Aphorismen über taktische Begebenheiten des Siebenjährigen Krieges

Table of contents :
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Einleitung
Das Gefecht an den Katzenhäusern
Der Marsch der preussischen Armee von Ollmütz nach Landshut
Die Schlacht bei Cunersdorf
Das Treffen bei Freiberg

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APHORISMEN

ÜBER

TAKTISCHE

BEGEBENHEITEN

DES

SIEBENJÄHRIGEN

KRIEGES

VON

EDMUND HOEFLER, königl. bayerischem Oberstlieutenant im 9. Infanterie-Regiment (Wrede).

WÜRZBURG. DRUCK UND VERLAG DER STAHEL'SCHEN BUCH- UND KUNSTHANDLUNG . 1869 .

APHORISMEN

ÜBER

TAKTISCHE

BEGEBENHEITEN

DES

SIEBENJÄHRIGEN

KRIEGES

YON

EDMUND HOEFLER , königl. bayerischem Oberstlieutenant im 9. Infanterie-Regiment (Wrede).

WÜRZBURG. DRUCK UND VERLAG DER STAHEL'SCHEN BUCH- UND KUNSTHANDLUNG .

1869.

1. APHORISMEN

ÜBER

TAKTISCHE

BEGEBENHEITEN

DES

SIEBENJÄHRIGEN

KRIEGES

8829.9.

33.

VON

T - 9 .

EDMUND HOEFLER königl. bayerischem Oberstlieutenant im 9. Infanterie-Regiment (Wrede) .

WÜRZBURG.

DRUCK UND VERLAG DER STAHEL'SCHEN BUCH- UND KUNSTHANDLUNG. 1869.

H

IS

IT

Vorwort.

Im November Taktik welche

der

1867

habe ich

Gegenwart"

der

eine Broschüre :

Oeffentlichkeit

eine günstige Beurtheilung gefunden

von auch in Nro. 210

des Journal

übergeben,

hat, und

de l'armée

„ Zur

wo-

belge eine

Uebersetzung erschienen ist. Die taktischen Aphorismen aus dem 7jährigen Kriege sind als Fortsetzung und Erweiterung obiger Broschüre zu betrachten,

indem

ich

bemüht

war,

die

dortmaligen Be-

gebenheiten mit dem gegenwärtigen Standpunkte der Taktik in Parallele zu setzen.

Würzburg im Monate März 1869 .

2

Der Verfasser.

Einleitung.

Der beabschiedete

Landsknecht

(Fürst

Schwarzenberg)

stellte

einstens in seinen Schriften die Behauptung auf : ,dass eine jüngst abgelaufene Kriegsperiode keinen bestimm-

„ten Anhaltspunkt zur Beurtheilung gebe - " . In der That liegt hierin auch sehr viel Wahres,

denn der Ein-

druck der Neuheit ist beherrschend,

Ursache und Wirkung treten oftmals erst später, wenn die Gründe der Handlungsweise und manche Details bekannt sind, klar vor Augen. So ist es theilweise auch mit den unerwartet schnellen Erfolgen des Feldzuges 1866.

Die Verschiedenheit der Waffen hat hierauf naturgemäss einen grossen Einfluss gehabt, denn ein Gewehr, mit welchem 3 mal so schnell als mit einem andern gefeuert werden kann, gewährt in gewissen Momenten eine grosse Ueberlegenheit. Es wird jedoch nicht bewiesen werden können ,

dass hiedurch

allein die Erfolge des Feldzuges 1866 errungen worden sind, und ich bekenne mich mit Gatti und Anderen zu der Ansicht , dass die Verschiedenheit der Waffen kein Hinderniss gewesen sein dürfte , in der Entscheidungsschlacht von Königgrätz ein für Oesterreich günstiges Resultat zu erringen. Denn zur Abwehr waren die Handfeuerwaffen völlig entsprechend, und ist der Umstand zu beachten , dass die Oesterreicher nur gezogene Geschütze hatten , während die preussische Artillerie auch glatte Batterien verwendete. Aber getäuscht durch die Erfolge , welche die Franzosen im Jahro 1859 durch ihre Hoefler, Aphorismen. 1

Einleitung.

2 Bajonet-Angriffe Souwarows :

errungen

haben ,

„ Die Kugel ist Mann."

huldigte man

eine Närrin,

nur

dem

Ausspruche

das Bajonnet ist ein

Ohne die ungerechtfertigte Nachahmung, einer für die jetzigen Verhältnisse nicht mehr passenden Fechtart, bei richtiger Anwendung der ausser Mode gekommenen Vertheidigung,

wäre es möglich ge-

wesen, die erste preussische Armee zu schlagen, ehe die zweite das Schlachtfeld von Königgrätz betrat. Die Kriegskunst ist

eine der schwierigsten

Gegenstände, weil

jede andere Wissenschaft auf festerem Boden ruht, es viel schwerer ist, allgemein gültige Gesetze aufzustellen, auf das Gefecht selbst sich moralische und physische Einwirkungen geltend machen , die schwer oder gar nicht in Rechnung ' gezogen werden können . Nichtsdestoweniger bestehen solche Grundsätze ; aber sie sind nur mit ausdauerndem Fleisse zu erkennen, und mit grossem Geschicke anzuwenden. Der Erfolg rechtfertigt oder

entschuldigt die That.

Untersuchung über Ursache und Wirkung wird erkennen,

Aber die ob diese

oder jene Ilandlung unter andern Umständen gelingen könnte, und ohne eine solche Untersuchung wird die Geschichte nur Unheil stiften. Das Studium der jüngsten Kriegsbegebenheiten hat in mir die Frage aufgeworfen , ob nicht die Anwendung der im 7 jährigen Kriege beobachteten Maximen oftmals ein günstigeres Resultat zur Folge gehabt hätte ! Auch Andere haben ähnliche Ansichten, und Stimmen aus Frankreich tadeln die preussischen Operationen, und schreiben die errungenen Erfolge zunächst der vorzüglichen Detailausbildung zu. Langgestreckte Tirailleur-Linien, ohne Unterstützung und Reserven, in welchen nach den Mittheilungen der taktischen Rückblicke die Preussen grösstentheils gekämpft haben sollen, wären gewiss zur Zeit Friedrich des Grossen und Napoleon I. trotz der Zündnadelgewehre überwunden worden.

Uebrigens ist die Bedeutung dieser Schrift durch die

nunmehr erschienenen Erwiderungen auf ihr richtiges Maass zurückgeführt worden. Wenn bei Nachod, anstatt der einzelnen österreichischen Brigaden , wie zur Zeit des 7 jährigen Krieges ein vereintes Corps erschienen wäre, so würde das Debouchiren der Preussen aus dem Gebirge verzögert, wenn nicht unmöglich gemacht worden sein.

Dann wären

Zeit und Raum vorhanden gewesen, um, wie Friedrich der Grosse so

Einleitung .

3

oft, Napoleon I. zunächst im Jahre 1796 zwischen Etsch und Mincio und 1814 in Frankreich, die Vortheile der innern Linien auszubeuten. Diese Betrachtungen haben mich veranlasst, das Studium des 7 jährigen Krieges, das ich schon früher lieb gewonnen hatte, neuerdings zu betreiben, und an der Hand von Thernay - Koch, Decker, nerallieutenant von traité des grandes

Lossau's Ideale der Kriegführung , opérations , Clausewitz und anderer

des GeJomini's Schriften

die Grundsätze und Lehren aufzusuchen, die nunmehr noch Geltung haben. Wir befinden uns gegenwärtig in einer Uebergangsperiode der Taktik, in welcher zwei extreme Richtungen sich bemerkbar machen. Auf der einen Seite die frommen Schwärmer, wie Gatti diejenigen nennt, welche rücksichtslos den alten Verhältnissen anhängen ; auf der anderen Seite diejenigen Reformatoren , welche alles Alte wegwerfen und wenn ich mich der Schlagwörter bedienen will, die zur Kennzeichnung der politischen Richtung gebraucht werden - dem entschiedenen Fortschritt huldigen. Es bedarf wohl keines Beweises, dass beide Theile im Unrecht sind , dass nur mit denjenigen Ertabula rasa gemacht werden darf, fahrungen und Grundsätzen welche den Erfolgen der jetzigen Waffen unbedingt nicht mehr entsprechen. Schon vor dem Feldzuge 1866 hatte General Ambert die Schlacht von Zorndorf zum Zwecke der Nachbildung in dem Lager von Châlons nach den neueren taktischen Grundsätzen dargestellt. Nachdem derselbe nämlich in den études tactiques etc. die Einwirkungen erörtert, welche dem Zwecke der Friedensübungen, zur Instruction aller Grade zu dienen , so häufig entgegenstehen, kömmt er zu dem Schlusse, dass alle diese störenden Einwirkungen wohl dadurch am besten umgangen werden, wenn Handlungen hervorleuchtender Feldherrn zum Gegenstande der Nachbildung gewählt werden. Da nun auch ich der Ansicht bin,

dass in den Begebenheiten

des 7 jährigen Krieges trotz der Verschiedenheiten in Waffen, Verpflegung, Organisation, Taktik u . s. w. doch unendlich Vieles zu finden ist, was den gegenwärtigen Verhältnissen, wenn

auch theilweise

in anderer Form, zum Muster und zur Nachahmung

dient, so

habe

ich es unternommen, unter steter Berücksichtigung der jetzigen Verhältnisse in zwangloser Weise diejenigen Begebenheiten des 7jährigen Krieges zu erörtern, welche mir vorzugsweise tactisch interessant scheinen. 1*

4

Einleitung.

Es ist jedoch keineswegs beabsichtigt , eine Geschichte des 7 jährigen Krieges zu schreiben, noch alle taktischen Handlungen in ihre Fasern zu zerlegen, sondern nur Dasjenige hervorzuheben und zu beleuchten, was der Gegenwart am Meisten entspricht. Den kleinen Gefechten ist oftmals eine grössere Aufmerksamkeit geschenkt worden als den grossen Schlachten,

weil für den grössten Theil der

Officiere erstere mehr Anhaltspunkte zur Belehrung und practischen Friedens-Ausbildung gewähren.

1.

Der

Das Treffen bei Reichenberg.

österreichische General Graf Königsegg hatte bei Beginn

des Feldzuges 1757 mit 26,000 Mann die Zugänge von Gabel und Reichenberg zu vertheidigen. An ersterem Orte blieben 9000 Mann , zur Vertheidigung der Stellung von Reichenberg 17,000 Mann. Diese lehnte sich rechts an genannte Stadt, links an die bewaldeten Höhen des westlichen Thalrandes ; die Front war durch Redouten gedeckt. Von Gabel aus wurde ein Detachement von einigen Bataillonen gegen Kratzau gesendet. Der Herzog von Bevern rückte mit 18,000 Mann über Kratzau gegen Reichenberg , und liess durch Oberstlieutenant Warnery mit 1 Bataillon und einigen Eskadronen die Strasse von Kratzau gegen Gabel beobachten. Die Stellung von Reichenberg war in der Front zu stark , um angegriffen zu werden, daher der linke Flügel als Angriffsobjekt gewählt wurde. Die Oesterreicher hatten hier ein Gehölz besetzt,

und alle An-

griffe der preussischen Cavalerie scheiterten, so lange ibre Gegner im Besitze dieses Gehölzes blieben, indem sie durch das Feuer aus diesem zum Rückzuge veranlasst wurde. 5 preussischen Husaren-Eskadronen gelang es, durch eine verdeckte Aufstellung der österreichischen Cavalerie in die Flanke zu fallen und sie zurückzuwerfen . Als sich nun auch die preussische Infanterie des Gehölzes und der beherrschenden Höhen bemächtigte, sah sich Graf Königsegg zum Rückzuge veranlasst.

Das Treffen bei Reichenberg .

6

Le combat de Reichenberg, sagt Jomini, offre des rapprochements très intéressants avec la bataille de Collin, pour ce qui concerne la charge de cavalerie. Bei der sicheren, schnellen und weiten Wirkung der gegenwärtigen Handfeuerwaffen ist der Einfluss mit Infanterie besetzter als früher.

Localitäten auf Cavaleriegefechte nun

noch grösser

Der Marquis de Thernay ist der Ansicht, dass das Gefecht sich zu Gunsten des Grafen Königsegg gewendet haben würde, wenn er sich nicht von dem Grundsatze entfernt hätte , dass , wenn man sich an einen Höhenzug lehnt, derselbe ganz oder wenigstens der Gipfel und Hang besetzt werden müsse. Das Gefecht von Frohnhofen hat eine gewisse Analogie mit Reichenberg , weil dort die Frontstellung leichter von den Hängen aus als durch Sturm in der Front zu überwältigen gewesen wäre. Dem geschickten Verhalten des Oberstlieutenants Warnery, welcher den Gegner abhielt, auf dem Wege von Gabel nach Kratzau, das ist in den Rücken des Herzogs von Bevern vorzudringen, mithin von seiner Uebermacht Gebrauch zu machen, ist nicht minder ein Antheil an dem Erfolge zuzuschreiben, und bietet dieses Gefecht daher auch für Detachements Interesse. Generallieutenant von Lossau ist der Ansicht, dass die Stellung von Reichenberg mehr in offensiver als defensiver Hinsicht Vortheile gewährt , ein längeres Verbleiben des österr. Corps in dieser Stellung zum entschiedenen Nachtheile geführt haben könnte, indem ihm durch den Feldmarschall Graf Schwerin der Rückzug hätte verlegt werden können. Stellungen von grösseren Corps an den Gebirgsübergängen würden im Jahre 1866 wohl den gleichen Wirkungen unterworfen gewesen sein, was jedoch nicht abhielt, durch Detachements und Verschanzung der Aufenthalt zu verursachen.

Pässe möglichst

Alle Gebirgsverbindungen durchziehen viele Engen , welche sich als Sperrpunkte des Thales darbieten .

Wenn nun

mehrere

hinter-

einander gelegene Engen verschanzt sind, so können Detachements jede cinzelne so lange festhalten, bis der Feind seine Dispositionen zum entschiedenen Angriff vornimmt, wozu immer Zeit erforderlich ist. Die Summe dieser Widerstände kann dem Feinde eine ergiebige Verzögerung im Durchzuge des Gebirgs werden , welche theidiger zu Gute kommt.

Die

dem Ver-

beiden preussischen Armeen waren

im Jahre 1866 bei Beginn ihrer Vorwärtsbewegung

etwa 30 Meilen

von einander entfernt, und dirigirten sich concentrisch auf Gitschin. Wenn nun wesentliche Verzögerungen im Durchschreiten der Gebirge

Das Gefecht bei Sandershausen.

7

eingetreten wären, so hätte die Vereinigung der beiden preussischen Armeen nicht vor dem österreichischen Heere stattfinden können, und dieses würde sodann die centrale Lage gegen die vereinzelten feindlichen Massen gehabt haben.

2.

Das Gefecht bei Sandershausen.

Dem Prinzen Ysenburg war den 22. Juli 1758 die schwierige Aufgabe zu Theil geworden, mit 512 Bataillonen, 5 Eskadronen und 10 Kanonen, etwa 4000 Mann, sich gegen die fast doppelte Anzahl Franzosen schlagen zu müssen. Derselbe wählte hiezu eine vortheilhafte Stellung nördlich von Cassel auf den gegen Süden sanft abfallenden Höhen ; die rechte Flanke an die Fulda und deren steilen Hang, die linke an die Schlucht des Ellerbacherhofes gelehnt. Die Versuche der Franzosen, auf dieser Seite Vortheile zu erringen, scheiterten an der tapfern Vertheidigung des Hofes .

Ohne Reserve war

es jedoch an und für sich schwierig, längeren Widerstand zu leisten, oder Unfälle

zu repariren.

Ein

solcher

trat

ein,

als der

rechte

Flügel zum Angriffe überging, cine Hackenstellung gegen die Franzosen einnahm und das ganze Corps des Prinzen zu einer / Schwenkung

vorwärts

halten.

gezwungen

wurde, um den Zusammenhang zu er-

Das Vordringen der Franzosen hatte denn auch die Folge,

dass der grösste Theil des Corps vom Prinzen Ysenburg in die Fulda gesprengt wurde, und er den vierten Theil seiner Mannschaft und 7 Kanonen verlor.

Es entsteht die Frage, ob es nicht gerathener gewesen wäre, in der vortheilhaften Stellung zu verbleiben , worin der Zusammenhang erhalten werden konnte, als zum Angriffe überzugehen, und ob überhaupt der Angriff à tout prix auch stets gerechtfertigt sein kann ?

noch

Die biegsame Form, welche das zur Zeit des 7jährigen Krieges nicht cultivirte Tirailleurgefecht in Verbindung mit Unter-

geabtheilungen der Compagnien und Halbbataillone gewährt , stattet nunmehr, Reserven zurückzubehalten, und hiedurch Unfälle zu repariren.

8

Das Treffen bei Landshut. --- Das Treffen bei Lutternberg .

3.

Das Treffen bei Landshut.

Die Bedeutung geographisch oder strategisch wichtiger Punkte hat oftmals verleitet , dieselben mit ungenügenden Truppen in solcher Entfernung von Hauptcorps besetzen zu lassen, dass eine Unterstützung nicht möglich war. Solche abgesonderte Corps befanden sich daher häufig in sehr übler Lage, und nur ganz besonderen Umständen war es zuzuschreiben, wenn sie dem Untergange sich entziehen konnten. In den meisten Fällen wie General Fouqué 1760 bei Landshut, General Fink bei Maxen, General Spangenberg 1805 bei

Memmingen

waren die ungünstigsten Resultate die Folgen, weil diese abgesonderten Corps mit überlegenen Truppen angegriffen worden sind, denen zu widerstehen nicht in ihrer Macht lag. General de la Motte Fouqué hatte mit 10,600 Combattanten eine 8000 Schritt lange, mit unvoll . ständigen Verschanzungen verschene Stellung,

deren

einzelne Theile

aus verschiedenen Höhen bestanden , gegen 31,000 Mann unter General Laudon zu vertheidigen . Die grosse Uebermacht des angreifenden Theiles berechtigte vollkommen zu einem Angriffe mit beiden Flügeln und der Mitte , und konnte in stehender Vertheidigung trotz der anerkennenswerthesten Tapferkeit der preussischen Truppen und ihres Führers bei dem grossen Umfange der Stellung das Unglück, welches über sie hereinbrach, nicht abgewiesen werden, da keine Reserve von Infanterie oder Artillerie verblieb, um an irgend einem Orte das Gefecht zum Vortheile herzustellen. Jomini ist der Ansicht, dass Fouqué entweder dem Gefechte hätte ausweichen sollen , wogegen aber die Befehle des Königs sprachen, oder über Vogelsdorf an seiner linken Flanke einen Angriff mit vereinter Kraft versuchen, weil in dieser Richtung der Rückzug am meisten gefährdet war. Immerhin bleibt für solche abgesonderte Corps

die Regel, durch

Beweglichkeit zu ersetzen, was ihnen an Kraft abgeht.

4.

Das Treffen bei Lutternberg.

Die Gegend nördlich Cassel, rechts der Fulda , wurde mehrere Male zu Aufstellungen von Corps des Herzogs von Braunschweig benützt, um den Franzosen Widerstand zu leisten . So unter General Oberg am 10. October 1758 mit 16,000 Mann gegen etwa 37,000 Franzosen.

Die Stellung auf der Waldblösse von Lutternberg hatte den entschiedenen Nachtheil, in ihrer linken Flanke umgangen werden

Das Treffen bei Reichemberg.

9

zu können, daher zu einer gebrochenen Front zu veranlassen, so dass die linke Flanke des Hackens in der Verlängerung der Rückzugslinie lag. Dieser Fehler wurde von den Franzosen richtig benützt, indem eine ganze Division (1) die Stellung im Bogen umging, gegen den Hacken einschwenkte und mit Entschiedenheit und Geschick angriff. Ein kleineres Corps (2) hatte die Bestimmung, je nach den Fortschritten des Flankenangriffes gegen den Flügel der feindlichen Stellung zu wirken, 3

die Haupttruppe (3)

endlich

vorzurücken,

wenn die Wirkung der beiden Angriffe wahrzunehmen seien . preussische Corps

erlitt durch diese

Das

Verwendung der Uebermacht

ihrer Gegner, sowie durch den Umstand grossen Verlust, dass die sich zurückziehende Truppe in dem rückwärts gelegenen Wald durch die französische Artillerie beschossen wurde. Da es nicht Aufgabe sein kann, mit so unverhältnissmässigen Streitkräften einem Entscheidungskampfe sich auszusetzen, so mag es vorzuziehen sein, in abschnittweisen Stellungen dem Feinde die Zähne zu weisen, Aufenthalt zu verursachen , rechtzeitig das Gefecht abzubrechen, Feuerwaffen dem Vertheidiger, der es versteht ,

wozu die jetzigen das Terrain auszu-

nützen, ein sehr wirksames Mittel an die Hand geben, und endlich einen offensiven Rückschlag zu unternehmen , wenn der Feind Fehler macht.

5. Das Treffen bei Reichemberg. Im Jahre 1762 stund in der Nähe des Städtchens Reichemberg Herzog von Bevern mit 11 Bat., 5 Cav. -Reg. den Oesterreichern entgegen, welche 33 Bat., 14 Cav.-Reg. stark waren. Von Letzteren wurde General Beck, durch Waldungen gedeckt, in den Rücken der Preussen gesendet. Nur ein morastiger Grund hinter der preussischen Stellung hinderte das Corps des Generals Beck, welchem nichts als einige Züge Infanterie und 5 Schwadronen Husaren entgegengesetzt werden konnten, die Preussen anzugreifen. Es wurde 7 Uhr Abends , als der General Beck hinter dem preussischen Flügel aus dem Walde hervorkam . Schnell ging der Herzog von Bevern mit 112 GrenadierBataillonen dem Feinde entgegen, griff ihn mit aller Lebhaftigkeit an, und trieb ihn zurück.

Die Stellung bei Strehlen .

10 Während dessen

geschah keine entsprechende Mitwirkung des

österreichischen Hauptcorps , wodurch allmählig Unterstützungen von Friedrich selbst anlangten, und die Oesterreicher in der Front zurückdrängten.

sie

Es zeigt diess Gefecht, dass weitausgehende Umgehungen, wenn Zusammenhang mit der Haupttruppe geschehen , selbst

ohne

manchen Zufälligkeiten ausgesetzt sind, dass entschlossenes Entgegenrücken der Reserve dieselbe unschädlich machen kann, und ist es besonders dadurch lehrreich, weil bei der bedeutenden Ueberlegenheit der Oesterreicher der einfache Frontal-Angriff Aussicht auf Erfolg gegeben hätte.

6. Die Stellung bei Strehlen. Die Stellungen, welche Prinz Heinrich von Preussen bei Strehlen in Sachsen während des 7jährigen Krieges nahm , gaben dem Marquis de Thernay in seinem traité de tactique zu verschiedenen Beleuchtungen Anlass. Unter Andern wies er auf diese Stellung begründet, auf die Nothwendigkeit hin, wichtige vor der Stellung einer grössern Truppe liegende Terraingegenstände durch Detachements zu besetzen ; denn die Position, welche Prinz Heinrich nahm, hing von der Besetzung des Ollenberges ab, weil Marschall Daun,

welcher 1759 das Lager von

Hoff einnahm, keine Bewegung machen konnte,

ohne dass sie nicht

von diesem Hügel wahrgenommen worden wäre. Die neuen Waffen bedingen wegen ihrer grossen Tragweite oftmals weit vorgelegene Punkte in ihren Bereich zu ziehen, wodurch die Versuchung zur Zersplitterung der Kräfte nahe liegt. Das Verfahren Napoleon I. bei Austerlitz,

sich rückwärts der

Höhe von Pratzen zu concentriren und den Gegner mit Macht im Anmarsche anzufallen, ist bei den gegenwärtigen Waffen , welche die Vertheidigung eines einmal eingenommenen Punktes begünstigen, wohl selten anwendbar. In einem solchen Falle mag es daher zweckmässig erscheinen : 1 ) entweder Unterstützungen staffelförmig aufzustellen , oder 2) sich eine andere Stellung zu wählen.

Das Gefecht an den Katzenhäusern . 7.

Das Treffen bei Bergen.

11

Das Gefecht an den Katzenhäusern .

Während im Jahre 1762 Prinz Heinrich sich gegen Freiberg vorschob , blieb Generallieutenant von Hülsen Katzenhäuser (durch den zurück.

Terrainabschnitt

in

der

der Position der

Triebsche gebildet)

General Serbelloni in einer Defensivstellung am Plauen'schen Grund glaubte Hülsen mit Vortheil angreifen zu können, und gab hiezu in 4 Colonnen gegen den linken an die Elbe angelehnten preussischen Flügel die Disposition. Zu grosse Zersplitterung der Colonnen und mangelnde Energie im Angriff liessen denselben scheitern. Ueber die Richtung des Angriffes bemerkt Jomini, dass ähnlich wie beim Angriff auf die Weissenburger Linien

1794 der Angriff nicht auf der dem Flusse

zugewendeten, sondern auf der entgegengesetzten Seite hätte geschehen sollen, weil 1 ) man in einem solchen Falle selbst riskirt, gegen den Fluss gedrängt zu werden, 2) dem Feinde dagegen dieser Nachtheil zugefügt werden kann.

8. Das Treffen bei Bergen. Die Cavalerie in die Mitte einer Schlachtordnung zu stellen, gehört zu den Ausnahmen , welche jedoch Marquis de Thernay hier aus folgenden Gründen gerechtfertigt hielt : 1 ) Die hinter den Flügeln aufgestellte Infanterie brauchte sich nur rechts und links auszudehnen, wenn die Feinde gegen die Mitte vorbrechen wollten. 2) Das Terrain zwischen Bergen und dem Walde von Wibel hatte nur 1500 Schritte Ausdehnung, daher es den Gegnern nicht möglich gewesen wäre , einen Angriff auf die französische Cavalerie zu unternehmen, ohne wenigstens einen der Stützpunkte der Flügel weggenominen zu haben, indem der Zwischenraum zwischen ihnen vollkommen bestrichen war. Diese Cavalerie war um so mehr gesichert, weil die Posten von Bergen und Wibel nicht allein durch sich selbst stark waren, sondern auch durch die Truppen, die zu ihrer Unterstützung disponirt gewesen sind. Dagegen konnte die Cavalerie die Infanterie wirksam unterstützen, sei es, um die Flanke der feindlichen Corps anzugreifen, welche die Flügelstützpunkte in ihren inneren Flanken bedrohen wollte, sei es um die Flanke der eigenen Infanterie zu decken.

Es gelang auch der in

Das Treffen bei Bergen.

12

der Mitte aufgestellten Cavalerie, zwei französische Infanterie - Regimenter zu retten, welche bei der Verfolgung sich zu weit vorgewagt hatten. Da die grosse Tragweite der Geschütze eine weitere Entfernung der Flügelpunkte gestattet, so kann Cavalerie hesonders dann zur Verbindung verwendet werden, wenn das Terrain gedeckte Aufstellungen zulässt, um sie nicht der verheerenden Feuerwirkung preiszugeben. Was hier für die Schlachtordnung in Beziehung auf die Vertheidigung erwähnt worden, kann auch auf Angriffs-Dispositionen bezogen werden.

Eine rein passive Vertheidigung ist nicht am Platze , wenn der Angreifende die Stellung zu umgehen vermag, weil der Vertheidiger seine Aufmerksamkeit auf die Stützpunkte seiner Flanken richten muss, er daher Mühe hat, sich den Umgehungsmanövern zu widersetzen. Allein auch dieser Fall fand hier nicht statt, indem eine Umgchung in der rechten Flanke der Franzosen nicht geschehen konnte, so lange Bergen nicht genommen , eine solche in der linken französischen Stellung durch die Nidda verhindert war. — Herzog Ferdinand richtete daher alle Anstrengungen darauf, Bergen wegzunehmen, was ihm so wenig gelang , als einen Sieg über die französische Cavalerie zu erringen. Ganz entgegen den Resultaten der Schlacht von Blendheim musste Herzog Ferdinand von dem Kampfe abstehen . Denn bei Blendheim war das Zurückdrängen der in der Mitte der Schlachtstellung befindlichen Cavalerie Ursache, dass die hinter Blendheim gestandenen 20 französischen Bataillone isolirt worden sind. Immerhin bleibt es ein ehrendes Zeugniss für den Herzog Ferdimit 28,000 Mann die etwa 38,000 Mann starke französische

nand,

Armee angegriffen zu haben, und im Rückzuge nicht belästigt worden zu sein. Friedrich der Grosse erkannte diess wohl , indem er den Herzog tröstete , ihm freundlichen Rath für die Zukunft gab und ihm folgendes schrieb : „ Wenn Euer Durchlaucht Ihre Truppen möglichst beisammen halten, und nur einen einzigen Punkt zu gewinnen trachten, wo Sie Ihre gesammte Artillerie concentriren und mit Erfolg in Thätigkeit setzen können, so wird es nicht fehlen , dass Sie die Feinde trotz aller ihrer Ueberlegenheit total schlagen. " -

Das Treffen bei Warburg an der Diemel.

13

9. Das Treffen bei Warburg an der Diemel. Das Gefecht von Warburg gibt ein Beispiel üher die Anwendung der Grundsätze, welche bei Verbindung von Flanken- und RückenAngriffen Geltung haben. Der Marschall Broglio hatte das Corps des Ritter de Muy nach Warburg an das linke Ufer der Diemel gesendet, um dem Herzog Ferdinand von Braunschweig, welcher in der Nähe von Umminghausen stand, seine Verbindungen mit Lippstadt und Paderborn abzuschneiden. Der Herzog jedoch , welcher diese Absicht errieth, entsendete zuerst am 28. Juli 14 Bataillone und ebenso viele Eskadronen unter Befehl des General Sporken, welcher sich zwischen Corbeck und Liebenau aufstellte. Dieses Corps wurde den über nächsten Tag durch 10 Bataillone und 8 Eskadronen unter Befehl des Erbprinzen von Braunschweig verstärkt , Oberbefehl übernahm ,

Menne

welcher alsdann auch den

Das französische Corps hatte seinen rechten Flügel rückwärts von Warburg und seinen linken

el

em

Dr

Ossendorf

Warburg

an die Höhen gelehnt , welche von Menne kommen ; allein er liess weder diese Höhen noch eine andere Anhöhe , welche in seinem Rücken, dem Dorfe Ossendorf gegenüber lag, besetzen .

Der Erbprinz glaubte, dass es möglich sei, die linke Flanke und den Rücken der Franzosen angreifen zu können, und schlug dem Herzog Ferdinand vor, diesen Vortheil zu benützen. Dieser nahm den Plan nicht allein an, sondern entschloss sich, aus der Entfernung der grossen französischen Armee Vortheil zu ziehen, welche im Begriffe war, das verschanzte Lager von Kassel anzugreifen , um mit allen Kräften das Corps des Ritter de Muy anzufallen. Er selbst wollte einen Frontalangriff ausführen, während der Erbprinz die Franzosen in Flanken und Rücken nehmen sollte. Die vereinigte alliirte Armee setzte sich in Folge dessen in der Nacht vom 30. auf den 31. Juli in Bewegung, und überschritt die Diemel zwischen Liebenau und Drengelburg.

Als die Spitze der Colonnen den 31.

gegen 6 Uhr

Morgens auf den Höhen von Corbeck angekommen war, begann der Erbprinz in zwei Colonnen den Abmarsch. Die erste Colonne, aus dem rechten Flügel der Infanterie und Cavalerie und einer Batterie schweren Geschützes gebildet, nahm einen grossen Umweg , indem sie über Baerentrack marschirte , dann aber durch den Wald über Narde und Ossendorf sich dirigirte.

Sie sollte

14

Das Treffen

bei Warburg an der Diemel.

sich rechts ausdehnen, um mit den ersten auf der rechten Seite befindlichen Bataillonen die Hänge der Diemel rückwärts der Franzosen besetzen zu lassen, und sich dann in 3 Treffen, die Cavalerie im dritten, formiren . Die zweite Colonne, unter Führung des Generals Zastrow , war aus dem linken Flügel der Infanterie und Cavalerie gebildet, und hatte 2 Batterien von schwerem Kaliber. Sie dirigirte sich über Rosbeck, Denkelburg und Klein - Eder gegen Menne ; sie sollte in gleicher Weise wie die erste Colonne zwischen Menne und Ossendorf sich entwickeln.

Diese beiden Colonnen waren bestimmt,

in Flanke und Rücken anzugreifen,

die Franzosen

während das Gros

der Armee

seinen rechten Flügel gegen Menne , den linken Warburg gegenüber formirend, die Front anzugreifen bestimmt war. Als der französische General von den Bewegungen der alliirten Armee Kenntniss erhielt, hatte er bei Anbruch des Tages den Marquis von Castrics mit Grenadieren, Jägern und 2 Dragoner-Regimentern nach Liebenau entsendet, um Nachrichten einzuziehen. Dieser General stiess zwar bei Diesenburg auf die englische Legion, trieb sie zurück, konnte aber wegen anhaltenden Nebels nichts wahrnehmen, während der Erbprinz seine Bewegung beschleunigte. Der Ritter de Muy erfuhr bald , dass zwei Colonnen gegen seine linke Flanke erscheinen, er liess daher 4 Brigaden gegen die Höhen abrücken, welche von Menne auslaufen , 2 Brigaden blieben am rechten Flügel, Warburg vor sich lassend ; die Cavalerie stund in der Mitte, vor welcher sich eine grosse Ebene ausdehnte, eine Brigade besetzte eine Höhe rechts rückwärts der Cavalerie , das Corps Fischer behielt Warburg besetzt. Gegen 11/2 Uhr erschien General Sporken mit seinem Corps zwischen Ossendorf und Menne ; er liess sogleich zwölf 12-Pfünder auffahren, und zwar eine Batteric rechts des Dorfes Menne, um die Verbindung des Flanken- und Frontangriffes zu sichern. Die zweite Batterie fuhr zwischen Ossendorf und Menne auf, sie konnte nicht allein die Flanke des Corps schützen, welches den Flankenangriff ausführte, sondern auch zum Theil die Verbindung mit dem Rückenangriff herstellen. Die dritte Batterie endlich war auf einer Anhöhe rückwärts Ossendorf placirt. Die rechte Colonne defilirte aus Ossendorf und nahm die Direktion auf eine Anhöhe, welche rückwärts des rechten Flügels der Franzosen gelegen war. Als der französische General diess wahrnahm, beorderte er eine Brigade dahin.

Obgleich die der ersten Co-

lonne beigegebene Artillerie den Anmarsch sehr verzögerte, gelang

Das Treffen bei Warburg an der Diemel.

15

es dennoch einem englischen Obersten, mit hundert Grenadieren die Kuppe der Anhöhe zu erreichen, als die Franzosen an deren Fuss ankamen. Der englische Oberst benachrichtigte den Erbprinzen sogleich von dem Stand der Dinge, und durch möglichste Beschleunigung gelang es, Truppen herbeizuziehen, den Berg selbst gegen 3 angerückte französische

Brigaden zu

behaupten,

und diese gegen die linke Flanke Aktion zu setzen.

die Artillerie herbeizubringen, der

Endlich erschien auch die zweite

französischen Artillerie

in

Colonne rechts von Menne.

General Zastrow nahm kaum wahr, dass das Geschick des Tages sich um den Besitz der erwähnten Anhöhe drehe, als er seine Bataillone in dem Maase, als sie aufmarschiren konnten, gegen den Feind dirigirte, was eine Art staffelförmigen Angriff bildete, und wobei das erste Bataillon der hessischen Garde 4 Schweizer Bataillone zurückwarf.

Die erste Colonne blieb im Besitz der Höhe, und da die Fran-

zosen in Unordnung den Rückzug begannen , fanden die englischen Dragoner Gelegenheit, mit Vortheil zu attaquiren, und eine grosse Zahl Gefangener zu machen. Das Gros der Armee konnte des anstrengenden Marsches wegen nicht schleunig genug herankommen, dagegen waren die Cavalerie und Artillerie 2 Stunden im Trab vorausgeritten, griffen die französische Cavalerie an, warfen sie zurück, und wandten sich gegen die Infanterie. Es geschah diess in dem Momente, in welchem General Zastrow seinen Angriff mit erhöhtem Eifer begann, und wodurch dessen Erfolg erleichtert wurde.

Von allen Seiten umringt, versuchten die Franzosen schnell gegen die Brücken der Diemel sich zurückzuziehen, glücklicherweise gedeckt durch zwei Brigaden, welche die Krete des linken Hanges besetzten . Aber trotz dieser Vorsicht trat Unordnung in dem Rückzug ein, stürzte sich Alles in die Diemel, um das jenseitige Ufer zu erreichen, wobei Viele umkamen . Das Corps Fischer hatte am meisten zu leiden, denn durch die englische Legion aus Warburg vertrieben, fiel es der englischen Cavalerie in die Hände. Die Franzosen versuchten zwar, sich auf den Höhen von Welda zu setzen, allein die englische Artillerie richtete ein so lebhaftes Feuer auf sie, dass sie sich erst in Volkmar sammeln konnten . Sie hatten einen Verlust von 5000 Mann an Getödteten, Verwundeten oder Gefangenen. Der Vertheidiger, sagt Marquis de Thernay, erwartet nur zu häufig einen Fontalangriff, und besetzt die Posten, welche diesem entgegenwirken ; dagegen sieht er im Gegentheil einen Rückenangriff selten voraus , und vernachlässigt oftmals die Besetzung der Posten, welche den Erfolg sichern.

Das Treffen bei Lowositz.

16

Den Beweis dieser Behauptung gibt gerade das Treffen von Warburg, indem die Raschheit, mit welcher der Erbprinz von Braunschweig mit der Spitze seiner Colonne die Höhe rückwärts der linken Flanke der Franzosen besetzte, den Sieg sicherte. Ich glaubte dieses Treffen im Detail geben zu sollen, weil überhaupt die Verwendung kleinerer Corps oftmals lehrreicher als die grosser Armeen ist, und weil sowohl in Anbetracht der von den Angreifenden unternommenen, als von

dem Vertheidiger

unterlassenen

Massregeln dasselbe auch jetzt Interesse erregt.

10.

Das Treffen bei Lowositz.

Die Oesterreicher hatten hinter dem Mohrabach zwichen Lowositz und Sulowitz Stellung genommen, aber unterlassen , die jenseits gelegenen Höhen von Radostitz und den Loboschberg zu besetzen, wodurch Friedrich mit seiner Vorhut denselben in Besitz nehmen konnte. Als Friedrich die Stellung der Oesterreicher recognoscirte , er ihren linken Flügel nicht angreifbar ,

fand

indem man sich hier nur

durch das Dorf Sulowitz nähern konnte , welches von Infanterie besetzt, und von ungangbaren Sümpfen umgeben war. Zugänglicher war der rechte Flügel , welcher Lowositz deckte, obgleich dieser Ort besetzt und verschanzt war, und Kroaten sich in den mit Mauern eingefassten Weinbergen am Abhange des vorliegenden Loboschberges eingenistet hatten .

Da jedoch der Loboschberg

nicht genügend besetzt war , so war dessen Wegnahme möglich , und gab der Besitz Aussicht, die Eroberung von Lowositz zu begünstigen ; auch war jeder Gegenangriff dem wirksamen Feuer von der Höhe in die Tiefe ausgesetzt. Versprach ein Angriff der Preussen gegen die linke Flanke der Oesterreicher wenig Aussicht auf Erfolg, so war dagegen ein Vorgehen derselben von dieser Seite auch nicht zu gewärtigen, weil sie selbst das Defilee passiren mussten , und die Artillerie auf dem Homolkaberge mit grossem Erfolge wirken konnte. Da durch diese Terrainverhältnisse dic preussische Armee vor Gegenangriffen gesichert schien , so bildete der König von Preussen nur eine Infanterielinie, hinter welcher die Cavalerie ihre Aufstellung nahm. Es wird dies aus dem Grunde erwähnt , weil in neuerer Zeit die Anwendung einfacher Linien besonders bemerkbar gehalten wird.

Der Ueberfall bei Hochkirch.

17

So sehr ein zweites Treffen erforderlich ist, um dem ersten Consistenz zu geben , dann zur Ablösung, Ergänzung etc. , so wurde doch jedes Mal davon abgegangen , wo die Verhältnisse es bedingten , wie beispielsweise das Corps von Augereau in der Schlacht von Eilau in einem Treffen kämpfte. Das Gefecht begann um 7 Uhr früb, und es bedurfte 5 Stunden, um die Kroaten aus den Weinbergen des Loboschberges zu vertreiben. Die Oesterreicher schickten an ihren linken Flügel Cavalerie, und es ergaben sich zwischen ihr und der ihnen entgegengerückten preussischen hin- und herwogende Gefechte , blieben.

welche

Marquis de Thernay fand Anlass ,

ohne Entscheidung

es zu tadeln ,

dass die

zum Schutze von Lowositz gestandene österreichische Cavalerie neben dem Orte statt hinter demselben stund, weil es Grundsatz ist, die Cavalerie rück- und seitwärts stellen ,

des zu schützenden Gegenstandes aufzu-

indem sie zur Action sich immer in Bewegung setzen muss.

Friedrich hielt anfänglich die österreichischen Truppen nur für eine Nachhut ,

als sich jedoch der Nebel zerstreute ,

dass er es mit der

nahm er wahr,

gesammten österreichischen Armee zu thun habe.

Er beschloss daher mit Entschiedenheit zum Angriff von Lowositz zu schreiten , durch dessen Besitz den Oesterreichern nicht allein

der

Stützpunkt ihres rechten Flügels und die Anlehnung an die Elbe entzogen, sondern da hinter Lowositz ihr Rückzug ging, auch dieser gefährdet werden konnte. Der Umfang von Lowositz gestattete nur 4 Bataillonen, als Vertheidiger zu wirken , anwenden konnten .

während die Angreifenden

eine

grössere Zahl

Nachdem der Angriff auf Lowositz gelungen, war auch das Treffen entschieden. Die Benützung der Oertlichkeiten , das Auffinden der geeigneten Angriffspunkte, die Sicherung der eigenen Truppen gegen Gegenangriffe des Feindes, sind auch in der jetzigen Taktik bei Hinterladern und gezogenen Kanonen wesentliche Erfordernisse , und ich zweifle nicht , dass daher auch das Treffen bei Lowositz lehrung dienen werde.

11.

noch jetzt zur Be-

Der Ueberfall bei Hochkirch.

Die Veranlassung , wodurch der Ueberfall bei Hochkirch gelang, ist bekannt ; der Gegner wurde gering geschätzt, man traute ihm ein entscheidendes Handeln nicht zu, und vernachlässigte die Vorsicht 2 Hoefler , Aphorismen.

Der Ueberfall bei Hochkirch. 18

In so waldigem , coupirtem Terrain, wie jenes bei Hochkirch ist, sind Vorpostendetachements , wie Jomini andeutet , unbedingt erforderlich . Sie sind es in der gegenwärtigen Zeit noch mehr , da die gesteigerte Defensivkraft gestattet , dem Feinde Aufenthalt zu verur-

gänzlich .

sachen , man hiedurch in den Stand gesetzt wird , seine Absichten zu durchschauen , durch Festhalten des Vorterrains der Feind gehindert wird , seine Truppen in die Nähe der Gefechtsstellung zu bringen . Die Ueberwältigung einer vortheilhaften Position kann jetzt nur durch sorgfältige Recognoscirung geschehen , denn ohne diese ist es selten möglich , die schwachen Stellen , in welche man sich einbohren will, oder gegen welche die Angriffe gerichtet werden sollen , kennen zu lernen. Aus diesen Gründen glaube ich, dass ein möglichst langes Festhalten des Vorterrains , wozu Vorpostendetachements mitwirken , wesentliches Erforderniss der Vertheidigung ist. Die österreichische Militärzeitung gibt im 9. Heft des Jahrganges 1842 eine sehr ausführliche Darstellung der Anordnungen zum Ueberfalle und Angriff auf die preussische Armee, welcher nachfolgende Uebersicht in Vertheilung der Angriffstruppen entnommen ist. † Weissenberg

Kolitz ㅎ

Prinz Löwenstein 7 B. 15 Esk. Fürst Ahrenberg 13 B. 20 Esk. Stromberg 4 B.

Tschorne

Hauptangriff Esk. 30 37 B. 16-. Esk Car.

Lauden General des Umgehung Esk. 20 Comp B.5. 32

General Ursel 5 B.

Hochkirch Kuppritz Steindörfl Ô

Glossen Prinz Durlach 13 B. 15 Esk. 6 Carab.-Esk.

Plötzen

-Demonstration Gen. Wiese 600 Inf. 10 Esk. Reserve General Kolloredo 6 B. 5 Esk.

VorwerkJauernick.

Der Ueberfall bei Hochkirch.

19

Der Hauptangriff geschah von zwei Hauptrichtungen, von Süden und Osten. Jauernick war der Rückzugspunkt für den südlichen Angriff, der etwa zwei Stunden entfernte Stromberg gab für den Fall eines Rückschlages einen Stützpunkt für den Angriff von Osten ; die dazwischen befindlichen Abtheilungen dienten zur Verbindung, um die Flanken zu decken und Blössen des Gegners zu benützen. Jomini hält diese Anordnungen für ein wahres chef d'oeuvre und knüpft daran die Bemerkung, dass, wenn es Grundsatz ist, bei gleicher Stärke oder nicht grosser Ueberlegenheit die vereinte Macht an dem Angriffspunkt wirken zu lassen, dagegen eine bedeutend stärkere Armee sich vertheilen muss, um möglichsten Nutzen von ihrer Ueberlegenheit ziehen zu können, daher denn auch die Zertheilung in viele einzelne Corps den Zweck erfüllte.

Den gegenwärtigen Waffen entspricht

dieser Grundsatz vorzugsweise ,

indem nur dadurch von der Ueber-

legenheit der Feuerwirkung Gebrauch gemacht werden kann . Leitung und Führung

Die

ist aber auch hierdurch wesentlich erschwert,

und man kann nur mit Gatti darin übereinstimmen, dass gegenwärtig die höchste Intelligenz in Führung der Truppen erforderlich ist. Nicht eine Patrouille der Preussen begegnete den österreichischen ― Colonnen, die Ueberraschung war eine vollkommene. Dadurch aber bleibt das Verhalten des Königs von Preussen und seiner Truppen für alle Zeiten erhaben und nachahmungswerth , dass Friedrich aus dem Schlafe erwachend, fast in Gegenwart des Feindes die geeigneten Befehle gab, die Disciplin des preussischen Heeres es ermöglichte , die Truppen rasch zu sammeln , die heroische Vertheidigung des Kirchhofes das feindliche Andringen nicht unwesentlich verzögerte , die preussische Armee eine Meile vom Schlachtfeld Stellung nahm,

und Feldmarschall Daun es nicht

wagte ,

dieselbe

zu

verfolgen. Die mörderische Wirkung der jetzigen Feuerwaffen ist Ursache, dass die Dispositionen zum Angriffe einer guten Stellung , wie auch deren Ausführung äusserst schwierig sind. Jede Kampfesart, wodurch man leichter seinen Zweck erreicht , empfiehlt sich daher im Grossen wie im Kleinen, und werden überraschende Angriffe, Ueberfälle etc. den gegenwärtigen Anforderungen besonders entsprechen , Gegner hiezu Anlass gibt.

2*

wo

der

20

Der Marsch der preussischen Armee von Bautzen nach Görlitz.

12.

Der Marsch der preussischen Armee von Bautzen nach Görlitz.

Nach der Schlacht bei Hochkirch zog sich die preussische Armee nördlich von Bautzen, die Oesterreicher bezogen eine Stellung zwischen letzter Stadt und Weissenberg an der Strasse von Bautzen nach Görlitz. In dieser Stellung hatten die Oesterreicher die Fähigkeit , sich den Preussen vorzulegen , wenn sie sich nach Sachsen oder nach Schlesien wenden wollten. Friedrich der Grosse war daher in grosser Verlegenheit, mit seiner viel schwächeren Armee, den bedrohten Provinzen zu Hilfe zu kommen ; er wusste jedoch durch Geschick und Raschheit der Ausführung sich aus dieser Lage zu befreien. Seine Absicht ging vor Allem dahin , sich des Punktes Görlitz zu bemächtigen , welcher ihm nicht allein die Gemeinschaft mit Schlesien wieder öffnete, sondern Zu diesem auch die Verbindung der feindlichen Corps unterbrach. Zwecke wusste er die Armee ungefährdet nördlich nach Liska zu führen und sie von hier aus in 4 Colonnen durch waldiges Terrain und vermittelst eines Eilmarsches von etwa 10 Stunden nach Ullerdorf zu bringen, von wo aus der Vortheil entsprang , ebenso nahe an Görlitz als seine Gegner zu stehen. Schon am zweiten Tage hatte er, weil in mehreren Colonnen marschirend , Görlitz und damit seine Absicht erreicht.

Wenngleich die gegenwärtig zahlreichen Armeeen nicht so

geführt werden können , wie dies bei der in der Regel so schwachen preussischen Armee der Fall war , so mag dies Beispiel für concrete Fälle zur Nachahmung und als Beweis dienen , was Marschdisciplin , gute Anlage und schöpferisches Talent zu leisten vermögen, auch dass solche Ergebnisse oftmals einer gewonnenen Schlacht gleich zu stellen sind. Ein ähnliches Beispiel geschickter Marschdispositionen gibt der Anmarsch des Davoust'schen Corps im Jahr 1809 von Regensburg gegen Abensberg.

13.

Der Marsch der preussischen Armee von Ollmütz nach Landshut.

Die Massregeln, welche Friedrich der Grosse ergriff, nachdem er durch den Verlust des Transportes bei Domstädl zur Aufhebung der Belagerung gezwungen war, um im Angesicht einer tapferen Besatzung , der eine Stunde entfernten viel stärkeren feindlichen Armee die Truppen und Material aus den Transcheen zurückzubringen, von allen Seiten bedroht, durch hohes Gebirge, 4000 Wagen zu transportiren , überhaupt

Der Marsch der preussischen Armee von Ollmütz nach Landshut.

21

unter den schwierigsten Umständen den Marsch nach Landshut fortzusetzen , bleibt eine der interessantesten Begebenheiten des siebenjährigen Krieges , welche Stoff zu vielen empfehlenswerthen Regeln darbietet. Der König von Preussen beobachtete bei diesem Rückzuge die Maxime , durch Detachements in den Flanken seine Rückzugslinie zu sichern, wichtige Punkte von einer starken Vorhut besetzen zu lassen, während die Armee noch in einer passenden Stellung verblieb. So gelang es , obgleich von allen Seiten bedroht , dennoch seiner Avantgarde , das feindliche Magazin von Leutomichel wegzunehmen, die beschwerlichen Gebirgsdefileen zu durchziehen. Jomini wirft dem österreichischen Befehlshaber vor , keinen entscheidenden Angriff unternommen zu haben , denn Daun pouvait l'attaquer de manière à n'avoir jamais que le tiers des forces ennemis à combattre.

Dagegen zeigte General Laudon die grösste Thätigkeit,

Aufmerksamkeit und Kühnheit , blieb der preussischen Armee stets zur Seite , beobachtete die nach Glatz führenden Wege und that seinem Gegner Abbruch , wo immer Gelegenheit sich darbot. Als die preussische Armee sich der Elbe näherte, erfuhr der König, dass Königgrätz von den Oesterreichern besetzt sei. Hierdurch konnte der preussischen Armee der Rückzug verlegt werden, und es war der Besitz von Königgrätz daher unbedingt für sie erforderlich . Dieser Fall gab dem Marquis de Thernay Anlass , bei seinen Regeln über Anordnungen der Rückzüge eingehende Betrachtungen anzustellen, das Verhalten des Königs als nachahmungswerthes Beispiel zu empfehlen, und führe ich die hierauf bezüglichen Stellen hier an. Wenn der Posten, welchen einzunehmen die Nothwendigkeit ge-

bietet, vom Feinde besetzt ist , so wird diese Operation ausgedehnte Combinationen erfordern , und veranlassen, im voraus folgende Massregeln zu nehmen. Man wird einen Theil der Armee in einer guten Position belassen, um den Feind aufzuhalten , und während dieser Zeit wird man den übrigen Theil der Armee verwenden , um den Posten anzugreifen , in dessen Besitz man sich setzen will. Als sich der König von Preussen Königgrätz näherte, erfuhr er, dass General Buccow ihm zuvorgekommen sei, und sich dieses wichtiDer König befahl den 11. Juli den gen Punktes bemächtigt habe. Posten von Leutomichel und Pignisko zu beverschiedenen Corps, die halten, und erst den 12. Juli sich in Marsch zu setzen . Er zog alsdann mehr Artillerie an das Corps, welches er selbst befehligte, und

22

Der Marsch der preussischen Armee von Ollmütz nach Landshut.

Die erste Colonne dirigirte sich in 2 Colonnen gegen Königgrätz. passirte den Adler bei Schwinari und griff den österr. General in den Verschanzungen an , welche er auf dem Kroatenberg angelegt hatte, während die zweite Colonne, vom Könige selbst geführt, die Elbo bei Wissoka überschritt und den Feind im Rücken anzugreifen drohte. General Buccow wollte sich nicht den Zufälligkeiten eines Gefechtes aussetzen, und zog sich in der Nacht gegen Clumetz , Königgrätz und den Kroatenberg verlassend. Nachdem der König von Preussen die Elbe überschritten hatte, standen ihm 4 Wege zu Gebote : über Jaromir und Trautenau nach Landshut ; über Nachod , Bökelnick und Friedland nach Landshut ; über Nachod und Braunau nach Reichembach, und endlich über Nachod Levin, Reinerz nach Glatz. Um die Rückzugswege sicher zu stellen und den Feind zu täu-

schen , entsendete der König von Preussen starke detachirte Corps , Hiedurch gelang es welche er unterstützen oder aufnehmen konnte. ihm, die Richtung über Nachod - Politz- Gressen einschlagen zu können , doch musste er bei Ueberschreitung der Mettau und Gewinnung der rückwärtigen Defileen Massregeln ergreifen, welche in dem Traité de tactique des Marquis de Thernay aufgestellt werden.

als

nachahmungswürdiges Beispiel

. Wenn es nämlich, sagt obiger Autor, erforderlich ist, Flügelcolonnen einer Armee aus Cavalerie bestehen zu lassen, wie Friedrich es nothwendig hielt , als er am 26. Juli das Lager von Königgrätz verliess , muss man derselben einige Bataillone beigeben, um die Dörfer oder Defileen, welche man durchziehen muss, besetzen zu lassen. Als ferner den 29. Juli Friedrich die Höhen von Cralowalotha verliess , welche vorwärts der Mettau liegen , um die Mettau zu passiren und sich jenseits Jessenitz zu etabliren, sendete er den 29. Juli den General Retzau ab , um die Höhen von Neustadt zu besetzen . Daraus wird die Regel abstrahirt, ober- und unterhalb des Flusses Detachements zu beordern , zu bleiben.

um bei dem Uebergange selbst unbelästigt

Diese Corps, welche die Aufgabe haben, die Defilees ober- und unterhalb zu maskiren oder den Feind mit Vortheil anzugreifen, sollen ihre Stellung behalten, bis die Kolonnen der Armee in Sicherheit sind , und vereinigen sich entweder mit denselben oder mit der Nachhut. Thernay bemerkt, dass wenn General Forcade, welcher, um die Flanke des Feldmarschalls Keith zu decken , die Höhen von Johnsdorf besetzt hatte , seinen Posten behalten hätte , bis dic 3. Division des Feldmarschalls passirt war , so

hätte

er den 7. August sich

nicht

Die Schlacht bei Liegnitz.

23 Doch bleibt zu

mit Gewalt den Weg nach Krenau öffnen müssen ,

unterscheiden , ob nicht etwa durch langsamen Rückzug und abschnittweises Festsetzen der Feind besser aufgehalten werden könnte. Bei dem Rückzuge über die Mettau versuchte Friedrich eine nachahmungswerthe List. Während nämlich die Infanterie der Nachhut vor der Mettau eine verdeckte Stellung einnahm, ging Seydlitz mit 10 Eskadronen dem Feinde entgegen, um ihn gegen seine Infanterie zu locken, dieser ging jedoch nicht in die Falle. Um den weiteren Rückmarsch zu sichern und den Gegner zu täuschen, wurde General Retzau mit einem detachirten Corps westlich über Kostelitz und Starkstadt, General Fouquet nach Braunau gesendet.

Ersterer deckte

auf dem Wege von Kostelitz über Starkstadt

und Niederwernerdorf die linke Flanke der Armee, wandte sich aber dann, als dies nicht mehr nothwendig war, auf den Weg, welchen die Hauptarmee einschlug, und bildete deren Vorhut. ging mit seinem Corps über Braunau nach Glatz.

General Fouquet

Um die Gegend westlich von Landshut zu sichern, wurde Gene . ral Seydlitz mit tachirt.

18 Eskadronen

Cuirassieren nach Guttenberg de-

Am 1. Juli hatte der König von Preussen die Belagerung von Ollmütz aufgehoben, und am 10. August erreichte er mit seiner Armee Landshut.

14.

Die Schlacht bei Liegnitz .

Die Schlacht bei Liegnitz

ist eine von den wenigen Vertheidi-

gungsschlachten, zu welchen Friedrich der Grosse gezwungen worden war. Denn General Laudon, stets unermüdlich thätig, hielt den Moment zum Angriffe auf seinen Gegner günstig, und beabsichtigte einen Ueberfall . Es ist dies auch der Grund, warum er unterliess , eine Vorhut seinem Hauptcorps vorangehen zu lassen , und nur mit den Bataillonen der Infanterie-Reserve zum Angriff schritt. Friedrich der Grosse hatte mit seinen 21 Bataillonen 35 Eskadronen auf den Höhen von Liegnitz Stellung genommen, und da er während des Angriffs durch General Laudon im Osten auch vom Feldmarschall Daun im Süden bedroht werden konnte, war er gezwungen, in Eile Front nach drei Seiten zu machen. Durch

einen plötzlichen Wechsel

der Stellung ,

eine Art von

Thätigkeit, die dem Vertheidiger zu Gebote steht, wie General von Clausewitz sich ausdrückte, wusste Friedrich dem Angriffe zu begegnen,

Die Schlacht bei Liegnitz.

24

Die rasche Besetzung einer wichtigen Anhöhe, sowie die Vortheile, welche die der Vertheidigung günstige amphitheatralische Stellung der Preussen überhaupt darboten, waren Veranlassung, dass die Oesterreicher bedeutende Verluste erlitten. General Laudon griff anfänglich nur mit 5 Bataillonen an, wurde aber zurückgeschlagen ; österreichische Cavalerie , welche beigezogen worden , wurde von preussischer in die Flanke genommen und in die Moräste gejagt. Mit 5 frischen Bataillonen griff General Laudon wiederholt, wiewohl vergebens an, auch ein Versuch, den Preussen in die Flanke zu fallen, scheiterte. Ein vierter Versuch hatte keinen bessern Erfolg, 3 österreichische Regimenter wurden durch preussische Cavalerie fast zu Grunde gerichtet . Ein nochmaliger Versuch der österreichischen Cavalerie , in den

linken Flügel der preussischen Infanterie zu dringen , schien anfänglich Erfolg zu haben, scheiterte aber durch die Standhaftigkeit des Endlich stand General Laudon preussischen Regiments Bernburg. von weiteren Versuchen, die mit der grössten Bravour unternommen, aber auch abgewiesen worden, ab, und zog sich zurück. Generallieutenant von Lossau und Andere berühren, dass die Preussen bei Parthen eine Lücke gelassen, deren Benützung durch ihre Gegner eine andere Entscheidung hätte geben können. Bei den gegenwärtigen Waffen ist es vorzugsweise geboten, solche Lücken baldmöglichst zu erkennen , was durch die Alles umschwärmenden Plänkler geschehen kann , um hievon in raschester Weise durch Hineinschieben bereit gehaltener Reserven Nutzen zu ziehen .

Auch

hier kommt die nunmehr erhöhte Vertheidigungsfähigkeit zu Nutzen, da kleine Abtheilungen , welche solche Punkte eingenommen haben, im Stande sind, sich gegen Uebermacht bis zum Eintreffen stärkerer Reserven halten zu können. Durch diese Benützung schwacher Vertheidigungspunkte wird einer höchst wichtigen Regel entsprochen , welche Marquis de Thernay bei der Wahl der Angriffspunkte aufgestellt hat , und welche besonders gegenwärtig von Bedeutung ist.

Derselbe sagt nämlich : " Wenn es

sich darstellt ,

dass in

Folge der Schwäche

eines

Punktes in der feindlichen Stellung oder der geringen Truppenzahl , dieser mehr Vortheile zum Angriffe als derjenige bietet, welchen man als Schlüssel der Stellung betrachtet, so muss man zwei Angriffe formiren .

Der erste Angriff wird gegen den Punkt

der Stellung gerichtet sein, welcher am leichtesten wegzunehmen

Die Schlacht bei Kay.

Die Schlacht bei Breslau.

25

ist, der zweite gegen den wichtigen Schlüsselpunkt ; dieser wird aber nur dann ausgeführt werden , wenn der erstere gelungen ist , weil hierdurch der Angriff auf den Hauptschlüsselpunkt am wirksamsten unterstützt wird. " Man hat General Laudon getadelt ,

dass er nur mit einzelnen

Truppentheilen statt mit genügenden Kräften angegriffen habe.

Marquis

de Thernay dagegen bemerkt , dass wenn es zwar die Regel ist , vor dem Angriff die Truppen zu vereinigen , um baldmöglichst die Ordre de bataille annehmen zu können , und die Oesterreicher wohl hätten siegen können, wenn sie anfänglich mehr Truppen zur Verfügung gehabt hätten , doch zu beachten bleibt , dass General Laudon einen Ueberfall beabsichtigte, und als er sich von der Unmöglichkeit desselben überzeugte , die Stellung des Gegners mit den Truppen angriff, die er bei der Hand hatte.

15.

Die Schlacht bei Kay.

General Wedell passirte mit den preussischen Truppen ein Defilee , führte sie einzeln den Russen entgegen, und hetzte eine Brigade nach der andern in das feindliche Kartätschen- und Flintenfeuer, obne alle Mitwirkung der schweren Batterien . War eine Brigade ruinirt, erzählt General Warnery , so rief man Cavalerie vor. Treffend bemerkt hiebei Clausewitz : „Diese Schlacht ist eine gute Widerlegung der Naturalistentheorie, dass angreifen , auf dem Marsche angreifen , mit rücksichtsloser Entschlossenheit draufgehen ein unfehlbares Mittel zum Siege sei. In keiner Schlacht waren diese drei Dinge so beisammen, und kein General besass mehr wie General Wedell die einseitige Virtuosität, welche dazu erforderlich ist. " Betrachten wir die Versuche in dem Jahre 1866, die mit Hinterladern bewaffneten Preussen über den Haufen rennen zu wollen, so muss man bedauern, dass die Geschichte so wenig Nutzen zu schaffen vermochte.

16.

Die Schlacht

bei Breslau.

Der Herzog von Bevern nahm mit den ihm unterstellten 21,000 Mann Infanteric und

9000 Pferden zur Deckung von Breslau

Stellung mit dem rechten Flügel an die Oder gelehnt,

eine

einen Theil

der Front parallel mit dem Loheflüsschen, dann in einem rückwärtsgehenden Hacken gegen Breslau zurückgebogen .

Die Schlacht bei Crefeld.

26

30 Schanzen wurden angewendet , um diese 16,000 Schritte umfassende Stellung zu verstärken. Während ein österreichisches Corps sich gegen den zurückgebogenen Theil der preussischen Stellung wendete , überschritten 4 Colonnen unter Mitwirkung einer zahlreichen Artillerie

die Lohe und

setzten sich am jenseitigen Ufer fest. Es ist hiedurch das Beispiel eines Es gelang Fluss -Ueberganges im Angesicht des Gegners gegeben . den Preussen nicht, die Oesterreicher wieder zurückzutreiben , was bei den jetzigen Waffen noch mehr erschwert sein wird. Treffend äussert sich Decker über diese grosse ausgedehnte Stellung , wie folgt : „Jede einzelne Schanze gibt nur ein Maass von Widerstand , ist dieses erschöpft , so werden die andern entweder unnöthig oder fallen von selbst. Eine solche verschanzte Stellung, sie bestehe aus einzelnen Posten oder in einem verschanzten Schlachtfelde , kann ohne Reserve und ohne Reduit nicht wieder zurückerobert werden, und beides fehlte hier ganz “ . In mancherlei Hinsicht lassen sich Vergleiche mit anderen Schlachten anstellen . Der Umstand , dass der Rückzug nach Breslau in der Verlängerung der Hackenstellung lag , verweist auf die Schlacht von Jemappe, wobei ein ähnlicher Fall eintrat, und die befestigten Höhen nicht mit dem Nachdrucke vertheidigt werden konnten ,

die zur Be-

hauptung der Stellung erforderlich war, ohne den Rückzug nach Mons zu verlieren . Die preussische Stellung hatte auch wie bei Wagram den Nachtheil der gegen die Oesterreicher gebrochenen Front, wodurch deren Feuerwirkung excentrisch, die des Angreifers concentrisch wurde, daher der Vortheil auf Seite des letzteren lag. Endlich verursachte die zu grosse Ausdehnung im Verhältniss zur Stärke Lücken in der Vertheidigungsfront wie bei Prag. Decker tadelt beim Angreifenden , dass er 4 Hauptangriffe ohne Reserve bildete, statt dass er lieber auf allen Punkten der Lohe durch Scheinangriffe Besorgnisse erregte, und auf dem entscheidenden Punkte mit Uebermacht vordrang. sondertes Postengefecht.

Jeder der 4 Angriffe bildete ein abge-

17. Die Schlacht bei Crefeld . Die französische Armee war hinter dem Landgraben concentrirt und hatte in ihrer linken Flanke bewaldetes , Terrain.

schwer zugängliches

Herzog Ferdinand , obgleich seine Armee nur 1/3 so stark

Die Schlacht bei Crefeld.

27

als die seines Gegners war, beschloss dennoch zum Angriffe überzugehen.

Da er den Frontal-Angriff wegen der Vortheile der concen-

trirten Lage des Gegners und des Schutzes, welchen der Landgraben und die ihn begleitenden Dämme gewährten , nicht zulässig erachtete, beschloss er, den linken Flügel zu umgehen, die Flanke anzugreifen , die Front aber durch zwei von einander entfernte Corps so lange festhalten zu lassen , bis sein Angriff in der Flanke begonnen, dann aber sollten die Corps in der Front mitwirken . Es ist dies der Angriff en ordre separé , wie sich Thernay- Koch ausdrückt , welcher oftmals durch das Terrain geboten werden kann, hier aber den Nachtheil bieten konnte, en detail geschlagen zu werden . Wenn die Kriegsbegebenheiten nur nach dem Ergebniss betrach. tet werden ,

so ist auch die Schlacht von Crefeld ein nachahmungs-

würdiges Beispiel. Werden aber die Gegenmassregeln erwogen, welche hätten ausgeführt werden können , so verdienen die Ansichten von Decker, Jomini, Thernay Beachtung, welche die Trennung in 3 gesonderte Corps Angesichts einem concentrirten stärkeren Gegner als gewagt erklären . Einer Armee gegenüber , wie es die französische damals war , konnte ein solches Wagniss wohl unternommen werden , und bei vielen kriegerischen Begebenheiten ist die Kritik eine unangemessene, wenn der Charakter, die Gewohnheit des feindlichen Führers, sowie die Beschaffenheit der gegnerischen Armee in der Beurtheilung unbeachtet bleiben . Von dieser Abschweifung wieder übergehend auf die taktischen Verhältnisse, so tadelt Jomini, dass Prinz Clermont seine linke Flanke gesichert hielt ,

und sich des bekannten Ausspruches nicht erinnerte,

dass , wo eine Ziege durchkommt , auch Menschen passiren können . Ferner tadelt Jomini , dass der französische Befehlshaber nicht seine ganze Reserve gegen die Umgehung verwendet, überhaupt nicht mit dem gehörigen Nachdrucke gehandelt hat. Tempelhof macht gelegentlich seiner Beschreibung dieser Schlacht die treffende Bemerkung, dass wenn ein dicht bewaldetes Terrain der Vertheidigung Vortheile bietet , dies aber auch für den Angreifenden der Fall ist, um den Angriffspunkt mit Leichtigkeit zu verbergen, so dass , wenn es ihm gelingt, den grössten Theil seiner Kräfte dahin zu bringen, der Feind auch nicht im Stande ist, zu widerstehen. Es ist dies eine Ansicht , welche auch in den neuesten Kämpfen besonders in dem waldigen Terrain westlich von Würzburg ihre gefunden hat.

Bestätigung

Die Führung der Truppen in Waldungen ist eine höchst schwierige Sache , weil Uebersicht und Zusammenhang schwer zu erhalten

Die Schlacht bei Minden.

28

sind. Diejenige Truppe, welche geübt ist, sich in Waldungen schnell zurecht zu finden , wird daher einen grossen Vortheil vor derjenigen voraus haben, welche darin ungeübt ist. Ich glaube, dass die Kriegsgeschichte besonders dann wesentlich zur Belehrung dient , angestellt werden.

wenn Vergleiche verschiedener Begebenheiten

So findet auch Jomini eine völlige Gleichheit der allgemeinen Dispositionen bei den Schlachten von Crefeld und Wilhelmsthal (bei Cassel) , indem dort und da der linke Flügel umgangen ward , der Unterschied nur darin besteht , dass bei Crefeld die Bewegung entschiedener und mit grösserer Kraft unternommen worden ist und der Flankenangriff für die Franzosen gefährlicher war, indem sie zu befürchten hatten, gegen den Rhein gedrängt zu werden.

18.

Die Schlacht bei Minden.

Herzog Ferdinand von Braunschweig wendete zur Schlacht von Minden nach der Eintheilung des Marquis de Thernay die gemischte Vertheidigung an. Zur Sicherung seiner Rückzugslinie sowohl, als auch um die Franzosen zum Angriff zu verleiten , liess er den General Wangenheim mit einem Corps von 10,000 Mann in der verschanzten Stellung von Tonhausen, während er selbst mit der Armee von 28,000 Mann westlich ausbog in der Absicht , den Franzosen in die Flanke zu fallen, wenn sie sich ernsthaft in ein Gefecht zur Wegnahme der Position von Tonhausen einlassen sollten . Wenngleich diese Massregel gewagt erscheinen möchte , so war sie es doch nicht , indem Herzog Ferdinand der Ueberzeugung war, dass die Verschanzungen genügende Sicherheit darboten, um eine passive Vertheidigung leisten zu können ,

das vom Herzoge persönlich

angeführte Corps sich nur vorwagen durfte , um in Verbindung mit Wangenheim zu treten , einer der Flügel seines Corps durch einen Morast gedeckt , der andere durch das Feuer des Wangenheim'schen Corps unterstützt werden konnte. Der Erfolg entsprach auch den Absichten des Herzogs von Braunschweig ; denn während die Franzosen durch ihre Vorhut das Corps von Wangenheim mehrere Stunden kanoniren liessen, breitete sich die französische Armee seitwärts ihrer Vorhut in der Ebene aus, ihre Cavalerie in die Mitte nehmend.

Die Schlacht bei Minden.

29

Bei dem Zusammentreffen des Corps des Herzogs und der französischen Hauptarmee ereignete sich der unerhörte Fall, dass die französische Cavalerie von der englischen Infanterie angegriffen und in die Flucht geschlagen wurde und unfehlbar die Vernichtung der französischen Armee eingetreten wäre, wenn Lord Sackoille den Befehlen des Herzogs , mit seiner Reiterei rechtzeitig vorzurücken , Folge geleistet haben würde. Die Anordnungen des Herzogs gelten als Muster und äusserte sich Jomini folgend hierüber : Ses manoeuvres pour amener l'ennemi au point où il voulait le faire venir sont sans contredit des chefs-d'oeuvres : rien ne prouve mieux la solidité de ses maximes que l'idée hardie, qu'il conçut de s'affaiblir pour être plus fort. Weniger Rühmendes kann von den französischen Anordnungen gesagt werden. Wangenheim musste mit Energie angegriffen und nicht blos kanonirt werden. Es war ferner bedingt , den linken Flügel zu refüsiren und Massregeln zu ergreifen , nehmen.

um die Umgehung wahrzu-

Wenn auch bei Bergen es gerechtfertigt war, mit der Cavalerie die Lücke zwischen den Stützpunkten der Flügel auszufüllen , so war dieser Fall hier nicht gegeben. Die heroische Tapferkeit der englischen Infanterie, die Entschiedenheit, welche der Herzog von Braunschweig in ihrer Anführung bewiesen , sind ebenso nachahmungswürdige Beispiele , als entgegengesetzt die Flucht der französischen Cavalerie wenig Beweise von hervorragender Tapferkeit gibt. Diese gemischte Vertheidigung , welche vom Herzog von Braunschweig angewendet wurde ,

scheint mir vorzugsweise der gegenwär-

tigen Taktik da zu entsprechen, wo die Terrainverhältnisse es zulassen. Denn eine von Natur starke , durch die Kunst vervollkommnete Stellung kann gerade bei den jetzigen Waffen mit geringer Truppenzahl vertheidigt werden.

Der hierdurch disponible Ueberschuss an Kräften

findet daher wohl keine bessere Verwendung als

zu einem Gewalt-

stoss in die Flanke des Gegners, der um so verderblicher werden muss, wenn dieser sich verleiten lässt, sich ernsthaft mit dem ihm als Lockspeise entgegengestellten, vorläufig auf die Vertheidigung angewiesenen Corps zu engagiren. Alle Jene ,

welche das Wort Vertheidigung

aus dem Militär-

Conversations- Lexikon gestrichen haben wollen, und nur den Angriff gelten lassen, berauben sich selbst der kräftigsten Mittel, um Manöver auszuführen, welche die Bewunderung der Mit- und Nachwelt erhalten haben.

.

Cunersdorf

bei

Schlacht

Die

309

19. Die Schlacht bei Cunersdorf. Wer sich über die Gründe eingehend belehren will, warum diese Schlacht dem Könige von Preussen verloren ging , ist ein Beiheft zum preussischen Militär- Wochenblatte, dessen Nummer ich mich jedoch nicht erinnere, zu empfehlen, und übergehe ich es, solche Details dieser Schlacht zu erwähnen , welche wenig oder keine Beziehung zur Gegenwart haben, oder auch bei anderen Gefechten ihre Erörterung in diesen Blättern gefunden haben oder finden werden . Bei Cunersdorf wie bei Zorndorf fand Friedrich es angemessen, mit demjenigen Flügel angreifen zu lassen, hinter welchem sich seine Rückzugslinie befand, um diese sicher zu stellen. Geschieht dies nicht, so ist man gezwungen, Truppen zur Sicherung der Rückzugs-Linie zu verwenden, um nöthigenfalls sich vor einem Rückschlag in dieser empfindlichen Richtung zu sichern, wodurch aber Kräfte dem Angriffe entzogen werden. Von Seiten der Alliirten war Cunersdorf eine Defensiv-OffensivSchlacht. Der Schlüssel des Terrains war der Spitzberg, dessen Verschanzung zur Vertheidigung wesentlich günstig einwirkte. Gestützt hierauf gestattete der Kuhgrund eine abschnittweise Vertheidigung, das Herbeiziehen der Reserve, die an andern Orten der Vertheidigung entbehrlich geworden.

Die erhöhte Vertheidigungskraft der

jetzigen Waffen fordert um so mehr auf, solche Abschnitte aufzusuchen , zu benützen oder durch die Befestigung zu schaffen. Wäre zum Beispiele zwischen Chlum und der Elbe eine befestigte Aufnahmsstellung vorbereitet gewesen, so möchte mit Sicherheit anzunehmen sein, dass die österreichische Armee keinen so

grossen Verlust erlitten haben

würde, und dass sie in schlagfertigem Zustande den Rückzug nach Königgrätz hätte vollziehen können. Laudon war die Seele der Vertheidigung ; er vertheidigte zuerst mit Infanterie den Kuhgrund und den Spitzberg ; er brachte die Reserve herbei ; er fiel mit Cavalerie den Truppen, welche den Kuhgrund angriffen, in die rechte Flanke und setzte sich an ihre Spitze, um die preussische östlich von Cunersdorf zurückzutreiben. Es gelang ihm nicht, den Oberbefehlshaber zu kräftiger Verfolgung zu veranlassen,

welche den grössten Erfolg

haben musste ,

da Friedrich

selbst sagte, dass von 40,000 Menschen ihm nur 3000 geblieben, wovon erst nach wenig Tagen 20,000 Mann gesammelt werden konnten. Den wahren Verlust der Preussen gibt das Militärwochenblatt zu 18,000 Mann , 172 Geschütze, 26 Fahnen und Standarten an.

Die Schlacht bei Collin.

31

Jomini macht Friedrich den Vorwurf:

d'avoir mal soutenu la

première attaque, und leitet daraus den gewiss auch jetzt noch giltigen Satz ab : On gagne une extremité de la ligne pour accabler une partie faible avec une masse de force. Si cette attaque n'est pas soutenue vinement, l'extremité n'est plus partie faible, parce que l'ennemi a le temps d'y porter tous ses moyens . Thernay-Koch hebt hervor, dass der König von Preussen bei Cunersdorf hinter der Infanterie kleine Cavalerietrupps vertheilt habe, um von den Erfolgen der ersteren sogleich Nutzen zu ziehen . Auch in neuerer Zeit wird diese Massregel vortheilhaft erachtet,

und ist dies ein neuer Beweis, zogen werden kann.

20.

wie sehr aus dem Alten Nutzen ge-

Die Schlacht bei Collin.

Auch die Schlacht von Collin gehört in die Reihe der DefensivOffensiv-Schlachten . Wenngleich das Umgehen in der Nähe einer bereits in Position befindlichen Armee in der Weise wie bei Collin gegenwärtig nicht leicht vorkommen wird, so werden doch auch vom jetzigen Standpunkte der Taktik aus dieser Schlacht mehrfache Lehren. gezogen werden können . Vor allem ist es die Angriffsdisposition Friedrichs selbst , welche auch bei den nunmehr verschiedenen Gefechtsformen als Modell dienen kann, und zur Nachahmung bei Friedensübungen sich empfehlen mag. Die Hauptidee war, den feindlichen rechten Flügel durch eine Avantgarde anzugreifen, auf diesen Angriffspunkt den grössten Theil der Cavalerie zu bringen , und ihn mit dem linken Flügel der Armee zu unterstützen. Der rechte Flügel der preussischen Armee sollte dagegen ganz zurückgehalten und an der Kaiserstrasse gelehnt bleiben, folglich nicht zum Gefecht gebracht werden .

Nach dem Besitze des

Eichenwaldes sollte die Cavalerie mehr links einrücken, und der Avantgarde die linke Flanke decken. Auf die Avantgarde und zwar in Entfernung von 1000 Schritten sollte sodann das ganze Corps de bataille immer mit refüsirtem Flügel folgen, hinter Krzeczhorz marschiren, und den eben erwähnten Eichenwald zum Anlehnungspunkt seines linken Flügels nehmen. Lücken in der Mitte der preussischen Armee bei ihrem Anmarsche gegen den österreichischen rechten Flügel hinderten den kräftigen Nachschub, so dass General Hülsen,

welcher den Angriff zu beginnen

32

Die Schlacht bei Collin.

hatte, über 1500 Schritte von der Armee zurückblieb, die Angriffe auf den Eichenwald isolirt geschahen.

General Daun, welcher die Absichten des Königs richtig erkannte, verstärkte nicht nur seinen rechten Flügel, sondern schob seine ganze Armee etwas weiter nach

rechts. General Nadasti , welcher nach dortigem Gebrauche in eine vorspringende Stellung disponirt war , zog sich mit seinem Corps auf den rechten Flügel und sicherte denselben . Treffend bezeichnet Jomini die Vortheile , welche der österreichische Oberbefehlshaber

in

seiner Vertheidigungsstellung hatte,

und auch heute nicht genug gewürdigt werden können , in folgenden Worten : L'armée prussienne formait dans sa marche un arc, dont les ennemis figuraient la corde , ceux - ci pouvaient donc mettre en moins de temps qu'elle un plus grand nombre d'hommes en action au point d'attaque principal, lors même que les deux armées eussent êté égales en nombre ; cet avantage doit être toujours decisif. Wie schon bei dem Treffen von Reichenberg berührt, besteht zwischen diesem und der Schlacht bei Collin dadurch eine Analogic, dass der Besitz eines in der Flanke gelegenen Gehölzes entscheidend war und die angreifende Cavalerie, durch das Flankenfeuer aus demselben zum Rückzuge veranlasst worden ist. Im Verlaufe jeden Gefechtes treten verschiedene Situationen ein, in welchen Befehlshaber kleiner Abtheilungen in den Gang der Begebenheiten wirksam eingreifen können, und wodurch dieselben das richtige Auffassen der Sachlage zu erkennen geben.

Kriegsgeschicht-

liche Beispiele, welche diese fördern, können nicht genugsam empfohlen werden . Bei Besprechung der Schlacht von Collin darf daher auch das

Verhalten jenes sächsischen Oberstlieutenants nicht unerwähnt gelassen werden, welcher den Zettel, auf welchem der Name des Rückzugsortes für die österreichische Armee verzeichnet war, nicht weiter beförderte, sondern mit seinem Cuirassier-Regimente sich den Preussen entgegenwarf, und zum Siege wesentlich beitrug. Nach der Schlacht von Collin theilte der König von Preussen seine Armee, um sich schnell möglichst der Verfolgung des Feindes zu entziehen.

Wo das Terrain und besonders die Verbindungen diess

gestatten, täuscht man hiedurch den Gegner über die Richtung des Rückzuges, und erschwert ihm den Angriff.

Denn theilt er sich, so

schwächt er seine Abtheilungen selbst und hat wenig Aussicht auf Erfolg, und behält er seine Armee vereint, so ist im ungünstigsten Falle nur ein Corps verloren ; unter Begünstigung des Terrains kann

Die Schlacht bei Leuthen.

33

man aber auch diesem Unfalle entgehen, da sich vortheilhafte Stellungen leichter für kleine Corps als für Armeen finden werden. Führen mehrere Eisenbahnlinien in's Innere des Landes, so laden sie zum excentrischen Rückzuge ein. Der Abzug der Armee wird mit Vortheil von Cavalerie, reitender Artillerie und berittener Infanterie verschleiert werden können .

21.

Die Schlacht bei Leuthen.

Den Sieg der Schlacht von Leuthen,

sagte General- Lieutenant

v. Lossau, verdankte Friedrich vorzugsweise seinem richtigen Blicke in der Einleitung, indem er von dem Hügel bei Heyde wahrnahm, dass das Terrain der österreichischen Stellung gegen ihren linken Flügel abfiel, und an einem mit Tannen bewachsen en Hügel schlecht angelehnt war, so dass, wenn dieser überwältigt war, der Vortheil des Terrains den Angriff begünstigte. Die Vertheidigung erfordert jetzt eine sehr geschickte Vertheilung der Streitkräfte, um nirgends zu viel oder zu wenig Truppen zu verwenden. Der Angreifende dagegen muss mit richtigem Blicke die starken und schwachen Seiten des Gegners erkennen, was um so schwieriger ist, da man die Truppen so viel als möglich zu verbergen sucht.

Dieser coup d'oeil, welchen der König von Preussen selbst in

so hohem Grade besass, ist bei der nunmehr so erschwerten Kriegführung unbedingt erforderlich. Die Ausführung des Vorhabens, den linken Flügel der Gegner mit Uebermacht anzufallen, wurde durch diese selbst, wie aber auch nicht weniger durch die Anordnungen Friedrich's begünstigt. Ein sanfter Höhenzug gegen Sagschütz, welcher von den Oesterreichern nicht beobachtet worden , gestattete Friedrich , seine Armee in 3 Colonnen im Flankenmarsche gegen den Angriffspunkt zu bringen. Dem damaligen Gebrauche gemäss hatten die Oesterreicher an ihrem Flügel ein abgesondertes Corps unter dem General Nadasti aufgestellt. Gegen dieses wendete sich die preussische Vorhut, vertrieb es aus seinen Stellungen, nahm mehrere Batterien und schlug es endlich gänzlich in die Flucht. Durch Demonstrationen gegen ihren rechten Flügel veranlasst, glaubten die Oesterreicher anfänglich, dass dieser bedroht werde, und liessen sie Truppen dahin abrücken. Als sie jedoch ihren Irrthum wahrnahmen, bogen sie ihren linken Flügel zurück, wodurch sich eine Hackenstellung ergab. Hoefler, Aphorismen.

Die Schlacht bei Leuthen,

34

Durch ein Vorrücken in Staffeln schob sich die preussische Armee allmälig rechts und kam der Hackenstellung gegenüber zu stehen. Hier nun von dem preussischen Hauptcorps in der Front, nach dem Verschwinden des Corps von General Nadasti von der Vorhut

in der Flanke angegriffen, sahen sich die Oesterreicher gezwungen, gegen das Dorf Leuthen zurückzuweichen . Diese Vorhut, welche bereits den Oesterreichern in der linken Flanke stund, betrachtete sich als Flügel- Echelon , und griff die Feinde auf eigene Faust fortwährend im Rücken an. Gestützt auf Leuthen und die zunächst diesem Orte placirte österreichische Artillerie, concentrirte sich die österreichische Armee in dichten Massen. Es entspann sich ein äusserst hartnäckiger Kampf um den Besitz des Dorfes Leuthen , welches zuletzt den Preussen verblieb. Aber während das Gefecht hier wogte , wurde die Entscheidung der Schlacht am linken preussischen Flügel gegeben. Um den Oesterreichern Luft zu machen, unternahm General Luchesi einen CavalerieAngriff in obiger Richtung.

Hier stund jedoch General Driesen, theilweise durch Hügel gedeckt, griff die österreichische Cavalerie in Front und Flanke an, warf sie zurück und wendete sich auch gegen die österreichische Infanterie. Friedrich der Grosse erfocht bei Leuthen mit 32,000 Mann gegen 90,000 Mann einen entscheidenden, sein Genie, die Tapferkeit und Kriegsgewandtheit seines Heeres im vollsten Maasse darlegenden Sieg. Ueber dasjenige, was die Oesterreicher hätten thun können, lässt

sich Jomini folgendermassen vernehmen : Leur seule ressource était de faire marcher la droite et le centre renforcé, contre la gauche affaiblie des Prussiens et de

l'en-

velopper. Dabei ist jedoch wohl zu beachten , dass die Oesterreicher zu spät die Umgehung des Königs wahrnahmen, und dass sie sich durch Demonstrationen gegen ihren rechten Flügel verleiten liessen, Truppen dahin abrücken zu lassen. Auch die Veränderung ihrer Front konnte nicht mehr von grosser Wirkung sein, da bereits Theile der preussischen Armee in ihrer Flanke stunden. Einen grossen Antheil an dem Erfolge hatte

aber unbestritten

das Eingreifen der Avantgarde , und geschah es nicht in Folge weitausgeholter Umgehungen , sondern durch Einschwenken in die Flanke des Gegners.

Dieses stete Drücken auf Flanke und Rücken des Fein-

des erfordert grosse Umsicht, um nicht selbst im Rücken angegriffen

Die Schlachten bei Rossbach und Zorndorf.

35

zu werden ; man muss sich vor Gegenangriffen sicher stellen und die Verbindung mit der Haupttruppe erhalten.

Da bei guter Vertheidig-

ung die Front einer Stellung nunmehr ungleich schwerer

als früher

zu überwältigen ist, so erscheinen Flügel- und Flanken-Angriffe um so mehr geboten. Die Einübung von Flügel- Echelons zu ähnlichem Zwecke wie hier dürfte daher vorzugsweise Gegenstand der Ausbildung bei Manövern im Frieden sein. Entschlossenheit und Vorsicht, die oft so schwer zu vereinigenden Eigenschaften, sind hiefür besonders bedingt. Einen wichtigen Grundsatz leitet Jomini aus der Schlacht von Leuthen ab, welcher besondere Beachtung für die Gegenwart verdient. Wenn nämlich, sagt er, eine Armee an ein ungangbares Terrain-Hinderniss gelehnt ist, wie das Corps von Nadasti seinen linken Flügel an den Teich von Gohlau zu . stehen hatte , so ist vermittelst des

1.,

schiefen Angriffes ein Durchbruch möglich, wenn man die Brigade (1), welche dem Hin-

derniss zunächst steht, durch eine im Hacken befindliche überlegene Truppenzahl beobachtet, gegen Brigade 2 aber den Hauptangriff unternimmt. Die Entscheidung, welche im letzten Akt des Kampfes durch die Cavalerie gegeben wurde, wird jetzt wohl von demjenigen Theil zu hoffen sein, welchem es gelingt, zuerst die grösste Artilleriewirkung anzuwenden.

22.

Die Schlachten

bei Rossbach und Zorndorf.

Cavalerieschlachten wie bei Rossbach und Zorndorf werden bei den gegenwärtigen Waffen der Infanterie und Artillerie nicht mehr stattfinden können. Denn in dem Werke von Gatti wird ganz richtig bemerkt, dass wenn es der Cavalerie auch gelingt, ein oder das andere Bataillon zu überraschen, bei der grossen Ueberlegenheit, welche das Infanteriefeuer gewonnen hat, diess doch nur vereinzelte Fälle sein werden, da wenige Bataillone im Stande sind , dem Andringen grosser Cavaleriekörper Schranken zu setzen. Dennoch bin ich der Ansicht, dass der moralische Eindruck, den das unerwartete Erscheinen von Cavalerie verursacht, nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben darf. Auch möchten in dem Feldzuge 1866 Momente gewesen sein, in welchen der Cavalerie, trotz Hinterlader, Gelegenheit geboten war, Entscheidendes zu leisten . Ich glaube daher, dass das hervorleuchtende Beispiel des Generals Seydlitz in der 3*

36

Die Schlachten bei Rossbach und Zorndorf.

Schlacht bei Zorndorf hier nicht umgangen werden dürfe, und folgt hier ein allgemeiner Umriss der Schlacht von Zorndorf. 60,000 Russen bedrohten Cüstrin, wesshalb Friedrich der Grosse mit 16 Bataillonen und 28 Schwadronen von Landshut aufbrach, in 11 Tagen 35 Meilen zurücklegte, und sich den 22. August unweit Cüstrin mit dem Grafen Dohna vereinigte, wodurch er eine Stärke von 32,000 Mann erhielt. Fermor hatte Cüstrin seit dem 15. bombardiren lassen, die Annäherung Friedrich's befreite die Garnison ; er nahm bei Quartschen eine Stellung, Front gegen Norden. Der König Die Stellung der überschritt den 23. bei Gustebiese die Oder. Russen war durch Teiche etc. geschützt ; umgehen und im Rücken

anzugreifen.

Friedrich beschloss

sie zu

Fermor veränderte zweimal

seine Front und stund am 25. August in einem unregelmässigen Vierecke. Nach grossen Schwierigkeiten im Anmarsche und Aufmarsche gelangte die preussische Armee nach Zorndorf. Eine Kanonade eröffnete das Gefecht, welche von der viel zahlreicheren russischen Artillerie lebhaft, aber ohne bedeutende Wirkung erwidert wurde. Gegen Mittag glaubte man am feindlichen rechten Flügel Unordnung wahrzunehmen . 8 Bataillone begannen hier den Angriff, ihnen folgten 7 ; Seydlitz mit 30 Schwadronen rückte auf dem äussersten linken Flügel vor. Das Feuer der preussischen Infanterie hatte zwar Erfolg, als sie aber weiter vorging, war ihre linke Flanke entblösst, da Seydlitz des Terrains wegen nicht mit vorrücken konnte ; die Russen griffen an, zwangen die Preussen bis gegen Zorndorf zurückzugehen und erbeuteten 26 Kanonen.

Unterdessen hatte Seydlitz Uebergänge über den Grund

aufzufinden und seine Schwadronen hinüberzubringen gewusst. Während die Garde du Corps und Gensdarmes gegen die noch in der Verfolgung begriffene russische Infanterie entsendet wurden,

wendete

sich Seydlitz mit den übrigen Regimentern gegen die russische Cavalerie, welche von den Cuirassieren in der Front, von den Husaren in beiden Flanken attaquirt, geworfen, und bis Quartschen verfolgt wurde, wo sie sich gänzlich zur Flucht wendete. Inzwischen war die vorgegangene russische Infanterie gleichfalls angegriffen worden, wobei noch 15 Schwadronen , vom Könige gesendet, mitwirkten ; aber die Russen, obgleich nicht mehr in Ordnung, waren nur nach hartnäckigem Widerstande zu überwinden, denn die Bataillone sammelten sich immer wieder in dichten Haufen und zogen sich langsam im Galgengrunde fort. Bevor sie jedoch die frühere Stellung erreichten, hatte Seydlitz seine Regimenter wieder formirt und attaquirte die noch zwischen dem Zaber- und Galgengrunde stehende russische Infanterie mit glücklichem Erfolg, indem er mit 2 Regimentern in die dichtesten Haufen der In-

Die Schlachten bei Rossbach und Zorndorf.

37

fanterie einbrach, während 3 Regimenter ihr in den Rücken fielen. Der ganze rechte russische Flügel war nun überwältigt, aber die Mitte und der linke Flügel stunden noch in ruhiger Haltung da. Der Galgengrund deckte ihre rechte Flanke und schützte sie gegen die Angriffe der preussischen Cavalerie, welche durch den hartnäckigen Kampf erschöpft, nun selbst auseinander gekommen war ; preussische Infanterie musste

wieder

geordnet werden.

auch die

Diese Um-

stände erwägend, führte Seydlitz seine Cavalerie bis hinter Zorndorf zurück.

Der König befahl sodann ein allgemeines Vorrücken.

Der

bisher zurückgehaltene rechte Flügel, hinter welchem sich 22 Schwadronen als Reserve befanden, trat zuerst an und sollte den Hauptangriff machen, weshalb eine Batterie von 10 12-Pfündern unter Bedeckung eines Bataillons vorausgeschickt wurde.

Aber kaum hatten sich

die langen Infanterielinien in Bewegung gesetzt, so sprengten zahlreiche Schwärme russischer irregulärer Cavalerie vor, nahmen jene Batterie, umringten das Bataillon und verbreiteten

viel Unordnung ;

in einiger Entfernung folgten ihnen mehrere Regimenter Cuirassiere und Dragoner. Zwar gelang es, die Batterie wieder zu erobern, aber 13 Bataillone liessen sich zur Flucht hinreissen und liefen bis Wilkersdorf zurück. Nun rückte Seydlitz mit 7000 Reitern vor, 18 Schwadronen Cuirassiere im ersten, 15 Schwadronen im zweiten, 28 Schwadronen Husaren im dritten Treffen . Die russische Reiterei zog sich hinter ihre Infanterie ; diese und 100 Kanonen richteten ein verheerendes Feuer auf die preussische Reiterei. Um das weiche Terrain am Galgengrunde zu vermeiden, hatte Seydlitz seinen linken Flügel etwas vorgenommen.

Die Pferde waren durch die gewaltige Anstrengung

des Tages bereits so matt geworden , dass die Angriffs - Bewegungen nur in einem mässigen Galopp ausgeführt werden konnten, was die Wirkung des feindlichen Feuers noch vermehrte.

Schon waren die meisten Offiziere des Vorder-Treffens getödtet oder verwundet, das Feuer richtete eine solche Verheerung an, dass die Cuirassiere stutzten und Alles auf dem Spiele stund. Da sprengte Seydlitz vor die Front, und seinem begeisterten Rufe zum Angriffe, der von Offizieren und Reitern mit donnernder Stimme wiederholt wurde, folgten die Getreuen gehorsam in den Sieg oder Tod. Staub und Pulverdampf bedeckten den Boden, der unter dem Hufschlage dieser Reitermasse erbebte ; mit unwiderstehlicher Gewalt wurde von den drei dicht aufeinander folgenden Treffen Alles niedergeritten, was nicht gleichsam mit der Erde zusammengewachsen war. Aber auch hier erneuerten sich die Scenen, wie vorher auf dem rechten Flügel der

Die Schlachten bei Rossbach und Zorndorf.

38

Russen, Mann für Mann musste niedergehauen werden, um die Bataillone zu überwinden , die nicht auseinander zu sprengen waren.

Was Cavalerie und Infanterie gegenseitig zu leisten vermögen, wenn sie ernstlich wollen, das wurde hier mit blutiger Schrift in die Bücher der Geschichte geschrieben. Nie wurden in den neueren Schlachten so viele Menschen mit der blanken Waffe getödtet. Die ganze preuss. Infanterie rückte nach, und der Kampf dauerte noch mit grösster Heftigkeit mehrere Stunden fort, bis Ermattung und Dunkelheit die Streitenden trennte. Mehrere russische Heeresabtheilungen formirten sich noch in dichten Haufen und wiesen manche Angriffe der preussischen Infanterie ab. Beide Theile brachten die Nacht auf dem Schlachtfelde zu. Wird der Sicherheitsdienst betrieben und ausgeführt, wie es sein soll, dann wird es nicht möglich werden, um eine feindliche Armee wie bei Zorndorf herumzumarschiren, oder wie bei Rossbach der im Marsche befindlichen Armee die Flanke abzugewinnen, ohne dass der Gegner es wahrnimint.

Aeltere und neuere Kriegsbegebenheiten zeigen jedoch,

dass oftmals Dasjenige nicht geschieht,

was sein soll, und bei jeder

Vernachlässigung oder Ausserachtlassung von Grundsätzen und Regeln des einen Theiles ist der andere im Stande, diess zu seinem Vortheile auszubeuten. Der Grundsatz, unter Erhaltung der eigenen Rückzugslinie den Feind von der seinigen abzudrängen oder an seinen schwachen Punkten anzugreifen, bleibt jetzt wie früher in Geltung . Niederlagen, in welchen der besiegte Theil von seinen Hilfsquellen abgeschnitten wird, wie bei Marengo und Jena, sind auch jetzt noch entscheidend , vernichtend .

Auf die Wahl des Angriffspunktes haben daher zur Zeit

wie früher nicht nur taktische, sondern auch strategische Rücksichten ihren ungehinderten Einfluss . Zorndorf und Rossbach sind Beispiele im Grossen des allmähligen Vorschiebens eines Flügels, des Zurückhaltens des andern. Erstere . Schlacht wäre ohne das ebenso geniale als energische Einschreiten erste das erwähnt, Decker wie , indem, gewesen verloren von Seydlitz Echelon zu schwach war und eine Reserve mangelte. Wo Terrain und Anordnungen des Feindes ein successives Vorschieben eines Flügels gestatten, wird, wenn auch unter geänderten Formen, auch jetzt noch der schiefe Angriff zum Ziele führen. Es sei zum Beispiel A B die Marschrichtung des Angreifenden , welcher seinen Gegner in der Linie MN trifft. Eine Recognoscirung der feindlichen Stellung lässt erkennen, dass die Rückzugslinie des Gegners unweit seines linken Flügels in schiefer Richtung OP aus-

Die Schlachten bei Rossbach und Zorndorf.

39

läuft , und wird beschlossen, aus diesem Nachtheile der Stellung Nutzen zu ziehen, indem der Hauptangriff gegen diesen Flügel gerichtet wird. P Der Angreifende theilt sein Corps in mehrere Theile, hier beispielsweise in 3, welche an Stärke vom linken gegen den rechten Flügel zunehmen , so dass 1 ein

M

Regiment, 2 eine Brigade, 3 zwei Bri-

.E

.D .C

gaden darstellen können. Abtheilung 1 wird als refüsirter linker Flügel betrachtet, 3 hat den Hauptangriff zu vollziehen, 2 die Verbindung beider herzustellen, und einen Rückschlag gegen die eigene Mitte zu hindern . Die Lokalitäten sind

B

insoferne der Absicht günstig , Schutz gewährt.

als Punkt C dem refüsirten Flügel

Die Punkte D und E, näher gegen die feindliche

Front und deren rechten Flügel gelegen, bilden die Marsch- oder Angriffsobjecte für die Abtheilungen 2 und 3 ; deren Besetzung sichert gegen einen Rückschlag. Während nun die ganze feindliche Front von Plänklern umgeben wird, gehen die Abtheilungen 2 und 3 in Staffeln vom rechten Flügel gegen ihre Objecte vor. Die Abtheilung 1 demonstrirt gegen den feindlichen Flügel M und entsendet ein Corps, aus Cavalerie, reitender Artillerie und Dragonern bestehend, gegen die rechte Flanke, nach Umständen in den Rücken des Gegners. Batterien in C, D und E bestreichen die Zwischenräume zwischen den Objecten und die feindliche Front ; der Rest der Artillerie wird gegen den feindlichen linken Flügel verwendet. Am äussersten rechten Flügel von Abtheilung 3 befindet sich ein Flügel-Echelon, welches gegen den Rücken des Gegners zu wirken bestimmt ist. Hinter C ist ein Cavalerie- Corps bereit, um von den Erfolgen Nutzen zu ziehen , eventuell sich gegen die Rückzugslinie OP zu dirigiren. Eine aus allen Waffen bestehende Reserve wird in der Mitte zurückbehalten. In dem Maasse, als die Abtheilung 3 Fortschritte gegen den feindlichen linken Flügel gewinnt, sucht sie den Gegner gegen M zu drücken , wirken die Abtheilungen 2 und 1 gegen die Front. Die Entscheidung, ob unter gleichen Verhältnissen die Mitte des Feindes durchbrochen oder dessen Flügel angegriffen werden soll, ist

bei den gegenwärtigen Waffen von grösster Bedeutung und halte ich es zunächst geboten, die Grundsätze aufzuführen, welche den FlügelAngriffen bisher den Vorzug gaben.

Die Schlachten bei Rossbach und Zorndorf.

40

1) Wenn das Centrum des Feindes angegriffen wird, so kann er viel leichter und schneller Truppen zur Unterstützung abrücken lassen, als wenn sein Flügel angreifbar wäre , vorausgesetzt , dass die verschiedenen Theile seiner Armee näher dem Centrum als dem Flügel stehen. Ausserdem ist die Mitte der Schlachtordnung in der Regel derjenige Theil, bei welchem sich die Reserven befinden. 2) Das Truppencorps, welches das Centrum einer Armee angreift, ist nothwendigerweise und naturgemäss von zwei Seiten überragt, während jenes, welches einen Flügel angreift, diess nur von einer Der Feind kann daher im ersten Falle eine viel grössere

Seite ist.

Feuerwirkung concentriren als bei einem Flügelangriffe, den Eindringenden in der Flanke beschiessen. 3) In der That ist zwar ein Sieg durch einen Angriff auf die Mitte hervorgegangen weit verderblicher für den Gegner, weil dessen Armee in zwei Theile getrennt wird, aber man setzt sich hiebei der gleichen Gefahr aus. Denn der Eingedrungene hat nicht nur die seitwärts gelegenen Abtheilungen des Feindes zu bekämpfen, sondern dessen zweites Treffen und die Reserve, wodurch ein günstiger Rückschlag für die Vertheidiger erfolgen kann. 4) Die Flügel Angriffe gestatten, Angriffe auf die

Flanke und

den Rücken des Gegners zu verbinden. 5) Man bedarf weniger Truppen, um von Angriffen auf die Flügel Vortheil zu ziehen , als bei einem Angriffe auf die Mitte. Denn wenn letzterer auch gelingt, ergeben sich zwei Angriffe auf die beiden Seiten des Punktes, an welchem man einen Vortheil errungen hat . Wenn man im Gegentheil einen einzigen Flügel angreift und dieser Angriff gelingt, so hat man nur nach einer Richtung der angreifenden Truppe eine andere Direktion zu geben, um den Rest der feindlichen Linie in die Flanke zu nehmen, und diess erfordert um die Hälfte weniger Kräfte. 6) Es ist dem Feinde viel leichter , die Absichten auf die Mitte wahrzunehmen, als jene zu würdigen, welche gegen einen Flügel gerichtet sind ; denn dasjenige,

was im Centrum vorgeht , kann leicht

von den Flügeln beobachtet werden.

Indem der Feind Truppen an

seine beiden Flügel vorschiebt, entgeht ihm keine Bewegung, welche gegen seine Mitte gerichtet ist, es müsste nur das Terrain diese besonders begünstigen. 7) Misslingt der Angriff auf die Mitte, so ist der eigene Zusammenhang gefährdet, während bei Flügelangriffen die vordere Staffel in der zurückgehaltenen eine Reserve und Unterstützung findet.

Die Schlacht bei Torgau.

41

Diese Erwägungen haben nach meiner Ueberzeugung durch die neuen Waffen keine Aenderung erlitten, sondern glaube ich vielmehr, dass die concentrische Wirkung der Handfeuerwaffen und Geschütze nunmehr einen Durchbruch der Mitte noch mehr als früher erschweren werden. Wo der Angriff auf die Mitte jedoch zulässig ist, können, wie schon in Ziffer 3 erwähnt worden, verderbliche Folgen eintreten. So wenig ich in Flügelangriffen Universalrecepte erkenne , ebensowenig sind aber auch Angriffe auf die Mitte desswegen Bürgen des Sieges , weil bei Königgrätz die Besetzung von Chlum den Preussen gelungen ist. Zurückkehrend auf die Schlacht von Rossbach glaube ich noch eine Bemerkung des Marquis de Thernay anführen zu sollen. Treffen zwei Corps auf dem Marsche

gegeneinander

wie bei

Rossbach, so entsteht die Frage, welche Aufmarsch-Richtung die vortheilhaftere sei , die parallele oder die schiefe. Die Letztere gestattet, die feindliche Flanke zu gewinnen und wird daher den Vorzug verdienen, wo nicht sonstige Einwirkungen entgegenstehen .

23. Die Schlacht bei Torgau. Die Oesterreicher nahmen mit 43,800 Mann eine Stellung Front gegen Norden, deren Schlüsselpunkt die Süptitzer Höhen waren. In ihren Rücken führte durch die Dommitscherheide ein Weg , welches Friedrich veranlasste, seine Gegner mit 28000 Mann in der Front anzugreifen und durch ein abgesondertes Corps von 16,000 Mann unter General Ziethen gegen seinen Rücken zu senden. Dieser Angriff in gesonderten Colonnen ohne Zusammenhang, getrennt durch Terrainhindernisse, gab von vielen Seiten Anlass zu Tadel, und Napoleon I. sprach sich folgend dagegen aus: Quand vous voulez livrer une forces,

bataille ,

rassemblez toutes vos

n'en negligez aucune ; un bataillon quelquefois décide

d'une journée. L'art de la guérre indique qu'il faut tourner et deborder une aile, sans séparer l'armée.

Der österreichische Oberbefehlshaber erhielt von der Bewegung des General Ziethen Kenntniss und liess seine Armee nunmehr auch Front gegen Süden nehmen. Trotz der concentrirten Lage und der bedeutenden Ueberlegenheit zog Marschall Daun doch vor , sich auf reine Abwehr zu beschränken, statt die getrennten Gegner selbst an-

42

Die Schlacht bei Torgau.

zugreifen, was unbesorgt um den Elbe-Uebergang geschehen konnte, da dieser durch ein abgesondertes Corps unter General Lascy gesichert war. Friedrich wollte nicht zunächst einen gleichzeitigen Front- und Rückenangriff unternehmen , sondern er hoffte , die Oesterreicher in der Front zu schlagen, während General Ziethen das Entkommen gegen Torgau verhindern sollte. Durch ein Missverständniss glaubte er jedoch General Ziethen früher im Gefechte, als es der Fall war, und in grösster Ungeduld wartete er nicht einmal den Aufmarsch der Grenadiere ab, sondern hetzte sie ohne Artillerie gegen den Feind. Brigadenweise in nicht geordneter Verfassung rückten die 2 Grenadierbrigaden gegen die Höhen vor.

Die

preussische Artillerie

konnte

nicht zum Schuss kommen, und mit ungeheuerem Verluste mussten die Grenadiere weichen, wobei sie Feuer aus

dem Walde erhielten und

von österreichischer Cavalerie angegriffen wurden. Hierauf formiren sich 13 neue preussische Bataillone zum Angriffe und gelingt es, ihre Artillerie abprotzen zu können . Diese Abtheilungen erreichen zwar die Höhe, aber die Oesterreicher werfen sie wieder zurück, greifen sie mit Cavalerie in der linken Flanke an, diese 13 Bataillone werden beinahe vernichtet. Unter dem Schutze der vorgerückten preussischen Cavalerie begannen nun wieder 11 preussische Bataillone den Angriff auf die Höhen ; aber in der Front vom österreichischen Infanterietreffen,

in

der linken Flanke von Cavalerie, in der rechten aus dem Walde von den Carabiniers angegriffen, werden auch diese Bataillone zurückgewiesen ; Abends 512 Uhr ist der König total geschlagen . Begünstigt durch die Lokalitäten und deren Verstärkung durch Schanzen haben die partiellen Angriffe, ähnlich wie die Laudon's bei Liegnitz und in neuerer Zeit die der Oesterreicher in Böhmen kein Resultat gehabt, während die Defensive mit offensiven Rückschlägen den Sieg verlieh.

Nachdem General Ziethen die Dommitscher-Heide zurückgelegt und längere Zeit auf die Erfolge seines Königs gewartet hatte, zog er sich, wenig von General Lascy belästiget, der mit 23,000 Mann vor Torgau stund, links und entschloss sich , die Höhen von Süptitz anzugreifen. Der erste Angriff misslang ; aber ein Zufall, wie er sich in allen Kriegen so häufig und erst 1866 durch nicht genügende Besetzung des Dorfes Chlum ergab, liess die Brigade Saldern einen unbewachten Damm entdecken, über welchen nun die Infanterie von Ziethen zog, voraus die Brigade Saldern vom rechten und linken Flügel in Rot-

Die Schlacht bei Prag.

ten vorgehend.

43

Zugleich führte Major Lestwitz das Regiment Schen-

kendorf gegen den Wald und setzte sich mit den Truppen Friedrich's in Verbindung. Nachdem das Corps des Generals Ziethen sich jenseits des Dammes formirt hatte , wurde die unbewachte Stelle des Berges angegriffen, was auch ein abermaliges Vorrücken von Seite Friedrich's zur Folge hatte, und die Truppen beider Corps vereinigten sich auf den Höhen von Süptitz, dem entscheidenden Punkte. Der Verlust wird nach dem preussischen Militärwochenblatt bei den Oesterreichern zu 20,814 Infanteristen, 4220 Cavaleristen, 50 Geschützen, 29 Fahnen, 1 Standarte ; bei den Preussen zu 10,000 Todten und Blessirten, 3000 Gefangenen und 27 Fahnen angegeben.

24. Die Schlacht bei Prag. Die Schlacht bei Prag ist eine von den Schlachten des 7jährigen welche sowohl in Hinsicht auf Angriff wie auf Vertheidig-

Krieges,

ung auch für die Gegenwart hohes Interesse gewährt , und aus welcher die nützlichsten Lehren gezogen werden können. Die österreichische Armee hatte eine sehr vortheilhafte Stellung bezogen, den linken Flügel an die Moldau, die Front auf dem steil abfallenden Ziskaberg, den rechten Flügel an die Dörfer Mallerschütz und Hrtlorez gelehnt. Wie bei Leuthen erkannte Friedrich bald, dass seinem Gegner schwer in der Front beizukommen sei. Er entschloss sich daher , wie bei Collin und Leuthen, die Armee um diese Stellung herum gegen den zugänglichen rechten Flügel der Oesterreicher zu führen, und Flügel und Flanke anzugreifen. Diese Umgehungen mit ganzen Armeen in der Nähe des Feindes können nur Erfolg haben, wenn dieser sich passiv verhält. Friedrich's Massnahmen waren auf Kenntniss seines Gegners berechnet, sie gelangen daher und werden stets anwendbar sein, wenn ähnliche Umstände vorhanden sind. Sonst aber wird wohl Napoleon I. Ausspruch Geltung haben, der über Prag wie Collin bemerkte : ne faites pas de marche de flanc devant une armée qui est en position. Als der österreichische Befehlshaber die Umgehungsbewegung der preussischen Armee bemerkte, liess er eine Flankenbewegung rechts in Hackenstellung vollziehen, so dass der ausspringende Winkel zwischen den Dörfern Kyge und Hrtlorez und vor dem Scheitel eine beherrschende Anhöhe zu liegen kam. Durch die Linksbewegung

Die Schlacht bei Prag.

44

entstand am ausspringenden Winkel eine Lücke und durch die bedingte grosse Ausdehnung war auch keine Reserve vorhanden, beides Umstände, welche dem Angreifer im Verlaufe der Schlacht sehr vortheilhaft, dem Vertheidiger verderblich wurden. Nachdem die preussische Armee in die Höhe am Serbohol angekommen war , formirten sich die Bataillone durch einfaches Rechtseinschwenken und rückten entschlossen gegen den linken österr. Flügel an.

Sie geriethen

in abgelassene Teiche ,

mussten unter dem

heftigsten Geschütz- und Gewehrfeuer gegen die Anhöhen der Oesterreicher anstürmen, und trotz aller Tapferkeit und des heroischen Beispieles ihrer Anführer verblieb Sieg.

lange Zeit den Oesterreichern der

Auch die preussische Cavalerie, welche die Flanke der Oester-

reicher zu gewinnen suchte, konnte anfänglich keinen Erfolg erndten, weil sie im Angesicht ihrer Gegner die durch Teiche gebildeten Defilees passiren musste ; erst als Defileen umging,

Oberst Warnery weiter links diese

der österreichischen Cavalerie in die Flanke

konnten Vortheile errungen

werden ;

die

fiel,

österreichische Cavalerie

wurde zurückgetrieben, hiedurch die Flanke der Infanterie blosgelegt, und nun auch diese von der preussischen Cavalerie mit Erfolg angegriffen. Unterdessen fasste der König den Entschluss, auch die Höhe vor dem Hacken, welche von einer Batterie

und Kroaten besetzt

war,

wegzunehmen. Diese Höhe war äusserst wichtig, 1 ) weil die Geschütze, welche hier stunden, die preussischen Bataillone in die Flanke nahmen, welche jenseits Kyge und Hostawitz stunden , und

2) weil

die Infanterie , welche auf der Höhe stund, sich gleichzeitig in der linken Flanke des Hackens und der rechten Flanke der auf dem Ziska-Berg stehenden Oesterreicher befand. Obgleich diese Höhe verschanzt war, so wurde sie doch von den Preussen erobert, weil sie nicht mit genügender Truppenzahl besetzt und keine Reserve vorhanden war, sie zu unterstützen oder zurückzuerobern.

Nachdem dieser wichtige detachirte Posten weggenommen war, ging die Mitte der preussischen Armee über Kyge vor und vereinigte sich mit dem linken Flügel. Es gelang den Oesterreichern nicht, dem weiteren Vordringen Schranken zu setzen, und der rechte österreichische Flügel, welcher intakt geblieben war, konnte nur den Rückzug nach Prag begünstigen. An diese Uebersicht über die Schlacht von Prag glaube ich folgende Betrachtungen reihen zu sollen .

Die Schlacht bei Prag.

45

1 ) Die Umgebung mit der ganzen Armee kann , wie aus dem Citate des Ausspruches von Napoleon I. zu entnehmen ist, nur dann geschehen, wenn der Gegner nichts dagegen unternimmt. Um einen solchen Flankenmarsch zu stören, ist aber nicht die Verwendung der ganzen Armee

erforderlich.

Starke Avantgarden unter Zutheilung

einiger Batterien werden in vielen Fällen Umgehungsbewegungen nicht unwesentlich hindern oder verzögern können . 2) Wenn der Vertheidiger wie bei Prag und Leuthen in Erwartung eines feindlichen Zusammenstosses den Gegner in der Gefechtsstellung erwartet, so wird selten die Zeit gegeben sein , Frontveränderungen vorzunehmen, oder Scitwärtsbewegungen ohne Nachtheil zu vollziehen.

Ein Schleier von Cavalerieposten in Front und Flanke

wird dem Vertheidiger Feindes geben,

rechtzeitige Kunde von den Absichten

des

um darnach seine Massregeln ergreifen zu können .

Jede Stellung, welche nur die Abwehr in der Front vor Augen hat, ist fehlerhaft ; denn zeigen schon die Schlachten des 7 jährigen Krieges das stete Bemühen, den Vertheidiger in Flanke und Rücken anzu . greifen, so wird dies bei der grossen Wirksamkeit der neuen Waffen in viel höherem Grade Absicht des Angreifenden werden.

Die Stel-

lung muss daher auch von dem Gesichtspunkte aus geprüft werden, welche Vortheile sie bietet, wenn den Flügel- , Flanken- und Rückenangriffen begegnet werden soll, und welche Stützpunkte sich in dieser Hinsicht darbieten. Sind hinter den vorgeschobenen Cavalerie-Abtheilungen starke Aufnahmsposten von Infanterie und Artillerie zur Vertheidigung günstiger Lokalpunkte vorhanden, so können die Haupttruppen des Vertheidigers in abgesonderten Corps so lange concentrirt bleiben, bis die Absichten des Gegners erkannt sind, um dann erst in die hiedurch gebotene Stellung einzurücken. Ich habe schon oftmals auf die Wichtigkeit des Vorterrains hingewiesen, welche dasselbe nunmehr für den Vertheidiger bat.

Hie-

durch wird die Recognoscirung der Stellung, das Auffahren der Angriffs- Batterien etc. erschwert, und gestatten gut geführte Tirailleurgefechte eine abschnittweise Vertheidigung, bis der Angreifer an die Hauptstellung herankommt. 3) Hackenstellungen waren dem Vertheidiger zu

allen Zeiten

nachtheilig, sie sind es jetzt bei der gesteigerten Artilleriewirkung noch mehr, erscheinen aber dennoch oftmals eine nothwendige Hülfe. Denkt man sich jedoch zwischen Kyge und Hrtlorez eine genügende Reserve mit den jetzigen Waffen , so kann dennoch ange-

Die Schlacht bei Prag.

46

nommen werden, dass das Eindringen und Opfer gekostet haben würde.

in dieser Richtung viel Zeit

Zeitgewinn ist aber oftmals von unberechenbaren Folgen , kann dadurch ein Umschlag der Verhältnisse erreicht werden .

4) Der Entschluss des Königs, einen

und

zweiten Angriff auf die

Mitte der Gegner zu vollziehen, da ihm dieser Aussicht auf Erfolg zu versprechen schien, ist besonders für die Gegenwart nachahmungswürdig und entspricht den Grundsätzen, welche Marquis de Thernay über die Wahl der Angriffspunkte dargelegt hat, und worüber, wenn auch in nicht völlig gleichem Sinne, gelegentlich der Besprechung über die Schlacht von Liegnitz bereits Erwähnung geschah. 5) Detachirte Posten, wie jener auf dem Hügel vor dem Scheitel der Hackenstellung werden jetzt viel häufiger als früher erforderlich sein, um Anwendung von den weittragenden Feuerwaffen zu machen und den Feind zu verhindern, von hier aus wirken zu können. Concentrische Angriffe darauf können aber diesen Posten

sehr nachtheilig

werden und es entsteht die Frage, wie diesem Nachtheile abzuhelfen wäre. Ausser den schon bei der Stellung von Strehlen angeführten Maasregeln ist es vielleicht möglich , feindlichen Batterien a b durch solche

WIT

"HIM"

den c d

u ‫ר‬

entgegenzuwirken, oder auch die Flügel des Angreifenden zu bedrohen und seine Kräfte vom Angriff auf den detachirten Posten abzuziehen.

C‫علي‬

6)

Die Verwendung der Cavalerie des

Vertheidigers war nicht entsprechend,

denn

es geschah nichts, um den An- und Aufmarsch des Angreifenden zu stören ; sie stund nach damaliger Gewohnheit auf beiden Flügeln vertheilt, während doch nur am rechten Flügel Gelegenheit zum Handeln zu finden gewesen wäre. 7) Die Vertheidigung der Stellung bei Prag würde bei den gegenwärtigen Waffen ungleich mehr gewinnen, da der Angreifende nur durch Defileen zur Stellung des ersteren herankommen kann, und diess also

unter

schehen muss.

dem wirksamsten Gewehr- und Geschützfeuer geAus diesem Grunde würde auch der stärkere Ver-

theidiger in jedem Momente des Kampfes genug Kräfte zur Verfügung gehabt haben, die passive Abwehr zu verlassen, zum Gegenangriffe überzugehen, und die Nachtheile der Hackenstellung dadurch zu beseitigen, dass der Angreifer selbst auf einer Seite sich vertheidigend verhalten musste.

Das Treffen bei Freiberg.

25.

47

Das Treffen bei Freiberg.

Ueber das Treffen von Freiberg folge ich vorzugsweise den Bemerkungen Jomini's, weil dieser mir die Verhältnisse am treffendsten zu behandeln scheint. Der Prinz Heinrich hatte am Ende des Feldzugs 1762 zwei getrennte Armeen vor sich, denen er gleichfalls zwei isolirte Corps entgegengesetzt hat. Als er sich zur Schlacht entschloss, konnte er detachirte Posten im Lager von Meissen lassen , den grössten Theil der Kräfte des Generals Hülsen an sich ziehen , um desto mehr den Erfolg seiner Angriffe gegen die Reichsarmee zu sichern. Anstatt nun in dieser Weise zu operiren, begnügte sich Prinz Heinrich nicht mit der bisherigen Zerstückelung seiner Streitkräfte, sondern griff eine zweimal so grosse Armee in 4 so weit auseinander gezogenen Colonnen an , dass eine gemeinsame Handlung unmöglich war. Eine dieser Colonnen blieb selbst ausser Schussweite an dem äussersten linken Flügel in Reserve, und nahm keinen Antheil am Gefechte. Der Prinz selbst endlich, welcher mit den beiden stärksten Colonnen marschirte, zerstückelte sie der Art, dass ihm im entscheidenden Augenblicke nur mehr 5 Bataillone und einige Eskadrons verblieben, während 32 Bataillone in einer 10 Stunden langen Ausdehnung vertheilt waren . Die Oesterreicher hatten eine Stunde westlich der Mulde auf einer Anhöhe Stellung genommen, daher Freiberg und das tief eingeschnittene Bett der Mulde hinter sich. Vor sich war die Hälfte ihrer Stellung durch den Spittler Wald verdeckt, ihnen daher jede Aussicht benommen. Der Angriff des Spittler Waldes wurde von einzelnen Bataillonen nach und nach begonnen, lange ehe die 3. Colonne des Prinzen Heinrich Antheil am Kampfe nehmen konnte. Diese Angriffsdispositionen würden , nie zu einem guten Erfolge geführt haben, wenn nicht von Seite der Gegner noch grössere Fehler gemacht worden wären . Denn würden diese statt aus Besorgniss für ihren linken Flügel eine starke Truppenmasse in den Abschnitt vor dem Spittler Wald und ihre Cavalerie nordöstlich gesendet haben, wo sie wirken konnte , so wären nach Jomini's Meinung unstreitig die kleinen verzerrten Truppentheile des Prinzen Heinrich in ihrer Mitte durchbrochen worden, und würden sie Mühe gehabt haben, sich retten zu können. Das Treffen von Freiberg hatte lange Zeit als ein wahres Kunstwerk gegolten, weil zum ersten Male vom Angriff in zusammenhängen-

Die Positionen des 7jährigen Krieges.

48

den Linien abgegangen, und in solchen mit getrennten Colonnen vorgegangen worden ist. Es scheint auch, dass diese Angriffsdispositionen in den Revolutionskriegen bei der österreichischen Armee als Modell betrachtet worden sind , denn in den Schlachten von Fleurus , Neresheim und anderen fand diese Zersplitterung in so und so viel Colonnen und Nebencolonnen bis zum Excess statt. Schon bei den früheren Waffen haben übrigens Umstände gefordert, in getrennten Theilen anzugreifen. Marquis de Thernay hat die Fälle , in welchen der Angriff in getrennter Schlachtordnung anzuwenden ist, in eingehender Weise besprochen , und aus der napoleonischen Periode die Schlachten von Almonacid , Medina del Rio Secco, Montmirail und Dresden als Beispiele hiefür aufgestellt.

Die grosse Fernewirkung der Artillerie fordert nun die Angriffe in getrennter Schlachtordnung mehr wie früher , weil jede Colonne an Selbständigkeit und für den Fall , dass sie sich zur Abwehr genöthigt sehen würde, auch an Vertheidigungskraft gewonnen hat. Ebenso können die Zwischenräume der Angriffscolonnen grösser wie früher sein. Dagegen unterliegen Angriffe mit grossen Zwischenräumen der einzelnen Theile den Nachtheilen , welche schon Marquis de Thernay bezeichnet hat, nämlich : das gemeinsame Handeln zu erschweren, Lücken zu bilden , welche der Gegner benützen kann , sich einem vereinten Angriffe desselben auf einen der getrennten Theile auszusetzen. Hiezu kommt noch, dass, da die Entfernung der Angriffscolonnen, nach dem Raume berechnet , welcher von der Artillerie beherrscht wird , eine sehr grosse sein kann , die gegenseitige Mittheilung Oberleitung nicht geringe Schwierigkeiten darbietet.

26.

und

Die Positionen des 7jährigen Krieges.

Während des 7jährigen Krieges hatten vortheilhafte Positionen einen besondern Einfluss, weil der Gegner sich häufig abhalten liess, die Entscheidung mit den Waffen zu suchen. Clausewitz äussert sich unter Anderm über die Positionen, welche im Jahre 1761 genommen wurden, folgendermassen : Die 3 festen Stellungen bei Bunzelwitz , Colberg und hinter " der Triebsche waren im Jahr 1761 die 3 festen Säulen, auf welche sich der preussische Kriegsstaat stützte, und an welchen sich die

Die Positionen des 7jährigen Krieges. Gewalt des feindlichen Stromes brechen sollte. unstreitig von der Art,

49 Alle drei sind

dass sie mit den neuesten Grundsätzen

des Krieges nicht im Widerspruch stehen , oder mit anderen Worten, dass sie nicht blos auf Lokalverhältnissen und conventionellen Begriffen beruhen, sondern eine gewisse absolute Stärke Alle drei könnten also noch jetzt und mitten in der Energie der neuern Kriege genommen werden, obgleich alle drei einige Meilen an Umfang haben. Colberg und Bunzelwitz geben haben.

den Rückzug auf. Laudon wollte bei letzterem Lager angreifen, fand aber keine Unterstützung . Triebsche gibt den Rückzug nicht auf, aber seine rechte Flanke ist gefährdet, der Umfang für 30,000 Mann zu gross. Diese Stellung gewährt zwar weniger absoluten Widerstand ; sie nähert sich sehr der Natur einer sogenannten Postirung , unter welchen Bedingungen sie auch noch heutigen Tages sehr gesucht werden wird. “ — Seit der Zeit als Clausewitz dies geschrieben , haben die Eisenbahnlinien die strategischen Verhältnisse sehr verrückt, und die grosse Tragweite der jetzigen Waffen legt auch in taktischer Hinsicht einen andern Maasstab an. Beide Factoren sind daher bei Prüfung dieser und aller früheren Stellungen wohl zu berücksichtigen.

Immerhin

bleiben dieselben für das Studium ein lehrreiches Material, und verdienen schon desswegen Beachtung , weil strategisch und taktisch vortheilhafte Positionen in künftigen Kriegen, wie zu allen Zeiten, unter Umständen von grosser Einwirkung sein können. Denn der Werth von Stellungen , welche nur mit grosser Anstrengung und voraussichtlich bedeutendem Verluste angegriffen wer-

den können, bei deren Umgehung der Feind riskirt, in Flanken und Rücken angegriffen zu werden, oder seine Rückzugslinie preiszugeben, durch welche mehrere Eisenbahnlinien und das werthvolle Betriebsmaterial möglichst lange gesichert werden , ist besonders dann ein höchst bedeutender , wenn es sich darum handelt , eine Entscheidung zu vermeiden, den Gegner jedoch an weiteren Fortschritten zu hemmen. Die Ansicht ist allgemein verbreitet, dass künftige Kriege mehr wie bisher die Anwendung der Feldbefestigung bedürfen. Da wo Zeit gelassen ist, Schanzen mit möglichst starkem Profile anzulegen, werden dieselben den Positionen einen ausserordentlichen Schutz gewähren und Düppel, sowie die Belagerung von Sebastopol haben gezeigt, was gut vertheidigte Schanzen zu leisten vermögen. In den meisten Fällen fehlt jedoch die Zeit zur Anlage von Brustwehren mit starkem Profile. Dagegen wird bei der Bedeutung , welche das Tirailleurgefecht gegenwärtig hat , grosser Nutzen zu ziehen sein , wenn schnell Jägergräben Hoefler , Aphorismen.

50

Die Positionen des 7jährigen Krieges.

geschaffen und die vorhandenen Deckungen vervollständigt werden . Das Beispiel der Franzosen im Aufwerfen von leichten Deckungen Versuche im Grossen anzustellen , scheint mir den Zeitverhältnissen völlig entsprechend , und dürfte es sich lohnen, bei Lagern dies nachzuahmen. Gebirgsstellungen , sagte Clausewitz , sind wohl zu unterscheiden von Cordonstellungen . Wie nachtheilig letztere sind , hat früher Poenitz eingehend dargelegt , indem bei der Zersplitterung in viele einzelne Detachements das Vermögen zur gemeinsamen Action und Unterstützung der getrennten Theile fehlt , jedes Detachement den Streichen überlegener Gegner unterliegen muss, Als ein wahres Muster von Geschicklichkeit und Thätigkeit ist in dieser Hinsicht das Verhalten des Prinzen Heinrich im Jahre 1758 zu erwähnen. Während nämlich der König von Preussen in Mähren und Posen operirte , hatte er dem Prinzen Heinrich, seinem Bruder, den Auftrag gegeben, mit 18-20,000 Mann Sachsen zu decken. Diesem gegenüber , theils im Voigtländischen , theils in Böhmen stunden die Reichstruppen und Oesterreicher fast doppelt so stark. Mit dem Haupttheile seines Corps nahm der Prinz Stellung auf der Strasse von Chemnitz nach Dresden mit mehreren abgesonderten Corps in der Art, dass , der Feind mochte angreifen von welcher Seite er wollte, immer ein preussisches Corps ihm entgegenstund , die übrigen sich schnell nach der bedrohten Seite hin vereinigen konnten und der Aber weit entfernt , sich ganz Rückzug nach Dresden offen blieb. defensiv zu verhalten, wusste Prinz Heinrich von seiner Cavalerie den vortrefflichsten Gebrauch zu machen, indem er sie zu Streifzügen nach Franken und Böhmen verwendete, und durch die meist glückliche FühWo keine rung des kleinen Krieges seine Gegner einschüchterte . überlegene Artilleriewirkung zu erwarten ist ,

werden sich ähnliche

Beispiele in Zukunft vielfach wiederholen . So wurden 1000 Mann in Hof aufgehoben, die Vorräthe in Sula Da die Gebirgspässe weggenommen, Magazine in Böhmen erbeutet. zwischen Böhmen und Sachsen bald von den Einen, bald von den Andern besetzt waren , bemühte sich jede Partei, die andere zu verdrängen. Am Passberg z. B. stund ein Corps von 1 bayerischen Bataillon, 2 Kroatenbataillonen , einer Abtheilung deutscher und ungarischer Reiterei und 4 bayer. Kanonen. Ein preussisches Corps rückte dagegen am 31. Juli mit 12 Geschützen aus den Lagern von Tschoppau und Reizenstein an. Um 8 Uhr Morgens warfen die Preussen die Vorposten zurück und griffen, begünstigt durch überlegenes Artilleriefeuer , die

Die Gefechte bei Wahlstadt.

Verschanzungen von 2 Seiten an.

51

Nach 5stündigem Kampfe

und

mehrmaligen Stürmen sahen sie sich gezwungen, sich mit Verlust von 500 Todten und Verwundeten zurückzuziehen. Der 7jährige Krieg liefert auch noch mehrere Gebirgsstellungen, welche als lehrreiches Beispiel hervorgehoben werden müssen. So unter Anderem die Stellung, welche Marschall Daun am Anfang des Jahres 1758 nehmen liess , um die Debouchées zu sperren, General welche von der Grafschaft Glatz nach Böhmen führen . Buccow stund bei Trautenau, General Laudon bei Lewin, der Herzog von Ahremberg bei Nachod und General Janus bei Gruhlich ; Feldmarschall Daun aber verblieb mit dem Haupttheil seiner Armee im Lager von Kohlitz an dem Vereinigungspunkte aller grossen Strassen, welche von Schlesien nach Böhmen führen , und von wo aus er sich schnell an jeden der detachirten Posten begeben konnte, welche unter sich nur mit Schwierigkeit wegen der Natur des Landes in Verbindung standen. -

27.

Die Gefechte bei Wahlstadt.

Es ist vielfach die Ansicht verbreitet, dass wegen der Selbstständigkeit, welche die neuen Feuerwaffen auch kleinen Abtheilungen verleihen, die Anwendung von Detachements in kommenden Kriegen viel häufiger als in jüngster Zeit eintreten werde. Hiedurch gelingt es, eine grössere Terrainstrecke zu sichern oder einzunehmen, die eigenen Bewegungen zu verschleiern oder die feindlichen zu entdecken . Aus diesen Gründen ist denn auch das Studium des Krieges, in welchem Detachements als handelnde Factoren auftreten, von besonderer Wichtigkeit, und der 7jährige Krieg bietet vorzugsweise in dieser Hinsicht In diese Kategorie gehören vor Allem die reichhaltiges Material. Gefechte bei Wahlstadt, weshalb der Generallieutenant von Lossau ihnen einen eigenen Abschnitt in seinen Idealen der Kriegführung gewidmet hat. Als nämlich im Jahre 1761 sich die russische und österreichische Armee in der Nähe

von Jauer vereinigen wollten , stund Friedrich

der Grosse östlich von beiden Gegnern und war er bestrebt niss von ihnen zu erhalten.

Die preussische Armee

Kennt-

nahm Stellung

bei Jenkau und entsendete 2 Husaren-Regimenter ( 20 Eskadrons) Friedrich rückte mit der Armee nach Mertzdorf. gegen Bärsdorf. Die Meldungen gaben Gewissheit, dass die Oesterreicher noch in ihrer vorigen Stellung seien, rechts gegen Liegnitz, und noch nichts von den Russen entdeckt worden sei.

Die Gefechte bei Wahlstadt.

52

Mit Tagesanbruch ging die preussische Armee in ein Lager von Lonig, die Avantgarde nach Jenkau und Dromsdorf. Die Husaren wurden von 3-4000 Mann Cavalerie angegriffen, konnten sich aber ohne Verlust zurückziehen . Schon vorher hatte Friedrich, um die Gegend im Nord- Westen aufzuklären, den General Platen mit 5 Bataillonen und 3 Eskadrons gegen Wahlstadt beordert, als die Nachricht eintraf, dass ein Corps russischer Cavalerie auf den Höhen von Gross- und Klein-Wandriss als Unterstützung der Kosaken in mehreren Colonnen gegen Merkschütz vorrücke, was General Platen bewog, mit seiner Infanterie gegen Grävenwitz vorzugehen ; er wurde mit heftigem Feuer empfangen und es schien nicht zu bezweifeln , dass ein starkes russisches Corps hinter den Höhen nachrücken werde. Um hierüber Aufklärung zu erhalten , befahl der König dem General Ziethen, mit 5 Bataillonen 15 Schwadronen bis auf die Höhen von Nicolstadt zu rücken, während General Platen mit seinem Corps gegen Klein-Wandriss vorgehen sollte. Der Feind, welcher Gefahr lief, vom General Platen in die rechte Flanke genommen zu werden, zog sich nunmehr zurück. In diesem Augenblicke wurde man auf der Strasse

von Strigau nach Jauer

Ojas Kloster Wahlstadt Nikolstadt · Strawitz Wandr Klein iss . Gross Ki.Pohl wits Merschütz Skohl Grävenita O von Merzdf. Jenkau DromsdorfBres lau Lobris •Dam Lonig dorf Jauer Rafen Kunern Baers

einen grossen Staub gewahr, und konnte daraus auf den Marsch einer österreichischen

Cavalerie-Co-

lonne schliessen. Der König befahl

darauf

dem

General Möllendorf, mit 4 Bataillonen nebst 18 Schwadron. gegen Droms-

Lusen dorf vorzugehen, indess General Ramin mit 3 Bataillonen, 5 Schwadronen

+ + 14 ½ 4 1 Meile.

die Höhen bei Mertzdorf besetzen musste . Sämmt-

Strigau liche Truppen zur Reserve. Nun

aber

rückten

15 Schwadronen

gegen Dromsdorf und Kunern,

gehörten

österreichischer Cavalerie

um, wie es sich zeigte, den Marsch

Anmerkung. In dem Holzschnitte soll es heissen statt : Rofen Skale. statt Skohl

Profen ;

Die Gefechte bei Wahlstadt.

53

einer anderen feindlichen Cavalerie- Colonne , welche gegen Striegau nach Baersdorf in vollem Trabe gegen Profen vorging, zu maskiren, dann aber jener zu folgen. General Möllendorf vereinigte sich hierauf mit dem bei Mertzdorf stehenden General Ramin , wohin der König die Brigade des Generals Lottum ebenfalls rücken liess, während General Lentulus die feindliche Cavalerie links dem Weyda-Bach bis gegen Skale cotoyirte und General Ramin ihm folgte. General Ziethen , welcher die Höhen von Nicolstadt erreicht hatte, musste sich nun gegen Klein- Pohlwitz zurückziehen , um nicht die russische Cavalerie in der Front zu haben, während die österreichische ihn im Rücken angreifen konnte.

Der König ging nun mit allen vorgerück-

ten Truppen durch Skale gegen Klein-Pohlwitz zur Unterstützung des Generals Ziethen vor, worauf General Laudon, welcher sich an die Spitze seiner Cavalerie gesetzt hatte, veranlasst wurde, sich weiter links gegen Wahlstadt zu ziehen, in welcher Gegend er sich mit der russischen Cavalerie vereinigte . Der König stiess nun zum General Ziethen und rückte auf die Höhe von Nicolstadt, liess aber die gesammte Cavalerie sich gegen das Vorwerk Strächwitz formiren. Mittlerweile hatte General Plathen die vor ihm stehende russische Cavalerie zurückgeworfen , und rückte mit seinen Truppen bis auf den Windmühlenberg vor Gross-Wandriss vor, welches Dorf der Feind angezündet hatte. Da jetzt der letztere sich zurückzog, so marschirte der König mit allen den genannten Truppen vorwärts gegen die Höhe von Wahlstadt. Die Cavalerie, welche, wie bemerkt , auf dem linken Flügel sich befand, traf aber hinter den Strächwitzer Bergen 10 Eskadronen Cuirassicre, welche sie über den Haufen warf, und 5 — Eskadrons Grenadiere zu Pferd, denen ein Gleiches widerfuhr. Generallieutenant von Lossau äussert sich über diese Gefechte folgend : „Diess Gefecht bleibt desshalb merkwürdig, weil es speciell des Königs Methode zeigt, wie er in der Nähe des Feindes manöverirte. Zugleich wird dadurch ersichtlich, auf welche Weise seine Generale ihrer jedesmaligen Bestimmung gemäss verfuhren, um des Königs Intention zu erfüllen. Ferner kann man daraus die taktische Biegsamkeit der Truppen und ihrer höheren andern Offiziere abnehmen , von denen ein jeder sich im Augenblicke zu helfen wusste, ohne eine weitläufige Instruction erhalten zu haben.

Keine vereinzelte isolirte Abtheilung zeigte sich, weil

das Ganze im Zusammenhang auch alsdann blieb, wenn die Generale wie hier ein ziemlich weitläufiges Terrain zu behandeln hatten.

Der kleine Krieg fm 7jährigen Krieg.

54

28.

Der kleine Krieg im 7jährigen Kriege.

Die Vortheile, welche die jetzigen Feuerwaffen gewähren, die rasche Mittheilung durch Telegraphen, sowie die schnelle Truppenbeförderung durch Eisenbahnen begünstigen den kleinen Krieg . Gestützt auf die Erfahrungen in den amerikanischen Kriegen, haben auch Alle, welche ihre Ansichten über den Standpunkt der gegenwärtigen Taktik niederlegten, sich dahin ausgesprochen, dass in kommenden Kriegen wie die Anwendung von Detachements, so auch die Verwendung von Partheien , sei es zum Schutze der Eisenbahnen und Telegraphen, zu deren Zerstören , zur Besetzung wichtiger Punkte, zur Harzelirung des Gegners u. s. w. in viel umfangreicherer Weise als in dem Feldzug 1866 stattfinden müsse. Schon Erzherzog Carl tadelte in der Kritik über den Feldzug 1796, dass die Besatzungen der Festungen am Rheine sich unthätig gezeigt haben , während es in ihrer Macht gelegen war , durch Entsendungen die Rückzugslinien der Franzosen zu unterbrechen und sie zu Detachirungen zu veranlassen. Ich halte es für eine ganz unrichtige Massregel, wenn Festungsbesatzungen sich ruhig verhalten, bis der Feind vor ihren Thoren crscheint ; sie sollen im Gegentheil den Feind an sich ziehen , ihn zu Entsendungen zwingen, wodurch er an anderen Orten schwächer sein wird. Cavalerie wird hiebei die Hauptrolle spielen , die Absendung von Infanteriedetachements durch Eisenbahnen begünstigt werden. Von besonderer Wichtigkeit kann der kleine Krieg werden, wenn er sich auf Festungsgruppen stützt. Die Führung mehrerer Detachements und Partheien

zu gemein-

samem Zwecke bedingt grosse Fähigkeiten und gediegene taktische, ja oftmals

strategische Kenntnisse.

Das Studium hervorleuchtender

Beispiele dürfte daher geeignet sein , sich über ähnliche Vorfälle zu orientiren und mit den Mitteln vertraut zu machen , welche zur Lö sung der Aufgabe dienlich sind.

Auch in dieser Hinsicht liefert die Geschichte des 7jährigen Krieges das schönste Material. Während Friedrich der Grosse im Süden seines Landes mit den

Verbündeten engagirt war ,

konnte er , um das

Land gegen Schweden und Russen zu schützen , nur geringe Streitkräfte verwenden. Mit wenigen Truppen sollten wichtige Punkte wie Colberg etc. festgehalten und den Offensivoperationen der Gegner Schranken gesetzt werden. Es konnte letzteres nur dadurch geschehen, dass durch Vortheile, welche in kleinen Gefechten errungen wurden, allmälig das

Der kleine Krieg im 7 jährigen Krieg.

55

Gleichgewicht mit dem Gewinne einer Schlacht und dadurch ein physisches und moralisches Uebergewicht erlangt wurde. Die Lokalverhältnisse begünstigten dies in hohem Grade , indem gestützt auf Festungen oder feste Orte, verschiedene Operationsfelder für die Partheien entstunden , grosse Waldungen Ueberraschung und Verbergen gestatteten, durch Flüsse , Seen und Moräste Terrain-Abschnitte und leicht zu vertheidigende Defileen sich ergaben. Da jedes Bataillon seine Geschütze hatte, so waren auch die Partheien fast nie ohne Artillerie. Diese Gefechte, aus kleinen Truppenkörpern der Infanterie, Cavalerie und Artillerie bestehend, sind daher für den grössten Theil der Offiziere äusserst lehrreich ;

sie geben die schönsten Bilder grösserer

Vorpostenaufstellungen, Recognoscirungen, Lokalgefechte, kühner Streifzüge u. s. w. Das grosse Missverhältniss der Kräfte wies darauf hin, einen ernsten Zusammenstoss mit dem Feinde vermeidend , zu den Hilfsmitteln des Hinterhalts zu greifen, und vor Allem die Unterstützung des Terrains , das ist der guten Stellungen aufzusuchen. Die Feldbefestigung , mit welcher im 7jährigen Krieg so häufig Missbrauch getrieben wurde , weil der oftmals 3mal stärkere Gegner sich nur hinter Wällen und Gräben sicher wähnte , fand aber auch hier im kleinen Kriege und zwar eine sehr zweckmässige Anwendung. Um der Anforderung an stärkere Vorposten : sehen und festhalten " ― zu entsprechen , wurden rückwärts der Cavalerieposten oftmals Schanzen aufgeworfen, in welchen Infanterie und Bataillons- Geschütze stunden , um die vorstehende Cavalerie aufzunehmen . Es ist dies um so bemerkenswerther, als bei den in Pommern verwendeten preussischen Truppen wenig Genietruppen verfügbar gewesen waren. Ich erinnere mich, einstens in der zu Augsburg erscheinenden Allgemeinen Zeitung gelesen zu haben, dass jeder Offizier die Werke des Generals von Clausewitz auf seinem Tische liegen haben sollte. Jedem Offizier, welcher sich über den Krieg der Partheien gründlich zu unterrichten wünscht, ist aber nicht minder zu empfehlen : Der 7jährige Krieg in Pommern und in den benachbarten Marken . Studien des Detachements und des kleinen Krieges von Carl Marschall von Sulicki, k. p. Generalmajor ausser Dienst.

Schluss.

56

Schluss . Schon in der Einleitung habe ich auf die extremen Ansichten hingewiesen, welche hinsichtlich der durch die neuen Waffen bedingten Aenderungen in der Taktik herrschen . Den richtigsten Mittelweg scheint mir die Stelle

eines offenen

Briefes im Heft vom 15. October 1868 des Spectateur militaire an Oberst Pisani einzuschlagen , worin der Einfluss der gegenwärtigen Waffen auf die Taktik mit folgenden Worten bezeichnet wird : „Nouvelles armes vieille tactique ; applicable aux divisions et armées. Nouvelles armes à la compagnie,

nouvelle tactique ; applicable aux tirailleurs ; 66 au bataillon et au régiment.

Die neuen Handfeuerwaffen geben die grösste Feuerwirkung in Tirailleurform und durch Salven bis zur Stärke von einigen CompagEs ist daher natürlich , dass man Formen annehmen muss, welche die grösste Feuerwirkung gewähren , und in welchen man auch am wenigsten von der des Feindes zu leiden hat. Das Tirailleurgefecht beansprucht daher heut zu Tage die grösste Aufnien (Halbbataillons) .

merksamkeit und berufe ich mich zur Bestätigung auf die Worte des Generals Morin, welche von General Trochu wiederholt wurden : L'école des tirailleurs renferme toute la science militaire. " Hierunter ist jedoch nicht das Tirailliren in kleinen Abtheilungen, sondern die Wechselwirkung zwischen der zerstreuten Gefechtsform und den geschlossenen Unterstützungen und Reserven verstanden, und dehnt sich das Tirailleurgefecht in grösseren Massen, wie Gencral der Infanterie v. Brandt und Andere bemerken, nicht nur über Compagnieen, sondern über Bataillone, Regimenter, ja ganze Brigaden aus. Ich habe mich übrigens ausführlich in Abschnitt IX meiner im November 1867 erschienenen Schrift zur Taktik der Gegenwart" über diese Materie ausgesprochen und verweise ich hierauf. Es ist bemerkenswerth , wie häufig in der Geschichte die Dinge sich wiederholen . Die Römer hatten die Manipular- Stellung mit Erfolg ange . wendet, so lange sie durch militärische Tugenden ihren Gegnern überlegen waren . Auch Gustav Adolph wusste Vortheile mit seinen kleinen Haufen gegen die gevierte Stelle zu erringen, und jetzt findet man das Bataillon zu gross, zu sehr der feindlichen Wirkung ausgesetzt und trennt es in Compagnieen oder Halbbataillonc. Haupterfordernisse sind, dass das Bataillon sich zur rechten Zeit theilt, die Glie-

Schluss.

57

der nach Umständen zum gemeinsamen Handeln auf eigenen Antrieb mitwirken oder sich zur rechten Zeit vereinigen, um in der Hand des einen Befehlshabers verwendet zu werden. nieen en échiquier,

Die Stellung der Compag-

wie sie in den idées et réflexions sur les mouve-

ments de la tactique moderne durch S. M. den König von Schweden empfohlen wurde, entspricht ebenso der Ausdehnung in der Breite als in der Tiefe, vermindert die Dichtigkeit und gestattet nach Bedarf die volle Linie zu bilden. Einen Beweis, wie sehr die Ansichten über die Aenderungen in der Taktik verschieden sind , liefert die Forderung der taktischen Rückblicke im Vergleiche mit dem neuen Entwurfe über Acnderungen des französischen Infanterie-Reglements. Während in obiger Broschüre der Ausdehnung in die Breite gehuldigt wird, findet die französische Commission die Stellung in vermehrter Tiefe am Platze. Durchgängig, sowohl im Bataillon, im Regiment wie in grösseren Körpern ist die Perpenticularstellung von der Commission angenommen worden, durch welche Umgehungen am ehesten entgegengewirkt werden kann , Von den 3 Bataillonen des Regiments stehen 2 im ersten Treffen , das 3. in Reserve. 150 Schritte.

Der Treffenabstand ist im Frieden

Das erste Treffen hat 2 Compagnieen als Plänkler ver-

wendet, die 4 Compagnieen, welche beim Bataillon verbleiben, stehen in Zugscolonnen. Das 2. Treffen ist in Bataillonscolonnen formirt, steht wenigstens 800 Meter von den Tirailleurs entfernt, und soll sich gegen das Feuer des Feindes wo immer möglich schützen . Unternimmt der Gegner einen Angriff in die Flanke, so sendet das 3. Bataillon seine Plänkler dahin, das Flügelbataillon des 1. und das 3. Bataillon schwenken gegen die angegriffene Seite, das verbleibende Bataillon des 1. Treffens bildet sodann die Reserve. Hiebei ist bestimmt, dass in der Wirklichkeit hinter der 2. Linie noch eine Reserve ausgeschieden werde , um für den Fall bereit zu sein, wenn die zweite Linie verwendet werden muss. Die zweite Linie bleibt immer in Colonnen, ausser wenn sie dem feindlichen Feuer ausgesetzt ist. Der Entwurf der Commission spricht sich dahin aus, dass durch die Perpenticularstellung eine Umwälzung in der Taktik hervorgerufen worden ist, welche nicht allein selbst den Angriff begünstigt, sondern besonders Vortheile in der Vertheidigung bietet.

Durch diese Anord-

nung wird den Umgehungen am besten entgegengewirkt, und schwächt

Schluss.

58

sich der Gegner, so sind die Mittel zu einem Gegenstoss auf dessen Mitte gegeben . Eine Brigade bildet eine fünffache Linie, nämlich : in erster Linie die Corporalschaften ; in zweiter Linie Halbsektionen als Soutiens ;

in dritter Linie die Sektionen als Reserve. Sämmtliche drei Unterabtheilungen gehören zu den Compagnien , welche zum Tirailliren bestimmt sind. In vierter Linie stehen die zum Verbande des Bataillons gehörigen 4 Compagnien. Die fünfte Linie bilden die 3. Bataillone der Regimenter, aus 6

Compagnieen bestehend, und in Colonne formirt. Wenn im Divisionsverbande die Brigade im zweiten Treffen steht , können die Regimenter in Massen vereint werden . Aehnliche Grundsätze befolgt die Division und behält sie eine concentrirte Reserve zurück ; grössere Truppenkörper müssen über eine allgemeine Reserve zu verfügen haben, welche in den meisten Fällen rückwärts im Centrum aller Operationen ihren Platz findet ,

um an

die schwächsten Punkte disponirt werden zu können, oder auch zum entscheidenden Schlage bereit zu sein. Auch in anderer Hinsicht werden Einrichtungen früherer Zeiten wieder empfohlen ;

es soll nämlich die Mitrailleuse die früheren Re-

giments-Kanonen ersetzen. Denn, wie Arkolay in seiner Taktik der Neuzeit vielleicht nicht mit Unrecht hervorhebt, hat die gegenwärtige Artillerie, indem sie grösstentheils auf weitere Entfernungen zu kämpfen bestimmt ist,

etwas an Unterstützung zum Nahekampf verloren , und

dies soll von einer Geschützgattung ersetzt werden , welche der Infanterie unmittelbar folgt. Dieselbe Ansicht theilt der König von Schweden in der vorhin erwähnten Schrift, zu welchem Zwecke ein eigenes Geschütz vorgeschlagen wird . Ebenso will Gatti sehr leichte Geschütze den Partheien zugetheilt wissen. Manche Taktiker der Neuzeit glauben bei einem künftigen Kriege die Erfolge im Angriffe durch Massengebrauch der Artillerie erzielen zu können, und gründen hierauf weitere Folgerungen. Die Verwendung einer grossen Zahl Geschütze unter gewissen Umständen ist durchaus nichts Neues , daher auch keine Aenderung der Taktik. Napoleon I. hat hiervon mehrfachen Gebrauch gemacht, wie bei Friedland, Wagram, Ocanna, Borodino. Bei letzterer Schlacht befehligte Oberst Seruzier 18 Batterien (à 6 Geschütze) in Summa 108 Geschütze, welche eine Ausdehnung von 3/4 lieue einnahmen.

59

Schluss.

Allein die Verwendung dieser Artillerie- Masse gehörte schon dortmals zur Ausnahme und wird es jetzt noch mehr sein in Anbetracht der Vortheile , welche eine stehende Artillerie gegen die in Aktion tretende hat , auch weil die Handfeuerwaffen der Artillerie nunmehr weit gefährlicher geworden sind, als es früher der Fall war. Bin ich auch durch diese Ansicht im Widerspruch mit mehreren neueren Autoren, so habe ich auch wieder andere Stimmen für mich, wie beispielsweise in dem Aufsatz : „ éssai sur

la tactique élémentaire

de l'infanterie" 13. Band des spectateur militaire. Am meisten ist die Cavalerie den Einwirkungen der neuen Waffen unterworfen. Der verstorbene General der Infanterie von Brandt bezeichnete in den Aphorismen über bevorstehende Veränderungen in der Taktik die Verwendung der Cavalerie in folgenden Umrissen : „Sie soll vor Allem umgehende , umfassende Manöver verschleiern , den Aufmarsch der Armee decken. Sie muss überhaupt unsere Bewegungen verbergen, sicher stellen, das Herbeieilen feindlicher Truppen auf den Eisenbahnen verhindern .

Sie muss, indem sie

hier und da falschen Allarm erregt, an Punkten, die sie nicht angreifen will, Spitzen vorschieben , durch Scheinmanöver den Gegner täuschen und so den nachrückenden Truppen ihre Aufgabe erleichtern.

Sie muss dabei soweit voraus sein ,

dass

man sich

unter ihrem Schutze unbemerkt concentriren und auf den Gegner stürzen kann. " Wie ich schon bei Gelegenheit der Schlachten von Rossbach und Zorndorf erwähnt, wird sich selten mehr Gelegenheit geben, dieselbe in Scene setzen zu können. Ist aber eine Panique beim Gegner wahrnehmbar, dann wird eine losgelassene Cavaleriemasse allein im Stande ― sein, die Niederlage zu vervollständigen. Ueber die Verwendung der Cavalerie im Grossen gibt der amerikanische Krieg die reichhaltigsten Anhaltspunkte.

Besonders verdie-

nen die weitausgehenden Diversionen in den Rücken der Gegner zur Zerstörung und Gefährdung der Hauptcommunicationslinien Beachtung. Sehr verdient machte sich General Stuart durch seine Recognoscirungen , in welchen er fortwährend seinem Oberbefehlshaber Rechenschaft von der Stärke, den Bewegungen und Aenderungen der feindlichen Armee gab. Diese Cavaleriecorps hatten ausser der Artillerie berittene Scharfschützen, wodurch der Feind getäuscht und gezwungen wurde, seine Streitkräfte zu zeigen,

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Schluss.

Die Nothwendigkeit der Wiedereinführung der Dragoner wird von allen Seiten anerkannt und geht Gatti darin so weit, selbst die Hälfte der Divisionscavalerie in Dragoner umgewandelt zu wissen. Auch über die Verwendung der Dragoner gibt der 7jährige Krieg schöne Beispiele , indem durch die Mischung von Husaren und Dragonern die Handlungen des kleinen Krieges schr erleichtert worden sind. Ob aber die Dragoner zum Einbohren in die Linie der Infanterieplänkler mit Nutzen verwendet werden können, wie Gatti vorschlägt, glaube ich bezweifeln zu müssen . Die Entscheidung der Frage ob Angriff oder Vertheidigung, ist schon vielfältig discutirt worden. In früherer Zeit war es leichter, den Angriff zu leiten, weil, wie ein höherer Offizier sich sehr treffend gegen mich äusserte, „ein entschlossenes Handeln über manche Verlegenheiten hinwegführte." Es stimmt dies vollkommen auch mit anderen Ansichten überein , denn Gneisenau schrieb im Jahre 1813 dem Könige von Preussen : „Auf einen Anführer, der die Vertheidigung im Kriege gut zu führen versteht, findet man zehn, die anzugreifen fähig sind. " Da nun die Vertheidigung durch die neuen Waffen so sehr gewonnen hat, so möchte bei nicht zu grosser Ueberzahl und unter sonst gleichen Verhältnissen der Angriff viel schwieriger geworden sein . Wie man beim Angriff stets trachten muss, Feller des Vertheidigers zu benützen , so muss auch dieser die Absichten des Gegners zu vereiteln suchen. Dieser Grundsatz hat Geltung im Grossen und im Kleinen, und dürfte am besten näher durch die Regeln ausgeführt werden, welche Friedrich der Grosse für den Vertheidigungskrieg gab, wesshalb ich dieselben hier folgen lasse. Friedrich II. gibt in seinen „ Betrachtungen über Operationspläne < folgende Fälle an, in welchen der Vertheidigungskrieg, welcher mehr Kunst als der Angriffskrieg erfordert, am Platze ist. 1. Wenn unsere Truppen nicht zahlreich genug sind, um angriffsweise und nachdrucksweise gegen den Feind zu gehen ; 2. wenn unsere Truppen durch unglückliche Gefechte entmuthigt und geschwächt worden sind ; 3. wenn wir Hilfe erwarten. Doch bleibt auch für den Vertheidigungskrieg die Regel feststehen , dass man sich nicht auf eine ängstliche Vertheidigung beschränken ,

Schluss.

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vielmehr beständig darauf bedacht sein müsse, von der Vertheidigung zum Angriff überzugehen.

Man verlasse sich in seinen Vertheidigungsanstalten nicht auf Flüsse, denn sie laufen nicht beständig zwischen hohen Felsenwänden hin, und ihre Ufer sind nicht überall steil und unzugangbar. Einen Fluss, der im Rücken unserer Armee liegt ,

kann man vertheidigen,

aber noch ist es keinem Feldherrn geglückt , digen, der vor der Front seiner Armee lag.

einen Fluss zu verthei-

Ein Anführer, welcher einen Vertheidigungskrieg zu führen hat, muss die Fehler seines Gegners mit scharfem Auge beobachten und seine kleinsten Missgriffe benutzen . Es ist das Höchste der Kunst, wenn er ihn zu Fehlern verleitet.

So lange sein Gegner die wahren

Grundsätze des Krieges befolgt, so lange er wachsam ist, das Terrain gut benützt, seine Stellungen gut wählt, Detachements nicht ins Blaue schickt ,

seine Märsche mit Vorsicht anordnet und mit Ordnung aus-

führt, seine Lebensmittel sichert ,

seine Fouragirungen mit Vorsicht

unternimmt : so ist es beinahe unmöglich , dass er von dem geschicktesten Feldherrn mit Hoffnung eines glücklichen Erfolges angegriffen werden kann. Wenn sich aber der Gegner vernachlässigt, wenn er Fehler über Fehler macht, dann muss man diese Gelegenheit benützen und ihn entweder selbst angreifen , wenn er eine schlechte Stellung genommen hat , oder ihm ein detachirtes Corps , das er nicht unterstützen kann , aufheben , oder seine Arrieregarde vernichten , wenn er sie nicht gehörig angeordnet , Fouragirungen zerstreuen ,

oder seine Zufuhren aufheben ,

oder

seine

endlich über seine Winterquartiere

herfallen , wenn ihre Front und ihre Flanken nicht gehörig gedeckt sind . Mehrere kleine Gefechte, deren Vortheile sich nach und nach anhäufen , halten das Gleichgewicht mit einer gewonnenen Schlacht, und verschaffen uns endlich doch ein Uebergewicht.

Ist eine Armee auf eine ernsthafte Vertheidigung zurückgeworfen worden, so verlangen Theorie und Erfahrung, dass man sich nach einer Niederlage nur auf eine kleine Entfernung zurückziehe . Es befindet sich gewiss in der Weite einer halben Meile vom Schlachtfelde ein guter Posten, in diesen muss man sich zurückziehen. Ist der Feind bedeutend stärker als wir ,

so muss man zu dem

Postenkriege seine Zuflucht nehmen ; aber man muss solche Stellungen wählen , deren Ausgänge und deren Rücken frei bleiben , damit wir nicht eingeschlossen werden können. Man muss den Krieg mehr im Geiste eines Partheigängers als im Geiste eines Generals führen . Man

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Schluss.

muss seine Stellungen oft verändern, und zwar jedes Mal, wenn der Feind Anstalten macht, uns anzugreifen. Selbst zu Prahlereien muss man seine Zuflucht nehmen. Alle kleinen Vortheile muss man zu benützen suchen, sich wieder ein Ansehen zu geben, sich beim Feinde wieder in Achtung zu setzen, und seine Hitze zu mässigen .

Man muss

seine Thätigkeit verdoppeln , seine Einbildungskraft mehr wie jemals anstrengen. Ist der Feind bedeutend stärker, so kann er uns von allen Seiten Unsere werden schwächer sein, und durch Detachements schaden. setzen wir ihm nichts entgegen, unterbricht er unsere Verbindungen. Ist sein Detachement weit entfernt , dann muss man es mit ganzer Macht anfallen.

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Inhalt.

Seite

12. Der Marsch der preussischen Armee von Bautzen nach Görlitz 13. Der Marsch der preussischen Armee von Ollmütz nach Landshut • 14. Die Schlacht bei Liegnitz · • 15. Die Schlacht bei Kay 16. Die Schlacht bei Breslau 17. Die Schlacht bei Crefeld 18. Die Schlacht bei Minden 19. Die Schlacht bei Cunersdorf 20. Die Schlacht bei Collin . · 21. Die Schlacht bei Leuthen 22. Die Schlachten bei Rossbach und Zorndorf 23. Die Schlacht bei Torgau 24. Die Schlacht bei Prag • · 25. Das Treffen bei Freiberg • 26. Die Positionen des 7jährigen Krieges 27. Die Gefechte bei Wahlstadt · 28. Der kleine Krieg im 7jährigen Krieg Schluss

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Einleitung 1. Das Treffen bei Reichenberg 2. Das Gefecht bei Sandershauзen 3. Das Tr "en bei Landshut · 4. Das Treffen bei Lutternberg 5. Das Treffen bei Reichemberg 6. Die Stellung bei Strehlen · 7. Das Gefecht an den Katzenhäusern 8. Das Treffen bei Bergen · · 9. Das Treffen bei Warburg an der Diemel 10. Das Treffen bei Lowositz • 11. Der Ueberfall bei Hochkirch

8 9 10 11 11 13 16 17 20 20 23 25 25 26 28 30 31 33 35 41 43 47 48 51 54 56

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Handbuch für jüngere Officiere, zunächst der Infanterie . Einladung zur Subscription. Im Verlage der Stahel'schen Buch- und Kunsthandlung in Würzburg erschien in rascher Aufeinanderfolge nachstehendes , im Manuscript bereits vollständig vorliegendes Handbuch für jüngere Officiere , zunächst der Infanterie , unter dem Titel :

Die

Elemente

der Kriegs- und Militärdienstwissenschaften zunächst für das praktische Erforderniss der jüngeren Officiere der Infanterie herausgegeben von den Hauptleuten v. Ausin, Horn, Macher, Reiser, Veith und Weissmann des k. b. 9. Inf.-Reg. Wrede. Zwei Theile. Mit lithographirten Tafeln und in den Text gedruckten Holzschnitten. I. Theil : Die Elemente der Kriegs wissenschaften. II. Theil: Die Elemente der Militär - Dienst - Wissenschaften. 1869. 9 bis 10 Lieferungen in Lex.-80-Format auf Velinpapier gedruckt. Subscriptionspreis jeder ca. 4-5 Bogen starken Lieferung 36 kr. oder 12 Sgr.; nach erfolgtem Erscheinen des ganzen Werkes tritt der erhöhte Ladenpreis ein. Die 1. und 2. Lieferung des I. Theiles sind bereits erschienen und umfassen die heutigen Kriegsfeuerwaffen (mit 2 Quarttafeln detaillirte Abbildungen aller bis jetzt bekannten Rücklader), ferner die Terrainlehre (mit 3 Tafeln). Zur Charakteristik dieses Werkes erlauben wir uns

dem Vor-

worte desselben nachfolgende Stellen zu entnehmen : " Es vergegenwärtigt im Allgemeinen die während der letzten zwei Winter von den Verfassern an ihre jüngeren Herren Kameraden in Verbindung mit praktischen Uebungen gehaltenen Vorträge. Der Standpunkt, von welchem die Bearbeiter auszugehen hatten , ergab sich zunächst aus dem Umstande , dass der Unterricht vornehmlich denjenigen ihrer jüngeren Kameraden galt, welchen es nicht gegönnt war, eine militärische Bildungsanstalt zu besuchen. Hiernächst war die gebieterische Nothwendigkeit im Auge zu halten, in möglichst kurzer Zeit praktische Erfolge einerseits unmittelbar für den Dienst, anderseits für den vielleicht baldigen Wiederausbruch des Krieges zu erzielen. Zudem sc'lte und musste dieser Unterricht die Vorschule für den sich anreihenden höheren Curs bilden. Hieraus geht hervor, wie weder nach Inhalt noch Form der Gang völlig eingehalten werden durfte , welcher den Lehrbüchern für Militär-Bildungs-Anstalten zu Grunde liegt. Vielmehr musste die unmittelbare Uebertragung des sich erweiternden Wissens auf den Dienst des jungen Officiers vor Allem massgebend bleiben, wie denn überhaupt kaum genug beachtet werden kann, dass selbst wohlorganisirte FachBildungsanstalten ihre besondere Bestimmung nur dann zu erfüllen vermögen, wenn ihre Aussaaten durch das Berufsleben zu reifen Früchten entwickelt werden. Ohne diese Vorbedingung tritt in den meisten Fällen Stillstand und Rückgang im Wissen und wohl niemals die wahre Verwerthung der Fach-Schule im Können ein. Diese Vorbedingung kennzeichnet sich einzig und allein in demjenigen Dienstbetriebe und insonderheit in derjenigen taktischen Truppen-Ausbildung , welche sorgfältig fortschreitend die Wissenschaften für den praktischen Dienst wohlbemessen , aber unbedingt in Anspruch nehmen.

Aus diesen Gesichtspunkten entstanden vorerst die beiden Theile unseres Handbuches, welche durch ihre Titel näher bezeichnet sind. Der eine Theil umfasst die heutigen, zunächst die bayerischen Kriegsfeuer. waffen, dann insbesondere das Schiessen der Infanterie, die militärische Auffassung und Darstellung des Terrains, die Taktik und die Felddienstübungen , die Feldkriegsbauten , vornehmlich die Infanterie-Pionier-Arbeiten , die Grundzüge der permanenten Befestigung und des Festungskrieges, eine Anleitung zum Studium der Kriegsgeschichte, dann einen Anhang über praktische Geometrie etc. Der andere Theil handelt von der Wehrverfassung, Organisation und Eintheilung , von den Bildungs-Anstalten und Verwaltungszweigen des Heeres, dann von den allgemeinen Dienst -Verhältnissen, vom Innern. , Garnisons und Felddienste, von der weiteren Ausbildung der Truppen, und enthält ferner einen Anhang über die norddeutsche Bundesarmee etc. etc. Beide Theile sind mit den neuesten Veränderungen im k. Heere und Fortschritten der Kriegswissenschaften in Einklang gebracht, nach Bedarf mit Abbildungen und für den bequemen Gebrauch mit Sach- und alphabetischen Registern versehen. Zur Erleichterung des Gebrauchs wurde im Druck die Anordnung getroffen, dass jede Abtheilung, z. B. die Taktik, Terrainlehre u. s. w. aus dem Werke genommen und separate gebunden werden kann. Insoweit es sich zweckmässig erweisen wird, sollen die erst in entfernterer Zeit sich ergebenden Veränder. ungen in Nachträgen ausgegeben werden, die voraussichtlich nur geringen Umfang erhalten, da die in nächster Zeit zu gewärtigenden UmgestaltungenV im k. Heerwesen während des Druckes noch Berücksichtigung finden können. Schliesslich erachten wir es angemessen zu erwähnen, dass unser Handbuch, welches vorerst dem nächsten Bedürfnisse des subalternen Officiers entgegenkommt, keineswegs unmittelbar für den anfänglichen Unterricht des einjährigen Freiwilligen entspricht. Wohl aber möchte es für die Ausbildung desselben zum LandwehrOfficier sich eignen. Diese Freiwilligen müssen nämlich die hiefür erforderlichen militärischen Wissenschaften, gleichwie es bei unsern jüngeren Kameraden der Fall war, in kurzer Zeit, bereits im praktischen Dienste stehend und daher vermittelst einer Methode erwerben, welche sofort zur Ausführung anleitend, im innigsten Zusammenhange mit ihren Uebungen steht. Der Militärdienst ist für sie nicht Lebensberuf. Ihr Unterricht soll zwar ein gründlicher , aber im kürzesten Weg auf ihre künftige Militär-Dienstesthätigkeit gerichtet sein. Wie unser Handbuch dieser Anforderung zu genügen vermeint, wird aus demselben ersichtlich werden. " Eine weitere Empfehlung glauben wir diesem unserem VerlagsWerke nicht beifügen zu sollen ; wenn es, wie Sachverständige freudig versicherten, dem wirklichen Bedürfnisse entspricht, wird es sich von selbst Eingang verschaffen. Würzburg , im Januar 1869.

Stahel'sche Buch- und Kunsthandlung. Im Verlage der Stahel'schen Buch- und Kunsthandlung in Würzburg ist ferner erschienen und durch alle Buchhandlungen zu beziehen :

Zur Taktik

der Von

Gegenwart.

Edmund Höfler, Oberstlieutenant im k. bayr. 9. Infanterie-Regiment. 1868.

312 Bogen in gr. 8. -Format.

Preis 30 kr. oder 9 Sgr.

Dieses Schriftchen , in welchem die Einwirkungen der neuen Waffen und der bis jetzt bekannten Erfahrungen des letzten Feldzugs auf die Taktik in sehr klarer Weise niedergelegt sind , dürfte insbesondere jüngeren Officieren, nicht minder aber auch Laien , die sich dafir interessiren, sehr zu empfehlen sein.