Krämer des Krieges

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Innerhalb der herrschenden monopolkapitalistischen Clique in den sogenannten westlichen Demokratien begegnet man in Wirk­ lichkeit sowohl einer Geisteshaltung als auch Typen, die ihren deut­ schen Standesgenossen innerlich durchaus verwandt sind. In den USA haben wir diesen Typ seit langem in der Welt der Finanz­ leute in Reinkultur gehabt. In dieser Beziehung ist es interessant, einige der täglichen Beobachtungen zu betrachten, die von dem Bot­ schafter der Vereinigten Staaten in Berlin während seiner Tätigkeit im Dritten Reich über seine eignen Landsleute angestellt und auf­ gezeichnet wurden. William E. Dodd war ein friedlicher alter Liberaler und Historiker, aber er erkannte seine Leute und deren Mentalität schon am Ton. — Nehmen wir nur ein paar einzelne Stichproben. Am 15. Juni 1934 notiert er den Ausspruch eines Be­ suchers:

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„Zehn Prozent der Menschen verdienen das Geld, sind in jeder Phase des Lebens die Führer und sollten unangefochten die absolute Herrschaft über alle öffentlichen Angelegenheiten ausüben!“

Wer, rät der Leser, daß dieser Philosoph sei? Einer der IG-FarbenDirektoren? Fritz Thyssen? Oder etwa Krupp von Bohlen? Man könnte es wohl annehmen. Es ist die Mentalität der Diktatur. Aber in Wirklichkeit stammt dieser Ausspruch von einem gewissen Mister Morehead: Großkapitalist, ehemaliger amerikanischer Gesandter in Stockholm und einer der Männer des inneren Kreises um den früheren „republikanischen“ Präsidenten Herbert Hoover! Noch ein paar Treffer: „Unser amerikanisches Volk hat kein Nationalbewußtsein. Es muß ihnen beigebracht werden. Wir müssen alle Importe verbieten, ausgenommen Gummi, Kaffee und ein oder zwei andere notwendige Dinge, und müssen an andre alles verkaufen,-was wir verkaufen können, und wir müssen unser Volk bewaffnen und drillen ... Es ist ein Kampf ums Überleben der Taug­ lichsten.“

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Ist das einer von Görings „Selbstversorgungs“-Ökonomen im SS-Schnitt? Nein, es ist leibhaftig Direktor Hassen von der Sinclair Oil, ein guter Republikaner aus dem Jahre des Herren 1934. „Wir werden die Menschen erschießen müssen, wie Hitler das tut.“

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Das ist zur Abwechslung ein führender „demokratischer“ Sena­ tor des konservativen Flügels im Süden und mittleren Westen, Mitglied der Roosevelt-Partei. Nein, das passiert bestimmt nicht wieder! Bei uns gibt’s das nicht! Das sind nur einige zufällige Aussprüche aus dem vertrauten Kreis um einen kritischen USA-Diplomaten, der seine Läuse am Gange erkennt, nachdem er in Berlin unter Hitler Botschafter gewesen ist. Wenn gewaltige Pressetruste, Verlage, die Zeitschriften und Bü­ cher zu Millionen ausspeien, in die Hände und unter die Herrschaft von Millionären dieses Typus fallen, ist das e”ie Garantie für die Freiheit der Presse? Für „demokratische“ Einstellung? Oder könnte man sich unter bestimmten Verhältnissen etwas anderes vorstellen, wenn es im Emst gilt, eine öffentliche Meinung im Handumdrehen zu fabrizieren? Riesenüberschriften! Tagtäglich giftige Hetze, mit ein paar Negerlynchungen gewürzt! Befreiung der Welt von der „roten Gefahr“! Atombomben! Im Namen der Humanität und Freiheit — natürlich! Niemand leistete Hitler und dem Nazismus, als es darauf an­ kam, so große Dienste wie gewisse amerikanische Pressetruste, die die reaktionären Anhänger der Isolierung politisch stärkten, die dunklen Manöver der Truste vertuschten, den deutschen Nazismus priesen und Jahr für Jahr blökten, daß die einzige Gefahr für die Menschheit von den „Männern im Kreml“ ausginge. Botschafter Dodd führt den Lesern seines Tagebuchs auch einige dieser Pressegewaltigen und ihrer Werkzeuge vor, die sich abmühen mußten, den Faschismus für die westliche Welt stubenrein zu machen. Er nennt Mal für Mal Ivy Lee, der als Presseagent der Standard Oil und anderer Finanzgruppen Millionär geworden war und später vom Oltrust der Propagandaabteilung der IG Farben überlassen wurde, damit er gegen hohe Bezahlung Nazipropaganda betreibe. Dodd charakterisiert Lee (24. Juli 1934) als „einen geriebenen big-business-Propagandisten, der sich seit einem Jahr oder mehr bemüht, dem amerikanischen Publikum das Naziregime schmackhaft zu machen. Eine Untersuchung des Repräsentantenhauses, organisiert von 86

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Dickstein, enthüllte, daß Ivy Lee für diese Tätigkeit 33 000 Dollar das Jahr bekommen hatte.“

Dodd ist aber auch auf größeres Wild im Felde der Presse aus. Roosevelt -bittet ihn, die Beziehungen des mächtigen amerikanischen Hearst-Pressetrusts zu den nazistischen Spitzen zu untersuchen. Am 1. Februar 1935 notiert Dodd: „Ich erzählte ihm von Hearsts Besuch in Berlin im September vorigen Jahres und von dessen gemeldeter Übereinkunft mit Goebbels, wonach ‘das Propagandaministerium alle europäischen Hearstnachrichten gleichzeitig mit ihrer Verbreitung in den Vereinigten Staaten erhalten sollte ...“

Unter dem 15. März 1935 notiert Dodd ausführlich, wie sich einer der mächtigsten Zeitungskönige Amerikas zum Nazifreundgroßen Stils bekehren ließ: „1924 war Hearst ein heftiger Gegner der Mussolinidiktatur. Er schichte einen tüchtigen italienischen Korrespondenten nach Rom, der an Stelle des United-Preß-Vertreters arbeiten sollte, soweit es den Hearst-Dienst be­ traf — Als die ersten einer Reihe von Artikeln im New-Yorker Hauptbüro eintrafen, sandte Hearst einen anderen Mann nach Rom, der mit Mussolini ein Übereinkommen abschließen sollte, wonach ihm Hearst für alles, was er für die Hearstpresse diktieren würde, je Wort einen Dollar zahlen wollte. Es war weithin bekannt, daß eine Bank an der pazifischen Küste Hearst einige Millionen Dollar geliehen hatte und daß diese Bank mit Mussolini sympathisierte. Darnach erhoben alle Hearstzeitungen in den Vereinigten Staaten die italienische Diktatur in den Himmel, und Mussolini erhielt eine Menge Geld. Von 1924 bis jetzt hat Hearst die italienische Diktatur ge­ fördert und unterstützt. Im Sommer 1934 bereiste Hearst in Gesellschaft von Freunden in meh­ reren Automobilen Deutschland. Er verbrachte einige Wochen in Nauheim, und es wurde gesagt, daß er die Hitlerdiktatur entschieden ablehne. Das war kurz nach den Morden vom 30. Juni. Inzwischen erhielt er Besuch von Hanfstaengl und Rosenberg, und Anfang September flog Hearst nach Ber­ lin, wo er ein Gespräch mit Hitler führte, und kehrte mit sympathischer Einstellung daher zurück ...“

Unter dem 25. Juni 1935 macht Dodd weitere Aufzeichnungen über Hearsts pronazistische Aktivität; er erzählt von einer Be­ gegnung mit einem bekannten internationalen Journalisten: „Er sagte, er habe einen Brief gesehen, den Lord Rothermere vor vier Wochen von Hearst erhalten hätte und worin dieser einem deutsch-englisch-

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amerikanischen Bündnis das Wort redete. Ein solches Bündnis würde die Beherrschung der Welt durch diese drei Nationen möglich machen. Lord Rothermere soll in bezug auf dieses Projekt nicht allzu optimistisch ge­ wesen sein/* Ein richtiges kleines Meisterwerk zur Beleuchtung des Kampfes der „Ideen“ und der Dollars innerhalb der „freien Presse“ der demokratischen Länder, wo das Monopolkapital seine mächtigen Pressetruste geschaffen hat, um die Mentalität nach seinem Bilde zu formen! Nur schade, daß die dänischen Zeitungen nicht gleich­ zeitig mit dem Abdruck seiner Telegramme und Artikel über Mr. Hearst und die Methoden seines „Nachrichtendienstes “ berichten! So fing es vor 1933 auch in Deutschland an, als sich der Hugenbergkonzern und der nazistische Pressetrust, die von der IG Farben und den Millionen der Ruhrmagnaten finanziert wurden, daran machten, öffentliche Meinung zu „fabrizieren“! Ein Kapitel für sich ist die Einwirkung der Nazis auf große Teile der "Weltpresse mit Hilfe der Monopole. Ein einziges Beispiel wird genügen, die Methode zu zeigen. Der amerikanische Chemie­ ingenieur Howard Watson Ambruster berichtet in seinem Buch Treasoris Peace — Der Friede des Verrats —, wie die deutschen Chemiekonzerne durch Anzeigenaufträge Presse und Radio der Vereinigten Staaten beeinflußten. Die große Firma Sterling, die erst mit den deutschen Bayerwerken und später mit der IG Farben intim zusammenarbeitete, prahlte nicht zu Unrecht, „der größte Inserent der Welt“ zu sein. 1935 hatte Sterling auf Reklame für die deutschen Patentarzneien nicht we­ niger als 150 Millionen Dollar angewendet. 1940 wurden 6 Mil­ lionen ausgegeben, um im Radio besondere Bayeraspirin-Programme durchzuführen; 2 Millionen wurden für eine gleiche Reklame in Südamerika aufgewendet. Man kann sich die Gewinne des amerikanisch-deutschen Kartells vorstellen, wenn für alle For­ men der Reklame die Millionen so reichlich zur Verfügung standen. Aber was steckte hinter dieser phantastischen Sorge um die Ge­ sundheit der Menschen, die da aus der gewaltigen Reklame für Bayerpräparate sprach? Die Anzeigen waren eine politische Waffe 88

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der Nazis und ihrer Kartellpartner, um Hitlerdeutschland eine servile Presse zu verschaffen, die für das System Propaganda machte und alles unterdrückte, was dem Nazismus nicht in den Kram paßte. Einige Jahre vor Ausbruch des Krieges erhielt die Sterling Products von der obersten Leitung der IG Farben eine erweiternde Bedingung für die abzuschließenden Anzeigenverträge. Diese soll­ ten eine „gültige Klausel enthalten, daß der Vertrag mit augen­ blicklicher Wirkung aufgehoben sei, wenn sich die Haltung der Zeitung Deutschland gegenüber ändere“. Muß es nicht ein stolzes Gefühl von treu geleisteten Diensten im selbstlosen Kampf um die Pressefreiheit sein, womit viele große Zeitungen jetzt auf die gol­ denen Zeiten zurückblicken, als große Anzeigen über Arzneien und Gesundheit die Seiten der Blätter schmückten und ihre Kassen füllten? Das genannte Dokument wurde nach dem Kriege in den Ar­ chiven der IG-Farbenindustrie in Deutschland gefunden. Zusam­ men mit dem genannten Papier fanden sich auch die allgemeinen Anzeigendirektiven der IG-Farben-Magnaten an. Fritz Bauer er­ wähnt sie in seinem Buch Monopolernes diktatur — Die Diktatur der Monopole. In diesem interessanten Zirkular heißt es ganz ohne Umschweife: „Anzeigen in Zeitungen, die Deutschland feindlich gegenüberstchcn, sind unter allen Umständen zu vermeiden. Geschäftliche Gesichtspunkte und Reklamerücksichten haben hinter die wichtigeren politischen Gesichts­ punkte zurückzutreten.“

Vor diesem Hintergrund wird es einem deutlicher, inwiefern eine einzige Firma im Verlauf einiger weniger Jahre für Reklame­ zwecke 150 Millionen Dollar ausgeben konnte. Es hat seine Bedeu­ tung, wenn Fritz Thyssen erzählt, daß es die IG Farben übernom­ men hatte, einen wesentlichen Teil der Kosten für die Nazipro­ paganda im Ausland zu decken. Und wie unschuldig sieht so ein bescheidenes Inserat einer pharmazeutischen Firma doch aus! Aber deshalb braucht es das nicht zu sein. Es gibt viele, die unter einer bürgerlichen Demokratie verstehen, daß dort der eigentliche politische Kampf in die Wahllokale ver-

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legt worden sei, wo freie, aufgeklärte Bürger nach bestem Gewissen und reiflicher Überlegung ihre Stimmzettel niederlegen. In Wirklichkeit wird der Kampf auf einem etwas anderen Feld und mit nicht so ganz unschädlichen Methoden geführt. Von Seiten der kapitalistischen Monopole wird der Kampf nicht nur um Märkte, Preise und Profite geführt. Einen der wichtigsten Front­ abschnitte bedeutet das Bemühen, die Gehirne der Menschen zu for­ men, deren Anschauung und ihr Bewußtsein von den Ereignissen um sie herum. Lassen sie sich von den Phrasen lenken, von den großen Überschriften und der täglichen Ration Verleumdung in der von der Hochfinanz privilegierten Presse, dann sind sie für dieses Mal verloren. Sie sind zu einer Ware geworden, die jedesmal an­ scheinend gratis den Wahllokalen geliefert wird. Die wirtschaftliche Oligarchie, die Erzeugung einer öffentlichen Meinung durch die Pressetruste gehörten zu den stärksten Waffen bei der Vorbereitung und Ermöglichung des zweiten Weltkrieges. Die Geldmühle zermalmte den selbständig denkenden Menschen und machte aus ihm ein brauchbares Werkzeug zum Handwerk des Krieges. Es war ein Glied in der psychologischen Vorbereitung der Münchenpolitik in der westlichen Welt. o Wieviel haben unsre selbstbewußten bürgerlichen Demokraten von diesem fürchterlichen Mechanismus begriffen, der die Menschen entwaffnete, um dem grausamen totalen Krieg der Faschisten die Bahn zu öffnen?

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■ i •i V. DER ROTE FADEN IN DER MÜNCHENPOLITIK

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i 1. Westliche „Demokraten“ nehmen Hitler auf

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• Nach dem zweiten Weltkrieg haben Experten wie Dilettanten gewetteifert, eine Analyse und Charakteristik jener westeuropäi­ schen Schule der Weltpolitik zu liefern, die als Münchenrichtung in die Geschichte eingehen wird, jener Linie, die es Hitler ermög­ lichte, den zweiten Weltkrieg vorzubereiten und auf die Völker loszulassen. Die meisten Skribenten der bürgerlich-sozialdemokra­ tischen Schule strengen sich in der Regel aufs äußerste an, den Be­ griff Münchenpolitik einseitig, zu eng und deshalb unrichtig aus­ zulegen. Man bemüht sich, den Begriff einer künstlichen Begrenzung zu unterwerfen, um das Gesicht der bürgerlichen „westlichen Demo­ kratie“ zu retten. Man begnügt sich häufig damit, von den verderb­ lichen Versündigungen der Westmächte am Menschen und am Frie­ den während der Zwischenkriegsjahre als von Unterlassungssünden zu sprechen, die aus Abscheu vor dem Krieg einem allzu friedlichen und allzu guten Herzen entsprungen seien. Am allerliebsten möch­ ten die bürgerlichen Ideologen die Haltung der Westmächte in das Paradox fassen, daß sie es um des Friedens willen unterlassen hät­ ten, die Nazis an der Entfesselung des zweiten Weltkriegs zu hindern. Beklagenswerte Folgen, aber ehrenwerte Motive! Selbst ein ehrlicher Forscher wie Nicolai Blaedel, dänischer Verfasser eines Buches Forbrydelse og Dumhed — Verbrechen und Dumm­ heit; Kopenhagen 1946 — zieht es in vielen Fällen vor, die Hand­ lungen der westlichen Politiker unter den Idiotenparagraphen der Weltgeschichte einzuordnen. 91

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Um so weit zu gelangen, muß aber das Bild in wesentlichen Tei­ len retuschiert werden, so daß das Resultat eine objektive Geschichts­ fälschung wird. Die Münchenschule baute nämlich nicht auf der Annahme, daß der Krieg nicht kommen würde, sondern ging davon aus, daß er nach der Machtübernahme Hitlers aller Wahrschein­ lichkeit nach ziemlich unvermeidlich sei. Die westeuropäische Po­ litik zielte deshalb nicht so sehr darauf, Wege zu finden, die die Katastrophe verhindern konnten, sondern der bevorstehenden Aggression einen „normalen“ Verlauf zu geben — das heißt, ihn in eine solche Bahn zu lenken, daß er womöglich den politischen Absichtender ganzen westlichen kapitalistischen Welt förderlich sei. In der Auffassung, daß die eigentliche Absicht des Nazismus der Vorstoß auf das sozialistische Osteuropa war, liegt der Schlüssel zum Verständnis aller „Unterlassungssünden“ der westlichen Groß­ mächte. Ohne diesen Blickwinkel bleibt die Erkenntnis der Ver­ gangenheit schief und unrichtig. Man weigert sich sozusagen, die Lehre der Geschichte, wie Wiederholungen zu verhindern sind, an­ zunehmen. Vervollständigt man das Bild der Münchenpolitik mit dieser notwendigen Ergänzung, dann ist man genötigt, noch einige weitere bedeutungsvolle Züge zu betrachten. Die sogenannten westlichen Demokratien spielten den Kriegsvorbereitungen des Dritten Reiches gegenüber nicht nur eine passive Rolle. Auf einer Reihe von Ge­ bieten unterstützten sie sowohl ökonomisch wie politisch aktiv die Vorbereitungen zu der neuen Aggression, die sich am Horizont abzeichnete. Das gilt insonderheit für die wirtschaftlichen Herr­ scher der kapitalistischen Welt, für die großen Monopole, und es gilt auf entscheidenden Gebieten auch für die westlichen Regie­ rungen, die die politischen Exponenten der Politik des Monopol­ kapitals waren. Es ist verständlich, daß die „Ideologen“ des Westens diesem entscheidenden Zug der Münchenpolitik und dessen politischer Be­ deutung bewußt ausweichen, denn hier nähert man sich einer bedeu­ tungsvollen Seite im Wesen des modernen Monopolkapitalismus, wie er sich im politischen Gewände der bürgerlichen „Demokratie“

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entfaltet: daß er den Krieg als nützlich und zulässig anerkennt, sofern er seinen Angriff gegen sozialistische Länder richtet. Dann darf man sogar faschistische Angreifer unterstützen. Die Erkenntnis, daß diese Auffassung von den politischen Füh­ rern der westlichen Demokratien während der Zwischenkriegsjahre praktiziert wurde, ist um so unbehaglicher, als man darin unver­ kennbare Ähnlichkeiten mit einem der Hauptgrundsätze der zyni­ schen, ganz offiziellen nazistischen „Ideologie“ auf dem Gebiete der Außenpolitik erkennt. Es war einer der „Rechtsgelehrten“ des Dritten Reichs, Ernst Hermann Bockhoff, der folgende neue Aus­ legung des „Völkerrechts“ in Europa proklamierte: „Gegenüber der Sowjetunion ist der Begriff unrechtmäßige Intervention nicht möglich. Jeder Krieg gegen die Sowjetunion — von wem und mit welchem Ziel er auch geführt wird — ist legal**

Das Zitat stammt tatsächlich nicht von Winston Churchill. Der praktizierte es bloß, nach dem ersten wie auch — versuchsweise — nach dem zweiten Weltkrieg. Es ist ein deutscher Nazist, dem die „Ehre“ dieser phantastischen bürgerlichen Aufrichtigkeit gebührt, deren klarer Inhalt der „Moralsatz“ ist: „Dem siegreichen Sozialis­ mus gegenüber ist alles erlaubt!“ Auf diesem Grundsatz baute sich die Politik von München auf.

Als Hitler an die Macht kam, gab es niemand in Westeuropa, der daran zweifeln konnte, daß Deutschland seine aggressive alte Expansionspolitik in vollem Umfange wieder aufnehmen würde, aber augenscheinlich schreckte das die Führer der westlichen Groß­ mächte nicht. Schon in Hitlers erstem Jahr sind in der westeuropäi­ schen Politik drei Umstände zu verzeichnen, die Aufmerksamkeit verdienen. Das erste ist die Stellung zu den deutschen Rüstungen. Mitte März 1933 schlug der ehemalige britische Sozialdemokrat MacDonald, der an die Spitze einer britischen bürgerlichen Regierung getreten war, vor, daß Deutschland das Recht gegeben werden solle, sein stehendes Heer auf 200000 Mann zu verdoppeln; Polen sollte ein

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ebenso großes Heer haben — und Frankreich nicht mehr! Am 23. März begründete er diese Hilfeleistung für den Nazismus im Unterhaus mit den Worten: „Wir s*nü verpflichtet, Deutschland Gleichberechtigungj zu gewähren. Die Zeit ist vorbei, da eine Kombination von 1Mächten --------- ein europäisches Volk mit Hilfe von Verpflichtungen niederhalten kann, die es für mit seiner Selbstachtung und seiner Ehre unvereinbar hält.“ Die Nachbarstaaten Deutschlands sollten abrüsten, Deutschland sollte aufrüsten. Das war das Rezept von London — zwei Monate nach Hitlers Staatsstreich! Die nächste Hilfeleistung leistete Mussolini. Am 3. März legte er dem französischen Botschafter Henri de Jouvenel einen Vor­ schlag vor, wonach Frankreich, England, Italien und Deutschland einen europäischen Viermächteblock, ein westeuropäisches Direk­ torium bilden sollten; die Grundlage dieser Zusammenarbeit müsse eine Revision der Friedensvertragsbestimmungen über die deutsche Ostgrenze sein! Der französische Botschafter schloß sich dem Vorschlag wärm­ stens an, und am 18. März kamen MacDonald und sein Außen­ minister John Simon nach Rom, um die Einzelheiten und Möglich­ keiten des Vorschlags zu erörtern. Die nächste Karte spielten die Deutschen selber aus. Am 16. Juli 1933 legte Hitlers Wirtschaftsminister Hugenberg der Internatio­ nalen Wirtschaftskonferenz in London ein offizielles deutsches Memorandum vor, das deutsche Siedlungsgebiete im Osten forderte. Man stellte glattweg die Forderung, daß die Ukraine zu einer Ko­ lonie des Dritten Reichs gemacht werden sollte. Damit hatte der neue deutsche Imperialismus offen Farbe bekannt, man hatte schlau verkündet, daß das Angriffsziel die Sowjetunion sei. Es soll hier keine vollständige Übersicht über die unglückliche Geschichte der Zwischenkriegsjahre gegeben werden. Die Absicht ist, bloß einige der westeuropäischen Hauptströmungen hervor­ zuheben, die zu der Katastrophe führten. Den 16. März 1935 führte Hitler seinen ersten großen außen­ politischen Schlag. Er erklärte die Rüstungsbestimmungen des Ver94

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sailler Friedens Vertrages für aufgehoben, führte wieder die allge­ meine Wehrpflicht ein und proklamierte die Errichtung eines stehenden deutschen Heeres von 36 Divisionen mit einer Friedens­ stärke von 550 000 Mann. Die britische Regierung nahm diesen Vertragsbruch widerstandslos hin — und sandte am 25. und 26. März Außenminister John Simon und Anthony Eden nach Berlin, wo sie sich höchst aktuell daran machten, über den Umfang der deutschen w Flottenaufrüstung zu verhandeln. Hitler forderte das Recht auf eine deutsche Flotte in Stärke von 35 Prozent der britischen Flotte und bekam seinen .Willen. Am 18. Juni 1935 unterzeichnete von Ribbentrop in London das britisch-deutsche Flottenabkommen, das hinsichtlich der deutschen Rüstungen das Versailler System von neuem durchlöcherte. Deutschland hatte seine maritimen Rüstungen wie gewöhnlich damit begründet, daß es wegen der Russen die Ostsee beherrschen müßte. Dieses Argument schlug in London durch. Waren sich denn die westlichen Politiker nicht klar darüber, daß Deutschland den Krieg vorbereitete? Doch, zweifellos, aber sie erwarteten ja einen „akzeptablen Krieg“! Das leuchtet klar aus offenherzigen Äußerun­ gen hervor, die ein führender Geist der britischen Konservativen, Lord Philip Lothian, William E. Dodd, dem amerikanischen Bot­ schafter in Berlin, vorsetzte. Dieser verzeichnet am 6. Mai 1935 in sein Tagebuch einen Brief, den er von diesem britischen Diplo­ maten, der zu den Führern des sogenannten Cliveden-Kreises ge­ hörte, erhalten hatte:

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„Folglich glaubte er, der Völkerbund würde zu einer rein antinazistischen Kombination herabsinken, was Deutschland weiteren Grund böte, seiner eignen Linie der Machtpolitik zu folgen. Er gab deutlich zu verstehen, daß er lieber eine Koalition der Demokratien sähe, die Deutschland jeden Schritt in ihrer Richtung verstellte und die Entwicklung Deutschlands auf den Osten lenkte. Daß dieses zu einem Krieg zwischen Rußland und Deutsdiland führen könnte, scheint ihn nicht ernstlich zu beunruhigen. In der Tat, er scheint überzeugt zu sein, es würde eine gute Lösung der Schwierigkeiten bedeuten, die Deutschland durch den Vertrag von Versailles entstanden sind. Für ihn besteht das Problem der Demokratien darin, für Deutschland und Japan jene stärkere Stellung in der Weltpolitik zu finden, worauf sie —

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seiner Meinung nach — auf Grund ihrer Macht und Tradition ein Recht hätten. Er hofft, daß sich das ohne Opfer für das britische Imperium und mit so wenig Vernichtung menschlicher Freiheit wie möglich durchführen lasse.**

Die führende politische Gruppe Englands hat bereits eine klare Perspektive: keine Bemühungen, den Kriegsausbruch zu verhindern, sondern dafür sorgen, daß sich die bevorstehende deutsche Aggression auf den Osten richtet, gegen das sozialistische Rußland!

Eine gemeinsame russisch-französische Initiative schien für kurze Zeit die britische Kapitulations- und Ermunterungspolitik Hitler gegenüber zu durchkreuzen. Nadi Hitlers Machtübernahme hatte die Sowjetunion ihre Kräfte darauf konzentriert, eine europäische Konstellation herbeizuführen, die stark genug wäre, einen deut­ schen Angriffskrieg zu verhindern. Die Sowjetunion hatte ihre prinzipiellen Bedenken aufgegeben und war 1934 in den Völker­ bund eingetreten, um für die Lösung dieser Aufgabe Kontakt mit den Westmächten herzustellen. Unter diesem Gesichtspunkt ver­ kündete Litwinow die sozialistische Losung, daß der Friede unteil­ bar sei. Und seine Reden weckten in breiten Schichten Westeuropas Widerhall. Einen letzten konstruktiven Versuch unternahm in Frankreich der einundsiebzigjährige bürgerliche französische Außenminister Barthou, der als letzter vor dem zweiten Weltkrieg sich bemühte, eine nationale Sicherheitspolitik zu führen anstatt einer kosmo­ politischen, kapitalistischen Außenpolitik, die den Kampf gegen den Sozialismus über die nationalen Interessen des Landes setzte. Barthous Leitgedanke war, durch eine festgezimmerte französisch­ russische Koalition, die den Anschluß Polens und der Kleinen En­ tente (Jugoslawien, Rumänien und Tschechoslowakei) vorsah, einen deutschen Angriff abzuwürgen. In seiner Programmrede in der Kammer proklamierte Barthou am 25. Mai 1934 ohne Um­ schweife: „Die französische Politik erstrebt eine aufrichtige Annäherung an Ruß­ land .. .**

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Dieser Linie gegenüber sprang Polen ab. Die landschweren pol­ nischen Magnaten zogen aus engem Klassenegoismus einen Nicht­ angriffspakt mit Hitler vor (26. Januar 1934). Ein führender pol­ nischer Feudalpolitiker, der Fürst Sapieha, formulierte bereits im September 1933 Polens Beweggründe für eine Annäherung an Hitler: „Wir stehen vor der Frage, ob wir ein Vorposten des Europas sein wollen, das sich nach Osten ausdehnt, oder ob wir eine Barriere sein werden, die den Osten vor der europäischen Expansion beschützt. Meine Herren, die Geschichte würde diese Barriere sprengen, und wir würden das Schlachtfeld sein, auf dem der Kampf zwischen Osten und Westen ausgetragen wird. Deshalb sollten wir Europas Vorposten sein und sollte unsre außenpolitische Aufgabe darin bestehen, diese Rolle vorzubereiten und alles für die euro­ päische Solidarität und die europäische Expansion zu tun ...“

Es war dieser polnische Oberklassenegoismus, der sich in den Zwischenkriegsjahren durchsetzte und Polen in die nationale Kata­ strophe führte. Der kosmopolitische, volksfeindliche Schacher mit den Sicherheitsinteressen der Nation und des Volkes in Reinkultur! Auf anderen Gebieten war Barthous Tätigkeit glücklicher. Seine Bemühungen führten nach seinem Tode zu dem französisch-russi- / sehen Bündnis vom 2. Mai 1935 und dem tschechoslowakisch-russi­ schen Bündnis vom 16. Mai 1935. Er war drauf und dran, auch Jugoslawien und Rumänien für seine antinazistische Sammlungs­ politik zu gewinnen, aber die beiden Diktatoren Europas erkannten die Gefahr, die ihren aggressiven Zukunftsplänen drohte. Am 6. Oktober 1934 ermordeten in Marseille eine Verschwörerbande von kroatischen und makedonischen Terroristen Barthou und den jugoslawischen König Alexander. An Barthous Stelle trat Pierre Laval. Seine Ziele waren andere: er unterzeichnete den Vertrag, den sein Vorgänger ausgearbeitet hatte, in der einzigen Absicht, ihn als Schacherobjekt in einem großen politischen Kuhhandel mit Adolf Hitler und Mussolini an­ zuwenden. Damit trat die französische Politik in die Fußtapfen der Cliveden-Clique. Der Geist der Treulosigkeit, der Orientierung auf Deutschland und der Kriegsbrandstiftung beherrscht von Anfang an die Außen7 Moltke, Krämer des Krieges

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politik Lavals. Eine seiner ersten Handlungen war die Intrige mit Mussolini, indem er durch das Abkommen vom 7. Januar 1935 Italien freie Hand gab, Abessinien anzugreifen und zu erobern. Nadi außen hin scheint er sich zu bemühen, die Politik Frankreichs, Eng­ lands und Italiens zu koordinieren, um Deutschland im Zaum zu halten. Hinter der Fassade gehen seine Bestrebungen darauf aus, Deutschland einem westlichen Viermächteblock einzufügen. In die­ sem frevelhaften Spiel ist der Vertrag mit Rußland nur ein Mittel, Hitler gefügig und zur Zusammenarbeit willig zu machen.

Am 2. Mai 1935 war der französisch-russische Vertrag unter­ zeichnet worden; aber schon am 18. Mai, beim Begräbnis Pilsudskis, suchte Laval mit den Deutschen in Kontakt zu kommen. Am lieb■ sten hätte er das Rußlandbündnis zusammen mit dem polnischen Staatschef begraben. In seinem Tagebuch erzählt Dodd von den ständigen Annäherungsversuchen Lavals an Berlin unter dem 22. Mai 1935; er hatte an diesem Tag den Besuch des französischen

Diplomaten Armand Berard empfangen.

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„Er sagte: Laval, unser Außenminister, möchte hierherkommen und mit Hitler sprechen. Mein Botschafter fährt deshalb heute Abend nach Paris, um das zu verhindern, wenn es möglich ist. Wir glauben nicht, daß eine Verständigung mit Hitler erreicht werden kann." Aber Laval war bei seinen Bemühungen unermüdlich. Fortgesetzt reisen neue geheime Unterhändler nach Berlin. Am 7. November desselben Jahres 1935 notiert Dodd wiederum: „... obgleich seit ein oder zwei Wochen überall davon gesprochen wird, daß er [Ribbentrop] mit geheimen Unterhändlern Lavals, des französischen Außenministers, Verhandlungen führt. M. Francois-Poncet sagte zu mir: ,Es sind Verhandlungen im Gange, aber ich weiß nicht, was dahinter stecht. Jedenfalls ist in absehbarer Zeit nichts zu erwarten/ Ich vermute etwas zwischen Frankreich, England und Deutschland, sobald Mussolini zur Ver­ nunft gebracht worden ist."

Der Plan der München-Konstellation war ebenso alt wie die Hitlerdiktatur selber. Die Bemühungen, sie von der französisch­ britischen Seite aus zu realisieren, war das große, verzwickte welt­ politische Schachspiel der dreißiger Jahre. In der Person Lavals hat

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man den vorläufigen Tiefpunkt in der Politik der westlichen „De­ mokratien“ vor sich. Er unterzeichnet zynisch einen Vertrag mit der Sowjetunion und verfolgt dabei das Ziel, im nächsten Augenblick für den bestmöglichen Preis dem neuen Allierten Frankreichs den Dolch in den Rücken zu stoßen.

Mussolini und Hitler holten sich in diesem doppelzüngigen Spiel sämtliche Stiche. Während des Abessinienkrieges bestand niemals die Absicht, durch die „Sanktionen“ Mussolini zu stürzen. Es be­ stand niemals die Absicht, der Aggression Hitlers wirkliche Hinder­ nisse in den Weg zu legen. Die Expansion Deutschlands sollte nur kontrolliert“, bewußt auf den Osten gelenkt werden. Hitler kannte die Regeln dieses Spiels wie das kleine Einmaleins und wußte, daß er im Grunde freie Hand hatte. Den 7. März 1936 tat er seinen nächsten Zug. Der Abessinienkrieg hatte Italien zu den übrigen Westmächten in Gegensatz gebracht. Das wurde zu der großen An­ näherung an Mussolini ausgenutzt — und zu dem Einmarsch ins Rheinland: entgegen dem Versailler Vertrag und dem Locarnopakt. Ein französisches Bataillon hätte diesen neuen Bruch internatio­ naler Verträge durch Deutschland in einigen Stunden liquidieren können. Der deutsche Oberstkommandierende, General Blomberg, erzählte später über die Lage, als Hitler den Befehl zum Einmarsch gab: „Wir waren in der Lage eines Spielers, der alles auf eine Karte setzt. Das deutsche Heer befand sich zu dieser Zeit auf seinem Tiefpunkt und war keine organisierte Macht mehr, denn die 100 000 Rcichswehrsoldaten waren auf zahlreiche kleine Abteilungen zerstreut, wo sie als Instrukteure fun­ gierten. Das Heer war sehr schwach und konnte auf Unterstützung aus der Luft nicht rechnen. Die einzigen Maschinen, die Bomben zu tragen ver­ mochten, waren die Junkers 52,‘ aber die flogen nur mit außerordentlich geringer Geschwindigkeit...“

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Über die Verhandlungen vor dem Einmarsch erzählt Blomberg weiter: „Ich war entsetzt, denn es war mir klar, daß Frankreich die Wieder­ besetzung des Rheinlandes nicht dulden, sondern zu militärischen Maß­ nahmen greifen würde. Raeder und Göring teilten meine bangen Ahnun­ gen ... Aber der Führer versicherte uns, daß Frankreich nidit marschieren 7’

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würde. ,Außerdem*, fügte der Führer hinzu, »wenn Ihre Erwartungen be­ rechtigt sind und die Lage wirklich gefährlich wird, werde ich die Sache ganz einfach fallen lassen und über den Rhein zurückgehen .. .* Es wurde beschlossen, daß jedwede französische Reaktion die sofortige Zurückziehung der schwachen Abteilungen bedeuten solle, die zu diesem Spiel auf dem westlichen Rheinufer angewendet würden. Wir fragten den Führer, was unter einer »französischen Reaktion* zu verstehen sei. Er er­ klärte, daß darunter jede militärische Operation zu verstehen sei, die unter Grenzüberschreitung durchgeführt werde, gleichgültig, welchen Umfang eine solche Operation annähme. Und Hitler fügte hinzu, daß noch so scharfe diplomatische Proteste ihn nicht veranlassen würden, einen einzigen Schritt zurückzugehen.**

Hitlers angebliche „Genialität“ in der Einsdiätzung der Reak­ tionen seiner Gegner hatte nichts Übernatürliches an sich. Er wußte über die Stimmungen in Frankreich und England genau Bescheid — durch geheime Verbindungen mit den herrschenden Schichten dieser Länder. England lehnte es glattweg ab, ah Repressalien teil­ zunehmen, und Lavals ebenso reaktionärer Nachfolger Flandin be­ mühte sich ebenfalls, die Dinge zu glätten. Die französisdien Gene­ räle, die eine reaktionäre Aussöhnung mit Deutschland anstrebten, füllten die Zeitungen mit Schreckensberichten über die deutsche. „Übermacht“. Mit sicherem Instinkt richtete die ganze reaktionäre Presse ihr schweres Geschütz gegen den Vertrag mit Rußland als der eigent­ lichen Ursache der entstandenen Situation. Im Figaro suchte General Fliesset zu „beweisen“, daß man unmöglich eine russische Hilfe erwarten dürfe. L’ami du Peuple brachte eine gewaltige Schlagzeile: „Wir kämpfen nicht für Moskau“, und im Ulntransigeant schrieb der Journalist ]ean Thouvenin, daß sich Frankreich mit den vollendeten Tatsachen ab finden müsse, „um Deutschland zu einer Aktion gegen den Osten freie Hand zu verschaffen“. Das Monopolkapital und die Herrscher Frankreichs, die „zwei­ hundert Familien“, verkauften Frankreichs Zukunft und Sicher­ heit, um ihre antibolschewistischen Absichten zu befriedigen.

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2. Ein amerikanischer Münchenpolitiker intrigiert Man darf nicht glauben, daß Hitlers phantastische Triumphe in diesen entscheidenden Jahren allein das Werk reaktionärer euro­ päischer Politiker gewesen seien. So einfach war das nicht. Auch im amerikanischen Außendienst gab es auf führenden Stellungen im In- und Ausland Persönlichkeiten, die ihren unheilvollen Beitrag zum Verlauf der Entwicklung leisteten. Das waren die Exponenten der amerikanischen Monopole und der Männer hinter den Mil­ liardenanleihen für die deutsche Wiederaufrüstung. Der eine von ihnen war einer der führenden amerikanischen Diplomaten in Europa, William C. Bullitt, ein anderer Unterstaatssekretär im Außenministerium in Washington, Sumner Welles. Bullitt hatte seine diplomatische Laufbahn unter Roosevelt als Botschafter in Moskau begonnen, wo er die zweifelhafte Aufgabe übernommen hatte, 200 Millionen Dollar einzutreiben, die die USA seinerzeit der Zarenregierung geliehen hatte. Der Versuch miß­ glückte, und wenn er bis dahin als „russenfreundlich“ aufgetreten war, so schwenkte er nun rasch um und wurde ein weißglühender Antikommunist, der mit voller Energie für den „Kreuzzug gegen den Bolschewismus“ in die Bresche stieg. Botschafter Dodd be­ schäftigt sich in seinem Tagebuch ausführlich mit Bullitts Einstel­ lung und seinen Manövern. Unter dem 25. November 1935 ver­ merkt er einen Besuch, den Bullitt der Botschaft in Berlin abstattete: „Seine Bemerkungen über Rußland standen in direktem Gegensatz zu der Haltung, die er bei seiner Durchreise letzten September bewies. Damals war er in jeder Hinsicht enthusiastisch. Aber Bullitt ist der Erbe eines großen Vermögens und trug großzügig zu der Rooseveltkampagne von 1932 bei. Mein Beitrag war 25 Dollar. Eines, was mich überraschte, war seine Mitteilung, daß Präsident Roose­ velt ihn im Herbst, als er Moskau verließ, gebeten hat, China zu besuchen und über Pläne und Tätigkeit der Japaner im Fernen Osten zu berichten. Er erklärt jetzt, daß China harten,, entschlossenen Widerstand leisten wird, wenn Japan versuchen sollte, die Herrschaft über Nordchina zu erringen ... Bullitt sagte, Rußland hätte kein Recht, die Halbinsel halten zu wollen, die bei Wladiwostok in das Japanische Meer vorstößt: ,Das wird alles bald von den Japanern besetzt werden/ Ich sagte: ,Sie sind also damit einver-

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standen, daß Rußland mit seinen 160 Millionen Menschen der Zugang zum Stillen Ozean versagt und es von der Ostsee ausgeschlossen wird, wenn die Deutschen ihren Willen bekommen?' Er sagte: ,Ah, das macht keinen Unter­ schied'. Aber ich konnte es nicht unterlassen hinzuzufügen: »Sie wissen, daß solche Behandlung Rußlands in den letzten zweihundert Jahren Ur­ sache zu vielen Kriegen gewesen ist/ Er antwortete bloß: »Irland versperrt England auch das Meer*... Der Präsident muß die Mentalität dieses Mannes kennen, aber wie hat er ihn dann als Botschafter nach Sowjetrußland schicken können?“ Später kommt Dodd in seinem Tagebuch auf die Rolle Bullitts

bei diesem Berlin-Besuch zurück. Er schreibt: „Auf seiner Durchreise durch Berlin ... 1935 erklärte er mir, daß er überzeugt sei, Japan würde innerhalb von sechs Monaten das östliche Ruß­ land angreifen und daß er erwarte, Japan würde sicht das gesamte fernöst­ liche Gebiet Rußlands einvcrleiben. Beim Lunch auf der französischen Bot­ schaft wiederholte er seine feindseligen Äußerungen und debattierte mit den Franzosen lange gegen den französisch-russischen Friedenspakt, der damals gerade verhandelt wurde und den der britische Botschafter mir gegenüber als die bestmögliche Friedensgarantie für Europa bezeichnet hatte. Dieses Auftreten Mr. Bullitts schien mir außerhalb seiner Befugnisse zu liegen, da Frankreich und England glauben konnten, daß der Präsident aus ihm spräche. Ich fühlte mich verpflichtet, die Geschichte so, wie sie mir der fran­ zösische Botschafter erzählt hatte, zu berichten. Als später — oder um dieselbe Zeit — der neue italienische Botschafter unmittelbar aus Moskau hierher kam, wurde uns gesagt, daß sich Bullitt schon vor seiner Abreise aus Moskau dem Faschismus zugeneigt habe.“

Über diese Versuche, sich in die französische Politik einzumischen,

notiert Botschafter Dodd auch unter dem 22. Dezember 1935 In­ formationen in sein Tagebuch, die er von dem französischen Bot­

schafter Marriner in Warschau erhielt:

„Marriner teilte mit, daß Bullitts Berliner Gespräch vom 1. Dezember am selben Tag nach Paris telegrafiert worden sei und daß Frau Herriot das Telegramm gelesen hatte, als Bullitt um den 3. Dezember herum in Paris eintraf. Was Bullitt hier sagte, erstaunte mich in Anbetracht seiner früheren Auffassungen. Als Frau Herriot Marriner erzählte, daß Bullitt sich gegen Rußland und für Japan ausgesprochen habe, war er verblüfft. . . Ich habe den Verdacht, daß Bullitts Aussprüche nach Washington telegrafiert worden sind, ehe er. noch in Paris eintraf.“ In William C. Bullitt hatten der Intrigant Laval und die Na-

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zisten genau den amerikanischen Mitspieler erhalten, den sie brauch­ ten. Am 12. Februar 1936 stattete Bullitt wiederum der Berliner Botschaft einen Besuch ab. Diesmal hat er bereits die Finger darnach ausgestreckt, Roosevelts persönlicher Sekretär zu werden und im bevorstehenden Wahlkampf des Präsidenten eine führende Rolle zu spielen: „Heute vormittag verurteilte er, scharf mißbilligend, die Zusammen’ arbeit von England, Frankreich und den Balkanstaaten, die Rußland zu einer gemäßigteren Politik zu führen und in Europa Frieden zu bewahren geeignet wäre. Er sagte, Deutschland würde Österreich und die Tschecho­ slowakei binnen vierzehn Tagen erobern und rasch ganz Europa unter seine Herrschaft bringen. Ich fragte: »Glauben Sie, daß das für die Vereinigten Staaten und für England gut wäre?* Er gäbe nicht einen Fatz für England, und er erzählte, daß Lord Lothian und Lloyd George gegen die englisch-französisch-russische Zusammenarbeit mit der Balkanentente wären. Er fügte hinzu, Lothian wolle lieber Deutschland seinen Triumphmarsch bis zur Beherrschung Europas vollenden lassen, als durch sein Land Deutschland Beschränkungen unterwerfen ... Dann sagte Bullitt, er habe schon vor seiner Reise letzten Dezember nach Washington gewußt, daß England Rußland eine große Anleihe verweigert habe. Es wird behauptet, daß Bullitt, als er erfuhr, Frankreich sei drauf und dran, seinem alten russischen Verbündeten von 1914 eine Milliarde Francs zu leihen, sich zu einer Person an entscheidender Stelle in der französischen Regierung begeben und sie überzeugt habe, daß Rußland die Anleihe nie zurückzahlen würde. Auf die Weise brachte er die französisch-russischen Verhandlungen zum Scheitern ... es kam mir seltsam vor, daß ein ameri­ kanischer Botschafter in Rußland französisch-russische Verhandlungen zu durchkreuzen suchte/*

Es ist typisch, daß Bullitt nach diesen Verdiensten dennoch im September 1936 zum Botschafter Roosevelts in Paris ernannt wurde und später zum Leiter des diplomatischen Korps der USA in Eu­ ropa. Von Mr. Bullitts Tätigkeit auf diesem neuen Posten hört man bald allerhand in der Berliner Botschaft, wo William Dodd gemäß seinen Fähigkeiten eine zielbewußte antinazistische Politik betrieben hatte. Am 13. Dezember 1936 notiert Dodd: „Im September wurde Mr. Bullitt zum Botschafter in Paris ernannt. Er hat dort gut angefangen, aber es wird erzählt, daß er ein Reaktionär sei. Der Artikel in der Washingtoner Zeitung behauptet, daß er mit den Auf-

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Fassungen des Nazismus voll sympathisiere. Das ist schwer zu glauben. Aber gestern besuchte mich Monsieur Marcel Knecht, Herausgeber und Eigen­ tümer des Le Matin in Paris, und erzählte, daß Bullitt ein Bündnis zwischen Frankreich und Deutschland anstrebe und ihn aufgefordert habe, mich auf­ zusuchen und mich zu bitten, daß ich dem Präsidenten empfehlen möchte, dabei behilflich zu sein. Knecht machte mir den Eindruck, ein fähiger, aber sehr konservativer Mensch zu sein, vielleicht ein Faschist in Frankreich. Kurze Zeit, nachdem mich Knecht verlassen hatte, kam ein Telegramm von Bullitt, worin er mich beschwor, Knecht zu empfangen und mit ihm zu sprechen. Bedeutet das, daß sich die Vereinigten Staaten einmischen, oder handelt Bullitt wie 1935 ohne offizielle Instruktionen?“

Herr Bullitt war auch einer von denen, die die amerikanischen Banken zu fortgesetzt neuen Krediten und Anleihen an die faschi­ stischen Länder ermutigten. Darüber notiert Dodd am 27. Januar 1937 in sein Tagebuch: „Ich habe kürzlich Mitteilungen erhalten, daß amerikanische Banken neue große Kredite und Anleihen an Italien und Deutschland planen, deren Kriegsapparat schon so groß ist, daß es den Weltfrieden bedroht. Ich habe sogar gehört, daß Mr. Bullitt diese Pläne begünstige, aber das scheint mir unglaubhaft.“

Bullitt ist auch heute kein toter Mann in der amerikanischen Politik. Nach dem Tode Roosevelts ist er in mehreren Fällen als persönlicher Ratgeber des Präsidenten Truman aufgetreten; er ist als Sachverständiger für die deutsche Westzone und für das China Tschiang Kai Scheks herangezogen worden und hat als Verbin­ dungsmann des amerikanischen Außenministeriums zu General de Gaulles neofaschistischer Bewegung in Frankreich gedient. Der andere amerikanische Helfer der Münchenpolitiker in den Jahren vor dem zweiten Weltkrieg war ebenfalls ein reicher Mann, der Unterstaatssekretär Sumner Welles im Außenministerium zu Washington. Auch er wirkte eine Zeitlang aktiv für den „west­ europäischen Zusammenschluß“ von Faschisten und bürgerlichen „Demokraten“. Er ist ein sprechendes Beispiel für die „Schwächen“, die der Rooseveltregierung das Gepräge gaben. Am 30. Juni 1937 schreibt Dodd über Welles: „Heute hörte ich von einem Freund peinliche Dinge über den neuen Unterstaatssekretär Sumner Welles. Wie mir die Geschichte mitgeteilt wird,

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haben sechs Senatoren seine Ernennung dadurch erzwungen, daß sie drohten» still und leise gegen Roosevelts Reform des Obersten Gerichtshofs zu stim­ men, wenn er Welles den Posten nicht gäbe. Zu Beginn des Rooseveltregimes ist er Gesandter in Cuba gewesen. Sein Auftreten war dort sehr unsympathisch, habe ich gehört. Er besitzt eines der größten Häuser in Washington, mit fünfzehn Dienst­ boten, und ein zweites Haus, für den Sommer, in Maryland. Er ist stolz darauf, daß er doppelt soviel Geld ausgibt wie Außenminister Hüll, und gibt Gesellschaften, mit denen keine der Botschafter in Washington je ver­ glichen werden können. Ich war ein wenig überrascht, vor einem oder zwei Tagen in den Zeitungen zu lesen, daß Roosevelt den Sonntag bei Welles in dessen Haus in Maryland verbracht habe. Politik ist ein merkwürdiges Spiel, selbst mit einem so ehrlichen Menschen wie Roosevelt.“

Es war Sumner Welles, der Leute wie Bullitt protegierte; er war es, der die Blockpolitik der westeuropäischen Regierungen mit Hitler, den er als „ein Bollwerk gegen Rußland“ betrachtete, unter­ stützte, und er war es, der Ende 1937 Dodd von seinem Botschafter­ posten in Berlin abberief, weil dieser einer der eifrigsten ameri­ kanischen Anwälte einer antifaschistischen Allianz zwischen Ruß­ land und den Westmächten war. Auch die Vereinigten Staaten hatten ihre Münchenpolitiker — und sogar auf hervorragenden Posten. Wallstreet arbeitete nicht nur mit ihren Millionen!

3. Der Auftakt zum Viermächtepakt

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Die letzte Hälfte des Jahres 1936 und das ganze Jahr 1937 stehen im Zeichen des spanischen Bürgerkrieges. Der Aufstand Fran­ cos, der von den Diktatoren Deutschlands und Italiens gemeinsam organisiert worden war, ist bereits die „Generalprobe“ des zweiten Weltkriegs. Als die Diktatoren zur offenen Intervention greifen, um Spanien zu einem Diktatorenstaat zu machen und dadurch die Einkreisung Frankreichs zu vollenden, stellen sich die westlichen Demokratien formell auf den Standpunkt der Nichteinmischung, während sie faktisch zu einer Blockade der rechtmäßigen spanisdien Regierung schreiten. Man kommt der Forderung Hitlers entgegen

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und bemüht sieb, eine demokratische Regierung mit Tendenz zur Entwicklung in sozialistischer Richtung zu strangulieren. Dieser verbrecherische Kurs wird durchgeführt, obgleich in Frankreich seit den Aprilwahlen 1936 anscheinend eine radikale Kursänderung stattgefunden hat. Aus dem großen Wahlsieg der Volksfront resultierte die Bildung der sozialdemokratisch-radikalen Koalitionsregierung Leon Blums, die sich auf alle drei Linksparteien stützte. Hier sollte die sozialdemokratische Politik ihre Probe be­ stehen: würde sie sich als ein Faktor erweisen, der die faschistische Aggression in Europa eindämmte oder als einer, der sie förderte? Bedeutete diese politische Wachablösung, daß der bisherigen Kapi­ tulationspolitik Frankreichs Hitlerdeutschland gegenüber ein Ende gemacht worden war?

Seit dem Kriege liegen eine ganze Menge Dokumente vor, die den wahren Inhalt der Politik Blums deutlich zeigen und beweisen, daß er und seine Minister halfen, die spanische Republik langsam zu erdrosseln, indem sic den notwendigen Zufuhren für das repu­ blikanische Heer die Grenzen sperrten — während Mussolini ganze Divisionen, Hitler seine Flugzeuggeschwader, seine Waffen und seine militärischen Instrukteure schickte, um die Diktatur Francos zu erzwingen. Auf entscheidenden Gebieten wurde Blums Außen­ politik eine getreue Kopie der Intrigen Lavals in Kombination mit Flandins offener Kapitulation, als die Hitlertruppen ins Rheinland einrückten. Die bürgerliche „Demokratie“ glänzte noch einmal in der Rolle des „hypnotisierten Kaninchens“, was der weiteren faschi­ stischen Aggression in Europa den Weg öffnete. Leon Blum und sein Außenminister Delbos waren es, die am 1. August 1936 die Initiative ergriffen und als gemeinsame Platt­ form der Großmächte dem Aufstand in Spanien gegenüber die be­ rüchtigte „Nichteinmischungspolitik“ vorschlugen — obgleich man auf französischer Seite nicht einen Augenblick daran gedacht hatte, gegenüber der ununterbrochenen bewaffneten Einmischung der bei­ den Achsenmächte in die innere Politik Spaniens einzugreifen. Mit Recht faßten Hitler und Mussolini diese Abmachungen als eine Zu106

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sage auf, daß England und Frankreich alles tolerieren würden, wie sehr auch die Russen protestierten. Diese Politik hatte indes einen tieferen Hintergrund: das Frank­ reich Blums hoffte, sich mit der Auslieferung des demokratischen Spaniens eine dauernde „Aussöhnung“ mit Hitlerdeutschland zu sichern. Für diesen Preis war die französische Regierung bereit, so­ gar die künftige Sicherheit an der Pyrenäengrenze zu opfern. Aus einem Bericht, den der deutsche Botschafter in Paris, Graf Welczeck, am 26. Dezember 1936 dem Außenministerium in Berlin einsandte, wissen wir jetzt, daß der französische Außenminister Delbos im Dezember jenes Jahres zweimal mit der deutschen Bot­ schaft Verbindung aufnahm, um die Möglichkeiten einer dauern­ den französisch-deutschen Verständigung zu erörtern. Der Preis, den man anbot, war — abgesehen von dem Verrat an den spani­ schen Republikanern — die Aufgabe des Bündnisvertrages mit Rußland. Bei der Begegnung Delbos mit Welczeck am 24. Dezem­ ber ließ das der französische Außenminister deutlich durchschim­ mern. In dem Bericht heißt es, „... daß im Falle einer deutsch-französischen Annäherung der frankorussische Vertrag allmählich auf das Wertniveau des Vertrages von Rapallo herabsinken dürfte. Diesen Ausdrude gebrauchte Delbos bei unserer letzten Unterredung.“

Wenn man in Betracht zieht, daß der in dem Bericht erwähnte Rapallo-Vertrag jenes Freundschaftsabkommen ist, das der deut­ sche Außenminister Rathenau 1922 mit der Sowjetregierung ab­ schloß, darf wohl gesagt werden, daß Blum und Delbos von dem ehrlichsten Willen beseelt waren, ihren russischen Alliierten im Stich zu lassen. In dem Bericht Welczecks wird deutlich dargestellt, daß bei diesen Verhandlungen die Regierung Blum unter anderem auch bereit war, Hitler die ehemaligen deutschen Kolonien zurückzugeben, um nur eine Zusammenarbeit herzustellen. Dieses Angebot wird auch von dem amerikanischen Botschafter in Berlin bekräftigt. Dodd ver­ merkt unter dem 29. Dezember 1936 in seinem Tagebuch ein Gesprädi mit Reichsbankpräsident Schacht:

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„Er [Schacht] sagte: „..das einzige Hindernis für eine wirkliche Rege­ lung ist die Weigerung Englands, uns — bis jetzt — unsere Kolonien zu­ rückzugeben. Frankreich ist jederzeit bereit, unsere Kolonien zurückzugeben. Das wurde mir versichert, als ich im August als Vertreter des Führers in Paris war/ Er sagte weiter, daß die deutschen Vorkriegskolonien nicht genug seien, und kam ein drittes Mal darauf zurück: ,Wir brauchen auch Neu-Guinea... Holland wird einverstanden sein, uns sein Teil abzugeben. Warum sollte England nicht einverstanden sein?*“

Im übrigen bekräftigte Schacht diese Darstellung auch gegenüber dem amerikanischen Botschafter in Moskau, Davies, als dieser im Januar 1937 in Berlin zu Besuch weilte. Darüber erzählt Dodd: „Indes, die erste deutsche Bedingung, bevor eine solche Übereinkunft diskutiert oder erzielt werden könnte, ist, daß Deutschland Kolonien er­ hält, Zugang zu Rohstoffen und Gebiete, die für Ansiedlung und Einwan­ derung geeignet sind. Nach Gesprächen, die Schacht mit Premierminister L6on Blum geführt hat, ist er überzeugt, daß die französische Nation wenigstens im Prinzip dafür ist. Jedoch sagte er [Schacht], der französische Premierminister sei glatt zurückgewiesen worden, als er das englische Außen­ ministerium deshalb anging.“

Man sieht hier also, daß Blums und Delbos’ Vorschlag der Nicht­ einmischung in Spanien Teil eines weit umfassenderen Plans des Rückzugs vor Hitler auf der ganzen Linie war. Einmal meinte der „Sozialist“ Leon Blum wohl, daß die Nazis mit ihren Rassetheo­ rien besonders geeignet seien, die Kolonialsklaven auszusaugen und zu vernichten. Anderseits lockte er bereits damit, das Abkommen mit der Sowjetunion fahren zu lassen und Osteuropa der Willkür des deutschen Diktators auszuliefern. Diese diensteifrigen franzö­ sischen Politiker der Münchenschule dürfen nicht übersehen werden. Deren „Antifaschismus“ war von ziemlich sonderbarer Art. Nicht ohne Grund schrieb der deutsche Nazigesandte in seinem Bericht voller Verachtung über die kriecherischen Annäherungen Blums: „Heute ist die Situation umgekehrt, nicht der Führer bietet die Hand zur Verständigung, sondern die Franzosen bieten sie uns, der Geschlagene bietet sie dem, der geschlagen hat... Bemerkenswert ist die Tatsache, daß das Verständigungsangebot von einem Volksfrontkabinett und einem jüdi-

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sehen Ministerpräsidenten kommt, der von der Linken deswegen auf das Schärfste angegriffen wird... die Blum und Delbos wegen ihrer Demarche stürzen möchten. Da es in unserem Interesse liegt, diese beiden einsichtigen und integeren Männer am Ruder zu erhalten.. .“

Jawohl, so wurde der Antifaschismus Leon Blums in den dreißiger Jahren, während des Spanienkrieges, von einem führenden deut­ schen Nazisten aufgefaßt!

1937 steht die britische Politik ungeteilt im Zeichen einer Orien­ tierung auf Deutschland. Im Mai übernimmt Neville Chamberlain formell die Führung der konservativen Regierung. Damit ist der Cliveden-Kreis ans Ruder gekommen, und der Kurs wird eine be­ wußte Ermunterung Hitlers zu seinen Expansionsabsichten. Schon am 3. Mai traf der am meisten deutschfreundliche konservative Poli­ tiker Englands, Lord Lothian, in Berlin ein, um geheime Verhand­ lungen zu führen. Botschafter Dodd notiert am 6. Mai über eine Zusammenkunft mit Lothian in sein Tagebuch: „Ich konnte mir nicht klar werden, in welche der europäischen Fronten er eigentlich gehörte. Aber er kam mir faschistischer vor als irgendein anderer Engländer, dem ich begegnet bin. Die kürzliche englische Kritik an Italien und besonders Deutschland wegen ihrer Barbareien in Spanien ärgerte ihn/'

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Ungefähr gleichzeitig kam der neue Botschafter Großbritanniens, Nevile Henderson, nach Berlin. Über dessen Rolle kann auch kein Zweifel herrschen. Er bemühte sich bewußt, die nazistische Expan­ sion auf den Osten zu richten. Schon unter dem 2. Juni charakte­ risiert ihn Dodd auf eine Weise, die nicht mißzuverstehen ist: „Es wird behauptet, daß der neue englische Botschafter vollauf mit der deutsch-italienischen Aggression in Spanien sympathisiere. Er heißt Hender­ son und ist mehrere Jahre in Argentinien gewesen, bevor er hierher kam. Er hat bereits seine durch und durch francofreundlidie Einstellung zu er­ kennen gegeben und scheint sich der Gefahr für England nicht bewußt zu .sein. Er soll auch die deutsche Regierung informiert haben, daß England keine Einwendungen erheben würde, wenn Hitler Österreich und die -Tschechoslowakei annektierte.“

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Am 23. Juni ist es Henderson selber, der seine Weisheit dem amerikanischen Kollegen zum besten gibt:

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„Unter Hitler erneuert Deutschland die Bismarcksche Politik, alle euro­ päischen Völker germanischer Abstammung — Österreich, Tschechoslowakei und andere Länder — zu annektieren ... Deutschland muß das DonauBalkangebiet beherrschen ..., was bedeutet, daß es Europa beherrschen wird. England und sein Imperium soll neben den Vereinigten Staaten die Meere . beherrschen. England und Deutschland müssen in enge wirtschaftliche und politische Beziehungen treten und die Welt beherrschen . .. Frankreich hat sich überlebt und ist keiner Unterstützung wert. Franco muß in Spanien herrschen .. .eherrschen dürfe. Am 14. Juni 1945 schlug der Nachfolger Roose­ velts vor, daß alle alliierten Großmächte in der deutschen Reichs­ hauptstadt Truppen hielten, um dem besiegten Deutschland die Einigkeit der alliierten Nationen vor Augen zu führen. Ebenso schlug Truman vor, das gleiche Prinzip auf das von der Roten Armee befreite Wien, die Hauptstadt des wiedererrichteten Öster­ reichs, anzuwenden. Stalin zeigte sich entgegenkommend und gab dieser Neuordnung am 16. Juni seine Zustimmung. Die Sowjetunion hatte ihren Wil­ len zur Zusammenarbeit gezeigt und wurde mit einem Sturmlauf der vereinigten Angelsachsen gegen die Jalta-Vereinbarungen über

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die Reparationen belohnt. Auf der Konferenz von Potsdam erhob die Sowjetunion verständlicherweise eine Gegenforderung: wenn die Westmächte in Berlin und Wien mitbestimmten, wäre es nur billig, wenn die Sowjetunion in dem großen westdeutschen Zen­ trum, im Ruhrgebiet, ebenfalls vertreten wäre; sie wünschte, an der Verwaltung und Kontrolle des großen deutschen Rüstungszentrums teilzunehmen. Auf diesem Gebiet indessen war den Angelsachsen der Begriff der Gegenseitigkeit unbekannt. Der sowjetische Vorschlag wurde mit abweisender Kälte aufgenommen und auf Anregung Bevins zur späteren Behandlung an den Rat der Außenminister verwiesen. Schon zu diesem frühen Zeitpunkt hatten die Angelsachsen den Wunsch, an der Ruhr mit den Deutschen unter sich zu sein. Hatten sie bereits Absichten, die ein Mitbestimmungsrecht der Russen inopportun machten? Vieles deutet darauf hin. Die Monopolisten mit ihren deutschen Millioneninteressen hatten begonnen, das große Spiel um die Zukunft Deutschlands im Zeichen des Dollars zu

führen. In der Reparationsfrage waren die Amerikaner, wie erwähnt, ebenso respektlos gegenüber den getroffenen Vereinbarungen. Man einigte sich zwar auf eine Ordnung, aber die Yankees drückten eine revidierte Ausgabe der Prinzipien von Jalta durch. Nachdem sie den Reparationswert von 20 Milliarden, Ent­ nahmen aus der laufenden Produktion und Verwendung der deut­ schen Arbeitskraft zum Wiederaufbau Europas beiseite getan hat­ ten, schlugen Truman und Byrnes vor, daß jede der alliierte' Mächte in erster Linie aus ihrer eigenen Zone Reparationen herau ziehen solle. Immerhin kam man dem am härtesten betroffene Rußland ein bißchen entgegen: die Sowjetunion könnte 10 Pro­ zent des Reparationswertes erhalten, der den Deutschen durch Demontagen in den Westzonen abgenommen werden würde. Wei­ tere 15 Prozent sollte die Sowjetunion gegen Bezahlung in land­ wirtschaftlichen Erzeugnissen und Rohstoffen übernehmen dürfen. Verständlicherweise wünschte Molotow in den neuen Plan einen Mindestwert — von 2 Milliarden Dollar — einzubauen. Auch 20 Moltke, Krämer des Krieges

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dieser billige Vorschlag wurde von der angelsächsischen Einheits­ front abgelehnt. Sie änderte sich auch nicht, als Churchill und Eden mitten während der Potsdamer Konferenz von Attlee und Ernest Bevin, den Siegern aus den britischen Wahlen, abgelöst wurden. James F. Byrnes erzählt frohlockend, wie er die beiden Labourführcr gleich nach ihrer Ankunft in einer langen Separatsitzung überredet habe, dem amerikanischen Standpunkt beizutreten. Das einzige Zugeständnis der Amerikaner an das kriegsverheerte und ausgeplünderte Rußland war, daß die Reste der deutschen Handelsflotte, die vor dem Siegeszug der Roten Armee westwärts geflüchtet war, zu gleichen Teilen unter die großen Alliierten ver­ teilt werden sollten. Weiterhin sollte die Reparationskommission der Großmächte bis zum 2. Februar 1946 einen endgültigen Plan über den Umfang der Demontagen in der deutschen Industrie fertigstellen — und damit auch die künftigen Reparationen fest­ legen. Byrnes macht in seinem Buch Speaking Frankly — Offen gesagt — kein Hehl daraus, daß der Vorschlag zu dieser verkrüppelten und ziemlich unsicheren Reparationsregelung in der Form eines amerikanischen Diktats vorgebracht wurde. Truman und Byrnes verknüpften die Reparationsfrage mit dem Beschluß, die Gebiete ostwärts der Oder und Neiße polnischer Verwaltung zu unter­ stellen, und mit der Resolution über die Aufnahme der südost­ europäischen Staaten in die Vereinten Nationen. James F. Byrnes teilte unter dem 31. Juli Molotow mit, daß die drei Vorschläge zusammen angenommen werden müßten, andernfalls er und Truman am nächsten Tag die Konferenz sprengen und nach den Vereinigten Staaten zurückkehren würden, ohne daß ein Abkommen erzielt worden sei. Unter diesen Umständen zog cs die Sowjetunion vor, nicht auf ihrem Recht zu bestehen, sondern abzuwarten, was die Reparations­ kommission zu bieten hätte; das berühmte Potsdamer Abkommen erhielt die Unterschrift aller drei Mächte. Was die Klarheit anbetrifft, so bedeutete das Potsdamer Ab­ kommen gegenüber Jalta einen Schritt zurück, aber wenn die Ver306

einbarungen loyal durchgeführt würden, bedeuteten sie für eine Reihe entscheidender Gebiete eine Grundlage, auf der sich weiter aufbauen ließe. Potsdam bezeichnet ein erstes Abweichen von den Formen der Zusammenarbeit, die in der Periode Roosevelts zwi­ schen den Alliierten der Kriegszeit üblich war. Neue Kräfte be­ gannen ihren Einfluß in der amerikanischen Politik stärker als bisher geltend zu machen. Die nachfolgende Periode sollte erweisen, daß nicht einmal die Grundlage von Potsdam anerkannt wurde. Die Amerikaner hatten ein Manöver mit weit in die Zukunft reichenden Perspektiven ein­ geleitet. Die Monopole und Finanzinstitute der Wallstreet hatten in Truman und Byrnes ebenso hellhörige wie brauchbare Werk­ zeuge für ihre Deutschlandpolitik gefunden. Langsam, aber zielbewußt fing man in Washington an, sich von den alten Vereinbarungen zu befreien und zu versuchen, die Nach­ kriegspolitik einseitig zu diktieren. Die nächsten Etappen der Ent­ wicklung sollten deutlich zeigen, daß die Regierung der Vereinigten Staaten danach strebte, die deutsche Frage einseitig gemäß den amerikanischen Kapitalinteressen zu lösen.

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XIV.

DIE GROSSE WIEDERKEHR DER MONOPOLHERREN

1. Eine unheimlich treffende Voraussage

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Der Leiter der Antitrust-Abteilung im Justizministerium Roose­ velts, Wendell Berge, war nicht nur ein vorurteilsfreier Mann von allerreichster Erfahrung in bezug auf die fragwürdigen Arbeits­ formen und politischen Manöver der amerikanischen Truste, son­ dern war auch auf seinem Gebiet ein Mann von ziemlich klaren Perspektiven. Durch seine praktischen Erfahrungen gelangte er sehr rasch zu der Überzeugung, daß Kartellherrschaft mit einer Demokratie von mehr als formellem Charakter unvereinbar sei. „Wenn diese Gefahr [der Kartellherrschaft] nicht begriffen und ent­ schlossen bekämpft wird ... wird unsre Hoffnung, demokratische politische Institutionen zu bewahren, ernstlich vermindert sein .. .**

schreibt er in der Einleitung zu seinem Buch Cartels — Challenge p a Free World (Kartelle — eine Herausforderung an die freie I Veit). Über die Aktivität der Kartellfürsten im politischen Leben sagt Berge, daß sie „glauben, über dem Gesetz zu stehen, oder in den vielen Ländern, wo sie tätig sind, sich bemühen, die Gesetzgebung und die Politik der Regierung zu beherrschen/*

Aus seinen Feststellungen über das Verhalten der großen Mono­ pole während des Krieges gelangt Berge zu der Schlußfolgerung, daß „diese illegale Tätigkeit [der Kartelle] den Erfolg der von der Regierung betriebenen Außenpolitik zu vereiteln droht**.

Aus dieser Erkenntnis zieht Berge den weiteren Schluß:

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„Es stellt sich über die Maßen klar heraus, daß Amerika niemals eine Außenpolitik gemäß den Prinzipien der Demokratie und der internatio­ nalen Verständigung führen kann, solange der Welthandel von Kartellen beherrscht wird. Es erscheint als unmöglich, daß die Atlantik-Charta [die Deklaration vom 14. August 1941, die mit dem militärischen Atlantik­ pakt nicht zu verwechseln ist], die Politik der guten Nachbarschaft und die zweiseitigen Handelsabkommen wirksam werden können, solange die Sonderprivilegien der Kartelle den Handel und die Politik der Nachkriegs­ welt beherrschen.“

Um so sehr viel ehrlicher und klarsichtiger war dieser altliberale Rooseveltanhänger schon im Kriegsjahr 1944, als unsere phrasen­ erfüllten, unaufrichtigen sozialdemokratischen Schaufensterdekora­ teure des Kapitalismus heute es sind. Trotz aller Enthüllungen und Kommissionen wurde der amerika­ nische Monopolkapitalismus weder beseitigt noch in seiner Tätigkeit auch nur beschnitten. Er wurde im Gegenteil stärker denn je zuvor, und deshalb ist es durchaus nicht überraschend, daß Roosevelts vor­ sichtige, vermittelnde Außenpolitik aus der Zeit der Abrechnung mit dem Nazismus dazu verurteilt war, nach dem Kriege und unter dem Regime Trumans beim ersten ernsthaften Zusammenstoß mit den wirtschaftlichen und politischen Interessen der großen Mono­ pole wie ein Kartenhaus zusammenzubrechen. Durch seine wirtschaftliche Stärkung der großen Gesellschaften während des Krieges und dadurch, daß er die Schlüsselstellungen der amerikanischen Politik den Kartellherren auslieferte, hatte der liberale Innenkreis um Roosevelt selber dazu beigetragen, sich als die formell „führende“ Gruppe in der Politik der Vereinigten Staaten das eigne Grab zu graben, als Harry Truman und Co. die

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„Wachablösung“ im Weißen Haus durchführten. Wenn von einer Herrschaft des Monopolkapitals innerhalb eines formell demokratischen Staates gesprochen wird, sind immer Leute dabei, die sich darunter höchst simpel eine Regierung vorstellen, in der leitende Bankmenschen und Direktoren der großen Aktien­ gesellschaften alle wichtigen Regierungsstellen bekleiden. Eine solche Vorstellung ist jedoch ziemlich wirklichkeitsfremd, denn niemand schätzt die Kunst der Tarnung höher als gerade die

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Unterwelt der Hochfinanz. Wir haben die Formen des bürger­ lichen „demokratischen“ Lebens so weit entwickelt, daß die Mono­ polgewaltigen längst erkannt haben, wie unpraktisch es ist, als offizielle Partei aufzutreten. Das würde das Spiel allzusehr verein­ fachen und dem Aktionsradius und den Einflußsphären der Finanz­ herren allzu enge Grenzen setzen. Außerdem beschränkt sich die Hochfinanz nur in höchst seltenen Ausnahmefällen darauf, eine einzige Partei oder eine Regierung von bestimmter politischer Fär­ bung zu unterstützen. Die Aufgaben wechseln nämlich gemäß den Veränderungen in den Klassen- und Machtverhältnissen innerhalb der Gesellschaft. In der Regel ist die wirtschaftlich herrschende Gruppe ziemlich gleichmäßig in sämtlichen politischen Gruppierungen vertreten, die das „System“ stützen. In der Regel werden alle mehr oder weniger kapitalistisch gefärbten — oder kapitalabhängigen — Parteien und nicht zum mindesten deren Presse von der einen oder anderen Gruppe der ganz großen Fische mit Begünstigungen beehrt und häufig von hinter den Kulissen her beeinflußt. In welchem Grad die einzelnen Parteien die mehr oder weniger großzügige Unter­ stützung der Kaste genießen, hängt von den vorliegenden Aufgaben ab. Das gleiche gilt für die Auswahl und die Popularisierung der „Parteiführer“ und Minister. In den USA ist die Grenze zwischen den beiden großen Partei­ apparaten (Demokraten und Republikanern) seit langem veraltet und fließend. Es gibt keine offizielle „großkapitalistische“ und auch keine „antikapitalistische“ Parole in dem inneren Wettstreit der beiden Parteien um den Wähler. Wallstreet regiert mit sicherer Hand über die herrschenden Gruppen in den Führerkreisen beider Parteien; die Presse beider Parteien wird oft von derselben Aktien­ gesellschaft finanziert. Am typischsten für das politische Leben der Vereinigten Staaten ist der kaum vorstellbare handfeste Einfluß, den die vereinigte Propagandamaschine des Monopolkapitals dar­ auf ausübt. Es wäre deshalb lächerlich zu behaupten, daß der politische Ein­ fluß des Monopolkapitals unter der Regierung Roosevelt außer

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Funktion gesetzt oder auch neutralisiert worden sei. Die Regierung Roosevelts repräsentierte im gleichen Maße wie die seines republi­ kanischen Vorgängers die Macht der amerikanischen Kapitalisten, und deren führende Gruppen waren auf allen entscheidenden Ge­ bieten bestimmend. Deshalb war die Politik Roosevelts ein Ver­ such, unter den gegebenen historischen Bedingungen einen General­ nenner zu finden, auf den sich alle entscheidenden Schichten der herrschenden Klasse einigen konnten und der dabei seine Macht über die Bevölkerung bewahrte. Aber als um die Zeit, da Roosevelt starb, die äußeren Bedin­ gungen wechselten, kamen die führenden Kreise der Wallstreet zu der Auffassung, daß neue Aufgaben auf der Tagesordnung stün­ den und daß die Zeit gekommen sei, neue Männer zu wählen, die offener als Exponenten für die Nachkriegsmanöver der Wallstreet auftreten könnten. Das Arrangement mit der Wahl Harry Trumans zum Vizepräsidenten und die Umgruppierungen in der Regierung waren wichtige Glieder in der Vorbereitung des „neuen Kurses'^. In Roosevelts letzter Periode und besonders, nachdem Truman . die Präsidentschaft angetreten hatte, erlebt man deshalb auf einer Reihe von Gebieten bedeutungsvolle Änderungen in der Besetzung der Schlüsselstellungen .in Regierung wie Verwaltung. Unter die­ sem Prozeß tritt der unmittelbare Einfluß der Hochfinanz bedeu­ tend klarer hervor. Mit dem völligen militärischen Zusammenbruch Deutschlands tauchen eine ganze Anzahl neue Probleme auf. Die Frage der Be­ satzungszonen meldet sich. Es war nicht unwichtig, welches Gebic die Amerikaner verwalten würden. Warum gaben sie anfangs di Ruhr als ein Geschenk an die Briten aus der Hand? Auf der Kon­ ferenz von Quebec im September 1944 hatten sich die Amerikaner auf Vorschlag des Kriegsministeriums Süddeutschland mit Frank­ furt am Main als Hauptstadt ausersehen. Wenn man an die intimen deutsch-amerikanischen Fi nanzverb in düngen der Vorkriegszeit denkt, fragt man unwillkürlich, war es wirklich Zufall, daß gerade die USA zum Beispiel das ehemalige Königreich und den Hauptsitz der IG Farben übernahmen? Hätten nicht peinliche

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Indiskretionen und schlimme Blamagen entstehen können, wenn andere, weniger einsichtige Personen in den Archiven des deutschen Trusts herumgestöbert hätten? In dieser Beziehung hatte die Re­ gierung Trumans mit ihren eignen Funktionären Last genug. Mit der Besetzung der deutschen Westzone begannen das ameri­ kanische Kriegsministerium und die amerikanischen Militärorgane überhaupt sogleich eine erste Rolle in der Weltpolitik zu spielen — obwohl die militärischen Operationen abgeschlossen waren. Die amerikanische Zone sollte doch von einer Militärregierung und von einem Militärgouverncur geleitet werden und beide sollten dem Kriegsministerium unterstehen. Als Roosevelt starb, war immer noch Stimson Kriegsminister, aber er war alt, über die fünfundsiebzig hinaus, und wesentliche Teile der Ministerfunktionen waren bereits langsam in die Hände des'Unterstaatssekretärs geglitten. Auf diesem Posten saß bezeich­ nenderweise nicht ein Militär, sondern ein bekannter Jurist namens Robert P. Patterson. Nach Mitteilungen des Pressedienstes der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands vom 8. Dezember 1948 war Patterson mit deutschen Verhältnissen keineswegs unbekannt: er war vor dem Kriege Rechtssyndikus für die Interessen der IG Farben in den Vereinigten Staaten gewesen. Seine Ernennung könnte damit Zusammenhängen. Im September 1945 trat Stimson als Kriegsminister zurück, und Truman beeilte sich, Patterson zu seinem Nachfolger zu befördern. Im Juli 1947 fand im Kriegsministerium eine neue „Wach­ ablösung“ statt. Bei dieser Gelegenheit wurde Patterson durch den vorherigen Marineminister James Forrestal ersetzt, der vor Beginn seiner politischen Laufbahn führender Mann und Großaktionär bei Dillon, Read & Co. gewesen war, einem der amerikanischen Geld­ institute, die in den Zwischenkriegsjahren die meisten Dollars in die deutschen Rüstungskonzerne wie Vereinigte Stahlwerke, Siemens­ konzern und andere Unternehmungen gepumpt hatten, die an der Spitze der deutschen Wiederaufrüstung marschierten. Durch den Sprung Forrestals vom Marine- ins Kriegsministerium erhielt diese Finanzgruppe entscheidenden Einfluß auf die Zusammensetzung des

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Personals der amerikanischen Militärregierung, und das hatte durch­ greifende Folgen. Es wurde geradezu Tradition unter Truman, daß das Kriegsministerium in Händen von Leuten mit deutschen Finanzinteressen liegen mußte. Im übrigen besaß Forrestal nahe persönliche Beziehungen zu dem Führer des äußersten Rechtsflügels der Demokratischen Partei, zu James F. Byrnes. Es war Forrestal, der auf die Nachricht von Roosevelts Tod hin ein Flugzeug nach Spartanburg sandte und seinen Freund nach Washington holen ließ, damit er Trumans neuer Außenminister würde. Edward Stettinius war allerdings ein Mann des Stahltrusts, aber dieses Morganunternehmen hatte sich bekanntlich nur widerstrebend in das internationale Stahlkartell zwingen lassen, wo die Deutschen regierten. Die Morgangruppe war nicht frei von Ambitionen und Expansionen nach Europa keineswegs abgeneigt. Deshalb wurde Stettinius zu den Vereinten Nationen versetzt. Jim Forrestal war im übrigen bekannt wegen seiner Russenangst, die wahrscheinlich äußerst natürlich aus Sorge um die Interessen der Firma Dillon, Read & Co. in Europa entstand. Schließlich nahm diese Nervosität so sehr überhand, daß er im Frühjahr 1949, nach Unterzeichnung des Atlantikpakts, von seinem Posten zurücktrcten mußte: er war geistesgestört und litt an der Zwangsvorstel­ lung, daß die Russen bereits in den Vereinigten Staaten gelandet seien. Zum Leiter der Militärregierung in Deutschland hatten Pattersoi und Byrnes einen ihrer Schützlinge ausersehen, den General Luciu D. Clay, der bis zu seiner Ernennung im April 1945 als Byrnes* rechte Hand fungiert hatte und im Amt für Mobilmachung sein Stellvertreter gewesen war. Wir wissen bestimmt, daß Roosevelt die Person des Generals Clay, der in der amerikanischen Politik dem Nachkriegsdeutsch­ land gegenüber eine so hervorragende und unheilvolle Rolle spielen sollte, unbekannt war. Byrnes unterrichtete Roosevelt, daß ein früherer Kandidat auf diesen Posten, der Hilfssekretär im Kriegs­ ministerium McCloy, seine Kandidatur zurückgezogen hätte, und Byrnes war es auch, der dem Präsidenten seinen Stellvertreter als

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e.r den ganzen Umfang ahnte — die Formierung deutWCr,mi ^risc^er Abteilungen ebenfalls schon weit vorgeschritten. eiuge Verpflichtungen den Völkern gegenüber sind so gröblidi pCr ^Orc^en w*e von ^en Angelsachsen die Bestimmungen des otsdamer Abkommens, den reaktionären deutschen Militarismus ein allemal zu vernichten. Man muß sehr weit zurückgehen, bis zu den Kulissenmanövern wahrend des zweiten Weltkriegs, um die ersten Ansätze zu einem Wiederaufbau reaktionärer deutscher Streitkräfte festzustellen; sie wurden damals im Hinblick auf die Aussicht unternommen, daß der Krieg mit einem deutsch-angelsächsischen Separat-Verständigungsfrieden enden würde, der dem Vordringen des Sozialismus Europa eine Schranke setze. Besonders früh fingen die Ameri­ kaner damit an, deutsche militärische Kader aufzustcllen, die nach Kriegsschluß verwendet werden könnten. In der Zeitschrift Neue Zeit Nr. 7 vom 11. Februar 1948 lüftete der russische Journalist P. Trojanotvsky den Sdileier von gewissen Einzelheiten der Entstehung der ersten deutschen bewaffneten Ab­ teilungen in den Westzonen. Trojanowski berichtet, daß Oberst Winlop aus dem amerikanischen Kriegsministerium am 27. Juli 1943 eine Konferenz der Funktionäre aus den verschiedenen Kriegsgefangenenlagern abhielt und sie instruierte, wie die in amerika­ nische Gefangenschaft geratenen deutschen Hitleristen zu behandeln

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seien: „Ihre Aufgabe wäre, unter den deutschen Kriegsgefangenen Leute aus­ zubilden, die geeignet seien, das Prestige der USA zu erhöhen und zur Durch­ führung der amerikanischen Politik in Deutschland beizutragen, nachdem das Land von den Alliierten besetzt sei. Der Oberst hob hervor, daß zu diesem Zweck ,gute‘ Deutsche auszuwählen seien, ob sie nun Faschisten wären oder nicht. Die Wörter Faschist und Nazi müßten ausgerottet wer­ den, sagte Winlop, und er fügte hinzu, daß sich die Nazis, obwohl sie heute unpopulär seien, doch für die Amerikaner wie für die Zukunft Euro­ pas als nützlicher und bequemer erweisen könnten als Antifaschisten und Demokraten im allgemeinen. Wir Amerikaner wollen in Deutschland und Europa Ordnung herstellen, und dazu brauchen wir eine große Anzahl Menschen, die im un m en Anschauungen uns verwandt sind.“

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Sozialisten und Antifaschisten unter den deutschen Kriegsgefan­ genen wurden von den amerikanischen Behörden als „schlechte“ Deutsche betrachtet und waren ständig Schikanen ausgesetzt, und zwar ebensowohl von Seiten ihrer glücklicheren nazistischen Mit­ gefangenen als auch von Seiten der amerikanischen Wachmann­ schaften, die alle nach Oberst Winlops Geschmack „ausgesuchte“ Leute waren. Trotz immer wiederkehrender Kritik der amerikanischen Zei­ tungen an dem Verhalten der Behörden in den Gefangenenlagern (die Zeitung German American wurde damals den Gefangenen verboten) verwandelten sich die Lager des Obersten Winlop in den letzten Kriegsjahren zu wahren Ausbildungslagern, wo ehemalige aktive Nazis darauf geschult wurden, die deutschen Kader der künftigen amerikanischen Militärregierung abzugeben. Sie wurden geschult als Beamte, Verwaltungsleute und vor allem als Leiter der kommenden deutschen Polizei und der verschiedenen „Sicherheits­ abteilungen“, die in Westdeutschland die Ordnung aufrechterhalten und eine sozialistische Entwicklung verhindern sollten. Für diesen Teil der Aufgabe bedeuteten natürlich Nazisten jeder Art besonders „zuverlässige“ Kräfte! Eine Reihe scheußlicher Morde an Anti­ faschisten, die in den Lagern vorkamen, unterstrichen klar den Charakter der Bewegung. Die geheimeFormierung reaktionärer deutscher Militärabteilungen durch die Westmächte vollzog sich auf zwei Gebieten. Der eine Teil der Aufgabe wurde im Ausland gelöst, der andere in Deutsch­ land selber. An beiden Orten bestand die Hauptaufgabe darin, aus dem Kern der Hitlerheere brauchbare Hilfstruppen bei der Durch­ führung der Politik der Westmächte herauszuziehen. Als Fremden­ legionäre haben deutsche Soldaten in der Militärpolitik der West­ mächte in den Nachkriegsjahren eine wichtige Rolle gespielt. Die Organisierung und Erhaltung deutscher nazistischer Kom­ mandokader hat in den verschiedenen Kolonialkriegen der imperia­ listischen Großmächte eine „diskrete“, aber äußerst bedeutsame Rolle gespielt, besonders in Südostasien und im mittleren Osten. Da sich die französische Bevölkerung äußerst unwillig zeigte, an den 400

dienst** in ratJOnen in Vietnam und dem ewigen „Wach­ mehrere tarn ^.Z2^lsc^"^^r^a teilzunehmen, wurden in aller Stille Offiziere i H* p eut$che unter dem Kommando früherer deutscher großen St’^ remc^en^eg^on aufgenommen. Die „Werbungen“ in Frank 1 SOWO^^ unter den deutschen Kriegsgefangenen zösische & S aUC^ ^en ehemaligen Soldaten in der franbenen N ' atzynSszone vorgenommen. Die Anzahl der angeworHorden 1St a^e*n für Frankreich auf 50000 Mann angegeben Fra L- • l 1St’ unter anderem, die Leistung des reaktionären A FrT S der ”^,ntTnditarisierung iar■ wn ~ tcn -vnn ^Dsnohrzrie und sr-npülsdier 5iduräzhc‘ zu v^sls^st.. ASer 'vras Z2i. 55 znii l-'^mDKzzrie zu Hin. ngrr klar ansgearuzkren 'Miller ries deutschen olkes zd zrozzen und tt-? .Hn~\°n "von msländischeii Is^Iarhrkanziii Ssfculc cnzzscznziizishmsn? TTnd ■v^as iiat ss mi* europaiscnzr Siöerhen zu mn. neue klidsTsdie Säizmerheere auszutüsr.cn und sie auf einen neuen An^rrrskner zu drillen? idjerum. adeln hierum handeh es sich bei der ^Testdeuisdiiaad von außen aufgez. ^ungenen VdederaufrnsHTng-

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f Der gleiche Gegenstand war das Thema eingehender Verhand­ lungen, die am 9. und 16. Januar die beiden ehemaligen Hitlergeneräle, Theodor Blank und der amerikanische General Hayes auf dem Petersberg führten. Während der Aufbau der obersten Kommandostellen des westdeutschen Söldnerheeres auf einen günstigeren Augenblick verschoben wurde, wurde die Aufstellung der niederen militärischen „Kampfeinheiten“ sogleich in Angriff genommen. Darüber berichtete die Neue Zürcher Zeitung vom 11. Januar 1951:

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„Der erste Punkt der Verhandlungen war die Frage einer Verstärkung der westalliierten Besatzungstruppen in Deutschland. Der zweite Punkt betraf die Bildung von sogenannten Kampfgruppen in Stärke von fünf- bis sechstausend Mann, die sich auf neun Infanteriebataillone, zwei Artillerie­ abteilungen, zwei Tankbataillone, Pionierabteilungen usw. verteilen/*

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Zur Krönung des Werks traf schließlich General Eisenhower selber im Bonner Protektorat ein, um von des Atlantischen Ober­ kommandos wegen seine deutschen Söldnertruppen einer Inspektion zu unterziehen. Der Höhepunkt des Besuchs war jedoch Eisenhowers stolze Besichtigung der Bonner Minister und ehemaligen Hitlergeneräle am 22. Januar 1951 in Bad Homburg. Außer Adenauer, Vizekanzler Franz Blücher, den Generälen Hans Speidel und Adolf Heusinger usw. stellte sich auf speziellen Befehl auch Kurt Schumachers Stellvertreter und rechte Hand Erich Ollenhauer zur Besichtigung.

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Nach Bonner Auffassung war die Versammlung ein Erfolg ersten Ranges. Daß Eisenhower mit den Hitlergenerälen fraternisierte, war offenbar: „Ich bin im Auftrag des Friedens hier... Laßt uns . die Vergangenheit vergessen...“ Nach der Besprechung erklärte Vizekanzler Blücher den Journalisten begeistert, daß die Konferenz „in einer außerordentlich herzlichen und offenherzigen Atmo­ sphäre“ verlaufen sei und daß General Eisenhower „ein absolutes Verständnis für die deutsche Psychologie“ bewiesen habe. Der Premierminister von Nordrhein-Westfalen fügte hinzu: „In bezug auf die Gleichberechtigung teilt der General die deutschen Gesichts­ punkte vollkommen.“ 446

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—• Diese neue Vorzugsstellung der Hitlergeneräle kam sehr bald auch nach außen hin zum Ausdruck; als am 15. Februar die Konferenz über die Errichtung des neuen „europäischen Heeres“ auf dem Quai d’Orsay in Paris sich versammelte, traten dabei die beiden ehemaligen nazistischen Heerführer Speidel und Heusinger zum ersten Male als „gleichberechtigte“ Vertreter der neuen Bonner Wehrmacht auf. Das Ergebnis aller dieser Verhandlungen um die Jahreswende trat sehr bald zu Tage. Unter anderm erfuhr man endlich von offizieller Seite, was für ein Ziel die Westmächte mit dem jahrelangen Drill von „Arbeitseinheiten“ verfolgt hatten. Am 1. Februar be­ richtete der Aachener Kurier klar und deutlich von der Verwand­ lung, die mit diesen Söldnertruppen vorging: in der amerikanischen Zone wurden sie bereits in voll bewaffnete Bataillone zusammen­ gefaßt, die späterhin zu Regimentern vereinigt werden sollten. Beunruhigt meinte die Zeitung, daß Deutschland durch die Um­ wandlung der „Arbeitseinheiten“ in eine reguläre Armee offenbar „auf kaltem Wege“ remilitarisiert werden solle. Gleichzeitig unterlagen die „zivilen“ Polizeitruppen Bonns einem ähnlichen Verwandlungsprozeß. Die britische Zeitung in Deutsch­ land Die Welt schilderte den Prozeß mit diesen Wendungen: „Auf­ stellung ständig größerer Einheiten, allgemeine Kampfschulung auf taktischer Grundlage, Unterbringung der Einheiten in Kasernen, Anwendung neuer Waffen bis zu Panzerwagen.“

Auch ganz neue Arten von Polizei tauchen in der westdeutschen Landschaft auf. Eine mobile Polizei in Stärke von 30 000 Mann — die sogenannte „Bereitschaftspolizei“ — wird aufgestellt und erhält eine Ausrüstung, die keinen Zweifel über den Charakter dieser „Polizei“ übrig läßt: neue amerikanische Handfeuerwaffen, Minenwerfer, leichte Artillerie und Panzer. Ein zentraler Stab für diese Bonner SS ist unter dem Bonner Innenminister Lehr in Bil­ dung begriffen. Hierzu tritt die neue Bonner „Grenzpolizei“ in Stärke von ■’teren 35 000 Mann. Nach Erklärungen von Minister Lehr wird

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