Arbeiterfrauen in der Kriegsgesellschaft: Beruf, Familie und Politik im Ersten Weltkrieg 9783666357473, 9783647357478, 5525357478, 1914191651, 9783525357477

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Arbeiterfrauen in der Kriegsgesellschaft: Beruf, Familie und Politik im Ersten Weltkrieg
 9783666357473, 9783647357478, 5525357478, 1914191651, 9783525357477

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Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft Herausgegeben von Helmut Berding, Jürgen Kocka Hans-Ulrich Wehler Band 84 Ute Daniel Arbeiterfrauen i n der Kriegsgesellschaf t

Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Arbeiterfrauen in der Kriegsgesellschaft Beruf, Familie und Politik im Ersten Weltkrieg

von

Ute Daniel

Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

ClP-Titelaufnahme de r Deutschen Bibliothe k Daniel, Ute :

Arbeiterfrauen i n der Kriegsgesellschaft : Beruf, Familie und Politik im Ersten Weltkrieg / von Ute Daniel. - Göttingen : Vandenhoeck u. Ruprecht, 1989 (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft; Bd. 84) Zugl.: Bielefeld, Univ. , Diss., 1986 ISBN 5-525-35747-8 NE: GT

Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaf t © 1989, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen. - Printe d in Germany. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Da s gilt insbesondere für Vervielfältigungen , Übersetzungen, Mikroverfilmunge n un d die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gesetzt aus Bembo auf Linotron 202 System 3 (Linotype) Satz: Gutfreund, Darmstad t Druck und Bindung: Hubert & Co., Göttingen

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Inhalt

Einleitung 1

1

1. Krieg al s Ereignis: August 1914 und die ersten Kriegsmonate . . . .

2

3

2. Frauenlohnarbeit i m Ersten Weltkrieg 3

5

2.1. Die quantitative Entwicklun g de r Frauenlohnarbei t 1914-1918. . 3

6

2.2. Arbeitsmarktpolitik un d Frauenlohnarbei t 1914-1918 5 1 2.2.1. Die Arbeitsmarktpolitik bis zur Gründune des Kriegsamts 1914-1916 5 1 2.2.2. Lebenssituationen un d Arbeitsmarktverhalte n vo n Arbeiterfraue n 1914-1916 6 1 2.2.3. Hilfsdienstgesetz, Kriegsam t un d di e Organisatio n de r Frauenarbei t 74 2.2.4. Arbeitsmarktpolitik unte r dem Hilfsdienstgesetz 8 8 2.2.4.1. Die Mobilisierung vo n Studentinnen 9 7 2.2.4.2. »Frauen aufs Land« 9 8 2.2.4.3. Frauenarbeitsfürsorge 10 0 2.3. Wahrnehmungsweisen 10 6 3. Familie im Ersten Weltkrie g 12

5

3.1. Familie im Krieg I: Reproduktion 12

7

3.1.1. 3.1.2. 3.1.3. 3.1.4.

Die demographische Entwicklung 12 Sexualität 13 Emotionale Beziehungen 14 Das Aufziehen vo n Kindern und die Sozialisation der Jugendlichen. . 15

7 9 7 1

3.2. Familie im Krie g II: Produktion/Konsumtion 16 3.2.1. Die Versorgung mit Geldmitteln: Die Familienunterstützung . . . . 16 3.2.2. Die Versorgun g mi t Konsumgütern : Bewirtschaftung , individuell e Daseinsvorsorge und die Stimmungslage der Bevölkerung 18 3.2.2.1. Voraussetzungen, Organisatione n un d Maßnahme n de r staatliche n Bewirtschaftung 18 3.2.2.2. Preispolitik und Lebenshaltungskosten 20 3.2.2.3. Die Rationierung 21 3.2.2.4. Die individuell e Daseinsvorsorge : Hausarbeit , Familienhamste r un d Volksstimmung 21

7 9 3 3 5 2 5

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4. Der Kampf um die Sinnstiftung de s Kriegs 23 4.1. Informelle Kommunikation und kollektives Handeln 24 4.2. Meinungsforschung un d Propaganda 24

3 1 9

5. Zusammenfassung un d Schlußbemerkungen 25

6

5.1. Emanzipation auf Leihbasis: Frauenlohnarbeit 1914-1918 . . . . 25 9 5.2. Emanzipation vo m System : Fraue n i n de r städtische n Arbeiter familie 1914-1918 26 5 5.3. Der Kampf um die Sinnstiftung de s Kriegs 27 4 Anmerkungen 27

7

Abkürzungsverzeichnis 36 Quellen und Literatur 36

7 9

Personenregister 39

3

Orts- und Sachregister 39

4

Verzeichnis der Tabellen Tab. 1: Mitgliederbewegung be i den Krankenkassen 1914-1919 Tab. 2: Die versicherungspflichtigen weibliche n Mitglieder bei 5328 Krankenkassen 1914/18 Tab. 3: Weibliche Mitgliede r de r gesetzliche n Krankenversicherun g i m Jahresdurchschnitt 1889-1913 Tab. 4: Die Entwicklung de r weiblichen Erwerbstätigkeit i n Bayern 1882-1916 Tab. 5: Arbeiter/innen i n Betrieben de s Regierungsbezirks Potsda m mi t 50 oder mehr Beschäftigten 1914-1918 Tab. 6: Entwicklung de r Beschäftigung erwachsene r Arbeiter 1914-1919 Tab. 7: Vorkriegsberufe bayerischer Pulverarbeiterinnen 1914/1916 Tab. 8: Die Beschäftigung vo n Kriegsgefangenen i n Deutschland 1916/17 Tab. 9: Von der Deutschen Arbeiterzentral e erfaßt e ausländisch e Arbeitskräft e in Deutschland 1916/17 Tab. 10: Mitgliederentwicklung de s Gewerkvereins de r Heimarbeiterinnen 19131919 Tab. 11: Beschäftigte i n der westfälischen Textilindustri e vo r und im Ersten Welt krieg Tab. 12: Freimachung von Militärpersonen unter dem HDG im Reich 1917 Tab. 13: Freimachung von Militärpersonen unter dem HDG in Bayern 1917/1918 6 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Tab. 14: Etappenhelfer/innen i n den besetzten Gebieten 1917/1918 Tab. 15: Zahl der Reklamierten in Preußen 1916-1918 Tab. 16: Die Arbeiter/innenfluktuation 1913/1917: Vermittlungsergebnisse der Arbeitsnachweise des Verbandes Bayerischer Metallindustrielle r Tab. 17: Die Fabrikpflege November 1917-Novembe r 1918 Tab. 18: Durchschnittslöhne der erwachsenen Arbeiter/innen 1914-1919 Tab. 19: Durchschnittslöhne sämtlicher Gewerbegruppen 1914-1919 Tab. 20: Heimarbeiter/innenlöhne vo r und im Krieg Tab. 21: Durchschnittliche Arbeiter-Jahresverdienst e i n 370 Unternehmen 1914— 1918 (Realverdienste) Tab. 22: Die Bevölkerungsbewegung i m Deutschen Reich 1913-1919 Tab. 23: Heiratszahlen im Deutschen Reich 1913-1918 Tab. 24: Geschlechterproportion i m Deutschen Reich 1910 und 1919 Tab. 25: Unehelich Geborene 1913-1919 Tab. 26: Allgemeine, eheliche und uneheliche Fruchtbarkeitsziffern 1913-1918 Tab. 27: Familien-, Einzel - und Anstaltshaushaltungen i n Bayern 1910 und 1916 Tab. 28: Größe der Familienhaushaltungen i n Bayern 1910 und 1916 Tab. 29: Verurteilungen Jugendlicher im Deutschen Reich 1913-1920 Tab. 30: Die Kriminalität der Daheimgebliebenen 1913/1917 Tab. 31: Monatliche Aufwendunge n fü r die Familienunterstützung (Mindestsätze ) in Preußen 1914-1918 Tab. 32: Lebenshaltungskosten un d Nahrungsmittelpreis e 1913-1919 (Indexzahlen) Tab. 33: Ausgaben de r Arbeiterhaushalt e fü r Ernährun g pr o Kop f un d Mona t 1907/08, 1917 und 1918 Tab. 34: Gewicht de r offiziellen Lebensmittelratione n i n % des Gewichts des Friedensverbrauchs Tab. 35: Die Sterblichkei t de r weibliche n Bevölkerung i m Deutsche n Reic h 1913-1918 nach Altersstufe n Tab. 36: Die Säuglingssterblichkeit i m Deutschen Reich 1910-1918 Tab. 37: Stand der weiblichen Kriminalitä t 1917 verglichen mi t dem Durchschnit t der Jahre 1911-13 Tab. 38: Delikte von Frauen gegen Staat und öffentliche Ordnun g 1911-1917 Tab. 39: Delikte von Frauen gegen das Vermögen 1911-1917

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Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 1986/87 von der Fakultät für Geschichtswissenschaf t un d Philosophi e a n de r Universitä t Bielefel d unter de m Tite l »Fraue n i n de r Kriegsgesellschaf t 1914—1918: Arbeiterfrauen im Beruf, Famili e und innerer Politik des Ersten Weltkriegs« al s Dissertation angenommen . Zu danke n hab e ic h vo r alle m meine m »Doktorvater« , Pro f Jürge n Kocka, fü r seine n Rat, sein e Unterstützung un d anregende Kritik. Wichti g waren fü r mic h auc h di e Hilf e un d Diskussionsbereitschaf t vo n Prof . Ri chard Grathoff , Prof . Kari n Hausen , Prof . Jürge n Reuleck e un d Prof . Hans-Ulrich Wehler . Korneli a Büker , Anneli e Buntenbach , Ut e Frevert , Olaf Hagedorn, Werne r Kummer, Evely n Schäfer , Ul i Schreitere r und Susanne Spatz waren mir wichtige Gesprächspartner . Den Archivarinne n un d Archivare n de r vo n mi r besuchte n Archiv e danke ich für di e Beratung un d das Interesse, mi t der sie die Quellenarbei t unterstützt haben. Ein Stipendium der Studienstiftung de s deutschen Volkes hat mir die Arbeit a n de r Dissertatio n ermöglicht . Di e Drucklegun g wurd e vo n de r Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert . Meine Elter n habe n mic h auc h durc h dies e Zei t de s Promovieren s mi t Anteilnahme und Freundlichkeit begleitet. Ihne n ist die Arbeit gewidmet . Siegen, Novembe r 1988

Ute Daniel

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Einleitung »Wenn man sieht, wie die entsetzlichen, sinnlosen , irrsinnige n Gegebenheiten des Lebens von hintennach zu Geschichte umgebogen werde n un d sich dann schließlich i n der Geschichtsübcrlieferung s o harmlo s un d einfac h lesen , al s se i alle r Schmerz und alle Not und das ganze Leiden der Seele davon abgestreift. . ., so könnte man wohl au f den Gedanken kommen, daß der Mensch mit der Geschichte nicht die Wiedergabe der Lebensereigniss e bezwecke , sonder n gerad e da s Umge kehrte: seine Ausheilung und Erlösung von allen den quälenden Begcgnissen seine s Geschicks ... In runde n Zahle n ausge drückt, kostete der sogenannte Weltkrieg, welcher von 1914 bis 1918 etwa 10 Millionen Menschen dahinraffte, de m Menschengeschlecht i n jeder Sekund e seine r Daue r 6000 Mark... Es gäbe keine elenden, kein e hungrigen Mensche n meh r auf Erden, wen n diese Werte und Kräfte stat t in den Dienst der auf Jahrhunderte hinaus wirkenden Selbstzerstörung in den Dienst der Vernunft gestell t worden wären. Aber im Jahre 1930 werden die Historiker beweisen, daß das alles historisch notwendig war: der große Krieg für die große Revolution, di e große Revolution für den großen Krieg; und so ins Unendliche weiter, denn wir Menschen sind - intellektuelle Wesen.« Theodor Lessing: Geschichte als Sinngebung des Sinnlosen.1 Der Kulturphilosoph Theodo r Lessing, de r diese Anklage der »Geschicht e als Sinngebung de s Sinnlosen« 1919 veröffentlichte, wurd e 1933 auf Betreiben de r Nationalsozialiste n ermorde t - von Vertreter n derjenige n politi schen Richtun g also , de r de r verloren e Krie g 1914—1918 zur Sinnstiftun g für di e Vorbereitun g eine s nächste n Kriege s diente . Nachde m 1945 dieser ebenfalls verlore n war , führt e di e veränderte politisch e Weltlag e dazu , da ß innereuropäische Gegensätze durch die globale Dichotomie der beiden Su permächte zunehmen d überform t un d dementsprechen d di e Inanspruch nahme de s Ersten Weltkrieg s fü r politisch e Zweck e seltene r wurde . Inso fern als sich Lessings Kritik an der Geschichtswissenschaft gege n ihre Rolle als Claqueur im machtpolitische n Sinnstiftungskamp f richtete, 2 ha t si e zumindest wa s de n Erste n Weltkrie g anbelang t - an Aktualitä t verloren . Höchst bedeutsa m bleib t jedoch fü r de n Versuch , de n Erste n Weltkrie g zum Gegenstan d eine r geschichtswissenschaftliche n Studi e z u machen , 11

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Lessings methodologisch e Kriti k a n de r »Vergemütlichung « al s Konter bande, di e jede post-festum-Darstellun g i n di e Analys e einschmuggelt , nämlich a n de r meis t nich t einma l beabsichtigte n »Art , wi e ma n mittel s Geschichte sich von den Tatsachen erlöst. . ., bis alles hübsch historisch ein Schriftstellerthema« geworde n ist. 3 Lessing s Verdik t übe r di e Geschichts wissenschaft al s Bukolik der Moderne fallt zum Teil in den Gegenstandsbereich de r Reflexion übe r Geschichte und Geschichtswissenschaft, zu m Teil in den Aufgabenbereich de r historiographischen Praxis. Es verweist au f die unvermeidliche Aporie jeder Umsetzung fremde n oder eigenen Erlebens in Darstellungen un d Analysen , Begriff e un d Bilder : ein e Aporie , di e sic h daraus ergibt, da ß bereits der Prozeß der Vermittlung auc h »unvorstellba rer« Not - und Tod-Situationen ihr e Vorstellbarkeit ebens o voraussetzt wi e bewirkt, d a di e begrifflich-bildliche Fassun g auc h noc h de r elendste n un d widerwärtigsten Situatione n dies e gewissermaße n dingfes t mach t un d da durch verharmlost; insowei t ist Lessings Metakritik de r Geschichtswissen schaft innerhal b de r Geschichtsphilosophi e z u diskutieren . Al s Mahnun g vor dem Überschuß an Sinnstiftung, de r in jedem historiographischen An satz angelegt is t - ob er nun seine Schneisen in die vergangene Gegenwar t von »oben « ode r vo n »unten« , vo n »rechts « ode r »links « schläg t - kann und mu ß jedoch da s Problem , da s Lessin g hie r angesproche n hat , i n de r geschichtswissenschaftlichen Praxi s reflektiert werden . In der westdeutschen Geschichtswissenschaf t geschieh t die s sei t einige n Jahren i m Dispu t u m di e sogenannt e Alltagsgeschichte . Sei n Verlau f un d heutiger Stan d sollen und können an dieser Stelle nicht resümiert werden. 4 Von Interess e ist hie r vo r allem , da ß in dieser Diskussio n di e vo n Lessin g angesprochene Problemati k vo m Standpunk t de r heutigen Geschichtswis senschaft au s formuliert un d präzisiert wird . Al s Kernpunkt de r Auseinan dersetzung erwie s sich dabei die Frage, w o der »eigentliche « Gegenstands bereich de r Geschicht e aufzufinde n sei , vo n de m di e Geschichtswissen schaft sic h be i Straf e de s Verluste s ihre r aufklärerische n Funktio n unte r keinen Umständen »erlösen« , vo n dem sie also auf keinen Fall abstrahieren dürfe: Sin d darunter di e anonymen Prozess e und Strukture n z u verstehen , die nich t i n de n wechselseitige n Intentione n de r Handelnde n aufgehen , oder di e Erfahrungen , Lebenswelte n un d Wahrnehmungsweise n derjeni gen Menschen , di e dies e Prozess e un d Strukture n erleben , erleide n un d möglicherweise an ihnen zugrunde gehen? Die Erkenntnis , da ß dies e Dichotomi e keinesweg s zwingen d ist , kan n inzwischen al s konsensfähige s Fazi t au s de r Diskussio n u m Alltagsge schichte versus Historische Sozialwissenschaft gezoge n werden . Ungeklär t ist hingege n imme r noch , wi e diese s allgemein e Postula t theoretisc h fun diert und in einer empirischen historischen Untersuchung eingelöst werde n kann. E s ist eine der mit der vorliegenden Studi e verbundenen Zielsetzun gen, fü r diese Fragen einen Lösungsvorschlag anzubieten . Darüber hinau s sol l di e Arbeit eine n Beitra g daz u leisten , di e Verknüp 12 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

fung vo n Erfahrungs - und Strukturgeschichte , wi e sie hier versucht wird , für di e historische Frauenforschung nutzba r zu machen. Den n die Denkanstöße un d Vorarbeiten , di e seit de n 70er Jahren vo n de r Frauengeschichts forschung entwickel t un d durchgeführ t werden , habe n i n gan z besonde rem Ma ß zu r Sichtbarmachun g de s Defizits beigetragen , da s die bisherig e Sozialgeschichtsschreibung hinsichtlic h de r Verbindun g vo n erfahrungs und strukturgeschichtlicher Analys e aufweist. Je intensiver nämlich weibli che Lebens - un d Arbeitszusammenhäng e zu m Gegenstan d historische r Untersuchungen gemach t wurden, dest o deutlicher stellte sich heraus, da ß ihre jeweilige konkret e Ausprägung nu r im gesamtgesellschaftlichen Kon text un d diese r wiederu m nich t ohn e sie analysierbar ist . Mittlerweil e ha t die Frauengeschichtsforschun g di e argumentative n un d inhaltliche n Vor aussetzungen dafür geschaffen , da ß sich nunmehr zunehmend die Erkenntnis durchzusetze n beginnt , e s sei nicht nu r möglich , sonder n unerläßlich , Geschlecht »al s grundlegende Kategori e soziale r un d historischer Realität , Wahrnehmung un d Forschung« einzuführen. 5 Die Richtigstellunge n un d Verfeinerungen , di e »Herstory « a n »History«6 anbringt, lasse n sich verknappt al s Entdeckung un d Untersuchun g der geschlechtsspezifischen Dialekti k vom Besonderen und vom Allgemei nen zusammenfassen : Frauengeschichtlich e Arbeite n habe n di e sondernd e Kraft de r sozialhistorische n Kategori e de s Geschlecht s vo r alle m dor t er wiesen, w o sie zeigen konnten, da ß angeblich geschlechtsneutral e Begriff e wie Klasse, sozialer Protest oder Familie wesentliche geschlechtsspezifisch e Differenzierungslinien verdecken , wen n si e unreflektier t verwende t wer den, un d indem sie belegten, da ß die Frauen- und Männerhäuser »primiti ver« Gesellschafte n wen n scho n nicht als Gebäude, s o doch als soziale und mentale Konstrukt e weiterexistier(t)en. 7 Umgekehr t eröffne t de r Begrif f »Geschlecht« al s sozialhistorisch e Kategori e di e Möglichkeit , au f eine r neuen Stuf e z u Verallgemeinerunge n i n Richtun g eine r Gesellschaftsge schichte z u gelangen , inde m e r erlaubt, »de n Plat z von Fraue n i m gesell schaftlichen Syste m z u verorten«. 8 Die s bedeutet, da ß di e Verhältnisse ei ner konkreten Gesellschaf t einerseit s au f geschlechtsspezifische Strukture n hin untersucht werden , di e sie ausbilden, un d andererseits auf die Art un d Weise, wi e Frauen an der Herausbildung, Aufrechterhaltun g un d Veränderung dieser gesellschaftlichen Strukture n beteiligt waren. Zu dieser Frauengeschichte im gesellschaftlichen Kontex t möchte die vorliegende Arbeit am Beispiel des Ersten Weltkriegs beitragen. Für diese zeitlich-inhaltlich e Schwerpunktsetzun g ware n dre i Gründ e ausschlaggebend. Ersten s kann man erwarten, da ß der Erste Weltkrieg de n großen Vortei l ereignishafte r geschichtliche r Phänomen e bietet , eine m Stein zu gleichen, de n man ins Wasser wirft: Das Ereignis »schlägt Wellen, schwemmt vom Grund Schlamm empor, de r das zutage fördert, was unter den Fundamenten des Lebens kreucht und fleucht. . . Durch seinen außergewöhnlichen, sensationellen , überraschende n un d erschütternde n Charakte r 13 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

löst das Ereignis eine Unzahl kritischer Beziehungen, eine Art Gewimmel von Diskursen aus . . . [Anläßlich U . D. ] dieses Eisaufbruchs vo n Worte n werde n Dinge ausgesprochen, di e im allgemeinen verschwiege n werden , vo n denen ma n nicht spricht, weil sie dem Bereich des Banalen, dem Alltag angehören und weil niemand daran denkt, uns über sie zu informieren, solang e die Dinge ihren gewohnten Lauf nehmen.«9 In diese m Sin n können , vo m Ereigni s »Erste r Weltkrieg « ausgehend , Schlußfolgerungen au f sozialhistorische Phänomen e möglic h werden , di e unter »normalen « Bedingunge n al s s o selbstverständlic h gelten , da ß si e keinen Eingan g i n denjenige n Tei l de r gesellschaftliche n Realitä t finden , der durch die Quellen überliefer t wird . Diese s beredte Schweigen vergan gener Normalitä t is t ei n notorische s Proble m sozialhistorische r Analyse n von Schichten , di e an der gesellschaftlichen Symbolproduktio n kau m oder gar nich t beteilig t waren , ode r von Untersuchunge n gesellschaftliche r Ba sisstrukturen wi e etw a de r Roll e vo n Fraue n i n der Gesellschaft , de s Verhältnisses zwische n Bevölkerun g un d Staa t ode r de r Interdependenze n zwischen individuelle r Reproduktion un d Gesamtgesellschaft . De r »Eis aufbruch vo n Worten«, de n der totale Krieg 1914-1918 tatsächlich auch für solche Bereich e bewirkte , di e der semantischen Tiefenstruktu r de r Gesell schaft des deutschen Kaiserreichs angehörten un d als solche immer Grund lage, abe r nu r höchs t selte n Gegenstan d überlieferte r Verbalisierunge n waren, deck t als o Sachverhalte , Wahrnehmungsweise n un d Bewertunge n etwa zu r Rolle von Frauen in der Gesellschaft ode r zur Einstellung de r Bevölkerung zu m Staa t auf , di e auch übe r de n Erste n Weltkrie g hinau s vo n Bedeutung sind . Zweitens fie l di e Wah l au f de n Erste n Weltkrie g al s zeitlich-situative n Bezugsrahmen, wei l mi t seine n erfahrungsgeschichtliche n Konsequenze n zwar i n Wissenschaf t un d Politi k häufi g argumentier t wird , ohn e da ß jedoch bislan g di e Alltags - un d Erfahrungsgeschicht e de r Kriegszei t hin sichtlich de r Zivilbevölkerun g insgesam t ode r einzelne r soziale r Gruppe n im Kontex t de r Kriegsgesellschaf t eingehende r untersuch t worde n wären.10 Drittens und vor allem aber war der hohe Stellenwert ausschlaggebend , den di e bisherige Literatu r de n Jahren 1914-1918 fü r denjenigen Verände rungsprozeß zuweist , de r grob al s die Überführun g de r gesellschaftliche n Frauenrolle des 19. Jahrhunderts in die des 20. Jahrhunderts bezeichnet wer den kann. O b als Indiz für dies e dem Ersten Weltkrieg beigemessen e Wir kung di e Einführung de s Frauenwahlrechts nac h Kriegsende ode r di e Zu nahme weibliche r Lohnarbei t i m Krie g dien t - eine meis t nu r vag e defi nierte »modernisierende« 11 Wirkun g de s Krieg s au f di e Situatio n vo n Frauen i n der Gesellschaf t wir d nich t selte n unterstellt. 12 Ein e Darstellun g des Ersten Weltkriegs unter frauengeschichtlichem Blickwinke l mu ß daher Stellung z u der Frage beziehen, o b die Auswirkungen de r Jahre 1914-1918 auf die Situatio n vo n Fraue n i n der deutsche n Gesellschaf t »emanzipatori 14 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

scher« Ar t waren oder nicht. Darüber hinaus sollte m. E. die jeweilige Ant wort au f diese Frag e so quellennah un d ausführlic h erfolgen , da ß die Diskussionen um »Frauenemanzipation« i m allgemeinen und besonders im Ersten Weltkrie g au f einer solidere n Grundlag e geführ t werde n können , al s dies bislang de r Fal l war. De r Begriff »Emanzipation « erwie s sic h nämlic h für die Zwecke frauengeschichtlicher Studie n als fragwürdiges analytische s Konzept, sobal d dies e nicht meh r vorwiegen d di e Geschichte de r Frauen bewegungen zu m Thema machten, sonder n sich zunehmend der Sozialge schichte vo n Fraue n auc h außerhal b vo n organisatorisch-politische n Kon texten widmeten . Den n spätesten s mi t diese m Wechse l de s Blickwinkel s kam das Vorverständnis ins Wanken, daß die Geschichte von Frauen als Erfolgsgeschichte eine s Kampf s u m Teilhab e a n politische r Mach t ode r al s verspäteter, abe r letztlich doc h linearer Modernisierungsproze ß eine s Teilbereichs der Gesellschaft schreibba r sei. Derartige Verlaufsmodelle wurde n brüchig, al s sich beispielsweise zeigte, wi e ambivalent sic h die Modernisierung de s Recht s zwische n de m ausgehende n 18. und de m beginnende n 20. Jahrhundert auf die Situation von Frauen ausgewirkt hat. 13 Sie verloren, um noch ein weiteres Beispiel zu nennen, a n Überzeugungskraft, j e deutli cher frauen - un d familiengeschichtlich e Arbeite n aufzeige n konnten , da ß die Herausbildun g de r moderne n Famili e un d Hauswirtschaf t de n Fraue n neben »emanzipatorischen « Entlastunge n und neuen Freiräumen auch neue Belastungen und Einengungen brachte. 14 Der Frage, wi e es nun mit der »emanzipatorischen « Wirkun g de s Ersten Weltkriegs auf die Frauen beschaffen war , sol l im folgenden i n zwei Schrit ten nachgegange n werden . I m Haupttei l de r Arbei t werden , ausgehen d von einem erfahrungsgeschichtlichen Ansatz , der noch vorzustellen ist, Le bens- und Arbeitsverhältnisse lohnabhängige r Fraue n 1914-1918 analysiert werden. Vo n einer Ausnahme abgesehen - die an gegebener Stell e begründet werde n wir d - kommt hie r de m Begrif f »Emanzipation « wede r ei n heuristischer noc h ein analytische r Stellenwer t zu . Diese m Vorgehe n lieg t die These zugrunde, da ß der Emanzipationsbegriff historisch e Realität nu r dann erschließe n kann , wen n e r erfahrungsgeschichtlic h aufkonstruiert , nicht aber , wen n e r a priori gesetz t wird . De m Versuch , »Emanzipation « erfahrungsgeschichtlich z u definieren un d auf der Grundlage der voraufge gangenen Darstellun g z u eine r Antwor t au f di e Frag e z u gelangen , wi e »emanzipatorisch« di e Auswirkunge n de s Krieg s au f di e untersuchte n Frauen waren, diene n dann im zweiten Schritt die Schlußbemerkungen. Im Mittelpunkt de r Untersuchun g stehe n Arbeiterfrauen, d . h. Lohnar beiterinnen un d nichtlohnarbeitend e Fraue n au s Arbeiterfamilien . Inner halb dieser Gruppe wiederum sind es die städtischen Arbeiterfrauen , dere n berufliche und familiäre Situatio n im folgenden das Thema sein wird. Zwe i Gründe waren für die Eingrenzung ausschlaggebend . Erstens beschränkt sic h die Arbeit au f die Untersuchung de r direkt un d indirekt lohnabhängige n Fraue n i m städtische n Umfeld , wei l dami t ein e 15 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Schicht vo n Fraue n eingegrenz t ist , fü r di e ein e i m Sin n de s gewählte n theoretischen Ansatze s ausreichend e Homogenitä t de r Reproduktions weise, de r durc h Sozialisation , Alltagswisse n un d Alltagskommunikatio n geprägten Wahrnehmungsmuste r sowi e der sozialökonomischen Situatio n innerhalb der Kriegsgesellschaft unterstell t werden kann. Zweitens erfolgt e di e Eingrenzun g au f städtisch e Arbeiterfraue n unte r der Annahme, da ß Klassen- und Schichtenzugehörigkeit be i Frauen wie bei Männern ei n konstitutives Elemen t ihre r soziale n Situatio n un d Wahrneh mungsweisen darstellt , vo n de m nich t abstrahier t werde n kann , un d da ß gerade diese schicht- und klassenspezifische Beschränkun g di e Möglichkei t bietet, sons t i n de r Rege l isolier t untersucht e Bereich e de s Alltagsleben s wie Beru f und Familie in ihrem inneren Zusammenhang z u analysieren. I n einigen Fälle n wird jedoch diese Eingrenzung bewuß t durchbrochen. Die s geschieht teil s im Interess e einer größeren Vollständigkeit : S o wird be i der Darstellung de r Frauenlohnarbeit im Ersten Weltkrieg auc h von der Mobilisierung vo n Fraue n für Angestelltentätigkeite n be i der Heeresverwaltun g und vo n Studentinne n fü r di e Munitionsindustrie di e Rede sein sowie vo n der Rolle der Frauenorganisationen i m Rahmen der Kriegsarbeitsmarktpo litik. Durchbroche n wir d di e strikte Eingrenzun g au f Arbeiterfrauen dar über hinau s auc h dort , w o di e Quellenlag e a n Differenzierthei t z u wün schen übri g läßt : Die s is t vo r alle m be i de n Date n zu r demographische n Entwicklung i n der Kriegszeit der Fall. Un d schließlich ergibt sich aus dem frauengeschichtlichen Ansat z noc h ein e dritte , i n diese m Fal l theoretisc h bedeutsame Durchbrechun g de s klassenspezifischen Analyseschemas : De r frauengeschichtliche Ansat z enthäl t bereit s di e Suchanweisun g nac h Stel len, a n dene n klassen - durc h geschlechtsspezifisch e Wirkungszusammen hänge deutlich überlagert , vielleich t soga r »ausgehebelt « werden . S o wird im folgende n di e soziale Gruppe der »Kriegerfrauen« , d . h. de r Ehefraue n eingezogener Soldaten , di e keinesweg s nu r au s Arbeiterfraue n bestand , daraufhin untersucht , o b ihre Mitglieder sic h dennoch - aufgrund eine r er kennbaren Homogenitä t de r sozioökonomische n Lage , infolg e ihre r Zu ordnung z u eine r einheitliche n Grupp e durc h ander e gesellschaftlich e Gruppen oder Institutionen und/ode r in ihrem eigenen Selbstverständnis als Angehörige der Gruppe »Kriegerfrauen« identifizierten . Auc h die Frage des sexuellen Verhalten s vo n Frauen in der Kriegszei t wurd e nich t nu r fü r Arbeiterfrauen akut : Hie r mu ß dan n vo n Arbeiterinnen , di e sic h mi t Kriegsgefangenen ihre s Betrieb s befreundeten , genaus o die Red e sein wi e von Bäuerinnen , di e sexuell e Beziehunge n mi t kriegsgefangene n Landar beitskräften unterhielten , welch e ihne n zugewiese n worde n waren . Ei n letztes Beispiel für die Notwendigkeit, de n klassenanalytischen Zugrif f ge gebenenfalls hinte r de n geschlechtsanalytische n zurücktrete n z u lassen , sind di e spezifisch weibliche n Einstellunge n zu m Krieg un d zur Kriegsge sellschaft un d die sich daraus ergebenden kollektiven Verhaltensweisen vo n Frauen. Zwa r zeig t bereit s ei n erste r Überblic k übe r di e Quellen , da ß e s 16 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

von allen Fraue n die Arbeiterfrauen gewese n zu sein scheinen, di e ihre kritische Haltun g zu m Krie g a m früheste n äußerten , a m radikalste n entwik kelten und die am häufigsten a n kollektiven Aktionen wie Lebensmittelun ruhen oder Streik s teilnahmen. E s wird jedoch z u zeigen versucht werden , daß au f der gesamtgesellschaftliche n Eben e eine der Trennungslinien zwi schen dem Stimmungslager de s zunehmend kritischen und demjenigen des eher »durchhaltewilligen « Teil s de r Bevölkerung entlan g de r Trennun g i n »die« Fraue n und »die « Männe r verlief; dementsprechend trit t auch hier die klassenspczifische hinte r der geschlechtsspezifischen Analys e zurück. Am Beispie l de r lohnabhängigen Fraue n im Ersten Weltkrieg sol l also zu zeigen versuch t werden , da ß ein e Verknüpfun g alltagsweltliche r Bezüg e mit de n dies e transzendierende n Ebene n wirtschaftliche r un d politische r Entscheidungen ode r sozialer Strukture n nich t nur möglich, sonder n auc h nötig ist . Di e Notwendigkei t eine r systematische n Verschränkun g ergib t sich daraus, daß, falls man diese Bereiche jeweils als quasi autonome gesellschaftliche Segment e behandelt , Bedingungszusammenhäng e au s de m Raster fallen , di e letztlich beid e Bereiche entscheidend mitpräge n un d ver binden. Z u fragen is t also danach, ob etwa die Bemühungen der staatlichen Arbeitsmarktpolitik i m Erste n Weltkrieg , Fraue n fü r di e Arbei t i n de r Kriegsindustrie z u mobilisiere n un d z u qualifizieren , nich t zuletz t dara n scheiterten, da ß di e Lebenssituatione n de r hierfü r i n Frag e kommende n Frauen un d die Art, i n der diese die ihnen nahegelegte Roll e in der Kriegsgesellschaft wahrnahmen , mi t de n Ziele n de r Arbeitsmarktpoliti k nich t vereinbar waren . Ebens o sol l di e staatlich e Nahrungsmittelbewirtschaf tung 1914—1918 unter anderem daraufhin untersuch t werden, inwiefer n di e politische un d wirtschaftliche Entscheidungsfindun g un d damit di e Struk tur der Kriegswirtschaft durc h die Wahrnehmung gepräg t wurde, di e Politiker, Militär s un d Verwaltunge n - teils antizipierend , teil s reagieren d von de n Denk - un d Verhaltensweise n »de s Volkes« , vo r alle m de r Arbei terfrauen, hatten . Un d be i de r Analyse de r zunehmend kritische n Einstel lung, di e die überwiegende Mehrhei t de r Bevölkerung spätesten s seit 1916 dem Krie g un d de r Kriegsgesellschaf t gegenübe r a n de n Ta g legte , wir d nicht zuletz t danac h z u frage n sein , inwiewei t un d unte r welche n Bedin gungen alltagsweltlich e Denkweise n politisch e Brisan z entwickel n konn ten; hier ist vor alle m de r Einfluß z u untersuchen, de n Denk- und Verhal tensmuster anonymer, unorganisierte r Menschenmassen au f die Herausbildung politische r Strukture n hatten , inde m beispielsweis e Regierun g un d Behörden - in Reaktion au f die Stimmung de r Bevölkerung - den staatli chen Funktionskatalo g u m di e Aufgab e staatliche r Massenpropagand a er weiterten. Umgekehrt is t davo n auszugehen , da ß die lebensweltlichen Bezüg e de r Arbeiterfrauen, o b es sich u m Lohnarbeit ode r Hausarbeit, u m ihre Situa tion i n de n Familie n ode r ihr e Bewußtseinslag e un d Protestaktione n han delt, ohn e Rückbezu g au f di e staatlich e Arbeitsmarkt - un d Bewirtschaf 17 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

tungspolitik, au f demographische Strukturdaten , Hypothese n übe r kollek tive Verhaltensmuster u . a. m. nicht analysierbar sind. Ein Versuch , »Mikro« - un d »Makro«-Histori e z u verbinden , wi e e r i n dieser Arbeit unternommen werde n soll, kan n zu seiner theoretischen Fundierung un d Problematisierun g au f Diskussionsvorgabe n zurückgreifen , die die phänomenologische Soziologi e einerseit s un d die marxistische Ge sellschaftswissenschaft Luk ácsscher Prägun g andererseit s bereitgestellt ha ben. Di e phänomenologisc h orientiert e Soziologie , gepräg t vo r alle m durch Alfre d Schütz , de r seinerseit s a n di e Erkenntnistheori e Edmun d Husserls und di e verstehende Soziologi e Ma x Webers anknüpfte, wurd e in den letzte n knap p 20 Jahren vo n Pete r L . Berger un d Thoma s Luckman n zum Entwur f eine r Theori e gesellschaftliche r Wirklichkeitskonstruktio n weiterentwickelt.15 Sein e wesentlichen un d für die vorliegende Arbeit relevanten Punkte sind, gro b skizziert, di e folgenden: - Es ist gerad e de r Doppelcharakte r de r Gesellschaft al s objektives Fak tum und subjekti v erfahrene s un d gedeutete s Gebilde (»subjekti v gemein ter Sinn«), de r sie zur »Realitä t su i generis« macht. »Objektiv « un d »wirk lich« sin d diejenigen Phänomene , di e in einer gegebenen Gesellschaf t z u einem bestimmten Zeitpunk t ungeachtet intentionale r Akt e vorhanden sind . Der subjekti v gemeint e Sin n is t nich t al s Individualkategorie , sonder n al s soziales Konstruk t z u verstehen: Al s gesellschaftlich erlernte s und vermit teltes »Wissen « übe r die Wirklichkeit de r Phänomene und ihre Beschaffen heit bilden die Menschen ein e historisch wandelbare und von ihrer jeweiligen Positio n i n de r Gesellschaf t abhängig e Wahrnehmungsweis e gesell schaftlicher Wirklichkei t aus. - Dieses Wissen regulier t da s Verhalte n de r Mensche n i m Alltagsleben . Es wird durc h Kommunikatio n vermittelt , di e in unterschiedlichem Gra d typisiert ist : A m wenigste n typisier t is t di e alltagsweltlich e face-to-face Kommunikation, a m stärkste n typisier t sin d die anonymisierten Kommu nikationsarten un d -inhalte . Ein e anonym e Kommunikationsar t lieg t vor , wenn sich ein typisierter Absende r a n einen typisierten Empfänge r wende t (z. B. »di e Behörden« a n »die Bevölkerung«); anonyme Kommunikations inhalte sin d solche , di e durc h nichtalltagsweltlich e Begrifflichkeite n ge prägt werde n (z . B. di e symbolische n Sprache n vo n Wissenschaft , Kuns t oder Politik). - Das Alltagswissen is t nach Relevanzen gegliedert , di e sich aus den unmittelbaren praktische n Zwecke n de r jeweils »Wissenden « un d Handeln den un d dere n konkrete r gesellschaftliche r Positio n ergeben . Dies e Relc vanzstrukturen prägen die Handlungs- und Wahrnehmungsweisen . - Die Einführun g de r Individue n i n die objektive Welt einer gegebene n Gesellschaft geschieh t durc h - historisch un d nac h soziale r Schicht , Ge schlecht un d anderen Kriterie n z u spezifizierender - Sozialisation . I n ihrem Verlauf, de r teils durch di e Familie, teil s durch ander e gesellschaftliche In stitutionen (Schule , Berufsorganisationen , Massenmedie n etc. ) gepräg t 18 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

wird, internalisiere n Individuen , Gruppe n un d Schichte n gesellschaftlich e Wirklichkeit al s ihren Handlungsrahmen . Di e alltägliche un d ni e beendete Internalisierung gesellschaftliche r Wirklichkei t un d ihre r Veränderunge n geschieht aufgrund de r »wirklichkeitsstiftenden Mach t des Gesprächs«. 16 - In arbeitsteiligen Gesellschafte n fuhr t di e Aufgliederung de r institutionellen Ordnun g un d di e dami t einhergehend e heterogen e Zuteilun g vo n Wissen z u de r Notwendigkeit , einerseit s au f individueller , gruppen - un d schichtenspezifischer Ebene , andererseit s au f der Eben e der Gesamtgesell schaft integrationsfähig e Bedeutungszusammenhäng e z u schaffen , di e di e bruchstückhaften Erfahrunge n un d Wissensvorräte de r Einzelnen und Ein zelgruppcn i n eine n sinnhafte n individuelle n bzw . gesellschaftliche n Zu sammenhang einordnen . E s entsteht dami t da s Proble m de r Legitimatio n und Akzeptanz institutioneller Regelungen . - In alltagsweltlichen Krisensituatione n könne n sic h aus diesem proble matisch gewordene n Sinnstiftungszusammenhan g »Subsinnweiten « ablö sen, di e ihr e gesellschaftlich-konkret e Struktu r verschiedene n Kriterie n verdanken könne n - z. B. Alter , Geschlecht , Klassenzugehörigkeit , Reli gion, abe r auch : gemeinsa m un d ähnlic h erlebt e Bedrückunge n - und di e sich durc h inkompatible Handlungs - und Wahrnehmungsmuster auszeich nen. Zu seh r ähnliche n Grundannahmen , wi e si e hie r i n de r »wissenssozio logischen« Terminologi e kur z umrissen wurden , komm t de r auf einer ma terialistischen Handlungstheori e basierend e Entwur f eine r marxistische n Soziologie, de r in Anschluß a n Georg Luk ács vo r allem vo n Agne s Helle r entwickelt wurde. 17 Sie geht von einem Alltagsbegriff aus, der enger gefaß t ist al s de r i m Rahme n de r phänomenologische n Soziologi e verwendete. 18 Da dies seine sozialhistorische Operationalisierbarkei t erleichter t un d de m verschärften Ausweiszwang , de m der Alltagsbegriff im Einzugsbereich der Sozialwissenschaften derzei t unterliegt, ehe r Rechnung trägt , wurd e dieser Arbeit der - mi t dem Berger/Luckmannschen Ansat z durchaus kompatibl e - Alltagsbegriff von Heller zugrunde gelegt: »Das Alltagsleben ist die Gesamtheit der Tätigkeiten der Individuen zu ihrer Reproduktion, welche jeweils die Möglichkeit zur gesellschaftlichen Reproduktio n schaffen . . . Jedoch kommt di e Reproduktion de r Gesellschaft nich t sponta n durch die Selbstreproduktion der Einzelnen zustande. Der Mensch vermag sich nur zu reproduzieren, indem er seine gesellschaftliche Funktion erfüllt: die Selbstreproduktion wird zu einem Moment der gesellschaftichen Reproduktion. Das Alltagsleben der Menschen vermittelt daher auf der Ebene des Einzelnen ein Bild von der Reproduktion der jeweiligen Gesellschaft. . . [Also vermittelt U. D. ]der Alltag . . . das Nicht-Alltägliche und ist zugleich desse n Vorschule . [E r is t U . D. ] insofern di e geheim e Hef e de r Ge schichte..., al s da ß di e großen , di e gesamtgesellschaftliche n Konflikt e au s den Konflikten des Alltagslebens hervorgehen, auf diese eine Antwort zu finden suchen und, sobald sie ausgetragen sind, wieder ins Alltagsleben zurückkehren, das sie umformen und umstrukturieren . . . «19 19 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

In »normalen« Zeiten , d . h. gesellschaftlichen Situationen , di e weder durch revolutionäre Prozess e noch durc h - die ganze Gesellschaf t umstrukturie rende - Kriege geprägt sind, ist das Alltagsleben »Fundament « de r sich aus ihm entwickelnden bewußte n und organisierten politischen Tätigkeit; diese transzendiert abe r zugleic h ihr e alltagsweltlich e Basis , inde m si e vo n ih r abstrahiert und erst so zu organisiertem Klassenhandeln wird . I n Zeiten revolutionären Umbruch s ode r totale r Krieg e verschwimme n di e Grenze n zwischen proto-politische m Alltagsdenke n un d -handel n un d »eigentli cher« Politik : I n solche n Krisensituatione n de s Alltag s is t nich t meh r di e Ablösung au s de m Bereic h de r Alltagskommunikatio n un d -tätigkei t di e Voraussetzung fü r die Politisierung gesellschaftliche r Zustände , sonder n es wird vielmehr die Alltagssituation selbst zum Politikum. 20 Für die Zwecke einer sozialhistorischen Analys e ganz allgemein un d des Ersten Weltkrieg s i m besondere n ergebe n sic h au s diesen Theorieansätze n mehrere zentrale Schlußfolgerungen : - Mögliche Gegenstandsbereich e sind alle Formen und Inhalte individu eller Reproduktio n eine r vorfindliche n Gesellschaf t i n eine m bestimmte n Zeitraum sowi e di e mi t ihne n verbundene n un d au f si e einwirkende n Wahrnehmungsweisen un d Sinnstiftungsprozesse. Fü r die vorliegende Un tersuchung wurde n zentral e Aspekt e weibliche r Lohnarbeit , de r Situatio n von Arbeiterfamilien un d der Teilhabe von Arbeiterfrauen a n der innenpolitischen Sinnstiftun g de s Ersten Weltkriegs ausgewählt. Dies e Konzentrie rung au f Beruf , Famili e un d Wahrnehmungsweise n de r Kriegssituatio n trägt de r Tatsache Rechnung, da ß dies die drei Bereiche sind, i n denen sich Alltagswissen un d Alltagshandeln im oben definierten Sin n ausprägt. - Die Bereich e individuelle r Reproduktio n sin d daraufhi n z u analysie ren, i n welcher Ar t und wie weitgehend si e durch Faktoren, di e außerhal b des Alltagslebens liegen, gepräg t wurden und wie stark sie ihrerseits in ihren Folge n übe r alltagsweltlich e Zusammenhäng e hinausgingen . De r ver wendete theoretisch e Ansat z konstituiert , u m e s noch einma l z u betonen , keine »Alltagsgeschichte « i m engeren Sinn : Er identifiziert gan z »traditio nelle« historiographisch e Theme n au s de n Bereiche n vo n Politik , Wirt schaft un d Kultu r al s relevant e Gegenstandsbereiche . E r verlangt jedoch, bei ihre r Untersuchun g grundsätzlic h danac h z u fragen , inwiewei t si e das Alltagsleben un d -handel n eine r bestimmte n gesellschaftliche n Grupp e oder Schich t strukturiere n un d wi e si e sic h i n de r Wahrnehmun g de r Be troffenen widerspiegeln . Darübe r hinaus identifiziert de r verwendete theoretische Ansatz das Alltagsleben einer bestimmten Grupp e oder Schicht im oben definierte n Sin n al s Gegenstandsbereich ; doc h geschieh t die s hie r ebenfalls mit der Suchanweisung, s o vorzugehen, da ß die Zusammenhänge des alltagsweltliche n Handeln s un d Wahrnehmen s mi t übergeordnete n Strukturen kenntlic h werden . I m folgenden sol l die s versucht werden , in dem im ersten Kapitel - das an die der Arbeit vorangestellte kurze Darstel lung de r erste n Kriegsmonat e anschließ t - die Zusammenhänge zwische n 20 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

quantitativer Entwicklun g de r Frauenlohnarbeit, staatliche r Arbeitsmarkt politik, sozialökonomische r Lag e der potentiellen oder tatsächlichen Lohn arbeiterinnen un d dere n Wahrnehmun g ihre r Situatio n deutlic h gemach t und i m zweiten Kapite l die Zusammenhänge zwische n staatliche r Bewirt schaftungspolitik un d Familienpolitik , demographische n Strukturen , Hausarbeit, Kindergebäre n un d -aufziehen i m Krieg und der hierauf bezogenen Wahrnehmung der Frauen dargestellt werden. - Weiterhin sol l untersuch t werden , welche r Ar t da s Wisse n übe r ge samtgesellschaftliche Institutionen , politisch e Verhältniss e etc. ist, da s sich in den alltagsweltlichen Bezüge n de r untersuchten Gruppe n und Schichte n entwickelt; wi e un d durc h we n e s kommunizier t wird ; i n welche m Ver hältnis e s zur politisch-institutionelle n Sinnstiftun g »vo n oben « steh t un d ob sic h erkennbar e »Subsinnweiten « ausprägen . Ebens o müsse n di e poli tisch-institutionellen Sinnstiftunge n selbst , ihr e Inhalte und Methoden un d ihr Erfolg ode r Mißerfolg be i der Errichtung, Stabilisierun g ode r Veränderung vo n Symbolwelte n analysier t werden . Beide s geschieh t i m dritte n Abschnitt diese r Arbeit, de r Inhalte und Strukturen de r informellen Kom munikation un d die staatliche Propaganda im Ersten Weltkrieg analysiert . Eine theoriegeleitete Heuristik mi t diesen Schwerpunkten stöß t notwen digerweise imme r wiede r a n di e Grenze n de s Quellenmaterials: Fü r viel e Bereiche alltagsweltlichen Denken s und Handelns ist der Mangel a n Quel len ebens o notorisc h wi e fü r di e Auswirkunge n alltagsweltliche r Struktu ren auf die »große « Politik. Die s sollte jedoch nich t als Entmutigung, son dern als Aufforderung verstande n werden , sic h mit Hilfe der vorhandenen sozialhistorischen Quelle n um die Rekonstruktion diese r Zusammenhäng e zu bemühen , inde m au s ihre r Analys e i n jeweils z u begründende r Weis e Thesen übe r direkt nicht Erschließbares gebildet werden . Ei n solcher Ver such de r Rekonstruktio n vo n Wahrnehmungsmuster n wir d vo r alle m i m Abschnitt über Frauenlohnarbeit unternommen . Abschließend sin d zwe i Besonderheite n de r gewählte n Darstellungs weise z u erwähnen, die , obscho n si e sich unte r Umstände n al s problema tisch erweise n können , ihr e inhaltlich e Rechtfertigun g i n diese m Fal l au s dem theoretische n Ansat z dieser Arbei t herleiten . Dies e spezifischen Dar stellungsweisen charakterisiere n di e Arbei t insbesonder e a n denjenige n Stellen, a n denen es um die Analyse von Wahrnehmungsweise n i m Wech selverhältnis »vo n oben « un d »vo n unten « gehe n wird . Di e Darstellun g wird dor t ersten s mehrfac h di e Beziehungsebene wechseln : Si e wird etw a zwischen de r Eben e behördliche n Handeln s un d Wahrnehmens , da s sic h auf die Situation von Frauen und Familien bezieht, un d der Verhaltens- und Wahrnehmungsweise diese r Fraue n selbs t überal l dor t wechseln , w o di e Verbindungslinien zwische n beide n Ebene n analytisc h rekonstruierba r oder selbst Teil der wechselseitigen Wahrnehmung sind. Zweitens wird an eben diesen Stellen häufiger un d länger zitiert werden. Dabei handelt e s sich nicht um die Folgelast de s »kindischen Triebes , de m 21 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Leser all das wörtlich aufzudrängen, wa s man sich zum Troste erlas, statt es den stumme n un d beruhigende n Untergrun d de r eigene n Red e bilde n z u lassen«.21 Di e Zitate dienen hie r vielmeh r al s der Bodensatz , au s de m sic h Wahrnehmungsmuster herauslese n lassen , un d könne n i n dieser Funktio n nur zu m Tei l durc h di e Paraphras e ersetz t werden . Fü r da s ausführlich e wörtliche Zitiere n au s Briefe n vo n »Kriegerfrauen « a n die Front , au s den Berichten übe r di e Stimmun g de r Bevölkerung , au s de n Gerüchten , di e kursierten, u . a . m . gib t es darüber hinaus noch einen weitere n Grund, de r wieder au f Theodor Lessing zurückverweist , vo n dem diese Einleitung ih ren Ausgang nahm : Die zitierten Aussagen vermitteln wenigsten s eine Ahnung davon, wi e der Krieg für Arbeiterfrauen un d andere als Erlebnisrealität beschaffen gewese n sein könnte - statt als »stummer und beruhigender« Untergrund fü r die Darstellung eine r Zeit zu dienen, di e laut und unruhi g war un d in der Menschen Leben lebten und Tode starben, dere n Bedrängt heit un d Leid nicht stärker al s nötig durc h den abständigen Analysesti l de r Wissenschaft »vergemütlicht« 22 werden sollte.

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1. Krieg als Ereignis: August 1914 und die ersten Kriegsmonate »Krieg, Krieg , da s Volk ist aufgestande n - es ist als wenn es vorher gar nicht dagewesen wäre und jetzt auf einmal da ist gewaltig und rührend.« K. Riezler (14. August 1914)1 Am Aben d des 31. Juli 1914 erschien um 20.00 Uhr »ei n Offizier mi t etw a einem Halbzu g un d eine m Spielman n au f de m [Hamburge r U . D.] Rat hausmarkt un d verla s nac h Trommelwirbe l di e Erklärun g de s Kriegszu standes. De r Aufzu g hatt e zu r Folge , da ß sofor t de r ganz e Rathausmark t voller Mensche n stand . De r Menge wird kaum kla r gewesen sein , woru m es sich handelte. Si e zerstreute sich auch sehr schnell wieder. «2 Der hier zitiert e Beobachte r vermutete , da ß kaum jemand de r vor de m Hamburger Rathau s Versammelte n i n de r Lag e gewese n wäre , diese s Ri tual al s Vollzug eine s 63 Jahre alten preußischen Gesetze s zu identifizieren , welches di e öffentliche Verkündigun g de s Kriegszustandes durc h Truppe n »bei Trommelschla g ode r Trompetenschall « vorschrieb. 3 Di e Vermutun g lädt i m Rückblic k au f den Ersten Weltkrieg z u Anknüpfungen ein : Ist dieser »anachronistische Zug « a m Beginn des Ersten Weltkriegs, der im nachhinein al s erste s vol l durchtechnisierte s »Menschenschlachthaus« 4 i n di e Geschichte einging, meh r als eine Absurdität? Und: Wer außerhalb der auf dem Hamburge r Rathausmark t versammelte n Menschenmeng e wußt e denn eigentlich, »woru m es sich handelte« be i dem, wa s da ausgetrommelt wurde? Beid e Frage n deute n au f de n gleiche n Sachverhal t hin : Nich t nu r die Rituale, di e den Begin n de s Erste n Weltkriegs markierten , ware n ana chronistisch, sonder n auc h di e au f ih n bezogene n Denkvorstellungen , Planungen un d Instrumentarien ware n es, und zwar gleichermaßen be i den »Zuschauern« un d de n »Trommlern« , als o bei Bevölkerung , Regierunge n und Militär . Di e Bemerkunge n eine s Briefschreiber s au s Niederbayer n vom Mär z 1917: » . . . daß [sic ] ist kein Krie g nich t meh r daß ist eine Men schenschlachterei pfu i Teufel . . . «5 bezeichnet genau die Differenz zwische n Vorstellungsvermögen un d Realität, di e in den letzten Monate n de s Jahres 1914 für die deutsche Gesellschaf t bestimmen d sei n sollte: Krieg wa r 1914 nur al s militärische s Ereigni s vorstellbar , nich t abe r als sich übe r meh r al s vier Jahre und die gesamte Gesellschaft erstreckende r Zustand . Diese r ana23 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

chronistische Erwartungshorizont 6 wa r es , de r de n erste n Kriegsmonate n das widersprüchliche Doppelantlit z verlieh. Ein e von kommenden Dinge n ungetrübte Massenbegeisterun g begleitet e einen von keiner Planun g abge milderten Einbruc h de r Kriegsbedingungen i n nahezu alle wirtschaftliche n und soziale n Verhältnisse . Wa s läß t sic h unte r diese n beiden , di e erste n Kriegsmonate bestimmende n Aspekte n - des »August-Erlebnisses « un d der kollektiven Burgfriedensmentalitä t einerseits , der überstürzten und ungeplanten Veränderun g de r soziale n un d wirtschaftliche n Verhältniss e an dererseits - über Fraue n aussagen ? Wa s war ih r Tei l a n dem »gewaltigen « und »rührenden « Auftritt , de n »da s Volk« i n Kur t Riezler s Auge n z u Be ginn des Ersten Weltkriegs auf der Bühne der Geschichte hatte? Ohne Zweife l wa r di e Existenz einer kollektive n Kriegsbegeisterun g i n den ersten Kriegsmonaten kein e Erfindung eine r zensierten Press e oder öf fentlicher Verlautbarungen . Dies e Begeisterung - wie sehr ihr auch imme r Propagandaaktivitäten de s Flottenverein s ode r andere r Terminologi e un d Richtung verliehe n habe n mögen - speiste sich aus den unterschiedlichste n gesellschaftspolitischen, soziale n un d emotionale n Hoffnunge n un d Be dürfnissen, welch e de r Nachwel t z u übermittel n i n de r Rege l allerding s Privileg de r schriftstellernden Mittelschichte n blieb. 7 Sie war aber durchaus schichten- und klassenübergreifend : »Kriminalbeamte, di e dienstlic h vie l i n Arbeiterkreise n z u tu n haben , wolle n e s kaum glauben , da ß es dieselben Leut e sind, di e noch vo r kurze m i n Protestver sammlungen di e Internationale hochlebe n ließe n un d jetzt patriotisc h überschäu men.«8 Nach de m erste n Sie g a n de r Ostfron t wa r e s nac h Ansich t de s Berline r Polizeipräsidenten nu r de r Mange l a n Fahnentuch , de r de m patriotische n Beflaggen de r Arbeiterviertel ei n Ende setzte. 9 Ernst Glaese r prägt e in sei nem Roma n »Jahrgan g 1902« fü r Augusterlebnis un d Burgfriedenseupho rie das Bild des Schützenfestes, i n dessen Verlauf sich kleinstädtisches Bür gertum, Sozialdemokrate n un d Gewerkschaftle r gemeinsa m a n Bie r un d Patriotismus berauschen . Un d de r jugendliche Protagonis t erfähr t nac h mehreren Glas Bier das »August-Erlebnis« a m eigenen Leib: »Neben mir sagte August: Jetzt sind sich alle Menschen gleich. E s gibt keine Unterschiede mehr.‹ ›Ja‹, lallte ich und versuchte vergeblich mit meinen Augen ein Gesicht zu erfassen, ›ich sehe auch keine Unterschiede mehr . . .‹«10 Nichts deute t darau f hin, da ß di e Teilhabe vo n Fraue n a n dieser affirmati ven Stimmun g sic h vo m Gesamteindruc k abgehobe n hätte . Männe r un d Frauen, Erwachsen e un d Jugendliche, Arbeite r un d Angestellte , Bürge r und Bauer n füllte n i n kollektive n Handlungen 11 di e offiziell e symbolisch e Deutung de s Kriegs al s Verteidigungskamp f de s einigen deutsche n Volke s mit Leben : Offensichtlic h unabhängi g voneinande r aufspringend e Ge rüchte, di e das ganze Reich wie ein informelles Kommunikationsnetz über zogen, bevölkerte n da s Land mi t feindliche n Brunnenvergiftern , französi 24 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

schen Automobilen , di e angeblic h eine n Tei l de s Parise r Kriegsschatze s nach Rußland transportierten, und-i n viele n Fällen als Frauen verkleidete n - Spionen. Dies e Gerüchteflut wa r Ausdruck un d gleichzeitig Verstärkun g des »August-Erlebnisses« , de r Grundeinstellun g also , di e die proklamiert e Einheit zwische n Staa t un d Bevölkerun g buchstäblic h zu m Erlebni s wer den ließ; die militärische Bedrohun g de s Staats wurde wie eine persönliche Bedrohung de r Einzelne n erfahre n un d fü r dies e Erfahrun g di e entspre chenden Bilde r (Spion e un d Brunnenvergifter ) kolportiert . Seh r of t mün dete diese in Gerüchten materialisiert e Grundhaltung i n Formen spontane n kollektiven Handeln s ein: »Als wir in Nienburg lagen , lie f ein anderer Zug ein, der von Bremen kommend österreichische Soldate n nach der französischen Grenz e beförderte. Plötzlic h ver breitete sich das Gerücht, ein russischer Spion hielte sich in diesem Zug versteckt. Im Nu hatte n wi r tausen d Marine r un s mit Steine n un d Brettern bewaffne t un d stürmten de n Zug unte r Ausrufen wildeste r Wut . Alle Wagen wurden außen, in nen, oben und unten durchsucht. ›Hier ist er!‹ Alles raste nach hinten. >Hie r ist er!< Alles raste nach vorn. Und dann fanden sie ihn unter der Lokomotive. Während er hervorgezogen wurde, bekam er schon blutige Schläge auf den Kopf, bis er sich als einer unserer eigene n Leut e erwies. E r war auf der einen Seit e suchend unter die Lokomotive gekrochen, und von der anderen Seite hatte man ihn als Spion hervorgeholt. «12 Es sind jedoch a n diese m einheitliche n Bil d un d Bil d de r Einheitlichkeit , soweit es die Frauen betrifft, noc h kleine, abe r nicht unwesentliche Korrek turen anzubringen. Die zu Beginn de s Krieges propagierte un d erlebte »Volksgemeinschaft « bezog Männer und Frauen in gleichem Maß ein. Der Schluß jedoch, die s als ein Nivellieren vo n rezipierte n Geschlechtsunterschiede n z u interpretieren, wäre irrig . Betrachte t ma n di e Rolle , di e den Fraue n i m öffentliche n Dis kurs der ersten Kriegsmonat e als ihr spezifischer Kriegsbeitra g zugewiese n wurde - das gesellschaftlich e Paradigma 13 »Fra u i m Krieg « als o -, deutet diese vie l ehe r au f eine stärkere Stereotypisierun g un d damit Verfestigun g als auf ein Verwische n geschlechtsspezifische r Zuschreibunge n hin . Leich t überspitzt formulier t könnt e ma n di e öffentlich e Beschreibun g ge schlechtsspezifischer Unterschied e - und dami t imme r zugleich : geschlechtsspezifischer Arbeitsteilun g -, soweit si e Widerspiegelun g de s Kriegszustandes war , s o zusammenfassen : »Mann « wir d identisc h mi t »Soldat«, »Frau « wir d identisc h mi t »wa s der Soldat verteidigt « un d »we r den Soldate n pflegt « sowi e »we r di e Angehörigen de s Soldaten versorgt« ; die Merkmalszuschreibun g »we r de m Soldate n di e Munition liefert « ka m erst im weiteren Krieg s verlauf hinzu. S o hieß es im Aufruf der bayerischen Königin Marie Therese vom 2. August 1914 an die bayerischen Frauen: »Euch aber, denen es nicht vergönnt ist, mit Blut und Leben für des Vaterlands Ehre einzutreten, bitt e ich innigst nach Kräften mitzuwirken zur Linderung der Not je25 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

ner Braven, welche das feindliche Geschoß oder die Beschwerden des Krieges verwunden oder siech zu Boden werfen. S o stellt Euch denn . . . in den Dienst des Roten Kreuzes , gleic h meine n Töchter n Hildegard , Helmtrud e un d Gundelinde. « Auch in der Heimat müsse geholfen werden. »Mein e Töchter Adelgunde und Wiltrude arbeiten au f diesem Fürsorgegebie t mit . . . Bayerns Frauen und Jungfrauen werden wie im Feldzuge 1870-71 ihre vaterländische Pflicht erfüllen, da s weiß ich, denn solcher Frauendienst ist gottgefällig.« 14 Mehrere sozialdemokratische Parteizeitunge n veröffentlichte n Anfan g Au gust eine n Aufru f Friedric h Stampfers , i n dem es hieß: »Wi r wollen nicht , daß unser e Fraue n un d Kinde r Opfe r kosakische r Bestialitäte n werden.« 15 In den folgende n vie r Jahren wurd e da s gesellschaftlich e Paradigm a »Fra u (im Krieg)« durc h zusätzliche Merkmale angereichert und stärker als in den ersten Kriegsmonate n Gegenstan d konkurrierende r Definitionen . De r komplementäre Charakte r de r Geschlechterrollen, wi e er in den Zuschrei bungen am Anfang de s Krieges betont wurde, blieb jedoch bestehen. Die Komplementaritä t de r Geschlechtsrollenzuweisunge n wiederholt e sich au f einer andere n Ebene . Analo g z u der akzentuierten Trennun g zwi schen männliche r un d weibliche r Teilhab e a m Krie g verlie f ein e ebens o scharf gezogene Lini e zwischen Fraue n und Männer n jeweils diesseit s und jenseits der Fronten. Di e Begriffe »patriotisch e Frau« und »feindlich e Frau « im Krieg spielte n ein e wichtig e Roll e in der nach außen wie auf die eigene Bevölkerung gerichtete n Kriegspropagand a alle r beteiligte n Staaten . A n dieser Stell e ma g ei n Beispie l genügen , da s diesen zweite n Aspek t de s gesellschaftlichen Frauenbilde s mi t den Worten eines achtjährigen Zeitungsle sers zusammenfaßt : »Montag, den 17. August 1914. Heute habe ich von lauter Greueltaten gelesen. Die Belgier sind nämlich sehr hinterhälterige Menschen, und das heißt man auf deutsch ›Frankierisch‹ [Franktireur s U. D.]. Sie schießen aus den Dachfenstern heraus, oder sie locken unser e Soldate n i n ihr Haus hinein, un d dort werden sie vergiftet un d dann ermordet . Auc h Kanäl e [Kanaille n U . D.] gibt e s in Belgien , da s sin d di e Frauen, dies e sitze n i n heimliche n Ecke n und knallen drau f los, wenn ei n Solda t vorbeigeht, dami t dieser recht erschrickt und oft auch tot hinfällt. Di e Belgier lassen aber in ihre Zeitungen hineindrucken , da ß die Deutschen grausame und blutrauschige Barbaren sind, die ihre Feinde auf den Erdboden hinnageln, ihnen Ohren und Nasen abschneiden und kleinen Kindern und Säuglingen ganz ohne Grund die Augen aussteche n un d in rohe m Zustand zu m Frühstüc k auffressen . Pap a glaubt aber nicht, daß deutsche Soldaten kleine Kinder ganz roh verspeisen.«16 In eine r spätere n Tagebucheintragun g desselbe n eifrige n Zeitungsleser s hieß es : »Viel e deutsch e Fraue n un d Fräulei n schmeichel n imme r mi t de n französischen Gefangenen , w o sic h doc h sowa s nich t gehört.« 17 Dami t is t eine Folg e vo n Ereignisse n angesprochen , di e di e zweit e Korrektu r a m oben skizzierte n »August-Erlebnis « erforderlic h macht . Al s di e erste n Transporte mi t kriegsgefangene n Franzose n i n Deutschlan d einrollten , wurde ihne n vielerort s insbesonder e durc h Fraue n ei n Empfan g bereitet , 26 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

dessen freundlich e Not e eine n Aufschre i de r Empörun g i n Zeitungsarti keln, Leserbriefe n un d Eingaben zur Folge hatte.18 Wo da s »würdelose « Verhalte n de r Fraue n überhaup t nähe r charakteri siert wurde , bestan d es darin, da ß sie den Gefangenen au f Bahnhöfen ode r in Gefangenenlager n ein e in de n Auge n de r Kritike r z u gut e Verpflegun g zukommen ließen . Di e Regalierung Gefangene r mi t Wei n und Schokolad e erfüllte de n Tatbestan d unpatriotische n Verhaltens . S o heiß t e s i n eine m Befehl des Linienkommandanten vo n Elberfeld an die Bahnhöfe: »Deutsche Frauen und Mädchen haben sich bei Durchfahrt vo n Kriegsgefangene n teilweise würdelo s benommen . Ersuch e Bahnhofskommandanten , i n schärfste r Weise einzuschreiten, sobal d unsere nationale Ehre durch solche Elemente angetastet wird.«19 Andere Militärkommandante n erließe n ähnlich e Bekanntmachungen, 20 führten a n einige n Orte n fü r solch e Fraue n auc h wiede r de n Prange r ein : Sie sollte n festgehalte n un d ihr e Name n veröffentlich t werden , verfugt e das Stuttgarter Generalkommando. 21 Und wenn ein Stabsarzt eine Frau aus gleichem Grun d coram publico ohrfeigte,22 ohn e öffentliche Kriti k z u ernten, unterstreich t die s einmal mehr , woru m e s sich hier handelte: De n betreffenden Fraue n wurde nicht etwa die Vergeudung vo n Nahrungsmittel n vorgeworfen, sonder n ei n Versto ß gege n de n Kode x patriotische n Verhal tens. Welch e Motive di e Frauen zu ihrem Verhalte n bewogen habe n könn ten, mu ß hie r dahingestellt bleiben . Ih r Verhalten un d die öffentlichen Re aktionen darau f sin d jedoch ei n sichere s Indi z dafür , da ß Kontakte zwi schen deutsche n Fraue n un d Kriegsgefangene n i n de r öffentliche n Wahr nehmung un d Kontroll e weibliche n Verhalten s konfliktträchtig waren : Es war nich t di e z u gut e Versorgun g de r Kriegsgefangenen , di e Ansto ß er regte, sonder n die sich darin manifestierende Zuwendun g deutsche r Frauen zu »feindlichen « Männern . Die s bestätigte sic h im weitere n Kriegsverlauf , als immer meh r Kriegsgefangene al s Arbeitskräfte eingesetz t und damit die Möglichkeiten ihre s Kontakts zur weiblichen Bevölkerung ständi g vergrö ßert wurden. »Des Wirtschaftsleben s bemächtigt e sic h zunächs t ein e jäh e Bestür zung.«23 S o leitete die Stadt Neuköll n ihre n Kriegsverwaltungsbericht ein , und s o ware n auc h di e Auswirkunge n de s Kriegsbeginn s au f di e lohnab hängigen Frauen beschaffen. Materiel l betrachtet bestanden sie in einem allgemeinen Verlus t an Geldeinkommen: Di e eingezogenen Männe r fiele n al s Verdiener aus , di e lohnarbeitende n Fraue n verlore n infolg e de r Produk tionsstockungen i n zahlreichen Fällen ihre Arbeitsplätze. Es ist wichtig, sic h den Umfang diese s Einbruchs z u vergegenwärtigen . Bis End e 1914 wurden run d 40% aller Wehrpflichtige n eingezogen. 24 Nimmt ma n an , da ß von diese n ca . 5½ Mio. Männer n gu t di e Hälfte ver heiratet wa r - dies ist da s Verhältnis vo n 1915, als von 9 Mio. Eingezoge nen rund 5 Mio. verheirate t ware n und damit wei t über 1/3 aller Ehemänne r 27 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

eingezogen -, 2 5 belie f sich die Zahl de r End e 1914 Front- oder Garnisons dienst leistenden Ehemänner auf etwa 2¾ Mio. Die Zahl der von der Mobilisierung de r Männe r finanziel l betroffene n Familie n und Frauen muß aber noch um einiges höher angesetzt werden, d a nicht nur verheiratete Männer Angehörige unterstützten . Un d di e weibliche Arbeitslosigkei t nah m 1914/ 15 einen derartige n Umfan g an , da ß e s im Stichwortverzeichni s de s »Ar chivs fü r Frauenarbeit « 1915 nur meh r lakonisc h heißt: »Arbeiterinne n siehe Arbeitslosigkeit« . Nac h eine r Statisti k de r Fachverbänd e fü r Augus t 1914 kamen au f 100 männliche Mitgliede r insgesam t 19,9 Arbeitslose, au f 100 weibliche Mitgliede r 31,9 Arbeitslose - in mehrere n Verbände n wa r über di e Hälft e de r dor t organisierte n Fraue n arbeitslos. 26 I n Nürnber g zählten di e Freie n Gewerkschafte n unte r ihre n Mitglieder n a m 1. August 2084 Arbeitslose, vo n dene n 21 % Frauen waren , a m 1. September 11 985 Arbeitslose, vo n dene n 43% Frauen waren , un d a m 1. Oktober 8183 Arbeitslose, darunte r 55% Frauen.27 Diese r i m ganze n Reic h überproportio nal hoh e Antei l de r Fraue n a n de r kriegsbedingte n Arbeitslosigkei t hatt e mehrere Ursachen . Vo n diese n is t di e Mobilisierun g de r Soldaten , di e di e männliche Arbeitslosigkei t i m Gegensatz zur weiblichen zunehmend redu zierte, natürlic h di e augenfälligste . W o die s nich t automatisc h passierte , weil di e arbeitslosen Männe r nicht den zuerst einberufene n Jahrgängen an gehörten, versuchte n viele , ihr e vorzeitig e Einberufun g z u erreichen. Wi e der kommandierend e Genera l de s VII. AK Münste r i m Septembe r 1914 mitteilte, gingen viel e Landsturmpflichtig e »sogar soweit , mic h inständigs t u m Einberufung zu m Heer zu bitten, dami t auf diese Weise nicht bloß sie selbst der Sorge um ihre Existenz enthoben sind, sondern auch ihre Angehörigen de r staatlichen un d kommunalen Unterstützun g teilhafti g werden. Selbstverständlic h kan n ich diesen letzteren Gesuche n nicht entsprechen, da die Armee keine Versorgungsanstalt für finanzschwache Existenzen ist.«28 Die Einziehun g männliche r Arbeitskräft e bewirkt e nich t nu r formalstati stisch eine überproportional hoh e weibliche Arbeitslosigkeit, sonder n auch ganz real : Gerad e di e Einziehun g männliche r (Fach-)Arbeitskräft e verur sachte di e Stillegun g zahlreiche r Betriebsabteilunge n ode r ganze r Betrieb e und damit die Entlassung unqualifizierter Arbeitskräfte. 29 Die anderen Faktoren, di e di e hoh e Frauenarbeitslosigkei t bedingten , ware n strukturelle r Art: di e Konzentrierun g weibliche r Lohnarbei t au f diejenige n Industrie zweige, di e vo n de r Umstellun g au f di e Kriegswirtschaf t besonder s har t getroffen wurde n (ζ. Β. die Textilindustrie) ; de r generel l niedrig e Qualifi ­ kationsstand de r weiblichen Lohnarbei t und die familienbedingte geringer e Mobilität de r Frauen auf dem Arbeitsmarkt un d damit ihre geringere Kon kurrenzfähigkeit. Hinz u ka m ein e groß e Zah l arbeitslose r weibliche r Dienstboten, di e vo n ihre n »Herrschaften « teil s panisch , teil s patriotisc h bedingt entlassen worden waren. 30 28 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Zur Hauptaufgab e staatliche r un d gemeindliche r Sozialpoliti k nac h Kriegsbeginn wurd e es somit, de n Absturz weiter Kreis e der Bevölkerun g und vor allem der Frauen und Familien in einen mehr oder weniger geldlo sen Zustan d abzumildern . Die s gescha h vo r alle m durc h di e Gewährun g einer Kriegsunterstützun g a n di e Familie n de r eingezogene n Soldaten . Diese Familienunterstützun g beruht e au f dem »Geset z betreffen d di e Un terstützung vo n Familie n i n den Diens t eingetretene r Mannschaften « vo m 28. Februar 1888 und 4. August 1914 und sa h di e Zahlun g vo n durc h di e Städte un d Kreis e vorzuschießende n Reichszuschüsse n a n di e Familie n vor.31 Da s Gesetz schrieb vor, da ß die Reichszuschüsse durch die Kommu nen bis zur Hebung der zur Bedingung gemachte n Bedürftigkei t de r Empfänger aufzustocken waren . Berechnungen au f der Grundlage von Individualdate n au s der Kartei der Berliner Unterstützungsbehörde n ergabe n hinsichtlic h de r Veränderung i n der Lebenshaltun g unterstützte r »Kriegerfamilien « folgend e Momentauf nahmen für den Übergan g vo m vorherige n Geldeinkomme n au f di e Kriegsunterstützung. Da s Durchschnittseinkommen vo n Familie n gelern ter Arbeite r mi t eine m Kin d san k vo n 128,52 Mark au f 30,00 Mark pr o Monat (23,34%), dem eine Mietverpflichtun g vo n durchschnittlic h 26,71 Mark pr o Mona t gegenüberstand . Mi t zunehmende r Kinderzah l - die be i der Bemessun g de r Unterstützun g z u Buch e schlu g - verbesserte sic h di e Relation etwas , s o daß die Famili e eines gelernten Arbeiter s mi t vie r Kin dern immerhin noc h 49,56% des vorigen Lohn s des Ehemanns bezog. Fü r Familien ungelernte r Arbeite r mi t einem Kin d san k da s Durchschnittsein kommen mi t Bezu g de r Kriegsunterstützun g vo n 99,62 Mark au f 30,00 Mark (30,11 % ), dem eine durchschnittliche monatlich e Mietverpflichtun g von 20,61 Mark gegenüberstand . Da s Vorhandensein vo n vier Kindern er höhte in diesem Fall den Prozentsatz auf 69,73%. Familien ungelernter Ar beiter mi t mindesten s neu n Kinder n gehörte n z u der rare n Kategori e vo n Lohnabhängigen, dene n di e Kriegsfürsorg e ein e »Gehaltsaufbesserung « bescherte: Sie erhielten 116,31 % des bisherigen Lohns des Ehemannes (alle Zahlen einschließlic h de s 100%ige n kommunale n Zuschlag s Berlins). 32 Von den knapp 3800 Gemeinden mit mehr als 2000 Einwohnern ergänzte n allerdings bi s End e Septembe r nu r 926 die äußers t knap p bemessen e Reichsunterstützung; bi s Ende Januar 1915 waren e s 1729, darunter auße r Saarbrücken bereits alle Großstädte.33 In vielen Gemeinden wurde eine spezielle Mietunterstützun g notwendig , u m ein e Exmittierung de r »Krieger familien« z u vermeiden. 34 Auc h größer e Betrieb e beteiligte n sic h a n de r Unterhaltssicherung de r Familie n ihre r eingezogene n Arbeiter . Arbeits losenunterstützung, für die in der ersten Kriegszei t wede r Reich noch Länder ein e Verantwortlichkei t anerkannten , wurd e durc h Gemeinde n un d Gewerkschaften ausgezahlt . Bi s End e Oktober 1914 verausgabten di e Gewerkschaften dafü r 12,8 Mio. Mark. 35 Was passier t nun , wen n ma n dies e notwendigerweis e seh r statische n 29 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Momentaufnahmen de r Situatio n lohnabhängige r Fraue n i n de n erste n Kriegsmonaten wiede r da s Laufen lehrt , inde m ma n ihnen Raum und Zeit zurückgibt? Fü r den Düsseldorfer Regierungsbezir k mach t die Quellenlage es möglich. I n den erste n Woche n is t da s Bild noc h seh r einheitlich. 36 De r Andrang de r Männe r zu m Kriegsdiens t wa r s o groß, da ß viele Freiwillig e abgewiesen werde n mußte n - einzige Ausnahme wa r in dieser Hinsicht die Bürgermeisterei Hubbelrath ; un d de r »Wettstrei t de r Fraue n un d Jung frauen, sic h vaterländisch z u betätigen«, 37 macht e auch vor den Frauen der Arbeiterschaft nich t Halt . Di e industrielle Arbeitslosigkei t wa r eine ebenso allgemeine Erscheinung wi e die beginnende Preissteigerung fü r Nahrungsmittel, welch e durc h Vorratskäuf e de r über genügend Barmitte l verfügen den Familien und der Gemeinden noch verschärft wurden . Di e von zahlreichen Gemeinden verfügte n Preisstops, 38 mit dene n de n »schmutzige n un d unpatriotischen Bewucherungsversuche n de r Händler« 39 entgegengetrete n werden sollte , wurde n meis t nach einigen Woche n wieder aufgehoben. A b jetzt beganne n sic h di e Einwirkunge n de s Kriegs au f die soziale Lag e de r lohnabhängigen Fraue n und Familien stärke r auszudifferenzieren. Da s Einsetzen de r Heeresaufträg e verringert e i n viele n Orte n di e Arbeitslosigkei t bis End e 1914 ganz erheblich , z . B. i n de n Landkreise n Essen , Mönchen gladbach, Grevenbroich , Kempen , Lennep , Mettman n un d Opladen , i n den Städte n Duisburg , Essen , Mülheim , Neuss , Oberhausen , Remschei d und Rheydt, wen n auc h in der Regel fü r Frauen langsamer al s für Männer . Städte wi e Krefeld , Elberfel d un d Barme n dagegen , dene n ein e speziali sierte textilindustriell e Produktionsstruktu r di e Umstellung au f Heeresauf träge erschwerte, hatte n - als Duisburg, Essen , Mülheim, Oberhause n und Düsseldorf bereits übe r Arbeitermange l z u klagen begannen 40 - noch ein e hohe Arbeitslosigkei t z u verzeichnen. 41 Al s ebenso wichti g fü r di e sozial e Situation de r Arbeiterfamilie n erwie s sic h ein e ander e Differenzierungsli nie, welch e zwa r scho n vo r de m Krie g existier t hatte , jetzt abe r eine gan z neue Dringlichkei t erhielt , di e sic h i m weitere n Kriegsverlau f noc h ver schärfen sollte . Au f de r eine n Seit e diese r Lini e fande n sic h Familien , di e sich nahez u ausschließlic h übe r de n Mark t reproduzierten : di e als o Miet e zahlen un d Lebensmitte l grundsätzlic h kaufe n mußten ; au f ihre r andere n Seite standen Familie n mi t eigene r Wohnun g und/ode r einem Stüc k Land , das si e fü r ihr e eigen e Ernährun g nutze n konnten . Al s Faustrege l konnt e gelten: Je größe r di e Integration eine r Arbeiterfamili e i n den Markt war, je mehr si e ihr e Lebensbedürfniss e als o übe r Geldbeziehunge n befriedige n mußte, dest o stärke r wurd e si e von de r Kriegssituatio n i n Mitleidenschaf t gezogen. Di e Zah l de r Arbeiterfamilien , di e sich »doppelgleisig« , sowoh l über de n Mark t i n Geldbeziehunge n al s auc h durc h landwirtschaftlich häusliche Produktio n zu m Eigenbedar f ode r zum Verkau f reproduzierten , scheint auc h i n star k industrialisierte n Gebiete n nich t gerin g gewese n z u sein.42 Was den Regierungsbezir k Düsseldor f betrifft, wa r hier diese Form der Arbeiterhaushalt e i n de n Landkreise n Kleve , Dinslaken , Düsseldorf , 30 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Essen, Grevenbroic h un d Neus s relativ verbreitet , i m Krei s Lennep dage gen offensichtlich di e Ausnahme. Am eine n End e de r Skal a befande n sic h Arbeiter - un d »Kriege r «familien, dere n sozial e Lage bei Kriegsbeginn nur eine geringfügige Verschlech terung, mitunte r soga r ein e Verbesserung erfuhr . Fraue n au s diese n Fami lien hatte n nu n manchma l meh r Bargel d zu r freie n Verfügun g al s zuvor : Sie erhielten da s Geld direkt au f die Hand , nich t meh r vermittel t übe r die männlichen Verdiener , un d i n vielen Familie n entfiele n mi t de n Männer n die Hauptkonsumenten. Da ß diese Frauen das Geld auch ausgaben, erregt e nachhaltiges öffentliches Ärgernis : »Leider wissen viele Frauen mit dem Gelde nicht umzugehen. S o wird gerade jetzt in den Arbeiterkreisen unverhältnismäßig vie l Geld für Schleckereien, Put z und andere Luxuszweck e ausgegeben . Viel e Frauen vernachlässigen i n Abwesenhei t des Ehemannes Haushalt und Kinder und ernähren diese und sich selbst mit Butterbröden und Fleisch. Ohn e in unzulässigem Maß e zu verallgemeinern kan n man doch schwere Übelstände in den Arbeiterkolonien nicht in Abrede stellen. Die Ursache liegt woh l darin, daß das Geld zu leicht erworben, nich t regelrecht verdien t wird, und daß viele Frauen mit ihrem Ehemanne den festen Halt verloren haben, der ihnen nun nicht durch die Not ersetzt wird. «43 In dieses Klagelie d de s Landrats vo n Moer s nac h de m Mott o »di e No t i m Haus erspar t de n Ehemann « sollte n i n de n folgende n Jahre n noc h viel e Stimmen einfallen . Si e prägte n da s gesellschaftlich e Paradigm a »Krieger frau« bi s zum Kriegsende . Au f dem anderen End e der Skal a befanden sic h Familien ohn e eigene Wohnung und/ode r Landbesitz, di e nicht aus mehreren Quellen unterstütz t wurde n und sich womöglich noch verschuldet hatten; die s wa r be i de n »Kriegerfamilien « nich t selte n de r Fall , den n di e mi t den jungen Jahrgängen de r Männe r einsetzend e Mobilisierun g fie l häufi g gerade i n di e Phas e de s Familienzyklus', i n der di e fü r di e Haushaltsgrün dung aufgenommenen Schulde n abzuzahlen waren. 44 Einen Einblic k i n die Situatio n de r am Ran d de s Existenzminimums le benden Fraue n und Familie n ergebe n Liste n de r Städt e und Kreis e des Regierungsbezirks Düsseldor f vo m Februa r 1915, in dene n einig e besonder s Bedürftige fü r ein e außerordentlich e Zuwendun g au s de m Armenfond s vorgeschlagen wurden. 45 Vo n de n 61 dort aufgeführte n Fraue n - Männer bzw. vollständig e Familie n fehlten unte r den hier Vorgeschlagene n nahez u völlig - waren 16 Witwen. Nu r 6 der Fraue n hatte n ga r kein e Kinder , di e anderen 55 hatten zusammen 267 Kinder unter 14Jahren ; o b die hohe Kinderzahl ei n Auswahlkriteriu m wa r ode r ausschließlic h Ausdruc k de r schwierigen Lag e kinderreiche r Familien , mu ß offenbleiben . Da s heißt , daß jede de r Frauen mit Kindern i m Durchschnitt 4,8 Kinder unte r 14 Jahren z u versorge n hatte. Da s durchschnittlich e Alte r de r Fraue n betru g 39 Jahre. Eigene n Verdiens t hatt e nu r ein e 25jährig e Putzfrau : 3 Mark i n de r Woche. Ein e 29jährig e Bügleri n un d ein e 30jährig e Wäscheri n au s Moer s 31 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

hatten ihre n Verdiens t mi t Kriegsbegin n verloren , al s ihre Kunden - vorwiegend ledig e Zechenarbeite r - eingezogen wurden . Ein e Witw e (mi t 2 Kindern unter und zwei Kindern über 14Jahren) hatt e vor dem Krieg ihren Unterhalt durc h Vermietun g a n dre i »Logisherren « verdient ; vo n diese n waren jetzt 2 eingezogen, s o daß die Witwe kaum noch Verdienst, stat t dessen abe r 40 Mark Miet e im Monat z u zahlen hatte. Ein e Ehefrau au s Düsseldorf mit 3 Kindern unte r 14 Jahren hatte sich nach der Einziehung ihre s Mannes durch Waschen und Zeitungsaustragen etwa s zu ihrer Kriegsunter stützung vo n 56 Mark im Monat hinzuverdienen können , wa s ihr der Arzt jetzt wege n ihre r Herzbeschwerde n verbote n hatte. Ih r Mann hatt e ohn e Wissen de r Fra u hoh e Schulde n aufgenommen , di e die Fra u zurückzahle n mußte, wen n si e nicht gepfände t werde n wollte . Di e Ehefrau eine s eingezogenen Installateur s (sech s Kinder unte r 14 Jahren) konnt e mi t de n Miet einnahmen au s dre i Häuser n gerad e di e Zinse n decken : Di e Wohnunge n standen entweder lee r oder die Mieter konnten selbs t nicht zahlen. Di e anderen Fraue n scheine n vo r de m Krie g keine n eigene n Verdiens t gehab t z u haben, wa s angesicht s de r hohen Kinderzah l auc h naheliegt. Di e Angabe n zu de n Lebensverhältnisse n de r 16 Witwen belege n eindringlich , da ß be i Witwen ohn e eigenes Vermöge n - deren sozial e Lage auch gan z unabhän gig vo n Kriegseinwirkunge n besonder s problematisc h wa r — besser vo n »sog. Lebensverhältnissen « gesproche n werde n sollte. 46 Kinde r hatte n 11 dieser Frauen (zwei hatten 1 Kind, eine hatte 2 Kinder, dre i hatten 3 Kinder, drei hatte n 4 Kinder und drei hatten 6 Kinder). Kriegsunterstützun g bezo gen nur 6 aller verwitweten Frauen ; 5 erhielten keinerlei öffentliche Unter stützung, di e anderen Armenunterstützung ode r Witwen- bzw. Waisengel d (zwischen 3,20 und 52 Mark pro Monat). Bei den anderen vorgeschlagene n Frauen handelt e e s sich - mit eine r Ausnahme - um Ehefrauen eingezoge ner Männer . Si e erhielte n ein e Unterstützun g vo n durchschnittlic h 65 Mark i m Monat. De r niedrigste Betra g vo n 30 Mark i m Monat entfie l da bei auf eine kinderlose Frau , di e davon 22 Mark Miet e zu zahlen hatte; der höchste Betra g vo n 122,50 Mark pr o Monat au f eine Frau mit 11 Kindern unter 14 Jahren. Di e durchschnittlich e monatlich e Mietverpflichtun g be trug 18 Mark: Infolg e meh r ode r wenige r nachdrückliche r Überredun g durch di e Gemeinden 47 hatte n di e Vermiete r i . d. R. di e Miete n gesenkt , und di e Gemeinde n ersetzte n ihne n i m Gegenzu g eine n Tei l de s Mietaus falls. Von Interesse wäre es zu wissen, wi e stark diese Frauen selbst ihre Situa tion al s ausdrücklich e Folg e de s Krieg s erleb t habe n un d nich t »nur « al s Fortsetzung eine r bereit s vo r de m Krie g bestehende n Notlage . Di e Frag e läßt sich nur in Umrissen beantworten. Z u vermuten ist, da ß die Verarbeitung ihrer Situation durch die Frauen selbst unter anderem dadurch bedingt war, wi e sehr sie sie als Bruch gegenüber ihrem Leben vor dem Krieg empfanden. Ei n solche r Einschnit t wa r di e Einziehun g männliche r Familien mitglieder, vo r alle m de r Ehemänner , sicherlic h gan z allgemein . Di e 32 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Bruchstelle i n de r materielle n Lebenssituatio n i m engere n Sin n dagege n läßt sic h nu r ausmessen, wen n ma n den Vergleichshorizont de r Frauen an geben kann : Welche Lebenssituation wa r für sie vor dem August 1914 normal, konnt e ihne n al s Foli e zu r Bewertun g ihre r Gegenwar t dienen ? Ei n Indikator dafü r sind die Zivilberufe de r Ehemänner, di e bislang die Lebenssituation de r Familie n wesentlic h bestimm t hatten . Si e sind be i 34 Frauen angegeben: 3 Maurer, 3 Fabrikarbeiter, 2 Tagelöhner, 2 Schleifer, j e ei n Landwirt, Landpächte r (Verdiens t vo r dem Krieg ca . 33 Mark i m Monat), Fabrikweber, Bandwirker , Hafenarbeiter , Spinnereiarbeiter , Färber , Hand langer (Verdiens t vo r de m Krieg 120 Mark i m Monat) , Holzarbeiter , Milchfahrer, Matrose , Reisende r (Verdiens t vo r dem Krieg wahrscheinlic h 150 Mark i m Monat) , Magazi n Verwalter, Stukkateur , Fuhrmann , Bäcker meister, Buchbinder , Installateu r (un d Besitze r dreie r Mietshäuser) , Schmied (Verdiens t vo r de m Krie g 80-100 Mark i m Monat) , Schreiner , selbständiger Zimmerer, selbständige r Bauunternehmer (verschuldete r Be sitz), Zuschneide r (Verdiens t vo r de m Krie g 100-112 Mark i m Monat) , Oberkellner. Einer Anmerkun g nu r mag dies e Liste als Anlaß dienen . Da s Spektru m der Beruf e erstreck t sic h vo n ungelernte n Arbeiter n bi s z u Angehörige n des selbständige n Mittelstandes . Wen n Fraue n un d Familie n solc h unter schiedlicher soziale r Zuordnunge n nu n au f der gleiche n List e vo n Unter stützungsbedürftigen figurieren , is t dies auch über diese Einzelfälle hinau s von Bedeutung. E s verweist au f die Frage nach sinnvollen Kriterie n für die soziale Differenzierung vo n Frauen, di e sich für die Kriegszeit noch einmal gesondert stellt. Da ß der Schwerpunkt dieser Arbeit auf Lohnarbeiterinnen und weiblich e Familienmitgliede r vo n Lohnarbeiter n geleg t wurde , is t nicht al s vorweggenommen e Antwor t au f dies e Frag e z u verstehen . A n dieser Stell e läß t sic h ein e vorläufig e Thes e formulieren : Di e Einziehun g der Männer konstituierte eine eigene Schicht von Frauen, die in ihrer materiellen Lag e stärke r durc h di e Kriegseinwirkunge n al s durc h di e soziale n Differenzierungen de r Vorkriegszei t bestimm t waren . Dies e Schich t de r »Kriegerfrauen« differenziert e sic h nach Art de r materiellen Kriegseinwir kung und nach Wahrnehmung ihrer veränderten Situation durch die Frauen selbst aus. Di e »Kriegerfrau« wurd e normativ un d im öffentlichen Diskur s deutlich abgegrenz t un d entwickelt e i m Lauf e de s Krieg s ei n eigene s Selbstverstandnis. Für den Übergang de s Kriegs vom Ereignis zum Zustand lieferte Rudol f G. Binding in seine r Weltkriegserzählun g »Wi r forder n Reim s zu r Über gabe auf« 48 ei n besonders einprägsame s Bild . Al s in ihrem Vormarsc h au f Paris di e deutsche n Truppe n i n de n erste n Kriegswoche n Reim s erreich t hatten, sollt e dies e Stad t zu r kampflose n Aufgab e aufgeforder t werden . Drei Angehörig e de s deutschen Heere s wurde n mi t diese m Auftra g i n ei nem »tapfe r aussehenden « Aut o übe r di e feindliche n Linie n gesandt : ei n kämpferischer junge r Hauptman n mi t de r weiße n Parlamentärsfahne , ei n 33 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

chevaleresker Rittmeiste r mi t de m Säbe l seines Großvaters und ein kriegsfreiwilliger Opernsänge r mi t eine m Horn; das mußte di e Trompete erset zen, di e ebenso wie di e weiße Fahne laut Heeresvorschriften fü r da s Ritual von Übergabeverhandlunge n erforderlic h war . Infolg e eine s Mißverständ nisses wurde n di e dre i Parlamentär e vo n den Franzose n al s Spion e festge setzt. Da s Mißverständni s klärt e sic h auf ; di e dre i Deutsche n wurde n jedoch mehrer e Woche n be i strengste r Informationssperr e zurückgehalten , damit si e bei ihrer Rückkehr in die eigenen Linien keine strategisch wichti gen Beobachtungen mitnehme n konnten . I n diese Wochen fiel die Schlacht an der Marne , nac h der sich der Krie g a n der Westfront vo n einem Bewe gungs- i n eine n Stellungskrie g verwandelte . Di e gegnerische n Heer e ver schanzten sic h i n de m Grabensystem , i n de m si e sic h di e folgende n vie r Jahre vo n de r Nordse e bi s zu r schweizerische n Grenz e gegenüberliege n sollten. I n dieser Welt erschienen nach ihrer Freilassung die drei ahnungslosen Rückkehrer mi t ihren Erinnerungen a n einen Krieg, de n es schon längst nicht mehr gab, wi e geisterhafte Don Quixotes: Übergangslos vom Bewe gungs- i n de n Stellungskrie g versetzt , erfuhre n si e das Überholtsei n ihre r kriegsbezogenen Denkkategorie n un d Erwartungshaltunge n al s Schock erlebnis, auf das sie durch nichts vorbereitet worden waren. Nicht nur für die militärischen Belang e im engeren Sin n wurde nach der Marne-Schlacht ei n Umdenke n un d Umstrukturiere n erforderlich . Da s Problem der Bewältigung de s Kriegs als Zustand erstreckte sich auf die Gesellschaft al s ganz e un d gerie t gege n End e des Jahres 1914 immer meh r i n den Bewußtseinshorizon t vo n Regierun g un d Bevölkerun g a n de r »Hei matfront«. Da s Heer verlangte Nachschub an Menschen und Material. Di e Bevölkerung mußt e überlebe n lernen . Un d di e Zivilbehörde n - Reich, Länder un d Gemeinde n - und Militärbefehlshabe r mußte n beide s i n Ein klang bringen . Da s Rad rollte, die Speichen mußten ihm erst noch eingezogen werden . Welch e Folge n sic h daraus fü r di e lohnabhängigen Fraue n er gaben un d wi e dies e dami t umgingen , is t Gegenstan d de r folgende n Dar stellung.

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2. Frauenlohnarbeit im Ersten Weltkrieg »Je meh r erinnert wird , u m so größer wir d di e Konfusion i n unseren geschichtlichen Kenntnissen. Man sollte in unseren Archiven die Mäuse züchten und nicht fangen. Wie glücklich sind Völker, die nichts aufschreiben und denen das Ereignis von gestern morgen schon zur Legende wird!« Franz Blei1 »Heute überschütte n Näherinnen , Plätterinnen , Ladenmädche n un d in der weitaus größte n Zah l bisher berufslose Fraue n und Haustöchter di e Feinde mit Bombe n un d Granaten. . .«2 S o verkündeten e s die Zeitgenossen, un d so weiß es die Überlieferung bi s heute. Die Kriegswirtschaft de r Jahre 1914 bis 1918 habe den Umfang weibliche r Lohnarbei t i n bis dahin beispiellose r Weise gesteigert un d ihre Struktur nachhaltig verändert : »Fü r die Entwick lung de r Frauenarbei t i n Deutschlan d stellt e de r Erst e Weltkrie g als o ein e wichtige, wen n nicht die bisher wichtigste Zäsur dar. «3 An diesem Bil d de r Frauenarbeit im Krie g sin d jedoch wesentlich e Kor rekturen anzubringen . I n der nun folgenden Darstellun g de r Frauenlohnar beit i m Krie g sol l beleg t werden , da ß ihr e Zunahm e relati v gerin g un d ebenso wie ihr e kriegsbedingten strukturelle n Veränderunge n ohn e direkte Wirkung übe r den Krieg hinau s war. Al s Indikatoren fü r direkte oder mit telbare Strukturveränderun g weibliche r Lohnarbei t solle n i n diese m Zu sammenhang untersuch t werden : ihre quantitative Entwicklung ; ihr e Ver teilung au f Wirtschaftssektore n un d Branchen ; ihr e Roll e i n de r Arbeits marktpolitik de r Kriegszeit; Qualifikationsstruktu r un d Lohnhöhe; die gesellschaftliche Bewertun g de r Frauenlohnarbei t (seiten s de r Unternehmer , der Gewerkschaften, de r Regierung etc. ) un d die Deutungsmuster de r be treffenden Fraue n selbs t für ihre Kriegssituation . Den n a n mindesten s ei nem dieser Indikatore n müßte n sich deutliche und dauerhafte Veränderun gen beobachten lassen , wen n di e Annahme vo n de n tiefgreifende n Folge n des Ersten Weltkriegs für die weibliche Lohnarbeit sinnvoll sein soll.

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2. 1 Di e quantitative Entwicklung de r Frauenlohnarbei t 1914-1918 Eine Berufszählun g wurd e zwa r fü r da s ganze Reic h 1916 durchgeführt,4 aber nur von einigen Bundesstaaten ausgewertet. Demzufolg e mußte n sich auch die mit der Lenkung des Arbeitseinsatzes im Krieg befaßten Behörde n bei ihre n Situationseinschätzunge n mi t Annäherungswerte n begnügen. 3 Sic behalfe n sic h mi t Zusammenstellunge n vo n Date n übe r di e Entwick lung de r Erwerbsarbeit i m Krieg, welch e sic h nach Herkunfts- und Erfassungsbereich deutlic h unterschieden . D a auch de r sozialhistorische n Ana lyse kei n grundlegen d andere r Zugrif f offensteht , solle n di e statistische n Grundlagen grob skizziert werden: - Die Berichte der Gewerbeaufsicht erfaßte n de n Beschäftigungsstand vo n Betrieben mi t 10 und mehr Beschäftigten . Unberücksichtig t bliebe n daher die Beschäftigte n de r Kleinbetrieb e sowi e alle , di e nicht i n zentralisierte n Gewerbebetrieben arbeitete n (Landarbeiter , Dienstboten , Heimarbeite r etc.). Si e suggeriere n eine n überhöhte n Anstie g de r Frauenlohnarbei t i m Krieg, d a gerade die größeren industriellen Betrieb e ihren (weiblichen) Be schäftigungsstand i m Krie g erhöhten. 6 I n de n vo n de r Berichterstattun g der Gewerbeaufsich t erfaßte n Betriebe n stie g di e Zah l de r beschäftigte n Frauen un d weibliche n Jugendliche n vo n 1913 = 159213 8 auf 1918 = 2319674. 7 - Die Arbeitsmarktberichterstattun g de r Arbeitsnachweis e ga b nu r Auf schlüsse darüber , wi e sic h da s Verhältni s vo n Stellensuchenden , offene n Stellen und Stellenbesetzungen veränderte . Repräsentati v sind diese Zahlen nicht, d a die Benutzun g de r Arbeitsnachweis e freiwilli g wa r un d di e Stel lenvermittlung of t ohne ihre Mitwirkung vo r sich ging. — In verschiedenen Erhebunge n von Behörden , Gewerkschafte n u . a. wur de der Beschäftigungsstan d i n einzelnen Branche n festgestellt . Di e Ergebnisse sin d nich t generalisierbar . D a die Erhebunge n ausschließlic h di e Be schäftigungsquoten solche r Betrieb e festhielten , di e aufgrund ihre r Größ e oder Branchenzugehörigkeit zu r sog. »Kriegsindustrie « rechneten-w o de r Anstieg de r weibliche n Beschäftigun g überproportiona l hoc h wa r -, 8 überzeichneten auc h si e den Umfan g de r Frauenlohnarbeit . Ihr e Aussage kraft fü r den engeren Bereich der Kriegsindustrie ist jedoch oft erheblich. - Relativ a m größten is t die Zahl der Beschäftigten, di e von der Berichter stattung de r Orts-, Innungs- und Betriebskrankenkassen übe r die bei ihnen pflichtversicherten Erwerbstätige n erfaß t wurden . Al s Maßsta b fü r di e Entwicklung de s Beschäftigtenstandes i m Krieg weist dieses Material meh rere Problem e auf. 9 I m Unterschie d z u de n Berufszählunge n fehle n hie r völlig di e »Mithelfenden « i n Landwirtschaft , Industri e un d Handel . Vo n den Angestellte n sin d nu r diejenige n einbezogen , dere n Jahresgehalt nich t über 2500 Mark lag . Dienstboten , landwirtschaftlich e Arbeite r un d Be schäftigte i n öffentliche n Betriebe n konnte n unte r bestimmte n Bedingun 36 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

gen vo n de r Versicherungspflich t befrei t werden ; auc h der dadurch verur sachte Schwun d is t nich t berechenbar . Auc h di e Heimarbeiter/inne n sin d nur zu m Tei l erfaßt , d a ihr e Versicherungspflich t mi t de m 1. Septembe r 1914 aufgehoben un d nich t überall , wen n auc h häufig , durc h Ortsstatu t wieder eingeführ t wurde. 10 Di e Lückenhaftigkei t de r Berichterstattun g führte dazu, da ß auch der Kreis der Pflichtversicherten nich t vollständig er faßt wurde . Di e Betriebskrankenkasse n de r Pos t berichtete n nu r selten , und di e Knappschaftskasse n ware n zu r Gänz e vo n de r Berichterstattun g befreit, s o da ß di e i m Bergba u Beschäftigte n ga r nich t auftauchten . D a einige Kassen de r Berichtspflicht währen d de s Kriegs nur sporadisch nach kamen, erfaßte n di e Krankenkassendaten , sowei t si e veröffentlich t wur den, nu r etw a 7/10aller Versicherungspflichtigen . Darübe r hinau s ga b e s noch ein Manko der Krankenkassenberichterstattung, da s in diesem Fall allerdings di e Zahl de r Beschäftigte n nich t unter- , sonder n übererfaßte : Al s Pflichtversicherte wurde n all e diejenigen Soldate n weite r i n den Listen ge führt, fü r die von Arbeitgebern, Gewerkschafte n ode r Kommunen die Beitragszahlung fortgeführ t wurde ; dies scheint relativ häufig der Fall gewesen zu sein. Trotz alle r auc h hie r erforderliche n Einschränkunge n biete n di e Kran kenkassenberichte vo n alle n zu r Verfügun g stehende n Statistike n da s zu verlässigste Material. 11 Welch e Schlußfolgerunge n lasse n sic h ihne n übe r die Entwicklung de r Frauenlohnarbeit im Krieg entnehmen? Vor de r Beantwortun g diese r Frag e mu ß noc h ein e weiter e potentiell e Fehlerquelle de r Krankenkassenberichterstattun g ausgeschalte t werden , die, obwohl sie in der bisherigen Literatur zur Frauenarbeit im Ersten Welt krieg unreflektier t blieb , durchau s vermeidba r ist . Di e Entwicklun g de r Beschäftigtenzahlen wir d i n de r Rege l anhan d de r Meßziffer n berechnet , welche sic h au s den Pflichtversichertenmeldunge n alle r berichtenden Kas sen für die Monate der Jahre 1914-1918 ergeben12 (siehe Tabelle 1). Im strengen Sin n jedoch sind die hier angegebenen Indexzahlen gar nicht vergleichbar, d a die Zahl der berichtenden Kasse n sich von Monat zu Mo nat änderte . I m folgende n sol l dahe r ein e Berechnun g zugrund e geleg t werden, di e dies e Fehlerquell e ausschaltet . Si e vergleich t nu r de n weibli chen Pflichtversichertenbestand derjenige n Krankenkassen , di e sowohl a m 1. Juli 1914 als auch a m 1 Juli 1918 berichteten13 (sieh e Tabelle 2). Von den 6319 Kassen, di e am 1 . Juli 1918 berichtet hatten , sin d die s 5328 mit 8,12 Mio. versicherte n Beschäftigte n (= 89% aller bei den am 1. Juli 1918 insgesamt meldenden Kasse n Versicherten) . Vo n der Gesamtzahl aller, nich t nu r der versicherungspflichti g Beschäftigte n erfaß t dies e Aufstellung ungefäh r die Hälfte bi s 3/5.14 Legt man ausschließlich di e Angaben derjenige n Kasse n zugrunde, di e sowohl a m 1. Juli 1914 wie a m 1. Juli 1918 berichtet haben , und setz t di e Zah l de r dort a m 1. Juli 1914 Pflichtversicherten gleic h 100, steigt der Index der weiblichen Versicherten bis zum 1. Juli 1918 auf 117. Welche Schlüsse lassen sich daraus ziehen? 37 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Tabelle 1: Mitgliederbewegung be i den Krankenkassen 1914-1919 (1.Juni 1914 = 100 )

Stand am 1. Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember

*) 4814 3898 5175 5245 4276 4157 5384 4310 4888 5309 4096 4609

1914

Insgesamt 1916 1915

1917

1918

1919

89,3 92,3 95,1 98,6 100 99,8 98,0 74,4 74,9 76,8 77,8

76,8 76,6 77,3 77,5 79,2 78,9 78,1 77,6 77,1 76,5 76,4 75,9

74,5 74,5 74,4 74,8 76,5 77,6 77,4 77,4 77,4 77,0 77,5 77,3

76,9 76,5 76,9 77,7 80,0 81,1 80,2 80,1 80,5 80,7 81,2 81,7

80,4 80,0 79,9 79,8 81,7 81,8 80,8 79,7 80,5 80,1 76,8 76,8

79,0 82,0 83,7 86,4 89,8 92,8 93,8 94,2 94,7 95,0 95,6 96,5

Frauen Stand am 1. Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember

*) 4814 3898 5175 5245 4276 4157 5284 4310 4888 5309 4096 4609

1914

1915

1916

1917

1918

1919

88,9 92,2 94,3 98,4 100 99,7 97,8 80,0 80,6 83,6 85,4

85,3 85,9 88,2 90,0 93,3 94, 1 94,4 95,6 96,4 96,4 98,1 98,8

97,1 97,3 97,8 99,4 101,7 103,3 102,9 103,3 104,0 104,4 106,1 108,1

107,5 107,8 108,5 109,9 113,0 114,9 115,1 115,3 116,1 116,6 117,5 118,5

116,5 115,4 115,1 115,2 117,8 117,4 116,7 115,4 116,6 116,0 110,7 108,7

101,5 97,2 95,3 95,7 97,9 100,2 100,5 100,3 100,4 100,9 101,9

*) Anzahl der Kassen im Jahre 1919. Quelle: Reichsarbeitsblatt 18, 1920, S. 4.

38 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Tabelle 2: Die versicherungspflichtigen weibliche n Mitglieder bei 5328 Krankenkassen 1914/1918 Oberversicherungsämter Aurich Hannover Dortmund Sigmaringen Danzig Magdeburg Arnsberg Trier Düsseldorf Breslau Königsberg Stettin Schleswig Posen Groß-Berlin Alienstein Oppeln Manenwerder Wiesbaden Köln Potsdam Köslin Stade Kassel Koblenz Merseburg Hildesheim Stralsund Minden i. W. Osnabrück Gumbinnen Frankfurt a. O. Liegnitz Bromberg Münster i. W. Lüneburg Erfurt Aachen Preußen insgesamt

versicherungspflichtige weibliche Mitglieder* 1. 7. 1918 1. 7. 1914

Zu-/Abnahme Zu-/Abnahme absolut in Prozent**

4470 19191 53079 496 35292 65 178 7397 21349 208279 61 249 35534 50874 73409 43792 459519 18896 57041 7968 94513 85771 48799 13159 12891 54500 13811 61676 14259 14500 28735 11018 11 263 65024 91065 17113 12005 2736 31695 40022

8959 28523 76480 713 49965 90522 10177 29078 279210 81 701 46481 65226 94191 55818 572718 23496 69808 9470 112817 101202 57012 15097 14817 62692 15368 68319 15695 15826 30828 11 426 11617 66869 91 838 16863 11213 2530 28694 36573

+ 4 489 + 9 332 + 2 3 401 + 21 7 + 1 4 673 + 2 5 344 + 278 0 + 7 729 + 7 0 931 + 2 0 452 + 1 0 947 + 1 4 352 + 2 0 782 + 1 2 026 + 113199 + 4 600 + 1 2767 + 1 502 + 1 8 304 + 1 5 431 + 8 213 + 1 938 + 1 926 + 8 192 + 1 557 + 6 643 + 1 436 + 1 326 + 2 093 + 40 8 + 35 4 + 1 845 + 77 3 250 792 206 - 300 1 - 344 9

+ 100 +4 9 +4 4 +4 4 +4 1 +3 9 +3 7 +3 6 +3 4 +3 3 +3 1 +2 8 +2 8 +2 7 +2 5 +2 4 +2 2 +1 9 +1 9 +1 8 +1 7 +1 5 +1 5 +1 5 +1 1 +1 1 +1 0 +9 +7 +4 +3 +3 +1 -1 -6 -7 -9 -9

1947568

2379832

+ 432264

+2 2

39 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Tabelle 2: Die versicherungspflichtigen weibliche n Mitglieder bei 5328 Krankenkassen 1914/1918 (Fortsetzung) Oberversicherungsämter

versicherungspflichtige weibliche Mitglieder* 1. 7. 1914 1. 7. 1918

Zu-/Abnahme Zu-/Abnahme absolut in Prozent**

+ + + +

41 498 22202 21268 23511 50594 33481 78639 17929

Bayern insgesamt

260510

289122

+ 28612

+ 11

Dresden-Neust. Leipzig Bautzen Zwickau Chemnitz

163984 143470 53288 102695 120612

180944 154459 47619 79826 82789

+ + -

+ 10 + 8 - 11 - 22 - 31

Sachsen insgesamt

584049

545637

- 38412

-

6

Stuttgart Neckarkreis Donaukreis Schwarzwaldkreis Jagstkreis

157306 79728 20955 37316 19307

179117 99000 25022 36372 18723

+ 21811 + 19 272 + 4067 944 584

+ + + -

14 24 19 2 3

Württemberg insge s . 15 7 306

179117

+ 21811

+ 14

48326 49893 35533 9688

61 407 56556 32 146 8128

+ 13081 + 6663 - 3387 - 1 560

+ 27

+ 13 - 9 - 16

Baden insgesamt

143440

158237

+ 14797

+ 10

Darmstadt Prov. Rheinhessen Prou. Starkenburg Prov. Oberhessen

62012 18257 27305 16450

73379 26 166 31 493 15720

+ 11 367

+ + -

7909 4 188 730

+ 18 + 43 + 15 - 4

Hessen insgesamt

62012

73379

+ 11 367

+ 18

Karlsruhe Mannheim Freiburg i. Br. Konstanz

+

+ + +

6165 3098 2 463 2281 4929 3399 5731 546

+ + + +

35333 19104 18805 21 230 45665 30082 72908 17383

Speyer Landshut Bayreuth Regensburg Augsburg München Nürnberg Würzburg

16960 10989 5669 22869 37823

40 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

+ + + +

17 16 13 11 11 11 8 3

Tabelle 2: Die versicherungspflichtigen weibliche n Mitgliede r bei 5328 Krankenkassen 1914/1918 (Fortsetzung) Oberversicherungsämter

versicherungspflichtige weibliche Mitglieder* 1. 7. 1918 1. 7. 1914

Zu-/Abnahme Zu-/Abnahme absolut in Prozent**

Bremen Lübeck Hamburg Dessau Gotha Oldenburg Neustrelitz Detmold Braunschweig Schwerin i. M. Arnstadt Meiningen Gera

16661 8691 82933 30434 43744 18773 7204 9797 27799 13 547 6725 14152 38422

25 110 12525 108959 36562 50503 21 271 8112 11 070 31217 14886 6840 14357 35895

+ 8449 + 3834 + 26025 + 6128 + 6759 + 2498 + 908 + 1 273 + 3418 + 1 339 + 115 + 205 — 2527

+ 51 + 44 + 31 + 20 + 15 + 13 + 13 + 13 + 12 + 10 + 2 + 1 — 6

Straßburg Metz Mülhausen

31 128 12155 25878

37975 11 551 17559

+ 6847 604 - 8319

+ 22 - 5 - 32

Elsaß-Lothr. insges .

69161

67085

-

-

7053

74001

+ 66948

+ 949

3549981

4143716

+ 593735

+ 17

Eisenbahn-Kassen Deutsches Reic h

2076

3

* ohne arbeitsunfähig Krank e und Wöchnerinnen ** eigene Berechnung Quelle: Reichsarbeitsblatt 16, 1918, S. 657f.

41 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Als Indikato r fü r di e Entwicklun g de r weibliche n vergliche n mi t de r männlichen Erwerbstätigkeit i m Krieg - deren Verhältnis zueinander ohnehin nich t vorrangi g au f di e Entwicklun g de r weibliche n Beschäftigung , sondern au f di e Einberufun g de r Männe r zurückzuführe n is t - sind dies e Zahlen nur beding t brauchbar . De r Rückgang de r männlichen Beschäftig ten wird hier überzeichnet: Es fehlen die Bergarbeiter, dere n Zahl während des Krieg s wenige r star k absan k al s die der männliche n Beschäftigte n ins gesamt - setzt ma n di e Zah l de r i n Preuße n i m zweite n Vierteljah r 1914 beschäftigten Bergarbeite r gleich 100, ist im dritten Vierteljahr 1918 ihr absoluter Tiefstan d mi t 68 erreicht;15 e s fehlen auc h di e i n de r Industri e be schäftigten Kriegsgefangenen , dere n Zahl 1917 knapp 400000 betrug.16 Sinnvoll ist nur ein Vergleich der Anzahl weiblicher Versicherte r vor Beginn un d i n de r Endphas e de s Kriegs. Dies e steigt, wi e gesagt , u m 17%. Vor alle m au f dies e Zah l stütz t sic h da s Argumen t vo n de r große n Zu nahme der weiblichen Lohnarbei t i m Krieg. 17 S o plausibel die s auf den ersten Blick auch wirkt, s o problematisch wir d die Aussagekraft diese r Zahl, sobald ma n sich daran erinnert, da ß Steigerungsrate n nu r als relative Zah len Sinn machen. Mi t anderen Worten: Schlüsse aus der Steigerung de r Anzahl der weiblichen Versicherte n um 17% zwischen 1914 und 1918 können erst gezoge n werden , wen n bekann t ist , wi e di e Entwicklung de r weibli chen Versichertenzahlen vo r dem Krieg beschaffen war . Um einen Vergleich mit der vierjährigen Kriegszeit zu ermöglichen, sin d folgende Angabe n au f eine n Zeitrau m vo n jeweils vie r Jahren bezogen . Daß si e sic h au f di e weiblich e Gesamtmitgliederschaf t de r Krankenversi cherung beziehen , änder t a n de r Vergleichbarkei t de r Steigerungsrat e nichts, d a diese im Krieg für die Gesamtmitgliedschaft un d die Pflichtversi cherten parallel verläuft 18 (siehe Tabelle 3). Das heißt, eine Steigerung vo n 17% während des Kriegs19 liegt völlig im Trend de r sich - bei zunehmenden absolute n Zahle n - leicht abflachende n Steigerungsrate de r weibliche n Versicherte n un d weis t de m Krie g somi t eine verblüffen d gering e Wirkun g au f di e quantitativ e Entwicklun g de r weiblichen Erwerbsarbei t zu . Diese geringe Steigerung is t um so erstaunlicher, al s bereits diejenigen Frauen , di e wegen des Kriegs auch als Verheiratete bzw. a n der Heirat Verhinderte weiter arbeiteten und damit den bislang üblichen Abgan g de r Verheiratete n reduzierten , eine n Tei l diese r Steige rung ausgemach t habe n dürften. 20 Di e Pflichtversichertenzahlen verweise n deshalb keineswegs au f eine große, sonder n vielmeh r au f eine bemerkenswert gering e Auswirkun g de s Kriegs au f die Entwicklung de r weibliche n Erwerbstätigkeit.

42 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Tabelle 3: Weibliche Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherun g im Jahresdurchschnit t 1889-1913 absolut 1889 1893 1897 1901 1905 1909 1913

1 195 662 1 549 425 1 886 995 2288270 2834697 3444425 4127401

Steigerungsrate (in %) 30 22 21 24* 22 20

* 190 3 trat die Erweiterung de r Krankenversicherungspflicht au f Handlungsgehilfen und Lehrlinge in Kraft. Quelle: Statistik des Deutschen Reiches N. F., Bd. 289, Berlin 1921, S. 55* (Steigerungsraten eigene Berechnung) Dieses verblüffend e Resulta t läß t sic h durc h di e Ergebniss e de r Volks und Berufszählun g i n Bayer n vo m 1. Dezember 1916 erhärten (sieh e Ta belle 4). Während der sich hier abzeichnende Rückgang de r weiblichen Erwerbs tätigkeit zwische n 1907 und 1916 aller Wahrscheinlichkei t nac h au f eine m formalstatistischen Proble m beruh t - nämlich de r Untererfassung de r weiblichen »Mithelfenden « i n der Landwirtschaft 1916 verglichen mi t ihrer »Übererfassung« 1907 -, 21 geh t doch aus diesen Zahlen hervor, da ß wede r ein Anstie g de r weibliche n Erwerbstätigkei t insgesam t noc h ei n überpro portionaler Anstie g de r Frauenarbei t i n der Industri e z u erkennen ist . Di e Vorstellung vo n de n große n Schare n weibliche r Arbeitskräfte , di e zwi schen 1914 und 1918 erstmals au f dem Arbeitsmark t aufgetauch t sei n sol len, muß damit definitiv falle n gelassen werden. Dieses Ergebni s wirf t jedoch sofor t neu e Frage n auf. Zu m eine n ist de r Sachverhalt al s solche r erklärungsbedürftig : Wi e kommt es , da ß trot z de s eklatanten Arbeitskräftemangels un d der durchaus mit Energie betriebene n Versuche, diese n durc h di e Mobilisierun g vo n Fraue n fü r di e Kriegswirt schaft z u beheben , di e weiblich e Erwerbstätigkei t nich t weite r zunahm ? Zur Beantwortun g diese r Frag e mu ß ei n weni g weite r ausgehol t werden . Sie mach t e s erforderlich, Bedingungen , Strategie n un d Verlauf der allge meinen Arbeitskräftepolitik i m Ersten Weltkrieg einer eingehenderen Ana lyse z u unterziehen, al s ihr bislan g zutei l geworde n ist . Die s wird Gegen stand de r folgende n Kapite l sein . Ein e weitere sic h ergebend e Frag e kan n bereits vora b geklär t werden : Woher , wen n nich t au s den Reihe n de r bis lang nicht erwerbstätigen Frauen , kamen die Lohnarbeiterinnen de r kriegsindustriellen Branchen , d . h. insbesonder e de r Metall- , Maschinen- , elek 43 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Tabelle 4: Die Entwicklung de r weiblichen Erwerbstätigkei t in Bayern 1882-1916 1882

1895

1907

1916

weibliche Erwerbstätige*

956797

952114

1413718

1 235 611

davon in der Landwirtschaf t

674116

522540

873030

616415

von 100 erwerbstätigen Fraue n sind in der Landwirtschaft* *

70,4

54,9

61,7

49,9

102017

156267

215366

258051

10,7

16,4

15,2

20,9

2 699 411

2949056

3363981

3616182

35,4

32,3

42,0

34,2

davon in der Industrie von 100 erwerbstätigen Frauen sind in der Industrie** Weibliche Bevölkerung von je 100 Frauen waren erwerbstätig* *

* inklusive häuslicher Dienst, ohne »berufslose Selbstständige« ** eigene Berechnung Quelle; Di e Kriegsvolkszählungen vo m Jahre 1916 und 1917 in Bayern, hg . vo m Statistischen Landesamt, München 1919, S. 128-134, 139 ff trischen un d chemische n Industrie ? Den n da ß hie r di e Zunahm e de r Frauenarbeit außerordentlic h hoc h war , steh t auße r Zweifel : I n 2594 Betrieben der Metallindustrie betrug die Zahl der weiblichen Arbeiter August/ September 1916 266 530 gegenüber 63 570 vor dem Krieg dor t beschäftig ter Frauen ; da s bedeute t ein e Steigerun g u m 319%, die fas t gan z au f di e Kriegsindustrie entfällt. 22 Di e i m Bereic h de s I. Bayerischen Armeekorp s im Februa r 1917 in kriegswirtschaftliche n Betriebe n mi t 50 und meh r Be schäftigten tätige n Fraue n summierte n sic h au f 11 499 gegenüber 1304 in denselben Betriebe n im Juli 1914 beschäftigten Fraue n - dies ist eine Steigerung vo n 782%; für den Bereich des III. Bayerischen Armeekorp s sin d die entsprechenden Zahle n 61 169 gegenüber 32 926 - dies bedeutet eine Steigerung de r Anzah l de r weibliche n Beschäftigte n zwische n Juli 1914 und Februar 1917 um 86%. 23 I n den Betriebe n de s Regierungsbezirk s Potsdam, die vor dem Krieg in der Regel mindesten s 50 Beschäftigte hatten , arbeite ten während des Kriegs: 44 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Tabelle 5: Arbeiter/innen in Betrieben des Regierungsbezirks Potsda m mit 50 oder mehr Beschäftigten 1914-1918

1. Juli 1914 1. April 1915 1. April 1916 1. April 1917 1. April 1918

erwachsene Arbeiter

Arbeiterinnen

116098 113930 1 10 534 131728 113585

34845 52363 78322 102343 103844

Quelle: Jahresberichte de r Gewerbeaufsichtsbeamte n un d Bergbehörde n fü r di e Jahre 1914-1918. Amtliche Ausgabe. Berlin 1919/1920, Bd. 1, S. 76f Einen ersten Hinwei s auf die Herkunft diese r in der Kriegsindustrie tätige n Frauen gibt die Tabelle 2: Sie weist für einige Regierungsbezirke ein e entgegen de m vorherrschende n Tren d sinkend e Anzah l vo n weibliche n Pflicht versicherten aus . E s handelt sic h dabei vo r allem um Gebiete, i n denen di e Textilindustrie dominierte : Aachen , Münste r un d Erfurt , Bautzen , Chem nitz und Zwickau, Konstan z und Freiburg i. Br. und Oberhessen.24 Ein Teil der vo r de m Krie g hie r beschäftigte n Textilarbeiterinne n wechselt e zwi schen 1914 und 1918 in die Kriegsindustrie. 25 Doc h nicht nur di e Textilindustrie, sonder n auc h ander e Branche n gabe n weiblich e Arbeitskräft e a n die Kriegsindustrie ab (siehe Tabelle 6). Wie sich aus Tabelle 6 - die den Anstieg der weiblichen Beschäftigtenzahle n mi t 299 im September 1918 (März 1914 = 100 ) überhöht wiedergibt , d a es sich be i den berichtenden Betrie ben vorwiegend u m solche mit einer relativ hohe n Arbeiterzahl un d dami t auch eine m höhere n Antei l Frauenarbei t handelte 26 - ergibt, entwickelte n sich di e Indexzahlen fü r di e weibliche Beschäftigun g je nac h Branch e seh r unterschiedlich: Eine m starke n Anstie g de r weibliche n Beschäftigun g i n der Metall- , Maschinen- , elektrische n un d chemischen Industri e und eine r leichteren Zunahm e i n der Papier- , Holz - und Nahrungs - und Genußmit telindustrie steht ein Sinken der Frauenarbeit in der Industrie der Steine und Erden, der Textil- und der Leder- und Gummiindustrie gegenüber.

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März 1914 März 1915

September 1915

März 1916 September 1916

März 1917 September 1917

a) I n der Gesamtheit der erfaßten Betriebe aller Gewerbegruppe n (Zahl der Arbeiter mal der Zahl der Arbeitsschichten )

September 1914

In den beiden letzten vollen Wochen der Monat e März 1918

September 1918

März 1919

96,7

111,1

117,9

15,2

16,1

19,3

22,6

25,2

27,4

27,1

27,3

101,8 233,9

120,8

87,2 98,7 15,6

26,3

88,8 104,8 228,6

122,2

b) Entwicklun g der Beschäftigung erwachsener Arbeiter in den einzelnen Gewerbegruppen . [Setzt man den Stand der Beschäftigung der Arbeiter (auf Grund der Arbeitertagwerke) fü r Monat März 1914 = 100 , so ergeben sich folgend e Vcrhältniszahlen:]

14,0

82,0 84,2 93,9 72,4 83,8 82,7 100,1 119,8 216,5 79,3 147,3 I 173, 1 227,1 98,4 Von 100 Arbeitertagewerken entfallen auf weibliche Arbeiter:

91,7

100 100

87,3

73,4

l00 85,8

11915138 1386400 1604763 1 571 00 0 1582948 11612061 1798057 1916770 1949042 2006300 1670657 | 313005 248315 307957 374957 460911 541833 677669 710890 732196 715470 308828 Meßzif fern (Stan c vom M ä rz l91 4 = 100)

12228143 1634715 1912720 1945957 2043859 12153894 2475726 2627660 2681238 2721770 1979485

Erwachsene Arbeite r überhaupt davon a) männliche b) weibliche |

Gesamtheit de r Arbeitertagewerke der erwachsene n Arbeiter überhaup t davon: a) männliche b) weiblich e

Gewerbe un d Arbeitergruppen

a) Hauptübersich t

Tabelle 6: Entwicklung der Beschäftigung erwachsener Arbeiter 1914—1919

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Gruppe

Quelle: Reichsarbeitsblatt , 18, 1920 , S. 62ff.

IV. Industrie d. Stein e u. Erde n V. Metallindustrie VI. Maschinenindustri e " VI.E. Elektrisch e Industri e " VIII . Chemische Industri e IX. Webstoffgewerbe X. Papierindustrie XI. Leder- u. Gummiindusti e XII. Holz- u. Schnitzstoff e XIII. Nahrungs- u. Genußmittel " XIV . Bekleidungsgewerbe " XVII . Vervielfältigungsgewerbe

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Gruppe IV. Industrie d. Stein e u. Erde n "V . Metallindustrie VI. Maschinenindustri e VI.E. Elektrisch e Industri e VIII. Chemische Industrie " IX . Webstoffgewerbe "X . Papierindustrie " XI. Leder- u. Gummiindusti e XII. Holz-u. Schnitzstoff e " XIII . Nahrungs-u. Genußmitte l XIV. Bekleidungsgewerbe XVII. Vervielfältigungsgewerbe

März 1914

März 1915

Sept. 1915

0 4 3 4 8 1 6 5 8 7 6 8

40,8 117,6 83,3 53,0 63,9 51,9 46,1 36,2 60,6 76,8 53,8 63,4

67,2 67, 58,3 117, 83,2 309, 57,1 102, 84,9 92, 89,0 108, 53,8 78, 67,7 57, 24,6 89, 139,7 133, 66,3 74, 62,7 82,

39,8 121,6 85,6 47,5 64,2 39,9 47,1 29,6 54,9 72,1 56,7 61,2

März 1916

40,2 122,4 91,7 69,4 66,4 32,0 44,5 25,3 50,6 68,4 47,8 65,3

Sept. 1916

34,1 136,2 110,4 72,5 77,0 31,8 46,6 25,8 48,3 58,8 31,8 57,9

März 1917

31,9 143,3 114,2 75,6 95,5 32,6 46,2 25,2 48,6 57,1 28,6 56,5

Sept. 1917

33,8 145,7 118,2 71,3 96,1 30,5 47,2 24,9 50,5 56,8 31,8 50,7

März 1918

März 1919

33,7 59,6 145,4 87,7 127,0 115,0 69,2 81,9 102,8 94,6 27,5 43,1 50,2 62,1 25,6 54,1 50,7 74,4 59,8 81,7 31,9 50,6 52,5 78,7

Sept. 1918

89,7 67,0 74,6 83,6 82,8 77,3 68,2 4 87,0 4 289,5 492,4 596,7 745,5 783,5 846,7 777,0 168,3 8 572,7 1414,8 2316,8 3381,7 3308,7 3520,4 3637,9 916,3 3 245,4 299,7 665,5 856,4 972,2 813,8 691,4 326,6 7 112,3 171,8 209,6 314,0 392,2 436,2 467,7 158,5 1 55,8 66,9 68,5 59,9 63,3 66,9 85,1 62,6 9 90,6 101,3 132,5 136,7 131,1 149,8 159,4 120,1 3 61,8 89,1 112,3 96,6 60,1 55,8 57,8 96,8 9 110,8 148,5 123,9 109,5 112,2 115,7 124,9 96,3 2 166,9 155,7 162,5 159,0 153,5 146,5 161,0 104,7 72,5 51,6 55,5 83,4 58,1 54,3 53,8 7 95,2 86,1 82,1 87,1 96,5 85,4 84,9 90,1 5 83,2

b) fü r weibliche Arbeiter

57, 51, 88,3 112, 67,1 85, 60,7 58, 61,4 62, 75,4 84, 53,8 51, 59,6 42, 74,9 69, 79,0 82, 61,8 63, 66,0 71,

a ) für männliche Arbeiter

Sept. 1914

In de η beiden letzten vollen Wochen der Monat e

Daß di e hie r ausscheidende n Fraue n i n erhebliche m Umfan g i n di e ex pandierenden Branche n de r Kriegsindustri e abwanderten , läß t sic h ange sichts dieser Aufstellung nu r vermuten. Anhan d von durchgeführten Erhe bungen übe r die Herkunft de r in der Kriegsindustrie tätigen Arbeiterinne n läßt sic h dies e Vermutun g jedoch zu r Gewißhei t erhärten . Di e a m 1. Dezember 1916 in de n bayerische n Pulverfabrike n gezählte n 22 762 Arbeiterinnen übten am I.Juli 1914 folgende Berufe aus: Tabelle 7: Vorkriegsberufe bayerische r Pulverarbeiterinnen 1914/16 früherer Beruf

absolut

in%

Landwirtschaft

633

2,8

8488 645 430 386 344 313 311 204 11 12 1

37,3 2,8 1,9 1,7 1,5 1,4 1,4 0,9 48,8

257

1,1

1 398 222 219 1 839

6, 1 1,0 1,0 8,1

540 6053 2319 22762

2,4 26,6 10,2 100,0

Pulverarbeiterinnen Metallarbeiterinnen Spinnerinnen Fabrikarbeiterinnen ohn e nähere Angaben Weberinnen Näherinnen Maschinenbau-Arbeiterinnen Arbeiterinnen der (Metall-)Spielwarenindustri e Summe Arbeiterinnen Verkäuferinnen Dienstmädchen Lohnarbeiterinnen im Dienstbotenbereic h Zugehfrauen Summe häuslicher Dienst ohne Beruf(sangabe) bislang nicht Erwerbstätig e Sonstige Gesamt

Quelle: Kriegsvolkszählunge n vo m Jahre 1916 und 1917 in Bayern (Beiträg e zur Statistik Bayerns , hg . v . Bayerische n Statistische n Landesamt , H . 89), München 1919, S. 204. Berufsangaben, die weniger als 200 Frauen gemeinsam hatten, wurden unter »Sonstige« zusammengefaßt . Knapp die Hälfte der am 1. Dezember 1916 in den bayerischen Pulverfabri ken beschäftigte n Arbeiterinne n ware n mithi n bereit s vo r de m Krieg Fa brikarbeiterinnen, gu t 8% waren vorhe r i n de r Landwirtschaf t un d etw a 1 % als Verkäuferinne n tätig . Nu r knap p 27% - zu dene n eventuel l noc h 48 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

einige der unter »ohn e Beruf(sangabe)« Firmierende n hinzukomme n - waren vorhe r nich t erwerbstätig , un d in dieser Kategori e schluge n insbeson dere die weiblichen Jugendlichen z u Buche, di e in diesem Zeitraum das erste Ma l au f dem Arbeitsmark t erschienen . Nu r in dem nach Abzu g diese r Jugendlichen noc h verbleibende n Res t de r bislan g nich t erwerbstätige n Frauen könne n solch e vermute t werden , dere n Arbeitsaufnahm e infolg e der Kriegssituation erfolgte und sonst wahrscheinlich unterblieben wäre. Eine sehr ähnlich e Zusammensetzung de r weiblichen Arbeiterschaf t be legt ein e Erhebun g unte r gu t 90000 Arbeiterinnen de r gesamte n bayeri schen Kriegsindustri e vo m Mär z bi s August 1917: Zwischen 41 und 46% dieser Fraue n war vorhe r als Fabrikarbeiterin tätig , gu t 18% im Dienstbo tenbereich, 2% als Verkäuferin un d 1 % in der Landwirtschaft; un d knap p 28% waren bishe r ohn e Beru f (wiederu m einschließlic h de r jugendlichen Berufsanfängerinnen).27 D a vergleichbare Statistike n fü r die Jahre 1917 und 1918 nicht vorliegen , mu ß offen bleiben , o b sich die Zahl weiblicher Neu zugänge i n de n letzte n beide n Kriegsjahre n noc h wesentlic h erhöhte . Ei n Indiz dafür , da ß auc h 1917/18 der groß e Andran g vo n bislan g nich t er werbstätigen Frauen , vo r alle m vo n »Kriegerfrauen« , au f die kriegsindu striellen Arbeitsplätz e ausblieb , is t jedoch di e Tatsache , da ß sic h bi s zu m Kriegsende die bereits 1917 nicht sehr große Anzahl von in der bayerischen Kriegsindustrie gezählten »Kriegerfrauen« bzw . Frauen mit Kindern verringerte.28 Auch die regionale Eingrenzun g au f den Bundesstaat Bayer n modifizier t das Bild nur in Einzelheiten, nich t aber in der Gesamttendenz. Die s belegen Stichproben wie etwa die folgenden, vo m Gewerberat in Friedenau (Berlin ) Anfang 1916 in drei Betrieben der Kriegsindustrie gemachten: Unter 68 Arbeiterinnen einer Granatendreherei waren 48 Fabrikarbeiterinnen, 8 Dienstmädchen, 6 Näherinnen und je eine Friseuse, Artistin, Verkäuferin , Köchin , Putzmacherin und Blumenbinderin. Vo n den 34 Arbeiterinnen einer kleineren Granatendreherei waren 16 Fabrikarbeiterinnen, 14 Dienstmädchen und je 1 Plätterin, Pflegerin , Näheri n un d Verkäuferin . Ei n großer Sattlereibe trieb für Militärzwecke mi t 38 Arbeiterinnen wie s ei n ähnliche s Bil d auf : 12 waren Fabrikarbeiterinnen , 4 Näherinnen, 2 Stepperinnen, je 1 war Zu schneiderin, Koloristi n un d Schneiderin , 15 waren Dienstboten. 29 Die Rüstungsarbeitcrinnen de s Gewerbeaufsichtsbezirkes Stetti n un d Stralsun d um ein letztes Beispiel z u nennen - kamen zu 50% aus stillgelegten Betrie ben, zu 40% aus Haushaltungen und zu 10% aus der Landwirtschaft. 30 Die weibliche Arbeiterschaf t de r Kriegsindustrie rekrutierte sich nach alledem vornehmlic h au s Fabrikarbeiterinnen , Beschäftigte n i m häusliche n Dienst, Verkäuferinne n un d Landarbeiterinnen , d . h. au s derjenige n Gruppe der weiblichen Bevölkerung , di e bereits vor dem Krieg erwerbstä tig war . De r Rückgan g de r weibliche n Beschäftigun g außerhal b de r Kriegsindustrie läß t sic h besonder s deutlic h a m Beispie l de r Dienstbote n belegen. Be i de r AO K Münche n ware n a m 1 . Juli 1914 3 1 491 weibliche 49 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Dienstboten versichert ; a m 1. Oktober 1918 waren es nur mehr 20584; im selben Zeitrau m gin g hie r de r Antei l de r Dienstbote n a n de n weibliche n Versicherten überhaup t vo n 3 1 % auf 17% zurück.31 Schlechte r läß t sic h die zunehmen d mi t Verbote n belegt e Abwanderun g weibliche r Arbeits kräfte aus der Landwirtschaft nachweisen ; sie scheint jedoch, ungeachte t al ler Versuche , si e zu unterbinden, 32 nich t unerheblic h gewese n z u sein. W o es infolg e de r Entfernungsverhältniss e möglic h war , siedelte n dies e vo m Land stammende n Fraue n nicht au f Dauer i n die Stadt übe r - was sich be i den Wohnuhgs - un d Ernährungsprobleme n i n de n größere n Städte n seh r schwierig gestalte t hätte —, sondern wurden zu Wochenend-Pendlern.33 Die Sogwirkung de r arbeitskräftehungrige n Kriegsindustri e au f Landarbeite rinnen un d ländliche Dienstbote n konnt e auch durch Androhung vo n Gefängnisstrafen nich t aufgehoben werden . Derartig e bürokratische Maßnahmen waren au f dem meh r oder weniger unkontrollierte n Arbeitsmark t de r Kriegszeit nicht durchsetzbar: Hinweise des Arbeitsamts auf das Abwanderungsverbot wurde n vo n de n i n di e Industri e wechselnde n weibliche n Landarbeitskräften »mit spöttischem Lächeln und mit der Bemerkung zurückgewiesen, »wen n uns das Arbeitsamt nicht vermitteln will, dan n wenden wir uns direkt an die Fabriken, wo wir imme r genomme n werden ; au s unserem Dorf sind schon so und so viele genommen worden‹ usw.« 34 Im Februa r 1918 konstatierte da s bayerisch e Innenministerium , da ß di e Abwanderung vo n Landarbeitskräfte n i n di e Kriegsindustri e nich t hatt e verhindert werden können. 35 Nicht nur in diesem Fal l erwies sic h die Arbeitsmarktpolitik al s unfähig , die Entwicklun g de r Frauenlohnarbei t i m Krie g durchgreifen d z u steuern. Trotz aufwendiger organisatorische r un d propagandistischer Bemühunge n von Regierunge n un d Verwaltungen , durc h di e Mobilisierun g weibliche r Arbeitskräfte de n chronische n Arbeitskräftemange l de r Kriegsindustri e z u verringern, blie b di e Steigerun g de r weibliche n Lohnarbei t i m Krie g wei t hinter de n Erwartunge n zurück . U m die s z u erklären, mu ß etwa s weite r ausgeholt werden . Z u untersuche n sind , wi e die s im folgende n geschehe n soll, di e Entwicklun g de s Arbeitsmarkt s un d de r Arbeitsmarktpoliti k de r Jahre 1914-1918 sowie diejenigen Handlungs - und Wahrnehmungsmuster , deren Auswirkunge n au f di e kriegsbedingt e Frauenarbei t identifizierba r sind.

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2.2 Arbeitsmarktpolitik un d Frauenlohnarbei t 1914-1918 2. 2. 1 Die Arbeitsmarktpolitik bi s zur Gründung des Kriegsamts 1914-1916 Zwei Jahre dauerte es, bis die militärischen un d zivilen Reichsbehörden de r Kriegswirtschaft endgülti g de n Charakte r eine s Provisorium s z u nehme n versuchten. Bi s i n die zweite Hälft e de s Jahres 1916 hinein wurd e de r Be darf an Kriegsmaterial, Soldate n und Arbeitskräften i n einem organisatori schen Rahme n verwaltet , de r diese n Name n schwerlic h verdient . Ers t al s in der Sommeschlacht (1. Juli bis 13. November 1916) die Verluste an Menschen un d Materia l seh r stark anstiegen , kame n mi t de r Dritte n Oberste n Heeresleitung (OHL ) unte r Hindenbur g un d Ludendorf f Versuch e eine r strukturellen Veränderun g de r Kriegswirtschaf t zu m Tragen : Da s Hilfs dienstgesetz (HDG ) sollt e di e normativ e Basis , da s neuerrichtet e Kriegs amt den administrativen Leitstan d der organisierten Kriegswirtschaf t abge ben. Bi s dahin stand für die Beschaffung vo n Soldaten, Arbeitskräfte n un d Rüstungsgütern nu r dasjenige Instrumentariu m zu r Verfügung, da s in Er wartung eine s völlig andere n un d vor allem kürzere n Krieg s vor dem Au gust 1914 hierfür bereitgestellt worden war. Auch die folgende Darstellung mach t sich die Trennung i n die zwei Pha sen 1914/16 einerseits und 1916/18 andererseits zu eigen, wi e sie sich für die Untersuchung de r deutsche n Kriegswirtschafts - un d Arbeitsmarktpoliti k eingebürgert hat. 36 Eine m i n diesem Zusammenhan g häufi g z u begegnen den Mißverständni s mu ß jedoch vorgebeug t werden : S o deutlich sic h da s Hilfsdienstgesetz un d di e Errichtun g de s Kriegsamt s End e 1916 auf de r Ebene de r politische n Vorgabe n un d de r verwaltungsmäßige n Vorausset zungen vo n de n bi s dahi n vorherrschende n kriegswirtschaftliche n Denk und Verfahrensweisen auc h abhebt, s o fragwürdig is t die Schlußfolgerung , erst dami t beginn e di e »eigentliche « Kriegswirtschaft . Of t geh t diese r Trugschluß mit der Annahme einher, di e zweite Phase der Kriegswirtschaf t 1916/18 hebe sich von der Phase der Jahre 1914/16 nicht nur durch eine politisch-administrative, sonder n auc h durc h ein e substantiell e Effektivierun g und Vereinheitlichun g ab , lass e sic h als o i n Produktivitätserfolge n un d Mengen mobilisierte r Soldate n un d Arbeitskräft e ausdrücken . Au f di e Frage, o b dies e Annahm e fü r di e Kriegswirtschaf t insgesam t aufrech t z u erhalten ist , kan n a n diese r Stell e nich t weite r eingegange n werden . Wa s den Gegenstan d diese r Darstellung , di e Arbeitsmarkt - un d Arbeitskräfte mobilisierungspolitik, angeht , verrä t ei n Blic k au f di e obe n angeführte n Beschäftigungszahlen, da ß die Zuwachsraten der Frauenarbeit in den kriegsindustriellen Branche n keinesweg s ers t mit de r Errichtung de s Kriegsamt s und de m Hilfsdienstgeset z einsetzen. 37 De n weibliche n Beschäftigungs stand vo m Mär z 1914 = 10 0 gesetzt, ware n bereit s vo r Inkrafttrete n de s 51 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

HDG im Septembe r 1916 die Indexzahlen fü r di e Frauenarbeit i n der Metallindustrie auf knapp 600 (Höchststand im weiteren Kriegsverlauf: 847 im März 1918), in der Maschinenindustrie au f gut 2300 (Höchststand i m weiteren Kriegsverlauf: 3638 im September 1918), in der elektrischen Industri e auf 666 (Höchststand i m weitere n Kriegsverlauf : 972 im Septembe r 1917) und in der chemischen Industri e auf 210 (Höchststand i m weiteren Kriegsverlauf: 468 im Septembe r 1918) gestiegen; di e Frauenbeschäftigung stieg , gemessen a m Indikato r de r Pflichtversicherten , vo m Juni 1914 = 10 0 auf 104 im Septembe r 1916.38 Der Unterschie d de r zweiten gegenübe r de r ersten Phas e de r Kriegswirtschaf t besteh t als o hinsichtlic h de r Frauenarbei t darin, da ß i n de n erste n beide n Kriegsjahre n di e Fraue n sich , wen n über haupt, meh r ode r wenige r selbs t mobilisierten , 1916/18 dagegen da s Kriegsamt dafür verantwortlich zeichnete . Die organisatorische n Rahmenbedingunge n fü r di e Entwicklun g un d Beeinflussung de s Arbeitsmarkts biete n in der ersten Hälft e de s Kriegs ein sehr heterogene s Bild . Ein e Zentralinstan z zu r Beobachtung , geschweig e denn Lenkung des Arbeitseinsatzes fehlte völlig. Bereits vo r dem Krie g hatt e die unübersehbare Vielfal t de r nebeneinan der un d gegeneinande r Arbeitskräft e vermittelnde n Arbeitsnachweis e i m preußischen Kriegsministeriu m Bedenke n erregt. 39 Nebe n gewerbsmäßi gen Arbeitsvermittlern , di e wiederu m zu m Tei l nac h Berufe n un d Bran chen spezialisiert waren , un d karitativen Arbeitsnachweise n bestande n Ar beitsvermittlungsstellen de r Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, auc h diese wieder nach Berufen und Branchen stark ausdifferenziert. Hinz u kamen Innungsnachweise, paritätisch e Facharbeiternachweis e un d solch e fü r da s Handelsgewerbe un d di e Landwirtschaft . Ausländisch e Arbeitskräft e ver mittelte di e Deutsche Arbeiterzentral e i n Berlin. De r einzige Ansatz zu einer Vereinheitlichung diese s Neben- und Durcheinanders war der Verban d Deutscher Arbeitsnachweise , de m ei n großer Tei l der paritätisch besetzte n gemeindlichen Arbeitsnachweis e angeschlossen war. Doc h nicht einmal für diese Gruppe der öffentlichen Nachweis e existierte vo r de m Krie g ei n alle erfassender organisatorische r Zusammenschlu ß au f Reichsebene . Hinz u kam, da ß di e Arbeitsnachweis e lediglic h beratend e Funktio n ohn e jed e Lenkungsbefugnis hatte n un d ihr e Benutzun g be i de r Stellenvermittlun g nicht vorgeschriebe n war , s o daß sic h vo r de m Krie g nu r run d di e Hälft e aller Stellenbesetzunge n übe r die Arbeitsnachweise vollzog. 40 De n lang angestrebten Zusammenschlu ß au f Reichseben e bracht e de r Kriegsbegin n immerhin. A m 5. Augus t 1914 wurde i m Reichsam t de s Inner n di e Reichszentrale de r Arbeitsnachweis e gegründet , de r nebe n de m Verban d Deutscher Arbeitsnachweis e di e Zentralstelle n de r Arbeitgeber - un d Ge werkschaftsnachweise sowi e der Landwirtschaft angehörten. 41 Di e den zusammengeschlossenen Nachweise n a b Ma i 1915 auferlegte Meldepflich t über di e be i ihne n vorliegende n Stellenangebot e un d -gesuch e gewährt e zwar gewiss e Einblick e i n regional e un d branchenspezifisch e Arbeits 52 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

marktentwicklungen. D a sie aber nach wie vor keine verordnenden Befug nisse hatte n un d ihr e Benutzun g fakultati v blieb , hatte n di e Arbeitsnach weise au f di e Entwicklun g de s Arbeitsmarkt s keinerle i Einfluß . Di e Be triebe deckten den ganzen Krieg hindurch in der Regel ihren Arbeitskräfte bedarf selbst. 42 Neu au f dem Arbeitsmarkt erschie n mi t Kriegsbeginn da s Militär als regulierende Instanz. Sein Erscheinen brachte jedoch alles andere als eine vereinheitlichende Tenden z mi t sich. 43 Aufgrun d de s preußische n Gesetze s über de n Belagerungszustan d vo n 1851 traten mi t de r Verkündigun g de s Kriegszustands insgesam t (ohn e Bayern ) 57 Militärbefehlshaber i n di e ih nen dort zugewiesenen Funktione n de r befehlenden Gewal t ein. Di e wichtigsten diese r militärische n Befehlshabe r ware n di e 21 Kommandierenden Generale in den Armeckorpsbereichen und die 9 Gouverneure der größeren Festungen. Hinz u kamen die dem bayerischen Kriegsministerium unterste henden Befehlshabe r de r dre i bayerische n Armeekorpsbereiche . Nu r i n wenigen Fälle n deckten sich die Grenzen der Armeekorpsbereiche mi t Landes-, Provinz - oder Regierungsbezirksgrenzen; di e meisten der stellvertretenden Generalkommandos, di e nach dem Abtransport der Truppenteile an die Stelle der mobilen Generalkommandos traten, hatte n den ganzen Krieg hindurch Armeekorpsbereich e z u verwalten , dere n Abgrenzun g vo n de n maßgeblichen zivile n Verwaltungseinheite n abwich . Dies e Zerreißung de s zivilen Verwaltungszusammenhang s bracht e groß e Folgeproblem e mi t sich, d a den stellvertretenden Generalkommando s i m Lauf des Kriegs eine Fülle von Funktionen zuwuchs , di e keineswegs mehr rein militärischer Ar t waren. Di e wichtigst e Aufgab e de r heimatlichen Militärbefehlshaber , de n Nachschub ihre s mobilen Armeekorp s a n Soldate n un d Kriegsmateria l z u stellen,44 wuchert e zusehend s i n all e Bereich e de r Verwaltun g un d Wirt schaft ihre s Armeekorpsbereiche s hinein : Di e Rekrutierun g vo n Soldate n für die Fron t mußte abgestimmt werde n mi t de r ebenso notwendigen Re krutierung vo n Arbeitskräfte n fü r di e Kriegsindustrie un d führte dami t z u einer Bewirtschaftung de s Arbeitsmarkts; die Sicherstellung de s Kriegsmaterialbedarfs macht e ein e meh r ode r wenige r konzeptionel l betrieben e Wirtschaftslenkung nötig , un d di e Verantwortlichkei t de r Militärbefehls haber fü r di e innere Sicherheit ihre s Bereiches verlangte ihnen Eingriffe i n die Lebensmittelbewirtschaftung , Presse - un d Informationspoliti k un d i n die allgemeine Innen- und Sozialpolitik ab. Leicht überspitzt formulier t zerfie l da s Deutsche Reich mit Kriegsbegin n in - rechnet ma n nu r di e stellvertretenden Generalkommando s - 2 4 voneinander unabhängig e territorial e Einheiten , dere n Nebeneinander nicht i n einer weisungsbefugte n bundesstaatliche n ode r reichseinheitliche n Ober behörde aufgefange n wurde ; di e wesentliche Orientierun g de r stellvertre tenden Generalkommando s erfolgte , wen n ma n s o will , nich t nac h »oben«, sonder n vielmeh r nac h »außen« , d . h. au f die mobile n Truppen teile an de r Fron t un d i n der Etappe , dene n si e zugeordnet ware n un d al s 53 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

deren Nabelschnu r z u de n Ressource n a n Mensche n un d Materia l si e vor allem zu dienen hatten. Infolge de r Immediatstellun g de r Militärbefehlshabe r zu m Kaise r wa r der Einflu ß de s Reichskanzlers au f ihre Politik seh r gering. Auc h das preußische Kriegsministeriu m hatt e ihne n gegenübe r bi s zu r Gründun g de s Kriegsamts keine Weisungsbefugnis. Da s verurteilte die in seinem Rahme n um die Jahreswende 1914/15 installierte Abteilun g für Zurückstellungswesen (AZS), 45 die vor Ende 1916 als einziger möglicher Kristallisationspunk t einer überregionalen Arbeitskräftepoliti k anzuspreche n ist , z u relativer Bedeutungslosigkeit.46 Di e Gründung de r AZS war eine Konsequenz der sich bei de r Militärbürokrati e durchsetzende n Erkenntnis , da ß di e Mobilisie rung vo n Soldaten für die Front auf die Dauer empfindliche Lücke n im heimischen Arbeitskräftepotentia l hinterließ , insbesonder e bei den Facharbei tern.47 Dies e Erkenntni s wa r neu . Di e vor Kriegsbegin n vo n Militär s un d nach rei n militärische n Gesichtspunkte n erarbeitete n Mobilisierungsplän e kannten al s bedingend e Faktore n fü r di e Einberufungspraxi s nu r di e Be dürfnisse de s Mannschaftsersatzes vo n Hee r und Marine . Si e beruhten au f der Annahme , di e wirtschaftlich e Produktio n werd e - mit Ausnahm e de r vom preußischen Kriegsministerium betriebene n Artilleriewerkstätten un d derjenigen Betriebe , mi t dene n bereit s vo r de m Krie g Lieferungsverträg e für Waffe n un d Munition abgeschlosse n worde n waren - für die Dauer der kriegerischen Ereigniss e meh r ode r wenige r zu m Stillstan d kommen . Di e nach einige n Wochen , i m Höchstfal l einige n Monate n zurückkehrende n Soldaten würde n dan n di e Unifor m mi t de r Arbeitskluf t vertausche n un d die Produktio n wiede r anlaufe n lassen . Infolgedesse n wa r di e Möglichkei t der Zurückstellun g ode r Reklamatio n vo n Soldate n fü r di e Arbei t i n de r Kriegsindustrie (ode r auc h i n de r Landwirtschaft ) nich t vorgesehen. 48 Di e nach diese m Model l verfahrend e Einberufungspraxi s de r stellvertretende n Generalkommandos, aufgrun d dere r ganze Betriebe oder Betriebsabteilun gen wege n (Fach-)Arbeitermangel s stillgeleg t werde n mußten , tru g ihre n Teil zu r Verschärfun g de r Arbeitslosigkei t i n de n erste n Kriegsmonate n bei. Fü r Firmen , di e Heeresaufträg e erhielten , wurd e de r Arbeitskräfte mangel schnel l z u einem spürbare n Engpaß , un d sie begannen eine n erbit terten Kleinkrie g mi t de n stellvertretende n Generalkommando s u m ihr e eingezogenen (Fach- ) Arbeiter. End e 1914 führten Verhandlunge n zwische n dem preußische n Kriegsministeriu m un d de m Kriegsausschu ß de r deut schen Industri e zu r Errichtun g de r Abteilun g für Zurückstellungswesen. Die AZS sollte die Zurückstellung Wehrpflichtige r durc h die einzelnen Mi litärbefehlshaber mi t de n Bedürfnisse n de r Kriegsindustri e koordinieren . Da di e Handhabun g de s Zurückstellungswesen s jedoc h nu r eine n Aus schnitt au s de m Gesamtkomple x de r Arbeitskräfteproblemati k darstellte , blieb auc h diese r Versuc h eine r Bewirtschaftun g de s Arbeitsmarkte s i m Ansatz stecken. Bi s zur Gründun g de s Kriegsamts ka m es nicht einmal zu einem einheitlichen Vorgehe n de r AZS mit den anderen i m Kriegsministe 54 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

rium für Arbeitskräfte- un d Ersatzfrage n zuständige n Sektionen : Di e Zu ständigkeit fü r Frage n des Heeresersatzes, de r Kriegsgefangenen, de r Ausländer un d de r Verwundete n blie b andere n Abteilunge n vorbehalten . Da s war jedoch nich t die einzige Ursache für die relative Wirkungslosigkeit de r AZS. Di e Abteilun g wa r ein e Konstruktio n zwische n alle n Stühlen . Al s einzige vo n Ziviliste n geleitet e Stell e im ansonste n rei n militärisc h besetz ten Apparat des preußischen Kriegsministeriums blie b sie dort, ebens o wi e gegenüber de n Militärbefehlshabern , ei n Fremdkörper . Ih r Verhältni s z u den Militärbefehlshabern wurd e weiter dadurc h kompliziert, da ß sie ihnen keinerlei Weisunge n erteilen , sonder n nur Empfehlungen nahelege n konn te. Da s Verhältnis zur Industrie49 entwickelte sich im Laufe der Zeit zu offener Feindseligkeit . Richar d Sichler , Geschäftsman n un d Leite r de r AZS , und sei n Assistent Joachim Tiburtius , ei n Mitglied de r Gesellschaft fü r soziale Reform , wurde n au s den Kreisen de r Kriegsindustrie zunehmen d al s angebliche »fünft e Kolonne « de r Gewerkschafte n i m preußische n Kriegs ministerium befehdet , wa s ihre ohnehin nur dürftigen Einflußmöglichkei ten auf die Arbeitskräftepolitik de r Industriellen noch mehr verringerte. 50 Der Anlaß fü r di e Animosität zwische n Kriegsindustri e un d AZS wa r außer gewissen Unterschiede n in den ordnungs- und sozialpolitischen Vor stellungen - ihr Konkurrenzverhältni s bei m Zugrif f au f die knappste alle r menschlichen Ressource n i m Krieg : au f di e Grupp e de r qualifizierte n männlichen Arbeiter , au s dere n Reihe n di e Reklamierte n un d Zurückge stellten vo r allem stammten . I n den Betrieben de r Kriegsindustrie wurde n sie zur Aufrechterhaltung un d zum Ausbau der Produktion gebraucht ; un d die Heeresverwaltung hatt e ebenfalls eine n großen Bedar f an Facharbeitern an un d hinter de r Fron t sowi e zunehmen d a n taugliche n Soldate n über haupt. Nahez u all e Maßnahmen de r von de n militärischen un d zivilen Be hörden betriebene n Arbeitspoliti k zwische n 1914 und 1918 zielten direk t oder indirekt auf die Lösung dieses Grundproblems ab: die Zahl der Reklamierten zu verringern, sowei t dies ohne Schädigung de r Rüstungsproduk tion möglic h war , un d der Kriegsindustri e stat t ihrer ander e Arbeitskräft e anzubieten ode r notfall s auc h aufzuzwingen . Da s Reklamiertenproble m war nicht nur wegen der kurz- und mittelfristigen Unersetzlichkei t qualifi zierter Arbeitskräft e s o vordringlich, sonder n auc h wege n seine s rei n zah lenmäßigen Umfangs . Anfan g 1917 machten di e Reklamierte n fas t 20% der männliche n Arbeitskräft e i n de r Kriegsindustri e de s Dritte n Bayeri schen Armeekorpsbereichs aus , in der des Ersten Bayerischen Armeekorp s sogar knap p 40 %.51 Krupp beschäftigte Anfan g Juni 1915 insgesamt run d 56000 Arbeiter un d Angestellte , vo n dene n ca . 22000 Reklamierte waren , d. h. fas t 40% der gesamte n Belegschaft. 52 Vo n eine m durchschlagende n Erfolg de r Politik zu r Reklamiertenfreimachung kan n bi s Ende 1916 nicht gesprochen werden . Zwa r entzoge n Generalkommando s un d Kriegsmini sterium de r Industri e im Lauf e des Jahres 1915 1,3 5 Mio. Zurückgestellte , die durch ander e Arbeitskräft e ersetz t werde n konnten ; doc h i m Oktobe r 55 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

1916 betrug di e Zah l de r Zurückgestellte n i n gan z Deutschlan d wiede r 1,4—2,0 Mio., vo n denen zwischen 0,8-1,2 Mio. fronttauglich (»k . v.«) wa ren.53 Auf welch e Kategorie n vo n Arbeitskräfte n di e AZ S verwies , u m de n Reklamiertenstand i n der Kriegsindustrie zu drücken, wir d in den 21 Seiten umfassenden »Richtlinie n für die Behandlung de r Arbeiterfrage i n den fü r den Kriegsbedar f tätige n Gewerbezweigen « vo m Ma i 1915 ausgeführt:54 1. arbeitslose Männer , 2. Kriegsbeschädigte, 3. männliche Jugendliche , 4. Frauen (vo r alle m bei m kaufmännischen Personal) , 5. Kriegsgefangene, 6. Ausländer. Dies e Richtlinien stellten jedoch nicht mehr als eine Empfehlung a n di e Militärbefehlshabe r dar , di e Kriegsindustri e ihre s Bereich s i n diesem Sinne zu beeinflussen. De n einzigen ihr offenstehenden Weg , diesen Empfehlungen de r Industri e gegenübe r Nachdruc k z u verleihen, beschrit t die AZ S i m Augus t 1915. Am 20. August55 wie s si e alle Abteilunge n un d Departements des preußischen Kriegsministerium s an , Heeresaufträg e nu r an Lieferante n z u erteilen , di e imstand e seien , dies e ohn e kriegsverwen dungsfähige Arbeitskräft e auszuführen. 56 Di e Begründun g diese r Anord nung macht deutlich, wi e angespannt das Verhältnis zwischen Militärbüro kratie und Kriegsindustrie in diesem Punkt bereits war: »Ernste militärische und politische Erwägungen fordern . . ., daß die Zahl der für die Industri e zurückgestellte n Kriegsverwendungsfähigc n nac h Möglichkei t ver mindert werde, abe r die Ansprüche der Industrie wachsen vo n Tag zu Tag. [Ers t infolge de s ab jetzt mittel s der Heeresauftragsvergabe ausgeübte n Zwang s U. D. ] wird die Industrie den ersten Versuch machen müssen - zu dem sie bisher nicht so sehr veranlaßt wa r - sich selbst zu helfen - und sie wird i n der größten Zahl der Fälle de n We g daz u finden... : Anlernun g vo n Ungelernten , Jugendliche n un d Frauen für Arbeiten, di e bisher nur gelernte Arbeiter verrichtet haben, schleunige Verbesserung de r Maschinerie, w o das irgend möglich ist, u m personelle Arbeitskraft z u sparen, Verbesserunge n de r Organisation usw . ... Es besteht kein e Besorgnis, da ß die sachliche Leistung der Kriegsindustrie durch diese Änderung der Lieferungsbedingungen herabgesetz t werde n könnte . Di e Industrie wir d sic h anpassen, wenn sie muß.« Dieser Zwang zu r Anpassung, de r bereits vorher bei kleineren Heereslieferanten angewand t worde n war, 57 endet e jedoch vo r de n Toren derjenige n Produzenten vo n Heeresmaterial , di e i n diese r Funktio n unersetzlic h wa ren. Firme n wi e Krupp - die bereits im Juni 1915 beim Kriegsministeriu m gegen die Einziehung weitere r Reklamierter protestier t hatte 58 - oder Zeiss sollten die unerläßlichen Reklamierten, wi e es in der Verfügung de s Kriegsministeriums heißt, belassen werden. Besondere Anstrengunge n de r Kriegsindustrie , diese n Auflagen , sowei t sie di e Einstellun g vo n Fraue n betrafen , nachzukommen , konnt e da s Kriegsministerium i m folgende n nich t feststellen. 59 Di e Präferen z de r In dustrie, wen n sie denn schon auf Teile ihres Facharbeiterstamms verzichte n sollte, la g nich t be i de r Anlernun g weibliche r Arbeitskräfte : Vo n den dre i 56 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

wichtigsten Kategorie n von Ersatzarbeitskräften-Kriegsgefangenen, Aus ländern un d Frauen - bevorzugten di e Unternehmer, ebens o wie die Landwirte, eindeuti g di e erste n beiden : Den n unte r de n Ausländer n un d de n Kriegsgefangenen ware n eher die dringend benötigten Facharbeitskräft e z u finden al s unte r de n deutsche n Frauen ; un d die ungelernten ausländische n und kriegsgefangene n Arbeitskräft e hatte n au s der Perspektive de r sie Beschäftigenden de n Vorteil , da ß sie anspruchsloser, billige r un d rückhaltlo ser einsetzbar waren als weibliche deutsche Arbeitskräfte. 60 D a diese deutliche Präferen z de r Unternehme r sic h i m weitere n Kriegsverlau f al s eine r derjenigen Faktore n erweise n sollte , di e de r Beschäftigun g vo n Fraue n i n der Kriegsindustri e Grenze n setzten , is t im folgende n au f den Einsatz vo n Kriegsgefangenen un d ausländische n Arbeitskräfte n i m Erste n Weltkrie g kurz einzugehen. Kriegsgefangene ga b di e Heeresverwaltun g au f Anfrage de r Unterneh mer ab , nachdem de r örtliche Arbeitsnachwei s de r Reichszentral e de r Ar beitsnachweise bestätig t hatte , da ß de r Arbeitskräftebedar f nich t durc h deutsche Arbeiter/inne n befriedig t werde n konnte. 61 Die Militärbefehlsha ber hatten ohnehin meist Entsprechendes veranlaßt. 62 Für den Bergbau, di e Schwerindustrie un d die Landwirtschaft wurd e dies ab 1915 nicht mehr eigens überprüft. Di e Reichszentrale setzt e auch die von den Unternehmer n für di e Beschäftigun g vo n Kriegsgefangene n z u entrichtende n Beiträg e fest.63 Mitt e 1915 64 waren ca . 900000 Kriegsgefangene i n Deutschland be schäftigt, i m September 1917 waren es knapp zwei Millionen. 65 Von diesen arbeiteten:66 Tabelle 8: Die Beschäftigung vo n Kriegsgefangene n in Deutschland 1916/1917 Ende 1916 in der Industrie in der Landwirtschaf t in der Forstwirtschaf t bei gemeinnützigen Arbeite n bei Eisenbahnarbeite n bei der Heeresverwaltung im Heimatgebiet im Etappengebiet im Lager waren zusammen

331 000 735000 39000

253000 1 358 000

September 1917 392 562* 837508 18554 5052 23451 22881 258842 144648 1 703 498

* davon ca. 170000 im Bergbau D. h., daß von den im September 1917 in Deutschland befindlichen 1 984 202 Kriegs- un d Zivilgefangene n (di e Zah l de r Zivilinternierte n betru g 57 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

100543) nur wenig e nich t al s Arbeitskräfte eingesetz t worde n waren : Gu t 800000 arbeiteten i n de r Landwirtschaft , un d unte r de n knap p 400000 in der Industri e beschäftigten Kriegsgefangene n waren , insbesonder e bei den von der Westfront stammenden , etlich e Facharbeiter. Eine n Eindruc k vo m Umfang de r Kriegsgefangenenarbei t vermittel t auc h di e Tatsache , da ß i n Bayern i m Herbst 1918 in etwa gena u soviel e Kriegsgefangen e beschäftig t waren wie Rüstungsarbeiterinnen. 67 Die große Nachfrage nac h Kriegsgefangenen fügt e den Unwägbarkeite n des Arbeitsmarkts im Krieg noc h eine weitere hinzu: Ließen die Ereignisse auf de n Kriegsschauplätze n Nachschu b a n Kriegsgefangene n erwarten , entließen Unternehme r nicht selten ihre weiblichen Arbeitskräfte , u m statt dessen Gefangen e anzufordern. 68 Mi t zunehmende m Arbeitskräfte - un d vor allem Nahrungsmittelmangel - der mittels behördlich festgelegter Ma ximalrationen a n de n unfreie n Arbeitskräfte n besonder s har t exekutier t wurde - wurden di e i n de r Industri e beschäftigte n Kriegsgefangene n z u den am rückhaltlosesten ausgebeutete n Arbeitskräften. 69 Ebenso begehrt wi e die Kriegsgefangenen ware n i n Industrie und Landwirtschaft di e freie n ausländische n Arbeitskräfte . Di e Tatsache , da ß di e Unternehmer i n vielen Fälle n lieber Ausländer einstellte n al s die arbeitslosen deutschen Arbeiter/innen ihrer eigenen Region - die vor allem in textilindustriellen Gebiete n bi s 1916 noch rech t zahlreic h ware n -, führte 1915 zu einem zähen Konflikt zwische n der Industrie einerseits und Militär- und Zivilverwaltung un d Gewerkschafte n andererseits , de r vorübergehen d i n einen Anwerbesto p fü r ausländisch e Arbeite r mündete. 70 Darübe r hinau s war dieser Widerstand oft nicht frei von einer gewissen Ausländerfeindlich keit: Kontakt e zwische n ausländische n Arbeitskräfte n un d deutsche n Ar beiterinnen führte n unte r de n deutsche n Arbeiter n z u Mißstimmungen ; und zu r Durchsetzun g ihrer Forderun g nac h getrennte n Ankleideräume n für deutsch e un d ausländische Arbeitskräfte brache n deutsch e Arbeite r sogar den Burgfrieden un d streikten. 71 Nachdem de r Anwerbesto p wiede r aufgehobe n war , strömte n di e aus ländischen Arbeitskräft e - mehr ode r wenige r freiwilli g - besonders zahl reich au s den beiden große n Besatzungsgebieten , Russisch-Pole n un d Bel gien, i n di e deutsch e Industri e un d Landwirtschaft . Di e starke Abwande rung vo n Arbeitskräfte n au s Russisch-Pole n setzt e ein , nachde m a m 19. März 1915 die dortige Zivilverwaltung gemeinsa m mi t den hinzugezogenen Sachverständige n de r deutschen Industrie beschlossen hatte , di e russisch-polnischen Textilbetrieb e zu m größte n Tei l stillzulegen , u m di e fre i werdenden Rohstoff e un d Beschäftigten i n Deutschland einsetze n z u kön nen.72 Bi s zu m Oktobe r 1917 wurden knap p 160000 russisch-polnische Arbeiter nac h Deutschlan d vermittel t - 8 2 000 von ihne n i n die Landwirt schaft.73 Zu r Anwerbun g de r i n de r Industri e besonder s begehrte n belgi schen (Fach-)Arbeite r etabliert e di e deutsche Eisen - und Stahlindustri e i m Juli 1915 in Belgien da s sogenannte Industriebüro, da s vorzugsweise quali 58 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Tabelle 9: Von der Deutschen Arbeiterzentrale erfaßte ausländische Arbeitskräfte i n Deutschland 1916/1917 1916 Es waren beschäftigt in Herkunftsland Rußland Österreich Ungarn Schweiz Italien Belgien/Niederlande Dänemark/Schweden/ Norwegen Frankreich/Luxemburg Sonstige zusammen

zusammen

der Landwirtschaf t

der Industrie

304686 24943 206 1 825 39 6043

118427 54302 5648 4897 11091 47739

423113 79245 5854 6722 11 130 53782

2006 95 38 339881

3768 1 809 1 855 249536

5774 1 904 1 893 589417

322 600 18957 167 1 976 51 5654

140623 47271 4392 4365 10564 89465

463223 66228 4559 6341 10615 95119

1 556 211 68 351 240

3345 3250 2530 305805

4901 3461 2598 657045

1917 Rußland Österreich Ungarn Schweiz Italien Belgien/Niederlande Dänemark/Schweden/ Norwegen Frankreich/Luxemburg Sonstige zusammen

Quelle: Denkschrif t de r Abteilung für Handel und Gewerbe beim Gencralgouver neur in Belgien, bearb . v. Dr . W . Asmis: »Nutzbarmachun g belgische r Arbeitskräfte für die deutsche Volkswirtschaft nac h dem Kriege« (i m Februa r 1918 dem preußischen Ministerium für Handel und Gewerbe übersandt), S. 29. ZStA Merseburg: Preußische s Ministerium für Handel und Gewerbe, Rep. 120 C VIII 1, Nr. 106, Bd. 14. fizierte Arbeitskräfte anwerbe n sollte. Bis Ende 1916 konnten so fast 42000 Arbeitskräfte fü r di e deutsche Eisen - und Stahlindustri e un d den Bergba u gewonnen werden. 74 Al s Ergebni s der freiwilligen Anwerbun g belgische r Arbeitskräfte ware n i m Oktobe r 1917 101 684 Belgier un d Belgierinnen i n Deutschland beschäftigt , davo n 81 772 im rheinisch-westfälische n Indu striegebiet. 75 Auf de n gemeinsame n Druc k vo n OH L un d Großindustri e 59 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

hin - »öffnen Si e das große Menschenbassin Belgien ! «76 - begann im Oktober 1916 eine Aktion zu r Zwangsdeportation belgische r Arbeitskräfte , di e dem Deutsche n Reic h vorübergehen d ca . 60 000 ausgesprochen arbeitsun willige »Zwangsbelgier« 77 verschafft e un d es gleichzeitig eine m Tiefpunk t seiner internationale n Reputatio n zuführte . 1917 mußte di e Aktio n abge brochen und die Deportierten zurückgeschickt werden. 78 Einen ungefähren Überblic k übe r Herkunft un d Zahl der 1916/17 insgesamt in Deutschland beschäftigten freie n ausländischen Arbeitskräft e gebe n die Meldunge n de r Deutsche n Arbeiterzentral e übe r di e vo n ih r erteilte n Arbeitsgenehmigungen (sieh e Tabelle 9). Da die Statistik de r Deutschen Arbeiterzentral e jedoch nich t alle ausländischen Arbeitskräfte erfaßt , sonder n nu r die in dem betreffenden Jahr neu eingetroffenen, un d darübe r hinau s Bayern , Elsaß-Lothringen , Hessen , Baden un d di e Hansestädt e de r Arbeiterzentral e nich t angeschlosse n wa ren, sind die Angaben jeweils als Untergrenze aufzufassen; di e Zahl der insgesamt i n Deutschlan d beschäftigte n Auslände r wa r u m einige s höher. 79 Rechnet ma n die 1917 für die Arbeit i n der Industrie legitimierten Auslän der un d die im gleiche n Jahr i n der Industri e beschäftigte n Kriegsgefange nen zusammen , komm t ma n au f ein e Gesamtzah l vo n knap p 700000 als unterste Grenz e fü r di e i n de r Kriegsindustri e beschäftigte n Auslände r Betriebe, di e nich t fü r di e Kriegsindustri e täti g waren , erhielte n wede r Kriegsgefangene noc h ausländisch e Arbeite r zugewiesen . D . h., da ß 1917 in de n Betriebe n de r Kriegsindustri e mindesten s ebensoviel , wahrschein lich abe r bedeuten d meh r Auslände r arbeitete n al s i n de r gesamte n deut schen Industri e vo r de m Krieg. 80 Di e ausländische n Arbeitskräft e i n de r Landwirtschaft - insgesamt ca . 500 000 freie Arbeitskräfte 81 un d 837508 Kriegsgefangene - beliefen sic h 1917 auf übe r 1,3 Mio., währen d e s vo r dem Krie g nu r eine knappe Millio n gewese n war. 82 Ei n Teil de r währen d des Krieg s vo m Lan d i n di e Kriegsindustri e abgewanderte n vorwiegen d weiblichen Arbeitskräft e wär e ohn e dies e enorme Steigerun g de s Auslän deranteils unter den landwirtschaftlichen Arbeitskräfte n woh l nich t freige setzt worden. Über die Bemühungen de r Militärbehörden hinaus , die Industrie bei der Erfüllung vo n Heeresaufträge n z u einer vermehrten Beschäftigun g Unge lernter anzuhalten , ga b e s in de r erste n Kriegshälft e kein e weitere n Maß nahmen zur gezielten Mobilisierung vo n Frauen. Die weibliche Erwerbstä tigkeit entwickelt e sic h i n de n erste n beide n Kriegsjahre n ohn e jede n durchgreifenden Versuc h eine r arbeitsmarktpolitische n Steuerung . Si e wurde nich t durc h di e oben geschilderte n fragmentarische n Ansätz e eine r Arbeitsmarktpolitik strukturiert , sonder n durc h Präferenzen , di e di e po tentiellen ode r tatsächliche n Lohnarbeiterinne n selbe r setzten : Fraue n nahmen da s Arbeitsplatzangebo t de r Kriegsindustri e wahr , wen n si e ihr Ein kommen ode r ihre Arbeitssituatio n dadurc h verbesser n konnten . Zahlrei che Frauen jedoch, di e theoretisch fü r eine Arbeitsaufnahme i n der Kriegs60 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Industrie i n Frage kamen , stande n praktisc h nich t zu r Verfügung : entwe der, wei l si e anderweitigen, i n der Regel familiäre n Anforderunge n z u ge nügen hatten , di e im weiteren Kriegs verlauf immer mehr Zeit und Energie verlangten, ode r wei l si e finanzielle bzw. Arbeitsmarktchance n außerhal b der Rüstungsindustrie nutzten , di e die Kriegssituation ihne n bot. Dement sprechend nahm die weibliche Erwerbstätigkeit nu r langsam zu: Erst Mitte 1916 hatte sie - nimmt ma n die Krankenkassenberichte al s Indiz (siehe Tabelle 1) - nach de r Phase verbreiteter Arbeitslosigkei t i n der ersten Kriegs hälfte den Vorkriegsstand wieder erreicht. 2.2.2. Lebenssituationen und Arbeitsmarktverhalte n von Arbeiterfrauen 1914-1916 Wie sahen die individuellen Präferenze n aus , die aus der Sicht der Arbeiter frauen fü r bzw . gege n di e Arbeitsaufnahm e i n de r Kriegsindustri e spra chen? Di e vie r unte r diese r Fragestellun g wichtigste n Kategorie n vo n tat sächlich ode r potentiel l lohnarbeitende n Fraue n solle n kur z skizzier t wer den. Derjenigen Grupp e vo n Frauen , di e vorher in schlechter bezahlte n ode r ihre persönlich e Freihei t stärke r einschränkende n Stellunge n (etw a al s Dienstboten) täti g gewese n ode r die durc h Betriebsstillegunge n arbeitslo s geworden waren , ermöglicht e e s di e Kriegskonjunktur , günstiger e Ar beitsplätze einzunehmen. Dies e »Selbstmobilisierung « - und damit die des weitaus größte n Teils des Zuwachses an erwerbstätigen Fraue n in kriegsin dustriellcn Branche n überhaupt 83 - war Folg e rationale n wirtschaftliche n Handelns der betreffenden Fraue n zur Verbesserung ihrer Situation . Einer weitere n Grupp e von Fraue n ermöglichte e s die bezogene Kriegs unterstützung, sic h un d ihre Angehörige n ohn e weiteres Geldeinkomme n zu erhalten. 84 Meis t handelt e e s sich hie r u m Fraue n i n kleinere n Städte n und ländlichen Gemeinden , di e in Folge der generell besseren Ernährungs situation ode r eigene r Land - und Gartenarbei t übe r die Familienunterstüt zung hinaus keine Barmittel benötigten. Der für »normale« Zeite n erstaunlich gering e Geldbedar f de r Fraue n un d Familie n spiegel t ei n strukturelle s Problem der Kriegswirtschaft wider , da s im weiteren Kriegsverlau f imme r akuter werden sollte : den partiellen Zusammenbruch de r Geldwirtschaft. 85 Diese Fraue n stande n für eine Arbeitskräftemobilisierung nich t zu r Verfü gung, s o lange nich t mi t de m Entzu g de r Unterstützun g gedroh t wurde . Großstädtische »Kriegerfrauen « dagege n kame n kau m jemals nu r mi t de r Unterstützung aus ; sie verdienten sic h jedoch häufi g zusätzliche s Gel d au ßerhalb de r Industri e mi t Zugehtätigkeiten , Heimarbei t ode r ähnlichem. 86 Vor allem Fraue n mit kleinen Kindern miede n die Fabrikarbeit, d a der Verdienst, de n si e dor t erzielen konnten , zu m große n Tei l fü r di e Koste n de r Kinderbetreuung hätt e verwendet werden müssen. 87 61 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Über diese ungenutzten Arbeitskräftereserven entspan n sich sehr bald eine Diskussion zwische n Reichsregierung , Gemeinde n und Arbeiterorgani sationen, di e den ganzen Krieg hindurc h andauer n sollte. Veranlaß t wurd e sie durc h einig e Gemeinde n un d stellvertretend e Generalkommando s mi t vorwiegend landwirtschaftliche r Produktionsstruktur , di e dem Mange l a n (Land-)Arbeitskräften dadurc h z u begegnen versuchten , da ß si e »Krieger frauen« de n Entzu g de r Unterstützun g ode r i n vorsichtige r formulierte n Verfügungen - schließlich wär e eine Verweigerung de r Unterstützun g be dürftiger »Kriegerfamilien « gesetzwidri g gewese n - die erneut e Prüfun g ihrer Bedürftigkei t androhten , wen n si e sich zu einer geforderte n Arbeits aufnahme nich t bereit erklärten. 88 Die Sozialdemokraten, di e sich als Interessenvertreter de r Kriegsunterstützte n verstande n un d di e Wahrnehmun g von deren Belangen in politische Aktionen umzusetzen begannen, pranger ten dies als »Arbeitszwang fü r Kriegerfrauen« an. 89 Die Aufforderung Phil ipp Scheidemanns vom Juni 1915 an das Reichsamt de s Innern, di e Reichsbehörden sollte n eine r derartige n Praxi s de r Gemeinde n entgegentreten , beantwortete de r Staatssekretä r de s Inner n mi t eine r Stellungnahme , di e die Positio n de r Reichsregierun g i n dieser Frag e bis zum End e de s Krieg s wiedergibt: Da s Reich werd e nicht eingreifen, d a schließlich di e betreffen den Fraue n durc h di e Familienunterstützun g nich t eine r Arbeitsleistun g entwöhnt werde n sollten, die sie vor dem Krieg ganz selbstverständlich ge leistet hätten . O b un d wen n ja i n welche r For m Gemeinde n vo n diese m Druckmittel Gebrauc h machen wollten, se i ihnen selbst überlassen. 90 Dabei blie b e s auc h i n de r Är a de r Dritte n OHL . Trot z de r harsche n Worte, die Hindenburg fü r die in seinen Augen meh r oder weniger nutzlo sen, au f Staatskoste n durchgefütterte n »Kriegerfrauen « fand , wurd e ein e grundsätzliche Entziehun g de r Familienunterstützung be i »Arbeitsverwei gerung« nich t angeordnet. Dafü r ware n vor allem zwei Erwägungen maß gebend: Di e Ortsbehörde n wußte n sic h i n de n Fällen , i n dene n ihne n di e immer wiede r vorgebrachten Klage n übe r die lohn- und landarbeitsunwil ligcn »Kriegerfrauen« , di e sic h vo n ihre n Unterstützunge n angeblic h ei n lustiges Lebe n machten, 91 berechtig t erschienen , meis t scho n mi t de r An drohung des Unterstützungsentzugs zu helfen. 92 Die zweit e wesentlich e Erwägung , di e de r Reichsregierun g ein e gene relle Indienstnahm e de r Familienunterstützun g fü r Mobilisierungszweck e untunlich erscheine n ließ , wa r di e absehbar e Auswirkun g eine r solche n Maßnahme au f die Stimmung de r Soldaten : I n seinem Erla ß vo m 6. März 1917 wies der Reichskanzler die Behörden an, »jed e Engherzigkeit« be i der Handhabung der Familienunterstützung z u vermeiden, denn : »Die an der Front kämpfenden Männer , die tagtäglich ihr Leben für das Vaterland einsetzen, habe n Anspruch darauf, de r Sorge um die Ihrigen daheim enthoben zu sein. Sie müssen das Bewußtsein in sich tragen, daß ihre Familien, für die sie selbst jetzt nicht zu schaffen vermögen , kein e Not leiden, sonder n erhalten, wa s für den Lebensunterhalt usw. erforderlich ist.« 62 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Zur Entziehung de r Familienunterstützung dürf e daher nur »nach reifliche r Prüfung« un d de m Versage n jeder andere n mögliche n Beeinflussun g de r betreffenden Fraue n geschritten werden. 93 Diese ursprünglic h vo m Kriegsam t initiiert e Lösung, 94 di e bi s zu m Kriegsende praktizier t werde n sollte , ein e reichseinheitlich e Regelun g de r Frage z u vermeide n un d de n Gemeinde n jeweils di e Einzelfallprüfun g z u überlassen, macht e jedoch in gewisser Hinsicht den Bock zum Gärtner: Da die Kommunen vo m Reic h mit dem schwer lösbaren Problem , di e Gelder für di e Familienunterstützun g au f dem für zivile Belang e äußers t knappe n Geldmarkt de r Kriegszeit z u besorgen, allei n gelasse n worde n waren , hat ten besonders finanzschwache Gemeinde n ein ausgeprägtes Interesse daran, recht häufi g zu m Mitte l de s Unterstützungsentzugs z u greifen, 95 Wie viel e Frauen au f dies e Weis e z u Land - ode r andere r Arbei t gezwunge n werde n konnten, mu ß offen bleiben . Siche r ist nur, da ß die Klagen der von solchen Maßnahmen betroffene n Fraue n ihre n Tei l zu r kontinuierliche n Ver schlechterung de r allgemeinen »Volksstimmung « beitrugen. 96 Während i m überschaubare n Bereic h kleinere r Landstädt e un d Gemein den, w o die Einkommensverhältnisse und die Arbeitsfähigkeit jeder einzelnen Einwohnerin allgemei n bekannt waren, auf dem Weg der Einzelfallent scheidung »Kriegerfrauen « zu r Aufnahm e vo n (Land-)Arbei t gezwunge n werden konnten , wa r diese s Verfahren au f größere Städt e und Gemeinde n nicht übertragbar . Hie r versuchte n di e Behörden stat t dessen , Bezieherin nen von Familienunterstützung dadurc h zur Aufnahme bzw . Beibehaltun g einer Lohnarbeitstätigkei t z u bewegen, da ß ihnen der Arbeitsverdienst nu r zum Tei l au f di e Höh e de r Unterstützun g angerechne t wurde . E s rächten sich jetzt di e notorisch niedrigen Frauenlöhne , inde m sie sich als deutliches Mobilisierungshindernis erwiesen: Zwar lagen die Sätze der Familienunterstützung i n viele n Fälle n unte r de m Existenzminimum , de r Arbeitsver dienst vo n Fraue n abe r ebenfall s of t nich t vie l darüber . Wa r die Differen z zwischen de r Höhe der Familienunterstützung un d der des Arbeitsverdienstes zu gering un d mußte darüber hinaus noch ein Teil des Mehrbetrags fü r Fahrtkosten, erhöhte n Kleidungsverschleiß , Kinderbetreuun g u . a. m. aus gegeben werden , wurd e es für die betreffenden Fraue n zunehmend ökono misch unsinnig , Erwerbsarbei t z u verrichten . Di e Gewerbeinspektio n Mönchengladbach wie s bereit s i m Dezembe r 1914 darauf hin , da ß etw a Näherinnen, wen n si e ungefäh r 40 Mark Kriegsunterstützun g i m Mona t erhielten, mi t eigener Arbeit aber nur rund 60 Mark verdienen konnten, fü r den Unterschie d vo n 20 Mark i m Mona t arbeite n mußten , »wa s ihne n nicht paßt« . Si e schlu g vor , Fraue n mi t eine m s o geringe n Verdiens t di e halbe Unterstützun g z u belassen. 97 Ein e Lösung diese r ode r ähnliche r Ar t setzte sich seither i n den meisten Kommune n durch. 98 Wiederum überlie ß die Reichsregierung di e Regelung de r Frage den Gemeinden, 99 empfahl ih nen jedoch ein e Freilassung vo n 50% des Arbeitsverdienstes. 100 Aber auc h in diesem Fal l wirkte sic h der Interessengegensatz zwische n Reic h und Ge63 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

meinden hinderlic h aus : D a viele n Gemeinde n ein e Entlastun g ihre r ange spannten Haushaltslag e durc h Einsparunge n vo n Familienunterstützun g vordringlicher wa r al s die übergeordneten Gesichtspunkt e de r Arbeitskräf temobilisierung, praktizierte n si e i m weitere n Kriegsverlau f ein e ehe r re striktive Anrechnungspolitik ; i n einigen Fälle n striche n di e Gemeinden de n »Kriegerfrauen« be i Aufnahm e eine r Lohnarbei t umstandslo s di e gesamt e Unterstützung, häufi g rechnete n si e anderweitig e Unterstützunge n (z. B. durch Arbeitgeber ) an. 101 Die s verringert e da s Interess e vo n Fraue n a n de r Aufnahme ode r Beibehaltung vo n Lohnarbeit gan z erheblich : »Unwillen erregt , da ß de n Kriegerfrauen , di e sic h Arbei t gesuch t haben , zu r Zei t immer noch von der Kriegsunterstützung das , was sie über 20 Mark monatlich verdienen, abgezogen wird . Di e arbeitsamen Frauen sehen darin mit Berechtigung ein e ungerechtfertigte Härt e gegenübe r denen , di e überhaup t nich t arbeite n wollen . 5 M. Mehreinkomme n wöchentlic h erschein t ihne n unwesentlic h de r Müh e un d Kraftaufwendung un d de r Überlassun g de r Kinde r a n Fremd e gegenüber . Di e Frauen, di e nicht arbeiten , habe n ei n bequeme s Leben , könne n mi t ihre n Kinder n Spazierengehen un d schonen ihr e Kleider, währen d si e für 20 M. sic h plagen müs sen.«102 Auch di e eingezogene n Ehemänne r vermerkte n dies e Praxi s übel . S o be richtete z . B. Agne s vo n Harnac k übe r ihr e Gespräch e mi t ehemalige n deutschen Kriegsgefangene n i m Frühjah r 1918, daß dies e di e Praxi s de r Anrechnung al s ungerech t empfanden . Eine r vo n ihne n erklärt e ihr : »Ic h habe meine r Fra u geschrieben , we r ha t di r geheiße n arbeiten , w o d u doc h weißt, da ß dir dann die Unterstützun g gestriche n wird . « 103 Insgesamt schein t sic h di e Anrechnun g de s Arbeitsverdienste s au f di e Kriegsunterstützung negati v au f die Mobilisierun g vo n Fraue n ausgewirk t zu haben : Viel e »Kriegerfrauen« , s o Marie-Elisabeth Lüder s i m Rückblick , habe »die allgemei n geübte . . . Methode der Anrechnung de s Arbeitsverdienstes au f die Familienunterstützung durc h di e Lieferungsverbände [i . e. Kommune n U. D.] von der Arbei t zurückgehalten . Di e Fraue n habe n begreiflicherweis e di e sogenannt e 50%ige Freilassun g de s Arbeitsverdienstes vo n de r Anrechnun g au f die Familien unterstützung nich t als solche, sonder n als Zurückbehaltung empfunde n un d darin eine Ar t Bestrafun g de r Arbeitswillige n gesehen ; be i vielen ha t sie direkt di e Aufgabe bereit s übernommene r Arbei t veranlaßt , wei l di e nac h Abzu g verbleibend e Einnahme in keinem Verhältnis zur Arbeitsleistung un d dem Verzicht auf geordnete Haushaltsführung stand.« 104 Die dritt e wesentlich e Kategori e vo n Frauen , di e hie r unte r de r Fragestel lung nac h de n de r Mobilisierun g weibliche r Arbeitskräft e förderlichen oder hinderliche n individuelle n Präferenze n z u nennen ist , besteh t au s den jenigen Frauen , di e erstmal s gezwunge n waren , Gel d z u verdienen . Da s galt fü r viel e Frauen , dere n Männe r gefalle n ware n - die Witwenrenten wa ren noc h weitau s niedrige r al s die Kriegsunterstützun g - , sowie fü r solche , die kein e Unterstützun g beantrag t hatte n - die »verschämte n Armen « - ,

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für solche, dere n Bedürftigkei t nich t anerkannt worden war oder die allein von der Unterstützung nich t leben konnten. Sofer n diese erstmals auf eigenen Erwer b angewiesene n Fraue n sic h de r Fabrikarbei t zuwandten , wur den sie nicht selten direkt auf dem Arbeitsplatz ihres eingezogenen oder gefallenen Mannes oder zumindest in dessen Abteilung beschäftigt. 105 E s handelte sic h hie r u m wei t meh r al s eine pragmatisch-formal e Regelung , zu mindest au s der Sich t de r betroffene n Frauen : Fü r sie bedeutete die s nich t zuletzt eine inhaltliche Übertragung vo n Familienstrukturen au f den Lohnarbeitsbereich - die nicht vo n der Sache, woh l abe r vom Umfan g he r ein zigartig gewese n sei n dürft e -, und zwa r bi s i n di e emotionale n Aspekt e hinein. Ein e solch e Munitionsarbeiterin , di e au f de m Arbeitsplat z ihre s Mannes gearbeitet hatte , verließ, nachde m dieser gefallen war , ohn e Erklärung die Arbeit. Anschließen d schrieb sie der Fabrikpflegerin : »Vielleicht verstehe n Si e mich, wen n ic h Ihnen den Grund schreibe. Mei n lieber Mann hat lange Jahre dort gearbeitet , un d ich habe dieselbe Arbeit dortV A Jahre gemacht mit seinem Handwerkszeug, alles, was er dort gebraucht hat, und ich war stolz, während mein Mann draußen kämpfte, konnt e ich ihn hier vertreten. In den elf Jahren meine r Eh e haben wir uns immer gut verstanden, abe r im letzten Jahr sind wir wohl erst eins geworden. E s war nicht immer schön in der Fabrik. Aber ich hatte meinen Mann, dem konnte ich mich im Brief aussprechen und er antwortete mir immer wieder , jeder Brie f gab mir Mut. S o war mir diese Arbeit bis zu dem Tag ein Heiligtum. Deshalb kann ich die Arbeit nicht weiter machen, aber ich will anderwärtig für unser Kind arbeiten.«106 Besonders häufi g schein t di e Beschäftigun g vo n Ehefraue n au f de m Ar beitsplatz ihres eingezogenen Manne s in Verkehrsbetrieben vorgekomme n zu sein: Von knapp 14 000 bei den Straßenbahnen beschäftigten Frauen , di e in einer Erhebun g de s Transportarbeiterverbandes vo m Oktober/Novem ber 1915 erfaßt worde n waren , ware n 2800 Ehefrauen eingezogene r Stra ßenbahnbediensteter.107 Diese Gruppe der erstmals auf eigenen Gelderwerb angewiesenen Fraue n stellte jedoch keineswegs ein sicheres Rekrutierungspotential de r Kriegsindustrie dar. Frauen , denen die Farbikarbeit fremd wa r und vor allem solche, die kleine Kinder hatten, dere n Unterbringung sic h problematisch gestalte t und den größten Teil des Arbeitslohnes aufgezehrt hätte , zogen es in vielen Fällen vor , ihre n Lebensunterhal t mi t Heimarbei t z u bestreiten. 108 Diese s Interesse der Frauen an der Übernahme vo n Heimarbeit tra f auf ein relati v reichhaltiges Angebo t a n solchen Tätigkeiten : Zu m größte n Auftraggebe r wurde di e Militärverwaltung , di e direkt ode r indirek t (übe r Zwischenfir men, Frauenorganisatione n ode r eigens zu diesem Zweck eingerichtete Gesellschaften) Heeresnäharbeite n ausgab . I n der heimgewerblichen Produk tion vo n Gewehrschloßhüllen , Sandsäcken , Patronen - un d Granatenkör ben, Lederkoppeln , Gasschutzmasken , Zwiebackbeutel n un d Uniforme n u. a. m. fande n zahlreich e derjenige n erstmal s au f eigene n Geldverdiens t angewiesene Fraue n eine Erwerbsmöglichkeit, au f deren Erscheinen in der 65 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Kriegsindustrie ma n vergeblic h wartete. 109 Di e Verallgemeinerun g de r Heimarbeit verweis t ebens o wi e di e Rückentwicklun g de r Hausarbei t z u einer Quasi-Subsistenzwirtschaft 110 darauf , da ß di e Entwicklun g de r Kriegswirtschaft differenzier t z u sehen ist: In eigenartigem Kontrast zu den sich »modernisierenden « Aspekte n wi e Massenfertigun g un d neue n Pro duktionstechniken wie s di e Kriegswirtschaf t gleichzeiti g anachronistisch e Züge auf , inde m si e vo n de r Entwicklun g de r Technologi e un d de r Ar beitsteilung eigentlic h überholt e Produktionsweise n z u neue r Blüt e brachte. Gro b gesproche n wa r di e Heimarbei t de r Kriegszei t durc h zwe i unterschiedliche Tendenzen charakterisiert. Einig e der traditionellen regio nalen ode r produktionsspezifische n Schwerpunkt e de r Heimarbei t sanke n im Krie g bi s zu r Bedeutungslosigkei t herab : Entwede r fehlte n di e Roh stoffe ode r die Nachfrage, ode r ihre Arbeitskräfte wanderte n in die Kriegsindustrie, zu m Teil auc h i n die Landwirtschaft ab . I m Gegensatz dazu ex pandierten diejenige n heimgewerbliche n Branche n und Regionen, di e sich an die Bedürfnisse de r Heeresproduktion anpasse n konnten bzw. durc h sie erst geschaffe n wurden. 111 Statistisch e Date n fü r de n Gesamtumfan g de r Heimarbeit 1914-1918 stehen nich t zu r Verfügung . Au f regionaler Eben e läßt sich die Zunahme weiblicher Heimarbeit jedoch festmachen. I n Hamburg z . B., w o 1914 knapp 8400 Heimarbeiter gemelde t waren , vo n denen ca. 2/3weiblich waren , wurd e ihr e Zah l fü r di e Kriegszeit durchschnittlic h auf 15 000 geschätzt; von diesen waren etwa 10000 Frauen.112 Und im preußischen Regierungsbezirk Kasse l stieg di e Zahl der Heimarbeiterinnen vo n 1010 im Mai 1914 auf über 7500 im September 1918.113 Auch die steigende Mitgliederzahl i m Gewerkverei n de r Heimarbeiterinnen kan n al s Hinwei s auf die Zunahme der weiblichen Heimarbeiterschaft herangezoge n werden :

Tabelle 10: Mitgliederentwicklung de s Gewerkvereins der Heimarbeiterinnen 1913-1919 1913 1914 1915 1916 1917 1918 1919

(Januar) (März) (Januar) (Januar) (März) (Januar)

8385 8400 10100 12915 16106 17100 19644

Quelle: Gravert , Ε. Μ., Der Einfluß der wirtschaftlichen Demobilmachung auf die Entwicklung der Frauenarbeit, Diss. Hamburg 1924/25, S. 131. Lorenz, Ch., Die gewerbliche Frauenarbeit während des Krieges, in: Umbreit, P., Lorenz, Ch., Der Krieg und die Arbeitsverhältnisse. Stuttgart u. a. 1928, S. 356 66 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Die Heeresnäharbeite n stellte n hinsichtlic h de r mit ihnen verbundenen ar beitsmarktpolitischen Maßnahme n und Strategien eine eigenartige Gemengelage dar , d a sie gleichzeitig fü r durchaus heterogene Zwecke nutzbar ge macht werde n sollten . Einerseit s diente n si e als sozialpolitische Arbeitsbe schaffungsmaßnahmen fü r arbeitslos e Fraue n oder solche, di e aus gesund heitlichen un d familiäre n Gründe n kein e Fabrikarbei t leiste n konnten. 114 Gleichzeitig sollte n abe r all e Fraue n darau s ferngehalte n werden , di e auc h in de r Industri e ode r der Landwirtschaft eingesetz t werde n konnten. Zu m einen sollte n di e Heeresnähaufträge de n auf Heimarbeit al s Erwerbsquell e angewiesenen Fraue n einen auskömmlichen Verdiens t für sich und ihre Angehörigen verschaffen , zu m andere n abe r auc h i m produktionspolitische n Sinn effekti v sei n un d zu r Entlastun g de r Rüstungsindustri e beitragen. 115 Eine einheitliche Regelun g ka m ers t i n de r zweiten Kriegshälft e zu m Tra gen.116 Vorhe r besa ß kein e militärisch e ode r zivil e Behörd e eine n Über blick, geschweig e denn eine Kontrolle über den Beschäftigungsstand i n der Kriegsheimarbeit. Einzi g i n di e Lohngestaltun g de r Heimarbeiterinne n griffen di e Militärbehörde n ein , u m besonder s krasse n Fälle n vo n Lohn druck entgegenzuwirken , un d erwiesen sic h einmal meh r als von den Gewerkschaften freudi g begrüßt e Verfechter des Tariflohns.117 Die- vor allem aufgrund de s Zwischenmeistersystem s - ausgesprochen lamentable n Löhne viele r Heimarbeiterinnen 118 veranlaßte n sogar de n Berliner Polizei präsidenten zu gesellschaftspolitischen Ausführungen : »So bedenklic h i n Friedenszeite n di e Festsetzun g vo n Minimallöhnen durc h den Staat auch erscheinen möge, so rechtfertigt die jetzige außergewöhnliche Lage doch die Regelung der Löhne durch die auftraggebenden Staatsbehörden , damit den ohnehin wirtschaftlic h schwerbedrängte n untere n Erwerbsklassen ei n angemessener Anteil an den von den Unternehmern erzielten Gewinnen gesichert wird.«119 Anordnungen de s preußischen Kriegsministerium s a n seine Beschaffungs stellen 1915 und die diesen Nachdruc k verleihende n Erlass e der Militärbe fehlshaber verbote n di e Unterschreitun g bestimmte r tarifliche r Mindest löhne fü r mi t Heeresaufträge n Beschäftigte ; 75% des Stücklohns mußte n an die Heimarbeiter/innen selbs t gehen, un d in der Regel war nur ein Zwi schenmeister zugelassen. 120 Sozialpolitisch wirkt e sich die weibliche Heim arbeit im Krieg vorteilhaft aus : Sie sicherte - zusammen mit den Unterstüt zungszahlungen de s Reichs, de r Gemeinden und größerer Betrieb e - zahlreichen »Kriegerfamilien « da s nötig e Mindesteinkommen . Unte r arbeits marktpolitischen Gesichtspunkte n jedoc h wa r un d blie b da s Einströme n von Fraue n i n di e Heimarbei t ei n Fal l unerwünschte r Mobilisierung : Fü r die fehlenden Rüstungsarbeitskräfte bote n die Heeresnäharbeiter/innen kei nen Ersatz. Die vierte und letzte Gruppe von Frauen, a n der die strukturellen Bedin gungen de r Mobilisierun g vo n Frauenarbei t für die Kriegsindustri e ver deutlicht werden sollen, bilden die arbeitslosen Textilarbeiterinnen. Ei n ge67 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

wisser Teil vo n ihne n wandert e zwa r i n kriegsindustrielle Betrieb e a b und gehörte dami t z u de n obe n al s erst e Grupp e erwähnte n Frauen , di e zu m Anstieg de r weibliche n Erwerbstätigkei t i n diese n Branche n beitrugen . Der größere Teil der arbeitslosen ode r kurzarbeitenden Textilarbeiterinne n konnte jedoch nicht für die Kriegsindustrie mobilisiert werden. E s entstand die paradox e Situation , daß , währen d de r Arbeitskräftemange l sic h z u ei nem der zentralen Hindernisse bei der Intensivierung de r Rüstungsproduk tion entwickelte , Reich , Bundesstaate n un d Gemeinde n groß e Summe n Geldes für di e Unterstützun g erwerbslose r Textilarbeiterinne n aufwende n mußten. Ursache fü r di e hoh e Textilarbeitslosigkei t wa r de r Rohstoffmangel : Ungefähr Mitt e 1915 konnte kein e Baumwoll e meh r importier t werden ; die eingelagerte n Vorrät e diese s wichtigste n Rohmaterial s de r Textilindu strie hätten , wär e i m bisherige n Umfan g weiterproduzier t worden , nu r mehr sechs Monate gereicht. 121 U m diese knappen Vorräte für den Heeresbedarf sicherzustellen , erlie ß di e Reichsregierun g 1915/16 eine Reih e vo n Produktions- un d Arbeitszeitbeschränkunge n fü r di e Textil - un d Beklei dungsindustrie. D a di e sich darau s ergebend e Beschäftigungslosigkei t un ter der Arbeiterschaft diese r Betriebe eine direkte Folge staatlicher Eingriff e war, erkannte n da s Reich un d die Einzelstaate n - und das war ei n Novum in de r Geschicht e de r Sozialpoliti k - eine ihne n darau s entstehend e Ver pflichtung zu r Arbeitslosenunterstützun g an : Al s flankierend e Maßnahm e zu de n Produktionseinschränkunge n begründet e da s Reic h ein e staatlich e Textilarbeiterunterstützung (sieh e die folgende Übersicht). Ihre Leistungen erstreckten sic h au f arbeitslos e ode r kurzarbeitend e Textil - un d Konfek tionsarbeiter/innen unte r de r Bedingung ihre r Bedürftigkeit. Di e Gemeinden hatte n übe r di e Unterstützungsberechtigun g vo n Fal l z u Fal l z u ent Bewirtschaftungsmaßnahmen un d Erwerbslosenunterstützung i n der Textil- und Konfektionsindustrie 1915/16 Erwerbslosenunterstützung

Bewirtschaftung 15. 5 . 191 5 Aufträge a n Militärtuche n dürfen nu r noc h vo m Bekleidungs Beschaffungsamt vergebe n werden , nur vo n ih m daz u beauftragt e Firme n dürfen noc h derartig e Tuch e verar beiten 1. 8 . 191 5 allgemeines Herstellungsver bot für Baumwollprodukte 12. 8 . 191 5 Arbeitszeitbeschränkung für Spinnereien, Webereie n un d Wirke reien au f 5 Tage/Woche un d eine n Maximalarbeitstag vo n 10 Std.

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Bewirtschaftung

Erwerbslosenunterstützung

14. 8 . 191 5 Verbot de r Veräußerung / Verarbeitung un d allgemein e Be schlagnahmung vo n Baumwolle und Baumwollgespinsten; a b 4. 9. darf 18. 11 . 1915 der Bundesrat stellt Reichsdie Baumwollindustri e nu r noch für mittel für die Erwerbslosenunterstütden Heeresbedarf arbeiten zung i n de r Textilindustri e bereit : 7. 12 . 1915 Baum woll-Spinnverbot: die daraus wir d de n Gemeinde n rück Erzeugung de r einzelnen Spinnereie n wirkend a b 1.10. 191 5 wenigstens wird au f bestimmt e Bruchteil e de r die Hälfte , i n monostrukturellen Geim Friede n verarbeitete n Rohstoff bieten ei n größerer Tei l der einschlämengen begrenzt gigen Aufwendunge n erstattet ; Preu 31. 12 . 1915 Veräußerungs-, Verarbei ßen zahl t ihne n ei n weitere s Dritte l tungs- un d Bewegungsverbo t fü r ihrer Aufwendungen , s o daß hier die Web-, Trikot- , Wirk - un d Strick Gemeinden insg. nur 1/6 zahlen garne; a b jetzt is t Färben , Zwirnen , 5. 1. 1916 Heimarbeiter/innen werden in Verweben, Verstricke n etc . nur noch die Erwerbslosenunterstützun g ein für Heereszwecke erlaubt bezogen 1. 2. 1916 allgemeine Beschlagnahmun g von Web- , Wirk - un d Strickwaren ; Beschränkung de r Arbeitszeit i n solchen Betriebe n au f maximal 40 Std./ Woche 1. 4. 1916 allgemeine Beschlagnahmun g baumwollener Spinnstoff e un d Garne (Spinn - un d Webverbot) ; er - 13. 4 . 191 6 die Reichserwerbslosenun setzt di e dre i Verordnunge n vo m terstützung wir d au f di e Konfek 1.8., 14 . 8. und 7. 12. 191 5 tionsarbeiter/innen ausgedehnt ; di e Bedürftigkeitsklausel wir d verschärf t (Bedürftigkeit lieg t nu r noc h vor , wenn der/di e Betreffend e zusamme n mit den Angehörigen nich t meh r den Lebensunterhalt bestreiten kann)

scheiden.122 U m die Bedeutung ermessen zu können, di e diese Maßnahmen in finanzieller un d vor allem arbeitsmarktpolitischer Hinsicht hatten, ist ein Blick au f den Umfan g de r davon betroffenen, vorwiegen d weibliche n Ar beiterschaft erforderlich . Diese r sol l fü r di e Textilindustrie Westfalens , de s Rheinlands und Sachsens kurz skizziert werden. Die Textil- un d Konfektionsindustri e Westfalens 123 hatte vo r de m Krie g insgesamt etw a 70000 Arbeiter beschäftigt , vo n dene n fas t di e Hälft e Frauen waren . Ein e Umfrag e de s Verbande s Westfälische r Arbeitsnach weise unte r 349 Textilbetrieben de r Provin z erga b folgend e Belegschafts veränderung: 69 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Tabelle 11: Beschäftigte in der westfälischen Textilindustri e vor und im Ersten Weltkrieg Regierungsbezirk Münster Minden Arnsberg insgesamt Regierungsbezirk Münster Minden Arnsberg insgesamt

Zahl der Betriebe 205 52 92 349 Zahl der Betriebe 205 52 92 349

Beschäftigte vor dem Krieg insgesamt davon männlich weiblich 35739 9601 6088 51 428

20891 4150 3895 28936

14848 5451 2193 22492

Beschäftigte am 18. September 1915 insgesamt 24616 8004 3644 36264

männlich

davon

12570 2678 1 833 17081

weiblich 12046 5326 1 811 19183

Quelle: Verban d Westfälische r Arbeitsnachweis e 6. Dezember 1915: Bericht über die Umfrag e betreffen d Arbeitslosigkei t i n der westfälischen Textilindustrie ; St A Münster, Oberpräsidium 4124

Die Zah l de r männliche n Arbeite r hatt e sic h u m 11 852 = 4 1 % , die de r weiblichen Arbeite r um 3309 = 15% verringert. Rechne t ma n diesen Prozentsatz au f die i n de r westfälische n Textilindustri e insgesam t Beschäftig ten hoch, ga b es im September 1915 in Westfalen knapp 30 000 Textilarbeiterinnen, abe r nur mehr 17000 männliche Beschäftigte i n diesen Branchen ; die übrigen Arbeiter waren zu diesem Zeitpunkt bereits eingezogen oder in andere Betrieb e und Regionen abgewandert . Währen d im Septembe r 1915 von eine r Arbeitslosigkei t de r männlichen Textilarbeite r nich t gesproche n werden konnte , wa r ei n Tei l de r Fraue n noc h imme r bzw . scho n wiede r arbeitslos ode r vo n Kurzarbeit betroffen . I m Januar 1916 war e s vor alle m die mittlerweile vol l durchschlagende Produktionsverringerung de r Textilbetriebe, die in Westfalen etw a 50000 Frauen arbeitslos machte. 124 Die Handelskammer n de r Rheinprovin z gabe n i m Septembe r 1915 bekannt, da ß in ihrem Gebiet mindestens 30000 Textilarbeiter entlassen wür den, davon 17 500 Frauen.123 Besonders schwerwiegen d ware n di e Folgen de r Produktionseinschrän kungen für das von de r Textilindustrie geprägt e Königreic h Sachsen . Vo n den hie r vo r de m Krie g ungefäh r 380000 Beschäftigten de r Textil - un d 70 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Konfektionsindustrie ware n etw a 280000 weiblich.126 Währen d vo n de n Männern bi s zum Herbs t 1915 ca. 1/3eingezogen wurd e oder die Beschäfti gung wechselte , wurde n im Juli 1915 noch 4/5 der Arbeiterinnen beschäftigt ; gut 220000 Frauen arbeitete n als o i n de n vo n de n Produktionseinschrän kungen direk t betroffene n Betrieben . Di e sächsisch e Regierun g rechnet e mit - nach Abzug de r in anderen Betrieben unterzubringenden Beschäftig ten - weit übe r 100000 Arbeitslosen, di e au f Unterstützun g angewiese n seien, di e Mehrzahl von ihnen Frauen. 127 Es wa r nich t nu r de r hoh e weiblich e Beschäftigtenantei l i n de r Textil und Konfektionsindustrie , de r di e eingeführt e Arbeitslosenunterstützun g ganz überwiegend z u einer Unterstützung arbeitslose r Fraue n werden ließ . Hinzu kam , da ß die erwerbslosen Fraue n vor allem aufgrund ihre r familiä ren Bindunge n of t nicht in der Lage waren, ihre n Wohnort zu verlassen. 128 Ihrer Eigenschaf t al s Familienarbeitskräfte wurd e Rechnung getragen : Wa ren si e verheiratet und/ode r hatten si e Kinder, wurd e dies von den Behör den als triftiger Grun d dafür akzeptiert , da ß Frauen die Arbeitsaufnahme i n anderen Gegende n verweigerten . Ihne n mußt e weite r Arbeitslosenunter stützung gewähr t werden. 129 Diese r alle m Anschei n nac h durchgängig e Konsens de r Behörden , di e Roll e de r Fraue n al s Familienversorgerinne n ungeachtet de s Mangels an Rüstungsarbeitskräften sozialpolitisc h zu honorieren, spiegel t wider, wi e hoch der Stellenwert war, der den Frauen für das Überleben de r Familien unte r Kriegsbedingunge n zugesproche n wurde. 130 Diese Seßhaftigkeit de r Textilarbeiterinnen wurd e noch durch einen weiteren Fakto r verstärkt : Zahlreich e Textilarbeiterfamilien besaße n ei n eigene s Haus oder ein Stück Ackerland und waren schon von daher zu einem Ortswechsel nich t bereit. 131 Da s führte z u der eigenartigen Situation , da ß ein e hohe Anzahl geübte r weibliche r Industriearbeitskräft e eine r vom Staa t bezuschußten Arbeitslosigkei t ode r Kurzarbei t anheimfiel , währen d di e Rü stungsproduktion zunehmen d unter Mangel a n Arbeitskräften litt. 132 Auc h die Annahme von Heimarbeitsaufträgen fü r den Heeresbedarf bot für viel e Textilarbeiterinnen ein e Alternative zu m Orts - und Berufswechsel. 133 Un geachtet einige r Versuche, 134 dies e Fraue n wenigsten s zu m Tei l i n di e Kriegsindustrie z u überfuhren , blie b da s Problem bi s in die zweite Hälft e des Jahres 1916 bestehen. Sei n »weni g befriedigende r Zustand« 135 ändert e sich erst, al s die im Sommer 1916 beginnende Verarbeitung vo n Papiergarnen die Beschäftigungsmöglichkeiten de r Textil- und Konfektionsindustri e wieder verbesserte. 136 Insgesamt scheint nur etwa¼ der arbeitslosen Textil arbeiterinnen in andere Industrien vermittelt worden zu sein.137 Die einzige wirkungsvoll e Maßnahm e zu r Mobilisierung vo n Frauenar beit für die Kriegsindustrie war , überblick t ma n di e beiden erste n Kriegs jahrc, i m Grund e di e Bundesratsverordnun g vo m 4. August 1914, die di e Beschäftigungsbeschränkungen für Frauen und Jugendliche in industriellen Betrieben zu r Dispositio n de r Verwaltungsbehörde n stellte. 138 Zwar schu f diese Aufweichun g vo n Arbeitsschutzbestimmunge n kein e einzig e neu e 71 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Arbeitskraft fü r di e Kriegswirtschaft. Si e erlaubte es jedoch, di e verfügba ren Fraue n (un d Jugendlichen) i n längere n Arbeitszeiten , Nachtschichte n und a n gesundheitsgefährdende n Arbeitsplätze n intensive r auszunutzen . Das Waffen un d Munitions-Beschaffungsamt ordnet e im Oktober 1916 an, allen von Kriegslieferanten gestellte n Anträge n au f eine Beschäftigung vo n Frauen, di e den Bestimmunge n de r Gewerbeordnun g zuwiderlief , stattzu geben: »Ich verkenne keineswegs die Gefahr, welche hiermit für die Gesundheit der Frauen verbunden ist , i n diese n ernste n Zeite n müßte n abe r all e Nachteile , welch e den Frauen aus diesen Beschäftigungen erwachsen , i n den [sic] Kauf genommen werden, wenn die Sicherung der rechtzeitigen Herstellung des Heeresbedarfs es erforden.«139 Da derartige Anträge auf Zulassung vo n Frauennacht- und Überarbeit auch in de r erste n Kriegshälft e meis t gebillig t worde n waren , stammt e ei n er heblicher Teil der für di e Kriegsindustrie mobilisierte n weibliche n Arbeits kraft - aus eine m Rückfal l in s 19. Jahrhundert. Nu r damals , vo r de r Ein führung de s Arbeiterinnenschutzes un d der Fabrikinspektion, wa r ein ähnliches Ausmaß a n Überstrapazierung weibliche r Arbeitskräft e möglic h ge wesen. Viel e de r i n diese m Sin n »mobilisierten « Fraue n - die Nacht - und Überschichten leisteten , wei l dies e es oft waren , di e die niedrigen Frauen löhne bi s zu r notwendige n lebensunterhaltende n Höh e aufstockte n bzw . weil si e au f dies e Ar t nächtlich e Fabrikarbei t mi t tägliche r Familienarbei t verbinden konnten 140 - kostete di e Arbei t i n de r Kriegsindustri e di e Ge sundheit, einig e auc h da s Leben. 141 Die s hin g nich t zuletz t dami t zusam men, da ß unte r de n »typischen « industrielle n Frauenarbeitsplätze n de r Kriegszeit auc h die extrem gesundheitsgefährliche n rangierten : Die mit der Herstellung un d Abfüllun g vo n Pulve r beschäftigte n Arbeiterinne n hatte n außer den immer wiede r stattfindende n Explosionsunglücken 142 noc h eine stillere Gefahr z u gewärtigen, nämlic h di e Folgen des ständigen hautnahe n Umgangs mi t Stoffen wi e Dinitrobenzol, Trinitrotoluol u. a. Kreisärztlich e Obduktionsbefunde wi e »Gehir n matschig « - bei einer 19jährigen , vorhe r gesunden Arbeiteri n nac h 4 Wochen Pulverfabrik 143 - und eindeutig e Stel lungnahmen de r Fabrikärzt e de r chemische n Industri e verwiese n au f diese besondere Gesundheitsgefährdun g vo n Fraue n be i de r Munitionsherstel lung. Z u meh r al s z u de r Empfehlung , Fraue n a n solche n Arbeitsplätze n nicht mehr zu beschäftigen, »sobal d es die Verhältniss e gestatten«, sa h sich die Reichsregierung jedoch nich t i n de r Lage. 144 Derartig e Zuständ e rechtfer tigten vollauf die Voraussicht de s preußischen Handelsminister s vo n 1915, die Veröffentlichun g de r Bericht e de r Gewerbeaufsich t dürft e i n de r Kriegszeit woh l »ernste n Bedenke n de r Zensurbehörd e begegnen«. 145 Di e von de r Schwerindustri e mehrfac h gefordert e Wiedereinführun g de r Un tertagearbeit vo n Frauen im Bergbau wurd e zwar später von der Frauenarbeitszentrale i m Kriegsam t vehemen t bekämpft, 146 konnt e jedoc h nich t 72 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

ganz verhinder t werden . Vo n de r durc h di e Bundesratsverordnun g vo m 4. August 1914 eröffneten Möglichkei t de r Zulassung vo n Ausnahmen von den Beschäftigungsbeschränkunge n fü r Fraue n und Jugendliche wurd e ein derart extensive r Gebrauc h gemacht , da ß si e der Aufhebun g de r Arbeits schutzbestimmungen gleic h kam : Täglich e Arbeitszeite n vo n 15 Stunden für Frauen un d Jugendliche ware n keine Seltenheit, un d 12-Stundenschich ten fü r Nachtarbeitcrinne n di e Regel . I n einigen Fälle n arbeitete n Fraue n sogar i n 24stündige n Wechselschichten . Derartig e Ausnahmebewilligun gen wurde n meis t ohn e jeden Vorbehal t un d auc h of t ohn e jede zeitlich e Begrenzung (»für die Dauer des Krieges«) erteil t un d gabe n de r Reichsre gierung zunehmen d »z u ernsten Bedenken Anlaß«. 147 Infolgedesse n wurd e 1917 der Erla ß de r Feldzeugmeistere i vo m Oktobe r 1916 aufgehoben un d eine genauere Überprüfun g un d vorsichtigere Praxis bei der Erteilung vo n Ausnahmegenehmigungen empfohlen, 148 doc h galt di e weitherzigere Aus nahmeregelung weiterhi n fü r all e Betriebe , di e angaben , andernfall s ihr e Heeresaufträge nich t ausführen zu können.149 Als wenig befriedigen d wurd e der Stand der Arbeitskräftemobilisierun g insgesamt nac h zwe i Kriegsjahre n beurteilt . Di e wissenschaftlich e Kom mission zu r Analyse de r Kriegswirtschaft macht e in einer Denkschrift, di e sie i m Rahmen de r Vorbereitun g de s Hilfsdienstgesetze s vorlegte, 150 fol gende Überschlagsrechnun g auf : Eingezoge n ware n End e 1916 ca. 8,5 Mio. Männer, 151 vo n denen 2 Mio. al s Reklamierte i n der Kriegswirtschaf t verblieben waren. Vo n den der Wirtschaft entzogene n 6,5 Mio. männliche n Arbeitskräften stammte n ca . 4 Mio. aus dem Kreis der Krankenkassenmit glieder un d dami t vorwiegen d au s de r Industrie . Al s di e einzige n in s Gewicht fallende n Gruppe n vo n Ersatzarbeitskräfte n bezeichnet e di e Kom mission di e Kriegsgefangenen un d die Frauen. Di e Kriegsgefangenen rech nete sie - »da eine unfreie Arbeitskraft i m allgemeinen wohl nicht höher als 2/3 eine r freie n gleichzusetze n ist « - als gelungene n Ersat z vo n 750000 männlichen deutsche n Arbeitskräfte n i n Industri e un d Landwirtschaft ; di e Zunahme der Frauenarbeit in einigen Bereichen ersetzte nach ihren Berechnungen ungefäh r noc h einma l di e gleich e Anzah l eingezogene r Männer . Einschließlich de r ausländischen Arbeitskräft e au s de m neutrale n Auslan d und de n besetzte n Gebiete n bleib e ei n Res t vo n 4,5 Mio. männliche r Ar beitskräfte, fü r den Ersatz weder gefunden noc h in Sicht sei. 152 Bei diesem Stand der Dinge schaltete sich auf der obersten Ebene das Militär i n di e Arbeitskräftepoliti k ein . Mi t Hindenbur g un d Ludendorf f tra t eine Oberste Heeresleitung au f den Plan, di e ein Ende der Improvisatione n und eine Durchorganisierung de r Kriegswirtschaft unte r militärische r Per spektive und Ägide verlangte. Von jetzt an sollte alles anders werden.

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2.2.3. Hilfsdienstgesetz, Kriegsam t und die Organisation der Frauenarbeit Im Somme r 1918 schlug di e Tagelöhnerstochter Ann y D . aus Schweinfur t einen etwas ungewöhnlichen We g ein, u m drängende Familienprobleme zu lösen: Si e richtete ein Throngesuch a n den bayerischen Köni g Ludwi g III., er möchte doch ihren Vate r Kaspar D. zum Hilfsdienst heranziehe n lassen , denn diese r sei fau l un d mißhandl e Fra u und Kinder. 133 Sofer n di e ausfüh renden bayerische n Behörden , a n die dieses Gesuch weitergeleitet worde n war, ihr e erklärt e Absich t i n di e Ta t umsetzte n un d Kaspa r D . al s Hilfs dienstpflichtigen zu r Arbeitsaufnahm e be i Fichte l & Sachs beorderten , hätte wenigsten s diese s ein e Ma l di e Institutio n de s Hilfsdienste s ein e au f sie gerichtete Hoffnung erfüllt . Da s war nicht häufig de r Fall. Keine einzige arbeitsmarktpolitische Maßnahm e de r Kriegszeit wurd e mi t s o vielen An sprüchen befrachtet , mi t s o viel innerpolitische m Wirbe l i n Szen e gesetz t und mi t eine m derarti g exzessive n institutionelle n Aufwan d durchgeführ t wie da s Hilfsdienstgesetz (HDG) ; und bei keiner standen Aufwand un d Ergebnis i n eine m s o krasse n Mißverhältni s wi e hier . Einzi g de n Gewerk schaften gelan g es , Vorteil e au s diese m »Wechselbalg« 154 z u ziehen : E r brachte ihne n di e lan g erstrebt e obrigkeitlich e Anerkennun g al s gesell schaftspolitischer Kräftefaktor . Doc h ware n di e Folgen de s HDG auch fü r die Arbeiterbewegun g — die a n seine m Zustandekomme n un d a n seine r Durchführung maßgeblic h beteilig t war , s o daß das HDG zum manifeste n Ausdruck ihre r Einbindun g i n da s politisch e Syste m de s kriegführende n deutschen Kaiserreich s wurd e - längerfristig durchau s ambivalent . Di e Gründe fü r dies e Entwicklung - die gleichzeitig da s Debakel de r Arbeits kräftemobilisicrung insgesam t bedeutete , d a fü r dies e di e vo m HD G ge setzten Paramete r bi s zum Kriegsend e gülti g bliebe n - können hie r nich t ausführlich diskutier t werden. 155 D a jedoch auc h di e Mobilisierun g de r Frauenarbeit i n de r zweiten Kriegshälft e ungeachte t de r Tatsache , da ß di e Frauen nicht unter die Gesetzesbestimmungen fielen , unte r den vom HDG vorgegebenen organisatorische n un d politischen Rahmenbedingunge n ab lief un d dami t di e fü r dies e konstitutive n Problemkonstellatione n teilte , sollen Entstehung un d institutionelle Verankerun g de s HDG kurz skizzier t werden. In de n große n Schlachte n de s Jahres 1916 (Verdun und Somme ) erwie s sich di e Nachschubsituatio n de s deutschen Heere s al s äußers t kritisch . E s fehlte a n Munitio n un d Kriegsgerät , un d di e Soldate n konnte n nich t s o schnell ersetzt werden wie sie getötet wurden. 156 Die im August 1916 berufene Dritt e Oberst e Heeresleitun g began n ihr e Tätigkei t mi t de r Verkün dung eine s vo n ih r un d de r Schwerindustri e aufgestellte n immense n Pro duktionsprogramms (de s sog . »Hindenburg-Programms«). 157 U m di e i n diesem Program m aufgestellte n Zielvorgabe n - bis zum nächsten Frühjah r Verdoppelung de r jetzigen Munitions- und Minenwerferproduktion , Ver 74 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

dreifachung de r Geschütz - un d Maschinengewehrproduktio n u . a. m. 158 zu erreiche n un d de n Arbeiter - un d Soldatenmange l - »dem feindliche n Menschenmaterial gegenübe r sin d unsere Menschenvorräte beschränkt« 159 — auszugleichen, müßten , s o Hindenbur g a m 31. August 1916 in seine m Schreiben a n de n preußische n Kriegsminister , vermehr t Kriegsbeschä digte, Kriegsgefangene , Fraue n un d Jugendliche herangezoge n werden . 160 In einem Brie f vom 13. September 1916 an den Reichskanzler präzisierte n Hindenburg un d Ludendorf f ihr e Forderungen : Verringerun g de r Rekla mationen, Erweiterun g de r Wehrpflich t au f Männer bi s 50 Jahre und, vo r allem, di e Verabschiedung eine s Kriegsleistungsgesetzes. Diese s Kriegslei stungsgesetz sollt e di e zwangsweis e Heranziehun g zu r Arbei t a n eine m kriegswichtigen Arbeitsplat z ermöglichen un d sich auch auf die Frauen er strecken: »Es gibt ungezählt e Tausend e vo n kinderlose n Kriegerfrauen , di e nur de n Staa t Geld kosten. Ebens o laufen Tausende Frauen und Mädchen herum, die nichts tun oder höchst unnützen Berufen nachgehen. Der Grundsatz »wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen« ist in unserer Lage mehr denn je berechtigt, auch den Frauen gegenüber. . . [Universitäten sollten geschlossen werden U. D.] Auch dies ist ein Gerechtigkeitsakt, d a jetzt nich t wehrfähig e Männe r und Fraue n de n i m Feld e stehenden kämpfenden Studente n usw . de n Rang ablaufen un d in Zukunft di e Stellen weg nehmen.« Und gegen Ende des Briefes kam es zu den prophetischen Worten; »Ich zweifle nicht, daß unser Volk, wenn ihm der Ernst der Lage klar gemacht wird - und das muß geschehen - sich willig fugt. Täte es dies nicht, so wäre Deutschland nicht des Sieges wert.«161 Die Antwor t au s de r Reichskanzle i vo m 30. September ließ , obwoh l de r ursprüngliche Entwur f de s Staatsminister s Helfferic h i m Tonfal l noc h et was geglätte t worde n war , deutlic h erkennen , da ß zwische n de m Politik verständnis de r neue n Militärführun g un d de r zivile n Reichsleitun g un überbrückbare Gräbe n klafften . Abgesehe n vo n de r - wenn auc h nu r al s bedingt sinnvol l deklarierte n - Einberufung de r 17-18jährige n un d de r 45-50jährigen Männe r erklärt e de r Reichskanzler , faß t ma n sein e Ausfüh rungen zusammen , all e vo n de r Heeresleitun g vorgeschlagene n Maßnah men entweder al s bereits getroffen ode r aber als untunlich. Besonder s aus führlich begründet e e r sein e Ablehnun g eine r Frauenarbeitspflicht . Zwa r fehlte i n de r endgültige n Fassun g de s Briefe s Helfferich s hie r eingefloch tene vielsagende Entgleisung in s Volkstümliche: »Di e Einführung eine r allgemeinen Dienstpflich t für die Fraue n würd e dahe r >da s Pfer d bei m Schwanz aufzäumen ‹ heißen« ; sinngemäß meinte sie jedoch genau das: »Man wird, ohn e Widerspruch befürchten z u müssen, behaupte n dürfen , da ß . . . diejenigen Verrichtungen , welch e weiblichen Arbeitskräfte n irgendwi e zugemutet werden können, heute bereits in größtem Umfang durc h solche versehen werden. Trotzdem is t es nicht möglich gewesen , di e Frauen, welch e in anderen Industriezweigen beschäftigungslo s geworde n sind , i n der Kriegsindustrie auch nur annä75 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

hernd unterzubringen. Au f 100 offene Stelle n komme n nach den letzten Monatsausweisen bei Männern rund 80, bei Frauen dagegen 160 Stellensuchende. Weibliche Arbeit ist also - im Gegensatz zur männlichen - viel stärker angeboten als gefragt. Das hinsichtlich der Frauen zu lösende Problem lautet daher für jetzt und voraussichtlich noc h auf lange Zeit hinaus nicht: Wie kann man mehr weibliche Arbeitskräfte verfügba r machen ? sondern umgekehrt: Wi e kann man für die Frauen weitere geeignet e Arbeit schaffen ? . . . Die Einführung eine r allgemeinen Dienst pflicht fü r die Frauen würde daher eine verfehlte Maßnahme bedeuten, der zudem auch in wirtschaftlicher, sittliche r und sozialer Hinsicht die allerschwersten Bedenken entgegenstehen. S o lange in den einschlagenden Beschäftigungsverhältnisse n nicht eine völlige Änderung eintritt, würde ich daher die Beschreitung dieses Weges auf das dringendste widerraten müssen.« Dem Schreibe n ware n Übersichte n beigefügt , di e de n Anstie g de r Zah l weiblicher Mitgliede r be i de n Betriebskrankenkasse n zwische n 1914 und 1916 dokumentierten. Di e süffisante Schlußbemerkun g Helfferichs : »Ein e Armee läß t sic h kommandieren , ein e Volkswirtschaf t nicht« , blie b de m Empfänger jedoch vorenthalten. 162 Auch de r Kriegsministe r Wil d vo n Hohenborn , de m di e Heeresleitun g ihren eigene n Brie f und de n des Reichskanzler s übersandte, 163 sprac h sic h gegen ei n Kriegsleistungsgeset z überhaup t un d eine n Arbeitszwan g fü r Frauen aus: Nicht nur gebe es das vom Reichskanzler genannt e Überange bot a n weibliche n Arbeitskräften , sonder n die s besteh e auc h zu m große n Teil au s Frauen , di e sic h au s körperliche n ode r familiäre n Gründe n nich t zur Fabrikarbeit eigneten. 164 Nachdem Hindenbur g a m 7. Oktober vo m Reichskanzle r noc h einma l die Aufhebung de r Freizügigkeit für die Arbeiterschaft de r Kriegsindustri e und darübe r hinau s di e unbedingte Beibehaltun g de r Aufhebun g de r Ar beitsschutzbestimmungen fü r Frauen und Jugendliche geforder t hatte , fan d am 17. Oktober i m Reichsam t de s Inner n ein e Besprechun g de r preußi schen un d Reichsressort s statt , di e mit de r Arbeitskräftemobilisierun g be faßt waren . Al s ihr Ergebnis wurde festgehalten, da ß ein Arbeitszwang so wohl für Männer als für Frauen »nicht angezeigt« sei : »Denn einmal sind die Schwierigkeiten, di e bei dem verschiedenen Stande der Bildung un d Lebensstellung de s Einzelnen der praktischen Durchführun g entgegen stehen würden, nich t überwindbar. Dan n aber steht auch ein der Schärfe des Eingriffs entsprechender Erfolg nicht zu erwarten, da männliche Personen, die irgendwie arbeitsfähig sind, bereits jetzt schon mit wenigen Ausnahmen in Betrieben tätig sind, die unmittelbar oder mittelbar Kriegszwecken dienen, weibliche Arbeitskräfte aber noch in genügender Anzahl angeboten sind.« Auch die Aufhebung de r Freizügigkeit der Arbeiterschaft fan d keine Befür worter, mi t de r Begründung, da ß dies aus innerpolitischen Gründe n nicht opportun sei. 165 Di e Argumente , di e di e preußisch e un d Reichsregierun g gegen di e Pläne der Militärführung vorbrachten , ware n durchau s stichhal tig: Wi e di e vorliegend e Darstellun g zeige n konnte , ga b e s 1916 immer 76 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

noch ein e nich t unerheblich e Anzah l beschäftigungslose r (Textil-)Arbeite rinnen; un d e s ware n tatsächlic h vo n denjenige n Frauen , di e theoretisc h noch fü r de n Arbeitseinsat z i n der Kriegsindustrie zu r Verfügung standen , insbesondere au s familiäre n Gründe n viel e nicht mobilisierbar . Unte r de n sozialen und mentalen Bedingungen der Kriegszeit waren auch die anderen beiden Motive , di e di e Zivilregierunge n z u ihre r Ablehnun g de r Frauen dicnstpflicht bewogen , nich t vo n de r Han d z u weisen : Di e konsequent e Durchführung de s Arbeitszwangs vo n Fraue n wäre daran gescheitert , da ß diese eine Vergesellschaftung familiäre r Reproduktionsleistunge n erforder t hätte, di e ein e gänzlich e Umwälzun g de s Familien- und Alltagsleben s de r gesamten Bevölkerun g bewirk t habe n würde ; darübe r hinau s hätt e ein e solche Maßnahm e de n Arbeitskräftemange l de r Kriegsindustri e nu r dan n spürbar gemildert , wen n Fraue n noc h meh r al s bishe r a n Arbeitsplätze n eingesetzt worde n wären , di e sie gesundheitlich gefährde t hätte n ode r fü r die sie nicht qualifiziert waren. 166 Die einhellig e Abwehrfron t de r preußische n un d de r Reichsregierun g gegen di e Plän e de r Militärführun g wa r vorers t wirkungslos : I n ihre m Brief an den Reichskanzler vom 23. Oktober 1916 präsentierte die OHL ihren alte n Forderungskatalo g i n neue r Form : Di e Erweiterun g de r Wehr pflicht au f Männe r vo m 15. bis etwa 60. Lebensjahr sollt e di e Grundlag e für die allgemeine Arbeitspflich t sei n und die Aufhebung de r Freizügigkei t und die Erweiterung de s Kriegsleistungsgesetzes automatisch einschließen. Auch die Forderun g nac h einer Arbeitspflicht für Frauen wurde erneut er hoben. Al s aufschlußreiche s Dokumen t zu m Frauenbil d eine r relevante n gesellschaftlichen Institution , de r Militärführung , sol l de r entsprechend e Passus hier ausführlich zitier t werden: »Es ist auc h meines Erachten s zutreffend, da ß die Frauenarbeit nich t überschätz t werden darf. Fast die ganze geistige Arbeit, di e schwere körperliche, sowie alle eigentlich erzeugende Arbeit werde nach wie vor auf den Männern lasten - neben der ganzen Kriegführung . E s wäre gut, wen n diese Tatsache auch öffentlich deutlic h zum Ausdruck gebracht würde und der weiblichen Agitation auf Gleichstellung in allen Berufen un d damit natürlich auch in politischer Beziehung ein Riegel vorgeschoben würde. Ich stimme Euer Exzellenz auch vollkommen zu, daß eine weibliche Dienstpflicht ein e verfehlte Maßnahm e ist. Wir brauchen nach dem Krieg die Frau als Gattin und Mutter. Ich kann den dahin durch Gesetz, Vorrechte, materielle Hilfe usw. abzielende n Bestrebungen nur zustimmen. Hier wird trotz der starken Widerstände durchzugreifen sein, um den familienstörenden Einfluß der weiblichen Konkurrenz auszuschalten . Eue r Exzellen z wolle n darau s ersehen, da ß auc h ic h nicht nur auf den Krieg sehe, sondern mir bewußt bin, daß für eine Fortentwicklung unsere s Volke s nach dem Kriege gesunde soziale Verhältnisse, d . h. i n erster Linie der Schutz der Familie, notwendig sind . Wenn ich trotzdem jetzt un d für die Kriegsdauer auch für die Ausdehnung des Arbeitszwanges auf alle unbeschäftigten oder in nebensächlichen Berufen tätigen Frauen dringe, so tue ich das, weil meines Erachtens auf vielen Gebieten Frauenarbeit noch in höherem Maße als bisher einsetzen und dadurch Männe r für ander e Arbeiten freigemacht werde n können. Aller 77 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

dings muß erstlich di e Industri e un d Landwirtschaf t noc h meh r dazu angehalte n werden, Frauen einzustellen, ferner darf den Frauen die Auswahl der Tätigkeit nicht allein überlassen bleiben, sondern sie muß nach Maßgabe der Fähigkeit, Vorbildung und Lebensstellung geregelt werden. Im einzelnen betone ich nochmals, daß ich es insbesondere für falsch halte, die höheren Schulen und Universitäten nur noch für Frauen aufrecht z u erhalten, nachdem diesen Anstalten durch die Ausdehnung der Wehrpflicht di e Männer fas t sämtlic h entzoge n werden . E s ist wertlos , wei l der wissenschaftliche Gewin n gering ist, ferne r weil gerade die zu bekämpfende Konkurrenz gegen die Familie großgezogen wird, un d schließlich weil (es ) die gröbste Ungerechtigkeit bedeutet, den jungen Mann, der alles für sein Vaterland gibt, hinter die Frau zurückzudrängen.«167 »Dieses ganze Gerede« 168 setzte sich kurzfristig gege n die Einwände der zivilen Reichsleitung durch : Bei seinem Besuch im Großen Hauptquartier i n Pleß stimmt e Bethman n Hollwe g a m 26. Oktober de r Einführun g eine s Arbeitszwangs zu. 169 I n Pleß tra f de r Reichskanzle r au f Genera l Groener , den designierte n Che f de s Kriegsamts . Diese r militärische n Zentralbe hörde, dere n Gründun g vo n der OHL paralle l zu m Hilfsdienstgeset z vor angetrieben worde n war , sollt e be i de r Durchführun g de s forcierte n Rü stungsprogramms di e zentrale Roll e zukommen : Ausgestatte t mi t nahez u wirtschaftsdiktatorischen Vollmachte n un d losgelös t vo n engstirnige m Ressortdenken, s o di e dami t verbunden e Intention , sollt e di e militärisch e Superbehörde da s Kriegsministerium , diese s »größt e deutsch e Einkaufs haus«,170 auf Trab bringen und Rüstungsproduktion un d Arbeitskräftemo bilisierung effektivieren. 171 Groener , de r sic h al s Che f de s Feldeisenbahn wesens einen Namen als brillanter Organisator gemach t hatte und seit Ma i 1916 als Vertrete r de s Generalstab s i n de n Vorstan d de s neugegründete n Kriegsernährungsamts entsand t worde n war, 172 wa r e s schließlic h woh l auch, de m es gelang, Ludendorf f noc h vor der Gründung de s Kriegsamt s am 1. November 1916 von de r Ide e eine r Frauenarbeitspflich t abzubrin gen.173 Die OHL kam vor Inkrafttreten de s HDG nicht meh r auf ihre diesbezügliche Forderun g zurück . I m weitere n Verlau f de r Beratunge n zu m HDG begründete die Reichs- und preußische Regierung ihr e ja von Anfan g an einhellig e Ablehnun g eine r Frauendienstpflich t - mit welche r si e sic h übrigens durchau s im Widerspruc h z u einem stimmkräftigen Tei l der ver öffentlichten Meinun g befand 174 - mit ihrem alten Argument, da ß Frauen arbeitsplätze immer noch mehr nachgefragt al s angeboten würden. 175 Aber nicht nur durch den Nichteinbezug de r Frauen unterschied sich das HDG, wi e e s schließlich a m 5. Dezember i n Kraft trat , star k vo n de n ur sprünglichen Intentione n de r Militärführung . D a da s Geset z nich t ohn e Zustimmung de s Reichstag s verabschiede t werde n konnte , ware n nich t unerhebliche Zugeständniss e a n di e dor t star k repräsentiert e Sozialdemo kratische Parte i nöti g geworde n - Zugeständnisse, di e der OHL seh r bal d die Argumente dafü r lieferten , sic h von ihrem eigenen Wunschkin d z u di stanzieren. Die wichtigsten Bestimmungen des HDG lauteten: 78 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Jeder männlich e Deutsche vom vollendeten 17. bis zum vollendeten 60. Lebensjahr, soweit nich t bereit s zu m Kriegsdiens t eingezogen , is t hilfsdienstpflichtig . Al s be reits i m Hilfsdiens t beschäftig t gelte n all e Personen , »di e be i Behörden, behördli chen Einrichtungen, i n der Kriegsindustrie, i n der Land- und Forstwirtschaft, i n der Krankenpflege, i n kriegswirtschaftlichen Organisatione n jeder Ar t ode r i n sonsti gen Berufe n ode r Betrieben, di e für Zwecke der Kriegführung ode r der Volksver sorgung unmittelba r ode r mittelba r Bedeutun g haben , beschäftig t sind« . Di e Lei tung de s »vaterländische n Hilfsdienstes « ha t das Kriegsamt. Di e Feststellung, wel che Einrichtungen hierunter fallen, triff t ei n sogenannter Feststellungsausschuß, de r aus einem Offizier , zwe i höheren Staatsbeamte n und je zwei Vertretern der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer besteht. Di e Heranziehung vo n Personen, die in anderen al s hierunter fallende n Einrichtunge n beschäftig t sind , erfolg t ers t durc h Auf forderung zu r schriftlichen Meldung , be i deren Nichtbefolgung durc h eine schrift liche Benachrichtigung seiten s des sogenannten Heranziehungsausschusses , de r aus einem Offizier, eine m Beamte n un d je zwei Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertre tern z u bilden ist . Nac h Erhal t de r schriftliche n Aufforderun g ha t der Hilfsdienst pflichtige zwe i Woche n Zeit, sic h eine als Hilfsdienst anerkannt e Arbeit zu suchen. Nach ergebnislose m Ablau f de r zwe i Woche n wir d e r durc h de n Ausschu ß eine r Arbeitsstelle zugewiesen. Nieman d dar f einen Hilfsdienstpflichtigen einstellen , de r bereits ein e al s Hilfsdiens t anerkannt e Arbeitsstell e innehatte , wen n diese r nich t eine Bescheinigung seine s letzten Arbeitgebers beibringt, i n der dieser sich mit dem Arbeitsplatzwechsel einverstande n erklärt (der sogenannte Abkehrschein). Bei Weigerung de s Arbeitgebers , diese n Abkehrschei n auszustellen , kan n sic h de r Hilfs dienstpflichtige a n einen sogenannten Schlichtungsausschu ß wenden , der aus einem Beauftragten de s Kriegsamts als Vorsitzendem und je drei Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern z u bilde n ist . Diese r Ausschu ß kan n a n Stell e de s Arbeitgeber s den Abkehrschein ausstellen , wen n e r den Arbeitsplatzwechsel al s berechtigt aner kennt; al s berechtig t ha t auc h ei n Arbeitsplatzwechse l zweck s »Verbesserun g de r Arbeitsbedingungen« z u gelten. Diese r Schlichtungsausschu ß kan n bei Streitigkei ten übe r Lohn - un d Arbeitsbedingunge n i n Hilfsdienstbetriebe n al s Schlichtungs stelle angerufen werden. 176 Mit de r Begründung , da ß sic h da s HD G ja nu r au f Männer beziehe , wen n auch der Schlichtungsausschu ß möglicherweis e übe r die Interessen vo n Ar beiterinnen z u entscheide n habe , wurde n nu r volljährig e männlich e Deut sche als Mitgliede r de r Schlichtungsausschüss e zugelassen. 177 Wählba r w a ren Fraue n nu r z u Mitglieder n de r betriebliche n Arbeiterausschüsse , di e i n allen unte r de n Hilfsdiens t fallende n Betriebe n eingerichte t werde n sollten , welche mindesten s 50 Beschäftigte hatten. 178 Ein ähnliche s Schicksa l wi e da s HD G hatt e auc h da s Kriegsamt . Auc h hier wa r de r Einflu ß de r Militärführung ausreichen d gewesen , da s Projek t zu lancieren . Di e Unkenntni s ode r besser : Mißachtun g de s komplizierte n innerpolitischen Kräftegefüges , di e i m grobschnittige n Weltbil d de r OH L Parlamente, Parteien , Arbeiterbewegun g un d preußisch-deutsche n Res sortpartikularismus al s zu vernachlässigende Größe n erscheine n ließ , führt e aber auc h i n diese m Fal l z u eine m Ergebnis , da s nieman d s o gewollt hatte ; das abe r wiede r au s de r Wel t z u schaffe n nieman d - auch Hindenbur g un d 79 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Ludendorff nich t - die politisch e Durchsetzungskraf t hatte . Resultierte n die »mutagenen « Faktore n fü r di e Entwicklun g de s HD G vo r alle m au s dem i n de r Schweb e gehaltene n Kräfteparallelogram m zwische n Regie rung, Reichsta g un d Arbeiterbewegun g - aus Bethman n Hollweg s be rühmter »Politi k de r Diagonalen« -, waren e s im Fall des Kriegsamts ver fassungsrechtliche un d verwaltungspraktische Strukturen, di e diese Institution z u ihrer realisierte n For m abschliffen . Vo r allem di e Widerstände de s Kriegsministeriums un d de r andere n betroffene n Ressort s gege n di e Ab gabe vo n Entscheidungskompetenze n a n di e neu e Behörd e führte n dazu , daß »de r bestehend e Behördenappara t . . . nicht i n ein e militärisch e Zen tralstelle mi t diktatorische n Vollmachte n eingefügt , sonder n u m eine neue Behörde mi t unklarer Kompetenzabgrenzung , abe r rasch anschwellende m Beamtenapparat von vielen Tausenden vermehrt«179 wurde. Das Kriegsamt wurde dem preußischen Kriegsministeriu m nich t übergeordnet, sonder n zumindest forma l - unterstellt. E s übernahm vo m Kriegsministeriu m da s Kriegsrohstoffamt, di e AZS und andere zentrale kriegswirtschaftliche Ab teilungen und die diesem am 1. November 1916 vom Kaiser verliehene Befugnis, de n stellvertretenden Generalkommando s i n Heeresersatz-, Arbei ter- und Kriegswirtschaftsangelegenheiten Weisunge n zu erteilen.180 Da die unabhängige Stellun g de r stellvertretenden Generalkommando s insgesam t jedoch erhalte n blie b un d jeder kommandierend e Genera l weiterhi n aus führen konnte , »wa s ih m geneh m war«, 181 richtet e Groene r eine n völli g neuen Instanzenzug , di e Kriegsamtsstelle n un d -nebenstellen , ein . Di e Kriegsamtsstellen befande n sic h jeweils am Ort eines stellvertretenden Ge neralkommandos, ware n abe r nich t ihm , sonder n de m Kriegsam t direk t unterstellt. Da s Ergebni s diese r organisatorische n Umstrukturierunge n war durchau s zwiespältig: Zwa r wa r der Dualismus zwischen Kriegsmini sterium und stellvertretenden Generalkommando s entschärf t worden ; stat t dessen wa r forta n jedoc h mi t de m nich t unproblematische n Verhältni s zwischen stellvertretende n Generalkommando s einerseit s un d Kriegs amtsstellen andererseit s z u rechne n un d vo r alle m schwelt e au f der ober sten Ebene ein Dauerkonflikt zwische n Kriegsamt einerseits und Kriegsmi nisterium un d andere n Ressort s au f der andere n Seite . Di e Schärf e diese s Konflikts läß t sich daran ermessen, da ß er sehr bald die sachlichen Forme n verließ un d mi t eine m Ma ß a n persönliche r Erbitterun g ausgetrage n wurde, da s nicht ohn e Folge n fü r di e inhaltliche Zusammenarbei t bleibe n konnte. S o notierte Groener bereits im Oktober 1916, noch vor Gründun g des Kriegsamts , al s Kommenta r z u de n schwierige n Verhandlunge n i n Berlin: »Der Teufel hole die ganze Berliner Gesellschaft mit ihrem Ressort Partikularismus [sic]. . . Ich bin den Berliner Leuten nach den mehrfachen Konflikte n mi t Ministerien und Ministern schon mehr das ›Karnickel‹. «182

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Nach de r Errichtun g de s Kriegsamt s bessert e sic h da s Verhältni s keines wegs. Angesicht s de r Erbitterung , mi t de r einig e diese r »Berline r Leute « Groeners Perso n un d Maßnahme n desavouierten , lieg t de r Schlu ß nahe , daß hie r mitunte r auc h der Sack gehaue n un d der Esel, di e OHL, gemein t war.183 Da s eisige Verhältnis , da s die Beziehunge n de s Kriegsamt s z u den übrigen Ressorts kennzeichnete, macht e die eigentlich unerläßliche Kooperation mit ihnen unmöglich. 184 Dieser politisch-organisatorisch e Hintergrun d prägt e di e Arbeitsmarkt politik einschließlic h de r Frauenmobilisierung . Den n auch sie gehörte von jetzt a n zu m Aufgabenbereic h de s Kriegsamt s un d unterla g dami t desse n spezifischen Problemen . Ebenso wi e sic h Groene r mi t Alexande r Schlick e vo m Deutsche n Me tallarbeiterverband eine n Arbeitervertrete r i n da s vo n Militär s un d Indu striellen geprägt e Kriegsam t holte, 185 ergänzte er den rein männlichen Mit arbeiterstab u m zwe i Mitgliede r de r Frauenbewegung : Si e sollte n - »von Frauen für Frauen« 186 - die systematische Erfassun g de r Frauenarbeit leite n und ihre verstärkte Verwendun g i n der Kriegswirtschaft gege n den Widerstand vo n Arbeitgeber n un d Gewerkschafte n durchsetzen. 187 Mi t diese r Einbindung vo n Frauenorganisatione n a n prominente r Stell e de r Kriegs wirtschaftslenkung wurd e ein e Entwicklun g de s Verhältnisse s zwische n Frauenverbänden un d Staa t institutionalisiert , di e sic h au f halboffizielle r Ebene bereit s sei t Augus t 1914 angebahnt hatte. Noc h vo r de r Mobilma chung hatt e Gertrud Bäumer, di e Vorsitzende des Bundes Deutscher Frauenvereine (BDF ) - der Dachorganisatio n al l derjenige n Frauenverbände , die sich de r Frauenbewegun g i m engere n Sin n zuordneten 188 - am 31. Juli 1914 alle angeschlossene n Verbänd e aufgefordert, sic h umgehen d mi t de n Vaterländischen Frauenvereinen , de m Rote n Kreuz , de n Behörde n un d Wohlfahrtsvereinen in s Benehme n z u setzen , u m ein e Zersplitterun g de r einsetzenden Fürsorgetätigkeite n z u vermeiden. Unte r dem Banner der nationalen Kriegsfürsorg e schlosse n di e Frauenorganisatione n ihre n eigene n Burgfrieden untereinande r - in dem so aus der Taufe gehobenen »Nationa len Frauendienst« arbeitete n während des Kriegs BDF, konfessionelle Frau enverbände, Vaterländisch e Frauenvereine 189 un d di e sozialdemokratisch e Frauenbewegung nebeneinande r - und auch mi t de n Behörden: Da s preußische Innenministerium , i n de m Gertru d Bäume r un d Hedwi g Hey l a m 1. August 1914 ihre Pläne vorstellten, ga b ihnen sein Plazet, un d die städtischen Verwaltungen waren »angesichts des sich auflösenden Personalbestan des« 190 gern bereit, einen Teil der Kriegsfürsorgetätigkeit au f die ehrenamtlichen Sozialarbeiterinne n z u übertragen. Di e jeweils a n die Kommunalver waltungen angebundene n lokale n »Nationale n Frauendienste « kümmerte n sich u m da s Funktioniere n de r Lebensmittelversorgung , u m di e Lag e de r »Kriegerfamilien«, u m Arbeitsvermittlun g für Frauen un d fungierte n all gemein al s Beratungsstell e i n Kriegsfürsorgeangelegenheiten . Di e ver schiedenen lokale n Initiative n de s »Nationale n Frauendienstes « ware n nu r 81 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

recht los e miteinande r verbunden . Al s sie sich i m Januar 1917 zur »Deut schen Zentral e de s Nationale n Frauendienstes « zusammenschlossen , zähl ten sie 60 örtliche Organisationen. 191 Aber nicht nur ihre Tätigkeit i n der Kriegsfürsorge wa r es , die die Frauenbewegung(en) fü r ein e stärke r institutionalisiert e Mitarbei t i n de r Kriegswirtschaftsorganisation qualifizierte . Hinz u kam, da ß sich der BDF, als größte politische Frauenbewegun g i m eigentlichen Sin n de s Wortes, i n einem Ausmaß mit der Gesellschaft des kriegführenden Deutschland s identifizierte, wi e es der Vorkriegsgesellschaft ni e zuteil geworde n war : Hatte n vor 1914 die vo n seine n Vertreterinne n entworfene n Gegenbilde r zu r pa triarchalischen »Welterkaltun g unte r de r Herrschaf t de s Verstande s i m Dienste de r Habsucht« 192 ein e zwa r nich t antagonistische , abe r gediegen e Distanz de r bürgerliche n Frauenbewegun g z u de n gesellschaftliche n Ver hältnissen ihrer Zeit widergespiegelt, wa r es gerade die Kriegsgesellschaft, von de r diese r Tei l de r Frauenbewegun g ein e Belebun g seine r Gegenent würfe erhoffte . Nich t unähnlic h bestimmte n Richtunge n i n de r Arbeiter bewegung erwartet e die bürgerliche Frauenbewegung vo m Krieg eine tendenzielle Umgestaltung de r Verhältnisse in ihrem Sinn durch die Wucht der Ereignisse und, al s Folge davon, dauerhaf t verbessert e Partizipationsmög lichkeiten. Gertru d Bäumer beschreibt dies als »das unerhörte Gefühl von Befreiung, da ß wir uns unter der Geltung einer anderen Ordnung fühlte n al s de r materialistisch-technische n de s 19. Jahrhunderts. Eine r Ordnung nicht von Leistung und Lohn, von Risiko und Gewinn, Einsatz und Vorteil, sonder n von Leben und Tod, Blut und Kraft, Einsat z schlechthin, unbedingt, auf jeden Fall . Die s haben wir damal s erlebt: da s Herausgehobenwerden i n diese dem individualistischen Vorteilsgesetz entgegengesetzte, ganz andere Ordnung. Es wurde in einer besonderen For m der Gegenpol der industriell-kapitalistischen Le bensordnung bestimmend . Da s Volkserlebnis wurde aus den Angeln rechenhafte r Zusammenhänge hinübergehoben i n die Wertwelt: Heimat , Boden , Familie , Ka meradschaft. Neu e Schicksale riefen neue Gefühle, oder uralte, die erstarrt und verwelkt waren.«193 Vor alle m andere n knüpfte n sic h dies e Hoffnunge n a n di e beobachtbar e Kompetenzerweiterung au f sozialpolitischem Gebiet, di e Regierungen un d Verwaltung i n der Kriegszeit zuwuchs; sie wurde interpretiert al s entscheidender Schrit t vo n Staa t und Gesellschaft hi n zu einer humaneren , »weib licheren« Organisationsform , wi e e r vo n de r Frauenbewegun g de r Vor kriegszeit immer gefordert worden war: »Es ist eine merkwürdige Ironi e der Weltgeschichte, da ß der Zerstörer Krieg sich zugleich als mächtigste sozialisierende Macht erwiesen hat, di e uns die Richtlinien für di e Zukunft weist . Wi r haben erkannt, da ß es in unserem eigensten Interess e liegt, unseren Volkskörper geistig und physisch so gesund wie möglich zu erhalten. Von der früheren sozialen Hilfstätigkeit oder gar der alten Charitas sind wir zu der Forderung hinübergeglitten, daß der Staat sich für die Gesundheit seiner Mitglieder einzusetzen hat. «194 82 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Infolge diese r positive n Grundhaltun g zu r Kriegsgesellschaf t al s ganze r war e s fü r di e Frauenbewegun g selbstverständlich , ihr e Forderun g nac h politischer und sozialer Gleichberechtigung de r Frauen als kleinlich zurück zustellen un d sich den Erfordernissen un d der Disziplin der »Heimatfront « fraglos z u unterwerfen. 195 Da s bedeutete nicht nur, da ß die Frage des Frauenwahlrechts - mit eine r einzigen Ausnahme 196 - nahezu völlig au s der öf fentlichen Diskussio n verschwand ; e s bedeutete auc h un d vo r allem , da ß die Frauenbewegun g ausdrücklic h darau f verzichtete, au s de n Tätigkeite n und Lasten, di e ihnen selbst und der weiblichen Bevölkerung insgesam t i m Krieg zuwuchsen , irgendwelch e moralisch-politische n Recht e abzuleiten . Die de n Fraue n durc h de n Krie g erschlossene n Arbeitsgebiet e un d -mög lichkeiten hätte n di e verantwortungsbewußte n Fraue n de r Frauenbewe gung nich t z u »billige m Triumph « verleitet , erklärt e Elisabet h Altmann Gottheiner im Januar 1916: »Daß es nicht so war, ist wohl das schönste Zeichen für die vaterländische Gesinnung und das tiefe Verantwortungsgefühl de r organisierten deutschen Frauenbewegung. Jede deutsche Frau, die bewußt über diese Dinge nachdenkt, ist sich klar, daß sie während des Krieges nur Platzhalterin für den Mann ist, der ihren Posten früher innehatte, und daß sie zurücktreten muß, sobald er heimkehrt und Anspruch auf den Platz erhebt . I m Krieg e herrsch t Burgfriede n zwische n de n Geschlechtern , un d di e deutschen Frauen weisen es weit von sich, aus dem Kriege etwa einen ›Kriegsgewinn< ziehen zu wollen. Ihr Gefühl der Frauenarbeit gegenüber ist vielmehr das eines bescheidenen Stolze s darüber, da ß die Erziehung de s weiblichen Geschlecht s zum Berufsernst un d zu Berufstüchtigkeit alle n Gegenbewegungen zum Trotz im Laufe der Jahre solche Früchte getragen hat, daß sie im Kriege sich bewähren und zur Erhöhung de r Widerstandsschwelle der deutschen Kraft Erhebliches beitragen konnte.«197 Dieser Verzicht der Vertreterinnen der Frauenbewegung au f einen »Kriegs gewinn« sowi e die Kompetenzen in Fragen der Frauenarbeit, de r Sozialpolitik und der Verwaltungstätigkeit, di e viele von ihnen mitbrachten, mach ten di e bürgerlich e Frauenbewegun g zu m vorrangige n Rekrutierungspo tential de s i m Rahmen de s Kriegsamt s einsetzende n Verwaltungsaufbau s der Frauenarbeitsorganisation . Al s leitend e Referenti n für Frauenarbeit holte sic h Groene r Marie-Elisabet h Lüders , ihr e Mitarbeiteri n wurd e Agnes vo n Harnack. 198 Au f einer erste n Besprechun g vo n Lüders und an deren Vertreterinnen de r Frauenorganisationen a m 17. November 1916 mit dem Kriegsministe r un d Groene r lautet e de r Auftra g »kur z un d bündig : ›mit größte r Beschleunigun g alle s Erforderlich e einzuleiten , u m au f alle n Arbeitsgebieten Männe r durc h Fraue n zu ersetzen!‹. «199 Der am folgende n Tag vo n de n Fraue n vorgelegt e Organisationspla n sa h vor, dies e Aufgab e durch ein e eng e Verbindun g vo n Arbeitskräftebeschaffun g un d -fürsorg e zu lösen , »u m i n de n Fraue n di e notwendige Arbeitswilligkei t z u wecken , sie zu der unentbehrlichen Arbcitsfähigkei t heranzubilde n und zu der erfor derlichen Arbeitsstetigkei t zu erziehen.« 200 Denn vor allem in der Familien 83 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

arbeit - neben de m mangelhafte n Ausba u de r betriebliche n Sozialpoliti k sah Marie-Elisabet h Lüder s da s Haupthindernis fü r ein e erfolgreiche Mobi lisierung vo n Fraue n fü r di e Kriegsindustrie . Au s diese m Grun d wa r si e auch gege n di e Ausdehnun g de r Hilfsdienstpflich t au f Frauen un d stat t des sen fü r eine n Ausba u de r frauen - un d familienorientierte n Sozialpoliti k al s funktionalem Äquivalen t eine r gesetzliche n Arbeitsverpflichtung : »Die vo n de r Natu r gegeben e unauflöslich e Verbundenhei t de r Lebens - un d Ar beitsverhältnisse de r Frau lassen de n . . . Versuch, Frauen , wen n No t am Mann ist , befehlsgemäß z u rekrutieren , al s aussichtslo s erscheinen . . . Die Durchführun g zwangsmäßiger Rekrutierun g mu ß a n de n physiologischen , psychologische n un d soziologischen Bedingtheite n de s Frauenleben s scheitern , un d di e Erzwingun g a n sich unmöglicher Forderungen rächt sich in der Niederlage des Fordernden.« Es gelte daher , Mitte l un d Weg e z u finden , dies e Bedingtheite n de s Frauen lebens z u berücksichtige n - und da s führ e direk t zu r frauen - un d familien spezifischen Sozialpolitik. 201 Jede notwendig e Unterstützun g durc h di e Militärbehörde n un d voll e Bewegungsfreiheit wurd e Lüder s zugesichert . Doc h zeigt e sic h auc h hier , daß Groene r di e Innovationsfähigkei t de r Militärbürokratie , de r e r ja i m Kriegsamt ein e institutionalisiert e Zusammenarbei t mi t sachkundige n Zi vilisten zumutete , star k überschätz t hatte . Nich t nu r e r selbe r scheitert e letztlich mi t seine m Versuch , ein e quas i klassenneutral e Politi k de s Kriegs amts zwische n Unternehmerschaf t un d Arbeiterorganisatione n z u verfol gen, 202 sondern auc h di e auf ihre Ar t ebens o resolut e Lüder s mußt e schließ lich angesicht s de r politische n un d soziale n Vorurteile , de m »Männerstolz « und de r »eigensüchtige(n ) Animositä t verschiedene r höhere r Offiziere « re signieren. Si e verlie ß da s Kriegsam t au f ihr e eigen e Bitt e hi n kur z nac h Groeners Abgan g a m 1. Dezember 1917. Die bitterste n Reminiszenze n i n ihrer Autobiographi e knüpfe n sic h a n di e vo n ih r al s wesentlichste s Ar beitshindernis empfunden e sachlich e Inkompeten z de r Militärs . S o heißt e s über Majo r Henrici , de r nac h Groener s »Beförderung « zu r Trupp e ih r un mittelbarer Vorgesetzte r war : Henric i hab e »von den erheblichen Unterschiede n zwische n eine m untergebenen Soldate n i n der Truppe un d seine r ganze n Lebenssituatio n i n de r Famili e un d i m Beru f keine Ah nung. Di e sozial-, wirtschafts - un d arbeitsrechtliche n Problem e ware n Henric i s o fremd, da ß ma n imme r wiede r i n Verlegenheit versetz t wurde, u m ihn nicht allzu sehr vo r andere n un d sic h selbe r z u blamiere n . . . Zu Begin n seine r Tätigkei t schickte Henrici , de r mic h i m übrige n mi t größte m Mißtraue n betrachtete , eine s Tages eine Ordonnanz zu mir , mit de m Ersuchen , ih m alle ›spezifischen Frauenberufe‹ aufschreiben z u lassen. Ic h konnte wahrheitsgemäß nicht s anderes tun, als ihm zu schreiben , da ß e s nu r eine n spezifische n Frauenberu f gäbe , un d zwa r de n de r Amme; all e andere n Beruf e könnte n un d würde n auc h vo n Männer n ausgeübt . Diese Mitteilung nah m er übel. «203

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Doch ware n die s nicht di e einzigen Probleme , dene n sic h di e Organisato rinnen de r kriegsindustrielle n Frauenarbei t gegenübersahen . Hinz u kam , daß sie , bevo r si e mi t ihre r eigentliche n Tätigkei t überhaup t beginne n konnten, di e erforderliche reichsweit e Organisatio n ers t schaffe n un d mi t geeignetem Persona l besetze n mußten , un d da ß dami t di e ohnehi n scho n sehr komplex e Struktu r de s Kriegsamt s un d seine r Unterbehörde n noc h unübersichtlicher un d die Reibungsflächen mi t den stellvertretenden Gene ralkommandos un d de n Zivilbehörde n noc h größe r wurden . Ausgehen d vom organisatorische n un d inhaltlichen Grundgedanke n eine r Verbindun g von behördlicher Arbeitsmarktpoliti k un d sowohl amtliche r al s auch freie r Fürsorgetätigkeit wurd e paralle l zu m Instanzenzu g de s Kriegsamt s ei n reichsweites Netz von Frauenreferaten aufgebaut . I m Kriegsamt selbst ent stand da s Frauenreferat un d die Frauenarbeitszentrale (FAZ) , beide geleite t von Lüders . Währen d da s Frauenrefera t di e eigentlich e Mobilisierungsar beit leite n sollte , wa r di e FAZ für die flankierende Fürsorgepoliti k zustän dig. I m Juni 1917 wurden beid e Stelle n zusammengelegt . A m 12. Dezember 1916 erließ Groene r eine n Aufru f a n Frauenorganisationen , Gewerk schaften un d sozialpolitische Vereinigungen , Vertrete r in den ebenfalls ne u gegründeten »Nationale n Ausschuß für Frauenarbeit im Kriege« z u entsenden, de r die Kriegsamtstätigkeit a n die inhaltliche und personelle Mitarbei t der große n sozialpolitische n Organisatione n rückbinde n sollte . Geschäfts führerin diese s daraufhi n durc h insgesam t 36 sozialpolitische Verbänd e konstituierten Ausschusse s wurde Lüders. Abgesehen von der propagandi stischen Wirkun g seine s Zusammentreten s blie b diese r Ausschu ß folgen los; die Verbindungen mi t den Frauen- und Fürsorgevereinen liefe n au f der lokalen Ebene , un d der Informationsfluß zwische n FAZ/Frauenrefera t un d Ausschuß war äußerst dürftig. 204 Bei jeder Kriegsamtsstell e wurde n ei n Frauenrefera t un d ein e Frauenar beitshauptstelle eingerichtet , di e jeweils i n Personalunio n vo n eine r Fra u geleitet wurden ; auc h hie r war da s Frauenreferat fü r di e Mobilisierungsar beit i m engere n Sin n zuständig , di e Frauenarbeitshauptstell e dagege n für die flankierende n Fürsorgemaßnahmen . A n besonder s industriereiche n Orten oder solchen, a n denen das Auseinanderfallen de r Armeekorpsberei che mit den zivilen Verwaltungseinheiten die s erforderlich machte , wurde n Frauenarbeitsnebenstellen eingerichtet . Ebens o wi e au f zentrale r Eben e dem Frauenrefera t un d der FAZ der »National e Ausschu ß fü r Frauenarbei t im Kriege « al s Zusammenfassun g de r nichtamtliche n Wohlfahrtsbestre bungen beigeordne t worde n war , wurde n au f lokaler Ebene ehrenamtliche »Fürsorgevermittlungsstellen« geschaffen , di e al s vermittelnd e Instan z zwischen de n lokale n sozialpolitische n Aktivitäte n un d de m jeweilige n Frauenreferat fungiere n sollten . I m Frühjahr 1918 arbeiteten neben je einem Frauenreferat bzw . eine r Frauenarbeitshauptstell e i n alle n Armeekorpsbe reichen 51 Frauenarbeitsnebenstellen un d 424 Fürsorgevermittlungsstellen; Anfang Januar 1918 waren an diesen Stellen ca. 1000 Frauen beschäftigt. 205 85 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Einen Eindruck vo n dem nahezu universellen Aufgabengebiet , da s diese neugeschaffene Organisatio n z u bewältigen hatte , gib t de r Arbeitsplan für die FAZ: »1. Die Frauenarbeitszentrale ha t die Aufgabe, all e die Maßnahmen in die Wege zu leiten, di e die Arbeitsfähigkei t un d Arbeitswilligkei t de r weiblichen Arbeitskräft e jeder Ar t forder n mi t dem Ziele höchster Produktionssteigerung . 2. Die Frauenarbeitszentrale ha t deshal b darau f hinzuwirken , da ß all e Arbeitshemmniss e für die Frauen nach Möglichkeit hinweggeräumt werden. Hierz u gehört: a) Schutz der Gesundheit, b ) Bereitstellun g geeignete r Erholungsräume, Wohn - und Schlafgelegen heiten, c ) Beschaffung angemessene r Berufskleidung , d ) Verbesserung de r Beför derungsverhältnisse un d Verkehrsmittel , e ) Verbesserung de r Organisatio n de r Nahrungsmittelbeschaffung un d -Verteilung für die Frauen. 3. Neben der Fürsorge für die Erhöhung de r persönliche n Arbeitsfähigkei t de r Frauen mu ß di e Frauenar beitszentrale Einrichtungen treffen, di e dem Wohle der zu den Frauen gehörigen Familienmitglieder diene n und dazu beitragen, di e Arbcitswilligkeit z u erhöhen: Ausgestaltung vo n Pflegestellen , Krippen , Bewahranstalten , Kindergärten , Horten , Stillstuben, Mütter- , Säuglings- , Kleinkinderberatungsstelle n usw. , Einstellun g von Haus-, Gemeinde-, Landpflegerinnen, Kreisfursorgerinne n usw. « Außerdem sollt e di e FAZ die dazu erforderliche n Beamtinne n i n Schncllkursen aus bilden un d die Fürsorgevermittlungsstellen leiten. 206

Tatsächlich lief diese Tätigkeitsbeschreibung darau f hinaus, daß Lüders und ihre Mitarbeiterinne n i m Zeitraffertemp o un d unte r de n erschwerten per sonellen un d materielle n Bedingunge n de r Kriegszei t ein e sozialpolitisch e Infrastruktur schaffe n sollte n un d wollten , di e einem gutentwickelte n So zialstaat de r zweite n Hälft e de s 20. Jahrhunderts woh l anstehe n würde . Und die s sollte mittels einer Organisation i n die Wege geleitet werden , di e in ihrem eigene n behördlich-militärischen Umfel d - abgesehen vo n Groe ner selbe r un d seine n engste n Mitarbeiter n - während de r ganzen Kriegs zeit nur ein geduldeter Fremdkörper blieb. Dies betraf nicht nur die persönliche, sonder n auc h di e institutionell e Eben e i m engere n Sinn : Ers t End e Juli 1918 erklärte sic h beispielsweis e da s Waffen - un d Munitionsbeschaf fungsamt de s Kriegsamts (Wumba) , de m die gesamte staatliche Rüstungs produktion unterstan d un d da s i n seine n Artilleriewcrkstätte n ein e hoh e Anzahl vo n Arbeiterinne n - Mitte 1917 ca. 150000 - beschäftigte, bereit , sich Arbeiterinnen fü r die ihm unterstellten Betrieb e nur durch die auf Betreiben der Frauenreferate eingerichteten weibliche n Arbeitsnachweisabtei lungen vermittel n z u lassen. 207 Di e List e diese r Kooperationsproblem e ei ner Behörd e mi t sich selbst ließe sich beliebig lang e fortsetzen: S o erreichten es die Frauenreferate erst im November 1917, ein Jahr nach ihrer Gründung, a n den Werksbesichtigungen un d Sitzungen der Fachoffiziere für den Hilfsdienst, sowei t dabe i de r Ersat z von männliche n durc h weiblich e Ar beitskräfte infrag e kam , beteilig t z u werden. 208 Un d noch im Juni 1918 lag für da s Kriegs-Ersatz- und Arbeitsdepartement de s Kriegsamts Anla ß vor , darauf hinzuweisen , da ß di e Vorgäng e de s Frauenreferat s i m Kriegsam t 86 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

von de n Frauenreferate n de r Kriegsamtsstelle n z u bearbeite n seie n un d »daß die Frauen-Referate be i der Bearbeitung aller Angelegenheiten, di e die Frauen betreffen, beteilig t werden müssen.« 209 So mangelhaf t di e Frauenorganisatio n i n ih r behördliche s Umfel d inte griert war , s o nachhaltig teilt e sie dennoch di e internen un d externen Ver wicklungen, a n denen die Gesamtinstitution Kriegsam t litt. Die externe n Komplikationen , di e das Kriegsamt un d Groene r mi t de n zivilen Stelle n hatte, spitzten sich nach Errichtung der Frauenarbeitsorgani sation sogar eher noch zu. Deren Tätigkeitsgebiete nämlich - vor allem diejenigen de r FA Z und de r Frauenarbeitsstelle n - überschnitten sic h s o ein deutig mi t den Kompetenzen der Gewerbeaufsicht, da ß Konflikte mi t dem preußischen Handelsministeriu m un d den untere n Behörde n auc h be i be hutsamem Vorgehe n de r Kriegsamtsmitarbeiterinne n schwe r vermeidba r waren.210 Was die interne Behördenstruktur al s solche angeht, s o teilten die Frauenreferate un d Frauenarbeitshauptstellen mi t der Militärbürokratie ins gesamt dere n historisch-regional e Sonderformen : I n Bayer n wurd e i m bayerischen Kriegsministeriu m ei n eigene s Frauenrefera t mi t eine m ih m zugeordneten »Bayerische n Ausschu ß fü r Frauenarbei t i m Krieg « - der eine ähnlich funktionslose Existen z führte wie sein preußisches Pendant211 geschaffen; dies e bayerische Frauenarbeits - und Fürsorgeverwaltun g emp fing ihr e Anordnungen vom Münchener Kriegsministerium und war somit vom Berliner Frauenreferat ode r der FAZ nur mittels Empfehlungen z u beeinflussen.212 Un d vor allem teilten die Frauenreferate mi t den Kriegsamtsstellen dere n komplizierte s Verhältni s z u de n stellvertretende n General kommandos: I m Februa r 1917 unterstellte Groene r di e Kriegsamtsstelle n den stellvertretende n Generalkommandos , dene n si e bislan g angeglieder t waren. Si e empfingen zwa r weiterhi n ihr e Weisungen vo m Kriegsamt un mittelbar, hatte n abe r übe r Vorgäng e »grundsätzlicher « Art , auc h wen n diese nur ihren Aufgabenbereic h tangierten , di e stellvertretenden General kommandos zu unterrichten. Die Arbeitsgebiete der Kriegsamtsstellen zer fielen seither in solche, auf denen sie als Organe des Kriegsamts tätig wur den (Hilfsdienstangelegenheiten , Frauenarbei t un d Frauenarbeitsfursorge , allgemeine Produktionsförderun g un d Verkehrsfragen) , un d solche , au f denen si e als Organ e de r stellvertretende n Generalkommando s täti g wur den (Reklamationsfragen , Rohstoffbewirtschaftung , Aus - un d Einfuhr , Rüstungsarbeiterernährung). Di e Aufzählun g de r Arbeitsgebiet e verweis t auf das Dilemma, da s der Anlaß für dieses »außerordentlich rätselhaft e Ar rangement« gewese n sein dürfte. Nac h wie vor lagen die zentralen Kompetenzen, dere n di e Kriegsamtsstelle n zu r Durchführun g ihre r vorrangige n Aufgabe de r Freimachun g Reklamierte r fü r di e Fron t eigentlic h bedurf t hätten, be i de n kommandierende n Generalen . Selbständi g bearbeite n konnten das Kriegsam t un d seine Unterbehörde n nac h wie vor nur die im Zusammenhang mi t de m Hilfsdienstgeset z neugeschaffene n Aufgabenge biete, di e Heranziehun g vo n Hilfsdienstpflichtige n un d weibliche n Ar 87 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

beitskräften, nich t aber die Einberufung ode r Zurückstellung Wehrpflichti ger. Hie r waren sie auf die Kooperation de r stellvertretenden Generalkom mandos angewiesen , dene n Groene r eine Einfügung ihrer diesbezügliche n Abteilungen i n die Kriegsamtsstellen nu r anheimstellen, nich t abe r befeh len konnte. 213 Ebenso auf dieser Eben e des Verhältnisses zwischen Kriegs amtsstellen und stellvertretenden Generalkommandos wie auf der zentralen Ebene von Kriegsministeriu m un d Kriegsamt wurd e weniger di e geplante entscheidungsstarke Superbehörd e geschaffen , al s auf Dauer ein »wahrhaf tes Chaos« institutionalisiert. 214 2.2.4. Arbeitsmarktpolitik unte r dem Hilfsdienstgeset z Welche Auswirkungen hatt e das Hilfsdienstgesetz, diese s »Streckmitte l fü r den Heeresersatz, wi e wir solch e auch für Bro t anwenden«, 215 au f die Mobilisierung vo n Arbeitskräften i n der zweiten Kriegshälfte ? Der erst e Effek t de s HD G wa r ei n ebens o ungestcuerte r wi e uner wünschter: Bevo r noc h ei n einzige r Hilfsdienstpflichtige r angeworbe n werden konnte, bevor überhaupt noch der hierfür erforderliche organisatorische Unterbau von Hilfsdienstmeldestellen un d Einberufungsausschüsse n an die Arbeit gegangen war, mußt e das Kriegsamt de r Tendenz der Kriegsindustrie entgegenwirken , Arbeiterinne n z u entlasse n i n de r Hoffnung , »aus de n Reihe n de r Hilfsdienstpflichtige n kräftige , ausdauernd e un d an stelligere Hülfe n z u erhalten« 216 - eine Tendenz , di e vo r alle m au s de m Facharbeitermangel de r Kriegsindustri e resultierte , welche r durc h weibli che Arbeitskräft e nu r i n Ausnahmefälle n gemilder t werde n konnte . Eine r derartigen Auslegun g de s HDG durch die Unternehme r mußt e ein Riege l vorgeschoben werden , wen n de r von Groener au f etwa zwe i bis drei Mil lionen geschätzt e Mehrbedar f a n kriegsindustrielle n Arbeitskräfte n auc h nur annähern d beschaff t werde n sollte. 217 Die Unternehme n ließe n jedoch ihre Hoffnungen au f das HDG sehr bald wieder fallen un d kehrten zu ihrer alten Praxis zurück - die gerade durch das HDG hatte zurückgedrängt wer den solle n -, Arbeiter vo n de r Fron t z u reklamieren. 218 Di e Hilfsdienst pflichtigen erschiene n i n de r Kriegsindustri e bedeuten d wenige r zahlreic h und auc h wenige r anstellig , al s Unternehme r un d Militärbürokrati e die s erwartet hatten . Zwa r meldete n sic h nac h un d nac h fas t all e Hilfsdienst pflichtigen,219 doc h erwiese n sic h di e vo r alle m gesuchten , noc h nich t i n der Kriegsindustrie tätigen Facharbeiter als »entweder Kranke, oder solche, die infolge von Faulheit nicht verwendet werde n können, oder solche, die infolge agitatorischer Umtriebe aus den Fabriken entlassen sind oder nur ungern wieder eingestellt werden. . . Nach den bisherigen Ergebnissen der Aufforderungen sin d beinahe sämtliche Hilfsdienstpflichtige schwerkrank e Leute, wenn man ihren Angaben, den Berichten der Bürgermeisterämter und den ärztlichen Zeugnissen glauben will, obwohl man bei persönlicher Kenntnis der Be88 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

treffenden di e Wahrnehmung machen kann, daß sie, solange es sich nicht um Hilfsdienst handelt, sehr wohl arbeiten können.«220 Wer kei n ärztliche s Attes t beibringe n konnt e - trotz der von den Einberu fungsausschüssen al s zu kooperativ beklagte n Haltun g von Ärzten und Bezirksämtern —, trat in die Freiwillige Feuerweh r oder anderswo ein, s o daß die Zah l de r wirklic h einsetzbare n Hilfsdienstpflichtige n au f höchsten s 25 % der theoretisc h Hilfsdienstpflichtige n geschätz t wurde ; un d vo n die sen ware n nu r wenig e al s gelernt e Arbeitskräft e verwendbar. 221 Da s I. Bayerische Armeekorp s Münche n faßt e di e Lag e i m Mär z 1917 sehr nüchtern zusammen : »Wenn man aus den freiwilligen Anmeldunge n zum Vaterländischen Hilfsdienst einen Schluß auf die Stimmung der Bevölkerung ziehen möchte, so dürfen die bisher gemachten Erfahrungen schwerlic h als erfreulich bezeichnet werden . . . Nach dem bisherigen Ergebni s scheint es überhaupt berechtigt, wen n man die auf das HDG gestützten Erwartungen nicht zu hoch einschätzt. Wi e die Kriegsamtsstelle berichtet, bilden die Anmeldungen vorläufig nu r eine Arbeitslast und eine wahrscheinlich nutzlose Anfüllung der Kartothek.«222 Die mangelhaft e Bereitschaf t de r Hilfsdienstpflichtigen , ein e al s kriegs wichtig anerkannt e Tätigkeit anzutreten, wa r jedoch nicht das einzige Hindernis bei der Durchführung de s Gesetzes. Nebe n den Fällen, w o etwa zu r Inbetriebnahme einer Pulverfabrik 80 Hilfsdienstpflichtige einberufe n wur den, 8 kamen und 4 davon die Arbeitsstelle sofort wieder verließen, 223 standen die, w o sich, z. B. in Charlottenburg, 278 Hilfsdienstfreiwillige melde ten, abe r nu r fü r 157 geeignete Stellunge n gefunde n werde n konnten: 224 Für di e meiste n fabrikarbeitsungewohnte n Hilfsdienstpflichtige n - unter denen auc h di e bislan g meh r ode r wenige r »müßige n Teil e eine s seh r er werbsfrohen Zwischenhandels « waren , dere n Einbeziehun g i n da s HD G die Gewerkschaften al s besonders »versöhnliches Moment« empfanden 225 zeigten di e Unternehme r of t rech t weni g Interesse . Al s weitere s Proble m kam hinzu, da ß es für die Einberufungsausschüsse of t nicht von vornherein ersichtlich war, welch e der sich meldenden Hilfsdienstpflichtigen den n nun eigentlich »einzuberufen « waren , den n die s konnte un d sollt e ja nich t au f der Grundlag e eine r allgemeine n Regelun g - wie etw a de r Einteilun g i n Jahrgangsklassen be i de r Einziehun g zu m Militärdiens t - geschehen, son dern mußt e vo n de r jeweils ausgeübte n Tätigkei t jede s einzelne n Hilfs dienstpflichtigen abhängi g gemach t werden. Di e hierfür erforderlich e Ein teilung vo n Berufe n bzw . Betriebe n i n »kriegswichtige « ode r »kriegsun wichtige«, di e de n vo m HD G geschaffene n Feststellungsausschüsse n oblag, mußt e abe r i n viele n Fälle n ers t noc h getroffe n werden ; si e erwie s sich - mitten in einem totalen Krieg, i n dem kaum noch eine Tätigkeit aus geübt wurde , di e nicht direkt ode r indirekt fü r de n enormen Heeresbedar f relevant war 226 - als sehr problematisch: Eine Aufzählung de r als einwandfrei »kriegsunwichtig « deklarierte n Beruf e un d Gewerbezweig e vo m Juli 89 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

1917 zählte nebe n Dienstboten , Fahrstuhlführern , Kellner n un d Friseure n nur Beschäftigte i n so abgelegenen Sparte n wie Briefmarken- und Spielwa renhandlungen, Marmorfiguren- , Bernsteinwaren - und Geweihgegenstän deherstellung ode r Verarbeitun g vo n Straußenfeder n auf. 227 Tabakfirmen , Verlagsbuchhandlungen un d Teppichfirme n konnte n dagege n mi t eine r Anerkennung al s Hilfsdienstbetrieb e rechnen. 228 Dergestal t geran n de r vom HD G eingeführte Arbeitszwan g fü r Männe r vo n 18 bis 60 Jahren z u einem Arbeitszwan g de r zuständige n Behörde n un d Ausschüss e i m Be reich nomenklatorische r Wirklichkeitskonstruktione n be i de r Klassifizie rung de r Hilfsdienstpflichtige n un d de r einstellenden Betrieb e und Behör den. Al s Ergebnis diese r Definitionsarbei t stellt e sich heraus, da ß di e mei sten Hilfsdienstpflichtigen, wi e die Regierung seinerzei t gege n die Planungen eine r allgemeine n Arbeitspflich t gelten d gemach t hatte , bereit s direk t oder indirekt für die Kriegswirtschaft täti g waren. 229 Die Auswirkunge n de s HDG auf die Arbeitskräftemobilisierung erwie sen sich dementsprechend al s wenig nachhaltig . Di e Zahl der einsetzbare n Hilfsdienstpflichtigen wa r und blieb gering. Wei t zügiger un d in größere m Umfang verlie f ironischerweise di e Einstellung gerad e derjenigen Arbeits kräfte, di e gar nicht unter den Buchstaben de s Gesetzes fielen, d. h. vo r al lem de r Frauen. 230 Bei diesen handelte es sich jedoch keinesweg s durchwe g um solche , di e erstmal s ein e Erwerbsarbei t aufnahmen , noc h u m solche , die - und da s gil t auc h fü r viel e de r eingestellte n Männe r - bislang i n al s nicht »kriegswichtig « deklarierte n Stelle n beschäftigt worde n waren; noc h kamen dies e Arbeitskräfte , o b männlic h ode r weiblich , primä r de r Rü stungsindustrie zugute . Vielmeh r handelt e e s sic h i n vielen Fälle n u m Frauen ode r auc h Männer , di e vorher i n untere n kaufmännische n Stellun gen oder als Industriearbeiter/innen täti g gewesen waren und jetzt, angezo gen vo n den höheren Löhnen und der Aufstiegsmöglichkeit zu r Angestell tentätigkeit, i n die Schreibstuben de r Militärbehörden wechselten. 231 Nich t für die Arbeit in der Kriegsindustrie nämlich , sonder n für die in den Büro s der Kriegsgesellschafte n un d vo r allem de r Militärbehörden , w o jetzt ver stärkt Schreibstubensoldate n fü r di e Fron t freigemach t werde n sollten , meldeten sic h insbesonder e Fraue n freiwilli g be i de n Frauenarbeitsmelde stellen, di e bei den Hilfsdienstmeldestellen eingerichte t worden waren. Di e Schreibstubenarbeit gerie t nachgerad e z u einem Synony m fü r Hilfsdienst tätigkeit überhaupt : I m August 1917 sah sic h da s Kriegsam t genötigt , di e Militärbehörden daz u aufzufordern, »de r allgemei n verbreitete n Anschau ung, Hilfsdiens t se i Büroarbeit bei militärischen Stellen , nachdrücklich ent gegenzutreten«.232 Bi s End e 1917 hatten di e Militärbehörde n i m Reic h rund 40000 Hilfsdienstpflichtige eingestell t (sieh e die Tabellen 12 und 13) eine Zahl , di e sic h bi s Kriegsend e nich t seh r wesentlic h erhöh t habe n dürfte.233 Di e Zah l de r eingestellte n Fraue n betru g i m gleiche n Zeitrau m gut 88000; in Bayern waren bis Anfang Augus t 1918 nahezu 75% aller von den Militärbehörde n de s Heimatgebiete s Eingestellte n Fraue n (sieh e Ta 90 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

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4 3 7 0 3 1

1117 52, 1732 28, 1183 29,

1526 30, 1376 27, 1084 23,

26536* 30929* 34189*

6 1 0

23893 29, 27821 30, 31922 31,

2456* 3007* 3129*

137 103 120

157 97

2319 2747 2912

|

3234 3370 3324

1014 4051 2545

2061* 56877* 2659* 66963* 3451* 70958 *

183 | 185 | 164 |

176 | 153 |

--- ιιι ---

1878 52629 2298 | 59542 3134 | 65089

n

91855 115204 | 127627

5080 | 5034 | 4692 |

2131 | 6116 | 3978 |

3925 | 11646 | 15900 |

80719 92408 103057 |

63,7 66,9 70,8

47,6 66,2 64,0

65,2 64,4 63,2

insgesamt davo n Frauen in %

74295 43995 26306

2592 1905 1300

4827 1600 1435

14097 9654 8717

52779 30836 15354

Zahl der noch ablösbaren Militärpers.

| |

|

|

| | |

| | |

* ohne Bayer n Quelle: HStA/Kr , MK r 14367, 1438 4 und 14197: Übersichten über die Freimachung von Militärpersonen durch Hilfsdienstpflichtige und andere Zivilpersonen irn Deutschen Reic h 1917; Prozentzahlen eigene Berechnun g

Preußen Stand: 31. 3. Stand: End e April Stand: End e August Bayern Stand: 31. 3 . Stand: Ende April Stand: End e August Sachsen Stand: 31. 3 . Stand: End e April Stand: End e August Württemberg Stand: 31. 3 . Stand: End e April Stand: End e August Zusammen Stand: 31. 3 . Stand: Ende April Stand: End e August

Es wurden Militärpersone n freigemacht durch HD-Pflichtige Jugend - Männe r Fraue absolut i n % liehe übe r 60J .

Tabelle 12: Freimachung von Militärpersonen unter dem HDG im Reich 1917 (ohne Etappe)

92

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|

2 159 4 2027

6226 73

8296

8197

1

1

1

3 184 3 2201

1

9 167 1 2288

7840

8005

17305 |

1 5 30731

13 3065 1

1

1

3 74,5 25, 5 1945

1

0 73,2 26, 7 1846

1

1

1

9 489

7 560

4

8

1 0 565

2

2

6 2501

3925

0 73,

9654 |

14097

1646 | 15900 | 8717

4 4 710

1

1

5 750

16 27,4 11834 1

6 27, 4 1770

9 73,2 26, 8 1717 8 72,

| 28,7 |

. 10 . 191 7 566 8 105 6 1828

24265 |

13 3030 1 16 72,

0 2926

3 2769

|

|| 71,3 |

Quelle: HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches AK 887, 888 ; HStA/Kr, MK r 17309, 14369 , 14201 , 1420 3 Prozentzahlen eigene Berechnung

1.8.1918 616

1 . 7 . 1 9 1 8 655 9 163 8 2245

1.5.1918 645

7426

6724

6960 1

4

n insgesam

- noc

|

h abmachte lösbar t davo n davo n Militär - Militär Frauen HD-Pflich - persone n persone n% tige in %

s wurden eingestellt freige

freiwillig durc h Einberu- i fungsausschuß überwiesen

HD-Pflichtige Fraue

1.2.1918 622 5 178 0 2126

1.1.1918 583

Ende April 1917 1.9.1917 |

31. 3 . 191 7

Stand: e

Tabelle 13: Freimachung von Militärpersone n unte r dem HD G in Bayern 1917/1918

1 26, 9 1634

e n

Tabelle 14: Etappenhelfer/innen i n den besetzten Gebieten 1917/1918 Stand Juli

August September Oktober November Dezember Januar Februar März April Mai Juni Juli August September

1917 1917 1917 1917 1917 1917 1918 1918 1918 1918 1918 1918 1918 1918 1918

insgesamt

davon Frauen

Frauen in %

12258 14529 15515 16791 18215 18825 19501 20761 21 684 22203 22803 23816 24717 26358 27007

4784 6724 7711 8727 10055 10605 11 040 11 992 12681 13442 14008 14704 15382 16738 17397

39,0 46,3 49,7 52,0 55,2 56,3 56,6 57,8 58,5 60,5 61,4 61,7 62,2 63,5 64,4

Quelle: Hauptstaatsarchiv/Kriegsarchi v München , MKr 17309 und 17310: Preußisches Kriegsamt: Nachweisun g de r Helfer/innen i m besetzten Gebiet (Stand . . .). Prozentzahlen eigene Berechnung. belle 13).234 Besonder s gro ß wa r da s Interess e vo n Fraue n a n denjenige n Stellen, di e di e Militärbehörde n i n de n besetzte n Gebiete n hinter beide n Fronten mi t Fraue n auffülle n wollten , u m dafü r männliche s Persona l au s Etappen- in Frontstellungen umsetze n zu können. Al s derartige »Etappen helferinnen« fü r di e Tätigkeit i n militärische n Schreib - und Wäschestube n u. ä. de r Besatzungsgebiet e bewarbe n sic h zahlreiche , vo r alle m jünger e Frauen. Da ß die Nachfrage nac h solchen Arbeitsplätze n seiten s der Fraue n meist größe r war als das Angebot, erga b sich mehr oder weniger ohne Zutun de r Frauenreferate , dene n di e Auswahl un d Betreuun g de r »Etappen helferinnen« oblag . De r Grund für den großen Andrang vo n Frauen zu diesen Stelle n wa r woh l unte r anderem dari n z u suchen, da ß sie , nebe n eine r relativ gute n Bezahlun g un d Ernährung , ein e Möglichkei t z u eigenständi ger Lebensführun g versprachen , di e im »Zivilleben « höchsten s Frauen der Mittel- un d Oberschichte n zugänglic h war. 233 Hinz u kam , da ß di e Tätig keit als »Etappenhelferin« de n jungen Frauen die seltene Chance bot, z u reisen un d »etwa s Neue s zu sehen«. 236 Männe r erwiese n sic h demgegenübe r als bedeuten d wenige r a n Etappenstellen interessiert. 237 S o trug di e Tatsa che, da ß von Oktobe r 1917 bis Kriegsende meh r Frauen als Männer in der Etappe eingestellt wurden-kurz vo r Kriegsende waren es gut 17000 (siehe Tabelle 14) - den Frauenreferentinne n ein e der wenige n offizielle n Belobi gungen ein , di e ihne n fü r ihr e Arbei t gespende t wurden. 238 Da s Zie l je 93 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

doch, di e insgesam t 200000 als ablösbar deklarierte n Militärpersone n de r Etappenverwaltung fü r die Front verfügbar z u machen, konnt e damit auch nicht annähernd erreicht werden. Bei de r Behebun g de s Arbeitskräftemangels de r Kriegsindustri e schlu g das HDG in noch viel geringere m Maß e zu Buche. 239 Die Zahl de r Rekla mierten, dere n verstärkte r Freimachun g fü r di e Fron t da s HDG vor alle m hatte dienen sollen, stieg bis zum Kriegsende kontinuierlich weite r an: Tabelle 15: Zahl der Reklamierten in Preußen 1916-1918 240 Stand Mitte Anfang Mitte Anfang Mitte

1916 1917 1917 1918 1918

insgesamt

davon kv.

1,2 Mio. 1,4 Mio. 1,9 Mio. 2,2 Mio. 2,4 Mio.

0,7 Mio. 0,8 Mio. 1,0 Mio. 1,1 Mio. 1,2 Mio.

Das Proble m de r Unzulänglichkei t de s Arbeitskräftepotentials angesicht s des gleichzeitigen Bedarfs von Front und Kriegswirtschaft wurd e durch das HDG nicht gelöst , sonder n jeweils hin - und herverschoben: Jeden Mona t begegnete ei n Arbeitskräftenachschub , de r vo n de r Fron t a n di e Kriegs wirtschaft abgegebe n wurde , eine m solchen in Gegenrichtung, de r aus der Kriegswirtschaft fü r di e Fron t freigemach t worde n war ; i m Septembe r 1918 ζ. Β. wechselten 24 175 Mann aus der Kriegswirtschaft zu m Heer und 34 769 aus dem Heer in die Kriegswirtschaft.241 Nennenswert e Auswirkun ­ gen de s HDG auf die Mobilisierung neue r Arbeitskräfte fü r di e Rüstungsindustrie waren also nicht zu verzeichnen. Ebensoweni g hatt e es eine nachhaltige direkt e Verbesserung de r Ersatzlage des Heeres durch die »Freima chung« vo n Militärpersone n verbürgt . Rechne t ma n di e - wahrscheinlich ohnehin überhöhten 242 - Angaben über die im Reich »freigemachten « Mili tärpersonen entsprechen d de r Entwicklun g i n Bayer n bi s Augus t 1918 hoch, wäre n insgesamt bei den militärischen Stelle n des Heimatgebiets un gefähr 155700 Soldaten fü r di e Front freigemacht worden , z u denen noch die 27 000 durch »Etappenhelfer« abgelöste n Soldate n - wiederum bei dem sehr unrealistische n Ersetzungsverhältni s vo n 1:1 - zu addiere n wären. 243 Damit hätt e di e Ersatzwirkun g de s HD G bi s Kriegsend e knap p 183000 Soldaten bereitgestellt ; da s ware n abe r noc h nich t einma l 2/3der monatli chen Heeresverlust e i n de r Sommeschlacht. 244 Ebensoweni g griffe n Be stimmungen un d Durchführung de s HDG bei der Lösung des zweiten zentralen Problem s der Kriegsarbeitsmarktpolitik, de r Verhinderung de r starken Fluktuatio n de r Arbeiterschaft . De r häufig e Arbeitsplatzwechse l de r reklamierten (Fach-)Arbeite r wurd e durc h di e Einführun g de s »Abkehr scheins« nich t wesentlic h eingeschränkt. 245 De r besonder s großen , fü r di e 94 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Kontinuität de s Produktionsprozesse s äußers t schädliche n Arbeitsplatzun stetigkeit de r weiblichen Arbeiterschaft 246 - die zum Teil auf Abwanderung auf besser entlohnte Arbeitsplätz e oder auf solche mit günstigeren Arbeits bedingungen zurückzuführe n wa r ode r abe r auc h darau s resultierte , da ß viele Arbeiterinnen infolg e ihre s auf die Nachkriegszeit bezogenen begrün determaßen pessimistische n berufliche n Erwartungshorizont s weni g Iden tifikation mi t ihre r Tätigkei t entwickelten 247 - sollten di e Frauenreferat e und -arbeitsstelle n durc h ein e verstärkt e Fürsorgepoliti k entgegensteu ern.248 Gena u besehe n betra f da s Proble m nich t di e weiblich e Arbeiter schaft insgesamt , sonder n nu r di e branchen- und ortsfremde n Arbeiterin nen.249 Diese meist jungen und ledigen Frauen folgten nach ihrer ersten Anlernung de n jeweils günstigste n Arbeitsangebote n de r sich gegenseitig be i der Abwerbung niederkonkurrierende n Rüstungsindustrie . Arbeiterinnen , die zu r Stammbelegschaf t ihre s Betrieb s gehörte n un d ihre n Arbeitsplat z nicht durc h Betriebsschließun g ode r -Zusammenlegun g verloren , neigte n offenkundig weni g zu m Wechseln des Arbeitsplatzes. 250 So ergaben Stich probenerhebungen de r Kriegsamtsstell e Münche n vo n Oktobe r bi s De zember 1918, daß von den knapp 9000 erfaßten Arbeiterinnen ihres Bezirks etwa 60% länger als ein Jahr im gleichen Betrie b gearbeitet hatten und immerhin noc h gu t 15% länger al s zwe i Jahre.251 De r enor m hoh e Wechse l der anderen Arbeiterinnen - ein wöchentlicher Umschlag eines Drittels der Arbeiterinnenbelegschaft wa r kein e Ausnahme 252 - machte da s jedoc h mehr als wett: Insgesam t überstieg di e Fluktuation de r in der Industrie beschäftigten Fraue n nicht nur die der Männer, sonder n auch die der Arbeiterinnen der Vorkriegszeit. Tabelle 16: Arbeiter/innenfluktuation 1913/1917: Vermittlungsergebnisse der Arbeitsnachweise des Verbandes Bayerischer Metallindustrielle r Auf 100 Eingestellte treffen Einstellungen bei Männern

Frauen

1. 1 . 1913- 1. 1. 1917- 1. 1. 1913- 1. 1 . 191731. 12 . 1913 31. 8. 1917 31. 12 . 1913 31. 8. 191 7 Facharbeiter Ungelernte über 21 Jahre Ungelernte unter 21 Jahre insgesamt

117,2 109,8 109,5 115,0

116,0 120,3 124,8 120,4

128,9

148,0

Quelle: Hauptstaatsarchiv/Kriegsarchi v München , MK r 14200: Verband Bayeri scher Metallindustrieller an bayerisches Kriegsamt 2. Oktober 1917.

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Blohm un d Vos s berichtet e de m Kriegsam t i m Dezembe r 1917, die Zah l der Neueinstellungen vo n Arbeiterinnen habe , bei einem Durchschnittsbe stand vo n 990, im Zeitrau m vo m 23. Dezember 1916 bis 22. Dezember 1917 285 2 betragen; d a i m gleiche n Zeitrau m jedoch 2898 Arbeiterinnen ausgeschieden waren , verringert e sic h de r Bestan d trot z de r zahlreiche n Neueinstellungen u m 46.253 Allen Fürsorge - und sonstigen Steuerungsver suchen wi e etw a de r Anregun g vo n Stetigkeitsprämien 254 zu m Trot z stieg die weibliche Fluktuation bis zum Kriegsende, verstärk t durch Arbeitskräf tereduzierungen einzelne r Industriezweige , weite r an. 253 Imme r häufige r ertönte dahe r au s de r Industri e di e Forderun g nac h de r Einführun g eine s Abkehrscheins auc h für Frauen un d Jugendliche ode r nach ihre r Einbeziehung in das HDG.256 Auch de n vereinte n Bemühunge n de r Industri e un d de r Heeresleitun g gelang es jedoch nicht, dies e und andere Vorstellungen über eine Änderung des HDG gegen de n Widerstand vo n ziviler Reichsleitun g un d Kriegsamt , die i n diese m Fal l a n einem Stric k zogen , durchzusetzen . Di e Reichsregie rung schreckt e vo r de n mögliche n innenpolitische n Folge n einer erneute n Diskussion de s HDG zurück. Un d das Kriegsamt wollt e auch unter Groe ners Nachfolge r Scheüc h keine r weitergehende n Bindun g de r Arbeite r a n den Betrie b zustimmen , de r nich t ein e gleichgewichtig e Garanti e gege n den dan n möglichen Machtmißbrauc h de r Unternehme r etw a i n Lohnfra gen gegenüberstand; darüber hinaus fand es einen Arbeitszwang für Frauen nach wie vor überflüssig. 257 Auch da s HD G ändert e als o nicht s daran , da ß de r weiblich e Arbeits markt de r Kriegszeit weiterhin - abgesehen von den Abwanderungsverbo ten aus der Landwirtschaft - formell ei n freier Arbeitsmark t blieb , auf dem die Frauen sich nur nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage »mobili sierten«; d . h. si e nahmen »kriegswichtige « Arbeitsplätz e gena u dan n un d nur dan n ein , wen n dies e hinsichtlic h de r Arbeitsbedingunge n ode r de r Entlohnung attrakti v waren , ohn e daß eine weitergehende Mobilisierungs politik eingriff Diese s bereits für die erste Kriegshälfte typisch e Muster der Frauenarbeitsmobilisierung gal t auch noch für das Einströmen »hilfsdienst williger« weibliche r Beschäftigte r i n di e militärische n Schreibstube n de r Heimat- und Etappengebiete. Der Unterschie d zu r Arbeitsmarktpoliti k de r erste n Hälft e de s Kriege s bestand darin, da ß innerhalb der HDG-Bürokratie mi t den Frauenreferate n und -arbeitssteile n ei n organisatorische r Rahme n geschaffe n worde n war , mit desse n Hilf e ein e gezielt e Heranziehun g vo n Fraue n i m Sinn e de r Kriegswirtschaftsplaner, d . h. auc h fü r di e wenige r attraktive n Arbeits plätze, möglic h werde n sollte . Z u fragen is t demnach fü r eine Beurteilun g der Arbeitsmarktpoliti k de r zweite n Kriegshälft e nich t nu r nac h Erfol g oder Mißerfol g de s HD G i m engere n Sinn , sonder n auc h nac h de m de r jetzt erstmal s institutionel l ermöglichte n gezielte n Mobilisierungspoliti k weiblicher Arbeitskräfte. Dies e soll anhand dreier Schwerpunkte der Tätig96 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

keit vo n Frauenreferate n un d -arbeitssteile n i m folgende n kur z umrisse n werden: de r Mobilisierung vo n Studentinnen fü r die Rüstungsproduktion ; der großangelegte n Aktio n »Fraue n auf s Land « un d de r »Steigerun g de r Produktion durch Fürsorge«. 258

2.2.4. 1. Die Mobilisierung von Studentinnen Das Moti v be i de r Heranziehun g vo n Studentinne n zu r Munitionsarbei t war, nebe n der Gewinnung neue r Arbeitskräfte, ihr e Einsetzung al s »Wer bemittel«:259 Wenn , wi e e s das Kriegsamt/AZS a m 15. September 1917 in einem Schreiben an die Rektoren der deutschen Hochschulen formulierte , »weite Frauenkreise, die bisher außerhalb der Fabrikarbeit standen, für diese Arbeit gewonnen werden sollen, [sind U. D.] Bahnbrecherinnen notwendig . . ., die durch erfolgreiche Überwindun g de r mit der ungewohnten Arbeit verknüpften Schwie rigkeiten den anderen Frauen Mut machen. Als solche Bahnbrecherinnen sin d die Studentinnen besonder s geeignet. Si e sind als geschlossene Frauengruppe erfaßbar und weithin sichtbar. Sie sind zur Arbeitsdisziplin und Selbständigkeit erzogen. Sie sind leicht an die Bedarfsstellen verpflanzbar . Gewöhnt , ihr e Arbeit unter höhere Gesichtspunkte z u stellen, werde n si e auch unte r Schwierigkeite n be i de r Arbeit aushalten und in dieser Beziehung durch ihr Beispiel vielleicht auch auf ihre Kameradinnen aus dem Arbeiterstande einwirken. «260 Nachdem de r Verban d de r Studentinnenverein e Deutschland s bereit s a m 28. November 1916 in einer Eingab e an den Reichstag angereg t hatte , da s HDG auf die Studentinnen auszudehnen, 261 konnten die Frauenreferate sei tens de r studierende n Fraue n alle m Anschei n nac h au f da s größt e Entge genkommen rechnen. 262 Die s tra f au f di e präsumptive n Arbeitgebe r de r Studentinnen, di e derar t »i n di e Reihe n ihre r Schwester n i n di e Fabrike n treten«263 wollten , nich t i m gleiche n Maß e zu . Ein e Umfrag e de r bayeri schen Kriegsamtsstelle n i m September/Oktobe r 1917 unter de n größere n Firmen ihre s Bezirks ergab, da ß sich vo n meh r als 80 befragten Betriebe n 30 zur Aufnahm e vo n gu t 130 Studentinnen berei t erklärten, währen d di e meisten abwinkten, ih r Bedarf an ungelernten Arbeiterinnen sei gedeckt. 264 Zwar vermutete n di e Frauenreferate gan z andere Gründe hinter dieser Zu rückhaltung de r Unternehmerschaf t - neben eine r allgemeine n »Abnei gung gege n Neuerungen« 265 nämlic h di e »Schwierigkeit , da ß sie [die Stu dentinnen U . D.] keine gesundheitsschädlichen Arbeite n übernehmen wol len und dadurch de n Gewerkschaften Angriffspunkt e geben« , di e Arbeitsbedingungen z u kritisieren 266 -, konnten aber die letztlich ablehnende Hal tung der Betriebe nur zur Kenntnis nehmen. Da zudem Ende 1917/Anfang 1918 ein genereller Rückgang de s Bedarf s an ungelernte n Arbeitskräften 267 da s Desinteress e de r Unternehmerschaf t nur noc h steiger n konnte, 268 wurd e di e Anwerbeaktio n imme r leise r ge 97 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

stellt un d schließlich gan z abgedreht. Ein e auf heute nicht meh r zugängli chem Archivmaterial beruhende Arbeit kommt zu dem Schluß: »Wenn man die für die Werbearbeit für den Hilfsdienst der ›gehobenen‹ Stände und Studentinnen i n der Rüstungsindustri e aufgewandt e Energi e mi t de m tatsächlich erbrachten Erfolg vergleicht, s o muß man ein bedauerliches Mißverhältnis feststellen. Denn bis zum 24. November 1917 hatten sich von den etwa 5000 Studentinnen der Deutschen Universitäten insgesam t 300 gemeldet, davo n wurden etwa 250 in die Arbeit vermittelt.« 269 2.2.4.2. »Frauen aufs Land« Als noc h schwierige r erwie s sic h di e Lösun g eine r andere n Aufgabe , di e sich da s Kriegsam t bzw . di e Frauenreferat e stellten , nämlic h di e Anwer bung städtische r Fraue n fü r di e Landarbeit . Di e Arbeitskräftesituatio n i n der Landwirtschaft wa r desolat. I n der zweiten Hälft e 1917 waren vo n den insgesamt i n der Landwirtschaft beschäftigte n 7,8 Mio. Männer n 3,5 Mio., fast di e Hälfte, eingezogen , un d zwar 2,1 Mio. de r hauptberuflich un d 1,4 Mio. de r nebenberuflich dor t Tätigen. 270 Schätzungsweise gu t 2/3 aller landwirtschaftlichen Betrieb e wurde n vo n Fraue n bewirtschaftet , di e de n Be trieb leiteten und gleichzeitig of t die einzige Vollarbeitskraft waren. 271 Diese enormen Lücke n konnten auch durch die 800000 Kriegsgefangenen un d 500000 ausländischen Arbeitskräfte, di e i n de r zweite n Hälft e de s Jahres 1917 auf dem Lan d eingesetz t waren, 272 nich t ausgefüll t werden . De r Ar beitskräftemangel vergrößert e sich noch durch die kontinuierliche Abwan derung vo n Frauen in die Städte oder zumindest au f städtische Arbeitsplät ze; nachdem sic h die Abwanderungsverbote al s relativ folgenlo s herausge stellt hatten , stande n di e Arbeitsmarktpolitike r de m Proble m ohn e jede weitere Handhab e gegenüber. 273 Zwa r führt e insbesonder e di e zunehmen d katastrophale Ernährungslag e i n den Städten z u einem verstärkten Saison arbeitsrhythmus vom Land stammender städtischer Arbeiter/innen , di e zur Erntezeit auf s Lan d zurückgingen, 274 doc h blie b di e Lag e au f de m ländli chen Arbeitsmark t de n ganze n Krie g hindurc h äußers t kritisc h un d tru g das Ihr e zum sic h verschärfende n Nahrungsmittelmange l bei . A m 15. Februar 1917 wies das Kriegsersatz- und Arbeitsdepartement di e Kriegsamtsstellen an , daß unbedingt au s der städtischen Bevölkerun g all e arbeitslose n oder i n nich t kriegswichtige n Beschäftigungsverhältnisse n stehende n Frauen und Mädchen, di e von früher he r mit landwirtschaftlichen Arbeite n vertraut seien , »mi t alle r Beschleunigun g a n di e richtig e Stell e auf s Lan d gebracht werden« 275 sollten. Zu r Erreichung diese s Ziels sollten zum einen Aufrufe a n die betreffenden Fraue n erlasse n werden , sic h freiwilli g fü r di e Landarbeit z u melden ; dies e öffentliche n Aufrufe , schlu g da s Kriegsam t vor, könnte n de n großen vaterländische n Verdiens t un d de n Wer t der Na turalleistungen besonder s fü r Kinde r hervorheben , nich t z u vergesse n di e 98 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

wohltätige Wirkun g eine s Landaufenthalts au f die Gesundheit. 276 Zum an deren sollten die Kriegswirtschaftsstellen i n den Landgemeinden die Adressen von Frauen erfragen, di e in den letzten Jahren in die Stadt abgewander t waren, u m dies e dan n persönlic h anzusprechen . Sowoh l i n Preuße n wi e auch in Bayern, w o das Frauenreferat de s bayerischen Kriegsamts eine Parallelaktion startete , wurd e daraufhi n vo n de n Kriegswirtschaftsbehörde n und de n hinzugezogene n Frauenorganisatione n ein e reg e Tätigkei t entfal tet. Di e Formulierunge n de r Aufrufe , di e di e Behörde n de n Zeitunge n zwecks Veröffentlichung zukomme n ließen, sin d bereits von einem Stil der Massenpropaganda geprägt , de r seine Konjunktur noch vor sich hatte: »An die Frauen und Mädche n in der Stadt! Volksgenossinnen, di e Bestellung de s Landes zur Sicherung der nächsten Ernte steht unmittelbar vor der Tür . . . Frauen und Mädchen, die Ihr früher schon in der Landwirtschaft tätig gewesen seid, Volksgenossinnen, die Ihr Lust und Liebe zur Landwirtschaft un d Gärtnerei besitzt, meldet Euch daher in großen Massen zu diesem vaterländischen Hilfsdienst!« 277 Das Kriegsamt ga b Vortragstext e un d Lichtbildserien heraus , i n denen di e bukolische Asservatenkamme r de r deutsche n Literatu r geplünder t wurde , um vor den Dienstmädchen un d Arbeiterinnen di e Freuden der Landarbei t zu inszenieren. 278 Bereits End e 1917 war absehbar , da ß di e ganze ambitiö s angelegt e Ak tion - der Werbeaufwand wa r unvergleichlich vie l größer als bei der Mobi lisierung de r Studentinnen , d a in diesem Fall die weibliche Zielgruppe vie l weniger leich t erfaßba r un d vo r alle m wenige r eigenmotivier t wa r al s di e weibliche Studentenschaf t - rundherum ei n Fehlschla g war , un d zwa r au f allen mögliche n Ebenen : Nu r wenig e Fraue n ware n i n di e Landwirtschaf t vermittelt worden , un d di e wenige n zusätzliche n Arbeitskräft e löste n au f dem Lan d selbs t meh r Unmu t al s Erleichterun g aus . Di e Landwirt e un d Landwirtinnen hatte n di e Frauen au s der Stad t generel l i m Verdacht , vor rangig a m besseren Essen und der Möglichkeit, sic h mit Naturalien zu versorgen (durc h Holzsammel n un d Kartoffelnklauben) , interessier t z u sein , ohne sich in die etwa s rauher e Luf t de r ländlichen Arbeitsverhältniss e ein gewöhnen z u könne n ode r z u wollen . Di e Landwirte un d Landwirtinne n waren, hie ß es, »meis t glücklich . . ., wenn diese Arbeitskräfte wiede r ver schwunden waren« . Si e bevorzugte n i n de r Rege l ausländisch e Arbeits kräfte, Kriegsgefangen e ode r Fronturlauber, d a es sich bei diesen um eingearbeitete Landarbeitskräft e handelt e - auch de r Arbeitermange l i n de r Landwirtschaft wa r i m Grund e ei n Facharbeitermangel. 279 Überdie s wa r das Interess e de r betreffende n Fraue n a n de r Aufnahm e vo n Landarbei t nicht besonder s gro ß un d wurd e noc h verringer t durc h de n Verlus t de r Mietunterstützung un d dami t de r städtische n Wohnun g sowi e di e Herab setzung de r Kriegsunterstützung , di e ein e Abwanderun g auf s Lan d mi t sich gebracht hätte. 280 Aus den Berichte n der eingesetzten Frauenorganisa tionen stellte das Frauenreferat de s bayerischen Kriegsministeriums ein sehr 99 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

offenes Resüme e zusammen : Wei t über 7000 Anfragen a n die Landbevölke rung Bayern s ermittelte n eine n Bedar f a n 352 städtischen Rückwanderin nen; vo n diese n Stelle n konnte n abe r nu r 161 besetzt werden , d a meh r Frauen nich t verfügba r waren . Darübe r hinau s wurde n 123 Adressen vo m Land stammende r Arbeiterinne n un d Dienstboten ermittel t un d vo n diese n 87 zur Rückkehr i n die Landarbeit veranlaßt . »Demnach is t im Verhältni s zu dem Aufwand a n Mühe, de r in den vielen tausen d gemachten Gänge n un d Anfrage n liegt , da s Ergebnis . . . sehr gering . Zu r Erklä rung fü r de n Mißerfol g viele r Bemühunge n werde n vo n alle n Vereine n überein stimmend zwe i Gründ e angeführt: Einerseit s die Abneigung de r Landbevölkerun g gegen ungelernt e städtisch e Arbeitskräfte ; andererseit s di e Unlus t de r städtische n Arbeiterinnen un d Dienstboten an der anstrengenden und gering entlohnte n Land arbeit. . . Übereinstimmend gebe n all e a n de r Rundfrag e beteiligte n Verein e an : was fehle seien vollwertige Kräfte, die fähig seien, jene schweren Arbeiten zu verrichten, di e die Landfrauen selbs t nicht leisten könnten; für die leichteren Arbeiten hingegen, z u denen ungeschulte städtische Helferinnen allenfall s fähi g wären , seie n an Ort und Stelle meist genügend Hilfskräfte unter den alten Leuten, den Halbwüchsigen un d Schulkindern vorhanden . Di e von de r Stad t zurückgeforderte n Mädche n seien meist widerwillig, stellte n zu hohe Anforderungen a n Lohn, Kost und Unter kunft un d versagten meisten s bei anstrengender Arbei t . . . Oft wurde n auc h herbe Ausfälle gegen die›städtischen Topfgucker un d Kostgängen gemacht , ›di e ihr Geld nicht wert seien‹. Vielfac h wehre n sich die Landwirte sogar dagegen, da ß ihre eigenen Töchte r auf s Lan d zurückgeschick t werde n solle n un d dadurc h ihre n hohe n Verdienst verlieren . Au s einem Pfälze r Or t . . . wird soga r berichtet , da ß di e Einwohner gedroh t hätten , de m Bürgermeiste r di e Fenste r einzuwerfe n un d di e Scheune anzuzünden, wen n e r darauf bestehe, di e abgewanderten Mädche n heim zurufen. «281 Wo di e bäuerliche Abwehrhaltun g etwa s wenige r radika l war , wi e i n Bam berg ode r Ingolstadt , ware n e s di e weibliche n Arbeitskräfte , a n dene n e s mangelte. 282 I m Novembe r 1917 wurde di e Aktio n wege n notorische r Er folglosigkeit abgebrochen. 283 De r preußische n Parallelaktio n ergin g e s nicht besser : 20000 schriftliche Anfrage n be i de n Landwirt(inn)e n hatte n nur 200 Antworten eingebracht , un d mi t de r daraufhi n einsetzende n »mündlichen Überredung « de r Landbevölkerun g wurde n genausoweni g Erfolge erzielt . Au f der Sitzun g i m preußische n Kriegsam t i m Augus t 1917 erwies sic h au f Major Henrici s dringend e Bitt e u m Vorschläg e zu r Lösun g des Problems »keine r der Anwesenden i n der Lag e hierzu«. 284 2 . 2 A 3 . Frauenarbeit s fürsorge Das wichtigste un d umfassendste Tätigkeitsfel d de r Frauenreferat e un d -ar beitssteilen wa r jedoch di e sozialpolitisch e Betreuun g de r lohnarbeitende n Frauen un d ihre r Angehörige n mi t de r klare n Maßgabe , »da ß di e gesamte , seitens de r Frauenarbeitsstelle n z u fördernde Fürsorgetätigkei t imme r nu r

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von de m Gesichtspunk t de r Produktionsforderun g z u geschehe n hat«. 285 Die so verstandene frauen- und familienorientierte Sozialpoliti k sollt e neue weibliche Arbeitskräft e gewinnen, 286 de n Arbeitsplatzwechse l verhin dern287 un d durc h ein e großzügig e Betreuun g de r lohnarbeitenden Fraue n die Stimmung a n der Front stärken. 288 Als vorrangige s Mitte l zu r Lösun g diese r Aufgabe n betrachtete n di e Frauenreferate di e Einstellun g sog . Fabrikpflegerinne n i n Industriebetrie ben, di e ein e größer e Anzah l Arbeiterinne n beschäftigten . Dies e Fabrik pflegerinnen sollten , wi e 1917 eine Frauenarbeitsstelle ihr Tätigkeitsfeld be schrieb, fü r di e Unterbringun g de r Kinder de r Arbeiterinnen sorgen , sic h um die Wohnungsverhältnisse alleinstehender Arbeiterinnen kümmern, di e Frauen in persönlichen Angelegenheite n beraten , di e betrieblichen Aufent haltsräume beaufsichtigen , di e medizinische Versorgun g de r Frauen beför dern, ihne n di e Beschaffung vo n Lebensmittel n erleichter n un d di e Geselligkeit unte r de n Arbeiterinnen durc h Unterhaltungsabend e un d Kurse al ler Art fördern; sowei t möglich , sollte n sie den Arbeiterinnen »menschlic h nähertreten un d de n Einflu ß au f ihre gesamt e Lebensführun g z u erlange n suchen«.289 Die Idee der weiblichen Fabrikpflege war bereits vor dem Krieg entwickelt un d an einigen Stelle n auch praktiziert worde n un d spiegelte in ihrer Beschreibung durc h die Frauenarbeitsstelle ihre Herkunft au s dem sozialpatriarchalischen Denke n de r christlich-soziale n Frauenbewegun g de r Jahrhundertwende wider. 290 Bi s zu m Novembe r 1918 gelang es , knap p 1250 Betriebe mit insgesamt 778 426 Arbeiterinnen zur Anstellung vo n 752 Fabrikpflegerinnen z u bewegen (siehe Tabelle 17). Schon die Zahlenangaben übe r die insgesamt eingestellte n Fabrikpflege rinnen und die von diesen jeweils z u betreuenden Arbeiterinne n allei n ma chen deutlich , da ß de m Institu t de r Fabrikpflege kei n einschneidender Er folg beschiede n war : Di e Zahl de r Arbeiterinnen , di e eine einzige Fabrik pflegerin z u betreue n hatte , schwankt e zwische n 788 und 1069, und di e meisten Betriebe stellten erst gar keine Fabrikpflegerin ein . Darübe r hinaus ergaben sic h noc h weiter e Probleme . Zu m eine n lage n dies e i n de r man gelnden Erfahrung un d Ausbildung de r meisten Fabrikpflegerinnen ; meis t handelte es sich um Krankenschwestern, 291 denen zum Teil vom Kriegsam t ein mehrwöchige r Schnellkur s i n betriebliche r Sozialpoliti k vermittel t wurde.292 Der wichtigste Grund scheint aber auch hier, wie bei den anderen geschilderten Projekten der FAZ/Frauenreferate, di e Ablehnung der »Empfängerkreise« eine r solchen Neuerun g gewese n z u sein - in diesem Fall der Unternehmer un d Gewerkschafte n -, zu dere n Überwindun g auße r be harrlicher Überredun g auc h hie r keinerle i Handhab e z u Verfügun g stand.293 Die meisten de r in Frag e kommenden Betrieb e stellte n vo r alle m anfangs Fabrikpflegerinne n nu r widerwillig ode r ga r nicht ein. 294 W o Un ternehmerverbände, wi e etwa der Verband Bayerischer Metallindustrieller , ihren Mitgliedern die Anstellung vo n Fabrikpflegerinnen empfahle n - diese wurden grundsätzlic h vo m jeweilige n Unternehme r eingestell t un d be 101 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Tabelle 17: Die Fabrikpflege Novembe r 1917-Novembe r 1918 Stand

1917 November Dezember 1918 Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November

Zahl der Fabrikpflegerinnen (in Klammern: mit Kursausbildung)

Arbeiterinnen pro Fabrikpflegerin

Betriebe, di e Fabrikpflegerinnen beschäftigen (i n Klammern: au f Betreiben der Frauenreferate)

Arbeiterinnenzahl der Betriebe insgesamt

521 (495 ) 578 (538 )

507066 425501

482 (325 ) 540 (364 )

1 052 788

698 (588 ) 822 (702 ) 1 004 (866 ) 1 090 (835 ) 1 131 (854 ) 1 169 (890 ) 1 176 (893 ) 1 184 (894 ) 1 195 (904 ) 1 235 (941 ) 1 248 (957 )

546294 605427 648772 569863 642330 716837 733846 736171 751 773 759888 778426

545 (378 ) 627 (384 ) 669 (407 ) 638 (417 ) 762 (432 ) 781 (439 ) 789 (443 ) 707 (443 ) 703 (449 ) 741 (456 ) 752 (469 )

1 002 966 970 893 843 918 930 1041 1 069 1 025 1 035

Quelle: Wunderlich , F. , Fabrikpflegerinnen , in : Archi v fü r Frauenarbei t 8, 1920 , S. 101.

zahlt —, geschah die s au f der Grundlag e eine r seh r restriktive n Interpreta tion ihre r Rolle : Di e Fabrikpflegeri n sei , heiß t e s in eine m Rundschreibe n des Verbandes Bayerischer Metallindustrieller vo m Ende April 1917 an seine Mitglieder, »Angestellt e de s Betriebes , wir d vo n ih m bezahl t un d ent wickelt ihre Tätigkeit nach Anweisung des Betriebes«.295 Als ihre vorrangigen Aufgabe n wurde n genannt : Aufsich t übe r di e Verbandskästen , Erst e Hilfe bei Unglücksfällen, Aufsich t übe r die Reinlichkeit der Arbeiterinnen , Nachforschungen übe r Leistungsrückgang , Aufsich t i n de r Kantine , Ver hinderung de s Stellenwechsels etc . Be i geringerer Arbeiterinnenzahl könn te die Fabrikpflegerin »auc h vielleicht noch in der Lohnbuchhaltung, i n den Krankenkassageschäften, be i der Einstellun g de r Arbeiterinnen, i n der Fabrikküche« mi t beschäftig t werden. 296 Au f der Basi s einer solche n Stellen beschreibung - die die eigentlich konfligierende n Bereiche , Lohn - und Ar beitsverhältnisse, auße n vor ließ -, wie sie sich im folgenden zu m vorherr schenden Muste r de r Beschäftigun g vo n Fabrikpflegerinne n entwickelte , konnten sich die Unternehmer zunehmend mit der Neuerung abfinden. 297 102 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Entsprechend gerin g wa r de r Handlungsspielrau m de r Fabrikpflegerin nen: »Rügt si e Mißstände im Betrieb, di e der Unternehmer abzustellen versprich t und nicht abstellt , s o kommt si e zur Kriegsamtsstell e un d bittet, da ß ma n Wandlung schaffe, evtl . durc h die Gewerbeinspektion. Geh t die Kriegsamtsstelle darauf ein, so muß sie alles tun, um zu vermeiden, da ß der Arbeitgeber erfahrt, da ß seine eigene Fabrikpflegerin auf den Mangel aufmerksam gemacht hat.«298 Die Gewerkschaften lehnte n di e Fabrikpflegerinne n wiederu m gerad e we gen der engen Verbindung zu r Unternehmensleitung, di e diese Sozialarbeiterinnen be i den Arbeitgebern schließlic h hoffähi g gemach t hatte , un d we gen des klassenpolitischen Beigeschmack s der Institution-die eingestellte n Frauen stammte n fas t durchwe g au s (klein-)bürgerliche n Kreise n - überwiegend ab. 299 Die Arbeiterinne n selbs t scheine n de n Fabrikpflegerinnen , sowei t si e diese überhaup t z u Gesich t bekamen , nac h anfängliche m Mißtraue n ehe r wohlwollend gegenübe r gestande n z u haben. 300 Nennenswert e Auswir kungen au f die Arbeitsstetigkeit de r Arbeiterinnen wurde n de n Fabrikpfle gerinnen i n der Regel nich t zugeschrieben, 301 ihnen dafür abe r guter Erfol g auf dem Gebiet der vertrauensbildende n Maßnahme n bestätigt : Si e hätten, so das Fazit aus den Dienststellenberichten de r bayerischen Feldzeugmeiste rei über die dort beschäftigten 20 Fabrikpflegerinnen i n den staatlichen Rü stungsbetrieben, ein e gute Wirkung au f Arbeitsfreudigkeit un d Stimmun g der Arbeiterinnen ausgeübt. 302 Die wichtigsten übe r di e Einstellun g vo n Fabrikpflegerinne n hinausge henden sozialpolitischen Aktivitäte n de r Frauenreferate erstreckte n sich auf die Betreuun g de r Kinde r de r Industriearbeiterinne n un d au f di e Einfüh rung vo n Halbtagsarbei t ode r Achtstundenschichte n fü r Frauen . Beide s hatte zu m Ziel , di e Doppelbelastun g de r Arbeiterinne n durc h Lohn - un d Familienarbeit nich t zu m Mobilisierungshinderni s werde n z u lassen . Di e durchgeführten Umfrage n ergaben , da ß di e Anzah l vo n Rüstungsarbeite rinnen mit Kindern geringe r war als erwartet; 303 Fabrikarbei t war , wi e sich zeigte, fü r Fraue n mi t kleine n Kinder n weni g lohnend , d a di e Problem e und Koste n de r Kinderunterbringun g durc h de n Arbeitsverdiens t nich t aufgewogen wurden . Dementsprechen d fande n sic h in der Kriegsindustri e nur solche Mütter , di e ihre Kinde r be i Verwandte n ode r Nachbarn hatte n unterbringen können. 304 Nur in einigen Fällen bereitete die Unterbringun g der Kinde r Schwierigkeiten. 305 A m systematischste n gin g da s bayerisch e Frauenreferat a n die Erfassung un d Betreuun g de r Kinder heran; hier wur den sämtliche Arbeiterinne n de r Rüstungsindustri e un d dere n Kinde r na mentlich erfaß t un d ein e kontinuierlich e Beobachtun g de r Kinde r durc h private Wohlfahrtsverein e un d z u diese m Zwec k eingestellt e Kreisfürsor gerinnen organisiert . Eine Verallgemeinerung de r öffentlichen Kinderbetreuun g i n Kindergär ten, -krippe n un d -horte n bracht e di e Kriegszei t jedoch nicht . Umfrage n 103 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

ergaben, da ß dies e Einrichtunge n vo n de n lohnarbeitende n Fraue n nich t sehr frequentier t wurden . Vo n den ca. 4400 Kindern derjenige n etw a 2400 Mütter, di e in Frankfurte r Betriebe n arbeitete n un d i m Dezembe r 1916 in einer entsprechende n Umfrag e erfaß t wurden , ware n nu r 11 % in Tagesheimen untergebracht , 20% unbeaufsichtigt, 5% in volle r Pflege , 59% wurden von Verwandten und 15% von Fremden versorgt. 307 Von den Kindern lohnarbeitende r Mütte r i m Bereich des Gewerbeaufsichtsamts Zwik kau wurde n 60% von Verwandte n versorgt , 10% waren unbeaufsichtigt , 6% in Pfleg e un d 10% in Kinderfürsorgeanstalten. 308 Un d vo n de n 1709 Kindern de r 901 in Barme n erfaßte n lohnarbeitende n Mütte r ware n 862 durch Familienangehörig e versorgt , 273 durch Fremde , 244 unbeaufsichtigt un d 330 befanden sic h in Kinderkrippen, -gärte n un d -horten. 309 Um gekehrt ware n di e Mütter derjenige n Kinder , di e in Kindergärten etc . un tergebracht waren , keinesweg s mehrheitlic h Arbeiterinnen . Wi e aus eine r Umfrage übe r di e Beschäftigun g derjenige n Mütte r hervorging , dere n Kinder i n 12 Frankfurter Kindergärte n gingen , ware n nu r knapp 26% der Frauen ganztägi g außerhäuslic h erwerbstätig . 32,4% gingen keine r Er werbsarbeit nach , 29,5% verrichteten stundenweis e ein e Tätigkei t auße r Haus un d 12,3% waren Heimarbeiterinnen. 310 Di e organisierte zeitgenös sische Kinderfürsorg e gin g davo n aus , da ß di e gering e Benutzun g de r Krippen darau f zurückzuführe n war , da ß di e Mütte r di e Ansteckungsge fahr fü r ihr e Kinde r fürchteten ; de r Deutsch e Krippenverband vermutete , daß nicht zuletzt deswegen die Zahl der in Krippen untergebrachten Kinde r im Krie g gegenübe r de r Vorkriegszei t soga r zurückgegange n sei. 311 Dar über hinau s wurd e di e gering e Frequentierun g vo n Kindergärte n u . ä. durch di e lohnarbeitende n Fraue n darau f zurückgeführt , da ß di e Arbeits zeiten de r Mütter mi t den Öffnungszeiten de r Tagesstätten nich t kompati bel seien. 312 Die Schaffun g vo n Halbtagsarbeitsplätze n fü r Frauen , ei n weitere s so zialpolitisches Ziel der Frauenreferate, blie b in der Kriegsindustrie eine Sel tenheit.313 Die Einführung vo n Achtstundenschichten wa r zwar angesicht s der nac h Wegfal l de r Arbeitsschutzbestimmunge n möglic h gewordene n überlangen Arbeitszeite n für Frauen, die in einigen Fällen sogar in vierund zwanzigstündigen Wechselschichte n beschäftig t wurden , ein e dringend e Notwendigkeit un d ein Hauptanliegen de r Frauenreferate; si e setzte sich allerdings überwiegen d i n de n ohnehi n kurzarbeitende n Branche n wi e de r Textilindustrie durch 314 sowie für Nachtarbeiterinnen, dere n Beschäftigun g in längere n al s Achtstundenschichte n möglichs t verhinder t werde n sollte.315 I n einige n Betriebe n bestan d durchau s Bereitschaf t zu r Einfüh rung achtstündiger Schichte n für die weibliche oder auch die Gesamtbeleg schaft.316 De m stan d jedoch entgegen , da ß zum eine n di e Arbeitgeberver bände diese Betriebe daraufhin unte r Druck setzten, d a sie aus prinzipiellen Gründen der alten Gewerkschaftsforderung nac h dem Achtstundentag, di e im letzten Kriegsjahr wieder verstärkt erhoben wurde, kei n Einfallstor öff 1 04 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

nen wollten. 317 Zu m andere n widersetzte n sic h i n einige n Fälle n auc h di e Arbeiterinnen wege n de s mit der Arbeitszeitverkürzung verbundene n Ver dienstausfalls.318 Vo n eine r Breitenwirkun g kan n infolgedesse n auc h be i dieser Maßnahme der Frauenreferate nicht gesprochen werden . Hat di e Frauenmobilisierungspoliti k i m Erste n Weltkrie g ihre n eigene n Anspruch einlöse n können , di e Verwendun g vo n Frauenarbei t i n de r Kriegswirtschaft z u eine r politisc h steuerbare n Variable n z u machen , di e nach Maßgab e de s vo n Politiker n un d Militär s definierte n kriegswirt schaftlichen Gesamtinteresse s veränder t werde n konnte ? Dies e Frag e mu ß eindeutig vernein t werden. 319 Ob, wi e und wan n eine vermehrte Verwen dung vo n Frauenarbei t i n der Kriegswirtschaft stattfand , wurd e nicht vo n den dami t befaßte n politische n un d Verwaltungsinstanze n vorgegeben , sondern blieb abhängige Variable vor allem zweier Faktorenbündel: 1. der allgemeinen Arbeitsmarktsituation: Fraue n wurden in der Kriegswirtschaft überwiegen d fü r die Arbeiten und Zeiträume eingestellt, für die reklamierte Facharbeiter, Auslände r oder Kriegsgefangene nicht zu bekommen waren ; ware n derartig e alternativ e Quelle n vo n Arbeitskraf t verfug bar oder aber sank aufgrund vo n Produktions- und Transportengpässen de r Arbeitskräftebedarf generel l - was i n de r zweite n Kriegshälft e strecken weise de r Fal l wa r -, wurden weiblich e Arbeitskräft e entlasse n bzw . ga r nicht erst eingestellt.320 Im Winter 1917/18 führten Betriebsstillegungen un d Produktionseinschränkungen un d die ihnen folgenden Massenentlassunge n von Fraue n z u eine r nich t unerhebliche n weibliche n Arbeitslosigkeit, 321 während i m Spätsomme r 1918 der Bedar f a n Arbeitskräfte n ne u anstie g und Anfang Novembe r i n einigen Gegende n wiede r Arbeiterinnenmange l herrschte;322 2. der spezifischen Lebenssituatione n de r präsumptiven Kriegsindustrie arbeiterinnen: Fraue n waren nicht für die Kriegsarbeit mobilisierbar , wen n sie Kinder oder andere Angehörige zu versorgen hatten; diese Frauen suchten sich lieber Heimarbeit ode r eine Zugehtätigkeit o . ä. ode r stützten sic h für ihre n Lebensunterhal t un d de n ihre r Angehörige n au f Arbeitslosen und Familienunterstützung . Soweit di e wichtigsten Ergebniss e des in den letzten Abschnitten darge stellten Sachverhalts . Da ß di e sozusagen anonym e Strukturierungsgewal t dieser Faktorenbünde l sic h gegenübe r de n organisierte n un d exekutierte n politischen Strategie n i m große n un d ganzen al s resistent erwie s aufgrun d der spezifischen Verhältniss e des politischen Bereich s selbst, is t die hier zugrundeliegende Argumentation : Hatt e anfang s keinerle i Vorstellun g vo n einem totalen, meh r al s vier Jahre andauernde n Krie g un d daher auch kei nerlei »binnenstrategische « Planun g un d Organisatio n für seine Bewälti gung bestanden , bestande n nachhe r Organisationen, dere n politisch-büro kratische Durchsetzungsfähigkei t wei t meh r vo n de r äußers t komplexe n inneren Macht - un d Verwaltungsstruktu r de s kriegführende n Deutsche n Reichs al s vo n de n mi t ihne n verbundene n Vorstellunge n un d Planunge n 105 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

bestimmt war . I n diesem Gefuge teil s konfligierender, teil s paralleler Inter essen zwischen Militär - und Zivilregierung, innerhal b der Militär- und Zivilbürokratie selbst , zwische n Militä r un d Unternehmerschaft , Unterneh mer- und Arbeiterorganisationen, Regierun g un d Reichstag hatte n die Arbeitsmarktpolitik allgemei n un d ihr e speziel l au f Frauen bezogene n Maß nahmen keine n exekutive n Freiraum . Z u diese m Ergebni s komm t ma n zum eine n aufgrun d de r organisatorische n Analys e de r Kriegsarbeits marktpolitik, zu m andere n aufgrun d de r Analys e de r vo n ih r initiierte n Maßnahmen. Hier ist jedoch noch eine wesentliche Gewichtung anzubringen . Markie ren die unter 1. und 2. zusammengefaßten Faktore n einerseits die Grenzen, die de r hie r beschriebene n Arbeitsmarktpoliti k gesetz t waren , markiere n sie gleichzeiti g auc h die Grenzen jeder andere n damal s denkbaren Arbeits marktpolitik, d . h. di e Grenze n vo n politisch-behördliche r Einflußnahm e unter de n Bedingungen de r Kriegssituation überhaupt : De r Arbeitskräfte mangel wa r un d blieb ein Facharbeitermange l un d nicht Mange l a n arbeitenden Hände n gan z generell, s o daß schon hierdurch de m Einrücken vo n — in de r Regel nich t qualifizierte n - Frauen objektive Grenze n gesetz t wa ren;323 und die zu mobilisierenden Fraue n waren und blieben in ihrer Mehr zahl nicht frei fluktuierende Arbeitskräfte, sonder n hatten bereits einen Ar beitsplatz - die Familie . Je meh r sic h - vor alle m sei t 1916 - infolge de r schlechten Ernährungssituation un d des Zusammenbruchs des Konsumgütermarkts di e Familien - un d Überlebensarbei t intensivierte , un d je meh r sich Familienwirtschaft un d Geldwirtschaft auseinanderentwickelten , dest o weniger Interesse konnten Frauen an einer Lohnarbeitstätigkeit haben . Ein e solche Lesar t de r bedingende n Faktore n de r Kriegsarbeitsmarktpoliti k führt übe r den Bereich dieser Politik hinaus in die veränderten Lebens- und Überlebenszusammenhänge de r Bevölkerun g unte r Kriegsbedingungen . Sie sind Gegenstand eines späteren Kapitels.

2. 3. Wahrnehmungsweisen Noch fehl t jedoc h ein e weiter e Eben e de r Darstellun g un d Analys e de r Frauenlohnarbeit i m Ersten Weltkrieg, ohn e die eine Gewichtung de r Ent wicklung i m Krie g selbs t un d ihre s Stellenwert s übe r de n Krieg hinau s oberflächlich bliebe . Zwa r ha t die vorliegende Arbei t di e bisherige Lesart , der Erst e Weltkrie g hab e ein e enorm e Expansio n de r weibliche n Lohnar beit mit sich gebracht und zahlreiche bislang nicht lohnarbeitende Frauen in die Arbeiterschaf t eingereiht , i n de n Bereic h de r Legend e verweise n kön nen un d si e durc h da s obe n skizziert e deutlic h ander s geartet e Bil d de r Frauenlohnarbeitsentwicklung un d ihrer versuchten politische n Beeinflus sung korrigiert . Gewi ß tu t die s de r gängige n Interpretatio n de s Erste n 106 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Weltkriegs al s Schrittmache r de r »Emanzipation « de r Frauen oder als Mo dernisierungsschub hinsichtlic h de r wirtschaftlich-gesellschaftliche n Roll e von Frauen noch deutlich genug Abbruch , u m sie zumindest auf der quantitativen Eben e verneine n z u können : Insofer n unte r Emanzipatio n ode r Modernisierung i n diesem Zusammenhan g ein e Verallgemeinerung weib licher Lohnarbeit - mit den bei der Verwendung diese r Begriffe i n der Regel unterstellte n ode r explizierte n Folge n für die gesellschaftlich e Roll e von Fraue n überhaupt - gemeint ist , ha t diese Emanzipation ode r Moder nisierung nich t stattgefunden. 324 Dami t könne n dies e Interpretationsan satze jedoc h noc h nich t abgeta n werden . Den n ein e solch e Lesar t vo n Emanzipation un d Modernisierun g is t ja keinesweg s zwingend , vielleich t nicht einmal di e überzeugendste; si e ist nur diejenige, mi t der sich die meisten Interprctatoren - wahrscheinlich dank ihrer scheinbaren Selbsteviden z - begnügen. Dies e Selbsteviden z mu ß de r »Vetogewal t de r Quellen« (Ko selleck) nunmeh r weiche n - womit sic h leide r auc h ein e sons t nich t un wichtige Diskussio n darübe r erübrigt , wi e den n woh l gena u di e Verbin dungsglieder zwische n Industriearbei t unte r den vernichtenden Bedingun gen de r Kriegszei t un d de r »Emanzipation « beschaffe n gewese n sei n soll ten.325 Eine ander e Lesar t könnt e sic h jedoc h vo n de r quantitative n Eben e »emanzipieren« un d sich stat t desse n auf qualitative Entwicklunge n bezie hen: Sie könnte, statt sich auf die fälschliche Annahme eines überproportionalen Anstieg s de r Frauenlohnarbei t i m Krie g un d di e dara n geknüpfte n Weiterungen zu stützen, den Beleg für ihre Interpretation in einer veränderten gesellschaftlichen Akzeptan z der Frauenlohnarbeit i m Krieg un d durc h den Krie g suchen . Di e Operationalisierun g eine r solche n Fragestellun g würde bedeuten, di e Bewertung de r Lohnarbeit von Frauen durch identifi zierbare gesellschaftliche Handlungsträge r - Interessenverbände , Regierun gen un d Verwaltunge n - und kollektive Einheite n - die männliche Arbei terschaft un d vor allem die betreffenden Fraue n selbst - daraufhin z u untersuchen, o b sic h hie r kriegsbedingt e un d übe r de n Krie g hinauswirkend e Einstellungsänderungen feststelle n lassen . Ein e solch e Einstellungsände rung würd e al s beleg t gelten , wen n sic h a n de n Äußerunge n eine r ode r mehrerer der genannten gesellschaftlichen Gruppierunge n zeigen ließe, daß diese die kriegsindustrielle Frauenarbeit nicht nur als vorübergehendes Phä nomen de r Kriegssituatio n wahrnahmen , sonder n de r Frauenlohnarbei t insgesamt, d . h. als o übe r da s Kriegsend e hinaus , infolg e ihre s vieldisku tierten - teils enthusiastisch , teil s mi t Bedenke n gewürdigte n - Beitrags zum Durchhalte n de r »Heimatfront « eine n veränderte n Stellenwer t zuer kannten. De r Frage, ob sich eine solche Einstellungsänderung i m hier skizzierten Sin n ausfindi g mache n läßt , sol l i m folgende n Abschnit t nachge gangen werden . E r soll jedoch gleichzeiti g ein e weitere Fragestellun g ent wickeln, di e sehr ähnlich gelagert ist , de n Komplex de r Einstellungsände rungen abe r unter einem andere n Blickwinke l beleuchtet . Di e Darstellun g 107 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

der Frauenlohnarbei t ha t sic h bi s hierhe r au f di e strukturell e un d quanti tative Ebene erstreckt, au f der sie die Entwicklung i n ihrer in statistische n Daten geronnene n For m analysierte , un d au f die politische Ebene , au f der sie Möglichkeite n un d Grenze n eine r politische n Einflußnahm e au f dies e Entwicklung untersuchte . Di e dritt e Eben e jedoch, di e de r betreffende n und betroffenen Fraue n selbst , ka m hierbe i nu r insoweit zu r Sprache, wi e es die Analyse de r andere n Ebene n erforderlic h machte : Etw a di e typisie rende Charakterisierun g vo n vie r Kategorie n lohnabhängige r Fraue n au f der Grundlag e ihre s ökonomische n Handeln s unte r de n Bedingunge n de s Kriegs un d de r ihne n gegenübe r jeweils praktizierte n staatliche n Politik ; oder die Erwähnung eine s bestimmten Handlungsmuster s vo n Fraue n wi e ζ. Β. ihres häufige n Arbeitsplatzwechsel s allei n unte r de m Gesichtspunkt , daß die s ei n Proble m fü r di e Arbeitsmarktpoliti k konstituiert e un d wi e man e s z u löse n versuchte , nich t abe r unte r de m Gesichtspunkt , worau f dieses Verhalte n zurückzuführe n wa r - unter de r Perspektiv e de r Fraue n selbst. Ein e Behandlun g eigene n Recht s blie b als o diese r Perspektiv e bis lang vorenthalten. Si e soll jetzt nachgeholt werden, d a ohne sie die Darstellung un d Analys e de r Frauenlohnarbei t i m Krie g buchstäblic h i n de r Luf t hängen bliebe. Vor alle m zwe i Gründ e spreche n dafür , si e ers t al s dritt e selbständig e Ebene einzuführen . Ersten s bedar f si e z u ihre r Darstellun g un d Analys e desjenigen Wissen s von de r Gesamtsituation, da s sich auf dieser Ebene selber nicht gewinnen läßt , si e aber maßgeblic h mitbestimmt . Di e Ebene des Handelns un d de r Situationsdefinitio n de r lohnarbeitende n Fraue n kan n nicht durc h ein e - ohnehin nich t vollziehbare , davo n abgesehe n abe r auc h nicht wünschbare - künstlich e Verengung de r Betrachterperspektive insge samt au f die Wahrnehmungsmöglichkeiten de r betreffenden Fraue n unter sucht werden. Die Rekonstruktion ihrer Wahrnehmungsmuster hat zwar in so »authentischer« , ihne n ihre n eigene n Stellenwer t belassende r For m z u geschehen wi e e s die Quellenlage nu r irgen d zuläßt ; un d dies keineswegs, um eine m Vollständigkeitspostula t z u genügen , sonder n wei l di e Situa tionsdefinitionen un d Wirklichkeitskonstruktione n gesellschaftliche r Gruppierungen ei n geschichtsmächtiger Fakto r sui generis sind.326 Sie müssen jedoch immer im Zusammenhang de r politischen, wirtschaftlichen un d sozialen Entwicklunge n un d de r dortige n Situationsdefinitione n gesehe n werden. Geschieh t die s nicht , entschläg t ma n sich de r Möglichkeit, Rele vanzkriterien fü r die Auswahl bestimmter Aspekte der Wahrnehmungsmu ster der untersuchten Grupp e oder Schich t z u entwickeln - die ja nich t au f der Eben e de r Wahrnehmungsmuste r selbs t angesiedel t sei n können , son dern eine r Metaeben e bedürfen . Dan n wär e ma n mi t de r unlösbaren Auf gabe konfrontiert , ein e Totalitä t rekonstruiere n z u müssen ; ein e Totalität , um die s noc h hinzuzufügen , dere n Rekonstruktion , selbs t wen n si e mög lich wäre , hermetisc h un d dami t aussagelo s wäre , d a ihr e bedingende n Wirkungen auf die Ebenen von Wirtschaft, Politi k u. a. m. ebenso ununter108 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

suchbar würde n wi e umgekehr t di e Einwirkungen diese r andere n Ebene n auf sie. Der zweit e Grun d dafür , di e Eben e de r Handlungs - un d Wahrneh mungsweisen de r lohnarbeitenden Fraue n a n den Schlu ß z u stellen, is t di e hierfür erforderlich e ander e Herangehensweise. E s fehlt hie r im Gegensat z zu den anderen Ebenen der eindeutig identifizierbar e zeitgenössisch e Quel lenbestand. Ein e befriedigende Basi s von einschlägigen un d aussagekräfti gen Quelle n kan n auch durch di e Methode der »oral history « nur sehr bedingt nachgeschaffe n werden ; die Aussagekraft vo n Interviews dünnt nicht nur be i zunehmende r zeitliche r Distanz , sonder n auc h be i zunehmender Komplexität de r Fragestellung immer mehr aus. Damit soll keineswegs gesagt sein , da ß derartig e Interview s gan z aussagelo s seien : Wi e sic h a n den von Reinhar d Siede r durchgeführte n Interview s mi t Arbeiterfraue n übe r ihr Lebe n i m Erste n Weltkrie g i n Wie n zeigt , könne n si e seh r woh l auf schlußreiche Ergebniss e zu m Alltagshandel n erbringen; 327 di e Interview Frage nach de n »authentischen « Wahrnehmungsmuster n de r Befragte n i m Ersten Weltkrie g dürft e jedoch wei t eher die mentalen Dispersionsprozess e der dazwischenliegenden Zei t zum Vorschein bringen als den interessierenden Sachverhalt. 328 Es steht aber ein funktionales Äquivalen t für diesen fehlenden spezifische n Quellenbestan d zu r Verfügung : Inde m Quelle n heran gezogen werden , dere n Aussagebereic h i n de r Rege l unte r andere n Frage stellungen ausgeschöpf t wird , kan n ei n - wenn auc h nac h Provenienz und Beschaffenheit seh r heterogene r - Quellenbestand zweite r Ordnun g ge schaffen werden , desse n Aussagebereich sic h nur zu m Tei l au f die hier in teressierende Fragestellun g bezieht , de r abe r insgesam t Hinweis e fü r ein e Untersuchung unter dieser Fragestellung ergibt . Eine solch e Herangehensweis e lieg t de m nu n folgende n Versuc h zu grunde, Aufschlu ß darübe r zu geben, wi e di e lohnarbeitenden Fraue n ihr e Kriegssituation selbs t wahrgenommen haben . Zwe i Gruppe n von Quelle n sollen hierfü r herangezoge n werden : Ersten s solche , di e sic h au f die quas i »materiellen Parameter « de r Frauenlohnarbeit i m Krieg beziehen : auf Frauenlöhne, Qualifikationsmöglichkeite n un d Arbeitsbedingungen ; sollte n sich hie r erkennbar e Verbesserunge n fü r di e lohnarbeitenden Fraue n erge ben, sol l die s al s Befun d dafü r gelten , da ß ein e zumindes t partiel l verän derte Einstellung de r Frauen gegenüber ihrer Tätigkeit (etw a in Form einer größeren Identifikatio n ode r eine s ih r zugemessene n veränderte n Stellen werts i m Lauf e de s weibliche n Lebenszyklus ) sowoh l fü r di e Kriegszei t selbst al s auc h fü r di e Nachkriegszei t nich t ausgeschlossen werde n kann . Zweitens solle n solche Quellen herangezoge n werden , di e Aufschluß übe r die Bewertung ihre r eigenen Tätigkeit durch andere geben, mi t welcher die lohnarbeitenden Fraue n währen d de s Krieg s konfrontier t wurden , un d über di e Bewertun g ihre r Kriegsarbei t durc h di e Fraue n selbst . Sollte n diese quasi »mentale n Parameter « de r Frauenlohnarbeit i m Krie g ein e ver änderte Einstellun g etw a de r Arbeitsplatzkollegen , de r Unternehmer , de r 109 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Arbeiterorganisationen ode r de r Regierungsbürokrati e un d nich t zuletz t der betroffenen Fraue n gegenüber der Lohnarbeit von Frauen erkennen las sen, gil t die s als Befund dafür , da ß eine verändert e Einstellun g de r Fraue n zu ihrer eigenen Tätigkeit sowi e eine insgesamt aufgewertet e gesellschaftli che Wahrnehmung weibliche r Lohnarbeit auch über den Krieg hinaus nicht ausgeschlossen werde n kann. A n dieser Stelle dürfte bereits klar geworde n sein, da ß bei einer solchen Herangehensweis e gleichzeiti g di e eingangs ge stellte Frage weiter verfolgt wird , o b sich nicht andere als quantitative Indi katoren fü r die »Emanzipation« de r Frauen im und durch den Ersten Welt krieg un d fü r di e modernisierend e Wirkun g de s Krieg s au f di e Situatio n von Frauen auffinden lassen . Zu klären bleibt jedoch noch, wi e die Untersuchung de r Einstellung ge genüber de r Frauenlohnarbei t i m Krie g sinnvol l eingegrenz t un d dami t handhabbar gemach t werde n kann . Ein e repräsentativ e Auswertun g vo n Publikationsorganen de r Unternehmer , Arbeiterorganisatione n u . a. m. verbietet sic h au s arbeitsmethodische n un d -ökonomische n Gründen : Si e würde eine n völli g andere n Zugrif f bedeute n un d scho n vo m Arbeitsauf wand he r den Rahmen diese r Arbeit sprengen . Darübe r hinau s ist stark z u bezweifeln, o b die Ergebniss e eine r derartige n Textanalys e aussagekräfti g wären, o b sie zu mehr führen würde n als zu der auch ohne sie aufgrund de r Lektüre zeitgenössische r Publikatione n sic h einstellende n Erkenntnis , da ß die Red e von der aufopfernden Tätigkei t de r Frauen a n der »Heimatfront « ein Topo s de r zensierte n Press e zwische n 1914 und 1918 war. Darau s ir gendwelche Schlüss e au f ein e verändert e gesellschaftlich e Akzeptan z de r Frauenlohnarbeit ode r ga r au f die Einstellun g de r lohnarbeitende n Fraue n selbst zu ziehen, erscheint als äußerst fragwürdig . Ich möcht e stat t desse n eine n andere n Zugan g wählen , de r di e Gewäh r bietet, tatsächlic h Einstellunge n un d nich t Topo i z u analysieren , un d de r sich außerde m direk t au f di e Bewertun g de r weibliche n Lohnarbei t auc h über de n Krie g hinau s erstreckt. Eine n solche n Zugan g biete t di e Diskus sion de r Planun g un d Durchführun g de r Demobilmachun g nac h Krieg sende, die sich entspann, nachdem ersichtlich geworden war, da ß der Krieg mehr als eine in Monaten abzählbare Episode sein würde. Dies e Diskussion wurde unte r sehr breiter Beteiligun g - Unternehmer- und Arbeiterorgani sationen meldete n sic h ebenso zu Wort wie Reichstag, Regierung , Frauen organisationen un d sozialpolitisch e Vereinigunge n - sehr intensi v bi s zu m Kriegsende geführt . D a da s Kriegsend e realite r schließlic h entgege n de n meisten Vorannahme n al s Katastrophe in den zivilen Bereic h hereinbrach , die jeder Planun g spottete, erwiesen sich die getroffenen Vorbereitunge n i n der Praxi s als obsolet. Interessan t sind die Diskussionen un d die darin arti kulierten Positione n den n auc h au s eine m völli g andere n Grund . Si c ver deutlichen di e Stellun g de r unterschiedlichsten soziale n Gruppierunge n z u der Frage , welch e de n Krie g überdauernde n Schlußfolgerunge n au s de r Kriegslohnarbeit de r Fraue n gezogen werde n sollten ; un d sie lassen Rück 110 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Schlüsse au f die diesbezüglich e Haltun g de r Fraue n selbs t zu . Den n auße r der Demobilmachun g de r Soldaten , dere n Rückführun g in s Reichsgebie t und Zivilleben organisier t werden mußte, war es eben die Demobilisierung der weibliche n Arbeitskräft e de r Kriegsindustrie , di e diskutier t wurde . Und a n diese m Diskussionsstrang , de r au f einige n Gebiete n i n konkret e vorbereitende Maßnahme n einmündete , ware n auc h di e betreffende n Frauen selbs t wen n scho n nich t al s Diskutierende , s o doc h al s Wahrneh mende und Reagierende beteiligt . Damit zunächs t z u de n »materielle n Parametern « de r Frauenlohnarbei t im Krieg . Wa s die Arbeitsbedingunge n vo n Fraue n i n de r Kriegsindustri e anbetrifft, brauch t hie r nu r a n da s vor n Gesagt e erinner t z u werden : Di e einer Aufhebung gleichkommend e Aufweichun g de r Arbeitsschutzbestim mungen führt e nich t nu r in sozialpolitischer Hinsicht , sonder n auc h bezogen au f di e faktisch e Arbeitssituatio n vo n Fraue n z u eine m Rückfal l in s 19. Jahrhundert. Mit der Entwicklung de r Frauenlöhne als weiterem Indikator für eventuelle strukturelle Veränderunge n weibliche r Lohnarbei t im Ersten Weltkrie g hatte es seine eigene Bewandtnis . Kur z gesagt 329 stiegen die Nominallöhn e von Industriearbeitcrinne n i m Krie g etwa s stärke r a n al s diejenige n de r männlichen Arbeiterschaft ; ihr e absolut e Höh e jedoch verblie b i n eine m nur geringfügig verbesserte n Verhältni s zu der der Männerlöhne. Wi e sich an den Angabe n vo n 335 Betrieben übe r die Durchschnittstagesverdienst e ihrer Arbeiter/inne n 1914-1919 zeigt, betruge n dies e be i Fraue n i m Mär z 1914 2,28 Mark (= 44,0% des männliche n Durchschnittstagesverdienstes ) und i m Septembe r 1918 5,5 5 Mark (= 47,7% des männliche n Durch schnittstagesverdienstes). Mär z 1914 = 10 0 gesetzt, stiege n di e Männer löhne im gleichen Zeitrau m au f 240,9, die Frauenlöhne auf 261,0 (siehe Tabelle 18). Diese geringfügig e Verbesserun g de r Frauen - gegenübe r de n Männer löhnen, di e zum Tei l darau f zurückzuführe n sei n dürfte , da ß Frauenarbei t stärker nachgefrag t wurd e un d vermehr t i n »Männerindustrien « mi t de m dortigen höheren Lohnnivea u stattfand, 331 sollte jedoch bereits 1919 wieder der »normalen « geschlechtsspezifische n Lohnspann e weichen. Au s der Berichterstattung derselbe n 335 Betriebe geht auch hervor, um wieviel ausge prägter di e Nominallohnsteigerung i n den Kriegsindustrien wa r al s in den Fricdensindustrien (sieh e Tabell e 19). Während (Mär z 1914 = 10 0 gesetzt) die Durchschnittstagesverdienst e weibliche r Arbeite r bi s Septembe r 1918 in der Metallindustri e au f 326 und in der chemischen Industri e au f 278 anstiegen, gefolg t vo n de r elektrischen - (267) und de r Maschinenindustri e (265), blieben di e Arbeiterinnenlöhn e de r Leder - un d Gummiindustri e (171), im Webstoffgewerb e (186), im Vervielfältigungsgewerb e (199) und der Nahrungs - un d Genußmittelindustri e (202) deutlich dahinte r zurück . Darüber hinau s zeig t sic h a n beide n Tabellen , da ß sic h hinte r de r au f den ersten Blic k beeindruckende n prozentuale n Steigerun g de r Frauenlöhne im 111 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Tabelle 18: 330 Durchschnittslöhn e der erwachsenen Arbeiter/inne n 1914-1919 In den beiden letzten vollen Wochen der Monate

März 1914 Sept. 1914 März 1915 Sept. 1915 März 1916 Sept. 1916 März 1917 Sept. 1917 März 1918 Sept. 1918 März 1919

Durchschnittstagesverdienst i n Mark Arbeiter Arbeiterinnen 1 in Mark

2 Index (März 1914 = 100)

3 in Mark

5,18 5,13 5,86 6,48 6,97 7,53 9,03 10,77 11,47 12,48 13,52

100 99,0 113,1 125,1 134,6 145,4 174,3 207,9 221,4 240,9 261,9

2,28 1,93 2,24 2,54 3,01 3,54 4,05 4,90 5,35 5,95 6,00

4

in %

von 1 44,0 37,6 38,2 39,2 43,2 47,0 44,9 45,5 46,6 47,7 44,4

5 Index (März 1914 = 100) 100 84,6 98,2 111,4 132,0 155,3 177,6 214,9 234,6 261,9 263,2

Quelle: Reichsarbeitsblat t 18, 1920, S. 64; Spalte 4: eigene Berechnung.

Krieg ein e bescheidener e Erhöhun g de s tatsächliche n Durchschnittsver dienstes verbirgt: Die hohe Steigerungsrate verweist weniger auf einen entsprechend hohen Verdienst als auf den extrem niedrigen Durchschnittsver dienst vo n Fraue n z u Kriegsbeginn , de r auc h ein e bescheiden e Anhebun g des Durchschnittslohn s i n imponierend e Steigerungsrate n umsetzte . Tat sächlich war aber im September 1918 der Durchschnittstagesverdiens t vo n Frauen i n de r Metallindustrie , di e di e höchst e Steigerungsrat e aufweist , und i n de r elektrische n Industrie , i n de r i n absolute n Zahle n de r höchst e Durchschnittslohn für Arbeiterinnen erziel t wurde , imme r noc h niedrige r als der niedrigste der Männer, nämlic h derjenige in der Textilindustrie, ob wohl dies e ehe r zu r Friedensindustri e z u rechne n ist . De n ganze n Krieg hindurch blie b ein e Minderbezahlun g vo n Fraue n auc h be i de r Ausübun g von Tätigkeiten, fü r die vorher Männer nachprüfbar meh r verdient hatten , sowie i m Akkor d ode r be i de r Überstundenvergeltun g selbstverständ lich.332 112 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

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März Sept . 1914 191 4

Industrie der Steine u. Erde n | 1,65 | 1,49 Metallindustrie I 2,0 4 | 1,64 Maschinenindustrie 2,28 1,96 Elektrische Industrie | 2,75 | 2,09 Chemische Industrie 2,36 1,91 WebstoiTgewerbe | 2,31 | 2,05 Papierindustrie | 2,15 | 2,23 Leder-und Gummiindustrie | 2,82 | 2,37 Holz-und Schnitzstoffe | 1,99 | 1,78 Nahrungs- und Genußmittel | 2,10 | 1,89 Bekleidungsgewerbe | 2,23 | 1,49 Vervielfältigungsgewerbe 2,56 2,3 0

Gruppen

weibliche Arbeiter

1,62 2,22 2,80 3,01 2,36 2,23 2,29 2,49 2,31 2,09 2,10 2,29

1,87 3,02 3,20 3,40 2,55 2,32 2,53 2,77 1,95 2,31 1,75 2,64 1,95 3,46 3,65 3,91 3,02 2,41 2,64 3,05 2,21 2,40 2,20 2,82

2,18 4,11 4,06 4,80 3,48 2,33 2,85 3,18 2,59 2,89 2,08 2,93

2,60 4,68 4,34 5,24 4,11 2,57 3,65 3,79 3,17 2,84 2,74 3,22

2,89 5,68 5,01 6,18 5,21 3,31 4,09 4,15 3,81 3,72 3,36 3,77

3,18 5,88 5,65 6,58 5,87 3,92 4,57 4,18 4,36 4,04 3,88 4,27

März Sept . Mär z Sept . Mär z Sept . Mär z 1915 191 5 191 6 191 6 191 7 191 7 191 8

in den beiden letzten vollen Wochen der Monat e

a) fü r

März 1919

4,10 4,69 6,31 7,96 7,30 5,73 5,58 6,80 5,37 4,91 6,00 5,63

Sept. 1918

4,01 6,65 6,05 7,35 6,56 4,29 5,37 4,82 5,45 4,24 4,89 5,10

Tabelle 19a: Durchschnittslöhn e sämtlicher Gewerbegruppen 1914-1919

243 326 265 267 278 186 250 171 274 202 219 199

2 2 9 6 8 3 9 9 7 6 1 7

36,8 45, 36,8 51, 42,5 45, 60,8 54, 45,8 54, 63,5 66, 54,7 56, 55,6 54, 47,2 54, 36,8 49, 59,2 60, 38,5 43,

FrauenIndex Sept. löhne in 1918 (März 1914= 10(3) % d. Männer löhne 1914 191 8

114

© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

4,48 5,54 5,37 4,52 5,15 3,64 3,93 5,07 4,22 5,70 3,77 6,65

März 1914

März 1915 4,13 6,29 6,39 4,99 5,36 3,67 4,49 4,94 4,56 5,95 3,56 6,74

Sept. 1914 3,99 5,67 5,32 4,02 4,96 3,19 4,15 4,45 4,30 5,78 2,71 5,95

Sept. 1917 7,13 11,81 10,56 10,93 10,01 5,18 7,37 7,81 7,80 7,53 5,95 9,10

z 7

März Sept . Mär 1916 191 6 191 4,99 5,4 1 | 6,15 7,46 8,0 2 9,8 8 7,33 7,87 8,9 5 5,76 7,44 9,25 6,42 6,9 1 8,0 9 4,00 4,1 8 4,4 6 5,08 5,5 6 6,3 0 5,85 6,3 7 | 7,30 5,20 5,6 1 6,2 2 5,88 6,1 5 6,4 8 3,98 3,6 5 4,9 2 7,51 7,6 9 9,2 3

4,65 6,93 6,77 5,31 6,07 4,05 4,88 5,78 4,60 5,96 3,68 7,24

er Mon n volle n Wochen d a e

Sept. 1915

in den beideen letzte

Quelle: Reichsarbeitsblat t 18, 1920 , S. 65 (Berichterstattung von 335 Betrieben) Prozentzahlen eigene Berechnung

Industrie der Steine u. Erden Metallindustrie Maschinenindustrie Elektrische Industrie Chemische Industri e Webstoffgewerbe Papierindustrie Leder- und Gummiindustrie Holz- und Schnitzstoff c Nahrungs-und Genußmittel Bekleidungsgewerbe Vervielfältigungsgewerbe

Gruppen

b) fü r männliche Arbeiter

Sept. 1918 8,87 12,93 13,18 13,46 11,96 6,47 9,44 8,78 9,96 8,55 8,13 11,68

März 1918 7,84 12,01 12,10 12,06 10,60 8,63 8,28 8,21 7,77 7,84 6,79 9,59

9,92 14,13 14,79 13,13 12,70 8,80 11,60 11,41 10,98 11,62 11,66 15,01

März 1919

Tabelle 19b: Durchschnittslöhn e sämtlicher Gcwcrbegruppcn 1914-1919 (Fortsetzung)

198 233 245 298 232 178 240 173 236 150 216 176

Index Sept . 1918 (März 1914= 100 )

| |

| | |

Aufschluß übe r di e Veränderun g de r Heimarbeiterinnenlöhn e gib t di e folgende Tabelle . D a i n de r Heimarbei t di e Schwankunge n de r Wochen löhne je nac h Tätigkeit, Saison , Auftragsbestan d etc . besonders ausgepräg t waren, empfiehl t sic h hier, stat t de r Verwendung hochaggregierte r Daten , ein loka l un d nac h Tätigkeitsgebiete n konkretisierte r Vergleic h de r Vor kriegs- mit den Kriegslöhnen. Tabelle 20: Heimarbeiter/innenlöhne vor und im Krieg Beschäftigungsart

Heimarbeiter vor dem Krieg

Drück- und andere Arbeiten an Metallgegenständen Spulereien Maschinenstrickerei Bau von Sitzmöbeln Rohrsitzflechterei Polierarbeiten Bemalen von Holzspielwaren Zigarrenmacherei Handschuhnäherei Steppen, Einfasse n und Entnageln von Schuhen

Heimarbeiterinnen

vor dem am Ende am Ende des Kriegs Krieg des Kriegs (Wochenverdienst i n Mark)

10-22 10-35 20-25

9-40 5-60 30-45

5-15 3-10 3-20 10 4-10 20-25

6-18 3-10 4-40 5 4-12 30-45

5-12 9-23 3-40

5-15 11-45 3-40

5-12 6-29 3-40

5-15 8-40 2-40

6-20

3-27

3-20

3-30

Quelle: Jahresberichte de r Gewerbeaufsichtbeamte n un d Bergbehörde n fü r di e Jahre 1914-1918. Amtliche Ausgabe, Berlin 1919/1920, Band 2, 3, S. 290 (Leipzig). Auch hie r kan n vo n eine r durchgreifende n Veränderun g de r weibliche n Lohnstruktur nicht die Rede sein: Zwar stiegen die Wochenlöhne in einigen der genannten Beschäftigungsarte n deutlic h a n - so in der Maschinenstrik kerei ode r de r Zigarrenmachere i -, in andere n veränderte n si e sic h kau m oder gar nicht. Diese s Bild kann für die gesamte Heimarbeit der Kriegszeit als typisch gelten. 333 Zwar verbessert e sich die Arbeits- und Lohnsituatio n zumindest de r Heeresnäharbeiterinnen , nachdem di e Militärverwaltun g Mindestlöhne eingeführt hatt e und auch darüber hinaus die Einhaltung bestimmter Arbeitsbedingunge n regelte ; doc h insgesam t wa r un d blie b di e Heimarbeit i m Krieg, de r zahlreiche Frauen zuströmten, di e aus familiäre n 115 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

oder sonstige n Gründe n kein e Fabrikarbei t aufnahmen , ein e Tätigkei t z u Hungerlöhnen. Als letztlich wesentlichster Punkt einer Diskussion der Lohnentwicklung im Krie g is t schließlic h anzumerken , da ß den dargestellte n Nominallohn steigerungen vo n Frauen wie vo n Männer n i n den Kriegs- und Friedensin dustrien334 gleichermaßen eine deutliche Reallohnsenkung gegenüberstand . Tabelle 21: Durchschnittliche Arbeiter-Jahresverdienst e in 370 Unternehmen 1914-1918 (Realverdienste) (März 1914 = 100) Stand

Kriegsindustrien m. / w .

Zwischengruppe m. / w .

März 1914 Sept. 1914 März 1915 Sept. 1915 März 1916 Sept. 191 6 März 1917 Sept. 1917 März 1918 Sept. 1918

100 90,8 91,8 89,8 88,9 78,4 76,2 78,8 77,8 77,4

100 92,3 83,4 81,6 79,9 68,3 62,3 62,8 60,4 64,2

100 76,4 90,8 95,3 101,5 92,0 83,5 86,7 86,0 87,9

100 86,3 83,6 77,7 77,6 67,1 65,9 64,8 64,0 71,1

Friedensindustrien m. / w .

Durchschnitt insgesamt m. / w .

100 83,5 82,6 77,5 73,5 57,9 54,3 52,7 52,2 55,5

100 88,9 85,9 83,0 80,8 68,2 64,3 64,8 63,4 65,7

100 79,2 78,0 71,9 72,4 59,3 53,2 57,8 58,9 61,9

100 80,6 84,1 81,6 83,8 72,8 67,5 69,8 69,6 73,6

Quelle: Kocka , J ., Klassengesellschaf t i m Krieg. Deutsche Sozialgeschichte 1914-1918, Göttingen 1978 2, S. 18.

März 1914 = 10 0 gesetzt, san k de r durchschnittlich e real e Jahresverdienst bei Männern bi s März 1918 auf 63,4 ab, um dann bis September 1918 noch einmal geringfügi g au f 65,7 anzusteigen. Ein e Ausdifferenzierun g nac h Kriegs- und Friedensindustrien ergibt , wi e angesichts des größeren Nomi nallohnanstiegs nich t ander s z u erwarten , i n Kriegsindustrie n eine n ge ringeren Reallohnverlust (Septembe r 1918 = 77,4) als in Friedensindustrien (September 1918 = 55,5) . Der durchschnittlich e real e Jahresverdienst de r Arbeiterinnen san k bis März 1918 auf 69,6 ab und stieg danach noch einmal leicht an (September 1918 = 73,6); dabei ist die Differenz zwischen Kriegs(September 1918 = 87,9) und Friedensindustrien (Septembe r 1918 = 61,9 ) noch ausgeprägter al s bei den Männern. De r hier deutlich werdende relati v geringere Reallohnverlus t de r weibliche n gegenübe r de n männliche n Ar beitskräften verweis t au f de n wichtigste n Grun d fü r di e obe n angespro chene leichte Relativierung de s Unterschieds zwische n Männer - und Frau enlöhnen: I n dem Maß , i n dem sic h da s allgemeine Lohnnivea u de m Exi 116 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

stenzminimum näherte , nivellierten sich im Vergleich zur Vorkriegszeit die Lohndifferenzen, wei l di e niedrigeren Löhne , d . h. insbesonder e di e Frau enlöhne, zuers t auf dem Niveau stabilisiert wurden, da s dem Existenzminimum entsprach : »Entgege n als o dem Anschein , da ß di e Verringerung de r Lohndifferenz ein e Folg e de r Erhöhung de s Frauenlohne s ist , mu ß festge stellt werden , da ß di e Angleichun g durc h Senkun g beide r Lohngruppe n gegen da s Existenzminimu m eintrat.« 335 Dies e Reallohnsenkung , di e ein e Folge der ständige n Preissteigerunge n 1914-1918 darstellte, verlie f tatsächlich jedoch bedeuten d krasse r al s statistisch abbildbar ; ih r wirkliche r Um fang kan n ers t ermessen werden , wen n der zunehmende Zusammenbruc h der Geldwirtschaf t insgesam t einkalkulier t wird , aufgrun d desse n Kon sumgüter un d Nahrungsmittel i n der zweiten Kriegshälft e nich t nur uner schwinglich teuer, sondern auch zusehends unauffindbar wurden. 336 Als dritte r un d letzte r »materielle r Parameter « de r Frauenlohnarbei t bleibt dahe r ein e möglich e Verbesserun g de r Qualifikationsstruktu r de r weiblichen Arbeiterschaf t z u untersuchen . Auc h bezüglic h de r »währen d des Krieges i n Verfall geratenen , vorhe r allmählic h fortschreitende n Fach ausbildung de r Fra u auf jedem Gebiete« 337 übt e der Krieg wei t ehe r eine n verlangsamenden al s eine n modernisierende n Einflu ß aus . Trot z de r wie derholten Anmahnung des Kriegsamts, weiblich e Lehrlinge auszubilden, 338 und der diesbezüglichen Bemühunge n de s Verbands für handwerksmäßig e und fachgewerbliche Ausbildun g de r Frau und des Vereins Deutscher Ingenieure339 lag das weibliche Lehrlingswesen - wie im übrigen das Lehrlingswesen i m Krie g allgemein 340 - im Argen . De r Normalfal l de r Ausbildun g weiblicher Arbeitskräft e i m Krie g bo t meh r da s Bil d eine r allgemeine n Semi-Qualifikation: Si e bestand vorwiegen d i n kurzfristige n Anlernungs prozessen un d Schmalspurqualifikationen. 341 Di e Ursach e fü r dies e Ver schlechterung de r weibliche n Qualifikationsstruktu r trot z de s drängende n Facharbeitermangels war , da ß das Kriegsamt i n seinem - auch hie r wege n der mangelnde n Einflußmöglichkei t erfolglose n - Bemühen u m di e Ausbildung weibliche r Facharbeite r vo n keiner Seit e her Unterstützun g fand . Die Unternehmer zoge n e s in der Mehrzahl de r Fäll e vor, ihr e eingezoge nen Facharbeiter zu reklamieren, un d waren auch durch etwaige Weiterzahlung städtischer Unterstützunge n währen d der Anlernzeit nicht dazu zu bewegen, Fraue n auf bisherigen Männerarbeitsplätzen anzulernen. 342 Die Gewerkschaften fürchtete n weiblich e Konkurrenz und Lohndruck. 343 Da dies auch bei den männlichen Arbeitsplatzkollegen de r anzulernenden Frauen der Fall war, zeigt e der Anlernungsprozeß, wen n er denn überhaupt erfolgte, of t gering e Wirkung . Wi e die Kriegsamtsstelle Nürnber g berich tete, führt e di e Ausbildung vo n Frauen im Maschinenbau durc h männlich e Facharbeiter »zu Unzuträglichkeiten, da die Frauen nicht mit voller Aufmerksamkeit be i der Sache waren, währen d die Männer keine Neigung zeigten , di e Arbeiterinnen i n die Einzelheiten ihrer Tätigkeit genügen d einzuführen«. »Männe r als Abrichter geben 117 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

sich häufig zu wenig Mühe, weibliche Ersatzkräfte, dere n Konkurrenz in künftiger Friedenszeit befürchte t wird , übe r di e verschiedenen Vorgäng e a n der Maschine und die Kunstgriffe be i der Bedienung z u unterrichten, währen d andererseits die lernende Fra u of t de r Belehrun g durc h de n Mann, desse n Sonderinteresse n si e kennt, geringes Vertrauen entgegenbringt.«344 Der Widerstand der männlichen Arbeiter gegen die Ausbildung vo n Arbeiterinnen wa r nu r dan n geringer , wen n e s sic h be i de n auszubildende n Frauen u m die Ehefrauen ode r Töchte r eingezogener Arbeite r handelte. 345 Hier war keine Konkurrenz zu befürchten, d a in einem solchen Fall die Familienbande fü r die Rückgabe des Arbeitsplatzes an den eingezogenen Ar beiter garantierten . Der Widerstan d de r männliche n Kollege n wa r jedoch nich t de r einzig e Grund dafür , da ß Frauen mitunte r liebe r de n Betrie b wechselte n al s sich anlernen zu lassen,346 so daß »immer Überredun g und nicht selten ein sanfter Druc k notwendi g waren , u m de n passive n Widerstan d z u überwin den«.347 Hinz u kam , daß die Permanenz de r Dcmobilmachungsdiskussio n - und dies leite t bereit s zu m nächsten Punkt , de n »mentalen Parametern « der Frauenlohnarbeit , wi e si e sic h i n de r Demobilmachungsdiskussio n konkretisierten, übe r - auch hie r konterkarieren d wirkte . Den n di e ihnen mit alle r Deutlichkei t nah e gebrachte Auffassung , ihr e Kriegstätigkei t sei , soweit sie auf bislang von Männern besetzten Arbeitsplätzen stattfand , ein e durchaus vorübergehende, bewo g zahlreich e Arbeiterinne n dazu , eine Anlernung für derartige Arbeitsplätze abzulehnen.348 Aus dem gleichen Grun d bestand auf Seiten des Betriebs wenig Interesse an einer längerfristigen Aus bildung der weiblichen Arbeitskräfte. 349 Die Diskussio n übe r di e Rückführun g de r Soldate n un d di e Regelun g des Arbeitsmarktes - und hierunter is t immer z u verstehen: di e Rückgän gigmachung de r kriegsbedingte n Verschiebunge n au f dem Arbeitsmark t infolge de s Eindringens von Frauen auf bislang vo n Männern besetzt e Arbeitsplätze - nach Kriegsende begann bereits 1915 und war gekennzeichne t durch ein e überwältigend e Homogenitä t de r Sichtweisen . All e a n diese r Diskussion beteiligte n Behörde n un d Interessenorganisatione n - Militär und Zivilbürokratie , Unternehme r un d Arbeiterorganisationen sowi e die Frauenbewegungen - waren sic h unabhängi g vo n den Differenze n i n der Verfahrensweise eini g i n dem Bemühen um die Wiederherstellung de s status quo ante der Frauenarbeit: Die Frauen sollten bei Kriegsende die »Männerarbeitsplätze« fü r die zurückkehrenden Kriegsteilnehme r freimachen. 330 Dies wa r bereits Konsen s au f der Besprechung, di e am 30. April 1915 im Reichstagsgebäude unter Beteiligung de s Reichsamts des Inneren und zahlreicher preußische r und anderer Ministerien , de s Generalstabs und Reichsmarineamts, de s Deutschen Städtetags , de r Arbeitsnachweisverbände, de r Arbeitgeberverbände un d der Gewerkschaften stattfand; 351 e s wurde 1916/ 17 in de n Verhandlungen de s Reichstagsausschusses fü r Hande l un d Gewerbe bekräftigt. Desse n Arbeit leitet e der Staatssekretär des Innern, Helf 118 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

ferich, i m Oktobe r 1916 mit folgende m Diktu m übe r di e »zahlreiche n Frauen, di e heut e i n Berufe n täti g sind , w o vorhe r Männe r täti g waren , und di e - darüber wolle n wi r un s doc h kla r sei n - sich au f die Daue r nich t für dies e Berufe eignen« , ein : »Hier handel t e s sich . . . nicht nu r darum , Arbeitsplätz e fü r di e zurückgekehrte n Männer freizumachen , sonder n auc h wiede r ei n Gleichgewich t i n de r Verteilun g der Arbei t fü r Männe r un d Frauen , fü r Erwachsen e un d Jugendliche z u schaffen , das de r Volksgesundheit zuträglic h ist . Ic h wiederhole , da ß da s nich t ohn e Härt e abgehen wird ; di e Frauen, di e sich an die hohen Löhne und an das selbständige Ar beiten gewöhn t haben , werde n sic h natürlic h nich t imme r leich t un d freiwilli g i n die alten Verhältnisse zurückfinden.« 352 Der Vertrete r de s Reichsamt s de s Innern , de r i m Mär z 1917 vor de m glei chen Ausschu ß auftrat , hatt e noch ei n anderes Proble m mi t de r kriegsindu striellen Frauenarbeit : »Es ist gewiß nicht zu verkennen, da ß in dieser ganzen Entwicklung [de r Frauenar beit i m Krie g U . D.] etwa s Bedenkliche s liegt . Wen n ma n heutzutag e di e Fraue n ansieht, wi e sie in allen diesen schweren Dienste n tätig sind, die Frauen in den Mu nitionsfabriken, au f de m Kutscherbock , be i de r Straßenreinigung , d a mu ß ma n manchmal schar f hinblicken, u m zu sehen, o b man eine Frau oder einen Man n vo r sich hat. Durc h die Beschäftigung de r Frauen in den männlichen Berufen wird eben der ganze weibliche Organismu s und die ganze weibliche Sinnesrichtung i n andere Bahnen gedrängt , un d da s präg t sic h schließlic h auc h äußerlic h aus . E s wird mit allem Erns t darau f Bedach t genommen werde n müssen , davo n wiede r loszukom men. Da s wird nich t imme r gan z leicht sein . Di e Frauen haben eine sehr lohnende Beschäftigung i n de n verschiedene n Betriebe n gefunden , si e finde n sic h dari n i m übrigen vielfach seh r wohl, un d es wird daher Schwierigkeiten haben , sie aus diesen Beschäftigungen wiede r herauszubringen. Un d doch muß dies im Interesse unseres Volkswohls erstreb t werden , zugleic h auc h i m Interess e der männliche n Arbeiter . Es wird d a also einerseit s mi t alle r gebotene n Vorsicht , andererseit s abe r auc h mi t der nötigen Energie vorzugehen sein. «353 Die Beispiel e fü r derartig e Beurteilunge n de r kriegsbedingte n Frauenarbei t ließen sic h beliebi g vermehre n - wenn si e auc h nich t imme r s o wi e hie r i n einem Bil d gipfelten , da s wei t ehe r a n di e Problem e eine s Kammerjägers , schmarotzendes Ungeziefe r au s eine m Zimme r z u entfernen , erinner t al s an di e anderweiti g s o freigebi g gehaltene n Eloge n au f de n aufopfernde n Dienst der Fraue n a m Vaterland . Die übereinstimmend e Ansich t übe r di e Mittel , di e zu r Entfernun g de r Frauen vo n de n Männerarbeitsplätze n angewand t werde n sollten , gin g da hin, da ß bereit s di e sofor t zu m Kriegsend e geplant e Wiedereinführun g de r Arbeitsschutzbestimmungen seh r nachhalti g i n diese m Sinn e wirke n würde. 354 Sollt e die s wide r Erwarte n doc h nich t genügen , müss e allerding s »auch mi t Zwan g eingeschritte n werden«. 355 Als da s Kriegsend e nähe r rückt e un d sic h deutlic h abzeichnete , da ß di e Demobilisierung keinesweg s i n de r geplante n Form , sonder n al s soziale r 119 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Zusammenbruch ablaufe n werde , de r i n de n Ballungszentre n de s Reich s die von der Front zurückströmenden Soldate n und die von der Kriegsindustrie entlassene n Arbeiter/inne n au f de n Straße n zusammentreffe n lasse n könne, wurde zu weiteren Maßnahmen gegriffen. I n den letzten Kriegswochen wurde die Einführung eine r allgemeinen, vo n den Gemeinden durch zuführenden Erwerbslosenunterstützun g vorbereite t un d di e Arbeitgebe r dazu angehalten , Arbeite r unte r Umstände n auc h ohn e Beschäftigungs möglichkeit weite r z u entlohnen. 356 Da s Reich verpflichtet e sic h zur Auf rechterhaltung de r Heeresaufträge. 357 Unabhängig vo n diese n Planunge n griffe n Unternehme r un d Gewerk schaften in vielen Fällen zur vorbeugenden Selbsthilfe . Si e schlossen auf betrieblicher, regionale r ode r Branchenebene Vereinbarunge n ab , die den zurückkehrenden Soldate n gegenüber den mittlerweile eingestellten Ersatzar beitskräften ei n Vorrecht auf ihren ehemaligen Arbeitsplat z garantierten. 358 Im Gegensatz zu Großbritannien, w o die »dilution«, d . h. die »Streckung « des Arbeitskräftepotential s durc h di e vermehrt e Arbei t vo n Ungelernte n und insbesonder e vo n Frauen , Gegenstan d heftige r Auseinandersetzunge n zwischen Unternehmerschaf t un d Arbeiterorganisatione n war , wa r i n Deutschland di e Beurteilun g de r kriegsbedingte n Frauenarbei t wei t ehe r ein einheitsstiftender Fakto r zwischen Unternehmer n un d Arbeiterorgani sationen. Di e Unternehmer, un d nicht die Gewerkschaften wi e in Großbritannien, waren es hier, die von den Arbeitseinsatzbehörden al s Hauptwider standsnest gege n di e Ausdehnun g de r Frauenarbei t i m Krie g identifizier t wurden;359 und in dieser Haltung wurde n si e von den Arbeiterorganisatio nen, die die Frauen als Konkurrentinnen und als »Totengräber«, nämlic h als Ursache für die »Freisetzung« vo n Arbeitern für die Front fürchteten,360 bestärkt.361 Trot z de r zunehmende n Zah l gewerkschaftlic h organisierte r Frauen vo r alle m be i de n de r Sozialdemokrati e nahestehende n Freie n Ge werkschaften362 agierte n di e Gewerkschaften de r Kriegszei t weiterhi n pri mär al s Interessenvertretun g ihre r männliche n Mitglieder : Si e tolerierte n die einstweilig e Beschäftigun g vo n Fraue n a n »Männerarbeitsplätzen « in folge ihre r Haltun g gegenübe r de m Krie g un d seine n Erfordernisse n un d nicht infolg e eine r dementsprechende n Haltun g zu r Frauenarbei t generell . Wie Gertru d Hanna , di e Vorsitzend e de s Frauensekretariat s de r Gewerk schaften, i n eine m »Vorwärts«-Artike l vo m Februa r 1918 argumentierte, hätten di e Fraue n ja schließlic h ihr e Kriegsarbeitsplätz e auc h nich t gern , sondern nu r durc h di e Abwesenheit de s Ernährers gezwunge n eingenom men.363 Da s Kriegsam t stellt e fest , »da ß di e Facharbeiter-Organisatione n Wert darauflegen, Nicht-Facharbeite r nac h Möglichkeit au s den Betrieben wieder z u entfernen«. 364 Vertrate n di e Gewerkschafte n Forderunge n wi e etwa di e nach gleichem Loh n für gleich e Leistung , gescha h die s vorrangi g im Interess e ihre r männliche n Mitglieder , di e vo r lohndrückende r Schmutzkonkurrenz geschütz t werde n sollten : Schließlic h wa r »z u be fürchten, da ß di e kräftigere n Fraue n nac h de m Krieg e be i diese r Arbei t 120 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

blieben und die Männer durch billigere Löhne verdrängten«.365 Wie ein Artikel de r »Metallarbeiterzeitung « mi t feine r Kasuisti k ausführte , se i di e Aufstellung de r Forderun g nac h gleiche m Loh n für Fraue n auc h über de n Akkordlohn hinau s nur dann zu begrüßen, wen n sicher sei, daß die Frauen hier di e gleiche Leistun g i n gleicher Zei t erbrächten; sons t werd e eine sol che Forderung die Frauen benachteiligen, d a kein Unternehmer sie bei gleichem Loh n ohne gleiche Leistun g einstellen, sonder n lieber gleich Männe r beschäftigen würde : »Z u eine r Bevorzugun g de r Männe r vo r de n Fraue n besteht abe r kei n irgendwi e begründete s Recht . I m Gegentei l habe n di e Frauen auc h au f diesem Gebie t de n Anspruc h au f Gleichberechtigung.« 366 Großen Wer t au f den kleinen Unterschie d legte n auch die männlichen Ar beiter eine r Drahtwebere i i m Regierungsbezir k Liegnitz . Al s dor t di e Frauen bei gleiche n Stücklöhne n eine n höheren Verdienst herausholten al s die Männer , weigerte n dies e sich, weite r z u den gleichen Bedingunge n z u arbeiten.367 Auch de n Fraue n selbs t wa r diese r gesamtgesellschaftlich e Konsen s be i der Beurteilung de r kriegsbedingten Frauenarbei t präsent. Di e hierüber geführte öffentliche Debatt e gab ihnen jede Möglichkeit, de r allgemeinen Be wertung ihre r Tätigkei t gewah r z u werden. Hinz u kam, da ß diese Bewer tung oftmal s Eingan g i n di e Einstellungsbedingunge n fü r weiblich e Ar beitskräfte fan d und damit den eingestellten Frauen die praktische Relevanz dieser gesellschaftlichen Bewertun g der Frauenarbeit ad oculos demonstriert wurde: Viele Frauen mußten bei ihrer Einstellung ein Revers unterzeichnen, in dem sie sich mit ihrer automatischen Entlassung bei Kriegsende einverstanden erklärten;368 oder sie wurde ausdrücklich unter der Maßgabe eingestellt, möglichst kurzfristi g wiede r entlassen und durch Kriegsbeschädigte ersetz t werden zu können.369 Bei den Ehefrauen, di e im Betrieb ihres Mannes tätig waren, wa r ohnehin die Übergabe des Arbeitsplatzes bei Kriegsende als Familienangelegenheit vorprogrammiert . Di e Fraue n nahme n dies e aus drückliche Vorläufigkei t ihre r Kriegsarbeitsplätz e nich t nu r zu r Kentnnis , sie reagierte n auc h darauf . Ebens o wi e di e Permanen z de r Demobilma chungsdebatte di e Unternehmerschaf t i n ihre r ablehnende n Haltun g zu m Ausbau de r Frauenarbei t noc h bestärkte, 370 bestärkte sie die Arbeiterinne n in ihrer Meidung kriegsindustrielle r Arbei t überhaupt 371 oder auch in ihrer häufig beklagten 372 geringe n Arbeitsmotivation . Ihre n offenkundigste n Ausdruck fan d diese mangelhafte inner e Verbindung de r Arbeiterinnen mi t ihrem Arbeitsplatz , di e angesichts de r obe n skizzierte n imme r wiede r be tonten Vorläufigkeit ihre r Tätigkeit nur folgerichtig war , i n ihrem häufige n Stellenwechsel:373 Statt sich an einer unter diesen Bedingungen eher irrationalen Arbeits - und Aufstiegswertskal a z u orientieren, setzte n di e Arbeite rinnen ihr e Präferenzen de r Situation entsprechen d »rational« 374 un d rück ten andere Kriterie n i n den Vordergrund. Dies e Kriterien ware n einerseit s materieller Art : Die Frauen verließen Arbeitsplätze, au f denen sie mitunter gerade einen mehrwöchige n Anlernproze ß absolvier t hatten , u m statt des121 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

sen einer sic h gerad e eröffnende n Möglichkei t zu r Verbesserun g ihre r Lohn- un d Arbeitsbedingunge n nachzugehen. 375 Andererseit s ware n dies e Kriterien mindesten s ebens o häufi g emotionale r Art : Freundschaftsbezie hungen de r Arbeiterinne n untereinande r gabe n of t de n Ausschla g dafür , ei nen Arbeitsplat z beizubehalte n ode r de r di e Arbeitsmarktpolitike r s o irri tierenden »ansteckende n Wanderlust« 376 z u frönen . Entwede r wollte n häu fig di e Frauen nich t wechseln , wen n si e sollten: »Es zeigte sich, daß Frauen, w o sie unter gleichen Bedingunge n wirken , ei n starkes Zusammengehörigkeitsgefühl entwickeln . . .; das Versetze n eine r Fra u vo n eine m Arbeitsraume zu m anderen erwies sich so gut als unausführbar, wei l mit der Trennung von der gewohnten Arbeitsgruppe ein so starker seelischer Druck auftrat, da ß die Arbeitsfähigkeit un d das Allgemeinbefinden herabgeminder t wurden. «377 Oder abe r - und die s wa r da s Hauptproble m - sie wechselten , wen n si e nicht sollten , un d zwa r »ohn e ersichtliche n Grun d un d unbekümmer t darum, da ß si e de n Arbeitgebe r i n groß e Verlegenhei t brachten«. 378 Di e Frauenarbeitszentrale gin g davo n aus , »daß di e Gründe des jetzt i n manche n Bezirke n stattfindende n besonder s häufige n Arbeitswechsels der Frauen und Mädchen nicht allein in dem Fehlen geeigneter Fürsorgemaßnahmen liegen . Vielfac h wir d behauptet , da ß Fraue n un d Mädche n . . . auch unabhängi g vo n evtl. ihne n anderwärt s gebotene n ode r vermuteten bessere n Lohn- un d Arbeitsbedingungen , nu r au s dem Wunsch , ›sic h z u verändern ‹, eine n Arbeitswechsel vornehmen.« 379 Und ei n Frauenrefera t meldet e al s Ergebnis de r hierüber angestellte n Erhe bungen: »Als ein e i n alle n Betriebe n fas t gleichmäßi g beobachtet e Tatsach e steh t fest , da ß insbesondere die jüngeren Arbeiterinne n durchaus ohne Berufsbewußtsein sin d und sich übe r di e Störung , di e si e selbs t i m Betrieb e durc h ihr e Unstetigkei t verursa chen, ga r keine Vorstellung un d infolgedessen auc h keine Gewissensbedenken ma chen. Si e betrachten i m allgemeine n ihr e Arbei t rei n unte r persönliche n Gesichts punkten, lasse n sich außerordentlich leich t durch Arbeitsgenossinnen zu m Wechsel überreden und ziehen überhaupt meis t nicht als einzelne, sonder n in kleinen Trupps von einer Fabrik zur anderen. Auch innerhalb desselben Betriebs spielen solche persönlichen Motiv e fü r Annahm e ode r Verweigerun g diese r ode r jener Arbei t di e Hauptrolle.« In einer der aufgeführten Fabrike n »sin d z. B. unangenehme Arbeiten, di e aber in Gruppen ausgeführt werde n können un d bei denen man sich unterhalten kann , be liebter als angenehmere und höher bezahlte Arbeiten, be i denen man allein arbeite n muß«.380 Vor di e Wahl gestellt , entwede r ihre n persönliche n emotionale n ode r mate riellen Interesse n ode r abe r den Erfordernisse n de r Kriegswirtschaf t z u ent sprechen - eine Handlungsalternative , i n de r beide s zusammenfiel , wa r fü r Arbeiterinnen i m Gegensat z z u bürgerliche n Fraue n kau m gegebe n - , handelten als o die lohnarbeitenden Fraue n i n ihre r Mehrzah l nac h persönliche n Gesichtspunkten. Die s war de r Kern des ihnen attestierten mangelnde n Be 122 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

rufsbewußtseins. De r kontrafaktisch e Umkehrschlu ß lieg t nahe : Wäre n den Arbeiterinnen Möglichkeite n wirtschaftliche n Handeln s eröffnet wor den, i n denen persönlicher und wirtschaftlicher Nutze n in eins gefallen wä ren, hätt e sich ihr Verhalten unte r Umstände n nich t in diesem Ausma ß al s gesamtwirtschaftlicher Störfakto r erwiesen . Si e wäre n nämlich , wi e di e Planungen de r Demobilmachung nich t von ungefähr al s selbstverständlic h unterstellten, durchau s dara n interessier t gewesen , di e sic h ihne n i n de r Kriegswirtschaft eröffnende n günstigere n Arbeitsmöglichkeite n au f Dauer wahrzunehmen. Die s zeigen schlaglichtartig di e Ergebnisse einer Fragebogenaktion, di e die Kriegsamtsstelle Leipzi g i n zwei Chemnitze r Firme n i m Mai 1918 durchgeführt hatte: 381 Frage:

Maschinenfabrik Sch. & S. (624 Befragte)

Textilfabrik B . & L. (340 Befragte)

1. Wollen Sie weiter arbeiten?

Ja: 78,7% davon im selben Beruf: 83% Nein: 0,3% Unentschieden: 21 %

Ja: 88% davon im selben Beruf: 24,5% Nein: 1 % Unentschieden: 11 %

2. Waren Sie vor dem Krieg erwerbstätig?

Ja: 90% davon in der selben Branche: 15%

Ja: 89% davon in der selben Branche: 79%

3. Familienstand

verheiratet: Kinder vorhanden: Ehemann eingezogen:

verheiratet: Kinder vorhanden: Ehemann eingezogen:

10% 16% 73%

10% 33,3% 62%

Von den befragten Fraue n des Textilbetriebs, di e weiter Industriearbei t lei sten wollten , wünscht e die s nu r etw a ei n Vierte l i m gleiche n Beruf ; vo n den anderen drei Vierteln konnten über 80% keine konkrete Alternative zu ihrem derzeitigen Beru f angeben.382 Von den befragten Fraue n der Maschi nenfabrik, di e i n de r Industriearbei t verbleibe n wollten , wäre n übe r dre i Viertel gern im gleichen Beru f geblieben. Di e Präferenzen de r Frauen lagen also gena u gegenläufi g zu r traditionelle n Branchenverteilun g de r Frauen lohnarbeit, wi e si e sich i n de n Antworte n au f die zweite Frag e widerspie gelt: Ware n von denjenigen Befragten , di e bereits vor dem Krie g erwerbs tätig ware n - auch hie r wi e i n andere n Fälle n di e überwiegend e Mehr heit - im Textilbetrie b etw a 80% in de r gleiche n Branch e beschäftigt , s o waren e s in de r Maschinenfabri k nu r 15%; von de n anderen 85% kamen 10% aus der Textilindustrie.383 Die anderen waren während des Kriegs hin123 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

zugekommen und empfanden ihr e Tätigkeit dor t offensichtlich al s attraktiver als ihre vorherige Beschäftigung. Doc h an dem mächtigen gesellschaft lichen Konsens , di e Verschiebun g de r Frauenarbei t i n de r Kriegszei t al s transitorisches Phänome n z u behandeln, mußte n all e weitergehenden Per spektiven der Arbeiterinnen und damit letztlich auch ihre effektive Mobili sierung fü r di e Kriegswirtschaf t scheitern . Di e Festschreibun g de r Fraue n als Lohnarbeitskräft e zweite r Klasse , di e nu r au f besser e Arbeitsplätz e avancieren durften, wenn buchstäblich »Not am Manne« war, erwies sich neben ihrer Familiengebundenhei t al s wichtigstes strukturelle s Hinderni s der Arbeitskräftebeschaffung. Beid e Hinderniss e hätte n nu r beseitigt werde n können, wen n sich eine gänzlich neue Bewertung weibliche r Familien- und Lohnarbeit un d dami t de r gesellschaftliche n Roll e vo n Fraue n überhaup t durchgesetzt hätte. Hierz u ga b e s jedoch unte r de n sozialen , wirtschaftli chen un d politische n Bedingunge n de r Kriegszei t kein e nennenswerte n Ansätze.

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3. Familie im Ersten Weltkrieg »Mittags, wen n [i n de r Nervenheilanstalt U . D.] die Teller au f den Tisc h gestell t wurden , gin g wiede r ei n andere r [Geistes kranker U . D.] her , legt e klein e Papierschnitze l hinei n un d sagte zu jedem: ›So, da hast du deine Brotmarke, dein e Fleischkarte, deinen Anteil Fett und jetzt friß! Friß!‹« Oskar Maria Graf: Wir sind Gefangene 1 Die Famili e al s di e »entscheidend e gesellschaftlich e Einrichtung , u m da s Alltagsleben z u bewerkstelligen«, 2 spielt e i m Erste n Weltkrie g ein e noc h zentralere Roll e fü r di e physisch e un d psychisch e Daseinsbewältigun g de r Bevölkerung al s zuvor , un d die s betra f gan z besonder s di e Frauen . Da ß diese Bewerkstelligun g de s Alltagsleben s vorrangig e Aufgab e de r weibli chen Familienmitglieder , insbesonder e de r Ehefrauen , war , hatt e bereits fü r die Vorkriegszei t gegolten; 3 di e Veränderung , di e de r Krie g hie r brachte , bestand »nur « i n einer sic h aus der of t jahrelangen Abwesenhei t zahlreiche r Ehemänner ergebende n Akzentuierun g diese r traditionelle n geschlechts spezifischen Arbeitsteilun g i n gan z neuartige r Schärf e un d unte r seh r er schwerten Bedingungen . Die entscheidende n Wandlungen , di e de r Erst e Weltkrie g fü r di e Fami lien mi t sic h brachte , folgte n au s de r veränderte n Struktu r de s Alltagsle bens. Di e Untersuchun g de r Frage , welche r Ar t di e Auswirkunge n de s Kriegsalltags au f die Familie n waren , erforder t ein e Aufgliederung de r Fa milienfunktionen nac h Bereichen . I n Anlehnun g a n eine n Vorschla g Kari n Hausens 4 soll i m folgende n vo n zwe i familiäre n Funktionsbereiche n ausge gangen werden : 1. von de r Funktio n de r Famili e hinsichtlic h de r physischen , psychi schen un d gesellschaftliche n Reproduktio n vo n Menschen . Hierhe r gehö ren ihr e Aufgabe n bei m Aufziehe n un d de r Sozialisatio n vo n Kinder n un d bei de r Reproduktio n de r Erwachsene n i n ihre r psychische n un d physi schen Komponent e (Versorgung , psychisch e Stabilität , Sexualitä t etc. ) 2. von de r Funktio n de r Famili e be i de r Produktio n un d Konsumtio n von Gütern . Nebe n de r Produktio n vo n Güter n fü r de n Eigenverbrauc h oder de n Mark t gehöre n hierhe r di e Beschaffung , Konservierung , Pfleg e und Aufbereitun g vo n Konsumgüter n un d die Konsumierung vo n Gütern . Die Hypothesen , di e di e folgend e Darstellun g strukturiere n un d durc h sie erhärtet werde n sollen , lauten :

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1. Im Krieg und durch den Krieg und seine Folgewirkungen bedingt trat die physische , psychisch e un d gesellschaftlich e Reproduktio n vo n Men schen al s Aufgab e de r Famili e star k zurück . Di e häufig e un d langfristig e Trennung de r Ehegatten durc h di e Einberufung de s Mannes oder abe r die Beanspruchung durc h ausgedehnt e Lohnarbeitstag e bzw . di e intensiviert e Hausarbeit (Schlangestehe n be i Lade n und Lebensmittelausgabe n etc. ) re duzierten di e familiär e physisch e un d psychisch e Reproduktionsleistun g auf da s Allernotwendigste . Wesentlichste r Ausdruc k diese r zurückgehen den familiären Reproduktionsleistunge n wa r der kriegsbedingte Geburten rückgang. 2. Demgegenüber trate n im gleichen Zeitrau m di e anderen de r genannten Familienfunktione n - Produktion un d Konsumtio n vo n Güter n - so deutlich i n den Vordergrund, da ß geradezu vo n einer Prägun g de s gesam ten Familienleben s durc h sein e wirtschaftlich e Funktio n gesproche n wer den kann . Di e Eigenproduktio n vo n Nahrungsmittel n kehrt e auc h i n di e städtischen Haushalte , au s denen sie im Lauf e de s 19. Jahrhunderts zuneh mend verschwunden war , wiede r zurück . Un d die Beschaffung vo n Konsumgütern entwickelte sich, vor allem in der zweiten Kriegshälfte, z u einer äußerst energie- und zeitintensiven Beschäftigun g nich t nur, aber insbesondere de r Frauen . Hinz u kam , da ß di e Familie n infolg e de s Zusammen bruchs de s Geld - un d Konsumgütermarkt s imme r meh r au f halblegal e oder illegale Methode n de r Daseinsvorsorge verwiese n wurde n (Hamster fahrten auf s Land , Felddiebstähl e etc.) , di e da s Übergewich t de r wirt schaftlichen Familienfunktione n noc h verstärkten. 3. Beides - der Rückgan g de r Reproduktionsfunktione n au f de r eine n Seite un d da s Überhandnehme n de r wirtschaftliche n Funktione n au f de r anderen - wurde auf jeweils ander e Weise zu einem Politikum, d . h. z u einem die Stabilität der Kriegsgesellschaft tangierende n Faktor , de r politischbürokratische Gegensteuerungsversuch e zu r Folg e hatte : De r kriegsbe dingte Geburtenrückgang führt e zu einer verstärkten pronatalistische n Be völkerungspolitik; di e durch die Trennung zahlreiche r Ehegatte n quas i aus dem Familienbereich ausgekoppelt e Sexualität wurde in Formen ausgelebt , die de r gesellschaftliche n Steuerun g entglitte n (»geheim e Prostitution« , Beziehungen deutsche r Fraue n z u Kriegsgefangenen) ; un d di e Rudiment e der familiäre n emotionale n Beziehunge n z u de n eingezogene n Soldaten , insbesondere de r Ehefraue n z u ihre n a n de r Fron t befindliche n Männern , wurden mi t zunehmender Verschlechterung de r Lebenssituation fü r die Zivilbevölkerung z u einem subversive n Element . Demgegenübe r führt e di e Überlastung de r Versorgungsfunktionen de r Familien im Krieg z u familiä ren Strategie n de r Daseinsvorsorge , di e di e staatlichen Bewirtschaftungs maßnahmen nicht nur unterliefen, sonder n auch behinderten und damit die Rationalität de s Anstaltsstaate s (M . Weber) sowoh l i n ihre m legitimatori schen al s auch i n ihre m wirklichkeitsbewältigende n Aspek t i n Frag e stell ten. Die s betraf die halb- und illegalen Forme n der familiären Daseinsvor 126 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

sorge, abe r auc h da s sic h a b 1916 durchsetzende Verhaltensmuste r insbe sondere vo n Frauen , ein e Verbesserun g de r staatliche n Versorgun g durc h spontane kollektiv e Aktione n (Hungerdemonstratione n un d Plünderun gen) zu erzwingen. 4. Die politisch-bürokratischen Versuche , diese r strukturellen Subversi vität de r veränderte n Familienfunktione n un d ihre r Wahrnehmun g insbe sondere durc h di e Fraue n entgegenzusteuern , erwiese n sic h au s unter schiedlichen Gründe n al s erfolglos . Di e Ursache n dafü r lage n zu m einen , wie bereit s i m Fal l de r Arbeitsmarktpolitik , i n Friktionen innenpolitische r Art, zu m anderen in der Nichtorganisierbarkeit der Arbeiterfrauen un d -fa milien im Rahmen innenpolitischer Verhaltenssteuerung .

3. 1. Familie im Krie g I: Reproduktion Zwei Vorgehensweise n sin d möglich , wen n ma n di e Veränderunge n de r reproduktiven Familienleistunge n i m Krieg umreißen und analysieren will . Der erste fuhrt i n vorwiegend deskriptive r Weise über die familiären Basis daten, d . h. die durch den Krieg bedingte Trennung von Ehegatten und die vor alle m hierdurc h verursachte n Veränderunge n demographische r un d haushaltsstatistischer Art. 5 Der zweite, meh r problemorientiert-analytisch e Weg näher t sic h de r familiäre n Reproduktion de r Kriegszeit , inde m ihr e Veränderungen i m Krie g un d durc h de n Krie g un d dere n jeweils spezifi sche Folgeprobleme für die Kriegsgesellschaft al s ganze an einigen Beispie len analysiert werden . 3. 1. 1. Die demographische Entwicklun g Wichtigstes Ausgangsdatum fü r die Veränderungen der Familienstrukture n im Krieg ist die Zahl der einberufenen (Ehe-)Männer , au s der sich der Um fang de r Ehe - und Familientrennunge n ergibt . Wa s die Anzahl de r Wehr pflichtigen, d . h. der Männer von 17 bis 45 Jahre, insgesam t betrifft, ware n dies bei Kriegsbeginn knap p 10,5 Mio. Männer, d . h. unter die Wehrpflich t fiel ca . ei n Dritte l de r männliche n Gesamtbevölkerun g vo n etwas übe r 32 Mio. 6 Es »dienten«: im August 1914 im Dezember 1914

2,8 Mio. 5,0 Mio.

Männer.7 Für den 1. 12. 1916 wurde die Zahl der Eingezogenen für für für für das

Preußen Bayern Sachsen Deutsche Reich

mit 6 104 000 = mit 1035000 = mit 7 60 000 = mit 10090000 =

28,9% , 29,2% , 31,9% , 29,8 %

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der männliche n Gesamtbevölkerun g angegeben. 8 Berechnunge n aufgrun d der Zahle n eingezogene r Gewerkschaftsmitglieder 9 kame n fü r End e 1915 auf die Zahl vo n 1,2 Mio. eingezogene r un d vo n ca. 1,8 Mio. wehrpflichti ger Gewerkschaftsmitglieder ; d . h., da ß z u diese m Zeitpunk t run d 6 7 % der organisierte n Wehrpflichtige n eingezoge n waren . Leg t ma n für die Be rechnung de r insgesam t eingezogene n Männe r ein e Gesamtzah l vo n 60-65 % Eingezogener zugrund e - unter de r Annahme , da ß di e Gewerk schaften ehe r di e gutbezahlte n un d dami t di e gesündere n Arbeite r erfaß ten - , ergibt sic h eine Gesamtzahl vo n ca . 9 Mio. Eingezogene r End e 1915, was sic h mi t de n obe n genannte n Zahle n i n etw a deckt . Durchschnittlic h wurden pr o Mona t ca . 172500 Männer a n die Fron t geschick t (1915-17 etwas mehr , 1918 etwas weniger) ; davo n ware n ca . 64000 ausgeheilte Ver wundete un d etw a 108 500 neu einberufen. 10 Insgesam t wurde n i m Erste n Weltkrieg 13,3 Mio. Männe r »mobilisiert« . Vo n diese n befande n sic h a m 11. November 1918 5, 3 Mio. bei m Feldhee r un d i m besetzte n Gebiet , 2,7 Mio. i m Heimatgebiet. 11 Vo n de n Mitt e 1915 eingezogenen Gewerk schaftsmitgliedern ware n ca . 6 6 % verheiratet, vo n de n insgesam t End e 1915 eingezogenen 9-10 Mio. Männer n 5 Mio., als o etw a di e Hälfte . Be i einer Zah l vo n gu t 12 Mio. verheiratete r Männe r - 191 3 betrug ihr e Zah l im Deutsche n Reic h 12 108 00012 - bedeutete dies , da ß Ende 1915 weit übe r ein Dritte l alle r Ehemänne r Front - ode r Garnisonsdiens t verrichtet e un d damit dies e Ehe n i n de r Mehrzah l au f Daue r de s Krieg s getrenn t waren. 1 3 Die lang e Daue r diese r Trennun g führt e i n de n betreffende n Familie n z u einer Ar t Kriegsnormalität . Wi e ein e Allgäueri n i m Mär z 1917 an ihre n Bruder schrieb : »Man leb t sic h ganz i n da s Elend hinein, ma n meint , e s müsse s o sein, de r Man n gehöre fort, da ß (sic) Weib müsse sich schinden und plagen, müsse die Kinder allein groß ziehen, darf dem Mann nur schreiben und Pakete schicken. «14 Noch wei t umfangreiche r stellt e sic h di e Folge der Einberufungen vo n de n Einzelfamilien au s gesehe n dar , wen n ma n nich t nu r nac h eingezogene n Ehemännern bzw . Vätern , sonder n nac h eingezogene n männliche n Fami lienmitgliedern überhaup t fragt . Hinweis e hierau f enthäl t da s Ergebni s ei ner Umfrage , di e im Novembe r 1916 unter 623 Handlungsgehilfinnen ge macht wurde . E s zeigt , da ß nu r ei n gute s Vierte l de r Befragte n wede r Va ter, Eheman n ode r einen oder mehrer e Brüde r »i m Feld e stehen« hatte : Be i 11,4% war de r Vate r eingezogen , be i 1,3% der Eheman n - dies is t nich t generalisierbar, d a di e Handlungsgehilfinne n überproportiona l häufi g un verheiratet w a r e n - , be i 37,4% ein Bruder , be i 17% zwei Brüder , be i 6 , 9 % drei un d meh r Brüder , be i 2 6 % war kei n männliche s Familienmit glied eingezogen. 15 Die Einberufun g de r wehrpflichtige n Männe r un d dere n hoh e Sterblich keit - von de n Militärpersone n verstarbe n i m Krie g 1,9 Mio. 1 6 - schlagen sich i n de n Date n zu r demographische n Entwicklun g de r Jahre zwische n 1914 und 1918 deutlich niede r (sieh e Tabelle 22). 17

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Tabelle 22: Die Bevölkerungsbewegung i m Deutschen Reich 1913-1919 (a = Summe, b = auf 1000 Einwohner) Jahr

1913 1914 1915 1916 19172 19182 19193 Jahr

Eheschließungen

Geborene1

1

2

ab 513283 7, 460608 6, 278208 4, 279076 4, 308446 4, 352543 5, 844339 13,

7 8 1 1 7 4 4

a 1 894 598 1 874 389 1 425 596 1 062 287 939938 956251 1 299 404

Überschuß von 2 gegenüber 3

Gestorbene1 3

1913 1914 1915 1916 19172 19182 19193

a 1 060 798 1 347 103 1 493 470 1 330 857 1 373 253 1 635 913* 1017284

b 28,3 27,7 21,0 15,7 14,4 14,7 20,7

4 b 15,8 19,9 22,0 19,7 21,0 25,2 16,2

a 833800 527286 - 6787 4 - 26 8 570 - 43 3 315 - 67 9 662 282 120

b 12,5 7,8 - 1 ,0 - 4, 0 - 6, 6 - 10, 5 4,5

1 einschließlic h Totgeborene 2 ohn e Elsaß-Lothringen 3 ohn e den an Polen abgetretenen Teil der

Provinz Posen * 191 8 forderte die Grippeepidemie zahlreiche Opfer. Quelle: Bewegungen der Bevölkerung in den Jahren 1914-1919 (Statistik des Deutschen Reiches, Bd. 276). Berlin 1922, S. III

Eine direkt e Folg e de r Einberufunge n de r Männe r wa r de r deutlich e Rückgang de r Eheschließungen: La g vor dem Krieg di e Heiratsziffer, d . h. die auf 1000 Einwohner entfallende Zah l der Eheschließungen eines Jahres, etwa be i 8 Promille, s o sank si e im Krieg au f etwa di e Hälfte a b und stie g erst 1919/20-dann wei t über die Vorkriegshöhe - wieder an. 18 Der kriegsbedingte Ausfall vo n Eheschließungen wird - inklusive Elsaß-Lothringen auf 870000 geschätzt, 82% dieses Ausfall s wurde n i n de n erste n beide n 129 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Nachkriegsjahren aufgeholt . De r Rückgang de r Eheschließungen setzt e im September 1914 ein, al s die Zahl der geschlossenen Ehe n auf die Hälfte de r vorher in diesem Monat geschlossenen Ehen sank. I m August 1914 war die Zahl der Heiraten infolge der vorgezogenen Eheschließunge n einberufene r Wehrpflichtiger noc h einmal stark in die Höhe gegangen: Sie betrug 80 226 gegenüber 32978 im gleiche n Mona t de s Vorjahres . Dies e Entwicklun g verlief auf der Ebene der deutschen Bundesstaaten paralle l zu der des Deutschen Reich s insgesamt ; Unterschied e ergabe n sic h nu r zwische n ländli chen Gegenden einerseits und städtisch-industriellen Gebiete n andererseits: In den Städten un d Industrieregionen erreicht e die Heiratsziffer ihre n Tiefstand etwas später als in ländlichen Gebieten , un d die Tiefstzahl de r Heira ten pflegt e hie r etwa s höhe r z u sei n al s au f dem Land. 19 Die s hin g dami t zusammen, da ß meh r de r fü r di e Kriegsarbei t reklamierte n Wehrpflichti gen in den städtisch-industriellen Gebiete n lebten als auf dem Land. Der Rückgang de r Eheschließunge n wa r tatsächlic h noch stärker ausge prägt al s die Heiratsziffer erkenne n läßt. Bezieh t man nämlich die Zahl der Heiraten pr o Jahr nich t au f die Gesamtbevölkerung, sonder n au f die Un verheirateten, di e älte r al s 15 Jahre waren , erweis t sic h de r Rückgan g de r Eheschließungen sei t 1914 als stärke r un d ihr e beginnend e Zunahm e a b 1917 als weniger ausgeprägt .

Tabelle 23: Hciratszahlen im Deutschen Reich 1913-1918 Jahr 1913 1914 1915 1916 1917* 1918*

1

2

3

4

5

6

7

66 978 67 790 67 883 67715 67 368 66811

20356 20730 21 270 21 980 22613 23 167

119,0 118,1 114,5 109,4 105,0 101,1

252,2 222,2 130,8 127,0 140,4 156,2

76,6 67,9 41,0 41,2 47,0 54,2

100 88,1 51,9 50,4 55,5 61,9

100 88,6 53,5 53,8 61,4 70,8

*

Die Zahlen für 1917/18 sind um den geschätzten Anteil Elsaß-Lothringens erhöht worden 1 = Gesamtbevölkerung Mitte des Jahres in 1000 2 = Zahl der Unverheirateten im Alter von 15 und mehr Jahren in 1 000 3 = Auf 100 Unverheiratete kamen Verheiratete 4/5 = Eheschließungen auf : 4 — 1000 0 Unverheiratete im Alter von 15 und mehr Jahren; 5 = 10000 der Gesamtbevölkerung 6 = Meßziffern zu 4 7 = Meßziffern zu 5 Quelle: Wie Tabelle 22, S. XXII 130 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Während 1913 auf 10 000 der Gesamtbevölkerun g 76,6 Eheschließungen entfallen ware n (Inde x = 100) , sank di e entsprechende Zah l fü r 1915 auf 41,0 (Index = 53,5 ) ab, u m bis 1918 wieder au f 54,2 (Index = 70,8) anzusteigen. Au f 10000 der Unverheiratete n bezoge n betru g di e Anzah l de r Eheschließungen 1913 252,2 (Index = 100) , sank dan n bi s 1916 auf 127,0 (Index = 50,4) und erreichte 1918 wieder 156,2 (Index = 61,5). Statistische Angaben über die Zahl der Kriegstrauungen, d . h. derjenigen Eheschließungen, di e infolge de r Kriegsumstände unter verkürzter Aufge botszeit ode r gänzlicher Befreiun g vo m Aufgebot erfolgten , liege n fü r da s Reich nich t vor . I n Hambur g machte n di e Kriegstrauunge n i m Augus t 1914 77% , September 1914 43% , Oktober 1914 40% , November 1914 44%, Dezember 1914 49,5%, 191 5 55%, 191 6 46%, 191 7 39% und 1918 34 % aller Eheschließungen aus. 20 Am stärkste n spiegel t sic h de r Rückgan g de r Eheschließunge n be i de r weiblichen Bevölkerun g wider , d a di e Zah l de r jüngeren unverheiratete n Männer a n der Front stark dezimiert worde n war . Vergleich t ma n das Verhältnis de r verheiratete n z u de n ledige n Fraue n 1913 und 1918, zeigt sic h hier fü r 1918 deutlich di e stark e Zunahm e de r Ledige n gegenübe r eine r ebenso ausgeprägte n Abnahm e de r Verheirateten : Währen d 1913 bei 7,9 Mio. ledige r Fraue n je 347 auf 1000 der weibliche n Bevölkerun g übe r 15 Jahre kam , kame n 1918 bei insgesam t 9,2 Mio. ledige r Fraue n je 386 auf 1000 Frauen übe r 15 Jahre. Demgegenübe r hatt e di e Anzah l verheiratete r Frauen 1913 12, 1 Mio. betrage n (533 auf je 1000 der übe r 25 Jahre alte n weiblichen Bevölkerung ) un d war bi s 1918 auf 11,4 Mio. (479 auf je 1000 der über 15Jahrc alten weiblichen Bevölkerung) gesunken . Eng mi t diese n Veränderunge n verbunde n wa r de r Wande l de s propor tionalen Verhältnisses der Geschlechter im Krieg. Tabelle 24: Geschlechterproportion i m Deutschen Reich 1910 und 1919 Altersklasse

+ Überschuß der Zahl der Frauen — Überschuß der Zahl der Männer 1910

mehr Frauen 1919 gegen 1910

1919

15-20 20-25 25-30 30-35 35-40 40-45

- 1055 7 - 345 8 + 7 873 + 1 0 147 + 8 908 + 3 9 461

+2 + 62 + 68 + 45 + 25 + 14

9 242 8 153 9 815 0 951 2 533 1 209

39799 631 611 681 942 440804 243625 101748

15-45

+ 5 2 374

+ 2 191 903

2 139 529

Quelle: wie Tabelle 22, S. III

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Hatte di e Anzahl de r Frauen die der Männer 1910 nur geringfügig u m gu t 52000 übertroffen, ga b e s 1919 knapp 2,2 Mio. meh r Fraue n al s Männer , wobei di e zahlenmäßige Differen z i n de n Altersklasse n vo n 20-30 besonders ausgepräg t war . Dies e verändert e Geschlechterproportio n wär e kor rekterweise eigentlic h al s »Männerdezimierung « anzusprechen ; diskutier t wurde und wird sie meist unter dem Stichwort »Frauenüberschuß« . Diese r Begriff dürft e allerdings in gewisser Hinsich t auch eher der Wahrnehmun g dieses Sachverhalt s durc h di e betroffenen Fraue n entsproche n haben : An fang 1917 formulierte ein e Fra u au s Münche n die s i n eine m Brie f i n de r Vermutung: »Vielleicht schnüren sie uns den Hals noch ganz zu, damit wir gar nichts mehr [zu essen U . D.] brauchen. E s gibt jetzt s o zuviel Weiber , se i es nun um einige tausend.«21 Auch die Zahl der Ehescheidungen, di e vor dem Krieg absolut wie prozentual zugenomme n hatte n - im Jahr 1903 hatte es 9933 Ehescheidungen ge geben (16,9 auf ej 1000 Einwohner), 1913 waren es 17 835 (26,6) -, ging i m Krieg zurück . Si e san k vo n 1913 1783 5 bis 1916 auf ihren Tiefstan d vo n 10494 und stie g danac h bi s 1918 wieder au f 13 344 an; 1919 zeichnet sic h dann di e Ehescheidungswell e ab , di e fü r di e unmittelbare Nachkriegszei t typisch werde n sollte . Au f 100000 Verheiratete bezoge n un d dami t nich t nur den absoluten, sonder n auc h den relativen Rückgan g de r Scheidunge n widerspiegelnd, betruge n di e Scheidungsziffer n 1913 73,6 (Index = 100) , 1916 43,6 (Index = 59,2) und 1918 58,6 (Index = 79,6). Eine weitere wich tige Auswirkun g de s Krieg s au f di e Eheschließunge n wa r di e Erhöhun g des durchschnittlichen Heiratsalters . »Denk dir , lieb e Minni«, kommentiert e dies eine Münchener Briefschreiberin i m März 1917, »jetzt gehe ich schon in mein 28. Lebensjahr. Also bald eine alte Jungfer. Das hat man auch dem Krieg zu verdanken. «22 Vor Kriegsbeginn wa r das durchschnittliche Heiratsalter seit Beginn seine r Erhebung 1901 relativ konstant geblieben. Es betrug bei den Männern 1901 28,9 und 1913 29,0 Jahre und bei den Frauen entsprechend 25,8 bzw. 25,7 Jahre. Vo n 1914 bis 1918 stieg da s durchschnittliche Heiratsalte r de r Män ner u m 2,2 und das der Frauen um 1,4 Jahre an. Die s bedeutete, da ß auc h der Altersunterschie d de r Eheschließende n sic h vergrößerte : E r hatte vo r dem Krie g i m Durchschnit t 3,3 Jahre betragen, währen d e s 1918 4,1 Jahre waren. Verweis t die Erhöhung de s durchschnittlichen Heiratsalter s auf das kriegsbedingte Hinausschiebe n vo n Eheschließungen , is t di e stärker e Er höhung de s Heiratsalter s de r Männe r darau f zurückzuführen, da ß fü r di e große Zahl ledi g gefallene r junger Männe r verstärk t älter e Männer be i der Eheschließung eintraten . Hierbei erhöhte sich das Alter der zum ersten Mal heiratenden Männer und Frauen weniger stark als das jeweilige Heiratsalte r überhaupt: Di e aus dem ledigen Stand heiratenden Männer waren 1918 mit 28,7 Jahren durchschnittlic h u m 1,2 und di e zum erste n Ma l heiratende n 132 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Frauen mi t 25,8 Jahren u m 1,4 Jahre älte r al s 1913. Dies erklär t sic h da durch, da ß da s Heiratsalte r insgesam t durc h di e vermehrt e Wiederheira t von Witwern und Witwen in die Höhe getrieben wurde. Auch di e Anzah l de r geborene n Kinde r gin g zwische n 1914 und 1918, wie nich t ander s z u erwarten , beträchtlic h zurüc k (sieh e Tabell e 22). Der Geburtenrückgang zwische n 1913 und 1914 von gut 20 000 entsprach noch der »normalen « Entwicklun g de r Friedenszei t sei t ca . 1900. 191 5 hatte jedoch bereit s knap p 450000 weniger Geboren e z u verzeichne n al s 1914, 1916 wiederum gu t 363000 weniger al s 1915 und 1917 noch einmal knap p 100000 weniger al s 1916. Erst von 1917 auf 1918 stieg di e Geborenenzah l das erst e Ma l wieder , un d zwa r u m knap p 17000. Das Jahr 1919 brachte dann über 400 000 Geborene mehr als das letzte Kriegsjahr. De r Geburtenrückgang insgesam t zwische n 1914 und 1918 kam einem statistischen Aus fall von 2,2 Mio. Geborene n gleich. 23 Entsprechend dem Datum der ersten Einberufungswelle zeigte n sic h di e erste n Anzeiche n de s Geburtenrück gangs im April und Mai 1915: Im April betrug er ca. 12 000 gegenüber dem gleichen Mona t de s Vorjahrs, i m Mai bereit s knapp 50000 gegenüber Ma i 1914. Ebenso wie bei den Eheschließungen entspricht die Entwicklung de r einzelnen deutsche n Staate n derjenige n au f Reichsebene; auc h hie r ga b e s jedoch eine n merkliche n Stadt-Land-Gegensatz , wen n auc h diesma l mi t umgekehrten Vorzeichen : In den Industriegebieten sank die Geborenenzahl in der Rege l schnelle r al s in de n ländlichen Gegende n - sie erreichte ihre n Tiefpunkt hie r bereit s 1917, auf de m Lan d dagege n gescha h die s ers t 1918 -, und das Minimum lag hier meist tiefer als auf dem Land. Beispielsweise betru g di e niedrigst e Geborenenzah l i n Berli n 1917 46 % der Zah l von 1913, in Sachse n 41 % und in Hambur g 43%; demgegenüber la g di e Mindestzahl i n Ostpreußen 1918 bei 56% der Zahl von 1913, in Westpreußen be i 52,5%, in Pommer n 51% und i n Mecklenburg-Schweri n 62%. Die Tatsache, da ß i n de n städtische n Regione n wenige r Ehen , dafü r abe r mehr Geburte n ausfiele n al s i n ländliche n Gebieten , dürft e au f die in de n Städten weite r verbreitet e Praxi s de r Empfängnisverhütun g bzw . Abtrei bung zurückzuführe n sein. 24 Der Anstieg de r Anzahl unehelich Geborene r im Krieg , de n Tabell e 25 wiedergibt - waren vo r de m Krie g knap p 10% aller Geborenen unehelich, stie g dieser Prozentsatz im Krieg auf über 13% an - ist zu relativieren. Er entsprach de m veränderte n Verhältni s de r verheiratete n z u den unver heirateten Frauen, da s 1913 = 100:85 war, 1917 dagegen 100:106 und 1918 sogar 100:113. Bezieht man jeweils die ehelich Geborenen auf die verheirateten und die unehelich Geborenen auf die unverheirateten Frauen zwischen 15 und 50 Jahren un d berechne t somi t di e ehelich e un d di e unehelich e Fruchtbarkeitsziffer, d . h. di e auf je 1000 Frauen im Alter von 15-50 Jahren entfallende Zah l de r Geborenen (sieh e Tabelle 26), zeigt sich , da ß die Zah l der unehelich Geborene n stärke r abnah m al s die der ehelichen ; auc h dies e Entwicklung dürft e - angesichts de r relative n Häufigkei t vo n nicht- bzw . 133 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Tabelle 25: Unehelich Geborene 1913-1919 Jahr

insgesamt

von 100 der überhaupt Geborenen

1913 1914 1915 1916 1917 1918 1919

183977 183914 159422 117677 108333 125253 145303

9,7 9,8 11,2 11,1 11,5 13,1 11,2

Quelle: wie Tabelle 22

außerehelichen Beziehunge n währen d de s Kriegs - in Zusammenhang mi t der zunehmenden Fähigkei t und Bereitschaft zu r Anwendung empfängnis verhütender Praktiken bzw. zu r Abtreibung zu interpretieren sein. 25 Der Index der ehelichen Fruchtbarkeit (1913 = 100) erreichte 1917 seinen Kriegstiefstand mi t 52,4, derjenige der unehelichen Fruchtbarkei t (1913 = 100) sank dagegen bis zum gleichen Jahr auf 50,2; 191 8 übertraf er den ehelichen. Das verändert e Verhältni s de r verheiratete n z u de n unverheiratete n Frauen is t auc h di e Ursach e dafür , da ß di e allgemein e Fruchtbarkeitsziffe r im Krie g stärke r abgenomme n ha t al s di e ehelich e un d di e unehelich e Fruchtbarkeitsziffer: Wen n da s Verhältnis de r verheiratete n z u de n unver heirateten Fraue n gleichgebliebe n wäre , hätt e di e allgemein e Fruchtbar keitsziffer zwische n de r Abnahm e de r eheliche n un d de r uneheliche n Fruchtbarkeitsziffer liege n müssen. Eine weiter e Möglichkeit , sic h de n durch de n Krie g veränderte n Fami lienstrukturen au f statistischem We g zu nähern, biete t di e Analyse de r Fa milienhaushalte de r Kriegszei t un d ihre r Zusammensetzung . Aufschlüss e hierüber ergeben sich aus der Volkszählung fü r Bayern von 1916.26 Die bayerischen Zahlen ergeben für 1916 gegenüber 1910 eine Zunahme der Haushalte bei gleichzeitiger Abnahm e der ortsanwesenden haushaltszu gehörigen Persone n (siehe Tabelle 27). Dies ist auf die Zunahme der Einzelhaushalte, d . h. de r einzel n lebende n Persone n mi t besondere r Wohnun g und eigener Hauswirtschaft zurückzuführen .

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Tabelle 26: Allgemeine, ehelich e und uneheliche Fruchtbarkeitsziffer n im Deutsche n Reich 1913-1918 Jahr

A ) Allgemein e Fruchtbarkeitsziffer n

Frauen im Alter von 15-50 Jahren

Geborene überhaupt

allgemeine Fruchtbarkeitsziffer

Meßziffer

1913 1914 1915 1916 1917* 1918*

17143045 17411280 17684226 17962584 1 7722 633 17937140

1 894 598 1 874 389 1 425 596 1 062 287 939938 956251

110,5 107,7 80,6 59,1 53,0 53,3

100,0 97,4 72,9 53,5 48,0 48,2

Jahr

verheiratete Frauen im Alter von 15-50 Jahren

ehelich Geborene

eheliche Fruchtbarkeitsziffer

Meß Ziffer

1913 1914 1915 1916 1917* 1918*

9265913 9340953 9231342 9024061 8600876 8 427 12 5

1710621 1 690 475 1 266 17 4 944610 831605 830998

184,6 181,0 137,2 104,7 96,7 98,6

100,0 98,0 74,3 56,7 52,4 53,4

Jahr

unverheiratete Frauen im Alter von 15-50 Jahren

unehelich Geborene

uneheliche Fruchtbarkeitsziffer

Meßziffer

7 877 132 8070327 8452884 8938523 9121757 9510015

183977 183914 159422 117677 108333 125253

23,4 22,8 18,9 13,2 11,9 13,2

100,0 97,6 80,7 56,4 50,9 56,4

B) Ehelich e FruchtbarkeitsZiffer n

C ) Unehelich e Fruchtbarkeitsziffer n

1913 1914 1915 1916 1917* 1918*

* Deutsches Reich ohne Elsaß-Lothringen. Quelle: wie Tabelle 22, S. XXXV

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Tabelle 27: Familien-, Einzel - und Anstaltshaushaltungen i n Bayern 1910 und 1916 Art der Haushaltungen

Zahl der Haushaltungen 1910 1916 absolut absolut in %

in %

Familienhaushaltungen Einzelhaushaltungen Anstalten zusammen

1 339 962 91 731 9397 1 441 090

90,9 8,6 0,5 100,0

Art der Haushaltungen

Zahl der dazugehörigen Persone n 1910 1916 absolut absolut in %

Familienhaushaltungen Einzelhaushaltungen Anstalten zusammen

6567016 91731 228544 6887291

93,0 6,4 0,6 100,0

95,4 1,3 3,3 100,0

1 322 093 124290 7888 1 454 271

6056634 1 24 290 441 528 6622452

in % 91,4 1,9 6,7 100,0

Quelle: Die Kriegsvolkszählungen vo m Jahre 1916 und 1917 in Bayer n (Beiträg e zur Statistik Bayern, hg. vom Bayerischen Statistischen Landesamt, H . 89), München 1919, S. 106 Die Einberufung de r Männer bewirkte, da ß die Zahl de r männlichen Mit glieder vo n Familienhaushalte n abnahm ; sowei t di e eingezogenen Männe r ihren Militärdiens t nich t a n der Front , sonder n i m Heimatgebie t ableiste ten, tauche n sie als »Anstaltsinsassen« i n der Statistik auf : Vo n je 1000 ortsanwesenden Männer n lebte n i n Bayer n 1910 946,8 in Familienhaushalten , 43,9 in Anstaltshaushalten un d 9,3 in Einzelhaushalten; 1916 waren die entsprechenden Zahle n 869,6, 120, 8 und 9,6. Bei de n Fraue n is t dagege n di e Zunahme der allein Lebenden auffällig: Vo n je 1000 ortsanwesenden Fraue n lebten i n Bayer n 1910 960,0 in Familienhaushalten , 22,8 in Anstaltshaus halten un d 17,2 in Einzelhaushalten ; 1916 war di e Zah l de r i n Familien haushalten lebende n Fraue n auf 950,6 zurückgegangen un d di e der in An staltshaushalten lebende n auf 23,3 leicht, di e der in Einzelhaushalten leben den seh r deutlic h au f 26,1 angestiegen. I n den meiste n Fälle n handelt e e s sich u m kinderlose »Kriegerfrauen « ode r Witwen, dere n Söhn e einberufe n worden waren , u m Haushalt e also , di e durc h di e Einberufunge n au s de r Klasse de r Familienhaushalt e i n di e der Einzelhaushaltunge n übergewech selt waren . Eine n gewissen Tei l der alleinlebenden Fraue n dürften auc h die Kriegsarbeiterinnen gestell t haben : Vo n de n i n eine r andere n bayerische n Erhebung ermittelte n knap p 91 000 Arbeiterinnen de r bayerischen Kriegs 136 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Industrie lebten 1917 gut 32% in eigener Wohnung und knapp 16% in Un termiete. Knapp 50% lebten bei Eltern und Verwandten. 27 Ebenfalls ein e direkt e Folg e de r Einberufunge n wa r di e Zunahm e de r Zahl kleinere r Familienhaushaltunge n un d der in ihnen lebenden Persone n bei gleichzeitiger Abnahm e der Anzahl größerer Haushalte. Tabelle 28: Größe der Familienhaushaltungen in Bayern 1910 und 1916 A) Haushaltunge n Familienhaushaltungen mit 2 Personen 3 Personen 4 Personen 5 Personen 6 Personen 7 Personen 8 Personen 9 Personen 10 Personen 11 und mehr Pers. zusammen

Grundzahlen

in %

1910

1916

1910

1916

197222 233460 240538 211 151 163821 115802 74855 45612 25763 31738 1 339 962

232003 263693 248557 200048 144412 96225 59293 35038 19837 22987 1322093

14,7 17,4 18,0 15,8 12,2 8,6 5,6 3,4 1,9 2,4 100,0

17,5 20,0 18,8 15,1 10,9 7,3 4,5 2,7 1,5 1,7 100,0

B) Persone n 2 Personen 3 Personen 4 Personen 5 Personen 6 Personen 7 Personen 8 Personen 9 Personen 10 Personen 11 und mehr Pers. zusammen

1910

1916

1910

1916

394444 700380 962 152 1 055 755 982926 810614 598840 410508 257630 393767 6567016

464006 791079 994228 1000240 866472 673575 474344 315342 198370 278978 6056634

6,0 10,7 14,7 16,1 15,0 12,3 9,1 6,2 3,9 6,0 100,0

7,7 13,1 16,4 16,5 14,3 11,1 7,8 5,2 3,3 4,6 100,0

Quelle: wie Tabelle 27, S. 109 Zwar ga b e s ebenfall s kriegsbedingt e Gegentendenze n gege n dies e Ver schiebung vo n den Mittel- und Großhaushaltungen z u den Klein- und Ein137 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

zelhaushaltungen: Zahlreich e »Kriegerfrauen « un d »-familien « verlegte n ihren Wohnsit z z u Verwandten , un d kriegsgetraut e Ehefraue n zoge n vor läufig nich t selte n z u Verwandte n bzw . bliebe n dor t weiterhi n wohnen . Auch bliebe n älter e Kinde r länge r i n de r Herkunftsfamili e al s vo r de m Krieg, d a die schlechte Versorgungslage die Gründung eines eigenen Haushaltes erschwerte. 28 Diese r Gegentren d wa r zwa r nich t ausgepräg t genug , die Tenden z zu r Haushaltsverkleinerun g aufzuhalten ; e r dürft e si e jedoch etwas abgeschwäch t haben . Auc h be i de n Zahle n übe r di e Haushaltsver kleinerungen gib t e s i m übrige n eine n deutliche n Stadt-Land-Gegensatz : Insgesamt wa r di e Abnahme der Familienhaushalte un d der Zahl der in ihnen lebenden Personen auf dem Land größer, di e Zunahme der Einzel- und Kleinfamilienhaushalte dagege n geringer als in der Stadt. In ihrer Gesamthei t ergebe n di e Aussagen , di e au s diese n demographi schen Date n zu r Veränderun g de r Familie n i m Krie g gewonne n werde n können, da s Bild eine s Defizits: Viel e Familien ware n au f Kriegsdauer ge trennt, wenige r Ehe n wurde n eingegangen , wenige r Kinde r zu r Wel t ge bracht. Diese s Bild vermittelt zwar wesentliche Aufschlüsse über die Familiensituation i m Krieg , doc h e s bleibt unvollständig . E s läßt di e Frag e of fen, o b sich nich t trot z oder gerad e wege n diese s allgemeine n Rückgang s reproduktiver Familienleistunge n Veränderunge n ihre r einzelne n Bereich e vollzogen - Veränderungen, di e ihrerseit s wichtig e Aufschlüss e fü r ein e Untersuchung de s Familienleben s i m Krie g un d derjenige n Aspekt e menschlichen Zusammenleben s ergeben , di e aufgrund de r Kriegssituatio n eben nicht meh r wie bisher im familiären Rahme n lebbar waren. Ein e solche Frage nach Wandlungen im Bereich der Kinderaufzucht, de r Sexualität , der emotionale n Beziehun g de r Familienmitgliede r etc . stöß t bekanntlic h sehr rasc h a n die Grenze n de s quellenmäßig Erfaßbaren . Si e ist jedoch z u zentral fü r di e Situatio n vo n Fraue n un d Familie n i n de r Kriegszeit , u m nicht wenigsten s de n Versuc h eine r - wenn auc h notwendigerweis e frag mentarischen - Antwort z u verdienen. Ei n solcher Versuch soll im folgen den anhan d de r Veränderunge n i n de n Bereiche n de r Sexualität , de r emotionalen Beziehunge n getrennte r Ehegatten , de s Aufziehen s vo n Kinder n und de r Sozialisatio n de r Jugendlichen sowi e der hierauf bezogenen direk ten un d indirekte n gesellschaftspolitische n Steuerungsversuch e unternom men werden . Ihr e Analyse erfolg t unte r der Hypothese, da ß es gerade die kriegsbedingte Rückläufigkeit de r reproduktiven Familienfunktionen, d . h. die obe n skizziert e Trennun g zahlreiche r Familien , de r Rückgan g de r Ge burten un d de r Familiengründunge n sowi e di e Zunahm e de r Zah l vo n nicht mi t Eheman n ode r anderen Angehörige n zusammenlebende n Fraue n war, di e di e bislan g vorwiegen d i n de n Familienkontex t eingelagerte n Aspekte menschliche n Zusammenleben s i n den Bereich öffentlichen Inter esses rückte , i n welche m si e al s gesamtgesellschaftlich e Krisensymptom e definiert wurden . Allen drei Problembereichen familiäre r Reproduktio n der Kriegszeit war 138 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

es gemeinsam, da ß sic h i n ihne n jeweils vo n der Kriegssituation bewirkt e Strukturveränderungen mi t ihre r Wahrnehmun g durc h Behörden , Sozial politiker un d andere einerseits und durch die in ihnen lebenden Frauen und Männer andererseit s überkreuzten , un d da ß e s gerade dies e Gemengelag e der strukturellen Veränderunge n und ihrer Wahrnehmungsformen war , di e ihren Problemcharakter im Ersten Weltkrieg konstituierte. Es waren für die Bereiche de r Sexualität , de r emotionale n Beziehungen , de s Kinderaufzie hens und der Jugendlichen-Sozialisation jeweils alle drei Ebenen - strukturelle Entwicklung, ihr e Wahrnehmung i m Bereich von Politik un d Öffent lichkeit un d di e Einstellungs - und Wahrnehmungsweise n de r betreffende n Männer un d Fraue n selbs t - von gleiche r Wichtigkeit , un d die Wechselbeziehungen diese r Ebene n untereinande r machte n di e eigentliche Dynami k der Entwicklun g aus . Di e Analys e kan n un d dar f als o dies e Wirkungszu sammenhänge nich t zerreißen , inde m si e so eng miteinande r verflochten e Ebenen strik t isolier t betrachtet . Dementsprechen d bemüh t sic h de r fol gende Abschnit t u m eine Vorgehensweise, be i der die verschiedenen Ebe nen i n ihre r jeweilige n Überlagerun g un d gegenseitige n Beeinflussun g sichtbar werden ; ein e Vorgehensweise , be i der , de m Funktionsprinzi p de s Reißverschlusses ähnlich , de r Gesamtzusammenhang hergestell t wird , in dem die Einzelaspekte unterschiedlicher Ebene n ineinander gepaßt werden. Der Ebenenwechsel, de r die folgende Darstellung strukturiert, is t nicht nur unvermeidbar, sonder n konstitutive s darstellende s un d analytische s Ele ment. 3. 1.2. Sexualität Die Exmittierun g de r Sexualitä t au s de n getrennte n Ehe n eingezogene r Soldaten stellt e ein sowohl hinsichtlic h de s Gesamtumfangs wi e der Dauer bislang unbekannte s Massenphänomen dar. 29 Besondere Schärfe erhielt da s Problem der außerehelichen Sexualität , da s die Folge war, durc h seine enge Verbindung z u de n Idiosynkrasie n eine r kriegführende n Gesellschaft . Si e machten au s de m sexuelle n Verhalte n vo n Militär s un d Zivilpersone n i n verschiedener Hinsich t eine Angelegenheit vo n nationalem Belang : Das sexuelle Verhalte n eine s Millionenheer s lediggehende r Soldate n un d sein e möglichen gesundheitlichen Folge n waren untrennbar verbunden mi t de m Problem de r »Wehrertüchtigung « bzw . »Wehrzersetzung« . Di e Sexualitä t der weibliche n Zivilbevölkerun g wiederu m wa r Gegenstan d besondere n Interesses wege n ihre r befürchteten Auswirkun g au f die Stimmung a n der Front; die s gal t i n erhöhte m Ma ß fü r di e »Kriegerfrauen« , d . h. di e Ehe frauen eingezogene r Soldaten , un d fü r di e Beziehunge n deutsche r Fraue n zu Kriegsgefangene n un d ausländische n Arbeitern. 30 Hinz u ka m ein e er höhte Aufmerksamkei t au s Politiker- , Sozialhygieniker - un d Publizisten kreisen, di e sich aus bevölkerungspolitischen Erwägunge n speiste : Die ho139 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

hen Menschenverluste a n der Front und der Geburtenrückgang würde n in ihrer dezimierenden Wirkun g au f die nächsten militärischen Jahrgangsklassen aufgrun d de r Verbreitun g de r Geschlechtskrankheiten , di e durc h da s veränderte sexuelle Verhalten der Bevölkerung i m Krieg geförder t worde n war, noc h verstärkt werden. In ihre r Wahrnehmun g durc h Behörde n un d Sozialhygienike r führte n die Kriegserscheinungsformen de r Sexualitä t z u einer Diskussio n darüber , wie dies e al s Auswüchs e begriffene n Verhaltensänderunge n un d ihre Fol gen regulier t werde n könnten . Beides , di e Konnotation de s sittlich Anrü chigen ebens o wi e de s prinzipiel l unte r Regulierungsgesichtspunkte n z u Betrachtenden, wa r woh l gleichzeiti g Ursach e un d Folg e davon , da ß di e Diskussion zwa r allgemein e Erscheinungsforme n de r Sexualitä t i n de r Kriegszeit zu m Gegenstan d hatte , si e jedoch all e unte r de m Begrif f de r »Prostitution« zusammenfaßte . Al s da s kriegsbedingt e Charakteristiku m der »Prostitution « galt , da ß die sogenannte »geheime « ode r »wild e Prosti tution« i m Vergleic h zu r kontrollierte n Prostitutio n sittenpolizeilic h regi strierter Frauen zunahm. 31 Bei der Interpretation diese r Entwicklung is t jedoch Vorsich t angebracht . Den n de r relativ e Rückgan g de r kontrollierte n Prostitution - deren Kliente l zu m größten Tei l eingezogen wa r - wäre i m Grunde richtige r al s ih r Expor t i n di e besetzte n Gebiet e anzusprechen . I n den Etappengebiete n de r West - und Ostfron t wa r si e weit verbreitet . Di e Prostitution fan d zu m Tei l i n reglementierte r For m i n - überwiegend fü r Offiziere un d Soldate n getrenn t geführte n - Bordellen i n der Etappe statt. Den Standor t »diese r Einrichtungen « erklärt e zwa r di e Militärverwaltun g nicht ausmache n z u können ; si e machte aktenkundig , »da ß dies e Einrich tung gegen die Absicht der obersten Militärbehörde bestände, e s würde sofort Abhilf e geschaffe n werden , wen n di e Heeresverwaltung genau e Ein zelheiten erführe«. 32 Doc h wußte jeder Kriegsteilnehmer , »daß das Bordellwesen in der Etappe nicht nur geblüht hat, sondern sogar weitgehend von den militärischen Behörden geduldet, ja gefördert wurde , um die Truppen in sexueller Hinsicht zu entspannen und damit ihre Stimmung nac h allen depressiven Schützengrabeneindrücken zu heben«.33 Auch Alic e Salomon, die i n ihre r Eigenschaf t al s Kriegsamtsangestellt e zeitweilig i n Brüsse l täti g war , berichte t i n ihre r Autobiographi e vo m Brüsseler Bordellwesen : »Es gab auch unter deutscher Kontrolle stehende Bordelle und es wurde Druck auf die einheimischen Frauen ausgeübt, si e in Betrieb zu halten. Die besten Hotels, in denen die Offiziere wohnten, waren jenen Einrichtungen nicht unähnlich. «34 Brüssel war das Zentrum der Etappenprostitution a n der Westfront . Die Prostituierten rekrutierten sich entweder aus den Frauen des besetzten Auslands oder aus deutschen Frauen, di e ihrer Kundschaft gefolg t waren. 35 Problematisiert wurd e auc h diese r Sachverhal t ebens o wi e di e Sexualitä t nicht als solcher, sonder n wegen seiner wehr- und bevölkerungspolitische n 140 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Gefahren; di e Ansteckun g mi t vo n de n Prostituierte n übertragene n Ge schlechtskrankheiten könn e zahlreich e Männe r ebens o Wehrdienst - wi e zeugungsuntauglich machen . Di e Militärverwaltun g versuchte , de r Ver breitung vo n Geschlechtskrankheiten im Heer36 und ihrem Übergreifen au f die deutsch e Zivilbevölkerun g dadurc h entgegenzuwirken , da ß die Solda ten entsprechen d instruier t un d mi t Schutzmittel n versehe n wurden . Si e stieß dabe i jedoch au f Schwierigkeite n unterschiedlichste r Art . Versuche , die Zahl de r Prostituierte n i n den besetzten Gebiete n zu verringern - ζ. Β. durch au s de n Mittel n de r Landesversicherungsanstalte n un d des »Kriegs ­ ausschusses für warme Unterkleidun g i n Berlin « finanzierte Aufträg e a n belgische Fraue n zu r Herstellun g vo n Wollsache n fü r di e deutschen West fronttruppen, wodurc h ma n hoffte, »manch e Fraue n vo n de r Prostitutio n fernzuhalten, i n deren Arme sie bisher vielfach Hunge r un d Not getriebe n hatte«37 -, konnten solang e kein e Breitenwirkun g zeitigen , wi e di e allge meine Notlag e de r dortige n Bevölkerun g bestehe n blieb . Besondere s Ge wicht wurd e dahe r au f di e entsprechend e Unterrichtun g de r Soldate n gelegt. Ei n eingezogener Tischle r beschrieb sie in einem Brief von der Ostfront an seine Frau folgendermaßen : »Es sind wieder einige geschlechtskrank geworde n und deshalb bestraft. Nu n war Instruktion vom Arzt über Verhalten. Als einziges sicheres Mittel kann er nur Enthaltsamkeit empfehlen, d a der größte Teil der Weiber hier krank sei. Wer trotzdem Geschlechtsverkehr will, hat nach der Schreibstube oder Revierstube zu gehen und erhält d a kostenlos einen Karto n mi t Salb e und ein Fläschchen zum Einspritzen. Dies muß er vorher gebrauchen. Sobald er zurückkommt, muß er sich zu jeder Tages- oder Nachtstunde sofort au f der Revierstube zu einer Nachbehandlung mel den. We r das nicht tut, wir d bestraft. E r sagte noch, daß die Mittel dem Staat in jedem einzelne n Fal l 2,50 Μ kosten, u m zu zeigen, welche n Wert der Staat dieser Sache beilegt.«38 Die Aufführung eine s während de s Krieges gedrehten , fü r di e Aufklärun g unter Heeresangehörige n bestimmte n Anti-Geschlechtskrankheitenfilm s wurde allerding s bal d wiede r verboten , d a seine Darstellung de r sexuelle n Verderbtheit de r oberen Schichte n nach Meinung de r Behörden zum Klassenhaß aufreize . Die allgemein e Durchsetzun g prophylaktische r Maßnahme n stie ß je doch auf spezifische Schwierigkeiten . Zu m einen reagierten di e Frauen der solcherart beratene n Männe r vielfac h verstimmt . Wi e de r Vertrete r de r Reichsversicherungsanstalt fü r Angestellt e au f einer vo m Reichsversiche rungsamt einberufene n Sitzun g übe r Geschlechtskrankheite n i m Novem ber 1915 bemerkte, hätte n es viele Fraue n »scho n übel aufgenommen, da ß den Soldaten der Militärverwaltung Schutzmitte l geliefert wurden . Si e hätten dari n ein e Ar t Aufforderun g zu m Ehebruc h erblickt.« 39 Hinz u kam , daß be i de r Versorgun g de r Soldate n mi t Schutzmittel n i n de r Rege l aus drücklich vo n de n insgesam t woh l effektivste n mechanische n Schutzmit teln abgesehen un d ausschließlich au f die chemischen Mitte l zurückgegrif 141 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

fen wurde. Di e »bestimmten , hie r nich t z u erörternde n Gründe« , au f die ein Kriegsministeriumsvertreter dies e Einschränkung zurückführte, 40 dürf ten woh l in bevölkerungspolitischen Erwägunge n z u finden sein : Die mechanischen Schutzmitte l gege n Geschlechtskrankheite n wurde n vo n Staat , Kirchen un d Bevölkerungspolitiker n wege n ihre r empfängnisverhütende n Wirkung normalerweis e verfemt , weswege n di e Militärbürokrati e dere n Verwendungsgrad offensichtlic h nich t unbeding t i m ganze n deutsche n Heer ansteige n lasse n wollte. 41 Al s ei n deutliche s Hemmni s de r Ge schlechtskrankheitenprophylaxe erwie s sic h darüber hinaus, da ß hier nicht immer di e dafü r erforderlich e Interessenidentitä t zwische n Militärverwal tung un d Soldate n gegebe n war . Imme r wiede r zoge n sic h eingezogen e oder einzuziehende Männer lieber die Krankheit im »Haus der Schande« al s den Tod auf dem »Feld der Ehre«42 zu. Dieser wehrkraftzersetzende Aspek t ihrer Tätigkei t tru g de n Prostituierten , di e de m spezifische n Nachfrage schub Folge leisteten und die Heeresurlauberzüge bereits an den Bahnhöfe n erwarteten,43 den Verdacht ein, daß es sich »möglicherweis e [u m U. D.] im Dienste feindlicher Agente n stehend e Frauenspersonen« handele , di e »ein e derartige Schädigung unseres Soldatenmaterials betreiben«. 44 Mit besondere r Besorgni s sahe n Militär - un d Zivilbehörde n de m Zeit punkt de r Demobilmachun g entgegen , de r di e Rückkehr zahlreiche r infi zierter Heeresangehörige r i n die Heimat bringe n würde . Bereit s i n der ersten Hälfte 1915 setzten Überlegungen ein, wie diesem Übelstand gesteuert werden könne ; geplan t wa r unte r anderem , be i Kriegsend e sämtlich e zu r Entlassung kommenden Heeresangehörigen au f Geschlechtskrankheiten zu untersuchen.45 Derartige Maßnahmen konnte n jedoch 1918, als die Demobilmachung entgege n alle n Vorannahme n eine n ungesteuerte n Verlau f nahm und die Soldaten sich in der Mehrzahl selbs t entließen, nich t mehr in die Praxi s umgesetz t werden. 46 Di e Verbreitung de r Geschlechtskrankhei ten wa r jedoc h keinesweg s ei n au f da s Hee r beschränkte s Problem . I m Reichsgebiet nahme n di e Geschlechtskrankheite n sei t Kriegsbegin n eben falls zu und erreichten auc h bislang in diesem Zusammenhang wenige r an fällige ländlich e Gebiet e un d sozial e Schichten. 47 Ihr e Zunahme unte r de r Zivilbevölkerung un d de n Soldate n de s Besatzungsheeres , d . h. de n i m Heimatgebiet verbliebene n Truppenteilen , wa r s o groß, da ß einige politi sche, militärisch e und medizinische Beobachter dazu neigten, ehe r die Heimat als Gefahrenquelle fü r die Soldaten zu betrachten als umgekehrt.48 Verursacht wa r di e vermehrt e Infizierun g mi t Geschlechtskrankheite n nac h übereinstimmender Meinun g alle r Beobachter durch einen Anstie g de s außerehelichen Geschlechtsverkehrs . Die s wurd e zu m eine n für die im Hei matgebiet stationierten Soldaten konstatiert : »Während des Krieges standen eine Reihe von Generalkommandos auf dem Standpunkt, da ß zur Hebung der Stimmung unter den Soldaten laxeste Behandlung der notwendigen sittlichen und hygienischen Forderung statthaft sei.«49 142 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Die sich nicht selten bildenden Beziehungen zwischen Militärmannschafte n des Heimatgebiet s un d de r weibliche n Bevölkerun g ware n übrigen s nich t nur au s moralische n ode r prophylaktischen , sonder n auc h au s politische n Gründen höchs t unerwünscht ; si e trugen nämlic h i m weitere n Kriegsver lauf dazu bei, daß Soldaten sich mit Demonstrationen un d Unruhen, zu deren Bekämpfun g si e eingesetzt wurde n un d an denen sich in der Regel vo r allem Fraue n beteiligten , solidarisierten. 50 Al s wichtigst e Quell e veneri scher Erkrankunge n wurd e jedoch di e Zunahme de r sogenannte n »gehei men Prostitution« ausgemacht. 51 Di e Zahl der als »heimliche Prostituierte « aufgegriffenen Fraue n un d de r hierunte r al s geschlechtskran k befundene n stieg währen d de s Kriegs an: Während 1914 in den Städten Barmen, Elber feld un d Düsseldor f vo n insgesam t 506 als Prostituiert e aufgegriffene n Frauen 133 geschlechtskrank waren , handelt e e s sich i n denselben Städte n 1918 um 315 erkrankte von insgesamt 1020 festgenommenen Frauen. 52 Sind di e Quelle n hinsichtlic h de r relative n Abnahm e de r kontrollierte n Prostitution dahingehen d zu relativieren, da ß es sich eher um eine Verlagerung de r regionale n Schwerpunkt e vo r alle m i n di e Etappengebiet e han delte, is t auch der Quellenbefund übe r die Zunahme der »geheimen Prosti tution« mi t Vorsich t zu interpretieren. W o in den Quellen nämlich von der Zunahme de r »geheime n Prostitution « di e Rede ist, handel t e s sich bei genauerer Betrachtun g u m zwei durchau s heterogene Sachverhalte . Zu m ei nen war damit die Vergrößerung de r Zahl derjenigen Fraue n gemeint, di e aufgrund ihre r materielle n Notlag e als Arbeitslose oder Frauen bzw. Töch ter von eingezogenen Soldate n - sich ihren Lebensunterhalt gan z oder zum Teil al s Prostituiert e verdienten , dabe i jedoch di e sittenpolizeilich e Regi strierung vermieden. 53 Zum anderen fand der Begriff häufig Verwendung , um di e allgemei n beklagt e Zunahm e de r Anknüpfun g nichteheliche r Be ziehungen zwische n Männer n und Frauen zu bezeichnen. Zumeis t nämlic h war, wi e au s Aache n berichte t wurde , »de r Leichtsin n i n Verbindun g mi t der allgemeinen Lockerun g de r Sitten die Ursache für den Umfang de r geheimen Prostitution , Tatsachen , di e uns mit Schrecke n für die Zukunft er füllen«.54 Al s »geheim e Prostituierte « i n diese m Sin n galte n demzufolg e Ehefrauen eingezogene r Soldaten , »di e durc h de n Verkeh r mi t fremde n Männern ihre n Dran g nac h Vergnüge n un d Unterhaltun g z u befriedige n suchen«55 un d sich »einen Liebhaber halten«. 36 Im Gegensatz zur üblichen Definition vo n Prostitution al s »gewerbsmä ßiger Unzucht« fehlt e häufig de r gewerbliche Aspekt: »Das ausschlaggebende Momen t schein t allerding s hier zumeis t pure r Leichtsinn und Genußsucht zu sein, so daß die Unzucht meh r um ihrer selbst willen wi e als Mittel zum Zweck betrieben wird. «57 Zum Ziel polizeiliche r Observierunge n un d Maßnahmen wurd e somit das geschlechtliche Verhalte n de r Zivilbevölkerun g al s ganzer . Ausgehen d von de m Grundsatz : »Weiber , di e sic h de m außereheliche n Geschlechts 143 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

verkehr hingeben , sin d fas t all e geschlechtskrank«, 58 de r jede nicht gesetzlich sanktioniert e Beziehun g zwische n Fraue n und Männern zum seuchen polizeilichen Delik t werde n lasse n konnte , wurd e ei n weitgespannte r Maßnahmenkatalog sexuelle r Verhaltensobservatio n entwickelt . Di e ver schärfte Handhabun g sittenpolizeiliche r Kontrolle n erstreckt e sic h nich t nur au f registriert e Frauen, 59 sonder n auc h au f Frauen , dene n »gewerbs mäßige Unzucht « nich t nachgewiese n werde n konnte. 60 I n Dresden wa r die Sittenpolizei angewiesen worden , »in rücksichtsloser Weise gegen alle Frauenspersonen, die sich der Gewerbsunzucht irgendwie verdächtig machen , sowi e gegen Männer, di e abends und nachts durch Nachstellen und Ansprechen von Frauenspersonen lästig werden, vorzugehen.« Alle solcherar t aufgegriffene n Persone n wurde n übe r Nach t i n Verwah rungshaft genommen. 61 Un d da s stellvertretende Generalkommand o XX. AK Alienstein verfügte a m 12. 5. 1916: »Weibliche Personen , di e innerhalb eine s Monats mit einer Anzahl vo n Männern geschlechtlich verkehre n - gleichgültig, o b gege n Entschädigun g irgendwelche r Art oder nicht -, sind nach zweimaliger erfolgloser Verwarnun g durch die Polizei unter sittenpolizeiliche Aufsicht zu stellen.«62 Besondere Aufmerksamkei t widmete n di e Behörde n de m sittliche n Ver halten der »Kriegerfrauen«. 63 Weiterführend e Maßnahme n al s eine etwaige Unterstellung einzelne r unte r Sittenkontroll e wurde n zwa r i n de r Rege l nicht getroffen. 64 Di e Behörde n versuchte n jedoch, di e Bereitschaf t un d Gelegenheit z u ehelicher Untreu e unte r de n Frauen der Soldaten z u beeinflussen. Da s preußisch e Kriegsministeriu m förderte di e Verbreitun g ent sprechender Propagandaschriften : »Es gibt Kriegerfrauen , di e Liebe und Treue, Zucht und Sitte vergessen un d sich fremden Männer n a n den Hals werfen, währen d die Männer draußen darben und bluten; Kriegerfrauen, di e zum Tanz und ins Vergnügen laufen, di e mit dem Geld, das die Männer schicken, sich wie Dirnen putzen oder im Essen schlemmern, während sic h di e Kinde r mi t zerrissene n Strümpfe n un d Kleidern verwilder t au f der Straße herumtreiben. «65 Auch da s Kostgängerwese n sollt e au s diese m Grun d eine r verschärfte n Kontrolle unterworfe n werden. 66 Di e Einmietun g un d Beköstigun g vor wiegend jüngerer ledige r Arbeite r gin g zwa r aufgrund de r Einziehung ge rade dieser Altersklasse n i m Krieg ohnehi n zurück; 67 es entstand allerding s in kriegsindustrielle n Produktionszentre n ein e verstärkt e Nachfrag e nac h derartigen Unterkunftsmöglichkeite n durc h die Rüstungsarbeiterschaft. 68 Hart durchgegriffen wurd e in allen Fällen, i n denen Beziehungen zwische n deutschen Frauen , o b verheirate t ode r nicht , un d Kriegsgefangene n be kannt wurden. Entsprechen d der hohen Anzahl von in Industrie und Landwirtschaft beschäftigte n kriegsgefangene n Ausländer n waren derartige Beziehungen trotz ihrer Verfolgung durc h die Behörden und ihrer Ächtung in 144 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

der veröffentlichte n Meinun g seh r häufig. 69 Wi e ein e Fra u au s de r Gegen d von Lauf/Bayer n Mitt e 1918 an ihren kriegsgefangene n Man n schrieb : ». . . wenn de r Krie g nich t bait ein ende hat, da s die Männer hei m kommen , dan n werden di e Röthenbache r Fraue n noc h verrück t mit di e gefangene n Franzmänne r und Belgischen Ruse n man hört ale Tage ein anderes Geschpiel, e s kommen die ge--angenen) in die Wohnung der Fr(auen) bei Nacht da hert man so Stücklein, mach t ihr es vielleicht auch so . . .« Die Gendarmeriestation Röthenbac h bestätigte : ». . . und die Kriegsgefangenen un d Belgier in der Fabrik Grünthal finden trot z Verbot hi n un d wiede r Gelegenhei t mi t de n dor t beschäftigte n Arbeiterinne n i n Ver bindung z u treten , meis t nac h Feieraben d außerhal b de r Fabri k un d e s wurde n schon verschieden e Arbeiterinnen , auc h verheiratete, hierwege n angezeig t un d ge richtlich bestraft.« 70 Besonders häufi g un d i m Einzelfal l wenige r auffälli g ware n Beziehunge n zwischen de n al s landwirtschaftlichen Arbeitskräft e eingesetzte n Kriegsge fangenen un d de n si e beschäftigende n Landwirtinne n ode r de n Landarbei tcrinnen: »Bezüglich de s unerlaubte n Verkehr s zwische n Frauenspersone n un d Gefangene n muß leide r gesag t werden , da ß derselb e ehe r z u al s abnimmt, obwoh l hierwege n schon viel e Frauenspersone n gestraf t wurde n un d diese s auc h unte r de r Bevölke rung au f dem Lande bekannt ist . Fas t allwöchentlich werde n ein e oder zwei Personen (Dienstmägde , Bauerstöchter , auc h Bauersfrauen ) wege n unerlaubte n Ge schlechtsverkehrs mi t Gefangene n zu r Anzeige gebracht . E s handelt sic h hier abe r meistens um Fälle, in welchen der Verkehr nicht ohne Folgen geblieben ist. Di e übrigen Fälle werden vielfach nicht bekannt. «71 Ihre of t längerfristig e Unterbringun g au f de n Einzelhöfe n un d ih r wichti ger Beitra g z u dere n Bewirtschaftun g verlie h de n Kriegsgefangene n häufi g ein unkontrollierbares emotionale s Gewicht : ». . . weibliche Personen , di e der Versuchung lang e Zeit widerstanden haben , [sin d U. D.] ihr infolge des langen fortgesetzten Zusammenleben s mi t demselben Gefan genen schließlic h doc h unterlegen.« 72 »Di e Kriegsgefangene n entwickel n sic h all mählich durch ihre Unentbehrlichkeit z u einer ernsthaften Gefahr . Vielfac h beherr schen sie nicht bloß die Familie, be i der sie im Dienst stehen, sonder n gewisserma ßen auch die Gemeinde. . ., und über die Aufnahme, di e sie vielfach be i Frauen und Mädchen finden, läß t sich überhaupt kaum mehr schreiben.« 73 Denjenigen Frauen , di e s o »weni g Gefüh l fü r Nationalbewußtsein « un d »oft ga r kei n Schamgefüh l mehr « a n de n Ta g legten , wurde n wen n mög lich die ihrem Ho f als Arbeitskräfte zugewiesene n Kriegsgefangene n entzo Sen. 74 Zur Unterbindun g diese r ebens o häufige n wi e unerwünschte n Bezie hungen i n Stad t un d Lan d schaltete n di e militärische n un d zivile n Behör den auc h di e Press e ein . Unte r Überschrifte n wi e »A n de n Pranger « un d

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»Ehrlose Frauen « ließe n si e in regionale n un d überregionale n Tageszeitun gen Artike l einrücken , i n dene n Frauen , di e mi t Kriegsgefangene n Brief e ausgetauscht, ihne n Kußhänd e zugeworfe n hatte n ode r au f ähnlich e Ar t »vaterlandslose Gesinnun g a n de n Ta g legen« , inde m si e mi t Kriegsgefan genen »ihr e national e Würd e . . . in de n Stau b zogen« , mi t volle m Name n und Wohnor t angegebe n wurden. 75 Soga r noc h Name n un d Wohnor t vo n Frauen, di e nach Bekanntwerde n ihre r Beziehun g z u einem Kriegsgefange nen Selbstmor d begange n hatten , fande n au f diese Art ihre n We g i n die Öf fentlichkeit. 76 I n gleiche r Weis e wurd e mi t denjenige n Fraue n verfahren , denen wege n ihre r Beziehunge n z u Gefangene n de r Proze ß gemach t wurde. Formaljuristisch e Grundlag e fü r derartig e Prozess e wa r da s Geset z über de n Belagerungszustand . Kraf t de r ihne n dor t verliehene n seh r weit gehenden innenpolitische n Befugniss e konnte n di e Militärbefehlshabe r entsprechende Verordnunge n erlassen : »Die Bevölkerung ha t ihren Verkehr mit den Kriegsgefangenen au f die durch deren Arbeit, Unterbringun g un d Verpflegung unbeding t notwendigen Verrichtunge n zu beschränken. Jede darüber hinausgehende Annäherung , insbesonder e ein gegen die guten Sitte n verstoßende r Verkeh r weibliche r Persone n mi t Kriegsgefangene n is t verboten.«77 Auf diese r juristischen Grundlag e wurde n Fraue n wege n sexuelle r Bezie hungen, abe r auc h Briefeschreibe n un d »Kokettieren « mi t Kriegsgefange nen z u Geld - un d Gefängnisstrafe n verurteilt ; auc h dies e Fraue n mußte n darüber hinau s mi t de r Bekanntgab e ihre s Namen s durc h di e Press e rech nen. 78 Zwar wurde n auc h Stimme n laut , di e gewiss e Bedenke n diese r Anpran gerung vo n Fraue n gegenübe r zu m Ausdruc k brachten . »Ein e deutsch e Frau« schrie b i m Janua r 1915 an da s Münchne r stellvertretend e General kommando: »Wer öfter s Gelegenhei t hat , Feldpostbrief e z u lesen , gewinn t de n Eindruck , da ß sich unser e Soldate n in Frankreich meh r als notwendig mi t der Bevölkerung - besonders der weiblichen - angefreundet habe n und daß es in den großen Städte n des deutschen Einnahmegebiets recht lustig zugehe . Kan n hier nicht Wandel geschaffe n werden? Als seinerzeit ein paar Gänschen versucht hatten, an die Gefangenen heran zukommen, widmete n ihne n di e Zeitunge n spaltenlang e Berichte , s o da ß ma n glauben konnte, hie r läge eine Gefahr fü r Verallgemeinerung nahe . -Jede vernünf tige Frau verurteilt da s geschmacklose Benehmen jener einzelnen, ma n würde abe r auch vo n unsere n Krieger n etwa s meh r Nationalstol z erwarten , den n ersten s sin d der Umfang un d die Folgen etwaiger Bündnisse im Feindesland viel schwerwiegen der un d dan n besteh t di e billige Forderung , daß , wa s für den einen Tei l de r deut schen Staatsangehörigkeit gesag t ist, auch für den anderen Gesetz sein sollte. «79 Eine Reih e vo n Quelle n leg t de n Schlu ß nahe , da ß de r unterschiedlich e Grad, i n de m Männer n un d Fraue n sexuell e Freizügigkei t zugestande n wurde, vo r alle m i n Verbindun g mi t de n ständi g kursierende n Gerüchte n 146 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

über da s Lotterlebe n i n de r Etapp e allgemein e Aufmerksamkei t au f sic h zog. Ein e Postmeisterswitw e schickt e im Novembe r 1916 dem Münchne r stellvertretenden Generalkommand o eine n de r Zeitungsartikel , i n dene n die Verurteilun g vo n Fraue n wege n ihre r Beziehunge n z u Kriegsgefange nen bekanntgegeben wurden, un d kommentierte: »Von ungebildeten Frauenzimmer n [bei den beiden verurteilten Frauen handelte es sich um in einer Ziegelei beschäftigte Dienstmägde U. D.]verlangt man würdevolles Benehmen den Feinden gegenüber, während hinter der Front sich viele Offiziere mit französischen Dirne n bei Champagner amüsieren und die Mannschaften daran Ärgerniß [sic] nehmen.«80 Die veröffentlichte Meinun g jedoch blieb den ganzen Krieg hindurch in der Frage de r »unpatriotische n Frauen « kompromißlos . Noc h i m Oktobe r 1918, als einige deutsche Staaten Teilamnestien für kleine Delikte von Kriegerfraucn un d -witwen erließen , regt e das »Berliner Tageblatt« an , den unerlaubten Verkeh r vo n »Kriegerfrauen« mi t Kriegsgefangene n davo n aus zunehmen.81 3.1.3. Emotionale Beziehungen Einen der interessantesten, abe r auch am schwierigsten z u erfassenden Be reiche der durch den Krieg veränderten Familienbeziehungen und -funktionen stellen die emotionalen Beziehunge n vo n Familienmitgliedern i m wei teren Sinn dar. Fü r die Untersuchung diese s Aspekts des Familienlebens im Krieg liefer n di e sozialhistorischen Quelle n un d di e literarischen Verarbei tungen de s Erste n Weltkrieg s zwar nu r wenige , abe r aufschlußreiche Hin weise. Der offenkundigste un d härteste Eingriff de s Krieges in die Familienbeziehungen bestan d hie r in Lücken , di e er aufriß. Kau m einer Famili e blie b die Traue r übe r de n To d mindesten s eines , wen n nich t mehrere r männli cher Angehörige r a n de r Fron t erspart; 82 un d di e harten Lebensbedingun gen de r Kriegszei t vermehrte n auc h i n de r Zivilbevölkerun g di e Begeg nungen mi t Leide n un d Tod . D a der öffentliche Diskur s di e Bewältigun g dieses Massensterben s nu r i n der patriotisch-stilisierte n For m de r Gefalle nenlisten (»E s ließe n ih r Lebe n fü r da s Vaterland« , »E s bliebe n au f de m Feld der Ehre« ) un d Trauer nu r mi t de m Prädika t »stolze « zuließ , bliebe n die betroffenen Fraue n und Familien bei seiner Verarbeitung meh r oder weniger sich selbst überlassen. Auc h bei der »Trauerarbeit« ga b es, wenn ma n so will, ein e gesamtgesellschaftlich e Arbeitsteilung : Wa r das Töten gesell schaftlich organisiert , blie b da s Sterbe n un d sein e Verarbeitun g durc h di e Überlebenden »Privatsache« . Ein e gewisse Auffangpositio n bildete n zwa r die Kirchen al s traditioneller un d im Krie g ne u belebter Or t institutionali sierter Todesbewältigung. I n Berlin etwa ginge n die Kirchenaustritte End e 147 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

1914 zurück, di e Wiedereintritte un d der Besuc h de r Gottesdienst e nahme n zu; offensichtlic h fande n als o einige de r Betroffene n i n de r religiöse n Sinn stiftung ein e Hilfe. 83 Gerad e di e Vertrete r de r Kirche n ware n e s jedoch, di e als »Briefträge r de s Todes « fungierten. 84 Je länge r de r Krie g dauert e un d j e höher di e Verlust e wurden , dest o wenige r wa r i n diese m Zusammenhan g den Fraue n un d Familie n Sinnstiftende s noc h vermittelbar . I n seinem auto biographische Züg e tragende n Roma n »Jahrgan g 1902« gibt Erns t Glaese r den Wande l i n de r Bereitschaf t zu r Hinnahm e solche r Meldunge n au s de r Sicht eine s 13-14jährige n Jungen wieder : »Damals waren die Pfarrer die Briefträger de s Todes, und wenn einer in pastoralcm Schritt u m di e Eck e bog , stan d de r Herzschla g de r Straß e fü r Minute n still, u m darauf tobend und erleichtert wieder einzusetzen, wen n man sah, daß es das Tor des Nachbarn war , hinte r dem der Geistliche verschwand. Ic h hatte das oft beobachte t und mic h dann mi t einigen Kamerade n a n die Tür gedrückt, durc h di e der Pfarre r eingetreten war , atemlo s gehorcht , bi s einem di e Lippen trocke n ware n un d dann immer da s gleiche gehört: eine n Aufschrei , ei n Poltern , al s fiele ei n Tisch u m oder ein Bild vo n der Wand, dan n ein Wimmern, dazwische n di e monotonen Wort e des Pfarrers, di e klangen, al s liefe ein Ölfaß aus. In letzter Zei t hatten wir jedoch ort statt des Autschreis ein Lachen gehört , manch mal eine n Fluch und dann den Pfarrer eiligs t un d mit zerbissenen Lippe n da s Haus verlassen sehen . Einma l sogar , da s war i n de r Arbeitersiedlung , hatt e eine Mutte r kurz nac h de m Besuc h de s Pfarrers , de r ih r de n To d ihre s einzige n Sohne s hatt e beibringen müssen , di e Stubenbohle n mi t Petroleu m überschütte t un d da s schmächtige Haus angezündet, desse n lohweißer Brand in dem Oktobernachmitta g stand wi e di e karbolgetränkte n Wattefetze n i n eine r jäh aufgebrochene n Wunde . Die Fra u wurde gege n ihre n Wille n un d unter heftigem Sträube n vo n einer Hand voll sechzigjähriger Männe r gerettet. Si e biß und schlug um sich. Da sie einem alten Landjäger, de r sie mit Gewalt au s der brennenden Stub e weggetragen hatte , unte n im Ho f nachträglic h mi t ungeahnte r Kraf t wide r de n Bauc h trat , wurd e si e vie r Wochen nac h ihre r erzwungenen Rettun g vo n einem ordentlichen Gericht , desse n Schöffen un d Richte r zusamme n fas t zweihunder t Jahre al t waren , wege n Wider stands gegen die Staatsgewalt zu fünf Monaten Gefängnis verurteilt . Dor t gelang es ihr schließlich , sic h z u erhängen. Di e Anwohner sagten , si e sei verrückt ; si e hätt e doch jetzt, w o der Sohn tot sei, eine schöne Rente gehabt. Das gescha h 1916, eine deutsch e Arme e kämpft e u m Verdun, die Verlustliste n wuchsen über Nacht. . .« 85 Die Behörde n mußte n registrieren , da ß e s - neben de n Ernährungsschwie rigkeiten - die Todesmeldunge n waren , di e di e Stimmun g de r Bevölke rung zu m Schlechtere n wendeten. 86 Di e Einberufunge n weitere r Männe r zum Militärdiens t fande n i n de r Bevölkerungsmeinun g ebenfall s eine n zu nehmend ungünstige n Widerhall. 87 Die s gal t auc h fü r di e davo n betroffe nen Männe r selbst , di e darin vo n ihren Fraue n bestärkt wurden : »Weiters sind dann die Frauen diejenigen, di e ihre Männer nur in ihren Ideen [nicht eingezogen werde n z u wollen, U . D.] bestärken. Di e Frauen gehe n soweit , da ß si e dem Führer auf das Geschäftszimmer steige n und Vorstellungen z u machen suchen. 148 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Sic sind es auch, die am lautesten Beschwerde fuhren! Daher auch all die Briefe die sie schreiben und über die immer geklagt wird,« 88 »All die Briefe«, di e die Frauen an ihre eingezogenen männlichen Familien angehörigen, vo r alle m di e Ehefrauen a n ihre Männer, schrieben , verwei sen au f das Residuum , au f das die ehelichen bzw . familiäre n emotionale n Beziehungen de r durc h de n Krie g getrennte n Ehegatte n un d Familie n i n der Rege l zusammengeschmolze n waren , nämlic h de n briefliche n Aus tausch. E r wurd e zu m - in viele n Fälle n übe r Monat e un d Jahre fas t aus schließlichen - Medium dessen, was Peter L. Berger und andere als wesentlichen sozialpsychischen Aspek t der reproduktiven Familienfunktione n de finieren: di e »Erhärtun g un d Stabilisierun g de r gemeinsam objektivierte n Realität«, d . h. de r Konstruktio n de r Wirklichkei t i n de r eheliche n Kom munikation.89 Und er wurde gleichzeitig z u einer von den Militärbehörde n gefürchteten Quell e subversiver Wirklichkeitskonstruktionen . Den n die in den Berichte n de r Soldate n nach Hause, insbesonder e aber die in den Briefen de r »Kriegerfrauen « a n ihr e Männe r transportierte n Beschreibunge n und Kommentierungen de r jeweiligen Lebenssituatio n ware n in der Mehr zahl durc h heftig e Kriti k a n den durch de n Krieg geschaffene n Zustände n gekennzeichnet: »Aus zahlreichen Briefen von Frauen an ihre im Felde stehenden Männer . . . ersehe ich, daß sich in diesen Briefen vielfach eine ganz schrankenlose Sehnsucht nach Frieden und Heimkehr der Männer ausspricht und daß die häuslichen Verhältnisse der betreffenden Familie n i n eine r siche r oftmal s star k übertriebene n Weis e i n de n schwärzesten Farben dargestellt werden, so daß dadurch auch bei den im Felde stehenden Männern ein sehnliches Verlangen nach Beendigung des Krieges und Heimkehr geweckt werden muß.«90 Eine etwaige Übertreibun g de s Phänomens durch die Beobachter kan n i n diesem Fal l ausgeschlosse n werden . Wi e di e - mit de m Anspruc h de r Repräsentativität erstellt e - Auswahl vo n Briefe n au s de m bei m Bahnpost amt I in Münche n durchlaufende n Briefverkeh r zwische n de n deutsche n Kriegsgefangenen i n Frankreich und Italien und der Bevölkerung de r deutschen Staate n Bayern , Sachse n un d Schlesie n zeigt, überwiege n äußers t drastische Schilderunge n de s Kriegsalltag s de r Zivilbevölkerung , di e mi t den offizielle n Durchhalteparole n nich t meh r in Einklan g z u bringe n wa ren.91 Ein e Fra u au s Sachse n schrie b beispielsweis e a m 5. 3. 191 7 an ihren kriegsgefangenen Ehemann : »Die Not wird immer größer, weil hier bei uns nichts mehr giebt. Nun ich will dir meine No t schildern , wi e e s hie r be i mi r un d unte r meine r Famili e aussieht . Schlecht stehts mit uns da wir nichts mehr zu Essen haben, keine Dotschen [Rüben, U. D.], kein e Möhren und überhaupt gar nichts mehr können wir kriegen . . . Seit 14 Tagen habe ich das Mittagessen von der Volksküche und zwar 2 Portionen und da essen 5 Mann davon. Be i mir ist gerade wie wenn mir in Hals geschissen ist so hungert mic h den ganzen Tag. Sollt e nun der Mist nicht bald ein Ende nehmen, 149 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

oder muß man selbst noch Waffe in der Hand nehmen, damit die Kinder wenigstens aus der Welt kommen, den n das Elend kann ich nicht mehr ertragen. Mic h dauer n blos di e armen Kinder , di e sehen mic h nur ega l a n und kann ihne n ebe n nich t hel fen.«92 Derartige »Jammerbrief e de r Frauen « blieben , wi e di e behördliche n Beob achter ausdrücklic h feststellten , »nich t ohn e Erfol g au f die Männer«. 93 Un geachtet alle r Bemühunge n de r Zivil- un d vo r alle m de r Militärbürokratie , durch massiv e Einwirkun g au f die Frauen dere n negative n Einflu ß au f ihre männlichen Angehörige n a n de r Fron t auszuschalte n (»Lern t Euc h beherr schen!«), erwie s sic h di e brieflich e Wirklichkeitskonstruktio n Angehörige r untereinander zusamme n mi t andere n inoffizielle n Kommunikationskanä len al s stärker ; da s i n ihne n transportiert e Bil d de s Krieg s setzt e sic h meh r und meh r durch. 94 Damit is t natürlic h nu r ei n Aspek t ehelich-familiäre r Beziehunge n unte r Kriegsbedingungen bezeichnet . Ei n andere r wa r di e gegenseitig e Entfrem dung, di e di e lang e Trennun g un d di e unterschiedliche n Lebenssituatione n herbeiführten. Auc h darübe r gebe n di e Briefwechse l Aufschluß . Ei n ver heirateter Man n schrie b im Mär z 1917: »Ich kann nicht s o sein wie' s hier viele Familienväte r dabe i hat, ers t gester n hatte n wir eine n Fall , de r au f eine m Aben d 160 Μ verspielt hat , währen d sein e Fra u schrieb, da ß si e mit de n Kindern Hunge r leide t un d friert, de r hatte noch di e Un verschämtheit un s den Brie f vorzulesen. . . mit de r Bemerkun g e r frier t auc h un d trieb so das Gespött, s o hat's noch mehr, abe r zum Glück, di e Mehrzahl is t anderer Gesinnung, wen n auch der Krieg einen Verrohungszustand schafft , s o soll daß Herz doch seine r Famili e nicht entfremde t werde n ode r da ß einer mi t eine r Famili e ge genüber de n Kameraden noc h daß Gespöt t treibt , Got t bewahre mic h vo r solche r Gemeinheit.«95 Und Bernar d vo n Brentan o läß t i n seine m Roma n »Theodo r Chindler « ei nen Offizie r au f Fronturlaub zu seiner Frau sagen : »Siehst Du mich aber, wen n ich auf Urlaub bei Dir bin, siehs t D u einen Mann , de r wirklich au f Urlaub ist , da s heißt eine n Menschen , der , wen n e r bei Di r ist, nich t dort ist , w o er hingehört, sonder n dort, w o er nicht hingehört. Die s wird gan z allgemein z u weni g beachtet ! Außerde m siehs t D u dan n eine n Menschen , de r nu r mehr übe r jenen RES T von Kraft verfügt , de r ihm für da s bleibt, wa s wir da s private Lebe n nenne n (ode r richtige r gesag t einma l genann t haben) . Einfac h ausge drückt könnte man also sagen, daß ich ein guter Offizier bi n (entre nous: man sollte nicht meh r Offizier sagen , sonder n Verteidigungs - und Angriffsbeamter!), abe r ein schlechter Ehemann; und dies ist die Wahrheit. I n der offiziellen Propaganda , di e ins Volk geschosse n wird , gib t e s da s nicht . Abe r wen n D u mic h un d all e mein e Freunde ansiehst , ja all e Männer , di e D u etwa s genaue r beobachte n kannst , wirs t Du sehen, daß es dies gibt. . .«96 Aus de r Perspektiv e de r Fraue n formuliert e ein e Hamburge r Kolonialwa renhändlerin da s gleich e Problem , al s si e i m Oktobe r 1914 an ihre n einge zogenen Man n schrieb : 150 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

»Sag mal, mit wem haust Du Dich nachher, wenn Du wieder daheim? Ihr werdet ja so an das kriegerische Leben gewöhnt, daß Euch des Hauses Friede gar nicht mehr behagt.«97 Diese Entfremdun g zwische n Ehegatte n - die auf familiärer Eben e die gesamtgesellschaftliche Trennun g de r kriegführenden Gesellschaf t i n die un vereinbaren Alltags - un d Relevanzstrukture n vo n »Front « un d »Heimat « widerspiegeln98 - dürfte fü r di e einzelne n Familie n di e nachhaltigst e Ein wirkung de s Kriegs au f die Veränderun g de r ehelichen un d familiären Be ziehungen gewese n sei n und diese bis weit übe r das Kriegsende hinaus beeinflußt haben . Währen d des Kriegs jedoch und »von oben« betrachte t wa ren e s gerad e di e Aufrechterhaltun g un d da s »Funktionieren « de s ehelich familiären Kommunikationsnexus , di e eine n entscheidende n Aspek t de s Zusammenhangs zwische n Famili e un d Gesamtgesellschaf t ausmachte n eines Zusammenhangs , de r nich t nu r i n diese r Hinsich t i m Kriegsverlau f zunehmend vo n Interessen - un d Wahrnehmungswidersprüche n gekenn zeichnet war. 3. 1. 4. Das Aufziehen vo n Kindern und die Sozialisation der Jugendlichen Von alle n familiäre n Reproduktionsfunktione n rückte n währen d de s Kriegs diejenigen am stärksten in den Mittelpunkt de s öffentlichen Interes ses, di e sich auf die Kinder un d Jugendlichen i n Familien bezogen . Vo r al lem au f zwe i dami t verbunden e Problembereich e konzentrierte n sic h di e öffentliche Diskussio n un d di e politisch-bürokratische n Steuerungsversu chc: zum einen auf die sinkende Geburtenrate, zu m anderen auf die Problematik de r familiäre n Sozialisatio n Jugendlicher i n unvollständige n Fami lien. Fü r die erhöhte Aufmerksamkeit , di e Regierungen, Behörden , Mili tär, sozialpolitisch e Vereinigunge n un d Sozialhygienike r diese n Frage n widmeten, ga b e s verschieden e Gründe . Einma l ware n sowoh l di e sin kende Geburtenrat e al s auc h di e Unvollständigkei t zahlreiche r Familie n nicht zuletz t ein e direkt e Folg e de r staatlic h verfugte n Trennun g de r Ehe gatten durc h di e Einberufunge n zu m Militär ; da s Geltendmache n eine r staatlichen Verantwortlichkeit fü r diese Bereiche lag daher - ebenso wie bei der materielle n Versorgun g de r Kriegsteilnehmerfamilie n - sehr nahe . Hinzu kam , da ß hinsichtlic h beide r Frage n ein Problematisierungskontex t bereits vor dem Krie g entstanden war : Frage n des Geburtenrückgangs wa ren im bevölkerungspolitischen Diskur s des Kaiserreichs thematisiert wor den, un d auch um die Ansatzpunkte einer staatlichen Jugendpolitik hatt e es lebhafte Debatte n gegeben . I n der Kriegszeit gewanne n dies e Diskussionskontexte allerding s ein e gan z neu e Aktualität . Di e hohe n Verlust e a n de n Fronten un d di e drastisc h sinkend e Geburtenrat e verliehe n bevölkerungs politischen Überlegunge n un d pronatalistische n Strategie n ein e ungleic h 151 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

höhere Dringlichkeit; si e machten de n Ersten Weltkrie g zu m entscheiden den Anstoß, den staatlichen Aufgabenkatalo g au f Dauer um bevölkerungspolitische Maßnahme n z u erweitern . Gleichzeiti g wurde n al s problema tisch empfunden e Aspekt e de s politischen , sittliche n un d ökonomische n Verhaltens Jugendlicher i n der Kriegszei t vo n de r Zivil- un d Militärbüro kratie zum Anlaß genommen, au f dem Verordnungs weg eine staatliche Jugendpolitik z u konzipieren, di e familiäre Sozialisationsdefizit e kompensie ren sollte . Gemeinsa m wa r somi t de m generative n un d dem sozialisieren den Bereich familiäre r Reproduktio n i n der Kriegszeit eine verstärkte Ten denz zu r versuchte n ode r tatsächliche n Ausübun g staatliche r Kontrollen . Unterschiede zeigte n sic h jedoch hinsichtlic h de r Maßnahmen, mittel s de rer dieses Ziel vermehrte r staatliche r Kontroll e erreicht werde n sollte . Di e Jugendpolitik wurd e - unter Federführun g de r Militärregierunge n un d vielleicht nich t gan z unabhängig vo n einer unter Militär s größeren Bereit schaft z u dirigistische n Eingriffe n - vor alle m durc h Verfügun g direkte r Kontrollmaßnahmen (Jugendsparzwang , Ausgangssperren , Verbo t des Kinobesuchs etc.) praktiziert. Di e pronatalistische Bevölkerungspolitik dage gen stützte sich, sowei t si e die Ebene der öffentlichen ode r innerbürokrati schen Problemaufriss e verlie ß un d i n Maßnahme n umgesetz t wurde , schwerpunktmäßig au f sozialpolitisch e Regelunge n un d Institutionen ; durchführende Organ e ware n hie r nich t di e Militärregierungen , sonder n insbesondere die Kommunen, die , indem sie diese Aufgabe zunächs t als vaterländische Ehrenpflich t begeister t au f sich nahmen, di e ihnen bereits vo r dem Krieg zugewachsen e Funktionsvermehrung au f sozialpolitischem Ge biet weiter ausbauten. Bereits im Kaiserreich de r Vorkriegszeit wa r in Arbeiterfamilien di e Be schränkung de r Kinderzah l durc h empfängnisverhütend e Maßnahme n oder Abtreibunge n wei t verbreitet . Ein e 1911-1913 durchgeführte Erhe bung de s Dermatologen Ma x Marcuse unter 100 aus Arbeiterkreisen stam menden verheiratete n Patientinne n seine r Praxis 99 hatt e ergeben , da ß 41 Frauen ein oder mehrere Male (die höchste genannte Zahl war 10) abgetrieben hätten . Vo n de n 59 Frauen, di e kein e Abtreibun g angaben , wandte n gut 30 empfängnisverhütende Praktike n unterschiedlichster Ar t an, von allen Fraue n bzw . Ehe n waren e s ca. 65. Wie Marcuse feststellte , fehlt e de n Frauen durchweg bezüglich der Abtreibung jedes Unrechtsbewußtsein : »Die ›Frauen aus dem VoIke‹ begreifen ihre [der Fruchtabtreibung, U . D.] Strafbarkeit nicht. Si e kennen sie als etwas Alltägliches, ›Notwcndiges‹ un d empfinden si e deshalb nicht im entferntesten als etwas Unsittliches.«100 Die Männer dagegen fanden »offenbar auch ›nichts dabei‹, . . . [waren U. D.] sich aber der Strafbarkeit und Unerlaubtheit bewußt im Gegensatz zu ihren Frauen.«101 Die schwierige n materielle n un d emotionale n Lebensbedingunge n de r Kriegszeit verstärkten diese n Trend zur Geburtenkontrolle. Wi e der Regie 152 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

rungspräsident i n Düsseldorf 1917 konstatierte, beruht e der Geburtenrückgang der Kriegszeit »nicht nur in natürlicher Weis e auf den durch den Krieg zerrissenen Familienver hältnissen . . ., sondern . . . die aus der Friedenszeit übernommenen künstlichen Geburtenverhütungen [wurden U. D.] in den Ehen trotz des Ernstes der Zeit und trotz aller großen Kriegsverluste fortgeführt, wen n nicht gar zum Teil gesteigert.«102 Die absolute n Zahle n de r Verurteilunge n wege n Abtreibung sanke n zwa r im Krieg , ih r Entwicklungstren d blie b jedoch wei t hinte r de m Absinke n der Geburtenrate zurück und verweist daher auf eine relative Zunahme der Abtreibungen.103 Insbesonder e verheiratete Frauen wurden häufiger al s zuvor wegen Abtreibung verurteilt : 1910 wurden von 100000 ledigen Frauen 4,0 wegen Abtreibung verurteilt , 1916 waren es ebenfalls 4,0; von 100000 verheirateten Fraue n kamen 1910 2,7 zur Verurteilung, 1916 dagegen 4,5.104 Auch die Bevölkerungsstatistik verweis t auf eine zunehmende Verhütungspraxis. Dafü r sprich t zu m eine n der spezifisch e Stadt-Land-Gegensat z de r Bevölkerungsbewegung: I n de n Städte n fiele n wenige r Ehen , abe r meh r Geburten al s auf dem Land aus, wa s eine in den städtischen Regione n stär ker als in ländlichen Gegende n praktizierte Geburtenbeschränkung vermu ten läßt.105 Zum anderen ist in diesem Zusammenhang di e Veränderung der Geburtenfolge ei n Indiz: 1917 sank di e Zahl der Erstgeborenen nich t mehr im gleiche n Ma ß wi e di e Zah l de r zweiten, dritte n etc . Geborenen , wäh rend 1914-1916 vor alle m di e Zah l de r Erstgeborene n zurückgegange n war.106 De r bereit s vo r de m Krie g wei t verbreitete n Bereitschaf t zu r Ge burtenbeschränkung verlie h die steigende Ablehnung de s Kriegs in der Bevölkerung eine durchaus politische Komponente: »Auch mi t di e Kinder dürf t ih r euc h besse r Zei t lassen« , rie t ein(e ) Briefschrei ber(in) aus Niederbayern im März 1917 einem nicht überlieferten Empfänger, »de n [sic] jetzt is t da s Kinderaufziehen nich t meh r s o glänzent. Heutz u Tag e sind die Leute nicht mehr so dumm wie früher. D a könnten's gleich wieder ein Krieg anrichten, da hättens dan gleich wieder recht viel zum erschießen.«107 Und der Historiker Kar l Alexande r vo n Müller faßt e in seiner Eigenschaf t als Volksbeobachter Ressentiments , di e in Bayern 1916 weit verbreitet wa ren, so zusammen: »Der ganze Krieg ist ein Schwindel. Dem Volk wird was weisgemacht. Die Oberen haben sich untereinander vereinbart , di e Kleinen müssen hinwerden. Wi r werden uns aber überlegen, künftig Kinde r in die Welt zu setzen und mühsam aufzuziehen, bloß daß die Oberen sie dann für Nichts hinschlachten . . . Die Leute werden ihnen halt zu viel, drum haben sie den Krieg angefangt, das weiß man schon und verlieren tun wir ihn auf alle Fälle . . .« 108 Nicht nu r a n der »Heimatfront« , sonder n auc h be i de n Soldate n wa r de r Wille zu r Geburtenbeschränkun g notorisch : Si e achtete n meis t währen d des ihne n nich t zuletz t au s bevölkerungspolitische n Motive n herau s ge 153 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

währten Heimaturlaub s darauf , de n mi t ih m verbundene n pronatalisti schen Absichten nicht nachzukommen. 109 Und die Kriegsverhältnisse taten das Ihre , u m de n diesbezügliche n Kenntnisstan d de r Bevölkerun g z u he ben: Di e Intensivierun g inoffizielle r Kommunikationsstrukture n - für di e Männer Schützengraben - und Urlauberabteilsgespräche un d für die Frauen vor allem das häufige un d lange Schlangestehen vor Läden und Behörden gab Gelegenhei t zu m Austausc h übe r Frage n de r Empfängnisverhütun g und Abtreibung. 110 Diese mangelhaft e Bereitschaf t zu r Fortpflanzun g wurd e vo r de m Hin tergrund de r großen Kriegsverlust e an Menschenleben vo n Politikern un d Spezialisten als so alarmierend empfunden, da ß die Erörterung vo n Gegenmaßnahmen bereit s Ende 1915 institutionell veranker t wurde. 111 Zwischen 1915 und 1917 fanden sic h i m preußische n Ministeriu m de s Inner n fünf zehn Ma l Vertrete r de r preußische n Ministerie n un d bevölkerungspoliti sche Sachverständig e zusammen , di e übe r Maßnahme n zu r Hebun g de r Geburtenrate beratschlagten . De r diskutiert e Maßnahmenkatalog reicht e von eine r Einschränkun g de r Prostitutio n un d Bekämpfun g de r Ge schlechtskrankheiten übe r ein e Verbesserun g de s Mutter - un d Säuglings schutzes bi s zu r Einführun g vo n Sondersteuer n fü r Junggeselle n un d Kinderlose.112 Z u praktischen Folgerunge n diese r weitgespannte n Überle gungen ka m e s während de r Kriegszei t nich t mehr ; die s verhinderte nich t zuletzt de r hartnäckig e Widerstan d de s preußische n Finanzministerium s gegen jede Maßnahme, di e Kosten zur Folge haben würde. 113 Auch die einschlägigen Gesetzesentwürf e übe r di e Bekämpfung de r Geschlechtskrank heiten un d »gege n di e Verhinderun g vo n Geburten« , di e im Februa r 1918 dem Reichsta g vorgeleg t wurden , gelangte n i m Krieg nicht meh r zur Verabschiedung.114 Doc h wär e auc h andernfall s vo n ihne n ebensoweni g wi e von anderen bevölkerungspolitischen Instrumentarie n einschneidende Wirkung z u erwarten gewesen . Sowei t de r Geburtenrückgang Folg e der Ehetrennungen war , entzo g e r sich - abgesehen vo n de r Einführun g de s Hei maturlaubs fü r Frontsoldate n - dem pronatalistische n Zugrif f ohnehin . Und sowei t e r Folge des im Krieg verstärk t Breitenwirkun g gewinnende n Einstellungswandels breite r Schichten der Bevölkerung war , di e sich in der Frage de r Kinderzah l imme r selbstverständliche r al s Handelnde un d nich t als passive n Fakto r betrachteten , ginge n di e pronatalistische n Überlegun gen ins Leere: Sie zielten vorwiegend au f die Beseitigung quas i automatisc h wirkender Hinderniss e de r Volksvermehrun g wi e Geschlechtskrankheite n und Säuglingssterblichkei t ab ; den vie l wesentlichere n mentale n Verände rungen schenkten die Bevölkerungspolitiker kau m Beachtung . Der »rassenhygienischen « Variant e de r zeitgenössische n Bevölkerungs politik, di e nicht die Geburten allgemein, sonder n nu r die »rassisch« wert vollen forder n wollte , stande n di e Behörden etwa s zwiespältig gegenüber . Wo »rassenhygienische « Vorschläg e mi t eine r Politi k allgemeine r Gebur tenförderung kollidierten , s o wi e be i de r Frag e de r eugenisc h indizierte n 154 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Abtreibung, entschiede n sie eindeutig gege n die «Rasse« un d für die große Zahl, inde m sie bei ihrer prinzipiellen Ablehnung des Schwangerschaftsab bruchs blieben . Ebensoweni g wi e Regierunge n un d Behörde n andere r Länder115 lehnten di e deutschen jedoch eugenisch e Vorstellungsmuste r ge nerell ab . Als in einer Bundesratseingabe di e Einführung vo n Ehetauglich keitszeugnissen geforder t wurde , u m »rassisch « Minderwertig e vo n de r Eheschließung abzuschrecken , lehnt e da s Reichsam t de s Inner n die s zwa r ab. Die s geschah jedoch nicht aus prinzipiellen Gründen, sonder n weil ihm »eine gesetzlich e Einführun g vo n Ehetauglichkeitszeugnisse n zu m minde sten noc h al s verfrüh t erscheinen « wollt e »angesicht s de s unentwickelte n Verständnisses de r Bevölkerun g fü r rassenhygienisch e Forderungen« . D a die Maßnahm e außerde m seh r teue r werde n würde , empfehl e e s ihre Ab lehnung. De r von de r Eingabe beabsichtigte Zweck , »di e Bevölkerung z u einer größere n Rücksichtnahm e auf die gesundheitlichen Eigenschafte n be i der Eheschließun g z u erziehen« , se i jedoch »durchau s anzuerkenne n un d nach Möglichkeit z u fördern«. 116 Angesichts de r knappe n staatliche n Finanzlage 117 wurde n pronatalisti sche Erwägunge n i n de r Kriegszei t nu r dor t i n di e sozialpolitisch e Praxi s umgesetzt, w o fü r ihr e Finanzierun g ander e Kostenträge r zu r Verfügun g standen. Dies e fande n sic h i n den Krankenversicherunge n un d de n Kom munen. Da ß beispielsweise »die Säuglingsfürsorge, ebens o wie sonstige gemeinnützige Bestrebungen, nicht zu den staatlichen Aufgabe n gehört , sondern , sowei t nicht für ihre Zwecke die nach Möglichkeit anzustrebende Gewinnung privater Liebestätigkeit in Gestalt von Stiftungen und Vereinsarbeit gelingt , z u den Angelegenheiten kommunale r Verbände zählt«, bekräftigte de r preußisch e Innenministe r noc h einma l i m Ma i 1918. Für den Staat könne es sich nur darum handeln, Zuschüss e zum Unterhalt vo n Säuglingsfürsorgestellen etc . zu gewährleisten, un d zwar unter der Voraussetzung, da ß sic h Gemeinden un d Kreis e »i n angemessene r Höhe « a n den Unterhaltskosten beteiligten. 118 I n de n Gemeinden , Kreise n un d Regie rungsbezirken erfolgt e den n auc h de r eigentlich e Ausba u de r bevölke rungspolitisch motivierte n Sozialpolitik , sowei t dies e ih n unte r de n schwierigen finanzielle n un d personelle n Bedingunge n de r Kriegszei t lei sten konnten. Di e bevölkerungspolitische Schwerpunktsetzun g (ausgebau t wurden vo r alle m Mütter - un d Säuglingsfürsorge , di e Überwachun g de r Säuglingsernährung, Kinderkrippe n und Haushaltungs- und Kinderpflege kurse fü r Fraue n un d Mädchen ) wurd e geradez u z u eine m Charakteristi kum de r lokalen un d regionale n Sozialpoliti k de r Kriegszeit. Si e war wei terhin gekennzeichne t durc h de n enge n Zusammenhan g öffentliche r un d privater Wohltätigkeitsbestrebunge n au f diese m Gebiet . Bereit s vo r de m Krieg ware n Bemühunge n i n Gang gekommen , di e oft unkoordinier t ne beneinander herlaufende n sozialfürsorgerische n Aktivitäte n vo n Gemein 155 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

den un d Vereinen auf der Ebene der Kreise und Gemeinden z u zentralisieren un d z u vereinheitlichen . Durc h di e Zunahm e wohlfahrtspflegerische r Aktivitäten i n de r Kriegszei t wurd e di e Aufgabe ihre r Koordinierun g be sonders dringlich und, meis t unter der Federführung de r Frauenvereine unterschiedlicher Richtungen , verstärk t i n Angrif f genommen. 119 Ein e Zen tralisierung un d Koordinierung private r und öffentlicher Sozialpoliti k ka m jedoch währen d de s Krieg s nich t zustande . I n de r erste n Kriegshälft e wurde si e durc h di e Gründun g zahlreiche r unkoordinier t nebeneinande r her arbeitende r Hilfswerk e verhindert ; i n der zweiten Kriegshälft e dünnt e dann die private Fürsorge infolge Geld- und Personalmangels im Vergleic h zur stärke r bürokratisierte n kommunale n Kriegswohlfahrtspfleg e imme r mehr aus. 120 Finanzier t wurde n di e sozialpolitischen Maßnahme n vorwie gend aus städtischen Mitteln , Spendenaktione n sowi e Zuschüssen der Landesversicherungsanstalten un d Reichszuschüssen. 121 Das Reich, di e Gemeinden un d di e Krankenversicherung 122 ware n auc h die Träge r de r bekannteste n bevölkerungs - un d familienpolitische n Maß nahme de r Kriegszeit, de r sog. Reichswochenhilfe . Si e war di e praktisch e Anwendung de r staatliche n Mütter - un d Säughngsfürsorgebestrebunge n im Weltkrieg . Eingesetz t hatte der staatliche Wöchnerinnenschutz mit dem Beginn de r Arbeiterkrankenversicherung 1883. 123 Da die Höhe der Wöch nerinnenunterstützung jedoch nu r auf die Hälfte, höchsten s aber auf Dreiviertel de s durchschnittlichen Tageslohn s begrenzt war , bedeutet e sie keine finanzielle Absicherun g de r Wöchnerinnen. Di e Novelle zum Krankenver sicherungsgesetz von 1903 brachte eine Ausdehnung de r Wochenbettunter stützung au f di e Daue r vo n sech s Wochen , di e Reichsversicherungsord nung vo n 1913 schließlich au f acht Woche n sowi e ein e Reih e zusätzliche r fakultativer Leistunge n fü r Wöchnerinne n (frei e Hebammendienst e un d ärztliche Geburtshilfe, di e Gewährung eine s Stillgeldes fü r Wöchnerinnen , die selber stillten, bi s zur halben Höhe des Krankengeldes und bis zum Ablauf der zwölften Woch e nach der Niederkunft u . a. m.). Da die Kassen bei der Anwendun g diese r fakultative n Bestimmunge n i n de r Mehrzah l seh r zögerlich vorgingen , konnt e z u Kriegsbegin n vo n eine r auc h nu r annä hernd ausreichende n materielle n Versorgun g de r Wöchnerinne n nich t di e Rede sein - ein Zustand, de r den Sozialhygieniker Alfon s Fische r 1915 die rhetorische Frage stellen ließ: »Jeder Züchte r von Pferden und Rindern hält die trächtige Stute oder Kuh von der Arbeit fern, er fuhrt sie auf die besten Weideplätze und bietet ihr reichliches Futter. Wie aber steht es mit den Frauen während der Schwangerschaft un d kurz nach der Entbindung?«124 Am 3. Dezember 1914 verabschiedete der Bundesrat ein e Verordnung, di e denjenigen Wöchnerinnen , dere n Männer eingezogen un d vorher kranken versichert waren , au s Reichsmitteln ein e Wochenhilfe gewährte . Dies e bestand i n 25 Mark fü r di e Entbindungskosten, eine m ach t Woche n z u zah 156 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

lenden Wochengel d vo n eine r Mar k täglich , eine r Beihilfe fü r di e Leistungen vo n Hebamme n un d Ärzte n vo n 10 Mark sowi e eine m Stillgel d fü r Frauen, di e ihr Kind selber stillten, vo n 50 Pfennig pr o Tag bis zum Ablauf der zwölfte n Woche . Di e Verordnun g verpflichtet e di e Kassen , au s ihre n eigenen Mittel n dies e Leistunge n auc h denjenigen Fraue n z u erstatten, di e selber Krankenkassenmitglie d waren . Au f Dränge n vo n Sozialpolitikern , der Gemeinden und des Deutschen Städtetags 125 wurde mit der Bundesratsverordnung vo m 23. April 1915 der Kreis der Unterstützungsberechtigte n unter der Bedingung de r Bedürftigkeit au f diejenigen »Kriegerfrauen « aus gedehnt, deren Ehemann vor dem Einzug ins Heer nicht versichert gewesen war, sowi e au f diejenigen uneheliche n Kinde r vo n Kriegsteilnehmern , di e Kriegsunterstützung bezogen. 126 In Bayern beispielsweise zahlten das Reich und di e Krankenkasse n bi s zu m 1. August 1917 4855 557 Mark Wochen geld, 2413797 Mark Stillgeld , 1929097 Mark Beitra g z u de n Entbin dungskosten un d 46 062 Mark Beihilf e bei Schwangerschaftsbeschwerden . Von diese n insgesam t 9 244 513 Mark tru g da s Reic h 6610160 Mark, di e Kassen 2 634 353 Mark.127 Läßt sich so auf der einen Seite eine Ausdehnung un d Intensivierung de r pronatalistischen Sozialpoliti k i n der Kriegszeit feststellen , s o sind die diesen Ausba u behindernde n Faktore n ebens o eindeuti g auszumachen . De r bereits genannt e Geldmange l de s Reichs, da s seine ohnehin nu r knapp ge füllten Kasse n de n direkte n Kriegskoste n vorbehielt , wa r nu r ein e diese r wirksamen Gegentendenzen . Ein e weiter e seh r folgenreich e Gegenwir kung gege n de n Ausba u der Sozialpolitik gin g vo n dem in einigen Gegen den de s Reich s währen d de s Kriegs alarmierend e Ausmaß e annehmende n Ärztemangel aus ; er führte z u einer teilweise akute n medizinischen Unter versorgung nich t zuletzt von Säuglingen un d Kleinkindern un d behindert e den personellen Ausba u von Wohlfahrtsämtern un d ähnlichem.128 Auch die Auswirkungen de r Reichswochenhilfe , de s Paradestück s de r au f di e Ver mehrung de r Geburte n un d di e besser e Versorgun g vo n Mütter n un d Säuglingen abzielende n Sozialpolitik , dürfe n nicht überschätzt werden. Si cherlich bedeutet e fü r viel e Fraue n di e finanziell e Zuwendun g au s de r Reichswochenhilfe ein e spürbare Erleichterung ihre r materiellen Situation . Doch bereit s be i de r Bewertun g de r Stillprämie , de s pronatalistische n Kernstücks der Wochenhilfe, da s endlich den sozialpolitischen Durchbruc h zur Verallgemeinerun g de s Selbststillen s bringe n sollte, 129 wir d di e Effi zienz de r Reichswochenhilf e fraglich . Nebe n de m Mange l a n Kuhmilc h war es zwar der finanzielle Anrei z der Stillprämie, de n Beobachter für eine verstärkte Tenden z de r Mütte r zu m Selbststille n verantwortlic h mach ten.130 Und die verstärkte Kontrolle , de r die Empfängerinnen de r Stillprä mie sich zu unterwerfen hatte n - durch regelmäßige Besuche bei den Familien ode r di e Verpflichtun g de r Frauen , eine n dauernde n Kontak t mi t de n Fürsorgestellen aufrechtzuerhalte n - wurde als sehr erwünschter Nebenef fekt diese r Maßnahm e begrüßt. 131 Doc h versagt e auc h dies e »Wünschel 157 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

rute, . . . (die) weit mehr (Mutter-)Milch hervorgclock t hat, al s alle Appelle an di e Vaterlandsliebe«, 132 vo r de m durc h Unterernährun g de r Mütte r i m Lauf des Kriegs immer häufiger herbeigeführten Milchmangel. 133 Als Problemfel d ebenfall s nich t ne u entdeckt , abe r ne u akzentuier t wurde i m Krie g di e Roll e der Familie n be i de r Sozialisatio n de r Jugendlichen. Ebens o wi e vo r de m Krieg 134 richtet e sich die Aufmerksamkeit vo n Bürokraten, Militä r un d Sozialreformer n nich t auf die Jugend schlechthin , sondern auf die männliche Arbeiterjugend: Wede r die Jugendlichen anderer sozialer Schichte n noc h di e weiblich e (Arbeiter-)Jugend 135 wurde n auc h nur annähern d i m gleiche n Ausma ß al s konfliktträchtig e Bevölkerungs gruppe definier t wi e sie . Dies e Fixierun g de r Jugendpolitik au f die Ziel gruppe der männlichen Arbeiterjugend nahm im Krieg eher noch zu. Denn die spezifischen Bedingunge n de r Kriegsgesellschaft führte n dazu , da ß ge rade diese soziale Gruppe zwei neuralgische gesellschaftliche Positione n besetzte: Au s ihre n Reihe n rekrutiert e sic h de r unersättlich e Männerbedar f der Front , un d si e stellte gleichzeiti g - auf gesamtwirtschaftlicher Eben e eine wichtig e Arbeitskräftekategori e de r Kriegswirtschaf t bzw . - auf di e Familien bezoge n - einen nicht unerhebliche n Tei l de r Familienverdiener . Gerade in diesen beiden Eigenschaften wurd e ihr während des Kriegs denn auch di e besonder e Aufmerksamkei t insbesonder e de r Militärregierunge n zuteil. Di e vo n ihne n betrieben e Jugendpolitik wa r ein e Politi k de r Kon trolle: Überspitz t formuliert , verlo r unte r ihre r Ägid e di e Jugendpoliti k weitgehend di e Komponent e de s Schutze s Jugendliche r - die Arbeits schutzbestimmungen fü r Jugendliche z. Β., die vo r de m Krie g eine n we ­ sentlichen Bestandtei l de r staatlichen Jugendfürsorge gebilde t hatten, wur den de facto genauso außer Kraft gesetzt wie der Arbeiterinnenschutz - und wurde in gewissem Ma ß z u einer Politik de s Schutzes der Gesellschaft vo r der männlichen Arbeiterjugend. Dies e galt vielen Militärbefehlshabern, Ju gendfürsorgern un d einem Teil der Zivilbürokratie vor allem in den größeren Städte n al s »verwahrlost«. 136 Ihr e raison d'être fand dies e Diagnos e i n mehreren Indizien . Besonder s augenfällig wa r hiervon de r Anstieg de r Jugendkriminalität. Ware n i m Deutsche n Reic h 1914 insgesamt 54155 Jugendliche rechtskräftig verurteil t worden-von dene n 46034 männlich wa ren -, waren es 1918 99 493-davon 84840 männlich (siehe Tabelle 29). Den größten Anteil daran hatten, ebens o wie bei der allgemeinen Krimi nalität der Kriegszeit, di e Eigentumsdelikte (sieh e Tabelle 30): Verglichen mit 1913 waren die von Jugendlichen zwischen 15 und 18 Jahren begangene n Eigentumsdelikt e u m 57,4 % angestiegen. Diese r Anstie g lag zwa r noc h unte r de m enorme n Anstieg , de n di e Kriminalitä t de r 18-50jährigen Fraue n i m Krie g verzeichnet e (82,2%), aber deutlic h übe r der Zunahm e de r von Männer n übe r 50 Jahren - als der dritten vergleich baren, d a durch die Einberufungen nich t reduzierten Grupp e - begangene n Eigentumsdelikte (14,6 % ) . 1 3 7 La g der Zusammenhang diese s Aspektes von »Verwahrlosung« mi t der allgemeinen materiellen Verelendung de r Kricgs158 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Tabelle 29: Verurteilungen jugendlicher im Deutschen Reich 1913-1920 männlich

insgesamt

weiblich

Jahr

absolut

Index

absolut

Index

absolut

Index

1913 1914 1915 1916 1917 1918 1919 1920

54 155 46940 63 126 80399 95651 99493 64619 91 170

100,0 84,6 116,6 148,5 176,6 183,7 119,3 168,4

46034 39734 54 108 69463 82047 84840 55447 78621

100,0 86,3 117,5 150,9 178,2 184,3 120,4 170,8

8121 7206 9018 10936 13604 14653 9172 12549

100,0 88,7 111,0 134,7 168,0 180,4 113,0 154,5

Quelle: Liepmann, M. , Krie g un d Kriminalität i n Deutschland (Wirtschafts - und Sozialgeschichte des Weltkriegs, deutsche Serie), Stuttgart u. a. 1930, S. 98 Tabelle 30: Die Kriminalität der Daheimgebliebenen 1913/1917 Verbrechen und Vergehen gegen: Staat und öffentl. Ordnung

Jugendliche von 15-18Jahren

Steigerung der Vermögensdelikte in Prozent

Männer über 50 Jahre

1913 191

7

1913 191

7

1913 191

7

1981 262

5

12528 550

4

7926 266

5

Kriegsverordnungen das Vermögen

Frauen von 18-50 Jahren

89 26 572 4

1 833

57,4

22672 29836 5436

2

13627 12414 1422

82,2

7

14,6

Quelle: wie Tabelle 29, S. 100 zeit au f de r Hand, bezo g sic h di e meistdiskutierte Komponent e de r »Ver wahrlosungs«-Debatten dagege n au f di e Jugendlichen al s di e »nouveau x riches« der Kriegsgesellschaft . Di e zahllosen Klage n übe r di e »Unbotmä ßigkeit« jugendlicher Arbeiter , di e als Folge ihrer hohen Löhne , ihre r Un 159 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

entbehrlichkeit al s Arbeitskräfte un d der Abwesenheit disziplinierende r Instanzen wi e Väter , Lehre r und Poliziste n diagnostizier t wurde , weise n all e mehr oder weniger explizi t i n eine Richtung: De r Krieg habe , s o lassen sie sich zusammenfassen, ein e bedrohliche Verschiebung de s Kräfteverhältnis ses zwischen de n Generationen herbeigeführ t - die entsprechenden Klage n über ein e Verschiebun g de s Kräfteverhältnisse s zwische n de n Geschlech tern habe n zu keinem Zeitpunk t auc h nur annähernd di e gleiche Intensitä t erreicht. I m Krieg, s o kann ma n dies e Äußerunge n unschwe r interpretie ren, betrachtete n zahlreich e Vertrete r de r ältere n Generatio n de n Genera tionenkonflikt al s offen proklamiert : »Die jugendlichen Arbeiter hatten wohl erkannt, daß sie trotz ihrer Minderheit für die Fortführung de r Betriebe wichtig waren. Daher trat vor allem bei den männlichen Jugendlichen ein Selbstbewußtsein zutage, das ihr Verhalten einerseits vorteilhaft beeinflußte und ihr Verantwortungsgefühl hob , das meist aber doch in Unbotmäßigkeit un d Aufsässigkei t ausartete , kein e Zurechtweisun g duldet e un d de n Bruch ode r di e Auflösun g de s Arbeitsverhältnisses au s nichtigem Anla ß herbei führte. Bei m Fehlen der häuslichen Zucht, die bei der Abwesenheit des Vaters aufrechtzuerhalten, di e Mutter häufig außerstand e war, riß mit der Zeit eine arge Verwilderung ein, die zu vielen trüben und schweren Ausschreitungen geführt hat. Die gegenüber dem Friedensverdienst u m das Doppelte und höher gestiegenen Löhne verleiteten zu zwecklosen und bedenklichen Ausgaben. «138 Der hohe Geldverdienst der Jugendlichen »fan d oft zum großen Teil seinen Weg in Kneipen und Zigarrenläden oder wurde mit Arbeitskolleginnen verjubelt«. 139 Viele de r Klage n übe r Jugendlichen-»Verwahrlosung« bezoge n sic h meh r oder weniger explizit auf deren sexuelles Verhalten: Männliche Jugendliche rückten stärke r al s Prostituierten-Kundschaft in s Blickfeld; un d sie hielten sich offensichtlich mi t weiblichen Bekannte n häufiger al s früher a n Plätzen wie Kneipen, Kino s und ähnlichem auf, dere n Besuch ihnen ihr Kriegsverdienst gestattete, ihne n aber auch größere öffentliche Aufmerksamkei t ein trug als der paarweise Aufenthalt an unentgeltlichen Stätten. 140 Ein weitere s Problem , au f das die zeitgenössische n Verwahrlosungsde batten Bezu g nahmen , wa r di e Tatsache, da ß di e Schule n ihre r Sozialisa tionsfunktion i n der Kriegszeit nur bedingt nachkommen konnten . Hierz u trug einerseits der Unterrichtsausfall bei , de r die Folge der Einziehung vie ler Lehrer zum Militär und der häufigen Belegun g vo n Schulräumen durc h die Heeresverwaltun g war . Andererseit s ga b e s i n de r Kriegszei t eine n merklichen schulische n »absenteesm « vo r alle m männliche r Jugendlicher: Die unentschuldigte n Schulversäumniss e vo n Schüler n de r Volksschule n Kölns z. Β., die 1914 in 15% der Fäll e vorgekomme n waren , stiege n bi s 1917 auf 48%; 191 8 lagen si e mi t 4 1 % etwas unte r diese m Höchststand . Schülerinnen diese r Schule n fehlte n 1914 in 12% der Fälle unentschuldigt , 1917in31%. 141 Zweifellos spiegel n dies e Probleme de r Lebenssituation un d des Verhaltens (männlicher) Jugendlicher insbesondere aus Arbeiterschichten Aspekt e 160 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

der soziale n Kriegsrealitä t wider : Zumindes t di e Zunahm e de r Jugendlichendelinquenz un d de r Beschäftigung Jugendliche r a n -jedenfalls nomi nal - besser bezahlten Arbeitsplätzen war ebenso ein Faktum der Kriegszeit wie di e rückläufig e Bedeutun g de r Schul e al s Sozialisationsfaktor . Inwie weit dies e Beobachtungen real e Veränderungen de r Kriegs- gegenüber der Vorkriegszeit abbilde n ode r abe r eine veränderte Wahrnehmun g durc h di e Beobachter signalisieren , kan n im Rahmen dieser Studie nicht abschließend geklärt werden. 142 Es gib t jedoc h Indizie n dafür , daß de n zeitgenössische n Beurteilunge n jugendlicher Auffälligkeite n zwa r konkrete Kriegserscheinungen zu m Anlaß dienten , da ß dere n Gewichtun g jedoch mi t eine m gerüttelte n Ma ß an Wahrnehmungsproblematik aufgemisch t war : Dafü r sprich t zum einen die Tatsache, da ß der überproportionale Anstieg der Jugendkriminalität bereit s vor de m Krie g z u beobachte n war; 143 zu m andere n sprich t dafür , da ß di e hohen Kriegslöhn e de r männliche n Jugendlichen zwa r eine n de r meistzi tierten Gründ e für die Verwahrlosungs-Diagnose darstellte n un d den An laß für die einschneidendste Maßnahme auf diesem Gebiet, di e Einführun g des Jugendsparzwangs, gaben , gleichzeiti g jedoch di e Anzahl Schulentlas sener, als o verdienende r männliche r Jugendlicher unte r de n Fürsorgezög lingen i n einige n Gegende n deutlic h zurückging. 144 E s is t als o durchau s fraglich, inwiewei t di e genannten Indikatore n fü r abweichende s jugendliches Verhalte n e s erlauben, de r Diagnos e zeitgenössische r Beobachte r au f zunehmende »Verwahrlosung « de r männlichen Arbeiterjugend im Krieg zu folgen. Angesicht s der notorischen begrifflichen Unschärfe , die , abgesehe n von seine n negative n Konnotationen , da s einzig e ist , wa s de n Terminu s »Verwahrlosung« eindeuti g kennzeichnet , schein t sein e Verwendun g - im Ersten Weltkrie g wi e heut e - weitaus stärke r vo n de r Bewertun g soziale r Verhältnisse als deren konkreter Ausprägun g bestimm t zu sein.145 Der wesentliche Bedeutungsgehal t vo n »Verwahrlosung « lieg t demzufolg e weni ger in der definitorischen al s in der handlungsanweisenden Poten z des Begriffs: Di e Kennzeichnun g vo n gesellschaftliche n Gruppe n ode r soziale n Strukturen al s »verwahrlost « grenz t si e als Zielobjekte bürokratischer un d sozialpolitischer Maßnahme n ein. Wie sehr diese Zuschreibung durc h Bewertung un d Wahrnehmung stat t durch Empirie bestimmt ist, zeig t sich im Fall des Ersten Weltkriegs daran, daß al s Zentrum - d. h. ebens o als Ursach e wi e al s Hauptschauplatz - der »Verwahrlosung« de r Arbeiterjugen d di e Famili e ausgemach t wurde : als o gerade derjenig e sozial e Bereich , de r i n keine m direkte n Zusammenhan g mit den als Indizien für die »Verwahrlosung« dokumentierte n Phänomene n jugendlichen Verhalten s stand. Als Grundlage für die Identifizierung de s familiären Bereichs , d . h. desse n defizitäre r Sozialisationsleistunge n infolg e der Einberufun g de r Väter , al s Ursach e jugendliche r »Verwahrlosung « ebenso wie als deren Hauptleidtragende n konnte n keine Erkenntnisse über die interne n Verhältniss e de r unvollständige n Arbeiterfamilie n dienen : I n 161 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

die familiären Sozialisationsprozess e hatten weder die Zivil- und Militärbü rokratie noc h die Sozialpolitiker Einblic k - noch hat dies die sozialhistori sche Analyse , di e hier ebenfall s nu r di e Außenansicht familiäre r Sozialisa tion als Materialbasis hat. Aber u m s o stärker fiele n i n der zeitgenössischen Diskussio n alle m An schein nac h Wahrnehmungsweise n un d Ängst e in s Gewicht , di e sic h au s der kriegsbedingte n Unvollständigkei t zahlreiche r Familie n ergaben . Di e Aushöhlung de s patriarchalischen Familienleitbilde s durc h di e Einziehun g der Männe r un d di e hierdurch freigesetzte n Ängst e scheine n nich t unwe sentlich zu r Wahrnehmun g de s jugendlichen Verhalten s al s krisenhaft bei getragen z u haben , s o da ß di e Zuspitzun g de s »Generationenkonflikts « 1914—1918 gleichzeitig ein e Verunsicherung de s gesellschaftlichen Paradig mas »Familie « war . Da , wi e e s hieß , »di e streng e Han d de s Vater s un d überhaupt de r Einflu ß ältere r männliche r Persone n fehlt , u m si e [di e Jugendlichen, U . D.] in einer ihrem Alte r entsprechenden Bescheidenhei t z u erhalten«146 un d di e Mütte r al s »z u schwac h un d ohn e genügende n Ein fluß« galten , u m i n die Lebensführun g ihre r Kinde r einzugreifen, 147 such ten Militär - und Zivilbürokratie nac h Mitteln , di e »väterlichen « Sozialisa tionsfunktionen de r Familie von Staats wegen zu übernehmen. Si e entwar fen i n diese m Zusammenhan g ei n äußers t patriarchalische s Familienbild , das die vaterlose Arbeiterfamilie al s Nahkampfstätte verwahrloster jugendlicher Tyranne n mi t ihre n schwächliche n bi s liederlichen Mütter n perhor reszierte. Die aus der obrigkeitlichen Wahrnehmun g vo n Arbeiterjugen d un d -fa milien i m Krie g entstehend e Jugendpolitik wurd e vo n de n Zivilbehörde n hauptsächlich au f dem Weg des Ausbaus sozialpolitischer Institutione n wi e etwa der Einstellung vo n Kreisjugendpflegerinnen un d der Errichtung vo n Jugendämtern betrieben. 148 Di e Jugendpolitik de r Militärbürokratie , wi e sie insbesonder e vo n de n stellvertretende n Generalkommando s betriebe n wurde, schlu g dagege n ander e Weg e ein . Si e favorisierte , hieri n vo n de n zivilen Reichs- und unteren Behörden unterstützt, de n direkten Zugriff auf die Lebensführun g de r männliche n Jugend . Hierz u dient e di e »Jugend wehr«, ein e vormilitärische Organisation, di e bereits vor dem Krieg dami t begonnen hatte , noc h nich t militärpflichtig e Jugendlich e körperlic h un d geistig i m militärischen Sin n tauglich zu machen. Ih r Ausbau wurde sofor t nach Kriegsbegin n vorangetrieben ; Anfan g 1915 organisierte si e au f frei williger Basi s ca. 600 000 Jugendliche, mithi n die Hälfte der in Frage kom menden Altersgruppe. 149 Di e z u Kriegsbegin n reger e Teilnahm e a n de n Aktivitäten de r »Jugendwehr « hatt e nachgelassen, nachde m di e in de r Be völkerung zunächs t weit verbreitete Auffassung vo m obligatorischen Cha rakter diese r Einrichtun g zu m Bedauer n de r Behörde n al s Irrtu m erkann t worden war. 150 Der Landrat des Kreises Solingen stellte Anfang 1916 fest,

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»daß sich leider ein Teil unserer Jugendlichen diesen Vereinen absichtlich fernhält , und zwar vielfach gerad e diejenigen, di e einer Beaufsichtigung a m meisten bedürfen«.151 Die Bevölkerung reagiert e au f diese staatlich-militärischen Eingriff e i n die Sozialisation de r männliche n Jugend teil s desinteressiert, abe r auch mi t ei nem gewisse n Mißtrauen . Dafü r spreche n di e in de r zweite n Kriegshälft e immer wiede r auftauchende n Gerücht e übe r de n Einsat z de r Jugendwehr zur Bekämpfun g vo n Lebensmittelunruhen ; dabe i hätten , wurd e kolpor tiert, di e Jugendwehr-Mitglieder au f ihre eigenen Eltern geschossen. 152 Zahlreiche Generalkommando s erließe n darübe r hinau s Bekanntma chungen - die sog. »Jugenderlasse « -, in denen Jugendlichen da s Rauchen auf öffentlichen Plätzen , de r Besuch von Lokalen nach 21 Uhr, de r Kinobesuch u . a. m. verbote n un d ein e abendlich e Jugendsperrstund e eingeführ t wurde. 153 Einen anderen, weitau s radikalere n We g schlu g da s Oberkommando i n den Marke n ein , u m da s Konsumverhalte n de r Jugendlichen z u steuern . Die von ih m am 18. März 1916 erlassene Verordnung übe r den Sparzwan g für Jugendliche sah vor, da ß an sämtliche männliche und weibliche Jugendliche bi s zu m vollendete n 18. Lebensjahr vo n ihre m Wochenloh n nu r ei n Sockelbetrag vo n 18 Mark sowie ein Drittel des restlichen Verdienste s auszuzahlen sei . De n Restlohn hatte n die Arbeitgeber be i den Sparkassen ein zuzahlen; übe r ih n konnte n di e Jugendlichen bzw . ihr e Familie n nu r mi t Zustimmung de s Gemeindevorstand s ihre s Aufenthaltsorte s verfügen. 154 Die Gemeinden sollte n di e Auszahlung nu r gestatten, wen n konkrete Un terstützungsverpflichtungen de r Jugendlichen nachgewiese n werde n konnten. Di e hier deutlic h werdend e Übertragun g elterliche r Erziehungskom petenzen wa r beabsichtigt : Wi e das Oberkommand o ausführte , hab e man die Elter n be i de r Sparzwang-Regelun g bewuß t übergangen , d a der Vater meist eingezogen sei und die Mütter »jetzt in nur allzu häufigen Fälle n in voller wirtschaftlicher Abhängigkei t vo n den Jugendlichen [stehe n U. D.]; sie dürften daher , selbst wenn der Lohn an sie direkt ausgezahlt werde, gar nicht wagen, dem Jugendlichen etwas vorzuenthalten, sonst verlasse dieser die Familie und verziehe nach außerhalb«. 155 Der hierdurc h entstehend e Verwaltungsaufwan d de r Gemeinde n wa r er heblich, auc h nachde m di e Auszahlungserlaubnis jeweils fü r zwe i bi s drei Monate erteil t wurde . Da s Vormundschaftsamt de r Stad t Berli n hatt e pro Woche ca . 1000 Anträge au f Freigabe vo n Sparbeträge n z u erledigen ; di e Auszahlungsquote betru g nac h knap p eine m halbe n Jah r allgemei n 13-15%. Das Oberkommando bewertete seine Maßnahme als Erfolg: Ab wanderung J ugendlicher i n Gebiete, di e vom Sparzwang nich t erfaßt wur den, se i nur i n einigen Fälle n beobachtet worden , un d die Klagen übe r jugendliche »Zuchtlosigkcit « hätte n seither erheblich nachgelassen. Weder dies e positive Einschätzun g de r Sparzwangspoliti k noc h di e Si 163 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

tuationsdefinition, mi t de r da s Oberkommando ihr e Einführun g begrün det hatte , fan d allgemein e Resonanz . Durc h di e Reihe n de r betroffene n Berliner Jugendlichen und ihrer Eltern ging ein »Sturm der Entrüstung« : »Sie konnten oder wollten den wohlgemeinten Sin n der Verordnung nicht verstehen. Ein großer Teil glaubte nun seinem Herzen Luft machen zu können, indem er bei der vom Magistrat eingerichteten Abteilung stürmisch die Auszahlung des gesparten Lohnanteil s unte r allerle i Ausflüchte n beantragt e un d dabe i häufi g ein e Tonart anschlug , di e an die Besonnenheit de r mit der Arbeit betraute n Beamte n und Hilfskräft e hoh e Anforderungen stellte . Viel e junge Leut e legten wege n de s Lohnabzugs die Arbeit nieder, um dann die Auszahlung des Guthabens zu verlangen; ein Teil verzog auch nach Landesteilen, wo eine derartige Beschränkung nicht verfügt war. Jedenfalls wurde in jeder Weise versucht, sich der Wirkung des Erlasses zu widersetzen. «156 Bis zum 1. April 1918 wurden in der Stadt Berlin 104000 Sparzwangskonten eingerichtet , au f die insgesamt 8¾ Millionen Mar k eingezahl t un d da von etw a 33/8Millionen Mar k wiede r abgehobe n wurden . 33000 Sparer stellten Antrag auf Freigabe und 23 000 Konten wurden aufgelöst. Di e Auszahlung der Restguthaben erfolgte nach Kriegsende. 157 Die Wiederholung de s Experiments in anderen Gegenden des Deutschen Reichs führte ebenfalls zu großer Erregung unter der Bevölkerung un d Abwanderungjugendlicher i n andere Regionen. 158 Das stellvertretende Gene ralkommando des X. Armeekorps in Hannover mußte seinen Sparzwangs erlaß zurücknehmen , nachde m i n Braunschwei g i m Ma i 1916 deswegen die organisiert e link e Arbeiterjugen d mi t wohlwollende r Unterstützun g weiter Bevölkerungskreis e un d nich t zuletz t demonstrierende r Fraue n mehrere Tag e lan g durc h heftig e Unruhe n di e Stadt unregierba r gemach t hatte.159 In einer Reih e vo n Armeekorpsbereiche n gerie t di e Sparzwangs politik übe r das Planungsstadium nich t hinaus. I m Bereich de s stellvertre tenden Generalkommandos IX. Armeekorps Altona unterblieb die Einfüh rung de s Sparzwangs , un d zwar , de n Berichte n de r Gewerbeaufsich t zu folge, wei l sic h di e extre m hohe n Löhn e de r Jugendlichen al s Ausnahm e und nicht als die Regel herausgestellt hätte n und weil de r Leumund de r Jugendlichen hie r fü r s o schlecht nich t erachtet wurde. 160 Wi e di e Gewerbe aufsicht de s Regierungsbezirk s Koblen z i m Rückblic k ausführte , wurd e der Sparzwang , »für de n i n de n letzte n beide n Kriegsjahre n allerding s meh r al s ausreichend e Gründe vorhanden gewesen waren, der sich aber bei der allgemeinen Aufsässigkei t der jüngeren Arbeiterschaf t nich t mehr hätte durchführen lassen« , i m Bereich des VIII. Armeekorps Koblenz nicht eingeführt. 161 Das stellvertretend e Generalkommand o VII. Armeekorps Münste r hatt e für seine n Bereic h - in den auch das rheinisch-westfälische Industriegebie t fiel - ursprünglich eine andere Variante bevorzugt. End e 1915 schlug es den ihm unterstellte n Zivilverwaltunge n vor , Verfahrensweise n i m Sinn e de s 164 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

§ 119a, Abs . 2, Ziff. 2 der Reichsgewerbeordnun g anzuwenden. 162 Diese r Paragraph sa h die Möglichkeit vor , de n von Jugendlichen bi s 21 Jahre verdienten Lohn nicht an diese selbst, sondern an ihre Eltern auszuzahlen. Ent sprechende Ortsstatute ware n seither in mehreren Gemeinden und Kreisen eingeführt, doc h kau m jemals angewand t worden. 163 Wede r di e Zivilver waltungen noc h di e Unternehme r befürwortete n ei n solche s Vorgehen . Die Durchführung , wurd e eingewendet , se i komplizier t bi s unmöglich , nicht im Elternhaus wohnende Jugendliche seien auf den vollen Lohn angewiesen, di e Arbeitsmoral de r Jugendlichen werd e gefährdet , ihr e Abwan derung in andere Gebiete gefördert, un d es könne nicht verhindert werden, daß nun möglicherweise unvernünftig e ode r gewissenlose Elter n ihrerseit s den Loh n sinnlo s verpraßten ; darübe r hinau s handele es sich u m ei n - im Sinn des Burgfriedens nich t erwünschbares - Sondergesetz für gewerbliche Arbeiter.164 Nachdem inzwische n da s Oberkommand o i n de n Marken , da s X. Armeekorps Hannove r un d da s IX. Armeekorps Kasse l Sparzwangsverord nungen erlassen hatten, schlu g nun das VII. Armeekorps Münster den gleichen We g ein un d versandt e de n Entwur f zu einer ähnliche n Verordnung , kombiniert mi t einem Abwanderungsverbo t fü r Jugendliche, a n die Regierungspräsidenten; wi e es ankündigte, sollt e der Sparzwang a m 1. Juni 1916 in Kraft treten. 165 Wiederu m sprac h sic h die Zivilverwaltung mehrheitlic h dagegen aus. Der Oberpräsident Westfalens wies darauf hin, »daß die unleugbar vorhanden e starke Erregbarkei t de r Arbeiterbevölkerung de s Industriegebietes durch diese in die Rechtssphäre nicht nur der Jugendlichen sondern auch ihrer Angehörigen tie f eingreifende Maßrege l i n höchst unerwünschter Weise gesteigert werden würde«. 166 Bereits zeh n Tag e späte r teilt e da s stellvertretend e Generalkommand o Münster de m preußische n Kriegsministeriu m mit , da ß es von der Einfüh rung de s Sparzwangs Abstan d nehme. 167 Es begründete diesen Meinungs wandel mi t de n Durchfuhrungsschwierigkeite n un d de n gegenwärtige n Teuerungsverhältnissen. D a es sich jedoch wede r be i de m eine n noc h be i dem anderen um Gesichtspunkte handelte, die dem stellvertretenden Generalkommando i n de n vergangene n zeh n Tage n erstmal s z u Kenntni s ge kommen sein konnten, lieg t die Vermutung nahe , daß die Braunschweiger Sparzwangsunruhen vo m 1. bis 5. Mai zu diesem Meinungswande l beige tragen haben könnten. Die nächste Initiative gin g vo m preußischen Kriegsministeriu m aus , das im Septembe r 1916 empfahl, zweck s Vereinheitlichung un d zur Verhinde rung vo n Abwanderung betroffene r Jugendlicher überal l ein e gleiche oder ähnliche Regelun g wi e i n Berli n z u treffen. 168 Daraufhi n began n i m VII. Armeekorps ein e erneut e Sparzwangsdiskussion , diesma l unte r Beteili gung vo n Gewerkschaftsvertretern . Dere n Reaktione n rechtfertigte n be reits zuvo r lautgeworden e Befürchtungen , di e Arbeiterorganisatione n 165 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

würden di e Einführung eine s Jugendlichen-Sparzwangs al s Verletzung de s Burgfriedens empfinden . Si e widersprachen nich t nur der dem Sparzwang gedanken zugrundeliegende n Situationsdefinitio n - die Lohne seien weni ger hoc h als angenommen, di e Jugendlichen seie n keineswegs verwahrlos t und die Familien ihnen gegenüber nicht hilflos, un d die allgemeine Lebensmittelteuerung führ e dazu, daß die Familien auf den Verdienst der Jugendlichen angewiese n seie n —, sondern auc h seine r patriarchalische n Sozialphi losophie. Die s gal t nich t nu r für die sozialdemokratischen , sonder n auc h für di e christlichen und Hirsch-Dunckerschen Gewerkschaftsvertreter . Au f der Besprechung , di e der Düsseldorfer Regierungspräsiden t a m 20. Oktober 1916 über di e Sparzwangsfrage mi t Gewerkschaftler n abhielt , erklärt e der Vertrete r de r christlichen Gewerkschaften , de r Sparzwan g greif e »vie l zu ro h i n di e Familienverhältnisse « ein ; un d de r Hirsch-Dunckersch e Ge werkschaftler empfahl : »Man solle doch den minderbemittelten Kreise n das Gefühl nehmen, als wenn sie immer an die Hand genommen und geführt un d geleitet werden sollen. Man sollte die Arbeiterschaft in Ruhe lassen.«169 Ein Spreche r de r Freie n Gewerkschafte n äußert e de n Verdacht , de r Staa t wolle sic h au f dies e Weis e zusätzliche s Gel d beschaffe n - was nich t gan z abwegig war , nachde m da s Oberkommand o i n de n Marke n angereg t hatte, di e Spargelder von Jugendlichen i n Kriegsanleihen anlege n zu lassen. Wie e r ausführte , glaub e e r zwar wohl , »da ß de r Staa t Gel d brauche, abe r man soll e das Geld nicht von den Familien holen, di e in der bittersten No t und i m Elen d leben«. 170 Daraufhi n teilt e das stellvertretende Generalkom mando Münste r de m preußische n Kriegsministeriu m Anfan g 1917 mit, daß i m rheinisch-westfälische n Industriebezir k kei n Bedürfni s fü r di e Einführung eine s Sparzwangs, abe r zahlreiche schwere Einwände dagegen ge äußert worde n wären , un d schlo ß sic h diese n Bedenke n an . Di e Einfüh rung des Sparzwangs unterblieb hier. 171 Die Darstellun g de r staatlich-militärische n Jugendpolitik de r Kriegszei t ging vo n de r These aus, da ß dies e Politik i m Zusammenhan g eine s Fami lienbildes z u sehen ist, da s im Krieg virulen t wurde : Die Behörden ginge n von einem obrigkeitlich-patriarchalischen Familienbil d aus , da s sie die Ar beiterfamilien de r Kriegszeit al s defizitäre Restgruppe , di e ihren Sozialisa tionsaufgaben nich t mehr gewachsen war, wahrnehme n ließ; in den Restfamilien sahe n si e die nicht länge r durc h väterlich e Zuch t niedergehaltene n Widersprüche zwische n Jugendlichen un d Erwachsenen aufbrechen , i n die nurmehr staatlich e Maßnahmen regulierend eingreife n konnten . I n den ablehnenden Stellungnahme n de r Gewerkschafte n deutet e sic h implizi t ei n hiervon abweichende s Familienbil d an , da s di e innerfamiliäre , quas i de r Klassensolidarität analog e Harmonie betonte. Die folgende Darstellung de r produktiven un d konsumtiven Aspekt e des Familienlebens i m Krie g bein haltet al s These einen anders gearteten Entwur f der Arbeiterfamilie i m Er166 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

sten Weltkrieg . E r stellt die Antithese der beiden genannten Familienbilde r dar un d verbindet si e zu einer Synthes e ganz anderer Art : I n ihm wird de r obrigkeitliche Familienentwur f negier t zugunste n eine r solidarischen, un d der gewerkschaftlich e Entwur f zugunste n eine r subversive n Aktionsein heit. Literarische n Ausdruc k fan d diese Sichtweise de r Familie im Krieg i n Ernst Glaesers »Jahrgan g 1902«: »Bald sprache n di e Frauen, di e in grauen Schlange n vor den Geschäften standen , mehr vo n de m Hunge r ihre r Kinde r al s von dem Tod ihrer Männer . De r Krieg wechselte seine Sensationen. Ein e neue Front entstand. Si e wurde von den Frauen gehalten. Gege n di e Entente der Feldgendarmen un d unabkömmlichen Kontrol leure. Jedes erschlichene Pfun d Butter , jeder bei Nacht glücklich geborgen e Sack Kartoffeln wurd e in den Familien mit der gleichen Begeisterun g gefeiert, wi e vor zwei Jahren die Siege der Armeen . . . Eigentlich gefiel un s [Kindern, U . D.] diese Veränderung, den n sie weckte unseren Abenteuertrieb. Es war sehr schön und gefährlich, mi t verbotenen Eiern aus den Bauernhöfen zu schleichen, sich ins Gras zu werfen, wen n ein Gendarm auftauchte, und die Minuten nach Herzschlägen zu zählen. E s war wunderbar und erhaben, diese n Gendarmen zu übertölpeln un d nach glücklichem Siegeslau f von seiner Mutter als Held gefeiert z u werden. . . Bald erschütterte uns ein eroberter Schinken mehr als der Fall von Bukarest. Und ein Malter Kartoffeln schie n uns wichtiger als die Gefangennahme einer englischen Armee in Mesopotamien.«172

3.2. Familie im Krie g II: Produktion/Konsumtion Die Darstellun g de r Situatio n lohnabhängige r Familie n i m Erste n Welt krieg i n ihren reproduktiven Aspekte n zeigte die Folgen auf, di e der kriegsbedingte Rückgan g de r reproduktive n Familienfunktione n einerseit s au f der Ebene der einzelnen Familien, andererseit s auf der Ebene der gesamtgesellschaftlichen Wahrnehmun g un d Behandlun g de r Institutio n Famili e hinsichtlich ihre r Reproduktionsfunktione n hatte . I n Analogie hierz u sin d Gegenstand diese s Kapitels die Veränderungen de r auf die Produktion un d Konsumtion vo n Güter n bezogene n Familienfunktione n un d di e Folgen , die die kriegsbedingt e Zunahm e diese r i m engere n Sin n au f die materiell e Daseinsvorsorge bezogene n Familienleistunge n einerseit s fü r di e Einzelfa milien, andererseit s au f de r gesamtgesellschaftliche n Eben e hatte. Unter sucht werden sollen unter dieser Fragestellung 1. die au f die materiell e Daseinsvorsorg e de r Familie n bezogen e staatli che Politik (vo r allem Bewirtschaftung un d Familienunterstützung); 2. die Situation und Tätigkeit der lohnabhängigen Frauen und Familien - bei de r Beschaffun g vo n Konsumgüter n (Kauten , Tauschen , Hamster n und Demonstrieren), - bei de r Konservierung , Pfleg e un d Aufbereitun g vo n Konsumgüter n (Hausarbeit im engeren Sinn), und 167 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

- bei de r Produktio n vo n Güter n fü r de n Eigenbedar f (Kleintierhaltung , Anbau von Nahrungsmitteln); 3. das Wechselverhältni s zwische n staatliche r Bewirtschaftungs - un d Sozialpolitik un d der »privaten« Daseinsvorsorg e durch die Frauen und Familien. Dieses Wechselverhältnis entwickelte , s o lautet die die folgende Darstel lung strukturierend e These , i m Krieg ein e völlig neu e Eigendynamik. De r Mangel a n lebenswichtige n Konsumgüter n führt e insbesonder e i n de r zweiten Kriegshälfte 1916/18 einerseits zu einer neuen Rolle des Staates und der Gemeinden für die Existenzsicherung de r einzelnen Familien. Anderer seits bewirkt e diese r Mange l ein e verändert e Weis e de r Daseinsvorsorg e durch di e einzelne n Fraue n un d Familien . Dies e wa r z u eine m gute n Tei l illegaler Ar t un d schuf von daher ein konfliktäres Verhältni s zu m Staa t al s derjenigen Instanz , di e die Rahmenbedingungen de r familiären Subsisten z im Krie g z u verantworte n hatte. De r objektiv e Mange l a n Nahrungsmit teln führt e infolg e de r konfligierende n Strategien , mi t dene n ih m seiten s des Staates und der Gemeinden un d seitens der Bewirtschafteten begegne t wurde, z u eine m Chaos , da s das Verhältni s weite r Teil e der Bevölkerun g und ganz besonders der Frauen zur Obrigkeit prägte: Da die von Staa t und Gemeinden durchgeführt e Lebensmittelrationierun g de m »Normalver braucher« Ratione n unte r de m Existenzminimu m zuwies , dies e Ratione n aber nicht eine Garantie auf den Erhalt dieser Lebensmittel darstellten, son dern vor alle m ei n Verbot , meh r al s die zugewiesene Ratio n z u erwerben , führte sic h di e staatlich e Verteilungswirtschaf t selbs t a d absurdu m un d mündete in ein Spektakel , da s den Staat in den Augen seiner Bürger/inne n in zentrale n Aspekte n vo n eine r rationale n Anstal t z u eine r irre n Anstal t werden ließ . Ei n wesentliches Kennzeichen des rationalen Staates , nämlic h die von ihm normierte und garantierte Legalität, tra f auf das deutsche Kaiserreich i n de r zweite n Kriegshälft e nich t meh r zu. 173 Di e Kommune n übervorteilten de n Staat, inde m si e Phantomeinwohner erfanden , u m ihr e Kontingente au s de r gesamtstaatliche n Verteilun g z u erhöhen . De r Staa t übervorteilte die Kommunen, inde m er Höchstpreise festsetzte, di e er dann selbst überschritt , wodurc h e r - insbesondere be i de n Einkäufe n fü r de n Heeresbedarf - die Kommune n bei m Nahrungsmitteleinkau f niederkon kurrierte. Di e Bauern übervorteilte n di e Städter und die staatliche Bewirt schaftung, inde m si e ihre Produkte zurückhielte n ode r über den Schwarz markt verschoben . Di e städtisch e Bevölkerun g erpreßt e di e Stadtverwal tungen, nachde m si e einma l »gelernt « hatte , da ß Hungerkrawall e eine n plötzlichen Nahrungsmittelnachschu b bewirke n konnte n (de n di e veräng stigten Stadtverwaltunge n nich t selten ebenfalls auf dem Weg des Schleichhandels erwarben) . Größer e Betrieb e versorgte n ihr e Arbeiterschaf t mi t Schwarzmarktware. Di e staatlich e Bewirtschaftun g »untersagte « ihne n das, inde m si e ihnen da s Versprechen gab , ihne n diejenige n Lebensmittel , die sie sich sonst illegal beschaffe n würden , lega l zuzuweisen . Un d di e ge168 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

samte Bevölkerung , d . h. insbesonder e di e Fraue n un d Kinder , strömt e aufs Land - von der Reichsbahn hilfreich mi t der Bereitstellung vo n »Ham sterzügen« unterstütz t -, um sich dort illega l Lebensmitte l z u kaufen, ein zutauschen oder , gleic h doppel t illegal , z u stehlen. Da s Karussell wa r per fekt: Je umfangreiche r de r Schleichhandel , dest o geringer di e staatlich zu gewiesenen Ratione n - je lückenhafte r di e staatlich e Versorgung , dest o umfangreicher de r Schleichhandel. E s setzte diesen Verhältnissen nu r noch die Spitz e auf , wen n de r Staa t zwa r Gesetz e und Verordnungen gege n di e illegale Versorgun g erließ , abe r nich t wagte , si e auc h anzuwenden . Dan n wäre nämlic h di e Versorgun g de r Bevölkerun g vollend s zu r Katastroph e geworden; darübe r hinau s wurd e i n de r Wirklichkeitskonstruktio n »vo n unten« de n staatlichen Instanze n die Legitimation fü r ein solches Vorgehen so nachdrücklich abgesprochen , da ß dies e di e Gefahr de s Widerstands ge gen solch e Maßnahmen für zu wahrscheinlich hielten , u m ihre Durchfüh rung z u wagen. D a der Staat sich dieser Betrachtungsweis e d e facto fügte , indem e r Norme n setzt e un d nominel l aufrechterhielt , ohn e de n entspre chenden Appara t zur Erzwingung ihre r Einhaltung vol l in Gang zu halten, dankte e r zumindes t fü r de n Tei l seine s Herrschaftsanspruches , de r durc h Rationalität legitimier t ist , a b - und dies sowohl analytisc h al s auch empi risch, d. h. in den Augen der Zeitgenossen. Die veränderte Rolle des Staates einerseits und die Verhaltensweisen und Strategien de r Fraue n un d Familie n andererseit s be i de r materielle n Da seinsvorsorge i m Krie g sowi e di e jeweiligen hierau f bezogenen Wahrneh mungsmuster »vo n oben « un d »vo n unten « solle n i m folgende n exem plarisch an zwei Beispielen analysiert werden. E s handelt sich dabei um die beiden sozial - un d wirtschaftspolitische n Maßnahmens - bzw . Verhaltens bereiche, di e die wichtigsten Paramete r fü r di e Lebensführung de r lohnabhängigen Familie n i m Krieg bildeten: die Versorgung mi t Geldmitteln und die Versorgung mit Konsumgütern. 3. 2. 1. Die Versorgung mit Geldmitteln: Die Familienunterstützung Der Gedanke, da ß es »ein e selbstverständliche Ehrenpflich t un d ein unbedingtes soziale s Gebot « ebens o wi e ein e »militärisch e Notwendigkeit« 174 darstellte, fü r di e Familie n de r eingezogene n Soldate n ein e außerhal b de r Armenpflege angesiedelt e gesetzlich e Versorgun g z u schaffen, wa r bereit s ein Erbe des 19. Jahrhunderts. Da s bedeutete, da ß seine Aktualisierung un d Durchführung 1914/18 auf vorangegangene n Diskussionen , Erfahrunge n und Verrechtlichunge n fuße n konnten . E s bedeutete abe r außerdem , da ß diese unverkennbar de n politischen un d wirtschaftlich-sozialen Verhältnis sen de s 19. Jahrhunderts entstammend e Familienunterstützun g nu n i n ei nem Krieg un d in einer Gesellschaft zu r Anwendung kam , fü r die sie nicht konzipiert worden war. Di e Geburtsmerkmale aus den politischen Verhält169 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

nissen de s 19. Jahrhunderts wirkte n sic h besonder s nachhalti g i n de m bi s zum Kriegsende bestehenden Dualismu s zwischen Reic h und Städten bzw . Kreisen aus, de r eine für die unterstützten Fraue n und Familien unheilvoll e Eigendynamik entwickelte . Di e einschneidendste Differenz de r wirtschaft lich-sozialen Verhältniss e der Kriegsgesellschaft z u denjenigen des 19. Jahrhunderts la g i n dem hohe n Grad an Urbanisierun g un d damit a n der gro ßen Zahl überwiegend von Geldeinkommen Abhängiger , di e nun zu unterstützen waren: In Berlin z. B. betrug die Zahl der während des Kriegs 1870/ 71 gestellten Unterstützungsanträg e 16760, von dene n 15 671 bewilligt wurden; End e des Jahres 1914 dagegen ware n di e hier bewilligte n Unter stützungsanträge bereits auf 81 264 angestiegen.175 Die gesetzliche Regelung de r Familienunterstützung (FU ) reichte zurück bis zu einem preußische n Geset z von 1850, das seinerzeit ein e Nebenfolg e der Ereigniss e vo n 1848/49 war.176 Vo r diese m Zeitpunk t la g di e Verant wortlichkeit fü r di e Versorgun g bedürftige r Angehörige r eingezogene r Soldaten i n Preuße n allei n be i de n Kommunen ; si e bestimmten übe r Art , Umfang un d Durchführung de r Unterstützung. Di e Unzulänglichkeit die ser Regelun g erwie s sic h anläßlic h eine r Teilmobilisierun g de r Landweh r 1839/40. Um ih r abzuhelfen , wurde n mi t gewisse r finanzielle r Förderun g des preußischen Kriegsministerium s i n den einzelnen Landwehrbataillons bezirken privat e Unterstützungsverein e gegründet , di e sich i m Bedarfsfal l der Soldatenfamilien annehme n sollten. Zwa r waren 1848 ca. 2/3 aller Landwehrbataillonsbezirke mi t derartige n Vereine n versehen . Doc h zeigt e sic h 1848, daß dere n auf freiwilliger Basi s und durc h kein e übergeordnete Or ganisation vereinheitlicht e un d koordiniert e Tätigkei t ebenfall s ungenü gend blieb . Zahlreich e Familie n Eingezogene r bliebe n unzureichen d ver sorgt ode r gan z ohn e Hilfe , d a di e Kommune n ihr e Unterstützun g nich t leisten konnte n ode r wollten , gesetzlic h nich t z u bestimmten Mindestlei stungen verpflichte t ware n un d di e privat e Fürsorg e nich t i n ausreichen dem Maß Abhilfe schaffen konnte . Im preußischen Gesetz vom 27. Februar 1850 wurde de n Kreise n un d kreisfreie n Städte n - als den gegenübe r de n Kommunen leistungsfähigere n Einheite n - eine finanziell e Mindestunter stützung de r Familie n Einberufene r auferlegt . Ein e Rückvergütun g durc h den Staat war nicht vorgesehen; die Kreise und Städte sollten die erforderlichen Mitte l nac h de m Verhältni s de r sonstige n Kreiskommunalabgabe n aufbringen. Unterstützungsberechtig t ware n - bei nachzuweisende r Be dürftigkeit - die Ehefraue n un d Kinde r unte r 14 Jahren de r einberufene n Reserve- und Landwehrmannschaften. Geschwister , Verwandt e i n aufstei gender Linie und Kinder über 14 Jahren konnten einbezogen werden, wen n sie von dem Eingezogenen unterstütz t worde n waren. 1867 wurde das Gesetz auf den Norddeutschen Bun d übertragen un d in den folgenden Jahren in einer Reihe der süddeutschen Staate n eingeführt; 1868 erfuhr e s eine Erweiterung au f Angehörig e andere r Mannschaftskategorien . Nachde m i n den Kriegen von 1864 und 1866 den Kreisen und Städten die Mittelaufbrin 170 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

gung de r F U gan z überlassen worde n war , sic h aber 1870/71 deren Unter stützung al s unzureichen d erwiese n hatt e und von Privatfürsorg e un d Ar menunterstützung ergänz t werde n mußte, bewilligt e das Reich mit Gesetz vom 4. Dezember 1871 die Erstattung der Mindestsätze aus den Mitteln der französischen Kriegskontributione n a n diejenigen Kreise, di e innerhalb der Staaten de s Norddeutsche n Bunde s lagen . Insgesam t überwie s aufgrun d dieses Gesetze s da s Reic h knap p 25 Mio. Mar k a n di e Einzelstaaten . Di e von de n Kreisen und Städten erhobene Forderung, ihne n ihre über die - in der Mehrzahl de r Städte und Kreise unzureichenden - Mindestsätze hinau s gemachten Aufwendunge n fü r di e F U ebenfall s zurückzuerstatten , lehnt e das Reic h ab . E s begründete dies e Ablehnun g damit , da ß ih m ein e Kon trollmöglichkeit darüber , o b di e Kreis e un d Städt e tatsächlic h jeweils di e FU nur bis zu der ihnen zur Auflage gemachte n Hebung der Bedürftigkei t aufgestockt hätten , nich t zur Verfügung stehe . Hier wurde bereits eines der Konstruktionsprobleme deutlich , di e im Ersten Weltkrieg virulen t werde n sollten: De r Verantwortungsdualismu s zwische n Reic h un d Kreisen/Städ ten macht e entgege n de m Buchstabe n de s Gesetzes, da s die Behebung de r Bedürftigkeit durc h di e Kreis e vorschrieb , di e Mindestsätz e zu r vo n de n Kreisen angepeilte n Leitmarge ; den n nu r dies e wurde n möglicherweis e vom Reich erstattet. Das Dränge n de s preußische n Kriegsministerium s au f ein e Erhöhun g der Unterstützungssätz e un d di e Notwendigkeit , di e Gesetzgebun g de m Artikel 58 der Reichsverfassung anzupassen , de r die Kosten der Kriegsfüh rung de m Reich auferlegte , führte n i n der zweiten Hälft e de r 80er Jahre zu einem Neuentwur f de s Familienunterstützungsgesetze s vo n 1850. In ihm wurde die Verpflichtung de s Reichs zur Erstattung der FU im Prinzip anerkannt. Di e Betonung la g dabe i jedoch auf »im Prinzip«: De n Umfang un d die Höhe der Entschädigung sowi e das Verfahren ihre r Festsetzun g behiel t sich das Reich zur Regelung i n einem Spezialgesetz nach Beendigung eine s nächsten Kriege s vor. Begründe t wurd e diese vorbehaltliche Regelun g mi t der Notwendigkeit de s Reiches, den direkten Kriegskosten Vorran g einzu räumen, un d mit der erneuten Weigerung , de n Lieferungsverbänden - den ab jetzt verantwortliche n Verwaltungseinheiten , di e i n Preuße n mi t de n Kreisen un d kreisfreie n Städte n identisc h ware n - eine Blankovollmach t auszustellen. Di e Regierung wollt e sich vorbehalten, nac h Ende eines Krieges z u überprüfen , o b di e Handhabun g de r F U durc h di e Lieferungsver bände - dem Reic h selbs t fehlte n geeignet e Ausführungsorgan e z u diesem Zweck - angemessen un d nicht etwa i n Erwartung automatische r Rücker stattung z u großherzig ausgefalle n sei . Nachde m di e Reichsregierung dar über hinaus auch noch verlautbaren ließ , i m Falle eines unglücklich enden den Kriege s könn e si e für di e Rückerstattung auc h der Mindestsätze nich t garantieren, weigert e sic h de r Reichsta g 1887, diese Fassun g de s Gesetze s zu akzeptieren . I n seine r a m 28. Februar 1888 endgültig verabschiedete n Form enthiel t da s FU-Geset z (»Geset z betreffen d di e Unterstützun g vo n 171 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Familien in den Dienst eingetretener Mannschaften« ) schließlic h die Erstattungspflicht de s Reiche s fü r di e vo n de n Lieferungsverbände n z u erbrin genden Mindestleistungen ; de r Zeitpunkt de r Rückerstattung jedoch sollt e durch ei n jeweilige s Spezialgeset z geregel t werden . Di e Lieferungsver bände wurde n verpflichtet , di e Angehörige n de r Einberufene n auc h übe r die Mindestsätze hinaus bis zur Behebung ihre r Bedürftigkeit z u unterstützen. Di e wichtigsten weitere n Veränderunge n de r gesetzlichen FU , wi e sie 1888 definiert wurde , bestande n i n eine r Erhöhun g de r Mindestsätz e un d einer weitere n Ausdehnun g de s Empfängerkreises. Unterstützungsberech tigt ware n jetz t Angehörig e de r Reserve- , Landwehr- , Ersatzreserve- , Landsturm- und Seemannschaften sowi e der Beurlaubten und Freiwilligen . Als unterstützungsberechtigte Angehörig e galten ab jetzt eheliche und diesen gleichgestellte Kinde r de r Eingezogenen unte r 15Jahren, Verwandt e in aufsteigender Lini e und Geschwister , sowei t si e bislang vo n dem Eingezo genen unterhalte n worde n waren , sowi e Verwandt e der Ehefrau i n aufsteigender Linie und ihre Kinder au s früherer Ehe , soweit sie bislang vo n dem Eingezogenen unterhalte n worde n waren . Ausdrücklic h vo n de r Unter stützung ausgenomme n bliebe n entfernt e Verwandte , geschieden e Ehe frauen un d uneheliche Kinder. An diese r gesetzlich-organisatorische n Grundlag e de r F U wurde n i m Verlauf de s Erste n Weltkrieg s kein e grundlegende n Veränderunge n meh r vorgenommen. Durc h Modifizierunge n de r Unterstützungshöh e un d de s Kreises de r Unterstützungsberechtigte n versucht e di e Reichsregierung , dennoch ein e gewisse Anpassun g a n die veränderten Verhältniss e z u errei chen. Al s erstes brachte die Kriegswirtschaftsgesetzgebung vo m 4. August 1914 eine Anhebun g de r Mindestsätz e de r F U vo n 6 auf 9Mar k fü r di e Sommer- und vo n 9 auf 12 Mark fü r di e Wintermonate sowie die Ausdeh nung de r Unterstützungsberechtigun g au f die Angehörige n de s Kranken pflcgepersonals un d au f di e uneheliche n Kinde r de r Einberufenen. 177 Bi s zum Kriegsende erhöhten sic h die Mindestsätze auf 25 Mark für Ehefraue n und 15 Mark fü r unterstützte Kinder u. a.; di e Differenzierung i n geringere Sommer- und höhere Wintersätze entfiel. I n den Kreis der Unterstützungsberechtigten wurde n sukzessiv e di e Angehörige n vo n bei m Hee r beschäf tigten Köchinne n un d der Mannschaften de s freiwilligen Motorkorps , der jenigen Soldaten , di e i m Krie g ihr e aktiv e Dienstzei t ableisteten , de r i m Ausland internierte n ode r ansonste n a n de r Rückkeh r gehinderte n Wehr pflichtigen un d der Kriegsfreiwilligen aufgenommen . Anspruchsberechtig t wurden jetzt auc h schuldlo s geschieden e Ehefrauen , dene n gegenübe r de r Eingezogene vorhe r unterhaltspflichti g gewese n war , und , sofer n si e vor her von ihm unterhalten worden waren, elternlos e Enkel, Stiefeltern , Stief geschwister un d -kinder, Pflegeeltern un d -kinder sowie uneheliche Kinde r der Ehefrau , di e vo n diese r i n di e Eh e mitgebrach t worde n waren , auc h wenn nicht der Eingezogene der Vater war. Mit andere n Worten : Di e FU entwickelte währen d de s Krieges ein e un 172 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Tabelle 31: Monatliche Aufwendungen fü r die Familienunterstützun g (Mindestsätze) in Preußen 1914-1918 (in Mio. Mark )

Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember

1914

1915

1916

1917

1918

16,3 28,1 31,9 35,3 38,6

39,8 41,2 45,6 47,9 50,7 51,7 53,8 56,5 58,5 60,2 74,5 80,2

79,3 79,6 80,5 79,5 80,3 79,2 79,4 78,8 79,6 82,0 81,7 131,5

114,7 110,7 111,3 108,0 108,9 108,7 107,3 107,0 105,2 105,7 108,5 117,7

108,8 104,0 104,8 104,4 103,6 101,6 102,0 100,8 100,1 100,3

Insgesamt 1914-1918: 4166,3 Mio. Mark Quelle: ZStA Merseburg, Rep. 77, Tit. 332 g, Nr. 27, Beiheft 3, Bd. 1-7 (gerundete Zahlen; Gesamtsumme eigene Berechnung).

aufhaltsame Verallgemeinerungstendenz . Dies e führt e dazu , da ß ein e ur sprünglich für einen kla r umgrenzte n Personenkrei s angelegt e Spezialunterstützung z u eine r Unterstützungspflich t de s Staate s fü r weit e Teil e de r lohnabhängigen, abe r auch der selbständigen Bevölkerun g (au s Handwerk, Einzelhandel un d Landwirtschaft ) wurde . S o erhielte n i n di e Kriegspro duktion abkommandiert e - insbesondere garnisonsdienstfähige , als o nicht an der Front eingesetzte - Soldaten, nachde m dies e mehrfach di e Überstel lung a n eine n Betrie b mi t de r Begründun g verweiger t hatten , da ß ihre n Angehörigen dan n die FU gestrichen werde , di e Differenz zwische n Loh n und FU aus den Mitteln de r Kriegswohlfahrt. 178 Un d vo n der Fron t rekla mierte Facharbeite r erhielte n häufi g auc h di e F U al s Überbrückungshilf e noch eine Zeitlang weitergezahlt. 179 Di e hohe Zahl der längerfristig Einge zogenen un d di e Angewiesenhei t de r wei t überwiegende n Mehrhei t ihre r Angehörigen au f Geldeinkomme n machte n i m Lau f de s Krieg s au f dies e Art Vi , der Bevölkerun g z u Staatsrentnern : Bereit s End e 1915 wurde di e Anzahl der unterstützten Familie n auf ca. 4 Mio., di e der unterstützten Per sonen auf 11 Mio. geschätzt. 180 Ausgehen d vo n de m Ergebni s de r Kriegs volkszählung vo m 5. Dezember 1917, nach der sich die deutsche Bevölke rung End e 1917 auf 62615275 Personen un d 14850186 Haushalte (inkl . Anstaltshaushalte) belief,181 betrug der Prozentsatz der unterstützten Haushalte/Familien hiermit knapp 1/3, derjenige der unterstützten Personen gut 1/6 der Gesamtzahl . Diese r Prozentsat z wa r gege n End e de s Krieg s un d vo r 173 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

allem i n de n größere n Städte n erheblic h höher : Anfan g 1918 erhielten i n Düsseldorf 26,4% der Bevölkerung , i n Barme n 28,5% der Bevölkerun g FU,182 i n Charlottenbur g übe r 1/3und i n Neuköll n di e Hälft e alle r Haus halte;183 in Frankfurt a. M. bezog 1/3-¼ der Bevölkerung Unterstützung. 184 Entsprechend hoc h wa r de r finanziell e Aufwand . Di e vo n de n Liefe rungsverbänden vorzuschießende n Mindestsätz e betruge n i m ganze n Deutschen Reich für den Monat August 1915 93,4 Mio. Mark, fü r den Monat Augus t 1916 128, 3 Mio. Mark 185 un d hatte n i m Novembe r 1916 die Höhe vo n 130 Mio. Mar k monatlic h erreicht. 186 I n Preuße n wurde n vo n August 1914 bis Oktober 1918 insgesamt übe r 4 Mrd. Mar k fü r di e Min destunterstützung - also ohn e di e zusätzliche n Aufwendunge n de r Liefe rungsverbände - verausgab t (sieh e Tabelle 31). Zum Vergleich : di e gesamten preußische n Staatseinnahme n au s Steuer n und de m Betrie b de r Staatseisenbahne n (Reinertrag ) beliefe n sic h vo n Januar 1914 bis Dezember 1918 auf 6,2 Mrd. Mark. 187 Vo n den preußische n Aufwendungen fü r di e Mindestunterstützun g entfiele n 331,3 Mio. Mar k auf den Regierungsbezirk Düsseldor f und 307,6 Mio. Mar k auf den Regie rungsbezirk Potsdam ; die s ware n di e beide n preußische n Regierungsbe zirke, di e di e größte n Summe n fü r di e Mindestsätz e verausgabe n muß ten.188 Die zusätzlichen Leistunge n de r Lieferungsverbänd e fü r di e »Kriegerfa milien« übe r di e Mindesätze hinau s divergierten i n ihrer Höh e sehr stark . In Preußen gewährte n di e Lieferungsverbände Mitt e 1915 insgesamt 35% Zuschüsse zu den Reichssätzen, i n Bayern 18%. 189 Von Ort zu Ort reicht e die Differenz vo n 0-100: Einige - vor allem ländlich e - Kreise zahlten ga r nichts, einig e Großstädt e zumindest i n der ersten Kriegszei t 100%ig e Zu schüsse zu den Mindestsätzen, di e dann im weiteren Verlau f des Kriegs al lerdings nicht unbedingt im Verhältnis zur Erhöhung de r Mindestsätze an gehoben worde n z u sei n scheinen; 190 di e restliche n Städt e un d Kreis e be wegten sic h dazwischen , vorwiegen d i n de r untere n Hälft e de r Skala. 191 Die Stadt Berli n ζ. Β. zahlte bis Ende Februar 1915 bei run d 90000 unter­ stützten »Kriegerfamilien « zusätzlic h z u de n 8,6 Mio. Mar k fü r di e Min destsätze 8,5 Mio. städtische Zuschläge (ohne Mietbeihilfen). I m Großherzogtum Bade n dagegen, w o bis Ende Dezember 1914 10,25 Mio. Mark fü r die FU verausgabt worden waren, ware n nur 2,26 Mio. Mark Zusatzunter stützung.192 Ergänzt wurd e di e staatlich-gemeindliche Kriegsunterstützun g i n viele n Fällen durc h zusätzlich e Leistunge n größere r Betrieb e un d vo n Gewerk schaften a n di e Angehörige n ihre r eingezogene n Arbeite r bzw . Mitglie der;193 dies e Zusatzleistunge n nahme n jedoc h mi t de r Daue r de s Krieg s ab.194 Das Proble m de r Mittelaufbringun g zu r Durchführun g de r F U - sie machte den Hauptteil de r kommunalen Kriegswohlfahrtsausgabe n aus 195 geriet fü r viel e Städt e un d Kreis e zu m finanzpolitische n Drahtscilakt . Z u 174 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

der gesamte n direkte n Kriegslas t de r Gemeinden des Deutschen Reichs bis zum End e de s Krieg s vo n gro b geschätz t 4—4,5 Mrd. Mark 196 tru g da s Reich nu r eine n kleine n Tei l bei : End e 1914 und End e 1915 billigte de r Reichstag jeweil s eine n - später noc h einma l aufgestockte n - Fonds vo n 200 Mio. Mar k zu r Unterstützun g de r Kommune n be i de r Kriegswohl fahrtspflege, au s de m die Bundesstaaten anfang s eine monatliche Rat e von 10 Mio. Mark, 197 be i Kriegsende von knapp 48 Mio. Mark 198 entsprechend dem jeweiligen Matrikularbeitra g unte r sic h aufteile n un d a n die Gemeinden weiterleite n konnten . Vo n diesen Mitteln verwendete n di e Gemeinden nach Schätzungen 80% für die FU.199 Angesichts de s große n Umfang s de r gemeindliche n Ausgabe n für die Unterstützung de r »Kriegerfamilien « wa r die s jedoch alle s andere al s ausreichend. Di e Rückerstattun g de r Mindestsätz e durc h da s Reic h lie f nu r sehr schleppen d an , s o daß si e ebenfall s kein e Lösun g de r städtische n Fi nanzprobleme bringe n konnte : Di e 1916 ausgezahlte erst e Rückerstat tungsrate deckt e nu r ¼ der vo n de n Lieferungsverbände n bi s zum 1 . Juni 1916 gemachten Aufwendunge n fü r di e Mindestsätz e ab , un d bi s Kriegsende konnten selbs t finanzschwach e Städt e wie Barmen nu r gut die Hälft e der ihnen vom Reich zu erstattenden Summe als eingegangen verbuchen. 200 Die zahlreiche n Initiative n vo n Städte n un d Städteverbände n sowi e de r preußischen Regierung , mi t dene n da s Reich z u einer beschleunigte n un d vollständigeren Rückzahlun g de r Mindestsätze bereits während de s Kriegs bewegt werde n sollte, 201 scheiterte n a m entschiedene n Widerspruc h de s Reichsschatzamtes un d de s Reichskanzlers . Begründe t wurd e di e Ableh nung de r Rückerstattungsersuche n mi t de m absolute n finanzpolitischen Vorrang de r Militärausgaben. 202 Auc h die in Aussicht gestellt e Rückerstat tung wenigsten s de r Zinsen, di e die Kommunen fü r diejenige n Geldmitte l zu zahlen hatten , di e sie sich nunmehr auf dem Geldmarkt besorge n muß ten,203 fan d ebens o wi e di e allgemein e Rückerstattun g de r verbleibende n Mindestsätze erst nach Kriegsende statt: 204 Es blieb bei der Sachlage, wie sie der preußisch e Innenministe r de n Regierungspräsidenten End e Septembe r 1914 darlegte, da ß nämlich eine Rückerstattung de r Mindestsätze vor Ende des Kriegs »im Hinblick au f die Verpflichtung de r Reichsfinanzverwaltung, all e verfügbare n Mittel zur Erhaltung de r Schlagfertigkeit de s Heeres bereitzuhalten, nich t in Frage kommen [kan n U . D. ]. Auf der anderen Seit e darf aber auch in der Zahlung der Familienunterstützung, vo n derem regelmäßigen Fortgang die Kampfesfreudigkeit der vo r de m Feind e stehende n Familienväte r ebenfall s wesentlic h abhängi g ist , keine Unterbrechung eintreten, «205 Er verwies die Kommunen zur Deckung ihres Finanzbedarfs auf den Geldmarkt. Dor t hatten die Städte und Kreise jedoch keinen leichten Stand. Das lag zu m eine n daran , da ß bereit s vo r Kriegsbegin n di e Verschuldun g de r deutschen Kommune n relati v hoch gewesen war. 206 Zum anderen geriete n 175 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

sie be i de r Anleiheaufnahm e au f dem Geldmark t zunehmen d i n Konkur renz zum Reich, das dort ebenfalls einen Teil seines Finanzbedarfs deckte. 207 Die Lieferungsverbände behalfe n sic h in dieser Situation mi t Improvisatio nen unterschiedlichster Art . Einigen gelang es, Kredite der Landesversicherungsanstalten z u erhalten,208 andere nutzten die zu diesem Zweck geschaf fene Möglichkeit , Dreimonatswechse l au f den preußischen Staa t zu ziehen und dies e wiederhol t z u prolongieren, 209 un d einzelne Lieferungsverbänd e traten ihr e Ansprüche gegen das Reich auf Erstattung de r Mindestsätze a n Bankinstitute ab , di e ihnen daraufhin di e entsprechenden Kredit e gewähr ten.210 Darüber hinau s bemühte n sic h zahlreich e Lieferungsverbände , ihr e fi nanzielle Belastun g durc h di e F U au f anderem Weg e zu reduzieren , näm lich durch die Wahrnehmung jeder Möglichkeit, di e Aufwendungen für die FU zu kürzen. Ein e solche Möglichkeit, un d zwa r diejenige mi t de r woh l größten Breitenwirkung , stellt e di e Anrechnung jedes nennenswerte n an derweitigen Einkommen s der »Kriegerfrauen « un d »-familien « au f die FU dar. Si e wurde denn auch von den Städten und Kreisen weitestgehend aus genützt, i m manifeste n Gegensat z z u den Interesse n de r gesamtstaatliche n Wirtschafts- un d Sozialpolitik : Di e sic h au f gesamtstaatliche r Eben e i m Lauf des Kriegs mit de r FU verbindende Intentio n arbeitsmarktpolitische r Art - daß nämlich die Empfänger/innen vo n FU nicht durch eine derartige Anrechnungspraxis vo n der Aufnahm e eine r kriegswirtschaftlichen Tätig keit abgehalten werde n sollte n - wurde durch diesen finanzpolitischen In teressengegensatz zwischen Reic h und Lieferungsverbänden zu m Teil konterkariert; un d da s zentral e gesamtstaatlich e Motiv , durc h di e Unterstüt zung de r »Kriegerfamilien « di e Einsatzbereitschaf t de r Soldate n z u för dern,211 konnte dadurch ebenfalls nur bedingt zum Tragen kommen. Nach diese r kurze n Darstellun g de r finanzpolitische n Aspekt e de r F U sind im Zusammenhang mi t dieser wichtigsten sozialpolitischen Institutio n der Kriegszeit noch zwei Fragen zu klären. Als erstes ist nach dem mentalen Korrelat der in diesem Umfang völli g neuen staatlichen Alimentierun g ins besondere der weiblichen Bevölkerung z u fragen, d . h. nach ihrer wirklich keitsstrukturierenden Kraf t i n de r Wahrnehmun g de r betreffenden Fraue n selbst sowie in den Zuschreibungen, di e diese auf dem Weg der Sozialpoli tik klar ausgegrenzte soziale Gruppierung i n der Kriegsgesellschaft vo n außen erfuhr: E s ist dies die Frage nach der konkreten Ausgestaltun g de s gesellschaftlichen Paradigma s »Kriegerfrau« . Di e zweit e Frag e is t di e nac h den Auswirkunge n de r F U auf die materiell e Lebenssituatio n de r lohnab hängigen Frauen und Familien. Daß bestimmt e generalisiert e Vorstellunge n vo n »de r Kriegerfrau « exi stierten, d . h. da ß di e unte r diese r Bezeichnun g i m zeitgenössische n Dis kurs eingegrenzt e sozial e Gruppierun g Trägeri n vo n Erwartungshaltun gen, Befürchtunge n etc . war , di e über die reine Basisdefinition »Empfän gerin vo n FU « hinausgingen , is t vorn bereits an mehreren Stelle n kla r ge 176 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

worden: Die s zeigt e sic h i n de r Diskussio n u m di e Roll e de r »Krieger frauen« be i der Arbeitskräftemobilisierung fü r die Kriegswirtschaft, u m ihren Umgan g mi t Sexualität , ihr e Sozialisierungsfunktio n gegenübe r de n männlichen Jugendlichen un d ihre Ausgestaltung de r brieflichen Kommu nikation mi t de n Angehörige n a n de r Front , vo r alle m de n Ehemännern , zum Skandalum der »Klagebriefe«. Da s gemeinsame Merkmal dieser generalisierten Vorstellunge n übe r »di e Kriegerfrau « war , da ß si e i n ihre m jeweiligen Verwendungszusammenhan g gleichzeiti g Ursach e fü r un d Folg e von stärkere r Aufmerksamkei t waren , di e der Gruppe der FU-Empfänge rinnen durc h di e Behörde n un d di e Öffentlichkei t (Presse , Kirche , Ver bände, Parteie n etc.) gewidmet wurde . De r Begriff »Kriegerfrau « wa r als o in alle n bishe r genannte n Verwendungszusammenhänge n nich t zuletz t ei n Kontrollbegriff, de r ein für »Kriegerfrauen « al s »richtig« erachtete s Verhalten vorga b un d ihr »falsches « Verhalte n skandalisierte . Die s trifft auc h fü r andere Verwendungszuammenhäng e diese s Begriff s zu , insbesonder e fü r diejenigen, di e sic h au f da s Konsumgebare n diese r Fraue n un d da s ihne n vorgeworfene Anspruchsdenke n bezogen . Die Beschreibung de r »Kriegerfrauen « al s verschwenderisch wa r bereit s ein Topos der erste n Kriegsmonate. 212 E r hielt sic h de n ganzen Krie g hin durch: Wie der Berliner Polizeipräsident klagten viele Behörden darüber, »daß vor allem di e Frauen der Kriegsteilnehmer da s ihnen gewährte Geld unvorschriftsmäßig verwenden . E s ist bezeichnend, da ß die Erfrischungsräume de r Warenhäuser fast immer stark besetzt sind . . . «213 oder übe r ähnliche s mißbilligte s Konsumverhalte n de r »Kriegerfrauen« . War e s i n de n erste n Kriegsmonate n insbesonder e de r Genu ß vo n Torte n und ähnliche n feine n Backwaren , de r inkriminiert wurde , s o war e s nach deren Verschwinde n au s de m Angebo t i n de r spätere n Kriegszei t häufi g auch de r Kinobesuch . E s gab Gemeinden, di e es für nöti g hielten , hierge gen offiziel l einzuschreiten , un d di e Bekanntmachunge n erließe n wi e di e folgende: »Es ist wiederholt beobachtet worden, daß Kriegerfrauen, die städtische Unterstützung beziehen, regelmäßig Kinos besuchen. Da sich dies mit den Zwecken der Unterstützung nicht vereinbaren läßt, machen wir darauf aufmerksam, daß in Zukunft diesen Frauen die städtische Unterstützung gestrichen wird. «214 Gab e s fü r dies e de n »Kriegerfrauen « vorgeworfen e »conspicuous con sumption« vor allem in der zweiten Kriegshälfte insofer n eine reale Grundlage, al s Luxuskonsum dann oft der einzige Konsum war, de r über Geld zu realisieren war, 215 is t doc h unverkennbar , da ß Behörde n un d veröffentlichte Meinun g au s de r Unterstützun g de n Anspruc h au f Kontroll e de r Unterstützten ableiteten . De r »Vorwärts « glossiert e diese n gerad e de r Ar beiterbewegung seh r vertrauten Anspruc h au f moralisch e Konsumkon trolle durch Veröffentlichung folgende r »Zuschrift« : 177 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

»Früher wa r e s der Champagner trinkend e un d Aut o fahrende Maurergeselle , de r manch brave Seele nicht schlafen ließ , heute ist es die in den Cafes bei Kuche n un d Schlagsahne ihr e Kriegsunterstützun g verprassend e Kriegerfrau , di e viele n di e mehr ode r wenige r verdient e Nachtruh e raub t . . . So sicher e s nun sei n wird , da ß Maurergesellen scho n Champagne r getrunke n haben , soga r ohn e daran gestorbe n zu sein , s o siche r wir d e s auc h heut e Kriegerfraue n geben , di e be i Kuche n un d Schlagsahne noc h nich t de r Schla g rührte . Un d woh l ihnen , di e e s noch daz u haben.«216 Eng mi t de m Vorwur f de r Verschwendun g vo n staatliche n Unterstüt zungsgeldern verbunde n wa r di e ebenfall s häufi g beklagt e »Begehrlich keit« de r »Kriegerfrauen« . Äußert e sic h dies e »Begehrlichkeit « soga r i n konkreten Forderunge n gegenübe r de n Behörden , wa r si e gan z besonder s verwerflich. S o wurde n di e Lebensmittelunruhen , di e a m 24. Januar 1917 in Itzeho e und einige n Nachbarstädte n ausbrache n un d länger e Zei t anhiel ten, vo m Landra t i n Itzehoe damit erklärt , da ß si e »durch eine Anzahl zuchtloser Kriegerfrauen [angezettel t wurde n U . D.], die in der hiesigen Volksküch e beköstigt werde n und bei der Gelegenheit zusammenkomme n und de n Excess anscheinend verabrede t haben . E s sind gerad e di e Weiber , di e seit Beginn de s Krieges vo n de r Stad t Itzeho e kostenlos beköstigt werden , de m Herr gott de n Tag stehle n und die Familienunterstützung z u unnötigem Tan d ausgeben . Diese Gesellschaft ha t sich schon seit Wochen lärmend darüber unterhalten, da ß das Essen der Volksküche schlecht sei . . .«, und schließlic h wege n de s Kartoffelmangel s zusamme n mi t de n Soldate n randaliert. 217 Besonders nachdrücklic h wurd e da s Anspruchsdenke n derjenige n Frauen inkriminiert , dere n wirtschaftlich e Lag e sic h durc h de n Bezu g de r FU verbesser t habe : »Hier ma g übrigens auch auf die vom Bezirksam t Aichac h erwähnte, abe r zweifel los auch für andere Orte zutreffende Erscheinun g hingewiesen werden , da ß manche Kriegerfrauen, insbesonder e au s niederen Ständen , welch e sic h dan k de r reichsge setzlichen Unterstützun g usw . bessse r al s i m Friede n stehen , seh r anspruchsvol l werden und dann unzufrieden sind , daß sie trotz des Geldes sich nicht mehr Lebensmittel, al s durch Karten zulässig, kaufe n können.« 218 Festzuhalten bleib t also , da ß di e Betrachtungsweis e de r »Kriegerfrau « »vo n oben« i n allen genannte n Verwendungskontexte n (Lohnarbeit , Familie , Se xualität un d Konsumverhalten ) durchau s negati v eingefärb t war : Mi t »Kriegerfrauen« wurd e ein e sozial e Gruppierun g ausgegrenzt , de r ma n sehr häufi g tendenziell e ode r akut e Regelverletzun g al s typische s Merkma l zuzuschreiben geneig t war . Wie wa r e s nu n mi t de r inhaltliche n Füllun g de s Begriff s »Kriegerfrau « »von unten « bestellt ? Die s is t zu m eine n di e Frag e danach , o b di e Grupp e der FU-Unterstützungsempfängerinne n nich t nu r vo n auße n kla r einge grenzt un d mi t Merkmalszuschreibunge n versehe n wurde , sonder n auc h 178 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

von de n betreffende n Fraue n un d Familie n selbst , und , wen n die s de r Fal l sein sollte , welche r Ar t di e inhaltlich e Füllun g de s Begriff s »vo n unten « war. Auf di e erst e Frag e is t ein e eindeutig e Antwor t möglich : Di e Empfänge rinnen de r F U entwickelte n durchau s ei n »Wir-Gefühl« , un d zwa r offen sichtlich nich t zuletz t gerad e dadurch , da ß ihne n di e negative n un d kon trollierenden Aspekt e ihre r Beschreibun g durc h di e Behörde n un d di e Presse durchau s bewuß t waren . Ein e sächsisch e »Kriegerfrau « analysiert e ihrem kriegsgefangene n Eheman n gegenübe r i n eine m Brie f di e Situatio n folgendermaßen: ». . . was manchmal be i den Leuten gemunkelt wird ist unbeschreiblich, jetzt wurd e sogar berichtet , e s war einer Kriegerfrau soga r in's Gesicht gesagt worden da s [sic] die Kriegerfrauen nicht s vom Kriege spürten, denn sie könnten lange schlafen, Spa zierengehen, un d der Mann schickte auch noch einen Haufen Gel d herein natürlic h kann es garnicht schlim m genu g gemach t werden diese paar Mark Löhnun g ist der Haufen nich t s o groß . Ο wie gern e würd e ic h mi t Ihne n [de n Nicht-»Krieger frauen«, U . D.] tausche n vorzüglic h ic h un d dein e Kinde r wi r müsse n doc h a m längsten aushalten . Wi r haben es doppelt zu büßen und müssen von unserer Unter stützung alle s genau s o teuer bezahlen al s die die ihre Männer zu Hause haben und das viele schön e Geld verdienen. Di e kommen ander s vorwärts als wir, w o Ihr ar men Männer Euc h von Anfang a n man möchte sagen auch für diese in weiter Ferne herum schinden müß t und vielleicht kran k und kaput werdet Ihr zurückkehren wa s haben wir den n davon und nun wollen sie uns noch beneiden auf uns Kriegerfraue n wird zu sehr aufgepaßt ic h brauche niemand dazu. «219 Auch di e Angehörige n de r »Kriegerfrauen« , insbesonder e di e eingezoge nen Männer , reagierte n empfindlic h au f di e negative n Implikatione n de s »Kriegerfrauen«-Begriffs un d stellte n diese n ebenfall s di e umgekehrt e Be wertung gegenüber . S o räsonierte beispielsweis e ei n Unteroffizie r währen d einer Bahnfahr t i m Augus t 1917, ». . . man würd e ja noc h gern e alle s mitmachen , wen n e s nur gerech t zuginge ; e r habe durc h de n Krie g sein e ganz e Existen z verlore n un d sein e Famili e se i au f di e geringe Familienunterstützung angewiesen . . . zudem sei erst kürzlich ein Artikel in der Zeitun g gestanden , i n welche m di e Kriegerfraue n al s fau l bezeichne t worde n seien. De r Artikelschreibe r schein e nich t z u wissen , da ß di e Fraue n eine n halbe n Tag anstehen und herumlaufen müssen , um für ihre Familien das Essen zusammenzutragen. Komm e ma n nich t zu r rechte n Zeit , bekomm e ma n überhaup t nichts. . .«220 Das »Wir-Gefühl « de r »Kriegerfrauen « äußert e sic h auc h i n kollektive n Aktionen zu r Erhöhun g de r FU : »Di e Kriegerfraue n bestürme n di e Rathäuser un d verlange n Hilfe«, 221 und : »De r hiesige n Kriegerfraue n ha t sich ein e Bewegun g bemächtig t mi t de m Zie l de r Erlangung de r Erhöhun g der Reichsunterstützung«, 222 berichtete n di e bedrängte n Stadtverwaltun gen a n die Reichsregierung . Weit schwierige r z u beantworte n is t di e Frag e danach , welch e weitere n 179 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Aspekte ihre r »Kriegerfrauen«-Existen z di e betreffende n Fraue n al s w e sentlich wahrnahmen , welch e darübe r hinausgehende n inhaltliche n Aus füllungen de r Begrif f durch si e also erfuhr. Vo n besonderem Interess e wär e hierbei ein e Antwor t au f di e Frage , o b di e i n diese m Umfan g völli g neu e Honorierung ihre r Hausfrauen - un d Mutterroll e durc h de n Staa t de n un terstützten Fraue n ein erhöhtes Selbstwertgefüh l vermittelte . Es gibt gewiss e Hinweise , di e für ein e solche Entwicklung sprechen . Ge fördert wurd e si e nich t zuletz t durc h di e auc h vo n staatliche r Seit e imme r wieder betont e Auffassung , da ß di e F U etwa s völli g andere s se i al s die Ar menunterstützung: nich t staatlich-gemeindlich e Mildtätigkei t also , son dern di e Erfüllun g eine s moralische n Anspruchs. 223 Da s führt e dazu , da ß die Fraue n un d ihr e Angehörige n di e staatliche Unterstützun g i m Sinn e ei ner »moralische n Ökonomie « al s ihne n aufgrun d ihre s »Kriegerfrauen Stands« zustehen d betrachtete n - eine Erwartungshaltung , di e woh l kau m eine diese r Fraue n vo r de m Krie g hätt e hege n können . 1917 aber konnt e eine Frau an ihren kriegsgefangene n Freun d schreiben : »Wir werde n un s bal d de n Mun d zuleime n müsse n [wei l e s nichts z u esse n gibt , U. D.]. . . Komme nur . . . einmal he r und heirat e mich , da ß mic h de r Staa t auc h mit versorgen muß und ich mich nicht in anderen Städten bei fremden Leute n rumdrücken muß.« 224 Entsprechend entwickelte n di e Fraue n auc h de n Behörde n gegenübe r durchaus ein e selbstbewußt-fordernd e Haltung . I m sichere n Bewußtsei n der Rechtmäßigkei t ihre r Ansprüch e au f jedwede staatlich-städtisch e U n terstützung setzte n si e ihr e Auffassun g gegenübe r de n Behörden , di e di e zur Bedingun g gemacht e Bedürftigkei t z u prüfe n hatten , wen n e s sei n mußte auc h durc h unrichtig e Angabe n durch . Di e freiwillige n Helferinne n - meist Fraue n au s de m kleine n un d mittlere n Bürgertu m - , auf di e si e al s für di e Vergab e de r F U Verantwortlich e be i de n Unterstützungsbehörde n meist trafen , ware n ihne n »in de r Rege l nich t gewachsen . Ihr e Unbeholfenhei t entgin g diese n nicht , di e Frauen verhielten sic h keineswegs nu r passiv gegenübe r ihre n Beurteilerinnen , da s Verhältnis wie s vielmeh r ein e gewisse Gegenseitigkei t auf . Di e Findige n hatte n e s auch bal d heraus , da ß di e Wahrheit , d . h. di e tatsächliche n (Vermögens-)Verhält nisse sich mit den Antworten auf gestellte Fragen nicht durchaus zu decken brauchten un d verwerteten ihr e Erfahrungen be i de r Aufklärungsarbeit i m Wartezimme r durch entsprechende Charakteristik de r abfertigenden Damen : die Hexe, der Engel, die Gute . . . Die Helferinnen wurde n zuweilen durch die Entgegnungen de r Frauen in die Enge gebracht und um sie loszuwerden gabe n sie eine kleine (Zusatz-)Unter stützung.« Di e sic h darau s ergebende n »Unterschied e i n de r Beurteilun g de r Be dürftigkeit be i der Gewährung von Sonderunterstützungen wurde n durch den Meinungsaustausch de r Kriegerfraue n untereinande r bekann t un d be i de r Überliefe rung vo n Mun d z u Mun d woh l auc h noc h vergrößert , ohn e da ß de n Fraue n di e Gründe diese r Erscheinun g erkennba r wurde n . . . Die Folg e war , da ß jede de r Frauen im Verlauf eines Gesprächs die Ungerechtigkeit beklagte , di e in der Unter 180 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Stützungsverteilung herrsch e und sich selbst stets als die am meisten Benachteiligte fühlte. . . Die Beurteilung der Bedürftigkeit wa r im allgemeinen etwas dem Ideenkreise der Unterstützten völlig Fremdes . Für sie blieb die Eigenschaft als Kriegerfrau ausschlaggebend und was einer von ihnen auf Grund derselben seitens des Lieferungsverbandes zufloß , darau f erhoben die anderen ohne weiteres Anspruch, sofern es sich um die Befriedigung allgemeiner Bedürfnisse handelte.« 225 Von der gleiche n »moralische n Ökonomie « ginge n auc h die eingezogene n Ehemänner aus: »Auch bei der mildesten Auslegung des Begriffs ›Bedürftigkeit‹ stöß t man auf die größten Schwierigkeiten«, führt e der Magistrat von Lauban bereits Ende 1914 aus, »da ma n unmöglic h di e Verhältniss e de s Einzelnen gena u beurteile n kann . Un d wenn ma n nun wirklic h nac h gewissenhaftester Prüfun g eine n Antrag abgelehn t hat und dann von dem im Felde stehenden Krieger hören muß, daß, während er für das Vaterland Leben und Gesundheit opfere, die Heimatbehörde seiner Familie die »paar Pfennige « Unterstützun g i n engherzige r Weis e vorenthalte, dan n hilf t de r Hinweis auf den Wortlaut des Gesetzes nicht. Das Gefühl des Volkes geht eben davon aus, daß es sich hier um eine allgemeine Unterstützungspflicht de s Staates handele, die mit der Frage nach der Bedürftigkeit des Einzelnen nichts zu tun habe.«226 Diese un d ander e Initiativen , di e Bedürftigkeitsprüfun g abzuschaffen , konnten sich jedoch nicht durchsetzen. 227 Auch be i einer andere n Grupp e bewirkte di e FU im übrigen gesteigert e Erwartungshaltungen: Di e Beziehe r vo n Armenunterstützun g vergliche n ihren »armenrechtliche n Notbedarf « mi t de r Unterstützun g nac h Bedürf tigkeit, di e den FU-Unterstützten zutei l wurde, un d sahen, w o Armenun terstützung i n F U überging, de n materiellen Unterschied , de n dieses aus machte; daraufhi n »trate n (sie ) a n die Armenpfleg e hera n un d verlangte n Erhöhung«.228 I n dieser Veränderun g de r Erwartungshaltunge n is t sicher lich eine derjenigen Kriegsentwicklunge n z u sehen, di e längerfristige Kon sequenzen hatten und damit auf die wichtige Schwellenfunktion de s Ersten Weltkriegs bei der Entstehung des Sozialstaats verweisen. Sowohl i n der Wahrnehmung al s auch in der Verhaltensweise der unterstützten Fraue n un d Familie n lasse n sich somit durchau s Element e finden , die de n Schlu ß erlauben , da ß di e betreffende n Fraue n au s ihre r »Krieger frauen«-Existenz ei n verstärktes Selbstbewußtsei n ableite n konnten . Dies e Auswirkung de r F U war jedoch durc h deutliche Gegentendenze n i n ihrer Wirksamkeit begrenzt : Scho n das generell schlechte »Image« de r »Krieger frauen« dürft e ein e eindeutig positi v aufgeladen e Füllun g des Begriffs auc h durch di e Betreffende n selbs t verhinder t haben ; hinz u ka m di e Tatsache , daß es trotz aller Unterschied e zwischen F U und Armenunterstützung vo n vielen Fraue n al s erniedrigend erleb t wurde , da s erste Mal i n ihrem Lebe n um Unterstützun g einkomme n z u müsse n - ganz besonders , wei l dami t eine Offenlegung sämtliche r finanzieller , gesundheitliche r un d Arbeitsver hältnisse vor im Umgan g mi t »Kriegerfrauen « nich t immer sehr entgegenkommenden Beamten verbunden war. 229 181 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Von größerer Bedeutun g al s diese Auswirkungen de r FU auf die Selbstdefinition de r unterstützten Fraue n in ihrer »öffentlichen « Roll e scheint jedoch eine Folge der FU im innerfamiliären Bereic h zu sein: Als Empfängerin von FU und in Abwesenheit de s Ehemannes hatten viele Frauen das erste Ma l di e Verfügun g übe r das gesamte Bareinkomme n de r Familie. Die s gab ihnen die Möglichkeit, vorhe r selbstverständliche innerfamiliär e Zutei lungsmodi, be i dene n häufi g de r größt e Antei l a n Geld bzw . Konsu m au f den Ehemann entfalle n war , au s einer anderen Perspektiv e z u sehen. Zahl reiche Berichte enthalten wie der folgende die Beobachtung, »daß viele Kriegerfrauen, besonder s mit einer großen Kinderzahl , ni e soviel Barmittel für ihren Haushalt zur Verfügung hatten wie jetzt. Mir selbst haben viele mit recht kräftigen Ausdrücke n über ihre Männer dieses zugestanden mit dem Bemerken, da ß sie sich jetzt nicht meh r so viel plagen müssen wie vor dem Kriege, wo ihre Männe r fas t de n ganze n Verdiens t vertrunke n un d fü r Fra u und Kinder fas t nichts mehr übrig gehabt hätten. «230 Die Auswirkunge n solche r Kriegserfahrunge n de r Fraue n au f die innerfa miliären Strukture n un d Allokationsforme n de r Nachkriegszeit , al s di e Männer wiede r z u Haus e waren , könne n i m Rahmen diese r Darstellun g nicht untersuch t werden . Di e Annahme, da ß nach derartigen Erfahrunge n die Frauen bei Rückkehr des Ehemannes generell zur Wiederherstellung de s status quo ant e hinsichtlic h de s Familieneinkommen s berei t gewese n sei n könnten, dürfte , läß t sic h vermuten , woh l vo n alle n mögliche n Entwick lungen die unplausibelste sein. Was di e materielle n Auswirkunge n de r F U au f di e Lebenshaltun g de r Unterstützten betrifft , müsse n dies e sowohl zeitlic h wi e regiona l differen ziert werden . Zuallerers t is t hie r da s deutlich e Land-Stadt-Gefäll e z u nennen: I n ländliche n Gebieten , w o di e Lebenshaltungskoste n niedrige r un d der Zugang z u Naturalien leichte r war, 231 erwie s sich die FU überwiegen d als auskömmlich; di e unterstützten Fraue n konnten dort einen Teil des Geldes au f di e Sparkass e trage n ode r Kinder , di e anderenfall s be i Bauer n i n Dienst gegeben worde n wären , z u Hause behalten. 232 In städtischen Gebieten dagegen kan n von einer Auskömmlichkei t de r FU höchstens in der al lerersten Kriegszei t gesproche n werden . Bevo r i m weitere n Kriegsverlau f die Steigerung de r Lebenshaltungskosten überhan d nahm, bo t die FU einigen Arbeiterfamilie n Gelegenheit , jahrelang i m Pfandhau s versetzt e Wert sachen einzulösen, di e Kinder neu einzukleiden un d Spargelder zurückzulegen.233 Doc h dürft e sic h die s i n de r Mehrzah l de r Fäll e au f kinderreich e Familien ungelernte r Arbeite r beschränk t haben , dere n Einkomme n vo r dem Krieg extre m niedri g war. 234 Spätesten s sei t 1916 machten e s scho n allein di e gestiegene n Preise , di e durc h di e sporadische n Erhöhunge n de r FU nicht kompensier t wurden , de n städtischen »Kriegerfrauen « un d ihre n Familien nahez u unmöglich , allei n vo n de r F U zu leben. 233 Hinz u ka m i n der zweite n Kriegshälft e noc h ei n weitere s Moment , da s die Wirksamkei t 182 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

der materielle n Unterstützun g durc h di e F U begrenzte : Di e Knappheit a n Konsumgütern un d dere n staatlich e Bewirtschaftun g führte n z u eine m weitestgehenden Funktionsverlus t de s Geldes als eines allgemeinen Tausch mittels; mi t de m vollzogenen Übergan g de s Konsumgütermarkts i n einen staatlich reglementierte n Konsumgütermange l gewährt e di e Verfügun g über Gel d allei n - wenn ma n vo n de n wenige n un d keinesweg s typische n Spitzenverdienern unte r den Arbeitern und Kleinbürgern, di e die ins Unermeßliche gestiegene n Schwarzmarktpreis e zahle n konnten , einma l ab sieht - keinen Zugan g meh r z u knappe n Waren . Di e Veränderungen , di e diese Entwicklun g fü r di e Versorgun g de r lohnabhängige n Fraue n mi t Konsumgütern bewirkten , solle n i m folgende n Abschnit t analysier t wer den. 3. 2. 2. Die Versorgung mi t Konsumgütern: Bewirtschaftung , individuell e Daseinsvorsorge und die Stimmungslage der Bevölkerun g 3.2.2.1. Voraussetzungen, Organisatione n und Maßnahmen der staatlichen Bewirtschaftung Die Eckdate n de s Konsumgüter - un d insbesonder e de s Nahrungsmittel mangels der Kriegszeit 236 wurden durc h da s verknappte Warenangebot ge setzt. Hauptursach e der Verknappung ware n - der Ausfall von Importen, - der Rückgang der Produktionsmenge un d -qualität und - die Zurückhaltung de r Produktion durch die ländlichen Produzenten . Die Höhe des auf dem Land zurückgehaltenen Anteil s an der Nahrungsmittelproduktion gehört e z u de n meistdiskutierte n Dunkelziffer n de r Kriegszeit; si e läßt sic h auc h i m nachhinei n nich t meh r exak t bestimmen . Sicher ist , da ß e s sic h hierbe i u m nich t unbeträchtlich e Menge n vo n Grundnahrungsmitteln handelte , dere n Zurückhaltun g au f de m Lan d da s den ganze n Krie g hindurc h anhaltend e Land-Stadt-Gefäll e i n de r Lebens haltung z u stabilisieren half. 238 De r Import - un d Produktionsrückgan g je doch is t statistisc h erfaßbar . Da s Deutsch e Reic h importiert e vo r de m Krieg 20% seiner Lebensmittel ; be i hochwertigen Lebensmittel n stammt e 1/3 au s dem Ausland. 239 Von dem zur menschlichen Ernährung mittelba r (al s Futtermittel) ode r unmittelba r benötigte n Getreid e (Weizen , Roggen , Ha fer, Gerst e und Mais) stammte übe r ein Vierte l au s dem Ausland . Bi s zum Kriegsende san k de r Importantei l a n lebenswichtige n Konsumgüter n bi s zur Bedeutungslosigkei t ab. 240 D . h., da ß ca . 20% der Bevölkerun g un d damit etwa 13½ Mio. Mensche n i m Krieg nach und nach als neue Nachfra ger auf dem Inlandsmarkt erschienen, ebens o wie das Militär.241 De r militärische Bedar f a n knappen Konsumgütern 242 überstie g de n Bedar f de r vo n ihm beschäftigten Individue n nich t zuletz t deshalb , wei l dies e Konsumgü 183 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

ter teilweis e direk t ode r indirek t i n di e Rüstungsproduktio n eingingen : 2/3 de r Zuckerproduktion wanderte n als Ersatz für bisher importiertes Glycerin und Stickstoff in die Munitionserzeugung (ebens o wie Kartoffelspiri tus), un d Zucker , Kartoffeln , Kohle n un d andere s meh r wurde n in s neu trale Auslan d exportiert , vo n de m ma n i m Gegenzu g wichtig e Rohstoff e für die Rüstungsproduktion einhandelte. 243 Eine behördeninterne Schätzun g vo n 1915 bezifferte de n jährlichen Im portausfall vergliche n mit 1913 bei Weizen auf 1,5-2 Mio. Tonnen, be i Futtergerste auf 3 Mio. Tonnen , be i anderen Futtermittel n (Mais , Kleie , Lein saat etc. ) au f 4 Mio. un d be i Nahrungsmittel n (Hülsenfrüchte , Obst , Ge müse, Eier und Reis) auf 1,3 Mio. Tonnen. 244 Der Rückgan g de r landwirtschaftliche n Binnenproduktion , au f desse n Ursachen hie r nich t nähe r eingegange n werde n kann, 245 führt e dazu , da ß die Importausfäll e noc h verstärk t bzw . auc h davo n nich t betroffen e Pro dukte knapp wurden. S o stand ζ. Β. von der Herbstkartoffelernte 1916 den - nach Abzu g de r Brennerei - un d Saatkartoffel n (36 899 398 bzw. 107830604 Zentner) - zum Verbrauc h bestimmte n 325895 536 Zentnern als Bedarf gegenüber: 45 000 000 Ztr. Bedarf der Teka Trockenkartoffel-Verwertungsgesellschaft mbH. ) 34 199 704 Ztr. Heeresbedarf 1 374 000 Ztr. Marinebedarf 340396612 Ztr. Bedarf der Zivilbevölkerung ;

dies ergab einen Fehlbedarf von 95 074 780 Zentnern.246 Planungen, gesetzlich e Grundlagen un d organisatorisch e Instrumenta rien fü r di e Bewältigun g eine r derartige n Mangelsituatio n stande n be i Kriegsbeginn nu r i n sehr rudimentäre r For m zur Verfügung. Di e vor Au gust 1914 geführten Diskussione n übe r die Versorgung de s Deutschen Rei ches im Kriegsfal l hatte n auße r einem vo m Reichstag angenommene n Ge setz über die Verpflichtung zu r Angabe von Getreidebeständen kau m kon krete Ergebnisse gehabt. 247 Di e Notwendigkeit eine r umfassenden Bewirt schaftung de r Konsumgüte r schie n auc h in den ersten Kriegsmonaten , al s kaum jeman d mi t eine r mehrjährige n Daue r de s Krieg s rechnete , noc h nicht gegeben . Di e reichsgesetzlich e Regelun g beschränkt e sic h au f Aus fuhrverbote un d vo r alle m Zollbefreiun g fü r di e Einfuh r wichtige r Nah rungsmittel, di e beginnen d mi t de m 31. Juli 1914 durch verschieden e kai serliche Verordnunge n erlasse n wurden, 248 sowi e au f da s Kleinhandels Höchstpreisgesetz, da s Teil der Kriegswirtschaftsgesetzgebung vo m 4. August 1914 war.249 Diese s Geset z war jedoch noc h kein Ansat z zu einer ge samtstaatlichen Aktivitä t be i de r Bewirtschaftun g de r Nahrungsmittel , sondern ermächtigt e vorers t nu r di e Ortsbehörde n zu r Festsetzun g vo n Höchstpreisen; aufgrun d de s Belagerungsgesetze s stan d dies e Befugni s auch de n Militärbefehlshaber n zu. 250 Hierdurc h sollt e de n preistreiberi 184 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

schen Auswirkunge n de r di e Mobilmachung begleitende n Panikkäuf e sei tens de r Bevölkerun g un d de r Kommune n entgegengewirk t werden: 231 Während di e Hausfrauen alle r Schichten vo n den Behörden und der Presse für ihre Hamsterkäufe streng gerügt und zur Zurückhaltung ermahn t wur den, gal t da s gleich e Verhalte n durc h di e Kommune n al s patriotisch e Pflichterfüllung: »Das Hamstern, was bei dem Privatmann als unschicklich galt, trug dem Oberbürgermeister den Ruhm eines sorgsamen Stadtvaters ein. «252 Mit dem Nachlassen der Hamsterkäufe gelan g es der kommunalen Höchst preispolitik, di e Preise wieder zurückzuführen. 253 I n etlichen Fällen wurden die kommunale n Höchstpreisregelunge n jedoch wiede r abgeschafft , nach dem sich gezeigt hatte, da ß die Nahrungsmittellieferanten di e Höchstpreisgebiete z u meide n begannen. 254 Di e einzig e Neuerun g organisatorische r Art stellt e i n de r ersten Kriegszei t di e Anfang Augus t 1914 erfolgte Grün dung de s »Reichseinkauf « dar , eine r GmbH , di e i n Erweiterun g eine s bereits in Hamburg bestehende n Gemeinschaftsunternehmen s de s Reichsmarineamts un d de r Hamburg-Amerika-Schiffahrtslini e fü r di e Versorgun g der Marin e mi t Lebens - un d Futtermittel n geschaffe n wurd e un d dere n Aufgabe de r Nahrungsmittelaufkau f i m neutrale n Auslan d war. 255 D a der »Reichseinkauf« kei n Monopolrecht zu m Ankauf im Ausland hatte, tra f er auf de n dortige n Nahrungsmittelmärkte n au f zahlreich e ander e au s Deutschland entsandt e Aufkäufe r un d trie b i n Konkurren z z u ihne n un d anderen di e Lebensmittelpreis e i m neutrale n Auslan d i n di e Höhe. 256 A m 5. Januar 1915 wurde er zur Zentral-Einkaufsgesellschaft mb H (ZEG ) umgebildet mit dem Deutschen Reich, den Bundesstaaten und fünf Firmen der Rüstungsindustrie al s Gesellschaftern . Di e ZE G arbeitet e gemeinnützi g und unterstan d de r Aufsich t de s Reichsamt s de s Innern ; etwaig e Über schüsse sollte n de m Reic h zufallen. 257 Obwoh l übe r si e da s Diktu m um ging, Großbritannie n hab e seinen Aushungerungsplan gege n Deutschlan d fallen lassen , nachdem e s der ZEG nicht gelunge n sei , Deutschlan d auszu hungern, sollt e si e ein e de r wenige n Kriegsgesellschafte n bleiben , dere n Tätigkeit di e verfügbare n Ware n vermehrt e un d nich t verschwinde n ließ . Im weitere n Kriegsverlau f erhiel t si e zwa r da s Einfuhrmonopo l fü r ein e Reihe von Waren, die sie seit 1915/16 in zum Teil recht erheblichen Menge n importierte; z u einer völligen Zentralisierung de s Außenhandels kam es jedoch bis zum Kriegsende nicht mehr. 258 Als mi t de m Übergan g de s Bewegungskriegs i n de n Stellungskrie g da s Ende der Kampfhandlungen i n immer weitere Fernen rückte, wurd e deut lich, da ß di e zu r Sicherun g de r Volksernährun g getroffene n Maßnahme n nicht meh r ausreichten . Be i eine r länger andauernde n Knappheitssituatio n war das System der lokalen Höchstpreisfestsetzungen nu r dazu geeignet, i n den Handel gelangend e Nahrungsmitte l i n Gegende n z u lenken, i n dene n gar kein e Preisgrenze n bzw . di e relati v höchste n festgesetz t waren , nich t 185 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

aber dazu , di e Versorgun g de r Bevölkerun g insgesam t z u gewährleisten . Als sich diese Entwicklung insbesonder e hinsichtlic h de r Brotgetreidever sorgung abzuzeichne n begann , setzte n - parallel z u gesetzliche n Maßnah men zur Streckung de s Brotgetreides und seiner Sicherung fü r die menschliche Ernährung 259 - Überlegungen ein , be i den Großhandelspreisen z u einer einheitliche n Höchstpreisfestsetzun g durc h di e Reichsregierun g bzw . den Bundesrat überzugehen . Di e Argumente, di e für und wider eine staatliche Preispoliti k geäußer t wurden , markierte n ei n Grunddilemm a de r staatlichen Konsumgüterbewirtschaftung , i n dem dies e sich di e folgende n vier Kriegsjahr e ausweglo s verfing . Da s Dilemm a bestan d darin , da ß di e beiden wichtigste n Zielsetzunge n eine r staatliche n Bewirtschaftun g unte r den Bedingunge n de s Erste n Weltkrieg s zu m Widerspruc h wurden : Da s Ziel einer möglichst vollständige n Ausnutzun g und Verteilung der vorhandenen Güter , insbesonder e Lebensmittel , wa r - unter Verzich t au f ein schneidende Eingriff e i n di e agrarische n Produktions - un d Besitzverhält nissc, di e wegen de s starken Einflusse s agrarische r Interessenverbänd e au f die Politi k de s Reiche s un d de r Einzelstaate n de n ganze n Krie g hindurc h nicht i m Bereic h de s politisc h Machbare n lagen 260 - nicht i n Einklan g z u bringen mi t de m ebens o wichtige n Moti v de r staatliche n Bewirtschaf tungspolitik, Verhältniss e z u schaffen , di e di e Bevölkerun g al s gerech t empfand un d die daher geeignet waren , de n für jede kriegführende Gesell schaft unerläßlichen Konsen s zwischen Bevölkerun g und Regierung z u stabilisieren. Modellhaft spiegelte n sic h di e beide n unterschiedliche n Zielsetzunge n und die daraus entwickelten Konzeptione n staatlicher Bewirtschaftungspo litik Ende 1914 in den internen Stellungnahmen der preußischen Regierun g - deren Haltun g i m Bundesra t de n Ausschla g ga b - zur Festsetzun g vo n Getreidehöchstpreisen durc h da s Reich wider . De r preußisch e Innenmini ster plädiert e fü r ein e laisser-faire-Politik , u m durc h steigend e Preis e di e Bevölkerung z u Verbrauchseinschränkungen z u zwingen, di e im Interess e einer längerfristige n Versorgun g mi t knappe n Nahrungsmittel n unerläß lich seien; sollte dies aus politischen Gründen nicht möglich sein, sollten die Höchstpreise wenigsten s übe r de n Marktpreise n liegen. 261 De r preußisch e Handelsminister erhob hiergegen schwere Bedenken: »Das hieße, den Ernährungsstand der Bevölkerung künstlich herabzudrücken, und würde nicht nur bei den im Lande Zurückgebliebenen, sonder n auch bei ihren im Felde stehenden Angehörigen schwere Sorge und vielfach stark e Erbitterung herbeirufen, kurzu m eine Stimmung fordern, be i der die Entschlossenheit, di e Lasten auch eine s lange n Kriege s willi g z u tragen , ernstlic h in s Wanke n komme n könnte. . . Das Odium aber der ganzen Maßnahme fiele auf die Regierung un d auf die Kreise, dene n die Preiserhöhung z u Gute käme, da s sind Landwirtschaft un d Handel.«262

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Preissteigerungen seie n nich t al s adäquates Mitte l zu r Förderun g vo n Verbrauchseinschränkungen z u betrachten ; hierfü r eignete n sic h ei n Verbot , Getreide a n Vie h z u verfüttern, un d eine entsprechende Beeinflussun g de r Bevölkerung263 durc h die Presse weit besser. 264 Der Innenminister beharrt e demgegenüber darauf , da ß di e Festsetzun g konsumentenfreundliche r Höchstpreise auch gegen den Willen weitester Kreise der Bevölkerung un d der Zeitungen und Parteien nahezu aller Richtungen unterbleiben müsse: »In Friedenszeiten hatte die Staatsregierung ähnliche n populären Forderungen Widerstand geleistet; in einer Kriegszeit, w o soviel auf dem Spiele stehe, liege hierzu erst recht Veranlassung vor . . . Die deutsche Bevölkerung habe noch keine Vorstellung von dem Ernst der Lage und werde durch Festsetzung niedriger Höchstpreise nur in der falschen Vorstellung gestärkt, daß kein Mangel zu befürchten sei.« Er sähe nur zwei Möglichkeiten, die Ernährung sicherzustellen: »Entweder müss e di e Staatsregierun g übe r sämtliche Getreidevorrät e sic h da s Verfügungsrecht sicher n oder das Publikum müsse sich unter dem Drucke höherer Preise sparsamer einrichten. «265 Auch de r preußisch e Landwirtschaftsminister , i n Abwehr de s vom Innen minister geäußerte n Ansinnens , de n Getreidehandel z u verstaatlichen, plä dierte fü r verbraucherfreundlich e Höchstpreisfestsetzungen. 266 Di e Mehr heit de s preußischen Staatsministerium s wa r ebens o wie di e Mehrheit de r Bundesstaaten un d de r Reichsregierun g mi t ihne n un d de m Vizepräsiden ten de s preußischen Staatsministeriums , vo n Delbrück, de r Meinung, da ß Deutschland »nebe n de m schlagende n Heer e ein e gut e moralisch e Stim mung haben (müsse), wenn wir bis zum nächsten Herbst durchhalten wol len«;267 die gesamtstaatliche Höchstpreisregulierun g wurd e installiert. Ein e Bundesratsbekanntmachung vo m 28. Oktober 1914 änderte da s Höchst preisgesetz dahingehend , da ß da s Rech t zu r Höchstpreisfestsetzun g nun mehr de m Bundesra t zustan d un d den unteren Behörde n nu r noch in den Fällen, i n dene n kein e reichseinheitlich e Regelun g vorgenomme n wurde ; am gleiche n Ta g erginge n di e ersten Großhandelspreisfixierunge n fü r Ge treide und Kleie. 268 Eine parallele Höchstpreisfestsetzung fü r Fleisch unterblieb, wodurc h ei n seh r wirksame r finanzielle r Anrei z geschaffe n wurde , das Getreide zur Viehmästung z u verwenden, e s also trotz Verbots zu verfüttern.269 Doch die Reichsregierung hiel t an den Getreidehöchstpreisen fest , d a für sie die »politischen Moment e ausschlaggebend« (Bethman n Hollweg ) blieben: »Das Volk verlange etwas Greifbares und Sichtbares«, stellt e der preußische Kriegsministcr i m Oktober 1915 fest, »un d das sei der Höchstpreis. Die Festsetzun g vo n Höchstpreise n se i ein e Maßnahme , di e da s Volk be greifen und würdigen werde. «270 War s o fü r di e Regierun g de s Reich s ebenso wi e fü r di e Regierun g de r Einzelstaaten be i de r Preisgestaltung , wen n ma n s o will , da s Prima t de r Politik ausschlaggebend, 271 gal t die s fü r di e untere n Behörden , di e ihr e Nahrungsmittelwirtschaft nac h de n gesamtstaatlic h vorgegebene n Para 187 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

metern durchzuführe n hatten , keinesweg s i m gleiche n Ausmaß . Ih r internes Resümee der staatlichen Bewirtschaftun g i n den ersten Kriegsmonate n fiel den n auch vernichtend aus : Die Zufuhr a n Getreide un d Kartoffel n se i nach de r Festsetzun g vo n Höchstpreise n s o gerin g geworden , da ß di e Volksernährung bal d ernstlic h i n Frag e gestell t sei ; di e Landwirt e gäbe n ihre Produkte zu diesen Preisen gar nicht erst heraus, sonder n verfutterte n sie anstell e de r teurere n Futtermitte l a n ih r Vieh , un d de r Hande l stock e hierdurch un d wege n de r Furch t vo r de r Festsetzun g auc h vo n Kleinhan delspreisen vollständig ; di e Bevölkerun g geh e mi t de n Nahrungsmittel n angesichts de r niedrigen Preis e zu verschwenderisch um , un d die teurere n Aufkäufe au s dem neutralen Auslan d könnte n i m Reichsgebie t nich t meh r abgesetzt werden . Da ß di e jetzige Regelun g nich t nu r schädlich , sonder n unhaltbar sei, gehe auch daraus hervor, da ß das Kriegsministerium di e Proviantämter - die für di e Heeresverpflegung zuständi g ware n - angewiesen habe, sic h be i ihre n Einkäufe n nich t a n di e Höchstpreis e z u halten . Kurzum: Di e Festsetzun g vo n Höchstpreise n durc h de n Bundesra t se i al s rundherum verfehlte Maßnahme sofort aufzuheben : »Es wurde dabei allseits betont, daß dieser Standpunkt gerade aus Liebe zu unserem Volke und seinen wohlverstandenen Interessen eingenommen werde, welchen man aber durch die sozialistisch gefärbte n Maßnahme n de r Reglementierung alle r Lebensverhältnisse nicht gerecht werden könne.«272 Auch di e Regierungen de r Einzelstaate n un d di e Reichsregierung erkann ten die von ihnen selbst geschaffenen Zuständ e auf dem Gebiet der Lebensmittelversorgung seh r bald als unhaltbar - wen n sich auch ihre Kritik meh r in de r umgekehrte n Richtun g bewegt e un d di e untere n Behörde n sowi e vor alle m di e Kommandierende n Generale , di e ihr e Versorgungsgebiet e untereinander abschotteten und ihre eigene Preispolitik betrieben, fü r einen Gutteil de s entstandene n Chao s verantwortlic h machte. 273 D a si e di e Höchstpreise nich t antaste n wollten , suchte n di e Zentralinstanze n durc h weitergehende Staatseingriff e Remedu r z u schaffen . Da s gescha h i m fol genden vorzugsweis e durc h Gründun g vo n Kriegsgesellschafte n be i gleichzeitiger Rationierun g de r vo n diese n bewirtschaftete n Lebensmittel . Als di e erst e diese r Gründunge n un d al s ein e ihre r wichtigste n se i hier , stellvertretend fü r al l di e folgende n Kartoffel- , Fleisch- , Eier - un d Sauer krautgesellschaften, di e Kriegsgetreidegesellschaft/Reichsgetreidestell e kurz skizziert. Bereits a m 25. November 1914 war i n Berli n di e Kriegsgetreidcgesell schaft mb H gegründet worden ; ihr Zweck wa r der Aufkauf un d die Lagerung, unte r Umstände n auc h di e Enteignun g vo n inländische m Rogge n (später auc h Weizen ) zu r Veräußerun g nac h Mitt e Ma i 1915 sowie di e Durchführung vo n Maßnahmen zu r Sicherung de r Volksernährung i m allgemeinen. Di e Gesellschaf t sollt e gemeinnützig , jedoc h nac h rei n wirt schaftlichen Gesichtspunkte n arbeiten ; im Falle ihrer Auflösun g sollte n die 188 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Gesellschafter nich t meh r erhalten als die Nennwerte ihrer Anteile; etwaige nach Zahlun g vo n 5% Dividende verbleibend e Überschüss e sollte n de m Reich für gemeinnützige Zwecke, insbesonder e zugunsten der Kriegs- und Hinterbliebenenfürsorge, zufallen . Da s Reic h verpflichtet e sich , etwaig e Verluste, di e sic h be i de r Auflösun g de r Gesellschaft herausstelle n sollten , zu decken. Al s Gesellschafter zeichnete n von den 50 Mio. Mark Stammka pital 21 Mio. Mar k de r preußisch e Staat , insgesam t 20 Mio. Mar k einig e größere deutsche Städte (Berlin hatte mit 4 Mio. Mark die höchste Einlage, die niedrigst e betru g 100000 Mark) un d 9 Mio. Mar k verschieden e Indu striebetriebe (Krup p hiel t mi t 1,3 Mio. Mar k di e höchste Einlage, de r Bochumer Verei n mi t 100 000 Mark di e niedrigste). 274 Die mit der Gründung dieser Gesellschaf t verbunden e Erwartung , au f dem We g des freihändige n Einkaufs eine ausreichende Bevorratung mi t Getreide zu erreichen, erfüllt e sich jedoch nicht. 275 Daraufhin erhiel t sie im Januar 1915 das Recht zur Beschlagnahme un d Enteignun g vo n Getreide, 276 und ihr Leiter, Unterstaats sekretär de r Finanze n Michaelis , de n Ran g eine s Reichskommissars. 277 Gleichzeitig wurd e de r Endverbrauc h mittel s Brotkarten rationiert . Vo n jetzt a b wa r da s gesamt e Getreid e fü r di e Kriegsgetreidegesellschaf t be schlagnahmt un d wurd e vo n ihr aufgekauft ode r gegebenenfalls enteignet . Sie hatte dann di e Kommunalverbänd e mi t Meh l z u versorgen ode r ihnen in ihrem Bereich befindliches Getreid e für die Versorgung der Bevölkerung zu übereignen. Im weitere n Verlau f wurd e di e Kriegsgetreidegesellschaft , bislan g ein e Gesellschaft private n Rechts , mi t de m Reichskommissa r un d de r Reichs verteilungsstelle278 zu r Reichsgetreidestelle zusammengefaßt , di e unter der Aufsicht de s Reichskanzlers stand ; obwohl weiterhi n privatrechtlic h orga nisiert, wa r si e nun nicht mehr selbständig, sonder n unterstand grundsätz lich behördliche n Anweisungen . Auc h ih r Verhältni s z u de n Kommunal verbänden ändert e sich : Wa r ursprünglic h si e Besitzeri n de s Getreides , wurde es später fü r di e Kommunalverbände beschlagnahmt , di e den nicht von ihne n selbs t verbrauchte n Antei l entwede r de r Reichsgetreidestell e verkauften ode r abe r vo n ihnen ausgesucht e Kommissionär e al s Einkäufe r für die Reichsgetreidestelle zulasse n konnten . Di e Reichsgetreidestelle wa r also einerseits eine Reichsbehörde, di e die gesamte Getreide- und Brotwirt schaft verwaltete , un d andererseit s ein e GmbH , di e da s Getreide - un d Mehlgeschäft nac h handelsrechtliche n Grundsätze n betrieb . Si e arbeitete ebenso wi e vorhe r di e Kriegsgetreidegesellschaf t - gemeinnützig, wen n auch nac h wirtschaftliche n Gesichtspunkten . Ihr e Dividend e wa r au f 5% beschränkt, etwaig e Überschüss e sollten dem Reich für die Versorgung der Kriegshinterbliebenen zufallen . Ih r Aufsichtsrat wurde stark erweitert, un d das Reich beteiligt e sic h am Geschäftskapital. Durc h diese Verstaatlichun g des Handels wurde n circ a 12 000 Getreidehändler ausgeschalte t un d durch von de r öffentliche n Han d bezahlt e Kommissionär e mi t begrenzte n Ge winnmöglichkeiten ersetzt . De r tatsächliche Umschlag der Reichsgetreide189 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

stelle war jedoch weniger erheblich, al s der große Aufwand un d das selbstbewußte Auftreten ihres Leiters Michaelis vermuten ließen: Noch am 31. Juli 1915, dem Ablau f de s erste n Geschäftsjahres , zo g si e e s vor, di e vo n ih r getätigten An - und Verkäufe von Getreide in Kilogramm z u berechnen. 279 Ähnlich hinsichtlich des Aufbaus wie der mangelnden Durchschlagskraf t waren auc h die weiteren Kriegsorganisatione n au f dem Gebiet der Lebensmittelbewirtschaftung beschaffen. 280 O b si e Fleisc h ode r Nudeln , Sauer kraut ode r Kartoffel n bewirtschaftete n - ihre Entwicklun g wa r vo n eine r geradezu fatale n Ähnlichkeit . Di e Handelskamme r Kie l schildert e de m preußischen Handelsministe r de n idealtypischen Ablauf : Zunächst wurde n für ein e Ware Höchstpreise bestimmt, u m die auf die Bevölkerung durch schlagenden Preissteigerunge n z u bekämpfen . Daraufhi n wurd e di e War e von de m Produzente n zurückgehalten . U m eine n Überblic k übe r di e Be stände z u bekommen , ließe n di e Behörde n schließlic h Vorratserhebunge n durchfuhren. D a di e Ergebniss e diese r Erhebunge n ungünsti g ausfielen , gingen di e Behörden be i einer War e nach de r anderen z u Beschlagnahme , Schaffung staatliche r Zentralstellen , behördliche r Verteilun g a n di e Kom munalverbände un d Rationierun g de s Endverbrauchs durc h Lebensmittel karten über . E s began n mi t Brotgetreid e un d setzt e sic h for t mi t Mehl , Graupen un d Grütze , Hülsenfrüchten , Fleisch , Fett , Butter , Margarine , Milch, Eiern , Kartoffel n un d Kohlrüben , Teichfischen , Salzheringen , See fischen, geräucherte n Fischen , Zucker , Kunsthonig , Marmelade , Süßstof f etc. Di e größt e Katastroph e se i di e Kartoffelbewirtschaftung , fuh r di e Handelskammer fort , wei l hie r di e Bewirtschaftun g de n Mangel ers t her vorgerufen habe ; für de n Bauern verteuerte n sic h die Futtermittel au f dem Weg vo m Kriegsausschu ß fü r Ersatzfuttermitte l übe r di e diverse n Zwi schenstellen bi s zum Kommunalverban d u m mehr als 80 Mark pr o Tonne und dami t u m gena u de n Betrag , de n e r fü r sein e Kartoffel n erhielt : Di e Kartoffelbewirtschaftung hab e »vollkommen Fiasko gemacht«. 281 Die Kehrseit e de s durc h di e staatlich e Bewirtschaftun g produzierte n Kartoffelmangels bildet e ein - zumindest i n der ersten Kriegshälfte auftre tender - durch di e staatlich e Bewirtschaftun g produzierte r Kartoffelüber schuß: Von den 8 bis 8,5 Mio. Zentnern Kartoffeln, di e die Reichskartoffel stelle bis Mai/Juni 1915 angekauft hatte , riefen die Gemeinden nur 1,9 Mio. Zentner ab , de r Res t wurd e zu m größte n Tei l z u Spiritu s verarbeitet. 282 Häufiger jedoc h folgt e de r Errichtun g eine r Kriegsgesellschaf t da s Ver schwinden de s von ih r bewirtschafteten Produkt s au s der Öffentlichkei t eine idealtypische Entwicklung , di e der Berliner Volksmun d i m besonder s schneereichen letzte n Kriegswinter , al s die personalschwache Straßenreini gung mi t de m Schneeräume n nich t meh r nachkam , i n de r Frag e zusam menfaßte: »Waru m wir d nich t ein e Reichsschneestell e gegründet ? De r Schnee würde sofort weg sein. «283 Nach zwe i Kriegsjahre n bo t di e staatlich e Bewirtschaftungspoliti k da s Bild eine s vol l durchinstitutionalisierte n Chaos : Jedes fü r di e menschlich e 190 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Ernährung irgendwi e geeignet e Produk t hatt e sein e eigen e Kriegsgesell schaft un d einen Abschnitt au f der Lebensmittelkarte; und das »Alphabeti sche Verzeichni s de r Gegenstände , fü r welch e Preisbindunge n irgendwel cher Ar t . . . seit Kriegsbeginn vorgeschriebe n . . . sind«, umfaßt e 148 engbedruckte Seite n un d reicht e vo n Abdeckereifet t übe r »Backsteinkäse« , »Dotschen«, » Fischrogen« und »Kadavermehl « bis »Wollfett « und »Zuchtsauen«.284 Di e Menge diese r Produkte , di e durch die staatliche Be wirtschaftung fü r di e Ernährun g de r Bevölkerun g tatsächlic h zu r Verfü gung gestell t werde n konnte , blie b jedoch wei t hinter dem Mindestbedar f zurück. Von alle n Seite n wege n de r Unzulänglichkei t de r vo n ih r getroffene n Maßnahmen bedrängt , began n di e zivil e Reichsleitun g i m Frühjah r 1916 über di e Errichtun g de r verlangte n Lebensmitteldiktatur , di e de m Chao s ein End e machen sollte , z u beraten. 285 Im März 1916 reichte der Leiter der Reichsgetreidestelle, Unterstaatssekretä r Michaelis , bei m Staatssekretä r des Innern eine Denkschrift ein , in der er die Errichtung eines Kriegsernährungsamts al s einheitlicher Verwaltungsstell e zu r Nahrungsmittelbeschaf fung forderte. 286 De n heikelste n Punk t eine r solche n Institutio n - daß au f sie Kompetenze n de r preußische n Ressort s un d de r Bundesregierunge n übertragen werde n müßte n - glaubte Michaeli s durc h ein e Personalunio n bei de r Leitun g alle r einschlägige n Reichsstelle n (Reichsgetreidestelle , Reichskartoffelstelle, ZEG , Reichsfleischstelle , Reichsfuttermittelstelle , Zentralstelle für den Heeresbedar f etc.) umgehe n z u können; für unerläßlich hielt er jedoch eine Entscheidungsbefugnis de s zu errichtenden Kriegsernährungsamts (ΚΕΑ) gegenüber de n stellvertretenden Generalkomman dos. Währen d di e meiste n preußische n Ressort s diesen Vorschla g begrüß ten,287 stande n ih m da s preußisch e Landwirtschaftsministeriu m un d da s Reichsamt des Innern bzw. de r Reichskanzler ablehnend gegenüber - wenn auch au s unterschiedliche n Gründen : Lehnt e de r Landwirtschaftsministe r Schorlemer ein zu errichtendes ΚΕΑ für den Fall ab, daß seinem Leiter tatsächliche Entscheidungsbefugniss e zugesproche n würden , un d fordert e e r eine kollegial e Leitun g durc h di e bishe r zuständige n Ressorts, 288 fand da s Reichsamt de s Inner n Michaelis ' Vorschla g unzureichend , d a di e Vielfal t der jetzigen Bewirtschaftungsressort s bestehe n bleib e un d di e Frage, wel che Kompetenzen preußisch e und außerpreußische Ressort s an ein derartiges ΚΕΑ abzugeben bereit seien, völlig ungeklärt sei. 289 Nach vertraulichen Gesprächen mi t der Heeresleitung rückt e der Reichskanzler vo n seiner ablehnenden Haltun g ab . Nachde m sic h di e Militärführung bereiterklär t habe, ein e solch e umfassend e Organisatio n mitzutragen , schein e ih m di e Lage »vo n Grund auf geändert«: De r Vorteil einer Einbindung de r Militärbehörden in die Bewirtschaftung se i so groß, da ß er für alle Ressorts einen Kompetenzverlust aufwiege. 290 Tatsächlic h erwie s sic h di e Aussicht , de n Dualismus zwischen Zivil - und Militärbehörden au f dem Gebiet der Nah rungsmittelbewirtschaftung derar t entschärfen z u können, inde m die Hee191 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

resleitung un d damit di e kommandierenden General e einbezogen würden , als s o attraktiv, da ß e s gelang, soga r de n Landwirtschaftsministe r zugun sten de s ΚΕΑ umzustimmen. Al s Vorsitzende n de s ΚΕΑ schlug de r Reichskanzler Adol f von Batocki vor, bislang Oberpräsiden t von Ostpreu ßen.291 Die Ermächtigung de s Bundesrats zur Errichtung de s ΚΕΑ erfolgte am 22. Mai 1916. Die Ausübung eine r Lebensmitteldiktatu r wa r vo n diese r Institutio n jedoch noch weniger zu erwarten als von dem im weiteren Verlauf des Jahres 1916 hinzukommenden Kriegsam t di e Ausübung eine r Wirtschaftsdikta tur. Ebens o wie mi t diese m wurd e mi t de m ΚΕΑ »das blutleere Geschöp f des heilige n St . Kompromiß au s de r Taufe « gehoben. 292 Zwa r erhiel t e s einen sic h ständi g vergrößernde n Mitarbeiterstab . I m Vorstand , de r bera tende Funktio n un d anfang s 7, dann 12 Mitglieder hatte , saße n nebe n Generalleutnant Groene r al s Vertrete r de s Große n Generalstab s u . a. de r Generaldirektor de r Gutehoffnungshütte , Pau l Reusch , Vertrete r vo n Landwirtschaft, Hande l un d Kommunalverwaltunge n sowie , dami t sic h »die Sozialdemokrati e nich t de r Verantwortung für die Ernährung entzie hen« könne, 293 der Sozialdemokra t Augus t Mülle r au s Hamburg; di e Gewerkschaften ware n durc h Ada m Stegerwald , de n Generalsekretä r de r christlichen Gewerkschaften , vertreten . I m Beira t de s ΚΕΑ, der sic h au s über 100 ehrenamtlichen Mitglieder n zusammensetzte , saße n Vertreter de r Reichsbehörden, de r Kriegsstellen und -gesellschaften un d zahlreiche Sach verständige. Al s Vermittlungsstelle z u den Frauenvereine n wurd e 1917 ein Frauenbeirat geschaffen , i n dem insbesondere die bürgerliche Frauenbewe gung vertreten war; er hatte keine Kompetenzen, sonder n sollte in den Reihen de r Mitgliede r für die Maßnahme n de s ΚΕΑ werben un d umgekehr t Anregungen de r Hausfraue n un d Frauenbewegun g weiterleiten. 294 Doc h war e s auch mi t de n Kompetenzen de s ΚΕΑ als ganzem schlech t bestellt , von »autoritäre n Machtbefugnisse n wa r kein e Rede«. 295 Di e bisherige n Bundesratsregelungen de r Nahrungsmittelbewirtschaftun g bliebe n i n Kraft und dem Bundesrat unterstellt, nur die von ihm bislang nicht geregelten Materien unterstande n de m ΚΕΑ. Das ΚΕΑ erhielt kein e Exekutivbe ­ fugnisse eigene n Rechts , sonder n blie b au f die verschiedenen einzelstaatli ­ chen Unterbehörde n angewiesen ; di e Organisation de r Heeresverpflegun g wurde ihm nicht unterstellt, sonder n weiterhin paralle l und in Konkurren z zur Versorgung der Zivilbevölkerung betrieben . De facto lief die Gründung des ΚΕΑ darauf hinaus, da ß das frühere Unterstaatssekretaria t für Volksernährung i m Reichsamt des Innern zu einer obersten Reichsbehörde ernannt wurde. Immerhin wurden ihm die bislang völlig unkoordiniert nebeneinander wirtschaftenden Kriegsstelle n und -gesellschaften unterstellt . Einzi g die Kompetenzen der stellvertretenden Generalkommandos auf dem Gebiet der Nahrungsmittelbewirtschaftung wurde n tatsächlic h begrenzt : A b jetz t mußten si e ihr e diesbezügliche n Anordnunge n vo n de r Zustimmun g de s preußischen Kriegsministeriums abhängig machen. 296 192 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Vorstöße de s energische n Generalstabsvertreter s Groener , »da s heilig e Ressort, da s leider über die Sache gestellt wird«, 297 im nachhinein noch partiell zu entmachten, stieße n auf keine positive Resonanz.298 Nicht nu r de r Greneralstabschef Hindenburg - der a n de r Ernährungs frage hauptsächlic h wege n de r Arbeitsfähigkei t un d -Willigkei t de r Rü stungsarbeiterschaft interessier t wa r - befand bereit s wenig später , da ß die Bewirtschaftung de r Lebensmitte l nich t länge r Organe n wi e de m ΚΕΑ überlassen bleibe n dürfe , di e letztlich nich t entscheidungsbefug t waren. 299 Im Februa r 1917 überreichte der Leiter der Reichsgetreidestelle, Michaelis , eine weiter e Denkschrift , i n der er die »bedenklichste n Erscheinungen « i n Stadt und Land beklagte: »In der Stadt sucht jeder aus der Situation Vorteil zu schlagen. Auf dem Gebiete der Reichsgetreidestelle sind es in erster Linie die Bäcker. Sie backen mehr Kuchen, verkaufen sog. Fußmehl, backen mehr Weizen- als Roggenbrot, geben Kunden, um sie sich zu erhalten, Vorschu ß in Brot, kurz , sie verwirren de n eigentlichen Plan . . .; Brotmarken werden gefälscht und sind in Massen gestohlen. Auch die Fälschungen und die gestohlenen werden in Brot umgesetzt . . . Wie auf dem Gebiete des Brotes, steht es auf dem Gebiete der anderen Nahrungsmittel; und jedesmal, wen n Übelstände festgestell t un d durc h neu e Bestimmungen abgewehr t sin d . . . finden di e Betreffenden neu e Schleichwege, u m die Gesetze und Verordnungen zu umgehen und gefährden dadurch die Vorräte. Auf dem Lande wird in erschreckendem Umfange verbotener Weise verfuttert, e s wird in den kleinen Mühlen ohne Innehaltung der Kontrolle vermahlen usw. Die Massenhaftigkeit der Strafbestimmungen hat die Bevölkerung abgebrüht.« Und innerhalb der preußischen Regierung seien es der Handels- und der Landwirtschaftsminister, di e durch zu effektive Interessenvertretun g ihre r Klientel di e Bewirtschaftung behinderten. 300 Als Lösun g de s Problem s schlu g Michaeli s di e Einsetzun g eine s preußi schen Kommissars für Volksernährung vor , de r in der Lage sein sollte, un abhängig vo n den einzelnen Ressorts zu agieren. Mi t Ausnahme des Landwirtschaftsministers, de r ein e Beschneidun g seine r Kompetenze n nich t hinnehmen wollt e un d zurücktrat , stimmt e di e preußische Regierun g de r Einsetzung eine s preußische n Kommissar s für Volksernährung z u und er nannte Michaeli s selbs t fü r diese n Posten. 301 Di e Einsetzun g Michaelis ' durch den Kaiser erfolgte am 17. Februar. Die Zuständigkei t de s Staatskommissar s wa r tatsächlic h etwa s weite r gefaßt al s die des ΚΕΑ. Sie umfaßte die Kompetenzen der preußischen Mi nisterien fü r Landwirtschaft, Hande l und Gewerbe und des Inneren, sowei t sie Ernährungsangelegenheite n betrafen , un d erstreckt e sic h insbesonder e auf die Erfassun g un d Bewirtschaftun g vo n Heu , Stroh , Wil d un d Geflü gel, Kaffee , Tee , Kakao , Schokolade , au f die Schwer(st)arbeiterzulag e für einzelne Arbeiterkategorien, di e Durchführung vo n Massenspeisungen, di e Aufsicht übe r Preisprüfungsstelle n un d Kleinhandelshöchstpreise , Kriegs wucher-, Schleichhandel - un d Importangelegenheiten. 302 De r Staatskom 193 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

missar erhielt unmittelbare Weisungsbefugnis gegenübe r den nachgeordneten Behörden und die Aufsicht über die Kommunalverbände. Doc h war sie auf das Gebiet de s preußischen Staat s beschränkt. Nac h Michaelis ' Ernen nung zum Reichskanzler im August 1917 wurden das ΚΕΑ und der preußische Staatskommissar fü r Volksernährun g unte r dem bisherigen Oberbür germeister vo n Köln, Wilhel m von Waldow, i n Personalunion zusammen gefaßt.303 Zu einer der wichtigsten Sonderaufgabe n de r solcherart umorganisierte n Nahrungsmittelbewirtschaftung wurd e die Versorgung der Rüstungsarbeiterschaft mi t Lebensmitteln. Di e bevorzugte Belieferung de r Arbeiterschaf t kriegswichtiger Betrieb e mi t Nahrungsmittel n hatt e di e OH L i m Herbs t 1916 gefordert, u m di e i m Hindenburg-Program m vorgesehen e Steige rung der Rüstungsproduktion z u erreichen.304 Daß die schlechte Ernährung spätestens sei t 1916/17 einen Produktionsengpa ß darstellte, wa r nich t nu r Meinung de r OHL . Betrieb e berichtete n übe r Ohnmachtsanfäll e infolg e Unterernährung de r Arbeiterschaft ; trot z ihre r relati v höhere n Löhn e be traf dies auch die Arbeiter/innen de r Rüstungsindustrie, wei l Lebensmitte l »zur genügende n Ernährun g i m normalen Verkeh r überhaupt nich t z u ha ben sind«. 305 Da die bisherigen Sonderzuteilunge n a n Bergarbeiter un d bestimmte Arbeitergruppe n de r Hütten - un d Munitionsindustri e vo r alle m aus Auslandsimporte n stammten , dere n Umfan g imme r geringe r wurde , und die Kartoffelernte 1916 an eine Mißernte grenzte, 306 konnten di e Son derrationen nur durch Reduzierung der für die Zivilbevölkerung insgesam t zur Verfügun g stehende n Nahrungsmittelmeng e verfügba r gemach t wer den. Dies e Aufgabe hatt e ursprünglich da s Kriegsamt zugewiese n bekom men; im August 1917 wurde sie dem ΚΕΑ übertragen.307 Bei der Lösung de s Problems, au s einer ohnedies bereits unzulängliche n Versorgungslage herau s noch Zusatzkontingente verfügbar z u machen, sa h sich di e staatliche Bewirtschaftun g erneu t vo r de m Dilemma , da ß sic h i m Sinne de r Kriegswirtschaf t al s ganzer effizient e Maßnahme n mi t de r - im Interesse de r Kriegsgesellschaf t ebens o unerläßliche n - Rücksichtnahme auf die Stimmun g de r Bevölkerung al s unvereinbar erwiesen : Ebens o ab sehbar wi e di e positiven Auswirkunge n eine r bessere n Ernährun g au f di e Arbeitsleistung de r Rüstungsarbeiterschaf t ware n di e negative n Auswir kungen, di e eine Bevorzugung bestimmte r Arbeitskraftekategorie n au f die Stimmung de r übrigen Bevölkerun g habe n mußte. Hatte sich die staatliche Bewirtschaftung i n de r Frag e de r Höchstpreis e fü r Grundnahrungsmitte l dafür entschieden , de m politischen Aspek t Vorrang zu geben und im Inter esse de r innenpolitische n Stabilitä t Höchstpreis e auc h dan n einzuführe n und beizubehalten, wen n sie die allgemeine Versorgungslage verschlechter ten, gin g si e jetzt de n umgekehrte n Weg : Di e Sonderversorgun g de r Rü stungsarbeiterschaft wurd e in Gang gesetzt und bis zum Kriegsende beibe halten, obwoh l sie nachgewiesenermaßen eine n nicht unbeträchtlichen Bei trag zur Stimmungsverschlechterung a n der »Heimatfront« leistete. 194 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Die Schwierigkeite n beganne n bereit s be i de r Eingrenzun g derjenige n Gruppe von Arbeitskräften , di e in den Genuß der Sonderzulagen komme n sollte. Anfänglic h blie b dies, ebens o wie die Abzweigung de r Zulagen au s dem allgemeine n Kontingent , de n Kommune n überlassen . Die s führt e dazu, da ß Kommunen mit einem relativ hohen Anteil von in der Rüstungsindustrie beschäftigte n Arbeitskräfte n scho n bal d di e erforderliche n Nah rungsmittel nich t meh r beschaffe n konnten. 308 Ander e Kommune n wie derum ernannte n gleic h eine n Großtei l de r Bevölkerun g z u zulageberech tigten Rüstungsarbeitern ; s o wurden in einer Stadt mit insgesamt 6000 Einwohnern 1800 als Schwerstarbeite r deklariert , währen d nac h Ansich t de s zuständigen Gewerbeaufsichtsbeamte n ca . 30 dafür i n Frag e gekomme n wären.309 Di e unterschiedlich e Handhabun g de s Zulagenwesen s rie f be trächtliche Mißstimmun g i n der Bevölkerung hervor, 310 nicht zuletzt unter Arbeiter/innen, di e al s vo n de r Bewirtschaftungspoliti k wenige r Begün stigte mi t al s Schwer - un d Schwerstarbeitern anerkannte n Arbeitskräfte n im gleiche n Betrie b arbeiteten; insbesondere die Arbeiterinnen fühlte n sic h bei der Unterscheidung i n Schwer(st)arbeiter un d nicht Zulagenberechtigt e zurückgesetzt.311 Daraufhi n erließe n Kriegsam t un d ΚΕΑ im Januar 1917 vereinheitlichte Richtlinien. 312 Hiernac h ware n nich t meh r einzelne Arbei ­ ter, sonder n Rüstungsbetrieb e di e Empfänger de r Zusatzrationen, di e diese unter ihre n Arbeiter n z u verteile n hatten . Al s zulageberechtig t galte n all e Rüstungsbetriebe, di e mindesten s eine n Schwerstarbeite r beschäftigten . Für den Fall , da ß di e Kommunalverbände di e Lebensmittel nich t beschaf fen konnten , ohn e die Versorgung de r übrigen Bevölkerun g z u gefährden , sollten si e sic h a n di e fü r di e Heeresverpflegun g zuständig e Zentralstell e wenden. De r hierdurch erreicht e Zugewin n a n Einheitlichkeit wa r jedoch begrenzt, un d die Unzufriedenheit de r Arbeiterschaft dauert e an: »Es kann nur immer wieder betont werden, daß jetzt fast jede Unzufriedenheit und Unruhe unte r de n Arbeiter n ihre n Grun d dari n hat , da ß Arbeite r eine r anderen Klasse, eine s anderen Werkes oder eines anderen Bezirke s mehr an Lebensmitteln erhalten, al s die Beschwerdeführer selbst . Dan k ihrer weitverzweigten Organisa tion erhalte n di e Arbeite r vo n solche n Vorkommnisse n i n allerkürzeste r Zei t Kenntnis, und sofort werde n diese zum Anlaß genommen, u m unter Androhung der Arbeitseinstellung dieselben Zuwendungen zu verlangen . . . Dazu kommt, daß durch di e neue Einführun g de s Begriffes ›Rüstungsindustrie ‹ ein e große Verwir rung über die Belieferung mi t Lebensmitteln eingetreten ist. Als Rüstungsindustrie kann heute so ziemlich alles angesehen werden, und ob es bei den knappen Vorräten an Lebensmitteln möglich sein wird, alle diese Arbeiter bevorzugt zu beliefern, ist sehr zweifelhaft. All e Zulagen bedingen eine Minderbelieferung der übrigen Bevölkerung, hauptsächlic h de r Fraue n un d Kinder . Erhalte n dies e noc h wenige r al s schon jetzt, s o kann man sich über Unruhen nicht wundern, die fast stets nur von Frauen und Halbwüchsigen in Szene gesetzt werden.«313 Ausgehend vo n de m Erla ß de s Präsidente n de s ΚΕΑ vom 14. Mai 1917 wurde schließlic h ein e stärkere Vereinheitlichung i n die Wege geleitet. Da s 195 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Kriegsamt definiert e al s zulageberechtigt e Betrieb e diejenigen , di e unmit telbar Heeresaufträg e erhielten , Betrieb e mit Aufträge n fü r di e Rüstungsin dustrie sowi e all e Betriebe, dere n Produktio n für die Auftragserfüllung de r Kriegsindustrie unerläßlic h war . Di e bisherige direkt e Zuweisun g de r Son derkontingente durc h di e Reichsstelle n a n di e Betrieb e wurd e durc h ein e Lieferung a n di e Kommunalverbänd e ersetzt . Zu r Prüfun g de r Anerken nung al s Schwer - oder Schwerstarbeite r sollte n überal l Oberausschüss e ge bildet werden , di e aus Vertreter n de r Unternehmer , de r Arbeiterschaft , de r Kommunalbehörden, de r Militärverwaltun g un d de r Gewerbeaufsich t zu sammengesetzt sei n sollten . Al s Richtlini e ga b da s ΚΕΑ eine Aufstellun g von Schwerstarbeitertätigkeite n heraus ; Schwerarbeite r ware n durc h di e Kommunen selbs t z u definieren. 314 Au f Antrag wurd e de n Kommunalver bänden übe r ih r allgemeine s Kontingen t hinau s Meh l fü r di e Brotversor gung de r Schwer(st)arbeite r zugewiesen. 315 So unterschiedlic h vo n jetzt a n die verschiedene n lokale n Oberausschüs se auch entscheide n mochten , o b Büglerinne n fü r de n Heeresbedarf , Holz bildhauer, Hausfrauen , Male r ode r Eiblotse n al s Schwer- ode r Schwerstar beiter un d dami t al s zulageberechtig t anerkann t werde n sollte n - nachdem das Prinzi p de r gleiche n Verteilun g innerhal b de r staatliche n Bewirtschaf tung nu n offiziel l durchbroche n war , richtet e sich di e Kriti k au s der Bevöl kerung nich t meh r vorrangi g gege n regional e Unterschiede , sonder n ge gen da s Prinzip der ungleichen Verteilun g durc h den Staa t als solches: »Einen Unterschied in der Ernährung z u machen unter dem Gesichtspunkt de r geleisteten Arbeit, is t überhaupt nicht ohne Bedenken und ist, wi e häufig z u Tage getreten, vielleich t unbewuß t de r tiefere Grund der Mißstimmung i n der arbeitenden Bevölkerung; de n Maßstab für di e Bewilligung vo n Zulagen un d Berechnung vo n deren Höh e müßte vielmehr di e für eine Arbeitsleistung aufgewendet e Energi e abgeben, für welche Alter un d Konstitution de s einzelnen Arbeiters die ausschlagge benden Gesichtspunkt e wären . Dies e aber zu beachten , würd e ein e neue Kompli zierung de r scho n verwickelte n Frag e schaffen . De r Weg , de r dami t begonne n wurde, de n Arbeiter am Hochofen besse r zu ernähren als die Nichtstuer, ende t da mit, da ß jeder, der eine Tätigkeit nachweisen kann, eine Versorgung über die Allgemeinration hinau s wen n nich t erhält , s o doch beansprucht . De r gut e Zweck , de r mit de r Besserstellun g einzelne r Klasse n erstreb t wurde , is t durc h di e Schlechter stellung de r übrige n arbeitende n Bevölkerung i n da s Gegentei l verkehr t worde n und hat einen nicht zu unterschätzenden Fakto r der Beunruhigung i n die Bevölke rung getragen.« 316 Die Schlechterstellun g de r übrige n Bevölkerun g durc h di e Bevorzugun g bestimmter Arbeitskräftekategorie n bildet e forthi n eine n Hauptpunk t de r Kritik. 317 Di e Meng e vo n Lebensmitteln , di e de r allgemeine n Verteilun g für di e Zweck e de r Sonderzulage n entzoge n wurde , wa r i n de r Ta t nich t unerheblich. De r Regierungspräsiden t vo n Kasse l berechnet e i m Frühjah r 1917, daß pr o Kop f auf di e Rüstungsarbeiterschaf t etw a da s Achtfach e de s allgemeinen Pro-Kopf-Anteil s entfie l - ein Mehrfaches , da s sic h be i Rü -

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stungsarbeitern, di e gleichzeitig al s Schwer - ode r Schwerstarbeite r aner kannt ware n un d di e darübe r hinau s anderweiti g Sonderzuweisunge n er hielten, noc h u m einige s erhöhte. 318 Un d i m Februa r 1918 veranschlagte der Leite r de r Reichsgetreidestelle , Unterstaatssekretä r vo n Graevenitz , den nötige n Bedar f an Brotgetreide fü r da s nächste halbe Jahr mi t 780000 Tonnen für die versorgungsberechtigt e Bevölkerun g (ca . 20 Mio. Men schen) und mit 220 000 Tonnen für die Schwerarbeiterzulagen; d . h. daß zu diesem Zeitpunk t vo n einer Mio. Tonnen Brotgetreide, di e für die von der Bewirtschaftung abhängig e Bevölkerun g insgesam t zu r Verfügun g stand , über 1/5 auf die Sonderzulagen verwendet wurde. 319 Bereits zeitgenössische n Beobachter n erschie n e s fraglich , o b de r hoh e Verwaltungsaufwand, de r mi t de m Zulagewese n verbunde n war , un d di e Stimmungsverschlechterung al s Folge der ungleichen Verteilung durch positive Auswirkunge n diese r Regelun g aufgewoge n wurden . Nachhaltig e Auswirkungen au f die Arbeitswilligkei t de r solcherar t Bevorzugte n wur den in der Regel verneint: »Was . . . im Anfang als Wohltat und besondere Vergünstigung empfunden wurde, nahm der Arbeiter bald als etwas Selbstverständliches, als sein gutes Recht hin und die Zulagen wurden nicht mehr als Bevorzugung dessen, der sie bekam, angesehen, sondern nur als Benachteiligung dessen , der sie nicht bekam. Bezeichnend für diesen Wandel der Anschauungen ist der Ton, den derartige an die hiesige Kreisamtsstelle gerichtete Gesuche um Lebensmittelzulagen frühe r und jetzt zeigten. Früher ein bescheidenes Bitten, heute ein Fordern des - angeblich - guten Rechts. Eine Erhöhung der Arbeitsfreudigkeit kan n somit kaum noch durch die Bewilligung von Zulagen festgestellt werden.« 320 Auch di e Auswirkung au f die physische Leistungsfähigkei t de r Rüstungs arbeiterschaft blie b hinter den Erwartungen zurück , d a die Arbeiter i n der Mehrzahl de r Fäll e ihre Zusatzrationen mi t ihren Familie n teilten und sich daher oftmals schlechter gestellt sahen als vorher, d a ihren Familien zugunsten der Sonderzulagen meh r genommen wurde als sie selbst durch die Zulagen erhielten; 321 ode r abe r si e tauschte n ihre n Nahrungsmittel-»Über schuß« au f de m Schwarzmark t gege n andere , dringende r benötigt e Dinge.322 Ein weiteres Problem , z u dessen Lösung di e Schwerarbeiterzulagen bei tragen sollten , wa r hierdurc h ebenfall s nich t au s de r Wel t z u schaffen . E s handelte sic h u m de n notorische n Schleichhande l de r große n Industriebe triebe; e r wurd e de r staatliche n Bewirtschaftun g zunehmen d gefährlich , weil e r di e Vorrät e verknappt e un d di e Unübersichtlichkei t de r Versor gungslage vergrößerte. Privat e wie Staatsbetriebe hielten als Zuchtvieh deklariertes Vie h z u Schlachtzwecken, kaufte n Nahrungsmitte l ohn e Einhalten der Höchstpreise, schlosse n Tauschverträge ab - z. Β. lieferten sie Düngemittel, di e als Abfallprodukte de s Produktionsprozesse s anfielen , a n die Landwirte gege n Lieferun g vo n Fleisch etc. - und verdrängten s o in manchen Gegende n di e Kommunalverbänd e vo m Lebensmittelmarkt . Vo r al197 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

lem die Nahrungsmittelablieferung au s dem Umland größerer Industriegebiete litt durc h de n »große n Schleichhandel , de r waggonweise auftra t un d von de n große n Industriebetriebe n inszenier t wurde«. 323 D a dies e Praxi s der größeren Rüstungsbetrieb e allgemei n bekann t war , veranlaßt e si e darüber hinau s andere Beschäftigte, ebenfall s vo n ihrem Arbeitgebe r Zusatz rationen z u verlangen. S o mußten schließlich soga r Kommunalverwaltun gen ihren Beamten, Angestellte n und Arbeitern Zulagen beschaffen, di e sie unter anderem Restkontingenten vo n Nahrungsmitteln, fü r die kein Über weisungsschlüssel z u finden war , entnahmen. 324 Gewiss e innenpolitisch e Aspekte diese r illegale n betriebliche n Sozialpoliti k ware n zwa r durchau s nicht unerwünscht: Schließlic h hatten die Betriebe hierdurch ein recht wir kungsvolles Mittel in der Hand, um die Arbeiter physisch und psychisch an den Betrie b zu binden und damit sowoh l di e Fluktuation wi e Äußerunge n des Protest s jeder Ar t z u dämpfen . I n diesem Sinn e äußert e sic h auc h de r Stellvertretende Generalstab der Armee Anfang 1918 gegenüber dem preußischen Kriegsministerium ; e r führte einen Fall vom April 1917 an, al s Arbeiter, di e in Brandenbur g fü r di e Erhöhung de r Brotratio n gestreik t hat ten, daraufhi n au s den Schleichversorger-Vorräten de s Betriebs keine Nahrungsmittel meh r erhielten . Da s gerade se i ebe n ei n deutliche r Pluspunk t der illegale n Eindeckun g de r Industriebetriebe , schlußfolgerte n di e Mili tärs, »und e s erscheint dahe r zweifelhaft, o b den vaterländischen Interesse n dami t gedient ist, wen n das ΚΕΑ die Versorgung der Arbeiter aus Magazinen der Fabriken zu verhindern oder zu erschweren sucht«.325 Und da s preußisch e Kriegsministeriu m referiert e de n Kriegsamtsstelle n Mitte 1917 die Meinun g de s stellvertretende n Generalkommando s VII. AK: »Schon längst wären ein allgemeiner Ausstand und schwerste Unruhen unvermeidlich gewesen , hätte n nich t Werksleitunge n un d Städt e in größte m Umfan g un d ›vielfach auf gesetzwidrige Weise‹ für Ergänzung der Ernährung gesorgt. «326 Im ΚΕΑ jedoch, w o ma n ständi g mitansehe n mußte , wi e ei n große r Tei l der ohnehin knappen Nahrungsmittelbestände di e unerfindlichen Weg e des Schwarzmarkts ging un d damit für die staatliche Bewirtschaftung verlore n war, dacht e man anders. Nachdem der Versuch, den Schleichhandel de r Industriebetriebe durc h di e Sonderzulage n de r Rüstungsarbeite r überflüssi g zu machen, nich t den gewünschten Erfolg gezeitig t hatte - die Sonderzula gen hätte n z u diese m Zwec k wei t höhe r bemesse n sei n müssen 327 -, ging man zum Prinzip der sogenannten Industrieversorgung über. 328 Mit diese m Prinzip hatte es allerdings seine ganz eigene Bewandtnis. Wie der Präsiden t des ΚΕΑ und preußisch e Staatskommissa r fü r Volksernährung , Staatsmi nister vo n Waldow , i m Februa r 1918 dem preußische n Staatsministeriu m erklärte, befind e e r sich bei der Bekämpfung de s Schleichhandels »i n eine r 198 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Zwangslage« hinsichtlic h de r - von de r Stimmun g de r Rüstungsarbeiter schaft he r gesehe n unerläßliche n (die s hatten di e Januar-Streiks gerad e demonstriert) - Deckung de s Ausfalls , de n di e industrielle n Betrieb e durc h eine Unterbindung ihre s Schleichhandels erlitten: »Um Ersatzfürden Ausfall zu schaffen, sei eine Bestandsaufnahme bei den Werken über alles, was sie auf illegalem Wege beschafft hätten, im Werke: Die festgestellten Lebensmittel würde n ihnen dann auf legalem Wege und mit der Auflage, si e nach bestimmten Rationen zu verbrauchen, überwiesen werden. Bei denjenigen Werken, die das illegal Erworbene bereits verbraucht haben, solle legale Belieferung einset zen.«329 Aufmerksamkeit erregte n im folgenden nich t nur die Bestandserhebungen, die ergaben , da ß einige Betrieb e sic h au f dem Schwarzmark t »s o reichlic h eingedeckt (hatten) , da ß ihr e Vorrät e nac h de n Richtlinie n mehrer e Jahre ausreichen müßten«, 330 sondern u. a. auch die Tatsache, »daß . . . nur die Werke aus der Industrieversorgung versorgt werden sollen, welche nachweislich frühe r Schleichhande l getriebe n haben. Diese Bevorzugung wir d als eine Belohnung fü r den früher betriebenen Schleichhandel hingestellt und agitatorisch verwertet. Tatsächlic h wird dadurch die von der Arbeiterschaft imme r angestrebte Gleichmäßigkeit i n der Behandlung, derentwege n auch die Abstellung des Schleichhandels gefordert wurde, empfindlich gestört, wozu aber leider die Knappheit der der Industrieversorgungsstelle überwiesenen Lebensmittel zwingt.«331 Die Betriebe , di e sic h i m Gegenzu g verpflichte n mußten , au f weiter e Schleichhandelsaktivitäten z u verzichten , verlegte n ihr e illegal e Bevorra tung nunmehr auf diejenigen Produkte, di e ihnen von den Industrieversorgungsstellcn nich t geliefer t wurden , ζ. Β. Hülsenfrüchte, Gemüs e un d Zucker. I m Juli 1918 berichtete Kommerzienrat Reusc h auf der Vorstandssitzung de s ΚΕΑ, der Schleichhande l de r Rüstungsbetrieb e i m rheinisch westfälischen Industriegebie t geh e munter fort , jetzt abe r nur mi t denjeni gen Nahrungsmitteln , dere n Bezu g nich t inzwische n legalisier t un d vo n den Industrieversorgungsstelle n vermittel t werde . Di e Werke betrachteten sich als dazu berechtigt, d a sie sich in ihrer Erklärung gegenübe r dem Düsseldorfer Regierungspräsidente n nu r verpflichte t hätten , i n den belieferte n Lebensmitteln wi e Fleisch , Meh l un d Fet t keinen Schleichhande l meh r zu treiben.332 Angesicht s diese r Haltun g de r Industriebetrieb e un d de r insge samt unzulängliche n Kontingent e de r Industrieversorgun g wa r e s nich t verwunderlich, da ß es bis zum Kriegsende nicht gelang , de n Schleichhan del der Firmen zu unterbinden. 333 Der untauglich e Versuc h seine r Einschränkun g durc h di e Industriever sorgungsstellen bewirkt e jedoch nachhaltig e Kriti k gerad e aus den Reihen der Rüstungsarbeiterschaft, dere n Stimmung durc h diese Maßnahme hatte gehoben werden sollen. 334 Industrielle Kreise vertraten die Auffassung , »daß die Regierung mi t der Verordnung über den Schleichhandel lediglich die Geschäfte der freien Gewerkschaften besorge. Letztere hätten eingesehen, daß die aus199 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

reichend ernährten Arbeiter nicht geneigt seien, z u streiken. Infolg e der Schleichhandelsverordnung werd e ein e unzureichende Versorgun g de r Arbeite r eintrete n und die freien Gewerkschafte n würde n die dadurch hervorgerufene Unzufrieden heit benutzen, um zum Streik zu hetzen.«335 Ein zusätzliches Hindernis für die zentrale Nahrungsmittelbewirtschaftun g lag darin , da ß di e Versorgun g de s Zehnmillionenheere s zu m Tei l a n ih r vorbei erfolgte . De r Heeresbedarf, de r grundsätzliche Prioritä t gegenübe r der Versorgun g de r Zivilbevölkerun g genoß , beansprucht e eine n erhebli chen Antei l de s inländische n Nahrungsmittelvorrats . Allei n di e Zentral stelle fü r di e Beschaffun g de r Heeresverpflegun g kauft e bi s End e Augus t 1917 für das Heer ca. 1,3 Mio. Tonnen Roggen und 1,6 Mio. Tonnen Rog genmehl, 180 000 Tonnen Weizen und 276 316 Tonnen Weizenmehl - insgesamt übe r 8 Mio. Tonne n Getreid e - sowie 3 Mio. Rinder , 2,7 Mio. Schweine un d 1,3 Mio. Ferke l un d Schafe. 336 De r tatsächlich e Verbrauc h des Heeres an Nahrungsmitteln lag noch um einiges höher: 1916 betrug der monatliche Bedar f de s Heere s a n Rinder n 151 000, an Schweine n un d Hammeln je 105000 Stück. Di e Verproviantierun g de s Heeres mi t diese n Nahrungsmitteln wa r jedoch nich t vo n Anfan g a n ausschließlic h übe r di e erwähnte Zentralstelle gelaufen, sonder n über verschiedene Stellen, di e bei ihren Ankäufen untereinander und mit der zivilen Lebensmittelbeschaffun g konkurrierten und die Preise hochtrieben. Bei Kriegsbegin n ga b es , ebens o wi e die s hinsichtlic h de r Versorgun g der Zivilbevölkerung de r Fall war, kein e Planung, di e auf einen mehrjähri gen totalen Krieg eingerichtet war. Di e gesetzliche Grundlage für di e Heeresversorgung stellt e da s Kriegsleistungsgeset z vo m 13. Juni 1873 dar. E s ermächtigte den Bundesrat, fü r jeden Lieferungsverband eine n bestimmten Anteil a m Heeresbedar f vo n Brotgetreide , lebende m Vie h u . a. m. festzu setzen.337 Da in den inzwischen vergangene n run d 40 Jahren Industrialisie rung un d Urbanisierun g daz u geführ t hatten , da ß di e fü r dies e For m de r Heeresverpflegung erforderlich e agrarisch e Prägun g de r Lieferungsver bände in vielen Fälle n nicht meh r gegebe n war , wurd e 1914 gar nich t ers t versucht, au f da s Kriegsleistungsgeset z zurückzugreifen . Stat t desse n be sorgten sic h di e Proviantämte r di e erforderliche n Lebensmittelmenge n über den freien Ankauf . Die s führte bereit s in den ersten Tagen des Krieg s zu erhebliche n Schwierigkeiten : Mi t ihre n unkoordinierte n Aufkäufe n vermittelt zum Teil durch ein kaum überblickbares Zwischenhändlertum trieben di e einzelne n Proviantämte r i n Konkurren z untereinande r un d z u den Vorratskäufen vo n Kommunen und Privatleuten die Preise stark i n die Höhe. Zu r Behebun g diese r Mißständ e wurd e durc h Verfügun g de s Reichskanzlers vo m 22. August 1914 die Zentralstelle zu r Beschaffun g de r Heeresverpflegung gegründet ; si e wurde de m Reichsamt de s Innern zuge ordnet un d erhiel t al s Leite r eine n Reichskommissar . Ih r unterstan d vo n jetzt a n die Beschaffung vo n Brotgetreide, Mehl , Hafer , Gerste , Stro h un d lebendem Vie h fü r da s Heer im ganzen Reichsgebiet . Di e Versorgungsor 200 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

ganisationen de r bayerische n un d württembergische n Heeresteile , di e ur sprünglich nich t a n diese r Zentralstell e beteilig t waren , schlosse n sic h ih r später an ; di e Marin e jedoc h behiel t ihr e eigen e Verproviantierun g bei . Fortab meldet e die Heeresverwaltung ihre n Bedar f an den genannten Pro dukten bei der Zentralstelle an, und diese beschaffte ihn über die Landwirtschaftskammern, di e sich wiederum des örtlichen Handels bedienten. Nachdem sei t Januar 1915 das gesamte Brotgetreide beschlagnahmt un d von de r Kriegsgetreidegesellschaft/Reichsgetreidestell e verteil t wurde , meldete die Zentralstelle ihren Bedarf an Brotgetreide dort an. Die Kriegsgetreidegesellschaft/Reichsgetreidestelle liefert e die bestellten Mengen dann an di e Proviantämter . Auc h lebende s Vie h wurd e ursprünglic h durc h di e Proviantämter aufgekauft , a b September 1914 aber nur noch über die Zentralstelle vermittelt . Bi s End e 1915 geschah di e Beschaffun g de s Vieh s durch freien Ankauf , späte r durch Vermittlung de r Viehhandelsverbände 338 und de r Fleischversorgungsstelle n de r deutsche n Bundesstaaten . Di e An teile der von de n Bundesstaaten z u liefernden Stückzahle n a n Schlachtvie h wurden vo n de r i m Mär z 1916 gegründeten Reichsfleischstell e festgelegt . Während die den stellvertretenden Intendanture n unterstehenden Proviant ämter i n de r Rege l de n laufende n Bedar f de s Heere s deckten , sorgt e da s Kriegsministerium fü r di e Bevorratun g mi t andere n - teilweise durc h di e ZEG au s de m Auslan d importierte n - Waren, insbesonder e Reis , Kaffee , Tee und Hülsenfrüchten . Sonderorganisatione n ga b es für di e Verproviantierung des Heeres mit Kakao, Butter, Tabak und Schmalz. Angesichts de r knappe n Nahrungsmittelvorrat e wa r e s unausbleiblich , daß oftmal s ein e Deckun g de s Heeresbedarfs un d desjenige n de r Zivilbe völkerung gleichzeiti g nich t möglic h war . I n solchen Fälle n wurd e meis t die eindeutige Prioritä t au f die Versorgung de s Heeres gelegt, un d di e Zi vilbevölkerung gin g lee r aus 339 - ein Sachverhalt , de r sic h i m informelle n Kommunikationssystem de r Bevölkerun g i n Gerüchte n darübe r nieder schlug, da ß an der Front die Schweine mit Weizen gefuttert würde n o. ä.340 Im Frühjah r 1917 ging Generalstabsche f Hindenbur g davo n aus , da ß da s Heer augenblicklic h 70% der gesamte n verfügbare n Nahrungsmitte l ver brauche.341 Versuche , di e besetzte n Gebiet e stärke r für die Heeresverpfle gung auszunutzen, 342 konnten , d a dor t di e Ernährungslag e ohnehi n seh r kritisch war , di e Abhängigkei t de r Heeresversorgun g vo m deutsche n In landsmarkt nu r beding t mildern . I m Februa r 1918 veranschlagte di e Reichsgetreidestelle de n Halbjahresbedar f a n Brotgetreid e fü r di e ca . 20 Mio. versorgungsberechtigte n Zivilpersone n - inklusive der Schwerarbei terzulagen - auf 1 Mio. Tonnen , de n de r 10 Mio. Heeresangehörige n au f 1,04 Mio. Tonnen. 343 In der zweiten Jahreshälfte 1916 wurde sichtbar, daß dieser Verknappung der ohnehin bereit s unzureichende n Lebensmittelmengen , di e für di e Versorgung de r Zivilbevölkerun g übri g blieben , insbesonder e angesicht s de r jetzt zusätzlic h abgezweigte n Sonderzulage n fü r Rüstungsarbeite r entge 201 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

gengewirkt werde n mußte . Z u diese m Zwec k propagiert e da s ΚΕΑ den Ausbau de r Massenspeisungen. 344 Vo n de r Verlagerun g zumindes t eine s Teils des Nahrungsmittelkonsums i n Massenküchen erhofften sic h Militär und Zivilbehörde n ein e sparsamer e Verwendun g un d intensivere Verwer tung insbesondere der Grundnahrungsmittel wi e Kartoffeln etc. Massenspeiseanstalten ware n i n zahlreiche n Kommune n nac h Kriegs beginn eröffne t worden , u m di e unmittelbare Notsituatio n vo n »Krieger familien« un d Arbeitslosen und ihren Angehörigen zu lindern. Al s im weiteren Kriegsverlau f di e Preissteigerunge n imme r größere n Kreise n de r Bevölkerung di e Lebenshaltun g erschwerte n ode r unmöglic h z u mache n begannen, wurd e die Beschränkung au f Arbeitslose und »Kriegerfamilien « zunehmend fallengelassen un d auch an andere Bedürftige Speisemarke n fü r kommunale Massenspeisunge n ausgegeben. 345 I m Oktober 1916 waren i n 357 von annähern d 580 Gemeinden i m Deutsche n Reic h mi t 10 000 und mehr Einwohnern 346 Massenspeiseanstalte n vorhande n un d i n Betrieb ; i n 49 dieser Gemeinden gab es noch keine derartigen Einrichtungen, 41 trafen Vorbereitungen z u ihrer Eröffnung. 347 Vo n den z u diese m Zeitpunk t exi stierenden Massenspeiseanstalte n - insgesamt 1457 - stand mit 807 gut di e Hälfte dem allgemeinen Publiku m offen ; 125 waren Fabrik- oder Betriebsküchen o. ä., 87 waren nur für »Kriegerfamilien « bestimmt , 170 versorgten Kinder ode r Krank e - meist handelt e e s sich u m Schul - oder Kinderhort speisungen - und 268 waren speziell für Arbeite r und diesen wirtschaftlic h ähnlich gestellte Bevölkerungskreise gedacht . Di e meisten dieser Anstalte n verabreichten eine n Mittagseintopf , de r entwede r a n Or t un d Stell e ver zehrt oder für den familiären Mittagstisc h abgeholt wurde. Da in der ersten Hälfte des Kriegs nur ein Teil der Massenküchen von seinen Besuchern Lebensmittelkartenabschnitte einbehielt , erga b sich hier die Möglichkeit, au f legalem Weg e die Rationen z u erhöhen.348 Dies zu unterbinden wurde zum Hauptziel der Militär- und Zivilbürokratie; ihr e Propagierung de r Massenküchen lie f letztlic h au f de n Versuc h hinaus , durc h di e Einbindun g de r Massenspeiseanstalten i n die allgemeine Rationierun g di e Nahrungsmittel menge strecke n z u können , ohn e zusätzlic h Lebensmitte l z u beschaffen . Den Kommune n - die zu r Einrichtun g vo n Massenspeisungsanstalte n nicht nu r befug t waren , sonder n vo n de r Gemeindeaufsichtsbehörd e ge zwungen werde n konnten , vo n diese r Befugni s Gebrauc h z u mache n sagte das ΚΕΑ finanzielle Unterstützun g be i der Einrichtung entsprechen der Anstalte n zu; 349 sie mußten jedoch di e Nahrungsmittel au s de m allge meinen Kontingen t abzweige n un d ausschließlic h gege n Lebensmittelkar ten ausgeben. 350 Es gab 1916/17 noch weitergehend e Überlegungen , di e auf ein Syste m der zwangsweisen Massenspeisun g fü r Städte r abzielten; 351 einer ihrer prominentesten Fürspreche r wa r Unterstaatssekretä r Michaelis , de r Leiter der Reichsgetreidestelle.352 Di e Argumente fü r ein e solche vollständige Erset zung der privaten durch eine vergesellschaftete Nahrungsmittelkonsumtio n 202 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

waren vo r allem der Fettmangel, de r den Einzelhaushalten die Zubereitung der Speise n imme r meh r erschwerte, di e Probleme der Einzelhaushalte bei der Beschaffun g vo n Nahrungsmitteln , di e notorisch e Ungleichhei t de r Verteilung infolge des Schwarzmarktes sowie der von einer Zentralisierung erhoffte sparsamer e Verbrauch. 353 Die Vertreter dieser bewirtschaftungspo litischen Maßnahm e konnte n sic h jedoch nich t durchsetzen . Mehrheitlic h bezweifelten di e zuständigen Stellen , da ß eine sparsamere Verwendung de r Nahrungsmittel un d ein e Verringerun g de r Ungleichhei t di e Folg e eine r solchen Maßnahm e sei n würden , un d prognostizierte n vielmeh r da s Ge genteil. Darübe r hinau s betonte n sie , da ß i n eine m solche n Fal l di e staat liche Bewirtschaftun g schwerwiegend e Folgeproblem e au f sich lade : fall s die Bevölkerun g einma l a n Massenspeisunge n gewöhn t sei , dere n Auf rechterhaltung abe r a n de m sic h verschärfende n Nahrungsmittelmange l scheitere. »Die s könnt e zu Unruhe n fuhren , di e gewissermaßen durc h di e Tätigkeit der Behörden hervorgerufen worde n wären. «354 Alles in allem sei der Gedanke , »ein e ganz e Natio n öffentlic h abfütter n z u wollen , . . . eine Utopie, erwachse n au s einer Kriegspsychose , di e auc h sons t woh l i n de n Gehirnen vo n Doktrinäre n ode r Fanatiker n wundersam e Blase n auf trieb«355 - so laute t da s Fazi t Augus t Skalweits , dem , wa s di e spezifisch e Situation de s Erste n Weltkrieg s anbelangt , angesicht s de r notorische n In suffizienz bewirtschaftungspolitische r Maßnahme n ein e gewisse Berechti gung zukommt . Es blie b als o be i de r bisherige n Praxi s de s wahlweise n Angebot s vo n Massenspeisungen, wen n auch immer seltener markenfreies Esse n angeboten wurde. 356 Daraufhin verringert e sic h jedoch das Interesse der Bevölkerung a n diese n Anstalten . Si e betrachtet e si e al s Notbehelf , de n ma n fre quentierte, wen n di e Versorgungslag e vollständi g zusammenbrach , un d wieder verließ , sobal d es möglich war. 357 Da s lag nicht zuletzt auch daran, daß di e Massenspeisunge n de n Ruc h vo n Wohltätigkei t i n den Auge n de r Bevölkerung ni e ganz verloren: Die Frauen »wollten zum Teil nicht in den öffentlichen Speiseanstalte n essen. Sie wollten ihren bescheidenen Stolz wahren, der sie von der alleruntersten Schicht der Bevölkerung trennte, sie wollten lieber in ihren vier Wänden hungern, als vor aller Augen in die Volksküche zu gehen: ›Das würde auch mein Mann nicht gerne sehen!‹, war ausgesprochen oder unausgesprochen oft der letzte Grund ihres Widerstandes; ›dcr Mann ist fort, Arbei t haben wir auch nicht, nun sollen wir nicht mal mehr für uns selber kochen?‹, war die Klage, die uns immer wieder entgegen klang. «358 Hier deutet sich bereits ein zentrales Motiv an, das die Unzufriedenheit de r weiblichen Bevölkerun g mi t ihre r Kriegsexisten z imme r weite r schüre n sollte: Je nachhaltige r di e Bewirtschaftun g i n di e private n Haushalt e ein griff, dest o meh r sahe n sic h di e Fraue n i n ihre m eigene n hauswirtschaft lichen Handlungsspielrau m - der unerläßliche n Basi s fü r hausfrauliche s Selbstbewußtsein - begrenzt; un d die s geschah , ohn e da ß di e Fraue n de n 203 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Eindruck gewannen, di e Bewirtschaftungspolitik gan z allgemein359 und die Massenspeisungen i m besondere n wäre n geeignet , diese n hauswirtschaft lichen Kompetenzverlus t durc h ein e entsprechend e Verbesserun g de r Er nährungslage aufzuwiegen . Di e Verbraucher/inne n ware n nämlic h nich t unbedingt davo n überzeugt , i n de n Massenküche n gu t versorg t z u sein ; und diese Meinung teilten sie mit einigen der behördlichen Beobachter : »Es erscheint zweifelhaft, o b die Ausnützung der Nahrungsmittel i m Großbetrieb tatsächlich großer, die Verluste durch Verderben kleiner sind, als in Privathaushaltungen. Sehr häufig bedeute t das, was man als Streckung de r Nahrungsmittel bezeichnet, nur eine Verschiebung im Manko. Die scheinbar größere Ausbeutung der Massenküche ist in vielen Fällen eine Verschiebung in dem Sinne, daß das Essen in flüssiger Form , demnach in einer größeren Menge, dafür abe r mit kürzerer Sättigungswirkung verabreicht wird.«360 Und di e Preis e ware n fü r di e schmalen Haushaltungsbudget s de r meiste n Familien i m Krie g durchau s nich t leich t erschwinglich . I n eine r Eingab e der »Hausfrauen de s 10. Stadtbezirks« München s rechneten Hausfrauen de r bayerischen Hauptstadt dies ihrem Magistrat im November 1916 vor: »Der Gedanke, die Errichtung vo n Volksküchen, is t an und für sich sehr edel; jedoch darf es nicht zum Zwange kommen, das Alles dahin muß, es würde dies zu sehr schweren Eingriffen i n unseren ohne dies nicht beneidenswerten Haushaltungen sein. Die Herren dürfen versichert sein, da ß wir kleinen Hausfrauen nicht s billiger bekommen, wen n wir die Speisen von der Küche beziehen. Im Gegenteil wir werden mit unserem spärlichen Gelde noch viel weniger ausreichen. Als Beispiel diene ein ausprobierte r nachstehende r Fall. Ein e Familie bestehend au s 6 Köpfen, 2 Erwachsenen und 4 Kindern im Alter von 10-14 Jahren. Von diesen ißt ein jedes wie die Prüfung ergebe n hat mit Leichtigkeit 2 Portionen a 30 Pfg. ergib t in Summa 6 mal 60 Pfg. = 3,60 M. Die s ist nun für Mittag und Abends ist nichts vorhanden. Kann jedoch di e Herren versichern, da ß jede vo n minderbemittelten Hausfraue n nicht mehr wie Μ 3,60 im höchsten FallefürMittag und Abends brauchen dürfen. « 361 Allerdings führt e gerad e di e Zunahme der Massenspeisungen i n der zwei ten Kriegshälfte 362 dazu , da ß di e städtisch e Bevölkerun g öfte r au f diese n Notbehelf zurückgreife n mußte : D a die Lebensmittel, di e i n den Massen küchen verausgab t wurden , de m allgemeine n Kontingen t entzoge n wur den, verringert e die Zunahme der Massenspeisungen di e Chance der privaten Haushaltungen , selbständi g wirtschafte n z u können , noc h weiter. 363 Die Teilnehmerzahlen ware n vo n Or t z u Or t seh r unterschiedlich ; si e betrugen ζ. Β. in Kasse l zwische n ei n un d zwe i Prozen t de r Bevölkerung 364 und i n Hambur g - das in geringere m Maß e Lebensmittelkartenabschnitt e einbehielt - 20%. 365 Di e durchschnittlich e Beteiligun g wurd e au f 5 bis 10% der Bevölkerung geschätzt. 366 Die geringe Wertschätzung, di e die Bevölkerung de n Massenspeisunge n entgegenbrachte , führt e z u eine r man gelhaften Auslastun g de r Küchen : I m Januar un d Februa r 1918, als ihr e Höchstleistungsfähigkeit be i 6,4 Mio. Liter n pr o Tag lag , betru g ihr e tat 204 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

sächliche Ausgab e nur 1,6 bzw. 1,7 Mio. Liter. 367 Im Oktober 1918 kamen in 50 Kommunen mi t 100000 und mehr Einwohnern pr o Tag im höchsten Fall (Hamburg ) 179,5 ausgegebene Massenspeisungsportione n au f je 1000 Einwohner, i m niedrigste n Fal l (Magdeburg ) nu r 10. In nicht meh r al s einem Fünfte l diese r Kommune n betru g di e Zahl de r ausgegebenen Portio nen pr o Ta g un d au f je 1000 Einwohner bezoge n meh r al s 100. 368 Di e Mehrzahl de r Massenspeisungskunde n ka m au s Arbeiter- und Soldatenfa milien, doc h ware n auc h Angehörig e de s selbständigen un d unselbständi gen Mittelstande s unte r ihnen. 369 Die meisten Besuche r verzehrten das Essen nich t i n de r Speiseanstalt , sonder n nahme n e s mit nac h Hause. 370 Wie sich i m nachhinei n zeigte , mußte n di e Kommunalverbänd e durchgängi g die Erfahrun g machen , da ß di e Massenküche n unwirtschaftliche r arbeite ten als der Einzelhaushalt. 371 3.2.2.2. Preispolitik und Lebenshaltungskosten Die Höchstpreispolitik, mi t de r die staatliche Nahrungsmittelbewirtschaf tung de r Kriegszei t i m Oktobe r 1914 ihren Einstan d gegebe n hatte , blie b der Dreh - un d Angelpunk t de r Nahrungsmittelbewirtschaftun g bi s zu m Ende des Kriegs. Die s war weniger di e Folge eines entsprechenden bewirt schaftungspolitischen Konzepte s al s di e Auswirkun g eine s Selbstlaufpro zesses: Nachde m i m Oktobe r 1914 aus politischen Gründe n di e Entschei dung für die Festsetzung von Höchstpreisen für Brotgetreide gefallen war infolge de r innenpolitischen Kräfteverhältniss e ohn e flankierende Eingriff e in die agrarische Besitz - und Produktionsstruktur 372 - , verlagerten sich die Preissteigerungen au f ander e Nahrungs - un d Futtermittel , für die noc h keine Höchstpreisgrenze n existierten . Di e Politi k mußt e nachziehe n un d den einmal beschrittenen Weg weiter fortsetzen, bi s schließlich der behördlich festgesetzt e Höchstprei s de r Normalfal l un d nichtlimitiert e Preis e die Ausnahme waren. 373 Noch 1914 wurden nach den Höchstpreisen fü r Brot getreide solche für Futtergetreide, Kleie , Futtermittel , Kartoffel n un d Kartoffelfabrikate sowi e fü r Zucke r festgesetzt . 1915 folgten u . a. i m Augus t Höchstpreise für Mühlenabfälle un d Hülsenfrüchte, i m September für zuk kerhaltige Futtermitte l un d Erzeugnisse der Kartoffeltrocknung, i m Oktober für Butter , Fisc h und Wild, i m November für Milch, Schlachtschwein e und Schweinefleisch , Öl e und Fette , Buchweize n un d Hirse, Gemüs e und Obst, Obstmu s un d Marmelade , Honig , Kunsthonig , Rübensiru p un d andere Aufstrichmittel , i m Dezembe r fü r Zwiebeln , Sauerkrau t un d Süß wasserfische; i m Januar 1916 folgten Höchstpreis e für Eicheln und Roßka stanien, i m März 1916 für Schlachtrinder. Durch diese sukzessive Einbeziehung imme r weitere r Warenkategorie n i n di e Höchstpreisregelun g ers t dann, wen n dere n Preis e bereit s star k angezoge n hatten , verfehlt e di e Höchstpreispolitik ihre n eigentliche n Hauptzweck , beruhigen d au f di e 205 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Stimmung de r Bevölkerun g einzuwirken . Dies e vermutet e hinter de m Schauspiel, wi e erst die bereits stark angestiegenen Preis e qua Höchstpreisfestsetzung eingefrore n un d dami t da s gestiegen e Preisnivea u zu r Nor m gemacht wurde, Methode : »Beim Volke setzt sich schon der Glaube fest, daß mit Absicht die Festsetzung von Höchstpreisen imme r z u spä t erfolgt , nämlic h dan n erst, wen n de r Umsat z der Ware schon zu Wucherpreisen erfolgt ist. «374 Infolgedessen griffe n nich t nu r di e Klage n übe r Preistreibereie n un d Wu cher immer meh r um sich ; sie konzentrierten sic h vielmehr darübe r hinaus - und dies war fü r di e Haltung de r Bevölkerun g i n der Kriegszeit da s längerfristig entscheidend e Momen t - nicht au f die anonymen Schiebe r un d Spekulanten, sonder n au f di e staatliche n Behörden : »W o ist eigentlic h di e Regierung vo n Hamburg?« , fragte n i m Jun i 1915 »viele Krieger - un d Nichtkriegerfrauen« vo n Hamburg in einem anonymen Brief an. »Tut es Ihnen nicht in der Seele weh, daß das arme Volk so ausgebeutet wird? Es ist doch jetzt die höchste Zeit, daß mit Gewalt da eingegriffen wird , um den Preistreibereien ein Ende zu machen. . . Eine wahre himmelschreiende Sünde ist es, wie es zugeht. . . Wir bitten um dringende Abhilfe, damit wir nicht erst verhungern müssen. Es wird immer von Engländern und Franzosen gesagt, daß die hungern müssen, aber von Hamburg wird nichts gesagt. «375 Die Reichsregierun g bemüht e sich , de n a n si e gerichtete n Erwartunge n durch flankierend e gesetzlich e Maßnahme n gerech t z u werden. Di e Bundesratsverordnungen vo m 23. Juli un d vom 23. September 1915 bedrohten Händler, di e für Gegenständ e de s täglichen Bedarf s Preise mit einem über mäßigen Gewinnantei l forderten , mi t Geld - un d Gefängnisstrafe n bzw . den Höchstpreisbestimmunge n Zuwiderhandelnd e mi t de m Ausschlu ß vom Handel. Di e Kettenhandelsverordnung vo m 24. Juni 1916 machte den Großhandel mi t Lebensmittel n konzessionspflichti g un d verbo t de n Ket tenhandel. Desse n Zunahm e wiederu m wa r i n gewisse r Hinsich t ein e Folge der vorausgegangenen Verordnun g vo m 23. Juli 1915: Nachdem hier »übermäßige Preissteigerungen « unte r Straf e gestell t worde n waren , wa r die Gewinnspanne de r einzelnen Händle r zwa r begrenzt. U m dennoc h au f ihre Koste n z u kommen , steigerte n di e Händle r di e Umsatzmeng e un d -geschwindigkeit; si e kaufte n Warenposte n zu m umgehende n Weiterver kauf a n ander e Zwischenhändle r auf , dies e tate n da s Gleiche , un d jede r schlug eine »nicht übermäßige« Gewinnmarg e auf, wa s die Ware auf ihrem langen We g bi s zu m Endverbrauche r gan z lega l u m da s Mehrfache ihre s ursprünglichen Wert s verteuerte. D a die zulässigen Gewinnspanne n u m so höher waren , je teure r di e Händle r di e Ware n ankauften , wa r dies e Praxi s auch au f eine m hohe n Preisnivea u profitabel . Diese m Handelsgebare n sollte mit de r Kettenhandelsverordnung vo m 24. Juni 1916 ein Riege l vor geschoben werden . D a jedoch nicht jeder Zwischenhande l i n diesem Sinn e Kettenhandel wa r un d ohne die Tätigkeit de r Zwischenhändler di e Versor 206 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

gung de r Bevölkerun g mi t Konsumgüter n gänzlic h zusammengebroche n wäre, de n Behörden aber eine zweifelsfrei e Unterscheidun g de s Zwischenhandels mi t de r Absich t de r Preissteigerun g - eben de s Kettenhandel s vom Zwischenhandel mi t dem Nebeneffekt de r Preissteigerung unmöglic h war, setzt e di e Verordnun g au f di e Selbstreinigungskraf t de s Gewerbes : Die Einführung de r Konzessionspflicht fü r den Großhandel mit Nahrungsmitteln sollte unlautere Elemente davon fernhalten. Di e Auswirkungen de s Kettenhandelsverbots au f das Preisniveau ware n dementsprechen d gering . Darüber hinaus gab es, da importierte Lebensmitte l ers t später in die Preisbindung einbezoge n wurden , fü r di e Händle r un d Ladenbesitze r imme r noch di e Möglichkeit , Lebensmitte l al s Auslandswar e z u deklariere n un d teuer zu verkaufen. Viel e Händler ließen Käse , Wurs t und Fleisc h über den Kolonialwarenhändler verkaufen , mi t dem sie dann die Differenz zwische n den Inlands- und den Auslandspreisen teilten, un d bewirkten so , daß zu gewissen Zeite n meh r Auslands - al s Inlandswar e au f de m Mark t z u sei n schien.376 Auch di e Preisprüfungsstellen , di e seit de m Herbs t 1915 parallel z u den Höchstpreisfestsetzungen installier t wurden , änderte n nicht s a n de r allge meinen Erhöhun g de s Preisniveaus . Dies e Stelle n zu r Preisüberwachung , die all e Gemeinde n mi t meh r al s 10000 Einwohnern einrichte n mußten , während ihr e Einrichtun g i n kleinere n Gemeinde n fakultati v war , hatte n einen Staats- oder Gemeindebeamten al s Vorsitzenden und eine Mitglieder schaft, di e sich zu r Hälft e au s den Kreisen de r Warenproduzenten, zu r anderen Hälft e au s Verbrauchern un d Sachverständigen zusammensetzte . D a die Preisprüfungsstelle n z u eine m Zeitpunk t installier t wurden , al s lokal e Höchstpreisregelungen de r Vergangenheit angehörten, blie b ihr Tätigkeitsbereich einigermaße n dunkel : Di e Preisfestsetzung unterstan d ihne n nicht ; Preisberatung konnte n si e in der Regel nich t erteilen, wei l ihne n der Über blick über die Gesamtlage fehlte; un d ihre Preisbegutachtung für Gerichtsverfahren i n Höchstpreisangelegenheite n krankt e a n demselbe n Manko . Zwar ga b e s auch ein e Reichspreisprüfstelle . Dies e wiederu m wa r jedoch den lokalen Stelle n nicht übergeordnet, sonder n ausschließlich ei n beratendes und ermittelndes Gremium. Di e Tätigkeit ihre s äußerst umfangreiche n Beirats, i n dem nahezu all e Interessengruppen , di e irgendwie mi t Produk tion, Hande l und Konsum vo n Lebensmitteln befaß t waren , vertrete n wa ren,377 schlie f alsbal d gan z ein . Ihr e Verwaltungsabteilun g gin g 1916 im ΚΕΑ auf Infolge des Versagens der Höchstpreispolitik wurd e die Bevölkerung mi t ständig steigende n Lebenshaltungskoste n konfrontiert . Eine n generelle n Eindruck hiervo n vermittel n di e Lebenshaltungs - un d Nahrungsmittelin dices der Kriegszeit (siehe Tabelle 32).

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Tabelle 32: Lebenshaltungskosten un d Nahrungsmittelpreise 1913-1919 (Indexzahlen) Jahr

Nahrungsmittel-Index (Calwer)

Großhandelspreise

1913 1914 1915 1916 1917 1918 1919

100 101 143 198 213 229 326

100 105 142 152 179 217 415

Lebenshaltungs- Lcbenshaltungsindex (Statisti - index (Günther / sches Reichsamt / Zimmermann) Bry)

100 103 129 170 253 313 415

100 106 143 181 195 212 -

Quellen: Kocka, J ., Klassengesellschaf t i m Krieg. Deutsche Sozialgeschichte 1914— 1918, Göttingen, 2. durchgesehene u. erg. Aufl. 1978, S. 17; Flemming, J . , Landwirtschaftlich e Interesse n un d Demokratie. Ländlich e Gesellschaft, Agrarverbände und Staat 1890-1925, Bonn 1978, S. 87 f. Diese Indices verzeichnen da s tatsächlich e Bil d jedoch i n mehrerle i Hin sicht. Zu m eine n ginge n i n ihr e Berechnun g etlich e Lebensmitte l ein , di e spätestens seit 1916 dem Normalverbraucher kau m oder gar nicht mehr zugänglich waren . Hie r bestand da s Problem schon längst nich t meh r in den hohen Preisen, sonder n darin, da ß die betreffenden Nahrungsmitte l entwe der gar nicht meh r ode r nurmeh r fü r di e noch wei t übe r diese Preissteige rungen hinausgehende n Schwarzmarktpreis e erhältlic h waren. 378 Zu m an deren tragen si e der Tatsache nicht Rechnung , da ß sich sowohl de r auf die Ernährung entfallend e Antei l de s Familienbudgets al s auch der Stellenwer t der verschiedene n Lebensmitte l i n de r Gesamternährun g de r Familie n ge genüber de r Vorkriegszei t zunehmen d veränderte . Fü r ein e realistisch e Analyse de r Steigerun g de r Lebenshaltungskoste n i m Krie g mu ß ma n au f detailliertere Quelle n zurückgreifen . Materia l lieg t hierz u i n For m vo n Haushaltsbudgets vor , di e der Kriegsausschuß fü r Konsumenteninteresse n jeweils i m Apri l 1916, 191 7 und 1918 erhob.379 Zwar könne n auc h si e nur in de n legale n Tei l de r Versorgun g Einblic k geben , vermittel n abe r eine n etwas konkretere n Eindruc k vo n de n Preis - un d Verbrauchsänderungen , die de r Krieg bewirkte . D a di e Erhebunge n mi t allerle i Mängel n behafte t waren - so waren es weder dieselben noch die gleiche Anzahl von Haushalten, die das Material fü r die drei Erhebungen lieferten, un d ihre soziale Zusammensetzung variiert e ebenfalls 380 -, sind auc h ihr e Angabe n Annähe rungswerte. Dies gilt natürlic h fü r den Versuch, si e mit der Vorkriegszeit z u verglei chen, i n erhöhtem Maß . Betruge n di e auf die Ernährung entfallende n Aus 208 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

gaben 1907/08 21,9 0 Μ. und machte n 45,6% des Gesamtbudget s - das 48,05 M. betrug-aus , ware n es 1918 51,57 Mark bzw. 48,0% des Gesamt­ budgets vo n z u diese m Zeitpunk t 107,56 Mark. Isolier t ma n be i de n Kriegserhebungen di e Arbeiterfamilie n - das is t fü r di e Erhebunge n vo n 1917 und 1918 möglich un d führt z u realistischeren Vergleichsergebnissen , da auc h di e Haushaltsbüche r de r Erhebun g vo n 1907/08 vorwiegend au s Arbeiterfamilien stammte n -, zeigt sich, da ß der Anstieg hie r ausgeprägte r ist: 1918 entfielen be i ihnen mi t 51 Mark 53,5% der Gesamtausgaben vo n 95,30 Mark au f di e Ernährung . Eine n deutliche n Anstie g verzeichnete n auch die Ausgaben für Kleidung und Schuhwerk. Beanspruchten sie 1907/08 6,08 Mark = 12,7 % der Gesamtausgaben , ware n e s 1918 20,5 5 Mark = 19, 1% bzw. be i de n Arbeiterfamilie n 16,34 Mark = 17,2 % der Gesamt ausgaben. De r prozentual e Anstie g de r Ausgabe n fü r Ernährun g betru g von 1907/08 bis 1918 135% , bei de n Arbeiterfamilie n 133%; der Anstie g der Gesamtausgabe n belie f sic h i m gleiche n Zeitrau m au f 124%, für di e Arbeiterfamilien au f 98%. Insbesondere be i de n Familie n de r Arbeiter schaft zeig t sic h das für Verelendungssituatione n typisch e Bild, da ß die unmittelbaren materielle n Lebensbedürfniss e eine n sic h vergrößernde n un d die übrige n Ausgabe n wei t überwiegende n Antei l de r Gesamtausgabe n ausmachen. D a di e durchschnittlich e Verbraucherzah l pr o Haushal t i m April 1918 knapp 4 Köpfe betrug - wobei Kinde r unte r 11 Jahren al s halbe Verbrauchereinheit gezähl t wurden -, sind die monatlichen Ausgaben eines durchschnittlichen Haushalt s z u diesem Zeitpunk t au f 4x 107,56 Mark = ca. 430,- Mark zu veranschlagen; ihnen steht ein durchschnittliches monat liches Einkommen vo n etw a 300,- Mark - bei den untere n Beamte n - bis etwa 470,- Mark - bei de n höhere n Beamte n - gegenüber. Da s durch schnittliche monatliche Einkommen der erhobenen Arbeiterfamilien la g im April 1918 bei 340,- Mark. Trot z aller notwendigen Vorsich t bei der Interpretation diese r etwas grobmaschigen Date n zeige n si e doch deutlich , da ß die Einkommensentwicklun g de r Kriegszei t nich t mi t de r Steigerun g de r Lebenshaltungskosten Schrit t halten konnte. Darüber hinaus waren die hohen Preis e fü r ein e Ernährung z u entrichten, di e sich i n ihrer Zusammen setzung i m Vergleic h zu r Vorkriegszeit deutlic h verschlechter t hatt e (sieh e Tabelle 33). Der Konsu m vo n Brot , Fet t und Fleisc h gin g zurüc k un d dami t auc h trotz de r vermehrte n Kosten , di e fü r dies e Nahrungsmitte l aufgebrach t werden mußte n - ihr Antei l a n de n Nahrungsmittelausgabe n insgesamt . Dafür steigert e sic h de r Verzehr vo n Kartoffel n gegenübe r de r Vorkriegs zeit fas t u m das Dreifache . Ih r gestiegener Antei l a n den Nahrungsmittel ausgaben insgesam t - von 1907/08 = 3,57% auf 1918 = 8,43% - ist also, ebenso wi e die s be i Käse , Gemüs e un d Obs t un d vo r alle m de m unsägli chen Kriegsbrotaufstric h de r Fal l ist , au f tatsächliche n Mehrkonsu m ver bunden mi t Preissteigerunge n zurückzuführen . De r erhöht e Anteil , de r von de n Gesamtausgabe n 1918 auf Eie r entfiel , wa r ausschließlic h ein e 209 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Folge de r Preissteigerungen , nich t de s Mehrkonsums : Z u sehen , ge schweige denn zu essen bekamen die »Normalverbraucher« i n der zweiten Kriegshälfte Eier nur noch selten. Tabelle 33:381 Ausgabe n der Arbeiterhaushalte für Ernährung pro Kopf* und Monat (ohne Außerhaus-Verzehr) 1907/08, 1917 und 1918 Steigerung 1907/08-1918 in % + Mark in % Mark in % Mark in % 1907/08

Brot und Backwaren Mehl, Graupen , Grütze, Teigware n Kartoffeln Butter, Fett e Fleisch, -waren, -konserven Eier Milch Käse, Quark Gemüse, Obst Zucker, Marmelade , Kunsthonig Sonstiges Zusammen

1917

1918

3,56

17,7

4,05

13,5

5,47

12,8

54

0,64 0,72 2,76

3,2 3,6 13,7

1,92 1,48 3,03

6,2 4,6 9,7

1,96 3,68 3,96

4,6 8,6 9,2

206 411 43

5,37 0,67 2,21 0,36 1,20

26,6 3,3 11,0 1,8 6,0

8,14 1,77 2,20 0,93 2,03

24,5 5,7 7,1 3,0 7,5

7,88 2,89 3,27 1,21 2,71

18,4 6,7 7,6 2,8 6,3

47 331 48 236 126

0,57 2,8 1,33 4,3 3,67 2,10 10,3 4,31 14,4 6,20 20, 16 100 31,19 100 42,90

8,6 14,4 100

544 195 113

* Kinder unter 11 Jahren halb gezählt; + eigene Berechnung Deutlich wir d au s diese n Tabelle n di e minderwertig e Zusammensetzun g der Kriegsnahrung: De r Ausfall a n hochwertigen Nahrungsmittel n konnt e durch Kartoffeln - oder schon gar Steckrüben - nicht kompensiert werden . Diese allgemein e Qualitätsverschlechterun g de r Ernährun g wurd e noc h verschärft durc h den zunehmenden Verzeh r sogenannter Lebensmittel , de r Ersatzlebensmittel nämlic h wi e de r »Ku h in der Tüte« (Milchpulver ) ode r des garantier t fischfreie n Fischklopses : Ih r Nährwertgehal t wa r meis t ge ringer als die Aussicht der Produzenten, dennoch die ausgehungerte Bevöl kerung zu m Kauf dieser Nahrungsmittelversprechungen bewege n z u können. Ih r Anteil an den Ausgaben fü r Ernährung betru g i m April 1916 etwa ein Achtel und stieg bis zum Kriegsende weiter an. 382 Zwar erlegt e di e Militärzensu r de r Press e di e »vaterländisch e Pflicht « auf, »de m Vol k begreiflic h z u machen , da ß e s sich mi t eine r erträgliche n Verteuerung de r Lebenshaltun g willi g abfinde n muß . Dies e Notwendig keit wir d u m s o freudige r ertrage n werden , je häufige r di e Press e darau f 210 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

hinweist, da ß di e wirtschaftliche n Schwierigkeite n dahei m nicht s gegen über de n Mühe n un d Gefahre n bedeuten , di e unser e brave n Truppe n vo r dem Feinde für die Ruhe und Sicherheit der Heimat auf sich nehmen. «383 Doch »da s Volk « dacht e anders . Nich t einma l di e »brave n Truppen « selbst folgten diese r Propagandalogik, di e langsame Aushungerung de r Zivilbevölkerung gege n die schnelle Abschlachtung der Soldaten an der Front aufzurechnen. Vielmeh r ware n e s nicht zuletz t die auf Urlaub nac h Haus e kommenden Soldaten , di e angesichts der erschwerten Lebenshaltun g ihre r Angehörigen vo r allem in den größeren Städten den logischen Zusammen hang zwische n Fron t un d Heima t durchau s ander s herstellten : Si e fragte n nämlich - und dies schließlich auch in aller Öffentlichkeit -, ob ihr eigenes Leid un d Elen d a n de r Fron t den n wirklic h de r »Ruh e un d Sicherhei t de r Heimat« ode r nicht vielmehr nur der Ruhe und Sicherheit der heimatlichen Kriegsgewinnler diente . Un d die Frauen und Familien selbst hielten mit ihrer Meinun g übe r di e Preissteigerunge n scho n ga r nich t zurück : ». . . der größte Feind ist im Lande und der heißt Wucher«, 384 s o oder ähnlich hie ß es in den »Jammerbriefen « de r Frauen an die eingezogenen ode r kriegsgefan genen Männer. I n der städtischen Bevölkerung grif f eine tiefgehende Erbit terung gege n di e ländliche n Produzente n Platz , dene n ma n eine n erhebli chen Tei l de r Preissteigerunge n anlastete. Politisc h schwerwiegende r wa r es jedoch, da ß al s letztlic h Verantwortliche r fü r di e Preissteigerunge n de r Staat betrachte t wurde , de r sein e Verantwortung fü r di e Preisbildung qu a Höchstpreispolitik anerkann t hatte, ihr aber in den Augen der Bevölkerung nicht gerecht wurde: Die Stimmung unte r den anstehenden Frauen, berich tete de r Berline r Polizeipräsiden t i m Oktobe r 1915, war »s o unerfreulic h wie möglich , zeitweis e geradez u erbitter t un d mach t sic h of t genu g i n Schmähungen gege n di e Regierun g Luft , di e angeblic h Lebensmittelwu cher dulde«. 385 Wenn diese r Staa t - so lasse n sic h di e zahllose n Unwillensäußerungen , wie si e vo n de n bedrängte n Militär - un d Zivilbehörde n gesammel t wur den, zusammenfasse n - es der Bevölkerun g nich t erlaube , ei n einigerma ßen auskömmliches Lebe n zu fuhren, un d gleichzeitig di e Ungerechtigkei t der Kriegsgewinn e einige r wenige r un d ungerecht e Verteilun g knappe r Nahrungsmittel allgemei n nich t verhindere, 386 se i di e Bevölkerun g auc h nicht länger bereit, seine n Krieg zu fuhren: »Die Kriegsmüdigkeit bedeutet also keine Bereitwilligkeit des Volkes zum Nachgeben den feindlichen Forderunge n gegenüber , sonder n ist als Kundgebung de s Widerwillens und des Ekels gegen die Aussaugung des Volkes im eigenen Lande, dem die Behörden scheinbar machtlos gegenüberstehen, aufzufassen.« 387 Nicht nu r Unfähigkei t wurd e den Behörden unterstellt , sonder n geradez u »mangelnder gute r Wille« , dies e Mißstände abzustellen, »d a hierdurch di e besser gestellte n Gesellschaftsklasse n gekürz t werde n könnten«, 388 ode r auch Heimtücke , wen n di e Kriegsgesellschafte n de r Nahrungsmittelbe wirtschaftung, di e von der Bevölkerun g mi t Staatsbehörde n gleichgestell t 211 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

wurden, di e von ihnen selbs t festgesetzte n Höchstpreis e überschritten. 389 Die Bayer n verdächtigte n schließlic h soga r ihre n König , e r verkaufe die Milch seiner Milchwirtschaften z u Wucherpreisen nach Preußen. 390 Relativiert wurd e de r allgemeine Unmu t übe r di e Preissteigerungen i n seiner Wirkun g au f die Stimmun g de r Bevölkerung nu r dadurch, da ß ei n anderes Problem in den Vordergrund rückte : daß die Lebensmittel schließ lich nicht mehr nur teuer, sonder n überhaupt nicht mehr zu kaufen waren . Die vehement e Kritik , di e die städtische Bevölkerung , insbesonder e die Frauen, a m Verschwinden de r Lebensmittel au s ihrer Versorgun g übten , und die von ihnen entwickelten legale n und illegalen Gegenstrategie n rich teten sich teils gegen die staatlichen Behörden , zu m anderen Teil gegen die Kommunen. Den n dies e ware n es , die als Verantwortliche fü r die Versorgung de r Bevölkerung vo r Ort und als durchführende Instan z der Rationierung de n Menschen greifba r gegenüberstande n - Menschen, dere n Eigenschaft, ei n zoon politikon zu sein, »sic h allmählich unter diesen Verhältnissen in seine beiden Bestandteile auf(löste), wobei das zoon die Oberhand gewann«.391

3.2.2.3. Die Rationierung Die zentrale Rolle , di e den Kommunalverwaltungen be i der Bewirtschaf tung und Verteilung de r Lebensmittel in der Kriegszeit zuwuchs, wa r nicht das Ergebni s eine r darau f abzielende n Planung , sonder n erga b sic h al s Folge de s Konglomerats au s den verschiedenen Einzelentwicklunge n au f dem Gebie t de r Lebensmittelbewirtschaftung.392 Si e zeichnete sic h bereit s in de r Mobilmachung ab , als zahlreiche Städt e durc h da s Ankaufen vo n Nahrungsmitteln un d Festsetzen vo n Höchstpreisen di e Versorgung de r Bevölkerung sicherzustelle n suchten. 393 De r systematisch e Ausba u de r Kommunalverbände - die in Preußen mit den Städten und Kreisen und also auch mit den Lieferungsverbänden identisc h ware n - zu Exekutivorganen der Lebensmittelbewirtschaftung began n Anfan g 1915 mit der Brotgetreideverordnung vo m 25. Januar. Dies e erlegte den Kommunalverbänden einerseits di e Bewirtschaftun g vo n Mehl, andererseit s di e Verteilung vo n Mehl un d Brot mittel s Brotkarte n a n die Bevölkerung auf . I m Sommer/ Herbst 1915 folgte mi t der neuen Reichsgetreideordnun g di e Verantwortlichkeit de r Kommunalverbände fü r das in ihrem Name n beschlagnahmt e Brotgetreide. Fü r diese und alle weiteren Produkte , di e im folgenden in die öffentliche Bewirtschaftun g einbezoge n wurden , mußte n di e Kommunalverwaltungen eigen e Beschaffungs - un d Verteilungsstelle n schaffen . Z u diesem Zwec k konnte n zum Teil bereits vorhanden e städtische Ämter mit den neuen Aufgaben befaß t werden . S o oblag in der Regel die Preisprüfun g der Polize i un d die Bestandsaufnahmen, Ernteerhebunge n un d Bevölkerungszählungen de n Statistischen Ämtern . Letzter e hatte n meis t auc h die 212 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Lebensmittelkarten z u verteile n un d z u kontrollieren . Di e Vieh - un d Fleischwirtschaft unterstand meis t de n städtische n Schlachthofverwaltun gen, di e Lebensmittelvorräte wurden in den städtischen Speichern gelagert , die Stadtgartenverwaltunge n baute n Getreide , Obs t un d Gemüs e an , un d die Armenverwaltunge n versorgte n di e besonders bedürftige Bevölkerun g mit Naturalien . Fü r di e Bewirtschaftun g vo n Getreide , Meh l un d alle n weiteren de m freie n Hande l entzogene n Produkt e mußte n neu e Dezernat e geschaffen werden . Di e notwendige lokal e Vereinheitlichung wurd e durch die Gründun g vo n städtische n Lebensmittelämter n erreicht , di e de n An kauf und die Zuteilung de r Nahrungsmittel regelten . Dabe i bedienten sic h die Städt e i n de r Mehrzah l de s örtlichen Handels . Diese r wurd e i n seine n jeweiligen Zusammenschlüsse n al s Mehlvertriebsgesellschaft , Kartoffel verteilungsgesellschaft, Milchversorgungsstelle , Zweckverban d fü r Eier vertrieb u . ä. zu m Exekutivorga n de s Lebensmittelamts . Auc h de r Klein handel wurd e herangezogen . E r verteilte di e Lebensmitte l nac h Maßgab e der au f die einzelnen Karte n entfallende n Zuteilunge n a n die Verbraucher . Wo sich deutlic h zeigte , »da ß e s dem Kaufman n schwe r fällt , uneigennüt zig zu sein«,394 wurden eigene städtische Verkaufsstellen eingerichtet . Der Arbeits- und Verwaltungsaufwand de r Kommune n steigert e sich in bislang unvorstellbare r Weis e un d bezo g sic h au f di e unterschiedlichste n Bereiche. Z u de n städtische n Obliegenheite n gehört e di e Herstellun g vo n Wurst ebens o wi e di e Beschaffun g un d Lagerun g vo n Gefrierfleisch ; un d die Haltun g vo n Milchkühe n un d Kaninche n wurd e de n städtische n Ver waltungen ebens o selbstverständlich wi e das Dörren von Gemüse - dessen Endprodukt, da s Dörrgemüse , vo m Volksmun d »Drahtverhau « getauf t wurde - und das Züchten von Champignons in den Kellern der städtischen Kläranlagen.395 Diese r atemberaubende Aufgabenzuwach s wa r al s solche r schon geeignet , di e Kommunalverwaltunge n be i seine r Bewältigun g vo r große Problem e z u stellen. Ih m jedoch erwiese n sic h di e Kommunen, di e im Ersten Weltkrieg einen für Behörde n nicht selbstverständlichen Einfalls reichtum un d Elan an den Tag legten - und dies trotz des Personalmangel s bei den durch di e Einberufungen ebenfall s gelichtete n städtische n Verwal tungen -, im große n un d ganze n al s gewachsen. Doc h auc h ih r Antei l a n der Bewirtschaftungspoliti k unterla g de r geschilderte n Eigendynami k de r staatlichen Bewirtschaftun g i m Erste n Weltkrieg , di e einerseit s Folge , an dererseits aber Ursache des verknappten Nahrungsmittelangebot s wa r und schließlich daz u führte, da ß die Kommunen nebe n dem allgemeinen Man gel vo r allem di e Verantwortung hierfü r z u verwalten hatten . Be i der Ver waltung de s Mangels befanden sich die Kommunen darüber hinaus noch in besonders exponierte r Position . Die s gal t zu m eine n gegenübe r de n Kriegsgesellschaften un d gesamtstaatliche n Behörde n de r Lebensmittelbe wirtschaftung, mi t dere n knappe n Zuteilunge n auszukomme n si e ver pflichtet waren , dene n si e aber gleichzeitig al s Konkurrenten au f dem Le bensmittelmarkt gegenüberstanden . Entsprechen d gro ß wa r da s Ressenti 213 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

ment de r Lokalbehörde n gege n di e Bewirtschaftungsorganisationen . Da s Bezirksamt Rothenburg , u m nu r ei n Beispie l unte r viele n z u nennen, räso nierte im Oktobe r 1916: »Ohne di e energisch e Mitwirkun g de r . . . Bezirksämter un d Gemeindebehörde n würde manch e de r viele n Organisatione n [de r Lebensmittelbewirtschaftung , U. D ], di e als G.m. b. H. sic h breit machen , schön e Gewinne einheimsen un d sich dabei einbilden , si e hätten durc h ih r kaufmännische s Geni e das Vaterland gerettet , schmählich zusammengebroche n sein . Di e Arbeit wir d unte n gemacht, obe n wir d blos [sic ] angeschafft, probiert , Buc h geführ t un d mit of t vie l Wichtigtuere i gute s Geschäft gemacht . . . Die vielen Organisationen au f allen Gebieten der öffentliche n [Lebensmittel- U . D.] Fürsorg e komme n leide r regelmäßi g z u spä t ode r habe n große Stockunge n zu r Folge, bi s sie jeweils wirken . Ma n brauch t sic h dahe r nicht zu wundern, wen n das Volk sich lustig mach t über diese vielgepriesenen Organisa tionen und ihrer überdrüssig wird.« 396 Der eigen e Handlungsspielrau m de r Kommune n wa r begrenz t un d meh r oder wenige r illegale n Charakters : Si e nützten de n - bereits vo r de m Krie g üblichen - Überschuß de r gemeldete n übe r ihr e tatsächlich e Bevölkerung , um zusätzlich e Ratione n zugewiese n z u erhalten; 397 un d si e folgte n de m Beispiel de r Bevölkerun g un d kauften illega l unte r Umgehun g de r Höchst preis Vorschriften ein. 398 Zum andere n un d vo r alle m abe r befande n sic h di e Stadtverwaltungen i n eine r äußers t exponierte n Situatio n gegenübe r ihre r Bevölkerung. Si e hielte n a n de r »Heimatfront « quas i de n vorderste n Schützengraben besetzt , un d die Bevölkerung gewöhnt e sic h daran , »die Gemeindeverwaltung , mi t de r si e i m wesentliche n allei n i n Berührung kam , für alle Ausstrahlungen un d auch für jedes notwendige oder verschuldete Versage n gegenüber der wachsenden Not verantwortlich z u machen. «399 Dies gal t besonder s fü r di e imme r unzureichender e Meng e a n Lebensmit teln, di e di e Kommunalverwaltunge n übe r da s Rationierungssyste m a n ihre Bevölkerung ausgaben . Tabelle 34: Gewicht de r offiziellen Lebensmittclratione n in % des Gewichts de s Friedensverbrauch s

Fleisch Eier Schmalz Butter Zucker Kartoffeln Pflanzliche Fette

1916/17

1917/18

1.7.-28. 12 . 1918

31,2 18,3 13,9 22 48,5 70,8 39

19,8 12,5 10,5 21,3 55,7-66,7 94,2 40,5

11,8 13,3 6,7 28,1 82,2 94,3 16,6

Quelle: Kocka , J . , Klassengesellschaf t i m Krieg . Deutsch e Sozialgeschicht e 1914-1918, Göttingen. 2. durchges. und erg. Aufl . 1978, S. 20 214 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Vor allem hochwertige Nahrungsmitte l wi e Fleisch, Eier und Fette wurden in der zweite n Kriegshälft e i n Mengen ausgeteilt , di e nur meh r Bruchteil e des Friedensverbrauchs betrugen . Angesicht s der unzureichenden Ratione n fehlte es zunehmend »einem große n Tei l de r Bevölkerung , insbesonder e den allgemeinen große n Gesichtspunkten des Krieges weniger zugänglichen Frauen, an dem guten Willen, sich um des großen Ziele s willen Entbehrunge n aufzuerlege n un d mit Ruhe und Fassung zu ertragen«400: »Fas t durchweg sind es Frauen, und zwar aus geringeren und besseren Ständen ohne Unterschied, die ihrer Unzufriedenheit [über die Nahrungsmittelbewirtschaftung, U.D. ] durc h erbitterte s Schelte n Ausdruc k geben . Di e Männer sind ruhige r un d zurückhaltender . Be i den Frauen ist es auch wohl ver ständlich. Si e sollen koche n und für die Magenbedürfnisse sorge n und sehen sich darin ohnmächtig.« 401 In diese m Fal l stimmte n di e Fraue n mi t de r Lagebeurteilun g de r Militär und Zivilbürokratie durchaus überein: ». . . ich weiß oft [nicht U. D.] wo mir der Kopf steht solst kochen alles hat Hunger und man hat nichts, auf dem Lande thut es ja noch die haben schon was, wenn wir jemand hätten, dan ginge es aber so muß ich blos mit dem wirtschaften was uns der hochlöbliche Magistra t gib t . . . in den Sammelstellen läßt ma n die Sachen kaput gehen wir bekommen nichts, die Älteren Leut und jungen Mädche n sollen kaput gehen damits mit den nachwesenden Kindern thun können was mögen.«402 Die Frauen, die sich in ihrer Verantwortung fü r Ernährung und Gesundheit ihrer Angehörigen vo n den Behörden im Stich gelassen fühlten, wurde n zu den Trägerinnen und Verbreiterinnen einer kriegs- und staatsüberdrüssige n Stimmung, di e die »Heimatfront « zunehmen d zum Kriegsschauplatz eines Kampfes zwische n Bevölkerun g un d Obrigkei t umdefinierte . Vergeblic h mühten sic h Regierunge n un d Verwaltungen , de n Fraue n i n ihre r Eigen schaft al s Hausfrauen un d Staatsbürgerinne n eine n Verhaltenskode x nahe zulegen, de r den Burgfriede n stabilisierte , stat t ihn zu untergraben. Unbe einflußt vo n staatlichen Propaganda - und Strafmaßnahmen jedoch reagier ten die städtischen Fraue n so, wie es ihnen ihre konkreten Erfahrunge n be i der Haushaltsführung un d die akute Unterernährung, de r sie und ihre Angehörigen sic h ausgesetzt sahen , nahelegten : Si e versorgten sich nach eigenen Möglichkeiten un d nach eigenen Rechtsvorstellungen; di e Daseinsvorsorge wurde zum Delikt. 3.2.2.4. Die individuelle Daseinsvorsorge: Hausarbeit, Familienhamster und Volksstimmung Der Mangel a n Nahrungsmitteln, di e Preissteigerungen un d die Probleme der staatliche n Nahrungsmittelbewirtschaftun g verliehe n de r Hausarbei t eine noch entscheidender e Bedeutun g fü r di e Lebenshaltun g de r Einzelfa milien als vor dem Krieg. Bereit s vor 1914 waren es Arbeitsleistung, Haus 215 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

haltspraxis un d Erfahrung de r Hausfrauen i m Umgang mi t dem Konsum gütermarkt gewesen , di e es den meiste n Arbeiter- , Angestellten - un d Be amtenhaushalten ers t ermöglicht hatten , di e notwendigsten Lebensbedürf nisse mi t de m knappe n Familieneinkomme n z u bestreiten . Unte r de n er schwerten Lebensbedingunge n de r Kriegszeit mußte n di e Hausfrauen, ab gesehen davon , da ß sie jetzt i n verstärktem Ma ß die knappen Familienein künfte durc h verlängert e un d intensiviert e Hausarbei t auszugleiche n hat ten, noc h ein weiteres leisten: Nachdem der Konsumgütermarkt 1916 endgültig zusammengebroche n war 403 und die öffentliche Bewirtschaftun g ih n in seiner Funktion, Lebensmitte l bereitzustellen, nu r unzureichend ersetzte, blieb es den einzelnen Frauen und Familien überlassen, wi e sie sich die nötigen Nahrungsmitte l beschaffe n sollten . Di e Hauswirtschaf t nah m unte r diesen Bedingunge n eine n deutlic h veränderte n Charakte r an . D a die Veränderungen, di e di e Hausarbei t de r Kriegszei t prägten , i n verschieden e Richtungen wirkten , tru g diese r Charakter sozusage n schizophren e Züge . Einerseits setzt e sich ein e Tendenz durch, hauswirtschaftlich e Tätigkeiten , die in der Vorkriegszeit nac h und nach aus den städtischen Haushalte n aus gelagert un d de r Versorgun g übe r de n Konsumgütermark t zugewiese n worden waren , i n di e Einzelhaushalt e zurückzuholen ; di e Hauswirtschaf t bildete sic h i m Lau f de s Krieg s z u eine r Quasi-Subsistenzwirtschaf t zu rück.404 Andererseits setzte sich die Logik von öffentlicher Bewirtschaftun g und Rationierun g bi s in die Einzelhaushalte hinei n for t un d bewirkte , da ß die Einbindun g de r Einzelhaushalt e i n ihr wirtschaftliche s un d gesamtge sellschaftliches Umfel d stärke r wurd e als je zuvor : Di e öffentliche Lebens mittelwirtschaft kontrolliert e bal d nich t meh r nu r di e Zuteilun g - das Funktionsprinzip de r Lebensmittelkarte n bestan d nich t i n eine r Garanti e bestimmter Lebensmittelmengen , sonder n i n de m Verbot , meh r al s dies e begrenzte Menge zu erwerben -, sondern auch den Verbrauch von Lebensmitteln i n den Einzelfamilien. Un d nich t nur die Rationierung selbst , son dern auch die sie flankierende politisch e Beeinflussung de r (weiblichen) Be völkerung bemüht e sich um Zutritt in jede Küche: Durch Propagandamaß nahmen un d Kriegskochkurse , di e vo n Behörde n un d Frauenvereine n i n die Wege geleitet wurden, sollt e den Hausfrauen da s nötige hauswirtschaft liche Wissen und Bewußtsein vermittelt werden, u m die nun endlich zu vaterländischen Ehre n gelangte Hausarbeit au f staatstragende Ar t zu verrichten. Bereits zeitgenössisch e Beobachte r stellte n fest , da ß di e Hauswirtschaf t der Kriegszei t quasi-subsistenzwirtschaftlich e bzw . »eigenwirtschaftliche « Züge405 trug. De r auffälligste Aspek t diese r Entwicklun g war , da ß di e Ei genproduktion vo n Nahrungsmittel n i n un d durc h städtisch e Haushalt e zunahm. Wohnungen , Kelle r un d Balkon e wurde n mi t Kaninchen , Hüh nern, Ziege n un d Schweine n bevölkert. 406 Schrebergärte n un d Pachtland , das für diesen Zweck von Stadtverwaltungen und Betrieben zur Verfügun g gestellt wurde , dient e städtische n Familie n zu m Anba u vo n Kartoffeln , 216 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Obst un d Gemüse. 407 Di e Militär - un d Zivilbehörde n begrüßte n un d förderten di e familiär e Selbstversorgung , d a si e di e Ernährungslag e un d di e Stimmung gleichermaße n günsti g beeinflußte : »Wer e s irgen d ermögliche n konnte , auc h au s de r ärmere n Bevölkerung , ha t ei n Stück Lan d mit Gemüse und Kartoffeln bebaut . Daz u sind die verfügbaren un d geeigneten Plätz e zu r Verfügun g gestell t worden . Di e Pausen i n der Arbeitszei t un d nach Feieraben d werde n dahe r vo n diese n Leute n au f die Pflege ihre r Gärte n ver wandt, un d es bleibt keine Zeit zum Grübeln und Politisieren.« 408 Die Industri e wurd e aufgefordert , de r Arbeiterschaf t di e nötige Zei t z u las sen, u m ihr e Landstück e z u bebauen. 409 Mitunte r gabe n allerding s di e Schrebergartenpächter e s wiede r auf , ihr e Parzelle n z u bestellen : Mi t stei gender Hungersno t erntete n a n ihrer Stell e die Diebe ab. 410 Auch da s Kaufe n un d de r Umgan g mi t Gekaufte m erforderte n zuneh mend eine n Arbeits - un d Zeitaufwand , de r de n Begrif f de r Konsumtio n zum Euphemismu s werde n ließ . Di e »vie l Zei t i n Anspruc h nehmend e Le bensmittelbesorgung un d di e umständlich e Wirtschaftsführung« 411 nötig ten selbs t de n ansonste n di e (Haus-)Fraue n ehe r kritisc h beurteilende n Be hörden verständnisvoll e Äußerunge n ab . De r Präsiden t de s ΚΕΑ zweigte sogar trot z seine r Abneigun g gege n da s »sinnlos e Getränk « Kaffe e pr o Jahr 370000 Tonnen Gerst e ab , u m de n »schwergeprüfte n Hausfrauen « ih r »braunes Getränk « nich t z u entziehen. 412 Zu m charakteristischste n Merk mal de r Hausarbei t i m Krie g wurde n di e Lebensmittel- , Petroleum - ode r Schuh-»Polonaisen« vo r de n Läde n de r Städte : »We r in diesen kühlen Früh lingsnächten«, hie ß e s i n eine r diese m Kriegsphänome n gewidmete n Be trachtung de s »Berline r Tageblatts « 1916, »einen Gan g durc h di e Straße n de r Stadt nich t scheut , de r wird scho n vor Mitter nacht vor den Markthallen . . . Gestalten hin und her schleichen sehen, die mit allerhand Hausgerä t bepack t sind . Ers t sin d e s nur wenige , abe r mi t de m Eintrit t de r Mitternacht werde n di e Gruppe n z u Ansammlungen . I m überwiegenden Tei l be stehen sie aus Frauen. Si e kauern anfangs auf den Stufen der umliegenden Geschäft e und au f de n eiserne n Parkeinfriedungen . Bal d abe r komm t ein e un d leg t i n de r Nähe des Eingangs einen Strohsack hin, au f dem sie es sich bequem macht. Da s ist das Signa l z u einer allgemeine n Bewegung . Hinte r de r glücklichen Besitzeri n de s Strohsacks stellt ein e zweite Frau einen Liegestuhl auf . Dich t neben ihr nimmt eine anspruchslosere au f einem einfache n Rohrstuh l Platz , de n sie von ihrer wei ß Got t wie wei t entfernte n Wohnun g hierhergebrach t hat . Ein e vierte ha t nu r ei n ›Stok kerl‹. . . Apathisch stehe n di e andere n da , manch e schlafe n i m Stehen , un d da s Mondlicht läß t die blassen Gesichter noch fahler erscheinen. Schutzleut e erscheinen und gehen verdrosse n au f und ab. De r Morgen graut . Neu e Scharen ziehen heran . Frauen mit Kinderwage n . . . Jetzt werde n di e Kaffeekannen un d Stullen hervorge holt, manch e de r Fraue n greife n nac h de m mitgebrachte n Strickstrumpf , u m di e bleiernen Stunde n z u kürzen . Endlic h beginn t de r Verkauf . Un d da s Ergebnis : je ein armseliges halbes oder, wen n ma n besonderes Glück hat, ganze s Pfund Fleisch , Schmalz oder Butter fü r die eine Hälfte der Käufer, währen d die andere leer abziehen muß.« 413 217 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Nicht nu r da s »Stehen « nac h Nahrungsmittel n ode r auc h nac h Kleidung , Schuhwerk, Seif e un d Lebensmittelkarte n erschwert e di e Haushaltsfüh rung i n de r Kriegszeit . Je meh r sic h di e Qualität de r Nahrungsmittel ver schlechterte, dest o mehr Zeit und Energie mußte auf ihre Zubereitung ver wendet werden. 414 Je seltene r Nahrungsmitte l ode r Bekleidun g zugeteil t wurden, dest o intensiver mußte das Vorhandene durch Sparen oder Flicken gestreckt werden . Abfäll e ware n fü r di e Wiederverwertung aufzubereiten , Lebensmittel wurde n i n den Einzelhaushalte n konserviert . Da s Diktat de s Angebots, da s di e öffentliche Bewirtschaftun g mi t sic h brachte , konfron tierte di e Hausfraue n mi t ihne n bislan g unbekannte n Nahrungsmitteln 415 und macht e durc h di e Unberechenbarkei t de r Zuteilunge n ei n geplante s Wirtschaften of t unmöglich: »Besonders störend wird es mit Recht von der Bevölkerung empfunden, da ß man noch Mitte des Monats nicht weiß, welch e Lebensmittel in dem laufenden Monat zu bekommen sind und in welcher Menge die einzelnen Lebensmittel zur Austeilung kommen . . . Es ist naturgemäß an eine geordnete Wirtschaftsführung i m Einzelhaushalt nich t z u denken, wen n ma n nicht weiß , wi e ma n mi t de n Vorräte n hauszuhalten hat . Die s trifft insbesonder e auf den Haushalt de r nicht bemittelten Arbeiter zu, in welchem keine Vorräte aus dem Vormonat angesammelt sind. Aus diesen Kreisen hört man denn auch lebhafte Klagen über diese Mißstände; die Gewerkschaften befürchte n hierwegen sogar Störungen der bisher gehaltenen Ruhe in den Betrieben.«416 Viele Kommunalverbände gingen schließlich sogar dazu über, nicht nur die Zuteilung, sonder n auc h de n Verbrauc h rationierte r Lebensmittel , vo r al lem von Kartoffeln, z u kontrollieren. Ständig e Überwachungsbeamt e un d Stichprobenerhebungen sollte n Gewäh r leisten, da ß die Kartoffeln sachge mäß eingelagert wurden und daß in denjenigen Fällen, in denen die Kartoffeln fü r eine n bestimmte n Zeitrau m de n Haushalte n vora b zu r Einkelle rung überwiese n worde n waren , ih r Verbrauc h di e wöchentliche n Kopf sätze nich t überstieg . Führte n di e Kartoffelkontrolle n z u de m Ergebnis , daß de r Kartoffelverbrauc h di e Ratione n überstieg , setzte n - von Ge meinde z u Gemeind e unterschiedlich e - Strafmaßnahmen ein. 417 Stieße n die Kontrolleure auf Kartoffelvorräte, di e die zugeteilten Menge n überstie gen, ware n dies e Haushalt e de s Schleichhandel s überführt; 418 fande n si e leere Kelle r vor , wa r die s nicht zuletz t ein e unerwünschte Nebenfolg e de r Verbrauchskontrollen: Einig e Familie n hatte n di e eingelagerten Kartoffel n aus Furch t vo r Beschlagnahm e vorsichtshalbe r gleic h verzehrt. 419 Dies e Furcht war nicht unbegründet. E s kam vor, daß die Kartoffelrationen rück wirkend gekürzt wurden, s o daß die Verbraucher von ihren bereits eingelagerten Kartoffel n diejenig e Meng e zurückzugeben hatten , di e sie nach den neuen Rationierungssätze n nich t meh r erhalte n hätten ; die s tra f dan n ge rade diejenige n Familie n besonder s hart , di e mi t ihre n Vorräte n a m spar samsten gewirtschaftet hatten. 420 Die Hausfrauen, di e aus ihrer Notlag e heraus zu den lautstärksten Kriti 218 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

kerinnen de r öffentlichen Bewirtschaftun g wurden , wurde n umgekehr t al s Mitschuldige a n dere n Versage n ausgemacht . Bereit s i n den Debatte n u m die »normalen « Hauswirtschafts - un d Ernährungsproblem e einkommens schwachcr Familie n de r Vorkriegszei t hatt e di e Hausfrauenschelt e ein e wichtige Roll e gespielt. 421 I n der Kriegszeit gewanne n dies e Klagen insbe sondere übe r »Fraue n de r unbemittelte n Stände , di e bei ihre r mangelnde n hauswirtschaftlichen Vorbildun g sic h gegenübe r de r Kartoffelknapphei t und der Fettnot nicht zu helfen wissen«, 422 an Resonanz. Frauenvereine und Behörden entwickelte n Initiativen , u m de n Hausfraue n di e nötige n haus wirtschaftlichen Kenntniss e und das erforderliche psychologische Rüstzeu g zu vermitteln, di e sie in die Lage versetzen würden , fehlend e Lebensmitte l durch rationelle s un d vaterländische s Haushalte n z u ersetzen . Wär e de r Sündenbockcharakter, de n di e öffentlich e Beachtun g de r Hausarbei t ver lieh, wenige r ausgeprägt gewesen , könnt e man beinahe von einer gewisse n Aufwertung de r Hausarbeit im Krieg und durch den Krieg sprechen. 423 Die lebhaftesten Aktivitäte n entwickelt e di e bürgerliche Frauenbewegun g un d der von ihr gegründete Verband Deutscher Hausfrauen. 424 De r Bund Deutscher Frauenverein e führt e mi t staatliche r Unterstützun g Redner/innen schulungcn,425 Nahrungsmittelausstellunge n un d Wanderkochkurse durch; die Herausgab e eine r »Hauswirtschaftliche n Korrespondenz « un d Koch Vorführungen sollte n di e Fraue n da s »Spare n au s Liebe zu m Vaterland« 426 lehren. Di e Natio n entdeckt e plötzlich , da ß die Schützengräben durc h di e Küchen de r deutsche n Hausfraue n führten; 427 un d di e Hausfraue n sollte n ihre Kämpfe in »diesem heiligen Kriege« siegreic h bestehen, dami t dereinst gesagt werde n könne , »ih n ha t di e deutsche Hausfra u gewonnen«. 428 Di e 1915 einsetzende Propagand a für die recht e Kriegsernährun g sollt e di e »Sanftmut de r Tauben mit der Klugheit de r Schlangen verbinden« 429 - beispielsweise be i de m Bemühen , de n Hausfrauen bislan g Ungewohnte s wi e den Haferbrei nahezubringen : »Bewegen Si e die Frauen dazu, daß sie zu der Väter Sitte zurückkehren und morgens eine Suppe kochen . . . Sehr viele dieser Suppen können süß gekocht werden; der Haferbrei kan n mit Milch und Zucker genossen werden. Wir können hier viel von der schottischen Bevölkerung lernen. Sie bewohnt ein von Natur armes, gebirgiges Land; in ihrer ganzen Naturanlage ist sie den Deutschen ähnlicher als die übrigen Einwohner Großbritanniens. Diese Bevölkerung nährt sich in weiten Distrikten von Hafermehl, Milc h und Heringen. Dabei ist es eine hochintelligente Bevölkerung, dere n Abkömmlinge an den ersten Stellen des britischen Handels und der britischen Verwaltun g z u finden sind . I n den einsamen Gebirgsgegenden können Sie dort Männe r finden , di e beim Schafehüten ihr e Bibel im Urtext lesen. . . Der Schotte ißt morgens, mittags und abends Hafer; und wenn wir auch bis zur neuen Ernte nicht übermäßig große Hafervorräte haben, wollen wir doch alles ausnützen, was noch davon da ist.«430 Aber nicht nur die zu schlechte, sonder n auch die zu gute Versorgung ihre r Angehörigen wurd e den Frauen zum Vorwurf gemacht. Al s das eigentliche 219 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

vielzitierte »Versagen « de r deutsche n Hausfraue n i m Krie g wurd e häufi g der mangelnd e Sin n für da s große Ganz e der Kriegswirtschaft bezeichnet , aus de m herau s di e Fraue n i n ihre m »selbstlose n Individualismus« 431 nu r Bedacht auf die Versorgung ihrer Angehörigen, nich t aber auf das Funktionieren der Versorgung insgesamt nahmen: Der Hausfrau wa r »von frühe r Jugend a n gepredig t worde n . . ., da ß di e Hauptaufgab e de r guten , tüchtigen Hausfra u di e sei, ohn e Rücksichtnahme auf irgend jemand ode r irgend etwas ihre n persönliche n Haushal t mi t de m sic h darau s ergebende n Kreis e von Menschen zu versorgen. Hie r liegt die Wurzel der heutigen Neigung, di e Gesetze der Rationierung z u übertreten. Da s geschieht nicht aus persönlichem Eigennutz, sondern i n de n meisten Fälle n aus Familien-Eigensucht un d erscheint de n Hausfrauen deshal b als etwas nich t nur Erlaubtes , sonder n Gebotenes , dessen si e sich ganz harmlos rühmen, ohne zu begreifen, da ß auch dieses Gefühl, dies e Lebensanschauung heute zum entarteten Begriff geworden ist. «432 Zu Kriegsbeginn hatte n sic h derartige Vorwürf e au f die Hamsterkäufe be zogen, mi t denen viele Hausfrauen - ebenso wie viele Kommunen - auf die Mobilmachung reagier t un d dadurc h di e Preis e hochgetriebe n hatten . I n der zweite n Kriegshälft e rückt e stat t desse n etwa s gan z Andere s i n de n Vordergrund, wen n vo n diese m mangelhafte n Blic k de r Fraue n fü r da s große Ganze die Rede war. Gemein t wa r damit jetzt meist , da ß kaum ein e Hausfrau sic h scheute, i m Interesse ihrer eigenen Versorgung un d der ihrer Familie Kriegswirtschafts - un d allgemeine n Rechtsbestimmunge n zuwi derzuhandeln. D a die sparsamste Haushaltsführung nich t i n der Lag e war , die knappe n Lebensmitte l ausreichen d z u strecken , griffe n di e Fraue n zu r Selbsthilfe: Daseinsvorsorg e wurde zum Delikt. Da s Desinteresse an übergeordneten Zusammenhängen, da s die Frauen an den Tag legten, inde m sie Gesetze übertrate n un d de n vo n Behörde n un d andere n formulierte n Ko dex de r Kriegswirtschaftsmora l ignorierten , dürft e dabe i wenige r ein e Folge überkommene r Hausfrauenideologi e gewese n sei n al s di e Reaktio n der Frauen auf die langsame Aushungerung, de r sie und ihre Angehörige n ausgesetzt waren. Si e wußten, »daß wissenschaftlich bewiesen und allgemein, ja man kann sagen behördlich anerkannt ist , da ß mit de r vorschriftsmäßigen Meng e von Lebensmitteln sic h ernährende Menschen sicher einer ihr Leben gefährdenden Unterernährung verfallen«. 433 Dies demonstrierten di e Zustände in den Anstalten, dere n Insassen tatsächlich übe r di e ihne n zustehende n Ratione n hinau s nicht s Eßbare s erhiel ten,434 sowi e Todesfälle , di e infolg e z u große r Gewissenhaftigkei t be i de r Einhaltung der Ernährungsvorschriften eingetrete n waren. 435 Vor allem belegte die s jedoch de r verschlechtert e Gesundheitszustand , de n di e Fraue n und daheimgebliebenen Männe r a n sich selbst, ihre n Kinder n un d anderen Angehörigen beobachte n konnten . Al s Kommenta r z u eine m Photo , da s ein Kriegsgefangener i n die Heimat geschickt hatte, schrieb ein Briefschrei ber im März 1917 zurück: 220 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

»Bist zwar etwas schmal geworden, aber, lieber Hans, glaube nicht, daß wir in der Heimat besser aussehen. Ich kann mich manchmal kaum mehr auf den Beinen halten, s o schlapp, und kaput [sic] bin ich, un d schon einigemale stand ich vor dem Entschluß, freiwillig wiede r in's Feld zu gehen. Ich habe zwar schwere Tage draußen erlebt, abe r doch bedeutend besser gelebt. Also , lieber Hans, warte geduldig das Ende dieses Völkermordens ab, denn hier in der Heimat wird uns auch nichts erspart.«436 Der allgemeine Kräfteverfal l de r Daheimgebliebenen spiegel t sich deutlich in de r erhöhte n Sterblichkei t de r Zivilbevölkerun g wider . Si e ergib t sic h aus de r Entwicklun g de r - nicht vo n militärische n Todesfälle n beeinfluß ten437 - Sterbeziffer de r weiblichen Bevölkerun g 1914-1918 verglichen mi t 1913 (siehe Tabelle 35). Bereits fü r 1915 ist ei n deutliche r Anstie g de r Sterblichkei t unte r de n weiblichen Kleinkinder n un d Jugendliche n bi s 15 Jahre z u beobachten . 1916 waren besonder s die Altersstufen vo n 5-20 und über 85 Jahre von einem starke n Anstie g de r Sterblichkei t betroffen , de r sic h 1917 verstärkte und jetzt auch die Altersstufen vo n 20-85 Jahre einbezog. 1918, im Jahr der großen Grippeepidemie , stie g di e Sterblichkei t de r weibliche n Bevölke rung vo n 5-35 Jahren vergliche n mi t 1913 um übe r 100%, in den Altersstufen vo n 15-25 Jahren u m nahezu 200% - Zahlen, di e auf die besonders große Entkräftun g diese r jungen Fraue n nach vier Jahren Kriegsarbei t un d Kriegsernährung hindeuten . Entsprechen d de n bessere n Ernährungsver hältnissen i n ländliche n Gebiete n weis t di e Sterblichkei t de r Kriegszei t a b Ende 1916/Anfang 1917 ein deutliche s Stadt-Land-Gefäll e auf . Di e Mar k Brandenburg, i n de r di e Berline r Vorort e lagen , hatt e ein e u m fas t di e Hälfte höhere Gestorbenenzahl als 1913, und auch in Anhalt, de r Rheinprovinz, de m Staa t Sachsen , Berli n und den drei Hansestädten sowi e in Westfalen wa r di e Zunahme de r Sterbefäll e größe r al s im Reichs - oder preußi schen Durchschnitt ; i n Württemberg , Bade n un d Bayer n stie g di e Sterb lichkeit i n der Kriegszei t dagege n wenige r star k an. 438 Die Säuglingssterb lichkeit, di e 1915-1917 unter de n Stan d vo n 1913 zurückgegangen wa r (siehe Tabell e 36),439 übertra f ih n 1918 wieder leicht , wen n si e auc h noc h unter den Zahlen von 1910/11 blieb. Im Vergleich zum Anstieg der Sterblichkeit der weiblichen Bevölkerun g 1914-1918 nimmt sic h s o zwar de r Gesundheitszustan d de r Säugling e i m Krieg rech t günsti g aus . I n Anbetracht de r Tatsach e jedoch, da ß di e Kin derzahl pr o Famili e i m Krie g geringe r wa r al s zuvor, wa s de r Ernährun g und Pflege de r Säuglinge hätte zugute kommen müssen , verweis t auc h die nicht dauerhaf t zurückgehend e Säuglingssterblichkei t au f di e schlechte n Ernährungs- und Gesundheitsverhältnisse. Darübe r hinaus lebte unter den Bedingungen de r Kriegszeit ein relativ gut ernährter Säugling von der Substanz seiner Mutter: Die Frauen sparten an ihrer eigenen Ernährung, u m die Kriegskinder durchzubringen , s o daß einem wohlgenährten Säuglin g häu fig eine unterernährte Mutter entsprach. 440 Die Anzahl der im Ersten Welt221 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

222

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12,7 3,0 2,1 3,1 4,1 4,9 5,4 6,2 7,1 8,6 12,0 37,4 28,2 45,7 73,5 339,6 182,8 284,7 396,7

12,8 3,0 2,0 3,1 4,0 4,7 5,3 6,1 6,9 8,5 11,8 17,4 27,9 44,5 72,0 313,1 176,1 258,0 373,1

99 16, 101 4, 2 14 104 2, 5 12 103 3, 4 11 102 4, 1 10 104 4, 7 10 102 5, 4 10 102 6, 3 10 102 7, 2 10 101 8, 8 10 102 11, 100 17, 101 27, 103 45, 102 73, 106 118, 104 184, 110 285, 106 406,

Meß- Sterbe ziffer + ziffer

19 14 191

3 12 1 4 2 3 1 2 2 3 3 9 10 4 10 79 1 30 3 10 4 10 0 10 6 11 0 10

- Meß ziffer

+

5

0 0 9 1 2 5 4 1 9

7

* 15,0 11 3,9 13 2,7 13 3,7 12 4,4 11 5,0 10 5,7 10 6,6 10 7,5 10 9,3 10 12,4 10 18,1 30 28,7 10 47,5 10 78,8 10 128,5 3 3 197,2 11 320,6 12 460,7 12

Sterbe- Meß z i f f e r + Ziffer

1916 19

7 15, 3 4, 1 3, 1 4, 0 5, 6 5, 8 6, 7 7, 8 8, 9 10, 5 14, 4 21, 3 33, 7 54, 9 90, 4 150, 2 238, 4 397, 3 559,

- Sterbe + Ziffer 2 3 1 8 4 9 6 7 9 7 5 3 0 6 8 3 4 8 3

-

+

17 Sterbeziffer + 22,3 6,1 4,8 8,9 11,6 12,7 12,4 11,7 11,5 13,3 17,7 23,6 35,4 57,9 95,2 349,9 233,6 363,4 541,7

Meßziffer* 119 144 153 156 135 126 124 126 129 126 122 122 118 123 126 133 135 154 150

19 18

174 207 239 292 290 272 234 191 165 155 150 335 127 130 132 133 133 141 145

Meßziffer*

Quelle: Heinel , E. , Di e Bevölkerungsbewegung im Deutschen Reich in der Kriegs- und Nachkriegszeit, Diss. Berlin 1927, Tabelle 50

+ di e auf e j 1 000 der weiblichen Gesamtbevölkerung bezogenen Sterbcfälle. * 191 3 = 100 .

1- 5 5-10 10-15 15-20 20-25 25-30 30-35 35-40 40-45 45-50 50-55 55-60 60-65 65-70 70-75 75-80 80-85 85-90 über 90

Sterbeziffer+

Altersstufe Sterbeziffer+

1913

Tabelle 35: Die Sterblichkeit der weiblichen Bevölkerung im Deutschen Reich 1913-1918 nach Altersstufe n

Tabelle 36: Die Säuglingssterblichkei t i m Deutsche n Reic h 1910-1918 absolut Geborene (ohne Totgeborene) 1910 1911 1912 1913 1914 1915 1916 1917* 1918*

1 924 778 1 870 729 1 869 636 1 838 750 1818596 1 382 546 1 029 484 912109 926813

Gestorbene unter einem Jahr insgesamt davon ehelich unehelich 311 462 359522 275571 277 196 297382 231 804 152862 141 244 142694

252824 195020 126784 114498 114034

44558 36784 26078 26746 28660

Verhältniszahlen

1910 1911 1912 1913 1914 1915 1916 1917* 1918*

auf 100 Lebendgeborene kommen Sterbefälle im 1. Lebensjahr

auf 100 ehelich Lebendgeborene kommen Sterbefäll e im 1. Lebensjahr

auf 100 unehelich Lebendgeborene kommen Sterbefäll e im 1. Lebensjahr

16,2 19,2 14,7 15,1 16,4 14,8 14,0 14,9 15,8

_ 15,4 13,9 13,1 13,6 14,4

_ 25,3 22, 1 21,8 25,0 25,3

* ohne Elsaß-Lothringen, Quelle: Bewegung de r Bevölkerung i n den Jahren 1914 bis 1919, bearb. im Statisti schen Reichsamt (Statisti k de s Deutschen Reichs , Bd. 276), Berlin 1922, S. III, VII, LXVIf. (fü r di e Berechnun g de r Säuglingssterblichkei t 1914-1918, die wi e hie r dem starke n Geburtenrückgan g vo n Jah r z u Jah r Rechnun g trägt , s . ebd. , S. LVIII-LXVI).

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krieg a n Unterernährun g gestorbene n Mensche n wir d insgesam t au f 700000 veranschlagt.441 Auch di e intensivste und sparsamste Haushaltsführun g konnt e de r städ tischen Bevölkerun g spätesten s sei t 1916, als di e Rationierun g allgegen wärtig un d immer knapper wurde , da s Überleben nich t meh r garantieren . In dieser Situatio n griffe n di e Frauen un d Familie n nich t meh r nur i n Ein zelfällen, sonder n gan z generel l z u erweiterte n Forme n de r Daseinsvor sorge: »Auf dem Gebiete der Ernährung ist es so weit gekommen, daß auch sonst durchaus zuverlässige Kreise der Bevölkerung, die sich lange bemüht haben, den unübersehbaren Rationierungsvorschrifte n sic h zu fügen, sic h jetzt ohn e Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen bedenkenlos versorgen, so wie sie können. Sie nennen es Selbsthilfe, di e sie sogar fü r rechtlic h zulässi g halten , wei l di e Behörde n ihrer Verpflichtung zu r gleichmäßige n gehörige n Versorgun g de r Bevölkerun g nich t mehr nachkämen.«442 Zum Wahrzeiche n de r illegale n Selbstversorgun g wurde n di e »Familien hamster«,443 die für deren auffälligste un d breitenwirksamste Variant e standen: die Hamsterfahrten auf s Land, mi t denen sich die städtische Bevölke rung unte r Umgehun g de r Rationierungs - un d Höchstpreisvorschrifte n Lebensmittel direk t von den ländlichen Produzente n beschaffte . Bal d zähl ten di e Züg e de r »Hamster « of t Hundert e vo n Personen , di e sic h i n »schreienden, schwitzende n un d schleppende n Haufen« 444 ode r kleine n Grüppchen durch die ländlichen Einzugsgebiet e de r Städte von Bauernho f zu Bauernho f vorarbeiteten , u m noc h irgendwo Eßbare s kaufe n ode r tau schen z u können. Entgege n eine r weit verbreitete n Ansich t wa r da s Hamstern kein Privileg de r Reichen: Seh r häufig ware n es Arbeiterfamilien, di e ihre Beziehunge n z u Verwandte n un d Bekannte n au f de m Lan d nutzten , um sich auf diese Weise zusätzliche Lebensmittel zu beschaffen. 445 Di e Polizeidirektion München, »di e ihre Leute als Testhamster hatte ausschwärmen lassen«, stellt e im Sommer 1917 fest, da ß Lebensmittel au f dem Land außer durch Gewal t nu r durc h Beziehunge n erhältlic h waren. 446 I n manche n Städten herrschte am Wochenende ein solcher »Andrang von Arbeiterfrauen, di e mit Körben versehen in die benachbarten Landkreise fahren, daß der Eingang des Bahnhofs vollständig gesperrt ist«.447 Infolge de s starke n Publikumsverkehr s setzt e di e Bahnverwaltun g zu m Verdruß de r Militärbehörde n mancherort s Sonder-»Hamsterzüge « ein. 448 Gehamstert wurde bald nicht mehr nur am Wochenende: Viele Arbeiter/innen ginge n kei n Arbeitsverhältni s ei n ode r pausierte n a n ihre m Arbeits platz, u m sic h stat t desse n au f dem aussichtsreichere n direkte n We g Nah rungsmittel z u besorgen. 449 Die staatliche Nahrungsmittelbewirtschaftun g bezog schließlich die illegale Selbstversorgung de r Bevölkerung i n ihr Kalkül mi t ein: Klein- und Mittelstädte erhielten in einigen Fälle n wegen ihre r besseren Beziehunge n zu m landwirtschaftliche n Umlan d geringer e 224 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Fleischkontingente und die Bevölkerung dieser Städte damit den impliziten Auftrag, sic h den Rest selbst zu beschaffen. 450 Neben de m Hamster n i m engeren Sinn , d . h. de m Aufkaufen ode r Eintauschen landwirtschaftlicher Produkt e vor Ort durch die Endverbraucher, gab es noch andere illegale Praktiken der Nahrungsmittelbeschaffung. De r kommerzielle Schleichhandel , de m sic h i n der zweiten Kriegshälft e schät zungsweise eine halbe Million Mensche n widmete, 451 versorgte die finanz kräftigere Bevölkerun g mi t Zusatzrationen . De r Fremdenverkehr , de r mancherorts i m Krie g ein e blühend e Entwicklun g nahm , d a e r materiel l bessergestellten Städter n die Möglichkeit bot , sich für einige Wochen in die bessere Ernährun g de r Landbevölkerung einzukaufen , lebt e fast gan z vom Schleichhandel: »Die Fremdenbetriebc leben wie die Lilien auf dem Felde, der Kommunalverband kann ihnen nichts geben und der himmlische Vater ernährt sie doch. «452 Gefälschte un d gestohlen e Lebensmittelkarte n wurde n i n Umlau f ge setzt,453 un d au f de m schwarze n Mark t entstan d ein e allgemein e illegal e Tauschwirtschaft: »Der Tauschhandel is t ein herrschender Faktor im gesamten Güterumsatz geworden . . . Der Schuhmache r versprich t di e Anfertigun g eine s Paares Stiefel , wen n zwei Pfund Butter geliefert sind, der Gastwirt behält den Bauern trotz Überfüllung über Nacht, wenn er einen Laib Käse hinterlegt, der Flaschenbierhändler liefert Flaschenbier gege n ein e Schachtel Eier , der Wagner repariert das Rad desjenigen zuerst, der ein Huhn Hefert, und so geht es weiter im ganzen Geschäftsverkehr. «454 Den auf s Lan d ziehende n Hamster n begegnet e di e stadteinwärt s reisend e Landbevölkerung, di e Lebensmittel gege n Dienstleistunge n un d Produkt e eintauschte, welch e sie für Hof und Haushalt benötigte. 455 Sogar fliegend e Hamster wurde n beobachtet : Fliegersoldate n landete n ihr e Maschinen au f dem platten Land und verschacherten ihre Benzinvorräte gegen Lebensmittel.456 Auch der Kleinhandel verga ß »allmählich vollkommen , da ß es seine Pflicht ist , gege n Gel d zu verkaufen, un d legt sich darauf, nur im Tauschhandel die ihm von den staatlichen Stellen zugewiesenen Verkaufswaren abzugeben , soweit er es nicht überhaupt vorzieht, dies e Waren für sich selbst zu behalten.«457 Schließlich nahme n nich t zuletz t di e Diebstähle , insbesonder e di e »durch. . . (ihre ) Ausdehnun g gemeingefährlic h werdenden « Felddieb stähle, dene n di e wenige n nich t eingezogene n Poliziste n machtlo s gegen überstanden, zu. 458 Zeitgenössische Beobachter schätzten, da ß »etwa 50 v. H. sämtlicher rationierter Nahrungsmittel auf dem Wege der öffentlichen Bewirtschaftung a n die Bevölkerung ausgegeben wird, die andere Hälfte dagegen auf ›gewundenen Wegen‹ in ihren Besitz gelangt«.459 225 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Bei verschiedene n Nahrungsmittel n wurd e vermutet , da ß vo n ihne n grö ßere Menge n illega l vertriebe n al s de r öffentliche n Bewirtschaftun g zuge führt wurden. 460 Auch die durchgeführten Stichprobe n ließen den enormen Umfang illegale r Nahrungsmittelversorgun g erahnen . Ein e Erhebung un ter ca . 8000 Arbeitern eine r Werf t erga b i m Oktobe r 1917, daß sic h 7000 von ihnen durc h Hamster n mi t de m nötige n Kartoffelbedar f bi s zur nächsten Ernt e eingedeck t hatten. 461 I n eine r kleine n Ortschaf t i m Gebie t de s stellvertretenden Generalkommando s Hannove r wurden im Lauf von zwei Monaten 13400 Eier und 3700 Pfund Fleischware n beschlagnahmt , di e aus dem Schleichhande l stammten; 462 un d ein e eintägige Kontroll e de s Bahn verkehrs i m Krei s Prü m bracht e i m Juni 1917 rund 36 Pfund Butter , 421 Eier, 5 Zentner Mehl , knap p 30 Pfund Erbsen , 80 Pfund Kartoffeln , 42 Pfund Kalbfleisch , 12 Pfund Schinke n un d ei n Pfun d Spec k a n Konter bande auf.463 Auch die Kriminalstatistik de r Kriegszei t spiegel t - trotz der geringere n Erfassungs- un d Verfolgungsintensitä t i m Krie g al s Folg e de s Personal mangels von Polize i un d Justiz - wider, wi e sehr Delikte eine Normalfor m der Versorgung geworde n waren . Tabelle 37: Stand der weiblichen Kriminalitä t 1917 verglichen mit dem Durchschnitt der Jahre 1911-1913. (Zunahme bzw. Abnahm e in Prozent) Alter

insgesamt

gegen Staat und öffentl. Ordnun g

+17,2

gegen die Person

gegen das Vermögen

unter 15 J. 15-18 J. 18-21 J . 21-25J. 25-30 J. 30-40J. 40-50 J. 50-60J. über 60 J .

+ 90,9 + 54,9 + 63,3 + 54,7 + 13, 4 - 8, 1 - 8, 5 - 6, 1 - 20, 7

- 6, - 42, - 53, - 59, - 58, - 62, - 95,

3 5 4 7 5 0 9

- 22, 3 - 25, 2 - 27, 6 - 34, 6 - 32, 5 -31,4 - 36, 6

+ 94, 3 + 69, 1 + 95, 1 + 112,2 + 75, 9 + 54, 8 + 58, 1 + 64, 1 + 38, 2

alle Altersstufen:

+ 14,5

- 55, 3

-31,0

+ 75, 6

-21,2

Quelle: Koppenfels, S . von , Di e Kriminalität de r Frau im Krieg e (Kriminalist. Ab handlungen, hg . v . Franz Exner, H . 11), Leipzig 1926, S. 14

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Gegenüber de m Durchschnit t de r Jahre 1911-1913 war di e weiblich e Kri minalität 1917 deutlich angestiegen. 464 De r Anstie g bezo g sic h vo r alle m auf die jüngeren Jahrgänge bis 30 Jahre und auf die Vermögensdelikte. Un ter de n verurteilte n Fraue n stie g di e Anzah l derjenigen , di e nich t vorbe straft waren , i m Krie g an : Die s verweis t au f di e Verallgemeinerun g vo n Gesetzesübertretungen auc h in ansonsten nicht »kriminellen « Schichte n der Bevölkerung. Der Rückgan g de r Delikt e gege n Staa t un d öffentlich e Ordnun g - an dem nu r di e Jugendlichen nich t teilhatten 465 - beruhte darauf , da ß unte r dieser Bezeichnun g seh r heterogene Straftatbeständ e zusammengefaß t wa ren, di e zum Teil in der Kriegswirtschaft a n Bedeutung verloren . Tabelle 38: Delikte von Frauen gegen Staat und öffentliche Ordnun g 1911-1917 Es wurden Frauen verurteilt wegen: Zuwiderhandlung

im Jahre 1911 1912 1913 1914 1915 1916 1917

im Jahre

gegen d. Vorschriften über gegen die Best. Beschäftig, v . betr. Sonntags- in bezug auf Gewalt und Arbeiterinnen ruhe und Laden- Konzessions- Drohung gege n usw. schluß pflicht usw . Beamte 4300 4714 5222 4495 2584 1 891 675

1517 1 547 1418 1 236 461 335 174

4096 4005 4032 3497 2346 1 438 754

984 1021 1 073 943 986 1 224 1 256

Hausfriedensbruch

Gefangenenbefreiung

anderer Verbrechen u. Vergehen gegen den Staat

2163 2022 1 933 1 633 1 555 1 690 1 634

126 146 145 110 92 156 220

136 137 187 181 171 268 1028

1911 1912 1913 1914 1915 1916 1917

Quelle: wie Tabelle 37, S. 17 227 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Der Rückgan g verurteilte r Zuwiderhandlunge n gege n di e Arbeiterin nenschutzgesetze erklärt sich aus deren faktischer Aufhebung. Bestimmun gen über Sonntagsruhe, Ladenschlu ß und Konzessionspflicht wurde n seltener verletzt , wei l de r Geschäftsgan g i n Läde n un d Gaststätte n i m Krie g stark nachließ. 466 Die Zunahme derjenigen Delikte , di e unter »Gewal t un d Drohung gege n Beamte « fielen, a n der vor allem verheiratet e Fraue n zwi schen 30 und 60 Jahren beteilig t waren , spiegel n di e Zusammenstöße vo n Frauen und Staatsdienern au f dem Gebiet der öffentlichen Bewirtschaftun g wider. A m deutlichsten ausgepräg t wa r der Anstieg de r Vermögensdelikt e (siehe Tabelle 39). »Die allerschlimmst e Folg e de r Zwangswirtschaft, di e sich lawinenarti g vergrö ßert, is t di e jedes Ma ß überschreitende Unehrlichkei t un d Gewissenlosigkeit, di e sich in der Volksseele festgesetzt hat. Der Zwang, die Gesetze umgehen zu müssen, der Zwang, unehrliche n Schleichhandel zu treiben oder sich durch unerlaubte Manipulationen bis zum Diebstahl hin die Subsistenzmittel zu verschaffen, ha t eine allgemeine Gleichgültigkei t gege n di e Innehaltun g de r Gesetz e hervorgerufen un d läßt die Stimme des Gewissens vollkommen verstummen. Es wird gestohlen und weggenommen, w o man es bekommen kann . Ausräuberungen ganze r Bahnzüge durch di e Angestellten , einschließlic h Beamten , sin d a n der Tagesordnung. De r Verkauf anvertrauten Staatseigentums zum eigenen Nutzen wächst in unheimlicher Weise. Man kann gar nicht genug Wachen und Posten ausstellen, denn immer wieder muß man die Erfahrung machen, daß die Wächter mitstehlen, «467 Die im Vergleich z u 1913 doppelt so große Anzahl vo n Frauen, di e wege n einfachen Diebstahl s verurteilt worden waren, hatte meist in den Läden Lebensmittel oder auf den Feldern Kartoffeln oder anderes gestohlen. Di e wegen Hehlere i verurteilte n Fraue n ware n be i Schwarzmarktgeschäfte n er tappt worden . Urkundenfälscherinne n hatte n meis t mi t Lebensmittelkar ten und Bezugsscheinen Manipulationen vorgenommen . Die Bewirtschaftungsbehörden, di e dem Schleichhandel, diese r »gefähr lichste(n) Seuche . . ., an der unser Vaterlan d jetzt kranke«, 468 einen große n Teil de r Nahrungsmitte l zu m Opfe r falle n sahen , mi t dene n si e eigentlic h die staatliche Bewirtschaftung z u bestreiten gehabt hätten, ware n i m Zug zwang. Wollte n si e wenigstens einen Teil der Schwundmenge, di e die illegale Marktwirtschaf t de r staatliche n Verteilun g entzog , a m Versicker n i n den Hamstertasche n hindern , mußte n si e den Kampf gege n di e Familien hamster aufnehmen. Den n von allen Varianten des illegalen Nahrungsmit teltransfers wa r e s die individuelle Selbstversorgun g de r Bevölkerung, di e den größten un d andauerndsten Schwun d verursachte. Erfolgreic h verlau fene Hamsterwochenenden hinterließe n ganze Landstriche, di e ihrer Ablieferungspflicht nich t mehr nachkommen konnten, und reduzierten die Nahrungsmittelzuteilungen de r hiervo n betroffene n Städt e noc h mehr : I n Württemberg zoge n die Ausflügler i m Sommer 1917

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Tabelle 39: Delikte von Frauen gegen das Vermögen 1911 - 191 7 Es wurden Frauen verurteilt wegen: Diebstahls im Jahre 1911 1912 1913 1914 1915 1916 1917 im Jahre

einfachen

schweren

im Rückfall

Unterschlagung

19803 19951 18199 19572 21176 25453 37735

1 026 1 025 963 902 1 433 1918 2942

2447 2282 2152 2017 2174 2766 3223

5027 5144 4985 4748 3847 4650 5941

Hehlerei

Betrug

Urkundenfälschung

2269 2393 2446 2159 3054 4862 7734

3720 3874 3774 3461 3563 4371 4774

1 102 1095 1 228 1241 1 257 2022 3337

1911 1912 1913 1914 1915 1916 1917

Quelle: wie Tabelle 37, S. 33

»am Samsta g un d Sonnta g imme r häufige r mi t große n Milchkanne n aus . Wi e schlimm die Wirkung eines solchen Treibens auf die Milchversorgung einer Großstadt ist, geht daraus hervor, daß Stuttgart an Sonntagen und Montagen 15 000 Liter Milch, d. h. etwa ein Sechstel weniger Milch bekommt als an den übrigen Wochentagen. Und bezeichnend ist der Bericht eines Milchhändlers: ›Der Ort E. kann wieder 500 Liter Milch mehr liefern, weil nach dem neuen Fahrplan die Hamsterer mit den Abendzügen Stuttgart nicht mehr erreichen können.‹«469 Der Zirke l wa r geschlossen : Je geringe r di e staatlich zugeteilte n Ratione n wurden, dest o größere n Umfan g nah m de r Schleichhande l an ; je meh r Nahrungsmittel di e Hamster , dies e Saumtier e de r Schleichhandelspfade , davontrugen, dest o weniger blieben fü r die staatliche Verteilung. Di e Aufrechterhaltung de s Rationierungssystem s hatt e di e erfolgreich e Bekämp fung de s Schleichhandel s zu r unabdingbare n Voraussetzung . Di e Unter bindung ode r auc h nu r di e nachhaltig e Behinderun g de r illegale n Selbst versorgung hätt e jedoch eine n große n Tei l de r Bevölkerun g de n staatlic h verordneten Hungerto d sterbe n lassen . Nich t einma l di e Behörde n spra chen sic h unte r diese n Umstände n fü r ein e bedingungslos e Bekämpfun g 229 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

des Schleichhandel s aus . E s war ihne n ebens o klar wi e de r vo n ihne n be wirtschafteten Bevölkerung , da ß der Schleichhandel überlebensnotwendi g war.470 Abgesehe n davon , da ß de n Behörde n au s diese m Grun d di e Schleichhandelsbekämpfung nu r bedingt wünschbar erschien, wa r sie auch kaum durchführbar : Ma n hätt e hierzu hinte r jeden Käufe r eine n Poliziste n stellen müssen. 471 Schließlic h un d vor allem aber erschien es den Behörden aus Rücksicht au f die Volksstimmung , di e zu Begin n de s Kriegs da s trei bende Momen t gewese n war , de n We g de r Rationierungs - un d Höchst preispolitik z u beschreiten, nunmeh r geboten , au f diesem We g an der entscheidenden Stell e Halt zu machen. Di e Bevölkerung reagiert e nämlich au f die ohnehin nu r halbherzigen Versuch e der Behörden , ihr e illegal e Selbst versorgung durc h Handgepäck - un d Postkontrolle n einzuschränken , mi t großer Erbitterung . Si e hiel t de n Staa t fü r moralisc h hierz u nich t legiti miert. Regierunge n un d Behörde n erhobe n dies e in de r Bevölkerun g ver breitete Ansicht d e facto zum Gesetz ihres Handelns, inde m si e ihre eigene Politik nich t meh r nac h de m Kriteriu m de r Effizien z beurteilten , sonder n danach, o b sie »von dem gesunden Urtei l der Bevölkerung« getrage n sei: »In der Kriegszeit, in der das Urteil der Bevölkerung namentlich über die Behörden rascher und erregter ist wie sonst, würde ein . . . Vorgehen [gegen die Familienhamster, U . D.] nur allgemeine Erbitterung und , wa s sich ja auc h schon öfter gezeigt hat, erst recht Widerspenstigkeit zur Folge haben, zugleich aber auch eine gewaltige Schädigung de s Ansehens der Behörden selbst und des ganzen derzeitigen Staatswesens mit sich bringen, ohn e daß schließlich mehr erreicht worden wäre, al s ein inhaltsloser buchstabenmäßige r Vollzug . Z u eine m solche n Vorgehe n is t unser e Zeit wirklic h z u schwer un d die Stimmun g de r Bevölkerung, di e ohnehin eine r starken Belastungsprobe ausgesetzt ist, ein viel zu wertvolles Gut, denn sie hat entscheidende Bedeutung für den allgemeinen Willen zum Durchhalten . . . Die ganze Ausübung der Polizei muß heute mehr denn je ihrem Inhalt und der Form des Vollzugs nach eine allgemein einleuchtende und vernünftige sein, sie muß getragen sein von dem gesunden Urteil der Bevölkerung. «472 Ungeachtet diese r Zurückhaltung vo n Regierungen un d Behörde n vermu tete die Bevölkerung stet s das Schlimmste, wen n es um die Obrigkeit ging . Sie verdächtigte sie , die Verfolgung de r Hamsterer im Interesse der bessergestellten Bevölkerung z u betreiben, di e sich, statt selber hamstern zu müssen, weiterhi n au s dem vie l schwere r erfaßbare n kommerzielle n Schleich handel versorge n konnte ; und sie ging davo n aus , daß die den Hamsterer n abgenommenen Schleichhandelsware n ihre n We g nich t i n di e öffentlich e Bewirtschaftung, sonder n i n di e Kochtöpf e de r Revisore n nahmen. 473 Wegen de s allgemeine n Mißtrauen s de r Bevölkerun g de n Staatsorgane n gegenüber lehnt e das bayerische Innenministeriu m Anfan g 1918 den Vor schlag ab , di e Polizisten prozentua l a n der von ihne n aufgebrachte n Ham sterbeute z u beteiligen . Die s werd e zwar , s o di e Begründun g de r Ableh nung, di e Effektivität de r staatlichen Kontrolle n möglicherweis e steigern , ihre Beliebtheit abe r nicht vergrößern: »Hinweis e auf die Raubritterzeiten , 230 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

die heute schon in Beschwerden von Hamstern vorkommen, würde n gera dezu herausgefordert. « 474 Besonders Fraue n zeigten, wen n sie von Uberwachungsbeamten u m die mühsam erworben e Hamsterwar e erleichter t un d wege n Übertretun g de r Bewirtschaftungsgesetze zu r Anzeig e gebrach t wurden , »weni g Sin n fü r das Abstrakte der Bestrafung«: 475 »Und da verreißt ich auf zwei Tagen zusammen zwei oder drei Frau und geht man von Hauß zu Hauß und man muß noch tüchtig bütten fürs Geld ehe man was zu kaufen krie g da s sehet s o aus wie Bettlen gehen die Frau herrum. Den n du weis doch auf die Marken ist doch zu leben zu wenig und zu sterben zu viell. . . Aber das ist noc h nich t alles . Wie r arm e Fraue n wa s sollen wi r sage n kome n wi r au f die [Bahn-, U . D.] Station mi t der Ware da kommt manchma l ei n oder zwei Schen darm un d nehme den Fra u die Ware weg bezahle n dafür nich t blos schreiben sie noch zu Strafe dann ist ein Jammer und Klagen sieht aus wie der erste Tag des Krieges ist das eine Gerechtigkeit auf der Welt. «476 Nicht nu r di e Erbitterun g de r Bevölkerung übe r dies e Maßnahme n stieg , sondern auc h ihr e Widerstandsbereitschaft . Di e staatliche n Kontrolle n wurden, w o e s möglic h war , weiterhi n ohn e jedes Unrechtsbewußtsei n umgangen - ein beliebte r Trick , Bahnhofskontrolle n z u umgehen , wurd e etwa, de n Nimbus der »Feldgrauen« auszunutzen , d a kaum ein Beamter es wagte, Soldate n zu kontrollieren, wen n man sie die Lebensmittel durch die Sperren bringen ließ. 477 Oder aber die Kontrolleure mußten feststellen, da ß sie ihres Lebens nicht mehr sicher waren. I n Altötting beispielsweis e brach im Septembe r 1918 ein Tumult aus, als der Mühlenkontrolleur de r Landes gctreidestelle Brotgetreid e beschlagnahmte , da s vo n de n Arbeiterfamilie n des Orts illegal zur Vermahlung gebrach t worden war. Umgehend versammelten sich ca. 400 Personen vor der Mühle. »Unter ärgsten Drohunge n wurde von der zum Teil mit Eisenstangen, Wagscheiten, Prügeln , Steine n un d Schußwaffe n ausgerüstete n Meng e die Aufhebung de r Mühlensperre geforder t un d auf das Eintreffen de s [Kontrolleurs, U . D.] S. in der Mühle gewartet.« Nachdem de r Bezirksamtman n de n Kontrolleu r vorsichtshalbe r i m Be zirksamt versteck t hatte , zo g ei n Tei l de r Meng e dorthi n un d verlangt e stürmisch sein e Herausgabe , ei n andere r Tei l versammelt e sic h vo r de m Bahnhof, u m ih n be i de r Abfahr t abfange n z u können . De r Bezirksamt mann mußt e de n Vertrete r de r Landesgetreidestell e schließlic h mi t de m Auto zum Bahnhof des Nachbarorts befördern. 478 Lernte die Bevölkerung s o einerseits, de n Staa t i n seiner Eigenschaft al s normsetzende un d -kontrollierend e Instan z z u mißachten , erlernt e si e andererseits ein e neuartig e For m materielle r Daseinsvorsorge , di e dari n be stand, di e Behörde n i n ihrer Eigenschaf t al s Verteilungsinstan z z u erpressen. Di e bedrängten Stadtverwaltunge n nämlic h sahen angesichts des massiven Unmut s de r Bevölkerun g übe r di e Ernährungslage, de r sic h imme r 231 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

häufiger i n spontanen Demonstrationen , Steinwürfe n i n behördliche Fen sterscheiben un d Arbeitsniederlegunge n Luf t machte , kein e ander e Mög lichkeit mehr , al s besonders kritisch e Situatione n dadurc h z u entschärfen , daß si e vorbeugen d ode r nachträglic h zusätzlich e Lebensmitte l verteile n ließen.479 Die Militärbehörden übte n scharfe Kriti k a n dieser Praxis , d a sie einen entsprechenden kollektiven Lernproze ß befürchteten : »Haben die Unruhen im Gefolge, daß die Stadtverwaltungen Lebensmittel herausrücken oder Brot ohne Karten ausgeben, so schließt das Volk, daß genügend Vorräte vorhande n sei n müßte n un d häl t de n Rada u fü r ei n wirksame s Mittel , ihr e Wünsche erfüllt zu sehen. «480 Auch die Zivilbehörden ware n sich über die Problematik diese s Vorgehens durchaus i m klaren; 481 si e wagten jedoch nicht , au f die Anwendung diese s einzigen ihne n zu r Verfügun g stehende n soziale n Palliativ s z u verzichten . Die städtisch e Bevölkerun g zo g di e praktische n Konsequenze n au s diese r Chance, ihr e Rationen z u erhöhen: Betriebsbelegschafte n drohte n mi t Ar beitsniederlegungen un d führten si e auch durch; Hausfrauen un d Jugendliche demonstrierten , nachde m di e Zeitunge n gemelde t hatte n ode r i n de r informellen Kommunikatio n durc h Gerüchte kolportiert worde n war , da ß Unruhen un d Streik s dor t un d dor t ein e verbessert e Nahrungsmittelver sorgung i m Gefolg e gehab t hatten. 482 Di e informell e Kommunikatio n funktionierte zu m Leidwese n de r Kommunalverwaltungen auc h in umge kehrter Richtung: Eine s der auslösenden Moment e der Nahrungsmittelun ruhen, di e in Barmen im Februar 1917 ausbrachen, wa r das Gerücht gewe sen, da ß Barme r Kartoffel n nac h Esse n geschaff t worde n seien , u m de n dortigen Streik beizulegen. 483 Die Bedeutung , di e de n individuelle n Versorgungsstrategie n de r Fami lien und der darin zum Ausdruck kommende n Mißachtun g staatliche r Re gelungsmechanismen sowi e de r Obrigkei t überhaup t i n de r Kriegsgesell schaft zukam , gin g letztlic h wei t übe r de n Rahme n de r Bewirtschaftun g hinaus. Dies e Verhaltens- und Wahrnehmungsweisen unterminierte n näm lich keineswegs nu r das Prinzip und die Effizienz de r Bewirtschaftungspo litik; si e erwiesen sic h darübe r hinau s al s äußerst folgenreic h für das Ver hältnis zwische n Staa t un d Bevölkerun g generell : Di e subversiven Strate gien, di e alle n vora n di e Arbeiterfraue n i m Krie g entwickelten , u m ihrer Verantwortung fü r di e Versorgung de r Familien gerech t zu werden, schlu gen u m i n Strategie n de r Subversivität , di e de n kriegsgesellschaftliche n Konsens zwischen Herrschenden und Beherrschten unwiderruflich zerstör ten.

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4. Der Kampf um die Sinnstiftung des Kriegs »Die Demobilisierung ha t bei den Gemütern begonnen. . . Die Stimmung ist früher da als die Ereignisse.«1 Mehr al s vie r Jahre lan g prägt e de r Erst e Weltkrieg Lebe n un d Sterbe n i n Europa. Di e Monate, i n die sein Begin n un d sein Ende fielen, wurde n für Deutschland zu m Begriff . »Augus t 1914« steht fü r ein e beispiellos e Mas senbegeisterung, a n de r mi t nu r wenige n Ausnahme n di e ganz e Gesell schaft tei l hatte. De r November 1918 gab einer Revolution seinen Namen, in de r de r Krieg un d das kaiserliche Deutschlan d ih r Ende fanden. Di e sozialpsychische Basi s de r Novemberrevolutio n wa r kein e revolutionär e Massenbewegung, wa r kei n Pendan t de s Augusterlebnisse s unte r umge kehrten Vorzeichen . Vorbereite t und ermöglicht wurd e die politische Um wälzung vo n 1918/19 vielmehr durc h ein e Entwicklung , di e de n ganze n Krieg hindurch andauerte und an Breitenwirksamkeit zunah m und in deren Verlauf ei n große r Tei l de r Bevölkerun g de m kriegführende n Staa t di e Loyalität aufkündigte : »Nu r nicht s meh r de m Staa t bewilligen« , hielte n militärische Beobachte r End e 1917 als gängig e Volksmeinun g fest , »de r den Krie g bi s in s Unendlich e fortsetze n will , s o lange bi s er sich z u Tode gesiegt ha t un d vielleich t dan n ers t aufhöre n wird , wen n di e ganz e Wel t und alle Menschen vernichtet sind. «2 Die überwiegend e Mehrhei t de r Bevölkerun g empfan d schließlic h de n eigenen Staa t anstelle des militärischen Gegner s als Bedrohung, un d es bedurfte nu r meh r handlungswillige r politische r Gruppierungen , u m dies e Einstellung de r Bevölkerung - die zwar auf lokaler, nich t aber auf gesamtstaatlicher Eben e handlungsfähig wa r - in organisierte politische Aktione n umzusetzen: »Al s ich vorige Woche bei einem Telegramm stehen blieb und die Revolutio n i n Petersbur g las« , berichtet e ein e Münchneri n i m Mär z 1917 in die Steiermark, »hörte ich hinter mir sagen, schade, daß es nicht in Berlin ist. Ich schaute um und es waren Feldgraue . . . Jetzt brauche n sie wieder eine Kriegsanleihe . . . Frau H., ich und Fra u J. hätte n auc h Geld aber sie sagen lieber grabe n si e es ein, al s daß [sie, U. D.] es zur Kriegsanleihe geben würden. Für das, daß sie uns und unsere Kinder darben und hungern lassen. Sollen diese zeichnen, welche Butter und Fleisch genug haben, wi e es allgemein heißt ohne Marken, di e können ja 6M . bezahle n für das Pfund, daru m glaub e ich an keinen Gott auch nicht mehr, wei l ma n sieht wie es 233 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

zugeht un d der Geldbeutel al s Herrgott angesche n wird . Mei n Brude r hätte auch Geld, gibt auch keines her wenn er gleich so christlich ist. Von Vaterlandsliebe sagt er, wil l e r auch nichts wissen, un d von Heimatliebe, den n das Vaterland gibt uns nichts, wen n wi r nicht arbeiten dann haben wir nichts. Das [Vaterland, U . D.] ist für solche wo es von ungefähr kommt. «3 Das »Augusterlebnis « verlo r sein e gesamtgesellschaftlic h prägend e Kraf t und wurde zu den nur mehr von Intellektuellen, Künstler n und hauptamtlichen Propagandiste n gehegte n »Idee n vo n 1914«, deren Wirkungsbereic h sich fast ausschließlich au f Gedrucktes und Verlautbartes beschränkte. Die s geschah, al s sich in der Bevölkerung di e Erkenntnis durchzusetzen begann , daß de r Krieg länge r andauert e un d meh r Menschenlebe n un d materiell e Opfer fordert e al s erwartet. Di e ersten Auswirkunge n zeigt e dieser Über gang des Krieges vom Ereignis zum Zustand 4 bereits Ende 1914. Die Stimmungsberichte de s Berline r Polizeipräsidenten , di e i n regelmäßige n Ab ständen währen d de s ganze n Krieg s di e Regierun g übe r Stimmungslag e und Verhalte n de r hauptstädtische n Bevölkerun g au f de m laufende n hiel ten, meldeten im Dezember 1914 die ersten Klagen »Kleinmütiger« : »Die Zahl der schwarzgekleideten Fraue n mehrt sich zusehends und bringt i n die Weihnachtsstimmung einen düsteren Klang.« Hatten anfang s auc h Arbeiterkreis e Liebknecht s Sondervotu m i m Reichs tag gegen die Kriegskredite verurteilt, fan d dies Ende 1914 hier und da »bereits eine milder e Beurteilung«. 5 I m März 1915 führten di e Preissteigerun gen un d di e erschwert e Lebenshaltun g bereit s z u »gewisse r Friedenssehn sucht«6 un d »Kriegsmüdigkeit«. 7 I m Juli 1915 mußte di e Regierun g de n Berichten de s Polizeipräsidente n entnehmen , da ß sic h »insbesonder e be i den Arbeiterfrauen . . . teilweise seh r lebhafte s Friedensverlange n gelten d macht«.8 Nu r noc h dre i Monat e dauert e es , bi s unte r de n anstehende n Frauen Berlin s di e Stimmun g »s o unerfreulic h (war) , wi e möglich , zeit weise geradezu erbittert« , un d sic h »of t genu g i n Schmähungen gege n di e Regierung Luft « machte. 9 1916/17 war es dann bereits die Mehrheit der Bevölkerung, di e vom Krieg nichts mehr wissen wollte: »Die Zahl der Hausfrauen, di e ihrem Unmut offen Ausdruck geben, wächst stetig, und in den unteren Schichten des Volkes herrscht teilweise eine überaus bedenkliche Gereiztheit. . . Die Frage der Kriegsziele beschäftigt nu r einen verhältnismäßig geringen Bruchteil de r Bevölkerung. De r weitaus größten Mehrzahl erschein t allein die Frage wichtig, wan n der Krieg sein Ende nehmen wird.«10 »›Bcgeisterung is t ebe n kei n Hering , de n ma n einpökelt‹ , sagte n di e Leute.«11 De r bayerisch e Kriegsministe r sa h dies ähnlich . Al s da s preußi sche Kriegsministeriu m i m Septembe r 1918 den Vorschla g eine s Reichs tagsabgeordneten verbreitete , »eine n Jungbrunnen neue r Begeisterun g fü r das Vaterland« z u eröffnen, inde m hinausziehend e Soldate n i n Volkskund gebungen al s Vaterlandsverteidige r geehr t würden , kommentiert e da s bayerische Kriegsministeriu m lakonisch , di e letzten Vorfäll e bei m Abgan g 234 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

von Ersatztransporte n in s »Feld « hätte n gezeigt , »da ß di e Teilnahm e de s Volkes dabei unerwünscht ist«. 12 Dem Vol k erschien seine Teilnahme am Krieg ohnehi n nicht meh r wün schenswert. Hatte n di e Behörden sic h be i Kriegsbeginn de s Andrang s de r »Kriegsmutwilligen« - so hießen di e Kriegsfreiwillige n be i ihre n wenige r freiwilligen Mitsoldaten 13 - kaum erwehre n können , häufte n sic h scho n 1915 auf ihren Tischen die Rückstellungsgesuche.14 Überal l ware n es wie in Berlin die Frauen, vo r allem die Arbeiterfrauen, di e ihrem Unmu t übe r die Kriegsverhältnisse al s erste öffentlich Ausdruc k gaben . Al s seit 1916/17 die überwiegende Mehrhei t de r Bevölkerun g al s kriegsmüd e eingestuf t wurde, 13 ware n di e Arbeiterfrauen , o b Hausfraue n ode r Industriearbeite rinnen, di e radikalsten Wortfuhrerinne n diese r Stimmung . Di e allgemein e »Apathie de r Volksmassen« , warnte n di e Militärbehörde n de s Heimatge biets im Herbst 1918 schließlich, bilde möglicherweis e »den Vorläufer einer Stimmung . . ., die schließlich den Frieden um jeden Preis fordert. E s sei in diesem Zusammenhang erwähnt, da ß in den einfachen Volksschichten, namentlic h au s dem Mund e vo n Frauen , Äußerunge n de s Inhalt s z u hören sind, daß es doch schließlich gleichgültig sei, ob das Rheinland deutsch oder französisch sei.«16 In de r Feststellung , da ß di e »allgemein e Unzufriedenhei t . . . namentlic h durch das Gebaren radaulustiger Weiber, welch e ihre Männer aufreizen, be sonders erhöht« wurde, 17 stimmten di e Behörden, di e die Volksstimmun g seit 1916 einer minutiöse n Beobachtun g unterzogen , überein. 18 Ihr e ebenfalls im großen und ganzen gleichlautenden Analysen der Scheidelinien, di e den durchhaltewillige n vo m kriegsmüde n Tei l de r Bevölkerun g trennten , lassen sic h in mehrere n Gegensatzpaare n zusammenfassen : Da s Protestpotential19 war , wurd e berichtet , be i de n Fraue n ausgeprägte r al s be i de n Männern, i n de n Städte n stärke r al s au f de m Land , prägt e di e Arbeiter schaft meh r als den Mittelstand und hier wieder die unorganisierten Arbei ter nachhaltige r al s die organisiert e Arbeiterschaft , un d e s rekrutierte sic h vor alle m au s »ungebildeten « Schichten , währen d di e »Gebildeten« , folg t man den Stimmungsberichten de r Militärbürokratie, ers t kurz vor Kriegsende in ihrer Durchhaltebereitschaft nachzulasse n begannen. 20 Diese Gemengelag e de r soziale n Verortun g de s Protestpotential s is t i n klassen- ode r schichtentheoretische n Modelle n allei n nich t abbildbar . Er klärungskraft habe n solche Ansätze nur für diejenigen Trennlinien, di e zwischen den gängige n soziale n Schichte n verlaufen , ζ. Β. zwischen Arbeiter ­ schaft un d Mittelstand. 21 Di e anderen Gruppierunge n un d die ihnen zuge ­ ordneten Einstellunge n entziehe n sic h de r Klassen - un d Schichtenanalyse ; teils deswegen, wei l sie ihr widersprechen - wie die kritischere Haltung der unorganisierten gegenübe r der organisierten Arbeiterschaft ode r der Stadt Land-Gegensatz -, teils wei l si e zu diffus sin d - wie di e nich t weite r defi nierten »Gebildeten « un d »Ungebildeten « - und teil s wei l si e i n ih r nich t vorgesehen sin d - wie di e geschlechtsspezifisch e Struktu r de s Protestpo 235 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

tentials. Ei n Erklärungsversuch , de r mi t de n zeitgenössische n Beschrei bungen de s Protestpotential s kompatibe l sei n will , kan n auc h nich t ver elendungstheoretisch argumentieren . Al s direkt e Auswirkun g de r ver schlechterten Lebensbedingungen wär e zwar der Gegensatz zwischen Stad t und Land erklärlich, eventuel l auc h noch derjenige zwische n organisierte r und unorganisierte r Arbeiterschaft , nich t jedoc h di e unterschiedlich e Durchhaltebereitschaft vo n Arbeiterschaft un d Mittelstand: Di e ökonomi sche Lag e insbesonder e de r »Festbesoldeten« , de r Angestellte n i n Wirt schaft un d Verwaltun g also , dere n Gehälte r mi t de n Preissteigerunge n nicht i m entferntesten Schrit t halte n konnten , wa r nich t selte n bedrängte r als di e vo n Arbeitern. 22 Auc h di e »Gebildeten « könne n nac h keine r wi e auch imme r geartete n Definitio n mi t de n materiel l Bessergestellte n de r Kriegszeit identifizier t werden . Geschlechtsspezifisch e Unterschied e sin d ebenfalls nich t allei n au s de r ökonomische n Lag e ableitbar . Ein e Erklä rungshypothese, di e die soziale Heterogenität des Protestpotentials berück sichtigt, mu ß also notwendigerweise synkretistisch sein . Der hier zugrunde gelegte Erklärungsansatz geht davon aus, daß eine kritische Haltung zu m Krieg un d zur kriegführenden Gesellschaf t sic h vor al lem i n denjenige n Kreise n de r Zivilbevölkerun g entwickelte , au f di e di e folgenden drei Bedingungen zutrafen : 1. Kritik a m Krie g un d a n seine n Folgeerscheinunge n äußerte n insbe sondere die Bevölkerungsschichten, di e den materiellen Entbehrunge n de r Kriegszeit un d den darauf bezogenen staatliche n Regulationsmechanisme n am stärkste n ausgesetz t ware n un d i n dere n Lebens - und Arbeitssituatio n diese am nachhaltigsten eingriffen; da s waren die vom Geldeinkommen abhängigen städtische n Familie n un d insbesonder e di e Frauen , di e fü r dere n Ernährung verantwortlich waren . 2. Eine kritisch e Einstellun g entwickelt e sic h umgehemmte r dort , w o sie wenige r direk t vo n de r Anwendun g staatliche r Sanktione n bedroh t war; dies galt für die Mehrzahl der Frauen: Finanzielle Sanktionen wie etwa der Entzug der Kriegsunterstützung verbote n sich ihnen gegenüber wege n der befürchteten Auswirkun g au f die Stimmung a n der Front; die Anwen dung vo n Gewal t gege n demonstrierend e Frauen , di e womöglic h noc h kleine Kinde r dabe i hatten , bedeutet e ein e Tabuverletzung , vo r de r di e staatlichen Organ e zurückschreckten, 23 un d di e berüchtigte Drohun g mi t dem Schützengraben war ihnen gegenüber gar nicht anwendbar. 24 3. Die Kritik an den Kriegsverhältnissen herrscht e in denjenigen Schich ten der Bevölkerung vor , di e von der staatlich-nationalen Sinnstiftung , de r im Erste n Weltkrie g ein e entscheidend e Roll e fü r da s »Durchhalten « de r Bevölkerung zukam , wenige r leich t erreicht wurden . Die s traf auf diejenigen Schichten zu, dere n Zugang zu und damit auch deren Beeinflußbarkei t von de n existierende n Institutione n un d Prozedure n gesellschaftliche r Sinnstiftung (Schulen , Zeitungslektüre, Berufsausbildung , Kulturkonsum , Organisationen un d Verein e unterschiedliche r Ar t etc. ) beschränk t war. 25 236 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Diese Thes e geh t davo n aus, da ß die Teilhabe an solchen von der Wissenssoziologie unte r de m Begrif f de r sekundäre n Sozialisatio n zusammenge faßten Bereiche n entscheiden d de n Grad von Identifikation bestimmt , mi t dem Individue n un d Kollektiv e di e Strukture n ihre r Alltagswel t i n Sinn stiftungen einpassen , di e nich t i n diese r Alltagswel t selbs t begründe t sin d und die mit ihren eigenen materiellen und emotionalen Relevanzstrukture n womöglich i n Widerspruch stehen. Di e Internalisierung vo n überindividu ellen Relevanzstrukture n religiöser , politische r ode r soziale r Ar t is t dem nach al s ein Lernproze ß z u verstehen , de r in arbeitsteilige n Gesellschafte n überwiegend i n institutionalisierte r For m vermittel t wird . Schule n un d Universitäten, Zeitunge n un d Künste , Berufsausbildun g un d Berufsorga nisationen, Sportverein e un d Parteie n übe n i n Inhalte , Ritual e un d Wis sensbereiche ein , di e bei alle r Unterschiedlichkei t eine s gemeinsam haben : Sie binden individuell e Sinnstiftunge n i n überindividuelle Sinnzusammen hänge ein . W o dies e Einbindun g biographisc h un d historisc h entstande n ist, is t si e auc h sozialpsychisc h wirksa m un d dami t potentiel l einsetzbar : Vereine, Sekte n oder Gewerkschaften könne n ihre Mitglieder für bestimmte Zwecke ebens o mobilisiere n wi e ei n Staa t sein e Bevölkerung - vorausgesetzt, di e Ineinssetzun g de r individuelle n Relevanzstrukture n mi t de n überindividuellen häl t de n gestellte n Anforderunge n stand . Bezoge n au f den Erste n Weltkrie g bedeute t dies , da ß unte r de n hohe n physische n un d psychischen Belastunge n de r Kriegszei t zuers t be i denjenige n Individue n und Schichten di e Identifikation mi t dem kriegführenden Staa t zusammenbrach, dere n Teilhabe an der gesellschaftlichen Symbolproduktio n wenige r ausgeprägt war . Da s unterscheide t di e unorganisiert e Arbeiterschaf t vo n den Gewerkschaftsmitglieder n un d vo n große n Teile n de s Mittelstandes , die »Ungebildeten « vo n de n »Gebildeten « un d nich t zuletz t di e Fraue n grosso mod o vo n de n Männern : Mädche n besuchte n i m 19. Jahrhundert die Elementarschule unregelmäßiger al s Jungen und erhielten seltener Gelegenheit, übe r den bloßen Leseunterricht hinau s Schreiben und Rechnen zu erlernen.26 Vo n der Berufsausbildun g ware n Mädche n im Kaiserreich , mi t Ausnahme de s a m Arbeitsbereic h Famili e orientierten Hauswirtschaftsun terrichts a n de n Schulen , weitgehen d ausgeschlossen, 27 un d ein e höher e Schul- ode r Universitätsausbildun g wa r vo r 1914 für Fraue n ein e Selten heit; die weiterführende Schulausbildun g beruht e überdies auf einem Frauenbild, da s die Lebenswelt de r Frauen nicht als integrativen Bestandtei l de r Gesamtgesellschaft, sonder n al s vorgeblich gesellschaftsfreie n Rau m defi nierte.28 Frauen waren auch viel seltener in Parteien, Vereine n oder Verbänden organisiert un d demzufolge auch weit weniger intensiv in das von diesen unterhaltene Net z von Zeitschriften un d Veranstaltungen integriert. 29 Immer wiede r betonte n di e Militärbehörde n i m Erste n Weltkrieg , da ß der Durchhaltewill e de r Bevölkerun g gena u s o weit reich e wi e di e durch »Bildung« ermöglicht e Partizipatio n a m Schicksal de r Gesamtgesellschaft : Es gehe 237 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

»ein gewaltiger Ri ß durch unser Volk; Auf der einen Seite die Masse, die leider vielfach ohne weiteren Blick de m Kriege gegenübersteht, resignier t un d in das Unver meidliche sich fugend, un d die sich mehr oder weniger von den Begleiterscheinun gen des Krieges niederdrücken läßt . Au f der anderen Seit e die Gebildeten, di e eher im Stand e sind, de n Blic k vo n de n Kleinlichkeiten de s alltäglichen Leben s loszulösen, das Weltgeschehen bewußter mitzuerleben und dazu Stellung zu nehmen. «30 Auch sozialdemokratisch e Funktionär e machte n sic h dies e Sichtweis e z u eigen: »Politisch e Ziel e habe n di e Ungebildete n nicht , wohe r sollte n si e Widerstandskraft nehmen.« 31 De n Blic k au f das groß e Ganz e ließe n insbe sondere di e Fraue n vermissen : Nac h de r ausführliche n Lektür e vo n Brie fen, di e vo n Fraue n a n ihr e Angehörige n a n de r Fron t ode r i n Gefangen schaft geschriebe n worde n waren , kame n di e Militärbehörde n z u de m Schluß, da ß es am »allerschwierigsten « erschiene , »dem Vol k eine n Begrif f vo n de r Bedeutung de s Krieges überhaup t beizubringen . Meist begegne t ma n in diesen Briefen eine m trostlosen flache n Nützlichkeitsstand punkt, einem Mangel jeglichen Horizonte s und jeder Weite des Blickes. «32 Der Generalsekretä r de s Bayerische n christliche n Bauernvereins , Sebastia n Schlittenbauer, Zentrumsabgeordnete r i m Bayerische n Landtag , bracht e der bayerische n Regierun g sein e Ansich t nahe , da ß nu r di e Einführung de s Frauenwahlrechts z u einer größere n Identifikatio n de r Fraue n mi t den staat lichen Belange n fuhre n würde : »Die schlechte Stimmung komm t abe r in der Hauptsache davon her, da ß die deut sche Frau zwar in der Arbeit nicht versagt, abe r in ihrer Auffassung de r Dinge. De r deutschen Fra u fehl t jedes politische Denke n de r französischen Fra u und der engli schen Frau , da s das Vaterland vo r die individuellen Interesse n stellt. We r in der Ei senbahn fährt , we r i n den Wartesälen Gelegenhei t ha t den Rede n de r Fraue n zuzu horchen, de r mu ß . . . oft staune n übe r di e Kurzsichtigkei t de r Äußerunge n de r deutschen Frauen . Ihr e ewigen Klagen , ihr e ewigen Anschuldigungen , ihr e durc h keinerlei Rücksich t au f das Vaterland beeinflußten Wünsch e und Forderungen, ihr e Jammerbriefe a n ihre Männer un d Söhn e an der Front sind ein e Hauptursache de r schlechten Stimmun g i n der Armee . . . Es geht au f die Daue r nich t meh r an , da ß unsere deutsche n Mädche n i n de r Schul e s o ga r kein e politisch-staatsbürgerlich e Schulung erhalte n un d es geht au f die Dauer nicht meh r an, da ß wir di e Frauen so ganz vom staatlichen Leben ausschließen. Wi e soll die Frau in der Stunde der Gefahr ein Verständni s haben fü r di e Nöte des Staates, wen n si e in de n Stunde n de s Friedens niemals mit Geist und Sinn des Staats vertraut geworden ist . Ic h stehe mit beiden Füsse n au f dem Standpunk t de s Frauenwahlrechts. . . Er ist z u tie f begründe t im Wohle des Staates selber. «33 Die sozial e Zusammensetzun g de s Protestpotential s belegt , da ß e s sic h be i der wachsende n Kriegs - und Staatsverdrossenhei t de r Bevölkerun g u m di e »Verschärfung eine s gege n früher e Jahrzehnt e allerding s verschobene n Klassengegensatzes« 34 handelte , de r ebens o durc h mental e wi e durc h öko nomische Faktore n beding t war . Auc h di e inhaltliche n Schwerpunkte , di e

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den sozialen Protes t der Kriegszeit bestimmten, spiegel n wider, da ß die sozialen Spannunge n de r Kriegsjahr e nich t durchwe g al s Klassengegensätz e interpretierbar sind . Di e Kriti k de r Bevölkerun g richtet e sic h i n ihre m Grundtenor gege n di e ungleich e Versorgun g mi t lebenswichtige n Kon sumgütern, vo r alle m Nahrungsmitteln . Al s ein e Komponent e enthiel t diese Verbitterun g übe r de n ungleiche n Zugan g z u Nahrungsmitteln , de r als schwere Verletzung des von der Bevölkerung i m Ersten Weltkrieg vehement eingeklagten Prinzip s sozialer Gerechtigkeit empfunden wurde , zwa r auch die Kritik an den bessergestellten oberen Bevölkerungsschichten : ». . . wen(n) die Großen nach der Hungerkurkarte speisen müßten wäre der Krieg schon längst gar, da sieht man aber leider manchmal so Speckklöße herumlaufen die wo sicher sagen wir sind nicht wie das Bettel Volk, Herr vergel(t)s Gott, daß wirs haben ihr könnt sehen wie's Euch geht. . . aber die Kleinen nimmt man das wenige, und die großen haben mit Möbel Wägen die Waaren verschiebt.«35 Das Prinzi p eine r gleiche n un d dami t gerechte n Verteilung , wi e e s di e Volksmeinung definierte , beansprucht e jedoc h ein e universal e Geltung . Nicht nur die Ungleichheit zwische n Ar m und Reich wurde als Verletzung des Gerechtigkeitsprinzip s betrachtet , sonder n ebens o di e Ungleichhei t zwischen Stad t un d Land, zwische n zwe i Kommunalverbänden mi t unter schiedlicher Versorgungsregelun g un d zwische n Schwer(st)arbeiter n un d nicht-zulageberechtigten Arbeitern . Auc h traditionell e sozialpsychisch e Spannungslinien prägte n sich unter dem Gerechtigkeitspostulat de r Kriegszeit stärke r au s al s zuvor : I n Süddeutschland , besonder s i n Bayern , ver dichtete sic h di e Kriti k a n de r unzureichende n Versorgun g z u eine m i n neuer Schärf e akzentuierte n Preußenhaß . Di e Klage n übe r di e zulage berechtigten Arbeitskollegen , di e Nachbargemeind e mi t de r größere n Butterration un d die Landwirte, di e ihre Produkte zurückhielten ode r nu r gegen Schwarzmarktpreis e abgaben , stande n der Erbitterung übe r die bessergestellten Bevölkerungskreis e a n Vehemen z i n nicht s nach . Un d i m Brennpunkt de r Kriti k a n alle n diese n Spielarte n vo n Ungerechtigkei t stand de r Staat , de r si e zuließ ode r ers t herbeiführt e bzw . herbeizuführe n schien.36 Damit trat genau der Fall ein, den die Regierung sei t Kriegsbegin n gefürchtet hatt e un d de m si e durc h di e staatlich e Bewirtschaftun g hatt e vorbeugen wollen : da ß di e Ernährungsproblem e z u eine m Politiku m i m wahrsten Sin n de s Worte s wurden . Di e »Stimmungsnerve n (haben ) i m Großen un d Ganze n i m menschliche n Mage n ihre n Sitz«, 37 doc h richtete sich der Protest viel weniger gegen den Mangel als solchen als gegen Regierungen un d Verwaltungen , vo n dere n Maßnahme n ei n große r Tei l de r Bevölkerung sic h betroge n un d übervorteil t fühlte ; Anla ß z u Kriti k un d Empörung wa r dabei einerseits die als ungerecht empfundene Verteilungs ungleichheit zwische n soziale n Gruppe n un d Klassen, 38 andererseit s abe r die i n gleiche r Schärf e empfunden e Verteilungsungleichhei t zwische n un terschiedlichen Regione n ode r Arbeitskräftekategorie n - Ungleichheit also, di e im Rahme n eines Klassenmodells nich t analysierbar ist: Nich t die 239 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Ernährungslage wa r da s Politikum, sonder n ihre Wahrnehmung durc h di e Bevölkerung al s durc h staatlich e Maßnahme n herbeigeführt e un d dami t moralischen Kriterien unterworfene Ungleichheit : »In der ärmeren Bevölkerung greif t ein e immer stärker werdende Gereiztheit und Verbitterung Platz , die noch mehr auf die Ungleichheit i n der Lebenshaltung und auf die nicht immer gerechte Art der Lebensmittelverteilung als auf den herrschenden Mangel zurückzuführen ist . ›Di e nur allzulang geduldete, leich t vermeidliche, umständliche, ja soga r ungerecht e Art der Lebensmittelverteilung‹, sagt e ein Bericht der K[öniglichen U . D.] Polizeidirektion München, ›is t ein weit schlimmerer Feind fü r di e öffentliche Ordnun g un d Sicherheit al s die Lebensmittelknappheit , mit der sich jedermann abfinden mu ß und wohl auch abfindet, sobal d Gewähr dafür besteht , da ß Bevorzugungen un d sonstige Ungerechtigkeiten be i der Zuweisung ausgeschlossen sind.‹« »E s ist eine eigentümliche Erscheinung, da ß das Volk sich schließlic h i n jede Entbehrun g findet , da ß es aber niemand vertrage n kann , wenn der andere ein bißchen mehr hat als er selbst. Würde es gelingen, Gewißhei t zu verbreiten , da ß di e Nahrungsmittelunbequemlichkeite n gleichmäßi g verteil t wären, dann würde die Unzufriedenheit sofort verschwinden.« 39 Hätte es in der Gewalt de r staatlichen Instanze n gelegen , de r Bevölkerun g diese Gewißheit, da ß die Kriegsgesellschaf t nac h dem Prinzi p soziale r Ge rechtigkeit organisier t sei , z u vermitteln , wär e diese r fü r da s kaiserlich e Deutschland völli g neuartig e We g de r Legitimierun g staatliche r Mach t wohl auc h beschritten worde n - ungeachtet de r Tatsache, da ß die gleiche n staatlichen Instanze n vo r de m Augus t 1914 ein solches Prinzip al s »sozial demokratisch« wei t vo n sic h gewiese n hätten. 40 Si e sahe n sic h jedoc h hierzu außerstande . Di e Lebensmittelverteilung s o weit z u optimieren, bi s sie de m Anspruc h soziale r Gerechtigkei t auc h nu r annähern d genüge n konnte, la g angesicht s ihre s desolate n Zustand s un d de r politische n Rahmenbedingungen, di e eine einschneidende Verletzun g agrarische r un d unternehmerischer Interesse n nicht zuließen, 41 nicht im Bereich des Mach baren. Blie b nur noch die Möglichkeit, durc h eine gezielte Propaganda di e Meinung der Bevölkerung übe r die Lebensmittelverteilung un d damit über die Kriegsgesellschaft al s ganze zu verändern. Dieser We g wurd e auc h beschritten . Regierunge n un d Militär , Verwal tungen un d politische Parteien , Gewerkschaften , Kirchen , Verein e un d Frauenbewegungen bemühte n sich , durc h de n Aufbau vo n Propagandain stitutionen, »Aufklärungs«-Aktione n unterschiedlichste r Art , de n Einsat z von Theater , Lichtbilder n un d Kin o un d durc h di e Beschäftigun g unge zählter Vertrauensleut e meinungsbildende n Einflu ß au f di e kritische n Be völkerungskreise z u gewinnen . All e dies e Aktione n stieße n jedoc h seh r bald au f da s gleich e Problem : Di e Bevölkerun g wa r mehrheitlic h daz u übergegangen, sic h ihr e Meinun g übe r de n Krie g selbs t z u bilden , nich t nur unabhängig vo n offiziellen Verlautbarunge n und zensierter Presse, son dern i m erklärte n Widerspruc h z u ihnen . Un d si e ka m dabe i z u de m Schluß, da ß e s reichte : »Wen n e s ebe n ga r keine n Urlau b meh r gibt« , 240 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

schrieb ein e Hamburge r Tischlersfra u i m Oktobe r 1917 an ihren eingezo genen Mann , »dann müßt ihr eben alle Urlaub nehmen und sagen: So, nun machen wir Schluß. Denn lange genug dauert diese Schinderei schon. Wir wollen wieder Menschen sein und unter Menschen leben. Denn dies ist kein Leben mehr. «42

4. 1. Informelle Kommunikatio n un d kollektives Handel n Anfänglich wa r di e öffentlich e Meinun g da s einzig e Gut , da s i m Erste n Weltkrieg - obwohl auc h hie r unte r innerbürokratische n un d politische n Reibungsverlusten - erfolgreich verstaatlich t worde n war . Di e Drucker zeugnisse ware n zensiert , di e Heeresbericht e di e »Mus e de s General stabs«,43 öffentlich e Aufführunge n un d Veranstaltunge n ware n genehmi gungspflichtig un d unterlage n de r polizeilichen Beobachtung. 44 Jedes Me dium öffentlicher Kommunikatio n unterstan d staatlicher Kontrolle. Diese s staatliche Monopol blie b so lange konkurrenzlos, wi e die Mehrheit der Bevölkerung a n den Fortbestan d de r Interessenidentitä t zwische n ihre n eige nen un d staatliche n Belange n glaubte . Diese r Glaub e verblaßt e i n de m Maße, i n de m di e Dauer de s Kriegs, di e Opfer a n Menschenleben un d die materiellen Entbehrunge n zunahmen , un d schlug i n sein Gegenteil um . In der zweiten Kriegshälft e wa r die Mehrheit de r Bevölkerung staatskritisch , wenn nich t staatsfeindlic h eingestellt , un d jetzt wa r nicht s geeigneter, ein e Sache unglaubwürdig z u machen, al s ihre amtliche Verlautbarung. I m August 1918 konnte Deutelmoser , Leite r de r Nachrichtenabteilun g de s Auswärtigen Amts , nur noch feststellen: »Den Behörden glaubt heute bei uns fast kein Mensch mehr etwas, am wenigsten, wenn sie amtlich aufmunternd sprechen. «45 Da e s allgemei n bekann t war , da ß di e Press e de r staatlich-militärische n Zensur unterlag , erstreckt e sic h diese s Mißtraue n auc h au f Zeitungsmel dungen. Auc h di e Heeresbericht e verlore n zunehmen d a n Glaubwürdig keit, währen d gleichzeiti g di e Überzeugungskraf t vo n Fronturlauberbe richten übe r di e Situatio n i m Hee r un d a n de r Fron t anstieg. 46 I n diese r Situation scharfer sozialer Spannungen bei gleichzeitiger Ungewißheit über die »wirkliche « Lage , di e durch den Ausfal l de r kontrollierten Medie n al s glaubwürdiger Informationsträge r entstande n war, entwickelt e sich , spon tan, ungelenk t un d unlenkbar, ei n Netz informeller Kommunikation, 47 das das gesamt e Reichsgebie t umspannt e un d auc h di e Fronte n einbezog . I n ihm wurd e ein e Gegenöffentlichkei t hergestellt , di e in For m von Gerüch ten, Parolen , Witze n un d Legendenbildunge n de n Krie g un d sein e Be gleiterscheinungen kommentierte , analysierte , karikiert e un d vo r alle m kritisierte. Z u de n wichtigste n Umschlagplätze n de r informelle n Kom 241 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

munikation wurde n nebe n de m i m Krie g star k anwachsende n Briefver kehr zwische n Familienmitglieder n un d Bekannte n di e ebenfalls durc h di e Kriegsverhältnisse bedingte n Ansammlunge n vo n Menschen : Schlange n vor Läden und Behörden, Anschlagwänd e mi t dem ausgehängten Heeres bericht un d Eisenbahnabteile , i n denen Fraue n au f Hamsterfahrt un d Sol daten au f Heimaturlaub di e Gelegenheit zu m Meinungs - und Erfahrungs austausch nutzten . Fraue n un d Fronturlaube r galte n de n Behörde n al s di e wichtigsten Quelle n un d Zuträge r i n diese m informelle n Kommunika tionssystem.48 Darüber , o b es die Zivilisten waren , di e dieserart di e Front kämpfer demoralisierten , ode r o b der »verhetzende « Einflu ß de r Soldate n auf di e Daheimgebliebene n größe r war , konnte n Zivil - un d Militärbüro kratie sic h nich t einigen. 49 A m nächste n ka m de m tatsächliche n Sachver halt woh l ei n General , de r i m Frühjah r 1918 klagte, di e Urlaube r trüge n die Mißstimmun g i n di e Heima t un d kehrte n verstärk t überdrüssi g zu rück. »So sei es zu einem Kreislauf gekommen, zu einem stets anschwellenden Überdruß am Kriege.«50 Wirkungsvolle Gegenmitte l stande n de n Behörde n be i de r Bekämpfun g dieser Flut von Gerüchten und anderer Kolportageformen de s volkstümli chen Wissen s vo m Krie g nich t zu r Verfügung . Offiziell e Dementi s i n de r Tagespresse hätte n ihre r weitere n Verbreitun g nu r Vorschub geleistet . Ge setzliche Maßnahme n griffe n nicht , d a die Behörden kaum jemals der Verbreiter/innen vo n Gerüchte n un d defaitistische n Bemerkunge n habhaf t werden konnten . Darübe r hinau s erwies sic h schon di e juristische Formu lierung de s Delikts als problematisch. Einig e stellvertretende Generalkom mandos hatte n zwa r da s Gerüchteerzählen - zumindest sowei t e s sich u m die militärische Lage betreffende Gerücht e handelte - unter Straf e gestellt . Doch waren die geltenden Bestimmunge n entweder - wie im XIV. preußischen Armeekorp s Karlsruh e - so weit gefaßt , da ß sie das Verbreiten alle r unwahren Kriegsnachrichte n unte r Straf e stellten , währen d doch , wi e da s bayerische Kriegsministeriu m monierte , »woh l nu r alarmierend e unwahr e Kriegsnachrichten verbote n sei n sollen«. 51 Ode r abe r si e bedrohte n nu r »leichtfertiges« Ausstreue n vo n Gerüchte n un d ließe n dami t »absichtslo ses« Gerüchteerzähle n straffrei , wi e im III. bayerischen Armeekorps . Ode r aber si e stellte n all e falsche n Gerücht e unte r Straf e stat t nu r di e falsche n Kriegsnachrichten und waren in dieser Form kaum noch anwendbar. 52 Zumindest abe r unte r Beobachtun g wollte n di e Behörde n di e volksin terne Kommunikatio n halten . Sei t 1916/17 galt fü r Gerücht e u. ä. d e fact o eine Anzeigepflicht, wi e sie sonst nur beim Auftreten ansteckende r Krank heiten üblic h war. 53 Stellvertretende Generalkommando s un d Gemeinde verwaltungen beganne n daraufhin , übe r di e in ihrem Beobachtungsgebie t auftretenden Gerücht e minutiös Buch zu fuhren. Ihr e Aufzeichnungen ver mitteln einen guten Überblick übe r die inhaltlichen Aussagen zu Krieg un d 242 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Kriegsverhältnissen, di e in Gestalt von Gerüchten, Witzen , Sprüche n ode r auch gereim t al s volkseigen e Kleinkunst 34 i n de r Bevölkerun g kursierten . Wie di e behördliche Berichterstattun g belegt , transportiert e di e informell e Kommunikation wei t meh r al s nur Nachrichten : I n ihr wurde n vielmeh r bildhafte un d aussagekräftig e Einzelphänomen e beschrieben , di e - völlig unabhängig vo n ihre m Wahrheitsgehal t - jeweils i n nuc e di e Wahrneh mung vo n de r Kriegsgesellschaft al s ganzer widerspiegelten un d verfestig ten. Relativ selten waren Gerüchte, die Gutes zu melden wußten. Si e bezogen sich meis t au f ein e angeblic h bevorstehend e Verbesserun g de r Versor gungslage;53 ode r aber sie kündigten da s Kriegsende oder einen Teilfriede n mit einem der militärischen Gegne r Deutschlands für die unmittelbare oder absehbare Zukunf t an. 36 Di e Auswirkunge n diese r positive n Meldunge n auf die Stimmung de r Bevölkerung wurde n von den Behörden als genauso gefährlich eingestuf t wi e di e de r negativen, d a di e erhofften Ereigniss e i n der Regel nicht einzutreten pflegten un d daraufhin di e Hoffnung i n Enttäuschung umschlug . Mit de n Verhältnisse n i m Hee r und de m Gan g de r militärische n Ereig nisse setzt e sic h di e informelle Kommunikatio n seh r intensiv auseinander . Außer de m Erfol g ode r Mißerfolg bestimmte r militärische r Aktione n un d der Zah l vo n Toten , di e si e geforder t hatten , ware n e s besonders di e Verhältnisse in der Etappe, di e sie beschäftigten. Di e Berichte wußten von den ungeheuerlichsten Prassereie n de r Etappenoffiziere, di e mit Nahrungsmit teln veranstalte t würden , welch e eigentlic h de n Frontoffiziere n zustan den.37 Diese beiden Sträng e der inoffiziellen Berichterstattun g übe r Militä risches fielen i m Herbst 1918 mit dem allerorts erzählten Gerücht, di e letzte deutsche Offensiv e se i deswegen gescheitert , wei l »di e Leute infolge Hun gerleidens nur bis zum ersten Proviantamt vorgingen, dasselb e ausplünderten und dann nicht mehr weiterzubringen waren«, 58 zusammen. Weite Verbreitung fande n auc h die Behauptungen, viel e der als »auf dem Felde der Ehr e gefallen« gemeldete n Soldate n seien in Wirklichkeit furcht bar verstümmel t ode r geisteskran k i n Anstalten untergebracht , w o sie vor den Augen ihrer Angehörigen verborgen werden sollten. 59 Eher noch dichte r wa r di e informelle Berichterstattun g übe r die Ernährungslage de r Zivilbevölkerung , di e vo n de n Behörde n al s Unruhestifte r besonders gefürchte t war. 60 Auc h si e funktioniert e nac h de m Prinzip , de r Realität der Kriegsgesellschaft gerad e denjenigen zusätzlichen Stic h ins Absurde zu verleihen, de r dem berichteten Sachverhal t di e Aussagekraft eine r Karikatur verlieh . Si e meldete , da ß i n Großstädte n wi e München , Wie n oder Berli n täglic h Hundert e vo n Mensche n a n Hunge r stürbe n un d di e Leichen mi t Möbelwagen ode r Straßenbahne n weggeschaff t werde n müß ten,61 während Bauer n un d Kommunalverbänd e Lebensmitte l zuhau f horteten ode r verkomme n ließen : S o seie n au f de m Marsfel d i n Münche n 30 000 faule Eier vergraben worden, 62 und es wurde - als bewirtschaftungs243 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

politische Abwandlung de r Legende vom fliegenden Hollände r - angeblich ein ganze r Eisenbahnzu g vol l faule r Eie r auf seiner geheime n Fahr t durc h Deutschland beobachtet. 63 Soga r de r bayerisch e Innenministe r Brettreic h fragte i m Mär z 1917 persönlich bei m Bezirksam t Wolfratshause n an , o b dort, wi e Gerüchte kolportiert hatten , tatsächlic h zu r Zeit 800000 Eier gehortet würden , wei l de r Kommunalverband darau f warte, da ß die Millio n voll würde. 64 Besonder s groß e Verbitterun g erregte n di e sic h häufende n Behauptungen, de r un d jener hab e als Kriegsgefangener i n Englan d sein e eigenen Mehlsäck e (ode r ander e Naturalie n große n Nährwerts ) ablade n müssen oder habe nach der Versenkung eine s englischen Schiff s Eierkisten , Mehlsäcke etc . mi t de r Aufschrift »Kommunalverban d Schwabmünchen « (hier wa r jeweils de r Nam e de r Stad t bzw . Gemeind e einzusetzen , i n de r das Gerüch t gerad e kursierte ) au f de m Wasse r schwimme n sehen. 65 Di e Volksmeinung schlußfolgert e darau s bzw . nah m vo n vornherei n an , ge schäftstüchtige deutsch e Händle r ode r Behörden triebe n mi t de m perfide n Albion eine n schwunghaften Lebensmittelhandel . De r dritte Schwerpunk t der inoffiziellen Meinungsbildun g nebe n den auf den militärischen Bereic h und die Ernährung bezogene n lag auf den im engeren Sin n politischen Ver hältnissen. Dies e Meldungen enthielten die volkstümliche Erklärung dafür , daß de r Krie g imme r noc h andauere . De r Krie g se i i n Wirklichkei t scho n längst verloren , hie ß e s in Bayer n i m Somme r 1917, »die Große n wolle n nur noch massenhaft Leut e hinmachen, dami t sie hernach keine Revolution bekommen«.66 Eine noch schärfere Variante besagte, »daß nac h de n herausgegebene n Zusammenstellunge n ers t 45% der Mensche n durch den Krieg kaput [sic] wurden und solange kein Frieden geschlossen wurde , bis 75% hingemacht sind. So muß es kommen.«67 Andere wieder wollte n wissen , da ß Deutschland scho n 1916 hätte Friede n haben können , wen n nich t di e Fabrikanten de r Kriegsindustrie Einspruc h erhoben hätten, »wei l sie noch nicht genug verdient hätten, um die erwachsenen Kosten decken zu können«. 68 Darüber hinaus kursierten unzählige weitere Gerüchte über die verschiedensten Gegenstände . Einig e von ihnen belegen, da ß di e informelle Kom munikation de r Wahrhei t of t nähe r ka m al s di e veröffentlicht e Meinung . Im September 1918 ζ. Β. war die Bevölkerung München s bis in den oberen Mittelstand hinei n plötzlic h vo n de r »seh r beunruhigende n Wahnvorstel lung befallen« , da ß da s Kaiserreich zu r Republik un d dami t di e Kriegsan leihe wertlos werden würde. 69 Unter der bayerischen Bevölkerung gin g i m Sommer 1917 die Nachrich t um , de r Kaise r se i i n Österreic h Opfe r eine s Attentats geworden un d schwer verwundet ; die s geschehe ihm recht , »da s Österreich möcht schon lange Frieden schließen, abe r der Saupreuß halt ihn alleweil auf« . E s hatte Ende Juni i n Homburg tatsächlic h eine n Attentats versuch gegeben , übe r de n i n de r Press e nich t berichte t werde n durfte . Nach interner Aussage des Kriegspresseamts hatte ein betrunkener Geistes244 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

kranker [sic ] ein Paket gege n das Auto des Kaisers geschleudert un d damit einen Scheinwerfer beschädigt. 70 Eine andere Spielar t vo n Gerüchte n zeichnet e sic h dadurc h aus , da ß si e den Gra d a n Absurdität , de r unte r de n Verhältnisse n de s Kriegs für möglich gehalte n wurde , vol l auslotete. »De r Krieg gege n die Engländer ist ein Scheinkrieg«, wußte n Ziviliste n un d Soldate n Mitt e 1916 zu berichten , »weil der Kaiser es im Herzen mit den Engländern hält. Er hat sein Geld auf der Ban k vo n England , dru m wil l e r es nicht mi t den Engländern verder ben.«71 Zu r gleiche n Zei t kursiert e unte r de n Hundehalter n da s Gerücht , das Münchene r stellvertretend e Generalkommand o woll e all e Hunde not schlachten lassen. 72 I n Bayer n sorgte n di e zunehmende n antipreußische n Ressentiments für die weite Verbreitung vo n Meldungen, di e besagten, di e USA hätte n de r bayerische n Regierun g vie r Milliarde n Mar k gebote n fü r den Bruc h mi t Preußen , ode r zu berichten wußten, Hindenbur g hätt e sich mit dem bayerischen Kronprinzen duelliert. 73 Der Realitätsgehalt de r kolportierten Gerüchte variierte ebenso stark wi e der tatsächlich e Antei l staatliche r Verantwortun g fü r di e vo n ihne n ange prangerten Mißstände : Ihr e Spannbreite reicht e von völlig abwegige n Be hauptungen wi e den letztgenannten bis zu geradezu seherischen Einblicke n in die tatsächliche Situatio n - wie etwa der Meldung vo n der bevorstehenden Umwandlung de s Kaiserreichs in eine Republik. I n der Regel stellte die informelle Kommunikatio n ein gewissermaßen halbauthentisches Mediu m dar: Mißständ e un d bestimmt e politische und wirtschaftliche Interessenla gen wurde n i n ih r bi s z u de m Gra d hypostasiert , de r di e zunehmen d al s negativ un d irrwitzig wahrgenommen e Totalität der Kriegsgesellschaft be stätigte. Die informelle Kommunikatio n wa r da s Medium, durc h das die Bevöl kerung sic h weit nachhaltige r un d breitenwirksamer selbs t »verhetzte « al s dies de r Agitatio n durc h di e organisiert e Kriegsoppositio n - USPD un d Spartakus - möglich gewese n wäre. 74 Sie radikalisierte die den Entbehrungen de r Kriegsgesellschaf t ausgesetzt e Bevölkerun g bi s zu dem Punkt , a n dem die Unzufriedenheit i n kollektives Handeln umschlug un d zu spontanen Unruhe n führte. 75 Di e volkseigen e Gegenöffentlichkei t produziert e und verstärkt e nich t nu r di e Grundstimmung , sonder n liefert e oftmal s auch erst entsprechende Anlässe für Lebensmittelunruhen un d Streikbewe gungen, di e dann ab Ende 1915, verstärkt seit 1916 die Kommunen zu Nebenkriegsschauplätzen avanciere n ließen . Of t beganne n dies e Episode n kollektiven Handeln s mi t de m Gerücht , be i eine m bestimmte n Bäcke r gebe es Bro t ohn e Brotmarken , Eie r o. a. Schnel l fande n sic h dann a n der bezeichneten Stell e größer e Menschenmenge n ein , di e schließlich , wen n ihre Hoffnungen enttäusch t wurden , di e Läden plünderten ode r zur Stadt verwaltung zoge n und damit ein e ganze Kettenreaktion weitere r Episode n kollektiven spontane n Handeln s auslösten. Derartig e Unruhe n führte n ih rerseits z u zahlreichen neue n Gerüchten , di e durch Bericht e über die zahl245 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

reichen Toten , welch e be i de r Niederschlagun g de r un d de r Demonstra tion, de s un d de s Streik s au f de n Straße n gebliebe n seien , de n Volkszor n auf den Siedepunk t erhitzten. 76 Hausfraue n un d Arbeiterinne n ware n dieje nigen, di e di e größt e Neigun g daz u a n de n Ta g legten , handgreiflic h z u werden, un d di e di e weit überwiegend e Mehrhei t a n Streikende n un d - gemeinsam mi t Jugendliche n un d Schulkinder n - an Demonstrante n stell ten:77 »E s is t kei n Zweifel« , erklärt e Obers t vo n Wrisber g vo m preußi schen Kriegsministeriu m i m Augus t 1917, »daß die bisherigen Streik s und vor allem aber die daraus erwachsenen Ruhestörun gen durch Frauen und Jugendliche entstanden sind. Unsere alten Arbeiter sind wohl diszipliniert und stehen diesen Bewegungen meis t fern.« Diese sozusage n alltägliche , vo n Fraue n un d Jugendliche n geprägte , sic h spontan au f der Straß e ode r i m Betrie b anbahnend e For m soziale n Protest s war di e fü r de n Erste n Weltkrie g typisch e - nicht di e i m engere n Sin n poli tischen Streikbewegunge n un d Demonstrationen , di e 1917 und vo r alle m 1918 hinzukamen; nahez u durchwe g vo n de n alltägliche n Lebensbedräng nissen motiviert , i n deren Kriti k breit e Schichten de r Bevölkerun g überein stimmten, wurde n si e i n de r zweite n Kriegshälft e z u eine m ubiquitäre n und permanente n Störfaktor , de r di e Behörde n da s Fürchte n lehrt e un d di e Regierbarkeit de r Städt e infrage stellte . Zu r Illustratio n de s Ablauf s derarti ger Unruhe n sol l de r durchau s typisch e Berich t übe r di e Unruhe n i n Tan germünde vo m 17. August 1916 als ei n Beispie l fü r viel e ausführliche r zi tiert werden : Nachdem sic h di e Butterverteilun g u m einig e Tag e verzöger t hatte , ver sammelten sic h a m 17. August u m 11 Uhr vormittag s vo r de m Tanger münder Rathau s ca . 100 Frauen; e s handelt e sic h i n de r Mehrzah l u m Ar beiterinnen de r lokale n Konservenfabrik . Ein e Grupp e vo n Fraue n betra t das Rathau s un d wollt e de n zuständige n Zweite n Bürgermeiste r sprechen . Sie erhielten di e Auskunft, a m 19. August käm e Butte r zu r Verteilung . »Diejenigen Frauen, die dem Zweiten Bürgermeister zunächst standen und mit ihm sprachen, ware n vo n de r ihnen gewordenen Auskunf t befriedigt , währen d di e fer ner stehenden Zwischenrufe machten ; er [der Zweite Bürgermeister U . D.] ersuchte die ersteren, diese n Frauen den Sachverhalt mitzuteile n und sie zu beruhigen, wa s sie versprachen. Di e Menge entfernte sic h hierauf, einzeln e solle n geäußer t haben : ›Heute nachmittag werde n wi r wiederkommen! ‹ Di e Menge wußte , da ß nachmit tags um 5.00 Uhr eine Magistratssitzung stattfinde n sollt e und wollte anscheinen d die ankommenden Magistratsmitgliede r belästigen . D a die Sitzung abe r aus besonderen Gründe n ausnahmsweise schon um 4 Uhr begonnen hatte, gelan g die s nicht. Tatsächlich sammelte n sic h nämlic h zwische n 4 und 5 Uhr Menschenmenge n an , die sich immer meh r durch halbwüchsig e Bursche n un d Mädchen , auc h Schulkin der verstärkten un d bei mäßiger Schätzun g u m 7 Uhr wohl au f 1000 Personen an wuchsen. E s wurde fortwährend geschriee n un d gejohlt; auch wurden beleidigend e und höhnische Ruf e au f die Behörde n ausgestoße n un d es hatte de n Anschein , al s wenn nicht mehr die Butterversorgung, sonder n vielmehr die Lust am Skandal und 246 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

am Unfu g di e Hauptrolle spielte . Gege n 7 Uhr tra t der Zweite Bürgermeister vo r das Stadthau s und teilte den nächststehenden Fraue n nochmals mit, da ß die Butterverteilung au s Gründen, die er ihnen ebenfalls mitteilte, erst am Sonnabend stattfin den könne . Auc h dies e Frauen erklärte n sic h mit de r ihnen gewordene n Auskunf t einverstanden; d a aber die dahinterstehende Menge fortgesetzt schri e und johlte, so bat er die Frauen, de n andern diesen Bescheid mitzuteilen und sie zu beruhigen, wa s sie versprachen, un d entfernte sich in das Stadthaus. Zwischen 7 und 8 Uhr verminderte sich die Menge etwas - vermutlich nahmen die Leute ihr Abendessen ein - um gegen ½9 in erheblich größere r Zahl wieder zu erscheinen und dann das Haus eines Vorstandsmitgliedes de r Tangermünder Molkere i anzugreifen, i n dessen Keller angeblich 8 Zentner Butte r lagerten. E s wurden groß e Steine aus dem Rinnstein her ausgenommen, ander e Steine aus anderen Straßen , w o sie lagerten, gehol t un d gegen da s Haus geworfen; bi s abends um 11 Uhr waren sämtliche Fenster des Hauses eingeworfen, auc h hatte man schon versucht, mi t großen Steinen die Tür einzuwerfen. Di e Polizeibeamte n ware n demgegenübe r machtlos , mehrer e wurde n durc h Steinwürfe leich t verletzt. Al s der Zweite Bürgermeister um 7 ½Uhr das Stadthaus verließ, wurde er durch Bewerfen mit Honig tätlich beleidigt.« Schließlich wurd e Militä r herangeholt , un d au f di e Gerücht e vo n desse n Ankunft hi n »steigerte sich die Erregung de r Menge und die Angriffe au f das Haus wurden heftiger, s o daß es erst nach einer halben Stund e dem Eingreife n de r Truppen gelang , die Scharen zu verdrängen; sobald sie aus einer Straße vertrieben waren und die Soldaten sich umwandten, folgt e ihnen die Menge und es bedurfte de s Eingreifens de r Landsturm-Kompagnie, u m di e Meng e z u zerstreuen. Ein e Anzah l vo n Persone n wurde wege n grobe n Unfuge s sowi e Landfriedensbruc h festgenommen . Al s di e Truppen anwesen d waren , wurde n Ruf e ausgestoßen, da ß sich die Zusammenrot tung an demselben Tage und später, wenn es wieder keine Butter gäbe, wiederhole n würde. Di e zuerst nur aus arbeitenden Fraue n bestehende Menge setzte sich abends hauptsächlich au s Frauen sowie jungen Mädche n und halbwüchsigen Bursche n zu sammen und leider auch einer großen Anzahl Schulkinder. E s hatten sich ferner eine Anzahl lichtscheue r Element e eingefunden , di e di e Gelegenhei t zu m Skanda l be nutzten. Wenn auch die Zusammenrottung anfang s durch den Buttermangel veran laßt war , s o nahm si e doch im Lauf e de r Zeit de n Charakter eine r Demonstratio n an.«79 Aufgrund ihre s spontane n un d unorganisierte n Charakters , de r den kollek tiven Aktione n mitunte r eine n »karnevalistische n Einschlag« 80 verlieh , bo ten di e Unruhe n de n Behörde n kein e Handhab e z u ihre r Verhinderung . Die Gewerkschaften , dere n Integratio n i n di e kriegführend e Gesellschaft 81 dazu beitrug , di e organisiert e Arbeiterschaf t z u pazifizieren , sahe n sic h z u einer Beeinflussun g de r Nichtorganisierten, gan z besonders der Frauen , au ßerstande: »Die Arbeiterführe r haben . . . darauf hingewiesen , da ß si e alle s täten , u m solch e Unruhen un d Streiks aus Anlaß der Lebensmittelversorgung z u verhindern, sie hätten aber ihre Leute nicht meh r in der Hand; außerdem wären sehr viele Nicht-Or ganisierte darunter, au f die sie keinen Einfluß hätten. Insbesondere seien es die zahlreichen Arbeiterinnen, die unausgesetzt hetzten und schürten.« 82

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Wagten sic h Vertrete r de r Gewerkschafte n ode r de r sozialdemokratische n Partei in besänftigender Absich t unter demonstrierende Frauen , mußte n sie gar Zuruf e höre n wi e »Ih r gehör t selbs t z u den Großen. Ih r sorgt nu r fü r euch und habt kein Herz für die kleinen Leute!«, un d trugen, wi e behördli che Berichterstatte r bemerkten , »deutlic h di e Anzeiche n große r Aufre gung, ja fast Angst zur Schau. «83 Eine wirkungsvoll e Bekämpfun g de r Unruhe n scheitert e auc h a m feh lenden Personal. I n Nürnberg z. Β., das im Juli 1916 die ersten großen Stra ßenunruhen erlebte , ware n nac h zwe i Kriegsjahre n vo n de n ursprünglic h 380 Polizisten nu r noch 54 im Dienst , vo n denen nur 12 einsetzbar waren , da die anderen wegen Überalterung ode r Dienstuntauglichkeit fü r den Einsatz bei Unruhen ausfielen . Di e als Ersatz eingestellten 260 Hilfspolizisten, in de r Mehrzah l erwerbslos e Arbeiter , erwiese n sic h be i Einsätze n al s z u geneigt, sic h mi t den Demonstrierenden z u solidarisieren. 84 Auc h di e Ein setzbarkeit de s Militärs als letzte Eingreifreservc be i der Unruhenbekämp fung wurd e zu m Tei l dadurc h i n Frag e gestellt , da ß di e Sympathie n de r Soldaten be i de n Demonstrierende n lage n - wozu di e Beziehungen , di e sich zwischen de r weiblichen Bevölkerung un d den Soldaten entwickelten , nicht unwesentlich beitrugen . I n solchen Fällen sorgten die Soldaten dafür , daß die Kasernen bei m Ausbruc h vo n Unruhe n lee r waren, ode r ergriffe n für di e demonstrierenden Fraue n Partei. 85 Gegen End e des Kriegs konnte n die Frauen fast scho n darauf rechnen: »Jetz t komm t de r König zu uns«, rä sonierten 20-30 Straubinger Fraue n im September 1918 in einem Zugabtei l über die bevorstehende Siebenhundertjahrfeier Straubings , »- den braucha ma a no - der soll mit seine Trudeln daheim bleibn - Unser Bürgermeister, de r Depp is extra nach München g'fahrn un d hat'n ei'gladn - da schreins immer von den Schulden - de Dekration wird wieder a Geld kostn - a Festfressen wollns a gebn - mir braucha an Dr- - Der soll nur kema - mir habens schon aus gmacht - mit de fauln Kartoffeln wird er empfanga. De moana, wenns a Militär hinstelln, dös hilft eana was - die Soldaten helfa alle zu uns - dö hamvon dem Schwindel a gnua!«86 Die Zahl der Frauen, di e wegen Landfriedensbruch s un d anderer Vergehe n gegen di e öffentlich e Ordnun g verurteil t wurden , stie g zwa r gegenübe r der Vorkriegszei t deutlic h an : Wege n Landfriedensbruchs , Aufruhr s u . a. wurden 1913 insgesamt 273 Personen verurteilt , davo n 187 Frauen (9 Jugendliche); 1917 waren e s 1198, von dene n 1028 Frauen (553 Jugendliche) waren.87 Vor dem Hintergrund des enormen Umfangs, de n die Unruhen in der Kriegszeit annahmen , wa r e s jedoch nu r eine ganz geringe Anzahl vo n Frauen, a n dene n de r Staa t di e normativ e Kraf t de r Gesetz e exekutiere n konnte. Angesicht s de r politische n Brisanz , di e de m Vorgehe n gege n Le bensmitteldemonstranten anhaftete , wa r eine relativ gering e Anzah l erfaß ter und verurteilter Fraue n der Aufrechterhaltung de s »Burgfriedens« dien licher. Wege n der »bedenkliche n politische n Wirkunge n de r Bestrafungen « zogen di e Behörden e s in einigen Fälle n - etwa al s im Anschlu ß a n di e er 248 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

sten Lebensmittelkrawall e de r Kriegszeit , di e i m Oktobe r 1915 in Berli n stattfanden, ca . 70 Personen, vorwiegen d Frauen , zu r Verurteilung anstan den - vor, di e Gerichtsverfahren niederzuschlagen. 88 191 8 verfielen di e Behörden au f ei n letzte s Mitte l de r Bekämpfun g vo n Unruhen : Si e setzte n Tränengasbomben ein , u m Menschenansammlunge n z u zerstreuen . Di e geplante Ausrüstun g großstädtische r Polizeiwache n mi t Handgasbombe n machte jedoch kein e große n Fortschritte , d a di e Beständ e knap p un d ei gentlich de n gegnerische n Soldate n zugedach t waren. 89 Nac h de m Erste n Weltkrieg entwickelt e sich das Tränengas zu einem Standardrequisit be i der Bekämpfung innere r Unruhen . Zumindes t auf diesem Gebiet also steht die modernisierende Wirkung de s Kriegs außer Frage.

4.2. Meinungsforschung un d Propagand a Die bedrohliche Entwicklun g de r Volksstimmung, di e das »Aushalte n de s Stimmungstragegcrüsts«90 imme r fragliche r werde n ließ , veranlaßt e di e Behörden z u außerordentlichen Maßnahmen . U m »i n stetige r Kleinarbei t die Han d a n den Pulsschla g de s Volkes« 91 lege n z u können, überzoge n si e das Reich mi t einem Net z von Beobachtungsstationen. Zivil - und Militär behörden bi s zu m letzte n Garnisonskommand o un d zu r kleinste n Ge meinde hina b mußten i n der zweiten Kriegshälft e lückenlo s alle wichtige n Entwicklungen un d Ereigniss e melden , di e über di e Volksstimmung Auf schluß geben konnten. 92 Zur Überwachung de r Kommunikation i n Eisenbahnabteilen, di e als Brutstätten des »Miesmachertums« galten , wurde eine Organisation de r Eisenbahnüberwachun g geschaffen , di e regelmäßig übe r erlauschte Gespräch e un d Klosprüch e Berich t z u erstatten hatte. 93 Fü r die Abwehrabteilung de s Stellvertretende n Generalstab s wa r »ein e Unmeng e bezahlter und unbezahlter Spitze l aller Gesellschaftskreise« 94 tätig . Eine der umfassendsten Meinungsforschungsaktionen leitet e im Auftra g der Militärregierun g i n Münche n ei n Professo r de r Kunstwissenschaf t i n die Wege, de r beim Bahnpostam t al s Unteroffizier mi t der Briefzensur be schäftigt war . Mi t de r Absicht, di e Regierenden besse r über die Stimmun g der Bevölkerung unterrichte n zu können und gleichzeitig de r Nachwelt das Material z u sozialpsychologische n un d volkskundliche n Studie n z u über mitteln, führt e er bei der Münchener Postzensur einen Briefabschriftsdiens t ein. Vo n den täglich beim Bahnpostamt I in München durchlaufenden Sen dungen wurde n übe r 70 000 überprüft un d nach dem Kriterium de r Reprä sentativität exzerpiert . Au f diese Weis e gelang es , au s dem Briefverkeh r der di e Gebiet e de s rechtsrheinische n Bayern , Badens , Sachsen s un d Schlesiens sowi e di e Pos t einschloß , di e au s diese n Gebiete n a n deutsch e Kriegsgefangene gerichte t wurd e - einen repräsentative n Querschnit t durch die Wahrnehmungsmuster z u gewinnen, di e die Briefschreiber/innen 249 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

im Krieg und vom Krieg entwickelten. Meinungen , di e nur der »Abklatsc h von Zeitungsmeldungen« waren , wurde n »anhan d des einschlägigen Stils « ausgeschaltet. Wa s übrig blieb , wa r wie erhofft di e authentische Volksmei nung »wobei ma n leider sagen muß, daß der Gesamteindruck vo n der geistigen Verfassung unseres Volkes, den man aus dem längeren Lesen dieser Briefe gewinnt , . . . im ganzen nicht gerade sehr erhebend genannt werden kann. «95 Die leider nur teilweise erhaltenen Briefauszüg e gebe n einen sehr lebhafte n Einblick i n di e Wahrnehmungsweise n vo n Schichten , di e i n »normalen « Zeiten fü r di e Historike r wege n de r fehlenden schriftliche n Überlieferun g sprachlos bleiben - dies zumindest verdankt ma n der Trennung vo n Angehörigen durch den Krieg, di e den Briefverkehr z u einem Massenkommuni kationsmittcl machte. 96 Der genau e Kenntnisstand , de n sic h di e Behörde n solcherar t übe r di e Volksstimmung verschafften , führt e z u de r dringenden Forderun g nac h Gegenmaßnahmen. Lehrt e die Bevölkerung i n der Kriegszeit die Regierenden, ihr e Stimmun g »al s ei n militärische s Kriegsmitte l schlechthin« 97 z u betrachten, s o lernte n dies e daraus , welch e geschichtsmächtig e Kraf t di e staatliche Lenkun g vo n Wahrnehmungsmuster n habe n könnte : »Th e wa r had taugh t th e valu e o f propaganda i f nothing else.« 98 De r deutsche n Be völkerung, diagnostiziert e da s Kriegspresseam t i m Septembe r 1917, fehle es noch »an einem starken, das innere Leben des Einzelnen völlig beherrschende n nationalen Selbstbewußtsein«; si e gleiche »guten und braven Kindern, dene n aber täglich gesagt werden muß, was sie zu tun haben.«99 Regierungen, Militä r und Behörden entdeckten die gesamtgesellschaftlich e Sinnstiftung al s in dieser For m neues Aufgabengebiet. 100 Di e defaitistisch e Haltung, di e in der Bevölkerung gegenübe r de m Krie g un d dem ih n füh renden Staat eingenommen wurde , konnt e nicht unterdrückt werden. Viel mehr mußt e ih r ein e positiv e Sinnstiftun g gegenübergestell t werden , di e geeignet war , affirmative n Wahrnehmungsmuster n Geltun g z u verschaf fen. Vo r alle m de r gefährlichste n Bestandteil e de r volkseigene n Kriegs wahrnehmung sollt e sich die »Aufklärung«, wi e der terminus technicus der Obrigkeit für ihr neues Aufgabengebiet hieß, 101 annehmen: der Ansicht, i m Frieden würde n di e Verhältnisse besser; der mangelnden Identifikatio n de s Einzelnen mi t de m große n Ganze n de r Kriegsgesellschaft ; un d vo r alle m der überwältigenden Sinnlosigkeit , di e das Elend de s Kriegs in den Auge n der Mehrheit darstellte. 102 Wenigstens zwe i de r a m konsequenteste n weitergedachte n Entwicklun gen derartige r Sinnstiftungskonzeptione n solle n hie r kur z umrisse n wer den; auc h wen n sie während de s Kriegs keine praktische Anwendun g fan den, dokumentiere n si e höchs t eindrucksvol l da s zeitgenössisch e Experi 250 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

rnentieren mi t de m i n diese r Reichweit e neuartige n Mediu m staatliche r Selbstdarstellung un d Propaganda . Di e Anregung, di e Perso n de s Kaiser s als Identifikationssymbol für die Bevölkerung einzusetzen, macht e der Präsident des Kriegsernährungsamts, vo n Batocki, i m März 1917. Ein »besonders geschickte r un d taktvoller « Journalis t müss e z u diese m Zwec k de m Kaiser beigegebe n werden , de r ausschließlic h dafü r zuständi g sei n sollte , Anregungen z u Aktionen z u geben, di e die Volksnähe des Kaisers demonstrierten. Vo n Batocki schlu g zwei mögliche Aktionen vor; der Kaiser solle nach Berli n komme n un d dor t Mensche n au s alle n Volkskreise n empfan gen, un d Gelegenheite n wi e de r »Heldentod« de s Prinze n Friedric h Kar l müßten mi t »systematische m Geschick « ausgenutz t werden. 103 Als zweites Beispiel se i da s Expos e »Di e Freihei t i n Deutschland« genannt , da s Friedrich Nauman n i m Oktobe r 1917 an de n Reichskanzle r richtete. 104 E s forderte »di e bewußte Aufrichtun g de r deutschen Legend e im Inland , di e das Gegenbild zu r »Legend e vo n de r deutsche n Unfreiheit« , di e di e Gegne r Deutschlands al s Kriegsagitatio n benutzten , zeichne n sollte . Auc h de r deutsche Staat müsse , ebens o wie in den Feindstaaten di e Bekämpfung de s deutschen Kaiserreich s al s Inkarnation de r Unfreiheit zu r Mission erhobe n war, seine r Bevölkerun g di e Botschaft vermitteln , wofü r si e kämpfte un d Entbehrungen ertrug . Di e westliche n Feindstaate n besäße n jeweil s ein e »Art von Nationalmusik« - die Franzosen die Idee der Freiheit, di e Engländer da s Idea l de r Unantastbarkei t de s Individuums -, die sie nun gemein sam mi t amerikanische n Ingredienze n z u eine r »Ar t politische r Weltreli gion« verschmolze n hätten , »vo n de r di e Mitteleuropäe r un d besonder s wir Deutsche n ausgeschlosse n sei n sollen . Dadurc h wir d de r materiell e Krieg zu r Gesinnungsangelegenhei t i m Stil e alte r Religionskriege« . Di e Deutschen müßte n vo r alle m gegenübe r de r französische n Bevölkerun g nachziehen un d ihre eigene Freiheitsidee ausprägen: »Di e Zeitlage verlangt eine Geschichtsdarstellun g unte r de m Gesichtspunk t de r freiheitliche n Volksentwicklung.« Si e müss e sic h au f die Zeit de r Befreiungskriege , di e Paulskirche 1848/49 und die Verkündung de s allgemeinen Wahlrecht s 1871 für da s Reic h un d jetzt i m Krieg fü r Preuße n stützen . Dadurc h könn e den gegnerischen »Verleumdungen , al s seien wir das wilde Tier im Garten Gottes«, di e spezifische deutsch e Botschaf t gegenübergesetz t werden , mi t de r die Bevölkerun g sic h identifiziere n könne : da ß Deutschlan d de r einzig e Staat sei , desse n Bevölkerun g freiheitlich e un d sozial e Recht e durc h de n Staat und nicht gegen den Staat errungen habe. 105 In der Regel aber setzte die behördliche »Aufklärung « de r Kriegszeit ihre Aufgabe pragmatischer : di e »Bearbeitung de s Volkes« 106 mit allen Mitteln . »An die Arbeiterfrauen heranzukommen« 107 war dabei eine der wichtigsten Zielsetzungen. Organisatorisc h federführen d ware n be i de r »Aufklärung « im Heer der Stellvertretende Generalstab, fü r die Agitation unte r der Zivilbevölkerung i n Preuße n di e stellvertretende n Generalkommandos; 108 i n Bayern, da s seit 1916 eine vom Reic h unabhängige Organisatio n aufbaute , 251 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

unterstand si e dem Innenministerium un d damit im Gegensatz zu Preußen den Zivilbehörden. 109 Di e Vorgehensweis e wa r überal l rech t ähnlich . Di e Militär- und Zivilbehörden warbe n Persone n aller Bevölkerungskreis e an , die al s Meinungsmultiplikatore n wirke n sollten. 110 Besonder s wa r ihne n dabei a n de r Mitwirkun g nichtstaatliche r Organisatione n jedwede r Ziel richtung gelegen, d a von ihnen eine jede, »- mag sie politisch ode r unpolitisch, wissenschaftlich , religiös , sozia l oder wirtschaftlich sein - . . . ein Körpe r [ist , U.D.] , durc h desse n Adersyste m sic h ei n Strom von Vertrauen und Zuversicht in alle seine Glieder leiten läßt, wen n nur die Führer es wollen.«111 So ware n schließlic h Gewerkschafte n un d Unternehmerverbände , Han delskammern un d Vaterlandspartei , Frauenverein e un d sozialpolitisch e Vereinigungen, de r Deutschnational e Handlungsgehilfenverband , di e Kir chen,112 Lehrer , Professoren , Künstle r un d viel e ander e dami t beschäftigt , am Heimatsit z ode r au f Vortragsreise n di e allgemein e Stimmun g z u he ben.113 Die Mitarbeit vo n Fraue n und Frauenorganisatione n wurd e beson ders gefordert , d a ma n sic h vo n ihne n eine n bessere n Zugan g zu r weib lichen Bevölkerun g erhoffte; 114 auc h di e Fabrikpflegerinne n sollte n zu r Einwirkung au f die Arbeiterinnen eingesetz t werden. 115 Schließlic h sollte n ebenfalls die von der Bevölkerung selbs t ernannten Vertrauensträger in diesem Sinn e nutzba r gemach t werden . D a di e Fronturlaube r de r Bevölke rung al s »unbedingt e Autoritä t für alles, wa s de n Krie g betrifft«, galten , sollte die »geradezu unheimlich e Macht . . ., die die Erzählungen de s Feldsoldaten i n der Heimat ausüben« , dafü r eingesetz t werden , de n Durchhal tewillen z u stärken stat t ih n z u unterminieren. Z u diesem Zwec k wurde n »gebildetere« un d »zuverlässige« Soldate n gegen Gewährung eines Sonderurlaubs dazu veranlaßt, Aufbauende s zu äußern.116 Die Behörden gaben solchen und anderen Methoden der indirekten Mei nungsmanipulation nich t zuletzt deswegen de n Vorzug vo r zentral gesteu erten Massenaktione n un d eine r einheitliche n Propagandaorganisation , weil di e meinungsbildende Mach t de s Staates infolge de s großen Mißtrau ens der Bevölkerung i n die Obrigkeit und deren Absichten nicht mehr wei t trug: Es gelte, »mit allem, was vom Staat ausgeht, nicht an die Öffentlichkeit heranzutreten, den n das, wa s wir mi t der ganzen Aufklärung i n der Heimat bezwecken, is t nichts anderes, als die Gegenwirkung gegen gewisse Auffassungen, di e ein Teilbestand der Massenpsychose sind, die der Krieg hervorbringt. Wie soll man dem entgegentreten au f anderem Weg e als dem de r Massensuggestion ? Dies e kann ma n aber niemals ausüben auf jemanden, der mit einem gewissen Widerwillen gegen die Aufklärung ausgerüste t ist, und das ist jeder, sobald ihm zum Bewußtsein kommt, daß die Belehrung von Amtswegen [sic] kommt.« 117 Die Arbei t diese r Vielzah l vo n V-Leute n wurd e durc h de n Einsat z vo n Flugblättern un d Plakate n - ausdrückliches Vorbil d ware n hie r di e Agita 252 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

tionsmittel de r Linken 118 -, Diavorträgen, Orchester - und Theateraüffuh rungen, Wanderkinos , Rednerschulunge n un d di e Verteilun g vo n Argu mentationshilfen unterstützt. 119 Ei n stellvertretende s Generalkommand o unterhielt soga r ein e eigen e Schauspieltruppe , di e da s Lan d bereiste , un d viele von ihnen führten auc h Reiseveranstaltungen durch , i n deren Verlau f Bauern Industriewerk e un d städtische s Elen d ode r abe r Ziviliste n eine n Vorführschützcngraben a n de r Fron t besichtige n konnten. 120 191 8 wurde von de r Reichsregierun g di e »Zentralstell e fü r Heimataufklärung « einge richtet, di e in Zusammenarbei t mi t Arbeitgeberverbänden , de m Bür o fü r Sozialpolitik un d de m »Kulturbun d deutsche r Gelehrte r un d Künstler« 121 die behördlichen un d anderen Propagandaaktivitäten koordiniere n un d intensivieren sollte. 122 Brennpunkte der propagandistischen Aktivitäte n wur den di e Werbefeldzüge , i n dene n di e Bevölkerun g zu r Zeichnun g de r Kriegsanleihen bewegt werden sollte. 123 Als di e Stimmun g sic h trot z alle r diese r Aktivitäte n imme r weite r ver schlechterte, kame n schließlic h doc h Bemühunge n i n Gang , ei n gewisse s Maß a n zentralisierte r Organisatio n herzustellen . Da s 1915 eingerichtete Kriegspresseamt wa r jedoch alles andere als das vom Reichstagsabgeordneten Erzberger geforderte »geistig e Kriegsernährungsamt«; sein e Bemühungen auf dem Gebiet der Propaganda waren so wenig erfolgreich, da ß es gegen Kriegsend e das Verdikt au f sich zog, e s stelle »ein e der traurigsten Er scheinungen der ganzen Kriegszeit« dar. 124 Auch die Oberste Heeresleitung drängte au f Abstellun g de r »unerquickliche n Erscheinunge n i m Innern« , die die Stimmung de s Heeres untergrüben. 125 Die folgenreichst e Maßnahm e tra f di e Reichsregierun g daraufhi n au f dem Gebie t de r staatliche n Filmpolitik . Di e Jahre 1917/18 markieren de n Übergang vo n der bis dahin betriebene n prohibitive n z u einer manipulati ven staatliche n Filmpolitik. 126 Hatte n di e Behörden sic h i n der Vorkriegszeit und auch noch in den ersten beiden Kriegsjahren mi t Lichtspieltheater n und dem neuen Mediu m Fil m vorrangig unte r dem Gesichtspunkt ausein andergesetzt, da ß dies e i n ihre n Auge n ein e Gefah r fü r de n sittliche n Zu stand de r Jugen d darstellten , erkannte n si e nu n »di e außerordentlich e Macht de s Films« be i der »Beeinflussun g de r Masse«. 127 191 6 bereits hatte das preußisch e Kriegsministeriu m di e privat e »Deutsch e Bioscop-Gesell schaft« beauftragt , unterhaltsam e antifranzösisch e Film e z u produzieren , ohne daß die Beteiligung de r Regierung a n diesem Unternehme n bekann t werden solle . Auc h di e »Deutsch e Lichtspielgesellschaft« , hinte r de r de r Großindustrielle Alfre d Hugenber g stand , produziert e mi t Regierungsbe teiligung patriotisch e Filme. 128 I m Jahr 1917 wurde dan n da s Bild - un d Filmamt (Bufa ) gegründet , da s sich aus der Abwehrstelle de s Auswärtigen Amtes entwickelte und dessen Zielsetzung es war, »den Film im nationalen Interesse so zu verwenden, daß er einmal aufklärend wirkt und zum anderen in der Lage ist, in geeigneter Weise das Gefühl der Bevölkerung zu beeinflussen«.129 253 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Ende 1917 folgte di e Gründung de r Universum-Film-A G (Ufa) , durc h di e der amtlich e Charakte r de r Filmforderun g verborge n werde n sollte . Au f die Geschäftsführun g diese r Aktiengesellschaf t hatt e da s Reic h maßgebli chen Einfluß. 130 Die ersten Schritt e auf de m Gebiet des Propagandahlms ließen an (Qualität noc h viel z u wünschen übrig . De r Eindruc k de r erste n Bufa-Film e au f die Aufklärungsoffizier e »wa r kei n unbeding t befriedigender« ; di e Front szenen seie n sentimenta l un d nachgestell t un d sollte n nac h ihre r Empfeh lung au f keinen Fal l de n Soldate n vorgeführ t werden. 131 Un d verzweifelt e Kinobesitzer klagten, e s sei vom Besuche r »zu vie l verlangt , wen n derselb e ¾ Stunden lan g ode r noch länger einschlagende Granaten, Schützengräben , ausgestorbene s Gelände , Gefangen e etc . ansehe n soll,.132 Ein Anfang wa r jedoch gemacht , un d in der Zwischenkriegszeit sollt e sich die Uf a zu m beherrschende n Unternehme n de r deutsche n Filmindustri e entwickeln. Die vielfältige n Initiative n au f de m Gebie t de r Meinungsmanipulatio n riefen zwa r schließlic h auc h di e deutsch e Reklamewirtschaf t au f den Plan , die hier völli g neu e Professionalisierungschance n witterte. 133 Di e Zeit wa r jedoch z u kur z un d da s Gelände staatliche r Propagand a noc h z u unerkun det, al s daß merkliche Wirkun g au f die Volksmeinung hätt e ausgeübt wer den können. Di e negative Haltun g de r Bevölkerung erwie s sich gegenübe r allen Versuchen, si e zu beeinflussen, al s resistent, vo r allem »weil die Frauen und Jugendlichen größtenteils jeder Aufklärung unzugänglic h sind und jeden diesbezügliche n Versuc h mi t de m Schlagwor t ›Stimmungsmacher ‹ ab lehnen«.134 Bei den besonders aufwieglerischen Fraue n und Jugendlichen schad e »Auf klärung« ehe r als daß sie Nutzen bringe, klagt e ein bayerisches Bezirksamt , weil si e »vielmeh r nu r zu r Gegenagitatio n (reize) , die dan n williges Gehö r finde«.135 Auch den innerhalb der Militär- und Zivilbürokratie fü r die Propagand a Verantwortlichen wa r bewußt , da ß di e Weiterentwicklun g de r staatliche n Meinungsmanipulation ers t i n de r Nachkriegszei t ihr e Wirksamkei t vol l entfalten könne n würde . Di e inhaltlichen un d organisatorische n Maßnah men un d Überlegunge n darüber , wi e de n Regierunge n un d Behörde n de r Zugang zu r Eben e de r Wirklichkeitskonstruktio n »vo n unten « eröffne t werden sollte , wurde n dahe r auc h scho n i m Hinblic k au f die Nachkriegs zeit konzipiert . Dan n sei , wi e imme r wiede r beton t wurde , di e staatlich e Propaganda soga r besonder s wichtig , d a di e bislan g gedämpfte n Gegen sätze aufeinande r pralle n würden ; auc h da s preußisch e Abgeordnetenhau s wäre - ganz unabhängi g vo n eventuelle n Wahlrechtsänderunge n - nicht mehr wie bislang ei n Gegengewicht gege n de n Reichstag un d die dort ver 254 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

tretene Sozialdemokratie . U m dies e Schwierigkeite n z u überwinden , se i e s erforderlich, da ß »ein möglichs t große r Teil unserer Bevölkerung bewußte n Anteil am Zusammenleben nimmt. . . In dieser Beziehung das Wissen vom Staat . . . zu klären, is t nach wie vor die stärkste Aufgabe der Zivilaufklärung. « 136 Die Technik , »da s Wisse n vo m Staa t z u klären « oder , i n de r Sprach e de s Philosophen Erns t Cassirer , de n Mytho s vo m Staa t planmäßi g z u erzeu gen, nah m i m Erste n Weltkrie g ihre n Ausgang . Di e Blütezei t ihre r Nutz anwendung zo g dan n mi t de r Vorbereitun g un d de r Durchführun g de s Zweiten Weltkrieg s herauf : »Die neuen politischen Mythen« , schrie b Ernst Cassirer 1944/1945 im Hinblic k au f das nationalsozialistische Deutschland , »wachse n nicht frei auf. . . Sie sind künstlich erzeugte Dinge , vo n seh r geschickte n un d schlaue n Handwerker n erzeugt . . . Künftig könne n Mythe n i m selbe n Sinn e un d nac h denselbe n Methode n erzeug t werden, wi e jed e ander e modern e Waff e - wie Maschinengewehr e ode r Aeroplane . . . Es ha t di e ganz e For m unsere s soziale n Leben s geändert . . . Selbst di e furchtbarsten System e de s Despotismus begnügte n sic h damit , de n Mensche n be stimmte Gesetze des Handelns aufzuzwingen. Si e kümmerten sich nicht um die Gefühle, Urteil e un d Gedanke n de r Menschen . . . Nun ginge n di e moderne n politi schen Mythen auf ganz andere Art vor. Sie begannen nicht damit, bestimmt e Handlungen z u forder n ode r z u verbieten . Si e unternahme n es , di e Mensche n z u wan deln, u m imstande zu sein, ihr e Taten zu regulieren und zu beherrschen. Di e politischen Mythe n handelte n au f dieselb e Weis e wi e ein e Schlange , di e versucht , ihr e Opfer z u lähmen , bevo r si e si e angreift . Di e Mensche n fiele n ihne n zu m Opfe r ohne jeden ernsten Widerstand. Si e wurden besiegt und unterworfen, bevo r sie sich klargemacht hatten, was eigentlich geschah.« 137

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5. Zusammenfassung und Schlußbemerkungen »Emancipation vom System ist Fortschritt«. Karl Gutzkow1 »Wir mache n de m hohen Sena t der Stadt Hambur g de n Vorschlag: Wi r wollen unsere Männer und Söhne aus dem Krieg wieder haben und wollen nicht langer noch hungern - es muß Frieden gemacht werden. Der hohe Senat muß uns darin beistehen, sonst machen wir was anderes«. Aus dem Brief »mehrerer Hamburger Kriegerfrauen « an den Hamburger Senat vom 11. 8. 19162 Wo es sich u m Frauengeschicht e handelt , strande t di e Frag e nach de r län gerfristigen Bedeutun g vo n Ereignissen , Strukture n un d historischen Pro blemlagen meis t frühe r ode r späte r a n de n definitorische n Untiefe n de s Begriffs »Emanzipation« . Di e Problematik, di e dem Emanzipationsbegrif f eigen ist , sei n äußers t schillernde r Charakter , is t eine Folg e seiner Karrier e als politische r Kampfbegriff . Si e begann bereit s in de n erste n Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts: Als Bewegungsbegriff mi t kritischer Spitz e gegen die zeitgenössische Gesellschaftsstruktu r fan d er Verwendung i n den Debatte n um di e politische, rechtlich e un d sozial e Gleichberechtigung vo n Katholi ken und Juden, Arbeiter n und Frauen. 3 Der Bedeutungsgehalt vo n »Eman zipation« wa r damal s und ist noch heute in bezug au f die Frauen eine proklamierte Bewegun g entlan g de r Zeitachse : di e Befreiun g vo n überkom menen rechtlichen und anderen Bindungen mi t dem Zweck einer größere n Gleichberechtigung i n der jeweiligen Gegenwart vor dem Erwartungshori zont eine r freiheitlichere n zukünftige n Gesellschaft . Sobal d de r Emanzipa tionsbegriff unreflektier t i n geschichtswissenschaftlichen Analyse n Einzu g hält, verkehr t sic h infolgedesse n sei n ursprünglic h kritische r Gehal t leich t in eine affirmative, rückwärtsgewandt e Sinnstiftun g de r jeweiligen Gegen wart: I n de r rückschauende n Betrachtun g wir d di e Zeitachs e unmerklic h vom politische n Bezugsfel d zu r Meßlatte; entsprechend de r zeitlichen Ent wicklungsdynamik, di e im Emanzipationsbegriff imme r mitschwingt , ist , wer heut e al s Nachgeborene(r ) übe r Frauen-»Emanzipation « i n de r Ver gangenheit spricht , pe r definitionem »emanzipierter« , nämlic h Zeitgenos sin un d Zeitgenoss e de r Zukunf t vo n damals . Au s solche m Blickwinke l liegt dan n auch der Umkehrschluß seh r nahe, »emanzipatorische « Züg e an 256

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der Vergangenheit imme r dort feststellen zu können, wo sie der Gegenwart ähnlicher wir d - nicht meh r »Emancipation vom Syste m is t Fortschritt« , wie Kar l Gutzko w 1835 proklamierte, sonder n »Emanzipation « is t de r Fortschritt des Systems (in Richtung Gegenwart). 4 Aus gu t begründete m Mißtraue n gege n diese s Spieglei n a n de r Wand , das immer wiederholt , »wi e wir's dann zuletzt so herrlich weit gebracht«, 5 bemüht di e Frauengeschichtsforschung de n Emanzipationsbegriff nurmeh r selten. Ih r Interesse richtet sich vielmehr - ebenso wie dies bei der Alltagsgeschichte de r Fal l is t un d auc h aus ähnliche n gegenwartskritische n Moti ven herau s - zunehmend au f Widerständigkeit, Verweigerun g un d Protes t von Fraue n in der Geschichte. 6 Doch auch diese Herangehensweise a n ver gangene Gegenwar t is t dort , w o si e unreflektier t vorgeht , mitunte r mi t einem anachronistische n »bias« behaftet, de r ebenfall s au s gegenwarts orientiertem Wunschdenke n gespeis t wird. Vo r dem Hintergrund aktuelle r politischer un d ökologische r Basisbewegunge n un d Protestformen , di e nicht i n da s traditionell e Parteienspektru m eingebunde n sind , gerä t di e rückblickende Untersuchun g nicht angepaßten und von der jeweiligen Ob rigkeit negati v sanktionierte n Verhalten s nich t selte n i n di e Gefah r retro spektiver Idealisierung . S o kan n e s geschehen , da ß Protestbewegunge n und -aktione n de r Vergangenhei t - besonders, wen n si e hinsichtlich ihre r Inhalte, Gegne r oder Formen gewisse Ähnlichkeite n mi t heutigen Protest potentialen aufweise n - auch dan n Kriti k a m Syste m al s Motiv unterstell t wird, wen n diese zwar objekti v »Kriti k im System« zu m Ausdruck brach ten, sic h selbst jedoch möglicherweis e ga r nicht als »systemkritisch« wahr nahmen un d dahe r de r subjekti v gemeint e Sin n de r Aktione n un d Bewe gungen ein ganz anderer war. 7 Ebenso wie bei »Emanzipation « is t auch bei »Widerstand « di e Wahrnehmung un d Intentio n de r jeweiligen Handelnde n da s entscheidend e Krite rium dafür , o b di e Verwendun g de s Bgriff s sinnvol l is t ode r nicht . Un d darüber hinau s is t ebens o wi e be i de n al s »emanzipatorisch « deklarierte n Tendenzen auc h be i »widerständigem « Verhalte n soziale r Gruppe n imme r danach z u fragen , vo n welche n materielle n un d mentale n Auswirkunge n über den gegebenen Zusammenhan g hinau s gesprochen werde n kann. Be i allen Spielarte n eine r Sinnstiftung post festum - unabhängig davon , o b sie mit »emanzipatorischer « Lesar t oder unter Betonung de r verschütteten Al ternativen vorgenomme n wir d - ist besondere Vorsicht angebracht, w o es sich u m di e Untersuchun g vo n Lebensverhältnisse n handelt , die , wi e i m Ersten Weltkrieg, i n extremer Form durch Entbehrungen und Leid geprägt waren. Die s gilt nich t etwa deswegen , wei l sic h hier Anknüpfungspunkt e für die eine oder die andere Lesart grundsätzlich nicht auffinden ließe n - sie sind durchaus vorhanden. Auc h nicht ausschließlich aus wissenschaftsethi schen Gründen, wi e Theodor Lessing sie namhaft gemach t hat, 8 sind Skru pel am Platz. Das Problem besteht vielmehr darin, da ß im Rückblick au f die über vie r 257 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Jahre andauernde Krisensituation , di e der Erst e Weltkrieg au f individuelle r wie kollektive r Eben e darstellte , nu r meh r ode r wenige r begründet e Spe kulationen darübe r möglic h sind , inwiewei t di e Veränderungen jener Zeit , die als »emanzipatorische « ode r »widerständige « Tendenze n angesproche n werden könnten, überhaup t al s solche durch die Betroffenen mitte n aus ihrer desolate n un d chaotische n Lebenssituatio n herau s wahrgenomme n worden sind . D . h. e s is t kau m ermeßbar , wi e wei t dies e Veränderunge n von de n Zeitgenosse n al s Einzeltön e au s de m individuelle n un d allgemei nen Chaos vo n Interferenze n herausgefilter t werde n konnte n un d nicht al s eine Ausnahmeerscheinun g unte r vielen , di e de r Erst e Weltkrie g mi t sic h brachte, möglichs t bal d als Begleiterscheinung eine r Katastrophe endgülti g vergessen wurden . »Emanzipation « ebens o wie »Widerstand « sin d letztlich erfahrungsgeschichtliche Begriffe , wei l sie Phänomene bezeichnen, di e erst in de r Wahrnehmun g durc h di e Betroffene n konkret e Gestal t annehmen . Das heißt nicht, da ß man nicht für beide Interpretationsweisen intersubjek tiv überprüfbare Kriterie n aufstelle n kann . Solch e Kriterien könne n jedoch nicht mehr al s eine fragegeleitete Heuristi k darstellen : Treffen si e auf einen bestimmten Sachverhal t zu , is t die Frage danach angebracht , o b sich in der überlieferten ode r rekonstruierbare n Wahrnehmun g de r Betroffene n An haltspunkte dafür finde n lassen , da ß dieser Sachverhalt ihne n das Gemeinte auch bedeutet haben könnte. Diese Vorgehensweise, au f die Arbeiterfrauen i m Erste n Weltkrieg ange wandt, steh t vor dem Problem, da ß hinsichtlich des Emanzipationsbegriff s selbst der allererste Schrit t noc h zu leisten ist : Ein diskutierter Kriterienka talog dafür, wa s unter »Emanzipation « verstande n werden soll, fehlt . E s ist auch wenig sinnvoll , eine n solche n Katalo g vo n Kriterien unte r der Fragestellung, welch e wirtschaftlichen , soziale n ode r mentale n Veränderunge n unter welche n konkrete n Bedingunge n möglicherweis e »emanzipativen « Charakter habe n könnten , a n diese r Stell e a d hoc z u formulieren . Fü r di e Zwecke einer abschließende n Zusammenfassun g un d Gewichtun g sol l da her ei n pragmatischere r We g eingeschlage n werden . Di e wichtigste n Er gebnisse de r dre i Hauptteil e de r vorangegangene n Darstellun g werde n jeweils unter folgenden Fragestellunge n zusammengefaßt : - Welche Veränderunge n bracht e de r Erst e Weltkrie g fü r di e Lebens - und Arbeitsverhältnisse der städtischen Arbeiterfrauen mi t sich, - inwieweit ware n dies e Veränderungen übe r das Kriegsende hinaus wirk sam und - welche vo n ihne n verbesserte n di e Lebens - und Arbeitsverhältniss e de r Arbeiterfrauen längerfristig ? Ebenso wie auf diese Weise die Fraucn-»Emanzipation« sol l im Anschluß daran de r Frauen-»Widerstand« , wi e e r sic h i m Erste n Weltkrie g äußerte , zusammenfassend charakterisier t werden : - Inwieweit akzentuiert e sich, ist zu fragen, i m sozialen Protes t von Arbeiterfrauen Kriti k im bzw. a m System, d . h. also, 258 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

- von welcher Wahrnehmungsweise wurde er geprägt und - bis z u welche m Gra d ginge n vo n ih m längerfristi g prägend e Einflüss e auf die gesamtgesellschaftliche Entwicklun g un d die Rolle der Arbeiter frauen i n ihr aus?

5. 1. Emanzipation au f Leihbasis: Frauenlohnarbei t 1914-1918 Die quantitativ e Entwicklun g de r weibliche n Lohnarbei t i m Erste n Welt krieg insgesam t folgt e entgegen vorherrschender Meinung dem Muster der Vorkriegszeit: Da s statistisc h erfaßbar e weiblich e Arbeitskräftepotentia l vergrößerte sic h zwische n 1914 und 1918 nicht überdurchschnittlich , s o daß nich t davo n ausgegange n werde n kann , da ß di e Anzah l derjenige n Frauen, di e infolg e de s Krieg s erstmal s ein e Lohnarbeitstätigkei t aufnah men, seh r groß war . Dementsprechen d vergrößert e sic h zwischen de n Berufszählungen vo n 1907 und 1925 die Zah l erwerbstätige r Fraue n nich t i n aus dem Rahmen fallender Weise : 1907 waren 30,5% (8,5 Mio.) der weiblichen Gesamtbevölkerun g (27,9 Mio.) erwerbstätig , 1925 dagegen 35,6% (11,5 Mio.) de r weibliche n Bevölkerun g insgesam t (32,2 Mio.); i m selbe n Zeitraum stie g di e Anzahl erwerbstätige r Männe r vo n 61,4% (16, 7 Mio.) der männliche n Gesamtbevölkerun g (27,1 Mio.) au f 68,0% (20, 5 Mio.) der männlichen Bevölkerun g insgesam t (30,2 Mio.) a n -d h. , da ß die prozentuale Steigerun g de r männliche n Erwerbstätigkei t zwische n 1907 und 1925 etwas ausgeprägte r wa r al s die der weiblichen, nämlic h 6,6% gegenüber 5,1 % betrug.9 Zwa r bemühte n sic h die militärischen un d zivilen Be hörden um eine Mobilisierung de r Frauen für die Kriegsindustrie, i n der ein immer dringlicher werdende r Arbeitskräftemange l herrschte . Doc h gelang es diesen Bemühungen, di e in der zweiten Kriegshälfte zentralisier t un d intensiviert wurden , nicht , de n Arbeitskräftemange l de r Kriegsindustri e durch die vermehrte Einstellung von Frauen zu beheben. Die Ursache n fü r da s Scheiter n de r Frauenmobilisierun g lage n au f ver schiedenen Ebenen . Au f de r politische n un d Verwaltungseben e ware n e s die Ineffizien z un d inner e Widersprüchlichkei t de r allgemeine n Organisa tion un d ihre r konkrete n Maßnahmen , di e e s nicht z u einer durchgreifen den Beeinflussung de s Kriegsarbeitsmarkts komme n ließen. Au f der strukturellen Eben e wa r e s di e Inkongruen z vo n Arbeitskräftenachfrag e un d -angebot, di e eine vermehrte Beschäftigung vo n Frauen in kriegsindustriellen Betriebe n verhinderte : Gesuch t wurde n fü r di e Rüstungsproduktio n nicht so sehr Arbeitskräfte überhaup t als Facharbeiter. Stat t also Frauen einzustellen, di e in der Regel für Facharbeitertätigkeiten nich t qualifiziert wa ren, bemühte n sic h die Rüstungsbetriebe darum , ihr e eigenen Facharbeite r vom Militärdiens t zurückstelle n z u lassen ode r beschäftigten , wen n ihne n dies nicht gelang, liebe r ausländische Arbeitskräft e ode r Kriegsgefangene 259 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

teils, wei l unte r diese n Facharbeitskräft e waren , teils , wei l Auslände r un d vor allem Kriegsgefangen e schlechte r entlohnt und härter angefaßt werde n konnten. Schließlich ga b e s auc h au f de r Eben e de r Lebensumständ e un d Erfah rungsweisen de r betreffenden Fraue n selbst Faktoren, die dazu führten, da ß sich ein erheblicher Teil von ihnen an einer Arbeitsaufnahme i n der Kriegsindustrie nich t interessier t zeigte : Di e Fraue n wußten , da ß ihr e Tätigkei t auf eine m rüstungsindustrielle n Arbeitsplat z - in Branche n also , di e vo r dem Krieg hauptsächlic h männlich e Arbeitskräft e beschäftig t hatte n - nur vorübergehender Ar t sei n würde , da ß si e be i Kriegsend e de n zurückkeh renden Soldate n z u weichen hätten . Hoffnunge n darauf , dauerhaf t i n diese meist besse r bezahlte n »männlichen « Branche n einzuziehen , konnte n si e also nich t hegen . A m wenigste n ka m Industriearbei t fü r solch e Fraue n i n Frage, di e Angehörig e z u versorgen hatten : Di e Tatsache, da ß auch nicht lohnarbeitende Frauen keineswegs arbeitslos, sondern in den meisten Fällen — dies gal t nämlic h nich t nu r fü r Ehefraue n un d Mütte r - als Familienar beitskräfte unersetzba r waren , erwie s sic h al s ein wichtige s Hinderni s be i der Mobilisierun g vo n Fraue n fü r di e Kriegsindustrie . Selbs t wen n dies e Frauen es möglich mache n konnten, ihr e Kinder oder andere versorgungsbedürftige Angehörig e anderweiti g unterzubringen , blie b ihnen von ihrem Arbeitslohn - nach Abzug de r Fahrtkosten, de s Verschleißes von Kleidun g und Schuhen und der durch die Kinderunterbringung entstehende n Koste n — häufig nich t so viel übrig, da ß dies der Mühe wert gewesen wäre. Entwe der gelang e s solchen Frauen , sic h und ihre Angehörigen vo n de m Geld zu ernähren, da s sie über die Arbeitslosen- oder die Familienunterstützung be zogen - was ihne n dadurc h »erleichtert « wurde , da ß gege n Gel d sowies o immer wenige r z u kaufe n war , stat t desse n abe r imme r meh r lebensnot wendige Konsumgüte r durc h Eigenarbei t herbeigeschaff t werde n muß ten -, oder aber sie nahmen Heimarbeitsaufträge an . Auc h unabhängig da von, o b sie Kinder ode r andere Personen zu versorgen hatten, zoge n in der Fabrikarbeit unerfahren e Fraue n häufi g di e Heimarbei t vor , vermutlich , weil dies e einen weniger einschneidenden Bruc h gegenüber den bisherige n Lebensverhältnissen darstellte . Zwa r produzierte n i n de r Kriegszei t auc h die Heimarbeiter/innen vo r allem für den Heeresbedarf. Dennoc h betrach teten di e Arbeitsmarktbehörden di e Zunahme de r Heimarbeiter/innenzah l als arbeitsmarktpolitisch unerwünscht , d a die Produktivität eine r Heimar beitskraft deutlic h unter der einer industriellen Arbeitskraft lag . Wie aus der Darstellun g de r weiblichen Lohnarbei t im Erste n Weltkrie g hervorgeht, ha t es jedoch durchaus in den Betrieben der Kriegsindustrie ei nen seh r deutliche n Anstie g de r Frauenarbei t gegeben . E s konnte gezeig t werden, da ß sich diese neuen weibliche n Arbeitskräft e de r Kriegsindustri e vorwiegend au s Frauen rekrutierten, di e bislang i n anderen Branche n ode r nichtindustriellen Tätigkeite n beschäftig t gewese n waren . Vo r alle m fü r Dienstmädchen, Landarbeiterinne n un d Arbeiterinne n au s de r Textilindu 260 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

strie und anderen Branchen, dere n Produktion im Krieg stagnierte oder zurückging, stellt e die Kriegskonjunktur ein e Chance dar , au s schlechter be zahlten Tätigkeite n ode r solche n mi t eine r größere n persönliche n Abhän gigkeit abzuwandern . Hie r wie auch beim großen Andran g vo n Frauen auf die Büroarbei t be i militärischen Behörden und Kriegsgesellschaften sprich t allein scho n di e groß e Zah l vo n Frauen , di e diese n Wechse l au s eigene m Antrieb vornahmen, dafür , da ß diese Eröffnung neue r Arbeitsbereiche von den betreffenden Fraue n subjektiv als Chance zur Verbesserung ihre r Situation wahrgenommen wurde . Da s wird auch durch Umfragen bestätigt , au s denen hervorgeht , da ß im Krie g au f »Männerarbeitsplätze « i n de r Metall industrie eingestellte Arbeiterinnen ihre neue Tätigkeit über den Krieg hin aus beibehalte n wollten . Mi t de r Erweiterun g de s Arbeitsplatzspektrum s für Fraue n brachte der Erste Weltkrieg also objektiv wi e subjektiv eine Veränderung zu m besseren und damit eine Chance zur Emanzipation (i m oben umrissenen Sinn) . Darübe r hinau s ware n dies e i m Krieg beobachtete n Trends - die Abwanderun g weibliche r Arbeitskräft e au s de m häusliche n Dienst un d de r Landwirtschaf t ebens o wi e ihr e vermehrt e Beschäftigun g auf vor de m Krie g überwiegen d »männlichen « Arbeitsplätze n i n de r Me tall-, Elektro - oder chemische n Industri e ode r in Angestelltentätigkeiten nicht auf die Jahre von 1914 bis 1918 beschränkt. Si e hatten bereits vor 1914 begonnen un d prägte n sic h nac h 1918 immer stärke r aus. 10 I n welche m Ausmaß dies e Verschiebun g weibliche r Arbeitsbereich e durc h de n Erste n Weltkrieg beschleunig t worden ist, is t schwer zu beurteilen - und zwar au s dem gleiche n Grund , au s dem auch di e Chance zu r Emanzipation , di e die Eröffnung neue r Arbeitsbereich e de n Fraue n i m Erste n Weltkrie g gebote n haben mag , doc h wiede r mi t eine m Fragezeiche n versehe n werde n muß : Die Veränderung, di e der Krieg au f diesem Gebie t mit sich gebracht hatte , wurde im Verlauf der Demobilmachung 1918/19 zum großen Teil zunächst einmal wieder rückgängi g gemacht , beginnen d mi t den auch für die Frauen attraktiveren Arbeitsplätzen . Di e Tätigkei t de r Angestellte n be i militäri schen Behörden und Kriegsgesellschaften endet e zusammen mit diesen Organisationen; un d die industriellen Arbeitsplätze , au f denen vorher Männe r gearbeitet hatten , mußte n di e Fraue n meis t räumen , al s di e Soldate n zu rückkehrten. O b also die tendenzielle Verlagerun g vo n Frauenberufen , di e die Berufszählung vo n 1925, verglichen mi t 1910, belegt, ehe r durch die in der Kriegszeit gemachte n Erfahrunge n ode r durch di e anschließende Infla tionszeit verstärk t wurde , mu ß bi s z u eine r genauere n Untersuchun g de r Frauenarbeit i n de r Inflationszei t offe n bleiben . Ein e weiter e Frage , di e ebenfalls ers t auf der Basis von Studien übe r die Nachkriegszeit beantwor tet werden kann , is t die, o b vielleicht diejenige n Frauen , di e in der Kriegszeit di e Erfahrun g hatte n mache n können , da ß si e vorhe r al s »männlich « deklarierte Arbeitsplätz e durchau s auszufülle n vermochten , wenigsten s diese Erkenntni s - wenn scho n nich t di e Arbeitsplätz e selbs t - mit i n di e Nachkriegszeit hinübernehme n un d darau f aufbaue n konnten . I n beide n 261 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Fällen wäre jedoch die Wirkung de s Ersten Weltkriegs nach dem Einschnitt der Demobilmachung indirekte r Art. Direkte Auswirkunge n übe r di e Kriegszeit hinau s zeitigte dagege n ein e andere Entwicklung , di e mi t de r Frauenlohnarbei t i m Erste n Weltkrie g verknüpft war , di e Intensivierun g sozialpolitische r Aktivitäte n gegenübe r lohnarbeitenden Frauen . Di e zweit e Kriegshälft e hatt e au f diese m Gebie t einen Aufschwun g mi t sic h gebracht , desse n Effektivitä t zwa r durc h di e schwierigen materielle n un d personellen Bedingungen diese r Zei t un d di e mangelnde Aufgeschlossenhei t de r meisten zuständige n militärische n Vor gesetzten sozialpolitische n Bestrebunge n gegenübe r begrenz t wurde , de r aber dennoc h innovativ e Züg e trug . Sowei t Arbeiterinne n überhaup t i n den Genu ß de r erweiterte n sozialpolitische n Aktivitäte n kame n - die Mehrheit de r lohnarbeitende n Fraue n wurd e wege n de r genannte n Be grenztheit de r sozialpolitische n Bestrebunge n ga r nich t ers t erreich t -, empfanden si e diese offensichtlic h al s positiv. Doc h auch hie r bracht e da s Kriegsende insofern eine n Rückschritt, al s es in der Regel nich t gelang, di e »von Fraue n fü r Frauen « betrieben e Sozialpoliti k de r zweiten Kriegshälft e in de n Aufgabenkatalo g einzel - ode r gesamtstaatliche r Politi k de r Nach kriegszeit überzuleiten. 11 Nu r au f de n untere n Verwaltungsebene n hatte n die Frauenreferate der Kriegsamtsstellen zu m Teil eine Zukunft. I n Preußen waren i m Juni 1919 achtzehn Frauenreferat e de n Oberpräsidie n bzw . de n Regierungsbezirken angeglieder t worden. 12 Dies e Überleitun g de r regio nalen Frauenreferat e i n die zivilen Behörde n hatt e das Demobilmachungs amt in die Wege geleitet. 13 Nach der Überwindung einige r innerbürokrati scher Konflikte, di e sich in Fragen der Zuständigkeit un d der Finanzierun g ergeben hatten, übernah m sei t dem 1. Oktober 1919 die preußische Regie rung di e Kosten für die mittlerweile de n Ober- bzw. Regierungspräsiden ten unterstellten Frauenreferate. 14 D a so wenigstens ei n Teil derjenige n In stitutionen un d Personen , di e währen d de s Krieg s di e sozialpolitisch e Flankierung weibliche r Lohnarbei t geleite t hatten , auc h nac h de m Krie g tätig blieb , wir d ein e verstärkende Wirkun g de s Erste n Weltkrieg s au f die Institutionalisierung weibliche r Sozialarbei t offensichtlic h - eine Tendenz, die bereit s vo r de m Krie g begonne n hatte. 15 Sowei t dies e Entwicklun g frauenemanzipative Aspekt e aufwies , bezoge n sic h dies e jedoch ehe r au f diejenigen - vorwiegend bürgerliche n - Frauen, dene n sic h infolg e diese r Professionalisierung dauerhaf t Tätigkeitsgebiet e un d Arbeitsplätz e er schlossen, al s au f Arbeiterfrauen : Da s eigentlich e Kernstüc k de r au f di e Frauenlohnarbeit gerichtete n Sozialpoliti k de r Jahre 1916-1918, die Insti tution der Fabrikpflege , dünnt e in der Nachkriegszeit imme r meh r aus ; so kann zwa r davo n gesproche n werden , da ß da s soziale Net z nach dem Er sten Weltkrie g bi s z u eine m gewisse n Gra d unte r seine m Einflu ß dichte r geknüpft wurde , nich t aber davon, da ß dies für städtische Arbeiterinnen in besonderem Maß e galt . Di e längerfristigen Folge n de r hie r beschriebene n Kriegssozialpolitik sin d also weniger au f dem Gebiet der Frauenemanzipa 262 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

tion - soweit es Arbeiterfrauen betriff t - als im Zusammenhang derjenige n Entwicklung z u sehen, di e ganz allgemein zu m modernen Sozialstaa t hin führte.16 Einen wesentliche n Schrit t im Rahmen de r Ausprägung de s Sozialstaat s stellte darübe r hinau s auc h di e Textilarbeiter/innenunterstützun g de r Kriegszeit dar , mi t dere n Gewährun g da s Reic h un d di e Einzelstaate n i n diesem Umfan g erstmali g ein e Verantwortun g für die materiell e Unter stützung erwerbslose r Arbeiter/inne n anerkannte . Dies e Vorfor m staatli cher Arbeitslosenunterstützung , i n die neben den Beschäftigten de r Textilindustrie später auch die Arbeiter/innen einiger anderer Branchen einbezogen wurde n (z . B. Beschäftigt e i n der Konfektion un d Tabakverarbeitung ) und die im Fal l der Textilindustrie vo r allem zur Unterstützung weibliche r Arbeitsloser diente , stellt e eine n Vorläufe r de r 1927 einsetzenden staatli chen Arbeitslosenversicherung dar . Schließlich ist hier noch auf die Löhne, Arbeitsbedingungen un d Qualifi kationsstruktur sowi e au f die Ar t un d Weis e einzugehen, i n de r di e indu strielle Arbei t vo n Fraue n in dieser Zeit durch die Frauen selbst und durch andere gesellschaftlich e Gruppe n wahrgenomme n wurde . Auc h hie r stell t sich di e Frage , o b möglich e Verbesserunge n feststellba r sind , di e ein e Emanzipation vo n Arbeiterfrauen i m oben gemeinten Sinn gefördert habe n könnten. Hinsichtlich de r Arbeitsbedingunge n un d de r Qualifikationsstruktu r von Fraue n ware n di e Auswirkunge n de s Erste n Weltkrieg s vorwiegen d negativer Art . Di e Möglichkeite n zu r berufliche n Qualifikatio n ver schlechterten sich relativ sowoh l für Fraue n als auch für männliche Jugendliche, wei l vor dem Krieg in Gang gekommene Bemühungen um eine Verbesserung de s Qualifikationsniveaus unterbroche n un d durch kurzfristige , spezialisierte Anlernverfahre n ersetz t wurden . Di e Arbeitsbedingunge n von Fraue n un d jugendlichen Arbeiter n verschlechterte n sic h absolu t in folge der faktischen Außerkraftsetzung vo n Arbeitsschutzbestimmungen . Die beide n andere n Paramete r weibliche r Lohnarbei t - Lohnstruktur und Wahrnehmungsmuste r - erforderten ein e ausführlichere Betrachtung . Die Differen z zwische n Frauen - und Männerlöhne n verringert e sic h zwi schen 1914 und 1918 um einige Prozent, woz u die größere Nachfrage nac h Frauenarbeit und die Tatsache, daß Frauen vermehrt in »Männerindustrien « mit ihre m höhere n Lohnnivea u einrückten , woh l gleichermaße n beigetra gen haben . De r wichtigst e Grun d fü r dies e tendenziell e Annäherun g de s Lohnniveaus war jedoch, da ß die Kriegsjahre trotz des Anstiegs der Nomi nallöhne - der be i de n Fraue n etwa s stärke r ausgepräg t wa r al s be i de n Männern - durch ei n deutliches Sinke n de r Reallöhne gekennzeichnet wa ren: Je mehr sich das allgemeine Lohnniveau - ausgenommen einige besonders star k angestiegen e Facharbeiterlöhn e - dem Existenzminimu m nä herte, dest o mehr nivellierten sich die Löhne, da die unteren Lohngruppen , also vo r alle m di e weibliche n Beschäftigten , ehe r a n demjenige n Punk t 263 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

angekommen waren , a n de m di e Löhn e aufhörten , ei n sinnvolle s Mitte l der Existenzsicherun g z u sein . Unte r diese n Bedingunge n un d i n Anbe tracht de r Tatsache , da ß i n de r zweite n Kriegshälft e gan z allgemei n de r Reallohnverlust dadurc h verschärf t wurde , da ß wesentlich e Konsumgüte r für Geld überhaup t nich t meh r erstande n werde n konnten , stellt e di e ge ringfügige Nominallohnverbesserun g de r Arbeiterinnen kein e tatsächlich e Verbesserung ihre r Lebenssituatio n dar . S o kan n ma n zwa r sagen , da ß strukturell betrachte t - der Erst e Weltkrie g ein e wichtig e Etapp e au f dem Weg z u eine r gewisse n Angleichun g de s weibliche n un d männliche n Lohnniveaus darstellte; 17 erfahrungsgeschichtlich betrachte t stellte n jedoch ein paa r Prozentpunkt e nominale n Zugewinn s keine n Fakto r dar , de r vo r dem Hintergrund de r viel konkreteren un d sehr bedrückenden Lebensver hältnisse de r Kriegszei t ein e emanzipatorisch e Wirkun g hätt e entfalte n können. Die wichtigste Veränderung , di e die Art und Weise erfuhr, i n der weibliche Lohnarbeit im Krieg wahrgenomme n wurd e - und zwar sowohl durc h die Frauen selbst als auch durch andere gesellschaftliche Gruppe n -, war ihr Aufstieg z u einem Gegenstand nationalen Interesses unter positiven Vorzeichen. Hatte vor dem Krieg die Erörterung mögliche r und tatsächlicher Folgen weibliche r Lohnarbei t fü r di e Familien , di e Männer(löhne ) sowi e den gesundheitlichen un d »sittlichen « Zustan d de r Arbeiterinne n überwogen , wurde die s nunmeh r überlager t durc h di e Aufwertun g de r Frauenlohnar beit zu m Diens t i n de r vaterländische n Kriegswirtschaft. . Den Arbeiterin nen, di e bislang durc h die öffentliche Resonan z ihrer berufliche n Tätigkei t wenig verwöhn t worde n waren , bo t dies e Entwicklun g durchau s ein e Chance z u größere m berufliche n un d persönliche n Selbstbewußtsei n un d damit einen Zugewinn an Emanzipation. Jedoch ist auch hier eine wesentliche Einschränkun g z u machen . Di e öffentlich e Wertschätzung , dere r sic h die weibliche Lohnarbei t i m Erste n Weltkrie g erfreute , dar f nicht darübe r hinwegtäuschen, da ß si e eine m Provisoriu m galt , desse n Andauer n übe r das Kriegsende hinau s keineswegs erwünsch t war . Di e Beschäftigung vo n Frauen an »Männerarbeitsplätzen« wurd e nicht als solche begrüßt, sonder n als kriegswirtschaftlich e Notwendigkeit . Di e Wertschätzun g bezo g sic h ausschließlich und einhellig au f Arbeiterinnen al s Platzhalter, solang e »No t am Manne « war , führt e abe r keinesweg s z u eine r größere n gesellschaftli chen Akzeptan z vo n Frauenlohnarbei t generell . Nac h de r Demobilma chung sollten , wa r de r Konsens , di e Arbeiterinnen ihr e im Krie g erstmal s eingenommenen Arbeitsplätz e de n Männer n wiede r überlassen . Dies e Erwartungshaltung, de r de r faktisch e Verlau f de r Demobilmachun g späte r vollauf entsprechen sollte , wa r auch den Arbeiterinnen selbs t durchaus bekannt. Auc h sie konnten ihr e Kriegstätigkeit nu r als vorübergehende erle ben, deren Beibehaltung z u keinem Zeitpunkt ernsthaft i n Erwägung gezo gen wurde . Insofer n bewirkte n di e beiden Veränderunge n de r weibliche n Lohnarbeit i m Krieg , di e am ehesten emanzipatorisch e Züg e truge n - die 264 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

ideologische Aufwertun g ebens o wi e di e partiell e Außerkraftsetzun g de s geschlechtsspezifischen Arbeitsmarkt s - nur ein e vorübergehende Verbes serung: eine Emanzipation auf Leihbasis.

5.2. Emanzipation vo m System : Frauen in der städtischen Arbeiterfamili e 1914-1918 Die einschneidende n Wandlungen , di e de r Krie g fü r da s Alltagslebe n de r städtischen Bevölkerun g mi t sic h brachte , prägte n i n ebenso entscheiden der Weis e di e Famili e al s diejenig e gesellschaftlich e Einrichtung , di e di e »Bewerkstelligung de s Alltagslebens« z u leisten hatte. Gan z allgemein be stand die zentrale Auswirkun g de s Ersten Weltkriegs auf die Familie in einer Verschiebun g de s Verhältnisse s ihre r beide n Funktionsbereich e zuein ander: Die reproduktiven Familienleistunge n - das Gebären und Aufziehe n von Kinder n sowi e die Versorgung un d emotionale Stabilisierung vo n Erwachsenen - gingen i m Krieg star k zurück . Dies e Entwicklun g wa r vo r allem au f den Rückgan g de r Eheschließunge n un d au f die Trennung zahl reicher Ehe n un d Familie n infolg e de r Einberufunge n zurückzuführen . Demgegenüber wuchse n diejenige n Aufgaben , di e den Familien - und das heißt insbesondere den Frauen - hinsichtlich der Produktion und Konsumtion vo n Güter n zukamen , imme r meh r an. Die s war nicht nur darauf zurückzuführen, da ß i m Krie g auc h städtisch e Familie n gezwungenermaße n wieder zu r Eigenproduktio n vo n Nahrungsmittel n übergingen ; auc h de r Erwerb vo n Konsumgüter n gestaltet e sic h insbesonder e i n de r zweite n Kriegshälfte unte r de n Bedingunge n de s allgemeine n Mangel s un d de r Rationierung imme r schwierige r un d zeitintensiver. De r Zusammenbruc h des Geld- und Konsumgütermarkts verwie s darüber hinaus die Frauen und Familien sei t 1916 zunehmend au f nicht meh r übe r de n Markt vermittelt e illegale Forme n de r Daseinsvorsorge , di e besonders arbeitsaufwendig un d zeitintensiv waren . S o wurde n di e wirtschaftliche n Leistunge n zu m prä genden Moment des Familienlebens im Krieg. Wie vor n gezeig t werde n konnte , ergabe n sic h sowoh l au s de m Rück gang de r reproduktive n Familienleistunge n al s auc h au s de m Überhand nehmen de r wirtschaftliche n familiäre n Aufgabe n strukturell e Problem e für die Kriegsgesellschaft al s ganze. Regierunge n un d Verwaltungen einer seits un d Fraue n un d Familie n andererseit s entwickelte n i n de r Wahrneh mung dieser Problemlagen und im Umgang mi t ihnen konfligierende Stra tegien, di e sich, w o sic h kein e als durchsetzungsfähig erwie s - wie insbe sondere un d a m folgenreichste n i n de r Frag e de r Nahrungsmittelbewirt schaftung -, gegenseitig konterkarierten . Infolg e diese r Entwicklun g prägte sic h i m Erste n Weltkrie g ei n höchs t komplexe s strukturelle s wi e mentales Beziehungsgefüge zwische n den Familien bzw. den für sie verant265 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

wortlichen Fraue n un d de r Obrigkei t heraus : I m Vergleich zu r Vorkriegs zeit intensiviert e sic h da s Verhältni s zwische n »der « Famili e un d »dem « Staat; staatliche Eingriffe i n das Familienleben und deren Folgen nahmen an Umfang un d Intensität zu . Gleichzeiti g stie g die Bedeutung de r Familie als eines Faktors , mi t dem staatliches Handel n zu rechnen hatte, un d es wuchs eine entsprechend e Bereitschaf t de r Fraue n un d Familien , sic h de m Staa t gegenüber al s selbständi g Handelnd e z u verstehen. Dies e strukturelle un d mentale Intensivierun g de s Verhältnisses zwischen Familie n und Obrigkei t führte i m gleichen Zug e dazu, da ß sich die Anlässe zur Entstehung und die Bereitschaft zu r Austragun g vo n Konflikte n unterschiedlichste r Ar t ver mehrten. Den krasseste n un d unmittelbarste n Wande l i m Bereic h de r familiäre n Reproduktion bewirkt e de r Krieg durc h de n Rückgang de r Eheschließun gen und der Geburtenzahlen. Sein e eigentliche Bedeutun g lieg t jedoch we niger i n de r Signifikan z de r statistische n Entwicklun g al s in de r Tatsache , daß es sich bei dem Geburtenrückgang de r Kriegszeit zwa r auch (aber kei neswegs ausschließlich ) u m ein e gleichsa m automatische Folg e der Einbe rufung heirats - un d zeugungsfähige r Männe r zu m Militä r handelte . Viel mehr entwickelte sich unter dem Einfluß de r Kriegsverhältnisse sowohl bei den Regierunge n un d Verwaltunge n al s auc h be i de n Fraue n un d ihre n Männern ei n i n diese m Ausma ß neuartige s Bewußtsei n davon , da ß di e Frage, o b eine Frau Kinder zu r Welt bringt und wenn ja, wi e viele, bewuß t entschieden werde n konnt e ode r mußte . Di e Anzahl de r Kinder je Famili e hatte sic h auc h Vo r dem Krie g keinesweg s grundsätzlic h naturwüchsi g er geben, sonder n wa r auc h bisher schon in wachsendem Umfan g meh r oder weniger erfolgreich vo n einem Ehepartner oder beiden gemeinsam zu steuern versuch t worden . De r Krie g setzt e hier jedoch insofer n neu e Akzente , als i n seine m Verlau f di e Bevölkerun g ihre n Kenntnisstan d i n Frage n de r Empfängnisverhütung erheblic h verbesserte und wesentliche Anstöße dazu erhielt, ih n auch in die Praxis umzusetzen. Gleichzeiti g wurd e auf der politischen Eben e die Steuerung de s generativen Verhalten s der Bevölkerung jedenfalls de r Versuc h daz u - in de n Aufgabenkatalo g vo n Regierunge n und Verwaltungen aufgenommen . Die Ausgangsimpulse fü r diese Entwicklung gabe n der Staat und die Militärfuhrung. Zu m eine n reduzierte n di e Einberufungen di e Zahl der Väte r und solcher , di e e s hätte n werde n können ; de m Rückgan g de r Geburte n ging de r Rückgan g de r potentielle n Väte r voraus . Zu m andere n wurde n die eingezogene n Männer , au f deren physisch e un d psychisch e Stabilitä t zumindest bi s zu dem Zeitpunkt ihre s Einsatzes an der Front - großer Wert gelegt wurde , mi t Duldun g un d soga r Unterstützun g de r Militärführun g auf außerehelich e sexuell e Dienstleistunge n verwiese n und , zu m Schut z vor eine r Ansteckun g mi t Geschlechtskrankheiten , i n Techniken un d Mit teln der Prophylax e unterrichtet . D a diese vorbeugenden Maßnahme n ge gen Geschlechtskrankheite n zu m Tei l mi t de n vorbeugenden Maßnahme n 266 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

gegen Empfängnis identisc h waren, hatt e das Militär - zusammen mi t dem informellen Kommunikationsnet z de r Zivilbevölkerung , i n de m di e Frauen untereinande r entsprechend e Kenntniss e weitergabe n - einen nich t unerheblichen Antei l a n de r Erhöhun g de s einschlägige n Wissenstandes . Gleichzeitig entwickelt e sic h i m Krie g ei n vermehrte s Bedürfni s nac h Geburtcnplanung, un d zwa r be i Staa t un d Bevölkerun g au s entgegengesetz ten Motiven . Regierunge n un d Verwaltunge n versuchten , durc h ein e in tensivierte pronatalistisch e Sozialpoliti k sowi e entsprechend e gesetzlich e und propagandistisch e Maßnahme n da s weiter e Absinke n de r Geburten zahl z u verlangsamen. I m Gegensatz dazu verstan d di e Bevölkerung ange sichts de s Krieg s unte r de r Geburtenplanun g ehe r di e geplant e Verhinde rung vo n Geburten . Ih r erschien die Kriegsgesellschaft nich t als das geeig nete Umfel d fü r Kinder : Di e äußers t bedrängte n Lebensverhältniss e de r Kriegszeit machte n da s Aufziehe n vo n Kinder n z u eine r fas t unlösbare n Aufgabe; un d da s Erlebni s eine r Gegenwart , z u dere n Normalitä t e s ge hörte, da ß täglich Tausend e von Männer n a n den Fronte n getöte t wurden , prägte eine pessimistische Zukunftserwartung, i n der weibliche Kinder nur zum Hunger n un d männlich e nu r fü r da s Massengra b bestimm t z u sei n schienen. Die zunehmend e inner e Ablehnun g de r Kriegsverhältniss e verlie h s o dem Wille n zu r Beschränkun g de r Kinderzah l ein e durchau s politisch e Note. Di e pronatalistischen Bemühunge n vo n Reich, Staate n und Gemeinden gingen a n diesem bewußten Wille n de r Bevölkerun g zu r Geburtenbe schränkung vorbei , erkannte n ih n alle m Anschei n nac h nich t einma l al s wesentlichen Faktor . Ih r Katalo g vo n Maßnahme n un d Forderunge n wa r an eine Bevölkerun g gerichtet , di e nicht selbs t Strategie n entwickelt e un d durchführte, sonder n primä r außengeleite t wa r un d durch Verbot e - etwa bei der Abtreibun g — und positive Anreiz e - insbesondere eine verbessert e sozialpolitische Betreuun g vo n Müttern und Kleinkindern — in ihrem Han deln lenkba r war . Infolgedesse n lage n di e wesentlichste n Konsequenze n der pronatalistische n Politi k de r Kriegszei t nich t i n ihre r unmittelbare n Wirksamkeit, di e angesichts der vorn skizzierte n Einstellun g de r Bevölke rung gering war , sonder n in ihrer Wegbereiterrolle: Di e Bevölkerungspoli tik - verstanden als gezielte staatliche Einflußnahme au f das generative Verhalten de r Bevölkerun g - war al s staatliche Aufgab e etabliert ; gleichzeiti g markierte de r Ausba u de r pronatalistische n Sozialpoliti k vo n Reich , Staa ten un d Kommune n eine n weitere n Entwicklungsschrit t i n Richtun g au f den modernen Sozialstaat . Der Geburtenrückgang wa r zwa r de r spektakulärste, nich t abe r der ein zige Bereich, a n dem sich die krisenhaften Folge n der abnehmenden Repro duktionsleistungen de r Famili e i m Krie g aufzeige n lassen . Wi e z u zeige n versucht worde n ist , ergabe n sic h weiter e problematisch e Konsequenze n aus de r vielfachen , of t langfristige n un d zu m Tei l endgültige n Trennun g von Ehen und Familien durch die Einberufung de r Männer. Di e emotiona267 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

len Beziehungen de r Familienmitglieder un d vor allem Ehegatten zueinan der, dere n Realisierungsmöglichkeite n i m Krieg au f die wenigen Urlaubs tage de r Militärangehörige n un d insbesonder e au f de n - erstmalig zu m Massenphänomen werdende n - brieflichen Verkeh r beschränk t wurden , litten au f der individuellen Eben e unter starke n Entfremdungserscheinun gen. Au f der gesellschaftlichen Eben e jedoch wurde n di e emotionalen Be ziehungen gerad e i n ihre r reduzierte n For m z u einem verstärkende n Mo ment de r Kriegsmüdigkei t i n de r Heima t wi e a n de n Fronten . De r Brief verkehr zwische n Fron t un d Heimat , vo r alle m di e Brief e vo n »Krieger frauen« a n ihre eingezogenen Ehemänner , erfüllte , nachde m e r zum Rest bestand der wichtigsten sozialpsychische n Funktio n von Ehe und Familie sinnstiftende Einhei t un d Or t gemeinsamer Wirklichkeitskonstruktio n z u sein - geworden war , dies e Aufgabe zwa r nur ausschnitthaft, i n dieser Be schränktheit abe r seh r nachdrücklich : Inde m di e Fraue n sic h au f da s We sentlichste beschränken mußten, wenn sie ihren Männern, Väter n und Söhnen über ihren Alltag berichte n wollten, beschriebe n sie immer wieder und sehr drastisc h di e Schwierigkeiten un d Entbehrungen ihre r und ihrer Kin der Existenz . Infolgedesse n wurd e di e innerfamiliär e Kommunikatio n z u einer von den Behörden gefürchteten Quell e subversiver Stimmungen . Ein weitere s Proble m erga b sic h daraus , da ß di e räumlich e Trennun g zahlreicher Ehepaar e eine Auslagerung sexuelle r Beziehungen au s den ehelichen Bindungen zur Folge hatte. Dies führte zu einem Anstieg de r Prosti tution - sowohl i m Etappengebie t wi e i n Deutschlan d selbs t - und dami t zu einer Verbreitung vo n Geschlechtskrankheiten auc h in bisher davon we nig berührte n Schichte n un d Regionen. Darübe r hinaus jedoch und seitens der Behörden schwieriger , d a nicht mit dem üblichen sitten- und seuchenpolizeilichen Instrumentarium z u handhaben , ka m e s zur Verallgemeine rung nicht - bzw . außereheliche r sexuelle r Beziehungen . Realitä t un d öf fentliche Norm liefen hierbe i jedoch keineswegs parallel. Hatte n schon vor dem Krieg außereheliche Beziehungen insbesondere von Frauen moralische und zu m Tei l auc h juristische Sanktione n zu r Folg e gehabt , wurde n i m Krieg vo r alle m zwe i Kategorie n außer - un d nichteheliche r Beziehunge n von Fraue n geradez u zu m unpatriotischen Akt . Di e erste bestand au s ver muteten ode r tatsächliche n außereheliche n Beziehunge n de r »Krieger frauen«, dere n Sexualverhalte n vo n de n Behörde n au s Rücksich t au f di e Stimmung a n der Fron t besonders scharf beobachtet wurde . Zweiten s be traf dies alle Frauen, die, ob verheiratet oder nicht, Beziehunge n zu Kriegsgefangenen eingingen ; di e Zivil- und Militärbehörde n ahndete n dies e im mer häufige r werdende n Verbindungen , w o sie bekannt wurden , mi t Ge richtsurteilen un d öffentlichem Pranger . Da ß diese spezifische Verbindun g von Sexualitä t un d Patriotismu s ausschließlic h a n de n Fraue n exekutier t wurde, nich t abe r zugleic h fü r Soldate n un d Offizier e i m Etappengebie t galt, wurd e scho n von zeitgenössischen, besonder s vo n weiblichen Beob achtern durchaus kritisiert. 268 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Das letzt e Problemfeld , da s unte r de m Aspek t de r zurückgehende n fa miliären Reproduktionsleistunge n i m Krie g untersuch t wurde , betriff t di e Sozialisation de r Jugendlichen. Di e Einziehung der Väter, Lehre r und Polizisten beraubte, s o die Wahrnehmung de r Zivil- und vor allem der Militärbehörden de s Heimatgebiets , di e Gesellschaf t de r zentrale n Disziplinie rungsinstanzen, wa s sich ihrer Meinun g nac h besonders auf die männlich e Arbeiterjugend schädlic h ausgewirkt habe . Den Müttern mangele es an der erforderlichen Konsequen z un d Durchsetzungsfähigkeit , wa s zusamme n mit de r größere n finanziellen Selbständigkeit , persönliche n Unabhängig keit und dem erhöhten Selbstbewußtsein infolge der wichtigeren Rolle , di e die jugendlichen Arbeite r al s Miternähre r ihre r Familie n un d al s wichtig e Arbeitskräfte de r Kriegsindustrie einnahmen, z u besorgniserregender Auf sässigkeit, Kriminalitä t und Verwahrlosung geführ t habe. Es waren besonders di e Militärbehörden, di e durch gesetzgeberische un d andere Maßnahmen - die spektakulärste wa r de r sog. Jugendsparzwang - versuchten, di e fehlenden männliche n Disziplinierungsinstanze n qu a Verordnung z u ersetzen. Si e sahen sic h dabe i jedoch de m Proble m gegenüber , da ß die unvoll ständigen Arbeiterfamilie n selbs t ein e gan z ander e Wahrnehmungsweise des gleichen Sachverhalt s hatten. Diejenige n Momente nämlich, au s denen die Militärbehörde n au f die Defizien z de r familiäre n Sozialisatio n vo n jugendlichen Arbeiter n schlosse n - insbesondere di e erhöhte Diebstahlskri minalität, de r Rückgang des Schulbesuchs und ihre generelle Aufsässigkeit , die sich nicht zuletzt in der Tatsache manifestierte, da ß sich aus den Jugendlichen nebe n de n Fraue n die meisten Teilnehme r a n Demonstrationen un d Unruhen rekrutierte n -, spiegelten keinesweg s grundsätzlic h »verwahrlo ste« Familienverhältniss e wider , sonder n oftmal s ehe r umgekehr t da s Funktionieren familiäre r Sozialisatio n unte r de n spezielle n Bedingunge n der Kriegszeit. Inde m sie stahlen, hamsterte n un d mit den Frauen gemein sam demonstrierten , leistete n di e Jugendlichen ihre n Beitra g zu m Fami lieneinkommen - oft i n direkte r »Komplizenschaft « mi t ihre n Müttern : Der Generationenkonflikt, wi e er sich in den Jahren 1914-1918 zumindest in der Wahrnehmung vo n Behörden, Sozialpolitiker n etc . ausprägte , fand , wenn überhaupt , i n den Betrieben, au f den Straßen un d zwischen de r Ar beiterjugend und der Obrigkeit statt, nicht aber in den Familien. Faßt ma n di e hie r kurz umrissene n Veränderungen , di e sich infolg e de s Kriegs i m Bereic h de r reproduktive n Familienleistunge n vollzogen , unte r der Frag e nac h mögliche n emanzipative n Wirkunge n zusammen , is t de r sich verallgemeinernd e Tren d zu r bewußte n familiäre n Geburtenplanun g eindeutig ei n Faktor , de r kurzfristig un d auc h übe r das Kriegsende hinau s die materiell e Situatio n vo n Fraue n un d Familie n verbessert e un d ihne n neue Chance n eine r selbstbestimmte n Lebensplanun g eröffne n konnte . Ambivalenter sin d jedoch di e Auswirkunge n derjenige n Kriegsentwick lungen, di e ma n zusammengefaß t al s Tendenz zur Relativierun g vo n Eh e und Familie als Normalfall menschliche r und vor allem weiblicher Existenz 269 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

bezeichnen kann : daß immer meh r Frauen - insbesondere »Kriegerfrauen « und Arbeiterinnen de r Kriegsindustrie - vorübergehend ode r auf Dauer alleine lebten; daß infolge des Massensterbens heiratsfähiger Männe r weniger Frauen damit rechne n konnten, ein e Ehe zu schließen; und schließlich, da ß häufiger nichtehelich e bzw . außerehelich e sexuell e Beziehunge n eingegan gen wurden . Fü r Frauen, di e ein solches Infragestellen vo n Eheschließun g und Familiengründun g al s Leitlinie weibliche r Biographi e mi t individuel lem Sin n zu erfüllen wußten , inde m si e sich alternativen Arbeits - und Lebensformen zuwandten , hatte n auc h dies e Entwicklunge n objekti v wi e subjektiv emanzipatorische n Gehalt . Di e Mehrzah l de r Fraue n schein t jedoch dies e Entwicklunge n nich t al s Bereicherung ihre r Wahlmöglichkei ten, sonder n al s Verhinderun g vo n traditionelle n Lebensentwürfe n emp funden z u haben , nämlic h al s Unvermögen , di e vo n ihne n präferiert e Wahl, z u heiraten un d Kinde r z u bekommen , treffe n z u können. Di e von den Frauen selbst internalisierte Redeweise vom »Frauenüberschuß« , i n der das geringe Selbstwertgefühl eine s überschüssigen un d damit überflüssige n Bevölkerungsteils mitschwingt , de r i n seine r zentrale n Bestimmun g al s defizient erleb t wird , spiegel t die s wider . Ähnlic h zweischneidi g ware n vermutlich di e Konsequenzen, di e die Zunahme nichteheliche r un d außer ehelicher Beziehunge n fü r di e einzelnen Fraue n hatte. Möge n auc h hie r in einigen Fällen die befreienden un d bereichernden Aspekt e derartiger Erfah rungen überwogen haben , herrscht e wohl bei den meisten Fraue n der Eindruck vor , da ß es sich hier um eine nicht um ihrer selbst willen bevorzugt e Notlösung handelt e - um ein e Notlösun g darübe r hinaus , di e durc h di e Obrigkeit un d di e veröffentlicht e Meinung , sowei t e s di e Fraue n betraf , hart sanktionier t wurde , wodurc h sic h di e auc h vo r de m Krie g gültig e Doppelmoral mi t einem patriotischen Zungenschlag ne u akzentuierte. Hinsichtlich de r produktiven un d konsumtiven Familienleistunge n is t in der vorliegenden Arbei t als erste wichtige Veränderung, di e der Erste Weltkrieg bewirkte , di e Entwicklun g de s Familieneinkommen s untersuch t worden. Di e Einführun g de r sogenannte n Familienunterstützun g be i Kriegsbeginn, di e de n Verlus t a n Geldeinkommen ausgleiche n sollte , de n die Einberufun g männliche r Erwerbstätige r fü r di e »Kriegerfamilien « be deutete, macht e Staat un d Gemeinden z u einer zentralen Quell e familiäre n Einkommens. Ni e zuvo r sin d s o viele Fraue n un d Familie n übe r eine n s o langen Zeitrau m - bis zum Kriegsende, wen n die betroffenen Männe r den Krieg überlebten , i n einigen Fälle n auch über das Ende des Kriegs hinaus in dieser Höhe von Staats wegen alimentiert worden . Der zweite wesentliche Faktor , de r das Familienbudget i n der Kriegszei t beeinflußte, wa r de r Anstie g de r Lebenshaltungskoste n un d de r partiell e Zusammenbruch de r Geldwirtschaft i n der zweiten Kriegshälfte : Di e mei sten Konsumgüte r verteuerte n sic h kontinuierlich , un d imme r meh r vo n ihnen ware n schließlic h gan z vo m Mark t verschwunde n un d fü r Gel d überhaupt nicht mehr erhältlich. Nachde m so die Familienunterstützung i n 270 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

den erste n Kriegsmonate n zunächs t fü r einige , besonder s fü r di e einkom mensschwächsten un d kinderreichste n Familie n ein e Erhöhun g de s Le bensstandards bewirk t hatte , verlor si e im weitere n Kriegsverlau f ebens o wie da s Geldeinkomme n allgemei n a n Bedeutun g fü r di e materiell e Exi stenz der Bevölkerung . Demgegenüber gewanne n di e nichtmonetären Strategie n familiäre r Da seinsvorsorge im Ersten Weltkrieg fü r städtische Familien eine Bedeutung , die si e sei t Begin n de r Urbanisierun g un d de r allgemeine n Durchsetzun g kapitalistischer Marktwirtschaf t i m 19. Jahrhundert dort nicht mehr gehabt hatten. I n diesem Zusammenhang verändert e sich der Charakter der städtischen Hauswirtschaft entscheiden d un d in divergierender Weise . Einerseit s wurde di e Hauswirtschaf t unmittelbare r i n ih r gesellschaftliche s Umfel d eingebunden, stärke r kontrollier t un d i n ihrer Relevan z für di e Gesamtgesellschaft deutliche r wahrgenommen : Di e Bewirtschaftungspoliti k setzt e Margen dafür , wievie l jeder Haushal t verbrauche n durfte , un d kontrollier te dere n Einhaltun g bi s in di e Einzelhaushalt e hinein . Paralle l daz u setzt e eine von Behörden un d Vereinen, vo r allem Frauenvereinen getragen e Öf fentlichkeitsarbeit ein , die den Frauen die Bedeutung ihres hauswirtschaftli chen Handelns für die Gesamtgesellschaft bewuß t machen und sie zu einem der Bewirtschaftungspolitik konforme n Verhalte n veranlassen sollte. Andererseits führte die partielle Außerkraftsetzung de r Geldwirtschaft i n gewisser Weise zu einer wirtschaftlichen Verselbständigun g de r Einzelfami lien: Inde m di e Familienwirtschaf t di e Eigenproduktio n vo n Nahrungs mitteln aufnah m ode r ausbaute , entwickelt e si e Züg e eine r Quasi-Subsi stenzwirtschaft. Un d inde m di e Fraue n un d Familie n imme r häufige r au f illegale Methode n de r Daseinsvorsorg e zurückgriffe n un d hamsterten , plünderten un d stahlen oder durch Demonstrationen un d Streiks in kollektiver Aktio n versuchten , ein e besser e Versorgun g z u erzwingen, unterlie fen si e nicht nu r di e staatliche Bewirtschaftungspolitik , sonder n untergru ben darübe r hinau s dere n ohnehi n gering e Effektivitä t un d Reputatio n nachhaltig un d unwiderruflich . Da s von der Bevölkerung al s schuldhafte s Versagen empfunden e Unvermöge n de r Obrigkeit, ein e den existentielle n Bedarf deckende Versorgun g mi t Konsumgüter n aufrech t z u erhalten , wurde zu m treibende n Moti v dafür , da ß sic h nac h un d nac h i n fas t alle n Bevölkerungsschichten, gan z besonder s abe r be i de n Arbeiterfrauen , ein e Haltung durchsetzte , di e gegen die schlechte Versorgung, schließlic h auc h gegen den Krieg und den ihn führenden Staa t gerichtet war. Eine abschließende Gewichtung dieser Kriegseinwirkungen au f die familiäre Produktio n un d Konsumtio n führt e z u einem sehr ambivalente n Er gebnis. Di e Zahlung de r Familienunterstützung a n die Angehörigen einge zogener Soldaten , vo r alle m a n dere n Ehefrauen , hatt e i n einige n Fälle n eine vorübergehende materielle Besserstellung gegenübe r der Vorkriegszeit zur Folge und bedeutete in allen Fälle n einen wesentlichen - wenn auc h in der zweite n Kriegshälft e a n Bedeutun g star k abnehmende n - Faktor de r 271 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Existenzsicherung. Da ß di e Verfügungsmach t übe r diese s Einkomme n i n stärkerem Ma ß be i den Frauen lag, al s dies vor dem Krieg hinsichtlic h de s Verdienstes ihre s Manne s ode r andere r männliche r Familienangehörige r der Fal l gewese n war , verschafft e diese n ein e objekti v wi e subjekti v grö ßere Selbständigkei t un d ei n dementsprechen d ausgeprägtere s Selbstbe wußtsein. Die s spiegelt e sic h i n Einstellun g un d Verhalte n de r »Krieger frauen« de n Behörde n gegenübe r deutlic h wider . Di e Frage , o b sich dies e Entwicklung längerfristi g auc h i n eine r innerfamiliäre n Gewichtsverlage rung zugunsten der Frauen niederschlug, fuhr t über den Rahmen dieser Arbeit hinaus ; di e Vermutung lieg t abe r nahe , da ß ein e Sozialgeschicht e de r Familie in der Weimarer Republi k hie r zu einer bejahenden Antwor t kom men könnte. Zwar nicht aufgehoben, abe r relativiert werden diese emanzi patorischen Aspekt e der Familienunterstützung allerding s dadurch, da ß sie untrennbar mi t de m öffentlichen Negativ-Imag e de r »Kriegerfrauen « ver bunden waren . W o sie i m öffentliche n Diskur s auftauchten , gescha h da s häufig i n ermahnender Absich t und als Adressaten behördliche r Kritik : Si e seien, hie ß e s den ganze n Krie g hindurch , z u verschwenderisch, drückte n sich vor kriegsnotwendiger Arbeit , vernachlässigte n ihr e Kinder, betröge n ihre Männer , seie n zu anspruchsvoll un d vo r allem z u kritisch. Di e »Krie gerfrauen«, di e sic h diese s negativen Grundton s de r veröffentlichten Mei nung bewuß t waren , hatte n ihm durchaus selbstbewußte Äußerunge n un d Verhaltensweisen entgegenzusetzen . Ihr e Möglichkeit , au s de r staatliche n Unterstützung - die die negativen Konnotationen des »Kriegerfrauen«-Bil des erst eigentlich konstituierte , d a vor alle m aus ihr das Recht zur umfas senden Verhaltenskontroll e abgeleite t wurd e - ein ungebrochene s Selbst wertgefuhl z u entwickeln , wurd e jedoch hierdurc h zumindes t star k be schränkt. Eine ähnlich gelagert e Zwiespältigkeit kennzeichne t auc h die veränderte Rolle de r Hauswirtschaf t i m Krieg . Au f de r eine n Seit e erfuh r si e i m Rahmen de r Kriegswirtschaf t - und damit di e Hauswirtschaft vo n Fraue n als gesellschaftlich relevant e Tätigkei t überhaup t - eine deutlich e Aufwer tung. Abe r auch hier darf nicht davon abgesehen werden, da ß diese erhöhte öffentliche Aufmerksamkei t un d Anerkennun g vo n eine r Intensivierun g faktischer un d moralische r Kontroll e sowi e vo n eine r deutliche n Tenden z begleitet war , hauswirtschaftliche s Fehlverhalte n de r Fraue n al s ein e de r Ursachen fü r di e schlechte Ernährungslag e de r Bevölkerung z u unterstel len: Vor allem den Arbeiterfrauen, hie ß es in den Verlautbarungen vo n Be hörden, Frauenvereine n un d anderen , fehl e e s a n de n nötige n hauswirt schaftlichen Kenntnissen , u m in den schwierigen Ernährungsverhältnisse n der Kriegszei t zurechtzukommen , un d a n de r Fähigkeit , nich t nu r da s Wohlergehen der eigenen Familie, sondern auch das der Gesamtgesellschaf t im Blick z u haben. Der Vorwurf mangelnder hauswirtschaftlicher Qualifi kation wa r nich t nu r untrennba r mi t de r öffentliche n Beachtun g de r ge samtgesellschaftlichen Relevan z von Hausarbeit verbunden, e r war darüber 272 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

hinaus eine s ihre r treibende n Motive : Durc h Vorträge , Kochkurs e un d an deres meh r sollte n di e Hausfraue n überhaup t ers t befähig t werden , ihre r gesellschaftlich wichtige n Funktio n nachzukommen . Insofer n bedeutet e die Aufwertun g de r Hauswirtschaf t i m Erste n Weltkrie g keinesweg s ein e entsprechende Aufwertun g de r Hauswirtschafterinnen, sonder n eher dere n zukunftswirksame Charakterisierun g al s chronisch unterqualifiziert e Haus arbeitskräfte. Der Vorwurf , de n Hausfraue n allgemein , gan z besonder s abe r de n Ar beiterfrauen geh e de r Blic k fü r da s groß e Ganz e ab , steh t für das zweit e wesentliche erzieherisch e Motiv , au s de m sic h da s größer e öffentlich e In teresse a n de r Hauswirtschaf t zwische n 1914 und 1918 speiste. Di e Fraue n sollten darübe r belehr t werden , da ß si e gege n da s Interess e de r Gesamtge sellschaft handelten , wen n si e di e Ernährun g ihre r Familie n übe r di e Ein haltung de r Bewirtschaftungsvorschrifte n stellten , d . h. wen n si e hamster ten, tauschten , stahle n un d sic h beschwerten, i n Ernährungsunruhen ihre m Unmut Luf t machte n un d Staa t un d Gemeinde n - teilweise durchau s er folgreich - zu erpresse n versuchten ; stat t zu r Selbsthilf e z u greifen , sollte n sie lernen , klaglo s durchzuhalte n un d au f di e Obrigkei t z u vertrauen . In dem di e Arbeiterfrauen , stat t diese m Tugendkatalo g de r Untertanengesin nung z u entsprechen , selbständi g un d eigenverantwortlic h handelte n un d so au f ihr e eigen e Weis e di e Existenzsicherun g ihre r Angehörige n z u ge währleisten versuchten , erwiese n si e nicht nu r ihr e Fähigkeite n be i de r Be wältigung vo n Überlebenskrisen ; si e legten darübe r hinau s ein bemerkens wertes Ma ß vo n Unabhängigkei t gegenübe r de n Normen , Ideologeme n und Regulationsmechanisme n de r Kriegsgesellschaft a n den Tag. Dies e un abhängige Haltun g de r meiste n Arbeiterfraue n manifestiert e sic h schließ lich in ihrer generelle n Ablehnun g de s Kriegs und der ihn tragende n Regie rung un d Militärführun g - eine Ablehnung , z u de r sic h di e Fraue n infolg e ihrer Verantwortun g fü r di e Ernährun g de r Familie n vollau f legitimier t fühlten. I n diese r Einstellun g drück t sic h a m eindeutigste n ei n durc h di e Veränderungen de r produktive n un d konsumtive n Familienleistunge n be wirktes emanzipatorische s Potentia l aus . Di e Frauen emanzipierten sic h vo r diesem Hintergrun d - um di e eingang s zitiert e Formulierun g Kar l Gutz kows aufzugreife n - vom System . Di e spontane un d unorganisiert e Weise , in de r si e die s taten , lie ß si e zwa r z u eine m wesentliche n Störfakto r de s kriegsgesellschaftlichen System s werden ; z u seine r Veränderun g bo t si e j edoch keinerlei Handhabe .

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5.3. Der Kampf um di e Sinnstiftung de s Krieg s Die Emanzipatio n de r Arbeiterfraue n vo m Syste m de r Kriegsgesellschaf t schlug sich auch in der aktiven Rolle nieder, die sie im Kampf um die innergesellschaftliche Sinnstiftun g de s Kriegs einnahmen. Si e äußerten ihr e Kritik a m Krie g al s erst e un d a m nachhaltigsten . Si e waren auc h diejenigen , die zusamme n mi t de n Fronturlauber n da s informell e Kommunikations netz aufrecht erhielten , mittel s dessen die Antikriegsstimmung i n der Heimat un d a n de r Fron t imme r weite r verbreite t wurde , bi s schließlic h di e überwiegende Mehrhei t de r Bevölkerun g davo n ergriffe n war . A n ihr e Adresse richtete sich auch nicht zuletzt di e von Regierungen , Militär s un d Verbänden i n Gan g gesetzt e Durchhaltepropagand a un d »Aufklärungs« Tätigkeit, i n deren Rahmen die Einstellung de r Bevölkerung imme r inten siver überwach t un d immer meh r Instrumentarie n eingesetz t wurden , u m sie zu beeinflussen . Die Fraue n erwiese n sic h zwa r i n ihre r negative n Wahrnehmun g de s Kriegs un d der Kriegsgesellschaf t al s resistent gegenübe r alle n Versuchen , die Burgfriedensmentalitä t de r erste n Kriegsmonat e wiederherzustellen . Doch zeigt e sic h umgekehr t auc h de r kriegführend e Staa t al s durc h di e Wahrnehmung de r Fraue n zwa r partiel l durchau s beeinflußbare , letztlic h aber nicht umstrukturierbare Größe: Das Ende des Kriegs wurde durch den militärischen Zusammenbruch Deutschland s herbeigeführ t un d da s End e des deutsche n Kaiserreich s i n parlamentarisc h ode r außerparlamentarisc h organisierten politische n Aktivitäte n exekutiert. 18 Di e Fraue n hatten , in dem si e de n Rückhal t de s kriegführende n Staat s i n de r Bevölkerun g s o nachhaltig unterminierten , ein e wesentlich e Voraussetzun g dafü r geschaf fen, da ß diese Entwicklungen ihre n ohn e diese Vorgeschicht e unverständ lich raschen Lauf nahmen. Ih r Einfluß fan d jedoch sein Ende mit dem Ende des Kriegs: Wieder einmal wa r hie r eine For m sozialen Protests zu m Mas senphänomen geworden , di e sich durch spontane und unorganisierte indi viduelle Regelverletzun g un d Episode n kollektive n Handeln s ausgezeich net hatt e un d auc h scho n i n vorindustrielle n Gesellschafte n ein e Domän e der Frauen gewese n war . Ein e Fortsetzung übe r den Krieg hinau s fan d si e in dieser Intensitä t nicht . I n und nach der Novemberrevolution wurd e di e Austragung vo n Interessenkonflikten wiede r mediatisier t un d institutiona lisiert. Di e Parteien, vo r allem die Sozialdemokratie, meldete n sic h aus ihrer mehr als vierjährigen Schattenexisten z al s organisierte politisch e Hand lungsträger zurück , un d mi t de n Arbeiter - un d Soldatenräte n konstitu ierten sich vorübergehend neue. Frauen waren weder hier noch dort in größerem Umfang beteiligt . Organisiertes, mediatisierte s und institutionalisiertes politisches Handeln blieb, gegenübe r de r Vorkriegszei t nu r leich t gemilder t un d durc h da s Frauenwahlrecht19 ergänzt , weitgehen d ein e Domän e de r Männe r un d is t dies im große n un d ganzen noc h heute. De r Frage, worau f diese kontinu 274 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

icrliche Unterrepräsentan z de r Fraue n au f der Eben e organisierte n politi schen Handelns zurückzuführen ist , kan n an dieser Stelle nicht weiter nachgegangen werden. 20 Ein e Antwor t au f di e Frage , waru m di e spezifisc h weiblichen Forme n spontane n un d unorganisierte n kollektive n Handeln s so star k a n ihr e jeweiligen historische n Kontexte , hie r de n Erste n Welt krieg, gebunde n z u sein scheinen , da ß sie über dies e hinaus keine Fortset zung finde n un d auch , trot z ihre s nich t unbeträchtliche n Einflusse s i m Rahmen de r gegebene n Situation , kein e beobachtbare n längerfristige n Konsequenzen au f die Gestaltung de r gesamtgesellschaftlichen Verhältniss e und di e Rolle de r Fraue n in ihnen haben, deute t sich - ausgehend vo n den Ergebnissen diese r Studi e - jedoc h an . Derartig e kollektiv e Widerstands formen transportiere n keine n mehr oder weniger konkretisierten alternati ven Wirklichkeitsentwur f mi t Langzeitperspektive, au f den hin gelebt un d gehandelt werde n sol l un d vo r desse n Hintergrun d di e jeweilige Gegen wart i n bestimmte n Aspekte n verbesserungsbedürfti g erscheint . Vielmeh r entzünden si e sich an den konkreten Aspekte n ihrer Gegenwart, di e sie beenden un d vo n dene n si e wegführen wollen , ohn e daß da s Wohin formu liert werden kann oder muß. Damit sind ihre Entstehungszusammenhäng e gleichzeitig di e sie begrenzenden Momente: Mit diesem und jenem konkreten Übelstan d ende t schließlich auc h der Protest gegen ihn. Di e Betonung liegt dabe i au f der Konkretheit un d Isolierbarkeit derjenige n Sachverhalte , gegen di e sic h de r Widerstan d richtet . Da s spontan e un d unorganisiert e kollektive Handeln prägt weder abstraktionsfähige Vorstellunge n von Ungleichheit ode r Unterdrückung , noc h ist es von solchen geprägt . Di e ihm zugrundeliegende subversiv e Sinnstiftun g is t situationsimmanent . Dari n gründet sich ihre unmittelbare Vehemenz, aber auch ihre längerfristige Fol genlosigkeit. De r sozial e Protes t de r Kriegszei t artikulierte , u m noc h ein mal au f di e obe n gemacht e Unterscheidun g zurückzukommen , objekti v wie subjekti v Kriti k a m und nich t nu r i m Syste m - das gemeinte Syste m waren jedoch de r Krie g un d die herrschenden Kreise , di e in der Wahrnehmung de r Bevölkerun g ih n und sein e Folge n zu verantworten hatten . Fü r eine nicht mehr kriegführende Gesellschaf t bo t diese Wahrnehmung wede r Erklärungs- noc h Handlungsweisen : Hatte n di e Fraue n un d ander e sic h von 1914 bis 1918 vom System emanzipiert, emanzipiert e sich in der Folge das System wieder von ihnen.

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Anmerkungen Einleitung 1 Th. Lessing , Geschicht e al s Sinngebung de s Sinnlosen, Münche n 1983, S. 156, 216. 2 »Denn s o wi e de r Erfol g eine s Theaterabends , gan z gleichgültig , o b da s gespielt e Stüc k etwas taug e ode r unbedeuten d sei , imme r mitabhängi g is t vo n de r Tätigkei t eine r bezahlte n oder freiwillige n Claque, s o sind di e Urteil e übe r da s Theater de s Leben s vo n de n Geschichts schreibern abhängig ; dies e abe r sind , freiwilli g ode r unfreiwillig , nu r ein e organisiert e Claque, die vo n ihre m Staa t ode r ihre r Parte i dafü r bezahl t wird , da ß ei n bestimmte s Theater stück nich t durchfalle , wofü r si e ihr e Nahrun g un d eine n bevorzugte n Freiplat z i m Parket t erhalten. Dami t kauf t ma n sie ; si e klatsche n sic h di e Händ e wun d un d dürfe n dabe i glauben , die Weltenrichter z u sein«; ebd. , S . 119f . 3 Ebd., S . 156f f 4 S. hierz u u . a . L . Niethammer , Anmerkunge n zu r Alltagsgeschichte, in : Gd, Jg. 5, 1980 , S. 231-242; H.-U. Wehler , De r Bauernbandi t al s neue r Heros , in : Di e Zeit , Nr . 39, 18 . Sept. 1981, S. 44; D. Peukert , Arbeiterallta g - Mode ode r Methode? , in : H . Hauman n (Hg.) , Arbei teralltag i n Stad t un d Land , Berli n 1982, S. 8-39; R. M . Berdah l u . a., Klasse n un d Kultur . So zialanthropologische Perspektive n i n de r Geschichtsschreibung , Frankfur t 1982; J . Kocka , Klassen ode r Kultur ? Durchbruc h un d Sackgasse n i n de r Arbeitergeschichte , in : Merkur , Jg. 36, 1982 , S. 955-965; M. Broszat , Plädoye r fü r Alltagsgeschic]hte . Ein e Repli k au f Jürgen Kocka, in : ebd., S . 1244-1248; H.-U. Wehler , Neoromanti k un d Pseudorealismu s i n der neue n »Alltagsgeschichte«, in : Preuße n is t wiede r chic , Frankfur t 1983, S. 99-106; V . Ullrich, All tagsgeschichte. Übe r eine n neue n Geschichtstren d i n de r Bundesrepublik , in : NPL , Jg . 29, 1984, S. 50-71; D. Peukert , Neuer e Alltagsgeschicht e un d Historisch e Anthropologie , in : H . Süssmuth (Hg.) , Historisch e Anthropologie . De r Mensc h i n de r Geschichte , Göttinge n 1984, S. 57-72; J . Kocka , Historisch-anthropologisch e Fragestellunge n - ein Defizi t de r Historische n Sozialwissenschaft?, in : ebd. , S . 73-83; H. Medick , »Missionar e i m Ruderboot« ? Ethnologi sche Erkenntnisweise n al s Herausforderun g a n di e Sozialgeschichte , in : GG , Jg. 10, 1984 , S. 295-319; K. Tenfelde , Schwierigkeite n mi t de m Alltag , in : ebd. , S . 376-394; Nagl-Docekal u . Wimmer (Hg.) , Neu e Ansätz e i n de r Geschichtswissenschaft, Wie n 1984; Heer u. Ullric h (Hg.) , Geschichte entdecken . Erfahrunge n un d Projekt e de r neue n Geschichtsbewegung , Reinbe k 1985; H.-U. Wehler , Geschicht e - von unte n gesehen , in : Di e Zeit , Nr . 19, 3 . Mai 1985, S. 64; Brüggemeier u . Kock a (Hg.) , Geschicht e vo n unte n - Geschichte vo n innen . Kontroverse n u m Alltagsgeschichte, Hage n 1985; J . Kocka , Sozialgeschicht e i n de r Bundesrepublik . Entwick lungen sei t Mitt e de r 70e r Jahre , in : ders. , Sozialgeschichte . B e g r i f f - Entwicklun g - Probleme, Göttinge n 1986 2. 5 G. Bock , Historisch e Frauenforschung : Fragestellunge n un d Perspektiven , in : K . Hause n (Hg.), Fraue n suche n ihr e Geschichte . Historisch e Studie n zu m 19. und 20. Jahrhundert, München 1983, S. 22-60, hier: 34. Zu Fragestellunge n un d Ansätze n de r Frauengeschicht e auch K . Hausen , Women's Histor y in den Vereinigte n Staaten , in : GG, Jg. 7, 1981 , S. 347-363; L. W . Banner, O n Writin g Women' s History , in : JIH, Jg . 2 , 1971 , S . 347-358 ; N . Z . Davis , »Women's History « i n Transition . Th e Europea n Case , in : Feminis t Studies , Jg . 3 , 1976 , S. 83-103; J. Kelly-Gadol , Th e Socia l Relatio n o f th e Sexes : Methodologica l Implication s o f

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Anmerkungen zu S . 14-15 (Quellen zu r Geschicht e de r deutsche n Gewerkschaftsbewegun g i m 20. Jahrhundert, Bd . 1), Köln 1985; G. D . Feldman , Armee , Industri e un d Arbeiterschaf t i n Deutschlan d 1914 bis 1918, Berlin/Bonn 1985. Siehe hierz u jetzt auc h de n Literaturberich t vo n H.-G . Husung , Ar beiterschaft un d Arbeiterbewegun g i m Erste n Weltkrieg : Neu e Forschunge n übe r Deutsch land un d England , in : K . Tenfeld e (Hg.) , Arbeite r un d Arbeiterbewegun g i m Vergleich . Be richte zur internationalen historische n Forschung , Münche n 1986, S. 611-664. Zu Familien , Lebensbedingunge n un d Allta g i m Krieg : K.-L . Ay , Di e Entstehung eine r Re volution. Di e Volksstimmun g i n Bayer n währen d de s Ersten Weltkriegs , Berli n 1968; V . Ullrich, Kriegsalltag . Hambur g i m Erste n Weltkrieg , Köl n 1982; Wall w . Winte r (Hg.) , Th e Upheaval o f War : Family , wor k an d welfar e i n Europ e 1914-1918 , Cambridge 1988; V . Daniel, Women's Wor k i n Industry and Family , 1914-1918, in: ebd., S . 267-296; zur Mentalitäts geschichte de s Erste n Weltkrieg s (mi t Schwerpunk t au f Soldaten) : E . Jirgal, Di e Wiederkeh r des Weltkrieg s i n de r Literatur , Wien/Leipzi g 1931; W. K . Pfeiler , Wa r and th e German Mind . The Testimon y o f Me n o f Fictio n wh o fough t a t th e front , Ne w Yor k 1941 ; P. Fussell , Th e Great Wa r an d Moder n Memory , Londo n 1975 ; H. M . Klei n (Hg.) , Th e Firs t Worl d Wa r i n Fiction, Londo n 1976 ; E . J. Leed , N o Man' s Land . Comba t an d Identit y i n Worl d Wa r I , Cambridge 1979 ; ders. , Clas s an d Disillusionmen t i n Worl d Wa r I , in : JMH, Jg . 50 , 1978 , S . 680-699; R . Wohl, The Generatio n o f 1914 . Cambridge , Mass . 1979 ; K . Vondun g (Hg.) , Kriegserlebnis, Göttinge n 1980; Τ. Ashworth, Trenc h Warfar e 1914-1918 . Th e Liv e an d Le t Live System , Londo n 1980 ; B . Hüppauf (Hg.), Ansichte n vo m Krieg . Vergleichend e Studie n zum Erste n Weltkrie g i n Literatu r un d Gesellschaft , Königstein/Ts . 1984. Die bislan g einzig e sozialgeschichtliche Studie , di e ihren Gegenstan d i m Kontex t de r Kriegsgesellschaf t al s ganze r analysiert, is t imme r noc h Jürgen Kocka s »Klassengesellschaf t i m Krieg « (s . dies e Anmerkun g oben). 11 Zum Modernisierungsbegrif f i n der neuere n Geschichtswissenschaft s . z . Β . H.-U. Weh ­ ler, Modernisierungstheori e un d Geschichte , Göttinge n 1975; ders.: Vorüberlegungen z u eine r modernen deutsche n Gesellschaftsgeschichte , in : Industriell e Gesellschaf t un d politische s Sy stem, Bon n 1978, S. 3-20; Th. Nipperdey , Problem e de r Modernisierun g i n Deutschland , in : Saeculum, Jg . 30, 1979 , S. 292-303; Ruffmann u . Altrichte r (Hg.) , »Modernisierung « versu s »Sozialismus«. Forme n un d Strategie n soziale n Wandel s im 20. Jahrhundert, Erlange n 1983. 12 S. z . B . S . Bajohr , Di e Hälft e de r Fabrik . Geschicht e de r Frauenarbei t i n Deutschlan d 1914 bis 1945, Marburg/L. 1979, S. 101; s. a. ebd. , S . 119, 127 ; U. von Gersdorff , Fraue n i m Kriegsdienst 1914—1945, Stuttgart 1969, S. 10; abgeschwächt dies. : Frauenarbeit un d Frauene manzipation i m Erste n Weltkrieg , in : Francia , Jg. 2, 1974 , S. 502-523, hier: 522; Bieber, Ge werkschaften, S . 207; Ch. Sachße , Mütterlichkei t al s Beruf . Sozialarbeit , Sozialrefor m un d Frauenbewegung 1871-1929, Frankfurt 1986, S. 152. Ohne i n Termin i wi e »Emanzipation« , »Gleichberechtigung« o . ä. gefaß t z u werden , durchzieh t di e Annahm e eine r wi e auc h imme r gearteten förderlichen Wirkun g de s Erste n Weltkrieg s au f die Roll e de r Fraue n i n de r Gesell schaft auc h zahlreich e weiter e Veröffentlichungen . S . ζ. Β . Μ.-Ε . Lüders, Da s unbekannt e Heer. Fraue n kämpfe n fü r Deutschlan d 1914-1918, Berlin 1937, S. 226-229 und passim; Ch . Lorenz, Di e gewerblich e Frauenarbei t währen d de s Kriegs, in : dies, und P . Umbreit , De r Krie g und di e Arbeitsverhältnisse , Stuttgar t u . a. 1928, S. 390 und passim; Α. Seidel, Frauenarbei t i m Ersten Weltkrie g al s Proble m de r staatliche n Sozialpolitik , dargestell t a m Beispie l Bayerns , Frankfurt 1979, S. 3 und passim; A . Marwick , Wa r and Socia l Change i n th e Twentiet h Cen­ tury. A Comparativ e Study of Britain , France , Germany , Russi a an d th e Unite d States , Lon ­ don 1979 3, S . 49, 223 und passim. 13 Siehe hierz u U. Gerhard , Verhältnisse un d Verhinderungen . Frauenarbeit , Famili e un d Rechte de r Fraue n i m 19. Jahrhundert, Frankfur t 1981 2, un d H . Schröder , Di e Rechtlosigkei t der Fra u i m Rechtsstaat . Dargestell t a m Allgemeine n Preußische n Landrecht , a m Bürgerli chen Gesetzbuch un d an J . G . Fichte s Grundlage des Naturrechts, Frankfurt/Ne w Yor k 1979. 14 Siehe hierz u z . B. Boc k u . Duden , Arbei t au s Lieb e - Liebe al s Arbeit . Zu r Entstehun g

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Anmerkungen zu S . 18-24 der Hausarbei t i m Kapitalismus , in : Fraue n un d Wissenschaft . Beiträg e zu r Berline r Sommer universität für Frauen Juli 1976, Berlin 1977, S. 118-200; H. Rosenbaum , Forme n de r Familie , Frankfurt 1982; V . Frevert, The Civilizin g Tendenc y o f Hygiene, in : Fou t (Hg.), German Wo men, S. 320-344. 15 Berger u . Luckmann , Di e gesellschaftlich e Konstruktio n de r Wirklichkeit . Ein e Theori e der Wissenssoziologie , Frankfur t 1982 7; Schüt z u . Luckmann , Strukture n de r Lebenswelt , 2Bde., Frankfur t 1979/1984; Sprondel u. Grathof f (Hg.), Alfre d Schüt z un d di e Idee des Alltag s in de n Sozialwissenschaften , Stuttgar t 1979; Hammerich u . Klei n (Hg.) , Materialie n zu r Sozio logie de s Alltag s (KZSS-Sonderhef t 20/1978), Opladen 1978; L. Landgrebe , Lebenswel t un d Geschichtlichkeit de s menschliche n Daseins , in : B . Waidenfel s u.a . (Hg.) , Phänomenologi e und Marxismus , 2: Praktische Philosophie , Frankfur t 1977, S. 13-58; A. Schütz , Gesammelt e Aufsätze, 3 Bde, De n Haa g 1971/72; Schütz un d Parsons, Zur Theori e soziale n Handelns . Ei n Briefwechsel, Frankfur t 1977; Th . Luckmann , Lebenswel t un d Gesellschaft . Grundstrukture n und geschichtlich e Wandlungen, Paderbor n u . a. 1980. 16 Berger un d Luckmann , Konstruktion , S . 164. S. hierz u auc h da s Konzep t eine r histori schen Sozialisationsforschung , wi e e s vo n Ulric h Herrman n entwickel t wurde : U . Herrmann , Probleme un d Aspekt e historische r Ansätz e i n de r Sozialisationsforschung , in : Hurreiman n u . Ulrich (Hg.) , Handbuc h de r Sozialisationsforschung , Wcinheim/Base i 1980, S. 227-252. 17 A. Heller , Allta g un d Geschichte. Zu r sozialistischen Gesellschaftslehre , Neuwied/Berli n 1970; dies., Da s Alltagsleben . Versuc h eine r Erklärun g de r individuelle n Reproduktion , Frankfurt 1978. 18 Schütz und Luckmann, Konstruktion , Bd . 1, S. 25-130. 19 Heller, Alltagsleben , S . 24f., 30, 86 f. 20 Ebd., S . 151, 278. 21 Th. Mann , Betrachtunge n eine s Unpolitischen , in : Gesammelt e Werke , Bd . 12, Frankfurt 1974 2, S . 11. 22 Lessing, Geschichte , S . 156. 1. Krieg al s Ereignis : A u g u s t 1914 und di e erste n K r i e g s m o n a t e 1 K. D . Erdman n (Hg.) , Kur t Riezler : Tagebücher , Aufsätze , Dokumente , Göttinge n 1972, Taeebucheintragung vo m 14. August 1914. 2 Senatsreferent 1. 8. 191 4 an Senatspräsident, St A Hamburg , Kriegsakte n de s Senats AIB . 3 Preußisches Kriegszustandsgeset z vo n 1851, abgedruckt bei : I. Jastrow, I m Kriegszu stand, Berli n 1914, S. 134-138. 4 So der Titel eine s kurz vo r dem Erste n Weltkrie g erschienene n Romans : W . Lamszus, Da s Menschenschlachthaus. Visione n vo m Krieg , 2 Teile, Leipzi g 1923. 5 Briefauszug vo m Mär z 1917, HStA/Kr, I. Bayerisches A K 1979. 6 S. al s ei n Beispie l unte r viele n C . Delbrück , Di e wirtschaftlich e Mobilmachun g i n Deutschland 1914. Aus dem Nachla ß hg. v . vo n Delbrück , J . , Münche n 1924, S. 63-92. 7 S. z u »Augusterlebnis « un d »Idee n vo n 1914«: H. Lübbe , Di e philosophische n Idee n vo n 1914, in: ders. , Politisch e Philosophi e i n Deutschland , Münche n 1974, S. 173-238; E. Koester , Literatur un d Weltkriegsideologie . Positione n un d Begründungszusammenhäng e de s publizi stischen Engagement s deutsche r Schriftstelle r i m Erste n Weltkrieg , Kronberg/Ts . 1977, bes. S. 134-143; K. Vondung , Deutsch e Apokalyps e 1914, in: ders . (Hg. ) Da s Wilhelminisch e Bil dungsbürgertum. Zu r Sozialgeschicht e seine r Ideen , Göttinge n 1976, S. 153-171; ders. (Hg. ) Kriegserlebnis. De r Erst e Weltkrie g i n de r literarische n Gestaltun g un d symbolische n Deu tung de r Nationen , Göttinge n 1980; R. Rürup , De r »Geis t vo n 1914« in Deutschland . Kriegs begeisterung un d Ideologisierun g de s Krieg s i m Erste n Weltkrieg , in : B . Hüppau f (Hg.) , Ansichten vo m Krieg . Vergleichend e Studie n zu m Erste n Weltkrie g i n Literatu r un d Gesell schaft, Königstein/Ts . 1984, S. 1-30.

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Anmerkungen z u S . 24-27 8 Berichte de s Berline r Polizeipräsidente n Nr . 4 und 5 (September 1914), ZStA Potsdam , Reichskanzlei 2398. 9 Ebd. 10 E. Glaeser , Jahrgang 1902, Berlin 1931, S. 195-203, Zitat: 201. Zu diese m Zeitroma n s . auch M . Stickelberger-Eder , Aufbruc h 1914. Kriegsromane de r späten Weimare r Republik , Zü rich/München 1983, passim . 11 Zum theoretische n Konzep t de r kollektive n Handlunge n s . u. Kapite l 4. und di e ent sprechenden Anmerkungen . 12 J . Ringelnatz , Al s Marine r i m Krieg , Reinbe k 1977, S. 12. Ebenfalls ein e Spionenjag d erlebte Ma x Beckman n mi t sic h selbst i n der Hauptrolle: M. Beckmann , Brief e i m Krieg e 1914/ 1915, München/Zürich 1984, S. 14-17. Eine Zusammenstellung de r i n Barmen be i Kriegsbe ginn kursierende n Gerücht e be i H. Haacke , Barme n i m Weltkrieg , Barme n 1929, S. 31 ff. S. z u den sog . Mob-Psychose n auch : P. Plaut, Psychographi e de s Krieges, in : Beiträge zu r Psycho logie de s Krieges , hg . v . W . Ster n un d O . Lipman n (Beiheft e zu r Zeitschrif t fü r angewandt e Psychologie, 21), Leipzig 1920, S. 1-123. Die Stuttgarte r Polize i erlie ß folgende n Tagesbefeh l an di e Schutzleute : »Schutzleute ! Di e Einwohnerschaft fäng t a n verrück t z u werden! Di e Stra ßen sin d vo n alte n Weiber n beiderle i Geschlecht s erfüllt , di e sic h eine s unwürdige n Treiben s befleißigen. Jede r sieh t i n seine m Nebenmensche n eine n russische n ode r französische n Spio n und mein t di e Pflich t z u haben , ih n un d de n Schutzmann , de r sic h seine r annimmt , bluti g z u schlagen, mindesten s abe r unte r Verursachun g eine s große n Auflauf s ih n de r Polize i z u über geben. Wolke n werde n fü r Flieger , Stern e fü r Luftschiffe , Fahrrad-Lenkstange n fü r Bombe n gehalten . . . Es ist nich t abzusehen , wi e sic h da s alles gestalte n soll , wen n di e Zeite n wirklic h einmal schwieri g werden . Festgestelltermaße n ha t sic h bi s jetzt hie r auc h nich t da s geringst e Bedenkliche ereignet . Gleichwoh l mein t ma n i n eine m Narrenhau s z u sein . . . Schutzleute, behaltet auc h weiterhi n kalte s Blut , sei d wi e bishe r Männe r un d kein e Weiber, laß t Euc h nich t ins Bockshor n jagen un d hab t di e Auge n offen , wi e e s Eure Schuldigkei t ist« ; zit . nac h I . Jastrow, I m Kriegszustand , Berli n 1914, S. 49f . 13 Der Begrif f des gesellschaftlichen Paradigma s sol l hier, ohn e weitergehende theoretisch e Ansprüche, wege n seine r Prägnan z un d Einprägsamkeit al s Kürzel fü r di e Bündelung vo n un terschiedlichen Wahrnehmungsmuster n verwende t werden , di e sic h i n eine r gegebene n Ge sellschaft au f eine bestimmt e Grupp e dieser Gesellschaft , ein e spezielle Problemlage o . a. rich ten un d di e dami t dies e Grupp e ode r diese s Proble m i n seine r gesellschaftliche n »Bedeutung « aufkonstruieren. De r Begrif f wurd e be i Paul Fussel l entlehnt un d aus dem literarischen au f den gesellschaftlichen Bereic h transponiert . Fussel l versteh t unte r »kulturelle n Paradigmen « »Konventions- un d Erwartungssysteme , di e weitgehen d bestimmen , wa s vo n de n objektive n Phänomenen i n di e Erfahrun g de s Einzelne n dring t - was er ›aus de n Dinge n macht‹ , wi e er neue Erfahrunge n i n di e Schemat a einpaßt , di e al s sinnvol l z u erachte n sein e Kultu r ih n ge lehrt hat« ; P . Fussell, De r Einflu ß kulturelle r Paradigme n au f die literarische Wiedergab e trau matischer Erfahrung , in : K. Vondun g (Hg.), Kriegserlebnis . De r Erste Weltkrieg i n der literari schen Gestaltung un d symbolische n Deutun g de r Nationen, Göttinge n 1980, S. 175-187, hier: 175f. 14 ZStA Potsdam , 61 Re 1/7966, S. 74. 15 S. Miller , Burgfriede n un d Klassenkampf . Di e deutsch e Sozialdemokrati e i m Erste n Weltkrieg, Düsseldor f 1974, S. 54. 16 E. Buchner (= Eduard Mayer) , 1914-1918. Wie e s damal s dahei m war . Da s Kriegstage buch eine s Knaben , Nürnber g 1930, S. 24. S. hierz u auc h L . Wieland , Belgie n 1914. Die Frag e des belgische n »Franktireurkriegs « un d di e deutsch e öffentlich e Meinun g vo n 1914—1936, Frankfurt u . a. 1984. 17 Ebd., S . 50. 18 ZStA Potsdam , 61 Re 1/7966, passim ; HStA/Kr, MK r 13346, passim . S. hierz u auc h H . Haacke, Barme n i m Weltkrieg , Barme n 1929, S. 33 f.

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Anmerkungen z u S . 27-30 19 Berliner Lokal-Anzeige r vo m 17. 8. 1914 , ZStA Potsdam , 61 Re 1/7966, S. 76f . 20 U. a . Stuttgar t un d Colmar ; ebd. , Kölne r Volkszeitun g vo m 17. 8. 1914 , Deutsche Zei tung vo m 17. 8. 1914 . 21 Ebd., Kölne r Volkszeitun g vo m 17. 8. 1914 . 22 Ebd., Dresdne r Nachrichte n vo m 20. 8 . 1914 . 23 Kriegsverwaltungsbericht de r Stad t Neuköll n 1914-1918, bearb. i . Statistische n Amt , Neukölln 1921, S. III. 24 Bulletin de r Studiengesellschaf t fü r sozial e Folge n de s Krieges , Heft : Deutschland . Ko penhagen 1919 2. Be i de n angegebene n Zahle n handel t e s sich um ein e Schätzung . 25 Die Kriegsvolkszählunge n vo m Jahr e 1916 und 1917 in Bayer n (Beiträg e zu r Statisti k Bayerns, hg . v . Bayer . Statistische n Landesamt , H . 89), München 1919, .S 87. 26 L. Bendit , De r Krie g un d de r deutsche Arbeitsmarkt , Diss. Erlangen 1920, S. 11 . 27 Nürnberg währen d de s Krieges . Wirtschaftlich e Lag e un d sozial e Fürsorge , hg . v . Stati stischen Amt . 1. 8 . - 1. 11 . 1914 , Nürnberg 1914, S. 13. 28 Kommandierender Genera l de s VII. AK Münste r 15. 9. 191 4 an Oberpräsiden t Münster , StA Münster , Oberpräsidiu m 4123, Bl. 86. 29 P. Umbreit , Di e deutsche n Gewerkschafte n i m Kriege , in : Umbrei t u . Lorenz , De r Krie g und di e Arbeitsverhältnisse, Stuttgar t u . a . 1928, S. 1-305, hier: 51. 30 Regierungspräsident Düsseldor f 7. 9. 191 4 an Oberbürgermeiste r un d Landräte , HSt A Düsseldorf, Regierun g Düsseldor f 38864. 31 Das Gesetz is t abgedruck t be i I.Jastrow , I m Kriegszustand , Berli n 1914, S. 139 ff. 32 M. Hoffmann , Da s Geset z betreffen d di e Unterstützun g vo n Familie n i n de n Diens t ein getretener Mannschafte n vo m 28. 2. 1888/4 . 8. 191 4 und sein e Anwendung, Diss. Berlin 1918, S. 134 ff. 33 Umbreit, Gewerkschaften , S . 68 f.

34 I n Barmen belie f sich die Zahl der Familien, di e Mietunterstützung erhielten , End e September 1918 schließlich auf rund 10 200, d. h. ein knappes Drittel der 1910 in Barmen gezählten 36 597 Familienhaushaltungen; fas t all e unterstützten Miete r erhielte n seiten s der Hausei gentümer eine n 10%ige n Mietnachlaß ; H . Haacke , Barmen , S . 81. S . zu r Mietfürsorg e i m Krieg auch : W . Bierbrauer , Di e Einwirkunge n de s Kriege s un d de r Nachkriegszei t au f di e Wohnbautätigkeit unte r besondere r Berücksichtigun g vo n Rheinland-Westfalen , Diss. Münster 1921; M. Hoffmann, Gesetz, S . 146-174; P. Hirsch, Di e Kriegsfürsorge de r deutschen Gemeinden, in : Annale n fü r sozial e Politi k un d Gesetzgebung , Jg . 4, 1916 , S. 261-348, hier: 270 ff.; H . Kruschwitz , Deutsch e Wohnungswirtschaft un d Wohnungspolitik sei t 1913, in: W. Zimmermann (Hg.) , Beiträg e zu r städtischen Wohn - und Siedekvirtschaft , T . 1 (Schriften des Vereins für Sozialpolitik, Bd . 177), München/Leipzig 1930, S. 3-49, hier: 11-21. Eine sozial e Grundtatsach e konnt e jedoch auc h di e Kriegsmieterschutzgesetzgebung nich t aus de r Wel t schaffe n - eine Grundtatsache , dere n Quintessen z ein e »Kriegerfrau« , di e nach verlorenem Proze ß gegen ihre n Hauswirt ausziehe n mußte , folgendermaße n zusammenfaßte : »Denn, mei n Gegne r wa r Hauswirt, de r gegnerische Anwal t wa r Hauswirt , de r Richter wa r Hauswirt un d mei n Anwal t wa r Hauswirt . Dazwische n ic h als Mieterin und nicht einmal al s vollgültige, wei l Kriegerfrau«; I . Linde, Kriegserinnerungen eines Kindes, Leipzig 1936, S. 49.

35 Deutschland i m Erste n Weltkrieg , Bd . 1, Berlin 19713, S. 445. Für di e Familienunter stützung, di e di e Gewerkschaften de n Familie n ihre r eingezogenen Mitgliede r gewährte , wur den bi s zu m 31. 1. 191 5 6, 2 Mio. Mar k verausgabt ; bi s zu m 30. 9. 191 8 waren e s 27 Mio. Mark; Umbreit , Gewerkschaften , S . 69. S. zu r Kriegs-un d Arbeitslosenunterstützun g de r Ge werkschaften i n de r erste n Kriegszei t auc h H.-J . Bieber , Gewerkschafte n i n Krie g un d Revolu tion. Arbeiterbewegung , Industrie , Staa t un d Militä r i n Deutschlan d 1914-1920, Bd. 1, Hamburg 1981, S. 87-98. 36 Im folgenden , wen n nich t ander s angegeben , nach : Bericht e de r Bürgermeiste r un d

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Anmerkungen z u S . 30-33 Landräte vo m Augus t 1914 an Regierungspräsiden t Düsseldor f übe r de n Verlau f de r Mobili sierung, HSt A Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 14911, Bl. 199-287. 37 Einen de r wesentlichste n Bestandteil e de r vaterländische n Betätigun g vo n Fraue n i m Ersten Weltkrie g bildet e di e Versendun g vo n »Liebesgaben « a n di e Front . De r Kriegskorre spondent de s Londone r »Dail y Telegraph « kolportiert e i n diese m Zusammenhang : »It wa s a Standing joke i n Hindenburg' s Arm y tha t nobod y coul d ge t a bar o f chocolate withou t agree ing t o tak e a pai r o f socks a s well« ; J. M . de Beaufort, Behin d th e Germa n Veil : A Recor d o f a Journalistic Wa r Pilgrimage, Ne w Yor k 1918 , S . 109 . 38 Das Geset z betreffen d Höchstpreis e wa r Tei l de r vo m Bundesra t a m 4. 8. 191 4 erlassenen Kriegsverordnungen ; abgedruck t be i Jastrow, Kriegszustand , S . 152 f. 39 Landrat Dinslake n 4. 12 . 191 4 an Regierungspräsiden t Düsseldorf ; HSt A Düsseldorf , Regierung Düsseldor f 15058. Das folgende , wen n nich t ander s angegeben , nac h diese m Be stand, de r die Bericht e de r Oberbürgermeiste r un d Landrät e a n den Düsseldorfe r Regierungs präsidenten übe r di e Wirtschaftslage i m Dezembe r 1914 enthält. 40 Bericht übe r di e Besprechun g de s Regierungspräsidente n Düsseldor f mi t de n Oberbür germeistern un d Landräte n vo m 14. 12 . 1914 , ZStA Merseburg , Rep . 77, Tit. 332r , Nr . 123, B1. 35. 41 S. z u de n kommunale n Umstellungs - un d jeweilige n Wirtschaftsprobleme n Reulecke , Barmen, un d ders. , Wirtschaf t un d Bevölkerun g ausgewählte r Städt e i m Erste n Weltkrie g (Barmen, Düsseldorf , Essen , Krefeld) , in : ders. (Hg.) , Di e deutsche Stad t i m Industriezeitalter , Wuppertal 1980 2, S . 114-126. Zu de n Wechsellage n de r Textilindustri e i n de r Kriegszei t sieh e W. Niecz, Untersuchun g de r Lag e der weiblichen Arbeitskräft e i n der Textilindustrie währen d der Kriegs-un d Übergangszeit , Diss. Frankfurt 1924/25. 42 S. hierz u auc h J. Mooser , Arbeiterlebe n i n Deutschlan d 1900-1970, Frankfurt 1984, S. 160-178. Interessantes Materia l z u diese r Differenzierungslini e für die Kriegs - un d unmittel bare Nachkriegszei t be i H . Bundschuh , Lohn - und Lebensverhältniss e de r Arbeite r i n de r Indu strie de s Neckartals , mi t Beschränkun g au f di e standortlic h gebunden e Industrie , Diss. Heidelberg 1923. Diejenigen Gegenden , i n dene n Landbesit z un d Landwirtschaf t vornehmlic h i n den Hände n vo n Industriearbeiterfamilie n lage n - der Mann arbeitet e i n einer Fabrik , Fra u un d Kinder bewirtschaftete n da s Lan d - , litten wege n de r hie r vorherrschende n kleinere n Be triebsgrößen un d de r bereit s vo r de m Krie g praktizierte n familiäre n Arbeitsteilun g i m Krie g am wenigste n unte r de m andernort s notorische n Landarbeitermangel ; s . z . Β . Monatsbericht der Kriegsamtsstelle Saarbrücke n fü r Mär z 1917 v. 3. 4. 1917 , S. 2 f, ΒΑ/MA, PH 2/72. 43 Landrat Moer s 9. 12 . 191 4 an Regierungspräsiden t Düsseldorf , HSt A Düsseldorf , Re gierung Düsseldor f 15058. Vgl. hierz u auch : 18. Bericht de s Berline r Polizeipräsidente n v . 30. 11 . 1914, ZStA Potsdam , Reichskanzle i 2398/1, Bl. 53. 44 Oberbürgermeister Oberhause n 20. 8. 1914 , HStA Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 14911, B1. 277. 45 HStA Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 33185a . 46 S. hierz u fü r di e Kriegs - und Nachkriegszei t E . Frese , Di e deutsche n Kriegerwitwe n i m Berufs- un d Erwerbslebe n un d di e diesbezüglich e staatlich e Kriegshinterbliebenenfürsorg e unter besondere r Berücksichtigun g de r Verhältniss e i n Hamburg-Alton a un d Bremen , Diss. Hamburg 1923; H. B . Haugg , Methodi k un d Systemati k de r Kriegsbeschädigten - un d Kriegs hmterbliebenenstatistik, Diss. Erlangen o . J. (1922); R. W . Whalen , Bitte r Wounds. Germa n Victims o f th e Grea t War , 1914-1939 , Ithaca/Londo n 1984 , S . 69-81. S . hierzu auc h di e ein schlägigen Beständ e de s ΒΑ Koblenz - z . Β . R86/42, R43I/70 5 un d 706, R86/2319 - und de s B A / M A - z . B . RM3/727 1 un d 7511. 47 Landrat Klev e 26. 11 . 191 4 an Regierungspräsiden t Düsseldorf , HSt A Düsseldorf , Re gierung Düsseldor f 15058. 48 R. Binding, Wir forder n Reim s zu r Übergab e auf , o . O . 1935.

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Anmerkungen z u S . 35-37 2. Frauenlohnarbeit i m Erste n Weltkrie g 1 F. Blei, Erzählun g eine s Lebens, Leipzi g 1930, S. 20. 2 M.-E. Lüders , Di e volkswirtschaftlich e Bedeutun g de r qualifizierte n Frauenarbei t für die gewerblichen Berufe , in : Frauenberufsfrag e un d Bevölkerungspolitik . Jahrbuc h de s BD F 1917, Berlin/Leipzig 1917, S. 3-12, hier: 7f. 3 S. Bajohr , Di e Hälft e de r Fabrik . Geschicht e de r Frauenarbei t i n Deutschlan d 1914 bis 1945, Marburg/L. 1979, S. 101. S. hierz u auc h oben, insbesonder e Anm . 12 der Einleitung . 4 Die Ergebniss e de r Berufszählun g 1916 für Bayern, di e nac h de m Krie g veröffentlich t wurden, werde n weite r unte n diskutiert; s . u. , S . 43f., 48f. 5 Kriegs- un d Arbeitsdepartemen t 12. 9. 191 7 an Reichsam t de s Innern , ZSt A Potsdam , RAM 2814. 6 »Die zahlenmäßig e Gestaltun g de r Frauenarbei t währen d de s Krieges«, in : Reichsarbeits blatt, Jg. 14, 1916 , S. 985-989, hier: 989. 7 W. Zimmermann, Di e Veränderungen de r Einkommens - und Lebensverhältniss e de r deut schen Arbeite r durc h de n Krieg , in : R . Meerwart h u . a., Di e Einwirkun g de s Kriege s au f Be völkerungsbewegung, Einkomme n un d Lebenshaltun g i n Deutschland , Stuttgar t u . a . 1932, S. 281-474, hier: 350f . Hierz u auc h J . Kocka , Klassengesellschaf t i m Krieg . Deutsch e Sozial geschichte 1914-1918, Göttingen, 2. durchges. u . erg . Aufl . 1978, S. 12. 8 In Anlehnun g a n di e vo n Gerhar d Br y vorgenommen e Einteilun g werde n i m folgende n zur Kriegsindustri e gerechne t di e Metall-, Maschinenbau- , Elektro - und di e Chemieindustrie ; zur Friedensindustri e di e Nahrungs - un d Genußmittelindustrie , Konfektion , Textil - un d Druckindustrie; zu r Zwischengrupp e di e mi t de r Verarbeitun g vo n Holz , Papier , Lede r un d Stein befaßte n Branche n sowi e Baugewerb e un d Bergbau ; G . Bry , Wages i n German y 1871-1945, Princeto n 1960 , S. 193f . De n höhere n Anstie g de r Beschäftigun g vo n Fraue n i n der Kriegsindustri e gib t Tabell e 6 wieder. 9 S. hierz u »De r Antei l de r Fra u a n de r Sozialversicherung« , in : Archi v fü r Frauenarbeit , Jg. 5, 1917 , S. 143-157, 296-217 , hier: 143ff.; A . Lauter , Di e deutsche Sozialversicherun g vom Kriegsausbruch bi s zu m Friede n vo n Versailles , Diss. München 1920/21, S. 52; »Die zahlen mäßige Gestaltun g de r Frauenarbei t währen d de s Krieges« , in : Reichsarbeitsblatt , Jg . 14, 1916, S. 985-989, hier: 986, 989. 10 Lauter, Sozialversicherung , S . 52 f. 11 Abgesehen vo n de n i m Tex t genannte n Abweichunge n gegenübe r de m Vorkriegsstan d haben sic h di e Erhebungsgrundlagen de r Krankenkasse n i m Krie g nich t verändert ; Lauter , So zialversicherung, passim. Ob - und wen n ja, i n welche m Ausma ß - eventuell di e größer e Ar beitskräftefluktuation de r Kriegszeit z u einer Untererfassun g weibliche r Arbeitskräft e geführ t hat, is t au f de r Grundlag e de s vorliegende n Material s nich t entscheidbar . Di e Arbeitseinsatz behörden ginge n nich t davo n aus , da ß die s der Fal l war ; s . Reichsarbeitsblat t 1914-1918, pas sim. Die generell e Tauglichkei t de r Krankenkassenbericht e al s Indikato r fü r di e Entwicklun g der weibliche n Erwerbstätigkei t zeig t sich , wen n ma n di e i n de n dre i Berufszählunge n de r Vorkriegszeit ausgewiesen e Zunahm e de r Frauenarbei t mi t de n entsprechende n Zahle n de r weiblichen Krankenkassenmitgliede r korreliert :

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Anmerkungen z u S. 37-43

1882 1895 1907

Berufstätige Frauen *

Versicherte Frauen**

7794000 8219000 9742000

983 033*** 1 690 326 3 166 756

* Quelle: W . Mülle r u . a. , Strukturwande l de r Frauenarbei t 1880-1980, Frankfurt/New Yor k 1983, S. 35. ** Quelle: Statisti k de s Deutsche n Reiches , N . F. , Bd . 289. Berlin 1921, S. 55*. 1888; für 1882 liegen di e entsprechenden Angabe n nich t vor . Die Berechnun g ergib t fü r dies e beide n Zahlenreihe n eine n Korrelationskoeffiziente n vo n 0,99. Nun sollt e zwa r ei n Korrelationskoeffizien t übe r nu r dre i Fäll e nich t überstrapazier t werden; immerhi n beleg t e r jedoch ein e rech t eng e Verbindun g zwische n de n Entwicklungs trends der beiden Zahlenreihen . 12 Reichsarbeitsblatt. Jg. 18, 1920 , S. 4. 13 Ebd. Jg. 16, 1918 , S. 656-661. 14 Ebd. 15 Arbeitsnachweis i n Deutschland, Jg. 7, 1919/20 , S. 310. 16 Denkschrift de r Abteilun g Hande l un d Gewerb e bei m Generalgouverneu r i n Belgien , bearb. v. W. Asmis, »Nutzbarmachun g belgische r Arbeitskräft e fü r di e deutsch e Volkswirt schaft nac h de m Kriege« ; ZSt A Merseburg , Rep . 120 CVIII 1, Nr. 106, Bd. 14, Bl. 234ff. Zu r Beschäftigung de r Kriegsgefangenen i m Ersten Weltkrieg s . u., 2.2.1. 17 S. z . B . Bajohr , Hälfte , S . 102-129. 18 Keichsarbeitsblatt, Jg. 14, 1916 , S. 736; »Der Antei l de r Frau an der Sozialversicherung« , in: Archiv fü r Frauenarbeit , Jg. 5, 1917 , S. 143-157, 196-217 , hier: 148. 19 Da a m 1. Januar 1914 die Erweiterun g de r Versicherungspflich t au f Dienstbote n un d landwirtschaftliche Arbeitskräft e di e Mitgliederzahle n hochtrieb , wurd e diese r Übergan g au s der Berechnun g de r Steigerungsrate n ausgeklammert . 20 Jahresberichte de r Gewerbeaufsich t un d Bergbehörde n fü r di e Jahre 1914/1918. Amtliche Ausgabe, bearb . i m Statistische n Reichsamt , Bd . 2, Berlin 1920: Sachsen, S . 242. 21 Der sic h deutlic h abzeichnend e Rückgan g de r weibliche n Erwerbstätigkei t i n Bayer n zwischen 1907 und 1916 wird vo n de n Herausgeber n de r Kriegsvolkszählun g au f die Tatsach e zurückgeführt, da ß es sich bei de r Zählung vo n 1916 im Gegensat z z u den vorherige n u m ein e Winterzählung handelte : Weiblich e landwirtschaftlich e Arbeitskräfte , di e i m Somme r über wiegend landwirtschaftlich e Arbei t leisteten , wäre n dahe r be i de r Zählun g vo n 1907 zu de n Erwerbstätigen gerechne t worden , be i de r Zählun g vo n 1916 dagegen al s ausschließlic h mi t Hausarbeit Beschäftigt e z u den nich t erwerbstätigen Angehörige n (Di e Kriegsvolkszählunge n vom Jahre 1916 und 1917 in Bayer n (Beiträg e zu r Statisti k Bayerns , hg . v . Bayerische n Stati stischen Landesamt , H . 89), München 1919, S. 128-134). Das Argument , da s sie zur Stärkun g dieser Annahm e bringe n - die Zah l de r weibliche n »Angehörigen « de r Berufsstatisti k steig e von 1907 bis 1916 tatsächlich erkennba r a n - , leuchtet allerding s nicht ganz ein: Da die Berufs gliederung de r Gesamtbevölkerun g nu r zwe i ander e Kategorie n au f de r gleiche n Eben e wi e die Kategori e »berufstätig « (inklusiv e häusliche r Dienst ) verwendet , nämlic h »Angehörige « und »berufslos e Selbständige« , hätte n dies e - aus welchen Gründe n auc h imme r - aus der Ka tegorie »erwerbstätig « verschwundene n Fraue n ansonste n nu r al s Rentner , Anstaltsinsasse n etc. unte r »berufslose n Selbständigen « auftauche n können . Die Herausgebe r de r Kriegsvolkszählunge n Bayern s gehen , inde m si e de n Rückgan g de r weiblichen Erwerbstätigkei t i n Bayer n zwische n 1907 und 1916 als formalstatistisch e Täu schung zurückweisen , allerding s i n ihre n Schätzunge n höchsten s vo n eine r gleichbleibende n Quote weiblicher Erwerbstätigkei t i n diesem Zeitrau m au s (ebd.) .

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Anmerkungen z u S . 44-49 22 Die Frauenarbei t i n de r Metallindustri e währen d de s Krieges , dargestell t nac h Erhebun gen i m August/Septembe r 1916 vom Vorstan d de s Deutsche n Metallarbeitervcrbandes , Stutt gart 1917, S. 12. 23 Errechnet nach : Arbeitskräfteerhebung , Stan d 15. 2. 1917 , HStA/Kr, MK r 14198. In den im Verban d de r Bayerische n Metallindustri e organisierte n Betriebe n ware n 1913 5557 Frauen beschäftigt, 1918 19415 , also fas t vierma l s o viel ; B . Adam , Arbeitsbezichunge n i n de r bayeri schen Großstadtmetallindustri e vo n 1914-1932, München 1983, S. 153. Zur Frauenlohnarbei t in Bayer n vo r 1914 s. E. Plössl , Weiblich e Arbei t i n Famili e un d Betrieb . Bayerisch e Arbeiter frauen 1870-1914, München 1983, S. 142-271. 24 Reichsarbeitsblatt, J g. 16, 1918 , S. 660. 25 Die Abwanderun g de r Fraue n au s textilindustrielle n Betriebe n zeig t sic h auch a m Rück gang de r weibliche n Mitgliederschaf t i m Textilarbeiterverband : Währen d 1 913 5 4 846 Frauen dort organisier t ware n (Zahle n jeweil s Jahresdurchschnittszahlen) , san k ihr e Zah l bi s 1916 kontinuierlich a b un d betru g nurmeh r 35 889. 1917/1 8 kehrten dan n offensichtlic h wiede r Frauen zurück bzw . neu e trate n ein , d a in diese n Jahren di e Mitgliedszahle n fü r Fraue n ers t au f 45971, dann 1918 auf 67 797 anstiegen; Deutsche r Textilarbeiterverband : Jahrbuc h 1918, Berlin 1919, S. 68f. Zu r Arbeitslosigkei t i n der Textilindustri e i m Erste n Weltkrie g s . u., 2.2.2. 26 S. o. Anm . 6 zu diesem Kapitel . 27 Die Fra u i n de r bayerische n Kriegsindustri e nac h eine r amtliche n Erhebun g au s de m Jahre 1917, hg. v . Bayerische n Statistische n Landesamt , Münche n 1920, S. 12; abgedruckt i n U. Daniel , Fiktionen , Friktione n un d Fakte n - Frauenlohnarbeit i m Erste n Weltkrieg , in : G . Mai (Hg.) , Arbeiterschaf t 1914-1918 in Deutschland, Düsseldor f 1985, S. 277-323, hier: 286 f. In einige n Städte n la g de r Antei l de r ehemalige n Dienstbote n a n de r weibliche n kriegsindu striellen Arbeiterschaf t noc h höher ; beispielsweis e betru g er i n Münche n un d Umgebun g 28,7%, in Schweinfur t 29,2% und i n Ingolstad t 43,1 % (Die Fra u i n de r bayerische n Kriegs industrie, S . 18). Die Abwanderun g vo n Dienstbote n i n di e Kriegsindustri e setzt e sic h i m weiteren Kriegsverlau f fort : s . ebd. , S . 68 f. Von alle n weibliche n Erwerbstätige n Bayerns , di e vo n de r Berufszählun g a m 1. Dezember 1916 erfaßt wurden , ware n vorhe r nich t erwerbstätig :

1

2

weibliche Er - davon ware n a m 31. 7. 191 4 noch nich t i n diesem Beru f werbstätige am 1. 12 . 191 6 bzw. diese r Berufsstellun g

insgesamt davon hatten absolut und relativ di e meisten Neuzu gänge die chemische Industrie der Bergba u das Verkehrsgewerbe

3

von den Neuzugänge n waren vorhe r nich t erwerbstätig

absolut

in % der Spalte 1

absolut

in % der Spalte 1

1 58 039

10,8

101041

6,9

31 596 1 436

17436

495

55,2 34,5

7143

241

22,6 16,8

9315

2357

25,3

1 806

19,4

1 458 289

Quelle: Kriegsvolkszählungen, S . 195-202, 208 . Prozentzahlen eigen e Berechnung .

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Anmerkungen z u S . 49-50 Von alle n weibliche n Erwerbstätige n Bayern s i m Dezembe r 1916 waren als o nu r knap p 7% »echte« Neuzugäng e au f de m Arbeitsmarkt ; vo n diese n dürft e wiederu m ei n große r Tei l au s Jugendlichen bestande n haben , di e ins erwerbsfähige Alte r kamen . 28 Nach eine r spätere n Statistik , dere n Erhebungsinstanze n un d -grundlage n nich t mi t de r Erhebung übe r Fraue n i n de r bayerische n Kriegsindustri e vo n 1917 identisch sind , s o da ß di e Vergleichbarkeit de r absolute n Zahle n nich t gegebe n ist , beschäftigt e di e bayerisch e Kriegsin dustrie am/i m 1. 12 . 191 7 15. 12 . 191 7 1. 1 . 191 8 15. 1.191 8 1. 2 . 191 8 15. 2 . 191 8 1. 3 . 191 8 15. 3 . 191 8 1. 4 . 191 8

107909 100135 119823 111575 118158 102875 113457 105747 109203

15. 4 1. 5 15. 5 15. 6 1. 7 15. 7 Aug. Sept. Okt.

. 191 8 . 191 8 . 191 8 . 191 8 . 191 8 . 191 8 1918 1918 1918

101 105 108166 97025 109193 111219 105686 122246 118050 110203

Arbeiterinnen (Bestand/Bedar f an Arbeitskräften i m Königreic h Bayer n 1918: HStA/Kr, MK r 14391, Anlagen 11 e und 12 f zu 38732 K/F); dies bedeutet , da ß vo m 1. 12. 191 7 bis zum Okto ber 1918 die Anzah l vo n i n de r Kriegsindustri e Bayern s beschäftigte n Fraue n - mit erheblic h größeren Schwankunge n vo n Mona t z u Monat , di e sic h jedoc h insgesam t aufhobe n - um 2, 1 % stieg (eigen e Berechnung) . Die Anzah l vo n »Kriegerfrauen« , di e i n de r Erhebun g übe r Fraue n i n de r bayerische n Kriegsindustrie vo n 1917 erfaßt wurden , betru g 18 469 = 2 0 , 3 % aller erhobene n Frauen ; ins gesamt verheirate t ware n 26239 = 28,9% . Keine Kinde r unte r 19 Jahren hatte n vo n de n er mittelten Fraue n 61 279 = 67,4 % (Die Frau i n de r bayerische n Kriegsindustrie , S . 12, abgedruckt be i Daniel , Fiktionen , S . 286f.). Bi s zu m Kriegsend e nah m de r prozentual e Antei l de r Ledigen (1917 6 5 , 2 %; ebd.) un d de r Kinderlosen zu ; Kriegsamtsstell e Münche n 23. 1 . 191 9 an Ministerium fü r militärisch e Angelegenheiten : HStA/Kr , MK r 14391, S. 3. 29 Arbeitsnachweis i n Deutschland, Jg. 3, 1915/16 , S. 98. 30 Jahresberichte de r Gewerbeaufsicht 1914-1918, Bd. 1, S. 280. 31 Arbeitsverhältnisse un d Organisatio n de r häusliche n Dienstbote n i n Bayer n (Beiträg e zur Statisti k Bayerns , hg . v . Statistische n Landesamt , H . 94), München 1921, S. 14. S. z u de n Dienstboten i n de r Kriegszei t auc h Th . Justus, Die weibliche n Hausangestellte n i n Frankfurt / Main. Ergebniss e eine r private n Erhebun g vo m Jahre 1920. O. O . o . J. (1924), S. 118 ff., und R. Berger , Di e häuslichen Dienstbote n nac h dem Kriege , M.-Gladbac h o . J . 32 In Preuße n konnte n di e stellvertretende n Generalkommando s je nac h Bedar f Abwande rungsverbote au s der Landwirtschaf t verhängen ; s . ζ. Β . Preußisches Kriegsministeriu m 27. 3. 1917 an stellvertretend e Generalkommandos : ZSt A Potsdam , Reichsfinanzministeriu m 46104, Bl. 6ff. I n Bayer n erlie ß da s Kriegsministeriu m 1917 verschiedentlich Abwanderungs verbote, di e Gefängnisstrafe n bi s z u eine m Jahr für erfaßte Landflüchtig e androhten ; Bayeri sches Kriegsministerium 28. 3., 4 . 5. bzw. 6. 6. 1917 : HStA/Kr, MK r 14197, MKr 14201 bzw.: Stellvertretendes Generalkommand o I. Bayerisches A K Münche n 837. An di e Industri e trate n die Militärbehörde n mi t de m Ersuche n heran , di e Landfluch t nich t z u fördern; s . z . Β . Stell­ vertretendes Generalkommand o VIII. AK Koblen z 7. 2. 191 7 an Handelskammer n un d indu ­ strielle Vereinigungen : HSt A Düsseldorf , Regierun g Aache n 8067. 33 Niederschrift übe r di e Besprechun g betr . Errichtun g de r Kriegswirtschaftsämte r vo m 18. 1. 1917 unter Vorsit z vo n General Groener , S . 17ff. : ΒΑ/MA RM31/1003. 34 Notiz au s de m Bayerische n Kriegsministeriu m vo m 7. 6. 1918 : Aussage eine r Beamti n des Münchener Arbeitsamt s vo m 25. 1. 1918 : HStA/Kr. MK r 14203.

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Anmerkungen zu S . 50-55 35 Kgl. Staatsministeriu m de s Inner n 27. 2. 191 8 an Distriktspolizeibehörden : HStA/Kr , MKr 14201. 36 Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen , di e i n de r erste n Kriegshälft e begonne n wurden , aber i n di e zweit e hineinragten , werde n au s Gründe n de r Übersichtlichkei t un d de r innere n Logik de r ersten Phase zugeschlagen . 37 So z. B. V. von Gersdorff, Fraue n im Kriegsdiens t 1914-1945, Stuttgart 1969, S. 15. 38 S. o. , Tabelle n 1 und 6. 39 F. Beyer, De r Arbeitseinsatz in der Wehrwirtschaft, Berli n 1936, S. 50. 40 Ebd., S . 50 ff. 41 Arbeitsnachweis in Deutschland Jg. 1, 1913/14 , S. 269f. 42 Der Berich t de r Kriegsamtsstell e Magdebur g übe r di e Verhältniss e i n Ascherslebe n is t nicht untypisch : »Di e Arbeitsvermittlun g i n Ascherslebe n spiel t sic h fas t gan z außerhal b de s Arbeitsnachweises ab . I n eine r Stad t mi t seh r bedeutende r Industri e sitz t de r Verwalte r de s Arbeitsnachweises fas t tatenlo s da , d a wede r Aufträg e eingehe n noc h Arbeitsuchend e sic h melden. Di e große n Betriebe . . . haben ihr e eigen e Arbeiterannahm e un d genügen d Zulauf , der, sowei t e r nich t ausreicht , durc h blühende s Annoncenwese n provozier t wird« ; H . Hepel mann, Beitra g zu r Geschicht e de r Frauenarbei t i m Weltkrieg e mi t besondere r Würdigun g de r Verhältnisse i m IV. Armeekorpsbezirk Magdeburg , Diss. Münster 1938, S. 29. S. hierz u auc h J . Dünner , De r deutsch e Arbeitsnachwei s i m Krieg e bi s zu m Erla ß de s Hilfsdienstgesetzes , Regensburg o . J. (1918), passim . Zur Vermittlun g weibliche r Arbeitskräft e durc h di e öffentli chen Arbeitsnachweis e bi s 1916 s. C . Mleinek , Di e Öffentliche n Arbeitsnachweis e un d di e Frauen, in : Archiv für Frauenarbeit, Jg. 1916, S. 87-124. 43 Das folgend e nac h W . Deist (Bearb.), Militä r un d Innenpoliti k i m Weltkrie g 1914-1918, Bd. 1, Düsseldorf 1970, S. XL-LI, S . 7, Anm. 2. 44 In de r Rechtfertigungsschrif t übe r sein e un d seine s Ministerium s Kriegstätigkei t be nennt Ernst vo n Wrisber g vo m Allgemeine n Kriegsdepartemen t de s preußischen Kriegsmini steriums di e Abhängigkei t de r Arbeitskräftepoliti k vo n de n mobile n Kommandostelle n al s wesentliche Erklärung ihre s Versagens: Die Stellungnahm e de r mobile n Kommandostelle n z u de n Zurückstellungsgesuche n »wa r von de m jeweiligen Interess e beeinflußt , j e nachde m i m Augenblick e meh r Gewich t au f di e Gefechtsstärke ode r di e Materialbeständ e geleg t wurde . Hierdurc h entstande n vielfac h weni g glückliche Eingriff e diese r Stelle n i n di e Zurückstellungen. S o erschienen plötzlic h au f Veran lassung eine s Oberkommando s einig e Tausen d Schlächte r i n de r Heimat , di e als gänzlich un nötig nu r schleunigs t zurückzu befördern waren« ; Ε. von Wrisberg , Hee r un d Heima t 1914-1918 (Erinnerungen au s de m Kgl . Preußische n Kriegsministerium , Bd . 2), Leipzig 1921, S. 109 . 45 Die Abkürzung AZ S wurd e mitunte r auch al s »Abteilun g fü r Ausfuhr , Einkau f und Zu rückstellungen« aufgelöst . 46 Das folgende, wen n nich t anders angegeben, nac h G . D . Feldman, Armee , Industri e un d Arbeiterschaft i n Deutschland 1914 bis 1918, Berlin/Bonn 1985, S. 69-76, und Wrisberg , Heer , S.80 f., 8 4 ff, 10 9 f. 47 Zum Facharbeitermange l al s strukturellem Proble m moderne r Krieg e s. H . Speier , Class Structure and Total War, in : American Sociological Review, Jg. 4, 1939 , S. 370-380. 48 S. hierz u auc h Beyer, Arbeitseinsatz , S . 55, 58; W. Dazur, De r deutsche Arbeitsmark t sei t Kriegsbeginn un d di e Bekämpfun g de r Arbeitslosigkei t durc h da s Reich , Diss. Würzburg 1920, S. 4; Sichler u. Tiburtius , Di e Arbeiterfrage, ein e Kernfrag e de s Weltkrieges. Ei n Beitra g zur Erklärung de s Kriegsausgangs, Berli n o. J. (1925), S. 5ff . 49 Die Vertrete r de r Großindustri e ware n zwa r a n de r Gründung vo n AZ S beteilig t gewe sen, vo n eine r Zentralisierun g de s Zurückstellungswesen s abe r keinesweg s begeistert : Ihr e Einflußmöglichkeiten au f die Beschaffungsstelle n un d mobile n Kommandobehörde n - deren Interesse a n eine r reibungslose n Produktio n i n ihre m Bezir k streckenweis e mi t de m Unter -

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Anmerkungen z u S. 55-57 nehmennteresse zusammenfie l - waren besse r al s diejenige n au f ein e Zentralbehörde , di e ih nen gegenübe r ehe r »di e Gesamtinteresse n de r Heeresverwaltung « vertrat ; Wrisberg , Heer , S. 10 6 f. 50 Feldman, Armee , S . 76-93. S. auc h Sichle r u. Tiburtius , Arbeiterfrage , S . 20f, 26f 51 Berechnet nach : Erhebun g übe r Arbeitskräft e i n kriegswirtschaftlichen Betriebe n mi t 50 und meh r Beschäftigte n vo m 15. 2. 191 7 in Bayern: HStA/Kr , MK r 14198. 52 Krupp 8. 6 . 191 5 an preußisches Kriegsministeriu m u . a.: ΒΑ/MA, RM3/5334. 53 »Arbeiterbeschaffung un d Menschenökonomi e währen d de s Krieges . Denkschrif t de r wissenschaftlichen Kommissio n zu r Untersuchun g de r Kriegswirtschaft , vorgeleg t i n Zu sammenhang mi t de r Einführun g de s Hilfsdienstgesetzes« : ΒΑ/ΜΑ, N46/121, Bl . 65, und: Wrisberg, Heer , S . 90. Während di e Denkschrif t di e Zah l de r Reklamierte n mi t ca . 2 Mio. an gibt, vo n dene n knap p 1,2 Mio. »k . v.«, als o kriegsverwendungsfähi g waren , nenn t Wrisber g (vermutlich au f Preuße n bezogen ) etwa s niedriger e Zahlen , nämlic h für Anfang 1917 gut 1,4 Mio. Reklamierte , darunte r gu t 800000 »k.v.«. S . zu r Problemati k de r Zurückgestellten Zahlen - die aufgrun d de r schwankende n Angabe n grundsätzlic h nu r al s Annäherungswert e zu verstehe n sin d - auch unten , Anm . 240 zu diese m Kapitel . A m 1. 12. 191 5 waren 976000 Männer zurückgestellt , vo n dene n knap p 570000 »k.v.« waren ; Wrisberg , Heer , S . 248: Anlage 6. 54 AZS i m Ma i 1915 an stellvertretend e Generalkommandos : ZSt A Merseburg , Rep . 120 BB VII 1 , Nr. 3f, Bd . 4, Bl. 71-80. In gekürzte r Fassun g ginge n di e Richtlinie n i m Juli 1915 erneut a n di e stellvertretende n Generalkommandos ; inhaltlic h ähnlich e Anweisunge n de s preußischen Kriegsministerium s ware n i m Januar un d Mär z de s gleichen Jahres vorausgegan gen; R . Zesch , Wa s is t geschehe n zu r Ermöglichun g de r Arbei t vo n Ungelernte n un d Fraue n in de r gesamte n Schwer- , Maschinen - un d chemische n Industri e un d i m Handwerk? . . . Berlin, Mär z 1933 (masch.) S . 2f.: ΒΑ/MA, MSG 779/80. 55 Laut Zesch , Was ist geschehen, S . 3, im Juli . 56 Abgedruckt in : Sichle r u . Tiburtius , Arbeiterfrage , S . 62-65. Im Septembe r folgt e ein e entsprechende Richtlinienausgab e de s preußischen Kriegsministeriums/AZ S a n die stellvertre tenden Generalkommandos ; Lüders , Heer, S . 93 f. 57 So im Fal l der Dürener Metallwerke ; Feldzeugmeistere i 28. 7. 191 5 an Reichsmarineamt : ΒΑ/MA, RM3/5335. 58 S. o. , Anm . 52 zu diesem Kapitel . 59 »Bericht übe r ein e Besprechun g i m Kriegsministeriu m a m 11. 12. 191 5 betr. di e Mög lichkeit weitere r Heranziehun g de r Heimarbei t zu r Ausführun g vo n Kriegslieferungen« : St A Münster, Oberpräsidiu m 4123, Bl. 344. 60 Verband Märkische r Arbeitsnachweis e 5. 6. 191 6 an Polizeipräsiden t Berlin : St A Pots dam, Pr . Br . Rep . 30 Berlin C Pol . Präs . 1436, Bl. 78, und passim, sowie Aussag e de r Leiteri n des bayerische n Frauenreferat s au f de r Referentinnensitzun g de r bayerische n Kriegsamtsstel len a m 6. 11 . 191 7 (S. 7 des Protokolls) : HStA/Kr , MK r 14385. Der anfänglich e Widerstand , den Teil e de r Industri e de r Beschäftigun g vo n Kriegsgefangene n entgegensetzten , legt e sic h bald; Wrisberg , Heer , S . 104. Zur Ablehnun g de r Frauenarbei t seiten s de r Unternehme r s . u. , 2.2.2. und 2.2.3. 61 Das wa r ein e Forderun g de r Gewerkschafte n gewesen , nac h dere n Erfüllun g si e keine n Widerstand meh r gege n di e Beschäftigun g de r Kriegsgefangene n äußerten ; P . Umbreit , Di e deutschen Gewerkschafte n i m Kriege , in : ders . u . Ch . Lorenz , De r Krie g un d di e Arbeitsver hältnisse, Stuttgar t u . a. 1928, S. 1-305, hier: 112f . 62 S. z . B . Protokol l de r Versammlun g i m Landeshau s Münste r a m 16. 10. 191 4 betr. För derung de r gewerbliche n Tätigkei t i m Bereic h de s VII. AK, S . 8: StA Münster , Oberpräsi dium 4123, Bl. 126-133. 63 M. Sogemeier , Di e Entwicklun g un d Regelun g de s Arbeitsmarkte s i m rheinisch-westfä lischen Industriegebie t i m Krieg e und in der Nachkriegszeit, Jena 1922, S. 67f.

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Anmerkungen zu S . 51-60 64 O. Brandt, Di e deutsche Industri e im Krieg e 1914/15, Berlin 1915, S. 30. 65 Denkschrift de r Abteilun g für Handel un d Gewerb e bei m Generalgouverneu r i n Bel gien, bearb . v. W . Asmis, »Nutzbarmachun g belgische r Arbeitskräft e fü r di e deutsch e Volks wirtschaft nac h de m Kriege « (ca . Februa r 1918): ZStA Merseburg , Preußische s Ministeriu m für Hande l und Gewerb e Rep. 120 C VIII 1, Nr. 106, Bd. 14, Bl. 234ff. 66 Angaben nac h de n i n de n Anmerkunge n 53 und 65 dieses Kapitel s genannte n Denk schriften. 67 In Bayern s Kriegsindustri e un d Landwirtschaf t arbeitete n z u diese m Zeitpunk t 120 000) Kriegsgefangene un d weiter e ca . 43000 ausländische Arbeitskräfte ; Berich t übe r Besprechun g vom 30. 9. 191 8 im bayerische n Kriegsministerium ; HSt A München , Mln n 66332. In de r bayerischen Kriegsindustri e ware n i m Septembe r 1918 gut 118000 Arbeiterinnen beschäftigt ; s. o., Anm . 28 zu diesem Kapitel . 68 Kriegsersatz- un d Arbeitsdepartemen t 1. 12. 191 7 an stellvertretend e Generalkomman dos: HStA/Kr , MK r 14386. 69 Auf eine r Sitzun g de s Vorstand s de s Oberschlesische n Berg - un d Hüttenmännische n Vereins mi t Vertreter n de s stellvertretende n VI . AKs Bresla u Mitt e 1917 weigerte sic h eine r der Direktoren , di e behördlic h vorgeschriebene n Maximalratione n fü r di e Kriegsgefangene n einzuhalten, mi t de r Begründung : »Di e Unterernährun g de r Kriegsgefangene n is t au f eine m Standpunkt angelangt , de r geradez u haarsträuben d ist . I m Kokereibetrie b falle n di e Kriegsge fangenen vo r Schwäch e um. Ic h verteile jetzt scho n eineinhalb Rationen a n die Kriegsgefange nen.« Ander e anwesend e Bergwerksleite r stimmte n diese r Aussag e zu ; Aktenvermer k übe r die Verhandlunge n i n de r Vorstandssitzun g de s Oberschlesische n Berg - un d Hüttenmänni schen Verein s vom 2. 6. 1917 : ZStA Merseburg , Rep . 197 Α Ιο, Nr. 7, Bl. 205-221. 70 S. hierz u di e einschlägige n Materialie n i n St A Münster , Oberpräsidiu m 4124; HStA Düsseldorf, Regierun g Düsseldor f 9082, 9084 . Die Beschäftigung ausländische r Arbeitskräft e blieb bi s zu m Kriegsend e fü r di e organisiert e Arbeiterschaf t ei n Stei n de s Anstoßes . Si e be fürchtete di e lohndrückerischen Konsequenze n eine r verstärkten Arbeitskräfteimmigration ; s . hierzu Bericht e de s Büro s fü r Sozialpoliti k vo m 11. 11. 1916 , S. 3, und vo m 29. 9. 1916 , Anlage A, S . 6: HStA/Kr, MK r 14029. Eine ausführlich e Quellenkriti k de r Bericht e de s »Büro s für Sozialarbeit « be i U . Ratz , Sozialdemokratisch e Arbeiterbewegung , bürgerlich e Sozialre former un d Militärbehörde n i m Erste n Weltkrieg . Di e »Bericht e de s Büro s fü r Sozialpolitik« , in: MGM , Jg . 37, 1985 , S. 9-33. Um de r Gefah r de r Lohndrückere i vorzubeugen , beteiligte n sich di e freie n Gewerkschafte n a n de r Arbeitskräftewerbun g i m neutrale n Ausland ; Umbreit , Gewerkschaften, S . 125f . 71 S. hierz u ζ. Β . Präsident de s Kaiserliche n Statistische n Amte s 7. 7. 191 7 an Staatssekre tär des Innern: ZStA Potsdam , Reichsministeriu m de s Innern 7022/1, Bl. 107, 134 , und Regie rungspolizeistelle Düsseldor f 11.9. 191 8 an preußische n Innenminister : ZSt A Potsdam , Reichskanzlei 547, Bl. 226. 72 Chef de r Zivilverwaltun g Russisch-Polen s 23. 3. 191 5 an Reichsam t de s Innern : St A Potsdam, Pr . Br . Rep . 30 Berlin C Pol . Präs . 1434, Bl. 6. 73 S. o. , Anm . 65 zu diesem Kapitel , S . 28. 74 Ebd., S . 35. 75 Ebd., S . 100. Die Denkschrif t »Arbeiterbeschaffun g un d Menschenökonomie « schätz t für End e 1916 den Arbeitskräftezuzu g au s Polen un d Belgie n zusamme n au f ca. 120000; s. o. , Anm. 53 zu diesem Kapitel , Bl . 67. 76 Geheimrat Duisber g vo n IG-Farbe n be i de n Verhandlunge n zwische n Bürokrati e un d Großindustrie a m 16. 9. 191 6 im preußische n Kriegsministerium , au f de r di e Vertrete r de r Großindustrie un d Hindenbur g anregten , die s übe r ein e strenger e Rationierun g de r Lebens mittel i n Belgie n zustand e zu bringen; da s Protokoll diese r Verhandlunge n is t abgedruckt u . a . in: Da s Wer k de s Untersuchungsausschusse s de r Verfassungsgebende n Deutsche n National -

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Anmerkungen z u S. 60-62 Versammlung un d de s Reichstag s 1919-1928. Verhandlungen, Gutachten , Urkunden , Rei helll, Bd . 1, Berlin 1927, S. 382ff. 77 So wurde n di e Deportierten i m Behördendeutsc h genannt ; die Zahl nach: F. Zunkel, Di e ausländischen Arbeite r i n de r deutsche n Kriegswirtschaftspoliti k de s Erste n Weltkriegs , in : Entstehung un d Wande l de r moderne n Gesellschaft . Fs . fü r Han s Rosenberg , hg . v . G . A . Ritter, Berli n 1970, S. 280-311, hier: 298. 78 Eine ähnlich e Aktio n wa r bereit s Anfan g 1916 von AZ S gestarte t worden , damal s abe r am Widerstan d de s belgische n Generalgouverneurs , Genera l vo n Bissing , gescheitert . S . zu r Frage de r ausländische n Arbeite r inklusiv e Kriegsgefangen e un d «Zwangsbelgier « i n Deutschland 1914-1918 neben de r bereit s genannte n Literatur : G . Ritter , Di e Tragödi e de r Staatskunst. Bethman n Hollwe g al s Kriegskanzler (1914-1917) (Staatskunst un d Kriegshand werk, Bd . 3), München 1964, S. 433-450; L. vo n Köhler , Di e Staatsverwaltun g de r besetzte n Gebiete, Bd . 1: Belgien (Wirtschafts - un d Sozialgeschicht e de s Weltkrieges , deutsch e Serie) , Stuttgart u . a . 1927, S. 142-189; L. Elsner , Zu r Lag e un d zu m Kamp f de r polnische n Arbeite r in de r deutsche n Landwirtschaf t währen d de s erste n Weltkriegs , in : Politi k i m Krieg e 1914-1918, Berlin 1964, S. 167-188; ders., Di e ausländische n Arbeite r i n de r Landwirtschaf t der östliche n un d mittlere n Gebiet e de s Deutsche n Reiche s währen d de s erste n Weltkriegs , Diss. Rostock 1961; W. Gutsche , Z u einige n Frage n de r staatsmonopolistische n Verflechtun g in de n erste n Kriegsjahre n a m Beispie l de r Ausplünderun g de r belgische n Industri e un d de r Zwangsdeportation vo n Belgiern , in : Politi k i m Kriege , Berli n 1964, S. 66-89; U. Herbert , Zwangsarbeit al s Lernprozeß . Zu r Beschäftigun g ausländische r Arbeite r i n der westdeutsche n Industrie im Erste n Weltkrieg , in : AfS, Jg. 24, 1984 , S. 285-304. 79 S. o. , Anm . 65 zu diesem Kapitel , S . 28. 80 Ebd., S . 6 f. S . hierzu auc h Herbert , Zwangsarbeit, S . 287f. 81 Niederschrift übe r di e (1.) Sitzung de s Arbeitsausschusse s de r Kommissio n fü r Demo bilmachung de r Arbeiterschaf t a m 17. 10. 1918 : ΒΑ/MA, RM20/627, Bl . 30. Es befanden sic h also i n diese m Zeitrau m 150000 ausländische Arbeitskräft e meh r i n de r Landwirtschaf t al s von de r Arbeiterzentrale i n diesem Jahr legitimiert; s . Tabelle9 . 82 Ebd. 83 S. o. , 2. 1. Dies wir d auc h seh r deutlic h au s den Berichte n de r bayerische n Gewerbeauf sicht übe r den Stan d de r Frauenarbei t Mitt e 1915; HStA München , M H 15956, passim . 84 S. z . B . Arbeitsnachwei s i n Deutschland, Jg. 2, 1914/15 , S. 86. 85 S. u. , 3.2. 86 S. hierz u di e detaillierte n Bericht e übe r Erwerbstätigkeit , Lebenssituatio n un d Unter stützung vo n Berline r »Kriegerfrauen « be i M . Hoffmann , Da s Gesetz betreffend di e Unterstüt zung vo n Familie n i n de n Diens t eingetretene r Mannschafte n vo m 28. 2. 1888/4 . 8. 191 4 und seine Anwendung, Diss. Berlin 1918, S. 122-342. 87 Kriegsamtsstelle Münche n 23. 1. 191 9 an Bayerische s Ministeriu m fü r militärisch e An gelegenheiten: Berich t übe r di e Stichprobenerhebunge n »Fraue n i n de r Kriegswirtschaft « vom November/Dezembe r 1918: HStA/Kr, MK r 14391. 88 S. z . B . ZSt A Potsdam , 61 Re 1/7967, 7969 , 7970 (Zeitungsausschnitt-Sammlung), passim, und: Kriegsamtsstell e Münche n 15. 8. 191 7 an bayerische s Kriegsamt : HStA/Kr , MK r 14384; Zusammenstellung au s de n (Monats-)Berichte n de r stellvertretende n Generalkom mandos (i m folgende n zitiert : Monatsberichte ) vo m 3. 5. 1917 , S. 27f.: ΒΑ/MA RM3/4670; ebd.:dies. vom 3. 12 . 1916 , S. 11. 89 Vorwärts vo m 1. 8. 191 5 u. 21. 10. 1916 . 90 Scheidemann 25. 6 . 191 5 an Reichsam t de s Innern : ZSt A Potsdam , Reichsministeriu m des Innern 12092, Bl. 121; Staatssekretär de s Inner n 9. 8. 191 5 an Scheidemann : ebd. , Bl. 332; Preußischer Innenministe r 25. 8. 191 6 an Reichskanzler : ZSt A Potsdam , Reichsministeriu m des Innern 12097, Bl. 284. 91 S. z . B . Monatsbericht e vo m 3. 12 . 1916 , S. 11, und vo m 3. 2. 1917 , S. 10: BA/MA,

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Anmerkungen z u S. 62-65 RM3/4670; Besprechun g übe r di e Errichtun g de r Kriegswirtschaftsämte r a m 18. 1. 1917 , S. 20: ΒΑ/MA, RM 31/1003. 92 S. ζ. Β . Reaktionen au s dem Bereic h des Reichsmarineamts au f die Umfrage de s preußi schen Kriegsministerium s vo m 18. 11. 191 6 betr. arbeitsverweigernd e »Kriegerfrauen« : BA / MA, RM31/1003, sowie Umfrag e de s Münchene r stellvertretende n Generalkommando s vo n Ende 1916 zum gleiche n Sachverhalt : HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 980; die Münchener Umfrag e ergab , da ß gut die Hälfte de r berichterstattenden 42 Distriktsbehörden übe r kein e Klage n z u berichte n wußten , währen d di e andere n sic h be i de n i n ihre m Bereich aufgetretene n Problemfälle n mi t de r Androhun g de s Entzug s de r Unterstützun g be halfen ode r schon beholfen hatten . 93 Reichskanzler/Reichsamt de s Inner n 6. 3. 1917 : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches AK Münche n 882; abgedruckt in : Norddeutsche Allgemein e Zeitun g vo m 8. 3. 1917 . 94 Kriegsamt 31. 1. 191 7 an Reichskanzler : GL A Karlsruhe , 456 EV 8/111 Kriegsamtsstelle Karlsruhe, Bl . 17. 95 Reichskanzler/Reichsamt de s Inner n 14. 8. 1917 : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 882. Den Unterzeichner n eine r Eingab e vo m Jun i 1917 gegenüber, di e wegen diese r Praxi s de r Gemeinde n Beschwerd e erhobe n hatten , strit t de r Reichskanzle r a m gleichen Ta g jedoc h diese n Sachverhal t ab ; ebd. : Reichskanzler/Reichsam t de s Inner n 14. 8. 1917; die Eingabe in : BA, N L 151/206: Ständiger Ausschu ß zu r Förderun g de r Arbeiterinnen interessen 4. 6. 191 7 an Reichsam t de s Innern. Bereit s a m 21. 3. 191 7 hatte da s Arbeiterinnen sekretariat de r Gewerkschaften ein e ähnliche Eingabe an den Reichskanzler gerichtet ; ebd . 96 Sie bildete n beispielsweis e eine n imme r wiede r auftauchende n Bestandtei l de r gefiirch teten »Klagebriefe « a n die Front; s . etwa : ΒΑ/MA RM3/4670: Monatsberichte vo m 3. 8. 1917 , S. 8, sowie di e Bemerkunge n de s preußische n Innenminister s i m »Ministerialblat t fü r di e Preußische Inner e Verwaltung«, Ig . 79, Nr. 5, 31 . 5. 1918 . 97 Gewerbeinspektion Mönchengladbac h 2. 12 . 191 4 an Regierungspräsiden t Düsseldorf : HStA Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 15058. Ähnliche Fäll e schilder t M . Hoffmann, Gesetz, S . 324, 33 8 f. 98 Der kriegswirtschaftlich e Krisensta b de s Regierungsbezirk s Düsseldorf , de r au s de m Regierungspräsidenten un d de n Oberbürgermeister n un d Landräte n de s Bezirk s bestan d un d in unregelmäßige r Folg e de n ganze n Krie g hindurc h Treffe n zu r Besprechun g kriegswirt schaftlicher Problem e abhielt , empfah l de n Städte n un d Gemeinden , wede r de n Arbeitsver dienst gan z anzurechne n noc h gan z freizulassen ; Sitzun g vo m 28. 8. 1915 : ZStA Merseburg , Rep. 77, Tit. 332r , Nr . 123. Bl. 82. 99 Kommissarische Besprechun g i m Reichsam t de s Inner n vo m 7. 7. 1916 : ZStA Merse burg. Re p 120 BB VII 1, Nr. 3i, Bd . 2, Bl. 337-346. 100 Reichskanzler/Reichsamt de s Inner n 6. 3. 191 7 und 14. 8. 1917 : HStA/Kr, Stellv . Gen . kdo. I. Bayerisches A K Münche n 882. 101 Ebd. sowi e Kriegsersatz - un d Arbeitsdepartemen t 13. 7. 191 8 an Bundesregierungen : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 882; O. Most , Artike l »Kriegsfür sorge«, in : Handwörterbuc h de r Kommunalwissenschaften , hg . v . J. Brixe n u . a., Bd . 3, Jena 1924, S. 169-184, hier: 175; P. Hirsch, Di e Kriegsfürsorg e de r deutsche n Gemeinden , in : Annalen fü r soziale Politik un d Gesetzgebung , hg . v . H . Braun , Jg. 4, 1916 , S. 261-348, hier: 269. 102 Monatsberichte vo m 3. 9. 1917 , S. 21: ΒΑ/MA RM3/4670. 103 Bericht Fra u vo n Harnack s übe r ihr e i m Auftra g de s Kriegspresseamt s durchgeführt e Reise nach Warscha u 25. 3.-5. 4. 1918 : BA, N L 151/165. 104 Lüders, Entwicklung, S . 23. 105 S. hierz u z . B. : Hoffmann , Gesetz , S . 208f; Lüders , Heer , S . 86; Sogemeier, Entwick lung, S . 22, 30; Archiv fü r Frauenarbeit , Jg . 4, 1916 , S. 17; dass. Jg. 7, 1919 , S.33ff.; dass . Jg. 10, 1922 , S. 73; Berichte de r bayerische n Gewerbeaufsich t vo n Mitt e 1915 über di e Ent wicklung de r Frauenarbeit: HSt A München , M H 15956, passim .

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Anmerkungen zu S . 65-67 106 Lüders, Heer, S . 205 f. 107 H. Fürth , Di e deutsche Fra u im Kriege , Tübinge n 1917, S. 13f . Auc h be i der Eisenbah n arbeiteten viel e Fraue n vo n Bahnangestellte n un d -arbeiter n au f de m Arbeitsplat z ihre s Ehe manns; Sogemeier , Entwicklung , S . 17. 108 Hoffmann, Gesetz , S . 253ff. 109 S. au s de r große n Anzah l entsprechende r Beleg e u . a.: G . Hanna , Di e Arbeiterinne n und de r Krieg , Berli n 1916, S. 11 ff.; H . Horst , Maßnahme n zu r Behebun g de r durc h de n Krieg entstandene n Arbeitslosigkei t i n Krefeld , in : Arbeitsnachwei s i n Deutschland , Jg . 2, 1914/15, S. 205 ff.; L . Schraut , Verteilun g de r Heimarbei t i m Ghzgt . Hesse n durc h die öffentli chen Arbeitsnachweise , in : ebd. , Jg . 3, 1915/16 , S. 261; K . Blaum , Heimarbei t un d Arbeits markt, in : ebd., Jg. 4, 1916/17 , S. 66-69, hier: 67; Bericht über eine Besprechung i m Kriegsmi nisterium a m 11. 12. 191 5 betr. di e Möglichkei t weitere r Heranziehun g de r Heimarbei t zu r Ausführung vo n Kriegslieferungen , S . 1: StA Münster , Oberpräsidiu m 4123, Bl. 344. 110 S. hierz u unten , 3.2. 111 Ein rech t anschauliche s Bil d de r Heimarbei t i m Krie g gebe n di e Berichte der Gewerbe aufsicht. Si e verdeutliche n di e unterschiedlich e Entwicklun g de r Heimarbei t i n de n verschie denen Regionen . I n manche n ländliche n Gegende n gin g di e Heimarbei t 1914-1918 zurück, weil di e Fraue n nac h de r Einziehun g de r Männe r di e landwirtschaftliche Arbei t allei n verrich ten mußte n ode r wei l fü r bestimmt e traditionell e Heimarbeitsbranche n jetz t di e Rohstoff e fehlten. Ei n Tei l de r hie r beschäftigte n Heimarbeiter/inne n wanderte , w o möglich , i n di e Kriegsindustrie ab . I n andere n Gegende n hatt e di e Heimarbei t infolg e vo n Heeresaufträge n Konjunktur. Trot z de s Rückgang s de r Heimarbei t traditionelle r Ar t i n bestimmte n Regione n stieg de r Gesamtumfang vo r alle m durc h di e Heeresaufträg e an . Di e Angaben de r Heimarbei t ausgebenden Betrieb e übe r di e be i ihne n beschäftigte n Heimarbeiter/inne n untertreibe n aller dings di e Zah l de r hie r Tätigen , da di e Berichterstattun g i m Krie g seh r unvollständi g war ; Jahresberichte de r Gewerbeaufsicht 1914-1918, Bd. 3, S. 18, und Bd . 1-4, passim . 112 Jahresberichte de r Gewerbeaufsicht 1914-1918, Bd. 3, S. 18. 113 Ebd., Bd . 1, S. 871, 873. Von den im Septembe r 1918 beschäftigten Heimarbeiterinne n waren ca . 5000 Heeresnäharbeiterinnen, di e andere n ware n i n Betriebe n de r Textilheimarbei t ebenfalls zu m große n Tei l für de n Militärbedar f tätig . 114 L. Schrauth , Di e Verteilun g vo n Heimarbei t i m Ghzgt . Hesse n durc h de n öffentliche n Arbeitsnachweis, in : Arbeitsnachwei s i n Deutschland, Jg. 3, 1915/1916 , S. 261-265; E. Schind ler, Bekämpfun g de r Arbeitslosigkei t de s weibliche n Geschlecht s i n Schlesie n durc h Vermitt lung vo n Heeresnäharbeiten , in : ebd. , Jg . 4, 1916/17 , S. 48-53. Bei de r vo r End e 1916 nicht überregional geregelte n Verteilun g de r Heeresnähaufträg e ka m e s z u eine r heftige n Konkur renz de r Verwaltungsbehörde n untereinander ; besonder s di e Gemeinde n mi t hohe r Frauenar beitslosigkeit versuchten , durc h di e Vergabe von Heimarbeitsaufträgen de n Fraue n Arbei t un d sich selbs t ein e Entlastun g de s Arbeitslosenunterstützungs-Fond s z u verschaffen . Al s de r preußische Innenministe r End e August 1914 die Regierungspräsidenten anwies , Aufträg e vo n Krankenanstalten zu r Anfertigun g vo n Bettwäsch e etc . nac h Berli n weiterzuleiten , u m di e dortige hoh e Frauenarbeitslosigkei t z u reduzieren , ga b de r Düsseldorfe r Regierungspräsiden t Kruse die s zwa r auftragsgemä ß a n di e Bürgermeiste r un d Landrät e seine s Bezirk s weiter ; e r fügte abe r hinzu , da ß derartig e Aufträg e zuallerers t i m Regierungsbezir k Düsseldor f unterzu bringen seien , w o ebenfall s viel e weiblich e Arbeitslos e z u versorge n waren ; nu r »etw a übri g bleibende Aufträge « sollte n a n Berli n abgegebe n werden ; Preußische r Innenministe r 27. 8. 1914 an Regierungspräsidenten ; Regierungspräsiden t Düsseldor f 7. 9. 1914 : HStA Düssel dorf, Regierun g Düsseldor f 38864. 115 Preußischer Kriegsministe r 30. 8. 191 5 an preußisches Ministeriu m für Handel un d Ge werbe: St A Münster , Oberpräsidiu m 4123, Bl. 306; Bl. 344: Preußischer Kriegsministe r 5. 1. 1916 an stellvertretend e Generalkommando s u . a.: Berich t übe r ein e Besprechun g i m Kriegs -

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Anmerkungen z u S . 67-69 ministerium a m 11. 12. 191 5 betr. di e Möglichkei t weitere r Heranziehun g de r Heimarbeit zu r Ausführung vo n Heereslieferungen . 116 Die wichtigste n Grundsätz e fü r dies e Regelun g in : Verfügun g de s preußischen Kriegs ministeriums vo m 14. 9. 191 6 betr. Grundsätz e fü r di e Vergab e de r Heeresnäharbeiten : BA / MA, RM31/1003. S. zu r Heeresnäharbei t i m Krie g auc h Ch. Lorenz , Di e gewerbliche Frauen arbeit währen d de s Krieges , in : dies . un d P. Umbreit , De r Krie g un d di e Arbeitsverhältnisse , Stuttgart u . a. 1928, S. 307-391, hier: 351-356; zur Heimarbei t i m Krie g allgemei n s . di e ent sprechenden Abschnitt e au s de n Jahresberichten de r Gewerbeaufsich t 1914-1918, z. T. wie dergegeben in : Kriegsverdienst e i n de r Hausindustri e nac h de n Jahresberichten de r Gewerbe aufsichtsbeamten, in : RAB1 , Jg. 18, 1920 , S. 144-149, und in : Archi v fü r Frauenarbeit , Jg . 7, 1919, S. 152-157. Ungeachtet de r Bemühungen , all e diejenige n Fraue n au s de r Heimarbei t »auszukämmen«, di e wede r au s gesundheitliche n noc h familiäre n Gründe n zu r Fabrikarbei t nicht i n de r Lag e ware n (s . z . Β . Erlaß de s Oberkommando s i n den Marke n vo m 23. 4. 1918 , in: Arbeitsnachwei s i n Deutschland , Jg. 5, 1917/18 , S. 191), stieg di e Zahl der Heeresnäharbei terinnen währen d de s Krieg s kontinuierlic h an ; s . z . B. Nachweisunge n betr . Heeresnäharbei ten: HStA/Kr, MK r 13594 und 13595. 117 »Was wi r i m Friede n imme r vergeben s erstreb t un d erhoff t hatten . ha t un s de r Krie g gebracht, eine n Fachausschu ß [zu r Regelun g de r Lohnfrag e i n de r Heimarbeit , U . D.] (wen n er auch nicht s o hieß), de r ganz e un d gut e Arbei t gemach t hat « - nämlich di e Militärbehörden ; M. Wolff in: Archi v fü r Frauenarbeit , 1916, S. 7; im gleiche n Teno r Umbreit , Di e deutsche n Gewerkschaften, S . 116f . Fü r de n Eingrif f de r Militärverwaltun g i n di e privatwirtschaftlich e Lohngestaltung ga b e s bereit s eine n Präzedenzfal l au s de n erste n Kriegswochen . Damal s hat ten viel e Firme n di e hoh e Arbeitslosigkei t un d di e verbreitet e patriotisch e Opferfreudigkei t zum Anla ß genommen , ihre n Angestellte n unte r Hinwei s au f die schweren Zeite n di e Gehäl ter z u kürzen . Mehrer e Militärbefehlshabe r schritte n dagege n ein , besonder s nachdrücklic h der Militärgouverneu r vo n Metz , de r kurzerhan d di e betreffende n Firme n schloß , bi s si e di e einbehaltenen Gehälte r nachzahlten . Ei n derarti g energische s Vorgehe n hiel t da s Reichsam t des Inner n zwa r nich t fü r zulässig , wie s jedoch di e Beschwerde n de s Kriegsausschusse s de r deutschen Industri e u . a. mi t de m Bemerke n zurück , da s Einschreiten de r Militärbefehlshabe r richte sich schließlich nu r gege n ungerechtfertigt e Lohnkürzungen ; ZSt A Potsdam : Reichsmi nisterium de s Innern 6697, Bl. 49-52, 124 , 127-130 , 151 , 207; Protokoll de r Versammlun g i m Landeshaus Münste r vo m 16. 10 . 191 4 betr. di e Förderun g de r gewerbliche n Tätigkei t i m Be reich de s VII. AK, S . 14: StA Münster , Oberpräsidiu m 4123, Bl. 126-133. S. hierz u auc h G . Mai, Burgfriede n un d Sozialpoliti k i n Deutschland i n der Anfangsphas e de s Ersten Weltkrieg s (1914/1915), in: MGM , Jg. 20, 1976 , S. 21-50, hier: 29-36, und W . Deist, Armee un d Arbeiter schaft 1905-1918, in: Francia, Jg. 2, 1974 , S. 458-481, passim . 118 S. z . B . Noti z au s de m Polizeipräsidiu m betr . Recherche n übe r Heimarbeitennnen löhne: St A Potsdam , Pr . Br . Rep . 30 Berlin C Pol . Präs . 1459, Bl. 301 f.; Berich t de s Berline r Polizeipräsidenten vo m 13. 2. 1915 : ZStA Potsdam , Reichskanzle i 2398/2, Bl. 8. 119 Polizeipräsident Berli n 12. 9. 191 4 an Preußische n Ministe r für Handel un d Gewerbe : StA Potsdam , Pr . Br . Rep . 30 Berlin C Pol . Präs . 1459, Β1. 116 f. 120 L. Preller , Sozialpoliti k i n der Weimarer Republik, Kronberg/Ts . /Düsseldorf 1978, S. 3. 121 H. Schäfer , Regional e Wirtschaftspoliti k i n de r Kriegszeit . Staat , Industri e un d Ver bände währen d de s Erste n Weltkrieg s i n Baden , Stuttgar t 1983, S. 91 ff. S . zu r Entwicklun g der Textilindustri e 1914-1918 W. Niecz, Untersuchun g de r Lag e der weibliche n Arbeitskräft e in der Textilindustrie währen d de r Kriegs-un d Übergangszeit , Diss. Frankfurt 1924/25. 122 Preußischer Innenministe r 4. 2. 191 6 an Regierungspräsidenten : St A Detmold , M1IE / 2803. S. auc h »Di e Erwerbslosenfürsorg e fü r Webstoff - un d Bekleidungsarbeiter , in : RAB1 , Jg. 14, 1916 , S. 318-322; s. hierz u auc h M . Niehuss , Textilarbeite r i m Erste n Weltkrieg . Be schäftigungslage un d Fürsorgemaßnahme n a m Beispie l Augsburgs , in : Ma i (Hg.) , Arbeiter schaft, S . 249-276.

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Anmerkungen z u S . 69-71 123 Angaben nach : Verban d westfälische r Arbeitsnachweis e 4. 12 . 191 5 an di e Mitgliede r des Ausschusse s zu r Bekämpfun g de r Folge n de r Arbeitslosigkei t i n de r westfälische n Textil industrie: Berich t übe r di e vo m Verban d westfälische r Arbeitsnachweis e veranstaltet e U m frage betr . Arbeitslosigkei t i n de r westfälische n Textilindustri e vo m Oktobe r 1915, und: Ver band westfälische r Arbeitsnachweise : Niederschrif t de r Sitzun g vo m 31. 8. 191 5 im Landes haus Münste r betr . Arbeitslosigkei t i n der Textilindustrie: St A Münster , Oberpräsidiu m 4124. 124 Arbeitsnachweis i n Deutschland, Jg. 4, 1916/17 , S. 84. 125 Ebd., Jg. 3, 1915/16 , S. 80. 126 Angaben nach : Kgl. Sächsische s Ministeriu m fü r Äußer e Angelegenheite n 7. 10 . 191 5 an Reichsschatzamt : ZSt A Potsdam , Reichsministeriu m de s Innern 1055. 127 Vgl. hierz u di e Zahle n übe r di e Beschäftigte n de r Textil - un d Bekleidungsindustri e i n Sachsen 1913-1918, in: Jahresberichte de r Gewerbeaufsich t 1914-1918, Bd. 2, S. 19, 31 , die diese Angabe n bestätigen . 128 S. z . B . Monatsbericht e vo m 3. 1 . 1918 , S. 31: ΒΑ/MA, RM3/7794; Regierungspräsi dent Arnsber g 24. 1 . 191 6 an Oberpräsident : St A Münster , Oberpräsidiu m 4124; Verband westfälischer Arbeitsnachweise : Niederschrif t übe r di e Sitzun g de s Ausschusse s zu r Bekämp fung de r Folge n de r Arbeitslosigkei t i n de r westfälische n Textilindustri e vo m 19. 1. 191 6 in Münster, S . 8: ebd.; Arbeitsnachwei s i n Deutschland, Jg. 3, 1915/16 , S. 80. 129 Kriegsersatz- un d Arbeitsdepartemen t 17. 2. 191 7 an Kriegsamtsstell e Karlsruhe : GL A Karlsruhe, 456 EV 8/111. 130 Hierzu s . u. , 3.2. 131 S. z . B . Stellv . Gen.kdo . VI . A K Bresla u 28. 10 . 191 6 an preußische s Kriegsministe rium: HStA/Kr , MK r 12689; Regierungspräsident Minde n 20. 12 . 191 5 an Oberpräsiden t Münster: St A Münster , Oberpräsidiu m 4124; ebd.: Verban d westfälische r Arbeitsnachweis e 4. 12 . 1915 : Bericht übe r di e i m Oktobe r veranstaltet e Umfrag e betr . Arbeitslosigkei t i m westfälischen Textilgewerbe ; Jahresberichte de r Gewerbeaufsicht 1914—1918, passim . 132 Angaben übe r di e unterschiedlich e Hoh e de r Textilarbeiterunterstützun g i n de n ver schiedenen textilindustrielle n Regione n be i K . Gruschwitz , Di e sozial e un d wirtschaftlich e Lage de r deutschen Textilarbeiterschaft , dargestell t a n de n Jahren vor , i n und nac h de m Krieg , Diss. Tübingen 1922, S. 184f . Angabe n übe r de n Umfan g de r jeweils insgesam t verausgabte n Textilunterstützung i n de n Jahresberichte n de r Gewerbeaufsich t 1914-1918, Bd. 1, S. 370, 746, Bd. 2, S. 155, 272 . 133 S. z . B . H . Horst , Maßnahme n zu r Behebun g de r durc h de n Krie g entstandene n Ar beitslosigkeit i n Krefeld , in : Arbeitsnachwei s i n Deutschland , Jg. 2, 1914/15 , S. 206. Das glei che Proble m stellt e sic h i m weitere n Kriegsverlau f hinsichtlic h de r ebenfall s Unterstützun g beziehenden arbeitslose n Tabakarbeiter/innen , di e of t nich t nu r durc h Familienbindungen , sondern auc h kleine n Grundbesit z gebunde n waren ; s . z . B. Regierungspräsiden t Minde n 27. 8. 191 8 an preußische n Ministe r fü r Hande l un d Gewerbe : ZSt A Potsdam , Reichsarbeits ministerium 33998/2814; Kgl. Bayerische s Konsula t Karlsruh e 10. 10 . 191 8 an bayerisches Au ßenministerium betr . Stellungnahm e de r Industri e zu m Ausba u de r Frauenarbeit : HSt A Mün chen, M H 15956. 134 S. etw a Preußische s Ministeriu m fü r Hande l un d Gewerb e 23. 7. 191 5 an Oberpräsi dent; Preußische s Kriegsministerium/AZ S 28. 7. 191 5 an stellv. Gen.kdo.s ; Preußische s Mini sterium fü r Hande l un d Gewerb e 3. 8. 191 5 an Arbeitsnachweisverbände , alle s in : St A Mün ster, Oberpräsidiu m 4124. 135 Preußisches Ministeriu m fü r Hande l un d Gewerb e 5. 12 . 1916 : StA Münster , Oberprä sidium 4124, abgedruckt in : Arbeitsnachwei s i n Deutschland , Jg. 4, 1916/1917 , S. 74f. 136 H. Schäfer , Regional e Wirtschaftspolitik , S . 115-120, 181-210 . 137 Zesch, S . 55, Anm. 23; einen Bele g fü r diese Schätzun g fuhr t Zesc h nich t an . 138 Abgedruckt be i Jastrow, I m Kriegszustand, S . 150. Eine Übersich t übe r di e be i Kriegsbegin n gültige n Arbeiterinnenschutzbestimmunge n un d

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Anmerkungen zu S . 12-14 ihre wichtigste n Veränderunge n i n de r Kriegszeit be i Oppenheime r u. Radomski , Di e Problem e der Frauenarbei t i n de r Übergangswirtschaft , Mannhei m u . a . 1918, S. 77-83. Zahlreiche Un ternehmen ginge n 1915/1916 davon aus , da ß all e Beschäftigungsbeschränkunge n fü r Fraue n und Jugendliche aufgehobe n seien , un d setzten diese Arbeitskräfte entsprechen d ein ; Jahresberichte der Gewerbeaufsicht 1914-1918, passim . 139 Wumba 24. 10 . 191 6 an Regierungspräsiden t Aachen : HSt A Düsseldorf , Regierun g Aachen 8067; mit gleiche m Teno r ebd.: Reichsam t de s Innern 11. 12. 191 6 an Bundesregierun gen, abgedruck t in : Ministerialblatt de r Handels- und Gewerbe Verwaltung 1917. 140 M.-E. Lüders , Fürcht e dic h nicht . Persönliche s un d Politische s au s meh r al s 80 Jahren, Köln 1963, S. 68; Bericht de s Frauenreferat s de s bayerische n Kriegsamt s 14. 12 . 191 7 an Kriegsamtsstellen (Anlag e 18 zu 38732 K/F): HStA/Kr, MK r 14391. 141 S. z u Arbeitsbedingunge n un d -schut z de r Arbeiterinne n 1914-1918 Bajohr, Hälfte , S . 130-158, und Lorenz, Gewerbliche Frauenarbeit, S . 378-386. 142 S. ζ. Β . die Beschreibun g de r Explosio n i n de r Pulverfabri k Hamburg-Quickbor n be i V. Ullrich, Kriegsalltag . Hambur g i m Erste n Weltkrieg , Köl n 1982, S. 73-77, und G . Meyer , Die Frau mit grüne n Haaren , hg . v . M . C . Wiessing , Hambur g 1978, S. 30-37. 143 Kreisgesundheitsamt Offenbac h 10. 3. 191 8 an hessische s Innenministerium : St A Münster, Oberpräsidiu m 6575. Das Gesundheitsam t rie t i m selbe n Schreiben , derartig e Ar beiten möglichs t durc h Soldate n ausfuhre n z u lassen . 144 Reichswirtschaftsamt 13. 2. 191 8 an Bundesregierungen : St A Potsdam , Pr . Br. Rep . 3 0 Berlin C Pol . Präs . 1433, Bl. 274 (Hervorh. i . Original) ; hie r auc h di e Stellungnahm e de r Fa brikärzte. 145 Preußisches Handelsministerium 29. 10 . 191 5 an Regierungspräsidenten: St A Potsdam , Pr. Br . Rep . 30 Berlin C Pol . Präs . 1958, Bl. 46. Die Bericht e de r Gewerbeaufsichtsbeamte n enthielten den n auch , al s sie 1920 veröffentlicht wurden , seh r eingehend e Schilderunge n vo n Unfällen un d Gesundheitsrisike n be i de r Beschäftigun g vo n Fraue n i n de r Sprengstoffindu strie und Munitionsherstellung;Jahresbericht e de r Gewerbeaufsicht 1914-1918, passim . 146 S. z. Β . Röchling au f der Sitzun g de s Wumba-Beirats a m 26. 1 . 191 7 in Berli n (S . 2 des Protokolls): HStA/Kr , MK r 14364; Lüders, Heer , S . 152. Umbreits Aussage , Frauenarbei t un tertage hab e es im Erste n Weltkrie g nich t gegeben , mu ß woh l revidier t werden ; Umbreit , Di e deutschen Gewerkschaften , S . 87. 147 Reichsamt de s Inner n 11. 8. 191 7 an Bundesregierungen ; abgedruck t i m Ministerial blatt der Handels- und Gewerbeverwaltun g 1917: HStA/Kr, MK r 14385. 148 Kriegsamt 14. 7 . 191 7 an preußische n Ministe r fü r Hande l un d Gewerbe : HSt A Düs seldorf, Regierun g Aache n 8067, Bl. 80, sowie vorig e Anmerkung . 149 Reichswirtschaftsamt 9. 1 . 191 8 an Bundesregierungen : St A Münster , Oberpräsidiu m 4123; abgedruckt i m Ministerialblat t de r Handels- und Gewerbeverwaltung 1918. 150 »Arbeiterbeschaffung un d Menschenökonomie« , s.o. , Anm . 53 zu diese m Kapitel , S. 8-11. 151 Diese Zahl liegt etwas tiefe r al s die anderweitig geschätzt e vo n gut 10 Mio.; s . S . 127f. 152 Eine ähnlich vernichtend e Einschätzun g de r J ahre 1914-1916 bei Zesch, S . 4. 153 Aktennotiz de r Abteilun g K 5 de s bayerische n Kriegsministerium s v . 16. 8. 1918 : HStA/Kr, MK r 14204. Ähnliche weibliche Strategien ga b es übrigens auch außerhalb Bayerns . Aus de m Landespolizeibezir k Berli n wir d berichtet , da ß hie r mehrer e Ehefraue n di e Einzie hung ihre r Ehemänne r beantrag t hätten , »wei l viel e vo n diese n be i de m seh r hohe n Verdiens t sich eine m liederliche n Lebenswande l ergabe n un d fü r Fra u un d Kinde r nich t sorgten . Solch e Frauen stande n sich , wen n di e Männe r i m Feld e waren , be i de n Bezüge n fü r Kriegerfraue n und Kinder wesentlic h besser«; Jahresberichte de r Gewerbeaufsicht 1914-1918, Bd. 1, S. 213. 154 Ein ungenannte r Reichstagsabgeordneter , zit . nac h W . Groener , Lebenserinnerungen , Göttingen 1957, S. 348. 155 S. hierz u di e i n Anm . 10 der Einleitun g zitiert e Literatu r z u Arbeiterschaf t un d Arbei -

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Anmerkungen zu S . 74-78 terbewegung i m Erste n Weltkrie g sowie : Ritter , Tragödie , S . 417-433; P. Gra f Kielmansegg , Deutschland un d der Erste Weltkrieg, Frankfur t 1968, S. 182-204. 156 Allein vo n Januar bi s Oktobe r 1916 verzeichnete da s Hee r 1,4Mio . »Verluste« ; Ritter , Tragödie, S . 426. 157 Feldman definier t da s Hindenburg-Program m al s »a gambl e i n whic h th e nation' s fi nances an d resource s wer e recklessl y expose d t o exhaustion o n th e basis of unfounded expec tations«; da e s im Englische n schöne r klingt , zitier t nac h de r englischen Fassung : G . D . Feld man, Army, Industr y and Labor in Germany 1914-1918 , Princeton , Ν. J . 1966, S. 154 . 158 Generalstabschef 31. 8 . 191 6 a n preußischen Kriegsminister : ΒΑ/ΜΑ, Ν46/128 , Bl. 46-49. 159 Ebd. 160 Ebd. 161 Ebd., Bl . 24a-29 , abgedruck t bei : Sichle r u . Tiburtius , Arbeiterfrage , S . 105-108 (Her­ vorh. i . Original) . 162 »Bemerkungen z u de m Schreibe n de s Herr n Chef s de s Generalstab s de s Feldheere s a n den Herr n Reichskanzle r vo m 13. September 1916«: ZStA Potsdam , Reichskanzle i 2398/7, Bl. 254 ff.; ebd., 2398/8, Bl. 56-65: Reichskanzler 30. September 1916 an Che f de s Generalstab s des Feldheeres , abgedruck t be i Sichle r u. Tiburtius , Arbeiterfrage ; Ritter , Tragödie , S . 423. Tatsächlich wa r di e weibliche Arbeitslosigkei t 1916 noch erheblich ; vo n de n weibliche n Mitglie dern de s Textilarbeiterverband s beispielsweis e ware n i m Juli 1916 gut 20% erwerbslos; Deut scher Textilarbeiterverband : Jahrbuc h 1918, Berlin 1919, S. 72; s. zu r Arbeitslosigkei t i n de r Textilindustrie auc h S . 67-71. 163 Generalstabschef 5. 10 . 191 6 an preußische s Kriegsministerium : ΒΑ/ΜΑ, Ν46/128 , Bl. 30. 164 Preußischer Kriegsministe r 14. 10 . 191 6 an Generalstabschef , abgedruck t in : Sichle r u . Tiburtius, Arbeiterfrage, Anlag e 5, S. 112 f. 165 »Ergebnis de r unte r Beteiligun g de r Reichs - und preußische n Ressort s a m 17. Oktober 1916 im Reichsam t de s Inner n abgehaltene n kommissarische n Besprechun g betr . Versorgun g der Kriegsindustri e mi t Arbeitskräften« : ZSt A Potsdam , Reichskanzle i 2398/7, Bl. 139-141; abgedruckt be i E. Ludendorf f (Hg.), Urkunde n de r Oberste n Heeresleitun g übe r ihr e Tätigkei t 1916-1918, Berlin 1920. 166 Zum Proble m de r Qualifikationsstruktu r weibliche r Arbeitskräft e i n de r Kriegswirt schaft s . u. , S . 11 7 f 167 Generalstabschef 23. 10 . 191 6 an Reichskanzler , abgedruck t bei : Sichle r u. Tiburtius , Ar beiterfrage, S . 138-143 (Hervorh. i . Original) . 168 So faßt Gerhar d Ritte r den Brief zusammen; Ritter , Tragödie , S . 424. 169 Feldman, Armee , S . 162, 164 . 170 »Arbeiterbeschaffung un d Menschenökonomie« , s . o., Anm . 53, Teil II, S. 76. 171 Zum Kriegsam t s . Feldman , Armee , S . 133-326; Ritter, Tragödie, S . 425 ff; Groener , Le benserinnerungen, S . 334-373; Baudis u. Nussbaum , Wirtschaf t un d Staa t i n Deutschlan d vo m Ende des 19. Jahrhunderts bi s 1918/1919, Vaduz 1978, S. 289-295. 172 Zum Kriegsernährungsam t s , u. , 3.2.2.1. 173 Feldman, Armee , S . 170. 174 U. a . di e bürgerliche n Frauenbewegungen , di e Konservative n un d di e stellvertreten den Generalkommando s de r ostdeutsche n Agrargebiet e forderte n ein e Frauendienstpflicht . Um di e Jahreswende 1916/17 erschienen i n zahlreiche n Zeitunge n Artikel , di e mit jeweils seh r unterschiedlichen Begründunge n di e Einbeziehun g de r Fraue n i n da s HD G forderte n bzw . ihre Nichteinbeziehun g beklagten . Z u de n stellvertretende n Generalkommando s s . BA/MA , RM3/4670: Monatsbericht e vo m 3. 12 . 1916 , S. 11; zu de n Konservative n s . Feldman , Armee , S. 185; zu de n Erwägunge n eine s Frauendienstjahr s s . Hohman n u . Reichel , Di e Dienstpflich t der deutsche n Frau , Berli n 1917; A. v . Hamack , De r Krie g un d di e Frauen , Berli n 1915; E.

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Anmerkungen z u S . 78-80 Gnauck-Kühne, Dienstpflicht un d Dienstjah r de s weibliche n Geschlechts , Tübinge n 1915; eine vernichtende Kriti k de r Frauendienstjahrplän e be i R . Kempf , Da s weibliche Dienstjahr , in : Ar chiv fü r Sozialwissenschaf t un d Sozialpolitik , Jg . 41, 1916 , S. 422-437. Die Konservative n und di e ostdeutsche n stellvertretende n Generalkommando s plädierte n für eine Frauendienst pflicht, wei l si e sic h davo n ein e Behebun g de s Landarbeitermangel s versprachen . Innerhal b der bürgerliche n Frauenbewegunge n wa r di e Frauendienstpflich t bislan g vo r alle m i n For m eines weibliche n Dienstjahre s diskutier t worden , i n de m di e Fraue n un d Mädche n Haus- , Land- und Pflegearbei t lerne n sollten . Eine n besonder s kuriose n Beitra g z u dieser Debatt e lei stete noc h 1918 Käthe Schirmacher , Zweit e Vorsitzend e i m »Verban d fortschrittliche r Frauen vereine« un d Vorstandsmitglie d de s »Verbande s fü r da s Frauenstimmrecht« , nac h de m Krie g Reichstagsabgeordnete de r DNVP , i n ihrer Broschür e »Frauendienstpflicht « (Bon n 1918). Sie forderte da s weiblich e Dienstjah r mi t de r Begründung , da ß Hausarbei t staatstragen d se i un d daher ei n z u ih r befähigende r Vorbereitungsdiens t geschaffe n werde n müsse , de r au s de n Kriegskontributionen de r besiegte n Feind e finanzier t werde n sollte , denn : Di e Deutsche n seien »da s einzige groß e un d wehrhafte Germanenvolk . Mi t un s steht un d fäll t da s Germanen tum . . . Wir müssen erhalten bleiben« (Hervorh . i . Original) . 175 Protokoll de r Sitzun g de s preußische n Staatsministerium s vo m 10. 11 . 1916 : ZStA Potsdam, Reichskanzle i 2398/9, Bl. 59ff.: Staatsministe r Helfferich , S . 3f. Wi e Helfferic h wei ter ausführte, teilt e er diese Meinun g mi t Groene r un d den daz u gehörte n Vertreter n de r Indu strie und der Arbeiterschaft . Nicht nu r i n diese m Zusammenhan g übrigen s erfolgt e de r Verwei s au f das Beispie l Groß britanniens, da s ja auc h kein e Frauendienstpflich t eingeführ t hab e (Staatssekretä r de s Inner n auf der Besprechun g mi t de n stimmführende n Bevollmächtigte n zu m Bundesrat : Berich t de s Bevollmächtigten vo n Sachsen-Meiningen , vo m bayerische n Gesandte n i n Berli n a m 10. 11. 1916 an da s Bayerisch e Staatsministeriu m de s Äußeren , S . 10; HStA/Kr, MK r 14363): Die kriegswirtschaftlichen Maßnahme n de s Feindstaate s Großbritannie n wurde n nich t nu r ge nauestens verfolgt , sonder n lieferte n i n de n Diskussionsprozesse n de r Regierunge n un d Ver waltungen of t auc h das zentrale Argumen t fü r oder gege n ein e Maßnahme . Ein weiteres , ebenfall s nu r inter n genannte s Argumen t gege n ein e allgemeine Dienstpflich t für Frauen war , da ß di e Frauenbewegungen darau s politisches Kapita l schlage n un d unter Hin weis au f diese n weibliche n Diens t a m Vaterlan d erneu t da s Wahlrech t forder n könnte n (Aus kunft Agne s vo n Harnack s a n Ursul a Geiseler ; U . Geiseier , Di e Frauendienstpflich t i m Welt krieg 1914-1918, Diss . Heidelberg 1943, S. 44). Tatsächlic h hatt e di e Frauenstimmrechtsbe wegung vo r de m Krie g u . a. deswege n ei n weibliche s Dienstjah r analo g de m männliche n Wehrdienst gefordert , wei l di e Beschränkun g de s Wahlrechts au f Männer nich t zuletz t mi t de ren vaterlandsverteidigende r Funktio n begründe t werde , wi e si e i n de r männliche n Wehr pflicht zu m Ausdruc k komme ; G . Bäumer , Lebenswe g durc h ein e Zeitenwende , Tübinge n 19336, S . 242f . 176 Abgedruckt i n Umbrei t u. Lorenz , Krieg , S . 239-245. 177 Begründung de s Vertreters de s Reichsamt s de s Inner n au f der erste n Sitzun g de r kom missarischen Beratun g de r Ausführungsbestimmunge n zu m HD G am 16. 12. 1916 : HStA/Kr, MKr 17312; die Ausfuhrungsbestimmunge n sin d abgedruck t in : Arbeitsnachwei s i n Deutsch land, Jg. 4, 1916/17 , S . 7 5 f . 178 Archiv fü r Frauenarbei t 1917, S. 11. 179 Ritter, Tragödie , S . 426. S. zu r Kriti k de r Kriegsministeriumsmitarbeite r a n Kriegsam t und HDG auc h Wrisberg , Heer , S . 123-126. 180 Ritter, Tragödie , S . 425f.; Feldman , Armee , S . 154-159, 163-168 ; die Kabinettsordr e is t abgedruckt be i Deist, S . 508, Dokument 195. Sichler u . Tiburtiu s beschreibe n ihr e Einverlei bung i n da s Kriegsam t al s entwürdigend e Unterordnun g vo n Fachleute n unte r militärisch e Ignoranten - Marquard, Che f des Kriegsersatz- und Arbeitsdepartement s un d damit de r AZS , explizit eingeschlossen ; Sichle r u. Tiburtius , Arbeiterfrage , S . 39 ff.

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Anmerkungen z u S . 80-81 181 Groener, Lebenserinnerungen , S . 353. Groener - und nicht nu r e r - hielt darübe r hinau s die kommandierende n General e fü r z u eifrig e »Parteigänge r de s Unternehmertums « (ebd.) , deren mitunte r rech t harsch e Arbeiterpolitik tendenziel l de n »Burgfrieden « gefährde . 182 Groener, Lebenserinnerungen , S . 553f.: Tagebucheintragun g vo m 1 .—10. Oktober un d vom 19. Oktober 1916. 183 So schrie b i m Januar 1917 der Che f de s Zivilkabinetts , Valentini , a n de n Ministe r fü r öffentliche Arbeiten , Breitenbach , mi t de m Groene r sic h kur z zuvo r angeleg t hatte : E s tret e neuerdings ein e Richtun g hervor , di e »nu r au s eine r gefährliche n Überspannun g de s militäri schen Selbstgefühl s erklär t werde n kann . E s versteht sich , da ß Alle s geschehe n muß , u m da s schwer arbeitend e Staatsschif f vo r de n diktatorische n Anwandlunge n diese s politische n Di lettantismus z u bewahren. « A m beste n informier e ma n de n Kaiser : »Ma n ha t ja be i Herr n Groener scho n mehrfac h di e Erfahrun g gemacht , da ß er zu r Vernunf t kommt , wen n e r schar f angefaßt wir d . . . Schwere Zeiten ! Auc h ic h bin davo n überzeug t [da ß da s neue Jahr den Frie den bringe n wird , U . D. ] un d wünsch e da s End e fas t wenige r wege n Aufhören s de s wider wärtigen Massenmorde s al s zu r Verhütun g schwere r innere r Konflikt e herbei , di e schließlic h selbst eine m s o festgefügte n Körpe r wi e de m Preußische n Staa t gefährlic h werde n müssen. « Breitenbach antwortet e darauf : »Di e Läng e de s Krieges , di e außerordentlichen, unsterbliche n Verdienste un d Erfolg e unsere r Heeresleitun g habe n diese r ei n Übergewich t verliehen , wel ches sic h gegenübe r de m verantwortliche n Leite r de r Gesamtpoliti k wi e auc h i n de r innere n Verwaltung de s Staate s i n alle n ihre n Zweige n fühlba r mach t un d au f di e Daue r ein e Gefah r für di e inner e Struktu r de s Staate s bilde n kann . Di e Eingriffe de s Kriegsamt s i n di e Aufgabe n meines Ressort s . . . sind . . . nur ein Symptom . Erfolge n si e durch eine Persönlichkei t wi e de n jetzigen Che f de s Kriegsamts , s o kan n ma n siche r sein , da ß si e mi t eine m hohe n Ma ß vo n Rücksichtslosigkeit zu r Geltun g gebrach t werden. « Groene r se i machtbesesse n un d da s Kriegsamt leid e unte r eine r ausgeprägte n Profilneurose . »Tatsächlic h habe n wi r zu r Zei t zwe i Kriegsminister, nu r mi t dem Unterschied , da ß der eine im Staatsministeriu m vertrete n ist , de r andere nicht , ei n Zustand , de r hoffentlic h kein e Änderun g erfährt« ; Che f de s Zivilkabinett s Valentini 5. 1. 191 7 an Breitenbach ; Breitenbac h 7. 1 . 191 7 an Valentin : ZSt A Merseburg , Rep. 90 a Y . IX, 5b , Nr . 5, Bl. 43-48. Anlaß de s Konflikt s zwische n Groene r un d Breitenbac h war ei n Leitartike l de s Kriegsamtschef s i m amtliche n Mitteilungsblat t de s Kriegsamt s vo m 29. 12 . 1916 , in de m meh r ode r wenige r blumi g da s Versage n de r Eisenbahnverwaltun g i m Krieg angedeute t wurde ; di e Eisenbahn gehört e zu Breitenbachs Geschäftsbereich . 184 Als Groene r beispielsweis e a m 17. 1 . 191 7 ein Rundschreibe n a n all e preußische n un d Reichsressorts schickte , si e möchte n z u eventuelle n Gesetzentwürfe n vo r dere n Veröffentli chung sein e Zustimmun g einholen , erteilt e ih m da s Reichsam t de s Inner n ein e deutlich e Ab fuhr; ebd. , Bl . 52-63. 185 Feldman, Armee , S . 196f f Zu r soziale n Herkunf t de r Kriegsamtsmitarbeite r s . Baudi s u. Nussbaum : Wirtschaft, S . 290 f. 186 »Mobilisierung de r Fraue n durc h Frauen ‹, da s wa r di e erste Aufgabe , di e de r (Kriegs amts-)Plan verlangte« ; Lüders, Heer, S . 119. 187 Groener, Lebenserinnerungen , S . 355. Für di e Mitarbei t vo n Fraue n a n Kriegswirt schaftsbehörden ga b e s beim Beira t de s Kriegsernährungsamts, de m auc h Groene r angehörte , bereits ei n Beispiel . Zu r Roll e de r Frauenbewegunge n i n de r Sozial - un d Arbeitsmarktpoliti k des Weltkriegs s . C . E . Boyd , Nationale r Frauendienst : German Middl e Clas s Wome n i n Ser vice t o th e Fatherland , 1914-1918 , Athens , Georgi a 1979 ; jetzt auc h Ch . Sachße , Mütterlich keit al s Beruf . Sozialarbeit , Sozialrefor m un d Frauenbewegun g 1871-1929, Frankfurt 1986, S. 151-173, und U . Frevert , Frauen-Geschichte . Zwische n Bürgerliche r Verbesserun g un d Neuer Weiblichkeit , Frankfur t 1986, S. 155 ff. 188 Der BD F hatt e 1912 knapp 330000 Mitglieder (B . Greven-Aschoff , Di e bürgerlich e Frauenbewegung i n Deutschlan d 1894-1933, Göttingen 1981, S. 285ff.), 1917 waren e s annä hernd 586000 ( F. Ledermann , Zu r Geschicht e de r Frauenstimmrechtsbewegung , Berli n 1918,

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Anmerkungen z u S . 81-83 S. 37). Außerhalb de s BD F organisier t ware n vo r alle m konfessionell e Frauenvereine , di e so zialdemokratische Frauenbewegun g sowi e di e sogenannte n Vaterländische n Frauenverein e vom Rote n Kreuz . Di e Vaterländische n Frauenverein e - deren Berline r Hauptverei n 1866 auf Geheiß de r preußische n Königi n gegründe t wurd e - waren vo r wi e währen d de s Krieg s de r mitgliederstärkste Dachverban d vo n Frauenvereinen : 1915 umfaßten si e 2000 Vereine mi t ei ner knappe n Millio n Mitgliede r - unter dene n auc h Männe r ware n (Berline r Tageblat t vo m 10. 1 . 1915 ; Aussage Frau vo n Boettichers : ZStA Potsdam , 61 Re1/7966, Bl . 120). Sie verstan den sic h al s »wohlvorbereitete s Frauenhilfskorp s für den Fal l eine s Krieges « (M . Twellmann , Die deutsche Frauenbewegung . Ihr e Anfänge un d erste Entwicklung 1843-1889, Meisenheim/ Glan 1972, S. 49) und widmete n sic h vor allem de r Krankenpflege . Ih r Programm wa r keines wegs da s de r Frauenbewegun g i m engere n Sinn , sonder n ehe r identisc h mi t de m Bachchor , unter desse n Klänge n de r preußisch e Vaterländisch e Frauenverei n i m Novembe r 1916 im preußischen Abgeordnetenhau s unte r Anwesenhei t de r Kaiseri n sei n 50jährige s Jubiläum fei erte: »Gi b dich zufrieden un d sei stille« (Deutsch e Tageszeitung vo m 11. 11. 1916) . S. z u de n Vaterländische n Frauenvereine n Twellmann , Deutsch e Frauenbewegung , S . 47ff.; E. Frhr . v . d . Goltz , Deutsch e Frauenarbei t i n de r Kriegszeit , Leipzi g 1914, S. 39f.; wenig in formativ: I . Riemann, Di e Rolle de r Frauenverein e i n der Sozialpolitik : Vaterländisch e Frauen vereine un d gemäßigte r Flüge l de r Frauenbewegun g zwische n 1865 und 1918, in: Kickbusc h u . Riedmüller (Hg.) , Di e arme n Frauen . Fraue n un d Sozialpolitik , Frankfur t 1984, S. 201-224. S. zu diese m Them a demnächs t U . Daniel , Vaterländisch e Frauenverein e i n Westfalen , in : West fälische Forschungen , Bd . 39, 1989 . Zu de n bürgerliche n Frauenbewegunge n i m engere n Sin n s. u . a . Greven-Aschoff , Bürgerlich e Frauenbewegung ; dies. , Soziale r Wande l un d Frauenbewe gungen, in : GG , Jg . 7, 1981 , S. 328-346; U. Prokop , Di e Sehnsuch t nac h de r Volkseinheit . Zum Konservativismu s de r bürgerliche n Frauenbewegun g vo r 1933, in: G . Dietz e (Hg.) , Di e Überwindung de r Sprachlosigkeit . Text e aus der neuen Frauenbewegung , Darmstad t 1979, S. 176-202; R. J . Evans , Th e Feminis t Movemen t i n Germany, 1894-1933 , London 1976; H. Schenk, Di e feministisch e Herausforderung . 150 Jahre Frauenbewegun g i n Deutschland , München 1980; Frevert, Frauen-Geschichte , S . 104-145. 189 S. o. , Anm . 188 zu diesem Kapitel . 190 Bäumer, Lebensweg , S . 271 ff.; Zitat S . 272. 191 In de n 13 Fällen, i n dene n di e Gründungsbenachrichtigungen, di e a m 27. 1 . 191 7 dem Reichsamt de s Inner n zugingen , di e Beruf e de r jeweiligen Vorsitzende n - bis au f ein e Aus nahme handelt e e s sich u m Fraue n - aufführte, wurde n genannt : sech s Ehefraue n vo n (Ober- ) Bürgermeistern, vie r Direktorengattinne n un d j e ein e Fra u Justizrat, Fra u Regierungspräsi dentin sowi e ei n Stadtrat ; ZSt A Potsdam , Reichsam t de s Inner n 13030, Bl. 210-212). S. zu m Nationalen Frauendiens t auc h Boyd , Nationale r Frauendienst , passim. 192 G. Bäumer , Weibliche r Aktivismus , in : Di e Frau , Jg. 30, 1922/23 , S. 165, zit. nac h Gre ven-Aschojf, Bürgerlich e Frauenbewegung , S . 41. 193 Bäumer, Lebensweg , S . 280 (Hervorh. i . Original) . 194 G. Bäume r au f de r 29. Generalversammlung de s Allgemeine n Deutsche n Frauenver eins i n Stetti n i m Oktobe r 1917, zit. nach : Berline r Börsen-Zeitun g vo m 7. 10 . 191 7 (Hervorh. i . Original) . 195 Eine gewisse Militarisierun g nich t nu r de s Wortschatze s de r bürgerliche n Frauenbewe gungen de r Kriegszei t läß t sic h nich t verkennen , wen n beispielsweis e Agne s vo n Harnac k 1915 im Anschlu ß a n ihr e Forderun g nac h eine m allgemeine n Dienstjah r fü r Mädche n schreibt: »Wi r wolle n teilhabe n a n de m vielgeschmähte n Militarismus , de r un s jetzt s o herrli che Frücht e trägt« ; dies. , De r Krie g un d die Frauen . Berli n 1915, S. 17 (zu Agne s vo n Harnac k s. u., Anm . 198). 196 Ledermann, Frauenstimmrechtsbewegung , S. 45. Ein e Darstellun g de r unterschiedli chen Positione n vo n Regierung , Parteien , Frauenbewegunge n u . a. zu r Frauenwahlrechtsfrag e ebd., S . 36-46.

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Anmerkungen z u S . 83 197 Vortrag Elisabet h Altmann-Gottheiner s vo r de m Verei n für Fraueninteressen, zit . nach: Münchene r Neuest e Nachrichte n vo m 30. 1 . 191 6 (Hervorh. i . Original) . Altmann Gottheiner wa r Mitglie d de s Engere n Vorstand s de s BD F un d ga b desse n Jahrbücher herau s (Greven-Aschoff, Bürgerlich e Frauenbewegung , S . 241, Anm. 76). Zur Ideologiegeschicht e de r bürgerliche n Frauenbewegunge n vo r un d währen d de s Erste n Weltkriegs s . ebd. , S . 22-159. Eine »emanzipatorische « Lesar t de r Entwicklun g de r bürgerli chen Frauenbewegunge n 1914—1918 bei Stoeh r u. Aurand , Opfe r ode r Täter ? Fraue n i m Erste n Weltkrieg, in : Courage, Jg. 11/12, 1982 . Eine vo n der BDF-Mehrhei t abweichend e Haltun g zu m Krie g vertra t de r »linke « Flüge l de r bürgerlichen Frauenbewegung . Insbesonder e di e Frauenstimmrechtsbewegun g un d Persön lichkeiten wi e Lid a Gustav a Heyman n un d Anit a Augspur g stande n i n enge m Zusammen hang mi t de r pazifistische n Bewegun g de r Kriegszeit . Da ß dere n Mitglieder - un d Sympathi santenkreis deutlic h weiblic h gepräg t wa r - die Zuhöre r be i de n Vorträge n de r »Friedensver einigung München « beispielsweis e ware n zu r Hälft e Fraue n (Bayerische s Kriegsministeriu m 2. 11 . 191 5 an bayerisch e Ministerie n übe r di e Münchene r Friedensbewegung : HStA/Kr , Stellv. Gen . kdo. I. Bayerisches A K Münche n 1934, Bl. 15) -, gab de n Behörde n Anla ß z u beunruhigten Überlegunge n übe r di e »Gefahr , di e si e [di e »linke « Frauenbewegung , U . D. ] für di e Landesverteidigun g bedeutet « (ebd. , S . 17). Auch da s preußisch e Kriegsministeriu m konstatierte i m Frühjah r 1916 die stark e Affinitä t einige r Frauenorganisatione n zu r pazifisti schen Bewegun g (Preußische s Kriegsministeriu m 22. 3. 191 6 an preußische n Innen - und Un terrichtsminister: HSt A München , MIn n 66328). Die Verbreitun g de r Resolutione n de s Inter nationalen Frauenkongresse s i n De n Haa g vo m 28. bis 30. April 1915 - auf dem nebe n Hey mann un d Augspur g noc h 26 andere Fraue n au s Deutschlan d un d 208 Frauen au s Belgien , Kanada, Dänemark , Großbritannien , Irland , Italien , Norwegen , Österreich , Schweden , Un garn un d de n US A sowi e 1000 Teilnehmerinnen au s den Niederlande n versammel t ware n un d ihre »Krie g de m Kriege«-Politi k diskutierte n un d propagierte n - wurde i n Deutschlan d ver boten, d a vo n ih r ein e »gemeingefährlich e Beunruhigung . . . der Frauenwel t z u befürchte n ist« (Bayerische s Kriegsministeriu m 12. 5. 191 5 an Verei n fü r Frauenstimmrech t un d preußi sches Kriegmsinisterium 20. 5. 191 5 an stellvertretende Generalkommandos : ΒΑ/MA, RM31/ 1002. Angaben übe r di e Teilnehmerinne n i n De n Haa g au s eine m Berich t a n Lid a Heymann , den da s bayerisch e Kriegsministeriu m abgefange n hatte ; Bayerische s Kriegsministeriu m 7. 1. 1916 an Kriegspresseam t Berlin : HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1934). Der Gesamtvorstan d de s BD F hatt e di e Teilnahm e a m Haage r Friedenskongre ß ein stimmig abgelehnt . Di e Begründung , di e Gertru d Bäume r i n ihre r Eigenschaf t al s BDF-Vor sitzende hierz u öffentlic h abgab , veranlaßt e soga r de n »Bun d gege n di e Frauenemanzipation « zu eine r lobende n Erwähnun g de r Frauenbewegun g (»Vorwärts « vo m 4. 5. 1915) : Auch de r BDF woll e Frieden , hatt e Gertru d Bäume r erklärt , abe r eine n Frieden , »de r unsere s Staate s Ehre entsprich t un d sein e Sicherhei t i n Zukunf t verbürgt . . . Aufs schärfst e abe r müsse n wi r uns gege n di e Zumutun g verwahren , eine r Resolutio n zuzustimmen , i n de r de r Krie g al s ei n Wahnsinn‹ erklär t wird , de r nur durc h eine ›Massenpsychose‹ möglic h gewese n sei . Solle n di e deutschen Fraue n di e sittliche Kraft , di e ihre Gatte n un d Söhn e in de n Tod treibt, . . . verleugnen, inde m si e gemeinsam mi t de n Fraue n feindliche r Staate n de n nationalen Opfermu t unse rer Männe r fü r Wahnsin n un d Psychos e erklären ? Solle n wi r de n Männern , di e unsere Sicher heit verteidigen , seelisc h i n den Rücke n fallen , inde m wi r di e inneren Mächte , di e sie aufrecht erhalten, schmähe n un d herabsetzen? « (zit . nac h Deutsch e Tageszeitung vo m 29. 4. 1915) . Zur Münchene r Friedensbewegun g s . L . Quidde , De r deutsch e Pazifismu s währen d de s Weltkrieges 1914-1918, aus de m Nachla ß hg . v . K . Holl , Boppar d a . Rh. 1979; W. Albrecht , Landtag un d Regierun g i n Bayer n a m Voraben d de r Revolution , Berli n 1968, S. 131-134. Zu Heymann un d Augspur g s . Heyman n u . Augspurg , Erlebte s - Erschautes. Deutsch e Fraue n kämpfen für Freiheit, Rech t un d Friede n 1850-1940, Meisenheim/Glan 1977. 198 Marie-Elisabeth Lüder s (1878-1966): Tochter eine s Oberregierungsrats , gebore n un d

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Anmerkungen z u S . 83-87 aufgewachsen i n Berlin ; ers t al s Lehrerin , dan n i n Berli n be i de r Deutsche n Zentral e fü r pri vate Fürsorg e tätig . Nac h Abschlu ß de s Studium s de r Staatswissenschafte n mi t de r Promo tion arbeitet e si e al s Wohnungspflegeri n be i de r Stadtverwaltun g Charlottenburg , w o si e sei t Kriegsbeginn di e dortig e Hauptfürsorgestell e leitete . Mitt e 1915 bis Mitte 1916 war si e bei de r deutschen Zivilverwaltun g i n Belgie n Leiteri n de r Fürsorgeabteilun g fü r Brabant. Von dor t gerade nac h Düsseldor f al s Nachfolgeri n Mari e Baums , de r Geschäft s fuhren η des Verein s für Säuglingsfürsorge un d Wohlfahrtspflege , berufen , wechselt e si e einig e Woche n späte r in s Kriegsamt über . Au f ihr e Bitt e hi n wurd e si e dor t mi t de m 1. 12. 191 7 entlassen un d leitet e von 1918-1921 die niederrheinische Frauenakademi e i n Düsseldorf . I m August 1919 rückte si e als Mitglie d de r DDP-Fraktio n i n di e Nationalversammlun g nach , wa r bi s 1932 Mitglied de s Reichstags, vo n 1948-1950 FDP-Stadtverordnete i n Berli n un d vo n 1953-1961 Abgeordnete des Bundestags . Si e wa r Mitglie d verschiedene r Frauenorganisationen ; Greven-Aschoff , Bür gerliche Frauenbewegung , S . 223, Anm. 69; U. v . Gersdorff , Da s unbekannte Heer . I n Memo riam Marie-Elisabet h Lüders , in : Wehrwissenschaftlich e Rundschau , 1966, H. 6, S. 319-323. Agnes vo n (Zahn-)Harnac k (1884-1950) arbeitete i n den erste n Kriegsjahre n i m Nationale n Frauendienst. Nac h Lüders ' Ausscheide n au s de m Kriegsam t wurd e si e dere n Nachfolgerin . 1931-1933 war si e Vorsitzend e de s BDF . Si e veröffentlicht e mehrer e Arbeite n z u Frauenfrag e und -bewegung . 199 Lüders, Heer, S . 120. 200 Hervorh. i . Original ; ebd . 201 Dies., Volksdiens t de r Frau , Berli n 1937, S. 1(X) . Zur Sozialpoliti k al s Mobilisierungs politik s . a. dies. , Heer , S . 180-183. 202 Feldman, Armee , S . 279-326. 203 Luders, Fürcht e dic h nicht , S . 71 f. S . zu m Proble m ihre s Verhältnisse s zu r Militärbüro kratie auc h dies., Heer , S . 120f . 204 S. z . B. Mobile s Kriegstagebuc h vo n AZ S (Frauengrupp e CHI) , Novembe r 1918: BA, NL 151/158, sowie: Protokol l de r Sitzun g de s Nationale n Ausschusse s fü r Frauenarbei t i m Kriege vo m 22.-24. 8 . 1917 : HStA/Kr, MK r 14385. 205 Lüders, Heer , S . 122ff . S . zu m organisatorische n Aufba u auc h Gersdorff , Fraue n i m Kriegsdienst, S . 22-25, und di e hie r abgedruckte n Quelle n (z . B. Dokumen t Nr . 7,11,40); Mitteilungen au s de r Arbei t de r Frauengrupp e bei m Kriegsersatz - un d Arbeitsdepartement , erstattet zu r 3. Tagung de s Nationale n Ausschusse s fü r Frauenarbei t i m Krieg e a m 22./23. 4. 1918: HStA/Kr, MK r 14389, S. 3; Erster Vierteljahresberich t de r Frauenarbeitszentral e bei m Kriegsamt/Stab ( 1 . 2 . - 1 . 5 . 1917) : HStA/Kr, MK r 17309. Eine Aufstellun g bestehende r Frauenarbeitshaupt-, -neben - un d Fürsorgevermittlungsstelle n in : Jahrbuch de s BDF , 1918, S. 13ff . 206 Arbeitsplan fü r di e Frauenarbeitszentrale ; Anlag e 2 zum Kriegsamtserla ß betr . Organi sation de r Frauenarbei t durc h da s Kriegsamt vo m 16. 1 . 1917 , abgedruckt be i Gersdorff , Fraue n im Kriegsdienst , S . 129f . (Dok . Nr . 11). 207 Lüders, Heer , S . 137. Die Arbeiterinnenzahle n de r Wumba-Betrieb e aus : Protokol l de r Sitzung de s Nationale n Ausschusse s fü r Frauenarbei t i m Krieg e vo m 22.-24. 8. 1917 , S. 10; HStA/Kr, MK r 14385. 208 Lüders, Entwicklung , S . 12. 209 Kriegsministerium/Kriegsamt 8. 6. 191 8 an Kriegsamtsstellen : BA , N L 151/158. In den regionalen Unterabteilunge n de s Kriegsamt s machte n di e Leiterinne n de r Frauenreferat e z . Τ . ähnlich negativ e Erfahrunge n mi t ihre n militärische n Vorgesetzte n wi e Marie-Elisabet h Lü ders i m Kriegsamt . Alic e Salomon, die di e Frauenmobilisierungsbestrebunge n i m III. AK/ Gardekorps leitete , berichte t darübe r i n ihre r Autobiographie : »Wa s wi r taten , erschie n de n Offizieren, di e unser e Vorgesetzte n waren , ziemlic h unverständlich . Meh r al s zwei Jahre lan g beschränkte sic h de r Kontak t z u meine m unmittelbare n Vorgesetzte n darauf , sic h vo n mi r fü r seine Fra u ode r ein e seine r Cousine n ei n Dienstmädche n vermittel n z u lassen . E r wa r davo n

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Anmerkungen z u S . 87-88 überzeugt, da ß ic h übe r ein e geheimnisvoll e Method e verfugte , dies e seltene n menschliche n Wesen z u produziere n un d da ß e s meine Aufgab e sei , ebe n die s z u tun« ; A. Salomon , Charakter is t Schicksal . Lebenserinnerungen , hg . v . R . Baro n un d R . Landwehr , Weinheim/Base l 1983, S. 157. 210 Die FA Z ermahnt e di e Frauenarbeitsstelle n imme r wieder , ein e gut e Zusammenarbei t mit de r Gewerbeaufsich t z u pflegen ; s . z . B. Erste r Vierteljahresberich t de r Frauenarbeitszen tralc bei m Kriegsamt/Sta b (1. 2 . - 1. 5. 1917) : HStA/Kr, MK r 17309, S. 14f . Unstimmigkeite n entstanden u . a . i n Zusammenhan g mi t de n Fabrikpflegerinnen , di e di e FA Z i n kriegsindu striellen Betriebe n einstelle n ließ ; s . ζ. Β . Preußischer Ministe r fü r Hande l un d Gewerb e 5. 2. 1917 an Kriegsamt betr . Zusammenarbei t de r Gewerbeaufsicht mi t de r Frauenarbeitsorganisa tion sowi e ders . 29. 3. 191 7 an Regierungspräsidente n betr . Zusammenarbei t mi t de r Frauen arbeitsorganisation un d Einstellun g vo n Fabrikpflegerinnen : St A Münster , Oberpräsidiu m 4123. Zwar wa r di e Gewerbeaufsich t de m Institu t de r Fabrikpfleg e keinesweg s prinzipiel l ab geneigt. Si e mißtraute ih m jedoch bereit s vo r dem Krie g ei n weni g wege n seine r Herkunf t au s Gedankengut un d Praxi s de r christlich-karitative n Frauenbewegun g un d widmet e ih m »ein e recht skeptisch e Aufmerksamkeit« , wei l si e befürchtete , »da ß durc h Sach - un d Fachkenntni s ungetrübter, ungezügelte r weibliche r Tatendran g un d Tatendurs t übe r da s praktisc h Erreich bare hinau s wucher t un d Unhei l stiftet« ; s o de r preußisch e Regierungs - un d Gewerbera t Czi matis i n seine m Vortra g vo r de r Versammlun g de r Regierungs - un d Gewerberät e a m 4. 3. 1909: »Empfiehlt e s sich , au f di e gewerbliche n Unternehme r eine n Einflu ß zu r Anstellun g sog. Fabrikpflegerinne n auszuüben« ; Anlag e zu m Erla ß de s preußische n Minister s fü r Hande l und Gewerb e v . 2. 2. 1917 , S. 10: StA Münster , Oberpräsidiu m 4123. In de n Jahresberichten de r Gewerbeaufsich t 1914-1918, die a n de n Frauenreferate n un d ih rer Tätigkeit , sofer n si e ihne n überhaup t Beachtun g schenkten , i m allgemeine n vernichtend e Kritik übte n (s . z. B . Bd . 1, S. 384; 762, 901, 103 2 f.; Ausnahme : Bayern) , wurd e di e Tätigkei t der Fabrikpflegerinne n dan n allerding s mehrheitlic h anerkennen d beurteilt ; Jahresberichte de r Gewerbeaufsicht 1914-1918, passim . 211 S. di e Aussag e vo n Margaret e Wolf , de r Frauenreferenti n de s bayerische n Kriegsmini steriums, au f de r Sitzun g de s Nationale n Ausschusse s fü r Frauenarbei t i m Krieg e vo m 22.-24. 8 . 1917 , S. 5 des Protokolls: HStA/Kr, MK r 14385. 212 S. hierz u auc h A . Seidel , Frauenarbei t i m Erste n Weltkrie g al s Proble m de r staatliche n Sozialpolitik. Dargestell t a m Beispie l Bayerns , Frankfur t 1979, S. 130-139. 213 Groener 9. 2 . 191 7 an stellv . Gen.kdo.s : ΒΑ/MA, RM31/1007; Feldman , Armee , S. 236-240; das Zitat S . 239. 214 Das Zita t Feldman , Armee , S . 238. Erst unmittelba r vo r Kriegsend e erfolgt e ein e ein ­ deutige Kompetenzklärung ; W . Deist (Bearb.) , Militär un d Innenpoliti k i m Weltkrie g 1914-1918, Bd. 1, Düsseldorf 1970, S. XLVIIf . un d die dort genannte n Dokumente . 215 Groener au f de r Sitzun g de r Vorsitzende n de r Einberufungsausschüss e a m 11.6. 1917 : Bericht übe r di e Sitzun g de r Vorsitzende n de r Einberufungsausschüss e un d de r E.-D.-Refe renten, S . 10: HStA/Kr, MK r 17310. 216 Kriegsministerium/Knegsersatz- un d Arbeitsdepartemen t 12. 12 . 191 6 an stellv . Gen.kdo.s: HStA/Kr, MK r 14197; ebd., MK r 14383: Kriegsamt 5. 2. 191 7 an Wumba . 217 Groener begründet e dies e hohe n Zahle n mi t de m Ersatzbedar f de s Heeres , de r wäh rend de r Sommeschlach t monatlic h 300000 Soldaten betrug ; Bayerische r Gesandte r i n Berli n 10. 11 . 191 6 an bayerische s Staatsministeriu m de s Äußeren : Berich t übe r di e stren g vertrauli che Besprechun g de s Staatssekretär s de s Inner n mi t de n Stimmfuhrende n Bevollmächtigte n zum Bundesrat , verfaß t vo m Bevollmächtigte n vo n Sachsen-Meiningen : HStA/Kr , MK r 14363, S. 8f. Di e Zah l de r Toten , Vermißte n un d Verwundete n insgesam t betru g End e Jul i 1917 gut 4,5 Mio.; Denkschrif t übe r Volks - und Wehrkraf t de r OH L (Entwurf) : ZSt A Pots dam, Vertrete r de s Reichskanzlers be i der OHL/31, S . 19, 19a.

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Anmerkungen zu S . 88-93 218 S. z . B. Kriegsersatz - un d Arbeitsdepartemen t 15. 1. 191 7 an stellv. Gen.kdo.s : HStA / Kr, MK r 14197. 219 S. z . B. Kriegsamtsstelle n Würzbur g 16. 4. 1918 , München 18.4. 191 8 und Nürnber g 24. 4. 191 8 an bayerisches Kriegsamt : HStA/Kr , MK r 14203. 220 Einberufungsausschuß Kaiserslautern , vo n de r Kriegsamtssteil e Würzbur g 21. 10. 191 7 dem bayerische n Kriegsministeriu m übermittelt : HStA/Kr , MK r 14368. S. hierz u auch : Mo natsberichte vo m 3. 6. 1917 , S. 27: ΒΑ/MA, RM3/4670, un d Berich t übe r di e Sitzun g de s preußischen Kriegsamt s mi t de n Vorsitzende n de r Einberufungsausschüss e un d de n E.-D. Referenten vo m 11. 6. 1917 , S. 3: HStA/Kr, MK r 14366. 221 Einberufungsausschüsse Landa u un d Neustad t a. H., vo n de r Kriegsamtsstell e Würz burg 21. 10. 191 7 an bayerisches Kriegsministeriu m übermittelt : HStA/Kr , MK r 14368. 222 Monatsbericht de s stellv . Gen.kdo. s I. Bayerisches A K Münche n fü r Februa r 1917, S. 3: HStA/Kr, MK r 12843. S. di e zahlreichen ähnliche n Bericht e übe r HD-Pflichtige , di e ent weder ga r nich t ers t a n de m ihne n zugewiesene n Arbeitsplat z auftauchten , ih n gleic h wiede r verließen ode r au s anderen Gründe n weni g nützlic h waren , i n den Jahresberichten de r Gewer beaufsicht 1914-1918, z. B. Bd . 1, S. 360f., un d passim. 223 Zesch, Wa s ist geschehen, S . 58. 224 »Kriegswirtschaftliche Erfahrunge n de s städtische n Arbeitsnachweise s Charlotten burg«, in : Arbeitsnachweis i n Deutschland , Jg. 4, 1916/17 , S. 230. 225 Bericht de s Büros fü r Sozialpoliti k vo m 21. 11. 1916, S. 7: HStA/Kr, MK r 14029. 226 Dies läß t bereit s di e Auflistun g ahnen , di e i m HD G vo n de n al s »kriegswichtig « z u betrachtenden Berufe n un d Wirtschaftszweigen gemach t wurde : s . o., S . 79. 227 Preußisches Kriegsam t 21. 7. 191 7 an stellv. Gen.kdo. s u . a.: HStA/Kr , MK r 14367. 228 Sitzung de s Feststellungsausschusse s fü r de n Bezir k de s Oberkommandos i n de n Mar ken vo m 27. 4. 1917 : Liste der anerkannte n Hilfsdienstbetriebe : St A Potsdam , Pr . Br. Rep . 3 0 Berlin C Pol . Präs . 1915, Bl. 105-110. 229 Arbeitsmarktbericht fü r Apri l 1917, in: Arbeitsnachwei s i n Westfalen , Jg . 1, 1917 , Nr. 4/5 (April/Mai). S . hierz u auc h H.-J. Bieber , Gewerkschaften i n Krieg un d Revolution. Ar beiterbewegung, Industrie , Staa t un d Militä r i n Deutschlan d 1914-1920, Hamburg 1981, S. 303. 230 Monatsberichte vo m 3. 4. 1917 , S. 7, und vo m 3. 6. 1917 , S. 27: ΒΑ/MA, RM3/4670. 231 Ebd.: dies , vo m 3. 2. 1917 , S. 7, und vo m 3. 9. 1917 , S. 21. 232 Preußisches Kriegsam t 14. 8. 191 7 an stellv . Gen.kdo. s u . a.: Vermehrt e Heranziehun g weiblicher Arbeitskräfte : HSt A Düsseldorf , Regierun g Aache n 8067, Bl. 95. 233 Dies ergib t sic h au s de n Angabe n für Bayern (s . Tabell e 13), die den Zeitrau m bi s An fang Augus t 1918 abdecken. Überträg t ma n di e bayerische Steigerungsrat e be i der Einstellun g von HD-Pflichtige n zwische n 1. 9. 191 7 und 1. 8. 1918 , die knapp 13% betrug, au f das Reich , so kommt ma n au f gut 46 000 eingestellte HD-Pflichtig e Anfan g Augus t 1918. 234 Die i n de n Tabelle n aufgeführte n Angabe n de r stellvertretende n Generalkommando s über di e Anzah l de r al s »noc h ablösbar « deklarierte n Militärpersone n wa r woh l ehe r ein e Er messensfrage al s ein statistische s Datum ; da s Kriegsam t gin g i m Juni 1917 beispielsweise vo n noch 60000 in de r Heima t ablösbare n Militärpersone n au s (Berich t übe r Sitzun g de s Kriegs amts mi t de n Vorsitzende n de r Einberufungsausschüss e vo m 11. 6. 1917 , S. 2: HStA/Kr, MK r 14366). Das gleich e dürft e auc h für die angegeben e Anzah l de r al s durc h HD-Pflichtige , Frauen u . a. abgelös t geltende n Militärpersone n anzunehme n sein : Di e bayerische n Angaben , bei dene n kei n 1:1-Verhältnis vo n Einstellunge n un d Ablösunge n unterstell t wird , sin d hie r wohl realistische r al s diejenige n fü r da s Reich . Unkla r ist , worau f di e absinkende n Gesamt zahlen be i de n Angabe n au s Sachse n un d Württemberg , di e ebenfalls eigentlic h al s kumulativ e Stand-Zahlen angegebe n sind , zurückzufuhre n sind . 235 Das stark e Interess e de r »Etappenhelferinnen « a n eine r private n Unterbringun g stat t

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Anmerkungen z u S . 93-95 der i n eine m für sie eingerichtete n Hei m is t hierfü r ei n deutliche r Indikator : A . v . Harnac k u. a . au f der Versammlun g i m Kriegsam t vo m 22. 12 . 1917 : BA, N L 151/158. 236 Die Leiteri n de s Frauenreferat s i m bayerische n Kriegsministerium , Wolf , au f de r Sit zung de s Bayerische n Ausschusse s für Frauenarbeit i m Krieg e a m 12. 7. 1917 , S. 4 des Proto kolls: HStA/Kr , MK r 14384. 237 S. z . B. Preußische s Kriegsam t 20. 9. 191 7 an Kriegsamtsstelle n u . a.: HStA/Kr , MK r 14367; dass. 15. 10 . 191 7 an Kriegsamtsstellen: HStA/Kr , MK r 17310. 238 Kriegsamt 15. 10 . 191 7 an Kriegsamtsstellen u . a. : HStA/Kr , MK r 17310. 239 Stellv. Gen . kdo. VII. AK Koblen z 9. 3. 191 7 an all e militärische n Stellen : HSt A Düs seldorf, Regierun g Düsseldor f 15274; ebd.: Kriegsamtsstell e Münste r 25. 8. 191 7 an Regie rungspräsidenten u . a. ; Monatsbericht e vo m 3. 4. 1917 , S. 7, und vo m 3. 6. 1917 , S. 27: BA/ MA, RM3/4670 . 240 Wrisberg, Heer , S . 90. Daß Wrisberg s Zahle n wahrscheinlic h nu r fü r Preuße n gelten , wurde darau s geschlossen , da ß si e deutlic h niedrige r liege n al s di e Angabe n de r Denkschrif t »Arbeiterbeschaffung un d Menschenökonomie« (s . o., S . 73 und Anm. 53 zu diesem Kapitel) , aber denjenige n Angabe n seh r ähnlic h sind , di e de r Beauftragt e de s bayerische n Kriegsmini steriums bei m preußische n Kriegsam t a m 19. 6. 191 8 für Preußen i m Apri l 1918 übermittelt: 2,3 Mio. Reklamierte , davo n 1,1 Mio. »k . v.«; Beauftragte r de s bayerische n Kriegsministe nums 19. 6. 1918 : HStA/Kr, MK r 17306. In der vom Reichsarchiv/Bundesarchi v herausgege benen Weltkriegsgeschicht e wir d di e Zah l de r Zurückgestellte n i m Januar 1918 mit 2,3 Mio. Männern angegeben , vo n dene n 1,2 Mio. »k . v.« waren ; De r Weltkrie g 1914 bis 1918, bearb. im Reichsarchiv/Bundesarchiv , Bd . 14, Berlin 1944, S. 29, Anm. 2. Ganz generel l sin d di e verfugbare n Angabe n übe r di e Anzah l de r Reklamierte n mi t Vorbe halt z u betrachten , d a di e Experte n sic h scho n damal s nich t darübe r eini g werde n konnten ; Oberst Baue r vo n de r OH L beispielsweis e gin g i m Augus t 1918 von 1,7-2 Mio. »k . v. «-Reklamierten aus , wogege n Scheüc h Einwänd e erhob : Besprechun g übe r da s Schreiben Hinden burgs vo m 18. 6. 1918 : ZStA Potsdam , Reichskanzle i 2398/11, Bl. 312-320. 241 Wrisberg, Heer , S . 92. 242 S. o. , Anm . 234 zu diesem Kapitel . 243 Die Steigerungsrat e be i de r Ablösun g vo n Militärpersone n betru g i n Bayer n vo n An fang Septembe r 1917 bis Anfang Augus t 1918 ca. 2 2 % ; berechnet nach Tabelle 13. 244 S. o. , Anm . 217 zu diesem Kapitel . 245 S. hierz u Feldman , Armee , S . 249-255, 331-339 . 246 Daß di e Fraue n relativ häufiger de n Arbeitsplat z wechselte n al s die Männer, wa r einhel lige Meinun g de r Arbeitseinsatzbehörden ; s . z . B. »Notize n für die Besprechun g mi t de m Herrn Reichskanzle r a m 1. 7. 1918 « (aus de m preußische n Kriegsministerium) : ZSt A Pots dam, Reichskanzle i 2398/11, Bl. 321 f.; Aussag e de s Vertreter s de s Kriegsersatz- un d Arbeits departements de s preußische n Kriegsamt s au f de r Sitzun g de s Nationale n Ausschusse s fü r Frauenarbeit i m Krieg e vo m 22.-24. 8. 1917 : HStA/Kr, MK r 14385, S. 6 des Protokolls, sowi e Kriegsamtsstelle Nürnber g 29. 6. 191 7 an bayerisches Kriegsamt: HStA/Kr , MK r 14199. 247 S. u. , S . 94 ff. 248 Kriegsamt 2. 12 . 1916 , FAZ 7. 3. 1917 , beides abgedruckt be i Zesch, Wa s ist geschehen , Anlage IV a bzw. VIc . 249 Zesch, Wa s ist geschehen , S . 50f; Auszu g au s de m Wochenberich t de s Referat s Fraue n bei eine r Kriegsamtsstell e für die Zeit vo m 20. 3. bis 26. 3. 1917 , abgedruckt ebd. , Anlag e 11. S. hierz u auc h Mitteilunge n au s der Arbei t de r Frauengrupp e bei m Kriegsersatz - und Arbeits departement, erstatte t zu r 3. Tagung de s Nationale n Ausschusse s für Frauenarbeit i m Krieg e am 22./23. 4. 1918 , S. 8: HStA/Kr, MK r 14389. 250 Dies wir d deutlic h etw a be i de n Berichte n übe r Betriebsbesichtigunge n i n Sache n Frauenarbeit, di e im Dezembe r 1917 in ca. 30 badischen Fabrike n vo m dortige n stellvertreten -

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Anmerkungen z u S . 95-98 den Generalkommand o angefertig t wurden ; Betriebsbesichtigunge n betr . Frauenarbeit : GL A Karlsruhe, 456/EV8/117 : Stellv. Gen . kdo. XIV. AK Karlsruhe , passim. 251 Die Fra u in der bayerischen Kriegsindustrie , S . 78 f. 252 Seidel, Frauenarbeit , S . 190. 253 Gersdorff, Fraue n i m Kriegsdienst , Dok . Nr . 59. 254 Kriegsarbeitsamt/Kriegsamt 27. 7. 191 8 an Kriegsamtsstellen: HStA/Kr , MK r 14388. 255 Kriegsamtsstelle Nürnber g 30. 8. 191 8 an bayerisches Kriegsministerium , S . 10: HStA/ Kr, MK r 14205. 256 S. z . B. Kriegsamtsstell e Nürnber g 29. 6. 191 7 an bayerische s Kriegsamt : HStA/Kr , MKr 14199; dies. 30. 3. 191 7 und 29. 5. 191 7 an dass.: HStA/Kr , MK r 14198; Verband Bayeri scher Metallmdustnelle r 29. 11 . 191 7 an dass. : HStA/Kr , MK r 14201. Auch di e OH L ka m wieder au f ihr e alt e Forderun g eine r allgemeine n Arbeitspflich t fü r Fraue n zurück : Hinden burg 15. 6. 191 7 an Reichskanzler : ZSt A Potsdam , Reichskanzle i 2398/10, B1. 288 f.; ebd. , Reichskanzlei 2398/11: ders. 18. 6 1918andens. 257 Besprechung übe r da s Schreibe n Hindenburg s vo m 18. 6. 1918 : ZStA Potsdam , Reichskanzlei 2398/11, Bl. 312-320. S. zu r Frag e de r Diskussione n u m di e Abänderun g de s HDG auc h Feldman , Armee , S 243-368. 258 So bezeichnet e da s Frauenrefera t i m preußische n Kriegsam t diese n letzte n Programm punkt selbst ; Mitteilunge n au s de r Arbei t de r Frauengrupp e bei m Kriegsersatz - un d Arbeits departement, erstatte t zu r 3. Tagung de s Nationale n Ausschusse s für Frauenarbeit i m Krieg e am 22723. 4. 1918 , S. 3: HStA/Kr, MK r 14389. 259 Kriegsersatz- un d Arbeitsdepartement/AZ S 28. 8. 191 7 an Kriegsamtsstellen , abge druckt be i Hepelmann , Beitrag , S . 115 f. 260 Dass. 15. 9 . 191 7 an di e Rektore n de r deutsche n Hochschulen , abgedruck t ebd. , S. 116f . 261 Abgedruckt ebd. , S . 124. 262 S. z . Β . Auszug au s de m Protokol l de r Allgemeine n Studentinnenversammlun g zu r Beratung übe r ein e Organisatio n fü r de n Zivildiens t i n Jena a m 17. 2. 1917 , abgedruckt ebd. , S. 124ff. ; Berich t de r Hilfsreferenti n de r Kriegsamtsstell e Magdebur g übe r ihr e Teilnahm e a n der Allgemeinen Studentinnenversammlun g i n Jena a m 20. 7. 1917 , abgedruckt ebd. , S . 129f. ; interne Vorausbemerkun g de s Frauenreferat s i m bayerische n Kriegsministenu m vo m 2. 2. 1918 zum Aufru f de s Kriegsministerium s a n di e bayerische n Studentinnen , abgedruck t be i Gersdorff, Fraue n i m Kriegsdienst , Dok . Nr . 72. Die be i »vaterländische n Hilfsarbeiten « ver brachte Zei t konnt e de n Studentinne n fü r ih r Studiu m angerechne t werden ; Kgl . Bayerische s Staatsministerium de s Inner n fü r Kirchen - un d Schulangelegenheite n 15. 10 . 191 7 an bayeri sches Kriegsamt , abgedruck t be i Gersdorff , Fraue n im Kriegsdienst , Dok . Nr . 52. 263 Aufruf de s preußische n Kriegsministerium s vo m Oktobe r 1917 an di e Studentinnen , abgedruckt ebd. , Dok . Nr . 48. 264 Kriegsamtsstelle Nürnber g 22. 9. 1917 , Kriegsamtsstelle Würzbur g 13. 9. 1917 , Kriegsamtsstelle Ludwigshafe n 7. 9. 191 7 und Kriegsamtsstell e Münche n 2. 10 . 191 7 an baye risches Kriegsamt : HStA/Kr , MK r 14385. 265 Kriegsamtsstelle Münche n ebd . 266 Niederschrift de r Besprechun g de r Referentinne n de r Kriegsamtsstelle n a m 21. 4. 191 8 im Bür o fü r Sozialpoliti k (Aussag e de r Frauenreferenti n de r Kriegsamtsstell e Frankfurt) : B A Koblenz, N L 151/157. 267 S. u. , S . 105. 268 Mitteilungen au s de r Arbei t de r Frauengrupp e bei m Kriegsersatz - un d Arbeitsdeparte ment, erstatte t zu r 3. Tagung de s Nationale n Ausschusse s fü r Frauenarbei t i m Krieg e a m 22./ 23. 4. 1918 , S. 8 des Protokolls: HStA/Kr , MK r 14389. 269 Hepelmann, Beitrag , S . 51. 270 Niederschrift de r erste n Sitzun g de s Arbeitsausschusse s de r Kommissio n fü r Demobil -

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Anmerkungen zu S. 98-101 machung der Arbeiterschaft a m 17. 10. 1918: ΒΑ/MA, RM20/627, Bl. 29-33, hier: 30. Abwei­ chend hiervo n gib t Aerebo e di e Zah l de r männliche n landwirtschaftliche n Arbeitskräft e i m wehrpflichtigen Alte r mit 3, 4 Mio. an, von denen 2 Mio. einberufen worden seien; F. Aereboe, Der Einflu ß de s Krieges auf die landwirtschaftliche Produktio n in Deutschland, Stuttgar t u. a. 1927, S. 25. 271 Marie-Elisabeth Lüder s vo n de r FA Z schätzt e di e entsprechend e Zah l i m Mär z 1917 auf 65%, die Kriegsamtsstell e Karlsruh e i m Februa r de s selben Jahres au f ca. 80%; Preußisches Kriegsam t 14. 3. 191 7 an Mitgliede r de s Nationale n Ausschusse s fü r Frauenarbei t i m Kriege: HStA/Kr , MK r 14384; Kriegsamtsstelle Karlsruh e 3. 2. 191 7 an ihre Vorstandsabtei lung: GLA Karlsruhe, Stellv . Gen.kdo. XIV. AK Karlsruhe 456/EV8/101. 272 Niederschrift de r ersten Sitzun g de s Arbeitsausschusses der Kommission für Demobil machung de r Arbeiterschaft a m 17. 10. 1918 : ΒΑ/MA, RM20/627, Bl. 29-33. 191 8 waren ins­ gesamt 900000 Kriegsgefangene i n der Landwirtschaft de s deutschen Reichs beschäftigt; Aereboe, Einfluß, S . 33, S. hierzu auch oben, S . 56 ff. 273 Protokoll de r Sitzun g de s Nationale n Ausschusse s für Frauenarbeit i m Krieg e 22.-24. 8. 1917 , S. 8: HStA/Kr, MK r 14385. 274 Kriegsamtsstelle Würzburg 1. 6. 191 7 an bayerisches Kriegsamt: HStA/Kr, MK r 14198. 275 Kriegsersatz- un d Arbeitsdepartemen t 15. 2. 191 7 an Kriegsamtsstellen : HStA/Kr , MKr 17309. 276 Ebd. 277 Aufruf de r Oberwirtschaftsstell e de s I. Bayerischen A K vo m Apri l 1917: HStA/Kr, Stellv. Gen . kdo. I. Bayerisches AK München 2782. 278 S. z . B. »Vortragstext : Landwirtschaftlich e Frauenarbei t au f dem Lande « (Begleittex t einer Diaseri e z u Vortragszwecken) , vo m preußische n Kriegsam t 23. 6. 191 7 verschickt: HStA/Kr. MK r 14384. 279 Wirtschaftsstelle Weinhei m 8. 11. 1917: HStA/Kr, MK r 14202. Ebd. auch die - mi t ei ner Ausnahme - ähnlich lautenden Berichte acht anderer Wirtschaftsstellen un d eines Einberufungsausschusses übe r di e Verwendun g vo n Frauen , Schüler n un d HD-Pflichtige n i n de r Landwirtschaft. Zu r Ablehnun g de r Stadtfraue n durc h di e Landwirt e s . a. »Abwanderun g von Landarbeiterinne n un d Jugendlichen nac h de n Städte n un d zu r Industrie« , in : Arbeits nachweis in Deutschland, Jg. 4, 1916/17 , S. 226. 280 Lüders, Entwicklung, S . 15 f. 281 Bericht de r Abteilun g K 5 des bayerischen Kriegsministerium s übe r di e Aktio n vo m Oktober 1917 (Anlage 13 zu 38732 K/F): HStA/Kr, MKr 14391 (Hervorh. i . Original). 282 Ebd. 283 Protokoll de r Referentinnensitzung de r bayerischen Kriegsamtsstelle n a m 6. 11. 1917, S. 7: HStA/Kr, MK r 14385. 284 Ebd. 285 FAZ bei m Kriegsamt/Sta b 7. 3. 191 7 an Frauenarbeitsstellen , abgedruck t be i Zesch , Was ist geschehen, Anlage VIc. 286 Gertrud Bäume r au f de r Sitzun g de s Nationale n Ausschusse s fü r Frauenarbei t i m Kriege 22.-24. 8. 1917 , S. 3 des Protokolls: HStA/Kr, MK r 14385. 287 S. o. , Anm . 285 sowie: Kriegsam t 12. 12. 1916 , abgedruckt be i Zesch, Wa s ist geschehen, Anlage IVa. 288 Kriegsamtschef Scheüc h auf der Sitzun g de s Nationalen Ausschusse s fü r Frauenarbei t im Kriege 22.-24. 8. 1917 , S. 1 des Protokolls: HStA/Kr, MK r 14385. 289 Zusammenstellung eine r Frauenarbeitsstell e vo m Apri l 1917, abgedruckt be i Zesch , Was ist geschehen, Anlag e VIIIb. 290 S. zu r Entwicklung de r Fabrikpflege: F . Wunderlich , Fabrikpflegerinnen, in : Archiv fü r Frauenarbeit, Jg. 8, 1920 , S. 93-131; dies., Fabrikpflege. Ei n Beitrag zur Betriebspolitik, Berli n 1926; dies., Betriebswissenschaft un d Fabrikpflege (Schrifte n des Deutschen Verbandes der So-

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Anmerkungen z u S . 101-103 zialbeamtinnen, H . 4), Berlin 1925; E. Zodtke-Heyde , Fabrikinspektorinne n un d Fabrikpflege rinnen, in : Archi v fü r Frauenarbeit , Jg. 6, 1918 , S. 10-27, sowie Regierungs - un d Gewerbera t Dr. Czimatis : »Empfiehl t e s sich , au f di e gewerbliche n Unternehme r eine n Einflu ß zu r An stellung sogenannte r Fabrikpflegerinne n auszuüben? « Referat , gehalte n au f der Versammlun g der preußische n Regierungs - un d Gewerberät e a m 4. 3. 1909 ; StA Münster , Oberpräsidiu m 4123. 291 Mitteilungen au s de r Arbei t de r Frauengrupp e bei m Kriegsersatz - und Arbeitsdeparte ment, erstatte t zu r 3. Tagung de s Nationale n Ausschusse s für Frauenarbeit i m Krieg e 22.-24. 4 . 1918 , S. 16: HStA/Kr, MK r 14389. 292 In diese m Sin n äußert e sic h u . a . di e Kriegsamtsstell e Nürnber g i m Augus t 1918: Sie verspreche sic h vo n de r Ausgestaltun g de r Fabrikpfleg e »keine n nachhaltige n Erfolg « be i de r Behebung de s starke n Arbeitsplatzwechsel s vo n Frauen , »d a di e hierdurc h geschaffene n Or gane i n de r Rege l übe r di e erforderlich e technisch e Sachkenntni s un d sozialpolitisch e Erfah rung nich t verfuge n werden« ; Kriegsamtsstell e Nürnber g 30. 8. 191 8 an bayerische s Kriegs ministerium, S . 16: HStA/Kr, MK r 14205. 293 Zesch, Wa s is t geschehen , S . 59f Nu r de n staatliche n Betriebe n konnte , wi e i m Jun i 1917 geschehen, di e Einstellun g vo n Fabrikpflegerinne n zu r Pflich t gemach t werden ; Erla ß des preußischen Kriegsamts/Wumb a vo m 18. 6. 1917 : HStA/Kr, MK r 14384. 294 Wunderlich, Fabrikpflegerinnen , S . 93-131, hier: 103; Lüders, Heer , S . 188f ; Jahresbe richt de r Gewerbeaufsich t de s Regierungsbezirk s Potsda m 1914-1918, in: Jahresberichte de r Gewerbeaufsicht 1914-1918, Bd. 1, S. 95-98; s. a. da s vertraulich e Rundschreibe n de r Vereini gung de r Deutsche n Arbeitgeberverbänd e 15. 5. 191 7 an ihr e Mitgliede r betr . Fabrikpflege : HStA/Kr, MK r 14384. 295 Zur Fabrikpfleg e i n de n Betriebe n de r Mitgliede r de s Verbande s de r Bayerische n M e tallindustrie s . Adam , Arbeitsbeziehungen , S . 174-178. 296 Verband de r bayerische n Metallindustrielle n 29. 4. 191 7 an sein e Mitglieder : HStA/Kr , MKr 14384. 297 S. z . B. Bericht e de r Gewerbeinspektio n Berlin-Wes t fü r Juni 1917 betr. Fabrikpflege : StA Potsdam , Pr . Br . Rep . 30 Berlin C Pol . Präs . 1974, passim . 298 Frau Rickmer s vo n de r Kriegsamtsstell e Münche n au f der Sitzun g de s Nationalen Aus schusses fü r Frauenarbei t i m Krieg e 22.-24. 8 . 1917 : HStA/Kr, MK r 14385. Es kam auc h vor , daß Unternehme r ein e Fabrikpflegeri n einstellten , u m ihr e Positio n i n einem sozialpolitische n Konfliktfall z u stärken . Nachde m beispielsweis e ein e Konstanzer Firm a wege n de r Klage n ih rer Arbeiterinne n übe r niedrig e Löhn e un d schlechte s Essen , di e vo m Konstanze r Gewerk schaftskartell aufgegriffe n un d publi k gemach t wurden , nac h Einschaltun g de r Gewerbeauf sicht ihr e Heeresaufträge z u verlieren drohte , stellt e si e eine Fabrikpflegeri n ein . Dies e schickt e eine Woch e nac h ihre r Einstellun g eine n Brie f a n di e Frauenarbeitsstell e Karlsruhe , i n de m si e alle 87 von ih r geprüfte n Beschwerde n auße r eine r al s »haltlose s Geschwätz « un d eine n gro ßen Tei l de r Beschwerdeführerinne n al s »direk t minderwertig « bezeichnete . Da s Karlsruhe r Gewerbeaufsichtsamt merkt e daz u an , da ß ih r Berich t »lediglic h di e be i de r Firm a bestehend e Auffassung übe r Erfüllun g soziale r Aufgabe n wiedergibt . I m übrige n müsse n wi r e s au f da s Entschiedenste ablehnen , wen n Fabrikpflegerinne n daz u benutz t werden , Forderunge n de r Aufsichtsbehörden hinsichtlic h ihre r Notwendigkei t eine r Kriti k z u unterziehen« : L . Stroh meyer & Cie., Konstanz : GL Α Karlsruhe, 456 EV8/113, Kriegsamtsstell e Karlsruhe , passim. 299 Wunderlich, Fabrikpflegerinnen , S . 93-131, hier: 106ff. ; Zesch , Wa s is t geschehen , S. 59f. Gewerbeaufsich t un d Kriegsamtsreferentinne n ware n übereingekommen , di e Fabrik pflegerinnen i m Weste n au s de m »einfache n Mittelstand« , i m Oste n au s »etwa s höhe r gestell ten Kreisen « z u rekrutieren ; Preußische s Ministeriu m fü r Hande l un d Gewerb e 29. 3. 191 7 an Regierungspräsidenten: Zusammenfassun g de r Besprechunge n zwische n Gewerbeaufsich t und FAZ/Frauenarbeitshauptstelle n vo m 12. 3. 1937 : StA Münster , Oberpräsidiu m 4123, B1. 510f .

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Anmerkungen zu S. 103—10 5 300 S. z Β . die Auszüg e betr . Fabrikpflegerinne n au s den Berichte n de r Gewerbeaufsich t 1914-1918 in: Archiv für Frauenarbeit 1919, S. 160-166, und Lüders, Heer, S. 189f . 301 Kriegsamtsstelle Nürnber g 30. 8. 191 8 an bayerische s Kriegsministerium : HStA/Kr , MKr 14205. 302 Bayerische Feldzeugmeistere i 18. 1. 191 9 an bayerische s Ministeriu m für militärische Angelegenheiten: HStA/Kr , MK r 14391, passim . 192 5 waren i m deutsche n Reic h nurmeh r 110 Fabrikpflegerinnen ausfindi g z u machen ; L . Schmidt-Kehl , Di e deutsche Fabrikpflegeri n (Schriften au s dem Gesamtbetrieb de r Gewerbehygiene, hg . v . d . Deutsche n Gesellschaft für Gewerbehygiene in Frankfurt/Main, N . F., H. 15), Berlin 1926, S. 7. 303 Bayerische Organisatio n de r Kinderfürsorge : HStA/Kr , MK r 14385, S. 1. S. hierz u auch oben, Anm . 28 zu diesem Kapitel. 304 Ebd. sowi e W . Polligkeit, Di e Kriegsnot de r aufsichtslosen Kleinkinde r (Schrifte n de s Ausschusses für Kleinkinderfürsorge, H . 1), Berlin/Leipzig 1917, S. 16f., und : Umfrag e de r Fabrikpflegerin de r Berline r Firm a Ludwi g Loew e & Co. (Gewerbeinspektio n Berlin-West , Juni 1917): StA Potsdam, Pr. Br. Rep. 30 Berlin C Pol. Präs. 1974, Bl. 34f. 305 Reichsamt des Innern 21. 7. 191 7 an Bundesregierungen: HStA/Kr, MKr 14384. 306 S. o., Anm . 303 zu diesem Kapitel , sowi e F. Rickmers, Fürsorge für die Kinder kriegsindustriell tätige r Fraue n durch di e Militärverwaltung i m Bereic h de s I. Bayerischen Armee korps, O . O. o. J . (Diss . München 1919/21), und »Tätigkeit der Frauen refer ate des Kriegsamts und der Kriegsamtsstellen vo m 11. 1. 1917 bis 1. 2. 1919 « von Abteilung K/ 5 des bayerischen Ministeriums fü r militärisch e Angelegenheiten , d . h. de m ehemalige n Frauenrefera t de s ehemaligen bayerischen Kriegsministeriums: HStA/Kr, MKr 14391. 307 Polligkeit, Kriegsnot, S . 22. 308 Jahresbericht de r Gewerbeaufsicht de r Kreishauptmannschaft Zwicka u 1914-1918, in: Jahresberichte der Gewerbeaufsicht 1914-1918, Bd. 2, Sachsen, S . 409. 309 Jahresbericht de r Gewerbeaufsich t de s Regierungsbezirk s Düsseldor f 1914-1918, in: ebd., Bd. 1, S. 1010. 310 Polligkeit, Kriegsnot, S . 26. 311 Gutachten de s Deutsche n Krippenverbandes/Abt . de r Deutsche n Vereinigun g für Säuglingsschutz vom 8. 12. 1916: HStA/Kr, MK r 12650. 312 Polligkeit, Kriegsnot, S . 24 f. 313 Umbreit, Die deutschen Gewerkschaften, S . 88. 314 Regierungspräsident Münste r 9. 11. 1915 an Oberpräsident: St A Münster , Oberpräsi dium 4124; Gewerbeinspektion Berli n 26. 1. 191 8 an Polizeipräsident : St A Potsdam , Pr . Br . Rep. 30 Berlin C Pol. Präs. 1440, Bl. 42. 315 Preußisches Kriegsam t 4. 1. 191 7 an stellv. Gen.kdo.s : HStA/Kr , MK r 14197: Regierungspräsident Minde n 6. 9. 191 7 an stellv. Gen . kdo. VII. AK: StA Münster, Oberpräsidiu m 4123; Polizeipräsidium Berli n 2. 2. 191 7 an Gewerbeinspektion: St A Potsdam, Pr . Br. Rep. 30 Berlin C Pol. Präs. 1450, Bl. 343. 316 Augsburger Bezirksverei n de s Vereins Deutscher Ingenieure 31. 5. 191 7 an bayerisches Kriegsamt: GLA Karlsruhe, 456 EV8/111, Bl. 136. 317 Politische Polizei Düsseldorf 6. 5. 1918 : Bericht übe r die Stimmung de r Arbeiterschaf t und die Bewegung zu r Arbeitszeitverkürzung: HSt A Düsseldorf, Regierun g Düsseldor f 9081. Auch aus der rheinisch-westfälischen Schwerindustri e wa r bereits mit Nachdruck Protes t ge gen die Einführung de s Achtstundentags für Fraue n angemeldet worden ; s. z. Β. Borsig wäh rend de r Verhandlunge n zwische n Bürokrati e un d Großindustri e i m Kaisersaa l de s preußi schen Kriegsministeriums am 16. 9. 1916 : HStA/Kr, MK r 14363, und Handelskammer Hage n 3. 11 . 1915 an Regierungspräsident Arnsberg : StA Münster, Oberpräsidiu m 4124. 318 Der Berliner Gewerberat Schmid t 21. 2. 1917 : ZStA Merseburg , Rep . 197A , I o Nr. 2, B1. 203 f. 319 Dies entspricht auc h der - vorwiegend impliziten , abe r erkennbaren - Selbsteinschät-

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Anmerkungen z u S . 1 05-112 zung de r Vertrete r diese r Politi k selbst : s . di e Darstellunge n vo n Marie-Elisabet h Lüder s un d Sichler u. Tiburtius , Arbeiterfrage, passim. 320 Abgesehen vo n de n bereit s angeführten Belege n fü r diese n Sachverhal t ergib t sic h die s aus dem keineswegs durchgängige n Tren d der Nachfrag e nac h weibliche n Arbeitskräften : Be reits unmittelbar nac h Verabschiedun g de s HDG hemmte n Transportproblem e di e Bemühun gen u m ein e kriegsindustriell e Produktionssteigerun g s o nachhaltig, da ß de r vorhanden e Ar beitskräftebestand vorers t ausreichte ; Beauftragte r de s bayerische n Kriegsministerium s bei m preußischen Kriegsam t 10. 2. 1917 : Bericht übe r di e Erklärun g Groener s a m 9. 2. 191 7 über die allgemein e Hilfsdienstlag e au f de r 6. Sitzun g de s 22. Ausschusses, S . 1: HStA/Kr, MK r 17312. 321 Kriegsersatz- und Arbeitsdepartemen t 23. 3. 191 8 an Kriegsamtsstellen u . a. : HStA/Kr , MKr 14202; Aktennotiz de s bayerischen Kriegsamt s vo m 13. 12. 1917 ; preußisches Kriegsam t 24. 12 . 191 7 an Kriegsamtsstellen : HStA/Kr , MK r 14385; Kriegsamtsstelle Koblen z 1. 2. 191 8 an Arbeitgeber un d staatlich e Betriebe : B A Koblenz , N L 151/157; Gewerbeinspektion Aache n 4. 2. 191 8 an Regierunespräsident Aachen : HSt A Düsseldorf , Regierun g Aache n 8067. 322 Kriegsersatz- un d Arbeitsdepartemen t 1. 7. 191 8 an Kriegsamtsstell e München : HStA / Kr, MK r 14388; Preußisches Kriegsam t 1. 11. 191 8 an Kriegsamtsstellen : HStA/Kr , MK r 14389. 323 G. Bäumer , De r weiblich e Arbeitsmark t i m Kriege , in : dies., Weit hinte r de n Schützen gräben. Aufsätz e au s dem Weltkrieg , Jena 1916, S. 142-151. 324 S. zu r »Emanzipations«-Problemati k ausführlic h Kapite l 5: Zusammenfassung un d Schlußbemerkungen. 325 Die modernisierungstheoretische n Ansätz e habe n e s hie r leichter , d a si e fü r di e »Ko sten« de r Modernisierun g ei n Debetkont o einrichte n können , ohn e di e Gesamtrechnun g z u alterieren. Ei n Vertrete r de s Emanzipationsansatze s wi e Bajoh r mu ß jedoch de n Widerspruc h zwischen seine r Generalannahm e de r »emanzipatonschen « Wirkun g de r Verallgemeinerun g von Lohnarbei t i n abstract o un d seine n Schilderunge n de r alle m Anschei n nac h weni g »eman zipatonschen« Arbeitsbedingunge n i n concret o offenlassen , ohn e ih n z u erwähnen ; Bajohr , Hälfte, S . 101-167 und passim. 326 S. hierz u oben , Einleitung , passim. 327 S. hierz u R . Sieder , Behind th e lines : working-clas s famil y lif e i n wartim e Vienna , in : Wall u . Winte r (Hg.), Th e Upheava l o f War. Family , Wor k an d Welfar e i n Europe , 1914-1918 , Cambridge 1988 , S . 109-138 . 328 S . zur Methodi k de r »oral history « L . Niethammer (Hg.) , Lebenserfahrun g un d kollek tives Gedächtnis . Di e Praxi s de r »Oral History« , Frankfurt 1980, und F . J. Brüggemeier, Trau e keinem übe r sechzig ? Entwicklunge n un d Möglichkeite n de r Oral Histor y in Deutschland, in : Gd, Jg. 9 , 1984, S. 199-210. 329 Die Lohnentwicklun g 1914-1918 ist mehrfac h ausführlic h untersuch t worden ; s . hierzu A . Karbe , Di e Frauenlohnfrag e un d ihr e Entwicklun g i n de r Kriegs - un d Nachkriegs zeit, Rostoc k 1928, S. 73-95; W. Zimmermann, Di e Veränderunge n de r Einkommens- un d Le bensverhältnisse de r deutschen Arbeite r durch de n Krieg , in : Meerwart h u . a., S . 281—474, hier: 366-412; G. Bry, Wage s i n German y 1871-1945 , Princeto n 1960 , S. 191-214; Kocka, Klassen gesellschaft, S . 13-19; Bajohr, Hälfte , S . 31-41; U. Malich , Zu r Entwicklun g de s Reallohn s i m Ersten Weltkrieg , in : JbWG , 1980, T. 2, S. 55-70, hier: 60f. 330 Berichterstattung vo n 335 Betrieben a b Mär z 1914, in: RAB1 , Jg. 18, 1920 , S. 64. Es handelt sic h hie r u m relati v grob e Durchschnittswerte , di e weder zwische n gelernte n un d un gelernten Arbeiter(inne) n unterscheide n noc h die geleisteten Überstunde n berücksichtigen . 331 Bajohr, Hälfte , S . 33. 332 Ebd., S . 38ff. S . hierz u auc h di e Eingab e de r Zentralkommissio n de r Berufsorganisa tionen i m Verband e Katholische r Verein e erwerbstätige r Fraue n un d Mädche n Deutschland s betr. Arbeiterinnenschut z vo m 1. 12. 191 6 an de n Bundesrat , w o konkret e Fäll e angeführ t

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Anmerkungen zu S . 115-117 werden; Marie-Elisabet h Lüder s beklag t i m Rückblic k ein e vo n Großbetriebe n mitunte r ge übte »summarische « Lohnpolitik , di e die Frauenlöhne grundsätzlic h au f 2/3 der fü r Männe r be i den gleiche n Arbeite n übliche n Akkordsätz e festschrieb : HStA/Kr , MK r 14383; Lüders, Ent wicklung, S . 46. 333 S. hierz u di e Jahresberichte de r Gewerbeaufsich t 1914-1918, passim . Die einschlägige n Teile sin d zusammengefaß t in : »Kriegsverdienst e i n de r Hausindustri e nac h de n Jahresberichten de r Gewerbeaufsicht«, in : RAB1, Jg. 18, 1920 , S. 144-149. 334 Zur Einteilun g i n Kriegs - un d Friedensindustrie n bzw . Zwischengruppe n s . o. , Anm. 8 zu diesem Kapitel . 335 Karbe, Frauenlohnfrage , S . 88. So argumentier t unte r Berufun g au f Kuczynsk i auc h Bajohr, Hälfte , S . 35. 336 Malich, Zu r Entwicklun g de s Reallohns, S . 60f. S . hierz u auch unten , 3.2.2. 337 Arbeitsnachweis i n Westfalen , Jg. 3, 1919 , Nr. 8 (15. 8. 1919) , S. 90. S. hierz u auc h Op penheimer u. Radomski , Probleme , S . 31 ff. 338 Kriegsersatz- un d Arbeitsdepartemen t 29. 1. 1917 ; Kriegsamt 5. 2. 1917 ; dass. 21. 2. 1917, alle abgedruckt in : Zesch, Wa s ist geschehen, Dok . Nr . IIa, IIb , X. 339 S. hierz u Lüders , Volksdienst, S . 81 ff. 340 Zur Lehrlingsausbildun g i m Erste n Weltkrie g s . H . Böhme , Di e Entwicklun g de s ge werblichen Lehrlingswesen s i n Preußen währen d un d nach dem Kriege , Diss. Hamburg 1923; Jahresberichte de r Gewerbeaufsich t 1914-1918, passim ; Oppenheimer u . Radomski , Probleme , S. 31 ff., un d Bieber , Gewerkschaften , S . 210ff. Oppenheimer/Radomsk i fuhre n de n Rückgan g der Lehrlingsausbildun g i m Krie g vo r alle m darau f zurück , da ß viel e Familie n gezwunge n waren, di e Jugendlichen durc h Arbei t i n der Kriegsindustri e zu m Familieneinkomme n beitra gen z u lassen ; die s bestätige n Bericht e darüber , da ß insbesonder e Jugendliche au s »Kriegerfa milien« i n ungelernt e Beruf e gingen , u m zu m Familienunterhal t beizutragen ; s . z . B. Landra t Düsseldorf 2. 4. 191 5 an Regierungspräsiden t Düsseldorf : HSt A Düsseldorf , Regierun g Düs seldorf 331 20. Hinzu kam , da ß währen d de s Kriegs Meiste r sic h angesichts de r hohen Lebens haltungskosten weigerten , Lehrling e i n Kos t un d Logi s z u nehmen ; Protokol l de r Sitzun g betr. Demobilmachun g de r Fraue n un d Jugendlichen vo m 15. 1. 191 8 im Reichstagsgebäude : BA Koblenz , N L 151/159, S. 8. 341 S. hierz u u . a . Lüders , Entwicklung , S . 33-46; Adam, Arbeitsbeziehungen , S . 158-169, sowie Städtische s Arbeitsam t Frankfurt/M . 2. 3. 191 8 an Verban d für handwerksmäßige un d fachgewerbliche Ausbildun g de r Frau : B A Koblenz , N L 151/166; Kriegsamtsstelle Magde burg 7. 7. 191 7 an Kriegsersatz - un d Arbeitsdepartement , abgedruck t in : Zesch , Wa s is t ge schehen, Dok . Nr . XII. Wenn einig e Autore n (z . B. G . Wellner , Industriearbeiterinne n i n de r Weimare r Republik : Arbeitsmarkt, Arbei t un d Privatlebe n 1919-1933, in: GG , Jg. 7, 1981 , S. 534-554, hier: 542; Bajohr, Hälfte , S . 33) dem Erste n Weltkrie g positiv e Auswirkunge n au f di e Qualifikations struktur de r weibliche n Arbeitskräft e zusprechen , dan n beruh t die s m . E . au f einem Mißver ständnis: Di e vermehrte n Anlernprozess e vo n Fraue n a n kriegsindustrielle n Arbeitsplätzen , die i m Erste n Weltkrie g tatsächlic h beobachtba r un d Grundlag e fü r derartig e Interpretatione n sind, ware n produktions - und nicht qualifikationsorientier t un d bieten - insbesondere be i de m gleichzeitigen Rückgan g de s Lehrlingswesens - kein Argumen t fü r etwaig e verbessert e Quali fikationsmöglichkeiten fü r Frauen : Derartig e Anlernprozess e haftete n sozusage n a m Arbeits platz, nich t a n de r betreffende n Person ; wen n di e solcherar t angelernte n Fraue n de n Arbeits platz, au f de m si e angelern t worde n waren , verließen , bedeutet e die s i n de r Regel , da ß si e keine höher e Qualifikationsstuf e i n bezug au f einen andere n Arbeitsplat z beanspruche n konn ten. 342 H. Horst , Maßnahme n zu r Behebun g de r durc h de n Krie g entstandene n Arbeitslosig keit i n Krefeld , in : Arbeitsnachwei s i n Deutschland, Jg. 2, 1914/15 , S. 207. 343 Zu de n Gewerkschafte n s . auc h unten , S . 120 f. Eine n Fal l gewerkschaftliche n Wider -

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Anmerkungen z u S , 118 stands gegen da s Anlerne n vo n Fraue n i m Buchdruckergewerb e dokumentier t Zesch , Wa s is t geschehen, S . 60. 344 Erster Tei l de s Zitats: Kriegsamtsstell e Nürnber g 28. 4. 191 8 an bayerisches Kriegsamt : HStA/Kr, MK r 14204; zweiter Teil : dies . 27. 9. 191 7 an dass.: HStA/Kr , MK r 14200. 345 Zesch, Wa s ist geschehen , S . 52. 346 Kgl. Bayerische s Konsula t Karlsruh e 10. 10 . 191 8 an bayerische s Außenministenum : Wiedergabe de r Stellungnahm e de r Industri e zu r Frauenmobilisierung : HSt A München , M H 15956. 347 Marie-Elisabeth Lüder s übe r di e Durchführun g de r Kriegsfürsorg e i n Charlottenbur g am 9. 6. 1915 : BA Koblenz , N L 151/165. 348 Kriegsamtschef Scheüc h 18. 4. 191 8 an Staatssekretä r de s Reichswirtschaftsamts : ZSt A Potsdam, Reichsarbeitsministeriu m 1734, Bl. 30; Jahresberichte de r Gewerbeaufsich t Bade n 1914-1918, in: Jahresberichte de r Gewerbeaufsicht 1914-1918, Bd. 2, Baden, S . 42. 349 Zesch, Wa s ist geschehen , S . 58. 350 Umfangreiches Materia l zu r Planun g de r Demobilmachun g un d de r Haltun g de r ver schiedenen Interessenorganisatione n hierz u finde t sic h in den fün f Teilberichte n de s Ausschus ses fü r Hande l un d Gewerb e de s Reichstag s betreffen d Überführun g de r Kriegs - i n di e Frie denswirtschaft 1916/1917 (Reichstagsdrucksachen 13. Legislaturperiode II. Session Nr . 504, 740, 749 , 80 5 und 875; hier auc h zahlreich e diesbezüglich e Petitionen ) (i m folgende n zitiert : Teilberichte), i m Protokol l de r Sitzun g i m Kriegsamt/Kriegsersatz - un d Arbeitsdepartemen t vom 12. 1 . 191 8 betr. Planun g de r Frauendemobilmachun g (B A Koblenz , N L 151/157) sowie in de n Niederschrifte n übe r di e Sitzunge n de s Arbeitsausschusse s de r Kommissio n fü r Demo bilmachung de r Arbeiterschaf t un d diese r Kommissio n selbs t i m Oktober/Novembe r 1918 (ΒΑ/MA, RM20/627). Darüber hinau s s . z u de n Demobilmachungsplanunge n de r Gewerkschaften : Generalkom mission de r Gewerkschafte n Deutschlands : Sozialpolitisch e Arbeiterforderunge n de r deut schen Gewerkschaften . Berli n 1918; H. Jäckel, Übergangswirtschaf t un d Textilarbeiter. Denk schrift de s Textilarbeiterverbandes , hg . i m Auftra g seine r Kommissio n fü r Übergangswirt schaft, Berli n 1918; Petition de r Generalkommissio n de r Gewerkschafte n Deutschland s u . a . betr. »Gewerkschaftlich e Forderunge n fü r de n Übergan g vo n de r Kriegs - zu r Friedenswirt schaft« vo m 30. 6. 191 7 (BA Koblenz , N L 151/157). Als einer de r wenige n Falle , i n denen vo n gewerkschaftlicher Seit e di e Frag e danach , o b di e zurückkehrende n Soldate n ode r di e (weibli chen) Ersatzarbeitskräft e vorrangige n Anspruc h au f die Arbeitsplätz e hätten , nich t zugunste n der Soldate n entschieden , sonder n offengelasse n wurde , se i hier noc h »Di e Frauenarbeit i n de r Metallindustrie währen d de s Krieges , dargestell t nac h Erhebunge n i m August/Septembe r 1916«, hg. v . Vorstan d de s DMV , Stuttgar t 1917, genannt (s . bes. S . 53 ff.). Zu de n Demobilmachungsplanunge n de s DNHV : »Wen n de r Fried e kommt . Sozialpoliti sche un d wirtschaftlich e Forderunge n de r deutsche n Handlungsgehilfe n fü r di e Überleitun g der Kriegs - in di e Friedenswirtschaft . Ein e Denkschrif t a n di e deutsche n Gesetzgeber« , Ham burg 1916. Zu de n Demobilmachungsplanunge n de r Unternehmerverbände : Denkschrif t de r Vereini gung de r deutsche n Arbeitgeberverbänd e zu r Übergangswirtschaft , ζ. Τ wiedergegeben in : Arbeitsnachweis i n Deutschland , Jg . 5, 1917/18 , S. 187, sowie Eingab e de s Arbeitgeberver ­ bandes de r Eisen - un d Stahlindustrielle n vo m 28. 10 . 191 8 an da s Reichsarbeitsam t u . a.: B A Koblenz, N L 151/161. Zu de n Demobilmachungsplanunge n de s BDF : »Sozialpolitisch e Aufgabe n de r Übergangs wirtschaft mi t Bezu g au f die Probleme de r Frauenarbeit. Denkschrif t de s BDF und des Ständi gen Ausschusse s zu r Förderun g de r Arbeiterinneninteressen« , Berlin , Februa r 1918 (BA Ko blenz, N L 151/157), sowie di e Artike l vo n Marie-Elisabet h Lüder s in der Norddeutschen Allge meinen Zeitun g vo m 26. 10 . 191 8 »Arbeitslose Frauen « un d ebd . vo m 17. 1. 1918 , und Oppen heimer u. Radomski , Probleme , passim. Weitere Demobilmachungsplanunge n kame n au s de m

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Anmerkungen z u S . 118-120 Bereich de r Sozialpolitik ; s . hierz u G . Albrecht , Übergangswirtschaf t un d Arbeiterfrage , Ber lin 1917, und di e Eingab e de r Gesellschaf t fü r sozial e Refor m a n Bundesra t un d Reichstag , abgedruckt i n Archi v fü r Frauenarbei t 1918, S. 49-64; auch di e Arbeitsverwaltun g äußert e sich z u diese m Problem : s . z . B. »Gesichtspunkt e fü r di e Entlassun g de r Kriegsteilnehme r nach Friedensschluß« , in : Arbeitsnachweis i n Deutschland, Jg. 3, 1915/16 , S. 182f . Die Sozialdemokrati e macht e i n ihre r Haltun g zu r Frauenarbei t i n de r Demobilmachun g keine Ausnahme . Luis e Zietz , di e zu dieser Frag e Positio n bezog , unterschie d sic h nur insofer n von de n übrige n Demobilmachungsplanern , al s si e glaubte , da ß Frauenarbei t auc h nac h Kriegsende wege n de r Verlust e an Männer n stärke r nachgefrag t würd e al s vor de m Krieg , da ß sich als o da s Proble m eine r weibliche n Arbeitslosigkei t ga r nich t s o kras s stelle n würde ; L . Zietz, Zu r Frag e der Frauenerwerbsarbeit währen d de s Krieges un d nachher , hg . v . Parteivor stand der SPD , Berli n 1916, bes. S . 10 ff. S. zu r Demobilmachungsplanun g allgemei n auc h F . Zunkel , Industri e un d Staatssozialis mus. De r Kamp f u m di e Wirtschaftsordnun g i n Deutschlan d 1914-1918, Düsseldorf 1974, S. 116-129, und Bieber , Gewerkschaften , S . 369-383. 351 Aufzeichnung betr . Besprechun g vo m 30. 4. 191 5 über Arbeitsbeschaffun g für die heimkehrenden Kriegsteilnehme r un d di e Regelun g de s Arbeitsmarkt s nac h Friedensschluß : ΒΑ/MA, RM3/5163. 352 1 . Teilbericht (Reichstagsdrucksach e 504), S. 7. 353 Unterstaatssekretär i m Reichsam t de s Innern a m 29. 3. 1917 ; 3. Teilbericht (Reichstags drucksache 749), S. 6. 354 S. di e beide n vorige n Anmerkunge n sowi e Protokol l de r Besprechun g i m Reichsam t des Innern a m 16. 3. 191 7 betr. Demobilmachungsplanung , S . 3: BA Koblenz , N L 151/157. 355 Niederschrift übe r di e 11. Sitzung de s Arbeitsausschusse s de r Kommissio n fü r Demo bilmachung de r Arbeiterschaft a m 7. 11 . 1918, S. 5: ΒΑ/MA, RM20/627. 356 Der Arbeitsausschu ß de r Kommissio n fü r Demobilmachun g de r Arbeiterschaf t »ver kannte hierbe i nicht , da ß ein e Lohnzahlun g ohn e Arbeitsleistun g unerfreulic h sei , glaubt e j e doch, da ß Arbeitslos e mi t Gel d Arbeitslosen , di e kein e Geldmitte l besäßen , i m Interess e de r öffentlichen Ruh e vorzuziehe n seien« ; Niederschrif t übe r di e 3. Sitzung de s Arbeitsausschus ses de r Kommissio n fü r Demobilmachun g de r Arbeiterschaf t vo m 24. 10 . 1918 : BA/MA, RM20/627, S . 5. S. zu r Arbeitslosenunterstützun g vo n Fraue n i n de r unmittelbare n Nach kriegszeit auc h die einschlägigen Quellenbeständ e i n HSt A Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 15133, sowie 5. Rouette, Di e Erwerbslosenfürsorg e fü r Fraue n i n Berli n nac h 1918, in: IWK , Jg. 21 , 1985 , S. 295-308. 357 Hierum ware n di e Arbeitgebe r de r Eisen - und Stahlindustri e i n Absprach e mi t Marie Elisabeth Lüder s a m 28. 10 . 191 8 beim Reichsarbeitsam t u . a. eingekommen , u m di e be i über gangsloser Umstellun g au f di e Friedenswirtschaf t »dan n unvermeidliche n plötzliche n Mas senentlassungen de r weibliche n Arbeitskräfte « z u vermeiden : »Wi e di e Nahrungsmittelunru hen i m Somme r vorige n Jahres gezeig t haben , bedar f es bei de n Fraue n nu r geringfügige r äu ßerer Einwirkung , u m si e z u impulsive m un d unbedachte m Vorgehe n z u veranlassen . Da s Eintreten umfangreiche r ode r ga r allgemeine r Entlassunge n wir d di e Veranlassun g z u große n Revolten geben« ; Eingab e de s Arbeitgeberverbande s de r Eisen - un d Stahlindustrielle n vo m 28. 10 . 191 8 an Reichsarbeitsam t u . a., un d ders . 6. 11 . 191 8 an Lüders : B A Koblenz , N L 151/ 161. 358 S. z . B. Arbeitsnachwei s i n Deutschland, Jg. 3, 1915/16 , S. 239 (Schuhindustrie), S . 280 (Lederindustrie), S . 226 (Städtetarif-Geltungsbereich Stuttgart , Leipzi g un d Berlin) ; »Frauen arbeit i m deutsche n Steindruckgewerbe« , in : ebd. , Jg . 4, 1916/17 , S. 186f ; »Arbeitsgemein schaft zu r Wiedereinstellung de r Kriegsteilnehme r i n der Berline r Herrenkonfektion « un d ent sprechende Vereinbarunge n i m Bäcker - un d Konditorgewerb e un d de m Berline r Wäscherei nigungs- und Plättgewerbe, in : ebd., S . 22 ff. 3 5 9 S . hierz u nebe n de n obe n genannte n Quelle n Kriegsersatz - un d Arbeitsdepartemen t

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Anmerkungen zu S . 12 0 1. 12 . 1917 an stellv . Gen.kdo.s : HStA/Kr , MK r 14386; Preußisches Kriegsamt 16. 7. 191 7 an Kriegsamtsstellen un d Kriegsersatz - un d Arbeitsdepartemen t 2. 8. 191 7 an dies . u . a.: HStA / Kr, MK r 14199; Lüders, Furcht e dic h nicht , S . 68; dies., Heer , S . 95. Zu Großbritannie n s . G . Hardach, De r Erst e Weltkrie g (Geschicht e de r Weltwirtschaf t i m 20. Jahrhundert, hg . v . Wol fram Fischer , Bd . 2), München 1973, S. 199-203. 360 Lüders, Heer , S . 137. Der Ausdruc k »Totengräber « hatt e sic h i n de r Etapp e fü r di e männlichen un d weibliche n Hilfsdiensttätige n eingebürgert , dere n Arbeitsaufnahm e Ursach e für di e Frontkommandierun g vo n bishe r i n de r Etapp e beschäftigte n Soldate n war ; Preußi sches Kriegsam t i m Juli 1917 an Ludendorff : HStA/Kr , MK r 14366. Für die hiervo n betroffe nen Soldate n stellt e die Frauenarbeit ei n »Kriegsübel « dar ; Bieber, Gewerkschaften , S . 207; s. a . ebd., S . 208ff. 361 Über eine n de r seltene n Fäll e eine r Auseinandersetzun g zwische n Unternehmer n un d Gewerkschaften wege n de r Beschäftigun g vo n Fraue n a n Männerarbeitsplätze n berichte t de r Arbeitsnachweis i n Deutschland , Jg . 4, 1916/17 , S. 226f.; e s handelt e sic h u m eine n i n Mün chen ausgebrochenen Streik , de r sich an der Frag e der Beschäftigun g vo n Fraue n a n Holzbear beitungsmaschinen entzünde t hatte . 362

Jahr

Mitgliederzahlen de r christliche n Gewerkschaften i m Jahresdurchschnitt*

Mitgliederzahlen de r freie n Gewerkschaften i m Jahresdurchschnitt* insgesamt

davon Frauen

absolut

Steigerung

absolut

davon Frauen

insgesamt

in %

1906 1910 1914 1915 1916 1917 1918

1 689 709 2017298 2075759 1 15 9 497 966705 1 106 657 1 664 991

118908 161 512 210314 177535 185810 268614 422957

+ 35,8 + 30,2 - 18, 5 + 4, 7 + 44,6 + 57,5

247116 295 129 282744 176137 174 300 243865 404682

Steigerung in %

21 646 21 833 25624 24242 28764 44416 72409

+ 0, 9 + 17, 4 - 5, 7 + 18, 7 + 54, 4 + 63. 0

* ermittelt i . d. R. durc h Zusammenzähle n de r Mitgliederzahle n a m Schlu ß de r vie r Viertel jahre de s Berichtsjahr s un d de r Schlußzah l de s vierten Vierteljahre s de s Vorjahr s geteil t durc h 5; einige Verbänd e führte n ein e davo n abweichend e Berechnungsar t durch . Di e Zahle n fü r 1906 und 1910 ohne die Mitglieder de s Verbandes de r Hausangestellten un d der Landarbeiter . Mitgliederzahlen de r Hirsch-Duncker schen Gewerkschafte n

Mitgliederzahlen de r wirt schaftsfriedlichen Verbänd e

Jahr

insgesamt

davon Fraue n

insgesamt

davon Fraue n

1912 1913 1914 1915 1916 1917 1918

109225 106618 77749 61 086 57766 79113 113792

4950 5937 4696 4317 5351 7669 11 684

_ -

-

162163 127989 137161 136143 45665

15775 19003 23 189 21 262 9174

Quelle: Di e Verbänd e de r Unternehmer , Angestellten , Arbeite r un d Beamte n i m Jahre 1918,

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Anmerkungen z u S. 120-121 bearb. i m Reichsam t de s Innern, Berli n 1920, S. 37, 41, 43. Hiervon leich t abweichend e An gaben in : »Di e gewerkschaftlich e Organisatio n de r Fraue n währen d de s Krieges« , in : RAB1, Jg. 17, 1919, S. 149-153, und Kocka, Klassengesellschaft , S . 56. 363 ZStA Potsdam , 61Rel/6971 , Bl . 110. Die Einstellung de r Gewerkschaften un d der Sozialdemokratie zu r Kriegsfrauenarbei t entsprac h de m klischeehafte n Frauenbild , da s dor t schon i n de r Vorkriegszei t gepfleg t wurde ; s . hierz u W . Albrecht u . a.: Frauenfrag e un d deut sche Sozialdemokrati e vo m Ende des 19. Jahrhunderts bi s zum Beginn de r 20er Jahre, in : AfS, Jg. 19, 1979, S. 459-510, hier: 477f., 494f. 364 Kriegsersatz- und Arbeitsdepartement 15. 1. 1917 an stellv. Gen.kdo.s : HStA/Kr, MK r 14197. 365 Bericht de s Kommandierende n General s de s VII. AK Münste r vo m 26. 5. 1915 : StA Münster, Oberpräsidiu m 4123, Bl. 213. 366 Metallarbeiterzeitung Nr . 46 vom 13. 11. 1915. Niedrigere Frauenlöhn e seie n allerding s wegen de r Gefahr de r Schmutzkonkurrenz auc h nich t z u befürworten; ebd . Zur Haltung de r Gewerkschaften gegenübe r de r Frauenarbeit i m allgemeine n s . W . Thönnessen , Frauenemanzi pation. Politi k un d Literatur de r deutschen Sozialdemokrati e zu r Frauenbewegung, Frankfurt , 19762; G . Losseff-Tillmanns , Frauenemanzipatio n un d Gewerkschaften , Wupperta l 1978; H. Niggemann, Emanzipatio n zwische n Sozialismu s un d Feminismus . Di e sozialdemokratisch e Frauenbewegung i m Kaiserreich , Wupperta l 1981; ders. (Hg.) , Frauenemanzipatio n un d So zialdemokratie, Frankfur t 1981; R. J. Evans , Sozialdemokrati e un d Frauenemanzipatio n i m deutschen Kaiserreich , Berlin/Bon n 1984. 367 Gewerbeaufsichtsbericht fü r de n Regierungsbezir k Liegnit z 1914-1918, in: Jahresberichte der Gewerbeaufsicht 1914-1918, Bd. 1, S. 450. Besonders nachdrücklic h trate n di e Angestelltenverbände, insbesonder e de r Deutschnatio nale Handlungsgehilfenverban d (DNHV) , mi t ihre r Forderun g a n di e Öffentlichkeit , di e weiblichen Arbeitskräft e sollte n nac h Kriegsend e sofor t entlasse n werden . I n der Denkschrif t »Die Regelun g de s kaufmännischen Arbeitsmarkte s be i Friedensschluß«, di e der DNHV 1915 dem Bundesra t einreichte , heiß t es , daß die eingestellten weibliche n Angestellte n mi t Kriegs ende z u entlasse n seien : »Grundsätzlic h mu ß di e Auffassun g vertrete n werden , da ß de r Kriegsdienst de r Männe r fü r di e Fraue n kei n Anla ß sei n darf , sic h währen d de r Zeit, w o die Männer ih r Lebe n für das Vaterlan d einsetzen , alle r Erwerbsgelegenheite n z u bemächtigen , die ihnen bishe r noc h verschlosse n waren . Gerad e der Krieg ha t klar und deutlich di e Scheidelinien fü r di e Aufgaben de r beide n Geschlechte r gezogen . De r Mann al s Schützer un d Schir mer de s Vaterlande s un d de r Familie , al s Kämpfe r un d Krieger ; di e Fra u al s Hausfra u un d Mutter, di e i n diese r Eigenschaf t of t nich t minde r groß e un d schön e Aufgabe n z u erfülle n hat.« Besonder s jetz t brauch e ma n Hausfraue n un d Mütter , un d die s se i wichtige r al s di e »kleinen Tageswünsch e de r Frauenbewegung«; ZSt A Potsdam , Reichsministeriu m de s Innern 6697, Bl. 274—306. Die Reaktionen au f eine Eingabe , di e der DNHV un d die Soziale Arbeits gemeinschaft de r kaufmännischen Verbänd e i m Oktober 1915 an die Staatsregierungen, Han delskammern u . a. gerichte t hatte , machte n deutlich , da ß öffentliche un d private Arbeitgebe r diese Haltun g de r Angestelltenverbänd e zu r Frauenarbei t durchau s teilte n un d Frauen nu r als Platzhalter eingezogene r männliche r Arbeitskräft e betrachteten ; s . die Wiedergabe der Umfra eeergebnisse in : Archiv fü r Frauenarbeit, 1916, S. 1 ff. Eine erneute Eingabe , mi t der der DNHV 1916 im preußischen Herrenhau s u m Schutz vor der weibliche n Konkurren z i n der Übergangswirtschaft einkam , ersucht e auc h um eine Rege lung, di e generel l di e Unterstellun g männliche r unte r weiblich e Beamt e verhinder n sollte ; über di e weni g verständnisvoll e Behandlun g diese r Eingab e i m Herrenhau s berichtet e de r »Vorwärts« a m 8. 12. 1916 : »Der Deutschnational e Handlungsgehilfenverband . . . hat jetzt di e Bescheinigung, da ß er der Entwicklun g i n die Speichen falle n will , un d daß er diese Beschei nigung jus t vo m preußische n Herrenhau s bekomme n hat , is t überau s reizvoll . Wollt e ma n wirklich durc h Geset z bestimmen , da ß nur Männe r Vorgesetzt e vo n Frauen , ni e aber Fraue n

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Anmerkungen zu S . 121 Vorgesetzte vo n Männer n sei n dürfen , s o müßt e ma n di e Männe r zunächs t einma l gesetzlic h verpflichten, klüge r z u sein al s die Frauen. Ein e solche Verpflichtun g dar f aber de n Vorstands mitgliedern de s D.H.V. nich t auferleg t werden . Si e würde gege n de n Rechtsgrundsat z versto ßen, da ß niemand über das Können hinaus verpflichte t werde n darf. « 368 Marie-Elisabeth Lüders , »Demobilmachun g de r Frauen « (Entwurf) , ca . 1917: BA Koblenz, N L 151/158; E. Buß , Di e Frauenarbei t i m Diens t de r preußisc h hessische n Staatsei senbahnen un d ihre Entwicklung währen d de s Krieges, Diss. Göttingen 1919, S. 68. 369 Für di e preußisch-hessische n Eisenbahnen , di e i m Krie g erstmal s i n große m Umfan g Frauen beschäftigten , regelt e der preußische Ministe r fü r Öffentliche Arbeite n die s durch Erla ß vom 5. 5. 1915 , abgedruckt in : Arbeitsnachweis i n Deutschland, Jg. 2, 1914/15 , S. 229f. S . zu r Frauenarbeit be i der Eisenbahn 1914-1918 auch Buß, Frauenarbeit , passim. 370 Mitteilung de r IH K Zittau , abgedruck t in : Archi v fü r Frauenarbeit , Jg . 3, 1915 , S. 215f. S . a. Preußische s Kriegsam t 18. 7. 191 8 an Staatssekretä r de s Reichswirtschaftsamts : ZStA Potsdam , Reichsarbeitsministeriu m 1734, Bl. 30. Daß di e Mehrzah l de r Unternehme r die kriegsbedingte Frauenarbei t al s transitorisches Phänome n betrachteten , bestätige n auc h di e Jahresberichte de r Gewerbeaufsicht 1914-1918, passim . 371 Zesch, Wa s ist geschehen, S . 53. 372 Bericht Lüders ' übe r di e Durchführun g de r Kriegsfürsorg e i n Charlottenbur g (Ent wurf vo m 9. 6. 1915 , S. 8): BA Koblenz , N L 151/165. S. a. Knegsamtsstell e Nürnber g 27. 6. 1918 an bayerisches Kriegsamt : HStA/Kr , MK r 14204. 373 Lüders, Entwicklung , S . 36f Di e Ausdehnun g de r Arbeitsplatzwechselbeschränkun g des HD G (§ 9 ) auf di e Fraue n wa r zwa r Bestandtei l de r vo n Groene r kur z vo r seine m Stur z anvisierten HDG-Änderungen , ka m jedoch nich t meh r zu r Durchführung ; s . hierz u Feldman , Armee, S . 306. 374 Die Rationalitä t diese r handlungsleitende n Erwartungshaltun g wurd e vo m tatsächli chen Verlau f de r Demobilmachun g nac h Kriegsend e i m nachhinei n bestätigt : Mi t de m wohlmeinenden Ratschla g »Sei d sparsam , hüte t Ehr e und Gesundheit« (Merkblat t de s Demo bilmachungsamts fü r Arbeiterinne n un d weiblich e Angestellt e vo n End e Novembe r 1918; BA Koblenz, N L 151/157) wurden di e Arbeiterinne n vo n ihre n Kriegsarbeitsplätze n entlassen . S . hierzu W . Dazur , De r deutsch e Arbeitsmarkt , passim; L . Marx, Di e wirtschaftlich e un d so ziale Lag e de r berufstätige n Fra u be i Kriegsend e i n Mannheim , Diss. Heidelberg o . J. (1920); P. Prange , Di e Demobilmachun g de s Arbeitsmarkte s i m deutsche n Reic h nac h Beendigun g des Weltkriege s 1914/1918, Diss . Würzburg 1923; J . Müller , Di e Regelung de s Arbeitsmarkte s in de r Zei t de r wirtschaftliche n Demobilmachung , Diss. Erlangen 1923; E. M . Graven, Der Einfluß de r wirtschaftliche n Demobilmachun g au f di e Entwicklun g de r Frauenarbeit , Diss. Hamburg 1924/25; E. Kinzinger , De r Einflu ß de r Sozialpoliti k de r Nachkriegszei t au f die Ar beitsmarktlage insbesonder e i n Ludwigshafe n a . Rh., Diss. Heidelberg 1926; R. Bessel , »Ein e nicht allz u groß e Beunruhigun g de s Arbeitsmarktes« . Frauenarbei t un d Demobilmachun g i n Deutschland nac h de m Erste n Weltkrieg , in : GG, Jg. 9, 1983 , S. 211-229. Dem erste n frauenspezifische n Demobilmachungsschu b unmittelba r be i Kriegsend e folgt e 1919/21 ein weiterer . I n seinem Verlau f wurden diejenige n Frauen , di e Erwerbslosenunterstüt zung bezoge n - als der Erwerbslosenunterstützun g nich t bedürfti g galte n allerding s automa tisch all e Frauen , dere n Beschäftigun g i m Krieg , »lediglic h durc h di e besondere n Kriegsver hältnisse beding t un d ermöglicht , vo n vornherei n al s etwa s Vorübergehende s z u betrachte n war« (Innenministe r a m 13. 10. 191 9 auf Anfrag e de s Regierungspräsidente n Kösli n betr . Er werbslosenunterstützung fü r Kriegerwitwen : ZSt A Potsdam , Reichsarbeitsministeriu m 1170, Bl. 4) -, zum große n Tei l auc h au s dem Krei s der Anspruchsberechtigten fü r de n Empfang de r Erwerbslosenunterstützung eliminiert . Die s gescha h vo r alle m durc h di e Zuweisun g de r er werbslosen Fraue n i n di e reichlic h vorhandene n offene n Hausarbeitsstellen : Lehnte n di e Frauen derartig e Stelle n ab , wurd e ihne n di e Unterstützun g entzogen ; Verban d Badische r Ar beitsnachweise 30. 8. 192 0 an badische s Arbeitsministerium : ZSt A Potsdam , Reichsministe -

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Anmerkungen zu S . 122-128 rium de s Inner n 1170, Bl. 35; Stellvertr. Gen.kdo . Karlsruhe : Protokol l de r Sitzun g de s Demobilrmachungsausschusses Karlsruh e vo m 18. 12. 1918 : GLA Karlsruhe , 456EV8/102 . S . hierzu auc h S . Rouette , Di e Erwerbslosenfürsorg e fü r Fraue n i n Berli n nac h 1918, in: IWK , Jg. 21 , 1985 , S. 295-308 . 375 Bericht de s bayerische n Frauenrefe rats vom 14. 12. 191 7 an Kriegsamtsstelle n übe r di e Erhebung betr . Fraue n in der Kriegsindustrie: HStA/Kr , MK r 14391. 376 Kriegsamtsstelle Nürnber g 30. 8. 191 8 an bayerisches Kriegsministerium , S . 12: HStA/ Kr, MK r 14205. 377 Bericht de s Dräger-Werk s i n Lübeck , abgedruck t in : Archi v fü r Frauenarbeit , Jg . 5, 1917, S. 5ff. ; de r Bericht wir d vo n der Redaktion al s »nahez u typisch « bezeichnet . 378 Gewerbeaufsichtsbericht de s Regierungsbezirk s Wiesbade n 1914-1918, in: Jahresbe richte de r Gewerbeaufsich t 1914-1918, Bd. 1, S. 899. Der Berich t übe r de n Regierungsbezir k Potsdam stellt e ausdrücklich fest , da ß die Arbeiterinnen häufige r al s vor dem Krie g un d häufi ger al s die Männe r wechselten ; ebd. , S . 90. 379 FAZ 7. 3 . 1917 , abgedruckt be i Zesch, Was ist geschehen, Dok . Nr . VIc . 380 Wochenbericht de s Frauenreferat s eine r Kriegsamtsstell e 20. 3.-26. 3. 1917 , abgedruckt ebd., Dok . Nr . XI. 381 Kriegsamtsstelle Leipzi g a n Marie-Elisabeth Lüders : BA Koblenz , N L 151/159. 382 Ebd. 383 Ebd. 3. Familie i m Erste n Weltkrie g 1 O. M . Graf , Wi r sin d Gefangene. Ei n Bekenntnis, Münche n 1978, S. 205. 2 K. Hausen , Famili e al s Gegenstan d Historische r Sozialwissenschaft . Bemerkunge n z u ei ner Forschungsstrategie , in : GG, Ig . 1, 1975 , S. 171-209, hier: 182. 3 Ebd., S . 198, und W . Conze , De r Strukturwande l de r Famili e i m industrielle n Moderni sierungsprozeß - Historische Begründun g eine r aktuellen Frage , Dortmun d 1979, S. 16. 4 Hausen, Familie , S . 208. Der vo n Kari n Hause n vorgeschlagen e Begrif f stell t gleichsa m die Ausdifferenzierun g de s Hellersche n Reproduktionsbegriffs , de r diese r Arbei t zugrunde liegt, dar ; s . o., Einleitung . 5 Der Schwerpunk t diese s Kapitel s lieg t nich t au f de r demographische n Entwicklun g de r Kriegszeit al s ganzer . Di e i m folgende n analysierte n demographische n Date n diene n vielmeh r als Mitte l zu m Zweck : Si e wurde n unte r de m Gesichtspunk t ihre r Aussagekraf t hinsichtlic h der veränderte n Familienstrukture n ausgewählt . Dementsprechen d entfäll t a n diese r Stell e eine Darlegun g de r geschlechts - und altersspezifische n Sterblichkei t zwische n 1914 und 1918; sie wird an anderer Stelle nachgeholt werden (s. u., S . 221-224und Anm. 441 zu diesem Kapitel). 6 O. Riebicke , Wa s braucht e de r Weltkrieg ? Tatsache n un d Zahle n au s de m deutsche n Rin gen 1914/1918, Leipzig 1936, S. 36. 7 F.-W. Henning , Da s industrialisierte Deutschlan d 1914 bis 1972, Paderborn 1975 2, S. 34. 8 Die Krieg s Volkszählungen vo m Jahr e 1916 und 1917 in Bayer n (Beiträg e zu r Statisti k Bayerns, hg . v . Bayerische n Statistische n Landesamt , H . 89), München 1919, S. 29; auch hie r handelt e s sic h u m Schätzungen . Diese s Ergebni s finde t au f lokale r Eben e Bestätigung . S o gibt de r Kriegsverwaltungsberich t Neukölln s de n Prozentsat z de r eingezogene n mi t 34,6% aller männliche n Einwohne r an ; Kriegsverwaltungsberich t de r Stadt Neuköll n 1914-1918, bearb. i m Statistische n Amt , Neuköll n 1921, S. 13. 9 Bulletin de r Studiengesellschaf t für soziale Folge n de s Krieges , Heft : Deutschland , Ko penhagen, 2. erw. Aufl . 1919, S. 16. 10 E. v . Wrisberg , Heer und Heima t 1914-1918, Leipzig 1921, S. 89ff . 11 F. Burgdörfer, Krie g un d Bevölkerungsentwicklung, München , Berli n 1940, S. 11.

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Anmerkungen z u S . 128-138 12 Bewegung de r Bevölkerun g i n de n Jahren 1914 bis 1919 (Statistik de s Deutsche n Rei ches, Bd , 276), Berlin 1922, S. XXX. 13 Bulletin, S . 16; Kriegsvolkszählungen i n Bayern , S . 82. Der Kriegsverwaltungsberich t Neuköllns geh t soga r vo n 7 5 % Verheirateten unte r alle n Eingezogene n Neukölln s aus ; Kriegsverwaltungsbericht Neuköllns , S . 13. Von de n 1,9-2,4 Mio. deutsche n Gefallene n de s Ersten Weltkrieg s ware n 6 9 % ledig un d 3 1 % verheiratet; d . h., da ß zwische n 589000 und 744000 Ehen durc h de n To d de s Ehemann s beende t wurden ; Bewegun g de r Bevölkerung , S. LVIII . 14 Briefauszug vo m Mär z 1917: HStA/Kr, I. Bayerisches A K Münche n 1979. 15 O. A. Wolff , Zur wirtschaftliche n Lag e der Handlungsgehilfinne n währen d de s Krieges , Diss. München 1918, S. 40. 16 P. Marschalck, Bevölkerungsgeschicht e Deutschland s i m 19. und 20. Jahrhundert, Frank furt 1984, S. 148. 17 Die folgend e Untersuchun g de r Bevölkerungsbewegun g i m Krie g konzentrier t sic h au f die unmittelbare Kriegszeit . Fü r eine Darstellung de r längerfristigen demographische n Konse quenzen de s Erste n Weltkrieg s s . E . Heinel , Di e Bevölkerungsbewegun g i m Deutsche n Reic h in de r Kriegs - und Nachkriegszeit , Diss. Berlin 1927; F. Burgdörfer , Krie g un d Bevölkerungs entwicklung; ders. , Vol k ohn e Jugend , Berli n 1934 2; ders. , Geburtenschwund . Di e Kultur krankheit Europa s un d ihr e Überwindun g i n Deutschland , Heidelber g u . a. 1942; A. z u Ca stell, Di e demographische n Konsequenze n de s Erste n un d Zweite n Weltkrieg s fü r da s Deut sche Reich , di e Deutsch e Demokratisch e Republi k un d di e Bundesrepubli k Deutschland , in : W. Dlugoborsk i (Hg.) , Zweite r Weltkrie g un d soziale r Wandel , Göttinge n 1981, S. 117-137, hier: 117ff .; Marschalck, Bevölkerungsgeschichte , S . 53-71. 18 Hier un d i m folgenden , wen n nich t ander s angegeben , nach : Bewegun g de r Bevölke rung, I-LXVII . 19 S. hierz u auc h Heinel, Bevölkerungsbewegung , S . 23-28. 20 R. Meerwarth , Di e Entwicklun g de r Bevölkerun g i n Deutschlan d währen d de r Kriegs und Nachkriegszeit , in : ders . u . a., Di e Einwirkun g de s Kriege s au f Bevölkerungsbewegung , Einkommen un d Lebenshaltun g i n Deutschland, Stuttgar t u . a. 1932, S. 1-97, hier: 32. 21 Briefauszug vo m Mär z 1917: HStA/Kr, I. Bayerisches A K München , 1979. 22 Ebd. 23 Die Statisti k de s Deutsche n Reiche s berechne t eine n Ausfal l vo n 3,3 Mio. Geburte n fü r 1915-1919; Bewegung de r Bevölkerung , S . I. Marschalck komm t anhan d eine r Berechnung , die nicht nu r di e Zahle n vo n 1913 fortschreibt, sonder n de n abfallende n Tren d de r Geborene n 1913-1924 berücksichtigt, au f di e i m Tex t angegeben e Zah l vo n 2,2 Mio. Geburten , di e in folge de s Ersten Weltkrieg s »ausgefallen « sind ; Marschalck , Bevölkerungsgeschichte , S . 148. 24 Heinel, Bevölkerungsbewegung , S . 67. 25 S. hierz u unten , S . 15 2 ff. 26 Kriegsvolkszählungen Bayerns , S . 105-112, 116ff; sowei t nich t ander s angegeben , hieraus auch die folgende n Angaben . 27 Die Fra u i n de r bayerische n Kriegsindustri e nac h eine r amtliche n Erhebun g au s de m Jahre 1917 (Beiträge zu r Statisti k Bayerns , H . 92), München 1920, S. 20. Die Ergebniss e de r Wohnungszählungen de r Kriegszei t ergebe n leide r kein e Aufschlüss e übe r di e Zunahm e de r Einzelhaushalte; zwa r wir d hie r di e Entwicklun g de s Kleinwohnungsbestand s vo n 1913 bis 1918 für insgesam t 85 Städte gesonder t wiedergegeben , doc h gelte n al s »Kleinwohnungen « solche, di e bis zu zwei Wohnräum e un d Küch e bzw . bi s zu drei Wohnräum e ohn e Küch e u m fassen; Reichswohnungszählun g i m Ma i 1918, bearb. i m Statistische n Reichsam t (Statisti k de s Deutschen Reiches , Bd . 287, I) , Berlin 1919, S. 7*, 20*-24*. 28 S. hierz u auc h Kriegsverwaltungsberich t Neuköllns , S . 16, und Berich t übe r di e Ver waltung de r Stad t Gelsenkirche n i n de r Zei t vo m 1. April 1903 bis 31. März 1920, Gelsenkirchen 1921, S. 257.

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Anmerkungen zu S , 139-141 29 Ein nich t uninteressante r Nebeneffek t diese r Kriegsauswirkun g wa r es , da ß si e die wis senschaftliche Auseinandersetzun g mi t Sexualität , di e vor de m Krie g nu r vo n einige n Spezia listen geführ t worde n war , »i n de n Vordergrun d allgemeine n Interesses « rückte ; P . Lissmann , Die Wirkunge n de s Krieges au f das männliche Geschlechtsleben, Münche n 1919, S. 4. 30 Als ei n Beispie l fü r di e häufige n Klage n übe r di e sexuell e Verderbthei t de r Fraue n i m Krieg s . M . Bauer , De r groß e Krie g i n Feld und Heimat , Tübinge n 1921, S. 153-157. 31 Ergebnis de r Umfrag e de s Regierungspräsidente n i n Düsseldor f i n seine m Bezir k (zweite Hälft e 1915); Polizeidirektion Dresde n 8. 10 . 191 5 an Regierungspräsiden t Düsseldor f und passim: HSt A Düsseldorf, Regierun g Düsseldor f 30457; Gesundheitsbericht 1914-1918 für de n Regierungsbezir k Aachen , S . 29: HStA Düsseldorf , Regierun g Aache n 6935. 32 Aussagen vo n vo n de r Fron t zurückkehrende n Ausschußmitglieder n de s Reichstagsaus schusses zu r Bekämpfun g de r Geschlechtskrankheiten : ZSt A Potsdam , Reichsministeriu m des Innern 9344, Bl. 237 ff., S . 3 des Protokolls . 33 M. Liepmann , Krie g un d Kriminalitä t i n Deutschlan d (Wirtschafts - un d Sozialgeschicht e des Weltkrieges, dt . Serie) , Stuttgar t u . a . 1930, S. 152. 34 A . Salomon , Charakter is t Schicksal . Lebenserinnerungen , hg . v . R . Baro n un d R. Land wehr, Weinheim/Base l 1983, S. 164. 35 M.-E. Lüders , Fürcht e dic h nicht . Persönliche s un d Politische s au s meh r al s 80 Jahren, Köln 1963, S. 62f. (Lüder s wa r i n de r erste n Kriegszei t vo n de r deutsche n Militärverwaltun g in Belgie n mi t de r Betreuun g de r Prostituierten beauftragt) ; Hirschfel d u. Gaspa r (Hg.), Sitten geschichte de s Erste n Weltkriegs , Hana u o . J. (1929), S. 231-280; H. Dolsenhai n (Hg.) , Da s Liebesleben i m Weltkriege , Nürnber g 1919, S. 9-12, 22 . Von de m Nachfolge n de r deutsche n Prostituierten berichte t K . Meyer , Krie g un d Frauenkrankheiten , Diss. Halle 1916, S. 11. 36 Im Durchschnit t de r Jahre 1906-1913 hatte di e Zah l de r Geschlechtskranke n i m deut schen Hee r 20,4 Promille pr o Jahr betragen . Be i de n Fronttruppe n stie g mi t Begin n de s Stel lungskriegs di e Zah l de r Erkrankunge n an ; si e blie b zwa r i n de n erste n dre i Kriegsjahre n mi t 15,4 Promille unte r de m Friedensstand , de n si e i m vierte n Kriegsjah r mi t 20,2 Promille na hezu erreichte , nah m abe r unte r Kriegsbedingunge n ein e gan z ander e Bedeutun g an . Be i de n nicht a n de r Fron t befindliche n Truppenteile n stie g di e Erkrankungsziffe r au f 27,5 Promille an; Generalstabsarz t Merkel : Di e Gesundheitsverhältniss e i m Heer , in : F . Bum m (Hg.) , Deutschlands Gesundheitsverhältniss e unte r de m Einflu ß de s Weltkriege s (Wirtschafts - un d Sozialgeschichte de s Weltkrieges , dt . Serie) , Stuttgar t u . a. 1928, Bd. 1, S. 163-213, hier: 182f . Siehe hierz u auc h Hirschfel d u. Gaspa r (Hg.) , Sittengeschichte , S . 171-194; Jungblut, Di e Ge schlechtskrankheiten i m deutsche n Heer e währen d de s Weltkrieges , in : Mitteilunge n de r Deutschen Gesellschaf t zu r Bekämpfun g de r Geschlechtskrankheiten, Jg. 21, 1923/24, Nr. 1/2, S. 2-5; Lissmann, Wirkungen , S . 23f. un d passim; Preußisches Kriegsministerium 7. 4. 191 5 an Reichsamt de s Innern : ZSt A Potsdam , Reichsministeriu m de s Inner n 12868, Β1. 68ff.; Auf­ zeichnung übe r Besprechun g betr . Ausbreitun g de r Geschlechtskrankheite n i m Hee r un d Maßnahmen zu r Verhütun g eine r Verschleppun g i n die Heimat vo m 29. 3. 1915 : ebd., Bl . 117; Protokoll de r kommissarische n Beratun g vo m 29. 5. 191 6 im Reichsam t de s Innern : ZSt A Potsdam, Reichsministeriu m de s Inner n 11869, Bl. 284; HStA Düsseldorf : Regierun g Düssel dorf 30457 und 30458, passim . 37 Präsident de s Reichsversicherungsamt s 22. 4. 191 5 an Staatssekretä r de s Innern : ZSt A Potsdam, Reichsministeriu m de s Inner n 12868, Bl. 191 ff.; Generalgouvernemen t Brüsse l 21. 9 . 191 5 an Reichsam t de s Innern: ebd., Bl . 264. 38 Brief Ott o H. s vo m 11. 2. 1917 , abgedruckt be i V. Ullrich, Kriegsalltag . Hambur g i m Ersten Weltkrieg , Köl n 1982, S. 102. 39 Protokoll de r Sitzun g vo m 26. 11 . 191 5 betr. Geschlechtskrankheiten : ZSt A Potsdam , Reichsministerium de s Inner n 11869, Bl. 119. Auch de r Sozialmedizine r A . Blaschk o befand , die Verteilun g vo n Schutzmittel n a n Soldate n würd e »be i viele n eine r Provokatio n zu m au -

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Anmerkungen z u S . 142 ßerehelichen Geschlechtsverkeh r gleichkommen« ; A . Blaschko , Di e Prostitutio n i n Kriegszei ten, in : Deutsche Strafrechts-Zeitung , Jg . 1, 1914 , Sp. 492-496, hier: 494. 40 Aufzeichnung übe r Besprechun g betr . Ausbreitun g de r Geschlechtskrankheiten i m Hee r und Maßnahme n zu r Verhütun g eine r Verschleppun g i n di e Heima t vo m 29. 3. 1915 : ZStA Potsdam, Reichsministeriu m de s Inner n 12868, Bl. 119 (Aussage Dr . Schultzen s vo m preußi schen Kriegsministerium) . 41 Den Verdacht , da ß da s Hee r Technike n de r Empfängnisverhütun g propagiere , äußert e Prof. K . Oldenber g au f de m Kongre ß »Erhaltun g un d Mehrun g de r deutsche n Volkskraft « i n Berlin; s . Di e Erhaltun g un d Mehrun g de r deutsche n Volkskraft . Verhandlunge n de r 8. Konferenz der Zentralstelle für Volks Wohlfahrt i n Berli n vo m 26.-28. Oktober 1915 (Schriften de r Zentralstelle fü r Volkswohlfahrt , N . F. , H . 12), Berlin 1916, S. 29. In de n Verhandlunge n übe r da s Geset z gege n di e Verhinderun g vo n Geburten , da s i m Fe bruar 1918 als Entwur f de m Reichsta g vorgeleg t wurde , argumentierte n di e Regierungsver treter für ein Verbo t de s Kondoms , ungeachte t de r Tatsache, da ß es das einzige wirksam e Mit tel gege n di e Übertragun g de r Syphili s darstellte ; M . Flesch , De r Entwur f eine s Gesetze s zu r Bekämpfung de r Geschlechtskrankheiten un d eine s Gesetzes gegen di e Verhinderung vo n Ge burten i m Deutsche n Reich , in : Annale n für Sozialpolitik un d Gesetzgebung , Jg . 6, 1919 , S. 145-148, hier: 147. Vor de m Krie g wa r di e Empfängnisverhütun g durc h Kondom e vo r al lem i n bürgerliche n Schichte n verbreitet , währen d i n de r Arbeiterschaf t de r »coitus interruptus« wichtigste s Antikonzeptionsmitte l war ; s . hierz u M . Marcuse , Zu r Frag e de r Verbreitun g und Methodi k de r willkürliche n Geburtenbeschränkun g i n Berliner Proletarierkreisen , in : Se xual-Probleme, Jg. 9, 1913 , S. 752-780, hier: 779. 42 Ludendorff 17 . 5. 191 8 an stellv . Gen.kdo.s : HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . 1. Bayerisches AK Münche n 967. Die Gegenüberstellun g vo n »Hau s de r Schande « un d »Fel d de r Ehre « is t dem Brie f des Pfarrer s K . au s Mönchengladbac h entnommen , i n dem e r de n Behörde n diese n Sachverhalt denunziert ; s . seine n Briefwechse l mi t de n Behörden in : HStA Düsseldorf , Regie rune Düsseldor f 30457. 43 Ludendorff 17. 5 . 191 8 an stellv . Gen.kdo.s : HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches AK Münche n 967; Preußisches Kriegsministeriu m 15. 5. 191 6 an stellv . Gen.kdo.s : HSt A Düsseldorf, Regierun g Düsseldor f 30457. 44 Chef de s Feldeisenbahnwesen s 20. 5. 1918 : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches AK Münche n 967. 45 S. o. , Anm . 40 zu diesem Kapitel , Bl . 120. 46 S. z u de n Versuchen , da s Proble m End e 1918 zu bewältigen , u . a . : ZSt A Potsdam , Reichsministerium fü r wirtschaftlich e Demobilmachun g 21, passim; ZSt A Potsdam, Reichs arbeitsministerium 21, passim; HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 2278, passim. 47 J . Jadassohn , Geschlechtskrankheiten, in : F . Bumm (Hg.) , Deutschland s Gesundheitsver hältnisse, Bd . 1, S. 223-258, hier: 257f.; Bürgermeiste r vo n Cam p (Bezir k Düsseldorf ) 28. 4. 1918 an Landrat vo n Moers : HSt A Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 8057; Vorstand de r Lan desversicherungsanstalt Rheinprovin z 20. 6. 191 6 an Regierungspräsiden t Aachen : HSt A Düsseldorf, Regierun g Aache n 6913; R. Stern , Die Bedeutun g de s Kampfe s gege n di e Ge schlechtskrankheiten, Refera t vo m 20. 7. 191 6 (Sonderbeilage Nr . 10 zur Nr . 9 der Amtliche n Mitteilungen de r Landesversicherungsanstal t Rheinprovin z 1916). 48 Lissmann, Wirkungen , S . 23f.; Stern , s . vorig e Anm. ; Denkschrif t de r OH L übe r di e deutsche Volks - un d Wehrkraf t (Entwurf , vo m Che f de s Feldsanitätswesen s vo n Schjernin g am 30. 8. 191 7 der OH L überreicht) : ZSt A Potsdam , Vertrete r de s Reichskanzler s be i de r OHL 31, S. 12f. ; Schultze n vo m preußische n Kriegsministerium , s . o., Anm . 40 zu diese m Kapitel, Bl . 117. 49 »Vorschläge betr . vorbeugend e Maßnahme n zu r Verhinderun g eine s weitgehende n sitt lichen Verfall s un d eine r Verseuchun g de r durch di e Rückwanderung de s Heere s i n Mitleiden -

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Anmerkungen zu S . 143-144 schaft gezogene n Bevölkerung« , verfaß t i m Kriegsersatz - un d Arbeitsdepartement , a m 14. 11 . 1918 an Demobilmachungsamt : ZSt A Potsdam , Reichsministeriu m fü r wirtschaftlich e Demobilmachung 21, Bl. 8ff . 50 S . z . B. Bayerische r Innenministe r 28. 6. 191 8 an Regierun g Oberbayerns : HStA/Kr , Stellv. Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1372. 51 Kriegsgesundheitsbericht fü r de n Regierungsbezir k Düsseldor f 1. 8. 1914-31 . 12 . 1918 : HStA Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 8148, S. 21 f.; Polizeidirektio n Dresde n 8. 10 . 191 5 an Regierungspräsiden t Düsseldorf : HSt A Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 30457; Gesundheitsbericht de s Regierungsbezirk s Aache n 1914-1918, S. 29: HStA Düsseldorf , Regierun g Aachen 6935. 52 Kriegsgesundheitsbericht fü r de n Regierungsbezir k Düsseldor f 1. 8. 1914-31 . 12 . 1918 , S. 22: HStA Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 8148. Dieser Befun d gal t nich t für alle größe ren Städte : I n Leipzi g beispielsweis e schein t sowoh l di e Zah l de r aufgegriffene n »heimliche n Prostituierten« al s auc h de r hiervo n geschlechtskranke n i m Krie g gesunke n z u sein ; E . Voigt lättder, Di e Entwicklun g de r Verwahrlosun g i n den Jahren 1914-1920, in: Zentralblatt fü r Vor mundschaftswesen, Jugendgericht e un d Fürsorgeerziehung , Jg . 13, 1921/22 , S. 193-197, hier: 196. 53 Gesundheitsbericht de s Regierungsbezirk s Aache n 1914-1918, S. 29: HStA Düsseldorf , Regierung Aache n 6935; Jahresbericht de r Münchene r Polizeidirektio n 1914 über Prostitutio n im Krieg : HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 2278. 54 Gesundheitsbericht de s Regierungsbezirk s Aachen , s . o., Anm . 51 zu diese m Kapitel , S. 29. 55 Polizeiverwaltung/Oberbürgermeister Krefel d 13. 8. 191 5 an Regierungspräsiden t Düs seldorf: HSt A Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 30457. 56 Ebd., Oberbürgermeiste r Mülhei m a . d. R . 18. 8. 191 5 an dens . Zu r Zunahm e de r au ßerehelichen Beziehunge n i m Krie g s . a. Hirschfel d u . Gaspa r (Hg.) , Sittengeschichte , S . 97 ff., 102 f. Al s Beispiel e fü r di e zahllose n Veröffentlichunge n übe r di e »Sittenlosigkeit « de r Fraue n im Erste n Weltkrie g s . o., Anm . 30 zu diese m Kapite l un d B. Grabinsk i (Hg.) , Weltkrie g un d Sittlichkeit. Beiträg e zur Kulturgeschicht e de r Weltkriegsjahre, Hildeshei m 1917, S. 137-166. 57 Polizeidirektion Esse n 20. 8. 191 5 an Regierungspräsiden t Düsseldorf : HSt A Düssel dorf, Regierun g Düsseldor f 30457. 58 Bayerisches Kriegsministeriu m 19. 8. 191 5 an stellv . Gen.kdo.s : HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo. I. Bayerisches A K Münche n 2278. 59 S. hierz u HSt A Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 14911, 3045 7 und 30458, passim , sowie Innenministe r 15. 7. 191 8 an Regierungspräsidente n betr . Prostitutionsfürsorg e un d -pro phylaxc (»Bielefelde r Modell«) : ZStA Potsdam , Reichsarbeitsministeriu m 21, Bl. 13ff. 60 Beispielsweise gelan g e s de r Ehefra u eine s eingezogene n Dachdeckers , di e vo m Regie rungspräsidenten i n Münster , »ma g ih r auc h di e Preisgab e gege n Gel d nich t nachgewiese n sein«, unte r Sittenkontroll e gestell t worde n war , ers t nac h Zuziehun g eine s Anwalt s un d Bei bringung eine s Leumundszeugnisses , di e Aufhebun g de r Kontroll e z u erwirken ; Regierungs präsident Münste r 22. 1 . 191 5 an Oberpräsident (hie r da s Zitat); Oberpräsiden t Münste r 19. 2. 1915 an Anwalt: St A Münster , Oberpräsidiu m 6020. Auch Fraue n un d Mädche n unte r 21 Jahren wurden , entgege n de r vo r de m Krie g übliche n Praxis , wiede r verstärk t unte r sittenpoli zeiliche Kontroll e gestellt ; Aussag e Klingelhöffe r au f dem Kongre ß »Erhaltun g un d Mehrun g der deutschen Volkskraft« ; s . o., Anm . 41 zu diesem Kapitel , S . 227f. 61 Polizeidirektion Dresde n 8. 10 . 191 5 an Regierungspräsiden t Düsseldorf : HSt A Düssel dorf, Regierun g Düsseldor f 30457. 62 Stellv. Gen.kdo . XX. AK Alienstei n 12. 5. 1916 : Verordnung zu r Verhinderun g de r Verbreitung vo n Geschlechtskrankheiten : HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Mün chen 967. Die beiden Verwarnunge n mußte n mindesten s 3 Monate auseinanderliegen . 63 S. di e Antworte n au f di e Umfrag e de s Düsseldorfe r Regierungspräsidente n vo m Au -

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Anmerkungen z u S . 144-145 gust 191 5 in HSt A Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 30457, sowie Oberpräsiden t Magde burg 1. 3. 191 5 an Regierungspräsiden t un d ders . 29. 4. 191 5 an Innenminister : ZSt A Pots dam, Reichsministeriu m de s Innern 12093, Bl. 220 f. 64 Die Polizeiverwaltung Düsseldor f meldete der Prostitutio n verdächtig e »Kriegerfrauen « der städtische n Kriegsunterstützungskommission ; einig e Gemeinde n versuchten , untreue n »Kriegerfrauen« di e Unterstützun g z u entziehen, fande n dami t jedoch kein e Zustimmun g be i den Aufsichtsbehörden ; Polizeiverwaltung/Oberbürgermeiste r Düsseldor f 28. 8. 191 5 an Re gierungspräsident Düsseldorf : HSt A Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 30457; Zeitungsausschnitt: ZSt A Potsdam , 61 Re 1/7971, Bl. 62. 65 Pfarrer Herman n Priehe: »Kriegerfrauen ! Helf t eure n Männer n de n Sie g gewinnen!« , Ber lin 1916, S. 7: StA Münster , Oberpräsidiu m 4126; Preußisches Kriegsministeriu m 15. 2. 191 7 an stellv. Gen.kdo.s : HStA/Kr , MK r 2331. 66 Kriegswirtschaftliche Besprechun g de s Regierungspräsidente n Düsseldor f vo m 14. 12 . 1914: ZStA Merseburg , Rep . 77, Tit. 332r , Nr . 123, Bl. 35. 67 Kampffmeyer u . Schenk , Di e Wohnungsverhältniss e kinderreiche r Familie n i n badische n Städten (Schrifte n de s Badischen Landeswohnungsvereins , H . 14), Karlsruhe 1918, S. 8. 68 Garnisonsältester Kaiserslauter n 27. 9. 1916 : HStA/Kr, MK r 12842. S. hierz u auc h E . Heine, Di e Wohnweis e kinderreiche r Familie n i n München-Gladbach , in : Rheinisch e Blätte r für Wohnungswese n un d Bauberatung , Jg. 13, 1917 , S. 35. 69 Ihre originellst e Analys e wir d diese r »Gefangenenliebe« , als o de r allgemei n beobachte ten positive n emotionale n Einstellun g de r Fraue n z u de n Kriegsgefangenen , durc h eine n Wie ner Nervenarz t zuteil . Nebe n Mitlei d un d Romanti k stell t e r folgend e Diagnose : De r »Kamp f der Geschlechter« , de r al s »ewige r Krieg « zwische n Männer n un d Fraue n tobt , ruh t i m Krie g nur scheinbar. I n Wirklichkeit »benütze n di e Frauen de n Krieg , u m di e Position der Männe r z u erobern un d vielleich t dauern d z u besetze n . . . Dieser Kamp f der Geschlechter mach t au s de m Manne de n natürliche n Fein d de s Weibes . De r Fein d de s Manne s wir d au f diese m Umweg e zum Bundesgenosse n de s Weibes. Au s diesen Quellen ström t di e Gefangenenliebe. Di e Fraue n lieben di e Feinde , wei l (nich t trotzdem! ) di e Männe r si e hassen . Si c folge n eine m dunkle n Drange, sic h a n de n Männer n z u räche n un d ihne n eine n besonder s qualvolle n Schimp f anzu tun. Di e Männe r de r eigene n Natio n werde n entwertet . Si e sin d ga r kein e Männe r un d di e Männer fremde n Stamme s werde n nu r al s Mittel gebraucht , u m dies e Verachtun g für den na hestehenden Man n schärfe r auszudrücken . Di e Forme l laute t also : Ic h lieb e Dich , wei l Dic h unsre Männe r hassen« ; W . Stekel , Unse r Seelenlebe n i m Kriege . Psychologisch e Betrachtun gen eine s Nervenarztes , Berli n 1916, S. 62-69 (Hervorh. i m Original) . S . zu r Problemati k de r Beziehungen zwische n deutsche n Fraue n un d Kriegsgefangene n i m Erste n Weltkrie g auc h Chr. Bec k (Hg.) , Di e Frau un d di e Kriegsgefangenen , 1. und 2. Halbband: Di e deutsch e Fra u und di e fremde n Kriegsgefangenen , Nürnber g 1919, passim , sowie Hirschfel d u. Gaspa r (Hg.) : Sittengeschichte, S . 114-120. 70 Stellv. Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 18. 8. 191 8 an Bezirksam t Lauf ; Gendar menestation Röthenbac h b . Lau f 23. 8. 1918 : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K München 1578. Beziehungen vo n Arbeiterinne n z u Kriegsgefangene n finde n auc h i n de n Be richten de r Gewerbeaufsich t Erwähnung ; s . ζ. Β . Jahresberichte de r Gewerbeaufsich t 1914-1918, Bd. 1, Regierungsbezirk Potsdam , S . 95. 71 Bezirksamt Aichac h 22. 2. 191 8 an Regierungspräsidiu m München : HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo. I. Bayerisches A K Münche n 1962. S. hierz u auch : Niederschrif t übe r Besprechun g betr. Einrichtun g de r Kriegswirtschaftsämte r vo m 18. 1 . 1917 , S. 25f.: ΒΑ/MA, RM 3/1003. 72 Zusammenstellung de r Monatsbericht e de r stellvertretende n Generalkommando s übe r Volksstimmung un d Ernährun g (i m folgende n zitiert : Monatsberichte ) vo m 3. 5. 1917 , S. 28: Stellv. Gen.kdo . XIV. AK Karlsruhe : ΒΑ/MA, RM3/4670. 73 Bezirksamt Traunstei n 2. 12 . 191 7 an Regierun g Oberbayern : HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo. I. Bayerisches A K Münche n 1960.

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Anmerkungen zu S . 145-148 74 Ebd., Bezirksam t Eggenfelde n 2. 11 . 1917 an Regierung Niederbayern . 75 S. ZSt A Potsdam , 61 Re1/7966, 7967 und 7969 (Zeitungsausschnittslg.) , passim . S . hierzu auc h di e zahlreiche n diesbezügliche n Zeitungsausschnitte , di e abgedruckt sin d be i Gra binski, Weltkrie g un d Sittlichkeit , S . 167-210. 76 Berliner Volkszeitun g vo m 13. 12. 1916 : »Doppelselbstmord zweie r Kriegerfraue n au s Scham«: ZSt A Potsdam , 61 Re1/7969, Bl . 168. 77 Deutsche Tageszeitun g zu m Erla ß de s Oberkommando s i n de n Marke n vo m 21. 12. 1916: ZStA Potsdam , 61 Rel/7969, Bl . 174. Die Verordnung sa h für Zuwiderhandelnd e bi s zu einem J ahr Gefängni s vor . 78 S. ZSt A Potsdam , 61 Rel/7966 un d 7970, passim . 79 Sammlung vo n Eingaben , anonyme n Briefe n etc. : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 949. 80 Anna T . 4. 11 . 191 6 an stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K München : HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo. I. Bayerisches A K Münche n 54. 81 Berliner Tageblat t vo m 19. 10. 1918 : »Amnestie für Kriegerfrauen«. 82 Von den knap p 1,7 Mio. i m Weltkrie g verstorbene n Militärpersone n wa r fas t ei n Dritte l verheiratet, s o da ß hie r scho n allei n ca . 500000 Frauen un d Familie n betroffe n waren ; Heinel , Bevölkerungsbewegung, S . 21, und Bewegun g de r Bevölkerung , S . XLIX. Robert , »de r Va ter« au s Leonhar d Franks gleichnamiger Erzählun g vo n 1916/17, war eine der literarischen Per sonifizierungen fü r di e Bewältigun g de s Todeserlebnisses durc h di e Daheimgebliebenen. »Ge fallen au f dem Feld e der Ehre « hatt e es auf der Nachrich t geheißen , di e dem Vate r im Somme r 1916 den To d seine s einzige n Sohn s mitteilte : »Ehre . Da s wa r ei n Wor t un d bestan d au s vie r Buchstaben. Vie r Buchstaben , di e zusamme n ein e Lüg e bildete n vo n solc h höllische r Macht , daß ei n ganze s Vol k a n dies e vie r Buchstabe n angespann t un d vo n sic h selbs t i n ungeheuer lichstes Lei d hineingezoge n hatt e werde n können . Da s Fel d der Ehr e war nich t sichtbar , nich t vorstellbar, wa r Rober t nich t begreifbar . Da s wa r kei n Feld , kei n Acker , wa r kein e Fläche , war nich t Nebe l un d nich t Luft . E s wa r da s absolut e Nichts . Un d dara n sollt e e r sic h halten . Sein ganze s Lebe n lang. « Di e Erzählun g erschie n i n »Di e weiße n Blätter« , Jg. 3, 1916 , Nr. 11 (ausgeliefert 1917) unter de m Tite l »De r Kellner« ; si e is t abgedruck t in : M . Reich-Ranicki (Hg.), Anbruc h de r Gegenwart . Deutsch e Geschichte n 1900-1918, München 1983 3, S . 481-490, 521 . Zur literarische n Verarbeitun g de s Todeserlebnisses un d Verlustes vo n Naheste henden s . B . Huppauf , »De r To d is t verschlunge n i n de n Sieg« . Todesbilde r au s de m Erste n Weltkrieg un d de r Nachkriegszeit , in : ders , (Hg.) , Ansichte n vo m Krieg . Vergleichend e Stu dien zu m Erste n Weltkrie g i n Literatu r un d Gesellschaft , Königstein/Ts . 1984, S. 55-91, besonders 62-68, und K . Latzel , Vo m Sterbe n i m Krieg , Warendor f 1988. 83 18 . Bericht de s Berline r Polizeipräsidente n vo m 30. 11. 1914 : ZStA Potsdam , Reichs kanzlei 2398/1, Bl. 53. Zur Haltun g de r Kirche n i m Krie g s . W . Pressel , Di e Kriegspredig t 1914-1918 in de r evangelische n Kirch e Deutschlands , Göttinge n 1967; H. Missalla , »Got t mi t uns«. Di e deutsch e katholisch e Kriegspredig t 1914-1918, München 1968; K. Hammer , Deut sche Kriegstheologi e 1870-1918, München 1974; R. v . Dülmen , De r deutsch e Katholizismu s und der Erste Weltkrieg, in : Francia , Jg. 2, 1974 , S. 347-376. 84 Nachdem e s vorgekommen war , da ß ahnungslose n Angehörige n Brief e a n Heeresange hörige mi t de m Vermer k »Empfänge r gefallen « zurückgegebe n wurden , instruierte n di e Be hörden di e Oberpostdirektion , i n solche n Fälle n vorhe r be i de n Ortsbehörde n nachzufragen , ob di e Angehörige n bereit s verständig t worde n waren ; Kriegswirtschaftlich e Besprechun g des Regierungspräsidenten Düsseldor f vo m 14. 9. 1914 : ZStA Merseburg , Rep . 77, Tit. 332r , Nr. 123, Bl. 16, und dass. vo m 19. 10 . 1914 , Bl. 2. 85 E. Glaeser , Jahrgang 1902, Berlin 1931, S. 270f. 86 Monatsbericht de s Bezirkskommando s Landa u vo m 28. 9. 191 6 an stellv . Gen.kdo . II. Bayerisches A K Würzburg , HStA/Kr , MK r 12842; Monatsbericht de s Bezirksamts Neu-Ul m vom 26. 10 . 1916 , des Magistrat s Rosenhei m vo m 2. 11 . 191 6 und de s Bezirksamt s Friedber g

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Anmerkungen z u S . 148-151 vom 27. 10 . 191 6 an stellv. Gen.kdo . I. Bayerisches A K München : HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1946. 87 Bezirksamt Friedberg , Bezirkskommand o Landa u un d Magistra t Rosenheim , s . o., vo rige Anm . 88 Garnisonsältester Kaufbeure n 16. 11 . 1916 : HStA/Kr, Stellv . Gen . kdo . I. Bayerisches AK Münche n 1947. S. hierz u auc h di e illustrativ e Beschreibun g de r zunehmende n Unwillig keit, sic h muster n z u lassen, be i Glaeser , Jahrgang 1902, S. 289 f. 89 Berger u. Kellner : Di e Eh e un d di e Konstruktio n de r Wirklichkeit . Ein e Abhandlun g zu r Mikrosoziologie de s Wissens, in : Sozial e Welt, Jg. 16, 1965 , S. 220-235; Zitat: 228. 90 11 . Bayerische Infanterie-Divisio n 15. 12. 191 5 an bayerische s Kriegsministerium : HStA/Kr, MK r 2330. U m nu r einig e weiter e Beleg e für die de n ganze n Krie g andauernde n Klagen übe r di e schädliche n Folge n de r eheliche n Briefkommunikatio n infolg e de r negative n Berichte de r Fraue n anzuführen : Monatsbericht e vo m 3. 8. 1917 , S. 8: ΒΑ/MA, RM3/4670; Bericht de s Büro s fü r Sozialpoliti k vo m 1. 12. 1915 , S. 4 f.: HStA/Kr , MK r 14029. Ihre promi nenteste Erwähnun g fande n di e »Jammerbriefe « i n Adol f Hitler s »Mei n Kampf« : A n de r Front hätte n ebens o wi e di e feindlich e Propagand a »di e Jammerbriefe direk t au s de r Heima t längst ihr e Wirkun g aus(geübt) . E s wa r nu n ga r nich t meh r notwendig , da ß de r Gegne r si e noch besonder s durc h Flugblätte r usw . de r Fron t übermittelte . . . Die Fron t wurd e nac h wi e vor mi t diese m Gif t überschwemmt , da s gedankenlos e Weibe r z u Haus e zusammenfabrizier ten«; Λ . Hitler, Mei n Kampf , Berli n o . J ., S . 208. 91 Beim Bahnpostam t I in Münche n liefe n pr o Ta g ca . 3000 Sendungen a n die und ca . 9000 Sendungen vo n de n Kriegsgefangene n durch ; e s handelte sic h u m de n Briefwechse l de r deut schen Gefangene n i n Frankreic h un d Italie n mi t Briefpartner n au s Bayern , Sachse n un d Schle sien; Militärisch e Überwachungsstell e bei m Bahnpostam t I München 12. 5. 191 7 an Che f de s Stellvertretenden Generalstab s de r Arme e Abt . IIIb : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . 1. Bayerisches AK Münche n 1539. Insgesamt wurde n dor t täglic h übe r 70 000 Sendungen geprüft ; undatiert e Ausarbeitung de s stellv. Gen.kdo. s I. Bayerisches A K München : HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1943. Die Briefauszugsammlun g vo m Mär z 1917 findet sic h in : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1979. Zu den Auswahlprinzipie n un d der zugrundeliegende n sozialwissenschaftliche n Fragestellun g s . di e obe n zitiert e undatiert e Ausarbeitung de s stellv. Gen.kdo. s I. Bayerisches A K München , passim. 92 HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1979. 93 Wirtschaftsstelle München-Sü d 21. 1. 191 8 an stellv . Gen.kdo. : HStA/Kr , Stellv . Gen . kdo. I. Bayerisches A K Münche n 1961. 94 S. z u Bevölkerungsstimmung , »Aufklärung « un d de r spezielle n Roll e de r Fraue n dari n unten, Kapite l 3.2.2.4. und 4. 95 Brief vom 2. 3 . 1917 : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1979. 96 B. v . Brentano , Theodo r Chindler . Roma n eine r deutsche n Familie , Frankfur t 1979, S. 307 (Hervorh. i . Text) . 97 Johanna B . a m 8. 10 . 191 4 an Julius B. , abgedruck t in : Ullrich , Kriegsalltag , S . 23. S. generell zu m Proble m de r Entfremdun g zwische n Eingezogene n un d ihre n Angehörigen : A . Schütz, De r Heimkehrer , in : ders. , Gesammelt e Aufsätze , Bd . 2, hg. v . A . Broderse n un d A . von Baeyer , De n Haa g 1972, S. 70-84; W. Waller , Vetera n Comes Back, Ne w Yor k 1944; D. Wecter, When Johnny Comes Marching Home , Cambridg e 1944; R. J . Lifton, Hom e fro m th e War, Ne w Yor k 1973; R. W . Whalen , Bitte r Wounds. Germa n Victim s o f th e Grea t War , 1914-1939, Ithaca/Londo n 1984 . 98 Den beste n Aufschlu ß übe r di e Wahrnehmun g vo n de r Inkompatibilitä t de s Front-, Hei mat- un d Etappenleben s i n alle n kriegführende n Staate n gebe n di e literarische n Verarbeitun gen de s Ersten Weltkrieg s un d dere n Analysen . S . hierz u nebe n de r i n Anm . 10 der Einleitun g genannten Literatu r S . M. Gilbert , Soldier's Heart : Literar y Men , literar y Women , an d th e Great War , in : Signs, Jg. 8 , 1982/83 , S . 422-450 .

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Anmerkungen z u S . 152-154 99 Marcuse, Zu r Frage , passim. S. hierz u auc h U . Linse , Arbeiterschaf t un d Geburtenent wicklung i m Deutsche n Kaiserreic h vo n 1871, in: AfS , Jg . XII, 1972 , S. 205-271, besonders 224-229. 100 Marcuse, Zu r Frage , S . 775. 101 Ebd., S . 777; s. hierz u auc h M . Hirsch , Fruchtabtreibun g un d Präventivverkeh r i m Zu sammenhang mi t de m Geburtenrückgang , Würzbur g 1913. 102 Regierungspräsident Düsseldor f 9. 6. 191 7 an Oberbürgermeiste r un d Landräte : HSt A Düsseldorf, Regierun g Düsseldor f 43053 I, Bl. 13f. 103 5 . Koppenfeh, Di e Kriminalitä t de r Fra u i m Krieg e (Kriminalistisch e Abhandlungen , hg. v . F . Exner , H . 11), Leipzig 1926, S. 31 f. De r Sozialmedizine r Bum m schätzt e die Zahl de r Abtreibungen i m Krie g au f bi s z u 4 0 % aller Schwangerschaften ; E . Bumm , No t un d Frucht abtreibung, in : Münchene r Medizinisch e Wochenschrift , Jg . 70, 1923 , Nr. 50, S. 1471 f., hier : 1471. 104 Koppenfels, Kriminalität , S . 32. 105 Heinel, Bevölkerungsbewegung , S . 67. 106 Ebd., S . 56 f. 107 Briefauszug vo m 14. 3. 1917 : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1979. 108 Karl Alexande r vo n Mülle r 31. 8. 191 6 an bayerische s Kriegsministerium : HStA/Kr , MKr 2335. Ein selbst vo m Lan d stammender Vertrauensman n de s bayerischen Kriegsministe riums macht e für die Verbreitun g empfängnisverhütende r Mitte l unte r de r bayerischen Land bevölkerung di e Frauenbewegun g verantwortlich : »Vo n de n Frauenvereine n emanzipierte r Richtung würde n anscheinen d Emissärinne n au f da s Lan d geschickt , u m - nicht selte n durc h Vermittlung vo n Lehrerinne n - dahin z u wirken , da ß da s Gefüg e de r Famili e mi t de r Grund lage de r Unterordnun g de r Fra u unte r de n Man n zerstör t werde , de r Respek t vo r de r männli chen Autoritä t werd e z u erschütter n versuch t un d ei n Sonderlebe n de r Fra u mi t Sonderinter essen befürwortet . Al s ei n wahrscheinliches , allerding s nich t nachweisbare s Ergebni s diese r Bestrebungen se i da s Überhandnehme n de s Gebrauch s vo n Antikonzeptionsmittel n anzuse hen un d di e darau s folgend e Abnahm e de r Geburtenrate , di e be i de r regelmäßige n Urlaubge währung keinesweg s mi t de r Abwesenhei t de r Männe r erklär t werde n könne« ; Niederschrif t über de n Berich t eine s Vertrauensmann s de s bayerische n Kriegsministerium s vo m Septembe r 1916, S. 2 f: HStA/Kr , MK r 17146. Was di e Haltun g de r bürgerliche n Frauenbewegun g zu r Bevölkerungspoliti k i m Krie g an belangt, s o war dies e zwar nich t grundsätzlic h ablehnend , abe r reserviert . Kritisier t wurd e vo r allem, da ß di e Fraue n selbs t al s di e vo n solche n Erwägunge n hauptsächlic h Betroffene n nu r Objekte eine r vo n männliche n Politiker n un d Spezialiste n betriebene n Politi k seien . I m Jahr buch de s BD F kommentiert e Adelhei d Steinman n 1918 nicht ohn e Süffisanz : Be i »manche n Bestrebungen zu r Bekämpfun g de s Geburtenrückgangs « werf e ma n de n Fraue n vor , »da ß si e nur a n sich , nich t a n da s Vaterlan d denke n un d di e Zukunf t de r Natio n gefährden . Ma n kan n allen Ernste s hören , da ß ma n de n Fraue n kla r mache n müsse , da ß si e mi t de m Kindergebäre n eine staatlich e Funktio n z u erfülle n hätten . . . Am meiste n hör t ma n da s gerad e au s Kreisen , die sonst a m wenigste n geneig t sind , de n Fraue n staatlich e Funktione n zuzubilligen« ; Λ. Stein­ mann, Di e Fra u i n de r Familie , in : Jahrbuc h de s BD F 1918 »Frauenaufgaben i m künftige n Deutschland«, Berli n 1918, S. 31-49, Zitat: 44; s. hierz u auc h G . Bäumer , Lebenswe g durc h eine Zeitenwende, Tübinge n 1933 6, S . 302-305. 109 Saalmann: Ei n Beitra g zu r Frag e de r Bevölkerungspoliti k nac h de m Kriege , in : Zeit schrift fü r Bevölkerungspoliti k un d Säuglingsfürsorge , Jg . 10, 1918 , S. 232-238, hier: 233. 110 Diese fü r Wie n getroffen e Feststellun g dürft e ohn e weitere s au f reichsdeutsche Verhält nisse übertragba r sein ; A . Haberda , Gerichtsärztlich e Erfahrunge n übe r di e Fruchtabtreibun g in Wien , in : Vierteljahresschrif t für gerichtliche Medizi n un d öffentliche s Sanitätswesen , Jg. 56, 1918 , S. 55-104, hier: 59. In viele n Fälle n wa r di e Geburt vo n Kinder n i n Arbeiterfami -

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Anmerkungen z u S . 154-156 lien wohl ehe r au f mangelnd e Effizien z de r angewandte n Verhütungsmethode n zurückzufuh ren; s . hierz u Marcuse , Zu r Frage , passim. Im Rückblic k au f da s Lebe n ihre r Elter n berichte t die Tochte r eine r norddeutsche n Arbeiterfamilie , da ß di e Empfängnisverhütungskenntniss e ihrer Elter n au s eine m Buc h gestamm t hätten , i n de m di e empfängnisfreie n Tag e der Fra u mi t ihren empfängnisbereite n verwechsel t worde n wären ; D . Kachull e (Hg.) , Di e Pöhland s i m Krieg. Brief e eine r Arbeiterfamili e au s de m Erste n Weltkrieg , Köl n 1982, S. 19 f Di e Famili e hatte fün f Kinder . 111 Niederschrift übe r di e kommissarisch e Besprechun g i m preußische n Ministeriu m de s Innern a m 13. 10 . 191 5 betr. di e Bekämpfun g de s Geburtenrückgangs : ZSt A Potsdam , Reichsministerium de s Innern 9343, Β1. 8f., passim. 112 S. hierz u di e Niederschrifte n übe r di e kommissarische n Besprechunge n i m preußi schen Innenministeriu m betr . di e Bekämpfun g de s Geburtenrückgang s vo m 13. 10. 1915 , 17. 3. 1916 , 8 . 4. 1916 , 9 . 5 . 1916 , 6 . 6. 1916 , 9 . 9. 1916 , 27 . 9. 1916 , 2 . 11 . 1916 , 6 . 12 . 1916 , 21. 12 . 1916 , alle in: ZStA Potsdam , Reichsministeriu m de s Inner n 9343, Bl. 8f., 15ff., 25-30, 31 ff., 36-40, 164-185 , 225-240 , 251-256 , sowie Preußische r Innenministe r 8. 3. 191 7 an Vize präsident de s Staatsministeriums : Entwur f de s übe r de n Fortgan g de r Beratunge n de r Mini sterialkommission fü r di e Geburtenrückgangsfrag e z u erstartende n Thronberichts : ZSt A Potsdam, Reichsministeriu m de s Inner n 9344, Bl. 3-6; Denkschrift übe r di e Ursache n de s Ge burtenrückgangs un d di e dagege n vorgeschlagene n Maßnahmen , bearb . i m Ministeriu m de s Innern. Berli n 1915: ZStA Potsdam , Reichsministeriu m de s Inner n 9342, B1.6ff; »Denk schrift de r Oberste n Heeresleitun g übe r di e deutsch e Volks - und Wehrkraft« : ZSt A Potsdam , Vertreter de s Reichskanzler s be i de r OH L 31 (Entwurf de s Chef s de s Feldsanitätswesen s Schjerning, a m 30. 8. 191 7 der OHL übersandt) . 113 S. z . Β . Preußischer Innenministe r 28. 9. 191 6 an Staatssekretä r de s Reichsschatzamts : ZStA Potsdam , Reichsministeriu m de s Inner n 9343, Bl. 188; preußischer Finanzministe r 12. 10 . 191 6 an preußische n Innenminister , sowi e di e Niederschrifte n de r kommissarische n Besprechungen, s . vorig e Anm . S . hierz u auc h P. Weindling , Th e Medica l Professions , Social Hygiene and th e Birth-Rate i n Germany, 1914-1918 , in: Wal l u . Winte r (Hg.) , The Upheava l of War. Family , wor k an d welfar e i n Europe 1914-1918 , Cambridge 1988, S. 417-437. 114 A. Entwur f eine s Gesetze s zu r Bekämpfun g de r Geschlechtskrankheiten , B . Entwur f eines Gesetze s gege n di e Verhinderun g vo n Geburten : Bundesratsdrucksach e Nr . 1287/1918. S. hierz u auc h C . Usborne , Pregnancy i s th e Woman' s Activ e Service : Pronatalis m i n Ger many durin g th e Firs t Worl d War , in : Wal l u . Winte r (Hg.) , Upheaval , S . 389-416; Flesch , Entwurf, passim. Flesc h erklärt insbesonder e de n erstgenannte n Gesetzentwur f für unzulänglich, d a er , stat t di e Geschlechtskrankheite n i n da s Reichsseuchengeset z un d di e dor t gegebe nen Zugriffsmöglichkeite n einzubeziehen , nich t vo m alte n Syste m eine r Bekämpfun g de r Ge schlechtskrankheiten durc h Reglementierun g de r Prostitutio n abweiche . E r fuhr t die s au f da s »Streben nac h Männerschutz « zurück , da s de r Gesetzentwur f nich t verleugne n könne ; ebd. , S. 146. 115 S. di e Stellungnahm e de s Präsidente n de s Kaiserliche n Gesundheitsamt s zu r Bundes ratseingabe de r »Berline r Gesellschaf t fü r Rassenhygiene « betr . Ehetauglichkeitszeugnisse , di e auch ein e ausführlich e Darstellun g deutsche r un d internationale r Politi k i n diese r Beziehun g enthält: Präsiden t de s Kaiserliche n Gesundheitsamt s 11. 12. 191 7 an Staatssekretä r de s Innern : ZStA Potsdam , Reichsministeriu m de s Inner n 9379, Bl. 5-15. 116 Die Eingab e stammt e vo n de r »Berline r Gesellschaf t fü r Rassenhygiene« ; ZSt A Pots dam, Reichsministeriu m de s Inner n 9379, Bl. 70f . S . hierz u auc h Usborne , Pregnancy, s . o., Anm. 114, passim . 117 S. hierz u K . Roesler , Di e Finanzpoliti k de s Deutsche n Reiche s i m Erste n Weltkrieg , Berlin 1967. 118 Preußischer Innenministe r 18. 5. 1918 : HStA Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 53851. 119 S. hierz u di e Bericht e de r (Ober-)Bürgermeiste r un d Landrät e de r Rheinprovin z a n

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Anmerkungen z u S . 156-158 Oberpräsident de r Rheinprovin z 1915; HStA Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 331 36, und die zahlreiche n Verwaltungsbericht e de r lokale n un d regionale n Wohlfahrtsämter , z . B. Ver waltungsberichte de s städtischen Wohlfahrtsamt s Magdebur g fü r 1914/15, 1915/1 6 und 1916/ 17: Β Α Koblenz, R 86/2320; Tätigkeitsbericht de s Wohlfahrtsamt s für den Regierungsbezir k Köln, ca . Oktobe r 1917: HStA Düsseldorf , Regierun g Aache n 17036. Zur Roll e de r Frauen bewegungen i m Rahme n de r Kriegssozialpoliti k sieh e auch Ch . Sachße , Mütterlichkei t al s Be ruf. Sozialarbeit , Sozialrefor m un d Frauenbewegun g 1871-1929, Frankfurt 1986, S. 162-173. 120 E. Wex , Di e Entwicklun g de r soziale n Fürsorg e i n Deutschlan d 1914-1927, Berlin 1929, S. 17f. , 26ff . 121 S. z . B. Tätigkeitsberich t de s Wohlfahrtsamt s fü r de n Regierungsbezir k Köln , s . o. , Anm. 119; Oberbürgermeister Aache n 4. 3. 191 8 an Regierungspräsiden t Aachen : HSt A Düs seldorf, Regierun g Aache n 17036. 122 Zur Roll e de r Krankenversicherunge n i n de r Kriegswohlfahrtspfleg e sieh e A . Lauter , Die deutsch e Sozialversicherun g vo m Kriegsausbruc h bi s zu m Friede n vo n Versailles , Diss. München 1920/21, S. 139-160. Zur Sozialversicherun g i m Krie g allgemei n sieh e F. Kleeis, Di e Geschichte de r soziale n Versicherun g i n Deutschland , Berli n 1928 (Ndr. Berli n 1981), S. 21 0 bis Schluß . Zu r Säuglingsfürsorg e i m Krie g sieh e H . Kunkel , Di e Wohlfahrtspflege , ih r Be griff un d ihr e Bedeutung , unte r besondere r Berücksichtigun g de r Familienfürsorg e i n de r Provinz Brandenburg , Diss. Würzburg ο. J . (1920), passim . 123 Das folgend e nac h A . Fischer , Staatlich e Mütterfürsorg e un d de r Krieg , Berli n 1915, S. 10-18 . 124 Ebd., S . 4. Z u Alfon s Fische r sieh e K.-D . Thomann , Alfon s Fische r (1873-1936) und die Badische Gesellschaft fü r sozial e Hygiene, Köl n 1980. 125 S. hierz u ΒΑ Koblenz, R 36/1143, passim . 126 Prof. Hecke r au f der Tagung »Di e Erhaltun g un d Mehrun g de r deutschen Volkskraft« , s. o., Anm . 41 zu diese m Kapitel . Zu r Durchführun g de r Reichswochenhilf e sieh e ζ. Β . die Verwaltungsberichte de s städtische n Wohlfahrtsamt s Magdeburg , s . o., Anm . 119 zu diese m Kapitel. Übe r ihr e Ausgestaltun g nac h de m Krie g informier t da s Archi v fü r Frauenarbeit , Jg. 10, 1922 , S. 78-81, und dass., Jg. 8, 1920 , S. 44ff. 127 Lauter, Sozialversicherung , S . 33. 128 Besonders star k litte n ländlich e Gegende n unte r Ärztemangel ; s . ζ. Β . Bericht de s Landrats vo n Moer s 5. 8. 191 5 an Regierungspräsiden t Düsseldorf : HSt A Düsseldorf , Regie rung Düsseldor f 33136. Über Todesfäll e vo n Kinder n infolg e ausbleibende r ärztliche r Hilf e berichten di e bayerische n Kriegsamtsstellen ; Noti z de s bayerische n Kriegsamt s vo m 29. 9. 1917; Kriegsamtsstelle Nürnber g 27. 8. 191 7 an bayerische s Kriegsamt ; Kriegsamtsstell e Würzburg 17. 7. 191 7 an dass., alle s in: HStA/Kr, MK r 14385. 129 S. z u de n entsprechende n Bestrebunge n vo r 1914 U . Frevert , »Fürsorglich e Belage rung«: Hygienebewegun g un d Arbeiterfraue n i m 19. und frühe n 20. Jahrhundert, in : GG , Jg. 11, 1985, S. 420-446. 130 Prof. Hecke r au f de m Kongre ß »Erhaltun g un d Mehrun g de r deutsche n Volkskraft« , s. o., Anm . 41 zu diese m Kapitel , S . 87f.; Kriegsgesundheitsberich t fü r de n Regierungsbezir k Düsseldorf 1. 8. 1914-31 . 12 . 1918 : HStA Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 8148. Auf de n Milchmangel al s Ursach e verweise n de r Gesundheitsbericht fü r de n Regierungsbezir k Aache n 1914-1918, S. 60: HSt A Düsseldorf , Regierun g Aache n 6935, und de r Kriegsgesundheitsbe richt für den Regierungsbezir k Düsseldorf : s . o. (dies e Anm.) . 131 Prof. Hecke r au f de m Kongre ß »Erhaltun g un d Mehrun g de r deutsche n Volkskraft« , s. Anm . 41 zu diesem Kapitel , S . 87f. 132 Dr. Bornstei n ebd. , S . 124. 133 Gesundheitsbericht fü r de n Regierungsbezir k Aachen , s . o., Anm . 130 zu diese m Kapi tel, S . 79. Die Umfrag e eine r Berline r Betriebskrankenkass e vo n 1915 unter 367 Müttern er gab, da ß Milchmange l sowi e Schwäch e un d Unterernährun g de r Mütte r al s häufigst e Ursa-

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Anmerkungen z u S . 158-160 che fü r da s Einstelle n de s Stillen s genann t wurden ; A . Bluhm, Zu r Kenntni s de r Gattungslei stungen de r Industriearbeiterinne n i m Kriege , in : Archi v fü r Rassen - und Gesellschafts-Biolo gie, 1918/19, H. 1, S. 75-78, hier: 77. In Gegenden, i n dene n da s Selbststille n traditionel l ver pönt war , bracht e auc h di e Wochenhilf e keine n durchgreifende n Wandel : 17. Jahres- und Kas senbericht de s Kinderfürsorgeverein s für das Lan d Bayern , Münche n 1917: Jahresbericht für 1916, S. 15: HStA/Kr, MK r 14384. 134 S. zu r Jugend un d zu r sozialreformerische n un d staatliche n Jugendpoliti k i m Kaiser reich K . Saul, Der Kamp f u m di e Jugend zwische n Volksschul e un d Kaserne . Ei n Beitra g zu r »Jugendpflege« i m Wilhelminische n Reic h 1890-1914, in: MGM , Jg. 9, 1971 , S. 97-143; ders., Jugend i m Schatte n de s Krieges . Vormilitärisch e Ausbildun g - Kriegswirtschaftlicher Einsat z - Schulalltag i n Deutschlan d 1914-1918, in: ebd. , Jg . 34, 1983 , S. 91-184; Th. Nipperdey , Ju gend un d Politi k u m 1900, in: ders. , Gesellschaft , Kultur , Theorie , Göttinge n 1976, S. 338-359; J . Reulecke , Bürgerlich e Sozialreforme r un d Arbeiterjugen d i m Kaiserreich , in : A ß , Jg . 22, 1982 , S. 299-329; K. Tenfelde , Großstadtjugen d i n Deutschlan d vo r 1914, in: VSWG, Jg . 69, 1982 , S. 182-218; E. Domansky , Politisch e Dimensione n vo n Jugendprotes t und Generationenkonflik t i n de r Zwischenkriegszei t i n Deutschland , in : D . Dow e (Hg.) , Ju gendprotest un d Generationenkonflik t i n Deutschland , England , Frankreic h un d Italie n i m 20. Jahrhundert. International e Tagun g de s Institut s für Sozialgeschichte Braunschweig Bonn, 17.-19. 6. 198 5 in Braunschweig , Bonn-Ba d Godesber g 1986, S. 113-137; D. Peukert , Grenzen de r Sozialdisziplinierung . Aufstie g un d Kris e der deutschen J ugendfürsorge vo n 1878 bis 1932, Köln 1986. Zur Geschicht e de r Jugendpolitik i m 20. Jahrhundert s . C . Hasenclever , Jugendhilfe un d Jugendgesetzgebung sei t 1900, Göttingen 1978. 135 Weibliche Jugendlich e geriete n nac h wi e vo r fas t ausschließlic h al s angehend e Ehe frauen un d Mütte r in s Blickfel d altersspezifische r Sozialpolitik : Schulen , Kommune n un d so zialpolitische Vereinigunge n sollte n ihne n di e erforderliche n Qualifikatione n i n Haushaltun g und Säuglingsfürsorg e vermitteln ; s . z . B. Bericht e au s de m Regierungsbezir k 1915/16 über Jugendpflege un d Berufswah l de r Schulentlassenen : HSt A Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 33120. Aus de r große n Anzah l vo n Klage n insbesonder e übe r männlich e Jugendliche s . z . Β . Regierungsrat Brach t au f der Demobilmachungsbesprechun g i m Reichstagsgebäud e a m 15. 1. 1918: BA Koblenz , N L 151/159, S. 2ff.; Monatsbericht e vo m 3. 7. 1918 , S. 22: ΒΑ/MA, RM3/ 7795. 136 S. au s der sehr umfangreiche n zeitgenössische n Literatu r zu r »Verwahrlosung « Jugend licher Minde : Di e zunehmend e Verwahrlosun g de r Jugend, in : Deutsch e Strafrechts-Zeitung , Jg. 2, 1915 , Sp. 501-506; Köhne, Di e Jugendliche n un d de r Krieg , in : ebd. , Jg . 3, 1916 , Sp. 13-18; Rupprecht, Di e J ugendstraffälligkeit i n Bayer n i m Friede n un d i m Kriege , in : ebd. , Sp. 128-134; »Ungeeignete Maßnahme n gege n Minderjährige« , in : Korrespondenzblat t de r Generalkommission de r Gewerkschafte n Deutschlands , Jg. 26, 1916 , 11 . 3., S. 116f.; Kronek ker, Strafvorschrifte n gege n di e Verwahrlosun g Jugendlicher , in : Leipzige r Zeitschrif t fü r deutsches Recht , Jg. 10, 1916 , H. 8, S. 576-584; B. Fränkel , Maßnahme n zu r Bekämpfun g de r Verwahrlosung de r Jugend, Bresla u 1916; Prölß, Kriegsjugendschutz , in : Deutsch e Juristen zeitung, Jg . 22, 1917 , S. 185-190; E. Voigtländer , Veränderunge n de r Verwahrlosun g währen d des Krieges , in : Mitteilunge n de r Deutsche n Zentral e fü r Jugendfürsorge , Jg . 13, 1918 , S. 24-26; dies., Di e Entwicklun g de r Verwahrlosun g i n de n Jahren 1914-1920, in: Zentralblat t für Vormundschaftswesen , Jugendgericht e un d Fürsorgeerziehung , Jg . 13, 1921/22 , S. 193-197; G. Moses , Zu m Proble m de r soziale n Familienverwahrlosun g unte r besondere r Berücksichtigung de r Verhältniss e i m Krie g (Beiträg e zu r Kinderforschun g un d Heilerzie hung, H . 175), Langensalza 1920. 137 Zur Kriminalitä t de r Fraue n i n der Kriegszeit s . u. , S . 226-229. 138 Jahresbericht de r Gewerbeaufsich t de s Regierungsbezirk s Bresla u 1914-1918, in: Jah resberichte de r Gewerbeaufsicht 1914-1918, Bd. 1, S. 389. 139 Gewerbeaufsichtsbericht Schwarzburg-Sondershause n 1914—1918, ebd., Bd . 3, S. 10.

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Anmerkungen z u S . 160-16 2 In kau m eine m de r Bericht e de r Gewerbeaufsich t i m Erste n Weltkrie g fehle n derartig e Kla gen; si e wurden insbesonder e i n städtisch-industriellen Regione n erhoben . 140 Für di e zahlreiche n Klage n übe r di e sittlich e Verwahrlosun g Jugendlicher s . nebe n de n Berichten de r Gewerbeaufsich t 1914-1918, passim ; Ullrich, Kriegsalltag , S . 33; Stellv. Gen. kdo. I. Bayerisches A K München : Monatsberich t Apri l 1918, S. 5: HStA/Kr, MK r 12848; Oberkommando i n de n Marke n 19. 8. 1916 : Denkschrift zu r Bekanntmachun g vo m 18. 3. 1916 betr. Sparzwan g für Jugendliche: HSt A Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 33555. In de r etwa s obskuren , abe r interessant e Einzelbeobachtunge n enthaltende n Veröffentli chung übe r »Da s Liebeslebe n i m Weltkriege « vo n 1919 berichtet E . Iro s übe r da s »Hahn-im Korb«-Syndrom de r nichteingezogene n Männe r un d vo r alle m de r gu t verdienende n männli chen Jugendlichen . De r Anblic k de r »blutjunge n Liebhaber « hab e i n de n Industriegegende n und au f de m Lan d Aufsehe n erregt . Sechzehn - un d siebzehnjährig e Bursche n hatte n ihr e fe sten Verhältniss e wi e frühe r di e Schüle r de r höhere n Mittelschule n ode r di e Berline r Konfek tionslehrlinge gehabt ; de r Sexualsti l diese r Schichte n se i i m Krie g Gemeingu t de r ganze n männlichen Jugen d geworden ; E . hos , in : H . Dolsenhai n (Hg.) , Da s Liebeslebe n i m Welt kriege, Nürnber g 1919, Bd. 1, T. 2, 3./4. Halbband , S . 21 f. 141 Bei Jungen wi e be i Mädche n stie g di e Zah l de r unentschuldigte n Versäumniss e i n de r Nachkriegszeit weite r an ; Liepmann , Krieg , S . 88. 142 Leider gib t auc h Detle v Peukert s Studie , di e de n Erste n Weltkrie g meh r ode r wenige r ausspart, hie r keine Anhaltspunkte : Peukert , Grenzen , passim. 143 188 2 waren 30 697 Jugendliche vo n 12 bis 17 Jahren verurteil t worden , 1896 waren e s 43962; das bedeute t ein e Steigerun g u m 4 3 % . Auf 10 000 Jugendliche entfiele n 1882 568 Verurteilungen, 1896 dagegen 697 ( + 2 2 % ); Fränkel, Maßnahmen , S . 3. Zwischen 1903 und 1913 stieg di e Zahl de r durc h Strafbefehl e un d amtsgerichtlich e Urteil e verurteilte n Jugendlichen i n München vo n 1419 auf 2058 ( + 4 5 , 7 % ) , in Nürnber g vo n 1866 auf 3102 ( + 6 6 % ) und i n Augsburg vo n 447 auf 645 ( + 4 4 , 3 % ); im gleiche n Zeitrau m stie g di e Zah l de r überhaup t be straften Persone n nu r um 12,4%; Rupprecht, Jugendstraffälligkeit , Sp . 129. 144 Voigtländer, Veränderungen , S . 25. 145 Zu Geschicht e un d Kriti k de s Verwahrlosungsbegriff s s . Grego r un d Voigtländer , Di e Verwahrlosung, ihr e klinisch-psychologisch e Bewertun g un d ihr e Bekämpfung , T . 1: Die Verwahrlosung männliche r Jugendlicher , Berli n 1918, S. 3; M. Kieper , Lebenswelte n »ver wahrloster« Mädchen , Münche n 1980, S. 17-24; dies.: Artike l »Verwahrlosung« , in : Hand buch pädagogische r un d sozialpädagogische r Praxisbegriffe , hg . v . Petzol d un d Speichert , Reinbek 1981, S. 482ff; W . Reichel, Artike l »Verwahrlosung« , in : Handbuc h psychologische r Grundbegriffe, hg . v . Rexiliu s un d Grubitzsch , Reinbe k 1981, S. 1194-1198; K. Horn, Gewalt versöhnt nich t mi t Normen , in : Erziehun g i n geschlossene n Heimen , hg . v . Bundesjugend kuratorium, Münche n 1982, S. 13f.; Peukert , Grenzen , S . 54-67, 107-115 , 151-162 . 146 Landrat Dinslake n 24. 12 . 191 5 an Regierungspräsiden t Düsseldorf : HSt A Düsseldorf , Regierung Düsseldor f 33120. 147 Ebd.: Landra t Krefel d 28. 12 . 191 5 an dens. W o Frauen überhaup t ein e aktiv e Sozialisa tionsfunktion zuerkann t wurde , wa r e s vorwiegend ein e negative: S o wurde n ζ. Β . die Arbei ­ terinnen i n de n Betriebe n mitverantwortlic h gemach t für das undiszipliniert e Betrage n de r Jugendlichen; vgl . Jahresbericht e de r Gewerbeaufsich t 1914-1918, passim . Meist wurde n di e Frauen i n ihre r Eigenschaf t al s Mütte r jedoc h al s z u »schwach « ode r »weich « befunden , u m überhaupt Einflu ß au f di e Lebensführun g ihre r Kinde r nehme n z u können . Diese r Topo s überdauerte di e Kriegszeit : Noc h 1927 schrieb Friedric h Zah n di e Jugend-»Verwahrlosung « im Krie g de r z u große n Weichhei t de r Fraue n zu ; F . Zahn , Di e deutsche Famili e un d de r Wie deraufbau unsere s Volkes , in : Allgemeines Statistische s Archiv , Jg. 16, 1927 , S. 1-25, hier: 8. 148 S. hierz u Moses , Problem , passim. 149 Preußischer Kriegsministe r 2. 2. 191 5 an Vizepräsiden t de s preußische n Staatsministe nums: ZStA Potsdam , Reichskanzle i 2398/1.

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Anmerkungen z u S . 162-165 150 Ebd. un d Saul, Jugend, S . 97, 103 . Auch die Zivilbehörden hätte n es begrüßt, wen n di e Mitgliedschaft i n de r Jugendwehr zur Pflich t gemach t worde n wäre ; s . z . Β . Berichte au s de m Regierungsbezirk: HSt A Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 33120, passim . In der Arbeiterbe wegung herrscht e ei n deutliche s Mißtraue n gege n dies e Einrichtung . I n Hamburg , w o di e Partei- un d Gewerkschaftsführe r 1914 vereinbart hatten , da ß di e Arbeiterjugen d i n di e »Ju gendwehr« einbezoge n werde n sollte , mußt e die s nac h Proteste n vo n Jugendorganisatione n und Parteiversammlunge n zurückgenomme n werden ; Ullrich , Kriegsalltag , S . 33ff.; s. hierz u auch Saul, Jugend, S . 97-100, und G . Fiedler , Welterfahrun g un d inneres Erleben . Forme n un d Auswirkungen de r Weltkriegserfahrun g i n de r deutsche n Jugendbewegung 1914-1923, Diss . Braunschweig 1985, S. 112-116. 151 Landrat Solinge n 15. 1. 191 6 an Regierungspräsiden t Düsseldorf : HSt A Düsseldorf , Regierung Düsseldor f 33 120. 152 So kursierte i m Ma i 1916 im I. Bayerischen A K Münche n da s Gerücht, be i Teuerungs revolten i n Berli n hätt e di e Jugendwehr Hundert e vo n Menschen , darunte r di e eigene n Müt ter, erschossen ; mindesten s ei n Elternpaa r holt e daraufhi n seine n Soh n au s de m Münchene r Wehrkraft verein; HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1723: Stellv. Gen.kdo. I. Bayerisches A K Münche n 22. 5. 1916 . 153 Die Jugenderlasse löste n unte r de n professionelle n Jugendfürsorger n heftig e Debatte n pro un d contr a aus ; s . hierz u nebe n de r i n Anm . 136 dieses Kapitel s genannte n Literatu r F . v . Liszt, De r Krie g un d di e Kriminalitä t de r Jugendlichen, in : Zeitschrif t fü r di e gesamt e Straf rechtswissenschaft, Je . 37, 1916 , S. 496-516, besonders 508-516. 154 Hierzu un d zu m folgende n Denkschrif t de s Oberkommando s i n de n Marke n vo m 18. 3. 191 6 betr. Sparzwan g für Jugendliche: HSt A Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 33555. 155 Ebd., S . 9. 156 Kriegsverwaltungsbericht Neukölln , S . 328. Über di e Abwanderun g jugendlicher Ar beiter au s Berli n infolg e de s Sparzwangserlasse s berichte t de r Regierungspräsiden t Arnsber g 27. 4. 191 6 an de n preußische n Ministe r für Handel un d Gewerbe ; St A Münster , Oberpräsi dium 6801. 157 Jahresbericht de s Landespolizeibezirks Berli n 1914-1918, in: Jahresberichte de r Gewer beaufsicht 1914-1918, Bd. 1, S. 238. 158 S. z . B. Monatsbericht e vo m 3. 7. 1918 , S. 23: ΒΑ/MA, RM3/7795, übe r di e Einfüh rung de s Jugendsparzwangs in Elsaß-Lothringen . 159 S. hierz u ausführlic h F . Boll, Massenbewegungen i n Niedersachse n 1906-1920. Eine sozialgeschichtliche Untersuchun g z u de n unterschiedliche n Entwicklungstype n Braun schweig un d Hannover , Bon n 1981, S. 217-234. Einige stellvertretend e Generalkommando s führten de n Sparzwan g nu r fü r al s »Verschwender « aufgefallen e Jugendlich e ein , s o etw a da s XI. AK Kassel . 160 Jahresberichte de r Gewerbeaufsich t Hamburg s un d Bremen s 1914-1918, in: Jahresbe richte der Gewerbeaufsicht 1914-1918, Bd. 3, Hamburg: S . 29, Bremen: S . 54. 161 Jahresbericht de s Regierungsbezirks Koblen z 1914-1918, in: ebd., Bd . 1, S. 932. 162 Regierungspräsident Arnsber g 2. 2. 191 6 an stellv . Gen.kdo . VII. AK Münster : St A Münster, Oberpräsidiu m 6801. Den gleiche n Vorschla g macht e de r preußisch e Ministe r fü r Handel un d Gewerb e i m Februa r 1916 allen Regierungspräsidenten ; ebd. : Preußische r Mini ster für Hande l un d Gewerbe 29. 2. 191 6 an Regierungspräsidenten . 163 Ebd. un d dieser Ban d passim. 164 S. hierz u di e beiden vorige n Anmerkungen . 165 Ebd.: Stellv . Gen.kdo . VII. AK Münste r 10. 5. 191 6 an Regierungspräsidenten . 166 Ebd.: Oberpräsiden t Münste r 19. 5. 191 6 an stellv . Gen.kdo . VII. AK Münster ; Regie rungspräsident Münste r 17.8. 191 6 an dass. ; Regierungspräsiden t Arnsber g 30. 9. 191 6 an dass. 167 Ebd.: Stellv . Gen.kdo . VII. AK Münste r 20. 5. 191 6 an preußischen Kriegsminister .

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Anmerkungen z u S . 165-174 168 Ebd.: Stellv . Gen.kdo . VII. AK Münste r 30. 9. 191 6 an Oberpräsident . 169 Protokoll de r Besprechun g vo m 20. 10 . 1916 , S. 1-6 : HSt A Düsseldorf , Regierun g Düsseldorf33555. 170 Ebd., S . 9. S. zu r Haltun g de r Gewerkschaften un d Unternehme r auc h di e Anlage zu m Brief de s Regierungspräsidente n i n Arnsber g vo m 3. 11 . 191 6 an de n Oberpräsidente n i n Münster; St A Münster , Oberpräsidiu m 6801. Auch di e Zivilverwaltunge n bliebe n be i ihre r ablehnenden Einstellung , diesma l einschließlic h de s Regierungspräsidente n i n Arnsberg ; St A Münster, Oberpräsidiu m 6801, passim. 171 Ebd.: Stellv . Gen.kdo . VII. AK Münste r 16. 1. 191 7 an preußische n Kriegsminister . Zur Sparzwangsdiskussio n i n andere n deutsche n Staate n s . HStA/Kr , MK r 12649, 12650 , 12848 (Bayern un d Bade n betreffend) . 172 Glaeser, Jahrgan g 1902, S. 292 ff. 173 »Die Geschicht e de s Zusammenbruch s de r bi s 1918 (in Deutschland ) legitime n Herr schaft zeigte : wi e di e Sprengun g de r Traditionsgebundenhei t durc h de n Krie g einerseit s un d der Prestigeverlus t durc h di e Niederlag e andrerseit s i n Verbindun g mi t de r systematische n Gewöhnung a n illegales Verhalte n i n gleichem Ma ß di e Fügsamkeit i n die Heeres- und Arbeits disziplin erschütterte n un d s o de n Umstur z de r Herrschaf t vorbereiteten« ; M . Weber , Wirt schaft un d Gesellschaft , Tübingen , 5. revidierte Aufl . 1972, S. 155. 174 G. Albrecht , Di e Unterstützun g de r Familie n Einberufener . Entwicklun g un d gesetzli che Grundlagen , in : Jahrbüche r fü r Nationalökonomi e un d Statistik , Jg . 151, 1940 , H. 1, S. 66-84, hier: 66. 175 M. Hoffmann, Das Gesetz betreffend di e Unterstützun g vo n Familie n i n den Diens t ein getretener Mannschafte n vo m 28. 2. 1888/4 . 8. 191 4 und seine Anwendung, Diss. Berlin 1918, S. 8, 15. 176 Das folgende nac h Hoffmann, Gesetz , S . 1-37, und Albrecht, Unterstützung , S . 67-71. 177 Dies un d da s folgend e nac h Albrecht , Unterstützung , S . 71-74, und Hoffmann, Gesetz, S. 38-67. Das Gesamtpake t de r Kriegswirtschaftsgesetz e vo m 4. August 1914 ist abgedruck t und ausführlic h kommentier t be i I . Jastrow, I m Kriegszustand , Berli n 1914, S. 139 ff., 145-158. 178 Reichsamt de s Inner n 9. 1 . 191 7 an Bundesregierungen : GL A Karlsruhe , 456EV8/111 , und J. Fichtel, De r Familienlohn , Diss. München 1926, S. 27. 179 Stellv. Gen.kdo . VII. AK Münste r 6. 6. 191 5 an preußische s Kriegsministerium : ZSt A Potsdam, Reichsministeriu m de s Innern 12092, Bl. 95f. 180 Niederschrift de r Besprechun g übe r Familienunterstützun g zwische n Reichsam t de s Innern, Bundesregierungen , Gewerkschaften , Industrievertretern , Städteta g u . a . vo m 11. 11. 1915: ZStA Potsdam , Reichsministeriu m de s Innern 12094, Bl. 212ff. Es handelte sich bei die sen Schätzunge n u m di e au f da s Reic h hochgerechnete n Zahle n fü r Bayern ; fü r da s gesamt e Reichsgebiet lage n Meldunge n de r Lieferungsverbände etc . nicht vor . 181 Hauptergebnisse de r Volkszählun g i m Deutsche n Reic h a m 5. 12 . 1917 , bearb. i n de r Volkswirtschaftlichen Abteilun g de s Kriegsernährungsamts. Berli n 1918, S. 2. 182 J . Reulecke , Städtisch e Finanzproblem e un d Kriegswohlfahrtspfleg e i m Erste n Welt krieg unte r besondere r Berücksichtigun g de r Stad t Barmen , in : Zeitschrif t fü r Stadtge schichtc, Stadtsoziologi e un d Denkmalpflege , Jg. 1, 1975 , S. 48-79, hier: 70. 183 W ex, Entwicklung , S . 15. 184 Klumker u. Schmittman n (Hg.) , Wohlfahrtsämter , Stuttgar t 1920, S. 12. 185 Der Betra g fü r de n Stadtstaa t Lübec k i m Augus t 1916 von 225000 Mark wurd e vo n den Behörde n al s Schätzun g addiert ; Nachweisun g übe r di e gezahlt e Familienunterstützung : ZStA Potsdam , Reichsministeriu m de s Innern 12129, Bl. 68f . 186 Hoffmann, Gesetz , S . 59. 187 Berechnet nach : Statistisches Jahrbuch fü r de n Preußischen Staa t 16, 1920 , S. 320.

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Anmerkungen z u S . 174-175 188 Berechnet nach : Nachweisunge n übe r di e gezahlt e Familienunterstützun g (Mindest sätze in Preußen 1914-1918): ZStA Merseburg , Rep . 77, Tit. 332g , Nr . 27, Beiheft 3, Bd. 1-7. 189 Auszug au s de n Mitteilunge n de r Kgl . Bayerische n Staatsministerie n de s Kgl . Hause s und de s Äußere n un d de s Inner n übe r di e Kriegstätigkeit de r innere n Staatsverwaltung : ZSt A Potsdam, Reichsministeriu m de s Innern 12094, Bl. 184 f. 190 Vgl. z . B. Kriegsverwaltungsberich t Neukölln , S . 137. S. hierz u auc h oben , Kapite l 1: Krieg al s Ereignis. 191 S. hierzu : Reichsverban d Deutsche r Städt e (Verban d de r Gemeinde n unte r 25000 Einwohner) 21. 8. 191 5 an Reichskanzler : ZSt A Potsdam , Reichsministeriu m de s Inner n 12092, Bl. 338; Liste de r i n de n Einzelstaate n gezahlte n Zuschüss e zu r Mindestunterstützun g vo m November 1915: ZStA Potsdam , Reichsministeriu m de s Inner n 12095, Bl. 257ff ; M . Segitz , Die Kriegsfürsorg e i n Bayern . Ein e Denkschrif t fü r di e Kgl . Bayerisch e Staatsregierung , Nürnberg 1915, S. 8 und passim; Eingabe de r Zentrumsfraktio n de s bayerischen Landtag s a n das bayerisch e Kriegsministeriu m vo m 2. 11 . 1914 : HStA/Kr, MK r 13346; Eingabe de s Ge samtverbandes de r christliche n Gewerkschafte n a n de n Stellvertrete r de s Reichskanzler s vo m 5. 10 . 1914 : ZStA Potsdam , Reichsministeriu m de s Inner n 12089; Berichte de r Einzelstaate n über Umfan g un d Durchführun g de r FU : ZSt A Potsdam , Reichsministeriu m de s Inner n 12090, Bl. 107-215. 192 P. Hirsch, Di e Kriegsfürsorge de r deutschen Gemeinden , in : Annale n fü r sozial e Politi k und Gesetzgebung, Jg. 4, 1916 , S. 261-348, hier: 263f. 193 S. z u de n betriebliche n Unterstützunge n ζ. Β. Jahresbericht de r Gewerbeaufsich t un d Bergbehörden fü r di e J ahre 1914/1918. Amtliche Ausgabe , bearb . i m Statistische n Reichsamt . 4Bdc., Berli n 1920, hier: Bd . 1, S. 1008 (Familienunterstützungen de r Firm a Krup p gege n Kriegsende) un d Bd . 1-4, passim ; Betriebsbesichtigungen betr . Frauenarbeit : GL A Karlsruhe , 456EV8/117, Stellv . Gen.kdo . XIV AK Karlsruhe ; O . Brandt , Di e deutsch e Industri e i m Kriege 1914/1915, Berlin 1915, S. 14-19; Ph. Fabian , Kriegshilf e de r deutsche n Eisen - un d Stahlindustrie, in : Stah l un d Eisen , 1916, Nr. 7, S. 1-4; G. v . Maffei , Di e deutsch e Volkswirt schaft be i Ausbruc h de s Weltkrieges , Diss. Erlangen 1930, S. 96 f. Zu r gewerkschaftliche n Unterstützung de r Familie n eingezogene r Mitgliede r s . W . Kiegel , Di e sozial e Hilfsarbei t de r deutschen freie n Gewerkschafte n währen d de s erste n Kriegsjahres , Diss. Berlin 1917, S. 147-155 . 194 Jahresbericht de s Landespolizeibezirks Berli n 1914—1918, in: Jahresberichte de r Gewer beaufsicht 1914-1918, Bd. 1, S. 255; Ρ. Umbreit, Di e deutschen Gewerkschafte n i m Kriege , in : ders. u. Lorenz , De r Krieg un d di e Arbeitsverhältnisse, Stuttgar t u . a . 1928, S. 1-305, hier: 69. 195 S. Reulecke , Städtisch e Finanzprobleme , S . 69. 196 Ebd., S . 68. 197 Ebd., S . 71. 198 Staatssekretär de s Reichsschatzamt s 28. 11. 191 8 an Staatssekretä r de s Reichsarbeits amts: ZSt A Potsdam , Reichsministeriu m fü r wirtschaftlich e Demobilmachun g 19, Bl. 47. 199 Reulecke, Städtisch e Finanzprobleme , S . 71. 200 Ebd., S . 68, Anm. 89, S. 74. 201 S. z . B. Preußische r Innen - un d Finanzministe r 14. 10 . 191 5 an Vizepräsiden t de s Staatsministeriums: ZSt A Merseburg , Rep. 120B B VI I 1 , Nr. 3i, Bd . 1, Bl. 165-173; ebd., Bd. 2, Bl. 53-56: Vorstand de s Preußischen Städtetage s 3. 4. 191 6 an Stellvertrete r de s Reichs kanzlers; Eingab e de s Reichsverbande s Deutsche r Städt e (Verban d de r Gemeinde n unte r 25000 Einwohnern) 21. 8. 191 5 an Reichskanzler : ZSt A Potsdam , Reichsministeriu m de s In nern 12092, Bl. 338. 202 Staatssekretär de s Reichsschatzamt s 15. 8. 191 4 an preußische n Innenminister : ZSt A Potsdam, Reichsministeriu m de s Inner n 12089, Bl. 254-257; Reichsschatzamt/Reichskanzler 30. 9. 191 5 an preußische n Innen - un d Finanzminister : ZSt A Merseburg , Rep. 120B B VI I 1 , Nr. 3i, Bd . 2, Bl. 337-346; Kommissarische Besprechun g übe r Familienunterstützun g i m

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Anmerkungen z u S . 175-177 Reichsamt de s Inner n vo m 7. 7. 191 6 zwischen Reichsschatzamt , Reichsmarineamt , Reichs amt de s Innern , Ministeriu m de s Innern , Ministeriu m für Handel un d Gewerb e un d Kriegs ministerium: ebd . 203 Kommissarische Besprechun g vo m 7. 7. 1916 , s. vorig e Anm. ; Preußische r Finanz und Innenministe r 30. 9. 191 4 an Regierungspräsidenten : ZSt A Potsdam . Reichsmimsteriu m des Inner n 12089, Bl. 203. Am Reichsschatzam t scheitert e ebenfalls da s u. a . vo m preußische n Kriegsministerium vorgebracht e Ansinnen , be i de r Gewährun g vo n F U au f di e Bedürftig keitsprüfung z u verzichten ; ebd. , Bl . 216: Staatssekretär de s Reichsschatzamt s 4. 11 . 191 4 an Staatssekretär de s Innern . 204 Albrecht, Unterstützung , S . 74; Reulecke, Städtisch e Finanzprobleme , S . 77. Die Zinsla sten de r Lieferungsverbänd e ware n gege n Kriegsend e bereit s rech t beträchtlich . Zwe i Bei spiele: I m Krei s Halle , de r zu r Deckun g de r Mindestsätz e bi s Mitt e 1918 3 Mio. Mar k aufge nommen hatte , hätt e ein e Übernahm e de r Zinslas t vo n ca . 130 000 Mark i n de n Eta t ein e Er höhung de r Kreissteuer n u m 4 5 % erfordert; i m Landkrei s Bielefeld , de r i m gleiche n Zeit raum bereit s 6,8 Mio. Mar k zu r Deckun g de r Mindestsätze aufgenomme n hatte , hätt e die entsprechende Zinslas t be i Übernahm e i n de n Eta t ein e Erhöhun g de r Kreissteuer n u m 100% nötig gemacht ; Kriegswirtschaftlich e Besprechun g de s Regierungsbezirks Minde n i n Herfor d am 21. 6. 1918 , S. 4 des Protokolls: HSt A Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 14917. 205 Preußischer Innenministe r 30. 9. 191 4 an Regierungspräsidenten : ZSt A Potsdam , Reichsministerium de s Innern 12089, Bl. 203f . 206 Die Verschuldun g de r Kommune n betru g be i Kriegsbegin n 7,5 Mrd. Mark , z u dene n noch 60-70 Mio. Mar k kurzfristig e Schulde n hinzukame n - das Reic h hatt e bi s zu m gleiche n Zeitpunkt ca . 5 Mrd. Mar k durc h Anleihe n etc . aufgenommen ; J . Reulecke , Wirtschaf t un d Bevölkerung ausgewählte r Städt e i m Erste n Weltkrie g (Barmen , Düsseldorf , Essen , Krefeld) , in: ders . (Hg.) , Di e deutsch e Stad t i m Industriezeitalter . Beiträg e zu r moderne n deutsche n Stadtgeschichte, Wupperta l 1980 2, S . 114-126, hier: 115. 207 Landeshauptmann de r Rheinprovin z 19. 9. 191 4 an Kommandierende n Genera l de s VII. AK Münster : ZSt A Potsdam , Reichsministeriu m de s Inner n 12089; Reulecke, Städtisch e Finanzprobleme, S . 75. Zur Kriegsfinanzierun g de s Deutsche n Reich s i m allgemeine n s . K . Roesler, Di e Finanzpolitik de s Deutschen Reiche s im Erste n Weltkrieg , Berli n 1967. 208 Landeshauptmann de r Rheinprovin z 19. 9. 191 4 an Kommandierende n Genera l de s VII. AK Münster , s . vorig e Anm. ; Leitsätz e für die Kriegswohlfahrtspfleg e de r Landesversi cherungsanstalten hatt e ein e Konferen z i m Reichsversicherungsam t a m 31. 8. 191 4 aufgestellt, die auch eine Höchstmarg e fü r derartig e Aufwendunge n enthielten ; »Kriegsfürsorg e de r deut schen Landesversicherungsanstalten« , in : Arbeitsnachwei s i n Deutschland , Jg . 2, 1914/15 , Nr. 3, S. 56 f. 209 Preußischer Finanz - un d Innenministe r 30. 9. 191 4 an Regierungspräsidenten ; Reichs kanzler/Reichsamt de s Inner n 14. 11 . 191 4 an Bundesregierunge n u.a. : ZSt A Potsdam , Reichsministerium de s Inner n 12089, Bl. 203 f., 257. 210 Ebd., Bl . 256t. : Reichskanzler/Reichsam t de s Inner n 9. 9. 191 4 an preußische n Innen minister; z u Barme n s . Reulecke , Städtisch e Finanzprobleme , S . 76 f. 211 S. z . B. Reichsam t de s Innern 25. 1. 1915 , S. 2: ΒΑ/MA, RM31/958. 212 S. o. , Kapite l 1: Krieg al s Ereignis . 213 Stimmungsbericht de s Berline r Polizeipräsidente n Nr . 26, 23 . 1 . 1915 : ZStA Potsdam , Reichskanzlei 2398/1, Bl. 183; gleichlautend dass. : 37. Bericht, 17. 4. 1915 . Derartige beliebi g zu vermehrend e zeitgenössisch e Stimme n übe r da s Konsumgebare n de r »Kriegerfrauen « be schränkten sic h nich t au f städtisch e Regionen . Auc h de n ländliche n »Kriegerfrauen « wurd e vorgeworfen, si e verlumpte n ihr e Unterstützun g i n de r Stadt ; s . z . B. Niederschrif t übe r di e Besprechung betr . Errichtun g de r Kriegswirtschaftsämter vo m 18. 1. 1917, S. 17-22: BA/MA, RM31/1003. 214 Gemeindevorstand Weid a (Sachsen-Weimar) , zit . nac h Vossische r Zeitun g vo m 22. 8.

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Anmerkungen z u S . 177-181 1916. Die Betonun g lieg t be i diese r Bekanntmachun g deswege n au f de r städtische n F U un d nicht au f de r reichsgesetzliche n Mindestunterstützung , wei l di e Mindestunterstützun g nich t entzogen werde n durfte . 215 S. z . B. Monatsbericht e vo m 3. 8. 1918 , S. 12: BA/MA, RM3/7796 . 216 »Vorwärts« vo m 7. 6 . 1915 . 217 Landrat Itzeho e 29. 1 . 191 7 über di e Unruhe n i n Itzehoe , Glückstad t un d Lägerdorf : ZStA Merseburg , Rcp. 197A, Io, Nr . 1, Bd. 2, Bl. 31-35. 218 Monatsbericht fü r Ma i 1917 des Stellv . Gen.kdo. s 1. Bayerisches A K Münche n 5. 6 . 1917, S. 2: HStA/Kr, MK r 12844; gleichlautend u . a. Monatsbericht e vo m 3. 7. 1917 : BA/MA, RM3/4670, S . 5 (XX. AK Allenstein) . 219 Brief eine r sächsische n »Kriegerfrau « Mär z 1917 an ihre n kriegsgefangene n Ehemann : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1979. 220 Bericht de r Eisenbahnüberwachun g (Kriminalwachtmeiste r H. ) vo m 8. 8. 191 7 über die Eisenbahnüberwachun g vo m 7. 8. 191 7 auf de r Streck e München-Ulm-Kempten-Mün chen: HStA/Kr, MK r 11484. 221 Reichsverband Deutsche r Städt e 27. 9. 191 5 an Reichsam t de s Innern : ZSt A Potsdam , Reichsministenum de s Innern 12093, Bl. 117. 222 Ebd., Bl . 164: Magistrat Kattowit z telegraphisc h a m 6. 10 . 191 5 an Retchsam t de s In nern. 223 Staatssekretär de s Reichsmarineamt s 18. 5. 191 5 an Marinestatio n Ostsee : Zusammen stellung de r Grundsätz e übe r di e Anwendun g de s Gesetzes vo m 28. Febr. 1888 in de r Fassun g des Gesetzes vo m 4. August 1914: BA/MA, RM31/958 ; s . hierz u auc h Hirsch , Kriegsfürsorge , S. 264 f. Di e i m Erste n Weltkrie g a m Beispie l de r Kriegsteilnehmer(familien ) entwickelt e »moralische Ökonomie « bezo g sic h nich t nu r au f di e FU : Scho n z u Kriegsbegin n hatt e sic h »die schwe r z u bekämpfend e Auffassun g verbreitet , da ß di e Feldzugsteilnehme r mi t ihre n Fa milien vo n jede r Mietzahlun g befrei t seien« ; Kriegsverwaltungsberich t Neukölln , S . 344. Wenn hie r de r Begrif f de r »moralische n Ökonomie « verwende t wird , s o al s vorwissenschaft liche Sammelbezeichnun g fü r i n de r Bevölkerun g verbreitet e Wahrnchmungsweise n eine r i n ihren Auge n »gerechten « Sozial - un d Wirtschaftspolitik , nich t abe r exak t i n derjenige n Be deutung, i n de r Edwar d P . Thompso n ih n eingeführ t hat . I n diese r Bedeutun g läß t e r sic h nämlich au f de n Erste n Weltkrie g nu r zu m Tei l anwenden : Zwa r handelt e e s sic h auc h 1914-1918- wie be i Thompson s Beispiele n au s dem Englan d de s 18. Jahrhunderts-um gene ralisierte un d vo n de n Behörde n bi s zu einem gewisse n Gra d geteilt e Vorstellunge n de r Bevöl kerung darüber , wa s wirtschaftlic h »gerecht « bzw . »ungerecht « war ; doc h basierte n dies e Vorstellungen i m Erste n Weltkrie g nich t au f Legitimatione n durc h Traditio n un d hatte n auc h mit de r Verallgemeinerun g de r Geldwirtschaf t nicht s zu tun, i n die Thompson de n Begrif f de r »moralischen Ökonomie « eingebunde n hat ; E . P . Thompson , Di e ›sittliche Ökonomie ‹ de r englischen Unterschichte n i m 18. Jahrhundert, in : D . Pul s (Hg.) , Wahrnehmungsforme n un d Protestverhalten. Studie n zu r Lag e de r Unterschichte n i m 18. und 19. Jahrhundert, Frankfur t 1979, S. 13-80, S. 15f . un d passim. 224 Brief vom 4. 3. 191 7 an einen Kriegsgefangene n au s Planitz: HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1979. 225 Hoffmann, Gesetz , S . 283 f., 301 f. 226 Petition de s Magistrat s vo n Lauba n vo m 18. 11 . 1914 , die Bedürftigkeitsklause l abzu schaffen: ZSt A Potsdam , Reichsministeriu m de s Inner n 12091, Bl. 27f . 227 S. ζ. Β . Preußischer Kriegsministe r 26. 10 . 191 4 an Reichsam t de s Innern ; preußische r Innenminister 4. 11 . 191 4 an dass. : ZSt A Potsdam , Reichsministeriu m de s Inner n 12089. Der Kriegsminister wa r für, der Innenministe r gege n di e Abschaffun g de r Bedürftigkeitsklausel . Auch di e Kommissio n für den Reichshaushaltseta t de s Reichstag s hatt e eine n Antra g au f Ab schaffung de r Bedürftigkeitsklause l gestellt ; ebd . 12091, Bl. 152. 228 Wex, Entwicklung, S . 16.

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Anmerkungen z u S . 181-184 229 A. Blos , Kommunal e Frauenarbei t i m Kriege , Berli n 1917, S.7 f Klage n übe r di e schlechte Behandlun g de r »Kriegerfrauen « durc h di e Behörde n ware n de n ganze n Krie g hin durch au f de r Tagesordnung ; s . z . B. Reichsam t de s Inner n 26. 7. 1918 : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo. I. Bayerisches A K Münche n 882. 230 Bezirksamt Augsbur g 19. 12. 191 6 an stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K München : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 980; s. auc h ebd. : Berich t de r Polizei direktion Münche n 28. 12. 191 6 an dass. un d Bezirksamt Vilsbibur g 23. 12 . 191 6 an dass. 231 S. z . B. K . Pribram, Zur Entwicklun g de r Lebensmittelpreis e i n de r Kriegszeit , in : Ar chiv fü r Sozialwissenschaf t un d Sozialpolitik , J g. 43, 1916/17 , S. 773-807, hier: 799 ff. 232 S. z . B. Vorstan d de s Gesamtverbande s de r christliche n Gewerkschafte n 5. 10 . 191 4 an den Stellvertrete r de s Reichskanzlers : ZSt A Potsdam , Reichsministeriu m de s Inner n 12089; Jahresbericht de r Gewerbeaufsich t 1914-1918, Bd. 1, S.411f.; Monatsbericht e vo m 3. 2. 1917, S. 10: ΒΑ/MA, RM3/4670. 233 18 . Bericht de s Berline r Polizeipräsidente n vo m 30. 11 . 1914 : ZStA Potsdam , Reichs kanzlei 2398/1, Bl. 53. 234 Vgl. 1. Krieg al s Ereignis . Gewerkschaftsvertrete r schätzte n i m Novembe r 1915 die Zahl de r Familien , di e sic h mi t de r F U besse r stande n al s vo r de m Krieg , au f 1000 bis höch stens 10000; Niederschrift übe r di e Besprechun g betr . F U vo m 11. 11. 1915 zwischen Reichs amt de s Innern , Bundesregierungen , Städtetag , Industrie - un d Gewerkschaftsvertretern : ZStA Potsdam , Reichsministeriu m de s Innern 12094, Bl. 212ff . 235 S. z . B. Regierungspräsiden t Magdebur g Septembe r 1917: ZStA Merseburg , Rep . 77, Tit. 1059, Nr. 3, Beiheft 2, Bd. 1, Bl. 183. 236 Die folgend e Darstellun g konzentrier t sic h au f di e Entwicklun g de r Ernährungsver hältnisse un d de r Lebensmittelbewirtschaftung . Si e stelle n di e wichtigste n Paramete r fü r di e Lebenssituation un d Stimmungslag e de r Bevölkerun g dar . Fü r di e andere n Basiskonsumgü ter, vo r allem Kleidun g un d Heizmittel , verlie f die Entwicklung i n der Kriegszeit seh r ähnlich : Der Verknappun g folgt e di e Bewirtschaftung , un d de r Bewirtschaftun g folgt e de r Schwarz markt. 237 G. Briefs , Artike l »Kriegswirtschaftslehre n un d Kriegswirtschaftspolitik« , in : Hand wörterbuch de r Staatswissenschaften , Bd . 5, Jena 4. Aufl. 1923, S. 984-1022, hier: 1009. 238 Einen de r seltene n Versuche , dies e Zurückhaltun g statistisc h z u belegen , mach t C . v . Tyszka, Di e Veränderun g i n de r Lebenshaltun g städtische r Familie n i m Kriege , in : Archi v fü r Sozialwissenschaft un d Sozialpolitik , Jg . 43, 1916/17 , S. 841-876, hier: 875. Ausgehend vo n dem Iniportantei l de r wichtigste n Nahrungsmitte l vo r de m Krie g un d de r bezifferbare n Kon sumeinschränkung städtische r Familie n i m Krieg , welch e höhe r ausfäll t al s de r Importrück gang, nimm t Tyszk a di e Differenz al s Beleg fü r di e ländliche Nahrungsmittelzurückhaltung . 239 Deutschland i m Ersten Weltkrieg , Bd . 1, Berlin 1971, S. 437. 240 .4 . Skalweit, Di e deutsch e Kriegsernährungswirtschaf t (Wirtschafts - un d Sozialge schichtc des Weltkriegs, dt . Serie) , Stuttgar t u . a . 1927, S. 11, 25, 235-239 . 241 Briefs, Kriegswirtschaftslehre , S . 1009. 242 S. hierzu auc h unten, S . 200f. 243 Niederschrift de r Aufklärungsbesprechun g bei m XV. AK Straßbur g a m 18. 4. 1917 : HStA/Kr, MK r 2333, S. 12-18; s. hierz u auc h P . Gra f Kielmansegg, Deutschland un d de r Erst e Weltkrieg, Frankfur t 1968, S. 172. 244 »Einleitung zu m Wirtschaftsplan « vo n Landra t vo n Braun , vo m Reichsam t de s Inner n am 16. 5. 191 5 versandt: ZSt A Merseburg , Rep . 90 a Y.IX . 5a, Nr . 1, Bd. 1, Bl. 176-183. 245 S. hierz u Kielmansegg , Deutschland , S . 173; Skalweit, Kriegsernährungswirtschaft , S. 14, und F. Aereboe , De r Einflu ß de s Kriege s au f di e landwirtschaftlich e Produktio n i n Deutschland (Wirtschafts - un d Sozialgeschicht e de s Weltkriegs , dt . Serie) , Stuttgar t u . a . 1927, S. 84-99. Im folgende n sin d einig e statistisch e Angabe n zu r Ernährungslag e de s Deut schen Reich s im Erste n Weltkrie g angeführt :

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Anmerkungen z u S . 184-18 5 Die deutschen Getreide-un d Kartoffelernte n 1913, 191 7 und 1918 1917

1913

Roggen Weizen Gerste Hafer Kartoffeln

1918

in Mio. t

in %

in Mio . t

in %

in Mio . t

in %

12,1 4,4 3,6 9,5 52,9

100 100 100 100 100

7,0 2,2 1.8 3,6 34,4

58 50 50 38 65

8,0 2,5 2,2 4,7 29,5

66 57 58 50 56

Quelle: L . Burchardt , Di e Auswirkunge n de r Kriegswirtschaf t au f di e deutsch e Zivilbevölke rung i m Erste n un d Zweite n Weltkrieg , in : MGM , 1974, S. 65-97, hier: 68.

1913 1915 1918

Rindvieh

Bestand a n Schafen

Schweinen

100 96,7 84,0

100 91,8 96,7

100 67,3 40,3

Quelle: J . Flemming , Landwirtschaftlich e Interesse n un d Demokratie . Ländlich e Gesellschaft, Agrarverbänd e un d Staa t 1890-1925, Bonn 1978, S. 85. Durchschnittliches Schlachtgewich t aller Tierarte n 1908/12 und 1917 (in kg) Tierart Ochsen, Bulle n Kühe, Jungrinder, Kälbe r Schweine Schafe

1908/12

1917

250 40 79 22

180 30 50 15

Quelle: Ebd . 246 Der Bedar f der Zivilbevölkerung setzt e sich zusamme n aus : Mio. Zentner

Selbstversorger-Tageskopfsatz vo n 1½ Pfund (a b 1. 11. 1916 , vorher 2 Pfund) 123,3 Kopfsatz de r versorgungsberechtigte n Bevölkerun g vo n j e 1 Pfund (a b 1. 11. 1916 , 175,3 vorher 1 ½ Pfund ) Schwerarbeiterzulage vo n 1 Pfund/Tag fü r 7,3 Mio. Persone n a b 1. 11. 191 6 21,3 Bedarf an Frischkartoffel n bi s 15. 12. 191 6 12,8 Bedarf fü r Lazarett e un d militärisch e Stellen , di e nich t durc h di e Militärbehörde n be 7,7 wirtschaftet werde n insgesamt 340,4 (Quelle: ZStA Merseburg , Rep. 120C VIII 1 Nr. 138, Bd. 10, Bl. 130). 247 v. Wrisberg , Heer , S . 5 f. 248 Jastrow, I m Kriegszustand , S . 76 f.; v . Maffei , Deutsch e Volkswirtschaft , S . 76 f. 249 Abgedruckt be i J astrow, I m Kriegszustand , S . 152 f. 250 W. L e Coutre , Di e Grundgedanke n de r deutsche n Preispoliti k i m Weltkrieg e 1914-1918. Berlin 1919. S. 6 f. 251 S. z u de n Panikkäufe n un d Preissteigerunge n de r erste n Kriegstag e u . a. v . Maffei , Deutsche Volkswirtschaft , S . 57 ff.

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Anmerkungen z u S . 185-188 252 So der Kassele r Oberbürgermeiste r Koc h i n seine m Vortra g au f der 4. Tagung de s Ver eins fü r Kommunalwirtschaf t un d Kommunalpolitik , abgedruck t in : Zeitschrif t fü r Kommu nalwirtschaft un d Kommunalpolitik , Jg . 6, 1916 , S. 1-6, hier: 3. Zur Nahrungsmittelbeschaf fungspolitik de r Städt e i n der erste n Kriegszei t s . Skalwei t u . Krüger , Di e Nahrungsmittelwirt schaft große r Städt e i m Krieg e (Beiträg e zu r Kriegswirtschaft, H . 7/8), Berlin 1917, S. 4-9. 253 Skalweit, Deutsch e Kriegsernährungswirtschaft , S . 117f . S . hierz u auc h di e Bericht e über di e Wirtschaftslag e i n de n erste n Kriegsmonate n au s de m Regierungsbezir k Düsseldorf ; HStA Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 15058. 254 G. Hardach , De r Erst e Weltkrie g (Geschicht e de r Weltwirtschaf t i m 20. Jahrhundert, hg. v . W . Fischer , Bd . 2), München 1973, S. 127; K.-D. Schwarz , Weltkrie g un d Revolutio n i n Nürnberg. Ei n Beitra g zu r Geschicht e de r deutsche n Arbeiterbewegung , Stuttgar t 1971, S. 117f . 255 v. Maffei, Deutsch e Volkswirtschaft , S . 81 f. 256 Oberbürgermeister Koch , s . o., Anm . 252 zu diesem Kapitel . 257 v. Maffei, Deutsch e Volkswirtschaft , S . 82. 258 Kielmansegg, Deutschland , S . 177; Skalweit, Deutsch e Kriegsernährungswirtschaft , S. 21-24. 259 S. di e Bundesratsbekanntmachunge n übe r de n Verkeh r mi t Bro t vo m 28. 10 . 191 4 die vorschreibt , Weizenbro t mi t mindesten s 10% Roggenmehl un d Roggenbro t mi t minde stens 5% Kartoffeln z u versetze n - , über da s Verfutter n vo n Brotgetreid e un d Meh l vo m 28. 10 . 191 4 - Verfüttern vo n Rogge n un d Weize n wir d verbote n - und übe r da s Ausmahle n von Brotgetreid e vo m 28. 10 . 191 4 - die vorschreibt , da s Getreid e intensive r auszumahlen ; abgedruckt be i Jastrow, I m Kriegszustand , S . 176f . 260 S. hierz u R . G . Moeller , Peasants, Politic s and Pressur e Groups in Wa r an d Inflation : A Study of th e Rhinelan d an d Westphali a 1914-1924 , Diss . Universit y o f California, Berkeley 1980, S . 165-275 ; Flemming , Landwirtschaftliche Interessen , S . 76-143; Μ. Schumacher, Lan d und Politik . Ein e Untersuchun g übe r politisch e Parteie n un d agrarisch e Interesse n 1914-1923, Düsseldorf 1978, S. 33-84. Zur innenpolitische n Interessen - un d Kräftekonstellatio n de s Deutschen Kaiserreich s i m Erste n Weltkrie g allgemei n s . H.-U . Wehler , Da s deutsch e Kaiser reich 1871-1918, Göttingen 1988 6, Kap . 8 ; J . Kocka , Klassengesellschaf t i m Krieg . Deutsch e Sozialgeschichte 1914-1918, Göttingen, 2. durchges. u . erg . Aufl . 1978, S. 96-137. 261 Preußischer Ministe r fü r Hande l un d Gewerb e 18. 10 . 191 4 an preußisch e Staatsmini ster: ZStA Potsdam , Reichskanzle i 2466, Bl. 24-29, hier: 27f. 262 Ebd. 263 Die Verfutterung vo n Brotgetreid e a n Vie h hatt e auch vor de m Krie g stattgefunden ; si e nahm jedoch 1914-1918 infolge de s Kraftfuttermangels - 1/3 des Kraftfutter s stammt e au s de m Ausland (Skalweit , Deutsch e Kriegsernährungswirtschaft , S . 13) und entfie l i m Krie g weitest gehend - ungeahnte Ausmaß e an . 264 S. o., Anm . 261 zu diesem Kapitel , Bl . 28f. 265 Niederschrift de r Sitzun g de s preußische n Staatsministerium s vo m 20. 10 . 1914 : ZStA Potsdam, Reichskanzle i 2466, Bl. 86-100, hier: 87f. 266 Ebd., Bl . 97. 267 Ebd., Bl . 95. S. hierz u auc h G . Michaelis , Fü r Staa t un d Volk . Ein e Lebensgeschichte , Berlin 1922, S. 277. 268 Le Coutre , Grundgedanken , S . 8; abgedruckt be i Jastrow , I m Kriegszustand , S . 176, 178f. 269 Hardach, De r Erste Weltkrieg , S . 126. 270 Sitzung de s preußische n Staatsministerium s vo m 25. 10 . 1915 : ZStA Merseburg , Rep . 90a Y.IX.5a, Nr . 2, Bl . 148-169, S. 27, 31. 271 S. hierz u auc h Le Coutre, Grundgedanken , S . 30ff . 272 Kriegswirtschaftliche Besprechunge n de s Regierungsbezirks Düsseldor f (Bezirksregie -

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Anmerkungen zu S. 188-191 rung, (Ober-)Bürgermeister un d Landräte ) vo m 9. und 14. 12. 1914 : HStA Düsseldorf , Re gierung Düsseldor f 14920, Bl. 102-111; Zitat: 14. 12., S. 4. Diese Deutlichkeit de s Ausdrucks scheint jedoc h de n interne n Besprechunge n vorbehalte n gebliebe n z u sein . S o konnt e de r preußische Handelsministe r noc h Mitt e Januar 1915 erklären, übe r di e Kartoffelhöchstpreis e habe sich bislang noc h niemand beschwert, »selbs t aus dem rheinisch-westfälischen Industrie revier, w o ma n übe r alle s sofor t Beschwerd e führe , seie n kein e Klage n eingelaufen« ; ZSt A Merseburg, Rep . 90a Y.IX. 5a, Nr. 2, Bl. 81-91, hier: 90. 273 S. z. B. ebd., Bl . 64-73: Sitzung des preußischen Staatsministeriums vom 4. 1. 1915. 274 Gesellschaftsvertrag de r »Kriegsgetreid e Gesellschaft mi t beschränkter Haftung«, Ber lin: ZStA Merseburg , Rep . 90a, Y.IX.Sb , Nr . 9, Bl. 47-53. Später traten einige weitere deutsche Bundesstaaten al s Gesellschafter ei n und übernahmen insgesamt 4,2 Mio. Mark des preußischen Anteils ; O . Wiedfeldt , Di e Bewirtschaftung vo n Korn, Meh l un d Bro t i m Deutsche n Reiche, ihre Entstehung und ihre Grundzüge, Berli n 1919, S. 37. 275 Maffei, Deutsch e Volkswirtschaft, S . 83f. 276 Bundesratsverordnung übe r di e Regelun g de s Verkehr s mi t Brotgetreid e un d Meh l vom 25. 1. 1915. 277 Die Reichsverteilungsstelle wa r eine Reichsbchörde, bestehen d au s 16 Bundesratsmitgliedern sowi e de n Vorsitzende n de s Deutschen Städtetags , de s Deutschen Landwirtschafts rats und des Deutschen Handelstags , de r die allgemeine Regelung de r Brotgetreidewirtschaf t - Bestimmung de s Ausmahlsatzes, Festsetzun g de r Mehl- und Brotrationen - unterstand; der Schwerpunkt ihre r Tätigkei t la g au f statistische m Gebiet ; Skalweit , Deutsch e Kriegsernäh rungswirtschaft, S . 167 f. 278 Skalweit, Deutsche Kriegsernährungswirtschaft, S . 167-170; K. Adenauer, Die neue Regelung unsere r Nahrungsmittelwirtschaft . Berli n 1915, S. 4-10 und passim; Bericht übe r die Tätigkeit de r Reichsgetreidestell e vo m 29. 3. 191 6 an Reichskanzler, verfaß t vo m Vorsitzen den de s Direktoriums , Reichskommissa r Michaelis : ZSt A Merseburg , Rep . 90 a Y . IX. 5b, Nr. 9, Bl. 177-181. 279 Sie hatte bis zu diesem Zeitpunk t run d 787 Mio. k g Rogge n un d 518 Mio. k g Weize n angekauft, davo n insgesam t 855 Mio. k g wiede r abgesetzt , 450 Mio. k g noc h auf Lager und darüber hinau s 519 Mio. k g Getreid e fü r di e Heeresverpflegun g beschafft ; Geschäftsberich t der Reichsgetreidestell e fü r da s a m 31. 7. 191 5 abgelaufene Geschäftsjahr : ZSt A Merseburg , Rep. 90a, YIX. 5b, Nr . 9, Bl. 182-191. 280 S. z u de n Kriegsgesellschafte n un d ihre m Aufba u Skalweit , Deutsch e Kriegsernäh rungswirtschaft, S . 270-276. 281 Handelskammer Kie l 30. 6. 191 7 an preußisches Ministerium fü r Handel und Gewerbe: ZStA Merseburg , Rep . 120 C VIII 1, Nr. 138, Bd. 10, Bl. 293-302; Zitat Bl. 300. Ein Verfütterungsverbot für Kartoffeln wurd e 1916 erlassen, wa r jedoch kaum zu kontrollieren; Skalweit , Deutsche Kriegsernährungswirtschaft, S . 90 f. 282 ZStA Merseburg , Rep . 120 C VIII 1, Nr. 138, Bd. 4, Bl. 117-125, 143-150 ; ebd., Bd . 6, Bl. 54 f. Ein e Hauptursache fü r diese s Kartoffelüberangebot wa r di e Zwangsschlachtung de r wichtigsten Kartoffelkonsumenten , nämlic h de r Schweine : De m behördlic h verfügte n »Schweinemord«, de r meh r Kartoffel n für die menschlich e Ernährun g verfugba r mache n sollte, fiele n zwische n Dezember 1914 und April 1915 ca. 1,6-1,7 Mio. Schwein e zum Opfer ; Skalweit, Deutsch e Kriegsernährungswirtschaft , S . 92-96. Zur weitere n Entwicklun g de r Kartoffelbewirtschaftung s . ebd. , S . 190ff., sowi e F . Arnoldi , Di e Kartoffelversorgun g i m Kriege, in : ders . u . Hansen , Di e Kartoffe l i n de r Kriegswirtschaf t (Beiträg e zu r Kriegswirt schaft, H . 2), Berlin 1916, S. 30-52. 283 H. Luther , I m Diens t de s Städtetages . Erinnerunge n au s de n Jahren 1913 bis 1923, Stuttgart 1959, S. 56. 284 Bearbeitet im ΚΕΑ. Berlin 1917. 285 Zur Vorgeschicht e de s ΚΕΑ s. a. Skalweit , Deutsch e Kriegsernährungswirtschaft ,

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Anmerkungen z u S . 191—19 3 S. 179ff. Di e Forderun g nac h eine m Lebensmitteldiktato r wurd e unison o au s alle n parteipoli tischen Richtunge n erhoben . 286 Denkschrift de s Leiter s de r Reichsgetreidestell e Michaelis , i m Mär z 1916 beim Staats sekretär de s Innern eingereicht: ZSt A Merseburg , Rep . 90 a Y.IX.Sb , Nr . 3, Bl. 2-8. 287 Ebd., Bl . 9f. , 14f. , 34f., 43-50: Innenminister 18. 4. 191 6 an Reichskanzler ; Finanzmi nister 28. 4. 1916 ; Minister fü r Hande l un d Gewerb e 9. 5. 191 6 an Reichskanzler ; Kriegsmini ster 29. 4. 191 6 an Innenminister ; ders . 5. 5. 191 6 an Reichskanzler . 288 Ebd., Bl . 11 ff.: Landwirtschaftsminister 25. 4. 1916 ; s. z u Schorleme r un d seine r Näh e zu de n agrarische n Interesse n Flemming , Landwirtschaftlich e Interessen , S . 103. 289 Ebd., Bl . 41: Reichsamt de s Inner n 3. 5. 191 6 an preußischen Innenminister . 290 Ebd., Bl . 51: Reichskanzler 11. 5. 191 6 an preußische Ministerien . 291 Ebd., Bl . 64-74: Sitzung de s preußischen Staatsministerium s vo m 18. 5. 1916 . 292 W. Groener , Lebenserinnerungen , Göttinge n 1957, Tagebucheintragung vo m 21. 5. 1916, S. 550 . 293 Ebd., S . 335. Aus de r Beteiligun g vo n Gewerkschaftler n u . a . a n de n regionale n un d Reichsgremien de r Ernährungsbewirtschaftung au f eine »Demokratisierungstendenz « un d ei n Überwiegen de s Konsumentenstandpunkt s übe r agrarisch e Interesse n z u schließen , wi e die s Gottfried Schram m tut , mute t angesicht s de r Ernährungssituatio n de s Erste n Weltkrieg s un d der notorische n Insuffizien z de r Bewirtschaftungsorganisatio n ehe r zynisc h an ; G . Schramm , Militarisierung un d Demokratisierung . Type n de r Massenintegratio n i m Erste n Weltkrieg , in : Francia, Jg. 3, 1975 , S. 476-497, hier: 485. 294 M. Stegemann-Runk , Di e Mitarbei t de r Fraue n i m Dienst e de s ΚΕΑ, in: G . Brief s u. a. , Die Hauswirtschaf t i m Krieg e (Beiträg e zu r Kriegswirtschaft , H . 25), Berlin 1917, S. 65-70; s. hierzu auc h ZSt A Potsdam , Reichsministeriu m für Ernährung un d Landwirtschaf t 30, pas sim. 295 Groener, Lebenserinnerungen , S . 335. 296 Skalweit, Deutsch e Kriegsernährungswirtschaft , S . 181-185; s. hierz u auc h Kielmans egg, Deutschland , S . 17 8 ff., und Flemming, Landwirtschaftlich e Interessen , S . 104f. 297 Groener, Lebenserinnerungen , S . 334. 298 Im Juli 1916 wies de r Vizepräsiden t de s preußische n Staatsministeriums , vo n Breiten bach, »i n Übereinstimmun g mi t de m Herr n Landwirtschaftsministe r un d de m Herr n Mini ster des Inner n darau f hin, da ß de r vo m Große n Generalsta b de m Kriegsernährungsam t zuge teilte Genera l Groene r de n Wunsc h z u habe n scheine , be i de r Tätigkei t de s Kriegsernährungs amts di e preußische n Landesbehörde n möglichs t auszuschalte n un d durc h ein e militärisch e Organisation z u ersetzen. Eine r solche n Absich t würde n abe r gewichtige Bedenke n entgegen stehen«; Sitzun g de s preußische n Staatsministerium s vo m 6. 7. 1916 : ZStA Merseburg , Rep . 90a Y.IX.Sb , Nr . 3, Bl. 9 4 ff Di e ersten Differenze n zwische n Militärführun g un d preußische r Regierung wege n militärische r Initiative n be i de r Bewirtschaftun g hatt e e s bereits 1915 gegeben; s. ebd. , Nr . 1, Bl. 1-6, 105 , 114 . 299 Generalstabschef Hindenbur g 10. 10. 191 6 an Reichskanzler : ZSt A Potsdam , Reichs kanzlei 2398/8, Bl. 147 ff. 300 Denkschrift de s Unterstaatssekretär s Michaeli s vo m 5. 2. 191 7 betr. Bewirtschaftung : ZStA Merseburg , Rep . 90 a Y.IX.5b , Nr . 4, Bl. 14-22; Zitat S . 5 f. 301 Ebd., Bl . 72-81: Sitzung de s preußische n Staatsministerium s vo m 12. 2. 1917 ; ebd., Bl. 57-65: Denkschrift de s Landwirtschaftsminister s Schorleme r vo m 11. 2. 191 7 an Vizeprä sident de s Staatsministeriums , vo n Breitenbach ; ebd. , Bl . 67: Landwirtschaftsminister Schor lemer 12. 2. 191 7 an Unterstaatssekretä r Heinrichs . S . zu r Vorgeschicht e diese r Institutio n auch Feldman , Armee , S . 230-235. 302 Skalweit, Deutsch e Kriegsernährungswirtschaft , S . 186; Preußischer Staatskommissa r für Volksernährun g 29. 12 . 191 7 an Ober - un d Regierungspräsidenten : ZSt A Merseburg , Rep. 90 a Y.IX . 5b, Nr . 6, Bl. 50 f.

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Anmerkungen z u S . 194-198 303 Feldman, Armee , S . 330. 304 S. Generalstabsche f Hindenbur g 27. 9. 191 6 an Reichskanzler : ZSt A Potsdam , Reichs kanzlei 2398/8. 305 Der Berline r Gewerbera t Schmid t 21. 2. 1917 : ZStA Merseburg , Rep. 197A, Io . Nr. 2, B1. 203f. 306 Präsident de s ΚΕΑ 29. 9. 191 6 an Reichskanzler : ZSt A Potsdam , Reichskanzle i 2398/8; preußischer Innenministe r au f de r Dienstversammlun g de r Regierungspräsidente n i n Berli n am 11. 10. 1916 : HStA Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 14920, Bl. 268. 307 Kabinetts-Ordre vo m 23. 8. 1917 : ZStA Potsdam , Reichskanzle i 2398/11, Bl. 2. 308 Monatsberichte vo m 3. 12 . 1916 , S. 39: ΒΑ/MA, RM3/4670. 309 Ebd.: dies, vo m 3. 1 . 1917 , S. 30. 310 Ebd. 311 Monatsberichte vo m 3. 2 . 1917 , S. 10: ΒΑ/MA, RM3/4670; dies , vo m 3. 3. 1918 , S. 18: ΒΑ/MA, RM3/7794; Regierungspräsiden t Lünebur g 18. 1 . 1917 : ZStA Merseburg , Rep . 197A, Io , Nr . 1 , Bd. 2 , B1 . 85. 312 Preußisches Kriegsministeriu m 29. 1 . 191 7 an Kriegsamtsstelle n mi t Anlage : Präsiden t des ΚΕΑ 28. 1 . 191 7 an Bundesregierungen: ΒΑ/MA, RM31/1003. 313 Monatsberichte vo m 3. 3. 1917 , S. 12: ΒΑ/MA, RM3/4670. 314 Skalweit, Deutsch e Kriegsernährungswirtschaft , S . 207. Die vo m ΚΕΑ herausgege­ bene Liste der Schwerstarbeitertätigkeite n is t abgedruckt ebd. , S. 233 f. 315 F. A. Schilling-Voß , Di e Sonderernährun g de r Rüstungsarbeiter i m Rahme n de r Kriegs wirtschaft 1914—1918. Ein Beitra g zu r deutsche n Arbeiterfrag e (Schrifte n zu r kriegswirt schaftlichen Forschun g un d Schulung) , Hambur g o . J. (1943), S. 32f.; Niederschrif t de r 1. Sitzung de s Oberausschusse s für die Ernährung de r Rüstungsarbeite r vo m 2. 8. 1917 : StA Ham burg, Kriegsversorgungsam t II a 42, S. 2. 316 Monatsberichte vo m 3. 7. 1917 , S. 19: ΒΑ/MA, RM3/4670. 317 S. hierz u auc h Kriegswirtschaftlich e Besprechunge n de r Regierunge n de r Rheinpro ­ vinz un d Westfalens , Hauptausschußsitzun g vo m 10. 9. 1917 : HStA Düsseldorf , Regierun g Düsseldorf 14916, Bl. 265; Bezirksamt Berchtesgade n 2. 5. 191 7 an Regierun g Oberbayern : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1953. 318 Monatsberichte vo m 3. 4 . 1917 , S. 17: ΒΑ/MA, RM3/4670. 319 Aufzeichnung übe r di e 50. Sitzung de s Beirat s für Volksernährung a m 8. 2 . 191 8 im Reichsamt de s Innern: ZStA Potsdam , Reichsministeriu m de s Innern 10144, Bl. 68. 320 Monatsberichte vo m 3. 7. 1917 , S. 19: ΒΑ/MA, RM3/4670. 321 Ebd.: dies. , S . 19, 81; dies, vo m 3. 4. 1917 , S. 16. Um die s z u verhindern , plädiert e di e Militärverwaltung für die Einrichtun g vo n Fabrikküchen ; ebd. , dies , vo m 3. 4. 1917 , S. 51. 322 Ebd.: dies, vo m 3. 4 . 1917 , S. 51; dies, vo m 3. 7. 1917 , S. 19. 323 Landrat Junghann , Leite r de r Reichskartoffelstelle , 22. 2. 191 8 vor de m Beira t für Volksernährung: ZSt A Potsdam , Reichsministeriu m de s Inner n 10144, Bl. 126; s. a. ebd. , Bl. 156 ff.: Niederschrift übe r di e sechst e Beratun g mi t de n Vertreter n de r Landes- , Provinz und Bezirkspreisstelle n a m 15. 12. 1917 , S. 10-13, 27f, 33; Monatsberichte vo m 3. 5. 1918 , S. 15 : BA/MA, RM3/7795 . 324 S. z . B. Kriegsverwaltungsberich t Neuköllns , S . 356. 325 Stellvertretender Generalsta b de r Armee 29. 1 . 191 8 an preußisches Kriegsministerium : ZStA Potsdam , Reichskanzle i 548, Bl. 144. S. hierz u auc h di e Klage n de r Gewerkschafte n über di e Bevorzugun g de r »gelben« , d . h. de r wirtschaftsfriedliche n Werkvereine , be i de r werksinternen Nahrungsmittelversorgun g beispielsweis e in : Materia l zu r Lag e de r Bergarbei ter währen d de s Weltkriegs , hg . v . Vorstan d de s Verbande s de r Bergarbeite r Deutschlands . O. O . o . J. (ca . 1919), S. 159, 166 . 326 HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1373.

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Anmerkungen zu S . 198-201 327 S. ζ. B. Kriegswirtschaftlich e Besprechun g de r Regierunge n de r Rheinprovin z un d Westfalens vo m 18. 1 . 1917 : HStA Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 14916. 328 S. hierz u Preußische r Staatskommissa r fü r Volksernäh rung 13 . 2. 191 8 an Regierungs präsidenten: HSt A Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 15073. 329 Niederschrift de r vertrauliche n Besprechun g i m Staatsministeriu m vo m 4. 2. 1918 : ZStA Potsdam , Reichskanzle i 548, Bl. 122ff. 330 Dezernentenbesprechung de r Regierunge n Aachen , Köln , Koblen z un d Trie r vo m 18. 4. 1918 : HStA Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 14917, Bl. 89, sowie Ε. Η . Tobin, Wa r and th e Workin g Class : The Cas e of Düsseldorf 1914-1918, in : CEH, Jg. 18 , 1985 , S . 257-298 , hier: 287 f. 331 Regierungspräsident Arnsber g 26. 4. 191 8 im Monatsberich t de r Oberpräsidenten : ZStA Merseburg , Rep . 77, Tit. 1059, Nr. 3, Beiheft 2, Bd. 3, Bl. 65. Die Monatsbericht e de r Oberpräsidenten ware n da s Äquivalen t de r preußische n Zivilverwaltun g fü r di e Monatsbe richte de r stellvertretende n Generalkommandos : Di e Oberpräsidentenbericht e enthalte n da s Material de r Zivilbehörden , da s fü r di e Zwecke de r militärische n Monatsbericht e zusammen gestellt worde n wa r un d a n den preußische n Innenministe r ging ; ebd. , Bl. 1. 332 Protokoll de r Sitzun g de s Vorstands des ΚΕΑ vom 11. 7. 1918 : ZStA Potsdam , Reichs ­ ministerium de s Innern 10145, Bl. 430. 333 Bericht de r Gewerbeaufsich t de s Regierungsbezirk s Münste r 1914-1918, in: Jahresberichte de r Gewerbeaufsich t 1914-1918, Bd. 1, S. 745; s. a. Monatsbericht e vo m 3. 5 . 1918 , S. 63, und dies, vo m 3. 4, 1918 , S. 17: ΒΑ/MA, RM3/7795. 334 Monatsberichte vo m 3. 5. 1918 , S. 15-18, und dies , vo m 3. 3. 1918 , S. 15: BA/MA,

RM3/7795.

335 Monatsberichte vo m 3. 4 . 1918 , S. 15: BA/MA, RM3/7794 ; s . a. ebd. , S . 14, 16f. 336 Von de r Zentralstell e getätigt e Käuf e fü r da s Hee r bi s zum 31. 8. 1917 : ZStA Potsdam , Zentralstelle zu r Beschaffung de r Heeresverpflegung 40, Bl. 62. 337 Hier un d im folgende n nach : ZStA Potsdam , Zentralstell e zu r Beschaffun g de r Heeres verpflegung 13: Bericht de r Zentralstell e zu r Beschaffun g de r Heeresverpflegun g fü r di e Zei t bis zu m 30. April 1916, und Denkschrif t übe r da s Lieferungswese n sei t Begin n de s Kriege s (Preußisches Kriegsministerium . Berlin , Mär z 1915): ZStA Potsdam , Reichskanzle i 2398/2, B1. 93 ff. 338 191 6 wurde de r Viehhande l zwangskartellisiert . A n Viehhändler , di e bereit s vo r de m Krieg diese m Beru f nachgegangen ware n un d eine n gute n Leumun d hatten , wurde n Konzes sionen vergeben . Di e s o Konzessionierte n bildete n au f Provinzeben e organisiert e Viehhan delsverbände, di e i . d. R . eine n höhere n Staatsbeamte n a n de r Spitz e un d i m Vorstan d zu r Hälfte Viehhändler , zu r Hälft e Landwirt e hatten ; Skalweit , Deutsch e Kriegsernährungswirt schaft, S . 103. 339 Krüger u. Tenius , Di e Massenspeisunge n (Beiträg e zu r Kriegswirtschaft , H . 14), Berlin 1917, S. 9; Skalweit, Deutsch e Kriegsernährungswirtschaft , S . 47. Der täglich e Fleischver brauch vo n Heeresangehörige n vergliche n mi t übe r di e Rationierun g versorgte n Ziviliste n gestaltete sich im Krie g folgendermaße n (pr o Kopf und i n Gramm): 1914 1915 1916 1917 1918

Heeresangehörige

Versorgungsberechtigte

285 132 160 145 127

145 135 65 48 28

(R. Berthold , Zu r Entwicklun g de r deutschen Agrarproduktio n un d de r Ernährungswirtschaf t zwischen 1907 und 1925, in: JbWG, 1974, T. 4, S. 83-111, hier: 109, zit. nac h Flemming , Land wirtschaftliche Interessen , S . 87.) S. hierz u auc h Aufzeichnun g de r Sitzun g de s parlamentari -

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Anmerkungen z u S . 201-204 schen Beirat s für Volksernährung vo m 20. 9. 1918 : ZStA Potsdam , Reichsministeriu m de s In nern 10146, Bl. 158; Monatsberichte vo m 3. 1 . 1917: ΒΑ/MA, RM3/4670, S . 26, und vom 3. 3. 1917, S. 35; Sichler u. Tiburtius , Di e Arbeiterfrage, ein e Kernfrag e de s Weltkrieges. Ei n Beitra g zur Erklärun g de s Kriegsausgangs, Berli n o . J. (1925), S. 24f . 340 S, z . B. HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1723, passim . 341 Erlaß Hindenburg s zu r Ernährungslag e vo m 23. 3. 1917 , abgedruckt in : Ursache n un d Folgen. Vo m deutsche n Zusammenbruc h 1918 und 1945 bis zu r staatliche n Neuordnun g Deutschlands i n de r Gegenwart . Ein e Urkunden - un d Dokumentensammlun g zu r Zeitge schichte, hg . v . H . Michaeli s u. a., Bd . 1, Berlin o . J ., S . 194. 342 Niederschrift de r Besprechun g i n de r Reichsfleischstell e vo m 6. 6. 1917 : ZStA Pots dam, Zentralstell e für die Beschaffung vo n Heeresverpflegun g 40, Bl. 234 ff. 343 Aufzeichnung übe r di e 50. Sitzung de s Beirat s für Volksernährung a m 8. 2. 191 8 im Reichsamt de s Innern: ZSt A Potsdam , Reichsministeriu m de s Inner n 10144, Bl. 68. 344 Monatsberichte vo m 3. 10 . 1916 , S. 24: ΒΑ/MA, RM3/4670. 345 Krüger u. Tenius , Massenspeisungen, S . 3ff . 346 Am 5. 12 . 191 7 gab e s i m Deutsche n Reic h insgesam t 576 Gemeinden mi t 10000 und mehr Einwohnern ; Hauptergebniss e de r Volkszählun g i m Deutsche n Reic h a m 5. 12 . 1917 , bearb. i n der Volkswirtschaftliche n Abteilun g de s Kriegsernährungsamts , Berli n 1918, S. 78. 347 Die übrige n beantwortete n di e Umfrag e nicht ; Krüge r u . Tenius , Massenspeisungen , S. 32 f. 348 Ebd., S . 33-36. 349 Ebd., S . 12. 350 Richtlinien de s ΚΕΑ für di e Förderun g de r Volksspeisun g vo m 6. 12 . 1916 , abgedruckt in: M . Gasteiger , Di e städtisch e Volksspeisun g i n München . Ei n Kriegsberich t vo n de r Hei matfront, Münche n 1918, S. 16f . 351 »Der Krieg . . . hat de m Gedanke n de r gemeinsame n Speisun g wiede r neue n Unter grund gegeben , de r sic h jetz t zu r Forderun g de r Zwangsmassenspeisun g entwickelte . Di e Aussicht, da s ganz e deutsch e Vol k gleichsa m au s eine m Topf e esse n z u sehen , hatt e für manche Leut e etwa s s o Bestechendes , da ß si e begeistert e Vertrete r diese r Ide e wurde n un d glaub ten, de r vaterländische n Begeisterun g wi e de r innere n Geschlossenhei t de s deutsche n Volke s zur restlose n Gemeinschaftsarbei t dami t eine n große n Diens t z u erweisen« ; ebd. , S . 13; s. hierzu auc h Skalweit , Deutsch e Kriegsernährungswirtschaft , S . 43—48; Krüger u . Tenius , Mas senspeisungen, S . 5-10. 352 Niederschrift übe r di e Dienstversammlun g de r Regierungspräsidente n i n Berli n a m 11. 10 . 1916 : HStA Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 14920, Bl. 273. 353 Krüger u. Tenius , Massenspeisungen, S . 6. 354 Monatsberichte vo m 3. 1 . 1917 , S. 29: ΒΑ/MA, RM3/4670. 355 Skalweit, Deutsch e Kriegsernährungswirtschaft , S . 45. 356 Krüger u. Tenius , Massenspeisungen, S . 57; Gasteiger, Städtisch e Volksspeisung , S . 75ff. 357 S. Monatsbericht e vo m 3. 12 . 1916 , S.37f., vo m 3. 1 . 1917 , S. 28, vom 3. 9. 1917 , S. 70: ΒΑ/MA, RM3/4670, un d Monatsbericht e passim. 358 Λ. von Harnack, De r Krie g un d di e Frauen , Berli n 1915, S. 8f. S . hierz u auc h Monats ­ berichte vo m 3. 1 . 1917 , S. 29: ΒΑ/MA, RM3/4670. 359 Zur Einstellun g de r Fraue n de r Nahrungsmittelbewirtschaftun g gegenübe r s . u. , S. 215-232. 360 Monatsberichte vo m 3. 1 . 1917 , S. 29: ΒΑ/MA, RM3/4670. 361 HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1947 (Hervorh. i . Original) . 362 Krüger u. Tenius , Massenspeisungen, S . 36-41, und Monatsberichte , passim. 363 Monatsberichte vo m 3. 1 . 1917 , S. 28f.; die s vo m 3. 5. 1917 , S. 52; dies, vo m 3. 6 . 1917, S. 63: ΒΑ/MA, RM3/4670; s . a. Polizeidirektio n Münche n 5. 12 . 191 6 an Regierun g Oberbayern: HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1948.

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Anmerkungen z u S , 204-210 364 I. v. Blanquet , Di e Kriegsernährungswirtschaf t de r Stad t Kasse l un d ihr e Lehre n fü r di e öffentliche Lebensmittelversorgung , Diss. Köln 1923, S. 25. 365 Gasteiger, Städtisch e Volksspeisung , S . 11. 366 Ebd. 367 Skalweit, Deutsch e Kriegsernährungswirtschaft , S . 48. 368 Ebd.. S . 51. 369 Monatsberichte vo m 3. 7. 1917 , S. 81: Zusammensetzun g de s Besucherkreise s de r Karlsruher Massenspeisun g vo m 7.-12. Mai 1917: ΒΑ/MA, RM3/4670, sowi e Gasteiger , Städ tische Volksspeisung, S . 79: Besucher de r größten Münchene r Volksküch e a m 18. 11. 1916. 370 Gasteiger, Städtisch e Volksspeisung , S . 78, schätzt di e Abhole r au f 2/3 der Münchene r Kriegsküchenbesucher. 371 Sitzungsbericht vo m 14. 10 . 1918 : Sitzung de s Regierungspräsidente n i n Düsseldor f mit de n (Ober-)Bürgermeister n un d Landräten : ZSt A Merseburg , Rep . 77, Tit. 332r , Nr . 123, Bl. 120, sowie H . Fürth , Di e Zentralküch e al s Kriegseinrichtung , in : Archi v fü r Sozialwissen schaft un d Sozialpolitik , Jg. 41, 1916, S. 466-474, hier: 470. 372 S. z u de n innenpolitische n Rahmenbedingunge n i m Erste n Weltkrie g di e obe n i n Anm. 260 dieses Kapitel s genannt e Literatur . 373 S. hierz u un d zu m folgende n Skatweit , Deutsch e Kriegsernährungswirtschaft , S. 115-145 . 374 Monatsberichte vo m 3. 11 . 1916, S. 25: ΒΑ/MA, RM3/4670. 375 Ullrich, Kriegsalltag , S . 40. 376 Monatsberichte vo m 3. 11 . 1916, S. 23: ΒΑ/MA, RM3/4670. Zu m Proble m des Ketten ­ handels i m Krie g s . auc h Hirsc h u , Falck , De r Kettenhande l al s Kriegserscheinun g (Beiträg e zur Kriegswirtschaft , H . 3), Berlin 1916. 377 Liste der Mitgliede r be i Skalweit , Deutsch e Kriegsernährungswirtschaft , S . 132. 378 Bei eine m Versuch , di e Steigerun g de r Ernährungskoste n unte r Einbeziehun g de r Schwarzmarktpreise z u berechnen , komm t Malich , Mär z 1914 = 10 0 gesetzt, au f einen Inde x von 131 im Mär z 1915, 19 9 im Mär z 1916, 33 7 im Mär z 1917 und 572 im Mär z 1918; U. Malich, Zu r Entwicklun g de s Reallohn s i m Erste n Weltkrieg , in : JbWG, 1980, T. 2, S. 55-70, hier: 65. 379 S. zu m folgende n C . v . Tyszka , Di e Veränderunge n i n de r Lebenshaltun g städtische r Familien i m Kriege , in : Archi v fü r Sozialwissenschaf t un d Sozialpolitik , 43, 1916/17 , S. 841-876, und W . Zimmermann, Di e Veränderunge n de r Einkommens-un d Lebensverhältniss e der deutschen Arbeite r durc h de n Krieg , in : R . Meerwart h u . a., Einwirkung , S . 281-474. 380 Für die Erhebungen wurde n ausgewerte t Haushaltsrechnunge n au s Familie n höherer Beamte r mittlerer Beamte r niederer Beamte r von Angestellte n von Arbeiter n von Angehörige n freie r Beruf e un d Rentner n von »Kriegerfrauen « ohne nähere Zuordnun g

April 1916

April 1917

April 1918

48 114 63 166 183 22 31 231

9 81 31 81 100 29 11

4 61 20 32 118 14

-

-

(Zimmermann, Veränderungen , S . 434.) 381 Quelle: v. Tyszka , Veränderungen , S . 863; Zimmermann, Veränderungen , S . 448f. Di e Differenz z u den obe n genannte n Zahle n de r Ausgabe n vo n Arbeiterhaushalte n für Ernährung im Krie g ergib t sic h daraus , da ß i n Tabell e 33 die Ausgabe n fü r Außerhaus-Verzeh r nich t mi t aufgeführt sind .

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Anmerkungen z u S . 210-214 382 Die englisch e Ehefra u de s Fürsten Blücher , di e bei Kriegsbegin n mi t ihre m Man n nac h Deutschland gegange n un d länger e Zei t i n eine m Berline r Hote l untergebrach t war , notiert e in ihrem Tagebuc h a m 14. 3. 1916 : »Ich mußt e da s Bet t hüten , wei l ic h Influenz a hatte , wi e di e Leute sagen ; ic h bi n geneigt , dafü r de n Ausdruc k ›Ersatz-Krankheit ‹ z u gebrauchen . Jeder mann fühl t sic h wege n de r viele n chemische n Präparat e i n der Hotelkost leidend . Deutschlan d wird woh l niemal s ausgehunger t werde n können , doc h vollständi g vergifte t durc h Surro gate«; E . Fürsti n Blücher von Wahlstatt , Tagebuch , Münche n 1924, S. 137. 383 OHL/Oberzensurstelle de s Kriegspresseamt s 27. 12 . 1915 : HStA Düsseldorf , Regie rune Düsseldor f 14948. 384 Hervorh. i . Original ; Brie f eine r Mannheimeri n vo m 14. 3. 1917 : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo. I. Bayerisches A K Münche n 1979. S. z u de n Klage n übe r Wuche r auc h Monatsbe richte, passim. 385 50 . Stimmungsbericht de s Berline r Polizeipräsidente n vo m 18. 10. 1915 : ZStA Pots dam, Reichskanzle i 2398/4, Bl. 153. 386 Zur entscheidende n Rolle , di e da s Erlebni s ungleiche r un d al s ungerecht empfundene r Strukturen de r Kriegsgesellschaf t be i de r Entstehun g soziale n Protest s 1914—1918 spielte, s. u., Kapitel4 . 387 Zentralstelle für Lebensmittelversorgung de r Truppenteil e de s Garnisons-Standort s Augsburg 21.9. 191 7 an Garnisons-Kommand o Augsburg : HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1957. 388 Vertrauensmann Münche n 31. 8. 1918 : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K München 1980. S. hierz u auc h Monatsberich t de s Pressereferat s de s bayerische n Kriegsmini steriums fü r Oktobe r 1917, S. 2: HStA/Kr, MK r 12845. 389 Damit brachte n si e auc h di e Kommune n gege n sic h auf ; s . u . a . Monatsberich t de s stellv. Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n fü r Februa r 1917, S. 16: HStA/Kr, MK r 12843. 390 Niederschrift übe r Besprechun g i m bayerische n Innenministeriu m betr . Aufklärun g vom 3. 11 . 1917, S. 19: HStA München , ΜInn 66329 . 391 F. W . Bach , Untersuchunge n übe r di e Lebensmittelrationierun g i m Kriege , Münche n o. J. (1919), S. 110. 392 S. hierz u un d zu m folgende n Skalweit , Deutsch e Kriegsernährungswirtschaft , S. 146-224 . 393 S. zu r Nahrungsmittelversorgungspoliti k de r Städt e auc h Skalwei t u . Krüger , Nah rungsmittelwirtschaft, passim. 394 Bezirksamt Memminge n 28. 10 . 191 6 an stellv. Gen.kdo . I. Bayerisches A K München : Monatsbericht übe r Volksstimmun g un d Ernährung : HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches AK Münche n 1946. 395 S. hierz u di e seh r informative n Kriegsverwaltungsbericht e einzelne r Städte , z . Β . Kriegsverwaltungsbericht Neukölln , passim, und Berich t übe r di e Verwaltun g de r Stad t Gel senkirchen, passim. 396 Bezirksamt Rottenbur g 24. 10 . 191 6 an stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K München : Monatsbericht übe r Volksstimmun g un d Ernährung : HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches AK Münche n 1946. 397 Die wundersam e Vermehrun g de r verbrauchende n übe r di e existierend e kommunal e Bevölkerung erga b sic h au s de r Tatsache , da ß zwa r jeder Einwohne r ei n Eigeninteress e hatte , sich a n seine m jeweiligen Wohnor t anzumelde n - dies wa r Voraussetzun g für den Erhal t de r Lebensmittelkarte - , nicht abe r daran , sic h be i seine m Wegzu g abzumelden . Wi e sic h be i de r Volkszählung vo m 1. 12. 191 6 ergab, überstie g i m ganze n Deutsche n Reic h di e Zah l de r Zu züge di e de r Wegzüg e u m mehrer e Millionen . Daraufhi n verfugt e de r Präsiden t de s ΚΕΑ im Mai 1917, daß de n Lebensmittelzuteilunge n a n di e Kommuna l verbände di e Fortschreibun g der Volkszählun g zugrund e z u lege n sei . Di e Ergebniss e de r Fortschreibunge n bi s End e Fe bruar 1918 zeigten jedoc h wiederu m - mit Ausnahm e de r beide n Fürstentüme r Reuß , w o

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Anmerkungen z u S . 214-217 mehr Leut e weg - al s zuzoge n - ein reichsweite s Übersol l de r Zu - übe r di e Abwanderungen , diesmal allei n i n eine m Vierteljah r u m übe r 400000; ZStA Potsdam , Reichsministeriu m de s Innern 10146, Bl. 50fY. : ΚΕΑ 20. 8. 191 8 an Bundesregierungen . S . hierz u auc h Kriegsverwal ­ tungsbericht Neukölln , S . 1 f. 398 Die Schwarzmarktkäuf e de r Kommune n wurde n zu m öffentliche n Eklat , al s der »Vor wärts« i m Dezembe r 1917 eine Denkschrif t veröffentlichte , di e de r Magistra t vo n Neuköll n am 3. 12 . 191 7 an de n Präsiden t de s ΚΕΑ, von Waldow , gerichte t hatt e un d i n de r e r sic h fü r seine Mißachtun g vo n Bewirtschaftungsgesetzen , wege n de r ei n Strafverfahre n gege n ih n an hängig gemach t worde n war , rechtfertigte . Dies e Denkschrif t enthiel t ausführlich e Beschrei bungen de r Notsituation , i n di e di e Verwaltun g Neuköllns , nachde m »da s Wirtschaftssyste m der Reichsstelle n für Lebensmittelversorgung vollkomme n versag t hat« , gerate n sei , sowi e der umfangreiche n Angebote , di e ih r vo n Schwarzmarkthändler n für jedes beliebig e bewirt schaftete Produk t gemach t worde n wären . I m Interess e der Neuköllne r Bevölkerun g hab e der Magistrat dies e Angebot e wahrgenomme n un d se i „gewillt . . ., dieses Zie l [de r Versorgun g der Bevölkerung , U . D. ] au f de n scho n beschrittene n illegale n Wege n angesicht s de r straf rechtlichen Verantwortun g auc h weite r z u verfolgen , wen n da s Kriegsernährungsam t nich t baldigst Abhilf e schafft , un d zwa r auc h dann , wen n de r wirtschaftlich e Rui n de r Stad t durc h die Zahlun g de r Wucherpreise , di e si e ihre r minderbemittelte n Bevölkerun g nich t auferlege n kann, herbeigeführ t werde n sollte« . Di e Veröffentlichun g de r Neuköllne r Denkschrif t er folgte i m »Vorwärts « vo m 16. 12. 1917 ; ihr Inhal t is t z . T. wiedergegebe n i n Skalweit , Deut sche Kriegsernährungswirtschaft , S . 221 ff., un d Kriegsverwaltungsberich t Neukölln , S. 357f. - hierau s auc h das Zitat . 399 O. Most , Artike l »Kriegsfürsorge« , in : Handwörterbuc h de r Kommunalwissenschaf ten, hg . v . J . Bri x u . a. , Bd . 3. Jena 1924, S. 169-184, hier: 170. 400 Herzogl. Braunschweigisch-Lüneburgische s Staatsministeriu m 17. 5. 191 6 an preußi sches Kriegsamt: Anlag e 5 zum Monatsberich t fü r Ma i 1916: ΒΑ/MA, RM3/4670. 401 Ebd.: Kommandeu r de r Festun g Main z im Monatsberich t vo m 3. 8. 1917 , S. 6. 402 Brief eine r Augsburgeri n vo m 19. 3. 1917 : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches AK Münche n 1979. 403 S. hierz u di e Analys e de s Zusammenbruchs de r Geldwirtschaft be i E . Lederer , Di e öko nomische Umschichtun g i m Kriege , in : Archi v für Sozialwissenschaft un d Sozialpolitik , Jg. 45, 1918/19 , S. 1-39, 430-463 , bes. 9-13. Der Ausdruc k »Zusammenbruc h de r Geldwirt schaft« implizier t nicht , da ß i m Erste n Weltkrie g ei n vollständige r Rückfal l i n naturalwirt schaftliche Verkehrsforme n stattgefunde n habe : Di e Geldwirtschaf t existierte , wen n auc h i n eingeschränkter Form , weiter ; s . hierz u A . Dopsch, Naturalwirtschaf t un d Geldwirtschaf t i n der Weltgeschichte , Wie n 1930, Ndr. Aale n 1968, S. 251 f. Zusammengebroche n wa r jedoc h die Funktio n eine r »normalen « Gel d Wirtschaft, de n Austausc h vo n War e gege n Gel d al s Re gelfall de r Zirkulatio n aufrech t z u erhalten . 404 Zum Konzep t de r Subsistenzarbei t s . Jacobi u . Nieß , Hausfrauen , Bauern , Marginali sierte. Überlebensproduktio n i n »Dritter « un d »Erste r Welt « (Bielefelde r Studie n zu r Ent wicklungssoziologie, Bd . 10), Saarbrücken/Fort Lauderdale 1980 , S. 100ff. un d passim. 405 G. Briefs , Entwicklun g un d Verfassun g de r Hauswirtschaf t innerhal b de r Volkswirt schaft, in : ders . u.a. , Hauswirtschaf t i m Kriege , S . 1-38, hier: 30; M. Voß-Zietz , Praktisch e Hauswirtschaft i m Kriege , in : ebd., S . 39-64, hier: 61. 406 S. hierz u auc h »Di e Ziegenhaltun g i n Preuße n 1913 bis 1916« und »Kaninchenzuch t i n Preußen währen d de r Kriegszeit« , beide s in : Zeitschrif t de s Preußische n Statistische n Landes amts, Jg. 58, 1918 , S. 26* ff. 407 S. hierz u auc h Monatsberich t de r Kriegsamtsstell e Saarbrücke n vo m 3. 4. 1917 : BA/ MA, P H 2/72, und Jahresbericht de r preußische n Gewerbeaufsich t 1914-1918, in: Jahresberichte der Gewerbeaufsicht 1914-1918, Bd. 1, S. 167. 408 Monatsberichte vo m 3. 7 . 1917 , S. 3: ΒΑ/MA, RM3/4670.

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Anmerkungen z u 5. 217-21 9 409 Stellv. Gen.kdo . VIII. AK Koblen z 7. 2. 191 7 an Handelskammer n un d industriell e Vereinigungen: HSt A Düsseldorf , Regierun g Aache n 8067. 410 Monatsberichte vo m 3. 2 . 1917 , S. 16: ΒΑ/MA, RM3/4670. 411 Ebd.: Monatsbericht e vo m 3. 5 . 1917 , S. 28. 412 Niederschrift übe r di e Dienstversammlun g de r Regierungspräsidente n i n Berli n a m 11. 10 . 1916 : HStA Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 14920, B1. 283f. Di e einzige ander e Be völkerungsgruppe, di e ein e Zuteilun g eine s gruppenspezifische n Konsumgut s au s Stim mungsrücksichten erhielt , wa r di e bayerisch e Bevölkerung : Si e erhiel t ei n höhere s Bierkon tingent; Skalweit , Deutsch e Kriegsernährungswirtschaft , S . 80. 413 Berliner Tageblat t Nr . 256 vom 19. 5. 1916 , zit. nac h Skalweit , Deutsch e Kriegsernäh rungswirtschaft, S . 200ff . 414 Vor de m Bayerische n Städteta g kommentiert e de r Nürnberge r Oberbürgermeiste r Geßler 1917 die Qualitä t de s Kriegsmehls, inde m er feststellte , da ß ma n e s mitunter »mi t de m Pickel bearbeite n müsse« ; Schwarz , Weltkrieg , S . 157. Zur Qualitä t de s Brote s spätesten s sei t Festsetzung de r Ausmahlun g de s Brotgetreide s au f 94% bemerkte Skalweit , »da ß diese s Bro t für Mensche n mi t empfindliche n Verdauungsorgane n schwe r z u vertrage n war . D a inde s di e Rationen höchs t bescheide n zugemesse n waren , s o habe n sic h nich t allz u vie l Leut e dara n de n Magen verdorben« ; Skalweit , Deutsch e Kriegsernährungswirtschaft, S . 35. 415 v. Blanquet , Kriegsernährungswirtschaft , S . 63f Große s Mißtraue n ga b e s u . a . gege n Gefrierfleisch, da s vor dem Krie g nu r selten a n Endverbraucher verkauf t worde n war . 416 Monatsberichte vo m 3. 4. 1917 , S. 44: ΒΑ/MA, RM3/4670. 417 Kriegswirtschaftliche Besprechunge n de r Regierungspräsidente n de r Rheinprovin z und Westfalen s vo m 28. 11 . 191 7 und vo m 17. 12. 1917 : HStA Düsseldorf , Regierun g Düssel dorf 14916, B1. 384, 392; dass. vo m 3 1 . 1 . 1918 : HStA Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 14917, B1. 22; Monatsbericht e vo m 3. 1 . 1918 , S. 58, vom 3. 2. 1918 , S. 40, und vo m 3. 3. 1918, S. 38: ΒΑ/MA, RM3/7794. 418 Monatsberichte vo m 3. 1 . 1918 , S. 58: ΒΑ/MA, RM3/7794; Aufzeichnun g übe r di e 50. Sitzung de s Beirat s fü r Volksernährun g vo m 8. 2. 1918 : ZStA Potsdam , Reichsministe rium de s Innern 10144, Bl. 126. 419 Monatsberichte fü r Augus t 1916, S. 12: ΒΑ/MA, RM3/4670. 420 Monatsbericht de s bayerische n Kriegsministeriums/Presserefera t fü r Dezembe r 1916: HStA/Kr, MK r 12843, S. 23, und fü r Februa r 1917, S. 18; v. Blanquet , Kriegsernährungswirt schaft, S . 45. Solche Beschlagnahmeaktione n wurde n u . a. i n Münche n un d Nürnber g durch geführt. 421 S. z . B . Kall e u . Kamp , Di e hauswirtschaftlich e Unterweisun g arme r Mädchen , Wies baden 1889, S. III. Vgl. hierz u G . Tornitporth , Studie n zu r Frauenbildung , Weinheim/Base l 1979, S. 85-174. 422 S. z . B. Monatsbericht e vo m 3. 8. 1917 , S. 7, 63: ΒΑ/MA, RM3/4670; Regierungspräsi dent Düsseldor f 17. 5. 191 6 an (Ober-)Bürgermeiste r un d Landräte : HSt A Düsseldorf , Regie rung Düsseldor f 33094; v. Harnack , Krieg , S . 15f. Vertreterinne n de r bürgerliche n Frauenbe wegung, de r di e Vermittlun g hauswirtschaftliche r un d volkswirtschaftliche r Kenntniss e a n die Arbeiterfraue n bereit s vo r 1914 ein wichtige s Anliege n gewese n war , kommentierte n di e Klagen übe r di e mangelnd e hauswirtschaftlich e Qualifikatio n de r Hausfraue n mi t eine r ge wissen Süffisanz : »Di e Vermittlun g technische n Können s un d verstandesmäßige r Einsich t i n die Breit e un d Tief e de r Aufgabe n de r Fra u i n Haus , Famili e un d Volksgemeinschaf t wa r [i n der Vorkriegszeit , U . D. ] trot z aller Mahnunge n i m allgemeine n de m Zufal l un d de r persönli chen Entscheidun g jede r einzelne n Fra u überlasse n worden . Di e Anwendun g de r billige n Re densart: ›We m Got t ei n Am t gibt , de m gib t e r auch de n Verstand ‹ au f die Erziehun g un d Aus bildung de r Fraue n sollt e sic h jetzt bitte r rächen . Wa s all e sozia l Arbeitende n tausendma l i m menschlichen Lebe n de r Witwe n erfahre n hatten , di e Forderun g a n sie , plötzlic h unvorberei tet, ungeschult , Vate r un d Mutter , Verdiene r un d Erziehe r zugleic h sei n z u sollen , si e stan d

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Anmerkungen z u S . 219-220 heute vo r Millione n deutsche r Fraue n alle r Klasse n un d Stände : wiß t alles , könn t alles , tu t alles!«; Lüders , Heer , S . 24. 423 Eine Folg e diese r verstärkte n öffentliche n Aufmerksamkei t wa r immerhin, da ß das Be wußtsein vo n de n enge n Zusammenhänge n zwische n Einzelhaushal t un d Volkswirtschaf t auch übe r de n Krie g hinau s lebendi g blieb ; M . Stecher , Ökonomi k de s Haushalts, Langensalz a u. a . 1927, 5f., 10. Doch auc h i n de r Nachkriegszei t wa r vo n de n Fraue n al s Gegenleistung für die Anerkennun g de r Hausarbei t di e Rettun g Deutschland s gefordert : I n seine r Broschür e «Die Bedeutun g de s Haushalte s i n de r Volkswirtschaft « (Berli n 1921) fand Hein z Potthof f folgende Lösun g de s Reparationenproblems : Deutschlan d müss e bekanntlich, u m di e Reparatio nen zahle n un d di e Handelsbilan z ausgleiche n z u können , entwede r meh r produziere n ode r aber wenige r verbrauchen ; d a e s mi t de r Möglichkei t zu r Mehrproduktio n derzei t hapere , müsse de r Verbrauc h eingeschränk t werden . Au s dem , wa s di e Hausfraue n einsparten , könn ten dan n di e Reparatione n gezahl t un d somi t Deutschlan d gerette t werden ; ebd. , S . 14-19, 25-29. 424 Der Verban d Deutsche r Hausfraue n hiel t sein e erste Generalversammlung i m J uni 1916 in Hamburg , di e zweite i m J uni 1917 in Münche n a b und zählt e 1918 11 4 angeschlossene Ver eine mi t übe r 100000 Mitgliedern; ZSt A Potsdam , 70Re2/18 , Bl . 291. Eine seiner längerfristi g wirksamsten Aktivitäte n de r Kriegszei t wa r di e Propagierung de r Roten Beete , u m welch e di e Reichsstelle fü r Obs t un d Gemüs e gebete n hatte , d a da s Publikum mi t diese m Gemüs e nicht s anzufangen wisse ; ebd. , Bl . 399. S. zu r Entwicklun g de r Hausfrauenorganisatio n i n de r Wei marer Republi k R . Bridenthal , »Professional « Housewives: Stepsister s o f the Women's Move ment, in : dies . u. a. (Hg.) , Whe n Biolog y Becam e Destiny . Wome n i n Weima r an d Naz i Ger many, Ne w Yor k 1984 , S . 153-173 . 425 S . z . B. F. Naumann , Red e un d rednerisch e Unterweisung , in : Volksernährun g i m Kriege. Vorträge , gehalte n i n de m vo m preußische n Ministeriu m de s Inner n veranstaltete n Lehrkursus fü r Redner , Berli n 1915, S. 222-267. 426 A. Lindemann , Anpassun g de s Einzelhaushalt s a n di e jetzige Lage , in : dies . (Hg.) , Un sere Ernährun g i n de r Kriegszeit . Neu n Vorträge , gehalte n be i de m Lehrkursu s de s Nationa len Frauendienste s i m Stuttgarte r Landesgewerbemuseum , 22.-24. 2. 1915 , Berlin 1915, S. 41-67, hier: 57. S. hierz u auc h E. Schumacher , Di e Kriegspflichten de r Hausfrau, Bon n 1915, passim. 427 Α. ν . Zahn-Harnack, Di e arbeitende Frau , Bresla u 1924, S. 93. 428 Hervorh. i . Original : F . Wohltmann , Unser e Volksernährun g un d di e deutsch e Haus frau, Berli n 1915, S. 32. 429 Lindemann, Anpassung , S . 55. 430 Ebd., S . 51. 431 Bäumer, Lebensweg , S . 278. 432 Voß-Zietz, Praktisch e Hauswirtschaft , S . 43. S. hierz u auc h Lindemann , Anpassung , S. 64 f.; A . Steinmann , Di e Fra u in der Familie , in : Jahrbuch de s BDF 1918 »Frauenaufgaben i m künftigen Deutschland« , Berli n 1918, S. 31-49, hier: 38f. 433 Monatsbericht de s stellv . Gen.kdo. s II. Bayerische s A K Würzbur g fü r Augus t 1918, D., Bl . 1: HStA/Kr, MK r 12849. 434 Bericht de r Wissenschaftliche n Deputatio n fü r da s Medizinalwese n vo m 18. 7. 191 7 an den preußische n Innenminister : HSt A Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 38865, S. 63f., 70; s. hierzu auc h M . Ruhner , De r Gesundheitszustan d i m allgemeinen , in : Bum m (Hg.) , Deutsch lands Gesundheitsverhältnisse, S . 63-86, hier: 72-75, 82 . 435 S. ζ. Β . den 1919 veröffentlichten Nekrolo g de s Münchene r Historiker s Herman n vo n Grauert au f seinen Kollege n Alber t Hauck : »Di e Gewissenhaftigkei t i m Krieg e sol l e r s o wei t getrieben haben , sic h i n de r eigene n Ernährun g ei n Überschreite n de r durc h di e Rationierun g ihm zugemessene n Quantitäte n nich t z u gestatten . Infolg e davo n sol l e r a n Entkräftun g ge storben sein« ; zit . nac h K . L . Ay , Di e Entstehun g eine r Revolution . Di e Volksstimmun g i n

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Anmerkungen z u S . 221-224 Bayern währen d de s Erste n Weltkriegs , Berli n 1968, S. 122. Auch di e Mutte r vo n Marie-Eli sabeth Lüder s sol l i n dieser Weis e an staatlich verordnete r Unterernährun g gestorbe n sein ; Lü ders, Fürcht e dich nicht, S . 74. 436 Brief vom 24. 3 . 1917 : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1979. 437 Durch Fliegerangriff e kame n i m Erste n Weltkrie g i n Preuße n »nur « 273, in Bade n 220 Zivilpersonen um ; Heinel , Bevölkerungsbewegung , S . 10. 438 Ebd., S . 139 f S . hierz u auc h de n Berich t de r Wissenschaftliche n Deputatio n fü r da s Medizinalwesen a n de n preußische n Innenministe r vo m 18. 7. 1917 , S. 68; s. o., Anm . 434 zu diesem Kapitel . 439 S. zu r exakte n Berechnun g de r Säuglingssterblichkei t 1914—1918, die de m starke n Rückgang de r Geborene n vo n Jah r z u Jahr Rechnun g trägt : Bewegun g de r Bevölkerung , S. LVIII-LXVI . 440 Dr. Czerny , Direkto r de s Kinderkrankenhause s de r Berline r Charit é, vo r de m Unter suchungsausschuß übe r de n deutschen Zusammenbruch , in : Di e Ursache n de s deutschen Zu sammenbruchs i m Jahr e 1918, Zweite Abteilung : De r inner e Zusammenbruch , 4. Reihe, Bd. 4, hg. v . A . Philipp , Berli n 1928, S. 196; s. hierz u auc h Medizinalra t Dr . Ritte r au f de r Herforder kriegswirtschaftliche n Besprechun g für den Regierungsbezir k Minde n vo m 27. 10. 1917: HStA Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 14916, S. 7 des Protokolls . 441 Heinel, Bevölkerungsbewegung , S . 12. Die militärische n Verlust e de s Erste n Welt kriegs beliefe n sic h au f 1,9-2,4 Mio. Soldaten ; Marschalck , Bevölkerungsgeschichte , S . 148. Die alters - und geschlechtsspezifisch e Sterblichkei t i m Durchschnit t de r Jahre 1914/18 ergibt sich aus der folgenden Übersicht : Alters- und geschlechtsspezifische Sterbeziffer n i m Deutsche n Reic h 1913 und 1914/18

0

1- 4 5- 9 10-14 15-19 20-24 25-29 30-34 35-39 40-44 45-49 50-54 55-59 60-64 65-69 70-74 75-79 80-84 85-89 90 +

1914/18 in % von 1913

Sterbeziffer i n Promill e 1913 1914/18

Alter i n Jahren männl.

weibl.

männl.

weibl.

männl.

164,0 13,5

137,0 12,8

164,0 16,7

138,0 16,3

11,8 17,4 27,9 44,5 72,0 113,1 176,1 258,0 373,1

14,2 52,1 35,9 26,9 19,7 14,0 14,0 18,3 26,2 39,2 60,3 92,5 143,5 221,2 341,1 496,0

100 124 145 140 418

2,9 1.9 3,4 4,4 4,6 5,9 6,4 8,6

11,6 16,6 24,1 35,8 52,8 80,2 123,9 189,2 273,6 386,6

3,0 2,0 3,1 4,0 4,7 5,3 6,1 6,9 8,5

4,2 2,8

4,3 3,0 4,8 5,9 6,6 7,1 7,7 8,4

1184

10,1 13,7 19,6 30,6 50,2 82,3 133,3 207,2 330,4 472,9

Quelle: Marschalck, Bevölkerungsgeschichte , S . 169.

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780 456 308 163 121 111 109 109 114 115 116 117 125 128

weibl.

101 127 143 150 155 148 140 134 126 122 119 116 113 110 113 114 118 118 128 127

Anmerkungen z u S . 224-226 442 Monatsberichte vo m 3. 4 . 1917 , S. 8: ΒΑ/MA, RM3/4670. S . hierz u u . a. auc h Nieder ­ schrift übe r di e sechst e Beratun g mi t de n Vertreter n de r Landes- , Provinz - un d Bezirkspreis stellen i n Dresde n a m 15. 12. 1917 : ZStA Potsdam , Reichsministenu m de s Inner n 10144, Bl. 156ff. , S . 9. 443 S. z . B. Niederschrif t übe r di e sechst e Beratun g de r Preisstellen , s . vorig e Anm . Di e Begriffe »Hamster « un d »Hamsterer « wurde n i m Erste n Weltkrieg synony m verwendet . 444 Regierungspräsident vo n Mittelfranke n 17. 6. 191 7 an bayerische n Innenminister , zit . nach Ay, Entstehung , S . 116. 445 Monatsberichte vo m 3. 11 . 1916 , S. 32: ΒΑ/MA, RM3/4670; dies , vo m 3. 5. 1917 , S. 15; dies, vo m 3. 7. 1917 , S. 5; dies, vo m 3. 8. 1917 , S. 18. 446 Αγ, Entstehung, S . 116. 447 Monatsberichte vo m 3. 3 . 1917 , S. 16: ΒΑ/MA, RM3/4670. 448 Dies, vo m 3. 8 . 1918 , S. 11:BA/MA , RM3/7796 ; Aktenvermerk de s Staatssekretärs de s ΚΕΑ vom 11. 11. 191 8 über Besprechun g i m ΚΕΑ: ZStA Potsdam , Reichsministeriu m de s Innern 10146, Bl. 438-441. 449 Magistrat vo n Wandsbe k 24. 9 . 1917 : ZStA Merseburg , Rep . 77, Tit. 1059, Nr. 3, Beiheft2, Bd . 1, Bl. 214. Die Bahnstatio n Winsen/Luh e etwa , mitte n i n eine m Hauptlieferkrei s für Frühkartoffeln gelegen , verkauft e vo m 10. bis 19. Juli 1918 pro Ta g zwische n 1600 und 4400 Fahrkarten Richtun g Hamburg , währen d e s End e Juli nu r meh r 300-400 waren; di e Hamsterer holte n sic h di e Kartoffel n mitunte r selbs t au s de m Acke r un d verschwande n ohn e Bezahlung; Monatsbericht e vo m 3. 8. 1918 , S. 11: ΒΑ/MA, RM3/7796. 450 Monatsberichte vo m 3. 2 . 1918 , S. 41 f.: ΒΑ/MA, RM3/7794. 451 Niederschrift übe r di e sechst e Beratun g mi t de n Vertreter n de r Landes- , Provinz - un d Bezirkspreisstellen i n Dresde n a m 15. 12. 1917 , S. 15: ZStA Potsdam , Reichsministeriu m de s Innern 10144, Bl. 156ff . 452 Bezirksamt Berchtesgade n 14. 6. 191 8 an Regierun g Oberbayern : HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo. I. Bayerisches A K Münche n 1966. 453 Monatsberichte vo m 3. 3. 1917 , S. 9: ΒΑ/MA, RM3/4670; s. hierzu auch HStA Düssel dorf, Regierun g Düsseldor f 14916 und 14917, passim . 454 Monatsberichte vo m 3. 8 . 1918 , S. 12: ΒΑ/MA, RM3/7796. 455 Dies, vo m 3. 5 . 1918 , S. 17: ΒΑ/MA, RM3/7795; ebd. 7794: dies, vo m 3. 4. 1918 , S. 17; dies, vo m 3. 1 . 1918 , S. 64; ebd. 4670: dies, vo m 3. 3. 1917 , S. 17. 456 Bayerisches Kriegsministeriu m 5. 5. 191 8 an stellv . Gen.kdo. s u . a.: HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo. I. Bayerisches A K Münche n 557. 457 Monatsberichte fü r Novembe r 1917, S. 22: HStA/Kr, MK r 12852. 458 Kriegswirtschaftliche Besprechunge n de r Regierunge n de r Rheinprovin z un d Westfa lens vom 4. 5. 1917 : HStA Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 14916; s. hierz u auc h Monatsbe richte vo m 3. 2. 1917 , S. 16; dies, vo m 3. 8. 1917 , S. 5: ΒΑ/MA, RM3/4670; ΒΑ/MA, RM3/ 7796: dies, vo m 3. 8. 1918 , S. 12. Der Bürgermeiste r vo n Orso y verlangt e i m Juni 1917 vom Einberufungsausschuß Moer s di e Überweisun g vo n Hilfsdienstpflichtige n al s Feldhüter : „Uns gegenübe r lieg t di e Großstad t Hamborn . Vo n dor t komme n täglic h unzählig e zweifel hafte Elemente , di e e s au f unser e Erzeugniss e abgesehe n habe n ode r doc h i n Fel d un d Flu r allerlei Unfu g treiben . Sonntag s steiger t sic h di e Besucherzah l bi s i n di e Tausende . Diese n Massen steh t di e hiesig e Polizeiverwaltun g nu r mi t eine m einzige n Polizeibeamte n machtlo s gegenüber«; HSt A Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 15274: Bürgermeister vo n Orso y 2. 6. 1917 an Einberufungsausschuß Moers . 459 Monatsberichte vo m 3. 4 . 1918 , S. 14: ΒΑ/MA, RM3/7794. S . hierzu auch dies. für De zember 1917, S. 17: HStA/Kr, MK r 12852. 460 Obmann de s stellv . Gen.kdo. s III. Bayerisches A K Nürnber g 6. 2. 1918 : HStA/Kr, Stellv. Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 2399. Zimmermann geh t davo n aus , da ß etw a 1/8-1/7 de s Getreide-, Mehl - und Kartoffelabsatzes , ei n Vierte l bi s ein Dritte l de s Milch-, Butter -

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Anmerkungen z u S . 226-231 und Käseabsatze s un d ei n Dritte l bi s di e Hälft e de r Eier- , Fleisch - un d Obstzirkulatio n übe r den Schleichhande l ging ; Zimmermann , Veränderungen , in : Meerwart h u . a., Einwirkung , S. 441. 461 Monatsberichte fü r Oktobe r 1917, S. 21: HStA/Kr, MK r 12852. 462 Monatsberichte vo m 3. 8 . 1917 , S. 18: ΒΑ/MA, RM3/4670. 463 Ebd.: dies . vo m 3. 7 . 1917 , S. 79. 464 Die Entwicklun g de r weibliche n Kriminalitä t wir d hie r nich t nu r deswege n herange zogen, wei l di e »Familienhamster « i n der Mehrzah l Fraue n waren , sonder n auch , u m den Ver gleich mi t de r Vorkriegszei t z u ermöglichen . Ei n solche r Vergleic h läß t sic h fü r di e männlich e Bevölkerung wege n de r Einberufunge n nich t durchfuhren . S . zu m folgende n v . Koppenfels, Kriminalität, passim. 465 Zur Kriminalitä t de r Jugendliche n s . o. , S . 158f . Di e prominent e Stellung , di e di e weiblichen Jugendliche n unte r 15 bzw. zwische n 15 und 18 Jahren be i de r Steigerun g de r weiblichen Kriminalitätsrat e i m Krie g einnahmen , beruht e zu m eine n au f ihrer Teilnahm e a n Vermögensdelikten, zu m andere n darauf, da ß es Jugendlichen i m Krie g mi t seine n zahlreiche n auf sie gemünzten Erlasse n - Einschränkung de s Besuchs vo n Gastwirtschaften, Konditoreie n und Kinos , Verbo t de s Aufenthalt s a n öffentliche n Plätze n un d Straßen , de s Rauchen s i n de r Öffentlichkeit etc . - nachgerade kau m noc h möglic h war , nich t gege n irgendwelch e Vor schriften z u verstoßen; s . v . Koppenfels , Kriminalität , S . 15 f. 466 Da wege n Verletzun g de r Konzessionspflich t vo r de m Krie g vo r alle m verheiratet e Frauen verurteil t worde n waren , san k i m Krie g de r Antei l de r verheiratete n a n de n verurteil ten Fraue n ab , ohn e da ß die s allgemei n gerechtfertig t wäre ; s . hierz u ebd. , S . 14, 1 9 und passim. 467 Monatsberichte vo m 3. 7 . 1918 , S. 22: ΒΑ/MA, RM3/7795. 468 Niederschrift übe r di e 6. Beratung de r Preisstelle n i n Dresde n a m 15. 12. 1917 : ZStA Potsdam, Reichsministeriu m de s Innern 10144, Bl. 156 ff. 469 Monatsberichte vo m 3. 7 . 1918 : ΒΑ/MA, RM3/7795, S . 65. S. hierz u u . a . auc h ebd . 4670: dies, vo m 3. 8. 1917 , S. 18; Niederschrift übe r di e 6. Beratung de r Preisstelle n i n Dres den am 15. 12. 191 7 (s. vorige Anmerkung) , S . 11. 470 S. hierz u z . B. Monatsbericht e vo m 3. 3. 1917 , S. 17, 33 ; dies, vo m 3. 4. 1917 , S. 43; dies, vo m 3. 8. 1917 , S. 18: alles in : ΒΑ/MA, RM3/4670; ebd . 7794: dies, vo m 3. 4. 1918 , S. 15f . 471 Monatsberichte vo m 3. 8 . 1917 , S. 25: ΒΑ/MA, RM3/4670. 472 Bayerischer Innenministe r 11.9. 191 7 an Distriktspolizeibehörden : HSt A München , MInn 66329. 473 Monatsberichte vo m 3. 7 . 1918 , S. 21 f.; dies , vo m 3. 5. 1918 , S. 15f.; dies , vo m 3. 6. 1918, S. 20f.: alle s in : ΒΑ/MA, RM3/7795; ebd . 7794: dies, vo m 3. 2. 1918 , S. 15; dies, vo m 3. 4. 1918 , S. 16; s. hierz u auc h W . Albrecht, Landta g un d Revolutio n i n Bayer n a m Voraben d der Novemberrevolutio n vo n 1918, Berlin 1968, S. 224-232. Zusätzliche Nahrun g erhiel t da s Mißtrauen de r bewirtschaftete n Bevölkerun g gegenübe r de r Obrigkei t durc h jed e publi k werdende Bevorzugun g vo n Normalverbrauchern . S o erregt e e s beträchtliches Aufsehen , al s im Herbs t 1917, nachdem jede privat e Nahrungsmittelausfuh r au s Bayer n verbote n war , de r zum Reichskanzle r ernannt e bayerisch e Ministerpräsiden t Hertlin g weiterhi n unbeanstande t Lebensmittelsendungen au s Bayern i n Empfang nehme n konnte ; Ay, Entstehung , S . 161 f. 474 Diese Stellungnahm e de s zuständigen Referente n i m bayerische n Innenministeriu m zi tiert Αγ, Entstehung, S . 168. 475 Niederschrift übe r 6. Beratung de r Preisstelle n i n Dresden , s . o., Anm . 468 zu diese m Kapitel, S . 17. Wenig Sin n fü r da s Abstrakt e de r Bestrafun g schiene n schließlic h soga r di e Staatsanwälte z u haben . Gege n Kriegsend e veröffentlicht e ei n launiger , abe r loyale r Staatsan walt sein e Kriegserlebniss e a n de r »Heimatfront« , i n dene n di e Hamsterproblemati k große n Raum einnahm . Aufgab e de r Staatsanwaltschaft , s o führt e Kar l Gieseck e aus , se i e s nu n ein -

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Anmerkungen z u S . 231-234 mal, jeden angezeigte n Hamste r »j e nac h Verdiens t un d Vermöge n mi t eine m Strafmanda t z u beglücken. Die s ist fü r un s alles andere als angenehm, abe r Straf e mu ß sein , un d we r hamster n will, de r sol l sic h nich t abfasse n lassen« ; K . Giesecke , I m Kamp f a n de r innere n Front ! Mein e Erlebnisse al s Staatsanwalt , Leipzi g 1918, S. 41 und passim - mit einem beeindruckende n Pan orama de r illegalen Kriegswirtschaft . 476 Brief eine r Schlesieri n vo m 20. 2. 191 7 an eine n Kriegsgefangenen : HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo. I. Bayerisches A K Münche n 1979. 477 Niederschrift übe r 6. Beratung de r Preisstelle n i n Dresden , s . o., Anm . 468 zu diese m Kapitel, S . 12, 20 . S. hierz u auc h Monatsberich t de s stellv . Gen.kdo. s I. Bayerisches A K München fü r Jun i 1917: HStA/Kr, MK r 12844, sowie Bayerische s Kriegsministeriu m 15. 9. 1917 an stellv. Gen.kdo.s : HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 808. 478 Bezirksamt Altöttin g 16. 9. 191 8 an stellv . Gen.kdo . München : HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo. I. Bayerisches A K Münche n 1372. 479 Oberbürgermeister vo n Hage n 2. 4. 191 7 telegraphisch a n Staatskommissa r fü r Volks ernährung: Preußische s Landeskartoffelam t 4. 2. 191 7 an dens.: ZStA Merseburg , Rep. 197A , Io, Nr . 2, Bl. 218, 221 ; s. hierz u u . a . auc h Politisch e Polize i Hambur g 25. 8. 1916 : StA Ham burg, Politisch e Polize i Abi . 38, Nr. 44; Monatsberichte vo m 3. 7. 1917 , S. 28: ΒΑ/MA, RM3/ 4670. 480 Monatsberichte vo m 3. 3 . 1917 , S. 12: ΒΑ/MA, RM3/4670. S . hierz u auc h Monatsbe ­ richt de s stellv . Gen.kdo. s Münche n fü r Jun i 1918: HStA/Kr, MK r 12849, sowie Stellv . Gen.kdo. VII. AK Münste r 7. 9. 191 8 an Regierungspräsiden t Düsseldorf : HSt A Düsseldorf , Regierung Düsseldor f 9081. 481 S. z . B . Kriegswirtschaftlich e Besprechun g de r Regierunge n de r Rheinprovin z un d Westfalens/Hauptausschußsitzung vo m 18. 1. 1917 : HStA Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 14916; Magistrat Dortmun d 3. 7. 191 7 an preußische n Staatskommissa r fü r Volksernährung : ZStA Merseburg , Rep. 197A , Io, Nr . 7, Bl. 90f . 482 S. hierz u z . B. Monatsbericht e vo m 3. 4. 1917 , S. 12: ΒΑ/MA, RM3/4670; Stadtmagi ­ strat Bayreut h 6. 8. 191 7 an stellv . Gen.kdo . III. Bayerisches A K Nürnberg : HStA/Kr , MK r

2497.

483 An diese n Unruhe n beteiligte n sic h 8-10000 Menschen, di e da s Rathau s ers t belager ten, dan n star k beschädigten , de r gege n si e eingesetzten Feuerweh r di e Schläuch e zerschnitte n und tagelan g plünderte n un d demonstrierten , bi s schließlic h Militä r i n Barme n einrückte ; ZStA Merseburg , Rep. 197A , Io, Nr . 2, Bl. 226ff. S . hierz u auch : Di e Auswirkunge n de r Großen sozialistische n Oktoberrevolutio n au f Deutschland , hg . vo n L . Ster n (Archivalisch e Forschungen zu r Geschichte de r Arbeiterbewegung, Bd . 4/II), Berlin 1959, S. 377f. 4. Der K a m p f u m di e Sinnstiftun g de s Krieg s 1 J . Hofmiller , Revolutionstagebuc h 1918/19. Aus de n Tage n de r Münchene r Revolution , Leipzig 1938, S. 21: Eintragung vo m 17. 9. 1918 . 2 Monatsbericht de s stellv . Gen.kdo. s Münche n für November 1917: HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo. I. Bayerisches A K Münche n 2398. Feststellungen wi e di e vo n Michae l Stürmer , di e Gesellschaftsform de s Erste n Weltkrieg s i n Deutschlan d se i »ein e durc h Massenkonsen s ge stützte . . . Militärherrschaft«, di e implizit - aber verdeutlich t auc h durc h den unmittelbar vor hergehenden Satz : »Da s Kaiserreic h endet e i n de n erste n Tage n de s Weltkriegs « - die Gesell schaft de s Kaiserreich s vo n de n Begleiterscheinunge n un d Folgelaste n de s Erste n Weltkrieg s salvieren (zuungunste n de r »Massen«) , entspreche n eindeuti g nich t de n Quellenbefunden ; M . Stürmer, Da s ruhelose Reich . Deutschlan d 1866-1918, Berlin 1983, S. 380. 3 Brief vom 19. 3. 1917 : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1979. 4 Dieser Begriff , au f den auch de r Titel de s einleitenden Kapitel s über die ersten Kriegsmo -

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Anmerkungen z u S . 234-235 nate zurückgeht , is t übernomme n vo n E . Stransky , Krie g un d Geistesstörung , Wiesbade n 1918, S. 32. 5 Berichte de s Berline r Polizeipräsidente n vo m 5. 12 . 191 4 und vo m 12. 12. 191 4 (19 . bzw. 20. Bericht): ZStA Potsdam , Reichskanzle i 2398/1, Bl. 76, 106 . 6 32 . Bericht de s Berliner Polizeipräsidente n vo m 6. 3. 1915 : Ebd. 2398/2, Bl. 83. 7 34 . Bericht de s Berliner Polizeipräsidente n vo m 20. 3. 1915 : Ebd., Bl . 148. 8 43 . Bericht de s Berline r Polizeipräsidente n vo m 10. 7. 1915 : Ebd. 2398/3, Bl. 187 f. 9 50 . Bericht de s Berline r Polizeipräsidente n vo m 18. 10. 1915 : Ebd. 2398/4, Bl. 153. 10 Erster Tei l de s Zitats : 58. Bericht de s Berline r Polizeipräsidente n vo m 5. 2. 1916 : Ebd. 2398/5, Bl. 181; zweiter Teil : 85. Bericht de s Berliner Polizeipräsidente n vo m 18. 6. 1917 : ebd. 2398/10, Bl. 292. 11 G. Grosz , Ei n kleine s Ja un d ei n große s Nein . Sei n Lebe n vo n ih m selbs t erzählt , Rein bek 1974, S. 101. 12 Rundschreiben de s preußische n Kriegsministerium s vo m 2 . 9 . 1918 : HStA/Kr, MK r 2345. Es hatt e i n Bayer n mehrfac h Unruhe n gegeben , al s sic h felddienstunwillig e Soldate n beim Abtranspor t mi t de r umstehende n Bevölkerun g verbündete n un d all e gemeinsa m di e Begleitoffiziere attackierten ; s . z . B. K . L . Ay , Di e Entstehun g eine r Revolution . Di e Volks stimmung i n Bayern währen d de s Ersten Weltkriegs , Berli n 1968, S. 186f . 13 R. Meier , Feldpostbrief e au s dem Erste n Weltkrie g 1914-1918, Stuttgart 1966, S. 48. 14 Kriegsbericht de s Regierungspräsidente n Düsseldor f vo m 15.4. 1915 : ZStA Merse burg, Rep . 77, Tit. 332r , Nr . 123, Bl. 48. Zur entscheidende n Instan z übe r Lebe n un d To d wurden di e Militärärzte ; s . hierz u E . Glaeser , Jahrgan g 1902, Berlin 1931, S. 289f., un d A . Adler, Di e ander e Seite . Ein e massenpsychologisch e Studi e übe r di e Schul d de s Volkes , Wie n 1919, S.5f. 15 S. z . B. Zusammenstellun g au s den Monatsberichte n de r stellvertretende n Generalkom mandos (i m folgende n zitiert : Monatsberichte ) vo m 3.10. 1916 , S. 3: BA/MA, RM3/4670 : »Man kan n ohn e Schwarzsehe r z u sei n sagen , da ß da s Vol k i n seine m überwiegende n Tei l kriegsmüde ist« ; gleichlauten d u . a.: Bezirksam t Memminge n 28. 10 . 191 6 an stellv. Gcn.kdo . München: HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1946. Der Garnisonsältest e von Kaufbeure n leitet e seine n Stimmungsberich t i m Novembe r 1916 mit de r Bemerkun g ein : »Mir wurd e letzthi n ei n Wit z erzählt : Welche s is t de r Unterschie d zwische n de r Stimmun g i n Deutschland un d i n Österreich ? Di e Antwor t lautet : be i un s optimistisc h abe r ernst , dor t pes simistisch abe r fidel . De m möcht e ic h mic h i m großen , ganze n anschließen« ; Garnisonsälte ster Kaufbeure n 16. 11. 1916: HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1947. 16 Monatsberichte fü r Septembe r 1918, S. 9: HStA/Kr, MK r 12853. 17 Bezirksamt Alt ötting 21. 9. 191 8 an Regierun g Oberbayern : HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1969. 18 S. z . B. Bayerische s Kriegsministeriu m 11. 8. 191 7 an Kommandeur e de r mobile n For mationen: HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1373; Besprechung i m Kriegspresseamt vo m 18. 5. 191 7 über Propaganda , Punk t 3: ZStA Potsdam , Reichsministe rium de s Inner n 12475, Bl. 112; Sächsischer Innenministe r 8.4. 191 7 an Kreishauptmann schaften, abgedruck t in : Ursache n un d Folgen . Vo m deutsche n Zusammenbruc h 1918 und 1945 bis zu r staatliche n Neuordnun g Deutschland s i n de r Gegenwart , Berli n o.J. , Bd . 1, S.200. 19 Wenn i m folgende n de r Begrif f »soziale r Protest « bzw . sein e Komposit a wi e etwa »Pro testpotential« etc . verwende t werden , sin d sie , de m Vorschla g vo n Volkman n u . Bergman n folgend, »al s vorwissenschaftlich e Sammelbezeichnung(en ) eine s i n variierende n Ausdrucks formen Gestal t annehmende n Archetyp s soziale n Verhaltens « z u verstehen , »da s sozialstruk turelle Ursache n hat , gesellschaftlich e und/ode r gesetzlich e Norme n verletz t un d - innovatorisch ode r restaurati v - zielgerichtet ist« ; Volkman n u . Bergman n (Hg.) , Soziale r Protest . Stu dien z u traditionelle r Resisten z un d kollektive r Gewal t i n Deutschlan d vo m Vormär z bi s zu r

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Anmerkungen z u S . 235-236 Reichsgründung, Oplade n 1984, S. 14 der Einleitung . Zu r Diskussio n de s »soziale n Protests « als geschichtswissenschaftliche r Begrif f auc h Ch . Till y u.a. , Th e Rebelliou s Century , 1830-1930, Cambridge, Mass . 1975, passim; R . Till y (Hg.) , Soziale r Protes t (GG , Jg. 3, 1977 , H. 2); D. Pul s (Hg.) , Wahrnehmungsforme n un d Protestverhalten . Studie n zu r Lag e de r Un terschichten i m 18. und 19. Jahrhundert, Frankfur t 1979; R. Wirtz , »Widersetzlichkeiten , Ex cesse, Crawalle , Tumult e un d Skandale« . Sozial e Bewegun g un d gewalthafte r soziale r Protes t in Bade n 1815-1848, Frankfurt 1981. Speziell zu r Rolle vo n Fraue n i m soziale n Protes t s . Tho mis u. Grimmett , Wome n i n Protest 1800-1850, London, Canberr a 1982; L. A . Tilly , Women' s Collective Actio n an d Feminis m i n France , 1870-1914, in: dies. u. Ch . Till y (Hg.) , Clas s Con flict an d Collectiv e Action , Beverl y Hills , Londo n 1981, S. 207-231; Honegger u. Heintz (Hg.) , Listen de r Ohnmacht. Zu r Sozialgeschicht e weibliche r Widerstandsformen , Frankfur t 1981. Zur Definitio n de r spezifische n Protestform , di e m . E. fü r de n Erste n Weltkrie g typisc h ist , s. u., Anm . 47 zu diesem Kapitel . 20 Zur bessere n Stimmun g de r organisierte n Arbeiterschaf t s . z . B. Bayerische s Kriegsmi nisterium 11.8. 191 7 an Kommandeure de r mobilen Formationen : HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1373; Monatsbericht de s Pressereferat s de s bayerische n Kriegs ministeriums fü r Oktobe r 1917: HStA/Kr, MK r 12845; Monatsbericht de s stellv . Gen.kdo. s III. Bayerisches A K Nürnber g fü r Augus t 1917, S. 2f.: ebd . Zum Mittelstan d s . z . B. Monatsbericht e vo m 3. 5. 1918 , S. 20: BA/MA, RM3/7795 ; M o natsbericht de s stellv. Gen.kdo. s II. Bayerisches A K Würzbur g fü r Oktobe r 1917, Bl. A , 1., 2: HStA/Kr, MK r 12845. Der Durchhaltewill e de s Mittelstands schie n jedoch frühe r in s Wanke n geraten z u sei n al s de r de r »Gebildeten« : s . z . B. Monatsberich t de s Pressereferat s de s bayeri schen Kriegsministeriums fü r Augus t 1917: HStA/Kr, MK r 12845, S. 2f. Zum Stadt-Land-Gegensat z s . z . B. Monatsberich t de s stellv. Gen.kdo. s I. Bayerisches A K München fü r Oktobe r 1916: HStA/Kr, MK r 12842; Preußischer Innenministe r 5. 5. 191 6 an Kriegsministerium: ZSt A Potsdam , Reichsministeriu m de s Innern 12475, Bl. 26-29. Zu de n »Gebildeten « s . z . B. Monatsberich t de s stellv . Gen.kdo. s I. Bayerisches A K Mün chen für Oktober 1917: HStA/Kr, MK r 12845; Protokoll de r Vertrauensmänner-Versammlun g vom 22. 6. 1918 : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 2396, Bl. 2; Monatsbericht de s stellv . Gen.kdo. s VII. AK Münste r (End e 1917): ZStA Potsdam , Reichskanzle i 2398/11, B1.55ff; Regierungspräsiden t Düsseldor f 23. 8. 1918 : ZStA Merseburg , Rep . 77, Tit. 1059, Nr. 3, Beiheft2, Bd . 3, Bl. 561. Aus »gebildeten « Kreise n stammte n auc h i n de r Mehrzahl di e Anhänge r de r Kriegszieldiskussion , währen d i n de r übrige n Bevölkerun g de r Wunsch nach einem Verständigungsfriede n vorherrschte . Zu den Fraue n s. di e oben i n Anm. 18 dieses Kapitels genannte n Quellen . 21 Für ein e solch e Analys e s . J. Kocka , Klassengesellschaf t i m Krieg . schichte 1914-1918, Göttingen, 2. durchges. u . erg . Aufl . 1978, passim. 22 Kocka, Klassengesellschaft , S . 71-76. 23 S. z . B . Polizeidirektio n Münche n 15. 8. 191 8 an stellv. Gen.kdo . München , abgedruck t bei Ay, Entstehung , S . 187 f.: Anläßlich de r Demonstration i n München vo m 14. 8. »gelang e s leider trot z wiederholte r Bemühunge n nicht , ein e Fra u mi t eine m kleine n Kind e a m Arm , di e sich al s ein e Haupträdelsführeri n besonder s widerspensti g benahm , festzunehmen , d a si e so fort mi t laute m Schreie n droht e un d di e unbedingt e Unterstützun g de s gesamte n Publikum s gefunden hätte« . 24 Über di e Stimmun g de r Berline r Arbeiterschaf t beispielsweis e berichtet e de r Berline r Polizeipräsident i m Ma i 1918: »Die Arbeiter , durc h de n Verlau f de s letzte n Ausstande s un d seine Folge n (mehrer e Streikend e ware n a n di e Fron t geschick t worden , U . D. ] eingeschüch tert, sin d i m allgemeine n ängstlic h darau f bedacht, ihre n Arbeitgeber n un d de n Behörde n kei nen Anla ß z u Klage n z u geben , u m nich t au s ihre n jetzige n gu t bezahlte n Stellunge n doc h noch a n die Fron t geschick t z u werden . Di e Fraue n murre n zwa r un d lassen sic h auc h woh l z u Schmähungen gege n di e Regierun g hinreißen . Ih r Einfluß au f die arbeitenden Männe r is t abe r

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Anmerkungen z u S . 236-238 äußerst gering« ; 97. Bericht de s Berline r Polizeipräsidente n vo m 22. 5. 1918 : ZStA Potsdam , Reichskanzlei 2398/11, Bl. 291. Weitere Beleg e dafür , da ß e s auc h i n de n Betriebe n insbeson dere Fraue n waren , di e Kriti k äußerte n un d sic h a n Streik s beteiligten , s . u., Anm . 77 und 78 dieses Kapitels . 25 Diese Thes e stütz t sic h au f di e i n Anlehnun g a n Ma x Webe r un d Alfre d Schüt z entwik kelte Wissenssoziologie; S . hierz u di e in Anm . 15 der Einleitung genannt e Literatur . 26 J . Zinnecker , Sozialgeschicht e de r Mädchenbildung . Zu r Kriti k de r Schulerziehun g vo n Mädchen i m bürgerliche n Patriarchalismus , Weinheim/Base l 1973, S. 80-84. 27 A . Puhlmann , Mädchenerziehun g i n de r bürgerliche n Gesellschaft , Köl n 1979, S. 48f. ; G. Tornieporth , Studie n zu r Frauenbildung , Weinheim/Base l 1979, S. 7. 28 Zinnecker, Sozialgeschichte , S . 135-141 und passim ; s . hierz u auc h I . Brehmer u. a. (Hg.) , »Wissen heiß t lebe n . . .« Beiträge zu r Bildungsgeschicht e vo n Fraue n i m 18. und 19.Jahrhun dert (Fraue n i n de r Geschicht e IV), Düsseldorf 1983; M. Simmel , Erziehun g zu m Weibe . Mäd chenbildung i m 19. Jahrhundert, Frankfur t 1980. 29 Bis 1908 war de n Fraue n de r Eintrit t i n ein e politisch e Parte i verboten . Di e geschlechts spezifische Teilhab e a n de r gesellschaftliche n Symbolproduktio n erhell t auc h ein e statistisch e Erhebung de s Leser/innenverhaltens , di e 1922-1926 in de r Städtische n Bücherhall e Leipzi g durchgeführt wurde . Anhan d de r Ausleihzahle n vo n Einzeltitel n un d Sachgruppe n (1. erzählende Literatur , 2. Gedichte un d Dramen , 3. belehrende Literatu r au s Technik , Wissenschaft , Politik etc. ) wurd e fü r diese n Zeitrau m da s Leseverhalte n nac h Geschlech t un d Schichtzuge hörigkeit analysiert : E s entliehen i n Prozent : Sachgruppe

1. 2. 3.

aus de r Arbeiterschaft stammende Männer Frauen

aus de m Bürgertum stammende Männer Frauen

insgesamt Frauen

Männer

73,1

45,3

62,4

45,0

66,8

45,2

21,3

50,3

29,6

47,5

26,2

48,8

5,7

4,4

8,0

7,4

7,0

6,0

Die Studi e komm t z u de m Ergebnis , da ß di e Gemeinsamkei t de s Leseverhalten s be i Fraue n auch unterschiedliche r soziale r Schichte n ebens o ausgepräg t se i wi e di e geschlechtsspezifi schen Unterschied e insgesam t un d wiederu m innerhal b jeder Schicht ; allerding s gliche n sic h die geschlechtsspezifische n Unterschied e i m Bürgertu m vergliche n mi t de r Arbeiterschaf t stärker an . Di e inhaltliche n Schwerpunkt e de r »typischen « Frauenlektür e faßt e de r Verfasse r folgendermaßen zusammen : »Abwesenhei t alle n Interesses , da s mi t de r eigene n Lebenssitua tion nich t zusammenhängt , Ablehnun g de r Auflösun g de r sinnliche n anschauliche n Wel t zu gunsten abstrakte r Begriffe . Vollständige s Fehle n de s Interesse s a n allem , wa s al s »Gesetzes wissenschaft« auftritt , abe r auc h scho n a n jedem zusammenhängende n Erkenntnissyste m . . . Leben i n de r Phantasie , Lebe n i n de r sinnliche n Anschauun g . . . Die anschaulich e un d di e zu gleich menschlic h sinnerfiillt e Wel t al s da s schlechthin Anziehende« ; W . Hofmann, Di e Lektür e der Frau . Ei n Beitra g zu r Leserkund e un d zu r Leserführung , Leipzi g 1931, S. 30, 39 f., 193 (hier da s Zitat) un d passim . 30 Monatsbericht de s stellv . Gen.kdo. s I. Bayerisches A K Münche n fü r Oktobe r 1917: HStA/Kr, MK r 12845; gleichlautend u.a . ebd. : Monatsberich t de s stellv . Gen.kdo. s I L A K Würzburg fü r Oktobe r 1917; Monatsbericht de s stellv . Gen.kdo. s I. Bayerisches A K Mün chen fü r Septembe r 1917. 31 Eduard David , SPD , au f der Besprechun g de r Reichstags-Parteifuhre r mi t de m Reichs kanzler vo m 5. 9. 1916 : ZStA Potsdam , Reichskanzle i 2398/7, Bl. 209ff . 32 Monatsbericht de s stellv . Gen.kdo. s I. Bayerisches A K Münche n fü r Apri l 1917, S. 17: HStA/Kr, MK r 12844; s. hierz u auc h oben, S . 219f .

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Anmerkungen z u S . 238-240 33 Dr. Sebastia n Schlittenbauer , Regensburg , 30. 9. 1918 : HStA München , MIn n 66332; es handelt sic h u m di e Kopie eine s Briefs , de n Schlittenbaue r a m gleiche n Ta g a n di e Kreissekre täre des Bayerische n Bauernverein s versand t hatte . 34 Monatsbericht de s stellv . Gen.kdo. s II. Bayerisches A K Würzbur g fü r Augus t 1918, Bl. 1: HStA/Kr, MK r 12849. 35 Brief au s Oberbayer n vo m 11.3. 1917 : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K München 1979. S. hierz u auc h Kocka , Klassengesellschaft , S . 33-51 und di e dort aufgeführte n gleichlautenden Belege . 36 Zu de n Klage n übe r Ungerechtigkei t s . nebe n de r vorige n Anm . z . B. : Monatsbericht e für Apri l 1916, S. 6; dies. vo m 3. 10 . 1916 , S. 22f.; dies . vo m 3. 11 . 1916, S. 25; dies. vo m 3. 1 . 1917, S. 30: alles in: BA/MA, RM3/4670 ; ebd. 7795: dies. vom 3. 6. 1918 , S. 56, 65; Monatsbericht de s Kriegsversorgungsamt s Hambur g vo m 24. 6. 1918 , S. 1: StA Hamburg , Kriegsver sorgungsamt I a 19b , Bd . 2. Als ei n Beispie l fü r di e Legende n un d Gerüchte , di e bayerisch e Soldate n un d Ziviliste n spätestens sei t 1915 über de n preußisch-bayerische n Gegensat z kolportierten , se i da s folgend e zitiert: »Vo r Verdu n mußte n bayerisch e Truppe n fünfma l ein e Stellun g zurückerobern , di e preußische Truppe n verlore n hatten . Zuletz t ware n di e Bayer n darübe r s o erbittert , da ß ei n bayerisches Regimen t sic h gege n di e Preuße n kehrte , s o da ß e s unte r diese n Tote n un d Ver wundete gab . Da s bayerische Regimen t sollt e zur Straf e dezimier t werden . Köni g Ludwi g . . . habe hierwege n de m Kaise r di e Freundschaf t gekündig t und , al s de r Kaise r sagte , er , de r Kö nig, könn e ruhi g z u Haus e bleiben , hab e de r Köni g erklärt , wen n e r nac h Haus e gehe , nehm e er auc h sein e Truppen mit . Hierübe r bestürz t se i der Kaise r heimlic h inkognit o nac h Münche n gefahren, u m di e Sach e wiede r einzurenken« ; Berich t eine s höhere n Feld-Polizeibeamte n a n das preußisch e Kriegsministerium , vo n diese m a m 31. 8. 191 6 an da s bayerisch e Kriegsmini sterium geschickt : HStA/Kr , MK r 2335. 1916 verbreitete ei n Anonymu s di e folgend e gereimt e Versio n de s bayerischen Preußenhasses: »Du ar g betrogne s Deutsche s Volk , jetzt bis t D u ohn e Butter, / Un d glaub ' i n weni g Wo chen scho n s o gänzlic h ohn e Futter. / A n al l de m sin d di e Preuße n schuld , di e arroganten , fre chen -/ Statt Frankreich , w är e s besse r woh l - die Preuße n abzustechen!« ; Prof . Gottinger , München, 30.8. 191 7 an Referente n de s bayerische n Kriegsministeriums : HStA/Kr , MK r 2334. Die zunehmende Aversio n gege n Preuße n führt e i n Bayern gege n Kriegsend e zum U m schlagen de s Hindenburg-Mytho s i n sei n Gegenteil : »Massenmörder « un d »Massenschläch ter« wurd e de r Generalstabsche f i n de r Bevölkerun g tituliert ; Vertrauensman n Augsbur g 29.8. 1918 : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1980. Vom »eiserne n Wehrmann« i n Salzbur g – eine r Holzfigur , i n di e gege n Entrichtun g eine r kleine n Summ e fü r die Kriegskass e Näge l eingeschlage n werde n durfte n - wußte de r Volksmun d z u berichten : »Wenn e r gan z vernagel t ist , komm t e r i n de n Generalstab« ; Hofmiller , Revolutionstagebuch , S.24. Zum Antisemitismu s i m Erste n Weltkrie g s . E . Zechlin , Jude n un d Antisemitismu s i m Weltkrieg, in : ders. , Di e deutsch e Politi k un d di e Juden i m Erste n Weltkrieg , Göttinge n 1969, S. 516-567, und Glaeser , Jahrgang 1902, passim. 37 Stellv. Gen.kdo . III. Bayerisches A K Nürnberg : Monatsberich t für Septembe r 1917, S. 2: HStA/Kr, MK r 12845. 38 Zu de n Klassenspannungen i m Krie g s . Kocka , Klassengesellschaft , S . 33-57, 96-105 . 39 Erster Tei l de s Zitats: Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 4. 7. 1917 : Monatsbericht fü r Mär z 1917, S. 1: HStA/Kr, MK r 12844; zweiter Tei l de s Zitats : Monatsbericht e vom 3. 1 . 1917, S. 7 f.: BA/MA, RM3/4670 . S . zu r Ungleichheit al s Motiv soziale n Protest s i m Ersten Weltkrieg auc h Kocka , Klassengesellschaft , S . 44 ff 40 Dies betone n u . a. : Vortra g de s Kriegsminister s i n de r Ministerratssitzun g vo m 9. 10 . 1916: HStA/Kr, MK r 14363, S. 8; Auszug au s de m Schreibe n de s ΚΕΑ-Präsidenten Batock i vom 3. 2. 191 7 an Ludendorff: ZSt A Merseburg , Rep . 90 a Y.IX.5b, Nr . 4, BL 36ff., S . 4.

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Anmerkungen zu S . 240-242 41 Zu de n sozial - un d wirtschaftspolitische n Rahmenbedingunge n der Kriegszei t s . di e i n Anm. 260 des vorigen Kapitel s angegebene Literatur . 42 V. Ullrich, Kriegsalltag . Hambur g i m Erste n Weltkrieg, Köl n 1982, S. 98. 43 Adler, Di e andere Seite, S . 4. 44 Zur Pressepoliti k i m Erste n Weltkrie g s . K . Mühsam , Wi e wi r beloge n wurden . Di e amtliche Irreführun g de s deutsche n Volkes , Münche n 1918; W. Nicolai , Nachrichtendienst , Presse un d Volksstimmun g i m Weltkrieg , Berli n 1920, S. 51-65, 71-112 , 166-185 ; W. Vogel , Die Organisatio n de r amtliche n Presse - un d Propagandapoliti k de s Deutsche n Reiche s vo n den Anfänge n unte r Bismarc k bi s zu m Begin n de s Jahres 1933 (Sonderheft de r »Zeitungswis senschaft«, Jg . 16, 1941 , S.8/9), Berli n 1941; K. Koszyk , Deutsch e Pressepoliti k i m Erste n Weltkrieg, Düsseldor f 1968; ders., Pressepoliti k un d Propagand a i m Erste n Weltkrieg , in : Francia, Jg . 3, 1975 , S. 465-475; W. Deis t (Bearb.) , Militä r un d Innenpoliti k i m Weltkrie g 1914-1918, 2Bde., Düsseldor f 1970, Bd. 1, Dok. Nr . 31-75 (betr. Zensur) ; D . Fischer , Di e Münchner Zensurstell e währen d de s Erste n Weltkriegs . Alfon s Falkne r vo n Sonnenbur g al s Pressereferent i m Bayerische n Kriegsministeriu m i n den Jahren 1914 bis 1918/19, Diss. Mün chen 1973; H. D . Fische r (Hg.) , Pressekonzentratio n un d Zensurpraxi s i m Erste n Weltkrieg , Berlin 1973; A. G . Marquis , Word s a s Weapons: Propagand a i n Britai n an d German y Durin g the First World War , in:JCH , Jg. 13, 1978 , S. 467-498. 45 Der Leite r de r Nachrichtenabteilun g de s Auswärtige n Amte s zu r Propagandafrage , 19. 8. 1918 , abgedruckt in : Ursache n un d Folgen . Vo m deutsche n Zusammenbruc h 1918 und 1945 bis zu r staatliche n Neuordnun g Deutschland s i n de r Gegenwart , hg . v . H . Michaelis , Bd.2, Berlino.J.,S.287 . 46 S. hierz u z . B . HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 2398, passim; Stellv. Gen.kdo . XIII. AK Stuttgar t 19. 7. 191 7 an alle : HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1722; Regierungspräsident Mersebur g i m Augus t 1918: ZStA Merseburg , Rep. 77, Tit. 1059, Nr. 3, Beiheft 2, Bd. 3, Bl. 495. 47 Informelle Kommunikatio n is t hie r definier t al s vo m dominante n Kommunikationssy stem unabhängig e interpersonal e Kette n ode r Netze , i n dene n Gerüchte , Witze , Parole n etc . verbreitet werden ; F . Dr öge, De r zerredet e Widerstand . Soziologi e un d Publizisti k de s Ge rüchts i m Zweite n Weltkrieg , Düsseldor f 1970, S. 12 und passim ; s . hierz u auc h W . B . Lerg , Das Gespräch . Theori e un d Praxi s de r unvermittelte n Kommunikation , Düsseldor f 1970, S. 88-171 und passim . Zur Roll e der informellen Kommunikatio n i m Rahme n eine r Theorie kollektive n Handeln s s. N . J . Smelser , Theori e de s kollektive n Verhaltens , hg . v . W . R . Hein z u.a. , Köl n 1972, S. 37ff., 94-97 und passim . I n Smelsers Ansat z stellen Gerüchte , Ideologie n un d Aberglaube n verallgemeinerte ode r »generalisiert e Vorstellungen « dar , »durc h di e Menschen zu r Teilnahm e an Episoden kollektive n Handeln s aktivier t werden« ; ebd. , S . 94. Kollektives Verhalte n is t da bei definier t al s »zweckdienliche s Verhalten , durc h da s Menschen versuchen , ihr e soziale U m gebung ne u einzurichten . . . Weiterhin versuche n Mensche n i n kollektive n Episoden , dies e Umgebung au f de r Grundlag e eine s bestimmte n Vorstellungstyp s ne u z u definieren , de n ic h eine verallgemeinerte Vorstellun g nenne« ; ders. , Fragen über Reichweit e un d Problembereich e einer Theorie kollektive n Verhaltens , in : Hein z u. Schöbe r (Hg.), Theorie n kollektive n Verhal tens. Beiträg e zu r Analys e soziale r Protestaktione n un d Bewegungen , 2 Bde., Darmstadt / Neuwied 1973, S. 79-88, hier: 80. 48 Hierzu s . z . B. HStA/Kr , MK r 2330-2348, passim; Preußische r Kriegsministe r 2. 9. 191 5 an stellv . Gen.kdo.s : HStA/Kr , MK r 11484; Chef de s Generalstab s de r Arme e III b 5. 6. 191 7 an Kriegsministerien u . a.: ebd . Der damalig e Leite r de r Reichsgetreidestell e un d später e Reichskanzle r Michaeli s stellt e noch nac h Jahren mi t merkliche r Schärf e zu m Schlangestehe n de r Fraue n i n de r Kriegszei t fest: »Hie r holte n sic h di e Hausfraue n un d Mütte r da s Gif t un d di e Galle, mi t dene n si e ihre n

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Anmerkungen zu S . 242-243 Männern un d Kinder n di e Mahlzeite n au s minderwertige n Ersatznahrungsmittel n zusam menkochten«; G . Michaelis , Für Staat un d Volk . Ein e Lebensgeschichte, Berli n 1922, S. 288. 49 S. hierz u u . a . Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 10.9. 1918 : Monatsbericht für Augus t 1918: HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 2398; Generalkommando I. Bayerisches A K 23.9. 191 7 aus de m bayerische n Hauptquartie r a n da s bayerisch e Kriegsministerium: HStA/Kr , MK r 2337 . 50 W. Scheller , Al s di e Seel e starb . 1914-1918. Das Kriegserlebni s eine s Unkriegerischen , Berlin 1931, S. 48. Zur Stimmun g de r Frontsoldate n s . nebe n de r i n Anm . 10 der Einleitun g genannten Literatu r L . Scholz , Seelenlebe n de s Soldaten a n der Front. Hinterlassen e Aufzeich nungen de s im Krieg e gefallene n Nervenarztes , Tübinge n 1920. 51 Aktennotiz de r Abteilun g R de s bayerische n Kriegsministerium s vo m 26.2. 1917 : HStA/Kr, MK r 233 1 (Hervorh . i . Original) . 52 Ebd. 53 Ebd.: Kriegspresseam t Berli n 13. 1. 191 7 an Militärstelle n de s Heimatgebiets . De r An regung eine s al s ehrenamtliche n V-Manne s tätige n Arztes , de r übe r di e Unmeng e kursieren der Gerücht e i n Verzweiflun g geriet , »fü r di e Vertrauensmänner , di e absolu t zuverlässi g sind , eine offiziell e Auskunftsstell e fü r Gerücht e z u schaffen« , wurd e allerding s nich t entsprochen ; Ay, Entstehung , S . 181. 54 U m nu r zwe i Beispiel e fü r di e dichterisc h umgesetzt e Volksstimmun g z u nennen : »Morgenrot, Morgenrot , ohn e Marken gibt s kein Brot , un d wen n di e Sirene n blase n mu ß ic h in de n Kelle r rasen , ic h un d manche r Kamerad« ; Brie f vo m Mär z 1917 aus München , de r be richtete, da ß dieses Lie d in Münche n di e Kinder sangen : HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1979. In Jülich kursiert e di e Variante : »Morgenrot , Morgenrot , Englan d hat noc h kein e Not , Frankreic h back t noc h frisch e Brötchen , Rußlan d ha t noch Schweinepfot chen, Deutschlan d nicht s al s Marmelad e un d daz u noc h Erdkolrabien« ; Monatsbericht e vo m 3. 1 . 1917 , S. 5: BA/MA, RM3/4670 . Z u weitere n »Morgenrou-Abwandlunge n un d andere n kritischen Volkslieder n de r Kriegszei t s . W . Steinitz , Deutsch e Volksliede r demokratische n Charakters au s sech s Jahrhunderten, Berli n 1979, Bd. 2, S. 339-420, sowie R . Busch , Imperia lismus un d Arbeiterliteratu r i m Erste n Weltkrieg , in : AfS , Jg . 14, 1974 , S. 293-350, hier: 320-327. 55 S. z . B. Monatsbericht e vo m 3. 11 . 1916 , S. 34: BA/MA, RM3/4670 . I n einigen Fälle n schufen solch e positiven Gerücht e durch ihre Verbreitung da s positive Ereignis , da s sie ankün digten: I m Apri l 1917 beispielsweise tra f di e bayerisch e Polize i i n eine m Waldstüc k ein e Gruppe vo n ca . 400 Menschen, vo r alle m Fraue n un d Kinder , be i de r illegale n Brennholzbe schaffung an . Di e 13 wegen Forstfrevel s angezeigte n Persone n erklärten , si e hätte n »vo n ei nem Gerüch t gehört .. . , wonach di e Firm a Krup p i n Esse n di e Waldabteilung vo m Staat e er worben un d gege n da s Abhaue n de s Holze s nicht s einzuwende n habe« ; Stellv . Gen.kdo . III. Bayerisches A K Nürnber g 2. 5. 1917 : Monatsbericht fü r April 1917: HStA/Kr, MK r 12844. 56 S. z. B. Monatsberichte vom 3. 12 . 1916, S. 11: BA/MA, RM3/4670 , un d HStA/Kr, MK r 2330-2348, passim. 57 S. z . B. Monatsberich t de s stellv . Gen.kdo. s I. Bayerisches A K Münche n fü r Oktobe r 1916, S. 2: HStA/Kr, MK r 12842; Bezirksamt Miesbac h 7. 10 . 191 7 an Regierung Oberbayern : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1958. 58 Vertrauensmann Augsbur g 29.8. 1918 : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K München 1980; s. hierz u auc h Monatsberich t de s stellv. Gen.kdo. s Münche n vo m 10. 9. 1918 : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 2398. 59 S. z . B. HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1723, passim. 60 Stellv. Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 24. 10 . 191 7 an bayerische s Kriegsmini sterium: HStA/Kr , MK r 2335. 61 S. z . B. Monatsberich t de s stellv . Gen.kdo. s Münche n fü r Novembe r 1917 und fü r Ma i 1918: HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 2398.

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Anmerkungen z u S . 243-246 62 Bericht übe r Eisenbahn-Gerücht e vo m 5. 7. 1917 : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1723. 63 »Münchener Post « vo m 20. 6. 1916 . 64 Bezirksamt Wolfratshause n 24. 3 . 191 7 an Regierun g Oberbayern : HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo. I. Bayerisches A K Münche n 1951. 65 Der bayerisch e Innenministe r Brettreic h sa h sic h genötigt , diese n Gerüchte n mi t de m Argument entgegenzutreten , »da ß Mehlsäck e wede r gefüll t noc h lee r schwimmen« ; Innenmi nister Brettreic h 24. 8. 191 7 an Vaterländische Volkshilfe : HStA/Kr , MK r 2335. 66 Bericht übe r Eisenbahngerücht e vo m 5. 7. 1917 : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1723. 67 Bericht eine s Polizisten a n seine Dienststelle vo m 12. 6. 1917 : HStA/Kr, MK r 2333. 68 Bezirksamt Rosenhei m 19. 10 . 191 8 an stellv . Gen.kdo . München : HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo. I. Bayerisches A K Münche n 1970. 69 Vertrauensmann-Bericht vo m 27. 9. 1918 : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K München 1981, Bl. 113. 70 Bericht übe r Eisenbahn-Gerücht e vo m 5.7. 1917 ; Kriegspresseamt 14.7. 1917 : HStA/ Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1723. 71 Bericht de s Historiker s Kar l Alexande r vo n Mülle r übe r di e Stimmun g i n Bayer n a m 3 1 . 8 . 191 6 an bayerisches Kriegsministerium , S . 3: HStA/Kr, MK r 2335. 72 Kartell de r Stammbuc h f ührenden Spezialklub s Frankfurt/Mai n 21.8. 191 6 an stellv . Gen.kdo. München : HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 949. Die Militär behörden dementierte n umgehend . 73 Monatsbericht de s stellv . Gen.kdo. s Münche n fü r Augus t un d fü r Septembe r 1918: HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 2398; Vertrauensmann Oberstaufe n 23. 8 . 1918 : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1980. 74 Demgegenüber vertrit t Friedhel m Bol l di e These, al s Träger de r Gegenöffentlichkeit i m Ersten Weltkrie g käme n vo r alle m di e sozialdemokratische Opposition , bi s zu einem gewisse n Grad auc h di e MSP D i n Frage ; F . Boll , Spontaneitä t de r Basi s un d politisch e Funktio n de s Streiks 1914–1918. Das Beispie l Braunschweig , in : A ß , Jg . 17, 1977 , S. 337-366, hier: 340 und passim ; ders. , Massenbewegunge n i n Niedersachse n 1906–1920. Eine sozialgeschichtlich e Untersuchung z u de n unterschiedliche n Entwicklungstype n Braunschwei g un d Hannover , Bonn 1981, S. 147-150 und passim . Angesicht s de r Tatsache , da ß da s i n de r vorliegende n Ar beit analysiert e informell e Kommunikationsnet z ebensoweni g unte r sozialdemokratische m Einfluß stan d wi e di e wei t überwiegend e Mehrzah l de r Lebensmittelunruhen , is t Boll s Thes e in dieser For m woh l nich t überzeugend . 75 Zum Konzep t de s kollektiven Handeln s s. Smelser , Theorie, S . 295 und passim . 76 S. z . B . ZSt A Merseburg , Rep . 197A , Io , Nr . 1, Bd. 2, passim; Kriegsamt/Technische r Stab 26. 4. 191 7 zu de n Streiks : HStA/Kr , MK r 17306; Notiz übe r de n Vortra g vo n Senato r Sander vo m 8. 9. 191 6 vor de m Hamburge r Sena t übe r di e gerad e abgelaufene n Hamburge r Unruhen: St A Hamburg , Kriegsakte n de s Senat s AII P 233; Monatsberichte vo m 3.2. 1917 , S. 29: BA/MA. RM3/4670 . 77 S. hierz u HStA/Kr , MK r 12842-12853, passim; HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 2398, 2399 , 1942-1972 , passim; BA/MA , RM3/4670 , 4671, 7794-7796 , passim; ZSt A Merseburg , Rep . 197A , Io , Nr . 1, Bd. 1 und 2, passim; Boll , Massenbewegun gen, S . 216f.; V. Ullrich, Massenbewegunge n i n de r Hamburge r Arbeiterschaf t i m Erste n Weltkrieg, in : A . Herzi g u.a . (Hg.) , Arbeite r i n Hamburg , Hambur g 1983, S. 407–418, hier: 411. 78 Protokoll de r Besprechun g i m preußische n Kriegsam t betr . Streikbewegun g a m 13.8. 1917, S. 3; Beauftragter de s bayerische n Kriegsministerium s bei m preußische n Kriegsam t 14. 8. 191 7 an bayerisches Kriegsministerium : HStA/Kr , MK r 17306; s. hierz u auc h das Proto koll derselbe n Sitzun g in : BA/MA, RM31/2383 , Bl . 100–106. Der Berich t übe r di e Militarisie -

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Anmerkungen z u S . 247-249 rung vo n Betrieben , de n da s preußisch e Kriegsam t a m 16.3. 191 8 versandte, enthiel t unte r »Einige besonder e Winke« : »Fraue n besonder s schwierig« ; Preußische s Kriegsam t 16. 3. 191 6 an stellv. Gen.kdo. s u . a. : HStA/Kr , MK r 17306. 79 Regierungspräsident Magdebur g 9. 9. 191 6 an preußische n Innenminister : ZSt A Merse burg, Rep . 197A , Io, Nr . 1, Bd. 2, Bl. 14-16. 80 Monatsberichte vo m 3. 3 . 1917 , S. 9: BA/MA, RM3/4670 . 81 S. hierz u H.-J . Bieber , Gewerkschafte n i n Krie g un d Revolution . Arbeiterbewegung , In dustrie, Staa t un d Militä r i n Deutschlan d 1914–1920, 2Bde., Hambur g 1981, S. 220-253, 487-504, sowie Bericht e de s Büro s fü r Sozialpolitik : HStA/Kr , MK r 14029, passim, un d Kocka, Klassengesellschaft , S . 51-57. 82 Monatsberichte fü r Jun i 1916, S. 13: BA/MA, RM3/4670 . Da s Bür o fü r Sozialpoliti k kommentierte: »S o weni g ma n preußisch e Beamtentreu e anzweifel n wird , wei l au f der Eisen bahn jetzt vie l Gepäc k abhande n kommt , s o weni g ma n di e Pos t fü r di e Paketdiebstähl e ihre r Aushilfen moralisc h verantwortlic h mache n kann , s o unmöglic h is t es , de n Gewerkschafte n Disziplinlosigkeiten vorzuwerfen , di e ein e Arbeiterschaf t begeht , di e sic h vo n de r frühe r i n ihnen organisierte n wesentlic h unterscheidet« ; Berich t de s Büro s fü r Sozialpoliti k vo m 15. 9. 1917, S. 4f.: HStA/Kr , MK r 14029. 83 Vorstand de s Stadtmagistrat s Bayreut h 17. 9. 191 7 an Regierun g Oberfranken : HStA / Kr, MK r 17161. 84 K.-D. Schwarz , Weltkrie g un d Revolutio n i n Nürnberg . Ei n Beitra g zu r Geschicht e de r deutschen Arbeiterbewegung , Stuttgar t 1971, S. 148-151. 85 S. z . B . Garnisonskommand o Augsbur g 26.12. 191 7 an stellv . Gen.kdo . München : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 557; Bayerisches Innenministeriu m 28.6. 191 8 an Regierun g Oberbayern : HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Mün chen 1372. Auch be i de r Beschlagnahm e vo n Hamsterwar e au f de n Bahnhöfe n ergriffe n di e Soldaten fü r di e Hamsterer Partei ; s . z . B. Bayerische s Kriegsministeriu m 15. 9. 191 7 an stellv . Gen.kdo.s: HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 808. 86 Die Feie r fie l schließlic h »angesicht s de r Zeitläufte« aus ; Αy, Entstehung, S . 122. 87 S, v . Koppenfels , Di e Kriminalitä t de r Fra u i m Kriege , Leipzi g 1926, S. 17, 23 ; M. Liep mann, Krie g un d Kriminalitä t i n Deutschlan d (Wirtschafts - un d Sozialgeschicht e de s Welt kriegs, dt . Serie) , Stuttgar t u . a . 1930, S. 24. S. hierz u auc h oben, S . 226-229. 88 Sitzung de s preußische n Staatsministerium s vo m 25. 10 . 1915 : ZStA Merseburg , Rep . 90a Y.IX.Sa , Nr . 2, Bl. 148ff. , S . 16f ; Erste r Staatsanwal t de s Landgericht s I Berlin 4. 12 . 1915 an Polizeipräsiden t Berlin : ZSt A Merseburg , Rep . 197A , lo , Nr . 1, Bd. 1, BL 36. Als Beleg fü r di e Tatsache , da ß e s sic h vorwiegen d u m Fraue n handelte , s . Ay , Entstehung , S. 184, A n m . 2 . 89 HStA/Kr, MK r 2497, passim; Stellv . Gen.kdo . Münche n 29. 8. 191 8 an Standortälteste : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 557; Bayerisches Kriegsministeriu m 23.7. 191 8 an bayerische s Staatsministeriu m de s Innern : HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches AK Münche n 1373. In Bayer n fande n di e Handgasbombe n u . a . i n Ingolstad t Verwendung , w o e s i m Ma i 1918 zu Krawalle n kam , nachde m Poliziste n eine n Kriegsinvalide n festgenomme n un d verprügel t hatten. Di e aufgebrachte Meng e versucht e erst , de n Invalide n durc h Verhandel n freizubekom men, un d zündet e schließlich da s Rathau s an . »Ers t nac h stundenlange m Tobe n un d nac h ver schiedenen unzulängliche n Aufgebote n de r bewaffnete n Mach t konnte n di e Ausschreitunge n durch Anwendun g vo n Gasbombe n unterdrückt.. . werden« ; bayerische r Innenministe r Brettreich 22. 6. 191 8 an Regierun g Oberbayern , zit . nac h Αy, Entstehung, S . 187. 90 Stellv. Gen.kdo . III. Bayerisches A K Nürnberg : Monatsberich t fü r Juni 1918: HStA/Kr, MKr 12849, Bl. 2. 91 Kriegspresseamt Berli n 26. 10 . 191 7 an Leite r de s Vaterländische n Unterrichts : A b schrift de s Kriegspresseamtsbericht s fü r di e OH L übe r Aufklärun g be i de n stellv . Gen.kdo.s : HStA/Kr, MK r 2336.

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Anmerkungen z u S . 249-250 92 S. hierz u die Monatsberichte i n BA/MA un d HStA/Kr, s . o., Anm . 77, sowie ZStA Pots dam, Reichskanzle i 2398-2398/11, passim. 93 Die Eisenbahnüberwachung entstan d 1915/16 auf der Ebene der einzelnen stellvertreten den Generalkommando s un d überzo g sei t 1917 das ganz e Reich ; HStA/Kr , MK r 11484, passim. Si e wa r ursprünglic h al s Maßnahm e gedacht , di e di e Festnahm e vo n Fahnenflüchtige n und ausländische n Spione n erleichter n sollte ; Nicolai, Nachrichtendienst , S . 41 f. 94 Denkschrift de s bayerischen Kriegsministerium s vo m Mär z 1918: HStA/Kr, MK r 2339. 95 Ausarbeitung de s stellv . Gen.kdo. s Münche n (undatiert) ; »Leitsätz e fü r di e Briefab schriften« vo n Adol f Schinnerer : HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1943; aus diese n beide n Quelle n auc h di e Zitat e i m Text . Überliefer t scheine n leide r nu r di e Exzerpte fü r Mär z 1917 (HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 1979) zu sein. 96 Nach O. Riebicke , Wa s braucht e de r Weltkrieg ? Tatsache n un d Zahle n au s de m deut schen Ringe n 1914/18, Leipzig 1936, S. 111, wurden i m Erste n Weltkrie g durchschnittlic h pr o Tag knap p 8 Mio. Sendunge n a n Heeresangehörig e ausgeliefert ; 1918 waren e s übe r 4 Mio. Umgekehrt gabe n Heeresangehörig e z u Beginn de s Kriege s knap p 6 Mio. Sendunge n in s Hei matgebiet auf ; i m weitere n Kriegsverlau f stieg dies e Zah l au f fast 8 Mio. an . Di e durchschnitt liche Zahl tägliche r Feldpostsendunge n betru g als o hiernach i m Erste n Weltkrie g anfang s etw a 14 Mio. Stück , späte r bi s z u 19 Mio. Hinz u kame n di e innerhal b de s Heere s gewechselte n Briefe un d Karten , di e sich au f täglich meh r al s eine Million beliefen ; ebd . 97 Bayerisches Kriegsministeriu m 11.8. 191 7 an Kommandeur e de r mobile n Formationen : HStA/Kr, Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K 1373. 98 A. Mendelssohn-Bartholdy , Th e Wa r an d Germa n Society . Th e Testamen t o f a Liberal , New Yor k 1971, S. 76. Die Berline r Dadaistenbewegun g de r unmittelbare n Nachkriegszei t griff di e zukunftsweisende n Aspekte , di e de r Erst e Weltkrie g au f diese m Gebie t aufgezeig t hatte, i n ihre r Weis e au f Nebe n de m »Oberdada « un d andere n Funktionsträger n ernannt e si e George Gros z zu m »Propagandada« , »wa s zwische n de m Name n un d de m kleingedruckte n Satz »wi e denke ic h morgen? « au f meine r Visitenkart e stand . Ic h hatt e Parole n z u erfinden, di e der gute n Sach e de s Dadaismu s nütze n sollten . Etw a »Dad a is t da « ode r »Dad a siegt« , ode r »Dada, dad a übe r alles! « Wi r druckte n dies e Parole n au f klein e Zettel , un d bal d ware n Schau fenster, KafTeehaustische , Haustüre n un d dergleiche n i n ganz Berli n dami t bepflastert . E s wa r wirklich besorgniserregend . Di e »B.Z . a m Mittag « bracht e eine n ganze n Artike l übe r di e da daistische Gefahr«; Grosz , Ein kleine s Ja, S . 131. Entstehungszusammenhänge un d Organisatio n de r deutsche n »Aufklärungs«-Politi k i m Ersten Weltkrie g sin d gu t untersuch t un d solle n hie r nich t ei n weitere s Ma l rekapitulier t wer den. S . hierz u nebe n de r i n Anm . 44 dieses Kapitel s genannte n Literatu r H . Thimme , Welt krieg ohn e Waffen . Di e Propagand a de r Westmächt e gege n Deutschland , ihr e Wirkun g un d ihre Abwehr , Stuttgart , Berli n 1932; Vogel, Organisation , passim ; Deist , (Bearb.) , Militär , Bd. 1, Dok. Nr . 124-183, Bd. 2, Dok. Nr . 321-370 (betr. »Aufklärung«) ; K . W . Wippermann , Politische Propagand a un d staatsbürgerlich e Bildung . Di e Reichszentral e fü r Heimatdiens t i n der Weimare r Republik , Köl n 1976, S. 21-48; D. Stegmann , Di e Erbe n Bismarcks . Parteie n und Verbänd e i n de r Spätphas e de s Wilhelminische n Deutschlands . Sammlungspoliti k 1897-1918, Köln/Berlin 1970; ders.: Die deutsche Inlandspropagand a 1917/18. Zum innenpoli tischen Machtkamp f zwische n OH L un d zivile r Reichsleitun g i n de r Endphas e de s Kaiser reichs, in : M G M, Jg. 12, 1972 , S. 75-116; G. Mai , »Aufklärun g de r Bevölkerung« un d »Vater ländischer Unterricht « i n Württember g 1914-1918, in: Zeitschrif t fü r Württembergisch e Lan desgeschichte, Jg . 36, 1977 , S. 199-235; G. D . Stark , Cinema , Society , an d th e State : Policin g the Fil m Industr y i n Imperia l Germany , in : ders . u . Lackne r (Hg.) , Essay s o n Cultur e an d So ciety i n Moder n Germany , Arlington/Texa s 1982, S. 122-166; H. Barkhausen , Filmpropagand a für Deutschlan d i m Erste n un d Zweiten Weltkrieg , Hildeshei m u . a . 1982, S. 21-181.

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Anmerkungen z u S . 250—252 99 Kriegspresseamt Berli n 19.9. 191 7 an bayerische s Kriegsministeriu m u . a . : HStA/Kr , MKr 2335. 100 Mai, »Aufklärung . . .«, S. 230. 101 Später wurd e si e i m Sprachgebrauc h de r Militärbehörde n i n »Vaterländische r Unter richt« umgetauft ; s . hierz u de n Erlaß Hindenburg s vo m 15. 9. 1917 , abgedruckt be i Deis t (Be arb.), Militär , Bd . 2, Dok. Nr . 337, S. 860-864. 102 S. z . B. Preußische s Kriegsministeriu m i m Mär z 1916 an preußische n Innen - un d Un terrichtsminister: ZSt A Potsdam , Reichsministeriu m de s Inner n 12475; Stellv. Gen.kdo . VII. AK Münste r 12. 7. 1917 : HStA/Kr, MK r 2333; Monatsbericht de s stellv. Gen.kdo. s Münche n für Oktobe r 1918, S. 4: HStA/Kr, MK r 12850. 103 Notiz vo n Batocki s a n Reichskanzle r vo m 18. 5. 1917 : ZStA Potsdam , Reichskanzle i 2398/10, B1.224f. 104 ZStA Potsdam , Reichskanzle i 2398/11, BI. 61-78. Einem handschriftliche n Zusat z zu folge stamm t di e Ausarbeitun g »vo n eine m deutsche n Offizier« . Friedric h Nauman n al s Ver fasser nenn t Thimme , Weltkrieg , S . 241 f. 105 S. zu m Proble m de r britischen , französische n un d vo r alle m deutsche n Sinnstiftun g des Krieg s R . Rürup , De r »Geis t vo n 1914« in Deutschland . Kriegsbegeisterun g un d Ideologi sierung de s Krieg s i m Erste n Weltkrieg, in : B. Hüppauf , (Hg.) , Ansichte n vo m Krieg . Verglei chende Studie n zu m Erste n Weltkrie g i n Literatu r un d Gesellschaft , Königstein/Ts . 1984, S. 1-30, hier: S . 14 f. un d passim , sowi e Thimme , Weltkrieg , S . 208-247. 106 Dr. A . Messme r vo n de r »Vaterländische n Volkshilfe « Münche n a m 28.7. 191 7 an Pressereferat de s bayerische n Kriegsministeriums : »Aufklärun g zu r Hebun g de r Volksstim mung«, S . 1: HStA/Kr, MK r 2334. 107 Besprechung übe r Aufklärun g i m Kriegspresseam t 18.5. 1917 : ZStA Potsdam , Reichsministerium de s Innern 12475, Bl. 112; s. hierz u auc h ZSt A Potsdam , ebd. : Kriegspres seamt 19. 5. 1917 : »Richtlinien fü r di e Aufklärun g de s Kriegspresseamt s übe r einzeln e z . Zt. wichtige Fragen« . 108 S. z . B. Stellv . Gen.kdo . VII. AK Münste r 4. 12 . 191 6 an Landräte un d (Ober-)Bürger meister; dass. 21 . 4. 191 7 an Ober - un d Regierungspräsidenten : HSt A Düsseldorf , Regierun g Düsseldorf 15077; Kriegspresseamt 26. 10 . 191 7 an Leite r de s Vaterländische n Unterrichts : HStA/Kr, MK r 2336; Tagung de r Leiter des Vaterländischen Unterricht s be i den stellv . Gen.k do.s 15/16. 5. 191 8 im Reichstag : HStA/Kr , MK r 2342. Für di e »Aufklärung « de r Fronttruppe n schu f die Militärfuhrun g ein e eigen e Organisation , die auc h mi t Blic k au f di e Nachkriegszei t konzipier t war ; s . z . B. Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Münche n 10. 1 . 191 8 an bayerisches Kriegsministerium : HStA/Kr , MK r 2338. »Der Aufklärungsgedanke«, s o ihre Zielsetzung, »mu ß . . . den gesamte n militärische n Organismu s durchdringen . . . Der Solda t sol l gezwunge n werden , nich t de r Gleichgültigkei t z u verfallen , sondern a n de n Geschicke n de s Vaterlande s innerlic h teilzunehmen . . . Denn je gebildete r ei n Volk ist , u m s o meh r träg t e s di e Bürgschaf t de s Siege s i n sich« ; Aufklärungsstell e de s stellv . Gen.kdo.s XIV AK Karlsruh e 20.9. 1917 : HStA/Kr, MK r 2335. Die Gewerkschafte n ver dächtigten di e Truppen-»Aufklärung « nich t z u unrecht , ungeachte t de s Burgfrieden s fü r be stimmte Kriegsziel e z u agitieren ; s . z . B. Generalkommissio n de r Gewerkschafte n Deutsch lands 8. 9. 191 7 an preußisches Kriegsministerium , S . 9-12: BA/MA, RM31/1004 ; Ludendorf f 15. 9. 191 7 an Oberkommandos u . a. : HStA/Kr , MK r 2335. Bei de n Soldate n riefen di e »Haßvorträge « (Ringelnatz ) jedoc h ehe r Langeweil e un d Ge lächter hervo r al s Annexionslust; s . z . B. Denkschrif t vo n Th . H.Jansen , Abteilungsvorstehe r der Bildungszentral e bei m Generalgouvernemen t Belgie n vo m Oktobe r 1917: HStA/Kr, MK r 2336. 109 S. hierz u Wippermann , Politisch e Propaganda , S . 21—48; Nicolai, Nachrichtendienst , S. 35-43, 113-136 ; Ay, Entstehung , S . 62ff.; Albrecht , Landta g un d Regierun g i n Bayer n a m Vorabend de r Revolutio n vo n 1918. Berlin 1968, S. 124-134, 19–-208, 232-252; Bayerisches

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Anmerkungen z u S. 252-25 3 Innen- a n bayerische s Außenministeriu m 14.6 . 191 8 übe r Aufba u de r Propagandaorganisa tion i n Bayern : HStA/Kr , MK r 2342 . Di e bayerische Regierun g zo g dies e Regelun g vor , wei l sie da s Militä r au s de r Politi k fernhielt und da s föderalistische Prinzi p stärkte ; s . Dispositio n aus de m bayerische n Kriegsministeriu m betr . Aufklärungsarbei t vo m 5 . 12 . 1917 : HStA/Kr , MKr 2337 ; Denkschrif t de s bayerische n Kriegsministerium s vo m Mär z 191 8 über preußisch e Vorstöße, di e Zentralgewal t au f de m Gebie t de r Aufklärun g gegenübe r Bayer n z u stärken : HStA/Kr, MK r 2339 . Zu r württembergische n Organisatio n de r Propagand a s . Mai , »Aufklä rung . . .«, passim . 110 S . z . B. di e List e de r 12 0 Personen, di e sich i m Augus t 191 7 de m stellv . Gen.kdo . VII. AK Münste r fü r »Aufklärungs«-Vorträg e zu r Verf ügung gestell t hatten , di e jeweil s unte r Nennung bestimmte r Theme n un d soziale r Schichte n (ländlich , städtisc h etc.) , fü r dere n Be handlung si e besonder s geeigne t erschienen , aufgeführ t wurden ; Stellv . Gen.kdo . VII. AK Münster 1 . 8. 1917 : HStA/Kr, MK r 2334 . 111 Richtlinie n fü r de n Aufklärungsdiens t i n de r Heima t vo m 10.3 . 1918 , S.6f. : ZSt A Potsdam, Reichsministeriu m de s Innern 12298 , Bl . 18 5 ff. 112 De r Volksverei n fü r da s katholisch e Deutschlan d un d di e protestantisch e Kirch e grün deten zusamme n i n Bayer n di e »Vaterländisch e Volkshilfe« , di e zahlreich e V-Leut e beschäf tigte un d Propagandaaktione n durchführte . S . hierz u Albrecht , Landtag , S . 201 ff.; Tätigkeits bericht de r Vaterländische n Volkshilf e pr o 191 7 vom 1 . 1. 1918 : HStA/Kr, MK r 2338 . 113 Zu r Roll e de r Gewerkschafte n un d Unternehmerorganisatione n i n de r Inlandspropag anda s . Bieber , Gewerkschaften , S . 471–486. Di e Kriegsamtsstell e Nürnber g stellt e 191 8 fest : »Der Versuch , übe r de n Kop f der Gewerkschafte n hinwe g au f di e Arbeiterschaf t »aufklärend « [sie] einzuwirken , würd e nich t nu r praktisc h keine n Erfol g versprechen , sonder n auc h seh r bedenkliche Folgeerscheinunge n haben , da de r Eindruc k hervorgerufe n werde n würde , e s se i beabsichtigt, de n Gewerkschafte n entgege n z u arbeiten . Dadurc h würd e da s bisherig e Zu sammenwirken de r Gewerkschaftsführe r mi t de r Kriegsamtsstell e gefährde t werden . Dies e Zusammenarbeit is t daraufhi n gerichtet , de n Einfluß der Gewerkschafte n au f di e Arbeiter masse zu r Aufrechterhaltun g de s Wirtschaftsfrieden s nutzba r z u mache n un d de n Gewerk schaftsführern di e Verantwortun g fü r da s Verhalte n de r Arbeiterschaf t z u übertragen« ; Kriegsamtsstelle Nürnber g 13 . 9. 191 8 an bayerisches Kriegsamt : HStA/Kr , MK r 2353 . Zum Alldeutsche n Verban d s . A . Kruck , Geschicht e des Alldeutschen Verbande s 1890-193 9 (Veröffentlichungen de s Institut s fü r Europäisch e Geschicht e Mainz , 3) , Wiesbade n 1954 ; L . Werner, De r Alldeutsch e Verban d 1890-1918 , Berli n 193 5 (Ndr . Vadu z 1965) ; G . Eley , Resha ping th e Germa n Right . Radica l Nationalis m an d Politica l Chang e afte r Bismarck , Ne w Haven 1980 ; K. Schilling , Beiträg e z u einer Geschichte des radikalen Nationalismu s i n der Wilhel minischen Är a 1890-1909 , Diss . Leipzi g 1968 . 114 S . z . B. Kriegspresseam t Berli n 18.9 . 191 7 a n Frauenorganisationen : HStA/Kr , MK r 2335; Kriegspresseam t Berli n 1.3 . 191 7 a n Frauenorganisationen : HStA/Kr , MK r 2331 ; Kgl . Bayerisches Staatsministeriu m de s Inner n 28.6 . 191 7 a n bayerische s Kriegsamt : HStA/Kr , MKr 14384 ; Stellv . Gen.kdo . VII. AK Münste r 4 . 12 . 191 6 a n Landrät e un d (Ober-)Bürger meister: HSt A Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 15077 . 115 S . z . B. Kriegspresseam t Berli n 4 . 12 . 191 7 an stellv . Gen.kdo.s : HStA/Kr , MK r 2339 ; Tagung de r Leite r des Vaterländischen Unterricht s bei den stellv . Gen.kdo. s 15./16 . 5. 191 8 i m Reichstag, S . 4 des Protokolls: HStA/Kr, M K 2342 . 116 Stellv . Gen.kdo . XIII. AK Stuttgar t 19.7 . 191 7 a n alle : HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . 1 . Bayerisches A K Münche n 1722 ; Mai, »Aufklärun g . . .«, S . 215. 117 Protokol l de r Aufklärungssitzun g i m Kriegspresseam t Berli n vo m 10 . 12. 1917 : HSt A München, MIn n 66330 , S . 3: Oberstleutnan t vo n Kreß, Vertreter de s bayerischen Kriegsmini steriums, übe r die bayerische Propaganda . 118 S . z . B. Preußische s Kriegsministeriu m 10.9 . 191 6 a n Reichskanzler : ZSt A Potsdam ,

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Anmerkungen z u S . 253-254 Reichskanzlei 2398/7, Bl. 248; Oberbürgermeister/Polizeiverwaltung Düsseldorf l 1. 2. 191 8 an Regierungspräsident Düsseldorf : HSt A Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 14966. 119 In de n Argumentationshilfe n wurde n Antworte n au f di e wichtigste n Gravamin a de r Volksmeinung formuliert . S . z . B . Rundschreibe n de s Knegspresscamt s Berli n vo m 21.9. 1917, das u . a . Entgegnunge n au f di e Frag e anbietet , waru m vo r alle m diejenige n vo m Hel dentod singen , di e sicher z u Hause sitzen: HStA/Kr , Stellv . Gen.kdo . I. Bayerisches A K Mün chen 2399. Die Theaterauffuhrunge n erbrachte n mitunte r interessant e Erkenntnisse : »E s wa r gan z merkwürdig, i m Hunsrüc k i n kleine n Städtchen , i n Arbeiternestern , w o nu r Bergarbeite r wohnen, ha t sic h »Iphigenie « al s Zugstüc k erwiesen« ; Tagun g de r Leite r de s Vaterländische n Unterrichts bei den stellv. Gen.kdo. s 15./16 . 5. 191 8 im Reichstag, S . 10 des Protokolls: HStA/ Kr, MKr2342 . 120 Kriegspresseamt Berli n 26. 10 . 191 7 an Leite r de s Vaterländische n Unterrichts : HStA / Kr, MKr2336 . 121 Im Vorstan d de s »Kulturbundes « saße n Herman n Sudermann , Walte r Rathenau , Hein rich vo n Gleiche n un d de r Afrik a forsch er Le o Frobenius ; Wippermann , Politisch e Propaganda , S.26f. 122 S. hierz u Wippermann , Politisch e Propaganda , S . 21-48. Die »Zentralstell e fü r Heimat aufklärung«, di e i n de r Weimare r Republi k al s »Reichszentral e fü r Heimatdienst « ihr e eigent liche Wirksamkei t entfaltet e un d i m Dritte n Reic h vorübergehen d stillgeleg t wurde , wurd e 1952 zur »Bundeszentral e fü r politisch e Bildung « umgewandelt ; ebd. , S . 15; s. zu r »Zentral stelle fü r Heimataufklärung « auc h Stegmann , Deutsch e Inlandspropaganda , S . 90-93, sowie J . K . Richter , Di e Reichszentral e fü r Heimatdienst . Geschicht e de r erste n politische n Bil dungsstelle i n Deutschlan d un d Untersuchun g ihre r Roll e i n de r Weimare r Republik , Berli n 1963. 123 Zur Kriegsanleihe-Propagand a s . Koszyk , Deutsch e Pressepolitik, S . 136-145. 124 Der Abgeordnet e Müller-Meininge n au f de r »Aufklärungs«-Sitzun g i m bayerische n Innenministerium vo m 5. 11 . 1918 , S. 8 des Protokolls . Da s »geistig e Kriegsernährungsamt « hatte Matthia s Erzberge r ursprünglic h i m Kultusministeriu m al s Informationsbüro fü r patrio tische Anfrage n einrichte n wollen ; M . Erzberge r 28. 8. 191 6 an Staatssekretä r vo n Jagow i m Auswärtigen Amt : ZSt A Potsdam , Reichskanzle i 2398/7, Bl. 124ff . 125 Generalstabschef 9. 3. 191 7 an preußische s Kriegsministerium : ZSt A Potsdam , Reichs kanzlei 2398/10, Bl. lOOff. ; ders . 17. 8. 191 7 an Reichskanzler : ebd. , Bl . 382ff; ders . 15. 11. 1917 an preußische n Kriegsministe r un d ander e Kriegsministerien , de n Reichskanzle r u.a. : ZStA Potsdam , Reichskanzle i 2398/11, Bl. 91 ff.; zu den Differenze n zwische n OH L un d zivi ler Reichsleitun g i n Frage n de r Inlandspropagand a s . Stegmann , Deutsch e Inlandspropaganda , passim. 126 S. hierz u Stark , Cinema , passim , un d Barkhausen , Filmpropaganda , S . 21-181. 127 »Bericht übe r di e Tagun g vo m 7.-10. 8 . 191 7 in Berlin« . Kriegspresseam t Berli n 1917, S.9. 128 Stark, Cinema , S . 161. 129 Vortrag Dr . Wagner s vo m Buf a »Da s Bild - un d Film-Am t un d sein e Aufgaben« , ge halten a m 7.8. 191 7 vor de n Teilnehmer n de r Aufklärungstagun g i n Berli n vo m 7.-10.8. 1917, in: »Berich t übe r die Tagung . . .«, s. o., Anm . 127, S. 17. 130 Reichsamt de s Innern 12. 3. 191 8 an Bundesregierunge n u . a.: HStA/Kr , MK r 2341. 131 Bericht de s bayerische n Teilnehmer s übe r di e Sitzun g de s Kriegspresseamt s mi t de n Aufklärungsoffizieren 6.-9. 8 . 1917 : HStA/Kr, MK r 2334. 132 Eingabe eine s Münchene r Kinobesitzer s vo m Herbs t 1917, zit. nac h Ay , Entstehung , S.65. 133 »Solange di e deutsch e Werbearbei t nich t bewuß t zusammengefaßt , vo n eine m weit blickenden tüchtige n Fachman n einheitlic h geleite t wird , sin d die einzelnen auseinanderfallen -

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Anmerkungen z u S . 254-251 den Teil e ebe n nu r Teil e un d kei n Gesamtwer k . . . Werbefachleute sin d i n leitende Stellunge n unserer Nachrichtenämte r heranzuziehen« , hie ß e s i n de n »Mitteilunge n de s Verein s Deut scher Reklamefachleute « vo m Septembe r 1918; zit. nac h Lebec k u . Schütte , Propagandapost karten I, Dortmund 1980, S. 7 ff. 134 Monatsberichte vom 3. 8. 1917 , S. 5: BA/MA, RM3/4670 ; s. hierzu auch Monatsberich t des Kriegsversorgungsamt s Hambur g vo m 24.5. 1917 , S. lf. : St A Hamburg , Kriegsversor gungsamt I a 19b, Bd . 2. 135 Monatsbericht de s stellv . Gen.kdo. s I. Bayerisches A K Münche n fü r Jul i 1918, S. 2: HStA/Kr. MK r 12849. 136 Tagung de r Leite r de s Vaterländische n Unterricht s be i de n stellv . Gen.kdo. s 15./16. 5. 1918 im Reichstag , S . 10 des Protokolls: HStA/Kr , MK r 2342. 137 E. Cassirer , Vo m Mythu s de s Staates , Züric h 1949, S.367f., 374. S. hierz u auc h di e ebenso vernichtend e wi e zukunftsweisend e Kritik , di e Adol f Hitler i n »Mei n Kampf « (Kapite l »Kriegspropaganda«) a n de r Propagand a de r Weltkriegszei t übte . Zu r Entwicklungsge schichte staatliche r Propagand a s . demnächs t U . Daniel , Di e Politik de r Propaganda : Zu r Pra xis gouvernementale r Selbstrepräsentatio n vo m Kaiserreic h zu r Bundesrepublik , in : J . Schmitt-Sasse (Hg.) , Propagand a (Arbeitstitel ) (voraussichtlic h 1989).

5. Z u s a m m e n f a s s u n g un d S c h l u ß b e m e r k u n g e n 1 K. Gutzkow , Philosophi e de r Ta t un d de s Ereignisse s (1835), zit. nach : Gras s u. Koselleck , Artikel »Emanzipation« , in : Geschichtlich e Grundbegriffe . Historische s Lexiko n zu r poli tisch-sozialen Sprach e i n Deutschland , hg . v . O . Brunne r u.a. , Bd . 2, Stuttgart 1975, S. 153-197, hier: 168. 2 Zit. nac h V. Ullrich, Kriegsalltag . Hambur g i m Erste n Weltkrieg , Köl n 1982, S. 56. 3 S. hierz u Gras s u. Koselleck, Artike l »Emanzipation« , passim . 4 Diesen explizi t ode r implizi t gegenwartsidealisierende n Aspekt , de r nicht z u verwechsel n ist mi t de m gewoll t ode r ungewoll t enge n Bezu g jeder geschichtswissenschaftliche n Analys e zu de n Verhältnisse n un d Denkweise n ihre r eigene n Gegenwart , teil t de r Emanzipationsbe griff mi t eine m beträchtliche n Tei l modernisierungstheoretische r Ansätze ; s . hierz u H.-U . Wehler, Modernisierungstheorie un d Geschichte , Göttinge n 1975, S. 11-30, 4 4 und passim . 5 J . W . v. Goethe , Urfaust , in : Berliner Ausgabe , Bd . 8, Berlin/Weimar 1973 2, S. 13. 6 S. z . B. Honegge r u. Heint z (Hg.) , Liste n de r Ohnmacht. Zu r Sozialgeschicht e weibliche r Widerstandsformen, Frankfur t 1981; Thomis u. Grimmett , Wome n i n Protest, 1800-1850, London, Canberr a 1982; L. A . Tilly , Women' s Collectiv e Actio n an d Feminis m i n France , 1870-1914, in: die s u . Ch . Till y (Hg.) , Clas s Conflic t an d Collectiv e Action , Beverl y Hills , London 1981, S. 207-231. Zum kollektive n Protes t un d Widerstan d vo n Arbeiterinne n un d Arbeiter n i m Erste n Welt krieg s . di e i n Anm . 10 der Einleitun g genannt e Literatu r un d W . Albrech t u.a. , Frauenfrag e und deutsche Sozialdemokrati e vo m End e des 19. Jahrhunderts bi s zum Begin n de r 20erJahre , in: A ß , Jg . 19, 1979 , S. 459-510, besonders: 502f ; zu m Zweite n Weltkrie g s . Zor n u . Meyer , Frauen gege n Hitler , Frankfur t 1974; T. W . Mason , Arbeiterklass e un d Volksgemeinschaft , Dokumente un d Materialie n zu r deutsche n Arbeiterpoliti k 1936-1939, Opladen 1975; H, El ling, Fraue n i m deutsche n Widerstan d 1933-1945, Frankfurt 1978; L. Eiber , Fraue n i n de r Kriegsindustrie, in : M . Brosza t u.a . (Hg.) , Bayer n i n de r NS-Zeit , Bd . III, München 1981, S. 569-644; G. Schefer , W o Unterdrückun g ist , da ist auc h Widerstan d - Frauen gege n Faschis mus un d Krieg , in : Frauengrupp e Faschismusforschung , Mutterkreu z un d Arbeitsbuch . Zu r Geschichte de r Fraue n i n der Weimarer Republi k un d i m Nationalsozialismus , Frankfur t 1981; Kuhn u . Rothe , Fraue n i m deutsche n Faschismus . 2Bde. , Düsseldor f 1982; G. Szepansky ,

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Anmerkungen z u S . 257-262 Frauen leiste n Widerstand : 1933-1945, Frankfurt 1983; R. Wiggershaus , Fraue n unter m Natio nalsozialismus, Wupperta l 1984; C. Sachse , Fabrik , Famili e un d kei n Feierabend . Frauenarbei t im Nationalsozialismus , in : Gewerkschaftliche Monatshefte , Jg. 9, 1984 , S. 566-579. Zur Problematisierun g de s Widerstandsbegriff s s . M . Broszat , Resisten z un d Widerstand . Eine Zwischenbilan z de s Forschungsprojekts , in : ders . u.a . (Hg.) , Bayer n i n de r NS-Zeit , Bd. 4, München/Wien 1981, S. 691-709; zur Problematisierun g de s Frauenwiderstand s i m Dritten Reic h s . jetz t auc h U . Freuert , Frauen-Geschichte : Zwische n bürgerliche r Verbesse rung un d Neue r Weiblichkeit , Frankfur t 1986, S. 232-243. 7 Dies gil t besonders , wen n auc h nich t ausschließlich , fü r Untersuchunge n zu m NS . U m nur ei n Beispie l fü r viel e z u nennen : I n ihrer Studi e »Fraue n unter m Nationalsozialismus « (s . vorige Anm. ) nenn t Renat e Wiggershau s als Manifestatione n weibliche n Widerstand s de n Boy kott eine r NS-Versammlung , da s Nichtheraushänge n eine r Fahne , di e Weigerung , da s Mut terkreuz entgegenzunehmen , sowi e Krankmelden , langsame s Arbeite n un d Ausschußpro duktion a m Arbeitsplat z gleichgewichti g nebe n Untergrundarbeit , Verstecke n eine s vo n de r Gestapo Gesuchte n un d Sabotag e i m Rüstungsbetrie b (S . 119, 130) . Von eine r Frau , di e unte r sehr mühevolle n Bedingunge n ihre n Man n i m Konzentrationslage r besucht , wir d i n de r glei chen Studi e ausgesagt , da ß dies e sic h dadurc h »de m nationalsozialistische n Syste m entgegen stemmte« (S . 126). Nun sag t zwa r di e Tatsache , da ß de r Man n i m K Z sitzt , etwa s übe r da s System aus , un d di e Tatsache , da ß sein e Fra u ih n dor t besucht , etwa s übe r di e Stärk e diese r Frau un d vielleich t auc h übe r ihr e Beziehun g z u ihre m Mann . Seh r weni g sag t die s jedoc h über di e Beziehun g diese r Fra u zum Syste m aus . Mi t eine r solche n Unterscheidun g zwische n »Kritik i m System « un d »Kriti k a m System « sol l keinesfall s gemein t sein , widerständige s in dividuelles un d kollektive s Verhalte n müsse , wen n e s ohn e ein e entsprechend e Eigenwahr nehmung de r betreffende n Persone n und/ode r Gruppe n a n de n Ta g geleg t wurde , gegenübe r bewußtem oppositionelle m Handel n un d Verhalte n al s moralisc h wenige r hochwerti g be trachtet werden . Die s verbiete t sic h nich t zuletz t deswegen , wei l vielfac h de r physisch e un d psychische Leidensdruck , de n di e Betreffende n infolg e ihre s Handeln s z u ertrage n hatten , gleich gro ß wa r - ob e s nu n subjekti v gemeinte r Widerstan d gewese n wa r ode r nicht . De r Unterschied lieg t nich t i n der Wertung, sonder n i m Sachverhalt . 8 S. o. , Einleitung . 9 Bridenthal u . Koonz , Beyon d Kinder , Küche , Kirche : Weima r Wome n i n Politic s an d Work, in : R . Bridentha l u . a. (Hg.) , Whe n Biolog y Becam e Destiny : Wome n i n Weima r an d Nazi Germany , Ne w Yor k 1984, S. 33-65, hier: 44, 6 0 (Anm. 55). 10 S. hierz u Müller , Willm s u . Handl , Strukturwande l de r Frauenarbei t 1880-1980, Frankfurt/New Yor k 1983; G. Wellner , Industriearbeiterinne n i n de r Weimare r Republik : Arbeits markt, Arbei t un d Privatlebe n 1919-1933, in: GG , Jg. 7, 1981 , S. 534-554; R. Stockmann , Ge werbliche Frauenarbei t i n Deutschlan d 1875-1980. Zur Entwicklun g de r Beschäftigtenstruk tur, in : GG,Jg. 11, 1985, S. 447-475. 11 Um ein e Überleitun g de r Frauenreferat e bemüht e sic h u . a. Marie-Elisabet h Lüders ; s . hierzu B A Koblenz , N L 155/160, passim. Währen d i n Württember g un d Bade n di e Überlei tung de s zentralen Frauenreferat s i n die Zivilregierung gelang , wurd e i n Bayer n da s Frauenre ferat a m 1. April 1919 aufgelöst. In Preuße n wurd e di e FA Z durc h ein e Frauenreferatszentral e i m Innenministeriu m ersetzt , die aber nich t meh r gewese n z u sein schein t al s die rein verwaltungstechnisch e Anbindun g de r weiterexistierenden Frauenreferat e au f Oberpräsidiums - bzw . Regierungsbezirksebene . Wa s die Reichsregierun g anbelangt , s o wa r Mitt e 1919 im Arbeitsministeriu m ein e einzig e Fra u beschäftigt - als Referenti n fü r Kriegshinterblieben e - , während i m Reichsinnenministeriu m und beim Reichskommissa r fü r da s Wohnungswesen kein e Fra u arbeitete ; Interpellatio n sämt licher Fraue n i n de r Nationalversammlun g vo m 20. 8. 191 9 betr. Demobilmachung , abge druckt in : Archi v fü r Frauenarbeit , 1919, S. 109. Zur Überleitun g de r Fraue n referate i n Preußen s . B A Koblenz , N L 151/160, passim.

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Anmerkungen z u S . 262-274 12 Ebd.: Preußische r Innenministe r 4. 6. 191 9 an Finanzminister . Ein e beträchtliche Anzah l von Ober - un d Regierungspräsidente n hatt e sich Anfan g 1919 auf eine entsprechende Anfrag e hin fü r di e Beibehaltun g de r Frauenreferat e ausgesprochen ; s . di e Abschrifte n ihre r Stellung nahmen ebd . 13 Preußischer Innenministe r 2 2 . 1 . 191 9 an Reichsam t fü r wirtschaftlich e Demobilma chung: ZSt A Potsdam , Reichsarbeitsministeriu m 33073, Bl. 36. 14 Preußischer Ministe r fü r Volk s wohl fahrt 7. 10 . 191 9 an di e Oberpräsidenten ; ders . 11. 11 . 1919 an dies.: HStA Düsseldorf , Regierun g Düsseldor f 33138. 15 S. hierz u auc h Ch . Sachße , Mütterlichkei t al s Beruf . Sozialarbeit , Sozialrefor m un d Frauenbewegung 1871-1929, Frankfurt 1986, S. 151-173, sowie Frevert , Frauen-Geschichte , S. 155 ff. 16 Die wichtig e Roll e de s Erste n Weltkrieg s allgemei n fü r dies e Entwicklun g betone n u . a . L. Preller , Sozialpoliti k i n de r Weimare r Republik , Düsseldor f 1978, S. 5; H.-J. Puhle , Vo m Wohlfahrtsausschuß zu m Wohlfahrtsstaat , in : G . Ritte r (Hg.) , Vo m Wohlfahrtsausschu ß zu m Wohlfahrtsstaat. De r Staa t i n de r moderne n Industriegesellschaft , Köl n 1973, S. 29-68, hier: 49, sowie Sachße , Mütterlichkeit , S . 151. 17 In de r erste n Nachkriegszei t entwickelt e sic h di e Lohndifteren z zwische n Manner n un d Frauen z . T. weite r zurück , z . T. verstärkt e si e sic h wieder . Di e Inflationszei t bracht e bi s 1924 eine stärkere Angleichun g mi t s i c h - wiederum , wi e scho n i n der Kriegszeit , darau f beruhend , daß auc h i n diese m Zeitrau m e s di e Reallöhn e waren , di e sic h de m Existenzminimum , un d nicht di e Frauenlöhne , di e sic h de n Männerlöhne n anglichen . Nac h de m End e de r Inflations zeit hort e di e Angleichungstenden z folgerichti g auc h wiede r auf . Di e Lohndifferen z stabili sierte sic h fü r de n weitere n Verlau f de r Weimare r Republi k au f de m a m End e de r Inflations jahre erreichten , gegenübe r de r Vorkriegszei t etwa s angehobene n Niveau . S . hierz u Wellner , Industriearbeiterinnen, S . 547 f.; A . Karbe , Di e Frauenloh n frage un d ihr e Entwicklun g i n de r Kriegs- un d Nachkriegszeit , Rostoc k 1928, S. 100f . un d passim ; S . Bajohr , Di e Hälft e de r Fa brik. Geschicht e de r Frauenarbei t i n Deutschlan d 1914 bis 1945, Marburg/L. 1979, S. 41-56; G. Bry , Wage s in Germany 1871-1945, Princeton 1960, S. 95f. 18 Zur Novemberrevolutio n s . G . P . Meyer, Bibliographi e zu r deutschen Revolutio n 1918/ 19, Göttingen 1977; V. Ullrich, Di e Hamburge r Arbeiterbewegun g a m Voraben d de s Erste n Weltkriegs bi s zu r Revolutio n 1918/19. 2 Bde., Hambur g 1976; W. J. Mommsen, Di e deutsch e Revolution 1918-1920. Politische Revolutio n un d soziale r Protest , in : GG , Jg . 4, 1978 , S. 362-391; H.-J. Bieber , Gewerkschafte n i n Krie g un d Revolution . Arbeiterbewegung , Indu strie, Staa t un d Militä r i n Deutschlan d 1914-1920, 2Teile, Hambur g 1981; M. Scheck , Zwi schen Weltkrie g un d Revolution . Zu r Geschicht e de r Arbeiterbewegun g i n Württember g 1914-1920, Köln/Wien 1981; E.-H. Schmidt, Heimathee r un d Revolutio n 1918. Die militäri schen Gewalte n i m Heimatgebie t zwische n Oktoberrefor m un d Novemberrevolution , Stutt gart 1981; D. Lehner , Sozialdemokrati e un d Novemberrevolution , Frankfurt/Ne w Yor k 1983; W. Bramke , Zu m Verhalte n de r Mittelschichte n i n de r Novemberrevolution , in : ZfG , Jg . 31, 1983, S. 691-700; H. A . Winkler , Vo n de r Revolutio n zu r Stabilisierung . Arbeite r un d Arbei terbewegung i n de r Weimarer Republi k 1918 bis 1924, Berlin/Bonn 1984; U. Kluge , Di e deut sche Revolutio n 1918/19. Staat, Politi k un d Gesellschaf t zwische n Weltkrie g un d Kapp Putsch, Frankfur t 1985; K. Schönhove n (Bearb.) , Di e Gewerkschafte n i n Weltkrie g un d Revo lution 1914-1919, Köln 1985; W. Wette , Di e militärisch e Demobilmachun g i n Deutschlan d 1918/19 unter besondere r Berücksichtigun g de r revolutionäre n Ostseestad t Kiel , in : GG , Jg. 12, 1986 , S. 63-80. 19 Die eingängige , abe r unzutreffend e Behauptung , di e Einfuhrun g de s Fraue n Wahlrechts in Deutschlan d se i als Belohnun g fü r di e weibliche Kriegsbeteiligun g z u verstehe n (s o ζ. Β. Α . Marwick, Wa r an d Socia l Chang e i n th e Twentieth Century . Α Comparative Stud y o f Britain , France, Germany , Russi a an d th e Unite d States , Londo n 1979, S. 49), wird bereit s vo n Bar ­ bara Greven-Aschof f zurückgewiesen ; B . Greven-Aschoff , Di e bürgerliche Frauenbewegun g i n

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Anmerkungen z u S . 275 Deutschland 1894-1933, Göttingen 1981, S. 159. Die Richtigkei t diese r Zurückweisun g be legt di e Wahlrechtsdiskussio n de r Kriegszei t - in der vo m Frauenwahlrech t nich t di e Red e wa r - ebenso wi e di e zögerliche Herangehensweis e a n die Einführung de s Frauenwahlrechts i n de n letzten Tage n de s Kaiserreichs . S . hierz u L . Bergsträßer , Di e preußisch e Wahlrechtsfrag e i m Kriege un d di e Entstehung de r Osterbotschaf t 1917, Tübingen 1929; R. Patemann , De r Kamp f um di e Wahlrechtsrefor m i m Erste n Weltkrie g (Beiträg e zu r Geschichte de s Parlamentarismu s und de r politische n Parteien , Bd . 26), Düsseldorf 1964; R. J. Evans , Sozialdemokrati e un d Frauenemanzipation i m deutsche n Kaiserreich , Berlin/Bon n 1979, S. 302-311; ders., Germa n Social Democracy and Women's Suffrage , 1891-1918, in:JCH,Jg . 15, 1980 , S. 533-557. 20 Für eine n Versuch , die s a m Beispie l de r Arbeiterfraue n i m deutsche n Kaiserreic h bi s 1914 aufzuzeigen, s . 5. Richebächer, Un s fehl t nu r ein e Kleinigkeit . Deutsch e proletarisch e Frauenbewegung 1890-1914, Frankfurt 1982.

Abkürzungsverzeichnis AfS Archi v fü r Sozialgeschicht e AK Armeekorp s AZS Abteilun g fü r Zurückstellungswese n BA Bundesarchi v Koblen z BA/MA Bundesarchiv/Militärarchi v Freibur g i . Br . BDF Bun d Deutsche r Frauenverein e Bl. durchpaginiert e Aktenblätte r Bufa Bild - und Filmam t CEH Centra l Europea n Histor y DNHV Deutschnationale r Handlungsgehilfenverban d DMV Deutsche r Metallarbeiterverban d DNVP Deutschnational e Volksparte i FAZ Frauenarbeitszentral e FU Familienunterstützun g Gd Geschichtsdidakti k GG Geschicht e un d Gesellschaf t GLA Generallandesarchi v Karlsruh e HD Hilfsdiens t HDG Hilfsdienstgeset z HStA Hauptstaatsarchi v HStA/Kr Hauptstaatsarchiv/Kriegsarchi v Münche n HZ Historisch e Zeitschrif t IWK International e wissenschaftlich e Korresponden z zu r Geschicht e de r deut schen Arbeiterbewegun g JbWG Jahrbuc h fü r Wirtschaftsgeschicht e J C H Journa l o f Contemporary Histor y JIH Journa l o f Interdisciplinary Histor y J M H Journa l o f Modern Histor y

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ΚΕΑ Kriegsernährungsamt k. ν. kriegsverwendungsfähig KZSS Kölne r Zeitschrift fü r Soziologi e und Sozialpsychologi e MGM Militärgeschichtlich e Mitteilunge n MSPD Mehrheits-Sozialdemokratisch e Parte i Deutschland s NPL Neu e Politische Literatu r OHL Oberst e Heeresleitun g PVS Politisch e Vierteljahresschrif t RABl Reichsarbeitsblat t RAM Reichsarbeitsministeriu m SPD Sozialdemokratisch e Parte i Deutschland s StA Staatsarchi v stellv. Gen . kdo. stellvertretende s Generalkommand o Ufa Universum-Fil mAG USPD Unabhängig e Sozialdemokratisch e Parte i Deutschland s VSWG Vierteljahresschrif t fü r Sozial - und Wirtschaftsgeschicht e Wumba Waffen - und Munitionsbeschaffungsam t ZEG Zentral-Einkaufsgesellschaf t mb H ZStA Zentrale s Staatsarchi v

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Quellen und Literatur

I. Ungedruckte Quellen (In Fällen, w o verfilmte Archivbeständ e andere Signaturen haben als die ursprünglichen, wer den in der Regel die Filmnummern aufgeführt; häufi g zitiert e Akten aus verfilmten Bestände n werden zusätzlich zur Filmnummer ausgewiesen.) Staatsarchiv Detmol d Ml IE 2803, 2804 L 103/502, 503, 504, 505 Hauptstaatsarchiv Düsseldor f Regierung Düsseldor f 1202 , 1203 , 1207 , 1208 , 1432 , 7946 , 7947 , 8057 , 8123 , 8124 , 8148 , 8909, 8938, 9081, 9082, 9084, 14911 , 14916-14918 , 14920 , 14922-14925 , 14947-14953 , 14960, 14965, 14966 , 14967 , 14974 , 14976 , 14978 , 14984 , 14987 , 15028 , 15058 , 15072 , 15073 , 15076-15079, 15105 , 15132-15134 , 15218 , 15230 , 15274 , 15275 , 15346 , 15347 , 15906 , 15907, 15914, 15972 , 15974 , 15976 , 15981 , 24786 , 24811, 30412, 30413, 30457, 30458, 33021-33023, 33025, 33026 , 33054-33063 , 33094 , 33097a , 33098 , 33120 , 33136 , 33138 , 33185a , 33215 , 33281, 33321 , 33424 , 33555 , 33590, 38255, 38783, 38864, 38865, 38869, 38940, 38978, 38979, 38983, 38984, 39006, 43053, 53851, 53954, 53998 Regierung Aachen 1174-1176, 6913-6915, 6935-6937, 8067, 12821, 17036, 17040 Bundesarchiv/Militärarchiv Freibur g i. Br. RM3 vorl. Nr . 4668-4672, 4685, 4909, 5163, 5333, 5334-5336, 5575 , 6626, 7271, 7454, 7511, 7512, 7794-7796, 9487, 9667, 10327 RM20/89, 203, 627 RM23/295, 297, 1893 RM31/941, 942, 958, 970, 1002-1007, 1035-1038 , 1055 , 1056, 2383 RM43/242, 938 PH2/64, 65, 69, 71,72, 74 N38/63 N46/121, 128,15 9 MSG767, 768, 779/780 Staatsarchiv Hambur g Politische Polizei Abl. 38, Nr. 44, 45, Abl. 38/Bd. 2, Nr. 890 Vers., Bd. 2 Kriegsakten des Senats Pc, Alb, AIIh4, AIIh22, AIIp49, AIIpl24, AIIpl29 , AIIp215, AIIp233, BIIa8, BIIa9, BIIa9a, BIIb365a, BIIb365b, BIIIzl2, CIIg6 Kriegsversorgungsamt lall , Ial2 , Bd . 1-3, Ial9a , Ial9b , Bd . 1 und 2, Ial9c , Ia20 , Ia59 , Ib5, Ibl8,IIa38, Ha41-IIa43, IId21

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Generallandesarchiv Karlsruh e Stellvertretendes Generalkommand o XIV. AK 456EV8/101, 102, 110 , 111 , 113, 117 Bundesarchiv Koblen z R36/1143 R43I/61CMÜ3, 2027, 2028 R86/38, 42, 916, 2062, 2062/Beiband la , 2064, 2319-232 1 R89/420, Bd . 4 und Bd. 5 NL151/40, 41, 63-65, 69, 95, 135-138 , 147 , 149, 155, 157-167, 206 , 317, 320 Zentrales Staatsarchiv Mersebur g Rep. 77, Tit. 332g , Nr . 27, Beiheft 3, Bd. 1-7; Tit. 332r , Nr . 123; Tit. 1059, Nr. 3, Beiheft 2, Bd. 1,3 und 5 Rep. 90a Y.IX.5a, Nr . 1, Bd. 1-3, Bd. 5, Bd. 8; Y.IX.Sb, Nr. 1-6, Nr. 8-10 Rep. 120 C Villi, Nr . 88, Bd. 6-9; Nr. 106, Bd. 12-15; Nr. 132; Nr. 138, Bd. 1-11 Rep. 197A Io, Nr. 1, Bd. 1 und 2, Nr. 2, Nr. 7, Nr. 8, Bd. 1 Rep. 120B B VIII, Nr. 3f , Bd . 4; VIII, Nr. 3g; VIII, Nr. 3i, Bd . 1-4; VIII, Nr. 3k; VIII, Nr. 31, Bd. 3; VIII, Nr. 3u Hauptstaatsarchiv/Kriegsarchiv Münche n MKr 2330-2348, 2353 , 2354 , 249^2498 , 2815 , 2822 , 11484 , 11485 , 11532 , 1264^-12651 , 12660, 12661 , 12688-12690 , 12788 , 12842-12849 , 12851-12853 , 12859-12861 , 12896-12900 , 12910-12917, 13346 , 13593-13597 , 13787 , 14029 , 14197-14207 , 14363-14370 , 14376 , 14377 , 14383-14389, 14391 , 14444 , 17144 , 17146 , 17148 , 17161 , 17250 , 17276 , 17277 , 17306-17313 , 17326, 1733 5 Stellvertretendes Generalkommand o I. Bayerisches A K München 78, 348, 370-372, 446 , 451, 547-550, 557 , 808 , 873 , 874 , 882 , 885 , 888 , 907 , 948-950 , 967 , 968 , 977 , 978 , 980 , 999 , 1000-1002, 1027 , 1032 , 1058-1060 , 1096 , 1366-1368 , 1371-1373 , 1378 , 1431 , 1432 , 1436-1439, 1452-1463 , 1509-1517 , 1522 , 1527 , 1539 , 1550 , 1551 , 1556-1558 , 1578 , 1584 , 1614, 1628 , 1632-1640 , 1652 , 1653 , 1658 , 1660-1664 , 1667 , 1669 , 1687 , 1722 , 1723 , 1733 , 1933-1935, 1942-1972 , 1979-1981 , 2278, 2396, 2398, 2399, 2402, 2412, 2782, 2815 Postprüfstelle Ludwigshafe n Bun d 1 und 4 Militärische Überwachungsstelle de s I. Bayerischen A K München Bun d 5 und 11 Hauptstaatsarchiv München/Abt . 2 MInn 66327-66331, 66332, 6633^-66342 , MH 13680, 15956 , 1616 7 Staatsarchiv Münste r Oberpräsidium 3927, 3929, 4123, 4124, 4126, 4486, 5427, 5844, 6007 , 6020, 6228, 6350, 6575, 6801 Regierung Arnsber g I G 627/41-41, 638a, 641, 642 Zentrales Staatsarchiv Potsda m (Alte) Reichskanzle i 12025, 12026 , 12149 , 12150 , 12439 , 12440 , 13039-13042 , 13217 , 13218 , 13271, 13272 , 13061/6 2 (= 2398), 13063/64 (= 2398/1+2398/2+2398/3), 13065/6 6 (= 2398/4), 13067/68 (= 2398/7+2398/8), 1306^/7 0 (- 2398/9+2398/10) , 13071/7 2 (= 2398/11 +2398/12), 13079/80, 13081/82 , 13083/84 , 13085/86 , 13087/8 8 Reichsamt/Reichsministerium de s Inner n 6112, 6697 , 6698 , 7002 , 7022 , 7022/1 , 9342-9347 , 9379, 10144-10150 , 11867-11871 , 11975 , 12089-12097 , 12129 , 12154 , 12215/1 , 12298, 12432 ,

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12475-12479, 12899 , 13008-13012 , 13028-13032 , 13090/3 , 13090/7 , 13735 , 13736 , 52590 , 52591 Reichsjustizamt/Reichsjustizministerium 21886 Reichsschatzamt/Reichsfinanzministerium 46042, 46100, 46103, 46104, 46145, 46569, 46573 Reichsarbeitsministerium 32893, 33067 , 33073 , 33082-33085 , 33233-33236 , 33322 , 33328 , 33512-33518, 33524, 33525, 33600, 33603, 33648, 33652 Reichswirtschaftsministerium 3411, 6039 Reichsministerium fü r Ernährung und Landwirtschaft 30 Reichsamt/Reichsministerium fü r wirtschaftlich e Demobilmachun g 10-14, 18/1 , 19-21, 26 , 27,29,43/1,48,56 Vertreter des Reichskanzlers bei der OHL 53395/1, 2, 53396/15 Auswärtiges Amt/Presseabteilung 54380, 54386, 54483, 55633 Reichstag 30813, 30814, 30839, 30840 62 DAF 3 (Zeitungsausschnittslg. d . Arbeitswissenschaftl. Institut s d. DAF) 6773, 6783, 6786, 6799, 6815, 6863, 6878, 6900, 6920, 6953, 6972 61 Re 1 (Pressearchiv des Reichslandbundes) 7966, 7967, 7969-7972 Reichsgetreidestelle 127 Zentralstelle zur Beschaffung de r Heeresverpflegung 13, 35, 40, 79 Reichsbekleidungsstelle 137, 143 Reichsgemeinschaft Deutsche r Hausfrauen 1, 2, 5, 6, 8, 10, 11, 15, 18, 19, 22, 27-30, 50, 51 Staatsarchiv Potsda m Pr. Br . Rep . 30 Berlin C Polizeipräsidiu m 1411-1413, 1423 , 1432-1434 , 1436-1440 , 1444_1447( 1449 , 1451 , 1459-1463 , 1479 , 1484 , 1914-1918 , 1958 , 1959 , 1973 , 1974 , 2026 , 2031,2050, 16985/8 6

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392 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Personenregister (Kursiv gedruckte Seitenzahlen verweisen auf den Anmerkungsteil )

Altmann-Gottheiner, Elisabet h 83, 301 Augspurg, Anit a 301

Liebknecht, Kar l 234 LudendorfT, Eric h 73, 75, 78, 80, 320, 361 Ludwig HL , König von Bayern 74, 355 Lüders, Marie-Elisabet h 64, 83-86 , 30 1 f., 311, 316f., 319, 348, 365 Lukäcs, Georg 19

Bäumer, Gertrud 81 f., 300f., 307 Batocki, Adol f von 192, 251, 355, 361 Baum, Mari e 302 Beckmann, Ma x 281 Bethmann Hollweg , Theobal d vo n 78, 187 , 291 Binding, Rudol f G. 33 Brentano, Bernard von 150

Marie-Therese, Königi n von Bayern 25 Marcuse, Max 152 Michaelis, Georg 189ff., 193f., 338/, 356 Müller, Augus t 192

Cassirer, Erns t 255

Naumann, Friedric h 361

Erzberger, Matthia s 363

Rathenau, Walter 363 Reusch, Paul 199 Riezler, Kur t 23f., 280

Fischer, Alfon s 156 Frobenius, Leo 363 Glaeser, Ernst 24, 148 , 167 Groener, Wilhel m 78, 80 f., 83ff, 87f., 193, 287,2981,303,310,316,339 Gutzkow. Karl 256f., 273 Hanna, Gertrud 120 Harnack, Agne s von 64, 83, 292, 298, 300f., 305 Helfferich, Kar l 75f., 118f., 298 He tling , Georg von 350 Heyl, Hedwig 81 Heymann, Gustava Lida 301 Hindenburg, Pau l vo n Beneckendorf f un d von H. 62, 73-76 , 79 , 193 , 201, 283, 291, 305f., 339, 342, 355, 361 Hitler, Adol f 324, 364 Hugenberg, Alfred 253 Husserl, Edmund 18 Lessing, Theodo r 11 f., 22, 257

Salomon, Alice 140, 302 Scheidemann, Philip p 62, 291 Scheüch, Heinrich 305, 301, 312 Schumacher, Käth e 298 Schlicke, Alexander 81 Schlittenbauer, Sebastia n 238, 355 Schorlemer-Lieser, Klemen s von 191, 339 Schütz, Alfred 18, 280, 354 Sichler, Richard 55, 298 Skalweit, Augus t 203, 345 f Stampfer, Friedric h 26 Stegerwald, Ada m 192 Sudermann, Hermann 363 Tiburtius, Joachim 55, 298 Waldow, Wilhel m von 194, 198, 345 Weber, Max 18, 126,35 4 Wild von Hohenborn, Adol f 76 Wrisberg, Erns t von 246, 288 f Zietz, Luise 313

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Orts- und Sachregiste r (Kursiv gedruckte Seitenzahlen verweisen auf den Anmerkungsteil)

Aachen 39, 45, 143 Abkehrschein 79, 94, 96 Abteilung fü r Zurückstellungswese n (AZS ) 54ff., 80,97, 288, 291, 298 Abtreibungen 133f, 152-155, 267, 325 Aichach 178 Alienstein 39, 144 Altötting 231 Altona 164 Angestellte 16, 24 , 36 , 90 , 141 , 198 , 216 , 236,261,294,315 Anhalt 221 Arbeiterbewegung (s . auc h Gewerkschafte n und Sozialdemokratie ) 74, 79 f., 82, 84 , 106, 110 , 118 , 120 , 177 , 235 f., 218, 290, 296f., 330, 353 Arbeitgeber s. Unternehmer Arbeits- losenunterstützung (s . auch Textilarbeiterunterstützung) 29, 68 , 71 , 105 , 120 , 263, 282, 293, 313, 316 - losigkeit 28, 30 , 54 , 61 , 67 f., 70f., 105, 143, 293f., 291, 313 - marktpolitik 16f. , 20, 35 , 43, 50 f., 53ff., 60, 67 , 73 f., 81, 85, 88, 94 , 96 , 106 , 108, 127, 176, 288, 299 - nachweise 36, 52f., 57, 69f., 86, 118, 288 - platzwechsel 79, 94 ff., 101 f., 108, 12 1 f., 198, 284, 305, 308, 316f. - schutz 71 ff, 76, 104, 111, 119, 158, 227f., 263, 295f. Arnsberg 70 Arnstadt 41 Aschersleben 288 »Aufklärung« s . Propaganda Augsburg 40 Aurich 39 Baden 40, 60, 174, 221, 249, 365 Bamberg 100 Barmen 30, 104, 143, 174f, 232, 282, 351 Bautzen 40, 45 Bayern 23, 26, 40, 43f., 48f., 58, 60, 74, 87,

90ff, 94, 99f., 127, 134 , 136f., 149, 153, 157, 174 , 212 , 221 , 239, 244 f., 249, 251, 284-281, 289-292 , 296 , 304 , 324 , 331 , 350, 352, 355, 359, 362, 365 Bayreuth 40 Belgien 26, 58ff., 140f., 290, 301f. Bergbau 37, 57, 59,72 Berlin 24, 29 , 39 , 49 , 52 , 67 , 80 f., 87, 133 , 141, 147 , 163ff. 170, 174, 177, 188ff., 211, 217, 221 , 233ff, 243, 249, 251 , 293, 296, 300, 302, 321, 330, 344, 353, 360 Bevölkerungspolitik 126, 139-142, 151-158 , 266f., 325 Bewirtschaftungsgesetze, -politi k 17, 21, 53, 81, 167f., 183f. , 186, 188 , 190-195 , 200 , 203ff, 211-215, 219 , 224 , 228-232 , 239f., 265, 271, 273, 335, 339, 341 Bielefeld 333 Bild- und Filmamt (Bufa) 253 f. Blohm und Voss 96 Bordelle 140 Brandenburg 198, 221 Braunschweig 41, 164f. Bremen 25, 41 Breslau 39, 290 Bromberg 39 Brüssel 140 Bukarest 167 Bund Deutsche r Fraue n vereine (BDF ) (s . auch Frauenbewegung ) 81 f., 219, 299 302, 312, 325 Charlottenburg 89, 174, 302 Chemnitz 40, 45, 123 Dänemark 59, 301 Danzig 39 Darmstadt 40 Demobilmachung 66, 110f., 118-121, 123 , 142, 233, 261 f., 264, 312f., 316 Den Haag 301 Dessau 41 Detmold 41

394 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Deutsche Arbeiterzentrale 52, 59 f., Deutschnationaler Handlungsgehilfenver band (DNHV) 252, 312, 315f. Dienstboten, -mädchen 28, 36, 48ff., 61, 90, 99f., 145, 147, 260, 285//., 302 Dinslaken 30 Dortmund 39 Dresden 40, 144 Düren 289 Düsseldorf 30ff., 39,143, 153, 166, 174,199, 292f., 302, 322 Duisburg 30 Ehe- Scheidungen 132 - Schließungen 129-133, 155, 265f, 270 Einberufungen 27f., 32, 42 , 54 , 73 , 75 , 88, 98, 126-129 , 133 , 136f., 139, 148 , 151 , 158, 16 1 f., 213, 265ff., 269f. , 307, 317f., 350 Einzelhaushalte 134, 136ff., 318 Eisenbahnüberwachung 249, 360 Elberfeld27,30, 143 Elsaß-Lothringen 41, 60, 129f., 135 Empfängnisverhütung 133 f., 142, 15 2 ff., 266f., 269, 320, 325f. Erfurt 39, 45 Ersatzlebensmittel 210, 344, 357 Essen 30f., 232, 357 Etappenhelfer/innen 93 f., 30 4 Eugenik s. »Rassenhygiene «

- emanzipation 14f. , 107, 110 , 256-259 , 261-265, 269f., 272-275, 310, 364 - referate 85ff., 93, 95-99 , 101-105 , 122 , 262, 289, 302f., 306, 365f. - Wahlrecht 14, 83, 238, 274, 298, 300, 366f. Freiburg i. Br. 40, 45 Friedensbewegung 301 Fronturlauber 99, 142 , 154 , 211 , 241 f., 252, 274 Geburtenrückgang (s . auch Kinder, Gebäre n von -n ) 126, 129 , 133ff., 138, 140 , 151 , 153f.,266f., 318, 325 Gera 41 Gerüchte 22, 24f., 146f. , 201, 232, 241-245, 281, 355ff. Geschlechtskrankheiten 140-144, 154 , 266 , 268, 319/, 326 Gewerbeaufsicht 36, 49 , 63 , 72 , 87 , 103 f., 115, 164, 196, 285, 291-294, 296, 303, 308 Gewerkschaften (s . auc h Arbeiterbewegun g und Sozialdemokratie) 24, 28 f., 35ff., 52, 55, 58 , 62 , 65 f., 74, 81 , 85, 89 , 97 , 101, 103 f., 117 f., 120, 128 , 16 5 ff., 174, 192 , 199f., 218, 237 , 240 , 247 f., 252, 282 , 289/, 292 , 308 , 311/ , 314/, 331/ , 335, 339/, 359, 361f . Gotha 41 Grevenbroich 30 f. Großbritannien 120, 185 , 219 , 244 f., 298, 301, 357 Gumbinnen 39

Fabrikpflege, -rinne n 65, 10 1 ff., 252, 262 , 303, 308 f. Halle 333 Facharbeiter 28, 54-58 , 88 , 94 , 99 , 105 f., Hamborn 349 117, 120, 173, 259, 288 Hamburg 23, 41 , 66 , 131 , 133 , 150 , 192 , Familienunterstützung (FU ) 28f., 32, 61-65, 204ff., 241, 256, 296, 330, 349 67, 99 , 105 , 157 , 167 , 169-183 , 236 , 260, »Hamstern«, »Hamsterer « 126, 167 , 169 , 270f., 282, 291f., 332-335 185, 220 , 224ff., 228-231, 242 , 269 , 271, Frankfurt a. M. 104,17 4 273, 349ff., 359 Frankfurt a. O. 39 Hannover 39, 164f., 226 Frankreich 59, 146, 149, 324, 355, 357 'Hausarbeit 17, 21 , 66 , 126 , 167 , 215-220 , Frauen224, 272, 285, 298, 347 - arbeitspflicht 75-78, 84 , 96 , 297 f., 300, Haushaltsbudgets 208ff., 343 306 Hauswirtschaft 15, 126 , 134 , 203f., 216, - arbeits(haupt)stellen 85, 87 , 95ff., 100f. , 218f.,271ff. 302f., 308 Heeres- arbeitszentrale (FAZ ) 85 ff., 101, 122, 303, - aufträge 30, 54 , 56 , 60 , 67 , 73 , 120 , 196 , 307, 365 293, 308 - bewegung, -Organisatione n (s . auch Bund - näharbeiten 65, 67, 115, 293f. Deutscher Frauenvereine ) 15, 65 , 8 1 ff., - Verpflegung 183f., 188,192,195,200f.,341 85, 99 , 101, 110, 118 , 156 , 192 , 216, 219, Heimarbeit, -er/inne n 36f., 61 , 65ff., 69, 71, 240, 252 , 27 1 f., 297-303, 310 , 315 , 325, 104f., 115, 260,293f. 327, 346 Hessen 40, 45, 60

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Hildesheim 39 Hilfsdienst, -pflich t 74, 79 , 84 , 86-92 , 99 , 304 Hilfsdienstgesetz (HDG ) 51 f., 73f., 78ff., 87-92, 94, 96f., 291, 304, 310, 316 Homburg 244 Hubbelrath 30 Ingolstadt 100, 286,359 Irland 301 Italien 59, 149, 301, 324 Itzehoe 178 Jülich 351 Jugend- politik 151 f., 158, 162, 166, 328 - sparzwang 152, 161, 163-166, 269, 330 - wehr 162f., 330 Kanada 301 Karlsruhe 40, 242, 308 Kassel 39, 66, 165, 196, 204, 330 Kempen 30 Kiel 190 Kinder, Aufziehe n vo n -n (s . auch Sozialisa tion) 21, 125, 138f, 151 , 153, 265, 267 -, Gebären vo n - n (s . auc h Geburtenrück gang) 21, 153 f., 265, 325 - krippen, -gärten etc. 103f., 155, 202 Kleve 30 Koblenz 39, 164 Köln 39, 194 Königsberg 39 Köslin 39 Konstanz 40, 45, 308 Krankenkassen, -Versicherun g 36-43, 50 , 61,73, 75f., 102, 155ff, 284, 321 Krefeld 30 »Kriegerfamilien« 29, 31 , 62 , 67 , 81 , 138 , 151, 174ff,202, 270, 311 »Kriegerfrauen« 16, 22 , 31 , 33 , 49 , 61-64 , 75, 138f., 144, 147 , 149 , 157 , 176-182 , 256, 268 , 270 , 272 , 282 , 281 , 291 , 296 , 322, 333, 335 Kriegs- amt (preuß. ) 51f. , 54, 63 , 74 , 78-81 , 83-88, 90 , 96-101 , 117 , 120 , 140 , 192 , 194ff., 298f., 302, 304ff., 308 - amt(bayr.)99 - ernährungsamt (ΚΕΛ) 78, 191-196 , 198f, 202, 207 , 217 , 251 , 253, 299 , 339 , 344 f., 363 - fursorge (s . auch Sozialpolitik ) 81 f., 85f., 95, 97, 100, 155f., 174f. , 189, 327

- gefangene 16, 26f., 42, 55-58 , 60 , 64, 73, 75, 98f., 105, 126 , 139, 144-147 , 149 , 220, 244, 249, 259f., 268, 289ff., 322, 324 - gesellschaften 90, 185 , 188-192 , 201 , 211, 213f., 261, 338 - ministerium (preuß. ) 52, 54 ff, 67, 75 f., 78, 80 , 83, 88, 142 , 144 , 165f, 170f. , 188, 192, 198 , 201 , 234, 246 , 253 , 288ff., 292, 301, 333 - ministerium (bayr. ) 53, 87 , 99 , 234 , 281, 290, 303, 305, 325 - presseamt 244, 250, 253, 292 - trauungen 131, 138 - Unterstützung s. Familienunterstützun g Kriminalität - Jugendlicher 158f. , 161, 269, 350 - von Frauen 158f., 226-229, 350 Krupp 55f., 189, 289, 332, 351 Landshut 40 Landwirtschaft 36, 43 f., 48ff, 52, 54 , 57-60, 66f., 73, 78f., 96-100, 144f., 173, 186, 192f., 261, 283, 285, 281, 290 Lauban 181 Lauf (Bayern) 145 Lebensmittelunruhen (s . auc h soziale r Pro test un d Streiks ) 17, 127 , 143 , 163 , 167 f., 178, 195 , 232 , 245-249 , 269 , 271 , 273 , 313,351,358 Leipzig 40, 123,33 4 Lennep 30 f. Liegnitz39, 121 Löhne 35, 63ff, 67, 72 , 90 , 96 , 100 , 102 , 109, 111-117 , 120ff., 159ff , 163-166, 194, 263f., 294, 308, 310/., 315, 366 Lübeck 41, 33 1 Lüneburg 39 Luxemburg 59 Magdeburg 39, 205, 288 Mannheim 40 Marien werder 39 Marneschlacht 34 Massenspeiseanstalten 149, 178 , 193 , 202 205, 342 Mecklenburg-Schwerin 133 Merseburg 39 Mesopotamien 167 Mettmann 30 Metz41,294 Minden 39, 70 Möchengladbach 30, 63, 320 Moers 31, 349 Mülhausen 41

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Mülheim 30 München 40, 50 , 87, 89, 95, 132 , 146f. , 149 , 204, 224 , 233 , 240 , 243ff. , 248f. , 286 , 291f., 301, 314, 324, 330, 353, 355, 351 Münster 28, 39, 45, 70, 164ff, 289 , 321, 331 Nahrungsmittelbewirtschaftung s . Bewirt schaftungspolitik Nationaler Ausschuß für Frauenarbei t i m Kriege 85 Nationaler Frauendienst 81 f., 300 , 302 Neukölln 27, 174, 317f, 34 5 Neuss 30f Neustrelitz 41 Niederlande 59, 301 Nienburg 25 Norwegen 59, 301 Novemberrevolution 233 , 274 Nürnberg 28, 40, 117, 248, 308, 346, 362 Oberhausen 30 Oberste Heeresleitun g (OHL ) 51 , 59 , 62, 73f., 77ff , 81 , 194, 253, 305/, 363 Österreich 59, 244, 301, 352 Oldenburg 41 Opladen 30 Oppeln 39 Orsoy 349 Osnabrück 39 Ostpreußen 133, 192 Paris 24, 33 Petersburg 233 Polen 58, 129,29 0 Pommern 133 Posen 39, 129 Potsdam 39, 44f., 174 , 317 Preis- politi k 30 , 168 , 184-188 , 194 , 205ff , 211 f., 23 0 - Steigerunge n 30 , 117 , 166 , 182 , 187 , 190 , 202, 205-212, 215, 234, 236, 270, 336 Preußen 39, 42, 69 , 91 , 94, 99f , 127 , 170f , 173f, 189 , 194 , 212 , 221 , 239 , 244f , 251 f, 262 , 281, 289, 299, 305, 355, 365 Propaganda 17 , 21, 24, 26 , 50 , 99 , 144 , 150 , 211, 215f , 219 , 234 , 240 , 249-254 , 267 , 274, 324, 360-364 Prostitution 126 , 140-144 , 154 , 160 , 321/, 326 Protest, soziale r (s. auch Streiks und Lebensmittelunruhen) 13, 17 , 198 , 235f. , 238f. , 246, 257f., 274f., 344, 352/, 355 Prüm 226

Qualifikation (de r Lohnarbeiterinnen ) 28 , 35, 109 , 117f,263, 31 1 »Rassenhygiene« 154f. , 326 Rationierung s . Bewirtschaftungspoliti k Regensburg 40 Reichs- getreidestell e 188-191 , 193 , 197 , 20 1 f , 356 - wochenhilf e 156f. , 328 Reims 33 Reklamationen, Reklamiert e 5 4 ff., 73 , 75, 87f. , 94 , 105 , 117 , 130 , 173 , 288f , 305 Remscheid 30 Reproduktion, individuell e un d familiär e 14ff., 19f , 77 , 125ff , 138 , 149 , 15 1 f., 167, 265ff, 269 , 317 Reuss (Fürstentümer) 344 Rheinprovinz 70 Rheydt 30 Röthenbach (Bayern) 145 Rothenburg 214 Rüstungsarbeiterzulagen 87 , 194-198 , 201 , 239 Rußland 25, 59, 357 Saarbrücken 29 Sachsen (Kgr. ) 40 , 69ff , 91 , 127 , 149 , 221, 249, 304, 324 Sachsen (preuß. Provinz) 133 Säuglingssterblichkeit 221, 223, 348 Salzburg 355 Schlesien 149 , 249, 324 Schleswig 39 Schwabmünchen 244 Schwarzmarkt 168f , 183 , 197ff , 203 , 208, 218, 225f,228ff, 335,34 5 Schweden 59, 301 Schweinfurt 74 , 286 Schweiz 59 Schwerin i. M. 41 Sexualität 16 , 125f , 138-147 , 160 , 177f , 268,270,379,329 -, außerehelich e 13 3 f., 139 , 14 2 f., 268 , 270, 319ff. Sigmaringen 39 Solingen 162 Sommeschlacht 51 , 74, 94, 303 Sozialdemokratie (s . auch Arbeiterbewegung und Gewerkschaften ) 24 , 26 , 62 , 78 , 81, 120, 166 , 192 , 238 , 240 , 245 , 248 , 255 , 274, 300, 313,315, 358 Sozialisation (s . auch Kinder, Aufziehe n vo n

397 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

-η) 16, 18 , 125 , 138f., 151 f., 158, 160-163, 166 , 177, 237, 269, 280, 329 Sozialpolitik (s . auch Kriegsfiirsorge) 29, 53, 67f., 82ff. f 86 , 101 , 103f., 139, 152 , 155ff., 162, 168f., 176, 198, 262, 267, 299, 302, 313, 327f. Spartakus 245 Speyer 40 Staatskommissar für Volksernährung (preuß.)193f. Stade 39 Steiermark 233 Sterblichkeit (s . auch Säuglingssterblichkeit) 128, 221-224, 317, 348 Stettin 39, 49 Stralsund 39, 49 Straßburg 41 Straubing 248 Streiks (s . auc h soziale r Protest ) 17, 19 8 ff., 232, 245 ff., 271, 314, 353f. Studentinnen 16, 97ff., 306 Stuttgart 27, 40, 229, 281 Tangermünde 246 f. Tauschwirtschafts. Schwarzmark t Textil- arbeiterunterstützung 68f., 71, 263, 295 - industrie 28, 30 , 45 , 58 , 67-71 , 76 , 104 , 112, 123 , 260f., 284, 286,297 Trier 39

Ungarn 59, 301 Universum-Film-AG (Ufa ) 254 Unternehmer, -verbänd e 35, 37 , 52 , 5 5 57f, 64, 67 , 79 , 81 , 84 , 88 f., %(.. 101-104, 106 , 109f, 117f , 120ff , 63. 165, 196 , 198, 240, 244, 252f., 288ff., 199 308,312ff,316,331 t 362 USA 245, 301 Vaterländische Frauenvereine 81, 300 Verdun 148, 355 Westfalen 69 f, 165,221 Westpreußen 133 Wien 243 Wiesbaden 39 Winsen/Luhe 349 Witwen 31 f., 64, 133 , 136, 147, 346 Wochenhilfe s. Reichswochenhilf e Wolfratshausen 244 Württemberg 40, 91, 221, 228, 304, 365 Würzburg 40 Zeiss 56 Zentral-Einkaufsgesellschaft (ZEG ) 85. 191,201 Zentralstelle für Heimataufklärung 253, :63 Zwickau 40, 45, 104

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Kritische Studien zur Geschichtswissenschaf t 4. Rolf Engelsing • Zur Sozialgeschichte deutscher Mittel- und Unterschichten 2., erweiterte Auflage 1978. 341 Seiten 8. Jürgen Kocka • Klassengesellschaft i m Krieg Deutsche Sozialgeschichte 1914-1918. 2., durchgesehene und ergänzte Auflage 1978. X, 239 Seiten 34. Hans Mommsen • Arbeiterbewegung und Nationale Frage Ausgewählte Aufsätze. 1979. 429 Seiten 38. Heinrich August Winkler • Liberalismus und Antiliberalismus Studien zur politischen Sozialgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts. 1979. 376 Seiten 39. Emil Lederer • Kapitalismus, Klassenstruktur und Probleme der Demokratie in Deutschland 1910-1940 Ausgewählte Aufsätze. Mit einem Beitrag von Hans Speier und einer Bibliographie von Bernd Uhlmannsiek. Herausgegeben von Jürgen Kocka. 1979. 310 Seiten, 1 Frontispiz 46. Barbara Greven-Aschof f Die bürgerliche Frauenbewegung in Deutschland 1894-1933 1981. 313 Seiten 48. Neithard Bulst / Joseph Goy / Jochen Hoock (Hg.) Familie zwischen Tradition und Moderne Studien zur Geschichte der Familie in Deutschland un d Frankreich vo m 16. bis zum 20. Jahrhundert. Einundzwanzig Beiträge. 1981. 328 Seiten 55. Hartmut Kaelble Soziale Mobilität und Chancengleichheit im 19. und 20. Jahrhundert Deutschland im internationalen Vergleich. 1983. 322 Seiten mit 46 Tab. und 3 Schaubild. 59. Ulrich Heinemann • Die verdrängte Niederlage Politische Öffentlichkeit und Kriegsschuldfrage in der Weimarer Republik. 1983. 362 S. 60. Gerald D. Feldman • Vom Weltkrieg zur Weltwirtschaftskris e Studien zur deutschen Wirtschafts- und Sozialgeschichte 1914-1932. 1984. 272 Seiten 61. Wolfgang Jäger · Historische Forschung und politische Kultur in Deutschland Die Debatte 1914-1980 über den Ausbruch des Ersten Weltkrieges. 1984. 322 Seiten 67. Rudolf Boch • Handwerker-Sozialisten gegen Fabrikgesellschaf t Lokale Fachvereine, Massengewerkschaft un d industrielle Rationalisierung in Solingen 1870-1914. 1985. 382 Seiten mit 33 Tabellen 69. Andreas Gestrich • Traditionelle Jugendkultur und Industrialisierung Sozialgeschichte de r Jugen d i n eine r ländliche n Arbeitergemeind e Württembergs , 1800-1920. 1986. 259 Seiten mit 11 Tabellen und 12 Schaubildern Bitte fordern Sie das vollständige Verzeichnis Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft an.

Vandenhoeck& Ruprecht i n Göttingen un d Züric h © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8

Kritische Studien zur Geschichtswissenschaf t 7 1 . Friedrich Lenge r • Zwischen Kleinbürgertu m un d Proletaria t Studien zur Sozialgeschichte der Düsseldorfer Handwerke r 1816-1878. 1986 . 332 Seiten mit 43 Tabellen und 5 Schaubildern 72. Christiane Eisenberg • Deutsche und englische Gewerkschafte n Entstehung un d Entwicklung bi s 1878 im Vergleich. 1986. 391 Seiten mit 14 Tabellen 73. Jürgen Kocka (Hg.) • Max Weber, der Historiker Zweiundzwanzig Beiträge. 1986. 286 Seiten 74. Dirk Blasius • Ehescheidung i n Deutschland 1794-1945 Scheidung und Scheidungsrecht in historischer Perspektive. 1987. 281 Seiten 75. Hans-Walter Schmuh l • Rassenhygiene, Nationalsozialismus , Euthanasi e Von der Verhütung zur Vernichtung 'lebensunwerten Lebens', 1890-1945. 1987 . 526 S. 76. Norbert Kampe • Studenten und »Judenfrage« i m Deutschen Kaiserreic h Die Entstehung einer akademischen Trägerschicht des Antisemitismus. 1988. 327 Seiten 77. Ute Frevert (Hg. ) • Bürgerinnen un d Bürge r Geschlechterverhältnisse i m 19. Jahrhundert. Zwöl f Beiträge . Mit einem Vorwor t von Jürgen Kocka. 1988. 216 Seiten 78. Gerhard Th. Mollin • Montankonzerne und »Drittes Reich« Der Gegensatz zwischen Monopolindustrie un d Befehlswirtschaft i n der deutschen Rüstung und Expansion 1936-1944. 1988 . 394 Seiten mit zahlreichen Tabellen 79. Dieter Langewiesche (Hg. ) • Liberalismus im 19. Jahrhundert Deutschland i m europäischen Vergleich . Dreißi g Beiträge . Mi t eine m Vorwor t von Jürgen Kocka. 1988. 538 Seiten 80. Hannes Siegrist (Hg.) · Bürgerliche Beruf e Zur Sozialgeschichte der freien un d akademischen Berufe im internationalen Vergleich . Acht Beiträge. Mit einem Vorwort von Jürgen Kocka. 1988. 223 Seiten 8 1 . Tibor Süle · Preußische Bürokratietraditio n Zur Entwicklung von Verwaltung und Beamtenschaft in Deutschland, 1871-1918. 1988. 402 Seiten mit 31 Tabellen 82. Rüdiger Hachtman n · Industriearbeit i m »Dritten Reich « Untersuchungen z u den Lohn- un d Arbeitsbedingungen i n Deutschland 1933-1945. 1989. 464 Seiten mit zahlreichen Tabellen 83. Sabine Sander • Handwerkschirurgen Sozialgeschichte eine r verdrängte n Berufsgruppe . 1989. 383 Seiten mi t zahlreiche n Tabellen, Schaubildern und Falttafeln Bitte fordern Sie das vollständige Verzeichnis Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft an.

Vandenhoeck& Ruprecht in Göttingen und Zürich © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35747-8