417 f. Demgegenüber hält Mayer-Maly, Lo­ catio conductio, 1958, S.  33 die Stelle für interpoliert. 84   Iul. D. 13, 6, 20. Dazu MacCormack, 18 RIDA 525, 531 f. (1971). Dort auch ausführlich gegen die Annahme, im Text sei der subjektive Haftungstatbestand erst durch die Kompilatoren Justinians eingeführt worden, wodurch die strengere klassische Einstandspflicht verdeckt wer­ de. In diesem Sinne v. a. F. Schulz, GrünhutsZ 38 (1911) 9, 16 f. 85   Nach Ulp. D. 13, 6, 10, 1 trifft den Eigentümer das Risiko des Untergangs der Sache, wenn er deren Rücksendung veranlasst hat. Der inspector haftet demgegenüber für culpa, wenn er die Sache im Eigeninteresse zur Untersuchung erhalten hatte und sie einem seiner Leute für die Rücksendung übergeben hatte. In dem von den Kompilatoren eingeflochtenen Fragment (Paul. D. 13, 6, 11) wird die relevante culpa des inspector klar als Auswahlverschulden beschrieben. Für Echtheit insbes. des culpa in eligendo-Erfordernisses, Goldschmidt, ZHR 16 (1871) 287, 315; Kaser, Das römische Privatrecht, 2. Abschnitt, 2.  Aufl., 1975, §  258 IV 3 c), S.  353 Fn.  47. Für custodia-Haftung und daraus abgeleitete, uneingeschränkte Einstandspflicht für Hilfspersonen im Fall der Inspektion im Eigeninteresse demgegenüber Baron, AcP 78 (1892) 203, 262; F. Schulz, GrünhutsZ 38 (1911) 9, 11 ff.; D.Nörr, SZ 73 (1956) 68, 78 Fn.  39. 81

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sition mit dem oben zu Ulp. D. 19, 5, 20, 2 Gesagten86 kann mit einer unter den Juristen bestehenden Kontroverse erklärt werden. 87 Der Text der Überlieferung ist indessen gestört, 88 worauf sich durchaus auch die Annahme einer Lücke stüt­ zen lässt. Diese kann dann durch die Annahme einer interpolierten, von eigenem Verschulden unabhängigen Einstandspflicht auch für Gehilfenverschulden ge­ schlossen werden. 89 Aber selbst unter dieser Prämisse bleibt festzuhalten, dass eine solche Einstandspflicht wiederum nicht in dem Sinne mit einer custodiaPflicht verknüpft erscheint, dass jeder in der Sphäre des Gehilfen eintretende Un­ tergang dem Inspektor zum Nachteil gereichte.90 c)  Konsequenzen Es mag vor dem Hintergrund der höchst uneinheitlichen Haftungstatbestände als konsequente Trennung der jeweiligen Fragenkreise erscheinen, wenn in einge­ hender Auseinandersetzung mit den Quellen die Problematik der Haftung für Gehilfenfehler von der custodia-Haftung dogmatisch geschieden wird.91 Indessen ist die Frage für die hier anzustellenden Überlegungen von untergeordneter Be­ deutung, da die entsprechenden Stimmen im Schrifttum jedenfalls anerkennen, dass die materiellen Gründe für die Annahme einer erfolgsbezogenen custodiaPflicht auch die Statuierung einer von eigenem Verschulden unabhängigen Ein­ standspflicht trugen.92 Teilt man diese Sicht, kann es zur Förderung der hier ver­ folgten Erkenntnisziele letztlich nur darum gehen, diese (parallelisierten) Sach­ gründe näher zu betrachten. Aber auch ohne entsprechenden Konnex gilt es wie­ derum festzuhalten, dass die gesicherten Fälle einer verschuldensunabhängigen Haftung für Drittverhalten in Konstellationen begegnen, in denen eine überle­ gene Möglichkeit des Haftenden zur Kontrolle gerade der schadenstiftenden Ge­ hilfentätigkeit bestand. Bemerkenswert ist umgekehrt auch, dass die Fälle einer Haftung nur für eigene Auswahlfehler auch dahingehend gekennzeichnet werden können, dass der den Dritten einschaltende über die Betrauung hinaus gerade kei­

  Supra a).   Hierauf weist Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  77 hin. Grundsätzlich zur Relevanz des Schulenstreits zwischen Prokulianern und Sabinianern für die Einstandspflicht für Gehil­ fenfehler Knütel, SZ 100 (1983) 340, 437 ff.; ihm zustimmend Schermaier in: Schmoeckel/ Rückert/Zimmermann (Hrsg.), HKK-BGB, Bd.  II/1, 2007, §§  276–278 Rdnr.  25. 88   Eingehend dazu Knütel, SZ 100 (1983) 340, 381 f. 89   So Knütel, SZ 100 (1983) 340, 383 f. Im Ergebnis auch schon Wüstendörfer, §  278 des Bür­ gerlichen Gesetzbuches im Lichte des Römischen Rechts, 1897, S.  108; Krückmann, SZ 60 (1940) 1, 19. 90   Schon supra a). 91   So v. a. Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  6 4 ff. In der Sache ähnlich, aber nicht zwin­ gend, die rein begriffliche Argumentation von Kunkel, SZ 45 (1925) 266, 277: Die geschuldete custodia erfordere stets nur Abwehr von außen drohender Angriffe, d. h. Bewachung ist nur im Hinblick auf außerhalb der Betriebsorganisation des Schuldners entstehende Gefahrquellen notwendig. 92   So letztlich auch Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  73, 79. 86 87

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ne relativ bessere Einwirkungsmöglichkeit mehr besaß, d. h. sich seine überlegene Stellung im Akt der Einschaltung erschöpfte.

III.  Haftung nur bei eigenem Verschulden, insbesondere   für culpa in eligendo Wie schon in der Auseinandersetzung mit dem Zusammenhang zwischen der custodia-Pflicht bestimmter Schuldner und ihrer Haftung für Gehilfenverhalten auf­ gezeigt,93 kannte das klassische römische Recht auch vertragliche Haftungsre­ gime, in denen die Partei, die sich Dritter bediente, lediglich für ihr eigenes Ver­ schulden, insbesondere ein solches bei der – weit verstandenen – Auswahl der Hilfspersonen einstehen musste. 1.  Miet- und Pachtvertrag Bedeutsame, aber zugleich hoch kontroverse Illustrationen für eine culpa-Haf­ tung der genannten Art bildeten die Überlieferungen zur Einstandspflicht des Mieters oder Pächters von Häusern.94 Nach der doppelt überlieferten Auffassung von Neraz haftete der Pächter auf vertraglicher Grundlage (actio locati), wenn das Haus abbrannte, weil ein nicht sorgfältig ausgewählter Sklave des conductor an der zu überwachenden Feuerstelle (Ofen) einschlief.95 Auch wenn der nur lücken­ haft überlieferte Text erhebliche Meinungsverschiedenheiten hervorruft,96 ist doch die Kernaussage der Anfangspassage mit der mitgeteilten Vertragshaftung für Auswahlverschulden offenbar als authentisch anzusehen.97 Die gleichwohl lange vorherrschende, gegenteilige Sicht wird nicht zuletzt vor dem Hintergrund verständlich, dass in der Collatio selbst an anderer Stelle eine Meinungsverschie­ denheit unter den klassischen Juristen mitgeteilt wird, die sich prima facie durch­ aus als Argument gegen eine unbeschränkte Verschuldenshaftung des Pächters deuten lässt. Während Urseius den Pächter unter Bezugnahme auf Sabinus aus­ schließlich nach deliktischen Grundsätzen mit der Möglichkeit noxaler Beschrän­ kung haften lassen wollte, wenn seine Sklaven das gepachtete Gebäude abbrennen ließen, gewährte Proculus in entsprechender Konstellation neben der actio legis Aquiliae eine Klage auf vertraglicher Grundlage, wobei auch letztere mit der   Supra II 2 b).   Zum Sonderfall einer Garantiehaftung auch für Gehilfenfehler kraft vertraglicher Verein­ barung bereits supra I. 95   Coll. 12, 7, 7; Ulp. D. 9, 2, 27, 9. 96   Vgl. im Einzelnen dazu und den denkbaren Kontexten des Fragments z. B. Wieacker, Text­ stufen klassischer Juristen, 1960, S.  242; Kaser, Zur Methodologie der römischen Rechtsquellen­ forschung, 1972, S.  62 Fn.  119; Frier, SZ 95 (1978) 232, 256 f. 97   Vgl. eingehend Knütel, SZ 100 (1983) 340, 399 ff. m.w.N. in Fn.  245 gegen eine auf Kunkel, SZ 45 (1925) 266, 331 zurückgehenden Sicht im älteren Schrifttum, die von weitgehender Inter­ polation ausging. 93

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Möglichkeit für den Pächter versehen war, seine persönliche Haftung durch Aus­ lieferung des Täters abzuwenden.98 Der scheinbare Widerspruch zu der Auffas­ sung von Neraz lässt sich aber dann weitgehend auflösen, wenn man annimmt, dass Proculus als Grundlage der Verfügbarkeit der Haftungsbeschränkung die Freiheit des Pächters von eigener Schuld unterstellte.99 Bemerkenswert ist in die­ sem Zusammenhang die Weiterung, die in der Parallelüberlieferung der Auffas­ sung des Proculus in den Digesten auftaucht und sich so in der Collatio nicht fin­ det. Erstere geht nämlich von einer unbeschränkten persönlichen Haftung des Pächters auf den vollen Schaden aus, wenn ihm ein eigenes Verschulden dergestalt zur Last fiel, dass er unzuverlässige Sklaven in seiner Gewalt hatte.100 Berücksich­ tigt man, dass es zu dem faktisch entscheidenden Moment der Schadensverursa­ chung erst durch die Betrauung der unzuverlässigen Sklaven mit der zu den Ein­ bußen führenden Tätigkeit kommen konnte, liegt ein Fall unbeschränkter per­ sönlicher Haftung für eigene culpa auf deliktischer101 bzw. auf vertraglicher102 Grundlage vor. Dogmatisch ist damit festzuhalten, dass die Haftung in der ge­ nannten Sicht jedenfalls von einem Eigenverschulden des beklagten Pächters ab­ hing, und eben keine strikte Einstandspflicht für Drittverhalten auf der Grundla­ ge eines abstrakten Zurechnungskriteriums statuiert wurde.103 So interpretiert,104 lässt sich die Haftung des Pächters nach Proculus im Ergebnis besser mit den Vor­ stellungen Neraz’ in Einklang bringen, von dem i.Ü. in anderem Zusammenhang eine vergleichbare Haftungsstufung überliefert ist.105 Es darf freilich nicht übersehen werden, dass den als culpa-Haftung eingeord­ neten Fragmenten zum Teil ein sehr weit verstandener Begriff des Eigenverschul­ dens zugrunde liegt. Zu dessen zutreffender Beschreibung wird nicht von unge­ 98   Ulp. Coll. 12, 7, 9. Zur Plausibilität der Erstreckung der Möglichkeit einer noxae deditio auf die Vertragsklage eingehend Knütel, SZ 100 (1983) 340, 393 f. m. w. N.  auch zur Gegenauffas­ sung in Fn.  221. 99   So v. a. Knütel, SZ 100 (1983) 340, 397; a. A. aber dezidiert Mayer-Maly, Locatio Conduc­ tio, 1956, S.  200. Zur unbeschränkten Deliktshaftung des Gewalthabers bei eigenem Verschul­ den supra B Fn.  16. 100   Ulp. D. 9, 2, 27, 11. 101   Zu den Gründen, die dafür sprechen, dass in D. 9, 2, 27, 11 eine unbeschränkte deliktische Haftung des Pächters unter der lex Aqulia angenommen wird, Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  58 Fn.  76. 102   Für die im Lichte der grundsätzlichen Gewährung der Vertragsklage naheliegende Mög­ lichkeit, auch diese bei Eigenverschulden des beklagten Pächters ohne Möglichkeit noxaler Be­ schränkung zu gewähren, MacCormack, 18 RIDA 525, 539 (1971). 103   In letzterem Sinne auch Frier, SZ 95 (1978) 232, 266; ebenso Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  58. 104   Es darf freilich nicht übersehen werden, dass gerade die hier in das Zentrum der Argu­ mentation gestellte Digestenpassage wegen des Schweigens der Collatio von Anhängern der me­ thodisch aus heutiger Sicht angreifbaren Interpolationen-Kritik vielfach als Neuschöpfung der Kompilatoren betrachtet wird, z. B. F. Schulz, GrünhutsZ 38 (1911) 9, 32 f.; Levy, Die Konkur­ renz der Aktionen und Personen im klassischen römischen Recht, Bd.  2, 1922, S.  70 f. Für Echt­ heit aber MacCormack, 18 RIDA 525, 537 (1971); eingehend Knütel, SZ 100 (1983) 340, 397 ff. m. w. N.  auch zur Gegenauffassung in Fn.  235. 105   Dazu infra 2.

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fähr die Kategorie einer culpa in habendo vorgeschlagen, die die materiellen Haf­ tungsgrundlagen besser beschreibt, als ein enger verstandenes, auf den Moment der autonomen Betrauung des Dritten mit einer bestimmten Tätigkeit abstellendes Auswahlverschulden.106 Die Unterschiede zu einer abstrakt-normativen Um­ schreibung der Wertungsgrundlagen einer objektiven Zurechnungsnorm ver­ schwimmen ersichtlich. An anderer Stelle wird – geradezu wortsinnig – deutlich, dass der Pächter als eine Art Torwächter in Anspruch genommen wird, der unzu­ verlässige Dritte107 auf das Grundstück ließ, auch wenn er keinen nachhaltigen Einfluss auf das konkret schädigende Verhalten nahm.108 Knüpft die Haftung aber (auch) in dieser Weise an die inadäquate Wahrnehmung einer relativ weit im Vor­ feld der eigentlichen Schädigung liegenden Einwirkungsmöglichkeit an, so wird prinzipiell die gesamte Sphäre erfasst, innerhalb derer dem Pächter im Verhältnis zu seinem Vertragspartner eine überlegene Kontrolle des potentiell schädigenden Drittverhaltens zukommt. Trotz aller nicht zu verkennenden dogmatischen Un­ terschiede lässt sich vor diesem Hintergrund konstatieren, dass die hier beschrie­ bene culpa-Haftung in grosso modo vergleichbare Wirkungen wie die strikte Ein­ standspflicht entfaltete.109 2.  Auftragsverhältnisse Auch für das Auftragsrecht findet sich eine Überlieferung des Neraz, nach der der Auftraggeber auf vertraglicher Grundlage (actio mandati) mit der Möglichkeit noxaler Beschränkung für den Auftragnehmer schädigendes Drittverhalten haf­ ten sollte, solange ihm kein eigenes Verschulden zur Last fiel. Demgegenüber soll­ te er unbeschränkt einstehen müssen, wenn er selbst vorwerfbar zur Schadensent­ stehung beigetragen hatte, weil er die Neigung des Sklaven kannte, schädigende

106   In diesem Sinn v. a. Knütel, SZ 100 (1983) 340, 397; dem folgend Wicke, Respondeat Supe­ rior, 2000, S.  58. Aus ähnlichen Gründen kritisch gegenüber der Verwendung des Begriffs der culpa in eligendo im hier relevanten Kontext auch Zimmermann, The Law of Obligations, 1990, S.  377. 107   Die personelle Reichweite der Haftung ist umstritten. Für ausschließliche Erfassung von eigenen und fremden Sklaven z. B. Pernice, Labeo, Bd.  C , Neudruck der Ausgabe Halle 1900, 1963, S.  257 N.  2; F. Schulz, GrünhutsZ 38 (1911) 9, 33 ff.; Pflüger, SZ 65 (1947) 121, 193. Dagegen und für die Ersteckung auch auf freie Gäste insbes. Haymann, SZ 40 (1919) 167, 252; MayerMaly, Locatio Conductio, 1956, S.  201; MacCormack, 18 RIDA 525, 540 (1971); Knütel, SZ 100 (1983) 340, 402 Fn.  253. 108   Vgl. Ulp. D. 19, 2, 11 pr. 109   Die Nichterfassung des individuellen Aktivitätsniveaus, die einer prinzipiellen Äquiva­ lenz von verschuldensunabhäniger und -abhängiger Haftung unter Anreizgesichtspunkten ent­ gegensteht (vgl. infra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. b) (1) i bei Fn.  79), spielt vor dem Hintergrund der Vorverlagerung des verantwortlichkeitsbegründenden Verhaltens keine bedeutende Rolle.

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Handlungen (Diebstahl) vorzunehmen.110 Dies entspricht der Haftungsstufung, wie sie nach dem Vorgesagten für Mieter und Pächter bestand.111 Gerade für den genannten Auftrag zum Kauf eines Sklaven ist aber aus der Hochklassik eine weitergehende, von eigenem Verschulden unabhängige Ein­ standspflicht des Auftraggebers überliefert. Diese wird in dem einschlägigen Fragment zwar zum einen auf mehr oder weniger apodiktische Billigkeitserwä­ gungen gestützt: So rekurriert Julian darauf, dass der Auftragnehmer aus unei­ gennützigen Gründen tätig werde112 und daher nicht mit einem Schadensrisiko belastet werden dürfe.113 Zum anderen wird aber auch darauf abgestellt, dass der mit dem Erwerb des Sklaven betraute Auftragnehmer den Schaden nicht erlitten hätte, wenn ihm nicht der Auftrag erteilt worden wäre.114 Letztere Überlegung verdeutlicht, dass sich der den Sklaven im Vorfeld aussuchende Mandant bei dem konkretisierten Auftrag in einer Position befand, die ihm eine überlegene Kon­ trolle des schadenstiftenden Drittverhaltens erlaubte. Wiederum erscheint die in dieser Konstellation durch die überlieferte strikte Einstandspflicht erzielte An­ reizwirkung der eingangs diskutierten culpa-Haftung gleichwertig, die zwar dogmatisch auf ein konkretes Fehlverhalten im Zusammenhang mit der Kon­ trollausübung abstellte, durch die weite Ausdehnung der Sorgfaltspflichten in das Vorfeld der Auftragserteilung aber vergleichbare Verhaltensanreize erzeugt ha­ ben dürfte.115 3.  Sonstige Fälle Neben den vorstehend breiter erörterten Fällen begegnet eine auf Eigenverschul­ den abstellende Haftung im Zusammenhang mit dem Gehilfeneinsatz in Sonder­ verbindungen eher beiläufig auch in anderen Überlieferungen, welche die Bedeu­ tung des Haftungsregimes illustrieren. Der Landvermesser, der sich zur Verrich­ tung seiner Tätigkeit eines arglistig handelnden Gehilfen bediente, musste wegen der vorwerfbaren Auswahl desselben einstehen.116 Ebenso traf den Vermieter eines als Maultiertreiber eingesetzten Sklaven wegen seines Auswahlverschuldens

110   In dem geschilderten Fall ging es darum, dass der mit dem Kauf eines Sklaven Beauftragte von letzterem nach dem Erwerb bestohlen wurde, vgl. Paul. D. 17, 1, 26, 7. Dazu Knütel, SZ 100 (1983) 340, 393 f. Ibid. (Fn.  224) auch zur Echtheit des Fragments. 111   Supra 1. 112   Zur Unentgeltlichkeit des Auftrags hier nur Paul. D. 17, 1, 1, 4: „mandatum nisi gratuitum nullum est“. 113   Iul.-Afr. D. 47, 2, 62, 5 wo zwar zunächst die noxale Beschränkung der Haftung grund­ sätzlich legitimiert wird, es dann aber weiter heißt: „multo tamen aequius esse nemini officium suum, quod eius, cum quo contraxerit, non etiam sui commodi causa susceperit, damnosum esse“. 114   Iul.-Afr. D. 47, 2, 62, 5: „Iustissime enim procuratorem allegare non fuisse se id damnum passurum, si id mandatum non suscepisset“. 115   Vgl. schon supra 1 a. E. bei Fn.  109 zur nämlichen Äquivalenz im Miet- und Pachtrecht. 116   Ulp. D. 11, 6, 1, 2 und Paul. D. 11, 6, 2, 1.

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eine Haftung, wenn ein Tier durch den Fehler des Sklaven verendete.117 Der Ge­ schäftsführer ohne Auftrag haftete unbeschränkt persönlich für die Schäden, die ein von ihm eingesetzter Dritter verursachte, wenn er diesen nicht sorgfältig aus­ gewählt hatte.118 Im Zusammenhang mit der rei vindicatio begegnet der Fall, dass der Besitzer nur dann für den Untergang des, obwohl bereits streitbefangenen, einem Dritten zu legitimen Zwecken anvertrauten Schiffs einstehen musste, wenn ihn ein Auswahlverschulden traf.119 Der Miterbe haftete für die Delikte eines von ihm zur Verwaltung des gemeinsamen Nachlasses eingesetzten Sklaven nur, wenn ihn bei dessen Betrauung ein Verschulden traf.120 Hält man schließlich die Über­ lieferung eines Gutachtens des Servius für echt,121 konnte auch der Verkäufer eines Hauses aufgrund seines Auswahlverschuldens haften, wenn das Gebäude bei einem Brand aufgrund der Unachtsamkeit seiner Sklaven abbrannte, die mit der Überwachung betraut waren.122 4.  Bewertung Die zentrale Bedeutung des Verschuldensprinzips als Zurechnungskriterium zur Zeit der Pandektistik erklärt,123 weshalb diese ihr Hauptaugenmerk zunächst auf die genannten Fälle der Haftung für Gehilfenfehler auf der Grundlage eigenen Verschuldens des Geschäftsherrn richtete.124 Die hier dargestellten Quellen zei­ gen freilich, dass es auch in den gesicherten Fällen nicht immer auf ein Verschul­ den im Hinblick auf das konkret schadenstiftende Drittverhalten ankam. Gerade das Anknüpfen an eine mehr oder weniger weit im Vorfeld liegende Handlung des Haftenden zeigt, dass die unsorgfältige Wahrnehmung auch relativ sublimer Ein­ flussmöglichkeiten als Grund für die Schadensüberwälzung diente. Wie bereits betont, besteht bei einer derart weiten, die wesentlichen Steuerungsmöglichkeiten allesamt erfassenden Ausdehnung der haftungsauslösenden Pflichtverletzungen unter Anreizgesichtspunkten letztlich kein nennenswerter Unterschied mehr zwischen einer Haftung für eigenes Verschulden und einer strikten Einstands­ pflicht für fremde Fehler. Die dogmatischen Unterschiede sollten daher im Rah­ men der hier angestellten, konsequentialistischen Analyse nicht überbewertet werden. Vielmehr lenkt die relative Konformität der tragenden Zurechnungsge­ sichtspunkte das Hauptaugenmerk darauf, die der culpa-Haftung ebenso wie der   Labeo D. 19, 2, 60, 7.   Paul. D. 3, 5, 21, 3. Zu den verbreiteten Einwänden gegen die Echtheit Knütel, SZ 100 (1983) 340, 345 ff. m. w. N. 119   Paul. D. 6, 1, 16, 1. 120   Pomp. D. 10, 2, 45, 1. 121   Zu den verschiedenen Einwänden eingehend Knütel, SZ 100 (1983) 340, 348 ff. m. w. N. 122   Alf. D. 18, 6, 12 (11). 123   Zu den insoweit relevanten geistesgeschichtlichen Grundlagen, infra §  5 A. 124   Exemplarische Überblicke für die zunächst vorherrschende Meinung bei Hasse, Die culpa des Römischen Rechts, 2.  Aufl., 1838, S.  405 ff.; Wyss, Die Haftung für fremde Culpa nach rö­ mischem Recht, 1867, S.  87 ff. Dazu auch noch infra §  5 B. 117 118

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strikten Einstandspflicht zugrundeliegenden Möglichkeiten einer überlegenen Einwirkung auf den handelnden Dritten weiter zu konkretisieren.

D.  Receptum-Haftung und verwandte Tatbestände Mit der prätorischen actio de recepto war Personen, die ihre Sachen bei einem Schiffer (nauta), Wirt (caupo) oder Vermieter eines Stalls (stabularius) einbrach­ ten, eine Ersatzklage gegeben, wenn die Sachen in dem Schiff, Wirtshaus oder Stall verschwanden oder beschädigt wurden.125 Die Grundlage der Einstands­ pflicht lag in einer besonderen Haftungsübernahme (salvum fore ricipere), die in klassischer Zeit aus einer ausnahmsweise klagbaren,126 formlosen Garantiezusage der unversehrten Rückgewähr abgeleitet wurde.127 Für die nachklassische Zeit ist umstritten, ob diese Übernahme bereits durch die rein tatsächliche Entgegennah­ me der eingebrachten Sachen als stillschweigend erteilt betrachtet wurde.128 Un­ abhängig davon erscheint der Wunsch unverkennbar, die receptum-Haftung trotz ihrer vertraglichen Wurzeln objektivierend zuzuschreiben und den Parteien nur mehr ihre ausdrückliche Abbedingung zu gestatten.129 Dafür spricht nicht zuletzt die in den Digesten überlieferte Zielsetzung der Edikte: Diese sollten die – schlecht beleumundeten – nautae, caupones und stabularii in ihrem Verantwortungsbe­ reich davon abhalten, zum Nachteil der ihnen die eingebrachten Sachen anver­ trauenden Personen mit (kriminellen) Dritten zusammenzuwirken oder deren Tun zu dulden.130 Wenn vor diesem Hintergrund pointiert davon gesprochen wird, die receptum-Haftung diene der „erzieherische[n] Prophylaxe mittels re­ pressiver Maßnahmen“,131 wird damit – bei aller gebotenen Zurückhaltung – letzt­ 125   Ulp. D. 4, 9, 1 pr. Eingehend hierzu Goldschmidt, ZHR 3 (1860) 58 und 331; Wicke, Re­ spondeat Superior, 2000, S.  81 ff.; knapper Überblick bei Kaser, Das römische Privatrecht, 1. Abschnitt, 2.  Aufl., 1971, §  136 III 3, S.  585 f. Speziell zur Haftung der Reeder, die den Ausgangs­ punkt der receptum-Haftung bildete Brecht, Zur Haftung der Schiffer im antiken Recht, 1962, S.  83 ff.; Meyer-Termeer, Die Haftung der Schiffer im griechischen und römischen Recht, 1978, S.  185 ff. 126   Jenseits des numerus clausus der klagbaren Konsensualverträge (contractus) waren form­ freie Absprachen (pacta nuda) grundsätzlich auch in der klassischen Zeit nicht selbständig klag­ bar. Vgl. Ulp. D. 2, 14, 7, 4 f.; Alex. C. 2, 3, 10. Schmidlin, Die römischen Rechtsregeln, 1970, S.  97 ff.; Kaser, Das römische Privatrecht, 1. Abschnitt, 2.  Aufl., 1971, §  123 IV, S.  527; Zimmermann, The Law of Obligations, 1990, S.  508. 127   Ulp. D. 47, 5, 1, 4. Kaser, Das römische Privatrecht, 1. Abschnitt, 2.  Aufl., 1971, §  136 III 3, S.  585. 128   In diesem Sinne gestützt auf Ulp. D. 4, 9, 1, 1; Ulp. D. 4, 9, 1, 6; Ulp. D. 4, 9, 1, 8 Brecht, Zur Haftung der Schiffer im antiken Recht, 1962, S.  112 ff.; ihm folgende Kaser, Das römische Privatrecht, 1. Abschnitt, 2.  Aufl., 1971, §  136 III 3, S.  585; Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  84 f. Ablehnend Meyer-Termeer, Die Haftung der Schiffer, 1978, S.  201 ff. 129   Ähnlich Zimmermann, The Law of Obligations, 1990, S.  520. 130   Vgl. Ulp. D. 4, 9, 1, 1; Ulp. D. 4, 9, 3, 1. Dazu Kaser, Das römische Privatrecht, 1. Ab­ schnitt, 2.  Aufl., 1971, §  136 III 3, S.  586; Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  83 f. 131   Hochstein, Obligationes quasi ex delicto, 1971, S.  19.

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lich eine anreizorientierte ratio legis formuliert, wie sie in heutiger Zeit von prä­ ventionsorientierten, insbesondere ökonomischen Theorien des Haftungsrechts zur vollen Entfaltung gebracht werden.132 Von besonderem Interesse für die hier anzustellende Untersuchung ist weiter­ hin, dass die receptum-Haftung im Ausgangspunkt unabhängig davon war, wer oder was für den Verlust oder die Beschädigung der eingebrachten Sache verant­ wortlich zeichnete.133 Dies schloss – im Gegensatz zur statusabhängigen Noxal­ haftung134 – auch die Verantwortlichkeit für das Verhalten freier, nicht der Haus­ gewalt des Haftenden unterworfenen Personen ein. Nach dem Vorgesagten kann schließlich nicht zweifelhaft sein, dass diese Haftung für das Verhalten Dritter angestrebtes Ziel und nicht lediglich in Kauf genommene Folge der Edikte war.135 Wichtiger erscheint ohnehin, dass zunächst zugunsten des Reeders eine Einrede (exceptio) empfohlen wurde, wenn Verlust oder Beschädigung der eingebrachten Sachen auf Schiffbruch (naufragium) oder Seeräuber (vis piratarum) zurückgin­ gen.136 Die sich hierin andeutende Abschichtung von beherrschbaren und nichtbeherrschbaren Risiken wurde in der Überlieferung der Digesten von Ulpian weitgehend vollendet, als er die Einrede auf Fälle höherer Gewalt (vis maior) ver­ allgemeinerte und in dieser Form auch den Stall- und Gastwirten zugute kommen ließ.137 In der Folge setzte sich noch in der klassischen Zeit die Überzeugung durch, dass den erfassten Personenkreis eine Bewachungspflicht in Bezug auf die eingebrachten Sachen traf, sodass sich die receptum-Haftung als Fall der custodiaHaftung138 verstehen ließ.139 Wenn davon gesprochen wird, diese sei bei den Schif­ fern, Gast- und Stallwirten von „besonderer Strenge“,140 soll hiermit zum Aus­ druck gebracht werden, dass die genannten Personen für die unversehrte Rückga­ be der eingebrachten Sachen über das sonst übliche Maß hinaus Gewähr zu leisten 132   Vgl. schon supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. a) (1). Eingehend infra Kapitel 4 §  2 B. I. 2 und Ka­ pitel 4 §  3 A. II. 133   Ulp. D. 4, 9, 3, 1. Lenel, SZ 49 (1929) 1, 5 spricht daher zutreffend davon, dass die Haftung den genannten Personenkreis zum Versicherer des Einbringers machte (zu den entsprechenden Einsichten und Folgerungen der Institutionenökonomik infra Kapitel 4 §  3 B. I. 1). 134   Supra B. 135   So überzeugend Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  83, gegen Goldschmidt, 3 ZHR (1859) 58, 71 f. 136   Nicht edikale Empfehlung von Labeo, Ulp. D. 4, 9, 3, 1. 137   Vgl. Ulp. D. 4, 9, 3, 1. Brecht, Zur Haftung der Schiffer im antiken Recht, 1962, S.  4, 84. Demgegenüber geht Meyer-Termeer, Die Haftung der Schiffer, 1978, S.  197 f., 218 davon aus, dass die exceptio zur Zeit von Ulpian und Gaius noch nicht im Sinne einer allgemeinen Be­ schränkung der receptum-Haftung auf Fälle niederer Gewalt zu verstehen war. Ähnlich Haymann, SZ 40 (1919) 167, 206 ff., der die exceptio als Einfügung der Kompilatoren Justinians be­ trachtet und die klassische receptum-Haftung daher für durchgehend unbeschränkt erachtet. Gegen ihn z. B. Brecht, Zur Haftung der Schiffer im antiken Recht, 1962, S.  97 f. m.w.N. 138   Dazu bereits supra C II 2 a). 139   Vgl. Ulp. D. 4, 9, 1, 8; Ulp. D. 47, 5, 1, 4; Gai. D. 4, 9, 5 pr. Brecht, Zur Haftung der Schiffer im antiken Recht, 1962, S.  86 ff.; Kaser, Festgabe für Ulrich von Lübtow, 1980, S.  291, 293 f.; R. Knütel, SZ 100 (1983) 340, 353; Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  82. 140   Windscheid/Kipp, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd.  2, §  384, 9.  Aufl., 1906, S.  618 f.

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Kapitel 2:  Entwicklungsstränge der Verantwortlichkeit für Hilfspersonen

hatten. Die Verantwortlichkeit schloss insbesondere auch eine Einstandspflicht des Schiffers für bestimmte (deliktische) Beeinträchtigungen ein, die durch Passa­ giere und Matrosen – im Gegensatz zu Freibeutern – verursacht waren.141 Die Grundfunktion der Edikte lässt sich deshalb dahingehend zusammenfassen, dass der Einbringende im Hinblick auf die Integrität seiner Sachen auf die besseren Einwirkungsmöglichkeiten des Schiffers vertraute und dies von Rechts wegen auch durfte, weil die Anreize zur Schadensprävention durch den Empfänger der Sachen stimuliert wurden.142 Dem entspricht es auch, wenn der caupo zwar für die Diebstähle seiner dauerhaft Quartier machenden, nicht aber für diejenigen seiner auf Durchreise befindlichen Gäste einstehen musste.143 Nur im Hinblick auf die von ersteren ausgehenden Risiken hat er aufgrund seiner beruflich erlangten Kenntnisse tatsächlich eine überlegene Beherrschungsmöglichkeit.

E.  Quasideliktische Haftungstatbestände des Prätors In die Kategorie der quasideliktischen Haftung fielen nach dem klassischen Ver­ ständnis Tatbestände einer zivilrechtlichen Haftung, die zwar deliktsähnlichen Charakter hatten, aber auf wesentliche Merkmale deliktischer Verantwortlichkeit verzichteten.144 Unabhängig davon, ob es tatsächlich zutrifft, dass ein wesent­ liches Kennzeichen aller quasideliktischen Haftungstatbestände in einer durch sie postulierten Einstandspflicht für das Fehlverhalten Dritter liegt,145 ist für die hier anzustellenden Überlegungen insbesondere die Ausgestaltung einzelner Quasi­ delikte als Tatbestände strikter, i.e. verschuldensunabhängiger Haftung146 und die jeweils zugrundeliegende ratio legis von besonderem Interesse.

I.  Actio de deiectis vel effusis Hausbewohner (habitator) hafteten nach einem Edikt des Prätors mit der actio de deiectis vel effusis für Beeinträchtigungen, die durch aus dem Fenster geworfene Gegenstände (deiectum) oder aus diesen gegossene Flüssigkeiten (effusum) verur­   Vgl. Ulp.  4, 9, 1, 8. Siehe auch Gai. D. 4, 9, 5, 1.   Zu den Gründen auch supra bei Fn.  130. 143   Ulp. D. 47, 5, 1, 6. 144   Vgl. eingehend zu Begriff und Entwicklung Hochstein, Obligationes quasi ex delicto, 1971, S.  19 ff.; Zimmermann, The Law of Obligations, 1990, S.  14 ff., 1126 ff. Zur Systematik der Obligationsgründe des römischen Rechts, Seiler, Die Systematik der einzelnen Schuldverhält­ nisse in der neueren Privatrechtsgeschichte, 1957, S.  4 ff. 145   So Buckland/MacNair, Roman Law and Common Law, 2.  Aufl., 1952, S.  395; dagegen v. a. im Hinblick auf die Haftung des iudex, qui litem suam facit (Inst. 4, 5 pr. = Gai., D. 44, 7, 5, 4; D. 50, 13, 6) z. B. Stein, 5 RIDA 563, 564 (1958); Stojcˇevic´, 8 Iura 57, 61 f. (1957); Hochstein, Ob­ ligationes quasi ex delicto, 1971, S.  27. Buckland glaubte, letztere erfassen zu können, weil in seiner Sicht der Richter durch sein Fehlurteil die Haftung einer Partei auf sich lade. 146   Vgl. hierzu eingehend Hochstein, Obligationes quasi ex delicto, 1971, S.  20 ff. 141

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sacht wurden, wenn dies an (öffentlichen oder privaten) Orten geschah, an denen eine Wegbenutzung durch die Öffentlichkeit stattfand.147 Für die hier in den Mit­ telpunkt gestellte Problematik ist vor allem interessant, dass die beschriebene, quasideliktische Haftung auch eine Einstandspflicht für das Verhalten Dritter im­ plizierte.148 Überliefert ist dabei eine Verantwortlichkeit des Hausbewohners für seine Gäste149 sowie seine Arbeiter und Lehrlinge,150 im Hinblick auf Sklaven mit der Möglichkeit noxaler Beschränkung.151 An anderer Stelle wird freilich nahe gelegt, die Haftung habe sich auf den Kreis der Familienmitglieder beschränkt.152 Aus heutiger Sicht besteht immerhin weitgehend Einigkeit, dass die Haftung des Hausbewohners von eigenem Verschulden unabhängig war.153 Scheinbar Anderes suggerierende Fragmente154 werden zum Teil als Zusätze der byzantinischen Kompilatoren betrachtet und deren Tendenz zur Versubjektivierung der Haf­ tungstatbestände in Richtung auf eine im Einzelfall nachzuweisende culpa zuge­ schrieben.155 In ähnlicher Weise werden die einschlägigen Passagen als noch in spätklassischer Zeit nachgeschobene, rechtspolitische Fundierung der Haftung eingeordnet, die in einem weit gefassten Erfordernis der objektiven Zurechenbar­ keit der Schädigung wurzle.156 Bemerkenswert ist in der Tat, dass sich die actio de deiectis vel effusis gegen den Hausbewohner richtete, der keinesfalls Eigentümer

147   Ulp. D. 9, 3, 1 pr.; Inst. 4, 5, 1; Gai. D. 44, 7, 5, 5. Dazu eingehend Wittmann, Die Körper­ verletzung an Freien im klassischen römischen Recht, 1972, S.  62 ff.; Zimmermann, Festschrift für Hermann Lange, 1992, S.  301; Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  96 ff. 148   Vgl. nur Kaser, Das römische Privatrecht, 1. Abschnitt, 2.  Aufl., 1971, §  146 V 1, S.  628 f.; Schermaier in: Schmoeckel/Rückert/Zimmermann (Hrsg.), HKK-BGB, Bd.  II/1, 2007, §§  276– 278 Rdnr.  23. Paul. D. 9, 3, 6, 2 und Gai. D. 44, 7, 5, 5 sprechen von einem Einstehenmüssen für fremde culpa. 149   Lab.-Ulp. D. 9, 3, 5, 4. Die (vorübergehenden) Gäste hafteten ihrerseits nicht, vgl. Ulp. D. 9, 3, 1, 9. 150   Ulp. D. 9, 3, 5, 3 151   Ulp. D. 9, 3, 1 pr. 152   Paul. D. 9, 3, 6, 2; Gai. D. 44, 7, 5, 5. 153   Ulp. D. 9, 1, 3, 4. Zimmermann, Festschrift für Hermann Lange, 1992, S.  301, 306. 154   Ulp. D. 9, 3, 1, 4 spricht davon, dass der Hausbewohner hafte, weil die culpa auf seiner Seite liege (culpa enim penes eum est); Paul. D. 9, 3, 6, 2 und Gai. D. 44, 7, 5, 5 gehen von einer Einstandspflicht des habitor für eigene und fremde culpa aus. 155   F. Schulz, GrünhutsZ 38 (1911) 9, 38 f.; B. Kübler, SZ 39 (1918) 172, 218 mit Fn.  2; Stein, 5 RIDA 563, 568 (1958); Hochstein, Obligationes quasi ex delicto, 1971, S.  23; Wittmann, Die Körperverletzung im klassischen römischen Recht, 1972, S.  6 4. Dagegen z. B. Krückmann, SZ 63 (1943) 1, 41; MacCormack, 18 RIDA 525, 547 f. (1971); Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  98. Allgemein zur nachklassischen Entwicklung im hier interessierenden Zusammenhang Kaser, Das römische Privatrecht, 2. Abschnitt, 2.  Aufl., 1975, §  258, S.  346 ff., insbesondere ibid., §  258 IV, S.  348 ff. sowie infra §  2 A. 156   So Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  98 f. Ähnlich spricht auch Kaser, Das römische Privatrecht, 1. Abschnitt, 2.  Aufl., 1971, §  146 V 1, S.  628 mit Fn.  38 davon, der habitator hafte für die bloße Gefährdung, die culpa sei im Sinne bloßer Zurechenbarkeit zu verstehen. In der Tat konnte der culpa bereits in klassischer Zeit die Bedeutung eines objektivierten Verstoßes gegen eine gegebene Sorgfaltspflicht zukommen, vgl. allgemein Kaser, Das römische Privatrecht, 1. Abschnitt, 2.  Aufl., 1971, §  118 II 3, S.  504 f., §  118 III 4 a), S.  511 f.

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Kapitel 2:  Entwicklungsstränge der Verantwortlichkeit für Hilfspersonen

der Immobilie sein musste.157 Entscheidend war demnach das Bestehen hinrei­ chend verfestigter,158 tatsächlicher Verfügungsgewalt über die Wohnung und nicht etwa eine eigentumsrechtliche Herrschaftsbeziehung.159 Dies lässt sich durchaus dahingehend interpretieren, der prätorische Haftungstatbestand knüpfte an die typischerweise bestehende, überlegene Möglichkeit zur Kontrolle der erfassten Risiken durch den verantwortlichen Personenkreis an. Dieser sollte durch eine Drohung mit rechtsförmigen, zum Teil superkompensatorischen Sanktionen160 zu adäquaten Präventionsanstrengungen angehalten werden.161 Mit dem so um­ schriebenen rechtspolitischen Ziel wäre zwar die Statuierung einer Verschuldens­ haftung nicht prinzipiell unvereinbar.162 Dieses trägt aber auch eine rein objektive Zuweisung der Verantwortlichkeit, weshalb sich die einschlägigen Passagen tat­ sächlich als Umschreibung der ratio legis einer – im Wortlaut des Edikts dezidiert als nicht vom Verschulden abhängig gekennzeichneten163 – Haftung lesen lassen. Aus Sicht der hier angestellten Untersuchung erscheint ohnehin bedeutsamer, dass sich die Haftung – unabhängig von ihrer Ausgestaltung im Einzelnen – auf einen wiederkehrenden Grundgedanken zurückführen lässt. Zur Bekämpfung von als besonders regulierungsbedürftig empfundenen Missständen164 bediente sich der Prätor des Mittels einer privaten Haftung derjenigen, die zur Kontrolle der hinreichend tatbestandlich abgrenzbaren, unerwünschten Gefahren am bes­ ten in der Lage waren.165 Die gängige Charakterisierung der actio de deiectis vel   Ulp. D. 9, 3, 4, 1.   Zum vorübergehenden Gast supra Fn.  149. 159   Ulp. D. 9, 3, 1, 9; Gai. 44, 7, 5, 5. Zum Ganzen auch MacCormack, 18 RIDA 525, 548 (1971); Zimmermann, Festschrift für Hermann Lange, 1992, S.  301, 305 f.; Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  98 f. 160   Wurde durch das inkriminierte Werfen oder Gießen eine Sache zerstört oder beschädigt bzw. ein Sklave getötet oder verletzt, haftete der Hausbewohner in duplum. Er hatte also den doppelten Vermögensschaden zu ersetzen, Ulp. D. 9, 3, 1, 4. Wurde ein Freier getötet, so konn­ ten die Erben des Opfers auf einen Betrag von fünfzig aurei klagen, Ulp.  9, 3, 1, 5. Wurde der Freie verletzt, konnte er eine billige Entschädigung einklagen, Ulp. D. 9, 3, 1 pr. Letzere schloss die Heilungskosten und den Arbeitsausfall ein, irreversible immaterielle Beeinträchtigungen (cicatrices, deformitas) fanden indessen keine Berücksichtigung, Gai. D. 9, 3, 7. Zu den Gründen hierfür Wittmann, Die Körperverletzung an Freien im klassischen römischen Recht, 1972, S.  66 ff. 161   Vgl. Zimmermann, Festschrift für Hermann Lange, 1992, S.  301, 305; Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  97, freilich mit der hier nicht geteilten Behauptung, das römische Deliktsrecht übernehme hiermit Funktionen, die nach „unseren“ bzw. „heutigen Vorstellungen“ dem Or­ dungswidrigkeiten- und Strafrecht oblägen. Vgl. bereits supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. b). 162   So aber die (unausgesprochene) Prämisse der Argumentation bei Wicke, Respondeat Su­ perior, 2000, S.  98 f. Vgl. zur eingeschränkten Gleichwertigkeit von verschuldensabhängiger und -unabhängiger Haftung unter Präventionsgesichtspunkten infra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. b) (1) i. 163   Dies wird auch in der einschlägigen Überlieferung ausdrücklich betont, vgl. Ulp.  9, 3, 1, 4. 164   Zu den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, insbesondere der Wohnsituation in den römischen Mietskasernen (insulae), die zum Erlass der Edikte führten, Wittmann, Die Körper­ verletzung an Freien im klassischen römischen Recht, 1972, S.  63 f.; Zimmermann, Festschrift für Hermann Lange, 1992, S.  301, 301 ff. 165   Ganz ähnlich, freilich unter weniger starker Betonung des normativ zentralen Aspekts 157

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effusis als pönale Klage166 sollte in der hier geteilten Sicht daher dahingehend ver­ standen werden, dass der Prätor ein „Strafziel“ verfolgte, dass trotz seiner un­ leugbaren Wurzeln im Sühnegedanken167 zumindest auch der Erzielung eines – aus heutiger Sicht zweckrationalen – gesamtgesellschaftlichen Steuerungseffekts diente. Das private Quasidelikt sanktionierte letztlich unzureichende Präventi­ onsbemühungen, insbesondere auch in Form einer nicht ausreichenden Kontrolle des Verhaltens Dritter.

II.  Actio furti/damni in factum adversus nautas, caupones, stabularios Den Kunden der Schiffer, Gast- und Stallwirte kamen neben der actio de recepto noch zwei quasideliktische Klagen zugute, die wahrscheinlich älteren Ursprungs als die umfassendere receptum-Haftung waren.168 Im Fall des Diebstahls oder der Beschädigung der eingebrachten Sachen führten die actiones furti/damni in factum adversus nautas, caupones, stabularios zu einer Verantwortlichkeit des ge­ nannten Personenkreises. Dabei ist der Überlieferung klar zu entnehmen, dass die Klagen nicht nur eine Verantwortlichkeit für die eigene Tat des Haftenden, son­ dern auch eine solche für diejenige seiner Angestellten sowie der – nur beim Gast­ wirt begegnenden – Dauergäste begründete, und zwar unabhängig davon, ob der Handelnde Sklave oder Freier war.169 Wenn über den genannten Personenkreis hinaus teilweise auch eine Haftung des Schiffers für seine Passagiere angenom­ men wird,170 fehlt hierfür ein Anknüpfungspunkt in den Quellen.171 Diese tragen nur die Annahme einer Haftung für die Taten der Besatzung,172 während die Ein­ der komparativ überlegenen Fähigkeit zur Risikosteuerung Wittmann, Die Körperverletzung an Freien im klassischen römischen Recht, 1972, S.  63 f.; Zimmermann, Festschrift für Hermann Lange, 1992, S.  301, 307; Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  98 f., 100; Schermaier in: Schmo­ eckel/Rückert/Zimmermann (Hrsg.), HKK-BGB, Bd.  II/1, 2007, §§  276–278 Rdnr.  24. 166   Vgl. nur Kaser, Das römische Privatrecht, 1. Abschnitt, 2.  Aufl., 1971, §  142 I, S.  610, §  146 V 1, S.  628; Zimmermann, Festschrift für Hermann Lange, 1992, S.  301, 305. 167   Dieser wird für die klassische Zeit dahingehend formuliert, dass die Bezahlung der Geld­ buße (poena) dem Täter eine Strafe auferlegt, durch die das begangene Unrecht gesühnt und dem Verletzten Genugtuung verschafft wurde, d. h. der ursprüngliche Gedanke einer Ablösung des Racherechts des Verletzten an der Person des Täters war nicht mehr zentral. Dazu Kaser, Das römische Privatrecht, 1. Abschnitt, 2.  Aufl., 1971, §  142 II, S.  610; Jansen, Die Struktur des Haf­ tungsrechts, 2003, S.  202 ff. 168   Klingmüller in: Pauly/Wissowa (Begr.), Paulys Real-Encyclopädie der classischen Alter­ tumswissenschaft, Bd.  1A, Halbbd. 1, 1914, S.  355, 358; Brecht, Zur Haftung der Schiffer im antiken Recht, 1962, S.  109; Hochstein, Obligationes quasi ex delicto, 1971, S.  18; Zimmermann, The Law of Obligations, 1990, S.  517; Meyer-Termeer, Die Haftung der Schiffer im griechischen und römischen Recht, 1978, S.  186; Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  91; anders Thomas, 7 RIDA 489, 498 (1960). 169   Vgl. Ulp. D. 47, 5, 1, 6; Paul. 4, 9, 6, 3. 170   So Kaser, Das römische Privatrecht, 1. Abschnitt, 2.  Aufl., 1971, §  136 III 3, S.  586. 171   Dazu auch Goldschmidt, ZHR 3 (1860) 58, 71, Karlowa, Römische Rechtsgeschichte, Bd.  2, 1901, S.  1321; Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  86 Fn.  192. 172   Paul. D. 4, 9, 7 pr.; Ulp. D. 47, 5, 1.

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Kapitel 2:  Entwicklungsstränge der Verantwortlichkeit für Hilfspersonen

standspflicht für diejenigen der Passagiere auf quasideliktischer Grundlage173 so­ gar ausdrücklich abgelehnt wird.174 Festzuhalten ist aber, dass wiederum die überlegene Kontrolle der risikoträch­ tigen Aktivitäten als eine der normativen Grundlagen für die anreizorientierte Haftung verstanden werden kann.175 Dazu passt durchaus auch, dass überwie­ gend die an einigen Stellen in der Überlieferung auftauchende Fundierung der Haftung in der culpa des Verantwortlichen176 als Zusatz der byzantinischen Kom­ pilatoren verstanden wird, der vermeintlich die Integration der quasideliktischen Haftung in das zur Zeit ihres Wirkens vorherrschende Konzept einer auf subjek­ tiver Vorwerfbarkeit aufbauenden, außervertraglichen Haftung erlaubte.177 Aber auch diejenigen Autoren, die den culpa-Hinweis für authentisch halten, begreifen ihn nicht im Sinne einer im Einzelfall nachzuweisenden individuellen Vorwerf­ barkeit, da in den einschlägigen Quellen auf eine persönliche Unrechtsbegehung des Haftenden verzichtet wird.178 Dem culpa-Hinweis wird vielmehr die Bedeu­ tung eines die Haftung normativ tragenden, vom Prätor typisierend unterstellten Verschuldens beigemessen179 bzw. er wird als objektiver, die Zurechnung des Ge­ hilfendelikts rechtfertigender Verstoß gegen die Verhaltensgebote des prätorischen Edikts verstanden.180 Der entscheidende Gesichtspunkt ist letztlich, dass jeden­ falls die Natur der quasideliktischen Einstandspflicht als Erfolgshaftung betont wird, die mit Hilfe der genannten Erwägungen zur überlegenen Risikobeherr­ schung legitimiert werden kann. Dabei wird – ganz zutreffend181 – in der rechts­ historischen Literatur darauf hingewiesen, dass die überlegene Möglichkeit der Risikobeherrschung nicht nur dann gegeben sein kann, wenn jederzeit eine un­

  Zur receptum-Haftung auch für Mitreisende supra D.   Ulp. D. 47, 5, 6. 175   Vergleichbare, zweckrationale Erklärungsansätze für die quasi-deliktische Haftung im römischen Recht finden sich – zunächst für die Haftung des iudex, qui litem suam fecit, vgl. Seidl, 18 SDHI 343 (1952); Hübner, 5 IURA 200, 204 ff. (1954); Stein, 5 RIDA 563, 569 (1958) – bei Birks, 22 CLP 164, 174 (1969); Hochstein, Obligationes quasi ex delicto, 1971, S.  29 f.; Zimmermann, The Law of Obligations, 1990, S.  17 f., Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  9 0. Zur parallelen Argumentation bei der actio de deiectis vel effusis vgl. supra I. 176   Vgl. insbesondere Gai. D. 44, 7, 5, 6 wo es heißt, die Einstandspflicht für die genannten Dritten beruhe darauf, dass den Verantwortlichen eine Art Auswahlverschulden treffe: Er be­ diene sich der Hilfe unzuverlässiger Menschen und handle insofern bis zu einem gewissen Gra­ de schuldhaft („aliquatenus culpae reus est“). Vgl. auch Inst. 4, 5, 3; Ulp. D. 4, 9, 7, 4. 177   Vgl. F. Schulz, GrünhutsZ 38 (1911) 9, 44, 47 ff.; Hochstein, Obligationes quasi ex delicto, 1971, S.  23; Zimmermann, The Law of Obligations, S.  17. Entsprechende Argumentation für die actio de deiectis vel effusis bei den supra in Fn.  155 Genannten. 178   Gai. 3 aur. D. 44, 7, 5, 6: „quasi ex maleficio teneri videtur, si modo ipsius nullum est ma­ leficium“. Ebenso Inst. 4, 5, 3. 179   Kaser, Das römische Privatrecht, 2. Abschnitt, 2.  Aufl., 1975, §  266 III, S.  408. 180   MacCormack, 18 RIDA 525, 550 (1971); ähnlich Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  88. 181   Zur ökonomischen Rationalität eines weitgefassten Verständnisses der Risikobeherr­ schung vgl. infra Kapitel 4 §  1 A. II. 173 174

§  1  Römisches Recht

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mittelbare Einwirkung auf den potentiell schädigenden Personenkreis möglich ist.182

F.  Römisches Fallrecht als Ausdruck einer funktional rationalisierbaren Risikoverteilung In der Zusammenschau zeigt sich die einschlägige Kasuistik des klassischen rö­ mischen Rechts als ebenso pragmatische wie differenzierte Verteilung der Risiken aus dem Einsatz (freier und unfreier) Hilfspersonen. In den überlieferten Konstel­ lationen ist der potentiell Haftende bei abstrakter Betrachtung mit einer kompa­ rativ überlegenen Möglichkeit ausgestattet, die Gefahren aus dem Gehilfeneinsatz zu steuern.183 Aus dem Gesichtspunkt der überlegenen Beherrschbarkeit des je­ weiligen Risikos erklären sich die zentralen Differenzierungen der Quellen so­ wohl im Hinblick auf den Kreis der Personen, deren Verhalten potentiell Verant­ wortlichkeiten begründete, die insoweit maßgeblichen Handlungen sowie die Passivlegitimation.184 Bei näherer Betrachtung erweist sich im Ergebnis die im Ausgangspunkt fun­ damentale dogmatische Trennung der Fälle einer strikten Zurechnung von Gehil­ fenfehlern einerseits, von denjenigen einer Verantwortlichkeit nur für eigenes Verschulden andererseits, als weniger gravierend. Maßgeblich ist insoweit, dass häufig nicht der konkrete Nachweis eines Auswahl- oder Überwachungsver­ schuldens gefordert war, sondern vielmehr eine weit in das Vorfeld des eigent­ lichen Gehilfeneinsatzes verlagerte culpa in habendo als ausreichend betrachtet wurde.185 Die hierdurch erzielte Anreizwirkung entspricht – da das Aktivitätsni­ veau beim Gehilfeneinsatz auch bei einer derartigen culpa-Haftung weitgehend internalisiert wird – letztlich demjenigen der strikten Zurechnung aller Gehilfen­ fehler. Die Tragfähigkeit der hier unternommenen, die Quellen aus der Perspektive einer steuerungstheoretischen Konzeption betrachtenden Analyse hängt nicht zentral davon ab, dass ein solcher Ansatz bewusst und vollkommen konsistent vom historischen Normgeber durchgehalten wurde. Entscheidend ist vielmehr, dass er eine soziale Funktion der untersuchten Rechtsinstitute erhellt, die deren konkrete Gestalt in ihrer historisch-kulturellen Einbettung ebenso erklären kann wie ihre Stabilität im geschichtlichen Verlauf.

182   Im Hinblick auf die Haftung des nicht an Bord reisenden, gleichwohl aber die von der geheuerte Besatzung ausgehenden Risiken eines Diebstahls oder einer Sachbeschädigung be­ herrschenden Schiffers, vgl. Ulp. D. 4, 9, 7 pr. sowie v. a. Hochstein, Obligationes quasi ex delic­ to, 1971, S.  29 ff.; Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  88 f. 183   Supra B; C I, II 2 c), III 1 a. E., 2 a. E., 4; D; E I a. E., II a. E. 184   Ibid. 185   Insbesondere supra C. III. 1., 2. jeweils a. E.

§  2  Nachklassik, Christentum und Mittelalter A.  Systematisierungsstreben und christlicher Einfluss Bereits die oströmische Tradition wies eine deutliche Tendenz dahingehend auf, die Haftungsmaßstäbe des klassischen Rechts, dolus, culpa und custodia zu ord­ nen und dabei zu einer höheren Systematisierung zu gelangen. Auch die custodiaHaftung wurde als Ausfluss einer – besonders strengen – Sorgfaltspflicht begrif­ fen. Auf diese Weise ließen sich auch die für die klassische Zeit gesicherten Kons­ tellationen einer Erfolgshaftung als Fälle einer verletzten Sorgfaltspflicht erfassen und diese neglegentia mit dem Haftungsmaßstab der culpa gleichsetzen.  Insge­ samt lässt sich beobachten, dass die einzelnen Haftungstatbestände deutlich mit einem bestimmten, inkriminierten Verhalten assoziiert wurden und auf diese Weise der „Gedanke der Pflichtwidrigkeit“ immer akzentuierter zur Entfaltung kam. Von prominenter Seite wird bereits für die nachklassische Zeit und vor allem die oströmische Entwicklung gemutmaßt, dass christliche Lehren auf die Fortbildung der klassischen Haftungsordnung einwirkten, was sich nicht zuletzt in der vielfachen Verwendung moralisierender Begriffe zur Kennzeichnung do­ losen Verhaltens manifestierte. Unbestreitbar ist der Einfluss der christlichen Moraltheologie und -philosophie schließlich auf das mittelalterliche Recht, das in vielschichtiger Weise durch ein religiöses Verständnis der antiken Quellen sowohl bei den Kanonisten als auch    Inst. III, 14, 2–4 gehen davon aus, dass der Entleiher und der Pfandgläubiger für exacta bzw. exactissima diligentia einzustehen haben. Siehe dazu auch Hausmaninger, Festschrift für Max Kaser, 1976, S.  265, 271 ff. Allgemein zur kanonisierenden Tendenz der byzantinischen Schulen D. Nörr, Die Fahrlässigkeit im byzantinischen Vertragsrecht, 1960, S.  61 ff.    Eingehend Kunkel, SZ 45 (1925) 266, 297 ff. 314 ff.; D. Nörr, Die Fahrlässigkeit im byzanti­ nischen Vertragsrecht, 1960, S.  35 ff., 46 ff., 49 ff.; zusammenfassend Kaser, Das römische Privat­ recht, 2. Abschnitt, 2.  Aufl., 1975, §  258 IV 3 a), S.  350 f.; Molnár, Die Haftungsordnung des rö­ mischen Privatrechts, 1998, S.  187 ff.    So Schermaier in: Schmoeckel/Rückert/Zimmermann (Hrsg.), HKK-BGB, Bd.  II/1, 2007, §§  276–278 Rdnr.  26. Beschränkt auf die culpa-Haftung auch Kaser, Das römische Privatrecht, 2. Abschnitt, 2.  Aufl., 1975, §  258 IV 3 a), S.  350, der in der oströmischen Entwicklung keine grundsätzliche Neuerung, sondern nur eine Unterstreichung des Pflichtwidrigkeitsaspekts sieht.    Vgl. Kaser, Das römische Privatrecht, 2. Abschnitt, 2.  Aufl., 1975, §  258 IV 1, S.  348; §  258 V, S.  356 f.    Einzelnachweise bei Kaser, Das römische Privatrecht, 2. Abschnitt, 2.  Aufl., 1975, §  258 IV 2, S.  349 Fn.  22; Schermaier in: Schmoeckel/Rückert/Zimmermann (Hrsg.), HKK-BGB, Bd.  II/1, 2007, §§  276–278 Rdnr.  27 Fn.  176.

§  2  Nachklassik, Christentum und Mittelalter

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bei den Glossatoren und Kommentatoren gekennzeichnet ist.  Für die hier unter­ suchte Thematik ist die Wandlung des Verständnisses der culpa von entschei­ dender Bedeutung: Als Konsequenz der christlich-ethischen Imputationslehre wird Verschulden als gottesferne Sünde begriffen, da der Handelnde das summum bonum, d. h. die göttliche Ordnung angreift. Es mag an dieser Stelle dahinstehen, ob diese willenstheoretische Auffassung von Verschulden auf einem paradigma­ tisch von aristotelischen Handlungslehren abweichenden Fundament ruht, weil nicht die Handlung und der von ihr hervorgebrachte Erfolg, sondern der hinter ihr stehende Wille für das zu fällende, moralische Urteil zentral ist.  Für die hier untersuchte Fragestellung erscheint letztlich bedeutsamer, dass vor dem skiz­ zierten Hintergrund eine zivilrechtliche Haftung ohne Verschulden nicht denk­ bar war. Für die Kanonistik folgt dies unmittelbar aus der immanenten Verknüp­ fung der Widerrechtlichkeit einer Handlung mit dem Sündenurteil, woraus sich der als strafend verstandene Charakter gerade auch der restituierenden Sankti­ onen erklärt.10 Naturgemäß musste es in dieser Sicht größte Schwierigkeiten be­ reiten, eine Verantwortlichkeit auch für verschuldensunabhängige Ereignisse zu begründen, wovon die Streitigkeiten zeugen, die im Rahmen der Lehre vom versari in re illicita die Haftung für sämtliche Handlungsfolgen als eine solche für culpa praecedens zu etablieren suchten.11 Aber auch die Zivilistik war bemüht, in den Quellen als verschuldensunabhängig gekennzeichnete Haftungstatbestände, wie die actio de deiectis vel effusis,12 auf das einheitliche Konzept einer Willens­ schuld zurückzuführen, indem unterstellt wurde, die Sachen oder Flüssigkeiten seien schuldhaft aus dem Gebäude geworfen oder gegossen worden13 bzw. der haftende Bewohner habe schuldhaft unzuverlässige Personen in seine Räumlich­

   Eingehend hierzu Schermaier in: Schmoeckel/Rückert/Zimmermann (Hrsg.), HKK-BGB, Bd.  II/1, 2007, §§  276–278 Rdnr.  28 ff.    Exemplarisch Thomas von Aquin, Summa Theologiae, Caramello (Hrsg.), Bd.  1, 1952, Ia– IIae, q. 19, a. 9, resp., S.  103 f. Vgl zum Ganzen auch Parisi, Liability for Negligence and Judicial Discretion, 2.  Aufl., 1992, S.  113 ff.    Dies betont v. a. Schermaier in: Schmoeckel/Rückert/Zimmermann (Hrsg.), HKK-BGB, Bd.  II/1, 2007, §§  276–278 Rdnr.  30, gegen Gordley in: Owen (Hrsg.), Philosophical Founda­ tions of Tort Law, 1995, S.  131, 140 ff.    Dilcher, Die Theorie der Leistungsstörungen bei Glossatoren, Kommentatoren und Kano­ nisten, 1960, S.  9 0 ff. 10   Dazu etwa Hermann Lange, Schadensersatz und Privatstrafe in der mittelalterlichen Rechtstheorie, 1955, S.  114 f.; eingehend Dondorp in: Schrage (Hrsg.), Negligence, 2001, S.  101, 103 ff. 11   Hierzu Engelmann, Die Schuldlehre der Postglossatoren und ihre Fortentwicklung, 2.  Aufl., 1965, S.  210 ff.; Kuttner, Kanonistische Schuldlehre von Gratian bis auf die Dekretalen Gregors IX, Neudruck 1973, S.  200 ff. 12   Supra Kapitel 2 §  1 E. I. 13   Vgl. die entsprechenden Ausführungen in dem bei Dolezalek (Hrsg.), Festgabe für Helmut Coing, 1982, S.  87, 104 ff. abgedruckten Tractatus de diligentia et dolo et culpa et fortuitu casu in den Zeilen 75–81, ibid. S.  107 f.

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Kapitel 2:  Entwicklungsstränge der Verantwortlichkeit für Hilfspersonen

keiten gelassen.14 Auch die Verantwortlichkeit für custodia15 konnte nur als Ver­ stoß gegen die erforderliche Sorgfalt gedeutet werden, d. h. die Grundlage der Haftung wurde in zumindest leichtester Fahrlässigkeit (culpa levissima16) gese­ hen.17 Dieser oberhalb des casus, am unteren Ende der Skala angesiedelte culpaVorwurf diente auch dazu, die bis zur Grenze der höheren Gewalt reichende receptum-Haftung der Reeder, Gast- und Stallwirte18 zu erklären.19

B.  Moralische Imputation und Einstandspflicht für Drittverhalten Das Vorgesagte fand im Hinblick auf die hier in Mitten stehende Thematik seinen Niederschlag darin, dass in der mittelalterlichen Rezeption eine Verantwortlich­ keit für Gehilfenfehler ohne eigenes Verschulden grundsätzlich nicht in Betracht kam. Die Haftung für Handlungen der Sklaven, Tagelöhner oder sonstigen Hilfs­ personen beruhte vielmehr stets auf einem Auswahlverschulden des Geschäfts­ herrn. 20 Über die in der Tat auf eine culpa in eligendo als Haftungstatbestand ab­ stellenden Überlieferungen hinaus, 21 wurden auch die in den klassischen Quellen als verschuldensunabhängig gekennzeichnete Verantwortlichkeit der nautae, capones und stabularii ebenso dahingehend verstanden, sie beruhe auf einer Be­ schäftigung schlechter Leute, 22 wie auch die im Rahmen der actio de deiectis vel effusis begegnende Einstandspflicht für durch Dritte aus dem Gebäude geworfene Gegenstände oder gegossene Substanzen mit der culpa praecedens des Bewohners erklärt wurde, der die Verletzer eingelassen hatte. 23 Wie erwähnt, wurde die 14   In diesem Sinne die Gl. culpa ad D. 9, 3, 1, 4: „nam non exigitur culpa in facto sed ante factum sic: quia utitur opera malorum hominum inhabitans“. Hierzu auch Hermann Lange, Schadensersatz und Privatstrafe in der mittelalterlichen Rechtstheorie, 1955, S.  119. 15   Supra §  1 C II. 16   Zur unter den Legisten vorherrschenden Einteilung des Verschuldensvorwurfs und den z. T. feinsinnigen Differenzierungen Engelmann, Die Schuldlehre der Postglossatoren und ihre Fortentwicklung, 2.  Aufl., 1965, S.  187 ff.; H.-J.Hoffmann, Die Abstufung der Fahrlässigkeit in der Rechtsgeschichte, 1968, S.  35 ff.; Hallebeck in: Schrage (Hrsg.), Negligence, 2001, S.  73, 86 ff. 17   Dilcher, Die Theorie der Leistungsstörungen bei Glossatoren, Kommentatoren und Kano­ nisten, 1960, S.  76 f. 18   Supra §  1 D. 19   So Gl. etiam si sine culpa ad D. 4, 9, 3, 1. Hierzu Hermann Lange, Schadensersatz und Privatstrafe in der mittelalterlichen Rechtstheorie, 1955, S.  119; H.-J.Hoffmann, Die Abstufung der Fahrlässigkeit in der Rechtsgeschichte, 1968, S.  36 f.; Hallebeck in: Schrage (Hrsg.), Negli­ gence, 2001, S.  73, 98. 20   So Schermaier in: Schmoeckel/Rückert/Zimmermann (Hrsg.), HKK-BGB, Bd.  II/1, 2007, §§  276–278 Rdnr.  39 unter Berufung auf Bartolus de Saxoferrato und gegen Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  140 ff.; Jansen, Die Struktur des Haftungsrechts, 2003, S.  304, die davon aus­ gehen, die umfassende Durchsetzung des Verschuldensprinzips als Haftungsgrundlage gerade auch für Gehilfenfehler sei erst für den Usus modernus zu konstatieren. 21   Dazu supra §  1 C I 2 b), III. 22   Gl. iudicium ad D. 4, 9, 3, 1. 23   Bereits supra Fn.  14.

§  2  Nachklassik, Christentum und Mittelalter

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scheinbar von eigenem Verschulden unabhängige Haftung für Dritte darüber hin­ aus auch dergestalt dem beherrschenden Verständnis von Verantwortlichkeit als Sanktion einer Willensschuld unterstellt, dass den Haftenden in den einschlägigen Konstellationen zumindest leichteste Fahrlässigkeit zur Last fallen könne.24 Das Bemühen um eine systematische Vereinheitlichung der Haftungstatbe­ stände auf der Grundlage des skizzierten Verschuldensprinzips führt dazu, dass von einer echten Verantwortlichkeit für Dritthandlungen nicht mehr gesprochen werden kann. Gleichzeitig darf freilich nicht verkannt werden, dass die christlich beeinflusste Rationalisierung der Überlieferung nicht dazu diente, von den Quel­ len abweichende Ergebnisse zu erzielen. Letztere wurden vielmehr nur im Ein­ klang mit den vorherrschenden moraltheologischen und -philosophischen Lehren rationalisiert.

C.  Konsequenzen Es bleibt festzuhalten, dass die nicht zuletzt im Zusammenhang mit dem Gehil­ feneinsatz auf eigenes Verschulden des Geschäftsherrn beschränkten Haftungs­ tatbestände auch bei den Glossatoren und Kommentatoren das Ergebnis einer besonderen geistesgeschichtlichen Entwicklung darstellen, die bereits die gleich­ gerichteten Systematisierungsversuche der Nachklassik beeinflusst haben dürfte. Diese Herkunft akzentuiert in besonderem Maße die Zweifel gegenüber einer un­ reflektierten Übernahme der geschaffenen Dogmatik und ihrer Ausläufer in das säkulare Vertragsrecht eines pluralistischen Gemeinwesens, wie sie bereits aus all­ gemeinen Erwägungen gegenüber den versprechensethischen Konzeptionen des Vertragsrechts geäußert wurden.25 Gerade im Hinblick auf die Legisten lässt sich aus derartigen Erwägungen aber auch noch kein abschließendes Urteil über die Sachgerechtigkeit der gefundenen Lösungen fällen. 26 Umgekehrt könnte aber aus einem vermeintlichen inhaltlichen Gleichlauf der mittelalterlichen mit den heu­ tigen Begrifflichkeiten nur dann ein Schluss auf die besondere Sachgerechtigkeit der historischen Quellen gezogen werden, 27 wenn man die Existenz universaler, vom sozio-kulturellen Kontext unabhängiger, sich im Rahmen einer mehr oder minder linear verlaufenden Evolution herausbildender Rechtsgrundsätze und  24   Gl. etiamsi sine culpa ad D. 4, 9, 3, 1: „nam si nec levissima intervenit, ergo fuit casus for­ tuitus, et sic non tenetur“. Vgl. auch supra A am Ende. 25   Supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. a) (1). 26   Vgl. z. B. sehr skeptisch gegenüber der Zweckmäßigkeit der Begriffsbildung der Kommen­ tatoren Otte, Dialektik und Jurisprudenz, 1971, S.  111. Auch Savigny, Geschichte des römischen Rechts im Mittelalter, Bd.  V I, 1850, S.  9, 20 kennzeichnet die Wissenschaft der Kommentatoren als „leeren Formalismus“. 27   In diesem Sinne aber z. B. Lange/Kriechbaum, Römisches Recht im Mittelalter, Bd.  II, 2007, S.  270 Fn.  33, die insbesondere im Hinblick auf die Definition der culpa bei Bartolus, von einer gelungenen und zweckmäßigen Begriffsbildung sprechen, da diese eine große Überein­ stimmung mit §  276 BGB aufweise.

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Kapitel 2:  Entwicklungsstränge der Verantwortlichkeit für Hilfspersonen

-prinzipien unterstellt, die sich bereits im Mittelalter ausbildeten.28 Gerade der Blick auf die weitere Rechtsentwicklung sensibilisiert das Bewusstsein dafür, dass und inwieweit sich bestimmte Haftungskonzepte von ihren geistesgeschichtlichen Wurzeln lösen ließen und auf veränderter normativer Grundlage fortgeschrieben wurden.

  Hierzu bereits supra Kapitel 1 §  1 B. I.

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§  3  Humanismus und Usus Modernus A.  Fortschreiben mittelalterlicher Haftungs- und Zurechnungslehren Die für die mittelalterlichen Juristen zentrale Konzeption der haftungsbegrün­ denden Schuld wird von den Humanisten und im Usus Modernus fortgeschrie­ ben. Auch für die Fahrlässigkeit wird das Zurückbleiben hinter der erforderlichen diligentia als vorwerfbare moralische Verfehlung, als Sünde (peccatum) bezeich­ net.  Wenn zum Teil der Verwendung des Begriffs des peccatum die moralischreligiöse Bedeutung abgesprochen wird, überzeugt dies vor dem Hintergrund der eindeutigen moraltheologischen Besetzung der Terminologie nicht ohne wei­ teres. Entsprechend interpretieren andere dann auch das Werk von Donellus als Sieg moralischer und christlicher Lehren. Die relevante Verfehlung besteht in den systematisierenden Arbeiten der Hu­ manisten darin, dass es der fahrlässig Handelnde am erforderlichen Fleiß und an der erforderlichen Aufmerksamkeit hat fehlen lassen. Wiederum kann darin eine Willensschuld gesehen werden, die ohne die Handlungslehre des Thomas von Aquin nicht denkbar wäre, da sie für ihr Unrechtsurteil zentral darauf abstellt, dass der Nachlässige nicht wusste, was zu wissen möglich und geboten war. 

B.  Schuldparadigma und Haftung für Gehilfenfehler Das Fortbestehen des Schuldparadigmas führte dazu, dass auch die humanisti­ sche Jurisprudenz eine Einstandspflicht für das Fehlverhalten Dritter weit über­ wiegend auf ein Eigenverschulden des Geschäftsherrn zurückführte. Deutlich wird dies an der Auseinandersetzung mit der Einstandspflicht der Reeder, Gast- und Stallwirte, die in den Quellen als von eigener Nachlässigkeit der Haftenden   Hierzu supra §  2 A.   Deutlich Donellus, Commentari de iure civili, König/Bucher (Hrsg.), Bd.  10, 1827, lib. XVI, cap. VII, §  2, S.  163: „Omnis autem culpa peccatum est“.    So Winiger, La responsabilité aquilienne en droit commun, 2002, S.  8 0 f.    Sólyom, The Decline of Civil Liability, 1980, S.  85; Parisi, Liability for Negligence and Ju­ dicial Discretion, 2.  Aufl., 1992, S.  130.    Donellus, Commentari de iure civili, Johann Christoph König/Karl Bucher (Hrsg.), Bd.  10, 1827, lib. XVI, cap. VII, §  2, S.  163.    In diesem Sinne mit Nachweisen Schermaier in: Schmoeckel/Rückert/Zimmermann (Hrsg.), HKK-BGB, Bd.  II/1, 2007, §§  276–278 Rdnr.  40.  

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Kapitel 2:  Entwicklungsstränge der Verantwortlichkeit für Hilfspersonen

unabhängig gekennzeichnet wird. Zwar wird durchaus die Möglichkeit einer vertraglichen Garantieübernahme akzeptiert,  diese sogar als dem Gemeinwohl entsprechend bezeichnet. Doch hindert dies die humanistischen Juristen nicht, maßgeblich darauf abzustellen, ob gegen die schadenstiftenden äußeren Einflüsse hätte vorgesorgt werden können,10 wodurch letztlich die Haftung auf ein eigenes Verschulden des Verantwortlichen zurückgeführt wird.11 Dem entspricht es, wenn zur Rationalisierung gerade auch der Verantwortlichkeit für Drittverhalten im Rahmen der receptum-Haftung weiterhin mit der Figur der culpa levissima argumentiert wird.12 Auf diese Weise wird zwar begrifflich die Verwurzelung der Verantwortlichkeit im Verschuldensprinzip gesichert, freilich zu dem Preis, dass bei entsprechender Steigerung der äußersten Sorgfaltsanforderungen kein tra­ gender, moralischer Schuldvorwurf mehr begründet werden kann.13 Die Anbin­ dung der Haftung an eigenes Verschulden findet sich auch für die actio de effusis vel deiectis,14 bei der sich die Annahme einer prinzipiell verschuldensunabhän­ gigen Garantiehaftung15 von Anfang an verbot. Die scheinbar unauflösbare Ver­ knüpfung auch der Personalverantwortlichkeit mit dem Erfordernis eigenen Ver­ schuldens16 zeigt sich schließlich deutlich auch darin, dass in diesem Zusammen­ hang konsensfähig dahingehend argumentiert wurde, die Quellen setzten zwar kein deliktisches Verschulden voraus, kämen aber zur Haftungsbegründung gleichwohl nicht ohne eine, freilich nicht näher konkretisierte Form von culpa (aliqua) aus.17 Auch das Familienoberhaupt haftete nur für das schadenstiftende   Supra §  1 D, E II.   Donellus, Commentari de iure civili, Johann Christoph König/Karl Bucher (Hrsg.), Bd.  10, 1827, lib. XV, cap. XLIII, §  11–12, S.  50 f.    Donellus, Commentari de iure civili, Johann Christoph König/Karl Bucher (Hrsg.), Bd.  10, 1827, lib. XV, cap. XLIII, §  4, §  6 , S.  4 4 f., 46 hebt insoweit hervor, dass die Nachlässigkeit nur deshalb eine Verantwortlichkeit des Bewohners bzw. des Reeders, Gast- oder Stallwirts begrün­ de, weil die damit verbundene Präventionswirkung der publica utilitas entspreche. Hierzu mit weiteren Quellennachweisen Hochstein, Obligationes quasi ex delicto, 1971, S.  55 ff. 10   Donellus, Commentari de iure civili, Johann Christoph König/Karl Bucher (Hrsg.), Bd.  10, 1827, lib. XV, cap. XLIII, §  11, S.  50. 11   Donellus, Commentari de iure civili, Johann Christoph König/Karl Bucher (Hrsg.), Bd.  10, 1827, lib. XV, cap. XLIII, §  5, S.  45 f. 12   Vinnius, Institutionum imperialium commentarius academicus et forensis, Zimmermann (Hrsg.), 2005, zu Inst. 3, 25, 5, n. 2, S.  422. Dazu auch Zimmermann, The Law of Obligations, 1990, S.  525 f. Allgemein zur – nicht durchgehenden – Anerkennung und Konkretisierung der culpa levissima unter den humanistischen Rechtswissenschaftlern H.-J. Hoffmann, Die Abstu­ fung der Fahrlässigkeit in der Rechtsgeschichte, 1968, S.  83 ff. 13   So die Bewertung von Hochstein, Obligationes quasi ex delicto, 1971, S.  51, gestützt auf H.-J. Hoffmann, Die Abstufung der Fahrlässigkeit in der Rechtsgeschichte, 1968, S.  201 f. 14   Donellus, Commentari de iure civili, Johann Christoph König/Karl Bucher (Hrsg.), Bd.  10, 1827, lib. XV, cap. XLIII, §  6 , S.  46. 15   Zur grundsätzlichen Anerkennung einer solchen Donellus, Commentari de iure civili, Jo­ hann Christoph König/Karl Bucher (Hrsg.), Bd.  10, 1827, lib. XVI, cap. VI, §  14, S.  158. 16   Erst im weiteren Verlauf setzte sich die Auffassung durch, dass im Rahmen der actio de effusis vel deiectis eine echte Einstandspflicht für die Familie, die Leute und die Gäste bestehen sollte, vgl. Zimmermann, Festschrift für Hermann Lange, 1992, S.  301, 316 f. 17   Insbesondere Zasius, Commentaria in Digestum Novum, in: Opera omnia, Neudruck der  

§  3  Humanismus und Usus Modernus

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Verhalten seiner Angehörigen und Bediensteten, wenn ihm ein Auswahl- oder Überwachungsverschulden zur Last fiel.18

C.  Faktisch verschuldensunabhängige Haftungstatbestände Der klar verschuldensunabhängigen Noxalhaftung des klassischen Rechts19 wur­ de letztlich ein relevanter Anwendungsbereich weitgehend abgesprochen, da sie zum einen bereits in der oströmischen Tradition nicht mehr für Familienmit­ glieder galt 20 und zum anderen Sklaverei, jedenfalls in Friedenszeiten, keine zen­ trale Bedeutung mehr hatte.21 Der Noxalhaftung vergleichbar, aber germanischen Ursprungs, ist eine auch im Diskurs des gelehrten Rechts begegnende, verschul­ densunabhängige Verantwortlichkeit des Herrn für die Delikte seines Gesindes, von der er sich durch die Übertragung des geschuldeten Arbeitslohns befreien konnte. 22 Wie im römischen Recht sollte die Beschränkungsmöglichkeit wegfal­ len, wenn den Herrn ein eigenes (Auswahl- oder Überwachungs-)Verschulden traf. 23 Die Lohnhaftung war zwar zunächst umstritten, 24 setzte sich aber letztlich im Usus Modernus durch. 25 Ebenfalls germanischen Ursprungs26 ist – trotz ge­ Ausgabe Lyon 1550, Bd.  III, 1965, zu D. 44, 7, 5–6 Is quoque in cuius, n. 2, S.  979 zur Haftung des Bewohners: „. . . quia habet aliquam culpam, eo quod non solicitus curaverit“ und n.4, S.  980 zur Haftung des Reeders, Gast- und Stallwirts: „. . . quia fuit in aliquali culpa, quod providit navem malis famulis“. Eingehend zur Natur der bei Zasius erwähnten culpa aliqua, die sich als Schritt (zurück) in Richtung einer Verobjektivierung der quasi-deliktischen Haftung interpre­ tieren lässt Hochstein, Obligationes quasi ex delicto, 1971, S.  50 ff., 73 f. 18   Schermaier in: Schmoeckel/Rückert/Zimmermann (Hrsg.), HKK-BGB, Bd.  II/1, 2007, §§  276–278 Rdnr.  47 mit Nachweisen. 19   Supra §  1 B. 20   Supra §  1 bei Fn.  18. 21   Zur prinzipiellen Anwendbarkeit der Noxalhaftung, wenn als Folge kriegerischer Ausein­ andersetzungen (Türkenkriege), Sklaverei nennenswert begegnete, Stryk, Specimen Usus mo­ derni Pandectarum, 1717, zu D. 9, 4, §  2, S.  170 f. 22   Auf der Grundlage des sächsischen Rechts Carpzov, Iurisprudentia forensis Romano-Sa­ xonica, 5.  Aufl., 1684, pars IV, const. XVII, def. 13, S.  1358; ausgehend vom holländischen Ge­ wohnheitsrecht Grotius, Inleiding tot de Hollandsche Rechtsgeleerdheyd, Folke Dovring (Hrsg.), 2.  Aufl., 1965, III, 38, 8, S.  313. Hierzu Zimmermann, The Law of Obligations, 1990, S.  1119; van der Merwe in: Feenstra/Zimmermann (Hrsg.), Das römisch-holländische Recht, 1992, S.  455, 467 f.; Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  137 ff. 23   Zur entsprechenden Rechtslage im klassischen römischen Recht supra §  1 Fn.  16. 24   Exemplarisch für die ablehnende, zentral auf die eigene Verantwortung der freien Bediens­ teten – im Gegensatz zu den gewaltunterworfenen Sklaven – rekurrierenden Haltung der Hu­ manisten, Stryk, Specimen Usus moderni Pandectarum, 1717, zu D. 9, 4, §  2, S.  170 f.; siehe auch die Analyse weiterer, gegenüber einer verschuldensunabhängigen Einstandspflicht kritischer Stimmen Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  140 ff. 25   Schermaier in: Schmoeckel/Rückert/Zimmermann (Hrsg.), HKK-BGB, Bd.  II/1, 2007, §§  276–278 Rdnr.  47. 26   Vgl. hierzu Schermaier in: Schmoeckel/Rückert/Zimmermann (Hrsg.), HKK-BGB, Bd.  II/1, 2007, §§  276–278 Rdnr.  47 gestützt auf Erler, Die älteren Urteile des Ingelheimer Ober­ hofs, Bd.  1, 1952, S.  40. Anders aber Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  144 ff., der von der

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Kapitel 2:  Entwicklungsstränge der Verantwortlichkeit für Hilfspersonen

meinrechtlicher Begründungsversuche27 – ein weiteres Institut, das zu einer Ein­ standspflicht für fremde Delikte führte, wenn der handelnde Knecht oder Ange­ stellte im Rahmen eines ihm erteilten Auftrags oder einer ihm übertragenen Tä­ tigkeit Schaden verursacht hatte. 28 Dabei ist freilich zu beachten, dass das Ver­ schuldensparadigma keinesfalls überwunden wurde, sondern vielmehr zur Rechtfertigung der Verantwortlichkeit auf ein (vermutetes) Eigenverschulden des Herrn abgestellt wurde, der die manifest unzuverlässigen oder gar böswilligen Personen mit ihren Aufgaben betraut hatte. 29 Es mag dahinstehen, ob die zeitge­ nössischen Juristen noch nicht zu der Einsicht gelangt waren, dass auch sorgfältig ausgewählten Gehilfen Fehler unterlaufen können,30 oder ob nicht vielmehr der geistesgeschichtliche Hintergrund eine offen zweckrationale Begründung der an sich von konkretem Verschulden unabhängigen Einstandspflicht schlicht nicht zuließ. Festzuhalten ist jedenfalls dass de facto im zugewiesenen Verantwortungs­ bereich eine uneingeschränkte, von konkret festgestellter individueller Vorwerf­ barkeit unabhängige Verantwortlichkeit für Gehilfenfehler begründet war, die stark an die Vorfeldverantwortlichkeit im Rahmen der culpa in habendo des klas­ sischen römischen Rechts erinnerte.31

D.  Tendenz zur impliziten Verobjektivierung Auch wenn im Ausgangspunkt an den subjektiven Zurechnungskriterien des Mit­ telalters festgehalten wurde, zeigen sich in den Figuren der culpa aliqua und der culpa levissima unübersehbare Tendenzen zu einer von konkretem Eigenverschul­ den gelösten, in diesem Sinne objektivierenden Abgrenzung der Verantwortlich­ keitsbereiche, die auch für die Zuweisung des Personalrisikos maßgeblich blieb.32 Ausbildung eines neuen Rechtsgrundsatzes ohne römische oder germanische Vorbilder aus­ geht. 27   van der Merwe in: Feenstra/Zimmermann (Hrsg.), Das römisch-holländische Recht, 1992, S.  455, 468, der die Haftung in solidum für eine Verallgemeinerung zentraler Gedanken der actio de effusis vel deiectis (supra E I) und der actio furti/damni in factum adversus nautas, caupones, stabularios (supra E II) hält; anders Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  145 f. der zeigt, dass zumindest bei Voet die gemeinrechtliche Legitimation aus der Noxalhaftung und der actio furti/damni abgeleitet wird. 28   Stryk, Specimen Usus moderni Pandectarum, 1717, zu D. 9, 4, §  5 –9, S.  172 ff.; später im holländischen Usus modernus, Voet, Commentarius ad Pandectas, Bd.  2, 1778, zu D. 9, 4 n. 10, S.  612 f.; Voet, Obervationes ad Hugoni Grotii manudictionem ex collegio clarissimi viri, doctis­ simi Iohannis Voet, van Warmelo/Visser (Hrsg.), Bd.  1, 1987, zu Grotius III, 38, 8, n.10 S.  225 f.; sowie in Frankreich, Pothier, Traité des obligations, in: Oeuvres de R.-J. Pothier, contenant les traités du droit Français, Bd.  1, 1829, part. II chap. VI, sec. VIII, art. II, §  4, n. 453 S.  143. 29   Vgl. Stryk, Specimen Usus moderni Pandectarum, 1717, zu D. 9, 4, §  5, S.  173; ebenso Voet, Commentarius ad Pandectas, Bd.  2, 1778, zu D. 9, 4 n. 10, S.  612 f. 30   So in Auseinandersetzung mit der römisch-holländischen Lehre Voets u. a., Wicke, Re­ spondeat Superior, 2000, S.  143 f. 31   Dazu supra §  1 C. III. 1., 2. 32   Supra B.

§  3  Humanismus und Usus Modernus

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Vergleichbare Entwicklungen sind darüber hinaus auch dort zu beobachten, wo die Rechtsinstitute germanischen Ursprungs durch das gelehrte Recht rezipiert wurden, da auch diese de facto eine von konkretem Eigenverschulden weitgehend gelöste Verantwortlichkeit zu begründen geeignet waren.33 Die Funktion der be­ schriebenen Institute lässt sich wiederum dahingehend skizzieren, dass dem haf­ tenden Personenkreis im Hinblick auf das jeweilige Gehilfenhandeln eine im Ver­ hältnis zum Geschädigten überlegene Position der Risikosteuerung zukam, deren effektive Wahrnehmung durch die drohende Haftungssanktion stimuliert werden konnte.

  Supra C.

33

§  4  Spätscholastik, Naturrecht und Kodifikationen   des 18. und 19. Jahrhunderts A.  Haftungsrechtliche Konsequenzen der Trennung von forum internum und forum externum in der Spätscholastik Eine Neujustierung des Verständnisses zivilrechtlichen Verschuldens vollzog sich in der Spätscholastik, deren Exponenten vor allem auf den Unterschied von Schuld als moraltheologischer Kategorie einerseits, und Verschulden als Zurechnungs­ kriterium des Haftungsrechts andererseits abstellten. Zwar wurde die Abwei­ chung von der göttlichen Ordnung nach wie vor als schuldbegründende Sünde qualifiziert, jedoch wurde davon nunmehr das Verschulden als Fall des Zurück­ bleibens hinter (auch) weltlich fundierten Sorgfaltsanforderung geschieden.  Die kategoriale Trennung erlaubte zum einen die Erkenntnis, dass vertragsrechtliche Sorgfaltsanforderungen weitergehen können als moralische Petita. Zum anderen gestattete sie in Auseinandersetzung mit den römischen Quellen das Zugeständ­ nis, dass der pater familias für Fehler seiner Bediensteten und Familienangehöri­ gen zivilrechtlich ebenso einstehen muss, wie der Geschäftsherr für seine Gehil­ fen. Dabei wird konsequent betont, dass es sich bei dieser Verantwortlichkeit um eine solche des forum externum handelt, also vor der Jurisdiktion des Gewissens (forum conscientiae) eine Einstandspflicht für fremde Schuld nicht in Betracht komme.

   Insoweit im Sinne einer moraltheologisch begründeten Willenschuld Molina, De iustitia et iure, Bd.  2, 1733, disp.  293 n. 2; sinngleich Lessius, De iustitia et iure caeteristique virtutibus cardinalibus, 1617, lib. II, cap. VII, dub. VI, n. 22, S.  60.    Deutlich spricht dies Leonardus Lessius an, wenn er als Verschulden das Versäumen ir­ gendeiner Sorgfalt beschreibt, wodurch ein anderer zu Schaden kommt, vgl. Lessius, De iustitia et iure caeteristique virtutibus cardinalibus, 1617, lib. II, cap. VII, dub. VI, n. 22, S.  60. Zur ab­ weichenden, weiterhin jede Pflichtverletzung als peccatum ansehenden Sicht des spanischen Spätscholastikers Diego de Covarrubias y Leyva, Maihold, Strafe für fremde Schuld, 2005, S.  211 f.    Molina, De iustitia et iure, Bd.  2, 1733, disp.  293 n. 7. Zu der gleichwohl fortbestehenden, auf die Restitutionslehre des Thomas von Aquin zurückgehenden Verknüpfung von moralischen und rechtlichen Pflichten, die dadurch entsteht, dass die moralische Schuld nur vergeben wird, wenn die zivilistische Restitutionspflicht erfüllt wird, Schermaier in: Schmoeckel/Rückert/ Zimmermann (Hrsg.), HKK-BGB, Bd.  II/1, 2007, §§  276–278 Rdnr.  48.    Molina, De iustitia et iure, Bd.  2, 1733, disp.  710 n. 8 und disp.  711.    Molina, De iustitia et iure, Bd.  2, 1733, disp.  713 n. 3 ff.

§  4  Spätscholastik, Naturrecht und Kodifikationen des 18. und 19. Jahrhunderts

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B.  Ethische Imputation in der Naturrechtslehre Auch wenn naturgemäß bereits die frühen Werke der Naturrechtslehre nicht mehr an den Verstoß gegen die göttliche Ordnung anknüpften, hielten sie gleich­ wohl an einer ethischen Imputation fest. Sie sahen daher konsequent die Grund­ lage einer Haftung stets in einer culpa, die darin liegen sollte, dass der Verant­ wortliche gegen allgemeine oder spezielle menschliche Pflichten verstoßen hatte.  Unabhängig davon, ob die so konzipierte Verschuldenshaftung stärker auf einer sozial- oder individualethischen Sicht beruhte, ist doch klar festzustellen, dass sich im Naturrecht noch viel radikaler als in der Scholastik der Spätrenaissance eine Ablösung des Verschuldens als zentrales, zivilrechtliche Verantwortlichkeit begründendes Kriterium von dem Verhältnis des Haftenden zu Gott hin zu der Beziehung zu seinen Mitmenschen vollzog.  Die so bewirkte Säkularisierung auch des Schuld- und Haftungsrechts in den Vernunftrechtslehren führt letztlich zu einem Verständnis des zivilrechtlichen Verschuldens, das lediglich das Zu­ rückbleiben hintern den Verhaltensanforderungen beschreibt, die sich aus der so­ zialen Interaktion ergeben und die vom Handelnden hätten erkannt werden kön­ nen, ohne dass sich aus einer göttlichen Ordnung ableiten ließe, dass diese auch hätten bekannt sein müssen.10 Dabei werden die auf diese Weise begründeten Ver­ haltenspflichten aber dahingehend konkretisiert, dass ihre zur Restitution ver­ pflichtende Verletzung durchweg nur durch doloses oder culposes Handeln für möglich gehalten wird.11    Grotius, De iure belli ac pacis, Neudruck der Ausgabe Leiden 1933, 1993, lib. II, cap. XVII, § I, S.  427; Pufendorf, Die iure naturae et gentium, in: Schmidt-Biggemann (Hrsg.), Gesammelte Werke, Bd.  4.1, 1998, lib. I, cap. VII, §  16, S.  97 f.    Zu den diesbezüglichen Unterschieden zwischen Grotius und Pufendorf, Schermaier in: Schmoeckel/Rückert/Zimmermann (Hrsg.), HKK-BGB, Bd.  II/1, 2007, §§  276–278 Rdnr.  48.    Schermaier in: Schmoeckel/Rückert/Zimmermann (Hrsg.), HKK-BGB, Bd.  II/1, 2007, §§  276–278 Rdnr.  49 spricht insoweit von einem „Paradigmenwechsel im Schuldbegriff“. Ähn­ lich sieht Schröder, in: Vacca (Hrsg.), La responsabilità civile da atto illecito nella prospettiva storico-comparatistica, 1995, S.  144, 158 den „naturrechtlichen Fortschritt“ darin, dass jede „Rechtsverletzung als rechtswidrig“ erkannt wurde und auf dieser Grundlage ein allgemeines (autonomes) „rechtsethisches Prinzip“ entwickelt werden konnte. Demgegenüber betonen an­ dere Autoren tendenziell auch im hier interessierenden Zusammenhang die Kontinuität natur­ rechtlicher Jurisprudenz gegenüber scholastischen Lehren, Gordley, The Philosophical Origins of Modern Contract Law Doctrine, 1991, S.  121 f.; Parisi, Liability for Negligence and Judicial Discretion, 2.  Aufl., 1992, S.  140 f.; beschränkt auf Pufendorf auch Seidler, Samuel Pufendorf’s On the Natural State of Men, 1990, S.  13.    Wieacker, Festschrift für Hans Welzel, 1974, S.  7, 8 spricht treffend von einer „endgültigen Ausgliederung einer autonomen natürlichen Rechtstheorie aus der (katholischen oder protes­ tantischen) Moraltheologie“. Instruktiv hierzu ibid. S.  8 ff., 20. 10   Zu der damit notwendig verbundenen Ablösung der Vorstellung von culpa als Willens­ schuld Schermaier in: Schmoeckel/Rückert/Zimmermann (Hrsg.), HKK-BGB, Bd.  II/1, 2007, §§  276–278 Rdnr.  49. 11   Wolff, Institutiones juris naturae et gentium, Nachdruck der 7.  Aufl. Halle u. a. 1750, in: École/Hofmann/Thomann/Arndt (Hrsg.), Gesammelte Werke, II. Abteilung: Lateinische Schriften, Bd.  26, 1969, §  269, S.  145 f., §  520, S.  279 f.; Thomasius, Institutiones iurisprudentiae divinae, Neudruck der Ausgabe Halle 1720, 1963, lib. II cap. V, §  34, S.  124. Anders freilich Letz­

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Kapitel 2:  Entwicklungsstränge der Verantwortlichkeit für Hilfspersonen

Die naheliegende Konsequenz aus dem Vorgesagten liegt darin, dass in der Na­ turrechtslehre eine von eigenem Verschulden unabhängige Einstandspflicht für fremdes Handeln und somit für Gehilfenfehler strikt abgelehnt wird.12 Sowohl die Noxalhaftung13 als auch die quasi-deliktische Haftung der Reeder, Gast- und Stallwirte14 wird konsequent dem vom idealen ius naturale (ius gentium) zu unter­ scheidenden ius civile15 zugeordnet.16 Die von Grotius eingehend vertretene, (völ­ ker-)strafrechtliche Einstandspflicht für bestimmte Dritthandlungen, i.e. des Staates für die Straftaten seiner Bürger und der Bürger für die Straftaten ihrer Regierung,17 nimmt innerhalb der Naturrechtslehre Grotius’ eine Sonderstellung ein. Es erscheint daher fraglich, inwieweit diese Ausführungen als Vorlage auch dafür verwendet werden können, das zivilrechtliche Haftungsregime für das Ver­ halten Dritter im ius naturale zu erweitern.18 Immerhin haben einige naturrecht­ liche Kodifikationen offensichtlich diese Konsequenz gezogen.19 Bedeutsam er­ scheint insoweit aber jedenfalls, dass in den genannten Überlegungen Grotius’ keine Abweichung von den grundsätzlichen Wertungen des Naturrechts inten­ terer in seiner Dissertation, in der er eine Restitutionspflicht unabhängig von Verschulden oder auch nur Schuldfähigkeit für möglich hält und so zu einer klaren Trennung von zivilrechtlicher Verantwortlichtkeit und moralischer Imputation gelangt, Thomasius, Larva legis Aquiliae de­ tracta actioni de dmno dato receptae in foris Germanorum, Hewett (Hrsg), 2000, §§ IV-IX, S.  7 ff. Dazu eingehend Benöhr, SZ 93 (1976) 208, 219 ff.; Jansen, Die Struktur des Haftungs­ rechts, 2003, S.  342 ff. Vgl. aber auch Schermaier in: Schmoeckel/Rückert/Zimmermann (Hrsg.), HKK-BGB, Bd.  II/1, 2007, §§  276–278 Rdnr.  49 Fn.  399 der davon ausgeht, Thomasius habe die Tragweite seines Gedankens selbst nicht voll überblickt, da er lediglich wider den vermeint­ lichen Strafcharakter der lex Aquilia argumentieren, nicht aber die Imputationslehre angreifen wollte. Eingehend dazu, dass die Naturrechtslehre des 18. Jahrhunderts – wie der deutsche Usus modernus – kein allgemeines Schädigungsverbot, sondern vielmehr nur ein „Pflichtverletzungs­ verbot“ im beschriebenen, schuldhaftes Handeln voraussetzenden Sinn kannte, Schröder, in: Vacca (Hrsg.), La responsabilità civile da atto illecito nella prospettiva storico-comparatistica, 1995, S.  144, 153 ff. m. w. N. auch zur Gegenauffassung in Fn.  16. 12   Deutlich Grotius, De iure belli ac pacis, Neudruck der Ausgabe Leiden 1933, 1993, lib. II, cap. XVII, § XXI, S.  433. 13   Supra §  1 B. 14   Supra §  1 E II. 15   Zur Dreiteilung in ius divinum, ius naturale und ius civile vgl. z. B. Grotius, De iure belli ac pacis, Neudruck der Ausgabe Leiden 1933, 1993, lib. I, cap. I, §  10 n. 1 und n. 2; vgl. auch ibid. Prol. 30. 16   Zur Haftung der nautae et al. Grotius, De iure belli ac pacis, Neudruck der Ausgabe Lei­ den 1933, 1993, lib. II, cap. XVII, § XX n. 2, S.  433, wo er sich freilich aufgeschlossen gegenüber den Gemeinwohlerwägungen zeigt, die zu dem besonderen Haftungsregime für den erfassten Personenkreises geführt haben. Vgl. auch Hochstein, Obligationes quasi ex delicto, 1971, S.  103. Zur Noxalhaftung, ibid., § XXI, S.  433. Im Grundsatz ebenso Pufendorf, Die iure naturae et gentium, in: Schmidt-Biggemann (Hrsg.), Gesammelte Werke, Bd.  4.1, 1998, lib. III, cap. I, §  7, S.  220: „cum dominus, qui in culpa non est, natura ad nihil teneatur“. Hierzu und zu den von Pufendorf anerkannten Ausnahmen für Sklaven und Tiere Jansen, Die Struktur des Haftungs­ rechts, 2003, S.  340 f. 17   Grotius, De iure belli ac pacis, Neudruck der Ausgabe Leiden 1933, 1993, lib. II, cap. XXI, S.  530 ff. 18   Befürwortend Benöhr, SZ 93 (1976) 208, 211 f.; ablehnend Schermaier in: Schmoeckel/ Rückert/Zimmermann (Hrsg.), HKK-BGB, Bd.  II/1, 2007, §§  276–278 Rdnr.  52. 19   Zu I 6, §§  58 f. ALR infra C II.

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diert ist, da die behandelten Sachverhalte allesamt ein eigenes Fehlverhalten des Verantwortlichen – ggf. in Form des sich usurpieren lassenden Gemeinwesens – betreffen. 20 Schließlich geht es auch bei der behandelten Verantwortlichkeit der Gemeinwesen, Regenten, Herren und Eltern – jenseits der glatten Anstiftung – um Fälle eines Überwachungsverschuldens, weil die bekannte Tat trotz Möglich­ keit nicht unterbunden wurde.21 Ein Gedanke, der – freilich in weitaus engeren persönlichen Grenzen – bereits in der lex Aquilia präsent war, 22 der aber jedenfalls in dem von Grotius skizzierten völkerrechtlichen Kontext kaum über das Rheto­ rische hinausgehenden Bezüge zu einer individuellen culpa mehr erkennen lässt.

C.  Kodifikationen des 18. und 19. Jahrhunderts Die großen Kodifikationen des 18. und 19. Jahrhunderts folgten im Wesentlichen den im Usus modernus pandectarum bzw. von den maßgeblichen Theoretikern des Naturrechts beschriebenen Linien.

I.  Haftung bei Bestehen von Sonderverbindungen Im Licht der dort vorgezeichneten Zentrierung auf ein moraltheologisch bzw. so­ zialethisch determiniertes, eigenes Verschulden 23 erscheint es daher nur konse­ quent, dass weder der Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis24 noch das Preu­ ßische Allgemeine Landrecht, noch der Code Civil, noch das österreichische All­ gemeine Bürgerliche Gesetzbuch eine explizite Regelung zur Zurechnung von Drittverhalten in Sonderverbindungen kannten.25 Insofern blieb es als Regel bei der Haftung des Schuldners ausschließlich für eigenes Verschulden. 26 20   Grotius, De iure belli ac pacis, Neudruck der Ausgabe Leiden 1933, 1993, lib. II, cap. XXI, §  1 n. 1, S.  531; §  12, S.  547. 21   Grotius, De iure belli ac pacis, Neudruck der Ausgabe Leiden 1933, 1993, lib. II, cap. XXI, §  2 n. 4, S.  532. 22   Supra §  1 Fn.  16. 23   Supra B und §  3 B. 24   Der CMBC kann wegen seines Strebens nach größerer Rechtssicherheit durch Schaffung einer kodifizierten Grundlage für eine berechenbare Rechtspflege als erster Ausdruck der auf­ klärerischen Gesetzesreformen verstanden werden. Der geistige Vater des Gesetzeswerks, Wiguläus Xaver Aloys von Kreittmayr, zeigte sich darüber hinaus auch gegenüber den inhaltsbe­ stimmenden vernunftrechtlichen Grundlagen eines bürgerlichen Rechts aufgeschlossen (vgl. auch I 2, §  4 CMBC). Gleichwohl hielt er den tatsächlichen Einfluss naturrechtlichen Gedan­ kenguts auf die materiellen Regelungen des Kodex gering. Diese waren vielmehr ganz maßgeb­ lich vom gemeinen Recht geprägt, gegenüber dem sie zudem auch nur subsidiäre Geltung bean­ spruchten. Vgl. zum Ganzen Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte, Bd.  2, 1966, S.  386 f.; Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, 2.  Aufl., 1967, S.  326 f. 25   Vgl. nur Schermaier in: Schmoeckel/Rückert/Zimmermann (Hrsg.), HKK-BGB, Bd.  II/1, 2007, §§  276–278 Rdnr.  57. 26   Die von den Kodifikationen für die Haftung geforderte culpa war abgestuft, der jeweils

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Kapitel 2:  Entwicklungsstränge der Verantwortlichkeit für Hilfspersonen

Das ALR normiert immerhin einen der receptum-Haftung27 nachgebildeten Tatbestand, 28 und auch das ABGB kennt die Verantwortlichkeit der Wirte, Schif­ fer und Fuhrleute für den Schaden, welchen ihre eigenen oder die von ihnen zuge­ wiesenen Dienstpersonen an den eingebrachten oder übernommenen Sachen einem Reisenden in ihrem Hause, oder in ihrem Schiffe, oder an der Befrachtung verursachen.29 Gerade die Verankerung dieser Haftung auch im Abschnitt über die Verwahrung, §  970 ABGB, wirft aber die Frage auf, ob es sich bei der Verant­ wortlichkeit nach dem Verständnis der Gesetzesverfasser um eine (quasi-)delik­ tische oder doch um eine solche aus Sonderverbindung handelte. Letzteres ließe sich im Hinblick auf die bereits in klassischer Zeit die actio furti/damni in factum adversus nautas, caupones, stabularios weitgehend obsolet machende receptumHaftung30 durchaus als Normierung entlang historischer Entwicklungslinien be­ greifen.31 Nach der einschlägigen Systematik des ABGB von 1811 war die Tren­ nung zwischen Vertrags- und Deliktshaftung aber ohnehin nicht in einschnei­ dender Weise ausgeprägt. §  919 ABGB verwies den enttäuschten Gläubiger einer Sonderverbindung hinsichtlich Grund und Umfang seiner Kompensation wegen Nichterfüllung auf die allgemeinen, unterschiedslos vertragliche und deliktische Restitutionspflichten konkretisierenden, schadensrechtlichen Regelungen, insbe­ sondere die Generalklausel des §  1295 ABGB.32 Im Hinblick auf das hier verfolgte Erkenntnisziel erscheint daher bedeutsamer, dass die Haftung entgegen der klas­ sischen Rechtslage,33 aber im Einklang mit vernunftrechtlichen Überzeugungen 34 und in Anknüpfung an frühere Rationalisierungsversuche35 mit einer culpa des Unternehmers legitimiert wird, auch wenn die mitschwingende Intention einer besseren Schadensprävention durch ein haftungsinduziertes Beobachten beson­ derer Sorgfalt nicht unterschlagen wird. Die zeitgenössische Sicht kommt deutlich in der quasi-authentischen Kommentierung des ABGB durch seinen geistigen Schöpfer, Franz von Zeiller, zum Ausdruck, wo es heißt: anzuwendende Haftungsmaßstab bestimmte sich in CMBC und ALR in starker Anlehnung an das gemeine Recht nach dem Utilitätsprinzip, vgl. zu diesem im Hinblick auf die klassischen Quellen, B. Kübler, Festgabe für Otto v. Gierke, Bd.  2, 1910, S.  255; D. Nörr, SZ 73 (1956) 68; Kaser, Das römische Privatrecht, 1. Abschnitt, 2.  Aufl., 1971, §  118 III 4 b, S.  512; Zimmermann, Law of Obligations, 1990, S.  198 f. ABGB und Code Civil kannten demgegenüber nur eine Haf­ tung für jegliche Form des Verschuldens, differenzierten aber im Haftungsumfang nach Ver­ schuldensgraden, vgl. eingehend zum Ganzen H.-J. Hoffmann, Die Abstufung der Fahrlässig­ keit in der Rechtsgeschichte, 1968, S.  157 ff. 27   Supra §  1 D. 28   II 8, §§  4 44 ff. ALR. 29   §  1316 ABGB. 30   Supra §  1 E II. 31   Vgl. auch Hochstein, Obligationes quasi ex delicto, 1971, S.  137. 32   Vgl. dazu Zeiller, Commentar über das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch für die ge­ sammten Deutschen Erbländer der Österreichischen Monarchie, Bd.  3/1, 1812, §  919 Anm.  3. 33   Supra §  1 D und E II. 34   Supra B. 35   Supra §  2 A, B; §  3 C.

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„Diese Gewerbsleute haften also nicht nur für ihre bekanntlich gefährlichen, oder wissent­ lich untüchtigen (§§  1314 und 1315), sondern für alle ihre, obgleich bisher unbescholtenen und unbedenklichen, oder zu ihren Verrichtungen ordentlicher Weise tüchtigen Dienst­ personen, weil sie in der Auswahl ihrer Dienstboten, denen Reisende oder Befrachtende sich nothwendig anvertrauen müssen, eine strengere, als die gewöhnliche, Vorsicht anwen­ den sollen“.36

Die Kontrastierung des alternativlosen Anvertrauenmüssens des Gläubigers ei­ nerseits mit der Auswahlmöglichkeit des Schuldners andererseits zeigt, dass die nach heutigem Verständnis zweckrationalen, die Haftung legitimierenden Grund­ lagen in einer überlegenen Möglichkeit zur Risikobeherrschung zu suchen sind, die sich in einem weiten, an die culpa in habendo erinnernden Verständnis des Verschuldens niederschlägt.37

II.  Verantwortlichkeit jenseits bestehender Sonderverbindungen In vergleichbarer Weise wurde auch für die Haftung außerhalb von Sonderbezie­ hungen zentral auf ein Eigenverschulden des Verantwortlichen rekurriert, wenn eine Ersatzpflicht für unmittelbar durch Dritte verursachte Schäden in Rede stand. Der CMBC legt unter Geltung des Grundsatzes, dass niemand für einen anderen ex delicto hafte,38 explizit lediglich dar, dass diejenigen einer Haftung ausgesetzt waren, die ihre Sorgepflicht gegenüber Kindern und Geisteskranken vernachlässigten.39 Das ALR zog den Kreis der Dritten, für deren Schadensverur­ sachung der Dienstherr, der Handwerksmeister bzw. der Vermieter bei eigenem Auswahl- und Überwachungsverschulden haftete, deutlich weiter, indem es – ne­ ben der Haftung für Kinder und Geisteskranke40 – eine Verantwortlichkeit für Delikte der Dienstboten,41 der Handwerksgesellen und Lehrlinge42 sowie der Mieter43 anordnete. Hinzu kam eine Haftung desjenigen, der deliktische Hand­ lungen eines Dritten befahl bzw. diese geschehen ließ, obwohl er zu deren Unter­ bindung in der Lage und verpflichtet war.44 Demgegenüber kannte das ABGB nur noch eine Generalklausel, die eine Haftung für Schäden anordnete, die von Per­ sonen verursacht wurden, die zur Besorgung der Angelegenheiten des Geschäfts­ 36   Zeiller, Commentar über das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch für die gesammten Deut­ schen Erbländer der Österreichischen Monarchie, Bd.  3/2, 1812, §  1316 Anm.  1. Vgl. auch Hochstein, Obligationes quasi ex delicto, 1971, S.  138. 37   Hierzu sowie zu den Anreizwirkungen eines derart weiten culpa-Begriffs, supra §  1  C. III. 1. 38   IV 16, §  3 Nr.  7 CMBC. 39   IV 16, §  6 Nr.  8 CMBC. 40   I 6, §  57 ALR. 41   I 6, §§  60 ff. ALR. 42   I 6, §  65 ALR. 43   I 6, §  66 ALR. 44   I 6, §§  58 f. ALR. Zu den entsprechenden, primär völkerrechtlich orientierten Überle­ gungen Grotius’ supra B.

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Kapitel 2:  Entwicklungsstränge der Verantwortlichkeit für Hilfspersonen

herrn bestellt waren.45 Ganz ähnlich normierte der Code Civil eine Haftung für die schädigenden Handlungen von Personen, für die der Verantwortliche einzu­ stehen hatte.46 Letzteres Kriterium wurde dabei von der Norm selbst weiter kon­ kretisiert, indem eine Verantwortlichkeit der Eltern für ihre Kinder, der Dienst- und Geschäftsherren für ihre Diener und Angestellten sowie der Lehrer und Handwerker für ihre Schüler und Lehrlinge angeordnet wurde. Obwohl der Wortlaut des art. 1384(1) C. civ. durchaus eine Interpretation im Sinne einer ob­ jektiven, von eigenem Verschulden gelösten Zurechnung der Drittschädigungen zuließ,47 brachte doch die Entlastungsmöglichkeit des art. 1384(5) C. civ. zum Ausdruck, dass die Bestimmung zumindest für manche, zur Zeit der Verabschie­ dung des C. civ. praktisch besonders relevante Verantwortliche auf einer Vermu­ tung eigenen Verschuldens gründete.48 Immerhin war die Einstandspflicht der Dienst- und Geschäftsherren für die Fehler ihrer Diener und Angestellten nach art. 1384(3) C. civ. von dem Vorwurf eigenen Verschuldens gelöst.49 Zum Teil in stark abgewandelter Form begegnete in manchen Kodizes auch eine der römischen actio de effusis vel deiectis nachgebildete Verantwortlichkeit. Die Regelungen in IV 16, §  8 CMBC50 und §  1318 ABGB orientierten sich zwar noch sehr nah an den Quellen, waren in deren Interpretation aber gleichwohl durch die Vorstellungen des Usus modernus51 bzw. der Vernunftrechtslehre52 ge­ prägt, d. h. ihnen lag die Einordnung der Verantwortlichkeit als eine typisierte Verschuldenshaftung zugrunde. Exemplarisch stehen wiederum die Anmer­ kungen Zeillers, der zu §  1318 ABGB ausführt: „Da also der Wohnungsinhaber gewöhnlich in einer oder der anderen Rücksicht an der Beschädigung Schuld trägt, so wird ihm die Last des Ersatzes aufgebürdet.“ 53   §  1315 ABGB.   Art. 1384 C. civ. Ganz ähnlich die Regelung im italienischen Recht, art. 2049 Codice ci­ vile. 47   Art.  1384(1) C. civ. sprach nur von einer Verantwortlichkeit für Schäden, die durch Hand­ lungen derjenigen Personen verursacht werden, für die man einzustehen hat („dommage .  .  . qui est causé par le fait des personnes dont on doit répondre“). 48   Die Einstandspflicht entfiel, wenn die Eltern, Lehrer und Handwerker nachweisen konn­ ten, dass sie die schadenstiftende Handlung nicht hätten verhindern können („.  .  . qu’ils n’ont pu empêcher le fait qui donne lieu à cette responsabilité“). Zur diesen Befund bestätigenden Entste­ hungsgeschichte der Norm, Benöhr, SZ 93 (1976) 208, 242 ff., 248 f. 49   Vgl. aber auch Hochstein, Obligationes quasi ex delicto, 1971, S.  145 f. der von einer objek­ tivierten, von der Verschuldenshaftung zu scheidenden responsabilité in den artt. 1384 ff. C. civ. ausgeht. Zum Ganzen auch v.Bodenhausen, Haftung des Geschäftsherrn für Verrichtungsge­ hilfen im Straßen und Schienenverkehr, 2000, S.  28 ff. 50   Kreittmayr betont für die bayerische Regelung, dass die Einstandspflicht lediglich dem ius civile, nicht aber dem ius naturale entnommen wird, dem allein die Verantwortlichkeit des Wer­ fenden oder Schüttenden selbst entspräche, Kreittmayr, Anmerkung über den Codicem Maxi­ milianeum bavaricum civilem, Bd.  I V, 1821, S.  764. Schon supra B. 51   Supra §  3 B. 52   Supra B. 53   Zeiller, Commentar über das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch für die gesammten Deut­ schen Erbländer der Österreichischen Monarchie, Bd.  3/2, 1812, §  1318 Anm.  2. Zum Ganzen auch Hochstein, Obligationes quasi ex delicto, 1971, S.  130 f., 138. 45

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Unmittelbar positivrechtlichen Niederschlag fand diese Konzeption in der bereits erwähnten Haftung des Vermieters nach I 6, §  66 ALR, die explizit von tatsäch­ lichem Verschulden des Verantwortlichen abhängig war.

D.  Verschuldensprinzip als Grundlage eines weltlichen Haftungsrechts Im Naturrecht begegnete eine säkulare Konzeption des Haftungsrechts, die be­ reits im Ausgangspunkt (wieder) streng von moraltheologischen Vorstellungen geschieden ist. Indem die Naturrechtslehrer aber an einer Zurechnung von verur­ sachten Schäden auf der Grundlage ethischer Werturteile festhalten, bleibt für sie das dergestalt aufgeladene Verschuldensprinzip das allein tragfähige Kriterium für eine haftungsrechtliche Schadensüberwälzung. 54 Die durchaus auch auf prak­ tische Konfliktlösungen bedachten Kodifikationen der Zeit bestätigen trotz dieses rechtstheoretischen Ausgangspunktes an vielen Stellen die Beobachtung, dass durch ein Variieren der Sorgfaltsanforderungen und einen de facto-Verzicht auf nachgewiesene individuelle Schuld ein flexibles und letztlich stark kontextuali­ siertes Haftungsrecht mit unterschiedlich weit reichenden Verantwortlichkeiten auch für Drittverhalten geschaffen werden konnte.55 Dementsprechend lassen sich die Anreizwirkungen der einzelnen Haftungstatbestände weniger von ihrem normtheoretischen Ausgangspunkt aus beschreiben als vielmehr im Licht der im Rahmen der culpa-Haftung faktisch begründeten Sorgfaltsanforderungen deu­ ten. Aus den bereits für das klassische römische Recht ausführlich beschriebenen Gründen 56 erscheint somit auch in dem weltlichen Haftungsrecht der Kodifikati­ onen des 18. und 19. Jahrhunderts die dogmatische Unterscheidung von Haftung nur für eigenes Verschulden und strikter Einstandspflicht für Gehilfenfehler we­ niger gravierend, als dies prima facie den Anschein haben mag.

  Zum Ganzen supra B.   Supra C. 56   Supra §  1 C. III. 1., 2. jeweils a. E. und §  1 F. 54 55

§  5  Pandektistik und Rechtsentwicklung im 19. Jahrhundert A.  Zurechnungslehre und Schuldprinzip in der Pandektenwissenschaft Trotz des pandektistischen Bemühens um Quellentreue blieb die Zurechnungs­ lehre in der Wissenschaft zu Beginn des 19. Jahrhunderts zunächst dem Schuldpa­ radigma treu. So interpretierte die Lehre die sowohl der delikts- als auch der ver­ tragsrechtlichen Verantwortlichkeit zugrundeliegende culpa unter dem Einfluss zeitgenössischer Moralphilosophie als subjektiv vorwerfbare (i.e. „moralische“) Ursache der schadenstiftenden Handlung. Mit Hilfe der in den Quellen präsenten Begriffe der iniuria einerseits und der culpa andererseits ließ sich eine Unterschei­ dung von (objektiver) Rechtswidrigkeit und (subjektivem) Verschulden als Grundlage der Zurechnung kennzeichnen,  die sich erkennbar an die Rechtsthe­ orie Kants anlehnte und – nach der Deutung mancher – auch den gefühlten Frei­ heitsbedürfnissen der expandierenden Volkswirtschaften im Liberalismus ent­ sprach. Auch wenn die Deutung der Quellen in dem genannten Sinne nicht ohne    Die Formulierung von Hasse, Die culpa des Römischen Rechts, 2.  Aufl., 1838, S.  63 nach dessen Verständnis „Zurechnung (imputatio) [statt] findet .  .  ., wenn jemand als moralische Ur­ sache einer rechtswidrigen Handlung angesehen wird, so daß er die rechtlichen Folgen dersel­ ben tragen muß“ greift zum einen erkennbar Kants Lehre von der Zurechnung auf, die darunter „das Urtheil, wodurch jemand als Urheber (causa libera) einer Handlung, die alsdann als That (factum) heißt und unter den Gesetzen steht, angesehen wird“ verstand, vgl. Kant, Die Meta­ physik der Sitten, in: Preußische Akademie der Wissenschaft (Hrsg.), Kants Werke, Bd.  6 , un­ veränderter Nachdruck 2000, S.  227. Zum anderen basiert sie auf der Schultheorie Feuerbachs und Hegels, dazu Nass, Ursprung und Wandlung des Schuldbegriffs, 1963, S.  81 ff., 85 ff. Zur Maßgeblichkeit dieser schuldbasierten Zurechnungslehre auch für das Vertragsrecht, Hasse, ibid., S.  6 4.    Hasse, Die culpa des Römischen Rechts, 2.  Aufl., 1838, S.  42.    Zu der zentralen Unterscheidung von Rechtswidrigkeit und Verschulden, vgl. Kant, Die Metaphysik der Sitten, in: Preußische Akademie der Wissenschaft (Hrsg.), Kants Werke, Bd.  6 , unveränderter Nachdruck 2000, S.  223 ff. Bereits Savigny weist auf Donellus als mögliches Vor­ bild hin, Savigny, Pandektenvorlesung 1924/25, Hammen (Hrsg.), 1993, S.  257. Benöhr, SZ 93 (1976) 208, 218 f. zeigt, dass die scharfe Trennung von Rechtswidrigkeit und Schuld auch bei Thomasius vollzogen ist.    Z. B. v. Caemmerer, RabelsZ 42 (1978) 5, 8; Immenhauser, in: Verein Junger Rechtshistori­ ker Zürich (Hrsg.), ¿Rechtsgeschichte(n)?, 2000, S.  283, 294; vgl. auch Wieacker, Privatrechtsge­ schichte der Neuzeit, 2.  Aufl., 1967, S.  4 40; Deutsch, Fahrlässigkeit und erforderliche Sorgfalt, 2.  Aufl., 1995, S.  420 ff. In der Tat führt die Verschuldenshaftung dann zu einem – freilich sozial nicht wünschenswerten – höheren Niveau potentiell schädigender Aktivitäten (z. B. industrielle Produktion) als bspw. eine strikte Gefährdungshaftung, wenn bei der Ermittlung der relevanten Sorgfaltsanforderungen die Optimierung des Aktivitätsniveaus außer Betracht bleibt, vgl. infra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. b) (1) i.

§  5  Pandektistik und Rechtsentwicklung im 19. Jahrhundert

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Widerspruch blieb, bildete die beschriebene Sicht doch das Fundament für die  in den einschlägigen Teilen vom Verschuldensprinzip beherrschte Dogmatik des 19. Jahrhunderts, die u. a.  von Savigny , Puchta  und Winscheid vertreten und durch Jhering10 zur vollen Entfaltung gebracht wurde. Dessen berühmter, das programmatisch überschriebene Kapitel eröffnender Leitsatz, dass „[n]icht der Schaden .  .  . zum Schadensersatz [verpflichte], sondern die Schuld“,11 ist freilich in seinem Geltungsanspruch vom Autor selbst in derselben Untersuchung bereits nachhaltig relativiert worden. Im Hinblick auf die erfolgsbezogenen Haftungstat­ bestände der römischen Quellen spricht Jhering davon, bei diesen sei von einer „concreten culpa .  .  . keine Spur zu entdecken“, vielmehr liege „im Gegenteil die Schuldlosigkeit auf der flachen Hand“, weshalb der Versuch, diese mit dem Schuldparadigma zu versöhnen „etwas Gezwungenes“ habe.12 Gleichwohl darf die Wirkmacht des sowohl in den Quellen als auch in der Moralphilosophie fun­ dierten Schuldprinzips keinesfalls unterschätzt werden.

B.  Einstandspflicht für Drittverhalten als Widerspruch zum Schuldprinzip und Relativierungen in der Lehre Die überragende Bedeutung des subjektiven Verschuldens als allein relevantem Zurechnungsgrund bestand im hier interessierenden Zusammenhang zum einen    In diesem Sinne zur Bedeutung Hasses z. B. Ogorek, Untersuchungen zur Entwicklung der Gefährdungshaftung im 19. Jahrhundert, 1975, S.  33; Jansen, Die Struktur des Haftungsrechts, 2003, S.  407; Schermaier in: Schmoeckel/Rückert/Zimmermann (Hrsg.), HKK-BGB, Bd.  II/1, 2007, §§  276–278 Rdnr.  59. Bereits Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd.  I, 3.  Aufl., 1870, §  101 Fn.  5, S.  260 bezeichnet Hasses Untersuchung als „Hauptwerk über diesen Gegen­ stand [scil. die culpa]“ und markiert damit dessen zentralen Einfluss.    Weitere Nachweise bei Schermaier in: Schmoeckel/Rückert/Zimmermann (Hrsg.), HKKBGB, Bd.  II/1, 2007, §§  276–278 Rdnr.  59.    Savigny, Pandektenvorlesung 1924/25, Hammen (Hrsg.), 1993, S.  256 ff.; Savigny, Das Ob­ ligationenrecht als Theil des heutigen Römischen Rechts, Bd.  2, 1853, §  82, S.  295.    Puchta, Pandekten, 3.  Aufl., 1845, §  261, S.  373 ff., §§  264–267, S.  377 ff.; Puchta, Vorlesung über das heutige römische Recht, Bd.  2, 2.  Aufl., 1849, §  261, S.  81 ff., §§  264–267, S.  85 ff.    Supra Fn.  5 a. E. 10   Jhering, Das Schuldmoment im Römischen Privatrecht, 1867, in: Vermischte Schriften ju­ ristischen Inhalts, 1879, S.  155, 199 ff. Hierzu eingehend Ogorek, Untersuchungen zur Entwick­ lung der Gefährdungshaftung im 19. Jahrhundert, 1975, S.  42; Jansen, Die Struktur des Haf­ tungsrechts, 2003, S.  409; Immenhauser, in: Verein Junger Rechtshistoriker Zürich (Hrsg.), ¿Rechtsgeschichte(n)?, 2000, S.  283, 293 f. 11   Jhering, Das Schuldmoment im Römischen Privatrecht, 1867, in: Vermischte Schriften ju­ ristischen Inhalts, 1879, S.  155, 199 unter der Überschrift „Ohne Schuld keine Verantwortlich­ keit für die That d. h. keine Verpflichtung zum Schadensersatz“. 12   Jhering, Das Schuldmoment im Römischen Privatrecht, 1867, in: Vermischte Schriften ju­ ristischen Inhalts, 1879, S.  155, 208. Ähnlich auch Pernice, Labeo, Bd.  B , Neudruck der Ausgabe Halle 1878, 1963, 248 N.  32 und Bd.  D, Neudruck der Ausgabe Halle 1900, 1963, 50 N.  4 ; J.Unger, JherJ 30 (1891), 363, 394 N.  86, die sich ebenfalls gegen die Annahme einer (impliziten) Verschuldensvermutung, insbesondere bei den quasi-Delikten wenden (dazu noch infra Fn.  14).

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Kapitel 2:  Entwicklungsstränge der Verantwortlichkeit für Hilfspersonen

darin, die in den Quellen durchaus vorhandenen Ansätze für eine allgemeine, von Eigenverschulden unabhängige Leutehaftung als einer Verallgemeinerung nicht zugängliche Sondertatbestände zu isolieren,13 nicht zuletzt, weil deren objektiver Charakter letzlich nicht verkannt wurde.14 Zum anderen wurden gerade die im Usus Modernus zu beobachtenden Versuche, eine solche Einstandspflicht zu etab­ lieren,15 zugunsten einer Verantwortlichkeit (nur) für Auswahl- und Überwa­ chungsverschulden verworfen.16 Dabei galt freilich die Vermutung, dass schädi­ gendes Verhalten des Gehilfen auf seiner sorgfaltswidrigen Auswahl (oder Über­ wachung) beruhte, sodass es dem Geschäftsherrn oblag, sich zu exkulpieren.17 Folgerichtig war die Haftung begründet, wenn sich der schadenstiftende Gehilfe weisungsgemäß verhalten hatte.18 Im Hinblick sowohl auf die weitere Entwick­ lung als auch auf die gegenwärtig herrschende Deutung des §  278 BGB als Aus­ druck eines Gleichlaufs von Risiko und Nutznießung19 ist bemerkenswert, dass führende Pandektisten den Gedanken einer actio in rem verso utilis dezidiert ab­ lehnten und damit auch dort keine verschuldenunabhängige Verantwortlichkeit begründet sahen, wo der Geschäftsherr aus dem Handeln seines Repräsentanten fassbare Vorteile zog.20 Gerade letzterer Aspekt erfuhr aber eine drastische Aufwertung in einer Un­ tersuchung August Ubbelohdes, durch welche die restriktive, allein auf Eigenver­ schulden zentrierte Sicht der bis dahin herrschenden Meinung nachhaltig erschüt­ tert wurde. 21 Die tragende materielle Erwägung, für die Ubbelohde in erster Linie 13   In diesem Sinne zu den entsprechenden vertragsrechtlichen und quasideliktischen Institu­ ten z. B. Puchta, Pandekten, 3.  Aufl., 1845, §§  277 ff., S.  395 ff., §  392, S.  531 f.; Puchta, Vorlesung über das heutige römische Recht, Bd.  2, 2.  Aufl., 1849, §§  277 ff., S.  108 ff.; Sintenis, Das prac­ tische gemeine Civilrecht, Bd.  2, 2.  Aufl., 1861, §  120, S.  685 ff.; Wyss, Die Haftung für fremde Culpa nach römischem Recht, 1867, S.  57 ff. Speziell gegen eine Verallgemeinerung der Haftung der nautas, caupones, stabularios, Goldschmidt, ZHR 3 (1860) 58. 14   Supra Fn.  12. Für eine gerade den Quasidelikten und der aus diesen folgenden Verantwort­ lichkeit für Dritthandlungen zugrundeliegende Verschuldensvermutung aber Wyss, Die Haf­ tung für fremde Culpa nach römischem Recht, 1867, S.  61, 70. Zu der ebenfalls auf einer Ver­ schuldensvermutung beruhenden Kodifikation der actio de deiectis vel effusis in §§  729 ff. des Entwurfs des BGB, Hochstein, Obligationes quasi ex delicto, 1971, S.  149 ff. 15   Zur Lohnhaftung u. a. relevanten Tatbeständen supra §  3 C. 16   Hasse, Die culpa des Römischen Rechts, 2.  Aufl., 1838, S.  404 ff.; Sintenis, Das practische gemeine Civilrecht, Bd.  2, 2.  Aufl., 1861, §  102 B I, S.  383 f.; Thoel, Das Handelsrecht, Bd.  1, 4.  Aufl., 1862, §  33, S.  196; eingehender Überblick bei Ogorek, Untersuchungen zur Entwick­ lung der Gefährdungshaftung im 19. Jahrhundert, 1975, S.  70 f.; Niethammer, Entwicklung der Haftung für Gehilfenhandeln, Diss: München 1973, S.  7 ff. 17   Hasse, Die culpa des Römischen Rechts, 2.  Aufl., 1838, S.  411; Goldschmidt, ZHR 16 (1871) 287, 321 ff. Überblick bei Seiler, JZ 1967, 525, 526 f. 18   Ausdrückliche Erwähnung dieser Konsequenz z. B. bei Sintenis, Das practische gemeine Civilrecht, Bd.  2, 2.  Aufl., 1861, §  102 B I, S.  383 f. 19   Infra Kapitel 3 §  1 A. III. 20   Puchta, Pandekten, 3.  Aufl., 1845, §  279, S.  398 f.; Puchta, Vorlesung über das heutige rö­ mische Recht, Bd.  2, 2.  Aufl., 1849, §  279, S.  115 f.; Savigny, Das Obligationenrecht als Theil des heutigen Römischen Rechts, Bd.  2, 1853, §  54, S.  31 f. Dafür aber z. B. Sintenis, Das practische gemeine Civilrecht, Bd.  2, 2.  Aufl., 1861, §  102 N.  86, S.  376 f. 21   Ubbelohde, Archiv für practische Rechtswissenschaft 7 (1860), 229.

§  5  Pandektistik und Rechtsentwicklung im 19. Jahrhundert

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in der institor-Haftung eine Verankerung in den Quellen zu zeigen können glaubte, lag darin, dass ein Unternehmer, der durch den Einsatz von Gehilfen zum Zwecke der Gewinnerzielung eine Gefahrenquelle schafft, für diejenigen Schäden einstehen müsse, die sich als Realisierung dieser Gefahr darstellten. 22 Da in dieser Sicht das Erstreben eines Unternehmergewinns die zentrale Legitimation für den Haftungstatbestand begründete, sollte diese nur für den gewerblichen, nicht aber für den privaten Gehilfeneinsatz Gültigkeit beanspruchen.23 Letztere Differen­ zierung vermied Burchardi in seiner Untersuchung und glaubte vielmehr eine all­ gemeine Verantwortlichkeit des Geschäftsherrn für Fehler von Gehilfen nachwei­ sen zu können, wenn der Prinzipal sich solcher zur Erfüllung seiner Verbindlich­ keiten bediente.24 Für eine dogmatische Verselbständigung des Problems plädierte schließlich auch Baron, der auf eine aus der custodia-Haftung folgende, strenge Verantwortlichkeit des Geschäftsherrn für Gehilfenfehler hinwies, die bis zur Grenze der höheren Gewalt reiche. 25 In seiner Abhandlung deutete er insbesonde­ re auch an, dass eine Ausweitung dieser Haftung über die in den Quellen nach­ weisbaren Fälle hinaus aus Gründen des Verkehrsbedürfnisses angezeigt sein könne. 26 Die traditionelle Sicht sah sich durch diese Versuche, eine extensive Haftung für Gehilfenfehler zu postulieren, dazu herausgefordert, nochmals nachdrücklich auf den Charakter der Haftungstatbestände als Sonderfälle hinzuweisen, die kei­ ner Verallgemeinerung mit dem Ziel zugänglich seien, über das grundsätzliche Erfordernis einer culpa in eligendo hinwegzukommen. 27 Prinzipiell stimmten die 22   Ubbelohde, Archiv für practische Rechtswissenschaft 7 (1860), 229, 232 ff., 260. In der volkswirtschaftlichen Literatur betont Braun, VjSchr. für Volkswirthschaft, Politik und Kul­ turgeschichte, 25 (1869), 229, 233; Braun, VjSchr. für Volkswirtschaft, Politik und Kulturge­ schichte, 27 (1869), 245, 248 f. den beschriebenen Konnex. Als Referent des 11. Kongresses deut­ scher Volkswirthe mündet sein Plädoyer in dem Beschlussantrag (Braun, VjSchr. für Volkswirt­ schaft, Politik und Kulturgeschichte, 27 (1869), 245): „Die Mängel des Zivilrechts sind zu beseitigen mittels Durchführung des Grundsatzes, dass der Unternehmer in Folge eines jeden durch ihn selbst oder durch seine Leute innerhalb des Geschäftskreises, in welchem sie verwandt werden, oder in Folge der Mangelhaftigkeit der Be­ triebseinrichtungen und Betriebsmittel veranlassten Unfalls dem Beschädigten oder dessen Hinterbliebenen für das volle Interesse haftet, und der sich von seiner Haftung nur durch den Nachweis der eigenen Schuld des Beschädigten oder einer nicht aus der Natur des Unterneh­ mens hervorgehenden höheren Gewalt befreien kann.“ 23   Ubbelohde, Archiv für practische Rechtswissenschaft 7 (1860), 229, 232, 243 ff. 24   Burchardi, Über die Verantwortlichkeit des Schuldners für seine Gehilfen bei der Erfül­ lung von Obligationen, 1861. 25   Baron, AcP 52 (1869), 44, 46 ff.; Baron, Pandekten, 4.  Aufl., 1882, §  273, S.  388 ff. Zu dieser Sicht auch supra §  1 C II 2. 26   Baron, AcP 52 (1869), 44, 95 f. 27   Wyss, Die Haftung für fremde Culpa nach römischem Recht, 1867, S.  6 ff., 71 ff. Ebenso Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd.  II, 3.  Aufl., 1870, §  401, S.  462 ff.; Goldschmidt, ZHR 16 (1871), 287. Auch Jhering hielt prinzipiell am Erfordernis eines Auswahlverschuldens fest, sofern nicht aufgrund des höchstpersönlichen Charakters der Verpflichtung bereits die Einschaltung des Gehilfen zu missbilligen war, Jhering, JherJ 4 (1861) 1, 84 f.; ausdrücklich be­ stätigt in Jhering, Das Schuldmoment im Römischen Privatrecht, 1867, in: Vermischte Schriften juristischen Inhalts, 1879, S.  155, 207.

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Kapitel 2:  Entwicklungsstränge der Verantwortlichkeit für Hilfspersonen

Antipoden aber dahingehend überein, dass die sozio-ökonomischen Realitäten zunehmender Arbeitsteilung ein von individuellem Verschulden des Prinzipals unabhängiges Haftungsregime an sich erforderten.28 Ubbelohde reagierte nicht zuletzt auf die gegen seine Quellendeutung gerichte­ ten Angriffe mit einer zweiten Abhandlung, die zur Absicherung seiner Position mit dem Hinweis auf eine vermeintlich als Vergütungsbestandteil bestimmter entgeltlichen Verträge gezahlte „Assecuranzpämie“ einen weiteren normativ ge­ wendeten, ökonomischen Gesichtspunkt in den Mittelpunkt rückte. 29 Dieser wurde zwar nicht nur in der Nationalökonomie aufgegriffen,30 sondern spielte auch bei Schaffung des RHaftpflG eine gewisse Rolle,31 taugt indessen für sich alleine nicht zur Begründung einer umfassenden Haftung für Gehilfenfehler in Sonderverbindungen. Die Annahme einer impliziten Versicherungsprämie setzt gerade voraus, dass der Prinzipal mit dem zu vergütenden Risiko einer Haftung für Gehilfen belastet ist. Sie beschreibt also nur eine Konsequenz, die eintritt, wenn der Prinzipal der Haftung für Gehilfenfehler ausgesetzt ist – diese fällt aber weg, wenn mangels Haftungsgrundlage die Gegenseite das Risiko aus dem Gehil­ feneinsatz trägt.32 Indessen ist Ubbelohdes Ansatz ein differenzierter,33 der auf einen zentralen Gesichtspunkt hinweist, der nicht nur von anderer Seite in der Pandektistik betont wurde, sondern auch in der gegenwärtigen Diskussion prä­ sent ist.34 Angesprochen ist die Möglichkeit einer (stillschweigenden) vertrag­ lichen Übernahme der Verantwortlichkeit für Gehilfenfehler,35 wie sie auch in der Übernahme einer Pflicht zur Herstellung eines Erfolgs liegen kann.36

C.  Gesetzgebung und Rechtsprechung Der einflussreiche Beitrag Ubbelohdes positionierte sich in einer Kontroverse über die Haftung der Post- und Eisenbahnverwaltung für die Fehler ihrer Be­ 28   Vgl. die allseitigen Hinweise auf die Verkehrserfordernisse bei Ubbelohde, Archiv für practische Rechtswissenschaft 7 (1860), 229, 233 f. einerseits und Wyss, Die Haftung für fremde Culpa nach römischem Recht, 1867, S.  73, 113, 146 f. andererseits. Exemplarisch für das Problem­ empfinden der Zeit, Braun, VjSchr. für Volkswirthschaft, Politik und Kulturgeschichte, 25 (1869), 229, 231 ff., 244; Braun, VjSchr. für Volkswirthschaft, Politik und Kulturgeschichte, 27 (1869), 245, 246 ff. 29   Ubbelohde, ZHR 7 (1864), 199, 246, 247 ff. 30   Braun, VjSchr. für Volkswirthschaft, Politik und Kulturgeschichte, 25 (1869), 229; Braun, VjSchr. für Volkswirthschaft, Politik und Kulturgeschichte, 27 (1869), 245. 31   Kleeberg, 36 J. Int’l L. & Pol. 36, 90 ff. (2003) 32   Zur Versicherungswirkung leistungsstörungsrechtlicher Rechtsbehelfe aus ökonomischer Sicht infra Kapitel 4 §  3 A. II. 3 und Kapitel 4 §  3 B. I. 1. 33   Vgl. die eingehende Behandlung der unterschiedlichen Kategorien von Verpflichtungen bei Ubbelohde, ZHR 7 (1864), 199, 247 ff. 34   Zu letzterem infra Kapitel 3 §  1 A. II. 35   Puchta, Vorlesung über das heutige römische Recht, Bd.  2, 2.  Aufl., 1849, §  302, S.  146. 36   Endemann, Das deutsche Handeslrecht, 2.  Aufl., 1868, S.  729.

§  5  Pandektistik und Rechtsentwicklung im 19. Jahrhundert

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diensteten.37 Nicht zuletzt dieser zeitgenössische Anlass für den grundlegenden wissenschaftlichen Vorstoß verdeutlicht, dass die praktische Rechtsentwicklung im 19. Jahrhundert über die restriktive Sicht der Pandektistik längst hinaus gegan­ gen war, um den bereits erwähnten Verkehrsbedürfnissen im Umfeld einer indus­ trialisierten Gesellschaft Rechnung zu tragen.38 Während sich im Hinblick auf die Verantwortlichkeit nach §  10 PrPostG von 185239 noch mit Berechtigung sagen lässt, diese habe auf Vorbilder des klassischen Rechts zurückgegriffen, lässt sich die umfassende und strenge, insbesondere auch Personenschäden erfassende Haf­ tung der Eisenbahnverwaltung für die Betriebsgefahr in §  25 PrEisenbahnG von 183840 keinesfalls vollumfänglich auf die klassische receptum-Haftung41 zurück­ führen.42 Gerade die in §  1 RHaftpflG43 enthaltene Beschränkung der reichsein­ heitlichen Haftung für die Eisenbahnbetriebsgefahr auf Personenschäden44 illus­ triert das Überschreiten historischer Präzedenzien bei der Schaffung der Tatbe­ stände der Gefährdungshaftung.45 Die Problematik der Verantwortlichkeit für 37   Vgl. die Nachweise bei Ubbelohde, Archiv für practische Rechtswissenschaft 7 (1860), 229, 230 Fn.  1. 38   Vgl. supra Fn.  28. Auch die großen Lehrbücher der Pandektenwissenschaft notierten die Divergenzen zwischen römischen Recht und lex lata zumindest in den Fussnoten, vgl. z. B. zur Haftung des Frachtführers nach §§  390 ff. ADHGB: Windscheid, Lehrbuch des Pandekten­ rechts, Bd.  2, 3.  Aufl., 1870, §  384, S.  405 f. Fn.  9, §  401, S.  463 ff. Fn.  5 ; zur Haftung nach dem RHfpflG: Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, Bd.  2, 4.  Aufl., 1875, §  457, S.  712 Fn.  5a, §  401, S.  503 Fn.  5. 39   Die Bestimmung hatte bereits ein Vorbild in §  10 PrPostO von 1710, der lautete: „Für Geld- und andere Pakete müssen die Postämter wie billig einstehen. Ausgenommen Verlusten auf fremden Posten, Zufall, höhere Gewalt, Begebenheiten, die von den Postbeamten nicht ver­ hütet oder vorhergesehen werden konnten. Bei Verlust auf fremden Posten wird die Hilfe des Generalpostamts, u. U. des Königs selbst, zugesichert.“ 40   PrGS 505, 510. Die Vorschrift lautete: „Die Gesellschaft ist zum Ersatz verpflichtet für allen Schaden, welcher bei der Beförderung auf der Bahn, an den auf derselben beförderten Per­ sonen oder Gütern, oder auch an anderen Personen oder deren Sachen entsteht und sie kann sich von dieser Verpflichtung nur durch den Beweis befreien, daß der Schaden entweder durch die eigene Schuld des Beschädigten, oder durch einen unabwendbaren äußeren Zufall bewirkt wor­ den ist.“ 41   Supra §  1 D. 42   Dass die zeitgenössische Literatur die Diskussion v. a. unter dem Gesichtspunkt einer Aus­ weitung der receptum-Haftung führte, so Schermaier in: Schmoeckel/Rückert/Zimmermann (Hrsg.), HKK-BGB, Bd.  II/1, 2007, §§  276–278 Rdnr.  72 Fn.  598, 75, sollte über diese Zusam­ menhänge nicht hinwegtäuschen, wie insbesondere auch das Bemühen Ubbelohdes um eine Ver­ ankerung in gegenwärtigen Zweckmäßigkeitserwägungen illustriert (supra bei Fn.  29 f.). 43   RGBl.  1871, 207. 44   Im Hinblick auf Sachschäden fehlte es somit zunächst an einer reichseinheitlichen Rege­ lung. Mit Einführung des BGB blieben die landesrechtlichen Unterschiede – und somit z. B. die erwähnte verschuldensunabhängige Regelung in Preußen – bestehen, vgl. Art.  105 EGBGB. Die heute in §  1 HaftpflG enthaltene unbeschränkte Haftung für Sachbeschädigungen wurde erst durch das Sachschädenhaftpflichtgesetz von 1940 eingeführt und erfasst bemerkenswerter Wei­ se gerade nicht die Beschädigung des Transportgutes, vgl. §  1 II Ziff. 1 HaftpflG. 45   Vgl. dazu auch Ogorek, Untersuchungen zur Entwicklung der Gefährdungshaftung im 19. Jahrhundert, 1975, S.  62, 98 ff.; Kleeberg, 36 J. Int’l L. & Pol. 53 (2003). Bereits Ubbelohde hatte sich programmatisch dahingehend geäußert, Aufgabe der Rechtswissenschaft könne nur sein, die gegenwärtigen Lebensverhältnisse zu erfassen und die Rechtssätze den Bedürfnissen, nicht

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Kapitel 2:  Entwicklungsstränge der Verantwortlichkeit für Hilfspersonen

Gehilfenfehler wird dabei in den Haftungstatbeständen nicht explizit themati­ siert, sondern ergibt sich aus der Befreiungsmöglichkeit erst bei höherer Gewalt, die im Fall eines Verschuldens der eigenen Leute regelmäßig nicht vorlag. So heißt es in der Leitentscheidung des RG: „[S]o viel jedoch scheint außer Zweifel, daß Handlungen von Bediensteten der Eisenbahn in Ausübung ihres Dienstes der Regel nach einen Fall der höheren Gewalt nicht begründen können.“46

Bemerkenswert ist vor diesem Hintergrund, dass die Leutehaftung des Berg­ werksbetreibers in §  2 RHaftpflG in personeller Hinsicht auf höhere Stufen der Betriebsorganisation beschränkt war, da nur für das Verschulden von Bevoll­ mächtigten, Repräsentanten oder zur Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebes oder der Arbeiter bestellten Personen gehaftet wurde. Wiederum näher an der klassischen receptum-Haftung präsentierte sich die von eigenem Verschulden gelöste Einstandspflicht des Frachtführers in §§  395 ff. AD­ HGB. Diese enthielt in §  400 ADHGB auch eine ausdrückliche Bestimmung zur Leutehaftung, die sämtliche Personen erfasste, derer sich der Frachtführer zur Ausführung des übernommenen Transportes bediente.47

D.  Risikozuweisung als Aufgabe des Privatrechts im Zeitalter der Industrialisierung Sowohl die Entwicklung in der Pandektenwissenschaft als auch diejenige in Ge­ setzgebung und Rechtsprechung zeigen, dass die Aufgabe des Haftungsrechts verstärkt in einer adäquaten Risikozuweisung gesehen wurde, die unter den so­ zio-ökonomischen Realitäten einer industrialisierten Gesellschaft mit einem rechtsethisch aufgeladenen Verschuldenskriterium allein nicht zu bewältigen war. Gerade die Suche nach tragfähigen, modern-zweckrationalen Begründungen ver­ deutlicht,48 dass eine Entwicklung eingeleitet war, die sowohl im Rahmen beste­ hender Sonderverbindungen als auch außerhalb solcher die Schadenszurechnung nicht mehr allein auf rigide, in der Rechtspraxis ohnehin selten stringent durchge­ haltene, deontologische Lehren stützen wollte. Zu nennen ist exemplarisch der „Schluss“ von der Schadensverursachung auf die unzureichende Auswahl- oder Überwachung,49 da auf diese Weise die eigentliche normative Entscheidung, den aber umgekehrt die Bedürfnisse den Rechtssätzen anzupassen, Ubbelohde ZHR 7 (1864) 199, 204. 46   RG v. 13.  4. 1880 – II 45/80, RGZ 1, 253, 254. Weitere Nachweise bei G.Eger, Das ReichsHaftpflicht-Gesetz betreffend die Verbindlichkeit zum Schadenersatz für die bei dem Betriebe von Eisenbahnen, Bergwerken, Steinbrüchen, Gräbereien und Fabriken herbeigeführten Tö­ tungen und Körperverletzungen, 7.  Aufl., 1912, S.  136 f. 47   Vgl. auch bereits die Regelungen in den naturrechtlichen Kodifikationen, supra §  4 C I. 48   Vgl. insbesondere supra bei Fn.  29 und 30. 49   Supra bei Fn.  18.

§  5  Pandektistik und Rechtsentwicklung im 19. Jahrhundert

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Gehilfenfehler unabhängig von feststellbarem, individuellem Verschulden zuzu­ rechnen, in einer Beweislastregel versteckt wird.50 Damit soll keinesfalls gesagt sein, dass eine lineare oder gar zwangsläufige Entwicklung stattfand, die zuneh­ mend auf eine rechtsethische Fundierung des Haftungsrechts zu verzichten kön­ nen glaubte. Nicht von ungefähr hielt eine verbreitete Meinung trotz der Fahrläs­ sigkeitsdefinition des §  276 Abs.  1 Satz 2 BGB a. F. daran fest, dass das im BGB als beherrschender Zurechnungsgrundsatz sowohl innerhalb (§  276 Abs.  1 Satz 1 BGB a. F.) als auch außerhalb (§§  823 ff. BGB) bestehender Sonderverbindungen kodifizierte Schuldprinzip stets einen ethisch fundierten, individuellen Vorwurf gegenüber dem Handelnden voraussetze.51 Immerhin zeigt sich aber, dass zumin­ dest sektoral funktionale Betrachtungen des Rechts und insbesondere seiner Re­ alwirkungen wieder52 in den Vordergrund traten, die konsequenterweise objek­ tive Zurechnungskriterien zu formulieren versuchten. Besonders augenfällig zeigte sich das – an Überlegungen zur Vermeidung von Externalitäten in der Neu­ en Institutionenökonomik erinnernde53 – Ziel, durch Regulierung verhaltenssteu­ ernde Anreize zu setzen, in der zeitgenössischen Nationalökonomik der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. So stellt Karl Braun, als Referent des 11. Kongresses deutscher Volkswirthe überdeutlich den Präventionszweck einer Haftungsanord­ nung dar, wenn er ausführt: „Damit [scil. einer verschuldensunabhängigen Haftung des Geschäftsherrn für seine Ge­ hilfen] wird man die Unfälle .  .  . nach Möglichkeit verhüten. Es handelt sich nicht darum, dass man den Beschädigten oder den Hinterbliebenen der Getödteten schliesslich ein Al­ mosen gewährt; nein, wir wollen machen, dass überhaupt wo möglich Niemand mehr be­ schädigt oder getödtet wird; wir wollen die Unfälle verhüten“.54

Luzide beschreibt später Philipp Heck das objektive Fahrlässigkeitsverständnis der von ihm als h. M. bezeichneten, bereits bei Verabschiedung des BGB vordrin­ genden Sicht dahin, es führe „das Kulpaprinzip schließlich doch auf eine Art Er­ folgshaftung zurück“,55 da diese insbesondere von einem ethisch begründeten, 50   Zu ähnlichen, individuelle Schuld letztlich transzendierenden Figuren in anderen, auf die­ sem Zurechnungskriterium an sich beharrenden Epochen vgl. supra §  2 A, B (culpa praecedens, culpa levissima); §  3 B (culpa levissima, culpa aliqua); §  4 C I (culpa in habendo). 51   So z. B. Zitelmann, Die Rechtsgeschäfte im Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Theil 2, 1890, S.  139; Zitelmann, Das Recht des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Bd.  1, 1900, S.  158; Liszt, Die Deliktsobligationen im System des Buergerlichen Gesetzbuchs, 1898, S.  55; Siber in: Planck’s Kommentar zum BGB, Bd.  2/1, 4.  Aufl., 1914, §  276 Anm.  2 b β bb; Leonhard, Das Schuldrecht des BGB, Bd.  1, 1929, S.  424. Wohl auch Cosack, Lehrbuch des deut­ schen bürgerlichen Rechts, Bd.  1, 3.  Aufl., 1900, §  71 2 b, S.  238 (der von individuell festzustel­ lender „Schuld“ spricht); Landsberg, Das Recht des Bürgerlichen Gesetzbuches vom 18. August 1896, Bd.  1, 1904, §  75 II 3 b, S.  254. 52   Vgl. schon die in der Überlieferung mitgeteilten Gründe für bestimmte prätorische Haf­ tungstatbestände im klassischen römischen Recht, supra §  1 D, E. 53   Dazu noch eingehend infra Kapitel 4 §  1 und Kapitel 4 §  3. 54   Braun, VjSchr. für Volkswirtschaft, Politik und Kulturgeschichte, 27 (1869), 245, 249. Vgl. auch schon supra Kapitel 1 §  2 Fn.  55. 55   Heck, Grundriß des Schuldrechts, 1929, S.  77.

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Kapitel 2:  Entwicklungsstränge der Verantwortlichkeit für Hilfspersonen

individuellen Schuldvorwurf gelöst sei. Bevor die vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen zu verstehende, gegenwärtige Konzeption der Einstandspflicht für Gehilfenfehler näher betrachtet wird, 56 sollen die vorstehend nachgezeichne­ ten, historischen Entwicklungsstränge noch knapp im Hinblick auf die eingangs formulierten Erkenntnisziele gewürdigt werden.57

  Infra Kapitel 3 §  1.   Infra §  6 .

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§  6  Bewertung und Fortgang der Untersuchung Der vorstehende historische Abriss zeigt, dass die strikte Einstandspflicht für Gehilfenfehler in denjenigen Systemen des Leistungsstörungs- und Haftungs­ rechts, die von einem moraltheologisch oder ethisch fundierten Verschuldens­ prinzip dominiert sind, als häufig nicht offen zu rechtfertigende Anomalie er­ scheint. Dieser Befund zeigt sich insbesondere unter dem christlichen Einfluss bei den Kanonisten und Legisten sowie im Usus modernus und im Humanismus,  aber auch in der säkularen Naturrechtslehre und der frühen Pandektistik. Den Kontrast bilden Regime, die Zurechnungsgründe jenseits individueller Schuld ak­ zeptieren. Diese gelangen organisch zu einem Kontinuum der Schadensverteilung entlang objektiver Verantwortungsbereiche, die anhand zweckrationaler Krite­ rien abgegrenzt werden können. Als historische Illustrationen sind neben dem klassischen römischen Recht  insbesondere die Reformgesetze des 19. Jahrhun­ derts zu nennen. Im Hinblick auf das hier verfolgte Erkenntnisziel bleibt vor allem festzuhalten, dass eine verschuldensunabhängige Einstandspflicht für Ge­ hilfenfehler sich in letzteren Konzeptionen keinesfalls schon deshalb als beson­ ders begründungsbedürftig darstellt, weil sie von dem mit herausgehobener Legi­ timität ausgestatteten Zurechnungskriterium des Eigenverschuldens abweicht. Wie jede Schadensverlagerung bedarf die Verantwortlichkeit für Drittverhalten einer materiell tragfähigen Begründung, die aber nicht im Hinblick auf ein ver­ meintliches Regel-Ausnahme-Verhältnis von gesteigerter Durchschlagskraft sein müsste. Unbestritten bleibt selbstverständlich, dass die Verschuldenshaftung auch im Rahmen eines funktionalen Verständnisses des Leistungsstörungs- und Haf­ tungsrechts ihren Platz haben kann. Indessen basiert die Überwälzung von Ein­ bußen als Folge ihrer schuldhaften Verursachung in dieser Sicht nur auf einem von mehreren, im Ausgangspunkt gleichwertigen Zurechungskriterien. Dem Ver­ schuldensgrundsatz kommt also per se keine höhere Dignität als anderen Recht­ fertigungen für eine Schadensverlagerung zu. Wenn in der Literatur nicht selten abweichend hiervon ein intuitiv, durch das Rechtsgefühl abgesicherter Vorrang   Supra §  2.   Supra §  3.    Supra §  4 B, C.    Supra §  5 B.    Supra §  1.    Supra §  5 C.  

132

Kapitel 2:  Entwicklungsstränge der Verantwortlichkeit für Hilfspersonen

der Verschuldenshaftung postuliert wird, lässt sich dies letztlich nur bei Festhal­ ten an einer ethischen Aufladung des Verschuldensprinzips selbst halten. Entspre­ chend wird das Verschuldensprinzip dann auch normativ überhöht, wenn es als das „ethische Rückgrat unseres Schadensrechts“,  als „rechtsethische Selbstver­ ständlichkeit“ oder seine Entwicklung als einer „der bedeutendsten rechtsethi­ schen Durchbrüche der Privatrechtsgeschichte“ 10 bezeichnet wird. Es soll an die­ ser Stelle bei dem Hinweis bewenden, dass selbst eine ethische Fundierung von Verhaltenspflichten nicht notwendig den Charakter der Mechanismen ihrer Durchsetzung (Verschuldens-, Garantie-, Gefährdungshaftung etc.) determi­ niert.11 Versteht man demgegenüber wie hier leistungsstörungsrechtliche Rechts­ behelfe als aus funktionaler Perspektive legitimationsbedürftige Sanktionen, geht es im Kern nur noch darum, die einschlägigen Zurechnungskriterien zur optima­ len Verwirklichung der verfolgten Regulierungsziele zu benennen. Bevor insoweit die Ökonomik auf ihre Leistungsfähigkeit untersucht wird,12 soll zunächst noch ein Überblick über die originär rechtswissenschaftlichen Rechtfertigungen der Einstandspflicht für Gehilfenfehler gegeben werden.13 Dies zum einen, um zu illustrieren, dass jedenfalls für die untersuchte Thematik auch insoweit eine objektiv-funktionale Perspektive vorherrscht. Zum anderen, um die Defizite aufzuzeigen, die es mit Hilfe der interdisziplinären Überlegungen zu überwinden gilt.

   So v. a. v.Caemmerer, RabelsZ 42 (1978) 5, 6; ganz ähnlich Deutsch, Fahrlässigkeit und er­ forderliche Sorgfalt, 2.  Aufl., 1995, S. 420 f. Zu Recht sehr viel neutraler vor dem Hintergrund der Neuregelung des §  276 Abs.  1 durch die Schuldrechtsmodernisierung, gleichwohl aber posi­ tivrechtlich „Verschulden als Regelform“ der Zurechnung bezeichnend Grundmann in: Mün­ chener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  276 Rdnr.  6 f.; ähnlich z. B. Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  276 Rdnr.  5 : Verschuldensprinzip nur als Regel, die zahlreiche Ausnahmen kennt.    Esser, JZ 1953, 129.    Koziol, AcP 196 (1996) 593, 600. 10   Canaris, Festschrift für Wolfgang Wiegand, 2005, S.  179, 253. 11   Vgl. zur Unabhängigkeit des Sanktionensystems im Vertragsrecht auch schon supra Kapi­ tel 1 §  2 A. II. 1. a) (1). 12   Infra Kapitel 4. 13   Infra Kapitel 3.

Kapitel 3

Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen   in der Jurisprudenz Es entspricht dem methodischen Ansatz der vorliegenden Untersuchung, wonach ökonomische Erwägungen als wertvolle Ergänzung klassischer Jurisprudenz ge­ sehen werden, zunächst einen Überblick über die Versuche der traditionellen Rechtswissenschaft zu geben, eine Einstandspflicht des Geschäftsherrn für das Fehlverhalten seiner Gehilfen zu legitimieren. Dies geschieht zum einen in der Überzeugung, dass sich die allgemein für das Leistungsstörungsrecht festgestellte Koinzidenz von ökonomischen Desideraten und den in der Jurisprudenz formu­ lierten Zielen des betroffenen Teils des Schuldrechts auch hinsichtlich der Zu­ rechnungsgründe wiederholt, die eine Verantwortlichkeit für Gehilfenfehler tra­ gen. Mit anderen Worten, es ist davon auszugehen, dass sich auch insoweit Anker­ punkte für die Entwicklung eines ökonomisch informierten Ansatzes nachweisen lassen, der keinen radikalen Bruch mit dem tradierten Denken darstellt, sondern dieses aus den genannten Gründen  luzide fortzuschreiben versucht. Zum ande­ ren dient die Bestandsaufnahme vice versa auch dazu, das Bedürfnis nach weiter­ führenden, hier interdisziplinär eingekleideten Begründungsansätzen konkret aufzuzeigen. In diesem Sinne werden die im folgenden Kapitel „vor die Klammer“ gezogenen ökonomischen Überlegungen als mögliche Reaktion auf die diagnosti­ zierten Defizite traditioneller teleologischer Lehren verankert.

  Vgl. supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1.   Supra Kapitel 1 §  2 A.

 

§  1  Begründungsansätze im deutschen Recht Wie noch zu zeigen sein wird, begründen alle hier untersuchten Rechtsordnungen die rechtsförmige Verantwortlichkeit des Geschäftsherrn für ein Fehlverhalten von Gehilfen in mehr oder weniger starkem Maße auch implizit, d. h. im Rahmen von Normen und Rechtsinstituten, die prima facie keinen auf Zurechnung von Fehlverhalten gerichteten Rechtsfolgenausspruch enthalten. Für die hier anzu­ stellenden Überlegungen auf der Metaebene, die nach den Gründen suchen, die zur Legitimation der entsprechenden Rechtsfolge genannt werden, ist es aber gleichwohl sinnvoll, zunächst primär die expliziten Zurechnungsnormen in den Blick zu nehmen, da regelmäßig nur dort die tragenden Erwägungen bei der Normzweckanalyse offen gelegt werden. Für die deutsche Rechtsordnung geht es daher zunächst um eine Betrachtung der Teleologie des §  278 BGB als der zentra­ len, expliziten Zurechnungsnorm für Gehilfenfehler im vertraglichen Kontext. Darüber hinaus sind aber auch die Erwägungen, die zur Begründung der Ein­ standspflicht für das Handeln der Verbandsorgane im Rahmen des §  31 BGB be­ nannt werden,  ebenso zu betrachten, wie die materiellen Gründe hinter der Ei­ genhaftung des Geschäftsherrn für die Delikte seiner Verrichtungsgehilfen nach §  831 BGB.

A.  Haftung für Erfüllungsgehilfen nach §  278 BGB I.  Bedeutung und Reichweite der tradierten Erklärungsversuche 1.  Heteronome Zurechnung und Verschuldensprinzip Die Frage nach dem Normzweck überschneidet sich zwar, ist aber nicht notwen­ dig identisch mit der dogmatischen Einordnung des §  278 BGB. Wenn und soweit sich die Einstandspflicht dogmatisch als ein Rechtsinstitut verstehen lässt, das auf einen entsprechenden aktuellen Willen der Beteiligten zurückgeführt werden kann, trägt diese Qualifikation die Rechtfertigung der Haftung bereits in sich. Dies gilt nach dem Vorgesagten unabhängig davon, ob man die privatautonome

  Infra A.   Infra B.    Infra C.  

§  1  Begründungsansätze im deutschen Recht

135

Versprechensbindung als deontologisch oder funktional legitimiert ansieht. An­ ders verhält es sich aber, wenn und soweit sich die Verantwortlichkeit für das Gehilfenverhalten als vom Parteiwillen gelöstes, gesetzliches Institut erweist, des­ sen für den Haftenden freiheitsbeschränkende Wirkung dann nur anderweitig, mit heteronomen Regulierungszielen gerechtfertigt werden kann. Dabei erscheint es von höchst untergeordneter Bedeutung, ob auch nach der Schuldrechtsmoder­ nisierung noch mit Berechtigung davon gesprochen werden kann, dass die von eigenem Verschulden unabhängige Haftung für das Fehlverhalten von Erfül­ lungsgehilfen im Fall ihrer Heteronomie tatsächlich eine dogmatisch und rechts­ politisch in besonderem Maße begründungsbedürftige Ausnahme von einem die willensunabhängige Haftung im Vertragsrecht dominierenden, in §  276 Abs.  1 Satz 1 BGB nach wie vor als Regelfall zugrunde gelegten Verschuldensprinzip darstellt. Der rechtshistorische Überblick hat gezeigt, dass im klassischen rö­ mischen Recht eine von Eigenverschulden gelöste Leutehaftung im Vertragsrecht durchaus gleichberechtigt neben den Fällen einer culpa-Haftung stand und die Präponderanz des Verschuldensprinzips als zentralem Zurechnungsgesichtspunkt in der Rezeption sowie im Naturrecht die Folge von dessen moraltheologischer oder säkular-ethischer Aufladung darstellte. Diese Zusammenhänge gilt es zu vergewärtigen, wenn einem auf ethische Fundamente gestützten Verschuldens­ grundsatz – und sei es im Zusammenspiel mit zeitgebundenen, funktionalisti­ schen Erwägungen – als tradiertem zivilistisches Prinzip der Schadenszurech­ nung ein quasi-natürlicher Vorrang vor anderen Gesichtspunkten, die zur Legi­ timation einer Schadensverlagerung herangezogen werden können, zugesprochen werden soll. Es darf eben nicht verkannt werden, dass zumindest einige der geis­ tesgeschichtlichen Traditionen aus heutiger Sicht gebrochen erscheinen und ihnen folglich nur wenig entnommen werden kann, wenn es um die Festlegung der Rol­ le geht, die das Verschuldensprinzip im Rahmen eines modernen Leistungsstö­ rungs- und Haftungsrechts spielen und insbesondere in welchem Verhältnis es zu anderen Prinzipien der Schadenszurechnung stehen sollte. Positivrechtlich indi­   Supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1.   Siehe nur H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  1. Vor der Neufassung des §  276 Abs.  1 Satz 1 BGB auch H. Westermann, JuS 1961, 333, 334; E.Lorenz, Festschrift 50 Jahre Bundesgerichtshof, 2000, S.  329.    Supra Kapitel 2 §  1 C, D, E II.    Supra Kapitel 2 §  2 B, §  3 B, §  4 B, §  5 A.    Vgl. z. B. v. Caemmerer, RabelsZ 42 (1978) 5, 8, der die Wurzeln des Verschuldensprinzips in naturrechtlichen Lehren sieht, seine Durchsetzungen in Kontinentaleuropa aber auf das Be­ dürfnis nach einer der Güterproduktion Freiräume sichernden Risikoverteilung in der Zeit des Wirtschaftsliberalismus zurückführt (ibid., S.  8 ; zum (inversen) freiheitssichernden Effekt des Verschuldensprinzips als Zurechnungsgrund des Schadens im neuen Schuldrecht auch Deutsch, AcP 202 (2002) 889, 892, 902). Zu den diskutierten Ursprüngen des Verschuldensprinzips auch Deutsch, Fahrlässigkeit und erforderliche Sorgfalt, 2.  Aufl., 1995, S.  420 ff.; Jansen, Die Struktur des Haftungsrechts, 2003, S.  304 geht davon aus, dieses setze sich im Usus modernus allgemein durch.    Schon supra Kapitel 2 §  6 .  

136 Kapitel 3:  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurispudenz ziert der Umstand, dass gerade auch der Verschuldensgrundsatz in der Privat­ rechtsdogmatik eine beachtliche Verobjektivierung erfahren hat, insbesondere im Gefolge der Statuierung eines normativen Fahrlässigkeitsbegriffs,10 dass auch in­ soweit funktionalen Erwägungen eine weitaus prominentere Rolle zukommt, als dies der Hinweis auf die geistesgeschichtlichen Fundamente des Grundsatzes zu­ nächst suggerieren mag. Die insoweit auch positivrechtlich vollzogene Ablösung der haftungslegitimierenden Verantwortlichkeit von einer ethisch oder gar moral­ theologisch fundierten, persönlichen Vorwerfbarkeit lässt aber umgekehrt auch keine Rückschlüsse darauf zu, weshalb in bestimmten, möglicherweise sogar den meisten Konstellationen für die Haftungslegitimation gänzlich auf einen – wie auch immer gearteten – Verschuldensvorwurf verzichtet werden kann und soll. Die mehr oder weniger banale Erkenntnis aus dem für die originäre Haftung zu konstatierenden Verzicht auf persönliche „Schuld“ des Verantwortlichen liegt darin, dass auch das Verschuldenserfordernis ein gestaltbares Kriterium für die zivilrechtliche Schadenszurechnung darstellt, neben das gleichberechtigt andere, eine Schadensverlagerung ebenfalls rechtfertigende Grundsätze gestellt werden können.11 Ein solches konzeptionelles Nebeneinander lässt es schließlich als mög­ lich erscheinen, die einzelnen Rechtsinstitute der Risikozuweisung und Scha­ denszurechung als – aus Sicht des Gesetzgebers – je angemessenes Mittel zur Ver­ wirklichung eines einheitlichen Zwecks des Leistungsstörungs- und Haftungs­ rechts zu begreifen, z. B. indem die Steuerungswirkung von Verhaltensmaximen durch je unterschiedliche Sanktionsvoraussetzungen (Verschulden, objektiv-kau­ sale Schadensverursachung etc.) aktiviert wird. 2.  Pluralistisches Verständnis der Verhaltenszurechnung als Ausdruck der Vielgestaltigkeit schuldrechtlicher Pflichten Hinsichtlich der Gründe, die unter Geltung des §  278 BGB die positivrechtlich angeordnete Zurechnung materiell gebieten oder doch zumindest rechtfertigen, besteht im deutschsprachigen Schrifttum und der Rechtsprechung keine Einig­ keit. Die einzelnen, für relevant erachteten Gesichtspunkte werden zumeist nicht strikt isoliert betrachtet, sondern mit unterschiedlicher Akzentuierung kom­ biniert herangezogen.12 Das vorherrschende, flexible Normzweckverständnis 10   Vgl. deutlich die Überlegungen der II. Kommission, Prot. II S.  2786 f. = Mugdan II, S.  1095. Zum heutigen Stand der Entwicklung hier nur Wolf in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  276 Rdnr.  75 ff.; Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  276 Rdnr.  29 ff.; Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  276 Rdnr.  55 ff.; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  276 Rdnr.  10 ff. 11   Allgemein zu den Gründen der Schadenszurechnung in der traditionellen Zivilrechtsdog­ matik z. B. Esser, JZ 1953, 129; Larenz, JuS 1965, 373; Kötz, AcP 170 (1970) 1; siehe auch Rohe, AcP 201 (2001) 117, 122 ff. 12   Vgl. schon Mot. II, S.  30 = Mugdan II, S.  16, Prot. II S.  8412 = Mugdan II, S.  523; deutlich Larenz, Schuldrecht I, 14.  Aufl., 1987, §  20 VIII, S.  297; vgl. auch E.Lorenz, Festgabe 50 Jahre Bundesgerichtshof, Bd.  I, 2000, S.  329, 333, der davon ausgeht, dass alle genannten Rechtferti­

§  1  Begründungsansätze im deutschen Recht

137

kommt dabei bei denjenigen am plastischsten zum Ausdruck, die zur Konkreti­ sierung der Voraussetzungen der Einstandpflicht nach §  278 BGB ein bewegliches System im Sinne Walter Wilburgs13 entwickeln wollen.14 In der Konsequenz wer­ den nämlich die eine Zurechnung rechtfertigenden Gesichtspunkte als prinzipiell gleichwertig und auf der Grundlage einer Abwägung in gewissem Maße aus­ tauschbar angesehen. Betrachtet man die Vielgestaltigkeit zivilrechtlicher Sonder­ verbindungen, wie sie nach der Schuldrechtsmodernisierung nunmehr auch in den §  241 BGB und §  311 BGB angedeutet wird, spricht in der Tat viel für einen Abschied von einem monistischen Normzweckverständnis, der ja selbstredend nicht mit dogmatischer Beliebigkeit gleichzusetzen wäre. In ihm spiegelt sich letztlich nur der erreichte Grad dogmatischer Differenzierung im Verständnis der relevanten rechtlichen Beziehungen wider, der sich konsequenterweise in unter­ schiedlichen bzw. zumindest unterschiedlich balancierten Leitgedanken der haf­ tungsrechtlichen Verhaltenszurechnung fortsetzt. Dies gilt umso mehr, als die Bedeutung der in §  278 BGB angeordneten Verhaltenszurechung in der Sicherung adäquater Sanktionierung pflichtwidrigen Verhaltens liegt und vor diesem Hin­ tergrund Abbild der Vielgestaltigkeit der zu stützenden Sonderverbindungen ist. Die Auseinandersetzung mit den in Literatur und Rechtsprechung genannten Normzwecken hat daher besonderes Augenmerk darauf zu legen, ob und inwie­ weit bestimmte teleologische Erklärungsversuche tragen. Nach dem Vorgesagten muss es nicht zwingend darum gehen, ein einheitliches, hinter §  278 BGB stehen­ des Prinzip zu finden, aus dem sich alle Voraussetzungen der Einstandspflicht in sämtlichen nur denkbaren Konstellationen ableiten ließen.15 Der Anspruch kann auch bescheidener dahingehend formuliert werden, die für die Haftung für Erfül­ lungsgehilfen konstituierenden Wertungen offen zu legen und ihre Zuordnung zu den einschlägigen Grundkonstellationen aufzuzeigen, wobei in einem weiteren Schritt, dem methodischen Grundverständnis dieser Untersuchung entsprechend, die im autonom juristischen Schrifttum entwickelten Zurechnungskriterien mit Hilfe institutionenökonomischer Überlegungen weiter zu operationalisieren sind.16 Festzuhalten ist, dass in der Konsequenz Erklärungsansätze nicht schon dann zwingend in Bausch und Bogen zu verwerfen sind, wenn eingestandener­ weise bestimmte Sachverhalte mit ihrer Hilfe keiner interessengerechten Lösung zugeführt werden können, solange sie nur bestimmte Konstellationen zutreffend erfassen helfen. Umgekehrt ist auch mit dem Abschied von einem einheitlichen Normverständ­ nis nicht notwendig verbunden, dass sämtliche materiellen Zurechnungskriterien gungsgründe in ihrer Gesamtheit bei vertraglichen Schuldverhältnissen eine ergänzende Ausle­ gung mit dem Ergebnis einer §  278 BGB entsprechenden Einstandspflicht tragen würden. 13   Wilburg, Entwicklung eines beweglichen Systems im bürgerlichen Recht, 1951. 14   E. Schmidt, AcP 170 (1970), 502, 514. 15   So aber der ambitionierte Ansatz bei Fundel, Die Haftung für Gehilfenfehlverhalten im Bürgerlichen Recht, 1999, S.  5. 16   Infra Kapitel 4.

138 Kapitel 3:  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurispudenz in ihrem Geltungsanspruch auf den Anwendungsbereich des §  278 BGB be­ schränkt bleiben. Dies gilt nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass in der vorlie­ genden Untersuchung die originär juristischen Überlegungen aus konsequentia­ listischer Sicht ergänzt werden sollen und damit dogmatische Grenzziehungen keinesfalls als unverrückbare Demarkationslinien verstanden werden. Als Para­ digma sei nur an die Unterschiede zwischen der Einstandspflicht für Erfüllungs­ gehilfen einerseits und derjenigen für Verrichtungsgehilfen andererseits in den Fällen erinnert, in denen es um die Verletzung von deliktischen Jedermanns­ pflichten strukturell vergleichbaren Schutzpflichten (§  241 Abs.  2 BGB) geht. Hier kann die konsequentialistische Bestimmung des Grundes der strikten Einstands­ pflicht nach §  278 BGB entweder eine Rechtfertigung der Unterschiede zwischen sonderverbindungs- und deliktsrechtlicher Haftungsordnung liefern oder aber immerhin doch Gründe und Grenzen für die Glättung der das Gesetz kennzeich­ nenden Verwerfungen aufzeigen. Im juristischen Schrifttum werden sowohl willensbasierte17 als auch hetero­ nome18 Rechtfertigungen einer Einstandspflicht für das Fehlverhalten von Erfül­ lungsgehilfen vertreten. Insgesamt bestätigt eine Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen teleologischen Einordnungen des §  278 BGB die Vermutung eines relativen Charakters der einzelnen Erklärungsversuche im Sinne einer sek­ toralen Begrenzung auf bestimmte Fallkonstellationen.19

II.  Einstandspflicht kraft Parteiwillens Das Fehlen einer positiven Verankerung der umfassenden Einstandspflicht für das Fehlverhalten von Gehilfen vor Inkrafttreten des BGB macht verständlich, dass die Haftung des Schuldners für den Erfüllungsgehilfen bereits früh unmit­ telbar mit dem Inhalt der (vertraglichen) Obligation erklärt wurde. 20 Angespro­ chen sind damit die Versuche einer rechtsgeschäftlichen Begründung der Haf­ tung, d. h. die Fundierung der Einstandspflicht im Versprechen des Schuldners – ein Gedanke, der sich innerhalb seines begrenzten Anwendungsbereichs frappie­ rend an das Verständnis des Leistungsversprechens als Garantie annähert, wie es im common law begegnet. Dass mit diesen Konzeptionen die unstreitige Geltung des §  278 BGB für den Bereich der gesetzlichen Schuldverhältnisse21 nicht erklärt   Infra II.   Infra III, IV. 19   Infra V. 20   Grundlegend in der Pandektenwissenschaft Puchta, Vorlesungen über das heutige rö­ mische Recht, Band  2, 4. Aufl., 1855, §  302, S.  146 ff. Dazu bereits supra Kapitel 2 §  5 bei Fn.  35. 21   Statt aller RG v. 4.  7. 1932 – VI 137/22, RGZ 138, 1, 5; BGH v. 7.  3. 1972 – VI ZR 158/70, BGHZ 58, 207, 215; BGH v. 17.  1. 1985 – IX ZR 59/84, BGHZ 93, 278, 284; Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, 278 Rdnr.  7; Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  15; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  2. 17 18

§  1  Begründungsansätze im deutschen Recht

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werden kann, ist evident. 22 Dieser Befund schließt aber noch nicht aus, dass dem Ansatz im Hinblick auf rechtsgeschäftlich begründete Verbindlichkeiten Erklä­ rungswert zukommt. Erinnert sei nur daran, dass die Haftung für den Erfül­ lungsgehilfen, aus §  278 S.  2 BGB ersichtlich, dispositiv ist, der entsprechende Parteiwille für die Reichweite der Einstandspflicht also auch bei Annahme einer heteronomen Haftungsanordnung kraft Gesetzes keinesfalls ein Nullum dar­ stellte. 23 1.  Erfolgsversprechen und Einstandspflicht Unter entsprechender Deutung der Verantwortlichkeit des conductor operis im klassischen römischen Recht 24 wurde die vertragliche Übernahme einer Erfolgs­ herstellungspflicht in der Pandektistik als ausreichende Grundlage für eine Ein­ standspflicht für das Verhalten der Hilfspersonen angesehen. 25 Letztlich handelt es sich bei einer solchen Interpretation des Erfolgsversprechens nur um eine auf bestimmte Vertragsbeziehungen beschränkte Spielart der sogleich zu erörternden Garantielehren. Denn das Erfolgsversprechen wird von den darauf rekurrierenden Autoren nicht im Sinne einer unbeschränkten Einstandspflicht interpretiert, die konsequenterweise nicht auf schuldhaftes Gehilfenfehlverhalten begrenzt sein dürfte. Sie wird vielmehr als beschränkte Übernahme des Risikos verstanden, dass bestimmte Verhaltensweisen eines abgegrenzten Personenkreises Leistungs­ störungen verursachen. Dies entspricht im Ansatz durchaus dem Charakter des Erfolgsversprechens in der lex lata. Der paradigmatische Fall der Verbindlichkeit des Werkunternehmers beinhaltet gerade keine umfassende Einstandspflicht für jegliche Gefahren, die eine Herstellung des Werkes verhindern können. Vielmehr zeigt die Konkretisierung der vertragstypisch versprochenen Herstellung durch die einschlägigen Bestimmungen des dispositiven Gesetzesrechts, dass das werk­ vertragliche Erfolgversprechen keine unbeschränkte Haftung des Unternehmers für sämtliche Einbußen des Bestellers begründet. Während nämlich die Leis­ tungsgefahr grundsätzlich durch die allgemeinen Tatbestände des §  275 BGB – v. a. durch die flexible Risikozuweisungen erfordernde Einrede des §  275 Abs.  2 BGB – verteilt wird, weist §  644 Abs.  1 Satz 1 BGB dem Unternehmer prinzipiell die Preisgefahr bis zur Abnahme zu.26 Die vertragstypische Reichweite des werkun­ ternehmerischen Erfolgsversprechens begründet somit nur eine nach Gehalt und Umfang begrenzte Garantie. Konzeptionell steht dann aber nichts im Weg, diese   Eingehend Delmere, Der Erfüllungsgehilfe in §  278 BGB, 1989, S.  82 f.   Vgl. in diesem Zusammenhang auch Lüderitz, NJW 1975, 1, 6; Möschel, AcP 186 (1986), 187, 200. 24   Dazu supra Kapitel 2 §  1 C. II. 25   Burchardi, Über die Verantwortlichkeit des Schuldners für seine Gehülfen bei der Erfül­ lung von Obligationen, 1861, passim. 26   F.Peters/Jacoby in: Staudinger, BGB, §§  631–651 (Werkvertragsrecht), Neubearbeitung 2008, §  6 44 Rdnr.  2; Busche in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  4, 5.  Aufl., 2009, §  6 44 Rdnr.  1; Schwenker in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  6 44 Rdnr.  2. 22 23

140 Kapitel 3:  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurispudenz begrenzte Garantie qua Erfolgversprechen auch auf Gehilfenverschulden zu er­ strecken. Allerdings lässt sich in den allermeisten Vertragstypen des BGB kein Anhalts­ punkt dafür finden, dass die Einstandspflicht für schuldhaftes Gehilfenverhalten ihren Grund in einem Erfolgsversprechen des Schuldners findet. Insoweit geht es um mehr als die banale Erkenntnis, dass §  278 BGB als Bestimmung des allgemei­ nen Schuldrechts auch für Kauf-, Dienst-, Mietverträge etc. gilt und damit in wei­ ten Teilen seines Anwendungsbereichs unabhängig von einem Versprechen des Schuldners ist, einen bestimmten Erfolg herzustellen. Letzteres gilt auch, obwohl beachtliche Stimmen im Schrifttum vor dem Hintergrund der in §  311 Abs.  2 BGB angeordneten Haftung auf das positive Interesse jedem Leistungsversprechen den Gehalt beimessen, für die anfängliche Möglichkeit der Leistung unter dem Vorbe­ halt eines exkulpierenden Irrtums garantieren zu wollen.27 Im so verstandenen Leistungsversprechen mag man dann eine eingeschränkte Pflicht zur Herstellung eines Erfolges in Form der eigenen Leistungsfähigkeit sehen. Diese besäße freilich keinen Erklärungswert im Hinblick auf nach Vertragsschluss begegnendes oder nicht zum Ausschluss der Leistungspflicht führendes Fehlverhalten von Hilfsper­ sonen, weshalb für die praktisch bedeutsamsten Teile des Anwendungsbereichs des §  278 BGB der Rekurs auf die genannte Herstellungspflicht nach wie vor keine tragfähige Begründung liefern könnte. 28 Eine mögliche Deutung dieses Befundes liegt darin, dass die Haftung für Er­ füllungsgehilfen auch dort, wo ein Erfolg versprochen wird, nicht auf diesem Spe­ zifikum der Parteivereinbarung beruht, sondern nach der Konzeption des Ge­ setzes viel allgemeiner an die Pflicht des Geschäftsherrn zur Leistung als solcher anknüpft. Das Versprechen eines Erfolges hat Einfluss darauf, welche (erhöhten) Anstrengungen der Schuldner unternehmen muss, um zu erfüllen, beinhaltet aber für sich nicht den Grund dafür, dass er für Fehlschläge seiner Bemühungen ein­ zustehen hat. Sie bildet lediglich ein Fundament dafür, die grundsätzlich gege­ bene Verantwortlichkeit auszuweiten, weil nach dem Willen der Beteiligten der Pflichtenkreis des Schuldners als solcher erweitert wird. Das Abstellen auf die Übernahme einer Erfolgsherstellungspflicht als Haftungsgrund verengt aber den Blickwinkel aus der Sicht des geltenden Rechts zu sehr.

27   So v. a. Altmeppen, DB 2001, 1399, 1402; Wilhelm, JZ 2001, 861, 867; R. Schwarze, Jura 2002, 73, 81; Ehmann/Sutschet, JZ 2004, 62, 65 ff.; Harke in: Helms/Neumann/Caspers/Sailer/ Schmidt-Kessel (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, 2001, S.  29, 56; Harke, AcP 205 (2005), 67, 83 ff.; Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  311a Rdnr.  15. 28   Schon grundsätzlich gegen die Einordnung des §  311a Abs.  2 BGB als eingeschränkte Ga­ rantiehaftung z. B. Canaris, DB 2001, 1815, 1819; S.Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, 2002, Rdnr.  333; Gehrlein in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  1, 2.  Aufl., 2007, §  311a Rdnr.  1; Grüneberg in: Palandt, BGB, 71.  Aufl., 2011, §  311a Rdnr.  2.

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2.  Garantie für das ordnungsgemäße Verhalten von Hilfspersonen Wenn verbreitet §  278 BGB als Garantiehaftung des Geschäftsherrn für seinen Erfüllungsgehilfen bezeichnet wird, 29 liegt darin in der Regel eine bloße Beschrei­ bung der anderweitig zu rechtfertigenden Wirkungen der Bestimmung. Mit dem Hinweis auf eine Garantie des Geschäftsherrn kann aber auch der Versuch einer rechtsgeschäftlichen Erklärung des Grundes der von eigenem Verschulden unab­ hängigen Einstandspflicht verbunden sein. In dieser Sicht soll nämlich im Ver­ sprechen der Leistung nach der Verkehrsanschauung (auch) die Übernahme einer entsprechenden Garantie für das ordnungsgemäße Verhalten von Hilfspersonen liegen.30 Garantierter Umstand ist in dieser Sicht nur das ordnungsgemäße Gehil­ fenverhalten, nicht etwa ein bestimmter Leistungserfolg; in letzterem Fall würde sich die bei §  278 BGB zentrale Frage nach dem Grund des Zurückbleibens der Leistung hinter dem Geschuldeten schon per se nicht stellen. Ein erster Einwand gegen derartige rechtsgeschäftliche Erklärungsversuche des §  278 BGB speist sich bereits daraus, dass die Bestimmung zu Recht ganz über­ wiegend nicht als eigenständige Anspruchsgrundlage gesehen wird, wie es einem Garantieversprechen adäquat wäre. Die Bestimmung wird unter Hinweis auf Wortlaut und systematischen Zusammenhang mit §  276 BGB vielmehr als Zu­ rechnungsnorm verstanden, die Relevanz im Rahmen der von einem Vertreten­ müssen abhängigen Anspruchsgrundlagen wie §  280 BGB erlangt.31 Dabei wird nicht verkannt, dass Letzteres auch aus einer unselbständigen Garantie i.S.v. §  276 Abs.  1, 1. Alt. BGB resultieren kann, als deren prominent verselbständigter Un­ terfall §  278 BGB aber gerade nach der Schuldrechtsmodernisierung nicht über­ zeugend erklärt werden kann. Sofern tatsächlich privatautonom eine selbständige Garantie für das Gehilfenverhalten übernommen wurde, tritt die Verpflichtung aus diesem Versprechen neben die Ansprüche des Leistungsstörungsrechts, für die allein eine Zurechnung nach §  278 BGB relevant ist.32 Beruhte die Gehilfen­ haftung nach der Konzeption des Gesetzes tatsächlich stets auf einem dahinge­ henden Einstandswillen des Geschäftsherrn, wäre auch nicht recht verständlich, weshalb für ihren Ausschluss oder ihre Beschränkung eine Mitwirkung des Gläu­ 29   von Caemmerer, Festschrift für Fritz Hauß, 1978, S.  33, 34 f., 36, 40; Kupisch, JuS 1983, 817, 819; Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  3 ; Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, 23.  Aufl., 2011, Rdnr.  8 04; R. Schwarze, Das Recht der Leis­ tunsstörungen, 2008, §  34 Rdnr.  47; siehe auch Grüneberg in: Palandt, BGB, 71.  Aufl., 2012, §  278 Rdnr.  1 („Erfolgshaftung“). 30   Mot. II, S.  30 = Mugdan II, S.  16; Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–309, Neu­ bearbeitung 2009, §  278 Rdnr.  1; vgl. auch Esser/E. Schmidt, SchuldR I/2, 8. Aufl., 2000, §  27 I 1, S.  95 („Art Garantie“); vor in Kraft treten des BGB: Goldschmidt, ZHR 16 (1871), 287, 320 und 324; Leonhardt, Verhandlungen des 17. DJT, Bd.  I, 1884, S.  337, 342 und 393, These Nr.  2. 31   Vgl. nur Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  1; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  1; Unberath in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  1, 2.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  1; Grüneberg in: Palandt, BGB, 71.  Aufl., 2012, §  278 Rdnr.  1; Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, 23.  Aufl., 2011, Rdnr.  780. 32   Vgl. schon E. Schmidt, AcP 170 (1970), 502, 503.

142 Kapitel 3:  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurispudenz bigers erforderlich sein soll, wovon aber §  278 S.  2 BGB offensichtlich ausgeht. Im Übrigen enthalten auch die Materialien deutliche Hinweise darauf, dass der Ge­ setzgeber mehr wollte, als nur einen (typischen) rechtsgeschäftlichen Willen der Beteiligten nachzuzeichnen.33 Von den positivrechtlichen Vorgaben weitgehend unabhängige, sehr viel grund­ sätzlichere Bedenken gegen eine rechtsgeschäftliche Fundierung der Einstands­ pflicht sind denn auch bereits früh formuliert worden. Diese gründen darauf, dass die Konstruktion einer vom Schuldner gewollten Einstandspflicht selbst dort, wo sie überhaupt tragfähig sein kann, nämlich im Rahmen privatautonom begründe­ ter Sonderverbindungen, häufig auf eine Fiktion hinausliefe.34 Nicht selten wer­ den die Beteiligten nämlich an ein Fehlschlagen des Leistungsaustauschs gar nicht denken, jedenfalls aber das Gehilfenversagen in concreto nicht antizipieren.35 Hinzukommt, dass der Schuldner im Hinblick auf die fehlende Beeinflussbarkeit einer Reihe selbständiger Erfüllungsgehilfen (z. B. Post, Bahn etc.) eine Verant­ wortlichkeit für diese selbst hypothetisch häufig ablehnen wird. 3.  Unzulänglichkeit jeglicher rechtsgeschäftlicher Erklärungsansätze? Aber selbst wenn man die genannten Einwände akzeptiert, darf hierdurch nicht die Validität einzelner Aspekte der rechtsgeschäftlichen Erklärungsansätze ver­ deckt werden. Die im Zusammenhang mit der Garantielehre beschriebene Un­ vollständigkeit des privatautonomen Verpflichtungsgrundes36 verdeutlicht nur, dass von einem aktuellen Einstandswillen des Schuldners nicht gesprochen wer­ den kann und die Grundlage des §  278 BGB also nicht in einer tatsächlichen frei­ willigen Verpflichtung liegt, für Gehilfen ohne eigenes Verschulden haften zu wollen. Die Unvollständigkeit des privatautonomen Verpflichtungsaktes stellt al­ lerdings kein auf durch Erfüllungsgehilfen verursachte Leistungshindernisse be­ schränktes Phänomen dar. Sie begegnet vielmehr im Hinblick auf sämtliche er­ denklichen Arten von Leistungsstörungen, die von den Beteiligten selten aktuell vorhergesehen und geregelt werden. Anders gewendet, die Regelung des §  278 BGB behandelt nur einen Ausschnitt aus der sehr viel umfassenderen Problemla­ ge, dass die intendierte Leistungsabwicklung an nicht antizipierten Umständen scheitert. Aufgabe des Gesetzesrechts ist es aber dann, Institutionen zur Verfü­ gung zu stellen, die dem ursprünglichen Verpflichtungswillen der Beteiligten Rechnung tragen.37 Durch das ursprüngliche Leistungsprogramm geben die Be­ teiligten also das entscheidende Koordinatensystem für die Risikozuweisung durch das dispositive Gesetzesrecht vor, dessen Aufgabe – jedenfalls im Schuld­ 33   Vgl. Prot. II S.  8412 = Mugdan I, S.  523: Erstreckung der Haftung des Schuldners für von gewissen anderen Personen angerichteten Schaden durch „gesetzliche Norm“. 34   Müller-Erzbach, AcP 106 (1910), 309, 336 f.; Ostwald, Der Erfüllungsdiener, 1920, S.  15. 35   Vgl. Spiro, Die Haftung für Erfüllungsgehilfen, 1984, S.  59. 36   Supra 2. 37   Supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. a) (1) sowie ausführlich infra Kapitel 4 §  2 B. III. 3.

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recht – darin gesehen werden kann, dem mutmaßlichen Willen der Beteiligten entsprechende Regeln zur Verfügung zu stellen.38 Dort, wo die gestörte Schuld­ nerpflicht, in deren Erfüllung der Gehilfe eingeschaltet wird, eine rechtsgeschäft­ liche Grundlage hat, dient diese als zentraler Bezugspunkt der Einstandspflicht. Die Haftung für Fehlverhalten von Hilfspersonen ist demnach innerhalb dieses Problemausschnitts in Grundsatz und Reichweite Konsequenz der rechtsge­ schäftlichen Verbindlichkeit, ihre Konkretisierung dient deren adäquater Siche­ rung. In diesem Sinne beziehen sich die relevanten Teile des dispositiven Ge­ setzesrechts durchaus auf den Gehalt der rechtsgeschäftlichen Verpflichtung des Schuldners.39 Die im Folgenden näher darzustellenden, scheinbar heteronomen Rechtferti­ gungen der Einstandspflicht nach §  278 BGB lassen sich für den Bereich rechtsge­ schäftlicher Verbindlichkeiten konsequenterweise durchaus als Versuche einer dem (mutmaßlichen) Willen der Beteiligten entsprechenden Ergänzung der un­ vollständigen Parteivereinbarung verstehen, wie sie auch der ökonomischen Fun­ dierung der Verantwortlichkeit für das Fehlverhalten von Hilfspersonen in weiten Teilen zugrunde liegt.40

III.  Risiko-Nutznießungsgedanke 1.  Grundgedanke und flexible Risikozurechnung Eine verbreitete, an die erstmals von Ubbelohde41 formulierten Gedanken an­ knüpfende Begründung der Einstandspflicht für Erfüllungsgehilfen stellt darauf ab, dass, wer sich der Hilfe Dritter bei der Bewirkung der geschuldeten Leistung bediene, dies zu eigenem Nutzen tue und infolgedessen auch das damit verbunde­ ne Personalrisiko tragen müsse.42 Aus dieser Perspektive wird auch das früher 38   Zur ökonomisch grundsätzlich wünschenswerten Orientierung des Inhalts dispositiven Gesetzesrechts am mutmaßlichen Willen der Beteiligten, die zur Steigerung ihres gemeinsamen Nutzens entsprechende Regelungen vereinbart hätten, wenn sie nicht durch Transaktionskos­ ten, beschränkte Rationalität usw. daran gehindert worden wären, R.Posner/Rosenfield, 6 J. Legal Stud. 83, 89 (1977); Goetz/Scott, 73 Cal. L. Rev. 261, 279 (1985); Ayres/Gertner, 99 Yale L. J. 87, 89 ff. (1989); Coleman/Heckathorn/Maser, 12 Harv. J. L. & Pub. Pol’y 639 (1989); Craswell, 15 Harv. J. L. & Pub. Pol’y 805 (1992); im deutschsprachigen Schrifttum ausführlich Unberath/Cziupka, AcP 209 (2009) 37, 48 ff. Ausführlich noch infra Kapitel 4 §  2 B. III. 39   Vgl. auch schon zum Zusammenhang von angestrebtem Kooperationsgewinn, hypothe­ tischem Konsens und Effizienzorientierung des Leistungsstörungsrechts supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. a) (2). 40   Zu letzterer infra Kapitel 4 §  3 A. II. 41   Supra Kapitel 2 §  5 B. 42   Klassische Formulierung in den Materialien (Motive II S.  30 = Mugdan II, S.  16), wonach „der Schuldner, der sich der Hilfe Dritter bei der Bewirkung der Leistung bedient, im eigenen Interesse und folgeweise auch auf eigene Gefahr handelt“. Darauf rekurrierend z. B. BGH v. 24.  11. 1995 – V ZR 40/94, NJW 1996, 451; BGH v. 23.  11. 1995 – IX ZR 213/94, NJW 1996, 464, 465; Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  278 Rdnr.  1;

144 Kapitel 3:  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurispudenz herrschende Verständnis der Haftung des Prinzipals für seine Gehilfen als An­ wendung des Prinzips der Gefährdungshaftung verständlich,43 da diese nach ver­ breiteter Auffassung auch auf dem Gedanken einer einheitlichen Zuweisung von Risiken und Vorteilen des gefährlichen Handelns beruht.44 Nun ist freilich aus mikroökonomischer Sicht eine einseitige Allokation des Nutzens der arbeitstei­ ligen Organisation von Produktions- und Absatzprozessen keinesfalls typisch,45 weshalb auch eine quasi-mechanische Risikozuordnung allein beim Schuldner ge­ rade aus Sicht des Risiko-Nutznießungsgedanken zweifelhaft erscheint.46 So führt beispielsweise die durch Arbeitsteilung erst ermöglichte, spezialisierte Massen­ produktion zu einer Senkung der Produktionskosten, wodurch der Grenzpreis der Güter sinkt und diese auf kompetitiven Märkten einer breiteren Schicht von Nachfragern – nicht selten auch in besserer Qualität – zur Verfügung stehen.47 Es fällt zudem nicht schwer, sich Bereiche zu vergewärtigen, in denen der eigentliche Schuldner die Leistung gar nicht in Person – einschließlich seiner Organe – er­ bringen kann, sodass sich auch keine diesbezügliche Haftungserwartung bilden kann, gleichwohl aber die prinzipielle Einschlägigkeit des §  278 BGB nicht zwei­ felhaft ist. Als Illustration kann der Abschluss eines sog. totalen Krankenhaus­ aufnahmevertrags dienen.48 Bei diesem wird die nachgefragte ärztliche Behand­ Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  3 ; Wolf in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  278 Rdnr.  1; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13. Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  1; Unberath in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  1, 2.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  1; Larenz, Schuldrecht I, 14.  Aufl., 1987, §  20 VIII, S.  297; Esser/E. Schmidt, SchuldR I/2, 8. Aufl., 2000, §  27, S.  94; H. P. Westermann/Bydlinski/Weber, BGB-Schuldecht Allg. Teil, 7.  Aufl. 2010, Rdnr.  6 /21, S.  103; R. Schwarze, Das Recht der Leistunsstörungen, 2008, §  34 Rdnr.  47; H. Westermann, JuS 1961, 333; v.Caemmerer, Festschrift für Fritz Hauß, S.  33, 33 f.; Wolf, ZIP 1998, 1657, 1659 f.; E. Schmidt, Festschrift für Helmut Heinrichs, 1998, S.  511, 520 f. 43   Siber in Planck, BGB, 4. Aufl., 1914, §  278 Anm.  1.; vgl. heute noch H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13. Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  1 („ähnlich wie bei der Gefährdungshaftung“); Harke, Allgemeines Schuldrecht, 2010, Rdnr.  242 spricht von „Gefährdungshaftung für Erfül­ lungsmedien“ und bezieht auf dieser Grundlage „andere Erfüllungsinstrumente“ ein, ibid. Rdnr.  247 f. 44   Wilburg, Die Elemente des Schadensrechts, 1941, S.  30; Esser, Grundlagen und Entwick­ lung der Gefährdungshaftung, 1941, S.  5, 69 ff.; Larenz, JuS 1965, 373, 374; v.Caemmerer, Re­ form der Gefährdungshaftung, 1971, S.  15; Koziol, 2. Festschrift für Walter Wilburg, 1975, S.  173, 178. Der Gedanke taucht bereits bei Molina, De iustitia et iure, Bd.  2, 1733, disp.  398 n. 3 auf, wo er zur Rechtfertigung eines stillschweigend geschlossenen Vertrags auf Schadloshaltung zwischen dem Erzeuer der Gefahr und dem Geschädigten dient, vgl. dazu Jansen, Die Struktur des Haftungsrechts, 2003, S.  309 f., 322 f., 345 f. 45   Nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass bei genauerer, die opaque Chiffre des Unter­ nehmens auflösender Betrachtung auch auf der Seite des Geschäftsherrn eine Vielzahl von Inter­ essengruppen Vorteile aus der Arbeitsteilung zieht: Zu nennen sind neben den Eigenkapitalge­ bern v. a. auch die Arbeitnehmer, die an Produktivitätssteigerungen über höhere Löhne und Sozialleistungen partizipieren sowie die Gläubiger, deren Ausfallrisiko sinkt. 46   Zutreffend Oechsler, Gerechtigkeit im modernen Austauschvertrag, 1997, S.  425. 47   Vgl. schon supra Kapiatel 1 §  1 Fn.  1. 48   Dazu sowie zur Abgrenzung zum sog. gespaltenen Aufnahmevertrag mit den liquidati­ onsberechtigten, leitenden Krankenhausärzten, Laufs/Thomas, Handbuch des Arztrechts, 4.  Aufl., 2010, §  89 Rdnr.  9 ff.; Deutsch/Spickhoff, Medizinrecht, 6. Aufl., 2008, Rdnr.  85 ff. Zur

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lung von einschlägig qualifizierten Medizinern durchgeführt, die als Erfüllungs­ gehilfen des primär zur Erbringung der ärztlichen Leistung verpflichteten Kran­ kenhausträgers betrachtet werden, und zwar selbst dann, wenn sie aufgrund ent­ sprechender Position (Chefarzt) und Abschluss einer Zusatzvereinbarung privat liquidationsberechtigt sind und damit „spürbar“ eigenständig gegenüber dem Pa­ tienten auftreten.49 Mit anderen Worten, auch die Marktgegenseite profitiert in Form einer verbesserten Bedürfnisbefriedigung von der Einschaltung von Hilfs­ personen.50 Sämtliche Konzepte einer schematisch-einseitigen Allokation des Risikos beim vermeintlich die Gehilfen allein im Eigeninteresse einschaltenden Schuldner ver­ kennen letztlich, dass die Arbeitsteilung originäre Risiken im Interesse aller Be­ teiligten hervorruft, deren Verteilung nach einer differenzierten Betrachtung ver­ langt. Hierbei wird nicht übersehen, dass der Nutzen des seinen Geschäftskreis erweiternden Schuldners einerseits und derjenige des eine nachgefragte Leistung zu günstigeren Konditionen bei verbesserter Qualität erhaltenden Gläubigers an­ dererseits, durchaus unterschiedlich strukturiert sind. Entscheidend ist aber, dass die Arbeitsteilung eben nicht einer einseitigen Interessenverfolgung dient, aus der zwingend eine unilaterale Risikozuweisung abzuleiten wäre. Im Übrigen ist es ein fundamentales Missverständnis dieser Sicht, dass die positiv-rechtliche Haf­ tungsanordnung im Ergebnis zu einer einseitigen Schadenstragung führt: Die vielfältigen Mechanismen der internen und v. a. externen Schadensstreuung füh­ ren letztlich zu einer Belastung aller Beteiligten, die mit der hier beschriebenen, allseitigen Vorteilsziehung durchaus korreliert. 51 Dementsprechend bestehen erhebliche Zweifel, ob der Normzweck des §  278 BGB tatsächlich zutreffend umschrieben wird, wenn seine Funktion in Variation des Risiko-Nutznießungsgedankens darin gesehen wird, eine „Haftungsfrei­ zeichnung durch Delegation zu hindern“,52 dass also die Haftungszuweisung qua­ si den Preis für die „Erlaubnis“ darstellt, Hilfspersonen einzuschalten.53 Die Be­ bürgerlich-rechtlichen Qualifikation des Aufnahmevertrags auch bei öffentlicher Trägerschaft der Einrichtung bereits RG v. 27.  11. 1917 – III 257/17, RGZ 91, 263, 265. 49   Z. B. BGH v. 13.  12. 1951 – III ZR 144/50, BGHZ 4, 138, 151 f.; BGH v. 27.  2. 1952 – II ZR 78/51, BGHZ 5, 321, 324; BGH v. 18.  6 . 1985 – VI ZR 234/83, BGHZ 95, 63, 70; BGH v. 17.  12. 1985 – VI ZR 178/84, BGHZ 96, 360, 368; BGH v. 22.  12. 1992 – VI ZR 341/91, BGHZ 121, 107, 115; Musielak, JuS 1977, 87, 87 f.; Kupisch, JuS 1983, 817, 820. 50   In diesem Sinne auch Spiro, Die Haftung für Erfüllungsgehilfen, 1984, S.  60 f. Siehe auch schon supra Kapitel 1 §  1 A. II. 1. 51   Eingehend, zu diesem v. a. im angelsächsischen Diskurs herausgearbeiteten Gedanken infra §  2 A. 1. b). 52   Aufgegriffen wird hiermit ersichtlich, die quellenmäßig für den hier interessierenden Kon­ text freilich nicht abgesicherte Parömie des „qui facit per alium, facit per se“. Vgl. (für die Vor­ mundschaft) Ulp. D. 26, 7, 5, 3. Scharf ablehnend für das common law auch Baty, Vicarious Li­ ability, 1916, S.  147: „inane fiction“. 53   So die Formulierung von Schmidt-Kessel in: Prütting/Wegen/Weinreich (Hrsg.), BGB, 6.  Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  1; zustimmend Harke, Allgemeines Schuldrecht, 2010, Rdnr.  242; ebenso Joussen, Schuldrecht I – Allgemeiner Teil, 2008, Rdnr.  323; R. Schwarze, Das Recht der Leistunsstörungen, 2008, §  34 Rdnr.  47. In der Sache ebenso die supra Kapitel 1 §  1 A. II. 1 in

146 Kapitel 3:  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurispudenz denken greifen jedenfalls dann durch, wenn und soweit die genannte Formulie­ rung bzw. der Risiko-Nutznießungsgedanke als solcher als Begründung für eine unreflektierte Überwälzung sämtlicher Risiken aus dem Gehilfeneinsatz verstan­ den wird. Zumindest die vereinzelt gewählte Umschreibung des Normzwecks in der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die sich grundsätzlich auf dem Boden des Risiko-Nutznießungsgedankens bewegt, lässt sich demgegenüber durchaus in einem die flexible Risikozuordnung erlaubenden Sinn verstehen. Wenn es heißt, „der Schuldner soll sich der Haftung für Leistungsstörungen nicht dadurch ent­ ziehen können, daß er Gehilfen einsetzt“,54 kann dies so verstanden werden, dass die Haftungszurechnung u. a. exterene Effekte55 verhindern soll. Entsprechend wäre eine Haftung daher dort nicht angezeigt, wo die Risiken ohnehin beim Gläubiger adäquat alloziert sind, z. B. weil er diese besser kontrollieren kann oder im Fall ihrer Realisierung zur besseren Tragung der Einbußen in der Lage ist. So verstanden bietet sogar das in Rechtsprechung und Literatur vorherrschende Ver­ ständnis des §  278 BGB beachtliche Anknüpfungspunkte, um die noch darzustel­ lenden,56 zu einer differenzierten Risikoverteilung führenden Überlegungen der Ökonomik aufzunehmen.57 Gleichzeitig ist aber auch dem Missverständnis vorzubeugen, der Risiko-Nutz­ nießungsgedanke werde im Vorstehenden in Bausch und Bogen verworfen. Es geht vielmehr darum, zu zeigen, dass die vermeintlich intuitive Normbegrün­ dung58 nicht mehr als einen wenig aussagekräftigen Gerechtigkeitstopos darstellt, der für die notwendige materielle Fundierung der Rechtsanwendung wenig geeig­ net erscheint, da diese überwiegend schwierige Differenzierungen im Hinblick auf die Verantwortlichkeitssphären der Beteiligten erzwingt.59 Dabei wird nicht Fn.  29 Genannten. Atiyah, Vicarious Liability in Torts, 1967, S.  21 bezeichnet den Gedanken in dieser allgemeinen Form als „wunderlich“ (quaint). 54   BGH v. 27.  6 . 1985 – VII ZR 23/84, BGHZ 95, 128, 132. 55   Nach Coase, The Firm, the Market, and the Law, 1988, S.  23 geht der Begriff (external effects) in seiner gegenwärtigen Verwendung zurück auf Samuelson, 40 Rev. Econ. & Stat. 332, 334 (1958); Samuelson, 68 Econ. J. 539 (1958). In der Sache geht es um – das schon sehr viel länger bekannte – Problem, dass der Handelnde in vielen Situationen mit seinem Tun das Wohlbefin­ den eines anderen (mit Wahrscheinlichkeit) positiv oder negativ beeinflusst, diese Auswir­ kungen aber in seinem persönlichen Nutzenkalkül nicht berücksichtigt, wodurch prima facie eine staatliche Intervention gerechtfertigt ist, vgl. z. B. Hahn, 144 Lloyds Bank Rev. 1, 7 f. (1982). 56   Infra Kapitel 4 §  3. 57   In diese Richtung auch die Skizze einer keinesfalls einseitig den Schuldner belastenden Risikozurechnung unter Zugrundelegen des – durch ökonomische Erkenntnisse angereicherten – Risiko-Nutznießungsprinzips bei Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  3 ff. 58   Auch der im Kontext der höchst uneinheitlichen Behandlung des Sachproblems im klas­ sischen römischen Recht (supra Kapitel 2 §  1 C und Kapitel 2 §  1 D) nicht überzeugende, weil kontextgelöste Hinweis auf Ulp. D. 50, 7, 149 („ex qua persona quis lucrum capit, eius factum praestare debet“) vermag die für die Anwendung unzulängliche Fundierung der Norm nicht zu überspielen. 59   Zu den „Belegen“ für diese Folgerung bereits supra Kapitel 1 §  1 A. I.

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verkannt, dass die notwendige Feinjustierung der Verantwortlichkeit bei der Normanwendung dogmatisch auch, wenn nicht sogar primär durch eine entspre­ chend differenzierte Bestimmung des gehilfenspezifischen Pflichtenprogramms zu leisten ist. Auch wenn diese mithin außerhalb bzw. im Vorfeld der Zurechnung pflichtwidriger Schädigungen nach §  278 BGB stattfindet, gilt es die Gefahren eines quasi mechanischen Ansatzes herauszustreichen, der eine undifferenzierte Zurechnung des Personalrisikos mit Hilfe eines allzu simplen Verständnisses der Zurechnungsnorm suggerieren möchte. 2.  Grenzen des Risiko-Nutznießungsgedankens, insbesondere Schutzpflichten Bereits die Formulierung des §  278 BGB lässt erkennen, dass das Problemver­ ständnis des historischen Gesetzgebers ausschließlich auf die Einschaltung von Gehilfen in die eigentliche Erfüllungshandlung zentriert war. 60 Ein Befund, der sich bestätigt, wenn man sich die dogmatische Entwicklung mit dem Ausbau der „Dritten Spur“ nach Inkrafttreten des BGB vor Augen führt. 61 In der Konse­ quenz kann die Problematik der Einbeziehung von Gehilfen in Schutzpflichten mit den ursprünglichen, auf Nutzen und Risiken der arbeitsteiligen Leistungser­ bringung zentrierten Vorstellungen der Gesetzesverfasser nicht ohne weiteres erfasst werden. 62 Bezeichnenderweise lehnte es die 2. Kommission sogar als zu weitreichend ab, den Wortlaut der Vorschrift auf alle Personen zu erstrecken, de­ ren sich der Schuldner „zur Einwirkung auf den Gegenstand der Leistung be­ dient“. 63 Der Gedanke einer die Risikozuordnung rechtfertigenden Nutzenzie­ hung aus der Tätigkeit des Erfüllungsgehilfen lässt sich für Schutzpflichten auf­ grund der strukturellen Andersartigkeit einer Tätigkeit von Gehilfen im Zusam­ menhang mit der Wahrung des Integritätsinteresses nicht ohne weiteres fruchtbar machen. 64 Dies gilt jedenfalls dann, wenn aus dem Begriff des Nutzens konkrete Anhaltspunkte für die Reichweite der Verantwortung gewonnen werden sollen. Wollte man die Schutzpflichtenproblematik mit dem Risiko-Nutznießungsge­ danken erfassen, so zwänge dies zu einem konturlos weiten Verständnis des Nut­ zenbegriffs in dem Sinne, dass zwar nicht die Einschaltung in die Schutzpflicht selbst der Erweiterung des Betätigungsfeldes des Geschäftsherrn dient, aber im­ 60   Vgl. auch die der Verdeutlichung des Regelungsgehalts dienende, redaktionelle Neufas­ sung durch die 2. Kommission, Prot. II, S.  8413 = Mugdan II, S.  523: „Erfüllung der Verbind­ lichkeit“ statt „Bewirkung der Leistung“. Immerhin sollten auch nach dem historischen Ver­ ständnis sämtliche Leistungspflichten, also nicht nur die Hauptleistungspflichten, erfasst wer­ den, vgl. Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I/2, 8.  Aufl., 2000, §  27 I 3, S.  100 f. 61   Vgl. Canaris, 2. Festschrift für Karl Larenz, 1983, S.  27, 84 ff. 62   So zutreffend E. Schmidt, AcP 170 (1970) 502, 503, 506; Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I/2, 8.  Aufl., 2000, §  27 I 4, S.  103: Wo liegt der „Nutzen“ der Wahrung des Integritätsinteresses?; ähnlich Kupisch, JuS 1983, 817, 822. 63   Prot. II S.  8412 = Mugdan II, S.  523. 64   Vgl. E. Schmidt in: E. Schmidt (Hrsg.), Rudolf von Jehring, Culpa in contrahendo, Her­ mann Staub, Die positive Vertragsverletzung, 1969, S.  131, 150, 151 ff.

148 Kapitel 3:  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurispudenz merhin im hinreichend engen Zusammenhang mit einer solchen steht. Ähnliche Weiterungen des Nutznießungsgedankens müssten bei der Gehilfenhaftung im Rahmen unentgeltlicher Verträge in Kauf genommen werden, bei denen eine un­ mittelbare Vorteilsziehung aus dem Einsatz der Hilfsperson a priori ausscheidet. Hier käme allenfalls ein materieller Nutzen des Schuldners dergestalt in Betracht, dass er seine eigene Arbeitskraft anderweitig, entgeltlich einsetzen kann (Erspar­ nis von Opportunitätskosten). Gegenüber der Leistungsfähigkeit eines solchen, nicht weiter konkretisierten Normverständnisses bei der Entscheidung schwie­ riger Zweifelsfragen wäre freilich erhebliche Skepsis geboten. 65 Der Gedanke einer Nutzenziehung aus dem Einsatz von Hilfspersonen ist be­ reits in Bezug auf die Leistungspflichten bei echten Umsatz- und Austauschver­ trägen nur eingeschränkt instrumentalisierbar. Er versagt aber vollends bei der Erhellung der Gründe für die Unterstellung von originär auf die Wahrung des Integritätsinteresses gerichteten Schutzpflichten unter das Haftungsregime des Rechts der Sonderverbindung, wenn ihm keine weiteren, auf Operationalisierbar­ keit im Einzelfall abzielenden Wertungskriterien zur Seite gestellt werden. Die aus der Sicht der deutschen Dogmatik im Fall der Verletzung von Schutzpflichten bestehende, erweiterte Verantwortlichkeit für Hilfspersonen nach den Grundsät­ zen des Rechts der Sonderverbindung kann daher teleologisch überzeugender aus den eigenständigen Zielen des auf Integritätsschutz gerichteten Haftungsrechts legitimiert bzw. kritisiert werden. 66

IV.  Gedanke der Sphärenöffnung und des Vertrauensschutzes Teilweise wird die unter §  278 BGB vorgenommene Zurechnung des Fehlverhal­ tens von Gehilfen auch damit gerechtfertigt, dass der Gläubiger dem Schuldner und seinen Hilfspersonen „seine Rechtssphäre anlässlich des Schuldverhältnisses“ öffne und daher einen besonderen Vertrauensschutz genießen solle. 67 Bedenkt man, wie bedeutsam der Gedanke des Vertrauensschutzes bei der Erweiterung des Kreises der Sonderverbindungen z. B. in den vorvertraglichen Bereich war, 68 65   So auch Gernhuber, Die Erfüllung und ihre Surrogate, 2. Aufl., 1994, §  20 II 3, S.  4 46. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass der Gedanke auch zur Begründung der strengen Organhaftung nach §  31 BGB herangezogen wird (Mot. I, S.  103 = Mugdan I, S.  409; Eubel, Die Haftung des Geschäftsherrn für den Gehilfen nach deutschem und japanischem Recht, 1981, S.  49), obwohl ja jedenfalls im herkömmlichen Kernbereich dieser Haftung von einer Nutzenziehung durch Erweiterung des Geschäftskreises der ja nur durch ihre Organe handlungsfähigen juristischen Person nicht gut gesprochen werden kann. 66   Supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. b) und eingehend infra Kapitel 4 §  1. 67   So für die Sonderkonstellation der Schutzpflichten Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  278 Rdnr.  42; siehe auch E. Schmidt, AcP 170 (1970) 502, 508, 512: „Der gelegentlich der Erfüllung und Abwicklung der Verbindlichkeit erzeugte enge soziale Kontakt bedingt die angemessene Abgrenzung der Risikosphären“; Esser/E. Schmidt, Schuldecht I/2, 8.  Aufl., 2000, §  27 I 4, S.  103. 68   Die h. M. folgte vor der Schuldrechtsmodernisierung 2002 bekanntlich im Anschluss an

§  1  Begründungsansätze im deutschen Recht

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so zeigt sich die im Schrifttum häufiger zu beobachtende Verknüpfung der Recht­ fertigung der Annahme einer Sonderverbindung mit der damit scheinbar zwangs­ läufig verbundenen strengen Gehilfenhaftung. Indessen scheint der Gedanke des auf Sphärenöffnung beruhenden Vertrauensschutzes keine eigenständige Wer­ tungsgrundlage für die Abschichtung der Verantwortungsbereiche der Betei­ligten gerade im Fall der Arbeitsteilung zu bieten. Wiederum droht eher eine Verschlei­ erung der notwendigen Differenzierungen. Die Angemessenheit einer einseitigen Zurechnung der Risiken zu dem im geöffneten, fremden Rechtskreis tätigen Schuldner wird zu unrecht suggeriert.

V.  Relativer Charakter einer tragfähigen Begründung der Gehilfenhaftung und Ergänzungsbedürftigkeit der tradierten Kriterien Die vorstehende Auseinandersetzung mit der materiellen Rechtfertigung der Ein­ standspflicht für Gehilfenfehler in der deutschsprachigen, juristischen Literatur legt eine Fortentwicklung des Normverständnisses in Richtung einer wertenden Bestimmung der Verantwortungsbereiche der Beteiligten nahe, bei der die Ziele der potentiell verletzten Schuldnerpflicht ins Zentrum der Risikoverteilung rü­ cken. 69 Mit der Abgrenzung von Risiko- und Verantwortungsbereichen geht es darum, bezogen auf die jeweiligen Rechtsbeziehungen70 diejenigen Abläufe und Vorgänge zu bestimmen, bei denen die Einstandspflicht für Fehlverhalten einem bestimmten Haftungssubjekt gerade im Hinblick auf die Ziele der Sonderrechts­ beziehung zugewiesen sein sollte. Diese normative Abschichtung der Risikosphä­ ren kann dementsprechend dort, wo die privatautonom oder heteronom begrün­ deten Pflichten von Anfang an auf die Verwirklichung von Effizienzzielen ausge­

Ballerstedt AcP 151 (1950/51) 501, 506 für die Haftung im vorvertraglichen Bereich der Lehre von der Vertrauenshaftung, Nachweise bei Wiedemann in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12. Aufl., 1990, Vor §  275 Rdnr.  115; instruktiv auch E. Schmidt in: E. Schmidt (Hrsg.), Rudolf von Jehring, Culpa in contrahendo, Hermann Staub, Die positive Vertragsverletzung, 1969, S.  131, 134 ff. Auch das von Canaris, JZ 1965, 465, 468 entwickelte Konzept eines einheitlichen Schutzpflicht­ verhältnisses stützt sich maßgeblich auf den Vertrauensgedanken. Die genannten materiellen Begründungen sind selbstredend durch die positivrechtliche Verankerung der einschlägigen Pflichten in §§  241 Abs.  2, 311 Abs.  2 BGB nicht hinfällig geworden. 69   Der Gedanke der angemessenen Risikoverteilung wird schon im älteren Schrifttum als zentral für die Konkretisierung des §  278 BGB zugrundegelegt, z. B. Larenz, Schuldecht I, 14. Aufl., 1987, §  20 VIII S.  297. Siehe auch H. Westermann JuS 1961, 333 und 334 f., der das Risiko des Gläubigers, aus tatsächlichen Gründen keinen Ersatz von dem Gehilfen zu erlangen, in den Vordergrund stellt und damit einen Gesichtspunkt anspricht, der auch aus der ökonomischen Perspektive – zwar nicht unter Kompensations-, wohl aber unter Anreizgesichtspunkten – eine prominente Rolle spielt. Zur Vermögensrestriktion als Rechtfertigung einer Einstandspflicht siehe infra Kapitel 4 §  1 B. II. 70   Exemplarisch Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I/2, 8.  Aufl., 2000, §  27 I 1, S.  96: „Den in §  278 BGB gemeinten Verantwortungsrahmen bildet deshalb allein das von der Schuldnerin zu absolvierende Erfüllungsprogramm“.

150 Kapitel 3:  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurispudenz richtet sind, sinnvoll nur an entsprechenden Gesichtspunkten orientiert sein.71 Auf den letztlich zu holzschnittartigen Aspekt der Nutznießung durch Erweite­ rung des eigenen Geschäftskreises sollte es dabei nicht mehr entscheidend an­ kommen.72 In den Vordergrund tritt vielmehr die Struktur der Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien, aus der sich letztlich ergibt, ob und inwieweit eine Partei das Risiko des Fehlverhaltens der eingeschalteten Gehilfen zu tragen hat. Vorge­ zeichnet wird damit eine differenzierte Betrachtung, wie sie historisch im Aus­ gangspunkt nur dort überspielt wird, wo auf moraltheologischer oder ethischer Grundlage zivilrechtliche Zurechnungslehren nicht primär von konsequentialis­ tischen Zweckmäßigkeitserwägungen getragen werden.73 Die vorliegende Untersuchung teilt somit nicht die fundamentale Skepsis ge­ genüber der Eignung des Schuldverhältnisses mit seinen überkommenen Gefahr­ überwälzungen als Ordnungsfaktor in einer hochspezialisierten Wirtschaft,74 sondern versucht gerade unter deren Bedingungen die ungebrochen freiheitssi­ chernd wirkende Befriedigung von individuellen Bedürfnissen in dezentralen Austauschbeziehungen durch deren adäquate Ergänzung zu stärken. Nimmt man die Rechtsbeziehung der Beteiligten als entscheidendes Bezugssystem bei der Be­ stimmung der Risikobereiche ernst, gilt es einen begriffsjuristisch anmutenden Deduktionismus zu vermeiden, der aus der überkommenen Annahme einer (Ne­ ben-)Pflicht automatisch auf die Einstandspflicht für jegliches Fehlverhalten ein­ geschalteter Hilfspersonen schließen will. Zu reflektieren ist vielmehr, ob sich das Gehilfenverhalten noch in dem Bereich bewegt, der dem Schuldner gerade auch bei der vorhersehbaren, den Nutzen aller Beteiligten steigernden Arbeitsteilung sinnvollerweise als Risikosphäre zugewiesen werden kann. Es geht also darum, den Verantwortungsbereich abzustecken, in dem vernünftigerweise gerade im Hinblick auf die wünschenswerte Arbeitsteilung Schuldnerpflichten postuliert werden können. Angesichts der vielschichtigen Produktions-, Vertriebs- und Dienstleistungsstrukturen, die sich gar nicht mehr sinnvoll auf ein archaisch wir­   Vgl. schon supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1.   In diese Richtung auch schon Larenz, Schuldrecht I, 14.  Aufl., 1987, §  20 VIII S.  299 zum Sonderproblem der Post als Monopolistin (dazu auch BGH v. 8.  2. 1974 – VZR 21/72, BGHZ 62, 119, 123 f.): auf die Erweiterung des Geschäftskreises (Nutznießung) könne es nicht entschei­ dend ankommen; vielmehr diene das „näher dran“ am Risiko als alleinige Rechtfertigung für eine Zurechnung der Fehler der Post gemäß §  278 BGB; ähnlich Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5. Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  4 4 Fn.  191, der – unter Berufung auf RG v. 16.  9. 1927 – III 14/27, RGZ 118, 41, 45 – darauf abstellen will, ob die Einschaltung des Mono­ polisten vermeidbar war. Ganz allgemein in diese Richtung auch H. P. Westermann/Bydlinski/ Weber, BGB-Schuldrecht Allg. Teil, 7.  Aufl., 2010, Rdnr.  6 /23, S.  104, wo von einer „Arbeitstei­ lung in einer vom Geschäftsherrn beherrschten Weise“ als Rechtfertigung der Zurechnung die Rede ist; ähnlich H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13. Aufl., 2011, §  278 BGB Rdnr.  24. Insoweit begegnet mehr oder weniger deutlich der in der Ökonomik eingehend beschriebene Gesichtspunkt, eine Zurechnung von Fehlverhalten dann vorzunehmen, wenn zwar nicht die Tätigkeit als solche, aber immerhin das Aktivitätsniveau der selbständigen Hilfsperson gesteu­ ert werden kann, siehe infra Kapitel 4 §  1 A. Auch noch infra Kapitel 5 §  1 C. II. 2. b). 73   Supra Kapitel 2 §  2 B, §  3 B, §  4 B, §  5 A. 74   So E. Schmidt, AcP 170 (1970) 502, 513 f. 71

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§  1  Begründungsansätze im deutschen Recht

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kendes Modell einer bipolaren Austauschbeziehung zurückführen lassen, in de­ ren Anbahnung und Abwicklung ausschließlich die Vertragsparteien als Akteure tätig werden, 75 erscheint – wie bereits mehrfach betont76 – allein eine solche Vor­ gehensweise als zeitgemäß. Es geht demnach um die Entwicklung einer gehilfen­ spezifischen Risikosphäre in Bezug auf die jeweilige Sonderrechtsbeziehung. Umgekehrt ergibt sich aus dem Vorgesagten aber auch, dass die Parteien sich ihrer aus den Zielen der begründeten Sonderrechtsbeziehung folgenden Verantwortung nicht ohne weiteres durch einseitige, auf Haftungsvermeidung abzielende Orga­ nisationsmaßnahmen entziehen können.77

B.  Haftung für Organwalter, §  31 BGB Die Bestimmung des §  31 BGB stellt, wie §  278 BGB, rechtstechnisch eine Zu­ rechnungsnorm dar, durch die eine Verantwortlichkeit der haftenden privaten Personenvereinigungen78 für das Handeln der erfassten Repräsentanten begrün­ det wird.79 Die ratio dieser Verantwortlichkeit bestimmter Haftungsträger für die Handlungen eines stetig ausgeweiteten Kreises verfassungsmäßig berufener Vertreter80 ist unmittelbar von Interesse für diese Untersuchung, da sie mögli­ cherweise eine auf eigenständigen Wertungsgrundlagen beruhende Einstands­ pflicht für die Fehler (qualifizierter) Hilfspersonen im Vertragsrecht begründet. Zur Klärung, ob und gegebenenfalls inwieweit die Haftung nach §  31 BGB auf originären normativen Fundamenten ruht, ist in erster Linie zu beleuchten, ob §  31 BGB zu einer Haftungszurechnung (auch) im Fall der Verletzung von Pflich­ ten aus einer Sonderverbindung führt. In diesem Kontext ist zunächst auf die dogmatische Einordnung der Haftung einzugehen, 81 um auf dieser Grundlage

  Vgl. hierzu auch Rohe, Netzverträge, 1997, S.  1 .   Supra Kapitel 1 §  1 A. II. 1 und Kapitel 3 §  1 A. III. 1. 77   Deutlich in diese Richtung die oben erwähnte Entscheidung des BGH v. 24.  9. 1996 – XIZR 318/99, ZIP 1996, 1950; zust. Spickhoff/Petershagen BB 1999, 165, 168; Fuellmich/Rieger ZIP 1999, 465, 471 ff. 78   Dazu bereits supra Kapitel 1 §  1 Fn.  35. Überblick zum Kreis der nach dem gegenwärtigen Stand der Dogmatik Haftenden Reuter in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  31 Rdnr.  11 ff.; Weick in: Staudinger, BGB, §§  21–79, Neubearbeitung 2005, §  31 Rdnr.  42 ff. 79   BGH v. 13.  1. 1987 – VI ZR 303/85, BGHZ 99, 298, 302; E.Steffen in: RGRK, Bd.  I, 12.  Aufl., 1982, §  31 Rdnr.  1; Hadding in: Soergel, BGB, Bd.  1, 13.  Aufl., 2000, §  31 Rdnr.  1; Weick in: Staudinger, BGB, §§  21–79, Neubearbeitung 2005, §  31 Rdnr.  4 ; H. P. Westermann in: Er­ man, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  31 Rdnr.  1; Schwarz in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  1, 2.  Aufl., 2007, §  31 Rdnr.  1; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4.  Aufl., 2002, §  10 IV 1, S.  274. 80   Überblick zu der ausdehnenden Rechtsprechung zum Haftungsvertreter im Sinne des §  31 BGB bei Weick in: Staudinger, BGB, §§  21–79, Neubearbeitung 2005, §  31 Rdnr.  24 ff.; siehe auch Landwehr, AcP 164 (1964) 482, 483 ff.; Matusche-Beckmann, Das Organisationsverschulden, 2002, S.  135 ff. 81   Infra I. 75 76

152 Kapitel 3:  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurispudenz die in der Jurisprudenz entwickelten, 82 materiellen Gründe der Haftung zu be­ werten. 83

I.  Der Theorienstreit um die Natur der Haftung nach §  31 BGB   und die sachliche Reichweite der Organhaftung In der Kontroverse um den Normzweck des §  31 BGB mischen sich materiell-te­ leologische Erwägungen mit einem zumindest sprachlich zum Teil archaisch an­ mutenden Theorienstreit über die „Natur“ der juristischen Person84 und die Funktion ihrer Organe. Zumindest in der älteren Literatur diente die Positionie­ rung in der Kontroverse zwischen der Organtheorie 85 und der Vertretertheorie 86 als Ausgangs-, meist aber auch als Endpunkt für die Ableitung der haftungsrecht­ lichen Konsequenzen des Handelns der verfassungsmäßig berufenen Vertreter. 87 Letztlich geht der vom Gesetzgeber nicht entschiedene 88 Theorienstreit auf die 82   In der Literatur finden sich auch Stimmen, die eine Einstandspflicht des selbständigen Ver­ mögensträgers für das schadenstiftende Verhalten seiner Organe auf Gesichtspunkte stützen, die letztlich als Effizienzüberlegungen verstanden werden können, vgl. z. B. den bei v.Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, Bd.  I, 1910, S.  464 Fn.  39; Hassold, JuS 1982, 583, 586 anklingenden Gedanken, mit der Haftungserstreckung die Vermögensrestriktion der handelnden Organe zu überwinden. Auf derartige interdisziplinäre Erklärungsansätze soll an dieser Stelle nicht eingegangen werden. Vielmehr erfolgt die Auseinandersetzung im Rahmen der extensiven Entwicklung der ökonomischen Grundlagen der Gehilfenverantwortlichkeit, vgl. insbesondere infra Kapitel 4 §  1 B. II. 83   Infra II. 84   Bereits Binder, Das Problem der juristischen Persönlichkeit, 1907, S.  53 hält die Fragestel­ lung für eine „metaphysische“; ebenso später v.Lübtow, L’Europa e il diritto romano, Bd.  2, 1954, S.  467, 469. Wiedemann, WM-Sonderbeilage 4/1975, S.  7 erachtet den noch verwertbaren Ertrag der Diskussion für „nicht sehr reichhaltig“. Zur Relevanz aus heutiger Sicht auch Wieacker, Festschrift für Ernst Rudolf Huber, 1973, S.  339, 339 f. 85   BGH v. 5.  2. 1958 – IV ZR 204/57, WM 1958, 557, 561; E.Steffen in: RGRK, Bd.  I, 12.  Aufl., 1982, §  26 Rdnr.  3 ; Weick in, Staudinger, BGB, §§  21–79, Neubearbeitung 2005, §  26 Rdnr.  10; Reuter in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  26 Rdnr.  11; Wiedemann, WM-Sonderbeilage 4/1975, S.  15 ff.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, 1980, §  4 II 3 a, S.  212 ff.; Beuthien, NJW 1999, 1142; speziell im Kontext des §  31 BGB z. B. BGH v. 8.  7. 1986 – VI ZR 47/85, BGHZ 98, 148, 151; BGH v. 13.  1. 1987 – VI ZR 303/85, WM 1987, 286, 287; Hadding in: Soergel, BGB, Bd.  1, 13.  Aufl., 2000, §  31 Rdnr.  1; Ellenberger in: Palandt, BGB, 71.  Aufl., 2012, §  31 Rn.  1. 86   Für diese in jüngerer Zeit insbesondere Flume, Allgemeiner Teil, Bd.  I /2, 1983, §  11 I, S.  377 ff. 87   Hierzu eingehend Martinek, Repräsentantenhaftung, 1979, S.  25 ff.; siehe auch Küpperfahrenberg, Haftungsbeschränkungen für Verein und Vorstand, 2005, S.  28. Für Otto von Gierke selbst lag in der „Stellungnahme zu der Frage der Deliktsfähigkeit der Verbände der sicherste Prüfstein deutschrechtlicher und römischrechtlicher Denkweise“, v.Gierke, Die Genossen­ schaftstheorie und die Deutsche Rechtsprechung, 1887, S.  743 (Hervorhebung im Original). 88   Die 2. Kommission hob ausdrücklich hervor, dass mit der Formulierung des §  26 Abs.  2 Satz 1, 2. HS BGB die „Konstruktionsfrage“ offen gelassen werde, ob das Vorstandshandeln ein solches des hierdurch handlungsfähigen Vereins darstelle (Organtheorie) oder aber in Vertre­ tung der handlungsunfähigen Verbandsperson (Vertretertheorie) erfolge, vgl. Prot. I S.  509 = Mugdan I, S.  609.

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insbesondere zwischen Friedrich Carl von Savigny 89 und Otto von Gierke 90 im 19. Jahrhundert geführte Auseinandersetzung um das zutreffende Verständnis der Rechtssubjektivität juristischer Personen zurück. Ihr wird im hier interes­ sierenden Zusammenhang teilweise nach wie vor insofern praktische Bedeutung beigemessen, als die Verortung in der Debatte den Anwendungsbereich der Zu­ rechnungsnorm des §  31 BGB determinieren soll.91 Für eine Konzeption, nach der die Haftung der privaten Personenverbände92 für Drittschädigungen durch ihre verfassungsmäßig berufenen Vertreter darauf beruht, dass der Verband selbst durch die Aktivitäten seiner Organe handelt, liegt es vermeintlich nahe, §  31 BGB unabhängig davon anzuwenden, ob die schädigende Handlung im Rahmen der Erfüllung von Pflichten im Sinne des §  241 BGB oder jenseits existierender Son­ derverbindungen, im rein deliktsrechtlich erfassten Bereich erfolgte.93 Sieht man demgegenüber in den Aktivitäten der verfassungsmäßigen Vertreter keine Eigen­ handlungen des repräsentierten Verbands, sondern betrachtet diesen selbst als handlungsunfähig, kommt der Zurechnung des Repräsentantenverhaltens nach §  31 BGB nicht per se ein Vorrang vor anderen, verantwortlichkeitsbegründenden Normen wie insbesondere §  278 BGB zu. Wendet man weiterhin §  31 BGB auf die Verletzung von Pflichten aus Sonderverbindungen nicht an, sondern hält insoweit vielmehr allein §  278 BGB für einschlägig,94 bleibt die durch dessen Satz 2 prinzi­ piell eröffnete Freizeichnungsmöglichkeit auch für vorsätzliches Gehilfenhan­ 89   Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, Bd.  2, 1840, §  60, S.  2; §  85, S.  235 ff.; §  89, S.  275 ff. Dazu Henkel, Zur Theorie der Juristischen Person im 19. Jahrhundert, 1972, S.  71 ff.; Flume, Festschrift für Franz Wieacker, 1978, S.  340; Kleindiek, Deliktshaftung und juristische Person, 1997, S.  151 f., 153 ff. 90   Zusammenfassung seiner Lehre in Gierke, Deutsches Privatrecht, Bd.  I, 1895, S.  465 ff. Zum Ganzen Henkel, Zur Theorie der Juristischen Person im 19. Jahrhundert, 1972, S.  192 ff.; Kleindiek, Deliktshaftung und juristische Person, 1997, S.  156 ff. 91   Vgl. z. B. Weick in, Staudinger, BGB, §§  21–79, Neubearbeitung 2005, §  31 Rdnr.  2; Hadding in: Soergel, BGB, Bd.  1, 13.  Aufl., 2000, §  31 Rdnr.  4. Zu den Unterschieden der historischen Positionen Savignys und Gierkes auch Kleindiek, Deliktshaftung und juristische Person, 1997, S.  166 ff. 92   Supra Fn.  78. 93   Für diese Konsequenz der Organtheorie BGH v. 18.  1. 1973 – II ZR 82/71, NJW 1973, 456, 457; BGH v. 6.  2. 1984 – II ZR 119/83, BGHZ 90, 92, 95; BGH v. 5.  10. 1992 – II ZR 172/91, JZ 1993, 958, 964; BGH v. 18.  7. 2001 – XII ZR 183/98, NJW-RR 2001, 1524; Hadding in: Soergel, BGB, Bd.  1, 13.  Aufl., 2000, §  31 Rdnr.  4 ; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  31 Rdnr.  9 ; Wolf in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  278 Rdnr.  20; Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  10; Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  278 Rdnr.  115; K. Schmidt, Gesellschafts­ recht, 4.  Aufl., 2002, §  10 IV 3, S.  276 ff.; Martinek, Repräsentantenhaftung, 1979, S.  46 ff. Diffe­ renzierend Reuter in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  31 Rdnr.  32: Vorrang des §  31 nur im Rahmen der eigentlichen Organhaftung, nicht bei analoger Anwendung des §  31 BGB auf leitende Angestellten und Personengesellschaften. 94   Dafür, nicht notwendig unter explizitem Bekenntnis zur Vertretertheorie z. B. RG v. 23.  11. 1928 – II 166/28, RGZ 122, 351, 355 ff.; v.Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, Bd.  I, 1910, S.  540 Fn.  87; Knoke in: Planck’s Kommentar zum BGB, Bd.  1, 4.  Aufl., 1913, §  31 Anm.  1 b; Weick in: Staudinger, BGB, §§  21–79, Neubearbeitung 2005, §  31 Rdnr.  3 ; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  9 ; Flume, Allgemeiner Teil,

154 Kapitel 3:  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurispudenz deln erhalten. Demgegenüber hat es bei der Annahme einer quasi-Eigenhaftung auf der Grundlage des §  31 BGB bei der Gestaltungsgrenze des §  276 Abs.  3 BGB sein Bewenden.95 Gerade in der jüngeren Literatur wird aber auch deutlich, dass die Streitfrage, die trotz der Judikatur zu §  309 Nr.  7 BGB bzw. §  11 Nr.  7 AGBG a. F. praktisch nicht gänzlich bedeutungslos erscheint,96 letztlich nicht durch Deduktion auf der Grundlage einer der vorstehenden Theorien entschieden werden kann. So be­ mühen sich die Befürworter einer verdrängenden Wirkung des §  31 BGB auch innerhalb bestehender Sonderverbindung um eine materielle Absicherung ihrer Position durch Betonung der Angemessenheit des so erzielten Ergebnisses einer unabdingbaren Haftung für vorsätzliche Pflichtverletzungen der verfassungsmä­ ßig berufenen Vertreter.97 Umgekehrt zeigen auch die Anhänger der Gegenpositi­ on, dass diese zu sachlich angemessenen Ergebnissen führt – zumindest wenn die Besonderheiten der Organstellung im Rahmen des dann ausschließlich anwend­ baren §  278 BGB berücksichtigt werden und dessen S.  2 daher keine Anwendung findet.98 Dies verdeutlicht, dass die materiellen, die Rechtsanwendung tragenden Bd.  I /2, 1983, §  11 III 5, S.  398; Medicus, Allgemeiner Teil, 10.  Aufl., 2010, Rdnr.  1135; Westerhoff, Organ und (gesetzlicher) Vertreter, 1993, S.  117. 95   Zu den Grenzen der Disposition über die Haftung nach §  31 BGB z. B. RG v. 9.  3. 1938 – VI 212/37, RGZ 157, 228, 232; BGH v. 28.  4. 1954 – II ZR 279/53, BGHZ 13, 198, 203; BGH v. 7.  6 . 1956 – II ZR 52/55, BB 1956, 770, 771; BGH v. 2.  2. 1970 – II ZR 255/67, WM 1970, 632, 633; Reuter in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  31 Rdnr.  47; Weick in: Stau­ dinger, BGB, §§  21–79, Neubearbeitung 2005, §  31 Rdnr.  50; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  31 Rdnr.  1. 96   Nach BGH v. 8.  3. 1984 – VII ZR 349/82, NJW 1984, 1750, 1751 hat das einschlägige Klau­ selverbot selbst im unternehmerischen Verkehr indizielle Bedeutung im Hinblick auf eine unan­ gemessene Benachteiligung im Sinne des §  307 Abs.  1 BGB, sodass auch hier die Spielräume für Haftungsbeschränkungen letztlich begrenzt sind. Zu letzteren z. B. Dammann in: Wolf/ Lindacher/Pfeiffer (Hrsg.), AGB-Recht, 5.  Aufl., 2009, §  309 Nr.  7 Rdnr.  135 ff.; Christensen in: Ulmer/Brandner/Hensen (Hrsg.), AGB-Recht, 11.  Aufl., 2011, §  309 Nr.  7 Rdnr.  43 ff. Geht man aber davon aus, dass gerade die verfassungsmäßig berufenen Vertreter juristischer Personen Ver­ tragswerke mit umfassenden Haftungsfreizeichnungen aushandeln werden, wie z. B. die gän­ gige Kautelarpraxis bei Unternehmenskäufen lehrt, bei der angelsächsische Verkäufergarantien (warranties) mit einem möglichst vollständigen Haftungsausschluss im Übrigen begegnen (vgl. nur Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf in Recht und Praxis, 14. Aufl., 2010, Rdnr.  669 ff.; Streyl in: Semler/Volhard, Arbeitshandbuch für Unternehmensübernahmen, Bd.  1, 2001, §  12 Rdnr.  144 ff.; Koziczinski in: Semler/Volhard, Arbeitshandbuch für Unternehmensübernah­ men, Bd.  1, 2001, §  13 Rdnr.  119 ff.), kann die Frage nach den allgemeinen Grenzen der Disponi­ bilität der Organverantwortlichkeit durchaus aktuell werden. Dies gilt v. a. soweit die Haftung für (fahrlässige) Informationsfehler der Organe im Hinblick auf Unternehmenskennzahlen in Rede steht. 97   Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  278 Rdnr.  115; Hadding in: Soergel, BGB, Bd.  1, 13.  Aufl., 2000, §  31 Rdnr.  4 ; Reuter in: Münchener Kommen­ tar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  31 Rdnr.  32; Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil, Halbbd. 1, 15.  Aufl., 1959, §  110 Fn.  6 ; Martinek, Repräsentantenhaftung, 1979, S.  47 f. Diese er­ gebnisbezogene, zum Teil auch zirkuläre Argumentation der h. M. scharf ablehnend aber Flume, Allgemeiner Teil, Bd.  I /2, 1983, §  11 III 5, S.  397. 98   So insbesondere Flume, Allgemeiner Teil, Bd.  I /2, 1983, §  11 III 5, S 397; Kleindiek, De­ liktshaftung und juristische Person, 1997, S.  275 f.; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I,

§  1  Begründungsansätze im deutschen Recht

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Zurechnungsprinzipien eben nicht bereits aus einer der genannten Theorien fol­ gen. Vielmehr bestimmen umgekehrt diese die dogmatische Einordnung und Ausgestaltung der vom Normgeber frei und rein zweckrational gestaltbaren Haf­ tung. In diesem Sinne hat in der Tat die juristische Fragestellung mit der „meta­ physischen“99 nach dem Wesen des privaten Verbands nichts zu tun, weshalb im Folgenden allein die in der Jurisprudenz genannten materiellen Zurechnungs­ prinzipien zu ventilieren sind.100

II.  Materielle Rechtfertigung der Organhaftung   jenseits des Theorienstreits Wendet man sich den vom Theorienstreit gelösten Begründungsversuchen der Organhaftung zu, fällt zunächst auf, dass im Gegensatz zur Zurechnung des Ge­ hilfenverhaltens im Rahmen von Sonderverbindungen gemäß §  278 BGB,101 um­ fassende rechtsgeschäftliche Erklärungsansätze zu §  31 BGB heute keine Rolle mehr spielen.102 Undenkbar sind solche aber auch jenseits unhaltbarer Fiktionen nicht, z. B. als relative, in der Reichweite begrenzte Normfundierung,103 wenn man der Organhaftung neben der unstreitigen Verhaltenszurechnung im delik­ tischen Bereich zumindest auch die entsprechende Funktion innerhalb von Son­ derverbindungen zuspricht.104 Gleichwohl basieren die gegenwärtig vertretenen, um eine einheitliche Rechtfertigung der Verhaltenszurechnung bemühten Erklä­ rungsansätze im Wesentlichen auf heteronomen Erwägungen.

13.  Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  9, die für ihre Auffassung auch den historischen Gesetzgeber in An­ spruch nehmen können, vgl. Prot. II, S.  304 = Mugdan II, S.  523. 99   Supra Fn.  84. 100   Vgl. auch Landwehr, AcP 164 (1964) 482, 507, der nach eingehender Analyse des Theori­ enstreits davon ausgeht, dass sowohl die Anhänger der Organtheorie als auch diejenigen der Vertretertheorie §  31 BGB als „Billigkeitsnorm“ verstünden, die Zurechnung mit anderen Wor­ ten stets (auch) auf materielle Erwägungen gestützt sei. 101   Supra A II. 102   Zu den vereinzelten Stimmen (ausdrücklich ablehnend bereits RG v. 8.  4. 1884 – III 367/83, RGZ 11, 206, 211; v.Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, 1887, S.  760 ff.; in RG v. 5.  2. 1886 – I 390/85, RGZ 15, 121, 128 wird bereits der Gedanke einer Haftung des Gesellschaftsvermögens für bei Verfolgung des Verbandszwecks verursachte Schä­ den bemüht), die vor Inkrafttreten des BGB auch die außervertragliche Verantwortlichkeit der juristischen Person auf eine stillschweigende Garantieübernahme für deliktische Organhand­ lungen zurückführen wollten, eingehend Klingmüller, Die Haftung der Vereinsorgane nach §  31 BGB, 1900, S.  32 ff. 103   Zur unvermeidbaren Relativität der Erklärungsversuche von Zurechnungsnormen als Folge divergierender Pflichtenkontexte bereits supra A I 2. 104   Auch noch infra 2.

156 Kapitel 3:  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurispudenz 1.  Ergebnisbeschreibung und materielle Normbegründung Soweit in der Literatur die Teleologie der Zurechnung des schädigenden Organ­ handelns im Ausschalten der Schwächen des §  831 BGB gesehen wird,105 liegt da­ rin eher eine (zutreffende) Ergebnisbeschreibung, als eine echte materielle Be­ gründung. Offen bleibt nämlich, weshalb aus der Sicht des Gesetzgebers – der ja nicht von der generellen Insuffizienz seiner für Verrichtungsgehilfen kodifizierten Problemlösung ausging – eine unbedingte Zurechnung speziell des Organhan­ delns einer Haftung für Auswahl- und Überwachungsverschulden tatsächlich vorzuziehen war. Diese Sachfrage lässt sich auch keinesfalls mit der letztlich im Metaphysischen verhafteten Überlegung beantworten, dass die Verschuldensver­ mutung des §  831 Abs.  1 Satz 2 BGB eine eigene Handlungs- und Verantwor­ tungsfähigkeit des Haftungsträgers voraussetze.106 Einem allein zweckrationalen Erwägungen verpflichteten Normgeber hätte es frei gestanden, an dieser Stelle eine verschuldensabhängige Verantwortlichkeit der Mitglieder des Verbands zu statuieren.107 Schon gar nicht lässt sich der überwiegend befürwortete Vorrang der Zurechnung nach §  31 BGB vor derjenigen nach §  278 BGB108 mit entspre­ chenden Erwägungen legitimieren. Ganz ähnliche Einwände treffen die anthropomorphisierende Überlegung, der Gesetzgeber habe mit §  31 BGB das Ziel verfolgt, die juristische Person gleich ei­ ner natürlichen haften zu lassen, wenn sie durch ein Organ repräsentiert wurde.109 Soll die Erklärung für diese Angleichung nicht doch wieder durch den Rückgriff auf die Vorstellung einer durch die Organe rechtlich vermittelten, eigenen Hand­ lungsfähigkeit der Verbandsperson gefunden werden,110 bleibt nur, ein weiteres normatives Kriterium einzuführen, dass die eigentlichen Sachgründe für diese – tatsächlich bestehende – Gleichstellung explizit benennt.

105   Weick in: Staudinger, BGB, §§  21–79, Neubearbeitung 2005, §  31 Rdnr.  1; Reuter in: Mün­ chener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 5.  Aufl., 2012, §  31 Rdnr.  1; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  31 Rdnr.  1; vgl. aber auch Hadding in: Soergel, BGB, Bd.  1, 13.  Aufl., 2000, §  31 Rdnr.  3 mit der Warnung, §  31 BGB nicht im Hinblick auf seine rechtspolitischen Vorzüge gegenüber §  831 BGB auszudehnen. 106   Dies in den Vordergrund stellend aber Reuter in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 5.  Aufl., 2012, §  31 Rdnr.  2. 107   So bereits Martinek, Repräsentantenhaftung, 1979, S.  23. 108   Zu dieser h. M. vgl. supra Fn.  93. 109   Korn, Festgabe für Richard Wilke, 1900, S.  177, 183; v.Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, Bd.  I, 1910, S.  464, 539; Ballerstedt, JZ 1951, 486, 492; H. Westermann, JuS 1961, 333, 335; Reuter in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  31 Rdnr.  2; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  31 Rdnr.  1. 110   Zu diesem Ausgangspunkt der Organtheorie nur v.Gierke, Deutsches Privatrecht, Bd.  I, 1895, S.  472 f., 518 ff.; v.Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, 1887, S.  603 ff.

§  1  Begründungsansätze im deutschen Recht

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2.  Risiko-Nutznießungsgedanke und verwandte Begründungsansätze a)  Die fundamentale „Gerechtigkeitsidee“ Die ganz überwiegende Meinung bleibt denn auch beim Vorgesagten nicht stehen, sondern legitimiert die gefundenen Ergebnisse letztlich mit einer „rechtsformü­ bergreifenden Gerechtigkeitsidee“,111 wie sie auch zur Rechtfertigung der Verant­ wortlichkeit des Geschäftsherrn für seine Erfüllungsgehilfen fruchtbar gemacht wird.112 Der Risko-Nutznießungsgedanke basiert in seiner Adaption für §  31 BGB auf der Überlegung, dass die Tätigkeit des verfassungsmäßig berufenen Vertreters dem Verband zugute komme, sodass es gerecht erscheine, diesen auch zum Aus­ gleich der Schäden heranzuziehen, die durch Fehler der erfassten Personen bei anderen Rechtsträgern verursacht werden.113 Nicht von ungefähr begegnete in diesem Kontext, zumindest in der älteren Literatur, auch die im Rahmen des §  278 BGB ebenso gezogene114 Parallele zur Gefährdungshaftung.115 Hier wie dort ver­ fängt aber auch die Schwäche der mangelhaften Operationalisierbarkeit des höchst abstrakten Gerechtigkeitsprinzips. Dieses vermag für sich allein, insbesondere im Hinblick auf die notwendige, differenzierte Abschichtung von Risikosphären, wenig zu leisten.116 Dies erscheint besonders deshalb als misslich, weil hierin, je­ denfalls bei Anwendung des §  31 BGB auch in Sonderverbindungen, die Haupt­ aufgabe der teleologischen Interpretation des Zurechnungstatbestands liegt, die exakt gleichliegend auch bei §  278 BGB begegnet. Dies gilt unabhängig davon, dass die herausgehobene Stellung der Haftungsvertreter im Sinne des §  31 BGB eine Überwälzung des Personalrisikos auf den Geschädigten in diesen Konstella­ tionen seltener als angemessen erscheinen lässt, als dies bei Erfüllungsgehilfen im Sinne des §  278 BGB der Fall ist. Wiederum ist zu betonen, dass die Gerechtigkeitsüberlegungen nicht etwa als verfehlt verworfen, sondern lediglich als unzureichend und ergänzungsbedürftig betrachtet werden.117 Mit Blick auf die Organhaftung kommt mit derselben Stoß­ 111   Kleindiek, Deliktshaftung und juristische Person, 1997, S.  254. Den Gerechtigkeitsgehalt des Gedankens betont auch schon v. Lübtow, L’Europa e il diritto romano, Bd.  2, 1954, S.  467, 507; Wiedemann, WM-Sonderbeilage 1975/4, S.  16 spricht von einer „rechtsethischen Rechtfer­ tigung“ der Zurechnung nach §  31 BGB. 112   Supra A III. 113   In diesem Sinne insbesondere Mot. I, S.  102 = Mugdan, S.; Prot. I, S.  1049 ff.; v.Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, Bd.  I, 1910, S.  464; Müller-Erzbach, AcP 106 (1910) 309, 441; Müller-Erzbach, JherJ 73 (1923) 135, 139; v.Caemmerer, Festschrift 100 Jahre DJT, Bd.  II, 1960, S.  49, 117; H. Westermann, JuS 1963, 333; Fabricius, Gedächtnisschrift für Rudolf Schmidt, S.  171, 177, 181, 186; Beuthien, DB 1975, 729, 730; Kornblum, Die Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten von Personengesellschaften, 1972, S.  4 4; Martinek, Re­ präsentantenhaftung, 1979, S.  4 4; Weick in: Staudinger, BGB, §§  21–79, Neubearbeitung 2005, §  31 Rdnr.  1; Hadding in: Soergel, BGB, Bd.  1, 13.  Aufl., 2000, §  31 Rdnr.  1. 114   Supra A III 1. 115   Korn, Festgabe für Richard Wilke, 1900, S.  177, 184 ff. mit expliziter Parallele zur Haftung des Eisenbahnunternehmers und Bergwerksbetreibers. 116   Eingehend supra A III. 117   Schon supra A III 1.

158 Kapitel 3:  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurispudenz richtung hinzu,118 dass der Risiko-Nutznießungsgedanke für sich nicht erklären kann, weshalb gerade die Aktivitäten der verfassungsmäßig berufenen Vertreter streng zugerechnet werden, da der Verband ja auch von der Tätigkeit solcher, von ihm betrauter Hilfspersonen profitiert, die in der Organisationshierarchie nied­ riger angesiedelt sind und positivrechtlich nur als Erfüllungs- bzw. Verrichtungs­ gehilfen erfasst werden. Insbesondere die gegenüber der Einstandspflicht für  Erfüllungsgehilfen nochmals striktere, weil selbst individualvertraglich nicht vollständig abdingbare Haftung,119 lässt sich mit Hilfe des Risiko-Nutznießungs­ gedankens allein nicht materiell absichern. Dieser taugt schon deshalb nicht für die notwendige Binnendifferenzierung, da er inhaltsgleich auch zur Rechtferti­ gung des §  278 BGB herangezogenen wird. Soll diese gelingen, bedarf es letztlich – will man nicht wiederum in einer Ergebnisbeschreibung stecken bleiben120 – eines Rückgriffs auf die Anreizwirkungen, die von unterschiedlich strengen Haf­ tungsregimen ausgeht. b)  Die Trennung von Vermögensmassen als rechtstechnischer Grund der Haftungsüberleitung Vor diesem Hintergrund ist eine Akzentuierung des Risiko-Nutznießungsge­ dankens von Bedeutung, die letztlich zentral auf die Einführung eines verselb­ ständigten Vermögensträgers durch das Organisationsrecht abstellt.121 Die hier­ auf zentrierte Konzeption der Haftungszurechnung hatte ursprünglich primär das Ziel, die Schwächen und Unschärfen zu überwinden, die sich aus der bis dahin vorherrschenden Sicht122 ergaben, wonach Grundlage der Haftung für Drittschä­ digungen der verfassungsmäßig berufenen Vertreter die „körperschaftliche Orga­ nisation“ der juristischen Person sei.123 Der zwischenzeitlich auch durch die höchstrichterliche Rechtsprechung aufgegriffene Erklärungsansatz124 verdeutli­ cht, dass die Haftung auf eine Vermögenstrennung reagiert, wie sie durch das Organisationsrecht und die von diesem zugelassene Schaffung eines verselbstän­ digten Rechtsträgers zur gemeinsamen Zweckverfolgung ermöglicht wird. Diese erfordere eine besondere Überleitung der Haftung für die aus der zweckför­ 118   Sehr kritisch gegenüber der Tragfähigkeit des Risiko-Nutznießungsgedanken speziell im Hinblick auf §  31 BGB auch Martinek, Repräsentantenhaftung, 1979, S.  23. 119   Supra Fn.  95. 120   Dieser Vorwurf trifft insbesondere das in diesem Kontext häufig anzutreffende, bereits kritisch beleuchtete Gleichstellungsargument, supra 1 a. E. 121   Grundlegend Fabricius, Gedächtnisschrift für Rudolf Schmidt, 1966, S.  171. 122   Besonders deutlich und mit erheblichen Konsequenzen für die Rechtsanwendung BGH v. 30.  6 . 1966 – VII ZR 23/65, BGHZ 45, 311, 312: keine analoge Anwendung des §  31 BGB auf die Außengesellschaft bürgerlichen Rechts wegen „zu wenig körperschaftlich[er]“ Organisation. 123   Vgl. Fabricius, Gedächtnisschrift für Rudolf Schmidt, 1966, S.  171, 182 f.; ebenso, die Fabricius früh folgenden Arbeiten von Nicknig, Die Haftung der Mitglieder einer BGB-Gesell­ schaft für Gesellschaftsschulden, 1972, S.  38; Kornblum, Zur Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten von Personengesellschaften, 1972, S.  45; Beuthien, DB 1975, 725, 729. 124   BGH v. 24.  2. 2003 – II ZR 385/99, BGHZ 154, 88, 93 ff.

§  1  Begründungsansätze im deutschen Recht

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dernden Aktivität der Repräsentanten erwachsenden Drittschäden, da das gebil­ dete Sondervermögen sonst für deren Befriedigung nicht zur Verfügung stehe.125 Sie erklärt damit auf dogmatisch-konstruktiver Ebene die prinzipielle Notwen­ digkeit einer Zurechnungsbestimmung wie §  31 BGB und ermöglicht so die zu­ treffenden Beschreibung des Kreises der haftenden Personenvereinigungen.126 Ungeachtet dieser Verdienste kann allerdings auch der genannten Sicht – die letztlich den Risiko-Nutznießungsgedanken als materielle Rechtfertigung der Zurechnung des Organverhaltens nicht fortentwickelt127 – eine Feinjustierung der Verantwortlichkeit durch eine Abschichtung der Risikosphären in arbeitsteiligen Produktions- und Absatzprozessen im Einzelfall nicht gelingen.

III.  Notwendigkeit einer materiellen Konkretisierung der Organhaftung Wie im Rahmen des §  278 BGB zeigt sich, dass die originär rechtswissenschaft­ lichen Umschreibungen des Normzwecks der Organhaftung nicht hinreichend geeignet sind, die erforderlichen Differenzierungen bei der Normanwendung vorzuspuren. Hier wie dort kommt die Jurisprudenz über unscharfe Billigkeits­ topoi nicht hinaus, die zu ihrer Operationalität in der Normanwendung einer Ergänzung bedürfen. Auch im Rahmen der Organhaftung nach §  31 BGB, soweit sie im Rahmen von Sonderverbindungen überhaupt Anwendung findet,128 ist da­ her eine gehilfenspezifisch Entfaltung der Verantwortungsbereiche, v. a. über eine entsprechende Bestimmung der Pflichtenbindung im Schuldverhältnis unerläss­ lich.129 Die in der Literatur einheitlich abgelehnte ex ante Dispostion über die 125   Der weitere, von Fabricius betonte Regelungsgehalt des §  31 BGB, der die persönliche Haftung der Verbandsmitglieder ausschließe, weil diese keine Einfluss auf die Verwaltung des Sondervermögens hätten (vgl. Fabricius, Gedächtnisschrift für Rudolf Schmidt, 1966, S.  171, 187), hat sich demgegenüber nicht durchgesetzt, wie v. a. die analoge Anwendung der Bestim­ mung auf die Personengesellschaften verdeutlicht (für oHG: RG v. 13.  2. 1911 – VI 327/10, RGZ 76, 35, 48 st. Rspr.; für KG: RG v. 18.  2. 1931 – XI 475/30, JW 1931, 1689, 1690; zur GbR supra Fn.  124), die durch den Grundsatz der Selbstorganschaft geprägt sind, d. h. durch ein „Organ­ monopol der unbeschränkt haftenden Gesellschafter“, K. Schmidt, Gedächtnisschrift KnobbeKeuk, 1997, S.  307, 314. Zur effizienten Komplementarität von Vermögenstrennung und persön­ licher Haftung Tröger, Festschrift für Harm Peter Westermann, 2008, S.  1533, 1547 ff. 126   Nicht von ungefähr hat die Literatur bereits unmittelbar nach der höchstrichterlichen Anerkennung der Rechts- und Parteifähigkeit der Außengesellschaft bürgerlichen Rechts (BGH v. 29.  1. 2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, 341) auf die nunmehr zu ziehende Konsequenz einer analogen Anwendung auch des §  31 BGB hingewiesen, z. B. Habersack, BB 2001, 477, 481; K. Schmidt, NJW 2001, 993, 998 f.; Ulmer, ZIP 2001, 585, 597; Wiedemann, JZ 2001, 661, 663; Hadding, ZGR 2001, 712, 725 f., 735 f. 127   Fabricius, Gedächtnisschrift für Rudolf Schmidt, 1966, S.  171, 181; Nicknig, Die Haftung der Mitglieder einer BGB-Gesellschaft für Gesellschaftsschulden, 1972, S.  36 f.; Kornblum, Zur Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten von Personengesellschaften, 1972, S. S.  4 4; Beuthien, DB 1975, 725, 729 f. 128   Supra I. 129   Eingehend supra A V.

160 Kapitel 3:  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurispudenz Vorsatzhaftung des Verbands für seine Repräsentanten130 indiziert dabei zutref­ fend, dass die exponierte Stellung des von §  31 BGB erfassten Personenkreises bei dem erforderlichen Abschichten der Verantwortungssphären eine weitergehende Zurechnung des schadenstiftenden Verhaltens der Haftungsvertreter im Verhält­ nis zu „einfachen“ Erfüllungsgehilfen tragen kann.

C.  Haftung für Auswahl-, Ausrichtungs- und Überwachungsverschulden beim Einsatz von Verrichtungsgehilfen, §  831 BGB Für das vertragliche Haftungsregime setzte sich trotz Fehlen vergleichbar umfas­ sender historischer Vorbilder die allgemeine, von eigenem Verschulden gelöste Einstandspflicht des Geschäftsherrn für seine Erfüllungsgehilfen bereits im Ge­ setzgebungsverfahren zum BGB durch.131 Demgegenüber blieb es für die Haftung außerhalb bestehender Sonderverbindungen – trotz früher gegenteiliger Vor­ schläge,132 die sich rechtsvergleichend vor allem auf das Vorbild des art. 1384 C. civ. stützen konnten133 – bis heute134 bei der Verantwortlichkeit für (vermutete) culpa in eligendo sive custodiendo sive inspiciendo im Rahmen des §  831 BGB.135 Eine solche Lösung war zwar mit den rechtsethischen Vorstellungen der Pandek­ tisten nahtlos vereinbar,136 steht aber in scharfem Kontrast zu der Bereitschaft der Legislative, nicht nur im Haftungsregime der Sonderverbindungen,137 unter Bruch mit gerade diesen Prinzipien, eine stärker an den Bedürfnissen des Verkehrs in   Supra bei Fn.  97 f.   Vgl. die entsprechenden Überlegungen der Ersten Kommission bei Jakobs/W. Schubert (Hrsg.), Die Beratungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Recht der Schuldverhältnisse. Teilbd. I, 1978, S.  242 ff., die explizit davon ausging, dass der herrschende Rechtszustand zu „den größten praktischen Unzuträglichkeiten“ führe (ibid., S.  244). Ähnlich Mot. II, S.  30 = Mugdan II, S.  16. 132   Für verschuldensunabhängige Einstandspflicht v. a. Meyer, Verhandlungen des 17. DJT, Bd.  I, 1884, S.  125 mit einem entsprechenden Normvorschlag (ibid., S.  135); Petersen, Verhand­ lungen des 18. DJT, Bd.  1, 1886, S.  275. Vgl. auch Meyer, Verhandlungen des 17. DJT, Bd.  II, 1885 S.  124 ff. Der 18. DJT schloss sich dieser Sicht mit seiner Empfehlung an, eine Einstandspflicht des Geschäftsherrn für die Schäden Dritter zu normieren, die ein Gehilfe in Ausführung der ihm übrtragenen Verrichtung verursacht, vgl. Schriftführer-Amt der ständigen Deputation (Hrsg.), Verhandlungen des 18. DJT, Bd.  2, 1887, S.  105 f. 133   Dazu supra Kapitel 2 §  4 C. II. 134   Der Umsetzung von Reformanliegen am nächsten gelangte der von einem breiten wissen­ schaftlichen Konsens getragene Referentenentwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergän­ zung schadensrechtlicher Vorschriften des BMJ von 1967. Zur Reformdebatte zusammenfassend v.Bar in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd.  II, 1981, S.  1681, 1758 f., 1776 f. mwN. 135   In diesem Sinne v. a. Dreyer, Verhandlungen des 17. DJT, Bd.  I, 1884, S.  46, 52 ff. Die zwi­ schen nachlässiger Auswahl und Überwachung unterscheidende Fassung des §  831 BGB geht auf einen Antrag Windscheids in der Ersten Kommission zurück, vgl. Jakobs/W. Schubert (Hrsg.), Die Beratungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Recht der Schuldverhältnisse. Teilbd. III, 1983, S.  937. 136   Supra Kapitel 2 §  5 A. 137   Supra Kapitel 2 §  5 C. 130 131

§  1  Begründungsansätze im deutschen Recht

161

einer industrialisierten Gesellschaft orientierte Lösung zu kodifizieren, selbst wenn diese ohne historische oder rechtsvergleichende Vorbilder waren. Im hier interessierenden Zusammenhang ist im Hinblick auf diese Ausgangssi­ tuation vor allem von Bedeutung, welche Gründe hinter der Entscheidung des Gesetzgebers standen, für den Bereich der Jedermannspflichten keine Verhaltens­ zurechnung im engeren Sinne zu normieren und welche rechtspolitische Kritik an dieser Entscheidung zwischenzeitlich geübt wurde. Jedenfalls soweit letztere z. B. in Form der Ausweitung der Haftung nach vertragsrechtlichen Grundsätzen,138 der deliktischen Eigenhaftung wegen Verletzung von weit in das Vorfeld der Schä­ digungshandlung verlagerten Organisationspflichten139 o. ä. auch zu einem Nie­ derschlag in der Interpretation der lex lata geführt hat, erhellt sie möglicherweise, welche materiellen Gesichtspunkte die als angemessen empfundene Einstands­ pflicht für Gehilfenfehler tragen, wenn solche zu einer Beeinträchtigung des Inte­ gritätsinteresses führen.

I.  Verschuldenshaftung als (unvollständige) Verwirklichung   funktionaler Zurechungsprinzipien Dass sich das Konzept einer Haftung für eigenes Auswahl-, Ausrichtungs- und Überwachungsverschulden beim allgemeinen Gehilfeneinsatz im außervertrag­ lichen Bereich trotz erheblicher Kritik an der Lösung des Ersten Entwurfs140 und kontroverser Diskussionen in der Zweiten Kommission141 letztlich halten konnte, geht ausweislich der Quellen auf Erwägungen zurück, die durchaus als Ausdruck erfolgreicher Lobbyarbeit bezeichnet werden können. Tragend war der Gedanke, dass die in §  31 BGB normierte, verschuldensunabhängige Haftung der juristi­ schen Person für ihre Organe eine Besonderheit darstelle. „[D]em deutschen Rechtsbewusstsein, auf das es allein ankomme“, liege eine verschuldensunabhän­ gige Einstandspflicht des Geschäftsherrn, wie sie im C. civ. begegne, „ganz fern“.142 Es lasse sich zudem bezweifeln, „ob manche der Schonung bedürfende industrielle Zweige sowie die kleinen Landwirthschaften eine so schwere Last ertragen könnten“, da bei ihnen, anders als bei Großunternehmen, nicht mit einer

138   Zu dieser „dritten Spur“ hier nur Canaris, Festschrift für Karl Larenz, 1983, S.  27, 85 ff. Schon supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. b). Eingehend noch infra Kapitel 5 §  3. 139   Hierzu die breit angelegten Untersuchungen von Kleindiek, Deliktshaftung der juristi­ schen Person, 1997, S.  292 ff., 314 ff.; Matusche-Beckmann, Das Organisationsverschulden, 2001, S.  37 ff., 111 ff. Auch noch infra Kapitel 5 §  3. 140   Vgl. die Kompilation in: Reichsjustizamt (Hrsg.), Zusammenstellung der gutachtlichen Äusserungen zu dem Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, Bd.  2, Neudruck der Ausgabe 1891, 1967, S.  406 ff. 141   Vgl. Prot. II, S.  597 ff. = Mugdan II, S.  1090 ff. 142   Prot. II, S.  2784 = Mugdan II, S.  1094.

162 Kapitel 3:  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurispudenz Abfederung der Haftungsfolgen durch Eigen- oder Fremdversicherung gerechnet werden könne.143 Zutreffend ist an letzterer Erwägung, dass eine verschuldensunabhängige Ein­ standspflicht zu einer unbedingten Risikozuweisung auch im Hinblick auf unver­ meidbare Schäden führt, deren Angemessenheit tatsächlich von der Fähigkeit zur Risikotragung abhängt.144 Entscheidend ist insoweit aber allein die relative Fähig­ keit des Schädigers zur Risikotragung im Verhältnis zum Geschädigten. In dieser Beziehung kann aber auch der Kleinunternehmer und Landwirt überlegene Cha­ rakteristika aufweisen, die ihn zum überlegenen Risikoträger machen.145 Der ver­ fehlte Vergleich mit dem Großunternehmer unterstreicht daher eher die industrie­ politische Natur der Regelung, die in Kauf nimmt, bestimmte Schädiger zu Las­ ten der Geschädigten zu subventionieren und die nicht zuletzt wegen dieser Inef­ fizienz nach nahezu einhelliger Meinung als reformbedürftig betrachtet wird.146 Dies gilt es vor dem Hintergrund im Auge zu behalten, dass nicht selten der materielle Gesichtspunkt, der eine Schadensüberwälzung in dem Fall trägt, dass die in §  831 BGB kodifizierten Verkehrssicherungspflichten147 (vermutetermaßen) schuldhaft verletzt wurden, in einer unvollkommenen Zuweisung des Betriebsri­ sikos gesehen wird.148 Die entscheidende – rechtspolitisch nicht befriedigend zu beantwortende – Frage ist dann nämlich, weshalb gerade die in §  831 BGB ange­ sprochenen Pflichten zur sicheren Organisation arbeitsteiliger Betriebsabläufe eine so exponierte Stellung einnehmen, dass ihre schuldhafte Verletzung eine haf­ tungsrechtliche Sanktion erfordert. Auch wenn im Vorstehenden die fehlende Eignung des Risiko-Nutznießungsgedankens zur Begründung einer einseitigen Zuweisung des Personalrisikos gerade im Hinblick auf die Gewährleistung des   Prot. II, S.  2785 = Mugdan II, S.  1094.   Zur Bedeutung individueller Risikopräferenzen für die Verantwortlichkeit für Gehilfen­ fehler allgemein infra Kapitel 4 §  3 A. II. 3. 145   Vgl. auch v.Bar in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd.  II, 1981, S.  1681, 1707, der das Gesetzesrecht dahingehend versteht, dass ihm „der Gesichtspunkt einer Schadenstragung durch größere Haftungseinheiten (Unternehmen, Betrieb) .  .  . fremd“ bleibe. 146   Unisono die Gutachten zur Schuldrechtsreform, vgl. Medicus, in: BMJ (Hrsg.), Gutach­ ten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd.  I, 1981, S.  479, 491; U.Huber, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd.  I, 1981,S.  6 47, 737; Schlechtriem, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuld­ rechts, Bd.  II, 1981, S.  1591, 1616; v.Bar, in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Über­ arbeitung des Schuldrechts, Bd.  II, 1981, S.  1681, 1706 f. Vgl. aber auch die Einschränkungen bei Diederichsen, ZRP 1968, 60, 60 f.; Larenz/Canaris, , SchuldR II/2, 13.  Aufl., 1994, §  79 III 6, S.  484; Esser/Weyers, SchuldR II/2, 8.  Aufl., 2000, §  58 I 3, S.  215 f. 147   Zu dieser Einordnung der in §  831 BGB niedergelegten Pflichten des Geschäftsherrn, Belling in: Staudinger, BGB, §§  830–838, Neubearbeitung 2008, §  831 Rdnr.  5 ; Krause in: Soergel, BGB, Bd.  10, 13.  Aufl., 2005, §  831 Rdnr.  3 ; Schiemann in: Erman, BGB, Bd.  II, 13.  Aufl., 2011, §  831 Rdnr.  2; G. Wagner in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  5, 5.  Aufl., 2009, §  831 Rdnr.  11 („deliktische Sorgfaltspflichten“); v.Bar, Verkehrspflichten, 1980, S.  241 ff.; Larenz/ Canaris, SchuldR II/2, 13.  Aufl., 1994, §  79 III 1 a), S.  475. 148   Z. B. BGH v. 4.  3. 1957 – GSZ 1/56, BGHZ 24, 21, 30; Belling in: Staudinger, BGB, §§  830– 838, Neubearbeitung 2008, §  831 Rdnr.  5. 143

144

§  1  Begründungsansätze im deutschen Recht

163

Integritätsinteresses betont wurde,149 erscheint doch die „pointillistische“150 Lö­ sung des §  831 BGB als nahezu willkürlich.

II.  Rechtspolitische Kritik und „korrigierende“ Tendenzen   in der Rechtsanwendung Es verwundert daher nicht, dass die rechtspolitische Kritik an der Haftung für Verrichtungsgehilfen151 auch einen Niederschlag in der Fortbildung der lex lata erfahren hat, die zu einem umfassenden Geflecht dogmatisch unterschiedlich ver­ orteter, unternehmerischer Organisationspflichten geführt hat, dem aus beru­ fenem Munde die Wirkung zugesprochen wird, „die Unternehmenshaftung .  .  . außerhalb [der] einstigen Zentralnorm“ des §  831 BGB stattfinden zu lassen.152 Diese wird nur noch als Ausprägung einer allgemeinen Pflicht zur schadensver­ meidenden Organisation arbeitsteiliger Produktions- und Vertriebsprozesse ver­ standen.153 Diese mittlerweile konsolidierte Entwicklung154 umfasst zum einen die Aus­ dehnung des Anwendungsbereichs des §  278 BGB. So erfasst das vertragsrecht­ liche Haftungsregime mit seiner unbedingten Einstandspflicht für Gehilfenfehler auch die Verletzung von Schutzpflichten,155 erstreckt sich in den vor- und nach­ vertraglichen Bereich156 und greift über das Institut des Schuldverhältnisses mit Schutzwirkung zugunsten Dritter auch bei Schädigungen bestimmter Personen

149   Supra A. III. 2. für Schutzpflichtverletzungen im Rahmen des §  278 BGB, supra B. II. 2. für deliktisches Organhandeln im Rahmen des §  31 BGB. 150   So Kleindiek, Deliktshaftung und juristische Person, 1997, S.  290. 151   Vgl. neben den supra Fn.  134 und Fn.  140 genannten Überblicken auch noch Belling in: Staudinger, BGB, §§  830–838, Neubearbeitung 2008, §  831 Rdnr.  131 ff.; Krause in: Soergel, BGB, Bd.  10, 13.  Aufl., 2005, §  831 Rdnr.  15 f.; G. Wagner in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  5, 5.  Aufl., 2009, §  831 Rdnr.  3 ff. 152   K. Schmidt, in: E.Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 1993, S.  4, 5. 153   In diesem Sinne Jakobs, VersR 1969, 1061, 1063 ff.; v.Bar, Verkehrspflichten, 1980, S.  241; E.Steffen in: RGRK, BGB, Bd.  II/5, 12.  Aufl., 1989, §  831 Rdnr.  4 ff.; Larenz/Canaris, SchuldR II/2, 13.  Aufl., 1994, §  79 III 1 a), S.  475; Kleindiek, Deliktshaftung und juristische Person, 1997, S.  292 ff.; Spindler, Unternehmensorganisationspflichten, 2001, S.  694; G. Wagner in: Mün­ chener Kommentar zum BGB, Bd.  5, 5.  Aufl., 2009, §  831 Rdnr.  11. 154   Zu den frühen Anfängen z. B. Zimmermann/Verse in: Falk/Mohnhaupt (Hrsg.), Das Bürgerliche Gesetzbuch und seine Richter, 2000, S.  319, 335 ff.; Schlechtriem, Festschrift für Wolfgang Heiermann, 1995, S.  281, 281 ff. 155   RG v. 5.  10. 1903 – IV 67/03, RGZ 55, 335, 336 f.; RG v. 21.  9. 1923 – III 569/22, RGZ 108, 221, 223 f.; BGH v. 28.  4. 1976 – VIII ZR 244/74, BGHZ 66, 208, 211. Bereits supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. b) (1). 156   Zur culpa in contrahendo RG v. 7.  12. 1911 – VI 240/11, RGZ 78, 239; zur weiteren Vorver­ lagerung in den Bereich des bloßen „geschäftlichen Kontakts“ BGH v. 26.  9. 1961 – VI ZR 92/61, NJW 1962, 31, 32; zur culpa post contractum finitum RG v. 5.  10. 1903 – IV 67/03, RGZ 55, 335, 336 f.; BGH 24.  11. 1969 – III ZR 111/69, VersR 1970, 179.

164 Kapitel 3:  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurispudenz ein, die an der bestehenden Sonderverbindung nicht unmittelbar als Partei betei­ ligt sind.157 Zum anderen geht es darum, dass die originär haftungsrechtliche Definition des verfassungsmäßigen Vertreters im Rahmen des §  31 BGB zu einer vergleich­ baren Ausdehnung der unbedingten Einstandspflicht für das Fehlverhalten be­ stimmter Hilfspersonen (auch) außerhalb bestehender Sonderverbindungen ge­ führt hat.158 Schließlich hat das ausdifferenzierte System betrieblicher Organisationspflich­ ten im Rahmen des §  823 Abs.  1 BGB,159 mehr oder weniger explizit die Funktion übernommen, den Entlastungsbeweis nach §  831 Abs.  1 Satz 2 BGB zurückzu­ drängen und so – auch unter Geltung des Verschuldensgrundsatzes – zu einer de facto unbedingten Einstandspflicht für bestimmte Gehilfenfehler geführt.160

III.  Bedürfnis nach einer einheitlichen materiellen Fundierung   des dogmatisch uneinheitlichen Schutzes des Integritätsinteresses Das nicht selten geäußerte Desiderat, die über die oben beschriebenen, durchaus uneinheitlichen Rechtsinstitute begründete Haftung mit dem Ziel einer Siche­ rung des Integritätsinteresses auf eine ihrer Zusammengehörigkeit entsprechende, einheitliche dogmatische Grundlage zu stellen,161 setzt eine übereinstimmende teleologische Stoßrichtung der genannten Institute voraus. Diese wird aber so­ wohl in der Wissenschaft als auch in der Rechtsanwendung kaum in einer opera­ tionalisierbaren Weise explizit gemacht.162 Vielmehr bleibt die gewünschte Funk­ tion der jeweiligen dogmatischen Umwege, auf denen die Praxis zu einer in grosso modo umfassenden Verhaltenszurechnung innerhalb arbeitsteilig organisierter Produktions- und Vertriebsprozesse, auch zum Schutze des Integritätsinteresses gelangt, im Wesentlichen unausgesprochen. Dies gilt z. B. für die – historisch 157   RG v. 5.  10. 1917 – III 145/17, RGZ 91, 21, 24; RG v. 10.  2. 1930 – VI 270/29, RGZ 127, 218, 222; BGH v. 28.  1. 1976 – VIII ZR 246/74, BGHZ 66, 51, 56 f. 158   RG v. 8.  10. 1917 – VI 131/17, RGZ 91, 1, 3 ff.; RG v. 3.  2. 1919 – VI 347/18, RGZ 94, 318, 320; RG v. 9.  3. 1938 – VI 212/37, RGZ 157, 228, 235 ff.; RG v. 17.  1. 1940 – II 82/39, RGZ 163, 21, 29 f.; BGH v. 30.  10. 1967 – VII ZR 82/65, BGHZ 49, 19, 21. Bereits supra B. 159   RG v. 27.  11. 1916 – VI 275/16, RGZ 89, 136, 137 f.; RG v. 9.  3. 1938 – VI 212/37, RGZ 157, 228, 235 f.; RG v. 22.  10. 1910 – III 128/37, RGZ 162, 129, 166; BGH v. 10.  5. 1957 – I ZR 234/55, BGHZ 24, 200, 213; BGH v. 8.  7. 1980 – VI ZR 158/78, NJW 1980, 2810, 2811. 160   So deutlich Kleindiek, Deliktshaftung und juristische Person, 1997, S.  300; Spindler, Un­ ternehmensorganisationspflichten, 2001, S.  780 ff., 793, 988, 1012 f., 1028; E.Steffen, ZVersWiss 1993, 13, 27 f.; Schlechtriem, Festschrift für Wolfgang Heiermann, 1995, S.  281, 284. 161   Zuletzt wieder eindringlich G. Wagner in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  5, 5.  Aufl., 2009, §  823 Rdnr.  389. 162   Im Ausgangspunkt anders aber z. B. die integrativ angelegte Untersuchung von Kleindiek, Deliktshaftung und juristische Person, 1997, die aber den nach der hier vertretenen Auffassung sachlich gleichgerichteten Komplex der Haftung für Schutzpflichtverletzungen ausklammert. Ebenso Matusche-Beckmann, Das Organisationsverschulden, 2001.

§  1  Begründungsansätze im deutschen Recht

165

nicht unbekannte163 – Ausdehnung der Verantwortlichkeit des Geschäftsherrn weit in das Vorfeld des eigentlich schädigenden Gehilfenverhaltens, mit deren Hilfe letztlich aus der Schadensverursachung auf eine mangelhafte Betriebsorga­ nisation geschlossen wird.164 Eine differenzierte, den komplexen Bedingungen einer hochentwickelten, arbeitsteiligen Marktwirtschaft Rechnung tragende Haf­ tungsordnung, die gerade nicht nach einseitigen Zuweisungen der Verantwort­ lichkeit verlangt, kann so nur schwer entwickelt werden. Wiederum zeigt sich ein Bedürfnis nach einem transparenten Bezugssystem, das die Gründe und Grenzen einer materiell einheitlichen Einstandspflicht für das „Betriebsrisiko“ auch im Rahmen einer dogmatisch uneinheitlichen Haftungsordnung identifizieren hilft.

D.  Zusammenfassung und weiterer Gang der Untersuchung Es entspricht der interdisziplinären Ausrichtung dieser Untersuchung, wenn die schon allgemein als legitimer Referenzmaßstab für die Konkretisierung des dis­ positiven Gesetzesrechts in den hier relevanten Bereichen postulierten Erkennt­ nisse der institutionenökonomischen Vertragstheorie,165 der ökonomischen Ana­ lyse des Haftungsrechts166 und der Informationsökonomik167 im Folgenden fruchtbar gemacht werden sollen, um das formulierte Programm einer gehilfen­ spezifischen Abgrenzung der Risikosphären zu verwirklichen.168 Zuvor soll das verfolgte Projekt aber noch mit einem rechtsvergleichenden Fundament abgesi­ chert werden. Zu diesem Zweck soll eine kurze Auseinandersetzung mit den An­ sätzen einer materiellen Rechtfertigung der Einstandspflicht von Hilfspersonen erfolgen, wie sie in den anderen, hier untersuchten Rechtsordnungen begegnen.169 Die grundsätzliche These einer bloß relativen, auf die Ziele der Rechtsbeziehung der Beteiligten zentrierten Begründung der Gehilfenhaftung wird dabei ihre Be­ stätigung finden.

  Z. B. Supra Kapitel 2 §  1 C. III. 4.   Zum instrumentellen Charakter der betrieblichen Organisationspflichten in rechtsver­ gleichender Sicht G. Wagner in: Zimmermann (Hrsg.), Grundstrukturen des Europäischen De­ liktsrechts, 2003, 189, 299. 165   Supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. a). 166   Supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. b). 167   Supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. c). 168   Infra Kapitel 4. 169   Infra §  2. 163

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§  2  Begründungsansätze anderer Rechtsordnungen Sowohl die rechtshistorischen Ausführungen als auch die auf einzelne zeitgenös­ sische Rechtsordnungen geworfenen Schlaglichter haben gezeigt, dass das Sach­ problem der Verantwortlichkeit für Gehilfenfehler nicht immer einen positivrechtlichen Niederschlag in – jedenfalls im Ausgangspunkt – klar abgeschichteten Rechtsinstituten findet, wie sie im BGB mit den expliziten Regelungen der Haf­ tung für verfassungsmäßige Vertreter (Organe) sowie derjenigen für Erfüllungs- und Verrichtungsgehilfen begegnen. Soweit an dieser Stelle eine Auseinanderset­ zung mit den Begründungsansätzen erfolgen soll, die in ausländischen Rechts­ ordnungen zur Legitimierung der dort (sektoral) bestehenden Verantwortlichkeit für Gehilfenfehler vertreten werden, ist die bestehende Verknüpfung mit den be­ sonderen Zielen des jeweiligen Privatrechtsgebiets von Anfang an evident. Da eine solche Relativität von Begründungsansätzen aber auch schon für das mit allgemei­ nen Zurechnungsnormen arbeitende deutsche Recht konstatiert wurde, liegt hierin keine Besonderheit, die zu gewinnende Einsichten aus der Sicht der deut­ schen Rechtswissenschaft als inkommensurabel erscheinen ließen. Im Folgenden sollen daher die Versuche von Wissenschaft und Praxis unter­ sucht werden, wichtige Institute einer Verantwortlichkeit für Gehilfenfehler ma­ teriell zu begründen, die in den Rechtsordnungen des common law und in Frank­ reich  begegnen. Wiederum soll das Augenmerk dabei nicht auf die Rechtsinsti­ tute begrenzt bleiben, die ausdrücklich eine haftungsrechtliche Zurechnung der Fehler von Hilfspersonen bedingen. Es sollen vielmehr auch solche Normen in die Betrachtung einbezogen werden, die implizit zu einer solchen führen. Insgesamt zeigt sich, dass auch die in den ausländischen Privatrechtsordnungen entwickelten, originär juristischen Normzwecklehren wichtige Aspekte für die Rechtsanwendung benennen, für sich genommen aber konkretisierungsbedürftig bleiben, um tatsächlich operabel zu sein.

  So insbesondere für das römische Recht der klassischen Zeit supra Kapitel 2 §  1.   Supra Kapitel 1 §  1 B. II.    Supra §  1 A. V. und §  1 D.    Infra A.    Infra B.  

§  2  Begründungsansätze anderer Rechtsordnungen

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A.  Legitimation der Verantwortlichkeit für Gehilfenfehler im Rechtskreis des common law Wie bereits angedeutet erfasst das common law im Vertragsrecht die Verantwort­ lichkeit für Gehilfenfehler im Wesentlichen inzident, durch die Anordnung einer strikten Garantiehaftung für die ordnungsgemäße Erfüllung privater Verspre­ chen.  Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass es in Praxis und Lehre an einer expliziten Benennung genuiner Gründe für eine Einstandspflicht speziell für durch Gehilfen verursachte Leistungshindernisse fehlt. Eine auf die großen Linien beschränkte Auseinandersetzung mit der Doktrin gestattet gleichwohl Einblicke in die normativen Grundlagen der Risikozuweisung zu gewinnen, wie sie (auch) für die arbeitsteilige Leistungserbringung maßgeblich sind.  Eine Aus­ einandersetzung mit den Rechtsinstituten, die jenseits des Vertragsrechts Ein­ standspflichten für Dritte begründen, vervollständigt das Bild. 

I.  Sicherung des Leistungsinteresses 1.  Vertragsbruch und Rechtsbehelfe in ihrer Bedeutung für die Gehilfenhaftung Das Vertragsrecht des common law unterscheidet in der herkömmlichen Sicht nicht zwischen einem vertraglichen Primäranspruch auf Naturalerfüllung und Sekundäransprüchen im Fall der Leistungsstörung, sondern versteht die vertrag­ liche Verpflichtung als ein Garantieversprechen, dessen Bruch verschiedene, zwar zum Teil nur unter restriktiven Voraussetzungen gewährte, aber prinzipiell gleichrangige Rechtsbehelfe (remedies) auslöst. Dabei kommt der Unterschei­ dung von unterschiedlichen Leistungsstörungstatbeständen nicht die system­ konstituierende Bedeutung zu, wie sie auch für das reformierte deutsche Schuld­ recht charakteristisch ist. Im Mittelpunkt steht vielmehr der einheitliche Tatbe­ stand des Vertragsbruchs (breach of contract),10 der regelmäßig die Grundlage eines Schadensersatzanspruchs ist, der den Gläubiger so stellen soll, wie er bei ordnungsgemäßer Erfüllung gestanden hätte (expectation damages).11 Auf dem Fundament des Garantieversprechens ist unabhängig von Verschuldensgesichts­   Supra Kapitel 1 §  1 B. II. 1.   Infra I.    Infra II.    Ausgangspunkt der Doktrin ist die historische Entscheidung in Paradine v. Jane, (1647) 82 ER 897. Zur Kontroverse über den Bestand eines Naturalerfüllungsanspruch supra Kapitel 1 §  1 Fn.  94. Für die traditionelle, die rechtsvergleichende Perspektive dominierende Sicht, hier nur Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, 3.  Aufl., 2007, S.  501 ff.; sowie die prä­ gende Untersuchung von Rheinstein, Die Struktur der vertraglichen Schuldverhältnisse im an­ glo-amerikanischen Recht, 1932, S.  132 ff. 10   Zur Begriffsbildung des U. S.-amerikanischen Rechts Calamari/Perillo, Contracts, 5.  Aufl., 2003, S.  413 ff. 11   Hierzu nur Rest. 2d Contracts, §  346; UCC §  1–305(a).  

168 Kapitel 3:  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurispudenz punkten, Kompensation zu leisten, wenn die Erfüllung nicht so erfolgt wie ver­ sprochen.12 Nach dem Ermessen des Gerichts (equitable remedy) kommt auch eine zwangsweise Durchsetzung der Naturalerfüllung (specific performance) in Betracht, wenn hierdurch dem Gläubigerinteresse besser Rechnung getragen wer­ den kann.13 An dieser Stelle genügt es festzuhalten, dass der Garantiecharakter der Haftung nicht die Einstandspflicht für den Gehilfen zur begründungsbedürftigen Aus­ nahme macht, sondern vielmehr die Freizeichnung für den Fall, dass die Nicht­ einhaltung des Versprechens auf einem Versagen des Gehilfen beruht. Im Grund­ satz weist somit das common law dem Schuldner die Verantwortung für seine Leute umfassend zu. Eine balanciertere Sphärenabgrenzung kann erst im Rah­ men der Ausschlusstatbestände gewährleistet werden. Diesen kommt die Funkti­ on einer Beschränkung des zur Grundlage der Haftung gemachten Versprechens zu,14 was eine Orientierung an den Vertragszielen der Beteiligten nahe legt. 2.  Ausschluss der Rechtsbehelfe trotz Nichteinhaltung des Versprechens a)  Grundregel bei Vereitelung der Vertragserfüllung Während in früheren Zeiten, das vertragliche Versprechen im Fall des Fehlens vertraglicher Ausnahmetatbestände als absolut bindend angesehen wurde15 , wur­ den in der grundstürzenden englischen Entscheidung Taylor v. Caldwell16 allge­ meine Gründe anerkannt, die zum Wegfall der Bindungswirkung führen können. Grundlage war in der historischen Entwicklung zunächst ein implied term17. Zwischenzeitlich wird – auch jenseits der gesetzlichen Normierung18 – von einer

12   Exemplarisch für das Verständnis die englischen Fälle Robinson v. Harman (1848) 1 Exch. 850, 855; Lock v. Furze (1866) L. R. 1 C. P. 441, 450 f.; Livingstone v. Rawyards Coal Co. (1880) 5 App.Cas. 25, 39. 13   Z. B. Rainbow Estates Ltd. v. Tokenhold Ltd. [1998] All. E. R. 860, 868. Vgl. zur histo­ rischen Entwicklung Farnsworth, 70 Colum. L. Rev. 1145, 1151 ff. (1970); zur tradierten Sicht auch Huston, The Enforcement of Decrees in Equity, 1915, S.  74. Für die Naturalerfüllungs­ zwang etwas großzügiger handhabende Vorstellung des jüngeren U. S.-amerikanischen Rechts auch UCC §  2–716(1). 14   Zu den Garantielehren der deutschen Dogmatik, die mit vergleichbarer Stoßrichtung, (auch) die Gehilfenhaftung im Schuldnerwillen verankern wollen, supra §  1 A. II. 1., 2. 15   Paradigmatisch die bereits erwähnte Entscheidung in Paradine v. Jane, (1647) 82 ER 897: Ein Landpächter suchte aus seinen Pflichten aus dem Vertrag entlassen zu werden, da er von ei­ ner ausländischen Macht dauerhaft aus seinem Besitz vertrieben worden und daher zur Frucht­ ziehung nicht mehr in der Lage war. Das Gericht hielt ihn aber an seinem Versprechen fest, den Pachtzins zu bezahlen, da er selbst durch entsprechende Einschränkung seines Versprechens Vorsorge hätte treffen können und müssen. 16   [1863] 3 B. & S.  826. Auch im U. S.-amerikanischen Recht finden sich noch heute die Fall­ gruppen des älteren common law, vgl. Rest. 2d Contracts, §§  262 ff. 17   Taylov v. Caldwell [1863] 3 B. & S.  826, 833–834, 839; F. A. Tamplin SS.  Co. Ltd v. AngloMexican Petroleum Products Co. Ltd [1916] 2 A. C. 397, 403–404. 18   Sale of Goods Act, §  7 (1979).

§  2  Begründungsansätze anderer Rechtsordnungen

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objektiven, gesetzlichen Doktrin ausgegangen19, die den Vertrag automatisch mit Eintritt des vereitelnden Ereignisses beendet und die Parteien aus jeglicher Haf­ tung entlässt. 20 Bei allen Unterschieden im Detail hat sich sowohl im englischen als auch im U. S.-amerikanischen Recht eine flexible, stark wertungsabhängige Grundregel herausgebildet, die jenseits des Ausgangspunktes unverschuldeter nachträglicher Unmöglichkeit, auch andere Fälle nicht antizipierter, schwerwiegender Leis­ tungsstörungen erfasst (frustration of the adventure, frustration of purpose), 21 ohne dass die Gerichte ein breit angelegtes Recht zur Vertragshilfe bei veränderten Umständen in Anspruch nähmen. 22 Exemplarisch kann dies an der englischen Doktrin verdeutlicht werden. Erst wenn die Erfüllung des vertraglichen Verspre­ chens im Licht der Veränderungen außerhalb der Bandbreite des von den Parteien Betrachteten liegt, 23 kann die Doktrin der Vertragsvereitelung eingreifen. 24 Dabei spielt weniger die Art oder der Grund der Veränderung die entscheidende Rolle, als vielmehr ihre Wirkung, sodass auch Verzögerungen zu einer endgültigen Ver­ tragsvereitelung führen können.25 Nicht ausreichend sind aber jedenfalls bloße Verteuerungen, die den Vertrag unrentabel machen, 26 wobei das englische Recht   Seit National Carriers Ltd v. Panalpina (Northern) Ltd [1981] A. C. 675, 687, 702, 717.   Plastisch Bingham L. J. in J. Lauritzen A. S. v. Wijsmuller B. V. (The Super Servant Two) [1990] 1 Lloyd’s Rep.  1, 8: the doctrine of frustration „operates to kill the contract and discharge the parties form further liability under it“. 21   Vgl. z. B. Jackson v. Union Marine Insurance Co. Ltd, [1874] L. R. 10 C. P. 125: gechar­ tertes Schiff läuft auf Grund und kann erst nach sechs Wochen wieder flott gemacht werden und bedarf anschließend einer sechsmonatigen Reparatur; Krell v. Henry, [1903] 2. K. B. 740: Krö­ nungszugfälle. Die U. S.-amerikanische Doktrin wird in, Rest. 2d Contracts §§  261, 265, 266 wiedergegeben. 22   British Movietonews Ltd. v. London and District Cinemas Ltd. [1952] A. C. 166. 23   Dies ist selbst dann noch ausnahmsweise möglich, wenn die Parteien das erschwerende Ereignis oder die relevanten Umstände zwar grundsätzlich für möglich hielten, das Fehlen einer konkreten, das Versprechen einschränkenden Regelung im Vertrag aber gleichwohl nicht dahin interpretiert werden kann, dass das Versprechen auch im Fall des Eintritts des Ereignisses/der Umstände absolut bindend sein sollte. Vgl. z. B. Ocean Tramp Tankers Corporation v. V/O Sovfracht (The Eugenia) [1964] Q. B. 226, 239 wo das Ereignis zwar als möglich vorhergesehen wurde, die Lösung im Fall seines Eintritts aber bewusst der Rechtsordnung überlassen werden sollte („leave the lawyers to sort it out“). Erst recht schließt die bloße Vorhersehbarkeit die An­ wendung der Doktrin nicht aus, vgl. Treitel, Frustration and Force Majeur, 2. Aufl., 2004, §  1309. 24   Davis Contractors Ltd v. Fareham U. D. C. [1956] A. C. 696, 721. 25   Siehe Lord Roskill in Pioneer Shipping Ltd v. B. T. P. Tioxide Ltd (The Nema) [1982] A. C. 724, 752. 26   Deutlich Davis Contractors Ltd v. Fareham U. D. C. [1956] A. C. 696. 716, 724: Verteue­ rung der zum Festpreis von £94.000 versprochenen Gebäudeerrichtung um £17.651 wegen schlechten Wetters und Arbeitskräfteknappheit nach dem Krieg vereitelt den Vertrag nicht. Tsa­ kiroglou & Co. Ltd v. Noblee Thorl GmbH [1962] A. C. 93: Notwendigkeit der Verschiffung um das Kap der Guten Hoffnung keine fundamentale Veränderung beim Versendungskauf (c. i.f.) gegenüber der vorgestellten Route durch Suez-Kanal. Ocean Tramp Tankers Corporation v. V/O Sovfracht (The Eugenia) [1964] 2 QB 226: (Notwendigkeit, Route um den afrikanischen Kontinent statt derjenigen durch den Suez-Kanal zu wählen, vereitelt Chartervertrag nicht. Sie­ he auch Blackburn Bobbin Co. v. Allen & Sons [1918] 2 K. B. 467; Re Comptoir Commercial 19

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170 Kapitel 3:  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurispudenz insoweit sehr weit geht und Fälle wirtschaftlicher Unmöglichkeit – anders als das U. S.-amerikanische common law im Rahmen der doctrin of impractability – grundsätzlich nicht anerkennt. 27 Weiterer Dreh- und Angelpunkt der Doktrin ist, dass das frustrierende Ereig­ nis exogene Ursachen haben muss, d. h. nicht auf Handlungen oder Entschei­ dungen der Partei beruhen darf, die sich auf sie beruft. 28 Insoweit ist anerkannt, dass das vereitelnde Ereignis nicht selbstverursacht (self-induced) sein darf, d. h. weder auf einer Handlung der Partei, die sich auf die Vertragsvereitelung beruft, noch auf solchen der Personen für die sie verantwortlich ist, beruhen darf. 29 Dabei scheitert eine Berufung auf Vertragsvereitelung aber bereits dann, wenn es sich bei dem nach Vertragsschluss hinzutretenden Ereignis nicht um ein solches han­ delt, das vollständig außerhalb der Kontrolle der Parteien lag.30 Damit ist insbe­ sondere ausgeschlossen, dass die schuldhaft (at fault) oder bewusst (deliberate) handelnde Partei sich auf die Vereitelung beruft.31 Obwohl lange offen blieb, ob bloße Nachlässigkeit (mere negligence) ausreichen sollte, um einer Partei die Be­ rufung auf die Vereitelung zu versagen, oder doch die Verletzung einer echten Sorgfaltspflicht (breach of duty of care) erforderlich ist,32 herrscht mittlerweile Klarheit darüber, dass nicht rechtlich-konstruktive Kategorien entscheidend sind. Im Mittelpunkt steht vielmehr die Frage, ob das vereitelnde Ereignis tatsächlich rein exogen verursacht war oder doch dem Einflussbereich der Partei, die sich auf die Vereitelung beruft dergestalt entstammt, dass diese Mittel und Möglichkeiten hatte, seinen Eintritt zu verhindern.33 Anversois & Power, Son & Co. [1920] 1 K. B. 868; Beves and Co. Ltd v. Farkas [1953] Lloyd’s Rep.  103. 27   Ausführliche Darstellung bei Treitel, Frustration and Force Majeure, 2. Aufl., 2004, 6-020 bis 6-047, S.  280 ff. 28   J.Lauritzen A. S. v. Wijsmuller B. V. (The Super Servant Two) [1990] 1 Lloyd’s Rep.  1, 8. Siehe bereits zuvor Bank Line Ltd. v. Arthur Capel & Co. [1919] A. C. 435, 452; Maritime Nati­ onal Fish Ltd v. Ocean Trawlers Ltd [1935] A. C. 524, 530; Joseph Constantine SS.  Line Ltd v. Imperial Smelting Corpn. Ltd [1942] A. C. 154, 170; Ocean Tramp Tankers Corporation v. V/O Sovfracht (The Eugenia) [1964] 2 Q. B. 226, 237; Denmark Productions Ltd v. Bascobel Produc­ tions Ltd [1969] 1 Q. B. 699, 725, 736–737; National Carriers Ltd. v. Panalpina (Northern) Ltd [1981] A. C. 675, 700. 29   Bank Line Ltd. v. Arthur Capel & Co. [1919] A. C. 435, 452. Nicht ausgeschlossen ist also, dass sich eine Partei auf eine von der Gegenseite verursachte Vereitelung beruft, vgl. F. C. She­ pherd & Co. Ltd v. Jerrom [1987] Q. B. 301, 327. 30   Denmark Productions Ltd v. Boscobel Productions Ltd [1969] 1 Q. B. 699, 736. 31   J.Lauritzen A. S. v. Wijsmuller B. V. (The Super Servant Two) [1990] 1 Lloyd’s Rep.  1, 10; in Maritme National Fish Ltd v. Ocean Trawlers Ltd 1935 A. C. 524 sah es das Privy Council als entscheidend an, dass die Kläger mit ihrer bewussten Entscheidung über die Verwendung von Lizenzen gegen die mögliche Vertragserfüllung entschieden hatte und damit die durch die res­ triktive Lizenzentscheidung der Behörde in Gang gesetzte Kausalitätskette unterbrochen war; siehe auch Joseph Constantine SS.  Line Ltd v. Imperial Smelting Corpn. Ltd [1942] A. C. 154, 166–167. 32   Vgl. nur die Entscheidung des House of Lords in Joseph Constantine SS.  Co. v. Imperial Smelting Corp. Ltd [1942] A. C. 154, 166–167, 179, 195, 202. 33   J.Lauritzen A. S. v. Wijsmuller B. V. (The Super Servant Two) [1990] 1 Lloyd’s Rep.  1, 10.

§  2  Begründungsansätze anderer Rechtsordnungen

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b)  Einstandspflicht für Gehilfen im Besonderen Im Wesentlichen unklar und einer allgemeinen Prinzipienbildung bisher kaum unterworfen ist die im hier interessierenden Zusammenhang besonders interessie­ rende Frage, wie der Kreis der Personen, für deren Verhalten eine Partei verant­ wortlich ist, abzugrenzen ist. Die bedeutsame englische Leitentscheidung J.Lauritzen A. S. v. Wijsmuller B. V. (The Super Servant Two) 34 geht ohne weiteres von einer Einstandspflicht des Schiffseigners für seine Angestellten aus, wenn diese nachlässig (negligent) für die Vertragsvereitelung verantwortlich zeichnen. Es ist aber zu beachten, dass auch dann, wenn das Verhalten von Gehilfen für die Verei­ telung des Vertragszwecks (mit-)verantwortlich ist, die englischen Gerichte u. U. von einem Erlöschen infolge Vereitelung, d. h. also gerade nicht von einer unbe­ schränkten Einstandspflicht ausgehen.35 Dies zeigt sich insbesondere dann, wenn der Dritte nicht vom Schuldner ausgesucht ist und nicht durch ihn zu beeinflussen ist.36 Der Umstand, dass das englische Recht von einer normativ begrenzten Ein­ standspflicht für Hilfspersonen im Rahmen der arbeitsteiligen Leistungserbrin­ gung ausgeht, wird besonders deutlich im Zusammenhang mit streikenden Ar­ beitnehmern: Während grundsätzlich der Streik der eigenen Gehilfen keine ent­ lastende Wirkung zugunsten des Versprechenden entfaltet, weil das entsprechende Risiko zu den im Vertragsversprechen übernommenen zählt,37 wird dies im Hin­ blick auf ganze Industrien betreffende Generalstreiks anders gesehen.38 Bemerkenswert im hier interessierenden Kontext ist vor allem, dass es im Fall der Super Servant Two um ein Fehlverhalten der Crew, also um eine Zurechnung von Drittverhalten ging. 34   [1990] 1 Lloyd’s Rep.  1, 10. 35   So wurde das auf Grund gelaufene Schiff in der berühmten, die Befreiung wegen Vereite­ lung des Vertragszwecks (frustration of the adventure) anerkennenden Entscheidung Jackson v. Union Marine Insurance Co. Ltd [1874] L. R. 10 C. P. 125; 44 L. J. C. P. 27; 31 L. T. 789 selbstver­ ständlich von einem vom Schiffseigner angestellten Kapitän geführt, dessen Verhalten aber of­ fensichtlich die Annahme eines Erlöschens wegen Vertragsvereitelung nicht hinderte. Nun ging es freilich in der verschlungenen Konstellation (der Eigner klagte gegen seine Versicherung) letztlich darum, ob der Vertrag aus der Sicht der Verfrachter im Rechtssinne vereitelt war, doch führt die frustration doctrin eben zum Erlöschen der beiderseiten Verpflichtungen und anders als der qualifizierte Vertragsbruch (breach of condition) nicht nur zu einem einseitigen Lösungs­ recht der Gegenseite (treat the contract as repudiated). D.h. letztlich impliziert die Entschei­ dung, dass aufgrund der Umstände (Kapitän trifft kein Verschulden) auch aus Sicht des Schiffs­ eigners keine self-induced frustration vorlag. 36   In Baily v. De Crespigny [1869] L. R. 4 Q. B. 180 ging es darum, dass ein Verpächter die auch für seine Rechtsnachfolger versprochene Unterlassung einer Bebauung des verpachteten Grundstücks nicht sichern konnte, weil nach Vertragsschluss eine Enteignung zugunsten einer Eisenbahngesellschaft stattgefunden hatte, die ihrerseits einen Bahnhof auf dem Grundstück errichtete. Das Gericht (ibid. S.  186 f.) stellte ausdrücklich auf die fehlende Einflussmöglichkeit auf den aufgezwungenen Rechtsnachfolger ab, um die Doktrin der Vereitelung zu begründen. Im Gegensatz zu rechtsgeschäftlichen Erwerbern könne die Eisenbahngesellschaft nicht durch vertragliche Absprachen o. ä. vom Verpächter gebunden werden. 37   Budgett & Co. v. Binnington & Co. [1891] 1 Q. B. 35. 38   The Penelope [1928] P. 180. In dem Fall wurden selbst explizit die Gefahr von (gewöhn­ lichen) Streiks regelnde Klauseln nicht als Hindernis für die Anwendung der Doktrin der Ver­ tragsvereitelung wegen des außergewöhnlichen Generalstreiks angesehen.

172 Kapitel 3:  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurispudenz c)  Befund und Konsequenzen Die vorstehenden Überlegungen leuchten das differenzierte Gebäude der common law Doktrin im Hinblick auf den Schutz des Leistungsinteresses nicht annä­ hernd aus.39 Sie werfen aber ein Schlaglicht auf die Versuche des common law, orientiert am Bindungswillen und den Vertragszielen der Parteien, die Grenzen des rechtsförmigen Erfüllungszwangs auszuloten. Dabei kommt die Intention zum Ausdruck, die nicht-antizipierten Risiken des Eintritts von Leistungsstö­ rungen flexibel entlang der vertraglich vorgezeichneten Zuordnung zu verteilen. Dies erfordert eine folgenorientierte Methode der Rechtsfindung, die sich nach­ vollziehbarer überpositiver Kriterien für die Ergänzung der unvollständigen Par­ teivereinbarung bedient, mit deren Hilfe der rechtsförmige Zwang zur Einhaltung vertraglicher Versprechen mit den Zielen der Parteien abgeglichen werden kann.

II.  Verantwortlichkeit für Dritte jenseits vertragsrechtlicher Einstandspflichten Jenseits des Vertragsrechts werden die Zielvorstellungen, die eine strikte Verant­ wortlichkeit für fremdes Verschulden legitimieren können, breit diskutiert. Dies gilt vor allem, aber nicht nur, für die vicarious liability des Geschäftsherrn (master), der für die Delikte (torts) seiner abhängigen Gehilfen (servants; employees) einstehen muss.40 Daneben ist aber auch die grundsätzlich als Haftung für eigenes Verschulden konzipierte Verantwortlichkeit bei Einschaltung eines selbständigen Unternehmers in den Blick zu nehmen, wenn diese für bestimmte Verrichtungen bestellt werden und hierbei das Integritätsinteresse Dritter beeinträchtigt wird. 41 In diesem Kontext ist schließlich die gerade im U. S.-amerikanischen Recht stark verselbständigte Verantwortlichkeit des Herstellers fehlerhafter Produkte kurz zu würdigen.42 1.  Vicarious liability des Geschäftsherrn Das Modell einer von eigenem Verschulden gelösten Einstandspflicht für Gehil­ fenfehler begegnet im common law explizit in Gestalt der vicarious liability in den

39   Gänzlich außer Betracht bleiben z. B. die ebenfalls haftungsbegrenzenden Doktrinen des partial excuse (z. B. H. R. & S. Sainsbury Ltd v. Street, [1972] 1 W. L. R. 834) und des common mistake (vgl. Amalgamated Investment & Property Co. Ltd v. John Walker & Sons Ltd [1977] 1 W. L. R. 164; Gamerco SA v. ICM/Fair Warning (Agency) Ltd [1995] 1 W. L. R. 1226), die aber insgesamt ähnlichen Zurechnungskriterien folgende, materielle Grenzen der Versprechensbin­ dung aufstellen. 40   Infra 1. 41   Infra 2. a). 42   Infra 2. b).

§  2  Begründungsansätze anderer Rechtsordnungen

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Kernbereichen des Bürgerlichen Rechts43 vor allem im Deliktsrecht.44 Die Legiti­ mation der bereits im dogmatischen Ausgangspunkt als unbedingte Einstands­ pflicht für fremdes Handeln gestalteten respondeat superior-Haftung45 bereitet traditionell gewisse Schwierigkeiten,46 da auch das common law in den einschlä­ gigen Teilbereichen vom Gedanken der Verantwortlichkeit für eigenes Fehlver­ halten geprägt ist.47 Die als Reaktion auf diese Anomalie anzutreffenden Recht­ fertigungen der Haftung des Geschäftsherrn sind für die vorliegende Untersu­ chung nicht zuletzt im Hinblick auf die Gewährleistung des Integritätsinteresses48 im Rahmen vertraglicher Austauschbeziehungen unmittelbar relevant. Eine ein­ gehendere Auseinandersetzung mit den einzelnen Argumentationssträngen er­ folgt dabei allerdings an dieser Stelle nur soweit sie nicht, wie v. a. im jüngeren U. S.-amerikanischen Schrifttum,49 auf einer dezidiert steuerungstheoretischen Methodologie der Institutionenökonomik beruhen. Letztere Sichtweise soll im 43   Zu den praktisch wichtigsten Fällen einer verschuldensunabhänigigen Haftung für die (deliktischen) Handlungen eines Anderen zählen die Haftung der Mitglieder einer Personenge­ sellschaft (partnership) für die Delikte Ihrer Mitgesellschafter, Gilpin v. Lev, 217 N. E.2d (Ill.1966), UPA §  306, sowie diejenige der Beteiligten eines joint enterprise, z. B. Straffus v. Barclay, 219 S. W.2d 65 (Tex.1949), in dem letztlich eine zeitlich beschränkte und enger zweck­ gebundene Unterform der partnership zu sehen ist, vergleichbar der deutschen bürgerlich-recht­ lichen Gelegenheitsgesellschaft. Daneben existieren in den USA im Bereich des Straßenverkehrs vielfältige gesetzlich und präzedenzienrechtlich umschriebene Konstellationen, in denen der Eigentümer eines Fahrzeugs unabhängig von einer Subordinationsbeziehung für Schäden verantwortlich ist, die ein Fahrer schuldhaft verursacht, der das Fahrzeug mit Zustimmung des Eigentümers nutzt z. B. §  17150 Cal. Vehicle Code; §  388 N. Y. Vehicle & Traf. L. Schließlich sind diejenigen, die bei der gemeinschaftlichen Deliktsbegehung bewusst zusam­ menwirken (acting in concert oder conspiracy), für sämtliche Schäden verantwortlich, die durch die vorhersehbaren Handlungen der Beteiligten entstehen, Rest. 2d Torts, §  876. Die nämliche Verantwortlichkeit trifft Gehilfen und Anstifter (aiding and abetting) Rest. 2d Torts, §  876(b). 44   Zur Dogmatik des Vertragsrechts, die eine Verselbständigung der Einstandspflicht für Ge­ hilfenfehler bei der Erfüllung obligatorischer Pflichten ausschließt, bereits supra Kapitel 1 §  1 B. II. 1 und supra I. 45   Instruktiv zu den Grenzfällen, in denen aufgrund entsprechender Interpretation der Handlungs- und Zurechnungslehren der Verschuldenshaftung im Ergebnis für fremdes Han­ deln einzustehen ist, Atiyah, Vicarious Liability in the Law of Torts, 1967, S.  12 f. 46   Besonders weitgehend die Sicht von Holmes, Jr., 5 Harv. L. Rev. 1, 14 (1891), in der die Legitimität der Haftung fundamental angezweifelt wird, da es dem gesunden Menschenver­ stand widerspräche, einen Menschen für das von einem Anderen begangene Unrecht (wrong) einstehen zu lassen. Cunningham, 19 Harv. L. Rev. 445 (1906) spricht davon, dass eine größere Ungerechtigkeit schwer vorstellbar sei, als in das Vermögen des A zugunsten des B einzugreifen, weil dieser von C verletzt wurde. Ähnlich aus englischer Sicht Baty, Vicarious Liability, 1916, S.  154. 47   Ausprägungen der respondeat superior-Haftung stellten zwar seit der normannischen Er­ oberung einen Bestandteil des Englischen Rechts dar, vgl. Holmes, 4 Harv. L. Rev. 345 (1891). Die Doktrin wurde aber erst im 19. Jahrhundert verallgemeinert und mit einem breiten Anwen­ dungsbereich versehen. Eingehend zum Ganzen Wicke, Respondeat Superior, 2000, S.  155 ff. 48   Schon supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. b) (1). 49   Beachte aber auch schon die englische Entscheidung, Hutchinson v. London & North Eas­ tern Rly. Co., [1942] 1 K. B. 481, 488, in der einer der Gründe für die Auferlegung von vicarious liability in einer verbesserten Schadensprävention gesehen wird. Kritisch, v. a. im Hinblick auf

174 Kapitel 3:  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurispudenz nächsten Kapitel als interdisziplinäre Ergänzung und Fortentwicklung der origi­ när juristischen Normzweckanalyse noch eingehend gewürdigt werden.50 a)  Präzedenzien Die Entscheidungen der U. S.-amerikanischen Gerichte enthalten zum einen den Hinweis, dass es um ein Problem der Schadensverteilung zwischen zwei unschul­ digen Beteiligten gehe, nämlich um eine Belastung entweder des Geschädigten oder des Geschäftsherrn mit der eingetretenen Einbuße.51 Damit wird freilich ausgeblendet, dass mit dem Gehilfen, der die Schädigungshandlung vornimmt, auch ein schuldhaft verantwortlicher Beteiligter existiert, dessen alleinige Belas­ tung mit dem Schaden mit den im Übrigen vorherrschenden Prinzipien der Scha­ denszurechnung im tort law ohne Weiteres im Einklang stünde. Erst die Einfüh­ rung eines entsprechenden, die Haftung auf den Geschäftsherrn erstreckenden 52 Rechtsinstituts eröffnet das angesprochene Verteilungsproblem. Diese eigentlich legitimationsbedürftige Haftungserstreckung wird aber mit der genannten Argu­ mentation letztlich nicht näher begründet. Hierzu eher geeignet ist der ebenfalls häufig anzutreffende Hinweis der Ge­ richte auf die rechtlich abgesicherten Möglichkeiten des Geschäftsherrn, auf den Gehilfen einzuwirken.53 In der Tat bringen ihn diese – jedenfalls typischerweise im Verhältnis zum potentiell Geschädigten 54 – in eine Position der überlegenen Gefahrenbeherrschung. Diese kann zwar unter Anreizgesichtspunkten für die materielle Haftungsbegründung relevant sein.55 Sie ist für sich allein aber noch nicht hinreichend, um die Haftungserstreckung im Hinblick auf die prinzipiell ebenfalls bestehende Möglichkeit der Gefahrenbeherrschung durch den Gehilfen selbst zu legitimieren.56 die anreizzerstörende Gestaltung der Haftpflichtversicherungen von Unternehmen bereits Atiyah, Vicarious Liability in Torts, 1967, S.  16 f. 50   Vgl. v. a. infra Kapitel 4 §  1. 51   Z. B. South Carolina Ins. Co. v. Greene, 348 S. E.2d 617 (Ct.App.  1986). 52   Die mögliche Verantwortlichkeit des Prinzipals schließt nach mehrfach bestätigten Präzi­ denzien die deliktische Eigenhaftung des Gehilfen keinesfalls aus, vgl. für England z. B. Barker v. Braham & Norwood (1773), 3 Wils. K. B. 368; Cullen v. Thomson (1862), 6 L. T. 870; Eagles­ field v. Marquis of Londonderry (1876), 4 Ch.D. 693, 708; Winter v. Bancks (1901), 84 L. T. 504. 53   Z. B. in England Mersey Docks and Harbour Board v. Coggins and Griffiths (Liverpool), Ltd. and McFarlane, [1947] A. C. 1, 18; in den U. S. A. National Convenience Stores, Inc. v. Fan­ tauzzi, 584 P.2d 689, 691 (Nev.1978). 54   Es darf nicht übersehen werden, dass in bestimmten Konstellationen gerade der Geschä­ digte zumindest einen Teil des Risikos gerade von Gehilfenfehlern besser beherrschen kann, als der Geschäftsherr, z. B. wenn letzterer bei der konkreten Ausführung der Verrichtung nicht zugegen, der Geschädigte aber anwesend war. Grundlegend zum Problem bilateraler Schadens­ verursachung unter Anreizgesichtspunkten, Shavell, 9 J. Legal. Stud. 1 (1980). 55   Infra Kapitel 4 §  1 A. II. 56   Vgl. auch Atiyah, Vicarious Liability in Torts, 1967, S.  16 mit dem Hinweis auf Konstella­ tionen, in denen der Kontrollierende nach common law gerade nicht verschuldensunabhängig für das schädigende Verhalten des Kontrollierten verantwortlich ist.

§  2  Begründungsansätze anderer Rechtsordnungen

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Dieses Defizit beseitigt auch die Ergänzung der Argumentation um den Risi­ ko-Nutznießungsgedanken nicht,57 da dieser, wie gezeigt58 und wie auch von der U. S.-amerikanischen Literatur angemerkt,59 keine operablen Kriterien für die Haftungsabgrenzung zu liefern im Stande ist, insbesondere wenn sich das Fehl­ verhalten des Gehilfen auf eine Verletzung des Integritätsinteresses bezieht. Vor diesem Hintergrund sind auch diejenigen Entscheidungen kritisch zu sehen, die eine unbedingte Zuweisung des Personalrisikos als Ausdruck einer Verantwort­ lichkeit für eine Schadensquelle betrachten, die für die unternehmerische Aktivi­ tät charakteristisch sei. 60 Die gegen eine pauschale Risikozuweisung sprechenden, in der prototypischen wechselseitigen Nutznießung aus arbeitsteiligen Produk­ tions- und Absatzprozessen folgenden Gründe verfangen nämlich auch insoweit und müssen an dieser Stelle nicht wiederholt werden. b)  Literatur Der wissenschaftliche Diskurs in den hier untersuchten angelsächsischen Rechts­ ordnungen reflektiert das Bemühen, zu einer modernen Verankerung der überlie­ ferten Doktrin der vicarious liability zu gelangen. Neben den im U. S.-amerika­ nischen Schrifttum dominierenden, effizienzorientierten Erklärungsversuchen, 61 die im folgenden Kapitel eingehend gewürdigt werden sollen, 62 erscheinen dabei, neben weiteren Varianten des Risiko-Nutznießungsgedankens, 63 vor allem die Legitimationsversuche einer näheren Betrachtung Wert, die primär auf die Siche­ rung der Kompensation des Opfers 64 sowie auf eine möglichst breite Schadens­ streuung65 als Folge der von eigenem Verschulden unabhängigen Einstandspflicht des master für die Delikte seiner servants abstellen. (1)  Risiko-Nutznießung und die Parallele zur strict liability Soweit in der juristischen Literatur zur Rechtfertigung der respondeat superiorHaftung nicht dezidiert mit anreizorientierten Effizienzerwägungen gearbeitet 57   Z. B. für England Duncan v. Findlater (1839), 6 Cl. & F. 894, 909; Broom v. Morgan, [1953] 1 QB 597, 608; für die U. S. A. Mary M. v. City of Los Angeles, 814 P.2d 1341 (Cal.1991). 58   Supra §  1 A. III. 2 und §  1 B. II. 2. 59   Dobbs, The Law of Torts, 2000, §  334, S.  9 08; vgl. auch Williams, 20 MLR 220, 230 (1957) mit dem hier geteilten Argument, die Vorteile der Arbeitsteilung kämen der gesamten Gesell­ schaft zugute, supra §  1 A. III. 1. 60   Besonders deutlich Ira S. Bushey & Sons, Inc. v. United States, 398 F.2d 167, 171 (2d Cir. 1968). 61   Vgl. neben den infra Kapitel 4 §  1 genannten Vertretern der modernen Rechtsökonomik auch schon Morris, 29 Ill. L. Rev. 339 (1935), der in der Sache bereits mit der Notwendigkeit ar­ gumentiert, Präventionsdefizite zu überwinden, die aus der Vermögensrestriktion des Gehilfen für dessen Anreize zur Haftungs- und Schadensvermeidung erwachsen. 62   Eingehend infra Kapitel 4 §  1. 63   Infra (1). 64   Infra (2). 65   Infra (3).

176 Kapitel 3:  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurispudenz wird, finden sich zunächst Varianten des Risiko-Nutznießungsgedankens, die eine Haftung vor allem unter dem Gesichtspunkt ihrer rechtsethischen Angemes­ senheit zu legitimieren suchen. 66 Der zentrale, auch im deutschen Recht mit der Parallele zu den Zwecken der Gefährdungshaftung67 hervorgehobene Aspekt liegt dabei darin, dass durch den Gehilfeneinsatz bewusst eine geduldete Gefahren­ quelle geschaffen wird, die den Schadenseintritt gegenüber dem üblichen Verhal­ ten anderer Rechtssubjekte quantitativ signifikant wahrscheinlicher macht. So kann sich der Unternehmer statistisch quasi sicher sein, dass es bei dem Einsatz von Gehilfen mittelfristig zu fahrlässigen Schädigungen durch die Angestellten kommen wird, während diese Prognose bei entsprechenden, nicht-gewerblichen Aktivitäten privater Personen nicht gerechtfertigt sein muss. Diese erhöhte Scha­ denswahrscheinlichkeit kann – untechnisch – im Sinne einer vorsätzlichen Scha­ densverursachung durch den Unternehmer verstanden werden, die seine Haftung ohne konkretes Eigenverschulden rechtfertigt, da er sich die Vorteile aus seiner im genannten Sinne schadensgeneigten, arbeitsteiligen Betriebsorganisation sichert. 68 Die Unzulänglichkeiten dieser Sicht und das daraus entspringende Bedürfnis ei­ ner differenzierten Fundierung der Risikozuweisung wurden bereits ausführlich erörtert, 69 sodass auf die entsprechenden Ausführungen und die Folgerungen ver­ wiesen werden kann. (2)  Sicherung der Kompensation des Opfers Letztlich wenig überzeugend erscheint auch ein auf der Grundlage englischer Entscheidungen ventilierter Gedanke, wonach die von eigenem Verschulden un­ abhängige Verantwortlichkeit für Gehilfenfehler dem Geschädigten über sonst unüberwindliche Beweisschwierigkeiten hinweghelfen solle.70 Der durch eine Fehlbehandlung im Krankenhaus an seiner Gesundheit Geschädigte, 71 der durch einen Produktfehler Beeinträchtigte, 72 werde häufig nicht in der Lage sein, den konkret Verantwortlichen zu benennen, könne allerdings in der Regel sicher nachweisen, dass es sich um eine Hilfsperson des Krankenhausträgers bzw. Pro­ duzenten gehandelt habe. Offen bleibt dabei freilich, warum die Beweisnot des 66   Exemplarisch für das Folgende Keating, 95 Mich. L. Rev. 1266 (1997). Der sogleich zu er­ örternde Gedanke einer Parallelität zu den Fällen der Gefährdungshaftung geht aber wohl auf Pollock, Essays in Jurisprudence and Ethics, 1882, S.  114 zurück, der im Gehilfeneinsatz das in Gang setzen eines gefährlichen Kausalverlaufs erblickte, vergleichbar dem – zu verschuldensun­ abhängiger Haftung führenden – Errichten eines Wasserreservoirs oder dem Halten wilder Tiere. 67   Dazu supra §  1 A. III. 1. bei Fn.  43 und §  1 B. II. 2. a) bei Fn.  115. 68   Vgl. Keating, 95 Mich. L. Rev. 1266, 1287 ff., 1317 ff. (1997), der – wie die ähnlich argumen­ tierenden deutschen Literaturstimmen – hierin ein fundamentales Gerechtigkeitsprinzip er­ blickt. Mit dem Gedanken sympathisierend auch Atiyah, Vicarious Liability in Torts, 1967, S.  18. 69   Supra §  1 A. III. 2 und §  1 B. II. 2. 70   Atiyah, Vicarious Liability in Torts, 1967, S.  20. 71   Cassidy v. Minister of Health, [1951] K. B. 343. 72   M’Alister (or Donoghue) v. Stevenson, [1932] A. C. 562.

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Geschädigten ausgerechnet zu Lasten des Arbeitgebers der potentiellen Schädiger streiten soll, warum der Geschädigte überhaupt in den Genuss einer zivilrecht­ lichen Kompensationsleistung kommen soll. Der Gedanke deutet erst dann auf einen relevanten Aspekt für die Legitimation der respondeat superior-Haftung hin, wenn man ihn dahingehend präzisiert, dass derjenige, dem das schadenstif­ tende Verhalten der unmittelbar Handelnden potentiell zugerechnet werden soll, über die relativ besseren Informations- und Dokumentationsmöglichkeiten hin­ sichtlich der Handlungsabläufe und getroffenen Präventionsmaßnahmen verfügt und insoweit zu adäquatem Verhalten angehalten werden soll.73 Für sich betrachtet vermag auch der von einem der großen Skeptiker der Dokt­ rin letztlich resigniert unternommene Versuch nicht zu überzeugen, die von eige­ nem Verschulden unabhängige deliktische Verantwortlichkeit der master für ihre servants damit zu legitimieren, dass Erstere vermögender seien als Letztere und daher zur wünschenswerten Kompensation der Opfer besser im Stande seien.74 Die prä-modern anmutende, die Verfügbarkeit von Versicherungsschutz gänzlich ausblendende Typisierung der Beteiligen und die darauf aufbauende Rechtferti­ gung der Haftung setzt entweder einen positiv-rechtlich nicht zu begründenden, weitreichenden Umverteilungsauftrag der vicarious liability bzw. letztlich des ge­ samten Deliktsrechts voraus, 75 oder erscheint nachhaltig konkretisierungsbedürf­ tig. Es ist auch zu platt und im Hinblick auf die prinzipielle Option gerade auch des Opfers, sich Versicherungsschutz gegen drohende Einbußen zu sichern, in der Sache fragwürdig, wenn die Haftung als die „bequemste und effizienteste“ Mög­ lichkeit beschrieben wird, dem Geschädigten Kompensation zu verschaffen.76 Immerhin ist nicht zu bestreiten, dass der Vermögensausstattung der Beteiligten unter dem Gesichtspunkt der Anreizverzerrung und der Risikopräferenz eine ge­ wichtige Rolle bei der Fundierung der Verantwortlichkeit für Gehilfen zu­kommen kann. Indessen geht es insoweit um ein differenziertes Konzept der Risikozuwei­ sung,77 das zudem mit anderen Zielen der Verantwortlichkeit für Gehilfenfehler konfligieren kann.78 In diesem Kontext werden konkrete Folgen einer bestimm­ ten Vermögensausstattung für relevant erklärt, wenn diese Einfluss auf die Prä­ ventionsanreize bzw. die Risikotragungsfähigkeit haben und nicht etwa einer   Infra Kapitel 4 §  1 B. I. 1.   Baty, Vicarious Liability, 1916, S.  154, der hierin freilich auch kein zwingendes Argument sieht und der Doktrin insgesamt sehr kritsch gegenübersteht (vgl. ibid. S.  7 und S.  146 ff.). Ableh­ nend auch Atiyah, Vicarious Liability in Torts, 1967, S.  22. 75   Ein solcher wird freilich (auch) für das tort law vereinzelt, insbesondere von den Vertre­ tern der Critical Legal Studies postuliert, vgl. z. B. Kennedy, 41 Md. L. Rev. 563 (1982), aller­ dings als Beschreibung der Zielsetzung des geltenden Rechts weithin abgelehnt, da dieses tradi­ tionell als Ausdruck ausgleichender Gerechtigkeit verstanden wird, z. B. Epstein, 8 J. Legal Stud. 477 (1979); Gordley in: Owen (Hrsg.), Philosophical Foundations of Tort Law, 1995, S.  131. Überblick, auch zu den neueren Theorien des tort law bei J.Goldberg, 91 Geo. L. J. 513 (2003). 76   So aber Atiyah, Vicarious Liability in Torts, 1967, S.  26. 77   Infra Kapitel 4 §  1 B. II., III. 78   Infra Kapitel 4 §  3 A. II. 3. b). 73 74

178 Kapitel 3:  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurispudenz umverteilenden Funktion des Haftungsrechts das Wort geredet.79 Die typische Vermögensausstattung der Beteiligten kann demgegenüber nicht als alleinstehen­ de Stützsäule der gesamten Konstruktion der vicarious liability dienen. (3)  Schadensstreuung Die eben entwickelten Vorbehalte greifen letztlich auch gegenüber einer normati­ ven Fundierung der respondeat superior-Haftung durch, die allein auf den Ge­ danken der Schadensstreuung (loss distribution) abhebt. Nach diesem Begrün­ dungsversuch, der in Anlehnung an die Rechtfertigung der verschuldensunab­ hängigen Verantwortlichkeit des Arbeitgebers für betriebsbedingte Unfälle seiner Arbeitnehmer entwickelt wurde, 80 geht es darum, dass nur die Verantwortlichkeit des Unternehmers zu einer internen oder externen Verteilung der eingetretenen Einbuße führt, die letztlich in einer kaum mehr spürbaren Belastung von Indivi­ duen mündet. Der unbedingt verantwortliche master wird für das bekannte Haf­ tungsrisiko auf die eine oder andere Weise Versicherungsschutz suchen. Prämien einer Fremdversicherung wird er entweder in seine Preise einkalkulieren und in homöopathischen Dosen an sämtliche seiner Kunden weitergeben oder aber, z. B. wo der Preiswettbewerb eine externe Streuung nicht zulässt, pro rata auf die An­ teilseigner, Arbeitnehmer und Gläubiger verteilen. Letzteres geschieht durch häufig kaum messbare Abschläge bei den Dividenden, den Lohn- und Gehaltser­ höhungen sowie einer meist geringfügigen Erhöhung des Ausfallrisikos. Auch die gerade für Großunternehmen in Betracht kommende Alternative einer Eigenver­ sicherung, bei der die Kosten der Haftung anteilig vom master unmittelbar an die Kunden bzw. die genannten Kreise von Beteiligten weitergegeben werden, führt zu eben dieser externen bzw. internen Streuung der Schadenskosten. Der entscheidende Einwand gegen diesen Versuch, die unbedingte Verantwort­ lichkeit des Geschäftsherrn für die Delikte seiner servants zu legitimieren, folgt weniger daraus, dass die Beschreibung der Schadensstreuung unzutreffend wäre. Entscheidend ist vielmehr, dass in dieser genau betrachtet keine Rechtfertigung der Haftung liegt, da die Argumentation in der Sache über die Beobachtung, wie die positiv-rechtlich angeordnete Haftung tatsächlich getragen wird, nicht hinaus reicht. Es bleibt insbesondere offen, warum bzw. unter welchen Voraussetzungen die als Folge der etablierten Verantwortlichkeit durch den Passivlegitimierten herbeigeführte Schadensstreuung tatsächlich wünschenswert ist. Immerhin ist der Hinweis auf die externe Streuung über die Preisbildung ge­ genüber den Kunden, die häufig neben eine partielle interne Schadensverteilung auf die genannten Interessengruppen treten wird, in einer Hinsicht durchaus er­ hellend. Sie bestätigt nämlich nochmals, dass die Haftungsanordnung die an an­   Hierzu auch schon supra Kapitel 1 §  2 Fn.  92.   Die Parallele begegnet voll ausformuliert zuerst bei D.Smith, 23 Colum. L Rev. 444, 716 (1923). In die Richtung aber auch bereits Holmes, 10 Harv. L. Rev. 457 (1897); Laski, 26 Yale L. J. 105 (1916). 79

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derer Stelle herausgearbeitete, 81 umfassende Partizipation beider Marktseiten an den Vorteilen der Arbeitsteilung in ihren tatsächlichen Auswirkungen durchaus spiegelt und diese deshalb keinesfalls durch einseitig-verkürzende Kosten-Nut­ zen Überlegungen gerechtfertigt und auf einer solchen Grundlage operationali­ siert werden kann. Wiederum zeigt sich, dass eine tiefgründigere, der konkreten Rechtsanwendung dienende Fundierung der Verantwortlichkeit nicht ohne diffe­ renzierende, einer einseitigen Risikozuweisung widerstreitende Erwägungen aus­ kommt. 2.  Weitere Fälle der Verantwortlichkeit für Drittschädigungen, insbesondere Haftung für selbständige Unternehmer und Produkthaftung Die tatbestandliche Begrenzung der deliktischen Gehilfenhaftung schließt an sich eine von eigenem Verschulden unabhängige Einstandspflicht für Schädigungen durch einen selbständigen Unternehmer (independent contractor) aus. 82 Wo diese Beschränkung als rechtspolitisch verfehlt empfunden und mit Hilfe einer exten­ siven Interpretation anderer, auch verschuldensabhängiger Institute des Haf­ tungsrechts zu schließen versucht wird, 83 sind die zur Rechtfertigung dieses Vor­ gehens angeführten Gründe von unmittelbarem Interesse für die hier untersuchte Fragestellung. Das Hauptaugenmerk ist insoweit zum einen auf die grundsätzlich von einem – extensiv verstandenen – Eigenverschulden des Betrauenden abhän­ gige Haftung für selbständige Unternehmer zu richten. 84 Zum anderen ist exemp­ larisch die Produkthaftung in den Blick zu nehmen, da auch diese prinzipiell ver­ schuldensunabhängige Verantwortlichkeit zu einer Einstandspflicht für schädi­ gende Handlungen Dritter jenseits des Kreises der abhängig Beschäftigten führen kann. 85 a)  Haftung für selbständige Unternehmer Dort, wo der pragmatisch-ergebnisorientierten angelsächsischen Rechtspraxis und -wissenschaft die dogmatischen Schranken der vicarious liability-Doktrin zu restriktiv erscheinen, sind zwei Strategien zu beobachten, die zu einer Verant­ wortlichkeit des an sich für Ausführungsfehler des selbständigen Unternehmers nicht haftenden Auftraggebers führen. Zum einen wird durch eine extensive In­ terpretation der erforderlichen Sorgfalt bei der Auswahl des Unternehmers ver­ sucht, eine Haftung des Hintermanns zu erreichen, die sich zumindest formal

  Supra §  1 III. 1.   Exemplarisch Rest. 2d Agency §§  219 f. Überblick zum ganz ähnlich differenzierenden englischen Recht bei Deakin/Johnston/Markesinis, Tort Law, 6.  Aufl., 2008, S.  666 ff. Die Leit­ entscheidung ist Quarman v. Burnett, (1840) 6 M. & W. 499. 83   Vgl. bereits supra Kapitel 1 §  1 B. II. 2. 84   Infra a). 85   Infra b). 81

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180 Kapitel 3:  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurispudenz innerhalb der tradierten Dogmatik bewegt. 86 Zum anderen wird durch das Ab­ stellen auf die Verletzung von nicht delegierbaren Pflichten zur Schadensabwen­ dung faktisch eine Ausnahme von der grundsätzlich konkretes Eigenverschulden voraussetzenden Verantwortlichkeit des Auftraggebers konstruiert, die im Er­ gebnis zu einer unbedingten Einstandspflicht für die Delikte des independent contractor führt. 87 (1)  Ausdehnung des Auswahlverschuldens Eine bemerkenswerte, freilich nicht allgemein akzeptierte Begründung der Haf­ tung für selbständige Unternehmer begegnet in älteren Entscheidungen U. S.amerikanischer Gerichte, die erwägen, ob eine verantwortlichkeitsbegründende culpa in eligendo im Rahmen der negligence-Haftung88 darin liegen könnte, dass die Finanzausstattung des betrauten Unternehmers zu den bestehenden (Haf­ tungs-)risiken außer Verhältnis steht. 89 Letztlich steht dahinter ein Gedanke, der sachlich identisch für das Kapitalgesellschaftsrecht – und hier auch in der deut­ schen Rechtsordnung90 – formuliert und dort als Legitimation einer Durchgriffs­ haftung ventiliert, aber letztlich als für sich alleine nicht hinreichend angesehen wird.91 Der Hintergrund der angebrachten Skepsis ist, dass in der Tat der letztlich schlichte Hinweis auf eine „unzureichende“ Kapitalausstattung die wesentlich komplexeren Wertungen überdeckt, die notwendig sind, um eine Einstandspflicht wegen der nicht wünschenswerten Externalisierung von Schadensrisiken zu legi­ timieren.92 Insofern verfügt das Argument zwar über einen zutreffenden, aber auch konkretisierungsbedürftigen Kern.93   Infra (1). Zu vergleichbaren „Manövern“ im römischen Recht, supra Kapitel 2 §  1 C. III.   Infra (2). 88   Zu dieser bereits supra Kapitel 1 §  1 Fn.  110. 89   Lawrence v. Shipman, 39 Conn. 586, 590 (Sup.Ct.Err.1873); Majestic Realty Associates, Inc. v. Toti Contracting Co., 153 A.2d 321, 324 f. (N. J.1959). In der Literatur explizit befürwor­ tet von Morris, 29 Ill. L. Rev. 339, 344 (1934). 90   Zur abgelehnten Durchgriffshaftung wegen „materieller Unterkapitalisierung“ zuletzt wieder BGH v. 28.  4. 2008 – II ZR 264/06, ZIP 2008, 1232, 1234 f. (Gamma); aus der Literatur z. B. Ehricke, AcP 199 (1999) 257, 275 ff.; Th.Raiser in: Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG, Bd.  1, 2005, §  13 Rdnr.  153 ff. Zum analogen Problem einer Haftung des Kommanditisten bei Vorschieben eines vermögenslosen Komplementärs BGH v. 17.  3. 1966 – II ZR 282/63, BGHZ 45, 204, 208 f. (Rektor). 91   Vgl. insoweit die Leitentscheidung Walkovszky v. Carlton, 223 N. E.2d 6 (N. Y.1966). 92   Vgl. an dieser Stelle nur Easterbrook/Fischel, The Economic Structure of Corporate Law, 1991, S.  57. Eingehend infra Kapitel 4 §  1 B. II. 93   Im Gesellschaftsrecht ist diese Erkenntnis präsent, wenn über die unzureichende Kapi­ talausstattung als ein relevantes Element im Rahmen eines Mehrfaktorentests hinaus noch wei­ tere, auf einen Rechtsformmissbrauch hindeutende Sachverhaltscharakteristika gefordert wer­ den, z. B. Dewitt Truck Brockers v. W.Ray Flemming Fruit Co. 540 F.2d 681 (4th Cir. 1976); Radaszewski v. Telecom Corp, 981 F.2d 305 (8th Cir 1992); noch klarer das Recht von Delaware, dass einen Haftungsdurchgriff nur bei missbräuchlichem Einsatz der unterkapitalisierten Ge­ sellschaft gestattet, Geyer v. Ingersoll Publications Co., 621 A.2d 784, 793 (Del.Ch.1992). Ähn­ lich die deutsche Rechtsprechung, wo die einschlägigen Fälle im Rahmen des §  826 BGB und somit auf der Grundlage einer umfassenden normativen Wertung entschieden werden, vgl. BGH 86 87

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(2)  Nicht delegierbare Pflichten zur Schadensvermeidung als Grundlage einer faktisch verschuldensunabhängigen Haftung i.  Das einschlägige Fallrecht. Ein weiterer im hier untersuchten Kontext näher zu betrachtender „Kunstgriff“, der im common law seit langem etabliert ist und zu einer Haftung für selbständige Unternehmer führt, liegt in der Annahme einer nicht delegierbaren Gefahrvermeidungspflicht,94 wenn der Hintermann den Un­ ternehmer mit einer Aufgabe betraut, die besondere Schadensrisiken für andere erzeugt.95 In der Konsequenz führt die Annahme einer solchen Pflicht zu einem Haftungsautomatismus, da letztlich aus dem Schadenseintritt auf ein verantwort­ lichkeitsbegründendes Fehlverhalten geschlossen werden kann.96 Exemplarisch sind insoweit die Zusammenfassungen der U. S.-amerikanischen Präzedenzien in Rest. 2d Torts, wo es heißt: „One who employs an independent contractor to do work which the employer should recognize as likely to create during its progress a peculiar risk of physical harm to others unless special precautions are taken, is subject to liability for physical harm caused to them by the failure of the contractor to exercise reasonable care to take such precautions, even though the employer has provided for such precautions in the contract or otherwise.“97

Ohne nennenswerte inhaltliche Unterschiede 98 wird zudem die Haftung auch an anderer Stelle unter sachlich vergleichbaren Voraussetzungen angeordnet: „One who employs an independent contractor to do work involving a special danger to others which the employer knows or has reason to know to be inherent in or normal to the work, or which he contemplates or has reason to contemplate when making the contract, is subject to liability for physical harm caused to such others by the contractor’s failure to take reasonable precautions against such danger.“99 v. 28.  4. 2008 – II ZR 264/06, ZIP 2008, 1232, 1233 f., 1235 ff. (Gamma); zuvor schon BGH v. 4.  5. 1977 – VIII ZR 298/75, BGHZ 68, 312, 315 ff. 94   Der Begriff der non-delegable duty geht zurück auf Thayer, 29 Harv. L. Rev. 801, 808 (1916). Weil es aber letztlich um eine Erfolgshaftung gehe, wird die Verhaltenspflichten sugge­ rierende Terminologie als „logischer Schwindel“ (logical fraud) bezeichnet, Williams, 14 CLJ 180, 193 (1956); aus ähnlichen Gründen kritisch Atiyah, Vicarious Liability in the Law of Torts, 1967, S.  330. 95   Die englische Doktrin nimmt ihren Ursprung in Pickard v. Smith (1861), 10 C. B. N. S.  470, 480. Fundament der sich entfaltenden Kasuistik ist die Formulierung von Lord Blackburn in Dalton v. Angus (1881), 6 App. Ca. 740, 829. Die erste deutliche Betonung der zentralen Rele­ vanz der besonderen Gefahrträchtigkeit der Tätigkeit begegnet in Bower v. Peate (1876), 1 Q. B. D. 321, 326 f. 96   Dass es sich um eine von eigenem Verschulden des Auftraggebers unabhängige Verant­ wortlichkeit handelte, ergab sich bereits aus Tarry v. Ashton, (1876) 1 Q. B. D. 314. Für den Fall einer auf Hoheitsakt beruhenden Ermächtigung zur Vornahme der gefahrträchtigen Aktivität bereits Hole v. Sittingbourne & Sheerness Rly. Co. (1861), 6 H. & N.  488; Gray v. Pullen (1864), 5 B. & S.  969. 97   Restatement of the Law Second, Torts, 1965 [im Folgenden: Rest. 2d Torts], §  416. 98   Zur weitgehenden Identität und Austauschbarkeit der Begriffe „inherent danger“ und „pe­ culiar risk“, die häufig wechselseitig als Umschreibungen der relevanten Sachverhaltskonstella­ tionen verwendet werden vgl. z. B. Balagna v. Shawnee County, 668 P.2d 157, 168 (Kan. 1983); Reed v. Ocello, 859 S. W.2d 242, 245 (Mo.App.  1993). 99   Rest. 2d Torts, §  427.

182 Kapitel 3:  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurispudenz Der an sich klärungsbedürftige, normative Gesichtspunkt liegt in diesem Kontext freilich darin, wann ein derartiges, besonderes Schadensrisiko für Dritte besteht, sodass dessen generelle Überbürdung auf den betrauenden Hintermann des aus­ führenden Unternehmers gerechtfertigt ist.100 Die Kasuistik ist hierbei weit davon entfernt, klare Linien vorzugeben.101 Hinzukommt, dass manche Intervention des Gesetzgebers die Systematisierung zusätzlich erschwert. So ordnet der Gesetzge­ ber in England an, dass dort, wo Bauarbeiten von selbständigen Unternehmern ausgeführt werden, lediglich für die unsorgfältige Auswahl und Überwachung des Betrauten gehaftet werden soll,102 obwohl an sich auch im englischen Fallrecht die entsprechenden Aktivitäten die Grundlage für die Annahme nicht-delegier­ barer Gefahrvermeidungspflichten darstellten.103 ii.  Legitimationsansätze in der Literatur. Ergiebiger als die zumeist apodiktisch das Bestehen einer nicht-delegierbaren Gefahrvermeidungspflicht annehmende Judikatur, in der die maßgeblichen teleologischen Erwägungen selten offen gelegt werden,104 erscheinen die Versuche der Literatur, der anerkannten Doktrin ein normatives Fundament zu geben. Die wiederkehrende Formel, der selbständige Unternehmer besorge die Ge­ schäfte des in die Pflicht genommenen Hintermannes, der deshalb für fahrlässig verursachte Schäden haften müsse,105 kann allerdings zur Erhellung der materiel­ len Grundlagen der Verantwortlichkeit letztlich wenig beitragen. Einerseits spräche der Gedanke in dieser Abstraktheit in letzter Konsequenz gegen jegliche Haftungsfreistellung im Fall der Betrauung eines selbständigen Unternehmers.106 Andererseits sind Fälle denkbar, in denen der unabhängige Unternehmer gerade nicht im Rechtskreis des Hintermannes tätig wird.107

100   Zweifelnd, ob anhand des Kriteriums der Schadensgeneigtheit der Tätigkeit eine sinnvolle Abgrenzung gelingen kann, Atyiah, Vicarious Liability in the Law of Torts, 1967, S.  331 f. Gene­ rell gegen die Legitimierbarkeit der Haftung, Williams, 14 CLJ 180 (1956); Williams, 24 MLR 101, 112 ff. (1961). 101   Vgl. z. B. die Einschätzung bei Deakin/Johnston/Markesinis, Tort Law, 6.  Aufl., 2008, S.  696. Eingehende, aber letztlich unergiebige Analyse des englischen Fallrechts bei Jolowicz, 9 Stan. L. Rev 690 (1957). Exemplarische Einschätzung des U. S.-amerikanischen Rechts in Reilly v. Highman, 345 P.2d 652, 656 (Kan. 1959). 102   Vgl. Occupiers’ Liability Act 1957, Sec. 2(4)(b). 103   Neben den bereits erwähnten Leitentscheidungen in Bower v. Peate (1876), 1 Q. B. D. 321 und Dalton v. Angus (1881), 6 App. Ca. 740 auch Thomson v. Cremin, (1956) 1 WLR 103. 104   Einer der größten Kenner der Materie hielt es für unmöglich, vorherzusagen, wann und unter welchen Voraussetzungen die (englischen) Gerichte eine nicht-delegierbare Gefahrver­ meidungspflicht annehmen würden, vgl. Atiyah, Vicarious Liability in the Law of Torts, 1967, S.  335. 105   Vgl. z. B. Dobbs, The Law or Torts, 2000, §  337 S.  920. 106   Diese ist aber unstreitig, vgl. nur Majestic Realty v. Toti Contracting Co., 153 A.2d 321 (N. J.1959); Rest. 2d Torts §  409. 107   Beispiel in Bahrle v. Exxon Corp., 678 A.2d 225 (N. J.1996).

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Auch der Risiko-Nutznießungsgedanke108 ist im hier interessierenden Kontext nicht nur aus den mehrfach genannten Gründen wenig tragfähig.109 Seine Untaug­ lichkeit als Fundament einer operablen Riskozuweisung wird v. a. auch dadurch illustriert, dass er in seiner abstrakten Form die als Grundregel anzusehende Frei­ stellung von der Verantwortlichkeit für die Schädigungen durch selbständige Un­ ternehmer110 nicht zu erklären vermag. Ähnliches gilt für die Überlegung, dass der Hintermann die Möglichkeit habe, einen fachlich kompetenten und finanziell leistungsfähigen Unternehmer auszu­ suchen111 – denn auch diese Auswahlhoheit besteht generell bei der Betrauung eines selbständigen Unternehmers. Zudem spräche sie in der Sache genauso für das konsequente Festhalten an der Haftung für konkretes Auswahlverschulden des Betrauenden, und nicht nur für die Zurechnung jeglicher fahrlässiger Schädi­ gungshandlungen des Unternehmers über die Annahme der Verletzung einer nicht-delegierbaren Schadensvermeidungspflicht. Immerhin kann der Gesichts­ punkt als Grundlage einer differenzierteren Risikozuweisung dienen, wenn auf die relativ bessere Beherrschung der Gefahrenquelle durch den Hintermann gera­ de im Verhältnis zum selbständigen Unternehmer und dem Geschädigten abge­ stellt wird.112 Auf dieser Linie liegt es, dass sich zumindest im U. S.-amerikanischen Schrift­ tum bereits verhältnismäßig früh die Erkenntnis durchsetzte, dass die rechtspoli­ tisch valide Grundlage der Haftung in komplexeren Überlegungen zu suchen ist, deren Angelpunkt in der unterschiedlichen Fähigkeit der Beteiligten liegt, die be­ stehenden Risiken zu tragen.113 Insoweit geht es letztlich um die zwar relevanten, freilich weiterer Differenzierung bedürfenden Gesichtspunkte der Steuerung der unzureichenden Vermögensausstattung des handelnden Unternehmers114 und der Schadensstreuung, wie sie bereits im Zusammenhang mit der Haftung für abhän­ gige Gehilfen breit erörtert wurden.115 Vor diesem Hintergrund bringt die Debat­ te um die Einstandspflicht für selbständige Unternehmer letztlich keine eigen­ ständigen Einsichten.   Vgl. z. B. Haseman v. Orman, 680 N. E.2d 531, 535 (Ind.1997).   Supra §  1 A. III. 2 und §  1 B. II. 2. 110   Klaren Ausdruck findet dieses Regel-Ausnahme-Verhältnis in Rest. 2d Torts, §  409. Be­ reits supra Fn.  82. 111   Miller v. Westcor Ltd. Partnership, 831 P.2d 386 (Az.Ct.App.  1991). 112   Dazu noch infra Kapitel 4 §  1 B. I. 113   Vgl. z. B. Douglas, 38 Yale L. J. 584 & 720 (1929); Morris, 29 Ill. L. Rev. 339 (1934); Harper, 10 Ind. L. J. 494 (1935); R.Steffen, 2 U Chi. L. Rev. 501 (1935). 114   Während nach der hier vertretenen Sicht die drohende Anreizverzerrung als Folge der Vermögensrestriktion im Vordergrund steht (infra Kapitel 4 §  1 B. II.), wird in der juristischen Literatur v. a. auf die Sicherung der Kompensation des Opfers rekurriert. In diesem Sinne, in einer Zeit in der sich das Problem der „Scheinselbständigkeit“ zumindest bereits in England abzuzeichnen begann, Atiyah, Vicarious Liability in the Law of Torts, 1967, S.  334 f. Gegen den isolierten Kompensationsgedanken als normative Grundlage des Haftungsrechts bereits supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. b). 115   Supra 1. b). (2) und (3). 108 109

184 Kapitel 3:  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurispudenz b)  Produkthaftung Exemplarisch für die verschiedenen Doktrinen des common law, die zu einer ver­ schuldensunabhängigen Deliktshaftung und damit reflexartig auch zu einer Haf­ tung für solche Schäden führen, die von abhängigen und selbständigen Hilfsper­ sonen des Passivlegitimierten verursacht wurden,116 sei im Folgenden noch die Verantwortlichkeit für fehlerhafte Produkte in den Blick genommen. (1)  Strikte Verantwortlichkeit für Produktfehler und implizite Haftung für Gehilfenversagen Dabei wird nicht verkannt, dass die Stoßrichtung der Produkthaftung seit der Entscheidung MacPherson v. Buick Motor Co.117 und dem englischen Äquivalent in Donoghue v. Stevenson118 in erster Linie darauf abzielt, solchen Personen einen Anspruch gegen den Hersteller zu geben, die nicht selbst in einer Vertragsbezie­ hung zu diesem stehen.119 Dies hindert allerdings nicht per se, auch in diesem Kontext relevante materielle Wertungskriterien zu extrapolieren, die eine unbe­ dingte Verantwortlichkeit für selbständige Hilfspersonen (z. B. Zulieferer) im Hinblick auf die Sicherung des Integritätsinteresses auch innerhalb bestehender Sonderverbindungen tragen können. Dies gilt jedenfalls, soweit es sich um eine strikte, von eigenem Verschulden des Produzenten unabhängige Verantwortlich­ keit für Produktfehler handelt. Letzteres schien zwar für die U. S. A. als Folge einer extensiven Interpretation vertraglicher Garantien120 bzw. einer Fortbildung des common law of torts121 ebenso gesichert, wie in England seit der Intervention des Gesetzgebers aus dem Jahre 1987.122 Die Dinge sind aber bis zu einem gewissen Grad wieder im Fluss, da 116   Überblick zu den sonstigen Haftungstatbeständen im U. S.-amerikanischen Recht bei Dobbs, The Law of Torts, 2000, S.  941 ff. Zum englischen Recht Deakin/Johnston/Markesinis, Tort Law, 6.  Aufl., 2008, S.  607 ff. 117   111 N. E. 1050 (N. Y. 1916). In dem Urteil erklärte Judge Cardozo die auch für das Delikts­ recht seit der englischen Entscheidung in Winterbottom v. Wright, (1842) 152 ER 402 relevante Beschränkung der Verantwortlichkeit des Herstellers defekter Produkte auf die Beziehung ge­ genüber seinen Vertragspartnern für irrelevant und etablierte eine (fahrlässigkeitsabhängige) Haftung gegenüber jedem durch das defekte Produkt Geschädigten. 118   [1932] AC 562. 119   Zur Entwicklung der Produkthaftung z. B. Owen, 49 S. C. L. Rev. 273, 274 ff. (1998). Zum englischen Recht bis zur Produkthaftungsrichtlinie z. B. Lord Griffiths/De Val/Dormer, 62 Tul. L. Rev. 353 (1988). 120   Insbesondere UCC, §  2–318. Zu den relativ engen Grenzen der an die Lehre vom Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter erinnernden Bestimmung, Prosser, 69 Yale L. J. 1099, 1128 (1960); vgl. auch Waddams, 37 MLR 154, 159 (1974). 121   Seit Greenman v. Yuba Power Products, 377 P.2d 897 (Cal.1963); vgl. aber auch schon Henningsen v. Bloomfield Motors, 161 A.2d 69 (N. J. 1960), wo das Gericht zwar noch von einer vertragsrechtlichen Grundlage der Haftung ausging, in seinen normativen Ausführungen aber gerade die Notwendigkeit zu begründen suchte, die durch das Vertragsrecht gezogenen Gren­ zen zu verlassen, ibd. 84. 122   In England weigerten sich die Gerichte vergleichbar weitreichende Kozeptionen wie ihre U. S.-amerikanischen Amtskollegen in das common law zu implementieren, sodass erst die In­

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das Produkthaftungsrecht, zumindest in den U. S. A.,123 eine weitere Wendung zu nehmen scheint. Nicht zuletzt als Reaktion auf z. T. heftige Attacken aus der Rechtswissenschaft,124 erscheint durchaus denkbar, dass im U. S.-amerikanischen Recht die verschuldensunabhängige Verantwortlichkeit wieder ein Stück weit zu­ rückgedrängt125 und durch eine verselbständigte, an Fahrlässigkeitskategorien orientierte Haftung für Entwicklungs-, Produktions-, Instruktions- oder Über­ wachungsfehler abgelöst werden wird. Für die Richtigkeit der diesbezüglichen Einschätzung des American Law Institute126 könnte insbesondere sprechen, dass gerade die Speerspitze der verbraucherfreundlichen Rechtsprechung mit dem risk-utility test in jüngerer Zeit einen Vergleich für die Ermittlung des anspruchs­ begründenden Produktfehlers für maßgeblich erklärt, der die Risiken der Pro­ duktentwicklung gegen deren Nutzen abwägt127 und damit u. U. selbst schaden­ stiftende Produkte als fehlerfrei qualifiziert.128 Gleichwohl sollte in dieser Recht­ sprechung noch keine Rückkehr zur allgemeinen Fahrlässigkeitshaftung gesehen werden, da nicht die konkreten Sorgfaltsanstrengungen des Herstellers in den Blick genommen werden, sondern das Produkt als solches. Insofern bleibt es da­ bei, dass die Produkthaftung auch in den U. S. A. gegenüber den allgemeinen Standards des Deliktsrechts verschärft ist129 und in diesem Kontext eine unbe­ dingte Einstandspflicht auch für die Fehler von selbständigen Unternehmern be­ stehen kann. tervention des Gesetzgebers Ende der 80er-Jahre des letzten Jahrhunderts zu einer prinzipiell verschuldensunabhängigen Haftung führte, vgl. Part I, Comsumer Protection Act 1987, c. 43. 123   Im Vereinigten Königreich ist der durch den Comsumer Protection Act 1987 kodifizierte Rechtszustand durch die supranationalen Vorgaben der Produkthaftungsrichtlinie determi­ niert, vgl. Richtlinie des Rates vom 25. Juli 1985 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungs­ vorschriften der Mitgliedstaaten über die Haftung für fehlerhafte Produkte (85/374/EWG), Abl. EG L 210 vom 7.  8. 1985, S.  29 ff. 124   Angezweifelt wird v. a. die Legitimität der richterlichen Rechtsfortbildung, siehe z. B. Henderson, 73 Colum. L. Rev. 1531 (1973); auf dieser Linie, wenn auch z. T. vermittelnd D.Fischer, 32 Okl. L. Rev. 93 (1979); Birnbaum, 33 Vand. L. Rev. 593 (1980); Twerski, 57 N. Y. U. L. Rev. 521 (1982); Henderson/Twerski, 65 N. Y. U. L. Rev. 265 (1990). 125   Vor den in Fn.  121 erwähnten Entscheidungen basierte die Verantwortlichkeit auf einem allgemein aufgrund der res ipsa loquitur-Doktrin vermuteten Verschulden des Produzenten, vgl. z. B. Escola v. Coca-Cola Bottling Co. of Fresno, 150 P.2d 436 (Cal.1944). Siehe auch Prosser, 69 Yale L. J. 1099, 1115 (1960), der seinerzeit davon ausgeht, dass eine Exkulpation nach den stren­ gen Maßstäben der Gerichte kaum jemals gelingen würde und folglich eine praktische Relevanz der strikten Verantwortlichkeit letztlich v. a. für die Verteiler innerhalb der Absatzkette konsta­ tierte, ibd. 1117. 126   American Law Institute, Restatement of the Law Third, Torts: Products Liability, 1997 [Rest. 3d Torts: Products Liability] §  1 Anm.  a). Vgl. auch die Definition der einzelnen, haf­ tungsbegründenden Produktfehler in Rest. 3d Torts: Products Liability §  2. 127   Barker v. Lull Engineering Co. 573 P.2d 443, 452 (1978). 128   Barker v. Lull Engineering Co. 573 P.2d 443, 456 (1978). 129   Nicht umsonst betont das American Law Institute, Restatement of the Law Third, Torts: Products Liability, 1997 [Rest. 3d Torts: Products Liability] §  1 Anm.  a) die Eigenständigkeit der Produkthaftung innerhalb des tort law, die darauf gründe, dass es Anleihen sowohl bei der de­ liktischen Fahrlässigkeits- (negligence) als auch der vertraglichen Garantiehaftung (warranty) nehme.

186 Kapitel 3:  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurispudenz (2)  Ökonomischer Charakter bzw. Unergiebigkeit der angeführten Gründe für eine verschuldensunabhängige Produkthaftung Unabhängig von dieser jüngeren Entwicklung sind die angeführten Gesichts­ punkte, die für eine verschuldensunabhängige Verantwortlichkeit des Unterneh­ mens (enterprise liability) sprechen sollen, wie z. B. das Setzen von Qualitätsan­ reizen (Schadensprävention),130 die breite Streuung der Schadenskosten131 u. ä. letztlich ökonomischer Natur,132 sodass eine eingehende Auseinandersetzung mit ihrer spezifischen Relevanz für den hier behandelten Themenkomplex an dieser Stelle unterbleiben soll.133 Dies gilt letztlich auch für den im Verbraucherschutz wurzelnden Gedanken, der Konsument könne regelmäßig die Gefährlichkeit des Produkts nicht erkennen oder ermitteln.134 Hiermit wird nämlich die Natur des Produkts als Erfahrungs- oder gar Vertrauensgut angesprochen,135 die eine Belas­ tung des Produzenten mit dem qualitätsbezogenen Informationsrisiko als effizi­ ent erscheinen lässt, wie sie durch unbedingte haftungsrechtliche Sanktionen für Produktfehler erreicht wird.136 Soweit demgegenüber nicht konsequentialistisch und effizienzorientiert argu­ mentiert wird, verwundert es nicht, dass die Legitimationsversuche vertraut vor­ kommen: Die bereits mehrfach erwähnte Parallele zwischen der Rationalisierung der verschuldensunabhängigen Haftung für Gehilfen und den Tatbeständen der Gefährdungshaftung klingt auch hier an, wenn es z. B. in einem englischen Stan­ dardwerk heißt, dass moralische Gründe dafür sprächen, ein Unternehmen durch die Rechtsordnung zu zwingen, die Opfer von Produktfehlern zu kompensieren, weil die erlittenen Schäden letztlich auf Handlungen zurückgingen, die dem fi­ nanziellen Vorteil des Produzenten dienten.137 Die bereits detailliert gewürdigte,138 letztlich unzureichende Erklärungskraft dieser Normzwecklehre wird freilich auch von den auf ihrer Grundlage argumentierenden Autoren nicht verkannt.139 Wichtiger ist an dieser Stelle ohnehin, dass die Debatte um die Funktion der Pro­ 130   Vgl. z. B. Philips v. Kimwood Machine Co., 525 P.2d 1033, 1041 f. (Cal.1974), einer Ent­ scheidung, die sich an dieser Stelle erkennbar von der ökonomischen Analyse inspiriert zeigt, insbes. Calabresi/Hirschoff, 81 Yale L. J. 1055 (1972). 131   Dieser, auch aus der Diskussion um die normativen Grundlagen der vicarious liability bekannte Gedanke (supra 1. b). (3)), wird v. a. von dem Autor der Leitentscheidung Judge Traynor durch seinen Hinweis auf sein zustimmendes Votum zur Mehrheitsentscheidung in Escola v. Coca-Cola Bottling Co. of Fresno, 150 P.2d 436, 440 f. (Cal.1944) betont, vgl. Green­ man v. Yuba Power Products, 377 P.2d 897, 901 (Cal.1963). 132   Zusammenfassung bei Nolan/Ursin, 57 Ohio St. L. J. 835 (1996); zu den ökonomischen Grundlagen auch Priest, 14 J. Legal Stud. 461 (1985). 133   Hierzu infra Kapitel 4 §  1. 134   Bereits Jacob E. Decker & Sons v. Capps, 164 SW 2d 828, 829 (1942) 135   Vgl. infra Kapitel 4 §  2 B. IV. 1. 136   Dewees/Duff/Trebilcock, Exploring the Domain of Accident Law, 1996, S.  204. Einge­ hend auch noch infra Kapitel 4 §  3 B. II. 137   Stapleton, Product Liability, 1994, S.  186. 138   Supra §  1 A. III. 2., B. II. 2., C. I. 139   Stapleton, Product Liability, 1994, S.  204.

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dukthaftung jedenfalls keine neuen Gesichtspunkte für die hier interessierende Frage nach dem Fundament einer unbedingten Einstandspflicht für Gehilfenfeh­ ler bringt.

B.  Normative Fundamente der Verantwortlichkeit für Gehilfenfehler im französischen Recht Sucht man im französischen Recht nach den normativen Fundamenten der Rechts­ institute, die zu einer unbedingten Einstandspflicht des Geschäftsherren für die Fehler von Gehilfen führen, begegnet auch dort im Vertragsrecht zunächst eine implizite Garantie des Schuldners,140 die sich in Grund und Umfang nach seiner zwangsweise durchsetzbaren Pflicht zur Naturalerfüllung richtet. Die von Recht­ sprechung und Lehre aus den allenfalls Andeutungen enthaltenden Bestimmun­ gen des C. civ. entwickelte Möglichkeit des Gläubigers, eine exécution forcée zu betreiben,141 erfährt aber – soweit ersichtlich – keine gehilfenspezifische Legiti­ mation. Entsprechende normative Debatten werden aber mit dem Ziel geführt, die unbedingte Verantwortlichkeit des Schuldners (auch) für die Fehler von Hilfs­ personen auf der Ebene des Schadensersatzanspruchs im Falle der nicht ordnungs­ gemäßen Erfüllung (responsabilité contractuelle) zu rechtfertigen. Dies verwun­ dert nicht, weil diese rechtstechnisch primär über ein differenziertes System von (beschränkten) Garantien bewerkstelligt wird, deren Legitimationsbedürftigkeit in einem prinzipiell auf Haftung nur für eigenes Verschulden zentrierten System augenfällig ist.142 Darüber hinaus zeigt sich, dass die französische Doktrin in be­ merkenswerter Weise bereit ist, die Rechtsanwendung auf grundlegende Prin­ zipien der Verantwortlichkeit zu stützen. Sie gelangt auf diesem Weg zu einer allgemeinen Zurechnungsnorm für den vertragsrechtlichen Kontext, die über ent­ sprechende Bestimmungen für einzelne Vertragstypen weit hinausgeht.143 Mit dieser Entwicklung geht allerdings einher, dass für die vertragsrechtliche Zurech­ nungsbestimmung keine Wertungsgrundlagen benannt werden, die gegenüber der vermeintlich auf kompatiblen Erwägungen beruhenden deliktsrechtlichen Verantwortlichkeit für Beeinträchtigungen des Integritätsinteresses durch Gehil­ fen, Eigenständigkeit beanspruchen könnten.144 Solche werden schließlich auch dort nicht entwickelt, wo – wie im Bereich der Produzentenhaftung – mit rechts­ fortbildend geschaffenen, dogmatisch weitgehend verselbständigten Instituten wie der action directe gearbeitet wird, da diese lediglich zu einer Fungibilität der

140   Zu der prinzipiell analogen, freilich auf Sanktionsebene anders ausgestalteten Rechtslage im Vertragsrecht des common law, supra Kapitel 1 §  1 B. II. 1 und supra I. 141   Vgl. insbesondere Artt. 1142, 1184 Abs.  2 C. civ. 142   Infra I. 1. 143   Infra I. 2. 144   Infra II. 2., 2.

188 Kapitel 3:  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurispudenz in den sachlichen Haftungsvoraussetzungen unveränderten Gläubigerstellung führen.145

I.  Sicherung des Leistungsinteresses Die an dieser Stelle interessierenden normativen Überlegungen zur angemessenen Verteilung des Personalrisikos werden vor allem im Hinblick auf die bei nicht ordnungsgemäßer Naturalerfüllung (inexécution) einschlägigen Institute des Leistungsstörungsrechts angestellt. Dies gilt namentlich für den Schadensersatz­ anspruch wegen Nichterfüllung gemäß Art.  1147 C. civ. (dommage et intérêts). Wie bereits angedeutet ist Ausgangspunkt der tradierten Sicht auch hier, dass die Haftung des nichterfüllenden Schuldners grundsätzlich verschuldensabhängig ist.146 Die vor diesem Hintergrund als begründungsbedürftige Anomalie erschei­ nende, unbedingte Verantwortlichkeit für die Fehler von Hilfspersonen begegnet dabei sowohl inzident als Folge eingeschränkter Garantien des Schuldners,147 als auch explizit im Rahmen von Gehilfenverhalten zurechnenden Normen.148 1.  Die eingeschränkte Erfolgsgarantie bei den obligations de résultat a)  Grundlegende Einteilung der Obligationstypen Die französische Doktrin differenziert im Hinblick auf die als Voraussetzung eines Schadensersatzanspruchs wegen Nichterfüllung prinzipiell erforderliche faute contractuelle zwischen unterschiedlichen Typen vertraglicher Obligationen. Neben Verbindlichkeiten, die auf die Herbeiführung eines Erfolgs gerichtet sind (obligations de résultat), treten solche Obligationen, die lediglich zu einem sorg­ fältigen Bemühen um die Leistungserbringung verpflichten (obligations de moyens).149 Die Eigenheiten der jeweiligen Verbindlichkeiten, die im 20. Jahrhundert eine Versöhnung der scheinbar widersprüchlichen Bestimmungen der Artt. 1137,   Infra II. 3.   Die tradierte Terminologie, die von einer faute contractuelle als Haftungsvoraussetzung spricht, z. B. Delebecque/Pansier, Droit des obligations, Bd.  1, 4.  Aufl., 2006, Nr.  472 ff., ist dabei in der modernen Dogmatik erheblicher Kritik ausgesetzt, eingehend Tallon, Melanges offerts à Gérard Cornu, 1994, S.  429, die den im Folgenden näher zu beleuchtenden Gesichtspunkt be­ tont, dass es letztlich auf den Inhalt des Schuldverhältnisses ankomme, ob tatsächlich Verschul­ den zu fordern sei. Neutral wird daher zum Teil von einem manquemant contractuelle als Ober­ begriff für die stets erforderliche objektive und die ggf. hinzutretende subjektive Pflichtverlet­ zung gesprochen, z. B. Bénabent, Droit civil – Les obligations, 12.  Aufl., 2010, Nr.  405. 147   Infra 1. 148   Infra 2. 149   Die dogmatische Unterscheidung geht auf Demogue, Traité des obligations en général, Bd.  5, 1925, Nr.  1237, v. a. S.  538 f. zurück und wurde in der Folge breit anerkannt, vgl. z. B. Tunc, JCP 1945.1.449; Frossard, La distinction des obligations de résultat es des obligations de résultat, 1965; Plancqueel, RTD civ. 1972.334; Maury, Rev. rech. jur. 1998.1243. Ohne sachlichen Unter­ schied wird zum Teil auch zwischen den obligation determiné und den obligation de prudence et 145

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1147 C. civ. ermöglichten, schlagen sich im dogmatischen Ausgangspunkt zwar nur in der Verteilung der Beweislast für das haftungsbegründende Verschulden nieder.150 Die Zuweisung der charge de la preuve dient aber letztlich dazu, eine partiell verschuldensunabhängige Schadensersatzhaftung des Verpflichteten in bestimmten Schuldverhältnissen zu begründen. Dies wird deutlich, wenn man die Exkulpationsgründe betrachtet, die eine Widerlegung der Verschuldensvermu­ tung bei den auf die Herbeiführung eines Erfolgs gerichteten Versprechen erlau­ ben. Für die klassischen obligations de résultat gilt nämlich, dass grundsätzlich nicht schon das Fehlen einer Sorgfaltspflichtverletzung den Schuldner von seiner Haftung befreit, sondern dieser nach Art.  1148 C. civ. erst aus der Verantwortlich­ keit entlassen wird, wenn die Leistungsstörung auf höherer Gewalt beruhte.151 Unabhängig davon, dass für bestimmte, im Grundsatz als obligations de résultat eingeordnete Schuldnerpflichten eine weitergehende, auf dem Nachweis ord­ nungsgemäßer Sorgfalt beruhende Exkulpationsmöglichkeit anerkannt wird,152 folgt aus der für manche Obligationen etablierten (eingeschränkten) Erfolgshaf­ tung auch, dass diese zu einer unbedingten Verantwortlichkeit für die Fehler von Hilfspersonen führt. Die Feststellung von force majeure setzt nämlich voraus, wie auch in Art.  1147 C. civ. ausdrücklich erwähnt, dass ein Leistungshindernis die ordnungsgemäße Erfüllung vereitelte, das außerhalb der Sphäre des Schuldners lag (cause étrangère) und für diesen zudem unvorhersehbar war (cause imprévisible).153 Ersichtlich scheidet eine entsprechende Feststellung aus, wenn die Fehler der eigenen Leute die Ursache der Nicht- oder Schlechterfüllung darstellen.154 b)  Verpflichtungswille als Grundlage der Einstandspflicht Mit der Unterscheidung von obligations de résultat und obligations de moyens stellt die französische Dogmatik einen Gesichtspunkt in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen, der auch in der deutschen Rechtswissenschaft zur Legitimation der strikten Haftung für Gehilfenfehler im Rahmen des §  278 BGB herangezogen

diligence unterschieden, vgl. z. B. Mazeaud, RTD civ. 1936.1. Hierzu im deutschsprachigen Schrifttum Sonnenberger, Festschrift für Dieter Medicus, 1999, S.  621, 630 ff. 150   Vgl. nur die Darstellung in den Standardlehrbüchern, z. B. Bénabent, Droit civil – Les obligations, 12.  Aufl., 2010, Nr.  406 ff.; Delebecque/Pansier, Droit des obligations, Bd.  1, 4.  Aufl., 2006, Nr.  473 ff. 151   Flour/Aubert/Savaux, Droit civil – Les obligations, Bd.  3, 6.  Aufl., 2009, Nr.  201; Bénabent, Droit civil – Les obligations, 12.  Aufl., 2010, Nr.  408; Delebecque/Pansier, Droit des obli­ gations, Bd.  1, 4.  Aufl., 2006, Nr.  474. 152   Durch den Nachweis ordentlicher Sorgfalt kann namentlich die Verschuldensvermutung zu Lasten des Vermieters, Art.  1732 C. civ., bestimmter Werkunternehmer, Art.  1789 C. civ., sowie des Verwahrers und des Entleihers widerlegt werden. Zum Ganzen Bénabent, Droit civil – Les obligations, 12.  Aufl., 2010, Nr.  409; Delebecque/Pansier, Droit des obligations, Bd.  1, 4.  Aufl., 2006, Nr.  475. 153   Vgl. Cass. plén. v. 14.  4. 2006, Bull. Civ., A. P. Nr.  4 mit Anm.  Jourdain, D. 2006, 1577; Grosser, JCP 2006.  2. 10087; Viney, RDC 2006.1207. 154   Vgl. nur Bénabent, Droit civil – Les obligations, 12.  Aufl., 2010, Nr.  412-5.

190 Kapitel 3:  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurispudenz wird.155 Hier wie dort ist zu konzedieren, dass der Inhalt des Versprechens des Schuldners, der mit seiner Selbstverpflichtung entweder sorgfältiges Bemühen um den Erfolg oder aber dessen unbedingte Herbeiführung zusichern kann, zweifellos eine zentrale Determinante jeder leistungsstörungsrechtlichen Haf­ tung darstellt.156 Diese entscheidet folgerichtig auch darüber, inwieweit eine un­ bedingte Einstandspflicht für Gehilfenfehler auf den tatsächlichen Parteiwillen zurückgeführt werden kann.157 Wer bedingungslos einen Erfolg verspricht, haftet auch dann für die Zielverfehlung, wenn diese auf einem (Fehl-)Verhalten eines Dritten beruht. Eine solche, im fehlerfrei gebildeten Willen des Verpflichteten wurzelnde Einstandspflicht bedarf erkennbar keiner weiteren Legitimation. Es liegt ferner in der Konsequenz einer Anknüpfung an den Versprechensin­ halt, selbst im Rahmen der typisierenden Betrachtungsweise des Normgebers, ein weiter differenziertes System der Verantwortlichkeit zu Grunde zu legen. Dem­ entsprechend identifiziert dann auch die neuere französische Dogmatik neben den klassischen obligations de résultat, mit einer Entlastungsmöglichkeit bei hö­ herer Gewalt, strengere Einstandspflichten im Sinne uneingeschränkter Erfolgs­ garantien (obligations de garantie).158 Umgekehrt treten neben die tradierten obligations de moyen, die dem Gläubiger den vollen Verschuldensnachweis abverlan­ gen, solche Verpflichtungen, deren Nichterfüllung eine widerlegliche Vermutung für das Verschulden begründet, die aber den Exkulpationsbeweis des Schuldners zulassen.159 Indessen lässt sich im Einzelfall die Qualifikation der jeweiligen Obligationen nicht immer auf einen konkret nachweisbaren Verpflichtungswillen zurückfüh­ ren. Für diesen Befund ist zwar noch nicht entscheidend, dass sich die Ermittlung des Parteiwillens gegebenenfalls vom Wortlaut der Parteiabsprachen löst160 und sich an den erkennbaren wirtschaftlichen Zielsetzungen der Beteiligten orien­ tiert,161 denn insoweit geht es ersichtlich noch um die Bestimmung des Willens der Beteiligten anhand von fassbaren Indizien. Angesprochen sind vielmehr die Fälle, in denen es an vergleichbaren Indizien schlicht fehlt. In diesen Konstellationen ist die zur Einzelfallentscheidung aufgerufene Judikatur, jenseits der seltenen Fälle einer Festschreibung des Obligationsinhalts durch den Normgeber,162 in grosso modo um ein typisierendes Nachzeichnen des mutmaßlichen Parteiwillens be­   Supra §  1 A. II. 1.   Vgl. jetzt auch §  276 Abs.  1 BGB. 157   Supra §  1 A. II. 3. 158   Malaurie/Aynès/Stoffel-Munck, Droit Civil, Les obligations, 4.  Aufl., 2009, Nr.  815. 159   Vgl. Bénabent, Droit civil – Les obligations, 12.  Aufl., 2010, Nr.  410, der seinerseits eine Zusammenfassung aller Obligationen vorschlägt, die wie die obligations de moyen und die obligations de résultat nicht zu einer unbedingten Haftung des Schuldners führen und durch ein Kontinuum der Entlastungsmöglichkeiten verbunden sind, und diese Gruppe von der obligations de garantie abgrenzen will. 160   Com. v. 18.  4. 2000, C. C. C. 2000.123. 161   Civ. 1re v. 30.  11. 2004, Bull. civ., I, Nr.  296: keine obligation de résultat, wenn der sachver­ ständige Kunde einzelne Erfüllungsrisiken übernimmt. 162   So wird z. B. die vertragliche Verpflichtung der Reiseveranstalter und – vermittler durch 155

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müht. Sie ist nämlich in erster Linie daran orientiert, ob die Erfüllung der Obliga­ tion substantiell von durch den Schuldner nicht zu kontrollierenden Zufälligkeiten (aléa) abhängt und eine verschuldensunabhängige Erfolgsherstellung von ihm deshalb in aller Regel nicht versprochen wird.163 Wo demgegenüber der Schuldner den Erfüllungserfolg im Wesentlichen selbst in der Hand hat, kann ihm auch die Übernahme einer obligation de résultat angesonnen werden.164 So klar diese am mutmaßlichen Parteiwillen orientierte Unterscheidung an­ hand des genannten Kriteriums der Zufallsabhängigkeit des Erfüllungserfolgs im Ausgangspunkt sein mag, so schwierig ist ihre konsistente Durchführung im Ein­ zelfall. Dies zeigt sich zum einen an der oft mäandernden Rechtsprechung, die vor allem im Hinblick auf die neben der Hauptleistungspflicht bestehenden Schutz- und Sorgfaltspflichten (obligations de securité) wenig vorhersehbar erscheint.165 Ein weiteres Indiz liefert der Umstand, dass die Judikatur häufig zusätzliche Ge­ sichtspunkte korrigierend heranzieht, wie z. B. die Vermögensausstattung der Be­ teiligten oder die Notwendigkeit einer Mitwirkung des Gläubigers bei der Erfül­ lung.166 Vor diesem Hintergrund lässt sich konstatieren, dass die genannten Krite­ rien durchaus zutreffende Aspekte für die Abgrenzung der Risikosphären entlang der privatautonom vorgezeichneten Vertragsziele liefern, aber sowohl je für sich weiterer Konkretisierung bedürfen als auch in ihrem Zusammenspiel auf einer überwölbenden Metaebene orchestriert werden müssen. Wiederum zeigt sich, dass die allein positiv-rechtlich orientierte Betrachtung rasch an ihre Grenzen stößt. 2.  Allgemeines Prinzip der Haftung für Gehilfenfehler als Fortentwicklung spezieller Zurechnungsnormen Soweit faute eine vom Gläubiger konkret nachzuweisende bzw. widerleglich ver­ mutete Voraussetzung der Haftung des Schuldners darstellt,167 ist nicht stets ein eigenes Verschulden des Verpflichteten Voraussetzung der Haftung. Vielmehr hat die europarechtlich präformierte Regelung des Art. L 211-16 Code du tourisme als obligation de résultat definiert; vgl. auch supra Fn.  163. 163   So für den – mittlerweile in Art. L 1142-1 Code de la santé publique geregelten – Behand­ lungsvertrag, Civ. 20.  5. 1936, D. P. 1936.1.88; Civ. 1re v. 30.  10. 1962, D. 1963.57; für den An­ waltsvertrag Civ. 1re v. 7.  10. 1998, Bull. civ., I, Nr.  282. 164   Vgl. für bestimmte, mit verhältnismäßig einfachen Wartungs- und Reparaturarbeiten be­ traute Werkunternehmer, Civ. 1re v. 2.21994, Bull. civ., I, Nr.  41 (Auto); Civ. 1re v. 15.  7. 1999, Bull. civ., I, Nr.  238 (Aufzug). 165   Von einer „ungewissen und schwankenden“ Rechtsprechung spricht z. B. Bénabent, Dro­ it civil – Les obligations, 12.  Aufl., 2010, Nr.  411; siehe auch speziell zu den obligations de securité der unterschiedlichsten Werkunternehmer, Bénabent, Droit civil – Les contrats spéciaux et commerciaux, 9.  Aufl., 2011, Nr.  791 ff. Zum Verkäufer ibid., Nr.  328 ff. 166   Hierzu Delebecque/Pansier, Droit des obligations, Bd.  1, 4.  Aufl., 2006, Nr.  474. 167   Supra 1. a). Im Rahmen der unwiderleglichen Verschuldensvermutung bei den obligations de résultat erfolgt die unbedingte Zurechnung implizit, weil die Gehilfenfehler nicht als unvor­ hersehbares, äußeres Ereignis qualifiziert werden kann, das dem Entlastungstatbestand der hö­ heren Gewalt genügt. Supra bei Fn.  154.

192 Kapitel 3:  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurispudenz die französische Judikatur unter breiter Zustimmung aus der Wissenschaft die in den Regelungen einzelner Vertragstypen verstreuten Zurechnungsnormen168 als Ausdruck eines allgemeinen Prinzips der Verantwortlichkeit für das Verschulden von Hilfspersonen verstanden (responsabilité contractuelle du fait d’autrui).169 Sie gelangt auf diesem Weg zu einer unbedingten Einstandspflicht des Schuldners für das Fehlverhalten der angestellten und selbständigen Erfüllungsgehilfen (préposés et auxiliaires), die in ihrer Wirkung der deliktsrechtlichen Verantwortlichkeit für Gehilfen nach Art.  1384 C. civ. entspricht, im Hinblick auf den erfassten Perso­ nenkreis aber weiter geht.170 Hierdurch wird zunächst in weitem Maße der Anreiz für eine dogmatische Arbitrage unterbunden, wie sie im deutschen Recht mit der intentionalen Ausdehnung des als sachgerecht empfundenen Systems der unbe­ dingten Verantwortlichkeit für Gehilfenfehler nach §  278 BGB zu beobachten ist. Darüber hinaus wird aber scheinbar auch der Weg für eine einheitliche normative Legitimation der Einstandspflicht für Gehilfenfehler bereitet, wie sie z. T. auch im deutschen Recht für erstrebenswert erachtet wird.171 Betrachtet man aber die Stellungnahmen zu den normativen Fundamenten der Einstandspflicht, fällt auf, dass sich Rechtsprechung und Literatur nicht selten mit bildlichen Ergebnisbeschreibungen begnügen. Dies gilt z. B. für die Anleh­ nung an Stellvertretungskategorien, wenn es heißt, die Handlungen der vom Schuldner eingeschalteten Gehilfen seien prinzipiell als seine eigenen anzusehen, ohne dass erkennbar würde, inwieweit derartige Überlegungen für die Rechtfer­ tigung der im Einzelfall durchaus differenzierten Risikozuweisungen tauglich sind.172 Soweit die Erklärungsversuche stärker materiell orientiert sind, stützen sie sich im Wesentlichen auf Argumentationsstränge, die als Grundlage für die seit jeher umfassendere, deliktische Verantwortlichkeit für Gehilfenfehler entwi­ ckelt wurden und daher sogleich erörtert werden sollen.173 Insgesamt zeigt sich, dass es in der französischen Debatte – jenseits der einge­ schränkten Erfolgshaftung im Rahmen der obligations de résultat – keine originär vertragsrechtlichen Legitimationsversuche für die Verantwortlichkeit des Schuld­ ners für die Fehler seine Leute gibt.

168   Vgl. Art.  1735 C. civ. (Mieter); Art.  1797 C. civ. (Werkunternehmer); Art.  1953 C. civ. (Gastwirt). 169   Z. B. Civ. 1re v. 3.  10. 1967, JCP 1968.  2. 15365; Civ. 1re v. 4.  6 . 1981, JCP 1991.  2. 21730; Civ. 3e, 13.  3. 1981, Bull. civ., III, Nr.  91; Civ. 1re 18.  7. 1981, D. 1984.149; Civ. 3e v. 11.  5. 2006, Bull. civ., III, Nr.  119; Für die Literatur Viney/Jourdain, Les obligations – La responsabilité: conditions, 3.  Aufl., 2006, Nr.  814 f. 170   Die deliktsrechtliche Haftung für Verrichtungsgehilfen bleibt auf die weisungsgebunden beschäftigten Hilfspersonen beschränkt, infra II. 2. 171   Vgl. supra §  1 A. I. 172   Z. B. Civ. 1re v. 18.  1. 1989, Bull. civ., I, Nr.  32 zu den Haftungsgrenzen bei Vorsatzdelikten des Gehilfen; Civ. 1re v. 19.  12. 1995, Bull. Civ., I, Nr.  485 zur Nichthaftung des Schuldners für Personen, die der Gläubiger auf seine Empfehlung mit der Weiterverarbeitung der erbrachten Leistung betraut. 173   Infra II. 2.

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II.  Gewährleistung des Integritätsinteresses Die Auseinandersetzung mit den in der französischen Jurisprudenz genannten, materiellen Grundlagen der Verantwortlichkeit für schädigendes Verhalten von Hilfspersonen, wenn dieses zu einer Beeinträchtigung des Integritätsinteresses führt, hat zunächst zu beachten, dass insoweit in erster Linie das vertragsrecht­ liche Haftungsregime für den Ausgleich der Interessen zuständig ist.174 Gleich­ wohl sind auch die zur normativen Absicherung der deliktsrechtlichen Leutehaf­ tung genannten Kriterien zu untersuchen, soweit diese jenseits der positivrecht­ lichen Konkurrenzlagen von prinzipieller Bedeutung sind.175 Letzteres gilt schließlich auch für das Produkthaftungsrecht, soweit dieses zu einer unbedingten Einstandspflicht für Produktdefizienzen und damit implizit auch zu einer Ver­ antwortlichkeit für die Fehler von Hilfspersonen führt.176 1.  Obligation de securité und Sperrwirkung des vertragsrechtlichen Haftungsregimes Die Gewährleistung der nicht leistungsbezogenen Interessen der Vertragsparteien ist – nicht nur im Fall von Beeinträchtigungen durch schadenstiftendes Gehilfen­ verhalten – im heutigen französischen Recht prinzipiell Aufgabe des Vertrags­ rechts. Die als Grundsatz bestehende, strikte Sperrwirkung der Vertragshaftung im französischen Recht (règle du non cumul) 177 bedingt, dass das deliktsrechtliche Verantwortlichkeitsregime und somit auch seine, das Verhalten Dritter zurech­ nenden Normen, prinzipiell nicht vertragsbegleitend zur Anwendung gelangen können. Vielmehr erfolgt die Einstandspflicht für Gehilfenfehler entlang der so­ eben nachgezeichneten Linien der responsabilité contractuelle. Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die ursprünglich für Personenschäden im Rahmen von Beförderungsverträgen richterrechtlich geschaffenen, den Betei­ ligten willensunabhängig auferlegten Schutz- und Sorgfaltspflichten (obligations de sécurité),178 weil diese zwischenzeitlich auf sämtliche Vertragstypen erstreckt wurden, die potentiell zu einer Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit führen.179 Vor diesem Hintergrund ist die Einordnung der jeweiligen Schutz- und Sorgfaltspflicht als obligation de résultat oder obligation de moyen erkennbar er­ gebnisbestimmend – gerade auch im Hinblick auf die Verantwortlichkeit für das Integritätsinteresse beeinträchtigende Gehilfenfehler. Dabei wird diese nicht nur   Infra 1.   Infra 2. 176   Infra 3. 177   Civ 1er v. 11.  1. 1989, Bull. civ., I, Nr.  3 ; Civ. 2e v. 9.  6 . 1993, Bull. civ., II, Nr.  204. Einge­ hend zum ganzen Viney, Introduction à la responsabilité, 3.  Aufl., 2007, Nr.  216 ff. 178   Civ. v. 21.  11. 1911, D. P. 1913.1.249. 179   Entsprechenden Pflichten unterliegen z. B. der Werkunternehmer, der Verkäufer, der Ver­ mieter, der Verleiher und der Arbeitgeber. Zum Ganzen Lambert-Faivre, D. 1994, chr. 81. Kri­ tisch z. B. Carbonnier, Droit civil – Les obligations, 22.  Aufl., 2000, Nr.  295. 174

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194 Kapitel 3:  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurispudenz je nach Vertragstyp, sondern auch innerhalb derselben unterschiedlich vorgenom­ men.180 Darüber hinaus kommt aber auch bei der Verletzung von Schutz- und Sorgfaltspflichten eine Zurechnung von Drittverschulden nach den allgemeinen Grundsätzen in Betracht.181 Das Regime der Verantwortlichkeit für Hilfspersonen im französischen De­ liktsrecht bleibt an dieser Stelle gleichwohl relevant. Insoweit ist weniger entschei­ dend, dass die im Ausgangspunkt unnachgiebige règle du non cumul Ausnahmen kennt, die zu einer Anwendung der Institute des Deliktsrechts auch innerhalb bestehender Vertragsbeziehungen führen,182 oder dass die Verdrängungswirkung der Regel auch in zeitlicher Hinsicht sehr eng gehalten ist.183 Zentral ist vielmehr, dass im Zentrum des Erkenntnisinteresses dieses Kapitels die normativen Grund­ lagen der Zurechnungsnormen stehen, die unabhängig von ihrem dogmatisch de­ terminierten Anwendungsbereich zur Erhellung der Grundlagen der Leutehaf­ tung beitragen können. 2.  Haftung für Verrichtungsgehilfen Auch wenn lange Zeit die Regelung des Art.  1384 Abs.  1, 1. Alt. C. civ. lediglich als Umschreibung des Haftungstypus der responsabilité du fait d’autrui ohne echten Regelungsgehalt und nicht etwa als Generalklausel der deliktischen Haftung für Dritte verstanden wurde,184 begegnet im französischen Deliktsrecht in Art.  1384 Abs.  5 C. civ. seit jeher ein Tatbestand, der bei Schädigungen Dritter durch einen Gehilfen (domestique et préposé) den Geschäftsherrn (maître et comméttant) un­ bedingt einstehen lässt. Im Licht dieser positivrechtlichen Vorgaben trifft es durchaus zu, dass die hier in Rede stehende Verantwortlichkeit für die Fehler von Hilfspersonen, die in arbeitsteiligen Produktions- und Vertriebsprozessen einge­ setzt werden, seit jeher durch die Bestimmung des Art.  1384 C. civ. verteilt wur­   Dazu bereits supra Fn.  165.   Supra I. 2. 182   Dies gilt v. a. für Fälle vorsätzlicher Schädigung, Civ 3e v. 23.  7. 1986, Bull. civ., III, Nr.  126; Civ. 3e v. 23.  1. 1991, Bull. civ., III, Nr.  28; Civ 3e v. 17.  3. 1993, Bull. civ., III, Nr.  38. Tendenziell für Aufgabe der Lockerung Civ. 3e v. 27.  6 . 2001, Bull. civ., III, Nr.  83. Ablehnend, weil interes­ sengerechte Lösungen gerade auch insoweit im Vertragsrecht gefunden werden könnten, Viney, Introduction à la responsabilité, 3.  Aufl., 2007, Nr.  213. 183   Die deliktsrechtliche Verantwortlichkeit ist nur während der eigentlichen Vertragsdurch­ führung verdrängt, d. h. sowohl Schädigungen im vorvertraglichen Bereich, Com. v. 8.  2. 1994, Bull. civ., IV, Nr.  59, als auch solche nach Erfüllung der Leistungspflichten, Civ. 1re v. 7.  3. 1989, D. 1991.1, können nach Maßgabe des Deliktsrechts liquidiert werden. 184   Hintergrund war, dass die in Art.  1384 Abs.  4 –6 C. civ. geregelten Ausprägungen des Haf­ tungstypus vermeintlich nicht auf einem einheitlichen dogmatischen Konzept beruhen und auch nicht auf ein einheitliches normatives Prinzip zurückgeführt werden können. So wird das Verschulden der Eltern und Handwerksmeister nur widerleglich vermutet, vgl. Art.  1384 Abs.  7 C. civ., während eine Exkulpation des nach Art.  1384 Abs.  5 haftenden Geschäftsherrn ausschei­ det. Vgl. zu den daraus in der tradierten Dogmatik gezogenen Konsequenzen z. B. Mazeaud/ Chabas, Droit Civil – Les Obligations, 7.  Aufl., 1988, Nr.  472; Weill/Terré, Droit Civil – Les Obligations, 4.  Aufl., 1990, Nr.  6 47. Zur heutigen Sicht, infra bei Fn.  190. 180 181

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de.185 Die Einordnung dieser Verantwortlichkeit als Haftung für unwiderleglich vermutetes Auswahl- und Überwachungsverschulden186 suggeriert zwar eine Verwurzelung im Schuldprinzip als normativer Grundlage der Einstandspflicht. Die Künstlichkeit eines unwiderleglich (irréfragable) vermuteten Verschuldens als vermeintlicher Haftungsgrundlage wird in der neueren französischen Litera­ tur aber durchaus gesehen, was zu Versuchen geführt hat, zu einer originären materiellen Rechtfertigung der von eigenem Verschulden unabhängigen Haftung zu gelangen.187 Während der Gedanke einer haftungsmäßigen Stellvertretung letztlich im bild­ haft Umschreibenden stecken bleibt, wird von der überwiegenden Literatur eine teleologische Begründung dergestalt vertreten, die Grundlage der Einstands­ pflicht liege in der erforderlichen Verknüpfung von Risiken und Nutzen des Ge­ hilfeneinsatzes.188 Abgestellt wird also exakt auf den Gedanken, der sowohl in der deutschen, als auch der angelsächsischen Debatte begegnete und dort nach einge­ hender Analyse als insgesamt nicht hinreichend erkannt wurde.189 Speziell für das französische Recht lässt sich zudem konstatieren, dass der seit langem vorge­ brachte, letztlich konturlos weite Risiko-Nutznießungsgedanke in eigenartiger Weise mit der bis 1991 vorherrschenden Sicht kontrastierte, nach der insbesondere die Bestimmung des Art.  1384 Abs.  5 C. civ. als nicht analogiefähige Sonderregel zur Generalklausel des Art.  1382 C. civ. betrachtet wurde.190 Ebensowenig ist auf der Grundlage des Prinzips zu erklären, weshalb auch im französischen Recht191 die Einstandspflicht auf weisungsabhängig Beschäftigte beschränkt bleibt.192 Der hier erhobene Einwand wird auch nicht dadurch entkräftet, dass die französische Praxis insoweit zuweilen großzügigere Maßstäbe anlegt als die deutsche Judika­ 185   Entsprechende Einschätzung bei Ferid/Sonnenberger, Das französische Zivilrecht, Bd.  2, 2.  Aufl., 1986, Rdnr.  2 O 221. 186   Z. B. Bénabent, Droit civil – Les obligations, 12.  Aufl., 2010, Nr.  577. 187   Überblick zum Folgenden bei Carbonnier, Droit Civil – Les Obligations, 22.  Aufl., 2000, Nr.  102; Weill/Terré, Droit Civil – Les Obligations, 4.  Aufl., 1990, Nr.  672 f.; JCl Civ. Art.  1384 1er partie, 3e cahier, Nr.  5 ff.; Rép. Civ., Résponsabilité du fait d’autrui Nr.  293 ff. 188   Z. B. Bénabent, Droit civil – Les obligations, 12.  Aufl., 2010, Nr.  565. 189   Zum deutschen Recht supra §  1 A. III., B. 2., C. I. Für das common law supra A. 1. (1). 190   Erst die Entscheidung Ass. Plèn. v. 29.  3. 1991, JCP 1991.21673 brachte insoweit den Durchbruch, indem sie ein allgemeines Prinzip der Verantwortlichkeit für bestimmte Dritte (personnes dont on doit répondre) entwickelte. Seither in unterschiedlichsten Konstellationen z. B. Civ. 2e v. 22.  5. 1995, JCP 1995.2. 22550; Civ 2e v. 9.  12. 1999, Bull. civ., II, Nr.  189; Civ. 2e v. 20.  11. 2003, Bull. civ., II, Nr.  256; Civ. 2e v. 21.  10. 2004, Bull. civ., II, Nr.  477; Civ. 2e v. 22.  9. 2005, Bull. civ., II, Nr.  234; Civ. 1re v. 16.  5. 2006, Bull. civ., I, Nr.  249. Analyse der frühen Judi­ katur bei Josselin-Gall, JCP 2000.1.268. 191   Zur deutschen Haftung für Verrichtungsgehilfen supra §  1 C. I.; zur vicarious liability der master für ihre servants im common law, supra A. 1. b). (1). 192   Erforderlich ist eine Subordinationsbeziehung, die dem Geschäftsherrn erlaubt, Wei­ sungen und Anordnungen im Hinblick auf die Ausführung der übertragenen Tätigkeit zu ge­ ben. Schädigungshandlungen der selbständig ihre Tätigkeit organisierenden Werkunternehmer werden daher nicht zugerechnet, vgl. z. B. Civ. 3e v. 8.  3. 1989, Bull. civ., III, Nr.  58. Auch schon Civ. v. 29.  4. 1929, JCP 1929.723.

196 Kapitel 3:  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurispudenz tur.193 Auch eine weniger einschneidende Einschränkung der Verantwortlichkeit verträgt sich nicht mit dem Risiko-Nutznießungsgedanken, der in seiner Rein­ form auch zu einer Haftung als Korrelat der Vorteilsziehung aus der Einschaltung vollkommen selbständiger Hilfspersonen führen müsste. Ähnlich blass bleibt schließlich die Umschreibung, das gesetzgeberische Motiv für die Schaffung des Art.  1384 Abs.  5 C. civ. liege darin, die Position des Geschä­ digten zu verbessern und die Einbringlichkeit des Kompensationsanspruchs durch die kumulative Verantwortlichkeit (cumul de responsabilité) eines weiteren, solventen Schuldners neben dem Handelnden zu gewährleisten.194 Wie bereits ausgeführt benennt ein in dieser Generalität formuliertes Kompensationsziel zwar relevante Aspekte, ist aber letztlich keine taugliche Grundlage, die positivrechtliche, differenzierte Risikozuweisung zu erklären und in der Anwendungs­ praxis zu leiten.195 Insgesamt zeigt sich, dass auch die französische Rechtswissenschaft eine Viel­ zahl relevanter Gesichtspunkte für die normative Verankerung und teleologische Interpretation der Leutehaftung benennt, dabei aber vergleichbare Defizite auf­ weist, wie sie auch im Hinblick auf die autonomen juristischen Argumentations­ stränge des deutschen und angelsächsischen Diskurses konstatiert wurden. Im Folgenden ist noch kurz aufzuzeigen, dass die benannten Beschränkungen auch im Recht der Produkthaftung nicht überwunden werden können. 3.  Produkthaftung und action directe gegen den Hersteller Noch eher als die U. S.-amerikanischen Gerichte196 und in der Sache deutlich wei­ tergehend, hatte die französische Rechtsprechung die aus der Relativität schuld­ vertraglicher Beziehungen entspringende Beschränkung der Verkäuferpflichten als zu eng empfunden und dem Warenkäufer gerade auch dann einen Anspruch aus Sachmängelgewährleistung gegen den Hersteller zugesprochen, wenn zwi­ schen den Beteiligten keine unmittelbare Vertragsbeziehung bestand.197 Die dezi­ diert vertragsrechtliche action directe des Endabnehmers198 schließt zwar prinzi­ 193   Z. B. Crim. v. 5.  3. 1992, JCP 1993.2. 22013 – Verantwortlichkeit für angestellten Arzt. Jetzt aber wieder restriktiv Civ. 1er v. 12.  7. 2007, Bull. civ., I, Nr.  270. 194   Bénabent, Droit civil – Les obligations, 12.  Aufl., 2010, Nr.  565, 577. 195   Weshalb z. B. der angestellte Klinikarzt kein Gehilfe des Betreibers ist, vgl. Fn.  193, lässt sich aus dem Kompensationsgedanken nicht erklären. 196   Die supra Fn.  120 erwähnte Rechtslage geht zurück auf die Entscheidungen in Davis v. van Camp Packing Co., 176 N. W. 382 (Io.1920); Jacob E. Decker & Sons, Inc. v. Capps, 164 S. W.2d 828 (1942). 197   Civ. v. 12.  11. 1884, D. P. 1885.  1. 1593. Diese action directe wurde in den Leitentscheidung Cass. plén. v. 7.  2. 1986, JCP 1986, II, 20616; Civ. 1re v. 21.  6 . 1988, JCP 1988, II, 21125 insbeson­ dere im Hinblick auf dogmatisches Fundament und Reichweite präzisiert. Dazu z. B. Viney, Mélanges à Dominique Holleaux, 1990, S.  399. Im deutschsprachigen Schrifttum z. B. Sonnenberger, Festschrift für Ernst Steindorff, 1990, S.  777; Freitag, Der Einfluss des Europäischen Gemeinschaftsrechts auf das internationale Produkthaftungsrecht, 2000, S.  26 ff. 198   Eine ganz ähnliche Regelung enthält Art.  1792-4 C. civ., der die Haftung für die Standfes­

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piell den Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung ein, sodass eine umfas­ sende Verantwortlichkeit gerade auch für Mangelfolgeschäden begründet ist.199 Da es sich aber um eine – in der dogmatischen Konstruktion höchst umstrittene200 – Weitergabe der in der Person des Zwischenverkäufers begründeten, gegen des­ sen Vorderleute gerichteten Gewährleistungsrechte handelt, ergibt sich aus Art.  1645 C. civ., dass insoweit eine Haftung für Verschulden des Erstverkäufers/ Herstellers in Rede steht. Insofern führt der Gläubigerwechsel nicht zu einer re­ levanten Erweiterung der unbedingten Verantwortlichkeit für Gehilfenfehler. Vielmehr bleibt es im Kontext der action directe bei den bereits erörterten allge­ meinen Grundsätzen. 201 Erst die nach Aufgabe der ursprünglich ambitionierten Pläne, das gesamte ver­ tragliche und außervertragliche Regime der Produkthaftung neu zu ordnen, 202 erfolgte Minimalumsetzung der Produkthaftungsrichtlinie in den Artt. 1386-1 ff. C. civ. aus dem Jahr 1998, 203 die eine verschuldensunabhängige Haftung bestimm­ ter Personen anordnet, 204 führte daher zu einer im dogmatischen Ausgangspunkt von eigenem Verschulden unabhängigen Einstandspflicht für Gehilfen, wenn es zu einer Verletzung des Integritätsinteresses durch ein defektes Produkt kommt. Die Gründe, die als normative Fundamente der richtlinienimplementierenden Be­ stimmungen genannt werden, entsprechen dabei den aus der U. S.-amerikanischen Debatte bekannten Argumenten, sodass aus der französischen Diskussion keine originären Impulse entnommen werden können.

C.  Vergleichende Bewertung und Fortgang der Untersuchung Insgesamt zeigt der rechtsvergleichende Überblick, dass auch in den untersuchten Jurisdiktionen Rechtswissenschaft und -praxis materielle Kriterien zur Rechtfer­ tigung der Einstandspflicht für Gehilfenfehler benennen, die zum Teil den in der deutschen Dogmatik verwendeten Argumentationssträngen vergleichbar sind. Dies gilt insbesondere für die an das vertragliche Versprechen anknüpfenden Ga­ rantielehren des französischen Rechts, 205 aber auch für den dort, ebenso wie im tigkeit und Dauerhaftigkeit eines Gebäudes nach Artt. 1792 ff. C. civ. auf Hersteller und Impor­ teure von Bauteilen erstreckt. 199   Dazu Malaurie/Aynès/Gautier, Les contrats spéciaux, 5.  Aufl., 2011, Nr.  417; auch Sonnenberger, Festschrift für Ernst Steindorff, 1990, S.  777, 782. 200   Dazu z. B. Teyssié, Les groups des contrats, 1975, Nr.  512 ff.; Viney, Mélanges à Domi­ nique Holleaux, 1990, S.  399, 413 ff. 201   Supra I. 202   Dazu nur Malinvaud, D. 1988, chr. 85; Ghestin, Festschrift für Werner Lorenz, 1991, S.  619. 203   Gesetz Nr.  98–389 vom 19.  5. 1998. Dazu Witz/Wolter, RIW 1998, 832. 204   Nach Art.  1386-7 C. civ. sind neben Hersteller und Importeur auch Verkäufer, Vermieter und Zulieferer erfasst. 205   Supra B. I.

198 Kapitel 3:  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurispudenz common law verwendeten Risiko-Nutznießungsgedanken.206 Es liegt in der Kon­ sequenz der hier vertretenen Sicht, dass die genannten teleologischen Motive auch in den ausländischen Rechtsordnungen nicht zu einer befriedigenden Fundierung der Leutehaftung führen. Hinzu kommt, dass sie zum Teil gerade im Licht dog­ matischer Besonderheiten der untersuchten Rechtsordnung weiter an Überzeu­ gungskraft verlieren. Neben der bereits für die deutsche Jurisprudenz konstatierten Relativität und Ergänzungsbedürftigkeit der verwendeten Kategorien 207 ist vor allem das in der U. S.-amerikanischen Wissenschaft und Praxis zu beobachtende Bemühen festzu­ halten, mit Hilfe mikroökonomischer Analysemethoden und in entsprechender Fortentwicklung vorhandener Ansätze zu einer operationalisierbaren Abgren­ zung der Risikosphären zu gelangen. Diese Gedanken gilt es im Folgenden aufzu­ greifen und speziell für die Verantwortlichkeit für Gehilfenfehler im vertraglichen Kontext zu entfalten.

  Supra A. 1., 2. a) und B. I., II.   Supra §  1 A. V.; B. III.; C. III.

206 207

Kapitel 4

Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen Das vorstehende Kapitel hat wiederholt illustriert, dass die Begründungsansätze der juristischen Literatur häufig nur für Ausschnitte der Problematik tragfähige und regelmäßig weiter konkretisierungsbedürftige, materielle Grundlagen einer Einstandspflicht für das Fehlverhalten von Gehilfen liefern. Notwendig ist dem­ nach eine Ergänzung der bisherigen Überlegungen mit dem Anspruch, eine hin­ länglich rechtssichere Operationalisierbarkeit der relevanten Kriterien zu errei­ chen. Dies soll aus den genannten Gründen im Folgenden mit Hilfe institutionen­ ökonomischer Erwägungen angestrebt werden, um so eine überpositive Grundla­ ge der Einstandspflicht für das Fehlverhalten von Gehilfen zu schaffen, die sich letztlich in der Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Normbeständen be­ währen muss. Dabei wird sich zunächst zeigen, dass die volle Leistungsfähigkeit der Ökonomik nicht durch eine isolierte Auseinandersetzung mit den problem­ orientiert ausdifferenzierten Überlegungen zur deliktischen Einstandspflicht für Hilfspersonen allein erschlossen werden kann. Erforderlich ist vielmehr eine breitere Einbettung in die nicht auf Gehilfenfehler zentrierten Untersuchungen zu den allgemeinen Zielen eines effizienten Vertragsrechts, die auch dessen infor­ mationsökonomische Dimension berücksichtigt.

  Infra Kapitel 5, und Kapitel 6.   Infra §  1.    Infra §  2 und §  3.  

§  1  Ökonomik der deliktsrechtlichen Verantwortlichkeit  für Drittverhalten und allgemeine Ziele des Haftungsrechts Die weitgehend verschuldensunabhängige Haftung für Vertragsverletzungen jeg­ licher Art im anglo-amerikanischen Recht führt dazu, dass die Problematik einer von eigenen Pflichtwidrigkeiten unabhängigen Einstandspflicht für fehlerhaftes Verhalten Dritter (vicarious liability) in der U. S.-amerikanisch geprägten Rechts­ ökonomik als eigenständiges Problem fast ausschließlich für deliktische Sachver­ halte erörtert wird.  Damit ist nicht ausgeschlossen, dass sich viele der herausge­ arbeiteten Zurechnungsgründe auf die Institute des Vertragsrechts übertragen lassen, doch ist dies von der Vergleichbarkeit der von der Ökonomik für die jewei­ ligen Normbestände formulierten Regelungsziele abhängig. Die in der Ökono­ mik zur Rechtfertigung einer Einstandspflicht für das Fehlverhalten Dritter erör­ terten Kriterien stimmen nämlich im Ausgangspunkt insoweit überein, als die entwickelten Begründungsansätze stets an dem fundamentalen Ziel der Minimie­ rung von mit dem Schadensrisiko zusammenhängenden Wohlfahrtseinbußen ori­ entiert sind, wie es von der ökonomischen Analyse für das außervertragliche Haf­ tungsrecht (accident law) beschrieben wird. Weitgehende Einigkeit besteht im Übrigen auch insoweit, als in den erörterten Fallgruppen eine von eigenen Pflichtverletzungen des Hintermanns unabhängige Einstandspflicht im Regelfall als sozial wünschenswert betrachtet wird. Nur die­ se führt nämlich zu einer vollständigen Internalisierung des gesamten, von der Tätigkeit ausgehenden Schadensrisikos. Durch diese wird eine effiziente Adjus­ tierung des Aktivitätsniveaus veranlasst. Außerdem erhalten die Hintermänner hinreichende Anreize, auch jenseits von Auswahl- und Überwachungsmaßnah­ men, Präventionsanstrengungen zur effizienten Minimierung des Schadensrisi­ kos zu unternehmen (z. B. in Form von Umstrukturierungen der Betriebsabläufe   Vgl. schon supra Kapitel 1 §  1 B. II. 3. b).   Grundlegend Kornhauser, 70 Cal. L. Rev. 1345 (1982); Sykes, 91 Yale L. J. 168 (1981); Sykes, 93 Yale L. J. 1231 (1984).    Dazu infra C.    Vgl. dazu grundlegend Calabresi, The Costs of Accidents, 1970, S.  26 ff.; Demsetz, 1 J. Le­ gal Stud. 13, 25 ff. (1972). Im deutschsprachigen Schrifttum z. B. Adams, Ökonomische Analyse der Gefährdungs- und Verschuldenshaftung, 1985, S.  17 ff.; Kötz in: Schäfer/Wehrt (Hrsg.), Die Ökonomisierung der Sozialwissenschaften: Sechs Wortmeldungen, 1989, S.  149; Kötz, Fest­ schrift für Ernst Steindorff, 1990, S.  6 43, 646 ff.; Endres, Ökonomische Grundlagen des Haf­ tungsrechts, 1991, S.  1 ff.; G.Wagner, AcP 206 (2006) 352, 451 ff.; G.Wagner in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  5, 5.  Aufl., 2009, Vor. §  823 Rdnr.  45 ff.  

§  1  Ökonomik der deliktsrechtlichen Verantwortlichkeit für Drittverhalten

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u. ä.). Die zu diesem Grundsatz veranlassten Ausnahmen sollen im Folgenden im Rahmen der eingehenderen Auseinandersetzung mit den Einzelkriterien erörtert werden, die zur Legitimation einer Einstandspflicht für das Fehlverhalten Ande­ rer unter Effizienzgesichtspunkten genannt werden. Dieses Vorgehen bietet sich schon deshalb an, weil es sich bei den Ausnahmen um Reaktionen auf das Versa­ gen des Standardmodells der Einstandspflicht handelt, die sich v. a. bei der Mikro­ analyse desselben erschließen. Entsprechend sollen zunächst die allgemeinen Vor­ aussetzungen einer ökonomisch wünschenswerten Einstandspflicht für Drittver­ halten erörtert werden, die praktisch sämtlichen Konstellationen als notwendige, wenn auch noch nicht hinreichende Bedingung gemeinsam sind.  Erst danach sol­ len zusätzliche Aspekte Berücksichtigung finden, um auf dieser Grundlage die allgemeinen Implikationen der ökonomischen Theorie für den Fortgang dieser Untersuchung herauszustreichen.  Letztere decken sich in auffälliger Weise mit den Beobachtungen im Zusammenhang mit den Normzweckanalysen in der ju­ ristischen Literatur.

A.  Kontrolle des Prinzipals über das vom Agenten ausgehende Schadensrisiko als Grundvoraussetzung der Einstandspflicht I.  Agenturtheoretische Grundlagen der Analyse Einheitliches methodisches Fundament der ökonomischen Analysen der Ein­ standspflicht für das Fehlverhalten Dritter bilden agenturtheoretische Modelle. Stark vereinfacht geht die Agenturtheorie davon aus, dass zwischen Prinzipalen und Agenten Informationen dergestalt asymmetrisch verteilt sind, dass die Prin­ zipale weniger wissen bzw. weniger erkennen können als die Agenten. Diese ver­ fügen über „versteckte Informationen“ bzw. haben Freiräume zu „verstecktem Handeln“. Diese Wissenslücken der Prinzipale bieten Gelegenheit für die Agenten, ihre eigenen Ziele anstelle derjenigen der Prinzipale zu verfolgen.10 Letzterem gilt es unter Effizienzgesichtspunkten zu steuern, wobei die entstehenden Vertre­ tungskosten (agency cost) zu minimieren sind.11    Vgl. nur Kraakman, in: Bouckaert/De Geest (Hrsg.), Encyclopedia of Law and Economics, Bd.  2, 2000, S.  669, 676.    Infra A.    Infra B.    Infra C.    Supra Kapitel 3 §  1 A. V. 10   Vgl. zu den damit umschriebenen Formen des Opportunismus eingehend infra Fn.  58. 11   Dazu grundlegend Jensen/Meckling, 3 J. Fin. Econ. 305, 308 (1976). Zu den Überwa­ chungsproblemen in der das Unternehmen charakterisierenden Teamproduktion auch Alchian/ Demsetz, 72 Am. Econ. Rev. 777, 779 ff. (1972). Siehe auch Barzel, 25 J. L. & Econ. 27 (1982); Fama/Jensen, 26 J. L. & Econ. 301 (1983); Fama/Jensen 26 J. L. & Econ. 327 (1983). Ausführ­ liche Darstellung der Agenturtheorie auf dem gegenwärtigen Stand der Institutionenökonomik bei Erlei/Leschke/Sauerland, Neue Institutionenökonomik, 2.  Aufl., 2007, S.  69 ff.

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Kapitel 4:  Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen

Die Methodologie der Agenturtheorie lässt sich im Haftungsrecht (accident law) 12 grundsätzlich fruchtbar machen, wenn man – für den Juristen begrifflich gewöhnungsbedürftig – den Schädiger als Agenten und den (potentiell) Geschä­ digten als Prinzipal begreift, weil der Geschädigte die seine Interessen tangie­ renden Handlungen des Schädigers nicht oder nur eingeschränkt beobachten kann.13 Im Spezialfall der Einstandspflicht für das Fehlverhalten Dritter ist der Hintermann des Gehilfen aus der Perspektive des potentiell Geschädigten analy­ tisch ebenfalls Agent neben dem unmittelbar Handelnden. Gleichzeitig ist der Gehilfe aber auch im Verhältnis zu seinem Hintermann Agent, soweit es um die Verfolgung von dessen Interesse an einer effizienten Risikominimierung gegen­ über dem potentiell Geschädigten geht.

II.  Einwirkungsmöglichkeit auf den Handelnden als notwendige Bedingung der Einstandspflicht Gemeinsame Voraussetzung aller Konstellationen, in denen die Haftung eines Hintermannes mit Hilfe agenturtheoretischer Modelle als wünschenswert identi­ fiziert wird,14 ist zunächst, dass der haftende Hintermann15 das potentiell wohl­ standsreduzierende Verhalten des Handelnden zu beeinflussen in der Lage ist. Die zu fordernde Einflussmöglichkeit ist dabei denkbar weit zu verstehen und bleibt keinesfalls auf den unmittelbaren Zugriff auf das schadensträchtige Handeln be­ schränkt. Sie kann z. B. vorliegen, wenn der Hintermann aufgrund bestehender Weisungsrechte unmittelbaren Einfluss auf das Verhalten des Gehilfen nehmen kann (Arbeitgeber gibt dem Gefahrgut transportierenden Arbeitnehmer die Be­ achtung von Sicherungsvorkehrungen auf oder lässt ihn entsprechend schulen), weil er durch eigenes Verhalten das von dem Dritten ausgehende Gefährdungs­ potential verringern kann (Arbeitgeber stellt für den Gefahrguttransport sicheres 12   Bezeichnet ist damit eine, die in der deutschen Dogmatik abgegrenzten Kategorien des Delikts- und Schadensrechts umfassende Materie, in der es aus ökonomischer Sicht darum geht, Verletzungen von Verfügungsrechten zu erfassen. 13   Siehe z. B. Arrow, in: Pratt/Zeckenhauser (Hrsg.), Principals and Agents: The Structure of Business, 1985, S.  37, 38 f. 14   Überblick bei Kraakman in Bouckaert/De Geest (Hrsg.), Encyclopedia of Law and Eco­ nomics, Bd.  2, 2000, S.  669; Shavell in: Polinsky/Shavell (Hrsg.), Handbook of Law and Econo­ mics, Bd.  1, 2007, S.  139, 171 ff.; Polinsky, An Introduction to Law and Economics, 4 . Aufl., 2011, S.  125 ff.; Dari-Mattiacci/Parisi, 23 Int’l Rev. L. & Econ. 453 (2003). 15   Nicht selten begegnet in diesem Zusammenhang der Begriff der sekundären Haftung (secondary liability). Dieser hat weder mit der in der deutschen Dogmatik begegnenden Unter­ scheidung einer unmittelbar aus dem Parteiwillen folgenden, primären Erfüllungspflicht einer­ seits und sekundären Rechtsbehelfen des Leistungsstörungsrechts andererseits (zu den rechts­ theoretischen Grundlagen dieser Sicht schon supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. a) (1)) etwas zu tun, noch soll durch ihn ein Subsidiaritätsverhältnis o. ä. indiziert werden. Es geht vielmehr nur dar­ um, den Charakter der Verantwortlichkeit als Einstandspflicht für die Handlungen (auch) eines Anderen, ggf. ebenfalls Haftenden, zu verdeutlichen, vgl. z. B. Dream Games of Arizona, Inc. v. PC Onsite 561 F.3d 983, 994 ff. (9 Cir. 2009).

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Transportfahrzeug zur Verfügung),16 oder weil er als Torwächter (gatekeeper) die Teilnahme des Dritten an den gefährlichen Aktivitäten durch Zurückhalten not­ wendiger Finanzierungs- oder Dienstleistungen ausschließen (Statiker verweigert die Abnahme des einsturzgefährdeten Hotels und verhindert so die Geschäftsauf­ nahme) oder doch zumindest im Umfang bestimmen kann.17 Welche Auswir­ kungen eine zentral auf letztere Einflussmöglichkeit abstellende Einstandspflicht des Torwächters tatsächlich auf das gefahrträchtige Verhalten des Handelnden zeitigt, hängt ersichtlich davon ab, ob und wie leicht sich Letzterer die benötigten Leistungen von anderen Anbietern besorgen kann, die sich auch durch die Haf­ tungsdrohung nicht abschrecken lassen.18 Immerhin illustriert die prinzipielle Effizienz einer Einstandspflicht auch von Torwächtern, dass ganz allgemein ein direkter Einfluss auf die von den unmittelbar Handelnden geübte Sorgfalt nicht notwendig ist. Eine relevante, die Einstandspflicht legitimierende Kontrollmög­ lichkeit kann vielmehr schon allein in der Möglichkeit liegen, das Aktivitätsni­ veau der Handelnden zu bestimmen.19 Es ist jedoch zu beachten, dass die Kontrollmöglichkeit zwar als notwendige, nicht aber als hinreichende Bedingung der Haftungsbegründung gesehen wird. Selbst wenn die genannten Voraussetzungen vorliegen, ist die haftungsrechtliche Einbeziehung des Hintermanns gleichwohl nur unter bestimmten weiteren Krite­ rien wünschenswert.

B.  Zusätzliche Kriterien der Haftungsbegründung Das Bestehen einer Kontrollmöglichkeit allein reicht für eine Begründung der Einstandspflicht des Geschäftsherrn unter Effizienzgesichtspunkten nicht aus. 16   Hierin liegt im Haftungsfall indessen keine echte Zurechnung, sondern eine Einstands­ pflicht für eigenes Fehlverhalten, das sich aber erst durch die Dritthandlung realisiert, vgl. auch Sykes, 93 Yale L. J. 1231 Fn.  2 (1984). 17   Grundsätzlich dazu Kraakman, 2 J. L. Econ. & Org. 53 (1986). Zu speziellen Konstellatio­ nen z. B. Jackson, 66 S.  Cal. L. Rev. 1019 (1993) (Anwälte im Finanzaufsichtsrecht); Wilkins, 66 S.  Cal. L. Rev. 1145 (1993) (dito); Franzoni, 18 Int’l Rev. L. & Econ. 365 (1998) (Wirtschaftsprü­ fer/Steuerberater); Choi, 92 Nw. U. L. Rev. 916 (1998) (Investmentbanken bei Effektenemissi­ onen); monographisch im Zusammenhang mit den Finanzskandalen der ersten Hälfte dieses Jahrzehnts (Enron, Worldcom etc.) Coffee, Jr., Gatekeepers: The Role of the Professions in Cor­ porate Governance, 2006. 18   Kraakman, 2 J. L. Econ. & Org. 53, 66 ff. (1986). 19   Shavell, Economic Analysis of Accident Law, 1987, S.  171 f.; Kraakman in Bouckaert/De Geest (Hrsg.), Encyclopedia of Law and Economics, Bd.  2, 2000, S.  669, 675. Vgl. auch das Mo­ dell von Polinsky/Shavell, 13 Int’l Rev. L. & Econ. 239, 244 f. (1993), in dem sich sozial wün­ schenswerte Ergebnisse unter der Annahme erzielen lassen, der Arbeitgeber könne zwar nicht die von den Arbeitnehmern zu übende Sorgfalt beobachten, aber deren Aktivitätsniveau bestim­ men. Vgl. umgekehrt aber auch infra bei Fn.  21 sowie L.Kramer/Sykes, 1987 Sup. Ct. Rev. 249, 278 ff., die zeigen, dass jedenfalls für öffentlich-rechtliche Prinzipale eine haftungsrechtlich erzwungene Internalisierung potentieller Schädigungen durch ihre Agenten nicht notwendig zu einer effizienten Anpassung des Aktivitätsniveaus führt.

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Zunächst ist nämlich der ganz generelle Gesichtspunkt zu berücksichtigen, dass die von eigenem Fehlverhalten abhängige Einstandspflicht an die Überwachungs­ kosten bzw. den sonstigen Aufwand der Kontrolle des Gehilfenverhaltens gebun­ den sein sollte. 20 Ansonsten droht ein durch die erzielbaren Erfolge in der Verrin­ gerung der Einbußen nicht gerechtfertigter, verschwenderischer Einsatz von Res­ sourcen zur Schadensprävention. Zum anderen gilt es zu bedenken, dass grund­ sätzlich auch der Handelnde durch seine – de jure nicht verdrängte – persönliche Haftung Anreize erhält, effiziente Risikovorsorge zu treffen und sein Aktivitäts­ niveau anzupassen, die durch die Einstandspflicht eines nicht über starke Kon­ trollmöglichkeiten verfügenden Hintermanns u. U. sogar abgeschwächt werden können. 21 Insbesondere dort, wo die de facto mit großen Überwachungsfreiräu­ men ausgestatteten Handelnden sich unter Ausnutzung der bestehenden Lücken bewusst für ein schädigendes Verhalten entscheiden, um ihre eigenen Interessen zu befördern, wird die Einstandspflicht eines Hintermannes wenig zur Präventi­ on beitragen können, wohingegen eine effektive Eigenhaftung der Akteure durch­ aus erfolgversprechend erscheint.22 Aber selbst dort, wo Potential für eine Verbes­ serung der Anreizstruktur der Beteiligten besteht, ist neben der damit einherge­ henden wünschenswerten Senkung der primären Kosten die mögliche Steigerung der tertiären Kosten als Folge der Verantwortlichkeit Mehrerer in den Blick zu nehmen.23 Typische Aspekte in dieser Hinsicht sind die Kosten von Regresspro­ zessen des Prinzipals gegen den Agenten, die Vervielfachung der Anwaltskosten, wenn Prinzipal und Agent gleichzeitig in Anspruch genommen werden etc. 24 20   Vgl. für die common law Doktrin des respondeat superior Landes/R.Posner, The Econo­ mic Structure of Tort Law, 1987, S.  208. 21   Sykes, 93 Yale L. J. 1231, 1284 (1984) mit der Beobachtung, dass im Fall der Einstands­ pflicht eines keine nennenswerte Kontrolle ausübenden Prinzipals die eigenen Präventionsan­ strengungen des Agenten sinken werden, wenn und soweit er selbst nicht mehr mit einer Inan­ spruchnahme rechnen muss. 22   So zu betrügerischen Fehlinformationen des Kapitalmarkts durch hochrangige Manager, insbesondere in Insolvenznähe Arlen/Carney, 1992 U. Ill. L. Rev. 691. In diesen Konstellatio­ nen kommt hinzu, dass die Einstandspflicht des Emittenten für das vorsätzliche informationelle Fehlverhalten seiner Repräsentanten lediglich zu einer Umverteilung zwischen nicht verant­ wortlichen Investoren – und einem Abfluss von Rechtsverfolgungskosten – führt: Die gegen­ wärtigen Anteilseigner entschädigen die zu einem früheren Zeitpunkt beeinträchtigten, vgl. Kraakman in Bouckaert/De Geest (Hrsg.), Encyclopedia of Law and Economics, Bd.  2, 2000, S.  669, 672. 23   Die Unterscheidung von primären, sekundären und tertiären Kosten von schädigenden Ereignissen geht zurück auf Calabresi, The Costs of Accidents, 1970, S.  26 ff. Unter primären Kosten sind die durch das schadenstiftende Ereignis bei den Betroffenen drohenden Einbußen zu verstehen, mit anderen Worten die Anzahl und das Ausmaß der drohenden Schäden (ibid., S.  26 f.). Sekundäre Kosten sind dadurch verursacht, dass im Fall des Schadenseintritts die Ein­ buße von den Mitgliedern der Gesellschaft zu tragen ist und sich die Individuen in ihrer Fähig­ keit unterscheiden, antizipierte Risiken zu tragen (ibid., S.  27 f.). Es geht also um das Problem effizienter Risikoverteilung. Unter tertiären Kosten sind schließlich diejenigen Einbußen zu verstehen, die der Gesellschaft durch die jeweilige Abwicklung des Schadensereignisses entste­ hen (ibid., S.  28). Zum ganzen auch H.-B.Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse, 4.  Aufl., 2005, S.  129 ff. 24   Shavell, Economic Analysis of Accident Law, 1987, S.  174.

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Danach geht es bei der ökonomischen Begründung einer Einstandspflicht für das Verhalten anderer darum, die Konstellationen zu identifizieren, in denen die (zusätzliche) Haftung eines Hintermanns einen sozialen Mehrwert erzeugt. Dies ist der Fall, wenn sie zu Verbesserungen im Hinblick auf das zentrale Ziel des Haftungsrechts führt, die mit den bestehenden Schadensrisiken zusammenhän­ genden Wohlstandseinbußen so gering wie möglich zu halten.

I.  Überlegene Möglichkeiten des Hintermanns zur Risikominimierung 1.  Kognitive Vorteile des Prinzipals Vor diesem Hintergrund erscheint die Haftung eines Hintermanns zunächst sinnvoll, wenn dieser Handlungen zur Risikoverringerung vornehmen kann, die dem Gehilfen nicht möglich sind. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn er über bes­ sere Informationen zur Schadensvermeidung verfügt und dieses Wissen durch Einflussnahme auf den Handelnden zur Geltung bringen kann. Denkbar sind in­ soweit Fälle, in denen der Hintermann eine überlegene Einschätzung der Risiken oder der vom Handelnden zu verfolgenden Strategien zu ihrer Minimierung be­ sitzt. Hier wird ihn eine drohende Haftung zu Weitergabe und Sicherung des Einsatzes der relevanten Informationen anhalten.25 Es stellt letztlich nur eine partielle Erweiterung der eben angesprochenen, be­ schränkten Verfügbarkeit von Informationen dar, wenn darauf abgestellt wird, die Anreizwirkung der Haftung nur des unmittelbar Handelnden könne ineffizi­ ent sein, weil suboptimale Präventionsanreize auch im Hinblick auf irrationale Verhaltensdispositionen von Individuen drohten.26 Im Kern geht es nämlich stets darum, dass die begrenzte Rationalität des Agenten ihn in bestimmten Situati­ onen für den motivierenden Impetus der haftungsrechtlichen Sanktion unemp­ fänglich macht, da er nicht in der Lage ist, das geforderte Maß an Sorgfalt zu er­ kennen und/oder sein Verhalten entsprechend anzupassen. Hier wie dort kann eine Haftung des Hintermanns zu Verbesserungen führen. Als Beispiel mag der durch den Angestellten verursachte Umweltschaden dienen: Wäre der Angestellte ein unbeschränkt rationaler Akteur, der nicht als Folge kognitiver Vorurteile, heuristischer Schranken, emotionaler Impulse u. ä. den Grenzen menschlicher Rationalität unterworfen wäre, befände er sich in der Tat in der Position, Kosten und Nutzen unterschiedlicher Sorgfaltsniveaus im Lichte der jeweiligen Scha­ denswahrscheinlichkeit und der drohenden Einbußen zu kalkulieren und sein Verhalten entsprechend der ökonomischen Desiderate zu optimieren. Gerade bei komplexen schadensgeneigten Sachverhalten scheint aber weniger der konkret Handelnde zu einer solchen Kalkulation ad hoc im Stande. Vielmehr werden nicht   Shavell, Economic Analysis of Accident Law, 1987, S.  173.   Zum Folgenden Croley, 69 S.  Cal. L. Rev. 1705, 1719 ff., 1731 (1996); siehe auch G.Schwartz, 69 S.  Cal. L. Rev. 1739, 1765 f. (1996). 25 26

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selten seine Hintermänner zu einer ex ante akkurateren Bestimmung der rele­ vanten Parameter fähig sein. Die Einstandspflicht dient in dieser Konstellation dazu, die überlegene Möglichkeit zur rationalen, auf Nutzenmaximierung abzie­ lenden Risikoabschätzung und -begrenzung in Form von konkreten Handlungs­ anweisungen, Sicherheitsleitlinien etc. zu aktivieren. 2.  Vorteile interner Sanktionen gegenüber externer Haftung Unter dem Gesichtspunkt der überlegenen Möglichkeit zur Risikominimierung lassen sich aber auch Konstellationen fassen, in denen effiziente Verhaltensanreize für den Agenten vom Prinzipal im Rahmen ihrer dauernden rechtlichen Verbin­ dung besser gesetzt werden können als durch externe Mechanismen, z. B. weil der Prinzipal das Verhalten der Agenten besser beobachten kann als die Gerichte. 27 Insoweit geht es darum, dass die effiziente haftungsrechtliche Inanspruchnahme des Handelnden durch die Gerichte nicht immer gelingt, weil der externen In­ stanz Informationen fehlen, über die der Prinzipal verfügt. 28 So kann es den Tat­ sachengerichten u. U. mangels Einblick in die Geschehnisse nicht möglich sein, einen verhaltenssteuernden Fahrlässigkeitsstandard korrekt anzuwenden. Wird der Handelnde zu Unrecht in Anspruch genommen, obwohl er den angemessenen Sorgfaltsmaßstäben genügt hat, werden Anreize zu ineffizient hohem Vermei­ dungsaufwand bzw. ineffizient niedriger Aktivität gesetzt. 29 Trifft den Handeln­ den trotz unzureichender Sorgfalt keine Haftung, führt dies umgekehrt zu ineffi­ zient niedrigen Investitionen in die Schadensvermeidung und einem ineffizient hohem Aktivitätsniveau. Verfügt der Hintermann, z. B. der Arbeitgeber, über die relevanten Informationen, weil er die internen Abläufe überblickt, kann ein haf­ tungsrechtlicher Anreiz zu effizienteren Ergebnissen führen. Durch die Ein­ standspflicht wird er nämlich angehalten, seine besseren Informationen zu einer adäquaten Einflussnahme auf den Handelnden, z. B. den Arbeitnehmer, zu nut­ zen. Gegenüber dem handelnden Agenten substituiert der effiziente private Sank­ tionsmechanismus des Prinzipals30 die ineffiziente staatliche Haftungsdrohung. Ganz ähnlich liegen Fälle, in denen es für den Geschädigten vorhersehbar schwierig ist, den verantwortlichen Handelnden zu bestimmen, dies für den Prin­

27   Shavell, Economic Analysis of Accident Law, 1987, S.  173; Kraakman in Bouckaert/De Geest (Hrsg.), Encyclopedia of Law and Economics, Bd.  2, 2000, S.  669, 671. 28   Allgemein zur Bedeutung von Tatsachen, die im genannten Sinne zwar von den Beteiligten beobachtbar (observable information), aber von einem außenstehenden Dritten (Gericht, Schiedsrichter) nicht überprüfbar (non-verifiable information) sind, z. B. A.Schwartz, 21 J. Le­ gal Stud. 271, 279 f. (1992); A.Schwartz, 3 S.  Cal. Interdisc. L. J. 389, 403 ff. (1993); Hermalin/ Katz, 9 J. L. Econ. & Org. 230 (1993); O.Hart, Firms, Contracts, and Financial Structure, 1995, S.  37 f. Fn.  15; Selanié, The Economics of Contracts, 2.  Aufl., 2005, S.  195. 29   Vgl auch infra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. a) (1). 30   Insoweit kommen neben harten Regressforderungen v. a. auch weichere Anreizmechanis­ men in Form von Nachteilen beim beruflichen Fortkommen u. ä. in Betracht.

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zipal aber mit geringerem Aufwand möglich ist.31 Dies kann beispielsweise begeg­ nen, wenn die Verursachung des Schadens aufgrund des Zusammenwirkens mehrer Gehilfen von außen schwer zu beurteilen ist.32 Auch hier wird die direkte Haftung nur des Agenten zu ineffizienten Ergebnissen führen, weil dieser auf­ grund der Unsicherheiten bei der Identifikation des Passivlegitimierten nicht not­ wendig mit einer haftungsrechtlichen Inanspruchnahme rechnen muss. Demge­ genüber kann die Kombination aus Einstandspflicht des Prinzipals und einer hierdurch induzierten, internen Sanktion gegenüber dem vom Prinzipal zielsi­ cherer zu identifizierenden, verantwortlichen Agenten zu überlegenen Ergebnis­ sen führen. Zum Teil wird freilich auch auf einen gegenläufigen Effekt hingewiesen, wenn die Einstandspflicht dazu verwendet wird, einen komparativen Vorteil des Prin­ zipals im Verhältnis zu außenstehenden Dritten zur Optimierung der Präventi­ onsanstrengungen auszunutzen. Wenn bei der internen Überwachung und Sank­ tionierung von Fehlverhalten gesammelte Informationen zu einer Einstands­ pflicht des Prinzipals gegenüber Dritten führen können, die andernfalls keine Möglichkeit hätten, den haftungsbegründenden Sachverhalt zu ermitteln, entste­ hen für den Prinzipal Anreize, seine Überwachungsbemühungen gering zu halten oder gar ganz einzustellen, um nicht die seine Interessen schädigenden Informa­ tionen zu produzieren.33 Zwar senkt die Überwachungstätigkeit das Risiko des Prinzipals, dass überhaupt ein Fehlverhalten des Gehilfen auftritt, doch erhöht sie gleichzeitig die Gefahr zu haften, wenn es doch zu einer Pflichtwidrigkeit kommt. Besonders plastisch – aber keinesfalls auf diese Konstellationen beschränkt – ist dieses Phänomen, wenn eine vom Eigenverschulden des Prinzipals unabhängige Einstandspflicht für ein Verschulden des Gehilfen besteht: Lässt sich Letzteres ohne nur dem Prinzipal zugängliche Informationen nicht oder nur schwer nach­ weisen, bestehen erhebliche Anreize, die relevanten Beobachtungen unter Ver­ schluss zu halten bzw. von Anfang an gar nicht anzustellen.34 Im Extremfall kön­ nen hartgesottene Agenten sogar davon ausgehen, dass der Prinzipal im Eigenin­ teresse keine nennenswerten Überwachungsaktivitäten entfalten wird, da diese   Kornhauser, 70 Cal. L. Rev. 1345, 1370 f. (1982).   Beispiele sind die Verletzung eines Benutzers einer fehlerhaften Anlage, wenn für den au­ ßerhalb der relevanten Betriebsabläufe stehenden Verletzten typischerweise nicht ohne weiteres erkennbar ist, ob die Ingenieure bei der Entwicklung, die Arbeiter in der Produktion oder das Personal bei der Wartung der Anlage für das schadenstiftende Ereignis verantwortlich zeich­ nen, Shavell, Economic Analysis of Accident Law, 1987, S.  173 f. 33   Vgl. Arlen, 23 J. Legal Stud. 832 (1994) für den Fall der – unter U. S.-amerikanischem Recht möglichen – strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Unternehmen für ihre Mitarbeiter, die „potentiell perverse Effekte“ erzeuge. Zu Recht hält Kraakman in Bouckaert/De Geest (Hrsg.), Encyclopedia of Law and Economics, Bd.  2, 2000, S.  669, 673 die Erwägungen Arlens für auf zivilrechtliche Einstandspflichten übertragbar. 34   Chu/Qian, 15 Int’l Rev. L. & Econ. 305 (1995). Insoweit wird teilweise vorgeschlagen, die Prinzipale durch Haftungsfreistellungen u. ä. vor einer weitergehenden Eigenhaftung zu schüt­ zen, wenn diese interne Überwachungs- und Aufklärungsanstrengungen unternehmen, Arlen/ Kraakman, 72 N. Y. U. L. Rev. 687, 736 ff. (1997). 31

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Kapitel 4:  Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen

lediglich zusätzliche Kosten erzeugen und die eigene Haftungsexposition erhö­ hen.35 Dies ändert sich – ohne regulatorisches Korrektiv – erst dann, wenn feh­ lende interne Kontrollmechanismen anderweitig zu signifikanten Einbußen des Prinzipals führen, z. B. weil seine Marktanteile als Folge von Reputationsverlus­ ten schrumpfen. Neben den naheliegenden Vorschlägen einer – auch faktisch durchsetzbaren – Haftung für eigenes Überwachungsverschulden,36 wird weitge­ hende Abhilfe bereits durch die von manchen auch aus anderen Gründen (volle Kosteninternalisierung, einfache Handhabung) befürwortete, originäre und ver­ schuldensunabhängige Haftung des Prinzipals für sämtliche produktionsbe­ dingten Schäden geschaffen: 37 Hier kann der Prinzipal nämlich der eigenen Haf­ tung durch nachlässige Überwachung oder Aufklärung der Schadensursachen nicht ohne weiteres entkommen. Freilich ist eine solche Regel ihrerseits ineffizient und eine verschuldensabhängige Haftung auch des Prinzipals vorzugswürdig, wenn es um Fehlverhalten der Agenten geht, das nicht in den Grenzkosten der Unternehmenstätigkeit abgebildet wird und das der Prinzipal seinerseits unter­ binden kann.38 In bestimmten Konstellationen kann daher sogar eine Kombinati­ on von verschuldensabhängigen und -unabhängigen Sanktionselementen am ehesten das Ziel verwirklichen, effektiven Präventionsaufwand durch volle Risi­ kointernalisierung und adäquate Überwachungsanstrengungen des Prinzipals zu veranlassen.39 Inwieweit sich mit Hilfe entsprechender Kombinationsregime auch der generell gegen verschuldensabhängige Elemente in den untersuchten Haf­ tungsregimen erhobene Einwand entkräften lässt, diese führten in der fehleran­ fälligen gerichtlichen Anwendung zu über die gesamtgesellschaftlichen Kosten hinausgehenden Einstandspflichten,40 kann im hier interessierenden, rein zivil­ rechtlichen Kontext dahinstehen. Die insoweit vorgeschlagene Herabsetzung der verschuldensunabhängigen Haftung, um die tendentiell exzessive verschuldensab­ hängige Einstandspflicht zu kompensieren,41 erscheint zumindest im zivilis­ tischen Binnenkontext wenig praktikabel.

II.  Überwindung des Problems der Vermögensrestriktion   (judgement proof problem) Ein über haftungsrechtliche Schadensersatzsanktionen gesetzter Anreiz zu sozial wünschenswertem, einbußenminimierendem Verhalten kann seine intendierte   Arlen/Kraakman, 72 N. Y. U. L. Rev. 687, 712 ff. (1997).   Arlen/Kraakman, 72 N. Y. U. L. Rev. 687, 717 f. (1997). 37   Polinsky/Shavell, 13 Int’l Rev. L. & Econ. 239, 241, 251 f. (1993). 38   Sykes, 101 Harv. L. Rev. 563, 577 ff. (1988). 39   Vgl. für vorsätzliches Fehlverhalten der Agenten, Arlen/Kraakman, 72 N. Y. U. L. Rev. 687, 745 ff. (1997). 40   Vgl. Fischel/Sykes, 25 J. Legal Stud. 319, 328 f. (1996). 41   Siehe Kraakman in Bouckaert/De Geest (Hrsg.), Encyclopedia of Law and Economics, Bd.  2, 2000, S.  669, 677. 35

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§  1  Ökonomik der deliktsrechtlichen Verantwortlichkeit für Drittverhalten

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Wirkung dort nicht entfalten, wo die im Raum stehende, den gesamtgesellschaft­ lichen Schaden abbildende Ersatzpflicht für den Normadressaten keine optimale Motivation begründet, weil seine Vermögenswerte den drohenden Schaden nicht decken. Er ist, mit anderen Worten, gegenüber der angestrebten vollen Internali­ sierung des Schadens weitgehend indifferent und insoweit für die schadensrecht­ liche Sanktion quasi unerreichbar (judgement proof ).42 Sowohl seine Risikovor­ sorge als auch sein Aktivitätsniveau wird ineffizient sein, weil die ihm maximal drohenden, durch sein verfügbares Vermögen begrenzten Einbußen geringer sind als der potentielle gesamtgesellschaftliche Schaden. Eine Lösung des Problems kann darin liegen, den über hinreichende Vermögenswerte verfügenden und da­ her durch die Haftungssanktion zu optimalem Verhalten motivierbaren Hinter­ mann in die Verantwortlichkeit für drohende Schäden einzubeziehen und auf diese Weise in seiner Person soziales und privates Kostenkalkül wieder zu paral­ lelisieren.43 Unter Effizienzgesichtspunkten ist dabei allerdings zu berücksichti­ gen, dass substantielle Wohlfahrtsgewinne nur dort erzielt werden, wo die Ver­ mögensausstattung von Agenten und Prinzipalen erheblich voneinander abweicht und die drohenden Einbußen diese Unterschiede zur Geltung bringen, also z. B. das Vermögen des Agenten weit übersteigen, das des Prinzipals aber nicht aus­ schöpfen.44 Zu bedenken ist insoweit auch, dass in den Fällen, in denen die Vermö­ gensrestriktion die externe Haftung als Anreizmechanismus gegenüber dem Agenten entwertet, keinesfalls gesichert ist, dass der Prinzipal in der Lage ist, ef­ fiziente interne Sanktionen zu verhängen, die beim Handelnden eine dem insge­ samt drohenden Schaden adäquate Verhaltensmotivation erzeugen. Unabhängig von etwaigen überlegenen Informationen des Prinzipals,45 erschöpft sich das die­ sem zur Verfügung stehende (privatrechtliche) Maßnahmenarsenal in einer – durch das unzureichende Vermögen des Agenten begrenzte – Regressnahme und der Beendigung der Beschäftigungsbeziehung, was zur Veranlassung optimaler Sorgfalt in Anbetracht eines drohenden, exorbitanten gesamtgesellschaftlichen Schadens nicht immer ausreichen wird. Allerdings spricht dieser Aspekt nicht grundsätzlich gegen eine Einstandspflicht, sondern illustriert vielmehr, dass zur effizienten Schadensprävention weitere, speziell auf die Agenten zugeschnittene Maßnahmen notwendig sein können. 46 Denkbar ist insoweit auch ein bewusstes 42   Grundlegend zur Vermögensrestriktion aus ökonomischer Sicht Summers, 132 U. Pa. L. Rev. 145 (1983); Shavell, 6 Int’l. Rev. L. & Econ. 45 (1986). 43   Schulbeispiel ist die haftungsrechtlich erzwungene Internalisierung von durch fehlerhafte Produkte verursachten Schäden durch die herstellenden Unternehmen, z. B. Shavell, 9 J. Legal Stud. 1, 3 ff., 8 f., 12 ff., 20 ff. (1980); L.Kramer/Sykes, 1987 Sup. Ct. Rev. 249, 286 (1987). 44   Kornhauser, 70 Cal. L. Rev. 1345, 1351 f. (1982); Sykes, 93 Yale L. J. 1231, 1241 (1984). Vgl. auch Shavell, Economic Analysis of Accident Law, 1987, S.  172 f. mit dem Hinweis, dass die ge­ nannte Voraussetzung im Verhältnis Arbeitnehmer und Arbeitgeber typischerweise gegeben sein wird, in anderen Fällen der Einschaltung von Gehilfen aber nicht notwendig vorliegen muss (z. B. Versendung durch Privatmann mit Hilfe eines global tätigen Logistikunternehmens). 45   Supra I. 46   Polinsky/Shavell, 13 Int’l Rev. L. & Econ. 239 (1993) befürworten deshalb in den genann­ ten Konstellationen eine strafrechtliche Verantwortlichkeit der Agenten. Da diese erhöhte Ge­

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Kapitel 4:  Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen

Abweichen in den Haftungsbegründungsvoraussetzungen, insbesondere weil ge­ rade Agenten mit begrenztem Vermögen durch eine Verschuldenshaftung eher zu angemessenem Präventionsaufwand angehalten werden können, während auf Sei­ ten der Prinzipale eine verschuldensunabhängige Einstandspflicht für die ge­ fahrträchtigen Aktivitäten gerechtfertigt sein kann.47 Eine extreme Variante des Problems der Vermögensrestriktion begegnet in Form einer Missbrauchssteuerung, wenn ein die schadensgeneigte Tätigkeit kont­ rollierender Hintermann die (relative) Mittellosigkeit des handelnden Haftungs­ trägers bewusst auszunutzen trachtet, um Risiken auf betroffene Dritte zu exter­ nalisieren.48 Die unterschiedlichen verbandsrechtlichen Doktrinen, die unabhän­ gig von der dogmatischen Einkleidung im Ergebnis zu einem haftungsrechtlichen Durchgriff auf den die Aktivität kontrollierenden Prinzipal führen,49 reagieren auf die (intentionale) Ausnutzung der Vermögensrestriktion. Sie korrigieren die aus dieser resultierende Ausschaltung der Verhaltensanreize, die über die Haf­ tung des unmittelbar Handelnden gesetzt werden sollen.50 Nicht zu Unrecht wird dementsprechend darauf hingewiesen, dass die Überwindung der von der Vermö­ gensrestriktion ausgehenden Anreizverzerrungen nicht nur die Haftung von ju­ ristischen Personen als Prinzipale von mit unzureichenden Mitteln ausgestatteten, natürlichen Personen wünschenswert erscheinen lässt. Vielmehr ist in manchen Konstellationen unter Effizienzgesichtspunkten gerade umgekehrt die Einstands­ pflicht natürlicher Personen geboten, die das riskante Verhalten des insuffizient kapitalisierten, primären Haftungsträgers kontrollieren.51 fahr persönlicher Verantwortlichkeit durch entsprechende Anpassungen der Agentenvergütung nach oben kompensiert wird, internalisieren die Prinzipale bereits auf diesem Weg einen Teil der sozialen Kosten, weshalb ihre eigene Verantwortlichkeit über die Einstandspflicht entsprechend reduziert werden müsste. Sonst droht von Seiten der Prinzipale eine nicht wünschenswerte Her­ absetzung des Aktivitätsniveaus und eine ebensolche Verringerung des Konsums, weil die Prin­ zipale ihre exzessiven Haftungskosten durch Preiserhöhungen an die Verbraucher weitergeben werden (ibid., S.  241, 243 f.). 47   Polinsky/Shavell, 13 Int’l Rev. L. & Econ. 239, 241, 251 f. (1993), mit dem weiteren Argu­ ment, dass auf diese Weise die gesamtgesellschaftlich teuren, strafrechtlichen Sanktionen (In­ haftierung) weitgehend vermieden werden können. 48   Vgl. zu diesem, v. a. im verbandsrechtlichen Kontext begegnenden Problem z. B. Halpern/ Trebilcock/Turnbull, 30 U. Toronto L. J. 117, 147 ff. (1980); Easterbrook/Fischel, 52 U. Chi. L. Rev. 89, 93 ff. (1985); Easterbrook/Fischel, The Economic Structure of Corporate Law, 1991, S.  49 ff.; Woodward, 141 JITE 601, 609 f. (1985); Hansmann/Kraakman, 100 Yale L. J. 1879, 1919 f. (1991); Hansmann/Kraakman, 110 Yale L. J. 387, 428 ff. (2000); im deutschsprachigen Schrifttum Zusammenfassung bei Bitter, Konzernrechtliche Durchgriffshaftung der Personen­ gesellschaften, 2000, S.  185 ff.; Grigoleit, Gesellschafterhaftung für interne Einflussnahme im Recht der GmbH, 2006, S.  36 f. 49   Rechtsvergleichende Überblicke zur Behandlung der vielfältigen Problemlagen bei Vanderkerckhove, Piercing the Corporate Veil, 2007, S.  27 ff., 95 ff. (Belgien, Niederlande, Frank­ reich, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten); Mülhens, Der sogenannte Durchgriff im deutschen und englischen Recht, 2006, S.  56 ff. Umfassend zum U. S.-amerikanischen Gesell­ schaftsrecht der Bundesstaaten Presser, Piercing the Corporate Veil, 1991 ff. 50   Vgl. dazu auch Tröger, Festschrift für Harm Peter Westermann, 2008, S.  1533, 1547 ff. 51   Vgl. für die Organhaftung Kraakman, 93 Yale L. J. 857, 869 ff. (1984); Kraakman in: Hopt/ Teubner (Hrsg.), Corporate Governance and Directors’ Liability, 1985, S.  178, 191 ff.

§  1  Ökonomik der deliktsrechtlichen Verantwortlichkeit für Drittverhalten

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Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch der Umstand, dass die Rechtfertigung einer Einstandspflicht von Hintermännern allein unter dem Ge­ sichtspunkt der Vermögensrestriktion des Handelnden gedanklich voraussetzt, dass der Handelnde prinzipiell auch Adressat einer (insuffizienten) Haftungs­ sanktion ist. Fehlt es an einer solchen, z. B. weil die Hilfsperson als Folge der Re­ lativität schuldrechtlicher Pflichtenbindungen nicht in das vertragsrechtliche Haftungsregime eingebunden ist, ist in erster Linie an die Begründung eines an sie gerichteten Sanktionsmechanismus zu denken. Dieser muss nicht in einer ex­ ternen Verantwortlichkeit gegenüber dem potentiell Beeinträchtigen liegen, was letztlich zu der Frage überlegener interner Kontrolle zurückführt.52

III.  Risikoaversion natürlicher Personen Im Hinblick auf das ökonomische Desiderat, die sekundären Schadenskosten durch eine effiziente Risikoverteilung zu minimieren, kann die Verantwortlich­ keit des Prinzipals sinnvoll sein, wenn man von dessen Risikoneutralität bei gleichzeitiger Risikoaversion 53 von Geschädigtem und Handelndem ausgeht.54 1.  Bedeutung individueller Risikopräferenz für das Recht Bezug genommen ist damit auf die unterschiedlichen Risikopräferenzen der Be­ teiligten und ihren Einfluss auf die individuelle Nutzenerwartung. Die Grundla­ ge für die unterschiedliche Fähigkeit einzelner Akteure, Risiken zu tragen, liegt aus Sicht der Theorie der Rationalwahl55 in dem Umstand, dass die Bewertung unsicherer Ereignisse nicht einheitlich erfolgt. Die Problematik der Risikopräfe­ renz handelnder Personen lässt sich am einfachsten anhand eines Modells ver­ deutlichen. Sieht sich eine Person vor die Wahl gestellt, zu handeln und mit der Wahrscheinlichkeit q das Ergebnis w1 und mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 – q lediglich das Ergebnis w2 zu erzielen, stellt sich der Erwartungswert der Hand­ lung als we = qw1 + (1 – q)w2 dar. Sofern U(w) den individuellen Nutzen des Handelnden bezeichnet, ist der Akteur risikoneutral wenn für ihn U(we) = qU(w1) + (1 – q)U(w 2) ist, d. h. also der Nutzen aus einem sicheren Ereignis, das zu einem Ergebnis we führt, der Linearkombination der Nutzen entspricht, die aus den un­ sicheren (riskanten) Ergebnissen w1 und w2 resultiert. Demgegenüber ist er risi­ koavers, wenn aus seiner Warte U(we)  qU(w1) + (1 – q)U(w2) bzw. risikoge­ neigt, sofern U(we)  qU(w1) + (1 – q)U(w 2). Anders ausgedrückt, würde eine   Supra I. 2.   Allgemein zum Phänomen unterschiedlicher Risikopräferenzen und den Konsequenzen für die rechtliche Regulierung infra §  2 B I 2. 54   L.Kramer/Sykes, 1987 Sup. Ct. Rev. 249, 278 (1987); Chapman, 69 S.  Cal. L. Rev. 1679, 1687 ff. (1996). 55   Schon oben Kapitel 1 §  2 Fn.  47. 52 53

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Kapitel 4:  Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen

risikoscheue Person eine sog. „gerechte“ Wette (fair gamble) mit we = 0 stets ab­ lehnen, wohingegen ein risikofreudiger Akteur diese eingehen und ein risikoneu­ traler Handelnder gegenüber den Handlungsalternativen gleichgültig wäre.56 In der Verhaltensökonomik wird zur Erklärung der beobachteten Dispositi­ onen unterschiedlicher Akteure demgegenüber nicht auf Risikopräferenzen abge­ stellt, sondern diese als Ausdruck einer Verlustaversion beschrieben.57 Letztere ist Konsequenz der von Daniel Kahneman und Amos Tversky aufgezeigten, asym­ metrischen Wertfunktion, die im Bereich der Wohlfahrtsverluste steiler verläuft als in demjenigen der Gewinne.58 Im hier interessierenden Zusammenhang folgt daraus, dass in dem gebildeten Modell die Bewertung der Handlungsalternativen v. a. von der Einschätzung des negativen Ausgangs (1 – q)U(w2) abhängt, der ins­ besondere von natürlichen Personen übergewichtet wird, wenn Einbußen dro­ hen. Im Gegensatz dazu geht die Theorie der Rationalwahl davon aus, dass die individuelle Bewertung der Unsicherheit als solcher durch die Akteure ausschlag­ gebend ist. Im hier interessierenden Zusammenhang bleibt aber unabhängig von den un­ terschiedlichen Konzeptionen festzuhalten, dass der Wunsch der Beteiligten, durch die bestehenden Unsicherheiten nur entsprechend der eigenen diesbezüg­ lichen Prädisposition belastet zu werden, einen regulierungsrelevanten Bestand­ teil des verfolgten Ziels darstellt, durch mögliche Schadensereignisse drohende Wohlfahrtseinbußen von Anfang an so gering wie möglich zu halten. Die indivi­ duelle Wohlfahrt der Beteiligten wird nämlich unabhängig von den allgemeinen Rationalitätsannahmen durch die Belastung mit Schadensrisiken nachhaltig be­ einflusst. 2.  Relevante Konstellationen im Bereich der Einstandspflicht für Gehilfenverhalten Plastische Beispiele für die hier in den Mittelpunkt gestellte Konstellation begeg­ nen in Gestalt risikoaverser, zu exzessiver Schadensprävention neigender Mana­ ger und diversifizierter, risikoneutraler Investoren als Residualeigentümern.59 Zu beachten ist aber, dass insoweit bereits eine verschuldensabhängige Eigenhaftung der Agenten die wünschenswerte Senkung der sekundären Kosten bewirkt – das Risiko einer tatsächlichen Inanspruchnahme wird auf die Fälle tatsächlichen, ei­ genen Fehlverhaltens beschränkt. Am Rande sei zudem erwähnt, dass die genann­ ten Vorteile einer effizienten Risikoverteilung in den einschlägigen Konstellatio­ 56   Zum ganzen ausführlich R. Frank, Microeconomics and Behavior, 8.  Aufl., 2010, S.  179 ff.; B. C. Eaton/D. Eaton/Allen, Microeconomics, 6.  Aufl., 2005, S.  584 f. 57   Rabin/Thaler, 15 J. Econ. Persp.  219 (2001). 58   Kahneman/Tversky, 47 Econometrica 263 (1979); Tversky/Kahneman, 211 Science 453 (1981); zusammenfassend R.Frank, Microeconomics and Behavior, 8.  Aufl., 2010, S.  239 ff. 59   Vgl. zu den Gründen der Risikoaversion des professionellen Managements großer Publi­ kumsgesellschaften z. B. Roe, 72 Va. L. Rev. 1, 18 ff. (1986); LoPucki, 106 Yale L. J. 1, 42 f. (1996).

§  1  Ökonomik der deliktsrechtlichen Verantwortlichkeit für Drittverhalten

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nen gerade auch im Interesse des Prinzipals liegen, da dieser so Nachteile aus dem sonst drohenden, übervorsichtigen Verhalten der Agenten abwenden kann. 60 Ge­ rade im Kontext effizienter Risikoverteilung ist aber auch zu beachten, dass die Rechtfertigung einer Einstandspflicht unter diesem Gesichtspunkt nicht für alle denkbaren Fälle des Fehlverhaltens von Agenten gleich stark ist, zum Teil sogar entfallen kann. Dies gilt insbesondere, wenn die Agenten bewusst rechtswidrig in Verfolgung ihrer eigenen Interessen handeln. 61 Unabhängig von diesen Einschrän­ kungen stehen und fallen die erzielbaren Effizienzgewinne aus einer optimierten Risikoverteilung im Verhältnis zu risikoaversen Agenten ersichtlich mit dem Ausschluss eines Rückgriffs, d. h. setzen eine echte oder faktische Haftungsüber­ leitung voraus, gegebenenfalls in Form einer (vom Prinzipal gestellten) Versiche­ rung des Agenten gegen eine Eigenhaftung gegenüber Dritten. 62 Umgekehrt ergeben sich aber unter dem Gesichtspunkt effizienter Risikoallo­ kation auch Gründe, die gegen eine Einstandspflicht des Prinzipals sprechen, z. B. wenn es sich bei diesem um eine Privatperson oder einen Kleinunternehmer han­ delt, der sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten gegenüber einem Dritten der Dienste eines global agierenden Konzerns bedient. 63 Selbst wenn in solchen Sze­ narien unter dem Aspekt effizienter Präventionsanreize eine Einstandspflicht zu­ mindest im Hinblick auf die Kontrolle des Aktivitätsniveaus durch den Prinzipal sinnvoll sein kann, 64 spricht die effiziente Risikoverteilung klar gegen eine solche. Letztlich spiegelt diese Beobachtung den generellen Zielkonflikt wider, der zwi­ schen effizienter Prävention einerseits und effizienter Risikotragung andererseits bestehen kann. 65

60   Vgl. zur Rechtfertigung der Business Judgement Rule (§  93 Abs.  1 Satz 2 AktG) unter die­ sem Gesichtspunkt ausführlich Jungmann, Festschrift für Karsten Schmidt, 2009, S.  831, 835 f., 839 ff. m. w. N. 61   Vgl. das Beispiel und die Nachweise in Fn.  22. 62   Vgl. auch Kraakman, 93 Yale L. J. 857, 859 (1984); Kraakman, in: Hopt/Teubner (Hrsg.), Corporate Governance and Directors’ Liabilities, 1985, S.  178, 179 f. mit dem zutreffenden Hin­ weis, dass im Bereich deliktsrechtlicher Einstandspflicht (vicarious liability) großer Unterneh­ men diese jenseits besonders krasser Pflichtverstöße der Handelnden im praktischen Ergebnis regelmäßig zu einer alleinigen Haftung des Unternehmens führt. Entscheidend ist insoweit im Hinblick auf die unterstellte Risikoaversion der Agenten und der daraus folgenden, effektiven Risikoverteilung, dass die Handelnden ex ante davon ausgehen können, nicht persönlich in An­ spruch genommen zu werden, auch wenn dies de jure möglich wäre. 63   Vgl. Shavell, Economic Analysis of Accident Law, 1987, S.  174. 64   Vgl. supra A. 65   Siehe hier nur Shavell, Foundations of Economic Analysis of Law, 2004, S.  258 f.; H.-B. Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 4.  Aufl., 2005, S.  140 f. Aus­ führlich infra §  3 A. II. 3. b).

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Kapitel 4:  Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen

C.  Die Relativität ökonomischer Begründungsansätze und die Konsequenzen für die Verantwortlichkeit für Gehilfenfehler Die Überlegungen zur ökonomischen Rationalität der Einstandspflicht für Hilfs­ personen zeigen, dass nicht von einer eigenständigen Rechtfertigung der Haftung für Gehilfen gesprochen werden kann. Im Hinblick auf den konsequentialisti­ schen Ansatz der Rechtsökonomik verwundert nicht, dass die Gehilfenhaftung als bereichsspezifische Fortschreibung der grundlegenden Ziele erscheint, wie sie für die behandelten Problemfelder identifiziert werden. Für das Haftungsrecht (accident law) geht es dementsprechend um die Schaffung von Anreizen zur Mi­ nimierung unerwünschter Wohlfahrtseinbußen durch schädigende Handlungen. 66 Für das – unter dem Gesichtspunkt der Zurechnung von Drittverhalten soweit ersichtlich nicht selbständig behandelte – Vertragsrecht ergibt sich die Konse­ quenz, dass auch hier die Gehilfenhaftung an den Zielen einer ökonomisch ratio­ nalen Vertragsrechtsordnung orientiert werden muss. 67 Entsprechend wird die Gehilfenhaftung im Bereich der (vorvertraglichen) Aufklärungspflichten an den allgemeinen Desideraten der Informationsökonomik ausgerichtet sein müssen. 68 Die vorstehenden Überlegungen speziell zur Problematik der Einstandspflicht für das Fehlverhalten Dritter sind dabei aber in sehr viel weitergehendem Maße verwertbar, als es die Vielschichtigkeit auch der ökonomischen Regulierungsziele zunächst suggeriert. Mit anderen Worten, das „vor die Klammer Ziehen“ der öko­ nomischen Überlegungen zu einer Einstandspflicht für das Fehlverhalten von Hilfspersonen ist durchaus sachgerecht. Aus Sicht der Neuen Institutionenöko­ nomik verfolgen haftungs- und vertragsrechtliche Regulierung auf einer höheren Abstraktionsebene nämlich durchaus ähnliche Ziele. Es geht jeweils um den Schutz von Verfügungsrechten (property rights), und zwar den absoluter im Haf­ tungsrecht einerseits und den relativer im Recht der (vertraglichen) Schuldverhält­ nisse andererseits. 69 Aus dieser, rechtshistorisch keinesfalls singulären Sicht, 70 er­ gibt sich, dass viele der vorstehend erörterten Kriterien einer ökonomisch sinn­ 66   Überblick zu den Details im Allgemeinen z. B. bei Shapiro, 5 J. Econ. Persp.  3 (1991); Shavell in: Polinsky/Shavell (Hrsg.), Handbook of Law and Economics, Bd.  1, 2007, S.  139. 67   Infra §  3 A. und B. 68   Infra §  3 C. 69   Hier nur Richter/Furobotn, Neue Institutionenökonomik, 4.  Aufl., 2010, S.  9 0 ff., 147 ff. 70   Auch die Naturrechtslehre kannte – im Gefolge spätscholastischer Anschauungen (vgl. Molina, De iustitia et iure, Bd.  2, 1733, disp.  698 n. 8, der ausführt, das die Nichterfüllung ver­ traglicher Pflichten in gleicher Weise verpflichte, wie die lex Aquilia) – nur eine deliktische und leistungsstörungsrechtliche Sachverhalte zusammenfassende Lehre vom Schadensersatz, vgl. Grotius, De iure belli ac pacis, Neudruck der Ausgabe Leiden 1933, 1993, lib. II, cap. XVII, § I, S.  427 wo er culpa als einheitliche Voraussetzung jeden Schadensersatzanspruchs fordert. Auch §  1295 ABGB ist beredter Ausdruck dieses Verständnisses, dass auch die Pandektistik beein­ flusste, die in den Regelungen sowohl des Leistungsstörungs- als auch des Deliktsrechts eine Bewältigung des einheitlichen Problems rechtswidriger schuldhafter Schädigungen sah, vgl. nur die zahlreichen Nachweise aus dem pandektistischen Schrifttum bei Schermaier in: Schmoe­ ckel/Rückert/Zimmermann (Hrsg.), HKK-BGB, Bd.  II/1, 2007, §§  276–278 Rdnr.  68.

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vollen Einstandspflicht auch dann fruchtbar gemacht werden können, wenn es darum geht, adäquate Anreizstrukturen zur Sicherung der relativen Verfügungs­ rechte der Beteiligten im vertraglichen Kontext zu entwickeln.71 Dabei ist freilich zu beachten, dass die entsprechenden Überlegungen erst greifen, wenn die aus dem Schuldverhältnis entspringenden Rechte und Pflichten konkretisiert sind, d. h. das zu schützende relative Verfügungsrecht inhaltlich bestimmt ist. Dies ist im Hinblick auf den typischerweise interpretationsbedürftigen Vertragskompro­ miss sowie die gegebenenfalls zu entwickelnden Ergänzungen aus dem disposi­ tiven Recht besonders bedeutsam und erhellt, dass zum Gelingen der Aufgabe eine weiter ausgreifende ökonomische Analyse unterschiedlicher Aspekte priva­ ter Austauschbeziehungen notwendig ist. Hinzuweisen ist aber schon jetzt dar­ auf, dass sich eine der wesentlichen Erkenntnisse der soeben dargestellten ökono­ mischen Analyse der deliktsrechtlichen Einstandspflicht auch durch die anderen, hier untersuchten Gebiete der Verantwortlichkeit für das Fehlverhalten von Ge­ hilfen ziehen wird: Die Möglichkeit der Einflussnahme auf das relevante Verhal­ ten von Hilfspersonen ist notwendige, aber nicht hinreichende, sondern vielmehr stets durch zusätzliche, aus den für die jeweiligen Problemfelder formulierten Zielsetzungen zu ergänzende Bedingung der Zurechnung.72 Im Übrigen dürfen bei allen Gemeinsamkeiten die signifikanten Differenzen auch nicht überspielt werden. Es führt daher kein Weg daran vorbei, das in dieser Untersuchung im Mittelpunkt stehende Sachproblem der Einstandspflicht für Fehlverhalten von Gehilfen für die ökonomische Betrachtung in den relevanten Gesamtkontext einzustellen. Begreift man die Einstandspflicht als einen Teil der zwecksichernden Institutionen in der Anbahnung (Aufklärungspflichten) und Abwicklung (Leistungsstörungsrecht) des vertraglichen Schuldverhältnisses,73 lässt sie sich sinnvoll nur aus den Zwecken der potentiell verletzten Imperative einer ökonomisch rationalen Vertragsrechtsordnung entwickeln. Die ökonomische Sichtweise bestätigt damit insgesamt, dass unter dem Ge­ sichtspunkt der Gehilfenhaftung strukturell unterschiedliche Problemkreise im Zusammenhang mit der vertraglichen Interaktion verhandelt werden. Es geht nämlich um die adäquate Sanktionierung von opportunistischem Verhalten in Bezug auf die schuldrechtliche Transaktion selbst und diejenige von Beeinträchti­ gungen der Verfügungsrechte der Gegenseite im Übrigen. Rückgekoppelt an ori­ ginär juristische Kategorien geht es also um eine differenzierte Betrachtung von Regelungszielen, die in der deutschen Schuldrechtsdogmatik durch Unterschei­ dung der verschiedenen Schuldnerpflichten plastisch zum Ausdruck kommt und die nunmehr in §  241 BGB auch eine akklamierende Verankerung erfahren hat.74   Vgl. z. B. Cooter, 73 Cal. L. Rev. 1, 11 ff. (1985).   Vgl. infra §  3 A. III., §  3 B. III., §  3 C. III. 73   Supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. 74   Zur Bedeutung des §  241 BGB n. F. als Anknüpfungspunkt für die Einteilung der Schuld­ nerpflichten z. B. Olzen in: Staudinger, BGB, Einl. zu §§  241 ff.; §§  241–243, Neubearbeitung 2009, §  241 Rdnr.  1; H. P.Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  241 Rdnr.  1. Zum 71

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Kapitel 4:  Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen

Dabei geht es vor allem um die großen Linien der leistungsbezogenen Pflichten, der (vorvertraglichen) Informationspflichten und der Schutzpflichten.75 Diese auch in der Dogmatik angelegte, zentrale Unterscheidung droht aber in der Diffe­ renzierungen tendenziell nivellierenden, unterschiedslosen Anwendung einer einheitlichen Zurechnungsnorm wie §  278 BGB eher verloren zu gehen. Es ist Fluch und Segen der „Offenheit“ solch allgemeiner Normen, dass sich in ihnen das gesamte Spektrum der schuldrechtlichen Pflichten bricht, die wiederum ein Abbild der gesamten Bandbreite privatrechtlicher Zielsetzungen und deren Kon­ tingenz darstellen.76 Vor diesem Hintergrund ist ein zentrales Ziel der im Fol­ genden anzustellenden Untersuchungen, die sachlich gebotenen Differenzie­ rungen mit ökonomischen Erwägungen materiell zu unterfüttern und im Rahmen der Rechtsanwendung besser operationalisierbar zu machen. Zu diesem Zweck sollen als Grundlage für die Auseinandersetzung mit der positivrechtlichen Ge­ hilfenhaftung in den untersuchten Rechtsordnungen im Folgenden die relevanten Aspekte der ökonomischen Analyse des Vertragsrechts einschließlich seiner in­ formationsökonomischen Dimension näher dargestellt werden.77 Dass die Öko­ nomik zur Klärung der aufgeworfenen Sachprobleme etwas beizutragen hat, kommt sinnfällig in dem programmatischen Einleitungssatz einer frühen Auf­ satzsammlung zur ökonomischen Analyse des Vertragsrechts zum Ausdruck: „The law of contracts regulates, among other kinds of transactions, the purchase and the sale of goods (including real estate) and services. Since buying and selling – and related transactions, such as leasing and borrowing, which are also governed by contract law – are quintessentially economic activities, it would seem that economics should have something useful to say to students of contract law.“78

Zugespitzt formuliert muss sich umgekehrt eine Zivilistik kritische Fragen nach ihrem wissenschaftstheoretischen Status gefallen lassen, die bewusst vorhandenes Wissen ausblendet. 79

(nach wie vor maßgeblichen) Verständnis vor der Schuldrechtsmodernisierung Wiedemann in: Soergel, BGB, Bd.  II, 12.  Aufl., 1990, vor §  275 Rdnr.  464; Emmerich in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 4. Aufl. 2001, Vor §  275 Rdnr.  203. 75   Damit ist nicht gesagt, dass die weiteren Binnendifferenzierungen der deutschen Dogma­ tik, insbesondere im Rahmen der leistungsbezogenen Pflichten (vgl. z. B. Olzen in: Staudinger, BGB, Einl. zu §§  241 ff.; §§  241–243, Neubearbeitung 2009, §  241 Rdnr.  141 ff., 162 ff.; Kramer in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  241 Rdnr.  31 ff.) unberechtigt oder be­ deutungslos wäre. Entscheidend ist an dieser Stelle lediglich, dass in der angesprochenen Vielfalt von der Dogmatik Einzelaspekte kategorial geschieden werden, die sich funktional als Verwirk­ lichung einheitlicher Regelungsziele, wie z. B. die Verhinderung des opportunistischen Ver­ tragsbruchs ex post, in unterschiedlichen Kontexten begreifen lassen. Vgl. infra Kapitel 5 §  1. 76   Vgl. Assmann, in: Assmann/Kirchner/Schanze (Hrsg.), Ökonomische Analyse des Rechts, 2.  Aufl., 1993, S.  17, 36 f. unter Hinweis auf die „Positivität des Rechts“ im Sinne Luhmanns (dazu supra Kapitel 1 Fn.  22). 77   Infra §  2 und §  3. 78   Vgl. Kronman/R.Posner, The Economics of Contract Law, 1979, S.  1. 79   Auch schon supra Kapitel 1 §  2 A. I. 1.

§  2  Funktionen des Vertragsrechts aus Sicht der Ökonomik Die Darstellung der ökonomischen Funktionen des Vertragsrechts hat sich zu­ nächst zu vergewärtigen, in welchem Kontext institutionenökonomische Überle­ gungen zur Regulierung kontraktlicher Transaktion stehen. Angesprochen ist damit die Rolle des Vertragsrechts bei der Verfassung der Gütermärkte und das Verhältnis dieses Rollenverständnisses zu den traditionell in der Jurisprudenz ge­ nannten Fundamenten des Vertragsrechts. Erst vor diesem Hintergrund sind dann die ökonomischen Desiderate für eine rationale Vertragsrechtsordnung nä­ her zu beleuchten, bevor – unter Berücksichtigung der formulierten allgemeinen Ziele – die konkreten Konsequenzen aus der Ökonomik für die Einstandspflicht für das Fehlverhalten von Hilfspersonen gezogen werden können.

A.  Vertragsrecht im Licht ökonomischer Marktund Wettbewerbstheorien I.  Die Unsichtbare Hand und das Vertragsrecht Unabhängig davon, ob man den Marktmechanismus insgesamt aus wirtschafts- oder ordoliberaler Perspektive betrachtet und inwieweit man bereit ist, instituti­ onen-  oder verhaltensökonomisch7 fundierte Einschränkungen seiner Funkti­    Der in der Ökonomik gängige Begriff des Vertragsrechts (contract law) orientiert sich in erster Linie am thematisch-funktionellen Verständnis der U. S.-amerikanischen Zivilistik und deckt sich daher nicht mit den Kategorien der deutschen Dogmatik. Erfasst sind sowohl die im Rahmen der Vertragsanbahnung und des Abschlusses geltenden Regeln, wie auch die in der Abwicklung anwendbaren.    Infra A.    Infra B.    Infra §  3.    Prägnant zu Entwicklung und Charakteristika der wettbewerbstheoretischen Grundlagen in der juristischen Literatur Möschel, Recht der Wettbewerbsbeschränkungen, 1983, §  3 I, II, Rdnr.  62 ff.; siehe auch speziell mit Blick auf das Vertragsrecht Drexl, Die wirtschaftliche Selbst­ bestimmung des Verbrauchers, 1997, S.  116 ff.    Zur Konsequenz der von der Neuen Institutionenökonomik gegenüber der Neoklassik be­ tonten eingeschränkten Rationalität (bounded rationality, Begriff von Herbert A. Simon, Mo­ dels of Man – Social and Rational, 1957, S.  196 ff.) der Marktakteure und der Relevanz von Trans­ aktionskosten plastisch, Kreps, A Course in Microeconomic Theory, 1990, S.  745: „A completely rational individual has the ability to foresee everything that might happen and to evaluate and optimally choose among available courses of action, all in the blink of an eye and

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Kapitel 4:  Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen

onsfähigkeit zu akzeptieren, wird dem Vertragsrecht als Kernstück des klassischen Privatrechts in allen wesentlichen Marktkonzeptionen primär die Funktion zuge­ messen, dezentrale Entscheidungen über den Einsatz von Ressourcen zu ermögli­ chen. In dieser Sicht stellt das Vertragsrecht einen funktionell autonomen Bereich innerhalb des umfassenderen, Marktaktivitäten steuernden Komplexes „Wirt­ schaftsrecht“ dar.  Auf den Märkten bilden sich die bestehende Knappheit wider­ spiegelnde Güterpreise, die für eine Steuerung der Ressourcen an den Ort ihrer wertvollsten Verwendung sorgen. Neben dieser Gewährleistung effizienter Strukturen bei einem gegebenen Stand der Produktionsmöglichkeiten vermitteln die unter Geltung der Vertragsfreiheit entstehenden Märkte in Form von Ge­ winnchancen Anreize, neue Produktionsmethoden oder Produkte zu entwickeln, Möglichkeiten zur Produktivitätssteigerung auszuloten etc. Die Anerkennung der vertragsförmigen Markttransaktion rechtfertigt sich aus ihrer allokationsver­ mittelnden, die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt als Folge individueller Nut­ zengewinne steigernden Funktion. Letzterer Gesichtspunkt verdeutlicht, dass keineswegs verkannt, sondern vielmehr in den Mittelpunkt gerückt wird, dass die Ermöglichung und Sicherung der Bedürfnisbefriedigung im Rahmen dezentraler Austauschbeziehungen vor allem individuelle Freiheit sichert.10 Entsprechend heißt es bei Milton Friedman: 

„The central feature of the market organization of economic activity is that it prevents one person from interfering with another in respect of most of his activities. The consumer is at no cost. A boundedly rational individual attempts to maximize but finds it costly to do so and, unable to anticipate all contingencies and aware of this inability, provides ex ante for the (almost inevitable) time ex post when an unforeseen contingency will arise.“ Der andere, von der Neuen Institutionenökonomik gegenüber der Neoklassik betonte As­ pekt, wonach das institutionelle Arrangement, also auch die Vorgaben der Rechtsordnung, prä­ ferenzändernde Wirkung entfalten können (vgl. z. B. North, 16 J. Econ. Lit. 963, 972 ff. (1978); zum methodologischen Problem auch Kirchgässner, Homo Oeconomicus, 3.Aufl., 2008, S.  38 ff.)), spielt im Kontext der primär ermöglichenden und stützenden Teile des Vertragsrechts eine untergeordnete Rolle.    Zu den durch verhaltenswissenschaftliche Erkenntnisse ausgelösten, weitergehenden Ein­ schränkungen der für die neoklassische Ökonomik grundlegenden Annahmen der Theorie der rationalen Wahl, siehe Rabin, 36 J. Econ. Lit. 11 (1998), der die kognitionspsychologisch nach­ gewiesenen Abweichungen von der REMM-Hypothese einteilt in Präferenzanomalien, Verzer­ rungen der Urteilsfähigkeit und Deviationen von der Nutzenmaximierung.    Vgl. aus systemtheoretischer Sicht L.Raiser, Die Zukunft des Privatrechts, 1971, S.  34 (pri­ vatrechtliches Teilsystem, das nach Maßgabe politischer Entscheidungen sich selbst überlassen bleibt oder mit anderen Mitteln gesteuert wird); Assmann, in: Assmann/Kirchner/Schanze (Hrsg.), Ökonomische Analyse des Rechts, 2.  Aufl., 1993, S.  17, 36 (Privatrechtliches Teilsystem nimmt relativ autonom an der Sozialgestaltung teil).    Umfassend Arrow/Hahn, General Competitive Analysis, 1971. 10   So verstanden lässt sich ökonomisch rationales Vertragsrecht auch unter die von Kant ge­ prägte Definition von Recht schlechthin fassen, als dem „Inbegriff der Bedingungen, unter de­ nen die Willkür des einen mit der Willkür des andern nach einem allgemeinen Gesetze der Frei­ heit zusammen vereinigt werden kann“, vgl. Kant, Die Metaphysik der Sitten, in: Preußische Akademie der Wissenschaft (Hrsg.), Kants Werke, Bd.  6 , unveränderter Nachdruck 2000, S.  230.

§  2  Funktionen des Vertragsrechts aus Sicht der Ökonomik

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protected from coercion by the seller because of the presence of other sellers with whom he can deal. The seller is protected from coercion by the consumer because of other consum­ ers to whom he can sell. The employee is protected from coercion by the employer because of other employers for whom he can work, and so on.“11

Vor diesem Hintergrund verliert sich auch der von manchen postulierte, ver­ meintlich scharfe Gegensatz zwischen einem primär auf Freiheitssicherung aus­ gerichteten Privatrecht und einem in erster Linie die Verhaltenssteuerung anstre­ benden öffentlichem Recht,12 wenn das Ziel der – von Recht unweigerlich ausge­ henden – Anreizwirkung seinerseits in der Gewährleistung von individueller Freiheit und nicht etwa in der Durchsetzung von auf Drittinteressen rekur­ rierenden Gemeinwohlerwägungen liegt.13 Das aus dem Vorstehenden folgende ökonomische Desiderat, Verträge, die bei einer ex-ante Betrachtung die angestrebte pareto-superiore Lösung verfehlen, nicht anzuerkennen bzw. zu korrigieren, da ihnen die aus ökonomischer Sicht le­ gitimierende Funktion der individuellen Wohlfahrtssteigerung nicht zukommt, deckt sich weitgehend mit den rechtlichen Grenzen der Vertragsfreiheit bzw. den Instituten zur Bewältigung von unvorhergesehenen Risiken, jedenfalls solange man von einem weiten Verständnis des Wohlfahrtsbegriffs ausgeht.14 Unter der genannten Prämisse wird das Pareto-Kriterium als Leitstern der normativen Ökonomik für den untersuchten Bereich operabel. Die Institutionen des Vertragsrechts sind vor allem aus ihrer transaktionsermöglichenden und -si­ chernden Funktion zu rechtfertigen und entsprechend zu gestalten. Für den Be­ reich des Leistungsstörungsrechts, das den gültigen, d. h. von der Rechtsordnung anerkannten, vertraglichen Kompromiss stützt, gilt dies in erster Linie deshalb, weil hier eine wohlfahrtssteigernde, da präferenzadäquate15 Ressourcenallokati­ on stattgefunden hat, die es jetzt transaktionskostenminimierend gegen ex post Opportunismus zu verteidigen gilt.16 Die Verteilung der (vorvertraglichen) In­ formationsverantwortlichkeit folgt den gleichen Erwägungen, da auch sie die 11   Friedman, Capitalism and Freedom, 1962, S.  14. Zum Freiheitsaspekt der Sicherung de­ zentraler Entscheidungen über die Ressourcenallokation z. B. auch Säcker, Zielkonflikte und Koordinationsprobleme im deutschen und europäischen Kartellrecht, 1971, S.  18. 12   Dazu auch schon supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. b). 13   Zu letzterem Aspekt privatrechtlicher Regulierung in der deutschen Rechtsordnung jüngst H. P.Westermann, AcP 208 (2008) 141. Zu entsprechende Entwicklungen unterfütternden Ver­ tragsrechtstheorien auch schon supra Kapitel 1 §  2 Fn.  29. 14   Vgl. dazu allgemein mit Bezug zur deutschen Rechtsordnung H.-B.Schäfer/Ott, Lehr­ buch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 4.  Aufl., 2005, S.  421 ff. Zum US-amerika­ nischen contract law z. B. Hermalin/Katz/Craswell in: Polinsky/Shavell (Hrsg.), Handbook of Law and Economics, Bd.  1, 2008, S.  1, 52 ff., 86 ff.; Cooter/Ulen, Law and Economics, 6.  Aufl., 2012, S.  341 ff. Allgemein zur genannten Funktion des Vertragsrechts auch A.Schwartz in: Brousseau/Glachant (Hrsg.), The Economics of Contracts, 2002, S.  116, 117 ff. 15   Dabei gilt auch in der Ökonomie der Grundsatz der Selbstbestimmung dahingehend, dass die autonome Definition der Präferenzen durch den Einzelnen Bestand hat. 16   Schon supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. a) (1). Ebenso Assmann, in: Assmann/Kirchner/Schanze, Ökonomische Analyse des Rechts, 2. Aufl., 1993, S.  17, 43.

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Kapitel 4:  Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen

Funktion hat, das autonome Verfolgen allokativer Ziele durch die Parteien zu unterstützen.17

II.  Privatautonomie und Effizienzdenken im Vertragsrecht In diesem Zusammenhang darf auch noch einmal kurz unter einem etwas anderen Blickwinkel auf das bereits zuvor angesprochene Verhältnis von in der Jurispru­ denz vorherrschenden, versprechensethischen Ansätzen zur Rechtfertigung ver­ tragsrechtlicher Regulierung und konsequentialistischer Legitimation derselben in der Ökonomik rekurriert werden.18 Für den hier interessierenden Bereich des Vertragsrechts, das sich als prototypisches Marktrecht verstehen lässt, erscheint die Ableitung von Anforderungen an ein wünschenswertes Vertragsrecht aus dem (allokativen) Effizienzziel nämlich als kongeniales Äquivalent zu der in der juris­ tischen Literatur vertretenen Entwicklung des Vertragsrechts primär aus dem Ge­ danken der Austauschgerechtigkeit (iustitia commutativa).19 Zunächst ist noch­ mals deutlich darauf hinzuweisen, dass auch die Effizienzbetrachtung die Institu­ tionen des Vertragsrechts nicht etwa von oben legitimiert. Zwar beschreibt sie durchaus aus einer Makroperspektive, dass die Stützung der Allokationsfunktion der Märkte zur wünschenswerten Steigerung der gesamtgesellschaftlichen Wohl­ fahrt führt, verliert dabei aber nicht aus den Augen, dass diese Konsequenzen im vertraglichen Kontext auf einer individuell nutzensteigernden Einzeltransaktion basieren. 20 Vor diesem Hintergrund ist die Kluft zu einem auf den Gedanken der Vertragsgerechtigkeit in Form der Austauschgerechtigkeit rekurrierenden An­ satz, der sich zentral auf die Würde des zu autonomer Entscheidung fähigen Sub­ jekts stützt (volenti non fit iniuria), 21 keinesfalls unüberbrückbar. Trotz der nicht zu leugnenden Differenzen im Ausgangspunkt sind die Unterschiede in den Er­ gebnissen denn auch weitaus weniger gravierend, als man eventuell glauben könnte. Beide vertragstheoretischen Ansätze führen nämlich letztlich zu einer akzessorischen Funktion des Vertragsrechts, das dem korrekt gebildeten Willen   Bereits supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. c).   Schon supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. 19   Im Gegensatz zur Verteilungsgerechtigkeit (iustitia distributiva) geht es in der aristoteli­ schen Tradition bei Schaffung von Austauschgerechtigkeit darum, im Rahmen der vertraglichen Transaktion sicher zu stellen, dass jedem der Beteiligten das zukommt, was ihm nach den Ver­ einbarungen zusteht, vgl. Aristoteles, Nikomachische Ethik, Grumach (Begr.), Flashar (Hrsg.), Werke, Bd.  6 , 8.  Aufl., 1983, Buch V, Kap.  7 f., S.  102 ff. Bei Kant beschreibt demgegenüber die iustitia distributiva die richterliche Durchsetzung der rechtlichen Besitzstände, wie sie nach Maßgabe der Austauschgerechtigkeit tatsächlich bereits bestehen, vgl. Kant, Die Metaphysik der Sitten, in: Preußische Akademie der Wissenschaft (Hrsg.), Kants Werke, Bd.  6 , unverän­ derter Nachdruck 2000, S.  305 f. 20   Bereits supra I. 21   M.Wolf, Rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit und vertraglicher Interessenausgleich, 1970, S.  35; Schapp, Grundfragen der Rechtsgeschäftslehre, 1986, S.  59 ff., 94 ff.; Canaris, Die Bedeutung der iustitia distributiva im deutschen Vertragsrecht, 1997, S.  46 ff. 17 18

§  2  Funktionen des Vertragsrechts aus Sicht der Ökonomik

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der Rechtssubjekte/Marktakteure möglichst weitgehend zur Durchsetzung ver­ helfen soll.22 Die von der vertragstheoretischen Grundkonzeption unabhängige Bedeutung der ökonomischen Theorie folgt nun daraus, dass ihre Modelle geeig­ net sind, wissenschaftstheoretischen Ansprüchen genügende Hypothesen für die zu klärende Frage zu liefern, mit welchen Regeln des dispositiven Gesetzesrechts dieses Ziel möglichst optimal verwirklicht werden kann. Effizientes Vertrags­ recht, mit seinen ermöglichenden und stützenden Institutionen rechtfertigt sich in der funktionalen Sicht der Ökonomik aus den Folgen der dezentralen Güteral­ lokation am Markt. Durch sie werden individuelle Nutzengewinne ermöglicht, als deren Folge die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt eine Steigerung erfährt. Aber auch wenn man – wie die Hauptströmung des deutschen juristischen Schrift­ tums23 – die Vertragsfreiheit in erster Linie ideell aus den Fundamentalprinzipien der persönlichen Freiheit und der Selbstbestimmung rechtfertigt, 24 bildet das Ef­ fizienzziel einen legitimierbaren normativen Maßstab für den Inhalt des disposi­ tiven Vertragsrechts. Gerade weil die Beteiligten selbst Effizienzziele verfolgen, muss sich ein dem Parteiwillen verpflichtetes Recht an solchen orientieren.25 Un­ abhängig vom normativen Ausgangspunkt ist damit eine Zielkoinzidenz zwi­ schen Vertragsrecht und ökonomischer Theorie begründbar. Vor dem Hinter­ grund verliert der – prinzipiell ganz zutreffend – postulierte Vorrang solcher Wertungen, die aus der positiven Rechtsordnung im Wege der Auslegung zu ge­ winnen sind, vor den Zielvorstellungen, die jeder ökonomischen Theorie als Prä­ missen immanent sind, 26 ersichtlich an Bedeutung.

B.  Funktionen des Vertragsrechts aus Sicht der Ökonomik Vor dem Hintergrund der soeben entwickelten fundamentalen Zusammenhänge gilt es im Folgenden die ökonomische Zielsetzung des Vertragsrechts detaillierter 22   Zweifelhaft ist freilich die im juristischen Schrifttum anzutreffende Vorstellung, es gäbe jenseits der im frei gefundenen Vertragskompromiss zum Ausdruck kommenden subjektiven Äquivalenz noch eine von der Rechtsordnung u. U. durchzusetzende objektive Äquivalenz, bspw. im Sinne eines „wahren“ Wertes der ausgetauschten Leistungen, z. B. Canaris, Festschrift für Herbert Wiedemann, 2002, S.  3, 6 ff., 11 f. Es geht regelmäßig nämlich nur darum, die Stö­ rung der subjektiven Äquivalenz aufzufangen bzw. auf das Fehlen der Voraussetzungen eines im normativen Sinne „freien“ Vertragskompromisses (Marktversagen) zu reagieren. 23   Z. B. Flume, Allgemeiner Teil, Bd.  II, 4.  Aufl., 1992, S.  1 ff.; Larenz/Wolf, Allg. Teil, 9.  Aufl., 2004, §  1 Rdnr.  2; Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, 10.  Aufl., 2010, Rdnr.  176. 24   Dass der Aspekt auch in der Ökonomik nicht übersehen, sondern vielmehr zentral mitge­ dacht wird, wurde bereits erläutert, vgl. supra Fn.  11. 25   Ähnlich die supra Kapitel 1 in Fn.  78 Genannten. Zur Komplementarität von individuellfreiheitlich legitimierter Privatautonomie und Effizienzdenken aus Sicht des Ordoliberalismus auch Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestimmung des Verbrauchers, 1998, S.  210 f. 26   Speziell zur Nachrangigkeit des Kriteriums der allokativen Effizienz gegenüber nachweis­ bar abweichenden Zielvorstellungen des Gesetzgebers z. B. Assmann, in: Assmann/Kirchner/ Schanze (Hrsg.), Ökonomische Analyse des Rechts, 2.  Aufl., 1993, S.  17, 58; Eidenmüller, Effi­ zienz als Rechtsprinzip, 1995, S.  4 45 ff., 463 ff. Vgl. auch schon supra Kapitel 1 Fn.  8 0.

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zu entfalten, um so den Boden für eine integrierte Analyse sozial wünschens­ werter Strukturen einer Einstandspflicht für Hilfspersonen zu bereiten. Näher einzugehen ist dabei darauf, dass und wie Vertragsrecht darauf abzielen sollte, Kooperation zu ermöglichen und abzusichern, 27 eine angemessene Offenlegung von Information zu gewährleisten, 28 die Transaktionskosten zu senken 29 und au­ ßerrechtliche Mechanismen der Kooperationssicherung zu stimulieren.30 Mit der analytischen Isolierung der angesprochenen Aspekte soll nicht etwa deren voll­ ständige Selbständigkeit suggeriert werden. Aber auch wenn den bestehenden Überlappungen, Interdependenzen und Zielkonflikten angemessen Rechnung ge­ tragen wird, handelt es sich bei den behandelten Themen um hinreichend eigen­ ständige Gesichtspunkte, mit deren Hilfe die zentralen Funktionen eines ökono­ misch rationalen Vertragsrechts beleuchtet werden können.

I.  Ermöglichung und Absicherung der Kooperation 1.  Planmäßiges Wirtschaften und anonyme Transaktionen Die ökonomische Rechtfertigung einer rechtsförmigen Absicherung privater Ver­ pflichtungen stellt letztlich eine Konsequenz aus der allgemeinen Anerkennung des Marktes als überlegener Institution zur Allokation von Ressourcen dar. Die Grundannahme liegt – wie bereits betont – darin, dass der freiwillige, dezentrale Güteraustausch zu einem Nutzengewinn der Beteiligten und damit einer Steige­ rung der gesamtgesellschaftlichen Wohlfahrt führt. Die zusätzliche Dimension, die durch die rechtliche Durchsetzbarkeit freiwilliger Versprechen im Rahmen eines staatlichen Verfahrens eröffnet wird, resultiert daraus, dass über die grund­ sätzliche Anerkennung des freien Güteraustauschs auf Märkten hinaus gestreckte Transaktionen ermöglicht und abgesichert werden: Erst das Wissen um die aus der rechtlichen Verbindlichkeit folgende Durchsetzbarkeit bestimmter Verspre­ chen mit Hilfe staatlichen Zwangs gestattet jedem Versprechensempfänger, sich auf nicht sofort abgewickelte Transaktionen einzulassen und sein Verhalten ent­ sprechend anzupassen. Umgekehrt wird der Versprechende angehalten, das sei­ nerseits Erforderliche zur Durchführung des nutzensteigernden Austauschs zu tun. Durch diese zukunftsgerichtete Funktion rechtlicher Absicherung, die mit dem bindenden Versprechen ein originäres Gut (relatives Verfügungsrecht) schafft, werden zusätzliche Wohlfahrtsgewinne auf der Grundlage langfristiger orientierten, planmäßigen Wirtschaftens ermöglicht.31 Empirische Untersu­ chungen belegen in der Tat, dass längerfristig bindende, vertragliche Vereinba­   Infra I.   Infra II. 29   Infra III. 30   Infra IV. 31   Vgl. hierzu grundlegend Goetz/Scott, 89 Yale L. J. 1261 (1980). 27

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rungen insbesondere dort gesucht werden, wo die Austauschbeziehungen durch spezifische Investitionen 32 geprägt sind, zumindest eine Partei also besonders an­ fällig gegenüber ex post-Opportunismus ist.33 Elementarer Zweck des Vertragsrechts ist es demnach, die intensive Kooperati­ on von Rechtssubjekten durch Sicherung der Durchsetzbarkeit privater Verspre­ chen (Vereinbarungen über den Güteraustausch) zu ermöglichen. In der Termi­ nologie der Spieltheorie geht es darum, Spiele mit nicht-kooperativen Lösungen in Spiele mit kooperativen Lösungen umzuwandeln. Die rechtlich abgesicherte Verbindlichkeit privater Absprachen erlaubt rationalen Spielern eine ineffiziente (redistributive bzw. nonkooperative) Strategie zugunsten einer effizienten (wohl­ fahrtssteigernden) aufzugeben.34 In der Konsequenz dieser, auf Realisierung eines Kooperationsgewinns zentrierten Überlegungen liegt es, dass nur Transaktionen rechtlich anerkannt werden und zwangsweise durchgesetzt werden sollten, die tatsächlich in diesem Sinne die gemeinsame Wohlfahrt der Parteien steigern. Demgegenüber sollte rein redistributiven Austauschbeziehungen die rechtsför­ mige Durchsetzung in dieser Gestalt versagt werden, da das Zustandekommen der Verbindung Indiz für eine der vielfältigen denkbaren Formen von Marktver­ sagen ist.35 Die kooperationsermöglichende und -sichernde Funktion wird auch nicht etwa dadurch vollständig hinfällig, dass moderne Erkenntnisse der Psychologie und Verhaltensökonomik zeigen, dass die Schlussfolgerungen der neoklassischen Spieltheorie im Sinne einer radikalen Dominanz non-kooperativer Strategien bei Fehlen rechtlicher Verbindlichkeit der Natur des Menschen zumindest partiell nicht adäquat sind.36 Zuzugeben ist freilich, dass es auch ohne rechtliche Absiche­ 32   Gemeint sind Investitionen, die innerhalb einer bestimmten Beziehung zwischen kon­ kreten Marktakteuren höhere Erträge abwerfen als außerhalb dieser Beziehung erzielt werden könnten und die daher auf Seiten des potentiellen Investors eine erhöhte, u. U. ausbeutbare Ab­ hängigkeit vom Fortbestand der Beziehung erzeugt. Nach Williamson, The Economic Institu­ tions of Capitalism, 1985, S.  108 f. sind vier Arten spezifischer Investitionen zu unterscheiden: Standortspezifität (z. B. Transport- und Lagerkosten reduzierende Ansiedlung eines Stahlwerks am Standort eines Steinkohlebergwerks, Alchian/Woodward, 26 J. Econ Lit. 65, 67 f. (1988)), Sachkapitalspezifität (z. B. Automobilzulieferer schafft Maschinen u. ä. speziell im Hinblick auf die Bedürfnisse eines bestimmten Automobilkonzerns an, Klein/Crawford/Alchian, 28 J. L. & Econ. 297 (1978)), Humankapitalspezifität (z. B. Arbeitnehmer eignet sich besondere Fertig­ keiten im Hinblick auf die Anforderungen seines Arbeitgebers an) und zweckgebundene Sach­ werte (z. B. Lieferant ordert große Mengen beim Hersteller in der Aussicht, diese im Rahmen einer länger dauernden Beziehung an einen bestimmten Abnehmer zu veräußern; im Fall der Beendigung der Absatzbeziehung drohen erhebliche Überkapazitäten). 33   Vgl. z. B. Joskow, 77 Am. Econ. Rev. 168 (1987); Crocker/Masten, 19 RAND J. Econ. 327 (1988); Pirrong, 36 J.L & Econ. 937 (1993); Lyons, 3 J. Econ. & Mgmt. Strat. 257 (1994). 34   Siehe dazu die Standardlehrbücher Cooter/Ulen, Law & Economics, 6.  Aufl., 2012, S.  283 ff.; Shavell, Foundations of Economic Analysis of Law, 2004, S.  297; H.-B.Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 3.  Aufl., 2000, S.  470 f. (in der 4.  Aufl. ge­ strichen). 35   Cooter/Ulen, Law & Economics, 6.  Aufl., 2012, S.  341 ff.; Shavell, Foundations of Econo­ mic Analysis of Law, 2004, S.  320 ff. Auch noch infra 4. 36   Vgl. z. B. Güth/Schmittberger/B.Schwarze, 3 J. Econ. Behav. & Org. 367 (1982) (Ultima­

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rungen zu gestreckten Austauschbeziehungen kommt. Allerdings gilt dies typi­ scherweise nur in weit geringerem Maße, d. h. die zu beobachtenden Transakti­ onen sind im Umfang begrenzter und in der Struktur primitiver, da regelmäßig lediglich Personen kontrahieren, die ihre gegenseitige Vertrauenswürdigkeit und Leistungsfähigkeit hinreichend beurteilen können 37 bzw. wiederholte Transakti­ onen anstreben und daher Reputationseinbußen und den damit verbundenen Rückgang zukünftiger Gewinne im Falle opportunistischen Verhaltens tatsäch­ lich fürchten müssen.38 Rein freiwillige Kooperation ist daher stark kontextge­ bunden und häufig labil.39 Eine rechtsförmige Absicherung der Kooperation ist insbesondere dort notwendig, wo anonyme Transaktionen ermöglicht werden sollen, deren Protagonisten sich kein außerrechtlich begründetes Vertrauen ent­ gegenbringen.40 Umgekehrt ist freilich den Erkenntnissen der Institutionenökonomik geschul­ det, bei der makrodogmatischen Auseinandersetzung mit der Vertragsrechtsord­ nung den Erkenntnisgegenstand nicht auf positives staatliches Recht zu veren­ gen.41 Die hoheitlichen Rechtszwang ergänzenden, ihn u. U. sogar überflüssig machenden Institutionen sind vielmehr stets in die Betrachtung einzubeziehen. Andernfalls droht letztlich ein verzerrtes Bild der Wirkungsweise des die vertrag­ liche Austauschbeziehung regulierenden, institutionellen Arrangements. Ein sol­ ches kann nicht den Ausgangspunkt einer zutreffenden normativen Bewertung und Vergleichung bilden. Nur allzu leicht droht verkannt zu werden, dass und inwieweit rechtsförmige Sicherung substituiert ist und die Ziele der Kooperati­ tumspiele mit stark altruistischen, kooperativen Tendenzen); Dawes/Thaler, 2 J. Econ. Per­ sp.  187 (1988) (Kooperation im Hinblick auf öffentliche Güter); zum Ganzen auch Ockenfels, Fairness Reziprozität und Eigennutz, 1999, S.  5 ff. 37   Vgl. H.-B.Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 4.  Aufl., 2005, S.  397 f. 38   Dazu bspw. Telser, 53 J. Bus. 27 (1980); siehe auch Macaulay, 28 Am. Soc. Rev. 55 (1963). 39   Siehe auch noch infra IV. 40   Zu den kooperationsfördernden, gesellschaftlichen Institutionen, die u. U. sogar leistungs­ fähiger sein können, als hoheitliche Maßnahmen, zählen insbesondere unterschiedlich begrün­ dete Reputationsmechanismen, z. B. aufgrund Standes- und Berufsethik, Diplome und Zertifi­ kate (Reduktion der Unsicherheit/Informationsasymmetrie bezüglich durchschnittlicher Qua­ lität der Leistungen eines Berufsstands), Goodwill und Markennamen-Kapital (Reduktion der Unsicherheit/Informationsasymmetrie bezüglich der Qualität der Leistungen eines bestimm­ ten Anbieters). Vgl. Akerlof, 84 Q. J. Econ. 488, 499 f. (1970), Kornhauser, 26 J. L. & Econ. 691, 703 (1983) („vollständige Reputation“ als gleichwertiger Ersatz für gesetzliche Haftungsregeln bei Vertragsbruch); Klein/Leffler, 89 J. Pol. Econ. 615, 630 (1981) (versunkene Werbekosten als Indikator der Qualitätsklasse); Spence, Market Signaling: Information Transfer in Hiring and Related Screening Processes, 1974, S.  14 (Qualitätssignale durch Zeugnisse und Diplome); Okun, Prices and Quantities, A Macroeconomic Analysis, 1981, S.  122 ff. (Bedeutung „unsicht­ barer Verträge“, d. h. nicht rechtsverbindlicher Verhaltenserwartungen, im Arbeitsverhältnis). 41   Die angesprochene Einbettung staatlichen Rechts gehört durchaus zum Bewusstsein der klassischen Rechtsvergleichung, wenn diese die „vergleichend soziologische Untersuchung der Rolle des Rechts als allgemeines Phänomen der menschlichen Gesellschaft“ zu ihren Hauptauf­ gaben rechnet, so Rheinstein, Einführung in die Rechtsvergleichung, 2. Aufl., 1987, S.  12, 28 f. Auch schon supra Kapitel 1 §  2 B. I. 1.

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onsermöglichung und -förderung mit Hilfe außerrechtlicher Institutionen mit gleicher oder höherer Effektivität verwirklicht werden.42 2.  Anreizwirkung und Verteilung von Risiken Die bisher nur allgemein beschriebene kooperationsfördernde Funktion des Ver­ tragsrechts lässt sich unter Effizienzgesichtspunkten weiter konkretisieren. Dies soll hier nur kurz geschehen, um später – vor dem Hintergrund der weiteren, zum Teil überwölbenden Ziele eines ökonomisch rationalen Vertragsrechts – die im Hinblick auf die Einstandspflicht für das Fehlverhalten Dritter maßgeblichen Ge­ sichtspunkte noch nuancierter zu entwickeln.43 Im Ausgangspunkt wird im genannten Sinne sozial wünschenswerter Aus­ tausch befördert, wenn eine den ursprünglich angestrebten Kooperationsgewinn sichernde Bindung an das Leistungsversprechen gewährleistet und dessen Verlet­ zung durch opportunistisches Verhalten ex post verhindert wird.44 Im Grundsatz heißt dies, dass effizientes Vertragsrecht solange für die Einhaltung der Leistungs­ verpflichtung zu sorgen hat, wie der Wert der Leistung für den Gläubiger höher ist als die Kosten ihrer Erbringung, die Transaktion also einen durch den intendierten Nutzengewinn der Beteiligten vermittelten sozialen Mehrwert erzeugt. 45 Kooperationssicherung bedeutet weiterhin, dass der Gläubiger trotz des Risi­ kos eines Scheiterns der Transaktion diejenigen Investitionen erbringt, die den erwarteten Nutzen des Güteraustauschs steigern, z. B. Vorbereitungen für die Produktion in Erwartung der Rohstofflieferung veranlasst etc. Bei dem zur Er­ haltung entsprechender Investitionsanreize prinzipiell gebotenen Ersatz be­ stimmter frustrierter Aufwendungen ist darauf zu achten, dass nicht durch zu weit gehende Kompensation Anreize für Überinvestitionen des Gläubigers gesetzt werden.46 Jenseits des besonders bedeutsamen Aspekts der Investitionen des Gläu­ bigers in Erwartung der Erfüllung geht es ganz generell darum, dass die (gegensei­ tige) schuldrechtliche Bindung so konstruiert ist, dass sie bei den Beteiligten die 42   Untersuchungen darüber, unter welchen Bedingungen außerrechtliche Durchsetzungsme­ chanismen staatlichem Rechtszwang überlegen sein können, finden sich z. B. bei L.Bernstein, 21 J. Legal Stud. 115 (1992); L.Bernstein, 144 U. Pa. L. Rev. 1765 (1996); Charny, 104 Harv. L. Rev. 375 (1990). 43   Infra §  3 44   Da Opportunismus unter rationalen Akteuren nur begegnet, wenn ex-ante die Prämie für den Vertrauensbruch höher erscheint, als die zu erwartende Auszahlung bei vertrauensgemäß, kooperativem Verhalten (siehe supra Kapitel 1 Fn.  9 0), kann opportunistischem Verhalten kon­ zeptionell entweder durch Verringerung seiner Rendite oder aber durch Erhöhung der Koope­ rationsprämie entgegengewirkt werden. 45   Grundlegend Barton, 1 J. Legal Stud. 277 (1972); zusammenfassend Cooter/Ulen, Law & Economics, 6.  Aufl., 2012, S.  278 ff., 325 ff.; Shavell, Foundations of Economic Analysis of Law, S.  304 ff., 342 ff., 375 ff. Eingehend infra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. a). 46   Zusammenfassend zum Ganzen Cooter/Ulen, Law & Economics, 6.  Aufl., 2012, S.  290 ff., 331 ff.; Shavell, Foundations of Economic Analysis of Law, 2004, S.  310, 355 ff.; Tröger, ZIP 2005, 2238, 2239 f. Näher infra Kapitel 4 §  3 A. II. 2. a).

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intendierte Motivation zur Optimierung des Kooperationsgewinns erzeugt. So sollte sie z. B. Anreize für den Schuldner erzeugen, den Gläubiger frühzeitig über sich zeigende Risiken aufzuklären, damit dieser sein Investitionsniveau anpassen oder Vorsorge gegen aus der Nichterfüllung drohende Einbußen treffen kann.47 Über die Aufrechterhaltung optimaler Anreize hinaus haben Überlegungen zur wünschenswerten, den Kooperationsgewinn maximierenden schuldrecht­ lichen Bindung, aber auch die präferenzadäquate Allokation des Risikos eines Scheiterns des antizipierten Austauschs in den Blick zu nehmen: 48 Neben und zum Teil im Widerspruch zur Anreizwirkung der Risikoverteilung hat das dis­ positive Recht zu berücksichtigen, dass die mit dem Fehlschlagen der angestreb-  ten Kooperation potentiell verbundenen Einbußen demjenigen zugewiesen wer­ den, der dieses Risiko am besten tragen kann, d. h. die genannten Risiken aus der Unvorhersehbarkeit zukünftiger Entwicklungen sind nach Möglichkeit dem  low-cost risk bearer zuzuweisen.49 Den Ausgangspunkt der Überlegungen bilden dabei auch insoweit die bereits in anderem Zusammenhang beschriebenen, unter­ schiedlichen Risikopräferenzen bzw. die bei natürlichen Personen zu beobachten­ de Verlustaversion der Beteiligten.50 Auch insoweit ist das Interesse der Akteure, durch bestehende Unsicherheiten (Möglichkeit der Verletzung schuldrechtlicher Pflichten) nur entsprechend der eigenen diesbezüglichen Disposition belastet zu werden, unabhängig von den zugrunde liegenden Rationalitätsannahmen beacht­ lich.51 Die Risikoverteilung hat vor dem Hintergrund unterschiedlicher Fähig­ keiten zur Risikotragung unmittelbaren Einfluss auf das von den Parteien ver­ folgte Ziel, mit der Transaktion den gemeinsamen Nutzen zu maximieren, da eine unerwünschte Belastung mit Pflichtwidrigkeitsfolgen den Erwartungswert des Austauschs schmälert. Neben den gegebenen Risikopräferenzen spielt dabei auch eine Rolle, wie sich im konkreten Kontext die Belastung einer Partei mit den po­ tentiellen Folgen einer Pflichtwidrigkeit darstellt, z. B. ob sie zur kostengünstigen Eigen- oder Fremdversicherung in der Lage ist.52 3.  Vertragsrecht und hypothetischer Konsens unter realen Bedingungen Insgesamt bestätigen die vorstehenden Überlegungen, dass die generelle Recht­ fertigung für die rechtsförmige Absicherung privater Leistungsversprechen in unmittelbarem Zusammenhang mit der näheren Ausgestaltung der ermöglichten 47   Craswell, 18 J. Legal Stud. 365 (1989); Shavell, 20 J. Legal Stud. 401 (1991); Katz, 105 Yale L. J. 1249, 1289–91 (1991). 48   Zu diesem Aspekt v. a. Polinsky, 12 J. Legal Stud. 427 (1983); auch schon supra §  1 B. III., eingehend infra §  3 A. II. 3. 49   Cheung, 12 J. L. & Econ. 23 (1969); Stiglitz, 41 Rev. Econ. Stud. 219 (1974). 50   Supra §  1 B. III. 1. 51   Kritisch zu einer Überbetonung des Aspekts der Risikopräferenz in der (formalen) ökono­ mischen Vertragstheorie aber z. B. Williamson, The Economic Institutions of Capitalism, 1985, S.  388 f.; V.Goldberg, 146 JITE 216 (1990). 52   Auch noch infra §  3 A. II. 3.

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Bindung durch das dispositive Gesetzesrecht steht.53 Sämtliche Überlegungen zur optimalen Gestaltung der relevanten Teile des Schuldrechts stehen letztlich in Wechselwirkung mit der fundamentalen Begründung des Rechtszwangs. In der hier vertretenen Sicht wird erst durch die adäquate Gestaltung der institutionellen Absicherung des Leistungsversprechens ein im Parteiwillen wurzelndes Gut in Form des relativen Verfügungsrechts geschaffen, das die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt steigert, indem es den angestrebten Kooperationsgewinn ermöglicht und sichert. Dem entspricht es, wenn als heuristisches Prinzip darauf rekurriert wird, dass die Kooperationssicherung in einem hypothetischen, vollständigen Vertrag Ge­ genstand privatautonomer Gestaltung wäre. Ein Hoheitsträger könnte sich bei Vorliegen eines solchen auf die minimale Absicherung in Form der Durchsetzung privater Vereinbarungen beschränken. Vor dem Hintergrund dieser Überle­ gungen lässt sich der Inhalt des dispositiven Gesetzesrechts als Gegenstand eines (hypothetischen) Konsenses verstehen, den nachzuzeichnen Aufgabe des Norm­ gebers ist, wenn reale Bedingungen die Parteien hindern, eine alle denkbaren Zu­ kunftsentwicklungen antizipierende Vereinbarung zu schließen.54 An dieser Stel­ le zeigt sich auch deutlich, dass selbst bei deontologischer Fundierung der Ver­ sprechensbindung der auf Effizienzsteigerung abzielende Parteiwille ex ante  hypothetisch zu Vereinbarungen führen würde, die ökonomischen Effizienzer­ wägungen entsprechen. Ökonomischer Rationalität kommt daher auch in dieser Sicht eine normdeterminierende Rolle zu. Sie beschreibt nämlich letztlich nichts anderes, als den aus ethischen Gründen allein relevanten (hypothetischen) Willen des sich in der Transaktion verwirklichenden Subjekts. Sie liefert damit entschei­ dende Hinweise auf den Gehalt des der Verwirklichung des Parteiwillens ver­ pflichteten Gesetzesrechts.55 Aus dem Vorgesagten folgt mittelbar, dass die fundamentale Funktion des Ver­ tragsrechts, die Kooperation von Marktakteuren abzusichern, auf hochentwickel­ ten Märkten nur mit Hilfe eines mehr oder weniger komplexen Regelwerks geleis­ tet werden kann. Implizit finden damit aber auch die bereits angesprochenen An­ forderungen ihre Bestätigung, wie sie an eine adäquate positive und normative ökonomische Analyse des Vertragsrechts zu stellen sind.56 Die Effizienz einzelner Bestimmungen ist nicht nur unter idealen Bedingungen zu modellieren, sondern muss auch unter Zugrundelegen realistischer Umstände beurteilt werden – und zwar gerade weil der hypothetische Konsens der Akteure die Grenzen ihrer Rati­ onalität berücksichtigt. Zentral ist in diesem Zusammenhang insbesondere, ob die mit der Anwendung der Normen betrauten Gerichte oder sonstigen, zur Streit­ entscheidung aufgerufenen Agenten in der Lage sind, die kritischen Tatbestands­ merkmale einer vermeintlich optimalen Bestimmung tatsächlich festzustellen   So schon supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1.   Vgl. auch schon supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. a) (2). Eingehend infra III. 55   Supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. a) (1). 56   In diese Richtung bereits supra Kapitel 1 §  2 A. II. 2 und Kapitel 1 §  2 B. III. 53

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Kapitel 4:  Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen

oder aber ob eine solche Bestimmung strukturell auf Tatbestandsmerkmale ab­ stellt, die zwar von einer oder beiden Parteien beobachtet, nicht aber vor Gericht oder sonstigen Entscheidungsträgern überprüft werden können.57 In dieser Kons­ tellation könnten nämlich die praktischen Anwendungsdefizite von modelltheo­ retisch erstbesten Lösungen geradezu perverse Anreizwirkungen entfalten, in­ dem sie nicht wünschenswertes opportunistisches Verhalten begünstigen oder gar erst ermöglichen.58 In der Konsequenz wird teilweise die Implementierung von Normen, die zu optimalen Lösungen in einer idealen Welt führen, pauschal als jenseits des Machbaren verworfen und die Analyse auf das Auffinden von Normen beschränkt, die unter den gegebenen Restriktionen die nächstbesten Er­ gebnisse liefern.59 Ein anderer Ansatz liegt darin, die tatsächlichen Kosten, die durch den Versuch, die unter perfekten Bedingungen optimale Regelung in der Realität tatsächlich zur Anwendung zu bringen (z. B. soziale Kosten durch Fehl­ urteile u. ä.), gegen die Kosten abzuwägen, die mit der Anwendung einer inferi­ oren Lösung verbunden sind. 60 Letzterer Ansatz wird freilich häufig ohne empi­ rische Studien, deren Datengrundlage nicht selten Lücken aufweisen werden, kaum realisierbar sein. Der angesprochene Gesichtspunkt ist aber auch ohne ex­ akte ökonometrische Quantifizierung im Hinblick auf die vergleichende Analyse der Regelungen einzelner Rechtsordnungen von erheblicher Bedeutung. Begreift man diese als pragmatisches Ergebnis der notwendigen Kompromissfindung, lässt sich die Stabilität einzelner institutioneller Arrangements prinzipiell im Sinne ei­ ner Bewährung in der Praxis deuten. Dann ist der rechtsvergleichende oder/und rechtshistorische Nachweis bestimmter Strukturen ein starkes Indiz für deren Charakter als unter realen Bedingungen mögliche (zweit-)beste Lösung. Letzte­ res gilt selbst dann, wenn sich nicht ausschließen lässt, dass an die Stelle der un­ durchführbaren Lösung aus der perfekten Welt unterschiedliche, aber gleichwer­ 57   Zu der Unterscheidung von zwar beobachtbarer, aber nicht überprüfbarer Information (observable but non-verifiable information) bereits supra §  1 Fn.  28. 58   Wenn die Unüberprüfbarkeit zu strategischem Verhalten nach Vertragsschluss herausfor­ dert, bei dem opportunistisch Informationen zurückgehalten werden oder das eigene (verbor­ gene) Verhalten angepasst wird, spricht man von subjektivem Risiko (moral hazard). Als Nega­ tivauslese (adverse selection) bezeichnet man demgegenüber die Konstellationen, in denen die Informationsasymmetrie dazu führt, dass lediglich Akteure mit unerwünschten Eigenschaften kontrahieren. Sofern nämlich der Anbieter nicht zwischen Interessenten mit unterschiedlichen Eigenschaften unterscheiden kann, ist er gezwungen, seine Risikobewertung und die daraus folgenden Konditionen auf einen durchschnittlichen Kunden zuzuschneiden. Die in einem sol­ chen (poolenden) Gleichgewicht angebotenen Bedingungen sind dann aber häufig nur für Ak­ teure mit den unerwünschten Eigenschaften (überdurchschnittliches Risiko) akzeptabel, wäh­ rend sich Akteure mit den erwünschten Charakteristika (unterdurchschnittliches Risiko) aus dem Markt zurückziehen. Speziell zu letzterem sowie zu rechtsförmigen Steuerungsmechanis­ men noch infra §  3 B II. Überblick zum Ganzen bei Richter/Furubotn, Neue Institutionenöko­ nomik, 4.  Aufl. 2010, S.  155 ff. 59   In diesem Sinne A.Schwartz, 21 J. Legal Stud. 271, 279 f. (1992); A.Schwartz, 3 S.  Cal. In­ terdisc. L. J. 389, 403 ff. (1993). 60   Studien mit diesem Ansatz finden sich bei Hadfield, 23 J. Legal Stud. 159 (1994); Hermalin/Katz, 59 Economica 1735 (1991); Allen/Gale, 2 Econ. Theory 1 (1992).

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tige nächstbeste Alternativen getreten sind. 61 An dieser Stelle bestätigt sich also der bereits zuvor festgehaltene Befund, dass eine im genannten Sinne vergleichend kontextualisierte, ökonomische Argumentation ohne historisches Bewusstsein nicht auskommt. 62 Nur vor dem geschichtlichen Hintergrund können Aussagen über den Status der vorgefundenen Institutionen mit einer gewissen Plausibilität getroffen werden. 4.  Paternalismus In unterschiedlichen Konstellationen wird es dazu kommen, dass selbst Effizi­ enzziele verfolgende Parteien63 keine Vereinbarung schließen, die ihren gemein­ samen Nutzengewinn aus der Transaktion optimiert. 64 Aus der Sicht eines auf die Förderung des Kooperationsgewinns abzielenden Vertragsrechts scheint der Ge­ danke nahezuliegen, zur Verwirklichung dieses Ziels zu intervenieren. Neben den Gedanken der Schließung von Lücken in der Parteiabrede, die durch Trans­ aktionskosten verursacht sind, 65 kann dabei auch der Gesichtspunkt treten, dass das Recht interessengerechte Lösungen vorgibt, wo begrenzte Rationalität und Verhaltensdispositionen der Parteien effizienzsteigernde Vereinbarungen verhin­ dern. 66 Der Gesichtspunkt ist freilich mit Sensibilität zu gebrauchen, um nicht einem uferlosen Paternalismus das Wort zu reden, der die Möglichkeiten und Grenzen staatlicher Intervention zu dem scheinbar paradoxen Zweck der Frei­ heitssicherung aus den Augen verliert. 67

II.  Angemessene Offenlegung von Informationen Ziel des Vertragsrechts ist es, eine effiziente Offenlegung von Informationen her­ beizuführen, die den Akteuren die zutreffende Bewertung von Handlungsalter­ 61   Zur Möglichkeit multipler institutioneller Gleichgewichtslagen bereits supra Kapitel 1 §  1 B. I. 62   Supra Kapitel 2. 63   Zu redistributiv motivierten Transaktionen bereits supra 1. 64   Zu den endogenen und exogenen Gründen für eine solche Unvollständigkeit der Parteiver­ einbarung (incomplete contract) z. B. A.Schwartz, 21 J. Legal Stud. 271, 278 ff. (1992); A.Schwartz in: Newman (Hrsg.), The New Palgrave Dictionary of Economics and the Law, Bd.  2, 1998, S.  277, 277 ff.; Selanié, The Economics of Contracts, 2.  Aufl., 2005, S.  193; Hermalin/Katz/Craswell in: Polinsky/Shavell (Hrsg.), Handbook of Law and Economics, Bd.  1, 2007, S.  1, 75 ff. 65   Dazu infra III. 66   Dafür z. B. Eidenmüller, JZ 2005, 216, 222. 67   Allgemein für einen der persönlichen Handlungsfreiheit verpflichteten Paternalismus als Reaktion auf verhaltensökonomisch und psychologisch belegte Irrationalitäten Thaler/Sunstein, 93 Am. Econ. Rev. 175, 176 ff. (2003); Thaler/Sunstein, 70 U. Chi. L. Rev. 1159, 1171 ff. (2003); vorsichtiger Camerer/Issacharoff/Loewenstein/O’Donoghue/Rabin, 151 U. Pa. L. Rev. 1211, 1214 (2003); an ein breiteres Publikum gerichtet auch Thaler/Sunstein, Nudge, 2008. Hierzu eingehend im deutschsprachigen Schrifttum auch Cziupka, Dispositives Vertragsrecht, 2010, S.  489 ff.; Eidenmüller, JZ 2011, 814.

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nativen erlauben. Nur sofern und soweit eine solche möglich ist, wirkt die Alloka­ tionsfunktion des Marktmechanismus weitgehend unverzerrt. Zudem wird das Vertrauen der Akteure in die Institution gesichert. Betrachtet man den Informa­ tionsfluss während der Transaktionsabwicklung primär als Aspekt der Koopera­ tionssicherung, 68 besteht die eigenständige Bedeutung des Gesichtspunkts vor allem in der Gewährleistung einer adäquaten Informationsausstattung in der Phase der Anbahnung des Schuldverhältnisses (Verhinderung von ex ante Op­ portunismus). 69 Ganz allgemein ist in diesem Zusammenhang auch von Be­ deutung, dass aus Sicht der Informationsökonomik Vertrauen, ebenso wie Ko­ operation und reziproker Altruismus, nicht im Widerspruch zu fundamentalen Rationalitätsannahmen steht, sondern vielmehr ein Element rational egoistischen Verhaltens darstellt, da es Informationskosten vermeiden hilft.70 Damit liefert die Informationsökonomik eine Grundlage, die den rechtsförmigen Schutz des Ver­ trauens, der auch in ausdifferenzierten Wirtschaftsordnungen zur Stabilisierung privater Austauschbeziehungen unverzichtbar ist, mit dem mikroökonomisch be­ deutsamen und modellierbaren Aspekt einer effizienten Informationsbeschaffung und -übertragung verknüpft.71 Dabei geht es – vorbehaltlich vielfältiger Differen­ zierungen – im Wesentlichen darum, dass einerseits Anreize für die gesamtgesell­ schaftlich wünschenswerte Suche nach und die Verwertung von produktiven In­ formationen72 gesetzt werden. Andererseits gilt es, aus gesamtgesellschaftlicher Sicht verschwendete Aufwendungen zum Erwerb unproduktiver Informationen zu vermeiden. Als Steuerungsmechanismus dient die rechtliche Folge der Infor­

  Supra I 2.   Wo die Beschaffung der Information mit vernünftigem Aufwand nicht möglich erscheint, kann ohne Regulierung der berühmte Akerlof ’sche Markt für Zitronen entstehen, der als Folge einer Negativauslese zum Versagen des Marktmechanismus führt, vgl. Akerlof, 84 Q. J. Econ. 488 (1970); auch schon supra Fn.  58 und noch infra §  3 B II. 70   Grundlegend für die Informationsökonomik Stigler, 3 J. Pol. Econ. 213 (1961); Arrow, 64 Am. Econ. Rev. 1 (1974). Zu Entwicklung, Stand und Bedeutung instruktiv Stiglitz, 92 Am. Econ. Rev. 460 (2002). 71   Hierzu im deutschsprachigen Schrifttum z. B. Adams, AcP 186 (1986) 453; Ott in: Ott/H.B.Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Probleme des Zivilrechts, 1991, S.  142; H.-B.Schäfer in: Ott/ H.-B.Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Probleme des Zivilrechts, 1991, S.  117; Fleischer, Informa­ tionsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  146 ff. 72   Zur Unterscheidung produktiver (wohlfahrtsteigernder), und unproduktiver (umvertei­ lender) Informationen, Hirshleifer, 61 Am. Econ. Rev. 561, 563 ff. (1971); Hirshleifer, 63 Am. Econ. Ass’n Papers & Proc. 31, 34, 38 (1973) sowie infra §  3 C I. Erstere erzeugen einen sozialen Mehrwert, z. B. weil auf ihrer Grundlage ein Gut einer nutzenstiftenderen Verwendung zuge­ führt wird, etwa wenn die Entdeckung von Rohstoffvorkommen zu deren Ausbeutung auf bis­ her ungenutztem Brachland führt. Letztere dienen nur der privaten Nutzensteigerung eines Beteiligten, z. B. weil bei kommenden schadenstiftenden Ereignissen auch bei deren frühzeitiger Kenntnis keine Abwehrmöglichkeit besteht, der eintretende Schaden aber für private Spekula­ tionen ausgenutzt werden kann. Etwa wenn ein Getreidehändler seine Kenntnis von der unab­ wendbaren Vernichtung der gesamten Ernte durch Hagelschlag und die daraus resultierenden Preissteigerungen im Rahmen von Termingeschäften verwertet. 68 69

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mationserlangung, die von der Einräumung exklusiver Verwertungsrechte bis zur Erzwingung der Offenbarung reichen kann.73 Rechtsförmige Anreize zur in diesem Sinne wünschenswerten Informations­ produktion und -übertragung werden dabei nicht nur direkt durch das Postulie­ ren von Aufklärungspflichten, sondern auch mittelbar gesetzt. Grundsätzlich kann das Recht Anreize zur Informationsübertragung nämlich auch schaffen, in­ dem es dispositiven Regeln einen Inhalt gibt, der von den Parteien regelmäßig in einer Art und Weise abbedungen wird, die zu dem erwünschten Informations­ fluss führt. Die angestrebte Behebung von Informationsasymmetrien kann dem­ nach durch Bestimmungen erfolgen, die entweder die Information des Gegenü­ bers erzwingen (information forcing rules) oder aber die Nichtinformation be­ strafen (penalty default rules). Sie können einen Informationsfluss induzieren, der sich auf die Rechtslage selbst74 oder aber auf Umstände aus der Sphäre der Gegen­ seite bezieht.75 Zu denken ist u. a. an die Signalwirkung von Abänderungswün­ schen, die der Vertragsgegenseite die Unterscheidung verschiedener Gruppen von Akteuren und eine adäquate Preisdiskriminierung erlauben, wie z. B. wenn ein höheres Schadensrisiko durch den Wunsch nach einer Abbedingung von Haf­ tungsbegrenzungen signalisiert wird und so der anderen Seite Gelegenheit gege­ ben wird, ihre Konditionen entsprechend anzupassen. Das Recht ist selbstver­ ständlich nicht darauf beschränkt, die Informationsübertragung allein durch sol­ che dispositiven Gesetzesbestimmungen zu stimulieren, die durch entsprechende Parteivereinbarungen zu substituieren sind. Es kann z. B. auch einseitige Obliga­ tionen postulieren, die andere Vertragspartei hinreichend zu informieren, deren Verletzung zu Anspruchsbegrenzungen führt.76 Ebenfalls denkbar sind Unklar­ heitenregeln, die sich zu Lasten der Partei auswirken, die über Informationen ver­ fügt und diese nicht hinreichend deutlich mitteilt.77

73   Zusammenfassungen mit unterschiedlichen Akzentuierungen im Detail bei Cooter/Ulen, Law & Economics, 6.  Aufl., 2012, S.  354 ff.; Shavell, Foundations of Economic Analysis of Law, 2004, S.  331 ff.; H.-B.Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 4.  Aufl., 2005, S.  499 ff.; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  187 ff. 74   Vgl. hierzu Ayres/Gertner, 99 Yale L. J. 87, 97 ff., 104 ff. (1989); Isaacharoff, 74 Tex. L. Rev. 1783, 1793 ff. (1996); V.Goldberg, 57 S.  Cal. L. Rev. 283, 295 f. (1984); Muris, 12 J. Legal Stud. 379, 390 (1983); Verkerke, 1995 Wis. L. Rev. 837, 885 ff. 75   Allgemein hierzu Ayres/Gertner, 99 Yale L. J. 87 (1989); Ayres/Gertner, 101 Yale L. J. 729 (1992); J.Johnston, 100 Yale L. J. 615 (1990); Allen/Gale, 2 Econ. Theory 1 (1992); Hviid, 16 Int’l Rev. L. & Econ. 233 (1996). 76   So nimmt die h. M. eine Anspruchskürzung im Rahmen des §  284 BGB vor, wenn die frus­ trierten Aufwendungen für den Schuldner nicht vorhersehbar waren (dazu Tröger, ZIP 2005, 2238, 2246 f. m. w. N.) und setzt damit einen Anreiz für den Gläubiger, ungewöhnliche Investi­ tionsabsichten offen zu legen, um dem Schuldner eine zutreffende Kalkulation des drohenden Haftungsrisikos zu ermöglichen. 77   Hierzu zählt die Regelung in §  305c Abs.  2 BGB, die den Verwender von AGB zu eindeu­ tigen, dem Informationsbedürfnis des Kunden über die Konditionen Rechnung tragenden For­ mulierungen anhalten soll, vgl. nur Basedow in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5. Aufl. 2007, §  305c Rdnr.  28.

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III.  Senkung der Transaktionskosten 1.  Dispositives Gesetzesrecht und Markttransaktionskosten Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass als heuristischer Maßstab für die Schaffung ökonomisch rationalen, dispositiven Vertragsrechts der hypothetische vollständige Vertrag dienen kann, wie ihn perfekt rationale Akteure in umfas­ sender Voraussicht aller erdenklichen Entwicklungen geschlossen hätten.78 Dieser Zielsetzung ist immanent, dass es bei der Schaffung vertragsrechtlicher Bestim­ mungen vor allem auch darum geht, beschränkt rationale Parteien zu entlasten und hierdurch die Häufigkeit wünschenswerter Transaktionen zu erhöhen. In der plastischen Umschreibung von Kenneth J. Arrow stellen Transaktionskosten die „Betriebskosten eines Wirtschaftssystems“ dar.79 Im vorliegenden Zusammen­ hang geht es um den Ausschnitt der Markttransaktionskosten, also diejenigen Kosten, die anfallen, weil sich das Gemeinwesen der Institution Markt als Alloka­ tionsmechanismus bedient. 80 Diese Kosten sind teilweise variabel und hängen in­ soweit von Anzahl und Umfang der beobachteten Transaktionen ab. Eine Sen­ kung dieser variablen Komponenten der Markttransaktionskosten erhöht bei gleichbleibender Ressourcenausstattung der Marktteilnehmer die Zahl der poten­ tiell möglichen, wohlfahrtssteigernden Austauschbeziehungen. Von entschei­ dender Bedeutung ist die Erwägung, dass die Kosten der marktvermittelten Koo­ peration auch dadurch gesenkt werden können, dass im Regelfall interessenge­ rechte, 81 nachgiebige Bestimmungen zur Verfügung gestellt werden. 82 Das dispo­ sitive Vertragsrecht, und insbesondere seine vorhersehbare einzelfallbezogene Anwendung, hilft den Parteien bei der instrumentellen Aufgabe, ihre mit dem Austausch verfolgten materiellen Ziele rechtsförmig abzusichern und entlastet sie von der Notwendigkeit kostenträchtiger Interessenwahrung durch hochspezi­ fische privatautonome Vereinbarungen in jedem Einzelfall. 83 78   Supra I 2. Zur Orientierung der ökonomischen Analyse des Vertragsrechts am hypothe­ tischen vollständigen Vertrag infra Fn.  84. 79   Arrow in: Collected Papers of Kenneth J. Arrow, Bd.  2, General Equilibrium, 1983, S.  133, 134 („costs of running an economic system“); ebenso z. B. North/Thomas, 23 Econ. Hist. Rev. 1, 5 (1970). 80   Vgl. bereits Coase, 3 J. L. & Econ. 1, 15 (1960): „In order to carry out a market transaction it is necessary to discover who it is that one whishes to deal with, to inform people that one wishes to deal and on what terms, to conduct negotiations leading up to a bargain, to draw up the contract, to undertake the inspection needed to make sure that the terms of the contract are being observed, and so on. These operations are often extremely costly, sufficiently costly at any rate to prevent many transactions that would be carried out in a world in which the pricing sys­ tem worked without cost.“ 81   Eingehend dazu noch infra 3. 82   Zusammenfassung bei Cooter/Ulen, Law & Economics, 6.  Aufl., 2012, S.  291 ff., 294 ff., 349 ff.; Shavell, Foundations of Economic Analysis of Law, 2004, S.  301 ff.; H.-B.Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse des Zivilrechts, 4.  Aufl., 2005, S.  426 ff. 83   Vgl. Goetz/Scott, 73 Cal. L. Rev. 261, 265 (1985). Gegen weitreichende Ergänzungen und für eine Durchsetzung der (unvollständigen) Parteivereinbarung aus ökonomischer Sicht aber

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2.  Die hypothetische, vollständige Parteivereinbarung als heuristischer Maßstab Die Schließung unvermeidbarer oder rational wünschenswerter Lücken in der Parteivereinbarung erfolgt durch Rekonstruktion des vollständigen Vertrags (complete contingent contract). 84 Einen solchen hätten die Parteien zur Steigerung des gemeinsamen Nutzens (Kooperationsgewinn) im Hinblick auf die offen ge­ bliebenen Gesichtspunkte hypothetisch geschlossen, wenn sie in einer mit Trans­ aktionskosten belasteten Welt daran nicht gehindert gewesen wären oder seinen Abschluss nicht unter Inkaufnahme übermäßigen Aufwands hätten bewerkstelli­ gen müssen. 85 Der damit zum Maßstab erklärte hypothetische Konsens bedingt im Zusammenspiel mit der grundsätzlichen Rationalitätsannahme der Ökono­ mik, dass der Inhalt des dispositiven Rechts (einschließlich richterlicher Vertrags­ ergänzungen und -anpassungen) in der paretooptimalen Lösung zu suchen ist, die den Nutzen der Beteiligten maximiert. 86 Im Grundsatz handelt es sich bei dem Vorgehen um den bereits von Milton Friedman legitimierten Ansatz ökono­ mischer Analyse, wonach es zulässig ist, Ergebnisse als „optimiert“ zu bezeich­ nen, wenn die Parteien zu eben diesen Ergebnissen gelangt wären, hätten sie be­ wusst (optimierend) gehandelt. 87 Dabei steht im Hinblick auf das privatautonom wirksam begründete Schuldverhältnis die effiziente Zuordnung der Risiken einer z. B. A.Schwartz in: Newman (Hrsg.), The New Palgrave Dictionary of Economics and the Law, Bd.  2, 1998, S.  277, 282. Dagegen aber wiederum die Modelle bei Shavell, 22 J. L. Econ. & Org. 289, 301 ff. (2006); R.Posner, 83 Tex. L. Rev. 1581, 1608 ff. (2006), die (sachkompetenten) Gerichten durchaus eine aktive Rolle bei der Ergänzung der Parteivereinbarung zuweisen. 84   Zum vollständigen Vertrag als heuristischem Referenzpunkt der ökonomischen Analyse vgl. nur Shavell, 99 Q. J. Econ. 121, 124 ff. (1984); A.Schwartz in: Werin/Wijkander (Hrsg.), Contract Economics, 1992, S.  76, 79; Charny, 89 Mich. L. Rev. 1815, 1841 (1991); Ayres/Gertner, 101 Yale L. J. 729, 730 (1992); Kostritsky, 2004 Wis. L. Rev. 323, 333 f.; Köndgen, Festschrift für Hans-Bernd Schäfer, 2008, S.  275, 280. Aus der Sicht der formalen ökonomischen Vertragstheo­ rie z. B. O.Hart/Holstrom in: Bewley (Hrsg.), Advances in Economic Theory, 1987, S.  71. Im Kontext des Gesellschaftsrechts auch Easterbrook/Fischel, 91 Yale L. J. 698, 702 (1982); Easterbrook/Fischel, The Economic Structure of Corporate Law, 1991, S.  15. 85   Die Unvollständigkeit wegen im genannten Sinne prohibitiver bzw. unverhältnismäßiger Transaktionskosten begegnet in vielfältigen Variationen. Dazu und zu den analytischen Konse­ quenzen für die Ökonomik, Shavell, 11 Bell J. Econ. 466, 467 ff. (1980); Ayres/Gertner, 99 Yale L. J. 87 (1989); A.Schwartz, 21 J. Legal Stud. 271, 278 ff. (1992). Quelle der im genannten Sinn verursachten Unvollständigkeit der Parteivereinbarung kann auch die begrenzte Kapazität der Kontrahierenden zur Informationsbeschaffung und -verarbeitung (begrenzte Rationalität) sein, die sich nicht selten in der Wahl (unerkannt) ambivalenter oder vager Vertragsklauseln nieder­ schlägt, A.Schwartz in: Werin/Wijkander (Hrsg.), Contract Economics, 1992, S.  76, 80 f. 86   Die Koinzidenz von individuellem Nutzenkalkül und Effizienzdesideraten führt, solange externe Effekte nicht zu beobachten sind, dazu, dass als effizient identifizierte, nachgiebige Re­ gelungen auch dem hypothetischen Parteiwillen entsprechen, vgl. hierzu auch R.Posner/Rosenfield, 6 J. Legal Stud. 83, 89 (1977); Ayres/Gertner, 99 Yale L. J. 87, 89 ff. (1989); Coleman/Heckathorn/Maser, 12 Harv. J. L. & Pub. Pol’y 639 (1989); Craswell, 15 Harv. J. L. & Pub. Pol’y 805 (1992); im deutschsprachigen Schrifttum zuletzt eingehend Unberath/Cziupka, AcP 209 (2009) 37, 48 ff. Auch bereits supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. a) (2). 87   Friedman, Essays in Positive Economics, 1953, S.  3 ff., 30 ff.

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Abweichung von der ursprünglich intendierten Abwicklung der Transaktion im Mittelpunkt des Interesses. Diese erfolgt vor allem durch das Leistungsstörungs- und Gewährleistungsrecht, z. B. in Form der dort normierten, rechtsvernichten­ den Einwendungen gegen die zunächst begründete Verbindlichkeit, in Gestalt der Sanktionen der Pflichtverletzung u. ä. Der hypothetische, vollständige Vertrag enthält eine umfassende und abschließende Regelung im Hinblick auf sämtliche, mit der Vertragsdurchführung verbundenen Risiken, d. h. der nicht vorhergese­ henen Veränderungen der Umweltbedingungen während der Laufzeit des Ver­ trags. Zu den relevanten Umweltbedingungen können dabei beispielsweise nicht antizipierte, die Leistungserbringung erschwerende Naturereignisse, aber auch Veränderungen auf den relevanten Märkten oder die Abgabe alternativer Offerten durch Dritte zählen. 3.  Abstrakt generelle Regelungen: Marktimitierendes Vertragsrecht und heteronome Präferenzen Eine der beschriebenen Ergänzungsfunktion des dispositiven Rechts immanente Gefahr liegt darin, dass den Kooperationsgewinn der Beteiligten schmälernde, in diesem Sinne nicht interessengerechte Bestimmungen die Transaktionskosten er­ höhen, sie u. U. sogar in prohibitive Höhen treiben, weil sie die Parteien zur um­ fassenden Abbedingung der inadäquaten Regelung zwingen. Diese Notwendig­ keit kann im Extremfall zum Unterbleiben des an sich wohlfahrtssteigernden Austauschs führen, wenn der Aufwand des Aushandelns konkreter Vertragsver­ einbarungen „gegen das Gesetz“ den möglichen Kooperationsgewinn übersteigt. 88 Umgekehrt ist freilich zu bedenken, dass auch die Tätigkeit des hoheitlichen Normgebers Kosten verursacht, die nur dann durch einen komparativen Vorteil gerechtfertigt werden können, wenn die Aktivitäten des Staates abstrakte Regeln produzieren, die über den Einzelfall hinausweisen und daher von den Marktak­ teuren hinreichend häufig verwertet werden können. 89 Mit anderen Worten geht es darum, dass mit der abstrakt-generellen Regelung Skaleneffekte von nennens­ werter Größe erzielt werden.90 Bereits diese Erwägung schließt – abgesehen von Problemen der begrenzten Rationalität auch des hoheitlichen Normgebers91 – die 88   Der Aspekt wurde im Hinblick auf den acquis communautaire von der Europäischen Kommission als Problem für den grenzüberschreitenden Rechtsverkehr im Binnenmarkt er­ kannt, Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat, Ein kohärentes Europäisches Vertragsrecht, Ein Aktionsplan, Nr.  25, 32, ABl.  EG 2003, C 63/1, 7. 89   Dies gilt im Ausgangspunkt unabhängig vom Rechtsquellenverständnis der jeweiligen Rechtsordnung, da sowohl die Tätigkeit eines formellen Gesetzgebers als auch die eines Präze­ denzfälle schaffenden Gerichts (fixe) Markttransaktionskosten generiert, die – je nach Problem­ feld – höher oder niedriger sein können, als die (variablen) Markttransaktionskosten privater Regelung im Vertrag. 90   A.Schwartz, in Brousseau/Glachant (Hrsg.), The Economics of Contracts, 2002, S.  116, 122; A.Schwartz/Scott, 113 Yale L. J. 541, 598 (2004). Auch noch infra Fn.  105. 91   Infra 5.

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Schaffung vollständig ausdifferenzierter, die Bedürfnisse aller Marktakteure be­ dienender Regelungen aus. Aufgabe des abstrakt-generell regelnden Normgebers kann daher typischerweise nur sein, mit nachgiebigen Bestimmungen die Verein­ barungen nachzubilden, die die Mehrheit der tatsächlichen Marktteilnehmer ge­ troffen hätte (majoritarian oder market-mimicking default rules).92 Ausgangspunkt dieses Ansatzes ist es, dass heterogene Marktakteure unter­ schiedliche Lösungen für vermeintlich identische Probleme präferieren. In diesen (realistischen) Szenarien drohen grundsätzlich Wohlfahrtseinbußen, wenn zu­ mindest manche Marktteilnehmer die für sie unpassende Regelung abbedingen müssen, da hierdurch zusätzliche Transaktionskosten anfallen. Noch weiterge­ hend werden manche Akteure sich daran gehindert sehen, die aus ihrer Warte nicht präferenzgerechten Bestimmungen zu substituieren. Als Folge werden sie durch das dispositive Recht mit einer für sie suboptimalen Regelung bedient.93 Dies kann zum einen der Fall sein, wenn positive Netzwerkeffekte, wie z. B. die durch langjährige gerichtliche und kautelarjuristische Befassung mit dem disposi­ tiven Recht erreichte Rechtssicherheit, nur genutzt werden können, wenn die Par­ teien keine auf die (ungewöhnlichen) individuellen Bedürfnisse zugeschnittenen Vertragswerke verwenden. Sind die positiven externen Effekte so groß, dass ihr Verlust durch die Gewinne aus der Verwendung präferenzadäquater vertraglicher Vereinbarungen nicht kompensiert wird, werden rationale Parteien bei der nicht interessengerechten Regelung des dispositiven Rechts stehen bleiben.94 Zum ande­ ren lässt sich zeigen, dass kognitive und psychologische Dispositionen Vertrags­ parteien dazu tendieren lassen, auch ihren Interessen an sich widersprechende Regeln des dispositiven Rechts nicht abzubedingen, sondern stattdessen den status quo zu bewahren.95 Vor diesem Hintergrund liegt die Aufgabe des Normgebers darin, die Regelung zu wählen, bei der die genannten Einbußen relativ geringer ausfallen.96 Dabei ist auch zu berücksichtigen, welche Gruppe von Marktteilnehmern zur Derogation der für manche unvermeidbar interessenwidrigen Bestimmung am kostengüns­ tigsten in der Lage ist. Im Extremfall kann dies dazu führen, dass auch eine für die Mehrzahl der Akteure unpassende Regelung zu wählen ist, wenn die Mehrheit 92   Zur Begrifflichkeit Ayres/Gertner, 99 Yale L. J. 87, 92 f.; 115 (1989); Scott, 19 J. Legal Stud. 597, 607 (1990); in der Sache auch schon Goetz/Scott, 69 Va. L. Rev. 967, 971 (1983); Überblick bei Ayres in: Newman (Hrsg.), The New Palgrave Dictionary of Economics and the Law, Bd.  1, 1998, S.  585, 586 f.; Craswell in: Bouckaert/De Geest (Hrsg.) Encyclopedia of Law and Econo­ mics, Bd.  3, 2000, S.  1, 3 ff.; Kornet, Contract Interpretation and Gap Filling: Comparative and Theoretical Perspectives, 2006, S.  296 ff.; Unberath/Cziupka, AcP 209 (2009) 37, 48 ff.; Cziupka, Dispositives Vertragsrecht, 2010, S.  339 ff. 93   Vgl. z. B. J.Johnston, 100 Yale L. J. 615, 624 (1990). 94   Hierzu im Kontext unternehmensrechtlicher Vertragsgestaltung Kahan/Klausner, 83 Va. L. Rev. 713 (1997). 95   Zur Vorliebe für den status quo und der daraus folgenden Hemmung vor der Abbedingung dispostiver Bestimmungen z. B. Korobkin, 51 Vand. L. Rev. 1583 (1998); Korobkin, 83 Cornell L. Rev. 608 (1998). Gegen ihn aber A.Schwartz/Scott, 113 Yale L. J. 541, 596 Fn.  113 (2004). 96   Ayres/Gertner, 99 Yale L. J. 87, 112 ff. (1989).

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sehr viel leichter zur Schaffung präferenzgerechter privatautonomer Lösungen in der Lage ist, als dies bei der Minderheit der Fall wäre, da nur so das Ziel der Trans­ aktionskostenminimierung verwirklicht werden kann.97 Doch sollten Versuche des Normgebers, Regelungen zu finden, die im Ausgangspunkt geeignet sind, die unterschiedlichen Bedürfnisse aller Beteiligten zu befriedigen, nicht vorschnell als nicht realisierbar verabschiedet werden.98 Dies nicht zuletzt deshalb, weil das Konzept der marktimitierenden, (nur) die Interessen der Mehrheit der Marktteil­ nehmer abbildenden Regeln des dispositiven Gesetzesrechts weitreichende Legi­ timitätsimplikationen mit sich bringt: Marktimitierendes Schuldrecht stellt nicht für alle Marktteilnehmer eine paretooptimale Lösung zur Verfügung,99 d. h. es kann nicht mehr in jedem Einzelfall unmittelbar aus dem Willen aller Rechtsun­ terworfenen gerechtfertigt werden.100 Die Fälle dürften gerade im Schuldrecht indessen seltener sein, als die Theorie glauben macht, wenn man die Existenz in­ terpretatorischer oder sonstiger Spielräume bei der Rechtsanwendung in den Blick nimmt.101 Zum einen wird eine Lückenfüllung durch interessenwidriges Ge­ setzes- oder Richterrecht typischerweise gar nicht drohen, wo die Parteipräfe­ renzen erkennbar eine abweichende Problemlösung gebieten. Am bedeutendsten ist in diesem Zusammenhang, dass nach dem vorherrschenden Verständnis in den hier untersuchten Rechtsordnungen eine Auslegung der Parteivereinbarungen den Kontext der konkreten Transaktion und insbesondere die von den Parteien verfolgten Ziele einbezieht.102 Es wird daher häufig, wenn die ermittelbaren Inter­   Vgl. A.Schwartz/Scott, 113 Yale L. J. 541, 600 (2004).   Dazu grundsätzlich Ayres, 3 S.  Cal. Interdisc. L. J. 1 (1993); Goetz/Scott, 73 Cal. L. Rev. 261 (1985); Baird/Weisberg, 68 Va. L. Rev. 1217 (1982). 99   Schon supra bei Fn.  93. 100   Dazu Unberath/Cziupka, AcP 209 (2009) 37, 52 f., die deshalb einen Übergang zum Kal­ dor-Hicks-Kriterium befürworten. Das angesprochene Kompensationskriterium besagt, dass eine Maßnahme vom Sozialplaner durchgeführt werden soll, wenn sie zumindest einen Betrof­ fenen in einer Weise besser stellt, die ihm die Entschädigung aller Benachteiligten erlauben wür­ de, ohne dass seine Vorteile vollständig aufgezehrt wären, vgl. Kaldor, 49 Econ. J. 449, 550 (1939); Hicks, 49 Econ. J. 696, 711 (1939). Entsprechend kommt das Kompensationskriterium nicht ohne interpersonalen Nutzenvergleich aus, dazu bereits supra Kapitel 1 Fn.  99. Eingehend zum Ganzen z. B. Feldman, in: Newman (Hrsg.), The New Palgrave Dictionary of Economics and the Law, Bd.  2, 1998, S.  417. 101   Dies bestätigt das formale Modell von Shavell, 22 J. L. Econ. & Org. 289, 301 ff. (2006), das die Effizienz einer an den konkreten Parteiinteressen orientierten Interpretationsmethode zeigt, die kontextabhängig neben der wortlautgetreuen Durchsetzung der Parteivereinbarung auch auf eine interessengeleitete Auslegung setzt; ähnlich R.Posner, 83 Tex. L. Rev. 1581, 1608 ff. (2006); für strikte Wortlautorientierung aus ökonomischer Sicht aber A.Schwartz in: Newman (Hrsg.), The New Palgrave Dictionary of Economics and the Law, Bd.  2, 1998, S.  277, 282. 102   Vgl. als Kulmination der im englischen Recht zu beobachtenden Verschiebungen von ei­ ner reinen Wortlautorientierung hin zu einer kontextbezogenen Interpretation die Ausfüh­ rungen von Lord Hoffmann in Investors Compensation Scheme Ltd. v. West Bromwich Buil­ ding Society, [1998] 1 WLR 896, 913: „The meaning which a document (or any other utterance) would convey to a reasonable man is not the same thing as the meaning of its words. The meaning of words is a matter of diction­ aries and grammars; the meaning of the document is what the parties using those words against the relevant background would reasonably have been understood to mean.“ 97

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§  2  Funktionen des Vertragsrechts aus Sicht der Ökonomik

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essen der Parteien der für den Regelfall vorgesehenen gesetzlichen oder richter­ rechtlichen Sachlösung widerstreben, gar nicht diese als relevante Bestimmung des dispositiven Rechts zur Anwendung kommen. Vielmehr wird diejenige Norm oder Doktrin herangezogen werden, die eine ad hoc Ergänzung orientiert am hy­ pothetischen Parteiwillen gebietet.103 Zum anderen werden nicht selten die dispo­ sitiven Bestimmungen den Charakter einer im Einzelfall zu konkretisierenden, generalklauselartigen Regelung annehmen. Bei dieser lassen sich die heterogenen Präferenzen in ganz ähnlicher Weise zur Geltung bringen.104 In der Folge ist aller­ dings zu bedenken, dass diese die typischen Standardisierungsgewinne eng ge­ fasster abstrakt-genereller Normen prima facie nicht einspielen, sondern ihrer­ seits Kosten erzeugen, wie sie z. B. aus einem erhöhten Streitpotential, geringerer Rechtssicherheit und höherer Fehleranfälligkeit bei der Rechtsanwendung resul­ tieren.105 Allerdings kann – nicht zuletzt mit Hilfe ökonomischer, auf die Trans­ aktionszwecke der konkreten Akteure zentrierten Überlegungen – eine Konkre­ tisierung von Generalklauseln und damit die vom parlamentarischen Gesetzgeber nicht zu leistende Differenzierung gelingen. Diese führt, zumindest im Falle ihrer transparenten Verfestigung, durchaus auch zu einer strukturell vergleichbaren Senkung der Transaktionskosten. 4.  Nachverhandlungen Die Funktion des dispositiven Rechts, in einer mit Transaktionskosten behafteten Welt beschränkt rationaler Akteure unvermeidbare Lücken in den ursprünglichen Vereinbarungen der Beteiligten zu schließen, wird auch nicht dadurch überflüs­ sig, dass die Parteien grundsätzlich frei sind, in Nachverhandlungen zu treten, wenn sich von den Absprachen nicht erfasste Risiken realisieren. Lediglich unter der Annahme transaktionskostenfreier Verhandlungen ist die Herstellung effizi-    Zum U. S.-amerikanischen Verständnis hier nur Rest. 2d Contracts, §  202(1): „Words and other conduct are interpreted in the light of all circumstances, an if the principal purpose of the parties is ascertainable it is given great weight.“ Exemplarisch für das deutsche Verständnis der in §§  133, 157 BGB niedergelegten Ausle­ gungsziele BGH v. 28.  6 . 1951 – IV ZR 93/50, BGHZ 2, 379, 385; BGH v. 23.  2. 1956 – II ZR 207/54, BGHZ 20, 109, 110; BGH v. 14.  7. 1956 – V ZR 223/54, BGHZ 21, 319, 328; BGH v. 10.  10. 1989 – VI ZR 78, 89, BGHZ 109, 19, 22. 103   Zu den Rückwirkungen der Interpretationsmethode auf die Vertragsgestaltung Shavell, 22 J. L. Econ. & Org. 289, 299 ff. (2006). 104   Zur (für unvermeidbar gehaltenen) Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe im UCC z. B. A.Schwartz/Scott, 113 Yale L. J. 541, 601 (2004). Kritisch zur entsprechenden Tendenz des DCFR aber Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 537; dies., 28 OJLS 659, 676 f. (2008). 105   Zum aus ökonomischer Sicht wünschenswerten, kontextabhängigen Grad an Konkreti­ sierung (gesetzlicher) Normen z. B. Ehrlich/R.Posner, 3. J. Legal Stud. 257 (1974); Kaplow, 42 Duke L. J. 557 (1992); Kaplow in: Bouckaert/De Geest (Hrsg.), Encyclopedia of Law and Eco­ nomics, Bd.  5, 2000, S.  502, 508 ff.

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enter Ergebnisse zumindest ex post gesichert.106 Das Vertragsrecht kann sich unter diesen Bedingungen in der Tat auf die Sicherung der wünschenswerten ex ante Investitionen gegen opportunistische Ausbeutung beschränken. Nimmt man in­ dessen Transaktionskosten und die sonstigen Gründe in den Blick, die ein Schei­ tern der nachträglichen Anpassung der Absprachen als möglich erscheinen lassen, ist das Heben von durch die ursprüngliche Vereinbarung verschenkten Effizienz­ potentialen nicht stets gesichert. Dem dispositiven Recht kommt daher auch inso­ weit eine Transaktionskosten senkende Wirkung zu, als seine präferenzadäquaten Regelungen von der Notwendigkeit individueller Nachverhandlungen befreien. 5.  Wünschenswertes Ausmaß effizienter Lückenfüllung Wie bereits erwähnt, sind die Möglichkeiten effizienzsteigernder Ergänzung des unvollständigen Vertrags durch dispositives Recht einschließlich dessen einzel­ fallbezogener Anwendung unter realen Bedingungen durch die hierdurch verur­ sachten Kosten sowie die kognitiven Restriktionen begrenzt, denen sowohl der Gesetzgeber als auch die Gerichte unterliegen.107 Ein Teilaspekt dieser allgemei­ nen Beobachtung bedarf allerdings noch näherer Erläuterung. Im Hinblick auf die Verfahrenskosten und die Möglichkeit von Fehlurteilen kann es für die Parteien durchaus Sinn machen, an sich bestehende Effizienzpo­ tentiale ihrer Transaktion durch bewusste Vertragsgestaltung willentlich unge­ nutzt zu lassen, um die Wahrscheinlichkeit von Rechtsstreitigkeiten zu senken.108 Eine Variation dieses Gedankens ist dort zu beobachten, wo vertragliche Rege­ lungen, die den erzielbaren Kooperationsgewinn prima facie nicht maximieren, bewusst darauf abzielen, Anreize zu vermeiden, eine nachträgliche Umverteilung der Wohlfahrtsgewinne aus der Transaktion mit Hilfe gerichtlicher Verfahren zu erreichen.109 Die Kosten der Rechtsdurchsetzung gepaart mit der kaum je auszu­ schließenden Möglichkeit eines Unterliegens vor Gericht kann Anlass sein, auf prinzipiell realisierbare Nutzensteigerungen von Anfang an zu verzichten, um das Potential für nachträglichen Opportunismus zu senken. Vor dem Hinter­ grund dieser, auch empirisch belegbaren Funktion vertraglicher Gestaltungen,110 darf eine ausfüllungsbedürftige Lücke nicht mit jeder drohenden Ineffizienz gleich gesetzt werden. Das Fehlen einer auf den ersten Blick effizienzsteigernden, detaillierten Regelung bestimmter Risiken kann auch als bewusste Steuerung der genannten Gefahren verstanden werden, die geradezu konterkariert würde, wenn man die „Lücke“ als Rechtfertigung für eine ergänzende richterliche Intervention 106   Hierzu Grossman/O.Hart, 94 J. Pol. Econ. 691 (1986); O.Hart/Moore, 56 Econometrica 755 (1988); Lutz, 2 J. Corp. Fin. 103 (1995); Vgl. auch infra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. a) (2). 107   Supra 3. 108   Masten/Snyder, 36 J. L. & Econ. 33, 60 ff. (1993). 109   Williamson, 73 Am. Econ. Rev. 519 (1983); V.Goldberg 1985 Wis. L. Rev. 527 (1985); Klein in: Werin/Wijkander (Hrsg.), Contract Economics, 1992, S.  149; Klein, 2 J. Corp. Fin. 9 (1995); Masten, 144 JITE 180 (1988). 110   Z. B. Crocker/Reynolds, 24 RAND J. Econ. 126 (1993).

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begriffe. Als Richtschnur kommt es vielmehr entscheidend darauf an, ob die Be­ schränkungen, denen die Parteien unterliegen, ex ante angemessene Bedingungen zu vereinbaren oder ex post in Nachverhandlungen zu effizienten Ergebnissen zu gelangen, größer sind als die Grenzen, denen eine richterliche Beurteilung der in Rede stehenden Sachfragen unterliegt.

IV.  Außerrechtliche Kooperationssicherung (Relationale Verträge) Keine unmittelbare Aufgabe vertragsrechtlicher Regulierung, aber doch auf sie bezogenes institutionenökonomisches Desiderat ist schließlich, diejenigen Ele­ mente der sogenannten relationalen Vertragsbeziehung zur Entfaltung zu brin­ gen, die transaktionskostengünstige, extralegale Mechanismen der Kooperations­ sicherung zur Verfügung stellen. Unter dem Begriff der relationalen Verträge (relational contracts) werden die stets bestehenden, aber v. a. bei längerfristigen Beziehungen prominenten Mechanismen untersucht, die sich zur Bewältigung auftretender Schwierigkeiten bei der Vertragsabwicklung auf ad hoc Lösungen verlassen, die auf der Grundlage der sozialen Beziehungen der Akteure gefunden werden.111 Erfasst sind – in juristischen Kategorien – v. a. Dauerschuldverhält­ nisse, aber auch dauernde Geschäftsbeziehungen und letztlich sogar einfache Austauschverträge. Neben den mehr oder weniger allgemeinen Implikationen dieses Aspekts der institutionenökonomischen Vertragstheorie112 geht es im hier interessierenden Kontext auch darum, die Möglichkeiten auszuschöpfen, antizi­ pierten ex post Opportunismus gerade auf der Grundlage der besonderen sozialen Verbindung der Beteiligten zu entschärfen.113 1.  Außerrechtliche Mechanismen der Kooperationssicherung Die Spieltheorie zeigt, dass in Szenarien wiederholten Zusammenwirkens (repeat games) viele Vereinbarungen dergestalt selbstvollziehend sind, dass die begrün­ deten Verpflichtungen ohne rechtsförmige Durchsetzungsdrohung erfüllt wer­ den.114 Eine Weiterung liegt darin, dass entsprechende Effekte auch jenseits rein bipolarer Beziehungen zu beobachten sind, wenn zumindest ein Beteiligter wie­ derholt in der gleichen Rolle am Markt auftritt. Aus regulatorischer Perspektive ist mit dem Wissen um selbstvollziehende Verträge die stets zu stellende Frage eng verbunden, ob und inwieweit rechtsförmige Absicherung von Austauschbe­ 111   MacNeil, 47 S.  Cal. L. Rev. 691, 738 ff. (1974); MacNeil, 72 Nw. U. L. Rev. 854 (1978). Konkrete Beispiele bei Womack/Jones/Roos, The Machine that Changed the World, 1990, S.  138 ff.: Zuliefererkette in der (japanischen) Automobilindustrie; Macauley, 1996 Wisc. L. Rev. 75: Großprojekt im Gebäudebau. 112   Infra 1. 113   Infra 2. 114   Überblick zur Theorie bei Gibbons, Game Theory for Applied Economists, 1992, S.  55 ff.; Fudenberg/Tirole, Game Theory, 1991, S.  145 ff.

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ziehungen im Hinblick auf bestehende private Durchsetzungsmechanismen ver­ zichtbar ist. Auch wenn die Ermöglichung und Absicherung der Kooperation durch das Recht im Grundsatz essentielle Bedeutung hat,115 ist nicht ausgeschlos­ sen, dass in bestimmten Kontexten auch extra-legale Institutionen die entspre­ chende Funktion erfüllen können. Besondere Bedeutung im leistungsstörungs­ rechtlichen Kontext kommt insofern Reputationseffekten zu. Es geht unter den genannten Vorzeichen um Konstellationen, in denen die Einbuße, die der Gläu­ biger im Fall unzulänglicher Erfüllung erleidet, eine Entsprechung in einer Be­ einträchtigung des Rufs des Schuldners findet, die dessen Aussichten schmälert, mit dem Gläubiger oder anderen potentiellen Vertragspartnern zukünftig Ge­ schäfte zu machen. Auf diesem Weg wird der Schuldner ohne rechtlichen Sank­ tionsmechanismus zu einer Internalisierung der durch die Pflichtverletzung  verursachten Wohlfahrtseinbußen gezwungen.116 Voraussetzung ist in diesem Zusammenhang natürlich, dass der Ruf eines Schuldners für die Gegenseite er­ kennbar ist.117 Durchsetzungsmechanismen jenseits des rechtlichen Sanktionenkanons haben freilich auch Grenzen. Die entsprechenden Überlegungen finden ihre Grundlage darin, dass die Verfügungsrechtstheorie entgegen der neoklassischen Annahme perfekter Güterhomogenität und vollkommener Markttransparenz im hier inter­ essierenden Zusammenhang von unvollkommenen und ungleich verteilten Infor­ mationen insbesondere über die qualitätsbestimmenden Eigenschaften von Gü­ tern ausgeht. Unterschieden werden üblicherweise Such- bzw. Inspektionsgüter (search bzw. inspection goods), Erfahrungsgüter (experience goods) sowie Vertrau­ ens- bzw. Glaubensgüter (credence goods). Die Qualität von Such- bzw. Inspekti­ onsgütern kann vom Konsumenten durch entsprechende Nachforschungen zu einem frei gewählten Zeitpunkt ermittelt werden, während sich ihm diejenige von Erfahrungsgütern erst im Laufe ihrer Nutzung offenbart. Schließlich kann er die qualitative Beschaffenheit von Vertrauensgütern zu keinem Zeitpunkt sicher be­ stimmen bzw. bedarf hierzu der Hilfe von Experten.118 Beispiele für Glaubens- bzw. Vertrauensgüter sind hochkomplexe Dienstleistungen, deren Qualität nicht selten von vielfältigen, von der Nachfrageseite nicht oder nur schwer zu überbli­ ckenden Faktoren abhängt wie z. B. unternehmerische oder anwaltliche Beratung, medizinische Versorgung, Bildungsvermittlung etc. Im Rahmen eines Güteraus­ tauschs, der sich auf Glaubens- oder Vertrauensgüter bezieht, wird eine unzu­

  Schon supra I. 1.   Zu dieser Form der Kooperationssicherung durch Reputationseffekte Klein/Leffler, 89 J. Pol. Econ. 615 (1981); Shapiro, 98 Q. J. Econ. 659 (1983). Fallstudien bei L.Bernstein, 21 J. Legal Stud. 115 (1992); L.Bernstein, 144 U. Pa. L. Rev. 1765 (1996); L.Bernstein, 99 Mich. L. Rev. 1724 (2001). Vgl. auch Charny, 104 Harv. L. Rev. 373 (1990). 117   Zur Bedeutung von Intermediären in diesem Zusammenhang Landa, 10 J. Legal Stud. 349 (1981); L.Bernstein, 21 J. Legal Stud. 115 (1992); Mann, 87 Geo. L. J. 2225 (1999). 118   Zum Ganzen Nelson, 78 J. Pol. Econ. 311 (1970); Hirshleifer, Am. Econ. Ass’n Papers & Proc. 31, 37 (1973); Darby/Karni, 88 J. L. & Econ. 67, 71 (1973). 115 116

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längliche Leistung häufig nicht erkannt werden und in der Folge auch ohne Repu­ tationsnachteil bleiben.119 Aber auch bei Gütern, deren Qualität für den Erwerber prinzipiell erkennbar ist, muss die sozial wünschenswerte Sanktion in Form der konsequenten Benach­ teiligung schlecht beleumundeter Anbieter im Wettbewerb nicht im privaten In­ teresse des Gläubigers liegen. So kann es individueller Rationalität durchaus ent­ sprechen, nochmals von einem Anbieter zu kaufen, der einmal ein defektes Gut geleistet hat, obwohl zur optimalen Steigerung der Güterqualität die scharfe Sanktion der zukünftigen Nichtbeachtung des Angebots des Vertragsbrechers er­ forderlich wäre, z. B. weil die Suchkosten nach alternativen Offerten zu hoch sind o. ä. Dies kann letztlich zu Trittbrettfahrerproblemen führen, wenn einzelne An­ bieter die Folgenlosigkeit ihrer Schlechtleistung antizipieren und daher bewusst nicht in die Gewährleistung vertragsgemäßer Produktqualität investieren. Schließlich schreckt die bei Reputationsverlust drohende Einbuße zukünftigen Geschäfts Akteure nicht, die aufgrund ihrer besonderen Situation ohnehin aus dem Markt ausscheiden werden. So wie bestimmte Akteure aufgrund ihrer Ver­ mögensrestriktion für materielle Sanktionen unempfänglich sind,120 sind andere Marktakteure aufgrund ihres limitierten, immateriellen Kapitals durch Anreiz­ mechanismen nicht zu motivieren, die auf Einbußen in diesem Bereich zentriert sind. Hier wie dort stellen kurz vor der Insolvenz stehende Schuldner Musterbei­ spiele für die genannten Anreizdefizite dar. 2.  Missbrauchspotentiale und Relationalität der Austauschbeziehung Eine weitere zentrale Einsicht der Theorie relationaler Verträge bezieht sich auf den bereits erwähnten Umstand,121 dass die gerichtliche Durchsetzung von schuldrechtlichen Vereinbarungen, die die materiellen Ziele der Parteien exakt ab­ bilden, in bestimmten Konstellationen mit Kosten verbunden und aufgrund der kognitiven Grenzen der Gerichte auch nicht unter allen Umständen gesichert ist.122 Daraus folgt zunächst, dass die Parteien Anreize haben, ihre Beziehungen in einer Weise zu strukturieren, die zwar gewisse Abstriche im Hinblick auf die Verwirklichung der eigentlichen Bedürfnisbefriedigung mit sich bringt, gleich­ zeitig aber das Risiko teurer gerichtlicher Auseinandersetzungen senkt.123 Die natürlichen Grenzen richterlicher Rechtsdurchsetzung eröffnen Möglichkeiten für opportunistisches Verhalten, das darauf abzielt, durch juristische Scharmützel nach Vertragsschluss eine Änderung der Vertragsbedingungen und damit verbun­ den eine Umverteilung der durch die Transaktion generierten Wohlfahrtsgewinne

  Darby/Karni, 16 J. L. & Econ. 67 (1973); Fong, 36 RAND J. Econ. 113 (2005).   Schon supra §  1 B. II. 121   Supra III. 5 . 122   Zusammenfassung bei Scott/G.Triantis, 115 Yale L. J. 814, 825 ff. (2006). 123   Masten/Snyder, 36 J. L. & Econ. 33, 60 ff. (1993). 119

120

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Kapitel 4:  Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen

zu erreichen.124 Konsequenz aus diesem Befund ist zum einen, insbesondere bei komplexen Transaktionen, eine sinnvolle, Erfüllungsanreize erzeugende und die Gefahr von Raubüberfällen125 eindämmende Gestaltung des Leistungsprogramms anzustreben.126 Zum anderen ist es in dem genannten Kontext opportun, im Ver­ trag effizienzsteigernde Vorgaben für das (schiedsgerichtliche) Durchsetzungs­ verfahren zu treffen.127 Unter dem Gesichtspunkt der Relationalität schuldrecht­ licher Austauschbeziehungen ist v. a. die in der Praxis zu beobachtende Tendenz bemerkenswert, die Anpassung des Vertrags bei geänderten Umständen (insbe­ sondere Leistungsstörungen) innerhalb eines geregelten, Opportunismuspotenti­ ale begrenzenden Verfahrens zu sichern, statt auf exakte gerichtliche Durchset­ zung und Sanktionierung detaillierter Vertragsbedingungen zu setzen.128 Diese Beobachtung ist auch im Hinblick auf die Entwicklung des dispositiven Vertragsrechts von besonderer Bedeutung. Dessen Lückenfüllungsfunktion wür­ de erheblich beeinträchtigt, wenn die Dogmatik bei der Schaffung der einschlä­ gigen Rechtsinstitute keine Rücksicht auf die genannten Potentiale ineffizienter Umverteilung und die informellen Mechanismen ihrer Steuerung nähme. Im Kern geht es darum, keiner Partei durch das dispositive Recht Anreize zu geben, sich von Anfang an einer effizienten Bewältigung nicht antizipierter Risiken im Rah­ men der relationalen Beziehung zu entziehen. Letzteres droht aber, wenn eine redistributiv wirkende Norm die Verweigerung des Zusammenwirkens, d. h. die gerichtliche Durchsetzung der Begünstigung, aus Sicht der bevorzugten Partei rational erscheinen lässt, weil sie hierdurch ihre individuelle Wohlfahrt stärker steigern kann als durch sozial wünschenswerte Kooperation.129 Damit soll natür­ lich nicht gesagt werden, dass Rechtszwang zur Durchsetzung der Verpflich­ tungen aus dem Schuldverhältnis per se nicht wünschenswert wäre. Die aus der vorstehenden Erkenntnis zu ziehende Konsequenz liegt vielmehr lediglich darin, 124   Muris, 65 Minn. L. Rev. 575 (1981); Williamson, 73 Am. Econ. Rev. 519, 526 (1983); V. Goldberg, 1985 Wis. L. Rev. 527 (1985), Masten, 144 J ITE 180 (1988). 125   Unter dem Begriff des Raubüberfalls (hold-up) versteht man Konstellationen, in denen ein Agent die höhere spezifische Investition (Fn.  32) der Gegenseite auszunutzen trachtet, um deren Wohlfahrtsgewinne aus der Transaktion (Quasi-Rente) zumindest partiell selbst zu ver­ einnahmen, vgl. z. B. Alchian/Woodward, 26 J. Econ. Lit. 65, 67 (1988). 126   Diesbezügliche Untersuchung der zur Erreichung der genannten Zwecke enge Regeln (rules) und offene Standards (standards) kombinierenden Vertragsgestaltung im U. S.-amerika­ nischen Handelsverkehr, Scott/G.Triantis, 115 Yale L. J. 814, 839 ff. (2006). Siehe auch supra Fn.  105. 127   Scott/G.Triantis, 115 Yale L. J. 814, 856 ff. (2006). 128   V.Goldberg, 7 Bell J. Econ. 426, 428 (1976) spricht von einer (außerrechtlichen) Verfassung der langfristigen Austauschbeziehung (constitution governing the ongoing relationship), die ad hoc Anpassungen im Verhandlungsweg erleichtert. Ähnlich auch Al-Najjar, 85 Am. Econ. Ass’n Papers & Proc. 432 (1995), der generell auf die Existenz alternativer „governance mechanisms“ für die Austauschbeziehung hinweist, die exakte vertragliche Regelungen und deren Durchset­ zung substituieren können. Dem folgend z. B. Cohen in: DeGeest (Hrsg.), Encyclopedia of Law and Economics, Bd.  6 , 2.  Aufl., 2011, S.  125, 129. 129   Zu diesem Aspekt des bargaining in the shadow of the law, Cooter/Marks/Mnookin, 11 J. Legal Stud. 225, 227 (1982).

§  2  Funktionen des Vertragsrechts aus Sicht der Ökonomik

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redistributive Wirkungen vertragsrechtlicher Regulierungen nicht zuletzt des­ halb zu vermeiden, weil diese, neben einer Verzerrung der ex ante Anreize, auch zu einer Blockade effizienzsteigernder außerrechtlicher Durchsetzungsmecha­ nismen führen. Letztlich stellt dieser Aspekt nur einen Unterpunkt des allgemei­ nen Desiderats dar, das Vertragsrecht im Hinblick auf die allokativen Ziele der Parteien von umverteilenden Regelungen frei zu halten.130

  Supra A. II. und Kapitel 1 §  2 A. II. 1. a) (1).

130

§  3  Die Einstandspflicht für Dritte als Bestandteil eines ökonomisch rationalen Vertragsrechts Ausgangspunkt der Überlegungen in diesem Kapitel war das Fehlen einer eigen­ ständigen ökonomischen Theorie der Verantwortlichkeit für das Fehlverhalten von Gehilfen im vertraglichen Bereich. Dieser Befund zwingt vor dem Hinter­ grund der interdisziplinären Ausrichtung der vorliegenden Untersuchung dazu, die Erkenntnisse der Ökonomik durch ein methodisch stringentes Fortdenken und Kombinieren allgemeiner vertragsökonomischer Prinzipien (z. B. Gehilfen­ verschulden als eine von vielen unsicheren Bedingungen der Kooperation vor und nach dem Vertragsschluss) oder aber durch Transfer anderweitig entwickelter ökonomischer Modelle (z. B. im Rahmen der Verfügungsrechtsanalyse des De­ liktsrechts) zu erschließen. Die ökonomisch rationale Einstandspflicht für Gehilfen ergibt sich zum einen als Teilaspekt eines funktional, d. h. nicht auf bestimmte Rechtsinstitute vereng­ ten Leistungsstörungsrechts, das bei seiner Reaktion auf das Fehlverhalten der Hilfsperson die im Vorstehenden allgemein dargestellten Desiderate der ökono­ mischen Vertragstheorie umsetzt. Die Einstandspflicht für Gehilfen stellt inso­ fern lediglich einen Unterfall der allgemeinen Anforderungen an das Vertrags­ recht dar, wie sie von der Ökonomik im Hinblick auf die Durchsetzung vertrag­ licher Versprechen im Kontext unsicherer zukünftiger Entwicklungen sowie die angemessene Aufklärung vor und nach Abschluss des Kontrakts gestellt werden. Die konsequentialistische Sicht der Ökonomik schärft das Bewusstsein dafür, dass Lösungen des Sachproblems dogmatisch nicht nur durch explizite Zurech­ nung im Rahmen von Haftungs- oder sonstigen Sanktionstatbeständen zu erzie­ len sind. Vielmehr werden sie auch durch implizite Zuweisungen des Risikos eines Eintritts von Leistungsstörungen oder einer unzureichenden oder fehlerhaften Aufklärung verwirklicht, wie sie beispielsweise im Rahmen von Einwendungstat­ beständen erfolgen kann. Im Hinblick auf die Reichweite der Einstandspflicht für Hilfspersonen sind die normativen Kriterien einer solchen ausdrücklichen oder inhärenten Risikozuwei­ sung dergestalt zu adaptieren, dass sie für die Zurechnung des „Personalrisikos“ (d. h. des Personenkreises, für den einzustehen ist, die Arten der zuzurechnenden Pflichtwidrigkeiten etc.) aussagekräftig werden. Dabei haben die Überlegungen   Vgl. supra vor §  1 und §  1 C.   Vgl. bereits supra Kapitel 1 §  1 B. II. 1.

 

§  3  Einstandspflicht als Bestandteil ökonomisch rationalen Vertragsrechts

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zur Risikoverteilung innerhalb der Prinzipal-Agenten-Beziehung gezeigt, dass es nicht nur auf unmittelbare Einwirkungsmöglichkeiten kraft ausdrücklichen Wei­ sungsrechts ankommt, da das Bestehen eines solchen weder eine hinreichende noch eine notwendige Bedingung einer effizienten Risikozuweisung darstellt. Im Folgenden gilt es, als Voraussetzungen der ökonomisch geleiteten, dogma­ tischen Analyse einzelner Normbestände, die Determinanten einer ökonomisch rationalen Einstandspflicht für Fehlverhalten von Hilfspersonen im genannten Sinne zu entfalten.

A.  Ökonomik des Leistungsstörungsrechts Prominentes Einsatzfeld für Gehilfen in der arbeitsteiligen Wirtschaftsordnung ist die Erfüllung vertraglicher Leistungspflichten. In diesem Kontext stellt sich das Fehlverhalten des Gehilfen als eine Realisierung der vielfältigen Unsicher­ heiten dar, die mit der in die Zukunft gerichteten Kooperation unauflösbar ver­ bunden sind. Die effiziente Verteilung der entsprechenden Risiken durch das Recht hat sowohl unter dem Gesichtspunkt adäquater ex ante Anreize zur Ko­ operation als auch unter demjenigen unterschiedlicher Kapazitäten zur Risikotra­ gung zu erfolgen. Die als transaktionskostensenkende Standardregelung zu verstehende, die un­ vollständige Parteivereinbarung ergänzende und daher im Grundsatz nachgiebige gesetzliche Einstandspflicht für Hilfspersonen ist mit anderen Worten eingebet­ tet in eine am Kriterium effizienter Ressourcenallokation orientierte Verteilung des Risikos eines Eintritts von Leistungshindernissen und -erschwernissen im Rahmen der Transaktionsabwicklung. Unter Anreizgesichtspunkten bildet das Leistungsstörungsrecht das Kernstück zur Verwirklichung eines Grundanliegens des Vertragsrechts, wohlfahrtssteigernde Verpflichtungen der Parteien gegen re­ distributiven ex post Opportunismus abzusichern. Das Leistungsstörungsrecht gewährleistet also, dass privatautonome Verpflichtungen dem (mutmaßlichen) ex ante Willen der Beteiligten entsprechend durchgesetzt werden. In Bezug auf ge­ setzliche Pflichten geht es grundsätzlich darum, die heteronomen Ziele der jewei­ ligen Bestimmungen zur Geltung zu bringen. Zu beachten ist in diesem Zusam­ menhang allerdings, dass die dogmatische Charakterisierung bestimmter ver­ tragsbegleitender Pflichten als gesetzliche Nebenpflichten für die funktionale    Z. B. wenn die Kontrolle aus faktischen Gründen nicht sinnvoll ausgeübt werden kann, insbesondere weil das Agentenverhalten nicht beobachtbar ist.    Z. B. wenn dem Haftungsträger andere Einwirkungs- bzw. Anreizmechanismen zur Verfü­ gung stehen oder er eine überlegene Fähigkeit zur Risikotragung besitzt.    Supra §  1 A. II.    Der Gesetzgeber hat offen gelassen, ob die Schutzpflichten des §  241 Abs.  2 BGB einem ggf. neben dem Vertragsverhältnis bestehenden gesetzlichen Rechtsverhältnis entspringen, vgl. Be­ grRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  126. Überblick zum Meinungsstand bei E.Kramer, in: Mün­ chener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, Einl. Rdnr.  8 0 ff. Vgl. auch Unberath, Die

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Kapitel 4:  Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen

Beurteilung in ökonomischen Kategorien keine präjudizielle Bedeutung haben kann. Aus analytischer Sicht kann die rechtsförmige Umsetzung bzw. Abwei­ chung von ökonomischen Desideraten nicht die Formulierung der Letzteren mit Hilfe originär sozialwissenschaftlicher Methoden bestimmen. Zur Verdeutli­ chung sei nochmals darauf hingewiesen, dass auch das wünschenswerte gesetz­ liche Sanktionensystem des Leistungsstörungsrechts in Bezug auf die privatauto­ nom begründete Hauptleistungspflicht von perfekt rationalen Parteien in einer transaktionskostenfreien Welt für die einschlägigen Konstellationen ausdrücklich im Vertrag vereinbart werden könnte, ja sogar würde, und somit nichts anderes darstellt als eine Fortführung des Parteiwillens. Im Folgenden sind zunächst die Ziele einer effizienten Risikoverteilung im Hinblick auf die Leistungspflicht aus dem Schuldverhältnis in Erinnerung zu ru­ fen sowie die zur Steuerung des Parteiverhaltens zur Verfügung stehenden Sank­ tionsmechanismen allgemein zu beschreiben,  bevor auf die mit Hilfe leistungs­ störungsrechtlicher Regulierung zu beeinflussenden Determinanten des Verhal­ tens der Beteiligten näher einzugehen ist. Auf dieser Grundlage lassen sich die entwickelten allgemeinen Kriterien für den Problemausschnitt des Einsatzes von Hilfspersonen weiter konkretisieren.10

I.  Grundlagen Wie bereits ausgeführt, liegt das fundamentale Ziel des Vertragsrechts aus Sicht der Ökonomik in der Sicherung und Stärkung der Anreize zur sozial wünschens­ werten Kooperation.11 Dies geschieht im hier interessierenden Kontext des Leis­ tungsstörungsrechts vor allem dadurch, dass die Risiken aus den Unsicherheiten, die mit jeder in die Zukunft gerichteten Transaktion verbunden sind, effizient verteilt werden.12 Zur Erreichung dieser Zielvorstellung kann sich eine Vertrags­ rechtsordnung unterschiedlicher Rechtsinstitute bedienen.13 1.  Effiziente Risikoverteilung als übergeordnetes Ziel des Leistungsstörungsrechts Das Ziel dispositiver Regeln des Leistungsstörungsrechts besteht darin, den voll­ ständigen Vertrag zu rekonstruieren, der dem Willen der Beteiligten entspräche, weil er den angestrebten Kooperationsgewinn aus einer ex ante Perspektive im Vertragsverletzung, 2007, S.  187 ff. sowie zur Systematik vertragsbezogener Haupt- und Neben­ pflichten M.Müller/Hempel, AcP 205 (2005) 246, 258 ff.    Supra §  2 A. II., B. I. 3. und Kapitel 1 §  2 A. II. 1. a) (1).    Infra I.    Infra II. 10   Infra III. 11   Supra §  2 B. I. 12   Infra 1. 13   Infra 2.

§  3  Einstandspflicht als Bestandteil ökonomisch rationalen Vertragsrechts

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Zeitpunkt des Vertragsschlusses maximiert.14 Es geht in diesem Kontext darum, soweit privatautonome Regelungen fehlen, die Risiken aus der Nichteinhaltung des antizipierten Leistungsprogramms zu verteilen. Dies geschieht, indem der ex­ akte Inhalt der Verpflichtung, d. h. ihre durch Ausschlusstatbestände definierte Reichweite sowie die Sanktionen der Nichterfüllung bestimmt werden.15 Die Zu­ weisung der Risiken, die daraus entspringen, dass unvorhergesehene Ereignisse die Erbringung von Leistungspflichten verhindern oder erschweren, folgt der Überlegung, welche Partei die jeweiligen Gefahren mit den geringsten Kosten tra­ gen kann (superior oder cheapest risk bearer).16 Dies kann entweder der Fall sein, weil die Partei die Möglichkeit besitzt, das mit vertretbarem Aufwand kontrol­ lierbare Risiko am kostengünstigsten zu minimieren und daher hierzu durch die aufgezwungene Risikotragung angehalten werden sollte (cheapest cost avoider).17 Eine Risikozuweisung zu einer Partei kommt aber auch in Betracht, weil diese zu einer überlegenen Tragung der auch bei optimaler Vorsorge nicht zu vermeidenden Konsequenzen der Leistungsstörung in der Lage ist (cheapest insurer).18 Im Hin­ blick auf letzteres Kriterium spielt zum einen eine Rolle, wer das exogene Risiko besser antizipieren und somit Vorsorge für den Fall seines Eintritts schaffen kann (z. B. durch Drittversicherung, prämienadäquate Risikoaufschlägen etc.). Zum anderen kommt aber – bei vergleichbaren Informationsmöglichkeiten – auch der Aspekt der internen Risikostreuung auf eine Vielzahl von Transaktionen mit ent­ sprechender Preisgestaltung, der Bildung von Finanzpolstern etc. in Betracht. In der Konsequenz kann u. U. allein die Größe des Unternehmens entscheidend sein, wenn für dessen Fähigkeit zur Risikotragung das Gesetz der großen Zahl arbeitet (deep pocket approach).19   Supra §  2 A., B. I.   Der hypothetische vollständige Vertrag kennt keinen Vertragsbruch, keine Pflichtwidrig­ keit im eigentlichen Sinn. Er enthält definitionsgemäß für sämtliche denkbaren Entwicklungen eine Regelung, d. h. auch bei Nichterfüllung der primär bestehenden Leistungspflicht greifen vertraglich ausdrücklich festgelegte Folgen, sodass die Interaktion der Parteien stets innerhalb des vertraglich festgelegten Programms erfolgt. 16   Knappe Überblicke in den Standardlehrbüchern bei H.-B.Schäfer/Ott, Lehrbuch der öko­ nomischen Analyse des Zivilrechts, 4.  Aufl., 2005, S.  403 ff.; Polinsky, An Introduction to Law and Economics, 4 . Aufl., 2011, S.  29 ff., 63 ff.; R. Posner, Economic Analysis of Law, 8.  Aufl., 2011, S.  130 ff.; Cooter/Ulen, Law & Economics, 6.  Aufl., 2012, S.  349 ff. Vgl. auch M. Lehmann, Vertragsanbahnung durch Werbung, 1981, S.  230 f.; Behrens, Die ökonomischen Grundlagen des Rechts, 1986, S.  159; Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, 1994, S.  122 f. 17   Risikominimierung ist unter ökonomischen Gesichtspunkten nur dann sinnvoll, wenn die (sicheren) Vermeidungskosten unter dem Erwartungswert der drohenden Einbußen liegen. Vgl. die berühmte, von Richter Learned Hand geprägte Formel für den negligence-standard in Uni­ ted States v. Carroll Towing Co., 159 F.2d 169 (2d Cir. 1947). 18   In ökonomischer Hinsicht ist dieser Aspekt nicht auf den Erwerb von Risikoversiche­ rungen bei Drittanbietern beschränkt, sondern erfasst sämtliche Maßnahmen der Vorsorge, insbesondere auch die Eigenversicherung durch einen Beteiligten. Koller, Die Risikozurech­ nung bei Vertragsstörungen in Austauschverträgen, 1979, S.  89 ff. spricht daher vom „Absorpti­ onsprinzip“. 19   Vgl. Calabresi, 70 Yale L. J. 499, 527 (1961). 14

15

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Kapitel 4:  Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen

Kann eine Vertragspartei das Schadensrisiko zwar kostengünstiger minimie­ ren, die andere dieses aber mit niedrigeren Transaktionskosten tragen, ist abzuwä­ gen. Es kommt darauf an, ob die höheren Einbußen, die bei Entlastung des cheapest cost avoiders eintreten, da er den Anreiz zur optimalen Risikovermeidung verliert (moral hazard), durch Einsparungen bei den Kosten der Risikotragung aufgewogen werden.20 Wichtig sind hier freilich die Prämissen, d. h. vermeidbares und unvermeidbares Risiko dürfen nicht trennbar sein. Andernfalls ließe sich, jedenfalls in der Theorie, ohne unüberwindliche Schwierigkeiten eine separieren­ de Regel konstruieren. Dies könnte beispielsweise in Form einer Verschuldens­ haftung des cheapest cost avoiders geschehen, die ohne Weiteres zu einer Tragung von auch bei ordnungsgemäßer Sorgfalt unvermeidbaren Einbußen durch den an­ deren Teil als cheapest insurer führt. 2.  Zielverwirklichung durch leistungsstörungsrechtliche Sanktionen Eine in dem genannten Sinne effiziente Risikoverteilung wird rechtsförmig in ers­ ter Linie durch die Bestimmung der Reichweite des vertraglichen Versprechens und der Sanktionierung seiner Verletzung erreicht, z. B. in Form eines in Grenzen (bspw. §§  275, 313 BGB) zwangsweise durchsetzbaren Erfüllungsanspruchs (specific performance) oder eines auf das Erfüllungsinteresse gerichteten Anspruchs auf Schadenersatz (expectation damages21). Hierdurch sollen optimale Anreize zur Leistungserbringung gesetzt werden. Im Einklang mit dem identifizierten Ziel der Maximierung des gemeinsamen Nutzens ist im Idealfall gesichert, dass der Schuldner stets leistet, wenn der daraus gezogene Nutzen des Gläubigers hö­ her ist als die gesamten Kosten der Leistungserbringung. 22 Zu Letzteren zählen 20   H.-B.Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 4.  Aufl., 2005, S.  411 f. 21   Die auch in der (U. S.-amerikanischen) rechtsökonomischen Literatur gängige Unterschei­ dung von expectation, reliance und restitution damgages geht zurück auf Fuller/Perdue, 46 Yale L. J. 52 (1936); Fuller/Perdue, 46 Yale L. J. 373 (1937). Aus ökonomischer Sicht ist der Schadens­ ersatz freilich eher als kontinuierlich veränderbare Variable zu verstehen, die von der Rechtsord­ nung grundsätzlich frei festgelegt werden kann. D.h. formal kann der Schadensersatz als d(x) geschrieben werden, wo x für einen Vektor steht, der jede denkbare Handlungsmöglichkeit ei­ ner oder beider Parteien repräsentiert. Indem die Größe d vom Eintritt bestimmter Zustände oder dem Beobachten bestimmter Handlungen x abhängig gemacht wird, kann die Rechtsord­ nung indirekt oder direkt versuchen, das Verhalten der Beteiligten zu beeinflussen. Geht man davon aus, dass auch alternative Mechanismen der Rechtsdurchsetzung, wie insbesondere ein klagbarer Erfüllungsanspruch, einen entsprechend messbaren Einfluss auf den Nutzen der Be­ teiligten haben, werden die ökonomischen Modelle auch für diese operabel. 22   Zu der aus dieser Überlegung folgenden, modelltheoretischen Möglichkeit eines effizi­ enten Vertragsbruchs (efficient breach of contract), Shavell, 11 Bell J. Econ. 466 (1980); Shavell, 99 Q. J. Econ. 121 (1984); Rogerson, 15 RAND J. Econ. 39 (1984); Craswell, 61 S.  Cal. L. Rev. 633 (1988). Zur auf die Unmöglichkeit eines objektivierenden Kosten-Nutzenvergleichs abstellen­ den Kritik vgl. Friedmann, 18 J. Legal. Stud. 1 (1989); De Alessi/Staaf, 145 JITE 561 (1989); Schmidtchen, in: Ott/H.-B.Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Probleme des Zivilrechts, 1991, S.  316.

§  3  Einstandspflicht als Bestandteil ökonomisch rationalen Vertragsrechts

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auch die Opportunitätskosten, d. h. die Kosten die daraus entstehen, dass infolge der Erfüllung des einen Vertrags eine anderweitige Erbringung der Leistung, u. U. an einen das Gut höher bewertenden und daher zur Zahlung eines höheren Preises bereiten Dritten unterbleiben muss.23 Die Sicherung des Kooperationsgewinns beinhaltet auch, dass der Schuldner optimale Anreize erhält, um Vorsorge gegen den Eintritt von Leistungshindernissen oder -erschwernissen zu treffen, solange die Grenzkosten dieser Bemühungen unter denjenigen der vermiedenen Leis­ tungsstörung liegen. Gleichzeitig sollen auf Seiten des Gläubigers die Anreize so gesetzt sein, dass er bei seinen Investitionen im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung (reliance investment) gezwungen wird, das Risiko der Leistungsstörung angemessen zu berück­ sichtigen, auch wenn seine wohlfahrtsteigernden Aufwendungen prinzipiell im Fall des Fehlschlagens der Leistungserbringung ersatzfähig sind.24 Formal ausgedrückt sind Verträge zu erfüllen, wenn der von seinen ex ante Investitionen im Vertrauen auf die Leistungserbringung, r, abhängige, erwartete Nutzen des Gläubigers, v(r), abzüglich der Kosten der Erfüllung, c, größer oder zumindest gleich dem erwarteten Nutzen, w(r), des Gläubigers im Fall der Nichterfüllung ist: v(r) – c  w(r). 25 Geht man davon aus, dass der Schuldner Investitionen zur Sicherung seiner Leistungsfähigkeit, s, tätigt, von denen die Erfüllungskosten nach Maßgabe der Wahrscheinlichkeitsdichtefunk­ tion F(c|s) abhängen, 26 maximieren die Investitionen der Parteien in der gesamtgesell­ schaftlich erstbesten Lösung die Gesamtwohlfahrt GW: v(r) –w(r) 



 (v(r) – c)F(c|s)dc +   w(r)F(c|s)dc – r – s

GW(r,s) = 

(1)

0 v(r) –w(r)

23   Zusammenfassend zu den wünschenswerten Anreizen auf Schuldnerseite Cooter/Ulen, Law & Economics, 6.  Aufl., 2012, S.  287 ff., 307 ff.; Shavell, Foundations of Economic Analysis of Law, 2004, S.  304 ff., 342 ff.; 375 ff.; H.-B.Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse des Zivilrechts, 4.  Aufl., 2005, S.  456, 459 ff. 24   Allgemein zum Ziel adäquater Investitionsanreize für den Gläubiger Cooter/Ulen, Law & Economics, 6.  Aufl., 2012, S.  290 ff., 331 ff.; Shavell, Foundations of Economic Analysis of Law, 2004, S.  357 ff.; H.-B.Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse des Zivilrechts, 4.  Aufl., 2005, S.  458, 467 ff. Zur common law Lösung des Problems mit Hilfe der forseeability doctrine (Hadley v. Baxen­ dale, 9 Ex. 341, 156 Eng. Rep.  145 (1854)) z. B. Eisenberg, 80 Cal. L. Rev. 563 (1992); Perloff, 10 J. Legal Stud. 39 (1981); Epstein, 18 J. Legal Stud. 105 (1989); Bebchuk/Shavell, 7 J. L. Econ. & Org. 286 (1991). Im deutschsprachigen Schrifttum v. a. Faust, Die Vorhersehbarkeit des Scha­ dens gemäß Art.  74 Satz 2 UN-Kaufrecht (CISG), 1996, S.  205 ff. Zur Verselbständigung eines Teilsaspekts der Problematik in §  284 BGB, Tröger, ZIP 2005, 2238. Auch noch infra II. 2. a) (2). 25   Die Nutzenerwartung des Gläubigers kann dabei auch negativ sein, was insbesondere für w(r) in Betracht kommt, z. B. wenn die Bedürfnisbefriedigung nur durch Abschluss ungünsti­ gerer Alternativgeschäfte möglich ist. 26   Je nach Schuldnertyp kann die Art der Vorsorgeinvestitionen in die eigene Leistungsfähig­ keit unterschiedlich sein. Während ein Hersteller beispielsweise Testreihen durchführt, bevor er ein Produkt auf den Markt bringt, den Produktionsablauf überwachen wird o. ä., kann ein Händler Vorsorge durch die Überprüfung potentieller Lieferanten, die Qualitätsprüfung von Proben etc. treffen.

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Kapitel 4:  Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen

II.  Die Determinanten des Parteiverhaltens im Einzelnen Das Grundanliegen, sicher zu stellen, dass die Transaktion aus der ex ante Per­ spektive bei Vertragsschluss den gemeinsamen Nutzen der Parteien maximiert, rechtfertigt, die Faktoren näher zu betrachten, die das relevante Verhalten der Beteiligten bestimmen. Diese sind es, die durch das Setzen adäquater Verhaltens­ anreize mit Hilfe der Rechtsordnung beeinflusst werden sollen. Solange die Parteien die Wahrscheinlichkeit ihrer schuldrechtlichen Verant­ wortlichkeit korrekt einschätzen können, sind sie in der Lage, jedes größere oder geringere Risiko einer Einstandspflicht durch entsprechende Adjustierungen des Preises auszugleichen, ohne dass hierdurch bereits der Erwartungswert der Aus­ tauschbeziehung insgesamt verändert würde. Unterschiedliche Haftungsregime haben daher unter den genannten Prämissen nur einen distributiven Effekt. Da aber der Erwartungswert nach dem Vorgesagten zumindest zum Teil von den ei­ genen Handlungen der Beteiligten abhängt, 27 kann der erwartete Nutzengewinn aus der Transaktion durch entsprechendes Stärken oder Abschwächen von Hand­ lungsanreizen durch leistungsstörungsrechtliche Sanktionierung insgesamt ge­ steigert werden. 28 Darüber hinaus kann der Nutzengewinn aus der gesamten Aus­ tauschbeziehung gesteigert werden, wenn die Streuung des Erwartungswertes primär der risikogeneigteren Partei zugewiesen wird.29 1.  Verhaltensanreize auf Seiten des Schuldners a)  Die Grundentscheidung: ordnungsgemäße Erfüllung oder Pflichtwidrigkeit (1)  Der Anreiz zur effizienten Vertragserfüllung als Maßstab leistungsstörungsrechtlicher Sanktionen i.  Effizienzziel, Vertragsbruch und leistungsstörungsrechtlicher Anreiz. Geht man davon aus, dass es zunächst von der Entscheidung des Schuldners abhängt, ob eine Verpflichtung erfüllt wird, wird das gesamtgesellschaftlich wünschenswerte, effiziente Ergebnis erzielt, wenn der Schuldner bei seiner Willensbildung die Kos­ ten des Vertragsbruchs in Form der entgangenen Nutzengewinne des Gläubigers, den Kosten der Erfüllung gegenüberstellt. Der Schuldner soll also die Erfüllung der Verbindlichkeit davon abhängig machen, dass v(r) – w(r)  c. Anders formuliert, ergibt sich ein Grenzwert (cut-off level) für die Erfül­ lungsbemühungen von μ = v(r) – w(r).

Zu den Erfüllungskosten rechnen dabei auch Opportunitätskosten, die durch den Verzicht des Schuldners auf eine andere Transaktion entstehen. Relevant ist dies 27   Im oben stehenden Modell von den Vorsorgeaufwendungen des Schuldners, s, und den Investitionen des Gläubigers in Erwartung der Erfüllung, r. 28   Infra 1. und 2. 29   Infra 3.

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vor allem im Hinblick auf ein „besseres Geschäft“ mit einem Dritten, dessen Nut­ zenerwartung bei Erhalt der Leistung höher ist, als die des ursprünglichen Gläu­ bigers. Der Preisaufschlag, den der Dritte zu zahlen bereit ist, repräsentiert eine im Verhandlungswege verteilte Tranche der Wohlfahrtssteigerung, die aus der so­ zial wünschenswerten, effizienteren Güterallokation fließt.30 Um die Anreize zu erhalten, auch eine sich nach Eingehen der vertraglichen Bindung bietende, im genannten Sinne wohlfahrtssteigernde Option zu ergreifen, darf das Leistungs­ störungsrecht nicht in jedem Fall sämtliche Erträge aus der Erfüllung des Alter­ nativgeschäfts beim Vertragsbrüchigen abschöpfen.31 Dieser verlöre sonst jegli­ chen Anreiz, die im gesamtgesellschaftlichen Interesse liegende Möglichkeit, eine unter Allokationsgesichtspunkten vorzugswürdige Transaktion zu tätigen, über­ haupt in Erwägung zu ziehen, da die sozialen Vorteile keine Abbildung in indivi­ duellen Nutzengewinnen fänden.32 Aus Sicht des Modells lässt sich die bei einsei­ 30   Das Modell geht davon aus, dass der Gläubiger der ersten Transaktion voll kompensiert wird und daher gegenüber der Nichterfüllung indifferent ist. Da unter dieser Prämisse auch keine negativen Effekte in Form eines Verlusts des Vertrauens in die Institution Vertragsrecht drohen, ist die Lösung unter ihren Prämissen paretooptimal. Das Bild ändert sich natürlich, wenn man dem vertraglichen Versprechen eine ethische Dimension zumisst, die dem Vertrags­ bruch auch bei voller Kompensation des Versprechensempfängers einen verbleibenden Unwert beimisst, vgl. dazu supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. a) (1). Zum Ganzen ausführlich Kaplow/Shavell, Fairness versus Welfare, 2002, S.  155 ff.; Shavell, 56 Emory L. J. 439 (2006). Die hier skizzierte Verteidigung des Modells sagt freilich noch nichts über dessen praktischen Erkenntniswert für die Gestaltung des Leistungsstörungsrechts. Zu den Problemen im Hin­ blick auf die Kenntnis von der Nutzenbewertung der Akteure u. a. bereits supra bei Fn.  22. 31   Dies gilt insbesondere, wenn nur der Schuldner das Drittgeschäft tätigen kann, der Gläu­ biger hierzu aber nicht in der Lage ist, z. B. weil er keinen Zugang zu dem Drittinteressenten hat o. ä. Insofern ist die unterschiedslose, bezeichnenderweise auf die „Billigkeit“ gestützte Ab­ schöpfung des commodum ex negotiatione durch die h. M. unter Geltung des §  285 BGB nicht unproblematisch, vgl. RG v. 26.  6 . 1922 – VI 788/21, RGZ 105, 84, 89; RG v. 11.  10. 1932 – II 58/32, RGZ 138, 45, 48; BGH v. 23.  12. 1966 – V ZR 26/64, BGHZ 46, 260 264; BGH v. 11.  10. 1979 – VII ZR 285/78, BGHZ 75, 203, 206; Wiedemann in: Soergel, BGB, Bd.  II, 12.  Aufl., 1990, §  281 Rdnr.  28; Emmerich in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  285 Rdnr.  23; H. P.Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  285 Rdnr.  7, 10. Vgl. aber auch die neuerdings im Vordringen befindliche, mit ökonomischen Desideraten übereinstim­ mende Ansicht, die eine Beschränkung auf den Gläubigerschaden annimmt, Bollenberger, Das stellvertretende Commodum, 1999, S.  337 ff.; Hans Stoll, Festschrift für Peter Schlechtriem, 2003, S.  677, 692 ff.; Löwisch, NJW 2003, 2049, 2051 f.; Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  285 Rdnr.  41 f., 46; im Ergebnis jetzt auch BGH v. 10.  5. 2006 – XII ZR 124/02, BGHZ 167, 312, 319. In der amerikanischen Diskussion um die angemessene Reichweite von abschöpfendem Scha­ densersatz (disgorgement damages) aus ethischen Gründen befürwortend z. B. Friedmann, 80 Colum. L. Rev. 504 (1980); R. M.Unger, 96 Harv. L. Rev. 561, 641 (1983); einschränkend, auch mit ökonomischen Erwägungen Farnsworth, 94 Yale L. J. 1339 (1985). 32   Bei effizienter Festsetzung der Nichterfüllungssanktion ist sicher gestellt, dass eine sich bietende, allokativ effizientere Geschäftschance wahrgenommen werden kann. Damit ist aber noch nicht gesagt, dass die Anreize, nach dem idealen Transaktionspartner zu suchen, optimiert sind. In diesem Zusammenhang begegnet das allgemeine Problem, dass einige der positiven Ef­ fekte verstärkter Suche typischerweise nicht allein von der suchenden Partei, sondern zumindest teilweise auch von dem gefundenen Vertragspartner vereinnahmt werden, vgl. dazu Diamond/ Maskin, 10 Bell J. Econ. 282 (1979); Diamond/Maskin, 25 J. Econ. Theory 165 (1981). Hinter­

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Kapitel 4:  Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen

tigem Vertragsbruch zur Wahrnehmung eines „besseren Geschäfts“ verhängte Sanktion der Abschöpfung allenfalls rechtfertigen, wenn die hierdurch erzwun­ genen Verhandlungen über eine Entbindung des Schuldners von seiner Verpflich­ tung eine transaktionskostengünstigere Alternative zur streitigen Durchsetzung der sonst zu verhängenden Sanktionen darstellte,33 oder aber durch die Verhand­ lungen Informationsasymmetrien im Hinblick auf den drohenden Nichterfül­ lungsschaden des Gläubigers abgebaut werden können.34 Das grundsätzliche Ziel, effiziente Erfüllungsanreize für den Schuldner zu set­ zen, lässt sich verwirklichen, wenn der Vertragsbruch mit einem Anspruch des Gläubigers auf das positive Interesse sanktioniert wird. Dann hat der Schuldner die vollen Kosten der Nichterfüllung zu tragen und wird diese bei seiner Ent­ scheidungsfindung berücksichtigen. Er wird also – wie bereits angedeutet 35 – ge­ nau diejenigen Erwägungen anstellen, die sich mit den Überlegungen zur gesamt­ gesellschaftlichen Wohlfahrt decken.36 Formal ausgedrückt, berücksichtigt der Schuldner bei seiner individuellen Maximierungs­ entscheidung neben den eigenen Erfüllungskosten, c, auch die im Fall der Erfüllung ver­ einnahmte Gegenleistung, p, sowie die leistungsstörungsrechtliche Sanktion der Nichter­ füllung, d. Demnach wird er die Leistung erbringen, wenn p – c  – d. Das soziale Opti­ mum lässt sich danach erreichen, wenn d = v(r) – w(r) – p, d. h. wenn der Schuldner im Fall der Nichterfüllung exakt den entgangenen Wohlfahrtsgewinn des Gläubigers ausgleichen muss. Der Schuldner wird seine Investition zur Sicherung der eigenen Leistung, s, so wäh­ len, dass diese die Wahrscheinlichkeit der Nichterfüllung, f(μ|s), so beeinflusst, dass der Nutzen des Schuldners, SN,



SN(s,c) = (1 – f(μ|s))(p – c) – f(μ|s)d – s

(2)

maximiert wird. Dabei ist – neben dem Wissen um die f(μ|s) determinierende Wahrschein­ lichkeitsfunktion – erkennbar von entscheidender Bedeutung, dass der Schuldner den dro­ henden Nichterfüllungsschaden, d, des Gläubigers zutreffend einschätzen kann. Sonst geht sein Nutzenkalkül erkennbar von fehlerhaften Determinanten aus. Eine Reaktion auf mögliche Informationsasymmetrien liegt darin, den Gläubiger durch entsprechende Rechtsinstitute anzuhalten, seine schadensrelevanten Informationen zugänglich zu ma­ chen.37 grund ist in diesem Zusammenhang die noch zu erörternde Eigenschaft von Informationen als öffentlichem Gut und das daraus resultierende Informationsparadox, infra C I. 33   Vgl. Friedmann, 18 J. Legal Stud. 1, 6 f. (1989). 34   Zu dieser Problematik auch sogleich. 35   Supra §  2 B. I. 2. am Ende. 36   Grundlegend Birmingham, 24 Rutgers L. Rev. 273 (1970); Barton, 1 J. Legal Stud. 277 (1972). Das erste formale Modell findet sich bei Shavell, 11 Bell J. Econ. 466 (1980). 37   Zur amerikanischen Diskussion über entsprechende Obliegenheiten zur Offenlegung als Folge der forseeability doctrin neben den in Fn.  24 Genannten vgl. Ayres/Gertner, 99 Yale L. J. 87, 101 ff. (1989); Wolcher, 9 Res. L. & Econ. 9 (1989); J.Johnston, 100 Yale L. J. 615 (1990); Bebchuk/Shavell, 7 J. L. Econ. & Org. 284 (1991); Adler, 51 Stan. L. Rev. 1547 (1999); Ben-Shahar/ Bernstein, 109 Yale L. J. 1885 (2000). Zu einem denkbaren positivrechtlichen Ansatz für ähnliche Überlegungen im deutschen Recht in §  254 Abs.  2 Satz 1 BGB, H.-B.Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des

§  3  Einstandspflicht als Bestandteil ökonomisch rationalen Vertragsrechts

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Im Prinzip kann die Anreizwirkung auch durch andere Sanktionen als einen auf monetäre Kompensation gerichteten Zahlungsanspruch erzielt werden, sofern diese alternativen Rechtsinstitute demselben Muster folgen, d. h. den Schuldner dazu zwingen, die Einbußen des Gläubigers im Fall der Nichterfüllung – aber eben auch nur diese – bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen. Insofern wohnt einem Recht des Gläubigers, als Folge der Leistungsstörung die Vertragsbezie­ hung z. B. durch Rücktritt zu beenden, eine ineffiziente Tendenz inne. Der Gläu­ biger wird diesen Rechtsbehelf nämlich nur wählen, wenn sich das Geschäft im Rücktrittszeitpunkt für ihn als nachteilig erweist. In seinem individuellen Nutzenkalkül wird er den ihm infolge des Rücktritts entgehenden Erwartungswert des nichterfüllten Vertrags, w(r), mit dem als Schadensersatzanspruch auszugleichenden positiven Interesse vergleichen und den Rücktritt wählen, wenn – w(r)  v(r) – w(r) – p, d. h. p  v(r). In dieser Konstellation wird der Schuldner, selbst wenn er v(r) < p kennt, ineffiziente Erfüllungsanstrengungen unternehmen, da sein Nutzenkalkül im Rücktrittsfall allein p  c berücksichtigt. Aus seiner Warte sind daher den erwarteten Ko­ operationsgewinn, d. h. die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrtssteigerung überschreitende Bemühungen gerechtfertigt.

Die suboptimalen Anreize werden u. U. noch verstärkt, wenn vorhersehbarerwei­ se im Rahmen der Rückabwicklung nicht in corpore erstattungsfähige, vom Gläu­ biger bereits erbrachte Gegenleistungen mit einem über dem Vertragspreis liegen­ den, „objektiven“ Wert angesetzt werden (z. B. erbrachte Arbeitsleistung).38 Die prinzipielle Problematik alternativer rechtlicher Reaktionen auf die Nicht­ erfüllung der schuldrechtlichen Leistungspflicht lässt sich gut an einem (Nach-)  Erfüllungsanspruch zeigen, der dann mit den Anforderungen an ein ökonomisch rationales Leistungsstörungsrecht in Einklang steht, wenn ein Zwang zur Natu­ ralerfüllung lediglich besteht, solange deren Kosten den Wert der Leistung unter­ schreiten. Die Sanktion des Erfüllungszwangs darf also entsprechend dem Vorgesagten nur in den Fällen v(r) – w(r)  c zur Verfügung stehen. Umgekehrt muss eine Befreiung des Schuld­ ners von seiner Leistungspflicht für alle Fälle c > μ erfolgen.

Es dürfte einer dieser Erkenntnis entsprechenden, inhärenten ökonomischen Ra­ tionalität historisch gewachsener Rechtsordnungen geschuldet sein, dass die in rechtsökonomischen Institutionenvergleichen häufig begegnende Dichotomie zwischen Naturalerfüllung und Schadensersatz als alternative Reaktionen auf die Nichterfüllung in der Realität in dieser Reinheit nicht anzutreffen ist. So ent­ Zivilrechts, 4.  Aufl., 2005, S.  469. Aus dogmatischer Sicht vorsichtig befürwortend Leonhard, AcP 199 (1999) 660, 675 f.; scharf ablehnend Canaris, JZ 2001, 499, 517 Fn.  166; Canaris, Fest­ schrift für Herbert Wiedemann, 2002, S.  3, 33 Fn.  105. 38   Ökonomische Analysen einzelner Aspekte des (neben Schadensersatz gewährten) Rück­ trittsrechts finden sich z. B. bei Goetz/Scott, 69 Va. L. Rev. 967, 995 ff. (1983); Kull, 43 Hastings L. J. 1, 17 ff. (1991); Kraus, 104 Yale L. J. 129, 152 ff. (1994); Stremitzer, Opportunistic Termina­ tion, Universität Bonn, Wirtschaftspolitische Abteilung, Arbeitspapier, 2008, http://ssrn.com/ abstract=989557.

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Kapitel 4:  Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen

spricht es einer Tendenz auch der kontinentaleuropäischen Rechtspraxis, den als primäres Gläubigerrecht zugebilligten Anspruch auf Naturalerfüllung zu be­ grenzen und bei Überschreiten einer „Zumutbarkeitsschwelle“ zum Geldersatz überzugehen.39 Sofern Nacherfüllung in Rede steht, d. h. bereits teilweise oder mangelhaft geleistet wurde, zeigt sich, wie wichtig es unter Effizienzgesichts­ punkten ist, die Nutzenerwartung des Gläubigers für den Fall nicht vertragsge­ mäßer Erfüllung zu berücksichtigen. Nur hierdurch kann gesichert werden, dass die Kosten der vollständigen Erfüllung/Nachbesserung nicht höher sind, als der Wert der pflichtgemäßen Erfüllung, abzüglich des Wertes der Teil- oder Schlecht­ leistung. Da eine effiziente Begrenzung des Naturalerfüllungszwangs in einem auf diesen zentrierten, leistungsstörungsrechtlichen Sanktionensystem materiellrechtlich vor allem über entsprechend interpretierte Ausschlusstatbestände erfol­ gen kann, muss das Gericht bei deren Anwendung die Effizienz der Erfüllung/ des Vertragsbruchs insgesamt beurteilen. Mit andern Worten, es muss sowohl das positive Interesse des Gläubigers als auch die Kosten der Erfüllung des Schuld­ ners kennen.40 Zuzugeben ist aber umgekehrt auch, dass eine Umsetzung der ökonomischen Desiderate durch Sanktionierung des Vertragsbruchs mit einem Anspruch des Gläubigers auf das Erfüllungsinteresse mit erheblichen Problemen bei der Scha­ densbemessung zu kämpfen hat, sobald der Nutzengewinn des Gläubigers teil­ weise oder vollständig nicht feststellbar oder jedenfalls aus der Sicht des urteilen­ den Gerichts nicht nachprüfbar ist. Unter Effizienzgesichtspunkten liegt der Vorteil, den Vertragsbruch mit einem auf das Erfüllungsinteresse gerichteten Ausgleichsanspruch zu belegen, darin, dass die gewünschten Ergebnisse erzielt werden können, ohne dass das Gericht die Effizienz des Vertragsbruchs insge­ samt überblicken muss.41 Es muss aber das positive Interesse richtig bestimmen können. Insbesondere im Hinblick auf in Folge der Leistungsstörung entgangene zukünftige Gewinne ergeben sich hier u. U. erhebliche Probleme. Dem in Beweis­ schwierigkeiten befindlichen Gläubiger mag zwar pragmatisch mit Beweiserleich­ terungen (z. B. §  252 S.  2 BGB für den entgangenen Gewinn und die Rechtspre­

39   Vgl. H. Lando/Rose, 24 Int’l Rev. L. & Econ. 473 (2004). Zur vergleichbaren Wirkung je­ denfalls des deutschen Vollstreckungsrechts auch schon supra Kapitel 1 §  1 B. II. 1. Zu den ma­ teriell-rechtlichen Grenzen des Erfüllungsanspruchs auch noch infra Kapitel 5§  1B. 40   Insofern kann es durchaus dem Effizienzziel dienen, wenn die Gerichte einen Erfüllungs­ zwang auch für den Fall annehmen, dass scheinbar v(r) – w(r)  c, sofern die von der Rechtspre­ chung allein zugrunde gelegten, überprüfbaren Elemente des positiven Interesses das tatsäch­ liche Erfüllungsinteresse systematisch unzutreffend niedrig taxieren, vgl. z. B. Muris, 12 J. Legal Stud. 379 (1983); noch infra Kapitel 5 §  1 B. II. 1. a). 41   Wären die Gerichte zu einer solchen Bewertung ex post in der Lage, wäre es zur Erzielung effizienter Ergebnisse ausreichend, den Schuldner im Falle des ineffizienten Vertragsbruchs mit einer adäquaten Sanktion zu belegen, während umgekehrt die effiziente Erfüllungsverweige­ rung sanktionslos bleiben könnte. Ein Gesichtspunkt, der bei der Konkretisierung des Ver­ schuldens als Voraussetzung bestimmter leistungsstörungsrechtlicher Sanktionen eine Rolle spielen kann (infra Kapitel 5 §  1 C. II. 1. a)).

§  3  Einstandspflicht als Bestandteil ökonomisch rationalen Vertragsrechts

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chungsgrundsätze zur abstrakten Schadensberechnung42) oder Vermutungen (z. B. der wohl auch neben §  284 BGB fortgeltenden Rentabilitätsvermutung43), geholfen werden.44 Indessen birgt ein solches Vorgehen keine Garantie effizienter Ergebnisse, sondern der schätzende Charakter der Schadensbestimmung ver­ stärkt im Gegenteil die Wahrscheinlichkeit suboptimaler Motivation der Betei­ ligten. Deren Verhaltensanreize hängen nämlich allein von der tatsächlich erwar­ teten Sanktion ab, d. h. nur wenn realistisch mit einer Verpflichtung zur Leistung des vollen positiven Interesses zu rechnen ist, wird der Schuldner gezwungen, sämtliche Nachteile des Vertragsbruchs – aber auch nur diese – in sein Kalkül einzubeziehen.45 Sein Anreiz zu erfüllen wird daher unter das effiziente Maß re­ duziert, wenn davon auszugehen ist, dass er (teilweise) in der Lage sein wird, ei­ ner Haftung auf das volle positive Interesse zu entkommen.46 Aber auch wenn die Gerichte ex post zur effizienten Sanktionierung der Leis­ tungsstörung in der Lage sind, hängt die Anreizwirkung davon ab, dass auch der Schuldner die von ihm zu internalisierenden Einbußen ex ante zutreffend taxieren kann. Dies ist insbesondere wichtig, wenn es – wie typischerweise – unterschied­ lich schadensgeneigte Gläubiger gibt. Nur wenn der Schuldner diejenigen Gläubi­ ger, die im Falle einer Leistungsstörung hohe Schäden erleiden, von solchen mit geringerem Schadensrisiko unterscheiden kann oder aber die Gläubiger gezwun­ gen sind, ihren Typ zu signalisieren, kann der Schuldner seinen Vorsorgeaufwand entsprechend effizient festlegen und risikoadäquate Preise bestimmen. Andern­ 42   BGH v. 19.  6 . 1951 – I ZR 118/50, BGHZ 2, 310, 313; BGH v. 16.  3. 1959 – III ZR 20/58, BGHZ 29, 393, 398;BGH v. 2.  3. 1988 – VIII ZR 380/86, NJW 1988, 2234, 2236; BGH v. 19.  10. 2005 – VIII ZR 392/03, NJW-RR 2006, 243, 244; dazu Chr.Knütel, AcP 202 (2002) 555. 43   RG v. 19.  2. 1930 – I 248/29, RGZ 127, 245, 248 ff.; BGH v. 21.  4. 1978 – V ZR 235/77, BGHZ 71, 234, 239; BGH v. 10.  12. 1986 – VIII ZR 349/85, BGHZ 99, 182, 197; BGH v. 30.  6 . 1993 – XII ZR 136/91, BGHZ 123, 96, 99; BGH v. 18.  6 . 1997 – XII ZR 192/95, BGHZ 136, 102, 104; dazu Emmerich, Festschrift für Gerhard Otte, 2005, S.  101, 102 ff. 44   Vgl. auch Rest. 2d Contracts, §  352; Anmerkung a: Grundsätzliche Beweislastverteilung zu Lasten der vertragsbrechenden Partei; United States Naval Inst. v. Charter Communications, 936 F.2d 692, 697 (2d Cir. 1991); ähnlich Locke v. United States, 283 F.2d 521, 524 (Ct. Cl. 1960. 45   Hier liegt dann auch der große Vorteil privatautonom vereinbarter Sanktionen wie Ver­ tragsstrafen, die von den regelmäßig über die notwendigen Informationen verfügenden Parteien gleichsam maßgeschneidert werden können. Zu den Wirkungen solcher Vertragsstrafeverspre­ chen und Schadenspauschalierungen (liquidated damage clauses) z. B. Goetz/Scott, 77 Colum. L. Rev 554 (1977); Clarkson/Miller/Muris, 1978 Wis. L. Rev. 351 (1978); Rea, 13 J. Legal Stud. 147 (1984); A.Schwartz, 100 Yale L. J. 369 (1990); Edlin/A.Schwartz 78 Chi.-Kent L. Rev. 33 (2003). 46   Die klassische rechtsökonomische Empfehlung, um derartigen Vollzugsdefiziten zu be­ gegnen, liegt in der Verhängung super-kompensatorischer Sanktionen, insbesondere dem aus ökonomischer Perspektive unglücklich bezeichneten „Strafschadensersatz“ (punitive damages), vgl. Landes/R.Posner, The Economic Structure of Tort Law, 1987, S.  160; Chapman/Trebilcock, 40 Ala. L. Rev. 741, 808 ff. (1989); Cooter, 40 Ala. L. Rev. 1143, 1149 ff. (1989); Polinsky/Shavell, 111 Harv. L. Rev. 869, 887 ff. (1998); Craswell, 97 Mich. L. Rev. 2185 (1999); G.Wagner, AcP 206 (2006) 352, 464 f.; G.Wagner, Verhandlungen des 66. DJT, 2006, S. A 11, A 98 ff.; kritisch zur simplen Arithmetik der Standardtheorie aus verhaltensökonomischer Sicht z. B. Jolls in: Parisi/ Smith, The Law and Economics of Irrational Behavior, 2005, S.  268, 272 ff.

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falls droht ein poolendes Gleichgewicht, in dem die Gläubiger mit niedrigem Schadensrisiko diejenigen mit höherem subventionieren bzw. sogar, um derartige Subventionen zu vermeiden, aus dem (Zitronen-)Markt ausscheiden.47 ii.  Bedeutung des Verfahrens der Rechtsdurchsetzung. Unter realen Bedingungen entstehen dem Gläubiger im Falle gerichtlicher Durchsetzung seiner leistungsstö­ rungsrechtlichen Ansprüche jedenfalls Kosten.48 Der Schuldner kann vor diesem Hintergrund – rationales Verhalten des Gläubigers vorausgesetzt49 – jedenfalls bei einem einmaligen Austauschgeschäft50 mit seinen Leistungsbemühungen soweit hinter dem geschuldeten Standard zurückbleiben, wie die nichterfüllungsbedingte Einbuße des Gläubigers die Kosten der Rechtsdurchsetzung unterschreitet. Unter Berücksichtigung des Rechtsverfolgungsaufwands, kG  0, wird kostenträchtiger Erfüllungszwang nur unter der Bedingung kG  v(r) – w(r) ausgeübt werden. Der Schuld­ ner ist vor rechtlichen Schritten also nicht nur bei ordnungsgemäßer Erfüllung, zu der es mit der Wahrscheinlichkeit 1 – f(μ|s) kommt, gefeit, sondern auch bei einer die zwangswei­ se Durchsetzung nicht lohnenden Nichterfüllung. Das Kalkül des Schuldners wird daher in dieser Konstellation durch einen cut-off level, φ = v(r) – w(r) – kG , bestimmt, für den erkennbar gilt: μ  φ. Unter Berücksichtigung der Kosten der Rechtsdurchsetzung kommt es (i) mit Wahrscheinlichkeit 1 – f(μ|s) zur Erfüllung, die Auszahlung des Schuldners ist dann p – c. Mit Wahrscheinlichkeit f(μ|s) tritt Nichterfüllung ein. In diesem Fall beträgt die Auszahlung des Schuldners (ii) mit Wahrscheinlichkeit 1 – f(φ|s) wiederum p – c und (iii) – d mit Wahrscheinlichkeit f(φ|s). Aus der ex ante Perspektive bedeutet dies, dass der Schuldner zu geringe Sicherungsaufwendungen, s, vornehmen wird, da sein Nutzenkalkül darauf zentriert ist



SN(s,c) = (1 – f(μ|s))(p – c) + (f(μ|s) – f(φ|s))(p – c) – f(φ|s)d – s

(3)

zu maximieren und er – anders als in (2) – ersichtlich nicht mehr in jedem Fall nicht ord­ nungsgemäßer Leistungserbringung die hierdurch entstehenden Kosten internalisiert. Vielmehr fallen diese, entsprechend des zweiten Terms, mit der Wahrscheinlichkeit f(μ|s) – f(φ|s) dem Gläubiger zur Last.

Probleme entstehen jedenfalls dann, wenn auch Parteien, die eine entsprechende Anreizverwässerung abstrakt vorhersehen, nicht in der Lage sind, dieser konkret 47   Zu diesen Problemen der Negativauslese grundlegend, Akerlof, 84 Q. J. Econ. 488 (1970); dazu noch infra B. II. Im hier interessierenden Zusammenhang Quillen, 61 S. Cal. L. Rev. 1125 (1988). 48   Grundsätzlich zur – häufig vernachlässigten – Bedeutung der tatsächlichen Rechtsdurch­ setzung für die ökonomische Analyse, Spier, 10 J. L. Econ. & Org. 84, 84 f. (1994); Krasa/Villamil, 68 Econometrica 119, 119 f. (2000). 49   Zur empirisch belegten Präferenz, vertragsbrüchige Parteien durch kostspielige Rechts­ verfolgung zu „bestrafen“ z. B. Rabin, 83 Am. Econ. Rev. 1281, 1284 (1993). 50   Innerhalb längerdauernder Geschäftsbeziehungen mit wiederholtem Güteraustausch kann es für den Gläubiger im Hinblick auf die weitere Entwicklung des Rechtsverhältnisses durchaus rational sein, auch Rechtsdurchsetzungskosten auf sich zu nehmen, die die tatsächlich erlittene Einbuße aus der Leistungsstörung übersteigen, z. B. um eine Reputation als keine Nachlässig­ keit duldender Vertragspartner zu entwickeln.

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zu steuern, beispielsweise weil sie daran gehindert sind, von vornherein angemes­ sen erhöhte Leistungsanforderungen für den Schuldner zu vereinbaren. Ist schließlich auch die spätere Erstattung der in Rede stehenden Rechtsverfolgungs­ kosten ausgeschlossen, bleibt – bei strikter Orientierung der leistungsstörungs­ rechtlichen Sanktion am reinen Erfüllungsinteresse des Gläubigers – eine anreiz­ verzerrende Durchsetzungslücke bei Leistungsstörungen. Umgekehrt wird der Anreiz des Schuldners über das effiziente Maß gesteigert, wenn aus seiner ex ante Perspektive zu erwarten ist, dass im Fall der Nichterfül­ lung eine über das positive Interesse hinausgehende Belastung droht. Insofern können die voraussichtlichen Kosten eines drohenden Rechtsstreits auch die ge­ genteilige Wirkung entfalten. Am deutlichsten wird dies, wenn das Prozessrecht unabhängig vom Ausgang des Verfahrens den Parteien die Kosten auferlegt, wie dies unter der U. S.-amerikanischen Rule 54(d)(1) Fed. R. Civ. P. im Grundsatz der Fall ist.51 Aus der Sicht eines nichterfüllenden Schuldners bilden die von ihm zu tragenden Prozesskosten einen über die von ihm zu leistende Kompensation des Erfüllungsinteresses hinausgehenden Posten, der geeignet ist, einen übermä­ ßigen Leistungsanreiz zu erzeugen. Aber auch für den Fall, dass die unterliegende Partei die Verfahrenskosten zu tragen hat, wie beispielsweise unter Geltung des §  91 Abs.  1 ZPO oder der englischen Rule 44.3(2)(a) CPR, 52 reicht der im Hin­ blick auf die Unwägbarkeiten des Prozessausgangs nur mit Wahrscheinlichkeit zugesprochene Kostenerstattungsanspruch u. U. nicht aus, um aus der ex ante Perspektive des Schuldners die Gefahr einer über das Erfüllungsinteresse hinaus­ gehenden Kostenbelastung zu beseitigen. In allen diesen Konstellationen wird der Schuldner ineffizienterweise die Nichterfüllung nur wählen, wenn die Kosten seiner Erfüllung, c, die von ihm zu internalisierende Einbuße des Gläubigers, v(r) – w(r), sowie den Gegenwartswert der (eventuell) bei ihm verblei­ benden Kosten eines Rechtsstreits, kS , überschreiten. Setzt man die Wahrscheinlichkeit, dass ihm im Endurteil ein voll-kompensierender Kostenerstattungsanspruch zugespro­ chen wird, mit y an, so unterbleibt die Vertragserfüllung unter der Voraussetzung c  v(r) – w(r) + (1 – y)kS .53 Aus der ex ante Perspektive bedeutet dies, dass der Nutzengewinn des Schuldners aus der Transaktion von 51   Die in der ökonomischen Analyse gerichtlicher Rechtsverfolgung regelmäßig verglichene American (jede Partei trägt ihre Verfahrenskosten unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits) und English Rule (die obsiegende Partei kann ihre Verfahrenskosten voll erstattet verlangen) existieren in der modellierten Reinheit in der Praxis nicht. So sind auch in den Vereinigten Staa­ ten vielfältige Verfahrenskosten von der unterliegenden Partei zu tragen (vgl. die in Rule 54(d)(1) Fed. R. Civ. P. in Bezug genommene Aufzählung in 28 U. S. C. §  1920 (2008)), grundsätzlich aber nicht die besonders bedeutsamen Anwaltsgebühren und Sachverständigenhonorare. Aber auch im Hinblick auf letztere gibt es weitreichende prozess- und materiellrechtliche Ausnahmen, vgl. zum ganzen M.Breyer, Kostenorientierte Steuerung des Zivilprozesses, 2006, S.  108 ff. 52   Auch insoweit gilt mutatis mutandis das supra Fn.  51 Gesagte. Für Deutschland wird dies bereits durch die Ausnahmen in §§  93a Abs.  1, 3, 93c ZPO und im arbeitsgerichtlichen Verfah­ ren, §  12a Abs.  1 Satz 1 ArbGG illustriert. Zur vergleichbaren Situation in England vgl. Rule 44.3(3) CPR. 53   Erfolgt bei entsprechender Ausgestaltung des Prozessrechts keine Kostenerstattung so gilt y = 0, d. h. der Schuldner trägt kS sicher. Umgekehrt gilt unabhängig von den Obsiegensaus­

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Kapitel 4:  Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen

SN(s,c) = (1 – f(μ|s))(p – c) – (f(μ|s)(d +(1 – y)kS ) – s

(4)

abhängt und er folglich Anreize zu höheren, über das durch (2) beschriebene, sozial wün­ schenswerte Maß hinausgehenden Investitionen in die Sicherung seiner Leistungsfähigkeit hat.

Zu betonen ist freilich, dass sämtliche bisher und im Folgenden erwähnten Schwie­ rigkeiten, die erstbeste Lösung praktisch umzusetzen, die Tauglichkeit des öko­ nomischen Modells als normative Orientierungshilfe nicht in Frage stellen. Viel­ mehr ist es gerade innerhalb des methodischen Rahmens der Ökonomik möglich, die vielfältigen Determinanten aufzuzeigen, die bei der Suche nach unter realen Bedingungen möglichen, zweitbesten Lösungen zu beachten sind.54 Dabei darf freilich insbesondere das hier zur Verdeutlichung einiger zentraler Zusammen­ hänge verwendete, simple Modell keinesfalls dahingehend missverstanden wer­ den, es erhebe den Anspruch, die pralle Fülle der sich stellenden Probleme zu er­ fassen. (2)  Nachverhandlungen Unabhängig von den durch leistungsstörungsrechtliche Sanktionen geschaffenen Anreizen können effiziente Ergebnisse im Hinblick auf die Erfüllungsentschei­ dung jedenfalls dann erzielt werden, wenn Nachverhandlungen der Parteien mög­ lich sind. Sobald nämlich der bei Vertragsschluss u. U. noch unsichere Nutzenge­ winn des Gläubigers und die unbekannten Erfüllungskosten des Schuldners hin­ reichend sicher bestimmbar sind, kann ex post stets ein Verhandlungsergebnis gefunden werden, durch das sich beide Parteien gegenüber der Erfüllung besser stellen (Paretoverbesserung). Voraussetzung ist nur, dass die Nichterfüllung ins­ gesamt kostenminimierend ist.55 Wenn nämlich v(r) – w(r)  c, wie im Fall ineffizienter Erfüllung vorausgesetzt, kann die Wohlfahrtseinbuße durch Nichterfüllung verringert werden. Die Ersparnis der Erfül­ lungsaufwendungen, c – v(r) + w(r) = g  0, die bei nachträglich vereinbarter Entbindung des Schuldners von seiner Verpflichtung erzielt wird, kann dann zwischen den Parteien je nach relativer Verhandlungsstärke aufgeteilt werden.

Dabei darf nicht verkannt werden, dass sich die Transaktion aus Sicht des Schuld­ ners trotz der Nachverhandlungen aufgrund der nachträglichen Entwicklung als Verlustgeschäft darstellen wird. Aber seine Einbußen verringern sich gegenüber dem Erfüllungsszenario um den Anteil am Nachverhandlungsgewinn, den er sich im Rahmen der Verhandlungen sichert. Umgekehrt stellt sich der Gläubiger ge­ genüber dem Erfüllungsfall um seine verhandelte Teilhabe an dem Nachverhand­ sichten y  1, wenn der Kostenerstattungsanspruch nicht voll kompensierend ist, z. B. weil ein­ zelne Posten des Rechtsverfolgungsaufwands generell nicht ersatzfähig sind. 54   Bereits supra §  2 B. I. 3 und Kapitel 1 §  2 B. III. 55   Rogerson, 15 RAND J. Econ. 39, 45 (1984); Muris 1982 Duke L. J. 1053, 1059. Auch schon supra §  2 B. III. 4.

§  3  Einstandspflicht als Bestandteil ökonomisch rationalen Vertragsrechts

259

lungsgewinn, abzüglich des entgangenen Nutzens der Erfüllung, in aller Regel besser, da er keinem Verhandlungsergebnis zustimmen wird, in dessen Konse­ quenz sein Nutzengewinn gegenüber dem zurückbliebe, was er im Fall der ord­ nungsgemäßen Vertragsabwicklung erhielte. Die ordnungsgemäße Erfüllung bringt dem Gläubiger einen Nutzengewinn von v(r) – w(r) – p, sodass sein Anteil n  [0,1] an g so bemessen sein muss, dass ng  v(r) – w(r) – p, um ihn in Nachverhandlungen zu bewegen, auf die Vertragsdurchführung zu verzichten.

Als ein Aspekt des bereits erwähnten bargaining in the shadow of the law56 wird ein Gläubiger, der durch leistungsstörungsrechtliche Sanktionen in die Lage ver­ setzt ist, Druck in Richtung auf eine ineffiziente Erfüllung auszuüben oder diese mit Hilfe eines unter Effizienzgesichtspunkten überschießenden Anspruchs auf Naturalerfüllung sogar rechtsförmig erzwingen kann, in der Lage sein, einen grö­ ßeren Anteil an dem Nachverhandlungsgewinn für sich zu beanspruchen. Letzte­ res hat, da es sich um einen vorhersehbaren Effekt handelt, nicht nur distributive Folgen, sondern wirkt sich auch auf die ex ante Anreize der Parteien und damit die allokativen Ziele des Schuldrechts aus. Die leistungsstörungsrechtlich indu­ zierte Möglichkeit des Gläubigers, im Rahmen von Nachverhandlungen über das Erfüllungsinteresse hinausgehende Nutzengewinne als Kompensation für die Nichterfüllung zu vereinnahmen, perpetuiert die Wirkung einer überschießen­ den Sanktion der Leistungsstörung.57 Der Schuldner wird seine Vorkehrungen trotz möglicher Nachverhandlungen auf ein ineffizientes Niveau steigern, um die Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer solchen Leistungsstörung zu verringern.58 Der Gläubiger wird seinerseits wegen der über dem Erfüllungsinteresse liegenden Absicherung im Fall der Leistungsstörung ineffizient hohe Investitionen in Er­ wartung der Erfüllung tätigen.59 Schließlich wird die Risikoallokation im Rah­ men des Schuldverhältnisses zu Lasten des mit höheren Kosten im Fall der Nicht­ erfüllung belasteten Schuldners verschoben. 60 Die Effizienzimplikationen von leistungsstörungsrechtlichen Sanktionen vor dem Hintergrund möglicher Nachverhandlungen, insbesondere die Rückwir­ kungen auf die ex ante Verhaltensanreize der Beteiligten, lassen sich freilich nur in Relation zu alternativen institutionellen Arrangements und deren tatsächlicher Anwendung durch die Gerichte beurteilen. 61 Indessen stellt die Erkenntnis, dass   Supra §  2 Fn.  129.   Dazu supra (1) i. 58   Crasswell, 61 S.  Cal. L. Rev. 629, 646 ff. (1988). Dazu noch infra b). Vgl. auch Muris, 1982 Duke L. J. 1053, 1064 ff., der das Argument dahingehend erweitert, dass auch die Kosten der Nachverhandlungen bei überschießendem Erfüllungszwang höher ausfallen werden, da die Par­ teien Anreize zu exzessiven Auseinandersetzungen haben. 59   Shavell, 84 Tex. L. Rev. 831, 844 f. (2006). Dazu noch allgemein infra 2 a). Umfassende Diskussion der denkbaren Nachverhandlungslösungen in Verträgen mit ursprünglich fester Preisvereinbarung bei Edlin/Reichelstein, 86 Am. Econ. Rev. 478, 482 ff. (1996). 60   Vgl. infra 3. 61   Entsprechende Institutionenvergleiche finden sich z. B. bei Kronman, 45 U. Chi. L. Rev. 351 (1978); A.Schwartz, 89 Yale L. J. 271 (1979); Ulen, 83 Mich. L. Rev. 341 (1984); Bishop, 14 J. 56 57

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Kapitel 4:  Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen

auch Nachverhandlungen zu sozial wünschenswerten Ergebnissen führen kön­ nen, die grundsätzliche Notwendigkeit der Schaffung eines effizienzfördernden Leistungsstörungsrechts auch dann nicht in Frage, wenn das leistungsstörungs­ rechtliche Sanktionensystem des dispositiven Rechts keine generell transaktions­ kostengünstigere Alternative zu Nachverhandlungen darstellt. 62 In einer mit Transaktionskosten belasteten Welt ist nämlich keinesfalls gesichert, dass auf dem Verhandlungsweg stets ein Ergebnis erzielt wird. 63 (3)  Mehrstufige Erfüllungsbemühungen Handelt es sich bei der in Rede stehenden Austauschbeziehung um ein Projekt, das, wie beispielsweise größere Bauvorhaben, zu seiner Erfüllung eine Sequenz von Maßnahmen erfordert, die jeweils weitere Kosten verursachen, stellt sich an sich nach jedem Schritt die Frage, ob es wünschenswert ist, mit den Erfüllungsbe­ mühungen fortzufahren, obwohl die Vollendung insgesamt nicht sicher ist. Unter Effizienzgesichtspunkten sollte mit dem Projekt fortgefahren werden, solange der Optionswert des Projekts höher ist als die aus seiner Aufgabe resultierende Kos­ tenersparnis, d. h. als die Vollendungskosten. 64 Im Ausgangspunkt bringt die gesamtgesellschaftlich wünschenswerte Lösung keine nen­ nenswerte Abweichung vom Grundfall. Wenn die zum Projektabschluss nötige Vielzahl von Erfüllungsmaßnahmen, I, jeweils Kosten, c i für i aus I erzeugt, geht es letztlich darum, dass im Zeitpunkt der Fortsetzungsentscheidung



(1 – f1i (μ|s))(v(r) – wi (r)) + f1i (μ|s)wi (r)  c i

(5)

Legal Stud. 299 (1985); Edlin/Reichelstein, 86 Am. Econ. Rev. 478 (1996); Shavell, 84 Tex. L. Rev. 831 (2006). 62   Empirisch nicht abgesicherte Vergleiche der Transaktionskosten einzelner Sanktionen des Vertragsbruchs finden sich bei A.Schwartz, 89 Yale L. J. 271, 278 ff. (1979); MacNeil, 68 Va. L. Rev. 947, 954 ff. (1982); Bishop, 14 J. Legal Stud. 299 (1985). Vgl. auch Shavell, 84 Tex. L. Rev. 831, 843 f., 848 (2006), aus dessen Analyse geschlossen werden kann, die Kosten der ex post Verhand­ lungen lägen hoch, wenn der Grund für die gewünschte Nichterfüllung in einem Anstieg der Erfüllungskosten wurzle. Dann müssten sich nämlich die Parteien in langwierigen Verhand­ lungen über die Verteilung der relativ hohen Quasi-Renten einigen, die entstehen, weil ein be­ deutsamer Kostenanstieg abgefedert wird. Demgegenüber lägen die Transaktionskosten relativ niedrig, wenn der Grund für die angestrebte Nichterfüllung in einem sich bietenden, besseren Drittgeschäft lägen. Dann ginge es nämlich allenfalls um die Verteilung der verhältnismäßig geringen Quasi-Renten in Form der Differenz zwischen den Veräußerungskosten des Gläubi­ gers und denjenigen des Schuldners. In diese Richtung auch schon Friedmann, 18 J. Legal Stud. 1, 6 f. (1989). 63   Zu den Gründen, warum Nachverhandlungen fehlschlagen oder gar nicht aufgenommen werden können, vgl. nur Goetz/Scott, 69 Va. L. Rev. 967, 982 f. (1983); Shavell, Foundations of Economic Analysis of Law, 2003, S.  314 ff. 64   A.Triantis/G.Triantis, 41 J. L. & Econ. 163, 180 ff. (1998). Wichtig ist in diesem Zusam­ menhang, dass es aus gesamtgesellschaftlicher Sicht auf den bereits angefallenen Erfüllungsauf­ wand als solchen nicht ankommt, obwohl in der Praxis genau diese Überlegung eine wichtige Rolle spielen kann. Zu dem aus der menschlichen Verlustaversion resultierenden Trugschluss im Zusammenhang mit versunkenen Kosten (sunk cost fallacy), z. B. Arkes/Blumer, 35 Org. Behav. & Hum. Decision Proc. 124 (1985); Arkes/Hutzel, 13 J. Behav. Decision Making 295 (2000).

§  3  Einstandspflicht als Bestandteil ökonomisch rationalen Vertragsrechts

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gesichert ist. 65 Hierbei bezeichnet f1i (μ|s) die Wahrscheinlichkeit der Nichterfüllung auf der Stufe i. Je nach Wert der Teilleistung für den Gläubiger entwickelt sich dabei wi (r), was unmittelbaren Einfluss auf die Höhe des effizienten Vollendungsaufwands hat. Ebenso verändert sich die Wahrscheinlichkeitsdichte der endgültigen Nichterfüllung, f1i (μ|s), durch die erfolgreich unternommenen Erfüllungsschritte, und zwar regelmäßig in dem Sinn, dass diese mit zunehmender Annäherung an den Projektabschluss abnimmt, d. h. f1i (μ|s)  f1i–1 (μ|s).

Optimale Anreize für den Schuldner, das eigene Verhalten an diesen Kriterien zu orientieren, werden gesetzt, wenn der Schuldner stets gezwungen ist, sämtliche Konsequenzen seiner zu einem bestimmten Zeitpunkt getroffenen Entscheidung, den Vertrag nicht wie geschuldet zu erfüllen, zu internalisieren. Mit anderen Wor­ ten, wenn er sowohl die Einbußen im Fall der frühzeitigen Beendigung voll zu tragen hat als auch alle Schäden ausgleichen muss, die entstehen, wenn er zunächst mit den Erfüllungsbemühungen fortfährt, diese sich aber letztlich als nutzlos er­ weisen. Mit einer entsprechend kalibrierten leistungsstörungsrechtlichen Sanktion, d = v(r) – wi (r) – p, wird der Schuldner auf der Grundlage seiner Maximierungsentscheidung,



SN(s,c) = (1 – f1i (μ|s))(p – c i) – f1i (μ|s)d

(6) i–1

die zu treffen ist, nachdem die vorhergehenden Investitionen, s und  c j irreversibel getätigt j=1

wurden, den nächsten Erfüllungsschritt nur unternehmen, wenn dies auch sozial wün­ schenswert ist. Das Kalkül des Schuldners hängt davon ab, dass v(r) –wi (r)  c i ist.

Die Umsetzung der identifizierten erstbesten Lösung allein über einen Kompen­ sationsanspruch verstärkt die bereits erwähnten, praktischen Schwierigkeiten ei­ ner solchen Lösung, 66 weil der bei frühzeitiger Beendigung anzusetzende Verlust des Optionswertes der weiteren Ausführung äußerst schwer kalkulierbar sein wird. Es müssen sowohl die Wahrscheinlichkeitsverteilung im weiteren Verlauf als auch der Wert der endgültigen Erfüllung und derjenige der bisherigen Erfül­ lungsbemühungen auf sämtlichen noch folgenden Stufen der Transaktionsab­ wicklung bekannt sein, um die Einbußen aus der gegenwärtigen und einer spä­ teren Nichterfüllung abzuschätzen. Jede vorhersehbare Ungenauigkeit hier führt aber zu einer nicht unerheblichen Anreizverzerrung in Richtung auf eine zu frü­ he 67 oder zu späte 68 Beendigung unsicherer Transaktionen und entfaltet potentiell adverse Rückwirkungen auf die ex ante Anreize der Beteiligten. Der bereits mehr­ 65   Vgl. auch Tröger, ZVglRWiss 107 (2008) 383, 421 ff. zum Nacherfüllungsanspruch als qua­ si zweite Stufe der Erfüllungsbemühungen. 66   Supra (1) i. 67   Z. B. wenn der Optionswert bei Bemessung der Kompensation für die Erfüllungsverwei­ gerung gänzlich oder teilweise außer Betracht bleibt, A.Triantis/G.Triantis, 41 J. L. & Econ. 163, 189 (1998). 68   Z. B. wenn bei Kompensationsbemessung die denkbaren Verluste aus einer späteren Nicht­ erfüllung außer Betracht bleiben, vgl. Craswell, 19 J. Legal Stud. 399, 405 (1990).

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Kapitel 4:  Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen

fach erwähnte Charakter historisch gewachsener Leistungsstörungsregime als reale Bedingungen reflektierende, zweitbeste Lösungen gewinnt vor diesem Hin­ tergrund zusätzlich Plausibilität. 69 Dies gilt insbesondere, wo die Regeln des gel­ tenden Rechts dazu führen, dass die Parteien private Information über im Nicht­ erfüllungsfall drohende Einbußen offen legen müssen.70 Dabei ist wiederum festzuhalten, dass effiziente Ergebnisse auch in Bezug auf eine frühzeitige Beendigung von mehrstufigen Erfüllungsbemühungen im Rah­ men von Nachverhandlungen zu erwarten sind. Ist nämlich die Entlassung des Schuldners aus seiner Verpflichtung effizienter als die weitere Vertragsdurchfüh­ rung, können sich alle Beteiligten bei entsprechenden Ausgleichszahlungen, die die erzielbare Kostenersparnis verteilen, durch die tatsächliche Beendigung des Austauschs besser stellen. 71 Im Rahmen des Institutionenvergleichs ist aber auch hier zu berücksichtigen, dass derartige Nachverhandlungen Transaktionskosten bergen und die Aussicht auf eventuelle Ausgleichszahlungen u. U. unerwünschte Auswirkungen auf die Anreize der Beteiligten im Übrigen haben kann (z. B. im Hinblick auf Investitionen des Gläubigers in Erwartung der Erfüllung sowie Vor­ sorgeaufwendungen des Schuldners).72 b)  Vorsorgemaßnahmen zur Sicherung der eigenen Leistungsfähigkeit (1)  Maßnahmen zur Beseitigung bekannter Risiken i.  Rechtliche Sanktionen nicht-ordnungsgemäßer Erfüllung. Geht man davon aus, dass die Höhe der letztlich anfallenden Erfüllungskosten, und damit die voraus­ sichtliche Erfüllung oder Nichterfüllung der Verpflichtung insgesamt, von Vor­ sorgemaßnahmen des Schuldners abhängt, gilt es unter Effizienzgesichtspunkten zu optimalem Vorsorgeaufwand anzuhalten. Dieses Optimum ist erreicht, wenn die Grenzkosten weiterer Maßnahmen zur Sicherung der Leistungsfähigkeit hö­ her liegen als ihr Grenznutzen in Form einer günstigeren Wahrscheinlichkeits­ verteilung. Von einer solchen günstigeren Wahrscheinlichkeitsverteilung ist dabei auszugehen, wenn die Wahrscheinlichkeit sinkt, dass die Erfüllungskosten den Nutzengewinn des Gläubigers überschreiten. In dem hier zugrundegelegten Modell geht es also im Hinblick auf die optimale Schuldne­ rinvestition, s*, darum,

(1 – f(μ|s))(v(r) – w(r) – c) + f(μ|s)w(r) – s



(7)

zu maximieren.73   Supra (1) und Kapitel 1 §  2 B. III.   Beispiele supra in Fn.  24 und Fn.  37. 71   Eingehend supra (2). 72   Zu diesen Aspekten der Nachverhandlungen im hier interessierenden Kontext Craswell, 19 J. Legal Stud. 399, 410 ff. (1990); A.Triantis/G.Triantis, 41 J. L. & Econ. 163, 202 (1998). 73   Obwohl typischerweise unterschiedliche Grade der Erfüllung zu beobachten sind, wird aus Gründen der Vereinfachung davon ausgegangen werden, dass lediglich vollständige Erfül­ 69

70

§  3  Einstandspflicht als Bestandteil ökonomisch rationalen Vertragsrechts

263

Wie bereits erwähnt, liegt eine Möglichkeit, das gewünschte Ergebnis zu erzielen, darin, im Falle der nicht ordnungsgemäßen Erfüllung dem Gläubiger durch leis­ tungsstörungsrechtliche Sanktionen das volle positive Interesse zuzubilligen. Un­ ter dieser Prämisse wird der alle Kosten der Nichterfüllung internalisierende Schuldner gezwungen, die im Interesse der gesamtgesellschaftlichen Wohlfahrt anzustellenden Abwägungen selbst vorzunehmen. Hierdurch wird er auch zu op­ timalen Vorsorgeaufwendungen angehalten.74 Voraussetzung für die Optimalität der gesetzten Verhaltensanreize ist die exakte Bestimmbarkeit des Erfüllungsin­ teresses durch die Gerichte.75 Dies gilt auch, wenn sich der Schuldner im Fall nicht ordnungsgemäßer Leistungserbringung einem auf Naturalerfüllung gerichteten Anspruch ausgesetzt sieht, dessen Reichweite zumindest auch vom Erfüllungsin­ teresse des Schuldners abhängt, wie dies z. B. nach §  275 Abs.  2 BGB im deutschen Schuldrecht der Fall ist.76 Darüber hinaus müssen unabhängig von dem zur Inter­ nalisierung zwingenden Rechtsinstitut die gegebenenfalls vom Schuldner zu tra­ genden Kosten für diesen erkennbar sein, um zu einem, an den drohenden Einbu­ ßen orientierten, adäquaten Vorsorgeaufwand zu veranlassen.77 Alternative Mechanismen zur Verwirklichung des Effizienzziels im Hinblick auf optimale Vorsorgemaßnahmen des Schuldners können schließlich auch darin liegen, dass Gerichte die diesbezüglichen Maßnahmen unmittelbar prüfen und ihre Zulänglichkeit bewerten. Dies geschieht strukturell z. B. im Rahmen von Ansprüchen, die das Vertretenmüssen der Leistungsstörung voraussetzen. Be­ stimmt man im Rahmen der Fahrlässigkeitshaftung die vom Schuldner zu beob­ achtende, erforderliche Sorgfalt dahingehend, dass er sämtliche Maßnahmen zur Sicherung der eigenen Leistungsfähigkeit zu treffen hat, deren Grenzkosten ge­ ringer sind, als die durch ihr Ergreifen zu erwartende Verringerung des drohenden Nichterfüllungsschadens, werden – sofern im Rahmen von vertraglichen Aus­ tauschbeziehungen das Aktivitätsniveau des Schuldners keine Rolle spielt78 – ten­ denziell optimale Vorsorgeaufwendungen induziert. Im Grundsatz folgt dies dar­ aus, dass der Schuldner bereits mit den sozial wünschenswerten Vorsorgemaß­ nahmen seine Haftung auf null reduzieren kann und daher bei isolierter Betrach­ tung nur der Haftung weder Anreize zu überobligationsmäßigen, noch zu gerin­ geren, den Fahrlässigkeitsvorwurf begründenden Vorsorgemaßnahmen hat. lung bzw. Nichterfüllung denkbar sind, ohne dass diese Annahme für die Ergebnisse konstitu­ tiv wäre. 74   Grundlegend insoweit Kornhauser, 26 J. L. & Econ. 691 (1983). Bereits supra a) (1). 75   Supra a) (1) i. 76   Zum Inhalt des „Leistungsinteresses“ im Sinne des §  275 II 1 BGB nur Ernst, in: Mün­ chener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  78; H. P.Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  275 Rdnr.  25; Canaris, JZ 2001, 499, 501 f. Speziell aus ökono­ mischer Sicht Köndgen, Festschrift für Hans-Bernd Schäfer, 2008, S.  275, 280 ff. 77   Supro a) (1) i., v. a. Fn.  37. 78   Grundlegend für die Erkenntnis, dass insbesondere im Rahmen der Verschuldenshaftung ein ineffizient hohes Aktivitätsniveau des potentiellen Schädigers droht, wenn letzteres im Sorgfaltsmaßstab keine Berücksichtigung findet, Shavell, 9 J. Legal Stud. 1, 11 ff. (1980).

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Kapitel 4:  Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen

Wählt der Schuldner das optimale Sorgfaltsniveau, haftet er nicht und trägt daher nur die Kosten seiner Vorsorgemaßnahmen. Letztere erhöhten sich, ohne dass das ohnehin schon bei null liegende Haftungsrisiko weiter gesenkt werden könnte, wenn der Schuldner weitergehende Maßnahmen ergriffe. In diesem Fall hätte er also Kosten von s  s* zu tragen. Umgekehrt trifft ihn eine Haftung wenn s  s* mit der Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Nichterfüllung kommt, f(μ|s). Seine Kosten belaufen sich auf s + f(μ|s)d. Weil s* aber als das soziale Optimum definiert ist, muss s + f(μ|s)d  s* + f(μ|s*)d sein. Außerdem folgt aus der Definition des sozialen Optimums auch, dass s* + f(μ|s*)d  s*, woraus sich ergibt, dass s + f(μ|s)d  s*. Der Schuldner kann also seine Kosten senken, wenn er die optimale Sorgfalt trifft.79

Zu beachten ist freilich, dass im hier interessierenden Kontext auch die Ertragssei­ te der Austauschbeziehung endogen beeinflusst ist. Auch der individuelle Nut­ zen, den der Schuldner aus der Transaktion ziehen kann, hängt von den Vorsorge­ maßnahmen ab. In der Konsequenz ist unter Geltung eines verschuldensabhän­ gigen, leistungsstörungsrechtlichen Sanktionensystems denkbar, dass er seinen Gewinn steigert, wenn er sozial übermäßige Vorsorgeinvestitionen tätigt. Vor dem Hintergrund, dass das Nutzenkalkül des Schuldners bei Einhaltung oder Über­ schreiten des optimalen Sorgfaltsniveaus ausschließlich von



(1 – f(μ|s))(p – c) – s – c

(8)

abhängt, weil die Haftung im Fall der Nichterfüllung mangels Verschuldensvorwurfs aus­ geschlossen ist, zeigt sich, dass je nach den Eigenschaften von f(μ|s) durchaus auch Anreize zu überoptimaler Sorgfalt denkbar sind.

Jenseits dieses Aspekts ist aber vor allem darauf hinzuweisen, dass die erwähnten informationellen Probleme durch ein auf Vertretenmüssen rekurrierendes Sankti­ onensystem keinesfalls gelöst werden. Der Schuldner muss auch unter Geltung eines Fahrlässigkeitsmaßstabs für seine Optimierungsentscheidung Kenntnis von dem drohenden Nichterfüllungsschaden haben. Die Gerichte müssen darüber hinaus nicht nur diesen zutreffend taxieren können, sondern auch noch in der Lage sein, die getroffenen Vorsichtsmaßnahmen zu ermitteln und korrekt zu be­ werten. ii.  Marktförmige Sanktionen nicht-ordnungsgemäßer Erfüllung. Ganz ähnlich kann im Prinzip auch der Marktmechanismus als solcher den Schuldner zu opti­ malen Vorsorgemaßnahmen veranlassen. Voraussetzung ist allerdings, dass die potentiellen Gläubiger in der Lage sind, vor Vertragsschluss die vom Schuldner getroffenen Maßnahmen zur Sicherung seiner Leistungsfähigkeit zu erkennen und zu bewerten bzw. zumindest den Ruf des Schuldners im Hinblick auf die von ihm beobachtete Sorgfalt kennen. Nur unter dieser Voraussetzung ist davon aus­ 79   Hierzu und zu wichtigen Weiterungen zusammenfassend Shavell in: Polinsky/Shavell (Hrsg.), Handbook of Law and Economics, Bd.  1, 2007, S.  139, 143 ff.

§  3  Einstandspflicht als Bestandteil ökonomisch rationalen Vertragsrechts

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zugehen, dass der Schuldner unzulängliche Sorgfaltsmaßnahmen in Form von entgangenen Geschäftschancen internalisieren muss. Aber selbst wenn die infor­ mationellen Bedingungen hierfür erfüllt sind, bleibt es dabei, dass die Entschei­ dung des Schuldners über das Ausmaß der rational zu ergreifenden Vorsorgemaß­ nahmen auch im Angesicht von durch den Marktmechanismus vermittelten Sank­ tionen davon abhängt, dass er den drohenden Nichterfüllungsschaden seiner Gläubiger ex ante erkennen kann. (2)  Erwerb von Informationen über potentielle Erfüllungshindernisse Der Versuch, mit Hilfe des Leistungsstörungsrechts optimale Anreize zur Vor­ sorge gegen bekannte Risiken für die Erfüllung der Verbindlichkeit zu setzen, sieht sich den erörterten Problemen begrenzter Rationalität der Beteiligten ausge­ setzt. Wenn es darum geht, die Motivation des Schuldners zu optimieren, Infor­ mationen über potentielle Erfüllungshindernisse überhaupt erst zu erwerben, treten zusätzliche Schwierigkeiten auf, da die Informationssuche in gewissem Grad positive externe Effekte erzeugt. Auch insoweit zeigt sich die grundsätz­ liche Eigenschaft von Informationen als öffentlichem Gut. 80 Der Schuldner inter­ nalisiert im Rahmen einer das Erfüllungsinteresse voll kompensierenden Sankti­ on zwar sämtliche nachteiligen Folgen seiner unzulänglichen Bemühungen in diese Richtung. Es ist aber keineswegs sicher, dass er eventuelle positive Auswir­ kungen optimalen Informationserwerbs vor (und nach) Vertragsschluss voll ver­ einnahmen kann. Unter der Bedingung perfekter Konkurrenz mag es dem Schuldner gelingen, seine Bemühungen in – gegenüber suboptimalen Informati­ onserwerbern – höhere Preise zu übersetzen, wie dies auch der zur Preisdiskrimi­ nierung fähige Monopolist tun kann. Jenseits dieser Idealbedingungen können seine Anreize jedoch suboptimal bleiben, weil er zumindest einen Teil der Effizi­ enzsteigerung mit dem Gläubiger teilen muss. 81 Der entscheidende Effekt liegt darin begründet, dass der Schuldner an der steigenden Er­ füllungswahrscheinlichkeit nur über seinen Ertrag, p – c, partizipiert. Unterstellt man, dass der Schuldner nicht stets über die Preisbildung den vollen Nutzengewinn des Gläubi­ gers abschöpft, d. h. p  v(r) – w(r), wird der individuelle Ertrag des Schuldners unter dem durch v(r) – w(r) – c, ausgedrückten, sozialen Nutzenzuwachs liegen. Eine Steigerung der Erfüllungswahrscheinlichkeit 1 – f(μ|s) wird bei der Maximierungsentscheidung des Schuldners daher geringeres Gewicht haben. Zusätzliche Investitionen, ∆s, in das Auffin­ den unbekannter Gefahrquellen für die Leistungserbringung haben also den Effekt, dass  (1 – f(μ|s + ∆s))(v(r) – w(r) – c) – (1 – f(μ|s + ∆s))(p – c)  0. Hierdurch ist indiziert, dass – so­ fern keine, die erzielten Vorteile vollständig auf den Schuldner überleitende Preiserhöhung um die sich ergende Differenz zwischen sozialem und individuellem Nutzengewinn des Schuldners möglich ist – suboptimale Investitionen drohen.

  Dazu ausführlicher noch infra C. I.   Vgl. Craswell, 17 J. Legal Stud. 401, 414 ff. (1988).

80 81

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Kapitel 4:  Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen

2.  Verhaltensanreize auf Seiten des Gläubigers Wie bereits angedeutet, hängt die Effizienz schuldrechtlicher Austauschbezie­ hungen auch vom Verhalten des Gläubigers ab. Dieser kann einerseits den Koope­ rationsgewinn durch Investitionen steigern, die er in Erwartung der Erfüllung vornimmt, um seinen Nutzen aus dem Erhalt der geschuldeten Leistung zu erhö­ hen. 82 Andererseits kann er Einfluss auf die Folgen der Leistungsstörung nehmen, indem er Maßnahmen ergreift, die Einbußen aus dem potentiellen Scheitern der Transaktion verringern. 83 Im Folgenden gilt es zu untersuchen, auf welche Weise effizientes Leistungsstörungsrecht adäquate Verhaltensanreize in beiderlei Hin­ sicht setzen kann. a)  Investitionen in Erwartung der Erfüllung (1)  Steigerung des Kooperationsgewinns durch Investitionen des Gläubigers in Erwartung der Erfüllung Der Wert der Leistung für den Gläubiger hängt typischerweise von seinen eigenen Investitionen ab, die er in Erwartung der Erfüllung erbringt (reliance investment), wie z. B. wenn der Besteller einer Maschine seine Angestellten bereits vor Liefe­ rung entsprechend schulen lässt, um unmittelbar nach Erhalt der Maschine diese effektiv einsetzen zu können. Da es sich bei derartigen Aufwendungen häufig zu­ mindest teilweise um transaktionsspezifische Investitionen handelt, deren Wert bei Nichtdurchführung des Austauschs verloren ginge, 84 berücksichtigt die opti­ male Investition des Gläubigers die Möglichkeit der Nichterfüllung. Der Grenz­ ertrag der Investitionen im Vertrauen auf die Erfüllung ist nämlich nur ein be­ dingter, der lediglich mit Wahrscheinlichkeit anfällt. Folglich setzt die wohl­ fahrtsmaximierende Lösung voraus, dass das denkbare Scheitern der Transaktion bei der Bestimmung des Investitionsaufwands des Gläubigers entsprechend der insoweit bestehenden Wahrscheinlichkeitsverteilung in die Kalkulation einbezo­ gen wird. Der sozial wünschenswerte Investitionsaufwand des Gläubigers, r, maximiert bei optima­ lem Vorsorgeaufwand des Schuldners, s *



GN(r) = (1–f(μ|s *))(v(r) – w(r)) + f(μ|s *)w(r) – r

(9)

Dabei ist qua Annahme die Wahrscheinlichkeitsverteilung der Nichterfüllung, f(μ|s *), aus Sicht des Gläubigers exogen bestimmt. 85   Infra a).   Infra b) und c). 84   Allgemein zum Begriff der spezifischen Investitionen bereits supra §  2 Fn.  32. 85   Sofern das Verhalten des Gläubigers Einfluss auf f(μ|s *) hat, z. B. weil seine Mitwirkungs­ handlungen die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Transaktionsabwicklung beeinflussen, gelten die Ausführungen zu den ex ante Maßnahmen zur Minimierung des Nichterfüllungs­ schadens entsprechend, vgl. infra b). 82 83

§  3  Einstandspflicht als Bestandteil ökonomisch rationalen Vertragsrechts

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Das formulierte Desiderat erfordert wiederum zunächst, dass der Gläubiger in der Lage ist, die Wahrscheinlichkeit der Nichterfüllung zutreffend einzuschät­ zen, ihm also insbesondere diesbezügliche Informationen, die beim Schuldner vorhanden sind, zugänglich gemacht werden. 86 (2)  Überinvestitionen als Folge einer Versicherung des Gläubigers gegen Nichterfüllungsschäden Bei der Gestaltung leistungsstörungsrechtlicher Sanktionen begegnet vor dem Hintergrund der dargestellten Einsichten das Problem, dass dem Gläubiger kein Versicherungsschutz gewährt werden darf, der ihn von jeglicher Berücksichti­ gung des Nichterfüllungsrisikos entbindet. Andernfalls wird er zu exzessiver In­ vestitionsaktivität angehalten. Erhält der Gläubiger beispielsweise über die unbe­ dingte Haftung des Schuldners auf das positive Interesse in jedem Fall sein durch die ex ante Investition erhöhtes Erfüllungsinteresse ersetzt, wird er – gerade so, als ob die Erfüllung sicher wäre – ausschließlich auf die maximale Steigerung des­ selben abzielen, was zu ineffizient hohen Aufwendungen führt. 87 Mit anderen Worten, der Gläubiger erhält über die leistungsstörungsrechtliche Sanktion eine vollumfängliche Versicherung, die ihm keinerlei Anreize gibt, seine Investition im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung in gesamtgesellschaftlich wünschenswerter Weise an der Möglichkeit einer Nichterfüllung zu orientieren. Das Problem gründet darin, dass in der beschriebenen Konstellation das individuelle Nut­ zenkalkül des Gläubigers von der wünschenswerten Maximierung des gemeinsamen Nut­ zens aus der Transaktion abweicht. Der Gläubiger zielt unter Geltung einer, auf Seiten des Schuldners optimale Leistungsanreize setzenden Sanktion, d = v(r) – w(r) – p, mit seiner Investition darauf ab, seinen Nutzen, GN,

GN(r) = (1 – f(μ|s))(v(r) – w(r) – p) + f(μ|s)d – r



(10)

zu maximieren. Daraus folgt aber, dass der Erwartungswert der Transaktion für den Gläu­ biger nicht mehr vom Eintritt des Erfüllungserfolgs abhängig ist. Er erhält auch im Fall der Nichterfüllung das positive Interesse und zielt daher rational darauf ab, durch seinen In­ vestitionsaufwand ausschließlich v(r) – w(r) – r zu maximieren.

Eine Möglichkeit, die Anreize des Gläubigers bei seiner Investitionstätigkeit in Erwartung der Erfüllung dem sozialen Optimum anzunähern, besteht darin, die Nichterfüllung mit einer von den tatsächlichen Aufwendungen des Gläubigers unabhängigen Sanktion zu belegen. 88 Optimale Verhaltensanreize können insbe­   Craswell, 18 J. Legal Stud. 365 (1989).   Grundlegend Shavell, 11 Bell J. Econ. 466, 478 (1980); siehe auch Shavell, 99 Q. J. Econ. 121, 130 ff. (1984), Kornhauser, 26 J. L. & Econ. 691, 694 f., 699 f. (1983), Rogerson, 15 RAND J. Econ. 39, 47 (1984); Cooter, 73 Cal. L. Rev. 1, 13 f. (1985); anders, ohne Begründung Köndgen/ v.Randow in: H.-B.Schäfer/Ott (Hrsg.), Allokationseffizienz in der Rechtsordnung, 1989, S.  122, 135 f. 88   Betrachtet man das Problem der Investitionen des Gläubigers in Erwartung der Erfüllung isoliert, kann es sogar optimal sein, die Nichterfüllung gänzlich sanktionslos zu belassen. Der 86 87

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sondere gesetzt werden, wenn die Sanktion entsprechend dem Wert der Leistung bei optimaler Investitionsaktivität des Gläubigers kalibriert wird. Gewährt die rechtliche Reaktion auf die Pflichtverletzung dem Gläubiger nicht mehr, als er im Falle der Erfüllung bei optimaler Investition erhalten hätte, bestehen für ihn An­ reize zur entsprechenden Anpassung seiner Investitionstätigkeit. Exzessive In­ vestitionen fallen allein in seine Risikosphäre, da sie im Fall der Nichterfüllung kompensationslos verloren gehen. Gleichzeitig wird aber auch der Schuldner dazu gezwungen, im Rahmen seiner Entscheidung über die Erfüllung die mit dem so­ zialen Optimum übereinstimmende Nutzenerwartung auf Gläubigerseite – aber auch nur diese – zu internalisieren. Die genannten Kriterien erfüllt z. B. ein Ersatzanspruch, der, mit welchen dogmatischen Mitteln auch immer, den Nichterfüllungsschaden unter Berücksichtigung des optima-  len Investitionsaufwands des Gläubigers, r*, mit maximal v(r*) – w(r*) – p in Ansatz bringt. 89

Gewichtige Voraussetzung eines in dieser Weise ausgefeilten Sanktionsmechanis­ mus ist freilich, dass die optimale Investitionsaktivität den Parteien bekannt ist, die sie dann ex ante im Vertrag festschreiben und sich an ihr orientieren können. Sofern sie dies versäumen, muss über die stets erforderliche Erkennbarkeit für die Parteien hinaus auch gewährleistet sein, dass Dritte, insbesondere Gerichte, zu­ mindest im Nachhinein das für die Verhaltenssteuerung von Anfang an maßgeb­ liche, wünschenswerte Niveau der betreffenden Investitionen bestimmen kön­ nen. (3)  Anreizeffekte der prozessualen Durchsetzung leistungsstörungsrechtlicher Sanktionen Wie bereits für den Schuldner erörtert, besteht selbst wenn es gelingt, über eine entsprechende Gestaltung des leistungsstörungsrechtlichen Sanktionenmecha­ nismus optimale Investitionsanreize für den Gläubiger zu setzen, die Gefahr, dass diese durch Kostentragungsregeln des Prozessrechts wieder entwertet werden.90 So werden die Investitionen des Gläubigers in Erwartung der Erfüllung beispiels­ weise dann tendenziell zu niedrig ausfallen, wenn ihm auch im Obsiegensfall eine Einbuße aus der Nichterfüllung verbleibt. Zu denken ist in diesem Zusammen­ hang beispielsweise an eine Schmälerung des dem Gläubiger als Kompensation Gläubiger trägt dann nämlich sämtliche Chancen und Risiken der Verwirklichung seiner mit der Investition in Erwartung der Erfüllung verfolgten Zwecke, vgl. Shavell, 11 Bell J. Econ. 466, 480 f. (1980). Da ein solches leistungsstörungsrechtliches Regime freilich suboptimale Anreize für den Schuldner erzeugt (supra 1), kann es allenfalls dort in Betracht gezogen werden, wo die Wahrscheinlichkeit der Nichterfüllung gänzlich endogen, d. h. vom Schuldnerverhalten unab­ hängig ist, oder dessen Verhalten anderweitig gesteuert werden kann. 89   Vgl. Cooter, 73 Cal. L. Rev. 1, 15 ff. (1985); Cooter/Eisenberg, 73 Cal. L. Rev. 1432, 1467 f. (1985). 90   Vgl. zum entsprechenden Problem im Hinblick auf die Anreize des Schuldners, Vorsorge­ maßnahmen gegen Leistungsstörungen zu treffen, supra 1 a) ii.

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zugesprochenen positiven Interesses durch Verfahrenskosten, die er endgültig zu tragen hat.91 (4)  Gläubigerinvestitionen und Nachverhandlungen Ein weiteres Problem im Zusammenhang mit Investitionen in Erwartung der Er­ füllung ergibt sich, wenn Nachverhandlungen möglich und nötig sind, da die transaktionsspezifischen Investitionen des Gläubigers erhebliches Potential für ex post Opportunismus des Schuldners in Form sog. Raubüberfälle (hold-ups) bie­ ten.92 Der Gläubiger, der im Fall der Nichterfüllung mangels hinreichenden recht­ lichen Schutzes Gefahr läuft, seine Investitionen zu verlieren, sieht sich dem Risi­ ko ausgesetzt, dass der Schuldner nach Vornahme der Investitionen die Vertrags­ konditionen zu seinen Gunsten zu verändern sucht, indem er seine Leistung zu­ rückhält.93 Im Hinblick auf die Gläubigerinvestition in Erwartung der Erfüllung läge eine denkbare Lösung in einem ausnahmslos durchgesetzten Anspruch auf Naturalerfüllung, der allerdings unter Effizienzgesichtspunkten aus den genann­ ten Gründen letztlich nicht wünschenswert ist.94 Klar ist aber umgekehrt auch, dass leistungsstörungsrechtlicher Erfüllungszwang eine unverzichtbare Funkti­ on bei der Verhinderung von ex post Opportunismus spielt.95 Er bietet dem Gläu­ biger im Rahmen von Nachverhandlungen einen Investitionsschutz und stellt damit sicher, dass eventuell erzielte Verhandlungsergebnisse tatsächlich effizienz- und nicht redistributiv motiviert sind. b)  Ex ante Maßnahmen zur Minimierung des Nichterfüllungsschadens Die mit der Leistungsstörung verbundenen Wohlfahrtseinbußen hängen in ihrem Umfang regelmäßig davon ab, ob der Gläubiger im Vorfeld hinreichende Vorkeh­ rungen getroffen hat, um die Folgen der möglichen Leistungsstörung abzumil­ dern. So kann z. B. der Erwerber einer Maschine einen Betriebsausfallschaden begrenzen, wenn er alte Maschinen in Reserve hält, der Besteller von Ware den Verzugsschaden verringern, wenn er seine Lagerbestände vor dem Nachordern nicht vollständig leert u. ä. Das Unterlassen derartiger Vorsorgemaßnahmen kann konzeptionell als Investition in Erwartung der Erfüllung verstanden werden. Diese liegt nämlich darin, dass der Gläubiger eine Entscheidung trifft, um Op­ portunitätskosten zu vermeiden96 und auf diese Weise seinen Nutzengewinn aus 91   Hermalin/Katz/Craswell in: Polinsky/Shavell (Hrsg.), Handbook of Law and Econo­ mics, Bd.  1, 2007, S.  1, 111. 92   Dazu grundsätzlich bereits supra §  2 Fn.  125. 93   Rogerson, 15 RAND J. Econ. 39, 47 (1984). 94   Supra I. 95   Zu einer denkbaren vertraglichen Lösung über die Preisvereinbarung, vgl. Edlin/Reichelstein, 86 Am. Econ. Rev. 478, 486 (1996). 96   Setzt er keine Ressourcen zur Abmilderung der Folgen der Leistungsstörung ein, kann er die freien Mittel anderweitig zur Steigerung seines Nutzens einsetzen. Die Entscheidung für einen solchen Ressourceneinsatz stellt eine Investition in Erwartung der Erfüllung dar.

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der Erfüllung steigert.97 Aus dem Vorgesagten ergibt sich aber, dass auch bei der­ artigen Investitionen sichergestellt sein muss, dass der Gläubiger die Möglichkeit der Leistungsstörung bei seiner Investitionsaktivität berücksichtigt. Mit anderen Worten, der Gläubiger darf nicht seinerseits jegliche Vorkehrungen unterlassen, gerade so, als ob die Erfüllung sicher wäre. Entsprechend darf die Sanktion der Leistungsstörung nicht jedes Zurückbleiben des tatsächlichen Nutzengewinns des Gläubigers hinter dem vollen Erfüllungsinteresse unabhängig davon kompen­ sieren, ob die Einbußen durch adäquate Sicherungsmaßnahmen im Vorfeld ganz oder doch teilweise vermeidbar gewesen wären. Derartiges lässt sich im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs durch entsprechende Kürzung der Kompensati­ onsleistung um vermeidbare Einbußen98 , aber auch durch gänzlichen Ausschluss der Sanktion in diesen Fällen erreichen.99 Jedenfalls verlangt eine so geartete rechtsförmige Umsetzung den Gerichten die Beurteilung der Angemessenheit der Vorsorgeaufwendungen des Gläubigers ab. Eine extreme Form der Vorsorgemaßnahme kann konzeptionell auch darin ge­ sehen werden, dass der Gläubiger bei drohender Nichterfüllung die Austauschbe­ ziehung seinerseits möglichst frühzeitig beendet, um auf diese Weise die Folgen der Leistungsstörung gering zu halten. Umgekehrt stellt die Entscheidung, trotz Möglichkeit von der Beendigungsoption keinen Gebrauch zu machen, eine Inves­ tition in Erwartung der Erfüllung dar: Der Gläubiger setzt sich bewusst einem höheren Schadensrisiko aus, um die Erträge der Transaktion für den Fall, dass sie letztlich erfolgreich abgewickelt wird, zu erhöhen.100 Wichtig ist, dass aufgrund eines derartigen Verständnisses etwaiger gläubigerseitiger Beendigungsrechte, die Angemessenheit ihrer Ausübung als Vorsorgemaßnahme bzw. ihrer Unterlassung als Investition in Erwartung der Erfüllung im hier interessierenden Zusammen­ hang unter Effizienzgesichtspunkten zu beurteilen ist. Dies kann u. U. dazu füh­ ren, dass die Voraussetzungen eines etwaigen Rücktrittsrechts des Gläubigers,101 aber auch seine Grenzen (Ausschlusstatbestände102) dergestalt auszulegen sind, dass ein Rücktrittsgrund nur vorliegt, wenn die drohenden Schäden den Options­ wert des Vertrags übersteigen.103 In diesen Rahmen ist auch ein eventuell dem Rücktritt vorgeschaltetes Recht zur zweiten Andienung zu integrieren. Sein Scheitern markiert ja nichts anderes als eine Rücktrittsvoraussetzung,104 weshalb   Vgl. Cooter, 73 Cal. L. Rev. 1, 13 f. (1985).   Vgl. z. B. R. Posner, Economic Analysis of Law, 8. Auflage, S.  158. 99   Vgl. z. B. R. Posner/Rosenfield, 6 J. Legal Stud. 83, 93 f. (1977) zur Haftungsbefreiung des Schuldners (discharge), wenn der Gläubiger der cheapest insurer ist. 100   Vgl. Craswell, 19 J. Legal Stud. 399, 405 (1990); Hermalin/Katz/Craswell in: Shavell/Po­ linsky (Hrsg.), The Handbook of Law and Economics, 2007, S.  1, 106. 101   Bsp. materiality of breach, substantial impairment (UCC); Erheblichkeit der Pflichtver­ letzung (§  323 Abs.  5 BGB). 102   Z. B. Einwand des Rechtsmissbrauchs; forfeiture (termination not in good faith), vgl. dazu auch Klein, 70 Am. Econ. Rev. 356 (1980). 103   Grundlegend insoweit Craswell, 19 J. Legal Stud. 399, 404 ff. (1990); eingehend auch A.Triantis/G.Triantis, 41 J. L. & Econ. 163, 180 ff. (1998). 104   Exemplarisch §§  4 40 S.  1, 2. Alt.; 636, 2. Alt. BGB. 97

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seine rechtlichen Grenzen an dem beschriebenen Verhältnis von drohenden Ein­ bußen auf Gläubigerseite und Optionswert des Vertrags zu orientieren sind.105 Die unter Effizienzgesichtspunkten vorzunehmende, schwierige Beurteilung birgt erhebliche Unsicherheit. Dies nicht zuletzt deshalb, weil die unberechtigte Vertragsaufsage u. U. ihrerseits als zur Kompensation verpflichtende Leistungs­ störung angesehen werden kann. Umgekehrt können Schäden, die bei frühem Rücktritt ausgeblieben wären, als vermeidbare Einbußen zu qualifizieren sein. c)  Ex post Maßnahmen zur Minimierung des Nichterfüllungsschadens Steht die Leistungsstörung fest, kann der Gläubiger seine Einbußen unter Um­ ständen dadurch verringern, dass er geeignete Maßnahmen der Schadensbegren­ zung trifft. Im Prinzip geht es darum, dass der Gläubiger den Erwartungswert aus der Transaktion für den Fall der Nichterfüllung durch eine zusätzliche Inves­ tition optimiert. Steht die Leistungsstörung fest, geht es für ihn darum, so lange Aufwendungen zur Schadensminimierung zu tätigen, wie deren Grenzkosten un­ ter ihrem Grenznutzen in Form der abgewendeten Einbußen aus der Nichterfül­ lung liegen. Mit der weiteren Gläubigerinvestition, ∆r, soll w(r, ∆r) – ∆r maximiert werden.

Anreize hierzu können durch die Rechtsordnung wiederum durch Anspruchs­ kürzungen gesetzt werden, die vorgenommen werden, wenn der Gläubiger ange­ messene Schadensminimierungsmaßnahmen unterlassen hat.106 3.  Risikopräferenz und Risikoallokation a)  Optionale Versicherung bei heterogenen Risikopräferenzen Die bisherigen Ausführungen gingen uneingeschränkt davon aus, dass eine auf Mehrung des gemeinsamen Wohlstands der Parteien abzielende Regelung von Leistungsstörungen durch Setzen entsprechender Anreize Opportunismusge­ fahren vorzubeugen hat. Der Nutzen, den die Beteiligten aus einer Transaktion ziehen, wird aber auch dadurch beeinflusst, dass Risiken ihren diesbezüglichen Präferenzen gemäß verteilt werden.107 Unter dem Gesichtspunkt effizienter Risi­ koallokation ist beispielsweise die uneingeschränkte Verpflichtung des Schuld­ ners, im Falle der Leistungsstörung den Gläubiger voll zu kompensieren – und diesem damit eine umfassende Versicherung zu verschaffen – effizient, wenn der Gläubiger risikoavers, der Schuldner aber zumindest risikoneutral ist.108 105   Erfolglose Bemühungen um die Nacherfüllung verringern den Optionswert (u. U. dras­ tisch), sodass in diesen Konstellationen auch geringe Nutzeneinbußen des Gläubigers (auch in Form von Opportunitätskosten) den Übergang zum Rücktritt rechtfertigen können. 106   Dazu z. B. Wittman, 10 J. Legal Stud. 65, 74 ff. (1981); Goetz/Scott, 69 Va. L. Rev. 967, 974 ff. (1983). 107   Vgl. schon supra B. I. 2. 108   Umfassend, auch zu anderen Konstellationen Polinsky, 12 J. Legal Stud. 427 (1983); vgl.

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Besondere Probleme entstehen daher vor dem Hintergrund heterogener Risi­ kopräferenzen auf einer Seite der potentiellen Transaktionspartner. Der cheapest insurer sollte in diesen Konstellationen nicht ausnahmslos zur tatsächlichen Ver­ sicherung des Risikos, z. B. durch zwingendes Leistungsstörungsrecht verpflich­ tet werden. Nur für risikoaverse Parteien wird die – zu vergütende – Versicherung einen Wohlfahrtsgewinn nach sich ziehen. Bei heterogenen Risikoneigungen der anderen Seite ist es daher wünschenswert, dem cheapest insurer zu gestatten, nur die Option einer Versicherung anzubieten.109 Hierdurch wird die Möglichkeit er­ öffnet, Preisnachlässe gegenüber ihrerseits risikoneutralen Transaktionspartnern zu gewähren, wodurch die Zahl wohlfahrtssteigernder Austauschbeziehungen erhöht wird. b)  Risikoallokation und Anreizwirkung Im Hinblick auf das Ziel, sowohl die primären als auch die sekundären Kosten der nicht ordnungsgemäßen Erfüllung zu minimieren,110 besteht generell die Gefahr, durch Ausrichten der leistungsstörungsrechtlichen Sanktionen an den Gesichts­ punkten effizienter Risikoverteilung ihre Anreizwirkung im Hinblick auf die wünschenswerten Präventionsanstrengungen der Beteiligten zu schwächen. Dies gilt zum einen, wenn die Risikoaversion einer Partei eventuelle Effizienzgewinne aus der ihr an sich möglichen, überlegenen Vorsorge gegen Leistungsstörungen konterkariert, da sie sich durch die ihr zugewiesene Verantwortlichkeit zu exzes­ siven Maßnahmen veranlasst sieht. Die Problematik begegnet aber zum anderen auch, wenn die leistungsstörungsrechtliche Sanktion keinen Einfluss auf die Risi­ kotragung gewinnen kann. Paradigmatisch für diese Konstellation ist der Fall der immateriellen Einbuße des Gläubigers, die seinen Grenznutzen an Geld nicht be­ einflusst. Als Beispiel mag der Hobbyphotograph dienen, der eine Speicherkarte mit Erinnerungsfotos an einen Bilderdienst gibt, wo die Karte vor der Herstel­ lung von Abzügen zerstört wird. Unter dem Gesichtspunkt effizienter Risikover­ teilung könnte die Leistungsstörung an sich ohne monetäre Kompensation blei­ ben – die hierdurch bewirkte Versicherung ist im Hinblick auf die ideellen Einbu­ ßen des Gläubigers wertlos. Bliebe die Leistungsstörung allerdings tatsächlich stets sanktionslos, würden die Anreize auf Seiten des Schuldners verzerrt, hinrei­ chend Vorsorge gegen das Risiko der Leistungsstörung zu treffen.111

auch Parisi, 52 Am. J. Comp. L. 403, 409 (2004). Zum Sonderproblem von das Erfüllungsinter­ esse übersteigenden Sanktionen speziell unter dem Gesichtspunkt der Risikoallokation, Craswell, 25 J. Legal Stud. 463, 481 ff. (1996). Derartige Sanktionen drohen u. U. auch dann, wenn die Naturalerfüllungspflicht nur bei erheblicher Disproportionalität von Erfüllungskosten und Leistungsinteresse des Gläubigers entfällt. 109   H.-B.Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 4.  Aufl., 2005, S.  410. 110   Vgl. supra §  1 Fn.  23. 111   Zum Ganzen Rea, 11 J. Legal Stud. 35 (1982).

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III.  Folgerungen für die Einstandspflicht für das Fehlverhalten   von Erfüllungsgehilfen Die vorstehenden Ausführungen beschreiben die Ziele eines ökonomisch ratio­ nalen Leistungsstörungsrechts, weil aus diesem in Konkretisierung der allgemei­ nen Erwägungen die relevanten Gesichtspunkte entwickelt werden sollen, die eine Einstandspflicht für das Fehlverhalten von Hilfspersonen legitimieren kön­ nen. Festzuhalten ist daher zunächst, dass eine Einstandspflicht des Schuldners wünschenswert erscheint, wenn und soweit er hierdurch gezwungen wird, die Folgen einer nicht ordnungsgemäßen Erfüllung zu internalisieren und ihn dies zur Erbringung seiner geschuldeten Leistung anhält, solange diese zu einer Realisie­ rung des von beiden Parteien ex ante angestrebten Kooperationsgewinns führt.112 Anders formuliert, das Fehlverhalten eines Gehilfen darf nicht zur Lösung vom Leistungsversprechen berechtigen, solange die weitere Durchführung der Trans­ aktion voraussichtlich zu einer effizienteren Ressourcenallokation führt. Aber auch wenn das Fehlverhalten des Gehilfen für eine so erhebliche Störung des antizipierten Leistungsaustauschs verantwortlich ist, dass dessen Durchfüh­ rung unter Effizienzgesichtspunkten ex post nicht wünschenswert erscheint, ha­ ben die Institutionen des Leistungsstörungsrechts dafür Sorge zu tragen, dass ex ante Anreize für den Schuldner bestehen, optimale Vorsorgemaßnahmen zu tref­ fen, um die eigene Leistungsfähigkeit zu sichern sowie Informationen über unbe­ kannte, potentielle Leistungshindernisse zu erwerben.113 Das institutionelle Ar­ rangement hat daher unter Anreizgesichtspunkten dem Schuldner das volle Risi­ ko der nicht ordnungsgemäßen Erfüllung einer Verbindlichkeit in Folge eines Fehlverhaltens des Gehilfen zuzuweisen, wenn und soweit der Schuldner zu des­ sen Beherrschung – im weitesten Sinne114 – besser als der Gläubiger in der Lage ist. Umgekehrt ist damit aber auch gesagt, dass das Risiko eines Fehlverhaltens von in Erfüllung der Leistungspflicht tätigen Personen im Ausgangspunkt auch dem Gläubiger zugewiesen sein kann, wenn dieser zu seiner überlegenen Beherrschung in der Lage ist. Aber selbst wenn häufig die prinzipielle Einstandspflicht des Schuldners veran­ lasst sein wird, sind auch im Kontext des Fehlverhaltens von Gehilfen bestimmte Einbußen regelmäßig dem Gläubiger zuzuweisen. Dies gilt zunächst in Hinblick auf seine Investitionen in Erwartung der ordnungsgemäßen Erfüllung. Hier ist der Gläubiger dazu anzuhalten, das mögliche Scheitern der Transaktion zu anti­ zipieren.115 D.h. auch wenn sich in der Leistungsstörung ein prinzipiell dem Schuldner zuzuweisendes Risiko von Gehilfenfehlern realisiert, muss die recht­   Supra II. 1. a).   Supra II. 1. b). 114   Zu dem weiten, keine direkte Einwirkungsmöglichkeit voraussetzenden Begriff der Be­ herrschung des Gehilfenverhaltens bereits supra §  1 B. I. 115   Supra 2. a). 112 113

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Kapitel 4:  Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen

liche Reaktion die nötige Flexibilität wahren, um nicht Anlass zu exzessiven Gläubigerinvestitionen zu geben – zu deren Steuerung ist typischerweise der Gläubiger besser in der Lage. Eben jene Flexibilität in der Risikozuweisung ist schließlich auch nötig, um dem Gläubiger adäquate Anreize zu geben, seinerseits Maßnahmen zur Minimierung der Einbußen aus einem drohenden bzw. bereits eingetretenen Fall der Leistungsstörung zu ergreifen, wenn er hierzu als cheapest cost avoider in der Lage ist. Unter dem Gesichtspunkt unterschiedlicher Fähigkeiten zur Risikotragung kann eine Zuweisung des Personalrisikos selbst dann zu einer Steigerung des an­ gestrebten Kooperationsgewinns führen, wenn als Folge die Anreize, Wahr­ scheinlichkeit und Auswirkungen nicht ordnungsgemäßer Erfüllung zu mini­ mieren, suboptimal gesetzt werden. Eine stark risikoaverse Partei kann auch dann unter Effizienzgesichtspunkten vom Risiko eines Gehilfenversagens freizustellen sein, wenn sie zwar zur besseren Beherrschung desselben in der Lage wäre, die Nutzengewinne aus ihrer Entlastung aber die infolge suboptimaler Prävention drohenden Einbußen übersteigen.116 Ein sich an geschäftstypischen Risikopräfe­ renzen orientierender Normgeber kann heterogene Risikopräferenzen der Betei­ ligten sinnvoll dadurch berücksichtigen, dass er marktimitierende Regelungen schafft,117 die unter realistischen Bedingungen einer transaktionskostengünstigen Abbedingung zugänglich sind. Die Verteilung des Personalrisikos muss daher der gemeinsamen ex ante Disposition der Beteiligten zugänglich sein. Der wesentliche Erkenntnisgewinn der institutionenökonomischen Betrach­ tung liegt zum einen darin, dass sie die möglichen Mechanismen zur Beherr­ schung des in Rede stehenden Risikos exakt benennt. Zum anderen präzisiert sie die relevanten Einbußen mit Bezug zu den jeweiligen Parteiinteressen und gibt so Anhaltspunkte für die Anreizstrukturen, auf die das Recht zur Erreichung der identifizierten Ziele Einfluss nehmen kann. Schließlich schärft die Betrachtung das Bewusstsein dafür, dass und auf welche Weise die kognitiven Grenzen der Parteien ebenso wie diejenigen der Gerichte eine entscheidende Rolle bei der Ziel­ verwirklichung durch unterschiedliche Rechtsinstitute spielen.118 Diese sind da­ her bei jedem Institutionenvergleich prominent zu berücksichtigen. Bevor die Leistungsfähigkeit der gewonnenen Einsichten in der Auseinander­ setzung mit realen Normbeständen untersucht werden kann, gilt es im Folgenden, das Bild zu vervollständigen. Hierzu sollen die Aspekte der ökonomischen Ana­ lyse des Gewährleistungsrechts119 und der Informationsökonomik120 eingeführt werden, die für die Verantwortlichkeit für Erfüllungsgehilfen relevant sind.

  Vgl. supra §  1 B. III.   Supra §  2 B. III. 3. 118   Supra II. 1. a) i; b) (1) i; 2. a) (3) und passim. 119   Infra B. 120   Infra C. 116

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B.  Ökonomik des Gewährleistungsrechts Nicht nur die positivrechtliche Entwicklung in Deutschland indiziert, dass die Besonderheiten des Kaufs oder der Werkherstellung eine radikal eigenständige Lösung für den Fall einer Schlechtleistung nicht verlangen, d. h. dass es eines vom allgemeinen Leistungsstörungsrecht fundamental abweichenden Gewährleis­ tungsrechts für bestimmte Vertragstypen nicht unbedingt bedarf.121 Gleichwohl sind bestimmte Besonderheiten von Transaktionen, die auf einen dauerhaften Austausch ggf. zuvor herzustellender Waren gerichtet sind, nicht zu leugnen.122 Es ist daher folgerichtig, wenn auch in der rechtsökonomischen Literatur der Ge­ währleistung bei derartigen Austauschverträgen besondere Aufmerksamkeit ge­ widmet wird.123 Die von dieser Forschung herausgearbeiteten Funktionen stellen partiell Variationen der vorstehend dargestellten Ökonomik des Leistungsstö­ rungsrechts dar, partiell aber auch eine Ergänzung der bisher gewonnenen Er­ kenntnisse. Da die Verantwortlichkeit für das Fehlverhalten von Gehilfen in be­ deutenden Teilen gerade auch über die Sanktionen der Schlechtleistung gesteuert wird, dient der nachfolgende Überblick einer notwendigen Abrundung des bisher entworfenen Regulierungsprogramms.

I.  Investitionstheorie der Gewährleistung Der Gläubiger einer Leistung investiert durch seine Bereitschaft, Preisaufschläge für die Gewährleistung des Schuldners zu akzeptieren, in eine bessere Sicherung seines Äquivalenzinteresses124 und mittelbar in eine höhere Produktqualität.125

121   Zu dem Ziel der Schuldrechtsmodernisierung, kauf- und (werkvertragsrechtliche) Ge­ währleistung und allgemeines Leistungsstörungsrecht zu verschmelzen nur BegrRegE, BTDrucks. 14/6040, S.  94; H. P.Westermann, JZ 2001, 530; H. P.Westermann, NJW 2002, 241. Zu den verbliebenen kaufrechtlichen Modifikationen des allgemeinen Leistungsstörungsrechts z. B. Tröger, JuS 2005, 503. 122   Zu dem Bedürfnis kaufspezifischer Anpassungen der allgemeinen Regeln speziell aus der Perspektive europäischer Rechtsvereinheitlichung, Hondius/Heutger/Jeloschek/Sivesand/Wiewiorowska, Principles of European Law – Sales, 2008, S.  102. 123   Ausführliche Zusammenfassungen bei Wehrt, in: DeGeest (Hrsg.), Encyclopedia of Law and Economics, Band  6 , 2.  Aufl., 2011, S.  256; Parisi, 52 Am. J. Comp. L. 403, 406 ff.; im deutsch­ sprachigen Schrifttum z. B. Gomez in: Grundmann/Bianca (Hrsg.), EU-Kaufrechts Richtlinie, 2002, Einl. Rdnr.  72 ff.; Th.Eger, Festschrift für Claus Ott, 2002, S.  183, 190 ff.; H.-B.Schäfer/ Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 4.  Aufl., 2005, S.  478 ff.; Riha, Öko­ nomische Analyse des Sachmängelgewährleistungsrechts, 2007, S.  35 ff. 124   Infra 1. 125   Infra 2.

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1.  Gewährleistung als Versicherung Vor dem Hintergrund des Ziels des Vertragsrechts, eine den Präferenzen der Par­ teien adäquate Risikoallokation zu erreichen,126 erfüllt die Gewährleistung zu­ nächst eine Versicherungsfunktion, indem sie den Käufer von den unerwünschten Risiken einer Äquivalenzstörung entlastet. Die Folgen des bei Vertragsschluss unsicheren Auftretens eines Mangels werden im Rahmen der Rechtsbehelfe der Gewährleistung vom Verkäufer übernommen, der seine Risikobelastung bei der Preisbildung in Form einer quasi Versicherungsprämie127 berücksichtigt.128 Die optimale Verteilung des Mangelrisikos hängt somit unter dem Gesichtspunkt der Versicherungsfunktion der Gewährleistung erkennbar von der Risikodisposition der Parteien ab.129 Geht man typisierend davon aus, dass (private) Käufer risiko­ scheu, (gewerbliche) Verkäufer dagegen – aufgrund ihrer überlegenen Möglich­ keiten zur Eigen- oder Fremdversicherung auch unbeeinflussbarer Gefahren – eher risikoneutral sind, ist z. B. eine vollständige Überwälzung der Folgen der Äquivalenzstörung auf den Verkäufer beim Verbraucherkauf prima facie effizi­ ent. Erfolgt andererseits die Veräußerung zwischen einem risikoaversen (priva­ ten) Verkäufer und einem risikoneutralen (gewerblichen) Käufer, ist unter dem Gesichtspunkt effektiver Risikoallokation ein vollständiger Gewährleistungsaus­ schluss geboten, während bei beiderseitiger Risikoneutralität Variationen des Ge­ währleistungsumfangs keine Effizienzimplikationen unter dem Aspekt der Risi­ koverteilung zeitigen.130 Soweit danach der Schuldner die Versicherung des Gläubigers übernimmt, soll­ te die Rechtsordnung eine Differenzierung nach (typisiertem) Risikopotential dergestalt erlauben, dass der Schuldner Gewähr nach unterschiedlichem Umfang leistet. So sollte z. B. eine Unterscheidung von privater und gewerblicher Nutzung als Kriterium für unterschiedliche Nutzungsintensität und Verschleißanfälligkeit berücksichtigt werden können. Andernfalls, d. h. bei einheitlich hohem Niveau der Gewährleistungspflicht (zu entsprechendem Preis) droht eine Quersubventi­ onierung der Gläubiger mit hohem Risikoprofil durch solche mit geringer Scha­ densneigung.131 Mit Händen zu greifen ist an dieser Stelle zudem der bereits erwähnte, nicht wünschenswerte Effekt jeder leistungsstörungsrechtlichen Versicherung, dem Gläubiger die Anreize zur effizienten Risikovorsorge zu nehmen.132 So wird nicht selten der Käufer, so er die Produktrisiken zutreffend einschätzen kann, genauer   Dazu supra A. II. 3. und §  2 B. I. 2.   Aufgrund seiner Risikodisposition ist ein risikoaverser Käufer bereit, mehr als den Er­ wartungswert des Mangelschadens für die Versicherung zu bezahlen. 128   Grundlegend Priest, 90 Yale L. J. 1297, 1307 ff. (1981). 129   Hierzu eingehend Wehrt in: Ott/H.-B.Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Probleme des Zi­ vilrechts, 1991, S.  235, 252 f.; Parisi, 52 Am. J. Comp. L. 403, 408. 130   Polinsky, 12 J. Legal Stud. 427, 435 (1983). 131   H.-B.Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse des Zivilrechts, 4.  Aufl., 2005, S.  481 f. 132   Supra A. II. 2. b). 126 127

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über sein individuelles Schadensrisiko Bescheid wissen und somit in der Lage sein, maßgeschneiderte Versicherungslösungen nachzufragen (cheapest insurer). Bei einer vollständigen gewährleistungsrechtlichen Versicherung durch den Ver­ käufer verlöre er aber die Anreize zu einer entsprechenden eigenen Risikovermei­ dung.133 2.  Gewährleistung als Instrument der Verhaltenssteuerung Als Variante des allgemein zur Anreizwirkung des Leistungsstörungsrechts Ge­ sagten,134 tritt neben die Versicherungswirkung die verhaltenssteuernde Funktion der Gewährleistung. Diese trägt unter Anreizgesichtspunkten idealerweise dafür Sorge, dass der Verkäufer einen Ansporn zur Mangelprävention hat, solange die dadurch entstehenden marginalen Kosten geringer sind als die vermiedenen, mar­ ginalen (Erwartungs-)Schäden.135 Dies wird dadurch erreicht, dass der Verkäufer im Rahmen der Mängelrechte die von ihm vermeidbaren Einbußen aus der Äqui­ valenzstörung internalisieren muss. Der Gesichtspunkt effektiver Risikomini­ mierung spricht dafür, dem Verkäufer sämtliche, von ihm überlegen beeinfluss­ baren Mangelfolgen aufzubürden, um ihm so optimale Anreize zur Vermeidung von Fehlern zu geben. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass eine Reihe von Un­ tersuchungen zeigt, dass (suboptimale) Einschränkungen der Gewährleistung zu erwarten sind, wo die Fehleranfälligkeit der verkauften Sache nicht allein vom Verkäuferverhalten, sondern z. B. auch vom Handeln des Käufers, seiner Scha­ densneigung u. ä. abhängt.136 Insofern bedarf es bei der Ausgestaltung des dispo­ sitiven Rechts flexibler Lösungen, die nach Möglichkeit die Überbürdung unvor­ hersehbarer und unkontrollierbarer Risiken vermeidet. Obwohl die angestrebte Internalisierungswirkungen gerade beim Kauf auf Massenmärkten auch durch außerrechtliche Mechanismen erzielt werden können, z. B. die Einbuße von Marktanteilen als Folge von Reputationsverlusten,137 spielt das Recht zweifellos eine wichtige, die unvollständigen Marktmechanismen er­ gänzende Rolle.138

133   Zum Problem der Mangelfolgeschäden vgl. H.-B.Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse des Zivilrechts, 4.  Aufl., 2005, S.  479 f.; siehe auch Wehrt in: Ott/H.-B.Schäfer (Hrsg.), Ökono­ mische Probleme des Zivilrechts, 1991, S.  235, 254. 134   Supra A. II. 1. und §  2 B. 1. 135   Grundlegend auch insoweit Priest, 90 Yale L. J. 1297, 1307 ff. (1981). 136   Vgl. z. B. Kambhu, 13 Bell J. Econ. 483 (1982); Cooper/Ross, 16 RAND J. Econ. 103 (1985); Emons, 46 J. Econ. Theory 16 (1988); Emons, 37 J. Indust. Econ. 287 (1989). 137   Vgl. z. B. Kornhauser, 26 J. L. & Econ. 691, 703 (1983); Williamson , The Economic Insti­ tutions of Capitalism, 1985, S.  52 ff., 375. 138   Bereits supra A. II. 1. b) (1) ii.

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Kapitel 4:  Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen

II.  Gewährleistung als Qualitätssignal Die Internalisierung der Mangelfolgen beim Verkäufer bewirkt außerdem, dass die Gewährleistungsübernahme durch den Verkäufer ein Qualitätssignal aussen­ det: 139 Bei mit verhältnismäßigem Aufwand unüberwindbaren Informations­ asymmetrien hinsichtlich der Produktqualität kann einem dispositiven, strengen Gewährleistungsrecht eine bedeutende Signalfunktion für Anbieter hoher Quali­ tät (peaches) zukommen, die zu einer Separierung der Märkte führt. Anbieter minderer Qualität (lemons) könnten eine derart weitreichende Qualitätsgarantie nur mit ungleich höherem Preisaufschlag übernehmen und leisten daher Gewähr nur in geringerem Umfang.140 Von den Verkäufern gewählte, unterschiedliche Ge­ währleistungsregime lassen daher Rückschlüsse auf die Qualität der Produkte der Anbieter zu.141 Voraussetzung für eine über die Qualitätsanreize hinausgehende Signalfunktion der Mängelrechte ist also eine privatautonome Gestaltbarkeit des gewährleistungsrechtlichen Garantieumfangs.142

III.  Folgerungen für die Einstandspflicht für das Fehlverhalten   von Erfüllungsgehilfen Die vorstehenden Überlegungen bestätigen die Richtigkeit der aus der Ökonomik des Leistungsstörungsrechts gewonnenen Determinanten der Einstandspflicht für Gehilfenfehler.143 Auch die Gewährleistung zielt darauf ab, den Schuldner zu zwingen, das von ihm kontrollierbare Personalrisiko zu internalisieren. Auf diese Weise werden die Anreize optimiert, die Verbindlichkeit wie geschuldet zu erfül­ len und effiziente Vorsorgemaßnahmen zur Sicherung dieses Ziels zu ergreifen.144 Gerade im Hinblick auf die dem Warenaustausch häufig vorangehenden, kom­ plexen Produktionsprozesse können zur Konkretisierung des Verantwortungs­ bereichs des Schuldners die Erkenntnisse fruchtbar gemacht werden, die mit Hil­ fe agenturtheoretischer Untersuchungen zur überlegenen Risikobeherrschung

139   Grundlegend Grossmann, 24 J. L. & Econ. 461, 470 f. (1981). Siehe auch Wehrt, ZWS 113 (1993) 77, 103 ff.; Wehrt in: Ott/H.-B.Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Probleme des Zivilrechts, 1991, S.  235, 242 ff. Die Fundamente der Hypothese, mit der Einräumung von Gewährleistungs­ ansprüchen könne ein Qualitätssignal ausgesendet werden, wurden in anderem Kontext gelegt, vgl. Spence, 87 Q. J. Econ. 355 (1973). 140   Ohne Unterscheidbarkeit von lemons und peaches verdrängt die mindere Qualität die bes­ sere, vgl. grundlegend Akerlof, 84 Q. J. Econ. 488 (1970). Auch bereits supra §  2 Fn.  58, §  2 Fn.  69 und Text bei Fn.  47. 141   Zu den Grenzen der Signalfunktion von Gewährleistungsansprüchen z. B. Gal-Or, 22 Can. J. Econ. 50 (1989); Wehrt in: DeGeest (Hrsg.), Encyclopedia of Law and Economics, Band  6 , 2.  Aufl., 2011, S.  256, 262 ff. 142   Vgl. nur Varian, Microeconomic Analysis, 3.  Aufl., 1992, S.  469 f. 143   Supra A. III. 144   Supra I. 2. und ausführlich A. II. 1.

§  3  Einstandspflicht als Bestandteil ökonomisch rationalen Vertragsrechts

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durch den Prinzipal gewonnen wurden.145 Dabei ist aber in Anbetracht der unter­ schiedlichen Folgen einer Mangellieferung zu betonen, dass nicht sämtliche Ri­ siken vom Schuldner überlegen beherrscht werden.146 Insoweit zeigt sich, dass auch ein angemessen differenzierendes Gewährleistungsrecht dem Gläubiger An­ reize zur effizienten Vorsorge gegen solche Risiken setzen muss, die er seinerseits besser kontrollieren kann. Mit der Versicherungsfunktion der Gewährleistung werden die präferenzgerechte Risikoallokation und die damit für die Anreizfunk­ tion verbundenen Implikationen betont. Dieser Aspekt wurde auch schon für das Leistungsstörungsrecht allgemein erörtert.147 Heterogene Risikopräferenzen ver­ langen auch im Gewährleistungsrecht nach flexiblen Lösungen, d. h. prinzipiell ist eine (möglichst transaktionskostengünstige) Gestaltung des Gewährleistungs­ umfangs durch entsprechende Parteivereinbarungen zu ermöglichen, die auch die Option eines vollständigen Ausschlusses einschließt. Im Hinblick auf die Ein­ standspflicht für Gehilfen bedeutet dies, dass die Parteien im Konsens insbeson­ dere über die prinzipielle Haftung für bestimmte Hilfspersonen, aber auch die Verantwortung für einzelne Fehler derselben disponieren können sollten. Mit der Erkenntnis, dass eine strenge Gewährleistung als Qualitätssignal wirkt, wird nochmals hervorgehoben, dass eine effiziente Einstandspflicht tatsächlich im beiderseitigen ex ante Interesse der Beteiligten liegt. Der Kooperationsgewinn wird aus Sicht des Schuldners nämlich insofern gesteigert, als er seine Leistung zu qualitätsentsprechenden Preisen absetzen kann und nicht den Gefahren eines poolenden Gleichgewichtspreises ausgesetzt ist.148 Entsprechend gelingt dem Schuldner mit Hilfe des leistungsstörungs- und gewährleistungsrechtlichen Si­ gnals, die Qualität seiner arbeitsteiligen Leistungserbringung in adäquate Preise umzusetzen.

C.  Ökonomik der Informationsverantwortlichkeit im Vertragsrecht In einem letzten Schritt zur Vorbereitung der Auseinandersetzung mit dem posi­ tiven Recht der Verantwortlichkeit für das Fehlverhalten von Gehilfen in Ver­ tragsbeziehungen gilt es im Folgenden noch die relevanten Einsichten der Infor­ mationsökonomik für die anzustellende Analyse zu skizzieren. Zu diesem Zweck sind zunächst Grundlagen und Ziele der Informationsökonomik darzustellen,149 bevor auf diesem Fundament die wünschenswerte Verteilung der Informations­

  Supra §  1 A. II. und §  1 B. I.   Supra I. 2. und ausführlich A. II. 2. 147   Supra I. 1. und ausführlich A. III. 148   Supra Fn.  140. 149   Infra I. 145

146

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Kapitel 4:  Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen

verantwortlichkeit in Vertragsverhältnissen entworfen150 und für das Sonder­ problem des Gehilfeneinsatzes konkretisiert werden kann.151

I.  Informationsökonomik, Zielkonflikt der Informationspolitik   und privatrechtliche Verteilung der Informationsverantwortung Fundament jedes Güteraustauschs ist die Verfügbarkeit von Informationen über den Erwartungswert der Transaktion.152 Dies ist offensichtlich im Hinblick auf die grundsätzliche Entscheidung, knappe Güter im Rahmen einer (rechtlich abge­ sicherten) Austauschbeziehung zu übertragen.153 Die Bewertung gilt aber auch nach Begründung des Schuldverhältnisses uneingeschränkt, z. B. wenn es darum geht, potentielle Risiken für die intendierte Abwicklung zu berücksichtigen.154 Wie bereits mehrfach erwähnt, ist im Gegensatz zur neoklassischen Modellwelt in der Realität nicht gewährleistet, dass die Marktakteure über vollständige Infor­ mationen verfügen.155 Neben den daraus resultierenden, grundsätzlichen Proble­ men beschränkter Rationalität führen Informationsasymmetrien potentiell zu opportunistischem Verhalten in Form der Negativauslese vor und des moralischen Risikos nach Vertragsschluss.156 Naheliegendes Antidot gegen drohende Wohl­ fahrtsverluste ist die Produktion und Verbreitung der relevanten Informationen. Dessen Verabreichung begegnet jedoch originären, in der Informationsökonomik prominent untersuchten Schwierigkeiten.157 1.  Das Problem der Unterversorgung mit Information Ausgangspunkt der Überlegungen ist die Erkenntnis, dass die Produktion und Verbreitung von Informationen zwar gesamtgesellschaftlich als Funktionsvor­ aussetzung der dezentralen Güterallokation über den Marktmechanismus wün­ schenswert ist, auf der Ebene individueller Handlungsmotivationen aber nicht ohne weiteres abgebildet wird. Aus sozialer Perspektive droht daher eine systema­   Infra II.   Infra III. 152   Supra §  2 B. II. 153   Der angestrebte Kooperationsgewinn steht und fällt mit der zutreffenden Taxierung des zu erwartenden Nutzengewinns. 154   Supra A. II. 1. b) (2). 155   Grundlegend Stigler, 69 J. Pol. Econ. 213 (1961); Arrow, in: NBER (Hrsg.), The Rate and Direction of Inventive Activity, 1962, S.  609. 156   Zu Negativauslese und moralischem Risiko bereits supra §  2 Fn.  58. Ausführlicher Über­ blick z. B. bei Macho-Stadler/Pérez-Castrillo, An Introduction to the Economics of Informati­ on, 2001, S.  37 ff., 103 ff. Untersuchung mit Hilfe eines Prinzipal-Agenten-Modells bei Richter/ Furobotn, Neue Institutionenökonomik, 4.  Aufl., 2010, S.  225 ff., 241 ff. 157   Ausführliche Überblicke zum Folgenden im deutschsprachigen Schrifttum bei Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  111 ff.; Rehm, Aufklärungspflichten im Ver­ tragsrecht, 2003, S.  4 4 ff. 150 151

§  3  Einstandspflicht als Bestandteil ökonomisch rationalen Vertragsrechts

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tische Unterversorgung mit dem knappen Gut Information.158 Der Informations­ erwerb erzeugt nämlich Kosten, die von den Beteiligten regelmäßig nur freiwillig getragen werden, wenn die gewonnene Information später in einer Weise verwert­ bar ist, die eine Kompensation der getätigten Aufwendungen erwarten lässt. Mit anderen Worten, Investitionen in den Erwerb von Informationen werden nur ge­ tätigt, wenn der Erwartungswert ihrer Verwertung die Kosten der Informations­ erlangung übersteigt. Dabei führt die individuelle Risikopräferenz159 dazu, dass insbesondere natürliche Personen in ihrer Kosten-Nutzen-Kalkulation nicht den objektiven Erwartungswert des Informationserwerbs ansetzen, sondern diesen wegen der bestehenden Unsicherheit mit einem subjektiven Abschlag versehen. In der Konsequenz scheuen sie den Kostenaufwand daher auch, wenn risikoneutrale Akteure in sozial wünschenswerter Weise die entsprechende Investition getätigt hätten.160 Hinzukommt, dass bei der individuellen Kosten-Nutzenbewertung des Informationserwerbs der grundsätzliche Charakter der Information als quasi-öf­ fentliches Gut berücksichtigt wird. Zum einen besteht regelmäßig keine Rivalität im Verbrauch des Gutes Information, weil dieses meist auch durch Dritte verwer­ tet werden kann, wenn es einmal beschafft wurde. Zum anderen besteht ohne die Einräumung von Verfügungsrechten auch keine Exklusivität im Verbrauch, da dem Erwerber der Information faktisch in der Regel die Möglichkeit fehlt, die Nutzung der Information durch Dritte auszuschließen. In der Folge weicht der private Nutzengewinn aus der Informationsproduktion von dem sozialen ab.161 Die antizipierte Möglichkeit, dass sich Trittbrettfahrer, die nicht durch Beschaf­ fungskosten belastet sind, einen Teil des Informationswertes aneignen werden, verwässert die ex ante Anreize für die Produktion von Informationen. Letztere sind daher beispielsweise durch die Einräumung effektiver Verfügungsrechte zu stabilisieren, die über urheber-, patentrechtlichen etc. Innovationsschutz darauf abzielen, dem Informationsproduzenten den gesamten Wert seiner Entdeckung zu sichern und damit private und soziale Interessen zu parallelisieren.162 158   Grundlegend Arrow, in: NBER (Hrsg.), The Rate and Direction of Inventive Activity, 1962, S.  609, 619. 159   Dazu allgemein supra A. II. 3. 160   Hirschleifer/Riley, 17 J. Econ. Lit. 1375, 1382 (1979); ausführlich im juristischen Schrift­ tum Rehm, Aufklärungspflichten im Vertragsrecht, 2003, S.  35 ff.; knapper Kersting, Die Dritt­ haftung für Informationen im Bürgerlichen Recht, 2007, S.  6 f. 161   Arrow, in: NBER (Hrsg.), The Rate and Direction of Inventive Activity, 1962, S.  609, 614, 616 ff.; vgl. auch Hirshleifer/Riley, 17 J. Econ. Lit. 1375, 1404 (1979); Bishop, 96 L. Q. R. 360, 364 (1980); Gawel, in: D.Hart (Hrsg.), Privatrecht im „Risikostaat“, 1997, S.  265, 272; H.-B.Schäfer, AcP 202 (2002) 808, 812; Rehm, Aufklärungspflichten im Vertragsrecht, 2003, S.  39 ff.; Kersting, Die Dritthaftung für Informationen im Bürgerlichen Recht, 2007, S.  7. 162   Vgl. aber auch die ebenso berühmte, wie kontroverse These von Hurt/Schuchman, 56 Am. Econ. Ass’n Papers & Proc. 421, 428 f. (1966); ähnlich S.Breyer, 84 Harv. L. Rev. 281, 299 ff. (1970), wonach bereits die Vorteile daraus, als Erster zu publizieren, hinreichende Anreize für ein sozial wünschenswertes Maß an schriftstellerischer und publizistischer Tätigkeit liefern könne. Ablehnend z. B. Tyerman, 18 UCLA L. Rev. 1100 (1971). Zuletzt wieder Shavell, Should Copyright of Academic Works be Abolished?, Harvard Law and Economics Discussion Paper No.  655 (21.  12. 2009), herunterzuladen von http://ssrn.com/abstract=1525667.

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Kapitel 4:  Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen

2.  Ziele ökonomisch rationaler Informationspolitik Der zuletzt genannte Gesichtspunkt deutet auf die inhärente Antinomie der Ziele ökonomisch rationaler Informationspolitik hin. Diese besteht darin, dass die so­ zial wünschenswerte Verbreitung von Informationen die gesamtgesellschaftlich erstrebenswerte Beschaffung derselben potentiell vereitelt. Eine ex post optimale Verbreitung zu Grenzkostenpreisen untergräbt die Kompensation des Aufwands der Informationsproduktion und gefährdet damit die ex ante Anreize zu entspre­ chenden Investitionen.163 Umgekehrt führen exklusive Verwertungsrechte zu­ gunsten des Informationsbeschaffers zwar zu gesteigerten Produktionsanreizen, verhindern aber als Folge der geschaffenen Monopolstellung die sozial optimale Informationsverbreitung.164 Zu beachten ist darüber hinaus, dass jenseits von Produkt- und Prozessinnova­ tionen, durch die bessere Güter geschaffen bzw. unveränderte Güter besser pro­ duziert werden können,165 der Wert von Informationen aus gesamtgesellschaft­ licher Sicht schon im Ausgangspunkt keinesfalls stets positiv sein muss.166 In der Konsequenz erscheint die Informationsproduktion, unabhängig von den damit verbundenen Kosten,167 nicht stets sozial wünschenswert. Angesprochen ist da­ 163   Vgl. nur Arrow, in: NBER (Hrsg.), The Rate and Direction of Inventive Activity, 1962, S.  609, 617; Hirshleifer/Riley, 17 J. Econ. Lit. 1375, 1404 (1979); Ott in: Ott/H.-B.Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Probleme des Zivilrechts, 1991, S.  142, 149; H. B.Schäfer in: Ott/H.-B. Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Probleme des Zivilrechts, 1991, S.  117; Koboldt in: Ott/H.-B. Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Analyse der rechtlichen Organisation von Innovationen, 1994, S.  69, 74 f.; Kirchner in: Hoffmann-Riem/Schneider (Hrsg.), Rechtswissenschaftliche Innovati­ onsforschung, 1998, S.  85, 100. Wenn in diesem Zusammenhang von einem „Informationsdilemma“ gesprochen wird, so Rehm, Aufklärungspflichten im Vertragsrecht, 2003, S.  46 ff.; dem folgend Kersting, Die Dritt­ haftung für Informationen im Bürgerlichen Recht, 2007, S.  7, ist dies begrifflich nicht ganz glücklich, weil mit dieser Terminologie häufig ein non-kooperativ dominiertes Spiel (Gefange­ nendilemma) freiwilliger Offenlegung beschrieben wird, vgl. Keck, 31 J. Conflict Resol. 139, 145 (1987). 164   S.Breyer, 81 Harv. L. Rev. 281, 281 f. (1970); Hirshleifer, 61 Am. Econ. Rev. 561, 571 (1971); Hirshleifer, 63 Am. Econ. Ass’n Papers & Proc. 31, 33 (1973); Koboldt in: Ott/H.-B.Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Analyse der rechtlichen Organisation von Innovationen, 1994, S.  69, 76; Dam in: Ott/H.-B.Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Analyse der rechtlichen Organisation von Innovationen, 1994, S.  283, 307. 165   Überblick hierzu bei Tirole, The Theory of Industrial Organization, 1988, S.  389 ff. 166   Der soziale Wert der Information lässt sich in Form der Wohlfahrtssteigerung ausdrü­ cken, die sich für die Gesamtheit der Personen ergibt, die von der Verwertung der Information profitieren, abzüglich eventueller Wohlfahrtseinbußen anderer Individuen, vgl. nur Shavell, Foundations of Economic Analysis of Law, 2004, S.  139; H.-B.Schäfer/Ott, Lehrbuch der öko­ nomischen Analyse des Zivilrechts, 4.  Aufl., 2005, S.  500. Der private Wert einer Information lässt sich ermitteln, indem man die Erwartungswerte von Entscheidungen mit und ohne die jeweilige Information vergleicht, Hirshleifer/Riley, 17 J. Econ. Lit. 1375, 1395 ff. (1979); speziell im vertragsrechtlichen Kontext Shavell, 25 RAND J. Econ. 20, 21 Fn.  4 (1994). Zu den entscheidungstheoretischen Grundlagen, die v. a. die Reduzie­ rung von Unsicherheit durch den Informationserwerb betonen Fleischer, Informationsasym­ metrie im Vertragsrecht, 2001, S.  111 f. 167   Auch die Produktion von Informationen mit sozial positivem Erwartungswert ist nur

§  3  Einstandspflicht als Bestandteil ökonomisch rationalen Vertragsrechts

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mit die in vielfältigen Varianten umschriebene Unterscheidung anhand des priva­ ten und sozialen Werts von Informationen. Diese stellt letztlich darauf ab, ob die Verwertung der Information die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt steigert oder aber lediglich vorhandenen Wohlstand umverteilt.168 In diesem Sinne lediglich zu redistributiven Zwecken verwertbare Informationen sind unter Effizienzgesichts­ punkten v. a. deshalb problematisch, weil Investitionen in ihre Produktion keine allokativen Verbesserungen ermöglichen und daher eine Ressourcenverschwen­ dung darstellen.169 Aus gesamtgesellschaftlicher Sicht besteht daher ein Interesse, Investitionen in den Erwerb dergestalt unproduktiver Informationen zu unter­ binden. Dies kann insbesondere dadurch geschehen, dass die Realisierung des zum Teil erheblichen, privaten Informationswerts verhindert wird. Beispielsweise kann der Informationsinhaber mit einer Aufklärungspflicht belastet werden, de­ ren Verletzung Sanktionen auslöst, die zum Fortfall der privaten Gewinne aus der Verwertung der unproduktiven Information führen. 3.  Folgerungen für die privatrechtliche Verteilung der Informationsverantwortung Die vorstehenden Überlegungen zeichnen nur die wesentlichen Einsichten und Argumentationsstränge holzschnittartig nach,170 wie sie aus Sicht der Informati­ onsökonomik für die Entwicklung effizienter Strukturen in der privatrechtlichen Informationsverantwortlichkeit von Bedeutung sind. Unter dem Gesichtspunkt der Informationsverantwortlichkeit ist im Folgenden, zunächst gelöst von einem auf nationale dogmatische Traditionen rekurrierenden Verständnis, die Summe aller Institutionen zu untersuchen, die einem Beteiligten Anreize vermitteln, be­ stimmte (zutreffende) Informationen zu beschaffen und diese mit dem möglichen Partner der Austauschbeziehung zu teilen, wenn dieser zur Erreichung der Trans­ aktionszwecke ihrer bedarf. Ausgangspunkt der Überlegungen ist dabei, dass die Verfügbarkeit von Informationen eine effizientere Ressourcenallokation ermögli­ cht, wie sie auch von den Parteien mit ihrer Transaktion angestrebt wird. Bei der Bestimmung von Inhalt und Reichweite der einer Partei zugewiesenen Informati­ wünschenswert, wenn der dafür nötige Ressourceneinsatz kompensiert wird, vgl. nur Shavell, 25 RAND J. Econ. 20, 21 (1994). Vor diesem Hintergrund ist insbesondere ein drohender Wett­ lauf der Entdecker problematisch, wenn z. B. der private Vorteil einer frühzeitigen Informati­ onserlangung groß (Patentierung), der gesamtgesellschaftliche Nutzen der Innovationsbe­ schleunigung aber relativ gering ist, vgl. Hirshleifer, 61 Am. Econ. Rev. 561, 570 (1971); Hirshleifer/Riley, 17 J. Econ. Lit. 1375, 1403 ff. (1979). 168   Grundlegend Hirshleifer, 61 Am. Econ. Rev. 561, 563 ff. (1971); Hirshleifer, 63 Am. Econ. Ass’n Papers & Proc. 31, 34, 38 (1973); daran anknüpfend z. B. Kronman, 7 J. Legal Stud. 1, 11 ff. (1978); Shavell, 25 RAND J. Econ. 20, 22 ff. (1994); Kötz, Festschrift für Ulrich Drobnig, 1998, S.  563, 566 f., 569 ff.; H.-B.Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 4.  Aufl., 2005, S.  500 ff. 169   Hirshleifer, 61 Am. Econ. Rev. 561, 567 (1971). 170   Eingehende Auswertung der Literatur bei Fleischer, Informationsasymmetrie im Ver­ tragsrecht, 2001, S.  94 ff., 131 ff.; Rehm, Aufklärungspflichten im Vertragsrecht, 2003, S.  23 ff.

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Kapitel 4:  Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen

onsverantwortlichkeit ist nach dem Vorstehenden der fundamentale Zielkonflikt der Informationspolitik ebenso zu beachten, wie der grundlegende Unterschied von privatem und sozialem Wert der Information.171 Diese sehr stark auf eine Kontextualisierung hindeutenden Gesichtspunkte machen verständlich, weshalb trotz der weitgehend geteilten Grundannahmen zum Teil erhebliche Abwei­ chungen bei den daraus zu ziehenden Konsequenzen für das Vertragsrecht zu be­ obachten sind.172 Differenzierungen gehen dabei nicht zuletzt wiederum auf die Bedingungen realer Rechtsanwendung und deren Gewichtung beim Auffinden praktikabler Lösungen zurück.173

II.  Informationsverantwortlichkeit im Vertragsrecht Anreize zur Wahrnehmung der Informationsverantwortlichkeit können entste­ hen, weil unzulängliche oder fehlerhafte Informationen die Grundlage für Gestal­ tungsrechte174 oder Schadensersatzforderungen175 liefern, durch die der intendierte Austausch im Nachhinein in Frage gestellt wird. Sie können aber auch daraus re­ sultieren, dass ohne den Informationsaustausch die Abbedingung nicht interes­ sengerechter Bestimmungen des dispositiven Rechts unterbleibt.176 Schließlich ist aber zu beachten, dass ohne institutionelle Absicherung typischerweise diejenige Partei Anreize verspürt, bestehende Informationsdefizite ihrerseits abzubauen, die andernfalls die Folgen der Unsicherheit trägt, die mit dem Eintritt unvorher­ gesehener Ereignisse, Umstände etc. verbunden ist. Gerade der zuletzt genannte Gesichtspunkt legt nahe, die Verteilung der Infor­ mationsverantwortlichkeit auch aus der Perspektive allgemeiner Zielsetzungen eines ökonomisch rationalen Vertragsrechts zu betrachten. Insoweit geht es unter Zugrundelegen des hier für maßgeblich befundenen Verständnisses darum, eine effiziente Allokation von Risiken zu gewährleisten, die sich an dem Gesichts­ punkt kostengünstiger Vermeidung und überlegener Fähigkeit zur Risikotragung

  Supra 2.   Paradigmatisch ist die Kontroverse über das Bestehen einer Zweifelsregel, die entweder im Hinblick auf allokative Verbesserungen Aufklärung als Regelfall verlangt (so Kötz, Festschrift für Ulrich Drobnig, 1998, S.  563, 567), oder aber das Verschweigen in Ermangelung besonderer Umstände im Hinblick auf die Anreize zur Informationsbeschaffung rechtfertigt (so für wert­ steigernde Informationen (infra II. 2. b)) Ott, in: Ott/H.-B.Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Ziele des Zivilrechts, 1991, S.  142, 153 f.; H.-B.Schäfer, in: Ott/H.-B.Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Ziele des Zivilrechts, 1991, S.  117, 133 ff. im Anschluss an Kronman, 7 J. Legal Stud. 1, 12 ff. (1978)). Letztlich wird damit auf die generelle Betonung entweder des Verbreitungs- oder aber des Produktionsziels in der Informationspolitik rekurriert. Zu deren Balancierung auch Rehm, Aufklärungspflichten im Vertragsrecht, 2003, S.  75 ff. 173   Supra Kapitel 1 §  2 B. III. und Kapitel 4 §  2 B. I. 3. 174   Vgl. dazu in der deutschen Rechtsordnung, infra Kapitel 5 §  2 B., D. 175   Vgl. dazu in der deutschen Rechtsordnung, infra Kapitel 5 §  2 C. 176   Zu den sog. penalty default rules bereits supra §  2 B. II. 171

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§  3  Einstandspflicht als Bestandteil ökonomisch rationalen Vertragsrechts

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auszurichten hat.177 Dementsprechend sind die relativen Vorteile einzelner Betei­ ligter bei der Informationsbeschaffung ebenso zu berücksichtigen, wie die Mög­ lichkeiten anderweitiger Risikovorsorge. Auch die effiziente rechtsförmige Ver­ teilung der Informationsverantwortlichkeit folgt dem von den Beteiligten ex ante angestrebten Ziel, den möglichen Kooperationsgewinn zu maximieren. Sie zielt daher sowohl auf die Minimierung von Transaktionskosten einerseits178 sowie die Sicherung der Anreize zur Schaffung sozial produktiver Informationen anderer­ seits.179 Gerade Letzteres entspricht auch dem ex ante Willen der Beteiligten, die in einer hypothetischen Vereinbarung Potentiale für redistributiven Opportunis­ mus ausschließen würden.180 1.  Komparativer Kostenvorteil, Vertrauensprämie und Reichweite der Informationsverantwortlichkeit a)  Informationskosten und Vertrauensprämie Die unter realen Bedingungen unvollständiger Rationalität entstehenden Kosten des Umgangs mit der bestehenden Unsicherheit sind prototypische Markttrans­ aktionskosten.181 Ein Grundanliegen effizienzorientierter Regulierung liegt dem­ nach darin, dass nur derjenige Akteur durch Rechtsinstitute zur Informationsbe­ schaffung – als eine Form der Bewältigung des Problems – veranlasst wird, dessen Beschaffungskosten im Vergleich zu den alternativ bei anderen Akteuren anfal­ lenden Kosten niedriger ausfallen. Nur durch eine derartige Zuweisung der Infor­ mationsverantwortlichkeit lässt sich eine unter Knappheitsbedingungen erstre­ benswerte Einsparung von Transaktionskosten erreichen.182 Dabei müssen die in den Kostenvergleich einzustellenden, alternativen Aufwendungen nicht notwen­ dig gleichartig sein, wie z. B. in dem Fall, dass ein nicht durch Gewährleistungs­ recht geschützter Käufer statt selbst die Qualität der Ware zu ermitteln, umfang­ reiche Garantien im Vertrag auszubedingen sucht.183 Aber auch bei Bestehen des beschriebenen Kostengefälles kommt unter Effizienzgesichtspunkten rechtlicher Schutz der Gegenseite durch Zuweisung der Informationsverantwortlichkeit nur insoweit in Betracht, wie die Grenzkosten der Beschaffung den erwarteten mar­ ginalen sozialen Ertrag noch nicht überschreiten. Mit anderen Worten, neben den relativen Kostenvorteil muss auch ein absoluter sozialer Mehrwert aus der Infor­   Supra §  2 B. I. 2.   Infra 1. 179   Infra 2. 180   Supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. c). 181   Supra §  2 Fn.  80. Vgl. auch Kronman, 7 J. Legal Stud. 1, 2 f. (1978). 182   Dazu allgemein bereits supra Kapitel 4 §  2 B. III. Vgl. auch Kötz, Festschrift für Ulrich Drobnig, 1998, S.  563, 566 f., 573. 183   Vgl. R.Posner, Economic Analysis of Law, 8.  Aufl., 2011, S.  139: Aufklärungspflicht als Substitut für kostspieligere Maßnahmen zur Wahrung des eigenen Interesses durch die Gegen­ seite. 177 178

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Kapitel 4:  Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen

mationsproduktion treten, um die Statuierung dahingehender rechtsförmiger Anreizmechanismen zu legitimieren. Zu beachten ist weiterhin, dass eine Partei durch die Belastung ihres Gegenü­ bers mit der Informationsverantwortlichkeit Kosten einspart. Als Folge der durch das Recht gesetzten Anreize kann sie mit höherer Wahrscheinlichkeit auf die Be­ schaffung und Übertragung richtiger und vollständiger Informationen vertrauen und wird im Umfang rechtlicher Einstandspflichten gegen die negativen Folgen von Fehlinformationen abgesichert. Nach dem Vorgesagten ist diese Kostener­ sparnis größer als die hierdurch bedingte Belastung des Informationsverantwort­ lichen. Es entsteht somit in Höhe der Differenz ein Kooperationsgewinn, den die Parteien zwischen sich aufteilen können. Daher entspricht es einem hypothe­ tischen Konsens der Partei, wenn der Informationsverantwortliche eine „Vertrau­ enspämie“ vereinnahmt, d. h. die andere Seite zumindest mit den Kosten der In­ formationsbeschaffung und -übertragung belastet wird.184 Insofern ist entschei­ dend, dass die Beteiligten ex ante zumindest Kenntnis von der Verteilung der Informationsverantwortlichkeit haben, um die – nicht auf unmittelbare Zah­ lungen (Preisaufschläge) – beschränkten Ausgleichsmechanismen aktivieren zu können. Ist dies der Fall, spielt ein in der Informationsökonomik bereits früh beschriebenes Bewertungsparadoxon für die zutreffende Bemessung der Vertrau­ ensprämie nur eine untergeordnete Rolle.185 Im Ausgangspunkt bleibt es zwar dabei, dass Informationen häufig die Charakteristik von Erfahrungsgütern ha­ ben,186 d. h. der Nachfrager kann sie erst zutreffend bewerten, wenn sie ihm zu­ gänglich gemacht, also offen gelegt wurden. Da er nach Bekanntgabe aber keinen Anreiz mehr hat, dem Anbieter eine Gegenleistung zukommen zu lassen, bietet die bestehende Informationsasymmetrie Potential für opportunistisches Verhal­ ten und kann ohne weitere Absicherung den optimalen Informationsaustausch verhindern. Für die durch die Institutionen des Vertragsrechts zugewiesene In­ formationsverantwortlichkeit gilt dies indessen nicht, da von dieser ein Signal im Hinblick auf die Informationsqualität ausgesendet wird, das strukturell demjeni­ gen entspricht, das von einer strengen Gewährleistung im Hinblick auf die Qua­ lität der veräußerten Waren ausgeht.187 Der über die feststehenden, abstrakt-gene­ rellen Regeln gewährte Vertrauensschutz in die Vollständigkeit und Richtigkeit der betreffenden Informationen lässt sich grundsätzlich ex ante bepreisen, es sei denn, man spricht Märkten generell die Fähigkeit ab, institutionelle Arrange­ ments, wie insbesondere rechtliche Regulierungen, zutreffend zu taxieren.188 184   Vgl. H.-B.Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 4.  Aufl., 2005, S.  519 f., 535. 185   Grundlegend auch insoweit Arrow, in: NBER (Hrsg.), The Rate and Direction of Inven­ tive Activity, 1962, S.  609, 615; zusammenfassend Mackaay, Economics of Information and Law, 1982, S.  114; Gawel, in: D.Hart (Hrsg.), Privatrecht im „Risikostaat“, 1997, S.  265, 272; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  156 f. 186   Supra Fn.  118. 187   Dazu supra B. II. 188   Zumindest für Kapitalmärkte indiziert die empirische Literatur, dass die institutionellen

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b)  Korrelation von Vertrauensprämie und Reichweite der Informationsverantwortlichkeit? Sofern man die rechtliche Informationsverantwortlichkeit kategorisch an die Entrichtung einer entsprechenden Vertrauensprämie knüpft,189 wird auf den ers­ ten Blick die Problematik entschärft, die aus dem Charakter vieler Informationen als quasi-öffentliches Gut resultiert: 190 Die Güterpreise reflektieren in dieser Konstellation lediglich das Haftungsrisiko gegenüber den Vertragspartnern, die den ihnen gewährten Vertrauensschutz, aber auch nur diesen, entgelten. Es erfolgt dann keine Subvention Dritter, die selbst keine Vertrauensprämie entrichten, weil diese konsequent nicht in den Genuss des rechtlichen Vertrauensschutzes gelan­ gen und die Güterpreise daher keinen Aufschlag für eine drohende Dritthaftung enthalten. Als Beispiel mag der Experte dienen, der für die Richtigkeit und Voll­ ständigkeit seines Gutachtens lediglich gegenüber dem Besteller einzustehen hat und daher keinen Risikoaufschlag für eine eventuelle Haftung gegenüber Dritten verlangen muss. Allerdings repräsentiert eine solcherart begrenzte Informationsverantwort­ lichkeit eben nicht die vollen sozialen Kosten der Verbreitung der Information,191 mit der Folge einer auch insoweit suboptimalen Anreizstruktur für den potenti­ ellen Schädiger.192 Dies kann nur unzureichend mit der Erwägung gerechtfertigt werden, dass der Produzent von nicht nur dem Vertragspartner zugänglichen In­ formationen auch positive Externalitäten schafft, für die er quasi kompensiert wird, indem er von einer Haftung für die korrespondierenden negativen Folgen seiner Tätigkeit ebenfalls frei gestellt wird. Die Unzulänglichkeit eines solchen Symmetriearguments ist unübersehbar, denn es wäre höchst zufällig, wenn sich positive und negative Externalitäten tatsächlich in der suggerierten Weise ent­ sprächen. Vorzugswürdig sind daher Ansätze, die eine getrennte Lösung des Pro­ blems positiver und negativer Externalitäten der Informationsproduktion und  -verbreitung suchen. 2.  Informationsverantwortlichkeit und Anreize zur Beschaffung und Verwertung von Informationen Sofern unter dem Gesichtspunkt relativer und absoluter Kosten die Zuweisung der Informationsverantwortlichkeit prinzipiell gerechtfertigt werden kann, Rahmenbedingungen der Emittenten im Wesentlichen zutreffend in den Preisen von Wertpa­ pieren berücksichtigt werden, vgl. den Überblick bei Tröger, 10 U. Pa. J. Bus. & Emp. L. 89, 177 ff. (2007); Enriques/Tröger, 67 CLJ 521, 544 ff. (2008). 189   So v. a. H.-B.Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 4.  Aufl., 2005, S.  519 f., 535. 190   Supra I. 191   Vgl. auch Bishop, 96 L. Q. R. 360, 366 (1980). 192   Zu den reziproken Anreizproblemen, die daraus resultieren, dass der Informationsprodu­ zent auch nicht den vollen sozialen Nutzen seiner Tätigkeit internalisiert supra I. 1.

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kommt es darüber hinaus v. a. auf die Anreize an, die hierdurch im Hinblick auf die Informationsbeschaffung gesetzt werden. Neben der bereits erörterten Unter­ scheidung zwischen sozial produktiven und lediglich redistributiv wirkenden In­ formationen193 spielt im Vertragsrecht unter Anreizgesichtspunkten insbesondere eine Rolle, ob die in Rede stehende Information den Wert der ausgetauschten Leistung im Kontext der konkreten Transaktion steigert oder senkt194 und wer in der besseren Position ist, die Information zu verwerten.195 a)  Wertsenkende Informationen Informationen, die zu einer geringeren Wertschätzung des betroffenen Gutes im Rahmen der in Aussicht genommenen Transaktion führen, können gerade des­ halb sozial produktiv sein, weil sie zu einer angemessenen Wertschätzung und darauf basierend einer präferenzgerechten Allokation des Gutes führen, weil sie dem Erwerber gestatten, notwendige Vorsorgemaßnahmen zur Abwehr dro­ hender Gefahren zu treffen u. ä. Beispielhaft sei das zum Verkauf stehende, von Schädlingen befallene Haus genannt.196 In Bezug auf Informationen der genannten Art besitzt der potentielle Erwerber des Guts von Anfang an effiziente Beschaffungsanreize, da er im Rahmen der Verhandlungen durch Offenbarung der Information deren Wert über eine ent­ sprechende Preissenkung voll vereinnahmen kann.197 Demgegenüber fehlen häu­ fig entsprechende Anreize auf Seiten des Veräußerers. Dieser kann typischerweise keinen, den sozialen Vorteilen entsprechenden privaten Nutzen aus der wertsen­ kenden Information ziehen.198 Sofern der Veräußerer über einen komparativen Kostenvorteil verfügt, kann es daher angezeigt sein, ihn durch rechtliche Zuwei­ sung der Informationsverantwortlichkeit zur Investition in die Beschaffung der wertsenkenden Hinweise anzuhalten. Hierdurch erhält er Anlass, die anfallenden   Supra I.   Zu dieser Unterscheidung H.-B.Schäfer, in: Ott/H.-B.Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Probleme des Zivilrechts, 1991, S.  117, 124 ff.; Ott, in: Ott/H.-B.Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Probleme des Zivilrechts, 1991, S.  142, 153 ff.; H.-B.Schäfer/Ott, Lehrbuch der Ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 2005, S.  521. 195   Dazu v. a. Shavell, 25 RAND J. Econ. 20 (1994), der aber in seinem primär auf die unter­ schiedlichen Anreizsituationen von Veräußerer und Erwerber eines Gutes konzentrierten Mo­ dell stets auch der Unterscheidung von (sozial nützlichen) wertsteigernden und wertmindernden Informationen erhebliche Bedeutung beimisst, vgl. ibid. S.  23 ff., 29 ff. Umgekehrt berücksichti­ gen auch H.-B.Schäfer und Ott die unterschiedlichen Parteirollen und die draus resultierenden Möglichkeiten der Informationsverwertung. 196   Das bei Cicero, De officiis, Büchner (Hrsg.), III,13,54–55, 4.  Aufl., 2001, S.  262 verseuch­ te, von Schlangen befallene Haus wird bei den U. S.-amerikanischen Autoren im Anschluss an die Entscheidung in Obde v. Schlemeyer, 56 Wash.2d 449, 353 P.2d 672 (1960) (z. B. Kronman, 7 J. Legal Stud. 1, 24 f. (1978); R.Posner, Economic Analysis of Law, 8.  Aufl., 2011, S.  139; Cooter/ Ulen, Law & Economics, 6.  Aufl., 2012, S.  361 ff., Shavell, Foundations of Economic Analysis, 2004, S.  333) von Termiten und bei Kötz, Festschrift für Ulrich Drobnig, 1998, S.  563, 571 von Holzböcken heimgesucht. 197   Shavell, 25 RAND J. Econ. 20, 30 f. (1994). 198   Shavell, 25 RAND J: Econ. 20, 23 ff. (1994). Siehe aber auch sogleich. 193

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Informationskosten aufzuwenden, sofern diese niedriger sind als die alternativ von ihm zu tragenden Belastungen als Folge einer rechtsförmigen Sanktion. Hin­ zukommt, dass ihm die Signalwirkung einer transparenten, rechtsförmigen Zu­ weisung der Informationsverantwortlichkeit erlaubt, eine kostenkompensierende Vertrauensprämie zu vereinnahmen.199 Zur Klarstellung sei darauf hingewiesen, dass sich der beschriebene rechtsindu­ zierte Anreiz ersichtlich nur im Hinblick auf produktive Informationen rechtfer­ tigen lässt, bei denen der soziale Ertrag der Aufklärung höher ist als die Informa­ tionskosten. Demgegenüber ist bei wertsenkenden unproduktiven Informationen eine entsprechende Aufklärungspflicht prinzipiell nicht wünschenswert, da sie zur Aufwendung von ihren sozialen Ertrag übersteigenden Informationskosten zwänge.200 Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass in manchen Konstellationen eine für die Übertragung der wertsenkenden Information vom Veräußerer erlangte, nicht-monetäre Vertrauensprämie, z. B. in Form der Festigung einer langfristigen Geschäftsbeziehung, der dauerhaften Reputationsbildung am Markt, der nach­ haltigen Steigerung des Goodwill o. ä., höher ausfallen kann als die bei Zurück­ haltung der Information im Rahmen der konkreten Transaktion erzielbare Op­ portunismusprämie. Rationale Marktakteure, die über wertmindernde Informa­ tionen verfügen, werden unter diesen Voraussetzungen eine freiwillige Übertra­ gung der Information bevorzugen. Diesbezüglicher Rechtszwang erscheint dann also überflüssig. Dabei lehrt die Transaktionskostenökonomik, dass die Oppor­ tunismusprämie umso niedriger ausfällt, je höher die spezifischen Investitionen, insbesondere in Form von unternehmensspezifischem Kapital, sind, die bei op­ portunismusbedingter Beendigung der Beziehung verloren gehen. 201 Umgekehrt wächst die Opportunismusgefahr, wo die Bestrafung des Vertrauensbruchs durch informelle Institutionen nicht oder nur in geringem Maße erfolgt, wie in dem beschriebenen, durch schwer überwindbare Informationsasymmetrien gekenn­ zeichneten Zitronenmarkt. 202 Daraus ist zu folgern, dass eine rechtsförmige Zu­ weisung der Informationsverantwortlichkeit auf anonymen Massenmärkten eine prominentere Rolle spielt als in nachhaltig durch relationale Elemente geprägten Austauschbeziehungen.203

  Supra 1. a).   Vgl. hierzu H.-B.Schäfer, in: Ott/H.-B.Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Probleme des Zi­ vilrechts, 1991, S.  117, 126 f.; Ott, in: Ott/H.-B.Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Probleme des Zivilrechts, 1991, S.  142, 154 f.; Shavell, 25 RAND J. Econ. 20, 28 (1994). 201   Williamson, The Economic Institutions of Capitalism, 1985, S.  73 ff. 202   Supra B. II. 203   Zur größeren Bedeutung informeller Institutionen in diesen bereits supra §  2 B. IV. 1. 199

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b)  Werterhöhende Informationen (1)  Keine Aufklärungspflicht bei produktiven Informationen Sofern die Wertschätzung der Leistung informationsbedingt steigt, stellt sich die Situation spiegelbildlich dar. Der Verkäufer hat grundsätzlich effiziente Anreize, nach entsprechenden Informationen zu suchen und diese zu offenbaren, da er als Inhaber des Verfügungsrechts über das auszutauschende Gut den Wert der Infor­ mation im Austausch realisieren kann.204 Eine rechtlich sanktionierte Offenba­ rungspflicht erscheint daher überflüssig. Auf Käuferseite könnte demgegenüber eine effektive rechtsförmige Verpflichtung zur Aufklärung über produktive In­ formationen Anreize für wünschenswerte Suchaktivitäten zerstören. 205 Dies gilt selbst dann, wenn sie eine Kompensation der Informationskosten sicher stellt. Denn sie verhindert jedenfalls, dass der Informationsbeschaffer eine darüber hin­ ausgehende Prämie über die eigennützige Verwertung der Information erlangt, deren Aussicht ihn zu Beschaffungsinvestitionen motivieren könnte. Ein be­ kanntes Beispiel für diese Überlegungen begegnet in der kanadischen Entschei­ dung Leitch Gold Mines Ltd. v. Texas Gulf Sulphur Co. 206 Wäre ein mit kostspie­ ligen Explorationstätigkeiten beschäftigtes Unternehmen stets verpflichtet, sämt­ liche seiner erworbenen Kenntnisse über wertvolle Mineraliendepots zu offenba­ ren, verlöre es die aus der eigennützigen Verwertbarkeit der Information fließen­ den Anreize, in die sozial wünschenswerte Suche nach entsprechenden Lagern zu investieren.207 (2)  Aufklärungspflicht des Erwerbers zur Sicherung der Informationsverwertung? Ein weiterer Gesichtspunkt geht letztlich auf die Ausstattung der Beteiligten mit Verfügungsrechten im Hinblick auf das Gut zurück, auf das sich die in Rede ste­ hende Information bezieht. Insoweit ist zu beachten, dass der Veräußerer in aller Regel die Möglichkeit besitzt, die produktive Information auch außerhalb der ur­ sprünglich intendierten Transaktion zu verwerten. Dies kann z. B. im Rahmen seiner eigenen Nutzung des Gutes oder bei der Veräußerung des Gutes an einen 204   H.-B.Schäfer, in: Ott/H.-B.Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Ziele des Zivilrechts, 1991, S.  117, 126; Ott, in: Ott/H.-B.Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Ziele des Zivilrechts, 1991, S.  142, 153; Shavell, 25 RAND J: Econ. 20, 27 f. (1994). 205   Darauf im Anschluss an Kronman, 7 J. Legal Stud. 1, 12 ff. (1978) abstellend z. B. Ott, in: Ott/H.-B.Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Ziele des Zivilrechts, 1991, S.  142, 153 f.; H.-B.Schäfer, in: Ott/H.-B.Schäfer (Hrsg.), Ökonomische Ziele des Zivilrechts, 1991, S.  117, 133 ff. 206   [1969] O. R. 469. Der Sachverhalt wird unter völlig anderem rechtlichen Blickwinkel (In­ siderrecht) erörtert in SEC v. Texas Gulf Sulphur Co., 401 F.2d 833 (2d Cir. 1968). 207   Speziell zu Texas Gulf Sulphur unter diesem Gesichtspunkt Kronman, 7 J. Legal Stud. 1, 19 ff. (1978). Grundsätzlich zustimmend z. B. DeMott, 19 Del. J. Corp. L. 65, 87 (1994); Kötz, Festschrift für Ulrich Drobnig, 1998, S.  563, 566, 568; Shavell, Foundations of Economic Ana­ lysis of Law, 2004, S.  333; G.Wagner, in: Zimmermann (Hrsg.), Störung der Willensbildung bei Vertragsschluss, 2007, S.  59, 77; Cooter/Ulen, Law & Economics, 6.  Aufl., 2012, S.  358.

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Dritterwerber geschehen. Die sozial erwünschte Wertsteigerung durch Verwer­ tung der entsprechenden Information wird so tatsächlich realisiert. Demgegenü­ ber kann der potentielle Erwerber seine produktiven Informationen nur verwer­ ten, wenn er das betroffene Gut tatsächlich erlangt, eine Verwertung ist nicht ge­ sichert, wenn die Transaktion scheitert. 208 Freilich wird sich auch für viele Käufer die Möglichkeit bieten, auf den Erwerb von Substituten bei Dritten auszuwei­ chen, es sei denn, die Information basiert auf transaktionsspezifischen Investiti­ onen, wie z. B. der grundstücksbezogenen Explorationstätigkeit in Texas Gulf Sulphur, wo die erlangten Kenntnisse eben nur beim Erwerb bestimmter Grund­ stücke verwertbar waren. Der entscheidende Gesichtspunkt bleibt aber selbst in letzterer Konstellation, dass im Hinblick auf die vollständige Zerstörung der ex ante Anreize keine Of­ fenbarungspflicht statuiert werden sollte, selbst wenn aus der ex post Perspektive die Gefahr besteht, dass sozial wertvolle Informationen ungenützt bleiben. Auch wenn die Anreize zur Informationsproduktion wegen der nur mit Wahrschein­ lichkeit möglichen Verwertung für den Erwerber sozial suboptimal sind, würden diese praktisch auf null reduziert, wenn man eine Aufklärungspflicht statuier­ te. 209 (3)  Aufklärungspflicht bei unproduktiven Informationen, insbesondere Vorauswissen Ist die werterhöhende Information des Erwerbers allerdings unproduktiv, wie insbesondere das sog. Vorauswissen (foreknowledge), dessen möglichst frühzei­ tige Verwertung keine sozialen, wohl aber erhebliche individuelle Gewinne gene­ riert, 210 nimmt eine Aufklärungspflicht den Anreiz, Kosten in die ineffiziente Beschaffung derartiger Informationen zu investieren. 211 Sie verhindert die Res­ sourcenverschwendung und ist daher effizienzfördernd. Ob die vieldiskutierte Entscheidung des US-amerikanischen Supreme Court in Laidlaw v. Organ212 tat­ sächlich als Illustration taugt, ist in der rechtsökonomischen Literatur umstritten, weil keine Einigkeit über die Natur der in Rede stehenden Information besteht. Der Sachverhalt erlaubt aber jedenfalls, die wesentlichen Gesichtspunkte zu ver­ deutlichen. Einem Kaufmann war die Aufhebung der britischen Blockade des Ha­ 208   Auf diesen Unterschied hat v. a. Shavell, 25 RAND J. Econ. 20, 33 f.; Shavell, Foundations of Economic Analysis, 2004, S.  333 hingewiesen. 209   Produktive Informationen sollten beschafft werden, solange ihr Wert, v, höher ist als die Kosten, c. Da der über die Information verfügende Erwerber aber nur mit Wahrscheinlichkeit,  q  1, im Rahmen einer erfolgreich abgeschlossenen Transaktion den Informationswert realisie­ ren kann, liegen seine Anreize unter dem sozial wünschenswerten, qv – c  v – c. Mit genereller Aufklärungspflicht gilt q = 0, sodass der Erwerber ersichtlich keine Anreize zur Investition hat. Vgl. auch Barnett, 15 Harv. J. L. Pub. Pol’y 783, 796 ff. (1992). 210   Vgl. zur Unterscheidung von (unproduktivem) Vorauswissen und (produktiver) Entde­ ckung (discovery) Hirshleifer, 61 Am. Econ. Rev. 561, 562 (1971) und bereits supra I. 211   Vgl. nur Shavell, 25 RAND J. Econ. 20, 30 (1994). 212   15 U. S. 178 (1817).

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fens von New Orleans früher als seinem ahnungslosen Vertragspartner zu Ohren gekommen. Dieser war daher noch bereit, Tabak zu niedrigen Preisen zu veräu­ ßern, die auf der Annahme beruhten, eine Verschiffung der Ware sei unmöglich. Hält man die Information für unproduktiv, wäre es effizient, den Tabakhändler von Rechts wegen zur Offenbarung seines Wissens zu zwingen.213 Geht man dem­ gegenüber davon aus, dass die Information die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt steigert, z. B. weil sie in sozial wünschenswerter Weise die Preisfindung beschleu­ nigt, 214 wäre es effizient, die privaten Anreize zu ihrer Erzeugung zu erhalten und dem Tabakhändler die Realisierung seiner Gewinne zu gestatten. c)  Zufallsinformationen Eine extreme Variation des grundlegenden Kostenthemas begegnet in Form von ohne Beschaffungsaufwand erlangten Zufallsinformationen, die dem Erwerber schlicht in den Schoß fallen. Hier wird das relevante Wissen ohne bewusste In­ vestitionen desjenigen geschaffen, der letztlich über die Information verfügt. Vor diesem Hintergrund reduziert sich die Zuweisung der Informationsverantwort­ lichkeit von Anfang an auf die zutreffende und vollständige Verbreitung der In­ formation – Rückwirkungen einer Offenbarungspflicht auf die Informationspro­ duktion sind nicht zu erwarten, da ja definitionsgemäß keine kostenträchtigen Beschaffungsmaßnahmen unternommen werden, die es zu kompensieren gilt.215 213   Dogmatischer Ansatzpunkt im U. S.-amerikanischen Vertragsrecht wäre die zur Unwirk­ samkeit des Vertrags führende Doktrin der misrepresentation bzw. des fraud. In der Konse­ quenz könnte ein gültiger Vertrag nur nach erfolgter Aufklärung geschlossen werden. Dies schließt freilich die eigennützige Verwertung der Information faktisch aus, was unter der Prä­ misse bloßen Vorauswissens dem gewünschten Ergebnis entspricht. 214   Die schnellstmögliche Verfügbarkeit von Informationen, die den relativen Wert von Gü­ tern beeinflusst, verbessert die allokative Effizienz des Marktes und liegt daher im gesamtgesell­ schaftlichen Interesse, vgl. v.Hayek, 35 Am. Econ. Rev. 519, 522 (1945). Gerade die Diskussion um die Entscheidung Laidlaw v. Organ zeigt freilich, dass keine Einigkeit über den relativen sozialen Wert einzelner Beschleunigungen der Preisfindung besteht. Während z. B. Kronman, 7 J. Legal Stud. 1, 12 (1978); R.Posner, Economic Analysis of Law, 8.  Aufl., 2011, S.  139 die Pro­ duktivität der Information wegen ihres Einflusses auf die Preisfindung bejahen, gehen z. B. H.B.Schäfer in, H.-B.Schäfer/Ott (Hrsg.), Ökonomische Probleme des Zivilrechts, 1991, S.  117, 138; Baird/Gertner/R.Picker, Game Theory and the Law, 1994, S.  98; Kötz, Festschrift für Ul­ rich Drobnig, 1998, S.  563, 570; Cooter/Ulen, Law & Economics, 6.  Aufl., 2012, S.  356 f. davon aus, dass das geringfügig schnellere Bekanntwerden der Information keinen sozialen Nutzen gestiftet habe, die Investitionen in ihre Erlangung also sozial verschwendet waren. 215   Grundlegend Kronman, 7 J. Legal Stud. 1, 15 f. (1978); zustimmend z. B. Easterbrook/Fischel, 35 Stan. L. Rev. 1, 5 Fn.  8 (1982); R. Posner, Economic Analysis of Law, 8.  Aufl., 2011, S.  139; Shavell, 25 RAND J. Econ. 20, 35 (1994). Kronmans Auffassung hat auch – durch die richterliche Feder Richard Posners – Eingang in die Rechtsprechung gefunden vgl. United States v. Dial, 757 F.2d 163, 168 (7th Cir.). Carlton/Fischel, 35 Stan. L. Rev. 857, 871 Fn.  46 (1983) wol­ len aus entsprechenden Erwägungen z. B. Insidertrading zulassen, da es die Anreize der Mana­ ger in den wünschenswerten Informationserwerb erhält. An Kronmans Kategorien anknüpfend für das deutsche Recht z. B. Adams, Ökonomische Theorie des Rechts, 2.  Aufl., 2007, S.  73, 88 ff.; Kötz, Festschrift für Ulrich Drobnig, 1998, S.  563, 571; H.-B.Schäfer/Ott, Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts, 4.  Aufl., 2005, S.  523.

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Gegen die von Kronman eingeführten Unterscheidungen wird freilich auch viel­ fach Kritik vorgebracht, z. B. weil Effizienzüberlegungen prinzipiell abgelehnt werden 216 oder weil die theoretisch klare Differenzierung in realen Szenarien, in denen Werte v. a. durch Informationsvernetzungen geschaffen werden, nicht durchzuhalten sei. 217 Der ebenfalls anzutreffende Vorwurf, Kronman und die ihm Zustimmenden berücksichtigten die Bedeutung der Produktivität von Infor­ mationen nicht hinreichend, 218 geht freilich fehl, da Kronman seine Überlegungen implizit auf Entdeckungen (discovery) 219 im Sinne Hirshleifers beschränkt.220 Aber auch wenn die Unterscheidung von Informationen, die durch finale Investi­ tionen einerseits und solchen, die zufällig erlangt werden andererseits, für sich allein kein hinreichendes Kriterium für die generelle Zuweisung der Informati­ onsverantwortlichkeit darstellen mag, darf nicht aus dem Auge verloren werden, dass sie doch einen ganz wesentlichen Gesichtspunkt benennt: Der grundsätz­ liche Zielkonflikt zwischen Verbreitung und Produktion von Informationen spielt bei Zufallsfunden keine Rolle.221 Allerdings ist die vermeintlich klare und auch häufig gezogene Schlussfolge­ rung, dass der Erwerber von Zufallsinformationen stets mit einer Offenbarungs­ pflicht zu belegen sei, bei näherer Betrachtung nicht zweifelsfrei.222 Auch wenn der Informationserwerb kostenfrei ist, die Verwertung im Rahmen einer Trans­ aktion ist es nicht. Der Inhaber einer Information kann antizipieren, dass der Erwerb des betreffenden Gutes zu einem den Informationswert reflektierenden Preis seine finanziellen Mittel übersteigt, und wird daher von Anfang an von dem möglichen Austausch und der Offenbarung seines Wissens absehen. Der Leistun­ gen nach dem BAföG-empfangende Student, der auf dem Flohmarkt zufällig eine für ein paar Euro feil gebotene Zeichnung Michelangelos entdeckt, hat, auch nach dem finanzkrisenbedingten Platzen der Blase am Kunstmarkt, keinen Anreiz, sein Wissen zu offenbaren, da er sich das Werk zum Marktwert nicht leisten kann. Die wertsteigernde Information bleibt verborgen, das Kulturgut unentdeckt. In­ sofern ist unter Anreizgesichtspunkten durchaus überlegenswert, auch bei Zufall­ 216   Fried, Contract as Promise, 1981, S.  83 ff.; tendenziell auch Scheppele, Legal Secrets, 1988, S.  124 ff., 161 ff., die zur Stützung ihres abweichenden vertragstheoretischen Ansatzes v.a auf die Unvereinbarkeit der Kronman’schen Theorie mit dem positiven (US-amerikanischen) Recht verweist. 217   Coleman/Heckathorn/Maser, 12 Harv. J. L. & Pub. Pol’y 639, 692 (1989); Trebilcock, The Limits of Freedom of Contract, 1993, S.  108; H.-B.Schäfer, in: Ott/H.-B.Schäfer (Hrsg.), Öko­ nomische Probleme des Zivilrechts, 1991, S.  117, 137; Rehm, Aufklärungspflichten im Vertrags­ recht, 2003, S.  79 ff. 218   So z. B. Coleman, Risks and Wrongs, 1992, S.  152; Trebilcock, The Limits of Freedom of Contract, 1993, S.  112 f.; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  153 f. 219   Zum definitionsgemäß sozial produktiven Charakter derselben supra Fn.  210. 220   Dies wird insbesondere in der Auseinandersetzung mit Laidlaw v. Organ deutlich, die damit beginnt, dass Kronman den sozialen Nutzen der Information begründet vgl. Kronman, 7 J. Legal Stud. 1, 12 (1978). Vgl. auch supra Fn.  214. 221   Dazu supra I. 222   Hierzu auch Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  153.

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sinformationen – ihre Produktivität unterstellt – eine Aufklärungspflicht aus Er­ wägungen zu verneinen, die der Argumentation bei gezielt gesuchten Informati­ onen durchaus vergleichbar ist. Es geht nämlich darum, Verwertungsanreize beim Entdecker zu erhalten. 223 Aber auch soweit eine Aufklärungspflicht bejaht wird, bleibt jedenfalls das Entrichten einer Vertrauensprämie gerechtfertigt, soweit eine Partei für die Rich­ tigkeit und Vollständigkeit der Zufallsinformation einzustehen hat und damit kostensparendes Vertrauen bei ihrem Gegenüber ermöglicht.

III.  Folgerungen für die Einstandspflicht für das Fehlverhalten   von Hilfspersonen Die gehilfenspezifische Fortentwicklung der Leitgedanken zur Verteilung der In­ formationsverantwortlichkeit berücksichtigt zunächst, ob einem potentiellen Träger derselben infolge der Tätigkeit von Hilfspersonen ein komparativer Kos­ tenvorteil in der Informationsbeschaffung erwächst, 224 z. B. weil Zugang zu Ex­ perten- oder Erfahrungswissen o. ä. besteht. Voraussetzung ist insoweit, dass der mit der Informationsverantwortlichkeit Belastete tatsächlich in der Lage ist, Pro­ duktion und Übertragung der betreffenden Information durch die Hilfsperson zu steuern, d. h. Einfluss auf deren einschlägige Tätigkeit nehmen kann.225 Dabei ist aber prinzipiell auch zu berücksichtigen, dass nicht nur rechtlich verfestigte Steu­ erungsmöglichkeiten wie Weisungsrechte u. ä., sondern auch extra-legale Ein­ flusskanäle von Bedeutung sein können, um dem Hintermann eine überlegene Möglichkeit zur Informationsbeschaffung und -dissemination zu vermitteln. Im Übrigen sind die getroffenen Aussagen zur Verteilung der Verantwortlich­ keit entlang der informationsökonomischen Kategorien weitgehend ohne Adapti­ onen verwertbar, da sie in erster Linie an den durch den Gehilfeneinsatz nicht tangierten Charakter der Information als solcher anknüpfen. Ob eine Informati­ on sozial produktiv ist oder nur redistributiv wirkt, ob sie werterhöhende oder wertsenkende Implikationen für das getauschte Gut entfaltet, ob sie nach kosten­ trächtiger Suche oder durch Zufall erlangt wurde, 226 ist letztlich unabhängig da­ von, ob und inwieweit Gehilfen involviert sind. Der entscheidende Gesichtspunkt im hier untersuchten Kontext liegt daher darin, wiederum die besondere Einwir­ kungsmöglichkeit eines Hintermannes auf einen anderen unter dem Aspekt zu untersuchen, ob sie ihn in eine Position bringt, die es rechtfertigt, ihn selbst mit der Informationsverantwortlichkeit zu belasten, z. B. weil er mittelbar über Zu­

  Wonnell, 41 Case W. Res. L. Rev. 329, 342 ff. (1991).   Supra II. 1. 225   Supra §  1 A. II. 226   Zu den sich aus den genannten Unterscheidungen ergebenden Konsequenzen für die Ver­ teilung der Informationsverantwortlichkeit eingehend supra II. 2. 223 224

§  3  Einstandspflicht als Bestandteil ökonomisch rationalen Vertragsrechts

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falls- oder unproduktive Informationen verfügt und für deren Offenbarung sor­ gen kann. Auch in Bezug auf die gehilfenspezifische Informationsverantwortlichkeit zeigt sich, dass eine ökonomisch rationale Einstandspflicht für das Fehlverhalten von Gehilfen in die spezifischen Zielsetzungen eingebettet werden muss, die aus den breiter angelegten Problemanalysen der Ökonomik abgeleitet werden kön­ nen.227 Erst die exakte Kenntnis der Desiderate einer ökonomisch rationalen Ver­ teilung der Informationsverantwortlichkeit erlaubt die gehilfenspezifische Um­ setzung, da sie den entscheidenden Bezugspunkt für die letztlich zurechnungsde­ terminierenden Einflussmöglichkeiten des Hintermanns liefern.

D.  Verantwortlichkeit für Gehilfen im Spiegel der Ökonomik und Konsequenzen für Fortgang der Untersuchung Die vorstehenden Überlegungen zu den Voraussetzungen einer ökonomisch rati­ onalen Einstandspflicht für das Verhalten Dritter im Rahmen von Vertragsver­ hältnissen beruhten im Ausgangspunkt auf der zunächst wenig aufregenden Er­ kenntnis, dass die Anbahnung und Durchführung der vertraglichen Austausch­ beziehung unterschiedliche Interessen der Beteiligten berührt. 228 Im Rahmen der Auseinandersetzung mit der institutionenökonomischen Modellbildung hat sich aber als Konsequenz dieses Ausgangspunkts auch bestätigt, dass aus konsequen­ tialistischer Perspektive unterschiedliche Problemfelder nicht zuletzt im Hinblick auf die Verantwortlichkeit für Drittverhalten abzuschichten sind. Dies folgt vor allem daraus, dass sich die untersuchte Einstandspflicht stets als Teilaspekt einer breiter angelegten Institution darstellt. 229 So dient die Verantwortlichkeit für das Verhalten Dritter im Hinblick auf die Sicherung des Integritätsinteresses der Beteiligten dem allgemeinen Ziel des Haf­ tungsrechts (accident law), optimale Anreize dafür zu schaffen, dass die uner­ wünschten Wohlfahrtseinbußen aus schädigenden Handlungen minimiert wer­ den. 230 Ist das Leistungsinteresse betroffen, geht es auch bei der Verantwortlich­ keit für Drittverhalten darum, die Anreize so zu setzen, dass die den Beteiligten als Folge von Leistungsstörungen drohenden Wohlfahrtsverluste möglichst nied­ rig gehalten werden. 231 Schließlich sollen die Anreize durch eine Zurechnung von Drittverhalten im Hinblick auf ein (vorvertragliches) Informationsinteresse im Einklang mit den allgemeinen Desideraten der vertragsbezogenen Informations­ ökonomik so gesetzt werden, dass die einschlägigen Rechtsinstitute die wün­ 227   Zu dieser Notwendigkeit bereits supra §  1 C. Exemplarisch für die Leistungspflichten supra A. III., B. III. 228   Supra §  1 C. 229   Auch schon supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. 230   Supra §  1 bei Fn.  4. 231   Supra §  3 A. und B.

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Kapitel 4:  Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen

schenswerte Informationsproduktion und -verbreitung begünstigen und ineffizi­ ente Allokationsentscheidungen vermieden werden. 232 Bei der abschließenden Analyse einzelner Normbestände ist in Anbetracht der methodischen Ausrichtung der vorliegenden Untersuchung diese Abschichtung der Problemkreise zugrundezulegen. Sie korreliert im Übrigen weitgehend mit der in der deutschen Dogmatik etablierten Einteilung obligatorischer Pflichten im Sinne des §  241 BGB. 233 Im Hinblick auf die im Einzelnen gewonnen Erkenntnisse ist im Auge zu be­ halten, dass diese zum Teil problemübergreifend fruchtbar gemacht werden kön­ nen. Dies gilt vor allem für die immer wieder eine zentrale Rolle spielende Frage, ob und gegebenenfalls wodurch der potentiell in die Pflicht Genommene das Ver­ halten des Dritten beeinflussen kann.234 Gerade in Anbetracht der dem Güteraus­ tausch häufig vorangehenden, komplexen Produktions- und Vertriebsabläufe können zur Konkretisierung der Verantwortungsbereiche der Parteien die Er­ kenntnisse fruchtbar gemacht werden, die mit Hilfe agenturtheoretischer Unter­ suchungen zur überlegenen Risikobeherrschung durch den Prinzipal im delikts­ rechtlichen Kontext gewonnen wurden. 235

  Supra §  3 C.   Bereits supra §  1 Fn.  74. 234   Vgl. supra A. III., B. III., C. III. 235   Supra §  1 A. II. und §  1 B. I. 232 233

Kapitel 5

Arbeitsteilung und positives Recht Im Folgenden sollen, entsprechend dem methodischen Grundanspruch dieser Untersuchung, die im letzten Kapitel als Fortführung und Ergänzung tradierter Jurisprudenz eingeführten ökonomischen Überlegungen bei der Analyse der lex lata Früchte tragen. Dabei geht es zum einen darum, aufzuzeigen, dass der Ausle­ gung und Anwendung des deutschen Rechts mit Hilfe der Ökonomik ein stärke­ res, die Rechtssicherheit beförderndes normatives Rückgrat gegeben werden kann. Zum anderen soll die konsequentialistische Analyse der Rechtsinstitute des deut­ schen Rechts den Zugang zu abweichenden, rechtlichen Regimen vorbereiten, der vor allem über die in der Ökonomik identifizierten Funktionen der relevanten Institutionen gefunden werden soll. Diese Vorgehensweise ist geeignet, alternati­ ve Wege zur Verwirklichung der hier aufgezeigten, normativen Ziele des Ver­ tragsrechts zu weisen bzw. sie ermöglicht das Erkennen von abweichenden Kom­ promissen, die dazu dienen können, andere als allokative Effizienzziele zu errei­ chen. Derartiges ist weniger im Hinblick auf einen wohl nur als Gedankenspiel denkbaren Systemwechsel innerhalb des tradierten deutschen bürgerlichen Rechts relevant, als vielmehr als Beitrag zur Fundierung der im Entstehen begriffenen europäischen Vertragsrechtsordnung, deren sich abzeichnende Strukturen im letzten Kapitel betrachtet werden.  Zu diesem Zweck, und bereits in Umsetzung der hier der Ökonomik zugespro­ chenen Funktion als analytisches Leitfeuer, soll die Zuweisung des Risikos von Einbußen, die als Folge des Fehlverhaltens Dritter entstehen, im Hinblick auf die Sicherung des Leistungsinteresses, des (vorvertraglichen) Informationsinteres­ ses sowie des Integritätsinteresses untersucht werden. Eine weitere Differenzie­ rung zur detaillierteren Abschichtung des Materials erscheint demgegenüber nicht veranlasst, weil die dogmatisch hilfreichen Kategorien keine überpositiven Problembeschreibungen darstellen. Dies lässt sich anhand der dogmatischen Un­ terscheidung von Haupt- und Nebenleistungspflichten illustrieren.  Letztere sind einerseits mit einem zwar auf die weitergehenden Vertragsziele bezogenen, aber   Supra Kapitel 1 §  2.   Infra Kapitel 6.    Infra §  1.    Infra §  2.    Infra §  3.    Zur Einteilung der Leistungspflichten sowie zur uneinheitlichen Terminologie nur Olzen in: Staudinger, BGB, Einleitung zum Schuldrecht; §§  241–243 (Treu und Glauben), Neubearbei­ tung 2009, §  241 Rdnr.  147 f.; Kramer in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007,  

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

doch eigenständigen Leistungsinteresse verbunden. Dieses erfährt originären leistungsstörungsrechtlichen Schutz mit Hilfe der auch für die Hauptleistungs­ pflicht geltenden Rechtsinstitute. Nebenleistungspflichten können andererseits auch gänzlich unselbständigen Charakter haben und lediglich im Hinblick auf die Erfüllung der Hauptleistung relevant sein, sodass der Verletzungsfall als Beein­ trächtigung des Hauptleistungsinteresses nach den hierfür geltenden Regeln zu behandeln ist, die die Nebenpflichtverletzung gleichsam absorbieren.

§  241 Rdnr.  16 f.; Larenz, Schuldrecht I, 14.  Aufl., 1987, §  2 I, S.  6 ff.; Gernhuber, Das Schuldver­ hältnis, 1989, §  2 III 4, S.  18 f., Neumann, Leistungsbezogene Verhaltenspflichten, 1989, S.  7 ff.    Vgl. z. B. Otto/R. Schwarze in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  281 Rdnr. B 3, C 3; Grigoleit, Festschrift für Claus-Wilhelm Canaris, Bd.  I, 2007, S.  275, 278 f.

§  1  Schutz des Leistungsinteresses Soweit das durch seinen prospektiven Nutzengewinn bestimmte Interesse des Gläubigers, die versprochene Leistung zu erhalten, durch Fehler der im Zu­ sammenhang mit der Abwicklung des Schuldverhältnisses tätigen Hilfspersonen gefährdet ist, sollte es nach dem Vorgesagten darum gehen, über die Risikozuwei­ sung im Leistungsstörungs- und Gewährleistungsrecht optimale Anreize für bei­ de Seiten zu setzen und die Belastung der Beteiligten ihren Risikopräferenzen ge­ mäß zu gestalten. Die insoweit vorgezeichnete, differenzierte Verteilung des Risi­ kos der arbeitsteiligen Leistungserbringung erfolgt durch eine Vielzahl von sich zum Teil ergänzenden, zum Teil überlappenden oder gar konfligierenden Rechts­ instituten, die nur in wenigen Fällen ausschließlich die Verantwortlichkeit für Ge­ hilfenfehler betreffen. Dem Rahmen und der begrenzten Zielsetzung der vorlie­ genden Untersuchung entspricht es, wenn die Darstellung im Folgenden auch in der Auseinandersetzung mit den grundsätzlich breiter ansetzenden Bestimmun­ gen des Leistungsstörungsrechts keine Bestandsaufnahme des geltenden Rechts unternimmt, sondern unmittelbar in medias res geht. Die Beschränkung soll si­ cherstellen, dass der Fokus der Untersuchung nach Möglichkeit auf die spezifisch die Arbeitsteilung erfassenden Aspekte der betroffenen Normen gerichtet bleibt. Auf die systematische Einbettung und diesbezügliche Streitstände wird daher nur insoweit rekurriert, als dies für das Verständnis eigener Positionierungen im Hin­ blick auf die Verantwortlichkeit für Gehilfenfehler unerlässlich ist. Treten Fehler von Hilfspersonen im Zusammenhang mit der Erbringung der versprochenen Leistung selbst auf, bildet in allen untersuchten Rechtsordnungen die unbedingte Verantwortlichkeit des Schuldners den Ausgangspunkt der leis­ tungsstörungsrechtlichen Reaktion auf die Abweichung vom intendierten Erfül­ lungsprogramm. Diese begegnet entweder im Rahmen der zwangsweise durch­ setzbaren Pflicht zur Naturalerfüllung oder aber in Form einer verschuldensun­ abhängigen Schadensersatzhaftung im Fall der ausbleibenden Erfüllung. Die im hier interessierenden Kontext fundamentalen dogmatischen Unterschiede der Vertragsrechtsordnungen Kontinentaleuropas und des common law-Rechts­ kreises kommen freilich zum Vorschein, wenn man bedenkt, dass ein zunächst bestehender, unbedingter Zwang zur Naturalerfüllung materiell begrenzt ist und im Wesentlichen von einer Schadensersatzpflicht abgelöst wird, in deren Rahmen das Gehilfenversagen nicht mehr uneingeschränkt zugerechnet wird. Mit anderen   Einzelheiten supra Kapitel 4 §  3 A, B.



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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

Worten, das Gesamtbild der Verantwortlichkeit für Gehilfenfehler ergibt sich erst aus der Zusammenschau der verschiedenen Institute des Leistungsstörungsrechts und ihrer spezifischen Grenzen. Umgekehrt erfolgt eine Einschränkung der Ga­ rantiehaftung des Versprechenden im common law zwar einheitlich. Dies hindert aber den der arbeitsteiligen Leistungserbringung Rechnung tragenden Einschlag der haftungsausschließenden Rechtfertigungsgründe der Nichterfüllung nicht, der zudem vergleichbare Wertungen widerspiegelt, wie sie für die Vertragsrechts­ ordnungen des Kontinents herausgearbeitet werden können. Diese bereits grob skizzierten Zusammenhänge sollen im Folgenden für das deutsche bürgerliche Recht weiter entfaltet werden. Dabei ist zunächst auf die Konsequenzen einzugehen, die für eine ökonomisch informierte Untersuchung aus der Formenvielfalt des Leistungsstörungsrechts und der für dieses Rechtsge­ biet kennzeichnenden, komplexen Dogmatik resultieren. Nach Maßgabe der ge­ wonnenen Einsichten soll dann die Risikoverteilung im Rahmen des Naturaler­ füllungsanspruchs und der Schadensersatzpflicht des Schuldners entwickelt werden, bevor eine abschließende Illustration die Operationalisierbarkeit der ge­ wonnen Einsichten belegt. 

A.  Herausforderung durch leistungsstörungsrechtliche Formenvielfalt I.  Implizite und explizite Verhaltenszurechnung im Leistungsstörungsrecht Prototypisch für das kontinentaleuropäische Verständnis geht das deutsche Recht davon aus, dass Verpflichtungen im Sinne des §  241 Abs.  1 BGB grundsätzlich und vorrangig, i.e. „primär“, in Natur zu erfüllen sind und dass diese, das „Rückgrat der Obligation“ bildende Verpflichtung mit Hilfe staatlichen Zwangs durchge­ setzt werden kann.  Unabhängig davon, ob sich diese dogmatische Konzeption   Supra Kapitel 3 §  2.   Infra A.    Infra B.    Infra C.    Infra D.    Rabel, Das Recht des Warenkaufs, Bd.  1, 1936, S.  375.    Zu diesem Grundverständnis des BGB nur U. Huber, Leistungsstörungen, Bd.  II, 1999, §  35 I 2 a), S.  145 f.; Ehmann, Festschrift für Claus-Wilhelm Canaris, Bd.  I, 2007, S.  165, 169; Unberath, Die Vertragsverletzung, 2007, S.  241 f.; Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  1. Plastisch im Sinne der Verknüpfung von Naturalleistungs­ pflicht und staatlicher Zwangsvollstreckung Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, 10.  Aufl., 2006, Rdnr.  30: „Schulden heißt: Leisten müssen; Haften bedeutet: Zugriffsobjekt in der Zwangsvollstreckung sein“. Zum römischen Recht Jakobs, Unmöglichkeit und Nichterfüllung, 1969, S.  169 ff. Grundlegend für die vorherrschende Differenzierung von primären, das ursprünglich inten­ dierte Erfüllungsprogramm realisierenden Leistungspflichten einerseits, und sekundären, auf eine Programmwidrigkeit reagierenden Pflichten andererseits, Siber, Der Rechtszwang im  

§  1  Schutz des Leistungsinteresses

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seit der Schuldrechtsmodernisierung tatsächlich im Aufwind befindet oder ob das deutsche Recht seither vielmehr von einem System gleichberechtigter Sankti­ onen bei Ausbleiben der Erfüllungsleistung ausgeht,10 ist für die hier interessie­ rende Fragestellung11 allein entscheidend, dass eine unbedingte Einstandspflicht für Hilfspersonen jedenfalls insoweit besteht, wie die Verpflichtung zur Natural­ erfüllung reicht. Ist nämlich das Leistungsinteresse des Gläubigers durch Erfül­ lung in Natur zu befriedigen, weist der gewährte Erfüllungsanspruch dem Schuldner implizit das Risiko nachträglicher Veränderungen unabhängig von ih­ rer Quelle umfassend zu. Solange nach wie vor Erfüllung geschuldet ist, interna­ lisiert der Schuldner automatisch sämtliche bei ihm anfallenden Kosten, die eine Folge seiner fehlgeschlagenen Versuche darstellen, mit Hilfe Dritter die Leistung zu erbringen.12 Erst wo das durch den Gehilfen verursachte Leistungshindernis ein Erlöschen der primären Leistungspflicht nach §§  275, 313, 439 Abs.  3 BGB etc. nach sich zieht13 oder aber beim Gläubiger zu Einbußen führt, die durch (spätere) ordnungsgemäße Erfüllung nicht mehr ausgeglichen werden können (Mangelfol­ geschäden, Verzögerungsschäden), stellt sich die Frage nach einer anderweitigen Einstandspflicht im Rahmen von – wiederum mehrere Kategorien abdeckenden14 – Schadensersatzansprüchen und damit einer expliziten Verhaltenszurechnung nach §  278 BGB.

Schuldverhältnis nach deutschem Reichsrecht, 1903, S.  255 ff.; siehe auch Larenz, Schuldrecht I, 14.  Aufl., 1987, §  2 I, S.  8 f.; Gernhuber, Das Schuldverhältnis, 1989, §  2 III 5, S.  19 f.    In diesem Sinne insbesondere Canaris in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002: Schuldrechtsmodernisierung, 2003, S.  5, 56; S. Lorenz in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2005: Schuldrechtsmodernisierung, 2006, S.  5, 34, 77. 10   So nach der Schuldrechtsmodernisierung Schlechtriem/Schmidt-Kessel, Schuldrecht, All­ gemeiner Teil, 6.  Aufl., 2005, Rdnr.  459, 465 f.; Schmidt-Kessel in: Prütting/Wegen/Weinreich (Hrsg.), BGB, 6.  Aufl., 2011, §  241 Rdnr.  21 ; Kötz, Vertragsrecht, 2009, Rdnr.  751 f.; Harke, All­ gemeines Schuldrecht, 2010, Rdnr.  163; Braun, AcP 205 (2005) 127, 148; U. Huber, AcP 210 (2010) 320, 329 ff.; auch schon Hans Stoll, JZ 2001, 589, 599. Eindeutig in diesem Sinne auch, der – freilich insoweit nicht aufgegriffene – Vorschlag von U. Huber in: BMJ, Gutachten und Vor­ schläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd.  I, 1981, S.  6 47, S.  671 f. 11   Die Frage nach der zutreffenden Einordnung des Naturalerfüllungsanspruchs innerhalb des BGB wird zum Teil als „eher .  .  . theoretisch-dogmatisches“ Problem ohne erhebliche Aus­ wirkungen auf die „praktische Durchführung“ betrachtet, so Schlechtriem/Schmidt-Kessel, Schuldrecht, Allgemeiner Teil, 6.  Aufl., 2005, Rdnr.  466. Vgl. aber auch Weller, JZ 2008, 764. 12   Dem Schuldner erwachsen aus den weiteren Erfüllungsversuchen neben den betriebswirt­ schaftlichen Kosten auch Opportunitätskosten als Folge der Unmöglichkeit eines anderwei­ tigen Ressourceneinsatzes. 13   Zu der „dualistischen“, in §  275 BGB nur die Primärleistungspflicht erfassenden Regelung der Schuldnerbefreiung, wie sie das BGB nach der Schuldrechtsmodernisierung kennzeichnet, Ernst, JZ 1994, 801, 803 ff.; Canaris, JZ 2004, 214, 224; Unberath, Die Vertragsverletzung, 2007, S.  199 f.; vgl. auch die von U. Huber, AcP 210 (2010) 319, 326 ff. verwendeten Kategorien der „Überleitungsfunktion“ und der „Befreiungsfunktion“. 14   Aus §  280 BGB ersichtlich unterscheidet die lex lata im Fall der Leistungsstörung zwi­ schen dem einfachen Schadensersatz (§  280 Abs.  1 BGB), dem „Schadensersatz wegen Verzöge­ rung“ (§§  280 Abs.  2, 286 BGB) und dem „Schadensersatz statt der Leistung“ (§§  280 Abs.  3, 281 ff. BGB). Dazu und zu anderen Systematisierungsversuchen noch infra C. I. 1.

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

Vor diesem Hintergrund ist bereits hier darauf hinzuweisen, dass die zwar zu­ sammenhängenden, gleichwohl aber zu unterscheidenden Problemkreise des nach Eintritt von Leistungshindernissen rechtsförmig abgesicherten, effizienten Erfül­ lungszwangs ex post einerseits15 und der vor Aktualisierung der Risiken bestehen­ den Anreize zur Prävention ex ante andererseits16 einer mehrschichtigen Lösung auf den Ebenen der Primär- und Sekundäransprüche zugeführt werden.17 Die in­ nerhalb dieses Systems dem Schuldner über verschiedene Rechtsinstitute zuge­ wiesenen Risiken können deshalb unterschiedliche Dimensionen haben, weshalb aus der hier eingenommenen Perspektive nicht von einem echten Stufensystem gesprochen werden kann. So hat der Schuldner gemäß §  275 Abs.  2 BGB prinzipi­ ell auch Erfüllungskosten aufzuwenden, die das Leistungsinteresse des Gläubi­ gers übersteigen,18 während er im Rahmen des Schadensersatzes statt der Leistung lediglich das positive Interesse zu kompensieren hat.

II.  Verantwortlichkeit für Gehilfenfehler und Grenzen   des Erfüllungsanspruchs Das Vorgesagte verdeutlicht, dass sich das volle Bild der Verantwortlichkeit bei arbeitsteiliger Leistungserbringung erst aus der Zusammenschau des Erfüllungs­ anspruchs inklusive seiner Grenzen mit den daneben bestehenden bzw. an dessen Stelle tretenden Schadensersatzpflichten ergibt. In Anbetracht der Formenvielfalt der risikozuweisenden Institute des Leistungsstörungsrechts trifft die Untersu­ chung auf Schwierigkeiten, wie sie für die Auseinandersetzung mit durchsyste­ matisierten und dogmatisch ausdifferenzierten Rechtsordnungen wie der deut­ schen typisch sind. Diese liegen sowohl im Auffinden als auch in der kontextbe­ wussten Analyse derjenigen Regelungen, die nach Maßgabe der überpositiven Erkenntnisse einschlägige Funktionen übernehmen und potentiell die entwickel­ ten Desiderate, gerade auch in ihrem Zusammenspiel, realisieren. Eine simple Abschichtung des zu untersuchenden Materials dergestalt, dass klar konturierten Rechtsinstituten spezifische Funktionen ausschließlich zuge­ ordnet werden, kann vor diesem Hintergrund nicht gelingen. So erfüllt das deut­ sche Recht die Versicherungsfunktion im Hinblick auf das Äquivalenzinteresse des Gläubigers19 eben nicht nur im Rahmen des Nacherfüllungsanspruchs bzw. des Rücktritts und der Minderung, 20 sondern auch durch den auf das positive In­ teresse gerichteten Schadensersatz statt der Leistung. Umgekehrt setzen alle ge­   Supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. a).   Supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. b) und Kapitel 4 §  3 A. II. 2. 17   Eingehend infra B. II. 1. a). 18   Eingehend infra B. II. 1. a), d). 19   Supra Kapitel 4 §  3 B. I. 1. 20   Kostenvergleich der einzelnen Gewährleistungsinstitute bei H.-B. Schäfer/Ott, Ökono­ mische Analyse des Zivilrechts, 4.  Aufl., 2005, S.  483 ff. 15 16

§  1  Schutz des Leistungsinteresses

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nannten Rechtsinstitute Verhaltensanreize im Hinblick auf die Präventionsbemü­ hungen der Beteiligten. 21 Letztere werden zudem im Rahmen des Schadensersatz­ anspruchs statt der Leistung auch durch die prinzipielle Abhängigkeit der Haf­ tung von einem Vertretenmüssen des Schuldners geprägt und hängen insoweit zentral von dem im Rahmen der Fahrlässigkeitsprüfung zugrunde gelegten Sorg­ faltsmaßstab22 und der Verifizierbarkeit des entsprechenden Verhaltens durch die Gerichte ab.23 Schließlich motivieren die Obliegenheiten des §  254 BGB zu adä­ quaten Schadensvermeidungs- und -minimierungsaufwendungen auf Seiten des Gläubigers, selbst wenn der Schuldner haftet – wiederum vorausgesetzt, das ein­ schlägige Verhalten des Gläubigers ist von den Gerichten hinreichend sicher über­ wachbar. Soweit die rechtsökonomische Literatur Gesamtdarstellungen des deutschen Vertragsrechts anstrebt, werden die funktionalen Zusammenhänge nicht stets voll reflektiert. So werden die Interdependenzen im geltenden deutschen Schuld­ recht nicht voll erfasst, wenn behauptet wird, dass die ergänzende Vertragsausle­ gung und die Geschäftsgrundlagenlehre diejenigen Lücken in der privatauto­ nomen Risikozuordnung füllen, die das dispositive Gesetzesrecht lasse, wenn also vor allem die genannten Institute als dogmatische Einfallstore für die Re­ konstruktion des hypothetisch vollständigen Vertrags identifiziert und exempla­ risch erörtert werden.24 Dabei trifft es durchaus zu, dass Geschäftsgrundlagenlehre und ergänzende Vertragsauslegung aus konsequentialistischer Sicht im Kern identische Funkti­ onen erfüllen können. Stellt man nämlich zentral darauf ab, dass jeweils ein von den Parteien nicht berücksichtigtes Risiko zuzuordnen ist, lässt sich die verbin­ dende Zielsetzung beider Rechtsinstitute dahingehend bestimmen, die lückenhaf­ te Parteivereinbarung mit Hilfe des heuristischen Maßstabs des hypothetischen, vollständigen Vertrags zu ergänzen. 25 Die begrifflich klare, von der Rechtspre­ chung geprägte Unterscheidung, wonach die ergänzende Vertragsauslegung nur den Regelungsplan der Parteien durchführe, während die Geschäftsgrundlagen­ lehre zu einer Korrektur der vertraglichen Abreden führen könne, 26 verliert bei   Zu den Effizienzimplikationen supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. b) und Kapitel 4 §  3 A. II. 2.   Im Hinblick auf die Präventionsbemühungen können auf diesem Weg sozial wünschens­ werte Anreize gesetzt werden, wenn der Schuldner nur zu effizientem Aufwand in der Scha­ densvermeidung und einem entsprechenden Aktivitätsniveau verpflichtet wird, während bei überlegener Risikobeherrschung durch den Gläubiger, dieser – mangels haftungsauslösender Verletzung einer Sorgfaltspflicht durch den Schuldner – mit dem Risiko der Mangelfolgeschä­ den belastet wird. Die Abhängigkeit des Schadensersatzanspruchs von einem Verschulden weist also im Bereich von auch bei adäquater Sorgfalt unvermeidbaren Mangelfolgeschäden das dies­ bezügliche Risiko dem Gläubiger zu. Dieser ist insoweit typischerweise (bei Kenntnis der Pro­ duktgefahren) zur besseren Einschätzung seiner individuellen Schadensneigung und der zu treffenden Gegenmaßnahmen in der Lage. 23   Dazu eingehend supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. b) (1) i. 24   So H.-B. Schäfer/Ott, Ökonomische Analyse des Zivilrechts, 4.  Aufl., 2005, S.  425, 428 ff. 25   Hierzu supra Kapitel 4 §  2 B. III. 2. 26   BGH v. 1.  2. 1984 – VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69, 74; ähnlich BGH v. 31.  1. 1995 – XI ZR 21

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

näherer Betrachtung an Differenzierungsgehalt.27 In beiden Fällen geht es in der Sache darum, dass ein Risiko im Rahmen der privatautonomen Bestimmung der vertraglichen Leistungspflichten durch die Beteiligten keinen Niederschlag fand. Es erscheint dann eine veritable Herausforderung für bewanderte Rabulisten, herauszuarbeiten, ob die Nichtberücksichtigung des betreffenden Umstands ne­ gativ eine durch ergänzende Auslegung zu füllende Lücke im Vertrag, z. B. in Form einer interpretativen Begrenzung der übernommenen Beschaffungsver­ pflichtung, oder aber positiv eine zu korrigierende Regelung hinterließ, z. B. durch Anpassung der als unbegrenzt übernommen verstandenen Beschaffungs­ pflicht gemäß §  313 Abs.  1 BGB. 28 Der zentrale Einwand gegen die referierte Sicht resultiert denn auch nicht aus einem fundamentalen Widerspruch zum geltenden Recht, sondern vielmehr aus ihrer unzutreffenden Gewichtung der Rechtsinstitute. Sie berücksichtigt nämlich nicht hinreichend, dass andere Tatbestände des dispositiven Gesetzesrechts vor­ rangig die Funktion übernehmen, eine den Zielen der Parteien entsprechende Ri­ sikozuweisung durch die Rekonstruktion des hypothetischen, vollständigen Ver­ trags zu verwirklichen 29. Dies gilt nicht zuletzt für die Einwendung des §  275 Abs.  1 BGB und die ergänzenden Gefahrtragungsregeln des besonderen Schuld­ rechts,30 und vor allem die Einrede des §  275 Abs.  2 BGB, die nach weit verbreite­ ter Sicht sogar Vorrang gegenüber §  313 BGB genießt,31 zumindest aber konkur­ rierend anwendbar sein soll.32 56/94, NJW 1995, 1212, 1213. Zustimmend z. B. G. H. Roth in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  313 Rdnr.  132; Hohloch in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  313 Rdnr.  33; Stadler in Jauernig, BGB, 14.  Aufl., 2011, §  313 Rdnr.  8 ; Köhler, Festgabe 50 Jahre Bun­ desgerichtshof, Bd.  I, 2000, S.  295, 301 ff., 304 ff.; eingehend auch Medicus, Festschrift für Werner Flume, Bd.  I, 1978, S.  629. 27   Vgl. auch Nicklisch, BB 1980, 949, 952 f.; C. Müller, JZ 1981, 337; Wieling, JuS 1986, 272, 273. 28   Mit aller Deutlichkeit tritt die Zweifelhaftigkeit der Differenzierung zu Tage, wenn die im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu schließende Lücke erst infolge der Unwirksamkeit ausdrücklicher Parteiabreden „geschaffen“ wird, BGH v. 1.  2. 1984 – VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69 (Tagespreisklausel). Vgl. auch BGH v. 8.  2. 1978 – VIII ZR 221/76, LM §  242 (Bb) Nr.  91 (Öl­ krise) wo der VIII. Senat offen lässt (!), ob die Festpreisvereinbarung über das Risiko „norma­ ler“ Preisschwankungen hinaus, auch das Risiko drastischer Preissteigerungen von über 100% einschloss. 29   Diese Funktion des dispositiven Gesetzesrechts wird bei den in Fn.  24 genannte Autoren zwar angedeutet, aber in der ökonomischen Analyse nicht wirklich berücksichtigt, da dort die ergänzende Vertragsauslegung und Geschäftsgrundlagenlehre isoliert erörtert werden. 30   Vgl. z. B. BGH v. 11.  3. 1982 – VII ZR 357/80, BGHZ 83, 197, 200 ff. (Iran-Schlachthof), wo der VII. Senat die interessengerechte Lösung einer Störung der Vertragsabwicklung infolge des nicht antizipierten politischen Umsturzes (ausschließlich) im Rahmen der Unmöglichkeitslehre und den besonderen Gefahrtragungsregeln des Werkvertragsrechts (§§  6 44, 645 BGB a. F.) sucht. 31   BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  276. Ebenso Canaris, JZ 2001, 499, 501; Zimmer, NJW 2002, 1, 3; Mückl, Jura 2005, 809, 811; G. H. Roth in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  313 Rdnr.  140; Schulze in: Schulze/Dörner/Ebert/Hoeren/Kemper/Saenger/ Schreiber/Schulte-Nölke/Staudinger, Handkommentar zum BGB, 7.  Aufl., 2012, §  275 Rdnr.  20; S. Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, 2002, Rdnr.  408. 32   In diesem Sinne z. B. Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007,

§  1  Schutz des Leistungsinteresses

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Ein anderes Verständnis wäre nur dann haltbar, wenn es tatsächlich stets mög­ lich wäre, die Reichweite der Erfüllungspflichten im Licht nachträglich auftre­ tender Leistungshindernisse durch Auslegung des Leistungsversprechens zu be­ stimmen, sodass die materiell-rechtlichen Grenzen der Leistungspflicht auf den tatsächlichen Parteiwillen zurückgeführt werden könnten.33 Unter dieser Prä­ misse könnte die Einrede des §  275 Abs.  2 BGB in der Tat nur eine – bestenfalls mit dem Parteiwillen koinzidierende, regelmäßig aber diesem widersprechende – heteronome Schranke der primären Leistungspflicht darstellen.34 Indessen übersteigert die genannte Sicht die Rationalität der Parteien, indem sie eine Ver­ ankerung der Grenzen der Leistungspflicht in einem realen Parteiwillen unter­ stellt.35 In ihrer Konzeption wird die Utopie des vollständigen Vertrags zur Wirklichkeit. Auch wenn sich ergebnisrelevante Unterschiede letztlich wohl nicht ergeben, da sich die Ermittlung der materiell-rechtlichen Grenzen der Leis­ tungspflicht hier wie dort zentral an den (Effizienz-)Zielen orientiert, wie sie die Parteien mit ihrer Transaktion verfolgen, ist doch daran festzuhalten, dass die im Rahmen des §  275 Abs.  2 BGB zu leistende Aufgabe in der Ergänzung der unvoll­ ständigen Parteiabrede anhand des heuristischen Maßstabs des hypothetischen, lückenlosen Vertrags liegt.36

III.  Konsequenzen und Fortgang der Untersuchung Im Folgenden gilt es daher, die Formenvielfalt des deutschen Leistungsstörungs­ rechts im Rahmen des ökonomisch informierten Blicks auf die Risikoverteilung bei arbeitsteiliger Leistungserbringung umfassend zu beachten. Um zu ermitteln, wie weit die Verantwortlichkeit des Schuldners für die Fehler seiner Gehilfen bei der Leistungserbringung letztlich reicht, ist zunächst die spezifische Risikozu­ weisung im Rahmen des Naturalerfüllungsanspruchs exakt zu vermessen.37 Dies setzt nach dem Vorgesagten voraus, dass sämtliche Rechtsinstitute in ihrer der arbeitsteiligen Leistungserbringung Rechnung tragenden Dimension beleuchtet werden, die darüber entscheidet, bis zu welcher Schwelle Kosten hingenommen werden, die durch die erzwingbare Vertragserfüllung erzeugt werden, ohne dass §  275 Rdnr.  23; P. Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 2002, Kap.  2, Rdnr.  79; R. Schwarze, Jura 2002, 73, 78; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  6 Rdnr.  38. 33   In diesem Sinne v. a. Lobinger, Die Grenzen rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten, 2004, S.  120 ff., 127 ff., 139 ff., 168 ff., 173 ff.; ähnlich Picker, JZ 2003, 1035; Picker, Feschrift für Horst Konzen, 2006, S.  687; Wilhelm, DB 2004, 1599. 34   Tendenziell in diesem Sinne freilich die Formulierung der zu klärenden Frage in, BMJ (Hrsg.), Abschlußbericht der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts, 1992, S.  118. 35   Ablehnend z. B. auch Sutschet, Garantiehaftung und Verschuldenshaftung im gegensei­ tigen Vertrag, 2006, S.  70 ff.; Canaris, JZ 2004, 214. 36   Dass die gesetzliche Lösung keine rein objektive Begrenzung der Leistungspflicht ohne nachhaltige Anbindung an die Transaktionsziele der Parteien darstellt, ergibt sich zwingend aus den in §  275 Abs.  2 S.  1 BGB genannten Abwägungskriterien. Eingehend noch infra B. II. 1. 37   Supra I.

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die Leistungspflicht entfällt.38 Hierzu zählt auch, dass das Verhältnis der einschlä­ gigen Rechtsinstitute zueinander bestimmt wird: Wird beispielsweise §  313 BGB von §  275 Abs.  2 BGB verdrängt,39 sind in Überschneidungsfällen allein die aus der Einrede des grob unverhältnismäßigen Erfüllungsaufwands folgenden Gren­ zen der Leistungspflicht einschlägig, die u. U. weitergehende Erfüllungsbemü­ hungen erfordern, als sie bei (konkurrierender) Anwendung des §  313 BGB zu unternehmen wären. Erst in einem zweiten Schritt ist dann die weitere, das Bild vervollständigende Frage zu untersuchen, unter welchen Voraussetzungen einem von der Pflicht zur Naturalerfüllung befreiten Schuldner im Rahmen von Sekundäransprüchen das Risiko von Gehilfenfehlern zugewiesen ist.40

B.  Einstandspflicht für Dritte im Rahmen des Erfüllungsanspruchs Soweit das Risiko von Fehlern der in die Leistungserbringung eingeschalteten Gehilfen über den primären Erfüllungsanspruch dem Schuldner zugewiesen wird,41 hängt die Reichweite seiner Verantwortlichkeit zentral von den im Leis­ tungsstörungsrecht zum Ausdruck kommenden Grenzen der Naturalerfüllungs­ pflicht ab. Es gilt daher im Folgenden zu untersuchen, wie im deutschen Recht mit Hilfe der Institute der Unmöglichkeit und der verwandten Einrede des §  275 Abs.  2 BGB42 bzw. vertragsspezifischen Begrenzungen der (Nach-)Erfüllungs­ pflicht wie den §§  439 Abs.  3, 635 Abs.  3 BGB, die Risikosphären der Beteiligten speziell im Hinblick auf solche Leistungserschwernisse abgegrenzt werden, die als Folge von Gehilfenfehlern begegnen.43 Unter demselben Blickwinkel ist ferner die in §  313 BGB kodifizierte Geschäftsgrundlagenlehre zu untersuchen, wobei auch auf die damit eng zusammenhängenden Versuche einzugehen ist, über eine ergänzende Vertragsauslegung entsprechende Ergebnisse zu erzielen.44 Dabei stellt die gerade auch im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung vollzogene Bestimmung der Leistungspflicht des Schuldners eine gemeinsame Determinante sämtlicher genannter Rechtsinstitute dar, die v. a. im Rahmen der unbestimmten Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Bestimmungen zum Tragen kommt. Im Hinblick auf die „dualistische“ Struktur der Schuldnerentlastung nach §  275 BGB, wie sie auch in Abs.  4 der Bestimmung zum Ausdruck kommt,45 ist mit der   Infra B.   Dafür die in Fn.  31 genannten, dagegen die in Fn.  32 aufgeführten Stimmen. 40   Infra C. 41   Supra A. I. 42   Die Einrede des §  275 Abs.  3 BGB ist für die hier interessierende Fragestellung ohne Be­ lang, da die dort erfassten Fälle der Unzumutbarkeit von „in Person zu erbringenden Leistun­ gen“ gerade keinen Bezug zu Gehilfenfehlern aufweisen. 43   Infra I. 44   Infra III. 45   Supra Fn.  13. 38 39

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vorbeschriebenen Untersuchung freilich nur der erste Schritt getan: Besteht die Pflicht des Schuldners zur Naturalerfüllung trotz der auf den Gehilfenfehler zu­ rückgehenden Leistungserschwernis fort, ist zwar positiv zu konstatieren, dass ihm die entsprechenden Risiken zugewiesen sind. Umgekehrt lässt sich aber nicht feststellen, dass bei Fortfall der Naturalerfüllungspflicht der Gläubiger die Ri­ siken des Fehlverhaltens der in die Leistungserbringung eingeschalteten Dritten trägt. Insoweit erfolgt die endgültige Risikozuweisung erst im Rahmen der Se­ kundäransprüche.46 Diese sind zudem auch aufgerufen, Risiken zuzuordnen, die von dem fortbestehenden Naturalerfüllungsanspruch per se nicht erfasst werden, wie beispielsweise solche aus der Verzögerung der Leistung.

I.  Objektive Unmöglichkeit und Unmöglichkeit für den Schuldner 1.  Wegfall der Leistungspflicht bei objektiver und subjektiver Unmöglichkeit als Reaktion auf vorpositive Gegebenheiten a)  Objektive Unmöglichkeit Keine nennenswerten Herausforderungen verursachen auf den ersten Blick die Konstellationen, in denen, salopp gesprochen, der Gehilfe „richtig zulangt“, wes­ halb sein Verhalten zur objektiven Unmöglichkeit der Leistung führt. Letzteres setzt nach dem engen Verständnis der Gesetzesverfasser voraus, dass das Leis­ tungshindernis tatsächlich unbehebbar ist, d. h. unabhängig vom hierzu einge­ setzten Aufwand durch niemanden zu beseitigen ist. 47 Dies kann z. B. der Fall sein, wenn der Gehilfe bei der Lieferung das geschuldete Stück irreparabel zer­ stört (naturgesetzliche Unmöglichkeit) oder wenn er erforderliche Frachtpapiere vergisst und die Ware deshalb an der Grenze endgültig zurückgewiesen wird (rechtliche Unmöglichkeit). 48 Mit der in §  275 Abs.  1, 2. Alt. BGB verfügten Befreiung von der Pflicht, eine in diesem Sinne „jedermann“ unmögliche Leistung zu erbringen, erfolgt freilich bei näherem Hinsehen keine Risikozuweisung. Der generelle Wegfall des Anspruchs auf Naturalerfüllung basiert schlicht darauf, dass jegliche Leistungsbemühungen sinnlos geworden sind, sodass der Schuldner ganz unabhängig von den Ursachen des Leistungshindernisses oder einem Vertretenmüssen, entsprechend dem be­

  Infra C.   Vgl. BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  129 f.; Canaris, JZ 2001, 499, 501 wonach insbe­ sondere die früher als „faktische Unmöglichkeit“ behandelten Fälle (dazu z. B. Emmerich in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 4.  Aufl., 2001, Vor. §  275 Rdnr.  24 ff.) nicht unter §  275 Abs.  1 BGB fallen soll. Vgl. auch Looschelders, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 9.  Aufl., 2011, Rdnr.  456: Leistungshindernis muss „wirklich unüberwindbar“ sein. 48   Zu einem entsprechenden Sachverhalt vgl. OLG Köln v. 26.  8. 1994 – 19 U 190/93, NJWRR 1995, 671. 46 47

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rühmten Satz des Celsus49 zu entlasten ist.50 Die normative Risikozuweisung kann in dieser Konstellation nur auf die Ebene der Sekundäransprüche verlagert wer­ den, weil der Wegfall der Naturalerfüllungspflicht im Fall der Unmöglichkeit vorpositiv oder „ontologisch“ begründet ist.51 Umgekehrt ist festzuhalten, dass bei isolierter Betrachtung nur des §  275 Abs.  1, 2. Alt. BGB der Schuldner sämtliche Risiken nachträglicher Leistungsstörungen trägt, die auf einem Fehlverhalten der in die Leistungserbringung eingeschalteten Personen beruhen, solange die versprochene Leistung nur objektiv möglich bleibt, z. B. das vom Gehilfen beschädigte, geschuldete Stück – egal mit welchem Auf­ wand – reparabel bleibt. b)  Unmöglichkeit für den Schuldner Der Reformgesetzgeber hat trotz unterschiedlich motivierter Kritik 52 an der Ka­ tegorie der subjektiven Unmöglichkeit53 nicht nur an dieser festgehalten, sondern in ihr auch ein von der unverhältnismäßigen Erschwernis der Leistungserbrin­ gung im Sinne des §  275 Abs.  2 BGB zu unterscheidendes Leistungshindernis ge­ sehen.54 Die unmittelbare Konsequenz der systematischen Verortung des Sach­ problems in §  275 Abs.  1, 1. Alt. BGB führt dazu, dass die auf diesem Weg mar­ kierte Grenze der Leistungspflicht von einem Vertretenmüssen des Schuldners 49   Cel. D. 50, 17, 185. Zu den über die Befreiung von der Naturalerfüllungspflicht hinausge­ henden, bei anfänglicher Unmöglichkeit jegliche schuldrechtlichen Bindungen verneinenden Interpretation der Überlieferung Zimmermann, The Law of Obligations, 1990, S.  240 ff., 690 f.; U. Huber, Leistungsstörungen, Bd.  I, 1999, §  4 I 1, S.  98 f. Fn.  7. Vgl. zum Ganzen auch Hans Stoll, Festschrift für Werner Lorenz, 2001, S.  289, 290; Schlechtriem, Festschrift für Hans-Jür­ gen Sonnenberger, 2004, S.  125, 125 f., 128 ff. 50   Vgl. nur Canaris, JZ 2001, 499, 501; Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  56; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  4 Rdnr.  2. Vor diesem Hintergrund polemisiert Picker, JZ 2003, 1035, 1042 gegen den Regelungsgehalt des §  275 Abs.  1 BGB und bezeichnet diesen als „Naturalistik“ und „Banalität“. 51   Hierzu Unberath, Die Pflichtverletzung, 2007, S.  198 ff., der aber entgegen der hier vertre­ tenen Ansicht (infra b) und II. 1.), sämtlichen Schranken des §  275 BGB einen Zurechnungsas­ pekt abspricht, ibid. S.  200 Fn.  79, 271 f. 52   Z. B. Jakobs, Unmöglichkeit und Nichterfüllung, 1969, S.  126 ff., 144 ff.; Emmerich in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 4.  Aufl., 2001, §  275 Rdnr.  104. 53   Die Begriffsbildung geht auf die gemeinrechtlichen Untersuchungen von Mommsen, Die Unmöglichkeit der Leistung in ihrem Einfluß auf obligatorische Verhältnisse, 1853, §  1, S.  5 und Savigny, Das Obligationenrecht als Theil des heutigen Römischen Rechts, Bd.  I, 1851, §  37, S.  384 f. zurück. Er wird auch im neuen Recht zumeist synonym mit dem in §  275 Abs.  2 BGB a. F. eingeführten Terminus des Unvermögens verwendet; kritisch im Hinblick auf den von §  275 Abs.  2 BGB a. F. abweichenden Regelungsgehalt des §  275 Abs.  1, 1. Alt. BGB insoweit Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5. Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  51. 54   Die Unterscheidung sei in der Praxis sicher zu treffen, Canaris, Schuldrechtsmodernisie­ rung 2002, 2002, S.  X I f.; deutlich skeptischer Schlechtriem, Festschrift für Hans-Jürgen Son­ nenberger, 2004, S.  125, 127. Vgl. zur Gesetzessystematik nur Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5. Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  6 ; Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255– 304, Neubearbeitung 2009, §  275 Rdnr.  1; Stadler in: Jauernig, BGB, 14.  Aufl., 2011, §  275 Rdnr.  4.

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unabhängig ist.55 Dies suggeriert, dass – wie für die objektive Unmöglichkeit konstatiert – auch mit der Befreiung des unvermögenden Schuldners keine nor­ mative Zurechnung der Risiken einer Leistungsstörung erfolgt.56 In der Tat scheint die Leistungsbefreiung im Lichte der überwiegend vorgenommenen  Begriffsbestimmung, wonach subjektive Unmöglichkeit erst vorliegt, wenn fest­ steht, dass der Schuldner die Leistung nicht erbringen kann, 57 prima facie wer­ tungsfrei und entlang vorpositiver („ontologischer“) Kriterien zu erfolgen. Wie­ derum wird der Schuldner scheinbar nur von einer sinnlos gewordenen Verpflich­ tung befreit, aussichtslose Erfüllungsbemühungen zu unternehmen. Umgekehrt bleibt er im Rahmen des §  275 Abs.  1, 1. Alt. BGB vermeintlich mit sämtlichen Risiken aus dem Fehlverhalten Dritter belastet, die für ihn nur zu einer Leis­ tungserschwernis führen, und sei sie auch noch so drastisch. Zu berücksichtigen ist aber, dass in den Fällen des §  275 Abs.  1, 1. Alt. BGB eben nur dem Schuldner die Leistung unmöglich ist, ein Dritter diese also not­ wendig erbringen kann. Vor diesem Hintergrund soll nach der Schuldrechtsmo­ dernisierung58 von subjektiver Unmöglichkeit nur dann gesprochen werden, wenn feststeht, dass sich der Schuldner auch zukünftig nicht in die Lage versetzen kann, seine Verpflichtung zu erfüllen.59 55   Zu diesem gesetzgeberischen Ziel, dessen positiv-rechtliche Verankerung in einem Um­ kehrschluss zu §  275 Abs.  2 S.  2 BGB zu finden ist, BegRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  128; sowie Canaris, JZ 2001, 499, 500; Canaris in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002: Schuldrech­ tsmodernisierung, S.  5, 18; Dedek in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, 2003, S.  183, 195 f.; Grundmann, AcP 204 (2004) 569, 595; Fehre, Un­ möglichkeit und Zumutbarkeit der Leistung, 2005, S.  30 f.; Finn, Erfüllungspflicht und Leis­ tungshindernisse, 2007, S.  131 f.; Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  56; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  4 Rdnr.  2; dezi­ diert a. A. Lobinger, Die Grenzen rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten, 2004, S.  251, 361; für eine Sonderkonstellation auch Kohler, AcP 205 (2005) 93, 104, 112, 118 f., 122 f., 125 f. 56   In diesem Sinne in der Tat Unberath, Die Pflichtverletzung, 2007, S.  200 Fn.  79, 271 f.; vgl. auch Finn, Erfüllungspflicht und Leistungshindernisse, 2007, S.  145: subjektive Unmöglichkeit sei „nicht im normativen, sondern im wirklichen Sinn zu verstehen“. 57   Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  51; ebenso oder inhaltlich entsprechend z. B. Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubear­ beitung 2009, §  275 Rdnr.  62 ff.; Grüneberg in: Palandt, BGB, 71.  Aufl., 2012, §  275 Rdnr.  23; Stadler in: Jauernig, BGB, 14.  Aufl., 2011, §  275 Rdnr.  17; Finn, Erfüllungspflicht und Leistungs­ hindernisse, 2007, S.  141; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  4 Rdnr.  33. 58   Zu dem nach der Intention der Gesetzesverfasser sehr viel früher befreienden Unvermögen des §  275 Abs.  2 BGB a. F., U. Huber, Leistungsstörungen, Bd.  II, 1999, §  60 III, S.  839. Exemp­ larisch für die deutlich engere Handhabung der Bestimmung durch die Rechtsprechung, z. B. BGH v. 21.  6 . 1974 – V ZR 164/72, BGHZ 62, 388, 393; BGH v. 22.  11. 1995 – VIII ZR 4/95, BGHZ 131, 176, 183; BGH v. 26.  3. 1999 – V ZR 368/97, BGHZ 141, 179, 182. 59   BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  129; Canaris in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002: Schuldrechtsmodernisierung, 2003, S.  5, 19; Emmerich, Das Recht der Leistungsstörun­ gen, 6. Aufl., 2006, §  3 Rdnr.  43; Medicus in: Haas/Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland, Das neue Schuldrecht, 2002, Kap.  3 Rdnr.  36; Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  275 Rdnr.  69; Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5. Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  52; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  275 Rdnr.  3, 15a; Dauner-Lieb in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring (Hrsg.), Anwaltkommentar BGB,

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Es ist im hier interessierenden Zusammenhang nicht entscheidend, ob unter diesen strengen Voraussetzungen nur wenige 60 oder letztlich doch gar keine Fälle der subjektiven Unmöglichkeit existieren. 61 Bedeutsam ist aber, dass die Problem­ bewältigung in sämtlichen Sachverhalten auf impliziten Wertungen beruht, in de­ nen Rechtsprechung und Literatur die geschuldeten Erfüllungsbemühungen, trotz grundsätzlicher Berufung auf die genannte Begriffsbestimmung, bereits im Rahmen des §  275 Abs.  1, 1. Alt. BGB auf weniger als das tatsächlich Mögliche be­ grenzen. Der Schuldner, der den Ring im See versinken ließ, 62 kann sich eben doch zur Leistung in Stand setzen, wenn es möglich ist, den See „abzusaugen“. 63 Die Befreiung des Schuldners von seiner Pflicht zur Naturalerfüllung ist dann nicht mehr vorpositiv oder „ontologisch“ begründet, sondern basiert auf Wertungen des Rechtsanwenders. Dies gilt ersichtlich auch für die realitätsnäheren Konstella­ tionen, in denen der Schuldner bereits im Rahmen des §  275 Abs.  1, 1. Alt. BGB entlastet werden soll, weil ihm keine „vernünftig erscheinenden“ Möglichkeiten der Wiederbeschaffung des Leistungsgegenstands zur Verfügung stehen. 64 Bd.  2/1, 2.  Aufl., 2005, §  275 Rdnr.  12; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  4 Rdnr.  34 ff.; a. A. Wilhelm/Deeg, JZ 2001, 223, 227. 60   So h. M., z. B. Dauner-Lieb in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring (Hrsg.), Anwaltkommentar BGB, Bd.  2/1, 2.  Aufl., 2005, §  275 Rdnr.  35; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  275 Rdnr.  15a; Schlechtriem/Schmidt-Kessel, Schuldrecht, Allgemeiner Teil, 6.  Aufl., 2005, Rdnr.  475; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  4 Rdnr.  35. Denkbarer Fall: RG v. 11.  11. 1922 – I 674/21, RGZ 105, 349, 351 wo feststand, dass das Deut­ sche Reich aufgrund seiner völkerrechtlichen Verpflichtungen die zu liefernden Kriegswaffen keinesfalls herausgeben würde; vgl. aber auch BGH v. 2.  10. 1987 – V ZR 140/86, NJW 1988, 699, wo der Vormerkungsinhaber die zur Erfüllung der Pflicht des Auftragnehmers aus §  667 BGB erforderliche Löschungsbewilligung immerhin gegen eine Abfindung in Höhe des ungefähr dreiunddreißigfachen Verkehrswerts des Grundstücks erteilen wollte. Auch die Beurteilung von RG v. 21.  10. 1908 – V 598/07, RGZ 69, 355, 356 durch U. Huber, Leistungsstörungen, Bd.  II, 1999, §  59 II 2, S.  812 erscheint antiquiert. 61   So v. a. Picker, JZ 2003, 1035, 1042; tendenziell auch Meier, Jura 2002, 118, 130 Fn.  55. Ähn­ lich zum Unvermögen auch schon Krückmann, AcP 101 (1907) 1, 68; G. H. Roth, JuS 1968, 101, 108 ff.; Emmerich in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 4.  Aufl., 2001, §  275 Rdnr.  94, 96. 62   Beispiel von Heck, Grundriß des Schuldrechts, 1929, S.  89, der freilich seinerseits durch römische Quellen inspiriert worden sein mag, U. Huber in: Ernst/Zimmermann (Hrsg.), Zivil­ rechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 2001, S.  31, 70 f. Fn.  140. 63   So das „Lehrbuchbeispiel“ von Canaris, JZ 2001, 499, 501; Canaris, Schuldrechtsmoderni­ sierung 2002, 2002, S.  X I f. für die subjektive Unmöglichkeit, das schon deshalb fragwürdig ist, weil der Beschaffungsaufwand für jedermann gleich ist; ähnliche Konstellation bei Schlechtriem, Festschrift für Hans-Jürgen Sonnenberger, 2004, S.  125, 127, der freilich die Einordnung als objektive oder subjektive Unmöglichkeit oder unverhältnismäßige Leistungserschwernis im Sinne von §  275 Abs.  2 BGB offen lässt. 64   So wohl Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5. Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  52; ohne Begründung auch OLG Karlsruhe v. 14.  7. 2004 – 1 U 46/04, NJW-RR 2004, 1610, 1611; schwankend BegrRegE BT-Drucks. 14/6040, S.  128 einerseits, ibid. S.  129 andererseits. Für An­ wendung ausschließlich des §  275 Abs.  2 BGB z. B. Zimmer, NJW 2002, 1, 2; Canaris in: E. Lo­ renz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002: Schuldrechtsmodernisierung, 2003, S.  5, 17 ff.; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, 10.  Aufl., 2006, Rdnr.  372; Finn, Erfüllungspflicht und Leis­ tungshindernis, 2007, S.  145.

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c)  Folgerungen und Fortgang der Untersuchung Das Vorstehende soll nicht suggerieren, dass die Begriffsbildung der herrschenden Meinung defizitär ist oder dass die auf ihrer Grundlage erzielbaren Ergebnisse interessenwidrig sind – ein solches Urteil müsste ja ohnehin die im Übrigen beste­ henden Grenzen der Naturalerfüllungspflicht berücksichtigen. Ziel der bishe­ rigen Überlegungen war vielmehr nur, zu zeigen, dass der Ausschluss der Leis­ tungspflicht auch im Rahmen des §  275 Abs.  1 BGB auf Wertungen beruhen kann und folglich nicht immer allein aus einer Reaktion auf vorpositive Gegebenheiten folgt. In der Konsequenz liegt in einer solchen Befreiung des Schuldners auch eine normative Begrenzung der impliziten Risikozuweisung, wie sie mit seiner prinzi­ piellen Verpflichtung zur Naturalerfüllung auch im Hinblick auf das Fehlverhal­ ten von Hilfspersonen erfolgt. Damit ist aber auch das Bedürfnis nach einem nor­ mativen Referenzrahmen begründet, der mehr leistet, als die getroffenen Wer­ tungen durch einen intuitiven Appell an die „Vernunft“ abzusichern. Bevor mit dieser Stoßrichtung die Verwertbarkeit und die Konsequenzen der ökonomischen Modellbildung aufgezeigt werden, 65 soll zunächst noch begründet werden, dass es bei dem Herausarbeiten der einschlägigen Wertungsgrundlagen auch auf dieser Ebene nicht um Quisquilien geht. Die sehr viel weitergehende Bedeutung ergibt sich daraus, dass die Anwendung des §  275 Abs.  1 BGB und die mit ihr einhergehende Risikozuweisung selbst dann in erheblichem Maße auf normativen Erwägungen basiert, wenn den Kategorien der objektiven und sub­ jektiven Unmöglichkeit ein weitgehend wertungsfreier Gehalt zugemessen wird. Dies folgt unmittelbar daraus, dass die Feststellung sowohl der objektiven als auch der subjektiven Unmöglichkeit ganz entscheidend vom jeweiligen Verspre­ chensinhalt abhängt, dieser aber häufig nicht ohne Rückgriff auf normative Kri­ terien bestimmt werden kann. 66 2.  Orientierung am Schuldinhalt als Einfallstor normativer Risikozuweisungen a)  Der Versprechensinhalt als Determinante der Anwendung des §  275 Abs.  1 BGB Unbestrittener Ausgangspunkt für die Anwendung des §  275 Abs.  1 BGB ist die denknotwendig vorrangige Bestimmung des Schuldinhalts. 67 Erst wenn geklärt ist, welche Leistung zu erbringen ist, kann ein Urteil darüber gefällt werden, ob die Erfüllung objektiv oder subjektiv durch ein Leistungshindernis ausgeschlos­   Infra 3.   Infra 2. 67   Zur Maßgeblichkeit des Schuldinhalts für die Bestimmung der Unmöglichkeit hier nur Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5. Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  33: „Jeder Anwen­ dung des §  275 BGB muss also eine Bestimmung der geschuldeten Leistung vorausgehen“; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  275 Rdnr.  3 ; S. Lorenz in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2005, 2006, S.  5, 134; S. Lorenz, Neues Leistungsstörungs- und Kaufrecht, 2004, S.  10; Mückl, Jura 2005, 809, 810. 65

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sen wird. Bei der hier in Rede stehenden, vertraglichen Primärleistungspflicht liegt damit der übereinstimmende Bindungswille der Parteien im Brennpunkt. 68 Vor dem Hintergrund dieser Orientierung der Leistungsbefreiung wegen Un­ möglichkeit am Schuldinhalt ist die Anwendung des §  275 Abs.  1 BGB aber nur solange ein „ontologisches“ Unterfangen, i.e. eine wertungsfreie Reaktion auf vorrechtliche Umstände, 69 wie der Inhalt der Parteivereinbarung unzweideutig zu bestimmen ist. Will man nicht für das geltende Recht die Utopie des vollständi­ gen, sämtliche denkbaren Kausalverläufe regelnden Vertrags postulieren, 70 kommt die Rechtsanwendung um eine normative Ergänzung der Parteivereinbarung nicht umhin.71 Logisch mag man diesen Schritt als Vorfrage von der eigentlichen Normanwendung trennen können, doch verdeckt eine solche Differenzierung mehr, als sie erhellt. Man sollte nicht die Augen davor verschließen, dass die ex­ akte Bestimmung des Schuldinhalts ihre Bedeutung primär im Hinblick auf das eingetretene Leistungshindernis und dessen rechtliche Folgen erlangt. Letztere liegen im Rahmen des §  275 Abs.  1 BGB gerade in der impliziten Risikozuwei­ sung, soweit die Pflicht zur Naturalerfüllung aufrecht erhalten bleibt.72 Zwar ist mit der Befreiung des Schuldners von seiner primären Leistungspflicht noch keine vollständige Entscheidung über die Risikotragung getroffen. Die im Rahmen der Erfüllungspflicht eventuell bestehende Belastung mit Risiken, die über das im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs statt der Leistung zu ersetzende positive Interesse hinausgehen, trifft den Schuldner aber jedenfalls nicht mehr.73 Illustrativ erscheint in diesem Zusammenhang die zum Teil erbittert ausgetra­ gene Kontroverse um Bestand und gegebenenfalls Grenzen einer Nachlieferungs­ pflicht im Fall der Andienung mangelhafter Ware beim Stückkauf.74 In dieser wird der Zusammenhang zwischen (wertender) Festlegung des Schuldinhalts und Anwendung des Befreiungstatbestands des §  275 Abs.  1 BGB deutlich. Die ge­ wonnenen Einsichten können dabei als exemplarisch verstanden werden und be­ reiten somit den Boden für eine, der arbeitsteiligen Leistungserbringung Rech­ nung tragende Interpretation des Unmöglichkeitseinwands. Der gemeinsame Nenner beider Konstellationen liegt nämlich darin, mit Hilfe des dispositiven Ge­ 68   Zutreffend die grundsätzlichen Ausführungen von Lobinger, Die Grenzen rechtsgeschäft­ licher Leistungspflichten, 2004, S.  139 ff., 257 f., 362; Unberath, Die Pflichtverletzung, 2007, S.  272 ff.; Schmidt-Kessel in: Prütting/Wegen/Weinreich (Hrsg.), BGB, 6.  Aufl., 2011, §  275 Rdnr.  7; allgemein zur Orientierung des §  275 BGB am Bindungswillen der Parteien Canaris, JZ 2004, 214, 221, 223; S. Lorenz, Neues Leistungsstörungs- und Kaufrecht, 2004, S.  10; vgl. inso­ weit auch Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  275 Rdnr.  82. 69   Vgl. supra Fn.  51 und 56. 70   Siehe aber die supra in Fn.  33 Genannten. 71   Dies bestreitet letztlich auch Unberath, Die Pflichtverletzung, 2007, S.  274 nicht. 72   Supra A I. 73   Supra A I a. E. 74   Die Frage wird nicht selten als eine der Hauptkontroversen des neuen Schuldrechts be­ zeichnet, vgl. z. B. Canaris, JZ 2003, 831; H. Roth, NJW 2006, 2953, 2954; Faust, JZ 2007, 101, 103; Picker, Festschrift für Harm Peter Westermann, 2008, S.  583, 584.

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setzesrechts eine ökonomisch rationale Risikoverteilung zu sichern, die ihre Grundlage in den von den Parteien verfolgten Effizienzzielen findet.75 b)  Nachlieferungszwang beim Stückkauf und Unmöglichkeitseinwand Nach der Beschreibung der vertragstypischen Pflichten in §  433 Abs.  1 S.  2 BGB stellt die Lieferung einer mangelhaften Kaufsache einen Fall der partiellen Nicht­ erfüllung dar. Deshalb werden die in §§  439 Abs.  1, 437 Nr.  1 BGB vorrangig ge­ währten Käuferrechte auf Nachlieferung und Nachbesserung verbreitet als Mo­ difikation der ursprünglichen Leistungspflicht, mit dem Ziel der Verwirklichung der Vertragsziele durch Erfüllung verstanden.76 Dementsprechend begrenzt die Anwendung des §  275 Abs.  1 BGB auf den Nacherfüllungsanspruch eine Schuld­ nerpflicht, die auf Befriedigung des Leistungsinteresses des Gläubigers in Natur abzielt. Für das die Gemüter bewegende Sonderproblem der Nachlieferungs­ pflicht beim Stückkauf liegt denn auch das rechtstechnische Mittel zur Erzielung angemessener Ergebnisse nach verbreiteter Ansicht darin, die Einwendung des §  275 Abs.  1 BGB auf die zunächst im Wege der Auslegung bestimmte Verkäufer­ pflicht anzuwenden: Schuldet der Verkäufer die Beschaffung anderer Stücke nicht, soll die Nacherfüllung durch Nachlieferung unmöglich im Sinne von §  275 Abs.  1 BGB sein.77 Da es aber regelmäßig an konkreten Hinweisen auf den tatsächlichen Parteiwillen für den nicht antizipierten Fall fehlt, dass die Erfüllung mit dem ur­ sprünglich avisierten Stück nicht gelingt, bleibt nichts anderes übrig, als die er­ gebnisbestimmende Frage nach dem Bestand und gegebenenfalls der Reichweite verkäuferseitiger Beschaffungspflichten objektiv-normativ zu klären. Eine in der Literatur stark vertretene Meinung bestimmt die Reichweite der Nacherfüllungspflicht des Verkäufers entlang der tradierten Kategorien des Stück- und Gattungskaufs und will bei Ersterem die Nachlieferung generell als unmöglich ausschließen78 bzw. verneint beim Stückkauf bereits den Bestand einer Nachlieferungspflicht.79 Die Orientierung an begrifflichen Kategorien teilt eine 75   Zu diesem Fundament des Leistungsstörungsrechts eingehend supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. a) (1), Kapitel 4 §  2 A. II. und Kapitel 4 §  2 B. III. 76   Vgl. nur Matusche-Beckmann in: Staudinger, BGB, §§  433–487; Leasing, Neubearbeitung 2004, §  439 Rdnr.  1; Faust in: Bamberer/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  1, 2.  Aufl., 2007, §  439 Rdnr.  6 ; Weidenkaff in: Palandt, BGB, 71.  Aufl., 2012, §  439 Rdnr.  1; Ackermann, JZ 2002, 378; P. Huber, NJW 2002, 1004; inhaltsgleich diejenigen, die von einem „uneigentlichen Gewährleistungsan­ spruch“ sprechen, z. B. H. P. Westermann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  3, 6.  Aufl., 2012, §  439 Rdnr.  1; siehe auch Canaris, Schuldrechtsmodernisierung 2002, 2002, S.  X XV. 77   Zu einem Einwand gegen diese Sicht sogleich infra Fn.  79. 78   S. Lorenz, JZ 2001, 742, 743 f.; P. Huber, NJW 2002, 1004; Buck in: H. P. Westermann (Hrsg.), Das Schuldrecht 2002, 2002, S.  105, 125, 128; Gruber in: Jahrbuch bJZivRWiss 2001, S.  187, 191; Dauner-Lieb in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring (Hrsg.), Anwaltkommentar zum BGB, Bd.  2/1, 2.  Aufl., 2005, §  275 Rdnr.  49; Faust in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  1, 2.  Aufl., 2007, §  439 Rdnr.  27. 79   So z. B. Ackermann, JZ 2002, 378, 379 ff.; Jacobs, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, 2003, S.  371, 377 ff.; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, 8. Aufl., 2009, Rdnr.  422; Skamel, Nacherfüllung beim Stückkauf, 2008, S.  15. Die Einwendung

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andere Ansicht, die den Verkäufer von einer Nachlieferungspflicht befreien möchte, wenn es sich bei dem Kaufgegenstand um eine unvertretbare Sache han­ delt. 80 Demgegenüber löst sich eine, das ursprünglich angestrebte Leistungspro­ gramm in den Vordergrund stellende Auffassung von den überlieferten Unter­ scheidungen, 81 ohne diese durch neue, in ihrem originären Anwendungsbereich gänzlich andere Abgrenzungsfunktionen erfüllende Kategorien zu ersetzen. 82 Diese, auch von der höchstrichterlichen Rechtsprechung favorisierte Auffassung entscheidet danach, ob nach dem (mutmaßlichen) Willen der Parteien die ur­ sprüngliche Sache trotz ihrer Individualisierung durch eine gleichartige und gleichwertige ersetzt werden können sollte. 83 des §  275 Abs.  1 BGB setzt das Bestehen einer Pflicht voraus, sodass Unmöglichkeit der Nachlieferung in der Tat ausscheidet, wenn den Verkäufer keine Ersatzbeschaffungspflicht trifft – er schuldet das Geforderte schlicht nicht. Die gesetzliche Verankerung der Nacherfüllungsalterna­ tiven des §  439 Abs.  1 BGB legt aber nahe, den Schuldinhalt im Einklang mit §  433 Abs.  1 BGB nach wie vor dahin zu verstehen, dass der Verkäufer zur Übergabe und Übereignung einer man­ gelfreien Sache verpflichtet ist und diesen Erfolg auf die eine oder andere Weise herbeizuführen hat (vgl. auch supra Fn.  76). Einen derartigen Erfüllungserfolg kann er aber dann nicht mit den geschuldeten Mitteln bewerkstelligen, soweit dies durch eine nach dem Schuldinhalt nicht zu erbringende Nachlieferung zu geschehen hätte – die Erbringung der Leistung ist mit den ge­ schuldeten Mitteln unmöglich. Diese Kombination aus Ermittlung des Schuldinhalts und An­ wendung des §  275 Abs.  1 BGB entspricht der Systematik des Gesetzes, nach der die privatauto­ nom bestimmten Grenzen der Leistungspflicht im Rahmen der Befreiungstatbestände zur Gel­ tung zu bringen sind. Letztere sollten nicht durch eine abschließende Problembewältigung über die (ergänzende) Interpretation der Obligation quasi funktionslos gestellt werden – in einer derartig vollkommenen Parteiabrede gäbe es letztlich überhaupt keine Leistungsstörung mehr. Das hier vorgeschlagene Vorgehen entspricht im Übrigen im Zusammenhang mit der gängigen Unterscheidung von Stück-, Vorrats- und Gattungsschuld der ganz h. M. (dazu noch infra 3 a) a. E.). Ihm liegt die Vorstellung zugrunde, dass die rechtsgeschäftliche Verpflichtung jenseits echter Garantieversprechen nicht strikt erfolgsbezogen ist, a. A. in jüngerer Zeit v. a. Harke in: Helms/Neumann/Caspers/Sailer/Schmidt-Kessel (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, 2001, S.  29, 50 ff., 57; vgl. auch U. Huber, Leistungsstörungen, Bd.  1, 1999, §  22 I 4, S.  528 ff. Wie hier, für einen ähnlich gelagerten Fall Unberath, Die Vertragsverletzung, 2007, S.  272 ff. Im Ergebnis stellt die hier favorisierte Anwendung des §  275 BGB allerdings nur die nämliche Operation wie die schlichte Interpretation der Obligation dar, die lediglich im positiven Recht anders verortet ist. Zur materiellen Ausrichtung gerade auch des §  275 BGB am Parteiwillen vgl. schon supra Fn.  68. 80   LG Ellwangen v. 13.  12. 2002 – 3 O 219/02, NJW 2003, 517; Bitter/Meidt, ZIP 2001, 2114, 2119 f.; Pammler, NJW 2003, 1992, 1993; Spickhoff, BB 2003, 589, 590; Matusche-Beckmann in: Staudinger, BGB, §§  433–487; Leasing, Neubearbeitung 2004, §  439 Rdnr.  31; Kandler, Kauf und Nacherfüllung, 2004, S.  465. 81   Diese wurden i.Ü. auch von den Gesetzesverfassern als überholt angesehen, vgl. BegrRe­ gE, BT-Drucks. 14/6040, S.  230 r. Spalte. Zur Bedeutung dieses gesetzgeberischen Willens auch Heinrich, ZGS 2003, 253, 256. 82   Dass die Unterscheidung des §  91 BGB anders gelagerte Ziele verfolgt und daher im hier interessierenden Zusammenhang ungeeignet erscheint, ist bereits früh erkannt worden z. B. P. Huber, NJW 2002, 1004, 1006; Faust, ZGS 2004, 252, 254; Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse, 3. Aufl., 2007, §  2 Rdnr.  204; Grunewald, Kaufrecht, 2006, §  9 I Rdnr.  35. 83   BGH v. 7.  6 . 2006 – VIII ZR 209/05, NJW 2006, 2839, 2841; OLG Schleswig v. 18.  8. 2005 – 5 U 11/05, NJW-RR 2005, 1579, 1581; ebenso oder ähnlich z. B.; Canaris, JZ 2003, 831, 835 ff.; Schürholz, Die Nacherfüllung im neuen Kaufrecht, 2005, S.  167 ff.; Freytag, Grundstrukturen des Kaufvertrags, 2007, S.  161 ff.; Grunewald in: Erman, Bürgerliches Gesetzbuch, Bd.  1,

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Die unterschiedlichen argumentativen Ausgangspunkte 84 sollten freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass die praktischen Ergebnisse der vertretenen Mei­ nungen kaum abweichen dürften: Auch die Vertreter einer strikten Linie, die beim Stückkauf die Nachlieferung generell ausschließen wollen, legen ihrer Ein­ teilung ein funktionales Verständnis der Kategorien zugrunde, das ebenfalls maß­ geblich auf den (hypothetischen) Willen der Parteien abstellt. Entscheidend ist nach dieser Sicht, ob es dem Käufer tatsächlich auf den Erhalt der konkreten Sache ankam oder ob die Individualisierung für den Verkäufer erkennbar lediglich eine mehr oder weniger zufällige Auswahl aus einer weiter gefassten Menge von das Erfüllungsinteresse prinzipiell befriedigenden Sachen repräsentierte, aus der im Gewährleistungsfall nachgeleistet werden sollte.85 Es ist an anderer Stelle eingehend dargelegt worden, wie der mutmaßliche Par­ teiwille im Hinblick auf eine Nachlieferungspflicht beim Spezieskauf mit Hilfe ökonomischer Überlegungen entlang der von den Parteien angestrebten Effizi­ enzziele (Erzielung eines Kooperationsgewinns) konkretisiert werden kann. 86 Es geht demnach in erster Linie um Fälle, in denen eine kostengünstigere Reparatur der Sache nicht möglich ist und der Verkäufer besseren Zugang zu den für eine gleichwertige Nachlieferung in Betracht kommenden Sachen hat, solange seine Beschaffungskosten das erkennbare Erfüllungsinteresse des Gläubigers nicht überschreiten. 87 Die effiziente Risikozuweisung erfolgt im Kontext des §  275 Abs.  1 BGB dergestalt, dass die Obligation dahingehend interpretiert wird, dass diese nicht die Überwindung von Leistungshindernissen umfasst, die vom Schuld­ ner nicht überlegen kontrollierbar sind. Im Fall ihrer Realisierung befreit der Un­ möglichkeitseinwand den Schuldner von seiner von einem Vertretenmüssen unabhängigen Verantwortlichkeit im Rahmen des Erfüllungsanspruchs. 88 13.  Aufl., 2011, §  439 Rdnr.  4 ; Grunewald, Kaufrecht, 2006, §  9 I Rdnr.  35; Schroeter, AcP 207 (2007) 28, 49 ff.; H. P. Westermann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  3, 6.  Aufl. 2012, §  439 Rdnr.  11; Bitter, ZIP 2007, 1881, 1885. 84   Darauf fokussierte, heftige Kritik bei Picker, Festschrift für Harm Peter Westermann, 2008, S.  583. 85   Vgl. z. B. P. Huber, NJW 2002, 1004, 1006; Ackermann, JZ 2002, 378, 381 f.; Jacobs, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, 2003, S.  371, 380; S.  L orenz, NJW 2006, 1175, 1177; S. Lorenz in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  3, 6.  Aufl., 2012, Vor §  474 Rdnr.  17; Dauner-Lieb in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring (Hrsg.), Anwalt­ kommentar zum BGB, Bd.  2/1, 2.  Aufl. 2005, §  275 Rdnr.  49, 51; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, 8.  Aufl., 2009, Rdnr.  423 ff. Die entscheidende materielle Betrachtung verdeutlicht das zentrale Abstellen auf eine „Identitätsvereinbarung“ bei Freytag, Grundstrukturen des Kaufvertrags, 2007, S.  158 ff. 86   Tröger, ZVglRWiss 107 (2008) 383, 421 ff. 87   Während die Antwort auf die Frage nach dem generellen Bestand einer Nachlieferungs­ pflicht bei §  275 Abs.  1 BGB angesiedelt (bzw. als ohne Befreiungstatbestand auskommende In­ terpretation der Verpflichtung verstanden) wird, werden deren Grenzen nach der Systematik des Gesetzes durch §§  275 Abs.  2, 439 Abs.  3 BGB bestimmt. 88   Auf die „Querverbindung“ zwischen der prinzipiellen Annahme einer Leistungspflicht und den daran im Fall des Vertretenmüssens auftretender Leistungshindernisse anknüpfenden Sekundäranspruch aus §§  280 Abs.  3, 281 BGB hat bereits U. Huber in: Eckert/Delbrück (Hrsg.), Reform des deutschen Schuldrechts, 2003, S.  23, 34 f. hingewiesen und daraus differen­

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Diese Zusammenhänge dienen im hier interessierenden Kontext als Beleg da­ für, dass die als Folge der Bezugnahme auf einen (mutmaßlichen) Parteiwillen wertungsabhängige Anwendung des §  275 Abs.  1 BGB generell – und damit auch im Hinblick auf ihre, die Arbeitsteilung reflektierende Dimension – auf der Grundlage der institutionenökonomischen Vertragstheorie in einer Weise erfol­ gen kann, die den mutmaßlichen Parteiwillen ins Zentrum rückt und somit den Intentionen des Gesetzes gerecht wird. Vor diesem Hintergrund ist der Einwand der Unmöglichkeit im Hinblick auf Leistungsstörungen zu entwickeln, die auf Fehler von Hilfspersonen im Rahmen der Leistungserbringung zurückgehen. 3.  Ökonomik des Einwands der Unmöglichkeit im Lichte arbeitsteiliger Leistungserbringung Die vorstehenden Überlegungen zu Funktion und Voraussetzungen des Unmög­ lichkeitseinwands haben gezeigt, dass über die Auslegung des Versprechensin­ halts und die Anwendung des §  275 Abs.  1 BGB der Schuldner von denjenigen Risiken freigestellt wird, die er unter Berücksichtigung der Ziele der Parteien ver­ schuldensunabhängig per se nicht übernommen hat. Dogmatisch wird dieses Er­ gebnis bewerkstelligt, indem zunächst der Schuldinhalt, orientiert am heuristi­ schen Maßstab des hypothetischen vollständigen Vertrags, bestimmt wird und der Schuldner danach – wie in dem oben zu Illustrationszwecken verwendeten Beispiel der Nachlieferung beim Stückkauf89 – über den Unmöglichkeitseinwand davon freigestellt wird, Leistungshindernisse zu überwinden, für die er das Risi­ ko nicht übernommen hat. Bereits an dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass umgekehrt die implizite Risikozuweisung selbst insoweit nicht unbeschränkt erfolgt, als den Schuldner nach der hypothetischen Parteivereinbarung die Folgen aus dem Eintritt bestimm­ ter Leistungshindernisse im Rahmen seiner Erfüllungspflicht unabhängig von einem Vertretenmüssen treffen. Systematisch ist die angesprochene Reichweite der prinzipiellen Risikozuweisung über die Naturalerfüllungspflicht des Schuld­ ners allerdings im Rahmen des §  275 Abs.  2 BGB bzw. der vertragsspezifischen Grenzen der Leistungspflicht, §§  439 Abs.  3, 635 Abs.  3 BGB, zu ermitteln.90 Die Doppelfunktion eines ökonomisch rationalen Leistungsstörungsrechts liegt darin, einerseits den Parteien optimale Anreize zur Vermeidung oder Ab­ schwächung der unerwünschten Folgen einer nicht ordnungsgemäßen Erfüllung zu geben und andererseits für eine präferenzgerechte Zuweisung der Risiken zu zierende Konsequenzen hinsichtlich der Zumutbarkeitsschwelle des §  275 Abs.  2 BGB gezogen, die davon abhängen soll, ob der Gläubiger auf einen Schadensersatzsanpruch statt der Leistung verwiesen werde oder den Leistungsanspruch ersatzlos verliere, U. Huber, Festschrift für Peter Schlechtriem, 2003, S.  521, 556 ff.; ganz ähnlich Finn, Erfüllungspflicht und Leistungshindernis, 2007, S.  377 ff. 89   Supra 2 b). 90   Dazu infra II.

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sorgen.91 Im Folgenden gilt es deshalb, zum einen die Befreiung von der Verpflich­ tung zur Naturalerfüllung hinsichtlich ihrer Auswirkung auf die Präventionsan­ reize der Beteiligten im Fall der arbeitsteiligen Leistungserbringung zu beleuch­ ten.92 Zum anderen ist die Angemessenheit der Regelung am Maßstab der jewei­ ligen Fähigkeiten der Beteiligten zu messen, die zu verteilenden Risiken zu tra­ gen.93 Abschließend ist kurz auf die Kompatibilität der gefundenen Ergebnisse mit der tradierten Dogmatik des Unmöglichkeitseinwands einzugehen.94 a)  Präventionsanreize im Hinblick auf nachteilige Folgen nicht ordnungsgemäßer Erfüllung Der Zielsetzung des Leistungsstörungsrechts, die Parteien zu optimalen Bemü­ hungen anzuhalten, nachteilige Folgen einer nicht pflichtgemäßen Erfüllung möglichst zu vermeiden oder abzuschwächen, entspricht es, auf der Ebene des Unmöglichkeitseinwands diejenigen Risiken des Eintritts von Leistungshinder­ nissen aus der von einem Vertretenmüssen unabhängigen Verantwortlichkeit des Schuldners auszuscheiden, die er generell nicht besser beherrschen kann als der Gläubiger.95 Dabei ist zu beachten, dass die Möglichkeit einer überlegenen Risiko­ steuerung durchaus weit zu verstehen ist. Zum einen kann sie sich aus der Fähig­ keit ergeben, das zur Entstehung von Leistungshindernissen führende Verhalten Dritter relativ besser zu beeinflussen (cheapest cost avoider) – was nicht notwen­ dig eine Möglichkeit der direkten Einwirkung auf den Dritten voraussetzt.96 Zum anderen kann sie auch daraus resultieren, dass der Schuldner trotz Eintritts einer Leistungsstörung die Befriedigung des Gläubigerinteresses durch kostengünsti­ gere Überwindung desselben sicher stellen kann (superior risk bearer). Im Kontext der Verantwortlichkeit für das Verhalten Dritter bedeutet dies zu­ nächst, dass der Schuldner durch ein Aufrechterhalten des Erfüllungsanspruchs nur dann zu einer vom Vertretenmüssen unabhängigen Internalisierung der Fol­ gen von Leistungshindernissen gezwungen werden sollte, wenn diese aus der Sphäre solcher Dritter stammen, deren Verhalten vom Schuldner überlegen ge­ steuert werden kann. Erfasst sind vor allem Gestaltungen, in denen der Schuldner zum Erreichen des Erfüllungserfolgs der Mithilfe Dritter bedarf, sei es, dass diese essentielle Handlungen im Rahmen der Erfüllungsbemühungen selbst vorneh­ men (z. B. Zusammen- oder Aufbau/Herstellung von Maschinen oder Anlagen,97 Transport der Ware bei Bringschulden) oder aber im Vorfeld derselben die Leis­   Supra Kapitel 4 §  3 A. II.   Infra a). 93   Infra b). 94   Infra c). 95   Supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. b) mit Kapitel 4 §  1. 96   Vgl. dazu allgemein supra Kapitel 4 §  1 A. II. 97   Im Hinblick auf die hier untersuchten Primärleistungspflichten geht es nur um Fälle, in denen die zu erbringenden Bauleistungen nicht bloße Neben-, sondern Hauptleistungspflicht sind. 91

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tungsfähigkeit des Schuldners sichern (z. B. Lieferung der Waren bzw. der zur Herstellung benötigten Grundstoffe). Sofern nicht der seltene, keine normative Risikozuweisung beinhaltende Fall objektiver Unmöglichkeit der Leistungsbe­ wirkung begegnet (z. B. veräußertes Unikat geht unwiederbringlich unter),98 steht dogmatisch der Bestand einer Be- bzw. Verschaffungspflicht mit Drittbezug in Rede. Bei deren Fehlen ist von Unmöglichkeit im Sinne von §  275 Abs.  1, 1. Alt. BGB auszugehen, weil der Erfüllungserfolg mit den geschuldeten Bemühungen nicht zu bewirken ist.99 Vor diesem Hintergrund entspricht es einer an der Steigerung des Kooperati­ onsgewinns orientierten, hypothetischen Parteivereinbarung, dass der Schuldner – bis zur Zumutbarkeitsgrenze der §§  275 Abs.  2, 439 Abs.  3, 653 Abs.  3 BGB – zur Leistung verpflichtet bleibt, wenn das nicht antizipierte Leistungshindernis als Folge des Verhaltens solcher Personen eintritt, auf die der Schuldner besseren Zu­ griff als der Gläubiger hat. In dieser Konstellation stellt der prinzipielle Fortbe­ stand der Leistungspflicht die notwendige Voraussetzung dafür dar,100 dass der Schuldner ex ante zu effizienten Präventionsbemühungen mit Hilfe rechtsför­ migen Erfüllungszwangs angehalten wird.101 Daher entlastet das Verhalten eige­ ner Arbeitnehmer im Rahmen des §  275 Abs.  1 BGB jenseits der objektiven Un­ möglichkeit nicht, d. h. die aus dem Verhalten abhängig Beschäftigter resultie­ renden Leistungshindernisse muss der Schuldner grundsätzlich bis zur Zumutba­ rkeitsgrenze der §§  275 Abs.  2, 439 Abs.  3 S.  1, 635 Abs.  3 BGB überwinden. Schlägt also z. B. die Lieferung des Kaufgegenstands fehl, weil beim Verpacken der vom Schuldner beschäftigte Mitarbeiter diesen beschädigt, muss der Schuld­ ner grundsätzlich einen neuen Erfüllungsversuch unternehmen. Dasselbe gilt, wenn Leistungshindernisse aus der Sphäre unabhängiger Dritter rühren, die der Schuldner aber insofern überlegen beherrscht, als er entweder rechtlich oder tatsächlich begründeten Einfluss auf deren Tätigkeit besitzt oder zumindest die Auswahl der selbständigen Hilfspersonen auf der Grundlage sei­ ner größeren Sachkenntnis, Erfahrung etc. vornimmt. Wird beispielsweise der professionelle Verkäufer von dem in Aussicht genommenen Lieferanten nicht mit Ware versorgt, steht ihm nicht ohne Weiteres die Einwendung des §  275 Abs.  1 BGB zu. Er bleibt vielmehr grundsätzlich dazu verpflichtet, sich aus anderen Quellen einzudecken. Es entspricht dem Interesse der Beteiligten bei Vertrags­ schluss, in derartigen Konstellation den Schuldner über den Fortbestand der Er­ füllungspflicht dazu anzuhalten, die Risiken aus der Auswahl eines Lieferanten auf der Grundlage seiner Expertise zu antizipieren und zu minimieren.102   Supra 1 a).   Zur dogmatischen Konstruktion supra Fn.  79. 100   Die hinreichende Bedingung, dass der Erfüllungszwang auf das wünschenswerte Maß begrenzt wird, lässt sich systematisch im deutschen Recht bei den Einreden der §§  275 Abs.  2, 439 Abs.  3, 635 Abs.  3 BGB verorten. Dazu infra II. 101   Supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. b) (1) i. 102   Zu dem Ziel, den Schuldner sowohl zur Vorsorge gegen bekannte, als auch zum Erwerb von Informationen über unbekannte Risiken anzuhalten supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. b). 98

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Letzterer Gesichtspunkt deutet an, dass eine überlegene Steuerungsmöglich­ keit für den Schuldner auch daraus resultieren kann, dass er Leistungsstörungen trotz Auftretens von Leistungshindernissen aus der Sphäre selbständiger Dritter deshalb eher als der Gläubiger verhindern bzw. in ihren Folgen abschwächen kann, weil er in der Lage ist, kostengünstiger Vorsorge für den Fall zu treffen, dass der betraute Lieferant ausfällt, schlecht leistet etc. Ist dies der Fall, entspricht es dem Interesse der Beteiligten bei Vertragsschluss, den Schuldner durch ein prinzipielles Aufrechterhalten seiner Naturalerfüllungspflicht und der daran an­ knüpfenden Schadensersatzhafung zu optimalem Präventionsaufwand anzuhal­ ten. In derartigen Sachverhalten führt demnach das Auftreten von Leistungshin­ dernissen aus der Sphäre Dritter unabhängig von der Möglichkeit des Schuldners, diese zu verhindern, nicht zum Einwand der Unmöglichkeit, §  275 Abs.  1 BGB. Nicht zuletzt diese Illustration zeigt aber, dass eine am hypothetischen Partei­ willen orientierte Risikozuweisung auch zu einer Entlastung des Schuldners bei Auftreten drittverursachter Leistungshindernisse führen kann. Hat nämlich der Gläubiger die besseren Möglichkeiten, den Ausfall bzw. die Fehlleistung der Hilfspersonen zu kompensieren, werden an einer Maximierung des Koopera­ tionsgewinns interessierte Parteien die Verschaffungspflichten des Verkäufers entsprechend begrenzen und ihn nicht zur Überwindung der aufgetretenen Leis­ tungshindernisse verpflichten.103 So wird die über einen umfassenden Marktüber­ blick verfügende Einkaufsabteilung eines internationalen Lebensmitteldiscoun­ ters regelmäßig in der Lage sein, kostengünstiger Ersatz für eine ausfallende Lie­ ferung einer bestreikten Molkerei bei deren Wettbewerbern zu finden, als dies dem nichtleistenden, über keinerlei Ankaufsexpertise verfügenden Betrieb mög­ lich wäre. Insgesamt lässt sich konstatieren, dass der Kreis der Personen, für die der Schuldner im Rahmen seiner fortbestehenden Naturalerfüllungspflicht verant­ wortlich zeichnet, wenn ihr Verhalten Leistungshindernisse verursacht, deutlich weiter gezogen ist, als derjenige der Erfüllungsgehilfen im Sinne des §  278 BGB, deren Verhalten Grundlage einer schadensersatzrechtlichen Einstandspflicht des Schuldners sein kann.104 b)  Präferenzgerechte Zuweisung des Risikos nicht ordnungsgemäßer Erfüllung Das vorhergehende Kapitel hat über die vorstehend behandelten Anreizaspekte hinaus auch gezeigt, dass der individuelle Nutzengewinn, den die Beteiligten aus der vertraglichen Austauschbeziehung ziehen, ebenfalls davon abhängt, inwie­ weit sie mit Risiken entsprechend oder entgegen ihren Fähigkeiten, diese zu tra­ gen, belastet werden.105 Im Hinblick auf den Unmöglichkeitseinwand, der im 103   Allgemein zur Notwendigkeit, auch auf Gläubigerseite Anreize zur Vermeidung von Ein­ bußen aus drohenden Leistungsstörungen zu setzen supra Kapitel 4 §  3 A. II. 2. b). 104   Hierzu infra C. 105   Supra Kapitel 4 §  3 A. II. 3.

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Rahmen der im BGB „dualistisch“ geregelten Schuldnerbefreiung106 lediglich zu einem Fortfall des Naturalerfüllungsanspruchs führt, §  275 Abs.  4, BGB, geht es wiederum darum, wer unabhängig von einem Vertretenmüssen besser in der Lage ist, die Einbußen aus dem Auftreten eines Leistungshindernisses zu tragen. Im Kontext des Erfüllungsanspruchs kommt es darauf an, wer die Kosten der Leis­ tungsstörung besser tragen kann, die entweder darin liegen, dass nicht antizi­ pierte Beschaffungsbemühungen zu unternehmen sind oder die Leistung nicht in Natur erlangt wird. Soweit dies der Schuldner ist, spricht der Gesichtspunkt der präferenzgerechten Risikoallokation für ein Aufrechterhalten seiner Leistungs­ pflicht, während im umgekehrten Fall einer überlegenen Fähigkeit des Gläubi­ gers, die unvermeidbaren Einbußen aus der Nichterbringung der Leistung zu tragen, der Unmöglichkeitseinwand eher greifen sollte. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang aber auch, dass im Fall einer Entlastung des Schuldners dessen überlegene Fähigkeit, die dem Gläubiger entstehenden Kosten der Leistungsstö­ rung zu tragen, auch im Rahmen des Schadensersatzes nach §§  280 ff. BGB Be­ rücksichtigung finden kann. Dieser Gesichtspunkt spricht tendenziell gegen eine Erweiterung der geschuldeten Erfüllungsbemühungen und für die Ausdehnung der Kompensationspflichten des Schuldners.107 Die über den Naturalerfüllungsanspruch dem Gläubiger gewährte Versiche­ rung ist bereits in ihren Fundamenten erkennbar dispositiv, da die Parteien bei Vertragsschluss frei – und mit entsprechender Entgeltanpassung – über die vom Schuldner zu unternehmenden Erfüllungsbemühungen disponieren und auf diese Weise den Unmöglichkeitseinwand begründen oder trotz des Auftretens von Leistungshindernissen vermeiden können. Hinzu kommt wiederum, dass – man­ gels Eingreifens der Einwendung des §  275 Abs.  1 BGB – prinzipiell geschuldete Bemühungen, ein aufgetretenes Leistungshindernis zu überwinden, im Rahmen des §  275 Abs.  2 BGB eine am (mutmaßlichen) Parteiwillen – und insoweit auch an ihren Risikopräferenzen – orientierte Begrenzung hinsichtlich ihres Umfangs er­ fahren.108 Vor diesem Hintergrund lässt sich konstatieren,109 dass es bei der unter Anreiz­ gesichtspunkten optimalen Lösung bleibt, wenn beide Vertragsparteien risiko­ neutral sind, was insbesondere im Rechtsverkehr zwischen Unternehmen anzu­ nehmen ist. Demgegenüber kann der beiderseitige Nutzengewinn aus dem Vertragsschluss durch ein Abweichen von dieser Lösung gesteigert werden, wenn es der Schuldner gegenüber einem relativ risikoaverseren Gläubiger im Extremfall übernimmt, sämtliche auftretenden Leistungshindernisse mit bis zur – durch die Risikopräfe­

  Supra Fn.  13.   Vgl. infra C. II. 1. c). 108   Dazu infra II. 109   Zum Ganzen ausführlich Polinsky, 12 J. Legal Stud. 427 (1983); speziell zum Gewährleis­ tungsregime der VerbrGK-RL, Parisi, 52 Am. J. Comp. L. 403, 409 (2004). 106 107

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renzen ihrerseits beeinflussten110 – Zumutbarkeitsgrenze reichendem Aufwand zu überwinden. Entsprechende Konstellationen begegnen bei typisierender Betrach­ tung vor allem im Verkehr zwischen Unternehmen als Schuldnern und Verbrau­ chern (natürlichen Personen) als Gläubigern, können aber auch hier nicht generell unterstellt werden: So wird beispielsweise der sachkundige Verbraucher, der Ware auf hochtransparenten Massenmärkten mit vielfältigen Substitutionsmöglich­ keiten nachfragt, den Wegfall des Erfüllungsanspruchs leichter tragen können als der als reiner Verteiler fungierende Unternehmer eine weitreichende Beschaf­ fungspflicht. Ist umgekehrt der Schuldner relativ risikoaverser kann eine Steigerung des Ko­ operationsgewinns erzielt werden, wenn ihm bei Auftreten der Leistungsstörun­ gen keine derartigen Verschaffungsbemühungen obliegen sollen. Wiederum ist generalisierend mutatis mutandis auf den Geschäftsverkehr zwischen Unterneh­ men und Verbrauchern abzustellen, d. h. in Austauschbeziehungen, in denen der Verbraucher dem Unternehmen die gestörte Leistung schuldet, ist typisierend da­ von auszugehen, dass ersterer keine (Ersatz-)Beschaffung schuldet. c)  Kompatibilität der ökonomischen Sicht mit der Dogmatik des Unmöglichkeitseinwands Die hier mit Blick auf die arbeitsteilige Leistungserbringung am heuristischen Maßstab des hypothetischen vollständigen Vertrags entwickelte Risikozuweisung entspricht in den gedanklichen Fundamenten der Begrenzung der Naturalerfül­ lungspflicht, wie sie die ganz herrschende Meinung unternimmt, wenn sie im Rahmen des Unmöglichkeitseinwands zwischen Stück-, Vorrats- und Gattungs­ schuld unterscheidet.111 Ausgangspunkt ist hier wie dort, dass der Schuldinhalt allein nach Maßgabe der Parteivereinbarung zu ermitteln ist, und somit allein auf deren Grundlage über die prinzipiell übernommenen Beschaffungsrisiken zu ent­ scheiden ist.112 In der für die herrschende Lehre grundlegenden Untersuchung heißt es denn auch: „Der Verkäufer haftet für die Lieferungshindernisse insoweit, wie er das Risiko der Nicht­ beschaffbarkeit der Ware nach dem Inhalt des Vertrages, nach dem vernünftigen Sinn sei­ ner Erklärungen übernommen hat.“113   Infra II. 1. e).   Vgl. nur Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  275 Rdnr.  18 ff.; Ernst in: Münchener Kommentar, BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  34; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  275 Rdnr.  3 ; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  4 Rdnr.  14 ff. 112   RG v. 19.  3. 1909 – II 504/08, RGZ 70, 423, 426; Emmerich in: Münchener Kommentar, BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  243 Rdnr.  6 , 15; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  243 Rdnr.  2, 6. 113   Ballerstedt, Festschrift für Hans Carl Nipperdey, 1955, S.  261, 272. Ob dies im Regelfall tatsächlich bedeutet, dass mit der Vereinbarung einer Gattungsschuld eine Pflicht zur Beschaf­ fung am Markt einhergeht, so ibid, S.  272 ff. ebenso z. B. BGH v. 15.  10. 2003 – VIII ZR 358/02, NJW-RR 2004, 50, 52; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  243 Rdnr.  2, 110 111

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Gerade der Rekurs auf den „vernünftigen Sinn“ der Erklärungen ist den hier an­ gestellten Überlegungen zur ökonomischen Rationalität einer implizit übernom­ menen Verantwortlichkeit erkennbar verwandt: Diese stellen aus den genannten Gründen nichts anderes als die Konkretisierung des mutmaßlichen Parteiwillens dar.114 Auch sofern der hier gewählte Ansatz dazu führt, von einer begrenzten Über­ nahme der Beschaffungspflicht115 auszugehen, um effiziente Anreize auf Seiten der Beteiligten zu setzen, steht die gefundene Interpretation im Einklang mit der vorherrschenden Sicht. Diese geht davon aus, dass Beschaffungspflichten in un­ terschiedlichen Graden übernommen werden können, sodass auch der typische Gattungsschuldner nicht zu jeder denkbaren Erfüllungsanstrengung verpflichtet ist.116 Die prinzipielle Koinzidenz zeigt sich schließlich auch daran, dass mit der Konkretisierung im Sinne von §  243 Abs.  2 BGB der Zeitpunkt markiert wird, in dem die überlegene Möglichkeit des Schuldners, die übernommen Beschaffungs­ risiken zu beherrschen, an Relevanz verliert. Der Eintritt des Erfüllungserfolgs wird nunmehr durch Risiken gefährdet, denen vorzubeugen der Gläubiger eher in der Lage ist. Folglich geht in diesem Zeitpunkt die Leistungsgefahr über, sodass die Beschaffungspflicht des Schuldners endet. Prototypisch ist das Versendungs­ verlangen des Gläubigers bei der Schickschuld (vgl. §§  447, 644 Abs.  2 BGB). Durch dieses wird der Erfüllungserfolg hinausgezögert und das Transportrisiko erst geschaffen, weshalb die Leistungsgefahr grundsätzlich mit Übergabe an die Transportperson übergeht.117 Vor diesem Hintergrund zeigt sich, dass die mit 6; U. Huber, Leistungsstörungen, Bd.  I, 1999, §  24 II 3, S.  593 f.; kritisch Gsell, Beschaffungsnot­ wendigkeit und Leistungspflicht, 1998, S.  12 ff., 205 ff.; Coester-Waltjen, AcP 183 (1983) 279, 290 ff., kann hier dahinstehen. 114   Supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. a) (1). 115   Im Rahmen des §  275 BGB geht es stets nur darum, ob der Schuldner mit einem durch die (hypothetische) Parteivereinbarung konkretisierten Aufwand verpflichtet ist, Leistungshinder­ nisse zu überwinden, die der ursprünglich anvisierten Erfüllung entgegenstehen. Eine davon zu trennende Frage ist, ob der Schuldner für das von ihm oder seinen Leuten nicht verschuldete Fehlschlagen der geschuldeten Bemühungen im Rahmen des Schadensersatzanspruchs ver­ schuldensunabhängig einzustehen hat, weil er das Beschaffungsrisiko übernommen hat, §  276 Abs.  1 S.  1 BGB, i.e. ob er den Gläubiger gegen mit dem geschuldeten Aufwand nicht zu über­ windende Leistungshindernisse versichert. 116   Schon RG v. 23.  2. 1904 – II 398/03, RGZ 57, 116, 118; RG v. 21.  3. 1916 – II 473/15, RGZ 88, 172; RG v. 12.  11. 1923–1286/22 , RGZ 107, 156, 157 f.; Gernhuber, Das Schuldverhältnis, 1989, §  10 II 2, S.  223; Vgl. auch zu dem – im Hinblick auf die Sekundäransprüche relevanten – in §  276 Abs.  1 BGB erwähnten Beschaffungsrisiko, Harke, Allgemeines Schuldrecht, 2010, Rdnr.  212; auch schon P. Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 2002, §  3 Rdnr.  25; Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, 2002, S.  94 f.; zu §  279 BGB a. F. eingehend Lemppenau, Gattungsschuld und Beschaffungspflicht, 1972, S.  88, 103 ff. 117   Vgl. nur RG v. 25.  2. 1904 – VI 266/03, RGZ 57, 138, 141; BGH v. 1.  7. 1964 – VIII ZR 266/62, WM 1964, 1023; Schiemann in: Staudinger, BGB, Einleitung zum Schuldrecht, §§  241– 243 (Treu und Glauben), Neubearbeitung 2009, §  243 Rdnr.  32 ff.; Emmerich in: Münchener Kommentar, BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  243 Rdnr.  29; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  243 Rdnr.  16.

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Hilfe institutionenökonomischer Überlegungen entwickelte, auf die Besonder­ heiten arbeitsteiliger Leistungserbringung ausgerichtete Dimension des Unmög­ lichkeitseinwands, durchaus auf den Pfeilern tradierter Dogmatik ruht und mit dem geltenden Recht kompatibel bleibt.

II.  Leistungserschwernis Nach dem Vorgesagten bildet die Einrede des §  275 Abs.  2 BGB, zusammen mit den vertragsspezifischen Regelungen der §§  439 Abs.  3, 635 Abs.  3 BGB, den dog­ matischen Anknüpfungspunkt für die Vermessung der Reichweite der Verant­ wortlichkeit des Schuldners für das Risiko des Eintritts von Leistungserschwer­ nissen, die ihm im Rahmen seiner Naturalerfüllungspflicht implizit zugewiesen ist, weil er verpflichtet ist, diese bis zur Zumutbarkeitsschwelle zu überwinden.118 Im Kontext der Verantwortlichkeit des Schuldners für die Fehler Dritter ist damit die Frage angesprochen, inwieweit der Schuldner Leistungserschwernisse inter­ nalisiert, die auf Fehlleistungen von Hilfspersonen bei der Leistungserbringung zurückgehen, für die er prinzipiell verantwortlich zeichnet. Unter diesem Blick­ winkel gilt es sowohl die allgemeine Zumutbarkeitsschwelle des §  275 Abs.  2 BGB119 als auch die Sondertatbestände des Kauf- und Werkvertragrechts120 zu un­ tersuchen. Dabei ist nochmals zu betonen, dass §  275 Abs.  2 BGB und prinzipiell auch die §§  439 Abs.  3, 635 Abs.  3 BGB121 nur dann Bedeutung erlangen, wenn sich kein eindeutiger Anhaltspunkt für die relevante Risikoverteilung in der Par­ teivereinbarung findet,122 weil die genannten Bestimmungen lediglich das Ziel verfolgen, die lückenhafte Parteivereinbarung zu ergänzen, nicht aber diese dero­ gieren.123 1.  Einrede wegen Überschreitens der Zumutbarkeitsschwelle, §  275 Abs.  2 BGB Besteht zwischen dem zur Erfüllung erforderlichen Aufwand und dem Leis­ tungsinteresse des Gläubigers ein grobes Missverhältnis, steht dem Schuldner eine   Supra I. 3. vor a).   Infra 1. 120   Infra 2. 121   Zumindest ein Mehr an Nacherfüllungsrisiko als ihm durch §  439 Abs.  3 BGB auferlegt wird, kann der Verkäufer auch beim Verbrauchsgüterkauf übernehmen, da §  475 Abs.  1 S.  1 BGB nur die Abweichung zu Lasten des Verbrauchers verbietet, vgl. i.Ü. eingehend Matusche-Beckmann, in: Staudinger, BGB, §§  433–487; Leasing, Neubearbeitung 2004, §  439 Rdnr.  59; §  475 Rdnr.  28 ff.; H. P. Westermann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  3, 6.  Aufl., 2012, §  439 Rdnr.  31. 122   Ebenso z. B. Ernst in: Münchener Kommentar, BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  87; Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  275 Rdnr.  82; Unberath in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  1, 2.  Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  55; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  5 Rdnr.  12. 123   Zu dieser Funktion des dispositiven Gesetzesrechts allgemein supra Kapitel 4 §  2 B. III. 118 119

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Einrede zu.124 Nach deren Erhebung wird er von der Naturalerfüllungspflicht und damit auch von der Verantwortlichkeit für Dritte frei, soweit ihm diese über die Leistungspflicht implizit zugewiesen ist. Diese Vorgaben des geltenden Rechts werfen zunächst die höchst umstrittene Frage danach auf, wo die Zumutbarkeits­ schwelle des §  275 Abs.  2 BGB verläuft.125 In unmittelbarem Zusammenhang da­ mit ist zudem klärungsbedürftig, welche Determinanten zu berücksichtigen sind, wenn es darum geht, die in Bezug zu setzenden Größen des Leistungsinteresses und des Erfüllungsaufwands zu ermitteln.126 In dieser Hinsicht ist insbesondere zu erörtern, welche Bedeutung dem Umstand zukommt, dass der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.127 Erst nach Klärung der maßgeblichen nor­ mativen Grundlagen der Einrede des §  275 Abs.  2 BGB und den daraus folgenden Vorgaben für ihren Tatbestand lassen sich Konsequenzen speziell für die Ein­ standspflicht für das Fehlverhalten Dritter im Rahmen des Erfüllungsanspruchs ziehen.128 a)  Grobes Missverhältnis zwischen Erfüllungsaufwand und Leistungsinteresse Auf den ersten Blick liegt es nahe, die modelltheoretisch als effizient identifizierte Begrenzung des rechtsförmigen Erfüllungszwangs durch das Interesse des Gläu­ bigers am Erhalt der Leistung129 für im Rahmen des §  275 Abs.  2 BGB nicht adä­ quat umsetzbar zu halten, da die Bestimmung nach ihrem – freilich durch die Bezugnahme auf den „Inhalt des Schuldverhältnisses“ und die Grundsätze von „Treu und Glauben“ stark kontextualisierten – Wortlaut ein grobes Missverhält­ nis zwischen Erfüllungsaufwand und Leistungsinteresse fordert.130 Bei einge­ henderer Betrachtung lässt sich ein solches Verdikt allerdings nicht ohne Weiteres fällen. Zwar bezieht sich die Bestimmung nach dem Verständnis der Gesetzesver­ fasser in erster Linie auf krasse Fälle der Leistungserschwernis, die früher unter dem Gesichtspunkt der „praktischen Unmöglichkeit“ verhandelt wurden131 und als „unmöglichkeitsgleich“ anzusehen sein sollen.132 Ob sich der Anwendungsbe­ 124   Zu dieser Rechtsfolge des §  275 Abs.  2 BGB nur Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  96; Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  275 Rdnr.  109; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  275 Rdnr.  34; zu den Gründen Canaris, JZ 2001, 499, 504; a. A. Teichmann, BB 2001, 1485, 1487: Befreiung des Schuldners ex lege. 125   Infra a). 126   Infra b), c). 127   Infra d). 128   Infra e). 129   Eingehend supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. a). 130   So das Fazit von Köndgen, Feschrift für Hans-Bernd Schäfer, 2008, S.  275, 285 ff. 131   Vgl. BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  129 r. Sp. 132   Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  70 mit ge­ wichtigen Einschränkungen für nicht zu vertretende Leistungshindernisse, ibid. Rdnr.  72 f., 102; vgl. auch Canaris, JZ 2001, 499, 501 Fn.  27; Canaris in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Fo­ rum 2002: Schuldrechtsmodernisierung, 2003, S.  5, 17, der von Fällen spricht, in denen zweifel­ haft sei, ob sie als „Unvermögen“ bzw. „subjektive Unmöglichkeit“ zu qualifizieren seien. Für

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reich der Einrede des §  275 Abs.  2 BGB in diesen Konstellationen allerdings be­ reits erschöpft oder nicht doch eine frühere Befreiung des Schuldners erlaubt,133 ist Gegenstand einer ohne Übertreibung als Meinungsschlacht zu bezeichnenden Kontroverse, bei der sich der Pulverdampf noch lange nicht verzogen hat, weshalb kein klares Bild auszumachen ist.134 Es kann nicht Aufgabe einer thematisch fo­ kussierten Untersuchung sein, sich in der Darstellung eingehend mit den mannig­ faltigen Konkretisierungsversuchen der Literatur auseinanderzusetzen.135 Eine Verortung der eigenen Konzeption innerhalb der Debatte muss genügen. Ausgangspunkt der Überlegungen ist, dass die Aufgabe der durch §  275 BGB gezogenen Grenzen der Naturalerfüllungspflicht darin liegt, die in dieser Hin­ sicht unvollständige Vereinbarung der Parteien zu ergänzen.136 Die Orientierung am heuristischen Maßstab des hypothetischen vollständigen Vertrags deckt sich im Grundsatz mit der ganz überwiegend als interpretative Leitmaxime für §  275 BGB betonten Ausrichtung der Normkonkretisierung am Parteiwillen.137 Dieser geht bei vertraglichen Austauschbeziehungen dahin, mit der Transaktion einen Kooperationsgewinn zu erzielen. Die Absicherung vertraglicher Versprechen durch rechtsförmigen Erfüllungszwang dient dazu, ex post Opportunismus zu unterbinden. Daraus folgt in der Tat unter den zugrundegelegten, modelltheore­ tischen Annahmen, dass die (kompensationslose) Nichteinhaltung des Schuld­ nerversprechens solange zu verhindern ist, wie mit dem intendierten Güteraus­ tausch tatsächlich der angestrebte Kooperationsgewinn erzielt werden kann. Letzteres ist der Fall, solange die Nutzensteigerung des Gläubigers, d. h. sein In­ teresse, die Leistung zu erhalten, größer ist als der hierfür erforderliche Auf­ wand.138 Maßgeblich muss insoweit eine konkrete Betrachtung im Zeitpunkt der Fälligkeit sein, d. h. es kommt entscheidend darauf an, ob noch in dem Zeitpunkt, in dem die Erfüllung zu bewirken ist, durch den Güteraustausch die angestrebte, effizientere Ressourcenallokation erreicht werden kann.139 Im Hinblick auf eine mögliche legislative Umsetzung der modelltheoretischen Desiderate gilt es zu beachten, dass die Lösung des deutschen Leistungsstörungs­ Beschränkung auf Ausnahmefälle z. B. auch H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  275 Rdnr.  24; Grüneberg in: Palandt, BGB, 71.  Aufl., 2012, §  275 Rdnr.  27 f.; Looschelders, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 9.  Aufl., 2011, Rdnr.  475; Eidenmüller, Jura 2001, 824, 832; Dauner-Lieb in: Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring, Das neue Schuldrecht, 2002, §  2 Rdnr.  69; Schlüter, ZGS 2003, 346, 351; Mückl, Jura 2005, 809, 812 f. 133   Die BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  129 r. Sp. spricht zwar ausdrücklich davon, dass §  275 Abs.  2 BGB „zwei unterschiedliche Fallgruppen“ erfasse, kennzeichnet die zweite, neben die praktische Unmöglichkeit tretende Konstellation aber nicht näher. 134   Picker, JZ 2003, 1035, 1037 f. sprach bereits vor Jahren von einem „Tummelplatz schöpfe­ rischer Literaten“, die eine „ungewöhnliche Buntheit von Rechtskreationen“ hervorbrachten. 135   Überblick bei Finn, Erfüllungspflicht und Leistungshindernis, 2007, S.  348 ff. 136   Supra A. II. Allgemein zur Ergänzungsfunktion des dispositiven Rechts supra Kapitel 4 §  2 B. III. 137   Supra Fn.  68. Speziell zur Relevanz der Ökonomik im Rahmen des §  275 Abs.  2 BGB auch Unberath, Die Pflichtverletzung, 2007, S.  278 f. 138   Supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. a). 139   Supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. a) (3). Zu einem Teilaspekt auch noch infra III. 2. a).

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rechts in einem Regime liegt, das primär von einer Pflicht zur Naturalerfüllung ausgeht und diese bei Eintritt nicht antizipierter Leistungshindernisse entlang des hypothetischen Parteiwillens begrenzt. Im Gegensatz zu einem System der im Wesentlichen unbegrenzten Naturalerfüllungspflicht,140 die die Parteien im Fall nachträglicher, zur Ineffizienz des Austauschs führender Erfüllungserschwer­ nisse in eine ex post Verhandlungslösung zwingt,141 stellt die im Rahmen des Be­ freiungstatbestands zu treffende Interessenbewertung erhebliche Anforderungen an die Fähigkeit der Gerichte, die relevanten Größen zutreffend zu bestimmen. In diesem Kontext drohen u. U. erhebliche Anreizverzerrungen, gerade auch wegen der durchaus realen Möglichkeit richterlicher Fehleinschätzungen.142 Durch diese kann die Effizienz des Regimes insgesamt in Frage gestellt werden, weil sie die Institution des Vertragsrechts in ihrer zentralen Funktion schwächen, die Par­ teien bei der Verfolgung ihrer allokativen Ziele zu unterstützen. Es muss vor die­ sem Hintergrund nicht im Widerspruch zur ökonomischen Rationalität stehen, wenn durch das Anheben der Zumutbarkeitsgrenze in §  275 Abs.  2 BGB versucht wird, einer Tendenz entgegenzusteuern, zu schnell vom Erfüllungszwang zu be­ freien.143 In der rechtsökonomischen Literatur wird in der Tat als Argument für die Ausweitung der Naturalerfüllungspflicht angeführt, das Gläubigerinteresse drohe im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs systematisch zu niedrig ange­ setzt zu werden.144 Derartige „Messfehler“ sind naturgemäß nicht nur denkbar, wenn das Gläubigerinteresse im Rahmen eines auf Ersatz des positiven Interesses gerichteten Schadensersatzanspruchs zu bestimmen ist, sondern auch wenn es kraft legislatorischer Anordnung als Determinante im Rahmen eines Befreiungs­ tatbestands relevant wird. Die Wertungen sind übertragbar und legitimieren es, die Naturalleistungspflicht aufrechtzuerhalten, bis die Erfüllungskosten das 140   Dass die Regelung des deutschen Rechts nicht diesem Typus entspricht, folgt schon aus einem Zusammendenken von materiell-rechtlicher und prozessualer Rechtslage, die dadurch gekennzeichnet ist, dass jedenfalls die vollstreckungsrechtliche Durchsetzbarkeit von Natural­ erfüllungsansprüchen stark eingeschränkt ist, supra Kapitel 1 §  1 B. II. 1. 141   Die meisten ökonomischen Modelle gehen von diesem institutionellem Arrangement aus und können so die Probleme fehlender Verifizierbarkeit (supra Kapitel 4 §  1 Fn.  28) des Gläubi­ gerinteresses im Rahmen des Naturalerfüllungsanspruchs umschiffen und so eine wesentliche Defizienz reiner Kompensationsregime vermeiden, die bei Nichterfüllung lediglich einen An­ spruch auf das positive Interesse (expectation damages) gewähren, vgl. die infra Fn.  144 Genann­ ten. Zur Verhandlungslösung bei ineffizient weitgehendem Erfüllungszwang supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. a) (2). 142   Supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. a) (1) und Kapitel 4 §  3 A. II. 2. a) (3). 143   In diese Richtung auch die Deutungsversuche bei H.-B. Schäfer/Ott, Lehrbuch der Öko­ nomischen Analyse des Zivilrechts, 2005, S.  463; Unberath, Die Pflichtverletzung, 2007, S.  279 f. 144   A. Schwartz, 89 Yale L. J. 271, 275 f., 279 (1979); MacNeil, 68 Va. L. Rev. 947, 958, 960 (1982); Ulen, 83 Mich. L. Rev. 341, 361 ff., 372 ff. (1984); Schweizer in: G. Wagner (Hrsg.), The Common Frame of Reference: A View from Law and Economics, 2009, S.  1, 5. Vgl. allgemein zu der Problematik der fehlenden Verifizierbarkeit des Erfüllungsinteresses des Gläubigers, Goetz/ Scott, 77 Colum. L. Rev. 554, 557 (1977); Kronman, 45 U. Chi. L. Rev. 351, 362 f. (1978); Kornhauser, 57 Colo. L. Rev. 683, 708 ff. (1986). Auch Maultzsch, AcP 207 (2007) 530, 544.

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Gläubigerinteresse qualifiziert übersteigen. Dies gilt insbesondere deshalb, weil bei der Bemessung des Leistungsinteresses aus der Naturalerfüllung gezogene, immaterielle Nutzengewinne zu berücksichtigen sind,145 deren unvermeidbare Schätzung naturgemäß schwierig ist.146 Ein massiver „Aufschlag“ in dem Sinne, dass der Schuldner grundsätzlich ver­ pflichtet wäre, ein Vielfaches des Leistungsinteresses des Gläubigers aufzuwen­ den,147 lässt sich freilich mit derartigen Erwägungen nicht rechtfertigen.148 Die ökonomische Sicht deckt sich daher mit dogmatischen Konzeptionen des §  275 Abs.  2 S.  1 BGB, die ein Leistungsverweigerungsrecht bereits dann befürworten, wenn der Erfüllungsaufwand das festgestellte Leistungsinteresse des Gläubigers moderat übersteigt.149 Sie stimmt in ihrem normativen Ausgangspunkt aber mit denjenigen Stimmen überein, die den Schuldner grundsätzlich nicht mit überobli­ gationsgemäßen Aufwandspflichten belasten wollen,150 weil der gewährte Auf­ schlag nur als dem mutmaßlichen Parteiwillen entsprechende Reaktion auf die fehlende Überprüfbarkeit des tatsächlichen Leistungsinteresses des Gläubigers gerechtfertigt wird. Die zentrale Gemeinsamkeit liegt jedenfalls darin, dass Grundlage der Freistellung von der Naturalerfüllungspflicht der begrenzte Bin­ dungswille der Vertragsparteien ist, der hier auf der Grundlage der von den Betei­ ligten verfolgten Allokationsziele bestimmt wird. Dies gilt es im Auge zu behal­ ten, weil in einer unstreitig am Grundsatz der Privatautonomie orientierten Ver­ tragsrechtsordnung bei normativer Betrachtung eben dann von einem die Befrei­ ung von der Leistungspflicht gebietenden, „groben Missverhältnis“ gesprochen werden muss, wenn der Schuldner, um erfüllen zu können, zu Aufwand gezwun­

  Infra b).   Zu den Anreizproblemen im Zusammenhang mit immateriellen Einbußen aufgrund der bestehenden Informationsprobleme, z. B. Spence, 44 Rev. Econ. Stud. 561 (1977); Shavell, Eco­ nomic Analyisis of Accident Law, 1987, S.  231 ff., 247 ff. 147   Dafür aber die in Fn.  132 Genannten. 148   Anders, aber m. E. angreifbar Unberath, Die Pflichtverletzung, 2007, S.  279, der zur Kon­ kretisierung des §  275 Abs.  2 BGB durchaus auf die Ökonomik rekurriert, dann aber wegen „der Unsicherheit bei der Ermittlung des mutmaßlichen Parteiwillens“ die Einrede auf Extremfälle beschränken will und somit letztlich die Tragfähigkeit der ökonomischen Modellbildung, die nichts anderes versucht, als den hypothetischen Parteiwillen nachzuzeichnen, vollständig in Frage stellt. 149   In diesem Sinne v. a. P. Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 2002, Kap.  2 Rdnr.  4 4, 47, 53, 56 f., 61, 65, 75; Finn, Erfüllunspflicht und Leistungshindernis, 2007, S.  402 ff. siehe aber auch Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  72 f., 102, der auf der Grundlage seiner Konzeption des §  275 Abs.  2 S.  2 BGB als Absenkung der Zumutbar­ keitsschwelle bei vom Schuldner nicht zu vertretenden Leistungshindernissen dazu kommt, dass in diesen Fällen ein „geringes Missverhältnis“ zur Befreiung führen könne (Rdnr.  72; eben­ so Finn, Erfüllungspflicht und Leistungshindernis, 2007, S.  402 ff.) und dies sogar dann für möglich hält, wenn der erforderliche Aufwand hinter dem Gläubigerinteresse zurückbleibe (Rdnr.  102). 150   Picker, JZ 2003, 1035, 1044, 1048; Picker, Festschrift für Horst Konzen, 2006, S.  687, 694 ff.; Wilhelm, DB 2004, 1599; Lobinger, Grenzen rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten, 2004, S.  258 f., 261, 362 passim. 145

146

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

gen wäre, den er im Hinblick auf das begrenzte Interesse des Gläubigers, die Leis­ tung zu erhalten, nicht versprochen hat. Zu Recht wird betont, dass die Befreiungsentscheidung jedenfalls stark kon­ textabhängig zu fällen ist, wie sich schon aus der Formulierung des §  275 Abs.  2 BGB ergibt.151 Dies spricht zwar noch nicht zwingend gegen typisierende prozen­ tuale Grenzen, wie sie für die Bestimmung des im Rahmen des §  275 Abs.  2 BGB zu fordernden „groben Missverhältnisses“ teilweise befürwortet werden.152 Zu­ rückhaltung ist allerdings deshalb geboten,153 weil der Gewinn an Rechtssicher­ heit damit erkauft wird, dass sich die festen Schwellenwerte in aller Regel nicht an das individuelle Effizienzkalkül der Vertragsparteien anbinden lassen und des­ halb zu den Anreizverzerrungen führen, die für zu weit gehenden oder zu kurz greifenden Erfüllungszwang charakteristisch sind.154 Im Hinblick auf die Anreizwirkungen der hier befürworteten Zumutbarkeits­ schwelle ist ein weiteres Mal auf die dualistische Struktur der Schuldnerbefreiung im BGB zurückzukommen. Betrachtet man isoliert den Naturalerfüllungsan­ spruch und dessen Grenzen, drohten u. U. suboptimale Anreize zur Prävention von Leistungsstörungen für den Schuldner. Dieser wird nämlich im Rahmen des Erfüllungsanspruchs nur insoweit zur Internalisierung der Kosten von Leis­ tungsstörungen gezwungen, wie diese mit im Sinne von §  275 Abs.  2 S.  1 BGB zumutbarem Aufwand überwunden werden können. Im Fall der Befreiung von der Leistungspflicht wegen Überschreitens der Zumutbarkeitsschwelle trägt er demgegenüber keine (erhöhten) Erfüllungskosten. Setzt man die Befreiungs­ schwelle in der Nähe des Leistungsinteresses des Gläubigers an, kommt es, je nach Wahrscheinlichkeitsverteilung, in mehr oder weniger vielen Fällen besonders schwerwiegender Leistungsstörungen zur Entlastung des Schuldners. Dieser würde, da er nur in einem Teil der Fälle zusätzliche, das Leistungsinteresse zudem nicht stark übersteigende Aufwendungen erbringen müsste, seine Präventionsbe­ mühungen regelmäßig nur an den von ihm voraussichtlich zu tragenden Kosten orientieren, die hinter dem vollen Gläubigerinteresse zurückbleiben. Eine Zumutbarkeitsschwelle bei �  μ belastet bei Eintritt eines Leistungshindernisses den Schuldner nur dann mit Kosten von maximal d  v(r) – w(r) – p, wenn der zur Überwin­ dung des eingetretenen Leistungshindernisses erforderliche Erfüllungsaufwand zumutbar ist, d. h. solange c  �. Dies ist aber nur mit der Wahrscheinlichkeit f(�|s)  1 der Fall. Das individuelle Nutzenkalkül des Schuldners

151   Zu Recht betont Canaris, JZ 2001, 499, 502 dass im Rahmen des §  275 Abs.  2 BGB die Interessen der Vertragsparteien im Einzelfall Vorrang genießen sollen. 152   Z. B. P. Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 2002, §  2 Rdnr.  68; Stadler in: Jauer­ nig, BGB, 14.  Aufl., 2011, §  275 Rdnr.  26; für §  439 Abs.  3 BGB, Bitter/Meidt, ZIP 2114, 2121. 153   Ablehnend auch Canaris in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002: Schuldrechtsmo­ dernisierung, 2003, S.  5, 24 Fn.  59; Picker, JZ 2003, 1035, 1037; Picker, Festschrift für Horst Konzen, 2006, S.  687, 690; speziell aus ökonomischer Sicht Maultzsch, AcP 207 (2007) 530, 557; Unberath, Die Pflichtverletzung, 2007, S.  280. 154   Supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. a) (1) i.

§  1  Schutz des Leistungsinteresses

SN(s,c) = (1 – f(μ|s))(p – c) – f(μ|s)f(�|s)d – s



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veranschlagt also die Kosten der Nichterfüllung gegenüber der wünschenswerten Lö­ sung155 regelmäßig unzutreffend niedrig, weil f(μ|s)f(�|s)  f(μ|s).

Das beschworene Risiko suboptimaler Anreize besteht indessen nicht, wenn man zum einen bedenkt, dass auf der Ebene der Sekundäransprüche die grundsätzlich vollständige Internalisierung der Nichterfüllungsfolgen im Rahmen der auf das positive Interesse gerichteten Verschuldenshaftung erfolgt. Trifft der Schuldner – für das Gericht erkennbar – unzureichende Maßnahmen, um seine Leistungs­ fähigkeit zu sichern, hat er also das Leistungshindernis verschuldet, haftet er für den vollen (verifizierbaren) Gläubigerschaden.156 Sein individuelles Nutzenkal­ kül wird dann durch diese drohende, vollständige Internalisierung bestimmt, sodass er über die sekundäre Haftung zu optimalen Investitionen angehalten wird.157 Zum anderen gilt es zu berücksichtigen, dass die Leistungsbefreiung nach der grundsätzlich Zustimmung verdienenden Regelung des §  275 Abs.  2 S.  2 BGB bei unzureichendem Präventionsaufwand des Schuldners, d. h. bei von ihm zu vertretenden Leistungshindernissen, nur bei Überschreiten einer erhöhten Zumutbarkeitsschwelle entfällt. Durch die als Folge der Regelung drohende Last erhöhter Erfüllungskosten wird der Schuldner endgültig zu optimaler Prävention angehalten.158 Abschließend ist in Erinnerung zu rufen, dass in den Sachverhalten, in denen sich ein vom Schuldner per se nicht verschuldensunabhängig übernommenes Risi­ ko realisiert, dieser keinerlei Aufwand betreiben muss, um das Leistungshinder­ nis zu überwinden. Nach der hier vertretenen Konzeption des §  275 Abs.  1 BGB wird er bereits durch den Unmöglichkeitseinwand befreit, ohne dass es auf die Voraussetzungen der Einrede des §  275 Abs.  2 BGB ankäme, weil sich der Erfül­ lungserfolg mit den geschuldeten Mitteln nicht herbeiführen lässt.159 Im Rahmen des §  275 Abs.  2 BGB geht es daher nur um die Zumutbarkeitsschwelle im Hin­ blick auf Leistungsanstrengungen, mit denen Leistungserschwernisse überwun­ den werden sollen, die prinzipiell, d. h. nach dem Inhalt des Schuldverhältnisses, der Risikosphäre des Schuldners zugewiesen sind. b)  Leistungsinteresse Das im Rahmen der Abwägungsentscheidung maßgebliche Leistungsinteresse des Gläubigers, d. h. sein erwarteter Nutzengewinn aus der Transaktion, hängt davon ab, wie er alternativ stünde, wenn der Schuldner die Leistung nicht in Na­   Supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. a) (1) i, insbesondere Gleichung (2).   Hierzu, und insbesondere zu den Anforderungen an die Gerichte supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. b) (1) i. 157   Zu diesem Effekt der Verschuldenshaftung supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. b) (1) i. 158   Hierzu noch eingehend infra d). 159   Supra I. 2. Vgl. auch P. Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 2002, §  2 Rdnr.  6 4, die in diesen Konstellationen eine Befreiung unmittelbar aus dem Vertrag annehmen wollen. 155

156

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

tur zu erbringen hätte. Als Ausgangspunkt der Ermittlung des auf Gläubigerseite relevanten Abwägungsparameters kann das positive Interesse zugrundegelegt werden, d. h. aus einer geplanten Weiterveräußerung entgangener Gewinn ist ebenso zu berücksichtigen, wie die Kosten einer Ersatzbeschaffung der ausblei­ benden Güter oder sonstige hieraus entstehende Folgeschäden.160 Die Literatur­ stimmen, die das Leistungsinteresse des Gläubigers mit der dafür versprochenen Gegenleistung gleichsetzen und damit dem Schuldner im Rahmen des §  275 Abs.  2 S.  1 BGB keine den Kaufpreis übersteigenden Erfüllungsbemühungen abverlan­ gen wollen,161 können aus mikroökonomischer Sicht nicht überzeugen.162 Der Nutzengewinn, den sich der Gläubiger aus der Transaktion erwartet, wird sich nur in den allerseltensten Fällen mit dem Gleichgewichtspreis des Gutes decken, der das individuelle Leistungsinteresse ausdrückende Reservationspreis163 wird diesen vielmehr zumeist überschreiten. Die Befreiung von der Leistungspflicht bereits in dem Moment, in dem der Erfüllungsaufwand die offenbarte Präferenz des Gläubigers erreicht, sichert das Wohlfahrtspotential der Transaktion nicht vollständig und ist daher abzulehnen.164 Die Bestimmung des positiven Interesses stellt aber nur den ersten Schritt bei der Ermittlung des Leistungsinteresses im Sinne des §  275 Abs.  2 S.  1 BGB dar. Zu berücksichtigen ist zum einen, dass das Eingreifen des §  275 Abs.  2 BGB die Leis­ 160   Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  275 Rdnr.  88; Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  79; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  275 Rdnr.  25; Canaris in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002: Schuldrechtsmodernisierung, 2003, S.  5, 25; Löhnig, ZGS 2005, 459, 460 f.; Bernhard, Jura 2006, 801, 802 f. 161   So dezidiert Ackermann, JZ 2002, 378, 382 f.; zustimmend Harke, Allgemeines Schuld­ recht, 2010, Rdnr.  216; ähnlich U. Huber, Festschrift für Peter Schlechtriem, 2003, S.  521, 546, 548 f., 561 f., 566; Vogt, Gesetzliche und rechtsgeschäftliche Beschränkungen der Mängelrechte des Käufers, 2005, S.  84 ff., 130. Vgl. auch Dauner-Lieb in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring (Hrsg.) Anwaltkommentar BGB, Bd.  2/1, 2.  Aufl., 2005, §  275 Rdnr.  27, 50. 162   Vgl. z. B. E.Posner, 107 Mich. L. Rev. 1431, 1437 ff. (2009). Das zentral auf die ex ante-An­ reize des Gläubigers zu effizienten Investitionen in Erwartung der Erfüllung (dazu supra Kapi­ tel 4 §  3 A. II. 2. a)) abhebende Modell zur Begründung einer Leistungsbefreiung bei preisüber­ schreitenden Erfüllungskosten von Schweizer in: G.Wagner (Hrsg.), The Common Frame of Reference: A View from Law and Economics, 2009, S.  1, 10 ff. (ebenso Schweizer in: Larouche/ Chirico (Hrsg.), Economic Analysis of the DCFR, 2010, S.  147, 154 ff.) berücksichtigt nicht hin­ reichend, dass die entsprechenden Anreize über andere dogmatische Figuren, wie z. B. das Ab­ stellen auf das vorhersehbare, von effizienten Gläubigerinvestitionen ausgehende Erfüllungsin­ teresse (Cooter, 73 Cal. L. Rev. 1, 15 f. (1985); sowie allgemeiner, zu den einschlägigen Effizien­ zimplikationen der Institute des Leistungsstörungsrechts auch Schweizer, 25 Int’l Rev. L. & Econ 209, 224 ff. (2005)) optimal gesetzt werden können, ohne dadurch die Präventionsanreize des Schuldners zu verzerren oder ex post-effiziente Erfüllungsansprüche ausschließen zu müs­ sen – was auch Schweizer selbst andeutet (ibid. S.  14). Ablehnend wegen europarechtlicher Be­ denken, Canaris, JZ 2004, 214, 218 ff. 163   Gemeint ist der durch die individuelle Wertschätzung des Gutes bestimmte Preis, den der Gläubiger für die Leistung maximal zu zahlen bereit ist. Die Differenz zwischen Reservations­ preis und Marktpreis ist die Konsumentenrendite, vgl. Pindyck/Rubinfeld, Mikroökonomie, 7.  Aufl., 2009, S.  511; Bofinger, Grundzüge der Volkswirtschaftslehre: Eine Einführung in die Märkte, 2.  Aufl., 2006, S.  152. 164   Zutreffend, Unberath, Die Vertragsverletzung, 2007, S.  280 Fn.  199.

§  1  Schutz des Leistungsinteresses

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tungsstörung nicht sanktionslos stellen muss. Als Folge des „dualistischen“ Sys­ tems der Schuldnerbefreiung im BGB ist bei der Taxierung des Interesses des Gläubigers am Erhalt der Leistung in Natur auch die eventuell im Rahmen von Sekundäransprüchen, insbesondere des Schadensersatzes statt der Leistung, zu erwartende Interessenwahrung zu berücksichtigen.165 Die gegenteilige Ansicht kann sich zwar auf eine Passage der Gesetzesbegründung berufen,166 überhöht aber die Bedeutung des Naturalerfüllungsanspruchs zu Lasten der Interessen der Beteiligten, wenn sie unter Berufung auf vermeintliche Grundprinzipien der deutschen Rechtsordnung167 die Reichweite der Pflicht zur Naturalerfüllung von den durch die Parteien selbst verfolgten Effizienzzielen löst. Soweit der Gläubiger seine Belange durch Sekundäransprüche gewahrt weiß, hat er von Anfang an kein Interesse, den Schuldner zu einer Naturalerfüllung um jeden Preis zu verpflich­ ten. Er zieht diese nur insoweit vor, wie er seine Interessen im Rahmen der Sekun­ däransprüche gefährdet sieht.168 Vor diesem Hintergrund ist es erst recht abzuleh­ nen, wenn mit diametral entgegengesetzter Stoßrichtung bereits bei der Bemes­ sung des Leistungsinteresses selbst, also noch bevor in die Feststellung eines gro­ ben Missverhältnisses im Sinne von §  275 Abs.  2 S.  1 BGB eingestiegen wird, ein Aufschlag im Sinne des §  251 Abs.  2 S.  1 BGB befürwortet wird, weil dieser das Interesse des Gläubigers an der Herstellung des geschuldeten Zustands repräsen­ tiere.169 Die über die Kumulierung der Aufschläge erfolgende doppelte Privilegie­ rung des Erfüllungsverlangens entfernt sich noch weiter vom an anderer Stelle zum interpretatorischen Leitstern erklärten, (mutmaßlichen) Parteiwillen170 und ist schon deshalb abzulehnen. Zudem verkennt sie, dass anders als in den Fällen des §  251 Abs.  2 S.  1 BGB, in denen gerade der Naturalrestitutionsanspruch des §  249 Abs.  2 BGB gesperrt wird, bei Ausschluss der Naturalerfüllungspflicht die Befriedigung des Gläubigerinteresses gleichwohl durch Herstellung erfolgen kann, wenn ein Deckungsgeschäft vorgenommen wird, was nach §§  280 Abs.  1, Abs.  3, 283 BGB auf Kosten des Schuldners geschieht. 165   Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  275 Rdnr.  89 f.; Unberath in: Bamberger/Roth, BGB, Bd.  1, 2.  Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  55 f.; Schlechtriem/ Schmidt-Kessel, Schuldrecht Allgeimeiner Teil, 6.  Aufl., 2005, Rdnr.  482. Auch der BGH v. 22.  6 . 2005 – VIII ZR 281/04, NJW 2852, 2855 berücksichtigt ausdrücklich, dass die Interessen des Gläubigers durch seine sonstigen Rechte (Rücktritt, Minderung) ausreichend gewahrt werden. 166   BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  130 r. Sp. Dem folgend Ernst in: Münchener Kommen­ tar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  81; Faust in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  1, 2.  Aufl., 2007, §  439 Rdnr.  55; Fehre, Unmöglichkeit und Unzumutbarkeit der Leistung, 2005, S.  43. 167   So insbesondere Harke, Allgemeines Schuldrecht, 2010, Rdnr.  216. Vgl. auch Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  9 0 f. 168   Dazu noch infra d). Shavell, Foundations of Economic Analysis of Law, 2004, S.  377 weist zutreffend darauf hin, dass (nur) unter dieser Prämisse die Naturalerfüllung aus der ex ante Perspektive der Beteiligten generell vorzugswürdig sei. Auch schon supra Fn.  144. 169   Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  79; vgl. zur Relevanz des §  251 Abs.  2 BGB auch U. Huber, Festschrift für Peter Schlechtriem, 2004, S.  521, 544 f., 557 f. 170   Supra Fn.  68.

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

Es liegt schließlich auf der hier vertretenen Linie, wenn bei der Bestimmung des Leistungsinteresses nicht nur die rechtlichen Alternativen zur Naturalerfüllung durch den Schuldner Berücksichtigung finden, sondern auch die tatsächlichen Möglichkeiten des Gläubigers, seine Interessen anderweitig zu wahren, in Be­ tracht gezogen werden. Das Interesse, die Leistung in Natur aus der Hand des Schuldners zu erlangen, hängt auch davon ab, ob und unter welchen Vorausset­ zungen der Gläubiger den angestrebten Nutzengewinn durch ein Deckungsge­ schäft realisieren kann. Letzterer Gesichtspunkt ist vor allem im Hinblick auf Gattungsschulden bei gleichem Marktzugang beider Vertragsparteien relevant, da das Leistungsinteresse des Gläubigers hier nur durch die (niedrigen) Kosten der anderweitigen Leistungsbeschaffung bestimmt wird.171 Das Leistungsinteresse des Gläubigers umfasst auch seine immateriellen Inter­ essen, Naturalerfüllung zu erlangen.172 Dies lässt sich damit begründen, dass der angestrebte Nutzengewinn des Gläubigers und damit sein mit der Transaktion verfolgtes, durch das Vertragsrecht unterstütztes Allokationsziel, auch aus einer Befriedigung nicht-monetärer Bedürfnisse resultieren kann.173 c)  Erfüllungsaufwand Der Begriff des „Aufwands“, der als gleichbedeutend mit demjenigen der „Kos­ ten“ im Sinne von §§  439 Abs.  3 S.  2, 635 Abs.  3 BGB zu betrachten ist,174 erfasst den gesamten Ressourceneinsatz des Schuldners, der notwendig wäre, um die Leistung zu erbringen.175 Dies bedeutet, dass es nicht auf den unerwarteten  Mehr-,176 sondern den Gesamtaufwand des Schuldners im Zeitpunkt der Leis­ tungserbringung ankommt.177 Trotz dieser klaren Ausgangslage, deren praktische Handhabung einige, aus der bestehenden Notwendigkeit der Bewertung des 171   Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  275 Rdnr.  91; Schlechtriem/Schmidt-Kessel, Schuldrecht Allgeimeiner Teil, 6.  Aufl., 2005, Rdnr.  483. 172   Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  275 Rdnr.  92; Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  8 0; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  275 Rdnr.  25; P. Huber/Faust, Schuldrechtsmo­ dernisierung, 2002, Kap.  2 Rdnr.  27 ff.; grundsätzlich auch, aber einschränkend Dauner-Lieb in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring (Hrsg.) Anwaltkommentar BGB, Bd.  2/1, 2.  Aufl., 2005, §  275 Rdnr.  43; anders Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, 2002, S.  53 f. 173   Zum weiten Nutzenbegriff der Wohlfahrtsökonomik z. B. Becker, 101 J. Pol. Econ. 385, 386 (1993); Kaplow/Shavell, Fairness versus Welfare, 2002, S.  18 ff. Enger diejenigen, die das maßgebliche gesellschaftspolitische Ziel in der Vermögensmaximierung sehen, vgl. supra Kapi­ tel 1 §  2 Fn.  80. 174   Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  82. 175   Vgl. im Einzelnen Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  275 Rdnr.  93; Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  82 f.; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  275 Rdnr.  25; Bernhard, Jura 2006, 801, 802; Löhnig, ZGS 2005, 459, 460 f. 176   Bei zu vertretenden Leistungshindernissen allein auf diesen abstellend, U. Huber, Fest­ schrift für Peter Schlechtriem, 2004, S.  521, 561. Tendenziell in diesem Sinne wohl auch H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  275 Rdnr.  25. 177   Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  83; P. Hu-

§  1  Schutz des Leistungsinteresses

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Schuldneraufwands resultierende Schwierigkeiten bereitet, ist die Behandlung einzelner Aspekte des Erfüllungsaufwands umstritten geblieben. Dies gilt zunächst im Hinblick auf die Berücksichtigung der Opportunitäts­ kosten des Schuldners und insoweit vor allem für die ihm bei Erfüllung der Ver­ bindlichkeit entgehende Möglichkeit, ein „besseres Geschäft“ mit einem Dritten zu tätigen. Die weit überwiegende Literatur will derartige Kosten generell nicht berücksichtigen,178 was nur scheinbar im Widerspruch zu Effizienzüberlegungen steht.179 Zwar ist es unter allokativen Gesichtspunkten wünschenswert, dass der Dritte die in Rede stehende Leistung letztlich erhält, wenn er diese höher bewer­ tet als der Gläubiger. Da sich der Gläubiger aber für dieses gesamtgesellschaftliche Ziel nicht auf der Grundlage einer (unvollständigen) privatautonomen Vereinba­ rung „in die Pflicht“ nehmen lassen wird, entspricht es dem hypothetischen Par­ teiwillen, den Schuldner in dieser nicht antizipierten Konstellation allenfalls dann aus der Naturalerfüllungspflicht zu entlassen, wenn sichergestellt ist, dass der Gläubiger anderweitig kompensiert wird, d. h. zumindest einen Anspruch auf das positive Interesse erlangt.180 Befreite man den Schuldner bereits allein aufgrund der bloßen Möglichkeit, ein besseres Geschäft zu tätigen, entfiele die Grundlage des kompensierenden Schadensersatzanspruchs: Das Auftreten eines Dritten wird der Schuldner regelmäßig nicht zu vertreten haben, sodass der Eintritt eines daraus etwa konstruierten Leistungshindernisses nicht zu einem Anspruch nach §§  280 Abs.  1, Abs.  3, 283 BGB führte.181 Demgegenüber sind die Voraussetzungen eines solchen erfüllt, wenn das relevante Leistungshindernis erst im Vollzug des Drittgeschäfts gesehen wird, da dieses vom Schuldner vorsätzlich herbeigeführt wird und er daher trotz der Leistungsbefreiung nach §  275 Abs.  1 BGB – bei Feh­ len jeglicher Beschaffungspflicht – bzw. §  275 Abs.  2 BGB – bei Unzumutbarkeit der Ersatzbeschaffung – zum Schadensersatz statt der Leistung verpflichtet bleibt. Innerhalb der „dualistischen“ Struktur der Leistungsbefreiung entspricht es da­ her den Allokationszielen der Parteien, dem Schuldner durch das prinzipielle Aufrechterhalten der Naturalerfüllungspflicht die Verantwortung für das Auftre­ ten von Drittinteressenten prinzipiell zuzuweisen.

ber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 2002, §  2 Rdnr.  43 f.; Kuhlmann/Nauen, Feststrifft für Horst Ehmann, 2005, S.  31, 57; Finn, Erfüllungspflicht und Leistungshindernis, 2007, S.  257 f. 178   Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  85; P. Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 2002, §  2 Rdnr.  60, 63; Fehre, Unmöglichkeit und Unzumutbarkeit der Leistung, 2005, S.  41; Klausch, Unmöglichkeit und Unzumutbarkeit im System des allgemeinen Leistungsstörungsrechts nach der Schuldrechtsmodernisierung 2002, 2004, S.  133; Löhnig, ZGS 2005, 459, 460. 179   Supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. a) (1) i. 180   Auf diese Weise kann zudem sicher gestellt werden, dass auch nur tatsächlich zu einer ef­ fizienteren Allokation führende Drittgeschäfte getätigt werden, vgl. zum Ganzen supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. a) (1) i. 181   Zur objektiven Pflichtwidrigkeit und der Zurechnung (Vertretenmüssen) im Fall der Nichtleistung infolge Eintritt eines Leistungshindernisses im Sinne von §  275 BGB noch infra C. I. 2. a).

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

Ebenfalls im Einklang mit der herrschenden Meinung ist die Gegenleistung bei der Bestimmung des Erfüllungsaufwands nicht zu berücksichtigen.182 Das für die Interpretation des §  275 Abs.  2 BGB maßgebliche Effizienzkalkül der Parteien ist darauf gerichtet, Erfüllungszwang solange auszuüben, wie mit der Durchführung der Transaktion ein Kooperationsgewinn erzielt werden kann.183 Wie dieser mit Hilfe der Gegenleistung zwischen den Beteiligten verteilt wird, ist insoweit uner­ heblich und allenfalls im Rahmen des §  313 BGB von Belang.184 Schließlich ist der zur Naturalerfüllung erforderliche Aufwand nicht um einen „ersparten“ Schadensersatzanspruch statt der Leistung zu verringern.185 Hierin liegt kein Widerspruch zu der Berücksichtigung etwaiger Kompensationsansprü­ che bei der Bestimmung des Leistungsinteresses des Gläubigers186 – sachlich nicht hinreichend zu fundierende Symmetrieargumente schlagen nicht durch.187 Es geht im Rahmen des §  275 Abs.  2 BGB materiell darum, die Möglichkeit zu beleuchten, durch erzwingbare Naturalerfüllung des Schuldners die Effizienzziele der Betei­ ligten (Erzielung eines Kooperationsgewinns) zu fördern. Dies hängt ersichtlich auf Seiten des Gläubigers von den bei Nichterfüllung eingreifenden Alternativ­ szenarien ab, während die realen Kosten des Schuldners durch die fiktive Erspar­ nis nicht betroffen werden. Entscheidend sind allein die im maßgeblichen Zeitpunkt noch notwendigen Leistungsbemühungen, bereits erbrachte Aufwendungen sind im Rahmen des §  275 Abs.  2 BGB als solche nicht zu berücksichtigen.188 Es entspricht den von den Parteien verfolgten Effizienzzielen, den Erfüllungszwang aufrecht zu erhalten, solange der Optionswert der weiteren Erfüllung positiv ist.189 Die von der Gegen­ auffassung beschworene Gefahr, der Schuldner könne so bei mehreren unter­ schiedlichen Leistungshindernissen zu einer Sequenz von kumuliert äußerst 182   Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  75; Canaris, JZ 2001, 499, 502; Schmidt-Kessel in: Prüttung/Wegen/Weinreich (Hrsg.), BGB, 6.  Aufl., 2011, §  275 Rdnr.  18; Stadler in: Jauernig (Hrsg.), BGB, 14.  Aufl., 2011, §  275 Rdnr.  25; Finn, Erfül­ lungspflicht und Leistungshindernis, 2007, S.  286 ff.; P. Huber/Faust, Schuldrechtsmoderni­ sierung, 2002, §  2 Rdnr.  31 f.; Klausch, Unmöglichkeit und Unzumutbarkeit im System des all­ gemeinen Leistungsstörungsrechts nach der Schuldrechtsmodernisierung 2002, 2004, S.  127 f. a. A. Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  275 Rdnr.  100. 183   Eingehend supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. a) (1). 184   Infra III. 185   Ebenso P. Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 2002, §  2 Rdnr.  31; Klausch, Un­ möglichkeit und Unzumutbarkeit im System des allgemeinen Leistungsstörungsrechts nach der Schuldrechtsmodernisierung 2002, 2004, S.  127 f.; Maier-Reimer in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, 2003, S.  291, 293 f.; Finn, Erfüllungspflicht und Leistungshindernis, 2007, S.  290 ff.; Illustrationen bei Meier, Jura 2002, 118, 121. 186   Supra a). 187   Für einen solchen „Spiegelbildgedanken“ z. B. Finn, Erfüllungspflicht und Leistungshin­ dernis, 2007, S.  292 passim. 188   Für generelle Berücksichtigung Finn, Erfüllungspflicht und Leistungshindernis, 2007, S.  259; P. Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 2002, §  2 Rdnr.  36 f.; einschränkend Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  84. 189   Supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. a) (3).

§  1  Schutz des Leistungsinteresses

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kostspieligen Erfüllungsbemühungen gezwungen werden,190 berücksichtigt nicht hinreichend, dass auf Seiten des Gläubigers das Leistungsinteresse durch die be­ reits erfolgten Erfüllungsschritte mitbestimmt wird. Dieses kann u. U. erheblich gemindert sein, wenn die bisherigen Bemühungen zu einer für ihn (eingeschränkt) brauchbaren, teilweisen Erfüllung geführt haben, insbesondere wenn der Min­ derwert im Rahmen von Sekundäransprüchen kompensiert werden kann.191 d)  Vertretenmüssen als Determinante der Zumutbarkeitsschwelle Wenn gemäß §  275 Abs.  2 S.  2 BGB bei der Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze „auch zu berücksichtigen [ist], ob der Schuldner das Leistungshindernis zu ver­ treten hat“, kommt damit, je nach Normverständnis, entweder die Relevanz eines weiteren, nicht selbstverständlichen Abwägungsgesichtspunkts zum Ausdruck,192 oder aber wird eine zentrale Weichenstellung für die Interpretation des Gesetzes vorgenommen.193 Nach der hier vertretenen Konzeption geht es freilich im Rah­ men des §  275 Abs.  2 BGB nicht um eine vom Parteiwillen gelöste Abwägung der Interessen der Beteiligten durch den Normanwender, sondern um das Nachzeich­ nen desjenigen Interessenausgleichs, wie er von den Parteien als Konsequenz ihrer Allokationsziele gefunden worden wäre, hätten sie den Eintritt des Leistungshin­ dernisses bedacht.194 Versteht man den Wortlaut der Bestimmung dahingehend und berücksichtigt den „Inhalt des Schuldverhältnisses“ und bei dessen Ermitt­ lung die „Gebote von Treu und Glauben“, ist zunächst festzuhalten, dass das Ver­ tretenmüssen im Fall der Regelverantwortlichkeit nach §  276 Abs.  1 BGB die für den Schuldner beherrschbaren Risiken von den nicht beherrschbaren trennt. Die Wasserscheide des Verschuldens impliziert, dass der Schuldner nur unzurei­ chenden Aufwand betrieben hat, um den Eintritt von (nachträglichen) Leistungs­ hindernissen zu vermeiden, i.e. insofern zumindest nicht die im Verkehr erforder­ liche Sorgfalt hat walten lassen.195 Die daraus vermeintlich zwanglos abzuleitende Konsequenz, dem Schuldner, der den Eintritt des Leistungshindernisses zu vertreten (verschuldet) habe, sei ein   P. Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 2002, §  2 Rdnr.  36.   Zur Bedeutung von Sekundäransprüchen für das Leistungsinteresse des Gläubigers supra

190 191

b).

192   BGH v. 22.  6 . 2005 – VIII ZR 281/04, NJW 2005, 2852, 2855; S. Lorenz, NJW 2002, 2497, 2503 Fn.  54; S. Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, 2002, Rdnr.  308; Petersen, Examens-Repetitorium Allgemeines Schuldrecht, 5.  Aufl., 2011, Rdnr.  273; H. P. Westermann/ Bydlinski/Weber, BGB-Schuldrecht Allgemeiner Teil, 7.  Aufl., 2010, Rdnr.  7/17; Kuhlmann/ Nauen, Festschrift für Horst Ehmann, 2005, S.  31, 60 Fn.  137. 193   So insbesondere U. Huber, Festschrift für Peter Schlechtriem, 2004, S.  521, 556 ff.; Lobinger, Die Grenzen rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten, 2004, S.  259 ff. passim; Finn, Erfül­ lungspflicht und Leistungshindernisse, 2007, S.  377 ff.; auch schon Wiedemann, Festschrift 600 Jahre Universität zu Köln, 1988, S.  367, 372 spricht von „zwei völlig verschiedenen Lebensberei­ chen“; vgl. auch infra Fn.  197. 194   Supra a). 195   Eingehend noch infra C. II. 1. a).

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deutliches Mehr an Leistungsanstrengungen abzuverlangen,196 bedarf indessen entgegen erster Intuition näherer Begründung.197 Wie bereits angedeutet ist näm­ lich zunächst zu beachten, dass im System des deutschen Leistungsstörungsrechts die unzureichenden Präventionsbemühungen des Schuldners auch bei einer Be­ freiung von der Naturalerfüllungspflicht nicht sanktionslos bleiben. Auf der Ebe­ ne der bei Vertretenmüssen eingreifenden Sekundäransprüche internalisiert der Schuldner die Folgen seines Handelns jedenfalls insoweit, als er zum Schadenser­ satz statt der Leistung nach §§  280 Abs.  1, Abs.  3, 283 BGB verpflichtet bleibt. Eine opportunistische Manipulation der Leistungspflicht droht daher von An­ fang an nur insoweit, als eine vorhersehbare Diskrepanz zwischen dem tatsäch­ lichen Leistungsinteresse des Gläubigers und dem im Rahmen des Schadenser­ satzanspruchs liquidierbaren, positiven Interesse besteht.198 Nur insoweit könnte der Schuldner die Folgen der von ihm zu vertretenden Leistungsstörung über­ haupt externalisieren. Im Hinblick auf die ex ante Interessen der Parteien ist demnach zu berücksich­ tigen, dass der Schuldner bei zu vertretenden Leistungshindernissen bereits durch die drohende Schadensersatzhaftung zu präventiven Investitionen angehalten und von opportunistischen Vertragsbrüchen abgehalten wird, dass die Naturalleis­ tungspflicht also nicht das einzige Rechtsinstitut mit Anreizwirkung darstellt. Ruft man sich allerdings die systematischen Unzulänglichkeiten des Schadenser­ satzes in Erinnerung, spielt die Pflicht zur Naturalerfüllung gleichwohl eine ent­ scheidende Rolle: Sofern das im Rahmen eines Anspruchs aus §§  280 Abs.  1, Abs.  3, 283 BGB zu ersetzende positive Interesse hinter dem tatsächlichen Leis­ tungsinteresse des Gläubigers zurückbleibt, fällt die Anreizwirkung suboptimal aus, wie dies entsprechend für den zu früh entfallenden Naturalerfüllungsan­ spruch konstatiert wurde.199 Die schon von §  275 Abs.  2 S.  1 BGB angeordnete Zurückhaltung gegenüber einer Befreiung bereits bei minimalem Überschreiten des Leistungsinteresses durch den Erfüllungsaufwand erfährt hier noch eine an­ dere Akzentuierung: Soweit der Schadensersatzanspruch wegen einer systema­ tisch zu niedrigen Bemessung des zu kompensierenden positiven Interesses nur suboptimale Präventionsanreize setzt, kann dies durch ein Aufrechterhalten des 196   So BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  131 unter Zustimmung der Rechtsprechung, BGH v. 30.  5. 2008 – V ZR 184/07, NJW 2008, 3122, 3123, und weiter Teile der Literatur z. B. Löwisch/ Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  275 Rdnr.  102; Dauner-Lieb in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring (Hrsg.), Anwaltkommentar BGB, Bd.  2/1, 2.  Aufl., 2005, §  275 Rdnr.  16; Looschelders, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 9.  Aufl., 2011, Rdnr.  476; Petersen, Exa­ mens-Repetitorium Allgemeines Schuldrecht, 5.  Aufl., 2011, Rdnr.  272; Canaris, JZ 2001, 499, 503; Maier-Reimer in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, 2003, S.  291, 293. 197   Wider die h. M. auch diejenigen, die fehlendes Verschulden als Grund für ein Absenken der Befreiungsschwelle unter den „Maximalmaßstab“ des §  275 Abs.  2 S.  1 BGB betrachten, Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  101 f.; sympathi­ sierend H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  275 Rdnr.  26. 198   Zu pauschal daher Unberath, Die Pflichtverletzung, 2007, S.  280 f. 199   Supra a).

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Naturalerfüllungsanspruchs bei solchen Leistungsstörungen ausgeglichen wer­ den, die auf unzulänglicher Risikovorsorge des Schuldners beruhen und deshalb von ihm zu vertreten sind. Die drohende Belastung mit erhöhten Erfüllungskos­ ten fungiert als Anreizmechanismus, der Motivationsdefizite des Schadensersatz­ anspruchs ausgleicht. Die Zumutbarkeitsgrenze wird, soweit es um den vom Schuldner zu vertretenden Eintritt von Leistungshindernissen geht, nach dem hy­ pothetischen Willen der Beteiligten im Zeitpunkt des Vertragsschlusses daher über die aus §  275 Abs.  2 S.  1 BGB fließende Schwelle hinaus angehoben werden. Die Vertragschließenden werden in einer vollständigen Parteivereinbarung zu vermeiden suchen, dass Schwierigkeiten bei der Bemessung des Leistungsinteres­ ses zu Lasten des Gläubigers ausschlagen, nicht zuletzt, weil der Schuldner die Leistungsstörung und damit das erhöhte Kostenrisiko durch Anwendung der er­ forderlichen Sorgfalt gänzlich vermeiden kann. Dies gilt insbesondere, wenn das Leistungsinteresse des Gläubigers durch in Geld ohnehin nicht messbare Affekti­ onsinteressen bestimmt wird. Die bei zu vertretenden Leistungshindernissen eingreifende Zumutbarkeitsschwelle, �, und die dadurch drohende Kostenlast, d, müssen unter Anreizgesichtspunkten so bemes­ sen sein, dass f(μ|s)f(�|s)d = f(μ|s)(v(r) – w(r) – p) ist. Da aber auch bei Eintritt eines zu vertretenden Leistungshindernisses die Pflicht zur Naturalerfüllung nicht vollkommen unbegrenzt besteht, gilt f(μ|s)f(�|s)  f(μ|s). 200 Daraus folgt, dass die im Vertretensfall zu tragenden Erfüllungskosten den tatsächlichen Nichterfüllungsschaden des Gläubigers überschreiten müssen, um ex ante zu optimalem Präventionsverhalten anzuhalten, i.e. d  v(r) – w(r) – p.

In ihrer Tendenz muss die Regelung des §  275 Abs.  2 S.  2 BGB nach dem Vorge­ sagten nicht als inhaltlich mit schadensrechtlichen Wertungen anzureichernde Schrankenregel einer heteronomen Haftung verstanden werden.201 Sie entspricht durchaus dem Effizienzkalkül der Parteien und damit ihrem mutmaßlichen Wil­ len. Umgekehrt ist aber auch zu erwähnen, dass nach der vorherrschenden Ausle­ gung des §  285 BGB die Schuldnerinteressen regelmäßig voll gewährleistet wer­ den, wenn das Leistungshindernis vom Schuldner vorsätzlich durch Veräußerung des Leistungssubstrats an einen Dritten geschaffen wird. Die überwiegend befür­ wortete Pflicht, den Erlös des „besseren Geschäfts“ vollständig herauszugeben, 202 lässt es zumindest als überflüssig erscheinen, zusätzliche Anreize zur Vertragser­ füllung über ein Hinausschieben der Grenze des §  275 Abs.  2 BGB zu setzen. Soweit allerdings auf der Grundlage der herrschenden Meinung203 eine über die hier entwickelte Verschiebung der Zumutbarkeitsgrenze hinausgehende Belas­ tung des Schuldners im Fall der verschuldeten Leistungsstörung befürwortet   Schon supra c).   So aber Lobinger, Die Grenzen rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten, 2004, S.  187, 259 f. 202   Bereits supra Kapitel 4 §  3 Fn.  31 . 203   Supra Fn.  196. 200 201

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wird, beruht dies auf der Durchsetzung einer partiell heteronomen Konzeption der Vorschrift, wie auch die wiederkehrende Berufung auf vermeintliche Grund­ entscheidungen des deutschen Gesetzgebers o. ä. zeigt. 204 Derartiges ist zumindest gegenüber risikoneutralen Schuldnern unschädlich, da sich diese ohne zusätzliche Kosten vor dem zu weit gehenden Naturalerfüllungszwang schützen können, in­ dem sie die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachten. 205 Nachhaltig negative Effizienzimplikationen hat die Sicht allerdings dort, wo der Schuldner nicht durch eigene Sorgfalt übermäßigen Erfüllungszwang abwenden kann. Dies gilt nament­ lich im Rahmen des ihm nach §  278 BGB unbedingt zugerechneten Verschuldens von Erfüllungsgehilfen. Nicht zuletzt deshalb ist die hier vertretene Konzeption des §  275 Abs.  2 S.  2 BGB vorzugswürdig. e)  Anwendung des §  275 Abs.  2 BGB im Licht arbeitsteiliger Leistungserbringung Wenn dem Schuldner das Risiko von Leistungsstörungen, die auf dem Verhalten Dritter basieren, als implizite Folge seiner Pflicht zur Naturalerfüllung im Grund­ satz zuzuweisen ist, 206 muss er sich bei Fehlen klarer Parteiabsprachen bis zur Zumutbarkeitsgrenze des §  275 Abs.  2 S.  1 BGB bemühen, die drittverursachten Leistungshindernisse zu überwinden. Hält man ihn für verpflichtet, Aufwen­ dungen zu tätigen, die dem verifizierbaren Leistungsinteresse zuzüglich eines Si­ cherheitsaufschlags wegen dessen systematisch zu niedriger Taxierung entspre­ chen, erzeugt dieses institutionelle Arrangement – im Zusammenspiel mit der sekundären Haftung207 – die wünschenswerte Anreizstruktur und vermeidet in­ effizienten Erfüllungszwang. Der zu betreibende Aufwand, den der Schuldner zur Beseitigung von Leis­ tungsstörungen demnach schuldet, wenn eigene Arbeitnehmer, selbständige Un­ ternehmer, deren Verhalten der Schuldner überlegen beeinflussen kann oder sons­ tige Dritte, deren Aktivitäten bei der Leistungserbringung aus den genannten Gründen der Risikosphäre des Schuldners zugewiesen sind, 208 für das Leistungs­ hindernis verantwortlich zeichnen, ist naturgemäß einzelfallabhängig. 209 Rele­ vante Sachverhaltskonstellationen mit dem hier interessierenden Drittbezug be­   Vgl. supra Fn.  167.   Allgemein zur Unerheblichkeit übermäßiger Sanktionen bei der Verschuldenshaftung ri­ sikoneutraler Normadressaten im Hinblick auf ihre Präventionsanreize, Shavell in: Polinsky/ Shavell (Hrsg.), Handbook of Law and Economics, Bd.  1, 2007, S.  139, 165. 206   Supra I. 3. 207   Supra d). 208   Zum Kreis der Personen, für die der Schuldner das Risiko der Verursachung von Leis­ tungshindernissen verschuldensunabhängig im Rahmen des Erfüllungsanspruchs übernimmt, supra I. 3. 209   Dies betonen z. B. BGH v. 20.  7. 2005 – VIII ZR 342/03, NJW 2005, 3284; Canaris in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002: Schuldrechtsmodernisierung, S.  5, 22 f.; Unberath in: Bamberger/Roth, BGB, Bd.  I, 2.  Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  55; Medicus/S. Lorenz, Schuldrecht I, 19.  Aufl., 2010, Rdnr.  425. 204 205

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gegnen z. B. wenn Arbeitnehmer des Schuldners oder von ihm betraute selbstän­ dige Unternehmer die begonnene Leistungserbringung entwerten (Ware verdirbt infolge Streiks der Transportleute) und sich daher die Frage stellt, mit welchem Aufwand dieser einen neuen Erfüllungsversuch starten muss. Ebenfalls praxisre­ levant sind Fälle, in denen die in Aussicht genommene Bezugsquelle für das vom Schuldner zu beschaffende Leistungssubstrat versiegt und daher entscheidend wird, mit welchem Aufwand dieser andere Versorgungsmöglichkeiten erschlie­ ßen muss. Die allgemein beschriebenen Grenzen der Leistungspflicht, wie sie ent­ lang des hypothetischen vollständigen Vertrags für die Einrede des §  275 Abs.  2 BGB konkretisiert wurden, gelten insoweit ohne Modifikationen. Für einzelne Sonderkonstellationen, wie die Verantwortlichkeit für das Auftreten von Drittin­ teressenten, wurde auf dieser Grundlage die Abgrenzung der Risikosphären be­ reits dargelegt. 210 Im Übrigen ist auf die exemplarisch behandelte Illustration hin­ zuweisen.211 Wiederum können die unterschiedlichen Fähigkeiten der Beteiligten, Risiken zu tragen, zu einer Zuweisung der Verantwortlichkeit für Dritte führen, die von derjenigen abweicht, die allein unter Anreizgesichtspunkten wünschenswert wäre.212 Konkret können die Risikopräferenzen für ein Anheben oder Absenken der Zumutbarkeitsschwelle sprechen. Ist der Schuldner beispielsweise risikoneut­ ral, während der Gläubiger stark risikoavers ist, kann es dem mutmaßlichen Par­ teiwillen entsprechen, dem Schuldner weitergehende Erfüllungsbemühungen zu­ zumuten, als dies bei Risikoneutralität auch des Gläubigers der Fall wäre. 2.  Vertragstypische Grenzen der Leistungspflicht, §§  439 Abs.  3, 635 Abs.  3 BGB Neben dem Leistungsverweigerungsrecht des §  275 Abs.  2 BGB normiert das BGB für einzelne Vertragstypen spezielle Einreden, die zu einem Ausschluss der Naturalleistungspflicht im Hinblick auf den Nacherfüllungsanspruch führen. Die hier untersuchte, inzidente Zuweisung des Personalrisikos im Rahmen von auf Befriedigung des Leistungsinteresses gerichteten Erfüllungsansprüchen wird somit für die praktisch wichtigen Fälle der Mangellieferung bei Kauf- und Werk­ vertrag durch die §§  439 Abs.  3 S.  1, 635 Abs.  3 BGB mitentschieden. 213 Die Struk­ tur der Regelungen unterscheidet sich als Folge der zum Teil nötigen Berücksich­   Supra c).   Infra D. 212   Zur Relevanz der Risikopräferenzen der Beteiligten für die generelle Übernahme des Per­ sonalrisikos bereits supra I. 3. b). 213   Zum Nebeneinander der Einwendungen und Einreden aus §  275 BGB und dem Leistungs­ verweigerungsrecht des §  439 Abs.  3 S.  1 BGB, H. P. Westermann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  3, 6.  Aufl., 2012, §  439 Rdnr.  14b, 19; Matusche-Beckmann in: Staudinger, BGB, §§  433–487; Leasing, Neubearbeitung 2004, §  439 Rdnr.  38; Faust in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  1, 2.  Aufl., 2007, §  439 Rdnr.  37; Bitter/Meidt, ZIP 2001, 2119; P. Huber, NJW 2002, 1004, 1007; Jacobs, in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, 2003, S.  371, 381. 210 211

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tigung supranationaler Vorgaben nicht unerheblich, was zunächst erfordert, den relevanten Regelungsgehalt der Leistungsverweigerungsrechte zu umreißen. 214 Erst auf dieser Grundlage kann die im Hinblick auf das verfolgte Erkenntnisin­ teresse maßgebliche Schwelle der Unverhältnismäßigkeit bestimmt und auf ihre Europarechtskonformität hin überprüft werden, 215 bevor abschließend ihre, auf die arbeitsteilige Leistungserbringung ausgerichtete Dimension zu untersuchen ist. 216 a)  Struktur der Regelung Im Kaufrecht steht als Folge der europarechtlichen Vorgaben aus Art.  3 Abs.  2 VerbrGK-RL das Wahlrecht zwischen Nachlieferung und Nachbesserung dem Käufer zu, weshalb das Leistungsverweigerungsrecht des §  439 Abs.  3 S.  1 BGB auch auf Fälle relativer Unverhältnismäßigkeit reagieren muss, in denen sich die gewählte Nacherfüllungsmodalität im Vergleich zu der bestehenden Alternative als zu kostspielig erweist. 217 Aus der hier interessierenden Perspektive ist insoweit festzuhalten, dass in diesen Konstellationen nicht etwa der Naturalerfüllungs­ zwang ausgeschlossen wird, sondern lediglich ein ressourcenverschwendender Weg zur Befriedigung des Leistungsinteresses versperrt wird. Die inzidente Zu­ weisung des Personalrisikos über die Leistungspflicht endet vielmehr im Kauf­ recht erst, wenn ein Fall der absoluten Unverhältnismäßigkeit eintritt, der zu ei­ ner – seit jeher europarechtlich in Frage gestellten 218 – Totalverweigerung der Nacherfüllung im Sinne des §  439 Abs.  3 S.  3, 2. HS BGB berechtigt. Die maßgeb­ liche Grenzlinie wird daher durch die Schwelle absolut unverhältnismäßiger Kos­ ten markiert. Allein diese Grenzziehung ist im Rahmen des §  635 Abs.  3 BGB relevant. Die Konstellation der relativen Unverhältnismäßigkeit begründet in Anbetracht des   Infra a).   Infra b). 216   Infra c). 217   Vgl. §  439 Abs.  3 S.  3 BGB sowie BGH v. 14.  1. 2009 – VIII ZR 70/08, NJW 2009, 1660, 1661; H. P. Westermann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  3, 6.  Aufl., 2012, §  439 Rdnr.  21; Matusche-Beckmann in: Staudinger, BGB, §§  433–487; Leasing, Neubearbeitung 2004, §  439 Rdnr.  40; Faust in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  1, 2.  Aufl., 2007, §  439 Rdnr.  39; Heinrich, ZGS 2003, 253, 256 f. 218   Vor der Entscheidung des EuGH v. 16.  6 . 2011, verb. Rs. C-65/09 und C-87/09, NJW 2011, 2269 („Weber“ und „Putz“), z. B. Faust in: Bamberger/Roth, BGB, Bd.  1, 2.  Aufl., 2007, §  439 Rdnr.  40; Pfeiffer in: Anwalt Kommentar zum BGB, Bd.  2/1, 2.  Aufl., 2005, Art.  3 VerbrG­ KRL Rdnr.  7; Leible in: Gebauer/Wiedemann (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2.  Aufl., 2010, Kap.  10 Rdnr.  89. Seither z. B. Kaiser, JZ 2011, 978, 986; S. Lorenz, NJW 2011, 2241, 2244; Schulte-Nölke, ZGS 2011, 289; Purnhagen, EuZW 2011, 626, 629 f. Zum Teil wird eine „Rettung“ mit Hilfe der in BGH v. 26.  11. 2009 – VIII ZR 200/05, NJW 2009, 427 Rdnr.  21 ff. („Quelle“) eingeführten methodischen Figur der europarechtskonformen, teleologischen Re­ duktion für möglich gehalten, die faktisch §  439 Abs.  3 S.  3, 2. HS BGB als nicht existent behan­ delt, z. B. Maultzsch, GPR 2011, 253, 257; Stöber, ZGS 2011, 346, 350; Büdenbender/Binder, DB 2011, 1736, 1740 f.; Förster, ZIP 2011, 1494, 1500; offen für „Unanwendbarkeit“ des Totalverwei­ gerungsrechts, Purnhagen, EuZW 2011, 626, 630. 214

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beim Werkvertrag gemäß §  635 Abs.  1 BGB dem Unternehmer zustehenden Wahl­ rechts von Anfang an kein Regelungsbedürfnis. b)  Schwelle absolut unverhältnismäßiger Kosten Soweit bei Kauf- und Werkvertrag eine vollständige Befreiung von der Nacher­ füllungspflicht vorgesehen ist, soll die in den Spezialtatbeständen normierte  Zumutbarkeitsschwelle der absoluten Unverhältnismäßigkeit nach der Begrün­ dung des Regierungsentwurfs219 und der sich daran orientierenden Rechtspre­ chung220 und eines Teils der Literatur221 niedriger liegen als diejenige des §  275 Abs.  2 BGB. Die Gegenauffassung geht zumindest für das Kaufrecht von einem Gleichlauf der Zumutbarkeits- mit der Unverhältnismäßigkeitsschwelle aus, wo­ für vereinzelt autonome Sachgründe angeführt werden, 222 zumeist aber nur auf die Vorgaben der Richtlinie verwiesen wird, die auf der Grundlage unterschied­ licher methodischer Figuren zur Parallelität der kauf- und allgemein-schuldrecht­ lichen Befreiungsgrenzen führten. 223 Der exakte Gehalt der supranationalen Vor­ gaben ist allerdings ungeklärt, was den BGH zu einem Vorabentscheidungsersu­ chen veranlasst hat, 224 dem der EuGH zwischenzeitlich nachgekommen ist.225 Es geht insoweit darum, dass nach der Richtlinieninterpretation des EuGH im Hin­ 219   Vgl. zu §  439 Abs.  3 BGB: BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  232; zu §  635 Abs.  3 BGB: BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  265. 220   BGH v. 14.  1. 2009 – VIII ZR 70/08, NJW 2009, 1660, 1662 Rdnr.  18 (zu §  439 BGB). 221   Vgl. zu §  439 Abs.  3 BGB: Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubear­ beitung 2009, §  275 Rdnr.  98, 116; Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse, 3.  Aufl., 2007, §  2 Rdnr.  214; Eckert/Maifeld/Matthiesen, Handbuch des Kaufrechts, 2007, Rdnr.  612 f.; Bitter/Meidt, ZIP 2001, 2114, 2120; P. Huber, NJW 2002, 1004, 1007; Buck in: H. P. Wester­ mann (Hrsg.), Das Schuldrecht 2002, 2002, S.  105, 129; zu §  635 Abs.  3 BGB: Busche in: Mün­ chener Kommentar zum BGB, Bd.  4, 5.  Aufl., 2009, §  635 Rdnr.  38; Oetker/Maultzsch, Vertrag­ liche Schuldverhältnisse, 3.  Aufl., 2007, §  8 Rdnr.  94; Sprau in: Palandt, BGB, 71.  Aufl., 2012, §  635 Rdnr.  11/12; sowie i.Erg. auch die infra Fn.  226 Genannten, die zu einem Absenken des Schwellenwerts gelangen, indem sie nicht das volle Leistungsinteresse des Käufers/Bestellers berücksichtigen wollen. 222   Gegen die sachliche Berechtigung der Differenzierung v. a. H. P. Westermann in: Mün­ chener Kommentar zum BGB, Bd.  3, 6.  Aufl., 2012, §  439 Rdnr.  26: Abstufungen der „Grobheit des Missverhältnisses“ wirkten „willkürlich“; skeptisch auch schon H. P. Westermann, NJW 2002, 214, 248 Fn.  76; zustimmend Reinicke/Tiedke, Kaufrecht, 8.  Aufl., 2009, Rdnr.  4 43; eben­ falls mit teleologischen Erwägungen ablehnend, Freytag, Grundstrukturen des Kaufvertrags, 2007, S.  277 f. A. A. v. a. Canaris in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002: Schuldrechts­ modernisierung, 2003, S.  76 f.; Maultzsch, ZGS 2003, 411, 415, die in der ersten Andienung einen sachlichen Grund für das Absenken der Schwelle sehen. 223   Matusche-Beckmann in: Staudinger, BGB, §§  433–487; Leasing, Neubearbeitung 2004, §  439 Rdnr.  41 f.; Faust in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  1, 2.  Aufl., 2007, §  439 Rdnr.  40 f., 53 ff.; Leible in: Gebauer/Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2.  Aufl., 2010, Kap.  9 Rdnr.  89; Canaris, JZ 2004, 114, 120; Herresthal in: Langebucher (Hrsg.), Europarecht­ liche Bezüge des Privatrechts, 2.  Aufl., 2008, §  2 Rdnr.  163; Herresthal, WM 2007, 1354, 1356 ff. 224   Vorlagebeschluss des BGH v. 14.  1. 2009 – VIII ZR 70/08, ZIP 2009, 376. Dazu S. Lorenz, NJW 2009, 1633; Leible, LMK 2009, 281412. 225   EuGH v. 16.  6 . 2011, verb. Rs. C-65/09 und C-87/09, NJW 2011, 2269 Rdnr.  63 ff. („We­ ber“ und „Putz“).

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

blick auf Art.  3 Abs.  3 S.  1 VerbrGK-RL und den 11. Erwägungsgrund der voll­ ständige Ausschluss der Nacherfüllung nur im Fall ihrer „Unmöglichkeit“ zuläs­ sig ist, 226 was die vermeintlich entscheidende Frage aufwirft, ob diese Kategorie autonom europarechtlich zu interpretieren ist227 oder aber, ob den Mitgliedstaaten insoweit ein Konkretisierungsspielraum zukommt, der ein Totalverweigerungs­ recht auch dann richtlinienkonform erscheinen ließe, wenn dieses geringere An­ forderungen an die Befreiung stellte als §  275 Abs.  2 BGB.228 (1)  Die Grenze der Nacherfüllungspflicht im nationalen Recht Nähert man sich der Grenzziehung zunächst vom nationalen Recht her, liegt der Knackpunkt primär in der Bestimmung der relevanten Bezugsgrößen, aus denen sich das Unverhältnismäßigkeitsurteil ableitet. Die positiv-rechtlichen Vorgaben üben sich insoweit in bemerkenswerter Zurückhaltung und lassen schlicht offen, zu welchem Vergleichswert die Kosten der Nacherfüllung eigentlich außer Ver­ hältnis stehen müssen, um die Einrede des §  439 Abs.  3 S.  1, 635 Abs.  3 BGB zu begründen. Zum Teil wird aus dem Nebeneinander von §  275 Abs.  2 BGB und den spezialvertraglichen Leistungsverweigerungsrechten geschlossen, bei Letzteren könne es nicht auf das Leistungsinteresse des Gläubigers ankommen, sondern nur auf den objektiven Wert des Kaufgegenstands bzw. des Werkes in mangelfreiem Zustand 229 bzw. das für diese Leistung zu erbringende Entgelt (Kaufpreis). 230 Die von den Transaktionszielen der Beteiligten gelöste Maßgeblichkeit eines „objek­ tiven“ Wertes wird freilich bereits dadurch relativiert, dass dieser durch die ver­ traglich vorausgesetzte Verwendung bestimmt werden soll 231 und es damit doch 226   EuGH v. 16.  6 . 2011, verb. Rs. C-65/09 und C-87/09, NJW 2011, 2269 Rdnr.  71 („Weber“ und „Putz“). 227   Dafür z. B. Faust in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  1, 2.  Aufl., 2007, §  439 Rdnr.  53; Freytag, Grundstrukturen des Kaufvertrags, 2007, S.  217 ff.; Pfeiffer, ZGS 2002, 217, 219; K. Kirsten, ZGS 2005, 66, 67 f.; Heinrich, ZGS 2003, 253, 258. 228   So v. a. Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse, 3.  Aufl., 2007, §  2 Rdnr.  216; im Ausgangspunkt auch S. Lorenz in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  3, 5.  Aufl., 2008, Vor §  474 Rdnr.  18, grds. daran festhaltend 6.  Aufl.; S. Lorenz, NJW 2005, 1889, 1894, der aber eine restriktive Interpretation und Beschränkung des §  439 Abs.  3 BGB auf Fälle „wirtschaft­ licher“ Unmöglichkeit fordert. Im Sinne einer Selbstbindung des deutschen Gesetzgebers, der in §  275 BGB festgelegt habe, was er unter Unmöglichkeit bzw. gleichgestellten Tatbeständen ver­ stehe und sich daher an diesem Begriffsverständnis bei der Umsetzung der VerbrGK-RL fest­ halten lassen müsse, Herresthal in: Langebucher (Hrsg.), Europarechtliche Bezüge des Privat­ rechts, 2.  Aufl., 2008, §  2 Rdnr.  163; Herresthal, WM 2007, 1354, 1356 ff. 229   Für §  439 Abs.  3 BGB: OLG Braunschweig v. 4.  2. 2003 – 8 W 83/02, NJW 2003, 1053, 1054; Grunewald in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  439 Rdnr.  16; Bitter/Meidt, ZIP 2001, 2114, 2121; Heinrich, ZGS 2003, 253, 258; wohl ebenso Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  275 Rdnr.  98. Für §  635 Abs.  3 BGB: Busche in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  4, 5.  Aufl., 2009, §  635 Rdnr.  38; Schwenker in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  635 Rdnr.  15; Sprau in: Palandt, BGB, 71.  Aufl., 2012, §  635 Rdnr.  11/12; Teichmann, JuS 2002, 417, 420. 230   Ackermann, JZ 2002, 383, 385. 231   So Busche in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  4, 5.  Aufl., 2009, §  635 Rdnr.  38; Weidenkaff in: Palandt, BGB, 71.  Aufl., 2012, §  439 Rdnr.  16a.

§  1  Schutz des Leistungsinteresses

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auf die im Vertrag fixierte, individuelle Nutzenerwartung des Gläubigers an­ kommt. Hinzu kommt, dass die speziellen Leistungsverweigerungsrechte nach dem Willen des Gesetzgebers Ausprägungen der allgemeinen Zumutbarkeits­ schwelle des §  275 Abs.  2 BGB darstellen sollen und sich zumindest die kaufrecht­ liche Regelung in ihrem materiellen Gehalt an §  633 Abs.  2 S.  3 BGB a. F. anlehnt: 232 Sowohl die allgemeine Zumutbarkeitsschwelle233 als auch die Regelung des alten Werkvertragsrechts234 orientieren sich bei der Bestimmung der Grenzen der Na­ turalerfüllungspflicht am vollen Leistungsinteresse des Gläubigers. Den Versu­ chen, bereits über eine Einschränkung der zu berücksichtigenden Gläubigerinter­ essen zu einem Herabsenken der Unverhältnismäßigkeitsschwellen zu gelangen, ist daher schon aus diesem Grund eine Absage zu erteilen. 235 Dies folgt nach der hier vertretenen Sicht zudem daraus, dass auch die einschlägigen Bestimmungen des besonderen Schuldrechts eine am hypothetischen Parteiwillen orientierte Er­ gänzung der unvollständigen Parteivereinbarung darstellen. In Anbetracht der von den Parteien verfolgten allokativen Zielsetzungen entspricht dann aber allein die Ausrichtung der Grenzen des Naturalerfüllungszwangs am Leistungsinteres­ se des Gläubigers einerseits und dem zu dessen Befriedigung erforderlichen Er­ füllungsaufwand andererseits der mutmaßlichen Regelung, welche die Parteien selbst vereinbart hätten. 236

232   Vgl. BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  232, 265. Soweit im Hinblick auf die werkvertrag­ liche Systematik ausgeführt wird, die Regelung des §  633 Abs.  2 S.  3 BGB a. F. sei im Wesent­ lichen in §  275 Abs.  2 BGB aufgegangen, ibid. S.  265, kann daraus allenfalls der Schluss gezogen werden, die Unverhältnismäßigkeitsschwelle des §  635 Abs.  3 BGB solle nach den Vorstellungen des Normgebers von der Zumutbarkeitsgrenze des §  275 Abs.  2 BGB abweichen. Eine Abwei­ chung im Hinblick auf die Vergleichsgrößen bleibt demgegenüber ohne historisch-teleologische Grundlage. 233   Supra 1 b). 234   Der in ständiger Rechtsprechung unter Zustimmung der Literatur für maßgeblich ange­ sehene „Erfolg“ oder „Teilerfolg“ einer Nachbesserung stellt nichts anderes dar, als das Leis­ tungsinteresse des Bestellers, d. h. sein Interesse daran, die mangelfreie Werkleistung vom Un­ ternehmer zu erhalten, vgl. i.E. BGH v. 26.  10. 1972 – VII ZR 181/71, BGHZ 59, 365, 367; BGH v. 10.  10. 1985 – VII ZR, BGHZ 96, 111, 124; BGH v. 23.  2. 1995 – VII ZR 235/93, NJW 1995, 1835; BGH v. 4.  7. 1996 – VII ZR 24/95, NJW 1996, 3269, 3270; BGH v. 24.  4. 1997 – VII ZR 110/96, NJW-RR 1997, 1106; BGH v. 10.  11. 2005 – 64/04, NJW-RR 2006, 304; F. Peters in: Staudinger, BGB, §§  631–651, Neubearbeitung 2000, §  633 Rdnr.  192; Soergel in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  4, 3.  Aufl., 1997, §  633 Rdnr.  136. 235   Zutreffend für §  439 Abs.  3 BGB, OLG Karlsruhe v. 2.  9. 2004 – 12 U 144/04, ZGS 2004, 432, 433 f.; P. Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, §  13 Rdnr.  40 f.; Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse, 3.  Aufl., 2007, §  2 Rdnr.  214; Reinicke/Tiedke, Kaufrecht, 8.  Aufl., 2009, Rdnr.  4 48; ff.; P. Huber, NJW 2002, 1004, 1007; Tiedtke/Schmitt, DStR 2004, 2060, 2063; Gruber in: Helms/Neumann/Caspers/Sailer/Schmidt-Kessel (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, 2001, S.  187, 195 f.; S. Lorenz, NJW 2006, 1175, 1176. Zu §  635 Abs.  3 BGB: Peters/ Jacoby in: Staudinger, BGB, §§  631–651 (Werkvertragsrecht), Neubearbeitung 2000, §  635 Rdnr.  12; Raab in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring (Hrsg.), Anwaltkommentar zum BGB, Bd.  2/2, 2.  Aufl., 2005, §  633 Rdnr.  33; Voit in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  2, 2.  Aufl., 2007, §  635 Rdnr.  14; Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse, 3.  Aufl., 2007, §  8 Rdnr.  96. 236   Eingehend supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. a) (1).

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

Die Determinanten der im Rahmen der spezialvertraglichen Bestimmungen zu ziehenden Grenzen der Naturalerfüllungspflicht entsprechen somit denjenigen des allgemeinen Leistungsstörungsrechts. Dies gilt auch im Hinblick auf die Er­ mittlung der Vergleichsgrößen im Einzelnen. 237 Zu klären bleibt daher nurmehr, ob tatsächlich die Schwelle der §§  439 Abs.  3, 635 Abs.  3 BGB als solche niedriger anzusiedeln ist als diejenige des §  275 Abs.  2 BGB.238 Sieht man in dem Erfordernis eines „groben Missverhältnisses“ im Sinne der Unzumutbarkeitseinrede vor allem eine Reaktion auf Anreizverzerrungen, die als Folge einer tendenziell zu nied­ rigen Festsetzung des Erfüllungsinteresses drohen, 239 kommt es entscheidend dar­ auf an, ob die Bewertungsunsicherheiten bei Kauf- und Werkvertrag nicht in ver­ gleichbarem Maße bestehen. In der Tat wird man dies für viele Konstellationen unterstellen können, wenn es sich um standardisierte Austauschgeschäfte auf breiten und transparenten Märkten handelt, wo insbesondere die Möglichkeit und die Kosten eines eventuellen Deckungsgeschäfts hinreichend sicher bestimmbar sind. Bei typisierender Betrachtung erscheint es daher in der Tat gerechtfertigt, aus diesem Grund im Rahmen der kauf- und werkvertraglichen Nacherfüllungs­ pflicht von durchschnittlich niedrigeren Schwellenwerten auszugehen.240 Darin liegt freilich nur eine Konsequenz der Eigenart des von den Parteien angestrebten Güteraustauschs und ihres auf diesen zentrierten Bindungswillens, der durch das Gesetzesrecht fortgeschrieben wird. Es geht also nicht um einen paternalistischen, gesetzlichen Oktroi entsprechender Schwellenwerte, sondern um deren kon­ textabhängige Ermittlung entlang des mutmaßlichen Parteiwillens. Nicht aufge­ geben wird daher die auch in Rechtsprechung und Literatur betonte Notwendig­ keit der Einzelfallbetrachtung, 241 die insbesondere dem Umstand Rechnung zu 237   Supra 1 b), c). Eine gewisse, verbrauchsgüterkaufrechtliche Besonderheit ergibt sich aller­ dings daraus, dass als Folge der Quelle-Entscheidung des EuGH (EuGH v. 17.  4. 2008 – Rs. C404/06, Slg. 2008, I-2685) und ihrer legislativen Umsetzung in §  474 Abs.  2 S.  1 BGB eine ver­ braucherbegünstigende Störung des Äquivalenzverhältnisses droht, weil und soweit der Unter­ nehmer neue Ware zu liefern hat, die vom Verbraucher länger genutzt werden kann, ohne dass dieser Wertzuwachs oder aber zumindest die bisher gezogenen Gebrauchsvorteile über den rücktrittsrechtlichen Ersatz bereits gezogener Nutzungen ausgeglichen würden, Kaeding, NJW 2010, 1031, 1032 ff.; auch schon Gsell, NJW 2003, 1969, 1974 f.; eingehend zum Problem auch, Riha, Ökonomische Analyse des Sachmängelgewährleistungsrechts des BGB, 2007, S.  235 ff. Ein Lösungsvorschlag geht dahin, den vom Verkäufer zu tragenden Wertverlust als Kosten der Nacherfüllung im Rahmen des §  439 Abs.  3 BGB zu berücksichtigen und eine Nachlieferung ohne Nutzungskompensation bei möglicher Nacherfüllung als unverhältnismäßig anzusehen, Kaeding, NJW 2010, 1031, 1033 ff. Auch der EuGH hat im Quelle-Urteil (ibid., Rdnr.  42) darauf hingewiesen, dass die Verkäuferinteressen durch den Unverhältnismäßigkeitseinwand gewahrt würden. 238   Dafür die Nachweise supra Fn.  219–221. 239   Supra 1. a). 240   Insoweit wie hier Unberath, Die Vertragsverletzung, 2007, S.  279, der aber die Unzumut­ barkeitsschwelle des §  275 Abs.  2 BGB generell deutlich höher ansiedelt. 241   Hier nur H. P. Westermann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  3, 6.  Aufl., 2012, §  439 Rdnr.  20; Eckert/Maifeld/Matthiessen, Handbuch des Kaufrechts, 2007, Rdnr.  613; Busche in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  4, 5.  Aufl., 2009, §  635 Rdnr.  38; Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse, 3.  Aufl., 2007, §  8 Rdnr.  96.

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tragen hat, dass auch bei Kauf- und Werkverträgen individualisierte Transakti­ onen begegnen können, in denen eine Partei (konkludent) weitgehende Beschaf­ fungspflichten o. ä. übernimmt. Schließlich ergeben sich auch im Hinblick auf die Relevanz des Verschuldens bei der Bestimmung der Grenzen der Leistungspflicht keine Besonderheiten. Diesem sollte nur die für §  275 Abs.  2 BGB beschriebene, 242 untergeordnete Bedeutung bei der Konkretisierung des Unverhältnismäßigkeits­ einwands zukommen. 243 (2)  Totalverweigerung und Sekundärrecht Berücksichtigt man die jüngste EuGH-Rechtsprechung, 244 scheint die hier ent­ wickelte Lösung prima vista allenfalls unter der Prämisse europarechtskonform, dass die VerbrGK-RL den Mitgliedstaaten einen Konkretisierungsspielraum bei der Festlegung der zum Totalausschluss des Nacherfüllungsanspruchs führenden „Unmöglichkeit“ belässt.245 Durch die hier originär vor dem Hintergrund des deutschen Rechts begründete, weitgehende Parallelität der Einrede des §  275 Abs.  2 BGB mit derjenigen aus §  439 Abs.  3 BGB setzt sich der deutsche Gesetzge­ ber bei der Umsetzung der Richtlinie nicht in Widerspruch zu seiner autonomen Tatbestandsbildung im Rahmen des Unmöglichkeitseinwands und der verwand­ ten Einrede der Unzumutbarkeit. Seine richtlinienrelevante Konkretisierung er­ folgt jedenfalls konsistent. Für ihre materielle Vereinbarkeit mit den Richtlinien­ vorgaben spricht im Übrigen auch, dass sie die Grenzen der Nacherfüllungspflicht aus dem hypothetischen Bindungswillen der Parteien entwickelt und somit ihr Fundament in der Privatautonomie findet, die auch von der Richtlinie prominent als eine der (vorrangigen) Grundlagen der Regelung bezeichnet wird. 246 Bei genauerem Hinsehen kommt es in der vom EuGH entfalteten Konzeption des Nacherfüllungsregimes der VerbrGK-RL auf die vermeintlich entscheidende   Supra 1. d).   Generell gegen Berücksichtigung des Verschuldens im Rahmen des §  439 Abs.  3 BGB, Grunewald, Kaufrecht, 2006, §  9 I Rdnr.  47; K. Kirsten, ZGS 2005, 66, 70; Ball, NZV 2004, 217, 224; ebenso für §  635 Abs.  3 BGB, Busche in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  4, 5.  Aufl., 2009, §  635 Rdnr.  38; Sprau in: Palandt, BGB, 71.  Aufl., 2012 §  635 Rdnr.  11/12; Teichmann, JuS 2002, 417, 420; a. A. zu §  439 Abs.  3 BGB, OLG Karlsruhe v. 2.  9. 2004 – 12 U 144/04, ZGS 2004, 432, 433 f.; H. P. Westermann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  3, 6.  Aufl., 2012, §  439 Rdnr.  23; Matusche-Beckmann in: Staudinger, BGB, §§  433–487; Leasing, Neubearbeitung 2004, §  439 Rdnr.  48; P. Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 2002, §  2 Rdnr.  40; Haas in: Haas/Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland, Das neue Schuldrecht, 2002, Kap.  5 Rdnr.  158; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, 2009, 8.  Aufl., Rdnr.  4 48; Bitter/Meidt, ZIP 2001, 2114, 2121; Gruber in: Helms/Neumann/Caspers/Sailer/Schmidt-Kessel (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, 2001, S.  187, 196; ebenso zu §  635 Abs.  3 BGB: F. Peters/Jacoby in: Staudinger, BGB, §§  631–651 (Werkvertragsrecht), Neubearbeitung 2008, §  635 Rdnr.  13; Voit in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  2, 2.  Aufl., 2007, §  635 Rdnr.  14; Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse, 3.  Aufl., 2007, §  8 Rdnr.  96. 244   Supra Fn.  226. 245   Supra bei Fn.  228. 246   Vgl. insbesondere den 8. Erwägungsgrund der VerbrGK-RL. 242 243

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Frage, ob die Fälle der absoluten Unverhältnismäßigkeit des Nacherfüllungsauf­ wands als Fall der Unmöglichkeit im Sinne der Richtlinie zu betrachten sind, 247 indessen gar nicht an. Der EuGH differenziert in seiner Entscheidung sehr deut­ lich zwischen dem abhilfebezogenen Handlungsprogramm der Nacherfüllung einerseits und einer von diesem entkoppelten, selbständigen Kostentragungs­ pflicht des unternehmerischen Verkäufers andererseits, 248 wenn er die ersten Vor­ lagefragen der deutschen Gerichte249 nach dem Inhalt der Nacherfüllungspflicht dahin beantwortet, dass „der Verkäufer verpflichtet ist, entweder selbst den Aus­ bau dieses Verbrauchsguts aus der Sache, in die es eingebaut wurde, vorzunehmen und das als Ersatz gelieferte Verbrauchsgut in diese Sache einzubauen, oder die Kosten zu tragen, die für diesen Ausbau und den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts notwendig sind.“250 Dabei sind die Ausführungen des EuGH kei­ nesfalls so zu verstehen, dass die beiden unterschiedenen Verkäuferpflichten stets kumulativ zu gewähren seien. Vielmehr lässt der EuGH deutlich erkennen, dass ein isolierter Kostenerstattungsanspruch des Verbrauchers nach seinem Verständ­ nis hinreichend dessen Rechte wahrt. So führt das Gericht aus, dass ein adäquater Ausgleich der Verbraucher- und Unternehmerinteressen durch eine Kürzung des Kostenerstattungsanspruchs bewerkstelligt werden könne. 251 Ein solcher rechts­ technischer Mechanismus des Interessenausgleichs liefe aber erkennbar leer, wenn daneben eine unbeschränkte Pflicht zur Vornahme der – im Hinblick auf den betroffenen Ein- und Ausbau notwendig unteilbaren – Abhilfehandlung für den Unternehmer bestünde, weil diese mangels Gegenanspruchs gegen den Verbrau­ cher inzident zur vollen Kostenübernahme zwänge.252 Der EuGH ist daher dahin zu verstehen, dass in seiner Konzeption des Nacherfüllungsregimes abhilfebezo­ gene Handlungs- und Kostenerstattungspflichten in einem Verhältnis wechselsei­ tiger Exklusivität stehen. 253 247   So z. B. H. P. Westermann in: Münchener Kommentar zum BGB, 5.  Aufl., 2008, §  439 Rdnr.  26; Faust in: Bamberger/Roth, BGB, Bd.  1, 2.  Aufl., 2007, §  439 Rdnr.  41; Kirsten, ZGS 2005, 66, 67 f. 248   Zum Folgenden, Tröger, AcP 212 (2012) im Erscheinen, [D. I. 1]. In der Analyse ebenso Maultzsch, GPR 2011, 253, 256. 249   Neben dem BGH (v. 14.  1. 2009 – VIII ZR 70/08, NJW 2009, 1660 („Weber“)) hatte auch das AG Schorndorf (v. 25.  2. 2009 – 2 C 818/08, ZGS 2009, 525 („Putz“)) von seinem Recht Ge­ brauch gemacht, um eine Vorabentscheidung zu ersuchen, weil die in erster Linie auf die Gren­ zen und nur zweitrangig auf den Inhalt des Abhilfeanspruchs zielende „Eventualstellung“ der Vorlagefragen durch den BGH die Befürchtung begründete, die vor dem AG entscheidungser­ hebliche Frage nach dem Handlungsprogramm der Nacherfüllung werde vom EuGH unbeant­ wortet bleiben. 250   EuGH v. 16.  6 . 2011, verb. Rs. C-65/09 und C-87/09, NJW 2011, 2269 Rdnr.  62 (Hervor­ hebung vom Verf.). 251   EuGH v. 16.  6 . 2011, verb. Rs. C-65/09 und C-87/09, NJW 2011, 2269 Rdnr.  76. 252   Zutreffend Maultzsch, GPR 2011, 253, 258; eingehend Tröger, AcP 212 (2012) im Erschei­ nen, [D. I. 1, II. 3. A)]. 253   Dem Käufer ist damit nicht nach seinem Gutdünken stets statt der Durchsetzung der vom Verkäufer geschuldeten Abhilfehandlungen der Übergang zur Liquidation der Kosten einer Er­ satzvornahme erlaubt. Hierdurch wird einem Hauptanliegen der Gegner eines vom Handlungs­

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Dies ist entscheidend, weil der EuGH bei Beantwortung der hier interes­ sierenden, zweiten Vorlagefrage an keiner Stelle behauptet oder auch nur andeu­ tet, dass die Richtlinie den Verbrauchsgüterverkäufer zu Nacherfüllungsmaß­ nahmen zwänge, die mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden wären und deren gesamte Kosten er bei Durchführung mit eigenen Leuten oder von ihm beauftragten Dritten ohne Weiteres endgültig zu tragen hätte.254 Der Gerichtshof sieht den gerechten Interessenausgleich vielmehr dadurch verwirklicht, dass sich der Verkäufer seiner auch in den in Rede stehenden Konstellationen bestehenden Pflicht zur Kostentragung zwar nicht vollständig entziehen, diese aber auf einen Betrag beschränken könne, „der dem Wert, den das Verbrauchsgut hätte, wenn es vertragsgemäß wäre, und der Bedeutung der Vertragswidrigkeit angemessen ist.“255 Gerade weil der EuGH dem Nacherfüllungsregime der Richtlinie zwei selb­ ständige Verkäuferpflichten entnimmt, ist es von zentraler Bedeutung, dass er ei­ nen hinreichenden Schutz der Verbraucherinteressen bejaht, wenn dem Käufer ein (gekürzter) Kostenerstattungsanspruch für den Fall gewährt wird, dass Maßnah­ men zur Ermöglichung bzw. Vollendung der Nacherfüllung durchgeführt wer­ den sollen, die mit absolut unverhältnismäßigen Kosten verbunden sind. 256 Die deutsche Lösung in §  439 Abs.  3 BGB, die lediglich die Handlungspflichten des Verkäufers bei einer drohenden, absolut unverhältnismäßigen Kostenbelastung beschränkt, erscheint daher ohne Weiteres richtlinienkonform, 257 wenn trotz Fortfalls der Handlungspflichten des Verbrauchsgüterkäufers eine – zu kürzende programm entkoppelten Kostenersatzanspruchs im Rahmen der Nacherfüllung Rechnung ge­ tragen, denen es vor allem um die Sicherung des prinzipiellen Verbots der Selbsthilfe (vgl. BGH v. 23.  2. 2005 – VIII ZR 100/04, BGHZ 162, 219, 221 ff.) ohne Verstreichen einer – auch in Art.  3 Abs.  5 VerbrGK-RL vorgesehenen – Nachfrist für den Verkäufer geht, vgl. z. B. H. P. Westermann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  3, 6.  Aufl., 2012, §  439 Rdnr.  16; Faust in: Bam­ berger/Roth, BGB, Bd.  1, 2.  Aufl., 2007, §  439 Rdnr.  25. 254   Zutreffend geht der Vorlagebeschluss des BGH in seiner ganz auf die abhilfebezogenen Handlungspflichten des Verkäufers zentrierten Argumentation davon aus, dass der Richtlinien­ geber den Verkäufer nicht zu einer „wirtschaftlich unsinnigen Nacherfüllung“ verpflichten wolle, BGH v. 14.  1. 2009 – VIII ZR 70/08, NJW 2009, 1660 Rdnr.  17; ebenso Faust in: Bamber­ ger/Roth, BGB, Bd.  1, 2.  Aufl., 2007, §  439 Rdnr.  53; Kaeding, NJW 2010, 1031, 1034. 255   EuGH v. 16.  6 . 2011, verb. Rs. C-65/09 und C-87/09, NJW 2011, 2269 Rdnr.  74 („Weber“ und „Putz“). Zu den Determinanten der möglichen Beschränkung der Kostenerstattung auf einen „angemessenen Betrag“, Tröger, AcP 212 (2012) im Erscheinen, [D. III. 2.]. 256   So jetzt auch Maultzsch, GPR 2011, 253, 258. 257   Anders, die ganz überwiegende Sicht in der Literatur z. B. Kaiser, JZ 2011, 978, 986; S. Lorenz, NJW 2011, 2241, 2244; Schulte-Nölke, ZGS 2011, 289; Purnhagen, EuZW 2011, 626, 629 f. Zum Teil wird eine „Rettung“ mit Hilfe der in BGH v. 26.  11. 2009 – VIII ZR 200/05, NJW 2009, 427 Rdnr.  21 ff. („Quelle“) eingeführten methodischen Figur der europarechtskon­ formen, teleologischen Reduktion für möglich gehalten, die faktisch §  439 Abs.  3 S.  3, 2. HS BGB als nicht existent behandelt, z. B. Maultzsch, GPR 2011, 253, 257; Stöber, ZGS 2011, 346, 350; Büdenbender/Binder, DB 2011, 1736, 1740 f.; Förster, ZIP 2011, 1494, 1500; früher bereits Leible in: Gebauer/Wiedemann (Hrsg.), Zivilrecht unter europäischem Einfluß, 2.  Aufl., 2010, Kap.  10, Rdnr.  89; offen für Unanwendbarkeit des Totalverweigerungsrechts, Purnhagen, EuZW 2011, 626, 630.

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– Kostenerstattungspflicht für die Abhilfebemühungen des Käufers nach §  439 Abs.  2 BGB eingreift. Für die Vermessung der Risikozuweisung für Gehilfenfeh­ ler im Rahmen des (Nach-)Erfüllungsanspruchs kann daher ohne Modifikation auf die entwickelten Kriterien 258 zurückgegriffen werden. c)  Anwendung im Hinblick auf die arbeitsteilige Leistungserbringung Soweit die Risikozuweisung für durch Dritte verursachte Mängel im Rahmen der Nacherfüllungspflicht erfolgt, begründen die Einreden der §§  439 Abs.  3 S.  1, 635 Abs.  3 BGB im Ausgangspunkt keine strukturellen Besonderheiten gegenüber den Fällen, in denen die inzidente Zuordnung der Risiken von drittverursachten Leistungshindernissen durch die Grenzen der Leistungspflicht aus §  275 Abs.  2 BGB konkretisiert wird. Die Versicherungsfunktion der primären kauf- und werkrechtlichen Gewährleistungsansprüche reicht nur bis zur Verhältnismäßig­ keitsgrenze. 259 Nur insoweit sendet der Verkäufer ein von jeglichem Vertreten­ müssen 260 unabhängiges, starkes Qualitätssignal aus.261 Konkret bestimmen die Grenzen der Leistungspflicht darüber, wie weit prinzi­ piell dem Verkäufer/Werkunternehmer im Rahmen seiner Nacherfüllungspflicht zugewiesene Qualitätsrisiken im Einzelnen reichen. Im Hinblick auf die Gehil­ fenverantwortlichkeit geht es darum, welchen Aufwand er betreiben muss, um der Sphäre Dritter entstammende Mängel zu beseitigen oder durch Neuleistung zu überwinden. Denkbare Konstellationen begegnen, wenn der Beitrag einer im Rahmen der Leistungserbringung (Herstellung, Transport, Aufbau etc.) abhän­ gig oder selbständig beschäftigten Hilfsperson den Mangel verursacht und sich daher die Frage stellt, welche Anstrengungen der Verkäufer/Unternehmer zu prästieren hat, um mangelfrei zu leisten. Ähnliches gilt für den Fall, dass sich die in Aussicht genommene Bezugsquelle für das Leistungssubstrat oder Teile dessel­ ben als minderwertig erweist und sich der Verkäufer/Unternehmer daher allen­ falls durch Erschließen anderer Zulieferer zur ordnungsgemäßen Erfüllung in Stand setzen kann. Wie bereits für die nach der hier vertretenen Sicht gleichliegende Problematik der Konkretisierung der Zumutbarkeitsschwelle des §  275 Abs.  2 BGB konstatiert, ist die Bestimmung der aus §§  439 Abs.  3 S.  1, 635 Abs.  3 BGB fließenden Grenzen der Nacherfüllungspflicht stark einzelfallabhängig. Hier wie dort sind die allge­ mein entwickelten Kriterien auch dann unmodifiziert verwertbar, wenn es um die Abgrenzung der Verantwortlichkeit für Hilfspersonen geht, soweit deren Zuwei­

  Supra (1).   Supra Kapitel 4 §  3 B. I. 1. 260   Inwieweit er darüberhinaus ein von eigenem Verschulden unabhängiges Signal im Hin­ blick auf die Qualität seiner Zulieferer und ihrer Produkte sendet, hängt maßgeblich von seiner Einstandspflicht für deren Fehler im Rahmen der Sekundäransprüche ab, dazu infra C. und D. 261   Supra Kapitel 4 §  3 B. II. 258 259

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sung inzident im Rahmen des Nacherfüllungsanspruchs erfolgt. 262 Auf die Illus­ tration am Ende dieses Abschnitts sei auch an dieser Stelle hingewiesen.263

III.  Ergänzende Vertragsauslegung und Störung der Geschäftsgrundlage In der Einleitung des Abschnitts erfolgte eine kritische Auseinandersetzung mit der in der ökonomischen Literatur anzutreffenden Sicht, wonach die Rekonstruk­ tion des hypothetischen vollständigen Vertrags in Ergänzung der lückenhaften Parteivereinbarung vor allem im Rahmen des Instituts der ergänzenden Vertrags­ auslegung und der Lehre von der Störung der Geschäftsgrundlage erfolge. 264 Der zentrale Befund, dass vor allem der Einwand der Unmöglichkeit und die Einrede der unzumutbaren oder unverhältnismäßigen Leistungserschwernis die entspre­ chende Aufgabe übernehmen, hat sich im Vorstehenden bestätigt. Es bleibt aller­ dings die Frage, ob den genannten Instituten im hier interessierenden Kontext zumindest eine ergänzende Bedeutung zukommt. Dies gilt es sowohl für die er­ gänzende Vertragsauslegung265 als auch für die Geschäftsgrundlagenlehre266 zu untersuchen. 1.  Ergänzende Vertragsauslegung Für das allgemeine Institut der ergänzenden Vertragsauslegung bleibt kein Raum, wenn man die Regelungen der §§  275, 439 Abs.  3 S.  1, 635 Abs.  3 BGB über die Befreiung von der Naturalerfüllungspflicht als Ergänzung der unvollständigen Parteivereinbarung versteht, die sich entsprechend der lückenfüllenden Funktion des Gesetzesrechts am hypothetischen Willen der Parteien orientiert.267 Das ent­ scheidende Argument liegt dabei darin, dass die schuldrechtlichen Bestimmungen zu den Grenzen der Leistungspflicht einen speziellen Fall der am mutmaßlichen Bindungswillen der Beteiligten ausgerichteten Vertragsergänzung darstellen 268 und wegen dieser Funktionsäquivalenz schlicht kein Bedürfnis für den Rekurs auf das allgemeine Institut besteht. 269 Vor dem Hintergrund dieses Regelungszu­ sammenhangs kommt es auf das differenziert zu beurteilende, allgemeine Ver­   Vgl. schon supra 1. e).   Infra D. 264   Supra A. I. 265   Infra 1. 266   Infra 2. 267   Vgl. hierzu supra I. 2. a)., II. 1. a), II. 2. b). Allgemein supra Kapitel 4 §  2 B. III. 268   Ganz ähnlich Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  275 Rdnr.  82. Der gegen diese Sicht gerichtete Einwand, man dürfe die „verdrängte“ ergän­ zende Vertragsauslegung nicht durch die „Hintertür“ einer am mutmaßlichen Parteiwillen ori­ entierten Interpretation des §  275 Abs.  2 BGB wiedereinführen, Finn, Erfüllungspflicht und Leistungshindernisse, 2007, S.  250, stellt die Dinge auf den Kopf und geht offenbar unreflektiert von einer heteronomen Bestimmung des Umfangs der Versprechensbindung aus. 269   Im Ergebnis ebenso Klausch, Unmöglichkeit und Unzumutbarkeit im System des allge­ 262

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hältnis von ergänzender Vertragsauslegung und dispositivem Gesetzesrecht nicht an.270 Die gegenteilige Auffassung, die eine ergänzende Vertragsauslegung den Ein­ wendungen und Leistungsverweigerungsrechten aus §  275 BGB vorgehen lassen will, 271 verkennt diese Zusammenhänge und basiert wohl auf dem unausgespro­ chenen Bedürfnis, die Folgen der als unangemessen empfundenen Schwellenwerte des §  275 Abs.  2 BGB entsprechend dem Parteiwillen lindern zu müssen, wozu freilich aus der hier vertretenen Perspektive kein Anlass besteht. 2.  Störung der Geschäftsgrundlage Die durch die §§  275 Abs.  2, 439 Abs.  3, 635 Abs.  3 BGB gezogenen Grenzen der Naturalerfüllungspflicht erfassen Konstellationen ineffizienter Leistungserbrin­ gung, in denen der Erfüllungsaufwand nach Eintritt des Leistungshindernisses nicht durch das Interesse des Gläubigers gerechtfertigt werden kann. Eine weitere Begrenzung der über die ursprüngliche Leistungspflicht inzident erfolgenden Ri­ sikozuweisung kommt allerdings insofern in Betracht, als ein ausschließlich oder doch zumindest kumulativ anwendbarer §  313 BGB möglicherweise auch ex post effiziente Vertragserfüllungen ausschließt, um auf außergewöhnliche Leistungs­ erschwerungen zu reagieren.272 Dies wäre der Fall, wenn Leistungserschwernisse zu einer Vertragsanpassung, §  313 Abs.  1, Abs.  2 BGB, oder -aufhebung, §  313 Abs.  3 S.  1 BGB, berechtigten, obwohl der erforderliche Schuldneraufwand unter­ halb der im Rahmen des §  275 BGB für maßgeblich erachteten Schwelle bleibt. Umgekehrt könnte die Geschäftsgrundlagenlehre im Fall ihrer Vorrangigkeit dazu führen, im materiellen Recht ineffiziente Pflichten zur Naturalerfüllung zu perpetuieren, wenn die allein maßgebliche Schwelle des §  313 BGB erst jenseits von Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit in einer Aufhebung der ursprünglichen Versprechensbindung resultierte. Die vorstehenden Überlegungen umreißen das Erkenntnisinteresse, das zu­ nächst dahin geht, zu klären, ob für die Lehre von der Störung der Geschäfts­ grundlage neben den in §  275 BGB beschriebenen Grenzen der Leistungspflicht ein vorrangiger, idealkonkurrierender oder originärer Anwendungsbereich ver­ meinen Leistungsstörungsrechts nach der Schuldrechtsmodernisierung 2002, 2004, S.  77, 79; Finn, Erfüllungspflicht und Leistungshindernisse, 2007, S.  250. 270   Hierzu z. B. BGH v. 10.  7. 1963 – VIII ZR 204/61, BGHZ 40, 91, 103; BGH v. 25.  5. 1983 – IVa ZR 182/81, BGHZ 87, 309, 321; BGH v. 1.  2. 1984 – VIII ZR 54/83, BGHZ 90, 69, 75; BGH v. 13.  11. 1997 – IX ZR 289/96, BGHZ 137, 153, 157; Busche in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  157 Rdnr.  4 4 ff.; Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, 9.  Aufl., 2004, §  28 Rdnr.  109 ff.; Flume, Allgemeiner Teil, Bd.  II, 4.  Aufl., 1992, §  16 4 a, b, S.  321 ff. 271   Stadler in: Jauernig (Hrsg.), BGB, 14.  Aufl., 2011, §  275 Rdnr.  3. 272   Zu der gebräuchlichen Einteilung der Störung der Geschäftsgrundlage in die Fallgruppen der Leistungserschwerung, Äquivalenzstörung und Zweckverfehlung, z. B. BMJ (Hrsg.), Ab­ schlußbericht der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts, 1992, S.  147 f. Gerade Leis­ tungserschwerung und Äquivalenzstörung können freilich gleichzeitig, durch ein und densel­ ben Umstand, ausgelöst werden.

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bleibt. 273 Lediglich sofern man einen solchen bejaht, ist zu untersuchen, welche Schranken sich aus der Lehre von der Störung der Geschäftsgrundlage für die Verpflichtung zur Naturalerfüllung ergeben. 274 a)  Anwendungsbereich der Geschäftsgrundlagenlehre An dieser Stelle kann es nicht darum gehen, die vielfältigen Versuche einer einge­ henden Würdigung zu unterziehen, die darauf abzielen, das Institut der unzu­ mutbaren oder unverhältnismäßigen Leistungserschwernis von demjenigen der Störung der Geschäftsgrundlage trennscharf abzugrenzen. 275 Wiederum soll le­ diglich die eigene Konzeption der leistungsstörungsrechtlichen Systematik als Vorfrage der auf die arbeitsteilige Leistungserbringung zentrierten Anwendung der Geschäftsgrundlagenlehre in den Diskurs eingebettet werden. Auszugehen ist dabei von der Überlegung, dass ineffizienter Naturalerfül­ lungszwang bereits durch die Vorschrift des §  275 BGB in einer dem mutmaß­ lichen Parteiwillen entsprechenden Weise ausgeschlossen wird. Eine vorrangige Anwendung des §  313 BGB276 muss daher zu einer den Allokationszielen der Par­ teien widersprechenden Verschiebung der Grenzen vertraglicher Bindung führen, solange nicht im Rahmen des §  313 BGB Grenzen der Naturalerfüllungspflicht gezogen werden, die denjenigen des Unmöglichkeitseinwands und der Unzumut­ barkeitseinrede materiell entsprechen. 277 Je nachdem, ob von einer Störung der Geschäftsgrundlage infolge der Leistungserschwernis erst oberhalb oder bereits unterhalb der Zumutbarkeitsschwelle des §  275 Abs.  2 BGB ausgegangen wird, droht im materiellen Recht übermäßiger oder insuffizienter Zwang zur Natural­ erfüllung. Letzteres gilt schließlich ebenfalls, wenn die Lehre von der Störung der Geschäftsgrundlage neben §  275 BGB Anwendung findet.278 Die im Einklang mit   Infra a).   Infra b). 275   Skeptisch im Hinblick auf die Möglichkeit einer zweifelsfreien Vermessung geschiedener Anwendungsbereiche z. B. Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  19; Dauner-Lieb in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring (Hrsg.), Anwaltkommentar BGB, Bd.  2/1, 2.  Aufl., 2005, §  275 Rdnr.  17; M. Schulz in: H. P. Westermann (Hrsg.), Das Schuldrecht 2002, 2002, S.  17, 37, 41 f.; Medicus in: Haas/Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland, Das neue Schuldrecht, 2002, Kap.  3 Rdnr.  52; Picker, JZ 2003, 1035, 1045; Wilhelm, JZ 2001, 861, 867; Eidenmüller, Jura 2001, 824, 832; dezidiert a. A. S. Lorenz in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Fo­ rum 2005: Schuldrechtsmodernisierung, 2006, S.  5, 135 f. nach dem sich das Verhältnis von §  275 Abs.  2 BGB zu §  313 BGB „eindeutig und unzweifelhaft“ darstelle. 276   Dafür Schlüter, ZGS 2003, 346, 351, 354; tendenziell auch Medicus in: Haas/Medicus/ Rolland/Schäfer/Wendtland, Das neue Schuldrecht, 2002, Kap.  3 Rdnr.  52. Ebenso das Ver­ ständnis des seinerzeitigen Reformvorschlags durch die Schuldrechtskommission, BMJ (Hrsg.), Abschlußbericht der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts, 1992, S.  120, 151. 277   Mit dieser Tendenz z. B. Unberath in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  I, 2.  Aufl., 2007, §  313 Rdnr.  22. 278   So Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  275 Rdnr.  115; Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  23; Dedek in: Henssler/v. Westphalen (Hrsg.), Praxis der Schuldrechtsreform, 2.  Aufl., 2003, §  275 Rdnr.  29; Schmidt-Kessel in: Prütting/Wegen/Weinreich (Hrsg.), BGB, 6.  Aufl., 2011, §  275 273 274

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den Zielen der Vertragsparteien, als Fortschreiben ihrer unvollständigen Abre­ den, im Rahmen des §  275 BGB festgelegten Grenzen der Versprechensbindung werden nur dann nicht entwertet, wenn dem dort postulierten Unmöglichkeits­ einwand und der Einrede der Unzumutbarkeit – im Einklang mit den Gesetzes­ materialien 279 – im Fall von Leistungserschwernissen prinzipiell Vorrang vor der Vertragsanpassung oder -aufhebung nach §  313 BGB zugebilligt wird.280 Dabei ist freilich mit dem Anwendungsvorrang „ernst“ zu machen, 281 d. h. dieser darf nicht dahingehend verstanden werden, dass in den Fällen der Leistungserschwernis un­ terhalb der Schwelle der Leistungsbefreiung nach §  275 BGB doch wieder §  313 BGB zur Anwendung gelangen könne – worin nichts anderes läge, als eine kumu­ lative Anwendung der Bestimmungen. Daran ist insbesondere gegenüber Versuchen festzuhalten, einen eigenständigen Anwendungsbereich des §  313 BGB durch eine behauptete Verschiebung der Per­ spektive von den Gläubiger- auf die Schuldnerinteressen zu reklamieren. 282 Zwar ist es durchaus zutreffend, dass die Leistungserschwernis auf Seiten des Schuld­ ners regelmäßig und nicht selten schwerwiegende Auswirkungen auf das Äquiva­ lenzverhältnis zwischen der von ihm zu erbringenden Leistung und der hierfür versprochenen Gegenleistung hat.283 Nicht zutreffend ist aber die These, dass die damit verbundenen Beeinträchtigungen des Schuldnerinteresses im Rahmen des §  275 BGB keine Berücksichtigung fänden: 284 Insoweit ist in Erinnerung zu rufen, dass der Schuldner nur insoweit einen erhöhten Leistungsaufwand zu tragen hat, wie er nach dem Inhalt des Schuldverhältnisses entsprechende Risiken von einem Rdnr.  19; Grüneberg in: Palandt, BGB, 71.  Aufl., 2012, §  313 Rdnr.  13; P. Huber/Faust, Schuld­ rechtsmodernisierung, 2002, Kap.  2, Rdnr.  79; Emmerich, Leistungsstörungsrecht, 6.  Aufl., 2005, §  3 Rdnr.  68, §  27 Rdnr.  40, §  28 Rdnr.  25; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  6 Rdnr.  38.; R. Schwarze, Jura 2002, 73, 78; Löhnig, ZGS 2005, 459, 460 Fn.  13. 279   BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  176 re. Sp. 280   G. H. Roth, in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5. Aufl., 2007, §  313 Rdnr.  140; Krebs in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring (Hrsg.), Anwaltkommentar BGB, Bd.  2/1, 2.  Aufl., 2005, §  313 Rdnr.  13, 15; Schulze in: Schulze/Dörner/Ebert/Hoeren/Kemper/Saenger/Schreiber/ Schulte-Nölke/Staudinger, Handkommentar zum BGB, 7.  Aufl., 2012, §  313 Rdnr.  7; Arnold in: Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring, Das neue Schuldrecht, 2002, §  3 Rdnr.  51; Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, 2002, Rdnr.  408; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, 10.  Aufl., 2006, Rdnr.  399; Petersen, Examens-Repetitorium Allgemeines Schuldrecht, 5.  Aufl., 2011, Rdnr.  229; Fehre, Unmöglichkeit und Zumutbarkeit der Leistung, 2005, S.  54, 58; Eidenmüller, Jura 2001, 824, 831; Kindl, WM 2002, 1313, 1316; Schulze/Ebers, JuS 2004, 265, 266. 281   Zutreffend Lobinger, Die Grenzen rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten, 2004, S.  265 ff. 282   In diesem Sinne aber BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  130 li. Sp.; vorbereitet durch Canaris, JZ 2001, 499, 501 f., 505; dem folgend z. B. H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  275 Rdnr.  23; Grüneberg in: Palandt, BGB, 71.  Aufl., 2012, §  275 Rdnr.  29; §  313 Rdnr.  32; Schulze in: Schulze/Dörner/Ebert/Hoeren/Kemper/Saenger/Schreiber/SchulteNölke/Staudinger, Handkommentar zum BGB, 7.  Aufl., 2012, §  275 Rdnr.  20, §  313 Rdnr.  8 ; M. Schulz in: H. P. Westermann (Hrsg.), Das Schuldrecht 2002, 2002, S.  17, 38; Hey, Beiträge für Claus-Wilhelm Canaris, 2002, S.  21, 42 f., 46. 283   Vgl. nur für die „wirtschaftliche Unmöglichkeit“ Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  95. 284   So auch Finn, Erfüllungspflicht und Leistungshindernis, 2007, S.  515 mit S.  181 ff.

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Vertretenmüssen unabhängig übernommen hat, während er ohne eine solche Übernahme bereits dann nach §  275 Abs.  1 BGB befreit wird, wenn die bei Ver­ tragsschluss vorgesehene Leistungserbringung scheitert. 285 Nur in diesem Rahmen trägt er Beschaffungsrisiken, die bei der Bemessung der Gegenleistung Berück­ sichtigung finden. Die Reichweite der übernommenen und entgoltenen Risiken wird, sofern Parteiabsprachen fehlen, durch die Zumutbarkeitsschwelle des §  275 Abs.  2 BGB bzw. diejenige der Unverhältnismäßigkeit im Sinne der §§  439 Abs.  3 S.  1, 635 Abs.  3 BGB bestimmt, wodurch das feststellbare Leistungsinteresse des Gläubigers zuzüglich eines die fehlende Verifizierbarkeit widerspiegelnden Auf­ schlags zur zentralen Determinante der Schuldnerpflichten wird. 286 Soweit dieses für den Schuldner abschätzbar ist, droht ihm auch bei gänzlich unvorhersehbaren Leistungshindernissen nach der hier vertretenen Konzeption der Einwendungen und Einreden der §§  275, 439 Abs.  3, 635 Abs.  3 BGB maximal die antizipierte Be­ einträchtigung seines Äquivalenzinteresses, d. h. seinen Belangen kann ohne Her­ anziehung des §  313 BGB gerade auch im Hinblick auf die durch die Leistungs­ erschwernis bedingte Äquivalenzstörung voll Rechnung getragen werden. Der im Mittelpunkt der Argumentation stehende Gesichtspunkt vorherseh­ barer und bei der Entgeltvereinbarung berücksichtigter Risiken für den Schuld­ ner basiert zentral auf der fixen Referenz des Gläubigerinteresses.287 Besonderes Augenmerk verdienen somit Konstellationen, in denen das Gläubigerinteresse über die Zeit variabel ist, weil dann eine durch §  275 BGB nicht aufzufangende Veränderung der übernommenen Risiken nach Vertragsschluss denkbar ist.288 Zu beachten ist aber, dass die vermeintliche „Lücke“ in der Regelung der Grenzen der Naturalerfüllungspflicht erst dann (künstlich) gerissen wird, wenn für den maß­ geblichen Vergleich mit dem erforderlichen Erfüllungsaufwand auf das Gläubi­ gerinteresse im Zeitpunkt der Fälligkeit der Leistung abgestellt wird.289 Rekur­   Supra I. 2.   Supra I. 2. Auch BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  130 und Canaris, JZ 2001, 499, 501, 502 betonen die zentrale Bedeutung des Gläubigerinteresses für die Grenzen der Naturalerfül­ lungspflicht, freilich verknüpft mit der hier nicht geteilten These, die Schuldnerinteressen fän­ den im Rahmen des §  275 BGB keine Berücksichtigung. Dem folgend z. B. BAG v. 29.  6 . 2004 – 1 ABR 32/99, NZA 2005, 118, 122. 287   Die adäquate Interessenwahrung allein im Rahmen der §§  275, 439 Abs.  3, 635 Abs.  3 BGB ist vor diesem Hintergrund unabhängig davon, welches Missverhältnis zwischen dem Leis­ tungsinteresse des Gläubigers und dem erforderlichen Erfüllungsaufwand für eine Befreiung des Schuldners von der Leistungspflicht gefordert wird. Voraussetzung ist lediglich, dass die Relation ihrerseits ex ante erkennbar war. 288   Dies entspricht der fokussierten Fallgruppenbildung bei Ernst in: Münchener Kommen­ tar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  22; Unberath in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  I, 2.  Aufl., 2007, §  313 Rdnr.  22; Unberath, Die Pflichtverletzung, 2007, S.  281 f.; S. Lorenz in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2005: Schuldrechtsmodernisierung, 2006, S.  5, 135 f.; Finn, Erfüllungspflicht und Leistungshindernis, 2007, S.  519; vgl. auch schon Canaris, JZ 2001, 499, 501; Canaris in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002: Schuldrechtsmodernisierung, 2003, S.  5, 14. 289   So in der Tat Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  81; Unberath, Die Pflichtverletzung, 2007, S.  281 f. 285

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riert man demgegenüber im Rahmen des §  275 Abs.  2 BGB auf das (vorhergese­ hene) Leistungsinteresse des Gläubigers im Zeitpunkt des Vertragsschlusses, stellt sich das Problem gar nicht. Erhöht sich nach Vertragsschluss der Marktpreis für die Leistung in nicht antizipierter Weise, z. B. weil generell das Preisniveau auf dem Beschaffungs- oder Zuliefermarkt wegen plötzlicher Naturereignisse, poli­ tischer Konflikte o. ä. unvorhergesehen ansteigt, wachsen zwar bis zum Fällig­ keitszeitpunkt die Beschaffungskosten und das aktuelle Interesse des Gläubigers, die Leistung in Natur von dem Schuldner zu erhalten, 290 im Gleichschritt. Die von §  275 Abs.  2 S.  1 BGB geforderte Orientierung der Befreiung von der Leistungs­ pflicht am „Inhalt des Schuldverhältnisses“, mit der nicht weniger als das norma­ tive Leitfeuer für die Norminterpretation bezeichnet wird, 291 legt es allerdings nahe, den Schuldner nicht durch eine entsprechende Auslegung der Tatbestands­ merkmale mit Beschaffungsrisiken zu belasten, die er bei Vertragsschluss nicht vorhergesehen und daher nicht übernommen hat. Das Abstellen auf das aktuelle Leistungsinteresse des Gläubigers im Zeitpunkt der Fälligkeit führt aber potenti­ ell und losgelöst vom mutmaßlichen Parteiwillen zur Zuweisung unbeschränkter Beschaffungsrisiken.292 Diese ließe sich vermeiden, wenn man das relevante Gläu­ bigerinteresse nicht als dynamische, sondern im Zeitpunkt des Vertragsschlusses fixierte Größe betrachtete. Es ist freilich mit Nachdruck darauf hinzuweisen, dass die Gegenauffassung das Sachproblem nicht etwa übersieht, sondern lediglich seine Behandlung im Rahmen des §  313 BGB verorten möchte und dafür die Gesetzesmaterialien in Anspruch nehmen kann.293 Darin liegt zwar aus der hier zugrundeliegenden Per­ spektive eine artifizielle Aufspaltung der dogmatischen Bewältigung eines ein­ heitlichen Sachproblems, 294 doch ist diese in der Sache so lange unschädlich, 295 wie die Grenzen der Leistungspflicht und damit auch die der über diese inzident er­ folgenden Risikozuweisung im Rahmen des §  313 BGB zutreffend gezogen wer­ den können. 296 290   Sofern der – in Geld bemessene – Nutzengewinn des Gläubigers aus einem ursprünglich intendierten Konsum der Leistung zwischenzeitlich geringer wäre, als der gestiegene Markt­ preis, wird das Leistungsinteresse des Gläubigers durch die Wiederverkaufsmöglichkeit zum Marktpreis bestimmt, vgl. auch §  252 BGB. 291   Eingehend supra II. 1. a). 292   Die Auffassung der in Fn.  289 Genannten aus diesem Grund ausdrücklich ablehnend Harke, Allgemeines Schuldrecht, 2010, Rdnr.  216. 293   Schon supra Fn.  282. 294   Vgl. auch Köndgen, Festschrift für Hans-Bernd Schäfer, 2008, S.  275, 280 ff., 294, der zu­ treffend darauf hinweist, dass es aus Sicht der Ökonomik nur ein einheitliches Regelungs­ problem der nicht antizipierten Leistungserschwernis gebe. 295   Übereinstimmend Lobinger, Die Grenzen rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten, 2004, S.  268 ff. 296   Eine gewisse Einschränkung der prinzipiellen Gleichwertigkeit der Lösungen liegt in den unterschiedlichen Rechtsfolgen, weil dem Leistungsverweigerungsrecht des §  275 Abs.  2 BGB die Vertragsanpassung nach §  313 Abs.  1 BGB gegenübersteht. Unterstellt man, dass Letztere stets die von den Parteien intendierte Risikoverteilung fortschreibt, vgl. nur G. H. Roth in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  313 Rdnr.  16, kommt auch der Lehre

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Der oben gebildete Beispielsfall illustriert die Relevanz des Sachproblems für die hier untersuchte Thematik: Bis zur Grenze der Befreiung von der Erfüllungs­ pflicht trägt der Schuldner die Risiken aus der Sphäre seiner Lieferanten und Zu­ lieferer, z. B. wenn die Beschaffung oder Zulieferung nur aus knapper und teurer werdenden Lagerbeständen möglich ist, weil infolge eines branchenweiten Streiks die Produktion ruht. Im Folgenden ist daher auf die Behandlung der Konstellati­ onen einer parallelen Steigerung des Erfüllungsaufwands und des Leistungsinter­ esses als Störung der Geschäftsgrundlage einzugehen. b)  Parallele Steigerung von Erfüllungsaufwand und Leistungsinteresse Geht man entgegen der hier vertretenen Sicht davon aus, dass es bei einem paral­ lelen Anstieg des Erfüllungsaufwands und des aktuellen Leistungsinteresses nicht zu einem groben Missverhältnis im Sinne des §  275 Abs.  2 S.  1 BGB kommen kann, bleibt allein, auf die Äquivalenzstörung im Rahmen des §  313 Abs.  1 BGB zu reagieren.297 Unter dieser Prämisse markiert der Wegfall der Geschäftsgrund­ lage die einschlägige Grenze der Leistungspflicht und damit der über den Natu­ ralerfüllungsanspruch implizit zugewiesenen, vom Vertretenmüssen unabhän­ gigen Verantwortlichkeit für Leistungshindernisse aus der Sphäre Dritter. Es gilt daher mit Blick auf die entsprechenden Konstellationen zu klären, wann nach den Vorgaben des §  313 Abs.  1 BGB, die auf die Wiedergabe des in Rechtsprechung und überwiegender Lehre Etablierten 298 zielen, 299 diese Grenze überschritten wird. Wann also die Leistungserschwernis die „Grundlage des Vertrags“ nach­ träglich „schwerwiegend verändert“, sodass insbesondere unter Berücksichtigung der „vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung“ das Festhalten am Vertrag „nicht zugemutet“ werden kann. Jedenfalls in den hier im Mittelpunkt des Interesses stehenden Konstellationen erfolgt der Zugang zur sachgerechten Anwendung des §  313 BGB über die Be­ trachtung der dem Schuldverhältnis immanenten Risikoverteilung.300 Diese ent­ von der Störung der Geschäftsgrundlage die hier für §  275 BGB identifizierte Funktion zu, die implizite Zuweisung des Personalrisikos im Rahmen der Naturalerfüllungspflicht entsprechend dem mutmaßlichen Parteiwillen zu verwirklichen. Vgl. auch sogleich infra b). 297   So die in Fn.  288 Genannten. 298   Seit der grundlegenden Untersuchung von Oertmann, Die Geschäftsgrundlage – Ein neu­ er Rechtsbegriff, 1921 und den Entscheidungen RG v. 21.  9. 1920 – III 143/20, RGZ 100, 129, 131 ff.; RG v. 3.  2. 1922 – II 640/21, RGZ 103, 328, 331 ff. Kritisch vor allem Flume, Allgemeiner Teil, Bd.  II, 4.  Aufl., 1992, §  26 3, 4, 5, 6, a) b), S.  497 ff., mit Ausnahme für die beide Parteien betreffende Änderung der „Sozialexistenz“, ibid. §  26 6 c), S.  523 ff.; nach der Kodifikation durch die Schuldrechtsreform Lobinger, Die Grenzen rechtsgeschäftlicher Leistungspflichten, 2004, S.  241 ff. 299   BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  175 li. Sp., 176 li. Sp. 300   Das „Prinzip der Gefahrenverteilung nach der vermutlichen oder besser der durchschnitt­ lichen Absicht der Parteien“ wurde schon von Ernst Rabel als der „einzige verlässliche Leit­ stern“ für die Handhabung der Lehre von der Geschäftsgrundlage bezeichnet, Rabel, Das Recht des Warenkaufs, Bd.  I, 1936, S.  357. Während im älteren Schrifttum gewichtige Konsequenzen auf entsprechender Grundlage gezogen wurden, v. a. Kegel, Gutachten, 40. DJT, 1953, S.  138,

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scheidet letztlich darüber, ob eine relevante Störung der Geschäftsgrundlage auf­ grund der veränderten Umstände in Betracht kommt. Realisiert sich nämlich in der eingetretenen Leistungserschwernis und der darauf zurückgehenden Äquiva­ lenzstörung ein Risiko, das dem Schuldner zugewiesen ist, kommt eine Befreiung von der ursprünglichen Leistungspflicht durch Anpassung des Vertrags aufgrund dieser Umstände nicht in Betracht.301 Dass die immanente Risikoverteilung der vertraglichen Austauschbeziehung entlang den von den Beteiligten mit ihrer Transaktion verfolgten allokativen Zielen entwickelt werden kann, wurde bereits eingehend dargelegt. Entscheidender Bezugspunkt ist danach das erkannte und im Entgelt berücksichtigte Gläubigerinteresse an der Naturalerfüllung im Zeit­ punkt des Vertragsschlusses.302 Erst wenn die Naturalerfüllung durch den Schuld­ ner einen Aufwand erfordert, der das Leistungsinteresse des Gläubigers – erhöht um einen die fehlende Verifizierbarkeit kompensierenden Aufschlag303 – über­ steigt, ist auch das dem Vertrag zugrundeliegende Äquivalenzverhältnis gestört: Erst dann würde der Schuldner zur Übernahme von Risiken gezwungen, die über diejenigen hinaus gehen, die er entgolten bekommt. Es ist nicht verwunderlich, dass damit die Bewältigung des Sachproblems unabhängig davon erfolgt, ob die Fälle eines gleichzeitigen Anstiegs der Erfüllungskosten und des aktuellen Leis­ tungsinteresses der Einrede des §  275 Abs.  2 S.  1 BGB oder dem Anspruch aus §  313 Abs.  1 BGB zugewiesen werden. Die stets aus dem (hypothetischen) Bin­ dungswillen der Beteiligten abzuleitende Schwelle, jenseits derer die Naturaler­ füllung der ursprünglichen Leistungspflicht nicht mehr verlangt werden kann, wird unter identischen Voraussetzungen überschritten.304 199 ff.; Larenz, Geschäftsgrundlage und Vertragserfüllung, 3.  Aufl., 1963, S.  107 f., 185 brachten vor allem Untersuchungen aus den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts die volle Tragweite des Kriteriums der Risikoverteilung zur Geltung, vgl. Fikentscher, Die Geschäftsgrundlage als Frage des Vertragsrisikos, 1971; Köhler, Unmöglichkeit und Geschäftsgrundlage bei Zweckstö­ rungen im Schuldverhältnis, 1971, S.  116 ff.; auch Koller, Die Risikozurechnung bei Vertragsstö­ rungen in Austauschverträgen, 1979, S.  77 ff. und passim. Auch die Kritik Werner Flumes (Fn.  298) basierte letztlich darauf, dass sich die adäquate Risikoverteilung anderweitig verwirk­ lichen lasse. Zur Bedeutung der vertraglich intendierten Risikoverteilung für die Geschäfts­ grundlagenlehre nach deren Kodifikation exemplarisch G. H. Roth in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  313 Rdnr.  28 ff. 301   BGH v. 1.  6 . 1979 – V ZR 80/77, BGHZ 74, 370, 373; BGH v. 16.  2. 2000 – XII ZR 79/97, NJW 2000, 1714, 1716; BGH v. 21.  9. 2005 – XII ZR 66/03, NJW 2006, 899, 901 Rdnr.  30; auch BGH v. 12.  6 . 1987 – V ZR 91/86, BGHZ 101, 143, 152. 302   Supra a). Vgl. auch die den hier im Rahmen des §  275 BGB entwickelten Kriterien entspre­ chende Aufzählung der relevanten Determinanten der vertraglichen Risikoverteilung bei G. H. Roth in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  313 Rdnr.  62 ff., der in diesen ein „bewegliches Wertungssystem“ erblickt. Eingehend auch G. H. Roth, Festschrift für Heinz Krejci, 2001, S.  1251. 303   Hierzu supra II. 1. a). 304   Für Koinzidenz der Schwellenwerte der Einrede aus §  275 Abs.  2 BGB und des Anpas­ sungsanspruchs aus §  313 Abs.  1 BGB bei „wirtschaftlicher Unmöglichkeit“ auch Harke, Allge­ meines Schuldrecht, 2010, Rdnr.  101; für generellen Gleichlauf des tatbestandlichen Instrumen­ tariums der §§  275 Abs.  2, 313 BGB, Schmidt-Recla, Festschrift für Adolf Laufs, 2006, S.  6 41, 668.

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Diese Lösung steht nur scheinbar im Widerspruch zu der Unzumutbarkeits­ schwelle des §  313 Abs.  1 BGB, die nach dem Willen des Gesetzgebers von der bisherigen Judikatur vorgeprägt sein soll305 und daher nach der ständigen Recht­ sprechung dort verläuft, wo das Festhalten am unmodifizierten Vertrag zu schlechthin untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit unvereinbaren Ergebnis­ sen führte.306 Eine derart hoch angesetzte Messlatte wäre indessen nur dann ge­ rechtfertigt, wenn die Reaktion auf die Störung der Geschäftsgrundlage eine he­ teronome Lockerung der von den Beteiligten gewollten kontraktlichen Bindung darstellte, sie also zu einer „Durchbrechung“ oder „Einschränkung“ des Grund­ satzes pacta sunt servanda führte.307 Gerade im hier untersuchten Kontext liegt das Ziel des Instituts der Störung der Geschäftsgrundlage aber darin, der Ver­ tragsbindung die intendierte Reichweite zu verleihen,308 indem bereits die materi­ ell-rechtliche Pflicht zur Naturalerfüllung nach dem (mutmaßlichen) Willen der Beteiligten gestaltet wird. Die zwangsweise Durchsetzung von Leistungspflichten im Widerspruch zum Willen der Beteiligten erscheint aber in der Tat schlechthin untragbar und in einer auf dem Grundsatz der Privatautonomie basierenden Ver­ tragsrechtsordnung mit Recht und Gerechtigkeit unvereinbar. Aus den Gründen, die schon den Ausschlag dafür gaben, der überwiegend be­ fürworteten Steigerung der Schwellenwerte im Rahmen der Unzumutbarkeitsein­ rede des §  275 Abs.  2 BGB tendenziell zuzustimmen,309 ist auch die Sicht zu teilen, die bei verschuldeten oder sonst zurechenbar herbeigeführten Leistungserschwer­ nissen generell die Anwendung des §  313 BGB ausschließen möchte.310 Hier wie 305   Nach BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  175 li. Sp., S.  176 re. Sp. sollte lediglich der status quo wiedergegeben und insbesondere die Ergebnisse der Rechtsprechung nicht verändert wer­ den. 306   So oder sinngleich BGH v. 29.  4. 1982 – III ZR 154/80, BGHZ 84, 1, 9; BGH v. 25.  2. 1993 – VIII ZR 24/92, BGHZ 121, 378, 392; BGH v. 5.  1. 1995 – IX ZR 85/94, BGHZ 128, 230, 238; BGH v. 26.  9. 1996 – I ZR 265/95, BGHZ 133, 316, 321. 307   So oder ähnlich für das neue Recht z. B. Krebs in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring (Hrsg.), Anwaltkommentar BGB, Bd.  2/1, 2.  Aufl., 2005, §  313 Rdnr.  2; Grüneberg in: Palandt, BGB, 71.  Aufl. 2012, §  313 Rdnr.  1; Stadler in: Jauernig, BGB, 14.  Aufl., 2011, §  313 Rdnr.  2; Schulze in: Schulze/Dörner/Ebert/Hoeren/Kemper/Saenger/Schreiber/Schulte-Nölke/Staudinger, Handkommentar zum BGB, 7.  Aufl., 2012, §  313 Rdnr.  1; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, 10.  Aufl., 2006, Rdnr.  224, 237; Looschelders, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 9.  Aufl., 2011, Rdnr.  769; Riesenhuber/Domröse, JuS 2006, 208, 212; mit Einschränkungen auch H. Rösler, ZGS 2003, 383, 390. Vor der Schuldrechtsmodernisierung Larenz, Geschäftsgrundlage und Vertragserfüllung, 3.  Aufl., 1963, S.  3 ; Wieacker, Festschrift für Walter Wilburg, 1965, S.  229, 230, 233 und 247; Heinrich Lange, Festschrift für Paul Giesecke, 1958, S.  21, 37; Horn in: BMJ (Hrsg.), Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd.  I, 1981, S.  551, 578, 630. 308   So besonders klar Medicus, Festschrift für Werner Flume, Bd.  I, 1978, S.  629, 632; sach­ gleich Fikentscher, Die Geschäftsgrundlage als Frage des Vertragsrisikos, 1971, S.  40; Ulmer, AcP 174 (1974) 167, 184; Köhler, Festgabe 50 Jahre Bundesgerichtshof, Bd.  I, 2000, S.  295, 299; vgl. auch Flume, Allgemeiner Teil, Bd.  II, 4.  Aufl., 1992, §  26 6 c, S.  525; zum neuen Recht insbe­ sondere Medicus in: Haas/Medicus/Rolland/Schäfer/Wendtland, Das neue Schuldrecht, 2002, Kap.  3 Rdnr.  183. 309   Supra II. 1. d). 310   BGH v. 11.  3. 1993 – I ZR 27/91, NJW-RR 1993, 880, 881; BGH v. 3.  5. 1995 – XII ZR

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dort ist die Prämisse, dass der Gesetzgeber im Rahmen einer ihm zustehenden Einschätzungprärogative davon ausgeht, dass das Gläubigerinteresse im Rahmen der Sekundäransprüche nicht vollumfänglich gewährleistet werden kann. Auch bei der Berücksichtigung des Vertretenmüssens im Rahmen des §  313 Abs.  1 BGB geht es darum, den Schuldner durch das Aufrechterhalten der Naturalerfüllungs­ pflicht zu effizienter Risikovorsorge anzuhalten. Der einschlägige Mechanismus liegt wiederum darin, den Schuldner bei unzureichenden Präventionsbemü­ hungen mit höherem Erfüllungsaufwand zu belasten. Wenn sich nach dem Vorgesagten im Hinblick auf die Schwellenwerte, jenseits derer der Schuldner infolge der Leistungserschwernis die Erfüllung seiner ur­ sprünglich begründeten Leistungspflicht verweigern kann, keine inhaltlichen Abweichungen zwischen einer Lösung über §  275 Abs.  2 S.  1 BGB und derjenigen nach §  313 Abs.  1 BGB ergeben, besteht erkennbar ein gewichtiger Unterschied auf der Rechtsfolgenseite. Während im Fall der Unzumutbarkeitseinrede die Leis­ tungspflicht ersatzlos entfällt und allenfalls durch Sekundäransprüche substitu­ iert wird, erwirbt der Schuldner bei der Störung der Geschäftsgrundlage regelmä­ ßig311 einen Anspruch auf Vertragsanpassung. Diese führt letztlich dazu, dass die modifizierten vertraglichen Primärpflichten zu erfüllen sind. Auch im Hinblick auf die Modalitäten der Vertragsanpassung muss der „Leitstern“ der intendierten vertraglichen Risikozuweisung voll durchschlagen. Dies bedeutet, dass die jen­ seits der ermittelten Zumutbarkeitsgrenze liegende Leistungserschwernis zur Be­ seitigung der aus ihr folgenden Äquivalenzstörung voll zu Lasten des Gläubigers gehen muss.312 Bei einer Vertragsanpassung wäre die Gegenleistung demnach so zu erhöhen,313 dass sie das ursprüngliche (äquivalente) Verhältnis von Leistung und Gegenleistung nach der Realisierung des konkreten Risikos reflektiert.314 29/94, BGHZ 129, 297, 310; OLG Frankfurt v. 20.  5. 2003 – 5 U 230/01, WM 2003, 1850; Unberath in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  I, 2.  Aufl., 2007, §  313 Rdnr.  29; Grüneberg in: Pa­ landt, BGB, 71. Aufl., 2012, §  313 Rdnr.  22. 311   Grundlegend für den subsidiären Charakter der Vertragsaufhebung, der jetzt in §  313 Abs.  3 BGB festgeschrieben ist, RG v. 3.  2. 1922 – II 640/21, RGZ 103, 328, 333 f.; Hohloch in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  313 Rdnr.  40, 44. 312   Härle, Die Äquivalenzstörung, 1995, S.  152 f., 157 f., 198; Köhler, Festgabe 50 Jahre Bun­ desgerichtshof, Bd.  I, 2000, S.  295, 305, 315 f. A. A. Bayreuther, Die Durchsetzung des Anspruchs auf Vertragsanpassung beim Wegfall der Geschäftsgrundlage, 2004, S.  21 ff., der generell auf der Rechtsfolgenseite des §  313 Abs.  1 BGB auch eine Verschiebung der Risikosphären für zulässig erachtet. 313   Zur Möglichkeit, auf die Äquivalenzstörung durch Erhöhung der Gegenleistung zu rea­ gieren, nur RG v. 19.  6 . 1933 – VI 34/33, RGZ 141, 198, 202; RG v. 21.  6 . 1933 – I 54/33, RGZ 141, 212, 217 f.; BGH v. 23.  10. 1957 – V ZR 219/55, BGHZ 25, 390, 395; BGH v. 21.  11. 1968 – VII ZR 89/66, NJW 1969, 233; G. H. Roth in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  313 Rdnr.  151; Unberath in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  I, 2.  Aufl., 2007, §  313 Rdnr.  89; Hohloch in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  313 Rdnr.  68 mit Rdnr.  60 ff. Überblick zur älteren Rechtsprechung bei Köhler, JA 1979, 498, 504 ff. 314   Vgl. auch Larenz, Schuldrecht I, 14.  Aufl., 1987, §  21 II 2, S.  320, der davon spricht, das „ursprüngliche Äquivalenzverhältnis sei „in etwa wiederherzustellen“; ähnlich Larenz, Ge­ schäftsgrundlage und Vertragserfüllung, 3.  Aufl., 1963, S.  176.

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Um die im Vertragskompromiss niedergelegte Risikoverteilung tatsächlich auf­ rechtzuerhalten, müsste die Werterhöhung der Leistung in einer Rechenoperation berücksichtigt werden, die zunächst – mit umgekehrter Stoßrichtung – derjenigen des §  441 Abs.  3 S.  1 BGB entspricht, der auf eine Wertminderung reagiert. Von dem so ermittelten, erhöhten Kaufpreis wären sodann die nach der vertraglichen Risikoverteilung vom Schuldner maximal übernommenen Beschaffungskosten abzuziehen.315 Die vermeintlich salomonische Lösung, die Kosten der Umstands­ änderung den Beteiligten jeweils zu gleichen Teilen aufzubürden,316 ist allenfalls dann akzeptabel, wenn in dem Vertrag keinerlei Anhaltspunkte für eine abwei­ chende Risikoverteilung bestehen – was aber streng genommen schon der Anwen­ dung des Tatbestands des §  313 BGB den Boden entzieht. Jenseits der Inflationsfälle, in denen sich der reale Wert der Leistungen nicht verändert, liegt in einer derartigen Anpassung allerdings eine u. U. präferenzwid­ rige Belastung des Gläubigers, der sich die Leistung zu diesen Konditionen mög­ licherweise gar nicht verschaffen wollte.317 Es drohte als Folge der den Schuldner entlastenden Vertragsanpassung nunmehr die „Indienstnahme“ des Gläubigers zur Durchsetzung von Allokationszielen, die sich nicht am übereinstimmenden Effizienzkalkül der Vertragsbeteiligten orientieren. Das Leistungsstörungsrecht verlöre seine fundamentale Funktion, die darauf gerichtet ist, die dezentrale Allo­ kationsentscheidung der Parteien gegen ex post Opportunismus abzusichern.318 Die Institution des Vertrags würde insgesamt unattraktiver, wenn die kontrakt­ liche Bindung potentiell mit der heteronomen Zuweisung nicht kalkulierbarer Risiken verbunden wäre. Es ist daher vorzugswürdig, es in den hier interessierenden Konstellationen dem Gläubiger zu gestatten, die Anpassung wegen Unzumutbarkeit im Sinne von §  313 Abs.  3 S.  1 BGB zu verweigern und den Schuldner auf das Rücktrittsrecht zu 315   Wird im Vertrag eine Leistung im Wert von 10 für 9 versprochen und übernimmt der Schuldner die Beschaffung der Leistung bis zu einer Kostengrenze von 11, so fällt ihm ein Risi­ ko von maximal 2 zu. Betragen die Beschaffungskosten aufgrund eines allgemeinen, auch den Wert der Leistung betreffenden Preisanstiegs 20, so ergibt sich im ersten Schritt ein angepasstes Entgelt von 18. Von diesem sind nun aber die Beschaffungskosten abzuziehen, die nach der ur­ sprünglichen vertraglichen Risikoverteilung jedenfalls zu Lasten des Schuldners gehen sollten, d. h. der angepasste Kaufpreis beträgt letztlich 16. 316   Z. B. BGH v. 8.  2. 1984 – VIII ZR 254/82, NJW 1984, 1746, 1747; BGH v. 23.  11. 1989 – VII ZR 60/83, BGHZ 109, 224, 229; BGH v. 10.  7. 2002 – XII ZR 107/99, NJW 2002, 3234, 3237; in der Literatur eingehend Kegel in: Kegel/Rupp/Zweigert, Die Einwirkung des Krieges auf Ver­ träge in der Rechtsprechung Deutschlands, Frankreichs, Englands und der Vereinigten Staaten, 1941, S.  127 ff. 317   Deutlich Köhler, Festgabe 50 Jahre Bundesgerichtshof, Bd.  I, 2000, S.  295, 305, 315; auch schon Köhler, Unmöglichkeit und Geschäftsgrundlage bei Zweckstörungen im Schuldverhält­ nis, 1971, S.  196; von einem „Zwangsvertrag“ sprechen Ehmann/Sutschet, Modernisiertes Schuldrecht, 2002, S.  175 f.; kritisch auch S. Lorenz/Riehm, Lehrbuch zum neuen Schuldrecht, 2002, Rdnr.  399 Fn.  488; Emmerich, Leistungsstörungsrecht, 6.  Aufl., 2005, §  29 Rdnr.  25; H. P. Westermann/Bydlinski/Weber, BGB-Schuldecht Allg. Teil, 7.  Aufl., 2010, Rdnr.  12/16; Finn, Erfüllungspflicht und Leistungshindernis, 2007, S.  501 ff. 318   Supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. a) (1).

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verweisen.319 Sofern sich die Durchführung der Transaktion zu geänderten Kon­ ditionen als paretoeffizient erweist, wird man darauf vertrauen können, dass die Parteien die notwendige Konditionsanpassung eher bewerkstelligen als die Ge­ richte.320 Somit vervollständigt sich das Bild. In den Fällen des gleichförmigen Anstei­ gens sowohl der Erfüllungskosten als auch des Leistungsinteresses erfolgt selbst dann keine Zuweisung des Risikos von Leistungshindernissen aus der Sphäre Dritter, die von den zu §  275 Abs.  2 BGB entwickelten Grundsätzen abweicht, wenn man die Konstellationen als Störung der Geschäftsgrundlage §  313 Abs.  1 BGB zuweist. Entscheidender Bezugspunkt für die Begrenzung der inzidenten Risikozuweisung durch die Naturalerfüllungspflicht ist jedenfalls die vertragliche Risikoverteilung. Nur wenn der Schuldner Leistungsrisiken ausdrücklich oder auf der Grundlage des mutmaßlichen Parteiwillens übernommen hat, stellt sich die im Rahmen der §§  275 Abs.  2, 313 Abs.  1 BGB zu beantwortende Frage nach deren Reichweite. Andernfalls führt der Eintritt eines Leistungshindernisses be­ reits zur Unmöglichkeit, §  275 Abs.  1 BGB.321 Im Hinblick auf die vom Schuldner danach übernommenen Leistungsrisiken verläuft die relevante Grenze, sofern er­ kennbare Parteidispositionen fehlen, nach dem mutmaßlichen, an den Allokati­ onszielen der Beteiligten orientierten Willen dort, wo die Erfüllungskosten das Leistungsinteresse des Gläubigers um mehr als einen der fehlenden Verifizierbar­ keit desselben geschuldeten Zuschlag überschreiten.

IV.  Ökonomisch rationale Einstandspflicht für Dritte im Rahmen   des Naturalerfüllungsanspruchs und Fortgang der Untersuchung Das Vorstehende hat gezeigt, dass die Einstandspflicht für Leistungshindernisse, die aus der Sphäre Dritter rühren, dem Schuldner im Rahmen der Naturalerfül­ lungspflicht zugewiesen ist, wenn er in der Lage ist, das potentiell zu Leistungs­ 319   Neben den in Fn.  317 Genannten tendenziell auch Schlechtriem/Schmidt-Kessel, Schuld­ recht, Allgemeiner Teil, 6.  Aufl., 2005, Rdnr.  485; stark einschränkend G. H. Roth in: Mün­ chener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  313 Rdnr.  105, bei schutzwürdigen Schuld­ nerinteressen; ihm folgend Unberath in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  I, 2.  Aufl., 2007, §  313 Rdnr.  88; Finn, Erfüllungspflicht und Leistungshindernis, 2007, S.  502 f. plädiert für eine „Vermutung der Unzumutbarkeit i. S. von §  313 Abs.  3 S.  1 Fall 2 BGB“, die der Schuldner ent­ kräften könne, wenn er nachweise, dass für ihn die Vertragsauflösung unzumutbar sei. Früher schon Flume, Allgemeiner Teil, Bd.  II, 4.  Aufl., 1992, §  26 4 b, S.  502 ff. 320   Die Rechtsordnung mag den Parteien einen „Schubser“ in diese Richtung geben, indem sie eine Nachverhandlungspflicht statuiert, vgl. Art.  6 :111 Abs.  2 PECL; anders Art.  III. – 1:110 Abs.  3 lit.  d DCFR. 321   Supra I. 2. Zum Vorrang des Unmöglichkeitseinwands aus §  275 Abs.  1 BGB vor der in §  313 BGB kodifizierten Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage, Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  275 Rdnr.  19; Unberath in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  I, 2.  Aufl., 2007, §  313 Rdnr.  22; Canaris, JZ 2001, 499, 501; Zimmer, NJW 2002, 1, 3.

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störungen führende Verhalten des Dritten überlegen zu steuern (cheapest cost avoider). Dies kann darauf beruhen, dass der Dritte abhängig beschäftigt und daher dem unmittelbaren, rechtlich abgesicherten Zugriff des Schuldners unter­ worfen ist. Die verantwortlichkeitslegitimierende Steuerungsmöglichkeit kann aber auch gegenüber einem selbständigen Unternehmer bestehen, auf den der Schuldner zumindest eher als der Gläubiger einwirken oder den er zumindest auf der Grundlage größerer Sachkenntnis auswählen kann. Schließlich entspricht eine prinzipielle Zuweisung von Leistungsrisiken aus der Sphäre Dritter unab­ hängig von relativ überlegenen Einwirkungsmöglichkeiten dem mutmaßlichen Parteiwillen, wenn der Schuldner eher in der Lage ist, die Folgen ihrer Realisie­ rung abzufedern (superior risk bearer). Letzteres ist im Hinblick auf die Natural­ erfüllungspflicht dann gegeben, wenn er eher als der Gläubiger in der Lage ist, Vorsorgemaßnahmen zu treffen, alternative Bezugsquellen zu erschließen etc. Je nach der Fähigkeit der Beteiligten, Risiken zu tragen, kann die Verantwortlich­ keit über das unter Anreizgesichtspunkten Optimale hinaus ausgedehnt oder hin­ ter dieses zurückgenommen werden. Sofern keiner der genannten Gesichtspunkte für eine Zuweisung des Leistungsrisikos spricht, führt der Eintritt des Leistungs­ hindernisses ohne Weiteres zum Erlöschen der Primärleistungspflicht wegen Un­ möglichkeit.322 Sind dem Schuldner danach Leistungsrisiken prinzipiell im Rahmen der Natu­ ralerfüllungspflicht zugewiesen, wird deren Reichweite durch die Rekonstrukti­ on des hypothetischen vollständigen Vertrags im Rahmen der §§  275 Abs.  2, 313 Abs.  1 BGB bestimmt. Sofern erkennbare Parteidispositionen fehlen, verläuft die relevante Grenze nach dem mutmaßlichen, an den verfolgten Allokationszielen orientierten Parteiwillen dort, wo die Erfüllungskosten das Leistungsinteresse des Gläubigers um mehr als einen der fehlenden Verifizierbarkeit desselben ge­ schuldeten Zuschlag überschreiten. Wiederum können die Risikopräferenzen der Beteiligten zu abweichenden Ergebnissen führen.323 Wie bereits mehrfach erwähnt, kommt bei Befreiung des Schuldners von seiner Leistungspflicht im „dualistischen“ System des BGB vor allem der Schadenser­ satzhaftung die zentrale Rolle bei der endgültigen Zuweisung der Risiken aus dem Eintritt von Leistungshindernissen zu. Weit über die Fälle der Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit hinaus spielt die Schadensersatzhaftung für die Sicherung des Leistungsinteresses aber auch dort eine tragende Rolle in der Risikozuwei­ sung, wo der Gläubiger an sich Naturalerfüllung verlangen könnte, ohne dass dem Schuldner Einwendungen oder Einreden gegen den Anspruch zustünden.324 Dies gilt zum einen für die mögliche und zumutbare, gleichwohl aber ausblei­

  Zum Ganzen supra I. 3.   Zum Ganzen supra II. 1. e)., 2 c). und III. 2. b). 324   Zur Interessenlage auch U. Huber, Leistungsstörungen, Bd.  II, 1999, §  35 I 1, S.  139 ff.; Kötz, Vertragsrecht, 2009, Rdnr.  769 ff. 322 323

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bende Leistung, zum anderen aber auch für die verzögerte sowie schließlich für die nicht ordnungsgemäß erbrachte Leistung.325 Im Folgenden gilt es daher abschließend die Verantwortlichkeit für aus der Sphäre Dritter stammende Störungen der Vertragserfüllung nachzuzeichnen, wie sie im Rahmen von Schadensersatzansprüchen begründet wird.326 Die gewon­ nenen Erkenntnisse sind dann anhand einer prominenten Kontroverse um die richtige Zuweisung der Verantwortlichkeit für bestimmte Dritte zu illustrie­ ren.327

C.  Einstandspflicht für Dritte im Rahmen des Schadensersatzanspruchs Die Verantwortlichkeit des Schuldners für Leistungsstörungen, die ihren Ur­ sprung in der Sphäre Dritter hatten, stellte sich im Vorstehenden als implizite Folge der fortbestehenden Naturalerfüllungspflicht dar. Dementsprechend war für die Untersuchung gleichgültig, ob die Leistungsstörung darauf beruhte, dass der Schuldner überhaupt nicht, nicht rechtzeitig oder nicht wie geschuldet er­ füllte. Die der Leistungspflicht immanente Risikozuweisung basiert allein dar­ auf, dass die Störung des Schuldverhältnisses nicht zu einer Einwendung oder Einrede nach §§  275, 439 Abs.  3 S.  1, 635 Abs.  3 BGB bzw. einem Anpassungsan­ spruch nach §  313 Abs.  1 BGB führte. Anders gewendet stellte sich die Risikozu­ weisung als gegenüber der Art der eingetretenen, objektiven Pflichtverletzung indifferent dar. Der Gesetzgeber des Jahres 2002 hat von den kompakteren Normierungsvor­ schlägen der Schuldrechtskommission 328 deutlich Abstand genommen und in den §§  280 ff. BGB statt eines hochabstrakt generalisierenden Haftungstatbestands eine breiter aufgefächerte Regelung für unterschiedliche Schadensarten und Pflichtverletzungen geschaffen.329 Damit ist evident, dass die Bestimmung der 325   Zu den, in §  281 Abs.  1 BGB, §  283 S.  1 BGB und §  280 Abs.  2, 286 Abs.  1 S.  1 BGB zum Ausdruck kommenden, zentralen Kategorien der Pflichtverletzung mit Bezug zum Leistungs­ interesse des Gläubigers z. B. Otto in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  280 Rdnr. C 7 ff.; Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  280 Rdnr.  12; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011 §  280 Rdnr.  11; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  16 Rdnr.  9 mit weiteren Kategorien. Auch noch infra C. I. 1. 326   Infra C. 327   Infra D. 328   BMJ (Hrsg.), Abschlußbericht der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts, 1992, S.  128 ff., 132 ff., 139 f., im Wesentlichen zurückgehend auf den Vorschlag von U. Huber in: BMJ, Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd.  I, 1981, S.  6 47, 671 f., von dem sich der Verfasser selbst aber vollständig abgewendet hatte, vgl. infra Fn.  329. 329   Eingehend zur über die vorgenommenen Abschwächungen noch deutlich hinausgehenden Kritik des Kommissionsentwurfs U. Huber in: Ernst/Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissen­ schaft und Schuldrechtsreform, 2001, S.  31, 93 ff.; vgl. auch Canaris in: Schulze/Schulte-Nölke (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechs, 2001, S.  43, 59 ff.; zu den entsprechenden Vorschlägen der Schuldrechtskommission schon Wiedemann,

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Verantwortlichkeit für Leistungshindernisse aus der Sphäre Dritter nicht gänz­ lich ohne Unterscheidung der entsprechenden Kategorien auskommt, soweit sie im Rahmen des Schadensersatzanspruchs erfolgt. Daher sind zunächst die Grundstrukturen der gesetzlichen Schadensersatzhaftung darzustellen, wie sie auch der eigentlichen Analyse der Verantwortlichkeit für Dritte zugrundelie­ gen.330 Diese ist geprägt durch die unterschiedlichen Formen der Pflichtverlet­ zung, die mit Bezug zum Leistungsinteresse des Gläubigers darin liegt, dass der Schuldner wegen eines die Leistungspflicht ausschließenden Hindernisses nicht leistet, oder trotz Bestehens der Leistungspflicht nicht oder nicht rechtzeitig331 bzw. nicht wie geschuldet erfüllt.332

I.  Struktur der vertraglichen Schadensersatzhaftung 1.  Einheitlicher Anspruch auf Schadensersatz wegen Pflichtverletzung Das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz hat in §  280 Abs.  1 BGB, insoweit zu­ rückgehend auf die Vorschläge der Schuldrechtskommission,333 eine einheitliche Anspruchsgrundlage für den Schadensersatz wegen der Verletzung von Pflichten aus einer Sonderverbindung geschaffen. Diese bildet auch den Ausgangspunkt für die unter zusätzlichen Voraussetzungen mögliche Liquidation des Verzögerungs- und Nichterfüllungsschadens.334 Die dogmatische Struktur des leistungsstö­ rungsrechtlichen Schadensersatzanspruchs ist insofern von unmittelbarer Bedeu­ tung für die hier untersuchte Fragestellung, weil die zentralen Haftungsvoraus­ setzungen der „Pflichtwidrigkeit“335 und des „Vertretenmüssens“ dem einheit­ lichen (Grund-)tatbestand des §  280 Abs.  1 BGB zu entnehmen sind. Die exakte Abgrenzung der jeweiligen Schadenskategorien ist für die Liquidation tatsächlich Festschrift 600 Jahre Universität zu Köln, 1988, S.  367, 369 ff.; Schapp, JZ 1993, 637, 638 ff.; Ernst, JZ 1994, 801, 805 f.; Flume, ZIP 1994, 1497, 1497 f.; aus gänzlich anderer Perspektive kritisch Zimmermann, JZ 2001, 171, 180; ähnlich, aber schwächer Magnus in: Schulze/Schulte-Nölke (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechs, 2001, S.  67, 79. 330   Infra I. 331   Infra II. 332   Infra III. 333   Supra Fn.  328. 334   BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  135; für die daran anknüpfende, ganz h. M. Grigoleit/ Riehm, AcP 203 (2003) 727, 728; a. A. v. Wilmowsky, JuS 2002, Beil. 1, 3, 4, der in den §§  280 Abs.  2, 281, 282, 283 BGB je eigene Anspruchsgrundlagen sieht. 335   Sowohl die BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  133 als auch der Reformvorschlag der Schuldrechtskommission, BMJ (Hrsg.), Abschlußbericht der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts, 1992, S.  29 f., 130 f., berufen sich darauf, dass der Begriff der „Pflichtwidrig­ keit“ nicht die Missverständnisse heraufbeschwören könne, wie sie bei Verwendung des von U. Huber in: BMJ, Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd.  I, 1981, S.  6 47, 699 ff. vorgeschlagenen Begriffs der „Nichterfüllung“ befürchtet wurden. Zu unrecht wird Diederichsen, AcP 182 (1982) 101, 117 ff. als Schöpfer des Begriffs in Anspruch genommen: Dessen Abhandlung enthält vielmehr eine Generalkritik an der Vereinheitlichung des Haf­ tungstatbestands, zu der eine bloße Substitution der Terminologie nicht recht passen würde.

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eingetretener Einbußen u. U. entscheidend, weil von ihr abhängt, ob der Gläubi­ ger zusätzliche Haftungsvoraussetzungen wie beispielsweise das Aussprechen einer Mahnung, die erfolglose Fristsetzung o. ä. vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen hat, welcher Verjährungsfrist der Anspruch unterliegt etc. Die viel­ fältigen Kontroversen um die zutreffende Abschichtung von Verzögerungsscha­ den, Schadensersatz statt der Leistung und einfachem Schadensersatz nach §  280 Abs.  1 BGB336 sind daher von eminenter praktischer Bedeutung.337 Sie liegen gleichwohl jenseits der hier untersuchten Frage, die in diesem Abschnitt darauf abzielt, die durch die Schadensersatzhaftung bestimmten Risikosphären der Be­ teiligten in Bezug auf Leistungsstörungen abzugrenzen, die aus der Sphäre Drit­ ter stammen. Die danach interessierenden Verantwortungsbereiche werden aber bereits durch den Pflichtenkreis des Schuldners und die Reichweite der einschlä­ gigen Zurechnungsnormen umrissen, weil diese zumindest prinzipiell das Scha­ densrisiko zuweisen bzw. von diesem frei stellen. Mit anderen Worten, die hier zu beschreibende, potentielle Verantwortlichkeit entscheidet sich unabhängig davon, unter welchen Voraussetzungen tatsächlich entstehende Einbußen letztlich er­ satzfähig gestellt sind. Es geht somit um Fragen, die sich allein im Rahmen der Tatbestandsmerkmale des §  280 Abs.  1 BGB beantworten lassen. Dabei wird nicht verkannt, dass die nach der Neufassung der Haftungstatbestände für die Sankti­ onsentscheidung letztlich maßgebliche Abschichtung der Schadensarten,338 Rück­ wirkungen auf die Risikozuweisung hat. Diese erfolgt im Rahmen des §  280 Abs.  1 BGB gegebenenfalls nur bedingt, nämlich vorbehaltlich weiterer Anspruchsvor­ aussetzungen. Entscheidend ist aber, dass aus Schuldnerperspektive die zu vertre­ tende Pflichtwidrigkeit die Grundlage einer potentiell vollumfänglichen Kom­ pensationspflicht darstellt, die sämtliche über die Definition des Pflichtenkreises und die Zurechnungsnormen zugewiesenen Risiken erfasst. Es ist an dieser Stelle zu klären, unter welchen Voraussetzungen das Risiko von Leistungsstörungen aus der Sphäre Dritter im Rahmen der Schadensersatzhaf­ 336   Es ist von untergeordneter Bedeutung, ob man von dieser, der Absatzgliederung des §  280 BGB entsprechenden Dreiteilung ausgeht, z. B. Otto in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neube­ arbeitung 2009, §  280 Rdnr. E 1 ff.; Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  280 Rdnr.  5 ; Looschelders, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 9.  Aufl., 2011, Rdnr.  553; Grigoleit/Riehm, AcP 203 (2003) 727, 729 f. und passim, oder aber zur Systematisierung der positivrechtlichen Vorgaben eine Zweiteilung in Schadensersatz statt der Leistung und Schadensersatz neben der Leistung vornimmt, bei der in letztere Kategorie u. a. der Verzögerungsschaden fällt, z. B. Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, 23.  Aufl., 2011, Rdnr.  237 f.; S. Lorenz, JuS 2008, 203. 337   Überlick zum Meinungsstand bei Otto in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  280 Rdnr. E 14 ff.; Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  280 Rdnr.  5, §  281 Rdnr.  110 ff., §  286 Rdnr.  117 ff.; Emmerich in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, Vor §  281 Rdnr.  16 ff.; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  25 Rdnr.  5 ff. Vgl. i.Ü. auch Grigoleit/Riehm, AcP 203 (2003) 727, 733 ff.; Hellwege, Die §§  280 ff. BGB, 2005. 338   Dies gilt auch, wenn man, wie von Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, 23.  Aufl., 2011, Rdnr.  279 vorgeschlagen, die „Reihenfolge der Prüfung“ zunächst an den Arten der Leistungs­ störung ausrichtet.

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tung dem Schuldner zugewiesen ist. Nach dem Vorgesagten ist dies gleichbedeu­ tend mit der Frage, wann der Eintritt der Leistungsstörung aus einer vom Schuld­ ner zu vertretenden Pflichtverletzung herrührt. 2.  Pflichtverletzung und Vertretenmüssen Die Pflichtverletzung bildet den Zentralbegriff des Leistungsstörungsrechts, der auch für die hier zu klärende Fragestellung von entscheidender Bedeutung ist. Als Vorfrage, die dem eigentlichen Vermessen der Verantwortlichkeit für Leistungs­ störungen aus der Sphäre Dritter vorauszugehen hat, ist zu klären, worin die ob­ jektive Pflichtwidrigkeit des Schuldners in den einzelnen, vom Gesetz unterschie­ denen Formen der Leistungsstörung liegt und welche Bezugspunkte der Zurech­ nungstatbestand des Vertretenmüssens jeweils hat. Näherer Betrachtung bedür­ fen insoweit vor allem die Fälle des Ausschlusses der Leistungspflicht nach §  275 BGB339 sowie diejenigen der Nicht- und Schlechtleistung.340 a)  Unmöglichkeit und verwandte Tatbestände Nach dem Verständnis der Gesetzesverfasser soll die Pflichtverletzung darin be­ stehen, dass der Schuldner objektiv hinter dem von ihm übernommenen Pflich­ tenprogramm zurück bleibt.341 Stellt man insoweit die vertragliche Primärleis­ tungspflicht in den Mittelpunkt, lässt sich dieses Begriffsverständnis ohne größe­ re Schwierigkeiten konsistent durchhalten, wenn der Schuldner entgegen seiner bestehenden Leistungspflicht überhaupt nicht oder nicht wie geschuldet, §§  280 Abs.  1, Abs.  3, 281 Abs.  1 S.  1 BGB bzw. nicht rechtzeitig leistet, §§  280 Abs.  1, Abs.  2, 286 BGB.342 Die Terminologie bereitet aber in den Fällen der §§  280 Abs.  1, Abs.  3, 283 BGB Schwierigkeiten, weil der vom Gesetzgeber vorgesehene An­ knüpfungspunkt der Schadensersatzhaftung nicht zwanglos in einem Fehlverhal­ ten des Schuldners gesehen werden kann, wenn dessen Leistungspflicht nach §  275 BGB ausgeschlossen ist.343 Für die Fälle des Unmöglichkeitseinwands und der   Infra a).   Infra b). 341   BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  133, 135. 342   Vgl. nur Otto in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  280 Rdnr. C 14 ff., C 18 ff.; Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  280 Rdnr.  9, 12; Canaris in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002: Schuldrechtsmodernisierung, 2003, S.  5, 30; Grigoleit/Herresthal, JZ 2003, 118, 120. Durch diese Möglichkeit, die Pflichtverletzung als Verstoß gegen die (Haupt-)Leistungspflicht zu erfassen, wird freilich nicht ausgeschlossen, auch bei der Nicht- oder Schlechtleistung einen konstruktiv anderen Weg zu beschreiten und bereits den Haftungsgrund in einer Verletzung verhaltensbezogener Nebenpflichten zu sehen, z. B. Finkenauer, WM 2003, 665, 667 f.; Ehmann/Sutschet, JZ 2004, 62, 67 f., 71, 72. 343   Zum Problem schon U. Huber in: Ernst/Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 2001, S.  31, 99 ff.; P. Huber/Faust, Schuldrechtsmodernisierung, 2002, Kap.  3 Rdnr.  118; Kupisch, NJW 2002, 1401; Maier-Reimer in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, 2003, S.  291, 300 spricht von einer „begriff­ lichen Paradoxie“. 339

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verwandten Einreden lässt sich demnach ein strikt verhaltensbezogenes Verständ­ nis des Tatbestands der Pflichtverletzung nicht sinnvoll durchhalten, solange man auf die Hauptleistungspflicht des Schuldners abstellt. Umgekehrt steht der ge­ wählte Zentralbegriff des §  280 Abs.  1 S.  1 BGB prima facie im Widerspruch zu einer erfolgsbezogenen Interpretation der Bestimmung. Gesetzesformulierungen, die bei streng logischer Dekomposition gewisse Un­ ebenheiten offenbaren, sind freilich keine Spezialität des Jahres 2002, und gerade die Kontroverse um den treffendsten Oberbegriff für die unterschiedlichen Er­ scheinungsformen der Leistungsstörung haben die mehr oder weniger weitrei­ chenden Insuffizienzen sämtlicher vorgeschlagener Begriffsbildungen offenba­ rt.344 Nachdem sich der Gesetzgeber gleichwohl, und somit sehenden Auges, für einen einheitlichen Begriff der Leistungsstörungen entschieden hat, sollten die bekannten Defizite solange den Blick auf das Wesentliche nicht mehr verstellen, wie das Gemeinte bei normativer Betrachtung der einschlägigen Bestimmung er­ mittelt werden kann. In der Sache geht es im Rahmen des Schadensersatzanspruchs aus §§  280 Abs.  1, Abs.  3, 283 BGB um die vor allem unter dem Gesichtspunkt der Darlegungs- und Beweislast angemessene Zuweisung des Haftungsrisikos für zu­ rechenbar verursachte Leistungshindernisse. Gerade im Hinblick auf die Ursa­ chen der Nichtleistung wird der Gläubiger über den schlechteren Zugang zu den relevanten Informationen verfügen, sodass ihm auch nach der Streichung des §  282 BGB a. F. erspart bleiben sollte, die entsprechenden Umstände darlegen und gege­ benenfalls beweisen zu müssen.345 Dieses Ziel lässt sich entweder dadurch ver­ wirklichen, dass man einen gewissen Verlust an Aussagekraft bei der Begriffsbil­ dung bewusst in Kauf nimmt 346 und das Ausbleiben der Leistung auch bei Ein­ greifen eines Befreiungsgrundes aus §  275 BGB als „Pflichtverletzung“ betrach­ tet.347 Dem Gläubiger obliegt dann lediglich der Nachweis der Nichterfüllung, 344   Vgl. die supra Fn.  329 Genannten einerseits und die supra Fn.  335 erwähnte Kritik von Diederichsen andererseits. Zusammenfassend und zentriert auf die hier in Rede stehende Pro­ blematik Riehm, Festschrift für Claus-Wilhelm Canaris, 2007, S.  1079, 1083. 345   Eingehend Riehm, Festschrift für Claus-Wilhelm Canaris, 2007, S.  1079, 1084 ff. Zur zen­ tralen Bedeutung der Beweislastverteilung für das zutreffende Verständnis des Tatbestands der „Pflichtverletzung“ schon Zimmer, NJW 2002, 1, 7. Vgl. auch Dedek in: Dauner-Lieb/Konzen/ K. Schmidt (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, 2003, S.  183, 184 ff. 346   Das stark normativ aufgeladene und insofern höchst konkretisierungsbedürftige Tatbe­ standsmerkmal der „Pflichtverletzung“ zwingt jedenfalls nicht zu einer verhaltensbezogenen Deutung, ebenso z. B. Canaris in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002: Schuldrechtsmo­ dernisierung, 2003, S.  5, 30 Fn.  77; Emmerich, Das Recht der Leistungsstörungen, 6. Aufl., 2006, §  20 Rdnr.  14; S. Lorenz in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2005: Schuldrechtsmoderni­ sierung, 2006, S.  5, 38 ff. 347   BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  135 f.; Otto in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neube­ arbeitung 2009, §  280 Rdnr. C 7; Otto/R. Schwarze in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubear­ beitung 2009, §  283 Rdnr.  13; Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  280 Rdnr.  9, 18; §  283 Rdnr.  4 ; Unberath in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  I, 2.  Aufl., 2007, §  280 Rdnr.  16; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  283 Rdnr.  1; Dauner-Lieb in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring (Hrsg.), Anwaltkommentar BGB, Bd.  2/1, 2.  Aufl., 2005, §  283 Rdnr.  4 f.; Looschelders, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 9.  Aufl., 2011, Rdnr.  506; Fik-

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während der Schuldner als Folge der Vermutung des §  280 Abs.  1 S.  2 BGB damit belastet wird, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass der Eintritt des Leistungshindernisses nicht auf einem zurechenbaren Verstoß gegen eine Sorg­ faltspflicht basiert. Ebenfalls zu einer interessengerechten Verteilung der Beweis­ last gelangt die Literaturmeinung, die zwar in den Fällen des §  275 BGB eine Pflichtverletzung allein in einem Verstoß gegen eine Nebenpflicht zur Erhaltung der eigenen Leistungsfähigkeit erblickt, aber den Tatbestand des §  280 Abs.  1 BGB um die „Nichterfüllung“ als gleichberechtigten Haftungsgrund „ergänzen“ möchte.348 Auch dann bleibt es Sache des Schuldners, die fehlende Zurechenbar­ keit dieser Leistungsstörung vorzutragen und zu beweisen. Sachlich abweichende Ergebnisse resultieren aus einem verhaltensbezogenen Verständnis der Pflichtver­ letzung allerdings dann, wenn diese als einzige objektive Grundlage der Verant­ wortlichkeit nach §§  280 Abs.  1, Abs.  3, 283 BGB verstanden und daher dem Gläu­ biger der Nachweis abverlangt wird, dem Schuldner falle ein zurechenbarer Ver­ stoß gegen seine, auf Erhaltung der eigenen Leistungsfähigkeit gerichteten Ne­ benpflicht zur Last.349 Letzteres erscheint indessen weder interessengerecht noch mit den Zielen des Reformgesetzgebers in Einklang zu bringen, der von der tra­ dierten Beweislastverteilung nach §§  282, 285 BGB a. F. nicht abweichen wollte.350 Die vermeintliche Unwucht, dass Bezugspunkt des Vertretenmüssens im Fall des §§  280 Abs.  1, Abs.  3, 283 BGB nicht das Ausbleiben der Leistung als Folge eines aufgetretenen Leistungshindernisses ist, sondern vielmehr die Ursachen für dieses,351 ist bei näherem Hinsehen nicht weiter bemerkenswert, weil sie lediglich entscher/Heinemann, Schuldrecht, 10.  Aufl., 2006, Rdnr.  423; R. Schwarze, Das Recht der Leis­ tungsstörungen, 2008, §  18 Rdnr.  4 ; Riehm, Festschrift für Claus-Wilhelm Canaris, 2007, S.  1079, 1082 ff.; Looschelders, Festschrift für Claus-Wilhelm Canaris, 2007, S.  737, 738 ff. In der Sache ebenso Unberath, Die Vertragsverletzung, 2007, S.  326, der die Haftung nach §§  280 Abs.  1, Abs.  3, 283 BGB als Konstellation „außerordentlicher Zurechnung“ versteht, die auf der Verletzung einer „unselbständigen Sorgfaltspflicht“ beruht. 348   Harke, JR 2006, 485, 488 f.; Harke, Allgemeines Schuldrecht, 2010, Rdnr.  225. De lege ferenda in diesem Sinne, Canaris, JZ 2001, 499, 511 f., 523. Als Grundlage dieser Korrektur der lex lata könnte eventuell dienen, dass der Unterschied zwischen den Begriffen nach der Vorstel­ lung des Gesetzgebers ein rein terminologischer sei, BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  133; ebenso Heinrichs, Festschrift für Peter Schlechtriem, 2003, S.  503, 508, wobei die Ergänzungs­ bedürftigkeit des Gesetzes ja gerade auf der gegenteiligen Sicht basiert. 349   So z. B. Schapp, JZ 2001, 583, 586; Schwab, JuS 2002, 1, 3; Ehmann/Sutschet, Modernisier­ tes Schuldrecht, 2002, S.  6 4 ff., 83 f.; Deutsch, AcP 202 (2002) 889, 890; Vollkommer in: DaunerLieb/Konzen/K. Schmidt, (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, 2003, S.  128; Reichenbach, Jura 2003, 512, 514 f.; Schermaier, JZ 2006, 330, 336; Keilmann, Dem Gefälligen zur Last, 2006, S.  178 f. sowie die in Fn.  342 a. E. Genannten. Eingehend zu der zugrundeliegenden Kon­ zeption einer einheitlichen „integritätswahrenden und erfüllungsschützenden Nebenpflicht“, Kuhlmann, Leistungspflichten und Schutzpflichten, 2001, S.  109 ff. 350   BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  135. 351   BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  136; Otto in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubear­ beitung 2009, §  280 Rdnr. D 8; Otto/R. Schwarze in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubear­ beitung 2009, §  283 Rdnr.  46; Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  280 Rdnr.  9, 18; §  283 Rdnr.  7; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  18 Rdnr.  8 ; Canaris, JZ 2001, 499, 512; Faust, Festschrift für Claus-Wilhelm Canaris, 2007, S.  219, 226.

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die dogmatische Unterscheidung von Haftungsgrund und Zurechnungsprinzip widerspiegelt.352 Im Gegensatz zu Alternativmodellen einer strikten Einstands­ pflicht für die Nichterfüllung der Schuldnerpflichten,353 etablieren die §§  280 Abs.  1 S.  2, 276 ff. BGB das Vertretenmüssen als Voraussetzung der Schadenser­ satzhaftung. Nach dieser Konzeption folgt die verantwortlichkeitsauslösende Zu­ rechnung der objektiven Pflichtverletzung, sofern der Schuldner keine Garantie übernommen hat, aus dem eigenen, §  276 Abs.  1 S.  1 BGB, oder fremden, §  278 S.  1 BGB, Verstoß gegen eine Sorgfaltspflicht. Diese entspricht inhaltlich der Neben­ pflicht zur Sicherung der eigenen Leistungsfähigkeit, wie sie von dem strikt ver­ haltensbezogenen Verständnis der objektiven Pflichtverletzung im Rahmen des §  280 Abs.  1 S.  1 BGB für maßgeblich gehaltenen wird. Sie ist dogmatisch aber Element des Zurechnungstatbestands.354 In der Sache rücken somit die Bemü­ hungen des Schuldners, hinreichend Vorsorge gegen den Eintritt von Leistungs­ hindernissen zu treffen und seine Verantwortlichkeit für das solche verursachende Verhalten Dritter in den Mittelpunkt der Beurteilung. b)  Nichterfüllung und Schlechtleistung Etwas anders gelagert stellen sich die Probleme in den Fällen des Schadensersatzes nach §§  280 Abs.  1, 3, 281 BGB dar. Leistet der Schuldner nicht oder nicht wie geschuldet, bereitet zwar die Bestimmung der objektiven Pflichtverletzung keine nennenswerten Schwierigkeiten, weil diese zwanglos in dem Zurückbleiben hin­ ter der Leistungspflicht gesehen werden kann.355 Vor dem Hintergrund des Frist­ setzungserfordernisses und des daraus resultierenden Rechts zur zweiten Andie­ nung hat sich allerdings eine Kontroverse darüber entwickelt, worin der Bezugs­ punkt des Vertretenmüssens für den Schadensersatz statt der Leistung zu sehen sei. Denkbar ist insofern nämlich nicht nur, das zurechnungsbegründende Vertre­ tenmüssen auf die ursprüngliche Nicht- oder Schlechtleistung zu beziehen. Dieses kann vielmehr auch im Hinblick auf das Ausbleiben der geschuldeten Leistung innerhalb der zu gewährenden Nachfrist untersucht werden. Ergebnisrelevante Unterschiede ergeben sich v. a. dann, wenn die nachlässig versäumte, ordnungsge­ mäße Leistungserbringung innerhalb der Nachfrist aufgrund von Umständen nicht nachgeholt werden kann, die der Schuldner nicht zu vertreten hat.356 Die von 352   Speziell für die Haftung aus Sonderverbindung eingehend Canaris, Festschrift für An­ dreas Heldrich, 2005, S.  11, 25 ff.; Unberath, Die Vertragsverletzung, 2007, S.  323 ff.; Schlechtriem/Schmidt-Kessel, Schuldrecht, Allgemeiner Teil, 6.  Aufl., 2005, Rdnr.  561 ff.; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  34 Rdnr.  1 ff. 353   Vgl. z. B. Art.  74 CISG, Art.  8 :101 PECL (infra Kapitel 6 §  2 A. III.), Art.  7.4.1 PICC sowie die Vertragshaftung des common law (supra Kapitel 3 §  2 A. I.). 354   Riehm, Festschrift für Claus-Wilhelm Canaris, 2007, S.  1079, 1100 ff. 355   Supra a). 356   Insofern ist freilich die praktische Bedeutung des Streits begrenzt, wenn man bedenkt, dass in aller Regel mit der Setzung der Nachfrist auch die Verzugsvoraussetzungen vorliegen werden, sodass den Schuldner ab diesem Zeitpunkt die Zufallshaftung gemäß §  287 S.  2 BGB trifft.

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der höchstrichterlichen Rechtsprechung offen gelassene,357 vor allem für die Schlechtleistung diskutierte Frage, wird überwiegend im Sinne einer alternativen Anknüpfung sowohl an den zurechenbaren Verstoß gegen die ursprüngliche Leistungspflicht als auch an einen solchen gegen diejenigen zur ordnungsgemäßen Erfüllung innerhalb der Nachfrist entschieden.358 Die Gegenauffassung, die aus­ schließlich an die Verletzung der Pflicht zur Leistung nach Fristsetzung anknüp­ fen will,359 führt zu einer Verkürzung des haftungsrechtlich relevanten Pflichten­ programms. Wie bereits dargelegt erfüllt der Schadensersatzanspruch neben dem Erfüllungsanspruch eine zentrale Funktion im Hinblick auf die Anreizwirkung des leistungsstörungsrechtlichen Sanktionensystems, weil nur im Zusammenspiel der Institute der Schuldner zu effizienten Bemühungen angehalten wird, Leis­ tungshindernisse zu vermeiden und zu beseitigen.360 Dieses Ziel wird indessen verfehlt, wenn der Schuldner trotz unzureichenden Vermeidungsaufwands im Vorfeld einer Haftung u. U. entgehen kann, weil die spätere Erfüllung aus Grün­ den unterbleibt, die er nicht zu vertreten hat, i.e. wenn ihn eine Haftung trotz unzureichender Bemühungen um die ordnungsgemäße Erfüllung nur mit Wahr­ scheinlichkeit trifft, sodass sein individuelles Nutzenkalkül nicht durch den vollen drohenden Gläubigerschaden bestimmt wird. Bei jeder Wahrscheinlichkeit von q  0, dass die ordnungsgemäße Erfüllung innerhalb der Nachfrist aus Gründen scheitert, die er nicht zu vertreten hat, berücksichtigt der Schuld­ ner die Kosten nicht vertragsgemäßer Erfüllung nur mit (1 – q)d, sodass seine Präventions­ investitionen zu niedrig ausfallen werden.

Aus eben diesen Gründen einer unzureichenden Sanktion relevanter Pflichtwid­ rigkeiten ist erst recht die Auffassung abzulehnen, die kumulativ das Vertreten­   BGH v. 22.  6 . 2005 – VIII ZR 281/04, NJW 2005, 2852, 2853.   Otto in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  280 Rdnr. D 13; Otto/R. Schwarze in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  283 Rdnr. B 86; Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  280 Rdnr.  52, §  281 Rdnr.  48; H. P. Westermann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  3, 6.  Aufl., 2012, §  437 Rdnr.  27 ff.; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  281 Rdnr.  1; Faust in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  I, 2.  Aufl. 2007, §  437 Rdnr.  73; Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldver­ hältnisse, 3. Aufl., 2007, Rdnr.  274; Reinicke/Tiedtke, Kaufrecht, 8. Aufl., 2009, Rdnr.  541; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  18 Rdnr.  8 ; Canaris, DB 2001, 1815, 1816; Canaris, Festschrift für Wolfgang Wiegand, 2005, S.  179, 230 ff.; U. Huber, Festschrift für Peter Schlechtriem, 2003, S.  521, 528 ff.; Braun, ZGS 2004, 423, 425 f.; Tiedtke/Schmitt, BB 2005, 615, 622; Looschelders, Festschrift für Claus-Wilhelm Canaris, 2007, S.  737, 746 ff.; Gsell, Festschrift für Claus-Wilhelm Canaris, 2007, S.  737; Faust, Festschrift für Claus-Wilhelm Canaris, 2007, S.  219, 235 ff. 359   OLG Celle v. 28.  6 . 2006 – 7 U 235/05, NJW-RR 2007, 353, 354; Unberath in: Bamberger/ Roth, BGB, Bd.  I, 2.  Aufl., 2007, §  281 Rdnr.  12; Grüneberg in: Palandt, BGB, 71. Aufl., 2012, §  281 Rdnr.  16; Berger in: Jauernig, BGB, 14.  Aufl., 2011, §  437 Rdnr.  19; Lorenz/Riehm, Lehr­ buch zum neuen Schuldrecht, 2002, Rdnr.  535; S. Lorenz, NJW 2002, 2497, 2502 f.; S. Lorenz, NJW 2005, 1889, 1892; S. Lorenz in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2005: Schuldrechts­ modernisierung, 2006, S.  5, 49 f., 75; Reischl, JuS 2003, 453, 456; Schur, ZGS 2002, 243, 247; Reichenbach, Jura 2003, 512, 519; Unberath, Die Vertragsverletzung, 2007, S.  345. 360   Supra B. II. 1. a). 357

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müssen auf die ursprüngliche Nicht- oder Schlechtleistung und das nachfolgende Versäumen der Nachfrist beziehen will.361 Die dogmatische Konsequenz des Vorgesagten liegt darin, auch im Fall der Nicht- oder Schlechtleistung das Programm der Sorgfaltspflichten, deren Verlet­ zung durch den Schuldner selbst oder durch seine Erfüllungsgehilfen zu einer Schadensersatzhaftung führt, umfassend auf sämtliche Phasen der letztlich ge­ scheiterten Leistungserbringung zu beziehen und damit jede kausale eigene oder zurechenbare fremde Sorgfaltspflichtwidrigkeit zu berücksichtigen. 3.  Pflichtverletzung und Zurechnung als Determinanten der Analyse Zusammenfassend zeigt sich, dass die nachfolgende Untersuchung der Verant­ wortlichkeit für Hilfspersonen im Rahmen des Schadensersatzanspruchs von einem objektiven Verständnis der Pflichtverletzung auszugehen hat, das nicht notwendig den Verstoß gegen eine aus dem vertraglichen Leistungsprogramm ab­ zuleitende Verhaltenspflicht voraussetzt.362 Solche stehen demgegenüber auf der Ebene der Zurechnung im Mittelpunkt des Interesses, wenn zu klären ist, ob der Schuldner die objektive Pflichtwidrigkeit zu vertreten hat. Insofern ist – wenn der Schuldner die Leistung nicht garantiert hat – stets zu fragen, ob er oder ein Erfül­ lungsgehilfe die Leistungsstörung durch eine Sorgfaltspflichtwidrigkeit herbeige­ führt haben, ohne dass insoweit eine Verengung der Betrachtung angezeigt wäre.363 Auf dieser Grundlage ist im Folgenden für die einzelnen Pflichtwidrigkeiten zu untersuchen, welche Leistungsstörungen aus der Sphäre Dritter der Schuldner konkret zu vertreten hat. Dabei sind zum einen die Pflichten des Schuldners zu berücksichtigen, die ihm selbst im Hinblick auf die arbeitsteilige Erbringung der Leistung obliegen. Zum anderen kommt es auf die Reichweite der Zurechnungs­ norm des §  278 S.  1 BGB an. Für die hier anzustellende Untersuchung liegt es nahe, die Haftung wegen Nichterfüllung infolge Ausschlusses der Leistungs­ pflicht, §§  280 Abs.  1, Abs.  3, 283 BGB, mit denjenigen der (schlichten) Nichter­ füllung, §§  280 Abs.  1, Abs.  3, 281 Abs.  1 S.  1, 1. Alt. BGB, und der Leistungsver­ zögerung, §§  280 Abs.  1, Abs.  2, 286 BGB, zusammenzufassen, weil insoweit die – unterschiedlich nachhaltigen – Ursachen für das Fehlschlagen der (rechtzei­ tigen) Verschaffung der Leistung im Fokus stehen.364 Im Hinblick auf den Eintritt eines Leistungshindernisses ist dabei naturgemäß nur der Zeitraum bis zum Fort­ fall der Erfüllungspflicht zu betrachten, während im Fall der Nichtleistung zu­ sätzlich die Nacherfüllungsphase in den Blick zu nehmen ist.365 Ebenso kann sich die Zurechnung der Leistungsverzögerung aus sämtlichen, vom Schuldner zu ver­   Hirsch, Jura 2003, 289, 293 f.   Supra 2. b). 363   Supra 2. a), b). 364   Infra II. 365   Supra I. 2. b). 361

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tretenden Verzugsursachen während des Bestehens der fälligen und durchsetz­ baren Leistungspflicht ergeben. Diese Unterschiede sprechen aber nicht gegen die vorgenommene Zusammenfassung, weil sie die verbindende Gemeinsamkeit der betrachteten Konstellationen nicht überspielen, die darin liegt, dass stets Sorg­ faltspflichten in Bezug auf die Verschaffung der Leistung in Rede stehen. Etwas anders liegt die Zurechnungsproblematik demgegenüber bei der Schlechtleistung, §§  280 Abs.  1, Abs.  3, 281 Abs.  1 S.  2, 1. Alt. BGB, weil hier die Frage nach den Ursachen der Pflichtwidrigkeit vor allem auf die Verletzung von Sorgfaltspflichten des Schuldners mit dem Ziel der Qualitätssicherung abheben muss.366 Abschlie­ ßend wird das Bild der Risikozuweisung im Rahmen des Schadensersatzan­ spruchs vervollständigt, indem die Pflichten und Obligationen des Gläubigers in den Blick genommen werden, drohende Einbußen aus der Pflichtwidrigkeit zu vermeiden oder zu minimieren.367

II.  Haftung bei Ausschluss der Leistungspflicht, Nichterfüllung   und nicht rechtzeitiger Erfüllung Geht man mit dem hier geteilten Verständnis der Pflichtverletzung in der über­ wiegenden Literatur davon aus, dass nicht nur in den Fällen der Nichtleistung, §§  280 Abs.  1, Abs.  3, 281 Abs.  1 S.  1, 1. Alt. BGB, und der Leistungsverzögerung, §§  280 Abs.  1, Abs.  2, 286 BGB, sondern auch bei Eintritt eines Leistungshinder­ nisses der Haftungsgrund der Verantwortlichkeit nach §§  280 Abs.  1, 3, 283 BGB im – vorübergehenden bzw. endgültigen – Ausbleiben der Leistung liegt, bleibt für diese Konstellationen im hier interessierenden Kontext lediglich die Frage der Schadenszurechnung zu klären. Die Überwälzung der Einbußen des Gläubigers setzt materiell ein Vertretenmüssen des Schuldners voraus, was nach dem Vorge­ sagten im Regelfall nur anzunehmen ist, wenn entweder er selbst oder ein Dritter, für dessen Verhalten er einstehen muss, die Ursachen des Leistungshindernisses oder der Leistungsstörung sorgfaltspflichtwidrig gesetzt hat.368 Soweit es um die Verantwortlichkeit des Schuldners für Leistungsstörungen aus der Sphäre Dritter geht, sind mit dieser Maßgabe neben seiner unmittelbaren Verantwortlichkeit im Hinblick auf die arbeitsteilige Leistungserbringung369 vor allem die Vorausset­ zungen der Verschuldenszurechnung nach §  278 BGB bei einer solchen zu klä­ ren.370

  Infra e).   Infra IV. 368   Zum Ganzen supra I. 2. a). 369   Infra 1. 370   Infra 2. 366 367

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1.  Eigene Verantwortlichkeit des Schuldners Im hier interessierenden Zusammenhang kann sich die Verantwortlichkeit des Schuldners ohne Zurechnung von Drittverhalten ergeben, wenn dieser das Aus­ bleiben der Leistung verschuldet hat, obwohl die Leistungsstörung aus der Sphä­ re Dritter stammt, weil er die arbeitsteilige Leistungserbringung suboptimal or­ ganisiert hat. Im Folgenden sind daher die relevanten Grundlagen der Verant­ wortlichkeit für eigenes Verschulden nachzuzeichnen,371 soweit dies erforderlich ist, um die einschlägigen Organisationspflichten des Schuldners vermessen zu können.372 Schließlich ist auch darauf einzugehen, unter welchen Voraussetzungen die Übernahme eines Beschaffungsrisikos durch den Schuldner in Betracht kommt, weil sich aus einer solchen die verschuldensunabhängige Zurechnung des Fehlschlagens der arbeitsteiligen Leistungserbringung ergeben kann.373 a)  Regelverantwortlichkeit für eigenes Verschulden Die Neufassung des §  276 Abs.  1 S.  1 BGB verdeutlicht, dass für das deutsche Zi­ vilrecht mit dem Verschuldensprinzip zwar nicht der einzige, aber doch der zen­ trale Grund für die Zurechnung von Schäden benannt wird, die aus der Verlet­ zung der Pflichten in einer bestehenden Sonderverbindung erwachsen.374 Aus dieser rechtspolitisch hier nicht zu hinterfragenden,375 positiv-rechtlichen Aus­ gangslage ergibt sich der für die vorliegende Untersuchung bedeutsame Befund,   Infra a).   Infra b). 373   Infra c). 374   Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass mit der Feststellung zivilrechtlichen Verschul­ dens nach dem Stand der Dogmatik kein rechtsethischer Vorwurf verbunden ist, supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. a) (1). 375   Die Bewertung des Verschuldensprinzips ist kontrovers. Manche erblicken in ihm das unverzichtbare Fortschreiben eines „der bedeutendsten Durchbrüche der Privatrechtsgeschich­ te“, Canaris, Festschrift für Wolfgang Wiegand, 2005, S.  179, 253. Andere sehen sich sowohl im Hinblick auf die internationale Entwicklung als auch aus rechtspolitischen Erwägungen zu grundsätzlichem Widerspruch herausgefordert, eingehend hierzu Schneider, Abkehr vom Ver­ schuldensprinzip?, 2007, S.  289 ff.; aus Sicht der (frühen) Rechtsökonomik Trimarchi, ZHR 136 (1972) 118, 127 ff.; aus stark vereinfachter ökonomischer Perspektive auch Grundmann in: Mün­ chener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  276 Rdnr.  32 ff.; zusammenfassend jüngst S. Kirsten, Verschuldensunabhängige Schadensersatzhaftung für Sachmängel beim Warenkauf?, 2009, S.  229. Zum willenstheoretischen Defizit des reinen Verschuldensprinzips, das der ersicht­ lich vom „Inhalt des Schuldverhältnisses“ abhängigen und somit in allen Nuancen parteidispo­ sitiven Regelung des §  276 Abs.  1 S.  1 BGB allerdings nicht anhaftet, Unberath, Die Pflichtver­ letzung, 2007, S.  329. Kritik zieht schließlich auch die dem modernisierten Schuldrecht eigene Kombination aus objektiver Pflichtverletzung und Verschuldensprinzip als Zurechnungsgrund auf sich, Looschelders in: Remien (Hrsg.), Schuldrechtsmodernisierung und Europäisches Ver­ tragsrecht, 2008, S.  63, 69 f. Vielfach wird freilich darauf hingewiesen, dass die real-existierenden Alternativmodelle auf­ grund vielfacher Einschränkungen des jeweiligen Grundkonzepts in den praktischen Ergebnis­ sen eher konvergieren als abweichen, z. B. Schlechtriem, ZEuP 1993, 217, 228 f.; Pellegrino, ZEuP 1997, 41; Schmidt-Kessel, Standards vertraglicher Haftung nach englischem Recht, 2003, S.  505 ff., 510 f. 371

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dass der praktisch wichtigste Zurechnungsgrund in der fahrlässigen Verursachung der Leistungsstörung liegt.376 Damit rückt der in §  276 Abs.  2 BGB definierte Maßstab der „im Verkehr erforderlichen Sorgfalt“ in den Mittelpunkt des Interes­ ses. Dieser wird von der heute ganz herrschenden Meinung dergestalt objektiv ver­ standen, dass der normative Vergleichsmaßstab in dem Verhalten liegt, dass von einem ordentlichen Schuldner in den jeweiligen Verkehrskreisen vernünftiger­ weise erwartet werden kann,377 also in einem Verhaltensstandard auf dessen Ein­ haltung im Rechtsverkehr vertraut werden darf.378 Damit ist freilich nicht gesagt, dass bei aller Typisierung den Eigenarten der individuellen Austauschbeziehung nicht Rechnung getragen werden kann. Die Praxis erkennt im grundsätzlichen Konsens mit der Literatur insbesondere die konkrete Wahrscheinlichkeit des dro­ henden Schadenseintritts,379 das von der Bedeutung des geschützten Interesses, Rechts oder Rechtsgutes abhängige Ausmaß der im Raum stehenden Einbußen,380 die Schutzwürdigkeit des potentiell Geschädigten,381 aber auch die Kosten der Schadensvermeidung für den Verpflichteten im Verhältnis zur erzielbaren Ge­ fahrsicherung382 als Determinanten der geschuldeten Sorgfalt an. Dabei wird das zumutbare und zu erwartende Maß an Sorgfalt auch durch die vereinbarte Gegen­ leistung mitbestimmt,383 was bereits die Bedeutung der Vertragsziele der Parteien 376   Z. B. Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  276 Rdnr.  50; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörung, 2008, §  34 Rdnr.  12. 377   RG v. 15.  2. 1919 – I 207/18, RGZ 95, 16, 17; RG v. 4.  3. 1930 – VII 397/29, RGZ 127, 313, 315; RG v. 26.  6 . 1936 – II 23/36, RGZ 152, 129, 140; BGH v. 4.  3. 1957 – GSZ 1/56, BGHZ 24, 21, 27; BGH v. 21.  5. 1963 – VI ZR 254/62, BGHZ 39, 281, 383; BGH v. 17.  3. 1981, BGHZ 80, 186, 193; BGH v. 29.  1. 1991 – VI ZR 206/90, BGHZ 113, 297, 303; BGH v. 31.  5. 1994 – VI ZR 233/93, NJW 1994, 2232, 2233; BGH v. 13.  2. 2001 – VI ZR 34/00, NJW 2001, 1786, 1787; BGH v. 27.  3. 2003, IX ZR 399/99, NJW 2003, 2022, 2024; Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  276 Rdnr.  29; Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  276 Rdnr.  55 f.; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  276 Rdnr.  10; Harke, Allgemeines Schuldrecht, 2010, Rdnr.  237; Fikentscher/Heinemann, Schuld­ recht, 10.  Aufl., 2006, Rdnr.  651; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörung, 2008, §  34 Rdnr.  13; Deutsch, AcP 202 (2002) 889, 903 f.; für Maßgeblichkeit individueller Eigenschaften und Fähigkeiten zur Begründung des Verschuldensvorwurfs zuletzt Nipperdey, NJW 1957, 1777, 1781; Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil, Halbbd. 2, 15.  Aufl., 1960, §  213 III 2, S.  1321 f. 378   Zu diesem Vertrauensgrundsatz z. B. BGH v. 26.  1. 1999 – VI ZR 376/97, NJW 1999, 1779, 1780; Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  276 Rdnr.  29; Grüneberg in: Palandt, BGB, 71.  Aufl., 2012, §  276 Rdnr.  15; speziell für das Vertragsrecht Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  276 Rdnr.  55. 379   BGH v. 17.  3. 1981 – VI ZR 191/79, BGHZ 80, 186, 193; BGH v. 18.  1. 1983 – VI ZR 97/81, VersR 1983, 394, 395; bzgl. Verkehrssicherungspflicht auch BGH v. 21.  4. 1977 – III ZR 200/74, VersR 1977, 817, 818. 380   BGH v. 10.  10. 2000 – VI ZR 268/99, NJW 2001, 152; BGH v. 31.  10. 2006 – VI ZR 223/05, NJW 2007, 762, 763. 381   BGH v. 6.  7. 1993 – XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 ff. 382   BGH v. 29.  11. 1983 – VI ZR 137/82, NJW 1984, 801, 802. 383   RG v. 14.  5. 1926 – VI 587/25, RGZ 113, 425, 426; BGH v. 15.  11. 1971 – VIII ZR 62/70, NJW 1972, 150; BGH v. 29.  3. 1977 – III ZR 198/74, NJW 1978, 41.

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indiziert. Diese wird unterstrichen, wenn man bedenkt, dass der Vorrang des Ver­ tragsinhalts bei der Bestimmung der Sorgfaltsanforderungen im Rahmen der Ver­ tragshaftung und damit deren weitreichende Gestaltbarkeit schon vor der Schuld­ rechtsmodernisierung ganz überwiegend anerkannt wurde384 und diese Sicht durch die Neufassung des §  276 Abs.  1 S.  1 BGB nicht nur bestätigt, sondern be­ tont wird.385 Die der Bestimmung der zu beobachtenden Sorgfalt immanente, nach dem Vorgesagten vertragszentriert erfolgende Abwägung der Schuldner- und Gläubi­ gerinteressen folgt in der hier entwickelten Konzeption des Leistungsstörungs­ rechts wiederum aus dessen Funktion als „Institution zur Stützung des Vertrages ex post“.386 Auch der Schadensersatzanspruch dient der Verwirklichung der allo­ kativen Ziele der Beteiligten, sodass normative Grundlage bei der Konkretisie­ rung seiner Voraussetzung wiederum deren Effizienzkalkül sein muss. Es besteht also erneut ein inhärenter Zusammenhang zwischen den Effizienzzielen der pri­ vatautonome Bindung anstrebenden Parteien und der ökonomisch informierten Interpretation des Leistungsstörungsrechts, die eine dem mutmaßlichen Willen der Parteien entsprechende, rechtsförmige Absicherung eben dieser Ziele gewähr­ leistet. Dies wird verkannt, wenn das hier vorgeschlagene Vorgehen als „genuin gesetzgeberische Entscheidung“ fehlinterpretiert wird, die nicht „im Einklang mit der „Politik“ des BGB hinsichtlich ökonomisch motivierter Begrenzungen des Interessen- und Rechtsgüterschutzes“ stehe.387 Es geht eben gerade nicht um eine heteronom motivierte Begrenzung des Schutzes der Beteiligten, sondern um dessen möglichst exakte Ausrichtung an ihren autonomen Zielsetzungen.388 Der mit dieser Maßgabe rekonstruierte, mutmaßliche Parteiwille geht dahin, dem Schuldner diejenigen Präventionsbemühungen abzuverlangen, die im Hin­ blick auf das erkennbare (offenbarte) Erfüllungsinteresse des Gläubigers gerecht­ fertigt sind.389 Modelltheoretisch sollte der Schuldner in die Prävention von Leis­ tungsstörungen investieren, bis die Grenzkosten hierfür dem Grenznutzen inkre­ menteller Schadensvermeidung entsprechen. Diese Zusammenhänge kommen letztlich in der Learned Hand-Formel zum Ausdruck,390 wie sie auch in Deutsch­

384   Vgl. z. B. RG v. 14.  1. 1928 – I 119/27, RGZ 119, 397, 399 f.; BGH v. 23.  1. 1975 – VII ZR 137/73, NJW 1975, 685; Wolf in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  276 Rdnr.  87 f. 385   Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  276 Rdnr.  39; Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  276 Rdnr.  57; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  276 Rdnr.  17; Medicus in: Haas/Medicus/ Rolland/Schäfer/Wendtland, Das neue Schuldrecht, 2002, Kap.  3 Rdnr.  140. 386   Supra Kapitel 1 §  2 bei Fn.  93. 387   So R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  34 Rdnr.  13. 388   Vgl. zu einem parallelen Missverständnis supra Kapitel 5 §  1 B. III. 2. b). 389   Eingehend hierzu supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. b). 390   Supra Kapitel 1 §  2 Fn.  254.

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land durch Obergerichte391 und die Literatur392 zunehmend zur Bestimmung des Fahrlässigkeitsmaßstabs herangezogen wird. Gegen diese Herangehensweise lässt sich im Kontext der vertraglichen Leistungspflicht schon deshalb nicht pauschal einwenden, die relevanten Größen seien für die Gerichte per se nicht verifizier­ bar,393 weil der Gesetzgeber selbst an anderer Stelle mit §  275 Abs.  2 S.  1 BGB der Rechtsprechung aufgibt, den Schuldneraufwand und das Leistungsinteresse zu ermitteln – letzteres muss i.Ü. unabhängig von der Konzeption des Sorgfaltsmaß­ stabs auf der Rechtsfolgenseite des Schadensersatzes statt der Leistung stets be­ stimmt werden. Die von einer in der genannten Weise am Gläubigerinteresse ori­ entierten Fahrlässigkeitshaftung ausgehenden Anreize fallen auch deshalb effizi­ ent aus, weil für den Schuldner die relevanten Größen ex ante eher erkennbar sein werden, als ein von der Transaktion gelöst bestimmter Sorgfaltsmaßstab.394 Letz­ teres ist vor allem deshalb relevant, weil sich in der Anreizwirkung der von den Parteien selbst angestrebte Erfüllungszwang realisiert. Demgegenüber kommt es bei einem heteronom bestimmten Sorgfaltsmaßstab zu den unerwünschten, die Institution des Vertragsrechts insgesamt schwächenden Konsequenzen einer zu weit gehenden 395 oder zu früh endenden, rechtsförmigen Garantie der Verspre­ chensbindung.396 An der Grundtendenz der hier vorgeschlagenen Bestimmung des Sorgfaltsmaßstabs, dem Effizienzkalkül der Parteien besser Rechnung zu tra­ gen, ändert schließlich der Umstand nichts, dass die in der Modellwelt (vermeint­ lich) suggerierte, quasi-naturwissenschaftlich exakte Bestimmung der zu for­ dernden Präventionsanstrengung in der Realität nicht ohne normative Elemente 391   OLG Rostock v. 20.  7. 2006 – 7 U 117/04, NJW 2006, 3650, 3653. Der BGH hat mehrfach dahingehend entschieden, dass er die abwägungsrelevanten Größen in den Vermeidungskosten einerseits und der hierdurch erreichbaren Schadensprävention andererseits sieht, freilich ohne sich zu der modelltheoretisch rationalen Schwelle zu bekennen, vgl. BGH v. 29.  11. 1983, VI ZR 137/82, NJW 1984, 801, 802; BGH v. 31.  10. 2006 – VI ZR 223/05, NJW 2007, 762, 763. 392   Eingehend v. a. Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  276 Rdnr.  62 ff.; Faust, JuS 2007, 389, 390; für Sach- bzw. Vermögensschäden auch grds. positiv Grüneberg in: Palandt, BGB, 71.  Aufl., 2012, §  276 Rdnr.  19; Unberath in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  1, 2.  Aufl., 2007, §  276 Rdnr.  25; mit starken Einschränkungen auch Löwisch/ Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  276 Rdnr.  52. 393   So aber R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  34 Rdnr.  13. 394   Es sei daran erinnert, dass die Erkennbarkeit des Sorgfaltsmaßstabs Voraussetzung jeden Fahrlässigkeitsvorwurfs ist, z. B. primär für das Deliktsrecht, aber verallgemeinerungsfähig BGH v. 17.  3. 1981 – VI ZR 191/79, BGHZ 80, 186, 193; BGH v. 12.  11. 1991 – VI ZR 7/91, BGHZ 116, 60, 73; Mayer-Maly, Rechtskenntnis und Gesetzesflut, 1969, S.  71 ff.; Mayer-Maly, Fest­ schrift für Eduard Bötticher, 1969, S.  243, 255 ff.; Deutsch, Festschrift für Karl Sieg, 1976, S.  127, 134 ff. Diese wird aber viel eher gegeben sein, wenn die relevanten Determinanten der Parteibe­ ziehung entstammen, als wenn die einschlägigen Verhaltensstandards heteronom entwickelt werden. 395   Dies gilt insbesondere dann, wenn der Sorgfaltsmaßstab so angespannt wird, dass nur solche Präventionsmaßnahmen unterbleiben dürfen, bei denen ein Missverhältnis zwischen Kosten und Nutzen besteht, das notstandsähnliche Dimensionen erreicht, so R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  34 Rdnr.  13; Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  276 Rdnr.  52. 396   Supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. a) (1) i. Zum analogen Problem der zu weit gehenden Natural­ erfüllungspflicht supra B. II. 1. a).

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auskommt.397 Ein zentraler Gesichtspunkt folgt insofern aus der von §  276 Abs.  2 BGB vorgezeichneten Typisierung nach Verkehrskreisen.398 Diese trägt im Rah­ men der vorgeschlagenen Abwägung zur Bestimmung der erforderlichen Sorgfalt neben ihrer Funktion, von den individuellen Dispositionen des Schuldners zu ab­ strahieren, auch der Notwendigkeit Rechnung, das Leistungsinteresse des Gläu­ bigers – und damit mittelbar auch die Sorgfaltspflicht – generalisierend festzule­ gen, wenn die individuellen Präferenzen des Gegenübers für den Schuldner bei Vertragsschluss nicht erkennbar waren.399 So ist der Schuldner in entsprechenden Konstellationen nur zu derjenigen Sorgfalt verpflichtet, die durch das Leistungs­ interesse eines typischen Gläubigers gedeckt ist. Im Folgenden geht es daher darum, den Maßstab der äußeren Sorgfalt,400 die der Schuldner zu beobachten hat, um Leistungsstörungen aus der Sphäre Dritter ab­ zuwehren, nach Maßgabe der allokativen Vertragsziele der Beteiligten zu bestim­ men, wenn ausdrückliche Absprachen der Parteien fehlen.401 Dabei ist nach dem Vorgesagten von einem mutmaßlichen Willen der Beteiligten auszugehen, dem Schuldner solche Präventionsbemühungen aufzuerlegen, die vom erkennbaren Leistungsinteresse des Gläubigers gedeckt sind. b)  Überwachungs-, Vorsorge- und Abwendungspflichten Die bisherige Untersuchung hat für unterschiedliche Rechtsordnungen aufge­ zeigt, dass die intentionale Bestimmung der eigenen Organisationspflichten des Geschäftsherrn aus einer ex post Perspektive als de facto Substitut für eine der lex lata nicht abzugewinnende Zurechnung schädigenden Fremdverhaltens fungieren kann.402 Entsprechenden Ausweichtendenzen kommt in Bezug auf die Verletzung der Primärpflichten des Schuldners im deutschen Vertragsrecht keine nachhaltige Bedeutung zu, weil mit §  278 BGB eine insgesamt als adäquat empfundene Zu­ rechnungsnorm zur Verfügung steht, die dogmatische Klimmzüge, wie sie im Deliktsrecht zur Abschwächung der Defizienzen des §  831 BGB unternommen

397   Dem – für die Beeinträchtigung des Leistungsinteresses wenig relevanten – Umstand, dass nach den Wertungen der deutschen Rechtsordnung bestimmte Rechtsgüter besonderen Schutz genießen, lässt sich ohne Weiteres damit Rechnung tragen, ihren normativ bestimmten Wert in der Abwägung gegen unendlich gehen zu lassen. 398   Zu diesem, ständiger Rechtsprechung und ganz h. M. entsprechenden, supra Fn.  377, „be­ reichsspezifischen Sorgfaltsmaßstab“, Larenz, Festschrift für Walter Wilburg, 1965, S.  119; Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht, 2.  Aufl., 1996, Rdnr.  403 ff. 399   Zur Bedeutung der Erkennbarkeit des Gläubigerinteresses in der Ökonomik des Leis­ tungsstörungsrechts, supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. a) (1) i und dort speziell Fn.  37. 400   Gemeint sind die objektiven Anforderungen an das Handeln des Schuldners. Zu der Un­ terscheidung von dieser äußeren und der auf Erkennbarkeit des Geforderten und Vermeidbar­ keit des Fehlverhaltens gerichteten, von den Umständen des Einzelfalls abhängigen, inneren Sorgfalt, Deutsch, Fahrlässigkeit und erforderliche Sorgfalt, 2.  Aufl., 1995, Rdnr.  248 ff.; Deutsch, AcP 202 (2002) 889, 903 f. 401   Zu dem wichtigen Fall der Übernahme von Beschaffungsrisiken sogleich infra c). 402   Supra Kapitel 3 §  1 C. II. und Kapitel 3 §  2 A. II. 2. a) (2).

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werden, größtenteils entbehrlich erscheinen lässt.403 Die dem Tatbestand des §  278 S.  1 BGB zu entnehmenden Zurechnungsvoraussetzungen sind allerdings dahin­ gehend zu verstehen, dass der Schuldner für Fehler derjenigen Personen einzuste­ hen hat, deren Verhalten er überlegen kontrollieren kann.404 Die vorstehende Ana­ lyse hat aber auch dargelegt, dass sich eine Risikozuweisung hierin nicht erschöpft, wenn sie darauf abzielt, die lückenhafte Parteivereinbarung nach Maßgabe des hypothetischen, vollständigen Vertrags zu ergänzen.405 Sie wird vielmehr dem Schuldner prinzipiell auch die Gefahr des Eintritts solcher Leistungsstörungen aus der Sphäre Dritter zuweisen, die er zwar nicht durch effiziente Einwirkung auf den Dritten kontrollieren, denen er aber auf andere Weise besser als der Gläu­ biger vorbeugen kann, oder die zu tragen er eher im Stande ist.406 Es liegt auf dieser Linie, wenn die Rechtsprechung den Schuldner, der den Leis­ tungsgegenstand oder Rohstoffe zu dessen Herstellung von einem Dritten aus Gründen nicht (rechtzeitig) beziehen kann, die außerhalb seiner Macht oder jen­ seits des Einflusskreises des Lieferanten liegen, gleichwohl wegen der Verletzung eigener Sorgfaltspflichten – und nicht verschuldensunabhängig wegen der Über­ nahme eines Beschaffungsrisikos – in die Haftung nimmt, wenn er durch Vorsor­ gemaßnahmen die Nichtleistung hätte vermeiden können.407 Auch wenn der Be­ griff der Organisationspflicht in diesem Zusammenhang nicht fällt,408 geht es doch darum, dass der Schuldner seine arbeitsteilige Leistungserbringung so strukturieren muss, dass er erkennbare und für ihn eher als für den Gläubiger

403   In der ausschließlich dem Organisationsverschulden gewidmeten Untersuchung von Matusche-Beckmann sind der Figur jenseits des Deliktsrechts lediglich 10 Seiten (von über 400) gewidmet, auf denen sich zudem keine Auseinandersetzung im Zusammenhang mit der Verlet­ zung der Hauptleistungspflicht findet, vgl. Matusche-Beckmann, Das Organisationsverschul­ den, 2001, S.  321 ff. 404   Eingehend infra 2. Die tatbestandlichen Vorgaben des §  278 S.  1 BGB decken sich mit dem ökonomischen Desiderat einer Belastung des cheapest cost avoider, hierzu allgemein supra Kapi­ tel 4 §  3 A. I. 1. sowie Kapitel 4 §  3 A. II. 1. b). 405   Zu diesem heuristischen Maßstab supra Kapitel 4 §  2 B. III. 2. 406   Auch insoweit ist er superior risk bearer, dazu infra Kapitel 4 §  3 A. I. 1. sowie im Zusam­ menhang mit dem Erfüllungsanspruch supra B. I. 3., II. 1. e). 407   Vgl. z. B. RG v. 18.  2. 1918 – VI 459/17, RGZ 93, 17, 18: Schuldner, der sich Braugerste nicht beschaffen kann, weil Lieferanten sich angesichts vorhersehbarer, kriegsbedingter Festsetzung von Höchstpreisen weigern, ihre Verpflichtungen zu erfüllen, haftet trotz Unmöglichkeit, weil er Rohstoffe vor Verfügung der Beschränkung hätte besorgen können; RG v. 7.  1. 1920 – III 208/19, JW 1920, 436: Schuldner, der sich Rohhäute nicht beschaffen kann, weil diese vorherseh­ barer Weise beschlagnahmt wurden, haftet trotz Unmöglichkeit, weil er sich Ware vor Ver­ kehrsbeschränkung hätte sichern können; grds. auch, aber (obiter) Umstände des Einzelfalls betonend, RG v. 5.  4. 1919 – II 435/18, RGZ 95, 264, 266. Der Judikatur des Reichsgerichts aus­ drücklich zustimmend Otto in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  280 Rdnr. D 8. 408   Dafür spricht dogmatisch auch, dass der Begriff eine prominente Kategorie deliktsrecht­ licher Vekehrspflichten beschreibt und in diesem Sinne „besetzt“ ist, sodass seine gleichzeitige Verwendung zur Kennzeichnung vertragsrechtlicher Sorgfaltspflichten aus Gründen termino­ logischer Klarheit zu vermeiden ist.

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beherrschbare Risiken antizipiert und durch entsprechende Vorsorge innerhalb der Herstellungs- und Vertriebsabläufe abfängt. In diesen Kontext gehört prinzipiell auch eine unter bestimmten Vorausset­ zungen zu bejahende Pflicht des Verkäufers, die ihm gelieferten, für die Weiter­ veräußerung bestimmten Waren zu untersuchen, die v. a. im Zusammenhang mit der (behebbaren) Schlechtleistung eine Rolle spielt und daher dort erörtert wer­ den soll.409 Untersuchungspflichten können grundsätzlich aber auch im Hinblick auf den Ausschluss der Leistungspflicht relevant werden, wenn das später unbe­ hebbare Leistungshindernis bei rechtzeitiger Untersuchung und sofortiger, zu diesem frühen Zeitpunkt noch möglicher Ersatzbeschaffung, hätte vermieden werden können. Der Geflügelgroßhändler, der einem Münchner „Wies’n“-Wirt 100.000 „Hend’l“ verkauft und die ihm vom Züchter gelieferte Ware, ohne Stich­ proben zu untersuchen, in seinem Kühlhaus einlagert, um bei der „just in time“Lieferung zum Anstich festzustellen, dass alle Hühner salmonellenverseucht sind, hätte sich wahrscheinlich im Vorfeld ohne Weiteres Ersatz besorgen können, wozu er kurzfristig mit zumutbarem Aufwand nicht mehr in der Lage sein mag. An dieser Stelle genügt die Feststellung, dass es auch insoweit um eine Vorsorge- und Abwendungspflicht geht, die dem arbeitsteiligen Vertriebsablauf eigen ist: Dem Schuldner ist aufgegeben, an den von ihm überlegen kontrollierbaren Schnittstellen der Leistungserbringung unter Einschaltung Dritter vermeidbaren Risiken für die ordnungsgemäße Erfüllung vorzubeugen. Dabei sind die einschlä­ gigen Sorgfaltspflichten strukturell identisch, unabhängig davon, ob es um die Zurechnung einer Pflichtwidrigkeit im Rahmen des Schadensersatzes nach §§  280 Abs.  1, Abs.  3, 283 BGB, §§  280 Abs.  1, Abs.  3, 281 Abs.  1 S.  1, 1. Alt BGB oder §§  280 Abs.  1, Abs.  2, 286 BGB geht und die Abwendung der Leistungsstörung vor Eintritt eines Leistungshindernisses oder deren Überwindung in der Nacher­ füllungsphase in Rede stehen. In den genannten Fällen geht es darum, dass entwe­ der Unmöglichkeit im Sinne des §  275 Abs.  1 BGB eingetreten ist bzw. trotz er­ höhter Schwelle des §  275 Abs.  2 S.  2 BGB die Zumutbarkeitsgrenze überschritten wird, oder dass die mögliche Leistung gar nicht oder doch zumindest nicht recht­ zeitig erbracht wird, dass aber die jeweilige Leistungsstörung bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt hätte vermieden werden können. Generell ergeben sich auf die Einschaltung Dritter in die Leistungserbringung reagierende Sorgfaltspflichten entlang der vorgezeichneten Linien.410 Zum einen hat der Schuldner die Pflicht, seinen Einfluss auf die abhängigen und selbstän­ digen Erfüllungsgehilfen so auszuüben, dass die von diesen ausgehenden, vom Schuldner überlegen kontrollierbaren Risiken des Eintritts von Leistungshinder­ nissen minimiert werden. Insoweit hat er z. B. auf interne Qualitätskontrollen und deren Dokumentation bei den Lieferanten zu dringen, adäquate Transportsi­ cherungen zu verlangen, Verhaltensrichtlinien auszugeben und ihre Einhaltung   Infra III. 1. a).   Vgl. auch supra B. I. 3., II. 1. e).

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zu überwachen, auf neuestem Stand befindliche Kenntnisse der Technik durch Schulungsmaßnahmen zu gewährleisten u. ä. Soweit er für die Verursachung der Leitungsstörungen aus der Sphäre Dritter ohnehin als Folge der Verschuldenszu­ rechnung nach §  278 S.  1 BGB einstehen muss,411 hat diese Eigenhaftung wegen Organisationspflichtverletzungen unter Anreizgesichtspunkten allerdings keine Bedeutung: Der Schuldner wird seine drittbezogenen Präventionsbemühungen bereits deshalb optimieren, weil er so die Gefahr seiner abgeleiteten Inanspruch­ nahme verringern kann. Eigenständige Bedeutung kommt demgegenüber der Pflicht des Schuldners zu, die erwähnten Vorsorgemaßnahmen gegen Leistungsstörungen zu treffen, wenn er diese Risiken aus der Sphäre Dritter zwar nicht beeinflussen, aber überlegen abfedern kann. Insoweit geht es insbesondere darum, dass er sich Informationen über drohende Leistungsstörungen verschafft und rechtzeitig Vorkehrungen trifft, um den Ausschluss bzw. die Verletzung der Leistungspflicht abzuwenden, wenn sich die ursprünglich vorgesehene Art und Weise der Leistungserbringung als unrealisierbar erweist. Der vom Schuldner im Hinblick auf die Organisation der arbeitsteilig zu er­ bringenden Leistung zu unternehmende Präventionsaufwand wird in der be­ schriebenen Weise durch das Gläubigerinteresse bestimmt. Danach hat der Schuldner grundsätzlich diejenigen Maßnahmen zu treffen, deren Grenzkosten niedriger sind als der Ertrag in Form einer Verringerung der marginalen Kosten der potentiellen Leistungsstörung.412 Dahinter zurückbleibende Bemühungen führen dazu, dass ihm die kausal auf sein Versäumnis zurückgehende Unmög­ lichkeit, Nichterfüllung oder nicht rechtzeitige Erfüllung als fahrlässig verursacht zugerechnet wird und er aus diesem Grund zum Ersatz des entstandenen Scha­ dens verpflichtet sein kann. c)  Übernahme eines Beschaffungsrisikos Seit der Schuldrechtsmodernisierung erwähnt §  276 Abs.  1 S.  1 BGB ausdrücklich die Übernahme eines Beschaffungsrisikos als Fallgruppe einer vom Verschulden gelösten Einstandspflicht des Schuldners.413 Aus dem Erfordernis der Übernahme und der überwölbenden Bezugnahme auf den „Inhalt des Schuldverhältnisses“ ergibt sich, dass das Fundament der verschuldensunabhängigen Einstandspflicht der Parteiwille ist, der dem Versprechen des Schuldners unter den genannten Vor­ aussetzungen Garantiewirkung zumisst, soweit es diesen als Folge der Risiko­

  Zu neuralgischen Grenzen der Zurechnung infra 2. a) und D.   Supra a). 413   Hierin liegt nur eine präzisierende Klarstellung, die lediglich die bisherige Rechtslage wiedergeben soll, vgl. Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  276 Rdnr.  171; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  276 Rdnr.  17; Dauner-Lieb in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring (Hrsg.), Anwaltkommentar BGB, Bd.  2/1, 2.  Aufl., 2005, §  276 Rdnr.  3. 411

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übernahme unbedingt zur Kompensation des positiven Interesses verpflichtet.414 Auf der Grundlage dieser besonderen Parteiabrede entspricht die hier interessie­ rende Sanktion der Verletzung des Leistungsversprechens derjenigen, die das common law mit der verschuldensunabhängigen Verpflichtung zur Zahlung von expectation damages prinzipiell vorsieht.415 Der Schuldner versichert den Gläubi­ ger im Umfang der Risikoübernahme gegen Beeinträchtigungen seines positiven Interesses,416 d. h. er internalisiert insoweit auch die Risiken aus der Sphäre Dritter vollständig. Durch die Übernahme einer Beschaffungspflicht wird das Maß der zur Über­ windung von Leistungshindernissen erforderlichen Bemühungen bestimmt, be­ vor sich der Schuldner auf die Befreiungstatbestände des §  275 BGB berufen kann, sodass die Versicherung über die Gewährleistung der Befriedigung des Gläubi­ gerinteresses in Natur bewirkt wird.417 Demgegenüber erfolgt die hier zu erör­ ternde Risikoübernahme durch eine Kompensationsleistung. Der mit dem Be­ schaffungsrisiko belastete Schuldner muss gegenüber dem Gläubiger für die Nichterfüllung im Rahmen des Schadensersatzes nach §§  280 Abs.  1, Abs.  3, 283 BGB strikt einstehen, wenn die Leistung mit dem geschuldeten Aufwand nicht bewirkt werden kann. Ebenso trifft ihn die verschuldensunabhängige Haftung im Rahmen der §§  280 Abs.  1, Abs.  3, 281 Abs.  1 BGB bzw. §§  280 Abs.  1, Abs.  2, 286 BGB, wenn die Leistung aus entsprechenden Gründen trotz prinzipieller Mög­ lichkeit nicht oder nicht rechtzeitig bewirkt wird. Näherer Erörterung im Hinblick auf die Verantwortlichkeit für Leistungsstö­ rungen aus der Sphäre Dritter bedürfen wiederum die Fälle, in denen ausdrückli­ che Parteiabsprachen fehlen, sodass sich die Frage nach einer konkludenten Haf­ tungsverschärfung durch Übernahme eines Beschaffungsrisikos stellt. 418 Die Antwort ist naturgemäß stark von den Umständen des einzelnen Vertrags­ schlusses abhängig, sodass hier nur die Leitlinien einer kontextabhängigen Ausle­ gung nachgezeichnet werden können.419 Stellt man für die Interpretation der Parteiabreden zentral auf die von den Ver­ tragsschließenden verfolgten allokativen Ziele ab, ist zunächst festzuhalten, dass unter Anreizgesichtspunkten für die Beteiligten kein Anlass besteht, eine ver­ 414   Im Gegensatz zum selbständigen Garantievertrag wird keine originäre Leistungspflicht für den Garantiefall begründet, sondern die Voraussetzung des Vertretenmüssens für die Scha­ densersatzhaftung nach §§  280 ff. BGB bei Leistungsstörungen modifiziert, vgl. BGH v. 10.  2. 1999 – VIII ZR 70/98, NJW 1999, 1542; Habersack in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  5, 5.  Aufl., 2009, Vor. §  765 Rdnr.  16; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, 10.  Aufl., 2006, Rdnr.  1358 f. 415   Supra Kapitel 1 §  1 B. II. 1. und Kapitel 3 §  2 A. I. 1. 416   Zur Garantiefunktion des Leistungsstörungsrechts supra Kapitel 4 §  3 B. I. 1. 417   Hierzu, unter gehilfenspezifischen Gesichtspunkten supra B. I. 3. b), II. e). 418   Zur prinzipiellen Zulässigkeit solcher stillschweigender Haftungsübernahmen im Rah­ men des §  276 Abs.  1 S.  1 BGB, vgl. BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  131 f., 184; Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  276 Rdnr.  173; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  276 Rdnr.  17. 419   Vgl. auch Canaris, Festschrift für Wolfgang Wiegand, 2005, S.  179, 214 ff.

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schuldensunabhängige Einstandspflicht des Schuldners zu vereinbaren, soweit die Gerichte in der Lage sind, den Sorgfaltsmaßstab im Rahmen der Fahrlässig­ keitshaftung zutreffend zu bestimmen.420 Dies ändert sich aber, wenn die Erfül­ lungsbemühungen des Schuldners für die Gerichte nicht ohne weiteres verifizier­ bar sind, die Absicherung des Gläubigers gegen unzureichenden ex ante Präventi­ onsanstrengungen des Schuldners daher in einem System der Verschuldenshaf­ tung suboptimal ausfallen könnte. In dieser Konstellation liegt es durchaus nahe, dass der Schuldner, der zur überlegenen Beherrschung des jeweiligen Risikos in der Lage ist, eine im Entgelt berücksichtigte, verschuldensunabhängige Ein­ standspflicht übernimmt. Auf diese Weise gewährleistet er ex ante die optimale Bindung an das vertragliche Versprechen (bonding) und signalisiert diesen Um­ stand gegenüber dem Markt.421 Erst mit dieser Erwägung lässt sich die typische Risikoverteilung bei der Gattungsschuld als Hauptanwendungsfall der Übernah­ me eines Beschaffungsrisikos erklären. Wer prototypisch die Beschaffung von Gattungsware am Markt zusagt,422 übernimmt die Risiken aus der Sphäre der Lie­ feranten, weil er über die besseren Möglichkeiten verfügt, diese zu minimieren und es unter diesen Voraussetzungen auch interessengerecht ist, die Gegenseite bei der Durchsetzung der Versprechensbindung nicht damit zu belasten, dass sich die Beschaffungsbemühungen einer gerichtlichen Kontrolle entziehen. Der As­ pekt der überlegenen Risikobeherrschung für sich allein spräche nur für die Über­ nahme einer Beschaffungspflicht. Erst die Unsicherheiten bei der Verifizierung unternommener Erfüllungsbemühungen erlaubt die Erklärung der verschuldens­ unabhängige Schadensersatzhaftung aus dem Willen der Beteiligten. Dem ent­ spricht es weiterhin, dass die Risikoübernahme des Gattungsschuldners nach all­ gemeiner Meinung, auch ohne ausdrückliche Abreden, Leistungshindernisse nicht erfasst, die auf höherer Gewalt oder sonstigen Umständen außerhalb seiner Einflusssphäre beruhen.423 Eine vollständige Versicherung des Gläubigers auch gegen solcherart verursachte Leistungsstörungen ließe sich nicht auf den ty­ 420   Zur Gleichwertigkeit verschuldensabhängiger und strenger Einstandspflicht unter dieser Bedingung supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. b) (1) i. Ein Vergleich der unterschiedlichen Haftungsre­ gime gerade unter Anreizgesichtspunkten führen auch die supra Fn.  375 genannten Vertreter der ökonomischen Analyse durch. 421   Zur Signalwirkung der rechtsförmigen Absicherung des Leistungsversprechens supra Ka­ pitel 4 §  3 B. II. Dieser Aspekt indiziert das Eigeninteresse des Schuldners an der strengen Haf­ tung, weil erst diese erlaubt, den vollen Kooperationsgewinn zu realisieren, an dem der Schuld­ ner über das Entgelt teil hat. 422   Zum Verständnis der Gattungsschuld als Marktbeschaffungsschuld supra Fn.  113. Ebenso BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  132. 423   RG v. 12.  3. 1920 – II 362/19, RGZ 1, 2 (galizische Eier); BGH v. 12.  7. 1972 – VIII ZR 200/71, NJW 1972, 1702, 1703; BGH v. 1.  12. 1993 – VIII ZR 259/92, NJW 1994, 515; Löwisch/ Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  276 Rdnr.  159; Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  276 Rdnr.  179; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  276 Rdnr.  21; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstö­ rungen, 2008, §  34 Rdnr.  42; U. Huber, Leistungsstörungen, Bd.  I, 1999, §  24 I 2, S.  578 f. Speziell zu Arbeitskampfmaßnahmen, die zumindest partiell (Aussperrung der eigenen Arbeitnehmer!) dem Einfluss des Schuldners unterliegen können, Kreissl, MDR 1994, 958.

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pischen Parteiwillen zurückführen, weil die Erwägungen zur überlegenen Risi­ kobeherrschung und zur fehlenden Verifizierbarkeit der einschlägigen Umstände erkennbar nicht greifen.424 Im Einklang mit der hier entwickelten Sicht steht es schließlich auch, dass es den Parteien unbenommen ist, durch explizite Beschrän­ kungen der Risikoübernahme zu verdeutlichen, dass ihre Transaktion nicht durch die typische Interessenlage einer Marktbeschaffungsschuld gekennzeichnet ist.425 Umgekehrt kommt auch bei einer Individualschuld die Übernahme eines Be­ schaffungsrisikos in Betracht, wenn der Schuldner überlegene Möglichkeiten be­ sitzt, sich den Leistungsgegenstand zu verschaffen,426 und die Beteiligten die Schwierigkeiten der Verifizierung der notwendigen Bemühungen des Schuldners vermeiden wollen.427 Die beschriebene Versicherungswirkung einer verschuldensunabhängigen Ein­ standspflicht des Schuldners verdeutlicht, dass ein Gesichtspunkt, der für die kon­ kludente Übernahmen des Beschaffungsrisikos unabhängig von den Anreizen der Schadensersatzhaftung zur effizienten Prävention von Leistungsstörungen spre­ chen kann, in den unterschiedlichen Risikopräferenz der Beteiligten liegt.428 Vor dem Hintergrund einer prinzipiell verschuldensabhängigen Haftung des Schuld­ ners geht es darum, dass dem Gläubiger auch die Einbußen abgenommen werden, die er infolge des Eintritts unvermeidbarer Leistungsstörungen erleidet, wenn und soweit der Schuldner das Beschaffungsrisiko übernommen hat. Eine entspre­ chende Risikoallokation führt zu einer Effizienzsteigerung, d. h. zu einer Vergrö­ ßerung des Kooperationsgewinns, wenn ein risikoneutraler Schuldner gegenüber einem risikoaversen Gläubiger in die Pflicht geht. Derartiges wird dem (mutmaß­ lichen) Willen der Beteiligten entsprechen, wenn ihre abweichenden Fähigkeiten 424   Im Rahmen der insoweit allein eingreifenden Verschuldenshaftung obliegt es dem Schuld­ ner, sich durch den Nachweis der entsprechenden Umstände zu exkulpieren, vgl. z. B. Löwisch/ Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  276 Rdnr.  159; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  276 Rdnr.  21. 425   Z. B. durch einen Selbstbelieferungsvorbehalt, vgl. BGH v. 6.  3. 1968 – VIII ZR 221/65, BGHZ 49, 388, 395; BGH v. 14.  11. 1984 – VIII ZR 283/83, BGHZ 92, 396, 401; BGH, NJW 1995, 1959, 1960, vgl. aber auch die engere Auslegung des Vorbehalts der Liefermöglichkeit, BGH v. 24.  6 . 1958 – VIII ZR 52, 57, NJW 1958, 1628, 1629; BGH v. 1.  12. 1993 – VIII ZR 259/92, NJW 1994, 515, 516; allgemein Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbei­ tung 2009, §  276 Rdnr.  160 f.; Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  276 Rdnr.  179; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  276 Rdnr.  22; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  34 Rdnr.  4 4 mit §  7 Rdnr.  17 ff.; einge­ hend U. Huber, Leistungsstörungen, Bd.  I, 1999, §  25 I, S.  611 ff., §  25 III, S.  623 f. 426   Zu der allein hieraus folgenden, im mutmaßlichen Parteiwillen wurzelnden Konsequenz, ihn mit Hilfe einer Beschaffungspflicht zu zwingen, von diesen Möglichkeiten Gebrauch zu machen, supra B. I. 3. a). 427   Zu weitgehend R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  34 Rdnr.  45, der von einer Übernahme des Beschaffungsrisikos ausgeht, wenn der Schuldner bei Vertragsschluss „um seine mangelnde Verfügungsbefugnis“ wisse sowie gleiches annehmen will, wenn der Schuldner die „Beschaffungsnotwendigkeit bei Vertragsschluss“ nicht aufdecke. Differenzie­ rend Canaris, Festschrift für Wolfgang Wiegand, 2005, S.  179, 214 ff.; Löwisch/Caspers in: Stau­ dinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  276 Rdnr.  154. 428   Supra Kapitel 4 §  3 A. II. 3.

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zur Risikotragung bei Vertragsschluss bekannt sind. Der Großimporteur, der die zu kompensierenden Einbußen einzelner Gläubiger bzw. die von ihm gezahlte Versicherungsprämie auf eine Vielzahl von Geschäften verteilen kann, 429 wird ty­ pischerweise die entsprechende Kompensationspflicht gegenüber risikoaversen Verbrauchern übernehmen, während bei umgekehrter Rollenverteilung derartiges nicht angenommen werden kann. Wichtig ist, dass der Umfang einer so begründe­ ten Risikoübernahme nicht notwendig durch die Einflussmöglichkeiten des Schuldners bestimmt wird, d. h. insoweit ist im Extremfall sogar die Übernahme sämtlicher Beschaffungsrisiken wie bei einer selbständigen Garantie denkbar. Hiervon kann freilich nur bei Vorliegen greifbarer Anhaltspunkte, insbesondere einer entsprechenden Bestimmung der Gegenleistung, ausgegangen werden. 2.  Zurechnung des Verhaltens von Erfüllungsgehilfen Die Verantwortlichkeit des Schuldners für Leistungshindernisse aus der Sphäre Dritter wird im Rahmen der Schadensersatzhaftung zum einen durch die Verlet­ zung eigener Sorgfaltspflichten im Hinblick auf die arbeitsteilige Leistungser­ bringung und die Übernahme verschuldensunabhängiger Risiken bestimmt. Zum anderen ergibt sich seine Haftung vor allem als Folge der in §  278 S.  1 BGB ange­ ordneten Verschuldenszurechnung.430 Die Bestimmung stellt explizit das Ver­ schulden der Erfüllungsgehilfen mit demjenigen des Schuldners selbst gleich. Vor dem Hintergrund der Regelverantwortlichkeit für Vorsatz und Fahrlässigkeit, wie sie den §§  280 Abs.  1, 276 Abs.  1 S.  1 BGB zu entnehmen ist, resultiert aus dieser Gleichstellung im Ergebnis die Einstandspflicht des Schuldners. Im Rah­ men des Tatbestands der Zurechnungsnorm ergeben sich die zentralen Weichen­ stellungen der Risikozuweisung zum einen aus der Abgrenzung des Kreises von Erfüllungsvorgängen, deren Fehlschlagen grundsätzlich zu einer Zurechnung des deshalb eingetretenen Leistungshindernisses führen kann. Dies betrifft zunächst den sachlich-personalen Anwendungsbereich des §  278 S.  1 BGB. 431 Weiterhin ist aber auch das Erfordernis angesprochen, dass der Schuldner die Hilfsperson im Rahmen des Erfüllungsvorgangs einsetzt.432 Zum anderen fungiert das Merkmal der Verbindlichkeit, zu deren Erfüllung sich der Schuldner der Gehilfen bedient,   Zu diesem Gedanken der Schadensstreuung bereits supra Kapitel 3 §  2 A. II. 1. b) (3).   Die zum Teil befürwortete Anwendung des §  31 BGB im vertraglichen Bereich (supra Kapitel 3 §  1 B. I.) führt für die Haftungsvertreter der Verbände zunächst nicht zu abweichenden Ergebnissen. Abgesehen davon, dass sich die neuralgischen Fälle ohnehin weniger auf der Füh­ rungsebene abspielen, wären die kritischen Tatbestandsmerkmale der Zurechnungsnorm des §  31 BGB unter identischen Wertungsgesichtspunkten zu interpretieren. Dies gilt vor allem, so­ weit die mit den Vertragszielen der Parteien übereinstimmende Risikoverteilung mit Hilfe einer teleologischen Bestimmung des Pflichtenkreises des Schuldners bewerkstelligt wird (infra c)): Die im Rahmen des §  31 BGB zu beantwortende Frage, ob der Haftungsvertreter „eine .  .  . zum Schadensersatz verpflichtende Handlung“ zufügt, hängt ersichtlich wie die Verschuldenszu­ rechnung nach §  278 S.  1 BGB zentral vom Pflichtenkreis des Verbands ab. 431   Infra a). 432   Infra b). 429 430

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als Träger differenzierter Wertungen, in denen sich die für die Rechtsfindung und -fortbildung maßgeblichen Charakteristika der unterliegenden Sachprobleme spiegeln. Zwar bestehen keine Zweifel am Vorliegen einer die Anwendung des §  278 S.  1 BGB prinzipiell tragenden Sonderverbindung,433 wenn die Gehilfen im Rahmen der arbeitsteiligen Leistungserbringung selbst tätig werden.434 Gleich­ wohl wirft die exakte Abgrenzung des Pflichtenkreises des Schuldners grund­ sätzliche Probleme auf.435 Darüber hinaus bedarf auch der innere Zusammenhang der Präzisierung, der zwischen den Schuldnerpflichten und dem Gehilfenhandeln bestehen muss, um eine Zurechnung des schädigenden Drittverhaltens zu recht­ fertigen.436 Schließlich ist der exakte Gehalt der angeordneten Zurechnung des Verschuldens des Erfüllungsgehilfen zu bestimmen. 437 a)  Handeln eines Erfüllungsgehilfen Die erste Annäherung an die Präzisierung der Reichweite der in §  278 S.  1 BGB enthaltenen Risikozuweisung muss die Erfüllungsvorgänge bestimmen, die zu einer verantwortlichkeitsbegründenden Zurechnung des Eintritts von Leistungs­ hindernissen führen können. Nicht mehr zweifelhaft ist die Erstreckung der Zu­ rechnung auf sämtliche Handlungen von in die Leistungserbringung eingeschal­ teten Rechtssubjekten, zu denen nach dem heutigem Stand der Dogmatik auch die Personengesellschaften zu rechnen sind, die durch ihre vertretungsberechtigten Mitglieder nach außen repräsentiert werden.438 Daneben wird auch die analoge Heranziehung der Bestimmung auf Maschinenversagen befürwortet. 439 Diese Auffassung bekennt sich zu einer normativen Bestimmung der Verantwortungs­ 433   Für die ganz herrschende, an den Wortlaut und die systematische Stellung der Vorschrift anknüpfende Meinung, die §  278 BGB auf die Haftung aus Sonderverbindung beschränkt, z. B. BGH v. 8.  3. 1951 – III ZR 65/50, BGHZ 1, 248, 249; BGH v. 29.  4. 1953 – VI ZR 63/52, BGHZ 9, 316, 317; BGH v. 7.  3. 1972 – VI ZR 158/70, BGHZ 58, 207, 217; Löwisch/Caspers in: Staudin­ ger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  278 Rdnr.  7; Grundmann in: Münchener Kom­ mentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  278; Rdnr.  15; M. Wolf in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  278 Rdnr.  8 ; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  278 BGB Rdnr.  2; Unberath in: Bamberger/Roth, BGB, Bd.  1, 2.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  2; Looschelders, Schuld­ recht Allgemeiner Teil, 9.  Aufl., 2011, Rdnr.  541; Larenz, Schuldrecht I, 14.  Aufl., 1987, §  20 VIII, S.  296 f., 303; Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I/2, 8.  Aufl., 2000, §  27 I 3 a, S.  99 f.; H. Westermann, JuS 1961, 333, 340; a. A. Picker, AcP 183 (1983) 369, 488 f. 434   Historisch anders stellt sich dies im Hinblick auf die vorvertraglichen Aufklärungs­ pflichten (infra §  2 C. II. 3. a).) und die Schutz- und Sorgfaltspflichten (infra §  3 C.) dar. 435   Infra c). 436   Infra d). 437   Infra e). 438   BGH v. 24.  5. 1982 – II ZR 124/81, BGHZ 84, 141, 143, 148 (Personenhandelsgesell­ schaften); M. Wolf in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  278 Rdnr.  24. 439   Spiro, Die Haftung für Erfüllungsgehilfen, 1984, S.  209 ff.; M. Wolf, JuS 1989, 899, 901 f.; M. Wolf in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  278 Rdnr.  25; Harke, Allgemeines Schuld­ recht, 2010, Rdnr.  247; Berger, Schadensverteilung bei Bankbetriebsstörungen, 1980, S.  105 ff.; R. Schmidt, AcP 166 (1966) 1, 22 ff.; sympathisierend, aber letztlich ablehnend Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  45.

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bereiche der Vertragsparteien und möchte den Regelungsgedanken des §  278 BGB im Lichte der sozialen Entwicklung fortschreiben, weshalb die Kritik zu kurz greift, man könne die Frage nach dem „Verschulden“ von Maschinen (oder Tieren) nicht sinnvoll stellen440 – es geht, stärker gelöst von den einzelnen tatbestand­ lichen Merkmalen des §  278 S.  1 BGB um die Risikozuweisung für das „Versagen“ nicht-menschlicher Erfüllungsmedien. Die vorgeschlagene Rechtsfortbildung ist trotzdem in der vertretenen Rigoro­ sität gerade unter Wertungsgesichtspunkten abzulehnen. Aus der Sicht einer Ge­ sellschaft, die sich zum unbestreitbaren Nutzen ihrer Mitglieder, umfassend und in sämtlichen Lebensbereichen auf Computertechnologie verlässt, mutet der Ver­ such, das Rad der Geschichte haftungsrechtlich zurück zu drehen, ebenso anti­ quiert wie verfehlt an. Es geht schlicht nicht um den Schutz des Gläubigers vor dem Einsatz von „Automaten und Maschinen“.441 Insoweit teilt die referierte Auf­ fassung den Grundfehler der Konzeptionen des §  278 BGB, die auf der Fehlvor­ stellung basieren, nur der Schuldner ziehe einen Nutzen aus der Arbeitsteilung, weshalb eine einseitige Risikozuweisung vorzunehmen sei.442 Man spürt deutlich eine gewisse Aura der Fortschrittsskepsis, wenn der Krankenhausbetreiber, der mit Hilfe neuester Diagnosetechnologie Tumore im Frühstadium erkennt, des­ halb bedingungslos bei von ihm unverschuldetem Versagen des PET-CT in die Haftung genommen werden sollte, weil er den Nutzen aus dem Geräteeinsatz ziehe und sich nicht durch den Einsatz von „Maschinen“ von seiner Haftung ent­ lasten dürfe.443 Gerade das vorstehende Beispiel verdeutlicht sinnfällig die Notwendigkeit ei­ ner differenzierten, den beiderseitigen Vorteil aus der technologischen Entwick­ lung berücksichtigenden Risikoverteilung. Diese könnte entlang der hier vorge­ zeichneten, am Effizienzkalkül der Vertragsparteien orientierten Linien verlaufen und deshalb den Krankenhausbetreiber haften lassen, weil und soweit er das Ri­ siko besser beherrscht oder/und eher in der Lage ist, unvermeidbare Einbußen zu tragen.444 Insoweit ist freilich nicht gesagt, dass im Rahmen einer dispositiven, gerade im Rahmen des Fahrlässigkeitsmaßstabs stark verobjektivierten Verschul­ denshaftung keine adäquaten Ergebnisse erzielt werden könnten.445 Es ist mit an­ 440   So Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  278, Rdnr.  5. 441   Vgl. M. Wolf in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  278 Rdnr.  25. Ganz ähnlich aus jüngster Zeit Harke, Allgemeines Schuldrecht, 2010, Rdnr.  247. 442   Dazu schon supra Kapitel 3 §  1 A. III. 1. 443   Ablehnend auch Unberath in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  I, 2.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  15; Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I/2, 8.  Aufl., 2000, §  27 I 3, S.  102 f.; Medicus/S. Lorenz, Schuldrecht I, 19.  Aufl., 2010, Rdnr.  395; E. Lorenz, Festgabe 50 Jahre Bundesgerichtshof, Bd.  I, 2000, S.  329, 373; Lieser, JZ 1971, 759, 761. 444   Die supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. b) angestellten Überlegungen bezogen sich grundsätzlich auf sämtliche, die Leistungserbringung beteffenden Risiken und erfassen daher auch solche aus dem Technologieeinsatz. 445   Bejaht von Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  45.

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deren Worten nicht geklärt, ob dogmatisch das Bedürfnis besteht, die notwendig differenzierte Risikozuweisung im Rahmen einer weitreichenden Rechtsfortbil­ dung zu bewerkstelligen. Dies muss im Rahmen einer, den Besonderheiten der Arbeitsteilung gewidmeten Untersuchung nicht weiter vertieft werden. b)  Bedienen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit Nach der wiederkehrenden Formulierung der Rechtsprechung sind Erfüllungs­ gehilfen nur solche Personen, die bei der Erfüllung mit dem Willen des Schuldners mitwirken,446 die also von diesem bewusst zur Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten eingesetzt werden. Zwar kommt es nicht auf das Bestehen eines kon­ kreten, den Einschaltwillen zum Ausdruck bringenden Rechtsverhältnisses zwi­ schen dem Schuldner und der Hilfsperson an.447 Gleichwohl wird die voluntative Grundlage der Verschuldenszurechnung allgemein betont.448 Die von Praxis und Wissenschaft an den Einschaltwillen gestellten Anforde­ rungen sind allerdings nicht hoch. Als ausreichend wird – mit Unterschieden in der Formulierung – angesehen, wenn der Schuldner den Willen hat, die Hilfsper­ son bei der arbeitsteiligen Leistungserbringung mitwirken zu lassen, ohne dass sich damit eine konkrete Vorstellung über den von dieser erbrachten Beitrag ver­ binden oder dass dieser Wille nach außen kund getan werden müsste.449 Die Maß­ geblichkeit allein der tatsächlichen, von einem mehr oder weniger abstrakten Wil­ len des Schuldners getragenen Verhältnisse, kommt plastisch zum Ausdruck, wenn der entscheidende Gesichtspunkt in einer „Arbeitsverlagerung vom Schuld­ 446   RG v. 17.  4. 1920 – I 238/19, RGZ 98, 327, 328; RG v. 6.  11. 1933 – VI 231/33, RGZ 142, 184, 189; BGH v. 21.  4. 1954 – VI ZR 55/53, BGHZ 13, 111, 113; BGH v. 27.  3. 1968 – VIII ZR 10/66, BGHZ 50, 32, 35; BGH v. 8.  2. 1974 – V ZR 21/72, BGHZ 62, 119, 124; BGH v. 9.  10. 1986 – I ZR 138/84, BGHZ 98, 330, 334; BGH v. 25.  10. 2006 – VIII ZR 102/06, NJW 2007, 428, 429. 447   RG v. 17.  4. 1920 – I 238/19, RGZ 98, 327, 328; RG v. 21.  9. 1923 – III 569/33, RGZ 108, 221, 223; BGH v. 21.  4. 1954 – VI ZR 55/53, BGHZ 13, 111, 113; BGH v. 15.  3. 1956 – II ZR 284/54, LM Nr.  2 zu §  276 (Hb); BGH v. 27.  3. 1968 – VIII ZR 10/66, BGHZ 50, 32, 35; Harke, Allge­ meines Schuldrecht, 2010, Rdnr.  243; Larenz, Schuldrecht I, 14.  Aufl., 1987, §  20 VIII, S.  298; H. Westermann JuS 1961, 333, 338. 448   Für die ganz h.Lit. z. B. Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbei­ tung 2009, §  278 Rdnr.  17; M. Wolf in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  278 Rdnr.  22 f.; Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  42; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  15; U. Huber, Leistungsstörun­ gen, Bd.  I, 1999, §  27 II 6, S.  679; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  34 Rdnr.  52; Harke, Allgemeines Schuldrecht, 2010, Rdnr.  243. 449   RG v. 9.  5. 1939 – VII 251/38, RGZ 160, 316; BGH v. 25.  3. 1982 – VII ZR 60/81, BGHZ 83, 293, 297; BGH v. 20.  6 . 1984 – VIII ZR 137/83, NJW 1985, 914, 915; BGH v. 24.  11. 1995 – V ZR 40/94, NJW 1996, 451; Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  278 Rdnr.  19; M. Wolf in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  278 Rdnr.  22 f.; Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  42; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  16; R. Schwarze, Das Recht der Leis­ tungsstörungen, 2008, §  34 Rdnr.  52; Spiro, Erfüllungsgehilfe, S.  163; H. Westermann JuS 1961, 333, 339. Enger wohl Harke, Allgemeines Schuldrecht, 2010, Rdnr.  243: Zuordnung zum „Ein­ flussbereich“ des Schuldners; das Erfordernis schuldnerrischen Einflusses auf den Erfüllungs­ gehilfen gerade nicht fordernd, BGH v. 18.  11. 1982 – VII ZR 25/82, NJW 1983, 448, 448 f.

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ner weg“ gesehen wird.450 In diesem Zusammenhang ist nicht zuletzt auch auf die geringen Anforderungen hinzuweisen, die bei einer weiteren Delegation der Tä­ tigkeit durch den Erfüllungsgehilfen an eine Ermächtigung gestellt werden, auf deren Grundlage dem Geschäftsherrn auch das Verschulden des Delegatars zuge­ rechnet werden kann. Insoweit soll nämlich das stillschweigende oder gar mut­ maßliche Einverständnis des Schuldners mit der Betrauung des Untergehilfen ausreichen.451 Auf dessen Vorliegen kann insbesondere auch aus den Umständen und der Stellung des unmittelbar betrauten Gehilfen geschlossen werden. 452 Be­ reits vor dem Hintergrund dieser faktisch sehr starken, den tatsächlichen Willen des Schuldners letztlich nicht mehr ermittelnden Lockerungen drängt sich die Frage auf, ob es in der Sache nicht doch um eine Bestimmung der Verantwor­ tungsbereiche anhand objektiver,453 an den Vertragszielen der Beteiligten orien­ tierter Kriterien geht. Dieser Eindruck wird verstärkt, wenn man bedenkt, dass sich neben den ge­ nannten Abschwächungen des Erfordernisses einer willensgetragenen Einschal­ tung der Hilfsperson in Rechtsprechung und Literatur auch zahlreiche normative Korrekturen dieses Grundsatzes finden. Diese relativieren letztlich die alleinige Maßgeblichkeit des tatsächlichen Schuldnerwillens und führen zu einer (weiteren) Verobjektivierung der Abgrenzung der Risikosphären. Von untergeordneter Be­ deutung ist dabei die zu einer Einschränkung der Verantwortlichkeit führende Berücksichtigung der Wertungen der §§  104 ff. BGB bei fehlender oder be­ schränkter Geschäftsfähigkeit des Schuldners,454 denn insoweit geht es lediglich um die konsistente Durchsetzung der allgemeinen persönlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der privatautonomen Gestaltung der eigenen Rechtsbezie­ hungen. Weitaus bedeutsamer ist demgegenüber die Figur des „Schein-Erfül­ lungsgehilfen“, die zu einer vom tatsächlichen Schuldnerwillen gelösten Auswei­ 450   So Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  42. 451   Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  278 Rdnr.  27 f., 30; M. Wolf in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  278 Rdnr.  23, 28; Grundmann in: Mün­ chener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  43; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  25; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  34 Rdnr.  53; Larenz, Schuldrecht I, 14.  Aufl., 1987, §  20 VIII, S.  300; Frotz, Verkehrs­ schutz im Vertretungsrecht, 1972, S.  88. 452   Vgl. z. B. auch die vor allem im Hinblick auf die Informationsverantwortlichkeit relevante (infra §  2 C., E.), gefestigte Rechtsprechung, wonach Anbieter von Kapitalanlageprodukten (Le­ bensversicherungen, Bausparverträge, Beteiligungen etc.), die einen selbständigen Vermittler zum Vertrieb einsetzen, damit rechnen müssen, dass dieser sich der Hilfe von Untervermittlern bedient und deshalb auch für deren Verschulden einstehen müsse, z. B. BGH v. 24.  9. 1996 – XI ZR 318/95, NJW-RR 1997, 116, 117; BGH v. 9.  7. 1998 – III ZR 158/97, NJW 1998, 2898, 2899; BGH v. 14.  11. 2000 – XI ZR 336/99, NJW 2001, 358, 359; BGH v. 8.  1. 2004 – VIII ZR 181/02, NJW 2004, 2156, 2157. 453   So in der Tat Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I/2, 8.  Aufl., 2000, §  27 I 3, S.  101. 454   Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  278, Rdnr.  21; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  15; Unberath in: Bamber­ ger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  I, 2.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  11.

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tung der Verschuldenszurechnung führen soll.455 Hierher gehört auch die berech­ tigte Geschäftsführung ohne Auftrag, bei der der Geschäftsführer zum Teil ohne Weiteres als Erfüllungsgehilfe des Geschäftsherrn-Schuldners betrachtet wird.456 Schließlich soll der reale Schuldnerwille bei den nicht anerkannten Vermittlungs­ geschäften, wie sie insbesondere im Reisevertragsrecht infolge der Regelung des §  651a Abs.  2 BGB vorkommen,457 unbeachtlich sein, weshalb die Leistungsträger als Erfüllungsgehilfen des „Vermittlers“ betrachtet werden.458 Insoweit geht es zwar primär um die Bestimmung der Schuldnerpflichten,459 jedoch wird implizit auch das tatsächliche, willensgetragene Einschalten des Leistungsträgers in deren Erfüllung durch den Schuldner für entbehrlich gehalten. Das Vorstehende verdeutlicht, dass es dem Stand der Dogmatik entspricht, nicht nur in Grenzbereichen über die Qualifikation bestimmter, bei der Leis­ tungserbringung beteiligter Personen eine Risikozuweisung vorzunehmen, die den Willen des Schuldners, sich zur Leistungserbringung eines Erfüllungsgehil­ fen zu bedienen, mehr oder weniger offen, normativ zuschreibt.460 Darin liegt nach der hier vertretenen Konzeption des Leistungsstörungsrechts kein Defizit. Dieses hat insgesamt wie der auf den Eintritt von Leistungshindernissen reagie­ rende Schadensersatzanspruch im Besonderen als Institutionen zur Stützung des Vertrags ex post, die Aufgabe, eine am Effizienzkalkül der Parteien orientierte Risikozuweisung zu realisieren, weil nur durch diese die Versprechensbindung die gewünschte, rechtsförmige Absicherung erfährt. 461 Der Schuldner „bedient“ sich daher einer Person im Sinne des §  278 S.  1 BGB, wenn diese innerhalb der von ihm strukturierten, arbeitsteiligen Leistungserbringung in einer Art und Weise 455   BGH v. 18.  10. 1951 – III ZR 138/50, NJW 1952, 217; BGH v. 7.  5. 1965 – Ib ZR 108/63, NJW 1965, 1709, 1710; Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  278 Rdnr.  23; Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  42, 48; Unberath in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  I, 2.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  15; einschränkend M. Wolf in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  278 Rdnr.  23; skep­ tisch R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  34 Rdnr.  52; ablehnend BGH v. 14.  2. 1989 – VI ZR 121/88, NJW-RR 1989, 723, 725. 456   Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  278, Rdnr.  24; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  34 Rdnr.  52; Spiro, Die Haftung für Erfüllungsgehilfen, 1984, S.  172; a. A. Haftung nur bei nachträglicher Genehmigung BGH v. 18.  10. 1951 – III ZR 138/50, NJW 1952, 217; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  15; Grüneberg in: Palandt, BGB, 71.  Aufl., 2012, §  278 Rdnr.  7; Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, 23.  Aufl., 2011, Rdnr.  8 01; H. Westermann, JuS 1961, 333, 339. 457   Die Bestimmung soll nach verbreiteter Meinung Ausdruck des allgemeinen Verbots wi­ dersprüchlichen Verhaltens und daher verallgemeinerungsfähig sein, Tonner in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  4, 5.  Aufl., 2009, §  651a Rdnr.  9 0. Vgl. auch U. Huber, Leistungsstö­ rungen, Bd.  I, 1999, §  27 II 6 a bb, S.  681 ff., teilweise durch §  675z S.  3 BGB überholt. 458   BGH v. 18.  10. 1973 – VII ZR 247/72, BGHZ 61, 275, 277 ff.; BGH v. 21.  3. 1974 – VII ZR 87/73, NJW 1974, 1046, 1047; BGH v. 5.  7. 1992 – VII ZR 7/92, BGHZ 119, 152, 166; Löwisch/ Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  278, Rdnr.  35; Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I/2, 8.  Aufl., 2000, §  27 I 3, S.  101 f.; Grunewald, NJW 1980, 1924. 459   Dazu infra c). 460   Vgl. auch schon supra Kapitel 1 §  1 A. II. 2. 461   Supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. a) (1) und eingehend Kapitel 4 §  3 A. II. 1.

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zum Einsatz kommt, bei der die mit ihrer Tätigkeit verbundenen Risiken für die Erfüllung der Schuldnerpflichten von diesem relativ besser beherrscht oder getra­ gen werden können als vom Gläubiger. Durch die unbedingte Einstandspflicht für die Fehler des so gekennzeichneten Personenkreises entsteht für ihn ein An­ reiz, die angesprochene Steuerungsmöglichkeit wahrzunehmen und die dro­ henden Einbußen effizient zu minimieren.462 Gleichzeitig wird ihm die Motivati­ on genommen, ressourcenverschwendende Strategien der Haftungsvermeidung (Externalisierung) zu verfolgen, weil es allein auf die überlegene Beherrschbarkeit des jeweiligen Risikos, nicht auf einen konkreten Willen hierzu ankommt.463 Um­ gekehrt bleibt im Ausgangspunkt auch der Anreiz für den Gläubiger erhalten, die von ihm eher beherrschten Risiken aus der Arbeitsteilung zu antizipieren und im Eigeninteresse mit optimalem Aufwand zu vermeiden.464 Schließlich erlaubt das Abstellen auf die Fähigkeit, unvermeidbare Risiken zu tragen, eine Steigerung des Kooperationsgewinns aus der Transaktion durch Verringerung der sekundären Kosten der Leistungsstörung. 465 Daraus folgt zunächst, dass der Schuldner das Personalrisiko der in seinem Be­ trieb abhängig Beschäftigten trägt, auf deren Verhalten er über das arbeitgeber­ liche Direktionsrecht sowie die informellen Motivations- und Sanktionsmecha­ nismen des Arbeitslebens unmittelbar einwirken kann.466 Ein Sonderproblem stellt insoweit die Konstellation dar, dass der Schuldner wegen eines Leistungs­ hindernisses im Sinne des §  275 BGB nicht, oder wegen entstehender Behinde­ rungen nicht rechtzeitig erfüllen kann, wenn dies auf den Streik seiner Arbeitneh­ mer zurückzuführen ist. Während zum Teil die Verantwortlichkeit des Schuld­ ners auch für streikende Arbeitnehmer ausnahmslos befürwortet wird,467 wird diese von anderen auf rechtswidrige Arbeitskampfmaßnahmen beschränkt,468 aber auch gänzlich abgelehnt, weil der Schuldner davon absehen werde, die Strei­ kenden in die Leistungserbringung einzuschalten.469 An dieser Stelle muss nicht entschieden werden, inwieweit eine Modifikation der zivilrechtlichen Dogmatik auf der Grundlage originärer Wertungen des kollektiven Arbeits(kampf)rechts   Supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. b).   Dies liegt ganz auf der Linie der supra Fn.  452 und supra Kapitel 1 §  1 A. II. 2 erwähnten Judikatur. 464   Supra Kapitel 4 §  3 A. II. 2. b) und c). Auch noch infra IV. 465   Supra Kapitel 4 §  1 Fn.  1124 und Kapitel 4 §  3 A. II. 3. 466   Vgl. supra Kapitel 4 §  1 B. I. 467   LG Frankfurt v. 12.  1. 1987 – 2/24 S 173/85, NJW-RR 1987, 823, 824; AG Duisburg v. 8.  4. 2002 – 3 C 654/02, RRa 2002, 171; Spiro, Die Haftung für Erfüllungsgehilfen, 1984, S.  138 Fn.  41. 468   Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  14; Unberath in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  I, 2.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  13;Grüneberg in: Palandt, BGB, 71.  Aufl., 2012, §  278 Rdnr.  8 ; Schmidt-Kessel in: Prütting/Wegen/Weinreich (Hrsg.), BGB, 6.  Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  23; Harke, Allgemeines Schuldrecht, 2010, Rdnr.  243. 469   Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  278, Rdnr.  33; U. Huber, Leistungsstörungen, Bd.  I, 1999, §  27 II 6 b bb, S.  685; Löwisch, AcP 174 (1974) 202, 251 f.; Kaiser/Riebele, NJW 1990, 218, 220 f. Im Ergebnis auch Wiedemann in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  275 Rdnr.  32. 462

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

erforderlich ist.470 Bedeutsam ist allein, dass der zum Teil als entscheidend angese­ hene Gesichtspunkt einer „Entpflichtung“ der streikenden Arbeitnehmer durch­ aus mit der hier entwickelten Konzeption konform sein kann. Dabei ist freilich zu fordern, dass der Schuldner als Folge des Streiks tatsächlich eine anderweitige Organisation der Leistungserbringung intendiert und nicht nur notgedrungen seinen Willen aufgibt, 471 mit Hilfe der Streikenden zu erfüllen, obwohl er keine realistische Alternative zu deren Einsatz besitzt. Letzteres wird freilich durch den Eintritt des Leistungshindernisses im Sinne von §  275 BGB indiziert. In dieser Konstellation bleibt es dann aber – vorbehaltlich offener arbeitskampfrechtlicher Wertungen – bei der zivilrechtlichen Einstandspflicht des Schuldners für die Streikenden im Rahmen des §  278 BGB, weil sich nichts daran geändert hat, dass diese in der (unrealisierbaren) Organisation der arbeitsteiligen Leistungserbrin­ gung an einer von ihm überlegen beherrschbaren Position zum Einsatz kommen sollen, d. h. seine Erfüllungsgehilfen sind.472 Auf ein – daneben durchaus denk­ bares – Vorsorge- und Abwendungsverschulden kommt es insoweit nicht an.473 Im Einklang mit der ganz herrschenden Meinung474 können auch selbständige Dritte als Erfüllungsgehilfen im Sinne des §  278 S.  1 BGB anzusehen sein, weil es ausschließlich darauf ankommt, dass die jeweilige Hilfsperson im Rahmen der arbeitsteilig organisierten Leistungserbringung in einer Art und Weise zum Ein­ satz kommt, die es dem Schuldner erlaubt, die damit verbundenen Risiken besser zu beherrschen oder zu tragen als der Gläubiger. Dies bedeutet, dass zum einen selbständige Dritte als Erfüllungsgehilfen in Betracht kommen, auf deren poten­ tiell zu Leistungsstörungen führendes Verhalten der Schuldner aus rechtlichen (z. B. Weisungsrecht) oder tatsächlichen (z. B. „Kundenwunsch“ bei bestehender Nachfragemacht) Gründen eher Einfluss nehmen kann, als der Gläubiger. Darü­ 470   In diesem Sinne v. a. Kreissl, JZ 1995, 695, 698 ff.; Kreissl, ZfA 1996, 503, 517 ff.; für die Maßgeblichkeit, zur praktischen Konkordanz zu bringender verfassungsrechtlicher Wertungen (Artt. 2 Abs.  1, 9 GG) auch Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  14. 471   Großzügiger v. a. Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  278 Rdnr.  20, 33. 472   Abzulehen auch U. Huber, Leistungsstörungen, Bd.  I, 1999, §  27 II 6 b bb, S.  685, der maßgeblich darauf abstellt, dass die Streikenden sich weigerten, an der Erfüllung der Verbind­ lichkeit ihres Arbeitgebers mitzuwirken. Auf die Willensrichtung der Gehilfen kommt es nicht an, eindeutig z. B. BGH v. 21.  4. 1954 – VI ZR 55/53, BGHZ 13, 111, 114. 473   Hierauf v. a. rekurrierend Wiedemann in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  275 Rdnr.  32. 474   RG v. 21.  12. 1920 – VII 315/20, RGZ 101, 152; BGH v. 18.  10. 1951 – III ZR 138/50, NJW 1952, 217; BGH v. 28.  5. 1957 – VI ZR 136/56, BGHZ 24, 325, 329; BGH v. 8.  2. 1974 – V ZR 21/72, BGHZ 62, 119, 124; BGH v. 4.  3. 1987 – IVa ZR 122/85, BGHZ 100, 117, 122; BGH v. 24.  11. 1995 – V ZR 40/94, NJW 1996, 451; Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  278 Rdnr.  25; Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  4 4; M. Wolf in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  278 Rdnr.  26; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  16, 18, 24; Unberath in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  I, 2.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  11; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  34 Rdnr.  53; Spiro, Die Haftung für Erfüllungsgehilfen, 1984, S.  184 ff.

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ber hinaus reicht es aber aus, wenn der Schuldner die Auswahl der selbständigen Hilfspersonen trifft und so über größeren Einfluss auf deren Beitrag zur Leis­ tungserbringung verfügt als der Gläubiger. 475 Die strikte Einstandspflicht führt in diesen Konstellationen dazu, dass der Schuldner bei seiner Entscheidung, ob ein selbständiger Unternehmer betraut wird und bei dessen Auswahl aus eigenem In­ teresse mit optimaler Sorgfalt handelt, sodass die Vertragsbeziehung von den Un­ sicherheiten einer gerichtlichen Bestimmung des optimalen Sorgfaltsmaßstabs entlastet wird.476 An letzterem fehlt es in dem praktisch zunehmend an Bedeutung verlierendem Fall, dass sich der Schuldner zur Erbringung der Leistung unver­ meidbar eines Monopolisten bedienen muss. Dessen überwiegend bejahte Erfül­ lungsgehilfeneigenschaft477 lässt sich nur dann unter dem Gesichtspunkt effek­ tiver Risikosteuerung legitimieren, wenn zumindest zur Einschaltung des Mono­ polisten Alternativen in Form einer anders strukturierten, auf den monopolisier­ ten Beitrag verzichtenden Leistungserbringung bestanden hätten.478 Aber auch jenseits dieser Konstellationen kommt eine Einstandspflicht für den Monopolis­ ten unter dem Gesichtspunkt der Versicherungsfunktion der Haftung in Be­ tracht,479 wenn nämlich der Schuldner eher als der Gläubiger in der Lage ist, das nicht beeinflussbare Risiko eines Fehlers aus der Sphäre des Monopolisten zu tra­ gen, z. B. weil er günstigere Möglichkeiten der Eigen- oder Fremdversicherung besitzt.480 Dies kann freilich auch anders sein, was in der Konsequenz zu einer Verneinung der Erfüllungsgehilfeneigenschaft des Monopolisten führen muss. Eine breite Risikostreuung wird beispielsweise dem schuldenden Großunterneh­ men im Verhältnis zum Verbraucher bei typisierender Betrachtung möglich, bei umgekehrter Rollenverteilung aber dem Schuldner verwehrt sein. Bereits an die­ ser Stelle sei darauf hingewiesen, dass eine effiziente Risikoallokation in diesen

  Supra Kapitel 4 §  1 B. I.   Supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. b) (1) i und Kapitel 4 §  3 A. II. 1. a) (1) ii. Vgl. auch supra 1 c). 477   BGH v. 8.  2. 1974 – V ZR 21/72, BGHZ 62, 119, 123 f. (für Erfordernis notarieller Mitwir­ kung); BGH v. 21.  9. 2000 – I ZR 135/98, NJW-RR 2001, 396, 398; BGH v. 21.  1. 2009 – VIII ZR 107/08, NZM 2009, 274, 274 f. Rdnr.  13 ff.; Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  278 Rdnr.  101. Vgl. auch Larenz, Schuldrecht I, 14.  Aufl., 1987, §  20 VIII, S.  299 nach dem das „näher dran“ am Risiko als alleinige Rechtfertigung für eine Zurech­ nung der Fehler der Post gemäß §  278 BGB diene. 478   Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5. Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  4 4 Fn.  191, der – unter Berufung auf RG v. 16.  9. 1927 – III 14/27, RGZ 118, 41, 45 – darauf abstellen will, ob die Einschaltung des Monopolisten vermeidbar war. Mit ähnlicher Tendenz auch H. P. Westermann/Bydlinski/Weber, BGB-Schuldrecht Allg. Teil, 7.  Aufl., 2010, Rdnr.  6 /23, S.  104, wo die „Arbeitsteilung in einer vom Geschäftsherrn beherrschten Weise“ als Rechtfertigung der Zurechnung benannt wird; ähnlich H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13. Aufl., 2011, §  278 BGB Rdnr.  24. 479   An dieser Stelle geht es lediglich um die Verteilung eines punktuellen Risikos. Allgemein können unterschiedliche Risikopräferenzen im Hinblick auf den Eintritt von Leistungshinder­ nissen v. a. durch diese Übernahme des Beschaffungsrisikos bedient werden, supra 1 c). 480   Supra Kapitel 4 §  3 A. I. 1. 475 476

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

Fällen auch und gerade über die exakte Bestimmung der Schuldnerpflichten er­ folgt, insbesondere die Unterscheidung von Hol-, Schick- oder Bringschulden.481 Die auf der Grundlage der hier vorgeschlagenen Interpretation des Tatbestands­ merkmals des „Bedienens“ im Rahmen des §  278 S.  1 BGB erzielten Ergebnisse decken sich weitgehend mit denjenigen der h. M. Hierin liegt die Konsequenz des Umstands, dass es mit der ins Zentrum gerückten, schuldnerseitigen Organisati­ on der arbeitsteiligen Leistungserbringung auch auf ein voluntatives Element für die Bestimmung des Kreises der Erfüllungsgehilfen ankommt. Allerdings wird mit dem entwickelten Kriterium verdeutlicht, was auch im Rahmen der gängigen Auslegung des §  278 BGB weithin praktiziert wird,482 nämlich, dass nicht ein konkreter, auf eine bestimmte Person bezogener Einschalt- oder Betrauungswille des Schuldners maßgeblich ist, sondern allein die von ihm vorgegebene Struktur der arbeitsteiligen Leistungserbringung. Wer die Erfüllung so organisiert, dass Dritte in einer von ihm überlegen beherrsch- oder versicherbaren Weise zum Ein­ satz kommen, kann sich nicht darauf berufen, diese Personen nicht als seine Er­ füllungsgehilfen betraut zu haben. Die Parallele der hier favorisierten Lösung zum Grundgedanken des verfas­ sungsmäßigen Vertreters im Sinne des §  31 BGB qua körperschaftlichen Orga­ nisationsverschuldens ist evident.483 So wie die Charakterisierung bestimmter Personen als Haftungsvertreter nicht von der Satzungs- und Zuständigkeitsge­ staltung, sondern von den tatsächlichen, auf einem entsprechenden Organisati­ onswillen beruhenden Umständen der Verbandstätigkeit abhängt,484 wird die Ei­ genschaft als Erfüllungsgehilfe allein durch die vom Schuldner gewählte Struktur der Leistungserbringung bestimmt.485 Diese ist es, die ihn im Rahmen des §  278 S.  1 BGB verpflichtet, bei der arbeitsteiligen Leistungserbringung Verantwortung im Einklang mit den Vertragszielen der Beteiligten zu übernehmen. In der Kon­ sequenz bedeutet dies, dass es auf der Grundlage der entwickelten Kriterien effi­ zienter Risikozuweisung, in Anbetracht der gewählten Struktur der arbeitstei­   Infra c).   Supra bei Fn.  4 49–458. 483   Dazu auch schon supra Kapitel 3 §  1 B. 484   Hier nur RG v. 27.  11. 1916 – VI 275/16, RGZ 89, 136, 137 f.; RG v. 8.  3. 1958 – VI 212/37, RGZ 157, 228, 235; RG v. 14.  3. 1939 – III 128/37, RGZ 162, 129, 166; RG v. 17.  1. 1940 – II 82/39, RGZ 163, 21, 20; BGH v. 10.  5. 1957 – I ZR 234/55, BGHZ 24, 200, 213; BGH v. 8.  7. 1980 – VI ZR 158/78, NJW 1980, 2810, 2811; dazu z. B. Matusche-Beckmann, Das Organisationsverschul­ den, 2001, S.  133 ff.; Landwehr, AcP 164 (1964) 482; Hassold, JuS 1982, 583. 485   Vgl. auch schon H. Westermann, JuS 1961, 333, 336; dem folgend Fundel, Die Haftung für Gehilfenfehlverhalten im Bürgerlichen Recht, 1999, S.  13 ff., 21 f., der freilich die Unterschiede in den §  31 BGB und §  278 BGB zugrundeliegenden Zurechnungsprinzipien – Repräsentationshaf­ tung einerseits und Einschaltungshaftung andererseits – betont und daher den Gedanken des (körperschaftlichen) Organisationsverschuldens für nicht ohne Weiteres übertragbar hält. Dar­ an ist richtig, dass die zur Bestimmung der Reichweite der Verantwortlichkeit herangezogenen Wertungen abweichen, und hier in erster Linie dem Effizienzkalkül der Vertragsschließenden entstammen. Die Parallele reicht aber immerhin insoweit, als unerwünschte, negative Externa­ litäten vermieden werden sollen, wie sie als Folge der unterschiedlich gearteten Ausübung von Organisationsfreiheit auftreten können. Vgl. auch §§  485, 510 HGB, §  3 BinnSchG. 481

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ligen Leistungserbringung eine Zurechnung von Fehlverhalten geben kann, auch wenn der Schuldner den betreffenden Dritten nicht im engen Sinne mit seiner Tätigkeit betraut hat. Die Richtigkeit dieser Sicht bestätigt sich nicht zuletzt bei einem Blick auf das „Einschalten“ Dritter in die Erfüllung von Unterlassungspflichten.486 Das „Be­ dienen“ zur Erfüllung solcher Verbindlichkeiten wird regelmäßig nur in der Be­ trauung mit der aktiven Wahrnehmung von Aufgaben liegen, die geeignet sind, die bestehenden Unterlassungspflichten zu berühren. Eine damit einhergehende Übernahme der Verantwortung für Verstöße gegen eben diese Pflichten kann dem Schuldner angesonnen werden, wenn er das potentiell pflichtwidrige Verhal­ ten des Dritten aufgrund von dessen Stellung innerhalb der geschaffenen Produk­ tions- und Absatzstrukturen eher beherrscht als der Gläubiger oder zumindest die Verletzungsfolgen besser tragen kann als dieser. Vor diesem Hintergrund ist der Judikatur zuzustimmen, die z. B. den Unternehmer für die von ihm beauf­ tragte Werbeagentur487 oder den Verlag,488 aber auch für einen angestellten Vertre­ ter489 wegen in ihrem Verhalten liegenden Verletzungen bestehender Unterlas­ sungspflichten hat haften lassen. c)  Tätigkeit im Pflichtenkreis des Schuldners Mit der Formulierung, dass sich der Schuldner der Hilfsperson „zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit“ bedienen muss, bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass die Verschuldenszurechnung nach §  278 S.  1 BGB ein Tätigwerden des Erfüllungsge­ hilfen innerhalb des durch die Schuldnerpflichten umrissenen Verantwortungs­ bereichs voraussetzt. Dieser, teilweise mit dem Begriff des „funktionsbedingten Erfüllungsgehilfen“490 umschriebene Zusammenhang zwischen Pflichtenkreis des Schuldners und Zurechnung von Drittverschulden stellt den zentralen An­ knüpfungspunkt für die exakte Konturierung der angeordneten Verantwortlich­ 486   Die Möglichkeit einer Haftung für unterlassungspflichtwidriges Handeln Dritter nach §  278 S.  1 BGB, insbesondere bei Wettbewerbsverstößen entspricht der ganz h. M., vgl. RG v. 9.  5. 1939 – VII 251/38, RGZ 160, 310, 313 f.; BGH v. 14.  2. 1957 – VII ZR 287/56, BGHZ 23, 319, 323; BGH v. 15.  5. 1985 – I ZR 25/83, NJW 1986, 127; BGH v. 30.  4. 1987 – I ZR 8/85, NJW 1987, 3253; BGH v. 30.  3. 1988 – I ZR 40/86, NJW 1988, 1907, 1908; BGH v. 22.  1. 1998 – I ZR 18/96, NJW 1998, 3342, 3343 f.; Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  278 Rdnr.  41; Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5. Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  41; M. Wolf in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  278 Rdnr.  15; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  23; Unberath in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  I, 2.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  22; a. A. Ulmer, NJW 1974, 2240, der von einer „gekünstelten“ Konstruktion spricht. 487   BGH v. 15.  5. 1985 – I ZR 25/83, NJW 1986, 127. 488   BGH v. 30.  3. 1988 – I ZR 40/86, NJW 1988, 1907, 1908; BGH v. 22.  1. 1998 – I ZR 18/96, NJW 1998, 3342, 3343 f. 489   OLG Frankfurt v. 6.  6 . 1974 – 6 U (Kart) 15/74, NJW 1974, 2239. 490   Begriff des „funktionsbedingten Erfüllungsdieners“ von Esser, Lehrbuch des Schuld­ rechts, 1949, §  99, S.  98 f.; ebenso z. B. M. Wolf in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  278 Rdnr.  26; sachgleich Larenz, Schuldrecht I, 14.  Aufl., 1987, §  20 VIII, S.  299.

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keit dar.491 Während die – im Zusammenhang mit der Störung der vertraglichen Hauptleistungspflicht nicht virulente – Frage nach dem Bestand einer zurech­ nungstragenden Sonderverbindung die Fundamente der Verschuldenszurechnung betrifft,492 geht es bei der Bestimmung des Pflichtenkreises um die Feinjustierung der Verantwortungsbereiche im arbeitsteiligen Rechts- und Wirtschaftsleben. Der fast ein halbes Jahrhundert alte Problemaufriss von Harry Westermann hat seine Signifikanz im Kern nicht verloren: „Da das BGB das Institut der Einschaltungshaftung nur bezüglich bestimmter Schuldver­ hältnisse verwendet, geht es darum, dies Schuldverhältnis so zu bestimmen, daß es der heutigen Wirtschaftsverfassung mit ihrer Arbeitsteilung gerecht wird“493

Demgegenüber verdeckt die Aussage, das Tatbestandsmerkmal sei „dort unprob­ lematisch, wo die Hilfsperson bei der Erbringung der Hauptleistungs- oder Ne­ benpflicht des Schuldners eingesetzt“494 werde, mehr als sie erhellt. Des Pudels Kern liegt eben gerade darin, den Umfang der Leistungspflichten des Schuldners vor dem Hintergrund ihrer, auch vom Gläubiger regelmäßig erwarteten und ge­ wünschten, arbeitsteiligen Erbringung zu bestimmen, um auf diese Weise die Transaktionsziele der Parteien zu gewährleisten – an dieser Stelle vor allem im Hinblick auf die Verteilung des Risikos eines nicht antizipierten Eintritts der un­ tersuchten Leistungsstörungen. Die maßgebliche Auslegung der Parteiabrede ist naturgemäß stark kontextab­ hängig, gleichwohl lassen sich auf der Grundlage der hier vertretenen Konzeption Leitlinien der Risikozuweisung im Einklang mit der Dogmatik des §  278 S.  1 BGB entwickeln und exemplifizieren.495 Sofern keine ausdrücklichen Parteiabsprachen getroffen sind, ist der Pflichtenkreis des Schuldners – wie auch im Rahmen seiner Verpflichtung zur Naturalerfüllung im Hinblick auf die geschuldeten Beschaf­ fungsbemühungen geschehen496 – am Effizienzkalkül der Vertragsschließenden zu orientieren. Er ist daher so zu bestimmen, dass der Schuldner für die Tätigkeit Dritter verantwortlich ist, wenn er die Risiken, die von diesen für die Leistungs­ erbringung ausgehen, besser steuern oder aber die Folgen des Gehilfenversagens eher tragen kann als der Gläubiger. Die vielfältigen Möglichkeiten der überlegenen Risikosteuerung, die von der unmittelbaren, rechtlich abgesicherten Weisungsbe­ fugnis bis zur bloßen Auswahl des Dritten reichen, wurden schon mehrfach erör­ tert.497 Auf dieser Wertungsebene geht es darum, die einzelnen Schritte der ar­ 491   Vgl. z. B. Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5. Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  20 („Kernstück des Tatbestands“); Harke, Allgemeines Schuldrecht, 2010, Rdnr.  244 („unverzichtbar für die Zurechnung“). 492   Zu den insoweit bei den Nebenpflichten bestehenden, insbesondere im Hinblick auf ge­ schuldete Aufklärung und Schutz und Sorgfalt zu klärenden Fragen, infra §  2 C. und §  3 C. 493   H. Westermann, JuS 1961, 382. Die Formulierung ist zugleich deutliches Zeichen für das Bewusstsein einer „Rechtsentwicklung vom Ergebnis her“. 494   Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  278 Rdnr.  34. 495   Vgl. auch noch infra D. 496   Supra B. I. 3., II. 1. e). 497   Allgemein supra Kapitel 4 §  1 A. II. Speziell zur Gehilfeneigenschaft supra b).

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beitsteiligen Produktions- oder Absatzprozesse in den jeweiligen Vertragsbezie­ hungen entsprechend zu analysieren und aus den gewonnen Erkenntnissen die Konsequenzen für die Bestimmung der Pflichtenkreise unterschiedlicher Schuld­ ner zu ziehen. Für diese, letztlich nur durch die Kommentar- und Handbuchlite­ ratur zu leistende Aufgabe, sollen hier nur die zentralen Gesichtspunkte aufge­ zeigt werden. Zuzustimmen ist zunächst der vorherrschenden Sicht, wonach es auf den Zeit­ punkt des Tätigwerdens der Hilfsperson nicht ankommt, sodass auch solche Feh­ ler zur Verantwortlichkeit führen können, die dem Dritten vor der Begründung des Schuldverhältnisses unterlaufen sind.498 Das Einschalten Dritter zur Erfül­ lung einer Verbindlichkeit setzt teleologisch keine bestimmte Sequenz der Vor­ gänge voraus, sodass Interpretationen des §  278 S.  1 BGB abzulehnen sind, die eine Zurechnung von Tätigkeiten im Vorfeld der unmittelbaren Leistungserbrin­ gung aus sprachlich-konstruktiven Gründen per se präkludieren. Entscheidend muss allein sein, dass dem Schuldner nach Maßgabe der obligationsgerechten Ri­ sikoverteilung die fragliche (Vorbereitungs-)Pflicht oblag und ihm deshalb die Gefahr der Verursachung von Leistungshindernissen bei dem Versuch zugewie­ sen ist, die Verbindlichkeit unter Hinzuziehung Dritter zu erfüllen. Nach dem Vorgesagten ist insoweit auf die Fähigkeit des Schuldners zur Risikobeherrschung und/oder -tragung abzustellen, worauf in dem paradigmatischen Fall der Haf­ tung des Verkäufers für Fehler des Herstellers und der Vorlieferanten zurückzu­ kommen ist.499 Eine vergleichbare Bestimmung des schuldnerischen Pflichtenkreises, bei der letztlich die von den Beteiligten intendierte Risikoverteilung in den Mittelpunkt gestellt wird, begegnet im Zusammenhang mit der Abgrenzung des Gehilfenein­ satzes zur Substitution. Grundsätzlich kann die Erbringung einer Leistung durch einen vom Schuldner betrauten Dritten entweder den Gehilfenbeitrag zur Erfül­ lung durch den Schuldner darstellen, oder aber die eigene Verbindlichkeit des Dritten tilgen, wenn sich die Verpflichtung des Schuldners auf die Vermittlung der Drittleistung beschränkte. Im ersten Fall haftet der Schuldner gegenüber dem Gläubiger, wenn der Dritte ein Leistungshindernis verschuldet, §§  280 Abs.  1, Abs.  3, 283 BGB iVm. §  278 S.  1 BGB, oder für die nicht rechtzeitige Leistung verantwortlich ist, nach §§  280 Abs.  1, Abs.  3, 281 Abs.  1, 1. Alt. BGB iVm. §  278 498   RG v. 21.  9. 1923 – III 569/22, RGZ 108, 221, 224; BGH v. 5.  4. 1967 – VIII ZR 32/65, BGHZ 47, 312, 315 f.; Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  278 Rdnr.  34; Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5. Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  23; Unberath in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  I, 2.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  12; Schmidt-Kessel in: Prütting/Wegen/Weinreich (Hrsg.), BGB, 6.  Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  18; Medicus/S. Lorenz, Schuldrecht I, 19.  Aufl., 2010, Rdnr.  386; Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, 23.  Aufl., 2011, Rdnr.  8 06; E. Schmidt, AcP 170 (1970) 502, 504; Rathjen, MDR 1979, 446, 448 f.; letztlich auch M. Wolf in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  278 Rdnr.  36: Schuldner kann Gehilfen mit Erfüllung zukünftiger Pflichten beauftragen; enger H. P. Westermann in: Er­ man, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  17: Bezug zu konkreten Leistungspflichten gegen­ über einem bestimmten Schuldner muss ersichtlich sein; ablehnend Lüderitz, NJW 1975, 1, 4 ff. 499   Infra D.

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S.  1 BGB bzw. §§  280 Abs.  1, Abs.  2, 286 BGB iVm. §  278 S.  1 BGB. Im zweiten Fall kann allenfalls ein Auswahlverschulden zur Haftung des Schuldners führen, nicht aber die Verursachung der Leistungsstörung durch den Dritten als solche. §§  664 Abs.  1 S.  2, 3; 691 S.  2, 3 BGB verdeutlichen diese Ausgangslage für Auftrag und Verwahrung und ordnen für den Fall, dass die Übertragung der Ausführung des Auftrags bzw. die Hinterlegung bei einem Dritten ausnahmsweise gestattet ist (vgl. §§  664 Abs.  1 S.  1, 691 S.  1 BGB), die Substitutionsbefugnis des Beauftragten bzw. Verwahrers an.500 Hinter dieser dispositiven Regelung kann die Vorstellung erblickt werden, dass der zur Substitution berechtigte Schuldner über keinerlei komparative Vorteile bei der Steuerung der Gefahr eines Fehlschlagens der nun­ mehr dem Dritten obliegenden Leistungserbringung verfügt und deshalb nach der von den Parteien angestrebten Risikoverteilung nicht umfassend mit diesen Gefahren belastet werden soll. Dem entspricht es weiterhin, wenn als Dritte im Sinne der §§  664 Abs.  1 S.  1, 2, 691 S.  1, 2 BGB nur weisungsunabhängige, nicht überwachbare (betriebsfremde) Personen angesehen werden.501 Mit der diametra­ len Überlegung lässt sich die ratio des §  540 Abs.  2 BGB erklären, der den Mieter zum unbedingten Einstehen für seinen berechtigten Untermieter verpflichtet. 502 Eine Verallgemeinerung der ratio der so verstandenen Bestimmungen bestätigt die hier vertretene Konzeption, wonach sich der Pflichtenkreis des Schuldners bei einer abstrakt antizipierten Einschaltung Dritter nur dann nicht auf die Fremd­ leistung erstrecken soll, wenn der Schuldner die Tätigkeit des Dritten weder bes­ ser beeinflussen kann als der Gläubiger noch überlegene Fähigkeiten zur Risiko­ tragung besitzt. Vor diesem Hintergrund werden auch Verbote von Vermittler­ klauseln wie §  651a Abs.  2 BGB verständlich, mit denen sich der Schuldner unter Ausnutzung von Informationsasymmetrien lediglich verbal von der an sich inter­ essengerechten Risikoverteilung zu lösen versucht.503 Eng verwandt504 mit der vorstehenden Problematik ist die gemäß §  269 Abs.  1 BGB insbesondere nach „der Natur des Schuldverhältnisses“ vorzunehmende Be­ stimmung des Leistungsortes und die damit zusammenhängende Abgrenzung von Hol-, Bring- und Schickschuld.505 Die zu treffende Einordnung entscheidet 500   Hierzu z. B. RG v. 2.  3. 1912 – I 147/11, RGZ 78, 310, 312 f.; BGH v. 17.  12. 1992 – III ZR 133/91, NJW 1993, 1704, 1705. 501   BGH v. 17.  12. 1992 – III ZR 133/91, NJW 1993, 1704, 1705; Seiler in: Münchener Kom­ mentar zum BGB, Bd.  4, 5. Aufl., 2009, §  664 Rdnr.  4 ; Beuthien in: Soergel, BGB, Bd.  4 /2, 12.  Aufl., 1999, §  664 Rdnr.  3 ; Berger in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  664 Rdnr.  1; v. Gablenz, Haftung der Banken bei Einschaltung Dritter, 1983, S.  122 ff.; Hansen, BB 1989, 2418, 2420. 502   Vgl. auch K. Schmidt, JuS 1977, 722, 723; Spiro, Die Haftung für Erfüllungsgehilfen, 1984, S.  153, 162. 503   Vgl. auch die nach Maßgabe des §  675e Abs.  1 BGB zugunsten des Zahlungsdienstnutzers innerhalb des EWR nicht abdingbare Haftung der Zahlungsdienstleister für das Verschulden zwischengeschalteter Stellen in §  675z S.  3 BGB. Dazu Grundmann, WM 2009, 1109, 1116. 504   Vgl. auch Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse, 3.  Aufl., 2007, Rdnr.  406. 505   Überblick bei Bittner in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  269 Rdnr.  18 ff.

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ebenfalls über die Reichweite des schuldnerischen Pflichtenkreises, nämlich ob dieser lediglich die sorgfältige Auswahl der Transportperson schuldet oder aber auch für deren Fehler bei der Ausführung der Lieferung einzustehen hat. Im Zu­ sammenhang mit der insoweit exemplarischen Gefahrtragungsregel des §  447 BGB geht eine verbreitete Meinung davon aus, dass regelmäßig eine Bringschuld anzunehmen ist, wenn den Parteien bei Vertragsschluss bekannt ist, dass der Schuldner den Transport mit eigenen Leuten bewirken wird.506 Dafür spricht in der Tat, dass der mutmaßliche, auf eine effiziente Vertragsbindung abzielende Parteiwille dahin geht, derjenigen Partei über die leistungsstörungsrechtliche Sanktion Anreize zur optimalen Risikovorsorge zu geben, die hierzu relativ am besten in der Lage ist.507 Erfolgt die Versendung der Ware mit eigenen Leuten, ist dies auf der Grundlage seiner arbeitsrechtlichen Befugnisse der Schuldner, sodass er im hypothetisch vollständigen Vertrag mit dem Transportrisiko belastet wäre. Diese Risikoverteilung ist im Ergebnis in der Sicht der überwiegenden Meinung sogar dann beständig, wenn ausnahmsweise trotz des Transports mit eigenen Leuten ein Versendungskauf vorliegt, auf den §  447 Abs.  1 BGB Anwendung fin­ det.508 Die Rechtsfolge der Bestimmung, wonach mit Übergabe an die Transport­ person die Preisgefahr auf den Käufer übergeht, erfährt nämlich insoweit eine punktuell-gehilfenbezogene Beschränkung. Der von den eigenen Transportleu­ ten verschuldete Untergang der Sache wird als Verstoß gegen eine fortbestehende Obhutspflicht des Schuldners im Sinne des §  241 Abs.  2 BGB betrachtet, der nach §  278 S.  1 BGB zugerechnet wird, sodass das eingetretene Leistungshindernis nicht auf Zufall beruht. 509 Hierin liegt nicht etwa eine gekünstelte dogmatische Konstruktion, sondern eine dem Effizienzkalkül der Beteiligten Rechnung tra­ 506   Z. B. H. P. Westermann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  3, 6.  Aufl., 2012, §  4 47 Rdnr.  16; Beckmann in: Staudinger, BGB, §§  433–487; Leasing, Neubearbeitung 2004, §  4 47 Rdnr.  30; U. Huber in: Soergel, BGB, Bd.  3, 12.  Aufl., 1991, §  4 47 Rdnr.  38; Grunewald in: Er­ man, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  4 47 Rdnr.  10; Esser/Weyers, Schuldrecht II/1, 8.  Aufl., 1998, §  8 III 3 b, S.  98. 507   Supra Kapitel 4 §  3 A. I. 1. und supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. b). 508   Für Anwendung des §  4 47 BGB auf den Transport mit eigenen Leuten, RG v. 19.  2. 1919 – VII 181/19, RGZ 96, 258, 259; H. P. Westermann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  3, 6.  Aufl., 2012, §  4 47 Rdnr.  17; Beckmann in: Staudinger, BGB, §§  433–487; Leasing, Neubearbei­ tung 2004, §  4 47 Rdnr.  14; Grunewald in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  4 47 Rdnr.  10; Faust in: Bamberer/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  1, 2.  Aufl., 2007, §  4 47 Rdnr.  9 ; Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse, 3.  Aufl., 2007, Rdnr.  403; Esser/Weyers, Schuldrecht II/1, 8.  Aufl., 1998, §  8 III 3 b, S.  98; Faust, DB 1991, 1556. Dagegen aber z. B. U. Huber in: Soergel, BGB, Bd.  3, 12.  Aufl., 1991, §  4 47 Rdnr.  36; Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, 23.  Aufl., 2011, Rdnr.  275; Hager, Die Gefahrtragung beim Kauf, 1982, S.  81 ff.; E. Schmidt, AcP 175 (1975) 165, 167; Wertenbruch, JuS 2003, 625, 629. 509   H. P. Westermann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  3, 6.  Aufl., 2012, §  4 47 Rdnr.  16; Beckmann in: Staudinger, BGB, §§  433–487; Leasing, Neubearbeitung 2004, §  4 47 Rdnr.  30; U. Huber in: Soergel, BGB, Bd.  3, 12.  Aufl., 1991, §  4 47 Rdnr.  37; Esser/Weyers, Schuldrecht II/1, 8.  Aufl., 1998, §  8 III 3 b, S.  99; Larenz, Schuldrecht II/1, 13.  Aufl., 1986, §  42 II c, S.  103; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, 10.  Aufl., Rdnr.  825; Oetker/Maultzsch, Ver­ tragliche Schuldverhältnisse, 3.  Aufl., 2007, Rdnr.  406; a. A. Faust in: Bamberer/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  1, 2.  Aufl., 2007, §  4 47 Rdnr.  26; Grunewald in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011,

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gende Verteilung der Risiken. Der Verkäufer bleibt bei der vom Käufer initiierten Versendung der Ware durch eigene Leute zwar der cheapest cost avoider für solche Gefahren, die von dieser ausgehen. Im Hinblick auf seine Fähigkeiten sonstige, aus dem Transport entstehende Risiken abzuwenden oder zu tragen, ändert sich aber durch den Einsatz der eigenen Leute nichts, sodass es insoweit bei dem Ge­ fahrübergang nach §  447 BGB sein Bewenden hat.510 Die mit dieser Untersuchung vorgenommene Abgrenzung der Verantwor­ tungsbereiche nach Maßgabe der Fähigkeit zur Risikosteuerung und -tragung innerhalb der arbeitsteilig organisierten Leistungserbringung hat sich im Hin­ blick auf das Risiko der (rechtzeitigen) Verschaffung als tragfähig erwiesen. Sie erlaubt eine an den Vertragszielen der Parteien orientierte Bestimmung der Leis­ tungspflichten gerade im Hinblick auf den Gehilfeneinsatz.511 Bevor gezeigt wer­ den soll, dass der Gedanke der überlegenen Risikobeherrschung und -tragung auch die belastbare Grundlage für die Zuweisung der Verantwortlichkeit für Leistungsstörungen aus der Sphäre Dritter liefert, wenn die Leistung nicht wie geschuldet erbracht wird (Schlechtleistungen), ist noch auf eine weitere Stell­ schraube im dogmatischen System der Verschuldenszurechnung nach §  278 S.  1 BGB einzugehen und das vorausgesetzte Verschulden des Gehilfen in seinem Ge­ halt zu umreißen. d)  In Erfüllung der Verbindlichkeit (nicht nur bei Gelegenheit) Sowohl die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung512 als auch die überwie­ genden Stimmen im Schrifttum 513 begrenzen die Zurechnung auf Fehlverhalten der Gehilfen, das in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit deren §  4 47 Rdnr.  10; Faust, DB 1991, 1556; Kuchinke, Festschrift für Hermann Lange, 1970, S.  259, 267. 510   Die gesetzliche Regelung geht im Hinblick auf die Gegenleistungsgefahr zwingend davon aus, dass im Verhältnis eines Unternehmers zum Verbraucher stets ersterer der superior risk bearer ist, §  474 Abs.  2 BGB. Davon abgesehen wird generell das Vorliegen eines Versendungs­ verlangens im Sinne des §  4 47 Abs.  1 BGB materiell unter Gesichtspunkten der interessenge­ rechten Risikoverteilung zu beurteilen sein, sodass ein lediglich formal dem Käufer zugeschrie­ bener Lieferwunsch nicht ausreichen kann, vgl. insoweit auch, Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, 23.  Aufl., 2011, Rdnr.  275. 511   Weitere Illustration infra D. 512   RG v. 29.  5. 1906 – III 465/05, RGZ 63, 341, 343 f.; BGH v. 14.  2. 1957 – VII ZR 287/56, BGHZ 23, 319, 323; BGH v. 15.  12. 1959 – VI ZR 222/58, BGHZ 31, 358, 366; BGH v. 24.  5. 1982 – II ZR 124/81, BGHZ 84, 141, 145; BGH v. 14.  2. 1989 – VI ZR 121/81, NJW-RR 1989, 723, 725; BGH v. 8.1.0.1991 – XI ZR 207/90, NJW 1991, 3208, 3209 f.; BGH v. 3.  6 . 1993 – III ZR 104/92, BGHZ 123, 1, 14; BGH v. 29.  1. 1997 – VIII ZR 356/95, NJW 1997, 1233, 1234 f.; BGH v. 4.  2. 1997 – XI ZR 31/96, NJW 1997, 1360, 1361. 513   Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  278 Rdnr 53; M. Wolf in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  278 Rdnr.  37; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  39; Unberath in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  I, 2.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  4 4; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, 10.  Aufl., 2006, Rdnr.  662; Larenz, Schuldrecht I, 14.  Aufl., 1987, §  20 VIII, S.  302; R. Schwarze, Das Recht der Leistungs­ störungen, 2008, §  34 Rdnr.  58 f.; H. Westermann JuS 1961, 382, 383.

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Einschaltung in den Pflichtenkreis des Schuldners steht. Im Gegensatz zur Or­ ganhaftung nach §  31 BGB und der Eigenhaftung nach §  831 Abs.  1 S.  1 BGB lie­ fert der Wortlaut des §  278 S.  1 BGB keinen klaren Anhaltspunkt für eine derar­ tige Beschränkung. Dies muss deren teleologische Begründbarkeit allerdings nicht hindern. Gerade die sachliche Berechtigung des Kriteriums wird indessen bestritten.514 Die Schwierigkeiten bei der tragfähigen Legitimation der Beschrän­ kung schlagen sich auch darin nieder, dass unter einheitlichen Oberbegriffen höchst unterschiedliche Konturierungsversuche unternommen werden. Diese müssen jedenfalls dann als unzulänglich erscheinen, wenn man ihren Anspruch darin sieht, die Kasuistik zu systematisieren und auf eine einheitliche Wertungs­ grundlage zurückzuführen. Vor diesem Hintergrund verwundert die insgesamt skeptische Einschätzung des Kriteriums der Tätigkeit „in Erfüllung“ nicht, die sich sowohl auf seine rechtssichere Handhabbarkeit515 als auch seine tatsächlich haftungsbeschränkenden Wirkung516 bezieht. Die Frage wird vor allem im Zu­ sammenhang mit Beeinträchtigungen des Integritätsinteresses und der Verletzung von Schutz- und Sorgfaltspflichten virulent. Sie ist aber auch bei Beeinträchti­ gungen des Leistungsinteresses von Bedeutung, so z. B. wenn die zur geschul­ deten Lieferung eingesetzte Hilfsperson die verkaufte Stücksache unterschlägt und unauffindbar untertaucht, sodass sich die Frage nach einer die Zurechenbar­ keit des Leistungshindernisses begründenden Sorgfaltspflichtverletzung im Rah­ men der Haftung nach §§  280 Abs.  1, Abs.  3, 283 BGB stellt.517 Die vorliegende Untersuchung erhebt nicht den Anspruch, das Fallrecht kon­ sistent erklären zu können, sondern sieht ihre Aufgabe bescheidener in der Dar­ stellung der eigenen Lösung und ihrer Kompatibilität mit anderen Vorschlägen zur Lösung des materiellen Abgrenzungsproblems. Nicht sehr viel mehr als eine Idee von der zu beantwortenden Sachfrage können alternative Umschreibungen der vorzunehmenden Abgrenzung geben, da auch sie den Mangel an handhab­ baren, normativen Vorgaben nicht überwinden.518 Insofern ist es unschädlich, aber auch nicht weiterführend, wenn gefordert wird, das spezifische Risiko des Einsatzes von Erfüllungsgehilfen vom allgemeinen Lebensrisiko zu unterschei­ 514   Spiro, Die Haftung für Erfüllungsgehilfen, 1984, S.  233 ff.; Picker, AcP 183 (1983), 369, 486 ff.; E. Schmidt, AcP 170 (1970) 502, 506 f.; Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I/2, 8.  Aufl., 2000, §  27 I 4 S.  103 f.; Rathjen, JR 1979, 232, 236; tendenziell auch Grundmann in: Münchener Kom­ mentar zum BGB, Bd.  2, 5. Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  46. 515   Exemplarisch H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  39 f.: Hinweis auf die Brüche in der Judikatur und Einschätzung, die Abgrenzung sei „kaum über­ zeugend zu handhaben“. 516   K. Schmidt, Festschrift für Peter Raisch, 1995, S.  189, 200 ff., der bei der Haftung für ein aus dem Unternehmensbereich herrührendes, nach §  278 S.  1 BGB zugerechnetes Verschulden von Mitarbeitern eine Einschränkung der Risikosphäre durch das in Rede stehende Kriterium als nach dem Stand der Rechtssprechung (zu recht) nicht mehr durchgeführt betrachtet. Eine Begrenzung der Verantwortlichkeit ergebe sich nur mehr bei der Haftung für nicht unterneh­ menszugehörige Personen. 517   Zu dem hier zugrundegelegten Verständnis der objektiven Pflichtwidrigkeit supra I 2 a). 518   Für offen wertende Betrachtung z. B. Kupisch, JuS 1983, 817, 824.

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den,519 oder das Bestehen oder Fehlen eines „inneren“ oder „spezifischen“ Zusam­ menhangs zwischen dem Fehlverhalten und der dem Erfüllungsgehilfen übertra­ genen Aufgaben zu ermitteln.520 Die eigentlichen Wertungsgrundlagen werden auch nicht erkennbar, wenn im Sinne einer Wesensschau die Frage gestellt wird, ob das Fehlverhalten „seiner Art nach, vom Willen bzw. Interesse des Schuldners gedeckt“ gewesen sei.521 Den richtigen Bezugspunkt der Schuldnerpflichten benennt demgegenüber der Gedanke der „vertragsspezifischen Schutzpflicht“, der Sorgfaltspflichten zur Be­ wahrung vor Gefahren in den Mittelpunkt stellt, die sich aus der besonderen Art der geschuldeten Leistung ergeben.522 Ein weiterer zentraler Aspekt wird in der etwas sperrigen Formulierung der Judikatur angedeutet, wonach eine Handlung des Erfüllungsgehilfen nicht zugerechnet wird, die „aus dem allgemeinen Um­ kreis jenes Aufgabenkreises herausfällt, den der Erfüllungsgehilfe für den Schuld­ ner wahrzunehmen hat“.523 Zusammengedacht zeigen die zuletzt genannten Kon­ kretisierungsversuche, dass es zum einen auf den Inhalt des konkreten Schuldver­ hältnisses, zum anderen auf die Organisation der arbeitsteiligen Leistungserbrin­ gung und die damit einhergehende Integration des Gehilfen in die Einflusssphäre des Schuldners ankommen muss.524 Nur sofern der Schuldner wegen seiner recht­ lich oder tatsächlich begründeten Einwirkungsmöglichkeit auf die Hilfsperson die konkrete Gefahr des Eintritts von durch den Gehilfen verursachten Leis­ tungshindernissen besser beherrscht, als der Gläubiger, kann er effiziente Präven­ tionsbemühungen unternehmen. Nur hierzu soll er durch seine unbedingte Ver­ antwortlichkeit nach §  278 S.  1 BGB angehalten werden.525 Dementsprechend kommt es auch für die Vorsatztaten des Gehilfen und sein sonstiges, nur lose im Zusammenhang mit der Erfüllung der Schuldnerverbindlichkeit stehendes Fehl­ verhalten allein darauf an, ob der Schuldner auch diese Risiken eher beherrschen konnte, als der Gläubiger. Der innere Grund für diese Beschränkung der Verant­ wortlichkeit fließt aus dem Effizienzkalkül der Vertragschließenden, weil die hö­ heren Vorsorgekosten, die bei der Belastung des anderen, nur suboptimal zur Ri­ sikoprävention fähigen Teils anfallen, den angestrebten, über die Preisbildung zu verteilenden Kooperationsgewinn verringern würden. Diese Zusammenhänge berücksichtigt die Literaturmeinung zu wenig, die allein auf die Risikoerhöhung bzw. die Erleichterung der (deliktischen) Schädigung durch die Betrauung des

519   Z. B. Larenz, Schuldrecht I, 14.  Aufl., 1987, §  20 VIII, S.  302 Fn.  79a.; M. Wolf in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  278 Rdnr.  37. 520   Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  278 Rdnr 53. 521   R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, Rdnr.  58. 522   Larenz, Schuldrecht I, 14.  Aufl., 1987, §  20 VIII, S.  302. 523   BGH v. 15.  12. 1959 – VI ZR 222/58, BGHZ 31, 358, 366. 524   Zu letzterem auch K. Schmidt, Festschrift für Peter Raisch, 1995, S.  189, 201. 525   Ebenfalls auf die überlegene Risikobeherrschung abstellend Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5. Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  46, der daraus aber keine Konsequenzen zieht, vgl. ibid. Rdnr.  47.

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Gehilfen abstellen will.526 Diese Risikoerhöhung erfolgt eben, wie schon mehr­ fach betont,527 im übereinstimmenden Interesse der Beteiligten und kann daher die undifferenzierte Risikozuweisung nicht tragen. Der vermeintlich stützende Hinweis der Vertreter dieser Auffassung auf §  241 Abs.  2 BGB geht an der Sache vorbei. Die Bestimmung besagt nur, dass Schutzpflichten existieren können, macht aber deren Reichweite expressis verbis vom Inhalt des Schuldverhältnisses abhängig. Sie bildet daher keine taugliche Grundlage, um unbedingte Präventi­ onspflichten zu etablieren.528 Es soll an dieser Stelle nicht verschleiert werden, dass in der vorgeschlagenen Deutung, der Zurechnungsvoraussetzung des Handelns „in Erfüllung“ und nicht nur „bei Gelegenheit“ keine nennenswerte eigenständige Bedeutung zukommt, weil sie letztlich mit der Bestimmung des Pflichtenkreises zusammenfällt. In der Konzeption der herrschenden Meinung dient das Tatbestandsmerkmal der Ein­ bindung in den Pflichtenkreis als abstrakte Voraussetzung der Verschuldenszure­ chung, während die Frage nach dem inneren Zusammenhang des Fehlverhaltens mit diesem Pflichtenkreis die konkreten Handlungen zu umschreiben sucht, die noch dem Verantwortungsbereich des Schuldners zugerechnet werden. Eine sol­ che Aufspaltung der Zurechnungsvoraussetzungen wird hier vermieden. Nach dem vertretenen Verständnis einer spezifisch auf die arbeitsteilige Leistungser­ bringung zugeschnittenen Entwicklung des Pflichtenprogramms können bereits aus dessen Bestimmung die entscheidenden Wertungsvorgaben entnommen wer­ den. Es stellt eine Petitesse dar, dass dieses Vorgehen auch dem treffenden Wort­ laut des §  278 S.  1 BGB entspricht. Dieser kann, anders als die primär auf das De­ liktsrecht zugeschnittenen Bestimmungen der §§  31, 831 Abs.  1 S.  1 BGB, auf das Erfordernis eines Handelns „in Ausführung“ verzichten, weil innerhalb einer be­ stehenden Sonderverbindung mit der Schuldnerverbindlichkeit bereits der hinrei­ chende Referenzrahmen umschrieben ist, der die notwendige Abgrenzung der Verantwortungsbereiche gestattet. e)  Verschulden des Erfüllungsgehilfen Die Rechtsfolge des §  278 S.  1 BGB liegt darin, dass der Schuldner das Verschul­ den des Gehilfen wie sein eigenes zu vertreten hat. Darin kommt zum Ausdruck, dass ein Vertretenmüssen des Schuldners, das zur Verwirklichung des in §  280 Abs.  1 BGB kodifizierten Grundtatbestands der vertraglichen Haftung nicht feh­ 526   OLG München v. 24.  7. 2006 – 14 T 7462/05, MDR 2007, 81; Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5. Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  47; M. Wolf in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  278 Rdnr.  37 ff.; Schulze in: Schulze/Dörner/Ebert/Hoeren/Kemper/Saenger/ Schreiber/Schulte-Nölke/Staudinger, Handkommentar zum BGB, 7.  Aufl., 2012; §  278 Rdnr.  11; Grüneberg in: Palandt, BGB, 71.  Aufl., 2012, §  278 Rdnr.  22; Looschelders, Schuldrecht All­ gemeiner Teil, 9.  Aufl., 2011, Rdnr.  546; Medicus/S. Lorenz, Schuldrecht I, 19.  Aufl., 2010, Rdnr.  391. 527   V.a. supra Kapitel 3 §  1 A. III. 1. 528   Zutreffend daher die Problembeschreibung bei H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  40.

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len darf, auf der Grundlage eines „Verschuldens“ des Gehilfen angenommen wird. Der exakte Gehalt dieser Zurechnung ist in der Literatur durchaus umstritten. Dabei spielt als Folge des hier vertretenen Verständnisses der objektiven Pflicht­ verletzung in den Fällen der Nichtleistung und der nicht rechtzeitigen Leistung noch keine Rolle, dass nach zutreffender Meinung §  278 S.  1 BGB auch den Ver­ stoß gegen objektive Verhaltenspflichten erfasst.529 Die Zurechnung erfolgt also auch auf der Ebene der objektiven Pflichtwidrigkeit im Sinne des §  280 Abs.  1 S.  1 BGB, wenn diese in einem Fehlverhalten besteht.530 An dieser Stelle geht es aber allein um die Verletzung von Sorgfaltspflichten, d. h. um Vertretenmüssen, das die Zurechnung der objektiven Pflichtverletzung begründet. Von unmittelbarer Bedeutung ist allerdings, dass nach verbreiteter Meinung eine Einstandspflicht nach §  278 S.  1 BGB entfällt, wenn der handelnde Gehilfe nicht verschuldensfähig im Sinne der §§  827 f. BGB ist.531 Die praktischen Konse­ quenzen dieser Haftungsfreistellung sind zwar abgeschwächt, wenn man in der Einschaltung des Verschuldensunfähigen ein Eigenverschulden des Schuldners erblickt.532 Indessen ist die Gangbarkeit dieses Umwegs über eine culpa in eligendo zur Erreichung angemessener Ergebnisse keinesfalls immer gesichert, zum an­ deren widerspricht sie der Konzeption der strengen Einstandspflicht nach §  278 S.  1 BGB, auch wenn man diese im Einklang mit der herrschenden Meinung auf den Risiko-Nutznießungsgedanken stützt.533 Aus der hier für maßgeblich erach­ teten Sicht kommt es allein darauf an, dass der Schuldner die in Rede stehenden Risiken aus der Einschaltung des Gehilfen eher beherrscht als der Gläubiger. Dann soll er durch die unbedingte Einstandspflicht zu optimaler Sorgfalt ange­ halten werden. Genau so liegen die Dinge aber im Hinblick auf die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit der eingesetzten Gehilfen und zwar nicht nur im Stadium   R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörugnen, 2008, §  34 Rdnr.  48.   Allgemein zu der Unterscheidung von erfolgsbezogenen und verhaltensbezogenen Pflichtwidrigkeiten im Vertragsrecht, Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neu­ bearbeitung 2009, §  276 Rdnr 16; Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5. Aufl., 2007, §  276 Rdnr.  20 f.; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörugnen, 2008, §  34 Rdnr.  7. 531   BayObLG v. 18.  3. 1970 – BReg. 2 Z 36/69, NJW 1970, 1550, 1554; OLG Düsseldorf v. 7.  4. 1995 – 3 Wx 472/94, NJW-RR 1995, 1165, 1166; Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255– 304, Neubearbeitung 2009, §  278 Rdnr 66; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  42; Unberath in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  I, 2.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  48; Stadler in: Jauernig, BGB, 14.  Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  13; E. Lorenz, Festgabe 50 Jahre Bundesgerichtshof, Bd.  I, 2000, S.  329, 377 f.; v.Caemmerer, Festschrift für Fritz Hauß, S.  33, 39. 532   So v. a. Looschelders, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 9.  Aufl., 2011, Rdnr.  549: „kein ernst­ haftes Problem“. Vgl. auch die Hinweise bei Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  278 Rdnr 66; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  42; Stadler in: Jauernig, BGB, 14.  Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  13. 533   Für Maßgeblichkeit der Verschuldensfähigkeit des Schuldners z. B. Grundmann in: Mün­ chener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5. Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  49; M. Wolf in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  278 Rdnr.  57; Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I/2, 8.  Aufl., 2000, §  27 I 3 c, S.  102; Larenz, Schuldrecht I, 14.  Aufl., 1987, §  20 VIII, S.  303; Frotz, Verkehrsschutz im Vertre­ tungsrecht, 1972, S.  73 f. 529 530

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ihrer Auswahl, sondern auch bei deren fortlaufender Beobachtung (z. B. volltrun­ kener Arbeitnehmer), sodass auch die Sorgfaltspflichtwidrigkeit des die persön­ lichen Haftungsvoraussetzungen nicht erfüllenden Gehilfen zuzurechnen ist. Die Bestimmung des relevanten Sorgfaltsmaßstabs bleibt in wenig zeitgemäßen Sprachmustern verhaftet, wenn dieser strikt personenbezogen dahingehend ver­ standen wird, der Gehilfe habe die für den „Schuldner“ geltende Sorgfalt zu be­ obachten.534 Dies mag eine akkurate Beschreibung für den Hufschmied sein, der sich zum Beschlagen des Rappen seines Gesellen bedient, erhellt aber wenig, wenn der kommunale Krankenhausbetreiber die Herztransplantation durch angestellte Ärzte durchführen, oder der konglomerate Konzern Autos von seinen Zuliefer­ ern zusammenbauen und Finanzprodukte von selbständigen Vermittlern vertrei­ ben lässt. Mehr oder weniger offen ausgesprochen verbirgt sich hinter der h. M. der abzulehnende Gedanke, der Schuldner dürfe sich nicht durch Arbeitsteilung „seiner“ Verantwortung entziehen.535 Soweit das Anliegen der herrschenden Mei­ nung freilich darin liegt, ein Variieren des zu beobachtenden Sorgfaltsmaßstabs je nach der Person des Handelnden zu verhindern,536 ist ihr in der Sache uneinge­ schränkt beizupflichten. Der heutigen Realität arbeitsteiliger Leistungserbrin­ gung entspricht es, dass ein – bei juristischen Personen ohnehin nur als Handeln der Organe denkbares – Tätigwerden des Schuldners selbst jenseits höchstpersön­ licher Verpflichtungen von Anfang an nicht erwartet, ja oft gar nicht gewünscht wird, weil die Vorteile einer mit der Arbeitsteilung einhergehenden Spezialisie­ rung genutzt werden sollen.537 Mit dem Leistungsversprechen verbindet sich da­ her typischerweise die Erwartung, dass die vorhersehbar in die arbeitsteilige Leis­ tungserbringung eingeschalteten Personen über die erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügen, um den Erfüllungserfolg sicher zu stellen. Dies erkennt 534   BGH v. 15.  12. 1959 – VI ZR 222/58, BGHZ 31, 358, 367; Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  278 Rdnr 59, 62.; Grundmann in: Münchener Kom­ mentar zum BGB, Bd.  2, 5. Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  49; M. Wolf in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  278 Rdnr.  57; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  42; Unberath in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  I, 2.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  48; Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I/2, 8.  Aufl., 2000, §  27 I 3 c, S.  101 f.; Larenz, Schuldrecht I, 14.  Aufl., 1987, §  20 VIII, S.  304; Deutsch, Fahrlässigkeit und erforderliche Sorgfalt, 2.  Aufl., 1995, S.  312; Fundel, Die Haftung für Gehilfenfehlverhalten im Bürgerlichen Recht, 1999, S.  147. 535   In diese Richtung aber auch Mot. II, S.  30 = Mugdan II, S.  16, wo es heißt, der Schuldner dürfe sich „der von ihm in dem betr. Schuldverhältnisse zu beobachtenden Diligenz, für dieje­ neigen nicht entschlagen, welche er bei den ihm dem Gläubiger gegenüber obliegenden Hand­ lungen zuzieht.“ Zu den hiergegen sprechenden Gründen bereits supra Kapitel 3 §  1 A. III. 1. 536   Dies ist freilich die Folge, wenn man zur Bestimmung des Sorgfaltsmaßstabs generell auf die Person des Erfüllungsgehilfen abstellt, z. B. Oertmann, Kommentar zum Bürgerlichen Ge­ setzbuch und seinen Nebengesetzen, Bd.  II/1, 5.  Aufl., 1928, §  278 Anm.  4 b ß; v.Caemmerer, Festschrift für Fritz Hauß, S.  33, 39. 537   Bei der Totalaufnahme im Universitätsklinikum sollen nicht der Rektor der Universität oder der ärztliche Direktor als Organe des Schuldners die Operation durchführen, sondern diese soll vom fachlich zuständigen Chefarzt als deren Erfüllungsgehilfe vorgenommen werden. Nicht Akio Toyoda soll den Prius zusammenschrauben, sondern dies mögen die qualifizierten Ingenieure und Facharbeiter des Toyota-Konzerns und seiner Zulieferer übernehmen.

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die überwiegende Sicht in der Sache auch vorbehaltlos an, wenn sie für den Fall des bei Vertragsschluss antizipierten Einschaltens eines Fachmanns die in dessen Verkehrskreisen zu beobachtende Sorgfalt auch im Rahmen der Verschuldenszu­ rechnung nach §  278 S.  1 BGB für maßgeblich hält.538 Ross und Reiter werden aber klarer, wenn man die im Rahmen der Verschuldenszurechnung für den Gehilfen maßgeblichen Sorgfaltspflichten nicht personen-, sondern von Anfang an obliga­ tionsbezogen bestimmt. Die zu beobachtende Sorgfalt ergibt sich nach den oben entwickelten Grundsätzen 539 vor dem Hintergrund des jeweiligen Leistungsver­ sprechens. Dieses begründet auch die für die Bestimmung der Sorgfaltspflichten relevante, in diesem Sinn normative Erwartung an die Qualifikation der Erfül­ lungsgehilfen, die in zu erwartender oder sogar gewünschter Weise in die arbeits­ teilige Leistungserbringung eingeschaltet werden. Es ist z. B. eine Fiktion, anzu­ nehmen, im Großanlagenbau gäbe es eine Sorgfaltspflicht eines alleinhandelnden Schuldners, die dann im Rahmen des §  278 S.  1 BGB auch für dessen Erfüllungs­ gehilfen maßgeblich wäre. Vielmehr sind die Sorgfaltspflichten von Anfang an im Lichte der durch den Obligationsinhalt zwingend vorgegebenen arbeitsteiligen Leistungserbringung zu bestimmen. Der Unterschied der hier vertretenen Sicht zur herrschenden Meinung dürfte in der Sache freilich nicht allzu groß sein. Denn wenn die für „den Schuldner“ gel­ tenden Sorgfaltsmaßstäbe in den Gehilfenfällen bestimmt werden, ist dessen Per­ son in der herrschenden Sicht vor allem insofern bedeutsam, als sie den Schuldin­ halt prägt. So gab die berufliche Stellung des Schuldners in der Leitentscheidung des BGH Anlass zu einer bestimmten Qualitätserwartung an die versprochene Werkleistung.540 Entscheidend ist aber, dass eine solche gleichberechtigt auch durch den von Anfang an transparenten Gehilfeneinsatz erzeugt werden kann, und zwar sowohl nach oben als auch nach unten: Für die beworbene Einschaltung des Experten ist dies anerkannt,541 muss aber auch gelten, wenn der selbst hoch­ qualifizierte Schuldner von Anfang an erkennbar die Erbringung der Leistung mit niedrig qualifiziertem Personal zu Discountpreisen offeriert. Das Effizienz­ kalkül der Parteien basiert hier darauf, dass der Gläubiger die antizipierbaren Ri­ siken für die Leistungserbringung besser tragen kann als der Schuldner, was sich auch in dem im Rahmen des §  278 S.  1 BGB zu beachtenden Sorgfaltsmaßstab niederschlagen muss. Einigen sich also Unternehmer und Besteller darauf, dass das Werk zu einem entsprechend verringerten Preis von dem 16  ¾ Jahre alten Aus­ 538   BGH v. 26.  4. 1991 – V ZR 165/89, BGHZ 114, 263, 272; BGH v. 7.  10. 2008 – XI ZR 89/07, NJW 2008, 3700, 3701 Rdnr.  17.; Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubear­ beitung 2009, §  278 Rdnr 64.; Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5. Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  49; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  42; Unberath in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  I, 2.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  48; Looschelders, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 9.  Aufl., 2011, Rdnr.  548; Spiro, Die Haftung für Erfüllungsgehil­ fen, 1984, S.  248. Anders wohl M. Wolf in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  278 Rdnr.  29. 539   Supra 1 a). 540   BGH v. 15.  12. 1959 – VI ZR 222/58, BGHZ 31, 358: Handwerksmeister. 541   Supra Fn.  538.

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zubildenden erstellt werden soll, der „zwar fleißig, aber geistig sehr schwerfällig“ ist,542 kann im Rahmen der Verschuldenszurechung nicht der Sorgfaltsmaßstab eines ordentlichen Handwerksmeisters gelten, denn dieser wird zwar der Person des Schuldners, nicht aber dem Schuldinhalt und der daraus folgenden Risikover­ teilung gerecht. Dass auch die herrschende Sicht in der Sache von der Maßgeblichkeit des Schul­ dinhalts und der aus diesem folgenden Risikoverteilung ausgeht, zeigt sich letzt­ lich auch daran, dass sie allein diesem den Verschuldensmaßstab entnimmt, an dem das Gehilfenverhalten zu messen ist.543

III.  Haftung wegen nicht wie geschuldet erbrachter Leistung Für die Zurechnung der in einem endgültigen oder zeitweisen Ausbleiben der Leistung zu sehenden, objektiven Pflichtwidrigkeit im Rahmen der Schadenser­ satzhaftung bei Eintritt eines Leistungshindernisses, §§  280 Abs.  1, Abs.  3, 283 BGB, der Nichtleistung, §§  280 Abs.  1, Abs.  3, 281 Abs.  1 S.  1, 1. Alt. BGB, und der Leistungsverzögerung, §§  280 Abs.  1, Abs.  2, 286 BGB, war in erster Linie die ei­ gene oder wie die eigene zu vertretende, fremde Verletzung von Sorgfaltspflichten im Hinblick auf die Verschaffung der Leistung maßgeblich bzw. kam es auf die zu einer verschuldensunabhängigen Verantwortlichkeit führende Übernahme ent­ sprechender Risiken an. Die gesonderte Behandlung der Schadensersatzhaftung für Leistungsstörungen aus der Sphäre Dritter im Fall der Schlechtleistung hat ihren Ursprung darin, dass insoweit nicht die Pflichten und Risikoübernahmen im Hinblick auf die (rechtzeitige) Verschaffung der Leistung in Rede stehen, son­ dern solche mit Bezug zur Qualität der Leistung. Auch wenn die zentralen Deter­ minanten der Verantwortlichkeit identisch bleiben, begegnen bei ihrer auf die ar­ beitsteilige Leistungserbringung fokussierten Anwendung Problemlagen, die eine getrennte Erörterung rechtfertigen. Die vorliegenden Untersuchung unternimmt bewusst nicht den Versuch, der Vielschichtigkeit der leistungsstörungs- und gewährleistungsrechtlichen Voraus­ setzungen der Schadensersatzhaftung voll gerecht zu werden.544 Diese Konzent­ ration soll auch bei der Behandlung der Verantwortlichkeit für Schlechterfül­ lungen bei arbeitsteiliger Leistungserbringung beibehalten werden, obwohl hier die Formenvielfalt der einschlägigen Rechtsinstitute nochmals bunter ist. Die we­   BGH v. 15.  12. 1959 – VI ZR 222/58, BGHZ 31, 358, 359.   RG v. 13.  12. 1906 – VI 130/06, RGZ 65, 17, 20; BGH v. 15.  12. 1959 – VI ZR 222/58, BGHZ 31, 358, 367; Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  278 Rdnr 60.; Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5. Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  49; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  42; Unberath in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  I, 2.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  48; Esser/E. Schmidt, Schuld­ recht I/2, 8.  Aufl., 2000, §  27 I 3 c, S.  101 f.; Larenz, Schuldrecht I, 14.  Aufl., 1987, §  20 VIII, S.  304; Looschelders, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 9.  Aufl., 2011, Rdnr.  547. 544   Zu den Gründen supra I 3. 542 543

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sentlichen Gesichtspunkte lassen sich als Folge der glättenden Reformen der letz­ ten Dekade gleichwohl herausarbeiten. Selbst in den abschließenden Sonderregeln für die Schlechtleistung des Vermieters und des Reiseveranstalters hängt deren Verantwortlichkeit im Rahmen der Schadensersatzhaftung nach §§  536a Abs.  1, 651 f Abs.  1 BGB545 von einem Vertretenmüssen des Mangels ab. Seit der Schuld­ rechtsmodernisierung sind die kauf- und werkvertragsrechtlichen Gewährleis­ tungsregeln ohnehin mit dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht verzahnt, so­ dass für die Verantwortlichkeit nach §§  437 Ziff. 3, 634 Ziff. 4 BGB der Grundtat­ bestand des §  280 Abs.  1 BGB als Ausgangspunkt für die an dieser Stelle zu klä­ renden Zurechnungsfragen maßgeblich ist. Dogmatisch bleibt es demnach bei dem bereits vorgezeichneten Koordinaten­ system des Vertretenmüssens nach den §§  276, 278 BGB. Daher gilt es im Fol­ genden zum einen zu untersuchen, unter welchen Voraussetzungen die auf Ursa­ chen aus der Sphäre Dritter beruhende Schlechtleistung zu einer unmittelbaren Haftung des Schuldners führt.546 Zum anderen ist zu klären, wann wegen der nicht wie geschuldet erbrachten Leistung eine Verantwortlichkeit begründet ist, die aus der Zurechnung fremden Verschuldens resultiert.547 1.  Eigene Verantwortlichkeit des Schuldners Die zunächst näher zu beleuchtende Haftung des Schuldners kann nach dem Vor­ gesagten darauf beruhen, dass er eigene, ihm im Hinblick auf die Sicherung der Mangelfreiheit der arbeitsteilig erbrachten Leistung obliegende Sorgfaltspflichten verletzt.548 Sie kann sich aber auch daraus ergeben, dass er es verschuldensunab­ hängig übernommen hat, für die Folgen einer Schlechtleistung einzustehen.549 a)  Überwachungs-, Vorsorge- und Abwendungspflichten Die Regelverantwortlichkeit des §  276 Abs.  1 S.  1 BGB setzt Verschulden voraus, d. h. im Hinblick auf die Haftung nach §  280 Abs.  1, Abs.  3, 281 Abs.  1 S.  1, 2. Alt. BGB muss der Schuldner eine ihm obliegende Sorgfaltspflicht verletzt haben, die vertragsgemäße Qualität der Leistung sicher zu stellen. Die über die Fahrlässig­ keitshaftung entscheidende, verkehrsübliche Sorgfalt bestimmt sich nach den oben allgemein entwickelten Grundsätzen und verlangt vom Schuldner daher In­ vestitionen zur Vermeidung mangelhafter Leistungen, solange deren Grenzkos­

545   Die ebenfalls autarke, schenkungsrechtliche Haftung nach §  524 Abs.  1 BGB kann wegen ihrer eingeschränkten praktischen Relevanz, gerade für die hier behandelte Fragestellung, außer Betracht bleiben. 546   Infra 1. 547   Infra 2. 548   Infra a). 549   Infra b).

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ten unter ihrem zu erwartenden Grenznutzen in Form geringerer drohender Ein­ bußen aus potentiellen Leistungsstörung liegen.550 Insoweit treffen den Schuldner zunächst Pflichten im Hinblick auf die Aus­ wahl, Anleitung und Überwachung der eigenen Leute sowie solcher, selbstän­ diger Dritter, deren potentiell zu qualitativen Unzulänglichkeiten der arbeitsteilig erbrachten Leistung führendes Verhalten der Schuldner besser beeinflussen kann. Nach der hier vertretenen Konzeption begründet die Verletzung entsprechender Sorgfaltspflichten des Schuldners sowohl in dem Zeitraum vor dem ersten Erfül­ lungsversuch als auch in der Nacherfüllungsphase potentiell die Zurechnung der objektiven Pflichtwidrigkeit im Rahmen des §§  280 Abs.  1, Abs.  3, 281 Abs.  1 S.  1, 2. Alt. BGB.551 Wiederum ist allerdings zu konstatieren, dass den entsprechenden Pflichten unter Anreizgesichtspunkten keine eigenständige Bedeutung zukommt, da der Schuldner bereits durch die stets im Raum stehende, unbedingte Einstands­ pflicht für die Fehler dieser Hilfspersonen nach §  278 S.  1 BGB, zu optimaler Schadensprävention angehalten wird.552 Eine originäre Anreizwirkung kommt demgegenüber den Pflichten des Schuld­ ners zu, die ihn im Hinblick auf die Sicherung der Qualität von Leistungsbeiträ­ gen Dritter treffen, soweit er deren Verhalten nicht im oben genannten Sinn be­ einflussen kann und deren Verschulden ihm daher nicht ohne weiteres zugerech­ net wird. Angesprochen sind zum einen seine Sorgfaltspflichten im Hinblick auf die Phase nach Bemerken der Schlechtleistung, d. h. die von ihm zu treffende Vor­ sorge, um bei Auftreten eines Qualitätsmangels rechtzeitig reagieren und die Leistung bei Fälligkeit (Vertretenmüssen der Verzögerung) oder in der Nacher­ füllungsphase (Vertretenmüssen der Nichterfüllung) wie geschuldet erbringen zu können. Sofern dies durch einen weiteren, eigenständigen Leistungsversuch ge­ schehen kann (z. B. Nachlieferung, §  439 Abs.  1, 2. Alt. BGB, oder Neuherstel­ lung, §  635 Abs.  1, 2. Alt. BGB), geht es letztlich um Sorgfaltspflichten im Hin­ blick auf die Verschaffung der Leistung, sodass es bei den Überlegungen sein Bewenden hat, die zu den diesbezüglichen Vorsorge- und Abwendungspflichten angestellt wurden. 553 Soll die Leistungsstörung demgegenüber durch Verbesse­ rung des ersten Erfüllungsversuchs überwunden werden (z. B. Nachbesserung, §  439 Abs.  1, 1. Alt. BGB, oder Mangelbeseitigung, §  635 Abs.  1, 1. Alt. BGB), stellt sich die Frage nach einer haftungsrechtlich sanktionierten Pflicht des Schuld­ ners, entsprechende Vorsorgemaßnahmen zu unternehmen, z. B. eine eigene Re­ paraturwerkstatt einzurichten oder sich die diesbezüglichen Kapazitäten Dritter vorausschauend zu sichern etc. Nach der dem Kalkül der Parteien entsprechenden Effizienzbetrachtung kommt es insoweit darauf an, dass die anteiligen Kosten derartiger Maßnahmen vom (typischen) Gläubigerinteresse gedeckt sind. Das In­ teresse des Gläubigers an der Reparatur bestimmt sich vor allem danach, ob und   Supra II 1 a).   Supra I 2 b). 552   Supra II 1 b). 553   Supra b). 550 551

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zu welchen Kosten sein Bedarf durch eine Neuleistung des Schuldners oder aus anderer Quelle gedeckt werden kann.554 In der Konsequenz wird es daher regel­ mäßig keine Verletzung einer Sorgfaltspflicht darstellen, wenn der Schuldner bei Verträgen über Güter, die auf Massenmärkten gehandelt werden, entsprechende Vorsorgeaufwendungen unterlässt und er allein deshalb die Schlechtleistung nicht abwenden konnte. Zu den eigenen, neben der Verschuldenszurechnung des §  278 S.  1 BGB rele­ vanten Pflichten des Schuldners zählen zum anderen Kontrollpflichten im Hin­ blick auf die Qualität des fremden Leistungsbeitrags, bevor dieser an den Gläubi­ ger weitergegeben wird. Exemplarisch stehen hierfür Untersuchungspflichten eines Verkäufers, der die von dritter Seite bezogene Ware an den Käufer liefert.555 Die ständige Rechtsprechung556 hält sich bei breiter Zustimmung der Literatur557 mit der Annahme solcher Pflichten zurück und gestattet den meisten Verkäufern daher, sich auf eine reine Verteilerrolle zurückzuziehen. An dieser Risikovertei­ lung hat die Schuldrechtsmodernisierung nichts geändert, da sie mit der Neufas­ sung der §§  280 Abs.  1, 276 BGB nicht etwa den Haftungsmaßstab modifiziert hat, der für die bisher als positive Forderungsverletzung behandelten Fälle galt. 558 Die somit weiterhin validen Gründe für die grundsätzliche Belastung des Käufers mit dem Schadensrisiko, sowie die „besonderen Umstände“, die ausnahmsweise   Speziell zum Kaufvertrag Tröger, ZVglRWiss 107 (2008) 383, 421 ff.   Andere Beispiele könnten dem Werkvertrags- (Handwerker bezieht Baustoffe vom Her­ steller, z. B. BGH v. 12.  12. 2001 – X ZR 192/00, NJW 2002, 1565), Dienstvertrags- ((Tier-)Arzt verabreicht vom Pharmahersteller bezogenes Medikament, z. B. BGH v. 26.  11. 1968 – VI ZR 212/66, BGHZ 51, 91 (Hühnerpest)), dem Mietrecht (Autovermieter überlässt baubedingt man­ gelhaftes KfZ zur Nutzung) entnommen werden. 556   RG v. 27.  5. 1910 – II 409/09, JW 1910, 748, 749; RG v. 26.  6 . 1979 – I 17/92, RGZ 125, 76, 78; BGH v. 15.  3. 1956 – II ZR 284/54, LM Nr.  2 zu §  276 (Hb); BGH v. 25.  9. 1968 – VIII ZR 108/66, NJW 1968, 2238, 2239; BGH v. 16.  6 . 1971 – VIII ZR 69/70, WM 1971, 1121, 1125; BGH v. 21.  1. 1975 – VIII ZR 101/73, BGHZ 63, 382, 386; BGH v. 10.  11. 1976 – VIII ZR 112/75, DB 1977, 159, 160; BGH v. 16.  3. 1977 – VIII ZR 283/75, NJW 1977, 1055, 1056; BGH v. 11.  6 . 1979 – VIII ZR 224/78, BGHZ 74, 383, 389; BGH v. 14.  3. 1979 – VIII ZR 129/78, NJW 1979, 1707; BGH v. 18.  6 . 1980 – VIII ZR 139/79, NJW 1980, 2184, 2186; BGH v. 21.  1. 1981 – VIII ZR 10/80, NJW 1981, 928, 929; BGH v. 18.  2. 1981 – VIII ZR 14/80, NJW 1981, 1269, 1270; BGH v. 3.  11. 1982 – VIII ZR 282/81, NJW 1983, 217, 218; BGH v. 17.  6 . 1994 – V ZR 204/92, ZIP 1994, 1863, 1867. 557   H. P. Westermann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  3, 6.  Aufl., 2012, §  433 Rdnr.  67 f.; Beckmann in: Staudinger, BGB, §§  433–487; Leasing, Neubearbeitung 2004, §  433 Rdnr.  103 ff.; U. Huber in: Soergel, BGB, Bd.  3, 12.  Aufl., 1991, Anh. I §  433 Rdnr.  99 ff.; Grunewald in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  433 Rdnr.  31; Reinicke/Tiedtke, Kaufecht, 8.  Aufl., 2009, Rdnr.  567; Eckert/Maifeld/Matthiesen, Handbuch des Kaufrechts, 2007, Rdnr.  4 40 f.; U. Huber, Festschrift für Peter Ulmer, 2002, S.  1165, 1188; Windel, JR 2004, 265, 268; Schroeter, JZ 2010, 495, 496; anders aber E. Schmidt, Festschrift für Helmut Heinrichs, 1998, S.  511, 517 ff.; strenger für den Handel mit Gebrauchtwagen auch z. B. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl., 2009, Rdnr.  1915 ff.; Löwe, BB 1979, 1063 (generelle Untersuchungspflicht); Teske, NJW 1983, 2428 (Untersuchung auf wesentliche Mängel); Hager, NJW 1975, 2276, 2278 (routinemä­ ßige, fachkundige Untersuchung); Knippel, DAR 1980, 164, 165 (Untersuchung auf Verkehrssi­ cherheit und Fahrtüchtigkeit). 558   BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  210, 226; U. Huber, Festschrift für Peter Ulmer, 2002, S.  1165, 1188; Finkenauer, WM 2003, 665; Stoppel, ZGS 2006, 49, 50. 554 555

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die Annahme einer Untersuchungspflicht des Verkäufer rechtfertigen, liegen in der Sache auf der hier vertretenen, allgemeinen Linie für die Begründung von Vorsorge- und Abwendungspflichten des Schuldners. Die mit diesen verknüpfte Schadensersatzpflicht soll die allokativen Ziele der Vertragsparteien sichern, in­ dem der Schuldner zu solchen Präventionsaufwendungen veranlasst wird, die den angestrebten Kooperationsgewinn maximieren. Damit geht der mutmaßliche Parteiwille dahin, dem Schuldner die Vorsorge gegen Leistungsstörungen nur in­ soweit aufzugeben, als er die entsprechenden Risiken besser beherrscht oder tra­ gen kann als der Gläubiger. Dieser Gedanke einer Pflichtenbestimmung entlang der Fähigkeit zur Risikobeherrschung und -tragung klingt z. B. an, wenn durch die Judikatur betont wird, eine allgemeine Pflicht, einen Gebrauchtwagen auf Mängel zu untersuchen, gehe jedenfalls für einen solchen Verkäufer über das Zu­ mutbare hinaus, der nicht über eine eigene Werkstatt verfüge, insbesondere weil der Käufer die grundsätzlichen Risiken durchaus kenne.559 Umgekehrt kann der fachkundige Verkäufer die Gefahr einer Schlechtleistung besser beherrschen, so­ fern die Mängel bereits durch flüchtige Augenscheinnahme560 und ohne besonde­ ren Aufwand oder Einsatz technischer Hilfsmittel erkennbar sind.561 Genauso liegen die Dinge, wenn der Verkäufer über komparative Vorteile bei der relevanten Informationsbeschaffung verfügt, z. B. weil er konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Mangels hat, die dem Käufer nicht ohne Weiteres zugänglich sind.562 Auf ähnlichen Überlegungen beruht es schließlich, wenn der Kunst- und Antiquitätenhandel für verpflichtet gehalten wird, mit zumutbarem Aufwand die Echtheit der veräußerten Gegenstände zu prüfen.563 Durch ein derart beschränkte, auf den besseren Zugang zu den relevanten Informationen zentrierte Untersu­ chungspflicht werden die daraus erwachsenden, überlegenen Möglichkeiten zur Risikoprävention aktiviert, wie dies auch dem mutmaßlichen Parteiwillen ent­ spricht. Es steht auf einem anderen, durch die höchstrichterliche Kasuistik nicht aussagekräftig beschriebenem Blatt, ob sich bei strikter Durchführung der ent­ wickelten Grundsätze das von Rechtsprechung und Literatur abstrakt behauptete Regel-/Ausnahmeverhältnis tatsächlich bestätigen würde. Insgesamt zeigt sich aber auch im Hinblick auf die Schlechtleistung die Erklä­ rungskraft der hier vorgeschlagenen Art und Weise der Bestimmung der Sorg­   BGH v. 11.  6 . 1979 – VIII ZR 224/78, BGHZ 74, 383, 389.   BGH v. 15.  3. 1956 – II ZR 284/54, LM Nr.  2 zu §  276 (Hb): Sichtkontrolle beim Neuwa­ genverkauf; vgl. auch im Rahmen deliktischer Ansprüche BGH v. 5.  7. 1978 – VIII ZR 172/77, NJW 1978, 2241, 2242; BGH v. 11.  2. 2004 – VIII ZR 386/02, BGH-Report 2004, 581, 583. 561   BGH v. 3.  11. 1982 – VIII ZR 282/81, NJW 1983, 217, 218. 562   BGH v. 25.  9. 1968 – VIII ZR 108/66, NJW 1968, 2238, 2239; BGH v. 10.  11. 1976 – VIII ZR 112/75, DB 1977, 159, 160; BGH v. 14.  3. 1979 – VIII ZR 129/78, NJW 1979, 1707; BGH v. 18.  6 . 1980 – VIII ZR 139/79, NJW 1980, 2184, 2186; BGH v. 18.  2. 1981 – VIII ZR 14/80, NJW 1981, 1269, 1270; BGH v. 21.  1. 1981 – VIII ZR 10/80, NJW 1981, 928, 929; BGH v. 18.  2. 1981 – VIII ZR 14/80, NJW 1981, 1269, 1270; BGH v. 3.  11. 1982 – VIII ZR 282/81, NJW 1983, 217, 218; BGH v. 17.  6 . 1994 – V ZR 204/92, ZIP 1994, 1863, 1867. 563   BGH v. 13.  2. 1980 – VIII ZR 26/79, NJW 1980, 1621. 559

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faltspflichten des Schuldners. Diese erweist sich zum einen als mit den Ergebnis­ sen der Praxis kompatibel und gibt zum anderen Maßstäbe vor, die zur Lösung ungeklärter Konstellationen einer arbeitsteiligen Leistungserbringung fortge­ schrieben werden können. b)  Übernahme einer Garantie Neben der Übernahme eines Beschaffungsrisikos nennt §  276 Abs.  1 BGB seit der Schuldrechtsmodernisierung die Garantie als weiteren Fall einer dem Inhalt des Schuldverhältnisses entsprechenden, verschuldensunabhängigen Verantwortlich­ keit des Schuldners. Im hier maßgeblichen Kontext des Leistungsstörungsrechts ist dabei nicht der selbständige Garantievertrag von Interesse, bei dem die unbe­ dingte Einstandspflicht im Garantiefall die vertragstypische Hauptleistungs­ pflicht darstellt.564 Vielmehr geht es um die haftungsverschärfende Abrede, die das Leistungsversprechen des Schuldners dahingehend verstärkt, dass er auf sei­ ner Grundlage unbedingt zur Kompensation des positiven Interesses verpflichtet wird. Wie schon für die Übernahme eines Beschaffungsrisikos konstatiert, ent­ spricht die in der genannten Weise modifizierte Schadensersatzhaftung des garan­ tierenden Schuldners derjenigen, die das common law mit der verschuldensunab­ hängigen Verpflichtung zur Zahlung von expectation damages prinzipiell vor­ sieht. Sie begründet eine vollumfängliche Versicherung des positiven Interesses durch den Schuldner, soweit dessen Realisierung durch den Garantiefall in Frage gestellt wird. 565 Sie unterscheidet sich somit von der teilweise so bezeichneten un­ selbständigen Garantie, die lediglich einzelne Modalitäten der gesetzlichen Ge­ währleistung modifizieren, an der prinzipiellen Verschuldensabhängigkeit einer Schadensersatzpflicht des Schuldners aber nichts ändern soll.566 Ein im Hinblick auf die Haftung für Schlechtleistungen praktisch besonders bedeutsamer Fall einer Garantie im Sinne des §  276 Abs.  1 BGB begegnet wieder­ um im Kaufrecht. Zur Beantwortung der Frage, ob der Verkäufer im Vertrag eine verschuldensunabhängige Schadensersatzhaftung für die Qualität der Ware über­ nommen hat, soll nach der vorherrschenden Sicht auf die Grundsätze zurückge­ griffen werden, die vor der Schuldrechtsmodernisierung die Entscheidung darü­ ber bestimmten, ob der Verkäufer eine Eigenschaft im Sinne der §§  459 Abs.  2, 463 BGB a. F. zugesichert hatte.567 Folgt man dem, können die hier entwickelten Leit­ 564   Schon supra Fn.  414. Im Zusammenhang mit der Schlechtleistung haben bestimmte, selb­ ständigen Garantieversprechen in §  4 43 BGB eine spezifische Regelung erfahren, vgl. H. P. Westermann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  3, 6.  Aufl., 2012, §  4 43 Rdnr.  3 f.; Grune­ wald, Kaufrecht, 2006, §  10 Rdnr.  14. 565   Supra II 1 c). 566   Vgl. BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  239; Habersack in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  5, 5.  Aufl., 2009, Vor. §  765 Rdnr.  39; U. Huber in: Soergel, BGB, Bd.  3, 12.  Aufl., 1991, §  459 Rdnr.  208; die Unterscheidung ablehnend Larenz/Canaris, SchuldR II/2, 13.  Aufl., 1994, §  6 4 II 4 c, S.  70. 567   BGH v. 29.  11. 2006 – VIII ZR 92/06, BGHZ 170, 86, 91 f. Rdnr.  20; für diese, auch der Sicht der Gesetzesverfasser entsprechenden, BegrRegE BT-Drucks. 14/6040, S.  132, Kontinuität

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gedanken einer an den allokativen Zielen der Vertragsschließenden orientierten Interpretation der Parteiabreden am Hintergrund einer reichen Kasuistik gespie­ gelt werden. Während sich mit der „Übernahme eines Beschaffungsrisikos“ die verschul­ densunabhängige Schadensersatzhaftung des Schuldners verbindet, wenn er die versprochene Leistung nicht (rechtzeitig) erbringen kann,568 lässt sich die hier in Rede stehende, beschaffenheitsbezogene Garantie dahin verstehen, dass der Käu­ fer für das Einhalten der qualitativen Anforderungen an die Leistung unbedingt einstehen muss. Trotz dieser Unterschiede im Bezugspunkt des Garantieverspre­ chens liegen die Parameter für die Annahme einer stillschweigenden Risikoüber­ nahme ganz ähnlich. Hier wie dort bildet die Überlegung den Ausgangspunkt, dass die verschuldensabhängige Einstandspflicht des Schuldners effiziente An­ reize zur Vorbeugung gegen Leistungsstörungen aus der Sphäre Dritter setzt, so­ fern die im Rahmen der Fahrlässigkeitshaftung maßgeblichen Sorgfaltsanforde­ rungen von den Gerichten adäquat bestimmt werden.569 Anlass für die Vereinba­ rung einer verschuldensunabhängigen Haftung haben die Beteiligten folglich nur, wenn der Verkäufer zum einen überhaupt über komparative Vorteile bei der Ent­ deckung und Vermeidung von Qualitätsmängeln der in Rede stehenden Art ver­ fügt und seine diesbezüglichen Bemühungen von den Gerichten zum anderen nicht hinreichend sicher verifizierbar sind. Dem entspricht es, dass auch dem Ver­ tragshändler beim Neuwagenkauf keine konkludente Zusicherung der Herstel­ lerangaben zum Kraftstoffverbrauch unterstellt wurde, weil dieser weder deren Einhaltung gewährleisten, noch deren Richtigkeit prüfen konnte.570 Demgegenü­ ber können die Dinge anders liegen, wenn das verkaufte Neufahrzeug bei Ver­ tragsschluss bereits beim fachkundigen Händler steht.571 Neben die Problematik der fehlenden Verifizierbarkeit der Schuldnerbemü­ hungen tritt wiederum die offenbarte Risikoaversion des Käufers als Erklärung für die Auslegung der Parteiabreden im Sinne einer konkludenten Übernahme ei­ ner Qualitätsgarantie durch einen risikoneutralen Verkäufer. Gerade im Ge­ brauchtwarenhandel, und hier insbesondere beim Verkauf gebrauchter Autos, kam diesem Gesichtspunkt lange Zeit besonderes Gewicht zu, weil der Verkäufer aufgrund der gängigen und zulässigen Formularpraxis, ohne gegenteilige Indivi­ z. B. H. P. Westermann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  3, 6.  Aufl., 2012, §  437 Rdnr.  36; Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  276 Rdnr.  175; Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  276 Rdnr.  150; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  276 Rdnr.  23; DaunerLieb in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring (Hrsg.) Anwaltkommentar BGB, Bd.  2/1, 2.  Aufl., 2005, §  276 Rdnr.  21 ff.; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  34 Rdnr.  37; Sailer, Die Schadensersatzhaftung des Verkäufers bei Schlechtlieferung und ihre Grenzen, 2003, S.  49 ff.; Looschelders in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt, (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, 2003, S.  395, 405 ff.; Dauner-Lieb/Thiessen, ZIP 2002, 108, 112. 568   Supra II 1 c). 569   Supra bei Fn.  420. 570   BGH v. 14.  2. 1996 – VIII ZR 65/95, BGHZ 132, 55, 59 f. 571   BGH v. 28.  11. 1994 – VIII ZR 53/94, BGHZ 128, 111, 115.

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dualvereinbarung das gesamte Risiko der Schlechtleistung zu tragen hatte.572 Je­ denfalls gegenüber Verbrauchern ist die durch radikale Alles-oder-Nichts-Lö­ sungen geprägte Situation nach Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie zwischenzeitlich entschärft, wobei freilich gerade die Schadensersatzhaftung ge­ mäß §  475 Abs.  3 BGB voll disponibel geblieben ist. Insofern mag das geänderte normative Umfeld Anlass für eine Überprüfung einzelner Entscheidungen ge­ ben,573 doch ändert sich nichts an der grundsätzlichen Relevanz des Gesichts­ punkts der offenbarten Risikoaversion des Käufers, dem mit einer verschuldens­ unabhängigen Schadensersatzhaftung des Verkäufers Rechnung getragen werden kann. In diesem Sinne lässt sich die Judikatur verstehen, die bei erkennbar dring­ lichem Interesse des Käufers an einer bestimmten Beschaffenheit, der Zusage des hinreichend sachkundigen, unternehmerisch tätigen Verkäufers wiederholt die Bedeutung einer Zusicherung beigemessen hat,574 dabei aber die Fähigkeit des Ver­ käufers im Auge behielt, das Risiko tatsächlich besser zu tragen, als der Käufer.575 2.  Zurechnung des Verschuldens von Erfüllungsgehilfen Die vorstehenden Überlegungen waren den Besonderheiten der unmittelbaren Verantwortlichkeit des Schuldners gewidmet, wenn die arbeitsteiligen Erfül­ lungsbemühungen die Leistung nicht wie geschuldet bewirkten. Die Determi­ nanten der Risikozuweisung, wie sie im Zusammenhang mit den auf die (rechtzei­ tige) Verschaffung der geschuldeten Leistung gerichteten Sorgfaltspflichten und der Übernahme entsprechender Risiken entwickelt wurden, haben sich auch dann als tragfähig erwiesen, als die Qualität der Leistung zum Gegenstand der pflich­ ten- oder garantiebasierten Zuweisung gemacht wurde. Dementsprechend sollen die allgemeinen Grundsätze einer an den Effizienzzielen der Parteien ausgerichte­ ten Zurechnung der objektiven Pflichtwidrigkeit bei der arbeitsteiligen Leis­ tungserbringung abschließend im Rahmen der Verschuldenszurechnung nach §  278 S.  1 BGB für den Fall der Schlechtleistung fortgeschrieben werden. Die Besonderheiten beschränken sich insoweit auf die Zurechnungsvorausset­ zungen, die einen unmittelbaren Bezug zu dem zu verteilenden Qualitätsrisiko aufweisen. Einzugehen ist daher im Folgenden zum einen auf die Begründung der Eigenschaft als Erfüllungsgehilfe, weil der Schuldner die Hilfsperson in die Er­ füllung seiner Verbindlichkeit einschaltet.576 Zum anderen ist darzustellen, wie der Pflichtenkreis und damit das zurechenbare Verschulden des Gehilfen zu be­ 572   Zu den Einzelheiten U. Huber in: Soergel, BGB, Bd.  3, 12.  Aufl., 1991, §  459 Rdnr.  113 ff., 190 ff. 573   Für Einschränkungen, der z. T. auf der „Fiktion einer Garantie“ beruhenden Rechtspre­ chungspraxis z. B. Grunewald in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  437 Rdnr.  32, 33. 574   BGH v. 30.  1. 1985 – VIII ZR 238/93, NJW 1985, 1333; BGH v. 21.  4. 1993 – VIII ZR 113/92, BGHZ 122, 256, 259 f., BGH v. 28.  11. 1994 – VIII ZR 53/94, BGHZ 128, 111, 115. 575   Folglich Zusicherung für nicht überprüfbare, potentiell zu einer Haftungslawine führen­ de Herstellerangaben verneint, BGH v. 14.  2. 1996 – VIII ZR 65, 95, BGHZ 132, 55, 59 f. 576   Infra a).

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stimmen sind, wenn es um die Sicherung der Qualität der geschuldeten Leistung geht.577 a)  Bedienen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit Im Zusammenhang mit der Zurechnung des Verschuldens von Erfüllungsgehilfen bei der arbeitsteiligen Verschaffung der Leistung wurde eingehend dargelegt, dass sich der Schuldner einer Person im Sinne des §  278 S.  1 BGB „bedient“, wenn diese innerhalb der von ihm strukturierten, arbeitsteiligen Leistungserbringung in ei­ ner Art und Weise zum Einsatz kommt, bei der die mit ihrer Tätigkeit verbunde­ nen Risiken für die Erfüllung der Schuldnerpflichten von diesem relativ besser beherrscht oder getragen werden können, als vom Gläubiger.578 Dieser Zusam­ menhang zwischen der Einschalthaftung und der durch den Schuldner bestimm­ ten Struktur der arbeitsteiligen Leistungserbringung ist uneingeschränkt auf die hier in Rede stehende Verantwortlichkeit für Gehilfen im Fall der Schlechtleis­ tung zu übertragen. Danach kommt es auf dieser Wertungsebene des Tatbestands des §  278 S.  1 BGB entscheidend darauf an, dass der Schuldner die Leistungsbei­ träge der jeweiligen Personen gerade im Hinblick auf die geschuldete Qualität der Leistung besser kontrollieren kann, oder aber zumindest in der Lage ist, die Fol­ gen des darauf bezogenen Fehlverhaltens eher zu tragen, als der Gläubiger. Erfasst sind neben den abhängig Beschäftigten prinzipiell auch selbständige und wei­ sungsunabhängige Hilfspersonen, sofern diese im genannten Sinn in die Erbrin­ gung der geschuldeten Leistung eingebunden sind. b)  Tätigkeit im Pflichtenkreis des Schuldners Auch im Hinblick auf die Verantwortlichkeit im Rahmen einer die Schlechtleis­ tung sanktionierenden Schadensersatzhaftung bestätigt sich die zentrale Bedeu­ tung der Zurechnungsvoraussetzung eines Tätigwerdens im Pflichtenkreis des Schuldners. Nur soweit die aus der Vertragsbeziehung fließenden Sorgfalts­ pflichten des Schuldners reichen, kommt seine Haftung für fremdes Fehlverhalten im Rahmen eines Anspruchs nach §§  280 Abs.  1, Abs.  3, 281 Abs.  1 S.  1, 2. Alt. BGB in Betracht, wenn die Leistung nicht wie geschuldet bewirkt wurde. Nach den oben entwickelten, auch insoweit übertragbaren Maximen ist der Pflichtenkreis des Schuldners – sofern eindeutige Parteiabsprachen fehlen – am Effizienzkalkül der Vertragsschließenden orientiert so zu bestimmen, dass der Schuldner für Tätigkeiten Dritter verantwortlich zeichnet, von denen Risiken für eine Erbringung der Leistung „wie geschuldet“ ausgehen, wenn und soweit er diese besser steuern oder aber die Folgen des Gehilfenversagens eher tragen kann als der Gläubiger. 579 Der einzige Unterschied zur Haftung wegen Nichterfüllung   Infra b).   Supra II. 2. b). 579   Supra II. 2. c). 577 578

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bzw. Leistungsverzögerung liegt somit in dem Bezugspunkt der entscheidenden Fähigkeit zur Risikobeherrschung oder -tragung. Dieser liegt nicht in der poten­ tiellen Störung der Verschaffung der Leistung als solcher, sondern in der mög­ lichen Schlechtleistung. Das Gemeinte lässt sich wiederum vor dem Hintergrund eines exemplarischen Problemkreises erörtern, der die Rechtsprechung immer wieder beschäftigt. Be­ trachtet man mit dieser Maßgabe die Verschuldenszurechnung nach §  278 S.  1 BGB im ärztlichen Bereich, entspricht es den aufgestellten Grundsätzen, wenn der selbständige Mediziner für das von ihm angestellte Pflegepersonal ebenso wie für seine Urlaubsvertretung haftet.580 Insoweit kann er nämlich auf der Grundla­ ge seiner Expertise Kontrollrechte ausüben und Instruktionen für die übernom­ mene Tätigkeit geben. Er verfügt damit über Mittel, die zu einer Minimierung der Risiken, die von der Tätigkeit des betrauten Dritten ausgehen, besser geeignet sind als die dem Patienten eröffneten Möglichkeiten der Schadensprävention. Es ist daher gerechtfertigt, die Pflichten des Schuldners in den Bereich zu erstrecken, in dem sich die Tätigkeit der genannten Dritten vollzieht. Umgekehrt fehlt es an vergleichbaren Möglichkeiten überlegener Risikobeherrschung, die über die sorg­ fältige Auswahl des Dritten hinausgehen, wenn der behandelnde Mediziner einen selbständigen Vertreter einer anderen Fachrichtung für die Behandlung oder Di­ agnose hinzuzieht.581 Folglich ist der Kreis der Pflichten, die dem Arzt aus dem Behandlungsvertrag erwachsen, entsprechend beschränkt zu interpretieren und umfasst regelmäßig nicht die ordnungsgemäße Leistungserbringung durch den fachfremden Kollegen. Vergleichbar fehlte es auch dem Krankenhausträger nicht nur an der erforderlichen Expertise, sondern auch an Einwirkungsbefugnissen auf den die ambulante Patientenbetreuung durchführenden Chefarzt, solange die­ se vor der Gesundheitsstrukturreform zum 1.  1. 1993 organisatorisch weitgehend aus dem Aufgabenbereich der Krankenhäuser gelöst war. Deshalb wurde der Chefarzt nicht im Pflichtenkreis des Krankenhausträgers tätig.582 Hieran hat sich für den Bereich der vertragsärztlichen Leistungen, der trotz der gestärkten Ein­ bindung der Krankenhäuser in die ambulante Versorgung von dieser getrennt er­ folgt, nichts geändert.583 Demgegenüber sind die Möglichkeiten der Qualitätssi­ cherung für den Krankenhausträger bei der stationären Aufnahme des Patienten regelmäßig so ausgestaltet, dass er zu einer effizienteren Risikoprävention in der Lage ist. Ihm obliegt daher im Zweifel auch die Verantwortung für die Fehler der

580   BGH v. 13.  1. 1998 – VI ZR 242/96, NJW 1998, 1780; BGH v. 16.  5. 2000 – VI ZR 321/98, BGHZ 144, 296, 310 f.; BGH v. 16.  10. 1956 – VI ZR 308/55, NJW 1956, 1834 bejaht sogar Eigen­ schaft des Urlaubsvertreters als Verrichtungsgehilfe. 581   BGH v. 26.  1. 1999 – VI ZR 24/98, BGHZ 142, 126, 130 f.; auch RG v. 1.  10. 1910 – V 175/09, RGZ 74, 163, 167. 582   BGH v. 28.  4. 1987 – VI ZR 171/86, BGHZ 100, 363, 367 ff.; BGH v. 20.  9. 1988 – VI ZR 296/87, BGHZ 105, 189, 196 f. 583   BGH v. 20.  12. 2005 – VI ZR 180/04, BGHZ 165, 290, 295 ff.

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selbst liquidationsberechtigten Chefärzte.584 Mit einer solchen Totalaufnahme585 zur stationären Behandlung übernimmt der Krankenhausträger zugleich eine Versicherungsfunktion, die auch seiner Stellung als Träger von Aufgaben der Da­ seinsvorsorge entsprechen kann. Für im Wettbewerb stehende, private Dienstleis­ ter kann sie als Qualitätssignal von Bedeutung sein,586 da die Risikoübernahme durch einen entsprechenden, unzweideutigen Hinweis auf die alleinige Verant­ wortung des Chefarztes für bestimmte Leistungen beim gespaltenen Kranken­ hausaufnahmevertrag auch ausgeschlossen werden kann.587 Das Vorstehende verdeutlicht einmal mehr die Tragfähigkeit der hier zur Kon­ kretisierung der Verschuldenszurechnung herangezogenen Kriterien. Für eine entwickelte, in hohem Maße auf Spezialisierung setzende Wirtschaftsordnung lässt sich insbesondere das Vorgesagte im Hinblick auf die arbeitsteilige Leis­ tungserbringung mit Hilfe von Experten generalisieren. Mangelt es dem Schuld­ ner an Expertise, um die Qualität des Leistungsbeitrags eines Dritten zu beurtei­ len, liegt die Ausdehnung seines Pflichtenkreises in den Bereich der Tätigkeit des Dritten fern, es sei denn dieser ist eng in die Organisation des Schuldners inte­ griert. Unter letzterer Voraussetzung wird es regelmäßig der Schuldner sein, der aufgrund der besseren Einwirkungsmöglichkeiten zur überlegenen Risikopräven­ tion in der Lage ist, obwohl auch er sich u. U. Kenntnisse zur Qualitätsbeurtei­ lung erst verschaffen muss. Daneben kann gerade bei schwer übersehbaren Qua­ litätsrisiken, die mit dem Einsatz von Expertenwissen verbunden sein können, der Gedanke der überlegenen Fähigkeit zur Risikotragung eine gewichtige Rolle bei der Bestimmung des Pflichtenkreises des Schuldners spielen.

IV.  Mitverantwortlichkeit des Gläubigers und seiner Leute Im Rahmen der Erörterung der ökonomischen Grundlagen eines rationalen, auf die Stützung der allokativen Ziele der Parteien gerichteten Leistungsstörungs­ rechts wurde betont, dass dieses auch die Anreize des Gläubigers erhält, dem Ein­ tritt von Leistungshindernissen vorzubeugen bzw. deren Auswirkungen zu mini­ mieren, wenn und soweit er überlegene Möglichkeiten zur Risikosteuerung und 584   BGH v. 14.  2. 1957 – VII ZR 287/56, BGHZ 23, 319, 321 f.; BGH v. 18.  6 . 1985 – VI ZR 234/83, BGHZ 95, 63, 67 ff., BGH v. 31.  1. 2006 – VI ZR 66/05, NJW-RR 2006, 811, 812 Rdnr.  10 ff. 585   Zur Unterscheidung von totalem und gespaltenem Krankenhausvertrag schon supra Ka­ pitel 3 §  1 Fn.  48. 586   Dazu allgemein supra Kapitel 4 §  3 B. II. 587   BGH v. 14.  2. 1995 – VI ZR 272/93, BGHZ 129, 6, 13 f. Der Krankenhausträger bleibt aber jedenfalls für die Fehler des Pflegepersonals und der angestellten Ärzte verantwortlich, RG v. 9.  7. 1913 – III 148/13, RGZ 83, 71, 74 f.; RG v. 2.  11. 1917 – III 329/17, RGZ 91, 134, 137 f.; BGH v. 11.  4. 1951 – II ZR 68/50, BGHZ 1, 383, 386; BGH v. 13.  12. 1951 – III ZR 144/50, BGHZ 4, 138, 151 f.; BGH v. 27.  2. 1952 – II ZR 78/51, BGHZ 5, 321, 323; BGH v. 14.  2. 1957 – VII ZR 287/56, BGHZ 23, 319, 321 f.

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-tragung besitzt.588 Hierauf gilt es im Folgenden zurückzukommen, um aufzuzei­ gen, wie sich die Schranken der Schuldnerpflichten in diesem Zusammenhang auswirken und mit welchen Instituten die ökonomischen Desiderate im deutschen Schuldrecht im Übrigen verwirklicht werden.589 Unter dem Blickwinkel der na­ turgemäß nicht auf die Schuldnerseite beschränkten Arbeitsteilung sollen die aus §  254 BGB fließenden Obligationen des Schuldners gesondert gewürdigt wer­ den.590 1.  Bilaterale Verantwortlichkeit im Leistungsstörungs- und Schadensrecht Betrachtet man die Zuweisung der Risiken des Eintritts von Leistungsstörungen aus der Sphäre Dritter aus der Perspektive des Gläubigers, lassen sich drei Kons­ tellationen unterscheiden. Diese divergieren danach, ob der Schuldner vollständig aus der Verantwortlichkeit entlassen wird, 591 trotz Eintritt der Leistungsstörung die geschuldete Leistung in Natur erbringt,592 oder aber im Rahmen einer Scha­ densersatzpflicht haftet.593 a)  Totalbefreiung des Schuldners Zunächst begegnet der Fall, dass ein Leistungshindernis zum Ausschluss der Na­ turalerfüllungspflicht nach §  275 BGB oder den spezialvertraglichen Regeln der §§  439 Abs.  3 S.  1, 635 Abs.  3 BGB führt und vom Schuldner nicht zu vertreten ist, d. h. keine Schadensersatzpflicht nach §§  280 Abs.  1, Abs.  3, 283 BGB begründet. Nach der hier vertretenen Konzeption kann dies im Rahmen einer an den Effizi­ enzzielen der Parteien orientierten Interpretation des Leistungsstörungsrechts, mit der die Risikoverteilung des hypothetischen, vollständigen Vertrags rekons­ truiert wird, nur dann der Fall sein, wenn der Gläubiger in einer Position ist, die es ihm erlaubt, das verwirklichte Risiko überlegen zu kontrollieren oder zu tra­ gen. Hierin liegt die spiegelbildliche Konsequenz aus der Bestimmung der Sorg­ faltspflichten 594 und der verschuldensunabhängigen Risikozuweisungen595 nach Maßgabe der Eigenschaft des Schuldners als superior risk bearer. Die Wirkung dieser materiell-rechtlichen Totalbefreiung des Schuldners liegt darin, dass der Gläubiger die Folgen der betreffenden Leistungshindernisse voll internalisiert, was exakt der wünschenswerten Risikozuweisung entspricht. Sie trägt dem Desiderat Rechnung, dem Gläubiger durch das Leistungsstörungsrecht keine vollumfängliche Versicherung gegen jegliche Leistungsstörung zu gewäh­   Supra Kapitel 4 §  3 A. II. 2.   Infra 1. 590   Infra 2. 591   Infra a). 592   Infra b). 593   Infra c). 594   Supra II. 1. a), b) und supra III. 1. a). 595   Supra II. 1. c), 2 und supra III. 1. b), 2. 588 589

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ren, wenn er über überlegene Möglichkeiten der Risikoprävention oder -tragung verfügt. Hierdurch wird zum einen verhindert, dass der Gläubiger übermäßige Investitionen in Erwartung der Leistung tätigt.596 Zum anderen wird der Gläubi­ ger durch den Umstand, dass sich seine, mit der Transaktion verbundene Nutzen­ erwartung infolge der vollständigen Befreiung des Schuldners nicht realisieren lässt, zu optimalen Investitionen in die Prävention veranlasst. 597 Dabei gilt es wei­ terhin zu beachten, dass der Gläubiger nicht nur seine Einbußen voll internali­ siert, sondern nach §  326 Abs.  2 S.  1 BGB auch zur Gegenleistung verpflichtet bleibt, wenn er das Leistungshindernis zu vertreten hat.598 Dies bedeutet, dass in den Fällen der vom Schuldner nicht zu vertretenden Befreiung von der Leistungs­ pflicht nach §  275 BGB sicher gestellt ist, dass der Gläubiger bei seinen Investiti­ onen in die Prävention von Leistungshindernissen auch das Gegenleistungsinter­ esse des Schuldners adäquat berücksichtigt.599 Insgesamt zeigt sich, dass der ex lege kompensationslose Verlust des positiven Interesses und die Verantwortlichkeit für zu vertretende Leistungshindernisse dem Gläubiger effiziente Anreize geben, seine Möglichkeiten auszuschöpfen, aus der Sphäre von ihm überlegen beherrschter Dritter stammende Beeinträchti­ gungen des intendierten Güteraustauschs zu vermeiden. b)  Naturalerfüllung durch den Schuldner Die zweite Konstellation ist dadurch gekennzeichnet, dass die Leistungsstörung nicht zu einem Fortfall der Naturalerfüllungspflicht des Schuldners führt, für den Eintritt der Leistungsstörung aber ein Verhalten des Gläubigers oder seiner Sphä­ re zuzuordnender Dritter zumindest mitursächlich war. Dies ist z. B. denkbar, wenn die Transportperson des Bringschuldners und der Lagerist des Käufers die Ware vor Übergabe im Sinne des §§  446 BGB gemeinsam beschädigen und der Verkäufer daher zur Nacherfüllung verpflichtet ist. Isoliert betrachtet bewirkt die Pflicht zur (Nach-)Erfüllung eine vollumfängliche Versicherung des Gläubigers gegen Beeinträchtigungen des Leistungsinteresses, mit der sich das beschriebene, subjektive Risiko (moral hazard) 600 zu weit gehender Sanktionen im Leistungs­ störungsrecht verbindet. 601 Die Anreize auf Gläubigerseite werden aber zurecht­ gerückt, wenn man diesem eine Schutzpflicht im Sinne des §  241 Abs.  2 BGB auf­ erlegt, die schon nach dem Wortlaut der Bestimmung „jeden Teil“ eines Schuld­ verhältnisses treffen kann. 602   Supra Kapitel 4 §  3 A. II. 2. a).   Supra Kapitel 4 §  3 A. II. 2. b) und c). 598   Zum hier relevanten Vertretenmüssen sogleich infra b). 599   Hierin liegt die Hauptschwierigkeit bei der adäquaten Behandlung der Mitverantwort­ lichkeit des Gläubigers jenseits des Anwendungsbereichs des §  326 Abs.  2 BGB, vgl. infra b), c). 600   Supra Kapitel 4 §  2 Fn.  58. 601   Supra Kapitel 4 §  3 A. II. 2. 602   Zur Intention des Gesetzgebers BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  126. Zuvor schon BMJ (Hrsg.), Abschlußbericht der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrechts, 1992, S.  115; 596 597

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Der prinzipielle Bestand derartiger Gläubigerpflichten wird in §  326 Abs.  2 S.  1 BGB für den Extremfall ihrer Verletzung angedeutet, der zum Eintritt eines Leis­ tungshindernisses im Sinne des §  275 BGB führt. Die hinter den §§  249 ff. BGB vermeintlich zurückbleibende Rechtsfolge der genannten Bestimmung bzw. der Vorgängernorm des §  324 Abs.  1 BGB a.F. hat zum Teil dazu geführt, das vom Gesetzgeber geforderte Vertretenmüssen des Gläubigers jenseits der Verletzung von Haupt- und Nebenleistungspflichten (z. B. keine Zahlung trotz Fälligkeit der Gegenleistung) und einer Beeinträchtigung des Integritätsinteresses (z. B. Be­ schädigung oder Zerstörung des Leistungssubstrats) im Sinne einer Obliegen­ heitsverletzung zu interpretieren. 603 Die Gegenansicht geht demgegenüber davon aus, dass die Regelung des §  326 Abs.  2 S.  1 BGB (auch) in diesen Fällen auf die Verletzung einer Schutzpflicht im Sinne des §  241 Abs.  2 BGB reagiert, deren Schuldner der Gläubiger ist. 604 Geht man davon aus, dass die Aufgabe des Leistungsstörungsrechts darin liegt, die unvollständige Parteivereinbarung zu ergänzen, um den von den Beteiligten angestrebten Kooperationsgewinn zu sichern, verschleiert der Begriff der Oblie­ genheitsverletzung, der vor allem auf einen Verstoß gegen die eigenen Interessen des Gläubigers rekurriert, mehr als er erhellt. 605 Der vom Schuldner angestrebte Nutzengewinn resultiert daraus, dass seine individuelle Bewertung der zu erbrin­ genden Leistung unter dem vom Gläubiger gezahlten (Markt-)Preis liegt. Dieser Kooperationsgewinn des Schuldners kann durch eine Leistungsstörung vereitelt werden, wenn es in ihrer Folge gar nicht zu dem angestrebten Güteraustausch kommt (§§  275, 326 Abs.  1 BGB) oder aber diese zu einer Verteuerung der Leis­ tung für den Schuldner führt. Die durch das Leistungsstörungsrecht gesetzten, die allokativen Ziele der Beteiligten reflektierenden Anreize müssen daher darauf gerichtet sein, auch den Gläubiger zu optimalen, das umrissene Interesse des Vgl. auch Medicus, Festschrift für Claus-Wilhelm Canaris, 2007, S.  835, 840; Kuhlmann, Schutz­ pflichten, 2001, S.  115. 603   Grundlegend für das alte Schuldrecht R. Schmidt, Die Obliegenheit, 1953, S.  158 f.; ebenso z. B. Larenz, Schuldrecht I, 14.  Aufl., 1987, §  25 III, S.  401 ff. Zum geltenden Recht z. B. Otto in: Staudinger, BGB, §§  315–326, Neubearbeitung 2009, §  326 Rdnr. C 11 ff.; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, Rdnr.  9 ff. 604   So die herrschende Meinung vor der Schuldrechtsmodernisierung RG v. 10.  2. 1941 – II 63/40, RGZ 166, 135; BGH v. 31.  10. 1962 – V ZR 24/61, BGHZ 38, 187, 192; Oertmann, Kom­ mentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch und seinen Nebengesetzen, Bd.  II/1, 5.  Aufl., 1928, §  324 Anm.  1 b; Siber in: Planck’s Kommentar zum BGB, Bd.  2/1, 4.  Aufl., 1914, §  324 Anm.  1 a a; Leonhard, Das Schuldrecht des BGB, Bd.  1, 1929, S.  493; Schur, Leistung und Sorgfalt, 2001, S.  343 ff.; Hadding, AcP 168 (1968) 150, 168. Zum neuen Schuldrecht ebenso Gsell in: Soergel, BGB, Bd.  5 /2, 13.  Aufl., 2005, §  326 Rdnr.  57; Meier, Jura 2002, 118, 128; Rauscher, ZGS 2002, 333, 336; Stoppel, Jura 2003, 224, 225 f.; prinzipiell auch H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  326 Rdnr.  11, der bei Verschulden von einer Schadensersatzpflicht des Gläubigers ausgeht, was eine Pflichtverletzung voraussetzt. Vgl. auch noch die supra Fn.  616 Genannten. 605   Noch drastischer schon Wiedemann in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12. Aufl., 1990, §  324 Rdnr.  15: „Kategorie der Obliegenheitsverletzung trägt in allen Problemfällen zur Lösung nichts bei“.

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Schuldners vollumfänglich berücksichtigenden Präventionsbemühungen anzu­ halten. 606 Dem entspricht aber allein ein umfassender Schutz des Anspruchs des Schuldners durch Verhaltenspflichten, die die überlegene Risikobeherrschung re­ flektieren und deren Verletzung zu einer vollen Internalisierung der Beeinträchti­ gung des betroffenen, relativen Verfügungsrechts (property right) führt. Das De­ liktsrecht sichert aus wohlerwogenen Gründen relative Rechte gegen die Beein­ trächtigungen durch Dritte nur eingeschränkt, das Vertragsrecht bietet demge­ genüber im Verhältnis der Parteien zueinander umfassenden Schutz der vertrags­ bezogenen Interessen beider Seiten. Letzterer bliebe aber – wie die hier erörterte Konstellation illustriert – unvollständig, wenn für den Gläubiger lediglich eine durch §  326 Abs.  2 S.  1 BGB im Fall des §  275 BGB sanktionierte Obliegenheit bestünde, die von ihm überlegen beherrschten Risiken zu minimieren. Bejaht man dementsprechend eine durchlaufende Pflicht des Gläubigers im Sinne des §  241 Abs.  2 BGB, so lässt sich seine Verantwortlichkeit für Risiken aus der Sphäre Dritter ohne Weiteres auch in der hier im Mittelpunkt stehenden Konstellation nach den für die Verletzung von Schutzpflichten geltenden Grund­ sätzen entwickeln. 607 Soweit der Gläubiger für die Mehrkosten der geschuldeten Erfüllung verantwortlich zeichnet, hat er diese zu ersetzen. 608 Den materiellen Bezugspunkt für die Pflichtenkonkretisierung bildet das beschriebene Schuld­ nerinteresse. Sowohl die eigenen Pflichten des Gläubigers als auch seine Verant­ wortlichkeit für Dritte nach §  278 S.  1 BGB 609 gewährleistet die effiziente Anreiz­ struktur in der hier behandelten Konstellation als Folge eines denkbaren Gegen­ anspruchs des zur Naturalerfüllung verpflichteten Schuldners. c)  Schadensersatzhaftung des Schuldners Die letzte zu erörternde Konstellation betrifft Fälle, in denen der Schuldner die Leistungsstörung zu vertreten hat und daher wegen des Eintritts eines Leistungs­ 606   Dieses, dem Synallagma immanente, beiderseitige Nutzenstreben wird zu Unrecht ausge­ blendet, wenn zur Bestimmung des zu fordernden Gläubigerverhaltens darauf abgestellt wird, „wie ein ordentlicher Gläubiger sich zur Wahrung seines Interesses verhalten würde“, R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  37 Rdnr.  9. 607   Infra §  3. 608   Der Anspruch geht schon nach der Differenzhypothese nur auf die vom Gläubiger verur­ sachten Mehrkosten der Erfüllung, d. h. der auf die Pflichtwidrigkeit des Gläubigers zurückge­ hende Schaden ist nicht vom Schuldner mitverursacht, sodass es folglich keine Anspruchskür­ zung nach §  254 Abs.  1 BGB gibt. Es ist freilich für das Ergebnis unschädlich, wenn der Schaden zunächst in der Gesamtsteigerung der Erfüllungskosten gesehen wird, und diese dann gemäß §  254 Abs.  1 BGB nach Verursachungsquoten aufgeteilt werden. 609   Die Einstandspflicht (entsprechend) §  278 S.  1 BGB wird auch anerkannt, soweit der Gläubiger lediglich als mit einer Obliegenheit belastet angesehen wird, vgl. z. B. Otto in: Stau­ dinger, BGB, §§  315–326, Neubearbeitung 2009, §  326 Rdnr. C 18; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, Rdnr.  38. Der Unterschied zu der hier vertretenen Auffassung liegt aber darin, dass eine Zurechnung von Drittverhalten nur für die Rechtsfolge des §  326 Abs.  2 S.  1 BGB relevant ist, nicht aber im Hinblick auf einen auch jenseits der Fälle des §  275 BGB eingrei­ fenden Gegenanspruch des Schuldners aus §  280 Abs.  1 BGB.

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hindernisses im Sinne des §  275 BGB gemäß §§  280 Abs.  1, Abs.  3, 283 BGB bzw. nach dem Verlangen des Gläubigers im Sinne des §  281 Abs.  4 BGB gemäß §§  280 Abs.  1, Abs.  3, 281 BGB ausschließlich auf Schadensersatz haftet. Die vermeint­ lich simple Bewältigung des Problems, eine eventuelle Mitverantwortlichkeit des Schuldners durch eine Anspruchskürzung auf der Rechtsfolgenseite zu berück­ sichtigen, wird der Interessenlage in gegenseitigen Verträgen indessen nicht ge­ recht. Wie schon im Zusammenhang mit der Berücksichtigung einer Mitverant­ wortlichkeit des Gläubigers bei Fortbestehen der Naturalerfüllungspflicht des Schuldners hervorgehoben, betrifft die Leistungsstörung nachhaltig auch die synallagmatischen Schuldnerinteressen, 610 während die Haftung auf Schadenser­ satz statt der Leistung auf die Gewährleistung der Gläubigerinteressen konzent­ riert bleibt. Die Anwendung des §  254 Abs.  1 BGB beschränkt zwar negativ den Schutz der Gläubigerinteressen als Reaktion auf dessen Mitverantwortlichkeit, gewährleistet aber nicht positiv die von dieser ebenfalls tangierten Schuldnerbe­ lange. Auch wenn man den wenig spektakulären Grundgedanken der Bestim­ mung für paradigmatisch halten kann, 611 ist damit für die rechtstechnisch und normativ befriedigende Umsetzung einer gemeinsamen Verantwortung nach Ver­ ursachungsbeiträgen wenig gewonnen. Exemplarisch für die hier vorzunehmende Abgrenzung der Verantwortungs­ bereiche steht der durch den Reformgesetzgeber nicht entschiedene, aber in einen anderen Kontext gestellte612 Streit um die dogmatische Behandlung der beiderseits zu vertretenden Unmöglichkeit. Dieser dreht sich zentral um die Auswirkungen der bilateral verursachten Leistungsstörung auf die Gegenleistungspflicht und die daraus zu ziehenden Konsequenzen für die adäquate Gewährleistung der Schuld­ nerinteressen im Lichte der beiderseitigen Verantwortlichkeit. Die Einbußen auf Gläubigerseite werden im Rahmen des unstreitig nach §  254 Abs.  1 BGB zu kür­ zenden Anspruchs aus §§  280 Abs.  1, Abs.  3, 283 BGB pro rata nach Verantwort­ lichkeit zugewiesen. 613 Hieraus ergibt sich insoweit die effiziente, dem hypothe­ tisch vollständigen Vertrag entsprechende Anreizstruktur. Die zentrale Kontro­ verse in der dogmatisch scharfsinnigen, hier nur in groben Zügen nachzuzeich­ nenden Debatte betrifft die Frage, ob der Gegenleistungsanspruch ungekürzt614   Supra b).   Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 1999, S.  255 ff. 612   Vgl. die insoweit übereinstimmende Einschätzung z. B. bei Gruber, JuS 2002, 1066, 1068 f.; Rauscher, ZGS 2002, 333, 333 ff.; Canaris, Festschrift für Egon Lorenz, 2004, S.  147, 156 f. 613   Für die Übereinstimmung der Vertreter der im Übrigen divergierenden Lösungsansätze z. B. U. Huber, Leistungsstörungen, Bd.  II, 1999, §  57 II, S.  749 ff.; Otto in: Staudinger, BGB, §§  315–326, Neubearbeitung 2009, §  326 Rdnr. C 83; Canaris, Festschrift für Egon Lorenz, 2004, S.  147, 179. 614   OLG Frankfurt v. 9.  9. 1992 – 21 U 69/91, NJW-RR 1995, 435, 437; Teubner, Gegenseitige Vertragsuntreue, 1975, S.  66 ff.; Teubner, NJW 1975, 2295 f.; für das neue Schuldrecht Otto in: Staudinger, BGB, §§  315–326, Neubearbeitung 2009, §  326 Rdnr. C 83 ff.; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, §  38 Rdnr.  14 ff.; R. Schwarze, Festschrift für Hans-Jörg Otto, 2008, S.  501, 507 ff.; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, 10.  Aufl., 2006, Rdnr.  429 f. 610 611

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oder um den Mitverursachungsbeitrag des Schuldners gekürzt615 erhalten bleibt oder aber ob die Gegenleistungspflicht entfällt und die Interessen des Schuldners durch einen Schadensersatzanspruch nach §  280 Abs.  1 BGB wegen der Verlet­ zung einer Pflicht im Sinne des §  241 Abs.  2 BGB gewährleistet werden, der wie­ derum um den Verantwortungsanteil des Schuldners gekürzt wird. 616 Geht man wiederum davon aus, dass die Institute des Leistungsstörungsrechts der rechtsförmigen Absicherung der Versprechensbindung entlang der allokativen Ziele der Vertragsschließenden dienen, scheint es unter Anreizgesichtspunkten ausreichend, den Gegenleistungsanspruch nach oder entsprechend §  326 Abs.  2 S.  1 BGB 617 bzw. deshalb aufrechtzuerhalten, weil dem systematisch interpre­ tierten Gesetz, insbesondere §  326 Abs.  1 S.  1, 1. HS BGB, der Wegfall der Gegen­ leistungspflicht im Fall der beiderseits zu vertretender Unmöglichkeit nicht zu entnehmen sei. 618 Der Gläubiger wird durch seine unbedingte Pflicht, die Gegen­ leistung zu erbringen, gezwungen, bei seinen Präventionsbemühungen das Inter­ esse des Schuldners zu berücksichtigen. 619 Aus der Sicht des Schuldners bleibt die mit jeder Leistungspflicht grundsätzlich verbundene Versicherung erhalten. 620 Diese Internalisierungs- und Versicherungswirkung begründet allerdings nur dann zutreffende Anreize, wenn die Gegenleistung analog §  254 BGB um den Ver­ antwortlichkeitsanteil des Schuldners gekürzt wird. 621 Sonst würde der Gläubiger 615   So, größtenteils unter Bejahung eines parallelen Schadensersatzanspruch aus §§  280 Abs.  1, 241 Abs.  2 BGB, Gsell in: Soergel, BGB, Bd.  5 /2, 13.  Aufl., 2005, §  326 Rdnr.  91 ff.; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  326 Rdnr.  12; Grothe in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  I, 2.  Aufl., 2007, §  326 Rdnr.  27; Harke, Allgemeines Schuldrecht, 2010, Rdnr.  253. Diese Lösung entsprach der überwiegenden, von einigen Autoren im neunen Schuld­ recht aufgegebenen Meinung in der Literatur zum BGB 1900, z. B. U. Huber, Leistungsstörun­ gen, Bd.  II, 1999, §  57 II, S.  749 ff.; Faust, JuS 2001, 133, 135; Looschelders, JuS 1999, 949, der wohl auch die Rechtsprechung folgte vgl. grundlegend RG v. 21.  5. 1909 – II 543/08, RGZ 71, 187, 192 und zuletzt BGH v. 26.  6 . 1990 – X ZR 19/89, NJW 1991, 166, 168. Zu den Schwierigkeiten und Zweifeln bei der Interpretation der Rechtsprechung Otto in: Staudinger, BGB, §§  315–326, Neubearbeitung 2009, §  326 Rdnr. C 80. 616   Grundlegend für das alte Schuldrecht Hadding, AcP 168 (1968) 150, 166 ff.; für das neue Schuldrecht Dauner-Lieb in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring (Hrsg.) Anwaltkommentar BGB, Bd.  2/1, 2.  Aufl., 2005, §  326 Rdnr.  18 f.; Stadler in: Jauernig, BGB, 14.  Aufl., 2011, §  326 Rdnr.  22; Emmerich, Leistungsstörungsrecht, 6.  Aufl., 2005, §  14 Rdnr.  5 ; Looschelders, Schuldrecht All­ gemeiner Teil, 9.  Aufl., 2011, Rdnr.  731; Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, 23.  Aufl., 2011, Rdnr.  270; Medicus/S. Lorenz, Schuldrecht I, 19.  Aufl., 20010, Rdnr.  4 49; S. Lorenz, NJW 2007, 3491; Canaris, Festschrift für Egon Lorenz, 2004, S.  147, 158 ff.; Meier, Jura 2002, 118, 128; Schulze/Ebers, JuS 2004, 366, 368; ebenso, allerdings für Schadensersatzanspruch des Schuld­ ners nach §§  280 Abs.  1, Abs.  3, 283 BGB, Rauscher, ZGS 2002, 333, 336 f. 617   Für Analogie Gsell in: Soergel, BGB, Bd.  5 /2, 13.  Aufl., 2005, §  326 Rdnr.  91 ff.; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  38 Rdnr.  19; für direkte Anwendung Harke, All­ gemeines Schuldrecht, 2010, Rdnr.  253. 618   Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  326 Rdnr.  79; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  326 Rdnr.  12. 619   Insofern gelten mutatis mutandis die Ausführungen zu den wünschenswerten Sanktions­ anreizen supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. 620   Hierzu supra A und B. 621   So zutreffend die in Fn.  615 Genannten.

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zu übermäßigen Präventionsbemühungen veranlasst, während der Schuldner sei­ ne diesbezüglichen Investitionen zu niedrig hielte. Diese Lösung lässt sich aus dem Bindungswillen der Beteiligten legitimieren, sodass der Hinweis, das Mitverschul­ den des Schuldners sei für die Gegenleistungspflicht völlig unerheblich, 622 letztlich einen heteronomen Umfang der Pflicht zur Gegenleistung unterstellt. Gleichwertige Ergebnisse lassen sich erzielen, wenn dem Schuldner statt 623 des Gegenleistungsanspruchs auf der Grundlage der Mitverantwortung des Gläubi­ gers ein Schadensersatzanspruch zugebilligt wird, sofern der Sorgfaltsmaßstab im Rahmen des Haftungstatbestands von den Gerichten zutreffend festgesetzt624 und der Gläubiger mit einer lückenlosen Pflicht im Sinne des §  241 Abs.  2 BGB belastet wird. 625 Dies folgt daraus, dass auch auf diese Weise der Gläubiger bei seinen Ent­ scheidungen berücksichtigen muss, potentiell das volle Gegenleistungsinteresse des Schuldners zu internalisieren. Die Versicherung des Schuldners ist freilich nur eine durch das Erfordernis des Vertretenmüssens bedingte. Entscheidend für die zutreffenden Verhaltensanreize ist aber wiederum, dass der Schadensersatzan­ spruch nach §  254 Abs.  1 BGB um den Verantwortlichkeitsanteil des Schuldners gekürzt wird. In der somit jeweils unerlässlichen, analogen bzw. direkten Anwendung des §  254 BGB liegt keine doppelte Belastung des Schuldners mit der Tatsache seines Verschuldens. 626 Dieses wird vielmehr nur in der vollen Bandbreite seiner Auswir­ kungen berücksichtigt, die zwei völlig verschiedene vertragsbezogene Interessen betrifft. Die Mitverursachung des Schuldners tangiert nämlich zum einen das Gläubigerinteresse – insoweit wird dem Schuldner der anteilig verursachte Nicht­ erfüllungsschaden im Rahmen der §§  280 Abs.  1, Abs.  3, 283 BGB zugerechnet. Zum anderen berührt sie das Schuldnerinteresse – insoweit wird der eigene An­ spruch auf die Gegenleistung bzw. aus §  280 Abs.  1 BGB um den Verursachungs­ anteil gekürzt. 627 Im Hinblick auf die Verantwortlichkeit des Gläubigers für Dritte ergibt sich auf der Grundlage der prinzipiell für gleichwertig gehaltenen Lösungen folgendes Bild: Soweit das Leistungsinteresse des Gläubigers betroffen ist, begründet seine – sogleich noch näher darzustellende 628 – Mitverantwortlichkeit für eigene und fremde Versäumnisse im Rahmen des §  254 BGB optimale Anreize, die vorhande­ nen Möglichkeiten wahrzunehmen, die mit der Arbeitsteilung verbundenen Ri­ siken zu minimieren. Soweit das Gegenleistungsinteresse des Schuldners tangiert   So R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  38 Rdnr.  15.   Für Nebeneinander von Schadensersatzpflicht und Gegenleistunsanspruch Gsell in: Soer­ gel, BGB, Bd.  5 /2, 13.  Aufl., 2005, §  326 Rdnr.  91 ff.; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  326 Rdnr.  12; Grothe in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  I, 2.  Aufl., 2007, §  326 Rdnr.  27; Harke, Allgemeines Schuldrecht, 2010, Rdnr.  253. 624   Supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. b) (1) i. 625   Hierfür schon supra b). 626   So eines der zentralen Argumente der in Fn.  614 Genannten. 627   Eingehend auch U. Huber, Leistungsstörungen, Bd.  II, §  57 II 6 b, S.  755. 628   Infra 2. 622

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ist, wirkt die Aufrechterhaltung der (gekürzten) Gegenleistungspflicht wie eine unbedingte, zur vollen Internalisierung zwingende Einstandspflicht und begrün­ det so optimale Anreize auch zur risikominierenden Einwirkung auf Dritte. Im Rahmen der ebenfalls nach Maßgabe des §  254 BGB beschränkten Haftung nach §§  280 Abs.  1, 241 Abs.  2 BGB ergeben sich die Anreize entlang der durch §§  276, 278 S.  1 BGB vorgezeichneten Linien für die Behandlung von Schutzpflichtverlet­ zungen. 629 2.  Anspruchskürzung wegen eigenen oder zurechenbaren fremden Mitverschuldens Die bisherigen Ausführungen gingen des Öfteren von einer Zurechnung eigenen oder fremden Mitverschuldens im Rahmen des Haftungsausfüllungstatbestands nach Maßgabe des §  254 BGB aus. Die insoweit bestehenden Vorgaben des Ge­ setzes sollen an dieser Stelle vor dem Hintergrund der Arbeitsteilung auch auf Gläubigerseite betrachtet werden. Den Ausgangspunkt hierfür bildet eine Aus­ einandersetzung mit Systematik und Zweck der Bestimmung, 630 auf deren Grund­ lage die unmittelbare Verantwortlichkeit des Gläubigers für mitwirkendes, eige­ nes Verschulden631 und die ihn treffende Zurechnung fremden Mitverschuldens632 behandelt werden. a)  Systematik und Zielrichtung der Mitverantwortlichkeit Eine verbreitete Strömung in der schadensrechtlichen Literatur versteht die Rege­ lung des §  254 BGB als Ausprägung des Verbots widersprüchlichen Verhaltens. 633 Im Einklang hiermit stützt auch die Rechtsprechung die Regelung teleologisch auf die Unzulässigkeit eines venire contra factum proprium oder rekurriert un­ mittelbar auf §  242 BGB. 634 Weniger im Sinne einer nachträglichen Anspruchsbe­ schränkung635 argumentiert demgegenüber eine vordringende Konzeption im Schrifttum, nach der die materielle Grundlage der mit Anspruchsentstehung ein­ tretenden, quotalen Schadensteilung in der umfassenden Zuweisung eines Verant­   Infra §  3.   Infra a). 631   Infra b). 632   Infra c). 633   Grüneberg in: Palandt, BGB, 71.  Aufl., 2012, §  254 Rdnr.  1; Fikentscher/Heinemann, Schuldrecht, 10.  Aufl., 2006, Rdnr.  711; Hans Stoll, Das Handeln auf eigene Gefahr, 1961, S.  315 f.; Heldrich, JuS 1969, 455, 460; Wieling, AcP 176 (1976) 334, 352 ff.; Henke, JuS 1988, 753, 753 f.; Henke, JuS 1991, 265, 269; im Grundsatz auch Ebert in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  254 Rdnr.  4. 634   BGH v. 14.  3. 1961 – VI ZR 189/59, NJW 1961, 655, 667; BGH v. 18.  4. 1997 – V ZR 28/96, NJW 1997, 2234, 2235; BGH v. 14.  5. 1998 – I ZR 95/96, NJW-RR 1998, 1723, 1724; BGH v. I ZR 70/97, NJW 1999, 3627, 3628; BGH v. 20.  7. 1999 – X ZR 13/96, NJW 2000, 217, 219. 635   Scharf kritisch insoweit auch Flume, JZ 1961, 605; siehe aber auch Singer, Das Verbot wi­ dersprüchlichen Verhaltens, 1993, S.  32 f. 629

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wortungsbereichs liege, die nicht dadurch vollständig aufgehoben werde, dass ein anderer seinerseits für die Einbußen mitverantwortlich zeichne. 636 Dem ist im Ausgangspunkt zuzustimmen. Dies schon deshalb, weil Billigkeitskonotationen vermieden werden sollten, wie sie mit einer Berufung auf Treu und Glauben ver­ bunden sein können. Die zu leistende Vermessung der Gläubigerverantwortlich­ keit basiert innerhalb vertraglicher Schuldverhältnisse auf identischen, die Ver­ tragsziele der Beteiligten in den Mittelpunkt stellenden Überlegungen zur effizi­ enten, den Kooperationsgewinn maximierende Risikoverteilung, wie sie auf Schuldnerseite angestellt wurden. Es geht insofern also weniger um einen vom Gesetzgeber verordneten Gleichbehandlungsgrundsatz, 637 als um die auf jeweils identischen Grundlagen beruhende Ergänzung der Parteivereinbarung durch das dispositive Gesetzesrecht, die wegen der geteilten normativen Grundlagen zu spiegelbildlichen Ergebnissen führt. Mit dieser Maßgabe ist die unmittelbare Verantwortlichkeit des Gläubigers im Zusammenhang mit der Entstehung, Abwendung und Minderung des Schadens, §§  254 Abs.  1, Abs.  2 S.  1 BGB, ebenso zu klären, wie seine Verantwortlichkeit für das Fehlverhalten Dritter, §  254 Abs.  2 S.  2 BGB. Dabei kann von dem heute zu Recht als gesichert anzusehenden, systematischen Verständnis der Verweisung auf §  278 S.  1 BGB als selbständigem Abs.  3 ausgegangen werden. 638 Im Hinblick auf die fokussierte Fragestellung bedarf schließlich auch die nach wie vor umstrit­ tene Natur des §  254 Abs.  2 S.  2 BGB als Rechtsgrund- oder Rechtsfolgenverwei­ sung keiner Klärung. 639 636   Schiemann in: Staudinger, BGB, §§  249–254, Neubearbeitung 2005, §  254 Rdnr.  4 ; Oetker in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, Rdnr.  2; Mertens in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  254, Rdnr.  4 ; Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I/2, 8.  Aufl., 2000, §  35 I 1, 2, S.  277 f.; Larenz, Schuldrecht I, 14.  Aufl., 1987, §  31 I a, S.  540 f.; Looschelders, Schuldrecht Allge­ meiner Teil, 9.  Aufl., 2011, Rdnr.  1016; Harke, Allgemeines Schuldrecht, 2010, Rdnr.  319; Hermann Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3.  Aufl., 2003, §  10 V 1 e), S.  553; Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 1999, S.  116 ff.; Greger, NJW 1985, 1130. 637   Für diesen Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 1999, S.  126 ff.; Looschelders, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 9.  Aufl., 2011, Rdnr.  1014. 638   RG v. 28.  11. 1905 – VII 604/04, RGZ 62, 107; BGH v. 8.  3. 1951 – III ZR 65/50, BGHZ 1, 248, 249; BGH v. 3.  7. 1951 – I ZR 44/50, BGHZ 3, 46, 48; BGH v. 27.  11. 2008 – VII ZR 206/06, NJW 2009, 582, 585 Rdnr.  30; Schiemann in: Staudinger, BGB, §§  249–254, Neubearbeitung 2005, §  254 Rdnr.  95; Oetker in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, Rdnr.  126; Mertens in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  254, Rdnr.  89; Unberath in: Bam­ berger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  I, 2.  Aufl., 2007, §  254 Rdnr.  40; Hermann Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3.  Aufl., 2003, §  10 XI 2, S.  593; Larenz, Schuldrecht I, 14.  Aufl., 1987, §  31 I d, S.  545 f.; Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 1999, S.  166 f.; anders, aber nicht gegen das materielle Anliegen der Verschuldenszurechnung auch für die Scha­ densentstehung gerichtet Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I/2, 8.  Aufl., 2000, §  35 III 1, 2, S.  285 f. 639   Überblick zum Meinungsstand bei Schiemann in: Staudinger, BGB, §§  249–254, Neube­ arbeitung 2005, §  254 Rdnr.  96 ff.; Oetker in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, Rdnr.  127 ff.; Hermann Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3.  Aufl., 2003, §  10 XI 3, S.  594 ff.; Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 1999, S.  502 ff.

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b)  Unmittelbare Mitverantwortlichkeit des Gläubigers So wie sich das zurechnungsbegründende Verschulden des Schuldners auf die ob­ jektive Pflichtverletzung bezieht, 640 ist Gegenstand der Zurechnung im Fall des §  254 BGB die verletzte Pflicht des Gläubigers, den Schaden zu hindern oder zu mindern. Deren Rechtsnatur ist allerdings umstritten geblieben. Während verein­ zelt eine Rechtspflicht bejaht wird, 641 geht die überwiegende Meinung dahin, es handle sich um eine Obliegenheit 642 bzw. es wird in der Sache ähnlich von einem Verschulden des Gläubigers gegen sich selbst gesprochen. 643 Wichtiger als die mehr oder weniger rein terminologische Einordnung der Pflichten644 erscheint die nor­ mative Fundierung und der daraus folgende Inhalt des zu entwickelnden Verhal­ tensprogramms. Auf der Grundlage der hier vertretenen Linie ist auch §  254 BGB als eine die unvollständigen Vereinbarungen der Parteien ergänzende Bestimmung zu verste­ hen, die sicher stellt, dass die leistungsstörungsrechtlichen Sanktionen die alloka­ tiven Ziele der Vertragsschließenden stützen. 645 Damit sind für die Risikozuwei­ sung genau die Parameter bestimmend, die schon für den Schuldner maßgeblich waren. 646 Dies entspricht im Ausgangspunkt der herrschenden Meinung, die im Rahmen des §  254 BGB den objektiven Sorgfaltsmaßstab des §  276 Abs.  2 BGB anwendet. 647 Konkret obliegen dem Gläubiger damit solche Investitionen zur Ver­ meidung des Eintritts von Leistungsstörungen oder zur Minimierung von deren Folgen, deren Grenzkosten geringer sind als ihr Grenznutzen. Der auf dieser Grundlage konkret geforderte Präventionsaufwand des Gläubi­ gers wird häufig gering sein, weil der Gläubiger mit der eigentlichen Leistungser­   Supra I 2 3.   Venzmer, Mitverursachung und Mitverschulden, 1961, S.  99 ff.; Greger, NJW 1985, 1030, 1032 f. 642   Grundlegend R. Schmidt, Die Obliegenheit, 1953, S.  105 ff.; eingehend auch Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 1999, S.  194 ff., 216 ff.; dem folgend z. B. Oetker in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, Rdnr.  3 ; Larenz, Schuldrecht I, 14.  Aufl., 1987, §  31 I a, S.  540. 643   Zurückgehend auf Zitelmann, Das Recht des Bürgerlichen Gesetzbuchs, Allgemeiner Teil, 1900, S.  151 ff., v. a. in der Rechtsprechung gebräuchlich z. B. BGH v. 18.  4. 1997 – V ZR 28/96, BGHZ 135, 235, 240; BGH v. 20.  1. 1998 – VI ZR 59/97, NJW 1998, 1137, 1138; BGH v. 17.  10. 2000 – VI ZR 313/99, NJW 2001, 149, 150; BGH v. 27.  11. 2008 – VII ZR 206/06, NJW 2009, 582, 585 Rdnr.  30. 644   Für irrelevant halten die Diskussion z. B. Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht, 2.  Aufl., 1996, Rdnr.  564; Hähnchen, Obliegenheiten und Nebenpflichten, 2009, S.  61. Die Bedeutung der Diskussion stark relativierend auch Schiemann in: Staudinger, BGB, §§  249–254, Neubear­ beitung 2005, §  254 Rdnr.  30. 645   Supra a). 646   Supra II 1 a). 647   Schiemann in: Staudinger, BGB, §§  249–254, Neubearbeitung 2005, §  254 Rdnr.  39; Oetker in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, Rdnr.  35; Mertens in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  254, Rdnr.  23; Hermann Lange/Schiemann, Schadensersatz, 3.  Aufl., 2003, §  10 VI 3, S.  554; Deutsch, Fahrlässigkeit und erforderliche Sorgfalt, 1963, S.  361; Deutsch, Allgemeines Haftungsrecht, 2.  Aufl., 1996, Rdnr.  571. 640 641

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bringung nichts zu tun hat. Auf der Grundlage des Schuldverhältnisses kann er aber aufgerufen sein, im Rahmen der Vertragsdurchführung mitzuwirken, z. B. Maßnahmen zur Erhaltung des Leistungssubstrats zu treffen. 648 Die bei der (ar­ beitsteiligen) Erfüllung der Gläubigerpflichten (und -obliegenheiten) zu beacht­ ende Sorgfalt folgt den genannten Überlegungen. Der Gläubiger hat zumindest seine mit der Entgegennahme der Leistung betrauten Leute ordnungsgemäß aus­ zuwählen und zu instruieren. Allgemein muss er auch sonst mit dem effizienten Aufwand seinen Einfluss auf abhängige und selbständige Dritte geltend machen, um deren Fehler bei der erforderlichen Mitwirkung zu minimieren. In seinen Ver­ antwortungsbereich kann schließlich auch fallen, den Nichterfüllungsschaden dadurch gering zu halten, dass er die mögliche Leistungsstörung antizipiert und sich bereits im Vorfeld nach alternativen Beschaffungsmöglichkeiten umsieht, wenn er hierzu eher in der Lage ist als der Schuldner, um auf dieses Wissen im Fall der Leistungsstörung sofort zurückgreifen und den Schaden auf diese Weise mi­ nimieren zu können. c)  Zurechnung fremder Verantwortlichkeit Aus dem Vorgesagten ergeben sich bereits die prinzipiellen Vorgaben für die Ver­ schuldenszurechnung nach §§  254 Abs.  2 S.  2, 278 S.  1 BGB. Auch diese dient der Vervollständigung der an den Effizienzkalkülen der Beteiligten orientierten Risi­ kozuweisung, sodass auf die oben für die arbeitsteilige Erfüllung der Schuldner­ pflichten entwickelten Kriterien zurückgegriffen werden kann. 649 Für das als erste entscheidende Weichenstellung erkannte Tatbestandsmerkmal des Einschaltens bedeutet dies, der Gläubiger „bedient“ sich einer Hilfsperson im Sinne des §  278 S.  1 BGB, wenn diese innerhalb der von ihm strukturierten, ar­ beitsteiligen Erfüllung seiner Pflichten und Obliegenheiten in einer Art und Wei­ se zum Einsatz kommt, bei der die mit ihrer Tätigkeit verbundenen Risiken für die Erfüllung bzw. die Entstehung und Verbreiterung des Nichterfüllungsscha­ dens vom Gläubiger relativ besser beherrscht oder getragen werden können. 650 Erfasst sind wiederum abhängig Beschäftigte und selbständige Personen. So ist z. B. nicht nur die für die Schlechterfüllung der Werkunternehmerpflicht mitur­ sächliche, unzutreffende Bestimmung der Bodenbeschaffenheit bei der Errich­ tung einer Anlange, sondern auch das Verschulden des vom Gläubiger ausge­ suchten Deckungslieferanten zuzurechnen, wenn dessen verspätete Lieferung den Nichterfüllungsschaden vertieft.

648   Hierzu speziell z. B. RG v. 5.  7. 1924 – I 547/23, RGZ 108, 341, 343; BGH v. 8.  12. 1971 – VII ZR 86/70, DB 1972, 34. Allgemein zu der vom Gläubiger zur fordernden Mitwirkung bei der Vertragsdurchführung, Olzen in: Staudinger, BGB, Einleitung zum Schuldrecht; §§  241–243 (Treu und Glauben), Neubearbeitung 2009, §  241 Rdnr.  191 ff., 211 ff.; Kramer in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  241 Rdnr.  61 ff. 649   Supra II 2. 650   Supra II 2 b).

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Der „Pflichtenkreis“ des Gläubigers bestimmt sich ebenfalls nach der Fähigkeit zur Risikobeherrschung und/oder -tragung. 651 Die von ihm geschuldete Mitwir­ kung und Schadensabwendung reicht nur so weit, wie er eher als der Schuldner in der Lage ist, den bestehenden Risiken für die Leistungserbringung bzw. die Mi­ nimierung des Nichterfüllungsschadens entgegenzuwirken oder diese zu tragen. Verfügt z. B. der Schuldner über die besseren Möglichkeiten, die Auswirkungen der gescheiterten Erfüllung durch ein Deckungsgeschäft mit einem Drittanbieter gering zu halten, wird ein Ersatzlieferant nicht im Pflichtenkreis des Gläubigers tätig, wenn dieser ihn betraute, weil der Schuldner seine Hilfe verweigerte. Ein Verschulden des Ersatzlieferanten ist dem Gläubiger daher nicht nach §§  254 Abs.  2 S.  2, 278 S.  1 BGB zuzurechnen. Dieser hat lediglich im Rahmen seiner Möglichkeiten eine sorgfältige Auswahl zu treffen. Der für die Annahme eines Gehilfenverschuldens maßgebliche Sorgfaltsmaß­ stab ist wiederum obligationsbezogen zu bestimmen, 652 d. h. bezieht sich auf die konkret dem Gläubiger obliegende Mitwirkungs- oder Abwendungspflicht.

D.  Verantwortlichkeit des Verkäufers für Hersteller und Vorlieferanten als Illustration I.  Reichweite des Sachproblems Als abschließende Illustration der hier entwickelten Thesen zur Anwendung des Leistungsstörungsrechts auf die arbeitsteilige Leistungserbringung soll noch auf eine Problemlage eingegangen werden, die in einem Teilaspekt in Rechtsprechung und Literatur seit langem prominent behandelt wird, wobei die Debatte als Fol-  ge der Schuldrechtsmodernisierung neue Impulse erhalten hat. Angesprochen ist die Verantwortlichkeit des Verkäufers für Leistungsstörungen, die aus der Sphäre des Herstellers der Ware bzw. seiner Zulieferer rühren. Für die Schlechtleistung wird die Eigenschaft der genannten Hilfspersonen als Erfüllungsgehilfen auch nach der Schuldrechtsmodernisierung überwiegend abgelehnt. 653 Die Gegenmei­   Supra II 2 c).   Supra II 2 e). 653   BGH v. 15.  7. 2008 – VIII ZR 211/07, BGHZ 177, 224, Rdnr.  29; BGH v. 14.  1. 2009 – VIII ZR 70/08, ZIP 2009, 376, 377; Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbei­ tung 2009, §  278 Rdnr.  36; H. P. Westermann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  3, 6.  Aufl., 2012, §  437 Rdnr.  27 f.; Unberath in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  I, 2.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  27; Faust in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  1, 2.  Aufl., 2007, §  437 Rdnr.  79; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  18; Reinicke/ Tiedke, Kaufrecht, 8.  Aufl., 2009, Rdnr.  566; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  34 Rdnr.  54; Harke, Allgemeines Schuldrecht, 2010, Rdnr.  244; Haas in: Haas/Medicus/ Rolland/Schäfer/Wendtland, Das neue Schuldrecht, 2002, Kap.  5 Rdnr.  226; Canaris, Schuld­ rechtsmodernisierung 2002, 2002, S.  X XVIII; Buck in: H. P. Westermann (Hrsg.), Das Schuld­ recht 2002, 2002, S.  105, 153. Unter Geltung des alten Kaufrechts z. B. BGH v. 21.  6 . 1967 – VIII ZR 26/65, BGHZ 48, 118, 651

652

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

nung654 hatte allerdings gerade vor dem Hintergrund der partiellen Neubestim­ mung der vertragstypischen Verkäuferpflichten in §  433 Abs.  1 S.  2 BGB und der daran anknüpfenden Rechtsbehelfe des Gewährleistungsrechts in §§  437 Nr.  1, 439 Abs.  1 BGB vermehrt Fürsprecher gefunden. 655 Dass die Welt auch vom Ausgangspunkt der herrschenden Meinung nicht not­ wendig schwarz-weiß gezeichnet, sondern die Qualifikation Dritter vielmehr auch von den Umständen des Vertragsschlusses abhängig gemacht wird, 656 indi­ ziert bereits, dass die Fragestellung tiefer reicht und nicht mit dem Hinweis darauf beantwortet werden kann, die „Beteiligung Dritter bei Vorbereitungshand­ lungen“ begründe die Eigenschaft als Erfüllungsgehilfen nicht. 657 Ob Herstellung und Zulieferung im Vorfeld der geschuldeten Erfüllung stattfinden oder aber Teil derselben sind, kann nur unter Rückgriff auf die kritischen Schuldnerpflichten geklärt werden. Nur wenn deren Inhalt und Grenzen materiell aus den Vertrags­ zielen der Beteiligten begründet werden, lässt sich die Gefahr einer zirkulären Argumentation bannen. Dies zeigt aber auch, dass sich die Bedeutung des Sach­ problems nicht auf ein Tatbestandsmerkmal des §  278 S.  1 BGB beschränkt. Viel­ mehr zeitigt es Auswirkungen im gesamten Regime der leistungsstörungsrecht­ lichen Rechtsbehelfe. Es ist daher geeignet, die hier gefundenen Kriterien einer Risikozuweisung bei arbeitsteiliger Leistungserbringung im Rahmen einer prak­ tisch bedeutsamen Konstellation zu illustrieren. Die Darstellung folgt daher der Struktur, die auch bei der abstrakten Entwick­ lung der eigenen Position zugrundegelegt wurde. Sie beginnt mit der Erörterung der primären Pflicht des Schuldners, die eingetretene Leistungsstörung durch

120 ff.; BGH v. 25.  9. 1968 – VIII ZR 108/66, NJW 1968, 2238, 2239; BGH v. 18.  2. 1981 – VIII ZR 14/80, NJW 1981, 1269, 1270, BGH v. 12.  1. 1989 – III ZR 231/87, NJW-RR 1989, 1189, 1190; M. Wolf in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  278 Rdnr.  34; Larenz, Schuldrecht I, 14.  Aufl., 1987, §  20 VIII, S.  299 f.; Diederichsen, Die Haftung des Warenherstellers, 1967, S.  30; U. Huber, AcP 177 (1977), 281, 304 f.; Schmidt-Salzer, BB 1979, 1, 3; Waas, VersR 1999, 1202, 1203. Diese Sicht ist freilich vor dem Hintergrund zu betrachten, dass eine zum Teil großzügige Annahme von Zusicherungen nach §  463 S.  1 BGB a. F. zu einer garantiemäßigen Verantwortlichkeit des Verkäufers auch für Mängel aus der Herstellersphäre führte, vgl. schon Diederichsen, Die Haf­ tung des Warenherstellers, 1967, S.  21 ff. 654   Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I/2, 8.  Aufl., 2000, §  27 I 2, S.  96 ff.; E. Schmidt, Festschrift für Helmut Heinrichs, 1998, S.  511 ff.; Spiro, Die Haftung für Erfüllungsgehilfen, 1984, S.  189 ff. 655   Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  31; Schmidt-Kessel in: Prütting/Wegen/Weinreich (Hrsg.), BGB, 6.  Aufl., 2011, §  278 Rdnr.  21; Schlechtriem/Schmidt-Kessel, Schuldrecht, Allgemeiner Teil, 6.  Aufl., 2005, Rdnr.  610; Schroeter, JZ 2010, 495, 497 ff.; auch schon Grundmann in: Grundmann/Medicus/Rolland (Hrsg.), Europäisches Kaufgewährleistungsrecht, 2000, S.  289, 296. 656   Differenzierend nach dem Auftreten des Verkäufers am Markt z. B. Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, 23.  Aufl., 2011, Rdnr.  8 06. 657   So z. B. BGH v. 21.  6 . 1967 – VIII ZR 26/65, BGHZ 48, 118, 121; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  34 Rdnr.  54; dagegen eingehend U. Huber, Festschrift für Peter Ulmer, 2003, S.  1165, 1186 f.; Schroeter, JZ 2010, 495, 498. Zur auch von der h. M. generell befür­ worteten Zurechenbarkeit von vor Vertragsschluss liegender Gehilfenfehler supra C. II. 2. c).

§  1  Schutz des Leistungsinteresses

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Naturalerfüllung zu überwinden658 und geht dann auf die Einstandspflicht im Rahmen der Schadensersatzhaftung ein. Dabei wird wiederum zwischen der un­ mittelbaren Verantwortlichkeit für eigene Sorgfaltspflichtverletzungen659 und der Zurechnung fremden Verschuldens660 unterschieden.

II.  Pflicht zur Naturalerfüllung (Nacherfüllungsanspruch) Die Frage nach dem Bestand und gegebenenfalls der Reichweite der impliziten Zuweisung des Risikos hersteller- oder zuliefererverursachter Sachmängel, wie sie im Rahmen des (Nach-)Erfüllungsanspruchs erfolgt, wird dogmatisch durch die Grenzen der Leistungspflicht aus §  275 Abs.  1 BGB bzw. §  439 Abs.  3 S.  1 BGB beantwortet. Nach dem Vorstehenden bedeutet dies zunächst, dass den Verkäufer in Abwesenheit entsprechender Parteiabreden nur dann Verschaffungspflichten in Form der Nachbesserung oder Nachlieferung treffen, wenn er insoweit gegen­ über dem Käufer über einen komparativen Vorteil verfügt. 661 Wie schon im Zu­ sammenhang mit dem Unmöglichkeitseinwand beim Stückkauf erörtert, gibt es danach Verkäufer, die von ihrer primären Leistungspflicht nach §  275 Abs.  1 BGB frei werden, sobald sich ein vom Hersteller verursachter Mangel zeigt, die also weder zur Reparatur noch zur Neubeschaffung einer anderen Sache verpflichtet sind. 662 Praktische Beispiele sind reine Distributoren mit ständig wechselndem Sortiment, die erkennbar keine Kapazitäten zur Nachbesserung vorhalten und auch keine überlegenen Möglichkeiten der Ersatzbeschaffung besitzen, nachdem ihr Warenposten veräußert ist. 663 Denkbar ist derartiges aber auch bei selbst her­ stellenden Verkäufern, die nicht über Reparaturkapazitäten verfügen, wenn sich der vom Zulieferer zu verantwortende Mangel zeigt, nachdem die Produktion eingestellt wurde. Umgekehrt internalisieren Verkäufer die Folgen von hersteller- oder zuliefe­ rerverursachten Mängeln, soweit sie eine prinzipielle Verschaffungspflicht trifft. Deren Grenze wird im Rahmen des §  439 Abs.  3 S.  1 BGB dort gezogen, wo die Kosten der Nacherfüllung gemessen am erkennbaren Leistungsinteresse des Gläubigers unverhältnismäßig sind, d. h. dieses um mehr als einen auf die Unsi­ cherheiten bei der Verifizierung desselben reagierenden Aufschlag überschrei­ ten. 664 Besondere Bedeutung kommt insoweit der Bestimmung des Interesses des Käufers an der Naturalerfüllung durch den Verkäufer zu, das sowohl durch die   Infra II.   Infra III. 1. 660   Infra III. 2. 661   Supra B. I. 2., 3. a). 662   Supra B. I. 2. b). 663   Dies impliziert, dass selbst Discounter zur Nachlieferung verpflichtet sind, wenn noch Stücke der mangelhaften Ware vorhanden sind oder diese zum dauerhaften Sortiment gehört – insoweit verfügen sie über einen Beschaffungsvorteil. 664   Supra B. II. 2. b), c). 658 659

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

alternativen Rechtsbehelfe als auch durch die Möglichkeiten der Ersatzbeschaf­ fung am Markt determiniert wird. 665 Daher müssen Verkäufer von auf kompeti­ tiven Märkten breit verfügbarer Massenware allenfalls geringe Nacherfüllungs­ kosten tragen, wenn die Ware mit vom Hersteller zu verantwortenden Mängeln behaftet ist, weil das Interesse des Käufers an der Naturalerfüllung letztlich auf seinen Mehraufwand der möglichen Ersatzbeschaffung beschränkt ist. Ist demge­ genüber die mangelhafte Ware nicht im genannten Sinne breit verfügbar, fallen die dem Verkäufer zugewiesenen Kosten einer grundsätzlich geschuldeten Nacher­ füllung u. U. deutlich höher aus, weil das Interesse des Käufers an der Naturaler­ füllung als Folge der Knappheit gesteigert ist.

III.  Schadensersatzhaftung Die vorstehenden Überlegungen zeigen, dass der Verkäufer als Folge seiner Nach­ erfüllungspflicht u. U. Kosten internalisiert, die auf Versäumnisse in der Sphäre des Herstellers der Ware oder von Zulieferern zurückgehen. Diese korrespondie­ ren aber nicht mit den durch den Käufer aufgrund der Schlechtleistung u. U. erlit­ tenen Einbußen. Die endgültige Zuweisung derselben erfolgt daher im Rahmen der Schadensersatzhaftung. Dies gilt auch, wenn die Naturalerfüllungspflicht ausgeschlossen ist. Eine Überwälzung der durch die Hersteller- bzw. Zuliefe­ rerfehler entstandenen Schäden kommt entweder auf der Grundlage einer unmit­ telbaren Verantwortlichkeit des Verkäufers666 oder einer Zurechnung des Ver­ schuldens des Herstellers/Zulieferers in Betracht. 667 1.  Unmittelbare Verantwortlichkeit Die unmittelbare Verantwortlichkeit des Verkäufers wegen Verletzung eigener Pflichten dreht sich vor allem um die Verletzung von Auswahl- und Über­ wachungspflichten und in engem Zusammenhang mit Letzteren, um die bereits erörterten Pflichten zur Untersuchung der gelieferten Ware bzw. Bauteile. 668 Maßgeblich war insoweit, dass der Verkäufer über relative Informationsvorteile verfügt, d. h. die Gefahr von in der Sphäre des Lieferanten oder Zulieferers wur­ zelnden Schlechtleistungen deshalb besser kontrollieren kann, weil er überlegene Einflussmöglichkeiten auf den Lieferanten/Zulieferer hat, die relevanten Infor­ mationen eher beschaffen und auf der Grundlage seiner Sachkunde besser bewer­ ten kann etc.

  Supra B. II. 1. b).   Infra III. 1. 667   Infra 2. 668   Supra C. III. 1. a). 665

666

§  1  Schutz des Leistungsinteresses

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Für den Warendistributor müssen diese Voraussetzungen, wie erörtert, nicht zutreffen. 669 In der typischen Zulieferbeziehung werden sie demgegenüber regel­ mäßig beim Hersteller gegeben sein. Diesem sind daher gegenüber dem Käufer des Endprodukts umfassende Pflichten der Qualitätskontrolle und -sicherung aufgegeben. Sofern er diese vom Zulieferer selbst wahrnehmen lässt, 670 ist dieser jedenfalls insoweit sein Erfüllungsgehilfe. Nochmals gesteigerte Pflichten erge­ ben sich, wenn dem Hersteller z. B. aufgrund von Kundenbeanstandungen, unab­ hängigen Tests, aber auch aufgrund seiner Verkehrspflicht zur aktiven Produkt­ beobachtung, 671 frühere Mängel in der Arbeit eines Zulieferers bekannt wer­ den. 672 2.  Verschuldenszurechnung Der eingangs erwähnte Streit um die Eigenschaft des Vorlieferanten oder Zuliefe­ rers als Erfüllungsgehilfe des Verkäufers ist auf der Grundlage der hier vertre­ tenen Sicht im Wesentlichen im Einklang mit der vorherrschenden Meinung zu entscheiden. Zentraler dogmatischer Anknüpfungspunkt ist der Pflichtenkreis des Verkäufers, 673 der nach den oben entwickelten Grundsätzen daran auszurich­ ten ist, ob der Schuldner in der Lage ist, die mit dem Leistungsbeitrag des Dritten verbundenen Risiken der Schlechtleistung eher zu kontrollieren oder zu tragen als der Gläubiger. 674 Vor diesem Hintergrund ist unerheblich, dass der Hersteller als Erfüllungsgehilfe des Verkäufers im Hinblick auf dessen Pflicht zur (rechtzei­ tigen) Verschaffung der Ware betrachtet wird. 675 Der reine Verteiler, der die Waren vom Hersteller als Vorlieferanten bezieht, hat dessen selbständigen Beitrag zur Erfüllung schon gar nicht in einer Art und Wei­ se in seine Organisation der Leistungserbringung gegenüber dem Käufer inte­ griert, 676 die es ihm ermöglichte, auf die Risiken aus der Produktion über – ihm   Ibid.   Zur Ausgestaltung dieser, für moderne Zulieferbeziehungen kennzeichnenden Praxis in den Qualitätssicherungsvereinbarungen innerhalb der Zulieferkette z. B. Kroonder in: Pfeiffer/ Schmitt (Hrsg.), Masing – Handbuch Qualitätsmanagement, 5.  Aufl., 2007, S.  575. In der juris­ tischen Literatur z. B. Wellenhofer-Klein, Zulieferverträge im Privat- und Wirtschaftsrecht, 1999, S.  40 ff. 671   Hierzu nur BGH v. 17.  3. 1981 – VI ZR 286/78, BGHZ 80, 199, 203; BGH v. 17.  10. 1989 – VI ZR 258/88, NJW 1990, 906, 907 f. 672   Z. B. H. P. Westermann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  3, 6.  Aufl., 2012, §  437 Rdnr.  27. 673   Im Ausgangspunkt übereinstimmend E. Schmidt, Festschrift für Helmut Heinrichs, 1998, S.  511, 521. 674   Supra C. III. 2. b). 675   So aber Spiro, Die Haftung für Erfüllungsgehilfen, 1984, S.  190 ff.; vgl. auch RG v. 27.  9. 1943 – II 43/43, RGZ 172, 20, 24. 676   Insofern ist entscheidend, zwischen den einzelnen Risiken zu unterscheiden: Während der Verteiler keinen Einfluss auf die Produktionsrisiken aus der Sphäre des selbständigen Her­ stellers hat, ist dies im Hinblick auf das Transportrisiko anders, wenn er den Hersteller an sei­ nen Abnehmer durchliefern lässt, vgl. RG v. 21.  12. 1920 – VIII 315/20, RGZ 101, 152, 154; BGH 669 670

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nur sehr eingeschränkt obliegende 677 – Qualitätskontrollen und die sorgfältige Auswahl des Lieferanten hinaus überlegen Einfluss zu nehmen. Das Argument lässt sich auch nicht mit dem Hinweis auf die auch hier geteilte678 Sicht entkräften, wonach es auf die Einflussmöglichkeiten des Schuldners auf die Hilfsperson zur Begründung ihrer Gehilfeneigenschaft im Rahmen des §  278 S.  1 BGB nicht an­ komme. 679 Es geht nämlich nicht darum, ob der Schuldner die in Rede stehende Person aufgrund der konkreten Umstände, d. h. der konkreten Organisation der arbeitsteiligen Leistungserbringung besser unter Kontrolle hat, sondern ob er abstrakt-generell in der Lage ist, das Risiko eines Fehlverhaltens Dritter besser zu beherrschen. 680 Dies ist aber für den Verteiler zu verneinen, woran sich auch nicht allein deshalb etwas ändert, weil der Hersteller mit dem Käufer unmittelbar in Kontakt tritt. 681 Dieser ist auch nicht notwendig der bessere Risikoträger, selbst wenn seine Regressmöglichkeiten gegenüber seinen Vorleuten im Zuge der Um­ setzung der Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie durch die – freilich gerade im Hin­ blick auf den Schadensersatzanspruch aus §  478 Abs.  4 S.  2 BGB ersichtlich dispo­ sitive – Regelung der §§  478 f. BGB gestärkt wurden. Insoweit gilt es zu bedenken, dass das Äquivalenzinteresse des Käufers im Wesentlichen durch die Möglichkeit des Rücktritts und der Minderung abgesichert ist und diesem im Übrigen ein ver­ schuldensunabhängiger Anspruch gegen den Hersteller aus §  1 Abs.  1 S.  1 Prod­ HaftG zusteht. 682 Letzterer wirkt wie eine Versicherung, die die Fähigkeit, Ri­ siken zu tragen, unmittelbar beeinflusst, 683 so wie sich generell konstatieren lässt, v. 16.  7. 1971 – VIII ZR 69/70, BGH WM 1971, 1121, 1122 f.; auch Harke, Allgemeines Schuld­ recht, 2010, Rdnr.  244. Der Hersteller wird zum Erfüllungsgehilfen des Verkäufers, wenn dieser ihm mit der Wahrnehumg einer dem Verkäufer obliegenden Untersuchungsplicht betraut, supra 1, oder wenn der Verkäufer eine Instruktionspflicht durch Übersenden der Anleitung des Her­ stellers erfüllt, BGH v. 5.  4. 1967 – VIII ZR 32/65, BGHZ 47, 312, 316; ablehnend Weitnauer, NJW 1968, 1593, 1597; J. Wolff, DB 1968, 1611, 1612. 677   Supra C. III. 1. a). 678   Supra C. II. 2. b). 679   So E. Schmidt, Festschrift für Helmut Heinrichs, 1998, S.  511, 515. 680   Wenn dies der Fall ist, werden die betreffenden Personen unabhängig von den tatsäch­ lichen Einflussmöglichkeiten des Schuldners als seine Erfüllungsgehilfen behandelt, supra C. II. 2. b). 681   Dies wird zum Teil allerdings als Grundlage einer Verschuldenszurechnung nach §  278 BGB angesehen, so RG v. 21.  9. 1923 – III 569/22, RGZ 108, 221, 223 f.; OLG Frankfurt v. 16.  11. 1976 – 5 U 256/75, BB 1977, 13; ablehnend Schroeter, JZ 2010, 495, 499. Hierin kann freilich ein Indiz dafür liegen, dass der Verkäufer stärkeren Einfluss auf den Herstellungsprozess hat, als ein typischer Verteiler. 682   Darauf weisen auch Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  278 Rdnr.  36; H. P. Westermann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  3, 6.  Aufl., 2012, §  437 Rdnr.  28 hin. Ganz generell lässt sich sagen, dass die Risikotragungsfähigkeit des Gläubigers nachhaltig durch auf die Leistungsstörung zurückgehende Ansprüche gegen Dritte beeinflusst wird. 683   Die unmittelbare Haftung des Herstellers führt auch dazu, dass dieser die Mangelfolgen unabhängig von den Unsicherheiten des Regresses internalisiert. Dies gilt auch für die Vorschlä­ ge, die eine Haftung des Herstellers über die Erstreckung von Pflichten aus dem Verhältnis des Herstellers zum Verkäufer begründen wollen, z. B. Canaris, Festschrift für Karl Larenz, 1983, S.  27, 101; Juncker, Die Vertretung im Vertrauen im Schadensrecht, 1991, S.  83 ff.; Dammann,

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dass die Risikotragungsfähigkeit des Gläubigers nachhaltig durch auf die Leis­ tungsstörung zurückgehende Ansprüche gegen Dritte beeinflusst wird. Dement­ sprechend ist der Pflichtenkreis des reinen Distributors dahingehend zu um­reißen, dass er keine Sorgfalt bei der Herstellung der Kaufsache schuldet. Das vertrags­ typische Pflichtenprogramm aus §  433 Abs.  1 S.  2 BGB generiert für sich alleine keine unbegrenzten Bemühens- und Sorgfaltspflichten im Hinblick auf den Er­ füllungserfolg, 684 sodass auch für die Schlechtleistung ursächliche Dritte nicht automatisch im Pflichtenkreis des Verkäufers tätig sind. Für den Hersteller-Verkäufer, der von seinem Zulieferer mangelhaft beliefert wurde, stellen sich die Dinge anders dar, da insoweit in vielen Konstellationen der nachhaltige Einfluss des Verkäufers auf die Produktionsrisiken unbestreitbar ist. 685 Das Reichsgericht hatte die Erfüllungsgehilfeneigenschaft eines Dritten be­ jaht, auf den der verkaufende Hersteller die Produktion vollständig ausgelagert hatte. 686 Die aus der Trevira-Entscheidung scheinbar abzuleitende Differenzie­ rung, wonach die Erfüllungsgehilfeneigenschaft von einem Outsourcen der ge­ samten Produktion abhängt, d. h. die Fehler eines Dritten, der nur mit der Aus­ führung von Zwischenschritten in der Produktion betraut wird, nicht nach §  278 S.  1 BGB zugerechnet werden können, 687 geht allerdings an der Sache vorbei. Vor dem Hintergrund der modernen Aufgabenteilung hilft es auch nicht weiter, da­ nach zu fragen, ob „Herstelleraufgaben“ übertragen wurden. 688 Diese sind im Zeitalter der produktionssynchronen Beschaffung (Just-in-Time, Kanban), des Outsourcings u. ä. schlicht nicht mehr entlang tradierter Vorstellungen zu identi­ fizieren, sodass eine Orientierung an einer überkommenen Rollenverteilung letztlich von der abzulehnenden Vorstellung ausgeht, §  278 S.  1 BGB habe die Aufgabe, die Arbeitsteilung haftungsrechtlich aufzuheben. 689 Die Hersteller und Kunden gleichermaßen zu Gute kommenden Produktivitätsgewinne und Kosten­ vorteile einer vernetzten Produktionsorganisation zwischen Markt und Hierar­ Die Einbeziehung Dritter in die Schutzwirkung eines Vertrages, 1990, Rdnr.  363 f.; ablehnend BGH v. 26.  11. 1968 – VI ZR 212/66, BGHZ 51, 91, 96; BGH v. 11.  10. 1988 – XI ZR 1/88, NJW 1989, 1129, 1130. 684   Schon supra B I 2. Zur Differenzierung zwischen objektiver Pflichtverletzung (hier: Schlechtleistung, §  433 Abs.  1 S.  2 BGB) und Zurechnung supra C. I 2. Insoweit explizit a. A. Schroeter, JZ 2010, 495, 497 f., der allein auf die erfolgsbezogene, objektive Verkäuferpflicht ab­ stellt. 685   Instruktiv zu den Rechtstatsachen moderner Zulieferbeziehungen Wellenhofer-Klein, Zulieferverträge im Privat- und Wirtschaftsrecht, 1999, S.  52 ff. 686   RG v. 12.  3. 1924 – I 294/23, RGZ 108, 121. 687   BGH v. 21.  6 . 1967 – VIII ZR 26/65, BGHZ 48, 118, 121. U. Huber, Festschrift für Peter Ulmer, 2003, S.  1165, 1186 spricht von einem „Grenzfall“. 688   So aber z. B. H. P. Westermann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  3, 6.  Aufl. 2012, §  437 Rdnr.  27. Ganz ähnlich z. B. Canaris, Festschrift für Karl Larenz, 1983, S.  27, 101: Es gehe darum, das „Leerlaufen von Pflichten zu verhindern, die den Hersteller auf Grund seiner Pro­ duktionsweise „eigentlich“ treffen müßten“. 689   Dagegen bereits supra Kapitel 3 §  1 A. III. 1 und öfter. Ganz deutlich in diesem Sinne im hier erörterten Kontext aber Canaris, Festschrift für Karl Larenz, 1983, S.  27, 101 (unbefriedi­ gende Privilegierung von Großunternehmen).

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chie 690 illustrieren plastisch die Inadäquanz einer derart begründeten, einseitigen Risikozuweisung. Vorzugswürdig bleibt daher die Bestimmung des Pflichtenkreises aufgrund der relativen Fähigkeit zur Risikobeherrschung und -tragung. Mit dieser Maßgabe ist letztlich eine differenzierende Lösung angezeigt. In den hochintegrierten Her­ steller-Zulieferer-Beziehungen z. B. der Automobilbranche kommt dem Verkäu­ fer-Hersteller unbestreitbar ein komparativer Vorteil in der Risikosteuerung zu, sodass es unter diesem Aspekt angezeigt erscheint, seinen Pflichtenkreis auf die Tätigkeit des von ihm kontrollierten Zulieferers zu erstrecken. Die durch die Ver­ schuldenszurechnung nach §  278 S.  1 BGB bewirkte Versicherung des Käufers gegen Risiken aus der Sphäre des Zulieferers hat jedenfalls dann eigenständige Bedeutung, wenn der produkthaftungsrechtliche Anspruch aus §§  1 Abs.  1 S.  1, 4 Abs.  1 S.  1 ProdHaftG aufgrund dünner finanzieller Polster vieler Zulieferbe­ triebe in ausgreifenden Haftungsfällen gefährdet ist – ein Risiko, das ersichtlich vom Käufer nicht zu beherrschen ist. Wichtiger ist insoweit, dass der HerstellerVerkäufer selbst nach §  1 Abs.  1 S.  1, 4 Abs.  1 S.  1 ProdHaftG passivlegitimiert ist. Indessen bedeutet dies nur, dass die Vertragshaftung nach §§  280 Abs.  1, 278 S.  1 BGB keine klaffende Lücke schließen muss, und dass die Produkthaftung ihre Bedeutung v. a. dort hat, wo zwischen dem Hersteller und dem Kunden keine Vertragsbeziehungen bestehen. Dieser Umstand ändert aber nichts an der Berech­ tigung der Vertragshaftung, die aus dem gerade im Hinblick auf die Vertragsziele der Beteiligten tragenden Gesichtspunkt der Risikobeherrschung legitimiert wird. Ihr wird freilich nicht nur im Lichte der produkthaftungsrechtlichen Ver­ antwortlichkeit des Herstellers, sondern vor allem im Hinblick auf die außer­ rechtlichen Anreizmechanismen dort kaum Bedeutung für die Bemühungen der Hersteller um die Qualitätssicherung zukommen, wo diese bereits durch die dro­ henden Reputationsverluste und die damit einhergehenden Geschäftsverluste zur Optimierung der in Rede stehenden Prozesse angehalten werden. Die hochintegrierten, arbeitsteiligen Beschaffungs- und Produktionsnetzwerke dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele Hersteller-Zulieferer Bezie­ hungen eher durch den fehlenden Einfluss des Herstellers auf die Fertigung des Zulieferers gekennzeichnet sind, wie sie für den verkaufenden Verteiler beschrie­ ben wurde. Kennzeichnend hierfür ist der Handwerksbetrieb, der seine Produkte unter Verwendung von Teilen herstellt, die von einem weltweit anbietenden Kon­ zern geliefert werden. Hier berechtigt der maßgebliche Gesichtspunkt der Risiko­ beherrschung und -tragung nicht zu der Annahme, die Beteiligten hätten in einer hypothetisch vollständigen Vereinbarung den Pflichtenkreis des Herstellers auf   

690   Zahlen bei Wellenhofer-Klein, Zulieferverträge im Privat- und Wirtschaftsrecht, 1999, S.  28. Es steht auf einem anderen Blatt, ob auch die Zuliefererseite profitiert und die entspre­ chenden Organisationen tatsächlich gesamtwirtschaftliche Nutzengewinne generieren.

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die Tätigkeit des Zulieferers erstrecken wollen, sodass eine Verschuldenszurech­ nung nach §  278 S.  1 BGB ausscheidet. 691 Umgekehrt können die vorgenannten Gesichtspunkte auch die Verantwort­ lichkeit des Verkäufers, der – ohne eigenen Produktionsbeitrag – Ware von einem Hersteller bezieht, gegenüber dem Käufer auf der Grundlage des §  278 S.  1 BGB begründen, wenn der Verkäufer in der Lieferbeziehung über entsprechenden Ein­ fluss auf die Produktion verfügt. 692 Nicht selten werden die Beziehungen zwi­ schen Hersteller und Zulieferer bzw. Verkäufer und Hersteller zwischen den be­ schriebenen Polen liegen, was eine Bestimmung des Pflichtenkreises auf der Grundlage der hier entwickelten Kriterien nicht immer eindeutig ausfallen lassen wird. Die daraus resultierenden Abgrenzungsschwierigkeiten wurzeln aber in dem (hypothetischen) Willen der Vertragsschließenden und könnten letztlich nur zum Preis einer heteronomen Risikozuweisung bei der Vertragshaftung vermie­ den werden.

691   Vgl. z. B. die Konstellation in BGH v. 9.  2. 1978 – VII ZR 84/77, NJW 1978, 1157; BGH v. 12.  12. 2001 – X ZR 192/00, NJW 2002, 1565 (zum Werkvertragsrecht). 692   Hierher gehören insbesondere auch die von Spiro, Die Haftung für Erfüllungsgehilfen, 1984, S.  191 angesprochenen Konzernsachverhalte.

§  2  Gewährleistung   (vorvertraglicher) Informationsinteressen In einer grundlegenden Untersuchung sind auf dem Fundament einer tiefschür­ fenden Sichtung der ökonomischen Forschung, aus einer beindruckenden Fülle von Anschauungsmaterial sowohl die „Bausteine einer Theorie vorvertraglicher Informationsverantwortlichkeiten“ für das nationale Recht, als auch rechtsver­ gleichend die „Bausteine einer transnationalen Theorie vorvertraglicher Informa­ tionsverantwortlichkeiten“ entwickelt worden. Auf dem untersuchten Terrain ist wenig unvermessen geblieben. Das in diesem Abschnitt verfolgte Erkenntnisziel ist daher weniger auf die Gewinnung allgemeiner Prinzipien der Informations­ verantwortlichkeit ausgerichtet, sondern will diese thematisch fokussiert entfal­ ten und kann bei der Behandlung des Untersuchungsgegenstands auf den auch anderweitig geleisteten,  reichen Vorarbeiten aufbauen. Es geht wie schon bei der Auseinandersetzung mit der schuldrechtlichen Siche­ rung des Leistungsinteresses auch im Folgenden darum, die allgemeinen, nicht allein auf die arbeitsteilige Wahrnehmung der Informationsverantwortung zuge­ schnittenen Rechtsinstitute in eben dieser Hinsicht zu beleuchten. Nicht das Auf­ finden der Bausteine, sondern deren konkrete Anordnung soll für das untersuchte Thema aufgezeigt werden. Die allgemeine Dogmatik bedarf auch insoweit nur dort der Erläuterung, wo sie zum Verständnis der eigenen Position unerlässlich ist. Entsprechend der methodischen Ausrichtung der Untersuchung soll vor allem die Möglichkeit untersucht werden, in Fortentwicklung der tradierten Dogmatik Effizienzziele in der Rechtsanwendung zu realisieren. Nach einem kurzen Blick auf die Anreizwirkung der relevanten Institute des Privatrechts sollen deren Voraussetzung im Folgenden im Hinblick auf die ar­ beitsteilige Wahrnehmung der Informationsverantwortung untersucht werden. Dabei sind die Anfechtung, die Schadensersatzhaftung wegen der Verletzung von Informationspflichten  und die verbraucherrechtlichen Widerrufsrechte  im Hinblick auf verbindende und trennende Elemente zu betrachten. Abschließend soll wiederum die Auseinandersetzung mit der prominenten Problematik des   Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  567 ff., 978 ff.   Vgl. die supra Kapitel 1 §  1 Fn.  23 Genannten.    Infra A.    Infra B.    Infra C.    Infra D.  

§  2  Gewährleistung (vorvertraglicher) Informationsinteressen

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Vertriebs von finanzierten Beteiligungen an geschlossenen Immobilienfonds der Illustration dienen.

A.  Zuweisung von Informationsverantwortlichkeit durch unterschiedliche Rechtsinstitute Die Sanktionen, mit denen das Erfüllungsinteresse bei der arbeitsteiligen Leis­ tungserbringung nach Maßgabe des mutmaßlichen Bindungswillens der Beteilig­ ten abgesichert wird, weisen im Ausgangspunkt fundamentale Abweichungen auf, weil einerseits ein Anspruch auf Naturalerfüllung und andererseits eine Scha­ densersatzhaftung auf das positive Interesse statuiert wird. Die dogmatische Viel­ falt steht einer insgesamt effizienten Risikozuweisung allerdings nicht entgegen, sondern realisiert diese unter den komplexen Realitäten auftretender Leistungs­ störungen mit unterschiedlichen, rechtstechnischen Mitteln. Dogmatische Diver­ genzen begegnen auch im Hinblick auf die rechtsförmige Durchsetzung der vor­ vertraglichen Informationsverantwortung. Wiederum zeigt sich aber, dass auch insoweit die Risikozuweisung durch Institute erfolgt, die in ihrer Wirkweise durchaus vergleichbar sind und auf einheitliche Grundsätze zurückgeführt wer­ den können. Die begegnenden Anfechtungsrechte, Aufhebungsansprüche oder vergleichbar wirkenden, vollständigen Durchsetzungssperren entfalten (auch) die Wirkung, dass eine unzureichende Aufklärung einer Vertragspartei aus der Sicht des hierzu fähigen Teils zumindest damit sanktioniert wird, dass die angestrebten Vorteile der vertraglichen Kooperation nicht realisiert werden können. Darüber hinaus kann die unzureichende Ausfüllung der Informationsverantwortung auch zu einer weiterreichenden Verpflichtung führen, die Einbußen des anderen Teils zu kompensieren. Diese, im Detail durchaus unterschiedlich ausgestalteten, recht­ lichen Vorgaben bestimmen auch die Anreize der potentiell zur Aufklärung der anderen Seite bzw. zu informationellem Eigenschutz fähigen Partei innerhalb der vorvertraglichen Sonderverbindung, sofern Dritte in die Wahrnehmung der zuge­ wiesenen Informationsverantwortung eingeschaltet sind. Soweit das unzurei­ chende Informationsverhalten der Hilfspersonen aus der Perspektive der betrof­ fenen Partei der vorvertraglichen Sonderverbindung nachteilige Konsequenzen zeitigt, wird diese das Risiko eines informationellen Fehlverhaltens im Lichte der drohenden, unerwünschten Folgen minimieren. Die deutsche Rechtsordnung verteilt die vorvertragliche Informationsverant­ wortlichkeit in erster Linie über Lösungsrechte des Informationsbedürftigen und Schadensersatzansprüche gegen den Informationspflichtigen. Das Interesse des Belasteten an der Vermeidung nachteiliger Konsequenzen bestimmt die Wahr­ nehmung der Informationsverantwortung auch im Rahmen arbeitsteiliger Ver­ tragsanbahnung. Aus der Sicht der mit der Informationsverantwortung belegten   Infra E.



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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

Partei bestehen die anreizbestimmenden, unerwünschten Folgen einerseits in der Aufhebung der Vertragsbindung und einer damit u. U. einhergehenden Pflicht zum Ersatz weiterer Schäden. Andererseits können sie als Motiv zum Eigenschutz auch daraus resultieren, dass die Primärleistungspflicht aufrecht erhalten wird bzw. ein Lösungsrecht nur gegen Kompensation der Einbußen der Gegenseite gewährt wird.

B.  Anfechtung Die Anfechtungstatbestände stellen als Zentrum der Lehre von den Willensmän­ geln sicher, dass der Erklärende die Bindung an sein Versprechen vermeiden kann, wenn dessen Grundlage in einem im Rechtssinne fehlerhaft gebildeten Willen liegt. Auf diese Weise wird eine der Fundamentalvoraussetzungen der auf dem Grundsatz der Privatautonomie basierenden Rechtsgeschäftslehre gesichert.  Da­ bei ist die konstitutive Bedeutung der §§  119 ff. BGB unabhängig davon, ob man die überpositive Legitimation der rechtsförmigen Durchsetzung privater Verspre­ chen rechtsethisch oder funktional begründet. Das Festhalten an einem fehler­ haft gebildeten Willen ist weder als Ausdruck individueller Freiheitsbetätigung noch als Grundlage präferenzgerechter Allokationsentscheidungen akzeptabel. Diese Rolle der Anfechtungstatbestände bei der Verwirklichung grundlegender Ziele der Privatautonomie erklärt, warum ihre Auslegung den gesamten Kosmos an Meinungen zur Grundkonzeption der Rechtsgeschäftslehre widerspiegelt. Nicht von ungefähr werden die zu beantwortenden Einzelfragen zu den kontro­ versesten des Rechtsgebiets überhaupt gezählt.10 Die Betrachtung der Anfechtung im Hinblick auf die arbeitsteilige Wahrnehmung der Informationsverantwortung muss keine vollständige Aufbereitung des Streitstands leisten. Sie muss sich ledig­ lich dort in den Debatten positionieren, wo sich diese auch auf die spezifische Risikozuweisung bei der Beteiligung Dritter auswirken. Zur Eingrenzung der Thematik sind zunächst die Anreize zu beschreiben, die sich für den potentiellen Anfechtungsgegener aus der drohenden Nichtigkeit des angefochtenen Rechtsge­ schäfts gerade im Hinblick auf die arbeitsteilige Wahrnehmung der Informations­ verantwortung ergeben.11 Auf dieser Grundlage sind die relevanten Aspekte der Irrtums-12 und der Arglistanfechtung13 zu analysieren.

   Hier nur Larenz/M. Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 9.  Aufl., 2004, §  34 Rdnr.  2; Flume, Allgemeiner Teil, Bd.  II, 4.  Aufl., 1992, §  19, S.  398; Bork, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 3.  Aufl., 2010, Rdnr.  785.    Supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. c). 10   Kramer in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 5.  Aufl., 2006, §  119 Rdnr.  1. 11   Infra I. 12   Infra II. 13   Infra III.

§  2  Gewährleistung (vorvertraglicher) Informationsinteressen

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I.  Anreizwirkung der Nichtigkeitsfolge für die arbeitsteilige Wahrnehmung der Informationsverantwortung 1.  Anreizwirkung der Gewährung und Verweigerung von Lösungsrechten Soweit eine Fehlvorstellung des Erklärenden diesen zur Anfechtung berechtigt, trägt grundsätzlich der Erklärungsempfänger das Informationsrisiko, jedenfalls insoweit, als seine, mit dem Vertrag angestrebten Ziele nicht verwirklicht werden. Die Anfechtungsberechtigung durchkreuzt einseitige Strategien, die mit der ver­ traglichen Bindung nicht auf das Erzielen eines originären Kooperationsgewinns, sondern eine Umverteilung abzielen, und hält ex ante von Investitionen in solche Vorhaben ab.14 Dabei ist allerdings zu beachten, dass in bestimmten Konstellatio­ nen, ein redistributiv wirkendes Ausnutzen von Informationsvorsprüngen ge­ rechtfertigt sein kann,15 sodass nicht sämtliche hierdurch gekennzeichneten Ge­ schäfte der Nichtigkeitssanktion ausgesetzt sein müssen. Wo ein Kooperationsge­ winn erzielt werden kann, begründet die nach §  142 Abs.  1 BGB drohende ex tunc Nichtigkeit des angefochtenen Rechtsgeschäfts ein Interesse des potentiellen An­ fechtungsgegners, die relevanten Fehlvorstellungen der anderen Seite vor Ver­ tragsschluss auszuräumen, um die Vorteile der Transaktion zu realisieren. Dieses Eigeninteresse wird durch den erwarteten Nutzen der Kooperation (positives In­ teresse) bestimmt. Wechselt man die Perspektive, so ist zu konstatieren, dass die einer Fehlvor­ stellung unterliegende Partei bei Verweigerung einer Anfechtungsbefugnis An­ reize hat, sich selbst korrigierende Informationen zu beschaffen. Diese werden durch die drohende Versprechensbindung gesetzt, d. h. sie ergeben sich aus der Aussicht auf eine unerwünschte Erfüllungspflicht bzw. Haftung auf das positive Interesse. 2.  Anreizwirkung und ökonomisch rationale Informationsverantwortlichkeit bei Arbeitsteilung Das Gewähren oder Verweigern von Anfechtungsrechten lässt sich in der Konse­ quenz mit den ökonomischen Desideraten einer effizienten Verteilung des Infor­ mationsrisikos abgleichen.16 Unter diesem Blickwinkel können auch die Folgen der Anfechtbarkeit von Rechtsgeschäften für die arbeitsteilige Wahrnehmung der vorvertraglichen Informationsverantwortung beschrieben werden. Die mit dem 14   Hierzu, mit besonderem Augenmerk auf die Schwierigkeiten der praktischen Umsetzung, Craswell, 92 Va. L. Rev. 565, 593 ff. (2006). Vgl. auch im Hinblick auf die eigene Erfüllungsfä­ higkeit und -bereitschaft Ayres/Klass, Insincere Promises: The Law of Misrepresented Intent, 2005. 15   Supra Kapitel 4 §  3 C. II. 2. b) (1). 16   Vgl. neben den in Fn.  14 Genannten auch Rasmussen/Ayres, 22 J. Legal Stud. 309, 340 (1993); zu einem Sonderproblem, aber im Grundsätzlichen verallgemeinerungsfähig Adams, AcP 186 (1986) 453, 484 ff.; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  403 ff.

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

Anfechtungsrisiko belastete Partei wird aus den genannten Gründen die ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zum einen einsetzen, um Hilfspersonen da­ von abzuhalten, zur Anfechtung berechtigende Fehlvorstellungen bewusst her­ beizuführen oder aufrechtzuerhalten. Sie wird zum anderen dafür Sorge tragen, dass diese Informationen teilen, um unerkannte Irrtümer nach Möglichkeit aus­ zuräumen, wenn diese die Erzielung eines Kooperationsgewinns gefährden. Um­ gekehrt wird die trotz Fehlvorstellungen an ihrem Versprechen festgehaltene Par­ tei zur Vermeidung der unerwünschten Bindung versuchen, bei Dritten vorhan­ denes Wissen zu aktivieren und ihre Hilfspersonen anhalten, solches Wissen zu generieren. Der Einsatz dieses anfechtungsrechtlichen Anreizmechanismus kann im Fall der Arbeitsteilung unter Effizienzgesichtspunkten wünschenswert sein, wenn dem mit dem Informationsrisiko Belasteten besondere Einwirkungsmög­ lichkeiten auf Dritte zustehen, die ihm komparative Vorteile bei der Beschaffung und Verbreitung zu offenbarender Informationen gewähren.17 3.  Weitergehende und alternative Risikozuweisung durch Schadensersatzansprüche Bei den folgenden Ausführungen ist im Hintergrund allerdings stets das bereits abstrakt erwähnte Zusammenspiel unterschiedlicher, auf die Verteilung der In­ formationsverantwortlichkeit abzielender Rechtsinstitute mitzudenken.18 Das skizzierte Eigeninteresse an einer Aufklärung zur Verhinderung der anfechtungs­ bedingten Nichtigkeit wird nämlich dort durch Schadensersatzpflichten gemäß §§  280 Abs.  1, 241 Abs.  2, 311 Abs.  2 BGB verstärkt, wo sich die im Rahmen der Anfechtungstatbestände zugewiesene Informationsverantwortlichkeit zu einer Informationspflicht, insbesondere in Form der Aufklärungspflicht verdichtet. Die Anreize werden in dieser Konstellation durch die Kombination von verlo­ renem Kooperationsgewinn und internalisiertem Schaden der Gegenseite be­ stimmt. Umgekehrt ist zu bedenken, dass Anreize für den einer Fehlvorstellung Unter­ liegenden ebenfalls nicht notwendig durch die mit der Verweigerung des Lö­ sungsrechts verbundene Erfüllungspflicht bzw. Haftung auf das positive Interesse gesetzt werden müssen. Hier können trotz Anfechtungsbefugnis Pflichten zum Ersatz des Vertrauensschadens eingreifen, die eine rationale Orientierung der In­ vestitionen in eine selbstschützende Informationsbeschaffung am Aufklärungsin­ teresse der Gegenseite erlauben, §  122 Abs.  1 BGB und §§  280 Abs.  1, 241 Abs.  2, 311 Abs.  2 BGB.

  Supra Kapitel 4 §  3 C. III.   Supra A.

17 18

§  2  Gewährleistung (vorvertraglicher) Informationsinteressen

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II.  Irrtumsanfechtung Mit den Anfechtungstatbeständen des Inhalts- und Erklärungsirrtums wird die Informationsverantwortung in der beschriebenen Weise situationsabhängig ver­ teilt. Die in diesem Zusammenhang anerkannten Konstellationen des Irrtums über den Gehalt der Erklärungshandlung, §  119 Abs.  1, 1. Alt. BGB, bzw. über diese selbst, §  119 Abs.  1, 2. Alt. BGB,19 können prinzipiell bei jeder Äußerung eines rechtsgeschäftlichen Willens auftreten und betreffen daher nicht ein auf das konkrete Geschäft, sondern die Situation bezogenes Informationsrisiko. Die auf Savigny zurückgehende, 20 willenstheoretische Konzeption der Bestimmung be­ dingt zudem, dass der Erklärende im Rahmen des §  119 Abs.  1 BGB von eben diesem Informationsrisiko vollständig entlastet wird, weil seine Fehlvorstellung ganz unabhängig von ihren Ursachen und von Gesichtspunkten der Beherrsch­ barkeit zur Anfechtung berechtigt. Insofern kann der auf psychologische Gege­ benheiten 21 abstellenden Bestimmung auch keine, speziell auf die Problematik der Arbeitsteilung zugeschnittene Dimension abgerungen werden. Demgegenüber erfasst der Eigenschaftsirrtum die Zuweisung geschäftsty­ pischer Informationsrisiken. Je nach dogmatischer Konzeption folgt der objektivkonkrete Bezug auf das intendierte Rechtsgeschäft aus dem Erfordernis der Ver­ kehrswesentlichkeit, 22 oder ergibt sich aus der Verankerung der Fehlvorstellung im Geschäftswillen der Beteiligten. 23 Die nähere Auseinandersetzung mit der Dogmatik des §  119 Abs.  2 BGB führt im Einklang mit neueren Lehren dazu, dass die Tatbestandsvoraussetzungen von formalen Abgrenzungskriterien gelöst wer­ den können und somit Ansätze für eine materielle Zuweisung des Risikos ge­ schäftsbezogener Fehlvorstellungen bieten. Hiermit wird das Tor zu einer norma­

19   Zu den Weiterungen, die z. B. mit der Figur eines „erweiterten Inhaltsirrtums“, die seit RG v. 9.  11. 1906 – II 173/06, RGZ 64, 266, 268, die Rechtsprechung des Reichsgerichts prägte, z. B. RG v. 23.  5. 1917 – I 74/17, RGZ 90, 268 „Brockeneisen“; RG v. 17.  12. 1920 – II 182/20, RGZ 101, 107 „Silber“; RG v. 30.  11. 1922 – VI 465/22, RGZ 105, 406 „Rubel“, hier nur die Überblicke bei Armbrüster in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  119 Rdnr.  87 ff.; Hefermehl in: Soergel, BGB, Bd.  1, 13.  Aufl., 2000, §  119 Rdnr.  27 ff. 20   Savigny, System des heutigen römischen Rechts, Bd.  3, 1840, §  134, S.  258. Eingehend dazu, auch zur Relevanz für das BGB Flume, Allgemeiner Teil, Bd.  II, 4.  Aufl., 1992, §  22 2, S.  4 40 ff.; Schermaier, Die Bestimmung des wesentlichen Irrtums von den Glossatoren bis zum BGB, 2000, S.  483 ff. 21   Dass gerade die diesbezüglichen Vorstellungen Zitelmanns angreifbar sind, ist schon früh angemerkt worden, Titze, Festschrift für Ernst Heymann II, 1940, S.  72, 97 ff. Hierauf beruhen denn auch einige der Kontroversen um Inhalts- und Erklärungsirrtum, die einen gewissen Spielraum für eine normative Risikozuweisung auch hier indizieren. 22   Vgl. nur BGH v. 22.  9. 1983 – VII ZR 43/83, BGHZ 88, 240, 246; BGH v. 11.  10. 2000 – VIII ZR 321/99, NJW 2001, 226, 227. Das objektive Verständnis wurzelt in dem auf Zitelmann, Irr­ tum und Rechtsgeschäft, 1879, zurückgehenden Verständnis des Anfechtungstatbestands des §  119 Abs.  2 BGB als ausnahmsweise beachtlicher Motivirrtum, infra Fn.  34. 23   Zu den Lehren vom Eigenschaftsirrtum als Inhaltsirrtum eigener Art und vom geschäft­ lichen Eigenschaftsirrtum infra Fn.  35 und Fn.  36.

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

tiven Bestimmung der relevanten Irrtümer weit aufgestoßen, die auch die Struk­ tur der arbeitsteiligen Vertragsanbahnung berücksichtigen kann.24 Um das Bild der anfechtungsinduzierten Risikozuweisung zu vervollständi­ gen, ist weiterhin zu berücksichtigen, dass die Anreizwirkung des drohenden Verlusts des Kooperationsgewinns nachhaltig dadurch beeinflusst wird, ob der Berechtigte das negative Interesse des Gegners zu ersetzen hat, oder ob der Weg­ fall der rechtsgeschäftlichen Bindung kompensationslos bleibt. 25 Auch insofern begegnet im Rahmen des §  122 BGB und der konkurrierenden Haftung nach §§  280 Abs.  1, 241 Abs.  2, 311 Abs.  2 BGB ein gehilfenspezifisch auszubauendes Verantwortlichkeitsregime. 26 1.  Eigenschaftsirrtum Dem historischen Gesetzgeber, der das Fundament für eine Entscheidung der vielfältigen Kontroversen um den Eigenschaftsirrtum durch die wissenschaft­ lichen Vorarbeiten noch nicht gelegt sah, 27 werden für die Qualität der Regelung in §  119 Abs.  2 BGB überwiegend schlechte Kritiken ausgestellt.28 Die Rechtsan­ wendung sieht sich in der Folge durch nach wie vor nicht befriedete Kontroversen um das zutreffende Verständnis der Bestimmung belastet. Die folgende Skizze des komplexen Meinungsbildes soll nur dazu dienen, die in der Debatte zum Tra­ gen kommenden, materiellen Gesichtspunkte der Zuweisung des Informationsri­ sikos zu erhellen 29 und die Deutung der Verkehrswesentlichkeit als normativem Schlüsselbegriff zu belegen.30 Auf diesem Fundament wird für die kritischen Fallgestaltungen die eigene Konzeption entwickelt,31 die schließlich im Hinblick auf die arbeitsteilige Wahrnehmung von Informationsverantwortung entfaltet wird.32   Infra 1.   Hierzu auch schon Koch, Festschrift für Konrad Zweigert, 1981, S.  851, 869 f.; Mankowski, Beseitigungsrechte, 2003, S.  4 41 ff. 26   Infra 2. 27   Prot. I S.  246 = Mugdan I, S.  721 f. Vergleichbar unentschieden auch der pauschale Hinweis, die eingeschränkte Beachtlichkeit des Eigenschaftsirrtums entspreche „dem Bedürfnisse des Verkehrs, der Billigkeit und dem Zuge der modernen Rechtsentwicklung“, Prot. I S.  238 = Mug­ dan I, S.  720. Zum Ganzen auch W. Schubert, AcP 175 (1975) 426, 448 f. 28   Vernichtend Raape, AcP 150 (1949) 481, 501 „Fahrt des Gesetzgebers ins Blaue, ein Sprung ins Dunkle, eine Vorschrift aufs Geratewohl“. Für missglückt halten die Vorschrift Armbrüster in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  119 Rdnr.  102; Medicus, Allgemei­ ner Teil des BGB, 10.  Aufl., 2010, Rdnr.  767; Canaris, AcP 200 (2000) 273, 281 je m. w. N.; kri­ tisch auch Hefermehl in: Soergel, BGB, Bd.  1, 13.  Aufl., 2000, §  119 Rdnr.  2: „überzeugt nicht“; für Korrekturbedarf auch Singer in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  1–54, 63 BeurkG, Neube­ arbeitung 2004, §  119 Rdnr.  4 ; positiv demgegenüber Bork, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 3.  Aufl., 2010, Rdnr.  860. 29   Infra a). 30   Infra b). 31   Infra c). 32   Infra d). 24

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§  2  Gewährleistung (vorvertraglicher) Informationsinteressen

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a)  Das Verständnis des Eigenschaftsirrtums in der zivilrechtlichen Irrtumslehre In der Kontroverse um die dogmatische Einordnung des Eigenschaftsirrtums ori­ entieren sich die Deutungen relativ eng am Problemverständnis des historischen Gesetzgebers33 – und damit am Wortlaut des §  119 Abs.  2 BGB –, das von einem ausnahmsweise für beachtlich erklärten Motivirrtum ausgeht und dessen Anfech­ tungsrelevanz auf die Verkehrswesentlichkeit der vorgestellten, aber tatsächlich fehlenden Eigenschaften stützt.34 Die Verkehrswesentlichkeit bleibt auch dann zentral, wenn man §  119 Abs.  2 BGB nicht als Sachverhaltsirrtum begreift, son­ dern die angeordnete Gleichbehandlung von Eigenschafts- und Inhaltsirrtum darin begründet sieht, ersterer stelle tatsächlich einen Fall des §  119 Abs.  1, 1. Alt. BGB dar, weil der Erklärende irrig glaube, verkehrswesentliche Eigenschaften stillschweigend zu bezeichnen.35 Diese Fehlvorstellung über die tatsächlich er­ folgte Bezeichnung von Eigenschaften, d. h. den Inhalt der Willenserklärung, be­ rechtigt nach der referierten Lehrmeinung aber nur eingeschränkt zur Anfech­ tung. Dies deshalb, weil der Erklärende die Unvollständigkeit seiner Äußerung zu verantworten habe und daher nur dann ein Lösungsrecht beanspruchen könne, wenn sich die beschriebene Fehlvorstellung auf besonders bedeutsame, verkehrs­ wesentliche Eigenschaften bezog. Nach der Lehre vom geschäftlichen Eigen­ schaftsirrtum ist ebenfalls der Erklärungsinhalt Grundlage der Anfechtung. Al­ lerdings liegt die Wurzel der in der Willensäußerung zum Ausdruck kommenden, anfechtungsrelevanten Fehlvorstellung wiederum in einem Lebenssachverhalt und bezieht sich nicht auf den eigentlichen Erklärungsinhalt. Der Grund der An­ fechtung wird nach dieser Lehre in einer Abweichung der tatsächlichen Eigen­ schaften der Sache oder Person von den rechtsgeschäftlich vereinbarten gesehen.36   Vgl. Prot. I S.  239 = Mugdan I, S.  720.   Zu den Wurzeln in der Zitelmann’schen Irrtumslehre supra Fn.  22. In der neueren Litera­ tur v. a. Larenz, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 7.  Aufl., 1989 §  20 II b, S.  37; ebenso z. B. Larenz/M. Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 9.  Aufl., 2004, §  36 Rdnr.  38 ff.; Köhler, BGB Allgemeiner Teil, 34.  Aufl., 2010, §  7 Rdnr.  18; Singer, Selbstbestimmung und Ver­ kehrsschutz im Recht der Willenserklärungen, 1995, S.  214 ff.; S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  294 ff.; H. Westermann, JuS 1964, 169, 172; Baumann, AcP 187 (1987), 511, 536. 35   So Schmidt-Rimpler, Festschrift für Heinrich Lehmann, Bd.  I, 1956, S.  213, 233 in An­ knüpfung an die Lehre von der Sollbeschaffenheit, Brauer, Der Eigenschaftsirrtum, 1941, S.  21 ff.; ganz ähnlich Hefermehl in: Soergel, BGB, Bd.  1, 13.  Aufl., 2000, §  119 Rdnr.  35 f.; Herberger, Rechtsnatur, Aufgabe und Funktion der Sachmängelhaftung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch, 1974, S.  184 ff.; Harke, Irrtum über wesentliche Eigenschaften, 2003, S.  38 ff. 36   Grundlegend Flume, Eigenschaftsirrtum und Kauf, 1948, S.  69 f., 86 f.; Flume, DB 1979, 1637, 1638; Flume, Allgemeiner Teil, Bd.  II, 4.  Aufl., 1992, §  24 II b, S.  477 f.; dem folgend z. B. Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil, Halbbd. 2, 15.  Aufl., 1960, §  168 I, S.  1042 ff.; Pawlowski, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 7.  Aufl., 2003, Rdnr.  543; Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, 10.  Aufl., 2010, Rdnr.  770; Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, 23.  Aufl., 2011, Rdnr.  140; Goltz, Motivirrtum und Geschäftsgrundlage im Schuldvertrag, 1973, S.  192 ff.; Raape, AcP 150 (1949) 481, 500 ff.; Pawlowski, JZ 1997, 741, 746; teilweise auch Kegel, AcP 150 (149) 356, 357. Eingehend zur Flume’schen Lehre auch, Wilhelm, Festgabe für Werner Flume, 1998, S.  301, 308 ff. 33

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

Das hierdurch etablierte Erfordernis einer rechtsgeschäftlichen Einigung misst dem Vorstellungshorizont der Gegenseite tendenziell größere Bedeutung zu, weil eine Vereinbarung ersichtlich nur im Hinblick auf erkannte oder doch zumindest erkennbare Eigenschaftserwartungen in Betracht kommt.37 In Anbetracht des Kompromisscharakters des Wortlauts muss kein Anstoß daran genommen werden, dass die Flume’sche Lehre den Bezugspunkt des an­ fechtungsrelevanten Irrtums statt in einer verkehrswesentlichen in einer vertrags­ wesentlichen Eigenschaft sieht. Entsprechende, vor dem Hintergrund der diffusen teleologischen Vorstellungen des Gesetzgebers wenig überzeugende Einwände verfangen dementsprechend auch nicht gegenüber noch breiter angelegten Versu­ chen, §  119 Abs.  2 BGB als Nukleus einer einheitlichen und konsistenten Behand­ lung von Sachverhaltsirrtümern zu begreifen, der anhand von Erwägungen zur vertraglichen Risikoverteilung und zum Vertrauensschutz auszubauen sei.38 In diesem Zusammenhang ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass mit Blick auf die Lehre vom geschäftlichen Eigenschaftsirrtum nicht selten konstatiert wird, die grundsätzliche dogmatische Divergenz schlage sich nicht in ebenso ra­ dikal abweichenden Ergebnissen nieder.39 Diese Einschätzung indiziert, dass sich viele der Zielsetzungen, die mit den dogmatischen Neukonzeptionen des §  119 Abs.  2 BGB verfolgt werden, auch im Rahmen der tradierten Sicht durch eine entsprechend normativ sensibilisierte Interpretation des Merkmals der Verkehrs­ wesentlichkeit verwirklichen lassen.40 b)  Die Verkehrswesentlichkeit als normativer Schlüsselbegriff Die Rechtsprechung stellt zur Konkretisierung des zentralen Wertungskriteri­ ums bei der Risikozuweisung im Ausgangspunkt zwar allein auf die Vorstellun­ gen des Erklärenden ab. Auch sie integriert aber den Gesichtspunkt der Erkenn­ barkeit für den Empfänger, wenn sie fordert, dass die Eigenschaft dem Vertrag    37   Den Aspekt der Erkennbarkeit der Eigenschaftserwartung betont auch Fleischer, Informa­ tionsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  345 ff., der anders als die Lehre vom geschäftlichen Eigenschaftsirrtum keine entsprechende Vereinbarung fordert und so der Notwendigkeit einer gewissen Objetivierung im Hinblick auf allgemeine Erwartungen Rechnung tragen kann, ohne auf konkludente Vereinbarungen o. ä. (hierzu Flume, Allgemeiner Teil, Bd.  II, 4.  Aufl., 1992, §  24 II c, S.  479 f.) zurückzugreifen, ibid., S.  347. 38   Umfassend für die lex lata in diesem Sinne Kramer in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1/1, 5.  Aufl., 2006, §  119 Rdnr.  113 ff.; Kramer, Festgabe 50 Jahre Bundesgerichtshof, Bd.  I, 2000, S.  57, 64 f.; zustimmend Armbrüster in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  119 Rdnr.  112 ff. Ansätze für eine stark normativ aufgeladene Irrtumslehre schon bei Titze, Festschrift für Ernst Heymann II, 1940, S.  72, 105 ff., Zweigert, ZfRV 7 (1966) 12; einge­ hend auch Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  340 ff. 39   Z. B. Singer in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  1–54, 63 BeurkG, Neubearbeitung 2004, §  119 Rdnr.  80; P. Huber, Irrtumsanfechtung und Sachmängelhaftung, 2001, S.  7. 40   So auch implizit Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  345, der das Ziel seiner, auf dem Leitgedanken einer angemessenen Risikoverteilung basierende Interpretati­ on in der „Eingrenzung des ausnahmsweise beachtlichen Motivirrtums“ sieht.

§  2  Gewährleistung (vorvertraglicher) Informationsinteressen

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zugrunde gelegt worden sein müsse.41 Dies wird deutlich, wenn die höchstrichter­ liche Rechtsprechung solchen Eigenschaften, die für den angestrebten Güteraus­ tausch im Regelfall keine Bedeutung haben, nur dann Anfechtungsrelevanz zu­ misst, wenn der Erklärende in der Vertragsanbahnung deutlich gemacht hat, dass er auf ihr Vorhandensein gesteigerten Wert lege.42 Ohne die grundlegenden dog­ matischen Implikationen zu verdrängen,43 kann doch für die praktische Rechtsan­ wendung nicht übersehen werden, dass unter diesen Voraussetzungen bei einem vorbehaltlosen Vertragsschluss eine stillschweigende Eigenschaftsvereinbarung kaum verneint werden kann. Dem entsprechen auch die Kombinationslehren, die das Merkmal der Verkehrswesentlichkeit objektiv, in Bezug auf das jeweilige Rechtsgeschäft interpretieren wollen und damit die Vorstellung verbinden, die Anfechtungsrelevanz könne entweder aus einer Eigenschaftsvereinbarung oder der Verkehrsanschauung resultieren.44 c)  Materielle Kriterien der Risikozuweisung bei nicht geäußerter Eigenschaftserwartung Das Vorgesagte zeigt, dass die irrtumsrechtliche Behandlung von geäußerten Ei­ genschaftsvorstellungen kaum abweicht. Die Anfechtungsmöglichkeit erscheint hier schon deshalb sachgerecht, weil der Anfechtungsgegner ex ante das konkrete Risiko kennt, den Kooperationsgewinn im Irrtumsfall zu verlieren. Seine Ent­ scheidung, dieses bewusst zu übernehmen und sich die Exposition entgelten zu lassen, ist prinzipiell nicht zu hinterfragen.45 Als kritischer Punkt der Rechtsan­ wendung verbleibt damit die Bestimmung des Kreises der nicht geäußerten, gleichwohl zur Anfechtung berechtigenden Eigenschaftserwartungen. Will man nicht vor einer drohenden Rechtsunsicherheit die Waffen strecken und alle Schleusen öffnen,46 liegt der hier favorisierte Ansatz für eine Konkretisie­ 41   RG v. 9.  11. 1906 – II 173/06, RGZ 64, 266, 269; BGH v. 18.  12. 1954 – II ZR 296/53, BGHZ 16, 54, 57; BGH v. 22.  9. 1983 – VII ZR 43/83, BGHZ 88, 240, 246. 42   RG v. 9.  11. 1906 – II 173/06, RGZ 64, 266, 269; RG v. 20.  6 . 1917 – V 87/17, RGZ 90, 342, 343 f.; BGH v. 22.  9. 1983 – VII ZR 43/83, BGHZ 88, 240, 246: Eintragung des Handwerksmeis­ ters in die Handwerksrolle; BGH v. 22.  12. 1971 – V ZR 130/68, DB 1972, 479, 481: Höhenlage wegen gesundheitlicher Sensibilität des Erwerbers. In der Sache ebenso, allerdings ganz im Sinne der Lehre vom geschäftlichen Eigenschaftsirrtum das Erheben zum Vertragsinhalt for­ dernd, BGH v. 18.  12. 1956 – II ZR 296/53, BGHZ 16, 54, 57. 43   Die Konsequenz der Lehre vom geschäftlichen Eigenschaftsirrtum, die aus §  119 Abs.  2 BGB ein systematisch gewöhnungsbedürftig verortetes Institut des Leistungsstörungsrechts mit schmalem Anwendungsbereich macht, ist häufiger kritisiert worden, z. B. Singer, Selbstbe­ stimmung und Verkehrsschutz im Recht der Willenserklärungen, 1995, S.  215; S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  300 ff. 44   Ellenberger in: Palandt, BGB, 71.  Aufl., 2012, §  119 Rdnr.  25; A.Arnold in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  119 Rdnr.  36; Köhler, BGB Allgemeiner Teil, 34.  Aufl., 2010, §  7 Rdnr.  21; Köhler, JR 1984, 324, 325; Gerd Müller, JZ 1988, 381, 383. 45   Sehr luzide wird der Gedanke der Risikoübernahme auch in BGH v. 18.  12. 1954 – II ZR 296/53, BGHZ 16, 54, 58 betont. 46   Vgl. Singer in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  1–54, 63 BeurkG, Neubearbeitung 2004, §  119 Rdnr.  81, der das Merkmal der Verkehrswesentlichkeit wegen der drohenden Unsicher­

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rung des Anfechtungstatbestands darin,47 auf die überpositiven Gesichtspunkte einer ökonomisch rationalen Zuweisung der Informationsverantwortung abzu­ stellen.48 Berücksichtigt man, dass die Konzeption des §  119 Abs.  2 BGB jenseits deutlich erkennbarer individueller Präferenzen auf eine gewisse Objektivierung abzielt, liegen die in dieser Weise erzielten Ergebnisse auch nicht quer zu der über­ wiegend für maßgeblich gehaltenen „Verkehrsanschauung“ oder der Annahme stillschweigender Vereinbarungen über „gewöhnliche“ Eigenschaften. Sie können vielmehr als das Resultat einer wissenschaftstheoretisch fundierten Methode zur Ermittlung solcher typischer Erwartungen oder Abreden begriffen werden, die jedenfalls solange valide ist, wie empirische Feldstudien nicht zur Verfügung ste­ hen. Dies bestätigt sich, wenn man die Leistungsfähigkeit der ökonomisch rele­ vanten Determinanten anhand von Konstellationen testet, die im Zusammenhang mit der Anfechtung wegen Eigenschaftsirrtums diskutiert werden. So betrifft der Irrtum über Alter und Baujahr eines Automobils49 im Rahmen eines Veräußerungsgeschäfts eine produktive Information,50 weil sie die präfe­ renzadäquate Ressourcenallokation ermöglicht. Der Veräußerer hat zudem von den relevanten Eigenschaften entweder bereits Kenntnis oder kann sich diese kos­ tengünstiger verschaffen als der Käufer.51 Allerdings hat er hierzu grundsätzlich keinen Anreiz, soweit das ältere Baujahr wertsenkend wirkt.52 Die Aussicht, jeg­ lichen Kooperationsgewinn als Folge einer Anfechtung zu verlieren, kann hier bereits ausreichen, um zu wünschenswerten Investitionen in die Informationsbe­ schaffung und -offenlegung zu motivieren. Die Gegenauffassung, die pauschal unter Hinweis auf einen, dem geltenden Recht bei Leibe nicht abzugewinnenden Grundsatz des „caveat emptor!“, stets dem Käufer aufgeben will, durch das Be­ stehen auf Beschaffenheitsvereinbarungen die Informationsproduktion zu er­ zwingen,53 erzeugt demgegenüber vermeidbare Transaktionskosten. Lediglich wenn die Dinge auch bei typisierter Betrachtung anders liegen, z. B. weil der be­ heiten „nicht allzu streng“ handhaben will und sachgerechte Lösungen auf der Konkurrenz­ ebene sucht. 47   Zu den Gründen supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. c). 48   Supra Kapitel 4 §  3 C. II. 49   Verkehrswesentlichkeit wird hier bejaht von RG v. 3.  10. 1928 – I 65/28, Recht 1928 Nr.  2458; BGH v. 26.  10. 1978 – VI ZR 202/76, NJW 1979, 160, 161; für einen Mähdrescher auch BGH v. 9.  10. 1980 – VII ZR 332/79, BGHZ 78, 216, 221; Armbrüster in: Münchener Kommen­ tar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  119 Rdnr.  135. 50   Zur Relevanz der Unterscheidung von produktiv und redistributiv wirkenden Informati­ onen, supra Kapitel 4 §  3 C. I. 2. 51   Zur Relevanz komparativer Vorteile bei der Informationsbeschaffung supra Kapitel 4 §  3 C. II. 1. 52   Zur Relevanz der Unterscheidung von wertsenkenden und werterhöhenden Informati­ onen, supra Kapitel 4 §  3 C. II. 2. 53   So v. a. Singer in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  1–54, 63 BeurkG, Neubearbeitung 2004, §  119 Rdnr.  82; Singer, Festgabe 50 Jahre Bundesgerichtshof, Bd.  I, 2000, S.  381, 385; S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  306 f. Vgl. auch schon Flume, Eigenschafts­ irrtum und Kauf, 1948, S.  134; U. Huber in: Soergel, BGB, Bd.  3, 12.  Aufl., 1991, Vor. §  459 Rdnr.  195 f.; Gerd Müller, JZ 1988, 381, 387 f.

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sonders sachkundige Käufer Alter und Baujahr kostengünstiger ermitteln kann als der gänzlich unbewanderte Verkäufer,54 ist die Verkehrswesentlichkeit der Ei­ genschaft zu verneinen, um den Käufer über die Verweigerung des Anfechtungs­ rechts und die dadurch drohende Vertragsbindung zum Einsatz seiner kompara­ tiven Vorteile bei der Informationsbeschaffung anzuhalten. Ebenso lässt sich die Anfechtungsrelevanz der Vermögensausstattung des Ver­ tragspartners und seiner darauf beruhenden gegenwärtigen und zukünftigen Zah­ lungsfähigkeit bei Kreditgeschäften beurteilen.55 Die Bonität wird hier ganz über­ wiegend als verkehrswesentliche Eigenschaft angesehen, sodass diesbezügliche Fehlvorstellung den Kreditgeber zur Anfechtung nach §  119 Abs.  2 BGB berechti­ gen sollen.56 In der Tat geht es wiederum um produktive Informationen, von der die Effizienz des Ausreichens von Liquidität abhängt, d. h. die in Rede stehenden Fehlvorstellungen können zu allokativ nicht wünschenswerten Kreditgewäh­ rungen führen. Der Kreditnehmer verfügt auch über die relevanten Kenntnisse, hat aber, sofern sie seine Kreditwürdigkeit schmälern, kein Interesse daran sie of­ fen zu legen, da sie aus seiner Sicht den Wert des Vertragsgegenstands (Kapitalü­ berlassung auf Zeit) senken (risikokompensierende Zinserhöhung). Natürlich kann sich auch der Kreditgeber die entsprechenden Informationen durch Nach­ forschungen beschaffen,57 doch erzeugt dies relativ höhere Transaktionskosten. Unabhängig davon, ob insoweit weitergehend sanktionierte Offenbarungs­ pflichten des Kreditnehmers begründet werden können, führt jedenfalls die dro­ hende Irrtumsanfechtung prinzipiell zu sinnvollen Verhaltenansreizen. Mit ihr verbindet sich allerdings ein Opportunismusproblem. Hat der Kreditgeber bei Vertragsschluss keine konkreten Vorstellungen über die Bonität seines Schuld­ ners, beruht seine Allokationsentscheidung an sich auf der bewussten Übernahme sämtlicher, innerhalb seiner Vorstellungswelt denkbaren Kreditrisiken aus der Schuldnersphäre. Die Verweigerung des Lösungsrechts ist sinnvoll, um den Kre­ ditgeber anzuhalten, die drohenden Risiken vor dem Hintergrund der nur ihm zur Verfügung stehenden Kenntnis über seine individuelle Fähigkeit zur Gefahr­   Die Judikatur war stets mit umgekehrt gelegenen Informationsasymmetrien befasst.   Für Differenzierung zwischen (gegenwärtiger) Zahlungsunfähigkeit einerseits und mit ei­ ner Prognose über die zukünftige Zahlungsfähigkeit verbundenen Kreditwürdigkeit anderer­ seits, Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  365, deren Bedeutung aber durch die spätere Argumentation des Autors entwertet erscheint: auch über die Zahlungsunfä­ higkeit bei Vertragsschluss könnte sich der Kreditgeber ja informieren. 56   RG v. 18.  10. 1907 – II 194/07, RGZ 66, 385, 387; RG v. 17.  5. 1915 – V 69/15, Recht 1915 Nr.  2216; Armbrüster in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  119 Rdnr.  128; Singer in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  1–54, 63 BeurkG, Neubearbeitung 2004, §  119 Rdnr.  89; Hefermehl in: Soergel, BGB, Bd.  1, 13.  Aufl., 2000, §  119 Rdnr.  42; Lindacher, MDR 1977, 797, 798 f. Stark einschränkend, Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  364 ff.; ablehnend unter Berufung auf Wertung des §  321 Abs.  1 BGB, Flume, Allgemei­ ner Teil, Bd.  II, 4.  Aufl., 1992, §  24 3 b, S.  486 f.; Mankowski, Beseitigungsrechte, 2003, S.  497 ff.; wohl auch A.Arnold in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  119 Rdnr.  39. 57   So das zentrale Wertungsargument bei Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertrags­ recht, 2001, S.  364 ff.; Mankowski, Beseitigungsrechte, 2003, S.  498. 54 55

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tragung zu bewerten. Gerade der insoweit nachlässige Kreditgeber kann sich aber ex post von seiner unbedachten Risikoübernahme zu lösen versuchen, indem er konkrete Irrtümer behauptet. Derartige Reurechte lassen sich jedoch besser durch ein Anspannen der Anforderungen an den Nachweis des relevanten Irrtums ver­ meiden als durch eine prinzipielle Verweigerung des Lösungsrechts. Konkret wird man dem Kreditgeber den Nachweis spezifischer Umstände abverlangen müssen, die seine behauptete Vorstellung von der Kreditwürdigkeit plausibel machen.58 Auf der Linie des Vorgesagten lässt sich schließlich erklären, dass die Anfech­ tung durch den Bürgen, der sich über die Bonität des Schuldners irrt, wegen eines Irrtums über eine verkehrswesentliche Eigenschaft nicht in Betracht kommt.59 Die häufige Aussage, das Bonitätsrisiko des Hauptschuldners falle in den Risiko­ bereich des Bürgen, beschreibt allerdings eher das Ergebnis, als dass sie es begrün­ det. Auch der Hinweis auf den Sicherungszweck der Bürgschaft, der eine Rück­ verlagerung des Risikos nach dessen Realisierung verbiete, 60 räumt nicht alle Zweifel aus. Natürlich widerspräche es dem Zweck der Interzession, wenn das übernommene Risiko zurückverlagert würde. Im Licht der Fehlvorstellung des Bürgen ist aber gerade zweifelhaft, welches Risiko er eigentlich übernommen hat, d. h. ob überhaupt eine Rückverlagerung von Risiken im Raum steht. Die norma­ tive Zuweisung des Irrtumsrisikos kann aber damit begründet werden, dass sich der Interzedent vor Stellung der Sicherheit aufgrund des Interesses des Schuldners an der Erlangung derselben, mit niedrigeren Kosten Zugang zu belastbaren, rele­ vanten Informationen verschaffen kann, 61 die für den Kreditgeber nicht zugäng­ lich sein müssen. 62 Zur Wahrnehmung dieser transaktionskostensenkenden Mög­ lichkeit der Informationsbeschaffung soll er durch die Verweigerung des Anfech­ tungsrechts nach §  119 Abs.  2 BGB auch angehalten werden. 63 58   Vgl. hierzu auch OLG Stuttgart v. 22.  12. 1908 –, OLGE 20, 39, 40; Lindacher, MDR 1977, 797, 799. 59   RG v. 5.  11. 1931 – VIII 227/31, RGZ 134, 126, 129; BGH v. 7.  3. 1956 – IV ZR 271/55, WM 1956, 885, 889; BGH v. 22.  10. 1987 – IX ZR 267/86, NJW 1988, 3205, 3206; Armbrüster in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  119 Rdnr.  128; Singer in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  1–54, 63 BeurkG, Neubearbeitung 2004, §  119 Rdnr.  86; Habersack in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  5, 5.  Aufl., 2009, Vor. §  765 Rdnr.  37; Flume, Allgemeiner Teil, Bd.  II, 4.  Aufl., 1992, §  24 4, S.  490; Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, 1994, S.  327. 60   Z. B. Habersack in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  5, 5.  Aufl., 2009, Vor. §  765 Rdnr.  37; Mankowski, Beseitigungsrechte, 2003, S.  503 f. 61   Insoweit werden häufig Elemente relationaler Vertragsbeziehungen (supra Kapitel 4 §  2 B. IV.) zum Tragen kommen, z. B. weil der Bürge in einer persönlichen oder engeren geschäftlichen Beziehung zum Hauptschuldner steht. 62   Stellt man zentral auf den relativen Vorteil des Bürgen bei der Informationsbeschaffung ab, kann es auch nicht darauf ankommen, ob der Bürge erkennbar von einer bestimmten Vermö­ genslage des Hauptschuldners ausgegangen ist. Für diesen Fall die Anfechtbarkeit bejahend aber z. B. OLG Karlsruhe v. 21.  3. 1928 – 1 BR 264/27, Recht 1928 Nr.  1028; Hefermehl in: Soergel, BGB, Bd.  2, 13.  Aufl., 2000, §  119 Rdnr.  42. 63   Liegen die Dinge ausnahmsweise anders, z. B. weil der Kreditgeber die drohende Zah­ lungsunfähigkeit des Kunden positiv kennt, oder sich diese Informationen leichter hätte be­ schaffen können, kann die Informationsverantwortung punktuell über die Tatbestände der

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d)  Verkehrswesentlichkeit, Informationsverantwortung und Arbeitsteilung Die soeben erörterten Konstellationen belegen die prinzipielle Tragfähigkeit der im Hinblick auf die Anwendung des §  119 Abs.  2 BGB entwickelten Kriterien. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass viele der aus ökonomischer Sicht maßgeb­ lichen Determinanten auf den Charakter der in Rede stehenden Informationen abstellen, und somit von der Arbeitsteilung bei der Vertragsanbahnung unbeein­ flusst bleiben. 64 Dies gilt jedoch nicht für die Frage der relativen Vorteile bei der Informationsbeschaffung. Gerade insoweit lässt sich die an ökonomischen Krite­ rien orientierte Interpretation des Merkmals der Verkehrswesentlichkeit im Hin­ blick auf die Arbeitsteilung fortschreiben. Maßgeblich ist dabei, ob die Beziehung des Vertragsschließenden zu einem Dritten ihn in eine Position bringt, die ihm einen komparativen Vorteil bei der Informationsbeschaffung einträgt, sodass insoweit eine Belastung mit der Infor­ mationsverantwortung gerechtfertigt ist. Zu denken ist dabei auch an ein Um­ schlagen der Informationsverantwortung, das bei typisierter Betrachtung ge­ rechtfertigt sein kann. Derartiges kann zum einen der Fall sein, weil der Anfech­ tungsgegner erst aufgrund der arbeitsteiligen Organisation der Vertragsanbah­ nung erleichterten Zugriff auf bei dem Dritten vorhandene, ihrem Charakter nach offenbarungswürdige Informationen erlangt. Zum anderen kann umgekehrt der Erklärende mit der Informationsverantwortung belastet werden, wenn er sich aus den genannten Gründen leichter selbst Klarheit über die betreffenden Umstände verschaffen kann. In dem bereits erwähnten Fall der Fehlvorstellung über das Al­ ter oder das Baujahr des veräußerten Kfz mag die prinzipielle Belastung des Ver­ käufers mit der Informationsverantwortung dann nicht gerechtfertigt sein, wenn der bei Vertragsschluss irrende Käufer die Vorbesichtigung von einem Fachmann hat durchführen lassen, der aber auf Alter und Baujahr nicht geachtet hat. Verallgemeinernd lässt sich sagen, dass, auch wenn eine von Rechtsprechung und herrschender Lehre auf eine großzügige Analogie zu §  166 Abs.  1 BGB ge­ stützte Zurechnung tatsächlich vorhandenen Wissens nicht in Betracht kommt, 65 die Informationsverantwortlichkeit entlang der durch die Figur der Wissenszu­ rechnung in personeller Hinsicht vorgezeichneten Linien zu verteilen ist. 66 Diese Arglistanfechtung (infra III) oder der fahrlässigen Informationspflichtverletzung (infra C.) auf ihn verlagert werden. 64   Supra Kapitel 4 §  3 C. III. 65   Zu der konzeptionell klaren Trennung zwischen Zurechnung organisationsintern vorhan­ denen Wissens einerseits und bloßem Kennenmüssen andererseits, Flume, AcP 197 (1997), 441, 447 ff. Zustimmend Schilken in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  164–240, Neubearbeitung 2009, §  166 Rdnr.  6 ; Schramm in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  166 Rdnr.  30; Dauner-Lieb, Festschrift für Alfons Kraft, 1998, S.  43, 53 ff.; Nobbe, in: Hadding/ Hopt/Schimansky (Hrsg.), Neues Schuldrecht und Bankgeschäfte: Wissenszurechnung bei Kreditinstituten, Bankrechtstag 2002, 2003, S.  121, 154. 66   Speziell zu der Figur des Wissensvertreters BGH v. 25.  3. 1982 – VII ZR 60/81, BGHZ 83, 293, 296 f.; BGH v. 25.  4. 1985 – IX ZR 141/84, BGHZ 94, 232, 239; BGH v. 7.  12. 1987 – II ZR 157/87, BGHZ 102, 317, 320; BGH v. 6.  12. 1988 – XI ZR 81/88, BGHZ 106, 163, 167; BGH v.

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basiert nämlich auf dem Gedanken der Organisationsherrschaft und sucht damit exakt die Linien einer überlegenen Wahrnehmung von Informationsverantwor­ tung unter den Bedingungen der Arbeitsteilung nachzuzeichnen, 67 die auch hier im Zentrum der Betrachtung stehen. Dabei ist an dieser Stelle nicht entscheidend, ob es bei der weitgehend verselbständigten Figur noch um eine Fortentwicklung eines in §  166 BGB enthaltenen Rechtsgedankens 68 oder die Entfaltung eines all­ gemeinen Zurechnungsprinzips ohne konkrete Normanbindung in der lex scripta geht. 69 Die Verwertbarkeit der Überlegungen, die zur Konkretisierung des als Wissensvertreter in Betracht kommenden Personenkreises angestellt werden, er­ gibt sich nämlich unabhängig von der Dogmatik der Figur in ihrem unmittelbaren Anwendungsbereich daraus, dass dem Vertragsschließenden in Bezug auf die er­ fassten Personen ein komparativer Vorteil bei der Wissensorganisation zu­ kommt.70 Zu betonen ist, dass an dieser Stelle nicht die Rechtsfolge einer Wissenszurech­ nung von Interesse ist, sondern nur der personelle, auf dem Gedanken des abs­ trakt besseren Informationszugangs beruhende Anwendungsbereich der Figur fruchtbar gemacht wird. Insoweit haben Rechtsprechung und Lehre nämlich ge­ rade im Hinblick auf die Besonderheiten der Arbeitsteilung breit vorgespurt. Der 24.  1. 1992 – V ZR 262/90, BGHZ 117, 104, 106; Schilken in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  164–240, Neubearbeitung 2009, §  166 Rdnr.  5 ; Schramm in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  166 Rdnr.  41; Leptien in: Soergel, BGB, Bd.  2, 13.  Aufl., 2000, §  164 Rdnr.  11, §  166 Rdnr.  6 ; Stoffels in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring (Hrsg.) Anwaltkommentar BGB, Bd.  1, 2.  Aufl., 2005, §  166 Rdnr.  10; Maier-Reimer in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  166 Rdnr.  24 f.; Habermaier in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  I, 2.  Aufl., 2007, §  166 Rdnr.  17 f.; Larenz/M. Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 9.  Aufl., 2004, §  46 Rdnr.  103; Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, 10.  Aufl., 2010, Rdnr.  9 04d; Bork, Allgemeiner Teil des Bürger­ lichen Gesetzbuchs, 3.  Aufl., 2010, Rdnr.  1663; Schilken, Wissenszurechnung im Zivilrecht, 1983, 213 ff., 470 ff.; Buck, Wissen und juristische Person, 2001, S.  151 ff.; Waltermann, AcP 192 (1992) 180, 190, 213 f.; Oechsler, NJW 2006, 2451, 2453. 67   Zu dem Grundgedanken einer Pflicht zur ordnungsgemäßen Organisation intern vorhan­ denen Wissens, z. B. Wilhelm, AcP 183 (1983), 1, 18 f.; Bohrer, DNotZ 1991, 124, 129, 131; Grunewald, Feschtschrift für Karl Beusch, 1993, S.  301, 304; Medicus in: Klingmüller (Hrsg.), Karlsruher Forum 1994: Möglichkeiten der Wissenszurechnung, 1995, S.  4, 4 f., 11 f.; Taupitz in: Klingmüller (Hrsg.), Karlsruher Forum 1994: Möglichkeiten der Wissenszurechnung, 1995, S.  16, 26 f.; Taupitz, JZ 1996, 734 f. 68   So in der Literatur z. B. Schilken in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  164–240, Neubearbei­ tung 2009, §  166 Rdnr.  5, 32; Altmeppen, BB 1999, 749; Fassbender/Neuhaus, WM 2002, 1253, 1258; ebenso die Grundausrichtung der breit angelegten Monographie von Buck, Wissen und juristische Person, 2001, die lediglich für die Wissensaufspaltung in der juristischen Person auf eigenständige Prinzipien rekurriert (ibid., S.  393 ff.); offen Schramm in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  166 Rdnr.  28. 69   In diesem Sinne, v. a. im Hinblick auf juristische Personen Grunewald, Feschtschrift für Karl Beusch, 1993, S.  301, 304; Medicus in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 1994, 1995, S.  4, 9 ff.; Taupitz in: E. Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 1994, 1995, S.  16, 24 ff.; Bayreuther, JA 1998, 459, 464 ff.; Schüler, Die Wissenszurechnung im Konzern, 2000, S.  71 ff. 70   Ganz im Sinne der in Fn.  67 Genannten für eine darauf aufsetzende Organisationspflicht, die eine Informationsweitergabe und -abfrage sicher stellt, BGH v. 12.  11. 1998 – IX ZR 145/98, BGHZ 140, 54, 61 f.; BGH v. 1.  10. 1999 – V ZR 218/98, NJW 1999, 3777.

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entscheidende, der dogmatischen Figur des Wissensvertreters zugrundeliegende Gesichtspunkt liegt nämlich in den relativen Informationsvorteilen, die aus der organisatorischen Einbindung Dritter in die Vertragsanbahnung resultieren. Die­ se fehlen im Verhältnis zu unabhängigen Beteiligten, was zu der konsequenten Verneinung der Eigenschaft dieses Personenkreises als Wissensvertreter führt.71 Nicht entscheidend ist demgegenüber, ob die relevanten Personen gegenüber dem anderen Teil aufgetreten sind, oder nur intern tätig waren.72 Sofern also Informa­ tionen bei den erfassten Repräsentanten typischerweise vorhanden sind, beein­ flusst dieser Umstand im eingangs beschriebenen Sinne die Bestimmung der Ver­ kehrswesentlichkeit der Eigenschaften und damit die Anfechtungsmöglichkeit nach §  119 Abs.  2 BGB. Wie bereits mehrfach erwähnt, gibt die Gewährung oder Verweigerung des Anfechtungsrechts der hierdurch mit der Informationsverant­ wortung belasteten Seite Anlass, ihre Aufklärungsmöglichkeiten zu aktivieren, was – jenseits der auf den Charakter der Information bezogenen Determinanten 73 – dann wünschenswert ist, wenn die hierdurch entstehenden Transaktionskosten relativ geringer ausfallen. Dieser Zurechnungsaspekt wird ersichtlich durch die arbeitsteilige Organisation der Vertragsanbahnung beeinflusst, was sich bei der kontextabhängigen Anwendung des §  119 Abs.  2 BGB niederschlägt. 2.  Schadensersatzhaftung des Anfechtungsberechtigten und Ausschluss der Kompensation Die letzte, an dieser Stelle zu beleuchtende Stellschraube des rechtsförmigen Me­ chanismus der Zuweisung der Informationsverantwortung über die Tatbestände der Irrtumsanfechtung liegt in der mit dieser verbundenen Schadensersatzhaf­ tung gemäß §  122 Abs.  1 BGB und dem hierauf bezogenen Ausschlusstatbestand des §  122 Abs.  2 BGB.74 Der potentiell neben diese Verantwortlichkeit tretende Anspruch aus §§  280 Abs.  1, 241 Abs.  2, 311 Abs.  2 BGB wegen zu vertretender Informationspflichtverletzung folgt den allgemeinen Regeln und ist daher an die­ ser Stelle hinsichtlich seiner Voraussetzungen nicht eingehend zu behandeln.75 71   BGH v. 18.  1. 1974 – I ZR 17/73, WM 1974, 312; BGH v. 24.  1. 1992 – V ZR 262/90, NJW 1992, 1099, 1100; BGH v. 27.  9. 2002 – V ZR 320/01, NJW 2003, 589; BGH v. 20.  10. 2004 – VIII ZR 36/03, NJW 2005, 365, 367; Schilken in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  164–240, Neubear­ beitung 2009, §  166 Rdnr.  5 ; Schramm in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 5.  Aufl., 2006, §  166 Rdnr.  40; Leptien in: Soergel, BGB, Bd.  2, 13.  Aufl., 2000, §  166 Rdnr.  6 ; Stoffels in: Dauner-Lieb/Heidel/Ring (Hrsg.) Anwaltkommentar BGB, Bd.  1, 2.  Aufl., 2005, §  166 Rdnr.  11; Schilken, Wissenszurechnung im Zivilrecht, 1983, 223 ff., 470 ff.; Waltermann, AcP 192 (1992) 180, 192, 210 ff. 72   Ebenso Schramm in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  166 Rdnr.  40; Leptien in: Soergel, BGB, Bd.  2, 13.  Aufl., 2000, §  166 Rdnr.  6 . Insofern ist keine zu starke Anlehnung an die Struktur rechtsgeschäftlicher Stellvertretung nötig, so aber Schilken in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  164–240, Neubearbeitung 2009, §  166 Rdnr.  5. 73   Dazu schon supra bei Fn.  6 4. 74   Infra a). 75   Infra C.

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

Von Interesse ist aber das Konkurrenzverhältnis der unterschiedlichen Ansprü­ che, soweit dieses Rückwirkungen auf die Verteilung der Informationsverant­ wortung und die mit ihrer rechtsförmigen Absicherung verbundenen Anreize zei­tigt.76 a)  Bedeutung der Haftung und des Ausschlusstatbestands nach §  122 BGB für die Informationsverantwortlichkeit Bei den hier interessierenden, vertragskonstituierenden Willenserklärungen räumt §  122 Abs.  1, 1. Alt. BGB dem Erklärungsempfänger einen Anspruch auf das negative Interesse ein, der auf das Erfüllungsinteresse beschränkt ist. Wäh­ rend der 1. Entwurf das materielle Zurechnungsprinzip noch ganz im Sinne der Jhering’schen Lehre der culpa in contrahendo77 in einer auf Verschulden beru­ henden Verantwortlichkeit für den Willensmangel kodifizieren wollte, 78 wurde letztlich eine Veranlassungshaftung Gesetz, die auf einen Verschuldensvorwurf verzichtet.79 Diese wurde in der jüngeren Dogmatik materiell dahingehend unter­ füttert, dass die Haftung wegen der besseren Beherrschbarkeit der fraglichen Ri­ siken aus der eigenen Sphäre gerechtfertigt sei. 80 Dieses Normverständnis ist mit der hier vertretenen Sicht der Zuweisung der Informationsverantwortung ganz offensichtlich kompatibel. Die unbedingte Haftung führt unter Anreizgesichts­ punkten dazu, dass der Erklärende seine Bemühungen, Irrtümer ex ante zu ver­ meiden, im Hinblick auf das durch den Nichterfüllungsschaden begrenzte negati­   Infra b).   Jhering, JherJ 4 (1861) 1. 78   Nach Mot I S.  195 = Mugdan I, S.  460 sollte das „zu vertretende schädigende Ereigniß“ in der „Uebermittlung einer unzuverlässigen Willenserklärung“ liegen. Vgl. auch schon Jhering, JherJ 4 (1861) 1, 111, der in dem berühmten Fall der Verfälschung der telegraphisch übermit­ telten Erklärung dem Erklärenden, der diesen potentiell gefahrträchtigen Weg wählt, culpa zu­ schreiben will. 79   Im Sinne einer Veranlassungshaftung z. B. RG v. 25.  2. 1913 – III 403/12, RGZ 81, 395, 398; BGH v. 14.  3. 1969 – V ZR 8/65, NJW 1969, 1380; kritisch und für Haftung „auf Grund der rechtsgeschäftlichen Erklärung“ Flume, Allgemeiner Teil, Bd.  II, 4.  Aufl., 1992, §  21 7, S.  423. Dogmengeschichtlicher Überblick bei Schermaier in: Schmoeckel/Rückert/Zimmermann (Hrsg.), HKK-BGB, Bd.  I, 2003, §  122 Rdnr.  93 ff. Anders zuletzt aber Lobinger, Rechtsge­ schäftliche Verpflichtung und autonome Bindung, 1999, S.  207 ff., der davon ausgeht, das Ver­ schulden des Erklärenden liege stets vor und bedürfe daher keiner ausdrücklichen Erwähnung im Gesetzestext. 80   Grundlegend im jüngeren Schrifttum Canaris, Die Vertrauenshaftung im deutschen Pri­ vatrecht, 1971, S.  479 ff., 532 ff. Dem folgend z. B. Armbrüster in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  122 Rdnr.  3 ; Singer in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  1–54, 63 BeurkG, Neubearbeitung 2004, §  122 Rdnr.  2; Hefermehl in: Soergel, BGB, Bd.  1, 13.  Aufl., 2000, §  122 Rdnr.  1; A.Arnold in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  122 Rdnr.  1; Singer, Selbstbestimmung und Verkehrsschutz im Recht der Willenserklärung, 1995, S.  189; S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  375; Mankowski, Beseitigungsrechte, 2003, S.  544. Ansätze in diese Richtung schon bei Müller-Erzbach, AcP 106 (1910) 309, 351 ff.; Oertmann, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch und seinen Nebengesetzen, Bd.  I, 3.  Aufl., 1927, §  122 Anm.  6 ; Oertmann, Recht 1922 Sp.  5, 11. Noch diffus auf eine „unabweisbare Forde­ rung des gutgläubigen Verkehrs“ rekurrierend, Prot. I S.  224 f. = Mugdan I, S.  716. 76

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§  2  Gewährleistung (vorvertraglicher) Informationsinteressen

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ve Interesse seines Gegenübers optimieren wird, d. h. trotz des Lösungsrechts rechtsförmig begründeten Anlass zu entsprechender Sorgfalt hat. Diese Regelung ist ökonomisch rational, weil der Anspruch keinen ex post veranlassten Verstoß gegen die vertragliche Bindung sanktioniert, sondern zu optimaler vorvertrag­ licher Sorgfalt anhalten will und eine Haftung auf das positive Interesse ohne Grundlage in einem fehlerfreien Bindungswillen zu Fehlanreizen führt. 81 Die Be­ grenzung auf das Erfüllungsinteresse lässt sich dabei mit der Überlegung recht­ fertigen, dem Anfechtungsgegner sollen jedenfalls übermäßige Vertrauensinvesti­ tionen zur Last fallen, wie sie durch die adäquate Bestimmung des kompensati­ onsfähigen positiven Interesses ausgeschieden werden. 82 Die vorherrschende, auf die sachgerechte Risikozuweisung zentrierte Sicht wird bestätigt und abgerundet, wenn man den Ausschlusstatbestand des §  122 Abs.  2 BGB in den Blick nimmt. Dessen Sinn wird häufig dahingehend umschrie­ ben, in den erfassten Konstellationen fehle es an einem schutzwürdigen Vertrauen des Anfechtungsgegners. 83 Der hierdurch gelassene Raum für eine normative Ausfüllung der Chiffre des schutzwürdigen Vertrauens kann genutzt werden, um das identifizierte Prinzip der Risikozuweisung zu Ende zu denken. §  122 Abs.  2 BGB erfasst die Fälle, in denen der Anfechtungsgegner einen komparativen Infor­ mationsvorteil hat. Der Wegfall des Kompensationsanspruchs und die daraus fol­ gende Belastung mit dem vollen Vertrauensschaden sollen Anlass geben, diesen Vorteil zu nutzen. Im Hinblick auf den erkannten Eigenschaftsirrtum84 verfügt der Erklärungs­ gegner über die relevante Information und soll daher zu deren Offenlegung in Form einer Korrektur der Fehlvorstellung seines Gegenübers angehalten werden. Im Fall der Arbeitsteilung führen an dieser Stelle die bereits erwähnten Grund­ sätze der Wissenszurechnung zu einer zutreffenden Abgrenzung der Risikosphä­ re. 85 In der Konstellation des Kennenmüssens geht es in der Sache um die schuld­ hafte Verletzung einer Aufklärungspflicht in Bezug auf die Fehlvorstellung des Erklärenden. 86 Für die Bestimmung ihrer sachlichen Reichweite und die Berück­ sichtigung von der Arbeitsteilung geschuldeten Besonderheiten, insbesondere die   Vgl. auch Ackermann, Der Schutz des negative Interesses, 2007, S.  191 ff.   Zu den Gründen eingehend supra Kapitel 4 §  3 A. II. 2. a). Zur Berücksichtigung im Rah­ men der §§  249 ff. BGB, supra §  1 C. IV. 83   Z. B. Armbrüster in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  122 Rdnr.  20; Singer in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  1–54, 63 BeurkG, Neubearbeitung 2004, §  122 Rdnr.  16. 84   Sofern man diesen als Sachverhaltsirrtum versteht, ist die Anfechtung auch bei positiver Kenntnis des Irrtums nötig, da sich die entsprechende Fehlvorstellung des Erklärenden nicht, wie in den Fällen des §  119 Abs.  1 BGB, bereits durch natürliche Auslegung korrigieren lässt, Singer in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  1–54, 63 BeurkG, Neubearbeitung 2004, §  122 Rdnr.  16; Armbrüster in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  122 Rdnr.  21; Hefermehl in: Soergel, BGB, Bd.  1, 13.  Aufl., 2000, §  122 Rdnr.  5. 85   Zu diesen supra 1 d). 86   Vgl. z. B. RG v. 21.  1. 1927 – I 35/26, RGZ 116, 15, 19. 81

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

Verschuldenszurechnung nach §  278 S.  1 BGB, kann auf die Ausführungen hierzu verwiesen werden. 87 Durch die zutreffende Bestimmung der erforderlichen Sorg­ falt88 und die Abgrenzung des zuzurechnenden Personenkreises können auch auf Seiten des Anfechtungsgegners die optimalen Anreize gesetzt werden. Der entscheidende Gesichtspunkt liegt darin, dass die Regelung des §  122 BGB potentiell beide Parteien mit dem vollen Vertrauensschaden, h, belastet. Der Eintritt eines solchen hängt sowohl von den Sorgfaltsanstrengungen des Erklärenden, x, als auch denjenigen des Empfängers, y, ab, d. h. die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Vertrauensschadens be­ stimmt sich nach der Funktion p(x,y), die mit dem Anstieg beider Variablen fällt. Handelt der Erklärungsempfänger mit optimaler Sorgfalt, y*, trägt der Erklärende nach §  122 Abs.  1, Abs.  2 BGB das volle Schadensrisiko. Er wählt daher seine Sorgfalt so, dass x + p(x,y*)h minimiert wird, d. h. die optimale Sorgfalt, x*. 89 Sind die Gerichte in der Lage, die optimale Sorgfalt zutreffend zu bestimmen und ihre Einhaltung im Einzelfall zu verifizie­ ren, sieht sich der Erklärungsempfänger nach §  122 Abs.  2 BGB ebenfalls mit dem vollen Schaden belastet, wenn seine Sorgfalt dergestalt suboptimal gewählt ist, dass y  y*.90 Dar­ aus folgt der Anreiz, die optimale Sorgfalt zu beachten, solange y + p(x*,y)h  y*, d. h. weil der bei zu geringer Sorgfalt voll zu tragende Schaden die Kosten optimaler Sorgfalt über­ wiegt.91

Zu beachten ist freilich, dass das Pflichtenprogramm des Anfechtungsgegners nach der Regelung des §  122 Abs.  2 BGB auf das Erkennen des Irrtums zentriert ist, d. h. die Umstände seines Entstehens und das Abwenden seiner nachteiligen Folgen nicht umfasst. Die Konsequenz der herrschenden Meinung liegt darin, für beide Konstellationen auf die allgemeine Regelung des §  254 BGB zurückzugrei­ fen.92 Dies bei der Mitverursachung des Irrtums allerdings mit der Maßgabe, dass auch die schuldlose (Mit-)Veranlassung zu einer Anspruchskürzung führt.93 Teil­ weise wird darüber hinaus §  122 Abs.  1 BGB gänzlich außer Anwendung gelassen, wenn der Irrtum vom Anfechtungsgegner verursacht war, weil dieser dann nicht   Zu diesen infra C.   Diese hängt schlicht davon ab, wie weit die komparativen Informationsvorteile reichen und kann daher nicht im Vorhinein abstrakt auf „Evidenzfälle“ beschränkt werden, so aber Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, 10.  Aufl., 2010, Rdnr.  785; Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, 23.  Aufl., 2011, Rdnr.  145; Mankowski, Beseitigungsrechte, 2003, S.  556 f. 89   Dazu schon eingehend supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. b) (1) i. 90   Anreize, die optimale Sorgfalt zu überschreiten hat der Erklärungsempfänger unter Gel­ tung der Regel des §  122 Abs.  2 BGB ohnehin nicht, da die höheren Kosten nicht zu einer Ver­ besserung seiner Position führen, da er bereits bei y*  y voll vom Risiko der Schadenstragung entlastet ist. 91   Grundlegend hierzu Brown, 2 J. Legal Stud. 323 (1973); Diamond, 3 J. Legal Stud. 107 (1974). Zusammenfassend z. B. Shavell, Foundations of Economic Analysis of Law, 2004, S.  199 ff. 92   Zur Anwendbarkeit des §  254 Abs.  2 BGB sofern sich das Mitverschulden auf den Schaden­ sumfang bezieht, z. B. Singer in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  1–54, 63 BeurkG, Neubearbei­ tung 2004, §  122 Rdnr.  18; Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, 22.  Aufl., 2009, Rdnr.  145. 93   BGH v. 14.  3. 1969 – V ZR 8/65, NJW 1969, 1380; Hefermehl in: Soergel, BGB, Bd.  1, 13.  Aufl., 2000, §  122 Rdnr.  98; Larenz/M. Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 9.  Aufl., 2004, §  36 Rdnr.  115; kritisch Medicus/Petersen, Bürgerliches Recht, 23.  Aufl., 2011, Rdnr.  145. 87

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§  2  Gewährleistung (vorvertraglicher) Informationsinteressen

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(allein) der vom Erklärenden beherrschten Sphäre entstamme.94 Die hierin latent mitschwingende, rechtsethisch motivierte Intention, die verschuldensunabhän­ gige Verantwortlichkeit zurückzudrängen und die Probleme durch eine culpaHaftung zu bewältigen – in deren Rahmen dann auch §  254 BGB zur Anwendung kommt –, lässt sich auch aus konsequentialistischer Sicht begründen. Die Scha­ densteilung auf der Grundlage der herrschenden Meinung führt zu einer nicht wünschenswerten Anreizstruktur, weil der Erklärungsempfänger selbst bei aus­ schließlich eigenem Verschulden nicht mit dem vollen Schadensrisiko belastet wird.95 Vorzugswürdig ist daher in diesen Fällen eine Haftung nach §§  280 Abs.  1, 241 Abs.  2, 311 Abs.  2 BGB und der dort auf §  254 BGB gestützten Berücksichti­ gung von Mitverschulden, weil dann jeder der Beteiligten damit rechnen muss, bei suboptimaler eigener Sorgfalt den vollen Vertrauensschaden tragen zu müssen und deshalb in seinen eigenen Sorgfaltsanstrengungen wiederum in wünschens­ werter Weise durch die gesamte mögliche Einbuße motiviert wird.96 b)  Konkurrierende Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen Die Verteilung der Informationsverantwortlichkeit könnte durch einen Anspruch aus §§  280 Abs.  1, 241 Abs.  2, 311 Abs.  2 BGB nachhaltig beeinflusst werden, wenn dieser auch im ureigensten Anwendungsbereich der die irrtumsrechtlichen Kom­ pensationsregeln neben diese träte. Die vorherrschende Sicht geht in der Tat davon aus, dass §  122 Abs.  1 BGB mit einem Anspruch wegen culpa in contrahendo auch dann ideal konkurriere, wenn die vorvertragliche Pflichtverletzung des Erklären­ den allein die Entstehung des Willensmangels betrifft.97 Demgegenüber wird §  122 BGB aber auch die Sperrwirkung einer Spezialregelung zugemessen.98

94   Canaris, Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, 1971, S.  484; Flume, Allgemei­ ner Teil, Bd.  II, 4.  Aufl., 1992, §  21 7, S.  424; Kramer in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1/1, 5.  Aufl., 2006, §  122 Rdnr.  12; Singer in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  1–54, 63 Be­ urkG, Neubearbeitung 2004, §  122 Rdnr.  18; A. Arnold in: Erman, BGB, Bd.  I, 12.  Aufl., 2011, §  122 Rdnr.  8 ; Das Reichsgericht hatte hier mit dem Einwand des Rechtsmissbrauchs das näm­ liche Ergebnis erzielt, RG v. 25.  2. 1913 – III 403/12, RGZ 81, 395, 398. 95   Dies gilt freilich dann nicht, wenn man in diesem Fall die Anwendung des §  254 BGB da­ hin versteht, dass sie zu einer Anspruchskürzung auf null führt, d. h. wie die Regel des §  122 Abs.  2 BGB wirkt und die Anreize daher den soeben modellierten entsprechen. 96   Auch hierzu die supra Fn.  91 Genannten. Zu Weiterungen z. B. Cooter/Ulen, 61 NYU L. Rev. 1067 (1986); Emons, 42 J. Pub. Econ. 89 (1990); Bar-Gill/Ben-Shahar, 5 Am. L. & Econ. Rev. 433 (2003). 97   RG v. 22.  6 . 1936 – IV 75/36, RGZ 151, 357, 359 f.; BGH v. 16.  11. 1967 – III ZR 12/67, BGHZ 49, 77, 82; BGH v. 28.  10. 1971 – VII ZR 15/70, BGHZ 57, 191, 193; BGH v. 25.  5. 1977 – VIII ZR 186/75, BGHZ 69, 53, 56; BGH v. 9.10,1989 – II ZR 257/88, NJW-RR 1990, 229; Armbrüster in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  122 Rdnr.  13; A.Arnold in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  122 Rdnr.  11; Wendtland in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  I, 2.  Aufl., 2007, §  122 Rdnr.  12; Ahrens in: Prütting/Wegen/Weinreich (Hrsg.), BGB, 6.  Aufl., 2011, §  122 Rdnr.  8 ; Larenz/M. Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 9.  Aufl., 2004, §  36 Rdnr.  121; Köhler, BGB Allgemeiner Teil, 34.  Aufl., 2010, §  7 Rdnr.  36. 98   Singer in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  1–54, 63 BeurkG, Neubearbeitung 2004, §  122

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

Es muss kein Argument gegen die herrschende Meinung sein, dass für §  122 Abs.  1 BGB kaum ein eigenständiger Anwendungsbereich bleibt, wenn man in den erfassten Sachverhalten auch einen Anspruch aus §§  280 Abs.  1, 241 Abs.  2, 311 Abs.  2 BGB gewährt. Die erzielten Ergebnisse weichen nach dem Vorgesagten ohnehin nicht nennenswert voneinander ab, weil sowohl die Regelung des §  122 BGB als auch der Anspruch wegen culpa in contrahendo nach ihren je eigenen Regeln zu einer Verteilung der Informationsverantwortlichkeit führen, die opti­ male vorvertragliche Sorgfalt induziert.99 Daran ändert sich selbst dann nichts, wenn entgegen der h. M.100 auch die Alles-oder-Nichts Regelung des §  122 Abs.  2 BGB auf den konkurrierenden Anspruch aus §§  280 Abs.  1, 241 Abs.  2, 311 Abs.  2 BGB Anwendung findet.101 Ergebnisrelevante Abweichungen ergeben sich allerdings dann, wenn mit der konkurrierenden Anwendung der allgemein schuldrechtlichen Haftungsregeln auch die Beschränkung der Verantwortlichkeit auf das Erfüllungsinteresse fällt.102 Dagegen spricht allerdings, dass dann auch die übermäßigen Investitionen im Vertrauen auf die Leistung, die dem Erklärungsempfänger bei Durchführung des Vertrags zur Last gefallen wären, voll ersetzt würden. Ihm würde daher eine un­ eingeschränkte Versicherung eingeräumt, die ihn von der Berücksichtigung der Möglichkeit der Irrtumsanfechtung vollkommen frei stellt.103 Exakt diese Zusam­ menhänge werden in der Literatur benannt, wenn im Anschluss an die Judikatur des Reichsgerichts die Erstreckung der Begrenzung auf das Erfüllungsinteresse

Rdnr.  19; Hefermehl in: Soergel, BGB, Bd.  1, 13.  Aufl., 2000, §  122 Rdnr.  7; Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil, Halbbd. 2, 15.  Aufl., 1960, §  171 II 4, S.  1058. 99   Supra a). Allgemein zur Frage der Gleichwertigkeit von verschuldensunabhängiger und abhängiger Haftung unter Präventionsgesichtspunkten auch supra Kapitel 4 §  3 A. II. 1. b) (1) i. 100   RG v. 22.  6 . 1936 – IV 75/36, RGZ 151, 357, 360; BGH v. 19.  4. 1967 – VIII ZR 8/65, WM 1967, 798, 799; BGH v. 12.  11. 1986 – VIII ZR 280/85, BGHZ 99, 101, 109; Armbrüster in: Mün­ chener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  122 Rdnr.  13; Hefermehl in: Soergel, BGB, Bd.  1, 13.  Aufl., 2000, §  122 Rdnr.  9 ; Ellenberger in: Palandt, BGB, 71.  Aufl. 2012, §  122 Rdnr.  6 ; Larenz/M. Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 9.  Aufl., 2004, §  36 Rdnr.  121; Köhler, BGB Allgemeiner Teil, 34.  Aufl., 2010, §  7 Rdnr.  36. 101   So in jüngerer Zeit, gestützt auf eine einheitliche Anwendung des Vertrauensgedankens v. a. Singer in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  1–54, 63 BeurkG, Neubearbeitung 2004, §  122 Rdnr.  21; Singer, Das Verbot widersprüchlichen Verhaltens, 1993, S.  102, 166; Looschelders, Die Mitverantwortlichkeit des Geschädigten im Privatrecht, 1999, S.  49; Mankowski, Beseitigungs­ rechte, 2003, S.  555; erwägend, aber ohne klares Bekenntnis A.Arnold in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  122 Rdnr.  11. 102   Dafür BGH v. 16.  11. 1967 – III ZR 12/67, BGHZ 49, 77, 82; BGH v. 28.  10. 1971 – VII ZR 15/70, BGHZ 57, 191, 193; BGH v. 25.  5. 1977 – VIII ZR 186/75, BGHZ 69, 53, 56; BGH v. 9.10,1989 – II ZR 257/88, NJW-RR 1990, 229, 230; Armbrüster in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  122 Rdnr.  13; Ellenberger in: Palandt, BGB, 71.  Aufl., 2012, §  122 Rdnr.  6 ; Ahrens in: Prütting/Wegen/Weinreich (Hrsg.), BGB, 6.  Aufl., 2011, §  122 Rdnr.  8 ; Larenz/M. Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 9.  Aufl., 2004, §  36 Rdnr.  121; Köhler, BGB Allgemeiner Teil, 34.  Aufl., 2010, §  7 Rdnr.  36. 103   Vgl. schon supra bei Fn.  82.

§  2  Gewährleistung (vorvertraglicher) Informationsinteressen

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damit begründet wird, der Betroffene solle den „Schaden, der ihn auch bei Gül­ tigkeit des Vertrages getroffen hätte, selbst tragen“.104 Folgt man dem, ergeben sich im Hinblick auf die Anreize bei arbeitsteiliger Wahrnehmung der Informationsverantwortung keine Abweichungen, auch wenn neben den Anspruch aus §  122 BGB die Verschuldenshaftung nach §§  280 Abs.  2, 241 Abs.  2, 311 Abs.  2 BGB tritt. 3.  Informationsverantwortung im Irrtumsrecht bei Arbeitsteilung Insgesamt zeigt sich im Rahmen der Irrtumsanfechtung ein gegenüber den Be­ sonderheiten der arbeitsteiligen Wahrnehmung der Informationsverantwortung sensibilisiertes Regelungsgeflecht. Sowohl im Hinblick auf die Anfechtungsvor­ aussetzungen des §  119 Abs.  2 BGB als auch für die weiteren Folgen der Anfech­ tung lassen sich die ökonomisch maßgeblichen Gesichtspunkte bruchlos inner­ halb der Dogmatik der einschlägigen Rechtsinstitute berücksichtigen. Dies ge­ schieht zum einen über eine auf komparative Informationsvorteile reagierende Bestimmung der Verkehrswesentlichkeit von Eigenschaften.105 Zum anderen fin­ det die Arbeitsteilung im Rahmen des von Wissens- und Verschuldenszurech­ nung mitgeprägten Ausschlusstatbestands des §  122 Abs.  2 BGB adäquate Be­ rücksichtigung.106 Im Folgenden ist das Bild der Informationsverantwortlichkeit durch eine Aus­ einandersetzung mit der Arglistanfechtung insoweit zu vervollständigen, als die Zuweisung der Risiken durch das kodifizierte Recht der Willensmängel erfolgt.

III.  Arglistanfechtung Die Arglistanfechtung reagiert auf Beeinträchtigungen der Willensbildung aus der Sphäre des Erklärungsempfängers, die eine uneingeschränkte Bindung an das rechtsgeschäftliche Versprechen nicht mehr als Ausdruck privatautonomer Selbst­ bestimmung bzw. Stützung präferenzadäquater Allokationsentscheidungen er­ scheinen ließe.107 Unter den Voraussetzungen des §  123 Abs.  1, 1. Alt., Abs.  2 S.  1 BGB liegt die Informationsverantwortung bei dem Erklärungsgegner des Ge­ 104   RG v. 22.  6 . 1936 – IV 75/36, RGZ 151, 357, 359; ebenso Singer in: Staudinger, BGB, §§  9 0– 133; §§  1–54, 63 BeurkG, Neubearbeitung 2004, §  122 Rdnr.  20; Hefermehl in: Soergel, BGB, Bd.  1, 13.  Aufl., 2000, §  122 Rdnr.  7; Singer, Das Verbot widersprüchlichen Verhaltens, 1993, S.  102; Gottwald, JuS 1982, 877, 884; erwägend, aber ohne klares Bekenntnis A.Arnold in: Er­ man, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  122 Rdnr.  11. 105   Supra 1 d). 106   Supra 2 a). 107   Hier nur Mot. I, S.  204 = Mugdan I, S.  465; RG v. 29.  10. 1931 – VI ZR 231/31, RGZ 134, 43, 55; BGH v. 24.  10. 1968 – II ZR 214/66, BGHZ 51, 141, 147; Larenz/M. Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 9.  Aufl., 2004, §  37 Rdnr.  1; Flume, Allgemeiner Teil, Bd.  II, 4.  Aufl., 1992, §  27 1, S.  529.

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

täuschten. Vor dem Hintergrund der arbeitsteiligen Vertragsanbahnung erhält dieser durch die Rechtsfolge des §  142 Abs.  1 BGB Anreize, Täuschungen Dritter zu unterbinden, weil die hierauf basierenden redistributiven Gewinne keinen Be­ stand haben bzw. auf Effizienzsteigerungen beruhende Kooperationsgewinne nicht realisiert werden können.108 Aus der hier zugrundegelegten Perspektive interessiert vor diesem Hintergrund vor allem der normative Schlüsselbegriff der (arglistigen) Täuschung109 sowie das durch §  123 Abs.  2 S.  1 BGB etablierte, abgestufte System der Verantwortung für Willensbeeinflussungen durch Dritte.110 Diese stellen potentiell den dogmatischen Hebel dar, um die Besonderheiten der Arbeitsteilung in der Vertragsanbahnung auch im Rahmen der Arglistanfechtung zu berücksichtigen. 1.  Die Zentralität der Informationspflichten für die erfassten Täuschungshandlungen Während im Rahmen des §  119 BGB die Informationsverantwortung durch das differenzierte System anfechtungsrelevanter und unerheblicher Irrtümer des Er­ klärenden zugewiesen wird, unterscheidet §  123 Abs.  1, 1. Alt. BGB nicht in ver­ gleichbarer Weise zwischen verschiedenen täuschungsbedingten Fehlvorstellun­ gen, die für die Abgabe der konkreten Willenserklärung ursächlich wurden.111 Die erste zentrale Weichenstellung erfolgt im Rahmen der Arglistanfechtung vielmehr durch die Scheidung von missbilligten und zulässigen Willensbeeinflus­ sungen, d. h. über die Abgrenzung der tatbestandsmäßigen Handlungen. In ob­ jektiver Hinsicht geht es insoweit um die Ermittlung der Verhaltensweisen, die in normativ missbilligter Weise die Vorstellungen des Erklärenden beeinflussen, in­ dem sie durch positives Tun oder durch Unterlassen auf diese einwirken.112 Sub­ jektiv wird die Verantwortungszuweisung durch das Vorsatzerfordernis be­ stimmt.113 a)  Informationspflichtwidrigkeit der Fehlvorstellung als normative Verbindung von aktivem Tun und Unterlassen In einer griffigen Formulierung wird die tatbestandsmäßige Täuschung als das Erregen, Bestärken oder Aufrechterhalten eines Irrtums durch das Vorspiegeln falscher oder das Verschweigen wahrer Tatsachen umschrieben.114 Hierbei handelt   Bereits supra I. Dort, 3., auch zu den weitergehenden Haftungsfolgen der Täuschung.   Infra 1. 110   Infra 2. 111   Deutlich Armbrüster in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  123 Rdnr.  26. 112   Infra a). 113   Infra b). 114   Vgl. BGH v. 13.  5. 1957 – II ZR 56/56, NJW 1957, 988; BGH v. 8.  12. 1999 – I ZR 230/97, NJW 2000, 2497, 2498; Singer/v. Finckenstein in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  1–54, 63 Be­ urkG, Neubearbeitung 2004, §  123 Rdnr.  6 ; Ahrens in: Prütting/Wegen/Weinreich (Hrsg.), 108 109

§  2  Gewährleistung (vorvertraglicher) Informationsinteressen

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es sich freilich nicht um eine trennscharf subsumtionsfähige Definition, sondern vielmehr um eine holzschnittartige Beschreibung des Themas. Dieses begegnet mit der Frage, wann das Vorspiegeln oder Verschweigen rechtlich dergestalt miss­ billigt ist, dass es mit der Anfechtbarkeit der veranlassten Willenserklärung belegt wird. Ausgangspunkt der Dogmatik ist, dass die Irreführung durch aktives Tun in der Regel, die unterlassene Aufklärung lediglich bei Bestehen einer gegenteiligen Handlungspflicht rechtswidrig und daher tatbestandsmäßig ist.115 Hieran knüpft sich die Notwendigkeit, exakt zwischen aktiver Irreführung und schlichter Untä­ tigkeit zu unterscheiden, was insbesondere in den praktisch häufigen Grauzonen der Kommunikation von Halbwahrheiten und unvollständigen Auskünften – nur wenige Vertragsschließende werden zu den kritischen Punkten ausschließlich schweigen – zu diffizilen Abgrenzungen zwingt.116 Bei der Bewältigung dieser rechtstatsächlich begründeten Schwierigkeiten sollte freilich die Vorstellung ver­ mieden werden, es handle sich um ein reines Sachverhaltsproblem. Die Zuord­ nung eines bestimmten Verhaltens zur uneingeschränkten Wahrheitspflicht (po­ sitives Tun) bzw. zur beschränkten Aufklärungspflicht (Unterlassen) ist ersicht­ lich auch von einer normativen Vorstellung über deren jeweilige Reichweite in der konkreten Situation geprägt. In den Mittelpunkt rücken somit die kontextabhän­ gigen Informationspflichten als überwölbender Gesichtspunkt der objektiven Ri­ sikozuweisung. An dieser Stelle ist bedeutsam, dass die Pflichtenstandards, die im Rahmen des §  123 Abs.  1, 1. Alt. BGB zugrundegelegt werden, denjenigen der Haftung nach §  280 Abs.  1, 241 Abs.  2, 311 Abs.  2 BGB entsprechen.117 Die Konkretisierung der BGB, 6.  Aufl., 2011, §  123 Rdnr.  4 ; Larenz/M. Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 9.  Aufl., 2004, §  37 Rdnr.  6 ; Köhler, BGB Allgemeiner Teil, 34.  Aufl., 2010, §  7 Rdnr.  39; Ellenberger in: Palandt, BGB, 71.  Aufl., 2012, §  123 Rdnr.  3.; sachgleich z. B. Armbrüster in: Mün­ chener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  123 Rdnr.  13, 27; Hefermehl in: Soergel, BGB, Bd.  1, 13.  Aufl., 2000, §  123 Rdnr.  2, 5. 115   Vgl. z. B. Singer/v. Finckenstein in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  1–54, 63 BeurkG, Neubearbeitung 2004, §  123 Rdnr.  9 ff.; Armbrüster in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, .  Aufl., 2012, §  123 Rdnr.  27 ff.; Hefermehl in: Soergel, BGB, Bd.  1, 13.  Aufl., 2000, §  123 Rdnr.  5 ff.; Ahrens in: Prütting/Wegen/Weinreich (Hrsg.), BGB, 6.  Aufl., 2011, §  123 Rdnr.  8 ; Larenz/M. Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 9.  Aufl., 2004, §  37 Rdnr.  5 ff.; Köhler, BGB Allgemeiner Teil, 34.  Aufl., 2010, §  7 Rdnr.  39 ff. 116   S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  411; Fleischer, Informati­ onsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  252 befürworten eine Auslegung des gesamten Ver­ haltens des potentiell Täuschenden, um dessen Bedeutung aus der Sicht des Rechtsverkehrs zu ermitteln. Dazu noch infra C. II. 1. b). 117   So schon Breidenbach, Die Voraussetzungen von Informationspflichten beim Vertrags­ schluss, 1989, S.  10; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  4 49 f.; implizit auch die infra Fn.  134 Genannten. Zur Trennung der objektiven Aufklärungspflicht von den subjektiven Voraussetzungen der Zurechung ihrer Verletzung auch, Henssler, Risiko als Ver­ tragsgegenstand, 1994, S.  145; S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  416, 419, 440; Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, 1997, S.  8 ff. BGH v. 14.  10. 1994 – V ZR 196/93, NJW 1995, 45 geht davon aus, dass die Voraussetzungen für die Annahme

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

objektiven, das Rechtswidrigkeitsurteil118 hier wie dort bestimmenden Verhal­ tenspflichten ist somit unabhängig von den subjektiven Voraussetzungen des An­ fechtungsrechts bzw. des Schadensersatzanspruchs. Auf die Darstellung der Pflichtenlage gerade im Hinblick auf die Arbeitsteilung im Zusammenhang mit der fahrlässigen Informationspflichtverletzung kann daher verwiesen werden.119 b)  Arglisterfordernis Im Ausgangspunkt lässt sich festhalten, dass den subjektiven Anforderungen des §  123 Abs.  1, 1. Alt. BGB keine, speziell im Hinblick auf die Besonderheiten der Arbeitsteilung zu entfaltende Dimension zukommt. Für die Tatbestandsmäßig­ keit kommt es stets darauf an, dass der Handelnde, also auch der Dritte, positiv wusste oder doch zumindest für möglich hielt,120 dass er täuscht.121 Das Vorsatzer­ fordernis ist für die Zuweisung der Informationsverantwortung vor allem deshalb von Bedeutung, weil sich diese im Rahmen des §  123 Abs.  1 BGB ausschließlich auf beim Täuschenden vorhandenes Wissen bezieht. Die Unkenntnis der wahren Sachlage schließt, unabhängig von ihren Ursachen, den Arglistvorwurf aus,122 so­ dass sich mit der Anfechtung nach §  123 Abs.  1 BGB niemals eine Informations­ einer Aufklärungspflicht bei Arglistanfechtung und Haftung wegen vorvertraglicher Pflicht­ verletzung identisch sind. 118   Auch die arglistige Täuschung setzt das, im Wortlaut des §  123 Abs.  1 BGB nur auf die Drohung bezogene, Rechtswidrigkeitsurteil voraus, vgl. nur Neumann-Duesberg, JR 1967, 1, 2; v. Lübtow, Festschrift für Horst Bartholomeyczik, 1973, S.  249, 273, 275 unter Hinweis auf das Verständnis des historischen Gesetzgebers (Bericht der XII Kommission über den allgemeinen Teil vom 12.  6 . 1996, S.  39 = Mugdan I, S.  965); vgl. auch Wacke, SZ 94 (1977) 184, 224 Fn.  195. 119   Infra C. II. 120   Zu der Bejahung bedingten Vorsatzes in den Fällen des Behauptens „ins Blaue hinein“ nur RG v. 2.  1. 1914 – VII 362/13, WarnR 1914 Nr.  109; BGH v. 21.  1. 1975 – VIII ZR 101/73, BGHZ 63, 382, 387 f.; BGH v. 2.  5. 1980 – IVa ZR 1/80, NJW 1980, 2460, 2461; BGH v. 18.  1. 1995 – VIII ZR 23/94, NJW 1995, 955, 956; BGH v. 7.  6 . 2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64, 69 Rdnr.  13; ebenso die ganz h. M. z. B. Singer/v. Finckenstein in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  1–54, 63 BeurkG, Neubearbeitung 2004, §  123 Rdnr.  28; Armbrüster in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  123 Rdnr.  15; Hefermehl in: Soergel, BGB, Bd.  1, 13.  Aufl., 2000, §  123 Rdnr.  27, 29; Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, 10.  Aufl., 2010, Rdnr.  788; Larenz/M. Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 9.  Aufl., 2004, §  37 Rdnr.  11; Köhler, BGB All­ gemeiner Teil, 34.  Aufl., 2010, §  7 Rdnr.  43. 121   BGH v. 13.  5. 1957 – II ZR 56/56, NJW 1957, 988; BGH v. 22.  1. 1990 – II ZR 25/89, WM 1990, 505, 506; BGH v. 19.  3. 1992 – III ZR 16/90, BGHZ 117, 363, 368; BGH v. 19.  5. 1999 – XII ZR 210/97, NJW 1999, 2804, 2806; BGH v. 20.  10. 2000 – V ZR 285/99, NJW 2001, 64; BGH v. 22.  2. 2005 – X ZR 123/03, WM 2005, 1287, 1288; Singer/v. Finckenstein in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  1–54, 63 BeurkG, Neubearbeitung 2004, §  123 Rdnr.  28; Armbrüster in: Mün­ chener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  123 Rdnr.  13 f.; Hefermehl in: Soergel, BGB, Bd.  1, 13.  Aufl., 2000, §  123 Rdnr.  26; Larenz/M. Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 9.  Aufl., 2004, §  37 Rdnr.  6 . 122   RG v. 2.  1. 1914 – VII 362/13, WarnR 1914 Nr.  109; BGH v. 16.  3. 1977 – VIII ZR 283/75, NJW 1977, 1055; Singer/v. Finckenstein in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  1–54, 63 BeurkG, Neubearbeitung 2004, §  123 Rdnr.  28; Armbrüster in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  123 Rdnr.  16; Hefermehl in: Soergel, BGB, Bd.  1, 13.  Aufl., 2000, §  123 Rdnr.  26; für analoge Anwendung bei fahrlässiger Täuschung aber die infra Fn.  163 Genannten.

§  2  Gewährleistung (vorvertraglicher) Informationsinteressen

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beschaffungspflicht verbindet. Die diesbezüglichen Möglichkeiten der Beteiligten spielen daher ersichtlich keine Rolle, vielmehr geht es um deren Umgang mit vor­ handenem Wissen. Der spezifische Drittbezug der Arglistanfechtung liegt dem­ nach darin, dass die Verwendung von (auch) bei Dritten vorhandenen Informati­ onen beeinflusst werden soll. Gesetzt werden Anreize zur Einwirkung auf Dritte, um diese einerseits davon abzuhalten, den Erklärenden aktiv in die Irre zu führen und sie andererseits anzuhalten, relevante Informationen zur Verfügung zu stel­ len. Diese Erkenntnis ist wichtig, wenn es im Folgenden darum geht, den Kreis der Personen abzugrenzen, deren informationelles Fehlverhalten geeignet ist, die an­ fechtungsbedingten Nachteile für den Erklärungsempfänger auszulösen. 2.  Verantwortlichkeit für Täuschungen durch Dritte Im Zusammenhang mit der arbeitsteiligen Vertragsanbahnung weist die Regelung des §  123 Abs.  2 S.  1 BGB das Täuschungsrisiko dem Erklärungsempfänger ent­ weder deshalb zu, weil ihm das informationelle Fehlverhalten des Handelnden zuzurechnen ist oder weil er dieses kannte oder kennen musste. Als Instrument der Risikozuweisung fungiert also zum einen die unbedingte Verantwortlichkeit für das Handeln bestimmter Personen.123 Zum anderen stehen die Wissenszurech­ nung sowie die Pflicht zur Sachverhaltsermittlung in Rede.124 a)  Unbedingte Zurechnung von Täuschungen durch Personen im Verantwortungsbereich des Erklärungsempfängers Mit der Regelung des §  123 Abs.  2 S.  1 BGB zielte der historische Gesetzgeber auf einen Interessenausgleich zwischen dem in seiner Willensfreiheit beeinträchtigten Erklärenden und dem auf die Gültigkeit des Geäußerten vertrauenden Empfän­ ger, die auf vermeintliche „Härten“ der willenstheoretisch fundierten Grundregel des §  123 Abs.  1 BGB reagieren sollte.125 Es verwundert vor dem Hintergrund die­ ser Begründung nicht, dass sich die Judikatur von einem zunächst rein formellen Verständnis des „Dritten“126 immer weiter entfernt hat127 und sich mittlerweile zu   Infra a).   Infra b). 125   Mot. I, S.  206 = Mugdan I, S.  466. 126   Dritter war zunächst jeder, der nicht selbst Empfänger der Erklärung des Getäuschten war, sodass neben der Täuschung des Vertragspartners selbst nur diejenige seiner Stellvertreter die Anfechtungsmöglichkeit einschränkte, RG v. 8.  7. 1905 – V 609/04, RGZ 61, 207, 212; RG v. 27.  10. 1909 – V 591/08, RGZ 72, 133, 135 ff. Dies galt auch für den falsus procurator, wenn des­ sen Geschäft später genehmigt wurde, RG v. 16.  3. 1911 – VI 239/10, RGZ 76, 107, 109. 127   Erste, auf normativen Überlegungen beruhende Weiterungen begegnen mit der Ausnah­ me von Verhandlungsbeauftragten, die zwar den Vertragsschluss selbständig vorbereiten, an diesem aber nicht beteiligt und damit nicht Erklärungsempfänger sind, RG, SeuffA 91, Nr.  40. Weitergehend in der Lehre bereits v.Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, Bd.  II/1, 1914, S.  616 f. 123 124

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einer materiell motivierten Einschränkung des Kreises der unter §  123 Abs.  2 S.  1 BGB zu subsumierenden Personen und der daraus resultierenden Erweiterung der Anfechtbarkeit bekennt.128 Im Interesse größtmöglicher Flexibilität richtet  allerdings auch die neuere Rechtsprechung die Sphärenabgrenzung zumindest rhetorisch an Billigkeitserwägungen aus, wenn sie davon ausgeht, solche Personen seien keine Dritten im Sinne des §  123 Abs.  2 S.  1 BGB, deren „Verhalten dem  Erklärungsempfänger wegen besonders enger Beziehungen zwischen beiden  oder wegen sonstiger besonderer Umstände billigerweise zugerechnet werden muss“.129 Neben ausfüllungsbedürftigen Umschreibungen des Sachproblems, die von ei­ ner Zuordnung der „Vertrauensperson“ des Erklärungsempfängers sprechen,130 weil diese „in seinem Lager“ stehe,131 treten in der Literatur Vorschläge für eine operable, dogmatische Fundierung der Sphärenabgrenzung auf der Grundlage anerkannter Zurechnungsinstitute. Diese knüpfen teilweise mit der zutreffenden Überlegung an in der Rechtsprechung vorhandene Ansätze an,132 wonach die An­ fechtbarkeit nach §  123 Abs.  1, 1. Alt. BGB auf die Verletzung objektiver Informa­ tionspflichten reagiere,133 weshalb die Verantwortlichkeit für Dritte entlang der Zurechnungsnorm des §  278 S.  1 BGB zu bestimmen sei.134 Der Hinweis auf die verschiedenen Rechtsfolgen und die vermeintlich unterschiedlichen, sich aber auch weitgehend überlappenden Schutzgüter von vorvertraglicher culpa-Haftung und Arglistanfechtung vermag die Angemessenheit der so gefundenen Risikozu­ weisung noch nicht zu widerlegen.135 Aus der hier eingenommenen Perspektive ist es nur sinnvoll, dem Erklärungsempfänger das Risiko des informationellen Fehl­ 128   Die Entwicklung nahm ihren Verlauf ausgehend vom Verbraucherrecht des Abzahlungs­ kaufs, BGH v. 8.  2. 1956 – IV ZR 282/55, BGHZ 20, 36; BGH v. 17.  11. 1960 – VII ZR 115/59, BGHZ 33, 302; BGH v. 20.  2. 1967 – III ZR 40/66, BGHZ 47, 224. 129   BGH v. 20.  11. 1995 – II ZR 209/94, NJW 1996, 1051; BGH v. 1.  6 . 1989 – III ZR 261/87, NJW 1989, 2879, 2880. Auch schon BGH v. 6.  7. 1978 – III ZR 63/76, NJW 1978, 2144, 2145. 130   Z. B. BGH v. 17.  11. 1960 – VII ZR 115/59, BGHZ 33, 302, 310; Armbrüster in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  123 Rdnr.  6 4. 131   Z. B. Bork, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 3.  Aufl., 2010, Rdnr.  879; S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  324. Bezeichnung als „Lagertheo­ rie“ bei Larenz/M. Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 9.  Aufl., 2004, §  37 Rdnr.  17; sinngleich Flume, Allgemeiner Teil, Bd.  II, 4.  Aufl., 1992, §  29 3, S.  545; Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, 10.  Aufl., 2010, Rdnr.  8 03. 132   BGH v. 20.  2. 1967 – III ZR 40/66, BGHZ 47, 224, 229; BGH v. 26.  9. 1962 – VIII ZR 113/62, NJW 1962, 2195, 2196; BGH v. 10.  1. 1963 – II ZR 19/62, WM 1963, 250, 252; BGH v. 20.  2. 1967 – III ZR 40/66, NJW 1967, 1026, 1027. 133   Supra 1 a). 134   Grundlegend W. Schubert, AcP 168 (1968) 470, 476 ff.; zustimmend, z. T. mit Weiterungen Singer/v. Finckenstein in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  1–54, 63 BeurkG, Neubearbeitung 2004, §  123 Rdnr.  47; Armbrüster in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  123 Rdnr.  6 4 f.; Hefermehl in: Soergel, BGB, Bd.  1, 13.  Aufl., 2000, §  123 Rdnr.  32; S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  325; Immenga, BB 1984, 5. 135   So aber Martens, JuS 2005, 887, 888, dessen eigene Lösung (ibid., S.  888 f.) sich in der Sache nicht von der Orientierung an dem hier zugrundegelegten, materiellen Begriff des in die Ver­ tragsverhandlungen eingeschalteten Erfüllungsgehilfen unterscheidet.

§  2  Gewährleistung (vorvertraglicher) Informationsinteressen

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verhaltens Dritter im Rahmen der Arglistanfechtung aufzubürden, wenn er dieses überlegen beherrscht. Nur dann ist es effizient, ihn rechtsförmig (auch) durch die drohende Nichtigkeit nach §  142 Abs.  1 BGB zu veranlassen, gegensteuernde Maßnahmen zu ergreifen, andernfalls bleiben diese besser dem Erklärenden auf­ erlegt. Genau diese Voraussetzungen werden aber auch für die arbeitsteilige Ver­ tragsanbahnung136 durch die Abgrenzung des Personenkreises anhand der Maß­ stäbe des §  278 S.  1 BGB gesichert.137 Das Bedenken, hierdurch falle die Verant­ wortlichkeit des Erklärungsempfängers zu eng aus, weil z. B. der Vertreter ohne Vertretungsmacht oder sonstige, nur scheinbar von ihm betraute Personen als Dritte im Sinne des §  123 Abs.  2 S.  1 BGB anzusehen seien,138 verfängt auf dem gegenwärtigen Stand der Dogmatik des §  278 S.  1 BGB nicht. Diese unterstellt insbesondere „Scheinerfüllungsgehilfen“ dem Zurechnungsregime und integriert damit die vermeintlich im Rahmen des §  123 Abs.  2 S.  1 BGB notwendigen Rechts­ scheinüberlegungen in den Begriff des Erfüllungsgehilfen.139 Schließlich kann die Erfüllungsgehilfeneigenschaft auch durch nachträgliche Zustimmung zu dem Handeln der Hilfsperson begründet werden,140 sodass auch insoweit die empfun­ denen Schutzlücken bereits auf der Grundlage der Dogmatik des §  278 S.  1 BGB geschlossen sind. Dies gilt erst recht, wenn man dem hier vorgeschlagenen, nor­ mativen Verständnis der Einschalthaftung folgt, wie es insbesondere im Hinblick auf das Kriterium des Sich-Bedienens zum Tragen kommt, bei dem es statt auf einen personenbezogenen auf einen organisationsbezogenen Schuldnerwillen an­ kommt.141 Sieht man die Basis der Anfechtung in der Verletzung von Informations­ pflichten, liegt es näher, zur Bestimmung des dem Erklärungsempfängers zuzu­ rechnenden Personenkreises auf die Figur des Erfüllungsgehilfen zu rekurrieren, statt auf diejenige des Wissensvertreters, wie es von Teilen des Schrifttums befür­ wortet wird.142 Zur Schließung von Schutzlücken ist dies jedenfalls nicht erforder­ lich. Im Übrigen werden sich für die Anwendung des §  123 Abs.  2 S.  1 BGB im Einzelfall kaum ergebnisrelevante Unterschiede ergeben, da auch die Figur des Wissensvertreters in personeller Hinsicht den Kreis der Personen umreißt, deren informationelles Fehlverhalten der Erklärungsempfänger potentiell besser be­ herrscht als der Erklärende.   Für die arbeitsteilige Leistungserbringung supra §  1 C. II 2.   Eingehend noch infra C. II. 3. b). 138   Singer/v. Finckenstein in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  1–54, 63 BeurkG, Neubearbei­ tung 2004, §  123 Rdnr.  47; Armbrüster in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  123 Rdnr.  65; S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  325 f. 139   Supra §  1 Fn.  455. 140   RG LZ 1913, 466 Nr.  13; BGH v. 13.  11. 1954 – II ZR 23/54, NJW 1955, 297; Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  278 Rdnr.  22; Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  42. 141   Supra §  1 C. II. 2. b) und infra C. II. 3. b). 142   Larenz/M. Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 9.  Aufl., 2004, §  37 Rdnr.  17; Köhler, BGB Allgemeiner Teil, 34.  Aufl., 2010, Rdnr.  46. 136 137

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

Die Einzelheiten der personellen Risikozuweisung im Rahmen des §  123 Abs.  2 S.  1 BGB müssen an dieser Stelle nicht vertieft werden. Sie folgen nach dem Vor­ gesagten den im Rahmen der Haftung für fahrlässige Informationspflichtverlet­ zungen zu erörternden Grundsätzen der Einstandspflicht für Erfüllungsgehil­ fen.143 b)  Kenntnis und Kennenmüssen des Erklärungsempfängers Der Kreis der Personen, deren Täuschungen dem Erklärungsempfänger ohne Weiteres zugerechnet werden, weil sie keine Dritten im Sinne des §  123 Abs.  2 S.  1 BGB sind, setzt sich nach dem Vorgesagten aus denjenigen Akteuren zusammen, deren informationelles Fehlverhalten vom Schuldner im Rahmen der arbeitstei­ ligen Vertragsanbahnung überlegen beherrscht werden kann. Die Frage nach der Kenntnis oder dem Kennenmüssen stellt sich dementsprechend nur im Hinblick auf Täuschungen Dritter, die außerhalb der Vertriebsorganisation des Erklä­ rungsempfängers stehen. Originär durch die Arbeitsteilung ausgelöste Problemlagen begegnen daher auf dieser Ebene der Anfechtungsschranke des §  123 Abs.  2 S.  1 BGB nur,144 soweit innerhalb der Organisation des Erklärungsempfängers positive Kenntnis von der Täuschung besteht und sich daher die Frage nach einer Wissenszurechnung stellt.145 Zum anderen ergibt sich die Frage, inwieweit Defizite bei der Sachver­ haltsaufklärung hierfür zuständiger Hilfspersonen des Erklärungsempfängers diesem nach §  278 S.  1 BGB zugerechnet werden können. Insoweit geht es letztlich um die Verletzung einer Informationsbeschaffungspflicht, die zwar nicht mit ei­ ner Haftung sanktioniert ist, die aber hinsichtlich der Person des Erfüllungsgehil­ fen, des Pflichtenkreises und des Sorgfaltsmaßstabs den allgemeinen Grundsätzen folgt.146

C.  Haftung für fahrlässige Informationspflichtverletzung Wenn jenseits der Anfechtungstatbestände Fehlvorstellungen des Erklärenden in Rede stehen, die vom Empfänger oder Dritten jedenfalls nicht vorsätzlich herbei­ geführt wurden, verlaufen die Grenzen der Informationsverantwortung über dogmatisch weniger klar durch sichtbare Markierungen in der lex scripta ausge­ wiesenes Terrain. Die in diesem Zusammenhang von der Judikatur etablierte Haftung für fahrlässige Informationspflichtverletzungen, die über die Natural­ restitution (§  249 Abs.  1 BGB) zumindest zu einer Vertragsaufhebung führt,147 hat   Infra C. II. 3.   Allgemein zu den Fragen des Kennens und Kennenmüssens bei einer Täuschung durch Dritte, S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  327 ff. 145   Zur eigenen Konzeption derselben supra II 1 d). 146   Infra C. II. 3. 147   BGH v. 31.  1. 1962 – VIII ZR 120/60, NJW 1962, 1196, 1198 f.; BGH v. 28.  2. 1968 – VIII 143

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§  2  Gewährleistung (vorvertraglicher) Informationsinteressen

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in der Lehre neben anhaltender Kritik148 in jüngerer Zeit vor allem Zustimmung hinsichtlich der großen Linie erfahren.149 Die kaum mehr überschaubare Literatur ist folglich vor allem bemüht, die Konturen der begründeten Verantwortlichkeit durch eine Klärung der Konkurrenzverhältnisse und die Konkretisierung der Tatbestandsmerkmale klarer erkennbar zu machen. Diese werden auch nach der Schuldrechtsmodernisierung durch die ausfüllungsbedürftigen Bestimmungen der §§  280 Abs.  1, 241 Abs.  2, 311 Abs.  2 BGB allenfalls grob skizziert. Die Abwei­ chungen in den Einzelheiten beruhen nicht selten auf tiefschürfend begründeten, divergierenden Konzeptionen der überpositiven Grundlagen der Informations­ verantwortlichkeit, die in der Interpretation der Tatbestandsmerkmale zum Tra­ gen kommen.150 Auf den Streitstand muss vor dem Hintergrund des fokussierten Erkenntnisziels dieser Untersuchung nicht in allen Einzelheiten eingegangen werden. Die eigene Position zu den Grundfragen wurde bereits dargestellt.151 In ihrer Umsetzung sind nun die für maßgeblich gehaltenen ökonomischen Deter­ minanten der Informationsverantwortung bei der arbeitsteiligen Vertragsanbah­ nung152 im Rahmen der Haftung für die Verletzung vorvertraglicher Informati­ onspflichten zu entfalten. Hierbei ist die eigene Sicht in Bezug zum Stand der Dogmatik zu setzen. Dabei gilt es zunächst Wesentliches von Unwesentlichem zu scheiden, indem die grundsätzlichen Weichen bei der Risikozuweisung herausgearbeitet werden.153 ZR 210/65, NJW 1968, 986, 987; BGH v. 24.  3. 1977 – III ZR 198/74, NJW 1978, 41, 42; BGH v. 11.  5. 1979 – V ZR 75/78, NJW 1979, 1983; BGH v. 22.  2. 1984 – IVa ZR 63/82, NJW 1984, 2814, 2815; BGH v. 22.  1. 1991 – V ZR 299/89, NJW 1991, 1673, 1675; BGH v. 24.  10. 1996 – IX ZR 4/96, NJW 1997, 254; BGH v. 26.  9. 1997 – V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 303 f.; BGH v. 10.  1. 2006 – XI ZR 169/05, NJW 2006, 845, 847. Das Reichsgericht hatte zwar auch ein Nebeneinan­ der von Arglistanfechtung und eigenen (Verjährungs-)Regeln folgenden, obligatorischen Auf­ hebungsansprüchen zugelassen, dabei aber das Vorsatzdogma prinzipiell aufrechterhalten, RG v. 29.  3. 1912 – VII 48/12, RGZ 79, 194, 197. 148   Kritisch in jüngerer Zeit z. B. Krüger, Festschrift für Helmut Kollhosser, Bd.  II, 2004, S.  329; Gerd Müller, Festschrift für Walter Hadding, 2004, S.  199, 208 f.; früher scharf ablehnend z. B. Medicus, JuS 1965, 209, 212 ff.; Canaris, ZGR 1982, 395, 416 ff.; Lieb, Festschrift 600 Jahre Universität zu Köln, 1988, S.  251, 264; Flume, AcP 193 (1993) 89, 114. 149   Vor der Schuldrechtsmodernisierung z. B. Gernhuber, Das Schuldverhältnis, 1988, §  8 III 3, S.  196 f.; Larenz, Schuldrecht I, 14.  Aufl., 1987, §  9 I a, S.  111 f.; S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  330 ff.; Paefgen, Haftung für mangelhafte Aufklärung aus cul­ pa in contrahendo, 1999, S.  29 ff.; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  430 ff.; Fleischer, AcP 200 (2000) 91, 96 ff., 118; R. Schwarze, Vorvertragliche Verständigungs­ pflichten, 2001, S.  306 ff.; vgl. auch den Meinungsumschwung bei Canaris, AcP 200 (2000) 273, 305 ff. Nach der Schuldrechtsmodernisierung Löwisch in: Staudinger, BGB, §§  311, 311a, 312, 312a–f, Neubearbeitung 2005, §  311 Rdnr.  142; Emmerich in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  311 Rdnr.  117; Kindl in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  311 Rdnr.  4 4; Rieble in: Dauner-Lieb/Konzen/K. Schmidt, (Hrsg.), Das neue Schuldrecht in der Praxis, 2003, S 137, 151; B. Mertens, AcP 203 (2003) 819, 844 ff. 150   Vgl. v. a. Fleischer, Informationsasymmetrien im Vertragsrecht, 2001, S.  178 ff. einerseits und R. Schwarze, Vorvertragliche Verständigungspflichten, 2001, S.  40 ff., 77 ff. andererseits. 151   Supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. c). 152   Supra Kapitel 4 §  3 C. II, III. 153   Infra I.

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

Die danach für zentral befundene Frage nach der zurechenbaren Verletzung von vorvertraglichen Informationspflichten ist anschließend mit Blick auf die Beson­ derheiten der arbeitsteiligen Vertragsanbahnung zu beleuchten.154

I.  Nebeneinander von Arglistanfechtung und Verantwortlichkeit   für fahrlässige Informationspflichtverletzungen In der Literatur wird das Nebeneinander von Arglistanfechtung und Aufhe­ bungsanspruch wegen fahrlässiger Informationspflichtverletzung seit jeher mit einem anderweitig nicht zu befriedigenden Schutzbedürfnis des fahrlässig Irrege­ führten begründet,155 aus dem sich die Lösungsmöglichkeit jenseits der Voraus­ setzungen der §  123 f. BGB legitimieren lasse.156 Diese materielle Überlegung lässt sich aus konsequentialistischer Sicht untermauern, weil auch aus dieser Perspekti­ ve die Risikozuweisung unvollständig bliebe, wenn lediglich der vorsätzlich feh­ lerhafte Umgang mit präsentem Wissen rechtsförmig sanktioniert würde.157 So­ fern entlang der entwickelten Kriterien ein legitimes Informationsbedürfnis des Erklärenden besteht, muss gesichert sein, dass der Informationspflichtige durch die Rechtsordnung zur optimalen Sorgfalt angehalten wird, dieses zu befriedigen. Wer kostengünstigeren Zugriff auf redistributiv oder in Bezug auf den Vertrags­ gegenstand wertsenkend wirkende Informationen hat, muss unter Effizienzge­ sichtspunkten dazu angehalten werden, seine Informationsvorteile zu nutzen und für die wünschenswerte Informationsverbreitung und -beschaffung zu sorgen.158 Der andernfalls uneingeschränkt induzierte, informationelle Selbstschutz des Aufklärungsbedürftigen führte demgegenüber zu in dieser Höhe vermeidbaren Transaktionskosten und damit sowohl zu einer Beeinträchtigung der Interessen der Beteiligten als auch zu einer Schwächung der Institution des Vertragsrechts. Zumindest nach der Schuldrechtsmodernisierung, die dem vor einschneidenden Reformen nicht zurückscheuenden Gesetzgeber von Anfang an kein Anlass war,159 die beschriebene Rechtsentwicklung zu korrigieren, sollte die grundsätz­   Infra II.   Z. B. Larenz, Festschrift für Kurt Ballerstedt, 1975, S.  397, 411. 156   Singer, Selbstbestimmung und Verkehrsschutz im Recht der Willenserklärung, 1995, S.  238; S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  337; Fleischer, AcP 200 (2000), S.  91, 101; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  434; ebenso auch R. Schwarze, Vorvertragliche Verständigungspflichten, 2001, S.  40 ff., 77 ff., 306 ff., der das rechtstheoretische Fundament der vorvertraglichen Informationspflichten in eingehend darge­ legten, materiellen Gerechtigkeitsprinzipien sieht. 157   Zu dieser Beschränkung im Rahmen des §  123 BGB supra B. III 1 b). 158   Supra Kapitel 4 §  3 C. II. Ebenso im Kontext der Haftung wegen fahrlässiger Informati­ onspflichtverletzung Fleischer, AcP 200 (2000) 91, 101 f.; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  434 f.; Mankowski, Beseitigungsansprüche, 2003, S.  343. 159   Nach BMJ (Hrsg.), Abschlußbericht der Kommission zur Überarbeitung des Schuldrech­ ts, 1992, S.  144 sollte die Klärung des Verhältnisses von culpa in contrahendo und Täuschungs­ anfechtung weiterhin Wissenschaft und Praxis überlassen bleiben. 154 155

§  2  Gewährleistung (vorvertraglicher) Informationsinteressen

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liche Legitimität des Nebeneinander von Täuschungsanfechtung und Haftung wegen zurechenbarer Verletzung von Informationspflichten für das geltende Recht nicht mehr angezweifelt werden.160 Auch für Feigenblattkonstruktionen, mit deren Hilfe das in der Sache nicht wegzudiskutierende Konkurrenzverhältnis der Rechtsinstitute kaschiert werden soll,161 ohne die eigentlichen Sachprobleme zu lösen, besteht weder Bedürfnis noch Raum.162 Selbst unter dieser Prämisse verbleiben freilich noch grundsätzliche Streitfra­ gen. Zunächst kann nämlich nach wie vor zweifelhaft sein, ob die Sanktion der zurechenbaren Verletzung vorvertraglicher Informationspflichten tatsächlich wie von der Rechtsprechung angenommen in einem schadensersatzrechtlichen Auf­ hebungsanspruch nach §§  280 Abs.  1 S.  1, 249 Abs.  1 BGB liegt, oder nicht doch besser in der Anfechtbarkeit der Willenserklärung analog §  123 Abs.  1 BGB be­ steht.163 Einer der Sachgründe der Analogie zum Anfechtungsrecht liegt in der nach wie vor aktuellen Intention, einem Unterlaufen der kurzen Frist des §  124 BGB durch die längeren Verjährungsfristen der culpa-Haftung (§§  195, 199 BGB) entgegenzuwirken.164 Ein Ziel, das auch einige Befürworter einer Schadensersatz­ haftung teilen und auf anderem Weg zu erreichen suchen.165 160   Die Aufnahme der im Entwurf der Schuldrechtskommission noch fehlenden „Interessen“ als Schutzgut der in §  241 Abs.  2 BGB kodifizierten Pflichten und der in §  311 Abs.  2 Nr.  2 BGB umschriebenen, vorvertraglichen Sonderverbindung, sollte u. a. signalisieren, dass die Haftung aus culpa in contrahendo Beeinträchtigungen der rechtsgeschäftlichen Entscheidungsfreiheit sanktioniere, BegrRegE, BT-Drucks. 14/6040, S.  126, 163. Zum Hintergrund auch Canaris, JZ 2001, 499, 519 mit Fn.  182. Vgl. aber auch Emmerich in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  311 Rdnr.  120, der einen Anhaltspunkt für die Intentionen des Gesetzge­ bers im Normtext vermisst; Mankowski, Beseitigungsrechte, 2003, S.  195 ff. der dem gesetzgebe­ rischen Willen mangels perfekter (dogmatischer) Rationalität der Legislative keine Bedeutung beimessen will. 161   Dies gilt insbesondere für das in BGH v. 26.  9. 1997 – V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 304 aufgestellte Erfordernis, dass neben die unerwünschte Vertragsbindung ein Vermögensschaden treten müsse; offen BGH v. 7.  9. 2000 – VII ZR 443/99, NJW 2001, 436, 438. Zustimmend z. B. Emmerich, Leistungsstörungsrecht, 6.  Aufl., 2005, §  7 Rdnr.  22; Lieb, Festschrift für Dieter Me­ dicus, 1999, S.  337; Krüger, Festschrift für Helmut Kollhosser, Bd.  II, 2004, S.  329, 340; Keul/ Erttmann, DB 2006, 1664, 1668. 162   Ablehnend Löwisch in: Staudinger, BGB, §§  311, 311a, 312, 312a–f, Neubearbeitung 2005, §  311 Rdnr.  143; Singer/v. Finckenstein in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  1–54, 63 BeurkG, Neubearbeitung 2004, §  123 Rdnr.  95; Kindl in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  311 Rdnr.  4 4; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  4 41 ff.; Schwarze, Vor­ vertragliche Verständigungspflichten, 2001, S.  86 f.; S. Lorenz, ZIP 1998, 1053, 1055 f.; Grigoleit, NJW 1999, 900, 901 f.; Fleischer, AcP 200 (2000) 91, 111 f.; skeptisch auch Otto in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  280 Rdnr. C 45: „wenig überzeugend“. Vgl. auch zuvor schon S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  72 ff.; Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, 1997, S.  148. 163   So v. a. Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, 1997, S.  148, 150, 262 f.; Grigoleit, NJW 1999, 900, 903; Grigoleit, AcP 199 (1999) 379, 406 f.; Grigoleit, WM 2001, 597, 598; zu­ stimmend Weiler, ZGS 2002, 249, 251; Mankowski, Beseitigungsrechte, 2003, S.  344 ff. 164   Vgl. Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, 1997, S.  159 ff. 165   Für analoge Anwendung des §  124 BGB auf die Haftung wegen vorvertraglicher Informa­ tionspflichtverletzung Wiedemann in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12. Aufl., 1990, Vor §  275 Rdnr.  199; Otto in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  280 Rdnr. C 45; Fleischer, Infor­

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

Vergleichbar dem im Hinblick auf bestimmte Einzelfragen der Verantwortlich­ keit für Störungen der Leistungspflicht gefällten Urteil,166 lässt sich auch an dieser Stelle konstatieren, dass viele der praktisch bedeutsamen Fragen für eine Untersu­ chung der grundsätzlichen Zuweisung der Risiken arbeitsteiliger Vertragsanbah­ nung keine entscheidende Rolle spielen. Dies gilt auch für die streitige Verortung der in der möglichen Vertragsaufhebung liegenden Sanktion im Rahmen des Schadensersatzanspruchs oder der – analog anzuwendenden – Arglistanfechtung. Entscheidende Determinante der prinzipiellen Risikozuweisung ist hier wie dort die entsprechende Informationspflicht.167 Unter dem interessierenden Blickwin­ kel bleiben die Auswirkungen der dogmatischen Grundentscheidung auch des­ halb vernachlässigenswert, weil die Regelung des §  123 Abs.  2 S.  1 BGB mit derje­ nigen des §  278 S.  1 BGB parallelisiert ist.168 Was schließlich die relevanten Fristen für die Geltendmachung der eingeräumten Rechte anbelangt,169 ist diese für die allein interessierende Frage nach der prinzipiellen Verantwortlichkeitsverteilung im Rahmen der arbeitsteiligen Vertragsanbahnung unerheblich. Diese hängt al­ lein von dem Kreis zurechenbarer Pflichtverletzungen ab, die im Folgenden wie­ derum speziell auf die Arbeitsteilung fokussiert zu untersuchen sind. Allein von diesen hängt die abstrakte Zuweisung der in Rede stehenden informationellen Verantwortung ab, auch wenn im Einzelfall eine rechtsförmige Sanktion wegen Verfristung o. ä. nicht greifen mag.

II.  Zurechenbare Verletzung von Informationspflichten   bei der arbeitsteiligen Vertragsanbahnung Die zu untersuchende Fragestellung verlangt grundsätzliche Überlegungen zur Sinnhaftigkeit dogmatischer Abschichtungen innerhalb der vorvertraglichen In­ formationsverantwortung.170 Auf dem so gelegten Fundament ist im Rahmen der Schadensersatzhaftung für culpa in contrahendo die Einstandspflicht wegen der Verletzung eigener Pflichten171 und diejenige wegen Zurechnung fremden Ver­ schuldens zu untersuchen.172 mationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  4 48 f.; R. Schwarze, Vorvertragliche Verständi­ gungspflichten, 2001, S.  310 ff.; Fleischer, AcP 200 (2000) 91, 119 f.; ablehnend zuletzt BGH v. 18.  9. 2001 – X ZR 107/00, NJW-RR 2002, 308, 309 f.; H. Rösler, AcP 208 (2008) 564, 604 f. 166   Supra §  1 C. I. 1., 3. 167   Supra B. III. 1. a). 168   Supra B. III. 2. a). 169   Für die fahrlässige Täuschung wird auch die Anwendung des §  121 BGB vorgeschlagen, z. B. Singer/v. Finckenstein in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  1–54, 63 BeurkG, Neubearbei­ tung 2004, §  123 Rdnr.  95; Armbrüster in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl., 2012, §  123 Rdnr.  91. 170   Infra 1. 171   Infra 2. 172   Infra 3.

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1.  Einteilung und Begründung vorvertraglicher Informationspflichten a)  Einheit und Vielheit in der Dogmatik der Informationspflichten Die bereits erwähnten Kontroversen um die überpositiven Grundlagen der vor­ vertraglichen Informationsverantwortlichkeit schlagen vor allem auf die Bestim­ mung des als adäquat empfundenen Verhaltensprogramms durch. Der Grund für die zu beobachtenden Abweichungen liegt auch darin begründet, dass die auf in­ dividuellen Gerechtigkeitsvorstellungen aufbauenden Argumentationsstränge mit konsequentialistischen Ansätzen für nicht kompatibel gehalten werden.173 Daran ist zutreffend, dass vorhandene Unterschiede in der grundsätzlichen Kon­ zeption der vorvertraglichen Informationsverantwortlichkeit nicht in einer to­ pischen Einzelfallargumentation überspielt,174 sondern für den Diskurs transpa­ rent gemacht werden sollten. Es ist aber auch nicht zu übersehen, dass die Unter­ schiede der im rechtstheoretischen Ausgangspunkt fundamental divergierenden Meinungen in den Ergebnissen häufig weniger grundstürzend ausfallen, als es abstrakt zu vermuten wäre. Hierin zeigt sich wiederum die schon anderweitig betonte Kompatibilität bestimmter materialer Gerechtigkeitstheorien mit dem methodischen Individualismus der Ökonomik.175 So findet beispielsweise der Charakter bestimmter Informationen als mit Beschaffungsinvestitionen verbun­ denen, produktiven Gütern, „durch die Linien“ Berücksichtigung.176 Noch grö­ ßere Übereinstimmung herrscht im Hinblick auf die Notwendigkeit, positives Irreführen von unterlassener Aufklärung zu unterscheiden, um das adäquate Pflichtenprogramm an den Ursachen der erklärungsbestimmenden Fehlvorstel­ lungen auszurichten.177 173   Exemplarisch R. Schwarze, Vorvertragliche Verständigungspflichten, 2001, S.  4 4 ff. zur prinzipiellen Inkompatibilität konsequentialistischer Ansätze mit einem material-rechtse­ thischen Verständnis des Vertragsrechts im Hinblick auf die vorvertragliche Informationsver­ antwortung. 174   Dies ist freilich eine nicht zu leugnende Gefahr von Katalogen, die in der Kasuistik auf­ scheinende Kriterien für und wider die Annahme von Aufklärungspflichten ohne Metaregel nebeneinander stellen, z. B. Kramer in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  241 Rdnr.  131 ff.; Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, 1994, S.  142 ff. Ein höheres Maß an Systematisierung erreicht das bewegliche System aus Informationsbedarf, Möglichkeit der In­ formation und Funktionskreis, wie es Breidenbach, Die Voraussetzungen von Informations­ pflichten beim Vertragsschluß, 1989, S.  62 vorschlägt; zustimmend G. Roth in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  241 Rdnr.  125; Schwintowski/F. Schäfer, Bank­ recht, 1997, §  7 Rdnr.  110 f. Aus unterschiedlichen Gründen ablehnend, S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  320 f.: nicht subsumtionsfähig; Fleischer, Informati­ onsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  275 f.: unzureichende rechtsdogmatische, rechtshisto­ rische und rechtsvergleichende Einbettung. 175   Supra Kapitel 4 §  2 A. II. 176   Trotz prinzipieller Ablehnung der Rechtsökonomik z. B. R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  33 Rdnr.  12. In der rechtsökonomischen Erkenntnissen gegenüber aufgeschlossenen, deutschsprachigen Literatur z. B. Fleischer, Informationsasymmetrie im Ver­ tragsrecht, 2001, S.  278 ff., 427; Mankowski, Beseitigungsrechte, 2003, S.  316 ff. Zu dem Hinter­ grund der Unterscheidung supra Kapitel 4 §  3 C. II. 2. b) (1). 177   G. Roth in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  241 Rdnr.  115; Em-

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Eine entsprechende Abschichtung des Stoffes ist durchaus sinnvoll. Sie muss allerdings in dem Bewusstsein vorausgehender, normativer Wertungen erfolgen und darf nicht mit der Vorstellung verbunden werden, man gelange wegen der quasi-vorrechtlichen Wesensverschiedenheit des Täuschungsverhaltens allein durch die zutreffende Sachverhaltsermittlung zu angemessenen Ergebnissen. So­ weit eine scharfe Trennung von Tun und Unterlassen nicht nur sprachlich ver­ schwimmt,178 oder im Einzelfall für ergebnisirrelevant erachtet wird,179 sondern auf der Grundlage reflektierter Vorstellungen über die normativen Grundlagen der Informationsverantwortung im Ausgangspunkt unterbleibt, sollte jedenfalls nicht ohne Weiteres der Vorwurf mangelnder analytischer Präzision erhoben werden. Sowohl bei der vielfach so bezeichneten Wahrheitspflicht als auch bei etwaigen Aufklärungspflichten geht es um die normativ begründungsbedürftige Zuschreibung der Verantwortung für bestimmte Fehlvorstellungen der Gegensei­ te, mit der die in §§  241 Abs.  2, 311 Abs.  2 BGB umschriebene, vorvertragliche Sonderverbindung konkretisiert wird.180 Stets ist eine Sollensvorstellung über das zu zeichnende Bild maßgeblich, an der die reale Darstellung der relevanten Tatsa­ chen gemessen wird. Eben diese legitimationsbedürftige Vorstellung entscheidet letztlich über die Reichweite der begründeten Informationspflichten. b)  Wahrheits-, Aufklärungs- und Informationsbeschaffungspflichten Bei der in Rede stehenden Haftung wegen zurechenbarer Informationspflichtver­ letzung ist zu beachten, dass diese im hier interessierenden Zusammenhang der prinzipiellen Pflichtenzuweisung nur dann eigenständige Bedeutung hat, wenn keine Vorsatztat in Rede steht.181 Die Verantwortlichkeit setzt also Anreize zur Prävention nicht intendierter Pflichtverletzungen. Insofern ist zu beachten, dass merich in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  311 Rdnr.  97; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  33 Rdnr.  4 ff., 8 ff.; Henssler, Risiko als Vertrags­ gegenstand, 1994, S.  136 f.; S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  409; R. Schwarze, Vorvertragliche Verständigungspflichten, 2001, S.  5 ; zu §  123 BGB ebenso Singer/ v. Finckenstein in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  1–54, 63 BeurkG, Neubearbeitung 2004, §  123 Rdnr.  9 ; Armbrüster in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  1, 6.  Aufl. 2012, §  123 Rdnr.  27; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  250 f.; Mankowski, Be­ seitigungsrechte, 2003, S.  307 ff. 178   BGH v. 11.  1. 1988 – II ZR 134/87, NJW-RR 1988; BGH v. 28.  9. 1992 – II ZR 224/91, NJW 1992, 3296 behandeln unrichtige Prospektangaben als Verletzung einer Aufklärungspflicht. 179   G. Roth in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  241 Rdnr.  116. 180   Vgl. auch schon Erman, AcP 139 (1934) 273, 285, der die Unterscheidung von positivem Tun und Unterlassen für die Haftung aus culpa in contrahendo für „weder gerechtfertigt noch praktisch“ hält, weil es stets um die Verletzung einer „einheitlichen Pflicht zur Unterlassung fehlerhaften Verhandelns“ gehe. Ähnlich beschreibt Drexl, Die wirtschaftliche Selbstbestim­ mung des Verbrauchers, 1998, S.  454 die aktive Täuschung als Verletzung einer negativen Infor­ mationspflicht. R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  33 Rdnr.  4 ; Mankowski, Beseitigungsrechte, 2003, S.  307 f. sprechen von der Verletzung einer Pflicht, wahrheitswid­ rige Angaben zu unterlassen. 181   Geht es um die Konkurrenz von Arglistanfechtung und vorvertraglicher Verschuldens­ haftung spielen nur die unterschiedlichen Ausschluss- bzw. Verjährungsfristen eine Rolle, vgl.

§  2  Gewährleistung (vorvertraglicher) Informationsinteressen

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auch die Vermeidung aktiver Irreführungen mit positiven Kosten für den Täu­ schenden verbunden ist. Anders als bei der arglistigen Täuschung, bei der die Fehlinformation vom Pflichtadressaten ohne zusätzlichen Vermeidungsaufwand unterlassen werden kann, weil er ja definitionsgemäß die Unwahrheit seiner Aus­ sagen bereits kennt, wird der nur fahrlässig Handelnde durch die Sanktion u. U. zu Investitionen in die Verbesserung seiner Kenntnisse angehalten. Wer fälschli­ cherweise von der Richtigkeit seiner Darstellungen überzeugt ist, ist erst nach einer besseren Ermittlung des Sachverhalts in der Lage, unerkannt unrichtige Aussagen als solche zu identifizieren und zu unterlassen oder richtigzustellen.182 Die hierzu erforderlichen Investitionen in die Informationsbeschaffung kann auch die Gegenseite in der vorvertraglichen Sonderverbindung nicht unbeschränkt erwarten. Deshalb ist es auch aus ihrer Sicht prinzipiell gerechtfertigt, die rechts­ förmige Sicherung der Versorgung mit dem „Schmiermittel“ des Vertrauens183 im Rahmen der Vertragsanbahnung zu begrenzen. Die Annahme einer generellen Wahrheitspflicht auch bei der Haftung für culpa in contrahendo etabliert auf der Ebene der objektiven Pflichtwidrigkeit eine er­ folgsbezogene Verantwortlichkeit, die sich auf das Vertretenmüssen als begren­ zenden Faktor zur endgültigen Bestimmung des geforderten Verhaltens verlässt. Der Umfang der letztlich erwarteten Anstrengungen wird auf der Ebene der Zu­ rechnung über den vom Schuldner selbst oder von seinen Erfüllungsgehilfen zu beachtenden Sorgfaltsmaßstab bestimmt.184 Spätestens bei dessen Konkretisie­ rung sind dann, nicht zuletzt über die Kriterien der Erkennbarkeit der Pflicht­ widrigkeit und der Zumutbarkeit normgemäßen Verhaltens, die materiellen Überlegungen zur angemessenen Verteilung der Informationsverantwortlichkeit einzuführen,185 die auch im Zusammenhang mit Aufklärungspflichten und diesen vorgeschalteten Informationsbeschaffungspflichten maßgeblich sind.186 Soweit z. B. RG v. 29.  3. 1912 – VII 48/12, RGZ 79, 194, 197. Zur Irrelevanz derselben für die prinzipielle Risikozuweisung supra I. 182   Schon Darby/Karni, 16 J. L. & Econ. 67, 83 (1973). 183   Arrow, The Limits of Oranization, 1974, S.  23. Vgl. auch die deutsche Übersetzung (Wo Organisation endet, 1980, S.  20). 184   Schon RG v. 31.  1. 1891 – I 254/90, RGZ 27, 118, 122; Erman, AcP 139 (1934) 274, 327; Larenz, Festschrift für Kurt Ballerstedt, 1975, S.  397, 411; S. Lorenz, Der Schutz vor dem uner­ wünschten Vertrag, 1997, S.  406 ff.; R. Schwarze, Vorvertragliche Verständigungspflichten, 2001, S.  94, 200, 284; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  454 ff. 185   Vgl. auch schon supra §  1 C. II. 1. a). 186   Generell, mit Unterschieden im Detail zu der Unterscheidung von Aufklärungs- und In­ formationsbeschaffungspflichten Olzen in: Staudinger, BGB, Einleitung zum Schuldrecht; §§  241–243 (Treu und Glauben), Neubearbeitung 2009, §  241 Rdnr.  439; G. Roth in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  241 Rdnr.  126; R. Schwarze, Das Recht der Leis­ tungsstörungen, 2008, §  33 Rdnr.  13, 17 f.; Emmerich, Leistungsstörungsrecht, 6.  Aufl., 2005, §  5 Rdnr.  16 ff.; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  450 f.; R. Schwarze, Vorvertragliche Verständigungspflichten, 2001, S.  10; Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, 1994, S.  137 f.; Breidenbach, Die Voraussetzungen von Informationspflichten beim Vertrags­ schluss, 1989, S.  70, 85; a. A. S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschte Vertrag, 1997, S.  420 f., der die Unterscheidung nur auf der Ebene des Verschuldens für relevant erachtet.

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Letztere in Rede stehen, wird das Maß der von dem Irreführenden geforderten Anstrengungen entlang materiell identischer Überlegungen – freilich ohne Gleichlauf der Ergebnisse – bereits im Rahmen des objektiven Haftungsgrundes der Pflichtverletzung bestimmt. Auch hier ist die ex ante Konsequenz der dro­ henden Haftung ein Anreiz zu Investitionen in die Verbesserung der Qualität des eigenen Kommunikationsverhaltens. Entsprechend dient das Argument, der Ver­ käufer eines unfallgeschädigten Gebrauchtwagens hätte sich bei dem Voreigentü­ mer über die Historie des Fahrzeugs erkundigen können, dem einen als Grundla­ ge einer Informationsbeschaffungs- und Aufklärungspflicht,187 dem anderen als Argument für die Begründung der Sorgfaltspflichtwidrigkeit einer aktiven Täu­ schung.188 Konzeptionell besteht kein sachnatürlicher Zwang, eine Wahrheitspflicht des fahrlässig Täuschenden als objektiv unbeschränkte Obligation zu formulieren. Auch insoweit ließe sich die gewünschte Beschränkung der Risikozuweisung durch eine – auch sonst für die Pflichten im Sinne des §  241 Abs.  2 BGB kenn­ zeichnende189 – verhaltensorientierte Bestimmung des Inhalts der Obligation be­ werkstelligen. So wie nicht Aufklärung per se geschuldet ist, müsste auch objektiv nicht Wahrheit per se verlangt werden,190 sondern könnte bereits die objektive Pflicht auf ein bestimmtes Bemühen um dieselbe begrenzt sein.191 Auf diese Weise ließen sich die materiell identischen Funktionen der informationellen Risikozu­ weisung im Rahmen der unterschiedlichen Varianten einer Haftung aus culpa in contrahendo auch dogmatisch-konstruktiv wiederspiegeln.

  So BGH v. 21.  1. 1975 – VIII ZR 101/73, BGHZ 63, 382.   So S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  411. 189   Dies kommt darin zum Ausdruck, dass der Ebene der Zurechnung (Verschulden) bei den (verhaltensbezogenen) Schutzpflichten generell keine nennenswerte Bedeutung gegenüber der objektiven Pflichtverletzung zugemessen wird, da bereits Letztere die abwägende Bestimmung des Verhaltensprogramms voraussetze, wie sie für die Feststellung der „äußeren“ Fahrlässigkeit notwendig sei, Otto in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  280 Rdnr. D 16, F 26; Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  280 Rdnr.  149; Canaris, JZ 2001, 499, 512; S. Lorenz, NJW 2005, 1889, 1890; Grigoleit, Festschrift für Claus-Wilhelm Canaris, 2007, S.  275, 286 f. 190   So aber das Verständnis der Wahrheitspflicht in der ganz herrschenden Sicht, z. B. RG v. 29.  29. 1918 – VII 95/18, RGZ 95, 58, 60; RG v. 28.  11. 1923 – V 802/22, RGZ 107, 357, 362; BGH v. 31.  1. 1962 – VIII ZR 120/60, NJW 1962, 1196, 1198; BGH v. 28.  5. 1977 – VIII ZR 186/75, NJW 1977, 1536; BGH v. 22.  3. 1979 – VII ZR 259/77, BGHZ 74, 103, 110; BGH v. 20.  11. 1987 – V ZR 66/86, NJW-RR 1988, 458, 459; BGH v. 20.  9. 1996 – V ZR 173/95, NJW-RR 1997, 144, 145; BGH v. 6.  12. 2000 – IV ZR 28/00, NJW-RR 2001, 314; G. Roth in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  241 Rdnr.  115; Emmerich in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  311 Rdnr.  97; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  33 Rdnr.  4 ; S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  412; R. Schwarze, Vorvertragliche Verständigungspflichten, 2001, S.  100. 191   Umgekehrt konsequent S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  420 f., der die Notwendigkeit einer Informationsbeschaffung lediglich auf der Ebene des Ver­ tretenmüssens berücksichtigen will und damit objektiv auch von einer unbeschränkten Aufklä­ rungspflicht ausgeht. 187

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Die dogmatische Verortung des letztlich begründeten Pflichtenprogramms spielt freilich keine entscheidende Rolle. Wichtiger ist zu erkennen, dass die Beur­ teilung eines bestimmten Erklärungsverhaltens an der Wahrheitspflicht zu ex ante Anreizen zur Informationsbeschaffung führt, wie sie im Rahmen von Auf­ klärungspflichten nur ausnahmsweise begründet werden.192 Die entscheidende Frage für die Einteilung hat also zu klären, ob das zu beurteilende Verhalten hin­ reichende Legitimation bietet, um die grundsätzliche Zurückhaltung aufzugeben und eine haftungsinduzierte Pflicht zur Informationsbeschaffung anzunehmen. Daraus folgt eine rechtsfolgenorientierte, normative Zuordnung der Verantwort­ lichkeit im Rahmen der Vertragsanbahnung, die sich von den phänomenolo­ gischen Kategorien des positiven Tuns und Unterlassens löst193 und zu differen­ zierteren Betrachtungen Anlass bietet. Das Verhalten des potentiell Haftenden ist dabei freilich nicht irrelevant, sondern bleibt eine Determinante, die zu einer Ver­ schiebung der Verantwortungsbereiche führen kann. Ausgangspunkt ist stets eine Entscheidung darüber, ob eine vertragsschließende Partei für die in Rede stehen­ de, informationelle Grundlage der Entscheidung der anderen Seite überhaupt ver­ antwortlich ist. Erst wenn diese prinzipielle Frage geklärt ist, schließt sich die Überlegung an, welche Anstrengungen zu unternehmen sind, um diese Grundla­ ge zu schaffen. Dies kann entweder bedeuten, dass vorhandenes Wissen geteilt (Aufklärungspflicht) oder aber Informationen beschafft und geteilt (Informati­ onsbeschaffungsplicht) werden müssen. In der Sache hat auch die vorherrschende Dogmatik den Schritt zu einer mate­ riellen Betrachtungsweise bereits vollzogen, wenn sie die nicht selten als fließend beschriebene Grenze zwischen irreführender Aussage und unterlassener Aufklä­ rung zieht.194 Die im jüngeren Schrifttum überwiegend für die Abgrenzung be­ fürwortete Gesamtschau des Verhaltens des Täuschenden verdeutlicht die Zu­ sammenhänge.195 Bevor ein bestimmtes Erklärungsverhalten als „Halbwahrheit“ oder als „unvollständige Aussage“ qualifiziert werden kann,196 um als solche dem positiven Tun und der daran anknüpfenden Wahrheitspflicht zugeordnet zu wer­ 192   Zu den Gründen treffend Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  451 f. 193   Nicholas, in: Harris/Tallon (Hrsg.), Contract Law Today, 1989, S.  166, 179 stuft die Un­ terscheidung zwischen misrepresentation und non-disclosure im englischen Recht als „künst­ lich“ ein und verweist auf die extensive – unausgesprochen rechtsfolgenorientierte – Annahme aktiver Täuschungen, da eine Verantwortlichkeit auf der Grundlage von Aufklärungspflichten nur selten begründbar sei, ibid, S.  171 f. Dazu auch Georg Müller, Vorvertragliche und vertrag­ liche Informationspflichten nach englischem und deutschem Recht, 1994, S.  23 ff., 82 ff.; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  817 ff. 194   Z. B. G. Roth in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  241 Rdnr.  116. 195   Dafür insbesondere Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, 10.  Aufl., 2010, Rdnr.  796; S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  410 f.; Fleischer, Informationsasym­ metrie im Vertragsrecht, 2001, S.  250 f.; Stengel/Scholderer, NJW 1994, 158, 160. 196   Vgl. auch R. Schwarze, Vorvertragliche Verständigungspflichten, 2001, S.  112, der die „Unrichtigkeit“ als Oberbegriff versteht und dieser die „halbe Wahrheit“ zuordnet, nicht aber allgemein die Unvollständigkeit von Erklärungen.

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

den,197 muss der Interpret zwingend Vorstellungen entwickelt haben, was zu einer umfassenden, wahrheitsgetreuen Darstellung der informationell relevanten Um­ stände gehört. Erst diese Sollensvorstellung lässt das gezeichnete Bild als „halb­ wahr“ oder „unvollständig“ erscheinen und trägt den haftungsinduzierten Zwang zur Beschaffung von (besseren) Informationen. Nur wenn Angaben zum exakten Alter des verkauften, zwölf Jahre alten Gasmotors für bedeutsam erachtet wer­ den, stellt sich die Aussage, dieser sei älter als drei Jahre, als irreführende Halb­ wahrheit dar.198 Lediglich wenn die gesamte Unfallhistorie eines gebrauchten Kfz für zentral erachtet wird, bleibt die Angabe einzelner Schäden unvollständig.199 Die Abgrenzung des Informationsthemas ist daher von entscheidender Bedeu­ tung, aber ohne normative Wertungen nicht zu leisten. 200 Im Folgenden sind daher die materiellen Determinanten der Informationsver­ antwortlichkeit im Hinblick auf die Besonderheiten der arbeitsteiligen Leistungs­ erbringung vor dem Hintergrund der Wirkung der jeweiligen Pflichten zu be­ trachten. Die Sicherung der adäquaten Informationsversorgung der Gegenseite erfolgt zum einen dadurch, dass die Sanktionierung eines eigenen oder zurechen­ baren fremden Pflichtverstoßes zur Aufklärung über vorhandenes Wissen an­ hält. 201 Sie wird zum anderen darüber gewährleistet, dass durch die drohende Haftung Anreize gesetzt werden, nicht präsente Informationen zu beschaffen. 202 c)  Pflichten zur Aufklärung über vorhandenes Wissen Nach der hier vertretenen Konzeption entscheidet über die Zuweisung der Infor­ mationsverantwortung in den nicht explizit geregelten Konstellationen 203 vor allem der Charakter der in Rede stehenden Information. Maßgeblich sind inso­ 197   In diesem Sinne Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  251 f. ge­ stützt auf die englische Doktrin; zustimmend z. B. Singer/v. Finckenstein in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  1–54, 63 BeurkG, Neubearbeitung 2004, §  123 Rdnr.  9. 198   So Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  251. Das Reichsgericht ging von einem Verschweigen von Tatsachen aus, das aber wegen einer bestehenden Aufklä­ rungspflicht ebenfalls tatbestandlich (§  123 Abs.  1 BGB) war, RG v. 27.  3. 1906 – II 374/05, RGZ 62, 149, 152. 199   Für aktive Täuschung hier S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  411. Demgegenüber für Verletzung einer Offenbarungspflicht, OLG Köln v. 18.  3. 1994 – 6 U 184/93, NJW-RR 1995, 51. 200   Auch noch infra 3. c). 201   Infra c). 202   Infra d). 203   Vorvertragliche Aufklärungspflichten sind explizit z. B. in den §§  309 Nr.  5 b), 309 Nr.  8 b) bb) BGB, §  312c Abs.  1 BGB i. V. m. Art.  246 §§  1, 2 EGBGB, §  312e Abs.  1 S.  1 Nr.  2 m.i.V. Art.  246 §  3 EGBGB, §§  355 Abs.  2 S.  1, 360 Abs.  1, Abs.  3 BGB i. V. m. Anlage 1 zu Art.  246 §  2 Abs.  3 S.  1 EGBGB, §§  356 Abs.  1 S.  2 Nr.  1, 360 Abs.  2, Abs.  3 BGB i. V. m. Anlage 2 zu Art.  246 §  2 Abs.  3 S.  1 EGBGB; §  482 Abs.  1, Abs.  2, 485 Abs.  2 BGB i. V. m. §  2 BGB-InfoV; §  491a Abs.  1 (506 Abs.  1) BGB i. V. m. Art.  247 §  1 ff. EGBGB, §  492 Abs.  2 (506 Abs.  1) BGB i. V. m. Art.  247 §§  6 ff. EGBGB geregelt. Demgegenüber setzen die §§  4 44, 523 Abs.  1, 524 Abs.  1, 536d, 639 BGB den Bestand von Aufklärungspflichten voraus, sagen aber nichts über deren exakte Reichweite, die daher entlang der hier gezeichneten Linien zu bestimmen ist.

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fern die produktiven oder redistributiven Folgen ihrer Verwertung, ihre wertstei­ gernde oder wertsenkende Wirkung in Bezug auf den Vertragsgegenstand sowie ihre kostenträchtige oder aufwandlose Erlangung.204 Die wünschenswerte Ar­ beitsteilung der Disziplinen bedingt, dass die in der ökonomischen Modellwelt formulierten Desiderate auf eine sehr viel feingliedriger aufgefächerte Problembe­ handlung in der juristischen Literatur treffen, die an den komplexen Realitäten ausgerichtet ist. Auch die Rechtsprechung ist in ihrer wiederkehrenden Formulie­ rung, wonach ungeschriebene Aufklärungspflichten auf der Grundlage des §  241 Abs.  2 BGB hinsichtlich solcher Umstände bestehen, die für den Vertragsent­ schluss der anderen Partei erkennbar von wesentlicher Bedeutung sind und deren Mitteilung nach Treu und Glauben erwartet werden kann, 205 ersichtlich um einen offenen Standard bemüht, der es erlaubt, sämtliche Gesichtspunkte des Einzel­ falls zu berücksichtigen und zu gewichten. Auch die Wissenschaft sucht nicht nach einer griffigen oder gar subsumtionsfähigen Formel. 206 Sie strebt aber an, die Einzelfallentscheidung vorzuordnen, indem die Wertungsgrundlagen vertieft, zentrale Begründungsstränge konkretisiert und Metaregeln für eine Abwägung der widerstreitenden Interessen entwickelt werden.207 Dabei lassen sich viele, in der Dogmatik entwickelte Argumentationsmuster bei näherer Betrachtung als kontextualisierte Ausprägungen, Kombinationen oder Ausbalancierungen der maßgeblichen Effizienzanforderungen verstehen bzw. sind explizit mit ökono­ mischen Wertungen abgeglichen.208 Auch deshalb muss an dieser Stelle keine aus­ greifende Aufbereitung der Literatur oder gar der Kasuistik geleistet werden. Ausreichend sind einige, auf die umfangreichen Vorarbeiten aufsetzende Hinwei­ se, die sich auf Gesichtspunkte beschränken, die Einfluss auf die Risikoverteilung in der arbeitsteiligen Vertragsanbahnung haben.

  Supra Kapitel 4 §  3 C. II., III.   RG v. 27.  3. 1906 – II 374/05, RGZ 62, 149, 150 f.; RG v. 19.  10. 1921 – V 89/21, RGZ 103, 47, 50; RG v. 7.  7. 1925 – II 494/24, RGZ 111, 233, 234 f.; RG v. 1.  3. 1928 – VI 258/27, RGZ 120, 249, 252; BGH v. 20.  2. 1967 – III ZR 134/65, BGHZ 47, 207, 210; BGH v. 8.  6 . 1978 – III ZR 48/76, BGHZ 71, 386, 396; BGH v. 8.  6 . 1978 – III ZR 136/76, BGHZ 72, 92, 101; BGH v. 27.  11. 1985 – VIII ZR 316/84, BGHZ 96, 302, 311; BGH v. 6.  7. 1993 – XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 ff.; BGH v. 19.  11. 1999 – V ZR 321/98, NJW 2000, 803, 804; BGH v. 28.  11. 2001 – VII ZR 37/01, NJW 2002, 1042, 1043; BGH v. 14.  3. 2003 – V ZR 308/02, NJW 2003, 1811, 1812. 206   Medicus in: BMJ, Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts, Bd.  I, 1981, S.  479, 539 hält die „einigermaßen vollständige Erfassung der Aufklärungspflichten“ in einer abstrakt-generellen Regel für „fast ausgeschlossen“. Insofern hat sich an der Sicht des his­ torischen Gesetzgebers nichts geändert, vgl. Mot. I, S.  208 = Mugdan I, S.  467. Anders S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  436. 207   Überblick bei Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  266 ff. 208   Vgl. insoweit insbesondere die grundlegende Analyse von Fleischer, Informationsasym­ metrie im Vertragsrecht, 2001, S.  277 ff., aber auch G. Roth in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  241 Rdnr.  125, 127 ff.; Rehm, Aufklärungspflichten im Vertrags­ recht, 2003, S.  24 ff.; gegen die Tragfähigkeit ökonomischer Überlegungen Grigoleit, Vorver­ tragliche Informationshaftung, 1997, S.  73 ff.; R. Schwarze, Vorvertragliche Verständigungs­ pflichten, 2001, S.  60 ff. 204 205

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

Im Ausgangspunkt bedarf es keiner näheren Erläuterung, dass das als Grund­ voraussetzung jeglicher Aufklärungspflicht anzusehende Informationsgefälle209 oder der nichts anderes beschreibende Informationsbedarf einer Partei 210 auch daraus resultieren kann, dass in die Vertragsanbahnung eingeschaltete Dritte über Sonderwissen, besondere Fachkunde etc.211 verfügen. Auch die aus verfassungs­ rechtlicher Perspektive212 u. a. eine engmaschigere Prüfung der Umstände privat­ autonomer Bindung rechtfertigende, „strukturelle Unterlegenheit“ einer Partei 213 beruht häufig gerade darauf, dass die Arbeitsteilung bei der Vertragsanbahnung ein hohes Maß an Spezialisierung erlaubt und die damit verbundenen Wissens­ vorsprünge die Folge der entsprechenden Absatzorganisation einer Seite sind. 214 Zu berücksichtigen ist insoweit, dass die ex ante erkennbare Belastung der besser informierten Seite mit einer Aufklärungspflicht dieser die Möglichkeit eröffnet, eine Vertrauensprämie zu vereinnahmen, durch die Effizienzgewinne geteilt wer­ den, die aus den wünschenswerten Investitionen in eine transaktionskostensen­ kende Vertriebsorganisation erwachsen.215 Der vor dem Hintergrund eines „na­ türlichen Interessenwiderstreits“ der Vertragsschließenden häufig hervorgeho­

209   So die Terminologie bei Olzen in: Staudinger, BGB, Einleitung zum Schuldrecht; §§  241– 243 (Treu und Glauben), Neubearbeitung 2009, §  241 Rdnr.  438; Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S.  509; in der Sache auch G. Roth in: Münchener Kom­ mentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  241 Rdnr.  123; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  241 Rdnr.  14; §  276 Rdnr.  34; der BGH spricht z. T., mit etwas engerer Bedeutung von einem „konkreten Wissensvorsprung“ als maßgeblichem Kriterium, z. B. BGH v. 17.  12. 1991 – XI ZR 8/91, NJW 1992, 373, 374; BGH v. 28.  4. 1992 – XI ZR 165/91, NJW 1992, 2146, 2147. 210   Breidenbach, Die Voraussetzungen von Informationspflichten beim Vertragsschluss, 1989, S.  62 ff.; Kieninger, AcP 199 (1999) 190, 232; vgl. auch Hopt, Der Kapitalanlegerschutz im Recht der Banken, 1975, S.  414 ff. 211   Zur Relevanz dieses Aspekts allgemein BGH v. 28.  4. 1971 – VIII ZR 258/69, NJW 1971, 1795, 1799; BGH v. 16.  3. 1977 – VIII ZR 283/75, NJW 1977, 1055; Olzen in: Staudinger, BGB, Einleitung zum Schuldrecht; §§  241–243 (Treu und Glauben), Neubearbeitung 2009, §  241 Rdnr.  438; Singer/v. Finckenstein in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  1–54, 63 BeurkG, Neube­ arbeitung 2004, §  123 Rdnr.  11; Böhme, Die Aufklärungspflichten bei Vertragsverhandlungen, 1964, S.  76 ff.; Werres, Aufklärungspflichten in Schuldverhältnissen und deren Grenzen, 1985, S.  74 ff., 139 ff. 212   Grundlegend die Bürgschaftsentscheidung, BVerfG v. 19.  10. 1993 – 1 BvR 567, 1044/89, BVerfGE 89, 214, 232. 213   Olzen in: Staudinger, BGB, Einleitung zum Schuldrecht; §§  241–243 (Treu und Glauben), Neubearbeitung 2009, §  241 Rdnr.  438; Singer/v. Finckenstein in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  1–54, 63 BeurkG, Neubearbeitung 2004, §  123 Rdnr.  11; Emmerich in: Münchener Kommen­ tar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  311 Rdnr.  104; Grundmann, JZ 2000, 1133, 1137; eingehend Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  296 ff.; ganz zentral auf die „infor­ mationelle Unterlegenheit“ eines Beteiligten aufbauend, R. Schwarze, Vorvertragliche Verstän­ digungspflichten, 2001, S.  122 ff.; auch schon Wiedemann, JZ 1994, 411, 413. 214   Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  425; zu den Zusammenhän­ gen auch schon Reuter, AcP 189 (1989) 199, 218. 215   Supra Kapitel 4 §  3 C. II. 1. a). Auch Rehm, Aufklärungspflichten im Vertragsrecht, 2003, S.  235 ff.; tendenziell auch Olzen in: Staudinger, BGB, Einleitung zum Schuldrecht; §§  241–243 (Treu und Glauben), Neubearbeitung 2009, §  241 Rdnr.  4 45.

§  2  Gewährleistung (vorvertraglicher) Informationsinteressen

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bene Ausnahmecharakter von Aufklärungspflichten 216 ist in dieser Konstellation nicht ohne Weiteres begründbar. Vielmehr dienen die haftungsrechtlich sanktio­ nierten Pflichten zur Aufklärung unter den genannten Voraussetzungen der ex ante beiderseits wünschenswerten Absicherung der prämierbaren Vertrauens­ würdigkeit der belasteten Partei. 217 Dementsprechend ist auch die allgemein die Interessenlage kennzeichnende Dichotomie von Aufklärungspflicht und Oblie­ genheit zur Eigeninformation 218 in den genannten Fallgestaltungen weitgehend aufgelöst, weil die Belastung der besser informierten Seite auch dieser über die mögliche Vertrauensprämie anteilig zu Gute kommt. Der Gedanke des Selbstschutzes219 bleibt freilich insoweit relevant, als die vor­ stehenden Überlegungen keine unbegrenzte Pflicht zur Information der Gegen­ seite legitimieren können.220 Dabei ist auch im Hinblick auf präsentes Wissen der häufig als zentraler Wertungsgesichtspunkt für die Ablehnung von Informations­ pflichten herangezogene Aspekt des gleichen Informationszugangs von Bedeu­ tung. 221 Vordergründig scheint das Teilen der Information auch insoweit generell wünschenswert, weil ja bei Verneinen einer Pflicht, über das präsente Wissen auf­ zuklären, redundante und für die Gegenseite zumeist auch höhere Aufwendungen in die Beschaffung veranlasst werden. Allerdings berücksichtigt diese Überle­ gung den Charakter bestimmter Information und die von ihnen ausgehenden, positiven externen Effekte nicht hinreichend. Gerade Investitionen in eine spezi­ alisierte Aufgabenwahrnehmung schaffen das Potential, um Wissen auch aus der 216   Z. B. BGH v. 12.  11. 1969 – I ZR 93/67, WM 1970, 132, 133; BGH v. 23.  10. 1975 – III ZR 95/73, WM 1976, 51; BGH v. 13.  7. 1983 – VIII ZR 142/82, NJW 1983, 2493; BGH v. 12.  2. 2004 – III ZR 359/02, BGHZ 158, 110, 119; G. Roth in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  241 Rdnr.  123; Emmerich in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  311 Rdnr.  101; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  33 Rdnr.  14; Singer/v. Finckenstein in: Staudinger, BGB, §§  9 0–133; §§  1–54, 63 BeurkG, Neubearbeitung 2004, §  123 Rdnr.  10. 217   Es ist in der Literatur schon früh darauf hingewiesen worden, dass die gesetzliche Verant­ wortlichkeit als transaktionskostenreduzierendes Substitut privater Vereinbarungen verstanden werden kann, vgl. Assmann, Prospekthaftung, 1985, S.  287. 218   Z. B. BGH v. 13.  7. 1988 – VIII ZR 224/87, NJW 1989, 763, 764; BGH v. 14.  10. 1994 – V ZR 196/93, NJW 1995, 45, 47; Olzen in: Staudinger, BGB, Einleitung zum Schuldrecht; §§  241–243 (Treu und Glauben), Neubearbeitung 2009, §  241 Rdnr.  4 44; Singer/v. Finckenstein in: Staudin­ ger, BGB, §§  9 0–133; §§  1–54, 63 BeurkG, Neubearbeitung 2004, §  123 Rdnr.  10; G. Roth in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  241 Rdnr.  123; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  33 Rdnr.  8 ; Krebs, Sonderverbindung und außerdelik­ tische Schutzpflichten, 2000, S.  486; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  278; R. Schwarze, Vorvertragliche Verständigungspflichten, 2001, S.  21 f.; A. Pohlmann, Die Haftung wegen Aufklärungspflichtverletzung, 2002, S.  101 f.; Mankowski, Beseitigungsrechte, 2003, S.  311; Grigoleit, WM 2001, 597, 599; Möllers, JZ 2002, 121, 129. 219   Zu den verhaltenswissenschaftlich belegten Grenzen G. Roth in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  241 Rdnr.  128. 220   Gegen allgemeine Aufklärungspflicht über sämtliche relevanten Umstände und für stark einzelfallbezogene Betrachtung auch H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  241 Rdnr.  14. 221   BGH v. 21.  10. 1997 – XI ZR 25/97, NJW 1998, 305, 306; Henssler, Risiko als Vertragsge­ genstand, 1994, S.  140; Fleischer, Informationsaymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  299 f.

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

Beobachtung, Analyse und Vernetzung breit zugänglicher Quellen zu generieren, das die sozial erwünschte Ressourcenallokation über den Preismechanismus ver­ bessert. Die Kompensation derartiger Investitionen kann auch darin liegen, dass ein Ausnutzen des geschaffenen Wissens zu Lasten der nichtinformierten Partei erlaubt wird, wenn andernfalls die Gefahr besteht, dass die Investitionsanreize ineffizient verkürzt werden. 222 Daher ist der verbreiteten Sicht zuzustimmen, die eine Informationspflicht in Bezug auf „Marktwissen“ verneint, 223 weil Anreize zu dessen Schaffung für die Funktion des Preismechanismus essentielle Bedeutung haben, es sich mit anderen Worten um einen Unterfall produktiver Informationen handelt und deren positive externe Effekte nicht in einer Vertrauensprämie reflek­ tiert werden können. Daraus erklärt sich umgekehrt auch, dass in bestimmten Konstellationen das mehr oder weniger zufällig und ohne Investitionsaufwand erlangte, nicht allgemein zugängliche Vorauswissen über preisrelevante Umstän­ de zu einer Aufklärungspflicht führen kann.224 Auf der Grundlage ähnlicher Überlegungen lässt sich die Verteilung der Infor­ mationsverantwortlichkeit im Hinblick auf die Geschäftsrisiken beurteilen, die eine Seite u. U. deshalb besser einschätzen kann, weil sie als Folge der arbeitstei­ ligen Spezialisierung und hierdurch vorgehaltenen Expertise entsprechendes Wis­ sen generiert hat. Die Rechtsprechung verpflichtet die überlegen informierte Par­ tei bei einfachen Interzessionsgeschäften 225 oder Kreditverträgen 226 grundsätzlich nicht zur Offenbarung der eigenen Risikoeinschätzung und lässt damit die Aus­ nutzung eines Wissensvorsprungs zu Lasten der nicht informierten Partei zu. Sie spannt aber die Pflichten an, wenn Wissen über atypische oder sonst unbekannte Risiken gerade bei Kapitalanlagegeschäften in Rede steht, 227 über das zwar eine Partei verfügt, die sich auf die Kenntnisse ihres arbeitsteilig spezialisierten Ver­ triebs stützt, das aber für die uninformierte Seite nicht oder nur zu erheblich hö­ heren Kosten zugänglich ist. Die hiermit im Verletzungsfall meist verbundene ex post Verlagerung realisierter Spekulationsrisiken kann insoweit gerechtfertigt   Supra Kapitel 4 §  3 C. II. 2. b) (1).   BGH v. 28.  6 . 2006 – XII ZR 50/06, NJW 2006, 2618, 2621 Rdnr.  28; G. Roth in: Mün­ chener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  241 Rdnr.  138 ff.; Fleischer, Informationsa­ symmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  300 und passim; R. Schwarze, Vorvertragliche Verständi­ gungspflichten, 2001, S.  295 ff.; Mankowski, Beseitigungsrechte, S.  310. In der Sache auch schon RG v. 7.  7. 1925 – II 494/24, RGZ 111, 233, 234 f. 224   BGH v. 31.  1. 1979 – I ZR 77/77, LM Nr.  52 zu §  123 (Daktari). Dazu auch Kötz/H. B. Schäfer, Judex oeconomicus, 2003, S.  165 ff. 225   BGH v. 22.  10. 1987 – IX ZR 267/86, ZIP 1987, 1519; BGH v. 16.  3. 1989 – IX ZR 171/88, NJW 1989, 1605; BGH v. 17.  3. 1994 – IX ZR 174/93, NJW 1994, 2148; BGH v. 21.  10. 1997 – XI ZR 25/97, NJW 1998, 305; BGH v. 25.  6 . 2002 – XI ZR 239/01, ZIP 2002, 1439. 226   BGH v. 20.  10. 1960 – II ZR 141/59, WM 1960, 1321; BGH v. 27.  11. 1990 – XI ZR 308/09, ZIP 1991, 90; BGH v. 11.  11. 2003 – XI ZR 21/03, ZIP 2004, 111; BGH v. 2.  12. 2003 – XI ZR 53/02, ZIP 2004, 549. 227   Überblick bei v. Heymann/Edelmann in: Assmann/Schütze (Hrsg.), Handbuch des Ka­ pitalanlagerechts, 3.  Aufl., 2007, §  4 Rdnr.  17 ff., 51 ff.; G. Roth in: Assmann/Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3.  Aufl., 2007, §  11 Rdnr.  1 ff.; Gansel/Gängel, NJ 2010, 312. 222 223

§  2  Gewährleistung (vorvertraglicher) Informationsinteressen

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werden, als in den jeweiligen Konstellationen die positiven externen Effekte der Wissenserzeugung gering sein können, weil ihr sozialer Mehrwert innerhalb der vorvertraglichen Sonderverbindung über die Vertrauensprämie im Wesentlichen umgesetzt werden kann.228 Die drohenden Ineffizienzen als Folge einer fehlinfor­ mierten Risikoallokation überwiegen daher die nachteiligen Auswirkungen auf die Informationserzeugung, sodass die Aufklärung insgesamt wünschenswert er­ scheint. Dies gilt z. B. im Hinblick auf besondere Bonitätsrisiken von Anleihe­ emittenten, 229 das mit ungewöhnlichen Wertpapieren verbundene Verlustrisiko, 230 die allgemeinen Gefahren des Options- und Terminhandels231 u. ä. Selbstverständlich bleiben die genannten Gesichtspunkte des Informationszu­ gangs, der Vertrauensprämie und der relativen Kostenvorteile nur allgemeine Leitgedanken, die im Einzelfall stark kontextabhängig auszubalancieren sind – gerade auch im Hinblick auf die Reichweite etwaiger Aufklärungspflichten. An dieser Stelle ist wiederum von Bedeutung, dass die Arbeitsteilung in der genann­ ten Weise geeignet ist, Informationsgefälle zu erzeugen, d. h. ihr im Begründungs­ kontext originäre Bedeutung zukommen kann. Dies erklärt auch, weshalb z. B. qualifizierte Verflechtungen zwischen Produktanbieter und Erwerbsfinanzierer für die Begründung und Konkretisierung von Aufklärungspflichten des Letzte­ ren von Bedeutung sind. 232 Die Verbindungen geben dem arbeitsteilig mehrere Projekte gleichzeitig verfolgenden Finanzierer typischerweise einen strukturellen Informationsvorsprung, der von seinem Vertragspartner nicht ohne Weiteres auf­ geholt werden kann. Auf der Grundlage der vorstehenden Überlegungen erscheint es daher prinzipiell gerechtfertigt, den Finanzierer zu einer weitergehenden Auf­ klärung über bekannte Risiken zu verpflichten. Dies wiederum auch deshalb, weil die externen Effekte der Offenbarung der wertsenkenden Informationen nicht nennenswert ins Gewicht fallen. Auf diese Zusammenhänge ist im Rahmen der

228   Gerade am Kapitalmarkt ist der Einfluss von Transaktionen bestimmter Marktteilnehmer (liquidity und noise trader) auf die Preisbildung von untergeordneter Bedeutung, sodass der rechtlich erzwungene Ausgleich von Informationsasymmetrien bei deren Geschäften keine nennenswerten positiven Externalitäten in Form der Effektivierung des Preismechanismus zer­ stört. Zur Mikrostruktur des Kapitalmarkts z. B. Madhavan, 3 J. Fin. Mkts. 205, 242 ff. (2000). 229   BGH v. 6.  7. 1993 – XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126. Aber auch BGH v. 9.  5. 2000 – XI ZR 159/99, ZIP 2000, 1204. 230   BGH v. 22.  1. 1991 – XI ZR 151/89, NJW 1991, 1108; BGH v. 5.  3. 1991 – XI ZR 151/89, NJW 1991, 1947 (penny stock). 231   BGH v. 5.  11. 1984 – II ZR 38/84, WM 1985, 81; BGH v. 17.  10. 1989 – XI ZR 182/88, WM 1990, 61; BGH v. 27.  11. 1990 – XI ZR 115/89, NJW 1991, 1106; BGH v. 14.  5. 1996 – XI ZR 188/95, ZIP 1996, 1161; BGH v. 24.  9. 1996 – XI ZR 244/95, ZIP 1996, 2064; BGH v. 11.  3. 1997 – XI ZR 92/96, NJW 1997, 2171; BGH v. 28.  5. 2002 – XI ZR 150/01, ZIP 2002, 1289; BGH v. 22.  11. 2005 – XI ZR 76/03, NJW-RR 2006, 627. 232   BGH v. 24.  4. 1990 – XI ZR 236/89, NJW-RR 1990, 876; BGH v. 31.  3. 1992 – XI ZR 70/91, ZIP 1992, 912; BGH v. 16.  6 . 1992 – XI ZR 166/91, ZIP 1992, 987, 990; BGH v. 5.  5. 1992 – XI ZR 242/91, NJW 1992, 2560; BGH v. 27.  6 . 2000 – XI ZR 174/99, ZIP 2000, 1430; BGH v. 27.  6 . 2000 – XI ZR 210/99, ZIP 2000, 1483.

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

Illustration der hier entwickelten Position anhand der Verantwortlichkeit bei fi­ nanziertem Erwerb von Immobilienanlagen zurückzukommen. 233 Die wünschenswerten Anreize für die Beteiligten hängen darüber hinaus ent­ scheidend davon ab, dass die für maßgeblich gehaltenen, objektiven Umstände für die belastete Partei erkennbar sind. Dem entspricht es, wenn die ständige Recht­ sprechung die Erkennbarkeit des Informationsgefälles bzw. des Informationsbe­ darfs als Voraussetzung einer Verantwortlichkeit wegen Verletzung von Aufklä­ rungspflichten betont 234 und für diese Position in der Wissenschaft breite Zustim­ mung erfährt. Kontrovers ist dabei lediglich, ob die geforderte Erkennbarkeit bereits die objektive Aufklärungspflicht begrenzt, 235 oder aber eine Vorausset­ zung der zurechnungsbegründenden Sorgfaltspflichtwidrigkeit darstellt. 236 Vor dem Hintergrund des objektiven Fahrlässigkeitsmaßstabs erscheint die Ergebnis­ relevanz der Streitfrage eingeschränkt. Wichtiger ist, dass die Erkennbarkeit zwar typisiert, nicht aber abstrakt erfolgt, sondern die konkreten Umstände der Ver­ tragsanbahnung in den Blick nimmt, sodass auch die arbeitsteilige Absatzorgani­ sation mit den aus der Spezialisierung gegebenenfalls folgenden, sensibleren Er­ kenntnismöglichkeiten eingesetzter Fachleute zu berücksichtigen ist. 237 d)  Pflichten zur Informationsbeschaffung (1)  Einheitliches normatives Fundament In Literatur und Rechtsprechung wird vor allem der Begründung und inhalt­ lichen Konkretisierung von Aufklärungspflichten breiter Raum gewidmet, wäh­ rend den Obligationen zur Informationsbeschaffung nur wenig Aufmerksamkeit zu Teil wird. Dies ist vor allem insoweit augenfällig, als die entsprechenden Pflich­ ten im Rahmen der Zurechnung von Informationspflichtverletzungen eine Rolle spielen, d. h. das Vertretenmüssen des Verstoßes gegen die Wahrheitspflicht be­ stimmen. 238 Nach dem Vorgesagten ist dieser Befund aber insofern unerheblich, als die für die Verteilung der Informationsverantwortung generell maßgeblichen   Infra E.   BGH v. 28.  4. 1971 – VIII ZR 258/69, NJW 1971, 1795; BGH v. 19.  1. 1989 – IX ZR 124/88, BGHZ 106, 269, 272; BGH v. 17.  3. 1994, NJW 1994, 2147, 2148; BGH v. 18.  11. 2003 – XI ZR 322/01, WM 2004, 172, 173; auch die bei Fn.  205 referierte Standardformel enthält das pflichten­ determinierende Element der Erkennbarkeit. 235   So Olzen in: Staudinger, BGB, Einleitung zum Schuldrecht; §§  241–243 (Treu und Glau­ ben), Neubearbeitung 2009, §  241 Rdnr.  4 40; G. Roth in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  241 Rdnr.  131; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  33 Rdnr.  27; Emmerich, JuS 2003, 402, 403; Teichmann, JA 1984, 545, 547. 236   S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  439; Fleischer, Informati­ onsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  455. 237   R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  33 Rdnr.  28; S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  439. 238   Vgl. z. B. S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  406 ff., 437 ff.; R. Schwarze, Vorvertragliche Verständigungspflichten, 2001, S.  94, 200, 284; Fleischer, Informati­ onsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  454. 233

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§  2  Gewährleistung (vorvertraglicher) Informationsinteressen

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Parameter von übergreifender Bedeutung sind.239 Diese können zum einen inso­ weit fortgeschrieben werden, als es um die Beschaffung von Informationen als Vorbedingung der geschuldeten Aufklärung geht. Dieses Vorgehen ist schon des­ halb plausibel, weil man die Verdichtung der Informationsverantwortlichkeit zu einer Verschaffungspflicht als Begründung eines Zwangs verstehen kann, die schon für die Aufklärungspflicht über vorhandenes Wissen bedeutsamen, 240 kom­ parativen Kostenvorteile in der Informationsbeschaffung auch tatsächlich auszu­ nutzen. D.h. es geht um eine Verschärfung des auf einer einheitlichen Grundlage beruhenden Pflichtenprogramms. Dies erhellt auch, warum häufig nicht zwischen den beiden Ebenen der Informationsverantwortung getrennt wird, sodass in der Konsequenz eine explizite Begründung einer Wissensbeschaffungspflicht im Rahmen der für erforderlich gehaltenen Aufklärung unterbleibt, diese vielmehr im Rechtfertigungszusammenhang absorbiert wird. Bei genauerer Betrachtung stellt sich schließlich auch die auf der Ebene der Zurechnung von Verstößen gegen die Wahrheitspflicht etablierte Obligation, Informationen zu beschaffen, als situ­ ationsbezogenes Fortschreiben der allgemeinen Grundsätze dar. Überwiegend werden auf nicht-präsentes Wissen bezogene Informationsbe­ schaffungspflichten als Vorbedingung geschuldeter Aufklärung nur zurückhal­ tend befürwortet. 241 Dies entspricht der Position, die im Hinblick auf die Siche­ rung des Leistungsinteresses Pflichten des Schuldners, den von Dritten bezoge­ nen Leistungsgegenstand oder -beitrag zu untersuchen, prinzipiell reserviert  gegenübersteht. 242 Der zentrale Unterschied zwischen einer Pflicht zur Aufklä­ rung über vorhandenes Wissen und einer solchen zur Informationsbeschaffung liegt darin, dass Letztere nur durch Investitionen erfüllt werden kann, die zu­ nächst nicht getätigt wurden. Es geht also nicht nur darum, die unerwünschte Entwertung von Investitionen zu verhindern. Legitimationsbedürftig ist vielmehr der Zwang zur originären Aufwendung der Kosten. (2)  Informationsbeschaffung als Grundlage geschuldeter Aufklärung Die befürwortete Annahme von Informationsbeschaffungspflichten in Konstel­ lationen, in denen die relevanten Umstände mit geringem Aufwand, i.e. ohne nen­ nenswerte Kosten ermittelt werden können, 243 erklärt sich nicht zuletzt daraus,   Supra a), b).   BGH v. 28.  1. 1992 – XI ZR 301/90, WM 1992, 602, 603. 241   So die Tendenz bei Olzen in: Staudinger, BGB, Einleitung zum Schuldrecht; §§  241–243 (Treu und Glauben), Neubearbeitung 2009, §  241 Rdnr.  439; G. Roth in: Münchener Kommen­ tar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  241 Rdnr.  126; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstö­ rungen, 2008, §  33 Rdnr.  13, 17 f.; Emmerich in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  241 Rdnr.  105; Breidenbach, Die Voraussetzungen von Informationspflichten beim Vertragsschluss, 1989, S.  70 ff.; Henssler, Risiko als Vertragsgegenstand, 1994, S.  137 ff., 153 ff.; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  450 f.; R. Schwarze, Vor­ vertragliche Verständigungspflichten, 2001, S.  10. 242   Supra §  1 C. III. 1. a). 243   Prototypisch der für den Fachmann bei flüchtiger Untersuchung leicht erkennbare Man­ 239 240

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

dass die wohlfeile Schutzbehauptung des Aufklärungspflichtigen ausgeschlossen werden soll, trotz aller bereiten Möglichkeiten keine Kenntnis von den in Rede stehenden Umständen gehabt zu haben. Um darüber hinaus eine Partei zur Be­ schaffung von Informationen zu verpflichten, wird zum Teil gefordert, dass der vorvertraglichen Sonderverbindung ein besonderes Fürsorge- oder Beratungsele­ ment inne wohnt. 244 Letzteres kann sich aber gerade aus der besonderen Fachkun­ de einer Partei der vorvertraglichen Sonderverbindung ergeben, 245 wie sie für die arbeitsteilige Vertragsanbahnung unter Einschaltung von Spezialisten kennzeich­ nend ist. 246 Die insoweit gegebenen, strukturellen Informationsnachteile liegen nicht zuletzt darin, dass die Vollständigkeit des mitgeteilten, präsenten Wissens von der nicht-informierten Partei nicht beurteilt werden kann. Die für wün­ schenswert gehaltene Zuweisung der Informationsverantwortlichkeit allein im Rahmen von Aufklärungspflichten bliebe daher unzulänglich. Der sachkundigen Partei eröffneten sich Spielräume im Hinblick auf ihre Informationsbeschaffung, müsste sie nur über präsentes Wissen aufklären – es stünde ihr frei, den maßgeb­ lichen Sachverhalt nur nachlässig zu ermitteln, auszuwerten etc.247 Das probate Gegenmittel liegt darin, eine Pflicht zur Aufklärung auch auf der Grundlage zu beschaffender Informationen anzunehmen und somit ein sonderverbindungsbe­ zogenes, objektives Mindestmaß an Aufklärung zu fordern. Dies führt in den genannten Konstellationen strukturell begründeter Informationsnachteile wie­ derum dazu, dass sich die Effizienzgewinne in einer Vertrauensprämie nieder­ schlagen. Weil der kostspieligere Selbstschutz auf der Grundlage der rechtsförmig abgesicherten Informationsbeschaffungspflicht unterbleiben kann, können die Vorteile über eine solche unter den Beteiligten aufgeteilt werden. Auch Begrün­ dung und Reichweite der Informationsbeschaffungspflicht stehen und fallen so­ mit mit dem komparativen Kostenvorteil des Belasteten, 248 weil die nicht-infor­ mierte Partei allenfalls bis zur Höhe der alternativ aufzuwendenden, eigenen  Beschaffungskosten bereit ist, eine Vertrauensprämie zu entrichten. Diese Zu­

gel, BGH v. 15.  3. 1956 – II ZR 284/54, LM Nr.  2 zu §  276 (Hb); Fleischer, Informationsasym­ metrie im Vertragsrecht, 2001, S.  452. 244   Krebs, Sonderverbindungen und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S.  509; ähnlich Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S 453: besonderer Geschäftsbesor­ gungscharakter. 245   So z. B. Olzen in: Staudinger, BGB, Einleitung zum Schuldrecht; §§  241–243 (Treu und Glauben), Neubearbeitung 2009, §  241 Rdnr.  439; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörun­ gen, 2008, §  33 Rdnr.  18. 246   Speziell für die Anlageberatung der Banken im Effektenhandel G. Roth in: Assmann/ Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3.  Aufl., 2007, §  11 Rdnr.  87. Zu dem Erfor­ dernis von Bankmitarbeitern, sich Informationsquellen zu erschließen auch BGH v. 14.  5. 1996 – XI ZR 188/98, WM 1996, 1214; BGH v. 22.  9. 1996 – XI ZR 244/95, WM 1997, 309. 247   Insoweit geht es um einen Fall des Opportunismus als Folge „versteckten Handelns“, supra Kapitel 4 §  1 A. I. Auch schon Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  453. 248   Vgl. auch M. Müller/Hempel, AcP 205 (2005) 246, 248.

§  2  Gewährleistung (vorvertraglicher) Informationsinteressen

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sammenhänge sind auch für die abschließend zu betrachtende Verantwortlichkeit im Rahmen der Wahrheitspflicht von Bedeutung. (3)  Informationsbeschaffung und Wahrheitspflicht Während die Obligation zur Informationsbeschaffung in den vorstehenden Kon­ stellationen auf der Grundlage einer strukturell begründeten Beratungs- oder Fürsorgepflicht legitimiert wurde, folgt diese in den Fällen fahrlässiger Falschan­ gaben aus einem situativen Moment. Insofern wurde bereits dargelegt, dass auch die drohende Haftung ex ante zu Investitionen in bessere Informationsqualität zwingt, deren Umfang auf der Ebene der Zurechnung durch den heranzuzie­ henden Sorgfaltsmaßstab bestimmt wird. 249 Dies ist prinzipiell deshalb gerecht­ fertigt, weil mit der Erklärung im konkreten Fall die Information der Gegenseite übernommen wird und diese von sonst erforderlichen, eigenen Erkundigungen absehen soll. Letzteres liegt im beiderseitigen Interesse der Beteiligten, weil die Überprüfung der gemachten Angaben zu einer doppelten Aufwendung von In­ formationsbeschaffungskosten führen kann, worin eine Erhöhung der Transakti­ onskosten liegt, 250 durch die der angestrebte Kooperationsgewinn geschmälert wird. 251 In der Literatur werden diese Zusammenhänge dadurch zum Ausdruck gebracht, dass sie die Grundlage der Wahrheitspflicht in der Inanspruchnahme von Vertrauen auf der Grundlage einer allgemeinen Redlichkeitserwartung der Beteiligten sieht.252 Wichtig ist insoweit allerdings, im Auge zu behalten, dass die Rechtspflichten nicht aus der Enttäuschung eines vorrechtlichen, rein psycholo­ gischen Vertrauenstatbestands folgen, sondern vielmehr dessen rechtsförmige Absicherung auf rechtfertigungsbedürftigen, normativen Entscheidungen der Rechtsordnung beruht.253

  Supra b).   Aus diesem Aspekt rechtfertigt sich das gesamtgesellschaftliche Interesse am „Vertrauen­ können“, supra Fn.  183, weil die ohne dieses eintretende Erhöhung der Transaktionskosten effi­ ziente Transaktionen verhindern und so die wünschenswerte Ressourcenallokation beeinträch­ tigen würde. 251   Vgl. auch Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  426; Mankowski, Beseitigungsrechte, 2003, S.  309. 252   S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  405 ff., 412 ff.; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008 §  33 Rdnr.  4 f.; R. Schwarze, Vorvertragliche Ver­ ständigungspflichten, 2001, S.  98 ff.; vgl. auch Canaris, Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, 1971, S.  532 ff. Allgemein grundlegend für die Haftung wegen vorvertraglicher Pflichtverletzungen, Ballerstedt, AcP 151 (1950/51) 501, 507; Canaris, JZ 1965, 475, 478. Für die Kritik an der Doktrin der Vertrauenshaftung Picker, AcP 183 (1983) 369, 411 ff., 418 ff.; Köndgen, Selbstbindung ohne Vertrag, 1981, S.  97 ff.; M. Lehmann, Vertragsanbahnung durch Wer­ bung, 1981, S.  300 ff.; Frotz, Gedenkschrift für Franz Gschnitzer, 1969, S.  168. 253   Ganz klar bereits Canaris, Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht, 1971, S.  504; Loges, Die Begründung neuer Erklärungspflichten und der Gedanke des Vertrauensschutzes, 1991, S.  169 f.; im hier interessierenden Kontext S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  405; auch Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, 10.  Aufl., 2010, Rdnr.  4 49. 249

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

Hieraus folgt zum einen, dass die Ermittlung des Erklärungsgehalts eines be­ stimmten Verhaltens jenseits der fließenden Unterscheidung von positivem Tun und Unterlassen daran auszurichten ist, ob und inwieweit sie das normativ für relevant gehaltene Vertrauen erzeugte, d. h. inwieweit sie die prinzipiell bestehen­ de eigene Informationsverantwortung der Gegenseite derogieren sollte.254 Vor diesem Hintergrund ist zu ermitteln, ob und inwieweit für einen bestimmten, entscheidungsrelevanten Themenkomplex die Informationsverantwortung über­ nommen werden sollte. Danach entscheidet sich, ob die erteilten Informationen „vollständig“ sein mussten, 255 oder sich – vorbehaltlich weiterreichender Aufklä­ rungspflichten – auf die Mitteilung von Einzelaspekten beschränken durften. 256 Für die danach erforderliche Auslegung des Parteiverhaltens257 ist wiederum von Bedeutung, ob ein erkennbares strukturelles Ungleichgewicht zwischen den Beteiligten im Sinne eines überlegenen Informationszugangs der einen Seite vor­ lag. Ein solches legt eine Übernahme der Informationsverantwortung nämlich insoweit nahe, wie die komparativen Vorteile der einen Seite reichen. Der verkau­ fende, über entsprechende Untersuchungsmöglichkeiten verfügende Fachmann übernimmt mit der vorbehaltlosen Angabe einzelner Mängel die vollständige Ver­ antwortlichkeit für die Fehlerfreiheit, während der veräußernde Laie mit entspre­ chenden Auskünften nur punktuelles Wissen mitteilen und somit nicht von der Eigenverantwortlichkeit im Übrigen entlasten will. Im Rahmen dieser Auslegung erlangen wiederum die Spezialisierungsvorteile infolge arbeitsteiliger Absatzor­ ganisation Bedeutung, wie sie mutatis mutandis schon im Zusammenhang mit der Begründung von Aufklärungspflichten Berücksichtigung fanden.258 Der Gedanke der intendierten Risikoübernahme und Freistellung von der Ob­ liegenheit zur Eigeninformation ist zudem auch für die Bestimmung des ex ante erforderlichen Informationsaufwands, den die erklärende Partei zu betreiben hat, um dem Fahrlässigkeitsvorwurf des §  276 Abs.  2 BGB zu entgehen, von zentraler Wichtigkeit. Maßgeblich ist insoweit die Überlegung, dass die Gegenseite von der Notwendigkeit entlastet wird, selbst in die Beschaffung, Verarbeitung etc. der relevanten Tatsachen zu investieren. Die Bereitschaft zum Selbstschutz hängt aus der Perspektive der informationsbedürftigen Partei von dem Schaden ab, der ihr infolge unzulänglicher Kenntnisse droht, d. h. von der Gefahr, an einem nicht254   In der Sache ähnlich, R. Schwarze, Vorvertragliche Verständigungspflichten, 2001, S.  104 ff. 255   Schon RG v. 18.  10. 1917 – VI 255/17, RGZ 91, 80, 82 f. stellt zutreffend darauf ab, ob dem Erklärungsverhalten der „Anschein der Vollständigkeit“ zukam. 256   Zur „Gesamtbetrachtung“ der h. M. schon supra Fn.  195. 257   Für diese ist nach zutreffender Ansicht der Empfängerhorizont maßgeblich, S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  410 f.; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  252; R. Schwarze, Vorvertragliche Verständigungspflichten, 2001, S.  101. Nur wenn die intendierte Übernahme des Informationsrisikos aus der Perspektive der Gegenseite erkennbar ist, steht der haftungslegitimierende Verzicht auf Eigeninformation im Raum. 258   Supra c).

§  2  Gewährleistung (vorvertraglicher) Informationsinteressen

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präferenzgerechten Vertrag festgehalten zu werden. Sie wird solange investieren, z. B. in fachkundige Beratung durch Dritte, wie der marginale Nutzen in Form einer Verringerung dieser Gefahr als Folge besserer Informationsqualität, höher ist als die aufzubringenden Kosten. Maximal in diesem Umfang besteht auf ihrer Seite prinzipiell die Bereitschaft, eine Vertrauensprämie für die Entlastung zu zahlen. An anderer Stelle wurde die Maßgeblichkeit des erkennbar drohenden Schadens für die Bestimmung des Sorgfaltsmaßstabs betont. 259 Das Zusammen­ denken dieser Überlegung mit dem Vorstehenden führt dazu, dass der Erklärende dem Fahrlässigkeitsvorwurf entgeht, wenn sein ex ante Investitionsaufwand dem entsprach, den andernfalls die Gegenseite im Eigeninteresse getätigt hätte. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass der objektive Fahrlässigkeitsmaß­ stab regelmäßig zur Maßgeblichkeit des drohenden Durchschnittsschadens führt, 260 weshalb auch im Hinblick auf die Sorgfaltspflicht zur ex ante Überprü­ fung der mitgeteilten Tatsachen geschäfts- und branchentypische Maßstäbe ge­ rechtfertigt sind. Hierin liegt auch schon deshalb eine unter dem Gesichtspunkt der Minimierung von Transaktionskosten rationale Lösung, weil die (tertiären 261) Kosten der Verifizierung konkreter Größen schlicht die Administration des Haf­ tungsregimes ineffizient verteuerten. Dies gilt insbesondere deshalb, weil die all­ gemeinen Organisationskosten 262 der informationsbelasteten Partei ohnehin nur näherungsweise (prognostisch) der konkreten Vertragsanbahnung anteilig zure­ chenbar sind. Hierdurch sollte aber die prinzipielle Orientierung des Sorgfalts­ maßstabs an den relevanten, typisiert bestimmten Größen nicht überspielt wer­ den. 263 Bei überlegenem Informationszugang der erklärenden Partei, wie er wie­ derum für die spezialisierte, arbeitsteilige Vertragsanbahnung kennzeichnend ist, kann dies gleichwohl zu weitergehenden Ermittlungen zwingen, 264 als sie als Maßnahmen des Selbstschutzes unternommen worden wären. Dies führt ersicht­ lich zu einer wünschenswert erhöhten Richtigkeitsgewähr der Entscheidungs­ grundlage.

  Supra §  1 C. II. 1. a).   Supra §  1 C. II. 1. a). 261   Supra Kapitel 4 §  1 Fn.  23. 262   Infra 2. 263   Für eine Kosten-Nutzen Orientierung speziell zur Bestimmung des Sorgfaltsmaßstabs bei der Haftung für Informationspflichtverletzungen auch Hopt in: Hadding/Hopt/Schimans­ ky (Hrsg.), Aufklärungs- und Beratungspflichten der Kreditinstitute – Der moderne Schuld­ turm?, 1993, S.  1, 26 f.; Ekkenga, Anlegerschutz, Rechnungslegung und Kapitalmarkt, 1998, S.  433 f. 264   Hätte die informationsbedürftige Partei ihrerseits fachkundigen Rat bei Dritten einge­ holt, müssen die Aufwendungen des Erklärenden mindestens denjenigen entsprechen, die von dem zugezogenen Experten unternommen worden wären. 259

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2.  Eigene Verantwortlichkeit des Vertragsschließenden Sofern die nach dem Vorstehenden mit der Informationsverantwortung belastete Partei selbst neben Dritten an dem Abschluss des Vertrags beteiligt ist, hat sie die beschriebenen Aufklärungs- und Informationsbeschaffungspflichten selbst wahrzunehmen. Dies ist am Beispiel der Untersuchungspflichten des Verkäufers bereits in anderem Zusammenhang erörtert worden. 265 In den hier in Rede stehenden Konstellationen sind allerdings die Organisa­ tions- und Sorgfaltspflichten bedeutsamer, die ihr obliegen, obwohl sie nicht selbst bei der Anbahnung und dem Abschluss des Vertrages mitwirkt. Diese be­ treffen in erster Linie die interne Organisation der Wissensbeschaffung und -ver­ breitung, die vor allem im Bereich der Bankenhaftung diskutiert werden, in der Sache aber verallgemeinerbar sind. Dies gilt erkennbar für die culpa in eligendo im Fall der Betrauung hinreichend fachkundiger, angestellter oder selbständiger Dritter im Rahmen der Vertragsanbahnung.266 Hierzu gehört auch ein adäquates Angebot an internen Fortbildungsmöglichkeiten u. ä., 267 sowie das Aufstellen und Durchsetzen von gesetzeskonformen Verhaltensrichtlinien.268 Weiterhin ist zu gewährleisten, dass die relevanten Informationsquellen zur Verfügung stehen und ausgewertet werden, 269 die gegebenenfalls erforderliche Kommunikation mit kun­ digen Dritten möglich ist etc.270 Im Hinblick auf die Arbeitsteilung ist auch von erheblicher Bedeutung, dass eine faktische Sanktion unzulänglicher interner Or­ ganisation darin liegt, dass als Folge der Grundsätze der Wissenszurechnung271 eine – prinzipiell eher zu bejahende – Aufklärungspflicht über präsentes Wissen anzunehmen sein kann, obwohl der konkret Handelnde von den in Rede stehen­ den Informationen tatsächlich keine Kenntnis hatte. 3.  Zurechnung fremden Fehlverhaltens Noch stärker als im Hinblick auf den Schutz des Leistungsinteresses erfolgt die Zuweisung des Risikos fahrlässiger Informationspflichtverletzungen bei der ar­ beitsteiligen Vertragsanbahnung auf der Grundlage der Verschuldenszurechnung nach §  278 S.  1 BGB. Dies folgt schon daraus, dass für diesen Fall der Leistungs­ störung in der vorvertraglichen Sonderverbindung keine alternativen Rechtsbe­ helfe neben dem Schadensersatzanspruch aus §§  280 Abs.  1, 241 Abs.  2, 311 Abs.  2 BGB zur Verfügung stehen. Vor diesem Hintergrund sind wiederum die rele­   Supra §  1 C. III. 1. a).   Vgl. auch die aufsichtsrechtlichen Vorgaben der §§  31 Abs.  1 Nr.  1, 33 Abs.  1 S.  1 Nr.  1 WpHG. 267   G. Roth in: Assmann/Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3.  Aufl., 2007, §  11 Rdnr.  86. 268   Im Aufsichtsrecht §  33 Abs.  1 S.  1 Nr.  1, Nr.  6 WpHG. 269   BGH v. 6.  7. 1993 – XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128 ff. 270   Zum Ganzen ausführlich Ekkenga in Münchener Kommentar zum HGB, Bd.  5, 2.  Aufl., 2009, Effektengeschäft Rdnr.  371 ff. 271   Hier nur BGH v. 2.  2. 1996 – V ZR 239/94, BGHZ 132, 30; schon supra B. II 1 d). 265

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vanten Tatbestandsmerkmale der Norm zu entfalten. Dabei kann weitgehend auf die im Zusammenhang mit der Tätigkeit von Hilfspersonen bei der Erfüllung der Leistungspflichten angestellten Überlegungen zurückgegriffen werden. Zu die­ sem Zweck soll ein kurzer Blick auf die in Rede stehende Sonderverbindung als Voraussetzung der Anwendung des §  278 S.  1 BGB geworfen werden.272 Im We­ sentlichen ist aber auf die zentralen, wertungstragenden Tatbestandsmerkmale des Einschaltens durch den in Anspruch genommenen Erklärungsempfänger273 und der Tätigkeit in dessen Pflichtenkreis274 einzugehen. Schließlich ist das Subs­ trat der Zurechnung näher zu bestimmen. 275 a)  Zurechnungstragende Sonderverbindung Bei den hier untersuchten, vorvertraglichen Informationspflichten handelt es sich um Pflichten im Sinne des §  241 Abs.  2 BGB, 276 die nach dem weiten Verständnis der herrschenden Meinung eine die Verschuldenszurechnung prinzipiell tragende Sonderverbindung konstituieren. 277 Die Vorstellung des historischen Gesetzge­ bers war zwar auf eine Einschaltung des Gehilfen in die Erfüllung von Leistungs­ pflichten im Sinne des §  241 Abs.  1 BGB zentriert. 278 Seit Inkrafttreten des BGB hat aber gerade auch die Praxis eine nachhaltige und weitreichende Ausdehnung der Haftung aus Sonderverbindung vor allem bei der Verletzung von Rücksicht­ nahmepflichten (insbesondere Schutz- und Sorgfaltspflichten) vollzogen, die sich u. a. in der breiten Anerkennung der Institute des Verschuldens bei Vertragsverlet­

  Infra a).   Infra b). 274   Infra c). 275   Infra d). 276   Wegen des thematischen Zuschnitts der Untersuchung spielt die – nicht selten fiktive – Annahme selbständiger Auskunftsverträge keine zentrale Rolle, weil diese in der Rechtspre­ chung vor allem jenseits der (arbeitsteilgen) Vertragsanbahnung im Verhältnis von sonst nicht in geschäftlichem Kontakt stehenden Personen angenommen wird, vgl. z. B. BGH v. 23.  1. 1990 – VI ZR 209/89, BGHZ 110, 117; BGH v. 16.  10. 1990 – XI ZR 165/88, NJW 1991, 352; BGH v. 13.  2. 1992 – III ZR 28/90, NJW 1992, 2080, 2082; BGH v. 19.  10. 2006, ZIP 2006, 2221; BGH v. 11.  1. 2007 – III ZR 193/05, NJW 2007, 1362, 1363; zum Ganzen Masch, Die Dritthaftung von Banken bei fehlerhaften Eigenauskünften, 2005, S.  24 ff. 277   Zu dem schon lange vorherrschenden, auch Pflichten im Sinne der §§  241 Abs.  2, 311 Abs.  2 BGB einschließenden Verständnis der h. M., Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  278, Rdnr.  7 f.; Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  15; M. Wolf in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  278 Rdnr.  8 ; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  278 BGB Rdnr.  2; Unberath in: Bamberger/Roth, BGB, Bd.  1, 2.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  2; Looschelders, Schuldrecht Allge­ meiner Teil, 9.  Aufl., 2011, Rdnr.  541; vor 2002 z. B. Larenz, Schuldrecht I, 14.  Aufl., 1987, §  20 VIII, S.  296 f., 303; Esser/E. Schmidt, Schuldrecht I/2, 8.  Aufl., 2000, §  27 I 3 a, S.  99 f.; H. Westermann, JuS 1961, 333, 340, sowei die infra Fn.  285 Genannten. 278   Supra Kapitel 3 §  1 A. III. 2. 272

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zung, 279 der positiven Forderungsverletzung, 280 des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, 281 der nachwirkenden Vertragspflichten 282 und der Gefällig­ keitsverhältnisse mit vertragsähnlichen Sorgfaltspflichten 283 niedergeschlagen hat. 284 Diese Zusammenhänge hatten die begründeten Mahnungen hervorgerufen, nicht einfach vom Vorliegen einer Sonderverbindung auf die Anwendbarkeit des §  278 S.  1 BGB zu schließen, 285 weil in der ohne Sachgründe behaupteten Anwend­ barkeit des auf Leistungspflichten zugeschnittenen §  278 S.  1 BGB auch auf Rück­ sichtnahmepflichten eine petitio principii liege. 286 Vielmehr müsse unter Rückgriff auf die Wertungen, die zu den genannten Erstreckungen des vertragsrechtlichen Haftungsregimes geführt haben, entschieden werden, ob die „neuen“ Sonderver­ bindungen die Verschuldenszurechnung gemäß §  278 S.  1 BGB tragen.287 Die Schuldrechtsmodernisierung hat mit den §§  280 Abs.  1, 241 Abs.  2, 311 Abs.  2, Abs.  3 BGB einige der genannten Rechtsinstitute ausdrücklich in das ko­ difizierte Normengefüge des BGB überführt und insbesondere für die vorver­ traglichen Informationspflichten eine positivrechtliche Verankerung gelegt. Es fehlt jedoch an einem Anhaltspunkt dafür, dass mit den geschaffenen Blankett­ vorschriften eine positive Anordnung zu einer undifferenzierten Anwendung des §  278 S.  1 BGB getroffen werden sollte. Zwar kann nicht bezweifelt werden, dass der Reformgesetzgeber im Lichte der ganz herrschenden Praxis von einer grund­ sätzlichen Einstandspflicht für Gehilfenfehler auch im Zusammenhang mit den aus §§  241 Abs.  2, 311 Abs.  2 BGB erwachsenden Pflichten ausging. Diese Grund­ entscheidung präjudiziert allerdings nicht die hier für notwendig gehaltene, 288 ge­ 279   RG v. 7.  12. 1911 – VI 240/11, RGZ 78, 239 (Linoleumrolle); zur Eigenhaftung von Vertre­ tern und Sachwaltern RG v. 1.  3. 1928 – VI 258/27, RGZ 120, 249, 252; RG v. 15.  12. 1938 – IV 197/38, RGZ 159, 33, 35. 280   RG v. 5.  10. 1903 – VI 67/03, RGZ 55, 335, 336 f., nachdem RG v. 6.  3. 1903 – II 338/02, RGZ 54, 98, 99 ff. die Staub’sche Lehre für das Leistungsstörungsrecht übernommen hatte. 281   Grundlegend OLG Hamburg v. 18.  10. 1907, Recht 1907, Nr.  3469, S.  1398; RG v. 4.  6 . 1915 – III 581/14, WarnR 1915 Nr.  203, S.  306, 307 f.; RG v. 5.  10. 1917 – III 145/17, RGZ 91, 22, 24; RG v. 10.  2. 1930 – VI 270/29, RGZ 127, 218, 228 f. 282   RG v. 26.  9. 1925 – V 570/24, RGZ 111, 298, 303; RG v. 31.  5. 1927 – II 517/26, RGZ 117, 176, 179 f.; RG v. 5.  10. 1939 – V 87/39, RGZ 161, 330, 337 ff. Auch in RG v. 5.  10. 1903 – VI 67/03, RGZ 55, 335 ging es in der Sache um Schutz- und Sorgfaltspflichten in der Zeit nach Erbringung der geschuldeten Beförderungsleistung. 283   BGH v. 22.  6 . 1956 – I ZR 198/54, BGHZ 21, 102, 107. 284   Zur Entwicklung Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S.  10 ff.; Bayer, Der Vertrag zugunsten Dritter, 1995, S.  182 ff. 285   Dies entsprach freilich der Vorgehensweise in der Kommentarliteratur, z. B. Löwisch in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2001, §  278 Rdnr.  6 ; M. Wolf in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  278 Rdnr.  9 f.; P. Hanau in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 3.  Aufl., 1994, §  278 Rdnr.  7; Battes in: Erman, BGB, Bd.  I, 10.  Aufl., 2000, §  278 BGB Rdnr.  22. 286   E. Schmidt in: E. Schmidt (Hrsg.), Rudolf von Jehring, Culpa in contrahendo, Hermann Staub, Die positive Vertragsverletzung, 1969, S.  131, 153. 287   E. Schmidt, AcP 170 (1970) 502, 507. 288   Gegen eine solche aber ausdrücklich z. B. E. Lorenz, Festgabe 50 Jahre Bundesgerichts­ hof, Bd.  I, 2000, S.  329, 338 und 339: Merkmal der Verbindlichkeit sei unabhängig davon, ob es um die Haftung für eigenes Verschulden oder dasjenige des Erfüllungsgehilfen gehe. Auch all

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hilfenspezifische Konkretisierung des Tatbestands des §  278 S.  1 BGB vor allem bei der Vermessung des Pflichtenkreises des Schuldners. 289 Diese stellt eine Fein­ justierung der Ergebnisse dar, die sich mit der gerade im Hinblick auf die Gehil­ fenhaftung häufig konstatierten, 290 vom Gesetzgeber im Großen und Ganzen goutierten „Rechtsentwicklung vom Ergebnis her“ durchaus verträgt. Im Fol­ genden sind daher Inhalt und Umfang der Schuldnerpflichten gerade im Lichte des Gehilfeneinsatzes zu bestimmen, um auf diese Weise zu einer die Besonder­ heiten der Arbeitsteilung berücksichtigenden Abgrenzung der Verantwortungs­ sphären auch mit Rücksicht auf die Informationspflichten zu gelangen. b)  Bedienen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit Für die Einschalthaftung für Störungen bei der Erfüllung von Leistungspflichten wurde festgestellt, dass es nicht auf einen konkret personenbezogenen Willen des Schuldners ankommt, um ein Bedienen im Sinne des §  278 S.  1 BGB annehmen zu können, sondern ein solches auf dessen Organisationswillen in Verbindung mit Kriterien der effizienten Risikozuweisung zurückzuführen ist.291 Ganz entspre­ chend ist die Risikoverteilung im Hinblick auf die vorvertragliche Informations­ verantwortung vorzunehmen. Auch insoweit stellt das für maßgeblich gehaltene Effizienzkalkül der Beteiligten 292 zentral auf die Stellung des Dritten innerhalb der arbeitsteilig organisierten Vertragsanbahnung ab und rekurriert darauf, wel­ cher Partei aus dieser die Fähigkeit erwächst, das Informationsrisiko eher zu tra­ gen als die Gegenseite. Danach hat der Schuldner für sämtliche Personen einzustehen, die innerhalb der von ihm strukturierten, arbeitsteiligen Vertragsanbahnung in einer Art und Weise zum Einsatz kommen, die dem Schuldner erlaubt, die mit ihrer Tätigkeit verbundenen Risiken für die Erfüllung der Informationspflichten relativ besser zu beherrschen oder zu tragen, als es dem Gläubiger möglich ist. Hierin liegt das organisationshaftungsmäßige Fortschreiben des schon im Hinblick auf die prin­ zipielle Pflichtenbegründung für maßgeblich gehaltenen Gedankens eines kom­ parativen Vorteils des Informationspflichtigen, der sich an dieser Stelle gerade aus seiner besonderen Beziehung zu dem Dritten und dem daraus resultierenden Zu­ griff auf dessen Aufklärungs- und Informationsbeschaffungsmöglichkeiten erge­ ben muss. Erfasst sind somit jedenfalls die Arbeitnehmer des Informationspflichtigen, 293 auf die dieser als Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich größere Einflussmöglich­ keiten hinsichtlich ihres Informationsverhaltens besitzt als sein Gegenüber in der diejenigen, die den Normzweck des §  278 S.  1 BGB in der haftungsrechtlichen Rückgängigma­ chung der Arbeitsteilung sehen supra Kapitel 3 §  1 Fn.  53. 289   Supra §  1 C. II 2 c). 290   Supra Kapitel 1 §  2 Fn.  137. 291   Supra §  1 C. II. 2. b). 292   Hierzu supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. c). 293   Schon supra §  1 C. II. 2. b).

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vorvertraglichen Sonderrechtsbeziehung. Zum anderen fallen aber auch selbstän­ dige Dritte unter die Einschalthaftung, wenn diese vom Informationspflichtigen in die arbeitsteilig organisierte Vertragsanbahnung in einer Weise integriert sind, die ihm überlegenen Einfluss auf deren Informationsverhalten gibt. Der Grad der hierfür erforderlichen Verflechtung entzieht sich der abstrakten Beschreibung. Auch insoweit ist jedenfalls nicht erforderlich, dass der Informationspflichtige Einfluss auf das konkrete Verhalten des Dritten nehmen kann. Wiederum recht­ fertigt der Gedanke, die Gegenseite von der Notwendigkeit zu entlasten, ein Aus­ wahlverschulden nachzuweisen, die strikte Haftung.294 Die maßgeblichen Krite­ rien erhellen, warum der neutrale Makler regelmäßig nicht als Erfüllungsgehilfe einer der späteren Vertragsparteien anzusehen ist: 295 Dessen aus §  651 Abs.  1 S.  1 BGB gespeistes Eigeninteresse an erfolgreichen Vertragsverhandlungen entzieht sein Informationsverhalten regelmäßig dem überlegenen Einfluss einer Seite. Die Bewertung kann sich aber ändern, wenn der Makler entgegen dem gesetzlichen Leitbild die Rolle eines Verhandlungsgehilfen einer Partei übernimmt. 296 Weiter­ hin ist auch zu berücksichtigen, ob der Informationspflichtige in einer Position ist, die es nahe legt, dass er den anderen Teil in der vorvertraglichen Sonderverbin­ dung gegen das informationelle Fehlverhalten des Dritten versichert, was wieder­ um von den erkennbaren Risikopräferenzen der Beteiligten und ihrer Vermögens­ ausstattung abhängt.297 c)  Tätigkeit im Pflichtenkreis des Erklärungsempfängers Für die Bestimmung des letztlich über die Verschuldenszurechnung entschei­ denden Pflichtenkreises wurde im Hinblick auf die Einschaltung in die Erfüllung von Leistungspflichten konstatiert, diese seien unter Berücksichtigung der von den Parteien antizipierten oder gar gewollten Arbeitsteilung zu konkretisieren.298 Das Fundament dieser Konzeption lag in den Effizienzzielen der Parteien, das auch die Verteilung der Informationsverantwortlichkeit trägt. 299 Selbst wenn man mit der herrschenden Meinung von einer objektiv unbedingten Wahrheitspflicht bei positivem Erklärungsverhalten ausgeht,300 spielt der Ge­ sichtspunkt der Arbeitsteilung nicht erst auf der Ebene der Sorgfaltspflichtverlet­ zung eine Rolle, obwohl diese letztlich über die Reichweite der postulierten In­   Supra §  1 C. II. 2. b).   BGH v. 17.  11. 1960 – VII ZR 115/59, BGHZ 33, 302, 309; BGH v. 27.  5. 1964 – V ZR 146/52, WM 1964, 853, 854; BGH v. 24.  11. 1995 – V ZR 40/94, NJW 1996, 451. 296   BGH v. 20.  2. 1967 – III ZR 40/66, BGHZ 47, 224, 230; BGH v. 26.  4. 1991 – V ZR 165/89, BGHZ 114, 263, 269; BGH v. BGH v. 24.  11. 1995 – V ZR 40/94, NJW 1996, 451, 452; BGH v. 8.  1. 2004 – VII ZR 181/02, NJW 2004, 2156, 2157. 297   Ist in den oben genannten Beispielen der Makler hinreichend solvent oder versichert, lässt sich seine Erfüllungsgehilfeneigenschaft jedenfalls nicht mit Überlegungen zur Risikotragungs­ fähigkeit im Verhältnis der Parteien zueinander begründen. 298   Supra §  1 C. II. 2. c). 299   Hierzu supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. c). 300   Nachweise supra Fn.  190. 294 295

§  2  Gewährleistung (vorvertraglicher) Informationsinteressen

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formationsbeschaffungspflicht entscheidet.301 Gerade die Tätigkeit interessierter Dritter verdeutlicht die bereits postulierte Wertungsabhängigkeit auch der Be­ stimmung der Reichweite der objektiven Wahrheitspflicht: 302 Informiert der selb­ ständige Berater falsch über die finanzierte Kapitalanlage, ist dieses Fehlverhalten der darlehensgebenden Bank grundsätzlich nicht zurechenbar, selbst wenn sie sich des Beraters zur Vermittlung des Kredits bedient, weil ihre Informationsver­ antwortung grundsätzlich thematisch begrenzt ist und sich nicht auf die Risiken der Darlehensverwendung bezieht.303 Diese Einschränkung der Wahrheitspflicht über die Bestimmung des Informationsthemas basiert zentral auf der Überlegung, dass die Bank im Regelfall allenfalls im Hinblick auf die originären Risiken des Kreditgeschäfts über komparative Vorteile gerade auch im Hinblick auf das dies­ bezügliche Informationsverhalten des eingeschalteten Dritten verfügt, während Derartiges für das zu finanzierende Anlagegeschäft als solches prinzipiell nicht konstatiert werden kann.304 Vergleichbare Zusammenhänge wurden auch für die Aufklärungs- und Infor­ mationsbeschaffungspflichten jenseits des positiven Erklärungsverhaltens aufge­ zeigt.305 Der bessere Informationszugang, der gerade auf einer durch die Arbeits­ teilung ermöglichten Spezialisierung beruhen kann, stellt eine zentrale Determi­ nante für den im Lichte des konkreten Einzelfalls zu bestimmenden Bestand und die Reichweite von Aufklärungs- und Informationsbeschaffungspflichten dar. Dieser Befund ist Ausdruck der zentralen These dieser Untersuchung, dass es bei der arbeitsteiligen Vertragsanbahnung – wie bei der Leistungserbringung – nicht darum geht, die Pflichtenlage der Beteiligten zunächst für ein fiktives Zweiper­ sonenverhältnis zu entwickeln und diese dann auf die Erfüllungsgehilfen zu er­ strecken. Vielmehr sind die Pflichten bereits vor dem Hintergrund der Arbeitstei­ lung zu bestimmen. Wie für die Sorgfaltspflichten im Hinblick auf die Leistungs­ erbringung konstatiert,306 kann es in der Konsequenz zu originär mit dem Einsatz (qualifizierter) Dritter verbundenen Aufklärungs- und Informationsbeschaf­ fungspflichten bei der Anbahnung von Vertragsverhältnissen kommen, wenn der   Supra 1. b).   Supra 1. b) bei Fn.  194 ff. 303   Zu dieser im Ausgangspunkt ganz h. M. nur BGH v. 28.  2. 1989 – IX ZR 130/88, BGHZ 107, 92, 101; BGH v. 7.  4. 1992 – XI Z 200/91, NJW 1992, 1820; BGH v. 18.  4. 2000 – XI ZR 193/99, NJW 2000, 2352; BGH v. 19.  5. 2000 – V ZR 322/98, NJW 2000, 3065; BGH v. 27.  6 . 2000 – XI ZR 174/99, NJW 2000, 3558; BGH v. 24.  9. 2002 – XI ZR 345/01, NJW 2002, 3695; BGH v. 12.  11. 2002 – XI ZR 47/01, BGHZ 152, 331, 333; BGH v. 23.  3. 2004 – XI ZR 194/02, NJW 2004, 2378, 2380; BGH v. 16.  5. 2006 – XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1, 27 Rdnr.  63; Berger in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  3, 6.  Aufl., 2012, Vor. §  488 Rdnr.  70; Saenger in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, Vor §  488 Rdnr.  48; Lwowski/Wunderlich in: Schimansky/Bunte/ Lwowski (Hrsg.), Bankrechtshandbuch, Bd.  I, 3.  Aufl., 2007, §  76 Rdnr.  126; Canaris, Bankver­ tragsrecht, Erster Teil, 4.  Aufl., 1988, Rdnr.  109, 114; H. P. Westermann, Festschrift für Thomas Raiser, 2005, S.  787, 805; Hennrichs, Festschrift für Siegfried Kümpel, 2003, S.  241, 244 f. 304   Hierzu, sowie zu den punktuell-einzelfallbezogenen Ausnahmen, infra E. 305   Supra 1. c), d). 306   Supra §  1 II. 2. e). 301

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

Schuldner als Endpunkt der Zurechnung praktisch immer durch Erfüllungsgehil­ fen handelt. In der Sache geht es dann um lediglich im Rahmen arbeitsteilig ange­ bahnter Transaktionen existierende Pflichten, wie sie z. B. im Bereich der Anbah­ nung bankgeschäftlicher Darlehensverträge existieren können.307 d)  Verschuldenszurechnung Das Spezifikum der Verschuldenszurechnung wurde bei der Einstandspflicht für das Fehlverhalten Dritter bei der arbeitsteiligen Leistungserbringung in der obli­ gationsbezogenen Bestimmung des Sorgfaltsmaßstabs gesehen,308 d. h. dieser wurde nicht für die Person des Schuldners, sondern im Hinblick auf die verspro­ chene Leistung und die für deren ordnungsgemäße Erbringung verkehrstypisch bestehenden Verhaltensanforderungen vermessen. Für die erkennbar von Anfang an durch Dritte zu erbringende Leistung war daher dieser Umstand pflichtende­ terminierend, was für besondere Fähigkeiten eingeschalteter Hilfspersonen in der Sache auch der vorherrschenden Interpretation des §  278 S.  1 BGB entspricht.309 Die für diese Risikozuweisung sprechenden Gründe gelten auch für die Be­ stimmung des Sorgfaltsmaßstabs bei der Verletzung von Informationspflichten. Gerade für die als Pflichten im Sinne des §§  241 Abs.  2, 311 Abs.  2 BGB einzuord­ nenden Obligationen hat sich die fahrlässigkeitsbegründende Sorgfalt daran zu orientieren, was von dem erkennbar tätig werdenden Gehilfen erwartet werden kann. Nur auf diese Weise kann der im Hinblick auf die Aufklärungs- und Infor­ mationsbeschaffungspflichten zentrale Gesichtspunkt des überlegenen Informa­ tionszugangs voll entfaltet werden. Gerade wenn die aus der Arbeitsteilung er­ kennbar resultierenden, komparativen Informationsvorteile im Rahmen einer Vertrauensprämie entgolten werden sollen, müssen sich auch die Sorgfaltsanfor­ derungen an den Maßstäben des Spezialisten orientieren. Konkret bedeutet dies, dass bei der vorhersehbaren oder sogar gewünschten Einschaltung von Hilfsper­ sonen in die Vertragsanbahnung und die damit verbundene Wahrnehmung der vorvertraglichen Informationsverantwortung, das Aufklärungsbedürfnis der Gegenseite, die bestehenden Möglichkeiten der Wissensweitergabe bzw. Infor­ mationsbeschaffung aus der Perspektive des Gehilfen erkennbar gewesen sein müssen 310 – was bei Einschaltung hochqualifizierter Experten ersichtlich zu stren­ geren Anforderungen und einer weiterreichenden Einstandspflicht führen wird. Die zu unternehmenden Anstrengungen orientieren sich nach dem hier allgemein befürworteten Fahrlässigkeitsverständnis an der drohenden Einbuße der Gegen­

  Infra E 2. a).   Supra §  1 II. 2. e). 309   Supra §  1 Fn.  538. 310   Zur generellen Maßgeblichkeit der Erkennbarkeit des Aufklärungsbedürfnisses supra 1. c) bei Fn.  234 ff. 307

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§  2  Gewährleistung (vorvertraglicher) Informationsinteressen

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seite.311 Die insoweit bestehenden Besonderheiten für den speziellen Fall der Ver­ letzung der Wahrheitspflicht wurden bereits beschrieben.312

III.  Mitverantwortlichkeit des Irrenden Mitwirkendes Verschulden der nicht ordnungsgemäß aufgeklärten oder falsch in­ formierten Partei kann begegnen, wenn diese eigene Informationsanstrengungen unterlässt, die ihr neben den Informationspflichten der haftenden Partei obliegen, sie z. B. bestehenden Zweifeln an dem mitgeteilten Wissen nicht nachgeht, ihr bes­ ser zugängliche, weitere Informationsquellen nicht erschließt o. ä. Keinen Fall des Mitverschuldens im eigentlichen Sinn stellt allerdings die Kon­ stellation dar, dass die aufklärungsbedürftige Partei ihren anderweitig nicht er­ sichtlichen Informationsbedarf nicht offen legt, weil dieser Umstand bereits die zurechenbare Verletzung einer Aufklärungspflicht mangels Erkennbarkeit ihrer faktischen Grundlagen entfallen lässt.313 Ganz ähnlich können die Konstellatio­ nen liegen, in denen der Informationsbedürftige seinerseits die Möglichkeit ge­ habt hätte, seine Fehlvorstellung zu beseitigen: Wenn diese Option auf einem bes­ seren Informationszugang beruht, lässt dieser Umstand bereits die Aufklärungs­ pflicht und damit den Haftungsgrund entfallen.314 In den verbleibenden Fällen geht die ganz herrschende Meinung davon aus, dass die Problematik einer geteilten und beiderseits unzulänglich wahrgenommenen Informationsverantwortlichkeit durch Anwendung der schadensrechtlichen Be­ stimmung des §  254 BGB zu bewältigen sei.315 Zum Teil wird allerdings durchaus gesehen, dass die auf Vertragsaufhebung gerichtete Naturalrestitution die Scha­ densteilung erschwert, weshalb der Schadensersatzgläubiger für verpflichtet ge­ halten wird, den durch die Lösung vom Vertrag entstehenden Gewinnausfall der   Supra §  1 C. II. 1. a).   Supra 1. d) bei Fn.  259 ff. 313   Vgl. supra 1. c) bei Fn.  234 ff. Wie hier S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  4 42. 314   Vgl. supra 1. c). Ebenso S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  4 42; Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, 1997, S.  258 f.; Fleischer, Informationsa­ symmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  455 f. 315   RG v. 5.  4. 1922 – I 307/21, RGZ 104, 265; RG v. 19.  1. 1934 – VII 276/33, RGZ 143, 219, 221; BGH v. 12.  11. 1986 – VIII ZR 280/85, BGHZ 99, 101, 106 f.; Olzen in: Staudinger, BGB, Einlei­ tung zum Schuldrecht; §§  241–243 (Treu und Glauben), Neubearbeitung 2009, §  241 Rdnr.  4 47; Wiedemann in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12. Aufl., 1990, Vor §  275 Rdnr.  30; R. Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, 2008, §  33 Rdnr.  54; Gernhuber, Das Schuldverhältnis, 1989, §  8 II 6 c, S.  189; S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  4 42 f.; Grigoleit, Vorver­ tragliche Informationshaftung, 1997, S.  256 ff.; Krebs, Sonderverbindungen und außerdelik­ tische Schutzpflichten, 2000, S.  509; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S.  456; R. Schwarze, Vorvertragliche Verständigungspflichten, 2001, S.  320 ff.; Medicus, Fest­ schrift für Hermann Lange, 1992, S.  539, 557; Messer, Festschrift für Ernst Steindorff, 1990, S.  743, 745. 311

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Gegenseite zu übernehmen.316 Zutreffend ist daran, dass sich im gegenseitigen Vertrag das mitwirkende Verschulden in der Tat auf die Interessen beider Parteien auswirkt, was auch in der Dogmatik einen Niederschlag finden muss.317 Die hier zu beurteilende Konstellation ist dabei dergestalt zu bewältigen, dass in der Tat dem Schadensersatzgläubiger über eine ihrerseits nach §  254 Abs.  1 BGB gekürzte Haftung nach §§  280 Abs.  1, 241 Abs.  2, 311 Abs.  2 BGB auferlegt wird, einen Teil der annullierungsbedingten Gewinneinbuße der Gegenseite zu tragen.318 Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Annahme eines echten Mitver­ schuldens in den Fällen der Verletzung vorvertraglicher Informationspflichten nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt. Das Bestehen der Pflichten soll gerade von der informationellen Eigenverantwortung entlasten. Dieses Ziel drohte kon­ terkariert zu werden, wenn doch wieder Pflichten zur Eigeninformation begrün­ det würden.319 Gerade bei der hier in Rede stehenden arbeitsteiligen Vertragsan­ bahnung, die zu strukturellen Informationsnachteilen der Gegenseite führen kann, ist daher die restriktive Linie der Rechtsprechung voll zu billigen.320

D.  Verbraucherrechtliche Widerrufsrechte Abschließend ist auf den Einfluss der Arbeitsteilung auf die rechtliche Gewähr­ leistung von Informationsinteressen im Verbraucherrecht einzugehen. Die Zu­ sammenhänge sind deutlich, wenn man sich die bereits eingangs erwähnte, recht­ liche Bewältigung von Konstellationen über die verbraucherrechtlichen Wider­ rufsrechte vor Augen führt, die im Ausgangspunkt vor allem auch unter dem Gesichtspunkt zurechenbarer Verstöße Dritter gegen vorvertragliche Informati­ onspflichten diskutiert wurden und nach wie vor werden.321 Insgesamt zeigt sich allerdings, dass die Arbeitsteilung als solche für die Anwendung der Schutzme­ chanismen des Verbraucherrechts nur eingeschränkte Bedeutung hat. Die strikt situativen bzw. vertragsgegenstandsbezogenen Aufgreifkriterien des Widerrufs­ rechts führen prinzipiell zu einer einseitigen Risikozuweisung, die kaum Raum für die Berücksichtigung unterschiedlicher Vertriebsorganisationen und des In­   S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  4 43.   Eingehend für die Leistungspflicht supra §  1 C. IV. 1. 318   Zu der Parallelkonstruktion bei mitverschuldem Entfallen der Leistungspflicht nach §  275 BGB, supra §  1 C. IV. 1. a). 319   Im Ausgangspunkt daher zutreffend, aber wohl doch zu rigoros Mankowski, Beseiti­ gungsansprüche, 2003, S.  346. 320   Mitverschulden letztlich erst bei Vertrauen auf offenkundig defizitäre oder unzutreffende Information, BGH v. 25.  11. 1981 – IVa 286/80, NJW 1982, 1095, 1097; BGH v. 8.  4. 1998 – VIII ZR 228/96, NJW-RR 1998, 948, 949; BGH v. 131.2004 – XI ZR 355/02; BGH v. 8.  7. 2010 – III ZR 249/09, BB 2010, 2005, 2006 Rdnr.  21; in der Sache ebenso z. B. S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  4 43; R. Schwarze, Vorvertragliche Verständigungs­ pflichten, 2001, S.  320 ff.; vgl. auch v. Heymann/Edelmann in: Assmann/Schütze (Hrsg.), Handbuch des Kapitalanlagerechts, 3.  Aufl., 2007, §  4 Rdnr.  119 ff. 321   Supra Kapitel 1 §  1 A. II. 2. 316

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formationsverhaltens innerhalb derselben bietet.322 Lediglich im Rahmen der ver­ bundenen Geschäfte besteht eine gewisse tatbestandliche Flexibilität, um eine differenzierte Informationsverantwortung gerade im Hinblick auf die arbeitstei­ lige Vertragsanbahnung zu entwickeln.323

I.  Eingeschränkte Bedeutung der Arbeitsteilung im Rahmen   des verbraucherrechtlichen Schutzes der Entscheidungsfreiheit Eine Auseinandersetzung mit den Fundamenten der verbraucherrechtlichen Schutzmechanismen zeigt, dass die angestrebte Sicherung der für die Akzeptanz privatautonomer Bindung unerlässlichen, freien Entscheidungsfindung in den kritischen Konstellationen durch Widerrufsrechte gewährleistet wird, für die das unternehmerische Informationsverhalten weitgehend unerheblich bleibt.324 Dieses erlangt lediglich dort Bedeutung, wo zumindest die Reichweite der eingeräumten Lösungsrechte durch die Aufklärung des Verbrauchers beeinflusst wird.325 Auch insoweit wird allerdings die rigoros einseitige Risikozuweisung nur verlassen, so­ weit es um eine Erstreckung der Widerrufswirkung auf verbundene Geschäfte geht. Insoweit kommt es im Rahmen des Einwendungsdurchgriffs auch über die verbraucherrechtlichen Schutzmechanismen hinaus zu einer Ausweitung der In­ formationsverantwortlichkeit.326 1.  Konsequenzen der situativen und vertragsgegenstandsbezogenen Legitimation von Widerrufsrechten Die Bedeutung der verbraucherrechtlichen Widerrufsrechte für die Verteilung der Informationsverantwortung speziell bei arbeitsteiliger Vertragsanbahnung er­ scheint auf den ersten Blick eingeschränkt. Immerhin entstehen für den Unter­ nehmer aus den eingeräumten Rücktrittsrechten 327 des Verbrauchers prinzipiell die Anreize, Einfluss auf das Informationsverhalten von Hilfspersonen zu neh­   Infra I.   Infra II. 324   Infra 1. 325   Infra 2. 326   Infra 3. 327   Obwohl der Wideruf an sich nur die Willenserklärung des Verbrauchers erfasst, ordnet die herrschende Sicht das in §  355 Abs.  1 S.  1 BGB eingeräumte Gestaltungsrecht zur Beendi­ gung der „schwebenden Wirksamkeit“ (BegrRegE FernabsG, BT-Drucks. 14/2658, S.  47) als gesetzliches Rücktrittsrecht ein, z. B. Kaiser in: Staudinger, §§  328–359 (Vertrag zugunsten Dritter, Rücktritt und Widerruf), Neubearbeitung 2004, §  355 Rdnr.  18; Masuch in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  355 Rdnr.  30; Grothe in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  I, 2.  Aufl., 2007, §  355 Rdnr.  3 ; Looschelders, Schuldrecht Allgemeiner Teil, 9.  Aufl., 2011, Rdnr.  144; S. Lorenz, JuS 2000, 833, 835 f., 838, 843; Bülow, WM 2000, 2361, 2362; Bülow/ Artz, NJW 2000, 2049, 2052; Fuchs, ZIP 2000, 1273, 1282; für Anfechtungsähnlichkeit Reiner, AcP 203, 1, 26 ff.; Saenger in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  355 Rdnr.  4. 322 323

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

men, die allgemein mit Lösungsrechten verbunden sind, soweit diese auf steuer­ bare Kognitionsdefizite der Gegenseite reagieren.328 Zu beachten ist allerdings, dass die Widerrufsrechte des Verbraucherrechts im Ausgangspunkt auf ein typi­ siertes, situativ (Haustürgeschäft, Fernabsatz) oder vertragsgegenstandsbezogen (Teilzeitwohnrechte, Kredite) begründetes Schutzbedürfnis reagieren und in ih­ rem Bestand durch das Informationsverhalten der Gegenseite nicht zu beeinflus­ sen sind. Die aus diesem Befund abzuleitende, grundsätzliche Irrelevanz auch der arbeitsteiligen Wahrnehmung der Informationsverantwortung in der Vertragsan­ bahnung wird akzentuiert, wenn man bedenkt, dass der EuGH den in Deutsch­ land lange Zeit ganz überwiegend verfolgten Ansätzen,329 im Bereich des §  312 Abs.  1 S.  1 BGB zu einer den Wertungen des §  123 Abs.  2 BGB folgenden,330 fle­ xiblen Risikoverteilung im Hinblick auf das Verhalten Dritter zu gelangen, eine rigorose Absage erteilt und das Eingreifen des Widerrufsrecht von einer Zure­ chenbarkeit der Haustürsituation entkoppelt hat.331 Vor diesem Hintergrund lässt sich zwar konstatieren, dass die verbraucherrechtlichen Widerrufsrechte grund­ sätzlich der Gewährleistung vorvertraglicher Informationsinteressen dienen. Auch sie verfolgen nämlich – zum Teil im Zusammenspiel mit kodifizierten, vor­ vertraglichen Informationspflichten 332 – das Ziel, der bedürftigen Partei eine feh­ lerfreie bzw. präferenzgerechte Willensbildung vor dem Eingehen der vertrag­ lichen Bindung zu ermöglichen, wo eine solche ohne rechtsförmige Absicherung nicht zu erwarten wäre. Die Gründe, die einer aus Sicht der Rechtsordnung ak­ zeptablen Willensbildung in den durch Widerrufsrechte erfassten Konstellatio­ nen entgegenstehen,333 werden freilich durch die Arbeitsteilung als solche nicht   Supra A., B. I. 1., 2.   BGH v. 12.  11. 2003 – XI ZR 3/01, NJW 2003, 424, 425; BGH v. 22.  1. 2003 – XI ZR 125/02, NJW 2003, 1390; BGH v. 30.  5. 2005 – II ZR 319/04, NJW 2005, 2545; Thüsing in: Staudiger, §§  311, 311a, 312, 312a–f (Vertragsschluss), Neubearbeitung 2005, §  312 Rdnr.  58; Werner in: Staudinger, Verbraucherkreditgesetz; Hautürwiderrufsgesetz; §  13a UWG; TeilzeitWohnrechtegesetz, Neubearbeitung 2001, §  1 HaustürWG Rdnr.  32; Ulmer in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2a, 4.  Aufl., 2003, §  312 Rdnr.  30; Möller, Das Recht der Stellvertre­ tung und der Verbraucherschutz, ZIP 2002, 333, 335. 330   Dazu supra B. III. 2. a). 331   EuGH v. 25.  10. 2005, Rs. C-229/04, Slg. 2005, I-9239 (Crailsheimer Volksbank); dem folgend BGH v. 12.  12. 2005 – II ZR 327/04, NJW 2006, 497, 498; BGH v. 14.  2. 2006 – XI ZR 255/04, NJW 2006, 1340; BGH v. 16.  5. 2006 – XI ZR 6/04, WM 2006, 1194, 1196; Masuch in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  312 Rdnr.  34; Schulte-Nölke in: Schul­ ze/Zuleeg/Kadelbach (Hrsg.), Europarecht, 2.  Aufl., 2010, §  23 Rdnr.  69; J. Hoffmann, ZIP 2005, 1985, 1987 f.; N.  Fischer, DB 2005, 2507, 2511; A. Staudinger, NJW 2005, 3521, 3522; Knops, WM 2006, 70; Habersack, JZ 2006, 91, 93 f. 332   Vgl. nur §  312c Abs.  1 BGB i. V. m. Art.  246 §§  1, 2 EGBGB, §  312e Abs.  1 S.  1 Nr.  2 BGB i.V.m. Art.  246 §  3 EGBGB, §§  355 Abs.  2 S.  1, 360 Abs.  1, Abs.  3 BGB i. V. m. Anlage 1 zu Art.  246 §  2 Abs.  3 S.  1 EGBGB, §§  356 Abs.  1 S.  2 Nr.  1, 360 Abs.  2, Abs.  3 BGB i. V. m. Anlage 2 zu Art.  246 §  2 Abs.  3 S.  1 EGBGB; §  482 Abs.  1, Abs.  2, 485 Abs.  2 BGB i. V. m. §  2 BGB-InfoV; §  491a Abs.  1 (506 Abs.  1) BGB i. V. m. Art.  247 §  1 ff. EGBGB, §  492 Abs.  2 (506 Abs.  1) BGB i. V. m. Art.  247 §§  6 ff. EGBGB. 333   Eingehend zuletzt, Eidenmüller, AcP 210 (2010) 67, 74 ff.; vgl. auch schon Eidenmüller, 5 ERCL 109, 123 ff. (2009). 328 329

§  2  Gewährleistung (vorvertraglicher) Informationsinteressen

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beeinflusst, sodass diese auch bei einer teleologischen Annäherung an die vielfäl­ tigen Streitfragen innerhalb der einschlägigen Tatbestände keinen nennenswerten Einfluss erlangt. Die das Widerrufsrecht im Fernabsatz tragende Informationsa­ symmetrie,334 die manipulative Einflussnahme auf die präferenzadäquate Ent­ scheidungsfindung in der Haustürsituation,335 oder die eine präferenzgerechte Willensbildung bei Kredit- oder Time-Sharing-Geschäften – vermeintlich 336 – hindernden psychischen Dispositionen, sind ersichtlich im Einzelfall nicht von der arbeitsteiligen Absatzorganisation als solcher abhängig.337 In einem breiteren Kontext lässt sich allerdings konstatieren, dass der Unter­ nehmer bei einer Vertragsanbahnung im „Schatten des Widerrufsrechts“ Anreize erhält, dafür zu sorgen, dass sich der Verbraucher der ihm unbedingt eingeräum­ ten Lösungsoption nicht bedient. Insoweit geht es darum, dass der Vertrieb in einer Art und Weise organisiert wird, die nachträglich zu korrigierende, präfe­ renzwidrige Entscheidungen des Verbrauchers möglichst vermeidet. So kann der Unternehmer zum Beispiel darauf hinwirken, dass angestellte und selbständige Abschlussvertreter Haustürsituationen vermeiden oder aber in solchen den ent­ sprechenden Verkaufsdruck nicht aufbauen. Ganz ähnlich kann der Unternehmer dafür sorgen, dass für den vertragsgegenstandsbezogenen Schutz kein Bedarf be­ steht, weil der Verbraucher vor Abschluss des Kreditvertrags oder des Erwerbs von Teilzeit-Wohnrechten das Für- und Wider des Geschäfts kühl und informiert abwägt und daher auch bei nachträglicher Reflektion nicht zu abweichenden Er­ gebnissen gelangen wird. In diesem Sinne wirken die Widerrufsrechte auch auf

334   Der 14. Erwägungsgrund der Richtlinie 97/7/EG vom 20. Mai. 1997 über den Verbrau­ cherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz, ABl.  EG 1997 Nr. L 144 vom 4.  6 . 1997, S.  19 begründet den Zweck des Widerrufsrechts mit der fehlenden Möglichkeit, vor Vertragsschluss die Qualität der Leistung (Erzeugnis, Dienstleistung) zu prüfen; ebenso jetz 37. Erwägungs­ grund der VerbrR-RL. 335   Mit der gängigen Umschreibung des Normzwecks ds §  312 Abs.  1 S.  1 BGB als Überrum­ pelungsschutz, z. B. BGH v. 10.  1. 2006 – XI ZR 169/05, NJW 2006, 845, 846; BGH v. 27.  1. 2004 – XI ZR 37/03, NJW 2004, 1376, 1378 (zu §  1 HaustürWG); Thüsing in: Staudinger, §§  311, 311a, 312, 312a–f (Vertragsschluss), Neubearbeitung 2005, §  312 Rdnr.  1; Masuch in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  312 Rdnr.  1; Saenger in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  312 Rdnr.  2; S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  122 f.; auch schon BegrRegE HaustürWG, BT-Drucks. 10/2876, S.  6 , werden die vielfältigen relevanten Praktiken des Direktvertriebs durchaus plastisch umschrieben, die letztlich stets auf die Erzeugung von Entscheidungsdruck abzielen. 336   Kritisch zum Widerrufsrecht bei Verbraucherkreditgeschäften z. B. S. Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, 1997, S.  198 f.; van den Bergh in: C.Ott/H.-B. Schäfer (Hrsg.), Effiziente Verhaltenssteuerung und Kooperation im Zivilrecht, 1997, S.  77, 88 f.; auch Eidenmüller, AcP 210 (2010) 67, 88 ff., der aber Widerrufsrechte für ein probates Mittel hält, wenn zu der psychischen Disposition des Verbrauchers, weitere Aspekte wie eine signifikante finanzielle Be­ lastung oder manipulative Praktiken des Verkaufspersonals treten (ibid. S.  91). 337   Dass gerade die von §  312 BGB erfassten Vertriebspraktiken in aller Regel bei arbeitstei­ liger Absatzorganisation begegnen, ändert an dem prinzipiellen Befund nichts, dass die Arbeits­ teilung als solche keinen Niederschlag in der Normanwendung findet, z. B. weil nur das Verhal­ ten eines bestimmten Kreises von Personen zugerechnet würde o. ä.

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die Wahrnehmung der Informationsverantwortung bei arbeitsteiliger Vertrags­ anbahnung ein. 2.  Einfluss von Aufklärungs- und Informationspflichten auf das Widerrufsrecht Auch wenn das Informationsverhalten des Unternehmers für den prinzipiellen Bestand des regulären Widerrufsrechts zunächst ohne Bedeutung ist, kommt die­ sem insoweit über die beschriebenen faktischen Auswirkungen hinaus auch recht­ lich Bedeutung zu, weil die unzureichende Belehrung über die Lösungsmöglich­ keit des Verbrauchers zu einem „ewigen“ Widerrufsrecht nach §  355 Abs.  4 S.  3 1. HS BGB führen kann.338 Entsprechendes gilt, soweit auch die vorvertragliche Aufklärung im Rahmen von Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen unzureichend erfolgt,339 weil auch dann das Erlöschen des Widerrufsrechts voll­ ständig ausgeschlossen ist, §  355 Abs.  4 S.  3 2. HS BGB. Schließlich beeinflussen auch im Übrigen unzureichende Belehrungen, wie z. B. in den Fällen der §§  312d Abs.  2,340 485 Abs.  4 BGB, §  4 Abs.  1 S.  2 FernUSG, das Gestaltungsrecht des Ver­ brauchers jedenfalls insoweit, als in diesen Fällen das Widerrufsrecht erst nach sechs Monaten erlischt, §  355 Abs.  4 S.  1 BGB. Die in der beschriebenen Weise sanktionierte Informationsverantwortlichkeit wird allerdings wiederum unein­ geschränkt dem Unternehmer zugewiesen, weil die Gründe für das Unterbleiben der erforderlichen Belehrung und Aufklärung unerheblich sind, soweit das Erlö­ schen des Widerrufsrechts betroffen ist.341 Weil die gesetzlichen Verlängerungen der Lösungsmöglichkeit des Verbrauchers rein erfolgsabhängig eintreten, hat der Unternehmer als Folge des Drohens einer weiterreichenden Gefährdung der von ihm aus der Vertragsdurchführung erwarteten Nutzengewinne uneingeschränkt

338   Ein solches ist nach der Interpretation des einschlägigen Sekundärrechts durch den EuGH die Folge der Verletzung der Belehrungspflicht aus Art.  4 HaustürW-RL, EuGH v. 13.  12. 2001, Rs. C-481/99, Slg. 2001, I-9945 (Heininger). Der deutsche Gesetzgeber hat die europarecht­ lichen Vorgaben überschießend umgesetzt und auf sämtliche verbraucherrechtlichen Wider­ rufsrechte erstreckt. Zur Entstehungsgeschichte Ulmer in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2a, 4.  Aufl., 2003, §  355 Rdnr.  56. Vgl. nunmehr Art.  10 VerbrR-RL. 339   Erforderlich ist eine mehr oder weniger vollständige Information vor oder unmittelbar nach Vertragsschluss in Textform über den Anbieter und die Vertragskonditionen, vgl. Art.  246 §  2 Abs.  1 S.  1 Nr.  1 EGBGB und Art.  246 §  2 Abs.  1 S.  2 Nr.  1–3 EGBGB i. V. m. Art.  246 §  1 Abs.  1, Abs.  2 EGBGB. 340   Nach dem klaren gesetzgeberischen Willen führt die Verletzung der Informationspflichten nach Art.  246 §  2 EGBGB i. V. m. Art.  246 §  1 Abs.  1, Abs.  2 EGBGB bei allen andern Fernabsatz­ geschäften nicht zu dem, für auf diesem Wege vertriebene Finanzdienstleistungen geltenden „ewigen“ Widerrufsrecht, vgl. Stellungnahme des Rechtsausschusses zum OLG-Vertretungs­ änderungsgesetz, BT-Drucks. 14/9266, S.  46; Kaiser in: Staudinger, §§  328–359 (Vertrag zu­ gunsten Dritter, Rücktritt und Widerruf), Neubearbeitung 2004, §  355 Rdnr.  60; Masuch in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  355 Rdnr.  62; Saenger in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  355 Rdnr.  17. 341   Zum Sonderproblem der europarechtlich gebotenen Haftung wegen Verletzung der Be­ lehrungspflicht, infra E. I. 2. b).

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Anlass, für ein ordnungsgemäßes Informationsverhalten sämtlicher bei der Ver­ tragsanbahnung mitwirkender Dritter zu Sorgen. 3.  Verbundene Geschäfte Eine differenziertere Risikozuweisung begegnet aber, soweit das Vertragsverhält­ nis lediglich über die Durchgriffstatbestände der §§  358, 359 BGB betroffen wird. Die verbraucherrechtlichen oder allgemein bürgerlich-rechtlichen Gegenrechte richten sich nicht unmittelbar gegen das vom betroffenen Unternehmer selbst mit dem Verbraucher abgeschlossene Geschäft, sondern schlagen auf dieses nur wegen seiner speziellen Verbindung mit dem weiteren Vertragsverhältnis durch.342 Im Hinblick auf die Verteilung der Informationsverantwortung ist festzuhalten, dass die Beteiligten jedenfalls auch für das informationelle Fehlverhalten des jeweils anderen, an den verbundenen Verträgen beteiligten Unternehmers in Form einer Verlängerung der Widerrufsmöglichkeit,343 §  358 Abs.  1 BGB, oder aber eines Durchgreifens der entsprechenden Einwendungen aus dem Bargeschäft auf das Verbraucherdarlehen, §  359 S.  1 BGB, betroffen sind. Der Einwendungsdurchgriff erfasst nämlich auch die im Hinblick auf die Informationsverantwortung zentra­ le Nichtigkeitsfolge der Irrtums- und Arglistanfechtung (§  142 Abs.  1 BGB) und die Vertragsaufhebung wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen (§  249 Abs.  1 BGB).344 Die an verbundenen Verträgen beteiligten Unternehmer werden darüber hinaus aber auch in die generelle, von nachgewiesenen Pflichtverlet­ zungen unabhängige Risikozuweisung der verbraucherrechtlichen Widerrufs­ rechte einbezogen.345 Insoweit führt die Erstreckung der Widerrufsfolgen zu ori­ ginären Belastungen, wie nicht nur der Umstand illustriert, dass der Darlehensge­ ber im Rahmen der bilateralen Rückabwicklung nach §  358 Abs.  4 S.  3 BGB das Insolvenzrisiko des Unternehmers tragen muss.346 Hinter dem häufig als Normzweck der §§  358, 359 BGB benannten Ziel, den Verbraucher vor Nachteilen aus einer „Aufspaltung“ der wirtschaftlich einheit­ lichen Transaktion in zwei rechtlich selbständige Verträge zu bewahren,347 ver­ 342   Während der Widerrufsdurchgriff in beide Richtungen wirkt („Unwirksamkeitsver­ bund“, Mankowski, Beseitigungsrechte, 2003, S.  670), sodass sich nicht nur der Widerruf des Bargeschäfts auf das Darlehen auswirkt, §  358 Abs.  1 BGB, sondern umgekehrt auch dessen Wi­ derruf das Bargeschäft betrifft, §  358 Abs.  2 S.  1 BGB, ist ein Einwendungsdurchgriff nur einsei­ tig vom Bargeschäft auf das Darlehen möglich, Habersack in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  358 Rdnr.  7, §  359 Rdnr.  8. 343   Supra 2. 344   Vgl. nur BGH v. 25.  9. 2001 – XI ZR 109/01, ZIP 2001, 2124, 2126; Kessal-Wulf in: Stau­ dinger, §§  328–359 (Vertrag zugunsten Dritter, Rücktritt und Widerruf), Neubearbeitung 2004, §  359 Rdnr.  7; Habersack in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  359 Rdnr.  37; Saenger in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  359 Rdnr.  4, 6, 13. 345   Supra 1. 346   Vgl. schon Dauner-Lieb, WM 1991, Beilage 6, S.  4, 13; M. Wolf, Festschrift für Theodor Heinsius, 1991, S.  967, 974. 347   So schon zur Begründung des rechtsfortbildend unter dem AbzG entwickelten Einwen­

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birgt sich demnach eine doppelte Risikozuweisung. Zum einen geht es um eine Mitverantwortlichkeit für das Fehlverhalten des anderen beteiligten Unterneh­ mers. Zum anderen wird der mittelbar Widerrufsbetroffene aber auch allgemein in den rein situativen oder vertragsgegenstandsbezogenen 348 Schutz der Entschei­ dungsfreiheit des Verbrauchers mit zum Teil weitreichenden Folgen einbezogen. Diese durchaus unterschiedlichen, aus divergenten Sachgründen zu legitimie­ renden Aspekte gilt es bei der Entfaltung des einheitlichen Tatbestands der ver­ bundenen Verträge, §  358 Abs.  3 S.  1 BGB, im Auge zu behalten, wenn im Fol­ genden zu ermitteln ist, ob und inwieweit auch in diesem Rahmen spezifisch auf die Arbeitsteilung zugeschnittene Determinanten der Risikozuweisung zur Gel­ tung gebracht werden können.

II.  Differenzierte Risikozuweisung bei verbundenen Geschäften Der Grundtatbestand des §  358 Abs.  3 S.  1 BGB umschreibt die erforderliche Ver­ klammerung von Bargeschäft und Verbraucherdarlehen über die Merkmale des verbindenden Finanzierungszwecks und des Bestehens einer wirtschaftlichen Einheit zwischen beiden. Dabei kommt ersterem Erfordernis dann eine zurech­ nungsbeschränkende Wirkung zu, wenn aus ihm das Erfordernis einer echten Zweckabrede abzuleiten ist.349 Die zentralen, normativen Kriterien der Risikozu­ weisung sind aber vor allem zur Geltung zu bringen, wenn zu beurteilen ist, ob Bargeschäft und Verbraucherdarlehen zu einer wirtschaftlichen Einheit ver­ schmolzen sind. Die Weichenstellungen erfolgen dabei in erster Linie im Rahmen der Interpretation der unwiderleglichen 350 Vermutungen des §  358 Abs.  3 S.  2 BGB

dungsdurchgriffs, BGH v. 5.  4. 1962 – VII ZR 183/60, BGHZ 37, 94, 99; BGH v. 20.  2. 1967 – III ZR 128/65, BGHZ 47, 233, 236 f.; BGH v. 26.  3. 1976 – V ZR 247/74, BGHZ 66, 165, 168; vor­ sichtiger, weil nur die einseitige Risikobelastung des Käufers missbilligend, BGH v. 25.  3. 1982 – III ZR 198/80, BGHZ 83, 301, 304; BGH v. 28.  5. 1984 – XI ZR 242/91, NJW 1984, 2816, 2818; BGH v. 19.  9. 1985 – III ZR 214/83, BGHZ 95, 350, 352; aus heutiger Sicht z. B. Kessal-Wulf in: Staudinger, §§  328–359 (Vertrag zugunsten Dritter, Rücktritt und Widerruf), Neubearbeitung 2004, §  358 Rdnr.  4 ; Habersack in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  358 Rdnr.  1; Schulze in: Schulze/Dörner/Ebert/Hoeren/Kemper/Saenger/Schreiber/Schulte-Nöl­ ke/Staudinger, Handkommentar zum BGB, 7.  Aufl., 2011, §  358 Rdnr.  1. 348   Denkbar ist insoweit der finanzierte Erwerb von Teilzeit-Wohnrechten, an den sich das von den Umständen des Vertragsschlusses unabhängige Widerrufsrecht nach §  485 BGB knüpft. 349   Infra 1. 350   Ganz h. M. BGH v. 21.  7. 2003 – II ZR 387/02, BGHZ 156, 46, 51 (zu §  9 Abs.  1 S.  2 Ver­ brKrG); BGH v. 25.  4. 2006 – XI ZR 193/04, NJW 2006, 1788, 1789 Rdnr.  14; BGH v. 19.  6 . 2007 – XI ZR 142/04, NJW 2007, 3200, 3201 Rdnr.  19; Kessal-Wulf in: Staudinger, §§  328–359 (Ver­ trag zugunsten Dritter, Rücktritt und Widerruf), Neubearbeitung 2004, §  358 Rdnr.  27; Habersack in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  358 Rdnr.  38, 46; Saenger in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  358 Rdnr.  8.

§  2  Gewährleistung (vorvertraglicher) Informationsinteressen

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und des verdrängenden Sondertatbestands351 des §  358 Abs.  3 S.  3 BGB.352 Im Hin­ blick auf den Widerrufsdurchgriff ist zudem die sekundärrechtlich vorgegebene,353 in §  359a BGB umgesetzte Ausweitung des Anwendungsbereichs des §  358 Abs.  1, Abs.  4 BGB kurz zu beleuchten.354 1.  Finanzierungszweck des Darlehens Das Tatbestandsmerkmal eines auf die Finanzierung des Bargeschäfts gerichteten Darlehenszwecks in §  358 Abs.  3 S.  1 BGB ist jedenfalls dann von erheblicher ei­ genständiger Bedeutung, wenn man zu seiner Verwirklichung eine entsprechende Zweckabrede fordert. Über ein solches Tatbestandserfordernis würden sämtliche, nach dem übereinstimmenden Willen der am Finanzierungsvertrag Beteiligten zur freien Verfügung des Kreditnehmers stehende Personaldarlehen, unabhängig von den übrigen Umständen, aus dem Anwendungsbereich der Vorschrift aus­ genommen.355 Dem ist im Ausgangspunkt durchaus zuzustimmen, weil die Mög­ lichkeit des Darlehensnehmers, frei über die Verwendung der Valuta zu entschei­ den, in der Tat gegen eine Belastung des Unternehmers mit dem drohenden  Widerrufs- und Einwendungsdurchgriff spricht, denn der Konnex der Geschäf-  te wird in diesem Fall ja erst durch die Disposition des Verbrauchers hergestellt. Der Gedanke trägt freilich nur und eröffnet keine Manipulationsspielräume, so­ lange die Dispositionsfreiheit des Darlehnsnehmers auch tatsächlich besteht. In der Konsequenz müsste ein materialisiertes Verständnis der Zweckabrede maß­ geblich sein. Damit verliefe die zu ziehende Trennlinie in der Praxis allerdings deutlich weniger scharf, als die dogmatische Konzeption suggeriert,356 weil das Verständnis der Parteien unter Berücksichtigung der objektiven Umstände der Geschäftsanbahnung, der darin zum Ausdruck kommenden Verbindung von Darlehensgeber und Leistungsträger etc. zu ermitteln wäre.357 Damit flössen in 351   BGH v. 12.  11. 2002 – XI ZR 47/01, BGHZ 152, 331, 337 f.; Kessal-Wulf in: Staudinger, §§  328–359 (Vertrag zugunsten Dritter, Rücktritt und Widerruf), Neubearbeitung 2004, §  358 Rdnr.  52; Habersack in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  358 Rdnr.  50; Saenger in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  358 Rdnr.  11; Lauer, BKR 2004, 92, 94. 352   Infra 2. 353   Vgl. Artt. 3 lit.  n), 15 Abs.  1 Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates, ABl.  EG Nr. L 133 vom 22.  5. 2008, S.  67. 354   Infra 2. 355   Lwowski/Münscher in: Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.), Bankrechtshandbuch, Bd.  I, 3.  Aufl., 2007, §  81 Rdnr.  541; zu §  9 VerbrKrG: Emmerich in: v. Westphalen/Emmerich/v. Rottenburg, Verbraucherkreditgesetz, 2.  Aufl., 1996, §  9 VerbrKrG Rdnr.  35; Häuser in: Soer­ gel, BGB, Bd.  4/1, 12.  Aufl., 1997, §  9 VerbrKrG Rdnr.  3 ; Lwowski in: Lwowski/Peters/Göß­ mann, Verbraucherkreditgesetz, 2.  Aufl., 1993, S.  193 f.; Ott in: Bruchner/Ott/Wagner-Wiedu­ wilt, Verbraucherkreditgesetz, 2.  Aufl., 1994, §  9 VerbrKrG Rdnr.  38 ff.; Heermann, AcP 200 (2000) 1, 3 f., 36. 356   Dies gestehen auch Lwowski/Münscher in: Schimansky/Bunte/Lwowski (Hrsg.), Bank­ rechtshandbuch, Bd.  I, 3.  Aufl., 2007, §  81 Rdnr.  541 zu. 357   Vgl. auch die Verknüpfung objektiver und subjektiver Elemente bei der Ermittlung des

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die Auslegung der Parteiabrede aber genau die materiellen Wertungskriterien mit ein, die über das Bestehen einer wirtschaftlichen Einheit bestimmen. Es ist daher vorzugswürdig, die rein tatsächliche Verwendung der Valuta zur Erfüllung der Verpflichtung aus dem Bargeschäft als ausreichend anzusehen,358 und so sämtliche Umstände der Vertragsverhandlungen und der näheren Ausgestaltung des Ver­ hältnisses zwischen Finanzierer und Leistungsträger ausschließlich bei der Be­ stimmung der wirtschaftlichen Einheit zu berücksichtigen.359 2.  Wirtschaftliche Einheit zwischen Bargeschäft und Darlehen Nach dem Vorgesagten entscheidet sich die Reichweite der Risikozuweisung da­ nach, ob eine wirtschaftliche Einheit zwischen Bargeschäft und Verbraucherdar­ lehen anzunehmen ist. Insoweit sind die unwiderleglichen Vermutungen des §  358 Abs.  3 S.  2 BGB am klarsten konturiert,360 lassen aber Raum für die Anwendung des Grundtatbestands.361 Eine derogierende Wirkung entfaltet lediglich der Son­ dertatbestand für den finanzierten Erwerb der genannten Immobiliarsachen­ rechte, §  358 Abs.  3 S.  3 BGB.362 a)  Vermutungstatbestand des „sich Bedienens“ Für das hier zu behandelnde Thema ist die Annahme einer wirtschaftlichen Ein­ heit der rechtlich selbständigen Verträge in den Fällen des §  358 Abs.  3 S.  2, 1. Alt. BGB ersichtlich ohne Relevanz. Umso mehr Bedeutung hat demgegenüber die zweite Alternative des unwiderleglichen Vermutungstatbestands, die das arbeits­ teilige Zusammenwirken von Darlehensgeber und Unternehmer in Anbahnung und Abschluss des Vertrags erfasst. Vergegenwärtigt man sich, dass mit den §§  358, 359 BGB sowohl das Risiko des informationellen Fehlverhaltens eines an­ deren Unternehmers als auch die – durch dessen Vertriebsverhalten nicht unbe­ einflusste – Gefahr eines autonomen, nachträglichen Umbesinnens des Verbrau­ chers zugewiesen wird,363 wird erkennbar, dass die Annahme einer wirtschaft­ Vertragsverbunds in der Rechtsprechung zum finanzierten Abzahlungskauf, BGH v. 25.  3. 1982 – III ZR 198/80, BGHZ 83, 301, 304; BGH v. 15.  5. 1990 – XI ZR 205/88, WM 1990, 1234; BGH v. 5.  5. 1992 – XI ZR 242/91, NJW 1992, 2560, 2562. 358   OLG Düsseldorf v. 29.  4. 1997 – 24 U 141/96, NJW 1997, 2056, 2056 f.; Kessal-Wulf in: Staudinger, §§  328–359 (Vertrag zugunsten Dritter, Rücktritt und Widerruf), Neubearbeitung 2004, §  358 Rdnr.  24; Habersack in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  358 Rdnr.  29 ff.; Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, 7.  Aufl., 2011, §  495 Rdnr.  227 f.; Habersack, ZHR 156 (1992) 45, 53 ff.; vgl. auch Saenger in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  358 Rdnr.  6 , der von einer (wohl einseitig erfolgenden) „finalen Verknüpfung zw zwei Verträgen“ spricht. 359   Zur Verortung des normativen Zentrums des Durchgriffstatbestands im Merkmal der wirtschaftlichen Einheit schon BegrRegE zum VerbrKrG, BT-Drucks. 11/5462, S.  12, 23. 360   Infra a). 361   Infra b). 362   Infra c). 363   Supra I. 1., 3.

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lichen Einheit unter Gesichtspunkten der überlegenen Risikosteuerung und -tra­ gung legitimiert werden muss. Wie schon öfter betont, ist auch in diesem Zusam­ menhang zu berücksichtigen, dass die „Aufspaltung“ von Bargeschäft und Darlehen keinesfalls stets missbräuchlich sein muss und daher um jeden Preis im Rahmen von einseitigen Zurechnungstatbeständen rückgängig zu machen wäre.364 Mit der Fremdfinanzierung durch eine Kreditrisiken breit streuende, über vielfäl­ tige Refinanzierungsmöglichkeiten am öffentlichen Kapitalmarkt verfügende Bank sind vor allem in Form günstigerer Darlehenskonditionen gerade auch für den Käufer Nutzengewinne erzielbar, die mit dem klassischen Abzahlungskauf beim Warenhändler nicht zu realisieren wären.365 In der Konsequenz ist daher keinesfalls einer undifferenzierten, dem Verbraucher letztlich Steine statt Brot ge­ benden Lösung nach der Maxime, „je mehr Widerrufsrecht, desto besser“, das Wort zu reden,366 sondern eine differenzierte, die Effizienzimplikationen beacht­ ende Risikoverteilung anzustreben. Bereits der Wortlaut des Vermutungstatbestands, der darauf abstellt, dass sich der Darlehensgeber bei Vorbereitung oder Abschluss des Kreditvertrags des Un­ ternehmers bedient, weist eine Parallele zur Einschalthaftung nach §  278 S.  1 BGB auf, die bei näherem Hinsehen auch sachliche Verbindungen indiziert. Zwar geht es im Rahmen der §§  358, 359 BGB nicht eigentlich um die Verantwortlichkeit von arbeitsteilig erfüllten Rechtspflichten,367 allerdings wurde bereits gezeigt, dass die Tragweite der über das erstreckte Widerrufsrecht und den Einwendungsdurch­ griff zugeschriebenen Risiken signifikant vom Verhalten des Unternehmers ab­ hängt.368 Vor diesem Hintergrund lässt sich durchaus ein Bezug herstellen zu den normativen Überlegungen zum erforderlichen Einschaltwillen im Rahmen des §  278 S.  1 BGB.369 Diese beruhten ganz entscheidend darauf, wer das potentiell nachteilige Verhalten des Dritten, dessen Konsequenz bei Verletzung von Infor­ mationspflichten in der Begründung einer präferenzwidrigen Bindung lag,370 im Verhältnis der Beteiligten zueinander eher beeinflussen oder in den Konsequenzen besser tragen kann. Um die identische Frage geht es aber, soweit in Rede steht, dass sich der Verbraucher im Verhältnis zum Unternehmer von der präferenzwid­   Z. B. supra Kapitel 3 §  1 A. III. 1.   Vgl. auch schon Gernhuber, Das Schuldverhältnis, §  31 II 8 b, S.  720. 366   Dagegen allgemein auch Eidenmüller, 5 ERCL 109, 123 ff.; Eidenmüller, AcP 210 (2010) 67, 70. Zu unerwünschten Nebenfolgen von Widerrufsrechten zuletzt eingehend auch Bechtold, Die Grenzen zwingenden Vertragsrechts, 2010, S.  93 ff. 367   In der neueren Literatur wird die Anwendbarkeit des §  278 S.  1 BGB freilich auch jenseits solcher befürwortet, z. B. generell im Zusammenhang mit der Einschaltung Dritter in die Erfül­ lung von Obliegenheiten, Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  24; Looschelders, VersR 1999, 666, 669; R. Schmidt, Die Obliegenheit, 1953, S.  170 f.; einschränkend demgegenüber Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neu­ bearbeitung 2009, §  278 Rdnr.  4 4 f.; M. Wolf in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  278 Rdnr.  16; Esser/E. Schmidt, SchuldR I 2, §  27 I 3, S.  101; Wieling, AcP 176 (1976) 334, 354. 368   Supra I. 1, 2. 369   Supra C. II. 3. b) und §  1 C. II. 2. b). 370   Supra A. 364 365

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rigen Bindung auch an das verbundene Geschäft lösen will. Nicht von ungefähr wird denn auch in der Literatur das sich Bedienen als bewusste Risikoübernahme umschrieben, die ein Einvernehmen zwischen Darlehensnehmer und Unterneh­ mer voraussetzt, sodass Letzterer mit Wissen und Wollen des Finanzierers bei der Anbahnung und/oder Begründung des Darlehensverhältnisses tätig wird.371 Denkt man die Parallele aus der hier eingenommenen Perspektive fort, ist der nicht auf die konkrete Person bezogene Organisationswille des Darlehensgebers entscheidend. Demnach kommt es darauf an, dass der Unternehmer innerhalb der vom Darlehensgeber strukturierten, arbeitsteiligen Vertragsanbahnung in einer Art und Weise zum Einsatz kommt, die es dem Darlehensgeber erlaubt, die mit der Tätigkeit des Unternehmers verbundenen Risiken für die präferenzgerechte Willensbildung des Verbrauchers relativ besser zu beherrschen oder zu tragen, als es diesem möglich wäre. Besteht eine Rahmenvereinbarung zwischen Unternehmer und Darlehensge­ ber, gewährt diese entsprechende Einwirkungs- und Einsichtsmöglichkeiten, die eine Risikozuweisung ohne Weiteres rechtfertigen.372 Der herrschenden Meinung ist aber auch insoweit zuzustimmen, als sie im Rahmen des §  358 Abs.  3 S.  2 BGB ein rechtliches Fundament der arbeitsteiligen Vertragsanbahnung in der Bezie­ hung zwischen Unternehmer und Darlehensgeber für entbehrlich hält.373 Denn auch das rein faktisch einverständliche Zusammenwirken erlaubt eine Risikoein­ schätzung und -vorsorge,374 die dem Verbraucher in der Regel ex ante nicht mög­ lich ist. Gerade vor dem Hintergrund dieser Gelegenheit zur Risikovermessung 371   BGH v. 19.  6 . 2007 – XI ZR 142/04, NJW 2007, 3200, 3201 Rdnr.  20: „Kenntnis und Billi­ gung“ (zu §  9 VerbrKrG); Kessal-Wulf in: Staudinger, §§  328–359 (Vertrag zugunsten Dritter, Rücktritt und Widerruf), Neubearbeitung 2004, §  358 Rdnr.  29; Habersack in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  358 Rdnr.  40; Grüneberg in: Palandt, BGB, 71.  Aufl., 2012, §  358 Rdnr.  12; zu §  9 VerbrKrG auch Emmerich in: v. Westphalen/Emmerich/v. Rottenburg, Verbraucherkreditgesetz, 2.  Aufl., 1996, §  9 VerbrKrG Rdnr.  49 f.; Ott in: Bruch­ ner/Ott/Wagner-Wieduwilt, Verbraucherkreditgesetz, 2.  Aufl., 1994, §  9 VerbrKrG Rdnr.  55; Tröster, Verbundene Geschäfte, 2001, S.  63; wohl etwas strenger M. Wolf, Festschrift für Theo­ dor Heinsius, 1991, S.  967, 975: „planmäßig zunutze machen“. 372   Vgl. schon BegrRegE zum VerbrKrG, BT-Drucks. 11/5462, S.  23; i.Ü. nur Kessal-Wulf in: Staudinger, §§  328–359 (Vertrag zugunsten Dritter, Rücktritt und Widerruf), Neubearbeitung 2004, §  358 Rdnr.  28; Habersack in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  358 Rdnr.  38; zurückhaltender Saenger in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  358 Rdnr.  7: Voraussetzungen des §  358 Abs.  3 S.  2, 2. Alt. BGB selbst bei Rahmenvertrag nur „in aller Re­ gel“; vgl. auch schon BGH v. 6.  12. 1979 – III ZR 46/78, NJW 1980, 938; BGH v. 5.  5. 1992 – XI ZR 242/91, NJW 1992, 2560 (zum richterrechtlichen Einwendungsdurchgriff unter §  6 AbzG). 373   Kessal-Wulf in: Staudinger, §§  328–359 (Vertrag zugunsten Dritter, Rücktritt und Wider­ ruf), Neubearbeitung 2004, §  358 Rdnr.  28; Habersack in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  358 Rdnr.  38; Harke, Allgemeines Schuldrecht, 2010, Rdnr.  91; zu §  9 Ver­ brKrG ebenso BGH v. 21.  7. 2003 – II ZR 387/02, BGHZ 156, 46, 56; BGH v. 28.  6 . 2004 – II ZR 373/00, NJW 2004, 3332, 3333; BGH v. 31.  1. 2005, NJW-RR 2005, 1073, 1074; Emmerich in: v. Westphalen/Emmerich/v. Rottenburg, Verbraucherkreditgesetz, 2.  Aufl., 1996, §  9 VerbrKrG Rdnr.  49; Dauner-Lieb, WM 1991, Beilage 6, S.  4, 14. 374   BegrRegE zum VerbrKrG, BT-Drucks. 11/5462, S.  23 f. Hierauf zentral abstellend BGH v. 19.  6 . 2007 – XI ZR 142/04, NJW 2007, 3200, 3202 Rdnr.  20.

§  2  Gewährleistung (vorvertraglicher) Informationsinteressen

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vor dem Eingehen der freiwilligen Vertriebskooperation reicht auch das einmalige bzw. erstmalige Zusammenwirken von Unternehmer und Darlehensgeber, weil sich auch mit diesem der für zentral erachtete komparative Vorteil verbindet.375 Das Einschalten eines Kreditvermittlers hindert die Annahme einer Einheit nicht per se, was offensichtlich ist, wenn dieser als Gehilfe der Beteiligten tätig wird.376 Dies gilt aber auch, wenn trotz Unabhängigkeit des Vermittlers die Ver­ bindung zwischen Unternehmer und Darlehensgeber aus anderen Gründen vor­ liegt: 377 Dann mag zwar die Auswahl der verbundenen Finanzierungsoption vom autonomen Wirken des Vermittlers abhängen. Sofern sie aber auf dessen Empfeh­ lung hin ergriffen wird, ist die Beziehung der Beteiligten gleichwohl durch die überlegene Risikobeherrschung von Unternehmer und Darlehensgeber im Ver­ hältnis zum Verbraucher gekennzeichnet. Der entscheidende Akzent der hier vertretenen Sicht liegt darin, dass die in der Regel auf die Auswertung von Indizien angewiesene Rechtsfindung 378 nicht dif­ fus nach dem Anschein eines einheitlichen Vertrags o. ä. suchen muss, sondern fokussiert darauf abheben kann, ob die objektiven Umstände der Vertragsanbah­ nung auf eine Verbindung zwischen Unternehmer und Darlehensgeber hindeu­ ten, die eine überlegene Risikobeherrschung in der genannten Art und Weise ge­ stattet.

375   Kessal-Wulf in: Staudinger, §§  328–359 (Vertrag zugunsten Dritter, Rücktritt und Wider­ ruf), Neubearbeitung 2004, §  358 Rdnr.  28; Habersack in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  358 Rdnr.  40; zu §  9 VerbrKrG BGH v. 28.  6 . 2004 – II ZR 373/00, NJW 2004, 3332, 3333; Ott in: Bruchner/Ott/Wagner-Wieduwilt, Verbraucherkreditgesetz, 2.  Aufl., 1994, §  9 VerbrKrG Rdnr.  50; Dauner-Lieb, WM 1991, Beilage 6, S.  4, 14. 376   OLG Düsseldorf v. 29.  4. 1997 – 24 U 141/96, NJW 1997, 2056, 2057; OLG Karlsruhe v. 27.  8. 1998 – 9 U 25/98, NJW-RR 1999, 124, 125; Kessal-Wulf in: Staudinger, §§  328–359 (Vertrag zugunsten Dritter, Rücktritt und Widerruf), Neubearbeitung 2004, §  358 Rdnr.  30; Habersack in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  358 Rdnr.  4 4. Vgl. auch BGH v. 14.  6 . 2004 – II ZR 392/01, DStR 2004, 1354; BGH v. 28.  6 . 2004 – II ZR 373/00, NJW 2004, 3332, 3333: Identische Vertriebsorganisation als Indiz für verbundenes Geschäft wegen arbeits­ teiligem Zusammenwirken. 377   Habersack in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  358 Rdnr.  4 4; i.E. auch für den Fall, dass die Vermittlerprovision aus der Darlehensvaluta gezahlt wird, woraus sich freilich für das Verhältnis von Bargeschäft und Darlehen wenig entnehmen lässt, KessalWulf in: Staudinger, §§  328–359 (Vertrag zugunsten Dritter, Rücktritt und Widerruf), Neubear­ beitung 2004, §  358 Rdnr.  30, 40; Emmerich in: v. Westphalen/Emmerich/v. Rottenburg, Ver­ braucherkreditgesetz, 2.  Aufl., 1996, §  9 VerbrKrG Rdnr.  58; Drescher, Verbraucherkreditgesetz und Bankenpraxis, 1994, Rdnr.  382, 385. 378   So z. B. wenn die Verwendung gemeinsamer oder abgestimmter Formulare auf die Verbin­ dung hinweist, BGH v. 25.  3. 1982 – III ZR 198/80, BGHZ 83, 301, 306; BGH v. 23.  9. 2003 – XI ZR 135/02, NJW 2003, 3703, oder dem Verbraucher nur einer der beteiligten Unternehmer ge­ genüber tritt, BGH v. 20.  11. 1986 – II ZR 115/85, NJW 1987, 1813, 1814. Zum Ganzen KessalWulf in: Staudinger, §§  328–359 (Vertrag zugunsten Dritter, Rücktritt und Widerruf), Neubear­ beitung 2004, §  358 Rdnr.  28, 31 ff.; Habersack in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  358 Rdnr.  42 f.; Saenger in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  358 Rdnr.  7; zu §  9 VerbrKrG auch Lwowski in: Lwowski/Peters/Gößmann, Verbraucherkreditgesetz, 2.  Aufl., 1993, S.  186 f.

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b)  Grundtatbestand Bereits der Wortlaut des §  358 Abs.  3 S.  2 BGB („insbesondere“) stellt klar, dass prinzipiell auch jenseits der Vermutungstatbestände die Voraussetzungen des Wi­ derrufs- und Einwendungsdurchgriffs vorliegen können.379 Als wichtigster, über die Vermutungstatbestände hinausreichender Anwendungsfall des Grundtatbe­ stands in §  358 Abs.  3 S.  1 BGB wird dabei unter Rückgriff auf die Judikatur zum AbzG380 die Konstellation genannt, dass der Darlehensgeber den Verbraucher in seiner Dispositionsfreiheit beschränkt und ihm die Verwendung der Valuta vor­ schreibt.381 Daran ist zutreffend, dass der den Einsatz des Kredits in der genann­ ten Weise kanalisierende Darlehensgeber zumindest die Gelegenheit zu der für zentral befundenen, ex ante Bewertung der Widerrufs- und Einwendungsrisiken aus der Unternehmersphäre hat, da er die Kapitalüberlassung ja auf dessen Leis­ tung zuschneidet. Selbst wenn er nicht mit dem Unternehmer einverständlich zu­ sammenwirkt und auf dieser Grundlage seine Einblicks- und Einflussmöglich­ keiten in dessen Sphäre nochmals verbessert, kann ihm die Mitverantwortung für die Realisierung der prinzipiell antizipierten Risiken eher angesonnen werden als einem Verbraucher, der typischerweise nur punktuell und – nicht nur in Haustür­ situationen – ohne nennenswerte Möglichkeiten der Vorabprüfung mit dem Un­ ternehmer in Berührung kommt. c)  Sonderregelung für finanzierten Immobilienerwerb Zur Vervollständigung des Bildes bedarf der abschließende Sondertatbestand für die Annahme eines Geschäftsverbunds beim finanzierten Erwerb von Grundstü­ cken und grundstücksgleichen Rechten einer kurzen Würdigung. Wiederum sind die Fälle der Identität von Darlehensgeber und Unternehmer, §  358 Abs.  3 S.  3, 1. Alt. BGB aus der Sicht des hier ins Zentrum gerückten Untersuchungsgegen­ 379   Kessal-Wulf in: Staudinger, §§  328–359 (Vertrag zugunsten Dritter, Rücktritt und Wider­ ruf), Neubearbeitung 2004, §  358 Rdnr.  31; Habersack in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  358 Rdnr.  47; Saenger in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  358 Rdnr.  8 ; zu §  9 Abs.  1 VerbrKrG: Lwowski in: Lwowski/Peters/Gößmann, Verbraucherkreditgesetz, 2.  Aufl., 1993, S.  194 f.; Emmerich in: v. Westphalen/Emmerich/v. Rottenburg, Verbraucherkre­ ditgesetz, 2.  Aufl., 1996, §  9 VerbrKrG Rdnr.  58; ablehnend, weil stets arbeitsteiliges Zusam­ menwirken voraussetzend Dauner-Lieb, WM 1991, Beilage 6, S.  4, 13 f., 15; Ott in: Bruchner/ Ott/Wagner-Wieduwilt, Verbraucherkreditgesetz, 2.  Aufl., 1994, §  9 VerbrKrG Rdnr.  49 ff. 380   BGH v. 6.  12. 1979 – III ZR 46/78, NJW 1980, 938, 939; BGH v. 29.  3. 1984 – III ZR 24/83, BGHZ 91, 9, 13; BGH v. 28.  5. 1984 – XI ZR 242/91, NJW 1984, 2816, 2818; BGH v. 5.  5. 1992 – XI ZR 242/91, NJW 1992, 2560, 2562. 381   BGH v. 29.  3. 1984 – III ZR 24/83, NJW 2003, 3703 (zu §  9 Abs.  1 VerbrKrG); Kessal-Wulf in: Staudinger, §§  328–359 (Vertrag zugunsten Dritter, Rücktritt und Widerruf), Neubearbei­ tung 2004, §  358 Rdnr.  31; Habersack in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  358 Rdnr.  47; Saenger in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  358 Rdnr.  8 ; für §  9 Abs.  1 VerbrKrG Emmerich in: v. Westphalen/Emmerich/v. Rottenburg, Verbraucherkreditgesetz, 2.  Aufl., 1996, §  9 VerbrKrG Rdnr.  52; ausdrücklich ablehnend Dauner-Lieb, WM 1991, Beilage 6, S.  4, 15; Ott in: Bruchner/Ott/Wagner-Wieduwilt, Verbraucherkreditgesetz, 2.  Aufl., 1994, §  9 VerbrKrG Rdnr.  52.

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stands irrelevant. Von Bedeutung ist allein das seit dem OLG-VertrÄndG382 ge­ forderte, qualifizierte Zusammenwirken des Darlehensgebers mit dem Veräußerer der einschlägigen Immobiliarsachenrechte. Der „Seitenwechsel“ im Tatbestand, der anders als §  358 Abs.  3 S.  2, 2. Alt. BGB nicht an die Vertriebsförderung des Kredits durch den Unternehmer anknüpft, sondern auf die Mitwirkung des Dar­ lehensgebers in der Anbahnung des Bargeschäfts über das Grundstück bzw. grundstücksgleiche Recht abstellt,383 muss die maßgeblichen Gesichtspunkte der Risikozuweisung nicht verdecken. Die Neuregelung greift bewusst Fallgruppen auf, die in der ständigen Recht­ sprechung im Ergebnis zu einer Verantwortlichkeit des Darlehensgebers führt, wenn der Veräußerer des finanzierten Objekts den Kreditnehmer fehlerhaft oder unzulänglich über dieses aufklärt, weil in dieser Konstellation von der Verletzung einer eigenen Pflicht der Bank im Sinne von §  241 Abs.  2 BGB ausgegangen wird.384 Der Grund dieser Ausdehnung der Informationsverantwortlichkeit liegt in der vorherrschenden Sicht darin, dass der Darlehensgeber über Kenntnisse im Hin­ blick auf die Risiken der finanzierten Anlage verfügt, die über diejenigen eines neutralen, an der Verwendung der Valuta unbeteiligten Finanziers hinausgehen. Dies wird auch im Rahmen des §  358 Abs.  3 S.  3, 2. Alt. BGB für maßgeblich er­ achtet.385 Die qualitative, eine Ausweitung der Informationsverantwortung tra­ gende Veränderung liegt vor allem darin, dass der Kreditgeber in eine Beziehung zum Veräußerer des finanzierten Objekts tritt, die ihm gegenüber dem Darle­ hensnehmer einen komparativen Vorteil im Hinblick auf die Beeinflussung und/ oder Tragung der Risiken aus einem unzulänglichen Informationsverhalten des Anbieters verschafft.386 Dieser normative Gesichtspunkt ist nach dem Vorge­ sagten mutatis mutandis auch die Grundlage für die Erstreckung der Verantwort­ 382   Art.  25 Abs.  1 Nr.  7 Gesetz zur Änderung des Rechts der Vertretung durch Rechtsanwälte vor den Oberlandesgerichten vom 23.  7. 2002, BGBl.  I, S.  2850. Hintergrund war, dass der Ge­ setzgeber die mit der Streichung von §  491 Abs.  3 Nr.  1 BGB a. F. verbundene, generelle Wider­ ruflichkeit von Darlehen zur Immobilienfinanzierung und deren daraus folgende Einbeziehung in das Recht der verbundenen Verträge als unangemessen empfand. Zum Ganzen, insbesondere dem europarechtlichen Hintergrund Kessal-Wulf in: Staudinger, §§  328–359 (Vertrag zugunsten Dritter, Rücktritt und Widerruf), Neubearbeitung 2004, §  358 Rdnr.  48 f.; Artz, BKR 2002, 603, 608 f. 383   Auch die §  358 Abs.  2 S.  1 BGB zugeordnete Fallgruppe der Bindung des Verbrauchers an einen bestimmten Verwendungszweck (supra b)), stellt auf eine qualifizierte Förderung der Ver­ äußerungsinteressen des Unternehmers durch den Kreditgeber ab. 384   Vgl. z. B. BGH v. 12.  7. 1979 – III ZR 18/78, NJW 1980, 41, 43; BGH v. 21.  1. 1988 – III ZR 179/86, NJW 1988, 1583, 1584; BGH v. 5.  5. 1992 – XI ZR 242/91, NJW 1992, 2560, 2562; BGH v. 16.  5. 2006, NJW 2006, 2099, 2103 Rdnr.  41; auch noch infra E. I. 2. a). 385   Kessal-Wulf in: Staudinger, §§  328–359 (Vertrag zugunsten Dritter, Rücktritt und Wider­ ruf), Neubearbeitung 2004, §  358 Rdnr.  52; Habersack in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  358 Rdnr.  53; Saenger in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  358 Rdnr.  11; Lang, ZBB 2002, 457, 472 f.; Lauer, BKR 2002, 92, 95 ff.; P. Rösler, Festschrift für Reinhold Thode, 2005, S.  673, 679 ff. 386   Allgemein zu den Voraussetzungen von Informationspflichten bei der arbeitsteiligen Ver­ tragsanbahnung supra C. II. 1., 3. c). Speziell zur rollenabhängigen Verantwortlichkeit des Dar­ lehensgebers auch noch infra E. I.

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lichkeit im Rahmen des Geschäftsverbunds. Auch insoweit geht es um die durch ein Lösungsrecht sanktionierte Mitverantwortlichkeit für das vorvertragliche Verhalten des Unternehmers, das Wahrscheinlichkeit und Reichweite des späteren Widerrufs einer präferenzwidrigen Selbstbindung und der Geltendmachung von Einwendungen durch den Verbraucher signifikant beeinflusst.387 In der Folge lassen sich sowohl der Vermutungstatbestand des §  358 Abs.  3 S.  2, 2. Alt. BGB als auch der Sondertatbestand des §  358 Abs.  3 S.  3, 2. Alt. BGB auf einem einheitlichen Fundament konstruieren,388 sodass es beide Male darauf an­ kommt, ob die objektiven Umstände ein Zusammenwirken der Unternehmer in­ dizieren, das ihnen ermöglicht, das widerrufs- bzw. einwendungsrelevante Ver­ halten des jeweils anderen besser zu steuern oder zu tragen als der Verbraucher. Hier wie dort kommt es daher auf die Qualität des Zusammenwirkens an, d. h. nicht jede Form arbeitsteiliger Kooperation im vorvertraglichen Bereich erscheint automatisch tatbestandsmäßig. 3.  Widerrufsdurchgriff trotz Fehlen einer wirtschaftlichen Einheit Die insoweit in §  359a Abs.  1 BGB implementierte, reformierte VerbrKr-RL zwingt dazu, den Widerruf des Bargeschäfts z. B. nach §§  312 Abs.  1 S.  1, 312d Abs.  1 S.  1 BGB auch dann auf das Verbraucherdarlehen durchschlagen zu lassen, wenn kein Verbund im Sinne des §  358 Abs.  3 BGB zu bejahen ist.389 Die genaue Angabe der Ware oder Leistung des Unternehmers wird zwar regelmäßig die Vor­ aussetzungen des Grundtatbestands in §  358 Abs.  3 S.  1 BGB unter dem Gesichts­ punkt des Ausschlusses der Verwendungsfreiheit des Verbrauchers erfüllen.390 Probleme soll dies aber bereiten, wenn der konkrete Unternehmer des Barge­ schäfts noch nicht feststeht.391 Zwar müssen in derartigen Konstellationen die hier für maßgeblich gehaltenen Kriterien nicht zwingend verfehlt werden. So mag der Darlehensgeber auch die Widerrufsrisiken in einem Kreditportfolio breit streuen bzw. im Rahmen seiner Refinanzierung endgültig in „starke Hände“ weiterrei­ chen können und deshalb selbst ohne konkreten Einfluss auf die Vertragsanbah­ nung durch den Unternehmer generell zur Absicherung gegen die Gefahren aus dessen Sphäre eher in der Lage sein als der Verbraucher. Gleichwohl ist nicht zu verkennen, dass sich der Gesetzgeber von einer konkreten, auf die jeweilige Ver­ bindung von Unternehmer und Darlehensgeber abhebenden Betrachtung löst und u. U. ineffiziente Risikoverteilungen in Kauf nimmt, die dem Verbraucher den   Supra I. 1., 2.   Es ist an dieser Stelle nicht zu hinterfragen, ob der Gesetzgeber mit der abschließenden Regelung des §  358 Abs.  3 S.  3 BGB den insgesamt wünschenswerten Verantwortungsbereich des Darlehensgebers beim finanzierten Immoblienerwerb zutreffend abbildet. Jedenfalls inner­ halb der Reichweite der Tatbestandsfassung lassen sich die maßgeblichen normativen Gesichts­ punkte zur Geltung bringen. 389   Supra Fn.  353. 390   Supra 2. b). 391   Grüneberg in: Palandt, BGB, 71.  Aufl., 2012, §  359a n. F. Rdnr.  2. 387

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§  2  Gewährleistung (vorvertraglicher) Informationsinteressen

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Anreiz zu möglichem Selbstschutz innerhalb der Reichweite des erstreckten Wi­ derrufsrechts nehmen.392

E.  Vertrieb von Immobilienanlagen („Schrottimmobilien“) Die rechtliche Aufarbeitung fehlgeschlagener Kapitalanlagen, die auf den kredit­ finanzierten Erwerb von Immobilen bzw. Anteilen an geschlossenen Immobili­ enfonds abzielten, hat im abgelaufenen Jahrzehnt die Judikatur der höchsten Ge­ richte in Luxemburg und Karlsruhe nachhaltig beschäftigt.393 Dabei zeigten sich nicht nur kaum überbrückbare Differenzen zwischen den parallel zuständigen Spruchkörpern des Bundesgerichtshofs.394 Vielmehr sah sich auch die Legislative zu (Reparatur-)Reformen veranlasst.395 Die praktische Brisanz und die dogma­ tische Vielschichtigkeit der supranational überformten Problematik hat weiterhin dazu beigetragen, dass jede Rechtsfort- und -rückbildung ihr vielstimmiges pu­ blizistisches Echo finden konnte und nach wie vor finden kann.396 An dieser Stel­ le sollen lediglich die Aspekte der Debatte herausgegriffen werden, die einen spe­ ziellen Bezug zur Gewährleistung vorvertraglicher Informationsinteressen bei der arbeitsteiligen Vertragsanbahnung aufweisen und daher zur Illustration und Verortung der vorstehend entwickelten Konzeption der Informationsverantwor­ tung dienen können. Wiederum wird bewusst nicht versucht, das exakte Bild der Verantwortlichkeit in allen, für die praktische Reichweite der konkreten Risiko­ verteilung nicht selten bestimmenden Details nachzuzeichnen.397 Angestrebt wird lediglich, die hier entwickelte Konzeption fruchtbar zu machen, um die Risiko­ 392   Die – auch für den Verbraucher nachteiligen – Konsequenzen können darin liegen, dass an sich effiziente Kreditvergaben wegen der höheren Kostenbelastung des Darlehensgebers unter­ bleiben. Die Frage nach dem gesamtgesellschaftlichen Effekt der Regelung ist freilich komplex. Vgl. aber bereits supra Fn.  366. 393   Zuletzt BGH v. 10.  11. 2009 – XI ZR 252/08, BGHZ 183, 112; BGH v. 24.  11. 2009 – XI ZR 260/08, NJW 2010, 602; Überblick bei Nöhre/Klose-Mokroß, MDR 2009, 429; Bergmann, Jura 2010, 426. 394   Die Befassung unterschiedlicher Senate folgte daraus, dass der Fondsbeitritt Fragen des Gesellschaftsrechts berührte, wegen des Finanzierungsaspekts aber auch bankrechtliche Pro­ blemstellungen streitentscheidend waren. Zur „Lösung“ durch die Unterwerfung des II. Zivil­ senats unter die Federführung des XI. Zivilsenats, Pressemitteilung des BGH Nr.  62/2006 v. 25.  4. 2006. Vgl. aber auch infra Fn.  431. 395   Der Auslöser der Prozesslawine liegt in dubiosen Steuersparmodellen aus den 1990er Jah­ ren. Dies hat zur Folge, dass größtenteils mit der Schuldrechtsmodernisierung außer Kraft ge­ tretenes Verbraucherrecht die Streitentscheidung der Praxis bestimmt. 396   Für einen Fortgang der Debatte scheint schon deshalb gesorgt, weil in der Literatur die Europarechtskonformität der aktuellen Judikatur des BGH in Zweifel gezogen und auf dieser Grundlage eine erneute Vorlage zum EuGH angeregt wird, vgl. Kulke, NJW 2007, 360, 361; Jungmann, NJW 2007, 1562, 1563, 1566. 397   Dies gilt namentlich für den letztlich zur Unwirksamkeit des Darlehensvertrags führen­ den Komplex des Verstoßes der Vollmacht des abschließenden Treuhänders gegen das RBerG und der hierzu entwickelten Ausnahmen auf der Grundlage der §§  172 f. BGB (BGH v. 23.  9. 2008 – XI ZR 262/07, NJW-RR 2009, 547; BGH v. 21.  10. 2008 – XI ZR 256/07, ZIP 2008, 2405),

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sphären zwischen dem Darlehensgeber und dem Anleger abzugrenzen, soweit mit dieser auf die arbeitsteilige Vertragsanbahnung im Rahmen der Absatzorganisati­ on der Veräußerer der Kapitalanlage reagiert wird. Die Darstellung ist eng an den Stand der Rechtsprechung angebunden, nicht zuletzt, um die praktischen Aus­ wirkungen der eigenen Lösungen zu erhellen. Für das umrissene Thema bleiben allerdings die uneingeschränkten Risikozu­ weisungen dogmatisch unergiebig, wie sie in Form der von Zurechnungsgesichts­ punkten unabhängigen Widerruflichkeit auch des Darlehensvertrags begegnen, wenn dieser in einer Haustürsituation abgeschlossen wurde.398 Erörterungswür­ dig ist aber zum einen die Verantwortlichkeit der finanzierenden Bank wegen zu­ rechenbarer Verstöße gegen ihre vorvertraglichen Informationspflichten.399 Zum anderen sind die Voraussetzungen der Verantwortlichkeit des Darlehensgebers für das Handeln der Veräußerer im Rahmen des Widerrufs- und Einwendungs­ durchgriffs zu untersuchen.400

I.  Verantwortung bei Verletzung von Informationspflichten Die Verletzung von Informationspflichten ist – je nach bei dem Handelnden zu beobachtender Verschuldensform – mit der Arglistanfechtung oder einem auf Vertragsaufhebung gerichteten (konkurrierenden) Schadensersatzanspruch sank­ tioniert.401 Die hier interessierende, von eigenen Pflichtverletzungen des Haf­ tenden unabhängige Zurechnung des Fehlverhaltens Dritter bestimmt sich im Rahmen der Arglistanfechtung nach Maßgabe des §  123 Abs.  2 S.  1 BGB. Der Per­ sonenkreis, für dessen Täuschungen der Erklärungsempfänger danach unbedingt einstehen muss, ist mit seiner Verantwortlichkeit für Erfüllungsgehilfen nach §  278 Abs.  1 BGB parallelisiert. 402 Demnach lassen sich die zu untersuchenden De­ terminanten der grundsätzlichen Verantwortlichkeit des Darlehensgebers für das Fehlverhalten Dritter beim Vertrieb finanzierter Immobilienanlagen auf zwei Gesichtspunkte reduzieren. Zum einen sind nach Maßgabe der zu §  278 S.  1 BGB entwickelten Kriterien die Akteure zu bestimmen, für deren informationelles Fehlverhalten der Darlehensgeber prinzipiell einzustehen hat. 403 Zum anderen

des §  139 BGB (BGH v. 24.  10. 2006 – XI ZR 216/05, NJW-RR 2007, 395) und des §  184 BGB (BGH v. 15.  11. 2004 – II ZR 375/02, WM 2005, 103). 398   Schon supra D. I. 1. Zum erforderlichen, hinreichenden Zusammenhang zwischen Haus-  türsituation und nachfolgender Aufnahme des Verbraucherdarlehens (Kausalität), BGH v. 9.  5. 2006 – XI ZR 119/05, NJW-RR 2006, 1419. 399   Infra I. 400   Infra II. 401   Supra B. III. 1. a). 402   Supra B. III. 2. a). 403   Infra 1.

§  2  Gewährleistung (vorvertraglicher) Informationsinteressen

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sind die Informationspflichten zu vermessen, die dem Darlehensgeber obliegen und in deren Erfüllung die genannten Personen eingeschaltet sind.404 1.  Erfüllungsgehilfeneigenschaft Dritter im Strukturvertrieb Der Kreis der Erfüllungsgehilfen ist davon abhängig, welcher Personen sich der Schuldner zur Erfüllung seiner Informationspflichten bedient. Der Darlehensge­ ber hat für sämtliche Personen einzustehen, die innerhalb der von ihm struktu­ rierten, arbeitsteiligen Vertragsanbahnung in einer Art und Weise zum Einsatz kommen, die es ihm erlaubt, die mit ihrer Tätigkeit verbundenen Risiken für die Erfüllung seiner Informationspflichten relativ besser zu beherrschen oder zu tra­ gen, als es dem Verbraucher möglich ist.405 Zu betonen ist, dass es in der hier ein­ genommen Perspektive auf den Organisationswillen im Hinblick auf die Tätigkeit des Dritten bei der Erfüllung der vorvertraglichen Informationspflichten an­ kommt, sodass eine Wechselwirkung mit deren Reichweite besteht. Dieser pflich­ tenabhängige Bezugspunkt der Einschalthaftung kommt nicht hinreichend poin­ tiert zum Ausdruck, wenn die ständige Rechtsprechung die Einschaltung der Dritten in die „Anbahnung des Kreditvertrags“ fordert.406 Gerade die noch näher zu untersuchende Ausdehnung der Informationsverantwortlichkeit in den von der Rechtsprechung entwickelten Fallgruppen407 begründet eine Informations­ verantwortung für Umstände, die außerhalb der eigentlichen Darlehensbeziehung die Verwendung der Valuta betreffen. Sofern die finanzierende Bank danach aus­ nahmsweise auch eine informationelle Zuständigkeit im Hinblick auf die Verwen­ dungsrisiken trifft, hat sie prinzipiell auch für das auf diese bezogene Verhalten solcher Personen einzustehen, die im Rahmen der arbeitsteiligen Absatzorganisa­ tion für die Erfüllung eben dieser Pflichten sorgen sollen. Mit anderen Worten, die selbständigen Vermittler, aber eben auch die mit Wissen und Wollen des Dar­ lehensgebers im Kundenkontakt stehenden Initiatoren, Gründungsgesellschafter, Betreiber und Manager des Fonds, kommen in diesem thematisch eng abgesteck­ ten Rahmen, und abhängig vom Organisationswillen der Bank, als ihre Erfül­ lungsgehilfen in Betracht. Die Rechtsprechung erzielt in der Sache identische Ergebnisse, begründet diese aber über die Verletzung ausnahmsweise bestehender, eigener Aufklärungs­ pflichten des Darlehensgebers.408 Es wird also nicht das Handeln Dritter zuge­   Infra 2.   Supra C. II. 3. b). 406   BGH v. 27.  6 . 2000 – XI ZR 174/99, NJW 2000, 3558, 3559; BGH v. 3.  6 . 2003 – XI ZR 289/02, NJW-RR 2003, 1203, 1206; BGH v. 14.  10. 2003 – XI ZR 134/02, NJW 2004, 154, 157; BGH v. 15.  3. 2005 – XI ZR 135/04, NJW 1576, 1577; BGH v. 16.  5. 2005 – XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1, 27 Rdnr.  63. 407   Infra 2. a). 408   Z. B. BGH v. 16.  5. 2006 – XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1, 19 Rdnr.  39; BGH v. 26.  9. 2006 – XI ZR 283/03, NJW 2007, 361, 363 Rdnr.  25; BGH v. 6.  11. 2007 – XI ZR 322/03, NJW 2008, 644, 646 Rdnr.  29. 404 405

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rechnet, sondern dogmatisch-konstruktiv eine (nichterfüllte) Aufklärungspflicht des Darlehensgebers bemüht, die darauf abzielt, die eigentlichen Willensbeein­ flussung durch die im Vertrieb tätigen Personen zu korrigieren. Dahinter steht erkennbar das Bemühen, nicht über die Wahrheitspflicht bei positiven Erklä­ rungen zu einer generellen Haftung der Bank für das Informationsverhalten des selbständigen Strukturvertriebs zu gelangen. Aus der hier vertretenen Sicht einer auf normativer Grundlage thematisch begrenzten Wahrheitspflicht409 droht eine solche unbegrenzte Einstandspflicht freilich von Anfang an nicht. Sie wird zudem über die begrenzende Wirkung des pflichtenbezogenen Organisationswillens im Rahmen des §  278 S.  1 BGB verhindert. Im Ergebnis ist aber festzuhalten, dass sowohl die hier vertretene Einschalthaf­ tung für einen nicht per se auf in den Vertrieb des Darlehens eingeschaltete Per­ sonen beschränkten Gehilfenkreis ebenso wie die Eigenhaftung für die Verlet­ zung besonderer Aufklärungspflichten zentral auf der Ausweitung der Informa­ tionspflichten des Darlehensgebers beruht, die es im Folgenden zu würdigen gilt. 2.  Tätigkeit im Pflichtenkreis des Darlehensgebers Das zuzurechnende Fehlverhalten des eingeschalteten Dritten muss eine Infor­ mationspflicht der darlehensgebenden Bank verletzen. Im Hinblick auf die Anla­ gerisiken sind diese aber grundsätzlich beschränkt und erfahren nur in Ausnah­ mefällen eine Erweiterung.410 Darüber hinaus kommt im Gefolge der Rechtspre­ chung des EuGH zur Belehrung über die verbraucherrechtlichen Widerrufsrechte eine besondere Informationsverantwortung der finanzierenden Bank in Be­ tracht.411 a)  Aufklärung über Darlehensrisiken Im Einklang mit den hier entwickelten Grundsätzen412 geht die ständige Recht­ sprechung davon aus, dass der Darlehensgeber prinzipiell nicht verpflichtet ist, über die Gefahren aufzuklären, die mit der Verwendung des ausgereichten Kre­ dits verbunden sind.413 Eine solche Pflicht trifft die Bank lediglich ausnahmswei­ se, wenn der konkrete Sachverhalt unter eine der in der Rechtsprechung aner­ kannten Fallgruppen gefasst werden kann. Die insoweit genannten Gesichts­ punkte des Bestehens eines konkreten Wissensvorsprungs, des Überschreitens der Kreditgeberrolle, des Interessenkonflikts und der Schaffung eines besonderen Gefährdungstatbestands sind allerdings nicht im Sinne subsumtionsfähiger und klar abgrenzbarer Tatbestände zu verstehen, sondern beschreiben in der Judika­   Supra C. II. 1. b) bei Fn.  194 ff. und supra C. II. 3. c).   Infra a). 411   Infra b). 412   Supra C. II. 1. c) bei Fn.  226. 413   Neben den supra Fn.  226 und Fn.  384 genannten Entscheidungen v. a. BGH v. 27.  6 . 2000 – XI ZR 174/99, MDR 2000, 1201; BGH v. 27.  6 . 2000 – XI ZR 210/99, NJW-RR 2000, 1576. 409 410

§  2  Gewährleistung (vorvertraglicher) Informationsinteressen

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tur wiederkehrend bemühte, sich zum Teil auch überlappende Abwägungskrite­ rien.414 Diese sind im Einzelfall mit dem Ziel in Einklang zu bringen, wünschens­ werte Anreize zum Selbstschutz zu erhalten, soweit der Darlehensnehmer hierzu die Möglichkeit besitzt. Selbstredend kann an dieser Stelle die kaum übersehbare Kasuistik nicht aufbereitet werden, vielmehr soll lediglich die Tauglichkeit der entwickelten Konzeption als Metaregel angedeutet werden. Der im Hinblick auf die Arbeitsteilung zentrale Gesichtspunkt ging dahin, dass dem potentiell Aufklärungspflichtigen aus seiner Beziehung zu den Dritten ein komparativer Vorteil beim Zugang zu der offenbarungspflichtigen Informati­ on entstand.415 Auf nichts anderes hebt aber die Fallgruppe des erkennbaren Wis­ sensvorsprungs ab, wenn ein solcher in den hier interessierenden Konstellationen vor allem auf Einblicken beruht, die die Bank aus ihren Beziehungen zu den Pro­ duktanbietern erlangt.416 Besonders deutlich wird dies, wenn man den in der jün­ geren Judikatur etablierten Vermutungstatbestand des „institutionellen Zusam­ menwirkens“ betrachtet.417 Die besondere Verflechtung des Darlehensgebers mit den Anbietern des finanzierten Anlageobjekts führt zu einer Beweisbelastung der Bank, die den Nachweis führen muss, trotz ihrer besseren Einblicke in den Ver­ trieb des Produkts nicht über einen Wissensvorsprung verfügt zu haben. Der für zentral befundene Gedanke der Risikoverteilung trägt auch, wenn der Darlehens­ geber noch einen Schritt weiter geht und seine Rolle als Kreditgeber überschrei­ tet.418 Die insoweit maßgebliche Tätigkeit in der Planung, der Durchführung oder im Vertrieb verschaffen der Bank erkennbar komparative Informationsvorteile, deren Aktivierung über die Aufklärungspflicht verlangt wird. Über solche ver­ fügt sie im Hinblick auf die in Rede stehenden Kreditrisiken auch, wenn sie be­ wusst ein finanzielles Risiko auf den Kunden verlagert, das über die normalen Gefahren der finanzierten Anlage hinausgeht,419 oder wenn sie sich mit Rücksicht auf die Kreditrisiken in einem schwerwiegenden Interessenkonflikt befindet.420 Wie bereits erwähnt, bilden die hier für maßgeblich erachteten, auch als verbin­ dende Elemente der betrachteten Fallgruppen identifizierten Wertungsgesichts­ punkte nicht mehr als konkretisierungsbedürftige Leitgedanken der Verteilung 414   Überblick über das Fallmaterial bei Edelmann, MDR 2000, 1172; Martis, MDR 2005, 788; Nobbe, WM 2007, Beilage 1, S.  2, 27 ff.; Frisch/Münscher, Haftung bei Immobilienanlagen, 2.  Aufl., 2008, Rdnr.  55 ff. 415   Supra C. II. 1. c) und supra C. II. 3. c). 416   Z. B. Kenntnis von der Wertlosigkeit einer Mietgarantie, BGH v. 14.  6 . 2004 – II ZR 393/02, BGHZ 159, 294, 317. 417   BGH v. 16.  5. 2006 – XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1, 19 Rdnr.  39 ff.; BGH v. 19.  9. 2006, BGHZ 169, 109, 114 Rdnr.  22 ff.; BGH v. 26.  9. 2006 – XI ZR 283/03, NJW 2007, 361, 363 Rdnr.  28 ff.; BGH v. 6.  11. 2007 – XI ZR 322/03, NJW 2008, 644, 646 Rdnr.  45 ff. 418   BGH v. 18.  3. 2003 – XI ZR 188/02, WM 2003, 918, 922; BGH v. 3.  6 . 2003 – XII ZR 289/02, WM 2003, 1710, 1713; BGH v. 20.  1. 2004 – XI ZR 460/02, WM 2004, 521, 523. 419   BGH v. 18.  11. 2003 – XI ZR 322/01, WM 2004, 172, 174; BGH v. 20.  3. 2007 – XI ZR 414/04, WM 2007, 876, 878 Rdnr.  19. 420   BGH v. 27.  1. 2004 – XI ZR 37/03, WM 2004, 620, 624; BGH v. 20.  3. 2007 – XI ZR 414/04, WM 2007, 876, 882 Rdnr.  50.

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des informationellen Risikos. Allerdings sind sie geeignet, die Rechtsanwendung durch eine Fokussierung auf die relevanten Aspekte der Vertriebsorganisation eher zu lenken, als die letztlich blass bleibenden Fallgruppen, denen die Einzel­ entscheidungen in häufig nur schwer nachvollziehbarer Weise zugeordnet wer­ den.421 Der Gewinn könnte darin liegen, dass die Rechtsanwendung in einem Be­ reich, der sich wegen der Vielgestaltigkeit der Sachverhalte griffiger Tatbestands­ formulierungen entzieht, näher an die materiellen Wertungsgrundlagen herange­ führt wird. b)  Belehrung über das Widerrufsrecht Letztlich keinen Ertrag für die hier zu untersuchende Problematik bieten die aus anderen Gründen hoch kontroversen422 Konstellationen einer Schadensersatzhaf­ tung des Darlehensgebers nach §  280 Abs.  1 BGB, wenn dieser den Verbraucher nicht über sein Widerrufsrecht aufklärt, sofern der Darlehensvertrag auf eine Haustürsituation zurückgeht. Im Gefolge der einschlägigen Entscheidungen des EuGH,423 bejahte die ganz herrschende Meinung schon vor der Neufassung des §  312 Abs.  2 BGB im Zuge der Umsetzung der neuen VerbrKr-RL die Qualität der Belehrungspflicht als echte Rechtspflicht,424 sodass die entsprechende Aufklärung unproblematisch in den Pflichtenkreis des Darlehensgebers fällt. Insoweit bleibt abzuwarten, ob der EuGH die auf der Haftungszurechnung des deutschen Rechts beruhende Risikoverteilung mitträgt,425 oder den vermeintlich leicht zu instru­ mentalisierenden Hebel des Widerrufsrechts noch weiter verlängert, um eine ver­ schuldensunabhängige Haftung und damit eine – abzulehnende – allgemeine Überwälzung des Anlagerisikos auf den Kreditgeber zu erzwingen.426

421   BGH v. 20.  3. 2007 – XI ZR 414/04, WM 2007, 876, 879 Rdnr.  27 bejaht beispielsweise die Begünstigung eines besonderen Gefährdungstatbestands und nicht etwa einen konkreten Wis­ sensvorsprung, wenn die Bank Kenntnis von den systematisch überhöhten Ausschüttungen des Mietpools hat, durch die dem Anleger ständige Nachzahlungen drohen. 422   Überblick zum Streitstand insoweit bei Nobbe, WM 2007, Beilage 1, S.  2, S.  17 f.; Bergmann, Jura 2010, 426, 431 f. 423   EuGH v. 25.  10. 2005 – Rs. C-350/03, Slg. 2005, I-9215 Rdnr.  94 ff. (Schulte); EuGH v. 25.  10. 2005 – Rs. C-229/04, Slg. 2005, I-9273 Rdnr.  48 (Crailsheimer Volksbank). 424   BGH v. 19.  9. 2006 – XI ZR 204/04, BGHZ 169, 109 Rdnr.  41; BGH v. 26.  2. 2008 – XI ZR 74/06, NJW 2008, 1585 Rdnr.  18; Saenger in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  360 Rdnr.  1; Habersack, JZ 2006, 91, 93; Häublein, NJW 2006, 1553, 1553 f.; J. Hoffmann, ZIP 2005, 1985, 1991; für bloße Obliegenheit noch BGH v. 25.  10. 1989 – VIII 345/88, BGHZ 109, 127, 130; Kaiser in: Staudinger, §§  328–359 (Vertrag zugunsten Dritter, Rücktritt und Widerruf), Neube­ arbeitung 2004, §  355 Rdnr.  33. 425   Zu der Frage, ob im Hinblick auf Altfälle die – nach dem geltenden deutschem Recht nun­ mal erforderliche – Haftungsvoraussetzung eigenen oder zurechenbaren fremden Verschuldens im Lichte der klaren Aussagen der §  5 Abs.  2 HaustürWG, §  3 Abs.  2 Nr.  2 VerbrKrG bejaht werden kann z. B. ablehnend BGH v. 16.  5. 2006 – XI ZR 6/04, BGHZ 168, 1 Rdnr.  37; Habersack, JZ 2006, 91, 93; J. Hoffmann, ZIP 2005, 1985, 1991; bejahend Häublein, NJW 2006, 1553, 1554 f.; A. Staudinger, NJW 2005, 3521, 3524 f. 426   Vgl. die in Fn.  396 Genannten.

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II.  Verantwortung als Folge von Widerrufs-, Einwendungs-   und Rückforderungsdurchgriff Die Komplexität der aufgeworfenen, stets auch auf dem Prüfstand des Sekundär­ rechts stehenden Probleme zeigt sich einmal mehr dort, wo eine Mitverantwort­ lichkeit des Darlehensgebers für das (Fehl-)Verhalten von im Vertrieb der Kapi­ talanlage tätigen Dritten zu einer Betroffenheit nach den Grundsätzen des Wider­ rufs-, Einwendungs- und Rückforderungsdurchgriffs führen kann. Im Licht des verfolgten Erkenntnisinteresses bedarf die praktisch geklärte Frage, inwieweit in den Altfällen die Annahme eines verbundenen Geschäfts bei Bestellung von Re­ alsicherheiten im Zuge des Erwerbs eines Grundstücks oder grundstücksgleichen Rechts427 oder einer Fondsbeteiligung428 an der Ausnahme des §  3 Abs.  2 Nr.  2 VerbrKrG scheitern muss, ebensowenig der Erörterung, wie die exakten Folgen des – europarechtskonformen429 – Eingreifens der Lehre vom fehlerhaften Ver­ band im Fall des darlehensfinanzierten Fondsbeitritts. 430 Es sollen lediglich einige abschließende Hinweise gegeben werden, wie sich die hier entwickelte Interpreta­ tion des Tatbestands der verbundenen Geschäfte in §  358 Abs.  3 BGB auf diese Grundvoraussetzung der über dieses Rechtsinstitut induzierten Einstandspflicht für Dritte auswirkt. Im Kontext des §  358 Abs.  3 S.  3 BGB ist zunächst der Sicht des XI. Zivilsenats zuzustimmen, dass ein Einwendungsdurchgriff nur auf der Grundlage von gegen den Erwerb der Immobilie/des Fondsanteils gerichteten Gegenrechten in Be­ tracht kommt, sodass etwaige Ansprüche gegen Prospektverantwortliche, Grün­ dungsgesellschafter, Initiatoren, Betreiber und Manager des Fonds keine tragfä­ hige Grundlage darstellen, wenn sich der Anleger auch vom Darlehensvertrag lösen möchte.431 Zwar ist zu konzedieren, dass der von §  358 Abs.  3 S.  3 BGB um­ schriebene Geschäftsverbund auch nach der hier vertretenen Sicht darauf beruht, dass der Darlehensgeber die Risiken aus dem Handeln der mit ihm qualifiziert zusammenwirkenden Personen besser kontrollieren oder tragen kann als der Ver­ braucher,432 und unter diesem Gesichtspunkt die Verantwortlichkeit (auch) für   BGH v. WM 2007, 1456, 1458 Rdnr.  15.   BGH v. 25.  4. 2006 – XI ZR 29/05, BGHZ 167, 223 Rdnr.  19 ff.; BGH v. 26.  10. 2006 – XI ZR 255/03, NJW 2005, 664, 666 f.; BGH v. 25.  4. 2006 – XI ZR 219/04, ZIP 2006, 1088 Rdnr.  46 ff. 429   Zur Vereinbarkeit mit dem Europarecht EuGH v. 15.  4. 2010, Rs. C-215/08, NJW 2010, 1511 (Friz I); BGH v. 12.  7. 2010 – II ZR 292/06, NZG 2010, 990. 430   BGH v. 21.  7. 2003 – II ZR 387/02, BGHZ 156, 46, 51 ff.; BGH v. 14.  6 . 2004 – II ZR 395/01, BGHZ 159, 280, 291; BGH v. 25.  4. 2006 – XI ZR 106/05, BGHZ 167, 239, 251 Rdnr.  30. 431   BGH v. 25.  4. 2006 – XI ZR 106/05, BGHZ 167, 239 Rdnr.  28 ff.; BGH v. 24.  4. 2007 – XI ZR 340/06, ; a. A. BGH v. 14.  6 . 2006 – II ZR 392/01, WM 2004, 1518; BGH v. 14.  6 . 2004 – II ZR 395/01, BGHZ 159, 280, 290 ff.; BGH v. 14.  6 . 2004 – II ZR 393/02, BGHZ 159, 294, 311 ff.; zwischenzeitlich aber aufgegeben, vgl. BGH v. 10.  11. 2009, XI ZR 252/08, ZIP 2009, 2430, 2436 Rdnr.  58. 432   Supra D. II. 2. c). 427

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den genannten Personenkreis bei einer entsprechenden Einbindung in die Absatz­ organisation normativ durchaus zu legitimieren wäre.433 Allerdings hat der Ge­ setzgeber in §  358 Abs.  3 BGB keinen umfassenden Zurechnungstatbestand ge­ schaffen, sondern sich auf eine wechselseitige Verantwortlichkeit auf der Grund­ lage der Verbindung der an Bargeschäft und Darlehen beteiligten Unternehmer beschränkt. Im Übrigen wurden die Voraussetzungen, unter denen ein Geschäftsverbund auch beim finanzierten Immobilienerwerb angenommen werden kann, bereits entwickelt.434 Auf die Ausführungen kann verwiesen werden, ohne dass die für maßgeblich erachteten Kriterien an dieser Stelle einer Modifikation bedürften. Zu beachten ist allerdings, dass in der hier vertretenen Sicht sowohl die für den Er­ werb von Fondsbeteiligungen einschlägigen Grund- und Vermutungstatbestände in §  358 Abs.  3 S.  1, S.  2 BGB, als auch die verdrängende Spezialregelung des finan­ zierten Immobilienerwerbs in §  358 Abs.  3 S.  3 BGB auf einen einheitlichen Leit­ gedanken zurückgeführt werden können. Dieser rekurriert zentral auf die im Einzelfall zu vermessende Fähigkeit zur Risikokontrolle und -tragung, die über die Struktur der Verbindung zwischen Unternehmer und Darlehensgeber vermit­ telt wird, so dass gerade auch im Rahmen des §  358 Abs.  3 S.  1, S.  2 BGB nicht jede Form der Kooperation den Tatbestand erfüllt.435 In der Konsequenz bietet sich die Möglichkeit, den kreditfinanzierten Erwerb von Fondsanteilen und Grund­ stücksrechten auch in Zukunft weitgehend gleich zu behandeln,436 ohne dass es dazu einer – ohnehin nur bedingt zielführenden – einschränkenden Anwendung des §  358 Abs.  3 S.  3 BGB auf Realkredite bedürfte.437 Mit der entsprechenden Auslegung lässt sich verhindern, dass die verbraucherschutzrechtliche „Lösung“ bestimmter Konstellationen über §  358 Abs.  3 BGB zu einer verschleierten, einsei­ tigen Risikozuweisung führt.

  Supra I. 1.   Supra D. II. 2. c). 435   Supra D. II. 2. a) a. E. 436   Im Ergebnis auch Jungmann, WM 2006, 2193, 2197 allerdings mit einer analogen Anwen­ dung des §  358 Abs.  3 S.  3 BGB auf den kreditfinanzierten Fondsbeitritt. 437   Dafür Kessal-Wulf in: Staudinger, §§  328–359 (Vertrag zugunsten Dritter, Rücktritt und Widerruf), Neubearbeitung 2004, §  358 Rdnr.  50; a. A. z. B. Habersack in: Münchener Kom­ mentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  358 Rdnr.  51; Saenger in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  358 Rdnr.  11; Möller in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  I, 2.  Aufl., 2007, §  358 Rdnr.  25; Grüneberg in: Palandt, BGB, 71.  Aufl., 2012, §  358 Rdnr.  14. 433

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§  3  Sicherung des Integritätsinteresses Bereits im Rahmen der theoretischen Grundlegung wurde darauf hingewiesen, dass die Erstreckung des vertragsrechtlichen Haftungsregimes auf die Gewähr­ leistung des Integritätsinteresses über die Dogmatik der Schutz- und Sorgfalts­ pflichten, Zwecken dient, die rechtsvergleichend vor allem im Deliktsrecht ver­ folgt werden. Die aus diesem Umstand zu ziehende Konsequenz lag allerdings vor allem darin, dass die überpositive Grundlage dieser Spielart der Haftung aus Sonderverbindung in heteronomen Zielvorstellungen gesucht wurde. Zu deren Konkretisierung wurden die von der ökonomischen Analyse des Haftungsrechts formulierten Effizienzziele als tragfähige Grundlage erachtet.  Vor diesem Hin­ tergrund hat das rechtsökonomische Schrifttum mit eingehenden Untersuchungen zur vicarious liability breit vorgespurt, wenn im Folgenden die Verantwortlich­ keit für Dritte betrachtet werden soll, deren Fehlverhalten im Rahmen der arbeits­ teiligen Vertragsdurchführung das Integritätsinteresse der anderen Vertragspartei beeinträchtigt. Zu diesem Zweck gilt es zunächst, die in der haftungsrechtlichen Dogmatik entscheidenden Parameter der Verantwortlichkeit herauszuarbeiten. Dabei be­ stätigt sich, dass die prinzipielle Risikozuweisung im Rahmen der maßgeblichen Schadensersatzhaftung auf der Grundlage des §  280 Abs.  1 BGB über das Tatbe­ standsmerkmal der zurechenbaren Pflichtverletzung erfolgt. Aus diesem Grund sind zum einen die als Folge der Arbeitsteilung bestehenden, eigenen Obligati­ onen des Schuldners der Schutz- und Sorgfaltspflichten zu bestimmen. Zum an­ deren sind die Voraussetzungen der Einstandspflicht für das Fehlverhalten Drit­ ter im Rahmen der Verschuldenszurechnung nach §  278 S.  1 BGB für den Bereich der Schutz- und Sorgfaltspflichten zu konkretisieren. 

  Supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. b) (1).   Supra Kapitel 1 §  2 A. II. 1. b) (2).    Supra Kapitel 4 §  1.    Infra A.    Infra B.    Infra C.  

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

A.  Schadensersatz als zentrale, vertragsrechtliche Sanktion der Verletzung des Integritätsinteresses Während die Verteilung der Risiken sowohl im Fall der arbeitsteiligen Erfüllung von Leistungspflichten als auch bei der entsprechenden Wahrnehmung der vor­ vertraglichen Informationsverantwortung über eine Vielzahl von zum Teil kon­ kurrierenden, zum Teil verzahnten Rechtsinstituten erfolgt, bleibt die originär vertragsrechtliche Dogmatik im Hinblick auf die Sicherung des Integritätsinter­ esses überaus schlank. Diese wird auf der Grundlage von Schutz- und Sorgfalts­ pflichten im Sinne des §  241 Abs.  2 BGB bewerkstelligt, deren Verletzung jeden­ falls zum Schadensersatz nach §  280 Abs.  1 BGB verpflichtet. Die Klagbarkeit der in §  241 Abs.  2 BGB umschriebenen Pflichten ist umstritten. Während das ältere Schrifttum davon ausging, dass die geschuldete Rücksichtnahme keiner gericht­ lichen Durchsetzung in Form einer Leistungsklage auf Erfüllung, i.e. Unterlas­ sung der Beeinträchtigung zugänglich sei, wird dies in der neueren Literatur dif­ ferenzierter gesehen und auf eine Abwägung zwischen Gläubiger- und Schuld­ nerinteressen im Einzelfall verwiesen.  Die praktische Relevanz der Streitfrage ist für das hier in Rede stehende Thema allerdings begrenzt, weil sich gerade die ex ante allenfalls abstrakt vorhersehbaren Gefahren aus dem Gehilfeneinsatz zu­ meist erst nach ihrer Realisierung so konkret offenbaren, dass vorbeugender, auf eine Erfüllungspflicht gestützter Rechtsschutz kaum je in Betracht kommen wird. Aber selbst für die seltenen Fälle einer Erfüllungshaftung ist zu konstatie­ ren, dass die inhaltliche Reichweite der Sorgfaltspflichten durch den eingreifen­ den Sanktionsmechanismus unberührt bleibt, d. h. die Ausführungen zur Haf­ tung gelten mit den entsprechenden Adaptionen auch für den Erfüllungsanspruch. Der Gläubiger kann nicht mehr an Schutz- und Sorgfalt verlangen, als im Rahmen des Schadensersatzanspruchs haftungsrechtlich sanktioniert ist. Demensprechend ist der Schuldner auch nur in Bezug auf das Verhalten solcher Dritter Adressat einer Unterlassungspflicht, für deren Verschulden er nach §  278 S.  1 BGB einzu­ stehen hätte. Die Konstellation des §  280 Abs.  1, Abs.  3, 282 BGB transzendiert den Schutz des Integritätsinteresses, soweit dessen Beeinträchtigung gleichsam auf das –    Kress, Lehrbuch des Allgemeinen Schuldrechts, 1929, §  23, S.  578 ff.; Enneccerus/H.Lehmann, Schuldrecht, 15.  Aufl., 1958, §  4 II 2; Larenz, Schuldrecht I, 14.  Aufl., 1987, §  9 S.  105; R. Schmidt, Die Obliegenheit, 1958, S.  39 f.    Olzen in: Staudinger, BGB, Einleitung zum Schuldrecht; §§  241–243 (Treu und Glauben), Neubearbeitung 2009, §  241 Rdnr.  547; G. Roth in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  241 Rdnr.  113; Kramer in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  241 Rdnr.  12; Teichmann in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  242 Rdnr.  189; Köhler, AcP 190 (1990) 496, 509 ff.; Stürner, JZ 1976, 384, 386; Henckel, AcP 174 (1974) 97, 112; anders aber z. B. Gernhuber, Das Schuldverhältnis, 1989, §  2 IV, S.  24 f.    Ebenso die Einschätzung von Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutz­ pflichten, 2000, S.  551. Speziell zum Erfordernis, einer hinreichend konkreten Gefährdung des Integritätsinteresses als Voraussetzung des Unterlassungsanspruchs, Köhler, AcP 190 (1990) 496, 509 f.

§  3  Sicherung des Integritätsinteresses

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durch die Pflichtverletzung unmittelbar nicht betroffene – Leistungsinteresse hinüber wirkt. In den erfassten Fällen wird dem Gläubiger ausnahmsweise die Liquidation des positiven Interesses gestattet, obwohl sein Leistungsinteresse an sich auch durch Naturalerfüllung befriedigt werden könnte. Ihm ist nicht mehr zuzumuten, sich auf diese Form der Befriedigung einzulassen. Dabei ist um­ stritten, ob die Unzumutbarkeit der Befriedigung des Gläubigers im Wege der Naturalerfüllung gerade auf einer zu besorgenden, weiteren Verletzung der Inte­ gritätssphäre beruhen muss,10 oder aber ob ganz allgemein eine Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses durch die (erste) Verletzung des Integritätsinteresses aus­ reicht, um den Übergang zum Kompensationsanspruch zuzulassen.11 Ob und in­ wieweit die widerstreitenden Auffassungen im Einzelfall zu abweichenden Ergebnissen führen, bedarf im Hinblick auf die Ziele dieser Untersuchung keiner Klärung. Der entscheidende Gesichtspunkt ist, wie schon für die Schadensersatz­ ansprüche zur Sicherung des Leistungsinteresses ausgeführt, dass die prinzipielle Zuweisung der Verantwortlichkeit auf der zurechenbaren Pflichtverletzung ba­ siert.12 Obwohl bestimmte Einbußen nur unter zusätzlichen Voraussetzungen des Leistungsstörungsrechts tatsächlich ersatzfähig gestellt sind, entscheidet sich die prinzipielle Risikozuweisung auch für Beeinträchtigungen des Integritätsinteres­ ses im Rahmen der arbeitsteiligen Vertragsabwicklung über die Bestimmung der zurechenbaren Pflichtverletzung. Wiederum gilt, dass diese potentiell die Verant­ wortlichkeit für sämtliche, nach Maßgabe der §§  280 ff. BGB ersatzfähigen Scha­ densposten nach sich zieht. Damit bildet sie innerhalb des vertragsrechtlichen Haftungsregimes das Fundament einer umfassenden Verantwortlichkeit für Be­ einträchtigungen des Integritätsinteresses. Eine Erweiterung der Verantwortlichkeit könnte sich allerdings aufgrund kon­ kurrierender Deliktsansprüche ergeben, sofern diese die Verletzung strengerer Organisationspflichten sanktionierten oder eine umfassendere Zurechnung frem­ den Fehlverhaltens anordneten. Es wurde schon darauf hingewiesen, dass über eigene Verkehrspflichten des Geschäftsherrn (Organisationspflichten) Haftungs­ lücken geschlossen werden, die aus den empfundenen Schwächen der deliktischen Haftung für Verrichtungsgehilfen resultieren.13 Im Rahmen bestehender Sonder­ verbindungen ist freilich zu beachten, dass im Lichte des unmittelbar geltenden, einen umfassenden und hinreichend flexiblen Schutz des Integritätsinteresses über Schutz- und Sorgfaltspflichten gewährleistenden §  241 Abs.  2 BGB, weder 10   So, auf der Grundlage des Verständnisses des §  282 BGB als Mittel zum Schutz des Integri­ tätsinteresses Otto/R. Schwarze in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, § 282 Rdnr.  9, 46 f.; R.Schwarze, Das Recht der Leistungsstörungen, §  23 Rdnr.  1. 11   Ernst in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  282 Rdnr.  5 ; Unberath in: Bamberger/Roth (Hrsg.), BGB, Bd.  I, 2.  Aufl., 2007, §  282 Rdnr.  3 ; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  282 Rdnr.  4. Ebenso zur, freilich das Leistungsinteresse tangierenden, positiven Vertragsverletzung, RG v. 11.  5. 1906 – II 459/05, RGZ 63, 297, 297 f.; BGH v. 13.  11. 1953 – I ZR 140/52, BGHZ 11, 80, 84. 12   Supra §  1 C. I. 1. 13   Supra Kapitel 3 §  1 C. II.

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

das Bedürfnis für eine weitergehende Bestimmung des deliktischen Pflichten­ kreises besteht, noch eine Legitimation hierfür gefunden werden könnte.14 Vor diesem Hintergrund wirkt es sich im Hinblick auf die hier untersuchte Arbeits­ teilung in Vertragsverhältnissen auch nicht auf die grundsätzliche Risikovertei­ lung aus, wenn ganz überwiegend die Anwendung des §  278 S.  1 BGB auf Ver­ kehrspflichten abgelehnt wird,15 weil mit den Schutz- und Sorgfaltsplichten eine die Verschuldenszurechnung tragende Sonderverbindung begründet ist. Ganz ähnlich begegnet im Rahmen der Zurechnung schädigenden Organhandelns mit der Bezugnahme auf die „zum Schadensersatz verpflichtende Handlung“ ein im­ pliziter Verweis auf die anderweitig begründete Pflichtenlage der Handelnden. Daher sind – unabhängig von der umstrittenen Anwendbarkeit des §  31 BGB auf die Haftung aus Sonderverbindungen16 – jedenfalls keine sachlichen Erweite­ rungen des über die prinzipielle Verantwortlichkeit entscheidenden Verhaltens­ programms zu erwarten. Auch der Kreis der Haftungsvertreter, deren Verhalten über §  31 BGB zugerechnet werden kann, reicht nicht über den der Erfüllungsge­ hilfen hinaus, wenn man auch die Einschalthaftung nach §  278 S.  1 BGB auf einen entsprechenden Organisationswillen des Schuldners stützt.17 Insgesamt bestätigt sich damit der im Folgenden auf die zurechenbare Verlet­ zung eigener Pflichten und die Einstandspflicht für fremdes Fehlverhalten gerich­ tete Fokus bei der Bestimmung der Verantwortlichkeit für Beeinträchtigungen des Integritätsinteresses im Zusammenhang mit der arbeitsteiligen Vertrags­ durchführung.

B.  Auswahl- und Überwachungspflichten des Schuldners Der berühmte Federstrich des Reformgesetzgebers des Jahres 2002 hat die vielfäl­ tigen Versuche einer überpositiven Legitimation der Schutz- und Sorgfalts­ pflichten allenfalls insoweit zu Makulatur werden lassen, als diese darauf abzielten die „zutreffende“ Verortung der Pflichten zwischen Delikts- und Vertragshaf­ tung zu finden.18 Auch nach der im Lichte des §  241 Abs.  2 BGB im Grundsatz   Auch schon supra Kapitel 3 §  1 C. III.   RG v. 9.  5. 1939 – VII 251/38, RGZ 160, 310, 314; BGH v. 1.  3. 1988 – VI ZR 190/87, BGHZ 103, 338, 342 ff.; Grundmann in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  278 Rdnr.  15; Löwisch/Caspers in: Staudinger, BGB, §§  255–304, Neubearbeitung 2009, §  278 Rdnr.  8 ; anders aber Spiro, Die Haftung für Erfüllungsgehilfen, 1984, S.  403 ff.; Hopt, AcP 183 (1983) 608, 711. 16   Supra Kapitel 3 §  1 B. I. Zum denkbaren inhaltlichen Gleichlauf von Schutz- und Sorgfalts­ pflichten im Sinne des §  241 Abs.  2 BGB und den deliktischen Verkehrspflichten auch Olzen in: Staudinger, BGB, Einleitung zum Schuldrecht; §§  241–243 (Treu und Glauben), Neubearbei­ tung 2009, §  241 Rdnr.  480; H. P. Westermann in: Erman, BGB, Bd.  I, 13.  Aufl., 2011, §  241 Rdnr.  11. Vgl. auch von Bar, Verkehrspflichten, 1980, S.  240 ff. 17   Supra §  1 C. II. 2. b) und infra C. I. 18   Überblick bei Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S.  35 ff. 14

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§  3  Sicherung des Integritätsinteresses

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nicht mehr bestreitbaren Anwendbarkeit des für Sonderverbindungen geltenden Haftungsregimes behalten die Kontroversen um die Grundlagen der Schutz­ pflichten aber insoweit ihre Bedeutung, als sie für die inhaltliche Konkretisierung der in der Blankettvorschrift des modernisierten Schuldrechts umschriebenen Sonderverbindung fruchtbar gemacht werden können. Letztlich ist das gesamte Schuldrecht von Kontroversen durchzogen, deren Ursache jeweils in der Frage liegt, ob die in einem Kontinuum mehr oder weniger intensiven, sozialen Kon­ takts verortete Beziehung der Parteien als Sonderverbindung im Rechtssinn zu qualifizieren ist oder nicht19 – was letztlich von der Vorstellung über das angemes­ sene Haftungsregime abhängt. Im Hinblick auf die hier zentral untersuchte Ar­ beitsteilung in (angebahnten) Vertragsverhältnissen ist allerdings der Bestand ei­ ner prinzipiell Pflichten im Sinne des §  241 Abs.  2 BGB generierenden Sonderver­ bindung nach dem Stand der Dogmatik nicht fraglich.20 Der Klärung bedarf daher letztlich nur der Inhalt der aus diesen fließenden Verhaltensanforderungen. Gera­ de in diesem Zusammenhang ist aber festzuhalten, dass weder der Gedanke sub­ limierter rechtsgeschäftlicher Beziehungen, 21 noch derjenige eines gesteigerten sozialen oder geschäftlichen Kontakts, 22 noch derjenige des in Anspruch genom­ menen und gewährten Vertrauens, 23 oder der Öffnung des eigenen Rechtskreises24 eine normativ abwägende Bestimmung von Inhalt und Reichweite der entspre­ chend fundierten Schutz- und Sorgfaltspflichten entbehrlich macht oder signifi­ kant vorprägt. 25 Im Lichte der hier vertretenen Zielsetzung der effizienten Sicherung des Inte­ gritätsinteresses läuft die allfällige Abwägung auf die auch bei der Bestimmung des Sorgfaltsmaßstabs im Rahmen der Fahrlässigkeitshaftung für maßgeblich er­ achtete, 26 in Rechtsprechung und Lehre im hier untersuchten Kontext durchaus anzutreffende27 Gegenüberstellung der drohenden Einbußen einerseits und des

19   Vgl. die Aufzählung von über 40 kritischen Konstellationen bei Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2000, S.  279 ff. 20   Vgl. nur G. Roth in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  2, 5.  Aufl., 2007, §  241 Rdnr.  92. 21   Vgl. Jehring, JherJ 4 (1861) 1, 41 ff. 22   Z. B. Teichmann in: Soergel, BGB, Bd.  2, 12.  Aufl., 1990, §  242 Rdnr.  178; F.Bydlinsky, Sys­ tem und Prinzipien des Privatrechts, 1996, S.  210 f.; Hans Stoll, Festschrift für Fritz von Hippel, 1967, S.  517, 525 ff. 23   V.a. Ballerstedt, AcP 151 (1951) 501, 506 f.; Canaris, JZ 1965, 475, 478; Canaris, Die Ver­ trauenshaftung im deutschen Privatrecht, 1971, S.  539 f.; Canaris, 2. Festschrift für Karl Larenz, 1983, S.  27, 90 ff., 104. 24   Z. B. Larenz, MDR 1954, 515, 517; eingehend Frost, „Vorvertragliche“ und „vertragliche“ Schutzpflichten, 1981, S.  49 ff. 25   Zu diesem Kern der Bestimmung des Inhalts von Schutzpflichten nur Olzen in: Staudin­ ger, BGB, Einleitung zum Schuldrecht; §§  241–243 (Treu und Glauben), Neubearbeitung 2009, §  241 Rdnr.  487. 26   Supra §  1 C. II. 1. a). 27   Z. B. BGH v. 7.  6 . 1972 – VIII ZR 35/71, NJW 1972, 1363, 1363 f.; Olzen in: Staudinger, BGB, Einleitung zum Schuldrecht; §§  241–243 (Treu und Glauben), Neubearbeitung 2009, §  241

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

zur Gefahrenreduzierung erforderlichen Aufwands andererseits hinaus.28 Inves­ titionen in den Schutz der übrigen Rechtsgüter des Gegenübers sind insoweit  gefordert, als deren Grenznutzen in Form einer Reduzierung wahrscheinlicher Einbußen die Grenzkosten der Prävention kompensiert. Die in der Literatur zum Teil mit weitreichenden Konsequenzen vertretene Unterscheidung eines Verbots der aktiven Schädigung (Unterlassungspflicht) einerseits und eines Gebots zum aktiven Schutz der Gegenseite (Handlungspflicht) andererseits, 29 weist aus die-  ser Sicht keine scharfe Differenzierung aus. Jenseits der Vorsatzfälle ist zu kons­ tatieren,30 dass vom Schuldner Investitionen zur Vermeidung des pflichtwidrigen Verhaltens gefordert werden. Auch das Verbot der aktiven Schädigung verlangt vom versehentlich die Integritätsinteressen verletzenden Schuldner ein Mehr an Aufwand, um die Rechtsgüter der Gegenseite pflichtgemäß zu achten, sodass die vermeintliche Wesensverschiedenheit zu den aktiven Schutzmaßnahmen ver­ schwimmt. In Bezug auf die arbeitsteilige Vertragsdurchführung bedeutet dies, dass der Schuldner mit entsprechendem Aufwand für die ordnungsgemäße Auswahl, die Überwachung, Weiterbildung etc. der von ihm eingeschalteten Personen sorgen muss. Auf die entsprechenden Ausführungen im Hinblick auf die Haftung für Verletzungen der Leistungspflicht kann mit der Maßgabe verwiesen werden, 31 dass der Bezugspunkt der Pflichten nicht im Leistungs-, sondern im Integritätsin­ teresse des Gläubigers liegt. Wiederum gilt, dass die Haftung neben der Ein­ standspflicht nach §  278 S.  1 BGB keine eigenständige Bedeutung erlangt, weil die drohende, unbedingte Verantwortung den Schuldner bereits zu optimaler Sorg­ falt anhält.32

C.  Zurechnung des Verhaltens von Erfüllungsgehilfen Auch im Hinblick auf die Einstandspflicht für Erfüllungsgehilfen geht es an die­ ser Stelle nur mehr um eine Adaption der anderweitig entwickelten Konzeption der Verschuldenszurechnung. Insofern wurde bereits ausgeführt, dass die Quali­ tät der in §  241 Abs.  2 BGB verankerten Pflichten als prinzipiell zurechnungstra­ Rdnr.  487; Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2007, S.  506 f.; Teichmann, JA 1984, 709, 713. 28   Wiederum zeigt sich, dass im Hinblick auf die verhaltensbezogenen Nebenpflichten be­ reits die objektive Pflichtenbestimmung die wesentlichen Wertungsgesichtspunkte „konsu­ miert“ und für die Ebene der Zurechnung wenig übrig lässt, supra §  2 Fn.  189. 29   Krebs, Sonderverbindung und außerdeliktische Schutzpflichten, 2007, S.  504 ff.; zustim­ mend Olzen in: Staudinger, BGB, Einleitung zum Schuldrecht; §§  241–243 (Treu und Glauben), Neubearbeitung 2009, §  241 Rdnr.  488. 30   Zum Parallelproblem der, ebenfalls als Rücksichtnahmepflichten im Sinne des §  241 Abs.  2 BGB zu qualifizierenden Informationspflichten supra §  2 C. II. 1. b). 31   Supra §  1 C. II. 1. b), III. 1. a). 32   Supra §  1 C. II. 1. b).

§  3  Sicherung des Integritätsinteresses

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gende Sonderverbindung nach der Schuldrechtsmodernisierung nicht mehr frag­ lich ist,33 ihre kodifikatorische Verankerung allerdings die gehilfenspezifische Bestimmung des Pflichtenkreises bei der Anwendung des §  278 S.  1 BGB weder entbehrlich macht, noch hindert.34 Mit dieser Maßgabe bedarf es einiger weniger Hinweise zu den neuralgischen Punkten des „Einschaltens“ von Erfüllungsgehil­ fen in die Schutzpflichten 35 und der diesbezüglichen Bestimmung des Pflichten­ kreises des Schuldners.36 Im Hinblick auf die Mitverantwortlichkeit des Gläubi­ gers gelten die allgemeinen Ausführungen entsprechend.37

I.  Einschalten durch den Schuldner Die Konzeption einer vom Wissen und Wollen des Schuldners abhängigen Ein­ schalthaftung für Erfüllungsgehilfen bereitet aus der Sicht der tradierten Dogma­ tik dann Schwierigkeiten, wenn diese im Sinne einer bewussten und personenbe­ zogenen Übertragung der Wahrnehmung von Schutz- und Sorgfaltspflichten verstanden wird.38 Die Probleme werden in Konstellationen deutlich, in denen der Schuldner der Pflichten im Sinne des §  241 Abs.  2 BGB sich eine an ihn zu erbrin­ gende Leistung von einem Dritten hat versprechen lassen und dieser bei der Erfül­ lung seiner Obligation mit den Rechtsgütern des Gläubigers der Schutz- und Sorgfaltspflichten in Berührung kommt. Als Beispiel mag der vom Reichsgericht entschiedene Fall dienen, in dem der Mieter einen Spediteur mit dem Ausräumen der überlassenen Wohnung betraut, weil diese Tätigkeit potentiell zu Beeinträch­ tigungen des Eigentums des Vermieters führen kann.39 In derartigen Konstellati­ onen40 wäre es fiktiv, von einem bewussten Einschalten des Handelnden in den gesetzlichen Pflichtenkreis an sich zu sprechen. Insoweit kann es allenfalls um eine Veranlassung des Tätigwerdens innerhalb des pflichtengenerierenden Le­ bensbereichs gehen. Als prinzipiell tragfähig erweist sich wiederum das Abstellen auf den Organisationswillen des Schuldners in Kombination mit objektiven Kri­ terien der Risikozuweisung.41 Danach kommt es darauf an, dass der Dritte inner­ halb der vom Schuldner strukturierten, arbeitsteiligen Vertragsdurchführung an einer Stelle tätig wird, die dem Schuldner die überlegene Risikobeherrschung oder 33   Zusammenfassung der unter dem alten Schuldrecht geäußerten Bedenken bei Eubel, Die Haftung des Geschäftsherrn für den Gehilfen nach deutschem und japanischem Recht, 1981, S.  50 ff. 34   Supra §  2 C. II. 3. a). 35   Infra I. 36   Infra II. 37   Supra §  1 C. IV. 2. Vgl. auch schon §  2 C. III. 38   Vgl. Delmere, Der Erfüllungsgehilfe in §  278 BGB, 1989, S.  5 f. 39   RG v. 2.  1. 1923 – III 151/22, RGZ 106, 133, 134. 40   Rechtlich identische Problemstellungen z. B. in BGH v. 20.  5. 1964 – VIII ZR 242/62, LM Nr.  39 zu §  278 BGB; BGH v. 22.  9. 1977 – III ZR 146/75, LM Nr.  76 zu §  278 BGB; vgl. auch E.Schmidt, AcP 170 (1970) 502, 506 ff.; Kronke, TranspR 1988, 89, 90. 41   Supra §  1 C. II. 2. b) und supra §  2 C. II. 3. b).

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Kapitel 5:  Arbeitsteilung und positives Recht

-tragung auch im Hinblick auf die Integritätsinteressen des Gläubigers erlaubt. Wiederum kann diese Voraussetzung auf einer rechtlich oder faktisch begründe­ ten Möglichkeit beruhen, auf die gefahrträchtige Aktivität des Dritten einzuwir­ ken. Sie kann aber auch auf der Fähigkeit des Schuldners zur besseren Vorsorge gegen drohende Einbußen basieren. Zur einzelfallabhängigen Konkretisierung der Voraussetzungen können an dieser Stelle die in der Ökonomik entwickelten Kriterien fruchtbar gemacht werden.42 So kann in den exemplarisch genannten Konstellationen aus dem Verhältnis des Mieters zum Vermieter dieser über die sorgfältige Auswahl des Dritten hinaus vertraglich abgesicherte Einflussmöglich­ keiten haben, sich aber jedenfalls durch entsprechende Vertragsgestaltung bei der Auftragsvergabe Regressmöglichkeiten sichern u. ä.

II.  Zur Erfüllung einer Schuldnerverbindlichkeit Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass sich die zum alten Schuldrecht geäu­ ßerte Kritik an der richterrechtlichen Ausdehnung der Haftung aus Sonderver­ bindung43 auch daran entzündete, dass Inhalt und Umfang der Schuldnerpflichten im Lichte des Gehilfeneinsatzes keine Neubewertung erfuhren.44 Folgt man der hier vorgeschlagenen Konzeption der Bestimmung einer gehilfenspezifischen Verantwortungssphäre über die entsprechende Festlegung des Pflichtenkreises des Schuldners,45 verfängt die im Ausgangspunkt von dieser Untersuchung geteil­ te Kritik nicht, weil auch dann keine Ignoranz der Besonderheiten der Arbeitstei­ lung durch das Haftungsrecht zu befürchten ist. Nimmt man die Gefährdung des Integritätsinteresses des Gläubigers als Be­ zugspunkt und bestimmt den Pflichtenkreis des Schuldners auf der Grundlage seiner Möglichkeiten zur Risikobeherrschung und -tragung, werden die Beson­ derheiten der Arbeitsteilung ohne Weiteres in Inhalt und Reichweite der Schutz- und Sorgfaltspflichten inkorporiert. Die pflichtenbasierte, begrenzte Risikozu­ weisung an den Schuldner der Schutz- und Sorgfaltspflichten als superior risk bearer endet notwendig dort, wo auch bei weiterem Präventionsaufwand die dro­ henden, primären Schadenskosten nicht mehr effizient verringert werden können und die Risikozuweisung auch nicht zu einer weiteren Senkung der sekundären Kosten führte. Das auf diese Weise aufgestellte Pflichtenprogramm reflektiert so­ mit die Möglichkeiten zur optimierten Organisation arbeitsteiliger Produktions- und Absatzprozesse im Hinblick auf die Integritätsinteressen der Gegenseite ebenso, wie die aus der Spezialisierung erwachsenden, u. U. weitergehenden Mög­ lichkeiten des erwartetermaßen eingesetzten Gehilfen selbst, die Schadenswahr­   Eingehend Supra Kapitel 4 §  1 A. II, B. I.   Vgl. allgemein, mit unterschiedlichen Akzenten die supra Kapitel 1 §  2 Fn.  102 Genann­

42 43

ten.

  Supra §  2 bei Fn.  286, 287.   Supra §  1 C. II. 2. c).

44 45

§  3  Sicherung des Integritätsinteresses

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scheinlichkeit zu verringern. Für die im Rahmen des §  278 S.  1 BGB gehilfenspe­ zifisch bestimmten Verhaltenspflichten im Sinne des §  241 Abs.  2 BGB gilt mutatis mutandis das zur Festlegung des Sorgfaltsmaßstabs im Rahmen der Verschul­ denszurechnung Gesagte.46 Vor dem Hintergrund dieser, auf die Spezifika der Arbeitsteilung reagiernden Bestimmung des zurechnungsbegründenden Pflichtenkreises, erlangt die Begren­ zung auf vom Gehilfen „in Erfüllung“ und nicht nur „bei Gelegenheit“ begangene Verletzungen auch im Rahmen der Schutz- und Sorgfaltspflichten keine eigen­ ständige Bedeutung.47 Bereits die Bestimmung des Pflichtenumfangs berücksich­ tigt die entsprechenden Aspekte der relativ besseren Risikokontrolle, die über dieses, von der herrschenden Meinung48 gerade im Hinblick auf Beeinträchti­ gungen des Integritätsinteresses für notwendig erachtete Tatbestandsmerkmal eingeführt werden sollen.

  Supra §  1 C. II. 2. e).   Supra §  1 C. II. 2. d). 48   Supra §  1 Fn.  512, 513. 46 47

Kapitel 6

Arbeitsteilung und Verantwortlichkeit   im europäischen Vertragsrecht Die gemeineuropäische Privatrechtsentwicklung hat in den letzten Jahren quali­ tativ neuartige Impulse erhalten, die sowohl auf die Initiativen der befassten Ge­ meinschaftsorgane zur Ausweitung und Konsolidierung des acquis communautaire, als auch auf die systematisch ambitionierteren, zwischenzeitlich auf institu­ tioneller Ebene aufgegriffenen, wissenschaftlichen Projekte einer umfassenden Vertragsrechtsvereinheitlichung zurückgehen. Der gegenwärtige Rechtszustand ist daher Momentaufnahme in einem hochdynamischen Umfeld. Das abschlie­ ßende Kapitel dieser Untersuchung soll vor diesem Hintergrund keine Detailana­ lyse der gegenwärtigen Normbestände leisten, sondern versteht sich vor allem als Ausblick auf zukünftige Herausforderungen der europäischen Privatrechtsfor­ schung und die Möglichkeiten zu ihrer Bewältigung auf der Grundlage der dieser Untersuchung zugrundeliegenden Methodik. Sowohl die Auseinandersetzung mit den supranational überformten Wider­ rufsrechten  als auch diejenige mit den europarechtlich präformierten Grenzen der kaufrechtlichen Nacherfüllungspflicht haben gezeigt, welche Bedeutung die Interpretation des Richtlinienrechts für die Streitentscheidung auf nationaler Ebene zwischenzeitlich erlangt hat. Weitere Beispiele lassen sich als Folge der (weit) überschießenden Umsetzung zentraler Richtlinien durch die Schuldrechts­ modernisierung – und dem hierdurch in entsprechendem Umfang eröffneten Zwang zur europarechtskonformen Auslegung und der beanspruchten Vorabent­ scheidungskompetenz des EuGH – leicht finden. Es liegt in der Konsequenz dieses Bedeutungszuwachses des Richtlinienrechts, das naturgemäß nicht auf die   Supra Kapitel 1 §  1 B. I.   Supra Kapitel 5 §  2 D., E. II.    Supra Kapitel 5 §  1 B. II. 2. b) (2).    EuGH v. 17.  7. 1997 – Rs. C-28/95, Slg. 1997, I-4161 (Leur-Bloem); EuGH v. 17.  7. 1997 – Rs. C-130/95, Slg. 1997, I-4291 (Giloy); zur vorherrschenden Interpretation der Judikatur W.-H. Roth, Festgabe 50 Jahre Bundesgerichtshof, Bd.  I, 2000, S.  847, 883 f.; mit Verweis auf EuGH Rechtsprechung zum TRIPS-Abkommen auch Drexl, Festschrift für Andreas Heldrich, 2005, S.  67, 82 f.; gegen eine gemeinschaftsrechtliche Pflicht zur einheitlichen Auslegung im Bereich der überschießenden Umsetzung Habersack/C.Mayer in: Riesenhuber (Hrsg.), Europäische Methodenlehre, 2.  Aufl., 2010, §  15 Rdnr.  25 ff.    Z. B. EuGH v. 17.  4. 2008 – Rs. C-404/06, Slg. 2008, I-2685 (Quelle); EuGH v. 3.  4. 2008 – Rs. C-306/06, Slg. 2008, I-1923 (01051 Telecom); sowie zuletzt v. a. EuGH v. 16.  6 . 2011, verb. Rs. C-65/09 und C-87/09, NJW 2011, 2269 („Weber“ und „Putz“), dazu auch supra Kapitel 5 §  1 B. II. 2. b) (2).  

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Kapitel 6:  Arbeitsteilung und Verantwortlichkeit im europäischen Vertragsrecht

Idiosynkrasien bestimmter Normbestände zugeschnittene Analyseinventar einer auf überpositive Wertungsgesichtspunkte rekurrierenden Methodik auch für des­ sen Interpretation fruchtbar zu machen. Zur Illustration des Potentials soll darauf hingewiesen werden, an welchen Stellen des Gemeinschaftsprivatrechts sich nor­ mative Einfallstore für die Orientierung der Normkonkretisierung an den Postu­ laten ökonomischer Rationalität gerade im Hinblick auf die arbeitsteilige Ver­ tragsabwicklung öffnen.  Wie schon erwähnt, deuten die Zeichen derzeit auf eine gewünscht rasche Ein­ führung zumindest erster Teile eines umfassenderen, gemeinsamen Referenzrah­ mens. Vor diesem Hintergrund scheint sich für die europäische Privatrechtswis­ senschaft ein Perspektivwechsel weg von der rechtspolitischen Regelfindung, hin zur interpretativen Regelkonkretisierung anzubahnen. Unabhängig davon, ob die Zeit hierfür tatsächlich schon gekommen ist, bilden DCFR und die in seiner Fort­ entwicklung entstehenden Regelwerke einen die Diskussion kanalisierenden Ko­ difikationsvorschlag, der auch die von anderer Seite geleisteten Vorarbeiten zum Teil aufgreift.  Dieser markiert zwar nicht den Endpunkt der Debatte, stellt aber sehr wohl ihren vorläufigen Brennpunkt dar. An seinen Grundstrukturen lässt sich nicht nur die Eignung der entwickelten Konzeption zur Bewältigung der durch die Arbeitsteilung aufgeworfenen Rechtsfragen als Leitlinie der Interpreta­ tion konkreter Normbestände nochmals verdeutlichen, sondern auch ihr Potenti­ al als Grundlage für die Formulierung rechtspolitischer Kritik würdigen.

  Infra §  1.   Supra Kapitel 1 §  1 B, insbesondere Fn.  55 und 63.    Vgl. v.Bar/Clive (Hrsg.), Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law, Bd.  I, 2009, Intr. n. 40 ff.    Infra §  2.  

§  1  Gemeinschaftsprivatrecht Die begrenzte Kompetenz der europäischen Legislative hat dazu geführt, dass sich diese lange Zeit auf punktuell-problemorientierte Regulierungsinitiativen beschränkte. Sucht man vor diesem Hintergrund Belege dafür, dass sich die Kon­ zeption einer Risikozuweisung in Vertragsverhältnissen, die auf die Besonder­ heiten der Arbeitsteilung reagiert, auch im geltenden Gemeinschaftsprivatrecht realisieren lässt, wirkt es zunächst verlockend, auf Forschungsergebnisse zurück­ zugreifen, die eine systematisierende Ordnung des Gemeinschaftsprivatrechts unternommen haben. Hierbei zeigt sich allerdings die große Distanz, die zwi­ schen der prinzipiengeleiteten Aufbereitung des Stoffs und dem geltenden Richt­ linienrecht tatsächlich liegt. Die angestrebte Auseinandersetzung mit dem Ge­ meinschaftsprivatrecht hat sich daher an den einzelnen, supranationalen Bestim­ mungen zu orientieren.

A.  Wissenschaftliche Systematisierungen des geltenden Gemeinschaftsrechts Der nach wie vor fragmentarische Charakter des gemeinschaftsrechtlichen Be­ sitzstandes, der insbesondere Vertrag und Eigentum als die grundlegende Institu­ tionen eines der Privatautonomie verpflichteten Zivilrechts in den nationalen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten voraussetzt, muss es nicht grundsätzlich ausschließen, die vorhandenen Regelungen und das auf sie bezogene Richterrecht u. a. zu einem Modell des Leistungsstörungsrechts fortzuentwickeln, das prinzi­ piell auch die Verantwortlichkeit innerhalb arbeitsteiliger Produktions- und Ab­ satzstrukturen zuweist. Neben entsprechenden Bemühungen einzelner Autoren  hat vor allem die Acquis Group diesen Ansatz verfolgt und auf seiner Grundlage einen eigenständigen Entwurf eines Regelwerks vorgelegt, der insbesondere auch eingehende Bestimmungen im Hinblick auf die Verletzung der vertraglichen Leis­   Infra A.   Infra B.    Vgl. z. B. Riesenhuber, System und Prinzipien des Europäischen Privatrechts, 2003, S.  553 ff.    Supra Kapitel 1 §  1 Fn.  59.    Zum Programm der Forschergruppe Schulze, 13 ERPL 2005, 3; Schulze, 13 ERPL 2005, 841; Schulze, ZEuP 2007, 731.  

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Kapitel 6:  Arbeitsteilung und Verantwortlichkeit im europäischen Vertragsrecht

tungspflicht (Chapter 8) sowie zur Sicherung vorvertraglicher Informationsinter­ essen (Chapter 2) enthält.  Betrachtet man allerdings die in Bezug genommenen Fundamente der entwickelten Detailregeln, zeigt sich, dass diese durchaus weit­ reichende, normativ legitimationsbedürftige Fortentwicklungen des gemein­ schaftsprivatrechtlichen status quo darstellen, die allenfalls sehr lose im Sekun­ därrecht verankert sind. So wird die generelle, vorvertragliche Informationspflicht in Art.  2:201 Acquis Principles zentral auf die Bestimmung über die Vertragsmä­ ßigkeit der Kaufsache in Art.  2 VerbrGK-RL gestützt, weil sich aus dieser für den Verkäufer die Möglichkeit ergebe, durch das Kommunizieren bestimmter Infor­ mationen seine Verantwortlichkeit auszuschließen. Der durchaus große Schritt geht demnach von einem – auf einen Vertragstyp beschränkten – Anreizmecha­ nismus zur Aufklärung zu einer allgemeinen Rechtspflicht. Noch deutlich locke­ rer sind die in Art.  2:208 Acquis Principles vorgesehenen Sanktionen für eine Ver­ letzung der statuierten Informationspflichten an das geltende Gemeinschaftspri­ vatrecht angebunden, wie auch von den Verfassern zugestanden wird.  Ganz ähn­ lich lässt sich der von Art.  8 :401 Abs.  1 Acquis Principles im Fall der Nichterfül­ lung allgemein gewährte Schadensersatzanspruch allenfalls in thematisch eng begrenzten Richtlinien wiederfinden, wohingegen die VerbrGK-RL bekanntlich keinen solchen Anspruch vorsieht. Mit diesen exemplarischen Hinweisen verbin­ det sich keine sachliche Kritik an den Resultaten der Acquis Gruppe.10 Sie illus­ trieren aber, dass diese bewusst deutlich mehr anstrebt, als eine Bestandsaufnah­ me.11 Insofern unterscheiden sich die Acquis Principles zwar in ihrer Politik, nicht aber in ihrem Grundkonzept vom DCFR, der folgerichtig auch einige ihrer Be­ stimmungen übernimmt. Soweit es darum geht, Hinweise auf die Realisierbarkeit einer differenzierten, die Besonderheiten der Arbeitsteilung berücksichtigenden Risikozuweisung im Gemeinschaftsprivatrecht zu erlangen, ist aber unmittelbar auf das Richtlinienrecht zuzugreifen.

   Twigg-Flesner/Wilhelmsson in: Research Group on the Existing EC Private Law (Acquis Group), Contract II, 2009, S.  115 ff.; Machnikowski/Szpunar in: Research Group on the Exis­ ting EC Private Law (Acquis Group), Contract II, 2009, S.  401 ff.    Twigg-Flesner/Wilhelmsson in: Research Group on the Existing EC Private Law (Acquis Group), Contract II, 2009, S.  115.    Twigg-Flesner/Wilhelmsson in: Research Group on the Existing EC Private Law (Acquis Group), Contract II, 2009, S.  145: Einheitlicher Sanktionsmechanismus für die Verletzung von Informationspflichten sei eine „klaffende Lücke“ („glaring gap“) im Gemeinschaftsrecht.    Magnus in: Research Group on the Existing EC Private Law (Acquis Group), Contract II, 2009, S.  427 f. 10   Mit dieser Tendenz, Jansen/Zimmermann, JZ 2007, 1113. 11   Ernst, AcP 208 (2008), 248, 254 umschreibt den Ansatz der Acquis Group treffend dahin­ gehend, dass das Gemeinschaftsrecht „als „Modernisierungsmotor“ in den Dienst einer Neu- und Weiterentwicklung des Vertragsrechts“ gestellt werden soll.

§  1  Gemeinschaftsprivatrecht

531

B.  Gewährleistung beim Verbrauchsgüterkauf, Informationspflichten und Widerrufsrechte Orientiert man sich aus den vorgenannten Gründen eng am Richtlinienrecht, springt als Rechtsakt mit zentraler leistungsstörungsrechtlicher Dimension die VerbrGK-RL ins Auge, die gerade wegen ihres Anwendungsfokus auf den Ver­ kauf von Waren durch Unternehmer an Verbraucher prototypische Konstellatio­ nen arbeitsteiliger Produktions- und Absatzprozesse erfasst. Vor dem Hinter­ grund der in Deutschland realisierten „großen Lösung“12 verwundert es nicht, dass die Regelungsstrukturen denjenigen ähneln, die aus dem modernisierten Schuldrecht vertraut sind. Die von Art.  3 Abs.  2 VerbrGK-RL primär13 zur Verfü­ gung gestellten Rechtsbehelfe des Käufers etablieren einen Anspruch auf Befrie­ digung des Gläubigerinteresses durch Erfüllung, der seine Grenze am Aus­ schlusstatbestand der Unmöglichkeit und der Unverhältnismäßigkeit findet. In der Konsequenz lässt die Richtlinie eine Berücksichtigung der Besonderheiten der Arbeitsteilung in der für das deutsche Recht beschriebenen Weise zu,14 sofern die genannten Ausschlusstatbestände einer entsprechenden Interpretation zu­ gänglich sind. Dies erscheint jedenfalls dann unproblematisch, wenn man den Unverhältnismäßigkeitseinwand auch dahin versteht, dass er in bestimmten Konstellationen einen Totalausschluss beider Varianten der Herstellung zulässt.15 Dies ist nach der hier vertretenen Auffassung auch auf der Grundlage der Richtli­ nieninterpretation des EuGH der Fall.16 Zu entsprechenden Ergebnissen gelangt man auch dann, wenn man den Mitgliedstaaten bei der Konkretisierung des Un­ möglichkeitstatbestands die erwähnten Spielräume zugesteht.17 In jedem Fall bleibt die Risikozuweisung und damit auch die Anreizwirkung der Richtlinie un­ vollständig, weil diese die Schadensersatzpflicht des Käufers offen lässt.18 Noch klarer im Sinne einer bruchlosen Übertragbarkeit der hier unternom­ menen Interpretation der risikozuweisenden Institutionen erweist sich naturge­ mäß die supranational klar vorgezeichnete Informationsverantwortung im Rah­   Zu den Gründe der Politik, Däubler-Gmelin, NJW 2001, 2281.   Zur englischen Sicht, die der Richtlinie keine zwingende Hierarchie der Rechtsbehelfe ent­ nimmt, Tröger, ZVglRWiss 107 (2008), 383, 410 f. 14   Supra Kapitel 5 §  1 B. 15   Dafür Lehmann, JZ 2000, 280, 286; Schwartze, ZEuP 2000, 544, 568; Gsell, JZ 2001, 65, 67; Kandler, Kauf und Nacherfüllung, 2004, S.  298; Unberath, ZEuP 2005, 5, 22 ff.; Tröger, ZV­ glRWiss 107 (2008), 383, 388; a. A. S.Lorenz in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd.  3, 6.  Aufl., 2012, §  474 Rdnr.  18; Pfeiffer in: Dauner-Lieb/Heidel/Lepa/Ring (Hrsg.), Anwaltkom­ mentar Schuldrecht, 2002, Kauf-RL Art.  3 Rdnr.  12; Herresthal in: Langenbucher, Europa­ rechtliche Bezüge des Privatrechts, 2.  Aufl., 2008, §  2 Rdnr.  163; Doehner, Die Schuldrechtsre­ form vor dem Hintergrund der Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie, 2004, S.  245; Zerres, RIW 2003, 746, 751; Kirsten, ZGS 2005, 66, 67. 16   Supra Kapitel 5 §  1 B. II. 2. b) (2). 17   Supra Kapitel 5 §  1 B. II. 2. b). 18   Zum effizienten Zusammenspiel von Naturalerfüllungspflicht und Schadensersatzan­ spruch supra Kapitel 5 §  1 B. II. 1. a). 12 13

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Kapitel 6:  Arbeitsteilung und Verantwortlichkeit im europäischen Vertragsrecht

men bestimmter Verbraucherverträge. Die insoweit für zentral erachtete Rege­ lung des Widerrufs- und Einwendungsdurchgriffs bei verbundenen Verträgen,19 finden gerade auch in Artt. 3 Abs.  15, 15 VerbrR-RL und bis zu dessen Aufhebung in Art.  6 Abs.  4 Fernabs-RL,20 sowie in Art.  7 Timesharing-RL, 21 Artt. 3 Buchst. n), 15 VerbraucherKr-RL22 und Art.  6 Abs.  7 FinanzDLFernabs-RL23 ihre Veran­ kerung. Die genannten Bestimmungen sind allerdings zum Teil prima facie an­ spruchvoller als die stark verobjektivierten deutschen Regeln, weil sie darauf ab­ stellen, dass zwischen Unternehmer und Kreditgeber (Drittem) eine Vereinba­ rung über die Finanzierung (Lieferung von Waren oder Dienstleistung) getroffen wurde. 24 Unter dem Gesichtspunkt der effizienten Risikozuweisung kann hierin eine problematische Verengung liegen, die zudem ein gewisses Manipulations­ potential bietet, weil sie auf subjektive Merkmale im Verhältnis der Unternehmer zueinander abhebt. 25 Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der partiellen Vollhar­ monsierung26 kommt es daher auch darauf an, wieviel Gestaltungsspielraum den Mitgliedstaaten durch den Umsetzungsauftrag in Art.  15 Abs.  2 VerbrR-RL eröff­ net wird und was unter einer Vereinbarung im Sinne der einschlägigen Richtlini­ endefinition zu verstehen ist. Die europäische Regelung für verbundene Verbraucherdarlehensverträge ist nahezu wortgleich mit derjenigen des §  358 Abs.  3 S.  2 BGB, sodass schon aus diesem Grund eine entsprechende Interpretation der Bestimmung orientiert am Gedanken der effizienten Risikozuweisung nahe liegt, jedenfalls aber möglich er­ scheint. Auf die in Art.  3 n) ii) VerbrKr-RL enthaltene, tendenziell ineffiziente Weiterung wurde bereits im Zusammenhang mit ihrer Umsetzung in deutsches Recht hingewiesen.27 Etwas anders liegen die Dinge dort, wo die Informationsverantwortung unmit­ telbar durch die detaillierten Informationspflichten der VerbrR-RL verteilt wird. Ohne dass an dieser Stelle eine Detailanalyse geleistet werden soll, lässt sich doch   Supra Kapitel 5 §  2 D. I. 3, II.   Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz, ABl.  EG Nr. L. 144 vom 4.  6 . 1997, S.  19. 21   Richtlinie 94/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 1994 zum Schutz der Erwerber im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Verträgen über den Erwerb von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien, ABl.  EG Nr. L 280 vom 29.  10. 1994, S.  83. 22   Richtline 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates, ABl.  EG Nr. L 133, S.  66, berichtigt ABl.  EG Nr. L 33, S.  10. 23   Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG und 98/27/EG, ABl.  EG Nr. L 271 vom 9.  10. 2002, S.  16. 24   Art.  3 Abs.  15 VerbrR-RL; Art.  7 Timesharing-RL; früher auch Art.  6 Abs.  4 Fernabs-RL. Rein objekives Konzept demgegenüber insbesondere in Art.  3 Buchst. n) VerbrKR-RL. 25   Vgl. schon supra Kapitel 5 §  2 D. II. 1. 26   Vgl. Art.  4 VerbrR-RL und supra Kapitel 1 §  1 B. 27   Supra Kapitel 5 §  2 D. II. 3. 19

20

§  1  Gemeinschaftsprivatrecht

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konstatieren, dass die in Artt. 5, 6 VerbrR-RL kodifizierten Aufklärungspflichten des Unternehmers grosso modo den hier entwickelten Grundsätzen folgen.28 Diese können daher für die Konkretisierung einzelner Tatbestandsmerkmale herange­ zogen werden, so z. B. für die bei allgemeinen Verbraucherverträgen relevante Frage, wann sich die vom Unternehmer an sich zu vermittelnden Informationen im Sinne des Art.  5 Abs.  1 VerbrR-RL „bereits unmittelbar aus den Umständen ergeben“. Dieser Befund ist auch deshalb von Bedeutung, weil die im Sekundär­ recht explizit vorgegebenen Informationspflichten keinen abschließenden Cha­ rakter haben: nach Artt. 5 Abs.  4, 6 Abs.  8 S.  1 VerbrR-RL stehen sie weiterge­ henden Pflichten zur Verteilung der Informationsverantwortlichkeit in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten nicht entgegen. Diese lassen sich folglich im deutschen Recht auch weiterhin wertungskonsistent auf der hier entwickelten Grundlage entfalten. 29

  Supra Kapitel 4 §  3 C. II und III.   Supra Kapitel 5 §  2 C. II.

28 29

§  2  Gemeinsamer Referenzrahmen Der Entwurf eines gemeinsamen Referenzrahmens ist als gegenwärtiger Kristal­ lisationspunkt der durch die Wissenschaft initierten Bestrebungen zur Verein­ heitlichung des europäischen Privatrechts anzusehen.  Dieser soll unter Berück­ sichtigung der jüngst publizierten, thematisch auf das Kaufrecht im weiteren Sinne verengten Machbarkeitsstudie der von der Kommission eingesetzten Ex­ pertengruppe und des auf dieser beruhenden Verordnungsentwurfs für ein Ge­ meinsames Europäisches Kaufrecht hier nur daraufhin beleuchtet werden, wel­ che Institute innerhalb seines Regelungsgefüges zur Bewältigung der spezifischen Problemlagen einer arbeitsteiligen Anbahnung und Abwicklung von Verträgen aufgerufen sind. Die Wahl des DCFR als Zentrum der Auseinandersetzung ist trotz der jüngsten, den Normbestand fortentwickelnden Vorschlägen aus Brüssel gerechtfertigt. Nachdem der endgültige CFR weiterhin einer autoritativen Veröf­ fentlichung harrt, bleibt der DCFR der einzige umfassende Entwurf mit dem Ziel, sämtliche Schuldverträge zu regeln. Demgegenüber stellen der jüngste Vor­ schlag aus Brüssel und die Vorarbeiten zu diesem tendenziell eine auf spezielle Vertragstypen zugeschnittene Fortschreibung der Entwicklung dar.  Diese weist zwar erkennbar über das Kaufrecht im engeren Sinne hinaus und ist deshalb v. a. auch in dieser, allgemeinere Strukturen vorzeichnenden Dimension zu berück­ sichtigen. Die Regelungstechnik legt aber gleichwohl nahe, die allgemeinen Re­    Die Kommission hat den DCFR als inhaltlichen Ausgangspunkt für Ihre Bemühungen um ein optionales Instrument gewählt und diesen „nur“ durch eine Expertengruppe überarbeiten lassen, vgl. schon supra Kapitel 1 §  1 B. bei Fn.  63.    Zur diskursstrukturierenden, die Abstraktion von nationalen Doktrinen erlaubenden Be­ deutung des DCFR gerade für die Debatte um die normativen Grundlagen eines gemeineuropä­ ischen Privatrechts, Schmidt-Kessel in: G.Wagner (Hrsg.), The Common Frame of Reference: A View from Law and Economics, 2009, S.  69, 70.    A European contract law for consumers and businesses: Publication of the results of the feasibility study carried out by the Expert Group on European contract law for stakeholders‘ and legal practitioners‘ feedback [im Folgenden: Machbarkeitsstudie], http://ec.europa.eu/ju­ stice/contract/files/feasibility-study_en.pdf. Die Ergebnisse der einzelnen Gruppensitzungen können im Rahmen von Syntheseberichten der Kommission eingesehen werden unter http:// ec.europa.eu/justice/contract/expert-group/index_de.htm.    Supra Kapitel 1 §  1 B Fn.  55.    Die kurze Zeit auf der Seite der Justizkommissarin veröffentlichten Texte (vgl. z. B. Maultzsch, GPR 2011, 114) können von dort aus nicht mehr aufgerufen werden, sind aber derzeit noch über blinde Links zugänglich, z. B. http://ec.europa.eu/justice/policies/consumer/docs/inter­ pretation_en.pdf (zuletzt aufgerufen 24.  11. 2011).    Zum begrenzten Mandat der Expertengruppe vgl. Machbarkeitsstudie, S.  6 .

§  2  Gemeinsamer Referenzrahmen

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geln zunächst dort zu suchen, wo sie explizit niedergelegt sind, i.e. in den ein­ schlägigen Bestimmungen des DCFR. Insgesamt soll an dieser Stelle keine Detailanalyse geleistet, sondern nur an­ hand der großen Linien gezeigt werden, inwieweit die vorgeschlagenen Regeln für ein gemeineuropäisches Vertragsrecht mit den normativen Überlegungen zur ef­ fizienten Risikozuweisung kompatibel sind und diese zu ihrer Einzelfallkonkre­ tisierung  beitragen können.  Zur Abschichtung des Stoffes dient wiederum die Dreiteilung in Schutz des Leistungsinteresses, Gewährleistung vorvertraglicher Informationsinteressen10 und Sicherung des Integritätsinteresses.11

A.  Schutz des Leistungsinteresses I.  Grundsatz Ausgangspunkt der Analyse ist die inhaltsgleich bereits in dem Entwurf der Lando-Kommission12 vorgesehene, im Verordnungsentwurf der EU-Kommission13 zu einer kaufrechtsspezifischen Auflistung von Rechtsbehelfen konkretisierten Regelung in III.-3:101 DCFR, wonach dem Gläubiger im Fall der Nichterfüllung (irgend-)einer vertraglichen Verpflichtung die in den Abschnitten 3 bis 7 des  3. Kapitels vorgesehen Rechte zustehen sollen (Erfüllung, Zurückbehaltung der eigenen Leistung, Vertragsaufhebung, Minderung und Schadensersatz). Auf  der Grundlage dieser Regelung trifft den Schuldner die uneingeschränkte Ein­    Vgl. auch, die auf überpositive Gesichtspunkte weitgehend verzichtenden Falllösungen zu relevanten Teilaspekten bei Bineva in: Antoniolli/Fiorentini (Hrsg.), A factual Assessment of the Draft Common Frame of Reference, 2011, S.  77, 78 ff., 82 ff., 84 ff., 87 f. (Leistungserschwer­ nis, Geschäftsgrundlage); Peleggi in: Antoniolli/Fiorentini (Hrsg.), A factual Assessment of the Draft Common Frame of Reference, 2011, S.  119, 127 f. (Nacherfüllung und ihre Grenzen). Demgegenüber die allgemein positive Einschätzung des Leistungsstörungsrechts des DCFR bei Schweizer in: G.Wagner (Hrsg.), The Common Frame of Reference: A View from Law and Economics, 2009, S.  1, 2 und passim, der freilich zu bedeutenden Einzelaspekten (v. a. Minde­ rungsberechnung, ibid. S.  8 ff., und Rücktrittsvoraussetzungen, ibid. S.  14 ff.) die fehlende Klar­ heit des Gesetzestextes bemängelt und partiell eine größere Feinjustierung zur Beförderung von Effizienzzielen für erforderlich hält; ebenso Schweizer in: Larouche/Chirico (Hrsg.), Econom­ ic Analysis of the DCFR, 2010, S.  147.    Hierfür spricht schon, dass die Verfasser des DCFR Effizienz zu einem der grundlegenden Prinzipien des geschaffenen Normbestands zählen, v. Bar/Clive (Hrsg.), Principles, Defini­ tions and Model Rules of European Private Law, Bd.  I, 2009, S.  10.    Infra A. 10   Infra B. 11   Infra C. 12   Art.  8 :101(1) PECL Lando/Beale (eds.), Principles of European Contract Law, Parts I and II, 2000. Deutsche Übersetzung v. Bar/Zimmermann, Grundregeln des Europäischen Vertrags­ rechts, Teile I und II, 2002. 13   Art.  106 Abs.  1 GEK, Europäische Kommission, Vorschlag für eine Verordnung des Euro­ päischen Parlaments und des Rates über ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht, Anh. I, KOM (2011) 635 endg. Sachgleich Art.  108 Abs.  1 der Machbarkeitsstudie (supra Fn.  3).

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Kapitel 6:  Arbeitsteilung und Verantwortlichkeit im europäischen Vertragsrecht

standspflicht für in die Leistungserbringung eingeschaltete Dritte, soweit der  in III.-3:302 DCFR/Artt. 110 f. GEK näher geregelte Naturalerfüllungszwang reicht.14 Die Frage nach einer Verantwortlichkeit im Rahmen des Schadensersatz­ anspruchs stellt sich daher nur im Hinblick auf solche Einbußen, die durch eine nach dem ursprünglichen Vertragsbruch erfolgende Erfüllung nicht mehr kom­ pensiert werden können, sowie für die Fälle, in denen zwar der Anspruch auf Naturalerfüllung nach III.-3:302 Abs.  3 DCFR/Art.  110 Abs.  3 GEK ausgeschlos­ sen ist, der Schadensersatzanspruch dadurch aber unberührt bleibt, III.-3:303 DCFR. III.-2:106 DCFR/Art.  92 Abs.  2 GEK spricht ausdrücklich aus, was sich aus dem Verständnis des Leistungsversprechens als (eingeschränkter) Garantie der Erfüllung ohnehin zwanglos ergibt.15 Die Einschaltung Dritter in den Erfül­ lungsvorgang tangiert die Verantwortlichkeit des Schuldners grundsätzlich nicht.16 Damit ist freilich nur negativ gesagt, dass eine befreiende Übertragung der vertraglichen Verpflichtungen grundsätzlich ausgeschlossen ist. Nicht be­ stimmt ist hierdurch aber, wie weit die Verantwortlichkeit der den Dritten ein­ schaltenden Partei in einem solchen Fall positiv reicht. Wie im common law rü­ cken die Ausschlusstatbestände in den Blick, deren zentrale Bedeutung durch ihre ausdrückliche Erwähnung in III.-3:101 Abs.  1, Abs.  2 DCFR und dem klarer ge­ fassten, inhaltsgleichen Art.  106 Abs.  4 GEK zum Ausdruck gebracht wird.17 In den Mittelpunkt des Interesses rückt damit zunächst die rechtsbehelfsspezi­ fische Begrenzung der Naturalerfüllungspflicht,18 bevor die allgemeinen, die Ver­ tragshaftung auf das Erfüllungsinteresse ausschließenden Grenzen der Verspre­ chensbindung untersucht werden.19

II.  Erfüllungsanspruch Nähert man sich vor diesem funktionalen Hintergrund der impliziten Risikozu­ weisung, ist primär von Bedeutung, unter welchen Voraussetzungen der An­   Zu den Zusammenhängen supra Kapitel 5 §  1 A. I., II.   Die in III.-3:107 Abs.  1 DCFR/Art.  159 Abs.  1 GEK vorgesehene, vom Vertretenmüssen unabhängige Schadensersatzhaftung (non-fault approach) wurde von der Expertengruppe aus­ drücklich unterstützt, vgl. Synthesebericht der Kommission zum neunten Treffen am 27. und 28. Januar 2011, S.  3, http://ec.europa.eu/justice/contract/files/ninth-meeting_en.pdf. 16   Wenig passend ist der Hinweis, mit dessen Hilfe die Existenz einer entsprechenden Regel im englischen Recht autoritativ belegt werden soll, v.Bar/Clive (Hrsg.), Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law, Bd.  I, 2009, S.  739. In der in Bezug genommenen Abhandlung (Treitel, Remedies for Breach of Contract, 1988, §  15, S.  13) heißt es lediglich – ohne Nachweis –, dass eine Zurechnung von Fremdverschulden im common law als selbstverständ­ lich angenommen werde, wo es auf das Verschulden (fault) einer Partei ankomme – darum geht es aber bei der Haftung für Vertragsbrüche gerade nicht, supra Kapitel 3 §  2 A. I. 1. 17   Supra Kapitel 3 §  2 A. I. 1 und Kapitel 3 §  2 A. I. 2. 18   Infra II. 19   Infra III. 14

15

§  2  Gemeinsamer Referenzrahmen

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spruch auf Naturalerfüllung bei anderen als Geldleistungen 20 ausgeschlossen sein soll, sodass zur Befriedigung des Leistungsinteresses allenfalls noch der Scha­ densersatzanspruch zur Verfügung steht. Die durch III.-3:302 Abs.  3 Buchst. b) DCFR/Art.  111 Abs.  3 Buchst. b) gezogene Grenze, jenseits derer rechtsförmiger Erfüllungszwang nicht ausgeübt werden kann, liegt niedriger als die für die gene­ relle Befreiung von der Versprechensbindung in III.-3:104 Abs.  1 DCFR/Art.  88 Abs.  1 GEK oder eine gerichtliche Vertraganpassung oder -auflösung in III.-1:110 Abs.  2 DCFR/Art.  89 Abs.  2 zu erfüllenden Voraussetzungen.21 Letztlich steht und fällt die Realisierbarkeit effizienter Lösungen mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen die Leistungsstörung die Erfüllung im Rechtssinn unzumutbar erschwert oder verteuert (unreasonably burdensome or expensive). Schon die Fas­ sung des einschlägigen Ausschlusstatbestands im DCFR steht der Berücksichti­ gung von Überlegungen zur Rekonstruktion des hypothetischen vollständigen Vertrags und der damit verbundenen Verankerung der Sachlösung im mutmaß­ lichen Bindungswillen der Parteien nicht entgegen. 22 Deutlich wird dies durch die wohlüberlegte Neufassung der Grenze der Naturalerfüllungspflicht in Art.  110 Abs.  3 Buchst. b) GEK, indem nunmehr sehr klar die im ursprünglichen Bin­ dungswillen der Parteien wurzelnden Vergleichsgrößen benannt werden, weil auf ein Missverhältnis zwischen den Erfüllungskosten und dem Leistungsinteresse des Käufers abgestellt wird.23 In der Konsequenz lassen sich auch die speziell für die Verantwortlichkeit in Bezug auf Leistungsstörungen aus der Sphäre Dritter befürworteten Lösungen realisieren. 24 Dass die Verfasser des DCFR entsprechenden Überlegungen aufgeschlossen gegenüberstanden, zeigt die Bedeutung, die der Möglichkeit zukommen soll, kos­ tengünstiger ein Deckungsgeschäft zu schließen. Zwar findet die Konstellation im Gegensatz zu Art.  9 :102 Abs.  2 Buchst. d) PECL keinen Niederschlag mehr im 20   Die in III.-3:301 DCFR und III.-3:302 DCFR sehr prominent vorgenommene Differen­ zierung zwischen Geld- und sonstigen Leistungspflichten erübrigt sich für den spezieller, an die einzelnen Rechte (Artt. 106 ff. GEK) und Pflichten (Artt. 123 ff. GEK) des Käufers anknüp­ fenden Verordnungsentwurf, bleibt aber der Sache nach in den Käufer (Art.  110 GEK) bzw. Ver­ käufer (Art.  132 GEK) zustehenden Erfüllungsansprüchen erhalten. 21   In Kommentar F zu III.-3:302 bei v.Bar/Clive (Hrsg.), Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law, Bd.  I, 2009, S.  831 heißt es, die Bestimmung beschränke sich nicht auf die Art von veränderten Umständen, wie sie von III.-1:110 erfasst werden. Das genann­ te Beispiel (Erfüllung nur mit Kosten in Höhe des 40 fachen Wertes der Kaufsache) ist freilich immer noch ein Extremfall. Generell für hohe Hürde im Rahmen von III.-3:302 Abs.  3 Buchst. b) DCFR, Schmidt-Kessel in: G.Wagner (Hrsg.), The Common Frame of Reference: A View from Law and Economics, 2009, S.  69, 77. 22   Zu diesen supra Kapitel 5 §  1 B. II. 1.; hierzu auch De Geest in: Larouche/Chirico (Hrsg.), Economic Analysis of the DCFR, 2010, S.  123, 126; i. E. auch Schweizer in: Larouche/Chirico (Hrsg.), Economic Analysis of the DCFR, 2010, S.  147, 154. 23   Zu den den Motiven der Expertengruppe für die vorgeschlagene Änderung, die den hier im Rahmen der Auseinandersetzung mit dem BGB vorgetragenen Gründen (supra Kapitel 5 §  1 B. II. 1. a) evident nahestehen, Synthesebericht der Kommission zum siebten Treffen am 18. und 19. November 2010, S.  1, http://ec.europa.eu/justice/contract/files/seventh-meeting_en.pdf. 24   Supra Kapitel 5 §  1 B. II. 1. e).

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Kapitel 6:  Arbeitsteilung und Verantwortlichkeit im europäischen Vertragsrecht

Normtext, sie wird aber als ein Unterfall des III.-3:302 Abs.  3 Buchst. b) DCFR begriffen, durch den die Naturalerfüllungspflicht bei marktgängigen Gütern im Einklang mit Effizienzdesideraten erheblich eingeschränkt wird.25 Gerade dieser Zusammenhang mit den im Rahmen des Art.  9 :102 Abs.  2 Buchst. d) PECL maß­ geblichen Vorstellungen wird durch die Neufassung der Regelung in Art.  110 Abs.  3 Buchst. b) GEK und die dafür leitenden Motive betont, mit der vor allem die Verwirklichung der mit den PECL verfolgten Regelungsziele sichergestellt werden sollte. 26

III.  Schadensersatz Im Hinblick auf den die Risikozuweisung im Übrigen bestimmenden Schadens­ ersatzanspruch nach III.-3:701 DCFR/Art.  159 GEK treten die allgemeinen, jeg­ lichen rechtsförmigen Zwang zur Sicherung des ursprünglichen Erfüllungsinter­ esses begrenzenden Einwendungen 27 und die Voraussetzungen einer richterlichen Vertragsanpassung oder -aufhebung28 in den Mittelpunkt des Interesses. 1.  Die Erfüllung ausschließende Hinderungsgründe III.-3:104 Abs.  1 DCFR/Art.  88 Abs.  1 GEK enthält eine Art.  79 CISG nachgebil­ dete Entlastungsregelung, 29 die die kurativen Rechtsbehelfe der Erfüllung und des Schadensersatzes ausschließt, dem Gläubiger aber die palliativen Möglichkeiten der Vertragsaufhebung, der Minderung und der Zurückbehaltung der eigenen Leistung grundsätzlich erhält, III.-3:101 Abs.  2 DCFR/Art.  106 Abs.  4 GEK. Durch die Regelung wird die Reichweite der Einstandspflicht für Dritte im Rah­ men der (eingeschränkten) Garantiehaftung implizit festgelegt. Die Bestimmung soll nach ihrem Wortlaut und im Hinblick auf III.-1:110 Abs.  2 DCFR/Art.  89 Abs.  2 GEK nur für die ordnungsgemäße Erfüllung30 ausschließende Leistungs­ hindernisse gelten 31 und dabei nach den Vorstellungen ihrer Verfasser nur nach-  25   v.Bar/Clive (Hrsg.), Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law, Bd.  I, 2009, S.  831, Illustration 4. Zu den Hintergründen des „Herabsinkens“, Schmidt-Kessel in: G.Wagner (Hrsg.), The Common Frame of Reference: A View from Law and Economics, 2009, S.  69, 78. 26   Vgl. Synthesebericht der Kommission zum siebten Treffen am 18. und 19. November 2010, S.  1, http://ec.europa.eu/justice/contract/files/seventh-meeting_en.pdf. 27   Infra 1. 28   Infra 2. 29   Zur Ökonomik derartiger, (auch) die Schadensersatzhaftung ausschließender Befreiungs­ tatbestände, z. B. R.Posner/Rosenfield, 6 J. Legal Stud. 83 (1977) (effiziente Risikoverteilung); Shavell, 11 Bell J. Econ. 466 (1980) (Verhinderung übermäßiger Vertrauensinvestitionen des Gläubigers); G.Wagner, 27 Loy. U. Chi. L. J. 55, 79 (1995) (ebenso). 30   Zum umfassenden Verständnis des leistungsstörungsrechtlichen Zentralbegriffs der Nichterfüllung, III.-1:102(3) DCFR/Art.  87(1) GEK. 31   v.Bar/Clive (Hrsg.), Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law,

§  2  Gemeinsamer Referenzrahmen

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trägliche Hinderungsgründe erfassen.32 Temporäre Leistungshindernisse begrün­ den grundsätzlich nur eine vorübergehende Entschuldigung, es sei denn sie füh­ ren zu einer wesentlichen Nichterfüllung, III.-3:104 Abs.  3 DCFR/Art.  88 Abs.  2 GEK. Die implizite Zuweisung des Personalrisikos erfolgt über die durch die ge­ nannten Vorschriften verteilte Leistungsgefahr. Es ist daher von untergeordneter Bedeutung, dass bei Vorliegen eines dauerhaften, die Leistung ausschließenden Hinderungsgrundes nach III.-3:104 Abs.  4 DCFR die synallagmatischen Ver­ pflichtungen erlöschen, wohingegen im GEK die Gegenleistungspflicht nur durch die Wahl entsprechender Rechtsbehelfe wie der Vertragsaufhebung (Artt. 114 Abs.  1, 87 Abs.  2 GEK) oder der Minderung (Art.  120 GEK) tangiert wird.33 Innerhalb des Anwendungsbereichs des III.-3:104 Abs.  1 DCFR/Art.  88 Abs.  1 GEK erfolgt die relevante Risikozuweisung vor allem über die Bestimmung des Einflussbereichs des Schuldners, da er nur befreit werden kann, wenn das Leis­ tungshindernis seine Ursache außerhalb desselben hatte.34 Anders als das UNKaufrecht, das in Art.  79 Abs.  2 CISG eine spezielle Regelung für Leistungshin­ dernisse aus der Sphäre Dritter trifft, bestimmen DCFR bzw. GEK die Verant­ wortlichkeit auch im Fall der Arbeitsteilung als Unterfall der Grundregel. Für seine eigenen Leute soll der Schuldner danach grundsätzlich ebenso haften, wie für den von ihm eingeschalteten, selbständigen Subunternehmer, es sei denn, des­ sen Tätigkeit befand sich ausnahmsweise außerhalb seines Einflussbereichs, z. B. weil der Subunternehmer eine Monopolstellung für die vorzunehmende Tätigkeit besaß. Kummulative Voraussetzung ist aber, dass auch der Subunternehmer den Eintritt des Leistungshindernisses nicht beeinflussen konnte. 35 Insgesamt deckt sich die auf diese Weise vorgenommene, generelle Zuweisung des Risikos eines Fehlverhaltens eigener Leute ebenso mit dem hier vertretenen Bd.  I, 2009, Comment C, S.  785. Vgl. auch den speziell für den Naturalerfüllungsanspruch nor­ mierten Unmöglichkeitseinwand in III.-3:302(3)(a) DCFR/Art.  110(3)(a) GEK. Zur relevanten Grenze der Schuldnerpflicht, Ackermann in: Wagner (Hrsg.), The Common Frame of Refe­ rence: A View from Law & Economics, 2009, S.  35, 43 f. 32   v.Bar/Clive (Hrsg.), Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law, Bd.  I, 2009, Comment B, S.  783. 33   Die Gründe für die Streichung der expliziten Anordnung des Erlöschens synallagma­ tischer Leistungspflichten bleiben dunkel. Die Expertengruppe hatte lediglich eine redaktio­ nelle Straffung der Bestimmung befürwortet, Vgl. Synthesebericht der Kommission zum achten Treffen am 20. und 21. Dezember 2010, S.  1, http://ec.europa.eu/justice/contract/files/eighthmeeting_en.pdf. Dementsprechend findet sich eine entsprechende Regelung auch noch in Art.  91(3) Machbarkeitsstudie. 34   Zum Kompromisscharakter der Bestimmung, die in die unkartierte Mitte zwischen Ga­ rantie- und Verschuldenshaftung fällt, U.Huber, ZEuP 2008, 708, 741; Ackermann in: Wagner (Hrsg.), The Common Frame of Reference: A View from Law & Economics, 2009, S.  35, 42; vgl. auch De Geest in: Larouche/Chirico (Hrsg.), Economic Analysis of the DCFR, 2010, S.  123, 126, 128. 35   v.Bar/Clive (Hrsg.), Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law, Bd.  I, 2009, Comment C, S.  784. Zu den ebenfalls äußerst restriktiv interpretierten Entlastungs­ möglichkeiten unter dem CISG, Schwenzer in: Schlechtriem/Schwenzer (Hrsg), Kommentar zum einheitlichen UN-Kaufrecht, 5.Aufl., 2008, Art.  79 Rdnr.  34 ff.

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Kapitel 6:  Arbeitsteilung und Verantwortlichkeit im europäischen Vertragsrecht

Gedanken einer Belastung des superior risk bearer wie die Verantwortlichkeit für die meisten der selbständigen Dritten. Die klare Benennung des maßgeblichen Kriteriums, die Risiken beherrschen und/oder -tragen zu können, III.-3:104 Abs.  1 DCFR/Art.  88 Abs.  1 GEK, bezeichnet den entscheidenden Gesichtspunkt in begrüßenswerter Klarheit und erlaubt es ohne Weiteres, die erforderliche Sphä­ renabgrenzung nach Maßgabe ökonomischer Determinanten vorzunehmen. Da­ neben kommt der Regelung des III.-3:104 Abs.  2 DCFR zur Vorhersehbarkeit des Leistungshindernisses bei Vertragsschluss, die durch die Expertengruppe in Art.  88 Abs.  1 GEK integriert wurde, insofern eigenständige Bedeutung zu, als sie den wichtigen Teilaspekt betrifft, unter welchen Voraussetzungen der Schuldner auch die Risiken unvermeidbarer Nichterfüllungen besser tragen kann. 2.  Leistungserschwernis Sofern das Verhalten eines Gehilfen für eine bloße Leistungserschwernis verant­ wortlich zeichnet, ergibt sich der Umfang der Einstandspflicht aus dem Zusam­ menspiel der grundsätzlich nach III.-3:302 Abs.  1, III.-3:307 Abs.  1 DCFR beste­ henden Garantiehaftung und dem richterlichen Anpassungsrecht in III.-1:110 Abs.  2 DCFR andererseits. Diese Regelungsstruktur übernimmt prinzipiell auch der Entwurf einer Kaufrechtsverordnung in Artt. 110 Abs.  1, 159 Abs.  1 GEK und Art.  89 GEK. Danach relevante Leistungserschwernisse führen nach Art.  89 Abs.  1 Satz 2 GEK jedoch primär zu einer Nachverhandlungspflicht, die bei Fruchtlosigkeit aber in eine subsidiäre Befugnis des Richters münden können, den Vertrag anzupassen, Art.  89 Abs.  2 GEK.36 Auch DCFR und GEK verteilen also die Bewältigung des nicht-antizipierten Fehlschlagens des ursprünglichen Erfüllungsplans auf unterschiedliche Bestim­ mungen.37 Im Ergebnis endet die Versprechensbindung des Schuldners, wenn sie nicht von den Parteien im Rahmen (erzwungener) Nachverhandlungen aufgeho­ ben wird, am Moderationsrecht des Richters: dieser kann die Haftung modifizie­ ren oder aufheben. Hierdurch wird implizit auch der Verantwortungsbereich des Schuldners für Hilfspersonen abgegrenzt, wenn das Gehilfenverhalten die als Aufgreifkriterium fungierende, außergewöhnliche Leistungserschwernis herbei­ führt. So z. B. wenn der Angestellte die gelagerten Werkstoffe zerstört und Nach­ schub nur zu unverhältnismäßigen Kosten zu beschaffen wäre oder wenn der mit dem Gütertransport beauftragte Spediteur bei seiner Routenplanung bevorste­ hende Straßenblockaden nicht berücksichtigt und deshalb mit der Lieferung ste­ 36   Zur diesbezüglichen Diskussion der Expertengruppe, Synthesebericht der Kommission zum fünften Treffen am 30. September und 1. Oktober 2010, S.  3, http://ec.europa.eu/justice/ contract/files/fifth-meeting_en.pdf. 37   Die Verfasser des DCFR sehen aber klar, dass es sich bei den Tatbeständen der Unmöglich­ keit und der Leistungserschwernis um Fallgestaltungen handelt, die letztlich innerhalb eines Kontinuums der Auswirkungen nicht antizipierter, der Erfüllung entgegenstehender Umstände handelt, v.Bar/Clive (Hrsg.), Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law, Bd.  I, 2009, Comment A, S.  711 („sometimes a very fine line“).

§  2  Gemeinsamer Referenzrahmen

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cken bleibt und der Schuldner eine weitere Lieferung nur mit prohibitivem Kos­ tenaufwand organisieren könnte. Die sehr vage formulierten Voraussetzungen eines exceptional change in circumstances, der es manifestly unjust (III.-1:110 Abs.  2 DCFR) bzw. excessively onerous (Art.  89 Abs.  1 Satz 2 GEK) erscheinen ließe, den Schuldner an sein Ver­ sprechen zu binden, lässt ersichtlich Raum für vielfältige Konkretisierungsver­ suche. Die in diesem Kontext sehr viel stärker zu allgemeinen Billigkeitserwä­ gungen einladende Formulierung des DCFR wurde von der Expertengruppe durch die bewusste Rückkehr zur Tatbestandsfassung der PECL ersetzt.38 Im Kontext vertraglicher Austauschbeziehung lässt sich daraus ableiten, dass die auf eine paretosuperiore Befriedigung der Bedürfnisse der Parteien gerichteten Ver­ tragsziele im Zentrum stehen und gerade deren Verfehlung durch die nicht inten­ dierte, einseitige Belastung einer Seite das Aufgreifkriterium der einschlägigen Bestimmung bilden soll. In diesem Sinne gehen auch die Verfasser des DCFR davon aus, dass die Be­ stimmung krasse Störungen des Äquivalenzverhältnisses erfasst, die entweder auf einer Steigerung der Erfüllungskosten oder einem Wertverfall der Gegenleistung beruhen können.39 Dabei lässt sich die Regelung des III.-1:110 Abs.  3 Buchst. b), Buchst. c) DCFR – ebenso wie diejenige des inhaltsgleichen Art.  89 Abs.  3 Buchst. b), Buchst. c) GEK – im Lichte der Erläuterungen40 durchaus dahin verstehen, dass die von den Parteien selbst bei Vertragsschluss intendierte Risikoverteilung gestört sein muss. Dementsprechend erscheint es legitim, III.-1:110(2) DCFR/ Art.  89 Abs.  1 Satz 2, Abs.  2 GEK als Instrument zur Ergänzung der lückenhaften Parteiabrede zu begreifen. Dies erlaubt, mit Hilfe einer am hypothetischen Bin­ dungswillen der Parteien orientierten Methode die von den Beteiligten verfolgten Effizienzziele auch im Hinblick auf die Verteilung der Risiken der Arbeitsteilung zu verwirklichen. 41

38   Synthesebericht der Kommission zum fünften Treffen am 30. September und 1. Oktober 2010, S.  3, http://ec.europa.eu/justice/contract/files/fifth-meeting_en.pdf. 39   v.Bar/Clive (Hrsg.), Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law, Bd.  I, 2009, Comment D, S.  713. 40   v.Bar/Clive (Hrsg.), Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law, Bd.  I, 2009, Comment D, S.  714 f. stellen deutlich darauf ab, ob die Risiken für den Schuldner kontrollierbar waren oder er über den besseren Möglichkeiten zur Risikotragung verfügte; wie hier De Geest in: Larouche/Chirico (Hrsg.), Economic Analysis of the DCFR, 2010, S.  123, 128, 130. 41   Für die Geschäftsgrundlagenlehre im Sinne des §  313 BGB schon supra Kapitel 5 §  1 B. III. 2. b).

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Kapitel 6:  Arbeitsteilung und Verantwortlichkeit im europäischen Vertragsrecht

B.  Informationsverantwortung I.  (Vorvertragliche) Aufklärungspflichten Vor dem Hintergrund der vielfältigen Streitfragen um die Grundkonzeption und Konkretisierung der weitgehend ungeschriebenen, vorvertraglichen Informati­ onspflichten erscheint es als Fortschritt, dass der DCFR auf der Grundlage der Acquis Principles im dritten Abschnitt des zweiten Buchs den Versuch unter­ nimmt, eine kodifikatorische Grundlage für eben diese Pflichten zu schaffen und dieser Ansatz in den Artt. 13 ff. GEK fortgeführt wird. Sowohl der Grundtatbe­ stand des II.-3:101(1) DCFR, als auch die Regelung der gesteigerten Pflichten ge­ genüber Verbrauchern, II.-3:102 DCFR,42 sowie schließlich die Statuierung noch­ mals angespannter Obligationen bei Bestehen besonderer Informationsnachteile des Konsumenten, II.-3:103 DCFR, zeigen sich allerdings gespickt mit unbe­ stimmten Rechtsbegriffen. Dies gilt auch für die Blankettnorm des Art.  23 Abs.  1 GEK über die Informationspflichten im unternehmerischen Verkehr. Die insbe­ sondere im Hinblick auf die Vertragskonditionen weitaus detaillierteren Rege­ lungen zu den Informationspflichten des Unternehmers gegenüber Verbrauchern im Fernabsatz und Haustürsituation, Art.  13 GEK, bzw. im Rahmen sonstiger Kaufverträge, Art.  20 GEK, verlassen sich an entscheidenden Stellen ebenfalls auf Tatbestandsmerkmale, die einer kontextabhängigen Konkretisierung bedürfen: Dies gilt z. B. für die warenbezogenen Aufklärungspflichten, die sich auf sämt­ liche „wesentlichen Merkmale“ erstrecken, in einer „dem Kommunikationsmedi­ um und die Waren .  .  . angemessenen Umfang“ erfolgen soll und die entfallen, wenn sich die „Informationen bereits aus den Umständen ergeben“, Art.  20 Abs.  1 Buchst. a), Art.  13 Abs.  1 Buchst. a) GEK. Dies gereicht weniger dem Normgeber zur Kritik, sondern ist letztlich sachna­ türliche Konsequenz der Vielgestaltigkeit privater Austauschbeziehungen. In der Folge kann die Rechtsfindung im Einzelfall durch die gelegten Gesetzesanker nicht nennenswert entlastet werden, sondern muss sich nach wie vor der überpo­ sitiven Grundlagen der Pflichtenkonkretisierung versichern und diese im Einzel­ fall entfalten. Die im Rahmen der Auseinandersetzung mit dem nationalen Recht entwickelten Abwägungsgesichtspunkte sind insoweit verwertbar und erlauben daher auch die beschriebenen Adaptionen der Pflichtenstandards im Hinblick auf die Informationsverantwortlichkeit bei arbeitsteiliger Vertragsanbahnung.43 Da­ bei erfährt der immer wieder in den Mittelpunkt gerückte Gedanke des kompara­ tiven Vorteils beim Informationszugang durch die explizit auf strukturelle Infor­

42   Zu den Gründen für die Streichung der Bestimmung durch die Expertengruppe, Synthese­ bericht der Kommission zum vierten Treffen am 1./2. September 2010, S.  3, http://ec.europa. eu/justice/contract/files/fourth-meeting_en.pdf. S.  3. 43   Supra Kapitel 5 §  2 C. II. 1.

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mationsgefälle abstellenden Regelung des II.-3:103 DCFR eine positive Bestäti­ gung.44

II.  Informationserzwingende Widerrufsrechte Ähnliches lässt sich konstatieren, soweit der DCFR auf Widerrufsrechte zurück­ greift, um die Voraussetzungen valider privatautonomer Selbstbindung sicher zu stellen. Der im Hinblick auf die Risikozuweisung im Fall der Arbeitsteilung zen­ trale Tatbestand der verbundenen Verträge begegnet dabei in II.-5:106(2) DCFR.45 Die dort genannten Voraussetzungen, dass sich der Darlehensgeber des Unterneh­ mers zur Anbahnung des Kredits bedient (II.-5:106(2)(b) DCFR), dass eine wirt­ schaftliche Verbindung zwischen Bargeschäft und Darlehen besteht, II.-5:106(2) (d) DCFR, greifen vielfältige, gerade auch im Richtlinienrecht vorgezeichnete Ge­ sichtspunkte auf, die im Hinblick auf eine effiziente Risikozuweisung im Rahmen des §  358 Abs.  3 BGB untersucht wurden. 46 Dabei ist die Regelung des II.5:106(2)(c) DCFR erfreulicherweise enger gefasst, als die Definition des Art.  3 n) ii) VerbrKr-RL und der auf sie zurückgehenden Umsetzung in §  359a BGB.

C.  Integritätsinteresse Die Sicherung des Integritätsinteresses erfolgt auf der Basis der Grundnorm des VI.-1:101(1) DCFR,47 die im Hinblick auf die Verantwortlichkeit für Dritte ihre erforderliche Ergänzung in VI.-3:201 DCFR erfährt.48 Letztere Bestimmung führt in Abs.  1 zu einer von eigenem Verschulden des Geschäftsherrn unabhän­ gigen Zurechnung des schädigenden Verhaltens von Arbeitnehmern und „ähnlich beschäftigten“ Personen. Die Vorstellung der Verfasser richtet sich dabei auf Be­ 44   Die Expertengruppe hatte sich dafür ausgesprochen, die Bestimmung auf Fernabsatz- und ggf. Haustürgeschäfte zu beschränken, Synthesebericht der Kommission zum vierten Treffen am 1./2. September 2010, S.  3, http://ec.europa.eu/justice/contract/files/fourth-meeting_en. pdf. S.  4. Im GEK wird der teleologische Kern primär über die detailliert kodifizierten Aufklä­ rungspflichten des Fernabsatz- bzw. Haustürverkäufers, Artt. 13 ff. GEK, umgesetzt. 45   Nach der eindeutigen Begrenzung des Anwendungsbereichs in Art.  6 Abs.  2 GEK-VO gilt das GEK nicht für Verbraucherkreditverträge zur Finanzierung des Kaufs. Die Regelung der akzessorischen Verträge in Art.  46 GEK erfasst dann auch nur Konstellationen, in denen der Verbraucher im Fernabsatz oder in einer Haustürsituation zusätzlich zum eigentlichen Ver­ tragsgegenstand Waren etc. erwirbt, die von einem Dritten auf der Grundlage einer Vereinba­ rung mit dem Unternehmer geliefert werden, Art.  46 Abs.  1 S.  2 GEK. Ebenso Art.  2 Abs.  15 VerbrR-RL. 46   Supra Kapitel 5 §  2 D. II. 2. 47   Die auf die Nichterfüllung der Leistungspflichten beschränkte Regelung des GEK klam­ mert die hier interessierenden Aspekt aus, vgl. insbesondere §  159 Abs.  1, 87 Abs.  1 GEK. 48   Zur Ökonomik der Regelung entsprechend dem supra Kapitel 4 §  1 Gesagten auch G.Wagner in: G.Wagner (Hrsg.), The Common Frame of Reference: A View from Law & Economics, 2009, S.  225, 250 f.

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ziehungen, die durch eine Weisungsabhängigkeit des Beschäftigten gekennzeich­ net ist.49 Dabei sollen allerdings – wie im französischen Recht 50 – auch Angehörige freier Berufe und auf der Grundlage von Dienstverträgen beschäftigte Personen erfasst sein, wie z. B. der mit einem konkreten Auftrag betraute Rechtsanwalt, der Chefarzt in der Klinik.51 Selbst unter Berücksichtigung der aus VI.-3:201(2) DCFR abzuleitenden Organhaftung schöpft die Regelung damit erkennbar den Kreis der Personen nicht aus, für die eine Einstandspflicht unter Effizienzgesichtspunkten gerechtfertigt werden könnte.52 Für wichtige Teilbereiche kann die Produkthaftung in VI.-3:204 DCFR die Defizite lindern. Im Übrigen lässt sich allenfalls vermuten, dass es auch unter der personell engen Haftungszurechnung des VI.-3:201(1) DCFR zu ausweitenden Tendenzen kommen würde, wie sie in vielen Rechtsordnungen mit unzulänglichen Einstandspflichten für das schädi­ gende Verhalten Dritter zu beobachten sind.53

49   v.Bar/Clive (Hrsg.), Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law, Bd.  I V, 2009, Comment B, S.  3455. 50   Supra Kapitel 3 §  2 B. I. 2 und supra Kapitel 3 §  2 B. II. 2. 51   v.Bar/Clive (Hrsg.), Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law, Bd.  I V, 2009, Comment B, S.  3456. 52   Der Hintergrund liegt in den weitaus vielfältigeren Möglichkeiten effizienter Risiko­ kontrolle, supra Kapitel 4 §  1. 53   Supra Kapitel 3 §  1 C. II und Kapitel 3 §  2 A. II. 2.

Kapitel 7

Zusammenfassung der Ergebnisse §  1  Grundlagen 1. Die Herausforderungen, die von einer ausdifferenzierten, arbeitsteiligen Pro­ duktions- und Absatzorganisation in einer hochentwickelten Volkswirtschaft für das Vertragsrecht ausgehen, sind in der deutschen Rechtsordnung nicht vollstän­ dig bewältigt. Dies zeigt sich sowohl am Fehlen operationalisierbarer normativer Grundlagen der Verantwortlichkeit für Hilfspersonen als auch an der aus diesem Defizit erwachsenden Unvorhersehbarkeit der Kasuistik. 2. Die Folgen, die von der Verantwortlichkeitsordnung des Rechts für die Un­ ternehmensorganisation ausgehen, werden in Rechtsprechung und Literatur zwar gesehen und teilweise instrumentalisiert, allerdings ohne in einem konsistent durchgehaltenen, steuerungstheoretischen Konzept eingebettet zu sein. 3. Die europäische Rechtsvereinheitlichung, die mit schnellen Schritten auf ein gemeineuropäisches Vertragsrecht zuzusteuern scheint, begründet schon für sich ein Bedürfnis nach einer Versicherung über die Wertungsgrundlagen der in Rede stehenden Einstandspflichten, die in den tradierten Rechtsordnungen durch zum Teil dogmatisch höchst divergente Institute bestimmt wird. 4. Die Berücksichtigung der gesellschaftlichen Folgen der durch Interpretation konkretisierten Rechtsnormen ist Aufgabe der praktischen Rechtswissenschaft, die zu diesem Zweck auch im Rahmen der Auslegung sozialwissenschaftliche Verhaltensmodelle integrieren sollte. 5. In normativer Hinsicht sind die Effizienzziele der Wohlfahrtsökonomik mit den Zwecken schuldrechtlicher Regulierung weitgehend kompatibel. Dies gilt insbesondere für das Leistungsstörungsrecht, das sich als eine Institution zur Si­ cherung des Vertragskompromisses gegen ex post-Opportunismus verstehen lässt. Auf dieser Grundlage können die einschlägigen Rechtsinstitute an den Bindungs­ willen der Parteien rückgekoppelt werden, der auf eine Effizienzsteigerung in Form der Erzielung eines Kooperationsgewinns gerichtet ist. Die ökonomische Modellbildung dient somit primär der Bestimmung des (hypothetischen) Partei­ willens, weshalb sie sowohl auf einem funktionalen als auch auf einem rechtse­ thischen Fundament der Versprechensbindung als maßgeblich betrachtet werden   Kapitel 1 §  1 A. I. (S.  3 ff.).   Kapitel 1 §  1 A. II. (S.  8 ff.).    Kapitel 1 §  1 B. (S.  12 ff.).    Kapitel 1 §  2 A. I. (S.  33 ff.).  

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kann. Die von den Beteiligten verfolgten, allokativen Ziele rechtfertigen es darü­ ber hinaus, das rechtliche Regime der (vorvertraglichen) Informationsverantwor­ tung aus den Einsichten der Ökonomik zu entwickeln.  Schließlich lassen sich Effizienzüberlegungen auch im Hinblick auf die Sicherung des Integritätsinteres­ ses der Vertragsparteien wertungskonsistent fruchtbar machen, indem sie als Leitstern der unverzichtbaren Ergänzung des schadensersatzrechtlichen Kom­ pensationsgedankens durch objektive Kriterien der Schadenszurechnung die­ nen. 6. Die in der deskriptiven Ökonomik geleistete Beschreibung regelungsbe­ dürftiger Fragen, die von dogmatisch-konstruktiven Idiosynkrasien nationaler Rechtsordnungen gelöst ist, erlaubt der Rechtsvergleichung eine überpositive De­ finition der zu untersuchenden Funktionen des Rechts und schärft den Blick, um latente Folgen einzelner Institute aufzudecken.  Gleichzeitig kann das Effizienz­ kriterium aus den bereits für die nationale Rechtsordnung benannten Gründen als normativer Bewertungsmaßstab der Komparatistik dienen. Umgekehrt berei­ chern die rechtsvergleichend gefundenen, historisch gewachsenen Normbestände der nationalen Rechtsordnungen die ökonomische Theoriebildung, wenn sie als stabile institutionelle Arrangements unter realen Bedingungen verstanden und mit den modellierten Desideraten abgeglichen werden.10

§  2  Entwicklungsstränge der Verantwortlichkeit für Erfüllungsgehilfen 1. In der Zusammenschau lässt sich die einschlägige Kasuistik des klassischen rö­ mischen Rechts als ebenso pragmatische wie differenzierte Verteilung der Risiken aus dem Einsatz (freier und unfreier) Hilfspersonen begreifen. In den überliefer­ ten Konstellationen ist der potentiell Haftende bei abstrakter Betrachtung mit einer komparativ überlegenen Möglichkeit ausgestattet, die Gefahren aus dem Gehilfeneinsatz zu steuern.11 Aus dem Gesichtspunkt der überlegenen Beherrsch­ barkeit des jeweiligen Risikos erklären sich die zentralen Differenzierungen der Quellen im Hinblick auf den Kreis der Personen, deren Verhalten potentiell Ver­ antwortlichkeiten begründete, die insoweit maßgeblichen Handlungen sowie die Passivlegitimation.12 Im Ergebnis erweist sich auch die im Ausgangspunkt funda­ mentale dogmatische Trennung der Fälle einer strikten Zurechnung von Gehil­ fenfehlern einerseits, von denjenigen einer Verantwortlichkeit nur für eigenes   Kapitel 1 §  2 A. II. 1. a) (S.  4 4 ff.).   Kapitel 1 §  2 A. II. 1. c), (S.  60 f.).    Kapitel 1 §  2 A. II. 1. b), (S.  52 ff.).    Kapitel 1 §  2 B. I., (S.  68 ff.).    Kapitel 1 §  2 B. II., (S.  69 f.). 10   Kapitel 1 §  2 B. III., (S.  71 ff.). 11   Kapitel 2 §  1 B. (S.  8 0 ff.); C I, II 2 c), III 1, 2, 4 (S.  83 ff., 90 f., 91, 93 ff, 95); D (S.  96 ff.);  E I, II (S.  98, 101 ff.). 12   Ibid.  

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Verschulden andererseits, als weniger gravierend. Maßgeblich ist insoweit, dass häufig nicht der konkrete Nachweis eines Auswahl- oder Überwachungsver­ schuldens gefordert war, sondern vielmehr eine weit in das Vorfeld des eigent­ lichen Gehilfeneinsatzes verlagerte culpa in habendo als ausreichend betrachtet wurde.13 2. Demgegenüber erscheint die strikte Einstandspflicht für Gehilfenfehler in solchen Systemen des Leistungsstörungs- und Haftungsrechts, die von einem moraltheologisch oder ethisch fundierten Verschuldensprinzip dominiert sind, als häufig nicht offen zu rechtfertigende Anomalie, ohne die aber aus praktischer Notwendigkeit zum Teil nicht auszukommen war. Dieser Befund zeigt sich ins­ besondere unter dem christlichen Einfluss bei den Kanonisten und Legisten14 so­ wie im Usus modernus und im Humanismus,15 aber auch in der säkularen Natur­ rechtslehre16 und der frühen Pandektistik.17 3. Den Kontrast hierzu bilden Regime, die Zurechnungsgründe jenseits indivi­ dueller Schuld akzeptieren. Diese gelangen organisch zu einem Kontinuum der Schadensverteilung entlang objektiv bestimmter Verantwortungsbereiche, die aus heutiger Perspektive anhand zweckrationaler Kriterien abgegrenzt werden kön­ nen. Als historische Illustrationen sind neben dem klassischen römischen Recht insbesondere die Reformgesetze des 19. Jahrhunderts18 zu nennen. 4. Sowohl die Entwicklung in der Pandektenwissenschaft als auch diejenige in Gesetzgebung und Rechtsprechung zeigen, dass die Aufgabe des Haftungsrechts verstärkt in einer adäquaten Risikozuweisung gesehen wurde, die unter den so­ zio-ökonomischen Realitäten einer industrialisierten Gesellschaft mit einem rechtsethisch aufgeladenen Verschuldenskriterium allein nicht zu bewältigen war.19

§  3  Rechtfertigung der Einstandspflicht für Hilfspersonen in der Jurisprudenz 1. Im Hinblick auf die Vielgestaltigkeit des Inhalts und der Teleologie schuldrecht­ licher Pflichten können in der deutschen Dogmatik unternommene Versuche nicht überzeugen, die Verantwortlichkeit für Gehilfenfehler gemäß §  278 BGB aus einem einheitlichen Prinzip zu erklären. Pluralistische Erklärungsmodelle sind schon allein deshalb unabdingbar, weil allgemein die Anwendbarkeit des Zu­ rechnungstatbestands sowohl auf die privatautonom begründeten, vertraglichen   Insbesondere Kapitel 2 §  1 C. III. 1, 2 (S.  91 ff., 93 f.) jeweils a. E.   Kapitel 2 §  2 (S.  104 ff.). 15   Kapitel 2 §  3 (S.  109 ff.). 16   Kapitel 2 §  4 B, C. (S.  115 f., 117 ff.) 17   Kapitel 2 §  5 B (S.  123 ff.). 18   Kapitel 2 §  5 C (S.  126 ff.). 19   Kapitel 2 §  5 D (S.  128 ff.). 13 14

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Leistungspflichten als auch die heteronomen Schutz- und Sorgfaltspflichten be­ fürwortet wird. 20 2. Rechtsgeschäftliche Erklärungsversuche, die §  278 BGB in einem Erfolgsver­ sprechen des Schuldners oder dessen Garantie für das ordnungsgemäße Verhalten von Hilfspersonen zu fundieren suchen, benennen mit ihrem Rekurs auf den Ver­ pflichtungswillen der Vertragschließenden einen relevanten Gesichtspunkt für die Gehilfenverantwortlichkeit, überdehnen aber dessen konkreten Gehalt.21 3. Der in der deutschen Debatte wirkmächtige Risiko-Nutznießungsgedanke überzeugt nicht, weil die Arbeitsteilung keiner einseitigen Interessenverfolgung dient. Sie führt zu Produktivitätssteigerungen und Kostenverringerungen, die so­ wohl der Angebots- als auch der Nachfrageseite zugutekommen. Eine unilaterale Risikozuweisung auf entsprechender Grundlage ist daher schon bei Einschaltung von Hilfspersonen in die Erfüllung von Leistungspflichten nicht gerechtfertigt. Sie erweist sich erst recht dort nicht als tragfähig, wo es um die Verletzung von Schutz- und Sorgfaltspflichten in arbeitsteiligen Produktions- und Absatzprozes­ sen geht. 22 4. Die Auseinandersetzung mit der materiellen Rechtfertigung der Einstands­ pflicht für Gehilfenfehler in der deutschsprachigen, juristischen Literatur legt eine Fortentwicklung des Verständnisses des §  278 BGB in Richtung auf eine wer­ tende Bestimmung der Verantwortungsbereiche der Beteiligten nahe, bei der die Ziele der potentiell verletzten Schuldnerpflicht ins Zentrum der Risikoverteilung rücken.23 5. Dieser Befund wird durch eine kritische Auseinandersetzung mit den mate­ riellen Zurechnungsgrundlagen der Organhaftung nach §  31 BGB und den Fun­ damenten der Haftung für Auswahl-, Ausrichtungs- und Überwachungsver­ schulden beim Einsatz von Verrichtungsgehilfen gemäß §  831 BGB bestätigt.24 6. Das common law versucht bei der Bestimmung der Reichweite der vertrag­ lichen Garantiehaftung des Versprechenden die Grenzen des rechtsförmigen Er­ füllungszwangs auch im Hinblick auf Vertragsvereitelungen durch Hilfspersonen am Bindungswillen und den Vertragszielen der Parteien zu orientieren. Darin kommt die Intention zum Ausdruck, die nicht-antizipierten Risiken des Eintritts von Leistungsstörungen flexibel entlang der vertraglich vorgezeichneten Zuord­ nung zu verteilen. 25 7. Zur Rechtfertigung der common law-Doktrin der vicarious liability, die zu einer Einstandspflicht für Dritte außerhalb vertraglicher Beziehungen führt, wird zum Teil auf den hier als unzulänglich betrachteten Risiko-Nutznießung rekur­

  Kapitel 3 §  1 A. I. (S.  134 ff.).   Kapitel 3 §  1 A. II. (S.  138 ff.). 22   Kapitel 3 §  1 A. III. (S.  143 ff.). 23   Kapitel 3 §  1 A. V. (S.  149 ff.). 24   Kapitel 3 §  1 B. II., C. (S.  155 ff., 160 ff.). 25   Kapitel 3 §  2 A. I. (S.  167 ff.). 20 21

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riert. 26 Mit der Betonung des Anliegens, die Kompensation der Geschädigten si­ chern zu wollen, wird an eine typisierte Vermögensausstattung der Beteiligen angeknüpft, die weder normativ überzeugen kann, noch der komplexen Empirie hochentwickelter Wirtschaftsordnungen entspricht. 27 Sie benennt aber ebenso wie der als Ergebnisbeschreibung anzusehende Gedanke der Schadensstreuung oder Legitimationsversuche im Rahmen der Produkthaftung wichtige Aspekte, die allerdings erst im Rahmen einer funktional-ökonomischen Analyse hinrei­ chend klare Konturen erhalten. 28 Demgegenüber bietet die als dogmatischer Trick anzusehende Ausweitung der Auswahlpflichten ebenso wenig eine sachliche Grundlage der Verantwortlichkeit wie die Behauptung nicht delegierbarer Scha­ densvermeidungspflichten.29 8. Im französischen Vertragsrecht wird die Einstandspflicht für Dritte vor allem durch die Einteilung in unterschiedliche Obligationstypen vorgezeichnet, die zentral auf dem Willen des Versprechenden beruht, entweder den Erfüllungs­ erfolg unbedingt herbeizuführen oder sich um diesen nur zu bemühen. Während das Erfolgsversprechen im Sinne der obligation de résultat zu einer unbedingten Leutehaftung führt,30 beruht diese bei der obligation de moyen auf einer Verschul­ denszurechnung, die materiell überwiegend mit dem hier als nicht hinreichend angesehenen Risiko-Nutznießungsgedanken gerechtfertigt wird.31 9. Auch zur Legitimation der in vertraglichen Beziehungen nach der règle du non comul weithin ohne Anwendungsbereich bleibenden, deliktischen Haftung für Verrichtungsgehilfen werden keine über das Diskutierte hinausgehenden Ge­ sichtspunkte eingeführt.32 Solche werden schließlich auch nicht in der Debatte um die Produzentenhaftung und die damit im Zusammenhang stehende, gewährleis­ tungsrechtliche action directe vorgetragen.33 10. Der rechtsvergleichende Überblick zeigt, dass in den untersuchten Jurisdik­ tionen Rechtswissenschaft und -praxis materielle Kriterien zur Rechtfertigung der Einstandspflicht für Gehilfenfehler benennen, die zum Teil den in der deut­ schen Dogmatik verwendeten Argumentationssträngen vergleichbar sind. Hier wie dort bleibt die Relativität und Ergänzungsbedürftigkeit der originär juristi­ schen Erklärungsansätze zu konstatieren.34

  Kapitel 3 §  2 A. II. 1. b) (1) (S.  175 f.).   Kapitel 3 §  2 A. II. 1. b) (2) (S.  176 f.). 28   Kapitel 3 §  2 A. II. 1. b) (3), 2. b). (S.  178 f., 184 ff.). 29   Kapitel 3 §  2 A. II. 2. a) (S.  179 ff.). 30   Kapitel 3 §  2 B. I. 1. (S.  188 ff.). 31   Kapitel 3 §  2 B. I. 2. (S.  191 ff.). 32   Kapitel 3 §  2 B. II. 2. (S.  194 ff.). 33   Kapitel 3 §  2 B. II. 3. (S.  196 f.). 34   Kapitel 3 §  2 C. (S.  197). 26 27

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Kapitel 7:  Zusammenfassung der Ergebnisse

§  4  Ökonomik der Einstandspflicht für Hilfspersonen 1. In der vor allem das U. S.-amerikanische Recht untersuchenden, ökonomischen Analyse des Rechts wird die Verantwortlichkeit für Drittverhalten als selbstän­ diges Institut nur für die deliktische Haftung diskutiert (vicarious liability). In der Debatte wird auf der Grundlage der Agenturtheorie die notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung der Haftungserstreckung in der weit verstandenen Einwirkungsmöglichkeit des Hintermanns auf das Verhalten des Handelnden ge­ sehen.35 Hinzutreten müssen aber noch weitere Bedingungen, die insbesondere in der aus unterschiedlichen Gründen in Betracht kommenden, überlegenen Mög­ lichkeit des Hintermanns liegen können, das relevante Schadensrisiko zu mini­ mieren.36 Denkbar ist auch eine Verantwortlichkeit als Reaktion auf unzuläng­ liche Verhaltensanreize des Handelnden bei in seiner Person akuten Vermögens­ restriktionen, 37 oder um unterschiedlichen Risikopräferenz der Betroffenen ge­ recht zu werden.38 2. Insgesamt zeigt sich die Akzessorietät der in der ökonomischen Analyse be­ nannten, materiellen Kriterien zur Rechtfertigung der Einstandspflicht für Dritte zu den allgemeinen Zielen einer konsequentialistischen, auf effiziente Sicherung des Integritätsinteresses ausgerichteten Betrachtung des Haftungsrechts. Dies be­ deutet, dass die weitgehend nicht als selbständiges Problem untersuchte Verant­ wortlichkeit im vertraglichen Kontext aus den allgemeinen Funktionen entwi­ ckelt werden muss, die dem Vertragsrecht aus der Sicht der Ökonomik zu­ kommt.39 3. Vertragsrecht dient primär dazu, Kooperation jenseits individueller Vertrau­ ensbeziehungen zu ermöglichen und abzusichern, in dem es den allokativen Zie­ len der Parteien entsprechende Verhaltensanreize setzt und die bestehenden Ri­ siken eines Scheiterns des intendierten Austauschs adäquat verteilt.40 Darüber hinaus hat das Vertragsrecht für eine angemessene Offenlegung der transaktions­ relevanten Informationen zu sorgen.41 Vertragsrecht unterstützt weiterhin private Austauschbeziehungen, in dem die Transaktionskosten einer Güterallokation durch dezentrale Entscheidungen gesenkt werden. Das dispositive Recht dient der Füllung von Lücken in der notwendig und rational unvollständigen Parteiverein­ barung. Sein Inhalt ist daher grundsätzlich anhand des heuristischen Maßstabs eines hypothetischen, vollständigen Vertrags zu bestimmen, den rationale Par­ teien ohne Transaktionskosten geschlossen hätten; es imitiert insofern eine Marktlösung.42 Schließlich hat Vertragsrecht die Möglichkeit einer außerrecht­   Kapitel 4 §  1 A. II. (S.  202 ff.).   Kapitel 4 §  1 B. I. (S.  205 ff.). 37   Kapitel 4 §  1 B. II. (S.  208 ff.). 38   Kapitel 4 §  1 B. III. (S.  211 ff.). 39   Kapitel 4 §  1 C. (S.  214 ff.). 40   Kapitel 4 §  2 B. I. (S.  222 ff.). 41   Kapitel 4 §  2 B. II. (S.  229 ff.). 42   Kapitel 4 §  2 B. III. (S.  232 ff.). 35

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lichen Kooperationssicherung zu berücksichtigen und, wo möglich, zu stimulie­ ren.43 3. In diesem Kontext dienen die Rechtsbehelfe des Leistungsstörungsrechts dazu, adäquate Verhaltensanreize für die Vertragsparteien vor und nach Eintritt des Hindernisses zu setzen und die diesbezüglichen Risiken präferenzgerecht zu verteilen.44 4. Auf Seiten des Schuldners geht es zunächst darum, diesen bei Fehlschlagen des ursprünglich intendierten Leistungsprogramms zur anderweitigen Erfüllung anzuhalten, solange das bei Vertragsschluss erkennbare Interesse des Gläubigers am Erhalt der Leistung die zu seiner Befriedigung aufzuwenden Kosten nicht unterschreitet.45 Bei der Bestimmung des leistungsstörungsrechtlich induzierten Erfüllungszwangs sind insbesondere auch die Kosten und Unsicherheiten ge­ richtlicher Rechtsdurchsetzung zu berücksichtigen.46 Durch das Leistungsstö­ rungsrecht sind zudem die Investitionsanreize des Schuldners zutreffend zu set­ zen, damit dieser vor Auftreten des Leistungshindernisses Vorsorgemaßnahmen trifft, deren Grenznutzen in Form eines reduzierten Störungsrisikos höher ist, als ihre Grenzkosten.47 5. Die wiederum unter Berücksichtigung einer eventuell nötigen, gerichtlichen Geltendmachung von Rechtsbehelfen zu betrachtenden Anreize des Gläubigers, Investitionen zu tätigen, die den Wert der Leistung bei Erhalt erhöhen, müssen zwar grundsätzlich leistungsstörungsrechtlichen Schutz erfahren. Sie dürfen aber auch nicht in einer Weise gewährleistet werden, die dazu führt, dass der Gläubiger die erkennbare Möglichkeit des Scheiterns der Transaktion nicht mehr berück­ sichtigt.48 Er muss insbesondere dazu angehalten bleiben, die ihm möglichen Maßnahmen einer effizienten Minimierung des Nichterfüllungsschadens ex ante49 und ex post50 zu ergreifen. 6. Heterogenen Risikopräferenzen der Parteien ist durch eine optionale Ausge­ staltung der leistungsstörungsrechtlichen Sicherung Rechnung zu tragen. Die präferenzadäquate Risikozuweisung kann gleichwohl mit der effiziente Anreiz­ struktur des Leistungsstörungsrechts in Konflikt treten.51 7. Die Verantwortlichkeit für Dritte ist auf der Grundlage der ökonomischen Analyse des Leistungsstörungsrechts so zu bestimmen, dass das Fehlverhalten eines Gehilfen nicht zur Lösung vom Leistungsversprechen berechtigt, solange die weitere Durchführung der Transaktion voraussichtlich zu einer effizienteren

  Kapitel 4 §  2 B. IV. (S.  239 ff.).   Kapitel 4 §  3 A. I. (S.  246 ff.). 45   Kapitel 4 §  3 A. II. 1. a) (1) i. (S.  250 ff.). 46   Kapitel 4 §  3 A. II. 1. a) (1) ii. (S.  256 ff.). 47   Kapitel 4 §  3 A. II. 1. b). (S.  262 ff.). 48   Kapitel 4 §  3 A. II. 2. a). (S.  266 ff.). 49   Kapitel 4 §  3 A. II. 2. b). (S.  269 ff.). 50   Kapitel 4 §  3 A. II. 2. c). (S.  271). 51   Kapitel 4 §  3 A. II. 3. (S.  271 ff.). 43

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Ressourcenallokation führt, also die Realisierung des von den Parteien an­ gestrebten Kooperationsgewinns ermöglicht. Aber auch wenn das Fehlverhalten des Gehilfen für eine so erhebliche Störung des antizipierten Leistungsaustauschs verantwortlich ist, dass dessen Durchfüh­ rung unter Effizienzgesichtspunkten ex post nicht wünschenswert erscheint, ha­ ben die Institutionen des Leistungsstörungsrechts dafür Sorge zu tragen, dass ex ante Anreize für den Schuldner bestehen, optimale Vorsorgemaßnahmen zu tref­ fen, um die eigene Leistungsfähigkeit zu sichern sowie Informationen über unbe­ kannte, potentielle Leistungshindernisse zu erwerben. Das institutionelle Arran­ gement hat daher unter Anreizgesichtspunkten dem Schuldner das volle Risiko der nicht ordnungsgemäßen Erfüllung einer Verbindlichkeit in Folge eines Fehl­ verhaltens des Gehilfen zuzuweisen, wenn und soweit der Schuldner zu dessen Beherrschung – im weitesten Sinne – besser als der Gläubiger in der Lage ist. Um­ gekehrt ist damit aber auch gesagt, dass das Risiko eines Fehlverhaltens von in Erfüllung der Leistungspflicht tätigen Personen durchaus auch dem Gläubiger zugewiesen sein kann, wenn dieser zu seiner überlegenen Beherrschung in der Lage ist.52 8. Ausgangspunkt der Verteilung der Informationsverantwortlichkeit im Ver­ tragsrecht ist der in der Informationsökonomik herausgearbeitete Zielkonflikt zwischen einer wünschenswerten Verbreitung von Informationen und den Anrei­ zen zu ihrer Produktion.53 Vor diesem Hintergrund ist eine Partei nur dann mit der rechtlich abgesicherten Informationsverantwortung zu belasten, wenn sie über einen komparativen Vorteil bei der Informationsbeschaffung verfügt. Die ihr auferlegten Kosten können unter dieser Voraussetzung über eine Prämie kom­ pensiert werden, die von der rechtlich abgesicherten Gegenseite gezahlt wird, weil sie die höheren Kosten einer Eigensicherung spart. 54 Darüber hinaus ist aber auch der Charakter der Information zu berücksichtigen, weil die Anreize zur freiwilli­ gen Offenbarung danach divergieren, ob es sich um eine den Wert des Vertragsge­ genstands erhöhende oder senkende Information handelt. Für deren Erlangung können Suchkosten angefallen sein, die aufzuwenden aus gesamtgesellschaftlicher Sicht nur wünschenswert ist, wenn die Information originär wertschöpfend (pro­ duktiv, nicht aber wenn sie rein redistributiv (unproduktiv) wirkt.55 9. Die gehilfenspezifische Fortentwicklung der Leitgedanken zur Verteilung der Informationsverantwortlichkeit berücksichtigt zunächst, ob einem potenti­ ellen Träger derselben infolge der Tätigkeit von Hilfspersonen ein komparativer Kostenvorteil in der Informationsbeschaffung erwächst, z. B. weil Zugang zu Ex­ perten- oder Erfahrungswissen o. ä. besteht. Voraussetzung ist insoweit, dass der mit der Informationsverantwortlichkeit Belastete tatsächlich in der Lage ist, Pro­ duktion und Übertragung der betreffenden Information durch die Hilfsperson zu   Kapitel 4 §  3 A. III. (S.  273 ff.).   Kapitel 4 §  3 C. I. (S.  280 ff.). 54   Kapitel 4 §  3 C. II. 1. (S.  285 ff.). 55   Kapitel 4 §  3 C. II. 2. (S.  287 ff.). 52 53

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steuern, d. h. Einfluss auf deren einschlägige Tätigkeit nehmen kann. Im Übrigen kann die Verantwortlichkeit entlang der informationsökonomischen Kategorien weitgehend ohne deren Adaptionen verteilt werden, da diese in erster Linie an den durch den Gehilfeneinsatz nicht tangierten Charakter der Information als solcher anknüpfen.56

§  5  Arbeitsteilung und positives Recht 1. Die Verwertung der gewonnenen, überpositiven Erkenntnisse im Rahmen der Interpretation der lex lata hat zu berücksichtigen, dass die Verantwortlichkeit für Gehilfenfehler im Hinblick auf die Sicherung des Leistungsinteresses sowohl im­ plizit durch die Naturalerfüllungspflicht, als auch explizit im Rahmen der Scha­ densersatzhaftung zugewiesen wird.57 Soweit die Pflicht des Schuldners reicht, trotz eingetretener Leistungsstörung in Natur zu erfüllen, internalisiert er auto­ matisch (auch) sämtliche Konsequenzen eines, insuffizienten Gehilfenverhaltens; die Reichweite dieser Verantwortlichkeit wird durch die Grenzen der Erfüllungs­ pflicht bestimmt.58 2. Im Rahmen des Unmöglichkeitseinwands, §  275 Abs.  1 BGB, erweist sich die von der h. M. zu Recht befürwortete Orientierung am Schuldinhalt als ein erstes, schmales Einfallstor für eine normative Risikozuweisung.59 Dieses erlaubt eine mit der Dogmatik kompatible, ökonomisch rationale Entfaltung des Unmöglich­ keitseinwands im Lichte arbeitsteiliger Leistungserbringung sowohl im Hinblick auf die gesetzten Präventionsanreize als auch auf die präferenzgerechte Risikozu­ weisung. 60 3. Die Einrede der unzumutbaren Leistungserschwernis, §  275 Abs.  2 BGB, setzt im Einklang mit ökonomischen Desideraten das Erfüllungsinteresse des Gläubigers mit dem Erfüllungsaufwand des Schuldners in Relation. 61 Das gefor­ derte grobe Missverhältnis lässt sich vor allem aus den Schwierigkeiten der Be­ messung des Leistungsinteresses des Gläubigers erklären. 62 Vor diesem Hinter­ grund erscheint lediglich eine geringfügige Verschiebung der Zumutbarkeitsgren­ ze gerechtfertigt, die dem Schuldner im Rahmen des §  275 Abs.  2 S.  2 BGB nur deshalb zumutet, größere Leistungsanstrengungen zu unternehmen, weil dro­ hende Anreizdefizite der verbleibenden Schadensersatzhaftung vermieden wer­ den sollen. 63   Kapitel 4 §  3 C. III. (S.  294 f.).   Kapitel 5 §  1 A. I. (S.  300 ff.). 58   Kapitel 5 §  1 A. II. (S.  302 ff.). 59   Kapitel 5 §  1 B. I. 2. (S.  311 ff.). 60   Kapitel 5 §  1 B. I. 3. (S.  316 ff.). 61   Kapitel 5 §  1 B. II. 1. (S.  323 ff.). 62   Kapitel 5 §  1 B. II. 1. a). (S.  324 ff.). 63   Kapitel 5 §  1 B. II. 1. d). (S.  335 ff.). 56 57

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4. Die bei manchen Kauf- und Werkverträgen geringeren Schwierigkeiten, die kritische Determinante des Erfüllungsinteresses zu taxieren, rechtfertigen fak­ tisch, die Befreiungsschwelle im Rahmen der Spezialtatbestände der §§  439 Abs.  3, 635 Abs.  3 BGB europarechtskonform niedriger anzusetzen als im allgemeinen Schuldrecht. 64 5. Weder aus dem Institut der ergänzenden Vertragsauslegung, noch aus dem der Störung der Geschäftsgrundlage lässt sich in den interessierenden Konstella­ tionen eine weitere Verschiebung der Grenzen der Naturalerfüllungspflicht ablei­ ten. 65 6. Im Rahmen der Naturalerfüllungspflicht ist dem Schuldner die Einstands­ pflicht für Leistungshindernisse, die aus der Sphäre Dritter rühren, zugewiesen, wenn er in der Lage ist, das potentiell zu Leistungsstörungen führende Verhalten des Dritten überlegen zu steuern. 66 Dies kann darauf beruhen, dass der Dritte abhängig beschäftigt und daher dem unmittelbaren, rechtlich abgesicherten Zu­ griff des Schuldners unterworfen ist. Die verantwortlichkeitslegitimierende Steu­ erungsmöglichkeit kann aber auch gegenüber einem selbständigen Unternehmer bestehen, auf den der Schuldner eher als der Gläubiger einwirken oder den er zu­ mindest auf der Grundlage größerer Sachkenntnis auswählen kann. Schließlich entspricht eine prinzipielle Zuweisung von Leistungsrisiken aus der Sphäre Drit­ ter unabhängig von relativ überlegenen Einwirkungsmöglichkeiten dem mutmaß­ lichen Parteiwillen, wenn der Schuldner besser in der Lage ist, die Folgen ihrer Realisierung abzufedern. Letzteres ist im Hinblick auf die Naturalerfüllungs­ pflicht dann gegeben, wenn er relativ überlegen zum Gläubiger kann, Vorsorge­ maßnahmen treffen, alternative Bezugsquellen erschließen kann etc. Je nach der Fähigkeit der Beteiligten, Risiken zu tragen, kann die Verantwortlichkeit über das unter Anreizgesichtspunkten Optimale hinaus ausgedehnt oder hinter dieses zurückgenommen werden. Sofern keiner der genannten Gesichtspunkte für eine Zuweisung des Leistungsrisikos spricht, führt der Eintritt des Leistungshinder­ nisses ohne Weiteres zum Erlöschen der Primärleistungspflicht wegen Unmög­ lichkeit. Sind dem Schuldner danach Leistungsrisiken prinzipiell im Rahmen der Natu­ ralerfüllungspflicht zugewiesen, wird deren Reichweite durch die Rekonstrukti­ on des hypothetischen vollständigen Vertrags im Rahmen der §§  275 Abs.  2, 313 Abs.  1 BGB bestimmt. Sofern erkennbare Parteidispositionen fehlen, verläuft die relevante Grenze nach dem mutmaßlichen, an den verfolgten Allokationszielen orientierten Parteiwillen dort, wo die Erfüllungskosten das Leistungsinteresse des Gläubigers um mehr als einen der fehlenden Verifizierbarkeit desselben ge­ schuldeten Zuschlag überschreiten. Wiederum können die Risikopräferenzen der Beteiligten zu abweichenden Ergebnissen führen. 67   Kapitel 5 §  1 B. II. 2. (S.  339 ff.).   Kapitel 5 §  1 B. III. (S.  349 ff.). 66   Kapitel 5 §  1 B. I. 3. (S.  316 ff.). 67   Kapitel 5 §  1 B. II. 1. e) (S.  338 f.). 64 65

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7. Die Zuweisung der Verantwortlichkeit für Hilfspersonen im Rahmen der Schadensersatzhaftung beruht entscheidend auf den Determinanten der Pflicht­ verletzung und der Zurechnung. Dabei ist von einem objektiven Verständnis der Pflichtverletzung auszugehen, auf das die Zurechnung in Form des Vertreten­ müssens bezogen sein muss. Letzteres kann auf der eigenen Verantwortlichkeit des Schuldners oder der Zurechnung des Verhaltens von Erfüllungsgehilfen beru­ hen. 68 8. Die Haftung bei Ausschluss der Leistungspflicht, Nichterfüllung und nicht rechtzeitiger Erfüllung kann auf der Verletzung von speziell im Hinblick auf die arbeitsteilige Leistungserbringung bestehenden Überwachungs-, Vorsorge- und Abwendungspflichten beruhen. Deren Reichweite kann mit Hilfe einer effizienz­ orientierten Bestimmung des Sorgfaltsmaßstabs bestimmt werden. 69 Entspre­ chende Überlegungen sind für die Klärung der Frage leitend, ob der Schuldner vor dem Hintergrund des Gehilfeneinsatzes ein Beschaffungsrisiko übernommen hat.70 9. Die Zurechnungsbestimmung des §  278 BGB kann zur Gewährleistung adä­ quater Risikozuweisungen auf Rechtssubjekte beschränkt werden.71 Der Schuld­ ner „bedient“ sich einer Person im Sinne des §  278 S.  1 BGB, wenn diese innerhalb der von ihm strukturierten, arbeitsteiligen Leistungserbringung in einer Art und Weise zum Einsatz kommt, bei der mit ihrer Tätigkeit verbundene Risiken für die Erfüllung der Pflichten des Schuldners von diesem relativ besser beherrscht oder getragen werden können als vom Gläubiger. 72 Die angesprochene Fähigkeit zur Risikosteuerung und -tragung im Fall arbeitsteiliger Leistungserbringung be­ stimmt auch die gehilfenspezifische Vermessung des Pflichtenkreises des Schuld­ ners.73 Demgegenüber kommt dem schillernden Erfordernis der Tätigkeit „in Er­ füllung“ (statt bei Gelegenheit) keine eigenständige Bedeutung zu.74 Schließlich ist der exakte Gehalt der in §  278 S.  1 BGB angeordneten Verschuldenszurech­ nung mit Blick auf den spezifischen Schuldinhalt des arbeitsteilig erfüllten Leis­ tungsversprechens zu verstehen.75 10. Die entwickelten Kriterien der eigenen Verantwortlichkeit des Schuldners und der Zurechnung des Gehilfenverschuldens bei arbeitsteiliger Leistungser­ bringung lassen sich mutatis mutandis auch für den Fall der Schlechtleistung ent­ falten.76 11. Sofern eine Mitverantwortlichkeit des Gläubigers und seiner Leute im Raum steht, können die hier angestellten Überlegungen zur effizienten Risikoverteilung   Kapitel 5 §  1 C. I. (S.  363 ff.).   Kapitel 5 §  1 C. II. 1. b) (S.  376 ff.). 70   Kapitel 5 §  1 C. II. 1. c) (S.  379 ff.). 71   Kapitel 5 §  1 C. II. 2. a) (S.  384 ff.). 72   Kapitel 5 §  1 C. II. 2. b) (S.  386 ff.). 73   Kapitel 5 §  1 C. II. 2. c) (S.  393 ff.). 74   Kapitel 5 §  1 C. II. 2. d) (S.  398 ff.). 75   Kapitel 5 §  1 C. II. 2. e) (S.  401 ff.). 76   Kapitel 5 §  1 C. III. (S.  405 ff.). 68 69

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dogmatisch konsistent mit Hilfe von Gegenansprüchen und/oder der Annahme von Obligationen umgesetzt werden. Dies gilt unabhängig davon, ob der Schuld­ ner von seiner Leistungspflicht (vollständig) befreit,77 ihm die Verantwortlichkeit implizit über den Erfüllungsanspruch zugewiesen,78 oder aber im Rahmen der Schadensersatzhaftung explizit auferlegt wird.79 10. Die Informationsverantwortung wird auch im Rahmen arbeitsteiliger Ver­ tragsanbahnung primär mit Hilfe von Lösungsrechten und Schadensersatzan­ sprüchen zugewiesen. 80 Aus der Sicht der mit der Informationsverantwortung belasteten Partei bestehen die anreizbestimmenden, unerwünschten Folgen ei­ nerseits in der Aufhebung der Vertragsbindung (Verlust des Kooperationsge­ winns) und einer damit u. U. einhergehenden Pflicht zum Ersatz weiterer Schä­ den. Andererseits können sie als Motiv zum Eigenschutz auch daraus resultieren, dass die (präferenzwidrige) Primärleistungspflicht aufrecht erhalten bzw. ein Lö­ sungsrecht nur gegen Kompensation der Einbußen der Gegenseite gewährt wird. 81 11. Der normative Schlüsselbegriff der Anfechtung wegen Eigenschaftsirrtums liegt im Merkmal der Verkehrswesentlichkeit. 82 Unabhängig von dem Streit um die Rechtsnatur des §  119 Abs.  2 BGB können die aus der Informationsökonomik abgeleiteten Gesichtspunkte für die Tatbestandskonkretisierung fruchtbar ge­ macht werden. 83 Maßgeblich ist damit im Hinblick auf die arbeitsteilige Vertrags­ anbahnung, ob die Beziehung des Vertragsschließenden zu einem Dritten ihn in eine Position bringt, die ihm einen komparativen Vorteil bei der Informationsbe­ schaffung einträgt. Wann dies der Fall ist lässt sich entlang der durch die etablier­ te Figur der Wissenszurechnung in personeller Hinsicht vorgezeichneten Linien bestimmen. 84 Die Arbeitsteilung kann auch im Rahmen des von Wissens- und Verschuldenszurechnung mitgeprägten, die Schadensersatzhaftung betreffenden Ausschlusstatbestands des §  122 Abs.  2 BGB berücksichtigt werden. Hierdurch wird auch der prinzipiell Anfechtungsberechtigte zu effizienten Informationsan­ strengungen angehalten. 85 12. Auch im Rahmen der Arglistanfechtung sind Informationspflichten zen­ tral. 86 Eine eigenständige, die Beziehung der Vertragsparteien zu Dritten betref­ fende Dimension bekommt §  123 BGB insoweit, als die Beschränkungen der An­ fechtung nach Abs.  2 in Rede steht. Die entwickelten Gesichtspunkte sind primär für die Bestimmung des Kreises der Personen maßgeblich, deren Täuschung dem   Kapitel 5 §  1 C. IV. 1. a) (S.  416 f.).   Kapitel 5 §  1 C. IV. 1. b) (S.  417 ff.). 79   Kapitel 5 §  1 C. IV. 1. c), 2. (S.  419 ff.). 80   Kapitel 5 §  2 A. (S.  437 ff.). 81   Kapitel 5 §  2 B. I. (S.  439 ff.). 82   Kapitel 5 §  2 B. II. 1. b) (S.  4 44 f.). 83   Kapitel 5 §  2 B. II. 1. c) (S.  4 45 ff.). 84   Kapitel 5 §  2 B. II. 1. d) (S.  4 49 ff.). 85   Kapitel 5 §  2 B. II. 2. (S.  451 ff.). 86   Kapitel 5 §  2 B. III. 1. (S.  458 ff.). 77 78

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Vertragspartner unbedingt zugerechnet wird. 87 Sie können aber auch für die Be­ antwortung der Frage herangezogen werden, wann Kenntnis oder Kennenmüs­ sen im Sinne des §  123 Abs.  2 S.  1 BGB vorliegt. 88 13. Für die Klärung der Risikozuweisung bei fahrlässiger Verletzung von Infor­ mationspflichten durch Hilfspersonen kann von einem Verhältnis idealer Kon­ kurrenz mit der Arglistanfechtung ausgegangen werden. 89 Der Unterscheidung von Pflichten zur Aufklärung über vorhandenes Wissen einerseits und zur (auf­ klärungsermöglichenden) Beschaffung von Informationen andererseits kommt zentrale Bedeutung zu.90 Auf dieser Grundlage lässt sich zum einen die eigene Verantwortlichkeit der selbst nicht an der Vertragsanbahnung beteiligten Partei in Form von Organisations- und Sorgfaltspflichten bestimmen.91 Zum anderen kann auch die Verantwortlichkeit nach §  278 BGB vermessen werden. Danach hat der Schuldner für sämtliche Personen einzustehen, die innerhalb der von ihm strukturierten, arbeitsteiligen Vertragsanbahnung in einer Art und Weise zum Einsatz kommen, die dem Schuldner erlaubt, die mit ihrer Tätigkeit verbundenen Risiken für die Erfüllung der Informationspflichten relativ besser zu beherrschen oder zu tragen, als es dem Gläubiger möglich ist.92 Sowohl der Pflichtenkreis als auch der Gehalt der angeordneten Verschuldenszurechnung sind wiederum unter Berücksichtigung der von den Parteien antizipierten und meist gewollten Arbeits­ teilung zu konkretisieren.93 14. Die strikt situativen bzw. vertragsgegenstandsbezogenen Aufgreifkriterien des verbraucherrechtlichen Widerrufsrechts führen prinzipiell zu einer einsei­ tigen Risikozuweisung, die kaum Raum für die Berücksichtigung unterschied­ licher Vertriebsorganisationen oder des Informationsverhaltens innerhalb dersel­ ben bietet.94 Lediglich im Rahmen der verbundenen Geschäfte besteht etwas tat­ bestandlicher Spielraum, um eine differenzierte Informationsverantwortung ge­ rade im Hinblick auf die arbeitsteilige Vertragsanbahnung zu entwickeln. Die zentralen, normativen Kriterien der Risikozuweisung sind vor allem zur Geltung zu bringen, wenn zu beurteilen ist, ob Bargeschäft und Verbraucherdarlehen zu einer wirtschaftlichen Einheit verschmolzen sind.95 Dabei dienen die im Rahmen des §  278 S.  1 BGB angestellten Überlegungen als einheitliches Fundament für die Konkretisierung der Vermutungstatbestände des §  358 Abs.  3 S.  2 und S.  3 BGB.96 15. Im Hinblick auf die Sicherung des Integritätsinteresses der Vertragsparteien bei arbeitsteiliger Produktions- und Absatzorganisation kommt dem Schadenser­   Kapitel 5 §  2 B. III. 2. a). (S.  461 ff.).   Kapitel 5 §  2 B. III. 2. b). (S.  464 f.). 89   Kapitel 5 §  2 C. I. (S.  466 ff.). 90   Kapitel 5 §  2 C. II. 1. (S.  469 ff.). 91   Kapitel 5 §  2 C. II. 2. (S.  486 ff.). 92   Kapitel 5 §  2 C. II. 3. b). (S.  489 ff.). 93   Kapitel 5 §  2 C. II. 3. c), d). (S.  490 ff., 492 ff.). 94   Kapitel 5 §  2 D. I. (S.  495 ff.). 95   Kapitel 5 §  2 D. II. (S.  500 ff.). 96   Kapitel 5 §  2 D. II. 2. (S.  502 ff.). 87

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Kapitel 7:  Zusammenfassung der Ergebnisse

satzanspruch nach §  280 BGB zentrale Bedeutung zu.97 Sowohl die eigene Verant­ wortlichkeit des Schuldners nach §  276 BGB98 als auch die Zurechnung des Ver­ schuldens seiner Gehilfen gemäß §  278 BGB99 folgt dabei den zuvor entwickelten Wertungskriterien.

§  6  Arbeitsteilung und Verantwortlichkeit im europäischen Vertragsrecht 1. Aus den über den status quo hinausgehenden Versuchen, das geltende Gemein­ schaftsprivatrecht zu systematisieren und auf grundlegendere Prinzipien zurück­ zuführen, ragen die Bemühungen der Acquis Group heraus, die aber deutlich mehr darstellen als eine Bestandsaufnahme.100 Umfassende Grundsätze lassen sich dem Normbestand des Sekundärrechts nicht entnehmen. Die vorhandenen Regelungen zu relevanten Aspekten sind mit der hier geleisteten normativen Fun­ dierung arbeitsteiliger Vertragsanbahnung und -abwicklung weitgehend kompa­ tibel.101 2. Die entwickelten, überpositiven Leitlinien für die Konkretisierung der Ver­ antwortlichkeit für Dritte in arbeitsteiligen Produktions- und Vertriebsorganisa­ tionen können schließlich auch zur Konkretisierung der einschlägigen Bestim­ mungen des entstehenden, gemeinsamen Referenzrahmens herangezogen wer­ den.102

  Kapitel 5 §  3 A. (S.  518 ff.).   Kapitel 5 §  3 B. (S.  520 ff.). 99   Kapitel 5 §  3 C. (S.  522 ff.). 100   Kapitel 6 §  1 A. (S.  529 ff.). 101   Kapitel 6 §  1 B. (S.  531 ff.). 102   Kapitel 6 §  2. (S.  534 ff.). 97

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Sachregister Absatzorganisation siehe Unternehmens­ organisation acquis communautaire  15, 16 actio de deiectis vel effusis  98 ff. – Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch  120 f. – Allgemeines Landrecht  120, 121 – Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis  120 – culpa  99 f. – Drittverhalten  99 – Humanismus  110 – Mittelalter  105 – Strafziel  100 f. – Verfügungsgewalt, tatsächliche  100 – Verschulden  99 f. actio de recepto siehe receptum-Haftung actio furti/damni – Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch  118 f. – culpa  102 f. – Einwirkungsmöglichkeit, überlegene  102 f. – Humanismus  109 f. – Naturrecht  116 – receptum-Haftung  101 adverse Selektion siehe Negativauslese Agenturtheorie (agency theory) siehe Prinzipal-Agenten-Theorie Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch  117 – Auswahlverschulen  119 – Deliktshaftung  119 ff. – Vertragshaftung  118 f. Allgemeines Landrecht  117 – Deliktshaftung  119 – Vertragshaftung  118 Allokationseffizienz siehe Effizienzziel Altruismus 230 f. siehe auch Verhaltens­ ökonomik Anfechtungsrecht  61, 437 ff.

– Anreizwirkung  439 f. – Arbeitsteilung  439 f. – Arglist siehe Arglistanfechtung – Aufklärung  439 f. – Ausschluss  452 ff. – culpa in contrahendo  452, 455 ff. – Erfüllungsinteresse  452 f., 456 f. – Funktion  438 – Informationsbeschaffung  439 f. – Irrtum  441 ff. siehe auch dort – Kooperationsgewinn  439, 445 – Nichtigkeit  439 – Opportunismus  439 – Schadensersatz  440, 442, 452 ff. – Umverteilung  439 – Veranlassungshaftung  452 – Verschulden bei Vertragsverhandlun­ gen  452, 455 ff. – Vertrauensschaden  437 f., 440, 442, 452 f., 456 f. – Verweigerung  439 f. – Zweck  438 Äquivalenzinteresse 25, 275 f. Arbeitsteilung – externe Effekte  146 – Gehilfenverantwortlichkeit, implizite  7, 24, 29, 300 ff., 316 ff., 360 ff. – Informationsverantwortung  449 ff., 457, 476 ff. siehe auch dort – Krankenhaus  144 f., 414 f. – Leistungserschwernis  338 f., 348 f., 361 ff. – Nutzen, gesamtgesellschaftlicher 2, 8 f., 144 ff. – Nutzen, individueller  144 f. – Personalrisiko siehe dort – Produkthaftung siehe dort – Risikozuweisung  9 f., 27 ff., 144 ff. – Rückgängigmachung, haftungsrecht­ liche  9, 145 f., 385

620

Sachregister

– Schadensersatz  362 ff. siehe auch dort – Schuldverhältnis  150 f. – Unmöglichkeit  316 ff., 360 f. – Unternehmensorganisation siehe dort – Verantwortlichkeitssphären  145, 146 f., 149 ff., 157 f., 159 f. Arglistanfechtung – Arglist  460 f. – Aufklärungspflichten  459 f. siehe auch Aufklärungspflichten, vorvertragliche – culpa in contrahendo  459 f. – Dritte  461 ff., 468 – Erfüllungsgehilfe  462 f., 464, 468 – fahrlässige Täuschung  466 f. – Fehlvorstellung, relevante  458 – Frist  467 – Informationspflichten  458 ff. – Kennenmüssen  464 – Konkurrenz  466 f. – Lagertheorie  462 – Schrottimmobilien  510 siehe auch dort – Sphärenabgrenzung  462 ff. – Täuschungshandlung  458 ff. – Unterlassen  458 – Verschulden bei Vertragsverhandlungen  459 f. – Vertreter ohne Vertretungsmacht  463 – Vorsatz  458, 460 f. – Willenstheorie  461 – Wissensvertreter  463 Aufklärungspflichten, vorvertragliche siehe auch Informationsverantwortlich­ keit – Anfechtungsausschluss  453 ff. – Arglistanfechtung  466 ff. siehe auch dort – Bindungswille  61 f. – Darlehensgeber  507, 512 ff. – Erfüllungsgehilfe  468, 486 ff. – Erkennbarkeit  479 f. – Frist  467 – Gemeinsames Europäisches Kaufrecht  542 f. – Gesamtbetrachtung  473 f. – Halbwahrheit  473 f. – Heteronomie  60 f. – Informationsasymmetrie  476 ff. – Informationsbedarf  476 ff.

– Informationsbeschaffung  481 ff. siehe auch Informationsbeschaffungspflichten – Informationsökonomik siehe dort – Informationszugang  477 f., 491 – Kapitalanlage  478 f., 512 ff. – Kooperationsgewinn  61 f. – Mitverantwortlichkeit  493 f. – Referenzrahmen, gemeinsamer  542 f. – Schrottimmobilien  512 ff. siehe auch dort – Vertragsaufhebung  6, 464 f., 466 ff. – Vertrauensprämie  476 f. – Vorhersehbarkeit  479 Ausgleichsprinzip siehe Kompensations­ prinzip Austauschgerechtigkeit  49 f., 220 f. Auswahl- und Überwachungsverschulden  27, 89 f., 91 ff., 106, 111 f., 119, 124 ff., 183, 195, 376 f., 407, 520 ff. – Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch  119 – Auftrag  93 f. – common law  180, 183 – custodia-Haftung  89 f. – Einwirkungsmöglichkeit, überlegene  90 f., 93, 94, 95 f., 119 – französisches Recht  195 – Lohnhaftung  111 f. – Miete und Pacht  91 ff. – Mittelalter  106 – Pandektistik  124 ff. – Pflichtenvorverlagerung  92 f., 94 siehe auch culpa in habendo – Schutzpflichten  520 ff. – Verkehrssicherungspflichten siehe dort – Verrichtungsgehilfe  156, 160 siehe auch dort – Verschuldensvermutung  112, 124, 128 f., 156 – Vorverlagerung  92 f., 94 Beschaffungspflicht  309 f., 313 ff., 321 ff., 380 Beschaffungsrisiko 25, 379 ff., 411 – bonding  381 – Gattungsschuld  381 f. – Sorgfaltsmaßstab  381 – Übernahme  380 ff. – Versicherungswirkung  380 ff.

Sachregister

Christentum – moralische Imputation  104 f., 107 f. – Moralphilosophie  104 ff. – Moraltheologie  104 ff., 109 – peccatum  109 – Willensschuld  109 Code civil  117 – Deliktsverantwortlichkeit  120 Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis 117, 119 Common European Sales Law siehe Gemeinsames Europäisches Kaufrecht Common Frame of Reference siehe Referenzrahmen, gemeinsamer common law – Auswahl- und Überwachungspflich­ ten 27, 181 ff. – Erfüllungsgehilfen  167 ff. – Garantiehaftung 24 f., 29, 167 ff. – implied term  168 – Naturalerfüllung (specific performance)  168 – Risiko-Nutznießungsgedanke  175 f., 183 – Schadensersatz (expectation damages)  167, 410 – Schadensvermeidungspflicht, nichtdelegierbare  181 ff. – Unternehmer (independent contractor) siehe dort – Verschuldenshaftung (negligence) 27 – Vertragsbruch (breach of contract) 25, 29, 167 ff., 250 ff. – Vertragsvereitelung (frustration) siehe dort – vicarious liability siehe dort culpa aliqua  110, 112 culpa in contrahendo siehe Verschulden bei Vertragsverhandlungen culpa in eligendo siehe Auswahlverschul­ den culpa in habendo  93, 94, 103, 112, 119 culpa levissima  106, 110, 112 culpa praecedens  105, 106 custodia-Haftung – Auswahlverschulden  89 f. – Bewachungspflicht  85 f., 88 f. – casus minor  85 – culpa in eligendo  89 f.

621

– Gehilfenfehler  86 ff. – gemeines Recht  85 f. – Kasuistik  85 f. – Mittelalter  106 – Nachklassik  104 – Pandektistik  125 – receptum  97 – Säulentransport  85 f., 139 – Verschuldensabhängigkeit  89 f., 90 f. – Verschuldensunabhängigkeit  87 ff., 90 f. – vis maior  85 Draft Common Frame of Reference siehe Referenzrahmen, gemeinsamer Effizienzziel – Bindungswille  47 ff., 220 f. – Einzelfallgerechtigkeit  39 – Freiheitssicherung 217 ff. – Geltungsbefehl  48, 61 – hypothetischer Konsens  51 f., 226 ff. – Informationsökonomik siehe dort – Informationsverantwortlichkeit  61 f. – Integritätsinteresse  54 ff. – Kooperationsgewinn siehe dort – Legitimität  31, 36, 47 f. – Methodik, juristische  31, 32 ff. – Nutzengewinn, gesamtgesellschaft­ licher 218 – Rechtsvergleichung  70 f., 228 f. – Referenzrahmen, gemeinsamer  537 f. – Relativierung 22 f., 28 – Schutzpflichten  54 ff. – Umverteilung 22 f., 49 f. siehe auch Verteilungsgerechtigkeit – Utilitarismus siehe dort – Versprechensbindung  46 ff. – Wohlfahrtssteigerung 218 f. Eigenschaftsirrtum – Arbeitsteilung  449 ff., 457 – Autokauf  446 f., 449 – Baujahr  446 f. – Bonität  447 f. – Bürgschaft  448 – Dogmatik  441, 442, 443 f. – Erkennbarkeit  444 f. – geschäftlicher  443 f. – Geschäftsbezogenheit  441 f. – Kooperationsgewinn  445, 446

622

Sachregister

– Kreditgeschäft  447 f. – Motivirrtum  443 – Normzweck  442, 443 f. – Organisationsherrschaft  450 – produktive Information  446 ff. – Risikozweisung  445 ff. – Sachverhaltsirrtum  443 f. – Schadensersatzhaftung  451 ff. – Vereinbarung  443 f., 445 – Verkehrsanschauung  445, 446 – Verkehrswesentlichkeit  441, 442, 444 ff. – Wissensvertreter  449 ff. – Wissenszurechnung  449 ff. Eigentumsrechte siehe Verfügungsrechte (property rights) Erfüllungsanspruch siehe Naturalerfül­ lung Erfüllungsgehilfe  4, 301, 303 siehe auch Personalrisiko – Allgemeines Bürgerliches Gesetz­ buch  118 f. – Allgemeines Landrecht  118 – Arbeitnehmer  389 f., 489 f. – Arglistanfechtung  462 f. – Assecuranzprämie  126 – Auftrag  396 – Bedienen  386 ff., 413, 426, 489 f., 523 f. – bewegliches System  137 – Chefarzt  144 f., 414 f. – Einschaltwille  386 ff., 413, 489 f., 523 f. – Einstandswille  134 f., 138 ff. – Einzelfallbetrachtung  5 – Eisenbahn  127 – Erfolgversprechen  139 f., 189 ff. – Frachtführer  128 – französisches Recht  191 f. – funktionsbedingter  393 – Garantie  141 f., 189 ff. – Geschäftsfähigkeit  387 – Geschäftsführung ohne Auftrag  388 – gesetzliche Schuldverhältnisse  138 f. – Gesundheitswesen  414 f. – Gewährleistungsrecht 278 f. – Haftungsgrundlagen  5 ff., 11, 27 ff., 134 ff., 149 ff., 273 f. – Hersteller  4, 395, 431 ff. siehe auch Produkthaftung – Heteronomie  135 f. – Industrialisierung  126 ff.

– Informationsbeschaffungspflicht  490 f. siehe auch dort – Informationspflichten  486 ff. siehe auch dort – Informationsverantwortlichkeit siehe dort – Kasuistik  5 ff. – Kaufrecht  4, 395, 397 f., 427 f., 431 ff. – Kodifikationen, naturrechtliche  117 – Leistungserschwernis  338 f., 348 f., 360 ff. – Leistungsort  396 f. – Leistungspflichten  394 ff. siehe auch dort – Makler  490 – Maschinenversagen  384 ff. – Mitverantwortlichkeit siehe dort – Monopolist  391 – Naturrecht  116 f. – Normzweck  134 ff., 273 f. – Ökonomik der Drittverantwortlichkeit siehe dort – Organe  384 – Organhaftung  153 ff., 392 f., 520 – Pandektistik124 ff., 139 – Personengesellschaften  384 – Pflichtenkreis des Schuldners  393 ff., 400 f., 413 f., 427, 431 ff., 490 ff., 524 f. – pluralistisches Verständnis  136 ff. – Prinzipal-Agenten-Theorie siehe dort – Rechtssicherheit  5 ff. – Risiko-Nutznießungsgedanke siehe dort – römisches Recht  82 ff., 139 – Schadensersatz  362 ff., 378 f. siehe auch dort – Schein-Erfüllungsgehilfe  387 f. – Schickschuld  397 f. – Schlechtleistung  412 ff., 431 ff. – Schrottimmobilien  511 ff. siehe auch dort – Schutzpflichten  6 f., 26, 29, 137, 138, 147 ff., 163 f., 397 f., 522 ff. – Selbständige  390 f. – Sonderverbindung  487 ff. – Sorgfaltsmaßstab  403 ff., 492 f. – Sphärenöffnung  148 f. – Streik  389 f. – Tätigkeit in Erfüllung  398 ff. – Tätigkeit vor Vertragsschluss  395

Sachregister

– Unmöglichkeit  316 ff. – Unterlassungspflichten  393 – Unternehmer  390 f., 490 – Verantwortlichkeitssphären  145, 146 f., 149 ff., 157 f., 159 f., 273 f., 278 f., 393 ff. – verbundenes Geschäft  503 f. – Verhaltenszurechnung, implizite  7, 24, 29, 300 ff., 360 ff., 428, 429 f. – Vermittlungsgeschäfte  388, 395 f. – Verschuldensfähigkeit  402 f. – Verschuldensgrundsatz  135 f. – Verschuldenszurechnung  401 ff. – Vertrauensschutz  148 f. – Verwahrung  396 – Vorlieferant  431 ff. – Vorsatztat  399 ff. – Wahrheitspflicht  490 f. – Zurechnungsnorm  141 f. Erfüllungsinteresse  45 – Absicherung 248 f., 250 ff., 299 f., 535 f. – Anfechtung  452 f., 456 f. – Bemessung 254 f., 267 f., 326 f., 329 ff., 336 f. – Ersatzbeschaffung  332 – expectation damages  167, 248, 254 f., 267 – Fehleinschätzung, richterliche  326 f., 336 f. – Gegenleistung  330 – Gemeinsames Europäisches Kaufrecht, 535 ff. – immaterielles  332 – positives Interesse  330 – Referenzrahmen, gemeinsamer  535 ff. – Sekundäransprüche  331, 336 f. – Steigerung, nachträgliche  353 f., 355 ff. – Überinvestition (overreliance) 267 f. – Vertragsbruch, effizienter 250 ff., 333 – Vorhersehbarkeit 255 f. – Zeitpunkt  353 f. ergänzende Vertragsauslegung – Geschäftsgrundlagenlehre  303 f. – Leistungserschwernis  304 f., 349 f. – Lückenfüllung  303 f. – Unmöglichkeit  304, 349 f. – vollständiger Vertrag  303 f., 349 f. Ethik siehe Moralphilosophie Exkulpation  124, 189 siehe auch Verschul­ densvermutung Externe Effekte  146

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Fernabsatz  496 ff., 532 Folgenabschätzung – Deontologie  35 ff. – Gerechtigkeit  34 f. – Haftungsrecht  59 f. – Ökonomik  41 ff. – Modellbildung  42 f. – Rationalwahl siehe dort – Realwirkung  35, 38 f., 41 f. – Rechtswissenschaft  33 ff., 39 ff. – Sozialwissenschaften  34, 39 ff. – Verhaltensanreize  34, 38 f. französisches Recht – Auswahl- und Überwachungsverschul­ den  195 – Bemühenspflicht (obligation de moyen)  188 f., 193 f. – Beweislast (charge de la preuve)  189 – Deliktsrecht  192, 193 ff. – Direktanspruch (action directe)  196 f. – Erfolgsherstellungspflicht (obligation de résultat)  188 f., 193 f. – Erfüllungsgehilfe (responsabilité contractuelle du fait d’autrui)  191 ff. – höhere Gewalt (force majeure)  189 – Integritätsinteresse  193 ff. – Leistungsinteresse  188 ff. – Naturalerfüllung (exécution forcée)  187, 188 – Opferkompensation  196 – Produkthaftung  196 f. – Risiko-Nutznießungsgedanke  195 f. – Schadensersatz (dommage et intérêts)  188 – Schutzpflicht (obligation de securité)  191, 193 f. – Sperrwirkung der Vertragshaftung (règle de non comul)  193, 194 – Verrichtungsgehilfen (responsabilité du fait d’autrui)  192, 194 f. Freirechtsschule  32 Fürsorgepflichten siehe Schutzpflichten Garantie – Qualitätsgarantie  410 f. – Risikoaversion  411 f. – Sorgfaltsmaßstab  411 Gefährdungshaftung – Eisenbahnbetriebsgefahr  127 f.

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– Erfüllungsgehilfe  144 – Organhaftung  157 – Reichshaftpflichtgesetz siehe dort Gehilfe siehe Erfüllungsgehilfe Gemeinsames Europäisches Kaufrecht – Aufklärungspflichten  542 f. – Erfüllungsinteresse  535 ff. – Garantiehaftung  538 ff. – Informationsverantwortung  542 f. – Leistungsbefreiung  537 f. – Leistungserschwernis  540 f. – Naturalerfüllung  536 ff. – Personalrisiko  539 f. – Referenzrahmen, gemeinsamer siehe dort – Schadensersatz  538 ff., 543 f. – UN-Kaufrecht  538 – Verordnungsvorschlag  15 f. – Vertragsanpassung  537 Gemeinschaftsprivatrecht  529 ff. siehe auch Rechtsvereinheitlichung, europä­ ische – Acquis Group  529 f. – Gewährleistung  531 – Informationsverantwortung  531 ff. – Systematisierung, wissenschaft­ liche  529 ff. – Vollharmonisierung siehe dort – Widerrufsrecht  531 f. siehe auch dort Gerechtigkeit, korrigierende  57 germanisches Recht  111 f. Geschäftsgrundlagenlehre – Anwendungsbereich  351 ff. – Äquivalenzstörung  352 ff., 355 ff. – Bindungswille  356 – ergänzende Vertragsauslegung  303 f. – Fallgruppen  350 – Gläubigerinteresse  352 ff. – Inflation  359 – Leistungserschwernis  304 f., 350 ff., 360 – Lückenfüllung  303 f. – Rechtsfolge  358 ff. – Risikoverteilung  355 ff. – Schuldnerinteresse  352 – Störung  355 ff. – Subsidiarität  350 – Unmöglichkeit  304, 350 ff. – Vertretenmüssen  357 f. – vollständiger Vertrag  303 f., 355 ff.

Geschäftsverbund siehe verbundenes Geschäft Gewährleistungsrecht – Anreiz 277 – Direktanspruch (action directe)  196 f. – Erfüllungsgehilfen 278 f. – Investitionstheorie 275 ff. – Mängelprävention 277 – Qualitätssignal 278 – Verhaltenssteuerung 277 f. – Versicherungsfunktion 276 f., 279 – Zitronenmarkt 278 Haftung – Ausfüllungstatbestand  56 ff. – Begründungstatbestand  57 f. – Effizienzziel siehe dort – Erfüllungsinteresse siehe dort – Freizeichnung durch Delegation  145 f. – Integritätsinteresse siehe dort – Organisationsanreize  9 ff. – Schadensprävention siehe dort – Schadenszurechnung siehe dort – Schutzpflichten siehe dort – Steuerungswirkung  55 Harmonisierungsmaßnahmen, europä­ ische siehe Rechtsvereinheitlichung, europäische Haustürgeschäft  496 ff., 532 – Dritte  496 Hermeneutik, juristische  61 ff. – Begründungsprozedur  62 – Erwartungshorizont, einheitlicher  62 – Institutionenökonomik  61 ff. – Sozialisationsprozess, professio­ neller  62 – Überlieferungszusammenhang  62 f. – Vorverständnis  62 f. Historische Rechtsschule  17 f. höhere Gewalt – französisches Recht (force majeure)  189 – Vertragsvereitelung (frustration) siehe dort – vis maior siehe dort Humanismus – actio de deiectis vel effusis  110 – actio furti/damni  109 f. – culpa aliqua  110 – culpa levissima  110

Sachregister

– Noxalhaftung  110 f. – peccatum  109 – receptum-Haftung  110 – Schuldparadigma  109 f. – Willensschuld  109 Industrialisierung  122, 126 ff., 160 f. Informationsasymmetrie  49, 201, 230, 280, 476 ff. Informationsbeschaffungspflichten – Arbeitsteilung  484 – Aufklärungspflichten  481 f – Erfüllungsgehilfe  486 ff. – Grundlage  480 f. – Informationsbedarf  485 – Informationszugang  485 – Kooperationsgewinn  483 – Kosten  471 f., 481 ff. – Kostenvorteil, komparativer  482 – Mitverantwortlichkeit  493 f. – nicht-präsentes Wissen  471 ff., 481 – Verschuldenszurechnung  486 ff. – Vertrauen  483 f. – Vertrauensprämie  482 – Wahrheitspflicht  471 ff., 481, 483 ff., 490 f. Informationsökonomik  61 f., 229 ff. – Aufklärungspflicht 231, 283, 289, 293 f. – Beschaffungskosten 281, 290 – Informationsasymmetrie siehe dort – Informationsproduktion 230 f., 280 f., 282 – Informationsverbreitung 230 f., 282, 287, 290 f., 292 f. – Informationswert 281, 282 f. – penalty default 231 – produktive Information 230, 282 f., 288, 290, 446 ff., 475 – Transaktionskosten 285 f. – unproduktive Information 230 f., 282 f., 291 f., 475 – Unterversorgung 280 ff. – Verwertungsrecht, exklusives 231, 290 f. – Vorauswissen 291 f. – werterhöhende Information 290, 475 – wertsenkende Information 288 f., 475 – Zielkonflikt 282, 284 – Zufallsinformation 292 ff. Informationspflichten

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– Acquis Principles  530 – Arglistanfechtung  466 ff. siehe auch dort – Aufklärungspflichten, vorvertragliche siehe dort – Beschaffungskosten  470, 471 f., 481 ff. – Beschaffungspflichten siehe Informati­ onsbeschaffungspflichten – Bindungswille  61 f. – culpa in contrahendo  465, 466 f.  468 – Einteilung  469 f. – Erfüllungsgehilfe  468 – Frist  467 – Gemeinsames Europäisches Kaufrecht  542 f. – Gemeinschaftsprivatrecht  531 ff. – Gesamtbetrachtung  473 f. – Informationsbeschaffungspflichten siehe dort – Informationsökonomik siehe dort – Halbwahrheit  473 f. – Heteronomie  60 f. – Kooperationsgewinn  61 f. – Kostenvorteil, komparativer  476 ff., 482 – Mitverantwortlichkeit  493 f. – Präventionsaufwand  471 – Referenzrahmen, gemeinsamer  542 f. – Schrottimmobilien  510, 512 ff. siehe auch dort – Verschulden bei Vertragsverhandlun­ gen  465, 466 f.  468 – Vertragsaufhebung  6, 464 f., 466 ff. – Vertretenmüssen  471 f. – Wahrheitspflicht  470 ff., 490 f. Informationsverantwortlichkeit  6, 60 ff., 279 ff. – Anfechtungsrecht siehe dort – Aufhebungsrechte  437 f. – Aufklärungspflichten, vorvertragliche siehe dort – Beschaffungsanreize 287 f., 288 f., 290, 437 f., 469 – Durchsetzungssperren – Erfüllungsgehilfen 294 f. – Gemeinsames Europäisches Kaufrecht  542 f. – Gemeinschaftsprivatrecht  531 ff. – Informationsökonomik siehe dort – Informationspflichten siehe dort

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– Irrtum siehe dort – Kostenvorteil, komparativer 285 f., 288, 294 f., 449 ff., 457, 476 ff., 482, 507 – Mitverantwortlichkeit  452 ff., 493 f. – Preisgestaltung 286 – Rechtsinstitute  437 f. – Referenzrahmen, gemeinsamer  542 f. – Schadensersatz 284, 437 f. – Signal 286 – Verbraucherrechterichtlinie  532 f. – verbundenes Geschäft  499 f. – Verteilung 283 f., 284 ff. – Vertrauensprämie 286, 287, 476 f. – Vorhersehbarkeit 286, 479 – Widerrufsrecht siehe dort – Zuweisung  437 f., 445 ff., 500 ff. Institutionen – Evolution 21, 65, 69 f. – formelle  18 – Gleichgewicht eines Spiels, 18, 21 – informelle  18, 68 f., 224 f., 239 ff., 264 f. – konstruierte  18 – spontane  18, 21 Institutionenökonomik, Neue – Hermeneutik, juristische  61 ff. – Institutionen siehe dort – Rechtsanwendung  31 f., 61 ff. – Rechtsvergleichung 20 f., 42 – relationale Verträge 239 ff. – spezifische Investitionen 223 – Spieltheorie siehe dort – Transaktionskosten siehe dort – Verfügungsrechte (property rights) siehe dort Integritätsinteresse 25 ff., 53 f., 517 ff. – Deliktsrecht  162 ff. – Effizienzziel  54 ff. – Erfüllungsgehilfen 26, 29, 147 f. – Referenzrahmen, gemeinsamer  543 f. – Schadensersatz  518 f. – Vermögen  53 – Verrichtungsgehilfe  162 f., 164 f. – Vertragsanbahnung  54 – Vertragsdurchführung  54 – vicarious liability siehe dort Interpretation – Geschichtsbewusstsein  63 f. – Hermeneutik, juristische siehe dort – Institutionenökonomik  61 ff.

– Interdisziplinarität  64 f. – Normskepsis  63 – teleologische  43 ff., 61 f. – Vorverständnis siehe Hermeneutik, juristische Irrtum – Anfechtungsrecht siehe dort – Aufklärungspflicht siehe dort – culpa in contrahendo  452, 455 ff. – Eigenschaftsirrtum siehe dort – Erfüllungsinteresse  452 f., 456 f. – Erklärungsirrtum  441 – Informationsrisiko  441 f. – Inhaltsirrtum  441 – Risikozuweisung, 445 ff., 449 ff.  452 f. – Schadensersatz  442, 451 ff. – Sorgfaltspflicht  453 ff. – Willenstheorie  441 – Veranlassungshaftung  452 – Verschulden bei Vertragsverhand­ lungen  452, 455 ff. – Vertrauensschaden  437 f., 440, 442, 452 f., 456 f. iustitia commutativa siehe Austausch­ gerechtigkeit iustitia correctiva siehe Gerechtigkeit, korrigierende iustitia distributiva siehe Verteilungs­ gerechtigkeit Kodifikation, 17 f. Kodifikationsstreit  17 f. Kompensationsprinzip – Effizienz  58 – Ethik  56 ff. – inhaltsleere  57 f. – iustitia correctiva siehe Gerechtigkeit, korrektive – Materialisierung  58 – Umverteilung  177 – Vermögensausstattung  177 f. – Versicherungsschutz  60, 177 – Zurechnungskriterien  57 f. Kooperationsgewinn  47, 61, 222 ff., 233 f., 246 f., 248 f., 266 ff., 273, 316 ff., 325, 382 f., 424, 439, 445, 446, 483 Learned Hand-Formel  374 ff.

Sachregister

Leistungserschwernis  7, 24, 168 ff., 302, 304 f., 323 ff. – Gemeinsames Europäisches Kaufrecht  440 f. – Geschäftsgrundlagenlehre  351 ff. – grobes Missverhältnis  324 ff. – Kaufrecht  323, 339 ff. – Referenzrahmen, gemeinsamer  440 f. – Vertretenmüssen  335 ff. – Werkvertrag  323, 339 ff. – Zumutbarkeitsschwelle siehe dort Leistungsinteresse siehe Erfüllungsinter­ esse Leistungspflichten – Absicherung 250 ff., 273 – Beschaffungsrisiko siehe dort – common law 25, 167 ff. siehe auch dort – Erfüllungsgehilfe  394 ff. – französisches Recht  188 ff. – Gehilfenverantwortlichkeit, implizite  7, 24, 29, 300 ff., 316 ff., 360 ff., 535 f. – Gemeinsames Europäisches Kauf­ recht  536 ff. – Grenzen  7, 24, 248 f., 250 ff., 273, 301, 304 f., 537 – Naturalerfüllung siehe dort – Rechtsdurchsetzung 256 ff. – Referenzrahmen, gemeinsamer  536 ff. – Schadensersatz  362 ff. siehe auch dort – Umfang  311 ff., 318 – Unmöglichkeit siehe dort – Vertragsbruch, effizienter 250 ff., 333 – Zwangsvollstreckung 24 Leistungsstörungsrecht – Anreizwirkung 225 f., 250 ff., 266 ff. – Bindungswille  44 ff., 50 f., 138 ff. – common law  167 ff. – ergänzende Vertragsauslegung siehe dort – Formenvielfalt  300 ff. – Garantiehaftung 25, 29, 126, 140 – Garantiehaftung (common law) 25, 29 f., 167 f. – Garantiehaftung (französisches Recht)  187, 188 ff. – Geschäftsgrundlagenlehre siehe dort – Institution zur Stützung des Vertrags  50, 142 f., 219 f., 374

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– Leistungserschwernis  7, 24, 168 ff., 302, 304 f. – Naturalerfüllung siehe dort – Ökonomik 23, 44 ff., 219 f., 223, 225 f., 245 ff. siehe auch Ökonomik des Leistungsstörungsrechts – Opportunismus  49 f., 51 f., 223, 225, 230, 238, 241 f., 248 f. – Pflichtverletzung siehe dort – Risikozuweisung  44, 225 f., 250 ff. – Sanktion  44 ff., 252 ff., 262 ff. – Schadensersatz siehe dort – Schadensprävention siehe dort – Unmöglichkeit siehe dort – Verschuldensgrundsatz 25, 135 f., 263 f. – Vertragsvereitelung (frustration) siehe dort – Vorsorgeaufwand 262 ff., 269 ff., 273 f. Leutehaftung siehe Erfüllungsgehilfe lex Aquilia  82, 91, 117 Lohnhaftung  111 f. Marktmechanismus 217 ff. Mittelalter – Christentum  104 f. – culpa levissima  106 – culpa praecedens  105, 106 – Glossatoren  105 – Kanonisten  104 – Kommentatoren  105 – moralische Imputation  105 f. – Sündenurteil  105 – Willensschuld  105 f. Mitverantwortlichkeit – Anspruchsbeschränkung  420 ff., 423 f. – Erfüllungsgehilfe  426 f. – Gegenanspruch  418 f., 422 – Gegenleistungspflicht  417, 418 f., 421 f. – Gläubigerobliegenheit  425 f. – Kooperationsgewinn  424 – Naturalerfüllung  417 ff. – Risikoverteilung  424 – Schadensersatzhaftung  419 ff. – Schutzpflicht  418 f. – Totalbefreiung  416 f. – Unmöglichkeit  419 ff. – Verschuldenszurechnung  426 – widersprüchliches Verhalten  423 f.

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Moralphilosophie  36 ff., 44, 57, 104 ff., 122 f., 135 f. Moraltheologie  104 ff., 109, 114, 135 f. Nacherfüllung 253 f., 306 – Erfüllungsinteresse  343, 429 f. – Europarechtskonformität  345 ff. – Pflichtverletzung  368 ff. – Stückkauf  313 ff., 429 – Totalverweigerung  340 f. – Unverhältnismäßigkeit  344 f. – Unzumutbarkeit  342 ff. Nachklassik – Christentum  104 – negligentia  104 – Pflichtwidrigkeit  104 – Systematisierung  104 Nachverhandlungen 237 f. – Anreize 259 f. – Paretoverbesserung 258 – Scheitern 238 – Transaktionskosten 238 – Umverteilung 259 Nash-Gleichgewicht  18, 21 – Kontextabhängigkeit 22 – lokale  70 – Pfadabhängigkeit  70 Naturalerfüllung – common law  168 – französisches Recht  187 – Garantie 24, 140, 141 f. – Gehilfenverantwortlichkeit, implizite  7, 24, 29, 300 ff., 316 ff., 535 f. – Gemeinsames Europäisches Kaufrecht  536 ff. – Leistungserschwernis  7, 24, 302, 304 f. – Mitverantwortlichkeit  417 ff. – Nacherfüllung siehe dort – Ökonomik 253 f., 263 f. – Referenzrahmen, gemeinsamer  536 ff. – Schutzpflichten  518 – Unmöglichkeit siehe dort – Versprechensinhalt  44 f., 300 f. – Zwangsvollstreckung 24 Naturrecht – actio furti/damni  116 – culpa  115 – ius civile  116 – ius gentium  116

– Kodifikationen  116, 117 ff. – moralische Imputation  115 – Noxalhaftung  116 – Verschulden  115 Negativauslese (adverse selection) 228 Noxalhaftung – Auslieferung  80 – Bußzahlung  80 f. – Hausgewalt  80 f. – Hauskinder  80 – Humanismus  110 f. – Naturrecht  116 – Nichteigentümer  81 – Ökonomisierung  81 f. – Sklaven  80 f. Obhutspflichten siehe Schutzpflichten Ökonomik der Drittverantwortlichkeit – adverse Effekte 207 f. – Aktivitätsniveau 200, 203, 204 – beobachtbare Informationen 206 – Einwirkungsmöglichkeit 202 f., 316 ff. – Haftungsrecht (accident law) 200 – Irrationalität 205 – Relativität 214 ff., 244 – Risikoeinschätzung, überlegene 205 f. – Risikominimierung 205 ff. – Risikopräferenz 212 f. siehe auch dort – Sanktionsmöglichkeiten, interne 206 ff., 209 f. – Schadensprävention 200 f., 204, 206, 208 – Torwächter (gate keeper) 203 – überprüfbare Informationen 206 – Überwachungspflicht 208 – Vermögensrestriktion (judgment proofness) 208 ff. – Vertragsrecht 214 ff., 273 f. 278 f., 294 f., 295 f. Ökonomik des Leistungsstörungsrechts – Anreize 225 f., 250 ff., 266 ff., 272 f., 277 – Beendigung 270 f. – Bindungswille 245 f. – cheapest cost avoider 247 f., 317, 361 – cheapest insurer 247 f., 272 – Erfüllungsgehilfe 273 f. – Erfüllungsinteresse 250 ff. siehe auch dort – Gewährleistungsrecht siehe dort

Sachregister

– Gläubigerinvestitionen (reliance investment) 225 f., 249, 266 ff., 273 f. – Informationsbeschaffung 265 – Kooperationsgewinn siehe dort – Kooperationssicherung 246 – Mehrstufige Erfüllung 260 ff., 334 f. – Nachverhandlungen 258 ff., 269 – Opportunismus ex post 245 – Optionswert 260 f., 270 f., 334 f. – Prävention 247, 248 f., 262 ff., 269 f. siehe auch Schadensprävention – Prozesskosten 256 ff., 268 f. – Rechtsdurchsetzung 256 ff., 268 f. – Reputationseffekte  19, 41, 208, 224, 240, 241, 264 f. – Risikopräferenz 271 ff. – Risikoverteilung 246 ff., 271 ff. – Rücktritt 270 f. – Sanktionen 248 f., 252 ff., 262 ff. – Schadensbemessung 254 f. – superior risk bearer 247, 361 – Überinvestition (overreliance) 267 f. – Versicherungsfunktion 267, 271 f., 276 f., 380, 417 – Versprechensbindung 248, 250 ff. siehe auch dort – Vertragsbruch, effizienter 250 ff., 333 – Vorhersehbarkeit 255 f. – Vorsorgeaufwand 262 ff., 269 ff., 273 f., 277 – Zitronenmarkt 255 f., 278 Ökonomik des Vertragsrechts – Anreizwirkung 225 f., 250 ff., 277 – Erfahrungsgüter 240 f. – Gesetzesrecht 233 f., 234 ff., 238 f., 242 f. – Gewährleistungsrecht siehe dort – Gläubigerinvestitionen (reliance investment) 225 f., 249, 266 ff., 273 f. – heteronome Präferenzen 234 ff. – hypothetischer Konsens 226 ff., 246 f. – Informationsökonomik siehe dort – Kooperationsgewinn siehe dort – Kooperationssicherung 222 ff., 239 f., 246 – Leistungsstörungsrecht siehe Ökono­ mik des Leistungsstörungsrechts – Lückenfüllung 238 f., 242 f. – Marktimmitation 234 ff. – Nachverhandlungen 237 f., 256 ff., 269

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– Negativauslese 228 – Offenlegung von Informationen 229 ff. – Opportunismus ex ante 230 – Opportunismus ex post  50, 51, 219, 223, 225, 238, 241 f., 245, 359 – Paternalismus 229 – Planungssicherheit 222 f. – Raubüberfall (hold-up) 241, 269 – Rechtsdurchsetzung 241 f., 242 f., 268 f. – relationale Verträge 239 ff. – Reputationseffekte  19, 41, 208, 224, 240, 241, 264 f. – Ressourcenallokation, dezentrale 222 – Risikoverteilung 226 – subjektives Risiko 228, 417 – Suchgüter 240 f. – Transaktionskosten siehe dort – Trittbrettfahrer 241 – Überinvestition (overreliance) 267 f. – Umverteilung 238, 241 f. – Verfügungsrecht, relatives 222 – Vermögensrestriktion (judgment proofness) 241 – Versprechensdurchsetzung 222 f., 225 – Vertragsbruch, effizienter 250 ff., 333 – Vertrauen 223 f. – Vertrauensgüter 240 f. – vollständiger Vertrag siehe dort – Zitronenmarkt 255 f., 278 Ökonomische Analyse des Rechts siehe Rechtsökonomik Opportunismus  49 ff., 223, 225, 230 – Informationsasymmetrie  49, 230 – spezifische Investitionen 223 – verborgenes Verhalten  49 – Versprechensbindung  49 f., 51, 223, 225, 238, 241 f. Organhaftung  3, 520 – Ausweitung  164 – Dogmatik  152 ff. – Erfüllungsgehilfe  153 f. – Fiktionstheorie  153 – Freizeichnung  153 ff., 159 f. – Haftungsgrundlage  11, 151 ff. – Körperschaft  158 f. – Organbegriff, haftungsrechtlicher  151 – Organtheorie  152 ff. – reale Verbandsperson  153 – Risiko-Nutznießungsgedanke siehe dort

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Sachregister

– Sonderverbindungen, 6, 151, 153 f., 155 – Strukturprinzip  10, 151, 158 f. – Vermögenstrennung  158 f. – Verrichtungsgehilfen  156 – Vertretertheorie  152 ff. Organisationsverschulden siehe auch Unternehmensorganisation – Deliktshaftung  10 f., 163 f., 519 f. – Einschaltwille  392 f. – Vertragshaftung  10 f., 392 f. Pandektistik – Assecuranzprämie  126 – Erfüllungsgehilfe  124 ff., 139 – Liberalismus  122 – Moralphilosophie  122 f. – Risiko-Nutznießungs-Gedanke  124 f., 143 – Schadenszurechnung  122 f. – Verrichtungsgehilfe  160 – Verschuldensgrundsatz  122 f. Paretooptimalität  52, 219 f., 233 f., 234 ff., 258 Paternalismus 229 Personalrisiko – Gewährleistungsrecht 278 f. – Leistungsstörungsrecht 273 f. – Ökonomik siehe Ökonomik der Drittverantwortlichkeit – Organhaftung  152 ff. – Pflichtenkreis  393 ff., 431 ff. – Rechtsvergleich 23 ff., 27 ff. – Risiko-Nutznießungsgedanke siehe dort – Selbständigkeit, materielle 29 f. – Übernahme, vertragliche  83 f., 96, 126, 134, 138 ff. – Verantwortlichkeitssphären  145, 146 f., 149 ff., 157 f., 159 f., 273 f., 278 f., 393 ff., 539 f. – Verrichtungsgehilfe  162 f. siehe auch dort – Zuweisung  9 f., 22, 27 ff., 142, 143 ff., 244 f., 273 f., 278 f., 387 ff., 539 f. Pflichtverletzung  363 ff. – Grundtatbestand, einheitlicher  363 – Nacherfüllung  369 f. – Nichterfüllung  368 ff. – Schlechtleistung  368 ff. – Sorgfaltsmaßstab siehe dort

– Unmöglichkeit  365 ff. – Verhaltensbezug  367 – Vertretenmüssen  367 f siehe auch dort – Verzug  371 ff. – Zurechnung  367 f., 370 f. Präventionsziel siehe Schadensprävention Principles of European Contract Law  15, 542 Prinzipal-Agenten-Theorie 2, 201 f. – Informationsasymmetrie 201 – Vertretungskosten (agency cost) 201 Privatautonomie siehe Vertragsfreiheit Produkthaftung – common law  184 ff. – Fahrlässigkeitshaftung  185 – französisches Recht  196 f. – Gehilfenverantwortlichkeit, implizite  184 – Hersteller  432, 434 – Restatement  185 – Risiko-Nutznießungsgedanke  186 – Schadensprävention  186 Rationalwahl  40 ff. – Rationalitätsabweichungen  41, 205 f. – REMM-Hypothese  41 receptum-Haftung – actio furti/damni  101 – Allgemeines Bürgerliches Gesetz­ buch  118 – Allgemeines Landrecht  118 – Eisenbahn  127 – Frachtführer  128 – Freie  97 – Haftungsübernahme  96 – Humanismus  110 – vis maior  96 – Zuschreibung, objektive  96 f. Rechtsdogmatik – Folgenabschätzung  34 ff – Interpretationsmethoden31, 33, 35 f., 43 ff., 61 ff. siehe auch Interpretation – Systemdenken  33 Rechtsgeschichte – Anwendungsbezug  76 f. – Rechtsökonomik  75 Rechtsökonomik siehe auch Institutionen­ ökonomik – Abstraktheit  42 f., 72

Sachregister

– Ameriko-Zentrismus  72 – deskriptive  34, 68 ff. – Gehilfenfehler siehe Ökonomik der Drittverantwortlichkeit – Konsequentialismus  32 ff., 40 ff. – Leistungsstörungsrecht siehe Ökono­ mik des Leistungsstörungsrechts – Imperialismus  40 – Individualismus  36 – Modellbildung  65 ff., 71 f. – normative  34, 43 ff., 66 f., 70 ff. – Rationalitätsannahmen  40 ff. siehe auch Rationalwahl – Realitätsnähe  42 f., 72 – Rechtsdogmatik  32 ff., 43 ff., 61 ff. – Rechtsgeschichte  63 f., 75 – Rechtsvergleichung  67 ff., 71 f. – Verhaltensmodell  34, 39 ff. siehe auch Verhaltensökonomik – Vertragsrecht siehe Ökonomik des Vertragsrechts – Zweitbeste-Lösung  64, 72, 258, 262 Rechtsrealismus (legal realism)  32 Rechtstransplantation  19 Rechtsvereinheitlichung, europäische – Acquis Group  529 f. – Entwürfe, wissenschaftliche  13 ff., 19, 20 siehe auch Referenzrahmen, gemeinsamer – Forschergruppen  15, 529 f. – Gemeinschaftsprivatrecht siehe dort – Harmonisierung „von oben“  16 ff. – Kodifikationsidee  17 f. – Richtlinien  12 f., 527 f. – Sekundärrecht  12 f., 527 f. – Verbraucherrecht  12 f. siehe auch dort – Vertragsrecht  12 ff., 19 f. – Vollharmonisierung siehe dort Rechtsvergleichung – Adaptionismus 21 – außerrechtliche Institutionen  68 f., 71 – Effizienzziel  70 f. – Funktionalismus  67 ff. – Funktionsdefinition  68 – normative  70 f. – Normativität 20 f., 69 f. – Rechtökonomik  67 ff., 71 f., 228 – Transaktionskosten  71 – Universalismus 20, 21, 69 f., 71

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– Vergleichsmaßstab  69 f., 70 f. Referenzrahmen, gemeinsamer  13 f., 534 ff. – Aufklärungspflichten  542 f. – Effizienzziel  537 f. – Erfüllungsinteresse  535 ff. – Europäisches Parlament  13 f. – Forschergruppen  15 – Garantiehaftung  538 ff. – Informationsverantwortung  542 f. – Integritätsinteresse  543 – Kommission  14 f. – Leistungsbefreiung  537 f. – Leistungserschwernis  540 f. – Naturalerfüllung  536 ff. – Personalrisiko  539 f. – Principles of European Contract Law siehe dort – Rat  14 – Schadensersatz  538 ff., 543 f. – UN-Kaufrecht  538 – Verrichtungsgehilfe  543 – Vertragsanpassung  537 – Widerrufsrecht  543 Reichshaftpflichtgesetz  127 f. respondeat superior siehe vicarious liability Restatements  32 – Produkthaftung  185 Reziprozität  41, 217 f. siehe auch Verhal­ tensökonomik Risiko-Nutznießungsgedanke – common law  175 f., 183 – Erfüllungsgehilfe  143 ff. – französisches Recht  195 f. – Gefährdungshaftung  144, 157, 176 – Gerechtigkeitsprinzip  157 f., 176 – Mikroökonomie  144 – Nutzen  144 f., 147 f. – Operationalisierbarkeit  146 f., 148, 157 – Organhaftung  157 f. – Pandektistik  124 f., 143 – Produkthaftung  186 – Risikozuweisung, schematische  144 ff. – Schadensstreuung  145 – Schutzpflichten  147 f. – Unzulänglichkeit  145 ff., 150, 157, 159 – Verrichtungsgehilfe  162 f. – vicarious liability  175 f. Risikopräferenz

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Sachregister

– Anreizwirkung 272 f., 276 f. – Bedeutung 211 f. – Leistungserschwernis  338 – natürlich Person 211 f. – Risikoaversion 211 f., 271 f., 276 f. – Risikoneutralität 211, 271 f., 276 f. – Risikophilie 212 – Unmöglichkeit  319 f. – Verlustaversion 212 – Versicherung 271 f., 276 f., 279 – Vertragsrecht 226, 271 ff. Römisches Recht – actio de deiectis vel effusis siehe dort – actio de recepto siehe receptum-Haftung – actio furti/damni siehe dort – bilaterale Struktur  78 f. – custodia-Haftung siehe dort – Erfüllungsgehilfe  82 ff. – Freie  97, 101 – Garantiehaftung  78, 83 f., 87 ff. – lex Aquilia  82, 91 – Noxalhaftung siehe dort – receptum-Haftung siehe dort – Verschuldensgrundsatz  78, 89 f., 91 ff. Schadensersatz – dommages et intérêts  187 – expectation damages  167, 410 – Gemeinsames Europäisches Kauf­ recht  539 f. – Grundtatbestand  363 – Integritätsinteresse  518 ff. – kompensatorischer  56 ff. – Leistungsinteresse  362 ff. – Nichtleistung  368 ff., 371 ff. – Mitverantwortlichkeit siehe dort – Pflichtverletzung siehe dort – Referenzrahmen, gemein­ samer  539 f.  543 f. – Schlechtleistung  405 ff. – superkompensatorischer  56, 100 – Systematik  362 ff. – Unmöglichkeit  365 ff., 371 ff. – Vertretenmüssen  363 ff., 372 ff. siehe auch dort – Verzug  371 ff. Schadensprävention – Allgemeines Bürgerliches Gesetz­ buch  119

– cheapest cost avoider 247 f. – Effizienz 204 f., 262 ff., 269 ff. – Gehilfenverhalten 204 f., 378 f., 426 f. – Gläubigerinvestition 269 ff., 273 f., 424 – Gläubigerobliegenheit  425 f. – Haftungsrecht 200 f. – Produkthaftung  186 – römisches Recht  101 – Schadenskosten siehe dort – Schlechtleistung  405 ff. – Schutzpflichten  55 ff. – Vermögensrestriktion (judgment proofness) siehe dort – Versicherungsschutz  60 – Vorsorgeaufwand 204, 262 ff., 269 ff., 273 f. Schadenskosten  55, 204 – primäre 204 – sekundäre 204 – tertiäre 204 Schadensstreuung, interne und externe  145, 178 f., 247 Schadenszurechnung  57 ff., 122 f., 135 f. Schrottimmobilien  509 ff. – Arglistanfechtung  510 – Aufklärungspflichten  512 ff. – Einwendungsdurchgriff  515 f. – Erfüllungsgehilfe  511 f. – Informationspflichten  510, 512 ff. – institutionelles Zusammenwirken  513 f. – Rückforderungsdurchgriff  515 f. – Widerrufsdurchgriff  515 f. Schuldrechtsmodernisierung, 3 f., 16, 53, 137 Schutzpflichten  6, 26, 52 ff., 138, 418 f., 518 ff. – Aufklärungspflichten siehe dort – Deliktsrecht  54, 163 f., 519 f. – Effizienzziel  54 ff. – Erfüllungsgehilfe  147 f., 522 ff. – Integritätsinteresse siehe dort – Lückenschließung  59, 163 f. – Naturalerfüllung  518 – Risiko-Nutznießungsgedanke  147 f. – Schadensersatz  518 ff. – Schadensprävention siehe dort – Schutzwirkung zugunsten Dritter  163 f. Sorgfaltsmaßstab – Determinanten  373 f.

Sachregister

– Effizienzkalkül  374 – Erfüllungsgehilfe  403 ff., 492 f. – Integritätsinteresse  521 f. – Learned Hand-Formel  374 f. – Nacherfüllung  407 f. – Parteiwille  374 f. – Spätscholastik  114 – Typisierung  373 ff. – Überwachungspflichten  376 f., 407 siehe auch Überwachungs- und Auswahlver­ schulen – Untersuchungspflichten  378 f., 408 f., 430 f. – Verkehrskreise  373, 376 – Verschuldenszurechnung  403 ff. – Vertragsziele  373 f. – Vorsorgepflichten  377 f., 379, 407 f. Spätscholastik – forum externum  114 – forum internum  114 – Verschulden  114 Spieltheorie  18, 21, 70, 223 f., 239 f. siehe auch Nash-Gleichgewicht Strafschadensersatz siehe Schadensersatz, superkompensatorischer subjektives Risiko (moral hazard) 228, 417 Sündenurteil  105, 109, 114 Teilzeitwohnrechte  496 ff., 532 Theorie des Unternehmens 2 – Prinzipal-Agenten Theorie siehe dort – Theorie unvollständiger Verträge 2 – Vertragsnexus 2 f. Torwächter (gate keeper) 203 Transaktionskosten  71, 217 f., 232 ff., 238, 285 f., 483 – Gesetzesrecht, dispositives 232, 245 – Marktmechanismus 232 – Nachverhandlungen 238, 260 – Rechtsvergleichung  71 Überwachungsverschulden siehe Aus­ wahl- und Überwachungsverschulden Unmöglichkeit – Arbeitsteilung  316 ff. – beiderseits zu vertretende  419 ff. – Beschaffungspflicht  309 f., 313 ff., 321 ff., 380

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– Bindungswille  312, 315 f., 322 f. – Gattungsschuld  321 ff. – Gehilfenverhalten  311 – Leistungsbefreiung  307 f., 309 – Leistungserschwernis siehe dort – Leistungshindernis  307 f. – objektive  307 f. – praktische  324 – Prävention  317 f. – Risikopräferenzen  319 ff. – Schadensersatz  365 ff. – Schickschuld  322 f. – Schuldinhalt  311 f. – Stückkauf  312, 313 ff. – subjektive  308 f. – Wertungsabhängigkeit  310, 312 f. – Zumutbarkeitsgrenze siehe dort Unternehmensorganisation – Anreize, haftungsrechtliche  9 ff., 27 f., 200 f. – Haftungsvermeidung  9 f., 151 – Informationspflichten  486 – Irrtumsanfechtung  449 ff. – Organisationspflichten, delik­ tische  163 f., 519 – Verkehrssicherungspflichten siehe dort – Wissenszurechnung  449 ff. Unternehmer (independent contractor) 26, 179 ff. – Auwahlverschulden  180 – Schadensvermeidungspflichten, nichtdelegierbare  181 ff. Untersuchungspflichten  378 f., 408 f., 430 f. Usus Modernus  111 f., 121, 124 – Lohnhaftung  111 f. Utilitarismus – Aktutilitarismus  37 f. – Regelutilitarismus  37 f. Verbraucherkredit  496 ff., 532 Verbraucherrecht – acquis communautaire  15, 16 – Fernabsatz siehe dort – Haustürgeschäft siehe dort – Teilzeitwohnrechte siehe dort – verbundenes Geschäft siehe dort – Widerrufsrecht siehe dort Verbrauchsgüterkaufrichtlinie  12, 345 ff. – Gewährleistung  531

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– Nacherfüllungsregime  346 ff. – Schadensersatz  530 – Totalverweigerungsrecht  345 ff. verbundenes Geschäft  7, 499 – Bedienen  502 f. – Dispositionsfreiheit  501, 506 – Einschalten  503 f. – Einwendungsdurchgriff  499 ff., 515 f. – Erfüllungsgehilfe  503 f. – Finanzierungszweck  501 – Grundtatbestand  506 – Immobilien  506 ff., 516 siehe auch Schrottimmobilien – Indizien  505 – Informationsverantwortlichkeit  499 – Kreditvermittler  505 – Normzweck  499 f. – Rahmenvereinbarung  504 f. – Risikozuweisung  500 ff. – Schrottimmobilien  515 f. – Vermutungstatbestand  502 f. – Verwendungsabrede  501, 506 – Widerrufsdurchgriff  499 ff., 508 f., 515 f. – wirtschaftliche Einheit  502 ff. Verfügungsrechte (property rights) – absolute 214 – relative 214 f., 222 Verhaltensökonomik  41, 205 f., 212, 217 f., 235 siehe auch Rationalwahl Verkehrssicherungspflichten  162 – Organisationspflichten siehe Unterneh­ mensorganisation Vermögensrestriktion (judgment proofness) 208 ff. – Anreizverzerrung 209 – Durchgriffshaftung 210 – Gehilfenverantwortlichkeit 209 ff. – Risikoexternalisierung 210 Verrichtungsgehilfe  4, 138 siehe auch Personalrisiko – Auswahl- und Überwachungsverschul­ den siehe dort – Betriebsrisiko  162 f. – Code civil  120 – common law siehe vicarious liability – Ökonomik der Drittverantwortlichkeit siehe dort – Organhaftung  156

– Organisationspflichten siehe Unterneh­ mensorganisation – Pandektistik  160 – Referenzrahmen, gemeinsamer  543 f. – Reformbedarf  160, 162, 164 f. – Risiko-Nutznießungsgedanke  162 f. siehe auch dort – Verkehrssicherungspflichten siehe dort Verschulden 25, 59 – Fahrlässigkeitsdefinition  129, 136, 373 ff. siehe auch culpa levissima – Humanismus  109 f. – Mittelalter  104 ff. – moralische Imputation  105 f., 109 ff., 115 – Naturrecht  115 – Objektivierung  59, 112 f., 128 ff., 136 – Pandektistik  95, 122 ff., 128 – Risikozuweisung  59 f., 128 ff. – römisches Recht  78, 89 f., 91 ff., 99 – Sorgfaltsmaßstab siehe dort – Spätscholastik  114 – Unwerturteil  59, 104 ff., 109 f., 115, 122 f., 129, 136 – Usus Modernus  111 f. Verschulden bei Vertragsverhand­ lungen  452, 455 ff., 465, 466 f.  468 – Anfechtungsrecht  452, 455 ff. – Arglist  459 f. – Aufklärungspflicht, vorvertragliche siehe dort – Erfüllungsinteresse  456 f. – Informationspflichtverletzung  465, 466 f.  468 siehe auch dort – Schrottimmobilien  510, 512 ff. siehe auch dort Verschuldensgrundsatz, 25, 59 – common law  173 – französisches Recht  188 f. – Gehilfenhaftung  135 f. – Kodifikationen, naturrechtliche  117, 121 – Moraltheologie siehe dort – Pandektistik  122 f., 160 – römisches Recht  78 – Säkularisierung  115 f., 121 – Verrichtungsgehilfe  160 f. Verschuldensvermutung  112, 124, 189, 195 siehe auch Exkulpation Versicherung  60, 178 f.

Sachregister

Versicherungsfunktion 267, 271 f., 276 f. Versprechensbindung – Anerkennung  45 – Durchsetzung  45 ff., 222 f., 245, 248 f., 256 ff. – Effizienz 217 ff., 220 f., 222 ff., 248 f., 250 ff. – Erfahrungswissenschaften  46 f. – Erfolgversprechen  139 f., 189 ff. – Erfüllungsgehilfe  138 ff. – Funktion  44 ff., 217 ff., 222 ff – Garantie  140, 141 f., 167 f., 187, 188 ff. – Gemeinsames Europäisches Kauf­ recht  536 ff. – Grenzen  139 f., 248 f., 250 ff., 301, 304 f., 537 f. – Haftung  45 – Kooperationsgewinn siehe dort – Menschenwürde  46 – Moralphilosophie  36 ff., 44 ff. – Nachverhandlungen 258 ff. – Naturalerfüllung  44 f., 168 – Opportunismus ex post  49 f., 51 f., 219 f., 223 f., 225, 238, 241 f., 245 – Prozesskosten 256 ff. – Referenzrahmen, gemeinsamer  536 ff. – Sanktion  44 ff., 167 f., 248 ff., 262 ff. – Schadensersatz  362 ff. siehe auch dort – Überinvestition (overreliance) 267 f. – Unmöglichkeit siehe dort – Vertragsbruch, effizienter 250 ff., 333 – Vertragsvereitelung (frustration) siehe dort Verteilungsgerechtigkeit  49 f., 177 Vertragsfreiheit 220 f. Vertragstheorie – Austauschgerechtigkeit siehe dort – Effizienz 22 f., 36, 217 ff. siehe auch Ökonomik des Vertragsrechts – Ethik  36 ff., 44 ff. – Freiheitssicherung 217 ff. – Konsequentialismus  34 ff. – Umverteilung 22 f., 49 f. siehe auch Verteilungsgerechtigkeit Vertragsvereitelung (frustration) siehe auch höhere Gewalt – Ereignis, frustrierendes  170 – Gehilfenfehler  171

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– Gemeinsames Europäisches Kaufrecht  537 f. – Leistungserschwernis  169 f. – Referenzrahmen, gemeinsamer  537 f. – Streik  171 – Vertragsziele  172 – Voraussetzung  169 f. Vertretenmüssen – Beschaffungsrisiko  379 ff. siehe auch dort – Garantie  410 ff. siehe auch dort – Informationspflichtverletzung  471 f. – Verschulden siehe dort – Verschuldenszurechnung  383 ff. siehe auch Erfüllungsgehilfe Vertretungskosten (agency cost) siehe Prinzipal-Agenten-Theorie Vertriebsorganisation siehe Unterneh­ mensorganisation vicarious liability 26 f., 29 f., 172 ff. – Arbeitnehmer (servant) 26, 172 – Beweisnot  176 f. – Deliktsrecht (torts)  172 f. – Gefährdungshaftung  176 – Ökonomik 200 ff. siehe auch Ökono­ mik der Drittverantwortlichkeit – Opferkompensation  176 ff. siehe auch Kompensationsprinzip – Präzedenzien  174 f. – Risiko-Nutznießungsgedanke  175 f. – Schadensstreuung, interne und externe  178 f. – Schadenswahrscheinlichkeit  176 – Unternehmer (independent contractor) siehe dort – Vermögensausstattung  177 f. vis maior  85, 97 Vollharmonisierung  14 f. vollständiger Vertrag  143, 233 ff. – Geschäftsgrundlagenlehre  303 f. – Gesetzesrecht 233 f., 234 ff. – heteronome Präferenzen 234 ff. – Heuristik 233 f. – Leistungsstörungsrecht 246 – Mitverantwortlichkeit  416 ff. – Rekonstruktion 246 f. – Zumutbarkeitsschwelle  325 Vorverständnis siehe Hermeneutik, juristische

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Sachregister

Widerrufsrecht  7, 61, 494 ff. – Anreize  495 f., 497 f. – Arbeitsteilung  494 ff. – Aufgreifkriterium  494 f. – Aufklärungspflichten  498 f. – Dritte  496 – ewiges  498 – Fernabsatz  496 ff. – Frist  498 f. – Informationspflichten  498 f. – Haustürgeschäft  496 ff. – Teilzeitwohnrechte  496 ff. – Schrottimmobilien  515 f. – Situationsbezug  495 ff. – verbundene Geschäfte siehe dort – Vertragsgegenstandsbezug  495 ff. – Verbraucherkredit  496 ff. Willensschuld  105 ff., 109 f. Wissensvertreter siehe Wissenszurech­ nung Wissenszurechnung  449 ff., 463 Wohlfahrtsökonomik  51 f., 70 f., 217 ff., 220 f.

Zitronenmarkt 255 f., 278 Zumutbarkeitsschwelle – Arbeitsteilung  338 f., 348 f. – Bindungswille  325 – Erfüllungsaufwand  332 ff. – Erfüllungsinteresse  326 ff., 329 ff., 336 f. – Ersatzbeschaffung  330 – Fehleinschätzung, richterliche  326 f. – Gegenleistung  334 – Kaufrecht  323, 339 ff. – Kontextualisierung  324 – Kooperationsgewinn  325 – Missverhältnis, grobes  324 ff. – Nacherfüllung siehe dort – Opportunitätskosten  333 – Pauschalierung  328 – Risikopräferenz  338 – Sekundäransprüche  329, 331, 336 – Vertretenmüssen  335 ff. – vollständiger Vertrag  325 – Werkvertrag  323, 339 ff. – Zeitpunkt  325