Aktiengesetz: Band 7/1 §§ 221-240 [4. neubearb. Aufl.] 9783110289084, 9783110289060

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Aktiengesetz: Band 7/1 §§ 221-240 [4. neubearb. Aufl.]
 9783110289084, 9783110289060

Table of contents :
Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis
Zweiter Abschnitt. Maßnahmen der Kapitalbeschaffung. §§ 182–221
Fünfter Unterabschnitt. Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen. § 221
9783110267365.pdf
DRITTER ABSCHNITT: Maßnahmen der Kapitalherabsetzung
ERSTER UNTERABSCHNITT. Ordentliche Kapitalherabsetzung
Vor § 222
§ 222
§ 223
§ 224
§ 225
§ 226
§ 227
§ 228
ZWEITER UNTERABSCHNITT. Vereinfachte Kapitalherabsetzung
§ 229
§ 230
§ 231
§ 232
§ 233
§ 234
§ 235
§ 236
DRITTER UNTERABSCHNITT. Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien. Ausnahme für Stückaktien
§ 237
§ 238
§ 239
§ 240

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Großkommentare der Praxis

Aktiengesetz Großkommentar

4., neubearbeitete Auflage herausgegeben von

Klaus J. Hopt, Herbert Wiedemann

Siebenter Band / Teil 1 §§ 221–240 Bearbeiter: § 221: Heribert Hirte §§ 222–240: Rolf Sethe Sachregister: Sebastian Mock

De Gruyter · Berlin

Erscheinungsdaten der Lieferungen: § 221 §§ 222–240 Sachregister

(34. Lieferung): (37. Lieferung): (34. Lieferung):

März 2012 Juli 2011 März 2012

Zitiervorschlag z.B.: Hirte in Großkomm AktG, § 221 Rdn 101

Sachregister: Dr. Sebastian Mock, Hamburg

ISBN 978-3-11-028906-0 e-ISBN 978-3-11-028908-4

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2012 Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin/Boston Datenkonvertierung /Satz: WERKSATZ Schmidt & Schulz GmbH, Gräfenhainichen Druck: Heenemann GmbH & Co., Berlin ∞ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com

Verzeichnis der Bearbeiter der 4. Auflage Dr. Heinz-Dieter Assmann, LL.M. (Univ. of Pennsylvania), Universitätsprofessor an der Universität Tübingen Dr. Gerold Bezzenberger, Rechtsanwalt in Berlin Dr. Tilman Bezzenberger, Universitätsprofessor an der Universität Potsdam Dr. Oliver C. Brändel, Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof, Karlsruhe Dr. Dr. Herbert Brönner (†), Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Berlin Dr. Christian E. Decher, Rechtsanwalt in Frankfurt am Main Dr. Ulrich Ehricke, LL.M. (London), M.A., Richter am Oberlandesgericht a.D., Universitätsprofessor an der Universität zu Köln Dr. Holger Fleischer, Dipl.-Kfm., LL.M. (Univ. of Michigan), Universitätsprofessor an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn Dr. Kaspar Frey, Universitätsprofessor an der Europa-Universität Viadrina, Frankfurt (Oder) Dr. Markus Gehrlein, Richter am Bundesgerichtshof, Karlsruhe, Honorarprofessor an der Universität Mannheim Dr. Dr. Stefan Grundmann, LL.M. (Berkeley), Universitätsprofessor an der Humboldt-Universität zu Berlin Dr. Mathias Habersack, Universitätsprofessor an der Ludwig-Maximilians-Universität München Dr. Kai Hasselbach, Rechtsanwalt in Köln Dr. Peter Hemeling, Rechtsanwalt in München Dr. Hartwig Henze, Richter am Bundesgerichtshof a.D., Honorarprofessor an der Universität Konstanz Dr. Heribert Hirte, LL.M. (Berkeley), Universitätsprofessor an der Universität Hamburg Dr. Dr. Dr. h.c. mult. Klaus J. Hopt, em. Universitätsprofessor, Direktor des Max-PlanckInstituts für ausländisches und internationales Privatrecht, Hamburg, vormals Richter am Oberlandesgericht Stuttgart Dr. Peter M. Huber, Bundesverfassungsrichter, Universitätsprofessor an der LudwigMaximilians-Universität München Dr. Michael Kort, Universitätsprofessor an der Universität Augsburg Dr. Hanno Merkt, LL.M. (Univ. of Chicago), Universitätsprofessor, Direktor des Instituts für ausländisches und internationales Privatrecht (Abteilung II) an der Albert-LudwigsUniversität Freiburg i.Br. Dr. Peter O. Mülbert, Universitätsprofessor, Direktor des Instituts für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Richard L. Notz, LL.M. (Univ. of Chicago), Rechtsanwalt in Stuttgart, Lehrbeauftragter an der Universität Osnabrück Dr. Hartmut Oetker, Universitätsprofessor an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel Dr. Dr. h.c. Harro Otto, em. Universitätsprofessor an der Universität Bayreuth Dr. Hans-Joachim Priester, Notar a.D., Honorarprofessor an der Universität Hamburg Dr. h.c. Volker Röhricht, Vors. Richter am Bundesgerichtshof i.R., Karlsruhe Dr. Markus Roth, Universitätsprofessor an der Universität Marburg (V)

Verzeichnis der Bearbeiter der 4. Auflage

Dr. Michael Schlitt, Rechtsanwalt in Frankfurt am Main, Lehrbeauftragter an der Universität zu Köln Dr. Dres. h.c. Karsten Schmidt, em. Universitätsprofessor an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Präsident der Bucerius Law School Hamburg Dr. Rolf Sethe, LL.M. (London), Universitätsprofessor an der Universität Zürich Dr. Winfried Werner (†), Rechtsanwalt in Frankfurt am Main Dr. Herbert Wiedemann, em. Universitätsprofessor an der Universität zu Köln, vormals Richter am OLG Düsseldorf Dr. Christine Windbichler, LL.M. (Berkeley), Universitätsprofessor an der Humboldt-Universität zu Berlin

Inhaltsübersicht Abkürzungsverzeichnis

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

IX

AKTIENGESETZ ERSTES BUCH AKTIENGESELLSCHAFT Sechster Teil Satzungsänderung Maßnahmen der Kapitalbeschaffung und Kapitalherabsetzung Zweiter Abschnitt Fünfter Unterabschnitt

Maßnahmen der Kapitalbeschaffung . . . . Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen . . . . . . . . . . . . . . . Dritter Abschnitt Maßnahmen der Kapitalherabsetzung . . . . Erster Unterabschnitt Ordentliche Kapitalherabsetzung . . . . . . Zweiter Unterabschnitt Vereinfachte Kapitalherabsetzung . . . . . . Dritter Unterabschnitt Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien. Ausnahme für Stückaktien . . . Vierter Unterabschnitt Ausweis der Kapitalherabsetzung . . . . . .

.

§§ 182–221

. . . .

§ 221 §§ 222–240 §§ 222–228 §§ 229–236

. .

§§ 237–239 § 240

Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis einschließlich ausgewählter abgekürzt zitierter Literatur * aA aaO ABl ABlEG, ABlEU Abs AcP ADHGB ADS aE aF AG

AG-S AGB AktG AktG 1937

AktR allg allgM Alt aM Amtl Begr AnSVG

Anm AnwKomm

*

(IX)

anderer Ansicht am angegebenen Ort Amtsblatt Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften, der Europäischen Union (Nummer, Seite, Datum) Absatz Archiv für die civilistische Praxis (Band, Jahr, Seite) Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch Adler, Düring, Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Auflage 1995 ff am Ende alte Fassung Amtsgericht; Aktiengesellschaft(en); Die Aktiengesellschaft, Zeitschrift für das gesamte Aktienwesen (Jahr, Seite) Die Aktiengesellschaft, Zeitschrift für das gesamte Aktienwesen, Sonderheft (Jahr, Seite) Allgemeine Geschäftsbedingungen Aktiengesetz v 6.9.1965 (BGBl I 1089; BGBl III/FNA 4121-1) Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien (Aktiengesetz) v 30.1.1937 (RGBl I 107), nunmehr AktG 1965 (AktG) Aktienrecht allgemein allgemeine Meinung Alternative anderer Meinung Amtliche Begründung Gesetz zur Verbesserung des Anlegerschutzes (Anlegerschutzverbesserungsgesetz – AnSVG) v 28.10.2004 (BGBl I 2630; BGBl III/FNA 4110-4-1) Anmerkung Anwaltkommentar Aktienrecht, hrsg v Heidel, 1. Aufl. 2003, 3. Auflage 2011, Nomoskommentar Aktienrecht und Kapitalmarktrecht (s auch Heidel)

Ergänzte und aktualisierte Kurzfassung des im ersten Band abgedruckten allgemeinen Abkürzungsverzeichnisses. Die abgekürzt zitierte Literatur wird in der aktuellen Auflage angegeben. Im Einzelfall kann in der Kommentierung auf Vorauflagen Bezug genommen worden sein. Insoweit wird auf die hochgestellte Ziffer hinter selbständigen Werken verwiesen, die die benutzte Auflage bezeichnet.

Stand: 1.1.2012

Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis

AR ARUG ArbGG ArbHdbHV ARHdb

Art Assmann/Schneider Aufl AuR BaFin

BAG BAGE BAKred Bank-Betrieb Baumbach/Hopt Baumbach/Hueck Baumbach/Hueck GmbHG Baums Baums/Thoma BAV BAWe BayObLG BayObLGZ BB Bd, Bde BeckBil-Komm BeckHdbAG Begr, begr Begr RegE Beil Bek

Aufsichtsrat Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) idF v 30.7.2009 (BGBl I 2479) Arbeitsgerichtsgesetz idF v 2.7.1979 (BGBl I 853, ber 1036; BGBl III/FNA 320-1) Arbeitshandbuch für die Hauptversammlung, hrsg v Semler, Volhard, 2. Auflage 2003 Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, hrsg v Semler, von Schenck, 2. Auflage 2004 (s auch Semler/Volhard) Artikel Wertpapierhandelsgesetz, Kommentar, 6. Auflage 2011 Auflage Arbeit und Recht (Jahr, Seite) Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, durch FinDAG ab 1.5.2002, zuvor BAKred, BAV und BAWe Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts (Band, Seite) Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen, seit 1.5.2002 BaFin Bank-Betrieb, seit 1977 Die Bank (Jahr und Seite) Handelsgesetzbuch, 35. Auflage 2012 Aktiengesetz, 13. Auflage 1968 GmbH-Gesetz, 19. Auflage 2010 Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001 WpÜG, Kommentar zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, Loseblatt, 2004 ff Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen, seit 1.5.2002 BaFin Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel, seit 1.5.2002 BaFin Bayerisches Oberstes Landesgericht (aufgelöst seit 1.7.2006) Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen (Jahr, Seite) Betriebs-Berater (Jahr, Seite) Band, Bände Beck’scher Bilanz-Kommentar, hrsg v Ellrott, 8. Auflage 2012 Beck’sches Handbuch der AG, hrsg v Müller (Welf), Rödder, 2. Auflage 2009 Begründung, begründet Begründung Regierungsentwurf Beilage Bekanntmachung

Stand: 1.1.2012

(X)

Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis

Beschl BetrVG BFH BFHE BFuP BGB

BGBl I, II, III BGH BGHSt BGHVGrS BGHZ BilKoG

BilMoG

BilReG

BiRiLiG

BKR Böckli BörsG Bonner HdR

BR BRD BRDrucks BReg Brodmann BSG BSGE Bsp BStBl

(XI)

Beschluss Betriebsverfassungsgesetz idF v 25.9.2001 (BGBl I 2518; BGBl III/FNA 801-7) Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (Band, Seite) Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis (Jahr, Seite) Bürgerliches Gesetzbuch v 18.8.1896 (RGBl 195) idF v 2.1.2002 (BGBl I 42, ber 2909 und 2003 I 738; BGBl III/FNA 400-2) Bundesgesetzblatt Teil I, II und III Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen (Band, Seite) Bundesgerichtshof, Vereinigter Großer Senat Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen (Band, Seite) Gesetz zur Kontrolle von Unternehmensabschlüssen (Bilanzkontrollgesetz – BilKoG) v 15.12.2004 (BGBl I 3408) Gesetz zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG) v 25.5.2005 (BGBl I 1102) Gesetz zur Einführung internationaler Rechnungslegungsstandards und zur Sicherung der Qualität der Abschlussprüfung (Bilanzrechtsreformgesetz – BilReg) v 4.12.2004 (BGBl I 3166) Gesetz zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Bilanzrichtlinien-Gesetz – BiRiLiG) v 19.12.1985 (BGBl I 2355) Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht (Jahr, Seite) Schweizer Aktienrecht, 4. Auflage, Zürich 2009 Börsengesetz (BörsG) 16.7.2007 (BGBl 1330, 1351; BGBl III/FNA 4110-10) Bonner Handbuch der Rechnungslegung, hrsg v Hofbauer, Kupsch, Scherrer, Grewe, Loseblatt, 1986 ff Bundesrat Bundesrepublik Deutschland Bundesrats-Drucksache Bundesregierung Aktienrecht, Kommentar, 1928 Bundessozialgericht Entscheidungen des Bundessozialgerichts Beispiel Bundessteuerblatt (Band, Jahr, Seite)

Stand: 1.1.2012

Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis

BT BTDrucks BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE bzgl bzw ca CEO c.i.c. Combined Code

Company Law Action Plan

CorpGov Cozian/Viandier/Deboissy DAX DB DBW DCGK ders dies Diss DJT DNotZ D&O-Versicherung Dörner/Menold/Pfitzer/Oser Doralt/Nowotny/Kalss DrittelbG

DStR DVO DWiR, DZWir DZWIR

Bundestag Bundestags-Drucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (Band, Seite) Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (Band, Seite) bezüglich beziehungsweise circa chief executive officer culpa in contrahendo The Combined Code on Corporate Governance, July 2003 (Financial Reporting Council, London; Combined Code June 2006 im Konsultationsverfahren der FSA) Commission of the European Union, Modernising Company Law and Enhancing Corporate Governance in the European Union – A Plan to Move Forward, Brussels 21.5.2003, COM(2003) 284 final Corporate Governance Droit des sociétés, 20ième éd, Paris 2007 Deutscher Aktienindex Der Betrieb (Jahr, Seite) Die Betriebswirtschaft (Jahr, Seite) Deutscher Corporate Governance Kodex idF v 26.5.2010, eBAnz AT68 2010 B1, Bek v 2.7.2010 derselbe dieselbe(n) Dissertation Deutscher Juristentag Deutsche Notar-Zeitschrift, früher Zeitschrift des Deutschen Notarvereins (Jahr, Seite) directors & officers liability insurance Reform des Aktienrechts, der Rechnungslegung und der Prüfung, 2. Auflage 2003 Kommentar zum Aktiengesetz, Wien 2003 Gesetz über die Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat (Drittelbeteiligungsgesetz – DrittelbG) v 18.5.2004 (BGBl I 974; BGBl III/FNA 801-14) Deutsches Steuerrecht (Jahr, Seite) Durchführungsverordnung Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (1991–1998), ab 1999 DZWIR, (Jahr, Seite) Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht (Jahr, Seite), vor 1999 DZWir

Stand: 1.1.2012

(XII)

Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis

E Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn EBOR ECFR ECGI ed(s) éd EG EGAktG EGBGB

EGHGB EGKomm EGV

Ehricke/Ekkenga/Oechsler EHUG

Einf Einl end Entsch entspr ErfK

ErgG Erman etc EU EuGH EuroEG EUV EuZW evtl

(XIII)

Entwurf Handelsgesetzbuch, 2. Auflage 2009 begr v Boujong, Ebenroth, hrsg v Joost, Strohn European Business Organization Law Review (Band, Jahr, Seite) European Company and Financial Law Review (Jahr, Seite) European Corporate Governance Institute, Brüssel editor(s); edition édition Einführungsgesetz; Europäische Gemeinschaft(en) Einführungsgesetz zum Aktiengesetz v 6.9.1965 (BGBl I 1185; BGBl III/FNA 4121-2) Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch idF v 21.9.1994 (BGBl I 2494, ber 1997 I 1061; BGBl III/FNA 400-1) Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuche v 10.5.1897 (RGBl 437; BGBl III/FNA 4101-1) Kommission der Europäischen Gemeinschaften Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (Amsterdamer Fassung), geändert durch den Vertrag von Nizza v 26.2.2002 Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, Kommentar, 2003 Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) v 10.11.2006 (BGBl I 2553, BGBl III/FNA 4100-1) Einführung Einleitung endgültig Entscheidung entsprechend Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, begr v Dieterich, Hanau, Schaub, hrsg v Müller-Glöge, Preis, Schmidt (Ingrid), 12. Auflage 2012 Ergänzungsgesetz Bürgerliches Gesetzbuch, Handkommentar, 13. Auflage 2011 et cetera Europäische Union; Vertrag über die Europäische Union v 7.2.1992 (BGBl II 1251) (s auch EUV) Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaft Gesetz zur Einführung des Euro (Euro-Einführungsgesetz – EuroEG) v 9.6.1998 (BGBl I 1242) Vertrag über die Europäische Union v 7.2.1992 (BGBl II 1251) (s auch EU) Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Jahr, Seite) eventuell

Stand: 1.1.2012

Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis

EWG EWiR EWIV

Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht (Jahr, Seite) Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung

f, ff FamFG

folgende, fortfolgende Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit idF v 17.12.2008 (BGBl I 2586, 2587; BGBl 2009 I 1102) Financial Accounting Standards Board Corporate Governance, 1996 Finanzgericht Finanzgericht (s auch FG) Schweizerisches Aktienrecht, 1996 Fachnachrichten, Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (Jahr, Seite) Fundstellennachweis A, Bundesrecht ohne völkerrechtliche Verträge (zuvor BGBl III) fraglich Festschrift Handbuch zur Aufsichtsratswahl, 4. Auflage 2008 Fußnote

FASB Feddersen/Hommelhoff/Schneider FG FinG Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel FN FNA fragl FS Fuchs/Köstler Fußn G GBl GbR Geibel/Süßmann gem GenG

Ges GesR GesRÄG GesRZ Geßler

GG ggf GmbH GmbHG

GmbHR

Gesetz Gesetzblatt Gesellschaft bürgerlichen Rechts Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, Kommentar, 2. Auflage 2008 gemäß Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (Genossenschaftsgesetz) idF v 19.8.1994 (BGBl I 2202; BGBl III/FNA 4125-1) Gesellschaft Gesellschaftsrecht Gesellschaftsrechtsänderungsgesetz (Österreich) Der Gesellschafter, Zeitschrift für Gesellschaftsrecht, Wien (Jahr, Seite) Aktiengesetz, Kommentar, hrsg v Geßler (Ernst), Hefermehl, Eckardt, Kropff, 1973 ff, 2./3. Auflage s MünchKommAktG Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland v 23.5.1949 (BGBl I 1; BGBl III/FNA 100-1) gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung v 20.4.1892 (RGBl 477) idF v 20.5.1898 (RGBl I 846; BGBl III/FNA 4123-1) GmbH-Rundschau, vorher Rundschau für die GmbH (Jahr, Seite)

Stand: 1.1.2012

(XIV)

Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis

(v) Godin/Wilhelmi Gower/Davies grds Großkomm

GrS GRUR GS GuV GVBl hA Haarmann/Riehmer/Schüppen

Hachenburg Hanau/Ulmer

Happ Hb, Hdb HdbAG Hdb börsennot AG HdR Heidel HeidelbergKomm Henn/Frodermann/Jannott Heymann HFA HGB High Level Group

(XV)

Aktiengesetz, Kommentar, begr v Freiherr von Godin, H. Wilhelmi, 4. Auflage 1971 Gower and Davies’ Principles of Modern Company Law, 8th ed, London 2008 grundsätzlich Aktiengesetz, Großkommentar, begr v Gadow, Heinichen, 1. Auflage 1939, 2. Auflage 1961/65, 3. Auflage 1970 ff, 4. Auflage hrsg v Hopt, Wiedemann, 1992 ff Großer Senat Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (Jahr, Seite) Gedächtnisschrift Gewinn- und Verlustrechnung Gesetz- und Verordnungsblatt herrschende Ansicht Öffentliche Übernahmeangebote, Kommentar zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 2002, 3. Auflage Frankfurter Kommentar zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, hrsg v Haarmann, Schüppen, 2008 GmbH-Gesetz, Großkommentar, hrsg v Ulmer, 8. Auflage 1992–1997 Kommentar zum Mitbestimmungsgesetz, 1981, 2. Auflage Ulmer/Habersack/Henssler MitbestR, 2006 Aktienrecht, 3. Auflage 2007 Handbuch Handbuch der Aktiengesellschaft, hrsg v Nirk, Ziemons, Binnewies, Loseblatt, 1999 ff Handbuch börsennotierte AG, hrsg v Marsch-Barner, Schäfer, 2. Auflage 2009 Handbuch der Rechnungslegung, hrsg v Küting, Weber, Loseblatt, 2002 ff 3. Auflage 2011 Nomoskommentar (s auch AnwKomm) Heidelberger Kommentar zum Aktiengesetz, hrsg v Bürgers, Körber, 2. Auflage 2011 Handbuch des Aktienrechts, 8. Auflage 2009 Handelsgesetzbuch, Kommentar, 2. Auflage hrsg v Horn, 1995 ff Hauptfachausschuss des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. Handelsgesetzbuch vom 10.5.1897 (RGBl 219; BGBl III/FNA 4100-1) High Level Group of Company Law Experts (Winter, chairman, Christensen, Garrido Garcia, Hopt, Rickford, Rossi, Simon), Report of the High Level Group of Company Law Experts on Issues

Stand: 1.1.2012

Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis

Hirte Kapitalgesellschaftsrecht hL hM Hoffmann/Lehmann/Weinmann Hoffmann/Preu Hommelhoff/Hopt/von Werder Hommelhoff/Lutter/ Schmidt/Schön/Ulmer Hopt Kapitalanlegerschutz

Hopt/Kanda/Roe/ Wymeersch/Prigge Hopt/Voigt Hopt/Wymeersch Hopt/Wymeersch Hopt/Wymeersch/Kanda/Baum HReg HRR

Hrsg, hrsg HRV

Hs Hucke/Ammann Hüffer HV IAS IASB IASC idF idR IDW IDW FG IDW FN

Related to Takeover Bids (High Level I), European Commission, Brussels, 10 January 2002; Report of the High Level Group of Company Law Experts on a Modern Regulatory Framework for Company Law in Europe (High Level II), European Commission, Brussels, 4 November 2002 Kapitalgesellschaftsrecht, 6. Auflage 2009 herrschende Lehre herrschende Meinung Mitbestimmungsgesetz, Kommentar, 1978 Der Aufsichtsrat, 5. Auflage 2003 Handbuch Corporate Governance, 2. Auflage 2010 Corporate Governance. Gemeinschaftssymposium der Zeitschriften ZGR/ZHR, ZHR-Beiheft 71, 2002 Der Kapitalanlegerschutz im Recht der Banken, Gesellschafts-, bank- und börsenrechtliche Anforderungen an das Beratungs- und Verwaltungsverhalten der Kreditinstitute, 1975 Comparative Corporate Governance, The State of the Art and Emerging Research, Oxford 1998 Prospekt- und Kapitalmarktinformationshaftung, 2005 Comparative Corporate Governance, Berlin 1997 Capital Markets and Company Law, Oxford 2003 Corporate Governance in Context, Oxford 2005 Handelsregister Höchstrichterliche Rechtsprechung (1928–1942, zitiert Jahr, Nummer), bis 1927: Die Rechtsprechung, Beilage zur Zeitschrift Juristische Rundschau Herausgeber, herausgegeben Verordnung über die Einrichtung und Führung des Handelsregisters (Handelsregisterverordnung – HRV) v 12.8.1937 (RMBl 515; DJ 1251; BGBl III/FNA 315-20) Halbsatz Der Deutsche Corporate Governance Kodex, 2003 Aktiengesetz, 9. Auflage 2010 Hauptversammlung International Accounting Standards (seit 1.4.2001 IFRS) International Accounting Standards Board (vor dem 1.4.2001 IASC) International Accounting Standards Committee (seit 1.4.2001 IASB) in der Fassung in der Regel Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. Fachgutachten des IDW IDW-Fachnachrichten

Stand: 1.1.2012

(XVI)

Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis

IDW NA

IDW PS IDW RH IDW RS IDW S iE IFRS insb, insbes InsO InvG IPRax iÜ iVm Jabornegg/Strasser JBl Jg jew JherJ

JR JuS JW JZ KAGG

Kallmeyer KapMuG

KfH Kfm KG KGaA KGJ KK

(XVII)

Stellungnahmen des Sonderausschusses Neues Aktienrecht und des Hauptfachausschusses des IDW zu Fragen des neuen Aktienrechts IDW Prüfungsstandard IDW Rechnungslegungshinweise IDW Stellungnahme zur Rechnungslegung IDW Standards im Ergebnis International Financial Reporting Standards (vor dem 1.4.2001 IAS) insbesondere Insolvenzordnung (InsO) v 5.10.1994 (BGBl I 2866; BGBl III/FNA 311-13) Investmentgesetz (InvG) v 15.12.2003 (BGBl I 2676; BGBl III/FNA 7612-2) Praxis des internationalen Privat- und Verfahrensrechts (Jahr, Seite) im Übrigen in Verbindung mit Kommentar zum Aktiengesetz, begr v Schiemer, 4. Auflage, Wien 2001–2006 Justizblatt, Juristische Blätter, Wien (Jahr, Seite) Jahrgang jeweils Jahrbücher für Dogmatik des römischen und deutschen Privatrechts, begr v Jhering, Gerber, später Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des Bürgerlichen Rechts (Jahr, Seite) Juristische Rundschau (Jahr, Seite) Juristische Schulung (Jahr, Seite) Juristische Wochenschrift (Jahr, Seite) Juristenzeitung (Jahr, Seite) Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) idF v 9.9.1998 (BGBl I 2726; BGBl III/FNA 4120-4), aufgehoben durch InvG Umwandlungsgesetz, 4. Auflage 2009 Gesetz über Musterverfahren in kapitalmarktrechtlichen Streitigkeiten (Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz – KapMuG) idF v 16.8.2005 (BGBl I 2437) Kammer für Handelssachen Kaufmann Kommanditgesellschaft, Kammergericht Kommanditgesellschaft auf Aktien Jahrbuch für Entscheidungen des Kammergerichts in Sachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Band, Seite) Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, hrsg v Zöllner, 1. Auflage 1970 ff, 2. Auflage 1988 ff, 3. Auflage hrsg v Zöllner, Noack, 2004 ff

Stand: 1.1.2012

Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis

KK-WpÜG

Klausing

Köstler/Zachert/Müller Koller/Roth/Morck KOM Komm KonTraG

KostREuroUG

Kraakman/Davies/Hansmann/ Hertig/Hopt/Kanda/Rock krit Kropff AktG

KTS Kübler/Assmann GesR KWG

LAG LG li Sp Lit LS Lutter/Winter Lutter/Hommelhoff GmbHG Lutter Information Lutter/Krieger

m maW MDR Merkt/Göthel MinG

Kölner Kommentar zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, hrsg v Hirte, von Bülow, 2. Auflage 2010 Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien (Aktiengesetz) nebst Einführungsgesetz und „Amtlicher Begründung“ (AktG 1937) Aufsichtsratspraxis, Handbuch für Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, 9. Auflage 2009 Handelsgesetzbuch, Kommentar, 7. Auflage 2011 Kommission der Europäischen Gemeinschaften (Dokumente) Kommentar Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) v 27.4.1998 (BGBl I 786; BGBl III/FNA 4121) Gesetz zur Umstellung des Kostenrechts und der Steuerberatergebührenverordnung auf Euro (KostREuroUG) v 27.4.2001 (BGBl I 751) The Anatomy of Corporate Law. A Comparative and Functional Approach, Oxford 2004 kritisch Aktiengesetz vom 6.9.1965 und Einführungsgesetz zum Aktiengesetz mit Begründung des Regierungsentwurfs, 1965 Zeitschrift für Insolvenzrecht, Konkurs, Treuhand, Sanierung, (Jahr, Seite) Gesellschaftsrecht, 6. Auflage 2006, 5. Auflage Kübler, 1998 Gesetz über das Kreditwesen idF v 9.9.1998 (BGBl I 2776; BGBl III/FNA 7610-1) Landesarbeitsgericht Landgericht linke Spalte Literatur Leitsatz Umwandlungsgesetz, Kommentar, 4. Auflage 2009 GmbH-Gesetz, Kommentar, 17. Auflage 2009 Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Auflage 2006 Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 5. Auflage 2009 mit mit anderen Worten Monatsschrift für Deutsches Recht (Jahr, Seite) US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, 2. Auflage 2006 Ministergesetz

Stand: 1.1.2012

(XVIII)

Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis

MitbestBeiG

MitbestErgG

MitbestG

Mitt MoMiG

Montan-MitbestG

Mülbert Aktiengesellschaft

MünchAnwHdb Aktienrecht MünchHdbAG

MünchKommAktG

MünchKommBGB

MünchKommHGB

mwN MwSt mWv Nachw NASDAQ

(XIX)

Gesetz zur Beibehaltung der Mitbestimmung beim Austausch von Anteilen und der Einbringung von Unternehmensteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten der Europäischen Union betreffen (Mitbestimmungs-Beibehaltungsgesetz – MitbestBeiG) v 23.8.1994 (BGBl I 2228) Gesetz zur Ergänzung des Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie v 7.8.1956 (BGBl I 707; BGBl III/FNA 801-3) Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer (Mitbestimmungsgesetz – MitbestG) v 4.5.1976 (BGBl I 1153; BGBl III/FNA 801-8) Mitteilungen Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) v 23.10.2008 (BGBl I 2026) Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie v 21.5.1951 (BGBl I 347; BGBl III/FNA 801-2) Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt. Die Aktionärsgruppe bei Bildung und Umbildung einer Unternehmensgruppe zwischen Verbands- und Anlegerschutzrecht, 2. Auflage 1996 Münchener Anwaltshandbuch Aktienrecht, hrsg v Schüppen, Schaub, 2. Auflage 2010 Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Band 4: Aktiengesellschaft, hrsg v HoffmannBecking, 3. Auflage 2007 Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, hrsg v Kropff, Semler, 2. Auflage 2000 ff, Bände 1, 2 und 4–7 in 3. Auflage 2008 ff, hrsg v Goette, Habersack, 1. Auflage s Geßler Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, hrsg v Rebmann, Säcker, Rixecker, 5. Auflage 2006 ff, Bände 1, 3 und 8 in 6. Auflage 2012 ff Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, hrsg v K. Schmidt, 2. Auflage 2005 ff, Bände 1–3 in 3. Auflage 2012 ff mit weiteren Nachweisen Mehrwertsteuer mit Wirkung vom Nachweis National Association of Securities Dealers Automated Quotations (USA)

Stand: 1.1.2012

Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis

NaStraG

nF NJ NJW NJW-RR Nr(n) NYSE NZA NZG Obermüller/Werner/Winden OECD Österr OGH OFD OGH OGHZ

OHG OLG OLGZ

Palandt Peltzer Pfitzer/Oser Potthoff/Trescher PublG

pVV RabelsZ RAG Raiser/Veil Raiser/Veil Kapitalgesellschaften RBegrG

Gesetz zur Namensaktie und zur Erleichterung der Stimmrechtsausübung (Namensaktiengesetz – NaStraG) v 18.1.2001 (BGBl I 123; BGBl III/FNA 4121-1) neue Fassung Neue Justiz (Jahr, Seite) Neue Juristische Wochenschrift (Jahr, Seite) NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (Jahr, Seite) Nummer(n) New York Stock Exchange Neue Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht, seit 1992 Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (Jahr, Seite) Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht (Jahr, Seite) Die Hauptversammlung der Aktiengesellschaft, 5. Auflage 2011, bearb v Butzke Organisation for Economic Cooperation and Development Österreichischer Oberster Gerichtshof Oberfinanzdirektion (Jahr, Seite) Oberster Gerichtshof für die Britische Zone Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes für die Britische Zone in Zivilsachen (1949/50, zitiert Band, Seite) Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Entscheidungen der Oberlandesgerichte in Zivilsachen (Jahr, Seite) Bürgerliches Gesetzbuch, 71. Auflage 2012 Deutsche Corporate Governance, 2. Auflage 2004 Deutscher Corporate Governance Kodex, 2003, 2. Auflage 2005 hrsg v Pfitzer, Oser, Orth Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Auflage 2003, bearb v Theisen Gesetz über die Rechnungslegung von bestimmten Unternehmen und Konzernen (Publizitätsgesetz – PublG) v 15.8.1969 (BGBl I 1189, ber 1970 I 1113; BGBl III/FNA 4120-7) positive Vertragsverletzung Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht (Band, Jahr, Seite) Reichsarbeitsgericht, Entscheidungen des Reichsarbeitsgerichts (Band, Seite) Mitbestimmungsgesetz, Kommentar, 5. Auflage 2009 Recht der Kapitalgesellschaften, 5. Auflage 2010 Gesetz zur Begrenzung der mit Finanzinvestitionen verbundenen Risiken (Risikobegrenzungsgesetz) v 12.8.2008 (BGBl I 1666)

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(XX)

Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis

Rdn RdA RdW Recht

Randnummer(n) (s auch Rn) Recht der Arbeit (Jahr, Seite) Recht der Wirtschaft, Wien (Jahr, Seite) Das Recht (Jahr, Nummer der Entscheidung; bei Aufsätzen: Jahr, Seite) RefE Referentenentwurf RegE Regierungsentwurf re Sp rechte Spalte RG Reichsgericht (Band, Seite) RGBl I, II Reichsgesetzblatt, von 1922–1945 Teil I und Teil II (Jahr, Seite) RGZ Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen (Band, Seite) Ringleb/Kremer/Lutter/vonWerder Kommentar zum Deutschen Corporate Governance Kodex, 4. Auflage 2010 Ritter Aktiengesetz, 2. Auflage 1939 RIW Recht der internationalen Wirtschaft (Jahr, Seite) RJA Entscheidungen in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, zusammengestellt vom Reichsjustizamt (Band, Seite) RL Richtlinie Rn Randnummer(n) (s auch Rdn) ROHG Reichsoberhandelsgericht ROHGE Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichts (Band, Seite) Röhricht/Graf von Westphalen Handelsgesetzbuch, Kommentar, 3. Auflage 2008 Rowedder/Schmidt-Leithoff GmbHG, Kommentar, 4. Auflage 2002 Roth/Altmeppen GmbHG, Kommentar, 6. Auflage 2009 Rspr Rechtsprechung s S Schlegelberger/Quassowski K. Schmidt GesR Scholz Schwark/Zimmer SE SEAG

SEBG

SEC SEEG

(XXI)

siehe Seite; Satz Aktiengesetz, Kommentar, 3. Auflage 1939 Gesellschaftsrecht, 4. Auflage 2002 Kommentar zum GmbH-Gesetz, 10. Auflage 2010 Kapitalmarktrechts-Kommentar, 4. Auflage 2010 Societas Europaea, Europäische Aktiengesellschaft Gesetz zur Ausführung der Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (SE-Ausführungsgesetz – SEAG) v 22.12.2004 (BGBl I 3675; BGBl III/FNA 4121-4) Gesetz über die Beteiligung der Arbeitnehmer in einer Europäischen Gesellschaft (SE-Beteiligungsgesetz – SEBG) v 22.12.2004 (BGBl I 3686; BGBl III/FNA 801-15) Securities and Exchange Commission (USA) Gesetz zur Einführung der Europäischen Gesellschaft v 22.12.2004 (BGBl I 3675)

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Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis

Semler Semler/Volhard SeuffArch SE-VO

Slg Soergel sog SprAuG

Spark Staub

Staudinger Steinmeyer/Häger StGB str st Rspr StückAG

SZW/RSDA

Teichmann/Koehler Theisen

TransPuG

TUG

Leitung und Überwachung der Aktiengesellschaft, 2. Auflage 1996 Arbeitshandbuch für Aufsichtsratsmitglieder, 3. Auflage 2009 (s auch ARHdb) Seufferts Archiv für Entscheidungen der obersten Gerichte (Band, Nummer) Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (ABlEG L 294/1 v 10.11.2001) Sammlung Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 13. Auflage 1999 ff sogenannte(r) Gesetz zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes, über Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten und zur Sicherung der Montan-Mitbestimmung v 20.12.1988 (BGBl I 2312; BGBl III/FNA 801-11) Die Sparkasse, Zeitschrift des deutschen Sparkassenund Giroverbandes (Jahr, Seite) Handelsgesetzbuch, Großkommentar, 4. Auflage 1983 ff, Bände 2, 3, 6 und 7/1 in 5. Auflage hrsg v Canaris, Habersack, Schäfer Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Neubearbeitung 1999 ff WpÜG, Kommentar zum Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, 2. Auflage 2007 Strafgesetzbuch idF v 13.11.1998 (BGBl I 3322; BGBl III/FNA 450-2) strittig, streitig ständige Rechtsprechung Gesetz über die Zulassung von Stückaktien (Stückaktiengesetz – StückAG) v 25.3.1998 (BGBl I 590; BGBl III/FNA 4121-1) Schweizerische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht, Revue suisse de droit des affaires (früher SchweizAG, Jahr, Seite) Aktiengesetz, Kommentar, 3. Auflage 1950 Grundsätze einer ordnungsmäßigen Information des Aufsichtsrats, 3. Auflage 2002, Information und Berichterstattung des Aufsichtsrats, 4. Auflage 2008 Gesetz zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität (Transparenzund Publizitätsgesetz) v 19.7.2002 (BGBl I 2681; BGBl III/FNA 4121-1) Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf

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(XXII)

Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis

einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (Transparenzrichtlinie-Umsetzungsgesetz – TUG) v 5.1.2007 (BGBl I 10) u ua überw Ulmer/Habersack/ Henssler MitbestR UMAG

UmwG unstr unzutr Urt USA US-GAAP usw v VAG

VerfGH Verh VersR VfGH vgl VO(en) Voigt Voraufl Vorb, Vorbem VorstAG

VorstOG

WiB Wiedemann Gesellschaftsrecht

(XXIII)

unten unter anderem; und andere überwiegend Mitbestimmungsrecht, Kommentierung des MitbestG, der DrittelbG und der §§ 34 bis 38 SEBG, 2. Auflage 2006, 1. Auflage Hanau/Ulmer Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) v 22.9.2005 (BGBl I 2802; BGBl III/FNA 4121-1) Umwandlungsgesetz idF v 28.10.1994 (BGBl I 3210, ber 2005 I 428; BGBl III/FNA 4120-9-2) unstreitig unzutreffend Urteil United States of America United States Generally Accepted Accounting Principles und so weiter von; vom Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz – VAG) idF v 17.12.1992 (BGBl 1993 I 2; BGBl III/FNA 7631-1) Verfassungsgerichtshof (s auch VfGH) Verhandlungen des Deutschen Bundestages (BT), des Deutschen Juristentages (DJT) usw Versicherungsrecht, Juristische Rundschau für die Individualversicherung (Jahr, Seite) Verfassungsgerichtshof (s auch VerfGH) vergleiche Verordnung(en) Haftung aus Einfluss auf die Aktiengesellschaft, 2004 Vorauflage Vorbemerkung Gesetz über die Angemessenheit von Vorstandsvergütungen (VorstAG) idF v 31.7.2009 (BGBl I 2509) Gesetz über die Offenlegung von Vorstandsvergütungen (Vorstandsvergütungs-Offenlegungsgesetz – VorstOG) v 3.8.2005 (BGBl I 2267) Wirtschaftsrechtliche Beratung (Jahr, Seite) Gesellschaftsrecht, Band I 1980, Band II 2004

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Ergänzendes Abkürzungsverzeichnis

Widmann/Mayer wistra Wlotzke/Wißmann/Koberski/ Kleinsorge WM WP WPg WpHG

WPK WpÜG WuB

zB ZBB ZEuP ZfA ZfB ZfbF ZfRV ZGR ZHR ZIP ZRP ZVglRWiss ZZP

Umwandlungsrecht, Kommentar, hrsg v Widmann, Mayer, Loseblatt, 3. Auflage 1995 ff Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht (Jahr, Seite) Mitbestimmungsrecht, Kommentar, 4. Auflage 2011 Wertpapier-Mitteilungen (Jahr, Seite) Das Wertpapier (Jahr, Seite) Die Wirtschaftsprüfung (Jahr, Seite) Gesetz über den Wertpapierhandel (Wertpapierhandelsgesetz – WpHG) idF v 9.9.1998 (BGBl I 2708; BGBl III/FNA 4110-4) Wirtschaftsprüferkammer Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) v 20.12.2001 (BGBl I 3822; BGBl III/FNA 4110-7) Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft (Jahr, Seite) Zeitschrift für Europäisches Privatrecht (Jahr, Seite) Zeitschrift für Arbeitsrecht (Band, Jahr, Seite) Zeitschrift für Betriebswirtschaft (Band, Jahr, Seite) Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung (Band, Jahr, Seite) Zeitschrift für Rechtsvergleichung, Internationales Privatrecht und Europarecht (Jahr, Seite) Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht (Jahr, Seite) Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht (Band, Jahr, Seite) Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Jahr, Seite) Zeitschrift für Rechtspolitik (Jahr, Seite) Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft (Band, Jahr, Seite) Zeitschrift für Zivilprozess (Band, Jahr, Seite)

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(XXIV)

FÜNFTER UNTERABSCHNITT

Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen § 221 (1) 1Schuldverschreibungen, bei denen den Gläubigern oder der Gesellschaft* ein Umtausch- oder Bezugsrecht auf Aktien eingeräumt wird (Wandelschuldverschreibungen), und Schuldverschreibungen, bei denen die Rechte der Gläubiger mit Gewinnanteilen von Aktionären in Verbindung gebracht werden (Gewinnschuldverschreibungen), dürfen nur auf Grund eines Beschlusses der Hauptversammlung ausgegeben werden. 2Der Beschluß bedarf einer Mehrheit, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals umfaßt. 3Die Satzung kann eine andere Kapitalmehrheit und weitere Erfordernisse bestimmen. 4§ 182 Abs. 2 gilt. (2) 1Eine Ermächtigung des Vorstandes zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen kann höchstens für fünf Jahre erteilt werden. 2Der Vorstand und der Vorsitzende des Aufsichtsrats haben den Beschluß über die Ausgabe der Wandelschuldverschreibungen sowie eine Erklärung über deren Ausgabe beim Handelsregister zu hinterlegen. 3Ein Hinweis auf den Beschluß und die Erklärung ist in den Gesellschaftsblättern bekanntzumachen. (3) Absatz 1 gilt sinngemäß für die Gewährung von Genußrechten. (4) 1Auf Wandelschuldverschreibungen, Gewinnschuldverschreibungen und Genußrechte haben die Aktionäre ein Bezugsrecht. 2Die §§ 186 und 193 Abs. 2 Nr. 4 gelten sinngemäß. Übersicht Rdn A. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . . . . . . 1. Einführung durch das Aktiengesetz 1937 2. Aktiengesetz 1965 und spätere Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Unmittelbare Änderungen . . . . . b) Mittelbare Änderungen . . . . . . . c) Euro-Einführung . . . . . . . . . . 3. GmbH-Recht . . . . . . . . . . . . . . II. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Systematik und Schutzziele . . . . . . . 2. Abgrenzungen . . . . . . . . . . . . . a) Wandel- und Optionsanleihen . . . b) Gewinnschuldverschreibungen, Genussrechte und Genussscheine . . c) Einfache Schuldverschreibungen . . d) Optionen . . . . . . . . . . . . . . III. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Entscheidung des Vorstands . . . . . b) Einladung zur Hauptversammlung .

4 4 6 7 9 10 10 12 13 15 16 18 21 21 22

* Durch Art 1 Nr 19 des Gesetzes zur Änderung des Aktiengesetzes („Aktienrechtsnovelle 2012“; idF des RegE v 20.12.2011) werden

(1)

Rdn

1 1 1 IV. V.

VI.

VII.

c) Zustimmung der Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ausgabe der Anleihe . . . . . . . e) Wandlung und Bezug . . . . . . . Musterformular . . . . . . . . . . . . . Europäisches Recht . . . . . . . . . . . 1. EG-Richtlinien . . . . . . . . . . . . 2. Europäische Aktiengesellschaft . . . . Ausländisches Recht . . . . . . . . . . 1. Wandel- und Optionsanleihen . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . . b) Unterschiede und Gemeinsamkeiten 2. Genussscheine . . . . . . . . . . . . 3. Gläubigerversammlung . . . . . . . . Reform . . . . . . . . . . . . . . . . .

B. Wandel- und Optionsanleihen I. Allgemeines . . . . . . . . 1. Begriff und Rechtsnatur 2. Geschichte . . . . . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . . . . . . . . . . . .

23 25 26 27 28 29 31 41 41 42 50 57 70 71

. . . .

75 75 75 80

hier voraussichtlich Anfang 2012 die kursiv gesetzten Wörter „oder der Gesellschaft“ eingefügt.

Heribert Hirte

§ 221

Fünfter Unterabschnitt Rdn

3. Wirtschaftliche Bedeutung . . . . . . . a) Vorteile für Anleger und Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . b) Neuere Gestaltungsformen . . . . aa) Going-Public-Anleihe . . . . . bb) Wandelanleihe mit Wandlungspflicht und „umgekehrte Wandelanleihe“ . . . . . . . . c) Vertragsgestaltung bei Zwischenschaltung einer Tochtergesellschaft d) Statistische Angaben . . . . . . . II. Emissionsvoraussetzungen im Innenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorstandsentscheidung . . . . . . . . 2. Hauptversammlungsbeschluss (Abs 1 S 1) . . . . . . . . . . . . . . 3. Verpflichtung des Vorstands zur Ausgabe . . . . . . . . . . . . . . . 4. Ermächtigungsbeschluss (Abs 2 S 1) . 5. Mehrheitserfordernisse (Abs 1 S 2 bis 4) . . . . . . . . . . . . . . . a) Normalfall . . . . . . . . . . . . b) Sonderbeschlüsse (Abs 1 S 4) . . . c) Sonstige Schranken . . . . . . . . 6. Zustimmung des Aufsichtsrats oder von Aktionären . . . . . . . . . . . . 7. Handelsregister und Publizität (Abs 2 S 2 u 3) . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Schuldverschreibungen anderer Gesellschaften oder Umtausch-/Bezugsrechte auf Aktien anderer Gesellschaften . . III. Emission im Außenverhältnis . . . . . . 1. Verbriefung, Verbindung und Trennung 2. Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Inhaltskontrolle nach dem AGB-Recht 4. Entstehung . . . . . . . . . . . . . . 5. Erwerb eigener Wandel- oder Optionsanleihen durch die Gesellschaft . . . . 6. Informationsrecht der Anleihegläubiger . . . . . . . . . . . . . . . IV. Bezugsrecht der Aktionäre (Abs 4) . . . 1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausschluss . . . . . . . . . . . . . . 3. Anwendbarkeit von § 187 . . . . . . 4. Bezugsrecht auf Wandel- oder Optionsanleihen von Tochtergesellschaften . . 5. Rechtsfolgen von Verstößen . . . . . V. Einräumung und Sicherung des Umtausch-/Bezugsrechts auf Aktien . . . . 1. Klassische Möglichkeiten . . . . . . . 2. Bedingtes Kapital . . . . . . . . . . . 3. Genehmigtes Kapital . . . . . . . . . 4. Emissionen von Tochtergesellschaften 5. Schadenersatzanspruch . . . . . . . . VI. Schutz der Umtausch-/Bezugsrechte . . . 1. Gesetzliche Lage . . . . . . . . . . . a) Verschmelzung und Umwandlung . b) Liquidation . . . . . . . . . . . . c) Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln . . . . . . . . . . . . . .

85 85 89 89

90 93 96 99 99 100 106 107 112 112 114 115 116 117

121 125 125 129 131 133 136 141 142 142 143 151 154 157 159 160 164 166 168 171 173 176 176 177 178

Rdn d) Kapitalerhöhung gegen Einlagen . e) Ausgabe neuer Wandel- und Optionsanleihen . . . . . . . . . f) Kapitalherabsetzung . . . . . . . g) Konzernprobleme . . . . . . . . . h) Sonstige Maßnahmen . . . . . . . 2. Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsfolgen von Verstößen . . . . . VII. Änderung und Aufhebung der Rechte, Sanierung und Insolvenz . . . . . . . . 1. Änderung und Aufhebung der Rechte 2. Vorinsolvenzliche Sanierung . . . . . 3. Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Wandlung und Bezug . . . . . . . . . . 1. Rechtsnatur des Umtausch-/Bezugsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wandlungspflicht und Tilgungswahlrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Aktienbezug . . . . . . . . . . . . . a) Bareinlage und Sacheinlage . . . . b) Verbot der Unter-Pari-Emission . . c) Auswirkungen auf die Schuldverschreibung . . . . . . . . . . . . IX. Bilanzierung . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einzelabschluss . . . . . . . . . . . . a) Grundfall . . . . . . . . . . . . . b) Behandlung des Agios . . . . . . . 2. Insbesondere: Bilanzierung niedrigverzinslicher Optionsanleihen im Einzelabschluss . . . . . . . . . . . . a) Identität von Anleiheschuldner und Zielgesellschaft der Optionsrechte b) Trennung von Anleiheschuldner und Zielgesellschaft der Optionsrechte . . . . . . . . . . . . . . . aa) Muttergesellschaft . . . . . . bb) Tochtergesellschaft . . . . . . c) Erfordernis der Sacheinlageprüfung . . . . . . . . . . . . . . aa) Einordnung der Sacheinlage . bb) Fehlende Sacheinlageprüfung . cc) Trennung von Anleiheschuldner und Zielgesellschaft der Optionsrechte . . . . . . . . 3. Konzernabschluss . . . . . . . . . . X. Kapitalmarktfragen . . . . . . . . . . . 1. Wertpapierzulassung . . . . . . . . . 2. Wertpapierhandel . . . . . . . . . . XI. Kosten und Steuern . . . . . . . . . . . 1. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . a) Notarkosten . . . . . . . . . . . b) Hinterlegung beim Handelsregister c) Anmeldung zum Handelsregister . d) Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern . . . . . . . . . . e) Verwaltungskosten . . . . . . . . f) Kostenschuldner . . . . . . . . . 2. Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesellschaft als Steuersubjekt . . . b) Anleihegläubiger als Steuersubjekt

Stand: 1.1.2012

181 184 185 187 190 191 197 199 199 202 206 207 207 210 214 215 219 220 222 222 222 233

238 238

246 246 252 254 254 258

261 264 265 265 270 276 276 277 282 285 287 288 289 290 291 295

(2)

Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

§ 221

Rdn XII. Wandel- und Bezugsrechte ohne Schuldverschreibung . . . . . . . . . . . . . 1. Isolierte Wandel- und Bezugsrechte (naked warrants) . . . . . . . . . . a) EG-Recht . . . . . . . . . . . . b) Wortlaut . . . . . . . . . . . . . c) Systematik . . . . . . . . . . . . d) Zweck . . . . . . . . . . . . . . aa) Schutz der Gesellschaft vor Spekulation . . . . . . . . . bb) Stimmrechtsloses Eigenkapital cc) Schutz der Aktionäre vor Spekulation . . . . . . . . . e) Sicherung des Bezugsrechts aus naked warrants . . . . . . . . . f) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . 2. Verbindung von Wandel- und Bezugsrechten mit Aktien oder Genussrechten XIII. Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . .

. 298 . . . . .

. 306 . 308 . 310 . 312 . 316 318 . 322

C. Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff und Rechtsnatur . . . . . . . . a) Gewinnschuldverschreibungen . . . b) Genussrechte . . . . . . . . . . . . aa) Inhalt . . . . . . . . . . . . . bb) Zweck . . . . . . . . . . . . . c) Genussrechte anderer Rechtsträger 2. Geschichte . . . . . . . . . . . . . . . a) Genussrechte . . . . . . . . . . . . b) Gewinnschuldverschreibungen . . . 3. Wirtschaftliche Bedeutung . . . . . . a) Gestaltungsformen von Genussscheinen . . . . . . . . . . . . . . b) Statistische Angaben zu Genussscheinen . . . . . . . . . . . . . . c) Gewinnschuldverschreibungen . . . II. Konkurrenzfragen . . . . . . . . . . . . 1. Verhältnis Gewinnschuldverschreibungen – Genussrechte . . . . . . . . 2. Verhältnis Genussrechte – stimmrechtslose Vorzugsaktien . . . . . . . a) EG-Recht . . . . . . . . . . . . . b) Gesetzessystematik . . . . . . . . . c) Gesetzesgeschichte . . . . . . . . . d) Rechtsvergleichende Gesichtspunkte e) Ausnahme . . . . . . . . . . . . . f) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . g) Gewinnschuldverschreibung . . . . 3. Verhältnis zum Teilgewinnabführungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . III. Emissionsvoraussetzungen im Innenverhältnis (Abs 3) . . . . . . . . . . . . 1. Anwendbarkeit der Regeln über Wandel- und Optionsanleihen . . . . . a) Nur gewinnbezogene Rechte . . . . b) Zustimmung der Hauptversammlung (Abs 3) . . . . . . . . . . . . c) Beschlusserfordernisse . . . . . . .

(3)

298 301 302 303 306

323 323 323 324 328 328 334 337 342 342 346 347 347 350 353 354 354 360 362 363 368 369 370 372 373 375 376 376 377 378 382

Rdn d) Nähere Ausgestaltung in Genussrechts- oder Anleihebedingungen . 2. Zustimmung des Aufsichtsrats . . . . 3. Handelsregister und Publizität . . . . 4. Bezugnahme auf den Gewinn anderer Gesellschaften oder nur einen Teil des Gewinns . . . . . . . . . . . . . . 5. Garantie der von einer anderen Gesellschaft ausgegebenen Gewinnschuldverschreibungen/Genussrechte . IV. Emission im Außenverhältnis . . . . . . . 1. Verbriefung, Inhalt, Entstehung . . . . 2. Inhaltskontrolle nach dem AGB-Recht 3. Erwerb eigener Gewinnschuldverschreibungen/Genussrechte . . . . . 4. Informationsrecht der Anleihe- und Genussrechtsgläubiger . . . . . . . . . V. Bezugsrecht der Aktionäre (Abs 4) . . . . 1. Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausschluss . . . . . . . . . . . . . . . 3. Anwendbarkeit von § 187 . . . . . . . 4. Bezugsrechte auf Gewinnschuldverschreibungen/Genussrechte von Tochtergesellschaften . . . . . . . . . VI. Verwässerungsschutz . . . . . . . . . . . VII. Änderung und Aufhebung der Rechte, Sanierung und Insolvenz . . . . . . . . . 1. Änderung und Aufhebung der Rechte . 2. Vorinsolvenzliche Sanierung . . . . . . a) Unmittelbare Anwendung des SchVG b) Entsprechende Anwendung des SchVG . . . . . . . . . . . . . 3. Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Bilanzierung . . . . . . . . . . . . . . . 1. Genussrechte . . . . . . . . . . . . . a) Genussrechte ohne Einlageleistung . b) Genussrechte gegen Einlageleistung . aa) Bilanzierung als Verbindlichkeit . . . . . . . . . . . . bb) Bilanzierung im Eigenkapital . cc) Erfolgswirksame Vereinnahmung . . . . . . . . . . . c) Behandlung des Agios . . . . . . . d) Zinsansprüche . . . . . . . . . . . e) Anhangsangaben . . . . . . . . . . 2. Gewinnschuldverschreibungen . . . . 3. Bilanzierung beim Inhaber des Genussrechts oder der Gewinnschuldverschreibung . . . . . . . . . . . . . IX. Kapitalmarktfragen . . . . . . . . . . . 1. Wertpapierzulassung . . . . . . . . . 2. Wertpapierhandel . . . . . . . . . . . X. Kosten und Steuern . . . . . . . . . . . 1. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesellschaft als Steuersubjekt . . . b) Genussrechtsgläubiger als Steuersubjekt . . . . . . . . . . . . . . . c) Übertragung von Genussrechten . . XI. Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . .

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Schrifttum I. Wandel- und Optionsanleihen Christof Aha Ausgewählte Gestaltungsmöglichkeiten bei Aktienoptionsplänen, BB 1997, S 2225– 2228; ala. (Alexander Armbruster) Neue Chancen auf dem Wandelanleihe-Markt/Der Aktienmarkteinbruch hat auch die Kurse von Wandelanleihen gedrückt/Das bietet Kaufgelegenheiten, sagen Profis, FAZ v 19.10.2011, Nr 243 S 17; Gabriele Apfelbacher/Thomas Kopp Pflichtwandelanleihen als sonstiges (hybrides) Kernkapital, CFL 2010, S 21–30; Theodor Baums Aktienoptionen für Vorstandsmitglieder, in: Festschrift für Claussen, Köln/Berlin/Bonn/München 1997, S 3–48; Marcus Bieder Gesellschaftsvertragliche Inhaltskontrolle und AGB-Recht, ZHR 174 (2010), S 705–737; Fritz Otto Bornemann/Hans-Otto Linnhoff Die seit der Währungsreform begebenen Industrie-Anleihen, Berlin 1958; Felix von Bredow Aktienwertsteigerungsrechte (stock appreciation rights): Virtuelle Kapitalbeteiligungen für Führungskräfte und Mitarbeiter, FB 1999, S 232–238; Günther M Bredow Mustervereinbarung zu Aktienoptionsplänen für das Management und leitende Angestellte (Stock Option Plans), DStR 1998, S 380–382; Thomas N Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente der Aktiengesellschaft. Untersuchung aktienrechtlicher Fragestellungen bei der Ausgabe von Anleihen mit Aktienerwerbsrechten auf Anteile eines anderen Unternehmens, Berlin 2010; Heike Brunkhorst Verteilung der Finanzierungskompetenzen bei der bestehenden Aktiengesellschaft – ohne Gründung und Liquidation, Aachen 1996; Tobias Bürgers Keine Aktienoptionen für Aufsichtsräte – Hindernis für die Professionalisierung des Aufsichtsrats?, NJW 2004, S 3022–3026; Torsten Busch Bezugsrecht und Bezugsrechtsausschluß bei Wandel- und Optionsanleihen, AG 1999, S 58–66; Ernst von Caemmerer Obligationen als Substanzrechte, JZ 1951, S 417–423; Claus-Wilhelm Canaris Die Verbindlichkeit von Optionsscheingeschäften, WM 1988, Beil 10, S 1–20; Matthias Casper Insiderverstöße bei Aktienoptionsprogrammen, WM 1999, 363–370; ders Der Optionsvertrag, Tübingen 2005 (dazu Hammen WM 2006, S 1559); Carsten P Claussen Aktienoptionen – eine Bereicherung des Kapitalmarktrechts, WM 1997, S 1825–1832; Silke Dierks Selbständige Aktienoptionsscheine, Berlin 2000; Florian Drinhausen/Uwe Hamann Gestaltungsmöglichkeiten der Preisfindung bei der Bezugsemission von Wandelschuldverschreibungen, FB 2004, S 628–631; Tim Drygala Wandelanleihen mit Wandlungsrecht des Anleiheschuldners nach dem Entwurf für eine Aktienrechtsnovelle 2011, WM 2011, S 1637–1645; Clemens Engelhardt Optionen im Squeeze-Out: Abfindung der Bezugsrechtinhaber [sic!] – aber wie?, BKR 2008, S 45–50; Jens Ekkenga Wertpapier-Bedingungen als Gegenstand richterlicher AGB-Kontrolle?, ZHR 160 (1996), S 59–74; Dieter Feddersen Aktienoptionsprogramme für Führungskräfte aus kapitalmarktrechtlicher und steuerlicher Sicht, ZHR 161 (1997), S 269–299; Kaspar Frey/Heribert Hirte Das Vorab-Bezugsrecht auf Aktien und Optionsanleihen, ZIP 1991, S 697–705; Alfred Friedmann Gutachten für das Reichsjustizministerium zu den §§ 193, 194 des Aktienrechtsentwurfs von 1931 (E II) (überliefert in den Akten des Reichsjustizministeriums, Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde, Bestand R 3001 RJA/RJM Nr 20768 ff); Sönke Friedrichsen Aktienoptionsprogramme für Führungskräfte. Gesellschaftsrecht – Kapitalmarktrecht – Steuerrecht – Bilanzrecht, Köln/Berlin/Bonn/München 2000; Arne Friel Wandelanleihen und Pflichtwandlung. Im deutschen und US-amerikanischen Recht, Frankfurt aM ua 2000; Andreas Fuchs Selbständige Optionsscheine als Finanzierungsinstrument der Aktiengesellschaft, AG 1995, S 433–451; ders Aktienoptionen für Führungskräfte und bedingte Kapitalerhöhung. Anmerkungen zur geplanten Neuregelung nach dem Referentenentwurf zur Änderung des Aktiengesetzes („KonTraG“), DB 1997, S 661–668; ders Grenzen für eine aktienkursorientierte Vergütung von Aufsichtsratsmitgliedern, WM 2004, S 2233–2240; Jens Fürhoff Insiderrechtliche Behandlung von Aktienoptionsprogrammen und Management Buy-Outs, AG 1998, S 83–88; gb. (Gerald Braunberger) Die Wandelanleihe als Kompromiss in der Krise/Wandler verbinden Elemente von Anleihen und Aktien/Wenige Emittenten und Anleger in Deutschland, FAZ v 11.8.2011, Nr 185, S 17; Andreas Gätsch/Ingo Theusinger Naked warrants als zulässige Finanzierungsinstrumente für Aktiengesellschaften, WM 2005, S 1256–1265; Leonidas N Georgakopoulos Zur Problematik der Wandelschuldverschreibungen, ZHR 120 (1957), S 84–182; Maximilian Freiherr v Gleichenstein Wandelschuldverschreibungen neuen Stils, AG 1964, S 141–148; Wolfgang Groß Isolierte Anfechtung der Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluß bei der Begebung von Optionsanleihen, AG 1991, S 201–205; ders Bezugsrechtsausschluß und Barkapitalerhöhungen: Offene Fragen bei der

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

§ 221

Anwendung des neuen § 186 Abs 3 Satz 4 AktG, DB 1994, S 2431–2439; Eckhart Gustavus Die Sicherung von mit ausländischen Optionsanleihen verbundenen Bezugsrechten auf deutsche Aktien, BB 1970, S 694–695; Mathias Habersack Anwendungsvoraussetzungen und -grenzen des § 221 AktG, dargestellt am Beispiel von Pflichtwandelanleihen, Aktienanleihen und „warrants“, in: Entwicklungslinien im Bank- und Kapitalmarktrecht. Festschrift für Gerd Nobbe, Köln 2009, S 539– 563; ders Wandelbare Vorzugsaktien, insbesondere aus genehmigtem Kapital, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, Köln 2008, S 913–932; Horst Hammen Bemerkungen zur Dogmatik des Aktienoptionsgeschäfts, ZIP 1987, S 151–156; Handelsrechtsausschuss des Deutschen Anwaltvereins: Gesetzgebungsvorschlag zur Herstellung von Rechtssicherheit für Wandelschuldverschreibungen deutscher Aktiengesellschaften, NZG 2007, S 857–858; Klaus Joachim Hartung Das Wertpapieroptionsgeschäft in der Bundesrepublik Deutschland, Berlin 1989; ders Termin- und Differenzeinwand beim Optionsscheinhandel- zugleich Anmerkung zum Urteil des LG Würzburg vom 17.5.1988 – 6 O 2363/87, BB 1989, S 2411–2417; Kai-Alexander Heeren Kapitalgeberschutz und hybride Finanzierungsinstrumente. Risikoabhängiges Schutzinstrumentarium durch kapitalmarkt-, gesellschafts- und schuldrechtliche Regelungsmechanismen, Berlin 2008; Marcus Heinrich Der weiße Ritter als Maßnahme zur Abwehr eines feindlichen Übernahmeangebots, Jena 2009; Bernd Heitzer/Frank Klose/Manfred Steiner Wertorientierte Gestaltung von Aktienoptionsprogrammen für das Management, FB 2000, S 345–355; Helmut Hemmerling Aktienrechtliche Probleme bei der Begebung von Optionsschuldverschreibungen ausländischer Tochtergesellschaften, Diss Tübingen 1991; Heribert Hirte Bezugsrechtsfragen bei Optionsanleihen, WM 1994, S 321–329; ders Gesellschafts- und kapitalmarktrechtliche Fragen der Finanzierung im multinationalen Konzern und bei grenzüberschreitender Finanzierung, in: Lutter/Scheffler/Schneider (Hrsg), Handbuch der Konzernfinanzierung, Köln 1998, S 1108–1136; ders Ausgewählte Fragen zu Stock-option-Plänen und zum Erwerb eigener Aktien, in: RWS-Forum Gesellschaftsrecht 1999, Köln 2000, S 211–249; ders Kapitalmaßnahmen: Kapitalerhöhung und Kapitalherabsetzung, in: Bayer/Habersack (Hrsg), Aktienrecht im Wandel, Bd II. Grundsatzfragen des Aktienrechts, Tübingen 2007, S 827–892; Jörg Höhling/Dirk Schiereck Die Bewertung von Optionsscheinen und Optionen – eine empirische Analyse anhand von Arbitragestrategien, ZBB 1995, S 170–184; Dietrich Hoffmann Optionsanleihen ausländischer Töchter unter der Garantie ihrer deutschen Muttergesellschaft, AG 1973, S 47–58; Holger Hofmeister Der erleichterte Bezugsrechtsausschluß bei Wandelschuldverschreibungen, Gewinnschuldverschreibungen und Genußrechten. Zur Reichweite des Verweises in § 221 Abs 4 S 2 AktG auf § 186 Abs 3 S 4 AktG, Frankfurt aM ua 2000; Björn Holland/Sebastian Goslar Die Bedienung von Wandelanleihen aus genehmigtem Kapital, NZG 2006, S 892–896; Alfred Hueck Die Behandlung von Wandelschuldverschreibungen bei Änderung des Grundkapitals, DB 1963, S 1347–1351; Uwe Hüffer Harmonisierung des aktienrechtlichen Kapitalschutzes. Die Durchführung der zweiten EG-Richtlinie zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts, NJW 1979, S 1065–1070; ders Aktienbezugsrechte als Bestandteil der Vergütung von Vorstandsmitgliedern und Mitarbeitern – gesellschaftsrechtliche Analyse, ZHR 161 (1997), S 214–245; Hanns F Hügel Stock Options und materielle Beschlusskontrolle nach dem Aktienoptionengesetz, in: Festschrift für Krejci, Wien 2001, S 647–665; Hans-Christoph Ihrig Geklärtes und Ungeklärtes zum Vereinfachten Bezugsrechtsausschluss nach § 186 Abs. 3 Satz 4 AktG, in: Liber amicorum Wilhelm Happ, Köln/Berlin/München 2006, S 109–129; Axel Jäger Aktienoptionspläne in Recht und Praxis – eine Zwischenbilanz, DStR 1999, S 28–34; Eva Jäger Aktienoptionen und Optionsschein, München 1990; Friedrich Janssen Bedeutung und Ausstattung von Wandel- und Optionsanleihen, Göttingen 1982; Edgar Joussen Der Erwerb von selbständigen Optionsscheinen als Börsentermingeschäft, BB 1997, S 2117–2123; Harald Kallmeyer Aktienoptionspläne für Führungskräfte im Konzern, AG 1999, 97–103; Jürgen Kallrath Die Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen von Wandel- und Optionsanleihen, Gewinnschuldverschreibungen und Genußscheinen, Köln 1994; Wolfgang M Kau/Niklas Leverenz Mitarbeiterbeteiligung und leistungsgerechte Vergütung durch Aktien-Options-Pläne, BB 1998, 2269, 2272–2276; Thomas Keul/Philipp Semmer Das zulässige Gesamtvolumen von Aktienoptionsplänen, DB 2002, S 2255–2258; Stefan Kilgus Anleihen mit Tilgungswahlrecht des Emittenten (Reverse Convertibles), WM 2001, S 1324– 1330; Volkert Kjer Optionsanleihen – Analyse und Gestaltung einer Finanzierungs- und Anlageform, Berlin 1981; Christoph Klahold Aktienoptionen als Vergütungselement, Frankfurt aM 1999; Tim Klawitter Zum vereinfachten Bezugsrechtsausschluss gem § 186 Abs 3 Satz 4 AktG bei der Ausgabe von Wandel- oder Optionsschuldverschreibungen, AG 2005, S 792–802; Benjamin Kleidt/

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Fünfter Unterabschnitt

Dirk Schiereck Mandatory Convertibles, BKR 2004, S 18–21; Martin R Kniehase Derivate auf eigene Aktien, Berlin 2005; ders Der vereinfachte Bezugsrechtsausschluss bei der Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen, AG 2006, S 180–187; Leonhard Knoll Der Wert von Bezugsrechten und die materielle Rechtfertigung des Bezugsrechtsausschlusses bei Wandelschuldverschreibungen, ZIP 1998, S 413–415; Leonhard Knoll/Hans Peter Möller Die Entscheidung der Aktionäre über AktienOptionspläne: Notwendigkeit der Vermittlung relevanter Informationen, ZBB 1999, S 69–72; Hans Koch Kreditbeschaffung durch Wandelschuldverschreibungen, NJW 1965, S 239–240 (hierzu die Erwiderung von Axel G Osenberg NJW 1965, S 1364–1365); Klaus Kohler Stock Options für Führungskräfte aus der Sicht der Praxis, ZHR 161 (1997), S 246–268; Hans-Georg Koppensteiner Ordentliche Kapitalerhöhungen und dividendenabhängige Ansprüche Dritter, ZHR 139 (1975), S 191–207; Tobias Krug Gestaltungsfragen bei marktpreisnahen Bezugsemissionen, BKR 2005, S 302–309; Thilo Kuntz Die Zulässigkeit selbstständiger Aktienoptionen („naked warrants“), AG 2004, S 480–486; Christoph Legerlotz/Jörg Laber Arbeitsrechtliche Grundlagen bei betrieblichen Arbeitnehmerbeteiligungen durch Aktienoptionen und Belegschaftsaktien, DStR 1999, S 1658–1667; Markus Lenenbach Aktienanleihen: Ihre Behandlung im Zivil- und Börsenterminrecht und nach dem AGBG. Zugleich Besprechung des Urteils des LG Frankfurt, NZG 2000, 793, in: NZG 2001, S 481–493; Hans-Otto Linnhoff Kapitalerhöhung und Sanierung im Wandelanleihevertrag, DB 1955, 1193–1196; ders Optionsanleihen, Berlin 1956; Gerold Loos Sachgemäße Ausgestaltung der Bedingungen von Wandelschuldverschreibungen zum Schutz der Wandelschuldverschreibungsgläubiger, DB 1960, S 515–518; Claus Lucke Aktienoptionsprogramme als Managementvergütung. Einige kritische Anmerkungen, ZBB 1999, S 205–212; Jens-Walter Lüpkes Zulässigkeit und Zweckmäßigkeit aktienkursorientierter Vergütung von Mitgliedern des Aufsichtsrats. Unter besonderer Berücksichtigung des MobilCom-Urteils des BGH vom 16. Februar 2004 zu Aufsichtsrats Stock Option Programmen, Köln/München 2008; Marcus Lutter Optionsanleihen ausländischer Tochtergesellschaften, AG 1972, S 125–136; ders Optionsanleihen ausländischer Tochtergesellschaften, in: Wirtschaftspraxis und Rechtswissenschaft. Festschrift für Walther Kastner zum 70. Geburtstag, Wien 1972, S 245–267; ders Die rechtliche Behandlung von Erlösen aus der Verwertung von Bezugsrechten bei der Ausgabe von Optionsanleihen. Rechtsprobleme bei Einschaltung von Tochterunternehmen und bei Emission allein durch die Muttergesellschaft, DB 1986, S 1607–1614; ders Aktienoptionen für Führungskräfte – de lege lata und de lege ferenda, ZIP 1997, S 1–9; Marcus Lutter/Tim Drygala Die zweite Chance für Spekulanten? – Zur nachträglichen Korrektur der Konditionen von Optionsschuldverschreibungen, in: Festschrift für Carsten Peter Claussen, Köln/Berlin/ Bonn/München 1997, S 261–278; Claus Luttermann/Corinna Wicher Rechtsordnung für Unternehmensanleihen: Vertragsrecht, Hybridformen und Standardisierung, ZIP 2005, S 1529–1535; Johannes Maidl Die Wandelschuldverschreibung bei der GmbH, NZG 2006, S 778–780; Georg MaierReimer Der Börsentermin- und Differenzeinwand im Optionsscheinhandel, AG 1988, S 317–322; ders Bedingtes Kapital für Wandelanleihen, in: Kapitalmarkt – Recht und Praxis. Gedächtnisschrift für Ulrich Bosch, Recklinghausen 2006, S 85–98; ders Zwangswandlung von Schuldverschreibungen in deutsche Aktien, in: Festschrift für Wulf Goette, München 2011, S 299–311; Peter Mankowski Optionsanleihen ausländischer Gesellschaften als Objekt von Börsenaußengeschäften. Qualifikation und Internationales Privatrecht, AG 1998, S 11–26; Reinhard Marsch-Barner Nochmals: Umgehung der Sacheinlagevorschriften durch Wandelschuldverschreibungen und Wandelgenußrechte?, DB 1995, S 1497; Klaus-Peter Martens Die mit Optionsrechten gekoppelte Aktienemission, AG 1989, S 69–77; ders Die rechtliche Behandlung von Options- und Wandlungsrechten anläßlich der Eingliederung der verpflichteten Gesellschaft, AG 1992, S 209–216; ders Erwerb und Veräußerung eigener Aktien im Börsenhandel – Überlegungen de lege ferenda, AG 1996, 337–349; ders Eigene Aktien und Stock Options in der Reform, in: Die Aktienrechtsreform 1997, AG 1997, August-Sonderheft S 83–90; Andreas Masuch Anleihebedingungen und AGB-Gesetz. Die Bedeutung des AGB-Gesetzes für Emissionsbedingungen von Anleihen, Heidelberg 2001 (dazu Stoffels ZHR 166 [2002], S 359– 361); Heinz Meilicke Wandelschuldverschreibungen bei Kapitalherabsetzung, BB 1963, S 500–501; Wienand Meilicke Umgehung der Sacheinlagevorschriften durch Wandelschuldverschreibungen und Wandelgenußrechte?, DB 1995, S 1061–1062; Justus Meyer/Sören Ludwig Aktienoptionen für Aufsichtsräte ade?, ZIP 2004, S 940–945; mtr. (Martin T Roth) Wandelanleihen sind nicht die beste aller Welten für Anleger/Lohnende Finanzierungsform für Emittenten/Hedge-Fonds kaufen Titel wegen zu billiger Kaufoptionen, FAZ v 9.9.2003, Nr 209, S 30; Thomas Müller-Bonanni/Alice Nieroba

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Arbeitsrechtliche Aspekte konzernweiter Aktienoptionsprogramme, Konzern 2010, S 143–151; Stefan Mutter Darf’s ein bisschen mehr sein? – Überlegungen zum zulässigen Gesamtvolumen von Aktienoptionsprogrammen nach dem KonTraG, ZIP 2002, S 295–286; Manuel Nodoushani CoCoBonds in Deutschland – Die neue Wandelschuldverschreibung, ZBB 2011, S 143–150; Walter Paefgen Börsenpreisorientierte Vergütung und Überwachungsaufgabe des Aufsichtsrats, WM 2004, S 1169–1175; ders Eigenkapitalderivate bei Aktienrückkäufen und Managementbeteiligungsmodellen – zugleich ein Beitrag zur Entwicklung einer allgemeinen Systematik für die aktienrechtliche Bewertung von Calls und Puts als Instrumente der Unternehmensfinanzierung, AG 1999, S 67–74; Bernhard Pellens (Hrsg), Unternehmenswertorientierte Entlohnungssysteme, Stuttgart 1998; Martin Peltzer Steuer- und Rechtsfragen bei der Mitarbeiterbeteiligung und der Einräumung von Aktienoptionen (Stock Options), AG 1996, S 307–315; ders Keine Aktienoptionen mehr für Aufsichtsratsmitglieder, NZG 2004, S 509–512; Christian Prasse Aktienrecht – die Unzulässigkeit von Stock Options für Aufsichtsräte, MDR 2004, S 792–794; Andreas Prosser Anlegerschutz bei Genussscheinen, Gewinnschuldverschreibungen, Options- und Wandelanleihen, Frankfurt aM ua 2000; Klaus Röder Der Mandatory Convertible der Deutsche Telekom AG, FB 2003, S 240–242; Rüdiger von Rosen Aktienoptionen für Führungskräfte und Insiderrecht, WM 1998, S 1810; Henning Rosenau Das Eurodollar-Darlehen und sein anwendbares Recht. Ein Beitrag zur Auslegung der Art. 27 und 28 EGBGB auf internationale Kredite, RIW 1992, S 879–883; Wolfgang Rosener Aktienoptionen beim Börsengang, in: Festschrift für Gerold Bezzenberger, Berlin/New York 2000, S 745–755; Markus Roth/Hans Schorneweg Emission selbständiger Aktienoptionen durch die Gesellschaft. Zur aktienrechtlichen Zulässigkeit der Begebung so genannter naked warrants, WM 2002, S 677–683; Michael Rozijn „Wandelanleihe mit Wandlungspflicht“ – eine deutsche equity note?, ZBB 1998, S 77–100; ruh. (Stefan Ruhkamp) Telekom verschafft sich frisches Eigenkapital/Wandelanleihe für bis zu 2,5 Milliarden Euro/Aktienkurs bricht ein/T-Anleihen gewinnen, FAZ v 20.2.2003, Nr 43, S 21; Horst Rusch Die Wandelschuldverschreibung, Berlin 1956; Frank A Schäfer Emission und Vertrieb von Wertpapieren nach dem Wertpapierverkaufsprospektgesetz, ZIP 1991, S 1557–1565; Henry Schäfer Renaissance der Wandelanleihen – Neuere Kontraktstrukturen und deren Kapitalmarktrelevanz, FB 2002, S 514–524; Kay-Michael Schanz Wandel- und Optionsanleihen. Flexible Finanzierungsinstrumente im Lichte gestiegenen Interesses, BKR 2011, S 410–416; Dieter Schaub Nochmals: „Warrant-Anleihen“ von Tochtergesellschaften (Anmerkungen zum Aufsatz von Lutter in AG 1972, 72, 125), AG 1972, S 340–343; Michael Schlitt/Tim Oliver Brandi/Jan Schröder/Heiko Gemmel/Cornelia Ernst Aktuelle Entwicklungen bei Hybridanleihen, CFL 2011, S 105–133; Michael Schlitt/Ramin Löschner Abgetrennte Optionsrechte und Naked Warrants, BKR 2002, S 150–157; Michael Schlitt/Susanne Schäfer Auswirkungen des Prospektrichtlinie-Umsetzungsgesetzes auf Aktien- und Equity-linked Emissionen, AG 2005, S 498–511; dies Wandel- und Optionsanleihen. Aktuelle Rechtsund Praxisfragen, CFL 2010, S 252–259; Michael Schlitt/Oliver Seiler/Bernd Singhof Aktuelle Rechtsfragen und Gestaltungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit Wandelschuldverschreibungen, AG 2003, S 254–268; Uwe H Schneider Aktienoptionen als Bestandteil der Vergütung von Vorstandsmitgliedern – Vertragsrechtliche, gesellschaftsrechtliche und kapitalmarktrechtliche Probleme, ZIP 1996, S 1769–1776; York Schnorbus/Christoph Trapp Die Ermächtigung des Vorstands zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen gegen Sacheinlage, ZGR 2010, S 1023–1054; Günter Schumann, Optionsanleihen. Rechtliche Grundlagen und aktuelle Probleme, Köln/Berlin/ Bonn/München 1990 (dazu Heribert Hirte, WM 1993, S 2067–2068); Eberhard Schwark Börsentermin- und Differenzeinwand im Optionsscheinhandel, WM 1988, S 921–929; Günter Christian Schwarz/Jörg Michel Aktienoptionspläne: Reformvorhaben in Deutschland – Erfahrungsvorsprung in Frankreich, BB 1998, S 489–494; Hans-Peter Schwintowski Das Optionsgeschäft: Naturalobligation oder vollkommene Verbindlichkeit, ZIP 1988, S 1021–1026; Ulrich Seibert Stock Options für Führungskräfte – zur Regelung im Kontrolle- und Transparenzgesetz (KonTraG), in: Bernhard Pellens (Hrsg), Unternehmenswertorientierte Entlohnungssysteme, Stuttgart 1998, S 31–52; Christoph H Seibt Wandelschuldverschreibungen: Marktbericht, Dokumentationen und Refinanzierungsoptionen, CFL 2010, S 165–176; Peter Sester Hybrid-Anleihen: Wirtschaftliches Eigenkapital für Aktiengesellschaften, ZBB 2006, S 443–463; Sikandar Siddiqui Ein numerischer Ansatz zur Bewertung indexgebundener Aktienoptionen, FB 1999, S 85–88; ders Ein finanzmathematisches Modell zur Bewertung von Wandelanleihen, FB 1999, S 448–452; Friedrich Silcher Bedingtes Kapital für „Warrant-Anleihen“ von Tochtergesellschaften, in: Festschrift für Ernst Geßler, München 1971, S 185–199; Bend Singhof

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Der „erleichterte“ Bezugsrechtausschluss im Rahmen von § 221 AktG, ZHR 170 (2006), S 673–705; Markus Stadler Die Sanierung von Aktiengesellschaften unter Einsatz von Wandelgenussrechten, NZI 2003, S 579–588; Gunnar Stark Renaissance der Aktienanleihe?, FB 2008, S 363–367; Klaus Steiner Zulässigkeit der Begebung von Optionsrechten auf Aktien ohne Optionsschuldverschreibung (naked warrants), WM 1990, S 1776–1780; Eberhard Vetter Stock Options für Aufsichtsräte – ein Widerspruch? – zugleich Anmerkung zu dem Urteil des BGH vom 16.2.2004 – II ZR 316/02, AG 2004, S 234–238; Frank Vogel Aktienoptionsprogramme für nicht börsennotierte AG – Anforderungen an Hauptversammlungsbeschlüsse, BB 2000, S 937–940; Ewald Volhard Das Bezugsrecht und sein Ausschluß bei Optionsanleihen der Aktiengesellschaft und ausländischer Finanzierungstöchter, Frankfurt aM ua 1995; Lothar Vollmer Die Verteilung der Finanzierungskompetenzen bei der Aktiengesellschaft. Ein ungelöstes Problem der aktienrechtlichen Finanzverfassung, AG 1991, S 94–102; Thomas Wally Umtauschanleihen – Eine rechtliche Einordnung und Analyse von Kapitalmarktreaktionen, Frankfurt aM ua 2007; Gerd Weger Optionsscheine als Anlagealternative, Wiesbaden 1985; Torsten Wehrhahn Finanzierungsinstrumente mit Aktienerwerbsrechten: die gesellschaftsrechtlichen Grundlagen von Convertible Securities und wandelbaren Wertpapieren in Deutschland und den USA, Berlin 2004; Daniel M Weiß Aktienoptionspläne für Führungskräfte, Köln 1999; ders Aktienoptionsprogramme nach dem KonTraG, WM 1999, 353, 363; Johannes Welcker, Wandelobligationen, Bonn 1968; Ekkehard Wenger/Leonhard Knoll Bewertung von Bezugsrechten: Vom Verwässerungseffekt zum „fair value“, FB 1999, S 81–85; Harm Peter Westermann, in: Marcus Lutter (Hrsg), 25 Jahre Aktiengesetz. Ein Symposium der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e.V. (DSW) am 30. Oktober 1990 in Bonn, Düsseldorf 1991, S 79–121; Heiko Wiechers Die Beteiligung von Aufsichtsratsmitgliedern am Unternehmenserfolg über die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen und die Bedienung von Aktienbezugsrechten, DB 2003, S 595–599; Wolf-Dieter Wilker Kann das Umtauschrecht der Wandelschuldverschreibungsgläubiger durch Kapitalverwässerungen oder strukturelle Veränderungen der Gesellschaft wirtschaftlich beeinträchtigt werden?, Freiburg 1958; CarlHeinz Witt Mehrheitsregelnde Satzungsklauseln und Kapitalveränderungsbeschlüsse, AG 2000, S 345–353; Lutz-Christian Wolff Bedingtes Kapital für warrant-Anleihen, Huckepack-Emissionen und naked warrants?, WiB 1997, S 505–511; Jakob Wulff Aktienoptionen für das Management. Deutsche und Europäisches Recht, Köln/Berlin/Bonn/München 2000; Finn Zeidler Aktienoptionspläne – nicht nur für Führungskräfte – im Lichte neuester Rechtsprechung. Zugleich eine Besprechung der Urteile OLG Stuttgart, NZG 1998, 822 und LG Stuttgart, NZG 1998, 233 (Wenger/ Daimler-Benz) sowie OLG Braunschweig, NZG 1998, 814 und LG Braunschweig, NZG 1998, 387 (Wenger/VW), in: NZG 1998, S 789–799; Daniel Zimmer Das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich. Ein „Omnibus-Gesetz“ bringt die Aktienrechtsnovelle 1998 und weitere wichtige Neuerungen für das Handels- und Wirtschaftsrecht, NJW 1998, 3521, 3534; Lutz Zimmer Die Ausgabe von Optionsrechten an Mitglieder des Aufsichtsrats und externe Berater, DB 1999, S 999–1003; Jens Zitzewitz Konzernrechtliche Probleme bei Stock Options, NZG 1999, 698–706; Wolfgang Zöllner Die Anpassung dividendensatzbezogener Verpflichtungen von Kapitalgesellschaften bei effektiver Kapitalerhöhung, ZGR 1986, S 288–309; vgl auch, insbes zu stock options, die Schrifttumsnachweise o vor § 192.

II. Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechte Zu Schrifttum, das sich sowohl mit Wandel- und Optionsanleihen als auch mit Gewinnschuldverschreibungen/Genussrechten befasst, siehe die Angaben unter I. Christof Aha Verbot des Erwerbs eigener Aktien nach den §§ 71 ff AktG und eigener Genußscheine nach § 10 Abs 5 S 5 [heute S 6] KWG, AG 1992, S 218–227; Hans-Peter Angerer Genußrechte bzw Genußscheine als Finanzierungsinstrument, Regensburg 1993; Gregor Bachmann/Rüdiger Veil Grenzen atypischer stiller Beteiligung an einer Aktiengesellschaft, ZIP 1999, S 348–355; Harald Baum Vorzüge und Genussrechte aus übernahmerechtlicher Sicht, ZBB 2003, S 9–20; Leopold Becker Die rechtliche Natur der sog. Genussscheine, Diss Breslau 1906; Wolfgang Benner Genußscheine als Instrument der Innovationsfinanzierung, BFuP 37 (1985), S 438–468; Karl-Heinz Berger Genußscheine als Haftkapital, ZfgK 1984, S 505–508; Rudolf Bethmann Der Genußschein

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

§ 221

in der Theorie und Praxis, ZfHF 1935, S 393–456; Hartmut Bieg Genussrechte als Sonderform der Außenfinanzierung, Der Steuerberater 1997, S 481–488; Fritz Böckler Der Genussschein, Diss Würzburg 1924 [1925]; Nina Bogenschütz Neuausrichtung des Eigenkapitalbegriffs. Dogmatische Überlegungen im Lichte hybrider Finanzierungen, Frankfurt aM ua 2008; Karl-Dietrich Bundschuh/ Walther Hadding/Uwe H Schneider Recht und Praxis der Genussscheine, Frankfurt aM 1987; Albrecht Bürger Genußrechte als Mittel zur Verbesserung der Eigenkapitalausstattung von Unternehmen, insbesondere von Kreditinstituten, Diss Augsburg 1987; Hans E Büschgen Sonderformen der Eigenkapitalfinanzierung deutscher Aktiengesellschaften, AG 1964, S 271–275, 300–308; Torsten Busch Genußkapital als Eigenmittel von Versicherungsunternehmen, Frankfurt aM 1992; ders Schadensersatzansprüche von Genußrechtsinhabern als Eigenkapitalgebern? Anmerkungen zum Urteil des BGH vom 5.10.1992 (Klöckner), AG 1993, S 163–167; ders Aktienrechtliche Probleme der Begebung von Genußrechten zwecks Eigenkapitalverbreiterung, AG 1994, S 93–103; Walther Busse von Colbe Aktuelle Fragen der Genußscheinfinanzierung, Arbeitsbericht Nr. 37, Beiträge zum „Wirtschaftswissenschaftlichen Forum“, Ruhr-Universität Bochum 1986; Carsten P Claussen, Genuß ohne Reue, AG 1985, S 77–79; ders Der Genußschein und seine Einsatzmöglichkeiten, in: Festschrift für Winfried Werner, Berlin/New York 1984, S 81–99; ders Der Neue Zweite Markt – Über die Notwendigkeit und Gestaltungsmöglichkeiten eines neuen Wertpapiermarktes, ZGR 1984, S 1–22; ders Genußscheine – ein interessanter Finanzierungstitel, DBW 49 (1989), S 119–120; ders Freud und Leid mit den Genüssen, ZBB 1989, S 25–30; Udo Clesius Der Genuß-Schein als Instrument zur Mitarbeiterkapitalbeteiligung bei Aktiengesellschaften, Spardorf 1985; Walter Daenner Die Genussscheine, Diss Erlangen 1927; Hugo Deichmann Die Mitwirkung der Genußscheine bei Finanzierungsvorgängen der deutschen Aktiengesellschaften, ZfHF 1924, S 529–556; Thomas Ditges Genußrechte und Mitarbeiterbeteiligung, DStR 1986, S 243–245; Wolfgang Drechsler Genuß-Scheine – ein neues Instrument für Kapitalbeteiligungen von Mitarbeitern, ZfgK 1981, S 347–352; Carsten Thomas Ebenroth/Andreas Müller Die Beeinträchtigung der Aktionärsinteressen beim teilweisen Bezugsrechtsausschluss auf Genußrechte, BB 1993, S 509–515; Tim Ebert Stille Gesellschaft, Genussrecht und partiarisches Darlehen als mezzanine Kapitaltitel zur Finanzierung einer GmbH. Eine Analyse der historischen Entwicklung und Abgrenzung dieser Finanzierungsinstrumente sowie der mit diesen verbundenen Kompetenz- und Eigenkapitalersatzfragen im GmbH-Recht, Frankfurt aM ua 2010; Achim Emde Der Genußschein als Finanzierungsinstrument. Eine gesellschaftsrechtliche, kapitalmarktrechtliche und steuerrechtliche Untersuchung, Diss Bochum 1987; ders Die Auswirkungen von Veränderungen des Unternehmenskapitals auf Bestand und Inhalt von Genußrechten, DB 1989, S 209–213; Tassilo Ernst Der Genußschein als Kapitalbeschaffungsmittel, AG 1967, S 75–81; Klaus U Eyber Die Abgrenzung zwischen Genußrecht und Teilgewinnabführungsvertrag im Recht der Aktiengesellschaft. Mit einem Beitrag zur Problematik der Cash-flow-Beteiligung, Regensburg 1997; Hans Fastenrath Die Genußscheine der Deutschen Aktiengesellschaften. Ihr wirtschaftlicher Zweck und ihre rechtliche Natur, Diss Greifswald 1914; Dieter Feddersen Genußschein oder Vorzugsaktie. Überlegungen eines Unternehmens, DLK 1988, S 615–624; Dieter Feddersen/Klaus-Wilhelm Knauth Eigenkapitalbildung durch Genußscheine, WM-Skript, 1. Aufl Frankfurt aM 1988, 2. Aufl Frankfurt aM 1992; Dieter Feddersen/Andreas Meyer-Landrut Mehr Rechtssicherheit für Genußscheine, ZGR 1993, S 312–320; Carl Alfred Festge Die rechtliche Natur des Genußscheins im Aktienrecht, Diss Leipzig 1909; Reinfrid Fischer Der Genußschein: Anmerkungen aus Sparkassensicht, DLK 1988, S 604–609; Thomas F Fischer Der Genußschein als kapitalmarktpolitisches Instrument der Unternehmensfinanzierung. Ein Beitrag zur Genußscheinfinanzierung unter Berücksichtigung kreditwirtschaftlicher und steuerrechtlicher Probleme, Idstein/Taunus 1989; Christopher Frantzen Genußscheine. Zugleich eine Analyse der Genußscheinbedingungen deutscher Unternehmen, Köln/Berlin/Bonn/München 1993; Stephan Frotz Rechtsfragen der Kapitalbeschaffung gegen schuldrechtliche Gewinnbeteiligung, in: Wirtschaftsrecht in Theorie und Praxis. Gedenkschrift für Fritz Schönherr, Wien 1986, S 167–180; Helmuth Mauricio Gallego Sánchez, Das Erwerbsrecht auf Aktien bei Optionsanleihen und Wandelschuldverschreibungen, Berlin 1999 (dazu Bungert, ZHR 164 [2000], S 550–556); Wolfgang Gast/Manfred Wissmann Mitarbeiterbeteiligung durch Genußrechte, BB 1987, Beilage 17; Christian Gehling „Obligationsähnliche Genußrechte“: Genußrechte oder Obligation?, WM 1992, S 1093–1100; Klaus D Giessmann Genußrechtskapital – nicht nur der Solvabilität wegen. Grenzen und Möglichkeiten eines neuen Finanzierungsinstruments bei Versicherungsunternehmen, VersW 1987, S 1162–1168; Anton Gloßner Die Gewinnschuldverschreibung als

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Heribert Hirte

§ 221

Fünfter Unterabschnitt

Finanzierungsinstrument der Bank, Frankfurt aM 1987; Angelika Göhrum Einsatzmöglichkeiten von Genußrechten bei der notleidenden GmbH oder AG, Frankfurt aM 1992; Josef Gottlieb Der Genußschein im Deutschen Recht, in: „Gesellschaftsrechtliche Abhandlungen“, Heft 16, Berlin 1931; Walter Gräbe Die rechtliche Bedeutung des Genussscheins, Diss Greifswald 1928; Rudolf Grieger Ausgabe von Genußrechten im Zusammenhang mit einer Kapitalherabsetzung, BB 1960, S 973–974; Mathias Habersack Genußrechte und sorgfaltswidrige Geschäftsführung. Ein Beitrag zum Schutz der Inhaber von Genußrechten mit Eigenkapitalcharakter, ZHR 155 (1991), S 378–401; ders „Klöckner“ und das KWG. Zu den Grenzen der Verlustteilnahme von KWG-Genussrechten, AG 2009, S 801–807; Max Hachenburg Das Wesen der Genußscheine, LZ 1917, Sp 776–784; Walther Hadding Zur gesellschaftsrechtlichen Vereinbarkeit von stillen Vermögenseinlagen und Genußrechten mit dem Förderungszweck eingetragener Kreditgenossenschaften, ZIP 1984, S 1295– 1302; ham. (Hanno Mußler) Genussschein-Inhaber werden oft leer ausgehen. Weiterer Rückschlag für das ohnehin sterbende Marktsegment/Privatanleger stark betroffen, FAZ v 24.11.2009, Nr 273, S 19; Horst Hammen Unzulässigkeit aktiengleicher Genußrechte?, DB 1988, S 2549–2554; ders Offene Fragen beim Recht der Genußscheine, BB 1990, S 1917–1922; Herbert Harrer/Ulli Janssen/ Uwe Halbig Genussscheine – Eine interessante Form der Mezzanine Mittelstandsfinanzierung, FB 2005, S 1–7; Carl-Christoph Hedrich Der Genußschein als eigenkapitalverstärkendes Bilanzierungsinstrument, insbesondere für Kreditinstitute, Hohenheim 1986; ders Genußscheine: Instrumente für die Privatisierung, ZfgK 1990, S 670–674; Carl-Christoph Hedrich/Heinrich Stedler Die Renaissance des Genußrechtskapitals, ZfgK 1987, S 192–197; Armin Herrmann Der Genußschein aus genossenschaftlicher Sicht, DLK 1988, S 625–627; Heribert Hirte Genußscheine mit Eigenkapitalcharakter in der Aktiengesellschaft, ZIP 1988, S 477–490; ders Genußscheine und Kapitalherabsetzung. Anmerkungen zum Klöckner-Urteil des OLG Düsseldorf vom 10. Mai 1991, ZIP 1991, S 1461–1469; ders Genußrecht oder verbotener Gewinnabführungsvertrag? Anmerkung zum Urteil des OLG Bremen vom 22.8.1991 – 2 U 114/90 (Bankverein Bremen), ZBB 1992, 38, in: ZBB 1992, S 50–55; ders Genüsse zum Versüßen vereinfachter Kapitalherabsetzungen, in: Festschrift für Carsten Peter Claussen, Köln/Berlin/Bonn/München 1997, S 115–127; ders Stichwort Genußscheine, in: Gerke/Steiner (Hrsg), Handwörterbuch des Bank- und Finanzwesens, 2. Aufl Stuttgart 1994, Sp 879–886, 3. Aufl Stuttgart 2001, Sp 879–886 (nachgedruckt in: Handelsblatt – Wirtschaftslexikon. Das Wissen der Betriebswirtschaftslehre, Stuttgart 2006, S 2036–2043); Ralf Hoffmann Sind stille Beteiligungen zwingend Teilgewinnabführungsverträge? Abgrenzungskriterien insbesondere im Bereich der Venture Capital-Finanzierung, FB 2005, S 373–385; Jürgen Kallrath Die Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen von Wandel- und Optionsanleihen, Gewinnschuldverschreibungen und Genußscheinen, Köln 1994; Martin Karollus Die Umwandlung von Geldkrediten in Grundkapital – eine verdeckte Sacheinlage?, ZIP 1994, S 589–599; Olaf Kastner Genußscheine – ein geeignetes Außenfinanzierungsinstrument für Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit?, VersW 1986, S 307–311; Victor Klemperer Die rechtliche Natur der Genussscheine, Halle 1898; Dietgard Klingberg GmbHOrganzuständigkeiten bei Mezzanine-Finanzierungen, in: Festschrift für Harm Peter Westermann, Köln 2008, S 1087–1132; Adolf Kliwoneit Die Genußscheine der deutschen Aktiengesellschaften, Diss Erlangen 1921 [1925]; Stefan Klusmeier Genussscheine als Gestaltungsinstrument im Rahmen der Sanierung einer GmbH & Co. KG, ZInsO 2010, S 1873–1876; Klaus-Wilhelm Knauth Die neue Rechtsprechung des BGH zu den Genußrechten, DZWir 1993, S 97–102; Brigitte Knobbe-Keuk Gewinnausschüttungen auf Genußrechte, BB 1987, S 341–342; Helmut Knoppe Der Genußschein, seine wirtschaftliche und steuerliche Bedeutung, BB 1966, S 281–284; Rudolf Kollmar Die Genußscheine der deutschen Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Diss Erlangen 1922 [1923]; Hans-Joachim Krauter Die betriebliche Gewinn- und Kapitalbeteiligung der Arbeitnehmer, Spardorf 1985; Jochen Lehnhoff Finanzierung von Kreditgenossenschaften durch Genußrechtskapital, Beiheft 10 zu Marburger Schriften zum Genossenschaftswesen, Marburg 1986; ders Die internationale Entwicklung zu einem einheitlichen Eigenkapitalbegriff. Auswirkungen der Harmonisierung der Eigenkapitalanforderungen auf die deutschen Kreditinstitute, in: WM-Festgabe für Heinsius, Frankfurt aM 1991, S 42–48; Johannes Lenzner Der Genussschein, Diss Halle 1922 [1923]; Harald Lindemann Gewinnabhängige Ansprüche im Konzern, Lohmar 2003; Rolf Lindt Die Genußscheine der deutschen Aktiengesellschaften, Diss Frankfurt aM 1925; Bernhard Lorch Der börsenfähige aktienähnliche Genussschein. Wirtschaftliche Bedeutung, rechtliche Zulässigkeit und inhaltliche Ausgestaltung, Bergisch Gladbach/Köln 1993; Karl-Georg Loritz Die Immobilien-

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

§ 221

Aktiengesellschaft mit Genussschein – eine innovative Anlageform, DStR 2000, S 77–83; Marcus Lutter Genußrechtsfragen. Besprechung der Entscheidungen BGH ZIP 1992, 1542 (Klöckner) und BGH ZIP 1992, 1728 (Bremer Bankverein), ZGR 1993, S 291–311; ders Das Girmes-Urteil, JZ 1995, S 1053–1056; Marcus Lutter/Peter Hommelhoff Nachrangiges Haftkapital und Unterkapitalisierung in der GmbH, ZGR 1979, S 31–66; Claus Luttermann Anlegerschutz und Bezugsrechtsausschluß bei Genußrechten. Anmerkungen zu den BGH-Urteilen vom 5.10.1992 (II ZR 172/91, Klöckner AG) und vom 9.11.1992 (II ZR 230/91, Bankverein Bremen AG), DB 1993, S 1809–1813; ders Unternehmen, Kapital und Genußrechte. Eine Studie über Grundlagen der Unternehmensfinanzierung und zum internationalen Kapitalmarktrecht, Tübingen 1998; Heinz Meilicke Welchen Genuß gewährt der Genußschein?, BB 1987, S 1609–1614; Wernhard Moeschel Eigenkapitalbegriff und KWG-Novelle von 1984, ZHR 149 (1985), S 206–235; Olaf Mudrack Genußrechtskapital als „freie unbelastete Eigenmittel“ bei Versicherungsunternehmen, BB 1986, Beilage 5; ders Kapitalbeschaffung durch Genußscheine. Besonderheiten bei Versicherungsunternehmen, BB 1988, S 1268–1270. Peter Mülbert Verlustbeteiligung des Genussrechtskapitals von Kreditinstituten, in: Festschrift für Uwe Hüffer, München 2010, S 679–699; Leopold Neurath Die Genussscheine, Diss Freiburg/Breisgau 1925; Manfred Niewiarra Risikokapitalbeschaffung durch Mitarbeiterbeteiligung. Anmerkungen zu Reuter, NJW 1984, 1849 ff, in: BB 1984, S 1652–1653; Walther Ortmann Der Genussschein, Diss Leipzig 1903; Erwin Pougin Genussrechte, Stuttgart 1987; ders Genußrechte, in: Festschrift für Walter Oppenhoff, München 1985, S 275–290; Reinhard Raab/Bernhard Heinlein Genußrechtskapital: Genuß ohne Reue auch für Hypothekenbanken?, DLK 1986, S 738–743; Jürgen Reul Erfahrungen mit gesellschafts- und kapitalmarktrechtlichen Maßnahmen zur Verbesserung der Eigenkapitalausstattung der Unternehmen in Frankreich, ZGR 1986, S 70–105; Dieter Reuter Der Partizipationsschein als Form der Mitarbeiterbeteiligung, in: Festschrift für Robert Fischer, Berlin/New York 1979, S 605–625; ders Welche Maßnahmen empfehlen sich, insbesondere im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, um die Eigenkapitalausstattung der Unternehmen langfristig zu verbessern?, in: Verhandlungen des fünfundfünfzigsten deutschen Juristentages (Hamburg 1984), Bd I (Gutachten), Teil B, München 1984; ders Verbesserung der Risikokapitalausstattung der Unternehmen durch Mitarbeiterbeteiligung?, NJW 1984, S 1849–1857; ders Genuß ohne Reue?, AG 1985, S 104–107; ders Möglichkeiten und Grenzen gesellschaftsrechtlicher und kapitalmarktrechtlicher Maßnahmen mit dem Ziel einer verbesserten Eigenkapitalversorgung der deutschen Wirtschaft. Eine Nachlese zum 55. Deutschen Juristentag, in: Festschrift für Walter Stimpel, Berlin/New York 1985, S 645–671; ders Die Mitarbeiterbeteiligung – Modell für die zukünftige Verfassung der deutschen Unternehmen? Kritische Bemerkungen zur jüngeren Vermögensbildungspolitik, ZRP 1986, S 8–11; Eva-Maria RidNiebler Genußrechte als Instrument zur Eigenkapitalbeschaffung über den organisierten Kapitalmarkt für die GmbH, Köln 1989 (dazu Ehlke ZHR 154 [1990], S 409–411; Koschmieder WPG 1991, S 557; Timm JZ 1991, S 919); ruh. (Stefan Ruhkamp) Der Markt für Genußscheine schrumpft/ Kaum Neuemissionen/Banken auf Kernkapital konzentriert/IAS trägt zu weiterem Bedeutungsverlust bei, FAZ v 8.7.2004, Nr 156, S 15; ders Genußscheine versprechen Extrazins. Aussterbende Anlageklasse mit Knappheitspreisen/Kaum noch Neuemissionen/Banken bevorzugen Nachranganleihen, FAZ v 21.12.2005, Nr 297, S 19; Viktor Sarrazin Genußscheine und Gesellschafterdarlehen – steuerlich günstige Finanzierungen?, in: StbJb. 1985/86, S 135–156; Frank A Schäfer Genußscheine mit Eigenkapitalcharakter. Besprechung der Entscheidung OLG Düsseldorf WM 1991, 1375, in: WM 1991, S 1941–1944; Helmut Schäfer Genußscheine und Genussaktien, Diss Heidelberg 1919; Werner Schick Das Genußrechtskapital bei Kreditinstituten. Ein neues Instrument der Eigenkapitalbildung, BB 1985, S 2137–2139; Karsten Schmidt Die Eigenkapitalausstattung der Unternehmen als rechtspolitisches Problem, JZ 1984, S 771–786; Roland Schmidtbleicher Mittelbarer Kapitalmarktzugang für KMU durch Genussrechtepooling, WM 2006, S 2072–2078; Uwe H Schneider Genußrechte an Konzernunternehmen, in: Bilanz- und Konzernrecht. Festschrift für Reinhard Goerdeler, Düsseldorf 1987, S 511–530; Wolfgang Schön, Ein Allgemeiner Teil der Genußrechte, JZ 1993, S 925–934; Konrad Schott Genußscheine – Inhaltsbestimmung von Genußrechtsverhältnissen, Frankfurt aM ua 1995; Helmut Schudt Der Genußschein als genossenschaftliches Finanzierungsinstrument, Göttingen 1974; Jan Schürnbrand Gewinnbezogene Schuldtitel in der Umstrukturierung, ZHR 173 (2009), S 689–710; Rolf Sethe Genußrechte: Rechtliche Rahmenbedingungen und Anlegerschutz, AG 1993, S 293–315 (Teil I), S 351–371 (Teil II); ders Die Berichtserfordernisse beim Bezugsrechtsausschluß und ihre mögliche Heilung – am Beispiel der Emission junger Aktien und

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Heribert Hirte

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Fünfter Unterabschnitt

Genußrechte, AG 1994, S 342–363; ders Aktien ohne Vermögensbeteiligung? Zur privatautonomen Beschränkung der Vermögensrechte eines Aktionärs, ZHR 162 (1998), S 474–490; Axel Silberberger Der Partizipationsschein als Möglichkeit einer Mitarbeiterbeteiligung, Diss Tübingen 1983; Andreas Georg Sommer Obligatorische Teilhaberechte im GmbH-Recht, Hamburg 2010; Hans-Christoph Strack Die Beteiligung von Mitarbeitern an Gewinn und Kapital. Eine verhaltenstheoretische Analyse unter besonderer Berücksichtigung mittelständischer Unternehmen, Frankfurt aM 1984; Max Straub Die Stellung der Inhaber der Genußscheine bei der Aktiengesellschaft, Diss Erlangen 1917; Walter Tacken Der gewerkschaftliche Genußschein im Privatrecht unter besonderer Berücksichtigung der Erdölbergbau betreibenden Gesellschaft, Diss Münster 1938; Frank Tanski Genussrechtskapital – Finanzierungsalternative für Genossenschaften, FB 2005, S 8–12; Arno Thielemann Das Genußrecht als Mittel der Kapitalbeschaffung und der Anlegerschutz, Pfaffenweiler 1988; Herbert Tilmann Der Genußschein bei den deutschen Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Diss Gießen 1923; Frank Todtenhöfer Die Übertragbarkeit der Grundsätze über Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung auf Genussrechte, Lohmar/Köln 1997; Hans Trautmann Finanzierung genossenschaftlichen Eigenkapitals auf dem Hintergrund der Eigenkapitalregelungen des Gesellschaftsrechts, Darmstadt 1975; Hans Varrelmann Genussscheine, Diss Leipzig 1922; vm. Genußscheine (Kündigung), Wertpapier 7/97, S 62 f; ders Genußscheine II (Angstklausel), Wertpapier 8/97, S 68 f; Lothar Vollmer Der Genußschein – ein Instrument für mittelständische Unternehmen zur Eigenkapitalbeschaffung an der Börse, ZGR 1983, S 445–475; ders Eigenkapitalbeschaffung für die GmbH durch Börsenzugang, GmbHR 1984, S 329–339; Lothar Vollmer/Bernhard Lorch Der Ausschluß des Bezugsrechts von Minderheitsaktionären auf Genußscheine und andere stimmrechtslose Titel. Verwässerungsgefahren und notwendige Schutzmechanismen, DB 1991, S 1313–1318; dies Der Schutz des aktienähnlichen Genußkapitals bei Kapitalveränderungen. Anmerkungen zum Klöckner-Urteil des OLG Düsseldorf vom 10. Mai 1991 – 17 U 19/90, ZBB 1992, 30, in: ZBB 1992, S 44–50; Lothar Vollmer/Torsten Maurer Die Eignung von sanierenden stillen Beteiligungen und Sanierungsgenußscheinen zur Abwehr der Überschuldung, DB 1994, S 1173– 1179; Uwe Walther Finanzierung und Wachstum von Genossenschaftsbetrieben, Tübingen 1972; Peter Wassermann Genußscheine – Anmerkungen aus der Sicht der Börse, DLK 1988, S 628–633; Hermann Wedel Der Partizipationsschein als Kapitalbeschaffungsmittel der Aktiengesellschaft, Berlin 1969; Ludwig Wertheimer Genußscheine, JW 1923, S 573–576; Herbert Winkler Die Genußscheine der deutschen Aktiengesellschaften in und nach der Inflationszeit, Diss Göttingen 1925 [1926]; Friedrich Winter Die sogenannten Genussscheine, Diss Leipzig 1908; Jürgen Wohlfarth/Christian Brause Die Emission kursorientierter Wertpapiere auf eigene Aktien. Zur Auslegung des § 221 AktG, WM 1997, S 397–405; Roger Zätzsch Genußschein und Anlegerschutz, DLK 1988, S 610– 614; Horst Eberhard Zander Der Genußschein im deutschen und französischen Recht. Ein Beitrag zur gesetzlichen Regelung des Genußscheinrechts in Deutschland, Diss Heidelberg 1933; Ingo Zempel Genußrechte als Instrument zur Eigensanierung von Kapitalgesellschaften im Insolvenzplanverfahren, Diss FU Berlin 2001; Jürgen Ziebe Der Genußschein als kapitalmarktpolitisches Instrument zur Verbesserung der Eigenkapitalausstattung von Unternehmen, BB 1984, S 2210–2214; ders Eigenkapitalbeschaffung durch Genußscheine, BB 1988, S 225–229; ders Rechtsnatur und Ausgestaltung von Genußrechten, DStR 1991, S 1594–1597.

III. Steuerrechtliche und Bilanzierungsfragen Ulrich G Berger/Simone Klotz Steuerliche Behandlung der Emittenten von Optionsanleihen bei Nichtausübung der Optionsrechte, DB 1993, S 953–957; Sebastian Burckhardt Die Bilanzierung eigener Genuss- und Partizipationsscheine, SchweizAG 1984, S 30–32; Walther Busse von Colbe/ Bernhard Großfeld/Karl-Ludwig Kley/Klaus-Peter Martens/Klaus G Schlede Bilanzierung von Optionsanleihen im Handelsrecht, Heidelberg 1987; Werner Casper Rücklagendotierung bei Besserungsscheinverpflichtung?, WPg 1983, S 146–154; Achim Emde Die handels- und steuerbilanzielle Behandlung einer Emission von Genußrechten, BB 1988, S 1214–1217; Fritz Esterer/Lothar Härteis Die Bilanzierung von Stock Options in der Handels- und Steuerbilanz, DB 1999, S 2073–2077; Helmar Fichtelmann Steuerliche Abzugsfähigkeit von Verlusten der Genußscheininhaber. Erwiderung zu Meilicke, BB 1989 S 465, in: BB 1989, S 1461–1462; Hans Friedrich Gelhausen/Dirk Rimmelspacher Wandel- und Optionsanleihen in den handelsrechtlichen Jahresabschlüssen des Emittenten

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und des Inhabers, AG 2006, S 729–745; Claudia Görtz Die aktien- und steuerrechtliche Qualifikation von Hybrid-Anleihen – oder der Genussrechtstest, Baden-Baden 2008; Manfred Groh Genußrechtskapital und Maßgeblichkeitsgrundsatz, BB 1995, S 559–560; Holger Häuselmann Die Bilanzierung von Optionen aus handelsrechtlicher Sicht, DB 1987, S 1745–1748; ders Wandelanleihen in der Handels- und Steuerbilanz, BB 2000, S 139–146; ders Die steuerliche Erfassung von Pflichtwandelanleihen, BB 2003, S 1531–1537; Wolf-Dieter Hoffmann Die inländische Steuerbelastung der Genußrechtsfinanzierung, insbesondere für ausländische Kapitalgeber, RIW 1985, S 390–400; IDW (Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V.), Stellungnahme HFA 1/1994: Zur Behandlung von Genußrechten im Jahresabschluß von Kapitalgesellschaften, WPg 1994, S 419–423; Thomas Jasper/Clemens Wangler Irrelevanz der steuerlichen Behandlung von Stock Options beim Begünstigten, FB 1999, 113–116; Ute Jasper Die Bilanzierung von Genußrechtskapital, WiB 1994, S 102–106; Josef Kievernagel Die Genussscheine der Aktiengesellschaft, unter Berücksichtigung bilanztechnischer und steuerrechtlicher Fragen, Diss Köln 1925; Wolfgang Killinger Nochmals: Steuerliche Abzugsfähigkeit von Verlusten der Genußscheininhaber, BB 1989, S 2376–2377; Karl Koch/Horst Vogel Zur handels- und steuerrechtlichen Behandlung von Optionsanleihen, BB 1986, Beilage 10; Bruno Kropff Handelsrechtliche Bilanzierungsfragen der Optionsanleihen, ZGR 1987, S 285–311; Karlheinz Küting/Harald Kessler/Hans-Jörg Harth Genußrechtskapital in der Bilanzierungspraxis. Eine empirische Untersuchung zur Resonanz der HFA-Stellungnahme 1/1994 unter Berücksichtigung bilanzpolitischer Gesichtspunkte, BB 1996, Beilage 4; Astrid Linscheidt Die steuerliche Behandlung des Genußrechtskapitals der Kapitalgesellschaft, DB 1992, S 1852–1856; Gerold Loos Steuerliche und handelsrechtliche Einstufung von Aufgeld und Unterverzinslichkeit bei Optionsanleihen. Aufgeld bei Optionsanleihen Einlage nicht des Anleihezeichners, sondern der (Alt-)Aktionäre! BB 1988, S 369–376; Marcus Lutter Ausgabe von Genußrechten und Jahresabschluß, in: Handelsrecht und Steuerrecht. Festschrift für Georg Döllerer, Düsseldorf 1988, S 383–395; ders Zur Bilanzierung von Genußrechten, DB 1993, S 2441–2446; Klaus-Peter Martens Die bilanzrechtliche Behandlung internationaler Optionsanleihen nach § 150 Abs 2 AktG, in: Festschrift für Walter Stimpel, Berlin/New York 1985, S 621–643; Kurt Mathews Die Behandlung von Genußrechten im Jahresabschluß, bei der Währungsumstellung und in der DM-Eröffnungsbilanz, Der Wirtschaftsprüfer 1951, S 241–243; Heinz Meilicke Inwieweit können Verluste aus Genußscheinen steuerlich geltend gemacht werden? Dargestellt am Beispiel der Genußscheine der Firma Klöckner & Co. KGaA, BB 1989, S 465–466; Thomas Müller/Rüdiger Reinke Behandlung von Genußrechten im Jahresabschluß. Eine kritische Bestandsaufnahme, WPg 1995, S 569–576; Bernhard Pellens/Nild Crasselt Bilanzierung von Stock Options, DB 1998, S 217–223; Moritz Pöschke Bilanzrechtliche Kriterien für die Abgrenzung von Eigen- und Fremdkapital, CFL 2011, S 195–201; Rosemarie Portner Lohnsteuerliche Behandlung der Gewährung von Stock Options durch die ausländische Muttergesellschaft, DStR 1997, S 1876–1879; Lothar Schruff Zur Bilanzierung latenter Verpflichtungen aus Besserungsscheinen, in: Bilanzfragen. Festschrift zum 65. Geburtstag von Prof. Dr. Ulrich Leffson, Düsseldorf 1976, S 153–164; Roger Schweitzer/Verena Volpert Behandlung von Genußrechten im Jahresabschluß von Industrieemittenten, BB 1994, S 821–826; Jürgen Sontheimer Die steuerliche Behandlung von Genußrechten, BB 1984, Beilage 19; Torsten Wengel Genussrechte im Rahmen der Bilanzanalyse, DStR 2000, S 395–400; Tobias Wiese/Thomas Dammer Zusammengesetzte Finanzinstrumente der AG. Hybride Kapitalmaßnahmen, strukturierte Anleihen und Kreditderivate im Bilanz-, Ertragsteuer- und Aktienrecht – Ein Überblick, DStR 1999, S 867–876; Rolf Windmöller/ Norbert Breker Bilanzierung von Optionsgeschäften, WPg 1995, S 389–401; Willi Winter Steuerliche Behandlung von Genußrechten, GmbHR 1993, S 31–33; Peter Wollmert Zur Bilanzierung von Genußrechten. Die Verrechnung von Gewinn- und Verlustbeteiligungen in der Gewinn- und Verlustrechnung, BB 1992, S 2106–2108; vgl auch die Schrifttumsnachweise o vor § 192, sub V (Wandelund Optionsanleihen) und sub VI (stock options).

IV. Gemeinsame Wahrnehmung der Rechte von Schuldverschreibungsgläubigern René Bösch Die Emission von Schuldverschreibungen nach schweizerischem Recht – ein Rechtsvergleich mit dem geplanten deutschen Schuldverschreibungsrecht, in: Baums/Cahn (Hrsg), Reform des Schuldverschreibungsrechts, Berlin 2004, S 189–218; Lachlan Burn, Bond issues under U.K.

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law: how the proposed German legislation compares, in: Baums/Cahn (Hrsg), Reform des Schuldverschreibungsrechts, Berlin 2004, S 219–244; Klaus J Hopt Änderungen von Anleihebedingungen – Schuldverschreibungsgesetz, § 796 BGB und AGBG –, in: Festschrift für Ernst Steindorff, Berlin/ New York 1990, S 341–382; ders Änderungen von Anleihebedingungen – Schuldverschreibungsgesetz, § 796 BGB und AGBG –, WM 1990, S 1733–1737; ders Die Verantwortlichkeit der Banken bei Emissionen. Recht und Praxis in der EG, in Deutschland und in der Schweiz, München 1991; ders Neues Schuldverschreibungsrecht. Bemerkungen und Anregungen aus Theorie und Praxis, in: Festschrift für Eberhard Schwark, München 2009, S 441–457; Marcel Kahan Rethinking Corporate Bonds: The Trade-Off between Individual and Collective Rights, 77 N.Y.U.L.Rev. 1040–1089 (2002); Susanne Kalss, Anlegerinteressen im Handlungsdreieck von Vertrag, Verband und Markt, Wien 2001; Dirk Lorenz/Lutz Pospiech Das neue Schuldverschreibungsgesetz – eine gesetzliche Grundlage für die Restrukturierung von Genussrechten?, DB 2009, 2419–2422; Roland Schmidtbleicher Die Anleihegläubigermehrheit: eine institutionenökonomische, rechtsvergleichende und dogmatische Untersuchung, Tübingen 2010 (dazu Hans-Gert Vogel, ZBB 2011, S 235–238); Dieter Zobl Änderungen von Anleihensbedingungen, SZW/RSDA 1990, S 129–152.

V. Zum ausländischen Recht Rolf Bär Der Kapitalbeschaffungsgenußschein (Partizipationsschein), ZBJV 1965, S 201–226; ders Partizipationsscheine, SchweizAG 1976, S 107–114; Axel Bauer Partizipationsscheine im Schweizer Aktienrecht – im Vergleich zum deutschen Aktienrecht, Zürich 1976; Max Boemle Der Partizipationsschein als Finanzierungsinstrument schweizerischer Aktiengesellschaften, AG 1972, S 16–19; ders Erleichterungen für die Eigenkapitalfinanzierung, in: Carl Helbing (Hrsg), Rechtliche und betriebswirtschaftliche Aspekte der Aktienrechtsreform, Zürich 1984, S 55–74; Michael Braun Die Finanzierung durch Ausgabe von Genußzertifikaten, ÖBA 1967, S 322–342; Marcel Broillet Der Genußschein nach dem neuen schweizerischen Obligationenrecht (ohne Berücksichtigung der Gläubigergemeinschaft bei Anleihensobligationen), Diss Zürich 1950; Michel Louis Catalan Die Abgabepflicht für Genussscheine im schweizerischen Wehrsteuerrecht, Diss Bern 1964; Daniel Daeniker Anlegerschutz bei Obligationenanleihen, Zürich 1992; Hartwig Depenbrock Zur Entwicklung und Bedeutung der Vorzugsaktien in den Aktienrechten der USA und im deutschen Aktienrecht, Diss Bielefeld 1975; Hans Dietler Der Genußschein im schweizerischen Aktienrecht, SchweizAG 1939/40, S 124–131; Gerhard Endress Die Genussaktie (Action de jouissance) nach schweizerischem Recht mit besonderer Berücksichtigung des deutschen, österreichischen und französischen Rechts und des schweizerischen Aktienrechtsentwurfs von 1928, Diss Bern 1937; Tassilo Ernst Der Genußschein im deutschen und schweizerischen Aktienrecht, Diss Zürich 1963; ders Die Genußscheininhaber im Recht der Aktiengesellschaft, SchweizAG 1965, S 185–195; Egmond Frommelt Der Partizipationsschein in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein – benachbarte Erfahrungen, DLK 1988, S 634–638; David Fuhrmann Genußaktien (actions de jouissance) und Genussscheine (bons de jouissance), Diss Zürich 1907; Alexander Gancz Das Beteiligungsfondsgeschäft – ein neues Bankgeschäft, ÖBA 1982, S 62–71; Heribert Hirte Wandel- und Optionsanleihen in Europa, DB 2000, S 1949–1951; ders Convertible Bonds and Option Bonds: A Comparative Study, 1 EBOR (European Business Organization Law Review) (2000), S 507–538; ders/Bernadette Ehlers Les obligations convertibles en actions et les obligations avec bons de souscription d’actions en Europe, Bulletin Joly Sociétés 2001, p 5–17 (nachgedruckt in Banca, Borsa, Titoli di Credito 2001, p 794–808); Christoph Hoffmann Der Partizipationsschein oder die stimmrechtslose Aktie. Ein Beitrag zur geplanten Teilrevision des schweizerischen Aktienrechts unter Berücksichtigung des englischen, deutschen und europäischen Rechts, Diessenhofen 1976; Rainer van Husen Genußrechte, Genußscheine, Partizipationskapital. Gesellschafts-, aufsichts- und steuerrechtliche Aspeke, Wien 1998; Thomas F Ladner Das Vorwegzeichnungsrecht des Aktionärs unter Berücksichtigung von CorporateGovernance-Aspekten. Zugleich ein Beitrag zum Begriff des Gesellschaftsinteresses im schweizerischen Aktienrecht, Zürich 1996; Paul Lanz Genußscheine und Nebenleistungen bei der GmbH sowie deren steuerliche Folgen, SchweizAG 1969, S 89–101; Marcus Lutter/Heribert Hirte (Hrsg) Wandel- und Optionsanleihen in Deutschland und Europa, ZGR-Sonderheft 16, Berlin/New York 2000; Piergaetano Marchetti Le obbligazioni nel testo unico delle leggi in materia bancaria e creditizia,

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Banca Borsa e Titoli di Credito 1994, S 485–497; ders Verso la riscoperta delle azioni di godimento, Riv soc 1996, S 891–895; Günter H Roth Mehr Eigenkapital – auch ein österreichisches Problem, GesRZ 1985, S 49–60; Valerio Sangiovanni Die Emission von Sparaktien im italienischen Recht, RIW 2002, S 680–686; ders Obbligazioni e titoli di debito nel fallimento delle società, Il Fallimento 2010, p 1229–1239; Herbert Schönle L’emprunt convertible ou à option avant et après l’introduction de l’augmentation conditionelle du capital, SchweizAG 1984, S 66–74; Gerhard Schummer Genußrechtsemission durch Personenhandelsgesellschaften?, GesRZ 1991, S 198–207, 1992, S 32–41; P Schwill, Der Genußschein, SchweizAG 1934/35, S 128–131; Michel Vasseur, De la priorité reconnue aux actionnaires ayant renoncé à leur droit préférentiel de souscription en cas d’obligations convertibles, in: Mélanges en l’honneur de Daniel Bastian, Paris 1974, S 361–382; Michael B Widmer Das Vorwegzeichnungsrecht bei Options- und Wandelanleihen, Zürich 1996 (dazu Daniel Stoll, SJZ 93 [1997], S 14–15); Herbert Wohlmann Partizipationsscheine – zugleich ein Beitrag zur Interdependenz von Gesellschaftsrecht und Finanzmarkt, SZW/RSDA 1991, S 169–176; Pierre von Wolff Der Genußschein nach schweizerischem Recht unter besonderer Berücksichtigung ähnlicher Verhältnisse in Deutschland und Frankreich, Diss Bern 1914; Horst Wünsch Der Genußschein iSd § 174 AktG als Instrument der Verbriefung privatrechtlicher Ansprüche, in: Möglichkeiten und Grenzen der Rechtsordnung. Festschrift für Rudolf Strasser zum 60. Geburtstag, Wien 1983, S 871–893.

Rechtsprechung I. Wandel- und Optionsanleihen LG München I (Urt v 3.5.1990 – 12 HKO 15563/89) WM 1990, 984 = AG 1991, 73 = WuB II A. § 221 AktG 1.91 (Heckschen) (PWA); OLG München (Urt v 6.2.1991 – 7 U 4355/90) WM 1991, 539 = ZIP 1991, 726 = AG 1991, 210 = BB 1991, 642 = EWiR § 221 AktG 1/91 (Lauber-Nöll) = WuB II A. § 221 AktG 3.91 (Marsch-Barner): Ermächtigung zum Ausschluss des Bezugsrechts auf Optionsanleihen/Berichtspflicht/isolierte Anfechtung der Ermächtigung zum Ausschluss des Bezugsrechts auf Optionsanleihen. LG Frankfurt aM (Urt v 4.7.1990 – 3/7 O 137/89) WM 1990, 1745 = DB 1990, 1657 = AG 1990, 551 = WuB II A. § 221 AktG 1.91 (Lutter) (AGAB): isolierte Anfechtung der Ermächtigung zum Ausschluss des Bezugsrechts auf Optionsanleihen; OLG Frankfurt (Beschl v 17.9.1991 – 5 U 211/90) WM 1991, 2155 = AG 1992, 271 = DB 1991, 2182 = EWiR § 19 GmbHG 2/92, 681 (Dreher) = WuB II A. § 221 AktG 2.92: isolierte Anfechtung der Ermächtigung zum Ausschluss des Bezugsrechts auf Optionsanleihen/Berichtspflicht. OLG München (Urt v 17.3.1993 – 7 U 5382/92) ZIP 1993, 1001, 1004 = WuB II A. § 320 AktG 1.93 (Werner) (Siemens/SNI): Berechtigung zur Schaffung eines bedingten Kapitals, um gegen eine einzugliedernde Gesellschaft gerichtete Optionsrechte abzusichern. OLG München (Urt v 11.8.1993 – 7 U 2529/03) ZIP 1993, 1471 = WM 1994, 347 = DB 1993, 2073 = BB 1993, 1970 = AG 1994, 372 = WuB II A. § 221 AktG 1.94 (Sethe) = EWiR § 221 AktG 3/93, 1047 (Rid-Niebler) (Bayerische Handelsbank); BGH (Urt v 26.9.1994 – II ZR 263/93) ZIP 1994, 1857 = WM 1994, 2160 = NJW 1995, 260 = DB 1994, 2539 = BB 1994, 2370 = AG 1995, 83 = WiB 1995, 70 (Jasper) = LM § 221 AktG 1965 Nr 4 (Karollus) = WuB II A. § 221 AktG 1.95 (Friedrich): Ermächtigung zum Ausschluss des Bezugsrechts auf Genussscheine/Berichtspflicht/isolierte Anfechtung der Ermächtigung. LG Stuttgart (Urt v 1.7.1994 – 2 KfH O 43/94) WM 1994, 1846 = DB 1994, 1970 = WuB II A. § 221 AktG 2.95 (Smid) (Südmilch); OLG Stuttgart (Urt v 1.3.1995 – 9 U 175/94) AG 1995, 329, 330: kein Erlöschen eines Wandelrechts nach Bestätigung eines gerichtlichen Vergleichs über das Vermögen der Gesellschaft. LG Frankfurt aM (Urt v 10.2.1997 – 3/1 O 119/96) ZIP 1997, 1030 = WM 1997, 473 = AG 1997, 185 = DB 1997, 517 = WuB II A. § 221 AktG 1.97 (Fuchs) (Deutsche Bank): Zulässigkeit der Ausgabe von stock options.

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LG Stuttgart (Urt v 30.10.1997 – 5 KfH O 96/97) ZIP 1998, 422 = WM 1998, 1237 = AG 1998, 41 = DB 1997, 2421 = BB 1997, 2603 = NZG 1998, 233 = EWiR § 186 AktG 1/98, 385 (Hirte) = WuB II A. § 192 AktG 1.98 (Kopka) (Daimler Benz); OLG Stuttgart (Urt v 12.8.1998 – 20 U 111/97) ZIP 1998, 1482 = WM 1998, 1936 = AG 1998, 529 = DB 1998, 1757 = BB 1998, 2026 = NZG 1998, 822 = EWiR § 221 AktG 1/98, 1013 (Bayer/ Ernst) = WuB II A. § 221 AktG 2.98 (Fuchs): Zulässigkeit der Ausgabe von stock options durch Wandelschuldverschreibungen. BGH (Urt v 2.2.1998 – II ZR 117/97) ZIP 1998, 560 = WuB II A. § 320 AktG 1.99 (Müller) = EWiR § 320b AktG 1/98, 483 (Noack) (Siemens/Nixdorf): Anpassung eines Optionsrechts, das auf Aktien einer eingegliederten Gesellschaft gerichtet ist. LG Braunschweig (Urt v 11.3.1998 – 22 O 234/97) ZIP 1998, 914 = WM 1998, 1330 = AG 1998, 289 = DB 1998, 666 = NZG 1998, 387 = WuB II A. § 192 AktG 1.98 (Kopka) (VW); OLG Braunschweig (Urt v 29.7.1998 – 3 U 75/98) ZIP 1998, 1585 = WM 1998, 1929 = AG 1999, 84 = BB 1998, 2022 = NZG 1998, 814 = EWiR § 221 AktG 1/99, 195 (Lutter) = WuB II A. § 221 AktG 2.98 (Fuchs): Zulässigkeit der Ausgabe von stock options durch Wandelschuldverschreibungen. LG München I (Urt v 7.12.2000 – 5 HK O 14099/00) ZIP 2001, 287 (AAFORTUNA): Zulässigkeit der Gewährung von Optionsanleihen an Aufsichtsratsmitglieder auch nach Inkrafttreten des KonTraG; OLG München (Beschl v 27.2.2002 – 7 U 1906/01) ZIP 2002, 1150 = DB 2002, 2152: keine gegenseitige Einräumung von Optionsrechten durch Vorstand und Aufsichtsrat. LG Memmingen (Urt v 31.1.2001 – 2 H O 1685/00) AG 2001, 375 = DB 2001, 1190 = EWiR § 221 AktG 1/01, 405 (Kort) (Schneider Rundfunkwerke): Vorstandsbericht bei Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen an Aufsichtsratsmitglieder. OLG Schleswig (Beschl v 22.6.2001 – 5 U 8/00) AG 2003, 48 = WM 2002, 859 = WuB II A. § 186 AktG 1.02 (Fuchs): Beschlusseinheit beim Ausschluss des Bezugsrechts auf Wandelanleihen. OLG Stuttgart (Beschl v 16.1.2002 – 8 W 517/01) ZIP 2002, 1807 = DB 2002, 2638 (Sinewe) = BKR 2003, 122, 124 (Wehrhahn): Unzulässigkeit einer Absicherung von naked warrants durch bedingtes Kapital. OLG Schleswig (Urt v 19.9.2002 – 5 U 164/01) EWiR § 71 AktG 1/02, 1031 [Luttermann]) (MobilCom); BGH (Urt v 16.2.2004 – II ZR 316/02) Z 158, 122 = ZIP 2004, 613 = NJW 2004, 1109 = NZG 2004, 376 = DStR 2004, 652 = EWiR § 71 AktG 1/04, 413 (Lenenbach): Unzulässigkeit von stock options für Aufsichtsratsmitglieder. BGH (Urt v 28.6.2005 – XI ZR 363/04) Z 163, 311 = ZIP 2005, 1410: keine Geltung von § 2 Abs 1 AGBG (heute: § 305 Abs 2 BGB) für die Einbeziehung der Anleihebedingungen von Inhaberschuldverschreibungen. LG München I (Urt v 6.10.2005 – 5 HKO 15445/05) AG 2006, 169; OLG München (Urt v 1.6.2006 – 23 U 5917/05), ZIP 2006, 1440 = NZG 2006, 784 = WM 2006, 1525 = AG 2007, 37; BGH (Beschl v 11.6.2007 – II ZR 152/06) ZIP 2007, 2122 = NZG 2007, 907 = WM 2007, 2110 = AG 2007, 863 = DStR 2007, 2122 = WuB II A. § 186 AktG 1.08 (Hasselbach): entsprechende Anwendung der inhaltlichen und formellen Voraussetzungen für einen Bezugsrechtsausschluss bei Ausschluss des Bezugsrechts auf Wandelanleihe. BGH (Beschl v 21.11.2005 – II ZR 79/04) ZIP 2006, 368 = WM 2006, 432 = AG 2006, 246: Berichtserfordernisse beim Ermächtigungsbeschluss zur Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen. LG München I (Urt v 31.1.2008 – 5 HK O 15082/07) Konzern 2008, 295 = EWiR § 161 AktG 2/08, 355 (Ogorek/Witte): Berichtspflicht beim Ausschluss des Bezugsrechts auf Wandel- und Optionsanleihen.

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§ 221

OLG München (Urt v 19.11.2008 – 7 U 2405/08), ZIP 2009, 718 (MWG Biotech AG): Anforderungen an den Bericht beim Ausschluss des Bezugsrechts auf Wandel- oder Optionsanleihen. EuGH (Urt v 18.12.2008 – C-338/06) Slg 2008, I-10139 = EuZW 2009, 552 = NZG 2009, 187 = AG 2009 187 (Kommission/Königreich Spanien): kein Bezugsrecht von Wandel- oder Optionsanleihegläubigern bei Kapitalerhöhung oder Ausgabe neuer Wandel- oder Optionsanleihen/Möglichkeit des Bezugsrechtsausschlussses auf Wandel- oder Optionsanleihen nach EG-Recht zwingend. EuGH (Urt v 18.12.2008 – C-338/06) Slg I-10139 = EuZW 2009, 552 = NZG 2009, 187 Tz 38 ff (Kommission/Königreich Spanien): kein gesetzliches Bezugsrecht von Wandel- oder Optionsanleihegläubigern auf Aktien/zwingende Möglichkeit, das Bezugsrecht auf Wandel- oder Optionsanleihen ausschließen zu können. BGH (Urt v 18.5.2009 – II ZR 262/07) Z 181, 144 = ZIP 2009, 1566, 1568 = NJW-RR 2009, 1196 = NZG 2009, 986 = DStR 2009, 1813 = EWiR § 193 AktG 1/10, 41 (Just/Voß) = WuB II A. § 193 AktG 1.09 (Rieckers) (Arcandor): keine Nichtigkeit einer bedingten Kapitalerhöhung bei Angabe nur eines Mindestausgabebetrags/Ermächtigung des Vorstands auch zum Ausschluss des Bezugsrechts auf Wandel- und Optionsanleihen möglich. BGH (Urt v 18.5.2009 – II ZR 124/08), ZIP 2009, 1624 (Arcandor): keine Nichtigkeit einer bedingten Kapitalerhöhung bei Angabe nur eines Mindestausgabebetrags/Ermächtigung des Vorstands auch zum Ausschluss des Bezugsrechts auf Wandel- und Optionsanleihen möglich.

II. Genussscheine LG Bremen (Urt v 2.11.1990 – 15 O 22 und 147/90) WM 1991, 134 = AG 1992, 37 (Bankverein Bremen); OLG Bremen (Urt v 22.8.1991 – 2 U 114/90) ZIP 1991, 1598 = WM 1991, 1920 = AG 1992, 268 = WuB II A. § 221 AktG 1.92 (Habersack); BGH (Urt v 9.11.1992 – II ZR 230/91) Z 120, 141 = ZIP 1992, 1728 = NJW 1993, 400 = WuB II A. § 221 AktG 1.93 (Hirte) = EWiR § 221 AktG 2/93, 323 (Martens): kein Bezugsrecht bei einem darlehensartig ausgestalteten Genussrecht. OLG Düsseldorf (Urt v 10.5.1991 – 17 U 19/90) ZIP 1991, 1070 = WM 1991, 1375 = AG 1991, 438, 441 (Claussen) = EWiR § 9 AGBG 22/91, 843 (Hammen) (Klöckner); BGH (Urt v 5.10.1992 – II ZR 172/92) Z 119, 305 = ZIP 1992, 1542 = NJW 1993, 57 = AG 1993, 125, 132 (Claussen) = EWiR § 9 AGBG 1/93, 3 (Hammen): keine Umgehung der Vorschriften über Vorzugsaktien ohne Stimmrecht bei Befriedigung der Genussrechte in der Liquidation im Rang vor den Aktionären/Inhaltskontrolle von Genussrechtsbedingungen. BGH (Urt v 26.9.1994 – II ZR 236/93) ZIP 1994, 1857 = NJW 1995, 260 = WuB II A. § 221 AktG 1.95 (v Friedrich) (Bayerische Handelsbank): Möglichkeit der Ermächtigung zur Ausgabe von Genussscheinen analog § 221 Abs 2 AktG. LG Berlin (Beschl v 19.7.2000 – 105 O 32/00) DB 2000, 2466 = AG 2001, 95 (Deutsche Hypothekenbank AG); KG (Urt v 17.1.2002 – 2 U 7288/02) ZIP 2002, 890; BGH (Urt v 21.7.2003 – II ZR 109/02) Z 156, 38 = ZIP 2003, 1788 = NJW 2003, 3412 = NZG 2003, 1023 = AG 2003, 625 = WuB II A. § 120 AktG 1.04 (Buck) = EWiR § 221 AktG 1/03, 1113 (Radlmayr): stille Beteiligung kein Genussrecht, sondern Teilgewinnabführungsvertrag. AG Charlottenburg (Beschl v 29.11.2005 – HRB 96299 B) GmbHR 2006, 258 (GmbH): keine Eintragungsfähigkeit eines Genussrechts- und Teilgewinnabführungsvertrages im Handelsregister. LG Frankfurt aM (Beschl v 4.4.2006 – 2-09 T 133/06) WM 2006, 1340; OLG Frankfurt aM (Beschl v 28.4.2006 – 20 W 158/06) ZIP 2006, 1388 = WM 2007, 828 = WuB II A. § 221 AktG 1.07 (Meixner) = EWiR § 1 SchVerschrG 1/07, 251 (Klanten): keine Anwendbarkeit des SchVG auf gewinnabhängige Genussrechte.

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Heribert Hirte

§ 221

Fünfter Unterabschnitt

BGH (Beschl v 25.9.2006 – II ZR 186/04) ZIP 2006, 2171 = AG 2006, 937 = DStR 2007, 539 = WuB II A. § 221 AktG 2.07 (Roth): Auslegung von Genussrechtsbedingungen: Zeitpunkt, bis zu dem Verlustbeteiligung erfolgen kann. BFH (Urt v 8.4.2008 – VIII R 3/05) E 221, 25 = ZIP 2008, 2264 = WPg 2008, 1084: Abgrenzung von stiller Gesellschaft und Genussrechtsverhältnis. LG Frankfurt aM (Urt v 14.12.2010 – 3-5 O 65/10), Konzern 2011, 118: Auswirkungen des Abschlusses eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages auf Genussscheine (Commerzbank). LG München I (Urt v 16.6.2011 – 5 HK O 20632/10) ZIP 2011, 1758: Berücksichtigung auch eines Verlustvortrags bei einem von Genussscheininhabern zu tragenden „Bilanzverlust“.

A. Grundlagen I. Gesetzesgeschichte 1. Einführung durch das Aktiengesetz 1937

1

Vorgängervorschrift ist § 174 AktG 1937, der der heutigen Fassung mit Ausnahme geringfügiger Änderungen bereits entsprach. Mit der ursprünglichen Kodifikation sollten – zurückgehend auf Diskussionen auf dem 33. und 34. Deutschen Juristentag 1924 und 1925 – bestimmte Zwischenformen zwischen Aktie und Schuldverschreibung einer (teilweisen) gesetzlichen Regelung zugeführt werden (zu deren Geschichte im Übrigen ausführlich unten Rdn 80 ff, 342 ff). Sie wurden nach der Amtlichen Begründung auch schon nach dem vorher geltenden Recht für zulässig gehalten.1 Die gesetzliche Normierung sollte jedoch verschiedenen aufgetretenen Missbräuchen entgegenwirken.2 Zu diesem Zweck wurde das Erfordernis eines qualifizierten Hauptversammlungsbeschlusses eingeführt (§ 174 Abs 1 und 3 AktG 1937). Zum anderen wurden die Rechte der Altaktionäre durch die Einführung eines gesetzlichen Bezugsrechts gestärkt (§ 174 Abs 4 AktG 1937).3 Schließlich wurde das Erfordernis einer besonderen staatlichen Genehmigung für Wandelschuldverschreibungen (nicht aber für Gewinnschuldverschreibungen4) eingeführt (§ 174 Abs 2 AktG 1937). Zu den Gewinnschuldverschreibungen zählt die Gesetzesbegründung ausdrücklich auch die Verbindung mit Gewinnanteilen einer anderen Gesellschaft als der Anleiheschuldnerin. Auf eine weitergehende Kodifikation hat der Gesetzgeber des AktG 1937 bewusst verzichtet, um auf die Praxis nicht hemmend einzuwirken.5 2 Bereits vor der Kodifikation in § 174 AktG 1937 war durch die Achte Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über die Kapitalherabsetzung in erleichterter Form 1 2

3

Vgl Matthes Aktienrecht, 1937, S 217. Zur Gesetzesgeschichte Friedmann Gutachten E I § 194 und E II § 193; Heinrici, Gruch 67 (1924/1925), 353, 377; Hirte in: Bayer/Habersack, Aktienrecht im Wandel, Bd II, 2007, S 827, Rdn 77 ff; Quassowski JW 1930, 2618; Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 6; Schumann Optionsanleihen S 6. In den Vorentwürfen zu § 174 AktG 1937 war bemerkenswerterweise (nur) ein Bezugs-

4

5

recht der Inhaber schon ausgegebener Wandelanleihen vorgesehen; dazu MK-Habersack3 § 221 Rdn 4. Baumbach/Hueck12 § 174 Anm B; GroßK-AktG/Weipert/Schilling 2 § 174 Anm 15; aA aber offenbar KK-Lutter 2 § 221 Rdn 34. Hüffer 9 § 221 Rdn 23; Schubert/Hommelhoff (Hrsg), Aktienrechtsreform am Ende der Weimarer Republik, 1987, S 929.

Stand: 1.1.2012

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

§ 221

vom 14. März 1934 (RGBl I 196) die Möglichkeit eröffnet worden, zur Bedienung von Wandel- und Optionsrechten ein bedingtes Kapital zu schaffen (dazu ausführlich o vor § 192 Rdn 32). Vor Inkrafttreten des Aktiengesetzes 1937 hatte es gesetzliche Regelungen über 3 Genussrechte nur außerhalb des Gesellschaftsrechts gegeben. So wurde durch § 33 der 2. DVO zur GoldbilanzVO bestimmt, dass (vorhandene) Genussscheine, deren Rechte sich nach den Rechten von Aktionären bestimmen, in demselben Verhältnis wie Aktien umgestellt werden. § 12 GoldbilanzVO vom 28. Dezember 1923 (RGBl I 1253) gab den Aktionären, die im Zuge der Umstellung gegen die Gesellschaft Zahlungsansprüche erwarben, das Recht, statt dessen gewinnabhängige Genussscheine zu verlangen. Durch § 37 AufwG vom 16. Juli 1925 (RGBl I 117)6 wurde Schuldverschreibungsgläubigern, die eine Anleihe schon mehr als fünf Jahre besitzen, ein Anspruch auf Beteiligung am Reingewinn und Liquidationserlös nach Maßgabe der §§ 40 bis 42 in Form eines Genussrechts eingeräumt, der nach § 43 als Genussschein verbrieft werden konnte. Interessant ist, dass § 12 GoldbilanzVO und § 41 AufwG einen Verwässerungsausgleich bei Kapitalmaßnahmen vorsahen, der im Wege eines Spruchstellenverfahrens verwirklicht wurde. Durch Art 1 der VO vom 24. Oktober 1928 (RGBl I 383) wurde erstmalig die Bekanntmachung von Bestand und Zugang an Genussrechten sowie deren Ausweis in der Bilanz vorgeschrieben (heute § 160 Abs 1 Nr 6). Die AktienrechtsVO von 19. September 1931 (RGBl I 493) übernahm dies in das Aktienrecht des HGB. 2. Aktiengesetz 1965 und spätere Änderungen a) Durch § 221 AktG 1965 wurden Absätze 1, 3 und 4 des § 174 AktG 1937 nur 4 sprachlich geändert. Absatz 2, der die staatliche Genehmigungspflicht angeordnet hatte, wurde im Hinblick auf die zwischenzeitlich erweiterte und seinerzeit deckungsgleiche Genehmigungspflicht nach §§ 795, 808a BGB aF weggelassen (zu deren inzwischen vollständiger Aufhebung u Rdn 266). Im Zuge der Umsetzung der Zweiten (Kapitalschutz) Richtlinie der EG7 wurde im Jahre 1978 der jetzige Absatz 2, der die Möglichkeit einer Ermächtigung zur Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen vorsieht, neu eingefügt; die bisherigen Absätze 2 und 3 wurden (wieder) Absätze 3 und 4. Durch Art 1 Nr 17 des Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) vom 22. September 2005 (BGBl 2005 I 2802) wurde Abs 4 S 2 geändert. Durch Art 1 Nr 19 des Gesetzes zur Änderung des Aktiengesetzes („Aktienrechts- 5 novelle 2012“) werden voraussichtlich Anfang 2012 in Abs 1 S 1 hinter dem Wort „Gläubigern“ die Worte „oder der Gesellschaft“ eingefügt.8 Mit dieser gegenüber dem RefE9 verbesserten Formulierung wird klargestellt,10 dass ein Wandelrecht auch der Gesellschaft eingeräumt werden kann („umgekehrte Wandelanleihe“), wobei – wie auch für das Wandelrecht der Gläubiger – sowohl ein Wandelrecht zu einem beliebigen Zeitpunkt wie eine Pflichtwandlung zu einem bestimmten Zeitpunkt vereinbart werden kön-

6

7 8

Durch VO vom 25.9.1934 (RGBl I 848) und Gesetz vom 18.12.1935 (RGBl I 1508) wurden die Vorschriften den wirtschaftlichen Veränderungen angepasst und die Stellung der Schuldner verbessert. Gesetz vom 13.12.1978 (BGBl I 1959). Zum RefE Drygala WM 2011, 1637 ff; Nodoushani ZBB 2011, 143, 145.

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9

10

Der RefE hatte noch von einem Wahlrecht der/beider „Vertragspartner“ sprechen wollen, was das hier vorliegende mitgliedschaftliche Rechtsverhältnis nur unzureichend charakterisiert hätte. So schon ausdrücklich zum RefE Nodoushani ZBB 2011, 143, 145.

Heribert Hirte

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Fünfter Unterabschnitt

nen.11 Damit können insbes bei Kreditinstituten zugleich die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, eine Wandlung auf Anordnung der BaFin durchzuführen.12 Möglich ist zudem, ein Wandelrecht sowohl dem Gläubiger wie der Gesellschaft einzuräumen.13 Parallel dazu soll durch Art 1 Nr 16 der § 192 wie folgt geändert werden: In Absatz 1 sollen nach dem Wort „Gesellschaft“ die Wörter „hat oder“ eingefügt werden. In Absatz 2 Nummer 1 sollen die Wörter „an Gläubiger von“ durch die Wörter „aufgrund von“ ersetzt werden. Vor allem aber sollen dem Absatz 3 des § 192 die folgenden Sätze angefügt werden: „Satz 1 gilt nicht für eine bedingte Kapitalerhögung nach Absatz 2 Nummer 1, die nur zu dem Zweck beschlossen wird, der Gesellschaft die Erfüllung eines Umtauschs zu ermöglichen, zu dem sie für den Fall ihrer drohenden Zahlungsunfähigkeit berechtigt ist. Ist die Gesellschaft ein Institut im Sinne des § 1 Absatz 1b des Kreditwesengesetzes, gilt Satz 1 ferner nicht für eine bedingte Kapitalerhöhung nach Absatz 2 Nummer 1, die zu dem Zweck beschlossen wird, der Gesellschaft die Erfüllung eines Umtauschs zu ermöglichen, zu dem sie für den Fall einer Belastungssituation oder für den Fall berechtigt ist, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht sie zur Ausübung anweist.“

Damit soll zunächst klargestellt werden, dass auch für umgekehrte Wandelanleihen ein bedingtes Kapital geschaffen werden kann. Zudem soll die bisherige umfangmäßige Schwelle des § 192 Abs 3 Satz 1 (höchstens bis zur Hälfte des Grundkapitals) für die Ausübung des Wandelrechts durch die Gesellschaft in Krisensituationen außer Kraft gesetzt werden.14 Das ist enger als die noch im RefE zur Aktienrechtsnovelle vorgeschlagene Lösung, nach der die Schwelle allgemein – also ohne Beschränkung auf Krisensituationen – für Schuldverschreibungen mit Umtauschrecht der Gesellschaft aufgehoben werden sollte. Schließlich soll durch Art 1 Nr 17 der § 194 Abs 1 S 2 wie folgt gefasst werden: „Als Sacheinlage gilt nicht der Umtausch von [bisher: „die Hingabe von“] Schuldverschreibungen gegen Bezugsaktien.“15

Damit wird klargestellt, dass auch die privilegierte Kapitalerhöhungsmöglichkeit des § 194 Abs 1 S 2 für umgekehrte Wandelanleihen gilt (dazu näher u Rdn 215).

6

b) Zurückgehend auf einen Vorschlag des Handelsrechtsausschusses16 des Deutschen Anwaltvereins stellte der Gesetzgeber durch Art 1 Nr 29 des ARUG17 in § 193 Abs 2 Nr 3 klar, dass für die Schaffung eines bedingten Kapitals die Festlegung eines Mindestausgabebetrages oder die Angabe der Grundlagen für die Festlegung des Ausgabebetrages der Aktien oder deren Mindestausgabebetrages ausreicht (abw für das bisherige Recht o Frey § 193 Rdn 51);18 das entspricht der Möglichkeit, auch die Festlegung der Bedin11 12 13 14

15 16 17

Begr RegE Aktienrechtsnovelle 2012, zu Art 1 Nr 16 (Änderung des § 192 AktG). Begr RegE Aktienrechtsnovelle 2012, zu Art 1 Nr 16 (Änderung des § 192 AktG). Begr RegE Aktienrechtsnovelle 2012, zu Art 1 Nr 16 aE (Änderung des § 192 AktG). Begr RegE Aktienrechtsnovelle 2012, zu Art 1 Nr 16 c) (Änderung des § 192 Abs 3 AktG). Zum RefE Nodoushani ZBB 2011, 143, 146. Handelsrechtsausschuss des DAV, NZG 2007, 857. Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie (ARUG) v 30.7.2009 (BGBl

18

I 2479); dazu Seibert ZIP 2008, 906, 909; s auch Schlitt/Schäfer CFL 2010, 252 f. Ebenso zwischenzeitlich für das alte Recht im Wege teleologischer Reduktion BGHZ 181, 144 Tz 12 ff = ZIP 2009, 1566, 1568 ff (im Wesentlichen gleichlautend BGH ZIP 2009, 1624 [Arcandor]); ebenso zuvor Angerer/Pläster NZG 2008, 326, 328 ff; Becker/Otte NZG 2008, 485, 486 ff; Böttcher/Kautzsch NZG 2009, 978, 979 f; MaierReimer GS Bosch, S 85 ff; Pluskat DB 2008, 975 ff; abw zuvor KG Urt v 3.8.2007 – 14 U 72/06 ZIP 2008, 648 = NZG 2008, 274; OLG Celle Urt v 7.11.2007 – 9 U 57/00 AG

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

§ 221

gungen einer Wandel- oder Optionsanleihe während der Laufzeit einer Ermächtigung nach Abs 2 dem Vorstand zu überlassen (dazu u Rdn 102 aE). Für § 221 ist dies von mittelbarer Bedeutung, da die nach dieser Norm begründeten Wandel- oder Optionsrechte häufig oder sogar regelmäßig durch ein bedingtes Kapital abgesichert werden. Ein Zwang, das für die Bedienung der Wandel- oder Optionsrechte vorgesehene bedingte Kapital bereits am Anfang auch hinsichtlich des genauen Ausgabebetrages zu fixieren, hätte demgegenüber dazu geführt, dass entweder ein deutlich größeres bedingtes Kapital hätte geschaffen werden müssen als tatsächlich erforderlich oder – je nach Kursentwicklung – nach Ausgabe einer Wandel- oder Optionsanleihe das zunächst geschaffene bedingte Kapital für die Bedienung der Wandel- oder Optionsrechte nicht ausgereicht hätte. c) Darüber hinaus war das durch Art 6 des Gesetzes zur Einführung des Euro (Euro- 7 Einführungsgesetz [EuroEG] v 9. Juni 1998, BGBl I 1242) geschaffene Gesetz zur Umstellung von Schuldverschreibungen auf Euro (EuroUmstG) von Bedeutung, das bzgl der hier maßgeblichen Bestimmungen bereits am Tage nach seiner Verkündung (16. Juni 1998) in Kraft getreten war (Art 16 S 1 Nr 5 EuroEG). Es erlaubte befristet bis zum 31. Dezember 2001 (§ 10 des Gesetzes) Schuldverschreibungen, die auf Deutsche Mark lauteten und die an einem Wertpapiermarkt gehandelt werden können, ab 1. Januar 1999 auf Euro umzustellen (§ 3 S 1 des Gesetzes). Zu den umstellbaren Schuldverschreibungen gehörten, da es sich auch insoweit zunächst um Schuldverschreibungen handelt (u Rdn 13, 75 f), auch Wandel- und Optionsanleihen; auch Genussscheine (nicht: -rechte) wird man für diese Zwecke dazu zu rechnen haben. Die (fakultative) Umstellung konnte durch einseitige Gestaltungserklärung des Schuldners erfolgen (§ 6 Abs 1 S 1 des Gesetzes) und konnte mit einer ebenfalls einseitigen Änderung des Emissionsbedingungen verknüpft werden (§ 5 des Gesetzes); dabei konnte insbesondere der Anspruch auf Ausgabe von auf Euro umgestellten effektiven Stücken ausgeschlossen oder beschränkt oder – im Interesse besserer Handelbarkeit – eine Neufestsetzung der handelbaren Nennbeträge vorgenommen werden. Nicht erfasst von dem Gesetz war die Umstellung der Aktien, in die umgewandelt 8 werden konnte oder hinsichtlich derer ein Optionsrecht bestand. Insoweit ist der durch Art 3 § 2 Nr 4 EuroEG wieder eingefügte § 4 EGAktG von Bedeutung. Er regelt das Verfahren der Umstellung von Aktien auf den Euro und enthält für die im Zusammenhang damit sinnvollen Kapitalmaßnahmen einschließlich der Anpassung eines etwa vorhandenen bedingten oder genehmigten Kapitals einige Verfahrensvereinfachungen (dazu im Übrigen o § 202 Rdn 9 ff, § 207 Rdn 16 ff). § 4 EGAktG erfasst aber auch die Umstellung etwa vorhandener „weiterer satzungsmäßiger Betragsangaben“ (dazu o § 202 Rdn 10), was im hiesigen Zusammenhang die Umstellung satzungsmäßiger Ausgabeermächtigungen betrifft. 3. GmbH-Recht Das GmbH-Recht kennt keine gesetzlichen Regelungen zur Ausgabe von Wandel- 9 und Optionsanleihen. Gleichwohl besteht im Rahmen der Gründungsfinanzierung auch hier ein praktisches Bedürfnis für vergleichbare Gestaltungen. Dem kann durch vertragliche Gestaltung in gewissem Umfang Rechnung getragen werden.19 Auch Genussrechte können von GmbH ausgegeben werden (dazu ausf u Rdn 338).

2008, 85 = ZIP 2008, 926; OLG Hamm Urt v 19.3.2008 – I-8 U 115/07 ZIP 2008, 923, 925 = BB 2008, 1475 (Arcandor).

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19

Zu Lösungsvorschlägen Maidl NZG 2006, 778 ff; verneinend für Going-Public-Anleihen Schäfer ZGR-Sonderheft 16, S 62, 74.

Heribert Hirte

§ 221

Fünfter Unterabschnitt

II. Normzweck 1. Systematik und Schutzziele

10

§ 221 bildet im Abschnitt „Maßnahmen der Kapitalbeschaffung“ einen Fremdkörper. Denn er befasst sich nicht wie die §§ 182 bis 220 mit der Eigenkapitalbeschaffung, sondern mit der Finanzierung durch Fremdkapital: alle von der Vorschrift erfassten Finanzierungsformen gewähren bloß Gläubiger-, nicht aber Mitgliedschaftsrechte. Die Nähe zu den mitgliedschaftlichen Finanzierungsformen ist allerdings unverkennbar. Denn die hier geregelten Rechte berechtigen entweder zum Erwerb der Mitgliedschaft oder sie sind inhaltlich aktienähnlich, nämlich gewinnabhängig, ausgestaltet. Die Vorschrift dient daher in erster Linie als Schutzvorschrift zugunsten der vorhandenen Aktionäre bei der Einführung neuer, den Aktien vergleichbarer Rechte.20 Instrumente dieses Schutzes sind die besonderen Beschlussanforderungen, das Bezugsrecht der Aktionäre auf die Gläubigerrechte sowie eine den Kapitalerhöhungsvorschriften angenäherte Publizität. Ausgehend von diesem Schutzzweck enthält die Vorschrift keine sachliche Regelung bezüglich der in ihr erwähnten Gläubigerrechte. Wie diese ausgestaltet werden dürfen und wie weit sie sich insbesondere der Aktie annähern dürfen, ist anhand einer Gesamtbetrachtung des Aktiengesetzes und der Rechtsordnung insgesamt zu entscheiden. § 221 gleicht insoweit einem Sammelbecken, das die vielen erdenklichen Zwischenformen zwischen Aktie und Obligation zwar sprachlich sehr weitgehend erfasst, sachlich aber nur scheinbar regelt. Dies gilt besonders im Bereich der Gewinnschuldverschreibungen und Genussscheine.21 11 Nicht geregelt ist in § 221 die Frage, wie die aus einer Wandel- oder Optionsanleihe Berechtigten Aktionäre werden. Ebenso wenig befasst sich die Vorschrift mit der Frage, wie bei einer Bedienung dieser Rechte das Bezugsrecht der anderen Aktionäre geschützt ist. Diese Frage wird von § 186 in Verbindung mit den Sonderregeln für die genehmigte und insbesondere die bedingte Kapitalerhöhung beantwortet, soweit die Wandel- oder Bezugsrechte mit jungen Aktien bedient werden. Für die Zuteilung bereits vorhandener Aktien enthält das Gesetz heute in § 71 Abs 1 Nr 8 S 3 ebenfalls spezielle Regelungen.22 2. Abgrenzungen

12

Die Vielgestaltigkeit der von § 221 geregelten – oder besser nicht geregelten – Gläubigerrechte macht zunächst einige Abgrenzungen erforderlich.

13

a) Wandelschuldverschreibungen sind Schuldverschreibungen, mit denen das Recht verbunden ist, Aktien zu erwerben. Es gibt sie in zwei Erscheinungsformen: Bei der einen

20

21

Hüffer 9 § 221 Rdn 1; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 37; MK-Habersack3 § 221 Rdn 3; Karsten Schmidt/Lutter/Merkt 2 § 221 Rdn 8 f. Vgl dazu Begründung zur Vorgängervorschrift, wonach Genussscheine „ihrer Ausgestaltung und ihrem Zweck nach derart mannigfaltig [sind] und ihre weitere Entwicklung […] noch so sehr im Fluß [ist], daß eine ins Einzelne gehende Regelung auf diesem Gebiet nur hemmend wirken könnte. Ihre Ausgestaltung bleibt daher einstweilen zweckmäßig der Praxis überlassen.“ Vgl Ent-

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wurf eines Gesetzes über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien, 1930, S 124. Zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes auf die Verteilung eigener Aktien früher bereits OLG Hamm, ZIP 1983, 1332, 1334 (Westfalia Lünen; bergrechtliche Gewerkschaft); OLG Oldenburg AG 1994, 415, 416 f (Elsflether Werft); OLG Oldenburg AG 1994, 417, 418 (Elsflether Werft); dazu Hirte Bezugsrechtsausschluß S 32; Timm ZHR 153 (1989), 60, 65.

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

§ 221

Art hat der Gläubiger das Recht, gegen Rückgabe der Schuldverschreibung eine im Vorhinein festgelegte Zahl von Aktien zu erwerben. Das Gesetz spricht hier von einem „Umtauschrecht auf Aktien“. Sie werden auch als Wandelschuldverschreibungen im engeren Sinne bezeichnet. Dazu gehören auch die – mit der Aktienrechtsnovelle 2012 explizit zugelassenen – Fälle, in denen nicht dem Gläubiger, sondern der Gesellschaft das Recht auf Wandlung eingeräumt ist („umgekehrte Wandelanleihe“), oder in denen dem Gläubiger eine Pflicht zur Wandlung auferlegt wird (Einzelheiten u Rdn 90 ff). Bei der anderen Art hat der Gläubiger das Recht, zu einem festgelegten Entgelt eine bestimmte Zahl von Aktien zu erwerben, ohne, dass er die Schuldverschreibung zurückgeben muss.23 Sie werden gewöhnlich als Optionsanleihen, früher auch Bezugsanleihen, bezeichnet.24 Dabei ist es freilich möglich, dass die erforderliche Einlage auf die Aktie auch hier (teilweise) durch Hingabe der Aktie erfüllt wird (näher u Rdn 208).25 Daraus wird deutlich, dass die Wandelanleihe letztlich einen besonders geregelten Unterfall der Optionsanleihe bildet.26 Um die Missverständnisse auszuschließen, die sich daraus ergeben, dass das Gesetz 14 den Terminus Wandelschuldverschreibung sowohl für Wandelschuldverschreibungen im engeren Sinne als auch für Wandelschuldverschreibungen unter Einschluss der Optionsanleihen verwendet, wird im folgenden immer von „Wandel- und Optionsanleihen“ gesprochen, wenn beide Formen der Wandelschuldverschreibung gemeint sind. Mit „Wandelanleihe“ (bzw „Pflicht-Wandelanleihe“) oder „Optionsanleihe“ ist demgegenüber jeweils nur die engere Variante angesprochen. Nicht zu den Wandelanleihen im Wortsinne des Gesetzes gehören demgegenüber die isolierten Optionsscheine (naked warrants; dazu u Rdn 298 ff). b) Gewinnschuldverschreibungen sind Schuldverschreibungen, bei denen dem Gläu- 15 biger außer dem Nennbetrag der Schuld und einer etwaigen Verzinsung etwas zugesagt wird, was mit dem Gewinn zusammenhängt. Als Unterfall der Gewinnschuldverschreibung geregelt ist das Genussrecht;27 tatsächlich handelt es sich dabei jedoch um den Oberbegriff, der neben der Gewinnschuldverschreibung auch Wandel- und Optionsanleihen erfasst, sofern man die Anleihekomponente außer Betracht lässt (ausführlich u Rdn 355).28 Verbriefte Genussrechte werden als Genussscheine bezeichnet. c) Einfache Schuldverschreibungen. Nicht von Abs 1 erfasst sind einfache Schuldver- 16 schreibungen („Industrieobligationen“).29 Sie werden nach den §§ 793 ff BGB vom Vorstand als Geschäftsführungsmaßnahme ausgegeben (was eine Vorlage an die Hauptversammlung nach § 119 Abs 2 nicht ausschließt). Demgegenüber unterlag früher in zahlreichen anderen, insbesondere südeuropäischen Staaten, auch die Ausgabe gewöhnlicher Schuldverschreibungen der Zuständigkeit der Hauptversammlung (Frankreich, Italien, Portugal, Griechenland; vgl u Rdn 52).

23 24 25 26 27

Hüffer 9 § 221 Rdn 2; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 148; MK-Habersack 3 § 221 Rdn 31. Hüffer 9 § 221 Rdn 3; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 2; MK-Habersack 3 § 221 Rdn 24. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 13. Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 53 ff. Deshalb ist dessen Nicht-Erwähnung in der

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28 29

Überschrift des Gesetzes-Unterabschnitts auch konsequent; abw KK-Lutter 2 § 221 Rdn 2. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 21; MK-Habersack 3 § 221 Rdn 58. Hüffer 9 § 221 Rdn 3; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 5; MK-Habersack3 § 221 Rdn 20; Schumann Optionsanleihen S 161.

Heribert Hirte

§ 221

Fünfter Unterabschnitt

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Ebenfalls nicht von Abs 1 erfasst sind Schuldverschreibungen, die mit einem Optionsrecht auf andere Rechte als Aktien ausgestattet sind (etwa: Genussrechte oder Waren);30 für die Zwecke des Abs 1 handelt es sich auch insoweit um einfache Schuldverschreibungen. Das gilt auch für Anleihen, die nicht zu einem effektiven Bezug von Aktien berechtigen, sondern nur einen Differenzausgleich in Geld gestatten („synthetische Optionsanleihen“); sie können aber uU als Genussrecht zu qualifizieren sein (u Rdn 377).31 Ebenfalls nicht unter Abs 1 fallen Schuldverschreibungen, bei denen sich der Anleiheschuldner zur Beschaffung von Aktien einer dritten Gesellschaft verpflichtet, die er unter Umständen bereits im eigenen Portefeuille hält, ohne dass diese dritte Gesellschaft sich in irgendeiner Weise zur Bedienung der Optionsrechte verpflichtet hat („Warrant-Anleihen“; hinsichtlich des Optionsrechts als covered warrants bezeichnet;32 anders bei den von Tochtergesellschaften ausgegebenen Anleihen mit Optionsrechten auf Aktien der Muttergesellschaft [dazu u Rdn 121 ff]). Solche Aktien werden in bewusster begrifflicher Abgrenzung zT auch als Umtauschanleihen (exchangeables) bezeichnet.33 Denn hier fehlt es an einem Eingriff in die Mitgliedschaftsrechte der Gesellschaft. Hierzu soll auch – mit der Folge einer Unanwendbarkeit von § 221 – der Fall gehören, dass ein Treuhänder, ohne für Rechnung der Gesellschaft zu handeln, das Wandel- oder Optionsrecht aus seinem eigenen Bestand bedient.34 Bei einer nur teilweisen Lieferung von Aktien (net cash settlement) taucht demgegenüber die Frage auf, ob solche Konstruktionen noch von § 194 Abs 1 S 2 erfasst sind (dazu u Rdn 215).35 Anders liegen die Dinge aber sicher (mit der Folge entsprechender Anwendbarkeit von Abs 1), wenn sich eine Gesellschaft verpflichtet, eine Wandel- oder Optionsanleihe aus vorhandenen oder zu erwerbenden eigenen Aktien zu bedienen; denn hier wird das Vorerwerbsrecht der Altaktionäre in gleicher Weise wie bei einer Kapitalerhöhung betroffen.36 Bei den auf den Erwerb von Aktien dritter Gesellschaften (oder sonstiger Dritter) gerichteten Papieren ist eine Ausgabe isolierter Optionsrechte üblich37 und unproblematisch. Schuldverschreibungen mit Optionsrechten auf Genussrechte fallen zwar nicht unter Absatz 1, wohl aber unter Absatz 3 (dazu u Rdn 104 und Rdn 378).

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d) Optionen. Mit Optionsanleihen nicht zu verwechseln sind die seit 1970 wieder an der Börse gehandelten Optionen. Optionen gewähren das Recht, eine bestimmte Anzahl von zum Optionshandel zugelassenen Aktien oder anderen Werten während einer vereinbarten Frist (Optionsfrist) zu einem im voraus fixierten Preis (Basispreis) gegen die

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33

KK-Lutter 2 § 221 Rdn 152; MK-Habersack 3 § 221 Rdn 24: Schumann Optionsanleihen S 35 ff; unklar Kjer Optionsanleihen S 280 ff. Abw Busch AG 1999, 58, 64 f; Habersack FS Nobbe, S 539, 556; MK-Habersack 3 § 221 Rdn 25. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 154; MK-Habersack 3 § 221 Rdn 20, 24 f; Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 255 (mit Beispielen); Schumann Optionsanleihen S 38. Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 68, 118 ff, 171 f, 175 f; MK-Habersack 3 § 221 Rdn 24, 41; Schäfer ZGR-Sonderheft 16, S 62, 64; Schlitt/Schäfer CFL 2010, 252, 257; Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 255; zu deren bilanzieller

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Behandlung Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 736; ausführlich dazu Spindler/ Stilz/Seiler 2 § 221 Rdn 185 ff. Busch AG 1999, 58, 64 f; Kuntz AG 2004, 480, 481, 482; Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 258. Schlitt/Schäfer CFL 2010, 252, 257. Habersack FS Nobbe, S 539, 553 ff; MK-Habersack 3 § 221 Rdn 24; M Heinrich Der weiße Ritter S 125 ff (ebenso bzgl von Dritten gehaltener Aktien S 129 ff); abw Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 117 f, 138 ff (weil er den auch von ihm für erforderlich gehaltenen Aktionärsschutz über § 71 Abs 1 Nr 8 S 3 ff verwirklicht sieht). Schumann Optionsanleihen S 8.

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

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Bezahlung bzw den Erhalt eines Preises bei Abschluss des Optionsgeschäftes (Optionspreis) entweder zu fordern oder zu liefern.38 Handelsgegenstand dieses Optionsgeschäfts sind also (schuldrechtliche) Lieferungsansprüche gegen Dritte, in der Regel eine Bank. Sie betreffen nur das Verhältnis zwischen den (idR zukünftigen) Aktionären, nicht aber deren Verhältnis zur Gesellschaft, und gehören daher zu den Sekundärgeschäften.39 Bei § 221 geht es demgegenüber um den Primärmarkt, also die erstmalige Platzierung eines Wertpapiers beim Anleger. Dementsprechend eröffnen die Papiere aus § 221 immer nur Kaufoptionen gegenüber der Aktiengesellschaft, während auf dem Sekundärmarkt auch Verkaufsoptionen gehandelt werden, die eine Spekulation auf die Baisse erlauben. Aus diesem Grund war der Handel in Optionsanleihen nach § 221 und auch in den 19 zulässigerweise (u Rdn 125) von den Anleihen abgetrennten Optionsscheinen von der früheren Rechtsprechung als Kassa- und nicht als Termingeschäft angesehen worden;40 zur Teilnahme an ihm bedurfte es daher nicht der besonderen Termingeschäftsfähigkeit nach § 53 BörsG aF. Ebenso wurde hinsichtlich der inzwischen auf den Markt gekommenen Pflichtwandelanleihen und Anleihen mit Rückzahlungswahlrecht argumentiert.41 Der Handel in selbstständigen Optionsscheinen wurde im Gegensatz dazu von der früheren Rechtsprechung als Börsentermingeschäft qualifiziert, obwohl sich auch hier das Verlustrisiko des Optionskäufers regemäßig auf die Höhe der Prämie beschränkte.42 Mit Inkrafttreten des Vierten Finanzmarktförderungsgesetzes (Gesetz zur weiteren Fortentwicklung des Finanzplatzes Deutschland) vom 21. Juni 2002 (BGBl I S 2010) hat der Gesetzgeber diese Unterscheidung beseitigt und behandelt seither alle Optionsscheine einheitlich als Finanztermingeschäfte (früher Börsentermingeschäfte) iSv § 37e S 2 WpHG (zunächst § 2 Abs 2a WpHG).43 Die frühere Unterscheidung hat sich damit freilich nur verlagert, und zwar zunächst in den früheren § 37d Abs 2 WpHG, der die Informationspflicht bei Finanztermingeschäften (die an die Stelle der früheren Bestimmungen über die Börsentermingeschäftsfähigkeit getreten war 44) auf „die Zuteilung von Bezugsrechten auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung“ für unanwendbar erklärte. Darunter musste man, obwohl es sich dabei eigentlich nicht um ein gesetzliches, sondern ein rechtsgeschäftliches Bezugsrecht handelt, auch das Bezugsrecht aus der Optionsanleihe verstehen, und das – entsprechend der zuvor geltenden Rechtslage – auch dann, wenn es 38 39 40

41

Joussen BB 1997, 2117 f; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 155; Schumann Optionsanleihen S 33 ff. Schumann Optionsanleihen S 35. BGHZ 114, 177, 180; BGHZ 133, 200, 206; BGH WM 1994, 2231, 2232; BGH WM 1998, 274, 275 (Geltung auch für Zweiterwerber und für Emission ausländischer Gesellschaft); LG Frankfurt/Main ZIP 1989, 846, 847; OLG Karlsruhe ZIP 1996, 122, 123 (für Optionsanleihe ausländischer Gesellschaft); OLG Karlsruhe ZIP 1996, 123, 126 (für Optionsschein ausländischer Gesellschaft); Hüffer 9 § 221 Rdn 55; Joussen BB 1997, 2117, 2121; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 195; KK-WpHG/G Roth § 2 WpHG Rdn 88; Schäfer ZGR-Sonderheft 16, S 62, 80 f; Schumann Optionsanleihen S 33 ff. Kilgus WM 2001, 1324, 1327 f; Rozijn ZBB 1998, 77, 95 ff; Schäfer ZGR-Sonderheft 16, S 62, 82 ff.

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BGHZ 139, 1, 6 (Bandbreiten-Optionsscheine); BGH WM 1994, 834, 837; BGH WM 1994, 2231, 2232; BGH WM 1995, 2026; BGH WM 1998, 274, 275; Joussen BB 1997, 2117, 2122; KK-WpHG/G Roth § 2 WpHG Rdn 89; Lenenbach NZG 2001, 481, 487 ff (zur Einordnung von Aktienanleihen); zur (zweifelhaften) internationalprivatrechtlichen Anknüpfung dieser Rechtsprechung, soweit sie sich auf Optionsscheine ausländischer Gesellschaften bezog, Mankowski AG 1998, 11, 13 ff. Dazu ausführlich KK-WpHG/G Roth § 2 WpHG Rdn 81 f, 90; aA aber MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 4, der immer noch von einem Kassageschäft ausgeht. KK-WpHG/G Roth § 37d WpHG Rdn 18.

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Fünfter Unterabschnitt

selbstständig verbrieft war und gehandelt wurde.45 § 37d WpHG wurde zwar durch das Finanzmarktrichtlinie-Umsetzungsgesetz (FRUG) im Jahre 2007 aufgehoben; eine sachliche Änderung ergibt sich daraus aber nicht, weil nach der Vorstellung des Gesetzgebers die allgemeinen Verhaltenspflichten von Wertpapierdienstleistungsunternehmen (§§ 31 ff WpHG) auch im Bereich des Handels mit Derivaten ausreichend sind, so dass es der Spezialregelung mit ihrem Modell einer standardisierten Aufklärung nicht mehr bedarf.46 Die ausdrücklichen Regelungen des WpHG in diesem Zusammenhang beschränken sich heute in den §§ 37e ff WpHG auf die Fragen der Durchsetzbarkeit von aus Finanztermingeschäften resultierenden Ansprüchen und das mögliche öffentlich-rechtliche Verbot solcher Geschäfte (dazu u Rdn 273).

III. Verfahren 20

Für die ordentliche Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen, Gewinnschuldverschreibungen oder Genussrechten entspricht das Vorgehen im Wesentlichen dem ordentlichen Kapitalerhöhungsverfahren. Soweit dem Vorstand eine Ermächtigung zur Kapitalerhöhung erteilt werden soll, kommen die unter § 202 Rdn 22 beschriebenen Schritte hinzu. Bei der Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen oder bei einer Ermächtigung zu deren Ausgabe ist zugleich immer die Schaffung eines bedingten Kapitals zu deren Absicherung ins Auge zu fassen (dazu o § 192 Rdn 50 ff); ein gleichzeitiger Beschluss über die Ausgabe von Wandel- bzw Optionsanleihen, die bedingte Kapitalerhöhung und die entsprechende Satzungsänderung sind zwar nicht zwingend, in der Praxis aber üblich (dazu o vor § 192 Rdn 1 ff). Im Folgenden wird nur der gewöhnliche Entscheidungsablauf vorgestellt:47

21

a) Ausgangspunkt ist die (mit Zustimmung des Aufsichtsrats zu treffende) Entscheidung des Vorstands, Wandel- oder Optionsanleihen, Gewinnschuldverschreibungen oder Genussrechte auszugeben.48

22

b) Sodann ist zur Hauptversammlung einzuladen; die beabsichtigte Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen ist wie eine Satzungsänderung fristgerecht bekanntzumachen (§ 124 Abs 2 S 2 [str; vgl u Rdn 118]); bei einem beabsichtigten Ausschluss des Bezugsrechts muss dies Beschlussinhalt werden, und es ist auch der schriftliche Bericht nach § 221 Abs 4 S 2 iVm § 186 Abs 4 S 2 beizufügen (zum zwingenden und fakultativen Inhalt des Beschlusses näher u Rdn 101, 382). Die Ausgestaltung der Anleihebedingungen im Einzelnen wird regelmäßig an den Vorstand delegiert (u Rdn 102 aE).

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c) Die Hauptversammlung stimmt der vom Vorstand geplanten Ausgabe der Wertpapiere bzw Rechte mit qualifizierter Mehrheit zu. Der Beschluss ist beim Handelsregister zu hinterlegen; ein Hinweis darauf ist in den Gesellschaftsblättern bekanntzumachen.

45

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47

KK-WpHG/G Roth § 37d WpHG Rdn 132 mwN; zur Übertragung dieses Ansatzes auf Pflichtwandelanleihen Kilgus WM 2001, 1324, 1328; Rozijn ZBB 1998, 77, 95 ff. Begr RegE FRUG, BT-Drucks 16/4028, S 78; Fuchs/Jung vor §§ 37e und 37g WpHG Rdn 1; Schwark/Zimmer/Zimmer 4 vor § 37d ff WpHG Rdn 3. Ausf Darstellung des verfahrensmäßigen

48

Ablaufs bei Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen, verbunden mit bedingter Kapitalerhöhung, bei Happ/Groß Aktienrecht 3 12.04 Rdn 1; MünchVertragsHdb GesRHölters/Favoccia 7 V.118. Zu den einzelnen Entscheidungskriterien ausführlich Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 8 f.

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

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Bei bloßer Ermächtigung sind vor allem die Laufzeit der Ermächtigung sowie Umfang 24 und Obergrenze festzulegen. Festzulegen ist auch, ob auch zum Ausschluss des Bezugsrechts ermächtigt werden soll; in diesem Fall bedarf es ebenfalls eines Berichts nach § 221 Abs 4 S 2 iVm § 186 Abs 4 S 2. d) Sodann kann der Vorstand die Wertpapiere durch Einigung und Übergabe des 25 Papiers begeben. Über den Umfang der ausgegebenen Papiere muss der Vorstand eine Erklärung beim Handelsregister einreichen und in den Gesellschaftsblättern veröffentlichen. e) Das Verfahren hinsichtlich des Bezugs der auf der Grundlage eines ausgeübten 26 Wandel- oder Optionsrechts zu beziehenden Aktien richtet sich nach dem jeweils gewählten Sicherungsinstrument (zur Ausgabe von Bezugsaktien aus bedingtem Kapital o vor § 192 Rdn 8 ff, aus genehmigtem Kapital o § 202 Rdn 29 ff).

IV. Musterformular Ein ausführliches Muster für einen Hauptversammlungsbeschluss zur Ausgabe von 27 Wandel- oder Optionsanleihen bzw zur entspr Ermächtigung hat jüngst Seibt vorgelegt.49 Muster für eine ebensolche Ermächtigung bzgl Wandelanleihen, verbunden mit einer bedingten Kapitalerhöhung, finden sich bei Happ,50 Hölters/Favoccia51 sowie bei Hoffmann-Becking.52 Ebenso finden sich bei Hölters/Favoccia Muster für die bei Ausgabe von Genussscheinen,53 Wandelanleihen54 und Gewinnschuldverschreibungen55 zu fassenden Beschlüsse sowie das Muster einer Bezugserklärung des Inhabers einer Wandelschuldanleihe.56 Ein weiteres Muster für die Ausgabe von Genussscheinen findet sich bei Happ.57

V. Europäisches Recht 1. EG-Richtlinien Die Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen (nicht aber von Genussrechten 58) ist 28 als Vorstufe zur Kapitalerhöhung durch die (vor allem) Zweite (Kapitalschutz)Richtlinie der EG59 koordiniert worden. Die in diesem Zusammenhang wichtigsten Vorschriften der Richtlinie sind Art 25 (dazu o § 182 Rdn 10 ff) und Art 29 (dazu o § 186 Rdn 16 ff). Art 25 Abs 4 erstreckt den Anwendungsbereich von Art 25 auf „alle Wertpapiere, die in Aktien umgewandelt werden können oder mit einem Bezugsrecht auf Aktien verbunden

49 50 51 52

53

Seibt CFL 2010, 165, 169 ff. Happ/Groß, Aktienrecht 3 12.04 (mit ausführlichen Anmerkungen). MünchVertragsHdb GesR-Hölters/Favoccia 7 V.118. Beck’sches Formularbuch Bürgerliches, Handels- und Wirtschaftsrecht-HoffmannBecking 10 X.37 (mit knappen Anmerkungen). MünchVertragsHdb GesR-Hölters/Favoccia 7 V.39.

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54 55 56 57 58 59

MünchVertragsHdb GesR-Hölters/Favoccia 7 V.40. MünchVertragsHdb GesR-Hölters/Favoccia 7 V.42. MünchVertragsHdb GesR-Hölters/Favoccia 7 V.120. Happ/Schäfer, Aktienrecht3 4.11 (mit ausführlichen Anmerkungen). MK-Habersack 3 § 221 Rdn 7. Vom 13.12.1976 (77/91/EWG), ABl EG Nr L 26 v 31.1.1977, 1 ff.

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Fünfter Unterabschnitt

sind“. In gleicher Weise erweitert Art 29 Abs 6 den Anwendungsbereich des Art 29 auf diese Papiere. Von diesen Vorschriften der Richtlinie erfasst sind damit neben den eigentlichen Wandel- und Optionsanleihen auch isolierte Optionsrechte sowie Optionsrechte, die mit anderen Titeln als Anleihen, insbesondere mit Genussrechten, verbunden sind (näher u Rdn 298 ff).60 Der EuGH hat zu diesen Vorschriften ausgeführt, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstünden, die ein Bezugsrecht bei Ausgabe neuer Aktien oder neuer Wandel- oder Optionsanleihen auch den Gläubigern bereits ausgegebener Wandel- oder Optionsanleihen einräumt; zudem hat er betont, dass die Möglichkeit der Hauptversammlung, das Bezugsrecht auf Wandel- oder Optionsanleihen auszuschließen, nach europäischem Recht zwingend geboten sei.61 Eine ganz andere – und nicht unmittelbar aus dem Richtlinientext beantwortbare – Frage ist, ob die Richtlinie ungeachtet des Eingreifens der genannten Schutzvorschriften Sperrwirkung für bestimmte Titel entfaltet (dazu näher u Rdn 40, 301, 362). Auffallend ist aus deutscher Sicht, dass die Richtlinie die Ausübung der Bezugs- oder 29 Wandlungsrechte von ihrem Anwendungsbereich ausnimmt. Damit werden die Mehrheits- und Publizitätsanforderungen auf die Ausgabe der Wandel- und Optionsanleihen vorverlegt, während andererseits der Aktionärsschutz bei der Umwandlung in Aktien oder der Ausübung der Bezugsrechte nicht erfasst ist; hier bleibt dem nationalen Gesetzgeber daher ein gewisser Spielraum (dazu auch u Rdn 55). Für die Möglichkeit des Bezugsrechtsausschlusses ist Art 29 der Richtlinie bedeutsam. 30 Auch hier ist bemerkenswert, dass die Richtlinie keinen Schutz der übrigen Aktionäre im Zeitpunkt der Ausübung des Wandel- oder Bezugsrechts vorsieht. Sie geht vielmehr von der wirklichkeitsnahen Vorstellung aus, dass das Bezugsrecht nur einmal, und zwar bei der Ausgabe der konvertiblen Papiere, besteht und zu schützen ist. Damit vermeidet sie die Schwierigkeiten, die das deutsche Recht dadurch hat, dass zur Bedienung der Rechte von Wandel- und Optionsanleihegläubigern formell noch ein zweiter Bezugsrechtsausschluss notwendig ist (dazu u Rdn 151). 2. Europäische Aktiengesellschaft

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Art 5 des Statuts für Europäische Aktiengesellschaften vom 20. Dezember 2000 (o § 202 Rdn 57) verweist für die Fragen der Kapitalaufbringung und -erhaltung nunmehr ausschließlich auf das nationale Recht des Mitgliedstaates, in dem die Europäische Aktiengesellschaft ihren Sitz hat. Dies gilt lediglich mit Ausnahme von Art 4 Abs 1 und 2 SE-VO, die den Euro als Kapitalwährung und ein Mindestgrundkapital iHv € 120.000,– vorschreiben. Damit sind auch die deutschen Vorschriften hinsichtlich der Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen sowie sonstiger Wertpapiere wie Genussrechte für eine in Deutschland ansässige Europäische Aktiengesellschaft unmittelbar anwendbar.62 Art 5 SE-VO ist dabei als Sach- und nicht als Gesamtnormverweisung anzusehen, was zur direkten Anwendung des berufenen nationalen Gesellschaftsrechts ohne Anwendung der Kollisionsnormen des jeweiligen Internationalen Gesellschaftsrechts führt.63 Zu den in 60 61

62

MK-Habersack 3 § 221 Rdn 7. EuGH Slg I-10139 = EuZW 2009, 552 = NZG 2009, 187 Tz 38 ff (Kommission/ Königreich Spanien). Hirte NZG 2002, 1, 9; ders DStR 2005, 653, 700, 703 f; ders Kapitalgesellschaftsrecht 6 Rdn 4.40; MK-Habersack 3 § 221 Rdn 8; für einen Überblick siehe Lutter/Hommel-

63

hoff/Fleischer SE-Kommentar, 2008, Art 5 SE-VO Rdn 1 ff; MK-Oechsler 2 Art 5 SE-VO Rdn 1 ff. Koke, Die Finanzverfassung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) mit Sitz in Deutschland, 2005, S 14 f; Lutter/Hommelhoff/Fleischer SE-Kommentar, 2008, Art 5 SE-VO Rdn 2; MK-Oechsler 2 Art 5 SE-VO Rdn 5.

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

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Art 5 SE-VO genannten „sonstigen vergleichbaren Wertpapieren“ sind in inhaltlicher Hinsicht insbesondere auch die Genussrechte zu zählen.64 In formeller Hinsicht umfasst die Verweisung die Regelungen zur Zulässigkeit der Emission, der Zuständigkeit für diese sowie über das Verfahren.65 Die Verweisung in Art 5 SE-VO umfasst auch die Frage der für eine Emission erforderlichen Mehrheit, da Art 5 SE-VO insofern als gegenüber den Artt 57, 59 SE-VO vorrangig anzusehen ist.66 Letztlich ist diese Frage aber nicht entscheidend, da das nationale Aktienrecht nach Art 57 SE-VO ohnehin eine höhere als die dort vorgesehene einfache Stimmenmehrheit verlangen kann, wie das deutsche Recht dies in Abs 1 S 2 (ggf iVm Abs 3 für die Emission von Genussrechten) macht. Die Vertragsverhältnisse zwischen der emittierenden Gesellschaft und den Gläubigern werden von der Verweisung demgegenüber grundsätzlich nicht umfasst, da es sich dabei prinzipiell um eine schuldrechtliche Beziehung und nicht um einen gesellschaftsrechtlichen Tatbestand handelt.67 Anders wird diese Frage allerdings in Bezug auf als aktiengleich zu qualifizierendes Genussrechtskapital zu beantworten sein, da es sich hierbei für die emittierende Gesellschaft um Eigenkapital handelt. Fehlt es an der Verbriefung eines Rechts in einem Wertpapier, kommt § 221 aufgrund der Generalverweisung des Art 9 Abs 1c SE-VO zur Anwendung.68 Die früheren Entwürfe für das Statut hatten noch deutlich ausführlichere und eigen- 32 ständige europäische Regelungen dieses Fragenkreises enthalten.69 So hatten Art 54 ff des Geänderten Verordnungsvorschlags über das Statut für Europäische Aktiengesellschaften vom 30. April 197570 bezüglich der Ausgabe von Schuldverschreibungen zwei eigene Abschnitte in Titel III vorgesehen: „3. Abschnitt Schuldverschreibungen Artikel 54 [Ausgabe von Schuldverschreibungen] Vorbehaltlich der Artikel 60 und 60a kann der Vorstand mit Genehmigung des Aufsichtsrates Schuldverschreibungen ausgeben.

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Fleischer in Lutter/Hommelhoff (Hrsg), Die Europäische Gesellschaft, 2005, S 171; Hirte NZG 2002, 1, 9; Lutter/Hommelhoff/Fleischer SE-Kommentar, 2008, Art 5 SE-VO Rdn 10; Lutter/Hommelhoff/Merkt SE-Kommentar, 2008, Anh II Art 5 SE-VO Rdn 2; MK-Oechsler 2 Art 5 SE-VO Rdn 38. Lutter/Hommelhoff/Merkt SE-Kommentar, 2008, Anh II Art 5 SE-VO Rdn 3 (für Wandel- und Gewinnschuldverschreibungen). Ebenso Jaeger, Die Europäische Aktiengesellschaft – europäischen oder nationalen Recht, 1994, S 102 (allerdings noch auf Grundlage des Dritten Geänderten Vorschlages) und MK-Oechsler 2 Art 5 SE-VO Rdn 37; davon wohl ausgehend Manz/Mayer/Schröder/ Mayer Europäische Aktiengesellschaft 2, 2010, Art 5 SE-VO Rdn 105 und Theisen/ Widmeyer in Theisen/Wenz (Hrsg), Die

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Europäische Aktiengesellschaft, 2002, S 348; abw Lutter/Hommelhoff/Merkt SE-Kommentar, 2008, Anh II Art 5 SE-VO Rdn 6 (für Wandel- und Gewinnschuldverschreibungen); Koke, Finanzverfassung S 210 ff. Koke Finanzverfassung S 206; Lutter/Hommelhoff/Merkt SE-Kommentar, 2008, Anh II Art 5 SE-VO Rdn 4 (für Wandel- und Gewinnschuldverschreibungen); Manz/Mayer/ Schröder/Mayer Europäische Aktiengesellschaft 2, 2010, Art 5 SE-VO Rdn 23. MK-Habersack 3 § 221 Rdn 8. Vgl Fleischer in Lutter/Hommelhoff (Hrsg), Die Europäische Gesellschaft, 2005, S 170 f; ders AcP 204 (2004), 502, 505 ff. Dok KOM (75) 150 endg; dazu Westermann in Lutter, Die Europäische Aktiengesellschaft 1/2, S 212 ff; vgl auch Lutter Europäisches Unternehmensrecht 3 S 130 ff.

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Fünfter Unterabschnitt Artikel 55 [Öffentliche Ausgabe von Schuldverschreibungen]

Der öffentlichen Ausgabe von Schuldverschreibungen muß eine Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern vorausgehen. Diese Bekanntmachung muß Zahl, Nennbetrag, Ausgabekurs und Zinssatz der auszugebenden Schuldverschreibungen sowie Zeitpunkt und Bedingungen ihrer Einlösung enthalten. Ferner sind darin der Betrag der vorher von der Gesellschaft ausgegebenen Wandelschuldverschreibungen, der nicht amortisierte Betrag der vorher ausgegebenen sonstigen Schuldverschreibungen sowie die damit verbundenen Sicherheiten und der Betrag der von der Gesellschaft verbürgten Anleihen sowie gegebenenfalls der verbürgte Teilbetrag dieser Anleihen anzugeben. Artikel 56 [Masse der Inhaber von Schuldverschreibungen] 1. Die Inhaber von Schuldverschreibungen ein und derselben öffentlichen Ausgabe bilden von Rechts wegen eine Masse, deren Beschlüsse, die unter Berücksichtigung dieses Abschnitts gefaßt worden sind, für alle Inhaber von Schuldverschreibungen dieser Ausgabe verbindlich sind. 2. Die Versammlung der Masse ist zuständig, über alle Vorschläge der Gesellschaft bezüglich der Schuldverschreibungen zu beschließen, einschließlich solcher Vorschläge, die eine Änderung der Ausgabebedingungen oder eine Änderung oder Aufhebung der Sicherheiten betreffen. Artikel 57 [Vertreter der Masse] 1. Bei der öffentlichen Ausgabe von Schuldverschreibungen bestellt der Vorstand der SE mit Zustimmung des Aufsichtsrates einen von der Gesellschaft unabhängigen Vertreter der Masse. Die Versammlung der Masse kann den Vertreter jederzeit abberufen und durch einen anderen ersetzen. Bei Dringlichkeit kann jeder Inhaber von Schuldverschreibungen bei dem Gericht des Sitzes der SE die Ernennung eines Vertreters beantragen. 2. Der Vertreter der Masse vertritt die Masse der Gesellschaft gegenüber gerichtlich und außergerichtlich. Er kann die den Massegläubigern zustehenden Rechte der Gesellschaft gegenüber geltend machen und für die Massegläubiger Sicherheiten in Besitz nehmen. Er ist berechtigt, an den Hauptversammlungen der Gesellschaft teilzunehmen und darf zu den zur Erörterung gestellten Gegenständen der Tagesordnung das Wort ergreifen und das Auskunftsrecht der Aktionäre nach Maßgabe des Artikels 90 ausüben. Dem Vertreter sind von der Gesellschaft alle Schriftstücke zuzusenden, hinsichtlich derer den Aktionären ein Recht auf Einsichtnahme oder Abschrift zusteht. Inhabern von Schuldverschreibungen sind diese Schriftstücke auf deren Verlangen zugänglich zu machen. Artikel 58 [Versammlung der Masse] 1. Die Versammlung der Masse wird von ihrem Vertreter oder vom Vorstand der SE einberufen. Inhaber von Schuldverschreibungen, die zusammen entweder 10 % der im Umlauf befindlichen Schuldverschreibungen oder Schuldverschreibungen im Nennwert von 250.000 RE besitzen, können den Verteter oder den Vorstand schriftlich zur Einberufung der Versammlung auffordern. 2. Die Versammlung ist beschlußfähig, wenn Inhaber von mindestens 50 % der noch umlaufenden Schuldverschreibungen anwesend oder vertreten sind. Ist diese Bedingung nicht erfüllt, so wird die Versammlung zum zweiten Male einberufen. Sie kann in diesem Falle ungeachtet der Zahl der anwesenden oder vertretenen Inhaber beschließen. In der Einberufung ist hierauf hinzuweisen. 3. Die Beschlüsse der Versammlung bedürfen stets einer Mehrheit von drei Vierteln der gültig abgegebenen Stimmen. 4. Die Schuldverschreibungen gewähren ein ihrem Nennbetrag entsprechendes Stimmrecht; der Mindestnennbetrag gewährt eine Stimme. 5. Den Vorsitz führt der Vertreter der Masse oder in seiner Abwesenheit der Vorstand der Gesellschaft. 6. Im übrigen finden die Vorschriften über die Einberufung und Abhaltung einer Hauptversammlung sinngemäß Anwendung.

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

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Artikel 59 [Kosten von Maßnahmen im Interesse der Masse und Gerichtsstand] 1. Die Kosten für die Einberufung und Abhaltung von Versammlungen der Masse, für die Vergütung des Vertreters und für die im Interesse der Masse und zur Wahrung ihrer Rechte zu treffenden Maßnahmen sind von der Gesellschaft zu tragen. 2. Für Streitigkeiten zwischen der Gesellschaft und der Masse ist das Gericht des Sitzes der SE zuständig. Artikel 60 [Wandelschuldverschreibungen] 1. Die Hauptversammlung kann durch Satzungsänderung die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen beschließen, bei denen den Inhabern ein Umtausch- oder Bezugsrecht auf Aktien eingeräumt wird. Durch diese Satzungsänderung ist gleichzeitig unter Verzicht der Aktionäre auf ihr Bezugsrecht genehmigtes Kapital bereitzustellen, dessen Höhe und Geltungsdauer der weitestmöglichen Ausübung des Umtausch- oder Bezugsrechts entsprechen muß. 2. Das für die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen bereitgestellte Kapital darf insgesamt nicht mehr als die Hälfte des gezeichneten Kapitals betragen. 3. Auf die ausgegebenen Wandelschuldverschreibungen haben die Aktionäre ein Bezugsrecht im Verhältnis ihrer bisherigen Beteiligungen, sofern die Hauptversammlung nicht unter entsprechender Anwendung der Bestimmung des Artikels 43 etwas Gegenteiliges beschließt. 4. Solange Wandelschuldverschreibungen im Umlauf sind, darf die Gesellschaft keine Satzungsänderung beschließen, durch die die Rechte der Inhaber dieser Wandelschuldverschreibungen geschmälert werden, es sei denn, ihnen wird wenigstens drei Monate vor der Beschlußfassung durch eine Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern Gelegenheit geboten, ihr Bezugs- oder Umtauschrecht auszuüben oder die Masse der Inhaber der Wandelschuldverschreibungen hat sich mit der Satzungsänderung einverstanden erklärt. 5. Sind die durch die ausgegebenen Wandelschuldverschreibungen eingeräumten Umtausch- oder Bezugsrechte ausgeübt worden oder ist bei nur teilweiser Ausübung die für die Ausübung festgesetzte Frist abgelaufen, verändert der Vorstand den Text der Satzung, um den neuen Betrag des Kapitals zum Ausdruck zu bringen. Ist von den Bezugs- oder Umtauschrechten in der dafür festgesetzten Frist kein Gebrauch gemacht worden, so veranlaßt der Vorstand die Beseitigung der Satzungsbestimmung über die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen. Diese Änderungen werden in den Gesellschaftsblättern veröffentlicht. Artikel 60a [Gewinnschuldverschreibungen] 1. Die Hauptversammlung kann durch einen Beschluß, der den Voraussetzungen einer Satzungsänderung entsprechen muß, die Ausgabe von Gewinnschuldverschreibungen beschließen, bei denen die Rechte der Gläubiger in Abhängigkeit vom Gewinn der Gesellschaft ausgestaltet sind. 2. Auf die ausgegebenen Gewinnschuldverschreibungen findet Art. 60 Absatz 4 entsprechende Anwendung. 4. Abschnitt Sonstige Wertpapiere Artikel 61 Sonstige Wertpapiere, durch die Nichtaktionären ein Recht auf Beteiligung am Gewinn oder am Gesellschaftsvermögen gegeben wird, sind unzulässig.“

Gegenüber Artt 54 bis 61 des ursprünglichen Vorschlags vom 30. Juni 1970 71 hatte 33 Art 55 SE-VO-E 1975 den Umfang der erforderlichen Bekanntmachungen im Vorfeld einer Emission von Schuldverschreibungen erweitert. Dies betraf den Betrag der vorher 71

Dok KOM (70) 150 endg = ABl EG Nr C 124 v 10.10.1970, S 1 ff.

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von der Gesellschaft emittierten Wandelanleihen, den nicht amortisierten Betrag der vorher ausgegebenen sonstigen Schuldverschreibungen (inklusive der damit verbundenen Sicherheiten) sowie den Betrag der von der Gesellschaft verbürgten Anleihen. Art 56 Abs 2 SE-VO-E 1975 hatte weiter (wohl nur sprachlich) den Umfang der Zuständigkeit der Versammlung der Masse von „Vorschlägen der Gesellschaft bzgl der Ausgabe“ auf „Vorschläge der Gesellschaft bzgl der Schuldverschreibungen“ erweitert. Art 57 Abs 1 SE-VO-E 1975 konkretisierte zudem im Vergleich zu Art 57 Abs 1 SE-VO-E 1970 die Bestellung des von der Gesellschaft unabhängigen Vertreters der Masse dahingehend, dass die Bestellung mit Zustimmung des Aufsichtsrates durch den Vorstand zu erfolgen habe. Art 57 Abs 2 SE-VO-E 1975 erweiterte schließlich die Befugnisse des Massevertreters gegenüber der Gesellschaft. Er sollte danach nicht nur an den Hauptversammlungen teilnehmen und dort insbes die Auskunftsrechte eines Aktionärs sowie auch sonst Informationsrechte wahrnehmen dürfen, sondern auch die den Massegläubigern zustehenden Rechte der Gesellschaft gegenüber geltend machen und für sie Sicherheiten in Besitz nehmen können. Darüber hinaus sollte ihm nach dem jüngeren Entwurf neben dem Auskunfts- auch das Fragerecht auf der Hauptversammlung zustehen. Den Inhabern der Schuldverschreibungen sollten von ihm die Schriftstücke und Abschriften zugänglich zu machen sein, die er auf Grund seiner Befugnisse erlangt hat. Art 58 Abs 1 SE-VO-E 1975 erhöhte im Vergleich zum ersten Entwurf den prozen34 tualen Anteil der Schuldverschreibungen, die ein Inhaber halten muss, um vom Vertreter der Masse oder vom Vorstand der Gesellschaft die Einberufung der Versammlung der Masse verlangen zu können, von 5 % auf 10 %; die daneben bestehende Nennwertgrenze für ein Einberufungsverlangen ließ er aber unverändert. Zudem änderte Art 58 Abs 2 SE-VO-E 1975 die Grenze der für die Beschlussfähigkeit der Versammlung der Masse erforderlichen Präsenz von 75 % der Inhaber von Schuldverschreibungen auf 50 % der noch umlaufenden Schuldverschreibungen ab. Gegenüber dem SE-VO-E 1970 forderte Art 60 Abs 1 SE-VO-E 1975, dass das 35 genehmigte Kapital zur Sicherung des Wandlungsanspruchs aus Wandelanleihen ebenfalls durch den die Emission der Wandelschuldverschreibung beschließenden satzungsändernden Beschluss der Hauptversammlung bereitzustellen sei. Art 60 Abs 2 SE-VO-E 1975 beschränkte andererseits erstmalig das für die Ausgabe von Wandelanleihen bereitstellbare Kapital auf maximal 50 % des gezeichneten Kapitals. Nach Art 60 Abs 5 SE-VO-E 1975 hat der Vorstand der SE schließlich bei teilweiser Ausübung der Wandelrechte nach Ablauf der Ausübungsfrist, anderenfalls nach vollständiger Ausübung den Text der Satzung an den neuen Betrag des Kapitals anzupassen. Art 60a SE-VO-E 1975 eröffnete erstmals ausdrücklich die Möglichkeit der Emission von Gewinnschuldverschreibungen durch einen Beschluss der Hauptversammlung mit satzungsändernder Mehrheit. Im Zweiten geänderten Vorschlag für eine Verordnung über das Statut der Europä36 ischen Aktiengesellschaft vom 25. August 198972 befassten sich Artt 56 bis 60 mit der Finanzierung durch Schuldverschreibungen und Wandel- und Optionsanleihen. Sie lauten: „Artikel 56 (Begebung von Schuldverschreibungen) Die SE kann Schuldverschreibungen begeben.

72

ABl EG Nr C 263 v 16.10.1989, S 41 ff, Dok KOM (89) 268 endg.

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Artikel 57 (Masse der Inhaber von Schuldverschreibungen) Die im Staat des Sitzes der SE geltenden Rechtsvorschriften regeln die Bestimmungen für die Masse der Inhaber von Schuldverschreibungen. Artikel 58 (Wandelschuldverschreibungen) 1. Die Artikel 43 und 44 finden auf die Begebung von Wandelschuldverschreibungen entsprechende Anwendung. 2. Die Bedingungen und das Verfahren für die Ausübung des Umtausch- oder Bezugsrechts bestimmen sich nach den im Staat des Sitzes der SE geltenden Rechtsvorschriften. 3. Solange Wandelschuldverschreibungen im Umlauf sind, darf die Gesellschaft keine Satzungsänderung beschließen, durch die die Rechte der Inhaber dieser Wandelschuldverschreibungen berührt werden. Dies gilt nicht, wenn weniger als 5 v.H. der Wandelschuldverschreibungen noch im Umlauf sind und deren Inhaber die Möglichkeit haben, ihr Bezugs- oder Umtauschrecht rechtzeitig vor der Satzungsänderung auszuüben, oder wenn die Masse der Inhaber von Wandelschuldverschreibungen der geplanten Satzungsänderung zugestimmt hat. In diesem Fall kann in den Anleihebedingungen ein höherer Prozentsatz festgelegt werden. 4. Sind die mit den begebenen Wandelschuldverschreibungen verbundenen Umtausch- oder Bezugsrechte ausgeübt worden oder ist bei nur teilweiser Ausübung die diesbezügliche Frist abgelaufen, so nimmt das Leitungs- oder Verwaltungsorgan an der Satzung die notwendigen Korrekturen vor, um den neuen Kapitalbetrag auszuweisen. Ist von den Bezugs- oder Umtauschrechten innerhalb der dafür festgesetzten Frist kein Gebrauch gemacht worden, so läßt das Leitungs- oder Verwaltungsorgan die Bestimmung über die Begebung von Wandelschuldverschreibungen aus der Satzung streichen. Diese Änderungen sind gemäß Artikel 9 offenzulegen. Artikel 59 (Gewinnschuldverschreibungen) 1. Die Hauptversammlung kann nach dem gleichen Verfahren wie bei Satzungsänderungen die Begebung von Gewinnschuldverschreibungen beschließen; die Rechte, die den Gläubigern als Gegenleistung für eine Bareinlage zustehen, sind in vollem Umfang oder zum Teil vom Gewinn der Gesellschaft abhängig. 2. Auf die begebenen Gewinnschuldverschreibungen findet Artikel 58 Absatz 3 entsprechende Anwendung. Artikel 60 (Sonstige Wertpapiere) Die Begebung sonstiger Wertpapiere, die Nichtaktionären ein Recht auf Beteiligung am Gewinn oder am Gesellschaftsvermögen einräumen würden, ist nicht zulässig.“

Die in Artikel 58 Abs 1 in Bezug genommenen Artikel 43 und 44 sind o § 202 Rdn 62 und 63 (und bzgl Art 44 Abs 1 u 2 idF des Dritten Geänderten Vorschlags o § 186 Rdn 21) wiedergegeben. Der Dritte geänderte Vorschlag für eine Verordnung über das Statut der Europäischen 37 Aktiengesellschaft vom 16. Mai 199173 bestimmt demgegenüber in seinem Art 56 bezüglich der Ausgabe von Wertpapieren nur noch: „Die SE kann sich aller Finanzmittel bedienen, die Aktiengesellschaften nach dem Recht des Sitzstaats der SE geboten werden.“

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MK-Habersack3 § 221 Rdn 8 ABl EG Nr C 176 v 8.7.1991, S 1 ff, Dok KOM (91) endg.

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Damit verzichtete er wie schließlich auch die endgültige Fassung auf eigenständige inhaltliche Vorgaben hinsichtlich der ausgebbaren Wertpapiere und überließ diese Frage dem nationalen Gesetzgeber. Lediglich die Vorschriften über das Bezugsrecht wurden in Art 44 Abs 6 noch für anwendbar erklärt.

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Bemerkenswert ist aus der Rechtsetzungsgeschichte im Bereich der Wandel- und Optionsanleihen sowie der sonstigen Titel im Grenzbereich zwischen Eigen- und Fremdkapital im Statut für die Europäische Aktiengesellschaft zunächst die in den früheren Entwürfen außerordentlich hohe Regelungsdichte, die in der letztlich in Kraft getretenen Bestimmung vollständig entfallen ist und durch einen Verweis auf die nationalen Rechte ersetzt wurde. Dies deutet darauf hin, dass eine Einigung auf europäischer Ebene nur auf die schließlich Gesetz gewordene „Minimallösung“ möglich war. Allerdings darf bei dieser Liberalisierung auch nicht übersehen werden, dass manche der ursprünglich im SE-Statut vorgeschlagenen Regelungen heute durch andere Normen des europäischen Rechts, insbesondere des Kapitalmarktrechts, koordiniert sind; dies gilt etwa für die Regelungen zur Prospektpflicht (Art 55 SE-VO-E 1975) oder zu den Inhalten von Bekanntmachungen. In diesem Zusammenhang sind auch die Regelungen über die Ausgabe von Schuldverschreibungen hervorzuheben, soweit sie nicht mit einem Wandeloder Optionsrecht auf Aktien der emittierenden Gesellschaft verbunden sind. Bemerkenswert ist insoweit zunächst, dass das SE-Statut hier schon früher entsprechend deutschem Recht, aber abweichend von mehreren nationalen Rechten anderer EG-Mitgliedstaaten eine Ausgabe von Schuldverschreibungen ohne Zustimmung der Hauptversammlung zuließ (Art 54 SE-VO-E 1975, nicht mehr explizit demgegenüber Art 56 SE-VO-E 1989). Auffallend ist aber vor allem die sehr umfangreiche Regelung zur Versammlung von Schuldverschreibungsgläubigern in Artt 56 ff SE-VO-E 1975, die in Art 57 SE-VO-E 1989 durch eine Verweisung auf die nationalen Rechte ersetzt wurde. Zwar gibt es insoweit keine andere europäische Regelung, die diese Rechtsfragen inzwischen aufgegriffen hätte; angesichts der hohen internationalen Standardisierung bei Schuldverschreibungsemissionen ist dies aber einerseits gar nicht (mehr) erforderlich bzw wird durch die Transparenzvorschriften, insbes die Prospektpflicht, kompensiert.

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Was die Bedienung der Wandel- oder Optionsanleihen angeht, ist die automatische beschlussmäßige Verknüpfung von Ausgabe der Anleihe und Bereitstellung der zu ihrer Bedienung erforderlichen Aktien hervorzuheben (Art 60 Abs 1 S 2 SE-VO-E 1975), die mit einer Qualifikation auch der Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen als Satzungsänderung einherging (Art 60 Abs 1 S 1 SE-VO-E 1975). In technischer Hinsicht bemerkenswert ist die unmittelbar im Statut dem Leitungs- oder Verwaltungsorgan eingeräumte Befugnis, die sich aus der Ausübung von Umtausch- oder Bezugsrechten ergebenden Folge-Satzungsänderungen vorzunehmen (Art 60 Abs 1 S 2 SE-VO-E 1975, Art 58 Abs 4 S 1 SE-VO-E 1989; dazu auch schon o § 202 Rdn 65). Ausdrücklich geregelt war weiter der Verwässerungsschutz. Hervorzuheben ist schließlich, dass das Statut neben den erwähnten und geregelten Wertpapieren ausdrücklich weitere gewinnabhängige Wertpapiere verbot (Art 61 SE-VO-E 1975, Art 60 SE-VO-E 1989). Gerade in diesem Punkt ist schon der Entwurf 1991 und auch die schließlich Gesetz gewordene Fassung von der ursprünglich sehr restriktiven Linie des europäischen Rechts abgerückt. Sie hätte bedeutet, dass Genussscheine gegen Einlage, wie sie in Deutschland heute anerkannt sind, in der SE nicht zulässig gewesen wären; Gleiches hätte uU für naked warrants gegolten. Zudem hätte die Bestimmung zur Auslegung der Zweiten (Kapitalschutz)Richtlinie herangezogen werden können: sie wäre ein Argument dafür gewesen, auch dort die normierten Kapitalbeschaffungsinstrumente als abschließend anzusehen (dazu näher o Rdn 28 aE).

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VI. Ausländisches Recht 1. Wandel- und Optionsanleihen Da die Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen einen koordinierten Bereich des 41 Gemeinschaftsrechts betrifft (zuvor Rdn 28), sind die gesetzlichen Regelungen in den EG-Ländern in ihren wesentlichen Bestimmungen inhaltsgleich. Allerdings gibt es zahlreiche Unterschiede im Detail sowohl zwischen den Ländern als auch im Zeitablauf. Eine Reihe von Landesberichten zu diesem Themenkomplex war vor einiger Zeit als ZGRSonderheft veröffentlicht worden.74 Im Folgenden soll, auch vor dem Hintergrund dieser seinerzeit ausführlichen rechtsvergleichenden Untersuchung, nur ein knapper Überblick über die Behandlung in von Wandel- und Optionsanleihen in einigen ausländischen Rechten gegeben werden. a) Überblick. In Österreich ist die Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen, Ge- 42 winnschuldverschreibungen und Genussrechten in § 174 öAktG geregelt, der im Wesentlichen dem deutschen § 174 AktG 1937 entspricht. Für das Bezugsrecht verweist er auf § 153 AktG. Die Bedienung der Rechte erfolgt, wie in Deutschland, durch ein bedingtes Kapital (§§ 159 ff öAktG). Die Regelungen und Probleme entsprechen im Wesentlichen denen in Deutschland.75 In der Schweiz kann die Generalversammlung nach Art 653 Abs 1 OR eine bedingte 43 Kapitalerhöhung beschließen, indem sie in den Statuten den Gläubigern von neuen Anleihens- oder ähnlichen Obligationen gegenüber der Gesellschaft oder ihren Konzerngesellschaften sowie den Arbeitnehmern Rechte auf den Bezug neuer Aktien (Wandel- oder Optionsrechte) einräumt.76 Damit legt das schweizerische Recht den entscheidenden Akzent auf die Beschlussfassung über die zur Bedienung von Wandel- oder Optionsrechten auszugebenden neuen Aktien in Form des bedingten Kapital; es stellt zum anderen klar, dass das Wandel- oder Optionsrecht auch den Gläubigern von Konzerngesellschaften zustehen darf. Über das deutsche Recht hinaus kann das Wandelrecht auch bei „ähnlichen Obligationen“ eingeräumt werden, die dann vorliegen, wenn Bestand und Verrechenbarkeit der Forderung sowie die Person des Gläubigers leicht feststellbar sind, was anerkanntermaßen auch bei einer einzelnen Forderung der Fall sein kann.77 In dem Beschluss über die Schaffung eines bedingten Kapitals ist anzugeben, in welchem Umfang die neuen Aktien den verschiedenen Gruppen Wandel- oder Optionsberechtigter zustehen sollen.78 Das Aktienkapital erhöht sich dann nach Art 653 Abs 2 OR ohne Weiteres in dem Zeitpunkt und in dem Umfang, als diese Wandel- oder Optionsrechte ausgeübt und die Einlagepflichten durch Verrechnung oder Einzahlung erfüllt werden. Auf die

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75

Lutter/Hirte Wandel- und Optionsanleihen in Deutschland und Europa, ZGR-Sonderheft 16 (Berlin/New York 2000). Die rechtsvergleichende Einführung in diesem Werk durch den Verfasser ist (verkürzt) auch wiedergegeben in DB 2000, 1949 ff. Ausf zu § 174 öAktG Kalss/Nowotny/ Schauer Österreichisches Gesellschaftsrecht, 2008, Rdn 3/808 ff; MK-Winner 3 § 221 Rdn 377 ff; siehe auch den nicht mehr ganz aktuellen Überblick bei Nowotny ZGR-Sonderheft 16, S 176 ff.

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Ausf zur Schweiz Druey/Glanzmann in: Druey, Gesellschafts- und Handelsrecht 10 § 9 Rdn 76 ff; siehe auch den nicht mehr ganz aktuellen Überblick bei Köndgen/ Daeniker ZGR-Sonderheft 16, S 265 ff. Druey/Glanzmann in: Druey, Gesellschaftsund Handelsrecht 10 § 9 Rdn 78. BGE 121 III 219, 239 ff = SZW/RSDA 1996, 139, 142 (Zobl) (BK Vision/SBG; zu diesem Entscheid auch schon o § 202 Rdn 80); ebenso zuvor als Vorinstanz HGer Zürich SZW/RSDA 1994, 285, 291 (Kurer).

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Wandel- und Optionsanleihen haben die Aktionäre ein Bezugsrecht (Art 653c OR).79 Für den Fall einer Kapitalerhöhung verlangt Art 653d Abs 2 OR ausdrücklich eine Anpassung des Wandel- bzw Optionspreises bzw einen sonst angemessenen Ausgleich zugunsten der Wandel- oder Optionsanleihegläubiger. Wird das Bezugsrecht auf Wandel- oder Optionsansleihen ausgeschlossen, müssen die Voraussetzungen für die Ausübung des Wandel- oder Optionsrechts ebenso wie die Grundlagen, nach denen der Ausgabebetrag zu berechnen ist, in der Satzung angegeben werden (Art 653b Abs 2 OR). Zudem statuiert Art 653b Abs 3 die Nichtigkeit von Wandel- oder Optionsrechten, die vor Eintragung eines bedingten Kapitals in das Handelsregister ausgegeben wurden. Im französischen Recht wurde das Recht der Wandel- und Optionsanleihen im Jahr 44 2004 auf eine neue Grundlage gestellt und umfangreich liberalisiert.80 Für die nunmehr in Artt L 228-91 ff Code de Commerce als valeurs mobilières donnant accès au capital ou donnant droit à l’attribution de titres de créance bezeichneten Wandel- und Optionsanleihen besteht seit der Neuregelung eine weit gehende Vertragsfreiheit hinsichtlich ihrer inhaltlichen Ausgestaltung. So können auch Wandel- und Optionsanleihen mit einem Bezugsrecht auf Aktien von Tochter- und Muttergesellschaften begeben werden (Art. L 228-93 Code de Commerce). Eine Beschränkung besteht aber dergestalt, dass eine Umwandlung von Kapitalanteilen (titres de capital) in Forderungsrechte nicht möglich ist (Art L 228-91 Abs 5 Code de Commerce). Die Ausgabe der valeurs mobilières donnant accès au capital ou donnant droit à l’attribution de titres de créance erfordert die Zustimmung der Hauptversammlung (Art L 228-92 Code de Commerce). Den (Alt-) Aktionären steht dabei ein Bezugsrecht auf diese Rechte zu (Art L 228-91 Abs 2 Code de Commerce), das aber nach den allgemeinen Regeln auch ausgeschlossen werden kann (Art L 228-92 Abs 3 Code de Commerce); es erfasst über Art L 228-93 auch den Fall, dass die Anleihe über eine Tochter- oder Muttergesellschaft ausgegeben wurde. Unabhängig davon bedarf es in jedem Falle – unabhängig von einem Ausschluss des Bezugsrechts – nach Art L 228-92 Code de Commerce eines Berichts der Verwaltung. Für die Emittenten von valeurs mobilières donnant accès au capital ist zudem eine Reihe von Beschränkungen – wie etwa das Verbot eines Formwechsels (Art L 228-98 Abs 2 Code de Commerce) – vorgesehen, die nach der Begebung eingreifen und dem Schutz der Inhaber dienen (Art L 228-98 ff Code de Commerce). Bei anderen Strukturmaßnahmen des Emittenten können die Inhaber zudem ihr Wandelrecht vorzeitig ausüben (Art L 22899 Code de Commerce). Weiter haben sie im Falle einer Kapitalerhöhung ein Bezugsrecht auf neue Aktien des Emittenten, das allerdings auch durch einen Barausgleich ersetzt werden kann (Art L 229-99 Code de Commerce). Schließlich stehen ihnen auch kraft Gesetzes umfangreiche Informationsrechte gegenüber dem Emittenten zu (Art L 229-105 Code de Commerce). Die Inhaber der valeurs mobilières donnant accès au capital werden zudem – ebenso wie Inhaber von einfachen Schuldverschreibungen (dazu u Rdn 52) – als so genannte masse betrachtet, so dass diese über eine eigenständige Rechtspersönlichkeit (personnalité juridique) und eigene Leitungsorgane verfügen und sich in selbstständigen Versammlungen organisieren (Art L 228-103 Code de Commerce).81 Die Aus-

79 80

Ausf Widmer, Das Vorwegzeichnungsrecht bei Options- und Wandelanleihen, 1996. Zur historischen Entwicklung Sonnenberger/ Dammann Französisches Handels- und Wirtschaftsrecht 3, 2008, Rdn III 197 ff; siehe auch den nicht mehr ganz aktuellen Über-

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blick bei Guyon ZGR-Sonderheft 16, S 109 ff. Dazu ausführlich Germain in: Ripert/Roblot, Traité de Droit Commercial, Tome 1 – Volume 219, 2009, Rdn 1818 ff.

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gabe von gewöhnlichen Schuldverschreibungen fällt heute – vorbehaltlich etwaiger Satzungsregelungen oder einer sonstigen Entscheidung der Hauptversammlung – nach Art L 228-40 Code de Commerce in die Kompetenz der Verwaltung. In Italien ist die Ausgabe von Wandelanleihen in Art 2420bis Codice Civile geregelt.82 45 Danach beschließt die Hauptversammlung über deren Ausgabe und hat zugleich eine (bedingte) Kapitalerhöhung zur Bedienung der Umtauschrechte zu beschließen. Auf Wandelanleihen steht den Aktionären nach Art 2441 Codice civile ein Bezugsrecht zu. Die Ausgabe von gewöhnlichen Schuldverschreibungen fällt demgegenüber – vorbehaltlich etwaiger Spezial- oder Satzungsregelungen – nach Art 2410 Codice civile in die Kompetenz der Verwaltung. Nach Art 2412 Abs 1 Codice civile ist die Ausgabe von Schuldverschreibungen insgesamt aber auf die doppelte Höhe des Grundkapitals begrenzt; für kapitalmarktorientierte Aktiengesellschaften ebenso wie bei Platzierung von Schuldverschreibungen bei institutionellen Investoren darf diese Grenze aber unter bestimmten Voraussetzungen überschritten werden.83 Optionsanleihen spricht das italienische Recht nicht ausdrücklich an; sie werden aber – ebenso wie nackte Optionen – für zulässig gehalten, wobei den Aktionären auf sie nach Art 2441 Codice civile ein Bezugsrecht einzuräumen ist.84 Auch „indirekte“ Optionsanleihen regelt das italienische Recht nicht explizit.85 In Spanien sind seit der Reform des Gesellschaftsrechts durch die neue Ley de Socie- 46 dades de Capital (LSC) zum 1. September 2010 die Regelungen für alle Kapitalgesellschaften in einem Gesetz zusammengefasst worden. Danach ist die Hauptversammlung grundsätzlich für die Ausgabe auch gewöhnlicher Anleihen zuständig, kann aber den Vorstand in der Satzung oder durch Hauptversammlungsbeschluss zu einer Anleiheemission bis zu einem bestimmten Betrag und innerhalb eines bestimmten Zeitraums (von höchstens fünf Jahren) ermächtigen (Art 406, 194, 201 LSC).86 Für nicht börsennotierte Gesellschaften legt Art 405 LSC aber eine Obergrenze für die Ausgabe von Anleihen fest (in Höhe der Summe des eingezahlten Grundkapitals, der in der Bilanz ausgewiesenen Rücklagen und bestimmter vom Wirtschafts- und Finanzministerium bewilligter Rechnungsabgrenzungsposten); bei gesonderter Besicherung einer Emission gilt die Obergrenze nicht bzw sie wird von der Solvenz des Garanten abhängig gemacht (Art 405 Abs 2 und 3 LSC). Bei börsennotierten Gesellschaften gibt es keine Obergrenze (Art 510). Anleihen bei einer Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien spricht das LSC in seinem Teil XI an (Art 401 LSC); dabei wird zugleich die Ausgabe aller Arten von Anleihen durch GmbH oder Personengesellschaften verboten (Art 402 LSC und Einführungsbestimmungen zur LSC).87 Wandelanleihen (nur diejenigen ieS) sind dabei in Kapitel III dieses Teils (Art 414–418 LSC) geregelt. Die Ausgabebedingungen sind in Art 414 LSC festgelegt; danach erfordert die Ausgabe einer Wandelanleihe, dass die Hauptversammlung die Bedingungen und die Formen des Umtauschs bestimmt und die

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83 84 85

Ausf zu Italien Galgano Il nuovo diritto societario, 2003, S 389 ff, 395 ff; siehe auch den nicht mehr ganz aktuellen Überblick bei Campobasso ZGR-Sonderheft 16, S 127 ff; Geraci Riv. soc. 1990, 795 ff. Ausf Sangiovanni Il Fallimento 2010, 1229, 1232. Giannelli in: Diritto delle società. Manuale breve, 2004, § 70. Galgano Il nuovo diritto societario, 2003,

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86 87

S 399 ff; Rosapepe in: Diritto delle società. Manuale breve, 2004, § 160 aE. Zur Regelung der Anleihen in der LSC auch León Sanz RDS 2011, Nr 36, S 229 ff. Ausf zu Spanien García de Enterría in: RojoBeltrán, Comentario de la Ley de Sociedades de Capital, T II, 2011, passim; siehe auch den nicht mehr ganz aktuellen Überblick bei Alonso Espinosa ZGR-Sonderheft 16, S 300 ff.

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dafür notwendige Kapitalerhöhung beschließt. Vor der Einberufung zur Hauptversammlung muss die Verwaltung einen Bericht vorlegen, in welchem sie die Bedingungen und Modalitäten des Umtauschs erläutert. Daneben bedarf es einer Stellungnahme durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer. In den kapitalmarktrechtlichen Vorschriften wird dabei ausdrücklich auch die Umwandlung von durch verbundene Unternehmen ausgegebenen Anleihen in Aktien ihrer Muttergesellschaft oder einer sonstigen verbundenen Gesellschaft erwähnt (Art 26 Abs 2 und Art 30ter Ley del Mercado de Valores Nr 24/ 1988 v 28.7.1988). Dort wird die Wandelanleihe auch explizit von der Umtauschanleihe (mit Recht auf Wandlung in Aktien dritter Gesellschaften oder in schon vorhandene Aktien der Emittentin) unterschieden (Art 2 Abs 1c) der Ley del Mercado de Valores). Nach ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung ist ein Umtausch einer Wandelanleihe in Aktien jederzeit möglich; die Verwaltung der Gesellschaft muss dann innerhalb des ersten Monats eines Halbjahres die neuen Aktien ausstellen, um den in den vorhergehenden sechs Monaten gestellten Anträgen auf Umwandlung nachzukommen. Die Hauptversammlung kann aber im Beschluss über die Ausgabe der Anleihe ein abweichendes Verfahren und abweichende Fristen festlegen; in jedem Fall muss sie eine Höchstfrist für die Umwandlung bestimmen (Art 418 LSC). Das Bezugsrecht der Aktionäre auf eine Wandelanleihe ist in Art 416 LSC geregelt, der dafür auf die allgemeinen Regeln für das Bezugsrecht, die Frist für seine Ausübung und für seine Übertragung in Art 304 bis 306 LSC verweist. Art 417 LSC statuiert die Möglichkeit eines Bezugsrechtsausschlusses auch auf Wandelanleihen; mit dieser heutigen ausdrücklichen Regelung trägt der spanische Gesetzgeber dem o Rdn 28 erwähnten Urteil des EuGH Rechnung. Zugleich wurde aus diesem Grunde auch das frühere Bezugsrecht der Inhaber von Wandelanleihen auf neue Aktien bei Kapitalerhöhungen und bei neuen Emissionen von Wandelanleihen abgeschafft. Zudem finden sich dort explizite Verwässerungsschutzbestimmungen: Art 418 Abs 2 LSC sieht danach eine Anpassung des Umtauschverhältnisses vor, wenn eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln oder eine Kapitalherabsetzung während der Umwandlungsfrist durchgeführt wird. Art 418 Abs 3 LSC untersagt die Durchführung von effektiven Kapitalherabsetzungen; solche Kapitalmaßnahmen sind nur möglich, wenn den Inhabern von Wandelanleihen vorher und mit ausreichenden Sicherheiten die Wandlung angeboten wird. Art 511 LSC regelt – nur für börsennotierte Gesellschaften – die Möglichkeit, dass die Hauptversammlung den Vorstand auch dazu ermächtigt, das Bezugsrecht auf eine Wandelanleihe auszuschließen. Die Umwandlung und Rückzahlung von Anleihen, die nicht von vornherein mit einem Umwandlungsrecht versehen waren, werden in Kapitel V von Teil XI des LSC behandelt. Dort werden neben der ordentlichen Rückzahlung (Art 432 LSC) die Verfahren bestimmt, wie eine Gesellschaft eine Anleihe vorzeitig tilgen kann, nämlich durch Einziehung, durch Vertrag zwischen der Gesellschaft und der Gemeinschaft der Schuldverschreibungsgläubiger, durch Erwerb an der Börse zum Zwecke der Tilgung oder auch durch (später vereinbarten) Umtausch (Art 430 LSC). Im Vereinigten Königreich unterliegt die Ausgabe von Wandelanleihen (convertible 47 securities/bonds) zunächst den allgemeinen Vorschriften zu debentures in den sec 738 ff Companies Act 2006 (CA 2006).88 Debentures sind Schuldverschreibungen, die eine englische company (public wie private) ausgeben kann und die typischerweise, wenngleich nicht zwingend, von einer Sicherheit (fixed oder floating charge; sec 860 ff CA 2006) sei-

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Siehe zum englischen Recht auch den nicht mehr ganz aktuellen Überblick bei Goulding ZGR-Sonderheft 16, S 86, 87.

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tens der Gesellschaft begleitet werden. Die spezifischen kapitalgesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen regeln die sec 549 ff CA 2006, die sich mit Kapitalerhöhungen befassen. Zu beachten ist, dass das frühere Konzept des authorised capital (nicht zu verwechseln mit dem genehmigten Kapital nach §§ 202 ff AktG; dazu o § 202 Rdn 75) aufgegeben wurde. Sec 549(1)(b) unterstellt die Ausgabe von convertible securities denselben Voraussetzungen wie die gewöhnliche Kapitalerhöhung. In der private company sind die directors nach sec 550(a) und (b) CA 2006 ohne Weiteres zu beidem befugt. In der public company benötigen sie dagegen nach sec 551(1)(a) und (b) eine Ermächtigung (authorisation) durch die Gesellschaft, die entweder über die Satzung oder – typischerweise – durch einen Hauptversammlungsbeschluss herbeigeführt werden kann. Bemerkenswert ist, dass dabei eine ordinary resolution mit einfacher Mehrheit nach den sec 281(3), 282(1) CA 2006 ausreichend ist. Eine special resolution mit qualifizierter DreiviertelMehrheit (näher sec 283 CA 2006) erfordert lediglich der Ausschluss des Bezugsrechts nach sec 561 CA 2006, das nur bei Ausgabe gegen Bareinlagen besteht (sec 565 CA 2006). Nach sec 560(1)(b) sind auch diese Vorschriften unmittelbar auf die Ausgabe von convertible securities anwendbar. Der Ausschluss des Bezugsrechts kann, sofern er nicht schon in der Satzung vorgesehen ist (was sec 569 bei der private company erlaubt) wie nach deutschem Aktienrecht unmittelbar durch die Hauptversammlung gemäß sec 571 CA 2006 erfolgen. Oder er kann durch die directors aufgrund einer Ermächtigung beschlossen werden, die sich entweder aus der Satzung oder aus einer special resolution der Gesellschafter ergibt (sec 570 CA 2006). Bei solchen Sonderbeschlüssen dürften die Gesellschafter in Anlehnung an die Regeln zu satzungsändernden Beschlüssen, die in Gesellschafterrechte eingreifen, unter einer Verpflichtung stehen, ihr Stimmrecht bona fide in the best interest of the company auszuüben89 – ein funktionales Äquivalent zur deutschen Erfordernis sachlicher Rechtfertigung dieser Entscheidung (dazu bereits o § 182 Rdn 25, § 202 Rdn 75). Das Verbot der Unter-pari-Emission (issue at a discount) nach sec 580 CA 2006 ist 48 auch bei der Ausgabe von Wandelanleihen zu beachten.90 Rechtstechnisch ist zuletzt darauf hinzuweisen, dass Verstöße gegen die Regeln der sec 549 ff CA 2006 zwar eine Strafbarkeit der verantwortlichen Direktoren auslösen, die Transaktion aber nicht unwirksam machen (sec 549(6) CA 2006). Das erklärt sich daraus, dass nach englischem Recht das Gesellschaftskapital außerhalb der Satzung steht und daher diese nicht wirksam geändert werden muss, um eine Kapitalerhöhung umzusetzen.91 Neben der kapitalgesellschaftsrechtlichen Regelung sind bei Emissionen am Kapitalmarkt auch die Vorgaben des Kapitalmarktrechts zu beachten. Einschlägig sind insbesondere die aktuellen Listing Rules 17.1 ff sowie 2.2.12 f der LSE (London Stock Exchange).92 Besondere materiell-rechtliche Vorgaben sind darin allerdings nicht (mehr) enthalten. Im US-amerikanischen Gesellschaftsrecht wird hinsichtlich Wandel- und Optionsan- 49 leihen typischerweise zwischen convertible bonds, convertible shares und stock purchase warrants unterschieden.93 Die Kompetenz zur Ausgabe dieser Finanzierungsinstrumente

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Grundlegend Allen v Gold Reefs of West Africa Ltd [1900] 1 Ch 656. Siehe auch Mosley v Koffyfontein Mines Ltd [1904] 2 Ch 108. Auf die Vorzüge dieser Konstruktion mit Blick auf räuberische Aktionäre weisen Schall/Habbe/Wiegand NJW 2010, 1785 ff hin.

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Siehe zum englischen Kapitalmarktrecht der Wandel- und Optionsanleihen auch den nicht mehr ganz aktuellen Überblick bei Kasolowsky ZGR-Sonderheft 16, S 99 ff. Für einen Überblick Merkt/Göthel US-Amerikanisches Gesellschaftsrecht 2, 2006, Rdn 437; Wehrhahn Finanzierungsinstrumente mit Aktienerwerbsrechten, S 54 ff;

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wird auf gesellschaftsrechtlicher Ebene durch die einzelnen Bundesstaaten oft nicht ausdrücklich adressiert, so dass sie in die Organkompetenz des board of directors fällt.94 Es ist jedoch zulässig, in der charta (oder charter) bzw dem certificate of incorporation oder den by-laws einen Zustimmungsvorbehalt der Haupt- bzw Gesellschafterversammlung aufzunehmen.95 Zusätzlich sehen einige Bundesstaaten – wie etwa New York96 – für die Ausgabe weitere Voraussetzungen vor wie etwa die Sicherstellung einer ausreichenden Anzahl von Aktien zur Bedienung der Wandel- oder Optionsrechte. Zudem enthält der Revised Model Business Corporation Act (R.M.B.C.A.) einen Zustimmungsvorbehalt für die Gesellschafterversammlung für den Fall, dass die Wandel- oder Optionsrechte nicht gegen Geld oder vergleichbar liquide Werte ausgegeben werden und zum Erwerb von mehr als 20 % der Stimmrechte der Gesellschaft berechtigen. Die für die Bedienung der Wandel- oder Optionsrechte erforderlichen Aktien können über eine Erhöhung des authorized capital geschaffen werden, was eine Satzungsänderung erforderlich machen kann und damit ggf nur mit Zustimmung der Hauptversammlung möglich ist (dazu auch o § 202 Rdn 81).97 Darüber hinaus kann die Gesellschaft aber auch eigene Aktien zurückkaufen, was im Vergleich zum europäischen Aktienrecht aufgrund des inhaltlich weniger streng ausgeprägten Kapitalschutzsystems deutlich geringeren Beschränkungen unterliegt.98 Zum Schutz der (Alt-)Aktionäre greift das US-amerikanische Gesellschaftsrecht – neben dem umfangreichen kapitalmarktrechtlichen Schutzregime – einerseits auf das Bezugsrecht, andererseits und vor allem auf die fiduciary duties zurück, die auch im Falle eines leichter als in Europa möglichen Bezugsrechtsausschlusses noch anwendbar bleiben (o § 186 Rdn 39, § 202 Rdn 82).99

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b) Unterschiede und Gemeinsamkeiten. Im Mittelpunkt der gesetzgeberischen Tätigkeit stehen im Bereich der Wandel- und Optionsanleihen solche, deren Wandel- oder Optionsrecht auf Aktien der emittierenden Gesellschaft selbst gerichtet sind. Freilich ist die Abgrenzung nicht immer einfach: denn in manchen Ländern werden Wandel- und Optionsanleihen teilweise stärker von ihrer darlehensrechtlichen Seite her beurteilt, zumal dort auch die Stellung der „normalen“ Schuldverschreibungsgläubiger in den „allgemeinen“ Zivil- oder Gesellschaftsgesetzen geregelt ist (dazu näher u Rdn 52). Die obbligazioni convertibili des italienischen Rechts erfassen daher ebenso wie diejenigen im spanischen Recht in deutscher Terminologie sowohl die „Optionsanleihen“ im Sinne von

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sowie Bartlett, Equity Finance 2, 1995, vol. 1, § 13.8; vgl auch speziell für das Recht von Delaware Balotti/Finkelstein Delaware Law of Corporations and Business Organizations, Supplement 2007, § 5.4. Für die allgemeine Organkompetenz § 141 (a) Delaware General Corporation Law; § 300 California Corporation Code; § 701 New York Business Corporation Law; Überblick auch bei Wehrhahn, Finanzierungsinstrumente mit Aktienerwerbsrechten, 2004, S 85 ff. Die Kompetenz für die Ausgabe von stock purchase warrants aber ausdrücklich auf das board of directors übertragend § 157 Delaware General Corporation Law; § 404 California Corporation Code; § 505 (a)(1) New York Business Corporation Law.

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Vgl etwa New York Business Corporation Law § 519 (a). New York Business Corporation Law § 519 (b). § 242(a)(3) Delaware General Corporation Law; § 902 (a)(1) California Corporation Code; § 801 (b)(7) New York Business Corporation Law. Dazu im Vergleich Mock, Finanzverfassung der Kapitalgesellschaften und internationale Rechnungslegung (2008), S 310, 313, 318 für die Regelungen der wichtigsten Bundesstaaten. Dazu im Überblick Wehrhahn Finanzierungsinstrumente mit Aktienerwerbsrechten, S 96 ff.

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§ 221 Abs 1 AktG als auch die etwa im deutschen Gesellschaftsrecht überhaupt nicht geregelten Anleihen mit Optionsrechten auf Aktien dritter Gesellschaften („Warrant-Anleihen“).100 Bemerkenswert ist auch, dass das italienische und spanische Gesetzesrecht – anders als etwa § 221 Abs 1 – nur die Wandelanleihe im engeren Sinne regeln, sich für Optionsanleihen also mit teilweise schwierigen Analogien behelfen müssen (o Rdn 45 aE). Was die Einzelheiten angeht, variierten früher die Auffassungen zum Umfang der 51 Gestaltungsfreiheit bei Wandel- und Optionsanleihen beträchtlich, wobei sich – jedenfalls im Gesellschaftsrecht – eine allgemeine Tendenz zu größerer Freiheit verzeichnen lässt. Das zeigt sich besonders an der inzwischen europaweiten Zulassung von naked warrants.101 Auf der anderen Seite sind gerade Wandel- und Optionsanleihen in besonderem Maße Objekt kapitalmarktrechtlicher Regulierung; in manchen Staaten – wie etwa in England – fanden sich schon früher allein hier die einzig wesentlichen Vorgaben, die dann sogar über die Vorgaben der kontinentaleuropäischen Gesellschaftsrechte hinausgehen können. Diese Entwicklungstendenz hat inzwischen alle europäischen Staaten erfasst (dazu auch schon o Rdn 39). Bei den Emissionsvoraussetzungen sehen mehrere vor allem romanische Rechtsord- 52 nungen umfangmäßige Grenzen für die Ausgabe von Schuldverschreibungen und zusätzlich rechtsformbezogene Beschränkungen für die Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen vor. In mehreren, vor allem romanischen Ländern war früher schon die Begebung gewöhnlicher Schuldverschreibungen (teilweise qualifiziert) hauptversammlungspflichtig;102 das ist heute zugunsten einer grundsätzlichen Zuständigkeit der Verwaltung – mit Satzungvorbehalt zugunsten der Hauptversammlung – zurückgenommen worden. Unverändert bestehen aber Berichtspflichten schon für die Emission gewöhnlicher Schuldverschreibungen und erst recht für die Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen, selbst wenn das Bezugsrecht nicht ausgeschlossen wird.103 Das entspricht der auch sonst im Vergleich zu den nordeuropäischen Rechten deutlich weitergehenden Berichtsverpflichtung der romanischen Gesellschaftsrechte, die insbesondere auch sämtliche Kapitalerhöhungen erfasst (dazu bereits o § 182 Rdn 17, 22, 28 und o § 207 Rdn 75). Hier zeigt sich deutlich eine Verankerung kapitalmarktrechtlicher Regelungen im Gesellschaftsrecht. In praktisch allen vorgestellten Rechten ist die Ausgestaltung des Bezugsrechts in den 53 Einzelheiten umstritten. Mehrere Staaten erstrecken hier das Bezugsrecht ausdrücklich auch auf die von Tochtergesellschaften begebenen Wandel- oder Optionsanleihen. Kontrovers diskutiert wird vor allem die Zulässigkeit eines Bezugsrechtsausschlusses. Insoweit ist die Lage nicht anders als bei der gewöhnlichen Kapitalerhöhung (dazu o § 202 Rdn 66 ff). Unabhängig von den zum Teil unterschiedlichen sachlichen Voraussetzungen eines Bezugsrechtsausschlusses wurde früher teilweise die Möglichkeit einer Delegation der Entscheidung auf den Vorstand insgesamt oder zumindest unter bestimmten Voraussetzungen für unzulässig gehalten;104 von dieser restriktiven Position sind – soweit ersichtlich – die früher anders denkenden Rechtsordnungen in den letzten Jahren abgerückt. Ausnahmslos für zulässig gehalten wird die Emission von Wandel- oder Optionsanleihen durch abhängige Unternehmen mit Wandel- bzw Optionsrechten auf Aktien der Muttergesellschaft; das ist teilweise sogar ausdrücklich gesetzlich geregelt. In manchen Ländern ist auch die Ausgabe von Optionsrechten auf Aktien (unverbundener) dritter Gesellschaf-

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Dazu Alonso Espinosa ZGR-Sonderheft 16, S 300, 325; Campobasso S 127, 148 ff, 151. Zu den früher deutlich größeren Unterschieden Hirte ZGR-Sonderheft 16, S 1, 4 f.

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Dazu Hirte ZGR-Sonderheft 16, S 1, 9. Dazu Hirte ZGR-Sonderheft 16, S 1, 14. Dazu Hirte ZGR-Sonderheft 16, S 1, 12 f.

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ten gesetzlich normiert.105 Bemerkenswert sind im englischen Recht die über das deutsche Gesetzesrecht hinausreichenden Einflüsse des Kapitalmarkt(recht)s.106 Bei der Stellung der Wandel- oder Optionsanleihegläubiger ist bemerkenswert, dass 54 den Wandel- und Optionsanleihegläubigern gelegentlich ein dem Informationsrecht der Aktionäre entsprechendes Auskunftsrecht und ein Teilnahmerecht an der Hauptversammlung zustehen. Ein besonderes Augenmerk widmen alle europäischen Rechte der Frage, wie sichergestellt werden kann, dass die Gesellschaft ihre Pflichten gegenüber den Wandel- bzw. Optionsberechtigten erfüllt. Das ist wegen der oft erheblichen Laufzeit der Wandel- oder Optionsrechte von großer Bedeutung. Im Bereich des Verwässerungsschutzes ist in vielen der untersuchten Rechte ein Ver55 wässerungsschutz bei Kapitalmaßnahmen in der bezogenen Gesellschaft ausdrücklich gesetzlich vorgesehen; inhaltlich wird nach der Rechtslage mehrerer Staaten auch den Wandel- oder Optionsanleihegläubigern bei Kapitalmaßnahmen ein Bezugsrecht (teilweise in Form eines vorgezogenen Umtausch- oder Bezugsrechts) eingeräumt (zur europarechtlichen Bedenklichkeit der ersten Gestaltung nach Auffassung des EuGH o Rdn 28). In jedem Fall gibt es hier beträchtliche Unterschiede der gesetzlichen Lage bei den Schutzmechanismen wie Schutzanlässen, deren Bedeutung freilich durch die standardisierende Vertragspraxis bei Anleiheemissionen relativiert wird. Für die Bedienung der Wandeloder Optionsanleihe erlauben zahlreiche Staaten, anstelle eines „bedingten Kapitals“ die Durchführung der gewöhnlichen Kapitalerhöhung zeitlich unbegrenzt hinauszuschieben (dazu auch o vor § 192 Rdn 45). Insgesamt war früher bezüglich der gesellschaftsrechtlichen Vorgaben ein deutliches 56 Regelungsgefälle zwischen den relativ „strengen“ Vorgaben in den romanischen Ländern und den recht „liberalen“ Ansätzen Nordeuropas, insbesondere Englands und der Niederlande, zu verzeichnen, während sich Deutschland ebenso wie etwa Frankreich und Belgien in einem Mittelfeld bewegten.107 Die Reformen der letzten Jahre haben insoweit aber – letztlich auf Druck des Kapitalmarkts – eine erhebliche Vereinheitlichung der Regelungen gebracht; auch soweit sich die Regelungen noch unterscheiden, dürfte die standardisierende Kraft der Emissionspraxis de facto zu einer Angleichung führen bzw geführt haben. 2. Genussscheine

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Im österreichischen Aktienrecht wurde im Rahmen von § 174 öAktG die Zulässigkeit einer Ausgabe von Genussscheinen neben stimmrechtslosen Vorzugsaktien in gleicher Weise wie in Deutschland problematisiert und beantwortet.108 Genussscheine oder – wie sie auch genannt werden – Gewinnscheine werden zudem unter Berufung auf das deutsche und schweizerische Vorbild für zulässig gehalten, wenn sie als haftendes Eigenkapital von Kreditinstituten Verwendung finden sollen (dann als „Partizipationskapital“) 105

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Zur Zulässigkeit von naked warrants im Ausland siehe auch die Hinweise bei Gätsch/ Theusinger WM 2005, 1256, 1257; M Roth/ Schorneweg WM 2002, 677 f („weit verbreitet“). Dazu, insbes zur früheren Behandlung des Bezugsrechts, Hirte ZGR-Sonderheft 16, S 1, 13. Dazu, insbes zum Bezugsrecht, Hirte ZGRSonderheft 16, S 1, 26.

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Ausf zu § 174 öAktG MK-Winner 3 § 221 Rdn 386 ff; für eine Beschränkung des aktienrechtlichen Genussrechtsbegriffs auf nicht gegen Geldzahlung ausgegebene Genussrechte Nowotny ZGR-Sonderheft 16, S 176, 193; für Nicht-Anwendung von § 174 öAktG auf bloß „gewinnabhängige“ Genussrechte jüngst Karollus GesRZ 2009, 209 ff.

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bezeichnet.109 Für den Schutz der Genussrechtsgläubiger vor Eingriffen in ihre Rechtsposition wurden vergleichbare Grundsätze wie in Deutschland entwickelt.110 Nach einer im Vordringen befindlichen Auffassung sollen dabei auf Genussrechte auch die Regelungen des UGB über die stille Gesellschaft Anwendung finden, jedenfalls soweit die Genussrechtsinhaber auch am Verlust teilnehmen.111 Neben diesem aktienrechtlichen Genussschein gibt es in Österreich einen kodifizierten Genussschein im Rahmen von Beteiligungsfondsgesellschaften nach dem einschlägigen Gesetz (§ 6 BetFG). Bei diesen Gesellschaften handelt es sich um Venture-capital-Unternehmen, die den Gesellschaften nach dem deutschen UBGG vergleichbar sind. Der von diesen Gesellschaften ausgegebene Genussschein nimmt eine Sonderstellung ein und ist mit dem Genussschein des (allgemeinen) Aktienrechts nicht vergleichbar.112 Das geltende Schweizer Aktienrecht kennt in Art 657 OR Genussrechte. Daneben 58 normiert es in Art 656a ff OR Partizipationsscheine, bei denen es sich nach dem (allerdings nicht gesetzlichen) schweizerischen Sprachgebrauch um stimmrechtslose Aktien gegen Einlage handelt.113 Letztere waren früher im schweizerischen Aktienrecht nicht ausdrücklich erwähnt. Entwickelt wurden sie als Unterfall dieser Genussrechte, doch haben sie sich inzwischen weitgehend verselbstständigt. Dieser Entwicklung wurde im Rahmen der Schweizer Aktienrechtsreform des Jahres 1992 dadurch Rechnung getragen werden, dass die (gegen Einlage ausgegebenen) Partizipationsscheine als aliud neben die Genussrechte gestellt wurden (vgl 656a ff einerseits; Art 657 OR andererseits). Genussrechte dürfen seither nur noch zum Ausgleich für frühere Beteiligung o.ä. ohne Einlage gewährt werden, und sie dürfen nicht als Partizipationsscheine bezeichnet werden (Art 657 Abs 3 OR).114 Zu den durch Genussrechte ausgleichbaren „früheren Beteiligungen“ gehören etwa „Sanierungsverzichte“ von Aktionären oder Gläubigern;115 mit dieser Funktion tritt der Genussschein neben den rein schuldrechtlich ausgestalteten „Besserungsschein“.116 Daneben kannte schon das frühere Schweizer Recht Vorzugsaktien, deren Regelung 59 auch heute unverändert fortbesteht. Allerdings gewähren diese – im Gegensatz zum deut-

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Vgl Braumann BankArch 1984, 397 ff; Frotz GS Schönherr, S 167, 168; Jusits/ Hlavacek in: Bundschuh ua (Hrsg), Recht und Praxis der Genußscheine, S 89, 91; MK-Winner 3 § 221 Rdn 397 ff; dazu auch Pougin Genußrechte S 51 f. Siehe den Überblick bei Kalss/Nowotny/ Schauer Österreichisches Gesellschaftsrecht, 2008, Rdn 3/810 f. Kalss/Nowotny/Schauer Österreichisches Gesellschaftsrecht, 2008, Rdn 3/810; MK-Winner 3 § 221 Rdn 389 (gegen die bisherige Judikatur). Vgl Jusits/Hlavacek in: Bundschuh ua (Hrsg), Recht und Praxis der Genußscheine, S 89, 92 f; Nowotny ZGR-Sonderheft 16, S 176, 193; Pougin Genußrechte S 47 ff; Wünsch FS Strasser I, S 871, 890 ff. Druey Gesellschafts- und Handelsrecht 10 § 10 Rdn 4; Entwurf zu einem Bundesgesetz betreffend die Revision des 26. Titels des

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Obligationenrechts (Die Aktiengesellschaft), in: Botschaft des (schweizerischen) Bundesrats über die Revision des Aktienrechts v 23.2.1983, Separatdruck 83.015, Bern 1983, Art 656a ff OR, S 217 ff; der Entwurf selbst ist in den hier angesprochenen Passagen auch abgedruckt bei Pougin Genußrechte S 68 ff. In der Begründung zu diesem Entwurf (ebda, S 56) heißt es, dass der Partizipationsschein der Aktie näher steht als der Genussschein. Noch deutlicher heißt es später (ebda, S 132), dass der Partizipationsschein eine stimmrechtslose Aktie darstellt, also eine durch Einlage ins Eigenkapital entstandene Mitgliedschaft. Dazu auch von Greyerz SchweizAG 1983, 94. Druey Gesellschafts- und Handelsrecht 10 § 10 Rdn 14. Druey Gesellschafts- und Handelsrecht 10 § 10 Rdn 15.

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schen Recht – zwingend ein Stimmrecht (vgl Art 692 Abs 2 S 1 OR).117 Diese Schweizer Vorzugsaktien haben daher mit den deutschen Vorzugsaktien ohne Stimmrecht nichts gemeinsam.118 Sie schreiben vielmehr eine Möglichkeit fest, die auch im deutschen Recht besteht, nämlich „gewöhnlichen“ Aktien einen Vorzug bei der Gewinnverteilung einzuräumen, ohne das Stimmrecht auszuschließen, eine – satzungsmäßige – Möglichkeit, die sich für das deutsche Recht aus § 60 Abs 3 AktG ergibt, nach dem die Satzung auch eine andere Art der Gewinnverteilung (als die Verteilung nach den Aktiennennbeträgen) vorsehen kann. Sie wird bestätigt durch § 12 Abs 1 S 2, § 139 Abs 1 AktG, nach dem bei einem nachzuzahlenden Vorzug das Stimmrecht lediglich ausgeschlossen werden kann, keineswegs aber muss (dazu o § 139 Rdn 5 [im Umkehrschluss], anders aber o § 139 Rdn 9). Den deutschen Genussscheinen entsprechen nach dem heutigen schweizerischen 60 Gesetzesstand zum einen die Partizipationsscheine, zum anderen die Genussrechte für frühere Beteiligung etc. Die früher große Bedeutung der Partizipationsscheine in der Schweiz lässt sich damit erklären, dass dort eine gesetzliche Möglichkeit zur Eigenkapitalbeteiligung mit ausgeschlossenem/beschränktem Stimmrecht nach dem Vorbild der §§ 139 ff AktG fehlte.119 Ihre Entwicklung wurde begünstigt durch das Schweizer Aktienrecht, das für Gestaltungen offen ist, durch die der Einfluss der Altgesellschafter sichergestellt werden kann. So ist es in der Schweiz explizit erlaubt, Aktien zu vinkulieren oder das Bezugsrecht auszuschließen, um die wirtschaftliche Selbstständigkeit des Unternehmens aufrechtzuerhalten (Art 685b Abs 2 OR).120 Derartige Satzungsklauseln, die auch bei größeren Gesellschaften zu finden sind, hinderten indes die Möglichkeiten zur Refinanzierung am internationalen Kapitalmarkt. Die kein Stimmrecht gewährenden Partizipationsscheine füllten diese Lücke. Obwohl sie nach der gesetzlichen Konzeption aus den Genussrechten hervorgegangen sind, handelt es sich in der Sache jedenfalls seit der Aktienrechtsreform des Jahres 1992 um stimmrechtslose Aktien. Die ziemlich rechtlose Stellung der Risikokapital gebenden Partizipanten weckte das 61 Bedürfnis nach einer stärkeren Absicherung ihrer Rechtsstellung, der das Obligationenrecht in seiner Reform von 1991 Rechnung trug. Es erstreckt daher heute in Art 656a ff die aktienrechtlichen Anfechtungs- und Kontrollbefugnisse auch auf die Partizipanten (Art 656a Abs 2 OR);121 weitergehende Rechte wie das Recht zur Einberufung der Generalversammlung dürfen zu ihren Gunsten in den Statuten vorgesehen werden (§ 656c Abs 2 OR).122 Im Falle einer nicht verhältniswahrenden Kapitalerhöhung entweder des Aktien- oder des Partizipationskapitals sind die Bezugsrechte so zuzuteilen, dass Aktionäre und Partizipanten am gesamten Kapital unverändert beteiligt bleiben können (§ 656g Abs 3 OR). Entsprechend bedarf es im Falle einer Beschränkung der Rechte der Partizipanten durch die Generalversammlung der Zustimmung der Partizipanten im Rahmen 117

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Vgl auch C Hoffmann Partizipationsschein S 9, 16; Pougin Genußrechte S 43; Reuter AG 1985, 104, 107; Scherrer AG 1984, 113, 114 f; Thünnesen in: Bundschuh ua (Hrsg), Recht und Praxis der Genußscheine, S 9, 16. Dies übersieht auch Vollmer GmbHR 1984, 329, 333; dagegen Hirte ZIP 1988, 477, 483; Thünnesen in: Bundschuh ua (Hrsg), Recht und Praxis der Genußscheine, S 9, 16. Wohlmann SZW/RSDA 1991, 169, 170 ff; vgl auch Frotz GS Schönherr, S 167, 168; Köndgen/Daeniker ZGR-Sonderheft 16, S 265, 274 Fn 42.

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Noch weitergehend ursprünglich: Erhaltung des „schweizerischen Charakters“ einer Gesellschaft (Art 685b Abs 2 Nr 1 OR-Entwurf); dazu Begründung zum OR-Entwurf (Fn 113), S 79 f, 82; Ernst AG 1967, 75, 76. Druey Gesellschafts- und Handelsrecht 10 § 10 Rdn 6; zur vorherigen Diskussion Wohlmann SZW/RSDA 1991, 169, 173 ff. Druey Gesellschafts- und Handelsrecht 10 § 10 Rdn 5.

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einer Versammlung; an einer solchen Benachteiligung fehlt es aber, wenn Aktien- und Partizipationskapital in gleichem Umfang herabgesetzt werden.123 Schließlich beschränkt das Schweizer Recht das Partizipationskapital der Höhe nach auf das Doppelte des Aktienkapitals (§ 656b Abs 1 OR). Das OR lehnt sich damit heute an die deutschen Regelungen bezüglich der Vorzugsaktien ohne Stimmrecht an. Die gesetzliche Regelung hat freilich dazu geführt, dass die praktische Bedeutung der Partizipationsscheine, insbesondere bei börsennotierten Gesellschaften, erheblich zurückgegangen ist.124 Zusammengefasst lässt sich sagen, dass der Partizipationsschein Schweizer Rechts (heute) sachlich der Vorzugsaktie ohne Stimmrecht entspricht, allerdings mit schlechterer Ausstattung.125 Genussscheine gegen Einlage neben Vorzugsaktien ohne Stimmrecht kennt weder das aktuelle noch kannte sie das frühere Schweizer Recht.126 In Nachbildung der US-amerikanischen preferred shares (dazu u Rdn 69) verfügt auch 62 das französische Recht seit 2004 über so genannte actions de préférence.127 Diese actions de préférence können von einer sociéte anonyme wie von einer sociéte en commandite par actions ausgegeben und mit einem besonderen (Vorzugs-)Dividendenrecht ausgestattet werden (Art L 228-11 Code de Commerce), was sich bei einer entsprechenden Gestaltung auch auf andere Konzerngesellschaften beziehen kann (Art L 228-13 Code de Commerce). Die Höhe der Dividende kann dabei an unterschiedliche Kennzahlen gekoppelt werden. Beschränkungen in der Gestaltung ergeben sich allerdings dahingehend, dass die Festlegung einer festen Verzinsung oder die Einräumung von Stimmrechten an Nicht-Aktionäre nicht möglich ist. Ebenso wenig können die actions de préférence mit Mehrfachstimmrechten oder Vetorechten ausgestattet werden. Die actions de préférence dürfen zudem nur bis zur Höhe der Hälfte des Grundkapitals ausgegeben werden, bei einer Publikumsgesellschaft sogar nur bis zur Höhe eines Viertels. Die Entscheidung über die Ausgabe der actions de préférence obliegt der Hauptversammlung (Art L 228-12 Code de Commerce). In Frankreich gibt es mit den certificats d’investissement einen Wertpapiertyp, der 63 einem Genussschein mit Eigenkapitalcharakter ähnelt (Art L 228-30 Code Commerce).128 Er beruht aber zum einen auf ausdrücklicher gesetzlicher Grundlage und hat sich zudem durch eine Spaltung der vermögensmäßigen und mitgliedschaftlichen Rechte der Aktie entwickelt.129 Ein Vergleich mit den deutschen Genussscheinen ist daher nur begrenzt möglich.130 123

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So zu Art 657 Abs 5 OR aF BG, BGE 113 II, 528, 533 f (Schweizerische Aluminium-AG/ Eidgenössisches Amt für Handelsregister) (1987) = SchweizAG 1989, 188 (Ls). Druey Gesellschafts- und Handelsrecht 10 § 10 Rdn 12; Köndgen/Daeniker ZGR-Sonderheft 16, S 265, 274 Fn 42; Wohlmann SZW/RSDA 1991, 169 ff, 175 f. Unzutreffend daher der Schluss von Karsten Schmidt JZ 1984, 771, 782. Ausführlich Hirte ZIP 1988, 477, 483; anders wohl Vollmer ZGR 1983, 445, 446. Dazu Sonnenberger/Dammann Französisches Handels- und Wirtschaftsrecht 3, 2008, Rdn III 178 ff. Vgl Guyon ZGR-Sonderheft 16, S 109, 113 (ebda S 114 Überblick über die Typisierung der Wertpapiere in Frankreich); Houis in: Bundschuh ua (Hrsg), Recht und Praxis

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der Genußscheine, S 97. Die sog Partizipationspapiere (dazu Reul ZGR 1986, 70, 84 ff) können nur von öffentlich-rechtlichen Unternehmen ausgegeben werden (zum früher expliziten Verbot einer Ausgabe von „Genussscheinen“ durch andere Gesellschaften nach Art 264 des Gesetzes über die Handelsgesellschaften Hirte ZIP 1991, 1461, 1462 Fn 18). Houis in: Bundschuh ua (Hrsg), Recht und Praxis der Genußscheine, S 97, 98; Reul ZGR 1986, 70, 82. Daher gibt es auch keine Konkurrenz zu den – in Frankreich erst 1976 eingeführten (vgl Reul ZGR 1986, 70, 80) – Vorzugsaktien ohne Stimmrecht. Vgl Hirte ZIP 1988, 477, 484; zur – jedenfalls früher – begrenzten wirtschaftlichen Bedeutung („Flop“) Reul ZGR 1986, 70, 83.

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Hat die Gesellschaft Investitionszertifikate (certificats d’investissement) nach Art L 228-30 Abs 2 Code de Commerce ausgegeben, so muss sie bei Ausführung der Kapitalerhöhung durch Ausgabe von Gratisaktien neue Investitionszertifikate schaffen und an die bisherigen Besitzer solcher Zertifikate ausgeben, und zwar im gleichen Zuteilungsverhältnis, wie neue Aktien auf alte Aktien entfallen; dies gilt nicht, wenn die Inhaber darauf zugunsten der Gesamtheit der Zertifikatsinhaber oder einzelner unter ihnen verzichten (Art L 228-30 Abs 2 S 2 Code de Commerce). In gleicher Weise müssen die korrespondierenden Stimmrechtszertifikate (certificats de droit de vote) an die bisherigen Inhaber dieser Papiere ausgegeben werden (Art L 228-30 Abs 2 S 3 Code de Commerce). Italien räumt der Gesellschaft in Art 2351 Abs 2 Codice civile die Möglichkeit zur 65 Schaffung von Aktien ohne Stimmrecht und von Aktien mit Stimmrecht nur im Hinblick auf bestimmte Materien ein, die die Hälfte des Grundkapitals nicht überschreiten dürfen. Daneben erlaubten zunächst die Artt 14 und 15 des Gesetzes Nr 216 vom 7. Juni 1974 zur Einführung der CONSOB (Commissione nazionale per le società e la Borsa – Börsenaufsichtsbehörde), dass börsennotierte Aktiengesellschaften auch Vorzugsaktien ohne jegliches Stimmrecht ausgeben.131 Deren Stimmrecht war gegenüber den Vorzugsaktien mit beschränktem Stimmrecht noch enger gezogen; auch hatten die Inhaber dieser Vorzugsaktien weder ein Recht auf Teilnahme an der Hauptversammlung noch auf deren Einberufung. Beide Arten von Vorzugsaktien mit beschränktem bzw ohne Stimmrecht durften zusammengenommen die Hälfte des Grundkapitals nicht überschreiten (Art 14 des Gesetzes vom 7. Juni 1974). Durch Art 145 des decreto legislativo Nr 58/98 (Testo unico dell’intermediazione finanziaria [TUF]) wurde die Attraktivität dieser Titel weiter gesteigert und insbesondere zugelassen, dass sie einerseits im Verhältnis zu gewöhnlichen Aktien vermögensmäßig besser gestellt sein müssen, andererseits aber keinerlei Stimmrecht haben.132 Zudem wurde der Anwendungsbereich der Norm auf an allen regulierten Märkten notierte Unternehmen erweitert. In der Aktienrechtsreform zum 1. Januar 2004 hat der italienische Gesetzgeber dann einen weiteren Schritt zu noch größerer Finanzierungsfreiheit getan.133 Nach der Neuregelung des Art 2346 Abs 6 Codice Civile kann auch eine (gewöhnliche) Aktiengesellschaft nach näherer Bestimmung in ihrer Satzung grundsätzlich alle Typen von Finanzinstrumenten („strumenti finanziari“) ausgeben, aufgrund derer sie – vom Stimmrecht in der Hauptversammlung abgesehen – ihren Inhabern Vermögens- oder Verwaltungsrechte in der Gesellschaft einzuräumen darf. Den Umfang der Rechte und eines eventuellen Vorzugs kann jetzt allein die Satzung bestimmen. Derartige Rechte dürfen, wie das Gesetz ausdrücklich sagt, auch gegen Sacheinlagen in Form von Diensten ausgegeben werden. Nach Art 2349 Abs 2 Codice civile können sie insbesondere auch an Mitarbeiter ausgegeben werden. Im Einzelfall kann den Inhabern der genannten Finanzinstrumente ein Stimmrecht gewährt werden, insbesondere aber die Möglichkeit, ein unabhängiges Mitglied des Aufsichts- bzw Verwaltungsrates zu nominieren (Art 2351 Abs 5 Codice civile).134 131 132

133

Hierzu Matturri Riv. soc. 1989, 1039 ff; Sangiovanni RIW 2002, 680, 681. Hierzu Sangiovanni RIW 2002, 680, 682 f; ausf zu den Neuregelungen des TUF für die Anleihefinanzierung von Kreditinstituten Marchetti Banca Borsa e Titoli di Credito 1994, S 485 ff. Hierzu (und zu den Gründen und Risiken) ausf Galgano Il nuovo diritto societario, 2003, S 127 ff; Tombari in: Tombari (Hrsg),

134

La Società quotata dalla riforma del diritto societario alla legge sul risparmio, 2008, S 61 ff. Ausf zu Art 2346 Abs 5 Codice civile (und zu seinen Einsatzmöglichkeiten) Tombari Riv. dir. comm. 2006, 143 ff; für eine Kodifikation der Titel im Grenzbereich zwischen Eigen- und Fremdkapital zuvor Portale Banca Borsa e Titoli di Credito 1996, 1 ff.

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Daneben kennt das italienische Recht auch Genussaktien (azioni di godimento; Art 66 2353 Codice civile). Sie können allerdings nur im Zusammenhang mit einer Kapitalherabsetzung – in der Regel ohne Stimmrecht – ausgegeben werden, und zwar vor allem, um eine dem Gleichbehandlungsgrundsatz widersprechende Verteilung von Einlagen auszugleichen.135 Auch hier verbriefen die Genussscheine also „Restmitgliedschaften“. Aktien ohne Stimmrecht hat der spanische Gesetzgeber erst durch die Ley de Socieda- 67 des Anónimas (LSA) im Jahre 1989 eingeführt, um die Möglichkeiten der Eigenkapitalfinanzierung von Aktiengesellschaften zu verbessern. Nach mehreren Änderungen sind sie heute in Teil IV, 2. Abschnitt von Kapitel II des LSC geregelt (Art 98 bis 103 LSC). Danach darf ihr Nennbetrag nicht höher sein als die Hälfte des eingezahlten Grundkapitals. Bemerkenswert ist, dass das spanische Recht eine Kapitalherabsetzung in Bezug auf die Vorzugsaktien wegen Verlusten ausdrücklich erst zulässt, wenn der Umfang der Kapitalherabsetzung den Umfang des Kapitals der Stammaktien überschreitet. Wenn wegen einer solchen Kapitalherabsetzung der Nennbetrag der Aktien ohne Stimmrecht höher ist als die Hälfte des eingezahlten Grundkapitals, muss das zulässige Verhältnis von Stamm- und Vorzugsaktien innerhalb von zwei Jahren wiederhergestellt werden; anderenfalls muss die Gesellschaft aufgelöst werden. Solange keine stimmberechtigen Stammaktien vorhanden sind und das erforderliche Verhältnis von Stamm- und Vorzugsaktien nicht wieder hergestellt ist, sind die Vorzugsaktionäre stimmberechtigt. Genussscheine kennt das spanische Recht in zwei Formen: Zum einen regelt Art 341 LSC die Möglichkeit einer Ausgabe von Genussscheinen (bonos de disfrute) im Zusammenhang mit einer effektiven Kapitalherabsetzung; Art 341 Abs 2 LSC stellt insoweit ausdrücklich klar, dass solche Genussrechte kein Stimmrecht gewähren können. Zudem erlaubt Art 27 LSC die Ausgabe von Gründer(genuss)scheinen (bonos de fundador) an die Gründer einer Aktiengesellschaft; diese – in der Praxis kaum vorkommenden – Papiere dürfen ebenfalls nur Vermögensrechte gewähren, die sich nur auf höchstens zehn Prozent des Gewinns einer Aktiengesellschaft beziehen können, und sie müssen innerhalb von zehn Jahren nach der Gründung der Gesellschaft getilgt sein. Eine Diskussion darüber, ob mit Hilfe diese Titel die durch das Recht der Vorzugsaktien gezogenen Grenzen unterlaufen werden können, wird offensichtlich nicht geführt. Im Vereinigten Königreich werfen Genussrechte (profit-sharing debentures) keine 68 besonderen gesellschaftsrechtlichen Probleme auf. Sie unterfallen den allgemeinen Vorschriften über die Ausgabe von Schuldverschreibungen nach sec 738 CA 2006 ff; bemerkenswert ist dabei die ausdrückliche Zulassung ewiger Anleihen in sec 739 CA 2006. Zur Begebung von Anleihen ist prinzipiell jede private oder public company befugt. Das ergibt sich aus der unbeschränkten Rechtsmacht (capacity), wie sie sich aus sec 31 CA 2006 ergibt. „Objects clauses“ sind heute nur noch als Beschränkung dieser Rechtsmacht notwendig, nicht zu ihrer Begründung. Schon unter früherem Recht ging man aber vom regelmäßigen Vorliegen einer entsprechenden Kompetenz seitens der company aus.136 Die Ausgabe fällt allein in die Zuständigkeit des board of directors. Eine Mitwirkung der Hauptversammlung ist – anders als bei convertible securities (o Rdn 47) – nicht vorgeschrieben. Da ist darauf zurückzuführen, dass es dem englischen Gesellschaftsrecht immer nur auf die formale Gesellschafterstellung ankommt. Das gilt sowohl für die Ausübung von Mitgliedschaftsrechten in der Gesellschaft als auch für das Bestehen von Mit135

(47)

Zur Erstreckung des Anwendungsbereichs auf Fälle der Kapitalherabsetzung zum Ausgleich von Verlusten Marchetti Riv. soc. 1996, S 891 ff.

136

Attorney-General v Great Eastern Railway Co Ltd (1880) 5 App Cas 437; Goulding ZGR-Sonderheft 16, S 86, 87.

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spracherechten anderer Gesellschafter bezüglich der Einräumung von solchen. Schon die jederzeit mögliche Übertragung des „wirtschaftlichen Eigentums“ (equitable title) am Gesellschaftsanteil im Wege eines trust muss von der Gesellschaft ignoriert (sec 126 CA 2006) und von den Mitgesellschaftern hingenommen werden.137 Daher haben sie auch keine Mitsprache, wenn die Geschäftsleitung die Gegenleistung für eine Kreditaufnahme nicht im Wege des festen Zinssatzes, sondern flexibel als Anteil vom Jahresergebnis bemisst. Denn sie schafft damit nur ein mitgliedschaftsähnliches Instrument, aber keine Mitgliedschaft. Die einzelstaatlichen Regelungen in den Vereinigten Staaten von Amerika erlauben 69 ebenfalls so genannte preferred shares 138, die neben den common shares die wichtigste Aktiengattung darstellen und als hybrides Finanzierungsmittel in vielfältigen Varianten eingesetzt werden. Dabei sehen die meisten einzelstaatlichen Regelungen einen weit reichenden Gestaltungsspielraum vor. Typischerweise verfügen die preferred shares dabei nicht über ein Stimmrecht. Ihnen kommt aber ein Liquidations- und oftmals auch ein Dividendenvorrecht zu, das auch als Vorrecht gegenüber dem Dividendenrecht der common shares ausgestaltet sein kann. Bei einer fehlenden Zahlung der Dividende kann den Inhabern der preferred shares das Recht zukommen, einige der directors der Gesellschaft zu wählen. Da Dividendenzahlungen auf preferred shares – im Gegensatz zu Zinszahlungen auf debt – auch vom US-amerikanischen Steuerrecht nicht als Betriebsausgaben anerkannt werden, haben die preferred shares in ihrer klassischen Ausprägung erheblich an Bedeutung verloren. Preferred shares werden stattdessen seit einigen Jahren häufig von Finanzinstituten – aber auch von Unternehmen aus anderen Sektoren – durch so genannte TruPS (Trust-preferred security) ersetzt, bei denen die preferred shares von einem dem betreffenden Finanzinstitut gehörenden trust ausgegeben werden. Während die Erträge aus der Ausgabe der preferred shares direkt an das Finanzinstitut als aufsichtsrechtlich anerkanntes Eigenkapital fließen, begründet das Finanzinstitut gegenüber dem trust eine gleichlaufende Verbindlichkeit und bedient die Verpflichtungen des trust aus den preferred shares gegenüber diesem als steuermindernde Betriebsausgaben – ein Effekt, der im Ergebnis den in Deutschland verbreiteten Genussscheinen vergleichbar ist. Durch den Dodd–Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act von 2010 ist eine bankaufsichtsrechtliche Anerkennung der TruPS (Trust-preferred security) aber ab 2015 ausgeschlossen. 3. Gläubigerversammlung

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Die Problematik der Bündelung gleichartiger Gläubigerinteressen hat auch in anderen Rechtsordnungen zu mit dem Schuldverschreibungsgesetz vergleichbaren Regelungen geführt, die diese Problematik allerdings entgegen der deutschen Regelung als Teil des allgemeinen Zivil- bzw Schuldrechts begreifen und insofern in diesen Regelungszusammenhang stellen.139 In Österreich besteht mit dem Kuratorengesetz von 1874 und dem Kuratorenergänzungsgesetz von 1877 die älteste Regelung, der ein „vormundschafliches, 137

Einen seltenen Ausnahmefall stellt Lyle & Scott Ltd v Scott’s Trustees [1959] AC 763 (House of Lords), dar, wo die Vinkulierung auch auf die Übertragung des equitable title bezogen wurde. Siehe dagegen Safeguard Ltd v NatWest Bank [1982] 1 WLR 589 (Court of Appeal); dazu auch Schall WM 2011, 2249, 2250.

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139

Vgl etwa § 151 Delaware General Corporation Law; § 502 New York Business Corporation Law; § 402 California Corporation Code; § 13.01 Abs. 6 Modell Business Corporations Act. Für einen Überblick Schmidtbleicher Die Anleihegläubigermehrheit S 145 ff.

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obrigkeitsstaatliches Fürsorgemodell“140 zugrundeliegt.141 Dies wirkt sich neben der gerichtlichen Bestellung des die Gläubigergemeinschaft vertretenden Kurators vor allem in den nahezu nicht existierenden Rechten der Versammlung der Anleiheinhaber aus.142 Die Schweiz verfügt demgegenüber mit den Artt 1157 ff OR und der Verordnung über die Gläubigergemeinschaft bei Anleihensobligationen143 über eine umfassende Regelung.144 Bei Anleiheobligationen handelt es sich dabei um in größerer Zahl und mit größerem Gesamtbetrage, auf einheitlicher Grundlage, öffentlich (emissionsweise) ausgegebene Wertpapiere, die eine Geldforderung von im Voraus bestimmter Höhe verbriefen und im Verkehr als Kapitalanlagepapiere gelten. Die Anleihegläubiger bilden dabei – im Gegensatz zum deutschen Schuldverschreibungsgesetz (siehe dazu u Rdn 202) – ipso iure eine Gläubigergemeinschaft, die durch Beschlussfassung über die Bestellung und Abberufung ihres Vertreters und vor allem über Maßnahmen zur Wahrung des gemeinsamen Interesses entscheiden kann. Dabei kann die Gläubigergemeinschaft neben einer Stundung von Zins-, Tilgungs- und Nennbetragungszahlungen – wie im deutschen Schuldverschreibungsgesetz (siehe dazu u Rdn 202) – aber keinen vollständigen Kapitalverzicht beschließen. Allerdings bedürfen Beschlüsse, die in Gläubigerrechte eingreifen, einer Genehmigung der kantonalen Nachlassbehörde (Art 1176 OR).145 Aufgrund Art 657 Abs 4 OR gilt für Genussscheininhaber eine vergleichbare Regelung über die kollektive Interessenwahrnehmung wie bei den (sonstigen) Anleihegläubigern. Auch das französische Recht kennt mit den Art L 228-46 ff Code de Commerce eine umfassende gesellschaftsrechtliche146 Regelung, die ebenfalls ipso iure von einer Gläubigergemeinschaft ausgeht.147 Bemerkenswert ist dabei aus deutscher Sicht vor allem, dass die Gläubigerversammlung die Möglichkeit hat, an wesentlichen Entscheidungen der Emittentin wie etwa der Änderung des Gesellschaftszwecks oder der Gesellschaftsform mitzuwirken (Art L 228-65 Code de Commerce).148 Soweit die Mehrheit verfehlt wird, kann die Maßnahme zwar dennoch durchgeführt werden, erfordert aber ein (Pflicht-)Angebot an die Inhaber der ausstehenden Schuldverschreibungen (Art L 228-72 Code de Commerce). Eine knappe Regelung der Gläubigerversammlung enthält auch das italienische Recht in Art 2415 Codice civile.149 Die Vereinigten Staaten von Amerika verfügen über keine originäre Regelung, sondern knüpfen an den im common law existierenden trust an, für dessen inhaltliche Ausgestaltung der Trust Indenture Act von 1939 eine Reihe von inhaltlichen Vorgaben macht; das Gesetz kommt allerdings – wie das deutsche SchVG (dazu u

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So ausdrücklich Kalss, Anlegerinteressen im Handlungsdreieck von Vertrag, Verband und Markt, 2001, S 406. Zum österreichischen Recht insgesamt Kalss (Fn 140), S 404 ff. Vgl dazu im Überblick Schmidtbleicher Die Anleihegläubigermehrheit S 264 ff. Verordnung über die Gläubigergemeinschaft bei Anleihensobligationen [sic!] des schweizerischen Bundesrates in Ausführung von Art. 1169 des Obligationenrechts vom 9.12.1949, AS 1949 II S 1666. Zum schweizerischen Recht Bösch, Die Emission von Schuldverschreibungen nach schweizerischem Recht – ein Rechtsvergleich mit dem geplanten deutschen Schuldverschreibungsrecht, in: Baums/Cahn, Reform

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des Schuldverschreibungsrechts, S 189 ff; Druey Gesellschafts- und Handelsrecht 10 § 27 Rdn 160 ff. Vgl dazu Schmidtbleicher Die Anleihegläubigermehrheit S 228 f. Dies ergibt sich vor allem aus der Anknüpfung des Anwendungsbereichs an den Sitz der Gesellschaft in Frankreich (Art L. 228-90 Code de Commerce). Zum französischen Recht etwa Germain in: Ripert/Roblot, Traité de Droit Commercial, Tome 1 – Volume 219, 2009, Rdn 1818 ff. Vgl für eine Übersicht Schmidtbleicher Die Anleihegläubigermehrheit S 243 f. Dazu Galgano Il nuovo diritto societario, 2003, S 393 ff.

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Rdn 202) – größtenteils nur im Fall der Aufnahme einer entsprechenden collective action clause in die Anleihebedingungen zur Anwendung kommt.150 Hervorzuheben ist, dass die Mehrheitsverhältnisse auf Basis aller emittierten Schuldverschreibungen berechnet werden und dabei jede nicht abgegebene Stimme als negatives Votum gezählt wird.151 Im englischen Recht fehlt es schließlich vollständig an einer spezialgesetzlichen Regelung, so dass ebenfalls auf das im common law existierende Rechtsinstitut des trust zurückgegriffen wird, der durch den Trust Act von 1925 und vor allem durch die Vorschriften der Financial Service Authority (FSA) überlagert wird.152 Aufgrund dieser allgemeinen Regelung bedarf die Anwendung der entsprechenden Grundsätze auch einer Vereinbarung zwischen Emittent und dem Anleihegläubiger, wobei die Vorschriften der Financial Service Authority (FSA) auch unabhängig davon von einem listing im Vereinigten Königreich abhängen. Hinsichtlich der Mehrheitsverhältnisse kommt es auch im englischen Recht ebenso wie in den Vereinigten Staaten auf alle Anleihegläubiger an, wobei eine Reihe von Entscheidungen dann konsequenterweise auch mit nur geringen Mehrheiten zustande kommen kann.153

VII. Reform 71

Schumann, Optionsanleihen,154 hatte eine Gesetzesänderung von §§ 192, 221 vorgeschlagen, mit der die unklare Begriffsbildung verbessert werden sollte. § 221 Abs 1 S 1 soll danach lauten: „Schuldverschreibungen, bei denen den Gläubigern ein Wandlungsrecht (Wandelschuldverschreibungen) oder ein Optionsrecht (Optionsanleihen) auf Aktien oder Genussrechte eingeräumt wird … dürfen nur auf Grund eines Beschlusses der Hauptversammlung ausgegeben werden.“

Ganz ähnlich hatte Westermann eine Klarstellung des Anwendungsbereichs von § 221 in Bezug auf von Tochtergesellschaften ausgegebene Optionsanleihen und bezüglich isolierter Optionsrechte angemahnt.155 Wegen der Unklarheiten, wie die Bestimmung über den vereinfachten Bezugsrechts72 ausschluss (§ 186 Abs 3 S 4) bei der Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen nach Abs 4 zu verstehen ist (dazu u Rdn 146), hatte die Regierungskommission Corporate Governance vorgeschlagen, einen Bezugsrechtsausschluss auf diese Papiere ausdrücklich dann zuzulassen, „wenn der Nennbetrag oder der anteilige Betrag der bei Ausübung des Umtausch- oder Bezugsrechts zu gewährenden Aktien zehn vom Hundert des im Zeitpunkt der Beschlussfassung der Hauptversammlung bestehenden Grundkapitals nicht übersteigt und der Ausgabepreis den nach anerkannten Methoden ermittelten Marktwert der Schuldverschreibung nicht wesentlich unterschreitet, vorausgesetzt, daß die Schuldverschreibung am Markt eingeführt wird.“156

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Ausführlich dazu Kahan, Rethinking Corporate Bonds: The Trade-Off between Individual and Collective Rights, 77 N.Y.U.L.Rev. 1040 (2002); vgl auch Luttermann, Unternehmen, Kapital und Genussrechte, S 274 ff. Vgl dazu im Überblick Schmidtbleicher Die Anleihegläubigermehrheit S 294 ff. Zum englischen Recht Burn, Bond issues under U.K. law: how the proposed German

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legislation compares, in: Baums/Cahn, Reform des Schuldverschreibungsrechts, S 219 ff. Vgl dazu im Überblick Schmidtbleicher Die Anleihegläubigermehrheit S 306 ff. Schumann Optionsanleihen S 15 f Fn 4. Westermann, in: 25 Jahre Aktiengesetz, S 79, 118 ff. Baums (Hrsg), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001,

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Eine ähnliche Bestimmung war bereits bei den Beratungen des KonTraG vorgeschla- 73 gen worden;157 der Rechtsausschuss des Bundestages hat dem insoweit zugestimmt, als er die Auffassung teilte, § 186 Abs 3 S 4 passe auf Wandel- und Optionsanleihen, Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechte nicht, dass aber erst zu einem späteren Zeitpunkt geprüft werde, ob eine gesetzliche Anpassung vorgenommen werden solle.158 Hinsichtlich des Genussscheins war gelegentlich eine klarere gesetzliche Regelung des 74 gesellschaftsrechtlichen Rahmens eingefordert worden.159

B. Wandel- und Optionsanleihen I. Allgemeines 1. Begriff und Rechtsnatur Wandel- und Optionsanleihen sind zunächst Schuldverschreibungen,160 und zwar in 75 der Regel Inhaberschuldverschreibungen; denkbar sind aber auch Orderschuldverschreibungen.161 Sie beinhalten ein abstraktes, auf einen bestimmten Geldbetrag162 lautendes, regelmäßig festverzinsliches Schuldversprechen (§ 780 BGB), das in Urkunden verbrieft ist. Die Abstraktheit des Schuldversprechens hat zur Folge, dass Einwendungen aus dem Kausalverhältnis späteren Erwerbern nur im Rahmen von § 364 Abs 2 HGB, § 796 BGB entgegengehalten werden können.163 Ist die Schuldverschreibung, wie üblich, zum Zwecke breiter Streuung in Einzelrechte mit relativ kleinen Nennbeträgen gestückelt, wird sie auch als Teilschuldverschreibung bezeichnet.164 Sie unterscheiden sich von den gewöhnlichen Schuldverschreibungen der §§ 793 ff 76 BGB dadurch, dass zusätzlich ein Umtauschrecht (bei den Wandelanleihen) oder ein Bezugsrecht auf Aktien (bei den Optionsanleihen (früher: Bezugsanleihen oder „unechten Wandelschuldverschreibungen“165) zu einem im voraus festgelegten Kurs beigegeben ist; an diesem Erfordernis und damit der fehlenden Anwendbarkeit von § 221 ändert sich auch dann nichts, wenn eine Anleihe aufgrund eines Rangrücktritts nachrangig aus-

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Rdn 221; zust Busch AG 1999, 58, 61; Hüffer 9 § 221 Rdn 43a aE; Ihrig FG Happ, S 109, 123 f; Singhof ZHR 170 (2006), 673, 689. Stellungnahme des Gemeinsamen Arbeitausschusses des Bundesverbands der Deutschen Industrie, des Bundesverbands Deutscher Banken, der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, des Deutschen Industrie- und Handelstages und des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft für Fragen des Unternehmensrechts zum KonTraG, WM 1997, 490, 496. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks 12/7848, S 9; dazu Hofmeister Bezugsrechtsausschluß S 19 f. Vgl Albach/Corte/Friedewald/Lutter/Richter, Deregulierung des Aktienrechts: Das DreiStufen-Modell (1988), S 167 ff, 170 mwN.

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von Caemmerer JZ 1951, 417 f; Hüffer 9 § 221 Rdn 5; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 92; Meyer BB 1955, 549; Schumann Optionsanleihen S 16 ff. Hüffer 9 § 221 Rdn 3; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 92; MK-Habersack 3 § 221 Rdn 203. Theoretisch sind auch Sachleistungen möglich; zutreffend Schumann Optionsanleihen S 17. – Auch eine unmittelbar auf Aktienausgabe gerichtete Schuldverschreibung wäre denkbar; doch würde es sich dann nicht um eine Wandelschuldverschreibung handeln (dazu Rozijn ZBB 1998, 77, 78). KK-Lutter 2 § 221 Rdn 239 (zu Genussscheinen). Schumann Optionsanleihen S 18; Veranneman/Oulds SchVG § 1 Rdn 24. So Koch/Vogel BB 1986, Beil 10, S 3.

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gestaltet ist.166 Die Möglichkeit eines Bezugsrechts auf Aktien kommt in der Wortwahl „Wandelschuldverschreibung“ nicht zum Ausdruck (dazu bereits o Rdn 13 f).167 Auch eine Kombination beider Typen dergestalt, dass ab einem festgelegten Zeitpunkt anstelle des Optionsrechts ein Wandlungsrecht tritt, wurde bereits praktiziert.168 Ein Erwerb von Aktien der Gesellschaft kann sowohl bei den Wandelanleihen als auch bei den Optionsanleihen mit oder ohne bare Zuzahlung erfolgen. Die vom Gesetzgeber für beide Typen von Schuldverschreibungen gewählte Überschrift „Wandelschuldverschreibungen“ ist daher in doppelter Hinsicht ungenau: denn auch bei der Wandelanleihe kann die Wandelung (auch) von einer baren Zuzahlung abhängig gemacht werden; umgekehrt können die Anleihebedingungen einer Optionsanleihe auch (fakultativ) die Rückgabe der Schuldverschreibung statt einer baren Zuzahlung zum Aktienerwerb vorsehen.169 Nur bei der „echten“ Wandelanleihe ist es allerdings unstreitig möglich, die Einlage auf die zu beziehende Aktie unmittelbar mit der ursprünglich als Kredit gegebenen Leistung zu verrechnen, ohne dass eine Einlagepflicht auf die Aktie entsteht (u Rdn 215). Dennoch ist die Stellung der Berechtigten vor der Ausübung des Umtausch- oder 77 Bezugsrechts eine rein schuldrechtliche; die Gläubiger sind keine „aufschiebend bedingten Aktionäre“170; wohl aber hat der Anleihegläubiger eine „unentziehbare Anwartschaft“ auf die Gesellschafterstellung.171 Mitgliedschaftsrechte werden erst später mit der Ausübung des Wandel- oder Bezugsrechts erworben. Bei den Wandelanleihen treten die Mitgliedschaftsrechte anstelle der Gläubigerrechte, bei den Optionsanleihen daneben: der frühere Wandelanleihegläubiger wird mithin zum „normalen“ Aktionär, während der Gläubiger einer Optionsanleihe die Gläubigerstellung hinsichtlich der Anleihe und die Aktionärsposition in sich vereinigt. Nach Ausübung des Bezugsrechts einer Optionsanleihe sind Mitgliedschafts- und Gläubigerrecht rechtlich nicht mehr miteinander verbunden; auch vorher können sie schon verschiedene Wege gehen, wenn eine Trennung von Anleihe und Optionsschein vorgesehen ist. Die Anleihe ist dann insbesondere „ohne Optionsschein“ isoliert handelbar („leere Optionsanleihe“ oder „leeres Stück“; zuvor „volles Stück“). Vor der Ausübung von Umtausch- oder Bezugsrechten sind die Gläubiger allerdings bereits nach dem Gesellschaftsrecht vor Verwässerung geschützt (dazu u Rdn 173 ff). Es darf dabei nicht übersehen werden, dass die Schutzvorschriften bei der Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen aufgrund der Zweiten (Kapitalschutz)Richtlinie der EG enger an die Vorschriften der (echten) Kapitalerhöhung angelehnt wurden.

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MK-Habersack3 § 221 Rdn 1 aE. Kritisch daher Schumann Optionsanleihen S 15 f. Vgl Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 23; Schumann Optionsanleihen S 30. Vgl KK-Lutter § 221 Rdn 10; Linnhoff Optionsanleihen S 193 ff; MK-Habersack 3 § 221 Rdn 29; Schumann Optionsanleihen S 69. So aber H Meilicke BB 1963, 500, 501; dagegen Georgakopoulos ZHR 120 (1957), 84, 87; A Hueck DB 1963, 1347; Hüffer 9 § 221 Rdn 5; KK-Lutter § 221 Rdn 9, 148; MK-Habersack 3 § 221 Rdn 28; Schlegelberger/Quassowski § 174 AktG 1937 Anm 1; Schumann Optionsanleihen S 27.

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Zutreffend Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 50; Koch/Vogel BB 1986, Beil 10, S 3 f; Martens in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 119, 124 (wobei „unentziehbar“ nur für den Regelfall einer Absicherung der Bezugsrechte durch bedingtes Kapital gilt); Karsten Schmidt/Lutter/Merkt 2 § 221 Rdn 20; abw Gallego Sánchez Erwerbsrecht S 142 ff; KK-Lutter § 221 Rdn 148; MK-Habersack3 § 221 Rdn 2, 28; Schumann Optionsanleihen S 28, im Hinblick darauf, dass selbst bei einer Absicherung durch bedingtes Kapital noch die Ausgabe der Aktien nach § 200 erforderlich ist.

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Daher liegt ein Verweis auf die Vertragsfreiheit bei der Ausgestaltung der Wandel- und Optionsrechte fern.172 Die Begriffe Bezugsrecht und Optionsrecht werden in diesem Zusammenhang oft 78 inhaltsgleich verwendet (o § 192 Rdn 39). Rechtlich ist freilich zu unterscheiden: Das mit einer Optionsanleihe verbundene Aktien-Erwerbsrecht bildet ein rechtsgeschäftliches Bezugsrecht iSv § 187 Abs 1; daraus hat der Berechtigte zunächst (nur) einen vorvertraglichen Anspruch auf Abschluss eines Zeichnungsvertrages bzgl der neuen Aktien. Dieser steht allerdings nicht unter dem Vorbehalt des § 187 Abs 1 (dazu u Rdn 151 f), und er ist regelmäßig durch ein bedingtes Kapital gesichert. Zu einem Optionsrecht in dem Sinne, dass der Aktionär das Aktienrecht allein durch seine Erklärung zum Entstehen bringen kann, wird das Recht erst dadurch, dass die Gesellschaft eine bindende Zeichnungsofferte abgibt, die allerdings schon in den Optionsbedingungen enthalten sein kann.173 Für die Reichweite des Anwendungsbereichs von § 221 kommt es auf die möglichen Differenzierungen (ausf o § 192 Rdn 37 ff) allerdings nicht an; für ein Eingreifen von § 221 reicht vielmehr allein aus, ob der Vorstand die Rechte mit Blick auf seine Vertretungsmacht wirksam zum Entstehen bringen könnte, weil er schon dadurch Schadenersatzansprüche zu Lasten der Gesellschaft auslösen könnte, selbst wenn den Gläubigern ein Erwerb von Aktien nach § 187 nicht möglich sein sollte (u Rdn 103, 151, 171).174 Keinen Fall des § 221 stellt es dar, wenn Aktien mit dem Recht verbunden werden, sie 79 zu einem späteren Zeitpunkt in anders ausgestattete Aktien derselben Gesellschaft umzutauschen („Wandelaktien“); denn hier wird nur eine bereits bestehende Mitgliedschaft inhaltlich verändert.175 Dementsprechend ist die Schaffung eines bedingten Kapitals für solche Aktien weder möglich noch nötig.176 Ihre Ausgabe ist unter denselben Voraussetzungen wie diejenige von gewöhnlichen Stammaktien zulässig, wobei die Gattungen und die Voraussetzungen der Umwandlung in der Satzung festzulegen sind;177 eines Sonderbeschlusses der Aktionäre bedarf es bei Ausübung des Wandelrechts nicht, weil es ihre Rechtsstellung nicht beeinträchtigt.178 Etwaige Zuzahlungen von Aktionären bei Ausübung des Umwandlungsrechts sind freilich auch hier nach § 272 Abs 2 Nr 1 HGB in die Kapitalrücklage einzustellen.179 Angesichts der heute weniger kritisch gesehenen Möglichkeit einer Ausgabe auch isolierter Optionsrechte (dazu u Rdn 298 ff) dürfte es für solche Gestaltungen kein praktisches Bedürfnis mehr geben. 2. Geschichte Wandel- und Optionsanleihen sind in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts 80 in den Vereinigten Staaten entwickelt worden. Dort sollten sie den Anlegern in Schuldverschreibungen ermöglichen, auch an der Börsenentwicklung der emittierenden Gesellschaft teilzuhaben; die Gesellschaften konnten damit andererseits ihren über gewöhn-

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So jedoch Schumann Optionsanleihen S 178 („volenti non fit iniuria“), 189 im Zusammenhang mit der Frage, ob der Verwässerungsschutz für Optionsanleihen dispositiv ist. Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 35 ff; KK-Lutter § 221 Rdn 151; Schumann Optionsanleihen S 19 ff. Ausf Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 51 ff.

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Habersack FS Westermann, S 913, 916; Heidel/Radlmayr 3 § 221 Rdn 10; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 145. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 146. Zur Zulässigkeit der Ausgabe in Stammaktien wandelbarer Vorzugaktien iR einer Ermächtigung nach § 204 Abs 2 ausf Habersack FS Westermann, S 913, 923 ff. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 145. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 147.

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Fünfter Unterabschnitt

liche Aktienemissionen nicht mehr deckbaren Refinanzierungsbedarf erfüllen.180 Dies führte bis zum Zusammenbruch der Börse am Schwarzen Freitag des Jahres 1929 zu einem Anteil der Optionsanleihen am Effekten-Emissionsvolumen von 18,9 %.181 Seither ließ die Bedeutung nach, bis Optionsanleihen nach dem Zweiten Weltkrieg wieder eingesetzt wurden, um die Fremdkapitalaufnahme für kleinere Unternehmen zu ermöglichen, die sonst unattraktive Zinssätze oder Anleihebedingungen hätten akzeptieren müssen.182 Erst mit einer 1,57-Mrd-US$-Anleihe von AT&T aus dem Jahre 1970 wurden Optionsanleihen auch für größere Unternehmen wieder attraktiv, ohne jedoch die Bedeutung der zwanziger Jahre des letzten Jahrhunderts wieder erreichen zu können.183 Wandel- und Optionsanleihen sind in Deutschland seit dem Ersten Weltkrieg durch 81 das amerikanische Vorbild bekannt geworden. Im Anschluss an eine ausgiebige Diskussion auf dem 33. und 34. Deutschen Juristentag 1925 und 1926 wurden die schon 1856/ 1857 in Deutschland184 und vor allem später in den USA als convertible bonds in Erscheinung getretenen Papiere auch bei uns kodifiziert (o Rdn 1).185 Zuvor waren derartige Papiere von der Wirtschaftspraxis bereits ohne gesetzliche Grundlage begeben worden.186 Vor der gesetzlichen Normierung hatte einer Emission von Wandel- und Optionsanleihen der heutige § 187 Abs 2 mit seinem Verbot einer Zusicherung auf den Bezug neuer Aktien im Wege gestanden. Dies wurde dadurch umgangen, dass die Umtausch-/Bezugsrechte aus eigenen Aktien der Gesellschaft oder nicht eingezahlten Vorratsaktien bedient wurden. Diese Möglichkeiten wurden durch die Aktienrechtsreform 1937 beschnitten.187 Für die Wandel- und Optionsanleihen wurde jedoch die Möglichkeit einer kontinuierlichen Bedienung der Umtausch-/Bezugsrechte durch Einführung des bedingten und genehmigten Kapitals in – sogar verbesserter Form – beibehalten. Bei den Emittenten handelte es sich vor allem um kleinere Gesellschaften, die durch die Beifügung von Optionsrechten die Anleihe (besser) platzierbar machten.188 Die Bedeutung der Wandel- und Optionsanleihen ließ dann allerdings zunächst nach, 82 bis nach dem Zweiten Weltkrieg wegen des geschwundenen Vertrauens in Geldanlagen wieder eine verstärkte Emissionstätigkeit zu verzeichnen war. Seit 1951 wurden wieder Wandelanleihen emittiert, und nach einem erneuten Rückgang infolge der Aktienbaisse der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts erfreuen sich seit dieser Zeit Optionsanleihen

180 181

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Ausf Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 26. Linnhoff Optionsanleihen S 91; Schlede/ Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 3. Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 3. Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 3, mit Übersicht der in den Jahren 1976 bis 1985 an der New York Stock Exchange notierten Optionsscheine. Wandelschuldverschreibung des „Dortmunder Vereins“, die indes bei den Kodifizierungsüberlegungen bereits in Vergessenheit geraten war; Georgakopoulos ZHR 120 (1957), 84, 92 f; Schumann Optionsanleihen S 6 Fn 2.

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Flechtheim Anh § 179 HGB Anm 20; Georgakopoulos ZHR 120 (1957), 84, 92 ff; Heinrici Gruch. 67 (1925), S 353, 377 ff; KK-Lutter § 221 Rdn 5; Schumann Optionsanleihen S 6 ff; vgl auch die grundsätzliche Kritik von Welcker Wandelobligationen S 11 ff. Dazu Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 4; Schumann Optionsanleihen S 6 Fn 1. Vgl dazu auch die historischen Nachweise beim genehmigten Kapital (o § 202 Rdn 1); dazu auch Schumann Optionsanleihen S 171 ff. Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 5; abw Linnhoff Optionsanleihen S 56.

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wachsender Beliebtheit.189 In der zweiten Hälfte der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts erreichte die Emissionswelle dabei einen Höhepunkt, der einen Rückgang der Emissionstätigkeit zu Beginn der neunziger Jahre einleitete; etwa seit der Jahrtausendwende kann ein Wiederaufleben des Marktes festgestellt werden.190 Der Optionsanleihe wurde dabei jedenfalls bis vor Kurzem gegenüber der Wandelanleihe eindeutig der Vorrang eingeräumt.191 Bemerkenswert ist insoweit, dass die Anleihen heute fast ausschließlich über ausländi- 83 sche (Finanzierungs-)Tochtergesellschaften mit Sitz in steuerlich attraktiven Staaten (insbes Luxemburg und den Niederlanden192) begeben werden, was eine Fülle zusätzlicher Rechtsprobleme aufwirft. Gründe dafür sind (bzw teilweise: waren) neben einer Vermeidung der Gewerbesteuer (jedenfalls bei niedrigverzinslichen Anleihen) und günstigerer Besteuerung der Zinseinkünfte der Tochtergesellschaft die Umgehung von Währungsrestriktionen und Devisenkontrollen.193 Das früher zusätzlich bestehende Hemmnis der Genehmigungspflicht nach § 795 BGB ist inzwischen abgeschafft (dazu u Rdn 266). In jüngerer Zeit werden als Alternative zur indirekten Emission über ausländische Tochtergesellschaften aber auch Anleihebedingungen verwandt, die denjenigen Investoren, die bei einer indirekten Emission steuerliche Vorteile hätten, unmittelbar einen Ausgleich (tax gross-up) oder höheren Zinssatz gewähren; damit können die bei einer indirekten Emission entstehenden Kosten vermieden werden, die andererseits bei geringeren Basiszinssätzen stärker ins Gewicht fallen.194 Die internationalen Optionsanleihen wurden zunächst auf US$-Basis emittiert, um Investitionen in den USA währungskongruent finanzieren zu können. Bessere Möglichkeiten der Kurssicherung haben diese Praxis heute in den Hintergrund treten lassen. Neben das durch eine Optionsanleihe zunächst vor allem verfolgte Ziel, den Kapitalmarkt für eine Gesellschaft überhaupt erst zu öffnen (Finanzierungsinteresse), ist heute, wie die geschilderten Konstruktionen deutlich machen, die Absicht getreten, eine Zinsverbilligung der Anleihe und/oder günstigere Beschaffung von Eigenkapital zu erreichen. Hinsichtlich des letztgenannten Gesichtspunkts hat auch die geänderte Bilanzierungspraxis zu höherer Attraktivität der Optionsanleihen beigetragen.195 Auch als Folge dieser geänderten Ziele verlagerte sich der Kreis der Emittenten auf erste Adressen.196 In jüngerer Zeit haben sich – wiederum zurückgehend auf US-amerikanische Vor- 84 bilder197 – Wandelanleihen mit Wandlungspflicht des Gläubigers oder Tilgungswahlrecht des Emittenten als alternative Finanzierungsinstrumente entwickelt (dazu näher u Rdn 90 ff).

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Vgl Großfeld in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 83, 106; H Koch NJW 1965, 239 f; KK-Lutter § 221, Rdn 6; Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 4 ff; Schumann Optionsanleihen S 1 ff, 9 ff; zur geringeren Bedeutung der Wandelanleihe ieS auch gb. FAZ v 11.8.2011, Nr 185, S 17. Busch AG 1999, 58; Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254. Schumann Optionsanleihen S 9. Vgl Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 28; Schumann Optionsanleihen S 95 f.

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KK-Lutter 2 § 221 Rdn 166; Lutter DB 1986, 1607; Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 27 f; Schumann Optionsanleihen S 12 f, 95 ff. Schlitt/Schäfer CFL 2010, 252, 253 f; Seibt CFL 2010, 165, 168. Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 8. Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 6 f; Schumann Optionsanleihen S 95 f. Hierzu Friel Wandelanleihen S 24 ff, 45 ff.

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3. Wirtschaftliche Bedeutung a) Vorteile für Anleger und Gesellschaft. Für den Anleger ist die Wandel- und Optionsanleihe in doppelter Hinsicht spekulativ. Weil Rückzahlung und Verzinsung der Schuldverschreibung ebenso festgelegt sind wie Bezugskurs oder Umtauschverhältnis für neue Aktien, hängen Wert der Anleihe und die Entscheidung über Ob und Wann eines Aktienbezuges/-umtausches davon ab, wie sich die allgemeine Entwicklung am Rentenmarkt und der Aktienkurs der Gesellschaft darstellen. Bei steigenden Kursen oder steigenden Kapitalmarktzinsen dürfte das Interesse wachsen, Gesellschafter zu werden; bei fallenden Kursen oder fallenden Kapitalmarktzinsen dürfte die Obligationärsstellung eher vorzuziehen sein – natürlich immer unter der Grundvoraussetzung, dass der Wandlungspreis unter dem Börsenkurs der Aktie liegt. Spiegelbildich ist – sofern vertraglich zugelassen – für die Gesellschaft eine Kündigung des Darlehens einer Anleihe attraktiv, wenn der Börsenkurs steigt.198 Die Attraktivität steigt für den Anleger durch den „HebelEffekt“ (leverage effect): eine positive Kursentwicklung der Aktie schlägt sich in einer überproportionalen Kurssteigerung der Anleihe bzw des (abgetrennten) Optionsscheins nieder, während umgekehrt das Risiko auf den vollständigen Verlust des für das Optionsrecht gezahlten Preises begrenzt ist, was grundsätzlich eher den Anlagezielen risikoaverser Investoren entspricht.199 Von Interesse kann das beschriebene Anlageprofil sowohl für langfristig-strategisch wie für kurzfristig-spekulativ orientierte Investoren (Hedge-Fonds) sein.200 In jedem Fall kann das Wandlungsrecht des Erwerbers entweder nur im Endfälligkeitszeitpunkt bestehen („europäischer Typ“) oder während eines festgelegten Zeitraums, im Extremfall über die Gesamtlaufzeit der Wandelanleihe, ausgeübt werden („amerikanischer Typ“).201 Bei der Emission einer Wandel- oder Optionsanleihe zahlt der Erwerber den Preis für 86 die Gesellschafterstellung in Raten: zum einen durch einen Teil des Emissionsbetrages der Anleihe entweder in Form eines Aufgeldes oder in Form niedrigerer als üblicher Verzinsung und später mit dem Wandlungs- bzw Optionspreis.202 Beide Elemente des Preises für die Gesellschafterstellung können bei einer Optionsanleihe nach der – in der Regel vorgesehenen – Trennung von Anleihe und Optionsschein in verschiedenen Papieren verbrieft sein. Allerdings ist es auch bei einer Optionsanleihe zulässig, eine Verrechnung der Darlehensforderung mit dem Optionspreis vorzusehen (dazu u Rdn 216), wodurch dem Anleger letztlich die Wahl zwischen Options- und Wandelanleihe eröffnet wird. Fehlt es an einer solchen Vereinbarung, kann er zudem den Optionspreis immer noch dadurch aufbringen, dass er die leere Anleihe veräußert.203 Der Anleger zahlt sowohl für das Optionsrecht (beim Erwerb der Anleihe) als auch 87 für die Aktie (in Form des Optionspreises). Während bei der Zahlung des Optionspreises lediglich die Hingabe der Aktien bei der Wandelanleihe und die (Zu-)Zahlung des Op-

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200

Köndgen/Daeniker ZGR-Sonderheft 16, S 265, 272. Dazu Hüffer 9 § 221 Rdn 7; Koch/Vogel BB 1986, Beil 10, S 5; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 9, 17; MK-Habersack3 § 221 Rdn 10, 13; H Schäfer FB 2002, 514, 522 f; Schumann Optionsanleihen S 48 f; Schlitt/ Seiler/Singhof AG 2003, 254. Rechtstatsächliche Angaben zu diesen beiden Investorengruppen bei Seibt CFL 2010, 165; gb. FAZ v 11.8.2011, Nr 185, S 17;

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mtr. FAZ v 9.9.2003, Nr 209, S 30 (50–75 % des Marktes liegen in den Händen von Hedge-Fonds); Klassifikation von Wandelanleihen-Anlegern auch bei H Schäfer FB 2002, 514, 522 f. Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 730. Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 50. Dazu KK-Lutter 2 § 221 Rdn 17; MK-Habersack 3 § 221 Rdn 13.

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tionspreises in Betracht kommt, bestehen hinsichtlich der Zahlung für das Optionsrecht mehrere Gestaltungsmöglichkeiten: entweder verlangt der Emittent bei marktüblicher Verzinsung für die Anleihe ein Aufgeld, oder die Anleihe wird zu pari ausgegeben, aber geringer verzinst als dies bei vergleichbaren Anleihen von Emittenten gleicher Bonität der Fall wäre (discount convertibles), und selbstverständlich ist auch eine Kombination beider Gestaltungen möglich.204 Nach der Trennung einer solchen Anleihe vom Optionsrecht notiert die „leere Optionsanleihe“ deutlich unter dem Rückzahlungskurs und ermöglicht damit in Deutschland dem privaten Anleger, die Versteuerung der Kursgewinne erst am Ende der Lauf- bzw Besitzzeit vorzunehmen (u Rdn 295).205 Neben oder anstelle einer laufenden Verzinsung kann zudem ein Ausgabedisagio oder Rückzahlungsagio vereinbart werden; fehlt es vollständig an einer laufenden Verzinsung, spricht man von Null-Kupon-Wandelanleihen (zero coupon convertibles).206 Für die Gesellschaft spielen Niederverzinslichkeit der Anleihekomponente und ein 88 hoher Optionspreis (Eigenkapital) die Hauptrolle.207 Dadurch können mittelbar am Börsenkurs orientierte Ausgabekurse für junge Aktien erzielt werden, die bei unmittelbarer Kapitalerhöhung wegen des (üblichen, aber rechtlich nicht erforderlichen) Bezugsrechtsabschlags nicht durchgesetzt werden könnten.208 Das geschieht allerdings um den – von den Altaktionären in Form eines Bezugsrechtsausschlusses zu tragenden – Preis, dass die Anleihe im Zeitpunkt der Ausübung der Option möglicherweise nicht mehr dem Wert der dafür hinzugebenden Aktien entspricht.209 Zudem bieten Wandel- und Optionsanleihen aus der Sicht der Gesellschaft den Vorteil, dass die Zinslasten voll ertragsteuermindernd berücksichtigt werden können (u Rdn 293). Das Aufgeld für die Anleihe und möglicherweise auch deren Niederverzinslichkeit (dazu u Rdn 238 ff) können in der Bilanz bereits bei Emission der Anleihe und unabhängig vom Umfang der Ausübung von Wandlungs- oder Optionsrecht als Eigenkapital ausgewiesen werden. Da für den Gläubiger ein Umtausch in bzw Bezug von Aktien erst interessant ist, wenn er auf diesem Weg (mindestens) die gleiche Rendite wie für die Obligation erzielen kann, kann die Gesellschaft ihm bis zu diesem Zeitpunkt wegen der unterschiedlichen steuerlichen Behandlung diesen Ertrag zu geringeren Kosten verschaffen.210 Die Möglichkeit des Aktienerwerbs lässt die Gläubiger zudem auf Sicherheiten verzichten. Die Ausübung des Umtauschoder Bezugsrechts durch an der Gesellschaft interessierte Gläubiger kann schließlich in-

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Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 51 f; Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 730; Koch/Vogel BB 1986, Beil 10, S 4, 17; H Schäfer FB 2002, 514, 516; Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 16 ff (mit Berechnungsbeispielen); Schumann Optionsanleihen S 53 ff. BFH Urt v 13.10.1987 – VIII R 156/84 E 151, 512 = BStBl II 1988, 252 = FR 1988, 127; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 18; Schumann Optionsanleihen S 49 f, 88 f; anders noch (Steuerfreiheit) Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 51 f. Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 730.

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Zu den verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten Kjer Optionsanleihen S 202 ff; Koch/ Vogel BB 1986, Beil 10, S 5; Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 13 ff; Schumann Optionsanleihen S 44 ff. Vgl Koch/Vogel BB 1986, Beil 10, S 5; Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254; Schumann Optionsanleihen S 47. MK-Habersack 3 § 221 Rdn 10. Georgakopoulos ZHR 120 (1957), 84, 88 ff; KK-Lutter § 221, Rdn 10; Loos DB 1960, 515; MK-Habersack 3 § 221 Rdn 10; Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 33; Schumann Optionsanleihen S 28.

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teressant sein, um das Eigenkapital zu erhöhen und damit einem Übernahmeangebot entgegenzusteuern (dazu auch u Rdn 275). Entsprechend diesen sehr unterschiedlichen Zielsetzungen variieren auch die Laufzeiten von Wandelanleihen: Bei eher auf Schaffung von Eigenkapital ausgelegten Wandelanleihen stehen kurze Laufzeiten im Vordergrund, während bei längeren Laufzeiten die Anleihekomponente überwiegt.211 Auf einen kurzen Nenner gebracht ist die zentrale Aufgabe von Wandel- oder Optionsanleihen der „steuerfreie Zufluss von mitgliedschaftsrechtlich vermitteltem Eigenkapital“212.

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b) Neuere Gestaltungsformen. aa) Eine Sonderform der Optionsanleihe ist die Going-Public-Anleihe: sie verbrieft ein Recht auf den späteren Bezug von Optionsscheinen, das unter der Bedingung des Börsengangs steht; kommt es nicht zu einer Börseneinführung und kann deshalb der Erwerber seinen Optionskupon nicht einlösen, wird die Anleihe mit einem Aufgeld zurückgezahlt, so dass sie effektiv (annähernd) marktüblich verzinst wird; ansonsten wird sie bei Fälligkeit zu pari getilgt).213 Da die Interessen von Gesellschaft und Aktionären im Falle eines Börsengangs in gleicher Weise schutzbedürftig sind wie bei einer gewöhnlichen Optionsanleihe, ist sie voll dem Regime des § 221 zu unterwerfen.214

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bb) Vor dem Hintergrund schwacher Aktienmärkte hat sich in den letzten Jahren – wiederum vor dem Hintergrund von US-Vorbildern215 – die Wandelanleihe mit Wandlungspflicht des Gläubigers oder Tilgungswahlrecht des Emittenten („umgekehrte Wandelanleihe“), die nicht zwingend auch dem Gläubiger ein Wandel- oder Optionsrecht einräumen muss,216 als alternatives Finanzierungsinstrument entwickelt (zur rechtlichen Ausgestaltung der Wandlungspflicht u Rdn 210).217 Nach einer ersten deutschen Emission einer Pflichtwandelanleihe durch die damalige Daimler Benz AG218 schloss sich die Deutsche Telekom AG mit einer weiteren solchen Emission an.219 Wirtschaftlich lassen sich diese Anleihen als ein Terminverkauf junger Aktien erklären, die mit einem Aufpreis verkauft werden, der während des mehrjährigen Emissionsprozesses definiert wird (zur rechtlichen Erklärung u Rdn 225).220 Das begründet für die Gesellschaft eine erhöhte Planungssicherheit hinsichtlich des Verbleibs der zugeflossenen Mittel; zugleich erlaubt dies, ähnlich der Lage bei Genussrechten (u Rdn 356) schon die (Noch-)Fremdkapitalmittel auch unter den neu gefassten bankaufsichtsrechtlichen Bestimmungen als „Kernkapital“221 und unter den IFRS bilanziell als Eigenkapital zu behandeln (dazu u

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H Schäfer FB 2002, 514, 516. Vorwort in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S VI. Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 731; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 188 ff; Schäfer ZGR-Sonderheft 16, S 62, 63 f, 72 ff; zur Ausgestaltung einer solchen Anleihe als Wandelanleihe Rosener FS Bezzenberger, S 745, 752 ff. MK-Habersack3 § 221 Rdn 33; Schäfer ZGR-Sonderheft 16, S 62, 72 ff. Kleidt/Schiereck BKR 2004, 18 (in den USA bilden Pflichtwandelanleihen 14 % des Wandelanleihemarktes). Drygala WM 2011, 1637, 1638. Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 730; Habersack FS Nobbe, S 539, 549 ff;

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Lenenbach NZG 2001, 481 ff; Nodoushani ZBB 2011, 143 ff; Schäfer ZGR-Sonderheft 16, S 62, 65 f, 75 ff; Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 266. Hierzu Rozijn ZBB 1998, 77, 78 ff. Dazu ruh. FAZ v 20.2.2003, Nr 43, S 21. Zur Bewertung des „Mandatory Convertible“ der Deutschen Telekom AG Röder FB 2003, 240 ff. Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 731; Kleidt/Schiereck BKR 2004, 18; Lenenbach NZG 2001, 481, 483 ff; Röder FB 2003, 240; Rozijn ZBB 1998, 77, 82 und ausf 83 ff; Spindler/Stilz/Seiler 2 § 221 Rdn 150 f. Ausf Apfelbacher/Kopp CFL 2010, 21, 22 ff.

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Rdn 236).222 Durch die Umwandlung kann die Eigenkapitalquote weiter erhöht werden.223 Die mit den Pflichtwandelanleihen verbundene Planungssicherheit für die Gesellschaft wird noch erhöht, wenn die Emittentin ihr Erfüllungs- bzw Tilgungswahlrecht schon während der Laufzeit der Anleihe weiterveräußert.224 In der Ausgestaltung ist sowohl eine von vornherein unbedingte Wandlungspflicht des Emittenten oder des Gläubigers denkbar (mandatory convertibles) als auch ein bloßes Wahlrecht des Emittenten, am Ende der Laufzeit – oder ggf auch schon zu einem früheren Zeitpunkt – die Anleihe statt in Geld durch Gewährung von Aktien zurückzuzahlen (soft convertibles); im letzten Fall erfolgt die Bedienung der Wandelanleihe ggf zzgl einer Geldzahlung (cash top up) in Höhe der Differenz zwischen dem Nennbetrag der Wandelanleihe und dem Börsenpreis im Zeitpunkt der Pflichtwandlung.225 Diese letzte Variante wird in Form von contingent convertible bonds (CoCo-Bonds) 91 in der jüngsten Zeit als Antwort auf die Finanzkrise vor allem für Kreditinstitute diskutiert, bei denen der Umwandlungszeitpunkt in Form bestimmter für die Eigenkapitalsituation des Emittenten kritischer Anlässe („triggering events“) in die Hand des Emittenten gelegt werden kann.226 Für die emittierende Gesellschaft ist in allen diesen Fällen eine Wandlungspflicht oder ein Tilgungswahlrecht attraktiv, wenn der Börsenkurs der Aktien so niedrig bleibt, dass die Anschaffungskosten unter dem Nennbetrag der Anleihe liegen.227 Für den Gläubiger kann dies aber bedeuten, dass er nicht nur den Wert der Option, sondern auch den der Anleihe verliert, da zum Ende der Laufzeit der Nominalbetrag der Anleihe nicht ausgezahlt wird bzw in einer Insolvenz nicht mehr geltend gemacht werden kann;228 vor diesem Hintergrund wird die Ausgabe von CoCo-Bonds an das Management auch als Instrument zu dessen Verhaltenssteuerung vorgeschlagen, weil das Management durch sie an den Folgen einer zu hohen Risikoexposition der Gesellschaft beteiligt wird.229 Andererseits ist sein Verlust – was iR der Behandlung als Finanztermingeschäft von Bedeutung ist (o Rdn 19) – auch auf diesen „Einsatz“ beschränkt. Ein – rechtlich möglicher – Umtausch noch während der Laufzeit ist im Allgemeinen nicht attraktiv oder sinnvoll.230 Während der Laufzeit der Anleihe bis zu ihrem (zwangsweisen) Umtausch verspricht der Emittent eine feste Verzinsung.231 Der Ausschluss des bloßen Rechts auf Umtausch muss von der Gesellschaft aber typischerweise mit einer höheren Zinszahlung erkauft werden (zu daraus bis zum Inkrafttreten der Aktienrechtsnovelle 2012 [dazu o Rdn 5] resultierenden Bedenken für die Absicherbarkeit durch bedingtes Kapital Frey o § 192 Rdn 83 f).232 Ein entsprechend noch höherer Zins muss

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Friel Wandelanleihen S 37 (zum US-Recht); Häuselmann BB 2003, 1531 (auch zur Anerkennung als Eigenkapital nach IAS); Harrer/Janssen/Halbig FB 2005, 1, 4 ff (zur Anerkennung als Eigenkapital nach IAS); Kleidt/Schiereck BKR 2004, 18, 19; MK-Habersack3 § 221 Rdn 10; Schlitt/ Seiler/Singhof AG 2003, 254, 266; Schlitt/ Brandi/Schröder/Gemmel/Ernst CFL 2011, 105, 114 ff (für Hybridanleihen allgemein); Sester ZBB 2006, 443, 460 ff (für Hybridanleihen allgemein). Nodoushani ZBB 2011, 143 f. Kilgus WM 2001, 1324, 1325. Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 266 (und Fn 148).

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Nodoushani ZBB 2011, 143; Schlitt/Brandi/ Schröder/Gemmel/Ernst CFL 2011, 105, 111 ff; zu den daraus für Altaktionäre wie Anleihegläubiger erwachsenden Risiken nachdrücklich Drygala WM 2011, 1637 ff. Kilgus WM 2001, 1324. Drygala WM 2011, 1637 ff; Rozijn ZBB 1998, 77, 84, 88. Nodoushani ZBB 2011, 143, 145. Rozijn ZBB 1998, 77, 84. Rozijn ZBB 1998, 77, 82. Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 739; Kilgus WM 2001, 1324; Kleidt/ Schiereck BKR 2004, 18; Lenenbach NZG 2001, 481, 482; Stadler NZI 2003, 579, 581 (für Wandelgenussscheine).

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gezahlt werden, wenn – was ebenfalls vorkommt – sich das Tilgungswahlrecht auf eine Mehrzahl von Basiswerten bezieht; hier hat der Emittent bei einem Kursverlust nur eines von mehreren Basiswerten die Möglichkeit, das Tilgungswahlrecht auszuüben.233 Denkbar – und rechtlich wie wirtschaftlich gleichwertig – ist auch, die Anleihe mit einem deutlichen Abschlag zum Börsenkurs zu begeben (Discount-Zertifikate).234 Im Vergleich zur gewöhnlichen Wandelanleihe ist die Stellung des Gläubigers hier aber (noch) stärker an die des Aktionärs angelehnt,235 so dass noch eher als bei beim gewöhnlichen Wandeloder Optionsanleihegläubiger die entsprechende Anwendung aktionärsschützender Regelungen geboten ist.236 Rozijn hält dementsprechend auch die Bezeichnung als equity note für die Pflichtwandelanleihe für zutreffender.237 Keine Pflichtwandelanleihe stellt es demgegenüber dar, wenn eine Wandlungspflicht nur für den Fall vorgesehen ist, dass das Wandlungsrecht „im Geld“ ist und der Aktienkurs eine bestimmte Höchstgrenze überschreitet. Denn das führt für den Anleihegläubiger nicht zu einem Verlustrisiko, sondern begrenzt lediglich seine Chance aus dem Wandlungsrecht, was allerdings ebenfalls in Form höherer Verzinsung vergütet werden muss und bei der Bewertung des Wandelrechts zu berücksichtigen ist;238 hier kann aber eine (gewöhnliche) Gewinnschuldverschreibung vorliegen (u Rdn 324). Die steuerliche Attraktivität von Pflichtwandelanleihen liegt darin begründet, dass die 92 Anleihe als Fremdkapital klassifiziert wird,239 obwohl das Kapital in bilanzieller Hinsicht bereits als Eigenkapital angesehen wird. Dabei kommt, weil die Anleihe zu wandeln ist, zwar eine Einstellung in die Kapitalrücklage nach § 272 Abs 2 Nr 2 HGB nicht in Betracht, da der Betrag nicht für ein Wandelrecht gezahlt wurde, während andererseits ein Eigenkapitalausweis in § 272 Abs 2 Nr 1 HGB nicht möglich ist, weil der Gläubiger noch kein Gesellschafter ist. Möglich ist aber ein zusätzlicher (§ 265 Abs 5 S 2 HGB) Posten zwischen Eigenkapital und Rückstellungen („zum Erwerb einer Pflichtwandelanleihe geleistete Einlagen);240 auch der Ausweis eines Teilbetrags in der Kapitalrücklage wie bei der gewöhnlichen Wandelanleihe (dazu u Rdn 225) kommt nicht in Betracht, da der Emittent keinen Vorteil aus der Begebung der Anleihe erlangt, sondern einen Nachteil aus ihrer Überverzinslichkeit.241 Die mit der Ausgabe von Pflichtwandelanleihen jedenfalls im Ergebnis verbundene Eigenkapitalstärkung dürfte der Grund sein, warum die Ausgabe von Pflicht- statt gewöhnlichen Wandelanleihen zu einer vergleichsweise höheren Bonität des Emittenten und nach empirischen Untersuchungen zu positiveren Kursreaktionen bei Ankündigung der Emission führen soll,242 was aber von anderer Seite bestritten wird.243 Beim Anleger können Pflichtwandelanleihen freilich dazu führen, dass der anfangs hohe Zins durch eine spätere Wandlungspflicht zu unattraktiven Bedingun-

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237 238 239

Kilgus WM 2001, 1324, 1329. Kilgus WM 2001, 1324, 1329 f. Kleidt/Schiereck BKR 2004, 18, 20 („de facto bereits Aktionäre“); Rozijn ZBB 1998, 77, 84 (Kursrisiken identisch mit denen eines Aktionärs). Ähnlich Habersack FS Nobbe, S 539, 550; Schlitt/Brandi/Schröder/Gemmel/Ernst CFL 2011, 105, 127 f. Rozijn ZBB 1998, 77, 85. Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 739. Häuselmann BB 2003, 1531, 1535; Kleidt/

240 241 242 243

Schiereck BKR 2004, 18 f; Nodoushani ZBB 2011, 143, 144; Schlitt/Brandi/Schröder/ Gemmel/Ernst CFL 2011, 105, 132 (für Hybridanleihen allgemein). Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 740. Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 739 f. Kleidt/Schiereck BKR 2004, 18, 19, 20. Röder FB 2003, 240 mwN (die „Emission von Mandatory Convertibles im Ausland [führt] regelmäßig zu erheblichen Kurseinbrüchen der Aktien der Emittenten“).

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gen wieder aufgezehrt wird; hier erlaubt die Finanzverwaltung – nach anfänglichem Zögern – inzwischen die Verrechnung solcher Verluste.244 c) Vertragsgestaltung bei Zwischenschaltung einer Tochtergesellschaft. Bei Options- 93 anleihen hat sich die Einschaltung einer (ausländischen) Finanzierungstochtergesellschaft eingebürgert.245 Diese Tochtergesellschaft ist immer die Schuldnerin der Anleihe. Bezüglich der Optionsrechte wurden demgegenüber zwei verschiedene Lösungen praktiziert: während früher auch die Optionsrechte von der Tochtergesellschaft ausgestellt und von der Muttergesellschaft lediglich garantiert wurden, werden heute die der Anleihe beigefügten Optionsscheine unmittelbar von der Muttergesellschaft ausgestellt.246 Werden die Optionsrechte unmittelbar von der Muttergesellschaft ausgestellt, so werden sie der Tochtergesellschaft zur Ausstattung deren eigener Anleihe zur Verfügung gestellt. Begeben werden die Scheine erst durch Aushändigung an den ersten Anleihezeichner (vgl u Rdn 133); Rechtsverhältnisse aus dem Optionsschein entstehen allerdings allein im Verhältnis vom Zeichner zur Muttergesellschaft.247 Umstritten ist dabei, was genau die Muttergesellschaft in den ausgestellten Optionsscheinen verspricht, ein Gestaltungsrecht oder ein vorvertragliches (bindendes) Angebot an den Optionsscheininhaber zum Abschluss eines Zeichnungsvertrages (zur begrifflichen Klärung o Rdn 78).248 Bei einer Ausstellung der Optionsscheine durch die Tochtergesellschaft beschränkt sich deren Inhalt auf eine Verpflichtung zur Verschaffung von Aktien der Muttergesellschaft.249 Bei diesem Vorgehen wird kein Optionsrecht gegenüber der Muttergesellschaft begründet; die Muttergesellschaft verpflichtet sich lediglich zur Annahme der Zeichnungsofferte (§ 198 Abs 2 S 1) des die Option ausübenden Optionsscheininhabers. Durch die Ausübung des Optionsrechts wird ein gegen die Tochtergesellschaft gerichteter Verschaffungsanspruch auf Verschaffung von Aktien der Muttergesellschaft zustande gebracht.250 Dieser Verschaffungsanspruch wird von der Muttergesellschaft – neben der Darlehensforderung (dazu u Rdn 414) – garantiert;251 diese Vereinbarung lässt sich als unechter Vertrag zugunsten Dritter ansehen.252 Theoretisch ist auch statt einer Garantie denkbar, dass sich die Muttergesellschaft bloß intern zur Verschaffung der Aktien verpflichtet; eine solche Anleihe wäre zwar kaum platzierbar, wäre aber im Rahmen des § 221 ebenso wie der Fall der Verbindung mit einem garantierten Optionsrecht zu behandeln.253 244

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Häuselmann BB 2003, 1531, 1536; Kilgus WM 2001, 1324, 1326 (wobei sich das von ihm in Bezug genommene BMF-Schreiben zwar zu Hochzins- und Umtausch-, nicht aber zu Pflichtwandelanleihen äußert). Dazu Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 68 ff; Hemmerling Optionsschuldverschreibungen, passim; MK-Habersack 3 § 221 Rdn 42 ff; zum steuerlichen Hintergrund Schlitt/Seiler/ Singhof AG 2003, 254, 263. Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 132 ff; Hüffer 9 § 221 Rdn 71; Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 30; Schumann Optionsanleihen S 92 ff; zum Ganzen auch KK-Lutter 2 § 221 Rdn 168 ff. Martens in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 151, 153;

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252 253

Schumann Optionsanleihen S 105, 112, 119. Dazu Hemmerling Optionsschuldverschreibungen S 44 ff. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 170; Schumann Optionsanleihen S 107 ff, 112 ff, 120; Silcher FS Geßler, S 185, 187. Hemmerling Optionsschuldverschreibungen S 48 ff. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 170; Schumann Optionsanleihen S 108 ff, 112 ff; Silcher FS Geßler, S 185, 187; abw Martens in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 151, 154, der auch hier vom unmittelbaren Zustandekommen eines Zeichnungsvertrages mit der Muttergesellschaft ausgeht. Hemmerling Optionsschuldverschreibungen S 50. MK-Habersack 3 § 221 Rdn 42 ff.

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Das auf die Optionsanleihe bezogene Rechtsverhältnis zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft kann fremd- oder eigennützig ausgestaltet sein. In beiden Fällen ist die Tochtergesellschaft jedoch Emittentin der Anleihe. Während die Tochtergesellschaft beim „fremdnützigen Anleihemodell“ im Rahmen eines Auftrags- oder Geschäftsbesorgungsverhältnisses (§§ 662 ff, 675 BGB) für die Muttergesellschaft tätig wird, verfolgt sie beim „eigennützigen Anleihemodell“ (auch) eigene Interessen.254 Beim fremdnützigen Anleihemodell verpflichtet sich die Muttergesellschaft, die für die Ausstattung der Optionsanleihe erforderlichen Optionsrechte und später die für die Rückzahlung der Anleihe erforderlichen Geldmittel zur Verfügung zu stellen bzw – bei Ausstellung der Optionsscheine durch die Tochtergesellschaft selbst – die Optionsrechte zu garantieren, während die Tochtergesellschaft den gesamten Erlös der Optionsanleihe an die Muttergesellschaft auszukehren hat. Die Tochtergesellschaft handelt mithin hier wie eine Treuhänderin der Muttergesellschaft.255 Demgegenüber wird beim „eigennützigen Anleihemodell“ vereinbart, dass die Toch95 tergesellschaft eine Anleihe begeben soll, die mit Optionsrechten der Mutter oder von dieser garantierten Optionsscheinen der Tochter ausgestattet sein soll. Die Muttergesellschaft verspricht, den (zukünftigen) Optionsscheininhabern das Optionsrecht auf einen Zeichnungsvertrag mit bestimmtem Inhalt einzuräumen, entsprechende Optionsscheine auszustellen und der Tochtergesellschaft zur Ausstattung der Optionsanleihe zu überlassen oder – bei Ausstellung der Optionsscheine durch die Tochtergesellschaft selbst – diese Verpflichtung zu garantieren. In der Regel verpflichtet sich die Muttergesellschaft zusätzlich noch zur Absicherung der Schuldverschreibungsforderung, meist im Wege eines Garantievertrages mit einem Treuhänder zugunsten der Anleihegläubiger.256 Die Tochtergesellschaft muss sich nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung für die Bereitstellung der Optionsrechte oder – bei Ausstellung eigener Optionsscheine – für die Übernahme der Garantie zur Zahlung einer Optionsgebühr verpflichten (dazu ausführlich u Rdn 249), kann aber den Darlehenserlös unmittelbar an andere Konzerngesellschaften auf eigene Rechnung weiterleiten.257 Denkbar ist schließlich auch, dass die Tochtergesellschaft die Anleihe zunächst auf eigene Rechnung aufnimmt, die erhaltenen Mittel dann aber der Mutter in Form eines Darlehens zur Verfügung stellt.258 Das kann aber Schwierigkeiten bei der Verrechnung der Anleiheverbindlichkeit auf die Einlagepflicht iR von § 194 Abs 1 S 2 auslösen (dazu u Rdn 217).

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d) Statistische Angaben. Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Wandel- und Optionsanleihen ist nicht zu unterschätzen. Dabei bestimmt heute die Optionsanleihe über-

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255

Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 70 ff; Martens in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 151, 152 ff (der die Terminologie entwickelt hat); MK-Habersack 3 § 221 Rdn 49; Schumann Optionsanleihen S 102 ff, 110 ff; hinsichtlich der Begrifflichkeiten diese aber offenbar aus Sicht der Mutter betrachtend KK-Lutter 2 § 221 Rdn 178 ff. Bürgers/Körber/Stadler 2 § 221 Rdn 14; Hemmerling Optionsschuldverschreibungen S 41 f; KK-Lutter2 § 221 Rdn 179; Martens in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung

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von Optionsanleihen, S 151, 153; MKHabersack3 § 221 Rdn 50; Schumann Optionsanleihen S 104. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 180 f; Martens in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 151, 153 f; Schlitt/Seiler/ Singhof AG 2003, 254, 263; Schumann Optionsanleihen S 103 ff (zur Stellung des Treuhänders ausführlich S 115 ff). Schumann Optionsanleihen S 103; siehe auch MK-Habersack 3 § 221 Rdn 51. MK-Habersack3 § 221 Rdn 49; Schumann Optionsanleihen S 71 bei Fn 86.

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wiegend den Markt. Nach einem ersten Boom während der zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts wurden Optionsanleihen seit den 1960er Jahren wieder verstärkt emittiert, nachdem sie zwischenzeitlich wegen des mit ihnen verbundenen Geldentwertungsrisikos lange Zeit kaum Verwendung gefunden hatten.259 Begünstigt wurde diese Entwicklung durch die steuerlich motivierte Zwischenschaltung ausländischer Finanzierungstochtergesellschaften (zuvor Rdn 93 ff).260 Bisheriges Rekordjahr war das Jahr 1986 mit 19 Optionsanleihe-Emissionen bei einem Emissionsvolumen von ca. 6.500 Mio DM. Der zahlenmäßige Erfolg des Anleihetyps am Kapitalmarkt findet seine Entsprechung in positiven Kursreaktionen auf die Ankündigung der Emission einer Optionsanleihe.261 Im Durchschnitt sind seit Beginn der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts jährlich etwa acht bis zehn Optionsanleihe-Emissionen mit einem Gesamtemissionsvolumen von ca. 2.500 Mio DM zu verzeichnen gewesen.262 Befanden sich Anfang der neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts noch etwa 70 Optionsanleihen deutscher Unternehmen und deren ausländischer Finanzierungstöchter auf dem Anleihemarkt,263 so ist deren Zahl heute auf 12 gesunken. Wandelanleihen erlebten zunächst nach dem Ersten Weltkrieg eine Blüte, die dann 97 auch zur Kodifikation der Vorgängerregelung von § 221 führte.264 Nachdem es dann von 1929 bis 1951 keine einzige Emission gab, führte in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts zunächst das hohe Zinsniveau für isolierte Anleihen einerseits und das Sachwertdenken andererseits, später dann – nach zunächst gesunkenen Aktienkursen – die Hoffnung auf eine langfristig bessere Entwicklung der Aktienkurse wieder zu einer verstärkten Emission von Wandelanleihen.265 In der Folge verlor die Wandelanleihe dann aber kontinuierlich zugunsten der Optionsanleihe an Bedeutung, weil sich die Sorge vor einem erneuten Geldwertverfall legte:266 So lag das Emissionsvolumen in Deutschland lange Zeit nur noch bei durchschnittlich allenfalls knapp über 100.000 DM, und zwischen 1989 und 1991 fand gar keine Emission mehr statt.267 Im Jahr 2002 standen in ganz Europa Emissionen in einem Volumen von 22,3 Mrd Euro Tilgungen im Umfang von 18,9 Mrd Euro gegenüber, während allein im 2. Quartal 2003 in den Vereinigten Staaten 115 Emissionen mit einem Volumen von umgerechnet 41 Mrd Euro zu verzeich-

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260 261

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KK-Lutter 2 § 221 Rdn 14 f, 20 (auf der Grundlage von Angaben im Statistischen Jahrbuch); Lutter/Drygala FS Claussen, S 261; MK-Habersack3 § 221 Rdn 12. – Einen Überblick über die seit 1967 ausgegebenen Optionsanleihen samt ihrer Bedingungen geben Schlede/Kley, in: Busse von Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 37 ff, und Schumann Optionsanleihen S 305 ff; weitere Übersichten in Commerzbank, Rund um die Börse 1987, S 124–139; Bornemann/Linnhoff, Die seit der Währungsreform begebenen Industrie-Anleihen (Berlin 1958), Tabellenanhang ab S 123. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 16. Gebhardt/Entrup/Heiden ZBB 1994, 308, 327 unter Verweis auf Gebhardt/Entrup Kapitalmarktreaktionen auf die Ausgabe von Optionsanleihen, in: Bühler/Hax/

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Schmidt (Hrsg), Empirische Kapitalmarktforschung, zfbf-Sonderheft 31/93, S 1–33 insbes S 17–20. Schumann Optionsanleihen S 12 (grafische Übersicht S 14). – Angaben zur Emissionstätigkeit in der Schweiz für die Jahre von 1989 bis 1993 bei Köndgen/Daeniker ZGRSonderheft 16, S 265, 266 f; Überblick über jüngere europäische Emissionen bei Kleidt/ Schiereck BKR 2004, 18. Schumann Optionsanleihen S 1. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 8. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 8. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 8 aE. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 11 (auf der Grundlage von Angaben im Statistischen Jahrbuch); Lutter/Drygala FS Claussen, S 261; MK-Habersack 3 § 221 Rdn 9; siehe auch gb. FAZ v 11.8.2011, Nr 185, S 17.

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nen waren.268 Auch die einige Zeit praktizierte Ausgabe von Wandelanleihen zwecks Begebung von stock options hat aufgrund deren ausdrücklicher gesetzlicher Zulassung durch das KonTraG (dazu u Rdn 145) heute keine praktische Bedeutung mehr.269 Erst durch die zunehmende Verbreitung von Pflichtwandelanleihen, auch als Reaktion auf die Finanzkrise (o Rdn 90 ff), scheint sich dieser Trend umzukehren.270 So wurde für das Jahr 2009 eine „erhebliche“ Bedeutung der Unternehmensfinanzierung durch Wandelund Optionsanleihen vermeldet, wobei in Deutschland 21 Neuemissionen mit einem Volumen von 4 Mrd US$ zu verzeichnen waren; die dabei erlösten Mittel sollen nach Angaben der Emittenten zu 47 % für Refinanzierungszwecke, im gleichen Umfang für die operative Unternehmensfinanzierung und zu 6 % zur Finanzierung von Unternehmenstransaktionen genutzt worden sein.271 Sowohl in den romanischen und asiatischen Ländern wie insbesondere in den Vereinigten Staaten sind Wandelanleihen demgegenüber deutlich verbreiteter: So soll vom Gesamtvolumen der weltweit kursierenden Wandelanleihen von 420 Mrd Euro etwa die Hälfte auf US-amerikanische Emittenten entfallen.272 Die Emission von Wandelschuldverschreibungen hat in den vergangenen Jahren wie98 der an Bedeutung gewonnen.273 Derzeit befinden sich etwa 41 Wandelanleihen deutscher Unternehmen auf dem Anleihemarkt. In der Finanzkrise haben Wandelanleihen weniger stark an Wert verloren als Aktien und verzeichnen zur Zeit eine Rendite, die kaum unter derjenigen gewöhnlicher Industrieanleihen liegt; das mit den Wandelanleihen verbundene Wandelrecht ist daher derzeit fast kostenlos geworden.274 Seit Inkrafttreten des TransPuG ist auch bei Wandel- und Optionsanleihen eine zunehmende Zahl von Bezugsrechtsemissionen zu verzeichnen.275

II. Emissionsvoraussetzungen im Innenverhältnis 1. Vorstandsentscheidung

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Die Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen fällt als Maßnahme der Geschäftsführung grundsätzlich in die Zuständigkeit des Vorstands. Diese in § 76 niedergelegte Regel wird im Hinblick auf die möglichen künftigen Eingriffe in die Beteiligungsstruktur durch § 221 insoweit modifiziert, als der Vorstand der Zustimmung von Hauptversammlung und Aufsichtsrat bedarf. Die Vertretungsmacht des Vorstands wird durch § 221 allerdings nicht eingeschränkt, so dass der Vorstand eine Wandel- oder Optionsanleihe auch ohne Zustimmung von Hauptversammlung und Aufsichtsrat wirksam begeben kann (dazu im Einzelnen sogleich Rdn 100, 103). Diese Grundsätze gelten auch für die Ausgabe von isolierten Bezugsrechten an Arbeitnehmer oder Mitglieder der Geschäftsführung nach § 192 Abs 2 Nr 3; im Unterschied zu § 221 ist dort aber die im Innenverhältnis zu treffende Entscheidung der Hauptversammlung zwingend an die Entscheidung 268

269 270

271

mtr. FAZ v 9.9.2003, Nr 209, S 30 (dort auch zu den ersten Anzeichen einer deutlich steigenden Tendenz ab 2003). MK-Habersack3 § 221 Rdn 9. Kleidt/Schiereck BKR 2004, 18 (mit Angaben zu europäischen Emissionen); MK-Habersack3 § 221 Rdn 9 mwN. Angaben nach Seibt CFL 2010, 165 (mit Tabelle S 166); zur Nutzung von Wandelanleihen für Unternehmemsakquisitionen auch Schnorbus/Trapp ZGR 2010, 1023, 1025.

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Siehe die Angaben bei gb. FAZ v 11.8.2011, Nr 185, S 17. Vgl dazu Deutsche Bank The Issuer’s Guide to Convertible Bonds, 2010, S 5 f; vgl auch Seibt CFL 2010, 165, 166 mit einer Übersicht über die einzelnen Emissionen der Jahre 2009/2010. ala., FAZ v 19.10.2011, Nr 243 S 17. Drinhausen/Hamann FB 2005, 628, 628.

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über die Absicherung der einzuräumenden Rechte durch bedingtes Kapital gekoppelt (näher o § 192 Rdn 33).276 2. Hauptversammlungsbeschluss (Abs 1 S 1) Die nach § 119 Abs 1 Nr 6 und § 221 Abs 1 S 1 erforderliche Zustimmung der 100 Hauptversammlung ist in Kenntnis der Grundzüge der auszugebenden Anleihe zu erteilen (zur Ermächtigung u Rdn 107 ff). Sie ist lediglich im Innenverhältnis erforderlich und bewirkt daher nur eine Einschränkung der Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands. Die Vertretungsmacht des Vorstandes bleibt mithin unberührt. Daher berühren auch etwaige Beschlussmängel nicht die Wirksamkeit einer Emission.277 Dies kann inzwischen als gesichert gelten. Durch die Neufassung des Gesetzes („darf nur auf Grund“) gegenüber der Vorgängervorschrift („ist nur zulässig“) wird dies noch betont.278 Gesicherte Umtausch- oder Bezugsrechte können wegen § 187 Abs 2 aber erst durch ein bedingtes oder genehmigtes Kapital geschaffen werden, für das es, da Grundlagengeschäft, zwingend eines besonderen Hauptversammlungsbeschlusses bedarf. In den Anleihebedingungen ist das Rechtsverhältnis aus der Anleihe näher auszuge- 101 stalten.279 Die Hauptversammlung kann die Anleihebedingungen aber auch (teilweise) selbst festlegen.280 In jedem Fall muss der Beschluss den Gesamtnennbetrag,281 die vorgesehene Laufzeit der Anleihe und den Optionspreis für die Ausübung des Optionsrechts bzw dessen Berechnungsmodus angeben.282 Zusätzliche Angaben sind erforderlich, wenn auch zu einem Ausschluss des Bezugsrechts ermächtigt werden soll.283 Festzulegen ist schließlich das Verhältnis von Anleihenennbetrag zur Zahl der optierbaren Aktien, das Optionsrechtsverhältnis284 (coverage). Es ergibt sich aus dem Verhältnis von Nennwert der Schuldverschreibung, geringstem Ausgabebetrag der Aktie und Zahl der Optionsscheine.285 Der Begriff des Optionsrechtsverhältnisses ist dabei dem Begriff des Options276

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Abw zum KonTraG-RefE (für Notwendigkeit eines gesonderten Beschlusses nach § 221) Fuchs DB 1997, 661, 667. Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 40 ff; Habersack FS Nobbe, S 539, 540; Hüffer 9 § 221 Rdn 19, 52; ders ZHR 161 (1997), 214, 224 f; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 114; MK-Habersack 3 § 221 Rdn 150, 200. Ebenso Georgakopoulos ZHR 120 (1957), 84, 143 f; Hüffer 9 § 221 Rdn 9; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 114; Schilling Voraufl § 221 Anm 16 Abs 1 sowie 2. Aufl § 174 AktG 1937 Anm 16 mwN; Schumann Optionsanleihen S 172 f Fn 14, S 218 ff. Hüffer 9 § 221 Rdn 11; MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 5 (mit Beispielen); ausf Schumann Optionsanleihen S 51 ff; Seibt CFL 2010, 165, 172 ff (mit Checkliste).

280 281 282

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Hüffer 9 § 221 Rdn 11, 12; MK-Habersack3 § 221 Rdn 141. Ebenso Hüffer ZHR 161 (1997), 214, 225; MK-Habersack3 § 221 Rdn 139, 155. Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 11; enger (keine Festlegung der Umtausch- und Bezugskonditionen durch die Hauptversammlung) Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 129; Hüffer 9 § 221 Rdn 10 f; MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 10; offen lassend Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 255. Dazu Frey/Hirte ZIP 1991, 697, 702 f; in diese Richtung auch Hüffer 9 § 221 Rdn 11. MK-Habersack 3 § 221 Rdn 140; für bloße Berechtigung Hüffer 9 § 221 Rdn 11; zum Begriff Schumann Optionsanleihen S 56.

Nennwert der Teilschuldverschreibung Optionsrechtsverhältnis = –––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––– geringster Ausgabebetrag × Anzahl optierbarer Aktien.

Dazu Kjer Optionsanleihen S 256 ff; Linnhoff Optionsanleihen S 60; Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 19; Schumann Optionsanleihen S 55 f; Weger Optionsscheine S 14.

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verhältnisses vorzuziehen; denn darunter versteht man die Zahl der optierbaren Aktien pro Optionsschein, also die Stückelung des Optionsrechts.286 Bei einer 100 %-igen „Deckung“ bestimmt sich die Zahl der Optionsrechte je € 1.000,– Teilschuldverschreibung durch Division durch den Optionspreis. Dadurch entsprechen sich Anleihe und zukünftig durch Optionsrechtsausübung zufließendes Eigenkapital umfangmäßig in etwa.287 Bei einer höheren coverage kann demgegenüber der Verwässerungs- und Spekulationseffekt bezüglich der alten Aktien steigen, während bei einer geringeren Deckung der zur Aufrechterhaltung der Beteiligungsquote zu zeichnende Anleihenennbetrag steigt. Über diese Angaben hinaus enthalten die Anleihebedingungen typischerweise eine 102 Klarstellung, ob es sich um eine Inhaber- oder Orderschuldverschreibung handelt, Angaben zur Verzinsung und Fälligkeit des Kapitals sowie zu Kündigungsrechten und schließlich zur weiteren Ausgestaltung des Umtausch- oder Bezugsrechts (bei Wandelanleihen unter Hinweis auf uU wegen § 199 Abs 2 erforderliche Zuzahlungen); hierzu können auch „Change-of-Control-Klauseln“ gehören.288 Vor allem mit Blick auf die Unsicherheiten bei der wirksamen Schaffung eines bedingten Kapitals vor Inkrafttreten des ARUG (dazu o Rdn 6) enthielten die Bedingungen auch die Option für die Gesellschaft, im Falle einer Wandlung notfalls auch Bargeld leisten zu dürfen; mit Blick auf das Risiko, dass das bei Ausgabe der Anleihe erzielte Aufgeld sonst nicht als Eigenkapital anzuerkennen sein könnte, sollten solche – auch heute für den äußersten Notfall noch gebräuchliche – Bedingungen allerdings auf den Fall beschränkt sein, dass eine Lieferung effektiver Stücke aus rechtlichen Gründen nicht in Betracht kommt.289 Festzulegen ist in den Bedingungen auch, ob sich das Wandel- oder Optionsrecht auf Stamm- oder Vorzugsaktien richtet.290 Technische Regelungen zu Zins- und Legitimationsscheinen, zu deren und der Anleihe Handelbarkeit (Börsennotierung) ebenso wie zur Art und Weise von Bekanntmachungen der Gesellschaft in Bezug auf die Anleihen werden ebenfalls regelmäßig aufgenommen.291 Üblich sind auch Bestimmungen zum Verwässerungsschutz, zum Beginn der Dividendenberechtigung der zu beziehenden Aktien und zum Gerichtsstand für eventuelle Streitigkeiten. Zur Festlegung dieser Einzelheiten wird der Vorstand idR ausdrücklich ermächtigt; erforderlich ist dies freilich nicht.292 Mit Blick auf die dadurch gewinnbare Flexibilität wird die Ermächtigung jedoch einer Festlegung in den Anleihebedingungen vorgezogen.293 Die Begebung einer Wandel- oder Optionsanleihe ohne Zustimmung der Hauptver103 sammlung würde angesichts ihrer bloßen Einschränkung des Geschäftsführungsbefugnis des Vorstands zwar eine Pflichtverletzung darstellen, deretwegen Vorstand und gegebenenfalls auch der Aufsichtsrat nach §§ 93, 116 S 1 dem Grunde nach schadenersatzpflichtig wären.294 Da der Vorstand eine gewöhnliche Schuldverschreibung ohne Zustim286 287

288

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Kjer Optionsanleihen S 257 f; Schumann Optionsanleihen S 56. Dazu Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 18; Schumann Optionsanleihen S 56 Fn 23. von Falkenhausen/Klitzing ZIP 2006, 1513 ff; KK-WpÜG/Hirte2 § 33 WpÜG Rdn 169; MK-Habersack3 § 221 Rdn 9; Schlitt/Schäfer CFL 2010, 252, 255. Schlitt/Schäfer CFL 2010, 252, 254 f. Hüffer 9 § 221 Rdn 6, 11; MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 5; zur mangelnden

291 292 293 294

Akzeptanz (stimmrechtsloser) Vorzugsaktien als Gegenstand eines Wandel- oder Optionsrechts Nodoushani ZBB 2011, 143, 144. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 107. Hüffer 9 § 221 Rdn 10; Seibt CFL 2010, 165, 168. Schäfer ZGR-Sonderheft 16, S 62, 68; Schlitt/Schäfer CFL 2010, 252, 253. Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 40 ff; Habersack FS Nobbe, S 539, 540; Heidel/Radlmayr 3 § 221 Rdn 16; Hüffer 9 § 221

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mung der Hauptversammlung hätte ausgeben dürfen, ist ein Schaden der Gesellschaft in erster Linie in der Weise vorstellbar, dass die Wandelgläubiger gegen die Gesellschaft Schadenersatzansprüche wegen der Nichtausübbarkeit ihrer Rechte geltend machen. Umtausch-/Bezugsrechte selbst können wegen § 187 Abs 2 zwar nicht entstehen, der Gesellschaft also insoweit auch keinen Nachteil bringen.295 Zwar sind auch Schadenersatzansprüche wegen Verletzung schuldrechtlicher Bezugszusicherungen grundsätzlich durch § 187 ausgeschlossen; für die Möglichkeit einer Entstehung von Schadenersatzansprüchen wegen der Nichtgewährung der Umtausch-/Bezugsrechte wird man jedoch § 221 Abs 1 als lex specialis ansehen müssen. Denn sonst würde die gerade nicht im Außenverhältnis beschränkte Vertretungsmacht des Vorstandes faktisch doch eingeschränkt (vgl auch Rdn 151, 171). Ein Schaden wegen einer nicht marktkonformen Ausgestaltung der Anleihekomponente dürfte der Gesellschaft demgegenüber kaum entstehen können, weil eine Wandel- oder Optionsanleihe typischerweise mit Blick auf die Beifügung des Wandel- oder Optionsrechts schlechter als gewöhnliche Anleihen verzinst wird (o Rdn 88). Die Nachholung eines fehlenden Hauptversammlungsbeschlusses ist allerdings möglich. Denn es wäre sinnwidrig, bei einem bloß verfahrensmäßigen Mangel eine Heilung zu verbieten, wie auch die Möglichkeit der Nachholung fehlender Sonderbeschlüsse während des Schwebezeitraums zeigt 296 (dazu § 138 Rdn 8, § 179 Rdn 152 f). Die Hauptversammlungspflichtigkeit basiert darauf, dass durch die Ausgabe von 104 Wandel- oder Optionsanleihen die Beteiligungsstruktur durch Ausübung von Umtausch-/ Bezugsrechten (potentiell) berührt ist (o Rdn 10). Daher ist die Verknüpfung einer Schuldverschreibung mit Optionsrechten auf Genussscheine nicht durch analoge Anwendung von Absatz 1, sondern von Absatz 3 zu lösen (dazu u Rdn 378). Der Beschluss unterliegt der Publizitätspflicht nach Abs 2 S 2 (vgl Rdn 118). 105 3. Verpflichtung des Vorstands zur Ausgabe Eine beschlossene Emission verpflichtet den Vorstand zur Durchführung der Emis- 106 sion, wenn die Entscheidung auf seine Initiative herbeigeführt wurde.297 Dies folgt allerdings nicht aus § 83 Abs 2, da die Ausgabe der Wandel- oder Optionsanleihe nicht zur „Zuständigkeit“ der Hauptversammlung gehört, sondern die Hauptversammlung hier nur zur Mitwirkung an einer Geschäftsführungsmaßnahme berufen ist;298 diese Mitwirkung ist andererseits aber, wie sich aus § 119 Abs 1 Nr 6 ergibt, zwingend.299 Entscheidend ist aber der systematische Zusammenhang mit den Kapitalerhöhungsvorschriften (zu denen § 221 aufgrund seiner Stellung gehört), insbesondere mit dem genehmigten

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Rdn 52; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 114; MK-Habersack3 § 221 Rdn 141, 151. Abw wohl Schumann Optionsanleihen S 218. Anders Hüffer 9 § 221 Rdn 52; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 115; Schäfer ZGR-Sonderheft 16, S 62, 73, die darin einen nach § 93 Abs 4 S 3 unzulässigen Verzicht auf Ersatzansprüche sehen. Ob mit der Nachholung des Beschlusses ein Schadenersatzanspruch überhaupt wegfällt, ist eine ganz andere Frage (verneinend: MK-Habersack3 § 221 Rdn 151). Wie hier Schilling Voraufl § 221 Anm 17

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Abs 1; wohl auch Georgakopoulos ZHR 120 (1957), 84, 146; Heidel/Radlmayr 3 § 221 Rdn 15; Hüffer 9 § 221 Rdn 9, 47; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 39; Schlitt/Seiler/ Singhof AG 2003, 254, 255; abw Godin/ Wilhelmi § 221 Anm 6; MK-Habersack3 § 221 Rdn 133 ff (nur grundsätzliche Bindung bei Entscheidung auf Initiative des Vorstands). Insoweit zutreffend Hüffer 9 § 221 Rdn 9; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 39. Hüffer 9 § 221 Rdn 9; MK-Habersack3 § 221 Rdn 134.

Heribert Hirte

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Fünfter Unterabschnitt

Kapital. Danach ist es unzulässig, dem Vorstand eine zeitlich unbeschränkte Ermächtigung zur Schaffung neuer Mitgliedschaftsrechte zu erteilen. Dies muss auch für die Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen gelten, da mit ihnen mittelbar neue Mitgliedsstellen geschaffen werden. Besonders deutlich geworden ist dieser – früher nicht ganz klare – Zusammenhang durch die Einfügung des neuen Abs 2 aufgrund von Art 25 Abs 4 Zweite (Kapitalschutz)Richtlinie der EG, der für die Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen auf die Verfahrens- und Publizitätsvorschriften Bezug nimmt, die auch für (andere) Kapitalerhöhungen gelten.300 Davon umfasst ist die strikte Trennung zwischen dem unmittelbar auszuführenden normalen Hauptversammlungsbeschluss und der – als solcher gekennzeichneten301 – bloßen Ermächtigung. Ein ohne besondere Zusätze gefasster Hauptversammlungsbeschluss verpflichtet den Vorstand daher zur Emission der Anleihe innerhalb angemessener Zeit. Das ist selbstverständlich dann anders, wenn sich zwischen der Beschlussfassung und der Ausführung die Verhältnisse wesentlich ändern (arg § 313 BGB).302 Als angemessen wird dabei ein Zeitraum von etwa drei Monaten in Anlehnung an die Frist zur Durchführung von Kapitalerhöhungen (o § 182 Rdn 57) angesehen werden können.303 4. Ermächtigungsbeschluss (Abs 2 S 1)

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Der Vorstand kann allerdings zur Ausgabe der Wandel- oder Optionsanleihen auch bloß – wie beim genehmigten Kapital – ermächtigt werden; Abs 2 S 1. Eine Ermächtigung berechtigt den Vorstand zur Ausgabe der Anleihen, verpflichtet ihn aber nicht.304 Dies war auch früher schon für möglich gehalten worden.305 Abs 2 gleicht unter Umsetzung von Art 25 Abs 4 der Zweiten (Kapitalschutz)Richtlinie der EG die Vorschriften über die Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen den (Eigen-) Kapitalerhöhungsvorschriften an,306 obwohl es hier zunächst nur um die Hereinnahme von Fremdkapital geht. Er schafft daher eine Art „genehmigtes Fremdkapital“. In diesem Fall steht die Ausgabe der Papiere im pflichtgemäßen Ermessen des Vorstands (zur parallelen Frage bei der genehmigten Kapitalerhöhung o § 203 Rdn 165 f).307 Die Grenzen der Ermächtigung sind an das genehmigte Kapital angelehnt. Sie darf – 108 entsprechend § 202 – nur für fünf Jahre erteilt werden, kann aber verlängert werden. Dies ergibt sich mittelbar aus Art 25 Abs 2 S 3 Zweite (Kapitalschutz)Richtlinie der EG. Die Frist ist wie bei § 202 Abs 1 und 2 im Beschluss ausdrücklich zu bestimmen (dazu o § 202 Rdn 143; dort Rdn 145 ff auch zu weiteren Einzelheiten der Fristberechnung).308 Die Höchstfrist soll sich nach überwiegender Meinung vom Zeitpunkt der Beschlussfassung der Hauptversammlung an berechnen.309 Das kann allerdings zu einem Fristlauf führen, der von demjenigen etwa parallel erteilter Ermächtigungen nach § 202 Abs 1 u 2

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Vgl Ganske DB 1978, 2461, 2465; Hüffer NJW 1979, 1065, 1070. Insoweit abw Hüffer 9 § 221 Rdn 9; MK-Habersack3 § 221 Rdn 135 (die im Ergebnis eine Auslegung des Beschlussinhalts für möglich halten). Hüffer 9 § 221 Rdn 9; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 39. Ähnlich MK-Habersack 3 § 221 Rdn 136 („zügig“); enger Hüffer 9 § 221 Rdn 47 (unverzüglich; § 121 Abs 1 S 1 BGB). Heidel/Radlmayr 3 § 221 Rdn 17;

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MK-Habersack3 § 221 Rdn 153; Spindler/ Stilz/Seiler 2 § 221 Rdn 60. Vgl Schilling Voraufl § 221 Anm 17 Abs 1. Vgl Hüffer NJW 1979, 1065, 1070. Hüffer 9 § 221 Rdn 47; MK-Habersack3 § 221 Rdn 153; MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 13. Hüffer 9 § 221 Rdn 13; MK-Habersack3 § 221 Rdn 157. Hüffer 9 § 221 Rdn 13; MK-Habersack3 § 221 Rdn 157.

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abweicht; denn dort ist mit Blick auf den satzungsändernden Charakter der Ermächtigung die Eintragung in das Handelsregister der für die Berechnung der Höchstfrist entscheidende Anknüpfungspunkt ist (o § 202 Rdn 145). Dieser systematische (und praktische) Gesichtspunkt legt es nahe, auch hier den Beginn der Höchstfrist erst von dem Zeitpunkt an zu berechnen, in dem der Beschluss entsprechend dem erst später in das Gesetz eingefügten Abs 2 S 2 beim Handelsregister hinterlegt wurde (dazu im Übrigen näher u Rdn 118); lediglich im Falle pflichtwidriger Verzögerung dieser Hinterlegung wird man anders entscheiden müssen und auf den Zeitpunkt abzustellen haben, in dem die Hinterlegung bei ordnungsgemäßer Handhabung erfolgt wäre. Ist die Frist abgelaufen oder fehlt die Ermächtigung ganz, gilt dasselbe wie bei einer Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen ohne Hauptversammlungsbeschluss (o Rdn 103). Fehlt eine Festlegung der Frist oder überschreitet die festgelegte Frist die zulässige Höchstgrenze, ist der Beschluss nach bislang hM nach § 241 Nr 3 nichtig (ebenso zur Parallelfrage beim genehmigten Kapital o § 202 Rdn 133).310 Dass die Strenge dieser Rechtsfolge heute noch systemkonform ist, darf freilich bezweifelt werden. Ohne konkreten Anlass gefasste „Vorratsbeschlüsse“ für die höchstzulässige Ermächtigungsdauer dürften nach modernem Verständnis wie beim genehmigten Kapital zulässig sein (dazu o § 202 Rdn 135, 192, § 203 Rdn 60).311 Die Ermächtigung muss zudem den maximalen Gesamtnennbetrag, die vorgesehene Laufzeit der Anleihe(n) und den Optionspreis für die Ausübung des Optionsrechts bzw dessen Berechnungsmodus angeben.312 Zusätzliche Angaben sind erforderlich, wenn auch zu einem Ausschluss des Bezugsrechts ermächtigt werden soll.313 Ob die Ermächtigung auch zum Ausschluss des Bezugsrechts erteilt werden kann, 109 war jedoch unklar. Art 29 Abs 6 iVm Abs 5 der Zweiten (Kapitalschutz)Richtlinie gestattet den Mitgliedstaaten zwar, auch den Vorstand zum Ausschluss des Bezugsrechts zu ermächtigen, wie dies in § 203 Abs 2 geschehen ist. Abs 2 geht zwar von seinem Wortlaut her davon aus, dass (nur) die Hauptversammlung selbst über einen Ausschluss des Bezugsrechts entscheiden kann, auch wenn sie den Vorstand zu einer Ausgabe der Wandel- oder Optionsanleihen ermächtigt;314 gleichwohl hält die Rechtsprechung in entsprechender Anwendung von § 203 Abs 2 S 1 auch hier eine Ermächtigung des Vorstands auch zum Ausschluss des Bezugsrechts für möglich.315 Unabhängig davon kann – wie auch sonst beim genehmigten Kapital (o § 203 Rdn 18 ff) – das Bezugsrecht bereits un-

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Hüffer 9 § 221 Rdn 13; MK-Habersack3 § 221 Rdn 158; zT abw KK-Lutter 2 § 221 Rdn 80 (zügige Entscheidung des Vorstands erforderlich). So auch die Praxis; vgl Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 9 ff. Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 11; enger (keine Festlegung der Umtausch- und Bezugskonditionen durch die Hauptversammlung) Hüffer 9 § 221 Rdn 10 f; MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 10; offen lassend Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 255. Dazu Frey/Hirte ZIP 1991, 697, 702 f. Dazu Frey/Hirte ZIP 1991, 697, 704; Hirte WM 1994, 321, 327; Hüffer 9 § 221 Rdn 39.

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BGH ZIP 2006, 368, 369 Tz 6; BGH ZIP 2007, 2122 Tz 3; BGHZ 181, 144 Tz 26 = ZIP 2009, 1566, 1568 ff (Just/Voß) (Arcandor) (im Wesentlichen gleichlautend BGH ZIP 2009, 1624 [Arcandor]); OLG München WM 1991, 539, 543 (PWA); OLG München ZIP 1993, 1471, 1472 = WM 1994, 347 (Bayerische Handelsbank); OLG München ZIP 2006, 1440, 1444; LG Frankfurt/Main WM 1990, 1745 f (AGAB); LG München I WM 1990, 984, 985 (PWA); Groß AG 1991, 201, 202 f; Hüffer 9 § 221 Rdn 39; MK-Habersack3 § 221 Rdn 171, 173; MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 16; krit Hirte WM 1994, 321, 327 (wegen des darin liegenden Verstoßes gegen den europarechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz).

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mittelbar im Ermächtigungsbeschluss ausgeschlossen werden.316 Dies setzt nach inzwischen herrschender Auffassung allerdings nicht mehr voraus, dass bereits in diesem Zeitpunkt die Gründe für den zukünftigen Ausschluss des Bezugsrechts vorliegen und den Aktionären schon zu diesem Zeitpunkt nach § 221 Abs 4 S 2 iVm § 186 Abs 4 S 2 berichtet wird (näher u Rdn 149). Die Ermächtigung kann zur Ausgabe in Tranchen erteilt werden. Dies entspricht der 110 Rechtslage beim genehmigten Kapital und der der Rechtslage in den anderen EG-Rechtsordnungen (dazu o § 202 Rdn 136). Soweit die Ermächtigung Einzelheiten der Anleihebedingungen festlegt, ist der Vorstand daran gebunden (ähnlich § 204 Abs 1 S 1).317 Entsprechend § 205 Abs 1 muss die Ermächtigung ausdrücklich festlegen, dass eine Wandeloder Optionsanleihe auch gegen Sacheinlagen ausgegeben werden darf.318 Auch der Ermächtigungsbeschluss ist offenzulegen (vgl Rdn 118). Dies ergibt sich 111 zwar nicht ausdrücklich aus § 221 Abs 2 S 2, wohl aber bei EG-Rechts-konformer Auslegung. Denn Art 25 Abs 2 S 1 iVm Abs 1 S 2 Zweite (Kapitalschutz)Richtlinie, die gemäß Abs 4 auch für Wandel- und Optionsanleihen gelten, verlangen eine Offenlegung auch des Ermächtigungsbeschlusses zu einer Kapitalerhöhung.319 5. Mehrheitserfordernisse (Abs 1 S 2 bis 4)

112

a) Normalfall. Für den Beschluss wie für den Ermächtigungsbeschluss gelten im Wesentlichen dieselben Voraussetzungen wie für die ordentliche Kapitalerhöhung (§ 182). Daher bedarf es zunächst immer einer Stimmenmehrheit nach § 133 Abs 1 neben der Kapitalmehrheit (zur Berechnung der Mehrheiten o § 179 Rdn 112 ff). Die Kapitalmehrheit kann satzungsgemäß durch eine andere, auch geringere Kapitalmehrheit ersetzt werden (Abs 1 S 3), während die Satzung sie beim bedingten oder genehmigten Kapital nur durch eine größere Kapitalmehrheit ersetzen kann (§§ 193, 202 Abs 2); das gilt aber nicht im Falle des Bezugsrechtausschlusses oder der Ermächtigung dazu (u Rdn 143). Die Zulässigkeit einer Abänderung der Stimmenmehrheit richtet sich nach § 133 Abs 1 Hs 2 (dazu § 133 Rdn 115 ff).320 Eine die gesetzlichen Mehrheitsanforderungen abändernde Satzungsbestimmung muss in jedem Fall deutlich erkennen lassen, dass auch Beschlüsse nach Abs 1 S 1 erfasst sein sollen; eine abweichende Festlegung nur für die ordentliche Kapitalerhöhung reicht nicht (o § 179 Rdn 118).321 Weitere Erfordernisse, wie zB die Abhaltung mehrerer Hauptversammlungen, dürfen selbstverständlich auch hier aufgestellt werden (Abs 1 S 3; weit Beispiele und Einzelheiten o § 179 Rdn 133 ff). Bei entsprechenden Satzungsbestimmungen muss sich auch hier erkennen lassen, ob diese auch den Beschluss nach Abs 1 S 1 erfassen sollen.322 Wegen des Erfordernisses einer Dreiviertel-Kapitalmehrheit (Abs 1 S 2) kann auch bei 113 nicht börsennotierten Aktiengesellschaften nach § 130 Abs 1 S 3 auf die Beurkundung eines Beschlusses nach Abs 1 nicht verzichtet werden. Dass die Mehrheit auch herabgesetzt werden kann, ist irrelevant.323

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Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 258. MK-Habersack3 § 221 Rdn 160; Schäfer ZGR-Sonderheft 16, S 62, 68 f. Schnorbus/Trapp ZGR 2010, 1023, 1040. MK-Habersack3 § 221 Rdn 159. Hüffer 9 § 221 Rdn 15. Hüffer 9 § 221 Rdn 15; KK-Lutter 2 § 221

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Rdn 40; noch strenger (explizite Erfassung von Abs 1 S 1 erforderlich) MK-Habersack3 § 221 Rdn 144; Witt AG 2000, 345, 351. Hüffer 9 § 221 Rdn 17. MK-Kubis 2 § 130 Rdn 24 aE; iE auch Hüffer 9 § 130 Rdn 2.

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b) Sonderbeschlüsse (Abs 1 S 4). Sind mehrere stimmberechtigte Aktiengattungen vor- 114 handen, so sind nach § 182 Abs 2, auf den Abs 1 S 4 verweist, Sonderbeschlüsse (§ 138) der Aktionäre jeder Gattung mit denselben Stimmen- und Kapitalmehrheiten erforderlich. Einer Zustimmung der Vorzugsaktionäre bedarf es nach § 141 Abs 1 nur, wenn durch die Ausgabe oder Gewährung von Wandel- oder Optionsanleihen der Vorzug beschränkt würde (Einzelheiten o § 182 Rdn 48 ff). Das ist hier dann der Fall, wenn sich das Wandeloder Optionsrecht auf neue Vorzugsaktien richtet.324 c) Wenn die Anleihen unter Wahrung des Bezugsrechts der Aktionäre ausgegeben 115 werden, wird nicht gegen den Willen der Aktionäre (potentiell) in die Beteiligungsstruktur eingegriffen; daher unterliegt der Beschluss insoweit keiner Inhaltskontrolle auf das Vorliegen eines sachlichen Grundes.325 Insbesondere ist unerheblich, ob das Finanzierungsinteresse der Gesellschaft oder das an der Ausgabe von Umtausch- oder Bezugsrechten im Vordergrund steht.326 Die Emission von Wandel- oder Optionsanleihen kann allerdings – auch bei bestehendem Bezugsrecht – gegen das Verhinderungsverbot des § 33 WpÜG verstoßen (u Rdn 275). 6. Zustimmung des Aufsichtsrats oder von Aktionären Die konkrete Entscheidung des Vorstands über die Ausgabe der Wandel- und Op- 116 tionsanleihen bedarf bei der „ordentlichen“ Anleiheemission wie bei der Ausgabe aufgrund einer Ermächtigung nach Abs 2 der Zustimmung des Aufsichtsrats,327 jedenfalls in demselben Umfang wie bei § 204 Abs 1 S 2. § 221 Abs 2 S 2 ist insofern zwar unklar, als er lediglich den Vorsitzenden des Aufsichtsrats anspricht und diesen nur zur Hinterlegung des Beschlusses verpflichtet (dazu näher u Rdn 119). Das erklärte Ziel der Zweiten (Kapitalschutz)Richtlinie der EG war jedoch die Gleichstellung der Ausgabe von Wandelund Optionsanleihen mit den (echten) Eigenkapitalmaßnahmen. Dies spricht dafür, bei einer „genehmigten“ Emission von Schuldverschreibungen auch die Entscheidungszuständigkeiten dem Verfahren bei der genehmigten Kapitalerhöhung anzupassen. Daher kommt auch ein Zustimmungsvorbehalt mit gesellschaftsrechtlicher Wirkung zugunsten eines bestimmten Aktionärs zu einer geplanten Emission nicht in Betracht (o § 182 Rdn 37, § 202 Rdn 81).328 7. Handelsregister und Publizität (Abs 2 S 2 u 3) Der Hauptversammlungsbeschluss enthält keine Satzungsänderung und ist daher im 117 Handelsregister weder eintragungsfähig noch -bedürftig.329 Daher kommt auch keine Heilung etwaiger Beschlussmängel nach § 242 in Betracht.330 Im Übrigen ist der Beschluss nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 241 ff mit der Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage angreifbar;331 § 246a findet freilich keine Anwendung, da es wegen fehlen-

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MK-Habersack3 § 221 Rdn 145. Vgl Hirte Bezugsrechtsausschluß S 138 ff; ders ZIP 1988, 477, 485 f. Hüffer 9 § 221 Rdn 18. AA aber Bürgers/Körber/Stadler 2 § 221 Rdn 31 (aber für die Möglichkeit der Schaffung eines Zustimmungsvorbehalts nach § 111 Abs 4 S 2); MK-Habersack3 § 221 Rdn 152 (der eine Einbindung des Aufsichtsrats aber iR von § 111 Abs 4 S 2 und

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auf der Grundlage eines diese vorsehenden Hauptversammlungsbeschlusses nach Abs 1 oder 2 für möglich hält); Spindler/Stilz/ Seiler 2 § 221 Rdn 60. Bürgers/Körber/Stadler 2 § 221 Rdn 31. Hüffer 9 § 221 Rdn 20; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 38, 43 (zum Ermächtigungsbeschluss) 84 f; MK-Habersack3 § 221 Rdn 146. Hüffer 9 § 221 Rdn 19. Hüffer 9 § 221 Rdn 19.

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der Notwendigkeit und Möglichkeit einer Eintragung des Beschlusses in das Handelsregister dafür an einem Bedürfnis fehlt. Eingetragen wird allerdings das regelmäßig zur Sicherung der Wandel- und Bezugsrechte gleichzeitig beschlossene bedingte Kapital (§ 195). Der Hauptversammlungsbeschluss (nicht: die Verweigerung eines solchen Beschlus118 ses332) über Ausgabe oder Ermächtigung ist jedoch vom Vorstand und Aufsichtsratsvorsitzenden beim Handelsregister zu hinterlegen (Abs 2 S 2); ein Hinweis darauf ist in den Gesellschaftsblättern (§ 25) bekanntzumachen (Abs 2 S 3). Dies ist eine Verschärfung gegenüber dem früheren Recht, nach dem nur nach § 130 Abs 5 die Hauptversammlungsniederschrift zum Handelsregister einzureichen war. Daneben muss auch eine Erklärung über die Ausgabe der Wandel- oder Optionsanleihen beim Handelsregister hinterlegt und in den Gesellschaftsblättern (§ 25) veröffentlicht werden (Abs 2 S 2 u 3). Der europarechtliche Hintergrund der Neuregelung (o Rdn 4) soll nach teilweise vertretener Auffassung dafür sprechen, dass nur der Ermächtigungsbeschluss einer entsprechenden Offenlegungspflicht unterliegt und nur hier die Erklärungspflicht besteht.333 Der insoweit einschlägige Art 25 Abs 4 der Zweiten (Kapitalschutz-)Richtlinie der EG zwingt allerdings nicht nur dazu, die Publizitätsvorgaben des genehmigten Kapitals auch auf Wandel- und Optionsanleihen zu erstrecken, sondern auch diejenigen der ordentlichen Kapitalerhöhung (Art 25 Abs 1 Zweiten [Kapitalschutz-]Richtlinie); beim Zustimmungsbeschluss zur Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen gäbe es aber mangels Eintragung des Beschlusses in das Handelsregister sonst keine den europäischen Vorgaben entsprechende Publizität. Die Pflicht zur Einreichung des Beschlusses ebenso wie diejenige zur Abgabe der Erklärung greifen daher sowohl bei der „genehmigten“ als auch bei der gewöhnlichen Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen.334 Hinzu kommt, dass sonst bei der gewöhnlichen Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen keine Kontrolle möglich wäre, ob diese innerhalb einer angemessenen Frist (o Rdn 106) erfolgt ist. Wegen dieser gegenüber dem früheren Recht höheren Publizitätsanforderungen wird man auch eine Ankündigung nach § 124 Abs 2 S 2 AktG (Bekanntmachung des Wortlauts des Beschlusses) verlangen müssen, obwohl es sich um keine echte Satzungsänderung handelt.335 Die Pflicht zur Hinterlegung des Zustimmungs- oder Ermächtigungsbeschlusses trifft 119 Vorstand und Vorsitzenden des Aufsichtsrats gemeinsam; das entspricht § 184 Abs 1 S 1 bei der ordentlichen Kapitalerhöhung und geht weiter als die Vorgabe des § 181 Abs 1 S 1 für gewöhnliche Satzungsänderungen (nur Vorstand). Der Vorstand muss hier mit einer vertretungsberechtigten Zahl seiner Mitglieder handeln (Einzelheiten o § 184 Rdn 10); da hier anders als nach § 184 Abs 2 keine Erklärungen über rückständige Einlagen zu machen sind, reicht andererseits unechte Gesamtvertretung (§ 78 Abs 3) aus, wenn sie in der Satzung zugelassen ist.336 Zu hinterlegen ist der Beschluss in notarieller Ausfertigung oder in notariell beglaubigter Abschrift.337 Die Erklärung über die tatsächlich erfolgte Ausgabe kann schriftlich (§ 126 BGB) abgegeben werden;338 Textform (§ 126b BGB) reicht nicht. Eine Abgabe durch Bevollmächtigte ist ebenfalls nicht mög-

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Ebenso MK-Habersack3 § 221 Rdn 147. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 84 (für den Beschluss); abw Hüffer 9 § 221 Rdn 20. Ebenso MK-Habersack 3 § 221 Rdn 148. Anders (wesentlicher Inhalt reicht) Hüffer 9 § 221 Rdn 16; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 42; MK-Habersack3 § 221 Rdn 142. Hüffer 9 § 221 Rdn 20; MK-Habersack3

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§ 221 Rdn 146; MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 14. Hüffer 9 § 221 Rdn 20; MK-Habersack3 § 221 Rdn 146. Hüffer 9 § 221 Rdn 20; MK-Habersack3 § 221 Rdn 146; MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 14.

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lich.339 Beide Erklärungen können miteinander verbunden werden.340 Zuständig ist in beiden Fällen das Amtsgericht (Handelsregister) des Satzungssitzes (§ 14 AktG, § 8 Abs 1 HGB).341 Wird das Bezugsrecht auf die Wandel- oder Optionsanleihe ausgeschlossen, gelten die 120 besonderen Publizitätserfordernisse des § 186 Abs 4 zusätzlich (vgl Rdn 149). Schließlich ist der Bestand an ausgegebenen Wandel- oder Optionsanleihen im Anhang des Jahresabschlusses auszuweisen; § 160 Abs 1 Nr 5. 8. Schuldverschreibungen anderer Gesellschaften oder Umtausch-/Bezugsrechte auf Aktien anderer Gesellschaften Die Zustimmung der Hauptversammlung ist auch erforderlich, wenn die Schuldver- 121 schreibung einer anderen Gesellschaft, mit einem Umtausch-/Bezugsrecht auf Aktien der beschließenden Gesellschaft ausgestattet wird (vgl die ausdrückliche gesetzliche Regelung in Frankreich; dazu o Rdn 44). Dies bezieht sich vor allem auf (ausländische) Tochtergesellschaften, die Schuldverschreibungen (bonds) mit (meist) abtrennbaren und selbstständig handelbaren Optionsscheinen (warrants) auf Aktien der (deutschem Recht unterliegenden) Muttergesellschaft ausgeben; internationalprivatrechtlich handelt es sich dabei um eine Substitutionsproblematik.342 Einer Rechtswahl in den Anleihebedingungen ist daher nur die Anleihekomponente zugänglich, nicht aber die Rechtsstellung der Obligationäre hinsichtlich der Beteiligungskomponente.343 Dabei ist es für die Zustimmungspflicht ohne Bedeutung, ob die Muttergesellschaft das Umtausch-/Bezugsrecht unmittelbar gewährt oder ein durch die Tochtergesellschaft versprochenes Recht lediglich garantiert.344 Im Übrigen gelten hier die gesamten Beschlussanforderungen des Abs 1 einschl der Möglichkeit der Ermächtigung entsprechend.345 Gleiches gilt für die Rechtsfolgen einer Verletzung des Zustimmungserfordernisses (o Rdn 103). Nicht erforderlich ist eine ausdrückliche Beschlussfassung über die Einschaltung einer dritten Gesellschaft zur Emission der Anleihe oder gar über deren Auswahl.346 Beim „fremdnützigen Anleihemodell“ (dazu Rdn 94) ist es auch unbedenklich, die 122 Anleihe durch eine nicht 100%-ige Tochtergesellschaft begeben zu lassen (so ausdrücklich auch Art L 228-93 Code de Commerce; dazu o Rdn 44). In diesem Fall ist es sogar denkbar, die Anleihe durch ein nicht verbundenes Unternehmen – etwa eine Bank – oder eine von mehreren Gesellschaften gemeinsam gehaltene (ausländische) Finanzierungs-

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Hüffer 9 § 221 Rdn 20; MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 14. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 86 (zum Ermächtigungsbeschluss); MK-Habersack3 § 221 Rdn 146. Hüffer 9 § 221 Rdn 20. Mankowski AG 1998, 11, 24 f. Köndgen/Daeniker ZGR-Sonderheft 16, S 265, 268 f (zur Schweiz). Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 89 ff, 110 ff, 125 ff; Busch AG 1999, 58; Hemmerling Optionsschuldverschreibungen S 60 ff, 104 ff, 110 ff; Hüffer9 § 221 Rdn 7; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 172 f; Lutter AG 1972, 125, 127 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 47 (zu

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Wandelanleihen Rdn 43); MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 32; Schilling Voraufl § 221 Anm 18 Abs 1; Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 263; Schumann Optionsanleihen S 163; abw Schaub AG 1972, 340, 341 ff; Silcher FS Geßler, S 185, 190 (der davon ausgeht, dass bei der Emission solcher Anleihen weder ein Hauptversammlungsbeschluss der Tochter- noch der Muttergesellschaft erforderlich ist); dazu auch Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 28 f. Bürgers/Körber/Stadler 2 § 221 Rdn 11; Hüffer 9 § 221 Rdn 72. Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 131 f.

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gesellschaft begeben zu lassen (s auch o § 192 Rdn 79).347 Beim „eigennützigen Anleihemodell“ ist dieses Vorgehen jedoch nur unter den strengen Voraussetzungen des § 292 Abs 1 Nr 2 möglich:348 denn durch die teilweise oder gänzliche Drittbeteiligung an der die Anleihe ausgebenden Gesellschaft würden diese Dritten die Vorteile aus der Ausstattung der Anleihe mit Optionsrechten ziehen. Auch bei bestehendem Bezugsrecht flösse daher ein Teil der mitgliedschaftlichen Einlage an Dritte ab, was einer Teilgewinnabführung zugunsten eines außenstehenden Dritten gleichkäme. Zugleich müsste der für die Bedienung der Optionsrechte festgesetzte Ausgabekurs für die jungen Aktien als unangemessen im Sinne von § 255 Abs 2 angesehen werden mit der Folge, dass der zu diesem Zweck notwendige Ausschluss des Bezugsrechts rechtswidrig wäre.349 Umgekehrt bedarf es keiner Zustimmung der Hauptversammlung nach § 221, wenn 123 Schuldverschreibungen mit Umtausch-/Bezugsrechten auf Aktien einer anderen Gesellschaft ausgestattet sind („Umtauschanleihe“; dazu bereits o Rdn 17).350 Dies wird praktisch für eine die Schuldverschreibung ausgebende Tochtergesellschaft von Bedeutung sein, sofern sie deutschem Recht unterliegt.351 Auch ein Bezugsrecht steht den Aktionären der Tochtergesellschaften nicht zu, da nicht die Beteiligungsstruktur „ihrer“ Gesellschaft potentiell beeinträchtigt ist. Dies dürfte vor allem erheblich werden, wenn der Aktionärskreis von Mutter- und Tochtergesellschaft differiert. Anders liegen die Dinge freilich im Umkehrfall, dass eine Muttergesellschaft die 124 Gewährung von Aktien einer von ihr abhängigen Gesellschaft verspricht (zur expliziten Zulässigkeit eines solchen Vorgehens im neuen französischen Recht o Rdn 44352). Ein solches Vorgehen kann von Interesse sein, um die Tochtergesellschaft (bzw Anteile an ihr) zu veräußern.353 Weil die Muttergesellschaft hier einen Umtausch in mittelbar eigene Aktien zusagt, kann sich im Falle der Bedienung aus einem eigenen Bestand der Muttergesellschaft ein Bezugsrecht der Aktionäre der Obergesellschaft ergeben, das ggf auszuschließen ist,354 und im Falle der Gewährung aus neu zu schaffenden Aktien der Tochtergesellschaft eine interne Mitwirkungspflicht der Aktionäre der Obergesellschaft an einem entsprechenden Bezugsrechtsausschluss in der Tochtergesellschaft nach den „Holzmül-

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Für Verzicht auf das Erfordernis eines Konzernverhältnisses der beteiligten Gesellschaften Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 265 ff; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 167; Martens FS Stimpel S 621, 631 („jedenfalls“ bei 100 %-iger Verbindung); MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 31 (Konzernverbindung iSv § 18 reicht); dazu auch Hüffer 9 § 221 Rdn 71. Zu eng daher Loos BB 1988, 369, 375: ein „einfacher Aktionärsentscheid“ nach § 221 reicht gerade nicht. Zutreffend Schumann Optionsanleihen S 126 ff, 146 ff. Ebenso Hüffer 9 § 221 Rdn 70; MK-Habersack3 § 221 Rdn 45; Schumann Optionsanleihen S 94, 163; abw die französische Lösung, wobei dort allerdings jede Ausgabe von Schuldverschreibungen unabhängig von

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der Verbindung mit Wandel- oder Bezugsrechten hauptversammlungspflichtig ist. Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 173 ff; im Ansatz zutr Zitzewitz NZG 1999, 698, 703 (allerdings ohne die erforderliche Einschränkung für den Fall, dass sich das Wandeloder Optionsrecht auf Aktien der Muttergesellschaft richtet). Ebenso schon früher für das italienische Recht Campobasso ZGR-Sonderheft 16, S 127, 148; abw aber früher für das französische Recht Guyon ZGR-Sonderheft 16, S 109, 118. Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 69, 121 f. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 101; abw Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 219 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 46.

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ler“-Grundsätzen.355 Dementsprechend bedarf es hier in jedem Fall auch einer Zustimmung der Hauptversammlung der Muttergesellschaft nach bzw analog § 221;356 in der Tochtergesellschaft selbst bedarf es demgegenüber eines Beschlusses nach § 221 unter den allgemeinen Voraussetzungen.357

III. Emission im Außenverhältnis 1. Verbriefung, Verbindung und Trennung Als Schuldverschreibung bedürfen Wandel- und Optionsanleihen der Verbriefung in 125 einer Urkunde (§ 793 BGB); die Verbriefung ist aber andererseits nicht Voraussetzung für das Eingreifen der Schutzvorschriften des § 221, so dass diese insbesondere auch bei (noch) nicht verbrieften Rechten greifen.358 Bei der Optionsanleihe kann der Optionsschein, der das Bezugsrecht verbrieft, – je nach Anleihebedingungen – als abtrennbare eigene Urkunde ausgestaltet sein und damit selbstständig handelbar und verkehrsfähig sein: er ist dann als eigenständige Schuldverschreibung im Sinne von § 793 BGB anzusehen (zu deren Übertragung u Rdn 127). Anderenfalls kann über ihn nur zusammen mit der Optionsanleihe verfügt werden, er ist bloßes Legitimationspapier.359 Die – bei der Wandelanleihe nicht mögliche360 – Trennung von Optionsschein und Anleihe entsprach sicherlich nicht dem Bild des Gesetzgebers und lag jedenfalls früher wohl kaum der europäischen Regelung zugrunde (o Rdn 28 ff). Deshalb wäre eigentlich einer weiteren Auflösung des Zusammenhangs von Optionsschein und Anleihe mit Vorsicht zu begegnen: Optionsfristen, die – abgesehen von einer Karenzzeit – über die Laufzeit der Anleihe hinausgehen, müssten als unzulässig angesehen werden; kürzere Optionsfristen als die Anleihelaufzeit wären unter diesem Gesichtspunkt hingegen unproblematisch.361 Bedenklich wäre es auch, die Trennung von Anleihe und Optionsrecht schon in den Händen des Einführungskonsortiums zu gestatten.362 Die sowohl auf europäischer (dazu o Rdn 40) wie auf nationaler Ebene inzwischen stärkere Liberalität bei der Kapitalbeschaffung, insbes die Zulässigkeit einer Emission von nackten Optionsrechten (u Rdn 298 ff), durch deren Ausgabe dasselbe Ziel erreicht werden kann, spricht aber – jedenfalls heute – gegen ein solches restriktives Verständnis. Dem folgt auch die Bilanzierungspraxis insoweit, als sie ungeachtet einer tatsächlich erfolgten Abtrennung der Optionsscheine Anleihe und Optionsrechte getrennt bilanziert (dazu u Rdn 240 ff).

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KK-Lutter 2 § 221 Rdn 101; MK-Habersack3 § 221 Rdn 46; allgemein BGHZ 83, 122 (Holzmüller); Hirte Bezugsrechtsausschluß S 229 ff; abw Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 219 ff. Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 176 ff (etwas enger: nur für den Fall einer Kapitalerhöhung in der Tochtergesellschaft). Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 172 (etwas enger: nur bei Ausgabe neuer Anteile). MK-Habersack3 § 221 Rdn 203.

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Hüffer 9 § 221 Rdn 48; Schumann Optionsanleihen S 25 f. Hüffer 9 § 221 Rdn 48; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 108; MK-Habersack3 § 221 Rdn 203. Zur heutigen Praxis Großfeld in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 83, 98 ff; Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 23; Schumann Optionsanleihen S 51 f. Dazu MK-Habersack3 § 221 Rdn 32; Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 25 f.

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Auch über ein (wertmäßiges) Verhältnis zwischen Anleihe und Wandel- bzw Optionsrecht trifft das Aktiengesetz keine klare Aussage. Aus der Gesetzesformulierung („Schuldverschreibungen, bei denen den Gläubigern ein Umtausch- oder Bezugsrecht auf Aktien eingeräumt wird“) lässt sich indes ableiten, dass die Schuldverschreibung jedenfalls nach der Vorstellung des historischen Gesetzgebers als „Hauptsache“, Wandel- oder Optionsrecht hingegen als Zugabe betrachtet wurden. Entsprechend diesem historischen Verständnis müsste das wirtschaftliche Schwergewicht wertmäßig bei der Schuldverschreibung liegen;363 bedenklich wären daher wahrscheinlich Emissionen, bei denen der Wert des Wandel- oder Optionsrechts ein Viertel des Gesamtemissionswerts übersteigt. Freilich gilt auch hier, dass dieses restriktive Verständnis angesichts der anzuerkennenden Zulässigkeit nackter Optionsrechte (u Rdn 298 ff) heute überholt ist. Die Schuldverschreibungen – wie auch ein etwa selbstständiger Bezugsrechts- oder 127 Optionsschein – können als Inhaber-364 oder (ungewöhnlich) Orderschuldverschreibungen365 ausgestaltet sein. Danach richtet sich auch die Übertragung der Rechte: sie erfolgt nach § 929 ff BGB bei Inhaberpapieren, nach §§ 363 ff HGB, Artt 11 ff WG bei Orderpapieren oder nach §§ 398 ff BGB bei nicht als selbstständiger Optionsschein ausgestalteten Bezugsrechten von Optionsanleihen. In allen Fällen ist daneben eine Abtretung nach §§ 398, 413 BGB möglich. Da die Wandel- und Optionsanleihen börsenfähig sind, werden sie jedoch zumeist nach den Vorschriften des Depotgesetzes übertragen werden (dazu näher u Rdn 269). Werden Optionen (oder Optionsanleihen) auf der Grundlage eines Arbeitsverhältnis128 ses eingeräumt, hat ein Betriebserwerber im Rahmen von § 613a BGB die entsprechenden Verpflichtungen des Veräußerers zu übernehmen.366 Allerdings können sie sich nur dann gegen einen Erwerber richten, wenn sie vom Arbeitgeber selbst eingeräumt wurden, nicht aber, wenn sie sich gegen ein drittes, dem Arbeitgeber und Veräußerer lediglich verbundenes Unternehmen richten.367 Gegen den eigenen Arbeitgeber kann aber ein Anspruch auf Verschaffung von Optionen gegen die Konzernmutter oder auf Unterstützung bei der Teilnahme am Programm der Muttergesellschaft bestehen.368

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Ebenso in anderem Zusammenhang Martens AG 1989, 69, 72; Seibert in Pellens (Hrsg), Unternehmenswertorientierte Entlohnungssysteme, S 31, 36 f (Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen eigentlich nur bei bestehendem Fremdkapitalbedarf sinnvoll). Vgl für Genussscheine RG JW 1915, 794; für Optionsscheine KK-Lutter 2 § 221 Rdn 248; Linnhoff Optionsanleihen S 174 f; Schumann Optionsanleihen S 17 f, 51 f. Vgl für Genussscheine KG, KGJ 24 (1902), A 67, A 70; für Optionsscheine KK-Lutter 2 § 221 Rdn 251; Linnhoff Optionsanleihen S 174 f. – Dies diente zeitwiese zur Umgehung der Genehmigungspflicht nach § 795 BGB; vgl Schumann Optionsanleihen S 17 f.

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BAGE 104, 324, 332 ff = ZIP 2003, 682 (e contrario); Müller-Bonanni/Nieroba Konzern 2010, 143, 148; von Steinau-Steinrück NZA 2003, 473, 474; ebenso zuvor Nehls/ Sudmeyer ZIP 2002, 201; abw zuvor Bauer/ Göpfert/von Steinau-Steinrück ZIP 2001, 1129 (mit Hinweisen zur Vertragsgestaltung); zu den Möglichkeiten einer Einräumung von Optionen seitens einer Erwerbergesellschaft ausf Scholz ZIP 2001, 1341. BAGE 104, 324, 332 ff = ZIP 2003, 682; Müller-Bonanni/Nieroba Konzern 2010, 143 f; ebenso zuvor LAG Düssseldorf 3.3.1998 NZA 1999, 981 (für einen ausgeschiedenden Arbeitnehmer: Anspruch nur gegen die Muttergesellschaft). Müller-Bonanni/Nieroba Konzern 2010, 143, 144 f mwN aus der arbeitsgerichtlichen Judikatur.

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2. Inhalt Aus der Urkunde müssen sich die Rechte des Gläubigers ergeben. Sie muss das Ver- 129 sprechen der Gesellschaft enthalten, an den Inhaber eine bestimmte Leistung zu erbringen. Hierbei kommt praktisch allein die Zahlung einer bestimmten Geldsumme zuzüglich Zinsen in Betracht. Möglich ist aber auch die Verpflichtung zu einer Naturalleistung (siehe auch o Rdn 75 Fn 162; vgl im Übrigen § 192 Rdn 61).369 Darüber hinaus muss sie die Verpflichtung der Gesellschaft enthalten, gegen Hingabe der Schuldverschreibung (bei Wandelanleihen) oder bei Ausübung des Bezugsrechts (bei Optionsanleihen) Aktien der Gesellschaft zu verschaffen (zu den verschiedenen Verfahren u Rdn 159 ff). Im Hinblick auf die mögliche Trennung von Optionsschein und Anleihe (o Rdn 125) werden die Anleihe- und die Optionsbedingungen regelmäßig in getrennten Urkunden niedergelegt.370 Die Urkunde kann auch die Einzelheiten der Verzinsung der Schuldverschreibungen 130 (Höhe, Fälligkeit, Rückzahlung, Zahlstellen, Kündigung) und die Bedingungen von Umtausch oder Ausübung des Bezugsrechts regeln (Bezugsverhältnis, Umfang etwaiger Zuzahlungen, frühester Zeitpunkt von Umtausch oder Bezug, Sperrfristen für Umtausch oder Bezug,371 Ausübungsfrist, Annahme- und Optionsstellen, zu beziehende Aktiengattung, gemeinsame Ausübung durch mehrere Berechtigte, Beginn der Dividendenberechtigung bei eingetauschten Aktien).372 Sie kann auch Verpflichtungen der Gesellschaft bezüglich der die Anleihe betreffenden Bekanntmachungen und zur Besicherung oder Nichtbelastung ihres Grundvermögens oder zur Beachtung bestimmter bilanzieller Kennzahlen (covenants) enthalten373 und schließlich die Rechte etwaiger Treuhänder der Anleihegläubiger374 regeln. Schließlich können auch die Einzelheiten des Verwässerungsschutzes aufgenommen werden, obwohl diese bereits ex lege (vgl u Rdn 173 ff) gelten. Sind diese ergänzenden Bedingungen nicht in der Urkunde selbst enthalten, ist auf ihre Veröffentlichung an anderer Stelle (etwa Börseneinführungsprospekt) hinzuweisen. Für die niedergelegten Bedingungen spricht die Vermutung der inhaltlichen Richtigkeit und Vollständigkeit.375 3. Inhaltskontrolle nach dem AGB-Recht Sachlich handelt es sich bei den Anleihebedingungen um Allgemeine Geschäftsbedin- 131 gungen.376 § 310 Abs 4 S 1 BGB (früher § 23 Abs 1 AGBG), der die Geltung des AGB-

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Schumann Optionsanleihen S 17. Hüffer 9 § 221 Rdn 6; dazu auch Großfeld in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 83, 98 ff. Dazu Kjer Optionsanleihen S 266 ff; Linnhoff Optionsanleihen S 193 ff; Schumann Optionsanleihen S 57 ff. Beispiele für die Bedingungen bei Kjer Optionsanleihen S 191 ff; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 104 ff; Linnhoff Optionsanleihen S 173 ff; Schumann Optionsanleihen S 53 ff, 257 ff; sowie Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 22 ff; sowie für Genussrechtsbedingungen auch u Rdn 385. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 106; Schumann Optionsanleihen S 118.

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Dazu Schumann Optionsanleihen S 115 ff, 121 ff. Für Genussscheine RGZ 83, 295, 297; 117, 379, 382; Godin/Wilhelmi § 221 Anm 5. BGHZ 163, 311, 314 = ZIP 2005, 1410, 1411; Begr RegE AGBG, BT-Drucks 7/3919, S 18 (zur Einbeziehung von Anleihebedingungen); Görtz Qualifikation S 111 ff; Heidel/Radlmayr 3 § 221 Rdn 35; Hirte ZIP 1991, 1461, 1464; Hopt FS Steindorff, S 341, 364 = WM 1990, 1733, 1736 f (gekürzt); KK-Lutter 2 § 221 Rdn 91; Lenenbach NZG 2001, 481, 485 ff; Reuter AG 1985, 104; Rozijn ZBB 1998, 77, 91; Ulmer/Brandner/Hensen/Ulmer/Habersack11 § 305 BGB Rdn 14, 19, 70 ff; zweifelnd MK-Habersack 3 § 221 Rdn 255.

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Rechts für Gesellschaftsverträge ausschließt, greift zunächst deshalb nicht ein, da Wandel- und Optionsanleihen in erster Linie (dazu o Rdn 75) Anleihen sind: das Wandelund Optionsrecht ist ein die Anleihe ergänzendes Recht. Vor allem aber verbriefen sie (noch) keine Ansprüche „auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts“, weil das Umtauschbzw Optionsrecht nur einen schuldrechtlichen Anspruch auf Verschaffung einer Mitgliedschaft verbrieft.377 Das AGB-Recht gilt daher grundsätzlich für die Anleihe insgesamt, also auch für das mit ihr verbundene Wandel- und Optionsrecht.378 Dies gilt selbst dann, wenn das Wandel- oder Optionsrecht von der Anleihe getrennt wurde oder ohne Anleihe ausgegeben wurde. Lediglich bezüglich des Kontrollmaßstabs unterscheiden sich Anleihe einerseits und Wandel- und Optionsrecht andererseits. Während Allgemeine Geschäftsbedingungen bezüglich der Anleihe am Darlehensrecht zu messen sind, ist bei Modifikationen des Wandel- oder Optionsrechts gegenüber der gesetzlichen Lage auf das Aktienrecht zurückzugreifen. Weil die Weitergabe an das allgemeine Publikum antizipiert ist, ist auch379 im Falle 132 einer Fremdemission, also einer Emission durch eine oder mehrere Banken, anzunehmen, dass die Anleihebedingungen „für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert“ (§ 305 Abs 1 S 1 BGB) wurden.380 Unzweifelhaft ist auch hier der Emittent der Verwender iSv § 305 Abs 1 BGB.381 Eine Einbeziehung der Anleihebedingungen entsprechend den Vorgaben des § 305 Abs 2 Nr 1 BGB ist in diesem Fall, der Fremdemission, aber schon deshalb nicht erforderlich, weil die Norm nach § 310 Abs 1 S 1 BGB nicht im Verhältnis zur emittierenden Bank als Unternehmerin gilt;382 eine erneute Einbeziehung gegenüber Zweiterwerbern der Schuldverschreibung ist andererseits ebenfalls nicht erforderlich.383 Im Fall der Eigenemission würde für die Einbeziehung der Anleihebedingungen zwar theoretisch § 305 Abs 2 Nr 1 BGB gelten. Darauf wird jedoch im Wege „funktionaler Reduktion“ verzichtet und auf die allgemeinen Bestimmungen der §§ 145 ff BGB zurückgegriffen, weil die Einhaltung der formalen Bestimmungen des AGB-Rechts für einen Zweiterwerber nicht aus der Urkunde erkennbar ist und sonst die Verkehrsfähigkeit der Schuldverschreibung gefährdet wäre.384 Demnach können Anleihebedingungen sogar 377

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Bieder ZHR 174 (2010), 705, 733; Hammen BB 1990, 1917, 1918; Kallrath Inhaltskontrolle S 27; Rozijn ZBB 1998, 77, 91; ähnlich Feddersen/Knauth Eigenkapitalbildung durch Genußscheine 2 S 121. Bürgers/Körber/Stadler 2 § 221 Rdn 32a; abw (für eine analoge Anwendung des § 310 Abs 4 S 1 BGB auf Grund des Regelungsziels der Fungibilität) Sester AcP 209 (2009), 628, 638 ff. Für die Selbstemission muss dies auf jeden Fall gelten: Kallrath Inhaltskontrolle S 43; Rozijn ZBB 1998, 77, 92. Heidel/Radlmayr 3 § 221 Rdn 35; Hüffer 9 § 221 Rdn 29 (zu Genussscheinen); Spindler/Stilz/Seiler 2 § 221 Rdn 168 ff; Ulmer/ Brandner/Hensen/Ulmer/Habersack11 § 305 BGB Rdn 71 f; abw Ekkenga ZHR 160 (1996), 59, 70; Kallrath Inhaltskontrolle S 44 ff, 60 ff, 63 ff (der die Inhaltskontrolle nicht auf das AGB-Recht, sondern auf § 242 BGB stützt).

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Hopt FS Steindorff, S 341, 365 = WM 1990, 1733, 1736 f (gekürzt). BGHZ 163, 311, 316 = ZIP 2005, 1410, 1412 (obiter); OLG Frankfurt/Main WM 1993, 2089; dazu auch MK-Habersack3 § 221 Rdn 255 (hier kann sogar gerade ein Aushandeln stattfinden). Masuch Anleihebedingungen S 156 f. BGHZ 163, 311, 315 ff = ZIP 2005, 1410, 1411 f; Begr RegE AGBG, BT-Drucks 7/3919, S 18 (zur Einbeziehung von Anleihebedingungen, zumindest für den Zweiterwerb [„Veräußerung von Inhaberschuldverschreibungen“]); Friel Wandelanleihen S 222 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 256; Ulmer/Brandner/Hensen/Ulmer/Habersack11 § 305 BGB Rdn 114a; iE auch Hopt FS Steindorff, S 341, 365 f = WM 1990, 1733, 1736 f (gekürzt); zu den sich daraus ergebenden geringeren Anforderungen an die Einbeziehung Masuch Anleihebedingungen S 75 ff.

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durch konkludente Einbeziehung Geltung erlangen. Angesichts der räumlichen Grenzen der Urkunde wird man im Übrigen bezüglich der Einzelheiten einen Verweis auf andere öffentlich zugängliche Dokumente (Gesetze, Börsenzulassungsprospekt) erlauben müssen.385 Den Maßstab für die Inhaltskontrolle der Anleihebedingungen wird man – abgesehen vom Transparenzgebot, bzgl dessen § 3 SchVG in seinem Anwendungsbereich (dazu u Rdn 202) § 307 Abs 1 S 2 BGB hinsichtlich seiner Anforderungen verdrängt 386 – dennoch den §§ 305 ff BGB entnehmen müssen.387 Aus dem Verbot „überraschender Klauseln“ (§ 305c Abs 1 BGB)388 und dem Transparenzgebot des § 3 SchVG folgt etwa, dass die Vereinbarung einer Wandlungspflicht bei unveränderter Bezeichnung der Anleihe als (gewöhnliche) „Wandelanleihe“ problematisch sein kann.389 Bezüglich der Auslegung gilt neben dem Grundsatz der objektiven Auslegung die Unklarheitenregel des § 305c Abs 2 BGB; dabei ist auf den Verständnishorizont des typischen Privatanlegers abzustellen.390 Als Kern des Leistungsversprechens (§ 307 Abs 3 S 1 BGB) sind bei einer Wandel- oder Optionsanleihe allerdings die Bestimmungen über die Höhe der Verzinsung und des Erfüllungsbetrages sowie über das Umtauschverhältnis kontrollfrei;391 das gilt auch bei einer Anleihe mit Wandlungspflicht.392 Ansatzpunkt der Inhaltskontrolle ist vor allem § 307 Abs 2 BGB.393 Dabei ist – etwa bei Änderungsvorbehalten und Anpassungsrechten – vor allem auf § 307 Abs 2 Nr 1 BGB zurückzugreifen, der auch im Verhältnis zu Unternehmern gilt (siehe dazu auch u Rdn 400 [zu Genussscheinen]).394 Als unzulässig sind dabei vor allem Schuldnerersetzungsklauseln, Bekanntmachungsklauseln und

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Dazu Hopt FS Steindorff, S 341, 367 ff = WM 1990, 1733, 1736 f (gekürzt). Drygala WM 2011, 1637, 1640; Horn BKR 2009, 446, 453; MK-Habersack3 § 221 Rdn 255; zum Transparenzgebot des § 3 SchVG ausführlich Sester AcP 209 (2009), 628, 648 ff, allerdings auf Grundlage der Prämisse, dass es neben § 138 BGB die einzige Inhaltskontrolle von Anleihebedingungen beinhalte; für einen Rückgriff auf das allgemeine AGB-rechtliche Transparenzgebot Masuch Anleihebedingungen S 112 ff. Spindler/Stilz/Seiler 2 § 221 Rdn 168 ff. Grundsätzliche Bedenken gegen eine Geltung des AGB-rechtlichen Verbots überraschender Klauseln, weil es auf eine massenweise Begebung von Wertpapieren nicht zugeschnitten sei, bei Masuch Anleihebedingungen S 81 f; MK-Habersack3 § 221 Rdn 257. Drygala WM 2011, 1637, 1640 f; Friel Wandelanleihen S 225 f; Lenenbach NZG 2001, 481, 486 f; Rozijn ZBB 1998, 77, 92 f (mit alternativen Formulierungsempfehlungen), 95 (zum Transparenzgebot); allgemein zur Inhaltskontrolle bei Pflichtwandelanleihen Spindler/Stilz/Seiler 2 § 221 Rdn 175 f; abw (da nur die Gesellschaftssicht ins Auge nehmend) Habersack FS Nobbe, S 539, 550.

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Vgl Hopt FS Steindorff, S 341, 369 = WM 1990, 1733, 1736 f (gekürzt); MK-Habersack3 § 221 Rdn 258. Kallrath Inhaltskontrolle S 70 ff, 76 f; Rozijn ZBB 1998, 77, 93; Ulmer/Brandner/ Hensen/Fuchs11 § 307 BGB Rdn 65; allgemein MK-Habersack3 § 221 Rdn 259. MK-Habersack3 § 221 Rdn 260; Rozijn ZBB 1998, 77, 94; zu den Grenzen für Nebenbestimmungen Drygala WM 2011, 1637, 1640 f. Abw Ekkenga ZHR 160 (1996), 59, 67 (da die Erstverwendung idR gegenüber einem Unternehmer erfolgte). Vgl BGHZ 119, 305, 312 ff = ZIP 1992, 1542, 1544 ff (Klöckner); OLG Düsseldorf ZIP 1991, 1070, 1075 (Klöckner); Feddersen/Knauth Eigenkapitalbildung durch Genußscheine2 S 122 f; Hammen BB 1990, 1917, 1918 (zu Genussscheinen); Hirte ZIP 1991, 1461, 1464; MK-Habersack3 § 221 Rdn 259, 266 ff; enger Hüffer 9 § 221 Rdn 63 (und für Genussrechte Rdn 66: Inhaltskontrolle nur, wenn AGB Anlegerschutz bei Verwässerung in nicht mehr interpretationsfähiger Weise ausschließen); Kallrath: Inhaltskontrolle S 174: Verwässerung bis zu einer niedrigen Grenze ist hinzunehmen.

Heribert Hirte

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Fünfter Unterabschnitt

Einschränkungen des Kündigungsrechts aus wichtigem Grund anzusehen;395 letztere können im Falle vollständigen Ausschlusses sogar – weitergehend – gegen zwingendes Recht verstoßen.396 Unzulässig dürften weiter Klauseln sein, mit denen übermäßig kurze Verjährungsfristen für den Anspruch auf Zinsen oder die Rückzahlung des Kapitals eingeführt werden.397 4. Entstehung

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Die Rechte aus der Schuldverschreibung entstehen – nach allgemeinen wertpapierrechtlichen Grundsätzen398 – durch Abschluss des Begebungsvertrages und Übergabe der Urkunde an den ersten Gläubiger. Das Fehlen eines wirksamen Begebungsvertrages kann gutgläubigen Dritten nicht entgegengehalten werden, wenn die Aktiengesellschaft in zurechenbarer Weise den Rechtsschein eines gültigen Begebungsvertrages gesetzt hat. Die Ausgabe der Schuldverschreibung ist Geschäftsführungsmaßnahme des Vor134 stands; dabei darf (und muss) er die vom Hauptversammlungsbeschluss gelassenen Lücken füllen (arg § 83 Abs 2).399 Andererseits ist seine Geschäftsführungsbefugnis beschränkt: soweit der Beschluss Vorgaben hinsichtlich der Anleihebedingungen enthält, sind sie daher für den Vorstand verbindlich.400 Abschluss des Begebungsvertrages und Unterzeichnung der Urkunden gehören zur Vertretungsmacht des Vorstandes.401 Zur Unterzeichnung reicht eine im Wege mechanischer Vervielfältigung hergestellte Namensunterschrift (§ 793 Abs 2 S 2 BGB); ist der Vorstand, der bei Druck der Urkunden amtierte, bei deren Begebung und (erster) Übergabe nicht mehr im Amt, schadet das nicht.402 In aller Regel werden die Papiere zunächst nach Weisung der Aktiengesellschaft von der Hausbank übernommen, in deren Person die Rechte entstehen. Dies schließt die Zulässigkeit anderer Emissionsformen jedoch nicht aus. Die Übernahme durch eine Bank stellt nach § 221 Abs 4 iVm § 186 Abs 5 keinen Ausschluss des Bezugsrechts dar (mittelbares Bezugsrecht; dazu auch u Rdn 142). Werden bei einer Optionsanleihe die Optionsrechte von der Muttergesellschaft zur 135 Verfügung gestellt, während die Anleihe jedoch von der Tochtergesellschaft emittiert wird, so liegt in der Bereitstellungsvereinbarung über die Optionsrechte zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft der Abschluss eines Begebungsvertrages zugunsten der (zukünftigen) Optionsanleihezeichner. Die für die Begebung der Optionsscheine außerdem erforderliche Verfügung über das Papiereigentum erfolgt direkt von der Muttergesellschaft auf die Optionsanleihezeichner; mangels direkten Kontaktes mit dem Anleihe-

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Zum Ganzen Spindler/Stilz/Seiler 2 § 221 Rdn 172 ff. MK-Habersack3 § 221 Rdn 262; Thomas ZHR 171 (2007), 684, 705 ff. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 223; MK-Habersack3 § 221 Rdn 261. Vgl dazu Baumbach/Hefermehl/Casper Wechselgesetz, Scheckgesetz, Recht der kartengestützten Zahlungen 23 WPR Rdn 31 ff; Brox Handels- und Wertpapierrecht 18 Rdn 664 iVm 507 ff; Hüffer 9 § 221 Rdn 48; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 113; MK-BGB/Habersack5 vor § 793 BGB Rdn 24 ff; Zöllner Wertpapierrecht14

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S 27 ff, 33 ff; speziell zu Wandel- und Optionsanleihen Gallego Sánchez Erwerbsrecht S 51 ff. Hüffer 9 § 221 Rdn 10, 50; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 38; MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 13; Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 255 f. Hüffer 9 § 221 Rdn 10, 50; MK-Habersack3 § 221 Rdn 201. Hüffer 9 § 221 Rdn 48; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 102; MK-Habersack3 § 221 Rdn 203. Hüffer 9 § 221 Rdn 48; Kümpel FS Werner, 1984, S 449, 467 f; MK-Habersack3 § 221 Rdn 203.

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zeichner ermächtigt die Mutter- die Tochtergesellschaft, das Papiereigentum im eigenen Namen auf die Optionsanleihezeichner zu übertragen (§ 185 Abs 1 BGB).403 5. Erwerb eigener Wandel- oder Optionsanleihen durch die Gesellschaft Auf den derivativen Erwerb von Wandel- oder Optionsanleihen durch die Gesellschaft 136 oder ein abhängiges Unternehmen finden die §§ 71 ff entsprechende Anwendung. Zwar führt ein solcher Erwerb nicht zu einer Einlagenrückgewähr, da die Titel nicht Eigen-, sondern Fremdkapital verbriefen. Der Erwerb von Schuldverschreibungen mit Umtausch-/ Bezugsrechten auf Aktien verstößt aber gegen den zweiten gesetzgeberischen Zweck der §§ 71 ff, nämlich der Verwaltung nicht die Möglichkeit zu geben, über die Beteiligungsverhältnisse mittelbar auf die eigene Kontrolle Einfluss zu nehmen. Die Verwaltung kann zwar die Umtausch-/Bezugsrechte aus den Schuldverschreibungen nicht ausüben (dazu Rdn 138), sie kann aber Schuldverschreibungen zu einem ihr genehmen Zeitpunkt zu einem kaum kontrollierbaren Preis an ihr genehme Dritte veräußern, die dann die neuen Aktien übernehmen. Und schließlich können auch dadurch die Beteiligungsverhältnisse im Sinne einer Wahrung des status quo beeinflusst werden, dass die Umtausch- oder Bezugsrechte aus Wandel- oder Optionsanleihen nicht (mehr) ausgeübt werden können. Diese Gefährdungslage entspricht der Situation der §§ 71 ff, so dass eine analoge Anwendung geboten ist.404 Diese Wertung wird auch durch die übernahmerechtlichen Überlegungen bestätigt, nach denen die Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen einer unmittelbaren Kapitalerhöhung als nur beschränkt zulässiges Abwehrinstrument gleichsteht (u Rdn 275). Wandel- und Optionsanleihen können daher nur unter den in den §§ 71 ff näher umschriebenen Voraussetzungen von der Gesellschaft oder einem abhängigen Unternehmen erworben werden, insbesondere nicht zu dem Ziel die Aktionärsstruktur zu beeinflussen (näher o § 71 Rdn 181 ff [auch unter Hinweis auf die Gegenansichten]).405 Auf die dort normierte 10 %-Grenze sind die mit der Schuldverschreibung erwerbbaren Aktien anzurechnen. Für die Wiederveräußerung dennoch erworbener Wandel- oder Optionsanleihen gilt das Gleichbehandlungsgebot des § 71 Abs 1 Nr 8 S 3, unabhängig davon, ob der ursprüngliche Erwerb zulässig war oder nicht.406 Aus eigenen Wandel- oder Optionsanleihen stehen der Gesellschaft entspr § 71b keine 137 Rechte zu, inbes weder ein Zinsanspruch noch ein solcher auf Rückzahlung des Kapitals.407 Das gilt wegen § 56 Abs 1 auch im Falle der Drittemission der Anleihe durch eine Tochtergesellschaft für die Ausübung des Optionsrechts durch die Muttergesellschaft selbst, selbst wenn die Muttergesellschaft der Tochtergesellschaft die Verschaffung der Aktien versprochen haben sollte; eine Zeichnung durch die Tochtergesellschaft mit

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Schumann Optionsanleihen S 105 f; wohl auch Martens in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 151, 153 f. Ebenso Meyer BB 1955, 549, 551; abw Busch AG 1999, 58, 66; (nur Ausübung der Option unzulässig); Hüffer 9 § 221 Rdn 54; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 118; MK-Habersack3 § 221 Rdn 205 (mit entspr abw Schlussfolgerungen Rdn 209); Karsten Schmidt/Lutter/Merkt 2 § 221 Rdn 107; Spindler/Stilz/Seiler 2 § 221 Rdn 135.

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Zur entsprechenden Anwendung von § 71 auf die Ausgabe von calls und puts auf eigene Aktien durch die Gesellschaft Kniehase Derivate auf eigene Aktien, S 201 ff. Vgl OLG Hamm ZIP 1983, 1332, 1334 (Westfalia Lünen; bergrechtliche Gewerkschaft); OLG Oldenburg AG 1994, 415, 416 f (Elsflether Werft); OLG Oldenburg AG 1994, 417, 418 (Elsflether Werft); dazu Hirte Bezugsrechtsausschluß S 32; Timm ZHR 153 (1989), 60, 65. MK-Habersack3 § 221 Rdn 206.

Heribert Hirte

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Fünfter Unterabschnitt

nachfolgender Weitergabe an die Muttergesellschaft wäre demgegenüber nur in den Grenzen von § 71 möglich.408 Bilanziell kommt eine Ausbuchung der Anleiheverbindlichkeit trotz Identität von Schuldner und Gläubiger nicht in Betracht, da und solange die Anleihestücke wieder in den Verkehr gebracht werden könnten.409 Vielmehr ist die Anleihe dann in Abhängigkeit von der Nutzungsabsicht unter den Wertpapieren des Anlageoder des Umlaufvermögens zu aktivieren; das Wandelrecht bleibt demgegenüber unberücksichtigt, da aus ihm keine Wandlung möglich ist (dazu sogleich Rdn 138).410 Im Falle einer Wiederveräußerung von Anleihe oder Optionsrecht fallen die genannten Beschränkungen wieder weg.411 Ein originärer Erwerb von Schuldverschreibungen durch die Gesellschaft selbst 138 kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Gesellschaft nicht mit sich selbst einen Begebungsvertrag schließen kann.412 Ein originärer Erwerb durch abhängige Unternehmen ist aus diesem Grunde allerdings nicht ausgeschlossen; er ist aber bei analoger Anwendung der §§ 56 Abs 2, 71d verboten.413 § 56 betrifft zwar nur die Zeichnung von Aktien und § 71d bezieht sich nur auf den derivativen Erwerb. Wenn aber schon der derivative Erwerb von Wandel- oder Optionsanleihen nur unter den Voraussetzungen der §§ 71 ff zulässig ist (Rdn 136), dann muss dies für den ungleich bedeutsameren Schritt der Zeichnung, einschließlich einer Zeichnung durch abhängige Unternehmen, erst recht gelten.414 Schließlich läge darin zugleich ein Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre, der nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig ist (u Rdn 143 ff). Die Zeichnung junger Aktien durch die Gesellschaft oder ein von ihr abhängiges 139 Unternehmen auf der Grundlage von in ihren Händen befindlichen Wandel- oder Optionsanleihen verstößt unmittelbar gegen § 56 Abs 1 bzw Abs 2415 (zu den Rechtsfolgen von Verstößen o § 56 Rdn 9 ff [zu § 56 Abs 1], Rdn 35 ff, 39 ff [zu § 56 Abs 2: Veräußerung, Einziehung]). Unmittelbar anwendbar sind auch die Regelungen über die „financial assistance“ 140 (§ 71a). Sie greifen aber erst, wenn die Gesellschaft das wirtschaftliche Risiko aus der Aktienzeichnung selbst übernimmt (Einzelheiten o § 71a Rdn 28 ff);416 Unterstützungshandlungen in Bezug auf den Erwerb der Schuldverschreibung (oder eines Genussrechts) sind wegen der fehlenden Relevanz für die Mitgliedschaft oder das Grundkapital nicht erfasst (o § 71a Rdn 43).

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MK-Habersack3 § 221 Rdn 206 (auf der Grundlage seines insges weniger restriktiven Ansatzes). Adler/Düring/Schmaltz 6 § 266 HGB Tz 219; BeckBilKomm-Kozikowski/Schubert 7 § 266 HGB Rdn 219. Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 739. MK-Habersack3 § 221 Rdn 207. Hüffer 9 § 221 Rdn 49; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 117; MK-Habersack3 § 221 Rdn 205. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 117; dazu auch Hüffer 9 § 221 Rdn 49; Karsten Schmidt/ Lutter/Merkt 2 § 221 Rdn 108; Spindler/ Stilz/Seiler 2 § 221 Rdn 138; abw MKHabersack3 § 221 Rdn 208.

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Anders Martens in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 151, 167, der zu Unrecht auf die Parallele zum „normalen Bezugsrecht“ des § 186 verweist: für den Erwerb dieses Bezugsrechts wird kein Kapital aufgebracht; MK-Habersack3 § 221 Rdn 208. Ebenso Busch AG 1999, 58, 66 (freilich zu Unrecht auf §§ 71 ff als Rechtsgrundlage verweisend); Hüffer 9 § 221 Rdn 54; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 119; MK-Habersack3 § 221 Rdn 206, 208 aE; Karsten Schmidt/Lutter/Merkt 2 § 221 Rdn 107; Spindler/Stilz/Seiler 2 § 221 Rdn 135. Busch AG 1999, 58, 66.

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6. Informationsrecht der Anleihegläubiger Das Gesetz sieht ein besonderes Informationsrecht für die Anleihegläubiger nicht vor. 141 Mit Blick auf ihre mögliche künftige Aktionärsstellung wird man ihnen aber – ähnlich der Lage in Frankreich und Belgien417 – in entsprechender Anwendung von § 131 jedenfalls insoweit ein Informationsrecht einzuräumen haben, als gesellschaftsrechtliche Maßnahmen ihre mögliche künftige Stellung als Aktionär betreffen. Das impliziert ein – inhaltliches beschränktes – Teilnahmerecht an und Rederecht in der Hauptversammlung.

IV. Bezugsrecht der Aktionäre (Abs 4) 1. Grundsatz Nach Abs 4 haben die Aktionäre – und nur diese418 – auf Wandel- oder Op- 142 tionsanleihen ein Bezugsrecht.419 Dadurch werden die Aktionäre wie bei unmittelbarer Anwendung des § 186 vor einer – hier nur potentiellen – Verwässerung von Stimmrecht und Wert ihrer Aktien geschützt.420 Auf dieses Bezugsrecht ist § 186 entsprechend anwendbar (Abs 4 S 2). Daher sind der Ausgabebetrag oder die Grundlagen für seine Festlegung421 und die Bezugsfrist nach § 186 Abs 2 S 1 bekanntzumachen (siehe näher § 186 Rdn 94 ff). Was unter dem entsprechend anwendbaren Begriff des „Ausgabebetrages“ im Zusammenhang von Wandel- und Optionsanleihen zu verstehen ist, ist noch nicht endgültig geklärt. Überwiegend und zu Recht wird darunter die Gesamtheit der Anleihekonditionen verstanden, weil nur diese den Aktionären die Entscheidung über die Ausübung des Bezugsrechts gestattet.422 Für die Bekanntmachung der Grundlagen seiner Festlegung muss nicht etwa eine mathematische Formel publiziert werden; ausreichend ist auch hier der Verweis auf ein anerkanntes Preisbildungsverfahren wie das Bookbuilding.423 Es ist allerdings nicht erforderlich, dass schon zu Beginn der zweiwöchigen Frist auch eine Preisspanne bekanntgemacht wird; damit ist auch das „Accelerated Bookbuilding“ möglich.424 Zulässig ist es auch, das Ergebnis eines im Zusammenhang mit einer anderen (bezugsrechtsfrei) emittierten Tranche durchgeführten Bookbuilding-Verfahrens auf die unter Wahrung des Bezugsrechts emittierte Tranche zu übertragen.425 Eine Emission durch ein Kreditinstitut („mittelbares Bezugsrecht“) ist wie bei § 186 nicht als Ausschluss des Bezugsrechts anzusehen; § 186 Abs 5 (näher dazu o § 186 Rdn 193 ff).426 417 418

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Dazu Hirte ZGR-Sonderheft 16, S 1, 22. Zur Frage, ob auch Wandel- oder Optionsanleihegläubigern ein Bezugrecht eingeräumt werden kann, siehe u Rdn 182. Zur Geschichte Georgakopoulos ZHR 120 (1957), 84, 93 f. Hofmeister Bezugsrechtsausschluß S 50 f; Hüffer 9 § 221 Rdn 38; KK-Lutter2 § 221 Rdn 44; MK-Habersack3 § 221 Rdn 162. Diese durch das TransPuG erfolgte Einfügung in den Text des § 186 erfolgte nach Drucklegung der dortigen Kommentierung; zu den Schlussfolgerungen im Zusammenhang von § 221 sogleich u Rdn 144. Drinhausen/Hamann FB 2005, 628, 629; Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 261;

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abw KK-Lutter 2 § 221 Rdn 73 (Angabe des „Ausgabepreises“ reicht). MK-Habersack3 § 221 Rdn 167; Schlitt/ Seiler/Singhof AG 2003, 254, 261; Singhof ZHR 170 (2006), 673, 682; Spindler/Stilz/ Seiler 2 § 221 Rdn 50 f. Drinhausen/Hamann FB 2005, 628, 630 f; Krug BKR 2005, 302, 304; MK-Habersack3 § 221 Rdn 167; zurückhaltend Singhof ZHR 170 (2006), 673, 683. Drinhausen/Hamann FB 2005, 628, 631. Ebenso Georgakopoulos ZHR 120 (1957), 84, 148 f; Hüffer 9 § 221 Rdn 45; MKHabersack3 § 221 Rdn 198. – Zur Praxis des mittelbaren Bezugsrechts Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 25, 31 f.

Heribert Hirte

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Fünfter Unterabschnitt

Der eigentliche Bezugsanspruch entsteht bei Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen nicht erst, wenn die Mitgliedsrechte mit Eintragung des Beschlusses der Hauptversammlung über eine bedingte Kapitalerhöhung (§ 195) zur Verfügung stehen;427 bei bloßer Ermächtigung des Vorstands zur Ausgabe ist aber zusätzlich ein Vorstandsbeschluss erforderlich.428 Aus eigenen Aktien der Gesellschaft steht dieser nach § 71b kein Bezugsrecht zu.429 2. Ausschluss

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Aus der durch Abs 4 S 2 angeordneten Anwendbarkeit von § 186 ergibt sich auch, dass das Bezugsrecht nach Maßgabe von § 186 Abs 3 und 4 durch die Hauptversammlung ganz oder zum Teil ausgeschlossen werden kann (zur über den Gesetzeswortlaut hinaus eingeräumten Möglichkeit eines Ausschlusses auch durch den Vorstand o Rdn 109).430 Die Kapitalmehrheit muss in diesem Fall drei Viertel des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals umfassen und kann satzungsmäßig nur durch eine größere, nicht durch eine geringere Kapitalmehrheit ersetzt werden (§ 186 Abs 3 S 3). Der Ausschluss ist nur möglich, wenn er durch einen sachlichen, im Interesse der Gesellschaft liegenden Grund gerechtfertigt ist,431 da hier – anders als bei der Emission von Genussscheinen (dazu u Rdn 409) – die Beteiligungsstruktur potentiell beeinträchtigt wird.432 Zudem muss entsprechend § 255 Abs 2 der Ausgabekurs der Papiere angemessen sein, was die Gesellschaft insbesondere dazu zwingt, die Papiere mit Blick auf die hinausgeschobene Bezugsmöglichkeit nur gegen eine Optionsprämie auszugeben;433 für die Bestimmung der Angemessenheit ist dabei auf den höheren der beiden relevanten Werte – Börsenkurs bzw „innerer Wert“ – abzustellen (o § 203 Rdn 100).434 Im Ausgangspunkt gelten daher die Erwägungen für die Zulässigkeit des Ausschlusses des Bezugsrechts auf Aktien entsprechend (o § 186 Rdn 134 ff, 154 ff, § 203 Rdn 90 ff).435 Ein sachlicher Grund für einen Ausschluss des Bezugsrechts ist bei der anonymen Zuführung von Kapital indes schwer vorstellbar.436 Zulässig ist es indes, das Bezugsrecht

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MK-Habersack3 § 221 Rdn 166; abw Hüffer 9 § 221 Rdn 38; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 47. Hüffer 9 § 221 Rdn 38; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 110; MK-Habersack3 § 221 Rdn 166. Hüffer 9 § 221 Rdn 38, 49; MK-Habersack3 § 221 Rdn 164, 201. Zum europarechtlich zwingenden Charakter dieser Möglichkeit EuGH Slg I-10139 = EuZW 2009, 552 = NZG 2009, 187 Tz 50 ff (Kommission/Königreich Spanien). OLG München WM 1991, 539, 543 ff (PWA); OLG Schleswig AG 2003, 48, 49; LG München I WM 1990, 984, 985 ff (PWA); LG Bremen WM 1991, 134, 136 (Bankverein Bremen); Heidel/Radlmayr 3 § 221 Rdn 30; Hirte Bezugsrechtsausschluß S 138 ff; ders ZIP 1988, 477, 485 f; ders WM 1994, 321, 323 ff; Hofmeister Bezugsrechtsausschluß S 56; Hüffer 9 § 221 Rdn 42; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 56; MKHabersack3 § 221 Rdn 185; MünchHdb

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AG-Krieger 3 § 63 Rdn 16; Schlitt/Seiler/ Singhof AG 2003, 254, 258; Karsten Schmidt/Lutter/Merkt 2 § 221 Rdn 98 ff; Schumann Optionsanleihen S 191 f; Singhof ZHR 170 (2006), 673, 687; Spindler/Stilz/ Seiler 2 § 221 Rdn 88; Volhard Bezugsrecht S 57 ff. Hirte WM 1994, 321, 323. Kniehase AG 2006, 180, 186; Singhof ZHR 170 (2006), 673, 695; zur Unanwendbarkeit von § 255 Abs 2 iR von § 186 Abs 3 S 4 LG München I AG 2006, 169, 170; Busch AG 1999, 58, 59 f; offen gelassen von OLG München ZIP 2006, 1440, 1444. Ebenso Singhof ZHR 170 (2006), 673, 696, der der Frage allerdings (vor der „Finanzkrise“) nur eine theoretische Bedeutung beimaß. BGH ZIP 2007, 2122, 2123 Tz 3. Weitergehend aber Spindler/Stilz/Seiler 2 § 221 Rdn 88 mit einzelnen Beispielen.

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auszuschließen, um bereits vorhandenen Wandel- oder Optionsanleihegläubigern unter Verwässerungsschutzgesichtspunkten ein Bezugsrecht einzuräumen (dazu u Rdn 184).437 Der Ausschluss des Bezugsrechts auf die hier geregelten Wandel- und Optionsanleihen ist nicht mit dem Ausschluss des Bezugsrechts zu verwechseln, der zur Bedienung der Umtausch-/Bezugsrechte aus solchen Wandel- und Optionsanleihen vorgenommen werden muss.438 Das europäische und mehrere ausländische Rechte gehen wirklichkeitsnah von der Vorstellung aus, dass der Schutz der Gesellschafter vor allem im Zeitpunkt der Anleiheemission zu verwirklichen ist. Eine formgerechte Anleiheemission sollte daher nach europäischen Vorschlägen ex lege den Ausschluss des Bezugsrechts bezüglich der zur Bedienung notwendigen Aktien umfassen (dazu o Rdn 30, 35, 40, 46). Auch die Begebung von Optionsanleihen auf dem Euromarkt oder ihre Einführung an 144 ausländischen Börsen können einen materiellen Ausschluss des Bezugsrechts nicht rechtfertigen.439 Die für dieses Vorgehen angeführten Gründe besserer Konditionen440 oder Erschließung neuer Anlegerschichten441 können nur zum Teil berücksichtigt werden: denn das Platzierungsrisiko kann durch Senkung des Ausgabekurses der Anleihe verringert werden,442 während die Erschließung neuer Aktionärskreise dem Interesse der (Alt-) Aktionäre zuwiderläuft, selbst ihre relative Beteiligung zu erhalten: auch Kleinaktionären ist in ihrer Gesamtheit nicht gleichgültig, wenn neben sie eine Gruppe ausländischer Klein- oder gar Großaktionäre tritt.443 Das früher in diesem Zusammenhang gebrachte Argument, das Kursänderungsrisiko während der Bezugsfrist des § 186 Abs 1 S 2 zwinge zu einem zu hohen Abschlag auf den Ausgabekurs (zu den Folgerungen aus dieser Diskussion o § 203 Rdn 92 ff), ist andererseits durch die durch das TransPuG erfolgte Änderung des § 186 hinfällig geworden.444 Zulässig ist – wie auch bei der Emission von Aktien – ein Bezugsrechtsausschluss zur Schaffung einer Mehrzuteilungsoption („Greenshoe“; siehe im Übrigen o § 203 Rdn 93 f).445 Ein Ausschluss des Bezugsrechts zur Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen an 145 Arbeitnehmer oder Mitglieder der Geschäftsführung der Gesellschaft (stock options) ist nach der gesetzlichen Wertentscheidung des durch das KonTraG neu gefassten § 192 437 438 439 440

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MK-Habersack3 § 221 Rdn 189. Zum Zusammenhang Hirte Bezugsrechtsausschluß S 59 ff. AA aber Spindler/Stilz/Seiler 2 § 221 Rdn 88; Volhard Bezugsrecht S 87 f, 93 f. Busch AG 1999, 58, 59; Klawitter AG 2005, 792, 793 mwN aus den Berichten nach § 186 Abs 4 S 2 in Fn 8. So Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 29; iE ebenso Schumann Optionsanleihen S 206 ff. Vgl Frey/Hirte ZIP 1991, 697, 698; Hirte WM 1994, 321, 322 f: der geringere Gegenwert, der dann zu erzielen wäre, könnte durch einen höheren nominalen Ausgabebetrag ausgeglichen werden (dazu auch o § 203 Rdn 143); abw Schumann Optionsanleihen S 207. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 67 (darauf abstellend, dass für die Einführung von Wandeloder Optionsanleihen an ausländischen

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Börsen im Gegensatz zu Aktien überhaupt kein sinnvoller Grund denkbar sei); abw Schumann Optionsanleihen S 208. Hierzu Hirte in: Hirte (Hrsg), Das Transparenz- und Publizitätsgesetz, 2003, Rdn 1.91 ff; ähnlich MK-Habersack3 § 221 Rdn 189 (früher erwogene „Kompromissverfahren“ dürften sich erledigt haben); zu früheren in dieselbe Richtung zielenden Vorschlägen Frey/Hirte ZIP 1991, 697, 702 ff; Hirte WM 1994, 321, 326; enger Schumann Optionsanleihen S 211: Anweisung an Verkaufsgruppenmitglieder des Emissionskonsortiums zu bevorzugter Bedienung der Aktionäre reicht zur sachlichen Rechtfertigung eines Bezugsrechtsausschlusses; zT abw Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 258; Singhof ZHR 170 (2006), 673, 682. Einzelheiten bei Krug BKR 2005, 302, 308; Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 265 f; Spindler/Stilz/Seiler 2 § 221 Rdn 52.

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Abs 2 Nr 3 jetzt grundsätzlich zulässig (s auch o § 203 Rdn 91, 110; dazu im Übrigen o § 192 Rdn 93 ff; allgemein zur Beteiligung von Mitarbeitern als einen den Bezugsrechtsausschluss tragenden Grund o § 186 Rdn 156).446 Besonderer Begründung – die sich in dem nach Abs 4 S 2 iVm § 186 Abs 4 S 2 zu erstattenden Bericht niederschlagen muss – bedarf hier die Frage, ob das mit dem Ausschluss des Bezugsrechts verbundene Ziel erreicht werden kann und ob der Umfang der unter Ausschluss des Bezugsrechts auszugebenden Papiere nicht zu einer übermäßigen Verwässerung des restlichen Aktienbestandes führt.447 Der durch das UMAG eingeführte besondere Verweis auf § 193 Abs 2 Nr 4 (dazu o Rdn 4) soll sicherstellen, dass der Mindeststandard, den § 193 Abs 2 Nr 4 für die aus bedingtem Kapital ausgegebenen nackten Optionen vorsieht (dazu im Einzelnen o § 193 Rdn 58 ff), auch dann gilt, wenn Wandel- oder Optionsanleihen zu Vergütungszwecken ausgegeben werden (Begr RegE BT-Drucks 15/5092, S 25; zur Parallelfrage im genehmigten Kapital o § 203 Rdn 110).448 Aus dem neuen Verweis des Abs 4 S 2 auf § 193 Abs 2 Nr 4 ergibt sich auch, dass Aufsichtsratsmitglieder als Bezugsberechtigte eines Aktienoptionsprogramms auch dann ausscheiden, wenn die Optionen aus Wandeloder Optionsanleihen resultieren (dazu auch o § 192 Rdn 6).449 Nicht endgültig geklärt ist, ob bzw unter welchen Voraussetzungen auch ein verein146 fachter Bezugsrechtsausschluss (§ 186 Abs 3 S 4; dazu im Übrigen o § 186 Rdn 148 ff, § 203 Rdn 114 ff) zulässig ist. Das ist zunächst insoweit grundsätzlich zu bejahen, als Abs 4 S 2 die sinngemäße Geltung (auch) dieser Norm anordnet.450 Allerdings wird es

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BGH ZIP 2006, 368, 369 Tz 6; LG Frankfurt/Main ZIP 1997, 1030, 1033 = DB 1997, 517, 518 (Deutsche Bank); Hüffer 9 § 221 Rdn 18; MK-Habersack3 § 221 Rdn 188; Weiß WM 1999, 352, 354, 362 f; D Zimmer NJW 1998, 3521, 3530; dazu auch – wenngleich iE offenlassend – OLG Schleswig AG 2003, 48, 49; abw früher LG Braunschweig ZIP 1998, 914, 917 = NZG 1998, 387, 389 f (VW); Karsten Schmidt/Lutter/Merkt 2 § 221 Rdn 99. OLG Braunschweig ZIP 1998, 1585, 1587 ff (VW); OLG Stuttgart ZIP 1998, 1482, 1489 ff (Daimler Benz); OLG Schleswig AG 2003, 48, 49 (Informationsnotwendigkeit hinsichtlich der Einbeziehung von Aufsichtsratsmitgliedern); LG Frankfurt/Main ZIP 1997, 1030, 1033 = DB 1997, 517, 519 (Deutsche Bank) (ic nicht beanstandet); LG Memmingen 2001, 375, 376 (Schneider Rundfunkwerke); LG Stuttgart ZIP 1998, 422, 426 (Daimler Benz); M Heinrich Der weiße Ritter S 135 ff (zu Recht verneinend für stock option lock up); Hüffer 9 § 221 Rdn 41, 42; ders ZGR 161 (1997), 214, 227 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 132; weitergehende Anforderungen bei Baums FS Claussen, S 3, 39 ff; Weiß WM 1999, 352, 354, 362 f. Hüffer 9 § 221 Rdn 46a; abw Jäger DStR

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1999, 28, 34; Weiß WM 1999, 352, 354, 362 f. Begr RegE BT-Drucks 15/5092, S 25; OLG München ZIP 2002, 1150, 1151 f (AAFORTUNA) (jedenfalls keine gegenseitige Einräumung von Optionsrechten durch Vorstand und Aufsichtsrat); Lüpkes, Zulässigkeit und Zweckmäßigkeit aktienkursorientierter Vergütung, S 263 ff, 278 ff, 291 f; MK-Habersack3 § 221 Rdn 132; krit Hüffer 9 § 221 Rdn 46b; krit zur unklaren Formulierung Handelsrechtsausschuss des DAV, NZG 2005, 388, 392; offen gelassen von BGHZ 158, 122 = ZIP 2004, 613, 615 (MobilCom); abw (Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen an Aufsichtsratsmitglieder zulassend) LG München I ZIP 2001, 287, 289 (AAFORTUNA); Claussen WM 1997, 1825, 1829 f (zum KonTraG-RefE); Weiß WM 1999, 352, 354, 362 f; Wiechers DB 2003, 595, 596; L Zimmer DB 1999, 999, 1000 ff. OLG Braunschweig ZIP 1998, 1585, 1587 (VW); OLG München ZIP 2006, 1440 f; LG München I AG 2006, 169; Baums (Hrsg), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Rdn 221; Groß DB 1994, 2431, 2435 (für Emissionen gegen Bareinlagen); Hofmeister Bezugsrechtsausschluß S 81 ff, 85 ff; Hüffer 9 § 221

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bei Wandel- und Optionsanleihen idR an den tatsächlichen Voraussetzungen fehlen, so dass eine Rechtfertigung durch das Preisargument ausscheidet; denn einen (vorher vorhandenen) Börsenkurs für die konkrete Wandel- oder Optionsanleihe, an dem sich der Ausgabepreis orientieren könnte, gibt es hier nicht (zum fehlenden „Markt“ bei den hier in Rede stehenden Titeln auch u Rdn 271).451 Auch der finanzmathematische Wert der Anleihe, auf den teilweise abgestellt wird,452 ist gerade kein dem Börsenkurs vergleichbarer Wert der Anleihe, weil er gerade nicht auf der Grundlage eines „Markttests“ ermittelt wurde.453 Gleiches gilt schließlich für die Überlegung, statt auf den Preis der auszugebenden Wandel- oder Optionsanleihe allein auf den der später auszugebenden Aktien abzustellen, auf die die Finanzierungsinstrumente Bezugsrechte gewähren (also unter vollständiger Ausklammerung der Anleihekomponente; „hypothetischer Marktpreis“);454 denn dadurch ist nicht gesichert, dass die Wandel- und Optionsanleihen – wie es dem gesetzgeberischen Grundgedanken entspricht – zu einem Ausgabebetrag ausgegeben werden, der zu einem nahezu wertlosen Bezugsrechtswert führen würde, zumal für die Ermittlung des korrekten Optionspreises eigentlich auf den erst im Zeitpunkt der Wandlung/Optionsausübung feststehenden Börsenkurs der zu beziehenden Aktien abgestellt werden dürfte.455 Gleich welcher Ansicht man folgt, darf der rechnerische Nenn-

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Rdn 43a; Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 259; Singhof ZHR 170 (2006), 673, 680; Spindler/Stilz/Seiler2 § 221 Rdn 90 ff; Wehrhahn Finanzierungsinstrumente S 190 f; zu Zweifeln im Hinblick auf die spätere Einführung des § 186 Abs 3 S 4, der bei Kodifikation von § 221 Abs 4 noch gar nicht existierte, Klawitter AG 2005, 792, 795; offen lassend (da schon die Berichtsanforderungen nicht erfüllt waren) LG Memmingen 2001, 375, 376 (Schneider Rundfunkwerke). Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks 12/7848, S 9; Harrer/Janssen/Halbig FB 2005, 1, 3; Hofmeister Bezugsrechtsausschluß S 94 ff; Hüffer 9 § 221 Rdn 43a; KK-Lutter 2 Nachtrag § 186 Rdn 39; ders AG 1994, 429, 445; Klawitter AG 2005, 792, 797 ff; Weiß WM 1999, 352, 354; Zeidler NZG 1998, 789, 795; abw OLG Braunschweig ZIP 1998, 1585, 1587 (VW); offen lassend BGH ZIP 2007, 2122, 2123 Tz 3 f; OLG Stuttgart ZIP 1998, 1482, 1488 (Daimler Benz). OLG München ZIP 2006, 1440, 1441; LG München I AG 2006, 169; Busch AG 1999, 58, 60 ff; Holland/Goslar NZG 2006, 892, 894 f; Kniehase AG 2006, 180, 186; Maier-Reimer GS Bosch, S 85, 90 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 190 f; MünchHdb AG-Krieger3 § 63 Rdn 17; Schlitt/ Seiler/Singhof AG 2003, 254, 259 f; Schlitt/ Löschner BKR 2002, 150, 155 (zur Anwendung dieses Maßstabs auch bei Emission

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von naked warrants); Singhof ZHR 170 (2006), 673, 687 ff (dort auch zum Berechnungszeitpunkt [Platzierung] und zur Notwendigkeit teleologischer Reduktion des Anwendungsbereichs auf iSv § 3 Abs 2 börsennotierte Gesellschaften); Spindler/ Stilz/Seiler 2 § 221 Rdn 97 ff. Baums (Hrsg), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Rdn 221; Hofmeister Bezugsrechtsausschluß S 107 ff (auch nicht bei nachträglichem Ausgleich); Hüffer 9 § 221 Rdn 43a; Klawitter AG 2005, 792, 797 f; abw Kniehase AG 2006, 180, 186; zur finanzmathematischen Bewertung von Wandel- und Optionsanleihen bzw Optionen im Übrigen Siddiqui FB 1999, 448 ff; Wenger/Knoll FB 1999, 81 ff; zur empirischen Bewertung aufgrund von Arbitragestrategien Höhling/Schiereck ZBB 1995, 170 ff. So OLG Braunschweig ZIP 1998, 1585, 1587 (VW); OLG München ZIP 2006, 1440, 1443; LG München I AG 2006, 169; Casper Der Optionsvertrag S 345 ff (Preis einer vergleichbaren Option am Sekundärmarkt); Groß DB 1994, 2431, 2438; Hofmeister Bezugsrechtsausschluß S 117 ff (hypothetischer Marktwert der Option); Kniehase AG 2006, 180, 183; MarschBarner AG 1994, 532, 538 ff. M Heinrich Der weiße Ritter S 158 ff; Ihrig FG Happ, S 109, 124; Klawitter AG 2005, 792, 798 f; abw Kniehase AG 2006, 180, 185.

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betrag der ausgegebenen Aktien bei einer (unterstellt vollständigen) Ausübung der Wandlungsrechte nicht 10 % des im Zeitpunkt der Begebung vorhandenen Grundkapitals übersteigen;456 diese Grenze ist sowohl bei Erteilung wie bei Ausnutzung der Ermächtigung zu beachten und muss schließlich auf andere zu demselben Zweck bestehende Grenzen wie einen gleichzeitigen vereinfachten Bezugsrechtsausschluss zum Zwecke einer echten Kapitalerhöhung oder bei der Veräußerung eigener Aktien nach § 71 Abs 1 Nr 8 S 5 angerechnet werden (o § 202 Rdn 151).457 Zudem muss es den Aktionären möglich sein, durch einen Zukauf von Aktien oder Wandel- oder Optionsanleihen am Markt einen (potentiellen) Verlust ihrer Beteiligungsquote zu kompensieren (dazu o § 186 Rdn 150);458 das ist freilich hinsichtlich der Wandel- oder Optionsanleihen als dem eigentlichen Erwerbsgegenstand eigentlich zu verneinen, weil es insoweit, wie schon ausgeführt, weder einen Markt gibt noch diese – wie es der Vorstellung zu § 186 Abs 3 S 4 entspricht – bereits vorher vorhanden sind.459 Der BGH hat die aus den genannten Gründen außerordentlich kontrovers beurteilte Frage einer Anwendbarkeit der Regeln über den vereinfachten Bezugsrechtsaussschluss im Rahmen von Abs 4 S 2 letztlich salomonisch entschieden, indem er eine Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss, die sich an diese Vorgaben anlehnte, als ins Leere laufend ansah und zugleich der Verwaltung ein (faktisch nur in Grenzen überprüfbares) allgemeines Ermessen zur Festsetzung des Ausgabekurses einräumte460 (zu gesetzlichen Reformvorschlägen mit Blick auf die Unsicherheiten der Auslegung o Rdn 72 f). Wohl auch als Folge dieser Entscheidung verzichten Hauptversammlungsbeschlüsse in der jüngeren Zeit darauf, den Vorstand ausdrücklich zur Einholung eines Bewertungsgutachtens hinsichtlich der Angemessenheit des Ausgabekurses in Form einer fairness opinion zu verpflichten.461 Wird der Vorstand auch ermächtigt, selbst über einen Ausschluss des Bezugsrechts zu 147 entscheiden (o Rdn 109), gelten die zum genehmigten Kapital entwickelten Grundsätze entsprechend (o § 203 Rdn 68 ff). Danach bedarf nicht schon der Ermächtigungsbeschluss der sachlichen Rechtfertigung, sondern erst dessen Ausnutzung durch die Verwaltung.462 Wie beim Bezugsrecht auf Aktien (§ 186 Abs 3 S 1) kann auch hier das Bezugsrecht 148 nur im Beschluss über die Ausgabe der Wandel- und Optionsanleihen selbst ausgeschlossen werden (o § 203 Rdn 19 ff);463 im Falle einer Ermächtigung zur Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen unter Ausschluss des Bezugsrechts bzw mit einer Ermächtigung auch hierfür (zur Unterscheidung o Rdn 109) ist ebenfalls eine einheitliche Beschlussfassung darüber erforderlich (dazu für die genehmigte Kapitalerhöhung o § 203

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OLG München ZIP 2006, 1440, 1442; Hofmeister Bezugsrechtsausschluß S 93; Schlitt/ Seiler/Singhof AG 2003, 254, 259; Singhof ZHR 170 (2006), 673, 683, 685 f. Ihrig/Wagner NZG 2002, 657, 662; Singhof ZHR 170 (2006), 673, 683, 686. LG München I AG 2006, 169; Baums (Hrsg), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Rdn 221; Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 259; Singhof ZHR 170 (2006), 673, 697 ff; enger Hofmeister Bezugsrechtsausschluß S 122 f. Ihrig FG Happ, S 109, 124 f; Klawitter AG 2005, 792, 799; abw OLG München ZIP 2006, 1440, 1443; Kniehase AG 2006, 180,

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187; Singhof ZHR 170 (2006), 673, 699 ff (Erwerbsmöglichkeit bzgl Aktien – und nicht bzgl der Wandelanleihe – reicht). BGH ZIP 2007, 2122, 2123 f Tz 5. Schlitt/Schäfer CFL 2010, 252, 253; Seibt CFL 2010, 165, 172. BGH ZIP 2006, 368, 369 Tz 4; BGH ZIP 2007, 2122, 2123 Tz 4; Holland/Goslar NZG 2006, 892, 894; Hüffer 9 § 221 Rdn 42; MK-Habersack3 § 221 Rdn 184. OLG Schleswig AG 2003, 48, 49; Hüffer 9 § 221 Rdn 40; MK-Habersack3 § 221 Rdn 172; abw Groß AG 1991, 201, 204 f (für Optionsanleihen).

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Rdn 20). Anders als im Falle des Abs 1 S 3 kann das Erfordernis einer qualifizierten Kapitalmehrheit auch bei der Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss nicht durch eine geringere Kapitalmehrheit ersetzt werden.464 Eine spätere Korrektur des Berichts ist wegen der Verknüpfung des Bezugsrechtsausschlusses mit dem erforderlichen Bericht nicht möglich (o § 203 Rdn 121); in Betracht kommt nach Auffassung des Verf aber eine „Umwidmung“ (dazu o § 203 Rdn 80, 82).465 Selbst man dem nicht folgen sollte, engt das Berichtserfordernis den Spielraum der Verwaltung heute deshalb nicht mehr besonders ein, weil nach neuerer Rechtsprechung im Zeitpunkt der Erteilung einer Ermächtigung erst eine „allgemeine Umschreibung“ der Gründe für einen späteren Bezugsrechtsausschluss bzw eine spätere Schuldverschreibungsemission unter Bezugsrechtsausschluss erforderlich ist (s o § 203 Rdn 109). Nach § 186 Abs 4 S 1 muss die Ausschließung des Bezugsrechts ausdrücklich und 149 ordnungsgemäß (§ 121 Abs 3 S 2, § 124a [früher § 124 Abs 1]) bekannt gemacht werden. Über den Grund des Ausschlusses muss schließlich nach § 186 Abs 4 S 2 schriftlich berichtet werden (siehe näher § 186 Rdn 113 ff, § 203 Rdn 108 ff). Dabei muss der Bericht umfassend und konkret alle Argumente wiedergeben, die für und gegen einen Ausschluss des Bezugsrechts sprechen, jeweils einschl der zugrunde liegenden Tatsachen und der Abwägungen und Wertungen des Vorstands.466 Nach § 186 Abs 4 S 2 Hs 2 ist auch der vorgeschlagene Ausgabebetrag zu begründen; zu diesem Zweck sind die wesentlichen Konditionen darzulegen, zu denen Wandel- oder Optionsanleihen ausgegeben werden sollen.467 Wird zur Ausgabe der Wandel- oder Optionsanleihen lediglich ermächtigt, muss der Bericht dazu entsprechend der neueren BGH-Judikatur zum Ausschluss des Bezugsrechts auf Aktien468 nur Angaben enthalten, wenn schon der Ermächtigungsbeschluss die Ausgabekonditionen festlegt (o § 203 Rdn 109).469 Das gilt unabhängig davon, ob das Bezugsrecht durch die Hauptversammlung selbst ausgeschlossen wird oder der Vorstand dazu nur ermächtigt wird (dazu o § 203 Rdn 83). Ein Bericht im Zeitpunkt der Ausnutzung der Ermächtigung ist demgegenüber nach der Rechtsprechung des II. Zivilsenats nicht erforderlich; ausreichend sei, wenn die Verwaltung auf der der Ausnutzung folgenden ordentlichen Hauptversammlung der Gesellschaft über die Kapitalmaßnahme berichte und dort Rede und Antwort stehe (so im amtlichen Leitsatz am

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MK-Habersack3 § 221 Rdn 183. Enger OLG Schleswig AG 2003, 48, 49; Hüffer 9 § 221 Rdn 40. OLG Frankfurt/Main WM 1991, 2155, 2156 (AGAB); OLG München WM 1991, 539, 544 (PWA); OLG München ZIP 1993, 1471, 1474 (Bayerische Handelsbank); OLG München ZIP 2009, 718, 720 f (sub 4) (MWG Biotech AG); LG Frankfurt/Main WM 1990, 1745, 1747 f (AGAB); LG München I WM 1990, 984, 985 ff (PWA); LG München I Konzern 2008, 295, 301; Hüffer 9 § 221 Rdn 41; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 75 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 176 ff; Volhard Bezugsrecht S 84 ff; Wenger/Knoll FB 1999, 81, 84 f (hinsichtlich der finanzmathematischen Grundlagen des Bezugsrechtswerts). Das dürfte eine Angabe des Bezugsrechts-

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werts umfassen; zu dessen Berechnung Knoll ZIP 1998, 413 ff. Zu den Berichtsanforderungen bei einem vereinfachten Bezugsrechtsausschluss Singhof ZHR 170 (2006), 673, 702 f. BGHZ 136, 133, 136 ff = ZIP 1997, 1499, 1500 f = EWiR § 203 AktG 1/97, 1013 (Hirte) = JZ 1998, 47 (Lutter) = DStR 1997, 1460 (Goette) = LM H. 1/1998 § 186 AktG 1965 Nr 9 (Schwark) = DZWir 1998, 324 (Kerber) (Siemens/Nold); dazu Hirte Kapitalgesellschaftsrecht 6 Rdn 6.38. BGH ZIP 2007, 2122, 2123 Tz 4; LG Bremen WM 1991, 134, 136 (Bankverein Bremen); Hüffer 9 § 221 Rdn 41; Marsch-Barner WuB II A. § 221 AktG 3.91, sub 2.a); MKHabersack3 § 221 Rdn 180; Singhof ZHR 170 (2006), 673, 679.

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Fünfter Unterabschnitt

Ende);470 das wird man auf die Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen zu übertragen haben (zur abw Auffassung des Verf o § 203 Rdn 84 ff). Die isolierte Anfechtung einer Ermächtigung zum Bezugsrechtsausschluss ist schon 150 deshalb möglich, weil die Begründung möglicherweise nur bezüglich einzelner Verwendungszwecke rechtswidrig ist (ausf o § 203 Rdn 125 f);471 aber auch bei einem unmittelbaren Bezugsrechtsausschluss durch die Hauptversammlung iR einer Ermächtigung zur Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen kommt eine isolierte Anfechtbarkeit der Ermächtigung in Betracht (o § 203 Rdn 126 aE).472 Ausgeschlossen ist die Teilanfechtung freilich, wenn ein Zustimmungsbeschluss zu einer Anleiheemission zum Sofortvollzug gefasst wird und dabei das Bezugsrecht ausgeschlossen wird; anders ist dies nur dann, wenn sich auch hier verschiedene Emissionsalternativen ergeben (dazu auch o § 186 Rdn 191).473 Die unter Ausschluss des Bezugsrechts zu emittierenden Aktien muss der Vorstand nach Maßgabe der Vorgaben der Hauptversammlung, insbes auf der Grundlage des erstatteten Berichts, ausgeben (o § 186 Rdn 186). Sofern sich daraus Spielräume ergeben, sind Aktionäre bevorzugt zu bedienen (o § 186 Rdn 187 [s auch dort Rdn 53]), und es ist der Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 53a) zu beachten (o § 186 Rdn 186).474 3. Anwendbarkeit von § 187

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§ 187 ist vom Gesetz nicht ausdrücklich für anwendbar erklärt worden. Sinn dieser Vorschrift ist der Schutz der Bezugsrechte nach § 186. Hinsichtlich seiner Anwendbarkeit ist zu unterscheiden: Für die aus Wandel- oder Optionsanleihen resultierenden Umtausch-/Bezugsrechte auf Aktien gilt § 187 selbstverständlich insoweit, als Zusicherungen von Umtausch- oder Bezugsrechten bei der Gewährung von Wandel- oder Optionsanleihen der Gesellschaft gegenüber erst wirksam sind, sobald diese zu deren Bedienung ein bedingtes Kapital beschlossen hat.475 Dabei handelt es sich nicht um einen Fall der entsprechenden Anwendung des § 187, sondern seiner unmittelbaren Anwendung.476 § 221 Abs 1 ist allerdings insoweit spezieller gegenüber § 187,477 als er Schadenersatzansprüche

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BGHZ 164, 241, 242 = ZIP 2005, 2205 = EWiR § 203 AktG 1/06, 35 (Hirte) (Mangusta/Commerzbank I); dazu Hirte Kapitalgesellschaftsrecht 6 Rdn 6.39. Vgl OLG München WM 1991, 539, 545 (PWA); OLG München ZIP 1993, 1471, 1474 (Bayerische Handelsbank) (für Ermächtigung zur Ausgabe von Genussscheinen); LG Frankfurt/Main WM 1990, 1745, 1746 (AGAB); Groß AG 1991, 201, 204 f; Hirte WM 1994, 321, 328; Hüffer 9 § 221 Rdn 44; abw LG Braunschweig WM 1993, 376, 379 (VW); Schumann Optionsanleihen S 221; offen lassend BGH ZIP 1994, 1857 (Bayerische Handelsbank) (für Ermächtigung zur Ausgabe von Genussscheinen). KK-Lutter 2 § 221 Rdn 89; MK-Habersack3 § 221 Rdn 196; abw OLG Frankfurt/Main WM 1993, 373, 375 f (Deutsche Bank); OLG München WM 1993, 840, 843 f (Siemens); LG München I ZIP 1992, 1741 f (Siemens).

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Hüffer 9 § 221 Rdn 44; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 88; MK-Habersack3 § 221 Rdn 195 f. Hüffer 9 § 221 Rdn 49; MK-Habersack3 § 221 Rdn 193. Abw Schumann Optionsanleihen S 170 ff, der schon § 221 Abs 1 S 1 allein als lex specialis zu § 187 ansieht; wegen der bei § 221 beim Vorstand verbleibenden Geschäftsführungszuständigkeit ist dies bedenklich. MK-Habersack3 § 221 Rdn 169; anders offenbar Schilling Voraufl § 221 Anm 19 Abs 2, der § 187 nur auf den Bezug solcher Wandelschuldverschreibungen anwenden will, aus denen ihrerseits Aktien aus einer bedingten Kapitalerhöhung bezogen werden können. Allgemein dazu OLG Stuttgart ZIP 2002, 1807, 1808; Kniehase AG 2006, 180, 184; Kuntz AG 2004, 480, 481, 482.

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gegen die Gesellschaft wegen von der Gesellschaft nicht bedienter Umtausch-/Bezugsrechte nicht ausschließt (s auch o Rdn 78, 103, u Rdn 171).478 Das hat vor allen Dingen zur Folge, dass die Erfassung von Titeln unter § 221 zugleich auch eine Freistellung von § 187 nach sich zieht (dazu näher u im Zusammenhang mit der Diskussion um die Zulässigkeit von naked warrants Rdn 304). Im Falle von Going-Public-Anleihen (o Rdn 89) tritt dieser Effekt bereits mit der Einräumung des (ursprünglichen bedingten) Optionsrechts ein, und nicht erst im Zeitpunkt eines späteren Börsengangs.479 Eine Selbst-Verpflichtung der Hauptversammlung, bei Ausübung von Wandel- oder 152 Bezugsrechten das Kapital zu erhöhen, wenn sie zuvor dem Vorstand die Ausgabe der Wandel- oder Optionsanleihe gestattet hatte, besteht allerdings nicht. Durch eine solche Verpflichtung würde das zu diesem Zweck geschaffene, stärkerer Publizität unterliegende bedingte Kapital ausgehöhlt (zur nicht einer Satzungsänderung entsprechenden Publizität des Beschlusses nach Abs 1 o Rdn 117). Ein wirksam begründetes und von der Hauptversammlung beschlossenes Wandel- oder Optionsrecht kann daher nur Schadenersatzansprüche auslösen, wenn die Gesellschaft diese Rechte nicht in anderer Weise, etwa aus einem Bestand an eigenen Aktien, bedienen kann. Wegen des gleichartigen Schutzbedürfnisses im Bereich des § 221 Abs 4 ist § 187 ent- 153 sprechend auf Bezugsrechte auf Wandel- und Optionsanleihen anzuwenden; diese können daher nur unter dem Vorbehalt des Bezugsrechts der Aktionäre zugesichert werden (§ 187 Abs 1),480 und Zusicherungen auf solche Schuldverschreibungen vor dem Zustimmungsbeschluss sind unwirksam (§ 187 Abs 2).481 Im Gegensatz zur „echten“ Kapitalerhöhung werden unter Verstoß gegen § 187 ausgegebene Wandel- oder Optionsanleihen jedoch schon allein mit der Begebung der Papiere wirksam, da es bei der Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen keines weiteren Hauptversammlungsbeschlusses bedarf (zu den Rechtsfolgen einer Verletzung der Bestimmungen im Übrigen o § 187 Rdn 10, 15 ff).482 4. Bezugsrecht auf Wandel- oder Optionsanleihen von Tochtergesellschaften Ein Bezugsrecht auf die von (ausländischen) Tochtergesellschaften ausgegebenen 154 Schuldverschreibungen mit Optionsschein steht den Aktionären der Obergesellschaft immer dann zu, wenn die damit verbundenen Umtausch-/Bezugsrechte sich auf die Verschaffung von Aktien der Obergesellschaft richten und von dieser ausgegeben oder garantiert wurden (so ausdrücklich die gesetzliche Regelung in Frankreich; dazu o Rdn 44);483 internationalprivatrechtlich handelt es sich dabei um eine Substitutions-

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Ebenso Fuchs AG 1995, 433, 444, 446; KKLutter 2 § 221 Rdn 96; Kniehase AG 2006, 180, 184; MK-Habersack3 § 221 Rdn 117, 131, 168; Schumann Optionsanleihen S 174 f Fn 20, S 218 ff; abw Schlitt/Seiler/ Singhof AG 2003, 254, 257. MK-Habersack3 § 221 Rdn 170. MK-Habersack3 § 221 Rdn 169; Volhard Bezugsrecht S 135. Ebenso Hüffer 9 § 221 Rdn 46; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 111 f; MK-Habersack3 § 221 Rdn 168 f; MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 24; Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 257; Schumann Optionsanleihen S 217 f.

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483

Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 44 ff; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 112; Kniehase AG 2006, 180, 184; MK-Habersack3 § 221 Rdn 168; Schlitt/Löschner BKR 2002, 150, 152. Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 215 ff (auch bei bloßer Garantie, nicht aber bei Bedienung mit eigenen Aktien); Hemmerling Optionsschuldverschreibungen S 114 ff; Hirte Bezugsrechtsausschluß S 60 f; Hüffer 9 § 221 Rdn 73; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 172 f; MK-Habersack3 § 221 Rdn 47; Schumann Optionsanleihen S 193 ff; iE Martens in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von

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problematik.484 Für das Bestehen dieses Bezugsrechts ist unerheblich, ob zur späteren Bedienung der Umtausch-/Bezugsrechte das Bezugsrecht der übrigen Aktionäre ausgeschlossen wird.485 Daher bedarf es zunächst schon bei der Emission durch die Tochtergesellschaft eines Zustimmungbeschlusses nach Abs 1 zur Ausgabe der Wandeloder Optionsanleihen in der Tochtergesellschaft, obwohl es aus deren Sicht nicht um eine von dieser Gesellschaft, sondern um eine von einer dritten Gesellschaft 486 ausgegebene Wandel- oder Optionsanleihe geht (o Rdn 121). Das Bezugsrecht auf die von einer Tochtergesellschaft ausgegebene Anleihe mit Um155 tausch- oder Optionsrecht wird materiell nicht schon dadurch beeinträchtigt, dass für die Bedienung der Umtausch-/Bezugsrechte ein genehmigtes oder bedingtes Kapital geschaffen werden muss und dabei das Bezugsrecht zugunsten der Umtausch-/Bezugsberechtigten ausgeschlossen wird. Daher bedarf dieser Ausschluss des Bezugsrechts auch keiner sachlichen Rechtfertigung, wenn die Aktionäre der Obergesellschaft zuvor ein Bezugsrecht auf die von der Untergesellschaft ausgegebenen Wandel- oder Optionsanleihen hatten, da das Bezugsrecht nur – auf dem Umweg über die Tochtergesellschaft – modifiziert wird.487 Er gleicht insoweit dem Bezugsrechtsausschluss nach § 186 Abs 5 (mittelbares Bezugsrecht; dazu o § 186 Rdn 193 ff). Rechtlich ist dies ein gegen die Muttergesellschaft gerichtetes vertragliches Bezugsrecht,488 da auch Abs 4 ein Bezugsrecht nur auf Wandel- oder Optionsanleihen der Gesellschaft selbst erfasst. Die Muttergesellschaft muss in der Untergesellschaft kraft ihres Einflusses für die Durchführbarkeit der Maßnahme sorgen. Kraft dieses Einflusses muss sie auch darauf hinwirken, dass die auszugebende Anleihe der Tochtergesellschaft durch Wahl deutschen Rechts (zur grundsätzlichen Möglichkeit der Rechtswahl bzgl der Anleihekomponente o Rdn 121) oder durch vertragliche Vereinbarung entsprechender Bestimmungen dem deutschen Gläubigerschutzrecht (SchVG) entspricht.489 Die Formalien betreffend den Bezugsrechtsausschluss (insbesondere Berichtspflicht) sollten allerdings vorsorglich gleichwohl eingehalten werden, da bei einer rein auf die Gesellschaft bezogenen Betrachtung natürlich das Bezugsrecht ausgeschlossen wird. Wird ein Bezugsrecht auf die von der Tochtergesellschaft (oder uU auch von einer 156 dritten Gesellschaft; dazu o Rdn 122) ausgegebenen Wandel- oder Optionsanleihen nicht gewährt und dennoch ein Umtausch-/Bezugsrecht auf die Aktien der Obergesellschaft eingeräumt, so wird durch die Einräumung der Umtausch-/Bezugsrechte an Schuldverschreibungsgläubiger der Tochtergesellschaft das Bezugsrecht der Aktionäre der Muttergesellschaft tatsächlich ausgeschlossen. In diesem Fall bedarf es daher einer Zustim-

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Optionsanleihen, S 151, 158 f; abw Hoffmann AG 1973, 47, 53 ff; Schaub AG 1972, 340, 341 f; Schilling Voraufl § 221 Anm 18 Abs 2; Silcher FS Geßler, S 185, 191 ff; dagegen ausführlich Schumann Optionsanleihen S 198 ff. Mankowski AG 1998, 11, 24 f. Zutreffend Schumann Optionsanleihen S 196. Vgl Gustavus BB 1970, 694 f. Vgl OLG Frankfurt/Main WM 1986, 615, 617 (Deutsche Bank); LG Frankfurt/Main AG 1984, 296, 299 (Deutsche Bank); Hirte Bezugsrechtsausschluß S 60; Lutter AG 1972, 125, 132 ff; Schumann Options-

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anleihen S 174 ff; dazu auch Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 29, sowie die ausländischen Regelungen oben Rdn 41 ff, 44. Zutreffend Schumann Optionsanleihen S 205 f; ebenso Hüffer 9 § 221 Rdn 73; abw Hemmerling Optionsschuldverschreibungen S 119 ff, 112, der im Hinblick auf die konzernrechtlichen Verflechtungen § 221 Abs 4 direkt anwenden will. Zu den Möglichkeiten Hopt FS Steindorff, S 341, 347 ff, 352 ff = WM 1990, 1733, 1736 (gekürzt); Schumann Optionsanleihen S 111.

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mung der Hauptversammlung der Muttergesellschaft nach § 221 Abs 4 iVm § 186 Abs 3, insbesondere eines sachlichen Grundes und eines entsprechenden Berichtes.490 Das gilt auch dann, wenn die Bedienung der Umtausch-/Bezugsrechte aufgrund eines Hauptversammlungsbeschlusses, also etwa durch bedingtes oder dafür geschaffenes genehmigtes Kapital, erfolgt. Im Rahmen des Beschlusses nach §§ 221 Abs 4 iVm § 186 Abs 3 analog ist auch die sachliche Rechtfertigung zu prüfen. Nur eines Zustimmungsbeschlusses bedarf es in den seltenen Fällen (vgl Rdn 160 ff), in denen diese Rechte auf andere Weise als durch bedingtes oder genehmigtes Kapital bedient werden sollen. 5. Rechtsfolgen von Verstößen Das Bezugsrecht auf eine Wandel- oder Optionsanleihe kann durch deren tatsächliche 157 Ausgabe (gegebenenfalls durch eine Tochtergesellschaft) oder durch einen unwirksamen Ausschluss des Bezugsrechts verletzt werden.491 Im Falle einer solchen Verletzung entsprechen die Rechte der übergangenen Aktionäre im Wesentlichen denen der Aktionäre bei Verletzung ihres Bezugsrechts auf junge Aktien (dazu § 186 Rdn 188 ff und § 203 Rdn 119 ff). Sie können daher, sofern die Verletzung auf der Grundlage eines Beschlusses geschieht, Anfechtungsklage erheben bzw das Fehlen eines Beschlusses mit der Feststellungsklage rügen.492 Bei tatsächlicher Verletzung des Bezugsrechts durch anderweitige Ausgabe der Wandel- oder Optionsanleihe können sie, unter Umständen mit Hilfe einer einstweiligen Verfügung, Unterlassung oder mit einer Leistungsklage den Abschluss eines Zeichnungsvertrages verlangen.493 Nach erfolgter Begebung ist die Verletzung des Bezugsrechts endgültig, so dass Schadenersatzansprüche in Betracht kommen. Diese richten sich – ähnlich den konzernrechtlichen Ausgleichsansprüchen – in erster Linie gegen den durch die Verletzung bzw den Ausschluss des Bezugsrechts begünstigten Mehrheitsgesellschafter und hängen von einem Verschulden nicht ab.494 Nach herrschender Ansicht kommen lediglich Schadenersatzansprüche gegen die Gesellschaft nach §§ 276, 280 BGB und § 823 Abs 2 BGB iVm §§ 186, 221 Abs 4 in Betracht, die ein – regelmäßig anzunehmendes495 – Verschulden der Gesellschaft bzw der Verwaltung voraussetzen. Zu diesem Zweck kann auch noch nach Eintragung der angegriffenen Kapitalerhöhung in das Handelsregister (§ 203 Abs 1 iVm § 189) eine (allgemeine) Feststellungsklage nach § 256 Abs 1 ZPO erhoben werden, ohne dass ihr das Fehlen des erforderlichen Rechtsschutzinteresses entgegen gehalten werden könnte (o § 203 Rdn 134).496 Vorstand und Aufsichtsrat haften der Aktiengesellschaft unter Umständen nach §§ 93, 116 S 1 persönlich. Eine unmittelbare Haftung der Verwaltungsmitglieder gegenüber den Aktionären für den Vollzug eines – soweit vorhanden – rechtswidrigen, aber nicht angefochtenen Hauptver-

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Busch AG 1999, 58 f; Hemmerling Optionsschuldverschreibungen S 134 ff; Hüffer 9 § 221 Rdn 73; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 172 f; MK-Habersack3 § 221 Rdn 47 aE; MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 33; Schilling Voraufl § 221 Anm 18 Abs 2; abw Silcher FS Geßler, S 185, 191 (Festsetzung angemessenen Optionspreises reicht aus). Ausführlich Schumann Optionsanleihen S 216 ff; vgl auch Hemmerling Optionsschuldverschreibungen S 162 ff. Ähnlich BGHZ 83, 122 (Holzmüller) und dazu Hirte Bezugsrechtsausschluß S 229 ff.

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Hirte Bezugsrechtsausschluß S 206 ff; Schumann Optionsanleihen S 219. Dazu ausführlich § 203 Rdn 145 ff und Hirte Bezugsrechtsausschluß S 123, 238 ff. Schumann Optionsanleihen S 219. BGHZ 164, 249, 253 ff = ZIP 2005, 2207, 2209 f = EWiR § 203 AktG 2/06, 65 (Hirte) = JZ 2007, 367 (Lutter) (Mangusta/ Commerzbank II); dazu Hirte Kapitalgesellschaftsrecht6 Rdn 6.39; MK-Habersack3 § 221 Rdn 197.

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sammlungsbeschlusses kommt nicht in Betracht.497 Denn dadurch würde die zeitliche Beschränkung der Klagemöglichkeit in § 246 Abs 1 unterlaufen. Umfangmäßig ist die Differenz zwischen den Aufwendungen zu ersetzen, die zum regulären Bezug erforderlich gewesen wären, und den Kosten, die bei einer anderweitigen Beschaffung entsprechender Stücke an der Börse zu entrichten sind.498 Entspricht der Bericht nach Abs 4 S 2 iVm § 186 Abs 4 S 2 nicht den gesetzlichen 158 Anforderungen, greifen hier die gleichen Rechtsfolgen wie im Falle der ordentlichen Kapitalerhöhung oder des genehmigten Kapitals (dazu o § 186 Rdn 189, § 203 Rdn 106 ff).499 Eine Nachbesserung ist grundsätzlich ausgeschlossen (dazu o § 203 Rdn 121 ff mwN, auch zu Ausnahmen).500

V. Einräumung und Sicherung des Umtausch-/Bezugsrechts auf Aktien 159

Neben der Frage, wie Wandel- oder Optionsanleihen ausgegeben werden können, ist von entscheidender Bedeutung, wie die späteren Umtausch-/Bezugsrechte bedient werden sollen. § 221 befasst sich mit dieser Frage nicht. Hierfür ist vielmehr zurückzugreifen auf die jeweiligen Einzelvorschriften. Wegen des sachlichen Zusammenhanges sollen die Möglichkeiten zur Beschaffung von Aktien jedoch schon hier angesprochen werden, dies auch deshalb, weil kaum jemand bereit wäre, eine Schuldverschreibung mit ungesicherten Wandel-/Umtauschrechten zu erwerben und die Gesellschaften deshalb die zur Einräumung bzw Sicherung dieser Rechte notwendigen Maßnahmen idR zugleich mit dem Emissionsbeschluss bezüglich der Wandel- oder Optionsanleihen treffen. 1. Klassische Möglichkeiten

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Wandel- und Optionsanleihen gab es bereits, bevor das Gesetz sie in § 221 ausdrücklich regelte und für die Bedienung der Umtausch-/Bezugsrechte das bedingte Kapital schuf. Rechtliches Hindernis für die Zusicherung neuer Mitgliedschaften war allerdings der heutige § 187 Abs 2, nach dem Zusicherungen auf den Bezug neuer Aktien vor dem Beschluss über die Erhöhung des Grundkapitals nicht gegeben werden konnten. Dieses Problem wurde dadurch umgangen, dass den Schuldverschreibungsgläubigern Umtausch-/Bezugsrechte auf bereits vorhandene Aktien eingeräumt wurden („synthetische Wandel- oder Optionsanleihen“). Da diese Möglichkeiten rechtlich auch heute noch bestehen und auch noch genutzt werden,501 sollen sie vorab dargestellt werden.502 Umtausch-/Bezugsrechte wurden vor allem mit Vorratsaktien bedient. Dies sind Ak161 tien, die von einem Treuhändler (Bank) für Rechnung der Gesellschaft gehalten wurden und nach Weisung der Gesellschaft verwendet werden konnten (vgl näher o § 56 Rdn 6). Durch die Neufassung des heutigen § 56 im Jahre 1937 ist diese Konstruktion für den Treuhänder gefährlich geworden, weil er sich seiner Einlagepflicht nicht mehr entziehen 497 498 499 500 501

Abw Schumann Optionsanleihen S 222 f. Zutreffend Schumann Optionsanleihen S 224 f. Hüffer 9 § 221 Rdn 44; MK-Habersack3 § 221 Rdn 182. Hüffer 9 § 221 Rdn 44; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 77; MK-Habersack 3 § 221 Rdn 182. H Schäfer FB 2002, 514, 517; siehe beispielhaft die 200 Mio DM Optionsanleihe der

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Volkswagen International Finance N.V. von 1997 und die 375 Mio DM Optionsanleihe der Bayer Corporation von 1996 (dazu Busch AG 1999, 58 Fn 5). Zu den früheren Möglichkeiten Flechtheim Anh § 179 HGB Anm 21; Heinrici Gruch. 67 (1925), 353, 377 ff; Linnhoff Optionsanleihen S 68 ff; Rusch Wandelschuldverschreibung S 28 ff.

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kann.503 Vorratsaktien kommen heute noch als Notlösung zur Bedienung der Umtausch-/ Bezugsrechte aus Anleihen von Tochtergesellschaften in Betracht.504 Als Alternative kommt insoweit heute die Vereinbarung mit einem Dritten in Betracht, der Aktien der Gesellschaft bereits hält oder sie für diese erwirbt. Um einen Verstoß gegen §§ 71 ff zu vermeiden, sollte die Gesellschaft den Anspruch gegen den Dritten an einen Treuhänder abtreten, der die Option im Namen und für Rechnung der Anleihegläubiger und nicht für Rechnung der Gesellschaft (§ 71d) ausübt.505 Eine weitere Möglichkeit ist die Gewährung eigener Aktien.506 Infolge des grundsätz- 162 lichen Verbots des Erwerbs eigener Aktien in §§ 71 ff ist dieses Vorgehen heute jedoch auf solche Aktien beschränkt, die in den Grenzen des Katalogs in § 71 Abs 1 in das Eigentum der Gesellschaft gelangt sind. Zwar stellt die beabsichtigte Verwendung zur Bedienung von Umtausch-/Bezugsrechten keinen Grund dar, der einen Erwerb eigener Aktien im Rahmen des § 71 Abs 1 Nr 3 erlauben würde (o § 71 Rdn 210 ff); sie ist aber als zulässiger Erwerbszweck iR vom § 71 Abs 1 Nr 8 anzusehen (o § 71 Rdn 266 ff, 307).507 Problematisch ist aber unverändert die mit 10 % des Grundkapitals relativ geringe Umfangsgrenze (§ 71 Abs 2 S 1),508 während die früher mit 18 Monaten relativ kurze Laufzeit einer Ermächtigung nach § 71 (§ 71 Abs 1 Nr 8 aF) inzwischen auf fünf Jahre verlängert wurde. Nach wie vor spricht aber die erforderliche Bindung finanzieller Mittel gegen diesen Weg. Demgegenüber stellt das Erfordernis einer Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes bei der Wieder-Ausgabe der eigenen Aktien (§ 71 Abs 1 Nr 8 S 3 ff) kein Problem dar: Denn wenn ein Bezugsrecht auf die Anleihe bestand (oder dieses zulässigerweise ausgeschlossen wurde), darf das „Bezugsrecht“ bei Veräußerung der eigenen Aktien ausgeschlossen werden (zur aus diesem Grund entsprechenden Anwendbarkeit von Abs 1 auf eine nur durch eigene Aktien zu bedienende Wandel- oder Optionsanleihe o Rdn 17).509 Vor diesem Hintergrund sollte ein Beschluss nach § 71 Abs 1 Nr 8 jedenfalls die Möglichkeit vorsehen, eigene Aktien zur Bedienung von Wandel- oder Optionsrechten zu nutzen.510 Wenig praktikabel, aber zulässig ist schließlich die ordentliche Kapitalerhöhung, die – 163 wie auch eine Bedienung aus genehmigtem Kapital – einen formellen Ausschluss des Bezugsrechts zugunsten der Wandel-/Optionsanleihegläubiger voraussetzt. Im Hinblick auf das Verbot der Zeichnung eigener Aktien müsste hier jedoch ein Treuhänder einge-

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Holland/Goslar NZG 2006, 892, 893; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 97; MK-Habersack3 § 221 Rdn 221. So KK-Lutter § 221 Rdn 24 (nicht mehr in der 2. Aufl); Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 12: bei der 6/6,5 %-Optionsanleihe der Deutsche Bank AG von 1976. Busch AG 1999, 58, 65 f; Holland/Goslar NZG 2006, 892, 893; MK-Habersack3 § 221 Rdn 221; Schäfer ZGR-Sonderheft 16, S 62, 72; Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 257 f. Hirte ZGR-Sonderheft 16, S 1, 18 (zum ausl Recht); Hüffer 9 § 221 Rdn 59; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 97; Kuntz AG 2004, 480, 481 (mit dem zutr Hinweis, dass Optionsrechte,

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510

die sich auf so durch die Gesellschaft auszugebende Aktien richten, nicht als covered warrants zu bezeichnen sind); MK-Habersack3 § 221 Rdn 222; MünchHdb AGKrieger 3 § 63 Rdn 18; Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 256; Spindler/Stilz/Seiler 2 § 221 Rdn 79 ff. Hüffer 9 § 221 Rdn 59; Schäfer ZGR-Sonderheft 16, S 62, 71; Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 256 f; Wiechers DB 2003, 595, 597 ff. Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 257. Busch AG 1999, 58, 65; Schäfer ZGR-Sonderheft 16, S 62, 71; Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 260. Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 256 f.

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schaltet werden, der die Aktien aus der Kapitalerhöhung übernimmt und sie für die Optionsanleihegläubiger zum Optionspreis bereithält (dazu bereits o Rdn 161).511 2. Bedingtes Kapital

164

Die bei den beiden früheren Verfahren vorhandenen Schwierigkeiten, insbes die Unmöglichkeit, neue Aktien ohne Verletzung des Bezugsrechts schaffen zu können, wurde durch die Einführung des bedingten Kapitals beseitigt; §§ 192 ff.512 Es ermöglicht die Schaffung neuer Mitgliedschaften erst in dem Zeitpunkt und in dem Umfang, in dem sie für Umtausch-/Bezugsrechte benötigt werden. Durch die Aktienrechtsnovelle 2012 (o Rdn 5) soll die Möglichkeit, ein bedingtes Kapital zu schaffen, ausdrücklich auch auf die Bedienung von umgekehrten Wandelanleihen bzw Pflichtwandelanleihen erstreckt werden, bei denen bislang streitig ist, ob der Anwendungsbereich des § 192 Abs 2 Nr 1 nicht deshalb ausscheidet, weil es an einem – zumindest potentiellen – Rückzahlungsanspruch in bar fehlte.513 Es empfiehlt sich daher, spätestens gleichzeitig mit dem Beschluss über die Ausgabe 165 der Wandel- oder Optionsanleihen ein bedingtes Kapital zu schaffen und den Ausgabebeschluss hinsichtlich der Anleihe mit der Anweisung an den Vorstand zu verbinden, nur das bedingte Kapital nach seiner Eintragung in das Handelsregister zur Bedienung der Umtausch-/Bezugsrechte zu verwenden. Denn die Hauptversammlung wäre in einem späteren Zeitpunkt an einen isolierten Beschluss über die Ausgabe der Wandel- oder Optionsanleihe nicht gebunden, also nicht verpflichtet, ein bedingtes Kapital zu schaffen,514 so dass die Gesellschaft sich möglicherweise Schadenersatzansprüchen aussetzen kann (o Rdn 103, 151). Eine bedingte Kapitalerhöhung kann die Gesellschaft jedoch wegen des zum Schutze der Berechtigten geschaffenen § 192 Abs 4 nicht wieder rückgängig machen.515 Der Beschluss über die Schaffung eines bedingten Kapitals kann mit demjenigen über die Ausgabe der Wandel- oder Optionsanleihen verbunden werden (o § 192 Rdn 55).516 3. Genehmigtes Kapital

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Auch ein genehmigtes Kapital eignet sich zur Abgabe einer Bezugszusicherung, sobald der Ermächtigungsbeschluss gefasst ist.517 Voraussetzung ist, dass der Vorstand das Kapital in Tranchen ausgeben darf und der Ermächtigungsbeschluss einen Ausschluss des Bezugsrechts zu diesem Zweck gestattet (zum Ausschluss des Bezugsrechts zu diesem Zweck § 186 Rdn 157, § 203 Rdn 91).

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Hüffer 9 § 221 Rdn 59; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 177; MK-Habersack3 § 221 Rdn 220 f; MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 21. Zur Geschichte Georgakopoulos ZHR 120 (1957), 84, 154, 165. Zum früheren Streitstand Apfelbacher/Kopp CFL 2010, 21, 27 f. Vgl auch Georgakopoulos ZHR 120 (1957), 84, 150, 155; Hüffer 9 § 221 Rdn 60 (mit unberechtigter Kritik an Georgakopoulos); KK-Lutter 2 § 221 Rdn 98; MK-Habersack3 § 221 Rdn 218; Spindler/Stilz/Seiler 2 § 221 Rdn 68, 84.

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Zu diesem Vorteil deutlich Holland/Goslar NZG 2006, 892, 895. Handelsrechtsausschuss des DAV, NZG 2007, 857, 858; Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 256. Vgl Schilling Voraufl § 221 Anm 2 Abs 2; Georgakopoulos ZHR 120 (1957), 84, 157 ff; Hüffer9 § 221 Rdn 59; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 99; MK-Habersack3 § 221 Rdn 219; MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 21; Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 256; Spindler/Stilz/Seiler 2 § 221 Rdn 71 ff.

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Dieses Verfahren ist jedoch umständlicher und für die Berechtigten weniger sicher, da – 167 trotz „freiwilliger“ Verlängerungsmöglichkeit 518 – die Fünf-Jahres-Frist des § 202 Abs 2 S 1 nicht überbrückt werden kann und die Kapitalerhöhungen jeweils vom Vorstand beschlossen werden müssen.519 Das kann zwar durch eine Treuhandlösung überwunden werden, die aber mit den o Rdn 161 beschriebenen Risiken behaftet ist. Weiter ist ein Ausschluss des Bezugsrechts durch den Vorstand erforderlich; dieser ist zwar zulässig (o Rdn 109), was aber Restrisiken in Form einer gleichwohl angestrengten gerichtlichen Kontrolle nicht ausschließt.520 Auch ist nicht gänzlich klar, ob bei einer Ausgabe von Aktien aus genehmigtem Kapital eine Sacheinlageprüfung nach § 205 entsprechend § 194 Abs 1 S 2 entbehrlich ist (dazu u Rdn 217 sowie o § 205 Rdn 9). Interessant kann das genehmigte Kapital aber sein, wenn die für das bedingte Kapital bestehenden umfangmäßigen Grenzen (Hälfte des Grundkapitals; § 192 Abs 2 S 1) nicht reichen bzw ausgeschöpft sind (zu aus diesem Grunde gemachten Reformvorschlägen o Rdn 5),521 da ein bedingtes Kapital nicht auf den zulässigen Umfang eines genehmigten Kapital angerechnet wird (o § 192 Rdn 139, § 202 Rdn 150). Dies gilt aber nicht, so weit sich die beabsichtigten Verwendungszwecke decken und insbes, wenn insoweit geringere Schwellenwerte vorgesehen sind (o § 192 Rdn 140, § 202 Rdn 151). Daneben kommt das genehmigte Kapital für Zwecke in Betracht, hinsichtlich derer die Zulässigkeit der Schaffung eines bedingten Kapitals umstritten ist, insbesondere hinsichtlich von Tochtergesellschaften ausgegebener Wandel- oder Optionsanleihen.522 4. Emissionen von Tochtergesellschaften Bedingtes wie genehmigtes Kapital können auch geschaffen werden, wenn die Um- 168 tausch-/Bezugsrechte nicht aus Anleihen der Gesellschaft selbst, sondern aus den Wandeloder Optionsanleihen stammen, die von (ausländischen) Tochtergesellschaften oder nach hier vertretener Auffassung (o Rdn 122) auch von dritten Finanzierungsgesellschaften emittiert wurden, obwohl es dann – beim bedingten Kapital – an der Bedienung einer „Wandelschuldverschreibung“ (gemeint: der Gesellschaft selbst), wie § 192 Abs 2 Nr 1 dies verlangt, fehlt.523 Da in diesen Fällen das Bezugsrecht der Aktionäre zur Bedienung der Optionsrechte (formell) ausgeschlossen bzw der Vorstand zu einem solchen Ausschluss ermächtigt werden muss (o Rdn 109), ist dies nur unbedenklich, wenn die Aktionäre der Muttergesellschaft selbst ein (vertragliches) Bezugsrecht auf die Anleihe hatten.524

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Hierzu und zu den dabei bestehenden (Anfechtungs-)Risiken Holland/Goslar NZG 2006, 892, 893. Hierzu (mit Lösungshinweisen) Holland/Goslar NZG 2006, 892, 894. Holland/Goslar NZG 2006, 892, 894. Holland/Goslar NZG 2006, 892, 892 f (dort auch zu weiteren Fällen, in denen ein genehmigtes Kapital zur Bedienung von Wandel- und Optionsrechten von Interesse sein kann); zu solchen Fällen (sinkender Aktienkurs bei der Ausgabe der Wandeloder Optionsanleihe) auch Krug BKR 2005, 302, 308 bei und in Fn 63. So etwa bei den Anleihen der Siemens Western Finance N.V. von 1969 und der Bayer International Finance N.V. von 1969;

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Gustavus BB 1970, 694; MK-Habersack3 § 221 Rdn 219; Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 11 f. Bürgers/Körber/Stadler 2 § 221 Rdn 13; KK-Lutter2 § 221 Rdn 100, 174, 176; Martens FS Stimpel S 621, 627 ff; enger Hüffer 9 § 192 Rdn 12, § 221 Rdn 74 (nur bei Vorliegen eines Konzernfinanzierungsinteressses); MK-Habersack3 § 221 Rdn 48 (nur bei eigener Verpflichtung der Gesellschaft); abw Gustavus BB 1970, 694, 695. Zur parallelen Frage der Berichtspflicht im genehmigten Kapital zutreffend LG Frankfurt/Main WM 1990, 1745, 1747 f (AGAB).

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Wird dies nicht gewährt und das Bezugsrecht damit auch materiell ausgeschlossen, müssen selbstverständlich auch die insoweit weiterreichenden Voraussetzungen vorliegen.525 Ansonsten lebt beim bedingten Kapital der Grundsatz wieder auf, dass es nur zur Bedienung von Wandel- oder Optionsanleihen der Gesellschaft selbst verwendet werden kann (siehe § 192 Rdn 75). Beim genehmigten Kapital hingegen würde sich dieses Vorgehen nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich als Ausschluss des Bezugsrechts darstellen. Gewährt die Muttergesellschaft bei Wandelanleihen eigene Mitgliedschaften im Aus170 tausch gegen Schuldverschreibungen der Tochtergesellschaft, so handelt es sich rechtlich um Sacheinlagen,526 die den entsprechenden strengen Vorschriften genügen müssen (näher u Rdn 217). 5. Schadenersatzanspruch

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Gelingt es der Gesellschaft nicht, einem Wandel- oder Optionsgläubiger die mit der Schuldverschreibung versprochenen Aktien zur Verfügung zu stellen, etwa weil sie nicht sogleich mit dem Emissionsbeschluss ein bedingtes Kapital geschaffen hat, so macht sie sich schadenersatzpflichtig. Denn aus § 221 Abs 1 lässt sich ableiten, dass die Wirksamkeit der Verpflichtung zur Gewährung von Aktien von der tatsächlichen rechtlichen Möglichkeit unabhängig ist, zumal dafür mehrere Vorgehensweisen zur Verfügung stehen. Insoweit modifiziert § 221 Abs 1 daher § 187 (s bereits o Rdn 78, 103, 151).527 Die Ersatzpflicht der Gesellschaft gegenüber den Anleihegläubigern kann allerdings 172 persönliche Ersatzpflichten des Vorstands oder des Aufsichtsrat gegenüber der Gesellschaft nach sich ziehen, wenn diese es unterlassen haben, für die Erfüllung der Umtausch-/Bezugsrechte Sorge zu tragen. Der Ersatzanspruch geht dann auf Freistellung von gegen die Gesellschaft gerichteten Ansprüchen von Drittgläubigern. Umfangmäßig entspricht er dem Schaden, der entsteht, wenn der Vorstand die im Innenverhältnis erforderliche Zustimmung der Hauptversammlung nicht einholt (o Rdn 103).

VI. Schutz der Umtausch-/Bezugsrechte 173

Wandel- und Optionsanleihegläubiger kommen als Gläubiger der Schuldverschreibung zunächst in den Genuss sämtlicher Gläubigerschutzbestimmungen des bürgerlichen Rechts. Von Sanierungs- und Insolvenzlagen abgesehen und unter dem Vorbehalt abweichender vertraglicher Vereinbarung in den Anleihebedingungen kann die Gesellschaft daher in diese Position nicht eingreifen.528 Das Umtausch- oder Bezugsrecht als solches ist in seinem rechtlichen Bestand (typischerweise) durch bedingtes Kapital (o Rdn 164 f) oder jedenfalls durch Schadenersatzansprüche gesichert. Die Rechte von Wandelgläubigern können durch Kapitalerhöhungen und ähnliche 174 Maßnahmen aber auch in ihrem wirtschaftlichen Wert beeinträchtigt werden. Dieser Nachteil entspricht der Verwässerung bestehenden Aktienbesitzes bezüglich Stimmrechtsmacht und Vermögenswert, nur dass hier Umtausch in bzw Bezug von Aktien noch bevorstehen. Die dabei auftretenden Probleme werden unter dem Gesichtspunkt des

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MK-Habersack3 § 221 Rdn 48; Hüffer 9 § 192 Rdn 12. Vgl Gustavus BB 1970, 694, 695; Schumann Optionsanleihen S 71.

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Zutreffend KK-Lutter § 221 Rdn 17; Schlitt/ Löschner BKR 2002, 150, 152. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 120.

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

§ 221

„Verwässerungsschutzes“ erörtert.529 Während „normale“ Gläubigerrechte durch gesellschaftsrechtliche Strukturveränderungen nicht berührt werden, gilt dies für die Wandelund Optionsanleihen nicht. Sie haben eine Zwitterstellung, die vor allem in der Sondervorschrift des § 23 UmwG (früher § 347a AktG) zum Ausdruck kommt. Ihre Lage ist zunächst dadurch gekennzeichnet, dass den Schuldverschreibungsgläubigern ein Einfluss auf die Strukturmaßnahmen nicht zusteht. Insbesondere können sie eine Kapital- oder Umwandlungsmaßnahme der Zielgesellschaft ebenso wie eine Ausgabe neuer Wandeloder Optionsanleihen durch diese nicht verhindern (zur zT abw Lage im Ausland o Rdn 41 ff);530 diese kann sich wegen § 23 Abs 5 gesellschaftsrechtlich auch nicht wirksam (wohl aber schuldrechtlich) verpflichten, solche Maßnahmen zu unterlassen (o § 182 Rdn 37, § 202 Rdn 91).531 Dies gilt auch für eine Verpflichtung, keine weiteren Wandeloder Optionsanleihen auszugeben; denn auch diese Möglichkeit einer – modifizierten – Eigenkapitalbeschaffung gehört zum zwingenden Kanon der aktienrechtlichen Möglichkeiten.532 Die Wandel- oder Optionsgläubiger sollen andererseits aber durch solche Maßnahmen auch nicht benachteiligt werden. Daher muss der in diesen Vorgängen liegenden Beeinträchtigung der Geschäftsgrundlage (dazu im Übrigen näher sogleich Rdn 175),533 die für die Bestimmung des Optionspreises und des Ausgabekurses der Aktien von Bedeutung ist, in angemessener Weise Rechnung getragen werden (vgl auch die gesetzliche Lage in manchen ausländischen Rechten [dazu o Rdn 41 ff]; siehe im Übrigen auch u bei Rdn 415 ff zu Gewinnschuldverschreibungen/Genussrechten). Satzungsänderungen, die den wirtschaftlichen Wert des Umtausch- oder Bezugsrechts nicht berühren, kann die Gesellschaft folgenlos durchführen; anderes gilt nur für Zweckänderungen, die zur Kündigung des Schuldverhältnisses aus wichtigem Grund berechtigen.534 Als einfachster Ansatz zum Schutz vor Verwässerung ist es denkbar, in den genannten 175 seitens der Gesellschaft durchgeführten Maßnahmen einen (teilweisen) Wegfall der Geschäftsgrundlage (heute § 313 BGB) zu sehen, der zu einem vorzeitigen Eingreifen des Wandel- oder Bezugsrechts oder einer sonstigen Anpassung der Anleihebedingungen führt. Allerdings ist ein solcher Rückgriff nur möglich, wenn sich aus speziellen gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen keine Lösung entwickeln lässt (dazu u Rdn 187). Die Möglichkeit eines vorzeitigen Eingreifens des Wandel- oder Bezugsrechts wird man vor diesem Hintergrund angesichts des Fehlens einer entsprechenden gesetzlichen Regelung (zur teilweise abw Lage im Ausland o Rdn 41 ff) nicht ohne entsprechende vertragliche Grundlage beschreiten können. Denn ein vorzeitiges Wandel- oder Optionsrecht wäre rechtlich nur nach der Ankündigung der geplanten Kapitalerhöhung, aber vor dem eigentlichen Kapitalerhöhungsbeschluss sinnvoll möglich; von diesem Zeitpunkt an wären nämlich bereits die konkurrierenden Bezugsrechte der Altaktionäre entstanden und eine Bedienung der Wandel- oder Optionsanleihegläubiger nur unter Ausschluss des

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Gallego Sánchez Erwerbsrecht S 158 ff; Hüffer 9 § 221 Rdn 61 f (zu Wandel- und Optionsanleihen), 66 ff (zu Genussrechten); MK-Habersack3 § 221 Rdn 271 ff; MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 70 ff; dazu auch Zöllner ZGR 1986, 288 ff. OLG Stuttgart AG 1995, 329, 330 (Südmilch) (für Umwandlung von Vorzugsaktien ohne Stimmrecht in Stammaktien). Hüffer 9 § 221 Rdn 62; KK-Lutter 2 § 221

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Rdn 126, (zu Genussrechten) 395; MK-Habersack3 § 221 Rdn 288, 293, 314; Schumann Optionsanleihen S 177. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 126, (zu Genussrechten) 395; MK-Habersack3 § 221 Rdn 293, (zu Genussrechten) 302. So Hüffer 9 § 221 Rdn 61 (für Wandel- und Optionsanleihen). KK-Lutter 2 § 221 Rdn 271 (zu Genussrechten).

Heribert Hirte

§ 221

Fünfter Unterabschnitt

Bezugsrechts der Aktionäre möglich, während andererseits vor einer verbindlichen Beschlussfassung die Bedienung von Drittrechten nicht unproblematisch ist.535 1. Gesetzliche Lage

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a) Verschmelzung und Umwandlung. Eindeutig durch das Gesetz geregelt ist der Fall der Verschmelzung durch Aufnahme oder Neugründung. Hier hat im Fall einer Verschmelzung durch Aufnahme die übernehmende Gesellschaft nach § 23 UmwG „gleichwertige Rechte in dem übernehmenden Rechtsträger zu gewähren“. Damit wird das für den Aktienumtausch maßgebliche Wertverhältnis auf Schuldverschreibungen übertragen.536 Allerdings begründet § 23 UmwG nur einen schuldrechtlichen Anpassungsanspruch, verzichtet also im Hinblick auf die Komplexität der anzustellenden Überlegungen und Bewertungen auf einen unmittelbar kraft Gesetzes wirksam werdenden Ausgleich.537 Für den Fall der Verschmelzung durch Neugründung gilt dies entsprechend (§ 36 Abs 1 S 1 UmwG). Die Gleichwertigkeit wird dabei nicht dadurch beeinträchtigt, dass im anderen oder im aufnehmenden Rechtsträger schon Rechte gleichen Inhalts vorhanden sind, die nach der Verschmelzung mit den neuen Rechten gleichrangig sind; denn dies ist eine jeder Verschmelzung immanente Rechtsfolge, die auch von den Inhabern von Sonderrechten iSv § 23 UmwG hinzunehmen ist. Hier kommt Gläubigerschutz lediglich im Einzelfall nach § 22 UmwG in Betracht. Nach dem Rechtsgedanken des § 29 Abs 1 nF („kaltes Delisting“) ist eine Gleichwertigkeit aber in jedem Fall zu verneinen, wenn die Zielgesellschaft der Verschmelzung zwar eine Aktiengesellschaft ist, aber nicht börsennotiert ist; hier ist daher in jedem Fall zusätzlich eine Abfindung anzubieten (zum Delisting im Übrigen u Rdn 190). In Fällen der Spaltung einschl der Ausgliederung kommt über § 125 S 1 UmwG ebenfalls § 23 UmwG zum Zuge;538 wird die Ausgliederung im Wege der Einzelrechtsnachfolge vollzogen, sind die Schuldverschreibungs-(oder Genussrechts-)bedingungen entsprechend anzupassen.539 Auch bei einer formwechselnden Umwandlung kann nach § 204 iVm § 23 UmwG eine Anpassung der Anleihebedingungen erforderlich werden. Bei der Umwandlung in eine andere Rechtsform als die Aktiengesellschaft, KGaA oder SE richtet sich das Wandel- oder Bezugsrecht auf Verschaffung von Anteilen an der neuen Gesellschaft, etwa einer GmbH oder einer (Publikums-)Personengesellschaft, nach deren Recht (dazu auch o Rdn 9).540 Hat die Gesellschaft, in die umgewandelt wird, keine fungiblen Anteile, so erlischt das Wandel- oder Bezugsrecht.541

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KK-Lutter 2 § 221 Rdn 128. Vgl (allgemein) Hüffer 9 § 221 Rdn 69; Prosser Anlegerschutz S 266 ff (abw aber S 246 ff für Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechte); (zu Genussscheinen) Frantzen Genußscheine S 273 ff; Heeren Kapitalgeberschutz S 309 ff; Hirte ZIP 1988, 477, 487; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 400 (zu Genussrechten); van Look in: Bundschuh ua (Hrsg), Recht und Praxis der Genußscheine, S 35, 40; UH Schneider FS Goerdeler, S 511, 529; Schürnbrand ZHR 173 (2009), 689, 693 ff; abw noch (allgemein) Schilling Voraufl Anm 7 Abs 1. Vgl früher schon Loos DB 1960, 515, 545. Ausf Schürnbrand ZHR 173 (2009), 689, 692, 702 ff.

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Heeren Kapitalgeberschutz S 314 ff; MKHabersack3 § 221 Rdn 316, 322; abw bzgl der Ausgliederung Prosser Anlegerschutz S 279 („entgegen § 23 UmwG keine gleichwertigen Rechte im übernehmenden Rechtsträger“). Frantzen Genußscheine S 249 ff; MKHabersack3 § 221 Rdn 322. Frantzen Genußscheine S 275 f; von Gleichenstein AG 1964, 141, 146; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 401 (zu Genussrechten); van Loos DB 1960, 515, 545; Ziebe DStR 1991, 1594, 1596 (zu Genussrechten). Vgl Schilling Voraufl § 221 Anm 7 Abs 1; Wehler/Niethammer DB 1959, 615, 616, die ein Erlöschen bei jeder Umwandlung in eine GmbH annehmen wollen (und damit selbst-

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

§ 221

In jedem Fall der Umwandlung in eine Nicht-Aktiengesellschaft entfällt allerdings die Absicherung der Wandel- und Bezugsrechte durch das bedingte Kapital.542 Der Anleihegläubiger hat in diesen Fällen einen Ausgleichsanspruch nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage.543 Der Höhe nach bestimmt er sich nach dem Unterschied zwischen dem (Börsen-)Wert der Wandel- oder Optionsanleihen und dem Wert der einzutauschenden Aktie unter Berücksichtigung evtl barer Zuzahlungen. Der Wert der Aktien bestimmt sich nach § 375 Abs 1 S 1 iVm § 320 Abs 5 S 5 bzw § 12 UmwG nach der Vermögens- und Ertragslage im Zeitpunkt der Umwandlung. Die im Rahmen der Umwandlung erforderliche Offenlegung der anzupassenden gewinnbezogenen Schuldtitel nach § 5 Abs 1 Nr 7 UmwG kann, insbesondere bzgl der Einzelheiten, dann eingeschränkt werden, wenn dadurch bis dahin vertrauliche Verträge offenzulegen wären.544 Im Falle der Vermögensübertragung gewährt das Umwandlungsrecht einen Anspruch auf Barabfindung (§ 176 Abs 2 UmwG, auf den für sämtliche Formen der Vermögensübertragung verwiesen wird). b) Liquidation. Das Auflösungsrecht der Gesellschaft berührt den Bestand von Gläu- 177 bigerrechten grundsätzlich nicht. Die entsprechenden Ansprüche sind daher nach § 268 Abs 1 S 1 zu befriedigen.545 Die Ausübung des Wandel-/Bezugsrechts ist jedoch mit dem Liquidationszweck wegen – im Wesentlichen – fehlender effektiver Kapitalzufuhr nicht vereinbar und daher nicht mehr möglich.546 Entsteht dem Gläubiger dadurch ein Nachteil, so ist ihm auch hier nach den Regeln über den Wegfall der Geschäftsgrundlage neben dem Anspruch aus der Obligation ein Ausgleich zu gewähren.547 Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die Gesellschaft trotz guter Ertragslage liquidiert wird, was der Wandelgläubiger aus eigenem Recht nicht verhindern kann (zur Insolvenz u Rdn 206). c) Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln. Die Kapitalerhöhung aus Gesellschafts- 178 mitteln soll nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 216 Abs 3 die vertraglichen Beziehungen zu Dritten in ihrem „wirtschaftlichen Inhalt“ nicht berühren. Dies bedingt – ähnlich § 23 UmwG – ex lege eine Anpassung der Anleihebedingungen entsprechend der Grundkapitaländerung, was den Wert der Umtausch-/Bezugsrechte angeht (dazu auch o § 216 Rdn 77).548 Bei Genussrechten gilt dies nur dann und so weit, wie diese an den

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verständlich auch bei einer Umwandlung in eine Personengesellschaft). Vgl von Gleichenstein AG 1964, 141, 146; Loos DB 1960, 515, 545. Vgl für Genussscheine van Look in: Bundschuh ua (Hrsg), Recht und Praxis der Genußscheine, S 35, 40; für Anleihen abw Loos DB 1960, 515, 545; Schilling Voraufl § 221 Anm 8; Wehler-Niethammer DB 1959, 615, 617: positive Vertragsverletzung hinsichtlich des Bezugsrechts bei einer Optionsanleihe und Schadenersatz wegen Nichterfüllung hinsichtlich des Wandelrechts bei der Wandelanleihe. Schürnbrand ZHR 173 (2009), 689, 692, 704 f. MK-Habersack3 § 221 Rdn 314. Hüffer 9 § 221 Rdn 69; MünchHdb AGKrieger 3 § 63 Rdn 23; abw BGHZ 24, 279, 286; Baumbach/Hueck13 § 192 Anm 10;

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Loos DB 1960, 515, 544; MK-Habersack3 § 221 Rdn 315; Schilling Voraufl § 221 Anm 7 Abs 1; wohl auch KK-Lutter 2 § 221 Rdn 134 (der sich für ein vorzeitiges Wandelrecht ausspricht). IE ebenso MK-Habersack3 § 221 Rdn 315, wenn er es für zulässig hält, das von ihm primär favorisierte vorzeitige Umtauschoder Bezugsrecht durch eine gleichwertige Schutzvorkehrung zu ersetzen. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 122, (für Genussrechte) 382; Loos DB 1960, 515, 544; MK-Habersack3 § 221 Rdn 304 (zu Genussrechten); Spindler/Stilz/Seiler 2 § 221 Rdn 156; ebenso für Genussrechte UH Schneider FS Goerdeler, S 511, 516; sowie im Ergebnis van Look in: Bundschuh ua (Hrsg), Recht und Praxis der Genußscheine, S 35, 44, der jedoch Wegfall der Geschäftsgrundlage annimmt.

Heribert Hirte

§ 221

Fünfter Unterabschnitt

Gewinn anknüpfen, nicht also (mangels Schutzbedürftigkeit) bei einem festen Zinsanspruch, der lediglich aus Jahresüberschuss oder Bilanzgewinn zu bedienen ist.549 Auch bei einer Gewinnbeteiligung, die nach einer Quote festgelegt ist, ergibt sich kein Anpassungsbedarf.550 Durch die Anpassung unrichtig gewordene Urkunden können neu ausgegeben oder berichtigt werden; eine eventuell erforderliche oder für notwendig gehaltene Neuausgabe von Urkunden setzt weder einen Hauptversammlungsbeschluss nach 1 (bzw für Genussscheine nach Abs 3) voraus, noch begründet sie ein Bezugsrecht nach Abs 4.551 Ein zur Absicherung der Wandel- oder Optionsrechte geschaffenes bedingtes Kapital 179 erhöht sich nach § 218 S 1 ex lege im gleichen Verhältnis wie das Grundkapital (dazu o § 218 Rdn 6 ff). Bei einer Bedienung der Wandel- oder Optionsrechte mit jungen Aktien, also vor allem aus einem bedingten Kapital, kann eine Anpassung des Umtauschverhältnisses nach § 216 Abs 3 S 1 allerdings dazu führen, dass im Falle einer Ausübung des Wandel- oder Optionsrechts der geringste Ausgabebetrag nach § 9 Abs 1 nicht mehr durch Hingabe der Anleihe erreicht wird. Dem trägt § 218 S 2 Rechnung, nach dem bei Wandelanleihen für diesen Betrag eine Sonderrücklage zu bilden ist, wenn die entsprechenden Beträge nicht durch in den Anleihebedingungen vorgesehene Zuzahlungen gedeckt werden können (zu Einzelheiten o § 218 Rdn 16 ff). Für Optionsanleihen und nackte Optionsrechte gilt die Norm entsprechend (o § 218 Rdn 25 ff). Die automatische (prozentuale) Anpassung des Umtauschverhältnisses kann aller180 dings zu „ungeraden“ Zahlenverhältnissen führen mit der Folge, dass ein Wandel- oder Optionsanleihegläubiger einen Bruchteil einer Aktie verlangen könnte. Obwohl hier eine dem § 213 entsprechende Vorschrift fehlt, wird man auch hier einen auf einen Aktienbruchteil gerichteten Anspruch annehmen müssen.552 Ausgeübt werden können solche Ansprüche entsprechend § 213 Abs 2 aber erst, wenn sich die Teilrechte, die zusammen eine Aktie ergeben, in einer Hand vereinigen oder sich mehrere Berechtigte zur gemeinsamen Ausübung ihrer Rechte zusammenschließen (dazu näher o § 213 Rdn 17 ff).553

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d) Kapitalerhöhung gegen Einlagen. Bei der Kapitalerhöhung gegen Einlagen hat man früher keine Notwendigkeit zur Anpassung von Schuldverschreibungen gesehen.554 Richtiger erscheint es jedoch, aus § 216 Abs 3 AktG, § 23 UmwG einen allgemeinen Rechtsgedanken des Inhalts abzuleiten bzw eine ergänzende Vertragsauslegung555 dergestalt vorzunehmen, dass die Wandelgläubiger vor vermögensmäßiger Verwässerung geschützt sein sollen.556 Dies entspricht zudem der gesetzlichen Lage in den meisten

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KK-Lutter 2 § 221 Rdn 382; MK-Habersack3 § 221 Rdn 303. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 382. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 384 (zu Genussrechten). KK-Lutter 2 § 216 Rdn 25 aE, 218 Rdn 3 aE; MK-Arnold 3 § 216 Rdn 60. MK-Arnold 3 § 216 Rdn 60 aE. Vgl für Genussscheine RGZ 83, 295, 298; BGHZ 28, 259, 277 (Harpener Bonds); Schilling Voraufl § 221 Anm 8 Abs 1; vgl jedoch schon Meyer BB 1955, 549, 551. Für einen Verwässerungsschutz bei Kapitalerhöhungen über eine ergänzende Vertragsauslegung KK-Lutter 2 § 221 Rdn 124;

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MK-Habersack3 § 221 Rdn 291; MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 22. So (vor allem zu Genussscheinen) LG Frankfurt/Main Konzern 2011, 118, 123 Tz 81 (für Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages; Commerzbank); Ernst AG 1967, 75, 80; Gallego Sánchez Erwerbsrecht S 179 ff (aus § 242 BGB); Habersack ZHR 155 (1991), 378, 389; Heidel/Radlmayr 3 § 221 Rdn 42; Hirte ZIP 1988, 477, 487; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 124, 390 ff (für Genussrechte; allgemeine Grundsätze unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 216 Abs 3); Köhler AG 1984, 197, 198 ff; Koppensteiner

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

§ 221

anderen EG-Ländern (o Rdn 41 ff). Eine Verwässerung wird sich immer dann ergeben, wenn die Gesellschaft – wie aus Gründen leichterer Platzierung üblich – junge Aktien unter ihrem inneren Wert ausgibt. Den Wandelgläubigern ist dann ein vermögensmäßiger Ausgleich zu gewähren, der sich in der Höhe an den rechnerischen Wert des Bezugsrechts anlehnen kann (dazu näher u Rdn 192 f).557 Voraussetzung für eine Anpassung des Wandel- oder Optionsverhältnisses ist aber, dass die Kapitalerhöhung unter Wahrung des Bezugsrechts durchgeführt wird. Denn der Verwässerungsschutz dient der Gleichstellung der Wandel- und Optionsgläubiger mit den Aktionären, und er kann dementsprechend nicht weiter reichen, als der Schutz der Aktionäre reicht.558 Ein Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre auf neu auszugebende Aktien durch die Gesellschaft kann von Seiten der Wandelgläubiger andererseits wegen ihrer bloßen Gläubigerrolle nicht zur Überprüfung gestellt werden (o Rdn 174). Sollte dieser unberechtigt sein, kommen insoweit allenfalls (zusätzliche) Schadenersatzansprüche in Betracht (vgl Rdn 197). Statt eines vermögensmäßigen Ausgleichs in Form einer Herabsetzung des Wand- 182 lungs-/Optionspreises kann den Wandel- oder Optionsanleihegläubigern allerdings auch ein Bezugsrecht auf die jungen Aktien gewährt werden.559 Die Einräumung eines Bezugsrechts trägt der Rolle der Wandel- und Optionsgläubiger als zukünftiger potentieller Aktionäre stärker Rechnung, eine Rolle, wie sie auch in der Zweiten (Kapitalschutz-) Richtlinie der EG und – jedenfalls früher – in mehreren ausländischen Rechtsordnungen zum Ausdruck gebracht wird bzw wurde (s o Rdn 28, 54 f). Danach sind Wandel- oder

ZHR 139 (1975), 191, 197 ff (zu Tantiemen); van Look in: Bundschuh ua (Hrsg), Recht und Praxis der Genußscheine, S 35, 45; H Meilicke BB 1963, 500, 501; MKHabersack3 § 221 Rdn 289 ff; UH Schneider FS Goerdeler, S 511, 516; Schürnbrand ZHR 173 (2009), 689, 691 f (allerdings gegen schematische Übertragung der § 216 Abs 3, § 23 UmwG); Sethe AG 1993, 351, 364 (zur Parallelfrage bei Genussscheinen); Vollmer ZGR 1983, 445, 465; Zöllner ZGR 1986, 288, 296 ff (zu Tantiemen); wohl auch Claussen FS Werner, S 81, 95. Abw Georgakopoulos ZHR 120 (1957), 84, 171 ff; A Hueck DB 1963, 1347, 1348 ff; Hüffer 9 § 221 Rdn 63 (nur allgemeine Gerechtigkeitsvorstellung), 67 (ebenso für Genussrechte); MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 22; Schön JZ 1993, 925, 932; Schumann Optionsanleihen S 169 f, 1765 ff; sowie Loos DB 1960, 515, 517 f und Wilker, Umtauschrecht der Wandelschuldverschreibungsgläubiger, S 129 ff, 180 ff (Notwendigkeit eines gesetzlich angeordneten vorzeitigen außerordentlichen Umtauschrechts), die daher aber teilweise für entsprechende vertragliche Gestaltungen plädieren; gänzlich abw Bürgers/Körber/Stadler 2 § 221 Rdn 128 (für Belastung der Gläubiger mit Verwässerungsrisiko); offenlassend BGHZ

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119, 305, 323 = ZIP 1992, 1542, 1548 (Klöckner); allgemein Kallrath Inhaltskontrolle S 164 ff, 169 f. Frantzen Genußscheine S 263 ff; Hüffer 9 § 221 Rdn 66; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 123 (in Extremfällen für Nichtigkeit der Kapitalerhöhung), 392 (zu Genussrechten; primär Bezugsrecht); MK-Habersack3 § 221 Rdn 289 ff sowie zu Genussrechten Rdn 306 ff; MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 70; Schön JZ 1993, 925, 933 (zu Genussrechten); Sethe AG 1993, 351, 364 (zur Parallelfrage bei Genussscheinen); ic verneinend (mit Blick auf den konkreten Einzelfall [vereinfachte Kapitalherabsetzung mit anschließender Kapitalerhöhung] OLG Stuttgart AG 1995, 329, 332 (Südmilch); LG Stuttgart WM 1994, 1846, 1848 (Südmilch). – Zum Wert des Bezugsrechts aus einer Wandel- oder Optionsanleihe Welcker Wandelobligationen S 21 ff. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 133. Hüffer 9 § 221 Rdn 66 aE; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 124, 127, (zu Genussrechten) 392 f; MK-Habersack3 § 221 Rdn 110 (zur Parallelfrage bei Genussrechten), 295 ff (unter Hinweis auf weitere Folgeprobleme); Sethe AG 1993, 351, 364, 367 (zur Parallelfrage bei Genussscheinen).

Heribert Hirte

§ 221

Fünfter Unterabschnitt

Optionsanleihegläubiger bei Kapitalveränderungen in der Optionsrechtsgesellschaft grundsätzlich so zu behandeln, als wären sie im Zeitpunkt der betreffenden Kapitalmaßnahme bereits Aktionäre. Allerdings hat der EuGH die frühere Regelung des spanischen Rechts, die ein solches Bezugsrecht ausdrücklich vorsah, für mit Art 29 Abs 1 und 6 der Zweiten (Kapitalschutz)Richtlinie der EG unvereinbar erklärt, weil diese nur Aktionären ein Bezugsrecht einräume.560 Vor diesem Hintergrund wird man die Gewährung eines effektiven Bezugsrechts an Wandel- und Optionsanleihegläubiger bei Kapitalerhöhungen jedenfalls nicht (mehr) als zwingende Form des Verwässerungsschutzes ansehen können. Das gilt erst recht für börsennotierte Gesellschaften, wo die Praxis schon heute überwiegend vorsieht bzw gestattet, statt des Bezugsrechts einen Barausgleich vorzusehen (vgl vor allem zur Rechtslage in Frankreich o Rdn 44). Ungeachtet dessen würde die Bedienung der sich aus einem solchen Bezugsrecht ergebenden Bezugsrechte von Wandel- oder Optionsanleihegläubigern zur Konkurrenz mit den Bezugsrechten der Aktionäre führen. Sie kann entweder in der Weise gelöst werden, dass das Bezugsrecht der Aktionäre insoweit ausgeschlossen wird, als es zur Bedienung der Bezugsrechte der Wandel- oder Optionsanleihegläubiger notwendig ist. Ein solcher Bezugsrechtsausschluss dürfte auch heute noch zulässig sein, obwohl der EuGH eine entsprechende gesetzliche Regelung für nicht mit europäischem Recht vereinbar angesehen hat; denn er hat durchaus zugestanden, dass den Interessen der Wandel- oder Optionsanleihegläubiger damit besser als mit einem bloßen Barausgleich gedient wäre,561 allerdings den Schutz der (Alt-)Aktionäre diesem gegenüber für vorrangig angesehen.562 Dementsprechend ist es nicht ausgeschlossen, dass die Aktionäre (und nicht der Gesetzgeber) in Abwägung aller Umstände einen solchen Ausschluss der Bezugsrechts beschließen oder zu ihm ermächtigen. Mit Blick auf § 187 ist ein solcher Bezugsrechtsausschluss aber auch erforderlich, weil den Wandeloder Optionsanleihegläubigern sonst keine verbindliche Bezugsrechtszusage gemacht werden kann; denkbar ist hierfür auch ein zu diesem Zweck geschaffenes besonderes bedingtes Kapital.563 Die im Falle der Nicht-Einräumung eines Bezugsrechts gegenüber den Wandel- oder Optionsanleihegläubigern unter Umständen (aus Vertrag) entstehenden Schadenersatzpflichten sprechen zusätzlich für eine solche Absicherung;564 umgekehrt sprechen die Schwierigkeiten einer effektiven Absicherung der Bezugsrechte ebenso wie die Unsicherheit, ob zu diesem Zweck ein Bezugsrechtsausschluss vor dem Hintergrund der EuGH-Judikatur überhaupt noch zulässig ist, dafür, in jedem Falle zumindest hilfsweise auch eine Anpassung der Bezugsbedingungen vorzusehen (u Rdn 192 f).565 Statt eines Bezugsrechtsausschlusses kommt allerdings auch – ähnlich wie bei der Aufteilung von Bezugsrechten bei Existenz mehrerer Aktiengattungen – eine unmittelbare Zuteilung eines Teils der jungen Aktien an die Wandel- oder Optionsanleihegläubiger in Betracht.566 In jedem Fall hat die Festsetzung eines etwaigen Bezugsverhältnisses dabei

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EuGH Slg I-10139 = EuZW 2009, 552 = NZG 2009, 187 Tz 38 ff (Kommission/ Königreich Spanien). Dazu Hirte WM 1994, 321, 322; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 66, 127; abw Schumann Optionsanleihen S 168 f, 176 ff; nach Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 11 ein Problem von erheblicher Bedeutung. EuGH, ebda. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 127; MK-Habersack3 § 221 Rdn 296.

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KK-Lutter 2 § 221 Rdn 127. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 133. Dazu ausführlich für das Verhältnis von Stammaktien und Vorzugsaktien ohne Stimmrecht Frey/Hirte DB 1989, 2465, 2466 f; ebenso für Genussscheine Sethe AG 1993, 351, 364; ähnlich Wilker, Umtauschrecht der Wandelschuldverschreibungsgläubiger, S 129 ff, 180 ff (gesetzlich angeordnetes vorzeitiges außerordentliches Umtauschrecht).

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entsprechend dem Kapitalanteil des potentiell zu erwerbenden Kapitals zu erfolgen. Hat das Bezugsrecht der Wandel- oder Optionsanleihegläubiger auf junge Aktien einen hohen Wert, während der als Alternative in Betracht zu ziehende Verwässerungsausgleich sehr gering ausfällt, spricht viel für eine unkorrekte Festsetzung des Bezugsverhältnisses.567 Denkbar ist schließlich, dass ähnlich wie bei der Existenz mehrerer Aktiengattungen 183 das Aktienkapital erhöht und zugleich und im gleichen Umfang neues Optionskapital in Verbindung mit einer Anleihe ausgegeben wird. In diesem Falle wäre es auch möglich, nur ein Gattungsbezugsrecht zu gewähren: die Aktionäre erhalten nur junges Kapital und die Optionäre die neue Optionsanleihe.568 e) Ausgabe neuer Wandel- oder Optionsanleihen. Schwieriger ist die Lage bei einer 184 Ausgabe neuer Wandel- oder Optionsanleihen oder – was dem gleichzustellen ist569 – der Schaffung (neuer) isolierter Bezugsrechte. Da § 221 Abs 4 nur den Aktionären ein Bezugsrecht auf neue Wandel- oder Optionsanleihen einräumt,570 würde die gleichzeitige Gewährung von Bezugsrechten auch an Wandelgläubiger oder Optionsberechtigte zu konkurrierenden Bezugsrechten führen. Den Wandelgläubigern oder Optionsberechtigten können daher bei einer weiteren Schuldverschreibungs- oder Bezugsrechtsemission Bezugsrechte nur vertraglich unter dem Vorbehalt eingeräumt werden, dass entweder die Hauptversammlung das Bezugsrecht der Aktionäre ausschließt oder diese ein ihnen zustehendes Bezugsrecht nicht (vollständig) ausüben.571 Eine solche Zusage allein würde nicht gegen § 187 verstoßen; doch ist eine Bindung der späteren Hauptversammlung – auch mittelbar über Schadenersatzansprüche – nicht möglich.572 Abgesichert werden können solche Bezugsrechte daher auch hier nur, indem die Hauptversammlung dafür bereits bei der Anleiheemission ein besonderes bedingtes Kapital unter Ausschluss des Bezugsrechts der übrigen Aktionäre schafft;573 ein solcher Ausschluss des Bezugsrechts wäre zulässig (vgl zuvor Rdn 182).574 Können die Wandelgläubiger oder Optionsberech-

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Insoweit ist Schumann Optionsanleihen S 185, zuzustimmen, wenn er in den in Fn 56 genannten Fällen die Gewährung eines Bezugsrechts kritisiert; nur wäre der Ansatzpunkt nicht das Bezugsrecht als solches, sondern das richtige Bezugsverhältnis gewesen; zu diesem Problem im Verhältnis zu Vorzugsaktien ohne Stimmrecht Frey/Hirte DB 1989, 2465, 2468. Claussen AG 1991, 441, 443 f (Urteilsanmerkung) (zu Genussscheinen); für Kapitalerhöhungen allgemein Frey/Hirte DB 1989, 2465 ff; abw Knauth DZWir 1993, 97, 100 (für die Parallelfrage bei Genussscheinen). MK-Habersack3 § 221 Rdn 287, 312. Auch insoweit betont von EuGH Slg I-10139 = EuZW 2009, 552 = NZG 2009, 187 Tz 38 ff (Kommission/Königreich Spanien). Vgl Hirte ZIP 1988, 477, 487; Hüffer 9 § 221 Rdn 62; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 392 (zu Genussrechten); Loos DB 1960, 515, 517; Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua

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(Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 24; Sethe AG 1993, 351, 364; ders AG 1994, 342, 349 f (zur Parallelfrage bei Genussscheinen). In diese Richtung auch manche Genussscheinbedingungen, die das Problem gesehen haben; vgl Pougin Genußrechte S 58 f; sowie Ernst AG 1967, 75, 80; unklar UH Schneider FS Goerdeler, S 511, 522. Vgl Georgakopoulos ZHR 120 (1957), 84, 173; A Hueck DB 1963, 1347, 1349; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 127, (zu Genussrechten) 397; Loos DB 1960, 515, 517; Meyer BB 1955, 549, 551; Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 24; abw (Schadenersatzansprüche möglich) MK-Habersack3 § 221 Rdn 294. Vgl Loos DB 1960, 515, 548. Sethe AG 1994, 342, 349 f; abw Schumann Optionsanleihen S 192 f; vgl auch Schlede/ Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 11.

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tigten kein Bezugsrecht erhalten, steht ihnen wiederum entsprechend § 216 Abs 3, § 23 UmwG ein vermögensmäßiger Ausgleich zu.575 Voraussetzung ist dabei natürlich, dass ihr Bezugsrecht durch die Ausgabe neuer Wandel- oder Optionsanleihen oder von isolierten Optionsrechten wertmäßig beeinträchtigt wurde.576

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f) Kapitalherabsetzung. Im Falle einer Kapitalherabsetzung wurde früher ebenfalls die Ansicht vertreten, Wandel-/Umtauschrechte würden dadurch nicht berührt.577 Aus § 216 Abs 3 AktG, § 23 UmwG ist jedoch auch hier eine Anpassungspflicht abzuleiten.578 So wie die Wandelgläubiger an einer positiven Entwicklung der Aktie teilhaben, müssen sie auch an einem Kapitalschnitt beteiligt werden. Wirtschaftlich wird die Wandel- oder Optionsanleihe dabei in ihre beiden Anteile aufgespalten; während das reine Gläubigerrecht der Obligation unberührt bleibt, nimmt der vom Aktienwert bestimmte spekulative Wert des Wandel-/Bezugsrechts an der Entwicklung der Aktie teil. Vorsorglich sollte indes die Anpassung der Wandelrechte in die Anleihebedingungen aufgenommen werden. Diese Überlegungen gelten uneingeschränkt freilich nur für eine nominelle Kapital186 herabsetzung, so wie spiegelbildlich für den Fall der Kapitalerhöhung die Anpassungspflicht unstreitig wegen § 216 Abs 3 nur im Fall der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln angenommen wird. Bei der effektiven Kapitalherabsetzung kommt es demgegenüber – wie im Umkehrfall der effektiven Kapitalerhöhung (o Rdn 181) – darauf an, ob der Abfluss von Kapital beteiligungsproportional erfolgt.579 Ist dies der Fall, bedarf es weder einer Anpassung noch eines Ausgleichs (so wie im Falle der Kapitalerhöhung ein angemessener Ausgabekurs eine Benachteiligung – zumindest weitgehend – ausschließt).

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g) Konzernprobleme. Sonderprobleme des Verwässerungsschutzes tauchen bei der Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen durch Konzernunternehmen auf. Dabei wird man zunächst die Fälle ausgrenzen müssen, in denen das ausgebende Unternehmen schon bei der Begebung der Wandel- oder Optionsanleihe in einem Konzernverbund steht und dem Wandelgläubiger diese Tatsache bekannt ist. Dann nämlich bedarf es eines Schutzes für ihn nicht.580 Bei einer Beteiligung an einer Konzernobergesellschaft können sich Vermögensbeeinträchtigungen durch Kapitalerhöhung oder Rücklagenbildung in Tochtergesellschaften ergeben. Hier wird man den Wandelgläubigern ebenfalls in Anleh-

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Hirte ZIP 1988, 477, 487 (auch zur Rechtslage bei den Schweizer Partizipationsscheinen); KK-Lutter 2 § 221 Rdn 398 (zu Genussrechten); MK-Habersack3 § 221 Rdn 292 (auch zu den Berechnungsschwierigkeiten), 312 f; Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 24; UH Schneider FS Goerdeler, S 511, 518; Sethe AG 1993, 351, 363 f (zur Parallelfrage bei Genussscheinen); Wünsch FS Strasser I, S 871, 881. Zu verneinen im Rahmen der Parallelfrage bei Genussscheinen etwa, wenn neu ausgegebene Genussscheine den vorhandenen bei der Gewinnverteilung nachgeordnet werden: Sethe AG 1993, 351, 364. Schilling Voraufl § 221 Anm 6 Abs 3; A Hueck DB 1963, 1347, 1349; Meyer

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BB 1955, 549, 550; so auch heute noch Heidel/Radlmayr 3 § 221 Rdn 43. Emde DB 1989, 209, 212 f; Gallego Sánchez Erwerbsrecht S 182 f; Hirte ZIP 1991, 1461, 1465; Hüffer 9 § 221 Rdn 62; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 136, (zu Genussrechten) 399; MK-Habersack3 § 221 Rdn 309 (der allerdings primär eine Anpassung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung favorisiert); Rid-Niebler Genußrechte S 111 ff; Vollmer ZGR 1983, 445, 465 f; ebenso bereits H Meilicke BB 1963, 500, 501. Zutreffend MK-Habersack3 § 221 Rdn 310 f. Ebenso für Genussscheine UH Schneider FS Goerdeler, S 511, 523 f; Schürnbrand ZHR 173 (2009), 689, 693, 707.

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nung an § 216 Abs 3 unter denselben (streitigen) Voraussetzungen einen Ausgleichsanspruch gewähren müssen, unter denen einem Aktionär bei entsprechender Sachlage Anfechtungsrechte zustehen.581 Gerät das Unternehmen (nachträglich) in die Abhängigkeit, so gleicht die Stellung der Wandelgläubiger beim Abschluss eines Unternehmensvertrages derjenigen der außenstehenden Aktionäre. Wurde den Aktionären hier ein fester Ausgleich (§ 304 Abs 2 S 1) geboten, ist dieser auch den Schuldverschreibungsgläubigern einzuräumen. Im Falle eines variablen Ausgleichs sind die Schuldverschreibungsbedingungen nach § 304 Abs 2 S 2 und 3 an den Dividendensatz der Obergesellschaft anzupassen (dazu, und zu den ggf erforderlichen weiteren Anpassungsmaßnahmen, u § 304 Rdn 101 ff).582 Dabei ist es im Ergebnis ohne Bedeutung, ob man – wie hier – von einem unmittelbaren analogen Eingreifen von § 304 ausgeht oder – wie teilweise vertreten – diesen Rechtsgrundsatz als Maßstab für die Vertragsanpassung im Anschluss an einen hier anzunehmenden Wegfall der Geschäftsgrundlage (heute § 313 BGB) heranzieht.583 Freilich dürfte der unmittelbare Rückgriff auf § 304 deshalb zutreffender sein, weil die konzernrechtlichen Regelungen auch ohne den Umweg über das allgemeine Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (heute § 313 BGB) die in der Änderung des Verbandszwecks nach § 33 Abs 1 S 2 BGB – und damit einem Sonderfall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage – liegende Strukturänderung vorrangig erfassen.584 Zu-

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Vgl für Genussscheine Hirte ZIP 1988, 477, 487; enger MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 72; UH Schneider FS Goerdeler, S 511, 523 f; für Gleichbehandlung auch, freilich auf der Grundlage eines zT abweichenden Konzepts, MK-Habersack 3 § 221 Rdn 284, 322; abw Hüffer 9 § 221 Rdn 68 (denkbar: Ansprüche aus § 280 Abs 1 oder § 826 BGB); Prosser Anlegerschutz S 127 ff (lediglich Schadenersatzanspruch bei für das herrschende Unternehmen schädlicher Weisung/Veranlassung). So zu Genussscheinen Hirte ZIP 1988, 477, 488; sowie Emmerich, in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht 6 § 304 AktG Rdn 14a („zu erwägen“); Hirte/Hasselbach unten § 304 Rdn 147; Hüffer 9 § 221 Rdn 68a; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 404; Konzen RdA 1984, 65, 80 ff; Luttermann Unternehmen, Kapital und Genußrechte S 538; MK-Habersack3 § 221 Rdn 320 (ohne auf die genaue Art des Ausgleichs einzugehen); Schürnbrand ZHR 173 (2009), 689, 707 f; Sethe AG 1993, 351, 366 f; Vollmer ZGR 1983, 445, 467; wohl auch Koppensteiner ZHR 139 (1975), 191, 192; Spindler/Stilz/Veil2 § 304 Rdn 14, der eine entsprechende Anwendung von § 304 dann in Betracht zieht, wenn „vertragliche Vereinbarungen oder Schadenersatzpflichten nicht ausreichend sind“; für Gesamtanalogie zu §§ 216 Abs 3 S 1, 347a AktG aF (heute § 23 UmwG), § 13 Abs 3 KapErhG aF

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Thielemann Das Genußrecht als Mittel der Kapitalbeschaffung und der Anlegerschutz, S 177; abw LG Frankfurt/Main Konzern 2011, 118, 123 Tz 82 f (Commerzbank): stattdessen Vertragsanpassung, die anders als ein Ausgleich analog § 304 auch spätere tatsächliche Veränderungen in Form der Banken- und Finanzkrise berücksichtigen darf (Tz 97 ff); Schäfer ZHR 175 (2011), 319, 334 f (für Genussscheine, die nach § 10 Abs 4, 5 KWG eine vertraglich begründete Verlustbeteiligung voraussetzen). So (vor Einführung des § 313 BGB) Frantzen Genußscheine S 284; Kallrath Inhaltskontrolle S 180; Prosser Anlegerschutz S 154 ff (zu Genussscheinen; für Wandel- und Optionsanleihegläubiger sollen demgegenüber §§ 304, 305 eingreifen, wobei die Frist nach § 305 Abs 4 erst ab dem erstmöglichen Wandel-/Bezugszeitpunkt beginnen können soll [S 203 ff]); UH Schneider FS Goerdeler, S 511, 526; Sethe AG 1993, 351, 366 (Fn 359); ebenso nach Einführung von § 313 BGB Lindemann, Gewinnabhängige Ansprüche im Konzern, S 66 f. Exner Beherrschungsvertrag und Vertragsfreiheit, 1984, S 44; Geßler/Hefermehl/ Geßler § 291 Rdn 20 ff (im Hinblick auf § 293 Abs 1 S 4 so nicht mehr in den von Altmeppen kommentierten späteren Auflagen); Hirte Kapitalgesellschaftsrecht6 Rdn 8.83; KK-Koppensteiner 3 Vorb § 291 Rdn 160 u 156; KK-Zöllner 2 § 179 AktG

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rückzuweisen ist demgegenüber der vor allem in der früheren Diskussion in bezug auf den Verwässerungsschutz teilweise vertretene Begründungsweg, hier nur eine Pflichtverletzung des einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag schließenden Emittenten gegenüber den Wandel- oder Optionsanleihe- bzw Genussrechtsgläubigern anzunehmen.585 Denn damit würde die vom Gesetz vorgezeichnete Regelung für einen Interessenausgleich in diesem Fall ignoriert.586 Ein Bedürfnis für eine Kündigung aus wichtigem Grund kann allerdings nicht gesehen werden.587 Denn das Austritts-/Abfindungsrecht des § 305, an das man sich dabei gedanklich anlehnt, ist (auch) Ausdruck des Verlustes an Mit-Einfluss, den die Gesellschafter beim Gang in die Abhängigkeit gewärtigen müssen.588 Für den nur vermögensmäßig beteiligten Wandelgläubiger (und entsprechend für einen Genussscheingläubiger) stellt sich dieses Problem nicht. Zudem ergäbe sich ein Wertungswiderspruch zu § 23 UmwG, der bei der mindestens ebenso einschneidenden Verschmelzung ein Austritts-/Abfindungsrecht ausschließt.589 Wird die Gesellschaft faktisch abhängig, greift der nur indirekt wirkende Schutzmechanismus der §§ 311 ff ein.590 Ein Kündigungsrecht steht dem Wandelgläubiger auch hier nicht zu. Im Falle der Eingliederung entfällt entsprechend dem Gedanken des § 23 UmwG der 188 Anspruch auf Einräumung von Aktien gegen die eingegliederte Gesellschaft; an dessen Stelle tritt analog §§ 320a und 320b ein äquivalenter Abfindungsanspruch gegen die Hauptgesellschaft.591 Denn ein weiter gegen die eingegliederte Gesellschaft gerichteter Anspruch würde zu dem mit dem Zweck der Eingliederung kaum zu vereinbarenden

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Rdn 124; Schindler Das Austrittsrecht in Kapitalgesellschaften, 1999, S 110 ff; Wiedemann Gesellschaftsrecht – Bd I, 1980, S 468 ff. So Geßler/Hefermehl/Geßler § 304 Rdn 28; Schmidt/Lutter/Stephan § 304 Rdn 68; Würdinger Voraufl § 291 Anm 48; ausführlich dazu (aber selbst dagegen) auch Lindemann Gewinnabhängige Ansprüche im Konzern, S 39 ff. Unentschieden, ob positive Vertragsverletzung oder Wegfall der Geschäftsgrundlage, aber gegen eine Analogie zu § 304 im Übrigen KK-Koppensteiner 3 § 304 Rdn 18; MK-Paulsen 3 § 304 Rdn 31 f; MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 72; Schenk, in: Heidelberger Kommentar zum Aktiengesetz § 304 Rdn 14. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 271 (zu Genussrechten); Prosser Anlegerschutz S 205 f. Ähnlich KK-Lutter 2 § 221 Rdn 404; MK-Habersack3 § 221 Rdn 320 (für Genussscheine); Schürnbrand ZHR 173 (2009), 689, 708; abw van Look in: Bundschuh ua (Hrsg), Recht und Praxis der Genußscheine, S 35, 41; MK-Habersack 3 § 221 Rdn 319 (ausschließlich für Anwendbarkeit von § 305 bei Wandel- und Optionsanleihen); Schäfer ZHR 175 (2011), 319, 334 f (für Anwendbarkeit von § 305

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Abs 2 Nr 3 [nicht Nr 1] statt § 304); UH Schneider FS Goerdeler, S 511, 526 f; Vollmer ZGR 1983, 445, 467. Vgl Hirte ZIP 1988, 477, 488 zum Parallelproblem bei Genussscheinen gegen UH Schneider FS Goerdeler, S 511, 527. Hüffer 9 § 221 Rdn 68a; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 403; MK-Habersack3 § 221 Rdn 321 (bei qualifiziert faktischer Konzernierung/ Nachteilszufügung für eine analoge Anwendung [nur] von § 304: Rdn 321 iVm Rdn 320); noch weitergehend (Anspruch auf Garantiedividende) Hirte ZIP 1988, 477, 488; UH Schneider FS Goerdeler, S 511, 527 f (vertragliche Schutzregelung in Anlehnung an § 305); Prosser Anlegerschutz S 141 f (für Genussscheine; wo er aber nur „punktuelle“ Ausgleichs- und Schadenersatzpflichten als gegeben ansieht); abw MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 72 (keine Ansprüche der Genussrechtsinhaber). BGH ZIP 1998, 560 f (Siemens/Nixdorf); im Anschluss an Martens AG 1992, 209, 211 ff (dem folgend KK-Lutter 2 § 221 Rdn 135); ebenso Heeren Kapitalgeberschutz S 248 ff; MK-Habersack 3 § 221 Rdn 318; Prosser Anlegerschutz S 238 ff; abw für Genussrechte Schürnbrand ZHR 173 (2009), 689, 705 f (dazu näher u Rdn 418).

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Ergebnis führen, dass durch Ausübung des Optionsrechts wegen § 327 Abs 1 Nr 3 die Eingliederung rückgängig gemacht werden könnte. Die Hauptgesellschaft ist andererseits jedenfalls berechtigt, zur Absicherung der nun von ihr zu erfüllenden Wandel- oder Optionsverpflichtungen ein bedingtes Kapital zu schaffen;592 ob insoweit auch eine Pflicht besteht, ist Gegenstand der Anleihebedingungen. Die gleichen Überlegungen gelten auch bei einem Squeeze out nach §§ 327a ff. An- 189 sprüche auf Umtausch in oder Bezug von Aktien der Gesellschaft erlöschen und wandeln sich im Falle der Ausübung des Rechts in einen äquivalenten Barabfindungsanspruch gegen den Hauptaktionär um.593 Hinsichtlich der Höhe der Abfindung spricht mehr dafür, die Bezugsberechtigten so zu stellen, als ob das Bezugsrecht im Zeitpunkt des Übertragungsbeschlusses ausgeübt worden wäre.594 h) Sonstige Maßnahmen. Richtet sich das Umtausch- oder Optionsrecht auf Vorzugs- 190 aktien ohne Stimmrecht (was möglich ist; o Rdn 102) und werden diese abgeschafft, sind wirtschaftlich gleichwertige Aktien zu gewähren, soweit dies die jetzige Fassung der Satzung zulässt.595 Entsprechend ist im Falle eines („heißen“) Delisting ein Barabfindungsanspruch zu gewähren, der die verschlechterte Handelbarkeit der Aktien ausgleicht, auf die sich das Wandel- oder Optionsrecht richtet596 (zum „kalten Delisting“ o Rdn 176). Im Falle sorgfaltswidriger Geschäftsführung steht schließlich auch den Gläubigern von Wandel- oder Optionsanleihen ein Schadenersatzanspruch in Geld unter denselben Voraussetzungen zu, unter denen er zugunsten von Genussscheingläubigern heute anerkannt ist; die Tatsache, dass sie nur eine Gläubigerstellung haben, steht dem nicht entgegen.597 Das gilt allerdings nicht für die Ausschüttungspolitik, wenn und weil die Gläubiger von Wandel- und Optionsanleihen durch Ausübung ihres Wandel- oder Optionsrechts ihnen etwa entstehende Nachteile ausgleichen könnten.598 2. Vertrag In den Anleihebedingungen können (und sollten) sowohl Einzelheiten des – nach hier 191 vertretener Auffassung – gesetzlich geschuldeten Verwässerungsausgleichs festgelegt werden.599 Es können aber auch andere Rechte und Verpflichtungen, die einem Ver592

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OLG München ZIP ZIP 1993, 1001, 1004 (Siemens/SNI); im Anschluss an Martens AG 1992, 209, 213 f (einen Zwang zur Schaffung eines bedingten Kapitals freilich verneinend); MK-Habersack3 § 221 Rdn 318. Handelsrechtsausschuss des DAV, NZG 2001, 420, 431 (nur bei Ausübung des Optionsrechts); Bürgers/Körber/Stadler 2 § 221 Rdn 33; Fleischer ZGR 2002, 757, 776 f; Heeren Kapitalgeberschutz S 258 ff; KK-WpÜG/Hasselbach2 Anh § 327e AktG Rdn 61 ff; Krieger BB 2002, 53, 61; MKHabersack3 § 221 Rdn 323; Schlitt/Seiler/ Singhof AG 2003, 254, 267 f. Für Bewertung aufgrund zwangsweiser Fälligstellung Engelhardt BKR 2008, 45, 47 ff; Vosssius ZIP 2002, 511, 513; abw (Abfindung nach dem rechnerischen Wert des Optionsrechts) Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 268.

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OLG Stuttgart AG 1995, 329, 330 (Südmilch); LG Stuttgart WM 1994, 1846, 1848 (Südmilch). Ebenso MK-Habersack3 § 221 Rdn 315 aE sowie (mit gewissen Einschränkungen) Heeren Kapitalgeberschutz S 270 ff; Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 267; Spindler/Stilz/Seiler 2 § 221 Rdn 164. Heeren Kapitalgeberschutz S 162 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 274 f. Zutreffend MK-Habersack3 § 221 Rdn 286. MK-Habersack3 § 221 Rdn 293, 300 f, (zu Genussrechten) 308; Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 11 halten dies für zwingend; enger Hüffer 9 § 221 Rdn 62 mit Blick auf die Dispositivität von § 216 Abs 3 (zu deren – auch AGB-mäßigen – Grenzen allerdings abw o § 216 Rdn 61 ff).

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wässerungsschutz dienen, vertraglich festgelegt werden, wobei die Grenze zur ergänzenden Vertragsauslegung oftmals fließend ist. Führen sie zum Erfolg, kommt der aus dem Gesetz abgeleitete Verwässerungsschutz nicht zum Zuge.600 Börsenzulassungsverfahren und Prospektpflicht wirken mittelbar darauf hin, dass die Rechte der Anleger (klarstellend) angemessen vertraglich geregelt werden. Ein ausdrücklicher Ausschluss von Verwässerungsschutz wäre unwirksam.601 Da die Anleihebedingungen die Ausübung von Wandel-/Bezugsrechten in der Regel 192 von einer sich von Jahr zu Jahr erhöhenden Zuzahlung abhängig machen, durch die die Wertsteigerung der Aktie in der Zeit zwischen Emission der Anleihe und Ausübung des Wandel-/Bezugsrechts abgegolten werden soll, wird der Verwässerungsausgleich zumeist so vollzogen, dass diese Zuzahlung um den Verwässerungsausgleich verringert wird.602 Überschreitet der Verwässerungsausgleich die bare Zuzahlung, so kommt es im Zeitpunkt der Wandelung/des Bezuges zu einer baren Rückzahlung durch die Gesellschaft, bei der allerdings das Verbot der Unter-pari-Emission zu beachten ist (dazu bereits o Rdn 179). Dafür werden zwei Berechnungsmodelle vorgeschlagen:603 Entweder es wird der 193 Wandlungspreis, der sich aus der Summe der für die Aktien umzutauschenden Wandelanleihen zuzüglich einer etwaigen Zuzahlung zusammensetzt, um den Betrag ermäßigt, der sich aus dem Durchschnittskurs des den Aktionären gewährten Bezugsrechts an allen Handelstagen einer bestimmten Börse errechnet. Oder es wird (so die wohl übliche Variante) der neue Wandlungspreis nach folgender Formel berechnet: (GK × W) + (gk × w) ––––––––––––––––––––– GK + gk Dabei steht GK für das alte Grundkapital (vor einer Kapitalerhöhung oder Ausgabe neuer Wandel- oder Optionsanleihen) und W für den alten Wandlungspreis pro Aktie, während gk für den um Spitzenbeträge bereinigten Erhöhungsbetrag und w für den Bezugspreis für eine neue Aktie stehen. 194 Eine solche Berechnung des Verwässerungsausgleichs erfolgt auch bei der Ausgabe neuer (konkurrierender) Wandel- oder Optionsanleihen. Vor allem bei der Ausgabe neuer Wandel- oder Optionsanleihen, aber auch bei der Kapitalerhöhung gegen Einlagen, kommt als Alternative allerdings auch die Gewährung eines (vertraglichen) Bezugsrechts auf die neue Anleihe in Betracht, das unter dem schon erwähnten Vorbehalt des § 187 steht (dazu o Rdn 182 u Rdn 184). 195 Diskutiert wird schließlich, ob den Wandelgläubigern bei einer Kapitalerhöhung durch Ausgabe von Aktien vertraglich ein vorzeitiges Umtausch-/Bezugsrecht zur nachträglichen Beteiligung an einer Kapitalerhöhung eingeräumt werden kann (o Rdn 182).604 Da dies jedoch zu einer Verletzung des bereits entstandenen Bezugsrechts der Aktionäre 600 601

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KK-Lutter 2 § 221 Rdn 385 (zu Genussrechten); MK-Habersack3 § 221 Rdn 293. Gallego Sánchez Erwerbsrecht S 186 ff; Hüffer 9 § 221 Rdn 63; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 385 (zu Genussrechten/§ 216 Abs 3); MK-Habersack3 § 221 Rdn 305 (zu Genussrechten/§ 216 Abs 3); Schürnbrand ZHR 173 (2009), 689, 709 (jedenfalls bei Publikumsgesellschaften); Sethe AG 1993, 351, 367 (zur Parallelfrage bei Genussscheinen). Hüffer 9 § 221 Rdn 62; Kallrath Inhaltskon-

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trolle S 168; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 130 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 110, 295 ff; MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 22. Nach KK-Lutter 2 § 221 Rdn 130 ff; dazu auch Gallego Sánchez Erwerbsrecht S 159 ff. Loos DB 1960, 543, 545; Maier-Reimer FS Goette, S 299, 305 ff (im Zusammenhang mit der Anwendbarkeit von § 194 Abs 1 S 2); Minz ZhF 1952, 308, 314; wohl auch Schilling Voraufl § 221 Anm 6 Abs 1.

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führen würde (o Rdn 182),605 ist eine Bedienung nur unter den Voraussetzungen möglich, unter denen das Bezugsrecht ausgeschlossen werden kann;606 das gilt auch bei einer Bedienung aus nicht gezeichneten, eigenen oder Vorratsaktien. Wegen dieser Unsicherheiten ist daher hier – wie auch bei der vertraglichen Gewährung von Bezugsrechten – immer zusätzlich ein geldlicher Verwässerungsausgleich möglich und sollte entsprechend geregelt werden.607 Die Anpassung von Wandel- oder Optionsanleihen als Folge der Währungsreform 196 1949 spielt heute keine Rolle mehr.608 Auch die durch § 29 Abs 2 DM-BilG 1990 609 geregelte Anpassung gewinnabhängiger Rechte im Zuge der Umstellung von Mark der DDR auf DM in den neuen Bundesländern ist nur von geringer Bedeutung gewesen. Praktisch spielte sie nur für Unternehmen eine Rolle, die in der Zeit des Übergangs, also vor Schaffung der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion entstanden sind oder zur Eintragung ins Handelsregister angemeldet wurden.610 Auch die Umstellung auf Euro (zu dieser o Rdn 7) ist inzwischen im Wesentlichen abgeschlossen. 3. Rechtsfolgen von Verstößen Die Gewährung eines Verwässerungsausgleichs für Wandelgläubiger findet ihre innere 197 Rechtfertigung darin, dass ihre wirtschaftliche Stellung der eines Aktionärs teilweise gleicht, da sie potentielle neue Aktionäre sind. So vermindert jede Kapitalerhöhung den Wert des Wandel- oder Bezugsrechts, wenn die neuen Aktien unter ihrem inneren Wert ausgegeben werden (arg § 255 Abs 2). Aber auch bei einer Ausgabe zum inneren Wert vermindert sich die – künftige – Beteiligungsquote.611 Rechtlich sind die Wandel- oder Optionsanleiheinhaber allerdings vor Ausübung ihres Wandel-/Bezugsrechts nur Gläubiger und können in dieser Rolle gesellschaftsrechtliche Maßnahmen nicht qua Anfechtungsklage überprüfen lassen.612 So können insbesondere die Begründetheit eines Bezugsrechtsausschlusses oder – bei Genussscheinen von Bedeutung – Entscheidungen über Gewinnfeststellung und -verwendung nicht überprüft werden. Allerdings soll Genussscheininhabern bei treu- oder sittenwidriger Verkürzung ihres Rechts auf Teilhabe am Gewinn ein Schadenersatzanspruch zustehen (u Rdn 416). Richtigerweise wird man einen solchen Schadenersatzanspruch unter dem Gesichtspunkt der Bedingungsvereitelung (§ 162 Abs 1 BGB)613 auch einem Wandel- oder Optionsanleihegläubiger dann, aber 605 606 607

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Insoweit zutreffend KK-Lutter § 221 Rdn 44. Kalss FS Goette, S 219, 223 ff. MK-Habersack3 § 221 Rdn 297 (mit dem ergänzenden Vorschlag, seitens der Gesellschaft ein Wahlrecht vorzusehen, entweder die Bezugsbedingungen anzupassen oder ein Bezugsrecht zu gewähren; dort auch zu weiteren Gestaltungen aus der früheren Praxis). Vgl dazu § 41 Abs 2 DM-BilG 1949; von Caemmerer JZ 1951, 417; Schilling BB 1950, 459 sowie ders Voraufl § 221 Anm 20; Ernst Genußschein S 213 ff (für Genussrechte). Bei aktienabhängigen Substanzrechten galt demgegenüber § 41 Abs 1 DM-BilG 1949; vgl BGHZ 28, 259 (Harpener Bonds).

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Anlage II Kapitel III Sachgebiet D Abschnitt I zum Einigungsvertrag v 31.8.1990, BGBl II 889. Vgl KPMG Deutsche Treuhandgruppe (Hrsg), DMBilG (1990), § 29; Salomon/ Kiermeier in: Budde/Forster, D-MarkBilanzgesetz (1990), § 29 Rdn 33. Vgl KK-Lutter § 221 Rdn 39. Vgl (zu Genussscheinen) RGZ 83, 295, 298; 105, 236, 241; 117, 379, 384 f; BGHZ 28, 259, 277 (Harpener Bonds); (allgemein) von Caemmerer JZ 1951, 417; A Hueck DB 1963, 1347. Feddersen/Knauth Eigenkapitalbildung durch Genußscheine2 S 77; Hammen BB 1990, 1917, 1919; dagegen Ernst AG 1967, 75, 78.

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auch immer dann gewähren müssen, wenn ein Aktionär unter gleichen Bedingungen die Gewinnfeststellung/-verwendung mit der Anfechtungsklage angreifen könnte.614 Rechtsgrundlage dieses Anspruchs ist positive Forderungsverletzung des Anleihevertrages.615 Für die Genussrechte nach dem AufwG 1925 war dem Genussberechtigten in § 41 198 AufwG (mit Ergänzungen in Art 2 ff VO v 24.10.1928, RGBl I 383) ein Kontrollrecht bezüglich der Gewinnverwendung über ein Spruchstellenverfahren eingeräumt (o Rdn 3). Dieser durchaus sinnvolle Ansatz ließe sich hier aber nur durch gesetzgeberische Entscheidung implementieren.

VII. Änderung und Aufhebung der Rechte, Sanierung und Insolvenz 1. Änderung und Aufhebung der Rechte

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Die Wandelgläubiger können gesellschaftsrechtliche Maßnahmen, die sie mittelbar betreffen, nicht verhindern, dafür jedoch einen Verwässerungsausgleich oder Schadenersatzanspruch erhalten (zuvor Rdn 173 ff). Bei unmittelbarer Beeinträchtigung ihrer Rechte reicht ihr Schutz demgegenüber weiter. Einseitige Eingriffe der schuldenden Gesellschaft in die Schuldverschreibung sind nur 200 möglich, wenn sich die Gesellschaft eine solche Möglichkeit (Kündigungsrecht,616 Änderungsvorbehalt) vorbehalten hat. Dies muss in den Schuldverschreibungsbedingungen geschehen. Eine Regelung in der Satzung reicht nur aus, wenn sich die Schuldverschreibungsbedingungen darauf ausdrücklich oder konkludent beziehen.617 Der Änderungsvorbehalt ist in entsprechender Anwendung von § 307 BGB (dazu Rdn 132) überprüfbar.618 Eine ordentliche Kündigung kann daher bei einer befristeten oder mit Mindestlaufzeit verbundenen Anleihe nicht vorgesehen werden.619 Im Außenverhältnis ist für die Durchführung der Änderung nach der allgemeinen Vertretungsregelung der Vorstand zuständig; ein Zustimmungsvorbehalt der Hauptversammlung ist aber – in Anlehnung an das Verfahren bei der Begebung der Schuldverschreibung – möglich. Im Übrigen ist eine Änderung der Schuldverschreibung allein durch Hauptversammlungsbeschluss nicht möglich.620 Änderungen der Schuldverschreibung zugunsten der Wandel- und Optionsanleihe201 gläubiger sind vor dem geschilderten Hintergrund unproblematisch, da es bereits an einem Eingriff fehlt. Sie können insbesondere mit dem Ziel von Interesse sein, die Um-

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Vgl Feddersen/Knauth Eigenkapitalbildung durch Genußscheine2 S 116; Hirte ZIP 1988, 477, 487; ansatzweise auch KK-Lutter § 221 Rdn 59; im Ergebnis wohl ebenso van Look in: Bundschuh ua (Hrsg), Recht und Praxis der Genußscheine, S 35, 42; Vollmer ZGR 1983, 445, 468 ff, der unmittelbar die Anfechtungsklage vorschlägt (dagegen Hammen BB 1990, 1917, 1919); enger UH Schneider FS Goerdeler, S 511, 517 f. Vgl Habersack ZHR 155 (1991), 378, 390 ff; Hirte ZIP 1988, 477, 487; van Look in: Bundschuh ua (Hrsg), Recht und Praxis der Genußscheine, S 35, 42; abw Emde DB 1989, 209, 212.

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KK-Lutter 2 § 221 Rdn 272 (zu Genussrechten). BGHZ 28, 259, 263 (Harpener Bonds); MK-Habersack3 § 221 Rdn 264; nicht ganz klar Schilling Voraufl § 221 Anm 12 Abs 1. MK-Habersack3 § 221 Rdn 261, 263, 266 (mit Einzelheiten). MK-Habersack3 § 221 Rdn 270. Vgl (zu Genussscheinen) RGZ 49, 10, 16; 117, 379, 384; 132, 199, 205 f; Ernst Genußschein S 184 f mwN; ders AG 1967, 75, 80; MK-Habersack3 § 221 Rdn 263.

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tausch- oder Optionsbedingungen im Nachhinein attraktiver zu gestalten („repricing“).621 Voraussetzung ist freilich einerseits, dass eine solche Änderung noch von dem Zustimmungs- oder Ermächtigungsbeschluss der Hauptversammlung gedeckt ist (was sie nicht ist, wenn der Beschluss sich auf konkrete Schuldverschreibungsbedingungen bezog; dazu o Rdn 101),622 und unabhängig davon, dass sich der Vorstand bei der Änderungen der Bedingungen im Rahmen seines pflichtgemäßen Ermessens bewegt; Letzteres ist insbesondere (aber nicht nur) eingeschränkt, wenn der Umfang der jetzt zu besseren Konditionen ausübbaren Wandel- oder Optionsrechte besonders groß ist oder diese Vergütungscharakter für das Management haben.623 Denn solche „Vergünstigungen“ bedeuten eine weitere (potentielle) Verwässerung der vorhandenen Aktienrechte. 2. Vorinsolvenzliche Sanierung Für die Stellung von Schuldverschreibungsgläubigern bei Sanierungsmaßnahmen ist 202 das Gesetz über Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen (Schuldverschreibungsgesetz – SchVG) vom 21. Juli 2009 (BGBl I S 2512) von Bedeutung. Es hat mit Wirkung vom 5. August 2009 das frühere Gesetz betreffend die gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen vom 4. Dezember 1899 (SchVerschrG)624 ersetzt. Das alte Recht gilt allerdings nach § 24 SchVG noch für vor dem 5. August 2009 ausgegebene Schuldverschreibungen fort, sofern nicht die Gläubiger mit Mehrheitsbeschluss und mit Zustimmung des Schuldners die Anwendbarkeit des neuen Schuldverschreibungsrechts beschließen).625 Nach dem neuen Recht können die Anleihebedingungen von inhaltsgleichen Schuldverschreibungen aus einer Gesamtemission (§ 1 Abs 1 SchVG) vorsehen,626 dass die Gläubiger derselben Anleihe durch Mehrheitsbeschluss Änderungen der Anleihebedingungen zustimmen und zur Wahrnehmung ihrer Rechte einen gemeinsamen Vertreter für alle Gläubiger bestellen können (§ 5 Abs 1 S 1 SchVG), und zwar unabhängig von bzw schon vor der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens.627 Dabei kommt es im Gegensatz zum früheren Recht nicht mehr auf ein bestimmtes Mindest-Emissionsvolumen der Schuldverschreibung an (so noch § 1 Abs 1 SchVerschG 1899: mehr als dreihunderttausend DM und mindestens 300 ausgegebene Stücke); ausreichend ist vielmehr das Vorliegen einer Gesamtemission inhaltsgleicher Schuldverschreibungen unabhängig vom Emissionsumfang. Diese Erstreckung des Anwendungsbereichs rechtfertigt sich letztlich

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Lutter/Drygala FS Claussen, S 261, 265 f; MK-Habersack3 § 221 Rdn 268; Schlitt/ Schäfer CFL 2010, 252, 258; Seibt CFL 2010, 165, 175. Lutter/Drygala FS Claussen, S 261, 271 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 269. Abw (und zu unkritisch) MK-Habersack3 § 221 Rdn 269. RGBl I 691; geändert durch Gesetz vom 14.5.1914 (RGBl I 121) bezügl. der Vertreterbestellung, VO vom 24.9.1932 (RGBl I 447) bezügl. der Abwicklung der Versammlung und der Vertreterbestellung und Gesetz vom 20.7.1933 (RGBl I 523) bezügl. der Anwendbarkeit auf Vergleiche = BGBl III, Gliederungsziffer 4134-1. – Zum alten SchVG Ansmann Schuldverschreibungsgesetz (1933); Barella BB 1952, 764 ff;

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Bruns WM 1954, 147 ff; Hirte ZIP 1991, 1461, 1467 ff; Hopt FS Steindorff, S 341 ff = WM 1990, 1733 ff; Koenige, Gesetz, betreffend die Gemeinsamen Rechte der Besitzer von Schuldverschreibungen (2. Aufl 1922); Quassowski-Schmölder, Verordnung über die Rechte der Schuldverschreibungsgläubiger (1932); Schumann Optionsanleihen S 18; Vogel ZBB 1996, 321 ff; Zobl SZW/RSDA 1990, 129 ff. Zum alten Recht siehe Uhlenbruck/Hirte 12 § 11 InsO Rdn 198. Fehlt eine entsprechende Klausel, scheidet eine Änderung im Wege der Beschlussfassung aus: Veranneman/Veranneman SchVG § 5 Rdn 3 ff. Für eine entsprechende Klausel Schlitt/ Schäfer CFL 2010, 252, 255 f.

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aus dem Umstand, dass auch bei Kleinstemissionen die für das Schuldverschreibungsrecht typischen Kollektivverhandlungsprobleme auftreten.628 Nach § 5 Abs 3 S 1 SchVG können die Gläubiger in Anwendung des SchVG (sofern der Gleichbehandlungsgrundsatz beachtet wurde; § 5 Abs 2 S 2 SchVG) insbesondere folgenden Maßnahmen zustimmen: (1) der Veränderung der Fälligkeit, der Verringerung oder dem Ausschluss der Zinsen; (2) der Veränderung der Fälligkeit der Hauptforderung; (3) der Verringerung der Hauptforderung; (4) dem Nachrang der Forderungen aus den Schuldverschreibungen im Insolvenzverfahren des Schuldners; (5) der Umwandlung oder dem Umtausch der Schuldverschreibungen in Gesellschaftsanteile, andere Wertpapiere oder andere Leistungsversprechen;629 (6) dem Austausch und der Freigabe von Sicherheiten; (7) der Änderung der Währung der Schuldverschreibungen; (8) dem Verzicht auf das Kündigungsrecht der Gläubiger oder dessen Beschränkung; (9) der Schuldnerersetzung und (10) der Änderung oder Aufhebung von Nebenbestimmungen der Schuldverschreibungen. Ein vollständiger Verzicht auf Kapitalansprüche kann dabei jedoch nicht beschlossen werden (arg Nr 3 „Verringerung“). Nach der gesetzlichen Vorstellung geht es dabei nur um Sanierungs- bzw Koordinierungsmaßnahmen der Gläubiger in der Krise oder Insolvenz,630 so dass eine Analogie etwa auf Fälle der Prospekthaftung631 oder anderweitig bedingte Änderungen der Anleihebedingungen ausscheidet.632 Diese Beschränkung ergibt sich zudem aus dem Umstand, dass die Gläubiger im Rahmen des SchVG lediglich ihre Rechte aus den Schuldverschreibungen, nicht aber aus deren Begründung – und der in diesem Zusammenhang ggf entstandenen Ansprüche oder Rechte – koordinieren bzw gemeinsam ausüben sollen können. Im Übrigen geht es insgesamt nur um eine Koordinierung der Gläubigerseite: So bedarf es für die Umwandlung von Forderungen in Kapital (selbstverständlich) noch der Zustimmung der Gesellschaft, typischerweise in Form einer (bedingten) Kapitalerhöhung.633 Die Gläubiger entscheiden im Allgemeinen nach § 5 Abs 4 S 1 SchVG mit der einfachen Mehrheit der an der Abstimmung teilnehmenden Stimmrechte; Beschlüsse, durch welche der wesentliche Inhalt der Anleihebedingungen geändert wird, insbesondere in den vorgenannten Fällen Nrn 1 bis 9, bedürfen jedoch nach Satz 2 zu ihrer Wirksamkeit einer Mehrheit von mindestens 75 Prozent der teilnehmenden Stimmrechte (qualifizierte Mehrheit). Mit dem Beschlusserfordernis wird zwar einerseits Transparenz hergestellt, andererseits aber auch eine „geräuschlose“ Sanierung erschwert, weshalb der Gesetzgeber im Rahmen der Aktienrechtsnovelle 2012 die Möglichkeit einer Sanierung durch umgekehrte Wandelanleihen – und damit ohne Notwendigkeit einer Gläubigerzustimmung – gestärkt hat.634 Die Beschlüsse der Gläubigerversammlung unterliegen einem eigenständigen Beschlussmängelrecht (§§ 20 f SchVG).635

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Ebenso Hopt FS Schwark, S 441, 451; kritisch hingegen Bredow/Vogel ZBB 2008, 221, 225 f (die entsprechende Kollektivverhandlungsprobleme als nicht gegeben ansehen). Zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit des Mehrheitsbeschlusses in diesem Fall MaierReimer FS Goette, S 299, 301 ff. Vgl Begr RegE SchVG, BT-Drucks 16/12814, S 1. Vgl für die Schweiz BG, SchweizAG 1988, 76 m zust Anm Widmer. OLG Frankfurt/Main ZIP 2006, 1388,

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1390; Hopt FS Steindorff, S 341, 349 Fn 38 = WM 1990, 1733, 1736 (gekürzt); abw für die Schweiz Zobl SZW/RSDA 1990, 129, 133. Ausf Maier-Reimer FS Goette, S 299 ff. Aktienrechtsnovelle 2012, zu Art 1 Nr 16 (Änderung des § 192 AktG); zu dem in der Neuregelung durch die Aktienrechtsnovelle liegenden Wertungswiderspruch zum Gebot der Gläubigerbeteiligung nach § 5 Abs 3 SchVG Drygala WM 2011, 1637, 1638 f. Dazu ausführlich Horn ZHR 173 (2009), 12, 61 ff; Vogel ZBB 2010, 211, 216 ff.

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Ein gemeinsamer Vertreter der Gläubiger, der im Zweifel zur Geltendmachung von 203 Gläubigerrechten unter Ausschluss der Gläubiger selbst ermächtigt ist (§ 7 Abs 2 S 3 SchVG), ist außer durch Mehrheitsbeschluss (§ 7 SchVG) auch schon in den Anleihebedingungen bestellbar (§ 8 Abs 1 SchVG).636 Für andere Papiere, bei denen die Interessenlage der Gläubiger denen der vom SchVG erfassten gleicht, ist das Gesetz entsprechend anzuwenden. Dies gilt etwa für die Inhaber von Genussscheinen (dazu u Rdn 424 ff). Die Aufrechnung eines Insolvenzgläubigers mit einer Anleiheforderung gegen eine Forderung des Verfahrensschuldners aus anderem Rechtsgrund soll aus allgemeinen Gründen (Fehlen von Gegenseitigkeit, Gleichartigkeit und Fälligkeit) ausscheiden.637 Ist über das Vermögen des Schuldners im Inland das Insolvenzverfahren eröffnet worden, so unterliegen die Beschlüsse der Gläubiger nach § 19 Abs 1 SchVG grundsätzlich den Bestimmungen der InsO, wobei § 340 InsO allerdings unberührt bleibt. In Abweichung vom allgemeinen Insolvenzrecht können die Gläubiger nach § 19 Abs 2 SchVG durch Mehrheitsbeschluss zur Wahrnehmung ihrer Rechte im Insolvenzverfahren einen gemeinsamen Vertreter für alle Gläubiger bestellen; hierzu hat das Insolvenzgericht eine Gläubigerversammlung nach den Vorschriften des SchVG einzuberufen, wenn ein gemeinsamer Vertreter für alle Gläubiger noch nicht bestellt worden ist. Ein etwaiger gemeinsamer Vertreter für alle Gläubiger ist dabei allein berechtigt und verpflichtet, die Rechte der Gläubiger im Insolvenzverfahren geltend zu machen, ohne dass er dazu die Schuldurkunde vorzulegen braucht. In einem Insolvenzplan sind den Gläubigern im Übrigen nach § 19 Abs 4 SchVG gleiche Rechte anzubieten. Das Gesetz gilt aufgrund der bloßen Voraussetzung einer nach deutschem Recht bege- 204 benen inhaltsgleichen Schuldverschreibung aus einer Gesamtemission auch und letztlich aus einem Umkehrschluss aus § 5 Abs 1 S 1 Nr 5 SchVG auch für Wandel- und Optionsanleihen.638 Dies bedeutet – in Übereinstimmung mit der Rechtslage unter dem SchVerschrG639 – aber, dass es inhaltlich nur für die Schuldverschreibung einer Wandel- oder Optionsanleihe, nicht aber für das damit verbundene Umtausch-/Bezugsrecht gilt (oder gar naked warrants);640 dieses ist heute vor allem durch die Verwässerungsschutzbestimmungen geschützt, nach denen gewisse Beeinträchtigungen der Wandel- oder Optionsgläubiger zwar möglich, aber jedenfalls ausgleichspflichtig sind (o Rdn 173 ff). Jenseits dieses Bereichs und bezüglich der formellen Fragen (Notwendigkeit der Abhaltung einer Versammlung; Bestellung eines gemeinsamen Vertreters) sollte das Gesetz jedoch auch für die Umtausch-/Bezugsrechte angewandt werden, und dies auch dann, wenn die Optionsscheine von der Anleihe getrennt oder isoliert ausgegeben wurden (dazu u Rdn 298 ff).641 In diesem Fall können daher unter Umständen zwei getrennte Versammlungen erforderlich werden. Vertraglich kann über den Anwendungsbereich des Gesetzes hinaus in den Anleihe- 205 bedingungen ein Gläubigerverband zwar grundsätzlich geschaffen werden.642 Allerdings

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Dazu Horn BKR 2009, 446, 452; ausführlich zum bisherigen Recht Penzlin/Klerx ZInsO 2004, 311; zur inhaltlichen Reichweite des früheren Gesetzes Hirte ZGRSonderheft 16, S 1, 21; Schumann Optionsanleihen S 121 ff. Grub/Schmid DZWIR 2003, 265. Für eine entsprechende Erfassung jedenfalls von Zertifikaten und Optionen Begr RegE SchVG, BT-Drucks 16/12814, S 16; ebenso

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wohl für Optionsscheine auch Horn ZHR 173 (2009), 12, 20 ff. OLG Stuttgart AG 1995, 329, 330 (Südmilch) (für Umwandlung von Vorzugsaktien ohne Stimmrecht in Stammaktien). Ebenso MK-Habersack3 § 221 Rdn 251; abw Lutter/Drygala FS Claussen, S 261, 268. Hirte ZGR-Sonderheft 16, S 1, 22. Hirte ZGR-Sonderheft 16, S 1, 21; dafür auch schon Gottlieb Genußschein S 35.

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darf dabei nicht zu Lasten der Gläubiger von den in den §§ 5–21 SchVG vorgesehenen Möglichkeiten abgewichen werden, da § 5 Abs 1 S 2 SchVG – in Fortführung des Konzepts der (aktienrechtlichen) Satzungsstrenge des § 23 Abs 5643 – den dahingehenden Gestaltungsspielraum in den Anleihebedingungen beschränkt. Insofern kann nur zugunsten der Gläubiger von den §§ 5–21 SchVG abgewichen werden. Unberührt bleiben zudem die Schuldverschreibungen, die vom SchVG nicht erfasst sind, was aufgrund des sehr weiten Anwendungsbereiches (siehe o Rdn 202) heute aber nur noch selten der Fall sein wird.644 3. Insolvenz

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Die Gläubiger von Wandel- und Optionsanleihen gehören mit der Schuldverschreibung zu den (gewöhnlichen) Insolvenzgläubigern iSv § 38 InsO.645 Sind sie zugleich Gesellschafter, gilt das aber nur dann, wenn sie nicht mit mehr als 10 % am Grundkapital der Gesellschaft beteiligt sind oder dem Vorstand (nicht nur: dem Aufsichtsrat) der Gesellschaft angehören (§ 39 Abs 1 Nr 5 iVm Abs 5 InsO).646 Die Gläubiger von Wandelanleihen verlieren ihre Gläubigerstellung erst mit Ausübung des Wandelrechts, die auch möglich bleibt, wenn über das Vermögen der Gesellschaft ein Insolvenzplan beschlossen wurde.647 Gläubiger von Optionsanleihen bleiben demgegenüber mit der „Anleihekomponente“ ihres Rechts selbst dann Gesellschaftsgläubiger, wenn sie ihr Optionsrecht ausgeübt haben, was ebenfalls noch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens möglich bleibt (zur Möglichkeit der Kapitalerhöhung auch nach Verfahrenseröffnung o § 182 Rdn 96 [freilich nicht auf der Grundlage einer vor Verfahrenseröffnung beschlossenen, aber noch nicht durchgeführten Kapitalerhöhung oder aufgrund einer vor Verfahrenseröffnung erteilten und noch nicht ausgenutzten Ermächtigung; dazu § 182 Rdn 95, § 202 Rdn 205]).648 Dies gilt insbes auch für die Kapitalerhöhung aus einem etwa bestehenden bedingten Kapital (o § 198 Rdn 17). Wird das Wandel- oder Optionsrecht nicht bedient, kann der Wandel- oder Optionsanleihegläubiger eine „Forderung wegen der Nichterfüllung“ als Insolvenzforderung geltend machen;649 dabei werden die sonst erst künftig ausübbaren Wandel- oder Optionsrechte als jetzt bereits entstanden fingiert, so dass es für die Höhe des Anspruchs auf den Wert der Wandel- oder Optionsrechte zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung ankommt. Ein Wert dürfte den Rechten daher nur dann zukommen, wenn die Aktien trotz Eröffnung eines Insolvenzverfahrens noch werthaltig sind, im Allgemeinen also nur dann, wenn mit einem Überschuss nach

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Vgl dazu Hopt, FS Schwark, S 441, 446. Anders früher für Gläubigerrechte ohne bestimmten Nennwert (§ 1 Abs 1 SchVerschG) oder bei DM-Auslandsanleihen (die nicht zwingend deutschem Recht unterstanden) Hopt FS Steindorff, S 341, 352 = WM 1990, 1733, 1736; Vogel ZBB 1996, 321, 334. OLG Stuttgart AG 1995, 329, 330 (Südmilch); LG Stuttgart WM 1994, 1846, 1847 (Südmilch); Uhlenbruck/Hirte 13 § 11 InsO Rdn 197. Uhlenbruck/Hirte 13 § 39 InsO Rdn 73. OLG Stuttgart AG 1995, 329, 330 f (Südmilch); Uhlenbruck/Hirte 13 § 11 InsO

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Rdn 197; abw für das ital Recht Sangiovanni Il Fallimento 2010, 1229, 1239. Zum Ganzen auch Uhlenbruck/Hirte 13 § 11 InsO Rdn 193 mwN. Begr RegE Aktienrechtsnovelle 2012, zu Art 1 Nr 16 (Änderung des § 192 AktG) (zur umgekehrten Wandelanleihe); ähnlich – und dort in Form entsprechender Anwendung von § 103 Abs 2 InsO – BGHZ 176, 43 = ZIP 2008, 778, 780 ff = NZG 2008, 391 = EWiR § 305 AktG 1/2008, 357 (Goslar) (EKU) (zur Parallelfrage der Behandlung von Ansprüchen nach § 305 in der Insolvenz).

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§ 199 S 2 InsO zu rechnen ist. Nach einem gerichtlich bestätigten Insolvenzplan lebt das Wandelrecht allerdings wieder auf, da mitgliedschaftliche Rechte durch diesen nicht berührt werden.650 Das gilt jedenfalls insoweit, als es nicht um Geldleistungsansprüche geht.651

VIII. Wandlung und Bezug 1. Rechtsnatur des Umtausch-/Bezugsrechts Das den Wandelgläubigern eingeräumte Recht, seine Schuldverschreibung in Aktien 207 umzutauschen, ist rechtlich eine Ersetzungsbefugnis des Anleihegläubigers (facultas alternativa);652 das gilt auch bei Bedienung mit eigenen Aktien der Gesellschaft.653 Gleiches gilt für das durch die Aktienrechtsnovelle 2012 ausdrücklich zugelassene Wandelrecht der Gesellschaft.654 Ein Tauschvertrag iSv § 480 BGB liegt nicht vor;655 ebenso wenig handelt es sich um eine Wahlschuld iSv § 262 BGB.656 Als Ersetzungsbefugnis muss auch das Bezugsrecht bei den Optionsanleihen angesehen werden: denn auch hier wird die Schuldverschreibung mit Bezugsrecht durch Mitgliedschaft und Schuldverschreibung „ersetzt“. Besonders deutlich wird dies, wenn – wie häufig – der Optionsschein isoliert handelbar ist (vgl Rdn 125). Kann der Optionspreis wahlweise in bar oder durch Hingabe der Schuldver- 208 schreibung entrichtet werden (dazu o Rdn 13), kann auch insoweit eine Ersetzungsbefugnis vorliegen. Da bei Optionsanleihen Optionspreisschuld und Anleiheforderung rechtlich voneinander getrennt sind, bezieht sich die Ersetzungsbefugnis in diesem Fall nur auf die Optionspreisschuld des Optionsanleihegläubigers gegenüber der Gesellschaft und nicht auf die Anleiheforderung des Optionsanleihegläubigers; es handelt sich hier mithin um eine Ersetzungsbefugnis der Gesellschaft.657 Die Ersetzungsbefugnis ist ein, auch als „Wandelrecht“ bezeichnetes Gestaltungsrecht. 209 Es ermöglicht dem Wandel- oder Optionsanleihegläubiger bzw im Falle von umgekehrten Wandelanleihen der Gesellschaft, durch einseitige empfangsbedürftige unwiderrufliche Erklärung (§ 130 BGB) gegenüber dem jeweils anderen Teil die Gläubigerstellung in eine 650

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OLG Stuttgart AG 1995, 329, 330 (Südmilch); LG Stuttgart WM 1994, 1846, 1847 (Südmilch) (für den Vergleich alten Rechts). Siehe insoweit (zum Erlöschen der Nachzahlungsansprüche von Vorzugsaktionären durch Bestätigung und Erfüllung eines Insolvenzplans) BGH Urt v 15.4.2010 – IX ZR 188/09 Z 185, 206 Tz 20 ff = ZIP 2010, 1039 ff im Anschluss an Hirte/Mock ZInsO 2009, 1129 ff. So auch Baumbach/Hueck 13 vor § 221 Anm 5; Bogenschütz Neuausrichtung S 111 f; Godin/Wilhelmi § 221 Anm 3; Habersack FS Nobbe, S 539, 547 f; Holland/Goslar NZG 2006, 892, 895; Hüffer 9 § 221 Rdn 4; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 94; Meyer BB 1955, 549; MK-Habersack3 § 221 Rdn 30, 226; Rozijn ZBB 1998, 77, 79, 81; Schumann Optionsanleihen

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S 30 f; ähnlich Gallego Sánchez Erwerbsrecht S 145 (schuldrechtliches Optionsrecht); abw (Kausaänderung) Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 53 ff; Frey o § 194 Rdn 45 ff. Insoweit übereinstimmend Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 61 ff. Begr RegE Aktienrechtsnovelle 2012, zu Art 1 Nr 17 (Änderung des § 194 Abs 1 AktG); Drygala WM 2011, 1637, 1638; abw (Wahlschuld iSv § 262 BGB) Kilgus WM 2001, 1324, 1325. Flechtheim Anh. § 179 HGB Anm 22; (eingehend) Wilker, Umtauschrecht der Wandelschuldverschreibungsgläubiger, S 25 ff. Hüffer 9 § 221 Rdn 4. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 151; Schumann Optionsanleihen S 32 f.

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Aktionärsstellung umzuwandeln.658 Durch diese Erklärung entsteht allerdings erst die Verpflichtung der Gesellschaft, dem Wandel- oder Optionsanleihegläubiger Aktien zu verschaffen (dazu ausführlich § 192 Rdn 37 ff). Aktionär wird er im Ausnahmefall der Bedienung von Wandel- oder Optionsrechten aus dem Bestand vorhandener Aktien (vgl Rdn 160) erst mit der Verschaffung vorhandener Aktien gegen eventuelle Zuzahlung oder, wenn die Aktien aus einem zu diesem Zweck geschaffenen bedingten oder genehmigten Kapital zur Verfügung gestellt werden sollen, durch Abschluss des Zeichnungsvertrages zuzüglich eventueller Barzahlung, bei Ausgabe aus bedingtem Kapital nach § 200 (Regelfall; o Rdn 164).659 Für diesen Regelfall kann das Angebot auf Abschluss eines Zeichnungsvertrages oder die Annahme eines in den Bezugsbedingungen liegenden Angebotes seitens der Aktiengesellschaft (§§ 185, 198) mit der Gestaltungserklärung verbunden werden (o § 198 Rdn 10);660 ansonsten, also vor allem bei Bedienung aus einem genehmigtem Kapital, ist zwischen Zeichnungs- und Optionserklärung oder zwischen der Optionserklärung und den auf anderweitige Verschaffung gerichteten (dinglichen) Willenserklärungen zu differenzieren (dazu auch schon o Rdn 78).661 Je nach Ausgestaltung (europäischer oder amerikanischer Typ; o Rdn 85) kann das Recht nur zum Zeitpunkt der Endfälligkeit der Anleihe oder während ihrer ganzen Laufzeit oder Teilen davon ausgeübt werden. Mit Ausgabe der Aktien erlischt das Rechtsverhältnis aus der Wandelanleihe, während die Zahlungspflicht aus einer Optionsanleihe bestehen bleibt.662 2. Wandlungspflicht und Tilgungswahlrecht

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Bei den – inzwischen vorkommenden (o Rdn 90 ff) – Wandelanleihen mit Wandlungspflicht muss der Emittent die Anleihe am Ende der Laufzeit nicht in bar zurückzahlen, sondern er dient dem Anleihegläubiger seine eigenen Aktien an.663 Wirtschaftlich entsprechend ist die Lage, wenn der Emittent bloß das Recht hat, am Ende der Laufzeit anstatt einer Geldzahlung eigene Aktien zur Verfügung zu stellen („umgekehrte Wandelanleihe“, Anleihe mit Tilgungswahlrecht oder – bei Möglichkeit der Erfüllung durch Aktien einer dritten Gesellschaft – „Aktienanleihe“);664 auch hier handelt es sich um eine Ersetzungsbefugnis (o Rdn 207).665 Die Wandelanleihe mit Wandlungspflicht stellt im Ergebnis einen Vorvertrag dar, in dem sich der Gläubiger vorab zur Ausübung seines Wahlrechts verpflichtet;666 dementsprechend wird die Wandlung in diesem Falle durch

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Dazu A Hueck DB 1963, 1347. Fuchs AG 1995, 433, 440 f; Hüffer 9 § 221 Rdn 56, 57. Vgl Fuchs AG 1995, 433, 440 f; Hüffer 9 § 221 Rdn 5, 7; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 94, 137, 157; MK-Habersack3 § 221 Rdn 223 (zur Optionserklärung), 225 (zur Wandlungserklärung). MK-Habersack3 § 221 Rdn 224 sowie zur Wandlung 225 aE. Hüffer 9 § 221 Rdn 57; Karsten Schmidt/ Lutter/Merkt 2 § 221 Rdn 30. Zur Vereinbarkeit solcher Wandelpflichtanleihen mit §§ 139 ff Friel Wandelanleihen S 162 f. Friel Wandelanleihen S 29, 296 f („entfernt verwandt“); Habersack FS Nobbe, S 539, 551; Kniehase Derivate auf eigene Aktien,

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S 99 ff; Lenenbach NZG 2001, 481, 483; MK-Habersack3 § 221 Rdn 52; H Schäfer FB 2002, 514, 518; Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 266; zur steuerlichen Behandlung solcher Anleihen Stark FB 2008, 363 ff; zur börsenterminrechtlichen Einordnung Lenenbach NZG 2001, 481 ff. Abw Kniehase Derivate auf eigene Aktien, S 102 (zu den Schranken des Wahlrechts S 103 ff). Friel Wandelanleihen S 128 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 52; daraus die Zulässigkeit dieser Gestaltung ableitend Kleidt/Schiereck BKR 2004, 18 f; MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 25; Rozijn ZBB 1998, 77, 80 ff; Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 266; abw (und von einem kaufvertragsähnlichen Vertrag über den Erwerb junger Aktien mit

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eine unwiderrufliche Bevollmächtigung der Zahlstelle sichergestellt.667 Vor dem genannten Hintergrund – der Tatsache der vom Anleger fest eingegangenen Vorab-Verpflichtung – sind auch aus § 185 Abs 1 S 3 Nr 4 keine zeitlichen Grenzen für die Laufzeit einer solchen Anleihe abzuleiten (dazu im Übrigen o § 185 Rdn 50).668 Während der Laufzeit der Anleihe kann der Anleihegläubiger zudem unverändert frei entscheiden, ob und wann er sein Umtauschrecht ausübt.669 Lediglich im Falle der Insolvenz bleibt es bei der Möglichkeit, den aus der Schuldverschreibung resultierenden Zahlungsanspruch als Gläubiger geltend zu machen; hier findet ein Zwangsumtausch in Aktien nicht statt, da sonst – auch mit steuerrechtlichen Folgen – auch schon vor der Wandlung der Charakter als Fremdkapitalfinanzierung in Frage stünde (dazu auch o Rdn 91, 206).670 Auch eine solche Anleihe fällt schon jetzt unter § 221 (zur Klarstellung durch die 211 Aktienrechtsnovelle 2012 o Rdn 5) und bedarf insbesondere mit Blick auf den (jedenfalls bei Wandlungspflicht) nicht nur möglichen, sondern sogar sicheren Umtausch in Aktien einer Zustimmung der Hauptversammlung nach Abs 1; denn sie bewirkt einen Eingriff in die Mitgliederstruktur der Gesellschaft (zu dieser Ratio des § 221 o Rdn 10).671 Wird der Gesellschaft das Recht eingeräumt, statt einer Rückzahlung der Anleihe einen am Aktienkurs orientierten Barausgleich vorzunehmen, handelt es sich demgegenüber um ein Genussrecht (dazu u Rdn 377). Die erforderliche Zustimmung zu einer Anleihe mit Wandlungspflicht muss die Möglichkeit der Ausgabe einer Anleihe mit Wandlungspflicht bzw Tilgungswahlrecht ausdrücklich nennen (dazu auch o Rdn 132). Das folgt schon aus der bislang nur geringen Verbreitung dieses Anleihetyps; die Auslegung eines Hauptversammlungsbeschlusses in die Richtung einer eine solche Emission auch gestattenden Ermächtigung oder eines insoweit bestehenden Spielraums ist daher schwer vorstellbar.672 Das gilt auch dann, wenn das Wandelrecht zwar nicht formell ausgeschlossen werden soll, die Gestaltung der Anleihebedingungen seine Ausübung aber wirtschaftlich unattraktiv macht;673 insoweit entspricht die Lage derjenigen beim faktischen Bezugsrechtsausschluss (dazu o § 186 Rdn 176 ff).

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aufgeschobenem Erfüllungszeitpunkt ausgehend) Bogenschütz Neuausrichtung S 115 f. Ob die Gestaltung mit § 57 Abs 2 vereinbar ist, ist an dieser Stelle nicht zu entscheiden, da die sich iR von § 221 ergebenden Fragen in jedem Fall „hilfsweise“ zu untersuchen sind; für eine Vereinbarkeit mit § 57 Abs 2 ausf Rozijn ZBB 1998, 77, 85 ff; dem folgend MK-Habersack3 § 221 Rdn 52. Nodoushani ZBB 2011, 143, 147; oder durch Einschaltung eines Treuhänders, dem die Pflichtwandelanleihe von der depotführenden Bank übergeben wird: Friel Wandelanleihen S 150 ff. Habersack FS Nobbe, S 539, 550; MK-Habersack3 § 221 Rdn 52. Rozijn ZBB 1998, 77, 81; Schlitt/Seiler/ Singhof AG 2003, 254, 266. Friel Wandelanleihen S 129, 133; Rozijn ZBB 1998, 77, 84 (die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung der Vereinbarung für diesen Fall annehmend); Schlitt/

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Seiler/Singhof AG 2003, 254, 266 (für „besondere Fälle“); zum Eingreifen des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes (§ 3 Abs 1 EAG) und zum NichtEingreifen des privaten „Feuerwehr-Fonds“ der Banken Kilgus WM 2001, 1324, 1328. Bürgers/Körber/Stadler 2 § 221 Rdn 27a; Friel Wandelanleihen S 156 f; Habersack FS Nobbe, S 539, 549 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 52; Rozijn ZBB 1998, 77, 79, 88 ff; Schäfer ZGR-Sonderheft 16, S 62, 76 und 77 (zu Pflichtwandelanleihen [„erst recht“]); unklar Kleidt/Schiereck BKR 2004, 18. Friel Wandelanleihen S 177 („sollte“); abw Friel Wandelanleihen S 178 f (für einen Ermächtigungsbeschluss nach § 221 Abs 2); MK-Habersack3 § 221 Rdn 52; Schlitt/ Seiler/Singhof AG 2003, 254, 267. Zu solchen Gestaltungen Friel Wandelanleihen S 125 f; Rozijn ZBB 1998, 77, 80; Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 267 Fn 158.

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Ist die Ausübung des Wahlrechts seitens der Gesellschaft von einer Ermessensentscheidung des Vorstands abhängig, wird damit die Kapitalerhöhung wie beim genehmigten Kapital in die Hände des Vorstands gelegt. Dementsprechend unterliegt auch hier seine Entscheidung in gleicher Weise der Kontrolle durch die Aktionäre wie im Bereich des genehmigten Kapitals (dazu o § 203 Rdn 66 ff).674 Mit Blick auf das im Vergleich zu „echten“ Wandel- und Optionsanleihen nicht grö213 ßere Spekulationsrisiko für die Gesellschaft (zur abw Lage für den Gläubiger o Rdn 91) ist jedenfalls nach der Klarstellung durch die Aktienrechtsnovelle 2012 (dazu o Rdn 5) auch eine Absicherung solcher Anleihen mit Wandlungspflicht oder Tilgungswahlrecht durch ein bedingtes Kapital nach § 192 Abs 2 Nr 1 möglich sein (dazu auch – freilich abw – o § 192 Rdn 84).675 Dafür spricht auch, dass die Papiere – wiederum anders als naked warrants – auch einen Beitrag zur Unternehmensfinanzierung leisten.676 3. Aktienbezug

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Der auf der Grundlage eines Wandlungs- oder Bezugsrechts abgeschlossene Zeichnungsvertrag ist nach der Vorstellung des Gesetzes regelmäßig auf eine Barkapitalerhöhung gerichtet.

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a) Bareinlage und Sacheinlage. Bei der Ausübung des Umtauschrechts aus einer Wandelanleihe und seiner Bedienung aus bedingtem Kapital wird die ursprünglich als Kredit gegebene Leistung jetzt zur Bareinlage; § 194 Abs 1 S 2 hat daher entgegen seinem Wortlaut (Fiktion) nur klarstellende Bedeutung.677 Das gilt selbst dann, wenn sich die Gesellschaft zwischenzeitlich in der Krise befinden sollte und eine Einbringung der Forderung als Sacheinlage nur noch mit einem Abschlag möglich wäre.678 Diese – durch die Aktienrechtsnovelle 2012 (o Rdn 5) betonte und ausgebaute – Möglichkeit kann nicht ohne Folge bleiben für die Bewertung von als Sacheinlage einzubringenden Forderungen auch außerhalb von § 194 Abs 1 S 2, insbes im Rahmen des insolvenzrechtlichen debt equity swap nach § 225a Abs 2 InsO nF, mag auch der zeitliche Anwendungsbereich der beiden Umwandlungsmöglichkeiten von Verbindlichkeiten in Eigenkapital (innerhalb und außerhalb des Insolvenzverfahrens) unterschiedlich sein.679 Die Maßnahme hat allerdings

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Ähnlich Drygala WM 2011, 1637, 1639 f, allerdings mit (etwas) abw Konsequenz in Form stärkerer Einbindung der Hauptversammlung nach der (früheren) HolzmannJudikatur des BGH (BGHZ 83, 319, 325; dazu o § 203 Rdn 70); siehe auch Schäfer ZGR-Sonderheft 16, S 62, 76, der unter Hinweis auf eine bei Ausübung des Wahlrechts zu treffende „Entscheidung der Gesellschaft“ ebenfalls eine Hauptversammlungspflichtigkeit dieser Entscheidung erwägt. Friel Wandelanleihen S 180 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 52; MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 25; Rozijn ZBB 1998, 77, 90; Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 266 f. Rozijn ZBB 1998, 77, 88 ff, 90. Vgl Georgakopoulos ZHR 120 (1957), 84,

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131 ff; Hirte WM 1994, 321, 328; Holland/ Goslar NZG 2006, 892, 895; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 138; MK-Habersack3 § 221 Rdn 230; Rusch Wandelschuldverschreibung S 67 f; abw Schumann Optionsanleihen S 71. Begr RegE Aktienrechtsnovelle 2012, zu Art 1 Nr 16 (Änderung des § 192 AktG); Karollus ZIP 1994, 590, 591; Singhof ZHR 170 (2006), 673, 684 (mit dem Hinweis, dass dies bei am Verlust beteiligten Wandelgenussscheinen selbst bei realisierter Verlustbeteiligung gelten müsse); abw für die durch die Aktienrechtsnovelle 2012 in diesem Punkt noch erweiterte Neuregelung von § 221 Drygala WM 2011, 1637, 1642 ff. Letzteres betonend Begr RegE Aktienrechtsnovelle 2012, zu Art 1 Nr 16 (Änderung des § 192 AktG).

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keine Auswirkungen auf die Zahlungs(un)fähigkeit,680 weil die Umwandlung von Verbindlichkeiten in Kapital keinen Liquiditätszufluss bewirkt,681 sondern nur die (bilanzielle) Überschuldung beseitigt bzw reduziert. § 194 Abs 1 S 2 greift, wie durch die Aktienrechtsnovelle 2012 (o Rdn. 5) klargestellt, auch bei einem Wandelrecht der Gesellschaft und schließlich auch dann ein, wenn das Wandelrecht der Anleihe erst nachträglich beigegeben wurde (zu den Voraussetzungen dafür o Rdn 201).682 Für die Zahlung des Bezugspreises nach Ausübung des Bezugsrechts aus einer Optionsanleihe oder für etwaige Zuzahlungen bei einer Wandelanleihe gelten die allgemeinen Bestimmungen über Einlageleistungen und insbesondere § 199 Abs 1.683 Diese gelten auch dann, wenn das Umtauschrecht der Anleihe erst später beigefügt wurde (o § 194 Rdn 67, 72 f).684 Voraussetzung ist im Übrigen grundsätzlich, dass überhaupt eine Leistung erbracht wurde.685 § 194 Abs 1 S 2 gilt allerdings auch dann, wenn bei einer Optionsanleihe die Tilgung 216 des Optionspreises durch Hingabe der Teilschuldverschreibung erlaubt wird: der gesetzgeberische Zweck, die ursprüngliche Kapitalaufbringung auf die Schuldverschreibung auch bei einer späteren Änderung der Zwecksetzung als maßgeblich anzusehen, gilt bei Wandel- und Optionsanleihen gleichermaßen (dazu auch o § 194 Rdn 39 mit dem Hinweis, dass die Norm nicht greift, wenn die Anleihe nicht umgetauscht wird).686 Daher ist zwar in den Fällen, in denen aus Sorge vor dem Erfordernis einer Sacheinlageprüfung ein Kündigungsrecht des Gläubigers der Teilschuldverschreibung für den Fall einer Ausübung des Optionsrechts bei gleichzeitiger Verrechnung der Darlehensforderung mit dem Optionspreis vereinbart wird,687 vom Vorliegen einer verdeckten Sacheinlage auszugehen. Diese ist indes zulässig, da Prüfungsmaßstab insoweit die gesetzliche Spezialregelung des § 194 Abs 1 S 2 ist.688 Anders ist dies dagegen, wenn iR eines net cash settlement Aktien nur hinsichtlich des den Nennbetrag der Anleihe übersteigenden Betrags ausgegeben werden sollen; denn hier verbleibt der ursprgl als Fremdkapital ausgegebene Betrag gerade nicht uneingeschränkt als Eigenkapital in der Gesellschaft.689 § 194 Abs 1 S 2 gilt aber für Wandelgenussrechte, soweit die Genussrechte nach ihren Anleihebedingungen an einem Verlust der Emittentin teilnehmen, obwohl dann nicht sicher ist, ob die Verbindlichkeit, von der befreit werden soll, jedenfalls noch in Höhe ihres Nennwerts

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So noch (missverständlich) Begr RefE Aktienrechtsnovelle 2011, S 17 (zu Art 1 Nr 11 [Änderung des § 192 AktG]): Beseitigung von Zahlungsunfähigkeit. Drygala WM 2011, 1637, 1641; Nodoushani ZBB 2011, 143, 148. Maier-Reimer FS Goette, S 299, 305 ff, 308 f (für Wandlungspflicht); abw Kalss FS Goette, S 219, 223 ff. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 138. Abw MK-Habersack3 § 221 Rdn 233. MK-Habersack3 § 221 Rdn 232. Zutreffend Schumann Optionsanleihen S 65 ff; dem folgend Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 249 ff; Hirte WM 1994, 321, 328 f; Karollus ZIP 1994, 590, 593 f; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 159 ff (unter Hinweis auf den von der Praxis aus Gründen [falscher] Vorsorge

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gewählten Weg, für den Fall einer Ausübung des Optionsrechts ein Recht auf vorzeitige Kündigung der Schuldverschreibung einzuräumen und den dann freiwerdenden Betrag zur Leistung auf die Aktie vorzusehen); MK-Habersack3 § 221 Rdn 34, 237; Singhof ZHR 170 (2006), 673, 685. Dazu Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 254 f; MKHabersack3 § 221 Rdn 238; Schumann Optionsanleihen S 64. Zutreffend Schumann Optionsanleihen S 76 ff; ebenso schon Hirte WM 1994, 321, 329 sowie Karollus ZIP 1994, 590, 591 ff; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 159 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 35, 238, 240. Zutr Bedenken bei Schlitt/Schäfer CFL 2010, 252, 257.

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besteht (ausf o § 194 Rdn 79 ff).690 Aus demselben Grunde kann auch bei Vereinbarung eines Nachrangs (wie er bei bestimmten Typen von Pflichtwandelanleihen erforderlich ist) bei den hinzugebenden Schuldverschreibungen (oder Genussrechten) auf eine Sacheinlageprüfung verzichtet werden; angesichts der durch das ARUG abgemilderten Rechtsfolgen bei Verstößen dagegen wäre eine abw Sichtweise allerdings auch kein besonderer Nachteil mehr.691 Bei einer Bedienung von Umtausch- oder Optionsrechten aus genehmigtem Kapital 217 durch die Gesellschaft selbst ist § 194 Abs 1 S 2 entsprechend anzuwenden (o § 205 Rdn 9).692 Sollen Aktien gegen Hingabe einer von einer Tochtergesellschaft ausgegebenen Wandelanleihe gewährt werden, so liegt demgegenüber eine echte Sacheinlage vor. Die verschärften Bestimmungen des § 194 sind mithin anzuwenden.693 Davon kann allerdings eine Ausnahme gemacht und § 194 Abs 1 S 2 analog angewandt werden, wenn die Tochtergesellschaft den Schuldverschreibungserlös von vornherein darlehensweise an die Muttergesellschaft weiterleitet und die daraus resultierende Darlehensforderung sicherungshalber an den Zeichner der Wandel- oder Optionsanleihe abtritt (o § 194 Rdn 25, 35 ff).694 Für Optionsanleihen wurde insoweit früher verlangt, dass eine Ersetzungsbefugnis vereinbart wird; fehle es daran und werde statt dessen nur ein Kündigungsrecht des Anleihegläubigers mit der Möglichkeit einer Verrechnung mit dem Optionspreis vereinbart, bleibe es bei der Anwendbarkeit von § 194 und gegebenenfalls der Regeln über verdeckte Sacheinlagen.695 Dem ist jedenfalls nach der Reform des Rechts der verdeckten Sacheinlage durch MoMiG und ARUG nicht mehr zu folgen; dementsprechend kommt es unabhängig von der Frage, ob die Schuldverschreibung selbst oder das einst auf sie Geleistete als Einlage definiert wird, auf den Ausgabebetrag der Schuldverschreibung an, also auf den objektiven Wert des einst tatsächlich Geleisteten (arg § 27 Abs 3 S 3 nF; in diesem Sinne früher bereits Frey, o § 194 Rdn 56 ff, 66).696 Von vornherein immer anwendbar ist § 194 Abs 1 S 2 im Falle des fremdnützigen Anleihemodells bei der Drittemission von Anleihen; denn hier ist die Weiterleitung des Anleiheerlöses nach § 667 BGB geschuldet, und die Tochter hat gegen die Mutter nie einen Darlehens-, sondern nur einen Freistellungsanspruch, so dass das Problem der Einlage einer Darlehensforderung gar nicht auftritt (zu diesem Vorgehen bereits

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MK-Habersack3 § 221 Rdn 244; Stadler NZI 2003, 579, 584 (mit Einzelheiten zur Bewertung); abw Drygala WM 2011, 1637, 1642; Harrer/Janssen/Halbig FB 2005, 1, 3. Apfelbacher/Kopp CFL 2010, 21, 28; MKHabersack3 § 221 Rdn 233, 244 aE (siehe auch allg zur Anwendung auf Pflichtwandelanleihen Habersack FS Nobbe, S 539, 551); Schnorbus/Trapp ZGR 2010, 1023, 1049 f; abw KK-Lutter 2 § 194 Rdn 7; zweifelnd bereits Geßler/Hefermehl/Karollus § 221 Rdn 167. Ebenso Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 261 ff; Holland/ Goslar NZG 2006, 892, 895; Karollus ZIP 1994, 590, 594 ff (allg Analogie zu § 194 Abs 1 S 2); Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 264; Schumann Optionsanleihen S 79 ff; abw Groh BB 1997, 2523, 2528;

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MK-Habersack3 § 221 Rdn 230; früher auch Hirte WM 1994, 321, 329. Ebenso Gustavus BB 1970, 694, 695; KK-Lutter2 § 221 Rdn 163 f; MK-Habersack3 § 221 Rdn 235; Schumann Optionsanleihen S 71. Zutreffend Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 244 ff, 256 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 235; Schlitt/ Seiler/Singhof AG 2003, 254, 264; Schumann Optionsanleihen S 71 ff mit ausführlicher Begründung (für Optionsanleihen); abw KK-Lutter 2 § 221 Rdn 164. Hirte WM 1994, 321, 329; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 160 ff; Schumann Optionsanleihen S 79. Ebenso, aber mit anderer Begründung, MK-Habersack3 § 221 Rdn 241 f.

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o Rdn 122).697 Ebenso selbstverständlich nicht anwendbar ist § 194 Abs 1 S 2, wenn im Rahmen des eigennützigen Anleihemodells die ausgegebene Anleihe wirtschaftlich der Tochter selbst zufließen sollte.698 Keine Sacheinlage stellt es dar, wenn bereits die ursprüngliche Wandel- oder Options- 218 anleihe gegen Sachleistungen ausgegeben wurde. Auch für diesen Fall stellt § 194 Abs 1 S 2 klar, dass es sich um eine Barkapitalerhöhung durch Hingabe der auf einen Nennbetrag lautenden Schuldverschreibung handelt. § 194 Abs 1 S 1 erfasst den Fall nicht, da die Sacheinlage auf die Schuldverschreibung geleistet wurde.699 Mit Blick auf die privilegierende Sonderregelung des § 194 Abs 1 S 2 müssen allerdings Sachleistungen, die auf die Schuldverschreibung erbracht werden, in entsprechender Anwendung der Regeln über die Leistung von Sacheinlagen auf Aktien (§§ 27, 183, 205 Abs 2) geprüft und bewertet werden;700 denn andernfalls bestünde die Möglichkeit, auf dem Umweg über eine Forderungsumwandlung in zunächst eine Schuldverschreibung (oder ein Genussrecht) und im zweiten Schritt über § 194 Abs 1 S 2 ohne weitere Prüfung in Aktien die Regeln über die Sacheinlagen zu unterlaufen. b) Verbot der Unter-pari-Emission. In allen Fällen, insbesondere bei Wandelanleihen, 219 ist das Verbot der Unter-pari-Emission zu beachten.701 Daraus kann sich das Erfordernis einer (weiteren) Zuzahlung seitens der Umtausch- oder Bezugsberechtigten ergeben, soweit nicht eine entsprechende Rücklage vorhanden ist; §§ 199 Abs 2, 218 S 2 (näher dort § 199 Rdn 44 ff). Den Vorschriften ist Genüge getan, wenn der Nennbetrag der hinzugebenden Schuldverschreibung höher oder gleich dem Nennbetrag der zu beziehenden Aktien ist. Dies gilt selbst dann, wenn die Wandel- oder Optionsanleihe ihrerseits unter pari ausgegeben wurde.702 Eine Unter-pari-Emission droht eher bei einer von einer (ausländischen) Tochtergesellschaft begebenen Wandelanleihe oder – sofern die Rückgabe gestattet ist – einer Optionsanleihe, wenn deren Solvenz nachlässt oder bei einer Fremdwährungsanleihe die Anleihewährung an Wert verliert. Für diesen Fall sollte daher durch Rücklagenbildung Vorsorge getroffen werden.703 Im Umkehrfall eines den Ausgabebetrag übersteigenden Rückzahlungsbetrages der Anleihe bleibt es demgegenüber bei der Anwendung der allgemeinen Vorschriften. c) Auswirkungen auf die Schuldverschreibung. Mit der Ausübung des Gestaltungs- 220 rechts erlischt die Schuldverschreibung (bei der Wandelanleihe) bzw das Bezugsrecht (bei der Optionsanleihe). So lange sich allerdings die das Umtausch- oder Bezugsrecht verbriefende Urkunde noch in Händen des Gläubigers befindet, kann die Gesellschaft ihm

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Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 256 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 236. Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 256 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 234, 239. Vgl KK-Lutter 2 § 221 Rdn 140; MK-Habersack3 § 221 Rdn 229; Rusch Wandelschuldverschreibung S 67 f. So KK-Lutter 2 § 221 Rdn 140; Marsch-Barner DB 1995, 1497; Meilicke DB 1995, 1061; MK-Habersack3 § 221 Rdn 231; Schnorbus/Trapp ZGR 2010, 1023, 1029; ausf zum Vorgehen bei der Bewertung Schnorbus/Trapp ZGR 2010, 1023, 1034 ff

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(entspr § 205 Abs 2 mit der Folge, dass zur Absicherung auch ein bedingtes Kapital genutzt werden kann, obwohl die Bewertung und Prüfung der Sacheinlage erst nach Beschlussfassung über das bedingte Kapital erfolgt). Ebenso Hirte WM 1994, 321, 329; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 158; MK-Habersack3 § 221 Rdn 229; Schumann Optionsanleihen S 67 f. Vgl Apfelbacher/Kopp CFL 2010, 21, 29; Schlitt/Seiler CFL 2010, 252, 258; Schumann Optionsanleihen S 68 f. Hirte WM 1994, 321, 329.

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Fünfter Unterabschnitt

dies, insbesondere nach einer eventuellen Weitergabe, kaum entgegenhalten (§ 796 BGB). Es empfiehlt sich daher, in den Schuldverschreibungsbedingungen, die Ausübung des Gestaltungsrechts von einer Rückgabe der Urkunde (bei einer Wandelanleihe oder bei selbstständig handelbarem Optionsschein) oder einer Vorlage der Urkunde (bei Optionsanleihen mit nicht gesondert verbrieftem Bezugsrecht) abhängig zu machen.704 Bei einer von einer Tochtergesellschaft begebenen Optionsanleihe führt die Inzahlung221 nahme einer Anleihe zwecks Anrechnung auf den Optionspreis allerdings nicht zur Konfusion der Anleiheschuld. Hier bedarf es daher entsprechender vertraglicher Gestaltungen, um zumindest eine Konfusion der zugrundeliegenden Darlehensforderung zu erreichen. In Betracht kommt etwa, dass die Tochter- der Muttergesellschaft den Darlehenserlös darlehensweise weiterleitet und die daraus resultierende Darlehensforderung sicherungshalber dem Zeichner der Optionsanleihe bzw seinem Rechtsnachfolger abtritt.705

IX. Bilanzierung 1. Einzelabschluss

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a) Im Jahresabschluss selbst können vier verschiedene Positionen angesprochen sein: Zunächst ist die Anleiheverbindlichkeit als Verbindlichkeit auf der Passivseite anzusetzen (§ 266 Abs 3 C 1 HGB), und zwar zu ihrem Erfüllungsbetrag (§ 253 Abs 1 S 2 HGB);706 das gilt auch bei Pflichtwandelanleihen.707 Bei Vereinbarung eines Rückzahlungsagios ist die Schuld in den Folgejahren ratierlich um die zeitanteiligen Zinsen zu erhöhen.708 Wurden auch gewöhnliche Anleihen begeben, sind Wandelanleihen nach § 266 Abs 3 C 1 HGB mit dem Zusatz „davon konvertibel“ zu kennzeichnen.709 Bei einer Optionsanleihe kommt dieser Zusatz nur dann in Betracht, wenn dem Erwerber auch das Recht eingeräumt wurde, die Anleihe bei Ausübung des Optionsrechts in Zahlung zu geben oder wenn vorab eine Verrechnung vereinbart wurde.710 Ist dem Anleihegläubiger ein Recht auf vorzeitige Kündigung der Anleihe eingeräumt (Put-Option bzw early redemption clause), ist dies bei der Bewertung der Anleiheverbindlichkeit zu berücksichtigen (und zwar, da es einen Vorteil für den Gläubiger darstellt, durch höhere [infolge geringerer Abwertung] Bewertung der Verbindlichkeit).711 Entsprechendes gilt für den spiegelbildlichen Fall eines Kündigungsrechts der Anleiheschuldnerin.712 Zum Zweiten darf (auch nach Inkrafttreten des BilMoG) der Unterschied zwischen 224 dem Ausgabe- und dem Erfüllungsbetrag (Disagio) – sofern vorhanden – unter die aktiven Rechnungsabgrenzungsposten aufgenommen werden, der dann jedoch planmäßig abzuschreiben ist (§ 250 Abs 3 HGB)713 (das Unternehmen kann diesen Betrag aber auch

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KK-Lutter 2 § 221 Rdn 141; MK-Habersack3 § 221 Rdn 228. Vgl den Vorschlag bei Schumann Optionsanleihen S 72 ff. Zur Behandlung von Zero-Bonds in diesem Zusammenhang Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 735. Häuselmann BB 2003, 1531, 1532 f; abw Bogenschütz Neuausrichtung S 202 f. Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 735. Adler/Düring/Schmaltz 6 § 266 HGB

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Tz 221; Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 732. Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 745; MK-Habersack3 § 221 Rdn 325. Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 737 (dort auch zu den Folgen für die Kapitalrücklage im Falle tatsächlich erfolgter Kündigung). Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 737. Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 732 (wobei im Falle eines vorzeitig ausüb-

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

§ 221

sogleich in voller Höhe als Aufwand behandeln714; in diesem Fall besteht aber uU eine Hinweispflicht nach § 284 Abs 2 Nr 1 HGB im Anhang, wenn hierdurch ein nicht den tatsächlichen Verhältnissen der Gesellschaft entsprechendes Bild der Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft vermittelt würde715). Umgekehrt ist nach § 272 Abs 2 Nr 2 HGB „der Betrag, der bei der Ausgabe von Schuldverschreibungen für Wandlungsrechte und Optionsrechte zum Erwerb von Anteilen erzielt wird“ (Agio), als Kapitalrücklage auszuweisen; das gilt gleichermaßen für isoliert ausgegebene Optionsrechte oder solche, die mit Aktien oder anderen Titeln verknüpft ausgegeben werden.716 Im Falle von Pflichtwandelanleihen ist, da hier kein Wandelrecht besteht, ein gesonderter Posten zu bilden (o Rdn 92). Einschlägig ist die Norm auch sonst nur dann, wenn das Umtauschrecht (jedenfalls auch) mit neuen Anteilen der Gesellschaft zu bedienen ist.717 Im Falle einer Unterverzinslichkeit der Anleihe ist dabei nur der der Gesellschaft unentziehbare Vorteil einzustellen: Da dieser im Fall eines „amerikanischen“ Wandlungsrechts (also eines während der Wandlungszeit jederzeit ausübbaren Wandlungsrechts; dazu o Rdn 85) der Gesellschaft erst mit Zeitablauf zuwächst, ist die Rücklage in diesem Fall ratierlich zu Lasten des Zinsaufwandes zu dotieren.718 Und schließlich sind die Zinszahlungen auf die Anleihe in der Gewinn- und Verlustrechnung als Aufwand zu erfassen.719 Zudem ist der Bestand an ausgegebenen Wandel- oder Optionsanleihen im Anhang des Jahresabschlusses auszuweisen (§ 160 Abs 1 Nr 5);720 davon erfasst sind alle Titel, die zu einem Bezug von Aktien der Gesellschaft berechtigen.721 Hinzu kommen die allgemein erforderlichen Anhangsangaben insbesondere bezüglich der Restlaufzeit der Anleihe (§§ 268 Abs 5 S 1, 285 Nr 1 und Nr 2 HGB, hinsichtlich Nr 2 nach §§ 288 Abs 1, 267 HGB nicht für kleine Kapitalgesellschaften).722 Dabei kann auf den Endfälligkeitszeitpunkt der Anleihe abgestellt werden (und nicht auf den geschätzten früheren Zeitpunkt der Ausübung des Wandelrechts), weil dieser die mögliche maximale Liquiditätsbelastung der Gesellschaft markiert.723 Nach den Internationalen Rechnungslegungsstandards (International Financial Reporting Standards [IFRS]) sind Finanzinstrumente, die sowohl Schuld- als auch Eigenkapitalelemente enthalten, beim Emittenten zum Teil im Eigen- und zum Teil im Fremd-

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baren Wandlungsrechts auf den frühesten Wandlungszeitpunkt abzustellen ist; ebda S 734; zur dabei im Übrigen anzuwendenden Effektivzinsmethode ebda S 732, 735); KK-Lutter 2 § 221 Rdn 193; MK-Habersack3 § 221 Rdn 326. Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 732; Großfeld in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 83, 87. Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 734 f. MK-Habersack3 § 221 Rdn 331; Esterer/ Härteis DB 1999, 2073, 2074. Ausführlich KK-RechnungslegungsrechtMock § 272 HGB Rdn 137 ff; speziell zur Behandlung von Umtauschanleihen oder von mit eigenen Aktien zu bedienenden Anleihen Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 736.

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Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 733. Vgl den Überblick bei Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 53, 60; Großfeld in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 83, 85 f, 117 f; Lutter DB 1986, 1607, 1608; Schumann Optionsanleihen S 84 ff. Adler/Düring/Schmaltz 6 § 160 AktG Tz 51 ff; Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 734. MK-Habersack3 § 221 Rdn 333. Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 734. Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 734.

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kapital auszuweisen (IAS 32.28).724 Dazu ist zunächst der Wert der finanziellen Schuld zu ermitteln, indem zukünftige Tilgungen und Zinszahlungen mit einem risikogerechten Marktzins abgezinst werden, wie er für eine nicht mit einer Eigenkapitalkomponente versehene finanzielle Verbindlichkeit von einem Emittenten mit vergleichbarem Kreditstatus zu zahlen wäre (IAS 32.A31a); es ist also der fair value der Verbindlichkeit anzusetzen, so dass die Bonität des Schuldners zu berücksichtigen ist. Der Eigenkapitalanteil des zusammengesetzten Finanzinstruments, der in die Kapitalrücklage einzustellen ist, ergibt sich aus der Differenz des fair value des gesamten zusammengesetzten Finanzinstruments zur Höhe des als Verbindlichkeit ausgewiesenen Postens;725 dieser ändert sich auch dann nicht, wenn die baldige Wahrnehmung der Tauschoption wahrscheinlich ist. Die Regelungen des IAS 39 werden für die nach dem 1. Januar 2013 beginnenden Geschäftsjahre durch IFRS 9 (Financial Instruments) abgelöst, da IAS 39 wegen seiner Komplexität und insbesondere im Rahmen der Finanzmarktkrise wegen seinen Regelungen zur Fair-value-Bewertung in die Kritik geraten ist.726 Für die Zugangsbewertung der finanziellen Vermögenswerte ergeben sich bei IFRS 9 im Vergleich zu IAS 39 keine Änderungen, so dass von einer Bewertung zum beizulegenden Zeitwert auszugehen ist, der grundsätzlich dem Transaktionspreis entspricht (IFRS 9.5.1.1). Für die Folgebewertung kennt IFRS 9 nunmehr nur noch zwei verschiedene Kategorien von finanziellen Vermögenswerten. Soweit ein finanzieller Vermögenswert mit der Absicht der Erzielung des vertraglichen Cashflows gehalten wird und die vertraglichen Bedingungen des finanziellen Vermögenswertes den Cashflow auf bestimmte Zeitpunkte festlegen und sich insofern ausschließlich auf Zins- und Tilgungszahlungen beschränken, ist der finanzielle Vermögenswert in der Folgebewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten zu bewerten (IFRS 9.4.2). Bei allen anderen finanziellen Vermögenswerten muss die Folgebewertung erfolgswirksam zum beizulegenden Zeitwert vorgenommen werden (IFRS 9.4.4). Eigenkapitalinstrumente sind bei der Zugangsbewertung mit dem beizulegenden Zeitwert anzusetzen. Aufgrund der Beschränkungen bei der Folgebewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten sind sämtliche Eigenkapitalinstrumente zum beizulegenden Zeitwert zu bewerten.727 Dabei besteht das unwiderrufliche Wahlrecht, sämtliche (spätere) Änderungen des beizulegenden Zeitwerts erfolgsneutral im Eigenkapital als sonstiges Ergebnis (other comprehensive income) zu erfassen (IFRS 9.5.4.4). Da IFRS 9 lediglich für die Bilanzierung von finanziellen Vermögenswerten und nicht für die finanziellen Verbindlichkeiten gilt, ergeben sich insofern keine Änderungen in der Bilanzierung beim Emittenten. Insbesondere die finanziellen Verbindlichkeiten sollen allerdings in einer späteren Projektphase überdacht werden (IFRS 9.BC5), so dass mit entsprechenden Ergänzungen von IFRS 9 zu rechnen ist. Die Geltung von IFRS 9 im Rahmen der IAS-VO setzt allerdings noch die Annahme im Komitologieverfahren voraus, die bisher noch nicht erfolgt ist. Im Zeitpunkt der Wandlung ist im Falle einer Wandelanleihe die bisher passivierte Verbindlichkeit auszubuchen.728 Bei der Umbuchung ins Eigenkapital ist zu beachten, dass die Differenz zwischen dem (höheren) Buchwert der nunmehr erloschenen Verbindlichkeit und dem geringsten Ausgabebetrag der gewährten Aktien in die Kapitalrücklage 724

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Überblick bei Mock, Finanzverfassung der Kapitalgesellschaften und internationale Rechnungslegung (2008), S 130. Barckow in: Baetge/Wollmert/Kirsch/Oser/ Bischof (Hrsg), Rechnungslegung nach IFRSStand 10/10 IAS 32 Rdn 87.

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Zu den Hintergründen und zur Entwicklung von IFRS 9 Eckes/Flick/Sierleja WPg 2010, 627 ff. Eckes/Flick/Sierleja WPg 2010, 627, 633. MK-Habersack3 § 221 Rdn 332.

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

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nach § 272 Abs 2 Nr 1 HGB einzustellen ist. Bei einer Optionsanleihe bleibt demgegenüber die Verbindlichkeit bis zum Fälligkeitszeitpunkt bestehen und wird nicht in das Eigenkapital umgebucht; das ist nur in dem Ausnahmefall anders, dass die Optionsanleihe bei der Aktienzeichnung in Zahlung genommen wird oder die Anleiheverbindlichkeit vorab auf die Einlage verrechnet wurde.729 Bei einem Ausgabebetrag der Optionsanleihe unter dem geringsten Ausgabebetrag der zu erwerbenden Aktien kann nach § 199 Abs 2 eine Gewinnrücklage aufzulösen und dem gezeichneten Kapital zuzuführen sein.730 b) Probleme bei der Bilanzierung haben sich bislang vor allem bei der Behandlung 233 des Agios aus der Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen ergeben. Die jetzt geltende Regelung geht auf § 130 Abs 2 Nr 3 AktG 1937 zurück, nach dem nur der Überschuss, der bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen über den Nennbetrag der Bezugsaktien und die Emissionskosten hinaus erzielt wurde, in die gesetzliche Rücklage einzustellen war. Daraus war zum Teil abgeleitet worden, dass nur bezüglich der gewandelten Papiere und erst im Zeitpunkt der Wandlung eine Zuführung zur gesetzlichen Rücklage erforderlich, im Übrigen jedoch das Agio als Ertrag anzusehen sei.731 Mit der Neufassung des Gesetzes durch § 150 AktG 1965 wurde die Streitfrage gelöst, wann das Agio in die gesetzliche Rücklage einzustellen ist und dass es auf das Ausmaß der Wandlung nicht ankommt.732 Ein einmal als Agio nach § 272 Abs 2 Nr 2 HGB eingestellter Betrag verbleibt deshalb auch dann dort, wenn die Anleihe nicht oder nur teilweise gewandelt wird; andererseits wird er im Falle einer Wandelanleihe auch nicht in das Agio nach § 272 Abs 2 Nr 1 HGB umgebucht.733 Dort sind nur etwaige Zuzahlungen einzustellen, die im Zeitpunkt der Wandlung erfolgen.734 Dazu gehört auch ein Verzicht auf die bisher durch Kapitalüberlassung entstandenen Zinsansprüche.735 Da Wandelanleihen im Gegensatz zu Optionsanleihen zum Zeitpunkt der Gesetzes- 234 änderung nur wenig verbreitet waren (dazu Rdn 82), wurden Bedenken laut, ob diese Bilanzierungspraxis auch für Optionsanleihen gelten solle; zum anderen wurde die – inzwischen allgemein bejahte – Frage aufgeworfen, ob auch andere Gegenleistungen für das Optionsrecht, insbesondere die niedrigere als marktübliche Verzinsung durch Einstellung eines entsprechenden Postens in der Kapitalrücklage zu berücksichtigen seien.736 Gleiches gilt für Mischformen (teils Agio, teils Zinsvorteil) hinsichtlich der Summe aus

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Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 745. MK-Habersack3 § 221 Rdn 332. Adler/Düring/Schmaltz 3, 1957, § 130 AktG 1937, Tz 41–42; Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 53; Lutter DB 1986, 1607, 1609. Vgl Begr RegE, abgedruckt bei Kropff, AktG, S 221; Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 732; Großfeld in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 83, 102 f; Koch/Vogel BB 1986, Beil 10, S 5 f; Loos BB 1988, 369, 372 f; Lutter DB 1986, 1607, 1608; Schumann Optionsanleihen S 83 f. Adler/Düring/Schmaltz 6 § 272 HGB Tz 129; Gelhausen/Rimmelspacher AG

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2006, 729, 734; MK-Habersack3 § 221 Rdn 332; abw aber Biener/Berneke BiRiLiG, 1986, § 272 HGB Rdn 196. GroßK-HGB-Hüttemann 4 § 272 HGB Rdn 33; KK-Rechnungslegungsrecht-Mock § 272 HGB Rdn 153. Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 736. Vgl Adler/Düring/Schmaltz 6 § 272 HGB Tz 118 ff; Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 54 f; Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 731; Großfeld in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 83, 86; KK-Rechnungslegungsrecht-Mock § 272 HGB Rdn 139; Lutter DB 1986, 1607, 1608.

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Fünfter Unterabschnitt

beiden Teilbeträgen.737 Zuvor hatte man die Anleiheschuld einer Wandel- oder Optionsanleihe immer vollständig als Fremdkapital unter den Verbindlichkeiten ausgewiesen.738 Im Zuge der Anpassungen der Vorschriften durch das Bilanzrichtlinien-Gesetz739 235 wurde lediglich die Formulierung geändert: statt auf den „Betrag, der bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen über ihren Rückzahlungsbetrag [heute: Erfüllungsbetrag] hinaus erzielt wird“ (§ 150 Abs 2 Nr 3 AktG 1965 aF), wird jetzt auf den „Betrag, der bei der Ausgabe von Schuldverschreibungen für Wandlungsrechte und Optionsrechte zum Erwerb von Anteilen erzielt wird“, abgestellt (§ 272 Abs 2 Nr 2 HGB). Mit dieser Änderung war ausweislich der Gesetzgebungsmaterialien („klarstellend neu gefasst“) keine materielle Änderung beabsichtigt.740 Angesichts des Fehlens weitergehender Änderungen dürfte damit jedenfalls feststehen, dass auch das für Optionsrechte erzielte Agio bereits bei der Ausgabe der Anleihe in die Kapitalrücklage einzustellen ist und dort unabhängig vom Ausmaß der Ausübung des Optionsrechts verbleibt.741 Das gilt gleichermaßen für („klassische“) unbedingte Optionsrechte wie für bedingte Optionsrechte (etwa den Optionskupon bei einer Going-Public-Anleihe; dazu o Rdn 89).742 Bei Pflichtwandelanleihen ist die Lage demgegenüber unklar. Da hier der gesamte 236 Anleihebetrag zwingend in Kapital umzuwandeln ist, dürfte eine Aufspaltung in den Darlehensanteil der Pflichtwandelanleihe und die darin fiktiv enthaltene Optionsprämie nicht in Betracht kommen (siehe auch o Rdn 92).743 Zudem ist beim Ausweis des Emissionserlöses zu berücksichtigen, dass der gesamte Betrag dazu bestimmt ist, in Eigenkapital umgewandelt zu werden (o Rdn 90, 92). Die im Hinblick auf die höhere als marktübliche Verzinsung zu zahlenden Mehrzinsen (o Rdn 92) bilden keinen Aufwand, sondern sind wie eine Optionsprämie zu aktivieren.744 Im Übrigen sind nach § 285 Nr 18 HGB Angaben zum Umfang der Pflichtwandlung erforderlich.745 Im Wandlungszeitpunkt ist die gesamte Optionsprämie (= die angesammelten Mehrzinsen) erfolgsneutral gegen den Buchwert aus der reinen Anleihe auszubuchen und die verbleibende Anleiheverbindlichkeit (= der erzielte Ausgabebetrag) erfolgsneutral in das Gezeichnete Kapital und die Kapitalrücklage nach § 272 Abs 1 Nr 1 HGB umzubuchen.746 Nicht berücksichtigt ist bei den bilanziellen Vorschriften die heute übliche (dazu 237 Rdn 93 ff) Trennung von Anleiheschuldner und Gesellschaft, deren Aktien Gegenstand der Option sind.747

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BeckBilKomm-Kozikowski/Förschle/Hoffmann 7 § 272 HGB Rdn 180; KK-Rechnungslegungsrecht-Mock § 272 HGB Rdn 143 ff. Vgl Großfeld in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 83, 87. BiRiLiG vom 19.12.1985 (BGBl I 2355). Vgl BT-Drucks 10/4268, S 106; dazu Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 64 f; Lutter DB 1986, 1607, 1613; Martens in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 119, 121, 128 f; Schumann Optionsanleihen S 83. Adler/Düring/Schmaltz 6 § 272 HGB Tz 120 mwN; KK-Rechnungslegungsrecht-Mock § 272 HGB Rdn 139.

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Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 744; MK-Habersack3 § 221 Rdn 331. Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 739 f; Häuselmann BB 2003, 1531, 1534 f; abw Friel Wandelanleihen S 271 (Trennung nach Typenvergleich mit vergleichbarer Standard-Wandelanleihe). Einzelheiten bei Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 740. Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 741. Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 741. KK-Rechnungslegungsrecht-Mock § 272 HGB Rdn 152; deutlich Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 60.

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

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2. Insbesondere: Bilanzierung niedrigverzinslicher Optionsanleihen im Einzelabschluss a) Identität von Anleiheschuldner und Zielgesellschaft der Optionsrechte. Die mög- 238 liche Auslegung von § 272 Abs 2 Nr 2 HGB, nur ein bezifferbares Agio sei in die Kapitalrücklage einzustellen, wie sie vor allem aus der früheren Formulierung in § 150 Abs 2 Nr 3 AktG 1965 abgeleitet werden könnte, wird heute nicht mehr geteilt: auch bei der Niederverzinslichkeit einer Optionsanleihe handelt es sich nämlich um ein Entgelt für den (potentiellen) Erwerb von Gesellschafterrechten, das als Eigenkapital zu behandeln ist.748 Umgekehrt ist beim Aufwand neben den Zinszahlungen auch der periodisch zu verteilende Unterschiedsbetrag zwischen dem höheren Erfüllungsbetrag und dem Ausgabebetrag der reinen Anleihe zu berücksichtigen.749 Dies gilt insbesondere für Optionsanleihen, bei denen das Optionsrecht abspaltbar ausgestaltet oder gar bereits abgetrennt ist.750 Der Sache nach geht es dabei um zwei Dinge: zum einen die Möglichkeit eines höheren Eigenkapitalausweises, wie er insbesondere bei Banken und Versicherungen von Interesse ist, und zum zweiten um die ertrags- und damit steuermindernde Berücksichtigung des Aufwands, der zur Abschreibung des bei getrennter Bewertung der Anleihe anfallenden Disagios erforderlich ist.751 Beim zweiten Punkt soll erreicht werden, die Aufwendungen für die Anleihe bei der Gesellschaft mit dem effektiven Zinssatz anzusetzen, während umgekehrt beim Anleihegläubiger nur der nominelle Zins steuerlich berücksichtigt werden muss, weil er gerade der Grund für die Ausgabe einer niedrigverzinslichen Anleihe war. Für diese Form der Bilanzierung werden die Lückenhaftigkeit des Gesetzes,752 das 239 Erfordernis gleicher Behandlung gleichartiger Sachverhalte,753 das Erfordernis eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Gesellschaft (§ 264 Abs 2 HGB), das Gebot von Klarheit und Übersichtlichkeit des Jahresabschlusses (§ 243 Abs 2 HGB)754 und die Gefahr einer Scheindividende angeführt, weil die niedrigverzinsliche Anleihe zum Erfüllungsbetrag passiviert wird und, obwohl mit Bezug zur Mitgliedschaft aufgebracht, nicht (teilweise) als Kapital der Kapitalerhaltung unterworden wird, während zugleich der Aufwand nur in Form der – geringen – Zinsen und damit unvollständig im Jahresabschluss erscheint.755 Weiter wird hin-

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So ausdrücklich Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum BiRiLiG, BT-Drucks 10/4268, S 106; Esterer/Härteis DB 1999, 2073, 2074 f; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 191 f; vgl auch KK-Rechnungslegungsrecht-Mock § 272 HGB Rdn 146 mwN. Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 57; Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 731; Koch/Vogel BB 1986, Beil 10, S 12. Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 56 f, 60. Deutlich Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 66 f; Großfeld in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 83, 86, 88. Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg),

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Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 55; Großfeld in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 83, 106 f; Martens in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 119, 130 ff. Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 55; Lutter DB 1986, 1607, 1609; Martens in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 119, 120, 129 f, 135 ff; abw – gegen eine anloge Anwendung – Großfeld in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 83, 94 ff. Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 65 ff; Großfeld in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 83, 98. Großfeld in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 83, 87;

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§ 221

Fünfter Unterabschnitt

gewiesen auf die von vornherein beabsichtigte wertpapiermäßige Trennung von Anleihe und Optionsrecht (o Rdn 125),756 gegebenenfalls das Vorliegen einer ausdrücklichen vertraglichen Vereinbarung, die den Betrag des Optionsrechts festlegt,757 die Parallele zu der Verpflichtung, den Mehrerlös aus dem Verkauf von Verwertungsaktien in die Kapitalrücklage einzustellen,758 und schließlich eine ähnliche Praxis in den Vereinigten Staaten von Amerika.759 Die Bilanzierung soll daher nach heute einhelliger Ansicht in der Weise vorgenommen 240 werden, dass die Optionsanleihe aufgespalten wird in die eigentliche Anleihe, die nach § 253 Abs 1 HGB mit dem vollen Erfüllungsbetrag passiviert werden muss (o Rdn 223), und den in die Kapitalrücklage einzustellenden Anteil, der in Form der Niederverzinslichkeit für die Optionsrechte gezahlt wurde („Splitting-Lösung“). Auf der Aktivseite kann demgegenüber das auf die leere Optionsanleihe entfallende Disagio als (abzuschreibender760) Rechnungsabgrenzungsposten angesetzt werden.761 Dieser Ansatz wird auch von den Internationalen Rechnungslegungsstandards verfolgt.762 Beispiel:763 Aktiva

Bilanzausschnitt

Bank

x+y

Kapitalrücklage

Disagio

z

Optionsanleihe (Erfüllungsbetrag)

Passiva x y+z

Dabei ist der Wert der Optionsrechte mit x bezeichnet, der Anteil der reinen Anleihe am Emissionsbetrag der Optionsanleihe mit y und das Disagio mit z. In der Sache führt diese Aufspaltung also zu einer Bilanzverlängerung. 241 Technisch setzt sie eine Trennung von Anleiheschuld und Wert der Optionsscheine voraus. Bei Ausgabe isolierter Bezugsrechte (naked warrants), insbesondere in Form von

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Lutter DB 1986, 1607, 1608; Martens in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 119, 126, 133 f; abw Loos BB 1988, 369, 372. Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 56 f, 60; Großfeld in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 83, 98 ff; Koch/Vogel BB 1986, Beil 10, S 12; Martens in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 119, 123, 132 f. Martens in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 119, 139 ff. Lutter DB 1986, 1607, 1610. Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 57 ff; Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 33 ff. Zur Abschreibungsmethode Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung

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von Optionsanleihen, S 47, 80 f; Großfeld in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 83, 88. Dazu ausführlich BeckBilKomm-Törschle/ Hoffmann7 § 272 HGB Rdn 180 f; Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 60 ff; Großfeld in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 83, 87 f; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 192 f; KK-Rechnungslegungsrecht-Mock § 272 HGB Rdn 146; Koch/Vogel BB 1986, Beil 10, S 12 f; MK-Habersack3 § 221 Rdn 328; Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 8, 35 f; Schumann Optionsanleihen S 86 f. Mock, Finanzverfassung der Kapitalgesellschaften und internationale Rechnungslegung (2008), S 130. Nach Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 61.

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stock options an Arbeitnehmer, bedarf es einer vorgängigen Trennung naturgemäß nicht; hier kann für die Bewertung des für ein Optionsrecht gezahlten Aufgeldes unmittelbar auf die nachstehenden (Rdn 242 ff) Überlegungen zurückgegriffen werden (zur Bilanzierung von unentgeltlich an Arbeitnehmer ausgegebenen stock options im Übrigen o § 192 Rdn 173 ff).764 Die verschiedenen Ansätze, wie eine Trennung – so sie erforderlich ist – vorgenommen werden kann, unterscheiden sich zum einen nach dem Zeitpunkt, auf den die Aufspaltung bezogen wird, und zum anderen nach der Bewertungsbasis. Als Zeitpunkte kommen in Betracht:765 – die Entscheidung über die Konditionen der Optionsanleihe; – die Veröffentlichung des Angebots der Optionsanleihe bzw der Abschluss der Übernahmevereinbarung mit dem Bankenkonsortium;766 – der Beginn des Handels der Bezugsrechte auf die Optionsanleihe; – die erste Notierung der Optionsanleihe und der Optionsscheine an den Börsen; – und schließlich die Notierungen von Optionsanleihe und Optionsschein am ersten Tag der Trennung von Schein und Anleihe. Die Bestimmung des Betrages, der für die Optionsrechte erzielt wird, soll aus dem 242 marktüblichen Zinssatz für Anleihen gleicher Bonität ohne Optionsrecht,767 durch Kapitalisierung des Zinsvorteils (Kapitalwertmethode)768 oder – ähnlich der Praxis in den Vereinigten Staaten – aus den speziellen Marktpreisen für die leere Optionsanleihe und die Optionsscheine vorgenommen werden können.769 Schließlich wird vertreten, die Aufteilung könne auf der Grundlage der vertraglichen Vereinbarungen zwischen Gesellschaft und dem die Anleihe übernehmenden Bankenkonsortium erfolgen.770 Je nach Berechnungsweise und zugrundegelegtem Trennungszeitpunkt können sich beträchtliche Bewer-

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Esterer/Härteis DB 1999, 2073, 2074 ff. Dazu Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 69 ff; Schumann Optionsanleihen S 86 ff, zur Parallelfrage bei der Festlegung der Optionsgebühr S 139 f. Dafür Großfeld in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 83, 114 f. Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 71 ff (der allerdings ein Wahlrecht annimmt); Großfeld in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 83, 115; KK-Rechnungslegungsrecht-Mock § 272 HGB Rdn 149; Koch/Vogel BB 1986, Beil 10, S 12; MK-Habersack3 § 221 Rdn 327; Schumann Optionsanleihen S 86 (für die Parallelfrage der Optionsgebühr S 140). Adler/Düring/Schmaltz 6 § 272 HGB, Rdn 123 (krit dazu Schumann Optionsanleihen (1990) S 140); dagegen Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 73;

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KK-Rechnungslegungsrecht-Mock § 272 HGB Rdn 148; Schumann Optionsanleihen S 143 f, die darauf verweisen, dass der Zinsvorteil nicht allein auf die Ausstattung der Anleihe mit Optionsrechten zurückzuführen sei. Dazu Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 75 ff (der ein Wahlrecht annimmt); gegen diese Praxis Großfeld in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 83, 115; Schumann Optionsanleihen S 141, 142 f. Dafür Martens in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 119, 139 ff, 144 ff, der eine Unabhängigkeit des Konsortiums wegen (gegenläufiger) Absatzinteressen des Konsortiums für gegeben hält; abw Loos BB 1988, 369, 375; dazu auch Großfeld in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 83, 112, der die Zulässigkeit dieses Verfahrens jedoch wegen fehlender Unabhängigkeit des Konsortiums bezweifelt.

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tungsunterschiede ergeben, die vor allem auf die unterschiedlichen kalkulatorischen Zinssätze der leeren Optionsanleihe zurückgehen.771 Angesichts dieser Unterschiede wollen einige für die Bilanzierung der Höhe nach ein 243 Wahlrecht annehmen und im Zweifelsfall der höheren Dotierung der Kapitalrücklage, die zugleich wegen höherer Abschreibungen des Disagios zu einem Sinken des ausschüttbaren Gewinns führt, aus Gläubigerschutzgründen den Vorzug geben.772 Statt einer Aufspaltung halten andere773 schließlich eine Einheitsbetrachtung für näherliegender: die Anleihezeichner wollen primär den gleichhohen Rückzahlungsanspruch erwerben und gewähren der Gesellschaft darüberhinaus die vergünstigte Nutzung des Kapitals. Dann ist das Kapitalnutzungsrecht mit dem Barwert der künftigen Zinsvorteile zu aktivieren und ratierlich steuerwirksam abzuschreiben. Diese Auffassung steht allerdings in Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, dass Kapitalnutzungsvorteile nicht (steuerrechtlich) im Rahmen von § 4 EStG einlagefähig sind774 und setzt daher deren Aufgabe voraus.775 Unabhängig davon ist nur der Wert in die Kapitalrücklage einstellbar, der der Gesell244 schaft tatsächlich und unentziehbar zur Verfügung steht, also unabhängig von der künftigen Ausübung des Wandlungsrechts. Das ist bei einem ausschließlich bei Endfälligkeit ausübbaren Wandlungsrechts (zu den verschiedenen Varianten o Rdn 85) unproblematisch: Hier entspricht der unentziehbare Vorteil des Emittenten zweifellos dem vorstehend dargestellten kapitalisierten Unterschiedsbetrag über die Gesamtlaufzeit der Anleihe. In dem nicht seltenen Fall einer vorzeitigen Ausübbarkeit des Wandlungsrechts, insbesondere bei Ausübbarkeit über den ganzen Zeitraum der Anleihe, kann dem Emittenten der Vorteil der Unterverzinslichkeit der Anleihe durch Ausübung des Wahlrechts aber ab Beginn des Wandlungszeitraums entzogen werden. Hier ist daher für die Bewertung die kürzestmögliche Laufzeit der Anleihe zugrunde zu legen.776 Sofern man grundsätzlich eine Bilanzierung des Vorteils der Niedrigverzinslichkeit für 245 zulässig hält (zu den gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen u Rdn 254 ff), ist der auf die Optionsrechte entfallende Betrag durch Vergleich zwischen dem (hypothetischen) Ausgabebetrag einer Teilschuldverschreibung gleicher Bonität ohne Optionsrechte (leere Anleihe) und dem (tatsächlichen) Ausgabebetrag der Optionsanleihe zu ermitteln. Dieser Vergleich ist auf den Zeitpunkt der Entscheidung über die Konditionen der Optionsanleihe zu beziehen, da auch bei der Festlegung eines „echten Agios“ Änderungen der Marktverhältnisse, die nach der Entscheidung über die Konditionen eintreten, nicht mehr berücksichtigt werden.777 Bezüglich der Methode stehen einer Anknüpfung an die Marktverhältnisse das Fehlen eines Marktes, in dem – maßgeblichen – Zeitpunkt der

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Vgl das Beispiel bei Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 77 f. Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 79; KK-Rechnungslegungsrecht-Mock § 272 HGB Rdn 150; Kropff ZGR 1987, 285, 306. Döllerer AG 1986, 237, 239 (dazu jedoch Schumann Optionsanleihen S 85 f); Loos BB 1988, 369, 374. So BFH BStBl II 1984, 747 ff; BFH GS Beschl v 26.10.1987 – GrS 2/86, BStBl II 1988, 348.

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Dafür Döllerer AG 1986, 237, 239; Loos BB 1988, 369, 374; dazu auch Koch/Vogel BB 1986, Beil 10, S 15 mwN. Adler/Düring/Schmaltz 6 § 272 HGB Tz 123; Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 732. Ebenso Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 74; Schumann Optionsanleihen S 141 f (zum Parallelproblem bei der Festlegung der Optionsgebühr).

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Konditionenfestlegung entgegen,778 während außerdem gegen eine Anknüpfung an den kapitalisierten Zinsvorteil spricht, dass die Konditionen der Optionsanleihe auch noch von anderen (etwa steuerlichen) Faktoren beeinflusst sein können.779 Wird neben der Niederverzinslichkeit zugleich ein offenes Agio vereinnahmt, müssen selbstverständlich beide sich daraus ergebende Beträge in die Kapitalrücklage eingestellt werden.780 b) Trennung von Anleiheschuldner und Zielgesellschaft der Optionsrechte. aa) Mut- 246 tergesellschaft. Fallen Anleiheschuldnerin und die Gesellschaft, gegen die die Optionsrechte gerichtet sind, auseinander, wirkt sich dies zunächst auf die Ausweispflicht des in diesen Fällen nur von der Tochtergesellschaft weitergeleiteten Darlehens aus. Dies ist zwar unverändert zum Erfüllungsbetrag (§ 253 Abs 1 HGB) auszuweisen, nunmehr aber als Verbindlichkeit gegenüber verbundenen Unternehmen. Andererseits ist es nicht selbst konvertibel (da nicht in Anteile der Tochtergesellschaft gewandelt wird), wohl aber im wirtschaftlichen Ergebnis, was dann durch entsprechende Anhangsangaben kenntlich zu machen ist.781 Im Übrigen ist zu differenzieren: beim „fremdnützigen Anleihemodell“ (zu den ver- 247 schiedenen Gestaltungsmöglichkeiten o Rdn 93 ff) habe die die Anleihe begebende (in der Regel Tochter-)Gesellschaft nur Durchleitungsfunktion; daher sei der auf die Optionsrechte entfallende Betrag automatisch bei der (Mutter-)Gesellschaft, auf die sich die Optionsrechte beziehen, in die Kapitalrücklage einzustellen.782 Beim „eigennützigen Anleihemodell“ trete die Tochtergesellschaft mit eigenen Interes- 248 sen auf.783 Hier sei die Bildung der Kapitalrücklage bei der Gesellschaft, auf die sich die Optionsrechte beziehen, nicht selbstverständlich. Sie ergebe sich auch nicht aus der für Kompetenzzwecke vorgenommenen Abgrenzung der Zuständigkeiten von Mutter- und Tochtergesellschaft 784 (dazu o Rdn 121 ff), wohl aber könne das zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft vereinbarte Entgelt für die Überlassung der Optionsrechte als „Betrag“ im Sinne von § 272 Abs 2 Nr 2 HGB angesehen werden. Dabei handele es sich um eine analoge Anwendung des Gesetzes; denn das Entgelt wird nicht unmittelbar „bei der Ausgabe von Schuldverschreibungen“ erzielt.785 Dafür spreche schließlich auch eine konzern-dimensionale Auslegung dieser Norm.786 778

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Vgl Schumann Optionsanleihen S 141 ff (zum Parallelproblem bei der Festlegung der Optionsgebühr). Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 73; Schumann Optionsanleihen S 143 f. MK-Habersack3 § 221 Rdn 329. Adler/Düring/Schmaltz 6 § 160 AktG Tz 52; Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 738. So Adler/Düring/Schmaltz 6 § 272 HGB Tz 127; Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 738; KK-Rechnungslegungsrecht-Mock § 272 HGB Rdn 152; Koch/ Vogel BB 1986, Beil 10, S 20; Loos BB 1988, 369, 376; Lutter DB 1986, 1607, 1610 f; Martens in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 151, 153; MK-Habersack3 § 221 Rdn 330. KK-Rechnungslegungsrecht-Mock § 272

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HGB Rdn 152; Martens in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 151, 153; Schumann Optionsanleihen S 126 ff. Martens in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 151, 156 ff. So Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 63; Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 738; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 194; Koch/Vogel BB 1986, Beil 10, S 18, 20; Lutter DB 1986, 1607, 1611; Martens FS Stimpel S 621, 632 ff; ders in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 151, 160 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 330; Schumann Optionsanleihen S 87. Martens FS Stimpel S 621, 632 ff; ders in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 151, 163.

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Damit wird zugleich die Notwendigkeit begründet, über das Optionsentgelt eine vertragliche Vereinbarung zu treffen.787 Die Notwendigkeit einer solchen Vereinbarung sei im Falle einer nicht 100 %-igen Beteiligung der Mutter an der Tochtergesellschaft besonders deutlich. Ihr Fehlen bewirke nämlich eine nicht gerechtfertigte Begünstigung außenstehender Gesellschafter der Tochter und verstoße damit zugleich gegen § 255 Abs 2; denn die Aktien der Muttergesellschaft würden in einem solchen Falle zugunsten der außenstehenden Gesellschafter der Tochter verwässert.788 Aber auch bei einer 100 %-igen Tochtergesellschaft sei die Vereinbarung einer Optionsgebühr zwingend geboten; denn anderenfalls werde das sich aus § 272 HGB ergebende Verbot unterlaufen, Gewinnausschüttungen aus auf mitgliedschaftlicher Basis erzielten Beträgen vorzunehmen („Agiotage“).789 Bezüglich der Höhe der für die Bereitstellung oder Garantie der Optionsrechte zu vereinbarenden Optionsgebühr will Schumann die Überlegungen zur Aufteilung des Ausgabebetrages einer Optionsanleihe in das für die Optionsrechte vereinnahmte Entgelt und den auf die Anleihe entfallenden Betrag entsprechend anwenden.790 Daher soll bei der Emission einer mit einem echten Agio versehenen Anleihe dieses Agio unmittelbar die Optionsgebühr bilden. Bei niedrigverzinslichen Anleihen sollen die soeben für die Aufteilung im Rahmen des § 272 Abs 2 Nr 2 HGB gemachten Ausführungen entsprechend gelten. Grundsätze der Kapitalerhaltung, insbesondere §§ 56, 71d, stünden einer freien Vereinbarung über die Aufteilung der Optionsgebühr nicht entgegen.791 Bei Verzinsung einer in Raten gezahlten Optionsgebühr sind die Zinsen nicht in die Kapitalrücklage einzustellen.792 Bei fehlender Vereinbarung einer Optionsgebühr droht die Gefahr, dass die aufgrund 250 der Ausgabe der Optionsanleihe erzielten Vermögensvorteile durch Ausschüttung von Gewinnen an die Muttergesellschaft bzw Erhöhung deren Beteiligungswertes zu Scheingewinnen bei der Muttergesellschaft führen.793 Daher wird aus § 272 Abs 2 Nr 2 HGB und dem Verbot einer von der Hauptversammlung nicht sanktionierten Vermögensausgliederung794 eine Pflicht zur nachträglichen Abführung eines entsprechenden Betrages unter Einstellung in die Kapitalrücklage der Mutter angenommen.795 Bei nicht 100 %-iger 787

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Martens FS Stimpel S 621, 642 f; ders in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 151, 168 f; ders in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 119, 139 ff; ebenso MK-Habersack3 § 221 Rdn 51; Schumann Optionsanleihen S 87, 124 ff; ähnlich Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 738 („in aller Regel […] nicht unentgeltlich“); Lutter DB 1986, 1607, 1612 f. Ausführlich Schumann Optionsanleihen S 126 ff; siehe jetzt auch Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 77 ff. Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 77 ff; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 182; Schumann Optionsanleihen S 135 ff. Schumann Optionsanleihen S 137 ff; ebenso KK-Lutter 2 § 221 Rdn 183. Martens FS Stimpel S 621, 638 ff; ders in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 151, 165 ff; zu Recht

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abw Koch/Vogel BB 1986, Beil 10, S 20; Schumann Optionsanleihen S 144 f. Koch/Vogel BB 1986, Beil 10, S 19. Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 82 ff (einschränkend zum Schaden bei 100 %-iger Beteiligung); Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 738; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 182. BGHZ 83, 122 (Holzmüller); Lutter DB 1986, 1607, 1612 f; Schumann Optionsanleihen S 134 ff. Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 82 ff; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 184; Lutter DB 1986, 1607, 1612; MK-Habersack3 § 221 Rdn 51; Schumann Optionsanleihen S 149 ff (auch zu den Schadenersatzfolgen bei Verstößen gegen dieses Gebot; dagegen Habersack, ebda); im Ergebnis ebenso Koch/Vogel BB 1986, Beil 10, S 20, die allerdings die Pflicht zur Abführung der Vorteile an die Mutter aus § 667 BGB ableiten wollen.

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Beteiligung an der Tochtergesellschaft komme hinzu, dass sonst außenstehende Gesellschafter ohne Gegenleistung an den aus der Ausgabe (potentieller) Mitgliedschaften der Muttergesellschaft resultierenden Beträgen partizipieren würden.796 Demgegenüber will Loos ganz auf die Notwendigkeit, eine Optionsgebühr zu verein- 251 baren, verzichten. Die Aktionäre der Muttergesellschaft seien frei, das Optionsentgelt bei der Tochtergesellschaft zu belassen.797 Die Verpflichtung zur Einstellung des Betrags nach § 272 Abs 2 Nr 2 HGB in die Kapitalrücklage der Muttergesellschaft ergebe sich vielmehr daraus, dass das an die Tochtergesellschaft abfließende Entgelt für die Optionsrechte zusätzliche Anschaffungskosten darstelle, die zu einer entsprechenden Erhöhung des Buchwertes der Tochtergesellschaft in der Bilanz der Muttergesellschaft führten.798 bb) Bei der Tochtergesellschaft ist demgegenüber der bei der Ausgabe von Options- 252 anleihen erzielte und zur Weiterleitung bestimmte Betrag nach § 272 Abs 2 Nr 4 HGB in die Kapitalrücklage einzustellen, da es dort an einer Verbindung mit einem Optionsrecht fehlt.799 In gleicher Höhe ist die für die Bereitstellung etwa gezahlte Optionsgebühr unter den Anschaffungskosten für die Optionsrechte zu aktivieren; bei einer Weitergabe der Optionsrechte muss dieses Aktivum als Aufwand ausgebucht werden.800 Besteht das Entgelt hingegen in einer Weiterreichung des Zinsvorteils im Rahmen einer Darlehensgewährung an die Muttergesellschaft, ergibt sich insoweit keine Passivierungspflicht, da die Darlehensforderung an die Mutter und die Anleiheverbindlichkeit gegenüber dem Dritten eine Bewertungseinheit bilden.801 Die Anleiheschuld selbst ist demgegenüber in jedem Fall als nicht konvertible Ver- 253 bindlichkeit zum Erfüllungsbetrag (§ 253 Abs 1 S 2 HGB) anzusetzen.802 c) Erfordernis der Sacheinlageprüfung. aa) Unklar ist, ob die Einstellung des Vorteils 254 der Niederverzinslichkeit in die Kapitalrücklage eine Sacheinlageprüfung erfordert. Insoweit ist zunächst die Trennung von Anleihe und Optionsschein im Anschluss an die Emission803 kein Argument für ein solches Vorgehen, weil die Optionsanleihe wie die Wandelanleihe jedenfalls vom Gesetz als einheitliches Papier konzipiert wurde (dazu bereits o Rdn 125). Entscheidend für die Frage, ob und in welcher Form Kapitalnutzungsvorteile einlage- 255 fähig sind, ist daher eine eigenständige Prüfung: In die Kapitalrücklage einzustellen ist der „Betrag, der bei der Ausgabe von Schuldverschreibungen für Wandlungsrechte und Optionsrechte zum Erwerb von Anteilen erzielt wird“ (§ 272 Abs 2 Nr 2 HGB). Ob diese Voraussetzung für den Vorteil der Niederverzinslichkeit bei einer Optionsanleihe zutrifft, kann allerdings nicht isoliert bilanziell beurteilt werden: die Bilanz soll ein

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Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 82 ff; Schumann Optionsanleihen S 146 ff. Loos BB 1988, 369, 375; dagegen Lutter DB 1986, 1607, 1613; Schumann Optionsanleihen S 130 ff. Loos BB 1988, 369, 375 f. Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 738; Loos BB 1988, 369, 376. Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 738; Koch/Vogel BB 1986, Beil 10, S 18. Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 738 f (auch zu Alternativen).

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Gelhausen/Rimmelspacher AG 2006, 729, 738. So jedoch Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 56 f, 60; Großfeld in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 83, 98 ff; Martens in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 119, 123; Schlede/Kley in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 1, 2.

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Abbild der tatsächlichen Verhältnisse sein (§ 264 Abs 2 HGB), und das heißt hier: eine Bilanzierung als Eigenkapital kommt nur in Betracht, wenn der dort anzusetzende Betrag Eigenkapitalqualität aufweist. Da eine Einordnung als Gewinn nicht in Betracht kommt, ist dies nur möglich, wenn es sich bei den hier in Rede stehenden Vorteilen um Einlagen handelt.804 In Bezug auf Einlagen differenziert das Gesetz zwischen Geldeinlagen und Sacheinlagen. Geld- oder Bareinlagen sind alle unmittelbar in einer Geldsumme ausgeführten Zahlungen; ihr Wert entspricht ohne Weiteres dem Geldbetrag. Sacheinlagen sind alle anderen Einlagen; sie können zulässig (Maschine) oder unzulässig (Arbeitsleistung) sein. Die bei ihnen immer auftretenden Bewertungsschwierigkeiten machen allerdings immer eine Prüfung mit besonderer Verlautbarung erforderlich (vgl §§ 33, 183). Nur das echte Agio805 stellt eine Geldeinlage dar, so dass vor diesem Hintergrund hier lediglich eine Einordnung als Sacheinlage in Betracht kommt. Bei realistischer Betrachtung wird der Anleihezeichner in erster Linie den gleich hohen Rückzahlungsanspruch erwerben und darüberhinaus das Kapital zu besonders günstigen Bedingungen „seiner Gesellschaft“ zur Verfügung stellen wollen.806 Eingelegt wird mithin der Vorteil besonders günstiger Nutzung des Kapitals. Nachdem Kapitalnutzungsvorteile nach inzwischen hM zum Handelsrecht einlage256 fähig sind (dazu o § 183 Rdn 41),807 kommt eine Bilanzierung als Einlage in Betracht, wenn und soweit die Prüfungs- und Publizitätserfordernisse für Sacheinlagen eingehalten wurden. Ungeachtet der Streitfrage hat der Gesetzgeber mit der „klarstellenden Gesetzesänderung“ für den hier zu beurteilenden konkreten Fall den Vorteil der Niederverzinslichkeit explizit für einlagefähig erklärt. Er hat damit zugleich die (jedenfalls frühere) entgegenstehende handels- und steuerrechtliche Praxis der Behandlung von Kapitalnutzungsvorteilen im Zusammenhang mit der Begebung von Optionsanleihen abgeändert und deren Bilanzierung dem Grunde nach zugelassen. Damit hat er aber nicht auch die fehlende Geldeinlagequalität der Kapitalnutzungsvorteile für unerheblich erklärt: diese bleiben Sacheinlagen.808 Und an dieser Qualität als „Sacheinlage“ im Rechtssinne ändert sich nichts dadurch, dass diese ausschließlich in Geld besteht; denn Geldeinlagen sind nur solche, die in einer Summe bezahlt wurden (arg § 27 Abs 1).809 Der Streit um die richtige Bewertung zeigt augenfällig, dass hier die typischen Probleme einer Sacheinlage auftauchen, die Anlass für die Einführung registergerichtlicher Prüfung und entsprechender Publizität waren. Die Einstellung der aus der Niederverzinslichkeit resultierenden Vorteile in die Kapi257 talrücklage ist daher nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 272 Abs 2 Nr 2 HGB zulässig. Sie setzt allerdings eigentlich voraus, dass der Umfang des dort einzustellenden Betrages im Wege der Sacheinlageprüfung ermittelt und dies entsprechend publiziert 804

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Zutreffend Großfeld in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 83, 91; ähnlich Martens in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 119, 137 ff. Fälle echten („offenen“) Agios bei Herchen Agio und verdecktes Agio im Recht der Kapitalgesellschaften, 2004, S 25 ff, 120 ff; Lutter DB 1986, 1607. Zutreffend Döllerer AG 1986, 237, 239; Loos BB 1988, 369, 374. KK-Lutter 2 § 183 Rdn 83; MK-Pentz 3 § 27 Rdn 25; in dieselbe Richtung auch BGH

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v 14.6.2004 – II ZR 121/02, ZIP 2004, 1642 = NZG 2004, 910; zur abw Rechtsprechung des BFH o Fn 774; Großfeld in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 83, 92 f, 109 ff. Zur Parallele auch Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 78; Martens in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 119, 138 f. Abw Großfeld in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 83, 111, 113 f.

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wurde. Der Beschluss nach § 221 müsste daher zu diesem Zweck mit einem Beschluss nach § 183 verbunden werden. bb) Fehlende Sacheinlageprüfung. Fehlt es an einer korrekten Sacheinlageprüfung, 258 dürfte damit eigentlich bei einer niedrigverzinslichen Optionsanleihe für die daraus resultierenden Vorteile kein Betrag in die Kapitalrücklage eingestellt werden. Die insoweit geäußerten Bedenken, es könne eine Scheindividende ausgeschüttet werden, ist aber zunächst gering, da sich der Zinsvorteil nur Jahr für Jahr und nicht in einer Summe realisiert.810 Vor allem aber ist diese Gefahr in dem im Gesetz angelegten Prinzip, Sacheinlagen vorsichtig zu bewerten, angelegt. Denn jede Sacheinlage kann Scheindividenden auslösen, wenn deren tatsächlicher Wert den für Einlagezwecke festgestellten übersteigt. Und dies dürfte, um eine Differenzhaftung des Einlegers zu vermeiden, sogar der Regelfall sein. Da dadurch aber das – um die Sacheinlage erhöhte – Grundkapital nicht beeinträchtigt wird und Gläubigerschutzgesichtspunkte daher nicht berührt werden, ist die fehlende Sacheinlageprüfung insofern ohne Bedeutung. Auch aus Gründen des Anlegerschutzes kann sich nichts anderes ergeben, da sich die – durch die unterbewertete Sacheinlage ergebenden – Scheingewinne ohne Weiteres aus der Gewinn- und Verlustrechnung ergeben.811 Demgegenüber dürfte die umgekehrte Gefahr einer Überbewertung der Sacheinlage, 259 also des Kapitalnutzungsvorteils, hier besonders groß sein: denn die mit einer höheren Bewertung verbundenen größeren Abschreibungs- und damit Steuersparmöglichkeiten begründen bei fehlender Prüfung zudem unter Umständen selbst im Rahmen der Schranken von § 150 nach einer Auflösung der Kapitalrücklage das Risiko einer ungerechtfertigten Ausschüttung bzw durch eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln nach §§ 207 ff das Risiko einer nicht durch reale Werte gedeckten Erhöhung des Grundkapitals.812 Gleichwohl dürften aus dem Fehlen der eigentlich erforderlichen Sacheinlageprü- 260 fung – jedenfalls heute – keine (wesentlichen) negativen Konsequenzen mehr zu ziehen sein. Denn der Gesetzgeber hat mit dem MoMiG (für die GmbH) und dem ARUG (für die Aktiengesellschaft) zu erkennen gegeben, dass er dem Erfordernis einer präventiven Sacheinlageprüfung nicht mehr die Bedeutung beilegt, die ihm – in der Rechtsprechung des BGH – das bisherige Recht zukommen ließ.813 Wenn heute nach § 27 Abs 3 bei der verdeckten Sacheinlage eine Anrechnung stattfinden darf, dann muss eine Anrechnung erst recht dann möglich sein, wenn schon unter dem bisherigen Recht gar nicht sicher war, ob es sich um eine Sach- oder vielleicht doch um Geldeinlage handelte. Im Ergebnis bleibt der Verzicht auf die Sacheinlageprüfung daher folgenlos. cc) Trennung von Anleiheschuldner und Zielgesellschaft der Optionsrechte. Aus den 261 vorstehenden Überlegungen ergibt sich auch die Rechtslage bei einer Emission über eine

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Vgl Großfeld in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 83, 97. Zuletzt Maier-Reimer FS Goette, S 299, 310; zur daraus folgenden fehlenden Pflicht zur Einstellung in die Kapitalrücklage KK-Rechnungslegungsrecht-Mock § 272 HGB Rdn 132; krit HdJ/Singhof Abt III/2 Rdn 115; Herchen Agio und verdecktes Agio im Recht der Kapitalgesellschaften, 2004, S 185 ff. Großfeld in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 83, 88.

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Daher von einem Zweckwechsel des Mindestkapitals hin zu einem freiwilligen Seriosiätssignal ausgehend Schall Kapitalgesellschaftsrechtlicher Gläubigerschutz, 2009, S 103 ff; ders ZGR 2009, 126 ff. Folgt man dem, wäre zu fragen, ob das Fehlen einer Sacheinlageprüfung das vom Einleger gesendete Signal untergräbt – was wohl zu verneinen wäre.

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Fünfter Unterabschnitt

dritte (Tochter-)Gesellschaft. Im Fall des echten, betragsmäßig ohne Weiteres feststellbaren Agios ist der korrespondierende Vorteil – bei beiden Anleihemodellen – an die Muttergesellschaft weiterzuleiten und dort in die Kapitalrücklage einzustellen. Bestehen die Vorteile, die bei der Begebung der Anleihe erzielt wurden, nicht in einem 262 feststehenden Betrag, so dürften sie eigentlich auch nach Weiterleitung in der Bilanz der Muttergesellschaft nur dann in die Kapitalrücklage eingestellt werden, wenn sie als Sacheinlage geprüft und veröffentlicht wurden. Durch die „Vereinbarung“ einer Optionsgebühr zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft kann eine solche Prüfung ebenfalls eigentlich nicht ersetzt werden. Sie erreicht aber im Ergebnis eine Lage, die – zumindest heute – nach der durch MoMiG und ARUG geänderten Funktion des Systems der Kapitalaufbringung auch gesetzlich legalisiert wurde: denn die Vereinbarung ersetzt das System der präventiven öffentlich-rechtlichen Kapitalaufbringungskontrolle durch eine bloße Haftung der beteiligten Verwaltungsorgane.814 Aus demselben Grund dürfte auch ein Verstoß gegen §§ 56, 71d – zumindest heute – nicht mehr angenommen werden können (dazu im Übrigen bereits o Rdn 249). Selbst wenn eine Vereinbarung über eine Optionsgebühr fehlen oder man sie für 263 unzulässig halten sollte, bedeutet dies im Übrigen nicht, dass die Tochtergesellschaft die aus der Verwertung von Optionsrechten der Mutter resultierenden Vorteile behalten könnte. Die Pflicht, diese an die Muttergesellschaft abzuführen, ergibt sich nämlich nicht aus Vertrag, sondern aus dem Gesetz in Form des Verbots unausgewogener Vermögensverschiebungen zwischen Aktionär und Gesellschaft, das sich auch auf die Austauschbeziehungen zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft erstreckt (§ 57). Eine Abführung der Vorteile an die Muttergesellschaft ist daher ungeachtet der Frage, ob bei der Muttergesellschaft eine Einstellung des Betrages in die Kapitalrücklage auch ohne Sacheinlageprüfung zulässig ist, zwingend geboten (siehe bereits o Rdn 250). 3. Konzernabschluss

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Sind Anleiheemittent und Zielgesellschaft der Optionsrechte nicht identisch, müssen aber deren Einzelabschlüsse konsolidiert werden, so ergibt sich folgendes Bild: Haben die Konzerngesellschaften eine Optionsgebühr vereinbart und hält man diese Vereinbarung für zulässig (dazu zuvor Rdn 249 ff), so ist sie in voller Höhe in die Kapitalrücklage einzustellen. Der noch nicht abgeschriebene Teil ist als Disagio unter den Rechnungsabgrenzungsposten auszuweisen. Die Abschreibung des Disagios ist auch für den Konzern Aufwand, da sie auch für den Gesamtkonzern Teil des Zinsaufwandes für die Anleihekomponente ist.815 Fehlt eine Vereinbarung über eine Optionsgebühr, so sei genauso zu verfahren. Gegebenenfalls müssten zunächst durch eine Korrekturbuchung die Kapitalrücklage und ein gleich hohes Disagio gebildet werden.816 Im Übrigen gelten wegen § 298 Abs 1 HGB die vorstehenden Überlegungen zum Einzelabschluss auch für den Konzernabschluss; ist der Konzernabschluss nach den IFRS aufzustellen, gelten entsprechend die vorstehend für eine Aufstellung des Einzelabschlusses wiedergegebenen IFRSGrundsätze.

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Zum Ausreichen der Geschäftsleitungshaftung in Gesellschaften mit echter Gewaltenteilung Schall Kapitalgesellschaftsrechtlicher Gläubigerschutz, 2009, S 290 ff.

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Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 68. Busse v Colbe in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 47, 68.

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

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X. Kapitalmarktfragen 1. Wertpapierzulassung Wandel- und Optionsanleihen sind börsenfähig, können also unter den Voraussetzungen der §§ 32 ff BörsG zum Börsenhandel im regulierten Markt zugelassen werden; Gleiches gilt für abgetrennte Optionsscheine.817 Grundsätzlich ist dabei allerdings erforderlich, dass die Wertpapiere, auf die sich das Umtausch- oder Bezugsrecht bezieht, an einer inländischen Börse entweder zum Handel zugelassen oder in einen anderen organisierten Markt einbezogen sind oder gleichzeitig zugelassen oder einbezogen werden (§ 11 BörsZulVO). Das öffentliche Angebot der Titel im Inland, auch wenn keine Börsenzulassung beabsichtigt ist (insoweit früher erfasst durch §§ 1 ff VerkProspG), begründet nach § 3 Abs 1 WpPG die Prospektpflicht; denn erfasst sind „Wertpapiere“, zu denen nach § 2 Nr 1b) und c) WpPG auch Wandel- und Optionsanleihen zählen, sowie – falls man sie gesellschaftsrechtlich für zulässig hält (dazu u Rdn 298 ff) – isolierte Bezugsrechte. Erfasst davon sind auch Anleihen mit Tilgungswahlrecht des Emittenten.818 Die Prospektpflicht ersetzt die staatliche Genehmigungspflicht für die Emission von Schuldverschreibungen nach §§ 795, 808a BGB, die zum 1. Januar 1991 aufgehoben wurde.819 Hinsichtlich der Prospektpflicht ist im Übrigen zu unterscheiden: Wandelanleihen werden idR nur institutionellen Investoren angeboten, so dass ihr Angebot nach § 3 Abs 2 Nr 1 WpPG nicht prospektpflichtig ist.820 Werden sie – was bei größeren Volumina nötig ist – ausschließlich den Aktionären des Emittenten angeboten und wird weder vom Emittenten noch von der Emissionsbank ein öffentlicher Emissionshandel eingerichtet, fehlt es demgegenüber schon an einem öffentlichen Angebot iSv § 2 Nr 2 WpPG.821 Liegt ein solches aber vor, kann im Hinblick auf eine große Stückelung der Anleihe (bislang mindestens € 50.000; § 3 Abs 2 Nr 3 WpPG) auf einen Prospekt verzichtet werden.822 Unabhängig von der aus diesem Grund ohnehin schon nur selten eingreifenden deutschen Prospektpflicht wurden Wandelanleihen deutscher Emittenten bislang überwiegend an ausländischen Märkten zugelassen, die keine organisierten Märkte iS der EU-Prospektrichtlinie darstellen und daher geringere Anforderungen an die Prospekte stellen (dürfen).823 Erst in der jüngeren Zeit wurde statt der Zulassung an diesen Märkten eine Einbeziehung in den Freiverkehr der Frankfurter Wertpapierbörse nach § 48 BörsG üblich.824 Der Inhalt des Prospekts bestimmt sich nach der EU-Prospekt-VO 825 (deklaratorisch darauf verweisend § 7 WpPG). Nach Art 4 Abs 2 Nr 2 der VO iVm deren Anhang I sind

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Hüffer 9 § 221 Rdn 55; MK-Habersack3 § 221 Rdn 212. Kilgus WM 2001, 1324, 1326 f. Durch das Gesetz zur Vereinfachung der Ausgabe von Schuldverschreibungen vom 17.12.1990 (BGBl I 2839); dazu Hirte ZGRSonderheft 16, S 1, 6. Krug BKR 2005, 302, 306; Schlitt/Schäfer CFL 2010, 252, 256; Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 265; Seibt CFL 2010, 165, 167 f, 168. Schlitt/Schäfer CFL 2010, 252, 256 mwN. Schlitt/Schäfer CFL 2010, 252, 256.

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Schlitt/Schäfer CFL 2010, 252, 256 (Euro MTF Market in Luxemburg oder Global Exchange Market Dublin). Schlitt/Schäfer CFL 2010, 252, 256; Seibt CFL 2010, 165, 168. Verordnung (EG) Nr 809/2004 der Kommission vom 29.4.2004 zur Umsetzung der Richtlinie 2003/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die in Prospekten enthaltenen Angaben sowie die Aufmachung, die Aufnahme von Angaben in Form eines Verweises und die Veröffentlichung solcher Prospekte soweit die Ver-

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danach zunächst unter anderem erforderlich Angaben über den Emittenten (Nr 5; insbesondere seine Geschäftsgeschichte und -entwicklung), ein Geschäftsüberblick (Nr 6), Angaben zu seiner „Organisationsstruktur“ (gemeint: die Art und Weise der etwaigen Einbindung in eine Unternehmensgruppe; Nr 7), seinen Sachanlagen (Nr 8), seiner Geschäfts- und Finanzlage (Nr 9), seiner Eigenkapitalausstattung (Nr 10) und seinem Aktienkapital (Nr 21) und schließlich zu seinen Verwaltungs-, Geschäftsführungs- und Aufsichtsorganen (Nr 14). Darüber hinaus muss der Prospekt eine Reihe von Mindestangaben über die emittierten Papiere selbst enthalten (Art 6 VO), die sich im Einzelnen aus dem Anhang III der ProspektVO ergeben. Dabei sind insbesondere die Bedingungen etwaiger Umtauschrechte anzugeben (Anhang III Nr 4.5 VO). Wenn der Emittent – wie bei der Begebung der Anleihe durch eine Tochtergesellschaft – nicht zugleich der Emittent der zum Umtausch oder Bezug angebotenen Wertpapiere ist, sind die Vorgaben von Anhang XII Prospekt-VO zu beachten, da die Anleihe in diesem Fall nicht mehr als aktienähnliches Wertpapier iSv § 4 Abs 2 EU-Prospekt-VO einzustufen ist; dabei wendet das (vorrangige826) europäische Recht allein eine formale Betrachtungsweise an, privilegiert also die Emission über ein anderes, aber konzernverbundenes Unternehmen nicht.827 Haftet eine andere juristische Person oder Gesellschaft für Verzinsung oder Rückzahlung der Anleiheschuld, muss der Prospekt zusätzliche Angaben enthalten, die sich nach Anhang VI Prospekt-VO richten. Bei Wertpapieren, die das Recht auf Zahlung eines Differenzbetrages einräumen, der sich an der Wertentwicklung anderer Wertpapiere oder Rechte bemisst, sind im Prospekt schließlich Angaben über die Ermittlung des Differenzbetrages zu machen (Anhang XII Nr 4.2 VO). Im Allgemeinen werden die Papiere – wie Aktien – nach § 5 iVm § 1 Abs 1 DepotG 269 sammelverwahrt werden.828 Ebenfalls typischer- (und zulässiger)weise wird der Anspruch auf Einzelverbriefung ausgeschlossen und nur eine Sammelurkunde hergestellt (§ 9a, insbes Abs 3 S 2 DepotG).829 2. Wertpapierhandel

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Wandel- und Optionsanleihen sind, auch wenn sie nicht verbrieft sind, ebenso wie abgetrennte Optionsscheine oder naked warrants Wertpapiere iSv 2 Abs 1 S 1 Nr 3b) WpHG.830 Damit greifen die Vorschriften über Insiderhandelsverbote 831 und Ad-hocPublizität, das Verbot der Marktmanipulation (§ 20a WpHG), die Mitteilungspflichten der §§ 21 ff, §§ 30a ff WpHG und die Regelpublizität nach §§ 37v ff WpHG (mit Ausnahme der Pflicht zur Erstellung und Veröffentlichung einer Zwischenmitteilung der Geschäftsführung nach § 37x WpHG).832 Besondere Bedeutung hatte dabei in der Praxis die Einbeziehung von an Arbeitnehmer und Mitglieder der Geschäftsführung ausgegebenen (insbesondere isolierten) Optionsrechten in die Kategorie der Insider-

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breitung von Werbung, ABl EG Nr L 149 v 30.4.2004, S 3 (mit späteren Änderungen). Dazu Schlitt/Schäfer AG 2005, 498, 505. Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb/ Seitz/Meier WpPG, VerkProspG2, 2010, Anhang XII EU-ProspektVO Rdn 14. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 250 (für Genussscheine). KK-Lutter 2 § 221 Rdn 250 (für Genussscheine); MK-Habersack3 § 221 Rdn 203.

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KK-WpHG/Versteegen § 2 WpHG Rdn 26, 114; Schwark/Zimmer/Kumpan 4 § 2 WpHG Rdn 28. KK-WpHG/Pawlik § 13 WpHG Rdn 41 (Ziel-Gegenstand eines Optionsrechts als mögliches Insiderpapier); KK-WpHG/Heinrich § 15a WpHG Rdn 30 (zum Zeitpunkt der Mitteilungspflicht iR von § 15a WpHG ebda Rdn 52). MK-Habersack3 § 221 Rdn 246.

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

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papiere.833 Sie hat zu intensiven Bemühungen geführt, durch vertragliche Gestaltung („Ausübungsfenster“) die Ausübung der Option von der Gefahr zu befreien, als Erwerb unter Verwendung einer Insidertatsache (§ 14 Abs 1 Nr 1 WpHG) angesehen zu werden.834 Das kann hier in den Einzelheiten nicht dargestellt werden. Hervorzuheben ist aber, dass eine Konditionenanpassung eine Insidertatsache sein kann.835 Ein Rückerwerb von Wandel- oder Optionsanleihen über die Börse wirft andere Fra- 271 gen auf. Ein solches Vorgehen stellt zunächst keine Verwendung einer Insidertatsache iSv § 14 Abs 1 Nr 1 WpHG dar, da nur ein eigener Kaufentschluss umgesetzt wird.836 Auch unterliegt ein öffentliches Rückkaufangebot als solches auf (mittelbar) eigene Aktien nicht dem WpÜG.837 Denkbar ist ein Marktmissbrauch, der aber dann zu verneinen ist, wenn sich ein Rückkaufsprogramm in den durch die VO (EG) 2273/2003 iVm § 20a Abs 3 WpHG gezogenen Grenzen bewegt („safe harbor“). Weitere Voraussetzung ist, dass die Transparenzanforderungen des Art 4 VO und die weiteren sachlichen Anforderungen an den Rückerwerb nach Artt 5, 6 VO beachtet wurden. Auf die Frage, ob ein Rückerwerb der betreffenden Papiere aktienrechtlich zulässig ist, kommt es dabei nicht an; allerdings bildet das Gesellschaftsrecht – zumindest implizit – die äußerste Zulässigkeitsschranke für auch kapitalmarktrechtlich unbedenkliche Rückerwerbe.838 Danach stellen Rückkaufprogramme keinen Marktmissbrauch dar, wenn ihr Zweck die Erfüllung von Verpflichtungen aus Schuldtiteln zur Umwandlung in Beteiligungskapital oder zur Erfüllung von Belegschaftsprogrammen ist (Art 3 VO 2273/2003).839 Nicht von der Privilegierung erfasst ist demnach der Rückerwerb reiner Optionsrechte,840 wozu wohl auch abgetrennte Optionsscheine zu zählen sind; erfasst sind andererseits aber wandelbare Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechte.841 Beim Rückerwerb von Optionsrechten kommt eine Freistellung vom Marktmissbrauch nur dann in Betracht, wenn es sich – wie beim Rückerwerb von Aktien – um eine anerkannte zulässige Marktpraxis handelt (§ 20a Abs 2 WpHG).842 Dabei ist in jedem Fall zu berücksichtigen, dass die Märkte für Optionsrechte außerordentlich eng sind, das Missbrauchspotential daher

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KK-WpHG/Pawlik § 12 WpHG Rdn 20 ff; zur Kritik KK-WpHG/Versteegen § 2 WpHG Rdn 113. Dazu Friedrichsen, Aktienoptionsprogramme für Führungskräfte, S 266 ff; Fuchs/Mennicke § 14 WpHG Rdn 136; Schwark/Zimmer/Schwark/Kruse 4 § 14 WpHG Rdn 31; Seibert in Pellens (Hrsg), Unternehmenswertorientierte Entlohnungssysteme, S 31, 43 f; (kritisch und mit Alternativorschlägen [automatische Ausübung der Option]) KK-WpHG/Pawlik § 12 WpHG Rdn 23; abw (früher) Feddersen ZHR 161 (1997), 269, 291 f. Lutter/Drygala FS Claussen, S 261, 271. Fuchs/Mennicke § 14 WpHG Rdn 65; KK-WpHG/Pawlik § 14 WpHG Rdn 22; Schwark/Zimmer/Schwark/Kruse 4 § 14 WpHG Rdn 23; Seibt CFL 2010, 165, 174 f. KK-WpÜG/Versteegen 2 § 1 WpÜG Rdn 64; KK-WpÜG/Hasselbach 2 § 32 WpÜG Rdn 9 (für Übernahmeangebote; vgl im Übrigen

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für Pflichtangebote § 35 Abs 2 S 3 WpÜG); Seibt CFL 2010, 165, 175. KK-WpHG/Mock/Stoll/Eufinger § 20a WpHG Rdn 292. Fuchs/Fleischer § 20a WpHG Rdn 96; KK-WpHG/Mock/Stoll/Eufinger § 20a WpHG Anh II – Art 3 VO 2273/2003 Rdn 5. KK-WpHG/Mock/Stoll/Eufinger § 20a WpHG Anh II – Art 3 VO 2273/2003 Rdn 6; ebenso Assmann/Schneider/Vogel 5 § 20a WpHG Rdn 232. Assmann/Schneider/Vogel 5 § 20a WpHG Rdn 252; KK-WpHG/Mock/Stoll/Eufinger § 20a WpHG Anh II – Art 3 VO 2273/2003 Rdn 7. Dazu Fuchs/Fleischer § 20a WpHG Rdn 75 ff, 94; KK-WpHG/Mock/Stoll/ Eufinger § 20a WpHG Rdn 217 ff; Schwark/Zimmer/Schwark 4 § 20a WpHG Rdn 89.

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§ 221

Fünfter Unterabschnitt

sehr groß (zur Marktenge bei den hier in Rede stehenden Titeln auch o Rdn 146).843 Ein privater Rückerwerb muss andererseits dem Gleichbehandlungsgebot des § 30a Abs 1 Nr 1 WpHG genügen, was aber sachlich gebotene Differenzierungen erlaubt.844 Schließlich sind Leerverkäufe von Wandel- oder Optionsanleihen nicht vom Verbot des § 30h WpHG erfasst, können allerdings einen Verstoß gegen das Verbot der Marktmanipulation darstellen. Bei den Mitteilungspflichten fehlt es allerdings bis zu einer Ausübung der Rechte 272 an einem meldepflichtigen Stimmrechtseinfluss,845 und auch eine Zurechnung nach § 22 WpHG kommt nicht in Betracht, da die Rechte nicht durch einen einseitigen Akt geschaffen werden können.846 Der Gesetzgeber hat darauf – zurückgehend auf europäisches Recht847 – durch Einfügung des heutigen § 25 WpHG reagiert, nach dem auch das Halten von Finanzinstrumenten offenlegungspflichtig ist, die ihrem Inhaber das einseitige Recht einräumen, stimmberechtigte und bereits ausgegebene Aktien eines deutschen Emittenten zu erwerben. „Klassische“ Wandel- und Optionsanleihen, bei denen sich das Wandel- bzw Optionsrecht auf neue Aktien der Emittentin bezieht, fallen dem klaren Wortlaut der Bestimmung gemäß allerdings auch jetzt nicht unter die erweiterte Meldepflicht.848 Nach § 2 Abs 2, § 37e S 2 WpHG ist der Handel mit Optionsscheinen Finanztermin273 geschäft; das betrifft – entgegen früherem Recht (dazu o Rdn 19) – neben naked warrants auch die von Optionsanleihen abgetrennten Optionsscheine.849 Sie unterliegen damit einerseits der Verbotsermächtigung nach § 37g WpHG; andererseits sind aber Ansprüche aus ihnen nach § 37e S 1 WpHG vom Spieleinwand des § 762 BGB freigestellt, wenn einer der Vertragsteile ein Unternehmen war, das gewerbsmäßig oder in einer Weise, die einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Finanztermingeschäfte abschließt, ihren Abschluss vermittelt oder die Anschaffung, Veräußerung oder Vermittlung von Finanztermingeschäften betreibt. Zudem sind Schiedsvereinbarungen über Rechtsstreitigkeiten aus solchen Geschäften nach § 37h WpHG nur zulässig, wenn beide Vertragsteile Kaufleute oder juristische Personen des öffentlichen Rechts sind. Ein Übernahmeangebot muss sich von Gesetzes wegen nicht auf die Gläubiger von 274 Wandel- oder Optionsanleihen erstrecken.850 Mit Blick darauf ist es in Bezug auf die Gläubigerrolle seit der Übernahme von Mannesmann durch Vodafone üblich, sie durch geeignete Regelungen in den Anleihebedingungen zu schützen („Change-of-control“Klauseln); diese tragen der typischerweise verschlechterten Kreditwürdigkeit der Gesellschaft Rechnung und sehen idR eine vorzeitige Fälligstellung der Anleihe vor.851 Ande-

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Höhling/Schiereck ZBB 1995, 170, 181; Köndgen/Daeniker ZGR-Sonderheft 16, S 265, 286 (zur Schweiz). Seibt CFL 2010, 165, 175; abw aber Schwark/Zimmer/Heidelbach 4 § 30a WpHG Rdn 16 f, die einen Rückkauf nur über die Börse für möglich hält. KK-WpHG/Hirte § 21 WpHG Rdn 72. KK-WpHG/von Bülow § 22 WpHG Rdn 127. KK-WpHG/Hirte § 21 WpHG Rdn 72. Fuchs/Dahlinger/Zimmermann § 25 WpHG Rdn 8; Schwark/Zimmer/Schwark 4 § 25 WpHG Rdn 10.

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Assmann/Schneider/Assmann 5 § 37e WpHG Rdn 9; Fuchs/Jung vor §§ 37e und 37g WpHG Rdn 76; Schwark/Zimmer/ Zimmer 4 § 37e WpHG Rdn 6. KK-WpÜG/Hasselbach 2 § 32 WpÜG Rdn 14; MK-Habersack3 § 221 Rdn 324; Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 267; Schwark/Zimmer/Noack 4 § 32 WpÜG Rdn 6; Spindler/Stilz/Seiler 2 § 221 Rdn 135. Schlitt/Seiler/Singhof AG 2003, 254, 267.

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

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rerseits ist es unstreitig, dass Aktien von der Angebotspflicht erfasst sind, die noch während der Angebotsfrist durch Ausübung eines Wandel- oder Optionsrechts entstehen.852 Während der Laufzeit eines Übernahmeangebots ergeben sich aufgrund des Verhinde- 275 rungsverbots des § 33 WpÜG für die Verwaltung kapitalmarktrechtliche Schranken für die Ausnutzung einer Ermächtigung zur Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen (dazu o § 202 Rdn 155 ff sowie bereits o Rdn 88, 115).853 Die gleichen Schranken dürften auch dann gelten, wenn im Rahmen einer umgekehrten Wandelanleihe die Gesellschaft über die Wandlung einer Anleihe entscheiden kann.854

XI. Kosten und Steuern 1. Kosten855 Kostenverursachend sind die Beurkundung des Ermächtigungsbeschlusses (§§ 221, 276 130 Abs 1 S 1 AktG iVm §§ 47, 141 KostO), die Hinterlegung des Beschlusses sowie die Erklärung über die Ausgabe der Schuldverschreibungen beim Handelsregister und die Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern. Hinzu kommen regelmäßig die allgemeinen Verwaltungskosten sowie ggf Kosten für eine Kapitalerhöhung sowie Kosten für deren Durchführung. a) Notarkosten. Nach § 47 S 1 Hs 1 KostO wird für die Beurkundung des Ausgabe- 277 bzw Ermächtigungsbeschlusses eine doppelte Gebühr erhoben. Deren Höchstgrenze beträgt nach § 47 S 2 KostO € 5.000. Bei einem Beschluss nach § 221 handelt es sich um einen solchen mit einem bestimmten Geldwert. Für diesen gelten die allgemeinen Vorschriften der §§ 18–30 KostO, da § 41c KostO nur Beschlüsse mit unbestimmten Geldwert erfasst.856 Geschäftswert des Beschlusses nach § 221 ist der Nennbetrag der Schuldverschreibung, mindestens aber der Ausgabebetrag; dies gilt auch dann, wenn Nebenleistungen noch unbestimmt sind.857 § 47 KostO deckt die gesamte Niederschriftstätigkeit des Notars bzgl des Beschlusses 278 ab.858 Insbesondere die Feststellung einer korrekten Anberaumung der Hauptversammlung und die Beurkundung eines Widerspruches sind gebührenfreie Nebengeschäfte iSd § 35 KostO.859 Hinzu kommen regelmäßig die Auswärtsgebühr nach §§ 58, 141 KostO in Höhe von maximal € 30, Reisekosten nach § 153 KostO sowie Auslagen nach § 152 KostO.860 Sofern dem Notar die Erstellung des Teilnehmerverzeichnisses übertragen wird, erhält er dafür eine halbe Gebühr nach § 147 Abs 2 KostO; deren Wert wird gemäß § 30 Abs 2 KostO nach freiem Ermessen bestimmt.861 Kommen zu der Protokollie852

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KK-WpÜG/Hasselbach 2 § 32 WpÜG Rdn 14; Schwark/Zimmer/Noack 4 § 32 WpÜG Rdn 9. KK-WpÜG/Hirte 2 § 33 WpÜG Rdn 60. Zutr Schäfer ZHR 175 (2011), 319, 336 f. Das BMJ hat am 10.2.2009 einen Entwurf für eine Reform der Notarkostenordnung veröffentlicht. Vgl Korintenberg/Bengel/Tiedtke Kostenordnung18 § 41c Rdn 1; Korintenberg/ Reimann18 § 47 Rdn 8. Korintenberg/Bengel/Tiedtke Kostenordnung18 § 41c Rdn 35. § 41a KostO verweist ebenfalls auf § 221: Danach ist der Geschäfts-

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wert bei Maßnahmen der Kapitalbeschaffung nach §§ 182 bis 221 der in das Handelsregister einzutragende Geldbetrag. Allerdings geht die Verweisung fehl, da ein Beschluss nach § 221 weder eintragungspflichtig noch -fähig ist (siehe dazu o Rdn 117). Hartmann Kostenordnung 40 § 47 Rdn 4. Vgl Hartmann Kostenordnung 40 § 47 Rdn 8; Korintenberg/Reimann 18 § 47 Rdn 11. Vgl Hüffer 9 § 130 Rdn 14; MünchHdb AG-Semler 3 § 40 Rdn 31. MünchHdb AG-Semler 3 § 40 Rdn 31; abw wohl Hartmann Kostenordnung 40 § 47 Rdn 8 und Korintenberg/Reimann 18 § 47

Heribert Hirte

§ 221

Fünfter Unterabschnitt

rung des Beschlusses weitere Tätigkeiten des Notars hinzu, wie insbesondere Entwurf oder Beratung, entstehen zusätzliche Kosten (§§ 145, 147 KostO).862 Kosten entstehen außerdem, sofern zur Sicherung des Umtausch- bzw Bezugs279 rechts eine Kapitalerhöhung vorgenommen wird; siehe insofern die Ausführungen § 182 Rdn 107 ff, § 192 Rdn 165 ff sowie § 202 Rdn 220 ff. Die obigen Ausführungen sind allerdings insofern überholt, als dass sich die Kosten der Eintragung in Folge des Handelsregistergebühren-Neuordnungsgesetzes vom 3. Juli 2004 (BGBl 2004 I 1410) nun nach §§ 41a, 79 KostO iVm der HandelsregistergebührenVO vom 30. September 2004 (BGBl 2004 I 2562) richten.863 Sofern die Kapitalerhöhung – was regelmäßig der Fall sein wird – zugleich mit dem 280 Zustimmungs- oder Ermächtigungsbeschluss nach § 221 Abs 1 S 1 bzw Abs 2 S 1 beschlossen wird, kommt es für die Beurkundungskosten nach §§ 41c Abs 3, 141 KostO darauf an, ob es sich um mehrere Beschlüsse handelt.864 Dies ist bei der Ausgabe von Schuldverschreibungen nach § 221 und einer zeitgleichen Kapitalerhöhung zu bejahen.865 Gemäß § 41c Abs 3 KostO ist daher § 44 KostO entsprechend anwendbar. Bei den Beschlüssen handelt es sich um gegenstandsverschiedene, so dass sich die Kostenfolge nach §§ 41c Abs 3 S 1, 44 Abs 2 lit a, 47 KostO bestimmt, wonach der Gebührensatz nach den zusammengerechneten Werten berechnet wird. Allerdings gilt auch in diesem Fall die Obergrenze des § 47 S 2 KostO. Die Aufnahme des bedingten Kapitals in die Satzung ist nicht notwendig, stellt aber – 281 wenn sie erfolgt – eine Satzungsänderung dar, auf die §§ 179 bis 181 Anwendung finden (o § 192 Rdn 29). Anderenfalls führt im Falle einer bedingten Kapitalerhöhung die Ausgabe der Bezugsaktien zu einer Änderung der Satzung außerhalb der Urkunde, so dass eine Berichtigung des Satzungswortlauts erforderlich wird; erzwingbar soll eine solche Änderung allerdings nicht sein (o § 192 Rdn 29). Es handelt sich jedenfalls ebenfalls um eine Satzungsänderung, auf die §§ 179 bis 181 anwendbar sind (o § 192 Rdn 29). Zu den notariellen Kosten einer Satzungsänderung siehe § 130 Rdn 17 (wobei dort allerdings die Änderungen durch das EHUG noch nicht berücksichtigt sind).

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b) Hinterlegung beim Handelsregister. Nach Abs 2 S 2 muss bei der Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen – je nach gewählter Vorgehensweise – der Ermächtigungsbeschluss nach Abs 2 S 1 oder der Beschluss über die Ausgabe nach Abs 1 S 1 sowie in jedem Falle zusätzlich die Erklärung über die Ausgabe beim Handelsregister hinterlegt werden (siehe dazu bereits o Rdn 118). Der Hauptversammlungsbeschluss ist in Ausfertigung oder in notariell beglaubigter 283 Abschrift zu hinterlegen (o Rdn 119). Nachdem es sich nicht um eine Anmeldung zur Eintragung handelt, muss die Einreichung nicht nach § 12 Abs 1 HGB in öffentlich beglaubigter Form erfolgen. Kosten nach § 38 Abs 2 Nr 7 KostO entstehen daher nicht. Die Erfassung des Beschlusses nach § 221 AktG von § 41a Abs 1 Nr 4 lit a KostO geht daher ins Leere. Der Hauptversammlungsbeschluss ist vielmehr nach § 12 Abs 2 HGB mit einem einfachen elektronischen Zeugnis nach § 39a BeurkG einzureichen.866 Für die

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Rdn 11, die die Feststellung der Zahl der erschienenen oder vertretenen Mitglieder als gebührenfreies Nebengeschäft nach § 35 KostO einordnen. Vgl Korintenberg/Reimann 18 § 47 Rdn 12. Siehe dazu Hüffer 9 § 182 Rdn 34. Vgl BayObLG Beschl v 21.9.1989 – BReg 3

865 866

Z 111/89 Z 1989, 368 = DB 1989, 2424; Korintenberg/Bengel/Tiedtke Kostenordnung18 § 41c Rdn 87. So wohl Korintenberg/Bengel/Tiedtke Kostenordnung18 § 41c Rdn 94. Siehe MK-HGB/Krafka 3 § 12 HGB Rdn 53.

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

§ 221

Erklärung über die Ausgabe genügt Schriftform gem § 126 BGB (o Rdn 119). Sie kann daher nach § 12 Abs 2 S 2 Hs 1 als elektronische Aufzeichnung übermittelt werden. Entwirft der Notar die Hinterlegungserklärung, entsteht dafür eine 10/10-Gebühr nach § 145 Abs 1 iVm § 36 Abs 1 KostO. Der Geschäftswert bestimmt sich nach § 30 Abs 1 KostO. Ausgangswert ist der Wert einer Anmeldung ohne bestimmten Geldwert, mithin also 1 % des eingetragenen Grundkapitals, mindestens € 25.000, höchstens aber € 500.000. Ein Teilwert von 20 bis 30 % ist angemessen. Zu beachten ist außerdem, dass nach § 145 Abs 1 S 3 iVm § 38 Abs 2 Nr 7 KostO eine 5/10-Gebühr für die Anmeldung der bedingten Kapitalerhöhung anfällt. Deren Geschäftswert ist nach § 41a Abs 1 Nr 4 lit a KostO der Nennbetrag der bedingten Kapitalerhöhung. Für alle elektronisch eingereichten Dokumente fällt die Dokumentenpauschale nach §§ 136 Abs 3, 141 KostO an;867 für das Einscannen von Dokumenten entstehen Kosten nach § 136 Abs 1, 2 KostO.868 Darüber hinaus entsteht eine 5/10 Gebühr für die Erzeugung der XML-Strukturdaten als zusätzliche Aufgabe des Notars nach § 147 Abs 2 KostO.869 Für die Fertigung einer elektronisch beglaubigten Abschrift nach § 39a BeurkG sowie die Übermittlung der Daten per EGVP an das Handelsregister entstehen nach § 132 KostO bzw nach § 147 Abs 4 Nr 1 KostO keine Gebühren, sofern es sich um eigene Entwürfe oder Urkunden des Notars handelt.870 Handelt es sich um Fremdentwürfe, entstehen hingegen Kosten nach §§ 55, 33 KostO für die Erstellung der elektronisch beglaubigten Abschrift nach § 39a BeurkG bzw es entsteht nach § 147 Abs 2 KostO eine 5/10-Gebühr für die Übermittlung der Daten per EGVP.871 Die Kosten der Hinterlegung beim Handelsregister bestimmen sich nach §§ 79, 79a 284 KostO iVm der Handelsregistergebührenverordnung (HRegGebV) vom 30. September 2004 (BGBl 2004 I 2562); daher richten sich die Gebühren nach dem der Verordnung als Anlage beigefügten Gebührenverzeichnis. Allerdings führt das Gebührenverzeichnis die Hinterlegung nach § 221 nicht ausdrücklich als Gebührentatbestand auf und enthält auch keinen Auffangtatbestand für die Einreichung von nicht eintragungspflichtigen (und -fähigen) Unterlagen. Aus § 79, 79a KostO iVm § 1 HRegGebV folgt aber, dass für die Entgegennahme und Aufbewahrung von einzureichenden Unterlagen Gebühren erhoben werden sollen. Es spricht daher Einiges dafür, die in Teil 5 der Anlage aufgeführten Gebührentatbestände analog auf die Hinterlegung anzuwenden.872 Es entsteht daher eine Gebühr von € 40,00. c) Anmeldungen zum Handelsregister. Die Anmeldung von etwa mit der Kapital- 285 erhöhung verbundenen Satzungsänderungen bedarf nach § 12 HGB der öffentlichen Beglaubigung. Dadurch entsteht eine 0,25 Gebühr zugunsten des Notars, die allerdings auf einen Betrag von € 130 begrenzt ist (§ 45 KostO). Entwirft der Notar die Anmeldung, gilt §§ 145, 38 Abs 2 Nr 7 KostO, wonach eine halbe Gebühr entsteht.873 Hat der Notar auch die satzungsändernden Beschlüsse beurkundet, ist die Bescheinigung nach § 181 Abs 1 S 2 AktG ein nach § 47 S 1 Hs 2, 35 KostO gebührenfreies Nebengeschäft (o § 181 Rdn 17). Anderenfalls entsteht gemäß §§ 50 Abs 1 Nr 1, 30 KostO eine volle Gebühr, deren Geschäftswert allerdings auf € 500.000 beschränkt ist.874 Durch die Anmeldung der geänderten Satzung beim Handelsregister entstehen keine gesonderten Kosten. 867 868 869 870 871

Vgl Korintenberg/Schwarz 18 § 38 Rdn 62. Jeep/Wiedemann NJW 2007, 2439, 2446. Vgl Jeep/Wiedemann NJW 2007, 2439, 2446. Jeep/Wiedemann NJW 2007, 2439, 2446. Jeep/Wiedemann NJW 2007, 2439, 2446; Korintenberg/Schwarz 18 § 38 Rdn 62.

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872 873 874

Vgl Korintenberg/Lappe 18 §§ 79, 79a Rdn 71. MünchHdb AG-Semler 3 § 40 Rdn 77. Vgl Korintenberg/Reimann 18 § 47 Rdn 16; MünchHdb AG-Semler 3 § 40 Rdn 77.

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§ 221

Fünfter Unterabschnitt

286

Werden der Beschluss über die Kapitalmaßnahme und deren Durchführung gleichzeitig angemeldet, gilt – da es sich um denselben Gegenstand handelt – § 44 Abs 1 KostO (siehe auch o § 182 Rdn 109). Danach werden die Gebühren nur einmal nach dem höchsten in Betracht kommenden Gebührensansatz berechnet. Nach § 41a Abs 4 Nr 1 KostO beträgt der Geschäftswert für die Anmeldung der Durchführung der Kapitalmaßnahme 1 % des Grundkapitals der Gesellschaft, mindestens aber € 25.000.875

287

d) Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern. Nach Abs 2 S 1 ist ein Hinweis auf den Beschluss und die Erklärung über die Ausgabe in den Gesellschaftsblättern bekanntzumachen. Nach § 25 S 1 muss sie daher in den elektronischen Bundesanzeiger (eBAnz) eingerückt sowie in den weiteren in der Satzung als Gesellschaftsblätter bezeichneten Medien veröffentlicht werden. Dies erfolgt durch Vertragsschluss der AG mit der Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH und den ggf weiteren Medien. Gebühren nach der KostO fallen dadurch nicht an.

288

e) Verwaltungskosten. Allgemeine Verwaltungskosten entstehen ua durch den Ausweis des Bestands an ausgegebenen Wandel- oder Optionsanleihen im Anhang des Jahresabschlusses (§ 160 Abs 1 Nr 5) und für den Druck neuer Aktienurkunden (o § 182 Rdn 114).

289

f) Kostenschuldner. Kostenschuldner ist nach § 2 Nr 1 KostO die Gesellschaft. 2. Steuern

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Hinsichtlich der steuerlichen Behandlung ist zu unterscheiden zwischen der Perspektive der Gesellschaft und derjenigen des Gläubigers der Wandel- oder Optionsanleihe bzw des entsprechenden Rechts (siehe auch schon o § 192 Rdn 166 ff).

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a) Gesellschaft als Steuersubjekt. Aus der Sicht der Gesellschaft ist die mit der Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen verbundene Kapitalzufuhr grundsätzlich erfolgsneutral. Insbesondere stellt das etwa geleistete Agio keinen steuerlichen Ertrag, sondern eine Einlage iSv § 4 Abs 1 EStG dar, da es der Gewährung der Wandel- oder Optionsrechte zuzurechnen ist.876 Das gilt auch bei der Begebung niederverzinslicher Anleihen, weil das insoweit nach Handelsrecht bestehende Wahlrecht einer aktiven Rechnungsabgrenzung nach § 250 Abs 3 HGB hier nicht besteht.877 Auch die Ausübung eines Wandel- oder Optionsrechts bildet – einschl etwaiger Zu292 zahlungen – einen erfolgsneutralen Vorgang.878 Das gilt nach heutiger Auffassung auch dann, wenn das Wandel- oder Optionsrecht nicht ausgeübt wird, so wie auch die handelsbilanzrechtliche Qualifikation des ursprünglich geleisteten Agios als Kapitalrücklage bestehen bleibt (o Rdn 233).879 Die von der Gesellschaft geleisteten Zinsen stellen – auch bei Pflichtwandelanleihen 293 (dazu o Rdn 92) – Betriebsausgaben dar. Gleiches gilt (heute) auch für die Emissionskosten einer Wandel- oder Optionsanleihe.880 875 876

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MünchHdb AG-Semler 3 § 40 Rdn 77. BFH Urt v 30.11.2005 – I R 3/04, BFHE 211, 339 = DStRE 2006, 259 = BB 2006, 318 ff (sub 3 ff); MK-Habersack 3 § 221 Rdn 334; Wiese/Dammer DStR 1999, 867, 869; siehe auch schon o § 192 Rdn 169. MK-Habersack 3 § 221 Rdn 335; Wiese/Dammer DStR 1999, 867, 870.

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Bürgers/Körber/Stadler 2 § 221 Rdn 77; MK-Habersack 3 § 221 Rdn 338. BFH Urt v 30.11.2005 – I R 3/04, BFHE 211, 339 = DStRE 2006, 259 = BB 2006, 318, 320 (sub 6); MK-Habersack3 § 221 Rdn 338. MK-Habersack3 § 221 Rdn 337.

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

§ 221

Bei der Gewerbesteuer ist wegen des Hinzurechnungsgebots des § 8 Nr 1 GewStG ein 294 Viertel des nach dem KStG abziehbaren Schuldentgelts dem Gewinn aus Gewerbebetrieb wieder zuzurechnen.881 b) Anleihegläubiger als Steuersubjekt. Auf der Ebene des Anleihegläubigers als Pri- 295 vatgläubiger sind Zinszahlungen auf die Anleihen nach § 20 Abs 1 Nr 7 EStG steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen iSv § 2 Abs 1 S 1 Nr 5 EStG. Wurde bei einer niederverzinslichen Anleihe ein Disagio abgezogen, fällt im Umfang des höheren Rückzahlungsbetrages ein zusätzlicher steuerlicher Gewinn nach § 20 Abs 2 S 1 Nr 1 EStG an,882 der beim Erstzeichner erst bei der Rückzahlung entsteht; ansonsten erfolgt nach § 20 Abs 2 S 1 Nr 4 EStG ratierliche Zurechnung.883 In jedem Fall wird die Steuer nach § 43 Abs 1 Nr 1 bzw Nr 2 EStG durch Abzug vom Kapitalertrag als Kapitalertragsteuer erhoben. Gewinne aus der Veräußerung von Wandel- oder Optionsanleihen können nach § 20 Abs 2 S 1 Nr 3 EStG beim Privatanleger zu den Kapitaleinkünften zählen und nach § 17 Abs 1 S 3 EStG beim gewerblichen Anleger unter die Einkünfte aus Gewerbebetrieb iSv § 2 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG fallen.884 Bei einem bilanzierungspflichtigen Gläubiger sind Anleihe und Optionsrecht in der 296 Bilanz getrennt anzusetzen, und zwar nach überwiegender Ansicht (im Hinblick auf seine gesonderte Verwertbarkeit) selbst dann, wenn es nicht isoliert handelbar ist.885 Bei Wandelanleihen soll eine solche getrennte Bilanzierung zumindest möglich sein, um das unterschiedliche Schicksal von Anleihe und Wandelrecht im Falle der Nichtausübung des Wandelrechts besser zu bewältigen.886 Hinsichtlich der Höhe sind die Anschaffungskosten maßgeblich, für das Options- oder Umtauschrecht also das Agio oder fiktive Disagio, für die Anleihe der Wert unter Abzug des Agios bzw fiktiven Disagios (o § 192 Rdn 170).887 Das gilt nach hM im Rahmen der „Doppelerwerbstheorie“ (nach der im Zweifel vom gleichzeitigen Erwerb sowohl einer Schuldverschreibung als auch eines Optionsrechts auszugehen ist und der Erwerbspreis für beide Rechte gezahlt wurde) auch für den Fall einer niedrig verzinslichen Anleihe, obwohl hier das Optionsrecht nicht gleich als Zinsersatz vereinnahmt wird.888 Bei Ausübung des Wandel- oder Optionsrechts sind Wandel- oder Optionsrecht eben- 297 so wie die Anleihe auszubuchen und in die Anschaffungskosten für die Aktien aufzuneh-

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MK-Habersack3 § 221 Rdn 339. BFH Urt v 13.10.1987 – VIII R 156/84, BFHE 151, 512 = NJW 1988, 2559; MKHabersack3 § 221 Rdn 345 (für den privaten Zeichner); Wiese/Dammer DStR 1999, 867, 870. BFH Urt v 1.7.2003 – VIII R 9/02 = BFHE 203, 58 = ZIP 2003, 2065 (sub 1.); MKHabersack3 § 221 Rdn 343 mwN, 345 aE (zum privaten Zeichner; dort auch zur spiegelbildlichen Behandlung eines Agios); Wiese/Dammer DStR 1999, 867, 870. MK-Habersack3 § 221 Rdn 344 aE, 347 mwN; zur Abgrenzung steuerfreien Veräußerungsgewinns von steuerpflichtigen Kapitaleinkünften in der Schweiz in Abhängigkeit vom Wertverhältnis von Option

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und Anleihe Köndgen/Daeniker ZGR-Sonderheft 16, S 265, 290 f. BMF-Schreiben vom 27.11.2001 – IV C 3 – S 2256 – 265/01, BStBl I 2001 S 986 Nr 29; Bürgers/Körber/Stadler 2 § 221 Rdn 79; MK-Habersack3 § 221 Rdn 341 mwN. MK-Habersack3 § 221 Rdn 341 aE; abw Wiese/Dammer DStR 1999, 867, 870. MK-Habersack3 § 221 Rdn 342. BFH Urt v 1.7.2003 – VIII R 9/02 = BFHE 203, 58 = ZIP 2003, 2065, 2066 f (sub 4.); BMF-Schreiben vom 25.10.2004 – IV C 3 – S 2256 – 238/04, BStBl I 2004, S 1034 Nr 8 (im Zweifel Aufteilung nach den Börsenkursen); MK-Habersack3 § 221 Rdn 343 mwN auch der Gegenstimmen.

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Fünfter Unterabschnitt

men, ohne dass stille Reserven aufzudecken wären.889 Bei Nichtausübung des Wandeloder Optionsrechts ist dieses als außerordentlicher Aufwand erfolgswirksam auszubuchen, so dass ein Verlust entsteht; denn damit steht fest, dass das Entgelt nicht mehr im Hinblick auf eine Gesellschafterstellung gezahlt wurde.890 Beim Privatanleger stellen Wandlung bzw Ausübung des Optionsrechts – auch bei Pflichtwandelanleihen891 – ebenfalls steuerneutrale Vorgänge dar;892 der Wert des Optionsrechts geht dabei in die Anschaffungskosten der Anteile ein, so dass ein Veräußerungsgewinn erst anfällt, sobald die auf Grund des Optionsrechts erworbenen Aktien veräußert werden (o § 192 Rdn 171).893 Entsprechend wird bei Wandelanleihen, die ein Arbeitnehmer ohne Einlageleistung als Lohnbestandteil erhält, ein Zufluss von Arbeitslohn erst und nur dann angenommen, wenn das Wandelrecht ausgeübt wird, also nicht schon bei Einräumung der Wandelschuldverschreibung; die Höhe des Zuflusses bestimmt sich daher nach dem Marktwert des Wandelrechts im Zeitpunkt seiner Ausübung und nicht nach dem im Zeitpunkt der Einräumung des Wandelrechts (siehe auch o § 192 Rdn 173 ff).894

XII. Wandel- und Bezugsrechte ohne Schuldverschreibung 1. Isolierte Wandel- und Bezugsrechte (naked warrants)

298

In den letzten Jahren ist die Frage aufgetaucht, ob Wandel- oder Bezugsrechte auf Aktien, die nach der Vorstellung des § 221 zumindest bei der Emission mit einer Anleihe verbunden sind (o Rdn 125), auch (unmittelbar) isoliert ausgegeben werden dürfen. Die Trinkaus und Burkhardt KGaA hatte solche Papiere (naked warrants895) schon vor einiger Zeit ausgegeben,896 verschiedene andere Gesellschaften haben den Vorstand seither zu einer solchen Ausgabe ermächtigt und deren Bedienung durch ein bedingtes Kapital abgesichert.897 In diesen Zusammenhang gehört schließlich die Ausgabe von Wandeloder Bezugsrechten in Verbindung mit Aktien oder Genussscheinen statt mit einer An-

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RFH Urt v 24.8.1944 – I 21/44, RFHE 54, 128 (zu Wandelanleihen); MK-Habersack3 § 221 Rdn 344 mwN. Bürgers/Körber/Stadler 2 § 221 Rdn 79; MK-Habersack3 § 221 Rdn 344; krit hierzu Berger/Klotz DB 1993, 953 ff. Dazu Häuselmann BB 2003, 1531, 1535. BFH Urt v 30.11.1999 – IX R 70/96, BFHE 190, 425 = DStR 2000, 277 = BStBl 2000 II 262 (für Umtausch einer Floating-Rate-Note in wirtschaftlich identische Bonds bei Bestehen des Umtauschrechts bereits bei Erwerb der ursprünglichen Notes); BFH Urt v 23.6.2005 – VI R 124/99 = BFHE 209, 549 = DStR 2005, 1394, 1397 = NJW 2005, 3453, 3455 f (obiter!); BMF-Schreiben vom 25.10.2004 – IV C 3 – S 2256 – 238/04, BStBl I 2004, S 1034 Nrn 5–8; Bürgers/Körber/Stadler 2 § 221 Rdn 80; MK-Habersack3 § 221 Rdn 346; Wiese/Dammer DStR 1999, 867, 871. BMF-Schreiben vom 5.3.1987 – IV B 2 –

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S 2133 – 1/87, BStBl I 1987 S 394; BMFSchreiben vom 27.11.2001 – IV C 3 – S 2256 – 265/01, BStBl I 2001 S 986 Nr 15; MK-Habersack3 § 221 Rdn 346. BFH Urt v 23.6.2005 – VI R 124/99 = BFHE 209, 549 = DStR 2005, 1394, 1396 f = NJW 2005, 3453, 3455 (jedenfalls bei nicht handelbarer Wandelschuldverschreibung). Vgl zu diesen allgemein ausführlich Dierks Selbständige Aktienoptionsscheine. Vgl Steiner WM 1990, 1776. Etwa die Beta Systems Computer AG (zur Opposition dagegen Wertpapier 1990, 1492), die BALATON Ungarn-Beteiligungen AG (dazu Steiner WM 1990, 1776 f); weitere Beispiele bei Gätsch/Theusinger WM 2005, 1256, 1257; M Roth/Schorneweg WM 2002, 677, 680; Schäfer ZGR-Sonderheft 16, S 62, 78 f; Schlitt/Löschner BKR 2002, 150 Fn 4.

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leihe.898 Dabei ist die Zulässigkeit isolierter Bezugsrechte im heute gesetzlich geregelten Fall des § 192 Abs 2 Nr 3 nF unstreitig (s auch o § 203 Rdn 91, 110; dazu im Übrigen o § 192 Rdn 93 ff).899 Umgekehrt ist vollständig ungesichert – und noch nicht Gegenstand einer vertieften Debatte – ob isolierte Optionsrechte auch „umgekehrt“ herum ausgegeben werden dürfen, also in Form einer Put-Option, bei der der Gesellschaft das Optionsrecht zusteht.900 Die Lage bei den mit der Aktienrechtsnovelle 2012 explizit zugelassenen umgekehrten Wandelanleihen, bei denen schon heute ebenfalls eine Trennung von Anleihekompente und Optionsrecht praktiziert wird (o Rdn 90), spricht jedenfalls für eine Gleichbehandlung mit den im Folgenden näher zu untersuchenden isolierten Bezugsrechten. Für die Nutzung isolierter Bezugsrechte wird in wirtschaftlicher Hinsicht vor allem 299 angeführt, sie erlaubten den Aktionären, mit einem geringeren Kapitaleinsatz an der Entwicklung des Unternehmens zu partizipieren,901 während die Gesellschaft in Form der Optionsprämie bereits bei der Ausgabe der warrants Eigenkapital erhalte, das ihr in jedem Fall – also auch bei Nicht-Ausübung der Option – verbleibe; darüber hinaus werde ihr insgesamt eine Eigenkapitalaufnahme auf Termin ermöglicht, ohne zugleich zur Aufnahme von Fremdkapital gezwungen zu sein.902 Hinsichtlich der Frage der Zulässigkeit isolierter Bezugsrechte im deutschen Aktien- 300 recht ist zwischen der bloßen Frage einer Zulässigkeit ihrer Emission (mit der Folge eines Bezugsrechts903) und derjenigen nach der Zulässigkeit ihrer Absicherung – insbesondere durch bedingtes Kapital – zu unterscheiden (dazu o § 192 Rdn 63 ff).904 Nur die erste Frage ist gesetzlich bei § 221 verortet, doch sind beide Fragen insoweit miteinander verknüpft, als Unsicherheiten bei der späteren Bedienung bereits die Platzierung des Papiers gefährden. a) EG-Recht. Isolierte Wandel- oder Bezugsrechte könnten zunächst gegen höher- 301 rangiges europäisches Recht verstoßen. Das ist dann der Fall, wenn die die Eigenkapitalaufbringung regelnde Zweite (Kapitalschutz)Richtlinie der EG die durch die Gesellschafter aufzubringenden Eigenkapitalformen einschließlich der mittelbaren Eigenkapitalaufbringung über Wandel- und Optionsanleihen abschließend regeln wollte. Für ein solches restriktives Verständnis auch der Richtlinie sprachen etwa Art 61 Entwurf SE-Statut von 1970 und 1975 und Art 60 Entwurf SE-Statut von 1989: danach sollten neben den aus-

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So die Ermächtigung bei der Siemens AG (vgl Steiner WM 1990, 1776 Fn 3) und Martens AG 1989, 69 (vgl auch dens in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 151, 159: naked warrants sollten durch das Identitätserfordernis von Ausgabe- und Zielgesellschaft der Optionsrechte unterdrückt werden); kritisch dazu Schumann Optionsanleihen S 42. Vgl hierzu Paefgen AG 1999, 67 ff; für Unzulässigkeit auf der Grundlage des früheren Rechts LG Braunschweig ZIP 1998, 914 (insoweit nicht in ZIP) = NZG 1998, 387, 388 (VW); OLG Stuttgart ZIP 1998, 1482, 1484 (Daimler Benz); Lutter ZIP 1997, 1, 7 bei und in Fn 44; abw OLG Braunschweig

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ZIP 1998, 1585, 1586 (VW); LG Stuttgart ZIP 1998, 422, 425 (Daimler Benz); Steiner WM 1990, 1776, 1779. Hierzu Schäfer ZGR-Sonderheft 16, S 62, 67. Gätsch/Theusinger WM 2005, 1256, 1257; Steiner WM 1990, 1776. Vgl Claussen WM 1997, 1825, 1832; Fuchs AG 1995, 433, 435 ff; ders DB 1997, 661, 666; Gätsch/Theusinger WM 2005, 1256, 1257; Kuntz AG 2004, 480; M Roth/ Schorneweg WM 2002, 677; Schlitt/ Löschner BKR 2002, 150, 151; Steiner WM 1990, 1776, 1777, 1778. Vgl dazu Paefgen AG 1999, 67, 71. Deutlich auch Fuchs AG 1995, 433, 441; Gätsch/Theusinger WM 2005, 1256, 1260.

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§ 221

Fünfter Unterabschnitt

drücklich genannten weitere gewinnabhängige Wertpapiere – wozu auch die mittelbar gewinnabhängigen warrants zu rechnen gewesen wären – nicht ausgegeben werden dürfen (dazu o Rdn 32, 36). Dieser restriktive Ansatz wurde aber in der Folge nicht mehr aufrechterhalten und ist einer deutlich größeren Liberalität gewichen (o Rdn 40).905 Europäisches Recht dürfte nach heutigem Verständnis einer Zulässigkeit von naked warrants daher nicht (mehr) entgegen stehen.

302

b) Wortlaut. Der vor diesem Hintergrund sodann in den Fokus rückende Wortlaut von § 221 hilft wenig weiter. Denn es dürfte nicht dem Wort-Verständnis von § 221 entsprechen, unter dem „Bezugsrecht auf Aktien“, das den Gläubigern nach Abs 1 eingeräumt werden muss, allein das Bezugsrecht zu verstehen.906 Eine direkte Anwendbarkeit von § 221 auf naked warrants scheidet daher aus.907

303

c) Systematik. Die Unzulässigkeit solcher Papiere könnte sich aber aus einer systematischen Auslegung des deutschen Rechts ergeben. Denn das deutsche Aktienrecht ist durch das Prinzip der Gesetzesstrenge gekennzeichnet (§ 23 Abs 5); die nicht (ausdrückliche) Regelung der Papiere im Aktiengesetz kann daher bedeuten, dass sie unzulässig sind und nicht unter Berufung auf die Vertragsfreiheit kreiert werden können.908 Denn die Papiere verstoßen gegen den Grundsatz, dass Satzungsänderungen weder bedingt durchgeführt (o § 179 Rdn 161 f)909 noch nach Ermessen des Vorstands oder Dritter hinausgeschoben (o § 179 Rdn 159 f)910 werden können. Dem trägt das Erfordernis relativ knapp bemessener Durchführungsfristen für Satzungsänderungen und auch für (ordentliche) Kapitalmaßnahmen Rechnung. Von diesem Grundsatz macht das Gesetz nur in den eng umrissenen Fällen der §§ 192 ff, 202 ff eine Ausnahme, nämlich, soweit in diesem Zusammenhang interessierend, für die Fälle der (echten) Wandel- und Optionsanleihen. Nur hier ist daher ein Abgehen von dem in § 187 Abs 1 niedergelegten Grundsatz, dass Rechte auf den Bezug neuer Aktien durch Rechtsgeschäft nur unter dem Vorbehalt des Bezugsrechts der Aktionäre eingeräumt werden können, möglich (zur [leichten] Privilegierung der Titel des § 221 gegenüber dem Grundfall des § 187 o Rdn 151). Isolierte Wandel- und Bezugsrechte verstoßen schließlich auch gegen den Grundsatz, dass die Entscheidung über Satzungsänderungen nicht in die Hände Dritter (Nicht-Aktionäre) gelegt werden kann: der Vorstand kann nur in den Grenzen der §§ 202 ff, die Optionsrechtsinhaber selbst können nur im Rahmen der §§ 192 ff zum Einfluss auf Satzungsänderungen ermächtigt bzw berechtigt werden, bezüglich der Gesellschafter nur um den Preis, dass sie bereits im Zeitpunkt der Einräumung des bedingten Kapitals der Gesellschaft Mittel zur Verfügung stellen. Diese systematischen Überlegungen lassen eine Erweiterung des Katalogs des § 221 nur 304 dann zu, wenn diese nicht dem Zweck des einschränkenden gesetzlichen Katalogs zuwiderläuft (dazu sogleich Rdn 306 ff). Deshalb wird es der Systematik des Gesetzes nicht gerecht, wenn man naked warrants ungeachtet der Wertungen des § 221 allein und schon 905 906

907

Habersack FS Nobbe, S 539, 546. So aber M Roth/Schorneweg WM 2002, 677, 681; abw (wie hier) Gätsch/Theusinger WM 2005, 1256, 1259 f; Kuntz AG 2004, 480, 482 f. Abw Dierks Selbständige Aktienoptionsscheine, S 95; Fuchs AG 1995, 433, 440 ff; ders DB 1997, 661, 664 f; Kniehase Derivate auf eigene Aktien, S 65 ff, 96 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 37, 163.

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Ähnlich KK-Lutter 2 § 221 Rdn 185 („Übersichtlichkeit der Kapitalstruktur“); abw M Roth/Schorneweg WM 2002, 677, 679; Steiner WM 1990, 1776, 1777 f. KK-Lutter 2 § 179 Rdn 145, 196. KK-Lutter 2 § 179 Rdn 168, § 181 Rdn 27, 38; sowie in diesem Zusammenhang Martens AG 1989, 69, 74.

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dann für zulässig hält, wenn man ihre Emission entsprechend den allgemeinen Vorgaben des § 187 beschließt.911 Ebenso wenig lässt sich aus der Tatsache, dass naked warrants – wie Wandel- und Optionsanleihen auch – unter den Oberbegriff des Genussrechts subsumiert werden können (dazu u Rdn 335), Substantielles für ihre Zulässigkeit ableiten.912 Andererseits stellt die ausdrückliche gesetzliche Zulassung von stock options zum 305 Zwecke der Mitarbeiterbeteiligung durch § 192 Abs 2 Nr 3 nF kein grundsätzliches Gegenargument dar.913 Das folgt weniger daraus, dass naked warrants auch in anderer Weise als durch bedingtes Kapital abgesichert werden können (dazu u Rdn 312 ff), als vielmehr aus dem auf Vergütung und Anreiz zielenden Charakter der Optionen des § 192 Abs 2 Nr 3, mit denen die zu Finanzierungszwecken auszugebenden warrants nicht vergleichbar sind.914 Daher steht auch die Rechtsprechung des BGH, die eine Ausgabe von Aktienoptionen an Aufsichtsratsmitglieder für unzulässig erklärt hat,915 der Zulässigkeit von naked warrants in anderen Bereichen nicht entgegen.916 d) Zweck. aa) Schutz der Gesellschaft vor Spekulation. Durch das Hinausschieben 306 der Kapitalerhöhung begibt sich die Gesellschaft der Möglichkeit, den Bezugskurs im Zeitpunkt der Kapitalerhöhung möglichst günstig festzusetzen: die Optionsrechtsinhaber spekulieren auf ein derart starkes Ansteigen des Aktienkurses, dass die Differenz zum Optionspreis der neuen Aktien den Erwerbspreis für das Optionsrecht deckt und zusätzlich einen Gewinn abwirft.917 In diesem Fall beeinträchtigt die Inanspruchnahme des Optionsrechts die Mitgliedschaftsrechte der Altgesellschafter, da die neuen Gesellschafter nicht den vollen Eintrittspreis zahlen und der Vermögenszuwachs somit nicht dem Gesellschafterzuwachs entspricht. Dadurch können die Möglichkeiten der Kapitalaufbringung zu Lasten späterer Aktionäre und unter Bindung späterer Hauptversammlungen beeinträchtigt werden. Die Gefahr steigt noch, wenn der Vorstand zu einem solchen Vorgehen ermächtigt wurde. Die hierbei auftretende Selbstentmündigung der zukünftigen Hauptversammlungen hat das Gesetz aber für den Fall der Wandel- und Optionsanleihen für zulässig erachtet;918 bei isolierter Ausgabe von Bezugsrechten wird der quantitative

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So aber Gätsch/Theusinger WM 2005, 1256, 1261; vgl dazu auch Dierks Selbständige Aktienoptionsscheine, S 96 ff, die in Folge der Definition von naked warrants als Genussrechte im Sinne des § 221 Abs 3 von einer Verdrängung des § 187 durch das Bezugsrecht der Aktionäre auf die naked warrants gemäß § 221 Abs 4 ausgeht. Insoweit ebenso Gätsch/Theusinger WM 2005, 1256, 1261; abw Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 89 ff; Kniehase Derivate auf eigene Aktien, S 65 ff; Kuntz AG 2004, 480, 483; MK-Habersack3 § 221 Rdn 37, 163; Nowotny ZGR-Sonderheft 16, S 176, 206 (für Österreich). So auch Paefgen AG 1999, 67, 70; dazu auch Habersack FS Nobbe, S 539, 559 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 36. Zutr Claussen WM 1997, 1825, 1831 f; Gätsch/Theusinger WM 2005, 1256, 1262; M Roth/Schorneweg WM 2002, 677, 682;

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Schlitt/Löschner BKR 2002, 150, 154; iE auch Kuntz AG 2004, 480, 485 (der aber daraus die Unzulässigkeit einer Absicherung durch bedingtes Kapitals folgert); abw L Zimmer DB 1999, 999, 1001. BGHZ 158, 122 = ZIP 2004, 613, 615 (MobilCom) (zu den durch das KonTraG eingeführten Aktienoptionsprogrammen; dazu im Übrigen näher o Rdn 145, u Rdn 317). Gätsch/Theusinger WM 2005, 1256, 1258, 1262. Vgl KK-Lutter 2 § 192 Rdn 9; Schumann Optionsanleihen, 1990, S 28 Fn 75; abw Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 102 f; Fuchs AG 1995, 433, 447 f; ders DB 1997, 661, 667; Steiner WM 1990, 1776, 1778. So Frey o § 192 Rdn 65 ff; Fuchs AG 1995, 433, 448; ders DB 1997, 661, 667; Martens AG 1989, 69, 72; MK-Habersack3 § 221 Rdn 37.

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Fünfter Unterabschnitt

Umfang dieser Selbstentmündigung jedoch weit über das von §§ 192, 221 tolerierte Maß hinaus zunehmen, weil das korrigierende Erfordernis gleichzeitiger Fremdkapitalaufnahme fehlt (dazu u Rdn 310). Allerdings hat der Gesetzgeber versäumt, einen bestimmten (Mindest-)Umfang an 307 Fremdkapitalaufnahme festzusetzen, der mit der Einräumung eines Wandel- oder Optionsrechts einhergehen muss, obwohl ihm – jedenfalls heute – bekannt ist, dass durch die Ausgabe ganz kleiner Anleihen oder solcher mit sehr kurzer Laufzeit die beschriebene (mögliche) gesetzgeberische Zielsetzung unterlaufen werden kann (dazu schon Rdn 126 sowie auch – mit entgegengesetztem Ergebnis – Frey o § 192 Rdn 67, 70 ff).919 Zudem darf auch bei der herkömmlichen Wandel- und Optionsanleihe die ursprüngliche Einheit von Anleihe und Wandel- bzw Bezugsrecht schon nach einer Schonfrist von nur wenigen Tagen aufgegeben werden (dazu o Rdn 125).920 Da diese (mögliche) Zielsetzung des Gesetzes vom Gesetzgeber selbst – jedenfalls heute – nicht mehr ernst genommen wird, kann sie auch nicht (mehr) als Argument für ein restriktives, an der historischen Systematik des § 221 orientiertes Verständnis der Norm herangezogen werden.921

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bb) Stimmrechtsloses Eigenkapital. Soweit die Inhaber der Wandel- oder Bezugsrechte der Gesellschaft bereits eine Optionsprämie zur Verfügung stellen, führt dies dazu, dass die Gesellschaft Eigenkapital erhält, das weder stimmberechtigt ist noch – wie bei Wandel- oder Optionsanleihen – den besonderen Schutz und die bevorrechtigte Stellung von Fremdkapital genießt (stimmrechtsloses Eigenkapital). Auch insoweit verstoßen naked warrants gegen das aktienrechtliche System, das verbriefte Eigenkapitaltitel mindestens mit den Rechten der Vorzugsaktie ohne Stimmrecht ausgestattet wissen will und im Übrigen auf die – anderweitig geschützte922 – Fremdkapitalfinanzierung verweist. Auch hier aber gilt, dass der Gesetzgeber dies in anderem Zusammenhang (Genuss309 scheine; dazu näher u Rdn 360 ff) sehenden Auges hingenommen hat und auch hinsichtlich der Optionsprämie bei der „echten“ Wandel- oder Optionsanleihe toleriert. Quantitative Grenzen für deren Verhältnis zur Anleihekomponente sieht das Gesetz aber – wie ausgeführt – nicht vor.

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cc) Schutz der Aktionäre vor Spekulation. Eine Ausgabe von isolierten Bezugsrechten über die Grenzen des § 221 hinaus wird schließlich deshalb für unzulässig gehalten, weil damit der vom Gesetz bezweckte Schutz der Aktionäre vor Spekulation unterlaufen werden könnte.923 Denn die Ausgabe isolierter Bezugsrechte seitens einer Aktiengesellschaft läuft darauf hinaus, dass die Gesellschaft mit ihren Aktionären Optionsgeschäfte tätigt und damit die börsenrechtlichen Zulassungsvorschriften möglicherweise unterlaufen

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Ebenso Gätsch/Theusinger WM 2005, 1256, 1263 sowie Martens AG 1989, 69, 72 für das Verhältnis zwischen Optionsrecht und Aktie. Fuchs AG 1995, 433, 442; Kuntz AG 2004, 480, 484; M Roth/Schorneweg WM 2002, 677, 681; Schlitt/Löschner BKR 2002, 150, 154; Steiner WM 1990, 1776, 1777. Genau entgegengesetzt argumentierend OLG Stuttgart ZIP 2002, 1807, 1809: Der Gesetzgeber hätte in Kenntnis der Diskussion naked warrants ausdrücklich zulassen müssen, um sie anerkennen zu dürfen; eben-

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so Hüffer 9 § 221 Rdn 75; kritisch hierzu Baums (Hrsg), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Rdn 222; Wehrhan BKR 2003, 124, 125 f. Vgl etwa die Regelungen zur gemeinsamen Wahrnehmung von Rechten; oben Rdn 202 ff. Vgl Kuntz AG 2004, 480, 484; Martens AG 1989, S 69, der diesen Zweck allerdings bei einer Kombination mit Aktien nicht gefährdet sieht (S 73); weitergehend für echte naked warrants auch M Roth/Schorneweg WM 2002, 677, 682.

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werden. Angesichts des hochspekulativen Charakters der Termingeschäfte stellt sich daher die Frage, ob einem Aktionär die Zuteilung solcher Rechte überhaupt durch Mehrheitsentscheidung zugemutet werden kann. Auf die Möglichkeit eines Verkaufs könnte er angesichts der oben beschriebenen Bewertungsunsicherheiten gerade bezüglich des Stimmrechts dabei nicht verwiesen werden. Der Zweck der nach § 221 ausgebbaren Bezugsrechte sei demgegenüber nur, die gleichzeitig auszugebenden Schuldverschreibungen attraktiv auszugestalten.924 Dem ist im Ausgangspunkt zunächst zuzustimmen: die Einführung der Wandel- und Optionsanleihen diente dazu, den Unternehmen eine Fremdkapitalbeschaffung bei ihren Aktionären in einem Zeitpunkt zu ermöglichen, in denen angesichts der allgemeinen Kapitalmarktlage eine normale Refinanzierung nicht mehr möglich war (o Rdn 80). Nur in Verbindung mit dieser anderweitigen „seriösen“ Finanzierung sind die hochspekulativen Bezugsrechte des § 221 zugelassen worden. Ob dieser Gesichtspunkt freilich gegen eine Zulassung von naked warrants spricht, 311 erscheint zweifelhaft. Zwar unterlag der Handel in Aktienoptionen, wenn er unter Aktionären stattfindet, ursprünglich strengen Zulassungsvoraussetzungen, die dann zunächst durch die besondere Aufklärungspflicht nach § 37d WpHG und heute durch die allgemeinen Informationspflichten der Finanzdienstleistungsunternehmen iR der §§ 31 ff WpHG ersetzt wurden (o Rdn 19). Die frühere Vorschrift des § 37d WpHG war zwar nach § 37d Abs 2 WpHG auf den Handel in Aktienoptionen nicht anwendbar (o Rdn 19); der Streit um diese Frage und die zum früheren Recht ergangenen Entscheidungen (o Rdn 19) belegen aber, dass es sich hierbei um eine nicht immer klar zu ziehende Grenzlinie handelt.925 Entscheidend im hier zu erörternden Zusammenhang ist aber, dass selbst im „kritischen Bereich“ der echten Optionsscheine der Schutz der Anleger vor Spekulation schon früher „nur“ durch Aufklärung bewerkstelligt wurde. Ein absolutes Verbot von Titeln, bei denen der Gesetzgeber an anderer Stelle das Spekulieren damit als weniger riskant einschätzt, lässt sich damit a maiore ad minus nicht rechtfertigen.926 e) Sicherung des Bezugsrechts aus naked warrants. Wie angesprochen (o Rdn 300), 312 ist die Frage der Bedienung der aus naked warrants resultierenden Optionsrechte von der Zulässigkeit ihrer Ausgabe im Rahmen von § 221 zu trennen. Das gilt allerdings nur formal: Denn angesichts des historisch identischen Hintergrunds von § 192 und § 221 (dazu o Rdn 1 f) liegt dem Gesetz eine unterschiedliche Wertung im Rahmen der beiden Vorschriften fern. Ein faktischer Unterschied ergibt sich allein daraus, dass bei § 192 auch eine registerrechtliche Kontrolle der Eintragung stattfindet.927 Daher ist eine Absicherung von naked warrants auch über ein bedingtes Kapital mög- 313 lich;928 denn die §§ 192 ff haben in gleicher Weise keinen abschließenden Charakter wie § 221.929 Das folgt allerdings nicht bereits aus den über den Wortlaut der §§ 192 ff hin924 925

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Martens AG 1989, 69; abw Fuchs AG 1995, 433, 449 ff; Steiner WM 1990, 1776 f, 1779. Zur grundsätzlichen kapitalmarktrechtlichen Zulässigkeit von naked warrants auch M Roth/Schorneweg WM 2002, 677, 678. Ebenso Schlitt/Löschner BKR 2002, 150, 154. In einem solchen Verfahren die Zulässigkeit einer Absicherung von naked warrants nach § 192 verneinend OLG Stuttgart ZIP 2002, 1807. So auch Kniehase Derivate auf eigene

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Aktien, S 150 f; Paefgen AG 1999, 67, 70; Schäfer ZGR-Sonderheft 16, S 62, 78 f; abw Hüffer ZHR 161 (1997), 214, 223. OLG Braunschweig ZIP 1998, 1585, 1592 (VW); Dierks Selbständige Aktienoptionsscheine, S 131 ff (die in diesem Zusammenhang von einer Analogiefähigkeit des § 192 Abs 2 Nr 1 ausgeht); Fuchs AG 1995, 433, 445 ff; Gätsch/Theusinger WM 2005, 1256, 1262 f; Martens AG 1989, 69, 70 f; Schlitt/ Löschner BKR 2002, 150, 156; Steiner WM 1990, 1776, 1777 f; Wehrhan BKR 2003,

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Fünfter Unterabschnitt

aus nach herrschender Meinung zugelassenen Erweiterungen betreffend die Absicherung von durch Tochtergesellschaften ausgegebenen Wertpapieren (o Rdn 121 ff und § 192 Rdn 62 ff);930 denn dabei handelt es sich um einen Fall konzerndimensionaler Auslegung der Norm, wie sie bei jeder Rechtsvorschrift zulässig und geboten ist.931 Ein Abweichen von den Wertungsprinzipien des § 192 bedeutet dies noch nicht. Eine Absicherung ist daneben grundsätzlich auch durch (Wieder-)Veräußerung eige314 ner Aktien möglich.932 Problematisch ist hier allerdings, dass die Veräußerung zur Bedienung von naked warrants zu einem im Vorhinein festgelegten Kurs stattfinden muss, was mit der sich aus § 71 Abs 1 Nr 8 S 3 ff ergebenden Notwendigkeit unvereinbar ist, die Aktien unter Wahrung des Bezugsrechts und bei dessen Ausschluss in der Nähe des Börsenkurses zu veräußern.933 Nur theoretisch in Betracht kommt eine ordentliche Kapitalerhöhung (vgl im Übrigen 315 o Rdn 163).934 Denkbar ist schließlich eine Bedienung aus genehmigtem Kapital.935 Aufwändig ist hier allerdings das Erfordernis, über jede Kapitalausgabe einzeln durch die Verwaltung Beschluss zu fassen;936 auch die fünfjährige Höchstfrist schränkt seine Verwendbarkeit ein (vgl im Übrigen o Rdn 167).937

316

f) Ergebnis. Wandel- und Bezugsrechte können dementsprechend auch isoliert ausgegeben werden, wenn damit in irgendeiner Weise ein Finanzierungsziel zugunsten der Gesellschaft verfolgt wird.938 Sie dienen nicht nur als Anreiz, die Ausgabebedingungen für die gemeinsam mit ihnen ausgegebenen Papiere attraktiv zu gestalten, erfüllen also nicht nur eine Hilfsfunktion. Isolierte Bezugsrechte können auf der Grundlage von § 221 auch zu den in § 192 317 Abs 2 Nr 3 genannten Zwecken ausgegeben werden. Das ist grundsätzlich zulässig.939 Allerdings sind in diesem Fall die besonderen inhaltlichen und formellen Vorgaben eben-

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124, 125; Wolff WiB 1997, 505, 511; abw OLG Stuttgart ZIP 2002, 1807, 1808 f; Kuntz AG 2004, 480, 486. Insoweit zutr OLG Stuttgart ZIP 2002, 1807, 1808. Vgl Wiedemann Die Unternehmensgruppe im Privatrecht, 1988, S 9. Kuntz AG 2004, 480, 481 (mit dem zutr Hinweis, dass Optionsrechte, die sich auf so durch die Gesellschaft auszugebende Aktien richten, nicht als covered warrants zu bezeichnen sind); Schlitt/Löschner BKR 2002, 150, 156. M Roth/Schorneweg WM 2002, 677, 682; etwas liberaler (nur Bezugsrechtsausschluss erforderlich) Gätsch/Theusinger WM 2005, 1256, 1264 f. Gätsch/Theusinger WM 2005, 1256, 1264. Dierks Selbständige Aktienoptionsscheine, S 168 f; Kuntz AG 2004, 480, 486; Schlitt/ Löschner BKR 2002, 150, 156; Sinewe DB 2002, 2639, 2640 (aber insoweit widersprüchlich, als er dies in Fällen gestatten will, in denen eine Absicherung durch bedingtes Kapital unzulässig ist); Wehrhan BKR 2003, 124, 125.

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Gätsch/Theusinger WM 2005, 1256, 1264; M Roth/Schorneweg WM 2002, 677, 682. Dierks Selbständige Aktienoptionsscheine, S 168 f; Gätsch/Theusinger WM 2005, 1256, 1263. Broichhausen Zusammengesetzte Finanzierungsinstrumente S 89 ff; Fuchs AG 1995, 433, 444, 449 f; M Heinrich Der weiße Ritter S 117 ff; Kniehase Derivate auf eigene Aktien, S 65 ff, 96 ff; Nowotny ZGR-Sonderheft 16, S 176, 206 (für Österreich); Rosener FS Bezzenberger, S 745, 750 f; Schäfer ZGR-Sonderheft 16, S 62, 78 f; abw Frey o § 192 Rdn 65 ff; Großfeld in: Busse v Colbe ua (Hrsg), Bilanzierung von Optionsanleihen, S 83, 101, 107 f; Hüffer 9 § 221 Rdn 75; Schumann Optionsanleihen S 42; sowie noch Hirte WM 1993, 2067, 2068. Begr RegE zu §§ 192, 193 nF (KonTraG), BT-Drucks 13/9712, S 23 = ZIP 1997, 2059, 2067 f; OLG Braunschweig ZIP 1998, 1585, 1592 (VW); OLG Stuttgart ZIP 1998, 1482, 1485 (Daimler Benz); vgl auch Heidel/Radlmayr 3 § 221 Rdn 55.

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§ 221

so zu beachten (dazu bereits o Rdn 145). Insbesondere kann der Weg über § 221 nicht dazu genutzt werden, mit einer Wandel- oder Optionsanleihe gekoppelte Optionsrechte an Aufsichtsratsmitglieder auszugeben.940 Zudem ist für eine Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen an den Vorstand die aktienrechtliche Kompentenzverteilung zu beachten, nach der die Gesellschaft dem Vorstand gegenüber durch den Aufsichtsrat vertreten wird (§ 112).941 2. Verbindung von Wandel- und Bezugsrechten mit Aktien oder Genussrechten Damit ist die Frage, ob das „Hauptpapier“, mit dem ein Wandel- oder Bezugsrecht 318 verbunden werden muss, nur eine Schuldverschreibung sein kann, wie der Wortlaut des § 221 dies nahelegt, noch nicht abschließend beantwortet. Ein solches Vorgehen wird vor allem erwogen, um einen höheren Ausgabekurs für die mit den Optionsrechten verbundenen sonstigen Wertpapiere („Hucke-Pack-Anleihen“) zu erzielen.942 Wandel- und Optionsanleihen wurden geschaffen, um die Möglichkeiten der Fremd- 319 kapitalfinanzierung der Gesellschaft zu verbessern (dazu o Rdn 80). Eine entsprechende Anwendung der Vorschriften auf die Finanzierung durch Genussscheine (oder Gewinnschuldverschreibungen) kommt daher sicher in Betracht, wenn durch sie Fremdkapital aufgebracht werden soll.943 Aber auch wenn das durch die Genussscheine aufzubringende Kapital als Eigenkapital zu qualifizieren sein sollte, ändert sich nichts: Denn wenn Optionsrechte nach dem Vorstehenden bereits isoliert ausgegeben werden dürfen, bestehen erst recht keine Bedenken, sie mit einem anderen zulässigen Titel kombiniert auszugeben. Wird auf Grundlage dieser Überlegungen oder bei Ausgestaltung des Genussrechtskapitals als Darlehen ein Optionsrecht beigefügt, sind zum Schutz der Altgesellschafter Abs 1 und Abs 4 anzuwenden.944 Aus diesen Gründen ist die Verknüpfung von Wandel- oder Optionsrechten mit Ak- 320 tien ebenso zulässig wie deren Verknüpfung mit Genussscheinen.945 Auch hier sind zum Schutz der Altgesellschafter Abs 1 und Abs 4 entsprechend anzuwenden; mit Blick auf das durch die Konstruktion gesteigerte Gefährdungspotential und wegen der mit den gesetzlichen Beschlussanforderungen verbundenen zusätzlichen Informationsanforderungen (o Rdn 117 ff) kann dies auch nicht als bloße Formalie abgetan werden.946 940

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OLG München ZIP 2002, 1150, 1151 (AAFORTUNA); Sinewe DB 2002, 2639, 2640; offen gelassen von BGHZ 158, 122 = ZIP 2004, 613, 615 (MobilCom); abw Fuchs WM 2004, 2233, 2239. OLG Stuttgart ZIP 1998, 1482, 1485 (Daimler Benz); Fuchs DB 1997, 661, 667; Gätsch/Theusinger WM 2005, 1256, 1264; Hirte RWS-Forum Gesellschaftsrecht 1999, S 211, 230. Hüffer 9 § 221 Rdn 76. Zutreffend KK-Lutter 2 § 221 Rdn 187, 212 f; MK-Habersack 3 § 221 Rdn 59 (zu Gewinnschuldverschreibungen); Schumann Optionsanleihen S 42 f; offen lassend Hüffer 9 § 221 Rdn 8, 76; zu Recht weitergehend Habersack FS Nobbe, S 539, 562 f; MK-Habersack3 § 221 Rdn 40; Steiner WM 1990, 1776, 1777.

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Zutreffend Habersack FS Nobbe, S 539, 562 f; MK-Habersack3 § 221 Rdn 40; Schumann Optionsanleihen S 42; abw Hüffer 9 § 221 Rdn 76. Habersack FS Nobbe, S 539, 562 f; Kalss FS Goette, S 219, 220 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 39; Lutter ZGR 1993, 293, 305 (Bezugsrecht als möglicher Gegenstand eines Genussrechts); Martens AG 1989, 69, 71 f; Nowotny ZGR-Sonderheft 16, S 176, 208 f (für Österreich); Schäfer ZGR-Sonderheft 16, S 62, 78 f; Sethe AG 1993, 293, 299 mwN; Stadler NZI 2003, 579 ff; abw KK-Lutter 2 § 221 Rdn 186. Wie hier MK-Habersack3 § 221 Rdn 39; abw aber Hüffer 9 § 221 Rdn 76.

Heribert Hirte

§ 221 321

Fünfter Unterabschnitt

Soweit nach den vorstehenden Ausführungen die Ausgabe von Umtausch- oder Bezugsrechten zulässig ist, ist auch deren Absicherung durch ein bedingtes Kapital möglich (dazu o § 192 Rdn 81).

XIII. Ausnahmen 322

Nach dem früheren § 7 des Gesetzes über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften (UBGG) vom 17. Dezember 1986 (BGBl I 2488) war den in diesem Gesetz geregelten Unternehmensbeteiligungsgesellschaften die Ausgabe von Schuldverschreibungen, also auch Wandel- und Optionsanleihen, und Genussrechten nicht gestattet.947 Dem lag der Gedanke zugrunde, dass angesichts der ohnehin schon mittelbaren Beteiligung eine weitere Verlagerung auf „Derivatpapiere“ nicht wünschenswert ist. Durch Art 7 des Dritten Finanzmarktförderungsgesetzes vom 24. März 1998 (BGBl I 529) hat der Gesetzgeber diese Restriktionen ganz bewusst mit dem Ziel größerer Flexibilität bei der Finanzierung dieser Gesellschaften aufgehoben; § 3 Abs 4 S 1 UBGG nF erlaubt einer Unternehmensbeteiligungsgesellschaft jetzt ausdrücklich die Begebung von Genussrechten und Schuldverschreibungen.948 Davon erfasst sind insbesondere auch Wandel- und Optionsanleihen.949

C. Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechte I. Allgemeines 1. Begriff und Rechtsnatur

323

Gewinnschuldverschreibungen wie Genussrechte sind Forderungsrechte, die wirtschaftlich der Vorzugsaktie ohne Stimmrecht stark ähneln.950 Gesetzlich definiert sind sie freilich hier ebenso wenig wie in § 160 Abs 1 Nr 6 (im Rahmen der Anhangsangaben zum Jahresabschluss). Auch die aufsichtsrechtlichen Vorschriften des KWG und des VAG verzichten auf eine Definition der Instrumente, sondern statuieren nur, unter welchen Voraussetzungen sie als Eigenmittel für aufsichtsrechtliche Zwecke anerkannt werden können (näher u Rdn 356 f). Gleiches gilt schließlich für die steuerlichen Vorschriften (§ 20 Abs 1 Nr 1, § 43 Abs 1 Nr 2 EStG; § 8 Abs 3 S 2 KStG) und diejenigen zur Förderung der Vermögensbildung (§ 2 Abs 1 Nr 1 lit f [Genussscheine] und lit l [nicht verbriefte Genussrechte], Abs 2, Abs 4 5. VermBG). Daraus folgt, dass es eine einheitliche Definition des Genussrechts nicht gibt, sondern auf den Normzweck des jeweiligen Rechtsbereichs abzustellen ist.951 Das hilft für das Aktienrecht freilich auch nur begrenzt weiter, da der Normzweck des § 221 ebenfalls nicht sicher ermittelbar ist.952 Sicher von einem Genussrecht ist daher auszugehen, wenn der Schutzzweck der von § 221 konkret angesprochenen Rechte tangiert ist, nämlich das Mitwirkungsrecht der Aktionäre (Abs 1

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Dazu Hammen DB 1988, 2549, 2552. Dazu Vollmer ZBB 1998, 221, 224 f, 226. Implizit Begr RegE zu § 3 UBGG, BTDrucks 13/8933, S 139. Hüffer 9 § 221 Rdn 8; Karsten Schmidt/ Lutter/Merkt 2 § 221 Rdn 37. Busch AG 1994, 93, 95 f; Gehling WM

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1992, 1093, 1095; Hüffer 9 § 221 Rdn 23; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 217 f; Lutter ZGR 1993, 291, 307; Sethe AG 1993, 293, 298 f; abw Luttermann Unternehmen, Kapital und Genußrechte S 92 ff. Insoweit zutr Hüffer 9 § 221 Rdn 23.

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und 3) und deren Bezugsrecht (Abs 4).953 Da freilich über die Ratio dieser Rechte ebenfalls keine Einigkeit besteht,954 lassen sich Abgrenzungsschwierigkeiten nicht vermeiden (u Rdn 378). Umgekehrt folgt aus dem Eingreifen der Schutzrechte nach § 221 nicht auch, dass nur diese Rechte eingreifen: Denn je stärker Genussrechte der Aktie angenähert sind, desto kritischer ist die Frage ihrer Zulässigkeit im Hinblick auf die Konkurrenz zu den §§ 139 ff zu beurteilen (im Einzelnen u Rdn 360 ff). a) Gewinnschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen sind wie Wandelund Optionsanleihen ebenfalls zunächst Schuldverschreibungen; §§ 793 ff BGB. Sie unterscheiden sich von gewöhnlichen Schuldverschreibungen dadurch, dass dem Gläubiger außer dem Nennbetrag der Schuld und etwaiger Verzinsung etwas zugesagt wird, was mit dem Gewinn zusammenhängt.955 Gleichwohl ist die Gewinnbeteiligung allein schuldrechtlicher Natur.956 Andererseits ist es möglich, die Gewinnschuldverschreibung auch mit einem Wandel- oder Optionsrecht zu versehen; dann ist sie gleichzeitig Wandel- oder Optionsanleihe,957 und es gelten primär die diesbezüglichen spezielleren Vorschriften. Der in Bezug genommene Gewinn kann der Gewinn der emittierenden Gesellschaft, einer anderen (verbundenen) Gesellschaft oder auch der Konzerngewinn sein (dazu Rdn 393). Vom partiarischen Darlehen unterscheiden sie sich dadurch, dass dort die Darlehensverbindlichkeit nicht verbrieft ist. Deshalb gilt § 489 BGB (früher § 609a BGB) hier nicht; er ist nicht auf Kapitalmarktpapiere ausgerichtet.958 Nach der Vorstellung des Gesetzes (in Verbindung gebracht „mit Gewinnanteilen von Aktionären“) kommt eine Bezugnahme auf den Gewinn nur in der Form in Betracht, dass an die Gewinnanteile der Aktionäre, also an deren Dividende angeknüpft wird. Davon werden nur solche Gewinnschuldverschreibungen erfasst, bei denen es zuvor eines die Aktionäre begünstigenden Gewinnverwendungsbeschlusses bedurfte (zu dessen „Anfechtbarkeit“ u Rdn 416 f). Ebenso zulässig ist es aber, Gewinnschuldverschreibungen allein von einem entsprechenden Jahresüberschuss oder Bilanzgewinn abhängig zu machen, ohne dass dieser durch Hauptversammlungsbeschluss an die Aktionäre verteilt werden muss. Da bei diesem – in Deutschland offenbar nicht gebräuchlichen – Vorgehen der Gewinnanspruch der Schuldverschreibungsgläubiger unabhängig davon besteht, wieviel an die Aktionäre verteilt werden kann oder soll, bedarf es erst recht einer Anwendung des aktionärsschützenden § 221.959 Unabhängig davon, ob an den unverteilten Bilanzgewinn oder an die Dividende der Aktionäre angeknüpft wird, lassen sich mehrere Varianten unterscheiden: entweder wird ein fester Zinssatz versprochen und darüber hinaus eine gewinnabhängige Zusatzver-

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Gehling WM 1992, 1093, 1095; Hüffer 9 § 221 Rdn 24; im Ansatz ebenso BGHZ 120, 141, 145 ff = ZIP 1992, 1728, 1729 ff (Bankverein Bremen). Nachdrücklich Busch AG 1994, 93, 96. Busch Genußkapital als Eigenmittel von Versicherungsunternehmen, S 102 (der dabei ein partiarisches Darlehen annimmt); ders AG 1994, 93, 95; Ebert Stille Gesellschaft, Genussrecht und partiarisches Darlehen, S 33; Gloßner Gewinnschuldverschreibung S 3 ff; Habersack FS Nobbe, S 539, 543; MK-Habersack3 § 221 Rdn 57; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 446.

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KK-Lutter 2 § 221 Rdn 450. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 448; MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 57. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 233; MK-Habersack3 § 221 Rdn 93. Ebenso Godin/Wilhelmi § 221 Anm 6 aE; Hüffer 9 § 221 Rdn 8; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 446, der allerdings eine Analogie für erforderlich hält; MK-Habersack3 § 221 Rdn 55; Schilling Voraufl § 221 Anm 3 Abs 2; Karsten Schmidt/Lutter/Merkt 2 § 221 Rdn 40.

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zinsung; oder die gesamte Verzinsung wird am Gewinn orientiert.960 In beiden Fällen ist die Festlegung von Unter- und Obergrenzen der gewinnabhängigen (Zusatz-)Verzinsung möglich.961 Schließlich kann auch eine Gesamtverteilung in der Form vorgenommen werden, dass der Gewinn nach dem Verhältnis von Aktien- und Schuldverschreibungsnennbeträgen auf Aktionäre und Gläubiger aufgeteilt wird. Insgesamt ist der Begriff des Gewinns hier nicht anders zu verstehen als bei Genussrechten.962

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b) Genussrechte. aa) Inhalt. Genussrechte sind Vermögensrechte aller Art, die die Gesellschaft den Genussrechtsinhabern durch Vertrag mit den ersten Inhabern gewährt. Bei ihrer Ausgestaltung sind die Vertragsparteien weitgehend frei.963 Man wird allerdings zum Begriffsmerkmal machen müssen, dass die Rechte nach ihrem Inhalt typische Vermögensrechte eines Aktionärs zum Gegenstand haben.964 Liegt diese Voraussetzung vor, kommt – unabhängig von der Bezeichnung der Rechte – § 221 zur Anwendung, weil es sich materiell um ein Genussrecht handelt. In ihrer verbrieften Form werden Genussrechte als Genussscheine (dazu u Rdn 396) bezeichnet. In Frage kommt etwa das Recht, Einrichtungen der Gesellschaft zu benutzen (Zoo329 logische Gärten, Theater, früher: Eisenbahnen)965 oder – so der heutige Regelfall – eine Beteiligung am Gewinn oder am Liquidationserlös.966 Bei letzteren ist – wie bei den Gewinnschuldverschreibungen – nicht erforderlich, dass die Ausgestaltung exakt derjenigen von Aktien entspricht; ausreichend ist etwa, dass das Recht auch vom Gewinn oder der Dividende abhängt, selbst wenn daneben etwa eine Mindestverzinsung versprochen wurde.967 Dabei wird das Gewinnbeteiligungsrecht meist mit dem Gewinnrecht der Aktionäre auf eine Stufe gestellt oder – wie etwa durch die Mindestverzinsung – gar ihm gegenüber vorrangig ausgestaltet; lediglich bei Genussrechten, die zum Ausgleich für schwer bewertbare Sacheinlagen ausgegeben wurden, wurde ein Nachrang gegenüber 960 961 962 963

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MK-Habersack3 § 221 Rdn 55, 68 f. MK-Habersack3 § 221 Rdn 94 (zu Genussrechten); Beispiel: RGZ 118, 152. MK-Habersack3 § 221 Rdn 69 f. BGHZ 119, 305, 309 = ZIP 1992, 1542, 1543 (Klöckner); Stellungnahme der Bundesregierung v 5.10.1984 (Antwort von Staatssekretär Kinkel auf die Anfrage des Abgeordneten Langner), BT-Drucks 10/2079 S 8 = DB 1984, 2448; MK-Habersack3 § 221 Rdn 64; kritisch mit Blick auf die daraus resultierenden Schwierigkeiten einer Handelbarkeit von Genussscheinen an der Börse Zätzsch DLK 1988, 610 f; abw Todtenhöfer Übertragbarkeit S 75 ff (mit Blick auf die von ihm favorisierte weitgehend analoge Anwendbarkeit der Kapitalschutzvorschriften). Allg Meinung: BGHZ 119, 305, 310, 314 = ZIP 1992, 1542, 1543, 1545 (Klöckner); BGHZ 120, 141, 147 = ZIP 1992, 1728, 1730 (Bankverein Bremen); BFH Urt v 8.4.2008 – VIII R 3/05 Tz 30, E 221, 25 = ZIP 2008, 2264, 2267; von Caemmerer JZ 1951, 417, 418; Ernst Genußschein S 92 mwN; ders AG 1967, 75, 77; Feddersen/

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Knauth Eigenkapitalbildung durch Genußscheine 2 S 17 („können“); Gehling WM 1992, 1093, 1094; Habersack ZHR 155 (1991), 378, 384; Hammen DB 1988, 2549; Hüffer 9 § 221 Rdn 25 („jedenfalls dann“); Knauth DZWir 1993, 97, 98; Lutter ZGR 1993, 291, 305; MK-Habersack3 § 221 Rdn 62; MünchHdb AG-Krieger3 § 63 Rdn 60; Karsten Schmidt/Lutter/Merkt 2 § 221 Rdn 43 ff; Sethe AG 1994, 342, 344; anders Gottlieb Genußschein S 19 f. Gehling WM 1992, 1093, 1094; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 216; MK-Habersack3 § 221 Rdn 118; MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 60. RGZ 115, 227, 230; RG Gruch. 70, 276, 279; RG BankA 11 (1911/12), 207; MKHabersack3 § 221 Rdn 65, 76 ff; Karsten Schmidt/Lutter/Merkt 2 § 221 Rdn 45, 72; Spindler/Stilz/Seiler 2 § 221 Rdn 22. Baums FS Horn, 2006, S 249, 264; Hüffer 9 § 221 Rdn 25; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 200 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 94; Sethe AG 1993, 293, 298; ders AG 1994, 342, 344.

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den Rechten der Aktionäre vorgesehen (zum nach Aufsichtsrecht erforderlichen Nachrang gegenüber den Rechten der Gläubiger u Rdn 357).968 Die Gewinnbeteiligung kann dabei sowohl in Form einer Quote des Jahresüberschusses oder Bilanzgewinns festgelegt als auch – so der Regelfall – auf einen etwa bestimmten Nennbetrag bezogen werden, der zugleich den Rückzahlungsbetrag markiert (dazu auch u Rdn 358, 421).969 Unter einer Beteiligung am Liquidationserlös ist die Beteiligung am Liquidationsmehrerlös, also den stillen Reserven, zu verstehen (dazu im Zusammenhang mit dem Steuerrecht u Rdn 459);970 nicht gemeint (und nicht unter § 221 fallend) ist, dass eine Rückzahlung des Genussrechts (zum Nennwert) nur im Liquidationsfall erfolgt.971 Beide Fallgruppen der Gewinnbeteiligung, also die alleinige Gewinnabhängigkeit 330 ebenso wie die bloße Auch-Gewinnabhängigkeit, werden auch als „aktienähnliche Genussrechte“ bezeichnet.972 Streitig ist demgegenüber der dritte (Umkehr-)Fall der bloß gewinnabhängigen (statt gewinnorientierten) Verzinsung („obligationsähnliche Genussrechte“). Darunter wird ein grundsätzlich fester Zinsanspruch verstanden, der nur im Falle eines (ggf auch erst durch die Zinszahlung ausgelösten) Bilanzverlustes entfällt (im Gegensatz zu einer Bedienung nur im Falle eines Jahresüberschusses oder Gewinns). Rechtsprechung und herrschende Meinung sehen auch in dieser Gestaltung ein Genussrecht – zu Recht, weil es zum einen auch hier nicht völlig an der Gewinnabhängigkeit fehlt und sich zum anderen die Schlechterstellung dieser Gläubiger gegenüber gewöhnlichen Gläubigern in einer Besserstellung bei anderen Rechten (wie Zinshöhe, Mitspracherechten und anderen Zusagen) zu Lasten der Aktionäre auswirken kann973 (und nach hier vertretener Auffassung auch muss). Gewinnabhängigkeit ist im Übrigen nicht nur zu bejahen, wenn die Bedienung der Rechte aus dem Jahresüberschuss, sondern auch, wenn sie aus dem Bilanzgewinn erfolgen soll, weil dieser durch Auflösung der anderen Gewinnrücklagen erzielt werden könnte und in diesem Fall unstreitig eine Gewinnbeteiligung vorläge.974 Ein Genussrecht soll auch dann vorliegen, wenn bei einer „synthetischen Optionsanleihe“ nicht der Bezug realer Aktien, sondern nur der Ausgleich einer Kursdifferenz in bar versprochen wird 975 (näher u Rdn 377). Genussrechte können allerdings im Gegensatz zu Aktien kündbar und rückzahlbar ausgestaltet sein, was jedoch ihre Anerkennung als haftendes Eigenkapital von Kreditinstituten iSv § 10 Abs 5 KWG erschwert bzw verhindert (dazu u Rdn 356).

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KK-Lutter 2 § 221 Rdn 207 f; MK-Habersack3 § 221 Rdn 97 f. Bogenschütz Neuausrichtung S 103 f; Godin KK-Lutter 2 § 221 Rdn 203 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 95. MK-Habersack3 § 221 Rdn 114 f. MK-Habersack3 § 221 Rdn 115. Gehling WM 1992, 1093, 1094 f; MKHabersack3 § 221 Rdn 78 f, 99 f; Sethe AG 1993, 293, 298 ff; ders AG 1994, 342, 344; zur Unterscheidung der verschiedenen Typen früher schon Hammen DB 1988, 2549, 2550 (dem folgend Claussen ZBB 1989, S 25, 27). BGHZ 120, 141, 145 ff, 148 = ZIP 1992, 1728, 1730 (Bankverein Bremen); OLG Bremen ZIP 1991, 1589, 1590 ff (Bankverein Bremen); OLG Düsseldorf ZIP 1991,

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1070, 1074 (Klöckner) (inzident); Bogenschütz Neuausrichtung S 103 f; Busch AG 1994, 93, 95 f; Feddersen/Meyer-Landrut ZGR 1993, 312, 314; Habersack FS Nobbe, S 539, 543; Hirte ZBB 1992, 50, 51; Hüffer 9 § 221 Rdn 25b; MK-Habersack3 § 221 Rdn 77, 100; Sethe AG 1993, 293, 298 f; ders AG 1994, 342, 344; abw Gehling WM 1992, 1093, 1095; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 217 f; ders ZGR 1993, 291, 306 f (da die Berechtigten nur an den Risiken, nicht an den Chancen der Aktionäre beteiligt seien). Busch AG 1994, 93, 95. Busch AG 1999, 58, 64 f; abw Habersack FS Nobbe, S 539, 556; M Heinrich Der weiße Ritter S 131 ff; Wohlfarth/Brause WM 1997, 397, 399 ff.

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Die Genussrechtsinhaber haben keine mitgliedschaftsrechtlichen Befugnisse wie das Recht auf Teilnahme an der Hauptversammlung, Stimmrecht oder Anfechtungsrecht.976 Ihre Stellung ist vielmehr allein gläubigerrechtlich zu qualifizieren, wenn sie sich auch an Rechten des Mitglieds orientiert;977 daher gilt auch § 310 Abs 4 S 1 BGB nicht (im Einzelnen u Rdn 398 ff). Dem Fehlen von Anfechtungsrechten ist (jedenfalls) durch gleichgerichtete Schadenersatzansprüche Rechnung zu tragen (dazu o Rdn 197 und u Rdn 415 ff). Weitere Rechte (Teilnahme- und Kontrollrechte) lassen sich zwar schuldvertraglich einräumen, allerdings nur in den Grenzen der Satzung.978 Sie können daher nur durchgesetzt werden, so lange die (echten) Gesellschafter dem nicht widersprechen. Daher kommt sicher die Einräumung von (Eventual-)Stimmrechten nicht in Betracht.979 Sind Genussrechtsinhaber zugleich Aktionäre, so üben sie ihre mitgliedschaftlichen Rechte in ihrer Eigenschaft als Aktionär aus. Inhaltlich sind beim Genussrecht das Stammrecht und die einzelnen (jährlich) daraus 332 resultierenden Forderungsrechte, im Regelfall also das Gewinnbezugsrecht, zu unterscheiden. Sie führen vom Zeitpunkt ihrer Entstehung an ein rechtliches Eigenleben (allerdings ohne Anwendbarkeit von § 803 BGB980), so dass sie selbstständig abgetreten werden können und auf sie selbstständig verzichtet werden kann; zudem unterliegen sie von diesem Zeitpunkt an nicht mehr einer vertraglichen Verlustbeteiligung oder einer etwaigen Nachrangabrede aus dem Stammrecht.981 Die nicht vermögensrechtlichen Einzelrechte wie ein etwaiges Auskunftsrecht sind demgegenüber nach § 399 BGB nicht vom Stammrecht trennbar.982 Keine Voraussetzung eines Genussrechts ist seine massenweise Begebung.983 Anderer333 seits gehen aber für die typischerweise nur individuell vereinbarten Tantiemen zugunsten von Vorstands- oder Aufsichtsratsmitgliedern – obwohl der Sache nach Genussrechte –

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RGZ 105, 236, 239; BGHZ 119, 305, 310, 316 f = ZIP 1992, 1542, 1543, 1545 (Klöckner); BFH Urt v 8.4.2008 – VIII R 3/05 Tz 30, E 221, 25 = ZIP 2008, 2264, 2267; Bogenschütz Neuausrichtung S 101; Habersack ZHR 155 (1991), 378, 384, 397; Heidel/Radlmayr 3 § 221 Rdn 9; Hennerkes/May DB 1988, 537, 541; Hüffer 9 § 221 Rdn 26; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 197; Lutter ZGR 1993, 291, 294; MK-Habersack3 § 221 Rdn 65, 86; Schäfer WM 1991, 1941, 1942 f; Schön JZ 1993, 925, 927; Sethe AG 1993, 293, 297; zT abw Vollmer/Lorch ZBB 1992, 44, 49 f iVm 46. RGZ 83, 295, 297; 115, 227 ff, 230; 132, 199, 206; BGHZ 28, 259 (Harpener Bonds); BGHZ 119, 305, 310 = ZIP 1992, 1542, 1543 (Klöckner); BGHZ 120, 141, 146 f = ZIP 1992, 1728, 1730 (Bankverein Bremen); BGHZ 156, 38, 43 = ZIP 2003, 1788, 1789 (Deutsche Hypothekenbank AG); Bogenschütz Neuausrichtung S 102 f; Ernst Genußschein S 114 ff; ders AG 1967, 75, 77 f („Beteiligung als subjektives Recht“); Frantzen Genußscheine S 9 ff; Gehling WM 1992, 1093, 1094; Göhrum Einsatzmöglich-

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keiten S 38 ff; Hüffer 9 § 221 Rdn 26; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 21, 196 ff; ders ZGR 1993, 291, 294 f; MK-Habersack3 § 221 Rdn 64, 86; Schäfer WM 1991, 1941, 1942; Schön JZ 1993, 925, 927; Sethe AG 1994, 342, 344. Ebenso Hüffer 9 § 221 Rdn 26; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 219 f; ders ZGR 1993, 291, 295; MK-Habersack3 § 221 Rdn 119 ff; Sethe AG 1993, 351, 355; offen lassend BGHZ 119, 305, 317 = ZIP 1992, 1542, 1546 (Klöckner); weitergehend für die GmbH Vollmer, ZGR 1983, 445, 461. Baums FS Horn, 2006, S 249, 264; Hüffer 9 § 221 Rdn 26. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 240. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 240. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 240. BGHZ 120, 141 = ZIP 1992, 1728 (Bankverein Bremen) (implizit); MK-Habersack3 § 221 Rdn 66; Sethe AG 1993, 293, 309; ders AG 1994, 342, 347; abw für die steuerrechtliche Qualifikation in Abgrenzung zur stillen Gesellschaft BFH Urt v 8.4.2008 – VIII R 3/05 Tz 30, E 221, 25 = ZIP 2008, 2264, 2267.

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die §§ 87 Abs 1, 113 Abs 3 als leges speciales vor;984 für “einfache” Arbeitnehmer gilt dies erst recht.985 bb) Zweck. Das Genussrecht kann Entgelt für verschiedenartige Leistungen sein, 334 etwa für in die Gesellschaft eingebrachte Erfindungen, überlassene Konzessionen oder nutzbar gemachtes Know-how.986 Diesen Gegenständen ist gemeinsam, dass ihre Bewertung mit der zukünftigen Entwicklung des Unternehmens steht und fällt. Von besonderem wirtschaftlichem Interesse ist die Einräumung von Genussrechten gegen Geldeinzahlung987 oder als Anreiz für freiwillige Zuzahlung.988 Seit Einführung der Vorzugsaktien ohne Stimmrecht im Jahre 1937 ist deren Zulässigkeit zweifelhaft;989 doch haben andererseits die aufsichtsrechtlichen Bestimmungen vor allem für Kreditinstitute einen Anreiz zur Schaffung solcher Genussrechte geschaffen (dazu ausf u Rdn 356 f). Als Entgelt für eine Leistung ist auch die Ausgabe von Genussscheinen an (eigene) Mitarbeiter anzusehen, die zudem durch ihre Steuerbegünstigung (dazu o Rdn 323) an Attraktivität gewonnen hat;990 sie folgt neben den gesellschaftsrechtlichen aus den arbeitsrechtlichen Vorgaben und den Bestimmungen des Vermögensbildungsgesetzes.991 In Frage kommt schließlich auch eine Gewährung von Genussrechten an die Gründer als Lohn für deren Gründertätigkeit, dann in den Grenzen des § 26.992 Ganz ähnlich kann auch Aktienzeichnern im Falle einer Kapitalerhöhung ein Genussrecht gewährt werden, um eine sonst mit Blick auf das Verbot der Unter-pari-Ausgabe (§ 9 Abs 1) erforderliche Kapitalherabsetzung zu vermeiden (Unterbilanz-Genussschein).993 Schließlich können Genussrechte eingesetzt werden, um – ganz ähnlich wie ein Optionsrecht – die Platzierung von Schuldverschreibungen attraktiver zu machen (zu den Gründen o Rdn 80).994 In diesen Fällen – und wohl auch in anderen Fällen der Ausgabe ohne (verlässlich bewertbare) Gegenleistung – handelt es sich bei der Ausgabe von Genussrechten materiell um eine vorab eingeräumte Sachdividende.995 Ein zweites Verwendungsfeld für Genussrechte ist der Bereich der Ablösungen (zu 335 diesem historischen Ursprung der Genussrechte näher u Rdn 342); sie lassen sich freilich auch als Unterfall der ersten Kategorie ansehen, weil auch hier ein Entgelt gewährt wird, allerdings für einen Verzicht. So konnten etwa auch die früheren (privaten) Eigner der Deutschen Reichsbank zu Beginn der 1960er Jahre ihre Anteile in Genussscheine der Deutschen Bundesbank umtauschen. Im romanischen Rechtskreis ist die Ausgabe von Genussscheinen bei Kapitalherabsetzungen eine ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit (dazu o Rdn 63 ff sowie auch u Rdn 369).996 Sie kommen aber auch zur Ablösung von

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KK-Lutter 2 § 221 Rdn 235; MK-Habersack3 § 221 Rdn 67. MK-Habersack3 § 221 Rdn 67. Vgl Claussen FS Werner, S 81; Flechtheim Anh § 179 HGB Anm 6a; Hirte ZIP 1988, 477; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 237; MKHabersack3 § 221 Rdn 84; Reuter FS Fischer, S 605, 610. Dazu etwa RGZ 49, 10, 11; Bundschuh ua (Hrsg), Recht und Praxis der Genußscheine, passim; Claussen FS Werner, S 81; KKLutter 2 § 221 Rdn 237, 344; Lutter ZGR 1993, 291, 306; MK-Habersack3 § 221 Rdn 84 f; Pougin Genußrechte passim; Vollmer ZGR 1983, 445.

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Vgl RGZ 54, 24, 25. So insbes Hirte ZIP 1988, 477; Reuter FS Fischer, S 605; sowie u Rdn 360 ff. Ausf KK-Lutter 2 § 221 Rdn 326 f. Ausf KK-Lutter 2 § 221 Rdn 328 ff. Beispiel: RG BankA 11 (1911/12), 207; vgl im Übrigen KK-Lutter 2 § 221 Rdn 343; MK-Habersack3 § 221 Rdn 84. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 346. Frantzen Genußscheine S 50 f; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 345. Lutter FS Döllerer, S 383, 386 f. Vgl etwa Art 2353 ital Codice civile; dazu Hirte ZIP 1988, 477, 484; ders FS Claussen, S 115, 124 ff.

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Fünfter Unterabschnitt

anderen (Sonder-)Rechten oder bevorzugten Aktiengattungen in Betracht. Im Zusammenhang mit Sanierungen können Genussrechte zur Ablösung von Schulden, ggf unter zusätzlicher Einzahlung von Kapital, eingesetzt werden (Sanierungs-Genussscheine).997 Hier liegt ihre Attraktivität darin, dass ihr Einsatz anders als bei einer Umwandlung von Forderungen in stimmberechtigtes Eigenkapital leichter die Zustimmung der Altgesellschafter findet, weil nicht in die Beteiligungsverhältnisse eingegriffen wird.998 Hinzu kommt, dass die Kapitalaufbringungsvorschriften (insbes § 183) nicht beachtet werden müssen bzw modifiziert werden können; insbes das grundsätzliche Verbot einer Ausgabe ohne angemessene Gegenleistung gilt allerdings auch hier.999 Früher wurden Genussscheine auch ausgegeben, um inflationsgefährdete Obligationen abzulösen.1000 Ein weiteres Unterscheidungskriterium im Hinblick auf die Einordnung von Genuss336 rechten ist schließlich das Verhältnis der Genussrechtsinhaber zur Gesellschaft oder zum Unternehmen. Hier zeigt sich, dass Genussrechte in aller Regel im Hinblick auf eine frühere oder daneben bestehende anderweitige Beteiligung an Unternehmen geschaffen wurden bzw dafür konzipiert sind. Dies zeigt sich zunächst bei den Gründer-Genussscheinen wie bei den Amortisationsgenussscheinen: hier handelt es sich um „Restmitgliedschaften“1001. Auch Aufwertungsgenussscheine an Obligationäre wurden im Hinblick auf eine bereits bestehende Beteiligung am Unternehmen, nämlich als Gläubiger, begeben. Ebenso sind Arbeitnehmer bereits in diesem Sinne am Unternehmen „beteiligt“ und gehören daher in den Kreis potentieller Genussrechtsinhaber. Der Zusammenhang zwischen (früherer) anderweitiger Beteiligung und der Möglichkeit einer Gewährung von Genussrechten wird besonders deutlich in Art 657 Abs 1 OR. Er erfasst Genussrechte in ausdrücklicher Abgrenzung von Partizipationsscheinen (Art 656a ff OR). Während die Partizipationsscheine an die deutschen Vorzugsaktien ohne Stimmrecht angelehnt sind, können Genussrechte nur noch zum Ausgleich für frühere Beteiligungen oä ohne Einlage gewährt werden (siehe auch o Rdn 58 ff).1002

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c) Genussrechte anderer Rechtsträger. Eine Emission von Genussrechten ist grundsätzlich bei allen Rechtsträgern, zumindest aber bei allen Unternehmen, vorstellbar.1003 Gleichwohl wird die Emission von Genussrechten durch eingetragene Kaufleute sehr selten und zB durch Privatpersonen eine rein theoretische Vorstellung bleiben. Das weitaus größte Volumen der Genussrechtsemissionen liegt vielmehr bei den Aktiengesellschaften (siehe dazu Rdn 350 f).1004 § 10 Abs 5 KWG, § 53c Abs 3a VAG erlauben aber ausdrücklich die Schaffung von Genussrechten zum Zwecke der Eigenkapitalaufbringung allgemein für Kreditinstitute oder Versicherungen, auch wenn diese nicht Aktiengesellschaften sind.1005 Auch die Vorschriften über die steuerliche Behandlung der Ge-

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KK-Lutter 2 § 221 Rdn 342; ausführlich Göhrum Einsatzmöglickeiten S 249 ff und jüngst Klusmeier ZInsO 2010, 1873, 1874. Madaus ZGR 2011, 749, 772 ff. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 342; MK-Habersack3 § 221 Rdn 85. Dazu Thünnesen in: Bundschuh ua (Hrsg), Recht und Praxis der Genußscheine, S 9, 10 ff, sowie o Rdn 3 (zur Gesetzesgeschichte). Vgl Hirte ZIP 1988, 477, 484. Dazu ausführlich Hirte ZIP 1988, 477, 483; von Greyerz SchweizAG 1983, 94.

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Claussen FS Werner S 81, 91; Ernst Genußschein S 133 f; Frantzen Genußscheine S 25 ff; für „Unternehmen, unabhängig von seiner Rechtsform“ UH Schneider FS Goerdeler, S 511, 513 und Schummer GesRZ 1991, 198, 202. Baumbach/Hueck/Hueck/Fastrich 19 § 29 GmbHG Rdn 90; Scholz/Emmerich 10 § 29 GmbHG Rdn 55; Sethe AG 1993, 293, 307; Ziebe DStR 1991, 1594, 1595. Zu den Versicherungsunternehmen ausführlich Busch Genußkapital als Eigenmittel von Versicherungsunternehmen, passim;

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nussrechte sind rechtsformneutral ausgestaltet (dazu u Rdn 457 ff). Die aktienrechtlichen Regelungen können auf derartige Genussrechte in großem Umfang entsprechend angewendet werden. Bei der GmbH sind Genussscheine – jedenfalls bislang – von untergeordneter prak- 338 tischer Bedeutung;1006 das scheint sich freilich in den letzten Jahren zu ändern; so wird berichtet, dass Genussrechte bei der GmbH heute die bekannteste und am weitesten verbreitete Form der Mittelstandfinanzierung seien.1007 Auch bei der GmbH können Genussrechte dementsprechend neben anderen Funktionen zur Kapitalbeschaffung1008 oder auch – exemplarisch – zur Sanierung1009 eingesetzt werden. Den Genussrechtsgläubigern einer GmbH können durch die Begebung des Genussrechts auf schuldrechtlicher Grundlage Rechte ähnlich denen der Genussrechtsgläubiger einer Aktiengesellschaft, hier also Vermögensrechte, wie sie typischerweise einem Gesellschafter zustehen, eingeräumt werden.1010 Dies gilt insbesondere auch für die Beschränkung, dass durch Genussrechte keine mitgliedschaftlichen Rechte eingeräumt werden können.1011 Besonderes Augenmerk verdient dabei die Ausgabe börsengängiger Risikobeteiligungen durch Gesellschaften mit beschränkter Haftung.1012 Die Schaffung eigenkapitalähnlicher/-gleicher Genussrechte ist bei der GmbH weniger problematisch als bei der AG, da Vorzugsgeschäftsanteile1013 in der GmbH nicht gesetzlich normiert sind und somit entgegen der Lage im Aktienrecht auch zum Vorzugsgeschäftsanteil ohne Stimmrecht keine Vorschriften existieren, die insoweit eine Sperrwirkung entfalten könnten.1014 Auch eine Umgehung der Vorschriften über die KGaA liege nicht vor, da das Genussrecht eben keine mitgliedschaftliche, sondern vielmehr eine schuldrechtliche Rechtsposition vermittelt.1015 Zuständig für die Begründung des Genussrechtsverhältnisses ist der Geschäftsführer der GmbH.1016 Anders als bei der Aktiengesellschaft kann nicht einheitlich gesagt werden, dass der Geschäftsführer hierzu einer satzungsmäßigen Ermächtigung bzw einer solchen durch Gesellschafterbeschluss bedarf.1017 Keiner Ermächtigung zur Begebung von Genussrechten benötigt der Geschäftsführer, soweit die Genussrechte keine Beteiligung am

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ebda S 220 ff auch zum hier nicht näher besprochenen Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit. Baumbach/Hueck/Hueck/Fastrich 19 § 29 GmbHG Rdn 90. Klingberg, FS Westermann, S 1087, 1090 (zu Mezzanine-Finanzierungen allgemein), 1105 (zu Genussscheinen). Siehe dazu vor allem Vollmer ZGR 1983, 445; vgl auch Baumbach/Hueck/Hueck/ Fastrich 19 § 29 GmbHG Rdn 90 sowie Ulmer/Habersack/M Winter/Müller Anh § 29 GmbHG Rdn 8. Ulmer/Habersack/M Winter/Müller Anh § 29 GmbHG Rdn 9. Baumbach/Hueck/Hueck/Fastrich 19 § 29 GmbHG Rdn 89; Scholz/H Winter/Seibt 10 § 14 GmbHG Rdn 67; Sethe AG 1993, 293, 308. Baumbach/Hueck/Hueck/Fastrich 19 § 29 GmbHG Rdn 89; Ulmer/Habersack/ M Winter/Müller Anh § 29 GmbHG Rdn 4.

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Siehe dazu Rid-Niebler Genußrechte S 64 ff, 74 ff, 76 ff. Dazu Scholz/H Winter/Seibt 10 § 14 GmbHG Rdn 63; Ulmer/Habersack/ M Winter/Raiser § 14 GmbHG Rdn 24 ff sowie Ulmer/Habersack/M Winter/Ulmer § 5 GmbHG Rdn 188 ff. Ähnlich wohl auch Sethe AG 1993, 293, 308 („größere Flexibilität des GmbHRechts“). Vgl dazu Sethe AG 1993, 293, 308 mwN. Baumbach/Hueck/Hueck/Fastrich 19 § 29 GmbHG Rdn 91; Ulmer/Habersack/M Winter/Müller Anh § 29 GmbHG Rdn 29; zur Organzuständigkeit für MezzanineFinanzierungen allgemein Klingberg, FS Westermann, S 1087 ff, speziell zu Genussrechtsemissionen ebda S 1111 ff. Dazu Rid-Niebler Genußrechte S 85 ff; Scholz/H Winter/Seibt 10 § 14 GmbHG Rdn 69 f: Ulmer/Habersack/M Winter/ Müller Anh § 29 GmbHG Rdn 29.

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Gewinn oder Liquidationserlös der Gesellschaft gewähren,1018 da hier nur Zahlungen, die das Jahresergebnis im laufenden Betrieb mindern, die Folge sind. Insbesondere bei der Kapitalbeschaffung dienenden Genussscheinen bedarf es aber einer solchen Ermächtigung.1019 Anders als bei der AG soll dann mangels Ermächtigung die Ausgabe der Genussscheine sogar – im Außenverhältnis – (schwebend) unwirksam sein.1020 Bei von der GmbH zu begebenden Genussrechten ist strittig, ob die Gesellschafter hier ein dem § 221 Abs 4 entsprechendes (zwingendes) Bezugsrecht auf die Genussrechte haben.1021 Ein solches wird man wohl nur bei eigenkapitalähnlichen/-gleichen Genussrechten annehmen können, da nur dann eine hinreichende Vermögensgefährdung der Gesellschafter gegeben ist, die ein solches Bezugsrecht in Analogie zu § 221 Abs 4 S 1 rechtfertigen kann. Hinsichtlich der erforderlichen Beschlussfassung durch die Gesellschafter ist insbesondere die erforderliche Mehrheit streitig; richtigerweise wird man eine satzungsändernde Mehrheit entsprechend § 221 Abs 3 iVm Abs 1 verlangen müssen.1022 Soweit eine Emission von Genussrechten nicht der Kapitalbeschaffung dient, dürfte 339 bei Personengesellschaften der oben (Rdn 337) formulierte Rechtsgrundsatz zum Tragen kommen, dass grundsätzlich Unternehmensträger gleich welcher Rechtsform Genussrechte begeben können.1023 Wegen der besonderen Struktur von Personenhandelsgesellschaften, in denen häufig einige wenige Gesellschafter die Kontrolle haben und halten wollen, kann eine Genussrechtsemission aber auch zum Zwecke der Kapitalbeschaffung des Unternehmens eine attraktive Alternative darstellen.1024 Darüber hinaus kann auch bei einer Personengesellschaft die Ablösung von Schulden gegen Ausgabe von Genussrechten einen Sanierungsbeitrag leisten (siehe dazu schon o Rdn 335).1025 Ähnlich wie bei der GmbH ist bei den Personenhandelsgesellschaften eine Emission von eigenkapitalgleichem/-ähnlichem Genussrechtskapital weniger problematisch als bei der Aktiengesellschaft. Argumentiert wird zwar im Hinblick auf die bei der Aktiengesellschaft angenommene Unzulässigkeit von aktiengleichem Genussrechtskapital (dazu Rdn 360 ff), dass sie mangels aktienrechtlicher Schutzvorschriften zugunsten der Anleger bei anderen Rechtsformen erst recht unzulässig sein müssten.1026 Allerdings wird dabei übersehen, dass es bei der Personenhandelsgesellschaft einen gesetzlich normierten „stimmrechtslosen

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Ulmer/Habersack/M Winter/Müller Anh § 29 GmbHG Rdn 29. Baumbach/Hueck/Hueck/Fastrich 19 § 29 GmbHG Rdn 91; Sethe AG 1993, 293, 313 f (sofern nicht nur geringfügige Beeinträchtigung); ob hierzu ein Gesellschafterbeschluss ausreichend oder eine satzungsmäßige Ermächtigung erforderlich ist, ist strittig: dazu Ulmer/Habersack/M Winter/ Müller Anh § 29 GmbHG Rdn 29 mwN. So Rid-Niebler Genußrechte S 94 ff. Dafür Lutter FS Döllerer, S 383, 384 f; Lutter/Hommelhoff/Lutter 17 § 55 GmbHG Rdn 61; Rid-Niebler Genußrechte S 48 f; Sethe AG 1993, 293, 315; abw Baumbach/ Hueck/Hueck/Fastrich 19 § 29 GmbHG Rdn 91; Scholz/H Winter/Seibt 10 § 14 GmbHG Rdn 72; Ulmer/Habersack/ M Winter/Müller Anh § 29 GmbHG Rdn 30.

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Lutter/Hommelhoff/Lutter 17 § 55 GmbHG Rdn 61; abw Ebert Stille Gesellschaft, Genussrecht und partiarisches Darlehen, S 233 ff (bei „schuldrechtlicher Beteiligung an den Vermögensverhältnissen des Schuldners“ satzungsändernde Mehrheit, da dann bereits eine stille Gesellschaft vorliege, sonst einfache Mehrheit). Habersack ZHR 155 (1991) 378, 381 (vgl dort auch Fn 15); so auch Hennerkes/May DB 1988, 537, 541 und Sethe AG 1993, 293, 308. Schummer GesRZ 1991, 198, 201; Ziebe BB 1984, 2210, 2212; so wohl auch Hennerkes/May DB 1988, 537, 541 („für Familienunternehmen“). Dazu Klusmeier ZInsO 2010, 1873 ff. So Reuter AG 1985, 104, 105.

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Vorzugsanteil“ nicht gibt.1027 Letztlich ergibt sich damit aus der Disposivität des Rechts der Personenhandelsgesellschaften, dass die Emission von Genussrechten auch zum Zwecke der Eigenkapitalbeschaffung durch diese zulässig ist.1028 Auch die Annahme, dass eigenkapitalgleiche Genussscheine auf Grund der bei Personenhandelsgesellschaften fehlenden Kapitalbindung nur durch Kapitalgesellschaften ausgegeben werden können,1029 überzeugt nicht. Denn bei der Begebung von Genussscheinen handelt es sich um die Begründung eines schuldrechtlichen Verhältnisses, wie es einer Personenhandelsgesellschaft nicht verwehrt ist.1030 Die Begebung von Genussrechten durch Genossenschaften ist ebenfalls zulässig.1031 340 Mitglieder einer Genossenschaft können aber grundsätzlich jederzeit aus ihr austreten und damit der Genossenschaft das eingezahlte Kapital entziehen. Aus diesem Grunde unterscheidet sich die Finanzierungsplanung einer Genossenschaft wesentlich von der einer Kapitalgesellschaft.1032 Dieser Effekt tritt nicht nur bei Genossenschaftsbanken (also bei Genossenschaften als Kreditgebern), sondern auch bei Genossenschaften als Kreditnehmern auf, weil die Bonität eines Kreditnehmers den Umfang der Eigenkapitalunterlegung von Bankkrediten durch seine kreditgebende Bank beeinflussen kann, hier also die nur mäßig planbare Eigenkapitalausstattung einer Genossenschaft deren Kreditaufnahme verteuert.1033 Gerade für Genossenschaften bietet sich daher eine Finanzierung mittels Genussrechten an.1034 Besonderes Augenmerk verdient hierbei allerdings die Frage, ob die Koppelung eines Gläubigerrechts an einen Gewinn mit dem eigentlichen genossenschaftlich zu verfolgenden Zweck, der Förderung der Eigenwirtschaft der Genossen (und eben nicht als Selbstzweck die Gewinnerzielung durch die Genossenschaft1035), zulässig ist.1036 Allerdings kann die Verfolgung dieses eigentlichen Zwecks als Nebenzweck (zulässigerweise) eine Gewinnerzielung mit sich bringen.1037 Denn gerade zur Förderung des eigentlichen Genossenschaftszweckes ist ein (gewisser) wirtschaftlicher Erfolg der Genossenschaft und – damit einhergehend – ihre hinreichende Eigenkapitalausstattung erforderlich.1038 Bei den sog Produktivgenossenschaften stellt sich die Frage der Zulässigkeit auf Grund des auf Gewinnerzielung gerichteten Primärzwecks 1027 1028 1029 1030 1031

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So auch Schummer GesRZ 1991, 198, 206; ähnlich Vollmer ZGR 1983, 445, 453 f. So auch Ziebe DStR 1991, 1594, 1595. So Vollmer ZGR 1983, 445, 453 f. So zu Recht Sethe AG 1993, 293, 308. So auch Sethe AG 1993, 293, 308; dazu ausführlich Schudt Genußschein S 53 ff; siehe auch Ernst Genußschein S 133; vgl dazu auch Trautmann Finanzierung genossenschaftlichen Eigenkapitals S 139 ff, dem zufolge aber zu fordern wäre, dass wenigstens die Hälfte der (gewinnabhängigen) genossenschaftlichen Genussrechte von Genossen gehalten werden, um eine treuwidrige Verkürzung des Dividendenanspruchs der nicht-genossenschaftlichen Genussrechtsinhaber zu verhindern (S 142 f). Ähnlich Tanski FB 2005, 8 und Pöhlmann/ Fandrich/Bloehs/Fandrich 3 § 1 GenG Rdn 3 („Eigenkapitalschwäche“). Tanski FB 2005, 8, 9; ähnlich, aber zurück-

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haltend, Walther Finanzierung und Wachstum von Genossenschaftsbetrieben S 156 f. Dazu Tanski FB 2005, 8 ff; ähnlich Trautmann Finanzierung genossenschaftlichen Eigenkapitals S 143 f. Pöhlmann/Fandrich/Bloehs/Fandrich 3 § 1 GenG Rdn 6; Schudt Genußschein S 53 f. Vgl hierzu Schudt Genußschein S 53 ff. Schudt Genußschein S 54; weiter noch Hadding ZIP 1984, 1295, 1301 f, der nicht auf die Differenzierung zwischen Hauptund Nebenzweck, sondern ausschließlich auf die Art und Weise der Verwendung eines erwirtschafteten Gewinns abstellt und dabei von der Zulässigkeit von genossenschaftlichen Genussscheinen ausgeht, wenn die Finanzierung der Genossenschaft mittels Genussscheinen zur Förderung des genossenschaftlichen Zwecks geboten erscheint. So auch Schudt Genußschein S 55 f.

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etwas anders, wobei es letztlich auch hier als zulässig anzusehen ist, wenn eine solche Genossenschaft Genussrechte emittiert.1039 Um dennoch eine hinreichende Kontrolle der Ausgabe von Genussrechten durch die Genossenschaft zu erlangen, wird – gerade im Hinblick auf den hautpsächlichen Genossenschaftszweck – die Generalversammlung nach § 43 Abs 1 GenG über die Ausgabe zu beschließen haben.1040 Auch öffentlich-rechtliche Rechtsträger sind schließlich aufgrund spezialgesetzlicher 341 Bestimmungen zur Ausgabe von Genussscheinen berechtigt.1041 Das betrifft insbesondere die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen,1042 hinsichtlich derer nach teilweise vertretener Auffassung die aufsichtsrechtlichen Eigenmittelvorschriften in § 10 Abs 5 KWG sogar ihre Hauptbedeutung hätten (dazu u Rdn 364). 2. Geschichte

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a) Genussrechte sind historisch in Deutschland seit dem 19. Jahrhundert zunächst vor allen Dingen bedeutsam gewesen im Zusammenhang mit der Amortisation der Aktien von Eisenbahnaktiengesellschaften, deren Anlagen nach Ablauf der Konzession unentgeltlich an den Staat fielen.1043 Dabei wurde die Mitgliedschaft schon vor dem Zeitpunkt des Heimfalls der konzessionierten (Betriebs-)Rechte eingezogen und durch Genussrechte ersetzt, so dass eine weitere Beteiligung am Gewinn sicher gestellt war.1044 Heute ist dies wegen des grundsätzlichen Verbots des Erwerbs eigener Aktien nach §§ 71 ff und des Widerspruchs zu den Vorschriften über die Kapitalherabsetzung nicht mehr möglich.1045 Ein zweites Verwendungsfeld bildeten die „Gründer-Genussscheine“, mit denen 343 Gründern einer Aktiengesellschaft eine Beteiligung am Gewinn oder Liquidationserlös zugesagt oder – heute wegen § 187 Abs 2 nicht mehr möglich – ein Bezugsrecht auf Aktien aus künftigen Kapitalerhöhungen eingeräumt wurde (was heute nur durch den, ggf isoliert ausgebbaren Optionsschein einer Optionsanleihe erreichbar ist); damit wurden typischerweise schwer bewertbare Leistungen oder Einlagen entgolten.1046 In den zwanziger und dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts wurden Genuss344 scheine dann erstmalig in großem Umfang zu Finanzierungszwecken ausgegeben; so waren von 1927 bis 1930 insgesamt über 320 Mio RM an Genussscheinen emittiert.1047 Diese Lage währte allerdings nur bis zur Einführung der stimmrechtslosen Vorzugsaktie im Jahre 1937 (zur auch deshalb geführten Konkurrenzdebatte u Rdn 360 ff) und der Möglichkeit der vereinfachten Kapitalherabsetzung im Jahr 1931; denn dadurch wurde eine Ausgabe neuer Aktien auch nach größeren Verlusten wieder möglich.1048 Nach dem Zweiten Weltkrieg sind ebenfalls nur vereinzelt Genussscheinemissionen bekannt gewor-

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Dazu Schudt Genußschein S 59 ff. Schudt Genußschein S 57. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 323. Zu den öffentlich-rechtlichen Versicherern als Genussscheinemittenten Busch Genußkapital als Eigenmittel von Versicherungsunternehmen, S 227 ff. Vgl Schilling Voraufl § 221 Anm 9 Abs 2; Hirte ZIP 1988, 477, 478 f; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 23; ders ZGR 1993, 291, 305; MK-Habersack3 § 221 Rdn 15. Frantzen Genußscheine S 44 ff; Luttermann Unternehmen, Kapital und Genußrechte S 39 ff, 49 ff.

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KK-Lutter 2 § 221 Rdn 23. Frantzen Genußscheine S 64 ff; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 24; MK-Habersack3 § 221 Rdn 16. MK-Habersack3 § 221 Rdn 16; Sethe AG 1993, 293, 295. Frantzen Genußscheine S 52 f; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 25; zur Einführung der vereinfachten Kapitalherabsetzung im Jahr 1931 und deren Ratio u § 229 Rdn 1 f und Hirte Kölner Schrift zur Insolvenzordnung3 S 902 Rdn 14.

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den wie insbes der „Wankel-Genussschein“ der Audi NSU AG im Jahre 1969, mit dem die früheren Aktionäre von NSU an den Lizenzeinnahmen aus den (schwer bewertbaren) Rechten der in Audi NSU eingebrachten Lizenz für die Herstellung von Wankel-Motoren beteiligt wurden.1049 Insgesamt hatten in den Jahren 1970/71 nur 5 Gesellschaften, davon nur 2 börsennotierte, Genussscheine emittiert.1050 Erst seit den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts nahm die Emissionstätigkeit wie- 345 der spürbar zu, und zwar bedingt durch die Diskussion um die Stärkung der Eigenkapitalbasis deutscher Unternehmen; sie führte einerseits zur Aufnahme der Finanzierungsgenussscheine in den Katalog förderungswürdiger Vermögensanlagen, wobei hier vor allem an Mitarbeiter-Genussscheine gedacht wurde (die Bertelsmann-Genussscheine standen hier im Mittelpunkt des Interesses); zudem wurde Genussscheinkapital bei Kreditinstituten und Versicherungen als haftendes Eigenkapital anerkannt (dazu näher u Rdn 356 f).1051 b) Gewinnschuldverschreibungen hatten sich wie Wandelschuldverschreibungen 346 schon vor der Aktienrechtsreform des Jahres 1937 in Deutschland etabliert, und zwar als Nachbildung der im anglo-amerikanischen Rechtskreis so bezeichneten income bonds.1052 Mit der Reform des Jahres 1937 reagierte der Gesetzgeber auf die Gefahr, dass durch die Ausgabe solcher Titel das Gewinnbeteiligungsrecht der Aktionäre beeinträchtigt werden kann (o Rdn 1). 3. Wirtschaftliche Bedeutung a) Gestaltungsformen von Genussscheinen. Der Finanzierungsgenussschein als Ins- 347 trument zur Stärkung der Eigenkapitalbasis steht seit vielen Jahren ganz im Mittelpunkt des Interesses, weil Genussscheine anders als stille Beteiligungen börsenfähig sind.1053 Die fehlende gesetzliche Ausgestaltung der Genussrechte birgt dabei einerseits die Chance einer kostengünstigen Erweiterung des Eigenkapitals, die aber angesichts zahlreicher ungelöster Streitfragen mit gewissen rechtlichen Risiken erkauft wird.1054 Denkbar ist dabei etwa auch die Möglichkeit zur Finanzierung einer Immobilien-AG.1055 Insbes im Zusammenhang mit der Finanzkrise sind in jüngerer Zeit auch wieder 348 Sanierungsgenussscheine in der Diskussion. So können Genussrechte auch im Rahmen eines sog Debt-Mezzanine-Swap zur Stärkung des Eigenkapitals in der Krise der Gesellschaft dienen, indem bestehende Verbindlichkeiten durch Genussrechte als mezzanine Finanzierung ersetzt werden.1056 Genussscheine zu anderen Zwecken haben heute keine Bedeutung mehr;1057 jedenfalls ist über ihre Nutzung zu diesen Zwecken nichts bekannt geworden.

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Frantzen Genußscheine S 69 ff; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 26. MK-Habersack3 § 221 Rdn 16; Sethe AG 1993, 293, 295. Busch Genußkapital als Eigenmittel von Versicherungsunternehmen, S 47 ff; Frantzen Genußscheine S 78 ff; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 27 ff, 320 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 17; Sethe AG 1993, 293, 295. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 34; MK-Habersack3 § 221 Rdn 18. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 274. Diese angesichts der Judikatur für vernach-

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lässigbar haltend Claussen AG 1991, 441, 443 (Urteilsanmerkung). Hierzu Loritz DStR 2000, 77 ff (zur Möglichkeit grundpfandlicher Besicherung der Genussscheingläubiger ebda S 80). Zur Umsetzung des Debt-Mezzanine-Swap in der Aktiengesellschaft Hohlbein, Sanierung insolventer Unternehmen durch Private Equity, 2010, S. 271 ff; Schlitt/Chr Ries in: Theiselmann, Praxishandbuch des Restrukturierungsrechts, 2010, Kap 9 Rdn 53 ff; früher schon Stadler NZI 2003, 579 ff. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 31.

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Eine besondere Form der Finanzierung über Genussrechte stellen dabei die „Preferred Pool Shares (PREPS)“ dar, die vor allem von kleinen und mittelständischen Unternehmen genutzt werden. Dabei werden die von diesen Unternehmen ausgegebenen Genussrechte in einem special purpose vehicle gepoolt, das sich wiederum durch die Ausgabe von Anleihen am Kapitalmarkt refinanziert.1058 Damit werden die in der Regel hohen Kosten für einen unmittelbaren Zugang zum Kapitalmarkt für kleine und mittelständische Unternehmen deutlich reduziert.

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b) Statistische Angaben zu Genussscheinen. Von 1984 bis Ende März 1992 wurden 84 börsennotierte Genussscheine vor allem von Aktiengesellschaften und Körperschaften des öffentlichen Rechts ausgegeben mit einem nominalen Gesamtvolumen von 11,1 Mrd DM (der größte Teil entfiel dabei auf Kreditinstitute, aber auch einige Versicherungen gaben Genussscheine aus); die Emissionen nicht börsennotierter Gesellschaften in diesem Zeitraum wurden auf 220 mit einem Volumen von 1,2 Mrd DM geschätzt.1059 Emissionen von GmbH hatten im Vergleich dazu nur eine geringe Bedeutung (s bereits o Rdn 337 f). 1988 wurden 30 Emissionen mit einem Gesamtvolumen von 3,3 Mrd DM be351 kannt.1060 Im Jahr 1987 wurde etwa die Hälfte der 34 Emissionen von AG/KGaA ausgegeben, der Rest von Anstalten und Körperschaften des öffentlichen Rechts, Genossenschaften und Personengesellschaften.1061 1997 wurden 257 Emissionen im Volumen von 30 Mrd DM an der Börse gehandelt.1062 Seither gehen sowohl die Zahl der Neuemissionen wie das Gesamtvolumen der gehandelten Genussscheine kontinuierlich zurück. So wurde schon 2004 davon berichtet, dass sich das Volumen an jährlichen Neuemissionen auf 100 Mio Euro reduziert habe – gegenüber einem durchschnittlich dreifachen Jahresvolumen in den Jahren zuvor.1063 Inzwischen wird das Gesamtvolumen der regelmäßig gehandelten „großen“ Genussscheine mit 100 angegeben,1064 das in den vergangenen Jahren weitgehend konstant geblieben ist. Als Folge der Finanzkrise ist mit dem Ausfall der Bedienung von Genussrechtsver352 bindlichkeiten, insbes bei Kreditinstituten, zu rechnen.1065 Erste daraus resultierende Streitigkeiten werden im Zusammenhang mit der Frage ausgetragen, ob Verluste eines Mutter-Kreditinstituts auf die von Tochtergesellschaften ausgegebenen Genussscheine durchschlagen (o Rdn 187).1066 Dies und die Tatsache, dass klassisches Genusskapital 1058

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Zu dieser Erscheinungsform der Finanzierung über Genussrechte Schmidtbleicher WM 2006, 2072 ff. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 32 (dort auch zum Umfang des durch Genussscheine bei Kreditinstuten aufgebrachten haftenden Eigenkapitals); Luttermann DB 1993, 1809 (unter Verweis auf Angaben der Commerzbank AG); weit Angaben bei Frantzen Genußscheine S 76 ff, 481 ff (Liste aller Genussscheinemittenten; Stand ca 1991); Küting/Kessler/Harth BB 1996, Beil 4, S 2 (Angaben zu Genussscheinemissionen; zu deren Bilanzierungspraxis S 3 ff); Thielemann Das Genußrecht als Mittel der Kapitalbeschaffung und der Anlegerschutz, S 2 f (Stand 1988); Thünnesen, in: Bundschuh ua (Hrsg), Recht und Praxis der Genußscheine, S 9, 13 ff (zu Daten für den

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Zeitrauum von 1927 bis 1945 und zT auch für die Zeit bis 1987). Habersack ZHR 155 (1991), 378, 379. Thielemann Das Genußrecht als Mittel der Kapitalbeschaffung und der Anlegerschutz, Anhang S XXXIII ff (zit nach Habersack ZHR 155 (1991), 378, 381 Fn 15). Luttermann Unternehmen, Kapital und Genußrechte S 77. ruh. FAZ v 8.7.2004, Nr 156, S 15 (zu Analysen der DZ-Bank). ruh. FAZ v 21.12.2005, Nr 297, S 19. Habersack AG 2009, 801; ham. FAZ v 24.11.2009, Nr 273, S 19; Mülbert FS Hüffer, S 679. Beispiele: LG Frankfurt/Main Konzern 2011, 118 (Commerzbank); LG München I ZIP 2011, 1758.

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nach IFRS nicht als Kernkapital anerkannt wird (u Rdn 435), haben in der jüngeren Zeit dazu geführt, dass es keine neuen Genussscheinemissionen mehr gegeben hat.1067 c) Gewinnschuldverschreibungen sind im Gegensatz zu Genussscheinen sehr selten, 353 weil Leistungen auf sie weder steuerlich abzugsfähig sind noch die durch sie erbrachten Leistungen bei Kreditinstituten als Eigenkapital anerkennungsfähig sind;1068 zudem sind sie nicht im selben Umfang wie Genussrechte als Instrument der Mitarbeiterbeteiligung einsetzbar, weil hier Namensschuldverschreibungen nur mit Bürgschaft eines Kreditinstituts oder Versicherungsunternehmens anerkannt werden.1069 In den Jahren 1977 bis 1991 wurde daher lediglich etwa eine Emission pro Jahr verzeichnet, die ein Emissionsvolumen von zwischen 6 und 15 Mio DM aufwies.1070 Hinzu kommt, dass die Gewinnschuldverschreibung sachlich einen Unterfall des Genussrechts darstellt (dazu sogleich Rdn 355), so dass die mit ihr erreichbaren Ziele ebenso gut durch Ausgabe des im Markt (jedenfalls heute) bekannteren Genussscheins erreicht werden können.1071 Im Zusammenhang mit der Finanzkrise sind in jüngerer Zeit aber zahlreiche Hybridanleihen emittiert worden, bei denen langfristige Kreditaufnahme mit einer vom Unternehmenserfolg abhängigen Verzinsung und/oder Rückzahlung kombiniert werden.1072 Ob sie als Gewinnschuldverschreibung (und damit als Genussrecht) anzusehen sind, ist noch unklar (dazu u Rdn 377 aE).

II. Konkurrenzfragen 1. Verhältnis Gewinnschuldverschreibungen – Genussrechte Gewinnschuldverschreibungen wie Genussrechte sind gleichermaßen am Gewinn der 354 Gesellschaft orientiert. Für die Gewinnschuldverschreibungen ist dies Definitionsmerkmal, für das Genussrecht der praktisch allein bedeutsame Regelfall, sieht man von den weniger bedeutsamen Fällen der Genussrechte auf Benutzung von Einrichtungen der Gesellschaft ab. Ein scharfer Unterschied besteht demnach zwischen Genussrechten, die gewinnabhän- 355 gige Forderungen zum Gegenstand haben, und Gewinnanteilsrechten bei einer Gewinnschuldverschreibung nicht. Beide gewähren typische Vermögensrechte, wie sie auch ein Aktionär haben könnte. Die Gewinnschuldverschreibung stellt sich damit als ein Unterfall des Genussrechts dar, da mit ihr im Gegensatz zum Genussrecht eine Verlustteilnahme unvereinbar ist;1073 diese Verlustteilnahme führt auf der anderen Seite dazu, dass 1067

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ham. FAZ v 24.11.2009, Nr 273, S 19; zum Einfluss der IAS/IFRS auch schon ruh. FAZ v 8.7.2004, Nr 156, S 15. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 449. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 449; MK-Habersack3 § 221 Rdn 19. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 36; MK-Habersack3 § 221 Rdn 18. MK-Habersack3 § 221 Rdn 18. Rechtstatsächliche Angaben bei Schlitt/ Brandi/Schröder/Gemmel/Ernst CFL 2011, 105; Sester ZBB 2006, 443, 444; ausf zu Hybridanleihen Görtz Qualifikation S 72 ff; HdJ/Singhof Abt III/2 Rdn 187 f.

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Busch AG 1994, 93, 95; Habersack FS Nobbe, S 539, 545; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 21, 234, 447 (dort etwas anders: mit Genussscheinen wird sprachlich Verlustbeteiligung verbunden); H Meilicke BB 1989, 465 (für die Abgrenzung zum partiarischen Darlehen, als dessen verbriefte Form die Gewinnschuldverschreibung zu qualifizieren ist; o Rdn 324); MK-Habersack3 § 221 Rdn 22, 58, 71; Sethe AG 1993, 293, 297; Ziebe DStR 1991, 1594 f.

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für Genussrechte ein etwas höherer Zins als für Gewinnschuldverschreibungen gezahlt werden muss, was durch die steuerliche Abzugsfähigkeit der entsprechenden Leistungen (u Rdn 459) erleichtert wird.1074 Im Übrigen kommt es nicht darauf an, dass die Gewinnschuldverschreibung keinen festen Anteil am Gewinn verbrieft.1075 Denn Begriffsmerkmal des Genussrechts ist nur die Gewährung von Vermögensrechten, wie sie auch einem Aktionär zustehen könnten, aber gerade abgesehen von den Unterschieden, die sich aus dem bloßen Forderungscharakter dieses Rechts ergeben. Auch die verschiedenen Typen der Wandel- und Optionsanleihen gewähren neben der Geldforderung ein Umtausch-/Bezugsrecht, das unter den Begriff des Genussrechts iwS einzuordnen ist (s bereits o Rdn 15).1076 Damit werden in Wirklichkeit die in Abs 1 nur für zwei Genussrechtstypen getroffenen Bestimmungen über Abs 3 auf alle Genussrechte ausgedehnt.1077 Durch die Übernahme einer Gewinnschuldverschreibung wird der Gesellschaft jedoch 356 Fremdkapital zugeführt, während beim Erwerb eines Genussrechts gegen Einlage, was auch nach hier vertretener Auffassung für den Fall der Mitarbeiterbeteiligung zulässig ist, die Gesellschaft je nach vertraglicher Ausgestaltung Eigenkapital erhält, obwohl es sich lediglich um ein Forderungsrecht handelt. Dies ist insbesondere für Kreditinstitute im Rahmen des § 10 Abs 5 KWG von Bedeutung.1078 Danach kann Genussrechtskapital unter den Eigenmitteln eines Kreditinstituts anerkannt werden, wenn – es voll eingezahlt ist, bis zur vollen Höhe an einem möglichen Verlust teilnimmt und das Institut berechtigt ist, im Falle eines Verlustes Zinszahlungen aufzuschieben, – vereinbart ist, dass es im Falle des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Instituts oder der Liquidation des Instituts erst nach Befriedigung aller nicht nachrangigen Gläubiger zurückgezahlt wird, – es dem Institut für mindestens fünf Jahre zur Verfügung gestellt worden ist, – der Rückzahlungsanspruch nicht in weniger als zwei Jahren fällig wird oder auf Grund des Vertrags fällig werden kann, – der Vertrag über die Einlage keine Besserungsabreden enthält, nach denen der durch Verluste während der Laufzeit der Einlage ermäßigte Rückzahlungsanspruch durch Gewinne, die nach mehr als vier Jahren nach der Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs entstehen, wieder aufgefüllt wird, und – das Genussrechtskapital 25 % des sonstigen haftenden Eigenkapitals (Kernkapital) nicht übersteigt (§ 2a Abs 2b S 2 KWG). Ähnlich formuliert § 53c Abs 3a (iVm Abs 3c) VAG hinsichtlich der Voraussetzungen für die Anerkennung von Eigenmitteln von Versicherungen.1079 1074 1075

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KK-Lutter 2 § 221 Rdn 30. Busch AG 1994, 93, 95; MK-Habersack3 § 221 Rdn 58; abw Gehling WM 1992, 1093, 1095; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 446. Ebenso von Caemmerer JZ 1951, 417, 418; Ernst Genußschein S 99 f; ders AG 1967, 75, 77; MK-Habersack3 § 221 Rdn 21, 116; ebenso für selbstständige Optionen Fuchs DB 1997, 661, 665; ders AG 1995, 433, 442; Kuntz AG 2004, 480, 481, 483; M Roth/Schorneweg WM 2002, 677, 680; Schlitt/Löschner BKR 2002, 150, 153; Wohlfarth/Brause WM 1997, 397, 399 (die den Genussrechtscharakter von Options-

1077 1078

1079

anleihen mit Kursdifferenzausgleich, die kein reales Bezugsrecht gewähren, ablehnen). Vgl MK-Habersack3 § 221 Rdn 22. Dazu Claussen FS Werner, S 81, 84 ff; Hammen DB 1988, 2549, 2550; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 291 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 81; Mülbert FS Hüffer, S 679, 680; Reusch in: Bundschuh ua (Hrsg), Recht und Praxis der Genußscheine, S 21 ff; Vollmer ZGR 1983, 445, 451. Dazu ausführlich Busch Genußkapital als Eigenmittel von Versicherungsunterneh-

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Die Verlustteilnahme muss dabei einerseits als eine Beteiligung an den laufenden, sich 357 aus dem jeweiligen Jahresabschluss für die gleiche Rechnungsperiode ergebenden Verlusten ausgestaltet sein, die dann zu einer Abschreibung des ausgewiesenen Genussscheinkapitals oder – so die Genussrechte rückzahlbar sind – der Rückzahlungsansprüche führen (§ 10 Abs 5 S 1 Nr 1 KWG); erforderlich ist aber auch,1080 die Verlustteilnahme dergestalt durchzuführen, dass das Genusskapital im Falle einer Kapitalherabsetzung (bzw im Extremfall: Insolvenz) in gleicher Weise wie das Grundkapital herabgesetzt wird (§ 10 Abs 5 S 1 Nr 2 KWG).1081 Im ersten Fall ist die Vereinbarung um eine ausdrückliche Nachrangabrede zu ergänzen;1082 diese begründet außerhalb einer (drohenden) Insolvenz aber nicht etwa eine Stundung des Genussscheinkapitals, bis alle übrigen Verbindlichkeiten bedient sind.1083 Bei der Verlustteilnahme kommt eine Anknüpfung sowohl an den Bilanzverlust wie an den Jahresfehlbetrag in Betracht, obwohl der Bilanzverlust durch Auflösung von Gewinnrücklagen ausgeglichen bzw verringert werden kann.1084 Denn das KWG schreibt keine bestimmte Reihenfolge der Beteiligung an den Verlusten vor, so dass eine Auflösung von Gewinnrücklagen vor einer Beteiligung der Genussscheine an den Verlusten jedenfalls zulässig ist.1085 Möglich ist auch eine Anknüpfung an ein negatives ordentliches Betriebsergebnis mit der Folge, dass außerordentliche Aufwendungen nicht auf die Genussscheininhaber durchschlagen.1086 Soweit an den Periodenverlust angeknüpft wird, kann vertraglich vereinbart werden, dass die Abschreibung des Genusskapitals aus künftigen Gewinnen wieder rückgängig gemacht wird; im Falle einer Herabsetzung des Kapitals im Gleichlauf mit einer Herabsetzung des Grundkapitals bleibt nur die Möglichkeit, dass sich die Herabsetzung als nicht (in der ursprünglichen Höhe) gerechtfertigt erweist (näher u Rdn 415). Neben die Pflicht zur Verlustteilnahme tritt – obwohl nicht ausdrücklich erwähnt – ein Verbot von Ausschüttungen auf Genussscheine, wenn dadurch ein Verlust entstehen oder vergrößert würde.1087 Eine gewinnabhängige Mindestverzinsung schließt die Anerkennung als haftendes Eigenkapital in diesen Fällen aus.1088 Nur aus den vorstehenden aufsichtsrechtlichen Sonderregelungen ergeben sich Vorga- 358 ben für die Art und Weise der Kapitalaufbringung bei Ausgabe von Genussscheinen.1089 Dazu wird man auch das Erfordernis einer zweijährigen Restlaufzeit zählen können, die zur Folge hat, dass eine ordentliche Kündigung nur mit einer Frist von mindestens zwei Jahren zugelassen wird (wobei eine Umwandlung in Grundkapital [dazu o Rdn 350 aE]

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1081 1082

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men, S 9 ff, 108 ff (bezogen auf die bis zum 31.12.1993 geltende Fassung des § 53c Abs 3a VAG). Zu den Gründen für die kumulative Verlustbeteiligung KK-Lutter 2 § 221 Rdn 299 (Beteiligung an Kapitalherabsetzung erleichtert nur künftige Ausschüttungen; zum daraus folgenden Vorrang der Ausschüttungssperre gegenüber der Kapitalherabsetzung ebda Rdn 301); abw MKHabersack3 § 221 Rdn 104. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 277 f; MK-Habersack3 § 221 Rdn 103 f. Dazu auch schon KK-Lutter 2 § 221 Rdn 277; siehe auch MK-Habersack3 § 221 Rdn 113. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 306; zweifelnd Zätzsch DLK 1988, 610, 613.

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KK-Lutter 2 § 221 Rdn 297. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 303, 307. Habersack AG 2009, 801, 802 f. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 300. Vgl Hammen DB 1988, 2549, 2551; ders in: Bundschuh ua (Hrsg), Recht und Praxis der Genußscheine, S 69, 75; Möschel ZHR 149 (1985), 206, 226. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 314. – In diesem Zusammenhang früher (vor Kodifikation des ausdrücklichen Verbots in § 10 Abs 5 S 6 KWG) auf die Zulässigkeit einer Kreditierung der Genussscheinverbindlichkeit durch das die Emission platzierende Kreditinstitut schließend Hammen BB 1990, 1917, 1920 ff; dagegen KK-Lutter 2 § 221 Rdn 315; dazu im Übrigen u Rdn 402 ff.

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den Lauf der Frist nicht in Frage stellt).1090 Aus den aufsichtsrechtlichen Normen folgt im Umkehrschluss, dass die allgemeinen Vorschriften zur Kapitalaufbringung für Genussscheine ansonsten nicht gelten, diese also insbes grundsätzlich beliebig gegen Bar- oder Sachleistungen oder auch zur Vergütung von Diensten eingesetzt werden können.1091 Dementsprechend gibt es für Genussscheine auch keinen geringsten Ausgabebetrag (§ 9 Abs 1 [Nennbetrag]); er wird allerdings häufig als Bezugsgröße für die Gewinnbeteiligung festgelegt, was dann bei Kapitalmaßnahmen im Gegensatz zu einer quotalen Gewinnbeteiligung zu Anpassungsbedarf führt (dazu u Rdn 415 ff).1092 Neben dem Aufsichtsrecht können sich aber auch aus Verträgen (covenants) vor allem mit Großkreditgebern (Banken) Vorgaben hinsichtlich der Art und Weise einer Kapitalaufbringung durch Genussscheine ergeben, die den zwingenden Vorschriften für die Aufbringung von Aktienkapital entsprechen. Zu beachten ist zudem in jedem Fall der Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 53a) und das Verbot verdeckter Gewinnausschüttungen.1093 Die Leistungen, die von der Gesellschaft auf Gewinnschuldverschreibungen erbracht 359 werden, mindern als Kosten den körperschaftsteuerpflichtigen Gewinn. Dies gilt nach § 8 Abs 3 S 2 KStG auch für die Ausschüttung auf Genussrechte, wenn diese den Dividendenrechten der Aktionäre vorgehen (näher u Rdn 459). Die derzeit übliche steuerliche Behandlung der Ausschüttungen auf Genussrechte mit Eigenkapitalcharakter führt dazu, dass die Gesellschaft stimmrechtsloses Eigenkapital zu (geringeren) Fremdkapitalkosten beschaffen kann, ohne die entsprechenden Risiken einer festen Verzinsung auf sich nehmen zu müssen (das „magische Dreieck der Kapitalaufbringung“1094). Dieser Unterschied im Verhältnis zu den Gewinnschuldverschreibungen führt dazu, dass diese für die Gesellschaften praktisch keine Bedeutung haben, obwohl sie für den Gläubiger gleichwertig sind. 2. Verhältnis Genussrechte – stimmrechtslose Vorzugsaktien

360

Für Genussrechte bzw – in der verbrieften Form (dazu Rdn 396) – Genussscheine, die gegen Einlage ausgegeben werden, stellt sich die weitere Frage des Konkurrenzverhältnisses zu den Vorzugsaktien ohne Stimmrecht; §§ 139 ff. Für Gewinnschuldverschreibungen stellt sich diese Frage in gleicher Weise,1095 doch ist sie dort wegen der Vorzüge, die Genussrechte im Verhältnis zu Gewinnschuldverschreibungen haben, bisher nicht aktuell geworden (vgl im Übrigen u Rdn 370 f). Für das Verhältnis von Genussrechten zu Vorzugsaktien ohne Stimmrecht gilt, dass 361 von einem variablen Gewinn abhängige Genussrechte gegen Einlage mit Ausnahme der zu Zwecken der Mitarbeiterbeteiligung ausgegebenen Genussrechte in der Aktiengesellschaft unzulässig sind, wenn das Genusskapital aufgrund der Ausgestaltung der Genussrechtsbedingungen vor dem Fremdkapital von Verlusten getroffen wird, in der Insolvenz nicht geltend gemacht und als Bestandteil der Haftungsmasse der Gesellschaft von den Genussrechtsinhabern nicht nach freier Entscheidung entzogen werden kann.1096 Dabei 1090 1091 1092 1093 1094 1095 1096

KK-Lutter 2 § 221 Rdn 309 f. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 237. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 203 ff. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 237. Hirte ZIP 1991, 1461 f. Dazu noch KK-Lutter 1 § 221 Rdn 54. Habersack ZHR 155 (1991), 378, 382; Hirte ZIP 1988, 477, 478 ff; Schäfer WM 1991, 1941, 1943; abw BGHZ 119, 305,

311 f = ZIP 1992, 1542, 1544 (Klöckner); OLG Düsseldorf ZIP 1991, 1070, 1074 (Klöckner); Friel Wandelanleihen S 162 ff (für die Parallelfrage bei Pflichtwandelanleihen); Gehling WM 1992, 1093, 1096 ff.; Göhrum Einsatzmöglickeiten S 211 f (für Sanierungsgenussscheine); Kallrath Inhaltskontrolle S 19 ff.

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ist nicht von Bedeutung, ob das Kapital von den Aktionären aufgebracht wurde.1097 Für die Annahme der Unentziehbarkeit reicht im Übrigen aus, dass das Genusskapital – wie nach den aufsichtsrechtlichen Bestimmungen (dazu zuvor Rdn 356) – für längere Zeit nicht gekündigt werden kann,1098 weil es sich dann bereits um funktionales Eigenkapital handelt.1099 Dies folgt aus systematischen, historischen und rechtsvergleichenden Überlegungen. Im Einzelnen: a) EG-Recht. Bedenken könnten sich – wie schon im Bereich der naked warrants 362 (o Rdn 301) – zunächst aus dem europäischen Recht ergeben. Durch die Zweite (Kapitalschutz)Richtlinie der EG wurde nämlich das Recht der Eigenkapitalbeschaffungsmaßnahmen vereinheitlicht. Dem nationalen Gesetzgeber sind im Bereich des vereinheitlichten Rechts keine Abweichungen möglich, die von der Richtlinie nicht gedeckt sind; dies ist bereits im Wege richtlinienkonformer Auslegung zu berücksichtigen. Art 25 der Zweiten Richtlinie hat aber eine Eigenkapitalfinanzierung durch Genussscheine nicht gestattet, was für die Unzulässigkeit eines solchen nationalen Alleingangs sprechen könnte.1100 Die EG-Richtlinie würde damit für ihren Regelungsbereich eine Sperrwirkung entfalten.1101 Für ein solches restriktives Verständnis der Richtlinie sprachen etwa Art 61 Entwurf SE-Statut von 1970 und 1975 und Art 60 Entwurf SE-Statut von 1989: danach sollten neben den ausdrücklich genannten weitere gewinnabhängige Wertpapiere – wozu auch die Genussscheine zu rechnen gewesen wären – nicht ausgegeben werden dürfen (dazu o Rdn 32, 36). Bestätigt wurde dieses frühere Verständnis auch durch die Ausgestaltung von „Genussscheinen“ in anderen EG-Mitgliedstaaten (dazu o Rdn 57 ff), deren Ansatz für die Auslegung des europäischen Rechts mittelbar von Bedeutung ist. Dieser restriktive Ansatz wurde aber in der Folge nicht mehr aufrechterhalten und ist einer deutlich größeren Liberalität gewichen (o Rdn 40).1102 Europäisches Recht dürfte nach heutigem Verständnis einer Zulässigkeit der Ausgabe von Genussscheinen daher nicht (mehr) entgegen stehen. Geht man vor diesem Hintergrund (heute) davon aus, dass die Richtlinie einen solchen numerus clausus der Eigenkapitalformen nicht vorsieht, wird man aber gleichwohl annehmen müssen, dass der mit der Richtlinie bezweckte Schutz der Anleger und Gläubiger auch für andere Eigenkapitalbeschaffungsformen gilt. Das von der Richtlinie vorgesehene verfahrens- und publizitätsmäßige Schutzinstrumentarium müsste dann auch für diese „alternativen“ Wege der Eigenkapitalaufbringung gelten; eine Herabsetzung des Genussscheinkapitals dürfte dann etwa nur nach dem in Art 30 ff der Richtlinie vorgeschriebenen Verfahren erfolgen. Der deutsche Gesetzgeber hat diesen Schritt bei der Umsetzung der Zweiten Richtlinie jedenfalls bewusst nicht 1097 1098

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Habersack ZHR 155 (1991), 378, 383. Hirte ZIP 1988, 477, 478 ff; Schäfer WM 1991, 1941, 1942; abw BGHZ 119, 305, 311 f = ZIP 1992, 1542, 1544 (Klöckner); OLG Bremen ZIP 1991, 1589, 1590 (Bankverein Bremen). Ähnlich jüngst Bogenschütz Neuausrichtung S 225 ff; abw (und gegen einen auf die Deckungsgleichheit allein der Vermögensrechte abstellenden Ansatz) Sethe AG 1993, 293, 300 f; differenzierend Göhrum Einsatzmöglickeiten S 130 ff, die von einem uneinheitlichen materiellen Eigenkapitalbegriff ausgeht. So ausführlich Hirte ZIP 1988, 477, 480 f;

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ders ZIP 1991, 1461, 1462; sowie für das alte Recht noch Lutter Europäisches Unternehmensrecht 4 S 718; abw KK-Lutter 2 § 221 Rdn 229; Vollmer/Lorch ZBB 1992, 44, 45 f. Vgl Bleckmann RIW 1987, 929, 932 ff; Hirte ZIP 1991, 1461, 1462; Steindorff AG 1988, 57, 58; vgl auch EuGH Rs C-10 u C-20/90 ZIP 1991, 1488 (Klostiria/OEA); abw Sethe AG 1993, 293, 301 ff. Ebenso Gehling WM 1992, 1093, 1099; Groß EiZW 1994, 395, 401; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 230; Lutter Europäisches Unternehmensrecht 4 S 718; Karsten Schmidt/Lutter/Merkt 2 § 221 Rdn 87.

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getan, sondern nur die Rechtslage für Wandel- und Optionsanleihen durch Einfügung von Abs 2 dem europäischen Recht angepasst. Das materiell-funktionale Verständnis des Eigenkapitalbegriffs taucht heute freilich an anderer Stelle im europäischen Recht (wieder) auf – nämlich im Übernahmerecht. Hier wird im Bereich der Europäischen Durchbrechungsregel (in Deutschland § 33b Abs 2 WpÜG) ebenfalls eine Einbeziehung aller Eigenkapitalgeber nach dem Umfang ihrer Beteiligung am Eigenkapital und unter Außerachtlassung satzungsmäßiger Stimmverbote und -begrenzungen gefordert, wenn bestimmte Entscheidungen zur Umsetzung eines Übernahmeangebots in Rede stehen (dazu und zur dort ebenfalls umstrittenen Frage der Einbeziehung von Genussscheininhabern die Nachw u Rdn 453).

363

b) Gesetzessystematik. Genussrechte gegen Einlage, also Genussscheine mit Eigenkapitalcharakter, dienen der Beschaffung von Risikokapital bei nur geringer Preisgabe von Einfluss. Für dieses wirtschaftlich verständliche Ziel stellt das Gesetz mehrere Möglichkeiten zur Verfügung. Zu nennen sind vor allem die Vorzugsaktien ohne Stimmrecht, aber auch die Vinkulierung von Aktien und die satzungsmäßige Änderung von Mehrheitsanforderungen. Es ist kaum anzunehmen, dass der Gesetzgeber neben diesen ausdrücklich zur Eigenkapitalaufbringung ohne Einflussverlust geschaffenen Instrumenten auch noch die Genussscheine zu diesem Zweck zulassen wollte. Die Vertragsfreiheit bei der Ausgabe von Genussscheinen ist insoweit im Hinblick auf § 23 Abs 5 beschränkt.1103 Allein die Erwähnung von Genussrechten in anderen gesetzlichen Bestimmungen (§ 10 364 Abs 5 KWG;1104 § 53c Abs 3a VAG; § 2 Abs 1 Nr 1f [Genussscheine] und l [nicht verbriefte Genussrechte], Abs 4 5. VermBG) stellt diese Betrachtung nicht in Frage (siehe bereits o Rdn 323). Denn diese Vorschriften dienen auch und gerade der Erfassung von Nicht-Aktiengesellschaften. Sie beschränken sich zudem auf die Unternehmen bestimmter Wirtschaftszweige: Kreditinstitute und Versicherungen. Bei diesen Unternehmen mag zwar der Gesetzgeber ins Auge gefasst haben, den Zugang zum Genussrechtskapital für

1103

Vgl Hirte Bezugsrechtsausschluß S 57 f; ders ZIP 1988, 477, 481 f; ders ZIP 1991, 1461, 1463 f; MK-Habersack3 § 221 Rdn 123 ff, 127 f; ders ZHR 155 (1991), 378, 385 f; Procaccia ZGR 1990, 169, 194; Reuter FS Fischer, S 605, 617 ff; ders 55. Deutscher Juristentag (1984), Gutachten B, S 21, 26; ders AG 1985, 104 f; Schäfer WM 1991, 1941, 1943; wohl auch KK-Lutter 2 § 221 Rdn 225 ff; MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 62; siehe auch Niewiarra BB 1984, 1652; Pougin Genußrechte S 8; Zätzsch DLK 1988, 610, 612; abw Claussen AG 1985, 77, 78 f; Ernst AG 1967, 75, 81; Feddersen/Knauth Eigenkapitalbildung durch Genussscheine 2 S 22; Feddersen/Meyer-Landrut ZGR 1993, 312, 314; Hadding ZIP 1984, 1295, 1300 ff (für Genossenschaften); Hammen DB 1988, 2549, 2553; Hennerkes/May DB 1988, 537, 541; Hüffer 9 § 221 Rdn 34; Kallrath Inhaltskontrolle S 19 ff; U Koch ZRP

1104

1984, 233, 238 f; Karsten Schmidt JZ 1984, 771, 782; UH Schneider FS Goerdeler, S 511, 513; Sester ZBB 2006, 443, 454; Sethe AG 1993, 293, 304 ff; Vollmer ZGR 1983, 445, 447; Vollmer/Lorch ZBB 1992, 44, 45 f; wohl auch OLG Düsseldorf ZIP 1991, 1070, 1075 (Klöckner); offen gelassen von BGHZ 119, 305, 311 f = ZIP 1992, 1542, 1544 (Klöckner); OLG Bremen ZIP 1991, 1589, 1590 (Bankverein Bremen). Die früher für Hypothekenbanken ausdrücklich auf § 10 KWG verweisende Norm des § 7 Abs 1 HBG ist dadurch überflüssig geworden (und findet deshalb im PfandBG keinen Nachfolger mehr), dass das Pfandbriefgeschäft heute nach § 1 Abs 1 Nr 1a KWG explizit zu den Bankgeschäften gezählt wird und damit unmittelbar dem KWG unterfällt; dazu MK-Habersack3 § 221 Rdn 81.

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alle Rechtsformen zu öffnen,1105 doch hätte er dies dann durch eine entsprechende Änderung des Aktiengesetzes zum Ausdruck bringen müssen, wenn er damit eine materielle Änderung des Aktienrechts über die – auch nach hier vertretener Auffassung – zulässige Schaffung von Genussrechts-Eigenkapital für Mitarbeiter hinaus beabsichtigt haben sollte. Die Änderung hätte zudem entsprechend den Vorgaben der Zweiten Richtlinie vorgenommen werden müssen.1106 Vor allem bei den Kreditinstituten war die Zulassung der Genussscheine nicht als Modifikation des Aktienrechts, sondern als „Wiedergutmachung“ für die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute angesichts der Nichtzulassung des von diesen geforderten Haftsummenzuschlags zu sehen.1107 Über diesen Bereich hinaus kann dem Gesetzgeber daher keine Änderungsabsicht unterstellt werden. Auch die Ausweisvorschrift in § 160 Abs 1 Nr 6 spricht schließlich nicht gegen diese Auffassung. Denn sie schreibt den Ausweis aller, also auch der alten und der nicht gegen Einlage ausgegebenen Genussrechte vor.1108 Schließlich hatte der Gesetzgeber in § 7 UBGG aF für Unternehmensbeteiligungs- 365 gesellschaften die Ausgabe von Genussrechten untersagt, obwohl für diese Gesellschaften eine im Vergleich zur normalen Aktiengesellschaft verbesserte Refinanzierung beabsichtigt war.1109 Dies stellte eine Entscheidung des Gesetzgebers für die Eigenkapitalaufbringung durch Aktien einschließlich der stimmrechtslosen Vorzugsaktie dar.1110 Mit Aufhebung dieser Beschränkungen im UBGG (dazu u Rdn 466) ist dieses Argument freilich hinfällig geworden. Die systematischen Bedenken könnten vernachlässigt werden, wenn man auf die Ge- 366 nussrechte die aktienrechtlichen Schutzvorschriften der Vorzugsaktien ohne Stimmrecht entsprechend anwendet.1111 Während eine umfangmäßige Beschränkung in Anlehnung an § 139 Abs 2 AktG, § 10 Abs 5 KWG noch möglich wäre,1112 kommt eine vertragliche Einräumung von gesellschaftsrechtlichen Anfechtungs- und Kontrollrechten, jedenfalls im Aktienrecht, nicht in Betracht.1113 Ob das darin liegende Kontrolldefizit durch die bloße Einräumung anderer vertraglicher Rechtsbehelfe ausgeräumt werden kann,1114 lässt sich nicht allgemein beurteilen. Entscheidend ist insoweit vor allem, ob die Vertragsbedingungen (entsprechend der Auffassung des BGH) einer Inhaltskontrolle zugänglich sind (dazu u Rdn 398 ff) und ob die Rechte der Genussrechtsinhaber kollektiv durchgesetzt werden können (dazu u Rdn 424 ff).

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1108 1109 1110

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So der Hinweis von Hammen DB 1988, 2549, 2551. Hirte ZIP 1991, 1461, 1463. Vgl Claussen ZBB 1989, 25, 30; Fischer in: Bundschuh ua (Hrsg), Recht und Praxis der Genußscheine, S 83; ders DLK 1988, S 604, 605; Zätzsch DLK 1988, 610, 611. Vgl Hirte ZIP 1988, 477, 481. Vgl Hirte ZIP 1988, 477, 481; Menzel WM 1987, 705, 707. Abw Hammen DB 1988, 2549, 2552, der darauf verweist, § 7 UBGG (aF) verbiete auch die Ausgabe von Schuldverschreibungen. So insbesondere Vollmer ZGR 1983, 445, 459 ff; ders GmbHR 1984, 329, 333; in diese Richtung auch Ernst Genußschein S 176 ff; ders AG 1967, 75, 80; Hennerkes/

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May DB 1988, 537, 541; van Look in: Bundschuh ua (Hrsg), Recht und Praxis der Genußscheine, S 35, 36 ff; Schwark FS Stimpel, S 1087, 1107; Wedel Partizipationsschein S 66 ff. Dafür Claussen ZBB 1989, 25, 28; Habersack ZHR 155 (1991), 378, 387; Hennerkes/May DB 1988, 537, 541; Zätzsch DLK 1988, 610, 612; offengelassen von OLG Bremen ZIP 1991, 1589, 1590 (Bankverein Bremen); abw Sethe AG 1993, 293, 307. Vgl Hirte ZIP 1988, 477, 482 sowie o bei Rdn 331. So BGHZ 119, 305, 324 ff = ZIP 1992, 1542, 1548 ff (Klöckner); Habersack ZHR 155 (1991), 378, 386 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 121; Hüffer 9 § 221 Rdn 34.

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Denkbar ist eine Beseitigung des Konflikts auch durch die inhaltliche Ausgestaltung der Genussrechte. Insoweit ist zunächst festzuhalten, dass Vorzugsaktien ohne Stimmrecht durch (1) die Nicht-Rückzahlbarkeit der Einlage, (2) die bloße Teilhabe am Gewinn der Gesellschaft und (3) die Beteiligung am Liquidationserlös gekennzeichnet sind. Dementsprechend sei (jedenfalls) bei Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös von einer Aktiengleichheit auszugehen.1115 Nach Auffassung des BGH im Klöckner-Urteil ist vor diesem Hintergrund eine Sperrwirkung aber zu verneinen gewesen, weil die Genussrechte nach 20 Jahren kündbar waren (es also an der Nicht-Rückzahlbarkeit der Einlage fehlte) und der Ausgabebetrag den Ansprüchen der Aktionäre auf den Liquidationserlös nach § 271 vorging.1116 Die Verneinung des Konflikts ist daher eine Folge des unterschiedlichen Eigenkapitalverständnisses im „klassischen Aktienrecht“ und im modernen Aufsichtsrecht, das gerade keine unbegrenzte Dauer der Kapitalüberlassung verlangt, sondern nur darauf abstellt, dass das Kapital nicht übereilt bzw nicht gegen den Willen der Gesellschaft entzogen werden kann (o Rdn 356; arg auch die Möglichkeit der Kapitalherabsetzung nach §§ 222 ff).1117 Von anderer Seite wird zur Beseitigung der Sperrwirkung dementsprechend die Vereinbarung einer, wenn auch nachrangigen Gläubigerposition1118 oder einer nur bedingt gewinnabhängigen bzw gewinnunabhängigen Mindestverzinsung für ausreichend gehalten.1119 Doch beseitigt auch letztere die Konkurrenz nicht, weil sie die materiellen Anforderungen an Eigenkapital unangetastet lässt.1120 Zudem würde dies einen Streit über den für diese Annahme erforderlichen Zinssatz auslösen.1121 Zweifelhaft ist allerdings grundsätzlich, ob durch Besserstellungen des Genussscheininhabers gegenüber dem Vorzugsaktionär ohne Stimmrecht die Sperrwirkung der §§ 139 ff 1122 verlassen werden kann. Denn durch Bevorrechtigungen allein begibt man sich noch nicht außerhalb des Bodens des Aktienrechts; das deutsche Aktienrecht erlaubt vielmehr verschiedene Aktiengattungen, die sich keineswegs in der Alternative Aktie/Vorzugsaktie ohne Stimmrecht nach dem Muster der §§ 139 ff erschöpfen

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Reuter 55. Deutscher Juristentag (1984), Gutachten B, S 21, 25 f; ders FS Stimpel, S 645, 654 f; ders AG 1985, 104, 105 sowie Habersack ZHR 155 (1991), 378, 386 f; Schäfer WM 1991, 1941, 1943; Rid-Niebler Genußrechte S 5. BGHZ 119, 305, 311 f = ZIP 1992, 1542, 1544 (Klöckner); ebenso OLG Bremen ZIP 1991, 1589, 1590 (Bankverein Bremen); LG Bremen WM 1991, 134, 136 (Bankverein Bremen); Gehling WM 1992, 1093, 1098 f; Hüffer9 § 221 Rdn 33; Lutter ZGR 1993, 291, 294; kritisch Luttermann DB 1993, 1809, 1810 (weil die entscheidende Frage, wann Eigenkapital in haftungsrechtlichem Sinne vorliegt, nicht beantwortet ist); Schön JZ 1993, 925, 931 „merkwürdig formal“. So auch Schäfer WM 1991, 1941, 1942 (der selbst aber bzgl der Klöckner-Genussscheine anders entscheidet; S 1943). OLG Bremen ZIP 1991, 1589, 1590 (Bankverein Bremen); Habersack ZHR 155 (1991), 378, 386 f; Reuter FS Stimpel,

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S 645, 654 f; ders NJW 1984, 1849, 1851; Schäfer WM 1991, 1941, 1943. BGHZ 120, 141, 147 = ZIP 1992, 1730 (Bankverein Bremen); OLG Bremen ZIP 1991, 1589, 1590 (Bankverein Bremen); Hammen DB 1988, 2549, 2550; MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 67; Reuter FS Stimpel, S 645, 654 f; ders AG 1985, 104, 105 f; zT abw Habersack ZHR 155 (1991), 378, 387; Schäfer WM 1991, 1941, 1943; Vollmer ZGR 1983, 445, 452. Habersack ZHR 155 (1991), 378, 387; Hirte ZIP 1988, 477, 482. So in BGHZ 120, 141, 148 = ZIP 1992, 1730 (Bankverein Bremen) (dort aus tatsächlichen Gründen verneinend). Etwa durch eine gewinnunabhängige Mindestverzinsung (so Reuter AG 1985, 104, 106) oder weitere Anforderungen (so Rid-Niebler Genußrechte S 71 ff; weitergehend Habersack ZHR 155 (1991), 378, 387); kritisch dazu bereits Hirte ZIP 1988, 477, 482.

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

§ 221

(vgl etwa § 11). So wie stimmberechtigte Aktien mit den verschiedensten Vorzügen und Sonderrechten ausgestattet werden können, können auch Aktien ohne Stimmrecht in der verschiedensten Weise gegenüber stimmberechtigten Aktien – oder gegenüber anderen stimmrechtslosen Aktien (!) – privilegiert werden (gesetzliche Konsequenz ist § 141 Abs 2). Der Regelung der §§ 139 ff ist vielmehr die Wertung zu entnehmen, dass auch ein noch so großer finanzieller Ausgleich das Mitspracherecht der wirtschaftlich am Risiko Beteiligten bei relativen Verschlechterungen im Verhältnis zu anderen Gattungen und in der Krise1123 nicht aufheben kann. Wird allein eine feste Verzinsung, also nicht Mindestverzinsung, gewährt, besteht jedoch kein Konkurrenzverhältnis zu den Vorzugsaktien ohne Stimmrecht mehr.1124 Entspricht die Verzinsung solcher Genussscheine der Aktienrendite im Zeitpunkt der Genussscheinemission, bedeutet die feste Verzinsung des Genussscheins bei gleichzeitiger Privilegierung gegenüber den im Insolvenzfalle vollständig leer ausgehenden Aktionären allerdings einen Vorteil, der durch die Gewährung des Bezugsrechts ausgeglichen wird (dazu näher u Rdn 410).1125 c) Gesetzesgeschichte. Mit der Aktienrechtsreform 1937 hat der Gesetzgeber die 368 zahlreichen früheren Möglichkeiten abgeschafft bzw beschränkt, mit denen Eigenkapital beschafft werden konnte, ohne den Kapitalgebern gleichzeitig ein (volles) Stimmrecht einräumen zu müssen. So hat er insbesondere durch § 51 AktG 1937 den Zeichnern die Möglichkeit genommen, sich seiner Einlagepflicht zu entziehen und damit das Institut der „Vorratsaktien“ wirtschaftlich wertlos gemacht.1126 Er hat weiter die Möglichkeiten zur Ausgabe von Mehrstimmrechtsaktien erheblich erschwert. Gleichzeitig wurden vom Gesetzgeber die Vorzugsaktien ohne Stimmrecht eingeführt, um dem weiter vorhandenen Interesse an Eigenkapitalaufbringung ohne Einflussverlust nachzukommen. Die Vorzugsaktien ohne Stimmrecht sind allerdings nur mit umfangmäßiger Beschränkung zulässig und mit dem Risiko des wiederauflebenden Stimmrechts behaftet. Zwar hat sich der Gesetzgeber, wie sich aus der Begründung zur Vorgängervorschrift zu § 221 ergibt, einer detaillierten Ausgestaltung der Regelungen über Genussscheine enthalten (o Rdn 1). Diese Äußerung war jedoch nur vor dem Hintergrund zu verstehen, dass Genussscheine zur Kapitalaufbringung kaum in Erscheinung getreten waren und eine Konkurrenz zu den stimmrechtslosen Vorzugsaktien im Jahre 1937 nicht bestand. Eindeutig erkennbar war aber die Absicht des Gesetzgebers, die anderen Formen von Beteiligung ohne Einfluss zu beschränken. Dies muss auch für den Bereich der Genussrechte gelten.1127 Unterstrichen wird dies schließlich in der Gesetzesbegründung zu § 139 AktG 1965.1128 Dort heißt es, dass gerade die Vorzugsaktien ohne Stimmrecht – und nicht das Genussrecht – dafür geschaffen seien, Beteiligungstitel mit beschränktem Einfluss zur Verfügung zu stellen. d) Rechtsvergleichende Gesichtspunkte. Rechtsvergleichend hat sich zwar sicher das 369 früher klare Bild, nach dem es ein Nebeneinander von Genussscheinen gegen Einlage und Vorzugsaktien ohne Stimmrecht im europäischen Ausland nicht gibt,1129 verändert (dazu im Übrigen o Rdn 57 ff). Nach wie vor sind aber die Schweizer Partizipationsscheine, die

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Dazu Frey/Hirte DB 1989, 2465, 2469. Zutr Busch AG 1994, 93, 95. Insoweit ebenso Hüffer 9 § 221 Rdn 34. Vgl Hirte Bezugsrechtsausschluß S 101 ff; sowie bei § 56 Rdn 6. Hirte ZIP 1988, 477, 478 ff; Reuter 55. Deutscher Juristentag (1984), Gutachten B, S 21, 26; anders etwa Sethe AG 1993, 293,

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304 f; Ziebe BB 1984, 2210, 2212 sowie Hammen DB 1988, 2549, 2550, der diese Intention des historischen Gesetzgebers durch jüngere Gesetzesänderungen anderer Gesetze in Frage gestellt sieht. Begr RegE, abgedruckt bei Kropff, AktG, S 203. Vgl Hirte ZIP 1988, 477, 482 ff mwN.

Heribert Hirte

§ 221

Fünfter Unterabschnitt

manchmal als Argument für die Zulässigkeit aktiengleicher Genussscheine in Deutschland ins Feld geführt werden,1130 mit den hier angesprochenen Genussscheinen gegen Einlage nicht vergleichbar (o Rdn 58 ff).1131 Vor allem aber darf nicht übersehen werden, dass die auf angelsächsische Vorstellungen zurückgehende größere „Finanzierungsfreiheit“ in den Mutterländern dieser Überlegungen einhergeht mit stärkeren Einflussmöglichkeiten auch der Gläubiger. Einflussnahmemöglichkeiten auf der Grundlage der Eigenkapitalgeberstellung zu beschneiden, gleichzeitig aber auch Mitsprachemöglichkeiten als Gläubiger zu verhindern, lässt sich vor diesem Hintergrund schwer vertreten.

370

e) Ausnahme. Eine Ausnahme vom grundsätzlichen Verdikt der Unzulässigkeit eigenkapitalzuführender Genussscheine muss allerdings für den Bereich der Mitarbeiterbeteiligung gemacht werden.1132 Denn zunächst geht es hier nicht im eigentlichen Sinne um eine Eigenkapitalaufbringung von außen, was zur Unvereinbarkeit mit den stimmrechtslosen Vorzugsaktien führen würde. Zum zweiten sind die Arbeitnehmer schon vorher am Unternehmen beteiligt. Und schließlich räumt das Aktiengesetz den Arbeitnehmern auch in anderen Bestimmungen eine Sonderstellung bei der Finanzierung ein (vgl §§ 71 Abs 1 Nr 2; 192 Abs 2 Nr 3; 202 Abs 4, 204 Abs 3). Darüber hinaus fallen festverzinsliche Genussscheine nicht darunter, wenn die Verzin371 sung nicht als Mindestverzinsung ausgestaltet ist (o Rdn 367).1133 Solche Papiere ähneln sehr der normalen Schuldverschreibung, die weder eines Hauptversammlungsbeschlusses bedarf noch ein Bezugsrecht der Aktionäre begründet. Ihr Nachteil gegenüber der gewöhnlichen Schuldverschreibung liegt allerdings in der nachrangigen Stellung der Genussschein- gegenüber den Schuldverschreibungsgläubigern, die durch eine höhere Verzinsung auszugleichen ist. Diese im Vergleich zu den Aktionären allerdings etwas bessere Lage der Genussscheininhaber in der Insolvenz bedeutet, dass ein solches Papier selbst bei gleicher Verzinsung wegen der geringeren Risikos attraktiver ist, was dem Bezugsrecht einen wirtschaftlichen Wert verleiht und daher auch das Bezugsrecht rechtfertigt (dazu auch u Rdn 407).1134

372

f) Ergebnis. Im Ergebnis sind mithin – mit Ausnahme der Mitarbeiterbeteiligung und der vollständig festverzinslichen – gegen Einlage geschaffene Genussrechte unzulässig. Genussrechte sind daher im Übrigen auch in Deutschland nur für die in Art 657 OR genannten Verwendungen zulässig, also für eine (frühere) Beteiligung am Unternehmen, sei es als Gesellschafter (dann: „Restmitgliedschaft“), Gläubiger oder Arbeitnehmer (siehe in diesem Zusammenhang auch die Verwendung des Begriffs „Besserungsschein“ in § 160 Abs 1 Nr 6). Spiegelbildlich wird dieses restriktive Verständnis auch dadurch bestätigt, dass die Internationalen Rechnungslegungsstandards den Genussscheinen bisherigen deutschen Typs die Anerkennung als Eigenkapital verweigern (u Rdn 435). Die Praxis – das sei vorsorglich betont – wird sich freilich einstweilen unverändert an der anderweitigen Beurteilung der Frage durch die bisherige höchstrichterliche Rechtsprechung orientieren dürfen.

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Vgl etwa Vollmer ZGR 1983, 445, 446; ders GmbHR 1984, 329, 333. Hirte ZIP 1988, 477, 483; Thünnesen in: Bundschuh ua (Hrsg), Recht und Praxis der Genußscheine, S 9, 16. Hirte ZIP 1988, 477, 484 f; ders ZIP 1991, 1461, 1463; Niewiarra BB 1984, 1652,

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1653; Reuter FS Fischer, S 605, 619 ff; ders NJW 1984, 1849, 1852; vgl auch Claussen FS Werner, S 81, 92 ff. Beispiele bei Hirte ZIP 1991, 1461, 1463 f (Fn 31). Dazu Hirte ZIP 1991, 1461, 1463 f.

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

§ 221

g) Gewinnschuldverschreibungen. Auch die Gewinnschuldverschreibung ist unzuläs- 373 sig, wenn dadurch wirtschaftlich eine Vorzugsaktie ohne Stimmrecht geschaffen werden soll; § 23 Abs 5. Dass das Konkurrenzverhältnis hier bislang nicht erheblich geworden ist, liegt allein daran, dass diese der Gesellschaft anders als ein Genussschein und (zum Teil) eine Wandel- oder Optionsanleihe unter keinen Umständen Eigenkapital zuführen kann (o Rdn 356). Dies heißt indes nur, dass die Nachteile für den Anleger bei Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechten im Vergleich zur stimmrechtslosen Vorzugsaktie gleich sind. Umgekehrt bietet das Genussrecht für die Gesellschaft im Vergleich zur Gewinnschuldverschreibung einen zusätzlichen Vorteil. Für eine Überschreitung der Grenzlinie zwischen zulässiger Gewinnschuldverschei- 374 bung und unzulässiger Konkurrenz zur Vorzugsaktie ohne Stimmrecht dürften eine lange Laufzeit,1135 der Ausschluss von Kündigungsmöglichkeiten und das Fehlen eines angemessenen gewinnunabhängigen Mindestzinses sprechen. 3. Verhältnis zum Teilgewinnabführungsvertrag Die Emission von Gewinnschuldverschreibungen/Genussrechten stellt nicht zugleich 375 einen Teilgewinnabführungsvertrag nach §§ 292 Abs 1 Nr 2, 293 dar. Denn die breit gestreute Begebung der hier angesprochenen Rechte dient zum einen nicht der Begründung eines Unternehmensverbundes;1136 jedenfalls wird man ungeachtet dessen § 221 als lex specialis ansehen müssen, weil das die Aktionäre schützende Bezugsrecht die angemessenere Rechtsfolge ist.1137 Daher bedarf es weder einer Eintragung des Genussrechtsvertrages in das Handelsregister noch ist die Vertretungsmacht des Vorstands zum Abschluss der Genussrechtsverträge beschränkt (dazu auch u § 292 [demnächst]).1138

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Extrem etwa der Plan der Siemens AG in den Jahren 1929/30 zur Emission einer Gewinnschuldverschreibung auf tausend Jahre; dazu Roth ZBH 1930, S 68 ff – wohlgemerkt vor Einführung der stimmrechtslosen Vorzugsaktien; anders die Wertung bei KK-Lutter 2 § 221 Rdn 33. Hirte ZBB 1992, 50, 51 f; abw hinsichtlich der Beschränkung der Spezialität auf Fälle massenweiser Begebung MK-Habersack3 § 221 Rdn 73, da § 294 Abs 1 S 1 Hs 2 (heute) ausdrücklich den Abschluss massenweiser stiller Gesellschaften erleichtere. Feddersen/Meyer-Landrut ZGR 1993, 312, 315 f; MK-Habersack3 § 221 Rdn 74, 89; abw noch Hirte ZBB 1992, 50, 51 f. BGHZ 156, 38, 43 = ZIP 2003, 1788, 1789 (Deutsche Hypothekenbank AG); AG Charlottenburg GmbHR 2006, 258 (GmbH); Busch AG 1994, 93, 97; Fedder-

sen/Meyer-Landrut ZGR 1993, 312, 316 f; Gehling WM 1992, 1093, 1096 (mit zusätzlichem Verweis auf das Fehlen einer Gewinnabführung bei bloß obligationsähnlichen Genussrechten); Hirte ZIP 1988, 477, 485 gegen Reuter FS Fischer, S 605, 617 Fn 50; Hoffmann FB 2005, 373, 378 f (für stille Gesellshaften allgemein); MKHabersack3 § 221 Rdn 72, 74; UH Schneider FS Goerdeler, S 511, 525; Sethe AG 1993, 293, 310 f (allerdings gegen eine Verneinung der Konkurrenz nur in Fällen fehlender breiter Streuung; der Aktionärsschutz werde vielmehr durch das Bezugsrecht gewährleistet); vom BGH in BGHZ 120, 141 = ZIP 1992, 1728 (Bankverein Bremen) nicht angesprochen; abw Bachmann/Veil ZIP 1999, 348 ff (allgemein zur stillen Gesellschaft).

Heribert Hirte

§ 221

Fünfter Unterabschnitt

III. Emissionsvoraussetzungen im Innenverhältnis (Abs 3) 1. Anwendbarkeit der Regeln über Wandel- und Optionsanleihen

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Für die Ausgabe von Gewinnschuldverschreibungen oder Genussrechten gelten zunächst dieselben Vorschriften und Erwägungen wie für die Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen. Für die Genussrechte ergibt sich dies aus Abs 3, für die Gewinnschuldverschreibungen ergibt es sich unmittelbar aus Abs 1. Auf die obigen Ausführungen kann zunächst verwiesen werden (o Rdn 99 ff).

377

a) Nur gewinnbezogene Rechte. § 221 findet nur, aber auch immer dann Anwendung, wenn gewinnbezogene Rechte ausgegeben werden. Daher ist er unanwendbar, wenn Genussrechte aus Forderungsrechten mit ausschließlich fester Verzinsung geschaffen werden,1139 da dann das Gewinnverwendungrecht der Aktionäre nicht berührt wird. Sachlich handelt es sich dann um eine gewöhnliche Schuldverschreibung. Für die Gewinnschuldverschreibungen existiert dieses Problem nicht, da die Anknüpfung an einen Gewinn begriffliche Voraussetzung für ihr Vorliegen ist. § 221 greift andererseits ein, wenn neben fester Verzinsung auch eine vom Gewinn abhängige Zusatzzahlung zugesagt wird.1140 Er greift auch ein, wenn bei „synthetischen Optionsanleihen“ statt realer Aktien nur ein Kursdifferenzausgleich versprochen wird; dabei kommt es nicht darauf an, dass dieser sich nicht aus dem handelsrechtlichen „Gewinn“ ergibt.1141 Gleiches gilt, wenn die Gesellschaft bei einer Anleihe statt Rückzahlung (oder Verzinsung) des Nominalbetrages eine am Aktienkurs der Gesellschaft orientierte Rückzahlung verspricht (zur Zulässigkeit der Absicherung durch bedingtes Kapital, wenn die Gesellschaft wahlweise Aktien oder Geld leisten darf, o § 192 Rdn 82).1142 § 221 ist hingegen unabhängig davon anwendbar, an wessen Gewinn angeknüpft wird (dazu u bei Rdn 393).

b) Zustimmung der Hauptversammlung (Abs 3). Die Ausgabe von Gewinnschuldverschreibungen oder Genussrechten bedarf zunächst einer Vorstandsentscheidung und darüber hinaus – im Innenverhältnis – einer Zustimmung der Hauptversammlung. Die Hauptversammlungspflichtigkeit findet hier ihren Grund darin, dass durch Ausgabe von Gewinnschuldverschreibungen oder Genussrechten das Gewinnverteilungs- und -verwendungsrecht der Hauptversammlung berührt wird. Daher ist es auch geboten, die Regeln entsprechend anzuwenden, wenn eine Schuldverschreibung mit einem Optionsrecht auf Genussscheine verknüpft wird.1143 Pflichtwidrig ohne Hauptversammlungsbeschluss ausgegebene Gewinnschuldverschrei379 bungen/Genussrechte sind wirksam, doch würden sich die Verwaltungsmitglieder nach §§ 93, 116 S 1 schadenersatzpflichtig machen. Der Schaden kann sich hier nur darauf beziehen, dass eine gewinnabhängige Beteiligung anstelle einer bloßen Schuldverschreibung ausgegeben wurde.

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Vgl Claussen FS Werner, S 81 f; MKHabersack3 § 221 Rdn 64, 68 ff; Karsten Schmidt/Lutter/Merkt 2 § 221 Rdn 42. Hüffer 9 § 221 Rdn 8. Abw Busch AG 1999, 58, 65; Habersack FS Nobbe, S 539, 556; MK-Habersack3 § 221 Rdn 116; M Heinrich Der weiße Ritter S 131 ff; Wohlfarth/Brause WM 1997, 397, 399 ff. Abw Schlitt/Brandi/Schröder/Gemmel/ Ernst CFL 2011, 105, 127 (für Hybridanleihen); Sester ZBB 2006, 443, 454;

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Wohlfarth/Brause WM 1997, 397, 401 ff (mit Hinweis auf die weitere mögliche Differenzierung danach, dass keine – oder nur eine geringe – regelmäßige Verzinsung der Anleihekomponente erfolgt oder die Gesellschaft nur ein Wahlrecht zur Orientierung der Rückzahlung am Aktienkurs erhält). Weitergehend Schumann Optionsanleihen S 39 ff, der die strengeren Regeln über Wandel- und Optionsanleihen entsprechend anwenden will.

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

§ 221

Jedenfalls aus dem systematischen Zusammenhang mit den Kapitalerhöhungsvor- 380 schriften folgt, dass der Vorstand auch bei Gewinnschuldverschreibungen/Genussrechten nach einem entsprechenden Beschluss der Hauptversammlung zur Ausgabe der Rechte verpflichtet ist. In entsprechender Anwendung von Abs 2 S 1 wird man jedoch auch eine dahingehende Ermächtigung für einen Zeitraum von fünf Jahren für zulässig halten müssen.1144 Denn der durch die Zweite (Kapitalschutz)Richtlinie der EG neu eingefügte Abs 2 hat vor allem die Publizität verbessern wollen, nicht aber die Möglichkeit einer Ermächtigung für die von ihr nicht erfassten Bereiche der Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechte beschneiden wollen. Insoweit kann daher an dem alten Rechtszustand, nach dem auch eine Ermächtigung für möglich gehalten wurde,1145 festgehalten werden. Auch eine Ermächtigung zum Ausschluss des Bezugsrechts kann erteilt werden. Hier- 381 bei hilft zwar der Blick auf die Zweite (Kapitalschutz-)Richtlinie der EG nicht weiter, da sie Gewinnschuldverschreibungen/Genussrechte nicht erfasst. Allerdings dürfte der Gesetzgeber – wie schon im Bereich der Wandel- und Optionsanleihen (o Rdn 109) – eine solche Möglichkeit nicht versperrt haben wollen, so dass das Fehlen einer expliziten Zulassung auch einer solchen Ermächtigung wie nach § 203 Abs 2 unschädlich ist.1146 c) Beschlusserfordernisse. Auch die Beschlusserfordernisse entsprechen denen bei der 382 Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen. Wie dort führt allein der Beschluss nicht zur Entstehung der entsprechenden Rechte.1147 Ebenfalls wie dort (o Rdn 106) begründet ein nicht ausdrücklich als Ermächtigungsbeschluss gefasster Beschluss (zu dieser Möglichkeit sogleich Rdn 383) die Verpflichtung des Vorstands zur zeitnahen Begründung der entsprechenden Rechte. Eines sachlichen Grundes bedarf es auch hier nicht (bei Ausschluss des Bezugsrechts u Rdn 409). Der Beschluss der Hauptversammlung hat bei Ausgabe von Genussrechten wie von Gewinnschuldverschreibungen die Höhe des Nennbetrags, in oder (im Falle des Ermächtigungsbeschlusses) bis zu der Genussrechte durch den Vorstand ausgegeben werden können, anzugeben.1148 Festzulegen ist auch ein etwaiges Aufgeld. Bei Gewinnschuldverschreibungen ist die Gewinnabhängigkeit des Zinsanspruchs im Beschluss zu konkretisieren.1149 In einem Beschluss über den Ausschluss des Bezugsrechts liegt dabei zugleich ein Beschluss nach Abs 1.1150

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BGH ZIP 1994, 1857 (Bayerische Handelsbank); OLG München ZIP 1993, 1471, 1472 (Bayerische Handelsbank); Groß AG 1991, 201, 202 f; Hüffer 9 § 221 Rdn 13; MK-Habersack3 § 221 Rdn 154; MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 68; Werner ZHR 149 (1985), 236, 243 Fn 15. Vgl Schilling Voraufl § 221 Anm 17 Abs 1 sowie o Rdn 107; zum gleichen Ergebnis kommt man, wenn man wie KK-Lutter § 221 Rdn 13 schon beim gewöhnlichen Beschluss eine Verpflichtung des Vorstandes zur Emission der Rechte verneint. OLG München ZIP 1993, 1471, 1472 (Bayerische Handelsbank); KK-Lutter 2 § 221 Rdn 81 ff; Sethe AG 1994, 342, 350. Hüffer 9 § 221 Rdn 36; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 236; MK-Habersack3 § 221 Rdn 132; MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 68.

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MK-Habersack3 § 221 Rdn 139. – Zu den tatsächlichen Anforderungen BGH ZIP 1992, 1728, 1729 (Bankverein Bremen; insoweit nicht in BGHZ 120, 141); BGH ZIP 1994, 1857 (Bayerische Handelsbank) (offenlassend hinsichtlich der Frage, ob der Beschluss bei einem Verstoß gegen diese Pflicht nach § 241 Nr 3 nichtig ist, ebda S 1858; dazu für die Ausgabe von Wandelund Optionsanleihen o Rdn 108). Hüffer 9 § 221 Rdn 12; MK-Habersack3 § 221 Rdn 140. BGH ZIP 1992, 1728, 1729 (Bankverein Bremen; insoweit nicht in BGHZ 120, 141); Hüffer 9 § 221 Rdn 36; MK-Habersack3 § 221 Rdn 137.

Heribert Hirte

§ 221

Fünfter Unterabschnitt

383

Obwohl Abs 3 nicht auf Abs 2 verweist, ist dieser hinsichtlich der Möglichkeit und Grenzen von Ermächtigungsbeschlüssen entsprechend anzuwenden.1151 Danach kann die Hauptversammlung den Vorstand zur Ausgabe von Genussrechten ermächtigen, aber nur für höchstens fünf Jahre (Abs 2 S 1) Im Falle eines Ermächtigungsbeschlusses ist im Beschluss auch der Zeitraum festzulegen, innerhalb dessen der Vorstand von der Ermächtigung Gebrauch machen kann.1152 Besondere Bedeutung gewinnt der nach § 141 Abs 1 erforderliche Sonderbeschluss der Vorzugsaktionäre, wenn durch die Ausgabe von Gewinnschuldverschreibungen/Genussrechten der diesen zustehende Vorzug beschränkt würde. Einer Eintragung des Genussrechtsvertrages in das Handelsregister bedarf es nicht. 384 Denn § 221 ist gegenüber den Vorschriften über den Teilgewinnabführungsvertrag, aus denen dies folgen könnte, spezieller (siehe bereits o Rdn 375).

385

d) In den Genussrechtsbedingungen kann das Rechtsverhältnis der Genussrechtsinhaber näher ausgestaltet werden; mit Blick auf die Notwendigkeit der Hauptversammlungszustimmung ist das bei im Kapitalmarkt zu platzierenden Genussscheinen faktisch Pflicht. Die Bedingungen regeln typischerweise die Laufzeit der Genussrechte, die Möglichkeit und Voraussetzungen einer Kündigung (insbesondere bei Änderung der steuerrechtlichen oder aufsichtsrechtlichen Lage1153), ihre wertpapierrechtliche Ausgestaltung oder sonstige Übertragbarkeit und Bekanntmachungsverfahren1154 sowie etwaige Auskunftsrechte des Genussrechtsinhabers.1155 Bei gewinnabhängigen Genussrechten sind die Berechnung des Gewinns – einschl einer eventuellen Nachzahlungspflicht im Falle einer Aussetzung der Gewinnzahlung1156 – und die Fälligkeit des Gewinnanspruchs zu regeln, bei solchen gegen Kapitaleinzahlung die Modalitäten der Rückzahlung, die Beteiligung am Verlust und die Berechtigung der Gesellschaft zur Herabsetzung des Genusskapitals, wenn das Grundkapital der Aktiengesellschaft herabgesetzt wird.1157 Regelbar sind schließlich die Vorlegungsfrist (§ 801 Abs 1 BGB), die Möglichkeit der Hinterlegung von Ausschüttungen unter Verzicht auf das Rücknahmerecht (§§ 373, 296 BGB) und ein Ausschluss von § 804 Abs 1 BGB, nach dem bei Abhandenkommen oder Verlust eines Kupons unter bestimmten Voraussetzungen Leistung auch ohne Vorlage des Kupons ver-

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OLG München ZIP 1993, 1471, 1472 (Bayerische Handelsbank); Groß AG 1991, 201, 202 f; Heidel/Radlmayr 3 § 221 Rdn 17; Hüffer 9 § 221 Rdn 36; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 81 ff (unbewusste Regelungslücke); MK-Habersack3 § 221 Rdn 149; MünchHdb AGKrieger 3 § 63 Rdn 68; Sethe AG 1994, 342, 346; Werner ZHR 149 (1985), 236, 243 Fn 15. BGH ZIP 1994, 1857, 1858 (Bayerische Handelsbank) (offenlassend hinsichtlich der Frage, ob der Beschluss bei einem Verstoß gegen diese Pflicht nach § 241 Nr 3 nichtig ist oder dann die Höchstgrenze von fünf Jahren gelten soll; dazu für die Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen o Rdn 108).

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Zur AGB-rechtlichen Zulässigkeit KK-Lutter 2 § 221 Rdn 284 f; zu den mit einer Kündigung („Angstklauseln“) verbundenen (beträchtlichen) wirtschaftlichen Risiken für den Anleger vm. Wertpapier 7/97, S 62 f; vm. Wertpapier 8/97, S 68 f. Zur AGB-rechtlichen Zulässigkeit von Bekanntmachungen im Bundesanzeiger KK-Lutter 2 § 221 Rdn 287. Wiedergabe verschiedener Genussscheinbedingungen bei Frantzen Genußscheine S 295 ff. Ziebe DStR 1991, 1594, 1595. BGHZ 119, 305, 315 = ZIP 1992, 1542, 1545 (Klöckner); OLG Düsseldorf ZIP 1991, 1070, 1073 (Klöckner); Hüffer 9 § 221 Rdn 30.

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

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langt werden kann.1158 Die Bedingungen sind im Falle einer Platzierung der Titel auf dem Kapitalmarkt objektiv auszulegen.1159 Bei Gewinnschuldverschreibungen kann sich die Verzinsung an der Dividende orien- 386 tieren (zB 1 % Zins pro 1 Euro Dividende); üblicher ist aber ein niedrigerer Festzins und ein variabler dividendenabhängiger Zusatzzins. Denkbar ist schließlich, die Ausschüttung in Form eines bestimmten Anteils des an die Aktionäre gezahlten Dividendenbetrags festzulegen. Hinsichtlich des Ergebnisses kann zudem auch an das Konzernergebnis angeknüpft werden (u Rdn 393).1160 Die Bedingungen unterliegen unter denselben Voraussetzungen (o Rdn 131 ff) und in 387 demselben Umfang wie Bedingungen von Wandel- und Optionsanleihen der Inhaltskontrolle (dazu näher u Rdn 398 ff). 2. Zustimmung des Aufsichtsrats Eine Zustimmung des Aufsichtsrates ist bei der Ausgabe von Gewinnschuldverschrei- 388 bungen/Genussrechten, anders als bei der Ausgabe von Wandel- und Optionsanleihen (o Rdn 116) nicht zwingend notwendig. 3. Handelsregister und Publizität Der Hauptversammlungsbeschluss enthält keine Satzungsänderung und ist daher im 389 Handelsregister weder eintragungsfähig noch -bedürftig. Er stellt auch keinen (satzungsändernden und eintragungspflichtigen) Teilgewinnabführungsvertrag dar (o Rdn 375). Abs 2 gilt für Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechte seinem Wortlaut nach 390 nicht. Die Zweite (Kapitalschutz)Richtlinie der EG hat eine erhöhte Publizität nämlich nur für Eigenkapitalmaßnahmen einschließlich der mittelbaren Eigenkapitalmaßnahmen über Wandel- und Optionsanleihen vorgeschrieben. Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechte gehören nach der Vorstellung des europäischen Gesetzgebers nicht dazu (vgl o Rdn 28 aA). Der nationale Gesetzgeber hatte daher ursprünglich eine Ausweitung des Abs 2 auf Genussrechte im Hinblick darauf abgelehnt, dass sie nicht mittelbar zum Erwerb von Mitgliedschaften führen.1161 Die Publizität erschöpft sich daher nach dem Wortlaut des Gesetzes in der Ankündigung als Tagesordnungspunkt (§ 121 Abs 3 S 2 [früher § 124 Abs 1 S 1]) und in der Einreichung der Hauptversammlungsniederschrift zum Handelsregister (§ 130 Abs 5).1162 Gleichwohl sollte auch hier (wie schon hinsichtlich der Möglichkeit von Ermächtigungsbeschlüssen; o Rdn 383) Abs 2 jedenfalls bei Finanzierungsgenussscheinen entsprechend angewandt werden;1163 denn ungeachtet der Frage, ob sie tatsächlich aktienrechtliches Eigenkapital verbriefen, stehen sie doch den von Abs 2 sicher erfassten Eigenkapitaltiteln sehr nahe. Dementsprechend ist der Hauptversammlungsbeschluss über Ausgabe oder Ermächtigung sowie die Erklärung über die Ausgabe der Genussrechte analog Abs 2 S 2 beim Handelsregister zu hinterlegen; zudem ist entsprechend Abs 2 S 3 ein entsprechender Hinweis in den Gesellschaftsblättern (§ 25) bekannt zu machen (siehe im Übrigen o Rdn 117 ff).

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KK-Lutter 2 § 221 Rdn 288 ff. RGZ 117, 379, 382; BGHZ 28, 259, 263 f, 265 (Harpener Bonds); KK-Lutter 2 § 221 Rdn 241. Hüffer 9 § 221 Rdn 12.

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Vgl Ganske DB 1978, 2461, 2465; abw KK-Lutter 2 § 221 Rdn 84 aE, 85 aE. Hüffer 9 § 221 Rdn 20. Hüffer 9 § 221 Rdn 36; Sethe AG 1994, 342, 346.

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Fünfter Unterabschnitt

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Wird das Bezugsrecht auf Gewinnschuldverschreibungen/Genussrechte ausgeschlossen, gelten ungeachtet dessen nach Abs 4 S 2 die besonderen Publizitätserfordernisse des § 186 Abs 4. Genussrechte, Rechte aus Besserungsscheinen und ähnliche Rechte sind nach Art, 392 Umfang und Neuzugang im Anhang des Jahresabschlusses auszuweisen; § 160 Abs 1 Nr 6. Gewinnschuldverschreibungen sind demgegenüber als den Wandelschuldverschreibungen „vergleichbare Wertpapiere“ nach § 160 Abs 1 Nr 5 im Anhang auszuweisen (näher u Rdn 446). 4. Bezugnahme auf den Gewinn anderer Gesellschaften oder nur einen Teil des Gewinns

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Es ist zulässig, die Ausschüttungen auf Gewinnschuldverschreibungen/Genussrechte am Gewinn anderer Gesellschaften zu orientieren. Die Anwendbarkeit der Vorschriften wird dadurch nicht berührt, solange nur auch auf den Gewinn der Gesellschaft selbst Bezug genommen wird (o Rdn 324). Insbesondere ist es möglich, an den Gewinn eines verbundenen Unternehmens anzuknüpfen. Schließlich kann auch die Durchschnittsdividende mehrerer Aktiengesellschaften1164 oder der Konzerngewinn1165 als Bezugsgröße gewählt werden, sofern die emittierende Gesellschaft darunter ist und das Gläubigerrecht dementsprechend Einfluss auf das Gewinnbezugsrecht der Aktionäre hat (also nicht etwa bei Anknüpfung an einen Index). In diesen Fällen kann es vorkommen, dass die schuldende Aktiengesellschaft die zugesagte Leistung auch dann gewähren muss, wenn sie selbst keinen Gewinn erzielt hat. Umgekehrt ist es ebenfalls möglich, die Gewinnorientierung nur auf einzelne Unternehmensteile oder Betriebe zu beschränken.1166 5. Garantie der von einer anderen Gesellschaft ausgegebenen Gewinnschuldverschreibungen/Genussrechte

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Umgekehrt bedarf es grundsätzlich keines Zustimmungsbeschlusses, wenn eine andere Gesellschaft bei von ihr ausgegebenen Gewinnschuldverschreibungen/Genussrechten an den Gewinn der in Rede stehenden Gesellschaft anknüpft. Eines Zustimmungsbeschlusses bedarf es jedoch, wenn die Gesellschaft – etwa bei 395 einer Emission durch eine Tochtergesellschaft – deren Zahlungen garantiert oder gar im Innenverhältnis selbst übernimmt.1167 In diesem Fall ist es unerheblich, an den Gewinn welcher Gesellschaft angeknüpft wird (zum Bezugsrecht in diesem Fall u Rdn 414). Den Aktionären der Muttergesellschaft steht dann entsprechend Abs 4 S 1 ein Bezugsrecht auf die von der Tochtergesellschaft auszugebenden Rechte zu; die hieraus resultierende Problematik einer Konkurrenz mit den den Aktionären der Tochtergesellschaft uU aus eigenem Recht nach Abs 4 S 1 zustehenden Bezugsrechten ist wie bei der Drittemission von Wandel- oder Optionsanleihen (dazu o Rdn 154 ff) durch Bezugsrechtsausschluss bei einer der beteiligten Gesellschaften zu lösen.1168

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RGZ 118, 152, 155; Hüffer 9 § 221 Rdn 8; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 209, 447; MKHabersack3 § 221 Rdn 56; weitergehend Schlegelberger/Quassowski § 174 AktG 1937 Anm 3. Vgl Busse v Colbe FS Goerdeler, S 61, 65;

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Hüffer9 § 221 Rdn 8; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 209, 447; MK-Habersack3 § 221 Rdn 56. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 208. MK-Habersack3 § 221 Rdn 43. Allgemein K-Habersack3 § 221 Rdn 43.

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

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IV. Emission im Außenverhältnis 1. Verbriefung, Inhalt, Entstehung Die Gewinnschuldverschreibung bedarf als Schuldverschreibung der Verbriefung in 396 einer Urkunde; § 793 BGB. Das Genussrecht kann, muss aber nicht verbrieft werden; insbesondere ist die Verbriefung keine Wirksamkeitsvoraussetzung für die Entstehung des Genussrechts. In Betracht kommt auch die Ausstellung einer bloßen Beweisurkunde.1169 Ist das Genussrecht verbrieft, so wird es als Genussschein bezeichnet. Bei Verbriefung können beide Rechte als Namens-, Order- oder Inhaberpapiere ausgestaltet werden (vgl auch o Rdn 127).1170 Eine Ausgestaltung als Namenspapier ist dabei besonders dann von Interesse, wenn wie bei Mitarbeitergenussscheinen eine Weitergabe an Dritte erschwert werden soll (dazu auch o Rdn 353).1171 Im Falle der Verbriefung handelt es sich auch hier um abstrakte Schuldversprechen iSv § 780 BGB (dazu o Rdn 75). Bezüglich Übertragung, Inhalt und Entstehung gelten die oben (Rdn 127 ff) gemachten Ausführungen mit den folgenden Ergänzungen (siehe auch die Hinweise o Rdn 332 zum Verhältnis von Stamm- und Nebenrechten). Auch ein nicht verbrieftes Genussrecht entsteht durch Vertrag der Gesellschaft, vertreten durch den Vorstand, mit dem ersten Erwerber.1172 Welche Rechtsnatur dieser Vertrag hat, ist ungeklärt: Die (wohl) herrschende Meinung nimmt einen Vertrag sui generis an, der ein Dauerschuldverhältnis entstehen lässt.1173 Für Genussrechte, die am Verlust der Gesellschaft teilnehmen, wird demgegenüber teilweise für eine Einordnung als Vertrag über eine stille Gesellschaft (Treuhandverhältnis) plädiert.1174 Eine Festlegung auf einen bestimmten Vertragstyp sollte – auch angesichts der Vielgestaltigkeit der Erscheinungsformen von Genussrechten – freilich nur mit Zurückhaltung erfolgen, wenn und soweit daraus Einschränkungen von Rechten abgeleitet werden sollen (etwa im Rahmen der Inhaltskontrolle nach dem AGBRecht).1175 Im Falle fehlender Verbriefung wird das Genussrecht nach §§ 413, 398 ff BGB über- 397 tragen. Die Emission von Genussscheinen ist prospektpflichtig (u Rdn 450).

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Hüffer 9 § 221 Rdn 28; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 248 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 204 (zu Genussscheinen); MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 62 (zu Genussscheinen); Pougin FS Oppenhoff, 1985, S 275, 278 (zu Genussscheinen). Hüffer 9 § 221 Rdn 28; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 248 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 203; Sethe AG 1993, 293, 297. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 252. RGZ 132, 199, 206; Hüffer 9 § 221 Rdn 47; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 236, 253; MK-Habersack3 § 221 Rdn 199; Ziebe BB 1988, 225, 226. BGHZ 119, 305, 330 = ZIP 1992, 1542, 1550 (Klöckner); Busch Genußkapital als Eigenmittel von Versicherungsunternehmen, S 103 ff (auf die Ähnlichkeit zum Darlehen hinweisend S 105); Habersack ZHR 155 (1991), 378, 392; MK-Habersack3 § 221 Rdn 87; wohl auch OLG Düs-

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seldorf ZIP 1991, 1070, 1078 f (inzident, da nur Geltendmachung durch Aktionäre ausgeschlosssen sei) (Klöckner). Ebert Stille Gesellschaft, Genussrecht und partiarisches Darlehen, S 181 ff (auch bei vereinbartem Rangrücktritt hinter alle anderen Forderungen); H Meilicke BB 1989, 465 f; MK-Habersack3 § 221 Rdn 87 ff; ders ZHR 155 (1991), 378, 394 ff; Schön JZ 1993, 925, 929 f; abw BGHZ 156, 38, 42 = ZIP 2003, 1788, 1789 (Deutsche Hypothekenbank AG); BFH Urt v 8.4.2008 – VIII R 3/05 Tz 20 ff, E 221, 25 = ZIP 2008, 2264, 2265 ff; Busch AG 1993, 162, 164; Frantzen Genußscheine S 15 ff; Göhrum Einsatzmöglickeiten S 45 ff; Hüffer 9 § 221 Rdn 27; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 232 (wegen fehlenden gemeinsamen Zwecks); Sethe AG 1993, 293, 297. Zutr Hüffer 9 § 221 Rdn 27; ähnlich Kallrath Inhaltskontrolle S 29 ff.

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Fünfter Unterabschnitt

2. Inhaltskontrolle nach dem AGB-Recht Die Anwendbarkeit des AGB-Rechts ist wegen § 310 Abs 4 S 1 BGB (früher § 23 AGBG) problematisch, da es sich um gesellschaftsrechtliche Regelungen handelt. Für die Gewinnschuldverschreibungen ist aber wie bei den Wandel- und Optionsanleihen darauf abzustellen, dass es sich in erster Linie um Schuldverschreibungen handelt, auf deren Bedingungen das AGB-Recht anwendbar ist, allerdings nicht hinsichtlich der Einbeziehung, sondern nur hinsichtlich des Maßstabs der Inhaltskontrolle (dazu o Rdn 131 ff).1176 Die neben die Verbindlichkeit tretende Bezugnahme auf den Gewinn der Gesellschaft steht dieser Annahme nicht im Wege. Für Genussscheinbedingungen könnte man wegen ihrer stärker gesellschaftsrecht399 lichen Natur anderer Ansicht sein. Die Ausnahme des § 310 Abs 4 S 1 BGB fußt aber unter anderem darauf, dass das Gesellschaftsrecht (wie das Arbeitsrecht) durch eigenständige Regeln den Schutz des Anlegers sicherstellt. Dies ist nicht der Fall, wenn für ein gesellschaftsrechtliches Institut – wie für den Genussschein – gesellschaftsrechtliche Rechtsbehelfe nicht zur Verfügung stehen oder der Verwender wie in den Genussscheinbedingungen die gesellschaftsrechtlichen Schutzinstrumente ausschließt. Die tragenden Gründe für die Bereichsausnahme des § 310 Abs 4 S 1 BGB fehlen damit beim Genussrecht.1177 Für die Einbeziehung von Genussrechtsbedingungen wird man entsprechend der Rechtslage bei den Inhaberschuldverschreibungen (dazu o Rdn 132) zumindest dann die Erfordernisse der §§ 145 ff BGB genügen lassen müssen, wenn die Genussrechte an eine Vielzahl von Genussrechtsgläubigern ausgegeben werden sollen. Ansatzpunkt für die Inhaltskontrolle ist vor allem § 307 Abs 2 BGB.1178 Danach ist 400 eine Klausel insbesondere dann unwirksam, wenn sie mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen werden soll, unvereinbar ist. Das betrifft

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Heidel/Radlmayr 3 § 221 Rdn 46; abw Sester AcP 209 (2009), 628, 638 ff, der § 310 Abs 4 S 1 BGB analog anwenden möchte. Ebenso BGHZ 119, 305, 312 = ZIP 1992, 1542, 1544 (Klöckner); OLG Düsseldorf ZIP 1991, 1070, 1075 (Klöckner); LG München I ZIP 2011, 1758; Angerer Genußrechte S 114; Feddersen/Knauth Eigenkapitalbildung durch Genußscheine 2 S 121; Habersack ZHR 155 (1991), 378, 386; Hammen DB 1990, 1917, 1918; ders EWiR 1991, 843, 844; Heidel/Radlmayr 3 § 221 Rdn 46; Hirte ZIP 1991, 1461, 1464; Hopt FS Steindorff, S 341, 364 ff = WM 1990, 1733, 1736 f (gekürzt); KK-Lutter 2 § 221 Rdn 221; van Look in: Bundschuh ua (Hrsg), Recht und Praxis der Genußscheine, S 35, 47; Luttermann DB 1993, 1809, 1810; ders Unternehmen, Kapital und Genußrechte S 495 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 255; Reuter AG 1985, 104; Mülbert FS Hüffer, S 679, 682; Rid-Niebler Genußrechte S 83; Schäfer WM 1991, 1941, 1943 f; Karsten Schmidt/

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Lutter/Merkt 2 § 221 Rdn 74; Schön JZ 1993, 925, 928 f (mit abw Begr); Schott Genußscheine S 67 ff; Sethe AG 1993, 351, 368; Spindler/Stilz/Seiler2 § 221 Rdn 177 ff; Ulmer/Brandner/Hensen/ Ulmer/Schäfer 11 § 310 BGB Rdn 119 iVm Rdn 122; Vollmer/Lorch ZBB 1992, 44, 48; Zätzsch DLK 1988, 610, 611; abw Reusch in: Bundschuh ua (Hrsg), Recht und Praxis der Genußscheine, S 21, 24 (der allerdings auch eine Inhaltskontrolle, freilich nur auf der Grundlage von § 242 BGB, für möglich hält). BGHZ 119, 305, 312 ff = ZIP 1992, 1542, 1544 ff (Klöckner); OLG Düsseldorf ZIP 1991, 1070, 1075 (Klöckner); Hirte ZIP 1991, 1461, 1464 f; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 222; MK-Habersack3 § 221 Rdn 260; Schäfer WM 1991, 1941, 1943 f; abw Ekkenga ZHR 160 (1996), 59, 67 (da die Erstverwendung idR gegenüber einem Unternehmer erfolgte); sowie offenbar Hammen DB 1988, 2549, 2553: § 305 BGB.

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zunächst den vollständigen Ausschluss jeder Rückzahlbarkeit.1179 Gleiches gilt für den Ausschluss jeglichen Informationsrechts (u Rdn 406). Als möglicher Inhalt von Genussscheinbedingungen kommt aber eine Vereinbarung in Betracht, das Genusskapital herabzusetzen, wenn das Grundkapital ebenfalls herabgesetzt wird.1180 Möglich ist es auch, den Genussrechtsinhabern einzelne Aktionärsrechte durch Vertrag einzuräumen, etwa das Recht auf Teilnahme an der Hauptversammlung oder das Auskunftsrecht.1181 Unzulässig ist es allerdings, den Genussrechtsinhabern aktienrechtliche Mitwirkungs- und Kontrollrechte wie das Stimmrecht oder das Anfechtungsrecht einzuräumen, durch die sich die Gesellschafter (teilweise) dem Einfluss von Nichtgesellschaftern unterwerfen würden (siehe auch o § 179 Rdn 135 ff).1182 Nicht überprüfbar sind beim Genussrecht allerdings die Regelungen über die Gewinnteilhabe bzw Verlustbeteiligung und/oder eine gewinnabhängige (Mindest-)Verzinsung sowie über die Höhe des gegebenenfalls einzuzahlenden Kapitals, da es sich insoweit um die Leistungsbeschreibung bzw Preisvereinbarung handelt (§ 307 Abs 3 S 1 BGB).1183 Von einem so definierten Verlust (der zudem unter dem Gesichtspunkt des Transparenzgebots Verlustvorträge im Zweifel nicht umfasst1184) erfasst sind allerdings nicht Schadenersatzansprüche wegen sorgfaltswidriger Geschäftsführung, selbst wenn sie zu einem bilanziellen Verlust geführt haben sollten.1185 Auch Schadenersatzansprüche wegen zu hoher Rücklagenbildung im Einzelfall werden dadurch nicht ausgeschlossen.1186 Auch kann die AGB-rechtlich gebotene Parität zwischen Gewinn- und Verlustbeteiligung dazu führen, dass – soweit man dies für zu-

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MK-Habersack3 § 221 Rdn 90 (unter Hinweis auf den Charakter der Beteiligung als stilles Gesellschaftsverhältnis und – insoweit zweifelhaft – die fehlende Gleichheit mit der Aktie; selbstverständlich anders im Übrigen für freiwillige Zuschüsse nach § 272 Abs 2 Nr 4 HGB). BGHZ 119, 305, 312 ff = ZIP 1992, 1542, 1544 ff (Klöckner); BGH ZIP 2006, 2171; OLG Düsseldorf ZIP 1991, 1070, 1075 (Klöckner); Hammen EWiR § 9 AGBG 1/93, 3, 4; Hüffer 9 § 221 Rdn 35; Kallrath Inhaltskontrolle S 152 ff; abw Ekkenga ZHR 160 (1996), 59, 60 (da Zirkelschluss); Sester AcP 209 (2009), 628, 638 ff (keine Anwendung der §§ 305 ff BGB wegen analoger Anwendung des § 310 Abs 4 S 1 BGB). Ernst AG 1967, 75, 80; Hammen DB 1988, 2549; ders BB 1990, 1917, 1918; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 377; Lutter ZGR 1993, 291, 295; Sethe AG 1993, 351, 355; Vollmer ZGR 1983, 445, 462 f; krit gegenüber einem aus § 307 Abs 2 BGB (früher § 9 Abs 2 AGBG) abzuleitenden Gebot einer solchen Rechtseinräumung vor allem bei Massenemissionen Hüffer 9 § 221 Rdn 26 aE; differenzierend Sommer Obligatorische Teilhaberechte im GmbH-Recht, S 113 ff (schuldrechtliche Einräumung von Informations- und Auskunftsrechten sowie des

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Teilnahmerechts an der Gesellschafterversammlung im Einzelfall möglich, nicht aber ein verbindlich geregeltes Teilnahmerecht). Vgl BGHZ 119, 305, 316 = ZIP 1992, 1542, 1545 (Klöckner); Ernst AG 1967, 75, 80; Hirte ZIP 1988, 477, 482; Hüffer 9 § 221 Rdn 26; KK-Lutter2 § 221 Rdn 219 f; ders ZGR 1993, 291, 295; MK-Habersack3 § 221 Rdn 119 ff; Karsten Schmidt/Lutter/Merkt 2 § 221 Rdn 77 f; Sethe AG 1993, 351, 355; abw Vollmer ZGR 1983, 445, 462 ff (der zumindest eine vertragliche Einräumung des Anfechtungsrechts für zulässig hält). BGHZ 119, 305, 314 f = ZIP 1992, 1542, 1545 (Klöckner); Hammen BB 1990, 1917, 1918; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 222; MKHabersack3 § 221 Rdn 107, 259; Spindler/Stilz/Seiler 2 § 221 Rdn 181 f. Habersack AG 2009, 801, 805 f; abw LG München I ZIP 2011, 1758 ff; Mülbert FS Hüffer, S 679, 683 ff, 688 ff. Habersack AG 2009, 801, 805 ff; abw Mülbert FS Hüffer, S 679, 687 f, 694 f. IE ebenso KK-Lutter 2 § 221 Rdn 370, der auf der Grundlage eines anderen Ansatzes den von ihm angenommenen Wiederauffüllungsanspruch (dazu u Rdn 415) für nicht AGB-mäßig abdingbar hält.

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Fünfter Unterabschnitt

lässig hält – die Führung eines negativen Kapitalkontos für einen Genussrechtsinhaber (und damit eine Verlustanrechnung unter Null) mit der Möglichkeit auch der Beteiligung an Kapitalzuwächsen korrespondieren muss.1187 Das Transparenzgebot des § 3 SchVG, der in seinem Anwendungsbereich (dazu o Rdn 202) den § 307 Abs 1 S 2 BGB verdrängt,1188 gilt im Übrigen auch für Genussscheinbedingungen.1189 Fehlen Genussrechtsbedingungen oder wurden sie infolge eines Verstoßes gegen das 401 AGB-Recht für unwirksam erklärt, so ist die Lücke unter Heranziehung der hier beschriebenen – im Wesentlichen gesellschaftsrechtlichen1190 – Regelungen aufzufüllen. Mit Blick auf die o Rdn 360 ff wiedergegebene Konkurrenzdebatte will die hM dabei aber nicht auf die §§ 139 ff zurückgreifen. 3. Erwerb eigener Gewinnschuldverschreibungen/Genussrechte

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§§ 71 ff finden keine Anwendung, da sie – anders als die Wandel- und Optionsanleihen – nicht den Erwerb von Mitgliedschaften bezwecken oder ermöglichen.1191 Genussrechte mögen zwar – unbeschadet der Frage ihrer aktienrechtlichen Zulässigkeit (dazu o Rdn 360 ff) – Eigenkapitalcharakter haben, doch reicht dies allein zur Anwendung der §§ 71 ff nicht aus. Daher sind etwa Rücknahmeklauseln in Genussrechtsbedingungen zulässig.1192 Im Allgemeinen darf die Gesellschaft (und muss wegen §§ 93, 116 auch) Genussrechte freihändig zu günstigsten Preisen zurückkaufen; anders kann dies aber sein, wenn die Rückgabe bzw -veräußerungsmöglichkeit an die Gesellschaft einen besonderen Vorteil beinhaltet, etwa weil die Papiere anderweitig nicht verwertbar sind.1193 Gleiches gilt für Gewinnschuldverschreibungen.1194 Für Kreditinstitute sieht allerdings das KWG ein spezielles Erwerbsverbot für Genuss403 rechte vor, sofern es sich um verbriefte Genussrechte gegen Einlagen handelt. Solche darf ein Kreditinstitut nur erwerben, wenn es damit eine Einkaufskommission ausführt oder – dann aber nur bis zu 3 % des Gesamtnennbetrages – wenn der Erwerb zu Zwecken der Marktpflege erfolgt (§ 10 Abs 5 S 6 KWG).1195 Ebenfalls zulässig ist die Verkaufskommission, diese aber schon deshalb, weil es hier bereits nicht zu einem Erwerb der Papiere kommt.1196 Darüber hinaus wird man – wie im Rahmen von § 71d S 2 – auch einen Erwerb von Genussscheinen durch abhängige Unternehmen für unzulässig halten müssen.1197 Im Übrigen soll der Gedanke des § 71 hinsichtlich seiner Ausnahmetatbestände 1187 1188

1189 1190

MK-Habersack3 § 221 Rdn 106. Horn BKR 2009, 446, 453; zu § 3 SchVG ausführlich Sester AcP 209 (2009), 628, 648 ff. BGHZ 119, 305, 312 f = ZIP 1992, 1542, 1544 (Klöckner). Ebenso BGHZ 119, 305, 312 = ZIP 1992, 1542, 1544 (Klöckner) (für den Fall aktienähnlicher Ausgestaltung); Knauth DZWir 1993, 97, 100; Luttermann DB 1993, 1809, 1811; Reuter FS Stimpel, S 645, 655 (ohne Zusammenhang mit der AGB-Kontrolle); Sethe AG 1993, 351, 368 (zT differenzierend); Silberberger Partizipationsschein S 98 („die Regelungen […], die dem Vertragstyp am nächsten kommen“); abw OLG Düsseldorf ZIP 1991, 1070, 1075 (Klöckner) (wegen Fehlens eines gesetz-

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lichen Leitbilds); Feddersen/Meyer-Landrut ZGR 1993, 312, 318; Hammen BB 1990, 1917, 1919; Kallrath Inhaltskontrolle S 72 ff (bei Regelungen, die die zentrale Leistung beschränken); insoweit kritisch auch Schön JZ 1993, 925, 927. Abw aber Todtenhöfer Übertragbarkeit S 157 ff. Hüffer 9 § 221 Rdn 54; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 256; Stadler NZI 2003, 579, 581. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 257; MK-Habersack3 § 221 Rdn 205. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 451. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 317 ff. Aha AG 1992, 218, 227. Aha AG 1992, 218, 227; abw KK-Lutter 2 § 221 Rdn 319.

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auf Kreditinstitute zwar nicht übertragbar sein;1198 der Erwerb von Genussscheinen zum Zwecke der Weitergabe an Mitarbeiter (§ 71 Abs 1 Nr 2) soll aber ebenso wie ein Erwerb von Genussscheinen durch Gesamtrechtsnachfolge (§ 71 Abs 1 Nr 5) aufgrund teleologischer Reduktion nicht unter den Verbotstatbestand des § 10 Abs 5 S 6 KWG fallen.1199 Der Erwerb eigener verbriefter Genussrechte kann grundsätzlich einen Verstoß gegen das Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation nach § 20a WpHG darstellen und somit den entsprechenden Bußgeld- bzw Straftatbestand (§§ 38 Abs 2, 39 Abs 1 Nrn 1–2 WpHG) erfüllen. Soweit sich das Institut dabei allerdings im Rahmen der Vorgaben des § 10 Abs 5 S 6 KWG hält, scheidet ein Verstoß gegen das Verbot aus. Erforderlich ist dazu aber eine entsprechende unverzügliche Anzeige der Absicht zur Durchführung eines solchen Rückerwerbs gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und der Deutschen Bundesbank (§ 10 Abs 5 S 7 KWG); das Unterlassen dieser Anzeige stellt einen Bußgeldtatbestand nach § 56 Abs 3 Nr 1a KWG dar.1200 Unverbriefte Genussrechte erlöschen durch Konfusion (u Rdn 404), so dass ein Erwerb hier schon aus diesem Grunde ausscheidet; im Übrigen läge darin ein Verstoß gegen § 10 Abs 5 S 3 KWG, weil auf diesem Wege unzulässigerweise die Laufzeit verkürzt würde.1201 Für Nicht-Kreditinstitute gelten diese Überlegungen dann entsprechend, wenn man – wie hier (siehe o Rdn 360 ff) – einen funktionalen Eigenkapitalbegriff zugrunde legt; denn dann beeinträchtigt ein Rückerwerb von Genusskapital die Gläubigerinteressen in gleicher Weise wie ein Rückerwerb von Aktien.1202 Zudem sind bei allen Unternehmen, die Genussscheine zu Finanzierungszwecken gegen Einlage ausgegeben haben, die Kapitalerhaltungsvorschriften entsprechend anzuwenden, weil sonst § 57 Abs 2 umgangen werden könnte;1203 bei Ausgabe von Genussscheinen an Aktionäre müssen diese deshalb auch ihre Einlagen zuvor vollständig erbracht haben.1204 Hinzu kommt, dass das Verbot des Erwerbs eigener Genussscheine letztlich nur eine besondere Ausprägung der Kapitalerhaltungsvorschriften ist (abw aber o Merkt § 71 Rdn 154). Ein originärer Erwerb von Gewinnschuldverschreibungen/Genussrechten kommt 404 allerdings nicht in Betracht, weil die Gesellschaft nicht mit sich selbst einen Begebungsvertrag/Genussrechtsvertrag schließen kann. Ein derivativer Erwerb von verbrieften Rechten führt zum Ruhen vorhandener Rechte und verhindert das Entstehen neuer Rechte.1205 Schon vor dem Erwerb entstandene einzelne Zahlungsansprüche erlöschen aber durch Konfusion. Nach der – möglichen – Wiederveräußerung des Papiers können die übrigen Rechte wieder in vollem Umfang geltend gemacht werden.1206 Soweit die Genussrechte nicht verbrieft sind, erlöschen sie im Falle derivativen Erwerbs durch Konfusion.1207 Die infolge eines Erwerbs eigener Genussrechte nicht (mehr) ausschüttbaren

1198 1199 1200

1201 1202 1203

(189)

Aha AG 1992, 218, 225 f; Hüffer 9 § 221 Rdn 54. Aha AG 1992, 218, 226 f. Nach früherem Recht stellte schon der unzulässige Erwerb eigener verbriefter Genussrechte als solches nach § 56 Abs 1 Nr 6 KWG aF eine Ordnungswidrigkeit dar und konnte mit einer Geldbuße geahndet werden. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 318. Ebenso in Bezug auf § 71b MK-Habersack3 § 221 Rdn 206. Vollmer ZGR 1983, 445, 452 f, 458 f; ders GmbHR 1984, 329, 335; wohl auch

1204 1205

1206 1207

MK-Habersack3 § 221 Rdn 85; abw Sethe AG 1993, 293, 309 (nicht nötig, weil die Kapitalerhaltungsvorschriften [was nicht stimmt] keinen Mehrwert gegenüber dem sonst eingreifenden § 812 BGB besäßen). Sethe AG 1993, 293, 309 aE. RGZ 147, 233, 243; Aha AG 1992, 218, 226 f; Hüffer 9 § 221 Rdn 54; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 260 und 261; MK-Habersack3 § 221 Rdn 206. MK-Habersack3 § 221 Rdn 207. Vgl BGHZ 48, 214, 219; BGH WM 1980, 198, 199; Hüffer 9 § 221 Rdn 54 aE; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 259.

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Fünfter Unterabschnitt

Gewinnanteile wachsen den übrigen Aktionären und übrigen Genussrechtsinhabern zu, wenn die Genussrechtsinhaber allgemein am Unternehmensergebnis beteiligt sind.1208 Sind die Genussrechtsinhaber nur an den Erträgen eines bestimmten Einzel-Sachverhalts beteiligt (etwa: Verwertung einer Lizenz), werden nicht ausschüttbare Gewinne aber nicht auf die übrigen Genussrechtsinhaber verteilt, sondern erhöhen das an die Aktionäre verteilbare Ergebnis.1209 4. Informationsrecht der Anleihe- und Genussrechtsgläubiger

405

Das Gesetz sieht ein besonderes Informationsrecht für die Gläubiger von Gewinnschuldverschreibungen oder Genussrechten nicht vor; und im Gegensatz zu den Gläubigern von Wandel- oder Optionsanleihen (dazu o Rdn 141) lässt sich hier ein Informationsrecht der beiden Gläubigergruppen nicht schon aus deren möglicher künftiger Aktionärsstellung ableiten. Sachlicher Grund für ein Informationsrecht ist hier demgegenüber die Gewinnabhängigkeit ihrer Rechte, die eine Information der Gläubiger über die dafür auf Seiten der Gesellschaft maßgeblichen Parameter voraussetzt. Soweit die entsprechenden Papiere am Kapitalmarkt gehandelt sind, tragen die kapitalmarktrechtlichen Vorschriften diesem Interesse im Allgemeinen ausreichend Rechnung (dazu u Rdn 452). Aber auch für nicht am Kapitalmarkt gehandelte Gewinnschuldverschreibungen oder Genussrechte ist sicher, dass sie von Rechts wegen ein Informationsrecht haben, das zudem zum AGB-festen Kern ihrer Stellung gehört (dazu sogleich Rdn 406). Anleihebedingungen sehen daher auch entsprechende Informationsrechte vor. Gesellschaftsrechtliche Bedenken gegen die Einräumung der entsprechenden Informationsrechte bestehen andererseits nicht.1210 Wenig Einigkeit besteht allerdings bislang hinsichtlich der Frage, woraus dieses Infor406 mationsrecht folgt – was unter anderem für den im Rahmen von § 307 Abs 2 BGB maßgeblichen Gesichtspunkt von Bedeutung ist, welches die wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung sind. So wird teilweise auf den Charakter des Genussrechtsverhältnisses als stille Gesellschaft (dazu o Rdn 396) abgestellt, aus dem ein zwingendes Informationsrecht des Genussrechtsinhabers nach § 233 Abs 1 HGB folge,1211 oder eine vertragliche Nebenpflicht auf Auskunft und Rechnungslegung aus dem Genussrechtsvertrag angenommen.1212 Richtiger erscheint freilich in der Konsequenz des o Rdn 360 ff entwickelten gesellschaftsrechtlichen Verständnisses, auf die aktienrechtlichen Auskunftsrechte zurückzugreifen,1213 die insoweit einerseits anspruchsbegründende, andererseits 1208 1209 1210

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KK-Lutter 2 § 221 Rdn 262; MK-Habersack3 § 221 Rdn 207. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 263. Pougin Genußrechte S 3; vgl für das GmbH-Recht Sommer Obligatorische Teilhaberechte im GmbH-Recht, S 115 f. H Meilicke BB 1989, 465 f: ebenso Habersack ZHR 155 (1991), 378, 395; MKHabersack3 § 221 Rdn 89, 92, 121; Schön JZ 1993, 925, 931 (mit dem berechtigten Hinweis, dass diese Position besser sei als die eines Vorzugsaktionärs ohne Stimmrecht; denn dieser hätte nur ein auf die Hauptversammlung beschränktes und zudem nach § 131 Abs 3 beschränkbares Auskunftsrecht); Schott Genußscheine S 79 ff.

1212

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KK-Lutter 2 § 221 Rdn 378 f (für gewinnabhängige Genussrechte); Sethe AG 1993, 351, 356; einschränkend Rid-Niebler Genußrechte S 53 f (allgemeines Auskunftsrecht nach § 242 BGB, aber kein Anspruch auf Rechnungslegung). Ebenso Luttermann Unternehmen, Kapital und Genußrechte S 528; sowie für die GmbH (dort § 51a GmbHG) Vollmer ZGR 1983, 445, 463 f, 469; ders GmbHR 1984, 329, 333 (vertrags- und gesellschaftsrechtliche Schutzrechte); abw Thielemann Das Genußrecht als Mittel der Kapitalbeschaffung und der Anlegerschutz, S 131 ff, 178 ff.

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aber auch anspruchsbegrenzende Funktion haben; daher gilt etwa § 131 Abs 3 entsprechend, und es ist auch jenseits des Anwendungsbereichs von § 15 WpHG keine laufende Information außerhalb des Hauptversammlung geschuldet.1214 Ganz entsprechend ist den Genussscheininhabern ein Recht auf eine Sonderprüfung analog § 142 Abs 2 bzw nach § 258 Abs 2 einzuräumen.1215 Konsequenterweise wird man ihnen dann auch eine Antragsberechtigung im Rahmen des Klagezulassungsverfahrens (§ 148) einräumen müssen. Wer weiter geht und auf dieser Grundlage etwa entsprechend § 233 Abs 1 HGB einen Anspruch auf Einsicht in Bücher und Papiere bejaht, wird andererseits eine Beschränkung dergestalt zulassen müssen, dass das Recht auf Einsichtnahme nur einem Vertreter der Gesamtheit der Genussscheininhaber zusteht.1216 Umgekehrt können sich weitergehende Informationspflichten ergeben, wenn eine Gesellschaft wie im Fall des Bankvereins Bremen nur einige wenige Genussrechte ausgegeben hat.1217

V. Bezugsrecht der Aktionäre (Abs 4) 1. Grundsatz Nach Abs 4 haben die Aktionäre – und auch nur diese (siehe o Rdn 28) – auch ein 407 Bezugsrecht auf Gewinnschuldverschreibungen/Genussrechte. Dadurch werden die Aktionäre vor einer Verwässerung des Wertes ihrer Aktien geschützt;1218 Beeinträchtigungen der relativen Stimmquote sind hier indes – anders als bei den Wandel- und Optionsanleihen – nicht möglich. Auch hier ist § 186 entsprechend anwendbar. Dies führt zu einem gewissen Wertungswiderspruch, als dadurch die durch die Zweite (Kapitalschutz)Richtlinie der EG verschärften Publizitätsvorschriften zwar für den Ausschluss des Bezugsrechts auf Gewinnschuldverschreibungen/Genussrechte gelten, nicht aber für die gewöhnliche Emission (o Rdn 28 aA). Ausgabebetrag und Bezugsfrist sind mithin nach § 186 Abs 2 bekannt zu machen (Rdn 411). Eine Emission durch ein Kreditinstitut (mittelbares Bezugsrecht) stellt keinen Ausschluss des Bezugsrechts dar; § 186 Abs 5. Der eigentliche Bezugsanspruch entsteht bei einer Verpflichtung des Vorstands zur Ausgabe mit der Beschlussfassung der Hauptversammlung, in Fällen der Ermächtigung, wenn zusätzlich der Vorstand einen Ausgabebeschluss gefasst hat.1219 Eine Wahrung des Bezugsrechts setzt aber auf der anderen Seite voraus, dass es in gleicher Weise wie das Stammpapier handelbar ist (o § 186 Rdn 63).1220

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Insoweit ebenso Sethe AG 1993, 351, 357; ähnlich KK-Lutter 2 § 221 Rdn 380, der eine Beschränkung der Informationsversorgung der Genussrechtsinhaber auf die Berichterstattung gegenüber einer jährlichen Versammlung der Genussrechtsinhaber für zulässig hält. Luttermann Unternehmen, Kapital und Genußrechte S 524 f; Vollmer ZGR 1983, 445, 469 (für die GmbH und bezogen auf das Vorbild des § 258); Vollmer/Lorch ZBB 1992, 44, 46; abw Sethe AG 1993, 351, 357.

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1219 1220

Zutr Angerer Genußrechte S 94 f; Sethe AG 1993, 351, 357; ebenso MK-Habersack3 § 221 Rdn 121. Sethe, AG 1993, 351, 357. BGHZ 120, 141, 146 ff = ZIP 1992, 1728, 1730 ff (Bankverein Bremen); BGH ZIP 1994, 1857 (Bayerische Handelsbank); Hofmeister Bezugsrechtsausschluß S 51; Sethe AG 1994, 342, 346 ff. Hüffer 9 § 221 Rdn 38. KK-Lutter 2 Nachtrag § 186 Rdn 17; kritisch zur teilweise abw Praxis Zätzsch DLK 1988, 610, 611.

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Fünfter Unterabschnitt

2. Ausschluss Das Bezugsrecht kann, wie sich aus dem Verweis auf § 186 ergibt, nur nach den Regeln von § 186 Abs 3 und 4 durch die Hauptversammlung ausgeschlossen werden. Auch ein Ausschluss durch den Vorstand ist in entsprechender Anwendung von § 203 Abs 2 möglich, wenn eine entsprechende Ermächtigung erteilt wurde (o Rdn 109, 383; zur Frage der isolierten Anfechtbarkeit einer solchen Ermächtigung o Rdn 150). Die Mehrheitserfordernisse entsprechen denen beim Ausschluss des Bezugsrechts auf Wandel- oder Optionsanleihen. Einer besonderen sachlichen Rechtfertigung bedarf es nicht, da eine Beeinträchtigung 409 der Beteiligungsstruktur ausgeschlossen ist.1221 Auch eine Beeinträchtigung des Gewinnund Liquidationsanteils steht nicht zu befürchten, da und wenn bei einer Befriedigung der Genussrechte zum Nennwert die Lage nicht anders ist als bei Bedienung von Fremdkapital.1222 Dabei wird freilich übersehen, dass auch die Aufnahme von Fremdkapital die Aktionäre beeinträchtigen kann,1223 weshalb im Ausland nicht selten auch die Emission gewöhnlicher (also nicht mit Wandel-/Optionsrechten versehener) Schuldverschreibungen hauptversammlungspflichtig ist (dazu näher o Rdn 52). Jedenfalls kann sich ein anderes Bild dann ergeben, wenn die Genussrechte entgegen dem hier vertretenen Ansatz stärker an Aktionärsrechte angenähert werden.1224 Eindeutig derselbe Standard wie bei Wandelund Optionsanleihen gilt, wenn das Genussrecht seinerseits mit einem Umtausch-/ Bezugsrecht auf Aktien verbunden ist.1225 Werden die Gewinnschuldverschreibungen/ Genussrechte an Arbeitnehmer ausgegeben, so bedarf der Ausschluss des Bezugsrechts darüber hinaus wegen der oben (Rdn 145) schon einmal angesprochenen Privilegierung der Arbeitnehmer keiner sachlichen Rechtfertigung. Vor diesem Hintergrund ist es nicht von ausschlaggebender Bedeutung, dass die Regeln über den vereinfachten Ausschluss des Bezugsrechts (§ 186 Abs 3 S 4) hier nicht anwendbar sind; denn die hier auszugebenden Rechte weisen keinerlei Bezug zum Grundkapital auf, so dass die Begrenzung auf

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Vgl BGHZ 120, 141, 146 f = ZIP 1992, 1728, 1730 (Bankverein Bremen); OLG Bremen ZIP 1991, 1589, 1590 ff (Bankverein Bremen); LG Bremen WM 1991, 134, 136 (Bankverein Bremen); Busch AG 1994, 93, 97 f; Ebenroth/Müller BB 1993, 509, 512 (insoweit zust); Heidel/Radlmayr 3 § 221 Rdn 30; Hirte ZIP 1988, 477, 486; ders ZBB 1992, 50, 53; ders WM 1994, 321, 323; Hofmeister Bezugsrechtsausschluß S 56 ff; Luttermann DB 1993, 1809, 1812 f; Sethe AG 1993, 293, 295; Singhof ZHR 170 (2006), 673, 676; Stieger-Chopard Droit préférentiel de souscription dans le cadre du capital autorisé de la société anonyme, Basel/ Frankfurt aM 1997, S 145; abw KK-Lutter 2 § 221 Rdn 58 f, 453; Lutter ZGR 1993, 291, 308 f; Sethe AG 1994, 342, 348 f (360 ff ausführlich zu OLG München AG 1994, 372 = ZIP 1993, 1471 [Bayerische Handelsbank]); Vollmer/Lorch DB 1991, 1313, 1316 f (für aktienähnliche

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Genussscheine, scil. solche mit Beteiligung auch am Liquidationserlös); Wünsch FS Strasser I, 871, 885 f und wohl Reuter FS Fischer, S 605, 613. BGHZ 120, 141, 147 = ZIP 1992, 1728, 1730 (Bankverein Bremen); OLG Bremen ZIP 1991, 1589, 1591 f (Bankverein Bremen; Busch AG 1994, 93, 98 f; abw Ebenroth/Müller BB 1993, 509, 512 f; Vollmer/Lorch DB 1991, 1313, 1316 f. Nachdrücklich Ebenroth/Müller BB 1993, 509, 512 f; MK-Habersack3 § 221 Rdn 187; Sethe AG 1993, 293, 312. Hüffer 9 § 221 Rdn 43; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 61; Luttermann DB 1993, 1809, 1813; MK-Habersack3 § 221 Rdn 186 f; MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 69; nach der jeweiligen Ausgestaltung differenzierend Spindler/Stilz/Seiler 2 § 221 Rdn 123. Hüffer 9 § 221 Rdn 43; MK-Habersack3 § 221 Rdn 186; Vollmer/Lorch DB 1991, 1313, 1316.

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Kapitalerhöhungen bis zu 10 % des Grundkapitals vollständig ins Leere laufen würde.1226 Ein Ausschluss des Bezugsrechts auf Genussrechte/-scheine wird vor allem in Betracht kommen, wenn die Papiere zu anderen als den nach hier vertretener Auffassung unzulässigen Einlagezwecken ausgegeben werden, also etwa an Gläubiger, Erfinder oder Gründer. Unabhängig von der Frage der sachlichen Rechtfertigung muss der Ausgabepreis für 410 die Gewinnschuldverschreibungen/Genussrechte angemessen sein (arg § 255 Abs 2).1227 Hier ist daher jedenfalls zu überprüfen, ob im Falle von zur Kapitalaufbringung dienenden Genussscheinen der Zinssatz dem für die Aufnahme von Fremdkapital üblichen Marktzins entspricht (bzw wegen des höheren Risikos entsprechend höher liegt).1228 Das entspricht dem neueren Ansatz, für den Ausschluss von Aktionären – im Anschluss an die jüngere verfassungsgerichtliche Judikatur1229 – auf den Marktwert der Beteiligung abzustellen (zu diesem auch bei § 255 Abs 2 als Untergrenze zugrunde zu legenden Ansatz auch o § 203 Rdn 100). Im Übrigen kann eine reine Vermögensbeeinträchtigung dadurch kompensiert werden, dass vom Bezugsrecht ausgeschlossenen Aktionären gleichwertige Rechte angeboten werden (arg § 243 Abs 2 S 2).1230 Die besondere Publizitätspflicht für den Ausschluss des Bezugsrechts (§ 186 Abs 4) 411 gilt auch hier: es bedarf also einer entsprechenden Bekanntmachung (§ 121 Abs 3 S 2, § 124a [früher § 124 Abs 1]) und eines schriftlichen Berichts (§ 186 Abs 4 S 2).1231 Sofern man für den Ausschluss des Bezugsrechts auf Genussrechte nur einen geringeren Standard der Inhaltskontrolle annimmt (o Rdn 409), reduzieren sich auch die inhaltlichen Anforderungen an den korrespondierenden Bericht (s im Übrigen o Rdn 149 und § 186

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Hofmeister Bezugsrechtsausschluß S 130 ff; Ihrig/Wagner NZG 2002, 657, 659; Klawitter AG 2005, 792, 796; KK-Lutter 2 Nachtrag § 186 Rdn 39; MK-Habersack3 § 221 Rdn 192; Singhof ZHR 170 (2006), 673, 676; Spindler/Stilz/Seiler 2 § 221 Rdn 125; abw Marsch-Barner AG 1994, 532, 539. OLG Bremen ZIP 1991, 1589, 1591 f (Bankverein Bremen); Busch AG 1994, 93, 99; Hirte ZIP 1988, 477, 486; ders ZBB 1992, 50, 53 f; abw Ebenroth/Müller BB 1993, 509, 513 f (da keine praktische Erleichterung gegenüber der Inhaltskontrolle); KK-Lutter 2 § 221 Rdn 60; Sethe AG 1993, 293, 312; ders AG 1994, 342, 348 f (da nicht ausreichend [was aber nur zutrifft, wenn man nicht – wie hier – die Vorgabe des § 255 Abs 2 als Verpflichtung zur Ausgabe eines „angemessenen“ und nicht nur eines „nicht unangemessenen“ Ausgabekurses versteht); Vollmer/Lorch DB 1991, 1313, 1315 (da nicht ausreichend); offen gelassen von BGHZ 120, 141, 149 = ZIP 1992, 1728, 1731 (Bankverein Bremen). BGHZ 120, 141, 148 = ZIP 1992, 1728,

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1730 (Bankverein Bremen); Busch AG 1994, 93, 98; MK-Habersack3 § 221 Rdn 187; Singhof ZHR 170 (2006), 673, 676. BVerfGE 100, 289 = ZIP 1999, 1436 (Wilken) = NJW 1999, 3769 = AG 1999, 566 (Vetter) = DStR 1999, 1408 (Hergeth) = JZ 1999, 942 (Luttermann) = EWiR Art 14 GG 2/99, 751 (Neye) (DAT/Altana); dazu Hirte/Hasselbach, u § 305 Rdn 138 ff. BGHZ 120, 141, 152 = ZIP 1992, 1728, 1732 (Bankverein Bremen) (der diese Überlegung selbst – auf der Grundlage eines teilweise abw Ansatzes [fehlendes Vorliegen eines Genussrechts] – iR von § 53a anstellt); im Anschluss an Hirte ZBB 1992, 50, 53; zust Ebenroth/Müller BB 1993, 509, 513 f (dort auch zu den sich ergebenden Bewertungsschwierigkeiten); Lutter ZGR 1993, 291, 310; Sethe AG 1993, 293, 312; OLG Bremen ZIP 1991, 1589, 1593 (Bankverein Bremen); abw Vollmer/Lorch DB 1991, 1313, 1317 f (da nicht ausreichend). Hirte ZBB 1992, 50, 54 f; Sethe AG 1994, 342, 355.

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Fünfter Unterabschnitt

Rdn 113 ff, § 203 Rdn 108 ff).1232 Die formalen Anforderungen an den Bericht sind demgegenüber gegenüber der Lage bei einem Ausschluss des Bezugsrechts auf Wandeloder Optionsanleihen unverändert. Sein wesentlicher Inhalt ist daher den Aktionären und Aktionsärsvereinigungen nach § 1251233 und bei Vertretung durch eine Depotbank nach § 128 zuzuleiten;1234 darüber hinaus ist er nach § 124 Abs 2 S 2 in den Gesellschaftsblättern bekannt zu machen.1235 Der Bericht ist auch ebenfalls von der Einberufung zur Hauptversammlung an in den Geschäftsräumen der Gesellschaft auszulegen und auf Verlangen jedem Aktionär in Abschrift zu übersenden (§ 175 Abs 2 analog; siehe im Übrigen o Rdn 149 und § 203 Rdn 111 ff).1236 3. Anwendbarkeit von § 187

412

§ 187 ist entsprechend anwendbar. Zwar schützt § 187 unmittelbar nur das Bezugsrecht auf Aktien; Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechte gewähren aber mit ihrem Gewinnbezug typische Aktionärsrechte, so dass hier der Schutz der Altaktionäre in gleicher Weise wie bei Ausgabe von Aktien geboten ist (dazu auch o § 187 Rdn 3). Im Gegensatz zu den Wandel- und Optionsrechten des Abs 1 gewähren Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechte zum anderen – auch nicht mittelbar – Bezugsrechte auf Aktien, so dass § 187 nicht durch § 221 als lex specialis verdrängt wird (dazu o Rdn 151).1237 4. Bezugsrechte auf Gewinnschuldverschreibungen/Genussrechte von Tochtergesellschaften

413

Ein gesetzliches Bezugsrecht auf die von anderen Gesellschaften ausgegebenen Gewinnschuldverschreibungen/Genussrechte gibt es selbst dann nicht, wenn diese sich am Gewinn der in Rede stehenden Gesellschaft orientieren.

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BGHZ 120, 141, 154 f = ZIP 1992, 1728, 1733 (Bankverein Bremen); OLG Bremen ZIP 1991, 1589, 1594 (Bankverein Bremen); LG Bremen WM 1991, 134, 136 (Bankverein Bremen); Harrer/Janssen/Halbig FB 2005, 1, 2 (mit dem Hinweis, dass die Reduktion der Anforderungen an den Bericht dann nicht greift, wenn der Beschluss über die Ausgabe von Genussrechten mit demjenigen über die Ausgabe von Wandel- oder Optionsanleihen zusammengefasst wird); Hüffer 9 § 221 Rdn 41; Sethe AG 1993, 293, 313. – Einzelheiten zu OLG München AG 1994, 372 = ZIP 1993, 1471 (Bayerische Handelsbank) bei Sethe AG 1994, 342, 360 ff. BGHZ 120, 141, 155 (dort mit Schreibfehler: „§ 115“ statt „§ 125“) = ZIP 1992, 1728, 1733 (Bankverein Bremen); Lutter ZGR 1993, 291, 310. Abw MK-Habersack3 § 221 Rdn 181 (zu Wandel- und Optionsanleihen). BGHZ 120, 141, 156 = ZIP 1992, 1728,

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1733 (Bankverein Bremen); Hirte Bezugsrechtsausschluß S 124 (allgemein zum Ausschluss des Bezugsrechts); Lutter ZGR 1993, 291, 310; MK-Habersack3 § 221 Rdn 181 (zu Wandel- und Optionsanleihen); offenlassend OLG Bremen ZIP 1991, 1589, 1594 (Bankverein Bremen). Hirte Bezugsrechtsausschluß S 124 (allgemein zum Ausschluss des Bezugsrechts); Hüffer9 § 221 Rdn 41; KK-Lutter 2 § 186 Rdn 57; Lutter ZGR 1993, 291, 311; MK-Habersack3 § 221 Rdn 181; ders WuB II A. § 221 AktG 1.92; abw OLG Bremen ZIP 1991, 1589, 1594 (Bankverein Bremen); Becker BB 1981, 394, 395; Marsch AG 1981, 211, 214; offen lassend BGHZ 120, 141, 156 f = ZIP 1992, 1728, 1733 (Bankverein Bremen). KK-Lutter 2 § 221 Rdn 213; Lutter ZGR 1993, 291, 305 Fn 41; MK-Habersack3 § 221 Rdn 117; Schilling Voraufl § 221 Anm 19 Abs 2; Sethe AG 1993, 293, 313.

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

§ 221

Werden jedoch deren Zahlungen – etwa bei einer Tochtergesellschaft – garantiert oder 414 im Innenverhältnis übernommen, so ist den Aktionären der Obergesellschaft ein (vertragliches) Bezugsrecht auf die von der Tochtergesellschaft ausgegebenen Gewinnschuldverschreibungen/Genussrechte einzuräumen, da auch hier das Gewinnbezugsrecht der Aktionäre der Obergesellschaft berührt ist. Die Übernahme einer Garantie kann mithin nur um den Preis eines damit korrespondierenden Bezugsrechts erfolgen.1238

VI. Verwässerungsschutz Hier – wie bei den Wandel- und Optionsanleihen – ist die Situation der Gewinngläu- 415 biger und der Genussberechtigten durch ihren allein schuldrechtlichen Charakter bei gleichzeitiger Abhängigkeit von den gesellschaftsrechtlichen Entscheidungen gekennzeichnet. Die oben angestellten Erwägungen (Rdn 173 ff) gelten daher entsprechend.1239 Besonderheiten ergeben sich allerdings bei der (nominellen) Kapitalherabsetzung. Infolge des Vorsichtsprinzips bei der Bilanzierung sind auch solche Risiken insbes iF von Rückstellungen (§ 249 Abs 1 S 1 HGB) zu passivieren, die sich noch nicht endgültig verwirklicht haben. Die bilanzielle Lage kann daher einen Kapitalschnitt erforderlich machen, der sich später (teilweise) als nicht notwendig erweisen kann.1240 Die dadurch entstehenden (periodenfremden) Erträge gehören wirtschaftlich in den Zeitraum vor Vornahme der Kapitalherabsetzung. Doch begründet dies mit Blick auf das Stichtagsprinzip nicht die Unwirksamkeit einer Herabsetzung des Genusskapitals, etwa wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage.1241 So wie die Aktionäre an einer zu hoch durchgeführten Kapitalherabsetzung durch steigenden Ertragsausweis beteiligt sind, müssen auch gewinnabhängige Gläubigergruppen – Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechte – daran beteiligt werden.1242 Sollten die am Gewinn Beteiligten wegen des großen Umfangs der Kapitalherabsetzung (vor allem bei einer Herabsetzung auf Null) zum Ausscheiden gezwungen werden,1243 sollten in erster Linie neue Genussscheine für diesen Residualanspruch ausgegeben1244 bzw das Genusskapital wieder aufgefüllt wer1238 1239

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Anders KK-Lutter 2 § 221 Rdn 246. Vgl insbes zu Genussscheinen Angerer Genußrechte S 110 f; Emde DB 1989, 209, 212 f; Habersack ZHR 155 (1991), 378, 389; Hirte ZIP 1988, 477, 486 ff; ders ZIP 1991, 1461, 1465; Hüffer 9 § 221 Rdn 64 (für Umwandlungen Rdn 69); van Look in: Bundschuh ua (Hrsg), Recht und Praxis der Genußscheine, S 35, 40 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 313; MünchHdb AGKrieger3 § 63 Rdn 70; Rid-Niebler Genußrechte S 111 ff; UH Schneider FS Goerdeler, S 511, 516 ff; Stadler NZI 2003, 579, 586 f; Vollmer ZGR 1983, 445, 465 f; zT abw Prosser Anlegerschutz S 246 ff (fester Ausgleich entsprechend § 304 Abs 2 S 1 für die Genussrechtsinhaber bei Verschmelzung) sowie für das frühere Recht KK-Lutter 2 § 221 Rdn 401. Dabei müssen sich die Verluste nicht aus einer formellen Bilanz ergeben: BGH ZIP

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2006, 2171 Tz 4; Feddersen/Meyer-Landrut ZGR 1993, 312, 316; Hirte Kölner Schrift zur Insolvenzordnung 3 S 902 Rdn 29. BGHZ 119, 305, 321 f = ZIP 1992, 1542, 1547 (Klöckner); Claussen AG 1993, 132, 133 (Urteilsanmerkung); Feddersen/MeyerLandrut ZGR 1993, 312, 317; Lutter ZGR 1993, 291, 297 f; Luttermann DB 1993, 1809, 1812. OLG Düsseldorf ZIP 1991, 1070, 1075 f (Klöckner); Hirte ZIP 1991, 1461, 1466 f; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 372; MK-Habersack3 § 221 Rdn 108. Dezidiert gegen die Annahme eines Erlöschens der Genussrechte mit Blick auf die sonst versperrte Möglichkeit späterer Wiederauffüllung MK-Habersack3 § 221 Rdn 109. Hirte FS Claussen, S 115, 124 ff; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 371, 373; Lutter ZGR

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den.1245 Neben der Wiederauffüllung eine Pflicht bzw Obliegenheit der Genussrechtsgläubiger zu statuieren, sich (auch) mit frischem Genusskapital an einer Sanierung zu beteiligen, ist zwar denkbar, aber nicht sinnvoll;1246 rechtlich ist sie jedenfalls nicht geboten.1247 Für eine solche Wiederauffüllung sollte im Übrigen nicht nur entsprechend § 232 die Kapitalrücklage dotiert werden, sondern der Jahresüberschuss in Anspruch genommen werden, da § 232 auf einen – hier fehlenden – homogenen Kreis der Eigenkapitalgeber abstellt.1248 Wird eine solche reale Beteiligung an den Erträgen aus zu hoch angenommenen Verlusten nicht gewährt, besteht eine rechtliche Pflicht zum Barausgleich in Höhe einer Beteiligung an den Buchgewinnen aus zu hoch erfolgter Kapitalherabsetzung;1249 diese führt jedoch im Ergebnis zu einer Rückzahlung des Genusskapitals vor Ablauf der ursprünglich vertraglich vereinbarten Fristen.1250 Die daraus resultierende Kollision mit den aufsichtsrechtlichen Vorgaben lässt sich freilich dadurch lösen, dass man derartige Ansprüche als nachrangig ansieht.1251 Unproblematisch ist im Übrigen eine vertraglich vereinbarte Wiederauffüllung verlustbedingt herabgesetzten Genussscheinkapitals durch nachfolgende Gewinne,1252 da eine Entschädigung in Geld sonst zu einer vorzeitigen Rückzahlung des Kapitals führen und damit dem Gesellschafter oder der Gesellschaft ein vorzeitiges Kündigungsrecht einräumen würde1253 (zur möglichen Pflicht einer Beteiligung auch an Kapitalzuwächsen o Rdn 400). Wegen der rein schuldrechtlichen Natur der Beteiligung steht ihnen auch bei Entschei416 dung über Gewinnfeststellung und -verwendung genauso wenig ein Einfluss wie auf anderes Verwaltungshandeln zu.1254 Ihr Anspruch richtet sich nur der Höhe nach nach

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1993, 291, 299; siehe bereits Hirte ZIP 1991, 1461, 1467; ähnlich das seinerzeitige Vorgehen bei den Wankel-Genussscheinen sowie vor einigen Jahren bei der coop AG; dazu FAZ v 16.11.1990, Nr 268, S 24; zu den Grenzen des Ansatzes Busch AG 1994, 93, 101 f; abw BGHZ 119, 305, 333 f = ZIP 1992, 1542, 1551 (Klöckner); Schön JZ 1993, 925, 933. Busch AG 1994, 93, 101, 102 f (mit Einzelheiten); Claussen AG 1991, 441, 442 (Urteilsanmerkung); Frantzen Genußscheine S 244 f; Habersack AG 2009, 801, 804; Hammen EWiR § 9 AGBG 22/91, 843, 844; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 368; MK-Habersack 3 § 221 Rdn 105, 107 ff, 278; Mülbert FS Hüffer, S 679, 681; Sethe AG 1993, 351, 365 f (allerdings erst nach Wiederauffüllung der gesetzlichen Rücklage), 367; abw BGHZ 119, 305, 321 = ZIP 1992, 1542, 1547 (Klöckner); Knauth DZWir 1993, 97, 98. Zutr Busch AG 1994, 93, 102; Schön JZ 1993, 925, 933 f (der sich aber für die Annahme einer schuldrechtlichen nachvertraglichen Pflicht ausspricht, den ausgeschiedenen Genussberechtigten nach billigem Ermessen eine neue Beteiligung anzubieten); abw MK-Habersack 3 § 221 Rdn 110.

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BGH ZIP 2006, 2171, 2172. Busch AG 1994, 93, 102 f; abw Lutter ZGR 1993, 291, 300; zu anderen Lösungsansätzen MK-Habersack 3 § 221 Rdn 109. BGHZ 119, 305, 324 ff = ZIP 1992, 1542, 1548 f (Klöckner); Lutter ZGR 1993, 291, 299 f; Luttermann DB 1993, 1809, 1812; Schön JZ 1993, 925, 933; ausf Busch AG 1994, 93, 99 ff. Dazu und zum Nachteil dieses Ansatzes wegen der baren Zahlungspflichten in einer Sanierungsphase Busch AG 1994, 93, 101; Lutter ZGR 1993, 291, 299 f; Sethe AG 1993, 351, 367. MK-Habersack 3 § 221 Rdn 112 aE; eine Kollision verneinend auch Schäfer ZHR 175 (2011), 319, 332 f. Sethe AG 1993, 351, 366. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 308; MK-Habersack3 § 221 Rdn 279 (Auszahlung nur, wenn die Ansprüche vorrangig zu befriedigender Gläubiger durch entsprechende Aktiva gedeckt sind); Sethe AG 1993, 351, 362; abw (Unzulässigkeit von Schadenersatzzahlungen aus diesem Grund) LG München I ZIP 2011, 1758, 1760 (wohl); Mülbert FS Hüffer, S 679, 695 ff. RGZ 83, 295, 298; 105, 236, 241; 117, 379, 384 f; 118, 152, 155; BGHZ 28, 259, 277 (Harpener Bonds); Hüffer 9 § 221

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

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den entsprechenden Ansprüchen der Aktionäre.1255 Die Gesellschaft kann mithin, sofern an den Jahresüberschuss angeknüpft wird, durch bilanzpolitische Maßnahmen (etwa: überzogene Bildung von Rücklagen einschl einer solchen in Tochtergesellschaften1256 oder von stillen Reserven), und, sofern an die Dividende der Aktionäre angeknüpft wird, darüber hinaus durch restriktive Ausschüttungspolitik die Ansprüche von Anleihegläubigern und Genussberechtigten vereiteln.1257 Daher wurde den Gläubigern schon früher ein Schadenersatzanspruch zugestanden, wenn ihr Recht auf Teilhabe am Gewinn treuund sittenwidrig verkürzt wurde.1258 Dieser Begriff ist jedoch schwer zu konkretisieren. Jedenfalls im Ausnahmefall satzungswidriger oder kaufmännisch schlechthin unseriöser Geschäfte ist aber ein auf Geldersatz gerichteter Anspruch aus § 280 Abs 1 BGB gegen die Gesellschaft, innerhalb dessen die Sorgfaltspflichtverletzungen des Vorstands der Gesellschaft nach § 31 BGB zugerechnet werden, zu bejahen;1259 mit Blick auf den Eigenkapitalcharakter der Genussrechtsforderungen komme das Verfolgungsrecht des § 93 Abs 5 dabei nicht zur Anwendung.1260 Daneben kann ein Anspruch gegen die Vorstandsmitglieder persönlich bestehen, freilich nur auf Leistung an die Gesellschaft.1261 In allen Fällen wird man hinsichtlich des Verschuldensmaßstabs heute auf die in § 93 Abs 1 S 2 niedergelegte business judgment rule zurückzugreifen haben, wie sie in der vom BGH vor der Kodifikation des § 93 Abs 1 S 2 verwendeten Formulierung der „kaufmännisch schlechthin unseriösen und verantwortungslosen Geschäftstätigkeit“ bereits anklingt; auch § 93 Abs 2 S 2 ist anzuwenden.1262 In AGB kann der Schadenersatzanspruch nur insoweit ausgeschlossen werden, als auch gesellschaftsrechtliche Ansprüche von Aktionären durch das Gesellschaftsrecht beschränkt sind.1263 Darüber hinaus wird man den Anleihegläubigern/Genussberechtigten einen Schaden- 417 ersatzanspruch nur dann, aber auch immer dann zubilligen müssen, wenn ein Aktionär unter gleichen Bedingungen Gewinnfeststellung oder -verwendung mit der Anfechtungs-

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Rdn 65; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 356 ff; Sethe AG 1993, 351, 359; abw (wohl) Claussen AG 1993, 132 f (Urteilsanmerkung). Deutlich KK-Lutter 2 § 221 Rdn 200. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 362; MK-Habersack3 § 221 Rdn 284; Sethe AG 1993, 351, 367. Ausf KK-Lutter 2 § 221 Rdn 356 ff. RGZ 105, 236, 241; 115, 296, 301; Hammen BB 1990, 1917, 1919 f (§ 162 BGB); Hüffer 9 § 221 Rdn 65; MK-Habersack3 § 221 Rdn 272. BGHZ 119, 305, 329 ff = ZIP 1992, 1542, 1550 ff (Klöckner) (der den Anspruch der Sache nach [„schlechterdings kein seriöser Kaufmann“] auf grobe Fahrlässigkeit beschränkt); Feddersen/Meyer-Landrut ZGR 1993, 312, 320; Habersack ZHR 155 (1991), 378, 390 ff; Hüffer 9 § 221 Rdn 27 aE, 65; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 355; Lutter ZGR 1993, 291, 300 ff; Luttermann DB 1993, 1809, 1812; MK-Habersack3 § 221 Rdn 272 ff; Sethe AG 1993, 351, 361 (einfache Fahrlässigkeit reicht); abw OLG Düsseldorf ZIP 1991, 1070, 1077 f (Klöck-

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ner); Busch AG 1993, 163, 164, 166 (mit Blick darauf, dass die Aktionäre doppelt zu den Verlusten beizutragen hätten, einmal durch die Herabsetzung des eigenen Kapitals, zum anderen durch die Schadenersatzpflicht gegenüber den Genussscheininhabern); ders AG 1994, 93, 100; Claussen AG 1993, 132, 133 (Urteilsanmerkung; hinsichtlich der Anknüpfung an den Unternehmensgegenstand); Mülbert FS Hüffer, S 679, 697 ff. BGHZ 119, 305, 329 = ZIP 1992, 1542, 1550 (Klöckner); Sethe AG 1993, 351, 361; krit MK-Habersack3 § 221 Rdn 277 f. Habersack ZHR 155 (1991), 378, 400 f; MK-Habersack3 § 221 Rdn 277. Ebenso MK-Habersack3 § 221 Rdn 276; zu § 93 Abs 2 S 2 abw Sethe AG 1993, 351, 362 (mit allerdings zutr Hinweis darauf, dass die nach seiner Auffassung dann eingreifenden §§ 282, 285 BGB [heute § 280 Abs 1 S 2, § 286 Abs 4 BGB] dann AGBfest sind). Ähnlich Sethe AG 1993, 351, 362 (keine Freizeichnung oder unverhältnismäßig niedrige Haftungssummenbeschränkung).

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klage angreifen könnte.1264 Im Verhältnis des Gläubigers zur Gesellschaft begründet eine Verletzung dieser Maßstäbe – etwa durch unangemessen hohe Rücklagenbildung – einen Anspruch auf billige Bestimmung nach § 315 Abs 1 BGB, die sich an § 254 als Mindeststandard zu orientieren hat;1265 der zwingenden Einräumung eines Vorzugs an Genussrechtsinhaber1266 bedarf es daher aus diesem Grund nicht.1267 Im Rahmen des Anspruchs auf billige Bestimmung hat die Gesellschaft die Darlegungs- und Beweislast für die Billigkeit der von ihr getroffenen Gewinnbestimmung, weil sie das Bestimmungsrecht für sich in Anspruch nimmt.1268 Rechtsgrundlage dieses Anspruchs ist positive Forderungsverletzung des Anleihe-/Genussrechtsvertrages.1269 Umgekehrt führt eine erfolgreiche Anfechtung der Gewinnverwendung durch einen Aktionär auch zu einer entsprechenden Anpassung der an die Dividende anknüpfenden Zahlungen von Schuldverschreibungsgläubigern/Genussberechtigten. Eine möglicherweis abweichende Lage von derjenigen bei Wandel- oder Options418 anleihen (o Rdn 188) ergibt sich auch bei der Eingliederung: Ein Teil des Schrifttums will hier eine Anpassung der Anleihebedingungen analog § 23 UmwG vornehmen.1270 Dem wurde freilich im Zusammenhang mit der Parallelfrage betreffend Wandel- und Optionsanleihen zu Recht entgegengehalten, dass diese Norm den Untergang des Rechtsträgers voraussetze, an dem es im Falle der Eingliederung gerade fehle.1271 Richtigerweise ist ein Schutz der Genussrechtsgläubiger daher in erster Linie durch die Mithaftung der Hauptgesellschaft für die Genussverpflichtung der Tochtergesellschaft (§ 322) vorzunehmen; je nach Inhalt des Genussrechts kann sich zudem – ähnlich der Lage bei Wandel- und Optionsanleihen – eine Verpflichtung ergeben, den Genussberechtigten analog § 320b einen Abfindungsanspruch gegen die Hauptgesellschaft zu gewähren.1272 Bei der inhaltlichen

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Vgl Frantzen Genußscheine S 205 ff, 219 ff; Habersack ZHR 155 (1991), 378, 390 ff; ders AG 2009, 801, 804; Hirte ZIP 1988, 477, 487; ders ZIP 1991, 1461, 1467; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 361; MK-Habersack3 § 221 Rdn 280 ff; im Ergebnis auch van Look in: Bundschuh ua (Hrsg), Recht und Praxis der Genußscheine, S 35, 42; UH Schneider FS Goerdeler, S 511, 517 f; Schön JZ 1993, 925, 932; Vollmer ZGR 1983, 445, 468 ff; abw im Ansatz Claussen AG 1993, 132 f (Urteilsanmerkung); Mülbert FS Hüffer, S 679, 697 ff. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 361, 363; MKHabersack3 § 221 Rdn 283, 285; ders AG 2009, 801, 804 (Geltendmachung auch durch Feststellungsklage); Sethe AG 1993, 351, 359 f (mit zahlr Einzelheiten); abw hinsichtlich der Möglichkeit einer unmittelbaren Zahlungsklage Mülbert FS Hüffer, S 679, 683 f. Dafür Claussen FS Werner S 81, 93 f (jedenfalls eine Mindestverzinsung verlangend); Hennerkes/May DB 1988, 537, 541; Rid-Niebler Genußrechte S 120; Vollmer ZGR 1983, 445, 470 ff; ders GmbHR 1984, 329, 333.

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Sethe AG 1993, 351, 360. Hüffer 9 § 221 Rdn 65; iE ebenso KK-Lutter 2 § 221 Rdn 360. Frantzen Genußscheine S 205 ff, 219 ff (wegen Bedingungsvereitelung); Habersack ZHR 155 (1991), 378, 390 ff; Hirte ZIP 1988, 477, 487; Hüffer 9 § 221 Rdn 65; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 356 ff; van Look in: Bundschuh ua (Hrsg), Recht und Praxis der Genußscheine, S 35, 42; MK-Habersack3 § 221 Rdn 280 ff. So Frantzen Genußscheine S 278 f; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 402; Luttermann Unternehmen, Kapital und Genußrechte S 539; MK-Habersack3 § 221 Rdn 317; MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 72; Schürnbrand ZHR 173 (2009), 689, 692, 706. Martens AG 1992, 209, 211; Prosser Anlegerschutz S 221 f. Hüffer 9 § 221 Rdn 68a; abw (für Anpassung des Vertrages mit der eingegliederten Gesellschaft entsprechend § 304) Prosser Anlegerschutz S 220 ff.

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

§ 221

Ausgestaltung dieses Anspruchs kann dann durchaus § 23 UmwG entsprechend anzuwenden sein.1273 Bei Abschluss eines isolierten Gewinnabführungsvertrages sind die Genussrechtsgläubiger (jedenfalls) so zu stellen, als ob die Gewinnabführungsverpflichtung nicht bestünde;1274 da seit Inkrafttreten des MoMiG aber sämtliche Leistungen bei Bestehen eines Gewinnabführungsvertrages nicht gegen das Kapitalerhaltungsverbot verstoßen (und nicht nur die „auf Grund“ des Vertrages geleisteten), spricht viel dafür, die Lage hier ebenso zu sehen wie bei Abschluss eines Beherrschungsvertrages. Im Falle eines Squeeze Out ergeben sich bei Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechten keine Ansprüche, da diese keine Mitgliedschaftsrechte gewähren.

VII. Änderung und Aufhebung der Rechte, Sanierung und Insolvenz 1. Änderung und Aufhebung der Rechte Die oben angestellten Überlegungen (Rdn 199 ff) gelten für Gewinnschuldverschrei- 419 bungen/Genussrechte entsprechend. Danach ist ein einseitiger Eingriff in Genussrechte grundsätzlich unzulässig und 420 bedarf mithin eines Änderungsvertrages zwischen Gesellschaft und Genussrechtsgläubiger;1275 als Eingriff ist dabei auch eine Erhöhung des Genussrechtskapitals zu sehen, weil der Genussrechtsgläubiger dann zum Erhalt seiner Position weitere neue Genussrechte zeichnen muss.1276 Allerdings ist dieser vertragsrechtliche Grundsatz dispositiv; daher kann die gesetzliche Lage durch Vereinbarung eines Änderungsvorbehalts modifiziert werden, insbesondere in Form der Verlustteilnahme.1277 Hinsichtlich der Verlustteilnahme ist die vollständige vorherige Durchführung eines Kapitalherabsetzungsverfahrens bezüglich des Aktienkapitals nicht erforderlich.1278 Eines nochmaligen (Mehrheits-)Beschlusses der Genussscheingläubiger analog § 5 SchVG bedarf es in diesem Falle wegen der antizipiert vorliegenden individuellen Zustimmung nach hM ebenfalls nicht.1279 Das gilt freilich nur für die Grundsatzfrage der Verlustbeteiligung; hinsichtlich anderer Fragen einschließlich der Feststellung eines solchen Verlustes ist eine solche Beteiligung in jedem Falle denkbar (näher u Rdn 427). Möglich ist es zudem, die Entscheidung über Änderungen durch Vertrag bzw die Genussscheinbedingungen insgesamt in die Hände einer Versammlung der Genussscheingläubiger zu legen, für die die Regelungen des SchVG kraft Verweisung herangezogen werden können.1280 Zudem unterliegen die Bedingungen des Eingriffs etwa hinsichtlich des Zeitpunkts oder der Rechtsfolgen (Höhe der Abfindung)

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Ähnlich für Wandel- und Optionsanleihen Martens AG 1992, 209, 214. Frantzen Genußscheine S 282 Fn 352; MK-Habersack3 § 221 Rdn 320. RGZ 49, 10, 15 f; RGZ 117, 379, 384; RGZ 132, 199, 205 f; BGHZ 119, 305, 315 = ZIP 1992, 1542, 1545 (Klöckner); Angerer Genußrechte S 108 ff; Hüffer 9 § 221 Rdn 37; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 350; MK-Habersack3 § 221 Rdn 263; Schilling Voraufl § 221 Anm 12 Abs 1; Sethe AG 1993, 351, 358. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 280. RGZ 132, 199, 205 f; BGHZ 119, 305,

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315 = ZIP 1992, 1542, 1545 (Klöckner); BGH ZIP 2006, 2171, 2172; Lutter ZGR 1993, 291, 297; Hüffer 9 § 221 Rdn 37; Kallrath Inhaltskontrolle S 151 ff; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 350 f; MK-Habersack3 § 221 Rdn 270; Sethe AG 1993, 351, 358, 365. BGH ZIP 2006, 2171, 2172. Hüffer 9 § 221 Rdn 37; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 353, 366; MK-Habersack3 § 221 Rdn 264; abw Hirte ZIP 1991, 1461, 1468. Ähnlich KK-Lutter 2 § 221 Rdn 352; MK-Habersack3 § 221 Rdn 263.

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der Inhaltskontrolle und müssen vor diesem Hintergrund in jedem Fall in den Genussscheinbedingungen konkretisiert werden; ihre Umsetzung unterliegt der Billigkeitskontrolle,1281 und ungeachtet dessen ist der Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten.1282 Gleitklauseln, die eine unmittelbare Berücksichtigung externer Bezugsgrößen ermöglichen oder erzwingen sollen,1283 können die Grenzen der nachträglichen Änderbarkeit von Genussscheinbedingungen nur wenig verschieben; denn auch hier kann sich die Frage stellen, ob das Verfahren zur Feststellung einer Änderung der Bezugsgröße angemessen ist und ob die Änderung der Bezugsgröße korrekt auf die Genussscheinbedingungen übertagen wurde (dazu auch u Rdn 427). Die einzelnen Gewinnanteilscheine erlöschen wegen § 803 Abs 1 BGB auch dann nicht (automatisch), wenn die Hauptforderung erlöschen sollte.1284 Für Genussrechte kommt anstelle des grundsätzlich immer möglichen außerordent421 lichen Kündigungsrechts1285 auch die Vereinbarung eines (allerdings nicht jederzeit möglichen) Ablösungsrechts in Betracht.1286 Der dabei bei Genussrechten gegen Einlage üblicherweise von der Gesellschaft zurückzuzahlende Betrag ist der „Nennwert“ des Genussrechts, nämlich der ursprünglich einmal eingezahlte Betrag; dadurch wird – auch aus steuerlichen Gründen (u Rdn 459) – eine Beteiligung an den stillen Reserven der Gesellschaft ausgeschlossen, wie sie den Aktionären im Rahmen des Liquidationserlöses nach § 271 zustehen. Für die vollständige Aufhebung eines Genussrechts gelten die vorstehenden Überle422 gungen erst recht.1287 2. Vorinsolvenzliche Sanierung

423

a) Unmittelbare Anwendung des SchVG. Das SchVG findet im Bereich der vorinsolvenzlichen Sanierung auch auf Gewinnschuldverschreibungen Anwendung, da es sich bei Gewinnschuldverschreibungen um Schuldverschreibungen im Sinne von § 1 Abs 1 SchVG handelt. Insofern gelten die oben (Rdn 202 ff) angestellten Überlegungen uneingeschränkt auch hier. Streitig ist demgegenüber die Anwendung des SchVG auf Genussscheine.1288 Das 424 SchVerschrG fand nach seinem Wortlaut auf „Schuldverschreibungen mit im voraus bestimmten Nennwerthen“ Anwendung (§ 1 Abs 1 SchVerschrG 1899). Aus der Verwendung des Begriffes „Schuldverschreibung“ wurde zum Teil abgeleitet, dass ein Anspruch auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme verbrieft sein müsse.1289 Ferner wurde dabei 1281 1282 1283 1284 1285 1286

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MK-Habersack3 § 221 Rdn 267. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 351; Sethe AG 1993, 351, 358. Dafür MK-Habersack3 § 221 Rdn 265. Hammen BB 1990, 1917, 1919. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 269 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 90, 270. MK-Habersack3 § 221 Rdn 270; wohl auch eine jederzeitige Ablösung zulassend Hüffer 9 § 221 Rdn 37. Hüffer 9 § 221 Rdn 37; MK-Habersack3 § 221 Rdn 270; weitergehend (nur gegen angemessene Abfindung) Vollmer/Lorch ZBB 1992, 44, 46 f. Dazu zum neuen SchVG ausführlich Lorenz/Pospiech DB 2009, 2419 ff.

1289

Gegen eine Anwendung des SchVerschrG 1899 auf Genussscheine daher BGHZ 119, 305, 313 ff = ZIP 1992, 1542, 1545 f (Klöckner); OLG Frankfurt/Main ZIP 2006, 1388, 1389 [da kein im Vorhinein bestimmter Nennbetrag], 1390 [da keine über die Verlustteilnahme hinausgehende Reduzierung der Rechte ermöglicht werden soll]; LG Frankfurt/Main WM 2006, 1340 f; Hammen BB 1990, 1917, 1920 m Nachw älteren Schrifttums; Klanten EWiR § 1 SchVerschrG 1/07, 251, 252; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 266; Meixner WuB II A. § 221 1.07; Sethe AG 1993, 351, 354 f; wohl ebenfalls dagegen Reuter NJW 1984, 1849, 1854; abw aber Gottlieb

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auf die während der Entstehungsgeschichte des SchVerschrG 1899 fehlende Verbreitung von Genussscheinen (mit Verlustbeteiligung) und auf den Umstand hingewiesen, dass Genussscheine keinen im Voraus bestimmten Nennwert aufweisen würden, was nach dem Wortlaut von § 1 Abs 1 SchVerschrG aber Voraussetzung für den Anwendungsbereich war. Mit der Neuregelung des Schuldverschreibungsrechts hat es der Gesetzgeber versäumt, diese Frage für das nunmehr geltende SchVG eindeutig zu klären. Auch die Gesetzgebungsmaterialien geben insofern keinen Aufschluss. Da nach dem Wortlaut des § 1 Abs 1 SchVG der Anwendungsbereich des SchVG bei nach deutschem Recht begebenen inhaltsgleichen Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen eröffnet ist, muss von einer Erfassung von Genussscheinen durch das SchVG ausgegangen werden.1290 Auf das bisher gegen eine Anwendung angeführte Argument des fehlenden Merkmals der im Voraus bestimmten Nennwerte hat der Gesetzgeber verzichtet, so dass entsprechende Einschränkungen jedenfalls damit nicht mehr begründet werden können. Zudem machen die Gesetzgebungsmaterialien deutlich, dass durch das neue Recht nunmehr alle Arten von Schuldverschreibungen1291 erfasst werden sollen. Damit wird zunächst auch ein verbrieftes Genussrecht mit einem Anspruch auf eine feste und unbedingte Rückzahlung und gewinnabhängige Verzinsung (obligationsähnlicher Genussschein) vom SchVG erfasst.1292 Aber auch darüber hinaus ist eine einschränkende Auslegung des Gesetzes unangebracht, da es in erster Linie die hohe Anzahl von Gläubigern gleicher (Kleinst-) Rechte verbands- und interessenmäßig zusammenfassen will, ohne dass der Inhalt (Zahlung oder Gewinnbeteiligung) der Rechte im Vordergrund stünde.1293 Selbst wenn man daher – gegen Wortlaut und Sinn des SchVG – das Vorliegen eines Zahlungsanspruchs verlangte, wären damit weiter auch solche Genussrechte erfasst, die einen – wenn auch nur bedingten – Zahlungsanspruch vorsehen.1294 b) Entsprechende Anwendung des SchVG. Folgt man den Überlegungen zum Umfang 425 der gesetzlichen Anwendbarkeit des SchVG nicht, stellt sich die Frage einer entsprechenden Anwendung des SchVG. Vertraglich ist eine ähnliche Regelung in den Anleihe-/ Genussrechtsbedingungen in jedem Falle möglich.1295 Möglicherweise gelten die darin aufgestellten Erfordernisse der Abhaltung einer Gläubigerversammlung und eines qualifizierten Mehrheitsbeschlusses bei Aufhebung oder Beschränkung der Gläubigerrechte (§ 5 SchVG) aber auch für Genussscheine insgesamt zwingend.1296 Dafür spricht, dass die Genussscheininhaber in gleicher Weise wie die Schuldverschreibungsgläubiger mit einer Beschränkung ihrer Rechte zu einer Sanierung der Gesellschaft beitragen können. § 5

1290

1291 1292

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Genußschein S 35; Hirte ZIP 1991, 1461, 1467 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 252; Scholz/Breu DZWiR 2007, 126; Vogel, Die Vergemeinschaftung der Anleihegläubiger und ihre Vertretung nach dem Schuldverschreibungsgesetz, 1999, S 256. Ausführlich dazu Lorenz/Pospiech DB 2009, 2419, 2421 f; ebenso MK-Habersack3 § 221 Rdn 252; iE wohl auch Veranneman/Oulds SchVG § 1 Rdn 27. So wörtlich Begr RegE SchVG, BT-Drucks 16/12814, S 16. So auch schon zum SchVerschrG 1899 Ernst Partizipationsschein S 220; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 267; abw Schilling Voraufl § 221 Anm 12 Abs 2.

1293

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1296

So zum SchVerschrG 1899 Gottlieb Genußschein S 35; Hirte ZIP 1991, 1461, 1468; Reuter NJW 1984, 1849, 1854; abw KK-Lutter 2 § 221 Rdn 266. Beispiel: die Klöckner-Genussscheine; dazu Hirte ZIP 1991, 1461, 1468; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 268. Vgl RGZ 132, 199, 204 f; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 266; MK-Habersack3 § 221 Rdn 253; Vollmer ZGR 1983, 445, 469 f. Dafür Reuter NJW 1984, 1849, 1854 mwN; abw Hammen BB 1990, 1917, 1920; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 353 (das SchVG diene nicht dem Schutz gegenüber der Emittentin, sondern gegenüber einzelnen widersprechenden Gläubigern).

Heribert Hirte

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Fünfter Unterabschnitt

Abs 3 S 1 Nr 3 SchVG (früher § 12 Abs 3 SchVerschrG), der im Umkehrschluss keinen vollständigen Verzicht auf Kapitalansprüche gestattet (o Rdn 202), steht dem nicht entgegen und verbietet insbesondere nicht eine Verlustbeteiligung nach § 10 Abs 5 S 1 Nr 1 KWG;1297 denn die Vorschriften des SchVG haben nur nachträgliche Eingriffe in Rechte im Blick, die aber gerade nicht in Rede stehen, wenn ein solcher Nachrang schon bei der Emission festgelegt war. Auch hier liegt damit die Anwendung derselben Erleichterungen (Mehrheitsbeschluss statt Einstimmigkeit), aber auch derselben Schranken (Gläubigerversammlung; kein vollständiger Verzicht) nahe. Dass der historische Gesetzgeber des früheren SchVerschrG im Jahre 1899 den Willen 426 einer allgemeinen Einbeziehung auch des Genussrechts möglicherweise nicht gehabt hatte,1298 ist demgegenüber ein wenig überzeugendes Argument. Denn nach der Auffassung des Reichsgerichts konnte die Gesellschaft Kapitalmaßnahmen bis an die Grenze der Sittenwidrigkeit zu Lasten der Genussscheininhaber durchführen.1299 Dies entsprach der Rechtsprechung, nach der ähnlich schwerwiegende Beeinträchtigungen von Aktionären, etwa durch Ausschluss des Bezugsrechts, ebenfalls nur anhand des Sittenwidrigkeitsmaßstabes überprüft werden konnten.1300 Mit Blick auf den früher fehlenden inhaltlichen Schutz von Genussscheininhabern war aber auch ein verfahrensmäßiger Schutz durch Gläubigerversammlung und Bestellung eines gemeinsamen Vertreters (§ 7 SchVG [= § 14 SchVG aF]) entbehrlich.1301 Wenn der historische Gesetzgeber vor diesem Hintergrund den verfahrensmäßigen Schutz von Schuldverschreibungsgläubigern und Genussscheininhabern unterschiedlich ausgestaltet hat, ist dies also mit der seinerzeit weitaus schwächeren Stellung der Gesellschafter, an deren Stellung die der Genussrechtsinhaber angelehnt war, erklärbar. Nachdem das Aktienrecht aber inzwischen den Schutz der Aktionäre beträchtlich ausgebaut hat und – etwa in § 179 Abs 3 AktG – allgemein die qualifizierte Zustimmung einer Aktionärsgattung bei Verkürzungen ihrer Rechte verlangt, kann nicht (mehr) davon ausgegangen werden, dass für Inhaber von Genussscheinen eine Lücke in diesem System bestehen soll, die sie vollkommen schutzlos lässt. Vielmehr ist von einem „Kontinuum“ der Mitwirkung bei der Verkürzung von Rechten auszugehen, das von der Beteiligung des Aktionärs an der Satzungsänderung und selbst des Vorzugsaktionärs ohne Stimmrecht an ihn benachteiligenden Maßnahmen über das Erfordernis qualifizierter Mehrheit bei der Beeinträchtigung von Kapitalmarktgläubigern bis hin zur Notwendigkeit individueller Zustimmung bei allen übrigen Gläubigern reicht.1302 Die Genussscheininhaber sind mithin grundsätzlich wie die Schuldverschreibungsgläubiger zwingend im Verbund nach dem SchVG zusammengefasst. Freilich setzt eine Beteiligung der Genussscheingläubiger inhaltlich voraus, dass es zu 427 einer Beschränkung der Rechte der Genussscheininhaber im Sinne von § 5 SchVG kommen soll. Da und wenn das Genussrecht als mit den Gewinnrechten der Aktionäre verknüpft ausgestaltet ist, liegt eine Beeinträchtigung zunächst jedenfalls dann vor, wenn dieser Zusammenhang aufgelöst werden soll, wenn also der vorab vereinbarte „Gleichlauf“ von Aktionären und Genussscheininhabern bei der Risikotragung zum Nachteil der Genussscheininhaber nachträglich zerrissen wird.1303 Der Anknüpfungspunkt gleicht 1297 1298

1299 1300

So der Einwand von KK-Lutter 2 § 221 Rdn 353. So der Hinweis bei Hammen BB 1990, 1917, 1920; ebenso OLG Frankfurt/Main ZIP 2006, 1388, 1390. RGZ 83, 295, 298. Vgl RGZ 68, 235, 245 f (Hibernia); RGZ 132, 149, 163 ff (Victoria).

1301

1302 1303

So bei den von Hammen BB 1990, 1917, 1920 genannten Beispielen aus den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Hirte ZIP 1991, 1461, 1468. Hirte ZIP 1991, 1461, 1468 f; ebenso für die Rechtsstellung der Partizipanten Schweizer Rechts im Rahmen von Art 657 Abs 5 OR: BG, BGE 113 II, 528, 533 f

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insoweit § 141 Abs 2, wo die Schaffung weiterer Vorzugsaktien das Zustimmungserfordernis der vorhandenen Vorzugsaktionäre auslöst. Darüber hinaus greift das SchVG dann ein, wenn neben einer vereinbarten Verlustbeteiligung in weitergehendem Umfang in Rechte der Genussscheingläubiger eingegriffen werden soll.1304 Problematisch ist dagegen, ob bei einer bereits aufgrund der Emissionsbedingungen feststehenden Verlustbeteiligung (einschl den Fällen einer Gleitklausel) noch ein weiterer Beschluss der Schuldverschreibungsgläubiger entsprechend § 5 SchVG zu fassen ist. Auch dies ist zu bejahen (siehe auch o Rdn 424 mwN der Gegenstimmen). Denn die Beschlussfassung hat über die Kürzung der Rechte der Gläubiger hinaus auch das Ziel, die Voraussetzungen einer solchen Kürzung festzustellen und die Gläubiger (hier also die Genussscheingläubiger) mit verfahrensmäßigen Behelfen zur Durchsetzung und Kontrolle ihrer eigenen Rechte auszustatten (etwa die Möglichkeit der Bestellung eines gemeinsamen Vertreters (§ 7 SchVG).1305 Gerade das Institut des gemeinsamen Vertreters hat für die Gesellschaft andererseits auch den Vorteil, dass sie sich nicht mit den Genussberechtigten als Einzelpersonen auseinandersetzen muss.1306 Auch hier bedarf es daher eines Beschlusses der Genussscheingläubiger, nur dass dieser Beschluss nicht die erstmalige Verlustbeteiligung, sondern nur deren Feststellung zum Gegenstand hat. Das Beschlusserfordernis ist vor diesem Hintergrund eine – auch im Rahmen einer AGB-Kontrolle nach § 307 Abs 2 zu beachtende – Wertentscheidung, dass Rechtsverkürzungen der zumindest kollektiven Mitwirkung derer bedarf, deren Rechte verkürzt werden sollen. 3. Insolvenz Hinsichtlich der Behandlung von Gewinnschuldverschreibungen in der Insolvenz 428 ergeben sich keine Besonderheiten gegenüber sonstigen Schuldverschreibungen. Die aus ihnen resultierenden Forderungen bilden demgemäß (gewöhnliche) Insolvenzforderungen iSv § 38 InsO. Im Übrigen gelten die Überlegungen zu Wandel- und Optionsanleihen entsprechend (o Rdn 206). Forderungen von Genussscheingläubigern bilden grundsätzlich ebenfalls zunächst 429 (gewöhnliche) Insolvenzforderungen iSv § 38 InsO. Genussscheingläubiger sind als solche auch keine Gesellschafter, so dass Genussrechtsverbindlichkeiten nicht schon deshalb wegen § 39 Abs 1 Nr 5 InsO im Insolvenzverfahren nachrangig sind.1307 Freilich kann sich ein Nachrang daraus ergeben, dass und wenn eine Genussscheinverbindlichkeit einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entspricht (§ 39 Abs 1 Nr 5 Alt 2 InsO); das ist vor allem dann anzunehmen, wenn die entsprechende Verbindlichkeit bilanziell Eigenkapital darstellt.1308 Insoweit entspricht die (nicht entschiedene) Fragestellung der oben

1304

1305

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(Schweizerische Aluminium-AG/Eidgenössisches Amt für Handelsregister) (1987) = SchweizAG 1989, 188 (Ls). Abw OLG Frankfurt/Main ZIP 2006, 1388, 1390 (zum alten SchVG), das insoweit offenbar eine Sperrwirkung des SchVG annimmt; ebenso LG Frankfurt/Main WM 2006, 1340, 1341. Zur vertraglichen Schaffung einer Gläubigerversammmlung bei den KlöcknerGenussscheinen Schön JZ 1993, 925, 930. – Zu den – gegenüber dem allgemeinen Recht weitergehenden – verfahrensmäßigen Rechten im Anwendungsbereich

1306

1307 1308

des SchVG auch OLG Frankfurt/Main ZIP 2006, 1388, 1390, das deren Nutzung durch Genussscheingläubiger dann aber unverständlicherweise nicht zulässt; ebenso LG Frankfurt/Main WM 2006, 1340, 1341 aE. Schön JZ 1993, 925, 930; dazu auch KK-Lutter 2 § 221 Rdn 380 (Möglichkeit der Konzentration der Informationsrechte der Genussscheingläubiger bei einem gemeinsamen Vertreter). Klusmeier ZInsO 2010, 1873, 1874. Abw Klusmeier ZInsO 2010, 1873, 1874.

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Fünfter Unterabschnitt

(Rdn 360 ff) wiedergegebenen Debatte um die Konkurrenz von Genussscheinen und stimmrechtslosen Vorzugsaktien. Solange kein Nachrang erklärt ist, sind Genussscheinverbindlichkeiten auch nach § 19 Abs 2 S 2 InsO in den Überschuldungsstatus einzubeziehen.1309 Allerdings sehen die in der Praxis heute vorherrschenden gegen Einlage ausgegebenen 430 Genussscheine typischerweise in den Genussrechtsbedingungen (also vertraglich) vor (und müssen dies wegen der aufsichtsrechtlichen Vorgaben auch), dass die aus ihnen resultierenden Forderungen in der Insolvenz erst im Rang nach allen nicht nachrangigen Gläubigern befriedigt werden dürfen (dazu o Rdn 356).1310 Genussscheinforderungen dieses Typs werden daher nach der Auslegungsregel des § 39 Abs 2 InsO im Zweifel nach den nachrangigen Verbindlichkeiten des § 39 Abs 1 InsO bedient. Auf die Frage, ob sie unter § 39 Abs 1 Nr 5 Alt 2 InsO fallen, kommt es dementsprechend gar nicht an. Dabei ist es möglich und üblich, dass Genussscheine unterschiedlicher Emissionen im Verhältnis zueinander ihrerseits in einem in den Genussrechtsbedingungen festgelegten Nachrangverhältnis (verschiedene „layer“ nachrangigen Eigenkapitals) bedient werden.

VIII. Bilanzierung 1. Genussrechte

431

Bei der Bilanzierung von Genussrechten im Jahresabschluss der Gesellschaft ist zu unterscheiden zwischen dem etwaigen Anspruch auf Rückzahlung des Genussrechtskapitals und den laufend auf das Recht erbrachten Leistungen.

432

a) Danach ist zunächst der Fall auszugrenzen, dass ein Genussrecht nicht gegen eine (Kapital-)Einlage ausgegeben wurde. In solchen Fällen, in denen das Genussrecht etwa das Recht auf eine Benutzung von Einrichtungen der Gesellschaft beinhaltet, fehlt es an einem irgendwann einmal rückzahlbaren Kapital. Eine Bilanzierung scheidet dementsprechend aus.1311

433

b) Hinsichtlich der Bilanzierung eines auf eine Einlage zurückgehenden Genussrechtskapitals gibt es Sondervorschriften für Kreditinstitute in den §§ 14, 17, 20 und 28 f RechKredVO. Im Übrigen finden sich keine besonderen gesetzlichen Regelungen, so dass auf die allgemeinen Vorschriften zurückzugreifen ist. Dabei kommt eine Bilanzierung als Eigenkapital oder Verbindlichkeit in Betracht. Als Einlage, die einen Bilanzansatz begründet, kommt dabei jede vermögenswerte Leistung in Betracht und nicht etwa nur eine Bareinlage;1312 die besonderen Vorschriften zur Feststellung der Werthaltigkeit der Einlagen auf Aktien gelten hier nicht.

434

aa) Eine Bilanzierung als Verbindlichkeit ist vorzunehmen, wenn schon im Zeitpunkt der Begebung des Rechts ein Zahlungsanspruch des Genussrechtsinhabers besteht, mag

1309

1310 1311

MK-Habersack3 § 221 Rdn 353 aE; Stadler NZI 2003, 579, 581; Uhlenbruck/Uhlenbruck13 § 19 InsO Rdn 113; Zätzsch DLK 1988, 610, 613; ausf Bork FS Röhricht, 2005, S 47 ff. Uhlenbruck/Hirte 13 § 11 InsO Rdn 197. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 417, 419; Lutter DB

1312

1993, 2441, 2443; MK-Habersack3 § 221 Rdn 351; abw für Genussrechte, die zur Ablösung von Forderungen gewährt wurden, Göhrum Einsatzmöglickeiten S 255. IDW, Stellungnahme HFA, WPg 1994, 419, 421 (auch Forderungsverzicht nach § 397 BGB); KK-Lutter 2 § 221 Rdn 417.

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dieser auch noch nicht fällig oder auflösend bedingt sein.1313 Ein bloß befristet laufendes Genussrecht ist danach eigentlich hinsichtlich seines Rückzahlungsanspruchs als Verbindlichkeit zu buchen. Die Praxis tendiert jedoch heute zu einem „liberaleren“ Verständnis und will bloße Langfristigkeit der Einlageüberlassung für die Annahme von Eigenkapital ausreichen lassen (näher sogleich Rdn 437 ff).1314 An einem als Verbindlichkeit auszuweisenden Zahlungsanspruch fehlt es jedoch sicher, wenn das Genussrechtskapital nur aus dem Liquidationserlös und daher nur im Liquidationsfall zurückzuzahlen ist; denn damit ist der Rückzahlungsanspruch von einem vorgängigen Liquidationsbeschluss und vom Vorhandensein entsprechender Mittel abhängig.1315 Gleiches gilt, wenn der Rückzahlungsanspruch nur aus dem Gewinn zu bedienen ist, weil dann bei Begebung des Genussrechts noch nicht feststeht, ob und in welcher Höhe ein Gewinn zur Bedienung des Rückzahlungsanspruchs zur Verfügung steht.1316 Grundsätzlich möglich und nötig ist eine Bilanzierung als Verbindlichkeit aber, wenn 435 die Genussrechtsbedingungen – wie in der Praxis der Regelfall – etwa aus aufsichtsrechtlichen Gründen eine Nachrangabrede oder Verlustbeteiligungsvereinbarung zu Lasten des Genussrechtsinhabers enthalten. Im Falle der Verlustbeteiligung besteht nämlich grundsätzlich ein Rückzahlungsanspruch in voller Höhe, der erst im Falle einer Verlustbeteiligung und dann häufig auch nur teilweise entfällt.1317 Als Verbindlichkeit zu passivieren sind Genussrechtsansprüche aber auch, wenn sie (va zu Sanierungszwecken) mit einer bloßen Nachrangabrede versehen sind:1318 Denn auch hierbei handelt es sich, wie aus § 39 InsO deutlich wird, um Verbindlichkeiten, mögen diese auch nur nach anderen Verbindlichkeiten bedient werden dürfen.1319 Dafür spricht auch, dass die Nachrangabrede in einer Genussrechtsvereinbarung gerade nicht erst in Insolvenznähe und damit zu

1313

1314

1315

1316

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Emde BB 1988, 1214, 1215; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 407; MK-Habersack3 § 221 Rdn 354; Vollmer/Maurer DB 1994, 1173, 1178. Dazu jetzt IDW, Stellungnahme HFA, WPg 1994, 419, 420; KK-Rechnungslegungsrecht-Mock § 272 HGB Rdn 31; Küting/ Kessler/Harth BB 1996, Beil 4 S 14 f; Pöschke CFL 2011, 195, 198; kritisch zu der restriktiver formulierten ursprünglichen Fassung der Stellungnahme Jasper WiB 1994, 102 ff; Lutter DB 1993, 2441, 2444 f; Schweitzer/Volpert BB 1994, 821 ff; Vollmer/Maurer DB 1994, 1173, 1178; zust zu dieser jedoch Groh BB 1995, 559; Müller/Reinke WPg 1995, 569, 570. RGZ 81, 17, 22; Angerer Genußrechte S 215 f; KK-Lutter2 § 221 Rdn 408; Lutter DB 1993, 2441, 2443; Knobbe-Keuk ZIP 1983, 127, 130; Knoppe BB 1966, 281, 282 f; Vollmer/Maurer DB 1994, 1173, 1178; Wiese/Dammer DStR 1999, 867, 870; Wünsch FS Strasser I, 1983, S 871, 883. RGZ 81, 17, 22; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 409; Wiese/Dammer DStR 1999, 867, 870.

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KK-Lutter 2 § 221 Rdn 410; abw Kommission für Bilanzierungsfragen des Bundesverbandes deutscher Banken, Bank 1986, 252. Zu den Anforderungen an eine später zu vereinbarende (Sanierungs-)Nachrangabrede Vollmer/Maurer DB 1994, 1173, 1178. BGHZ 124, 282 = ZIP 1994, 295 = NJW 1995, 724 = EWiR § 11 GmbHG 1/94, 275 (von Gerkan) (zur Bilanzierung kapitalersetzender Darlehen in der Handelsbilanz); Baumbach/Hopt/Merkt 34 § 266 HGB Rdn 16; Groh BB 1995, 559, 560; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 413; MK-Habersack3 § 221 Rdn 351; Stadler NZI 2003, 579, 581; Wengel DStR 2000, 395, 396 (mit dem Hinweis, dass die Nachrangigkeit bei einer Unternehmensfortführung jedenfalls für die Bilanzanalyse irrelevant ist); abw (gegen jede Bilanzierung nachrangiger Verbindlichkeiten) Emde Genußschein S 56 f (für einen Ausweis als Genussrechtskapital); Herget AG 1974, 137, 142; früher Priester DB 1977, 2429, 2434; wohl auch Wiese/Dammer DStR 1999, 867, 870.

Heribert Hirte

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Fünfter Unterabschnitt

einem Zeitpunkt getroffen wird, in dem die Verbindlichkeiten bereits materielles Eigenkapital sind; in diesem Zeitraum vor der Insolvenz würde eine Nicht-Erfassung des nachrangigen Genussrechtskapitals als Verbindlichkeit zu einer fehlerhaften Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage (§ 264 Abs 2 HGB) führen (zur teilweise abw Behandlung im Überschuldungsstatus nach § 19 InsO o Rdn 429).1320 Diesen Ansatz verfolgen auch die Internationalen Rechnungslegungsstandards in IAS 32.1321 Ein Ausweis als Eigenkapital kommt allerdings dann in Betracht, wenn entweder anstelle der Tilgung eine unendliche Laufzeit des Genussrechts („ewige Anleihe“) oder eine Pflichtwandlung in Aktien zu einem im Emissionszeitpunkt bereits feststehenden1322 Umtauschverhältnis vereinbart wird; weitere Voraussetzung ist, dass die Genussrechte nicht schon aus dem Jahresüberschuss bedient werden, sondern dass ihre Vergütung eine Beschlussfassung über einen auszuschüttenden Bilanzgewinn voraussetzt.1323 Im Falle der Passivierung als Verbindlichkeit stellt sich die weitere Frage, wo diese 436 vorzunehmen ist. Zum Teil soll eine Bilanzierung als Verbindlichkeit, verbunden mit dem Hinweis auf den Nachrang erfolgen.1324 Um deutlicher zu machen, dass die Verbindlichkeit im Nachrangfall nicht zu befriedigen ist, will eine Auffassung einen selbstständigen Posten zwischen Eigen- und Fremdkapital („Genussrechtskapital“) einstellen.1325 Bei als Genussscheinen verbrieften Genussrechten wird auch ein Ausweis unter den Anleihen mit weiterer Untergliederung (wegen § 268 Abs 5 S 1 HGB) oder Davon-Vermerk für zulässig erachtet.1326

437

bb) Sofern eine Bilanzierung als Verbindlichkeit nicht erforderlich ist, kommt eine Bilanzierung im Eigenkapital in Betracht. Denn damit dienen die potentiellen Zahlungspflichten zwar nicht mehr zur Berechnung der Überschuldung (für das Insolvenzrecht § 19 Abs 2 InsO; dazu näher o Rdn 429), wirken aber immer noch als Ausschüttungssperre.1327 Wegen dieser Funktion kann auf eine Passivierung auch nicht etwa verzichtet werden, zumal sonst ein – auch steuerpflichtiger – Ertrag ausgewiesen werden müsste (dazu auch noch u Rdn 442).1328 Im Anschluss an die HFA-Stellungnahme 1/1994 des IDW sind die Voraussetzungen 438 für die Bilanzierung von Genusskapital als Eigen- statt als Fremdkapital deutlich herabgesetzt worden. Dem folgend hat die Praxis eine Bilanzierung im Eigenkapital offenbar nicht nur in den o Rdn 434 genannten Fällen vorgenommen, in denen es an einer Verbindlichkeit fehlt, sondern auch bei nur nachrangig zu bedienenden und am Perioden1320 1321

1322 1323

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1325

KK-Lutter 2 § 221 Rdn 414. Harrer/Janssen/Halbig FB 2005, 1, 4; Mock, Finanzverfassung der Kapitalgesellschaften und internationale Rechnungslegung (2008), S 130 mwN; Pöschke CFL 2011, 195, 199 f; Stadler NZI 2003, 579, 580. Also nicht bei variablem Umtauschverhältnis: Stadler NZI 2003, 579, 580. Harrer/Janssen/Halbig FB 2005, 1, 5; Pöschke CFL 2011, 195, 199 f (mit weiteren Vorschlägen). Duss AG 1974, 133, 136 (zum schweizerischen Aktienrecht); Fleck GmbHR 1989, 313, 315 f. IDW, Stellungnahme HFA, WPg 1994, 419, 421; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 413; Knobbe-

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Keuk ZIP 1983, 127, 130 f; Lutter/Hommelhoff ZGR 1979, 31, 55; Peters WM 1988, 685, 692 mwN; Karsten Schmidt FS Goerdeler, 1987, S 487, 502 f. IDW, Stellungnahme HFA, WPg 1994, 419, 421; dazu Küting/Kessler/Harth BB 1996, Beil 4 S 16. Adler/Düring/Schmaltz 6 § 266 HGB Rdn 195; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 415; Lutter DB 1993, 2441, 2443; Wünsch FS Strasser I, S 871, 883. Emde BB 1988, 1214 ff; Herchen Agio und verdecktes Agio im Recht der Kapitalgesellschaften, 2004, S 279 ff (allgemein für „schuldrechtliche“ Zusatzleistungen); KK-Lutter 2 § 221 Rdn 415.

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verlust beteiligten Genussrechten, und zwar selbst dann, wenn § 10 Abs 5 KWG nicht eingreift.1329 Nach der genannten IDW-Stellungnahme kann eine bloß schuldrechtlich begründete 439 Kapitalüberlassung (nur; aber auch schon) dann als bilanzielles Eigenkapital abgebildet werden, wenn folgende Kriterien kumulativ erfüllt sind: (1) Der Rückzahlungsanspruch muss nachrangig sein, was dann zu bejahen ist, wenn er auch im Insolvenz- oder Liquidationsfall erst nach Befriedigung aller anderen Gläubiger bedient wird und das Kapital damit auch in diesem Fall als Haftungssubstrat zur Verfügung steht;1330 (2) die Vergütung für die Überlassung des Kapitals muss erfolgsabhängig sein, und das Kapital muss (spätestens im Zeitpunkt seiner Rückzahlung) bis zur vollen Höhe an (gegebenenfalls aufgelaufenen) Verlusten teilnehmen; (3) es muss längerfristig überlassen werden (aber eben nicht: unbeschränkt).1331 Für die erforderliche Beteiligung am Verlust in voller Höhe ist es nicht ausreichend, dass eine solche Beteiligung nur im Falle einer Herabsetzung auch des Grundkapitals stattfindet, oder indem das Genusskapital (nur) am Bilanzverlust beteiligt wird; ausreichend ist aber eine Beteiligung am Jahresfehlbetrag.1332 Im Falle von Wandel- oder Optionsgenussscheinen ist auch sicherzustellen, dass nach einer Verlustbeteiligung ein Bezug der jungen Aktien nicht gegen das Verbot der Unter-pariEmission verstößt (dazu näher o Rdn 219).1333 Im Falle von Pflicht-Wandelgenussscheinen ist eine Qualifikation als Eigenkapital demgegenüber unproblematisch, da die Genussrechtsinhaber mangels Rückzahlungsanspruchs schon wie Aktionäre an Verlusten der Anteilsinhaber teilhaben.1334 Das Gebot der Verlustteilname beinhaltet auch, dass die für das Grundkapital geltenden Ausschüttungssperren nicht durch Ausschüttungen von Genussrechtskapital umgangen werden dürfen.1335 Vor dem Hintergrund der IDW-Stellungnahme steht weiter die Vereinbarung einer erfolgsunabhängigen Mindestvergütung der Qualifikation eines Genussrechts als Eigenkapital entgegen.1336 Welche Laufzeitvoraussetzungen erfüllt sein müssen, um den Eigenkapitalcharakter eines Genussrechts bejahen zu können, ist demgegenüber umstritten: Die Auffassungen reichen von fünf bis zu 15–25 Jahren.1337 Folge der nach deutschem Bilanzrecht möglichen Qualifikation von Eigenkapital in bezug auf Beträge, die gesellschaftsrechtlich (noch) kein Eigenkapital darstellen, ist ein Auseinanderdriften des Eigenkapitalbegriffs. Das mag aus praktischer Sicht durchaus hilfreich sein, weil es die aus einer einheitlichen Auslegung des Begriffs zu ziehenden Schlussfolgerungen (dazu o Rdn 360 ff) verhindert; die Konsistenz der Rechtsordnung leidet darunter allerdings.

1329

1330 1331

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IDW, Stellungnahme HFA, WPg 1994, 419, 420 (dort auch zum Nicht-Eingreifen von § 10 Abs 5 KWG); Emmerich/Naumann WPg 1994, 677, 678 ff; Küting/Kessler/ Harth BB 1996, Beil 4 S 5 ff; Lutter DB 1993, 2441, 2443 f; MK-Habersack3 § 221 Rdn 352 f; Müller/Reinke WPg 1995, 569 f; Pöschke CFL 2011, 195, 198 f; Schweitzer/Volpert BB 1994, 821, 823 ff. – Empirische Angaben bei Küting/Kessler/ Harth BB 1996, Beil 4 S 3 ff. Küting/Kessler/Harth BB 1996, Beil 4 S 6; Lorch Genussschein S 45 ff. Hierzu ausf Küting/Kessler/Harth BB 1996, Beil 4 S 12 ff (zum zunächst restriktiveren Entwurf ebda S 3).

1332 1333 1334 1335

1336 1337

Küting/Kessler/Harth BB 1996, Beil 4 S 11. Küting/Kessler/Harth BB 1996, Beil 4 S 11 f. Küting/Kessler/Harth BB 1996, Beil 4 S 12. IDW, Stellungnahme HFA, WPg 1994, 419, 420; zust Küting/Kessler/Harth BB 1996, Beil 4 S 9. Küting/Kessler/Harth BB 1996, Beil 4 S 5. Küting/Kessler/Harth BB 1996, Beil 4 S 5, 14 mwN; Pöschke CFL 2011, 195, 198 f mwN; für eine Erstreckung auch auf „ewige Anleihen“ Harrer/Janssen/Halbig FB 2005, 1, 6 (zu deren Hintergrund [Anerkennbarkeit des Genussrechtskapitals als Eigenkapital auch nach IFRS] o Rdn 435).

Heribert Hirte

§ 221

Fünfter Unterabschnitt

440

Bei einer Bilanzierung als Eigenkapital scheidet eine Passivierung als „gezeichnetes Kapital“ (§ 266 Abs 3 A I HGB) aus, weil die Genussrechte nicht zu einer Beteiligung am Grundkapital führen.1338 Denkbar ist vor diesem Hintergrund eine Einstellung in die Kapitalrücklage nach § 272 Abs 2 HGB; dagegen spricht freilich die Möglichkeit der Rückzahlung des Genusskapitals, der – anders als bei § 272 Abs 2 HGB – auch eine Zulässigkeit der Auflösung der Kapitalrücklage entsprechen muss.1339 Überwiegend und zu Recht wird daher eine Bilanzierung als selbstständiger Eigenkapitalposten „Genussrechtskapital“ vor der ersten Position des Fremdkapitals befürwortet; eine solche Ergänzung der Gliederung wird von § 265 Abs 5 S 2 HGB im Interesse höherer Transparenz der Bilanz ausdrücklich zugelassen.1340 Die IDW-Stellungnahme geht noch einen Schritt weiter und favorisiert einen Ausweis in einem separaten Posten innerhalb des Eigenkapitals, der nach dem gezeichneten Kapital, den Gewinnrücklagen oder als letzter Posten des Eigenkapitals eingefügt werden kann.1341 An der Qualifikation als Eigenkapital ändert sich bei „längerfristig“ überlassenem Kapital auch dann nichts, wenn die Restlaufzeit das Merkmal der Längerfristigkeit nicht mehr erfüllt; das soll nur dann anders sein, wenn eine Rückzahlung des Kapitals infolge einer Kündigung vor Ablauf des auf den Abschlussstichtag folgenden Geschäftsjahrs möglich ist.1342 Bei Beendigung der Laufzeit ist der Posten erfolgswirksam aufzulösen, so dass durch entsprechende Erhöhung des Bilanzgewinns Mittel zur Bedienung der Rückzahlungsansprüche zur Verfügung stehen;1343 die Entnahme aus dem Genusskapital ist dabei im Gliederungsschema nach dem Jahresergebnis auszuweisen.1344 Das vorstehend beschriebene, inzwischen übliche Vorgehen beinhaltet im Gegensatz zu der präferierten Lösung einer Behandlung als Verbindlichkeit das Risiko, dass die Gesellschaft iR der Gewinnverwendung Teile des zur Rückzahlung an die Genussrechtsinhaber bestimmten Betrages thesauriert.1345 Eigene Genussrechte sind entsprechend der Lage bei eigenen Aktien zu behandeln: Sie 441 waren daher früher einerseits auf der Aktivseite als Vermögenswert anzusetzen (§ 266 Abs 2 B III 2 HGB), andererseits war aber durch eine entsprechend § 272 Abs 4 HGB zu bildende Rücklage der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die entsprechenden Werte nicht wirklich als Haftungsmasse zur Verfügung stehen.1346 Seit der Einfügung von § 272 Abs 1a HGB durch das BilMoG im Jahre 2009 sind sie demgegenüber unmittelbar vom Posten Genusskapital (o Rdn 440) abzusetzen; auf der Aktivseite erscheinen sie mithin nicht mehr.1347 1338 1339 1340

1341 1342

KK-Lutter 2 § 221 Rdn 416. KK-Lutter2 § 221 Rdn 416; abw Vollmer/Maurer DB 1994, 1173, 1178. Baumbach/Hopt/Merkt 34 § 265 HGB Rdn 5; HdJ /Singhof Abt III/2 Rdn 177; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 416; Lutter DB 1993, 2441, 2443; MK-Habersack3 § 221 Rdn 353; krit (wegen der darin liegenden Verwischung der Grenzen von Eigen- und Fremdkapital); Küting/Kessler/Harth BB 1996, Beil 4 S 16 (zur gleichwohl weiten Verbreitung dieses Vorgehens ebda S 16). IDW, Stellungnahme HFA, WPg 1994, 419, 421. IDW, Stellungnahme HFA, WPg 1994, 419, 420; Lutter DB 1993, 2441, 2445; Müller/ Reinke WPg 1995, 569, 571; Pöschke CFL 2011, 195, 198 f; zT abw Küting/Kessler/

1343 1344

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Harth BB 1996, Beil 4 S 14 (gegen Ausweiswechsel, wenn ausreichend lange Kündigungsfrist [zwei Jahre] vereinbart wurde). KK-Lutter 2 § 221 Rdn 418; MK-Habersack3 § 221 Rdn 353. Zur Behandlung zwischenzeitlicher Verlustbeteiligungen Müller/Reinke WPg 1995, 569, 574 f; Wollmert BB 1992, 2106, 2107 f (dort auch zur entsprechenden Frage für den Fall einer Qualifikation des Genusskapitals als Fremdkapital). KK-Lutter 2 § 221 Rdn 418. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 423 f; MK-Habersack3 § 221 Rdn 361. Ähnlich MK-Habersack3 § 221 Rdn 361 aE.

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cc) Ganz ausnahmsweise, nämlich in Fällen einer sanierenden Zuführung von Ge- 442 nusskapital, hinsichtlich dessen kein Rückforderungsanspruch besteht, können Einlageleistungen auch unmittelbar erfolgswirksam vereinnahmt werden, brauchen also nicht passiviert zu werden.1348 c) Soweit das Genussrechtskapital gegen ein Aufgeld ausgegeben wird, ist wiederum 443 danach zu unterscheiden, ob das Kapital als Fremd- oder Eigenkapital zu qualifizieren ist. Fehlt der Eigenkapitalcharakter, ist ein Aufgeld (oder Abgeld) wie bei einem (echten) Darlehen zu bilanzieren.1349 Ist es als Eigenkapital anzusehen, sollte es entweder mit Davon-Vermerk beim Genussrechtskapital angesetzt werden; denkbar ist aber auch, es unter die Kapitalrücklage einzustellen, freilich verbunden mit einem besonderen Hinweis, da es die gesetzlichen Voraussetzungen des § 272 Abs 2 HGB nicht erfüllt, weil es sich beim Genusskapital nicht um echtes Grundkapital handelt.1350 Das bei Wandel- oder Optionsgenussscheinen zum Erwerb von Anteilen erzielte Ent- 444 gelt ist nach § 272 Abs 2 Nr 2 in die Kapitalrücklage einzustellen,1351 da es sich insoweit um Eigenkapital handelt, das zum Zweck des Erwerbs echter Anteilsrechte gezahlt wurde. Die oben Rdn 225, 233 ff zu Wandel- und Optionsanleihen gemachten Ausführungen gelten daher entsprechend. Eindeutig in die Kapitalrücklage wird man ein Agio nur im (Ausnahme-)Fall eines Genussrechts mit unbeschränkter Laufzeit einstellen können; dem dürfte der Fall von Eigenkapitalcharakter iS der vorstehend beschriebenen Verständnisses gleich zu achten sein.1352 Bei Genussrechten mit Fremdkapitalcharakter ist demgegenüber nach § 250 Abs 2 HGB ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden, der über die Laufzeit des Genussrechts abzuschreiben ist.1353 Ein Disagio bei der Emission eines Genussrechts mit Eigenkapitalcharakter ist als nachträgliche Vergütung während der Laufzeit des Rechts ratierlich zu Lasten eines gesondert auszuweisenden Aufwandspostens zuzuschreiben, während das Recht selbst zunächst nur mit seinem Ausgabebetrag zu passivieren ist.1354 Bei einem Genussrecht mit Fremdkapitalcharakter kann in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem Rückzahlungsbetrag und dem niedrigeren Ausgabebetrag nach § 250 Abs 3 HGB ein aktiver Rechnungsabgrenzungsposten gebildet werden.1355 d) Zinsansprüche, die nicht vom Gewinn abhängig sind (also keine Nachrangabrede 445 enthalten), sind bei der Gesellschaft im laufenden Geschäftsjahr als Verbindlichkeit zu bilanzieren.1356 In der Gewinn- und Verlustrechnung sind sie als Aufwand zu behandeln. Noch nicht entstandene gewinnabhängige Zinsansprüche werden demgegenüber nicht

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IDW, Stellungnahme HFA, WPg 1994, 419, 421; Adler/Düring/Schmaltz6 § 266 HGB Rdn 196; MK-Habersack3 § 221 Rdn 351; abw Göhrum Einsatzmöglickeiten S 199 ff. IDW, Stellungnahme HFA, WPg 1994, 419, 421; Küting/Kessler/Harth BB 1996, Beil 4 S 17 f. Ausführlich IDW, Stellungnahme HFA, WPg 1994, 419, 421; iE ebenso KK-Lutter 2 § 221 Rdn 420. IDW, Stellungnahme HFA, WPg 1994, 419, 421 f; MK-Habersack3 § 221 Rdn 355. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 420; abw MKHabersack3 § 221 Rdn 357: gesonderte

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Einstellung innerhalb des Postens „Genussrechtskapital“. IDW, Stellungnahme HFA, WPg 1994, 419, 421; MK-Habersack3 § 221 Rdn 356. IDW, Stellungnahme HFA, WPg 1994, 419, 421; MK-Habersack3 § 221 Rdn 358. IDW, Stellungnahme HFA, WPg 1994, 419, 421; MK-Habersack3 § 221 Rdn 358. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 245, 422; Lutter FS Döllerer, S 383, 386 f; MK-Habersack3 § 221 Rdn 359; Pöschke CFL 2011, 195, 199; Wollmert BB 1992, 2106 (wie Zinsen).

Heribert Hirte

§ 221

Fünfter Unterabschnitt

passiviert.1357 Ebenso wenig werden Gewinnansprüche passiviert, die im Rang zurückgetreten sind oder nur aus dem Gewinn und/oder Liquidationserlös bedient werden dürfen; diese werden in der Gewinn- und Verlustrechnung nicht als Aufwand behandelt und stehen selbstverständlich unter dem Vorbehalt des § 58 Abs 5.1358 Mit Blick auf § 264 Abs 2 S 2 HGB ist im Anhang aber auch auf solche Ansprüche hinzuweisen;1359 denn sie bilden der Sache nach eine antizipierte Verteilung von Bilanzgewinnen.1360 Sofern sie freilich endgültig entstanden sind, bilden sie ebenso wie der Bilanzgewinn, über dessen Verteilung Beschluss gefasst wurde, echte Verbindlichkeiten.1361

446

e) Genussrechte, Rechte aus Besserungsscheinen und ähnliche Rechte sind schließlich nach Art, Umfang und Neuzugang im Anhang des Jahresabschlusses auszuweisen; § 160 Abs 1 Nr 6. Diese Pflicht besteht auch dann, wenn das Genussrecht ausnahmsweise (o Rdn 442) unmittelbar erfolgswirksam vereinnahmt wurde.1362 Im Anhang sind über die Rechte „Angaben zu machen“ (§ 160 Abs 1 Eingang). Bezüglich der zu erläuternden „Art“ der Genussrechte sind dabei Informationen zur Entstehung, zum Inhalt und zum Zweck der einzelnen Rechte zu machen.1363 Zu den zu machenden Angaben zählt schließlich auch der Hinweis auf rückständige Zinsen oder – insbesondere bei Kreditinstituten – der Hinweis auf eine nur noch kurze Restlaufzeit (arg § 268 Abs 5 S 1 HGB).1364 2. Gewinnschuldverschreibungen

447

Gewinnschuldverschreibungen sind zum einen als den Wandelschuldverschreibungen „vergleichbare Wertpapiere“ nach § 160 Abs 1 Nr 6 im Anhang auszuweisen (o § 160 Rdn 29).1365 In der Bilanz selbst sind sie wie Wandel- und Optionsanleihen mit ihrem Erfüllungsbetrag (§ 253 Abs 1 S 2 HGB) auf der Passivseite (§ 266 Abs 3 C 1 HGB) anzusetzen. Eine Behandlung als Eigenkapital scheidet in jedem Fall aus, da der Rückzahlungsanspruch hier nicht verlustbeteiligt ausgestaltet ist.1366 Für den Anspruch auf eine feste und gewinnunabhängige Grundverzinsung gilt dasselbe; eine variable Zinsverbindlichkeit bzw der variable Teil dieser Verbindlichkeit ist demgegenüber erst zu passivieren, wenn die entsprechende Verpflichtung entstanden ist.1367 Ein Agio ist nicht in die Kapitalrücklage einzustellen, sondern über die Laufzeit der Anleihe passiv abzugrenzen, während ein Disagio nach § 250 Abs 3 HGB passiv abgegrenzt werden kann.1368

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KK-Lutter 2 § 221 Rdn 244; Lutter FS Döllerer, S 383, 389 ff (freilich ggf Notwendigkeit der Bildung von Rückstellungen). KK-Lutter 2 § 221 Rdn 422; Küting/ Kessler/Harth BB 1996, Beil 4 S 20; Müller/Reinke WPg 1995, 569, 571 ff (mit weiteren alternativen Ausweisvorschlägen S 574); Pöschke CFL 2011, 195, 199; abw IDW, Stellungnahme HFA, WPg 1994, 419, 422 (wegen des „schuldrechtlichen Charakters“ einheitliche Behandlung als Aufwand; MK-Habersack3 § 221 Rdn 359; krit hierzu Schweitzer/Volpert BB 1994, 821, 825 f); Groh BB 1993, 1882, 1889. IDW, Stellungnahme HFA, WPg 1994, 419, 421. Lutter FS Döllerer, S 383, 391 ff.

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KK-Lutter 2 § 221 Rdn 422; MKHabersack 3 § 221 Rdn 359. Küting/Kessler/Harth BB 1996, Beil 4 S 22. Küting/Kessler/Harth BB 1996, Beil 4 S 22 mwN. IDW, Stellungnahme HFA, WPg 1994, 419, 420 aE (zur Restlaufzeit); KK-Lutter 2 § 221 Rdn 425. MK-Habersack3 § 221 Rdn 348; abw früher (uU irtümlich) Hüffer 8 § 221 Rdn 78 (Nr 5). Gloßner Gewinnschuldverschreibung S 6; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 456. KK-Lutter 2 § 221 Rdn 456; MK-Habersack3 § 221 Rdn 348. MK-Habersack3 § 221 Rdn 348.

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

§ 221

3. Bilanzierung beim Inhaber des Genussrechts oder der Gewinnschuldverschreibung Ein Genussrecht ist von dessen bilanzierungspflichtigem Inhaber als Vermögensgegen- 448 stand zu bilanzieren, und zwar unabhängig von der Form der Kapitalüberlassung.1369 Das gilt auch für ein nicht gegen Einlage ausgegebenes Genussrecht. Nicht zulässig ist ein Ausweis des Genussrechts unter „Anteile an verbundenen Unternehmen“ (§ 266 Abs 2 A III 1 HGB) oder „Beteiligung“ (§ 271 Abs 1 HGB), da das Genussrecht keine Mitgliedschaftsrechte begründet.1370 Die Vergütung für eine Kapitalüberlassung ist unter „Zinsbzw Wertpapiererträgen (§ 275 Abs 2 Nr 10 und 11, § 275 Abs 3 Nr 9 und 10 HGB) auszuweisen; eine Verlustteilnahme ist demgegenüber nur auszuweisen, wenn sie zu einer Abwertung führt.1371 Für den Ansatz und die Bewertung von Gewinnschuldverschreibungen und den auf sie erhaltenen Vergütungen ergeben sich keine Besonderheiten gegenüber normalen Schuldverschreibungsforderungen.

IX. Kapitalmarktfragen 1. Wertpapierzulassung Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechte1372 (letztere nur, wenn sie fungibel 449 sind, etwa weil sie einen bestimmten Geldanspruch verbriefen1373) sind ebenso wie Wandel- und Optionsanleihen (dazu o Rdn 265 ff) börsenfähig, können also unter den Voraussetzungen der §§ 32 ff BörsG zum Börsenhandel im regulierten Markt zugelassen werden; Gleiches gilt für auch hier denkbare abgetrennte Optionsscheine (o Rdn 265). Werden die Papiere öffentlich angeboten, begründet dies wie bei Wandel- und Op- 450 tionsanleihen die Prospektpflicht.1374 Die Prospektpflicht trat zum 1. Januar 1991 an die Stelle der staatlichen Genehmigungspflicht nach §§ 795, 808a BGB, die dann eingriff, wenn in den Papieren die Zahlung einer „bestimmten Geldsumme“ unabhängig von Gewinn und Liquidationserlös versprochen wurde.1375 Im Rahmen der für Genussscheine eingreifenden Prospektpflicht ist dabei die Abgren- 451 zung schwierig, ob es sich um einen Dividenden- (§ 2 Nr 2 WpPG) oder einen Nichtdividendenwert handelt (§ 2 Nr 3 WpPG); im Zweifel ist dabei nach der Frage zu entscheiden, ob die Rechte in der Insolvenz vorrangig gegenüber Aktionären zu bedienen sind, was zu einer Einordnung als Nichtdividendenwert iSv § 2 WpPG führt.1376 Der Inhalt des Prospekts richtet sich bei Gewinnschuldverschreibungen zunächst nach Anhang V der EU-Prospekt-VO. Für Genussrechte ist Anhang V der VO bzw (bei einer Mindeststückelung von € 50.000) Anhang XIII der VO allerdings nur dann anwendbar, wenn die Rückzahlung zu mindestens 100 % des Nominalwertes erfolgt.1377 Ist dies nicht der Fall, 1369

1370 1371 1372

1373

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IDW, Stellungnahme HFA, WPg 1994, 419, 422 (auch zu den anzusetzenden Anschaffungskosten). IDW, Stellungnahme HFA, WPg 1994, 419, 422. IDW, Stellungnahme HFA, WPg 1994, 419, 423. Kritisch zur Börsenzulassung wegen fehlender Standardisierung der Papiere Zätzsch DLK 1988, 610, 611. Groß Kapitalmarktrecht 4 § 32 BörsG Rdn 12; Hüffer 9 § 221 Rdn 53.

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Zum früheren Recht Sethe AG 1993, 351, 353. BGH WM 1958, 1541 = BB 1958, 1272= LM § 795 BGB Nr 2; weiter Gottlieb Genußschein S 21. Harrer/Janssen/Halbig FB 2005, 1, 3; Schwark/Zimmer/Heidelbach 4 § 2 WpPG Rdn 13 aE. Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb/Seitz/ Meier WpPG, VerkProspG 2, 2010, Anhang XII EU-ProspektVO Rdn 15, 18.

Heribert Hirte

§ 221

Fünfter Unterabschnitt

ist Anhang XII der VO zu beachten. Soweit die Genussrechte eigenkapitalähnlichen Charakter aufweisen, sind schließlich auch die Angaben nach Anhang III der VO aufzunehmen.1378 Hinsichtlich der Verwahrung und Verbriefung der Papiere ergeben sich keine Abweichungen von der Lage bei Wandel- und Optionsanleihen (dazu o Rdn 269). 2. Wertpapierhandel

452

Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechte sind, auch wenn sie nicht verbrieft sind, ebenso wie abgetrennte Optionsscheine Wertpapiere iSv 2 Abs 1 S 1 Nr 3 lit a bzw b WpHG (s bereits o Rdn 270). Denn neben Schuldverschreibungen gehören auch Genussscheine kraft ausdrücklicher Anordnung in § 2 Abs 1 S 1 Nr 3 WpHG zu den Wertpapieren und damit über § 2 Abs 2 lit b WpHG zu den Finanzinstrumenten. Auch hier greifen daher die Vorschriften über Insiderhandelsverbote und Ad-hoc-Publizität,1379 das Verbot der Marktmanipulation (§ 20a WpHG) und die Regelpublizität nach §§ 37v ff WpHG grundsätzlich ein; eine Zwischenmitteilung nach § 37x WpHG ist demgegenüber nicht erforderlich, weil sie nur bei Inlandsemittenten verlangt wird, die Aktien begeben haben. Auch die Mitteilungspflichten der §§ 21 ff, §§ 30a ff WpHG kommen hier nicht zum Zuge, da Gewinnschuldverschreibungen oder Genussrechte kein Stimmrecht vermitteln. Die Freistellung des Rückerwerbs von Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechten von den Regelungen über die Marktmanipulation gilt dann entsprechend der Lage bei Wandel- und Optionsanleihen, wenn es sich um wandelbare Papiere handelt (o Rdn 271). Ansonsten kann der Erwerb von Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechten der Safe-harbor-Regelung des § 20a Abs 3 WpHG unterfallen, soweit er im Rahmen einer Stabilisierungsmaßnahme erfolgt. Eine Marktmanipulation ist zudem ausgeschlossen, soweit der Erwerb eine zulässige Marktpraxis darstellt (§ 20a Abs 2 WpHG). Schließlich sind Leerverkäufe mit von Gewinnschuldverschreibungen oder Genussrechten nicht vom Verbot des § 30h WpHG erfasst, können allerdings einen Verstoß gegen das Verbot der Marktmanipulation darstellen. Ebensowenig wie auf Wandel- und Optionsanleihen (o Rdn 274) braucht ein Über453 nahmeangebot auf Gewinnschuldverschreibungen und Genussscheine nicht erstreckt zu werden.1380 Auch von der Europäischen Durchbrechungsregel des § 33b WpÜG sind Genussscheine nicht erfasst.1381

X. Kosten und Steuern 1. Kosten

454

Die Kosten die bei der Begebung von Gewinnschuldverschreibungen oder Genussrechten anfallen, entsprechen weitgehend den Kosten, die bei der Begebung von Wandeloder Optionsanleihen anfallen. So sind va die Beurkundung des Hauptversammlungsbeschlusses bzw eines entsprechenden Ermächtigungsbeschlusses kostenverursachend (zur Zulässigkeit eines Ermächtigungsbeschlusses analog Abs 2 o Rdn 383). Insofern gelten die Ausführungen o Rdn 277 ff entsprechend. 1378

1379 1380

Assmann/Schlitt/von Kopp-Colomb/Schlitt/ Schäfer WpPG, VerkProspG 2, 2010, Anhang III EU-ProspektVO Rdn 1. Sethe AG 1993, 351, 356. Baum ZBB 2003, 9, 13 ff (unter Hinweis auf die abw Lage in Österreich und der

1381

Schweiz); KK-WpÜG/Hasselbach 2 § 32 WpÜG Rdn 14; Schwark/Zimmer/Noack 4 § 32 WpÜG Rdn 5. Baum ZBB 2003, 9, 13 ff; KK-WpÜG/ Hirte 2 § 33b WpÜG Rdn 28.

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

§ 221

Der Hauptversammlungsbeschluss ist im Handelsregister weder eintragungsbedürftig 455 noch -fähig (o Rdn 389), so dass diesbzgl keine Kosten anfallen. Allerdings sollte nach der hier vertretenen Auffassung (o Rdn 390) der Beschluss über Ausgabe oder Ermächtigung analog Abs 2 beim Handelsregister hinterlegt werden. Dadurch entstehen Hinterlegungskosten sowie ggf Notarkosten, wenn dieser die Hinterlegungserklärung entwirft (dazu o Rdn 282 ff). In jedem Fall beim Handelsregister einzureichen ist die Hauptversammlungsniederschrift nach § 130 Abs 5 mit der entsprechenden Kostenfolge (o § 130 Rdn 103 ff). Einer Eintragung des Genussrechtsvertrages in das Handelsregister bedarf es nicht (o Rdn 375), so dass diesbzgl keine Kosten anfallen. Hinzu kommen allgemeine Verwaltungskosten für Verbriefung und Bilanzierung etc 456 sowie die Bekanntmachungskosten. So ist nach Abs 2 analog ein Hinweis auf den Beschluss und die Erklärung in den Gesellschaftsblättern bekannt zu machen. Darüber hinaus bedarf das Bezugsrecht bzw dessen Ausschluss nach Abs 4 S 2 nach § 186 der Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern. Kosten nach der KostO entstehen dadurch nicht. 2. Steuern Hinsichtlich der steuerlichen Behandlung ist zunächst zu unterscheiden zwischen der 457 Perspektive der Gesellschaft und derjenigen des Gläubigers des Genussrechts bzw der Gewinnschuldverschreibung. Schließlich ist die Übertragung von Genussrechten in steuerlicher Sicht zu beleuchten. Da sich in bezug auf Gewinnschuldverschreibungen keine Besonderheiten gegenüber normalen Anleihen ergeben,1382 kann insoweit auf die Hinweise zu Wandel- und Optionsanleihen verwiesen werden (o Rdn 290 ff). a) Gesellschaft als Steuersubjekt. Die Ausgabe eines Genussrechts ist zunächst für die 458 Gesellschaft ein steuerneutraler Vorgang, weil die vereinnahmten Beträge – wie in der Handelsbilanz – auch steuerrechtlich als Eigenkapital oder Verbindlichkeit zu passivieren sind.1383 Das ist nur im Falle unmmittelbarer Ertragszuschüsse anders (dazu o Rdn 442). Die Emissionskosten stellen Betriebsausgaben dar (dazu auch o Rdn 293).1384 Aus der Sicht der Gesellschaft sind Ausschüttungen auf Genussrechte abzugsfähige 459 Betriebsausgaben, soweit die Rechte nicht unter § 8 Abs 3 S 2 KStG fallen.1385 Danach sind Ausschüttungen solange abzugsfähig, wie der Genussrechtsinhaber nicht am Gewinn und am Liquidationserlös der Gesellschaft beteiligt ist. Unerheblich für die steuerliche Einordnung ist daher, ob Genussrechte – abgesehen von Gewinn und Liquidationserlös – in weiteren Punkten aktienähnlich sind oder nicht.1386 Zur Begründung der Abzugsfähigkeit ist dementsprechend ausreichend, dass der Genussrechtsinhaber entweder nicht am Gewinn oder nicht am Liquidationserlös der Gesellschaft beteiligt ist.1387

1382 1383 1384 1385

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Ausführlicher MK-Habersack3 § 221 Rdn 349. MK-Habersack3 § 221 Rdn 364. MK-Habersack3 § 221 Rdn 364. BFH Urt v 19.1.1994 – I R 67/92 E 173, 399 = BStBl II 1996, 77 = DB 1994, 859; BFH Urt v 14.6.2005 – VIII R 73/03 E 210, 272 = BStBl II 2005, 861 = NZG 2006, 78, 79 (iR der Auslegung von § 17 Abs 1 S 3 EStG); Görtz Qualifikation S 181 ff (allg zu Hybridanleihen); krit zum

1386 1387

steuerlichen Konzept MK-Habersack3 § 221 Rdn 363, weil es nicht die Tatsache reflektiere, dass es sich bei Genussscheinen der Sache nach um stille Beteiligungen handele. Linscheidt DB 1992, 1852, 1856. BFH Urt v 14.6.2005 – VIII R 73/03 E 210, 272 = BStBl II 2005, 861 = NZG 2006, 78, 79 f (iR der Auslegung von § 17 Abs 1 S 3 EStG); Claussen FS Werner, S 81, 89; Emde BB 1988, 1214, 1215; Grieger

Heribert Hirte

§ 221

Fünfter Unterabschnitt

Die steuerliche Abzugsfähigkeit kann daher grundsätzlich zunächst durch einen Ausschluss der Gewinnbeteiligung erreicht werden. Das kann etwa durch eine feste Verzinsung erreicht werden, die den Genussschein allein aufgrund seiner Verzinsung zu einem konkurrenzfähigen Anlagetitel macht; doch würde dies eine Anerkennung des Genusskapitals als haftendes Eigenkapital verhindern.1388 Die Vereinbarung einer bloßen Mindestverzinsung, eines (vom Gewinn abhängigen) variablen Zinses oder eines unter dem Vorbehalt eines Gewinns zu zahlenden Zinses hebt jedoch die Gewinnabhängigkeit nicht auf und schließt dementsprechend die Abzugsfähigkeit der „Zinszahlungen“ als Betriebsausgaben aus1389 (siehe im Übrigen bereits o Rdn 367). Vor diesem Hintergrund liegt der Schwerpunkt der Gestaltungspraxis bei dem Versuch, eine Beteiligung der Genussscheininhaber am Liquidationserlös auszuschließen, weil sie dann schlechter stehen als die Aktionäre.1390 Eine Beteiligung am Liquidationserlös soll dabei nach Auffassung der Finanzverwaltung schon dann zu verneinen sein, wenn die Laufzeit des Genussrechts nicht mehr als dreißig Jahre beträgt (weil es solche Laufzeiten auch bei Schuldverschreibungen gibt) oder dem Genussscheininhaber eine Kündigung des Genussrechts möglich ist.1391 Nicht ausreichend ist es demgegenüber nach Auffassung der Finanzverwaltung, wenn der an die Genussscheininhaber zu zahlende Rückzahlungsbetrag bei unbegrenzter Laufzeit bzw fehlender Kündigungsmöglichkeit nach dem Nennwert ihrer Einzahlung bestimmt wird, also (nur) inhaltlich – wegen Nicht-Beteiligung an den stillen Reserven – von den Ansprüchen der Aktionäre abweicht;1392 Gleiches soll auch dann gelten, wenn ein Rückzahlungsanspruch der Genussscheingläubiger völlig ausgeschlossen ist.1393 Von der Finanzverwaltung wird die erforderliche Besserstellung der Genussscheininhaber hin-

1388 1389

1390

WM 1958, 917; Hennerkes/May DB 1988, 537, 541; Linscheidt DB 1992, 1852, 1853 (mN der Gegenstimmen) unter Verweis auf RFH Urt v 31.10.1939 – I 77/37 E 48, 13 = RStBl I 1939, 35; MK-Habersack3 § 221 Rdn 365, 368; Pougin Genußrechte S 35 f; abw BFH Urt v 19.1.1994 – I R 67/92 E 173, 399 = BStBl II 1996, 77 = DB 1994, 859 (dagegen aber BMF-Schreiben [Nichtanwendungserlass] vom 27.12.1995 – IV B 7 – S 2742 – 76/95, DB 1996, 68); zur früheren Lage auch KK-Lutter 2 § 221 Rdn 428. Linscheidt DB 1992, 1852, 1854. Linscheidt DB 1992, 1852, 1853 f; MKHabersack3 § 221 Rdn 365; W Winter GmbHR 1993, 31, 32 mwN aus der Rspr des RFH; abw Welter in: Bundschuh ua (Hrsg), Recht und Praxis der Genußscheine, S 49, 65 ff mit beachtlichen Argumenten gegen die entgegenstehende Rechtsprechung von RFH und BFH. Claussen FS Werner, S 81, 89; Grieger BB 1954, 187, 189; ders BB 1960, 973; Habersack ZHR 155 (1991), 378, 380, 382; Hammen DB 1988, 2549, 2550; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 428; Knauth DZWir 1993, 97; Linscheidt DB 1992,

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1393

1852, 1854 ff; MK-Habersack3 § 221 Rdn 366; MünchHdb AG-Krieger 3 § 63 Rdn 66; Pougin Genußrechte S 11 f; W Winter GmbHR 1993, 31, 32; krit Hirte ZIP 1988, 477, 478; zum Streitstand MK-Habersack3 § 221 Rdn 366; Welter in: Bundschuh ua (Hrsg), Recht und Praxis der Genußscheine, S 49, 55 ff; Ziebe BB 1988, 225, 227; ders DStR 1991, 1594, 1596. BMF-Schreiben vom 8.12.1986 – IV B 7 – S 2742 – 26/86, BB 1987, 667; Jasper WiB 1994, 102, 104; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 430; MK-Habersack3 § 221 Rdn 367; Sarrazin Steuerberater-Jahrbuch 1985/86, S 134, 147 f („hängt von den Umständen des Einzelfalls ab“); Sethe AG 1993, 293, 296; Uelner JbFSt 1986/87, S 11, 22 (für die Möglichkeit der Kündigung). Linscheidt DB 1992, 1852, 1855; MKHabersack3 § 221 Rdn 367 f; offen lassend BFH Urt v 14.6.2005 – VIII R 73/03 E 210, 272 = BStBl II 2005, 861 = NZG 2006, 78, 80 (iR der Auslegung von § 17 Abs 1 S 3 EStG). – Beispiele auch bei W Winter GmbHR 1993, 31, 32. Krit zu dieser Position der Finanzverwaltung Linscheidt DB 1992, 1852, 1855.

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

§ 221

sichtlich des Liquidationserlöses auch dann verneint, wenn bei begrenzter Laufzeit oder bestehender Kündigungsmöglichkeit der Genussscheingläubiger eine Beteiligung an der Reinvermögensentwicklung der emittierenden Gesellschaft zugesagt wird, obwohl man vertreten könnte, dass den Aktionären ein solcher Anspruch während der Lebensdauer der Gesellschaft gerade (noch) nicht zusteht.1394 Auf die Frage, ob die Rechte verbrieft sind, kommt es demgegenüber nicht (mehr) an, da § 8 Abs 2 S 2 KStG seit dem StBerG 1985 nicht mehr auf Genussscheine, sondern vielmehr auf Genussrechte abstellt.1395 Unabhängig davon unterliegen Zahlungen auf Genussscheine nicht der Umsatzsteuer.1396 Eine Abzugsfähigkeit der Ausschüttungen auf Genussrechte scheidet aber nach der 460 Rechtsprechung dann aus, wenn die Rechte als Ausgleich für eine frühere Kapitalbeteiligung, also nicht gegen Einlage, gewährt wurden.1397 Daran ändert sich auch dann nichts, wenn solche Genussrechte später übertragen werden.1398 Sofern die Voraussetzungen des § 8 Abs 3 S 2 KStG vorliegen, sind Ausschüttungen 461 auf Genussrechte auch bei der Gewerbesteuer abzugsfähig.1399 Dabei ist wegen des Hinzurechnungsgebots des § 8 Nr 1 GewStG ein Viertel des Ausschüttungsbetrags dem Gewinn aus Gewerbebetrieb wieder zuzurechnen, so dass die gewerbesteuerliche Belastung geringer ist als bei Ausgabe typischer Eigenkapitalinstrumente.1400 Soweit Ausschüttungen auf Genussscheine als Betriebsausgaben abzugsfähig sind, 462 sind die entsprechenden Verpflichtungen in der Steuerbilanz als Verbindlichkeit anzusetzen.1401 Die Behandlung von Genussrechten in der Vermögensteuer ist heute nicht mehr von Bedeutung.1402 b) Genussrechtsgläubiger als Steuersubjekt.1403 Auf der Ebene des Genussrechtsgläu- 463 bigers sind Zahlungen auf Genussrechte, die das Recht auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös der Gesellschaft gewähren, nach § 20 Abs 1 Nr 1 EStG steuerpflichtige Einkünfte aus Kapitalvermögen iSv § 2 Abs 1 S 1 Nr 5 EStG. Auch dies gilt sowohl für verbriefte wie für unverbriefte Genussrechte. Zahlungen auf andere als die zuvor beschriebenen Genussrechte stellen Einkünfte aus Kapitalvermögen iSv § 20 Abs 1

1394

1395 1396 1397

(215)

So Linscheidt DB 1992, 1852, 1855 f; dagegen zu Recht MK-Habersack3 § 221 Rdn 114 (entscheidend für die Gleichartigkeit ist die Beteiligung an den stillen Reserven), 368. Dazu Blümich/Rengers EStGStand 2011 § 8 KStG Rdn 191. Ziebe BB 1988, 225, 228 mwN. RFH Urt v 31.10.1939 – I 77/37 RStBl 1940, 35 (Harpener Bonds); BFH Urt v 10.6.1958 – I 135/57 (Harpener Bonds) (unv); BFH Urt v 23.6.1960 – I 85/60 HFR 1961, 13 = BB 1960, 973 (Grieger) (Genussrechte zum Ausgleich einer Kapitalherabsetzung); BFH Urt v 19.1.1994 – I R 67/92 E 173, 399 = BStBl II 1996, 77 = DB 1994, 859 (Einräumung von Genussrechten an Alleingesellschafter einer GmbH für einen Darlehensverzicht; wegen der über den Einzelfall hinausreichenden abw Begründung [von der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung

1398

1399

1400

1401

1402 1403

abw Auslegung von § 8 Abs 3 S 2 KStG] dagegen BMF-Schreiben vom 27.12.1995 – IV B 7 – S 2742 – 76/95, DB 1996, 68). Grieger Anm zu BFH Urt v 23.6.1960 – I 85/60 HFR 1961, 13 = BB 1960, 973, 974. Linscheidt DB 1992, 1852, 1856; MK-Habersack3 § 221 Rdn 369; Ziebe BB 1988, 225, 228 mwN (str). KK-Lutter 2 § 221 Rdn 433; Linscheidt DB 1992, 1852, 1856; MK-Habersack3 § 221 Rdn 369; Stadler NZI 2003, 579, 583. W Winter GmbHR 1993, 31, 32; krit zu dem darin liegenden Widerspruch zur Handelsbilanz auf der Grundlage des bis zum Inkrafttreten des BilMoG geltenden Maßgeblichkeitsgrundsatzes Groh BB 1995, 559 f. Dazu Linscheidt DB 1992, 1852, 1856. Überblick bei Klusmeier ZInsO 2010, 1873, 1875; MK-Habersack3 § 221 Rdn 371.

Heribert Hirte

§ 221

Fünfter Unterabschnitt

Nr 7 EStG dar.1404 In jedem Fall wird die Steuer nach § 43 Abs 1 Nr 1 bzw Nr 2 EStG durch Abzug vom Kapitalertrag als Kapitalertragsteuer erhoben. Gewinne aus der Veräußerung von Genussrechten können nach § 20 Abs 2 S 1 Nr 1 EStG zu den Kapitaleinkünften zählen und nach § 17 Abs 1 S 3 EStG unter die Einkünfte aus Gewerbebetrieb iSv § 2 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG fallen.1405 Verluste aus einer Herabsetzung des Genusskapitals wie im Falle Klöckner konnten dabei auch schon vor der Neuregelung der Besteuerung der Kapitaleinkünfte ab dem Veranlagungszeitraum 2009 als Werbungskosten geltend gemacht werden, wenn bzw weil es sich bei den den Genussscheinen zugrunde liegenden Forderungen um stille Gesellschaften handelte (dazu auch o Rdn 396); denn zwischen der Verlustbeteiligung und den erzielten bzw erzielbaren Gewinnen bestand eine Wechselwirkung.1406 Zahlungen an Arbeitnehmer können aber auch als Einkünfte aus nichtselbstständiger 464 Arbeit iSv § 19 Abs 1 Nr 1 EStG behandelt werden, so dass Steuerfreiheit nach § 3 Nr 39 EStG (bis 1.4.2009 § 19a EStG) iVm § 2 Abs 1 Nr 1 lit f (Genussscheine) und lit l (nicht verbriefte Genussrechte), Abs 2, Abs 4 5. VermBG in Betracht kommt. Ist der Genussrechtsinhaber ein beherrschender Gesellschafter oder eine ihm nahestehende Person, können Ausschüttungen auf Genussrechte als verdeckte Gewinnausschüttungen anzusehen sein.1407

465

c) Die Übertragung von Genussrechten unterliegt nicht der Umsatzsteuer (§ 4 Nr 8 lit c UStG).1408

XI. Ausnahmen 466

Das früher für Unternehmensbeteiligungsgesellschaften bestehende Verbot einer Begebung von Genussrechten wurde durch Art 7 des Dritten Finanzmarktförderungsgesetzes vom 24. März 1998 aufgehoben (dazu o Rdn 365). Im Zusammenhang mit der Finanzkrise des Jahres 2008 wurde durch Art 2 § 8 des 467 Finanzmarktstabilisierungsgesetzes vom 17. Oktober 2008 (FMStG; BGBl I 1982) (= Gesetz zur Beschleunigung und Vereinfachung des Erwerbs von Anteilen an sowie Risikopositionen von Unternehmen des Finanzsektors durch den Fonds „Finanzmarktstabilisierungsfonds – FMS“ [heute: Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetz – FMStBG]) für Unternehmen des Finanzsektors (§ 1 des Gesetzes) bis zum 31. Dezember 2009 die Möglichkeit eröffnet, Genussrechte durch einfachen Beschluss des Vorstands mit Zustimmung des Aufsichtsrats an den Finanzmarktstabilisierungsfonds auszugeben (§ 8 Abs 1). Einer Zustimmung der Hauptversammlung bedurfte es dafür nach § 8 Abs 2 des Gesetzes nicht, und auch das Bezugsrecht der Aktionäre war nach § 8 Abs 3 desselben Gesetzes ex lege ausgeschlossen. Mit Blick darauf, dass die Zweite (Kapitalschutz) 1404 1405

Ausf MK-Habersack3 § 221 Rdn 371. Beispiele (obiter): BFH Urt v 14.6.2005 – VIII R 73/03 E 210, 272 = BStBl II 2005, 861 = NZG 2006, 78, 79; BFH Urt v 8.4.2008 – VIII R 3/05 Tz 30, E 221, 25 = ZIP 2008, 2264, 2267; zu den Grenzen (nur bei Beteiligung am Liquidationserlös bzw bei mitunternmehmerischer Beteiligung) KK-Lutter 2 § 221 Rdn 440 f; ausf MK-Habersack3 § 221 Rdn 373.

1406

1407 1408

Killinger BB 1989, 2376 f; H Meilicke BB 1989, 465 f; MK-Habersack3 § 221 Rdn 372 mwN; abw BFH Urt v 8.4.2008 – VIII R 3/05 Tz 32, E 221, 25 = ZIP 2008, 2264, 2265 ff (keine stille Gesellschaft); Fichtelmann BB 1989, 1461 f; KK-Lutter 2 § 221 Rdn 438. W Winter GmbHR 1993, 31 f. MK-Habersack3 § 221 Rdn 376; Ziebe BB 1988, 225, 228 mwN.

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Wandelschuldverschreibungen. Gewinnschuldverschreibungen

§ 221

Richtlinie die Ausgabe von Genussrechten nicht erfasst (o Rdn 28 aA), verstoßen diese Vorschriften auch nicht gegen europäisches Recht.1409 Anders dürfte dies demgegenüber für Umtausch- und Optionsrechte sein, die im Zusammenhang mit der Einräumung einer stillen Beteiligung nach § 15 Abs 2 FMStBG (idF des Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetzes [FMStErgG] vom 7. April 2009) gewährt wurden und bei denen nach Vorstellung des deutschen Gesetzgebers das Bezugsrecht der Aktionäre ex lege ausgeschlossen sein soll (§ 15 Abs 2 S 2 FMStBG).1410

1409

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Ebenso MK-Habersack3 § 221 Rdn 3 aE.

1410

MK-Habersack3 § 221 Rdn 3 aE.

Heribert Hirte

DRITTER ABSCHNITT Maßnahmen der Kapitalherabsetzung ERSTER UNTERABSCHNITT Ordentliche Kapitalherabsetzung Vorbemerkungen Übersicht I. Systematischer Überblick . . . . . . . . 1. Die Funktion des Grundkapitals . . . 2. Wirtschaftlicher Zweck und tatsächliche Bedeutung von Kapitalherabsetzungen . . . . . . . . . . . a) Kapitalherabsetzungen in wirtschaftlich gesunden Zeiten . . . . b) Kapitalherabsetzung in der Unternehmenskrise . . . . . . . . . . c) Ausschluss von Aktionären . . . d) Zahlenmäßige Bedeutung von Kapitalherabsetzungen . . . . . . 3. Gesetzessystematik, Arten und Durchführung der Kapitalherabsetzung . . 4. Squeeze-Out . . . . . . . . . . . . . 5. Schutz der Gläubiger und der Aktionäre . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Kapitalherabsetzung als Satzungsänderung . . . . . . . . . . . . . . 7. Anwendungsbereich und Bedeutung der §§ 222–240 . . . . . . . . . . . a) Aktiengesellschaften . . . . . . . b) Europäische Aktiengesellschaften c) Kommanditgesellschaften auf Aktien . . . . . . . . . . . . d) Investmentaktiengesellschaften . . e) Abspaltungen oder Ausgliederungen . . . . . . . . . . . . . . f) GmbH . . . . . . . . . . . . . . g) Rechtsbeziehungen einer AG zu Dritten . . . . . . . . . . . .

Rn

Rn

1–71 1–2

8. Spezialgesetzliche Regelungen in Bezug auf Kapitalherabsetzungen 46–47 9. Kapitalmarktrechtliche Folgefragen 48–71 a) Ad-hoc-Publizität . . . . . . . 48 b) Directors’ Dealings . . . . . . . 50 c) Mitteilung der Stimmrechtsanteile . . . . . . . . . . . . . 52 d) Weitere Mitteilungspflichten des Emittenten . . . . . . . . . 56 e) Börsenzulassung und Prospektpflicht . . . . . . . . . . . . . 61 f) Pflichtangebot . . . . . . . . . 63 g) Kapitalherabsetzung und Delisting . . . . . . . . . . . . 64 II. Geschichtlicher Hintergrund . . . . . 72–88 1. Frühe Regelungen . . . . . . . . . 72 2. Das Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch und die Aktiennovellen 73–76 3. Das Handelsgesetzbuch . . . . . . 77 4. Die Entwicklung bis zum Aktiengesetz 1937 . . . . . . . . . . . . 78–85 5. Das Aktiengesetz von 1965 . . . . 86–87 6. Reformüberlegungen . . . . . . . 88 III. Europarechtlicher Hintergrund . . . . 89–112 1. Regelungsansatz der Kapitalrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . 89 2. Richtlinienkonforme Auslegung . . 90–91 3. Textauszug aus der Kapitalrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . 92–103 4. Reformüberlegungen . . . . . . . 104–112

3–23 4 10 19 20 24–28 29 30–31 32–35 36–45 36 37 39 40 41 43 44

Schrifttum Berning Die Herabsetzung des Grundkapitals der AG nach geltendem Recht und ihre wirtschaftliche Bedeutung, 1934; Brauer Die Zulässigkeit der Ausgabe von sog. „Tracking Stocks“ durch Aktiengesellschaften nach deutschem Aktienrecht, AG 1993, 324; Cichy/Heins Tracking Stocks – Ein Gestaltungsmittel für deutsche Unternehmen (nicht nur) bei Börsengängen, AG 2010, 181; Dötsch Kapitalerhöhung und Kapitalherabsetzung – Auswirkungen auf die Einkommensermittlung und Eigenkapitalgliederung, DB 1981, 1994; Ekkenga Die Kapitalherabsetzung nach der neuen EGKapitalrichtlinie: Änderungen, Ergänzungen und Umsetzungsbedarf, Der Konzern 2007, 413; Fabis

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Rolf Sethe

Vor § 222

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Vereinfachte Kapitalherabsetzung bei AG und GmbH, MittRhNotK 1999, 169; K A Fischer Die Kapitalherabsetzung der Aktiengesellschaft und ihre Bedeutung für den Neuaufbau der deutschen Wirtschaft, Diss Gießen 1937; Fuchs Tracking Stock – Spartenaktien als Finanzierungsinstrument für deutsche Aktiengesellschaften, ZGR 2003, 167; Geißler Rechtliche und unternehmenspolitische Aspekte der vereinfachten Kapitalherabsetzung bei der AG, NZG 2000, 719; Giewald Die Kapitalherabsetzung bei Aktiengesellschaften und ihr Zweck, Diss Hamburg 1963; v Godin Die erfolgte Kapitalherabsetzung, ZHR 100 (1934) 221; Gotthardt Sicherheitsleistung für Forderungen pensionsberechtigter Arbeitnehmer bei Kapitalherabsetzung, BB 1990, 2419; Grunewald Der Ausschluss aus Gesellschaft und Verein, 1987; Hartmann Die rechtlichen und wirtschaftlichen Wirkungen der Kapitaländerung bei der Aktiengesellschaft, AG 1957, 57; Heidinger Die Euroumstellung der Aktiengesellschaft durch Kapitalherabsetzung, DNotZ 2000, 661; Heine/Lechner Die unentgeltliche Auskehrung von Sachwerten bei börsennotierten Aktiengesellschaften, AG 2005, 269; Hillebrandt/Schremper Analyse des Gleichbehandlungsgrundsatzes beim Rückkauf von Vorzugsaktien, BB 2001, 533; Hirte Genußscheine und Kapitalherabsetzung, ZIP 1991, 1461; Hirte Genüsse zum Versüßen vereinfachter Kapitalherabsetzungen, FS Claussen, 1997, 115; Ihrig/Streit Aktiengesellschaft und Euro – Handlungsbedarf und Möglichkeiten der Aktiengesellschaften anlässlich der Euro-Einführung zum 1.1.1999, NZG 1998, 201; Jäger Wege aus der Krise einer Aktiengesellschaft, NZG 1999, 238; Krauel/Weng Das Erfordernis von Sonderbeschlüssen stimmrechtsloser Vorzugsaktionäre bei Kapitalerhöhungen und Kapitalherabsetzungen, AG 2003, 561; Krieger Fehlerhafte Satzungsänderungen: Fallgruppen und Bestandskraft, ZHR 158 (1994) 35; Krieger Beschlusskontrolle bei Kapitalherabsetzungen, ZGR 2000, 885; Kümpel Die Kapitalherabsetzung im Börsenrecht und Depotgeschäft, WM 1980, 694; Leist Die Sanierung von Aktiengesellschaften, 1905; Loos Minderung von Anschaffungskosten oder der Buchwerte bei Kapitalherabsetzung, BB 1970, 72; Lutter/ Hommelhoff/Timm Finanzierungsmaßnahmen zur Krisenabwehr in der Aktiengesellschaft, BB 1980, 737; Maser Die Neuregelung der sanierenden Kapitalherabsetzung bei der GmbH, GmbHR 1996, 22; Natterer Materielle Kontrolle von Kapitalherabsetzungsbeschlüssen?, Die SachsenmilchRechtsprechung, AG 2001, 629; Neuburger Die Herabsetzung des Grundkapitals bei Aktiengesellschaften, 1911; Oechsler Die Änderung der Kapitalrichtlinie und der Rückerwerb eigener Aktien, ZHR 170 (2006) 72; Pleister/Kindler Kapitalmaßnahmen in der Insolvenz börsennotierter Gesellschaften, ZIP 2010, 503; Reger/Stenzel Der Kapitalschnitt auf Null als Mittel zur Sanierung von Unternehmen – Gesellschaftsrechtliche, börsenzulassungsrechtliche und kapitalmarktrechtliche Konsequenzen, NZG 2009, 1210; H P Reuter Die Umdeutung von „echten“ Kapitalherabsetzungen in verdeckte Gewinnausschüttungen nach der Körperschaftsteuerreform, AG 1982, 306; Reinisch Der Ausschluss von Aktionären aus der Aktiengesellschaft, 1992; Risse Rückwirkung der Kapitalherabsetzung einer Aktiengesellschaft, BB 1968, 1012; K Schmidt Die sanierende Kapitalerhöhung im Recht der Aktiengesellschaft, GmbH und Personengesellschaft, ZGR 1982, 519; K Schmidt Die Umwandlung einer GmbH in eine AG zu Kapitaländerungszwecken, AG 1985, 150; Schroeder Die Kontrolle des Aktionärskreises in der REIT-Aktiengesellschaft, AG 2007, 531; Schröer Sicherheitsleistung für Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen bei Unternehmensumwandlungen, DB 1999, 317; Senger/Vogelmann Die Umwandlung von Vorzugsaktien in Stammaktien, AG 2002, 193; Sethe Kapitalmarktrechtliche Konsequenzen einer Kapitalherabsetzung, ZIP 2010, 1825; Sieger/Hasselbach „Tracking Stock“ im deutschen Aktien- und Kapitalmarktrecht, AG 2001, 391; Terbrack Kapitalherabsetzende Maßnahmen bei Aktiengesellschaften, RNotZ 2003, 89; Terbrack Kapitalherabsetzung ohne Herabsetzung des Grundkapitals? Zur Wiedereinführung der Amortisation im Aktienrecht, DNotZ 2003, 734; Tielmann Die Einziehung von Stückaktien ohne Kapitalherabsetzung, DStR 2003, 1796; Tonner Zulässigkeit und Gestaltungsmöglichkeiten von Tracking Stocks nach deutschem Aktienrecht, IStR 2002, 317; Vaupel/Reers Kapitalerhöhungen bei börsennotierten Aktiengesellschaften in der Krise, AG 2010, 93; Vollmer/Lorch Der Schutz des aktienähnlichen Genusskapitals bei Kapitalveränderungen, ZBB 1992, 44; von Büren/Brütsch Die „Harmonikasanierung“ – Sind Mitgliedschaft und Stimmrecht in der Aktiengesellschaft wirklich unentziehtbar?, FS Druey, 2002, S 637; Weigand Die Erhöhung und Herabsetzung des Grundkapitals, 1954; Westhoff Die Neueinteilung des Grundkapitals einer AG anläßlich der Neufestsetzung nach dem DM-Bilanzgesetz, DNotZ 1951, 108; Wieneke/Fett REIT AG – Aktienrechtliche Gestaltungsfragen, NZG 2007, 774; Wieneke/Förl Die Einziehung eigener Aktien nach § 237 Abs. 3 Nr. 3 AktG – Eine Lockerung des Grundsatzes der Vermögensbindung?, AG 2005, 189; Wiese Zur Sanierung durch Einziehung

Stand: 31.12.2010

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Vorbemerkungen

Vor § 222

von Aktien, SozPr 1940, 502; Wirth Vereinfachte Kapitalherabsetzung zur Unternehmenssanierung, DB 1996, 867; Zöllner/Winter Folgen der Nichtigerklärung durchgeführter Kapitalerhöhungsbeschlüsse, ZHR 158 (1994) 59.

I. Systematischer Überblick 1. Die Funktion des Grundkapitals Die Bedeutung der Vorschriften über die Kapitalherabsetzung erschließt sich nur, 1 wenn man sie im Zusammenhang mit der Funktion von Eigenkapital1 im Allgemeinen und der des aktienrechtlichen Grundkapitals im Besonderen sieht. Die ökonomischen Funktionen des Eigenkapitals lassen sich folgendermaßen beschreiben: Um ein als Kapitalgesellschaft verfasstes Unternehmen errichten zu können, wird zunächst das gesellschaftsrechtlich vorgeschriebene Mindestkapital benötigt (Errichtungsfunktion). Das eingezahlte Eigenkapital dient gleichzeitig der Finanzierung des laufenden Geschäftsbetriebs (Finanzierungsfunktion) und stellt ein Risikopolster dar, um Verluste aus dem Geschäftsbetrieb aufzufangen und Gläubigern als Haftungsmasse zur Verfügung zu stehen (Haftungs- und Garantiefunktion). Eine solide Kapitalbasis schafft darüber hinaus für die Gläubiger eine Vertrauensbasis (Vertrauensfunktion). Weiterhin kommt dem von den einzelnen Gesellschaftern anteilig eingezahlten Eigenkapital die Funktion zu, Maßstab für die Verteilung der Gewinne und Verluste zu sein (Verteilungsfunktion, vgl § 60 Abs 1). Vor dem Hintergrund der somit zentralen Rolle des Eigenkapitals verwundert es nicht, dass das Eigenkapital Anknüpfungspunkt einer Reihe von Beschränkungen der Wirtschaftsaufsicht ist (aufsichtsrechtliche Steuerungsfunktion, vgl etwa die §§ 53c VAG, 10, 10a KWG zur Kapital- bzw Eigenmittelausstattung von Versicherungen, Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten). Der Aktienrechtsgesetzgeber hat diese Funktionen aufgegriffen: Die Gesellschafter 2 stellen der AG das Eigenkapital unbefristet, unkündbar und zinsfrei zur Verfügung. Als Korrelat für die Marktteilnahme mit beschränkter Haftung wurde ein Mindestkapital sowie die Sicherung der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung verankert 2, die die zentralen Elemente des Gläubigerschutzes im Kapitalgesellschaftsrecht darstellen. Zahlreiche Einzelvorschriften (insb §§ 26 f, 36 Abs 2, 36a, 37, 56 f, 62 ff, 71–71e, 188, 194, 199, 203, 278 Abs 3 AktG, §§ 266 Abs 3 A I, 252 ff HGB) sollen verhindern, dass das gezeichnete Kapital von vornherein nicht eingezahlt oder später an die Aktionäre zurückgezahlt wird. § 58 Abs 4 erlaubt nur die Auszahlung des ausgewiesenen Bilanzgewinns. Dadurch, dass das gezeichnete Kapital auf der Passivseite der Bilanz erscheint (§ 266 Abs 3 A I HGB), wird sichergestellt, dass eine Ausschüttung an die Aktionäre nur erfolgen kann, wenn das Nettovermögen der Gesellschaft das gezeichnete Kapital übersteigt. Die Kapitalherabsetzung bewirkt eine Reduzierung des Grundkapitals und damit eine Entlassung eines Teils des Gesellschaftsvermögens aus den Vorschriften zu dessen Bindung. Die Herabsetzung berührt damit die Interessen der Gläubiger der Gesellschaft, denen an der Erfüllung bestehender und künftiger Verbindlichkeiten gelegen ist. Betroffen sind zudem die Belange der Gesellschafter, deren Einbeziehung in die Entscheidungsfindung über Kapitalmaßnahmen ebenso sichergestellt werden muss wie ihre Gleichbehandlung untereinander. Diese beiden Schutzzwecke liegen den Vorschriften der §§ 222 ff zugrunde (s u 30 f). 1

Zum Begriff des Eigenkapitals ausführlich Wiedemann § 182, 1 ff.

(3)

2

Zur gegenwärtigen rechtspolitischen Debatte über die Zukunft dieser Regeln s u 104 ff.

Rolf Sethe

Vor § 222

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

2. Wirtschaftlicher Zweck und tatsächliche Bedeutung von Kapitalherabsetzungen

3

Die Kapitalherabsetzung kann zu sehr unterschiedlichen Zwecken erfolgen. Entsprechend ihrem Anlass kann man folgendermaßen differenzieren:

4

a) Kapitalherabsetzungen in wirtschaftlich gesunden Zeiten. Ist die Bilanz der Gesellschaft ausgeglichen, führt die ordentliche Kapitalherabsetzung dazu, dass bislang gebundenes Vermögen aus der Bindung der strengen Regeln zur Kapitalaufbringung und -erhaltung gelöst wird. Eine Kapitalherabsetzung in wirtschaftlich guten Zeiten wird dann in Betracht kommen, wenn die Gesellschaft zur Erfüllung des Gesellschaftszwecks langfristig einen geringeren Mittelbedarf hat3. Das Unternehmen kann die frei werdenden Mittel an die Aktionäre nach dem Verhältnis ihrer Beteiligung ausschütten4. Dabei kommt eine Barausschüttung5 oder eine Sachausschüttung in Form von Wertpapieren in Betracht (zu Einzelheiten s § 222, 40, § 225, 77 f, § 237, 72, 75). Die Gesellschaft kann – wiederum unter Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes – den ihr durch die Kapitalherabsetzung eröffneten Handlungsspielraum auch dazu nutzen, Sacheinlagen zurückzugewähren oder ihre Aktionäre von rückständigen Einlagenpflichten zu befreien6. Die aus einer ordentlichen oder vereinfachten Kapitalherabsetzung frei werdenden 5 Mittel können auch in die Rücklagen eingestellt werden7. Dies verschafft der Gesellschaft eine größere Liquidität, da Rücklagen leichter als das gebundene Grundkapital aufzulösen sind. Die AG kann deshalb auch leichter eine kontinuierliche Gewinnausschüttungspolitik sicherstellen. Umgekehrt können gebundene Rücklagen in ausschüttungsfähige Mittel umgewan6 delt werden, indem die Rücklagen im Wege einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (§§ 207 ff) in Aktienkapital überführt und anschließend mittels einer ordentlichen Kapitalherabsetzung (§§ 222 ff) ausgeschüttet werden8. Der Vorteil dieser Lösung besteht darin, dass das Aktienkapital vor und nach der Maßnahme letztlich gleich hoch ist (auch wenn natürlich der Erhöhungs- und der Herabsetzungsbeschluss ins Handelsregister eingetragen werden), was sich im Hinblick auf das Standing der Gesellschaft bei Gläubigern als wichtiges Plus erweisen kann. Im Gegensatz dazu kommt es bei der – als Alternative zur Verfügung stehenden – Einziehung eigener Aktien im Wege der Einziehung im ordentlichen Verfahren (§ 237 Abs 1, 2) zu einer dauerhaften Herabsetzung des Kapitals9. Die Kapitalherabsetzung kann auch dazu genutzt werden, Vorzugsaktien in Stamm7 aktien umzuwandeln, indem die Vorzugsaktien eingezogen werden und zugleich eine 3

4

5

Vgl etwa die Ad-hoc-Mitteilungen der Fabasoft AG v 4.6.2010, der 313music JWP AG v 19.5.2010 und der BDI – BioDiesel International AG v 19.5.2010 – jeweils unter www.dgap.de. Zur geringen Bedeutung dieser Möglichkeit in der Praxis Heine/Lechner AG 2005, 269, 274. So der Beschluss der Hauptversammlungen der syzygy AG, Bad Homburg, v 4.6.2003 und der Sinner Schrader AG, Hamburg, v 28.1.2004. Spektakulär waren auch die Kapitalherabsetzungen der Martin Brinkmann AG im Jahre 1982 und der PegulanWerke AG im Jahre 1987, bei der

6

7 8

9

150 Mio DM bzw 95,8 Mio DM zurückgezahlt wurden, vgl KK/Lutter 2 Vor § 222, 10. Aufgrund von § 230 kommt für die bislang genannten Zwecke einer Kapitalherabsetzung nur die ordentliche Kapitalherabsetzung in Betracht. So geschehen bei der Feldmühle Nobel AG im Jahre 1986, vgl KK/Lutter 2 Vor § 222, 6. Dazu insb Weiss BB 2005, 2697 ff. Beispiele aus jüngster Zeit finden sich in der Ad-hocMitteilung der BDI – BioDiesel International AG v 19.5.2010 unter www.dgap.de sowie in den Sachverhalten von OLG Frankfurt AG 2009, 631; OLG Hamburg AG 2010, 215. Weiss BB 2005, 2697, 2699 Fn 20.

Stand: 31.12.2010

(4)

Vorbemerkungen

Vor § 222

Kapitalerhöhung mit Stammaktien unter Ausschluss des Bezugsrechts vorgenommen wird10. Die Zwangseinziehung kann dazu dienen, Tracking Stock zu beseitigen11. Zudem wird sie im Zusammenhang mit der Gestaltung der Satzung einer REIT AG diskutiert. Um die steuerlichen Vorteile zu erhalten, muss der Vorstand nämlich in der Lage sein, für den Erhalt eines dauerhaften Streubesitzes von mindestens 15 % zu sorgen und direkte Beteiligungen an der REIT AG, die 10 % übersteigen, zu verhindern12. Auch das Luftverkehrsnachweissicherungsgesetz13 enthält eine vergleichbare Interessenlage, bei der es auf die Zusammensetzung des Aktionärskreises ankommt. Hier hat der Gesetzgeber jedoch nicht auf die aktienrechtliche Einziehung zurückgegriffen, sondern in § 5 des Gesetzes eine eigenständige Lösung geschaffen, die der Zwangseinziehung sehr nahe kommt. Außerdem kann die Kapitalherabsetzung Mittel zu einer Unternehmensspaltung sein 8 (Fälle Varta und Löwenbräu aus den Jahren 1977 bzw 1982). Nachdem ein Teil des Vermögens auf eine Tochtergesellschaft übertragen wurde, senkt die Gesellschaft ihr Grundkapital; der dadurch frei werdende Betrag wird in Form von Wertpapieren der Tochtergesellschaften an die Aktionäre der Mutter ausgeschüttet14. Diese Möglichkeit wurde nicht durch die Schaffung der §§ 123 ff UmwG beseitigt, sondern ist weiterhin zulässig15. Hinzuweisen ist auch auf die Möglichkeit der Finanzierung durch Asset Backed Securities, die durch eine Kapitalherabsetzung begleitet wird16. Schließlich kann die Kapitalherabsetzung Mittel zur Beseitigung einer rechtlich zwei- 9 felhaften Kapitalerhöhung sein17. Sie kann dazu dienen, bei einer anstehenden Kapitalerhöhung ein rechnerisch glattes Bezugsverhältnis herzustellen18. Auch die Umstellung des Grundkapitals von DM auf Euro konnte im Wege einer Kapitalherabsetzung auf den nächst niedrigeren Eurobetrag erfolgen (§ 4 Abs 2 und 3 EGAktG). Vgl generell zur Umstellung auf den Euro §§ 3, 4 EGAktG19. b) Kapitalherabsetzung in der Unternehmenskrise. Liegt eine Unterbilanz vor, unter- 10 schreitet also der Wert des Aktivvermögens der Gesellschaft die Kapitalziffer des Grundkapitals, kann die Gesellschaft den Fehlbetrag dadurch beseitigen, dass sie das Kapital

10

11

12 13

14

(5)

Einzelheiten bei Senger/Vogelmann AG 2002, 193 ff; Hillebrandt/Schremper BB 2001, 533, 534. Zu Einzelheiten Cichy/Heins AG 2010, 181, 190; Fuchs ZGR 2003, 167, 211 ff; Tonner IStR 2002, 317, 323. Dazu Schroeder AG 2007, 531, 538 ff; Wieneke/Fett NZG 2007, 774, 776 f. Gesetz zur Sicherung des Nachweises der Eigentümerstellung und der Kontrolle von Luftfahrtunternehmen für die Aufrechterhaltung der Luftverkehrsbetriebsgenehmigung und der Luftverkehrsrechte (Luftverkehrsnachweissicherungsgesetz – LuftNaSiG) vom 5.6.1997, BGBl I, 1322. MK/Oechsler 2 § 222, 3; KK/Lutter 2 Vor § 222, 10; ders Zur Vorbereitung und Durchführung von Grundlagenbeschlüssen in Aktiengesellschaften, FS Fleck, 1988, 169 ff; Timm Die Aktiengesellschaft als Konzernspitze, 1980, 7 f; Teichmann Die Spaltung einer Aktiengesellschaft als gesetzgeberische

15

16 17

18

19

Aufgabe, AG 1980, 85, 86 ff; Gäbelein Die Unternehmensspaltung, BB 1989, 1420 f. RegE BR-Drucks 75/94, S 80 re Sp oben; Lutter/Teichmann UmwG4 § 123, 15; zu den damit verbundenen Gefahren der Umgehung des Schutzes durch das UmwG K Schmidt Vermögensveräußerung aus der Personengesellschaft: ein Lehrstück am Rande des neuen Umwandlungsrechts, ZGR 1995, 675 f. Einzelheiten bei MK/Oechsler 2 § 222, 4 mwN. Dazu Krieger ZHR 158 (1994) 35, 52 f. Beispiel: Beschluss der Hauptversammlung der ELMOS Semiconductor AG, Dortmund, v 30.8.2001. So der Beschluss der PROUT Aktiengesellschaft, Darmstadt, v 23.7.2004. S a das bei KK/Lutter 2 Vor § 222, 7, genannte Beispiel der Daimler-Benz AG aus dem Jahre 1986. S a die Nachweise Vor § 222, 87 Fn 177; MK/Oechsler 2 § 222, 19; Hüffer 9 § 6, 4 ff.

Rolf Sethe

Vor § 222

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

herabsetzt. Sie passt dann ihr Grundkapital den tatsächlichen Verhältnissen an. Hierfür wird sie sich regelmäßig nicht einer ordentlichen, sondern einer vereinfachten Kapitalherabsetzung bedienen20, denn diese bietet zwei entscheidende Vorteile: (1) Bei der einfachen Kapitalherabsetzung bedarf es keiner Sicherheitsleistung an die Gläubiger. Stattdessen werden die Gläubiger dadurch geschützt, dass alle Rücklagen bis auf ein Mindestmaß aufgebraucht sein müssen (§ 229 Abs 2), Zahlungen an die Aktionäre verboten sind (§ 230) und Dividendenzahlungen aus künftigen Gewinnen beschränkt sind (§ 233). Die vereinfachte Kapitalherabsetzung wird zumeist mit einer anschließenden Kapitalerhöhung verbunden. (2) Die vereinfachte Kapitalerhöhung kann mit Rückwirkung auf den letzten Jahresabschluss beschlossen werden (§ 235), so dass der zwischenzeitlich vorhandene und durch die Kapitalherabsetzung beseitigte Verlust gar nicht in Erscheinung tritt. Sehr häufig ist eine Kapitalherabsetzung Voraussetzung, um überhaupt eine Kapital11 erhöhung zum Zwecke der Sanierung der Gesellschaft vornehmen zu können (vgl § 228 Abs 1). Denn wenn eine Unterbilanz vorliegt, werden die Aktien der Gesellschaft unter pari notieren. Um überhaupt frisches Kapital zuführen zu können, müssen die jungen Aktien zumindest zu pari begeben werden (§§ 9, 182 Abs 3), was sich nur erreichen lässt, wenn die Kapitalziffer wieder an die tatsächlichen Vermögensverhältnisse angepasst wird. In diesen Fällen bietet sich die vereinfachte Kapitalherabsetzung an. Beteiligen sich neue Aktionäre an der Sanierung, werden sie ebenfalls ein Interesse an einem Kapitalschnitt haben, denn nur auf diese Weise wird gewährleistet, dass alle Aktionäre nach der Sanierung entsprechend ihrer Kapitalbeteiligung am künftigen wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens beteiligt werden und der neue Aktionär nicht faktisch den Misserfolg der bisherigen Aktionäre mitträgt. Wie die §§ 228, 235 zeigen, können eine Kapitalherabsetzung und eine Kapitaler12 höhung von der Hauptversammlung miteinander verbunden werden21. In diesem Fall kann das Kapital auch unter die Grenze des § 7, ggf sogar bis auf Null (§ 228), herabgesetzt werden, um es anschließend wieder zu erhöhen. Auch wenn beide Beschlussgegenstände zusammen behandelt werden, sind die jeweiligen Beschlussvoraussetzungen sowie die Regelungen über die Durchführung und über die Anmeldung und Eintragung der einzelnen Maßnahmen einzuhalten. Werden beide Beschlüsse gleichzeitig zum Handelsregister angemeldet, wird zunächst allein die Kapitalherabsetzung nach § 224 wirksam, denn die Wirksamkeit der Kapitalerhöhung setzt neben ihrer Anmeldung (§ 184) auch die Anmeldung ihrer Durchführung (§ 188) voraus und wird erst mit deren Eintragung wirksam (§ 189). Will eine Gesellschaft Kapitalherabsetzung und Kapitalerhöhung gleichzeitig wirksam werden lassen, muss sie folglich alle drei Anmeldungen miteinander verbinden. Von einer derartigen Verbindung ist auszugehen, wenn die Anmeldungen gleichzeitig vorgenommen werden. Der Registerrichter ist an sie gebunden22. Die Aktionäre können nach bislang herrschender Meinung anstelle einer notwendigen 13 Kapitalerhöhung auch freiwillige Zuzahlungen leisten23. Will die Gesellschaft solche

20 21

Beschluss der Hauptversammlung der InnoTec TSS AG, Düsseldorf, v 28.6.2002. Auch beim Debt-Equity-Swap wird diese Gestaltung diskutiert, vgl Oelke/Wöhlert/ Degen Debt Mezzanine Swap – Königsweg für die Restrukturierungsfinanzierung?, BB 2010, 299; Scheunemann/Hoffmann DebtEquity-Swap, DB 2009, 983; Schmidt/Schlitt

22

23

Debt Equity Swap – Eine attraktive Form der Restrukturierung?, Der Konzern 2009, 279, 280 ff. KG JW 1930 2718 f; JW 1932, 1018, 1019; Hüffer 9 § 222, 4, § 227, 9; KK/Lutter 2 § 222, 30 aE. RGZ 80, 81, 85 f; Hüffer 9 § 222, 5; MK/Oechsler 2 § 222, 29; MünchHdBAG-

Stand: 31.12.2010

(6)

Vorbemerkungen

Vor § 222

Zuzahlungen ermöglichen, muss sie den Beschluss über die Kapitalherabsetzung unter eine auflösende Bedingung stellen24. Jeder zuzahlende Aktionär lässt einen Teil der Bedingung eintreten, so dass die Kapitalherabsetzung nur insoweit wirksam wird, als keine Zuzahlungen erfolgt sind25. Allerdings sind wegen §§ 223, 224 nur Zuzahlungen zu berücksichtigen, die bis zum Zeitpunkt der Anmeldung des Beschlusses geleistet wurden (s u § 224, 6 mwN zur abweichenden hM). Die Gesellschaft muss den Grundsatz der Gleichbehandlung (§ 53a) beachten, die Zuzahlungsmöglichkeit also unter gleichen Bedingungen allen Aktionären anbieten. Da § 54 Abs 1 eine Nachschusspflicht verbietet, müssen die Zuzahlungen tatsächlich 14 freiwillig erfolgen. Kontrovers beurteilt wird die Frage, wann die Grenze von bloßer Freiwilligkeit zu einem mittelbaren wirtschaftlichen Zwang überschritten wird. Eine Ansicht bejaht einen mittelbaren Zwang dann, wenn die wirtschaftlichen Vorteile, die die Gesellschaft für die Zuzahlung gewährt, den Gegenwert der Zuzahlung übersteigen26. Wenn eine Kapitalherabsetzung um 5 Euro pro Aktie durch eine Zuzahlung von 4 Euro abgewendet werden kann, werde auf die Aktionäre ein mittelbarer Zwang zur Zuzahlung ausgeübt. Ein Aktionär, der derzeit keine Zuzahlung leisten kann oder will, müsse später, um seine Beteiligungsquote zu erhalten, neue Aktien im Wert von 5 Euro kaufen. Der Zuzahlende erhalte seine Beteiligungsquote dagegen bereits mit der Zahlung von 4 Euro. Ein wirtschaftlicher Zwang liegt nach dieser Ansicht auch dann vor, wenn die Gesellschaft Aktionären, die sich gegen die Zuzahlung entscheiden, ein schlechteres Zusammenlegungsverhältnis anbietet als den Zuzahlenden27. Die gewährten Vorteile müssten also exakt dem Wert der Zuzahlung entsprechen und dürfen diesen nicht übersteigen. Lutter wendet ein, dass die den Altaktionären gewährte Möglichkeit der Zuzahlung 15 ein Surrogat für die an sich notwendige Kapitalherabsetzung mit anschließender Kapitalerhöhung darstelle. Bei dieser stünde dem Aktionär ein selbstständig veräußerbares Bezugsrecht zu. Die dem Aktionär gewährte Möglichkeit der Zuzahlung lasse sich – anders als das Bezugsrecht – nicht veräußern. Um zu verhindern, dass der Aktionär um sein Bezugsrecht gebracht wird, hält Lutter daher eine Zuzahlung nur dann für zulässig, wenn das in dieser konkreten Situation an sich zu gewährende Bezugsrecht aus der Kapitalerhöhung den Wert „null“ hätte28. Dieser Standpunkt überzeugt nicht, denn der Aktionär kann seine Aktien einschließlich der Chance der Zuzahlung veräußern, da dieses Recht dem jeweiligen Aktionär bis zur Eintragung der Kapitalherabsetzung zusteht (vgl § 401 BGB29). Im Übrigen verbleibt dem Aktionär bei der Zuzahlung das Mitgliedschaftsrecht, das andernfalls durch Zusammenlegung uU eingebüßt würde30.

24

25 26

(7)

Krieger 3 § 60, 14; Schilling Voraufl § 222, 20; K Schmidt ZGR 1982, 519, 526; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 § 222, 11; abweichend nur KK/Lutter 2 § 222, 33 (dazu sogleich 15). MK/Oechsler 2 § 222, 29; abweichend v Godin ZHR 100 (1934) 221, 236, wonach der Kapitalherabsetzungsbeschluss unbedingt sei und der Eintritt der Bedingung nur die Vernichtung der Einlage verhindere. MK/Oechsler 2 § 222, 29. Hüffer 9 § 222, 5; KK/Lutter 2 § 54, 33; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 § 222, 11.

27

28 29

30

RGZ 52, 287, 293 f; 80, 81, 85 f; Baumbach/ Hueck13 Vor § 222, 4; Hüffer 9 § 222, 5, § 54, 9; Schilling Voraufl § 222, 20; aA Müller-Erzbach Das private Recht der Mitgliedschaft, 1948, S 76. KK/Lutter 2 § 222, 33. Zur Übertragung des durch die Aktie verbrieften Mitgliedschaftsrechts nach §§ 398 ff, 413 BGB Hüffer 9 § 68, 3 mwN. MK/Oechsler 2 § 222, 29.

Rolf Sethe

Vor § 222

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Auch Oechsler wendet sich gegen die bislang herrschende Meinung, will aber im Gegensatz zu Lutter die Möglichkeit der Zuzahlung erleichtern. Eine Gesellschaft, die sich in einer Krise befinde, dürfe ihren Aktionären durchaus einen kleinen Anreiz bieten, damit diese sich in der Gesellschaft erneut finanziell engagieren. Der von der Gesellschaft gewährte Vorteil müsse daher dem Wert der Zuzahlung nur „in etwa“ entsprechen31. In der Tat wird es einer in der Krise befindlichen Gesellschaft schwerer fallen, frisches Kapital einzusammeln, und sie muss daher ohnehin auf dem Kapitalmarkt attraktive Konditionen anbieten, so dass die Refinanzierung teurer ausfallen wird als bei einem gesunden Unternehmen. In dieser Situation ergibt es Sinn, sich vor der Einwerbung von Mitteln bei Dritten zunächst bei den eigenen Aktionären um Zuzahlungen zu bemühen. Wenn sich ein Aktionär in der Krise finanziell beteiligt, muss die Gesellschaft ihn besser stellen als einen Aktionär, der die Kapitalherabsetzung hinnimmt und sich nicht an der gleichzeitigen Kapitalerhöhung beteiligen will. Daher erweist sich die bislang herrschende Ansicht, die eine Belohnung der Zuzahlenden ablehnt, als lebensfremd und läuft faktisch auf ein Verbot der Zuzahlung hinaus. Es muss daher als zulässig angesehen werden, freiwillig zuzahlenden Aktionären einen Vorteil einzuräumen. Allerdings ist der von Oechsler mit der Formulierung „in etwa“ vorgeschlagene Maß17 stab zu vage, um praktikabel zu sein. Hinzu kommt, dass diese Ansicht die Doppelrolle des zuzahlenden Aktionärs nicht berücksichtigt. Würde die Gesellschaft sich über den Kapitalmarkt refinanzieren, müssten alle Aktionäre die Kosten dieser Neuemission tragen, denn die durch eine Kapitalerhöhung eingeworbenen Mittel sind um diesen Betrag von vornherein gemindert. Die Kosten machen etwa 6 bis 9 % der Neuemission aus32. Wenn nun einzelne Aktionäre bereit sind, der Gesellschaft und damit allen Aktionären diese Kosten zu ersparen, verlassen sie ihre Rolle als Aktionäre und begeben sich in die Rolle eines Finanziers, für die sie Ersatz beanspruchen können. Der Wert des Gesellschaftsvermögens ist in beiden Varianten nach Durchführung der Maßnahmen nahezu gleich. Wirtschaftlich betrachtet steht jeder Aktionär vor der Wahl, ob er ausstehende Dritte für das Engagement zur Einwerbung neuer Mittel entlohnen will oder ob er sich selbst in diese Rolle begibt. Der zuzahlende Aktionär wird also nicht in seiner Rolle als bisheriger Aktionär belohnt, was in der Tat auf eine wirtschaftliche Nachschusspflicht hinausliefe, sondern er wird für seine Bereitschaft, kostengünstiger als der Markt neues Geld zur Verfügung zu stellen, entlohnt. Der einem zuzahlenden Aktionär gewährte Vorteil darf in seiner Höhe maximal den Kosten entsprechen, die der Gesellschaft entstünden, wenn sie diese Beträge über den Kapitalmarkt einwirbt (insb Kosten der Neuemission in Form von Honoraren an das emissionsbegleitende Institut und die Berater, Kosten der Zulassung der jungen Aktien). In dem so gespannten Rahmen ist die Gewährung von Vorrechten bei der Gewinnver18 teilung über Vorzugsaktien zulässig. Die Verwaltung kann die eingesparten Kosten für die Einwerbung neuer Mittel anteilig an zuzahlende Aktionäre auskehren. Möglich ist beispielsweise auch eine Lösung, wonach dem Aktionär mit Zuzahlungsbereitschaft ein entsprechend besseres Verhältnis bei der Zusammenlegung von Aktien angeboten wird. Zulässig ist daher auch eine Kapitalherabsetzung der Aktien um einen bestimmten Betrag, der durch Zuzahlung eines etwas geringeren Betrags abgewendet werden kann (s zu dem Problem schon 14). Übersteigt der gewährte Vorteil oder der angedrohte Nachteil den hier aufgezeigten Rahmen der Zulässigkeit, ist der Beschluss nichtig, da eine Nachschusspflicht gegen das Wesen der Aktiengesellschaft verstößt33.

16

31 32

MK/Oechsler 2 § 222, 29. KK/Lutter 2 Vorb § 182, 23 mwN.

33

Auch wenn KK/Lutter 2 222, 33 einer anderen Auffassung folgt, bejaht er diese Rechts-

Stand: 31.12.2010

(8)

Vorbemerkungen

Vor § 222

c) Ausschluss von Aktionären. Bei der Einziehung von Aktien wird das Grundkapital 19 um den Gesamtbetrag der eingezogenen Aktien herabgesetzt. Die Einziehung erfolgt entweder im Wege der zwangsweisen Einziehung, der Einziehung nach Erwerb durch die Gesellschaft oder der Einziehung durch unentgeltliche Überlassung34. Die Zwangseinziehung von Aktien führt zum Ausschluss der betroffenen Aktionäre, da die eingezogenen Aktien untergehen. Werden dagegen eigene Aktien der Gesellschaft eingezogen35, bewirkt dies eine Kapitalherabsetzung ohne Ausschluss von Aktionären. d) Zahlenmäßige Bedeutung von Kapitalherabsetzungen. Die Angaben in der nach- 20 folgenden Tabelle belegen, dass von der Kapitalherabsetzung in vereinfachter Form nach ihrer Einführung durch die NotVO von 1931 (s u 79) reger Gebrauch gemacht wurde. Tabelle 1: Kapitalherabsetzungen zwischen 1912 und 193436. Jahr

34 35

(9)

AG

Kapitalherabsetzungen in Mio Mark/RM

1912

179

44,7

1913

165

64,3

1929

4.289

230,3

1930

4.272

311,7

1931

4.419

339,6

1932

4.045

2.249,1

1933

3.283

1.274,3

1934

2.397

1.038,5

folge, vgl KK/Lutter 2 § 222, 50. Ebenso Hüffer 9 § 222, 5, § 54, 9; aA Schilling Voraufl § 222, 20 (anfechtbar). So der Beschluss der PROUT Aktiengesellschaft, Darmstadt, v 23.7.2004. So der Beschluss der K + S Aktiengesellschaft, Kassel, v 5.4.2004.

36

Angaben zur Anzahl der AG bei Sethe Die personalistische Kapitalgesellschaft mit Börsenzugang, 1996, S 563; Angaben zu den Kapitalherabsetzungen nach K A Fischer Kapitalherabsetzung, 1937, S 75.

Rolf Sethe

Vor § 222 21

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Tabelle 2: Kapitalherabsetzungen zwischen 1952 und 199337 Jahr

Anzahl AG

Kapital in Mio DM

Anzahl KGaA

Kapital in Mio DM

Anzahl der Kapitalherabsetzungen

195238

2.449

13.746,8





17

26,7

1953

2.500

18.750,3





42

89,7

1954

2.530

20.201,4





32

70,4

1955

2.542

22.096,5





22

35,5

195639

2.551

24.135,4





29

29,6

1957

2.529

26.088,6





1958

2.459

26.734,1

25

125,0

Herabsetzung in Mio DM

25

70,6

21

37,2

1959

2.357

26.915,5

22

139,4

17

75,0

1960

2.311

30.302,8

21

124,2

25

22,9

1961

2.334

34.035,7

21

134,7

17

27,9

1962

2.347

36.040,2

21

145,6

13

31,2

1963

2.524

39.105,8

24

237,5

15

81,1

1964

2.516

41.577,3

25

246,6

10

7,6

1965

2.482

45.659,6

26

288,1

36

260,5

1966

2.395

47.917,1

25

264,0

19

232,7

1967

2.327

49.385,4

24

285,7

22

122,1

1968

2.304

51.568,5

24

300,5

17

436,1

1969

2.292

54.592,7

25

328,6

19

111,5

1970

2.279

56.171,7

25

323,5

22

258,9

1971

2.268

60.240,0

27

322,4

13

38,6

1972

2.240

63.940,4

31

389,3

18

199,9

1973

2.227

66.879,9

33

418,3

21

53,1

1974

2.187

70.597,9

31

401,9

19

56,5

1975

2.164

75.690,1

25

657,9

29

119,3

1976

2.152

78.517,1

25

714,2

23

420,3

1977

2.119

81.742,0

30

1.838,8

28

453,2

37

Statistisches Bundesamt (Hrsg), Statistisches Jahrbuch der Bundesrepublik Deutschland (alte Bundesländer) 1953, 228 f; 1954, 206 f; 1955, 190 f; 1956, 182 f; 1957, 194 f; 1958, 162 f; 1959, 158 f; 1960, 194 f; 1961, 196 f; 1962, 210 f; 1963, 208 f; 1964, 220 f; 1965, 224 f; 1966, 212 f; 1967, 200 f; 1968, 182 f; 1969, 180 f; 1970, 170 f; 1971, 172 f; 1972, 172 f; 1973, 204 f; 1974, 200 f; 1975, 203 f; 1976, 176 f; 1977, 112 f; 1978, 110 ff; 1979, 111 f; 1980, 112 f; 1981, 113 f; 1982, 112 +

38

39

1984, 115; 1983, 115 f; 1984, 115 f; 1985, 117 f; 1986, 116 f; 1987, 117 f; 1988, 116 f; 1989, 113 f; 1990, 125 f; 1991, 141 f; 1992, 140 f; 1994, 138 ff; 1995, 132 ff. 1952–1957: Angaben zu Anzahl und Grundkapital nicht nach AG und KGaA getrennt ausgewiesen. 1956–1957: Angaben zu Anzahl und Grundkapital nicht nach AG und KGaA getrennt ausgewiesen. Angaben ohne Berlin (West).

Stand: 31.12.2010

(10)

Vor § 222

Vorbemerkungen Fortsetzung von Tabelle 2 Jahr

Anzahl AG

1978

2.113

Kapital in Mio DM

Anzahl KGaA

Kapital in Mio DM

Anzahl der Kapitalherabsetzungen

84.284,0

28

1.830,2

22

Herabsetzung in Mio DM 359,8

1979

2.112

86.805,0

27

1.787,4

24

261,8

1980

2.113

90.178,0

28

1.842,7

20

1.013,2

198140

2.117

93.906,1

31

1.855,9

14

256,0

1982

2.111

97.293,0

29

1.871,0

23

271,0

1983

2.087

100.994,0

31

2.235,0

33

1.857,0

1984

2.101

104.675,0

27

2.272,0

21

729,0

1985

2.114

108.331,0

27

2.667,0

27

961,0

1986

2.165

114.400,0

25

1.998,0

23

841,0

1987

2.238

117.680,0

24

1.965,0

30

1.179,0

1988

2.347

121.250,0

26

2.122,0

15

857,0

1989

2.481

134.111,0

27

2.016,0

22

1.064,0

1990

2.655

146.796,0

27

2.313,0

14

1.100,0

1991

2.776

151.766,0

30

2.339,0

21

569,0

199241

3.189

171.370,0

30

2.444,0

32

1.071,0

199342

2.906

145.027,0

28

2.244,0

41

10.103,0

Im Jahre 1993 wurde diese Statistik eingestellt, so dass jetzt nur noch die von der 22 Bundesbank geführte Kapitalmarktstatistik herangezogen werden kann, die Auskunft gibt über Anzahl an Kapitalherabsetzungen und Auflösungen von Aktiengesellschaften.

40

1981–1982: Statistisches Bundesamt (Hrsg), Statistisches Jahrbuch der Bundesrepublik Deutschland (alte Bundesländer) 1982, 112; 1983, 115 f (vorläufige Angabe für Kapitalherabsetzungen; eine endgültige Angabe

(11)

41 42

wurde später nicht abgedruckt); 1984, 115 f (Zahl der AG und KGaA und deren Kapital = endgültige Angaben). Gesamtdeutschland. Deutschland ohne Hessen.

Rolf Sethe

Vor § 222 23

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Tabelle 3: Kapitalherabsetzungen und Auflösungen von Aktiengesellschaften43 Jahr 1980

Nominalwert in Mio €

Zahl der Kapitalherabsetzungen und Auflösungen

563,44

1981

231,62

1982

218,32

1983

460,67

1984

436,64

1985

483,17

1986

519,98

1987

595,66

1988

634,51

1989

291,95

1990

749,60

1991

197,40

1992

481,60

1993

400,30

1994

698,90

1995

1.090,60

1996

1.243,50

1997

858,00

1998

607,40

Börsennotiert

Nicht Börsennotiert

1999

708,00

23

281

304

2000

1.745,00

25

194

219

2001

3.152,00

84

547

631

2002

2.224,00

74

573

647

2003

1.584,00

60

443

503

2004

2.286,00

21

174

195

Gesamt

2005

1.703,00

56

178

234

2006

3.761,00

48

104

152

2007

1.636,00

72

107

179

2008

1.306,00

96

48

144

2009

974,00

65

163

228

43

Quelle: Deutsche Bundesbank, Statistische Beihefte, Kapitalmarktstatistik März und Juni 2004, Juni 2006, August 2009, jeweils S 46 (seit 1994 einschließlich ostdeutscher

Gesellschaften). Die Angaben über die Zahl der Kapitalherabsetzungen von 1999 bis 2009 verdanke ich dem Deutschen Aktieninstitut.

Stand: 31.12.2010

(12)

Vorbemerkungen

Vor § 222

3. Gesetzessystematik, Arten und Durchführung der Kapitalherabsetzung Die Kapitalherabsetzung ist in einem eigenständigen Abschnitt des 6. Teils des 1. Buches des Aktiengesetzes geregelt. Das Gesetz unterscheidet drei Arten der Kapitalherabsetzung, die ordentliche Kapitalherabsetzung (§§ 222–228), die vereinfachte Kapitalherabsetzung (§§ 229–236) sowie die Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien (§§ 237–239). In § 240 schließlich werden die bilanziellen Folgen einer Kapitalherabsetzung geregelt. Allen drei Arten der Kapitalherabsetzung gemeinsam ist ihre Rechtsfolge, nämlich die Herabsetzung der Grundkapitalziffer (wenn man von dem in § 237 Abs 3 Nr 3 geregelten Fall absieht). Im Übrigen bestehen zahlreiche Unterschiede in der Funktionsweise und der jeweils verfolgten Zielsetzung: Mit der ordentlichen Kapitalherabsetzung (§§ 222–228) erfolgt eine Teilliquidation des Gesellschaftsvermögens. Ihr wesentliches Merkmal ist der Umstand, dass sie keinen Beschränkungen hinsichtlich des Zwecks der Kapitalherabsetzung unterliegt, so dass sie auch dazu dienen kann, das freigewordene Vermögen an die Aktionäre auszuzahlen (§ 222 Abs 3, 2. HS). Da dies die zur Verfügung stehende Haftungsmasse mindert, werden die Interessen der Gesellschaftsgläubiger in besonderer Weise geschützt (§ 225). Die ordentliche Kapitalherabsetzung kann durch Herabsetzung der Nennbeträge und – falls diese Herabsetzung nicht ausreicht – durch Zusammenlegung von Aktien erfolgen. Möglich ist auch eine Einziehung der Aktien nach § 237. Die in der Praxis geringe Bedeutung der ordentlichen Kapitalherabsetzung beruht auf dem Umstand, dass sie eine Sicherung der Gläubiger über § 225 iVm § 232 BGB erfordert, die Gesellschaft daher Teile des Vermögens als Sicherheit zur Verfügung stellen muss, was dieses Vermögen blockiert 44. Die vereinfachte Kapitalherabsetzung (§§ 229–236) dient allein dem Zweck der Sanierung der Gesellschaft (§ 229 Abs 1), also dem Verlustausgleich, der Verlustdeckung oder der Auffüllung der Kapitalrücklage. Eine Rückzahlung von Eigenkapital an die Aktionäre ist verboten (§ 230), die Auszahlung von Gewinn nur unter engen Voraussetzungen erlaubt (§ 233). Ein verstärkter Gläubigerschutz erschien dem Gesetzgeber in diesem Fall nicht notwendig45, weshalb § 229 Abs 3 auch nicht auf die Gläubigerschutzvorschrift des § 225 Bezug nimmt. Die vereinfachte Kapitalherabsetzung kann ebenfalls durch Herabsetzung der Nennbeträge und – falls diese Herabsetzung nicht ausreicht – durch Zusammenlegung von Aktien erfolgen. Zulässig ist weiterhin eine Einziehung der Aktien (§ 237). Die Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien (§§ 237–239) kann zwei Zielen dienen. Sie kann primär zum Zweck der Herabsetzung der Grundkapitalziffer erfolgen und ist in dieser Funktion eine weitere Variante der ordentlichen Kapitalherabsetzung (nicht aber der vereinfachten Kapitalherabsetzung, vgl § 229, 1). Von dieser unterscheidet sie sich dadurch, dass weder eine Herabsetzung des Nennbetrags der Aktien noch eine Zusammenlegung von Aktien stattfindet, sondern Aktien eingezogen werden und auf diese Weise das auf sie entfallende Kapital frei wird. Die Einziehung kann jedoch auch dazu genutzt werden, eine Veränderung der Aktionärsstruktur herbeizuführen, denn das eingezogene Mitgliedschaftsrecht wird vernichtet (§ 238 S 3) und der betroffene Aktionär damit aus der Gesellschaft ausgeschlossen. In einem solchen Fall steht nicht das Ziel einer Kapitalherabsetzung im Vordergrund. Die Kapitalreduktion bewirkt vielmehr nur die Freisetzung der benötigten Mittel, um den Ausgeschlossenen abzufinden. Die Einziehung von Aktien kann auf zwei Wegen erfolgen, nämlich durch den Erwerb von eigenen Aktien oder im Wege der Zwangseinziehung; Letztere ist aber nur erlaubt, wenn sie in der ursprünglichen Satzung oder durch Satzungsänderung vor 44

Gotthardt BB 1990, 2419.

(13)

45

Zu Reformüberlegungen s u 110 aE.

Rolf Sethe

24

25

26

27

Vor § 222

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Übernahme oder Zeichnung von Aktien angeordnet oder gestattet war (§ 237 Abs 1). Denn die Gesellschafter sollen vor Erwerb der Mitgliedschaft wissen, dass sie ihre mitgliedschaftliche Position uU gegen ihren Willen verlieren können. In der Praxis ist zunehmend zu beobachten, dass der Weg über § 71 Abs 1 Nr 8 gewählt wird und die Einziehung eigener Aktien nach § 71 Abs 1 Nr 6 iVm § 237 verdrängt. Will man danach unterscheiden, wann Mittel abfließen, lässt sich der Abschnitt über 28 die Kapitalherabsetzungen wie folgt systematisieren: Kapitalherabsetzung

mit Mittelabfluß

ordentliche Kapitalherabsetzung (§§ 222–228 AktG)

ohne Mittelabfluß

entgeltliche Aktieneinziehung (§§ 237–239 AktG)

zu Lasten des Grundkapitals

vereinfachte (nominelle) Kapitalherabsetzung (§§ 229–236 AktG)

unentgeltliche Aktieneinziehung (§§ 237–239 AktG)

zu Lasten des Bilanzgewinnes

4. Squeeze-Out

29

Das Aktienrecht sieht mit dem Squeeze-Out (§§ 327a ff) einen weiteren46 Fall des zwangsweisen Verlusts der Mitgliedschaft vor47. Zwangseinziehung und Squeeze-Out weisen als Gemeinsamkeit den Verlust der mitgliedschaftlichen Stellung des betroffenen Aktionärs auf. Sie unterscheiden sich aber in zwei grundlegenden Punkten: (1) Ein SqueezeOut ist im Gegensatz zu § 237 Abs 1 nicht von einer vorherigen Zulassung in der Satzung abhängig. Vielmehr setzt ein Squeeze-Out voraus, dass die Hauptversammlung den Ausschluss der Kleinaktionäre auf Verlangen des Hauptaktionärs, der 95 % der Aktien der Gesellschaft innehaben muss, beschließt. Die Zulassung des Squeeze-Out ohne entsprechende Ermächtigung in der Satzung beruht auf der Erwägung, dass der Hauptaktionär ohnehin die unternehmerischen Entscheidungen treffen wird und sich die Beteiligung der anderen Aktionäre auf eine bloße Kapitalanlage reduziert hat. Der Hauptaktionär wird durch die Zwangseinziehung von dem Aufwand befreit, den das Vorhandensein der Kleinaktionäre bedeutet (vgl u 105). Wenn man die Kleinaktionäre für ihre Beteiligung angemessen entschädigt, überwiegen die Belange des Hauptaktionärs so deutlich, dass der Gesetzgeber den Squeeze-Out nicht von einer Satzungsregelung abhängig machen wollte48. (2) Im Gegensatz zur Zwangseinziehung nach § 237 stellt der Squeeze-Out keine 46

47

Andere Fälle sind die Kaduzierung nach § 64 sowie der Ausschluss eines Aktionärs aus wichtigem Grund, dazu MünchHdBAG-Krieger 3 § 62, 35 f mwN auch zur aA. Eingeführt durch Art 7 Nr 2 des Gesetzes zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und Unternehmensübernahmen v 20. 12. 2001, BGBl I 3822.

48

Die Regelung der §§ 327a ff findet auf alle Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien Anwendung; eine Begrenzung des Squeeze-Out auf börsennotierte Gesellschaften sieht das deutsche Recht nicht vor. Zur Kritik an dieser weiten Lösung s u 106 mwN.

Stand: 31.12.2010

(14)

Vorbemerkungen

Vor § 222

Form der Kapitalherabsetzung dar, denn die Aktien gehen auf den Hauptaktionär über (§ 327e Abs 3 S 1), so dass die Höhe des Grundkapitals der Gesellschaft unverändert bleibt. Gleiches gilt für den übernahmerechtlichen Squeeze-Out (§§ 39a ff WpÜG). Trotz dieser beiden gravierenden Unterschiede wird der Squeeze-Out bei der gegenwärtig geführten Reformdebatte (s u 104 ff) regelmäßig im Zusammenhang mit der Reform der Zweiten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie genannt, weil die geschilderte Gemeinsamkeit offenbar stärker in das Blickfeld gerückt ist als die Unterschiede. 5. Schutz der Gläubiger und der Aktionäre Gläubiger haben keinerlei Einfluss darauf, ob die Gesellschaft eine Kapitalherabset- 30 zung vornimmt oder nicht. Da das Kapital aber die Haftungsgrundlage der Gesellschaft bildet, sind ihre Interessen unmittelbar betroffen. Dies gilt vor allem dann, wenn die Kapitalherabsetzung der Auszahlung von Kapital oder dem Verzicht auf Einlageforderungen dient. Zudem sind ihre Ansprüche in späteren Jahren gefährdet, wenn die Gesellschaft aufgrund der Kapitalherabsetzung in der Lage ist, Gewinne auszuschütten, ohne dass das gebundene Vermögen wieder aufgefüllt wird. Um die Gläubiger angemessen abzusichern, ist bei einer Kapitalherabsetzung zum Zwecke der Ausschüttung oder des Einlagenverzichts nur eine ordentliche Kapitalherabsetzung erlaubt (§ 230), die mit weit reichenden Sicherungen für die Gläubiger einhergeht (§ 225 Abs 2, zu Reformüberlegungen s u 110 aE). Ein vergleichbarer Schutz besteht bei der entgeltlichen Einziehung von Aktien (§ 237 Abs 2 S 3), da auch hier Kapital an die Aktionäre abfließt. Verfolgt die Gesellschaft mit der Kapitalherabsetzung das Ziel einer Sanierung und Beseitigung einer Unterbilanz, entfällt der Gläubigerschutz nach § 225 Abs 2 (vgl § 229, 60). Zur Sicherung der Gläubiger muss gewährleistet sein, dass es zu keiner Auszahlung und damit auch nicht zum Abfluss von Haftungsmasse kommt (vgl das entsprechende Verbot in § 230). Zusätzlich musste der Gesetzgeber die Rücklagenbildung für das bei der Sanierung nicht benötigte frei werdende Kapital regeln (§ 232) und die künftigen Gewinnausschüttungen begrenzen (§ 233). Auch bei der Einziehung ist der Gläubigerschutz gewährleistet (s § 237, 91 ff, 119 ff). Gefährdet sind auch die Belange der Minderheitsaktionäre, denen das notwendige 31 Quorum fehlt, um eine Satzungsänderung zu verhindern. (1) Die Kapitalherabsetzung greift in ihre mitgliedschaftliche Position ein. Zu Recht sieht das Gesetz die vereinfachte Kapitalherabsetzung als subsidiär an und erlaubt sie erst, wenn andere Möglichkeiten der Verlustdeckung und Rücklagenauffüllung ausscheiden (vgl § 229 Abs 2). (2) Als noch dringender erweist sich der Schutz der Aktionäre, wenn die Gefahr besteht, dass sie durch eine Kapitalherabsetzung aus der Gesellschaft gedrängt werden, was bei einer Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien möglich ist. Diese Zusammenlegung ist daher ultima ratio und nur unter Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung möglich (§ 222 Abs 4 bzw §§ 229 Abs 3, 222 Abs 4, s u § 222, 30, 52 ff). Verbindet die Gesellschaft die Kapitalherabsetzung nicht mit einer Kapitalerhöhung, bedarf diese Entscheidung einer sachlichen Rechtfertigung (zur materiellen Beschlusskontrolle s § 222, 29). (3) Stark gefährdet sind die Interessen der Aktionäre auch bei der Zwangseinziehung von Aktien. Ihr Schutz ist daher in § 237 Abs 1 S 2 besonders ausgeprägt (s u § 237, 32 ff). (4) Gleiches gilt für den Fall der Auslosung, der dann eine besondere Gefährdung anhaftet, wenn nur einzelne Aktionäre von ihr betroffen sein sollen. Hier ist eine materielle Beschlusskontrolle notwendig (s § 222, 33).

(15)

Rolf Sethe

Vor § 222

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

6. Kapitalherabsetzung als Satzungsänderung

32

Die drei Formen der Kapitalherabsetzung bewirken eine Veränderung der in der Satzung niedergelegten Grundkapitalziffer und der Aktiennennbeträge (§ 23 Abs 3 Nrn 3 und 4); sie stellen daher eine Satzungsänderung dar. Dies hat zur Folge, dass neben den Vorschriften der §§ 222 ff auch die allgemeinen gesetzlichen Vorschriften über Satzungsänderungen (§§ 179 – 181) zur Anwendung kommen49. Dies gilt insbesondere für § 181 Abs 1 S 2. Zu beachten ist weiterhin, dass das Gesetz nur statutarische Erschwerungen zulässt (§§ 222 Abs 1 S 2, 229 Abs 3, 237 Abs 2 S 1). Enthält die Satzung allgemeine Regelungen über Satzungsänderungen, stellt sich die 33 Frage, ob diese Regeln auch für spezielle Formen der Satzungsänderung, wie die Kapitalherabsetzung, anzuwenden sind. Dies ist durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist der Frage nachzugehen, ob die Gesellschafter im Zeitpunkt der Verabschiedung der Satzung den Fall der Sanierung vor Augen hatten. Dies wird man schwerlich annehmen können, da bei Gesellschaftsgründung regelmäßig alle Gesellschafter vom Erfolg des Unternehmens ausgehen dürften. Enthält die Satzungsregel, die eine Erschwerung von Satzungsänderungen vorsieht, daher keinen ausdrücklichen Hinweis, dass sie auch für Kapitalherabsetzungen gelten soll, sind derartige Klauseln nicht auf die Kapitalherabsetzung anzuwenden50. Mit dem Beschluss über die Kapitalherabsetzung wird zugleich der Wortlaut der Sat34 zungsbestimmung, die die Höhe des Grundkapitals regelt, geändert51. Einer gesonderten Beschlussfassung hierüber bedarf es nicht52. Denn der Beschluss über die Kapitalherabsetzung ändert gerade den Wortlaut der in der Satzung enthaltenen Grundkapitalziffer (vgl § 124 Abs 2 S 2). Die Gegenauffassung53, wonach es neben der Kapitalherabsetzung stets einer Anpassung des Satzungstextes bedürfe, erweist sich als künstlich und findet im Gesetzestext keinerlei Anhaltspunkt. Dies zeigt besonders deutlich das Beispiel der Herabsetzung des Grundkapitals einer Aktiengesellschaft, die Stückaktien ausgegeben hat. Hier reicht die Herabsetzung der Grundkapitalziffer aus54. Im Übrigen vertreten die Anhänger der herrschenden Meinung diesen Standpunkt auch nicht bei der Kapitalerhöhung, bei der sich dasselbe Problem stellen müsste55. Einer separaten Anpassung der in der Satzung enthaltenen Ziffer des Grundkapitals bedarf es nur dann, wenn die Hauptversammlung nur einen Höchstbetrag der Herabsetzung festgelegt und die genaue Höhe von der Erfüllung bestimmter Voraussetzungen abhängig gemacht hat (zur Bestimmbarkeit s § 222, 23). Gleiches gilt für den Fall eines bedingten Kapitalherabsetzungsbeschlusses (zB Abhängigkeit der genauen Höhe der Kapitalherabsetzung vom Betrag der geleisteten freiwilligen Zuzahlungen, s o 13 ff und § 222, 24). Von der Herabsetzung des Betrags des Grundkapitals zu unterscheiden ist die Berich35 tigung des durch die Kapitalherabsetzung unrichtig gewordenen übrigen Satzungstextes.

49 50

51

Hüffer9 § 222, 6; KK/Lutter 2 Vor § 222, 3; MK/Oechsler2 § 222, 9. Hüffer 9 § 222, 10; MK/Oechsler 2 § 222, 16; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 § 222, 20; aA KK/Lutter 2 § 222, 3; Schilling Voraufl § 222, 6. KK/Lutter 2 § 222, 19 (der zwischen der Änderung der Kapitalziffer und der Änderung des sonstigen Satzungstextes unterscheidet) sowie die hM zum GmbH-Recht, OLG Düsseldorf GmbHR 1968, 223; Ulmer/

52

53 54 55

Habersack/Winter/Casper § 58, 31; Scholz/ Priester10 § 58, 36; aA MünchHdBAGKrieger 3 § 60, 29. Schilling Voraufl § 222, 6; aA Hüffer 9 § 222, 6; Spindler-Stilz/Marsch-Barner2 § 222, 12, 25; Terbrack RNotZ 2003, 89, 91; Tielmann in Happ AktienR3 14.01, 9. S vorige Fn. Ebenso MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 51. Hüffer 9 § 182, 3; KK/Lutter 2 § 182, 3.

Stand: 31.12.2010

(16)

Vorbemerkungen

Vor § 222

Ein solcher Fall tritt bei der Herabsetzung von Nennbetragsaktien auf, da die in der Satzung enthaltenen Angaben zum Nennbetrag und ggf zur Zahl der Aktien (vgl § 23 Abs 3 Nr 4) durch die Herabsetzung bzw Zusammenlegung überholt sind56. Bei der Herabsetzung des Kapitals einer AG, die Stückaktien ausgegeben hat, erweist sich eine solche Anpassung nur als notwendig, wenn es zu einer Zusammenlegung von Aktien gekommen ist, da in diesem Fall die Angabe in der Satzung über die Zahl der Aktien korrigiert werden muss. Eine Anpassung des Satzungstextes ist auch bei der Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Nennbetrags- und Stückaktien notwendig, da der Satzungstext wegen § 23 Abs 3 Nrn 3 und 4 unrichtig wird. Es handelt sich jeweils um eine bloße Änderung der Fassung. Die Befugnis zu einer derartigen Berichtigung kann die Hauptversammlung auf den Aufsichtsrat übertragen (§ 179 Abs 1 S 2)57. Handelt es sich um eine Einziehung von Stückaktien im vereinfachten Verfahren nach § 237 Abs 3 Nr 3, ist dessen Halbsatz 2 zu beachten, wonach dem Vorstand die Kompetenz zur Textanpassung übertragen werden kann. 7. Anwendungsbereich und Bedeutung der §§ 222–240 a) Aktiengesellschaften. Die §§ 222 bis 240 regeln die Herabsetzung des Grundkapi- 36 tals der Aktiengesellschaft. b) Europäische Aktiengesellschaften. Für Kapitalmaßnahmen einer Europäischen 37 Aktiengesellschaft (SE) gilt das nationale Recht des Staates, in dem die SE ihren Sitz hat (Art 5 SE-VO58). Da die EU die Kapitalmaßnahmen bereits mit der Kapitalrichtlinie59 harmonisiert hatte, war keine neuerliche oder eigenständige Regelung dieses Bereichs in

56

57 58

59

Diese Fallgestaltung spricht MünchHdBAGKrieger 2 § 60, 24, gerade nicht an, was KK/Lutter 2 19, verkennt. Hüffer 9 § 222, 6; MK/Oechsler 2 § 222, 10; KK/Lutter2 § 222, 19. Verordnung (EG) Nr 2157/2001 des Rates v 8.10.2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE), ABl EG Nr L 294 v 10.11.2001, S 1. Zweite Richtlinie 77/91/EWG des Rates v 13.12.1976 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften iSd Art 58 Abs 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, ABl EG Nr L 26 v 31.1.1977, S 1; umgesetzt durch das Gesetz zur Durchführung der Zweiten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts, v 13.12.1978, BGBl I 1959. Sie wurde durch die Richtlinie 92/101/EWG zur Änderung der Zweiten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie

(17)

v 23.11.1992 (ABl EG Nr L 347 v 28.11.1992, S 64) geändert. Die in der Änderungsrichtlinie enthaltenen Beschränkungen des Erwerbs eigener Aktien der Muttergesellschaft durch deren Tochtergesellschaft(en) waren bereits geltendes Recht, so dass eine Umsetzung in deutsches Recht nicht erforderlich war. Mit jeder Aufnahme eines neuen Mitgliedstaats wurde zudem Art 1 der Richtlinie angepasst (zuletzt durch die Richtlinie 2006/99/EG anlässlich des Beitritts Bulgariens und Rumäniens). Die letzte inhaltliche Änderung erfolgte durch die Richtlinie 2006/68/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v 6.9.2006 zur Änderung der Richtlinie 77/91/EWG des Rates in Bezug auf die Gründung von Aktiengesellschaften und die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals, ABl EG Nr L 264 v 25.9.2006, S 32, mit der die Ergebnisse der SLIM-Initiative umgesetzt wurden. Zu dieser Änderung statt vieler H P Westermann ZHR 172 (2008) 144 mwN. Umfassende Schrifttumshinweise zur Richtlinie auch bei Grundmann Europäisches Gesellschaftsrecht, 2004, Vor 314.

Rolf Sethe

Vor § 222

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

der SE-VO notwendig60. Für die Herabsetzung des Grundkapitals einer in Deutschland ansässigen SE gelten somit die Vorschriften der §§ 222 ff, die ihrerseits im Lichte der Kapitalrichtlinie ausgelegt werden müssen. Die Verweisung auf das nationale Recht hat zur Folge, dass nicht nur die gesetzlichen Regelungen, sondern auch die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze einbezogen sind61. Für den Fall, dass eine SE gegen Art 7 der SE-VO verstößt und ihren Sitz nicht in dem 38 Mitgliedstaat hat, in dem sich ihre Hauptverwaltung befindet (vgl Art 64 SE-VO), wird die Frage diskutiert, ob es sich bei Art 5 SE-VO um eine Sachnormverweisung oder um eine Gesamtnormverweisung (Verweisung auch auf das Internationale Gesellschaftsrecht) handelt. Für eine Sachnormverweisung spricht schon der Wortlaut von Art 5 SE-VO, der sich deutlich von dem als Gesamtnormverweisung ausgestalteten Art 9 Abs 1c ii SE-VO unterscheidet. Art 5 SE-VO verfolgt den Zweck, auf die SE dasselbe Statut wie für die AG des nationalen Rechts anzuwenden, um eine Benachteiligung der SE ihr gegenüber zu verhindern. Bei der Gesamtnormverweisung könnte dieses Ziel – je nach Ausgestaltung des jeweiligen Internationalen Gesellschaftsrechts – nicht verwirklicht werden. Hinzu kommt, dass das Recht der Kapitalaufbringung und -erhaltung durch die Kapitalrichtlinie ohnehin harmonisiert ist und eine Gesamtnormverweisung vor diesem Hintergrund auch wenig Sinn machen würde62.

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c) Kommanditgesellschaften auf Aktien. Im Gegensatz zur AG kennt die Kommanditgesellschaft auf Aktien als Haftungsmasse nicht nur das von den Kommanditaktionären aufzubringende Grundkapital, sondern auch die vom Grundkapital zu trennenden Sondereinlagen der Komplementäre. Zur Erbringung von Sondereinlagen sind die Komplementäre allerdings nur dann berechtigt und verpflichtet, wenn die Satzung dies vorsieht (§ 281 Abs 2). Zusammengenommen bilden Grundkapital und Einlagen das Gesamtkapital der Gesellschaft63. Die Vorschriften über die Kapitalherabsetzung finden über § 278 Abs 3 nur auf die Herabsetzung des Grundkapitals der KGaA Anwendung64. Die Herabsetzung der Sondereinlage eines Komplementärs der KGaA unterliegt dagegen nicht den aktienrechtlichen Vorschriften. Vielmehr finden über die speziellen Vorgaben

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Zu Kapitalmaßnahmen generell Fleischer Die Finanzverfassung der Europäischen Gesellschaft, in Lutter/Hommelhoff, Die Europäische Gesellschaft, 2005, S 169; Lutter Die Aktien der S.E., in Lutter (Hrsg), Die Europäische Aktiengesellschaft 2 S 145; Martens Kapital und Kapitalschutz in der S.E., in Lutter (Hrsg), Die Europäische Aktiengesellschaft 2 S 167; Mayer in Manz/Mayer/Schröder Europäische Aktiengesellschaft 2, Art 5 SE-VO, 7 ff; MK/Oechsler2 Art 5 SE-VO, 1 ff; ders Kapitalerhaltung in der Europäischen Gesellschaft (SE), NZG 2005, 449; Theisen/Widmayer Finanzierung und Kapitalausstattung, in Theisen/Wenz, Die Europäische Aktiengesellschaft, 2002, S 333; H P Westermann Die Finanzierung der S.E. (Kapitalerhöhung, Anleihen, Wandelschuldverschreibungen), in Lutter (Hrsg), Die Europäische Aktiengesellschaft 2 S 195; Wiede-

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mann Satzung und Satzungsänderung, in Lutter (Hrsg), Die Europäische Aktiengesellschaft 2 S 39. Spindler/Stilz/Casper 2 Art 5 SE-VO, 2; MK/Oechsler 2 Art 5 SE-VO, 4; Teichmann Die Einführung der Europäischen Aktiengesellschaft, ZGR 2002, 383, 398 f. Für eine Sachnormverweisung auch Spindler/Stilz/Casper 2 Art. 5 SE-VO, 2; Mayer in Manz/Mayer/Schröder Europäische Aktiengesellschaft 2, Art 5 SE-VO, 6; MK/Oechsler 2 Art 5 SE-VO, 5; Schwarz Europäisches Gesellschaftsrecht, 2000, 577, 650 f; Zang Sitz und Verlegung des Sitzes einer europäischen Aktiengesellschaft mit Sitz in Deutschland, 2005, S 90 f. Assmann/Sethe Vor § 278, 68. Einzelheiten bei Assmann/Sethe § 278, 185 ff.

Stand: 31.12.2010

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Vorbemerkungen

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der §§ 281 Abs 2, 278 Abs 2 AktG iVm §§ 161 Abs 2, 105 Abs 3 HGB und §§ 705–707 BGB die Grundsätze des Personengesellschaftsrechts Anwendung65. d) Investmentaktiengesellschaften. Die Vorschriften der §§ 222 bis 240 finden keine 40 Anwendung auf Investmentaktiengesellschaften (§ 99 Abs 1 InvG), da die §§ 104, 105 InvG spezielle Regelungen zur jederzeitigen Erhöhung und Herabsetzung des Kapitals enthalten. e) Abspaltungen oder Ausgliederungen. Sodann finden die Vorschriften der verein- 41 fachten Kapitalherabsetzung Anwendung auf die von einer AG oder KGaA vorgenommene Abspaltung oder Ausgliederung (§ 145 UmwG). Die Bedeutung dieser Verweisung erschließt sich, wenn man die wirtschaftlichen Folgen dieser Umwandlungsvorgänge betrachtet. Bei der Abspaltung gibt die AG oder KGaA als übertragender Rechtsträger Vermögenswerte an einen oder mehrere andere Rechtsträger (übernehmender Rechtsträger) ab. Die Gegenleistung (Mitgliedschaftsrechte an der übernehmenden oder neu gegründeten Gesellschaft) fließt an die Aktionäre der AG oder KGaA. Die übertragende Gesellschaft selbst erhält damit keine Gegenleistung, so dass sich ihr Nettovermögen durch die Abspaltung vermindert. Ist diese Schmälerung des Vermögens so groß, dass eine Unterbilanz entsteht, wird eine Kapitalherabsetzung notwendig. Eine ordentliche Kapitalherabsetzung ist aufgrund der Gläubigerschutzvorschriften (vgl § 225) zeitaufwendig und bindet Ressourcen. Der Verweis auf die vereinfachte Kapitalherabsetzung schafft hier die notwendige Flexibilität, weshalb die Vorschrift für die Praxis von Bedeutung ist66. Anders ist die Ausgangslage bei einer Ausgliederung. Hier erhält die AG oder KGaA für die übertragenen Vermögenswerte eine Gegenleistung in Form von Anteilen der übernehmenden Gesellschaft. Damit kommt es lediglich zu einem Tausch von Aktiva bei der übertragenden Gesellschaft. Bedarf für eine Kapitalherabsetzung besteht deshalb nur dann, wenn bei den als Gegenleistung gewährten Anteilen sofort eine Teilwertabschreibung notwendig wird, weil die übernehmende Gesellschaft überschuldet ist. Bei einer derartigen Ausgangslage wird aber regelmäßig keine Ausgliederung erfolgen (vgl § 128 UmwG), so dass dem Verweis des § 145 UmwG insoweit kaum eine praktische Bedeutung zukommen dürfte67. Bei § 145 UmwG handelt es sich um eine Rechtsfolgenverweisung68. Aus diesem 42 Grund kommt es nicht auf die Tatbestandsvoraussetzung des § 229 Abs 1 an, wonach die vereinfachte Kapitalherabsetzung nur zum Zwecke des Ausgleichs von Wertminderungen oder von sonstigen Verlusten oder zur Einstellung in die Kapitalrücklage erfolgen darf. Stattdessen verlangt § 145 UmwG, dass die Kapitalherabsetzung zur Durchführung der Abspaltung oder Ausgliederung „erforderlich“ sein muss. „Erforderlich“ ist sie dann, wenn bei der Abspaltung Vermögensgegenstände übertragen werden, dadurch bei dem übertragenden Rechtsträger eine Unterbilanz entsteht und diese nicht durch ungebun-

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Einzelheiten bei Assmann/Sethe § 278, 72, 188 ff, § 281, 14 ff. Zudem schützt das in § 145 UmwG außerdem enthaltene Erfordernis einer separaten Handelsregistereintragung von Kapitalherabsetzung und Abspaltung die Gläubiger vor Überraschungen; Lutter/Schwab UmwG 4 § 145, 7. Weitergehend die Einschätzung von Lutter/

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Schwab UmwG4 § 145, 4 aE (Norm läuft „rechtspraktisch leer“), vgl aber sogleich 42 aE. Einzelheiten bei Priester Kapitalschutz bei der übertragenden Gesellschaft in Spaltungsfällen, FS Schippel, 1996, 487, 491 ff; Kallmeyer/Kallmeyer/Sickinger UmwG4 § 145, 1, § 139, 1; Lutter/Schwab UmwG4 § 145, 8, 21.

Rolf Sethe

Vor § 222

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

dene Rücklagen aufgefangen werden kann69. Bei der Ausgliederung ist die Kapitalherabsetzung nur dann „erforderlich“, wenn die als Gegenleistung gewährten Gesellschaftsanteile weniger wert sind als die übertragenen Vermögensteile und deshalb eine sofortige Teilwertabschreibung notwendig ist70.

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f) GmbH. Das GmbH-Recht enthält eine eigenständige Regelung der ordentlichen Kapitalherabsetzung in § 58 GmbHG und seit 1994 eine Regelung der vereinfachten Kapitalherabsetzung in §§ 58a–58f GmbHG. Diese Vorschriften sind denjenigen der §§ 229–236 AktG nachgebildet. Bei ihrer Auslegung wird auf das aktienrechtliche Vorbild zurückgegriffen71, so dass die §§ 229 ff eine mittelbare Bedeutung im GmbH-Recht entfalten.

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g) Rechtsbeziehungen einer AG zu Dritten. Die §§ 222 ff, 229 ff, 237 ff regeln nicht, welche Rechtsfolgen eine Kapitalherabsetzung auf die Rechte der Gläubiger der AG oder KGaA hat, deren Rechtsposition an die Höhe des Grundkapitals der Gesellschaft gekoppelt ist. Dem aus einer Wandelschuldverschreibung oder Optionsanleihe Berechtigten steht ein Anspruch auf den Bezug von Aktien der Gesellschaft zu. Der Inhaber von Gewinnschuldverschreibungen und Genussrechten hat Anspruch auf einen bestimmten Anteil des Unternehmensgewinns, der zumeist an dem Verhältnis von Grundkapital zu überlassenen Kapital ausgerichtet ist. Die Einzelheiten der Rechtsstellung dieser vier Gläubigergruppen werden regelmäßig in den Ausgabebedingungen festgelegt. Wird das Grundkapital der Gesellschaft erhöht, besteht die Gefahr einer Verwässerung des Umtausch-, Bezugs- oder Gewinnrechts. Dieser Gefahr begegnen die Ausgabebedingungen üblicherweise durch Anpassungsklauseln. Fehlt eine solche Anpassungsklausel, besteht heute weitgehende Einigkeit, dass zum Schutze der Gläubiger die Ausgabebedingungen entsprechend angepasst werden müssen72. Ob man dabei § 216 Abs 3 analog anwendet73 oder – methodisch überzeugender – von einer ergänzenden Vertragsauslegung74 ausgeht, kann vom Ergebnis her dahinstehen. Wird umgekehrt das Kapital der AG herabgesetzt, besteht die Gefahr, dass der Gläubiger ungerechtfertigt besser und die Aktionäre mithin schlechter gestellt werden. Eine Regelung dieses Falles fehlt in den Ausgabebedingungen recht häufig. Auch in diesem Fall müssen – diesmal zum Schutze der Aktionäre – die Anleihe- oder Optionsbedingungen angepasst werden75. Denn eine ergänzende Vertragsauslegung muss die Folgen von Kapitalveränderungen in beide Rich-

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Einzelheiten bei Kallmeyer/Kallmeyer/Sickinger UmwG4 § 145, 1; § 139, 2; Lutter/ Schwab UmwG4 § 145, 9 ff. Kallmeyer/Kallmeyer/Sickinger UmwG4 § 145, 1, § 139, 4; Mayer in Widmann/ Mayer, UmwG, § 139, 17 f; s a Lutter/Teichmann UmwG2 § 123, 12; aA Lutter/Schwab UmwG4 § 145, 28, der bei der Ausgliederung das Tatbestandsmerkmal der „Erforderlichkeit“ stets verneint. Dabei übersieht er, dass der Gesetzgeber – wie § 128 UmwG belegt – durchaus den Fall bedacht hat, dass die als Gegenleistung gewährten Anteile nicht dem vollen Wert des übertragenden Vermögens entsprechen. Vgl statt vieler Scholz/Priester 10 Vor § 58a, 6.

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MünchHdBAG-Krieger3 § 63, 22 mwN; Sethe AG 1993, 351, 363. KK/Lutter 2 § 221, 124 („Rechtsgedanke fruchtbar machen“); Kallrath Die Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen von Wandel- und Optionsanleihen, Gewinnschuldverschreibungen und Genussscheinen, 1994, 164 ff, 169 f. Hüffer 9 § 221, 63; MK/Habersack 2 § 221, 291; jetzt auch MünchHdBAG-Krieger 3 § 63, 22. KK/Lutter 2 § 221, 136; Hüffer9 § 221, 63 aE; MünchHdBAG-Krieger 3 § 63, 22; aA noch KK/Lutter1 § 221, 50; Schilling Voraufl § 221, 6 aE.

Stand: 31.12.2010

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Vorbemerkungen

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tungen und damit zugunsten und zulasten beider Vertragsparteien berücksichtigen (zu Einzelheiten s u § 224, 15 ff). Zum Teil sehen die Genussrechtsbedingungen vor, dass im Falle von Wertminderun- 45 gen oder Verlusten das Genusskapital im selben Verhältnis sinken soll wie das Grundkapital. Bei einer solchen Gestaltung hat es die Hauptversammlung der AG in der Hand, durch eine Kapitalherabsetzung auch das Genussrechtskapital herabzusetzen. Es besteht die Gefahr, dass die Rechtsstellung der Genussrechtsinhaber ausgehöhlt wird, wenn die Hauptversammlung das Grundkapital stärker als zur Deckung der Verluste notwendig herabsetzt. Die Aktionäre werden dadurch geschützt, dass der überschüssige Betrag in die Kapitalrücklage eingestellt wird (§ 232). Einen vergleichbaren Schutz für die Genussrechtsinhaber vermisst man im Gesetz. Zum Teil wird deshalb vorgeschlagen, dass die Genussrechtsinhaber in einem solchen Fall an dem Kapitalherabsetzungsbeschluss zu beteiligen seien76. Diese Lösung ist aus zwei Gründen abzulehnen. Zum einen gewährleistet die Mitwirkung noch nicht, dass die Kapitalherabsetzung genau in dem Umfang erfolgt, der zur Verlustdeckung notwendig ist, denn die Verluste lassen sich oftmals nicht präzise genug vorhersagen (s u § 229, 22 f). Man müsste also zusätzlich eine § 232 vergleichbare Lösung für die Genussrechtinhaber finden. Zum anderen sind Genussrechtsinhaber lediglich schuldrechtlich mit der Gesellschaft verbunden. Die Einräumung einer Mitsprache bei der Beschlussfassung würde die Rechtsstellung der Genussrechtsinhaber grundlegend verändern. Die gesellschaftsrechtliche und die schuldrechtliche Ebene sollten nicht vermischt werden, da sonst gesellschaftsfremden Personen, die nur ihre Belange und nicht die der Gesellschaft im Auge haben, Einflussnahmemöglichkeiten auf die Geschicke der Gesellschaft eingeräumt würden. Aus diesem Grund ist auch die Lösung abzulehnen, die den Genussrechtinhabern zwar keine Mitsprache in der Hauptversammlung, wohl aber eine Anfechtungsbefugnis einräumen will77. Vorzugswürdig ist daher die Lösung, die den Genussrechtsinhabern einen schuldrechtlichen Ausgleichsanspruch und im Falle der schuldhaften Verletzung der Genussrechtsstellung einen Schadensersatzanspruch einräumt (zu Einzelheiten s u § 224, 17 ff). 8. Spezialgesetzliche Regelungen in Bezug auf Kapitalherabsetzungen Um die Rettung von Finanzunternehmen zu erleichtern, wurde 2008 ein Maßnah- 46 menpaket zur Stabilisierung des Finanzmarktes verabschiedet, das ua auch Regelungen zur Kapitalherabsetzung bei Finanzunternehmen enthält. So enthält § 7 Abs 6 FMStBG78 eine Regelung der erforderlichen Mehrheiten für den Kapitalherabsetzungsbeschluss. Bei der Herabsetzung des Grundkapitals im Zusammenhang mit einer Rekapitalisierung eines Unternehmens des Finanzsektors gem § 7 FMStFG79 bedarf der Beschluss einer

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Hirte ZIP 1991, 1461, 1462 f. Vollmer/Lorch ZBB 1992, 44, 45 f. Das Gesetz zur Beschleunigung und Vereinfachung des Erwerbs von Anteilen an sowie Risikopositionen von Unternehmen des Finanzsektors durch den Fonds „Finanzmarktstabilisierungsfonds – FMS“ (Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetz – FMStBG) wurde als Art 2 des Gesetzes zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Finanzmarkt-

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stabilisierungsgesetz – FMStG) v 17.10.2008, BGBl I 1982, eingeführt. Das Gesetz zur Errichtung eines Finanzmarktstabilisierungsfonds (Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz – FMStFG) wurde als Art 1 des Gesetzes zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Finanzmarktstabilisierungsgesetz – FMStG) v 17.10.2008, BGBl I 1982, eingeführt.

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Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Mehrheit, die mindestens zwei Drittel der abgegebenen Stimmen oder des vertretenen Grundkapitals umfasst. Die einfache Mehrheit reicht, wenn die Hälfte des Grundkapitals vertreten ist80. § 5 Abs 2 Nr 5, Abs 4 FMStFV81 sieht vor, dass den mit Maßnahmen nach §§ 7, 8 47 FMStFG geretteten Finanzunternehmen aufgegeben werden soll, keine Kapitalherabsetzung durchzuführen, es sei denn, zu Sanierungszwecken. Durch diese Vorgabe wird das Ziel der Verordnung, während der Laufzeit der Stabilisierungsmaßnahmen Ausschüttungen an die Gesellschafter zu verhindern, ergänzt. Insbesondere die ordentliche Kapitalherabsetzung, die auch dem Zwecke der Rückzahlung von Einlagen dienen kann (s o 4), ist deshalb ausgeschlossen. 9. Kapitalmarktrechtliche Folgefragen

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a) Ad-hoc-Publizität. Mit der Ad-hoc-Publizität soll die informationelle Gleichbehandlung der Anleger sichergestellt und Insiderhandel verhindert werden. Zu diesem Zweck verpflichtet § 15 Abs 1 WpHG den Inlandsemittenten von Finanzinstrumenten, die börsennotiert sind oder deren Zulassung beantragt ist, Insiderinformationen unverzüglich zu veröffentlichen. Unter einer Insiderinformation iSv § 13 WpHG sind alle nicht öffentlich bekannten konkreten Informationen über den Emittenten oder die Insiderpapiere zu verstehen, die geeignet sind, im Falle ihres Bekanntwerdens den Kurs des Finanzinstruments erheblich zu beeinflussen. Eine solche Kurserheblichkeit ist dann gegeben, wenn ein verständiger Anleger die Information bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde. Dies wird bei Kapitalmaßnahmen regelmäßig zu bejahen sein82. Der Kapitalherabsetzung liegt ein mehrstufiger Entscheidungsprozess zugrunde, des49 sen letzte Stufe der eigentliche Beschluss der Hauptversammlung über die Herabsetzung ist. Die Einberufung der Hauptversammlung enthält auch die Beschlussgegenstände (§§ 121 Abs 3, 124 Abs 1), so dass die geplante Kapitalherabsetzung mit der Publikation der Einberufung öffentlich bekannt ist. Ab diesem Zeitpunkt verliert sie ihre Eigenschaft als Insiderinformation83. Eine separate Ad-hoc-Meldung neben der Einberufung und deren Publikation im Bundesanzeiger ist nicht erforderlich. Fraglich ist daher allein, ob eine solche Meldung im Vorfeld der Einberufung der Hauptversammlung notwendig ist. Vorstand und Aufsichtsrat haben zu den einzelnen Tagesordnungspunkten, bei denen die Hauptversammlung einen Beschluss fassen soll, Vorschläge zur Beschlussfassung zu unterbreiten (§ 124 Abs 3). Der Aufnahme der Kapitalherabsetzung auf die Tagesordnung der nächsten Hauptversammlung gehen damit ein Vorstands- und ein Aufsichtsratsbeschluss voraus84. Der Vorstandsbeschluss kann bereits eine Insiderinformation dar-

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Kritisch zu diesen Erfordernissen etwa Ziemons NZG 2009, 369, 370 f. Verordnung zur Durchführung des Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetzes (Finanzmarktstabilisierungsfonds-Verordnung – FMStFV) v 20.10.2008, eBAnz 2008, AT123 V1; zuletzt geändert durch Art 2 Gesetzes v 17.7.2009. BGBl I 1980. BaFin Emittentenleitfaden, Stand 28.4.2009, S 56; Assmann in Assmann/Schneider, WpHG5, § 13, 68; Busch in Marsch-Barner/ Schäfer, Handbuch börsennotierte AG2, § 41,

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12, § 46, 5; Fuchs/Pfüller WpHG, § 15, 184; Pleister/Kindler ZIP 2010, 503, 510; Reger/ Stenzel NZG 2009, 1210, 1214; Sethe ZIP 2010, 1825, 1826. Fuchs/Pfüller WpHG, § 15, 184; Sethe ZIP 2010, 1825, 1826. Dies verkennt Thomas Delisting und Aktienrecht, 2009, S 488 f, der daher nur die Vorstandsentscheidung als ad-hoc-publizitätspflichtig ansieht. Wie hier Fuchs/Pfüller WpHG § 15, 185.

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Vorbemerkungen

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stellen, sofern die Zustimmung des Aufsichtsrats zu dem künftigen Ereignis oder Vorhaben hinreichend wahrscheinlich ist85. Allerdings kann der Vorstand den Befreiungstatbestand des §§ 15 Abs 3 WpHG, 6 S 1 Nr 2 WpAIV in Anspruch nehmen, da die Publikation des Vorhabens mit gleichzeitiger Ankündigung, dass die Zustimmung des Aufsichtsrats noch ausstehe, beim Publikum eher Verwirrung stiftet und daher die korrekte Bewertung des Finanzinstruments gefährdet86. Ad-hoc-publizitätspflichtig ist die Entscheidung daher erst mit Zustimmung des Aufsichtsrats87. Abschließend ist auf den Umstand hinzuweisen, dass der Zweck der §§ 234, 235 (Rückwirkung der bilanziellen Sanierung) darin besteht, den Kredit der Gesellschaft gegenüber Gläubigern dadurch zu erhöhen, dass auch die Vorjahresbilanz schon den sanierten Zustand der Gesellschaft widerspiegelt (s § 234, 2). Die kapitalmarktrechtliche Meldepflicht nach § 15 WpHG vereitelt diesen Zweck der Rückwirkung, da nun alle Marktteilnehmer von der Sanierung erfahren. Zwar kann man dem entgegenhalten, auch die Einberufung der Hauptversammlung sei öffentlich, weshalb Gläubiger die Sanierungssituation zur Kenntnis nehmen könnten. Es ist jedoch ein Unterschied, ob ein Gläubiger sich die Mühe machen muss, aktiv die Einberufung herauszusuchen und zu lesen oder ob man ihn im Wege der Ad-hoc-Meldung mit der Nase auf die Sanierungssituation stößt. Dies ist Teil des Preises, den Unternehmen für die Inanspruchnahme des Kapitalmarkts zahlen müssen. b) Directors’ Dealings. Gem § 15a WpHG müssen Personen mit Führungsaufgaben 50 bei einem Emittenten von Aktien, der börsennotiert ist oder die Börsenzulassung beantragt hat, Geschäfte in Aktien des Emittenten melden. Um Umgehungen zu verhindern, trifft die gleiche Verpflichtung die ihnen nahestehenden natürlichen oder juristischen Personen (§ 15a Abs 3 WpHG). Mit dieser Regelung soll Markttransparenz, informationelle Chancengleichheit der Anleger, Marktintegrität und eine informierte Transaktionsentscheidung der Anleger gewährleistet werden88. Von der Mitteilungspflicht erfasst werden „eigene Geschäfte“ der mitteilungspflichtigen Person. Die Anleger sollen erfahren, ob eine Führungsperson Vertrauen in „ihr“ Unternehmen hat und Aktien kauft oder ob sie sich von Aktien trennt. Es besteht daher Einigkeit, dass nur solche Geschäfte erfasst werden, die auf eigener Initiative der mitteilungspflichtigen Person89 beruhen90. Eine Kapitalherabsetzung führt nur dann zu einem Verlust der Aktien bei der mittei- 51 lungspflichtigen Person, wenn es sich um einen Fall der Zusammenlegung von Aktien handelt und dabei eine Verwertung von Aktienspitzen erfolgt, die der mitteilungspflichtigen Person zustehen. Denkbar ist weiterhin der Fall, dass die mitteilungspflichtige Person von einer Einziehung ihrer Aktien betroffen ist. Beide Vorgänge beruhen nicht auf einem Willensentschluss der mitteilungspflichtigen Person als Privatperson, sondern auf einem Beschluss von Organen der AG. Dies gilt selbst dann, wenn die mitteilungspflichtige Person Großaktionär der Gesellschaft ist und daher in der Hauptversammlung über eine Mehrheit verfügt. Der Beschluss entfaltet daher gerade nicht die Indikatorwikung, die man mit § 15a WpHG dem Publikum zugänglich machen will91. 85 86

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Assmann in Assmann/Schneider, WpHG5, § 13, 28. BaFin Emittentenleitfaden, Stand 28.4.2009, S 58; Assmann in Assmann/Schneider, WpHG5, § 13, 30, § 15, 143; Fuchs/Pfüller WpHG, § 15, 185. Fuchs/Pfüller WpHG, § 15, 185; Sethe ZIP 2010, 1825, 1826. Statt vieler Sethe in Assmann/Schneider, WpHG5, § 15a, 10 ff.

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Erfasst sind dabei auch Geschäfte, die über Stellvertreter abgewickelt werden, Sethe in Assmann/Schneider, WpHG5, § 15a, 86 ff. Fuchs/Pfüller WpHG, § 15a, 116 ff; Sethe in Assmann/Schneider, WpHG5, § 15a, 77, 80. Sethe ZIP 2010, 1825, 1827.

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Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

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c) Mitteilung der Stimmrechtsanteile. Personen, die Aktien eines börsennotierten Emittenten erwerben oder veräußern und dadurch die in § 21 WpHG genannten Schwellenwerte von 3 %, 5 %, 10 %, 15 %, 20 %, 25 %, 30 %, 50 % oder 75 % der Stimmrechte über- oder unterschreiten, sind meldepflichtig. Die AG ihrerseits muss diese Meldung der BaFin übermitteln und publizieren (§ 26 Abs 1, 2 WpHG). Die Vorschriften dienen vor allem der Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte und der informationellen Chancengleichheit der Anleger, die ein genaues Bild über die Beteiligungsverhältnisse erhalten und rechtzeitig von einem Anschleichen vor einer geplanten Übernahme Kenntnis erlangen sollen92. Neben dem Erwerb und der Veräußerung erfasst § 21 WpHG auch sonstige Vorgänge, die ein Über- oder Unterschreiten der Schwellenwerte bewirken. Es ist daher anerkannt, dass Kapitalmaßnahmen zu einer Meldepflicht eines Aktionärs führen, sofern sich dessen Anteil an der Gesamtzahl der Aktien durch die Kapitalmaßnahme verändert und dadurch die Meldeschwellen berührt werden93. Dabei ist zwischen den einzelnen Arten der Kapitalherabsetzung zu unterscheiden. Die ordentliche und die vereinfachte Kapitalherabsetzung werden bei Nennbetragsak53 tien durch Anpassung der Grundkapitalziffer und des Nennbetrags der einzelnen Nennbetragsaktien (s § 222, 49 ff) durchgeführt; bei Stückaktien erfolgt lediglich die Herabsetzung der Grundkapitalziffer (s § 222, 48). Diese Maßnahmen wahren die Beteiligungsverhältnisse und lösen daher keine Meldepflicht nach § 21 WpHG aus. Erfolgt die ordentliche oder vereinfachte Kapitalherabsetzung dagegen durch Zusammenlegung von Aktien, ist zu differenzieren. Entstehen bei der Zusammenlegung keine Bruchteilsrechte (Aktienspitzen), werden die Beteiligungsverhältnisse gewahrt und es muss daher keine Meldung erfolgen (s § 222, 51). Wenn dagegen Aktienspitzen entstehen (s § 222, 52), die gem §§ 222 Abs 4 S 2, 226 verwertet werden, können sich die Beteiligungsverhältnisse durchaus ändern und der Aktionär ist verpflichtet, eine Meldung zu erstatten, sollte durch die Verwertung seiner Aktienspitzen seine Beteiligungsquote unter einen der Schwellenwerte sinken. Bis zur Verwertung kann der Aktionär das Stimmrecht aus den Spitzen weiterhin ausüben (str, vgl § 224, 12). Sobald die Spitzen gem § 226 zu neuen Mitgliedschaftsrechten zusammengelegt wurden (s u § 226, 31 ff), steht das Stimmrecht nur noch den Inhabern dieser neu geschaffenen Aktien zu. Der Inhaber der bisherigen Spitzen erhält den auf ihn entfallenden Anteil am Erlös der Veräußerung der neuen Aktien (§ 226 Abs 3). Für die Bestimmung des Zeitpunkts der Meldepflicht nach § 21 WpHG ist bedeutsam, dass die Zusammenlegung der Aktienspitzen zu neuen Mitgliedschaftsrechten durch rechtsgestaltende Entscheidung des Vorstands erfolgt, die ein einseitiges, nicht empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft darstellt (s § 226, 31). Ein Aktionär, der von einer Zusammenlegung betroffen ist und daher ein Absinken seines Stimmanteils erwartet, muss sich – um seiner Meldepflicht genügen zu können – folglich bei der Gesellschaft erkundigen, wann die Zusammenlegung erfolgt94. Kauft er die durch Zusammenlegung neu geschaffenen Aktien und überschreitet dadurch wieder oder erstmals den Schwellenwert, löst dies ebenfalls eine Meldepflicht nach § 21 WpHG aus.

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Einzelheiten zu den vom Gesetzgeber mit den §§ 21 ff WpHG verbundenen Zwecken bei MK/Bayer 3 Anh § 22, § 21 WpHG, 1 f; Fuchs/Dehlinger/Zimmermann WpHG, Vor §§ 21 bis 30, 15 ff; U H Schneider in Assmann/Schneider, WpHG5, Vor § 21, 18 ff.

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MK/Bayer 3 Anh § 22, § 21 WpHG, 26; Fuchs/Dehlinger/Zimmermann WpHG, § 21, 48 ff; U H Schneider in Assmann/Schneider, WpHG5, § 21, 37 ff. Sethe ZIP 2010, 1825, 1828.

Stand: 31.12.2010

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Vorbemerkungen

Vor § 222

Bei einem Kapitalschnitt, also der Herabsetzung des Kapitals auf Null und der an- 54 schließenden Wiedererhöhung auf das gesetzliche Mindestkapital oder einen höheren Wert, erlöschen – mit Ausnahme des Bezugsrechts – alle mitgliedschaftlichen Rechte aus den alten Aktien (s § 228, 23). Sofern der bisherige Aktionär sein Bezugsrecht in entsprechendem Umfang ausübt, steht ihm nach dem Kapitalschnitt dieselbe Stimmrechtsquote zu wie zuvor. Da die Kapitalherabsetzung und die Kapitalerhöhung zeitgleich wirksam werden (§ 228, 23 f), könnte man argumentieren, es entstehe keine Meldepflicht, denn – sofern der Aktionär sein Bezugsrecht in vollem Umfang ausnutze – bliebe seine Beteiligungsquote erhalten. Gegen dieses auf den ersten Blick plausible Ergebnis wird zu Recht eingewandt, dass nicht nur die mitgliedschaftlichen Rechte erlöschen, sondern auch die Börsenzulassung der Aktien, die durch die Kapitalherabsetzung auf Null gerade vernichtet werden95. Die neuen Aktien werden nämlich – sieht man von dem gesetzlich geregelten Fall der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (§ 33 Abs 4 EGAktG) ab – nicht kraft Gesetzes börsennotiert, sondern bedürfen gem § 69 BörsZulV der separaten Zulassung; sie ersetzen also nicht automatisch die alten Aktien. Damit endet schon aus diesem Grund für die alten Aktien die Mitteilungspflicht mit dem Wirksamwerden der Kapitalherabsetzung (Erledigung der Börsenzulassung iSv § 43 Abs 2 VwVfG96) und für die neuen Aktien beginnt sie erst mit deren Zulassung. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob für die jungen Aktien überhaupt gem § 69 BörsZulV eine Zulassung beantragt werden muss, denn die Norm setzt voraus, dass noch Aktien der gleichen Gattung zugelassen sind. Durch die Kapitalherabsetzung auf Null fehlt es aber gerade an diesem Tatbestandsmerkmal97. Folglich erlischt bei einem Kapitalschnitt die Börsenzulassung dieser Papiere und der Umstand, dass durch die Kapitalherabsetzung auf Null einer oder mehrere Schwellenwerte unterschritten wurden, ist nicht mehr meldepflichtig. Für dieses Ergebnis spricht auch der Umstand, dass eine zu § 21 Abs 1a WpHG spiegelbildliche Vorschrift nach Erlöschen der Börsenzulassung fehlt. Der Kapitalmarkt wird also allein98 über § 15 WpHG im Vorfeld der Hauptversammlung informiert (s o 48 f). Dabei ist allerdings zu verlangen, dass der Markt in dieser Meldung auch über den Umstand in Kenntnis gesetzt wird, ob die Gesellschaft für die neuen Aktien eine Zulassung beantragen wird oder nicht, denn allein die Information über den Kapitalschnitt verschafft den Anlegern ein unzutreffendes Bild (zB für den Fall, dass sie nach dem Kapitalschnitt

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Reger/Stenzel NZG 2009, 1210, 1213; Sethe ZIP 2010, 1825, 1828. Reger/Stenzel NZG 2009, 1210, 1213; ihnen folgend Burgard Mitteilungspflichten nach einem Delisting, FS Uwe H. Schneider 2011, 177, 183 Fn 21; Pleister/Kindler ZIP 2010, 503, 507; Sethe ZIP 2010, 1825, 1828. Generell zur Erledigung der Börsenzulassung kraft Gesetzes Groß und Eckhold in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG2, § 9, 76 bzw § 63, 104. Im Ergebnis auch Thomas Aktienrecht und Delisting, 2009, S 121; Pleister/Kindler ZIP 2010, 503, 507, 510. Nach dem Ende der kapitalmarktrechtlichen Meldepflicht greifen bei einer Änderung der

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Beteiligungsverhältnisse die aktienrechtlichen Mitteilungspflichten der §§ 20, 21 AktG ein (vgl §§ 20 Abs 8, 21 Abs 5 AktG), sofern die dort genannten Voraussetzungen, insb das Über- oder Unterschreiten der Schwellenwerte, vorliegen (vgl die Kommentierung zu §§ 20, 21). Str ist, ob ein Delisting ohne gleichzeitige Veränderung der Beteiligungsverhältnisse als solches eine aktienrechtliche Mitteilungspflicht auslöst. Befürwortend Burgard Mitteilungspflichten nach einem Delisting, FS Uwe H. Schneider 2011, 177, 182 ff mwN; aA LG München I AG 2008, 904, 910; LG Hannover v 11.8.2009, 32 O 68/08 (unveröffentlicht, zit nach Burgard aaO).

Rolf Sethe

Vor § 222

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Bezugsrechte erwerben)99. Erhöht der Emittent anschließend das Kapital wieder, muss ein Aktionär seine neue, einen Schwellenwert überschreitende Beteiligungsquote gemäß § 21 WpHG nur melden, wenn die neuen Aktien auf Antrag des Emittenten an der Börse zugelassen werden; es greift die Regelung zur erstmaligen Meldung nach § 21 Abs 1a WpHG ein. Erfolgt die Kapitalherabsetzung in Form einer Einziehung von Aktien gem §§ 237 ff, 55 können hiervon einzelne Aktien oder ganze Aktiengattungen betroffen sein. Die Einziehung vernichtet die Mitgliedschaftsrechte. Wird durch die Einziehung der Anteil eines Aktionärs unter eine der Meldeschwellen gedrückt, löst dies die Meldepflicht aus100. Umgekehrt kann die Einziehung aber auch eine Erhöhung des Stimmrechtsanteils verursachen, wenn beispielsweise die Gesellschaft eigene Aktien101 einzieht, sich dadurch der Gesamtbestand verringert und damit der prozentuale Anteil einzelner Aktionäre über die Meldeschwellen erhöht102. Der Aktionär ist in dem Moment meldepflichtig, in dem die Einziehung Wirksamkeit erlangt. Dabei muss man wie folgt unterscheiden103: Erfolgt die Einziehung aufgrund eines Hauptversammlungsbeschlusses, wird sie gem § 238 S 1 wirksam, wenn kumulativ die Eintragung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses in das Handelsregister und die Einziehungshandlung erfolgt sind. Die Einziehungshandlung kann der Eintragung des Einziehungsbeschlusses vorangehen oder nachfolgen; auf die Reihenfolge kommt es nicht an (s § 238, 6). Handelt es sich dagegen um eine durch Satzung angeordnete (und nicht nur gestattete) Zwangseinziehung (§ 237 Abs 6), greift § 238 S 2. An die Stelle des Hauptversammlungsbeschlusses tritt die Entscheidung des Vorstandes über die Einziehung (§ 237 Abs 6 S 2). Die Kapitalherabsetzung wird daher allein dadurch wirksam, dass der Vorstand die Einziehungshandlung vornimmt. Die Eintragung der Durchführung gem § 239 hat nur deklaratorische Bedeutung (s § 239, 2). Führt die Einziehung bei einem Aktionär zu einem Über- oder Unterschreiten einer Meldeschwelle, muss er die Veränderung melden, sobald er hiervon Kenntnis erlangt, also mit der für ihn verbindlichen (vgl § 17 Abs 4 WpAIV) Meldung der Gesellschaft nach § 26a WpHG (s u 57).

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d) Weitere Mitteilungspflichten des Emittenten. Ein Inlandsemittent ist verpflichtet, den Erwerb eigener Aktien zu melden (§ 26 Abs 1 S 2 WpHG). Plant die Gesellschaft eine Einziehung gemäß § 237 und erwirbt deshalb eigene Aktien, löst dies also eine doppelte Meldepflicht aus. Der Erwerb ist nach § 26 WpHG und die geplante Kapitalmaßnahme (Kursrelevanz und hinreichende Durchführungswahrscheinlichkeit unterstellt) gemäß § 15 WpHG zu melden. Gem § 26a WpHG besteht darüber hinaus die Pflicht, die Gesamtzahl der Stimm57 rechte zu melden, sofern es im letzten Monat zu einer Veränderung gekommen ist.

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Ebenso Thomas Aktienrecht und Delisting, 2009, S 489. Er weist auf S 486 zu Recht darauf hin, dass diese Information auch in der Einberufung zur Hauptversammlung publiziert werden muss. Fuchs/Dehlinger/Zimmermann WpHG, § 21, 53; Sethe ZIP 2010, 1825, 1828. Der Erwerb eigener Aktien lässt die Berechnung des Gesamtbestands der Aktien (Nenner) trotz § 71b unberührt, vgl Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsen-

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notierte AG2, § 46, 6; U H Schneider in Assmann/Schneider, WpHG5, § 21, 59. Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG2, § 46, 6; Fuchs/Dehlinger/Zimmermann WpHG, § 21, 53; U H Schneider in Assmann/Schneider, WpHG5, § 21, 38. Ebenso Fuchs/Dehlinger/Zimmermann WpHG, § 21, 53; Sethe ZIP 2010, 1825, 1829.

Stand: 31.12.2010

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Vorbemerkungen

Vor § 222

Erfolgte also eine Zusammenlegung von Aktien oder eine Einziehung, ist die neue Zahl der Stimmrechte, nicht aber auch der Grund für die Veränderung anzugeben104. Außerdem ist § 30b Abs 1 Nr 1 WpHG zu beachten, der bei der Einberufung der 58 Hauptversammlung die Angabe über die Gesamtzahl der Stimmrechte verlangt. Hat eine Kapitalherabsetzung die Veränderung der Stimmrechte zur Folge, ist bei der Einberufung der nächsten Hauptversammlung also die Stimmrechtsgesamtzahl zu aktualisieren. Liegen einzelne oder alle der beschriebenen Tatbestände der §§ 15 und 26, 30b 59 WpHG vor, ist zudem ein jährliches Dokument nach § 10 WpPG zu veröffentlichen. Die geplante Kapitalherabsetzung ist gemäß § 30c WpHG zu publizieren. Die Kapitalherabsetzung stellt eine Satzungsänderung dar (s Vor § 222, 32 ff). Gem 60 § 30c WpHG sind geplante Satzungsänderungen unverzüglich zu publizieren, sobald das dafür zuständige Organ sich entschlossen hat, dem für die Entscheidung zuständigen Organ einen entsprechenden Antrag vorzulegen. Aus der Vorschrift wird geschlossen, dass der Vorstand mit seiner Entscheidung, der nächsten Hauptversammlung eine Kapitalherabsetzung vorzuschlagen, publizitätspflichtig werde; eine Befreiungsmöglichkeit – wie in § 15 Abs 3 WpHG – sei nicht vorgesehen105. Diese Sichtweise vermag nicht zu überzeugen. Wie bei § 15 WpHG aufgezeigt, bedarf die Tagesordnung und damit die Einberufung einer Beschlussfassung sowohl des Vorstands als auch des Aufsichtsrats. Da § 30c WpHG an die gesellschaftsrechtlichen Vorgaben anknüpft, sind die Voraussetzungen für einen „Änderungsentwurf“ iSd Vorschrift erst erfüllt, wenn die Vorgabe von § 124 Abs 3 eingehalten wurde106. Die Meldepflicht nach § 30c WpHG wird daher erst bei einem Beschluss von Vorstand und Aufsichtsrat ausgelöst, so dass sich das aufgeworfene Problem einer § 15 Abs 3 WpHG vergleichbaren Befreiungsmöglichkeit nicht stellt. e) Börsenzulassung und Prospektpflicht. Nach einer Nennwertherabsetzung oder 61 Zusammenlegung bedürfen Aktien keiner Neuzulassung an der Börse; es ist nur die Notierung anzupassen107. Die Kapitalherabsetzung als solche löst keine Prospektpflicht aus108. Geht sie dagegen 62 mit einer Kapitalerhöhung einher, bei der junge Aktien öffentlich109 angeboten werden, ist der Emittent zur Zulassung der Aktien (§ 69 BörsZulV)110 und zur Prospektveröffentlichung (§ 3 WpPG) verpflichtet111, es sei denn, eine der in § 4 Abs 2 WpPG genannten Ausnahmen greift ein.

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Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG2, § 46, 6; U H Schneider in Assmann/Schneider, WpHG5, § 26a, 5. Mülbert in Assmann/Schneider, WpHG5, § 30c, 13. Bosse DB 2007, 39, 43; Fuchs/Zimmermann WpHG, § 30c, 4; Mutter AG 2007, R34; Sethe ZIP 2010, 1825, 1829. Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG2, § 46, 5, § 47, 50; Pleister/Kindler ZIP 2010, 503, 507; Reger/Stenzel NZG 2009, 1210, 1212 f; Sethe ZIP 2010, 1825, 1829; aA noch Schwark BörsG, 2. Aufl, § 36, 37 (in der aktuellen Aufl nicht mehr angesprochen). Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG2, § 47, 50.

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Ausgenommen sind Angebote, die sich nur an die bisherigen Aktionäre richten, vgl Vaupel/Reers AG 2010, 93, 104 mit Kritik an dieser Praxis der BaFin. Heidelbach in Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar4 § 32 BörsG, 92. Zur Ausnahme beim Kapitalschnitt s o 54. Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG2, § 47, 50. Generell zu §§ 3 Abs 3, 4 Abs 2 WpPG Hamann und Gebhardt in Schäfer/Hamann, Kapitalmarktgesetze 2, § 3, 31 bzw § 4, 18 ff; Zeising in Just/Voß/Ritz/Zeising, WpPG, 2009, § 3, 75 f, § 4, 27 ff.

Vor § 222 63

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

f) Pflichtangebot. Verändert sich durch die Verwertung von Aktienspitzen gem § 226 oder durch Einziehung von Aktien gem § 237 der Gesamtbestand der Aktien und steigt dadurch der Anteil eines Aktionärs über die Grenze von § 29 WpÜG, löst dieser passive Kontrollerwerb grundsätzlich die Verpflichtung zur Abgabe eines Pflichtangebots nach § 35 Abs 2 S 1 WpÜG aus112. Es greift jedoch die Befreiungsmöglichkeit des § 37 Abs 2 WpÜG iVm § 9 Abs 1 Nr 5 WpÜG-AngVO113, denn das Überschreiten der Angebotsschwelle beruht nicht auf einem aktiven Erwerb von Anteilen. Erlischt die Börsenzulassung infolge eines Kapitalschnitts (s o 54), besteht bei der anschließenden Kapitalerhöhung mangels Börsennotierung keine Angebotspflicht114.

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g) Kapitalherabsetzung und Delisting. Um eine möglichst große Breite und Tiefe des Marktes zu gewährleisten, sehen ausländische Börsenordnungen zT vor, dass der Emittent eine bestimmte Mindeststückzahl an Stimmrechten oder Aktien notieren muss. Wird diese unterschritten, erlischt die Zulassung automatisch. Um ein „kaltes“ Delisting zu erreichen, kommt daher eine Zusammenlegung von Aktien in Betracht, da dies die Zahl der notierten Papiere unter die Mindestquote drückt (sog „reverse-stock-split“)115. Ein solches Vorgehen ist im deutschen Recht nicht praktikabel. Zum einen scheitert es bereits aus gesellschaftsrechtlichen Gründen, da die Zusammenlegung von Aktien nur unter den genannten engen Voraussetzungen überhaupt zulässig ist (s § 222, 52 f) und daher regelmäßig nur im Sanierungsfall zum Einsatz kommt116. Zum anderen sieht das deutsche Börsenrecht weder eine Mindeststückzahl an notierten Aktien noch ein automatisiertes Delisting beim Unterschreiten vor117. Vielmehr gibt es die Möglichkeit eines Widerrufs der Börsenzulassung (§ 39 BörsG), wenn ein ordnungsgemäßer Handel nicht mehr gewährleistet werden kann, was vom Einzelfall abhängt. Fraglich ist, ob ein „kaltes“ Delisting im Wege des Kapitalschnitts möglich und sinn65 voll ist. Die Ausführungen zum Kapitalschnitt (s o 54) haben gezeigt, dass mit einer

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Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG2, § 46, 6; Krause/Pötzsch in Assmann/Schneider/Pötzsch, WpÜG, 2005, § 35, 122 f; KK WpÜG/Hasselbach 2 § 35, 95; Ekkenga/Hofschroer DStR 2002, 768, 774; Fleischer/Körber BB 2001, 2589, 2594 f; Harbarth ZIP 2002, 321, 325; R Koch Passiver Kontrollerwerb und Pflichtangebot, ZIP 2008, 1260, 1263; Letzel BKR 2002, 293, 300; MK/Schlitt 2 § 35 WpÜG, 91, wobei einige der Autoren die Verringerung der Aktienzahl durch Zusammenlegung nicht thematisieren. Krause/Pötzsch in Assmann/Schneider/ Pötzsch, WpÜG, 2005, § 35, 124; Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG2, § 46, 6; KK WpÜG/Versteegen2 § 37, 35 (allerdings nur für den Fall der Einziehung; der Fall der Verwertung von Aktienspitzen wird nicht angesprochen); MK/Schlitt 2 § 35 WpÜG, 91; Sethe ZIP 2010, 1825, 1830. Reger/Stenzel NZG 2009, 1210, 1214; Plei-

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ster/Kindler ZIP 2010, 503, 510; Sethe ZIP 2010, 1825, 1830. Zum Beispiel fordern die NASDAQ Global Select Market Continued Listing Requirements (June 2010) im Equity Standard, dass bei bereits zugelassenen Emittenten dauerhaft mindestens 400 Aktionäre und 750.000 gestreute Aktien existieren, vgl NASDAQ Equity Standard Listing Rules 5450(a) and 5450(b)(1), http://www.nasdaq.com/about/ nasdaq_listing_req_fees.pdf. Werden diese Vorgaben unterschritten, erfolgt gemäß Rule 5800 das Delisting. Siehe dazu auch Pluskat Rechtsprobleme beim Going Private, 2002, S 23 f; Zillmer Going Private, 2003, S 61. Ebenso Ott Der Rückzug von der Börse, 2005, S 346; Thomas Delisting und Aktienrecht, 2009, S 118 f. Pluskat Rechtsprobleme beim Going Private, 2002, S 23 f; Thomas Delisting und Aktienrecht, 2009, S 119; Zillmer Going Private, 2003, S 61.

Stand: 31.12.2010

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Vorbemerkungen

Vor § 222

Herabsetzung des Grundkapitals auf Null und seiner anschließenden Wiedererhöhung eine Erledigung der Börsenzulassung der bisherigen Aktien verbunden ist. Gleichwohl wird der Kapitalschnitt in der Praxis kein taugliches Instrument für ein „kaltes“ Delisting sein, da seine Voraussetzungen sehr hoch sind. Handelt es sich um einen Kapitalschnitt bei der ordentlichen Kapitalherabsetzung (§§ 222, 228)118, sind die strengen Vorgaben der gläubigerschützenden Vorschrift des § 225 zu beachten. Wird der Kapitalschnitt bei einer vereinfachten Kapitalherabsetzung durchgeführt (§§ 229 Abs 3, 228), setzt diese eine Sanierungssituation voraus (§ 229 Abs 1). Vor diesem Hintergrund lassen sich daher andere Wege zu einem kalten Delisting (zB die Umwandlung) – deren Zulässigkeit hier aus Platzgründen nicht untersucht werden kann – wesentlich leichter verwirklichen. Da mit dem Kapitalschnitt ein automatisches Erlöschen der Börsenzulassung der alten Aktien verbunden ist, stellt sich die Frage, ob die Macrotron-Rechtsprechung des BGH119 auf diesen Fall entsprechend anzuwenden und die Gesellschaft und/oder der Mehrheitsaktionär folglich den Minderheitsaktionären ein „Pflichtangebot“ zum Abkauf ihrer Aktien/Bezugsrechte unterbreiten muss. Erfolgt der Kapitalschnitt zum Zweck der Sanierung nach §§ 229 Abs 3 228, werden außergewöhnliche wirtschaftliche Umstände vorliegen und der Wert der bisherigen Beteiligung dürfte sich regelmäßig im Wert der Bezugsrechte erschöpfen. Diese sind zwar mit dem Stammrecht an der Börse zugelassen, werden aber nicht automatisch, sondern nur auf Antrag des Emittenten notiert (vgl § 85 der BörsO FFM)120, so dass ein Aktionär, der das Bezugsrecht handeln will, hierfür keinen regulären Markt vorfindet. Übt er das Bezugsrecht aus, verfügt er anschließend über Aktien, die – anders als die bisherigen – nicht börsenzugelassen sind (wenn nicht die Gesellschaft eine Neuzulassung beantragt, s o 54). Auch insoweit wird ihm die Börse als Markt „entzogen“. Noch deutlicher tritt seine Schutzbedürftigkeit zu Tage, wenn die Hauptversammlung auch das Bezugsrecht bei Vorliegen eines entsprechenden sachlichen Grundes entzieht. Diese Gesichtspunkte sprechen dafür, dass den Aktionären ein Abfindungsangebot zu unterbreiten ist. Allerdings begegnet dieses Ergebnis im Schrifttum erheblichen Bedenken121. Zum einen wird darauf hingewiesen, dass es eine Rettung der Gesellschaft erschwert. Welcher Investor will schon den bisherigen Aktionären eine Abfindung zahlen, um das Recht zu bekommen, die AG zu sanieren? Zum anderen zeige sich ein Wertungswiderspruch in folgendem Fall: Werde das Kapital nicht auf Null, sondern auf einen geringfügig höheren Betrag festgesetzt, bleibe die Börsennotierung erhalten und die Macrotron-Rechtsprechung fände keine Anwendung. Um diesem Dilemma zu entkommen, wird daher argumentiert, es liege gar kein Fall des Delisting vor, denn die Börsenzulassung erlösche kraft Gesetzes122. Dieses Argument überzeugt jedoch nicht, denn der Kapitalschnitt beruht auf einer Entscheidung der Hauptversammlung und nur die börsenrechtliche Rechtsfolge tritt kraft Gesetzes ein. Gegen die Notwendigkeit eines Pflichtangebots wird weiterhin eingewandt, es verstoße gegen § 230 S 1. Diese Vorschrift verbietet der Gesellschaft, die aus der Auflösung

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Diese Fallgestaltung übersieht Thomas Delisting und Aktienrecht, 2009, S 479 ff. BGH NJW 2003, 1032, 1035. Das Urteil wirft allerdings eine ganze Reihe von Zweifelsfragen auf, vgl Reger in Bürgers/Körber § 119, 27 ff mwN.

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Heidelberg in Schwark/Zimmer, Kapitalmarktrechts-Kommentar4 § 32 BörsG, 16; Vaupel/Reers AG 2010, 93, 96 mwN. Reger/Stenzel NZG 2009, 1210, 1213. Reger/Stenzel NZG 2009, 1210, 1213.

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Vor § 222

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

der Rücklagen und der Kapitalherabsetzung gewonnenen Mittel dazu zu verwenden, an die Aktionäre Zahlungen zu leisten123. Dieses Verbot ist in der Tat weit auszulegen. Es erfasst den gesamten Buchgewinn, der durch die Kapitalherabsetzung und die nach § 229 Abs 2 vorgeschriebene Auflösung der Rücklagen entsteht, also 1. den Kapitalherabsetzungsbetrag, 2. die aufgelösten Teile der gesetzlichen Rücklage und der Kapitalrücklage, 3. die aufgelösten Gewinnrücklagen und 4. die aufgelösten Gewinnvorträge. Die Vorschrift dient dem Schutz der Kapitalerhaltung und ergänzt das allgemeine Ausschüttungsverbot des § 57. Diese Mittel dürfen folglich auch nicht dazu verwandt werden, den Aktionären ihre Bezugsrechte abzukaufen. Nicht von § 230 S 1 erfasst werden jedoch die neuen Mittel, die durch die Kapitalerhöhung gewonnen werden. Insoweit greift der Einwand unter Hinweis auf § 230 S 1 also zu kurz. In die Betrachtung sind folgende Gesichtspunkte einzubeziehen: Entscheidende Hürde eines Pflichtangebots der Gesellschaft dürfte § 71 Abs 2 S 2 sein. Danach ist ein Erwerb eigener Aktien nur zulässig, wenn die Gesellschaft im Zeitpunkt des Erwerbs eine Rücklage in Höhe der Aufwendungen für den Erwerb bilden könnte, ohne das Grundkapital oder eine nach Gesetz oder Satzung zu bildende Rücklage zu mindern, die nicht zur Zahlung an die Aktionäre verwandt werden darf. Über solche freien Mittel verfügt die Gesellschaft nach einer Sanierung gerade nicht, denn die aus der Kapitalerhöhung gewonnenen Mittel sind gebunden und alle anderen Rücklagen waren vor der Kapitalherabsetzung aufzulösen (§ 229 Abs 2). Allerdings sind auch Fälle denkbar, in denen trotz der Sanierungssituation genügend freie Mittel für ein Pflichtangebot vorhanden sein können, denn nicht aufzulösen waren die stillen Reserven und ein zum Zeitpunkt der Kapitalherabsetzung vorhandener Bestand an eigenen Aktien (s § 229, 41). Zudem könnte der Großaktionär, den der BGH – ob zu Recht oder Unrecht – auch als verpflichtet ansieht, ein Pflichtangebot abzugeben, die Mittel aufbringen. Damit erweist sich der Einwand des § 230 S 1 also als nicht überzeugend. Entscheidendes Argument gegen die Anwendung der Macrotron-Rechtsprechung 70 dürfte der Aspekt der fehlenden Schutzbedürftigkeit der Minderheitsaktionäre beim kalten Delisting durch einen Kapitalschnitt sein. Der Bundesgerichtshof will die Minderheit davor schützen, dass die Gesellschaft und der Mehrheitsaktionär den Minderheitsaktionären ohne Not und entschädigungslos die Börsenzulassung nehmen und auf diese Weise ihre Aktien entwerten können. Im Fall der Sanierung, bei der ein Kapitalschnitt notwendig ist, besteht das primäre Ziel des Hauptversammlungsbeschlusses aber gerade nicht in einem Delisting, sondern dieses ist notwendige Begleitfolge der Sanierungsbemühungen. Dies und der geringe Wert, den das Bezugsrecht der zu sanierenden Gesellschaft haben wird, sowie der Umstand, dass neue Investoren sicher nicht gefunden würden, wenn den alten Aktionären noch Abfindungen zu zahlen wären, spricht dafür, im Sanierungsfall gerade kein Pflichtangebot zu verlangen124. Die Aktionäre werden vor einer willkürlichen Anwendung der §§ 229 Abs 3, 228 ausreichend dadurch geschützt, dass sie das Fehlen einer echten Sanierungssituation im Wege der Anfechtungsklage gegen den Herabsetzungsbeschluss geltend machen können125. Verfehlt wäre es auch, aus der Treuepflicht abzuleiten, dass die Gesellschaft oder der Mehrheitsaktionär verpflichtet seien, wiederum für eine Börsenzulassung der neuen Aktien zu sorgen. Vor dem Hintergrund einer gerade erfolgten Sanierung ist dieser Schritt sorgfältig zu überlegen, denn der Börsengang kostet Geld und die Aktien müssen tatsächlich auch am Markt abgesetzt

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Thomas Delisting und Aktienrecht, 2009, S 492 f. Thomas Delisting und Aktienrecht, 2009,

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S 493; Pleister/Kindler ZIP 2010, 503, 507. Pleister/Kindler ZIP 2010, 503, 507.

Stand: 31.12.2010

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Vorbemerkungen

Vor § 222

werden können, damit sich dieser Schritt lohnt. Ein Zwang zur Börsennotierung würde sicherlich die Sanierung behindern oder vereiteln. Auch wenn das kalte Delisting im Wege eines Kapitalschnitts bei der ordentlichen 71 Kapitalherabsetzung aufgrund besserer Alternativen keine nennenswerte praktische Bedeutung hat (s o 65), sei der Vollständigkeit halber der Frage nachgegangen, ob hier ein Pflichtangebot geschuldet ist. Da die Kapitalherabsetzung und damit auch der Kapitalschnitt nach bislang herrschender Meinung keiner sachlichen Rechtfertigung bedarf (§ 222, 28), könnte ein Großaktionär auf dem Wege einer ordentlichen Kapitalherabsetzung auf Null und anschließender Wiedererhöhung des Kapitals (§§ 222, 228) ein kaltes Delisting betreiben und dadurch die Rechtsstellung der Minderheit nachhaltig beeinträchtigen. Da die ordentliche Kapitalherabsetzung nicht einmal eine Sanierungssituation voraussetzt, sondern zu jedem Zweck erlaubt ist (§ 222 Abs 3), kann der Großaktionär auch in wirtschaftlich guten Zeiten die Minderheit aus der Gesellschaft drängen; die AG muss lediglich die Forderungen der Gläubiger nach § 225 sicherstellen. Solange Rechtsprechung und herrschende Meinung keinen Minderheitenschutz bei § 228 gewähren, ist dieser bei einem kalten Delisting durch einen Kapitalschnitt gemäß §§ 222, 228 notwendig. Gerade in diesem Fall ist eine Interessenlage gegeben, die derjenigen in der Macrotron-Entscheidung vergleichbar ist126.

II. Geschichtlicher Hintergrund Schrifttum: Anschütz/v Völderndorff Kommentar zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch, Bd 2, 1870; Ansmann Wann wird bei der Kapitalherabsetzung in erleichterter Form die bedingte Genehmigung der Jahresbilanz und die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat endgültig wirksam?, ZBlHR 1932, 223 f; Berning Die Herabsetzung des Grundkapitals der AG, 1934; Brodmann Erwerb eigener Aktien und Einziehung von Aktien, ZBlHR 1932, 49; Byk Kapitalherabsetzungen in erleichterter Form, 1932; Enzensberger Die Herabsetzung des Grundkapitals bei Aktiengesellschaften und die Aktieneinziehung, Diss Würzburg 1910; Esser Zu Artikel 248 HGB (Gesetz vom 18. Juli 1884) betreffend die Herabsetzung des Grundkapitals einer Aktiengesellschaft, Buschs Archiv 47 (1887) 307; K A Fischer Die Kapitalherabsetzung der Aktiengesellschaft und ihre Bedeutung für den Neuaufbau der deutschen Wirtschaft, Diss Gießen 1937; Fischer Herabsetzung des Grundkapitals, in Ehrenberg (Hrsg) Handbuch des gesamten Handelsrechts, 3. Bd, I. Abt. 1916, S 328; Flechtheim Zur Aktienrechtsnovelle, BankA 31 (1931/32), 27; Geiger Der Rückkauf eigener Aktien, Kapitalreduktion und Actienliberirung, Buschs Archiv 30 (1874) 10; v Godin Die erfolgte Kapitalherabsetzung, ZHR 100 (1934) 221; Hachenburg/Pinner Kapitalherabsetzung in erleichterter Form, JW 1931, 3037; v Hahn Commentar zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch, Bd 1, 2. Aufl 1871; Hergenhahn Die Herabsetzung des Grundkapitals, welche durch Zusammenlegung mehrerer Aktien erfolgt, Holdheim 1892, 54; Herz Art 248 HGB – Die Herabsetzung des Grundkapitals der Aktiengesellschaft und die Spitzen, Holdheim 1895, 249; Keyßner Theilweise Zurückzahlung des Grundkapitals an die Aktionäre. Art 248 HGB’s, ZHR 20 (1875) 467; Klausing Reform des Aktienrechts, 1933; ders Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien (Aktien-Gesetz), 1937; K Lehmann, Aktiengesellschaften Bd 2, 1904, S 611 ff; Lehmann/ Hirsch Verordnung über Aktienrecht, 1931; Kropff Aktiengesetz, 1965; Makower Erleichterte Herabsetzung des Grundkapitals bei Aktiengesellschaften und Kommandit-Aktiengesellschaften, 1931; Maßmann Wann hat eine Aktiengesellschaft den Beschluß ihrer Generalversammlung auf Herabsetzung des Grundkapitals zur Eintragung zu bringen? (Art 248, 243, 245, 214 HGB), Holdheim 1893, 375; Neuburger, Die Herabsetzung des Grundkapitals bei Aktiengesellschaften, 1911; Nord Kapital126

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Sethe ZIP 2010, 1825, 1832. Dieser Fall wird nicht angesprochen bei Thomas Delisting und Aktienrecht, 2009, S 493.

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Vor § 222

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

rückzahlungen an Aktionäre, ZBlHR 1931, 176; Neufeld Bilanzierungserleichterungen – Durchführung der erleichterten Kapitalherabsetzung, JW 1932, 693; Nörr Zur Entwicklung des Aktien- und Konzernrechts während der Weimarer Republik, ZHR 150 (1986) 155; Passow Aktiengesellschaft, 2. Aufl 1922; Quassowski Die Vorschriften der Aktienrechtsnovelle über Publizität, eigene Aktien und Einziehung von Aktien, JW 1931, 2914; Reisch Actiencapitals-Herabsetzungen im allgemeinen und Actiencapitals-Amortisationen bei heimfälligen Unternehmen im besonderen, GrünhutZ 28, 717; Rheinstrom Das neue Aktienrecht, 1932; Rosendorff Das neue deutsche Aktienrecht – unter besonderer Berücksichtigung seiner Auswirkungen auf die Praxis des Aktienwesens, 2. Aufl, 1932, S 327 ff; Schubert (Hrsg) Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für die Preußischen Staaten und Protokolle über die Berathungen mit kaufmännischen Sachverständigen und praktischen Juristen (1856), Nachdruck 1986; ders Akademie für Deutsches Recht 1933–1945, Protokolle der Ausschüsse, Bd 1: Ausschuß für Aktienrecht, 1986; ders Die Abschaffung des Konzessionssystems durch die Aktienrechtsnovelle von 1870, ZGR 1981, 285; Schubert/Hommelhoff (Hrsg) Die Aktienrechtsreform am Ende der Weimarer Republik, 1987; Schubert/Schmiedel/Krampe (Hrsg), Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, Bd 1, 1986; Schwarzkopf Grundkapitalherabsetzung im Aktienrecht, 1908; Simon Fragen zur erleichterten Kapitalherabsetzung, BankA 31 (1931/32), 348; Staub Handelsgesetzbuch, 2. Aufl 1894; ders Handelsgesetzbuch, 6. und 7. Aufl 1900; ders (Hrsg) Handelsgesetzbuch, 9. Aufl 1912; Ullmann Kapitalherabsetzung in erleichterter Form, ZBlHR 1932, 4; Weiß Die Einziehung von Aktien aus dem Gewinn gemäß § 227 HGB, ZBlHR 1927, 396; Wiethölter Interessen und Organisation der Aktiengesellschaft im amerikanischen und deutschen Recht, Karlsruhe 1961.

1. Frühe Regelungen

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Die Kapitalherabsetzung ist eine relativ junge aktienrechtliche Erscheinung. In der Zeit des Oktroisystems kannte man sie nicht127. Vielmehr taucht sie erst Mitte des 19. Jahrhunderts in den einzelnen aktienrechtlichen Kodifikationen auf. Hintergrund des vergleichsweise späten Einzugs dieses Rechtsinstituts in das Aktienrecht dürfte die Vorstellung gewesen sein, dass der Gesellschaft das Kapital zum Wirtschaften zur Verfügung gestellt wurde und diese es nutzen müsse. Zudem diente es den Gläubigern als Sicherheit. Mit diesen Vorstellungen vertrug sich die Idee einer Herabsetzung des Grundkapitals nicht. Deshalb verboten einzelne Aktienrechte die Rückzahlung von Einlagen an die Aktionäre, wie etwa § 17 des preußischen Gesetzes über Aktiengesellschaften v 9.11.1843. Auch s 12 des englischen Companies Act 1862 untersagte die Kapitalherabsetzung. Dieses Verbot wurde bereits durch ss 9 et seq des Companies Act 1867 aufgehoben und die Kapitalherabsetzung an enge Voraussetzungen geknüpft, die in ss 3 et seq des Companies Act 1877 weiter ausgebaut wurden. Die Kapitalherabsetzung bedurfte der gerichtlichen Bestätigung des für Liquidationen zuständigen Gerichts, die erst erteilt wurde, wenn alle Gläubiger entweder der Kapitalherabsetzung zugestimmt hatten oder Sicherheit für ihre Forderungen geleistet worden war. Obwohl das englische Recht zu diesem Zeitpunkt bereits vom System der Normativbedingungen ausging, unterlag dieser Vorgang obrigkeitlicher Beaufsichtigung. Einen vergleichbaren Weg wählten auch Schweden und Ungarn, wobei das ungarische Recht die Kriterien der Genehmigung weit weniger präzisierte als das englische Recht. Die meisten Staaten gingen bei der Kapitalherabsetzung relativ rasch zum System der Normativbedingungen über und stellten entsprechende gesetzliche Voraussetzungen und Haftungsfolgen auf.

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Hierzu und zum Folgenden Lehmann § 116 = S 611 ff.

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Vorbemerkungen

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2. Das Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch und die Aktiennovellen Der preußische Entwurf128 von 1856 enthielt in Art 179 Abs 1 ein Verbot der Herab- 73 setzung des im Gesellschaftsvertrag festgesetzten Grundkapitals129. Das Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch (ADHGB)130 übernahm zwar den Grundsatz, dass die Aktionäre ihre Einlagen nicht zurückverlangen können (Art 216 Abs 2 ADHGB), sah aber in Art 248 ADHGB eine Regelung der ordentlichen Kapitalherabsetzung vor. Diese wurde als Teilliquidation begriffen und fand sich dementsprechend am Ende des Abschnitts zur Auflösung der Gesellschaft. Art 248 Abs 1 ADHGB erlaubte die teilweise Zurückzahlung des Grundkapitals, wenn ein Beschluss der Generalversammlung gefasst wurde und eine staatliche Genehmigung vorlag. Da das ADHGB bis zur 1. Aktienrechtsnovelle von 1870 vom Konzessionssystem ausging, war dieser staatliche Vorbehalt nur konsequent. Vom Erfordernis der Genehmigung konnte der Landesgesetzgeber befreien, was vielfach geschah131. Dem Begriffsverständnis der Kapitalherabsetzung als Teilliquidation entsprach es, dass keine eigenständigen Gläubigerschutzvorschriften vorgesehen waren, sondern auf das Recht der Liquidation verwiesen wurde (Art 248 Abs 2, 245 Abs 3, Art 202 Abs 2 ADHGB). Der Beschluss über die Teilliquidation war zum Handelsregister anzumelden und anschließend drei Mal in den Gesellschaftsblättern bekannt zu machen (Art 248 Abs 2, 243 Abs 1 ADHGB). In dieser Bekanntmachung waren die Gläubiger aufzufordern, ihre Forderungen anzumelden (Art 248 Abs 2, 243 Abs 2 ADHGB). Die aus den Handelsbüchern ersichtlichen oder auf andere Weise bekannten Gläubiger waren durch gesonderte Mitteilung aufzufordern, sich bei der Gesellschaft zu melden. Forderungen von Gläubigern, die sich nicht gemeldet hatten, waren durch Hinterlegung des Forderungsbetrags zu sichern (Art 248 Abs 2, 245 Abs 3, Art 202 Abs 2 ADHGB). Gleiches galt für schwebende Geschäfte, es sei denn, die Verteilung des Gesellschaftsvermögens wurde ausgesetzt oder es wurden Sicherheiten bestellt (Art 248 Abs 2, 245 Abs 3, Art 202 Abs 2 und 3 ADHGB). Die Verteilung des Vermögens durfte erst nach Ablauf des Sperrjahres erfolgen, das mit dem Tag der dritten Bekanntmachung des Beschlusses über die Teilliquidation begann (Art 248 Abs 2, 245 Abs 2 ADHGB). Bei einem Verstoß gegen die Vorschriften über die Kapitalherabsetzung hafteten die Vorstandsmitglieder persönlich und gesamtschuldnerisch (Art 248 Abs 3 ADHGB). Art 203 ADHGB enthielt vergleichbare Regeln über die Herabsetzung des Grundkapitals einer KGaA, wobei allerdings das Sperrjahr bereits mit der Eintragung des Beschlusses über die Teilliquidation ins Handelsregister begann (Art 202 Abs 1 ADHGB). Die 1. Aktienrechtsnovelle von 1870132 brachte drei Neuerungen mit sich. Zum einen 74 wurde das Konzessionserfordernis für den Beschluss zur Kapitalherabsetzung abge-

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Königlich Preußische Regierung, Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für die Preussischen Staaten nebst Motiven, Berlin 1857. Der Entwurf und die Protokolle über seine Beratung sind mit einer Einleitung wiedergegeben bei Schubert (Hrsg) Entwurf eines Handelsgesetzbuchs. v Hahn ADHGB2 Art 248 Anm 1 = S 675. Das ADHGB wurde zunächst in den meisten deutschen Staaten jeweils als Einzelgesetz erlassen. Durch Gesetz v 5.6.1869, BGBl Ndt Bund 581, übernahm es der Norddeutsche Bund. Durch die Reichsgesetze

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v 16./22.4.1871 (RGBl S 63, 87) wurde es, in der Fassung der 1. Aktienrechtsnovelle, auch formell einheitliches Recht im ganzen Reichsgebiet. Vgl dazu v Hahn ADHGB2, Einleitung § 14 f. Eine Auflistung der landesrechtlichen Befreiungen findet sich bei Anschütz/v Völderndorff ADHGB, Art 208 Anm II. Gesetz betr die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften v 11.6.1870, BGBl Norddt Bund 631. Ausführlich hierzu Schubert ZGR 1981, 285; Assmann Einl 79 ff.

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Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

schafft. Des Weiteren wurde der Wortlaut des Art 248 ADHGB ergänzt. Es hieß nun, dass „eine theilweise Rückzahlung des Grundkapitals oder eine Herabsetzung desselben“ eines Beschlusses der Generalversammlung bedürfe. Die Bedeutung der Verwendung des Wortes „oder“ blieb unklar. Weiterhin wurde die Einziehung von Aktien (Amortisation) eingeführt: Während Art 215 Abs 3 S 1 ADHGB den Erwerb eigener Aktien für verboten erklärte, erlaubte Art 215 Abs 3 S 2 ADHGB ausnahmsweise eine Amortisation. Diese musste aber in der Ursprungssatzung zugelassen oder in einer Satzungsänderung für künftig auszugebende Aktien vorgesehen sein. Die mit einer Amortisation verbundenen Verfahrensfragen waren gesetzlich nicht geregelt. Auch wenn dies im Gesetzeswortlaut noch nicht zum Ausdruck kam, war bereits anerkannt, dass die Amortisation durch den Rückkauf von Aktien oder durch zwangsweise Einziehung bei einzelnen Aktionären erfolgen konnte133. Die 2. Aktienrechtsnovelle von 1884134 überführte das Recht der Amortisation in 75 eine eigenständige Vorschrift (Art 215d ADHGB) und verschärfte es. Denn man hatte erkannt, dass sowohl die Gläubiger vor einer Verringerung der Haftungsmasse als auch die Gesellschafter vor einer willkürlichen Einziehung ihres Mitgliedschaftsrechts geschützt werden mussten. Art 215d ADHGB enthielt nun ein erweitertes Verbot des Erwerbs und der Inpfandnahme eigener Aktien und Interimsscheine (Abs 1). Als Ausnahme von diesem Grundsatz wurde in Abs 2 eine Amortisation zugelassen, sofern die Voraussetzungen einer Kapitalherabsetzung (dh Generalversammlungsbeschluss, Anmeldung zum Handelsregister, Aufforderung der Gläubiger, Einhaltung des Sperrjahres und Eintragung der durchgeführten Kapitalherabsetzung ins Handelsregister) vorlagen. Damit schloss der Gesetzgeber die bis dahin bestehende Regelungslücke. Sofern die Voraussetzungen einer Kapitalherabsetzung nicht vorlagen, war die Amortisation nur erlaubt, wenn die Gesellschaft den Rückkauf der Aktien aus Bilanzgewinnen finanzieren konnte und die Amortisation in der Ursprungssatzung zugelassen oder in einer Satzungsänderung für künftig auszugebende Aktien vorgesehen war. Diese Verschärfung trug sowohl den Gläubigerinteressen als auch den Gesellschafterinteressen Rechnung. Mit der Neuregelung stellte der Gesetzgeber klar, dass beide der zuvor im Schrifttum anerkannten Formen der Amortisation (Erwerb eigener Aktien oder Einziehung von den Mitgliedern) zulässig waren. Auch die Vorschriften über die Kapitalherabsetzung wurden verschärft: Eine Kapital76 herabsetzung erforderte einen Beschluss der Hauptversammlung (Art 248 Abs 1 S 3 ADHGB), der nun eine Dreiviertelmehrheit benötigte, wobei die Satzung das Mehrheitserfordernis verschärfen konnte. Der Gesetzgeber ordnete somit die Kapitalherabsetzung – wenn auch nicht ausdrücklich – als eine Satzungsänderung ein135. Zudem mussten bei Vorhandensein mehrerer Aktiengattungen alle Gattungen zustimmen, die durch den Beschluss benachteiligt wurden (Art 248 Abs 1 S 4 ADHGB). Vorgeschrieben war nun, dass der Beschluss die Art der Kapitalherabsetzung und die zu ihrer Durchführung erforderlichen Maßregeln festsetzen musste (Art 248 Abs 1 S 2 ADHGB). Nach wie vor ungeregelt war die Frage, wie weit das Grundkapital herabgesetzt werden durfte, doch war in Rechtsprechung136 und Schrifttum137 anerkannt, dass die Kapitalherabsetzung durch

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v Hahn ADHGB2 Art 215 Anm 8 = S 623 f. Gesetz betr die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften v 18.7.1884 (RGBl S 123). S dazu generell Assmann Einl 89 ff.

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Staub HGB2, Art 248, 8. ROHG 20, 93, 94 ff. Staub HGB2, Art 248, 3.

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Vorbemerkungen

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Herabsetzung des Nennbetrags der Aktien nur bis zur Grenze des gesetzlichen Mindestnennbetrags von 1.000 Mark pro Aktie (Art 207a Abs 1 ADHGB) bzw bei vinkulierten Aktien von 200 Mark (Art 207a Abs 3 ADHGB) erfolgen durfte. Weiterhin ungeklärt war auch die Frage, ob die Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien erfolgen konnte. Denn ein Aktionär, der nicht über eine ausreichende Anzahl an Aktien verfügte, um diese zur neuen Aktiengröße zusammenzulegen, war faktisch gezwungen, so viele Aktien hinzu zu erwerben, bis die Zusammenlegung möglich war. Hierin sahen einige Autoren eine faktische Nachschusspflicht, die gegen das Verbot verstoße, dem Aktionär über die Einlagepflicht hinausgehende Pflichten aufzuerlegen (Art 219 Abs 1 ADHGB)138. Hiergegen wurde eingewandt, dass eine Kapitalherabsetzung immer dann ausgeschlossen sei, wenn durch die Kapitalherabsetzung der Nominalwert der Aktien unter den gesetzlichen Mindestnennbetrag von 1.000 Mark sinken würde. Das Reichsgericht erklärte die Zusammenlegung schließlich für zulässig139. 3. Das Handelsgesetzbuch Mit dem Handelsgesetzbuch140 erfolgte keine grundlegende inhaltliche Umgestaltung 77 der Regelungen zur Amortisation und Kapitalherabsetzung141. Vielmehr wurden sie lediglich sprachlich präzisiert. Der Gesetzgeber trennte die Frage, wann eine Amortisation zulässig ist, von der Art ihrer Durchführung (§ 227 HGB aF). Der Wortlaut belegte, dass die Amortisation zwei Zielen dienen konnte: der Kapitalherabsetzung und dem Ausschluss von Aktionären. Nicht geklärt war das Verhältnis von Amortisation und Kapitalherabsetzung. Während ein Teil des Schrifttums davon ausging, dass jede Amortisation zugleich eine Kapitalherabsetzung darstellte, vertraten andere, dass dieser Zusammenhang nicht zwingend sei und daher bei einer Amortisation aus dem Reingewinn die Aktien vernichtet würden, ohne dass das Grundkapital zu ändern sei142. Die Kapitalherabsetzung, nun in vier Vorschriften geregelt (§§ 288–291 HGB aF), konnte durch Herabsetzung des Nennbetrags der Aktien oder durch Verminderung der Zahl der Aktien erfolgen. Außerdem stellte der Gesetzgeber klar, dass er die zuvor streitige Zusammenlegung von Aktien für zulässig hielt (§ 290 HGB aF)143. 4. Die Entwicklung bis zum Aktiengesetz 1937 Die Entwicklung des Aktienrechts nach dem Ersten Weltkrieg ist vor allem durch die 78 Diskussion um seine Reform gekennzeichnet144. Sie mündete 1930 in einen Gesetzesent-

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Zum Streitstand insgesamt vgl Staub HGB2, Art 248, 3. RGZ 36, 134 ff; 37, 131; 38, 95, 98. Gesetz v 10.5.1897, RGBl I 219, BGBl III 4100-1, abgedruckt bei Schubert/Schmiedel/ Krampe S 717 ff. Zu den Neuregelungen vgl Enzensberger Herabsetzung des Grundkapitals; Esser Buschs Archiv 47 (1887), 307 f; Fischer in Ehrenberg’s HdB, S 328 ff; Geiger Buschs Archiv 30 (1874), 10 f; Hergenhahn Holdheim 1892, 54 ff; Herz Holdheim 1895, 249 ff; Keyßner ZHR 20 (1875) 467 f; Maßmann Holdheim 1893, 375 ff; Neu-

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burger Herabsetzung des Grundkapitals; Reisch GrünhutZ 28, 717, 722 ff; Passow Aktiengesellschaft2, S 221 ff; Schwarzkopf Kapitalherabsetzung; Staub HGB6/7, §§ 227, 288 ff; Weiß ZBlHR 1927, 396 ff. Ein Überblick über den Meinungsstand findet sich bei Staub HGB6/7, § 227, 5 ff. Passow Aktiengesellschaft2, S 232 f; Staub HGB6/7, § 290 Einl. Zu den einzelnen Stationen der Reformdiskussion Assmann Einl 129 ff; Nörr ZHR 150 (1986) 155 ff, jeweils mwN; Wiethölter Interessen, S 36 ff.

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Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

wurf145, mit dem der Gesetzgeber an seiner bisherigen Einstellung, das geltende Recht habe sich bewährt, festhielt. Der Entwurf wurde 1931146 revidiert, doch ließ die hereinbrechende Weltwirtschaftskrise keine Zeit, den Vorschlag zu beraten und zu verabschieden. Vielmehr wurden im Wege der Notverordnung v 19.9.1931147 nur die dringendsten Vorhaben verwirklicht. Während die Kapitalherabsetzung unangetastet blieb148, erfuhr die zuvor knappe Regelung zur Amortisation (§ 227 HGB aF) eine deutliche Ausweitung149. Abs 1 der Bestimmung trennte ausdrücklich zwischen der Zwangseinziehung und der freiwilligen Einziehung von Aktien nach vorherigem Erwerb durch die Gesellschaft. Abs 2 S 1 ordnete an, dass die Vorschriften über die Kapitalherabsetzung und damit zugleich die der Satzungsänderungen zu beachten sind. S 2 regelte drei Fälle der vereinfachten Einziehung. Eine solche lag vor, wenn die Aktien der Gesellschaft unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden (Abs 2 S 2 Nr 1), wenn sie zulasten der jährlichen Bilanz oder des Reservefonds eingezogen werden (Abs 2 S 2 Nr 2) oder wenn es sich um eigene Aktien im Umfang von maximal 10% des Gesamtkapitals handelt, die innerhalb der letzten 6 Monate erworben wurden (Abs 2 S 2 Nr 3). Die vereinfachte Einziehung bedurfte nicht der für Satzungsänderungen geltenden Drei-Viertel-Mehrheit, sondern konnte mit einfacher Mehrheit der Generalversammlung beschlossen werden (Abs 3 S 2). Durch die Einziehung ermäßigte sich das Grundkapital um den Gesamtnennbetrag der eingezogenen Aktien. Mit dieser Regelung klärte der Gesetzgeber den hierzu bestehenden Streit im Sinne der damals herrschenden Meinung150. Erfolgte eine vereinfachte Einziehung im Wege der Einziehung eigener Aktien, konnten Gläubiger der Gesellschaft innerhalb von drei Monaten Sicherheitsleistung für noch nicht fällige Forderungen verlangen (Abs 4). Abs 5 regelte die bilanziellen Folgen der Einziehung. Neu eingefügt wurde zudem eine persönliche Haftung der Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder, sofern sie gegen die Regeln über eigene Aktien und deren Einziehung verstießen (§ 227a HGB aF). Zudem wurde § 227 HGB aF als Schutzgesetz iSd § 823 Abs 2 BGB eingeordnet151. Eine weitere Notverordnung v 6.10.1931 führte die Kapitalherabsetzung in erleichter79 ter Form ein152. Der Gesetzgeber suchte mit der Notverordnung die Auswirkungen der 145

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Entwurf eines Gesetzes über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien nebst erläuternden Bemerkungen, veröffentlicht durch das Reichsjustizministerium, 1930. Amtlicher Entwurf eines Gesetzes über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien sowie Entwurf eines Einführungsgesetzes, veröffentlicht auf Anordnung des Reichsjustizministeriums, 1931. Abgedruckt bei Schubert/Hommelhoff, S 849 ff. Auf S 907 ff sind auch die 1932 nachgereichten „Erläuternde(n) Bemerkungen des Reichsjustizministeriums zum Entwurf von 1931“ wiedergegeben. Verordnung des Reichspräsidenten über Aktienrecht, Bankenaufsicht und über eine Steueramnestie v 19.9.1931, am 21.9.1931 im Reichsgesetzblatt veröffentlicht (RGBl I 493, berichtigt am 25.10.1931, RGBl I 663); korrigiert durch die 4. NotVO v 8.12.1931; dazu ausführlich Assmann Einl 137 ff; Leh-

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mann/Hirsch Verordnung über Aktienrecht, S 1 ff; Rheinstrom Aktienrecht, S 1 ff; Brodmann ZBlHR 1932, 49; Nord ZBlHR 1931, 176; Quassowski JW 1931, 2914 ff. Zu ihr etwa Berning Herabsetzung; v Godin ZHR 100 (1934) 221 ff. Brodmann ZBlHR 1932, 49, 53 ff. Diese Ausweitung ging inhaltlich auch noch einmal deutlich über die ohnehin schon weitgehenden Änderungen, die in § 57 des ersten Entwurfs von 1930 enthalten waren, hinaus, vgl Rheinstrom Aktienrecht, § 227, Vor Anm 1. Klausing Reform, S 68; Rheinstrom Aktienrecht, § 227, 18 mwN. Der Streitstand findet sich bei Staub-Pinner HGB9, § 227, 7 mwN. Rheinstrom Aktienrecht, § 227, 23. Geregelt im 5. Teil, Kap II der Dritten Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen

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Vorbemerkungen

Vor § 222

Weltwirtschaftskrise auf deutsche Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien zu mildern. Sie war als vorübergehende Maßnahme gedacht und daher zunächst bis zum 30.6.1932 befristet (§ 1 Abs 2 NotVO). Die NotVO regelte drei Bereiche, nämlich den Schutz der Gläubiger, die Beschlussfassung und die Art der Durchführung der Kapitalherabsetzung. • Die Regelung erlaubte die Kapitalherabsetzung zum Zwecke der Anpassung des „Vermögensstandes an die Wirtschaftsentwicklung“ (§ 1 Abs 1 NotVO). Der wesentliche Unterschied zur bisher im HGB vorgesehenen (ordentlichen) Kapitalherabsetzung bestand darin, dass die durch die Kapitalherabsetzung gewonnenen Beträge nur zum Ausgleich von Wertminderungen des Vermögens der Gesellschaft, zur Deckung von Verlusten oder zur Einstellung in den gesetzlichen Reservefonds genutzt werden durften (§ 6 Abs 2 NotVO). Sie war deshalb nur zulässig, wenn zuvor die gesetzliche Rücklage, soweit sie den Betrag von 10 % des neuen Grundkapitals überstieg, und alle freien Rücklagen aufgelöst waren (§ 5 NotVO). Zudem waren Zahlungen an die Aktionäre verboten (§ 6 Abs 1 NotVO). Auch eine Befreiung der Aktionäre von offenen Einlageverpflichtungen war untersagt (§ 8 Abs 2 NotVO). Dividenden durften erst wieder gezahlt werden, wenn der Reservefonds auf 10 % des Grundkapitals aufgefüllt worden war (§ 7 NotVO). Innerhalb von zwei Jahren nach der erleichterten Kapitalherabsetzung durfte an die Aktionäre keine Dividende von mehr als 6 % ausgezahlt werden, es sei denn, den zum Zeitpunkt der Eintragung des Beschlusses über die Kapitalherabsetzung vorhandenen Gläubigern wurde Sicherheit geleistet (§ 9 NotVO). Soweit die Aktionäre zu Unrecht Zahlungen empfangen hatten, hafteten sie den Gläubigern für Verbindlichkeiten der Gesellschaft (§ 10 NotVO iVm § 217 HGB aF). Vorstand und Aufsichtsrat hafteten der Gesellschaft auf Ersatz (§ 10 NotVO iVm §§ 241, 249 HGB aF). • Die Kapitalherabsetzung in erleichterter Form konnte durch Einziehung von Aktien, durch Herabsetzung des Nennbetrags der Aktien oder durch Zusammenlegung von Aktien erfolgen (§ 2 Abs 1 NotVO). Diese Möglichkeiten standen aber nicht gleichrangig zur Wahl, sondern unterlagen Einschränkungen: Soweit die Gesellschaft über Vorratsaktien oder eigene Aktien verfügte, konnte sie keine Herabsetzung des Nennbetrags vornehmen (§ 2 Abs 2 NotVO). Eine Zusammenlegung von Aktien durfte nur erfolgen, wenn andernfalls der Mindestnennbetrag der Aktien unterschritten worden wäre (§ 2 Abs 3 NotVO). • Die Kapitalherabsetzung bedurfte grundsätzlich der Zustimmung der Generalversammlung (§ 3 NotVO) mit satzungsändernder Mehrheit153. Bei der Einziehung von Vorratsaktien oder eigenen Aktien genügte die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen und des vertretenen Grundkapitals. Die Geschäftsleitung hatte die Notwendigkeit der Maßnahme zu erläutern (§ 4 NotVO).

v 6.10.1931 (RGBl I 537 – im Folgenden NotVO); zu dieser NotVO ergingen vier DurchführungsVO, vgl Klausing Reform, S 16. Zur NotVO Ansmann ZBlHR 1932, 223 f; Byk Kapitalherabsetzung; Flechtheim BankA 31 (1931/32), 27 ff; Hachenburg/Pinner JW 1931, 3037 ff; Klausing Reform, S 81 ff; Lehmann/Hirsch Verordnung über

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Aktienrecht, S 183 ff; Makower Erleichterte Herabsetzung des Grundkapitals; Rosendorff Das neue deutsche Aktienrecht, S 327 ff; Neufeld JW 1932, 693, 696 ff; Ullmann ZBlHR 1932, 4 ff; Simon BankA 31 (1931/32), 348 ff. Byk Kapitalherabsetzung § 3 NotVO, Anm 7.

Vor § 222

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Nach umfangreichen Vorarbeiten154 erfolgte mit dem Gesetz v 4.2.1937155 die Neuordnung des Aktienrechts, wobei der Gesetzgeber sich weitgehend an die Entwürfe von 1930/31 hielt. Die §§ 175–194 regelten die ordentliche Kapitalherabsetzung (§§ 175– 181), die Kapitalherabsetzung in erleichterter Form (§§ 182–191) und die Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien (§§ 192–194). Während die beiden Formen der Kapitalherabsetzung einerseits und die Einziehung von Aktien andererseits bislang als eigenständige Rechtsinstitute angesehen und in getrennten Abschnitten des Gesetzes geregelt worden waren156, ordnete der Gesetzgeber nun auch die Einziehung als Unterfall der Kapitalherabsetzung ein. Die Regelung der ordentlichen Kapitalherabsetzung knüpfte weitgehend wörtlich an 81 die Vorgängerregelung der §§ 288 ff HGB aF an. Der Gesetzgeber verzichtete auf das Erfordernis des dreimaligen Gläubigeraufgebots und auf die Sonderbenachrichtigung bekannter Gläubiger durch den Vorstand. Stattdessen musste nun das Handelsregistergericht die Gläubiger in der Bekanntmachung der Eintragung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses auf ihre Rechte hinweisen (§ 178 Abs 1 S 2). Die Sicherheitsleistung konnte nun selbst dann verlangt werden, wenn die Gesellschaft mit der Kapitalherabsetzung keine Zahlungen an die Aktionäre beabsichtigte (§ 178 Abs 3). Bestimmten, im Falle einer Insolvenz besonders gesicherten Gläubigern versagte das Gesetz das Recht auf Sicherheitsleistung (§ 178 Abs 1 S 3). Es handelte sich um Pfandbriefgläubiger der Hypotheken- und Schiffpfandbriefbanken (§§ 35 HypBankG, 35 SchiffsBankG, 77 Vers.- und BauspkAufsichtsG)157, aber auch Steuergläubiger und Angestellte (wegen ihres Konkursvorrechts)158. Außerdem wurde das Sperrjahr halbiert (§ 178 Abs 2), da die modernen Kommunikationsmittel eine ausreichende Information der Gläubiger innerhalb dieser Zeitspanne gewährleisteten. Gemäß § 175 Abs 4 waren zur Durchführung der ordentlichen Kapitalherabsetzung allein die Herabsetzung des Nennbetrags der Aktien oder die Zusammenlegung von Aktien erlaubt, Letztere allerdings nur, wenn andernfalls der Mindestnennbetrag unterschritten wurde. Die Kraftloserklärung von nicht eingereichten Aktienurkunden im Falle der Zusammenlegung von Aktien regelte § 179. Das Gesetz stellte klar, dass die Kapitalherabsetzung bereits mit Eintragung des Beschlusses über die Kapitalherabsetzung wirksam war (§ 177). Um Sanierungen zu ermöglichen, erlaubte § 181 eine Herabsetzung unter den Mindestnennbetrag, wenn dieser durch eine zugleich beschlossene Kapitalerhöhung wieder erreicht wurde. 82 Die 1931 als vorübergehende Maßnahme eingeführte Kapitalherabsetzung in erleichterter Form wurde nun dauerhaft gesetzlich verankert und als vereinfachte Kapitalherabsetzung bezeichnet. Ihre Ausgestaltung lehnte sich sehr eng an die Regelung der NotVO an. So war die vereinfachte Kapitalherabsetzung nur zum Ausgleich von Wertminderungen des Vermögens der Gesellschaft, zur Deckung von sonstigen Verlusten oder zur Einstellung in die gesetzliche Rücklage zulässig (§§ 182 Abs 1 S 1, 184 S 2). Eine Unter-

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Dazu ausführlich Schubert Einleitung zu Bd I, in ders (Hrsg), Akademie für Deutsches Recht 1933–1945, S XX ff; Assmann Einl 151 ff. Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien v 30.1.1937, verkündet am 4.2.1937 (RGBl I 107, berichtigt S 588, 1140). Der Text des AktG mit amtlicher Begründung ist abgedruckt bei Klausing Aktien-Gesetz; der Text

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idF von 1965 findet sich bei Kropff AktG 1965, S 581 ff. Zur Regelung der Kapitalherabsetzung K A Fischer Kapitalherabsetzung. So heute noch die Regelung im GmbHRecht, vgl §§ 34, 58 GmbHG. Teichmann/Koehler 3 § 178, 1; Baumbach/ Hueck11 § 178, 2 E; Ritter 2 § 178, 3d. Baumbach/Hueck11 § 178, 2 E.

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Vorbemerkungen

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bilanz wurde nicht vorausgesetzt159. Der Zweck der Herabsetzung war im Beschluss anzugeben (§ 182 Abs 1 S 2). Die bei der ordentlichen Kapitalherabsetzung vorgeschriebenen Maßnahmen des Gläubigerschutzes (§ 178)160 waren nicht anzuwenden (§ 182 Abs 2). Die Interessen der Gläubiger wurden vielmehr dadurch geschützt, dass Zahlungen an die Aktionäre und eine Befreiung der Aktionäre von offenen Einlageverpflichtungen verboten waren (§ 184 S 1). Zudem stellte § 187 Abs 3 klar, dass die durch eine Kapitalherabsetzung frei werdenden Beträge auch nicht als Gewinn ausgeschüttet werden durften. Dividenden durften erst gezahlt werden, wenn die gesetzliche Rücklage wieder auf 10 % des Grundkapitals aufgefüllt worden war (§ 187 Abs 1). Zudem durfte innerhalb der ersten zwei Jahre nach der vereinfachten Kapitalherabsetzung keine Dividende von mehr als 4% ausgezahlt werden, es sei denn, den zum Zeitpunkt der Eintragung des Beschlusses über die Kapitalherabsetzung vorhandenen Gläubigern wurde Sicherheit geleistet (§ 187 Abs 2). Stellte sich heraus, dass der durch die Kapitalherabsetzung gewonnene Betrag nicht vollständig für die Verlustdeckung benötigt wurde, war der Überschuss in die gesetzliche Rücklage einzustellen (§ 185). Um die Aktionäre vor voreiligen Kapitalherabsetzungen zu schützen161, setzte § 183 voraus, dass vor einer Kapitalherabsetzung die gesetzliche Rücklage, soweit sie den Betrag von 10 % des nach der Herabsetzung verbleibenden Grundkapitals überstieg, und alle freien Rücklagen aufzulösen waren. Zum Schutz der Aktionäre, aber indirekt auch zum Schutz der Gläubiger162, bestimmte § 186 weiter, dass eine Kapitalherabsetzung, die dem Zweck der Auffüllung der gesetzlichen Rücklage diente, nur bis zur Grenze von 10 % des Grundkapitals zulässig war. Denn andernfalls wäre es möglich gewesen, die Kapitalherabsetzung zur Bildung freier Rücklagen zu nutzen, die jederzeit aufgelöst werden konnten; die damit einhergehende Gefährdung der Gläubigerinteressen wollte der Gesetzgeber vermeiden163. Die §§ 188 ff bestimmten, dass eine vereinfachte Kapitalherabsetzung (und ggf gleichzeitige Kapitalerhöhung) mit Rückwirkung auf den letzten Jahresabschluss beschlossen werden konnte. Auf diese Weise traten unterjährig entstandene und durch eine Kapitalherabsetzung wieder beseitigte Verluste im nächsten Jahresabschluss gar nicht in Erscheinung. Damit berücksichtigte der Gesetzgeber, dass Gesellschaften gerade im Falle einer Sanierung in hohem Maße darauf angewiesen sind, jede weitere Gefährdung der Kreditwürdigkeit zu vermeiden164. Auf das Verfahren der vereinfachten Kapitalherabsetzung waren im Übrigen die Vorschriften über die ordentliche Kapitalherabsetzung anzuwenden (§ 182 Abs 2). Die Amortisation, nun als Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien bezeich- 83 net, wurde erstmals systematisch den Vorschriften über die Kapitalherabsetzung zugeordnet (§§ 192–194). Sie wurde als Vernichtung einzelner Aktienrechte unter Herabsetzung des Grundkapitals eingeordnet165; der zuvor bestehende Streit über das Zusammenspiel von Vernichtung der Aktienrechte und Herabsetzung des Grundkapitals (s o 77) war damit geklärt166. Die Amortisation unterscheidet sich von der Kapitalherabset-

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Amtliche Begründung, abgedruckt bei Klausing Aktien-Gesetz, S 162; sinngemäß auch Baumbach/Hueck11 § 182, 1. S o 81. Amtliche Begründung, abgedruckt bei Klausing Aktien-Gesetz, S 163. Die amtliche Begründung, abgedruckt bei Klausing Aktien-Gesetz, S 163, erwähnt allein den Gläubigerschutz, was wenig über-

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zeugend ist. Vgl zur Nachfolgebestimmung des heutigen § 231 Hüffer9 § 231, 1. Amtliche Begründung, abgedruckt bei Klausing Aktien-Gesetz, S 163. Amtliche Begründung, abgedruckt bei Klausing Aktien-Gesetz, S 163 f. Baumbach/Hueck11 Einführung zu §§ 192– 194, 2; GK AktG/Weipert1 § 192, 2. S a KK/Lutter 2 § 237, 3.

Vor § 222

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

zung im Wege einer Herabsetzung des Nennwerts oder durch Zusammenlegung von Aktien grundlegend, denn die Rechtsstellung des Aktionärs wird nicht nur inhaltlich verändert, sondern erlischt vollständig167. Die gesetzliche Regelung der Amortisation war sehr knapp gehalten, da sie nur deren wesentliche Voraussetzungen (§ 192), ihr Wirksamwerden (§ 193) und die Anmeldung ihrer Durchführung (§ 194) enthielt. Im Übrigen knüpfte der Gesetzgeber über eine Verweisung an die ordentliche Kapitalherabsetzung an (§ 192 Abs 2 S 1). Die Vorschriften über die vereinfachte Kapitalherabsetzung fanden hingegen keine Anwendung. Denn die Amortisation bewirkte eine Schwächung der Kapitalbasis der Gesellschaft durch einen tatsächlichen Mittelabfluss an die ausscheidenden Aktionäre. Daher war der – mit der vereinfachten Kapitalherabsetzung verbundene – verringerte Gläubigerschutz nicht ausreichend168. Aus diesem Grund stellte der Gesetzgeber auch ausdrücklich klar, dass bei der Amortisation die Rückzahlung der Einlagen an die Aktionäre erst erfolgen durfte, wenn eine sechsmonatige Sperrfrist abgelaufen war (§§ 192 Abs 2 S 2, 178 Abs 2). Einen besonders geregelten Unterfall stellte die vereinfachte Amortisation dar. Sie war 84 für den Fall vorgesehen, dass die Aktien der Gesellschaft unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurden oder sie zulasten des Reingewinns oder der Rücklagen eingezogen wurden (§ 192 Abs 3 Nrn 1 und 2). Weitere Fälle der vereinfachten Amortisation waren nicht vorgesehen und konnten auch nicht durch Satzungsbestimmungen geschaffen werden169. Die vereinfachte Amortisation bedurfte eines Beschlusses der Hauptversammlung mit lediglich einfacher Mehrheit (§ 192 Abs 4). Zwar brachte die vereinfachte Amortisation keine Auszahlung von Einlagen an die Aktionäre mit sich, führte aber gleichwohl zu einer Herabsetzung der Grundkapitalziffer. Damit wäre faktisch die Auszahlung von Gewinnen erleichtert worden, da durch die vereinfachte Amortisation das gebundene Vermögen auf der Passivseite der Bilanz gemindert wurde. Um die deshalb bestehende Gläubigergefährdung zu beseitigen, verlangte der Gesetzgeber, dass ein dem Nennwert der eingezogenen Aktien gleichkommender Betrag in die gesetzliche Rücklage einzustellen war (§ 192 Abs 5). Wollte eine Gesellschaft diese Bindung des Kapitals vermeiden, konnte sie auch bei der vereinfachten Amortisation den Weg über § 192 Abs 2 gehen, der eine Anwendung der Gläubigerschutzvorschriften der ordentlichen Kapitalherabsetzung vorsah170. Sah die Satzung die Einziehung und die wesentlichen Bedingungen zu ihrer Ausübung 85 vor („angeordnete Zwangseinziehung“), bedurfte es keines Hauptversammlungsbeschlusses mehr. Stattdessen war der Vorstand entscheidungsbefugt (§ 192 Abs 6). Beschränkte sich dagegen die Satzungsregelung darauf, eine Einziehung grundsätzlich für erlaubt zu erklären, ohne die näheren Einzelheiten festzulegen („gestattete Zwangseinziehung“), erforderte die Amortisation einen Hauptversammlungsbeschluss171.

167 168

169

GK AktG/Weipert1 § 192, 2. Amtliche Begründung, abgedruckt bei Klausing Aktien-Gesetz, S 168; Baumbach/Hueck11 § 192, 3 A. Baumbach/Hueck11 § 192, 4 A; GK AktG/ Weipert 1 § 192, 33.

170 171

GK AktG/Weipert1 § 192, 37 aE. Amtliche Begründung, abgedruckt bei Klausing Aktien-Gesetz, S 169; Baumbach/ Hueck11 § 192, 5.

Stand: 31.12.2010

(40)

Vorbemerkungen

Vor § 222

5. Das Aktiengesetz von 1965 Mit dem Aktiengesetz von 1937 waren die wesentlichen Merkmale der Rechtsfigur 86 und ihre Voraussetzungen endgültig ausgeformt und in den bis heute bestehenden systematischen Zusammenhang eingeordnet. Das Aktiengesetz von 1965172 übernahm die Vorschriften über die ordentliche Kapitalherabsetzung, die vereinfachte Kapitalherabsetzung und die Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien weitgehend unverändert. Wenn Änderungen erfolgten, handelte es sich ganz überwiegend um sprachliche Korrekturen und redaktionelle Anpassungen an andere Vorschriften173. Bedeutende inhaltliche Änderungen finden sich zur vereinfachten Kapitalherabsetzung. Nach altem Recht setzte diese voraus, dass die gesetzliche Rücklage, soweit sie 10 % des Grundkapitals überstieg, sowie freie Rücklagen, die zum Ausgleich von Wertminderungen oder Deckung von sonstigen Verlusten bestimmt waren, aufgelöst wurden174. Nun wird verlangt, dass alle freien Rücklagen aufgelöst werden (§ 229 Abs 2 S 1 aE) und kein Gewinnvortrag mehr vorhanden ist. § 232 enthält eine weitere Änderung gegenüber der Vorläuferregelung. Diese sah vor, dass für die Sanierung nicht benötigte Beträge in die Kapitalrücklage einzustellen waren, wenn sich im Nachhinein herausstellte, dass der Betrag der Kapitalherabsetzung zu hoch bemessen war. Jetzt wurde auch der Fall erfasst, dass sich dies bereits bei der Aufstellung der Jahresbilanz für das laufende Geschäftsjahr ergibt (s § 232, 1). Zudem regelte der Gesetzgeber den Ausweis der Kapitalherabsetzung in der Gewinn- und Verlustrechnung in einem eigenen Abschnitt, der hinter die Klammer gezogen war. Die Vorschrift fand damit auf alle drei Formen der Kapitalherabsetzung Anwendung (s § 240, 1). Das Recht der Kapitalherabsetzung erfuhr seit 1965 einige Änderungen175. Hervorzu- 87 heben sind die umfangreichen terminologischen Änderungen durch das Bilanzrichtliniengesetz (BiRiLiG)176 sowie die Anpassungen, die durch die Einführung der nennwertlosen Stückaktien notwendig wurden177. 172 173

174 175

176

177

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Gesetz v 6.9.1965, BGBl I 1089; EGAktG, BGBl I 1185. Ein Überblick über alle Änderungen findet sich bei Kropff AktG 1965, S 317 ff sowie nachfolgend jeweils zu Beginn der Kommentierung der einzelnen Vorschriften. Zu § 183 AktG 1937 s o 82. Auch insoweit erfolgt eine detaillierte Darstellung nachfolgend jeweils zu Beginn der Kommentierung der einzelnen Vorschriften. Art 2 Nrn 42–50 des Gesetzes zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts – BilanzrichtlinienGesetz – v 19.12.1985, BGBl I 2355. Art 1 Nrn 32–34 des Gesetzes über die Zulassung von Stückaktien v 25.3.1998, BGBl I 590. Zum Gesetz und zur Umstellung auf den Euro Ekkenga Vorzüge und Nachteile der nennwertlosen Aktie, WM 1997, 1645; Funke Wert ohne Nennwert – Zum Entwurf einer gesetzlichen Regelung über die Zulassung nennwertloser Aktien,

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AG 1997, 385; Geiger Das Stückaktiengesetz, Vorteile der nennwertlosen Aktie – nicht nur bei der Euro-Einführung, Versicherungswirtschaft 1997, 1768; Heider Einführung der nennwertlosen Aktie in Deutschland anläßlich der Umstellung des Gesellschaftsrechts auf den Euro, AG 1998, 1; Ihrig/Streit NZG 1998, 201; Kopp Stückaktie und Euro-Umstellung, BB 1998, 701; Kolb/Pöller Das Gesetz über die Zulassung von Stückaktien, DStR 1998, 855; Schröer Zur Einführung der unechten nennwertlosen Aktie aus Anlaß der Europäischen Währungsunion, ZIP 1997, 221; ders Vorschläge für Hauptversammlungsbeschlüsse zur Umstellung auf Stückaktie und Euro, ZIP 1998, 306; Schürmann Die Anpassung des Gesellschaftsrechts bei Einführung des Euro, DB 1997, 1381; ders Euro und Aktienrecht, NJW 1998, 3162; Seibert Gesellschaftsrecht und Euro, Die Umstellung von Nennkapital und Anteilen – Stückaktie, WM 1997, 1610; ders Die Umstellung des Gesellschaftsrechts auf den Euro, ZGR 1998, 1.

Vor § 222

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

6. Reformüberlegungen

88

Das System des festen Grundkapitals steht derzeit auf dem Prüfstand. Indirekt wird damit auch über die Frage der Beibehaltung der Kapitalherabsetzung diskutiert (ausführlich u 110 ff). Einen zweiten Diskussionsansatz verfolgt man im schweizerischen Recht. Dort wird die Schaffung eines Kapitalbandes (ähnlich dem der Investmentaktiengesellschaft) erwogen178. Hierunter versteht man die Ermächtigung an den Vorstand, das Kapital der Gesellschaft innerhalb von drei Jahren um 50 % zu erhöhen oder zu reduzieren. In der Sache schafft man damit eine genehmigte Kapitalherabsetzung. Der deutsche Gesetzgeber hat sich dagegen nur zu einer halbherzigen Reform durchringen können, indem er § 71 Abs 1 Nr 8 und § 237 Abs 3 Nr 3 geschaffen hat (s jeweils dort). Letzterer ist systematisch fehlplatziert (s 237, 5) und erlaubt nur bei Stückaktien die Amortisation. Ersterer höhlt in der Praxis die § 237 ff aus. Will man den Aktiengesellschaften mehr Flexibilität bei der Kapitalbeschaffung einräumen, sollte man statt der zwei Regelungskomplexe (§ 71 und § 237) ein Kapitalband einführen, das es der Gesellschaft erlaubt, seine Kapitalstruktur an die wirtschaftlichen Notwendigkeiten anzupassen.

III. Europarechtlicher Hintergrund 1. Regelungsansatz der Kapitalrichtlinie

89

Betrachtet man die Anfänge der Harmonisierung des Gesellschaftsrechts in Europa in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts, so basieren die Richtlinien aus dieser Zeit vor allem auf dem deutschen Vorbild179. Denn die Bundesrepublik verfügte über das wohl modernste Aktienrecht unter den damaligen Mitgliedstaaten. Es verwundert daher nicht, dass die Vorschriften zur Kapitalherabsetzung in der Zweiten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie von 1976 (sog Kapitalrichtlinie)180 dem deutschen Recht so stark ähnelten, dass zur Umsetzung der Richtlinie nur eine einzige inhaltliche Änderung der §§ 222 ff notwendig wurde. In § 237 Abs 2 wurde ein neuer S 2 eingefügt, der bestimmte, dass in der Satzung oder in dem Beschluss der Hauptversammlung die Voraussetzungen für eine Zwangseinziehung und die Einzelheiten ihrer Durchführung festzulegen sind. Damit wurde Art 36 Abs 1 lit c der Richtlinie umgesetzt181. 2. Richtlinienkonforme Auslegung

90

Auch wenn das deutsche Recht bereits vor Erlass der Richtlinie weitgehend dem späteren Richtlinienrecht entsprach und daher im Bereich der §§ 222 ff nahezu keine inhaltlichen Änderungen notwendig wurden, sind die entsprechenden nationalen Bestimmungen richtlinienkonform auszulegen182. Denn eine richtlinienkonforme Auslegung ist auch 178

179

Böckli SJZ 2008, 333, 334 f; Gericke Kapitalband: Flexibilität in Harmonie und Dissonanz, in Watter (Hrsg), Die „grosse“ Schweizer Aktienrechtsrevision, 2010, S 113 ff; Siffert/Zihler Herabsetzung des Aktienkapitals unter besonderer Berücksichtigung der gestaffelten Kapitalherabsetzung, in Jusletter 29. Juni 2009, Rn 56 ff. Dies gilt auch für die Zweite gesellschaftsrechtliche Richtlinie, auch wenn bei einzel-

180 181

182

nen Artikeln bereits britischer Einfluss spürbar ist, vgl Grundmann Europäisches Geselschaftsrecht, 2004, 314 mwN. Fundstelle s o 37 Fn 59. Vgl den RegE, BT-Drucks 8/1678, S 7, 19 sowie den Bericht des Rechtsausschusses BT-Drucks 8/2251, S 13, der diese Einfügung unverändert übernahm. Vgl etwa EuGH, Rs C-240/98, C-244/98, Slg 2000, I-4941 (Leitsatz 2), I-4955

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Vorbemerkungen

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dann geboten, wenn der Mitgliedstaat der Ansicht ist, dass sein Recht bereits den Vorgaben der Richtlinie entspricht und er deshalb auf eine gesonderte Umsetzung der Richtlinienbestimmungen in nationales Recht verzichtet. Bei der Auslegung der §§ 222 ff sind daher die einschlägigen Artikel der Richtlinie heranzuziehen. Die Richtlinie gilt ihrem Anwendungsbereich nach allerdings nur für Aktiengesell- 91 schaften (Art 1183). Sie findet, da die SE-Verordnung an das harmonisierte Recht der Kapitalherabsetzung anknüpft (s o 37), auch auf die Europäische Aktiengesellschaft Anwendung. Bei der Auslegung der §§ 222 ff ist daher auch in Fallgestaltungen, die eine SE betreffen, eine richtlinienkonforme Auslegung geboten. Fraglich ist jedoch, ob eine solche Auslegung auch bei Sachverhalten vorzunehmen ist, bei denen es um eine Kapitalherabsetzung des Grundkapitals einer Kommanditgesellschaft auf Aktien geht. Hier wird man formal argumentieren und auf den engen Anwendungsbereich der Richtlinie verweisen können. Eine solche Vorgehensweise überzeugt jedoch nicht. Sie hätte – da § 278 Abs 3 pauschal auf das Erste Buch des AktG verweist – zur Folge, dass es zu einer gespaltenen Auslegung der §§ 222 ff käme, je nachdem, ob man diese Vorschriften auf eine AG oder eine KGaA anwendet. Aus dem Umstand, dass der deutsche Aktienrechtsgesetzgeber in § 278 Abs 3 die Kapitalvorschriften des Ersten Buchs vorbehaltslos184 in Bezug nimmt, kann man daher ableiten, dass diese Inbezugnahme die Vorschriften in ihrer für die AG geltenden Auslegung meint. Der deutsche Gesetzgeber hat damit die Regelung der KGaA freiwillig dem harmonisierten Recht unterworfen. Bei der Kapitalrichtlinie ist zwar umstritten, ob ihre Regelungen nur Mindeststandards darstellen, über die der nationale Gesetzgeber hinausgehen darf, oder ob es sich um eine Harmonisierung handelt, die strengeres nationales Recht ausschließt185. Diese Frage ist vorliegend jedoch nicht berührt, da es dem nationalen Gesetzgeber unbenommen bleibt, außerhalb des Anwendungsbereichs der Kapitalrichtlinie liegende Rechtsformen nach den Vorgaben der Richtlinie zu regeln. Mithin ist bei der AG, der SE und der KGaA eine richtlinienkonforme Auslegung geboten. 3. Textauszug aus der Kapitalrichtlinie Die Kapitalherabsetzung ist in folgenden Vorschriften der Richtlinie186 geregelt: Jede Herabsetzung des gezeichneten Kapitals mit Ausnahme der durch eine gerichtliche Entscheidung angeordneten muss zumindest von der Hauptversammlung beschlossen werden, die vorbehaltlich der Artikel 36 und 37 nach den Vorschriften entscheidet, die in Artikel 40 über die Beschlussfähigkeit und die Mehrheitserfordernisse festgelegt sind. Dieser Beschluss ist nach den in den Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 3 der Richtlinie 68/151/EWG

183

(43)

(Nr 30) (Océano Grupo); EuGH Rs C-334/92, Slg 1993, I-6911 (Leitsatz 2), I-6932 (Rn 20 f) (Wagner Miret); KK/Lutter 2 Vor § 222, 2. Zur Bedeutung der richtlinienkonformen Auslegung Sethe Europarechtswidrige Kollusion von Gesetzgeber und Bankwirtschaft?, ZIP 1999, 1461, 1464 f mwN. Zur Entwicklung dieser Vorschrift Grundmann Europäisches Gesellschaftsrecht, 2004, 317 mwN.

184

185 186

Rolf Sethe

92 93

Artikel 30

Zwar enthält die Vorschrift einen Vorbehalt („soweit sich aus dem Fehlen eines Vorstands nichts anderes ergibt“), doch betrifft dieser die Regelung der Kapitalherabsetzung gerade nicht. Zum Streitstand Grundmann Europäisches Gesellschaftsrecht, 2004, 315 mwN. Fundstelle s o 37 Fn 59.

Vor § 222

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

vorgesehenen Verfahren offenzulegen. In der Mitteilung über die Einberufung der Hauptversammlung müssen zumindest der Zweck der Herabsetzung und das Verfahren für ihre Durchführung angegeben werden.

94

Artikel 31 Sind mehrere Gattungen von Aktien vorhanden, so ist der Beschluss der Hauptversammlung über die Herabsetzung des gezeichneten Kapitals von einer gesonderten Abstimmung zumindest jeder Gattung derjenigen Aktionäre abhängig, deren Rechte durch die Maßnahme berührt werden. Artikel 32187

95

(1) Im Falle einer Herabsetzung des gezeichneten Kapitals haben zumindest die Gläubiger, deren Forderungen vor der Bekanntmachung der Entscheidung über die Herabsetzung entstanden sind, mindestens das Recht, eine Sicherheit für die im Zeitpunkt dieser Bekanntmachung noch nicht fälligen Forderungen zu erhalten. Die Mitgliedstaaten können dieses Recht nur dann ausschließen, wenn der Gläubiger bereits angemessene Sicherheiten hat oder wenn diese Sicherheiten in Anbetracht des Gesellschaftsvermögens nicht notwendig sind. Die Mitgliedstaaten legen fest, unter welchen Bedingungen das in Unterabsatz 1 genannte Recht ausgeübt werden kann. Die Mitgliedstaaten sorgen in jedem Fall dafür, dass die Gläubiger das Recht haben, bei der zuständigen Verwaltungsbehörde oder dem zuständigen Gericht angemessene Sicherheiten zu beantragen, wenn sie glaubhaft machen können, dass die Befriedigung ihrer Forderungen durch die Herabsetzung des gezeichneten Kapitals gefährdet ist und sie von der Gesellschaft keine angemessenen Sicherheiten erhalten haben. (2) Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten schreiben mindestens weiter vor, dass die Herabsetzung unwirksam ist oder dass keine Zahlungen zugunsten der Aktionäre geleistet werden dürfen, solange den Gläubigern nicht Genüge getan worden ist oder solange ein Gericht nicht entschieden hat, dass ihrem Antrag nicht entsprochen zu werden braucht. (3) Dieser Artikel gilt auch, wenn die Herabsetzung des gezeichneten Kapitals durch einen vollständigen oder teilweisen Verzicht auf die Leistung von Einlagen der Aktionäre vorgenommen wird.

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Artikel 33 (1) Die Mitgliedstaaten brauchen Artikel 32 nicht bei einer Herabsetzung des gezeichneten Kapitals anzuwenden, die zum Zweck hat, Verluste auszugleichen oder Beträge einer Rücklage zuzuführen, unter der Voraussetzung, dass infolge dieses Vorgangs der Betrag dieser Rücklage nicht 10 vH des herabgesetzten gezeichneten Kapitals übersteigt. Diese Rücklage darf außer im Falle der Herabsetzung des gezeichneten Kapitals nicht an die Aktionäre ausgeschüttet werden; sie darf ferner nur dazu verwendet werden, Verluste auszugleichen oder durch Umwandlung von Rücklagen das gezeichnete Kapital zu erhöhen, soweit die Mitgliedstaaten einen solchen Vorgang zulassen. (2) Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten müssen in den Fällen des Absatzes 1 mindestens geeignete Maßnahmen vorschreiben, damit die aus der Herabsetzung des gezeichneten Kapitals gewonnenen Beträge nicht zu Zahlungen oder Ausschüttungen an die Aktionäre oder zur Befreiung der Aktionäre von der Verpflichtung zur Leistung ihrer Einlagen verwendet werden.

97

Artikel 34 Das gezeichnete Kapital darf nicht unter das nach Artikel 6 festgelegte Mindestkapital herabgesetzt werden. Jedoch können die Mitgliedstaaten eine derartige Herabsetzung zulassen, wenn sie zugleich vorschreiben, dass der Beschluss über die Herabsetzung nur dann wirksam wird, wenn das gezeichnete Kapital auf einen Betrag erhöht wird, der zumindest dem vorgeschriebenen Mindestbetrag entspricht.

187

Abs 1 dieses Artikels wurde durch die Richtlinie 2006/68/EG (Fundstelle s 37 Fn 59) geändert. Eine Änderung von § 225 zur Umsetzung der Option von Art 32 Abs 1

UAbs 2 der Richtlinie ist nicht erfolgt, vgl Art 1 des Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrichtlinie (ARUG) v 30.7.2009, BGBl I 2479.

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Vorbemerkungen

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Artikel 35

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Lassen die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats die vollständige oder teilweise Tilgung des gezeichneten Kapitals ohne dessen Herabsetzung zu, so verlangen sie mindestens die Beachtung folgender Voraussetzungen: a) Sofern die Satzung oder der Errichtungsakt die Tilgung vorsieht, wird diese durch die Hauptversammlung beschlossen, die mindestens die allgemeinen Voraussetzungen über Anwesenheit und Mehrheit zu beachten hat. Sofern die Satzung oder der Errichtungsakt die Tilgung nicht vorsieht, wird diese durch die Hauptversammlung beschlossen, die mindestens die in Artikel 40 festgelegten Voraussetzungen über Anwesenheit und Mehrheit zu beachten hat. Der Beschluss ist nach den in den Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 3 der Richtlinie 68/151/EWG vorgesehenen Verfahren offenzulegen; b) die Tilgung kann nur mit Mitteln erfolgen, die nach Artikel 15 Absatz 1 ausgeschüttet werden dürfen; c) die Aktionäre, deren Aktien getilgt wurden, behalten ihre Rechte gegenüber der Gesellschaft mit Ausnahme der Rechte auf Rückgewähr der Einlagen und auf Teilnahme an der Ausschüttung einer ersten Dividende für nicht getilgte Aktien. Artikel 36

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(1) Gestatten die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, dass Gesellschaften ihr gezeichnetes Kapital durch Zwangseinziehung von Aktien herabsetzen, so verlangen sie mindestens die Beachtung folgender Voraussetzungen: a) Die Zwangseinziehung ist vor der Zeichnung der einzuziehenden Aktien durch die Satzung oder den Errichtungsakt vorgeschrieben oder zugelassen; b) sofern die Zwangseinziehung durch die Satzung oder den Errichtungsakt lediglich zugelassen ist, wird sie von der Hauptversammlung beschlossen, es sei denn, dass die betroffenen Aktionäre sie einstimmig genehmigt haben; c) das Gesellschaftsorgan, das über die Zwangseinziehung beschließt, legt Bedingungen und Durchführung dieser Maßnahme fest, soweit dies nicht bereits in der Satzung oder im Errichtungsakt geschehen ist; d) Artikel 32 ist anzuwenden, es sei denn, es handelt sich um voll eingezahlte Aktien, die der Gesellschaft unentgeltlich zur Verfügung gestellt oder die mit Hilfe von Mitteln, die nach Artikel 15 Absatz 1 ausgeschüttet werden dürfen, eingezogen werden; in diesen Fällen ist ein Betrag in Höhe des Nennbetrags oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, des rechnerischen Wertes aller eingezogenen Aktien in eine Rücklage einzustellen. Diese Rücklage darf, außer im Falle der Herabsetzung des gezeichneten Kapitals, nicht an die Aktionäre ausgeschüttet werden; sie darf nur dazu verwendet werden, Verluste auszugleichen oder durch Umwandlung von Rücklagen das gezeichnete Kapital zu erhöhen, soweit die Mitgliedstaaten einen solchen Vorgang zulassen; e) der Beschluss über die Zwangseinziehung wird nach den in den Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 3 der Richtlinie 68/151/EWG vorgesehenen Verfahren offengelegt. (2) Artikel 30 Absatz 1 sowie die Artikel 31, 33 und 40 sind in den Fällen des Absatzes 1 nicht anzuwenden. Artikel 37 (1) Im Fall der Herabsetzung des gezeichneten Kapitals durch Einziehung von Aktien, die von einer Gesellschaft oder einer im eigenen Namen, aber für Rechnung der Gesellschaft handelnden Person erworben worden sind, muss die Einziehung stets durch die Hauptversammlung beschlossen werden. (2) Artikel 32 ist anzuwenden, es sei denn, es handelt sich um voll eingezahlte Aktien, die unentgeltlich oder mit Mitteln erworben werden, die nach Artikel 15 Absatz 1 ausgeschüttet werden dürfen; in diesen Fällen ist ein Betrag in Höhe des Nennbetrags oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, des rechnerischen Wertes aller eingezogenen Aktien in eine Rücklage einzustellen.

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Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Diese Rücklage darf, außer im Falle der Herabsetzung des gezeichneten Kapitals, nicht an die Aktionäre ausgeschüttet werden; sie darf nur dazu verwendet werden, Verluste auszugleichen oder durch Umwandlung von Rücklagen das gezeichnete Kapital zu erhöhen, soweit die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten einen solchen Vorgang zulassen. (3) Die Artikel 31, 33 und 40 sind in den Fällen des Absatzes 1 nicht anzuwenden.

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Artikel 38 In den Fällen des Artikels 35, des Artikels 36 Absatz 1 Buchstabe b) und des Artikels 37 Absatz 1 ist, sofern mehrere Gattungen von Aktien vorhanden sind, der Beschluss der Hauptversammlung über die Bedingung des gezeichneten Kapitals oder über dessen Herabsetzung durch Einziehung von Aktien von einer gesonderten Abstimmung zumindest jeder Gattung derjenigen Aktionäre abhängig, deren Rechte durch die Maßnahmen berührt werden.

102

Artikel 39 Gestatten die Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats, dass Gesellschaften rückerwerbbare Aktien ausgeben, so verlangen sie für den Rückerwerb dieser Aktien mindestens die Beachtung folgender Voraussetzungen: a) Der Rückerwerb muss vor der Zeichnung der rückerwerbbaren Aktien in der Satzung oder dem Errichtungsakt zugelassen sein; b) diese Aktien müssen vollständig eingezahlt worden sein; c) die Bedingungen und die Durchführung des Rückerwerbs sind in der Satzung oder dem Errichtungsakt festgelegt; d) der Rückerwerb darf nur mit Hilfe von Mitteln erfolgen, die nach Artikel 15 Absatz 1 ausgeschüttet werden dürfen, oder mit Erträgen aus einer Ausgabe neuer Aktien, die zum Zwecke dieses Rückerwerbs ausgegeben werden; e) ein Betrag in Höhe des Nennbetrags oder, wenn ein Nennbetrag nicht vorhanden ist, des rechnerischen Wertes aller zurück erworbenen Aktien ist in eine Rücklage einzustellen, die, außer im Falle der Herabsetzung des gezeichneten Kapitals, nicht an die Aktionäre ausgeschüttet werden darf; sie darf nur dazu verwendet werden, durch Umwandlung von Rücklagen das gezeichnete Kapital zu erhöhen; f) Buchstabe e) ist nicht anzuwenden, sofern die Aktien mit Hilfe von Erträgen aus einer Ausgabe neuer Aktien zurück erworben werden, die zum Zweck dieses Rückerwerbs ausgegeben werden; g) sofern als Folge des Rückerwerbs die Zahlung eines Mehrbetrags zugunsten der Aktionäre vorgesehen ist, darf dieser nur aus Mitteln entnommen werden, die entweder nach Artikel 15 Absatz 1 ausgeschüttet werden dürfen oder einer anderen als der unter Buchstabe e) genannten Rücklage entnommen werden, die, außer im Falle der Herabsetzung des gezeichneten Kapitals, nicht an die Aktionäre ausgeschüttet werden darf; diese Rücklage darf nur zum Zwecke einer Erhöhung des gezeichneten Kapitals durch Umwandlung von Rücklagen oder zur Deckung der in Artikel 3 Buchstabe j) genannten Kosten oder der Kosten für die Ausgabe von Aktien oder von Schuldverschreibungen oder für die Zahlung eines Mehrbetrags zugunsten der Inhaber von zurück zu erwerbenden Aktien oder Schuldverschreibungen verwendet werden; h) der Rückerwerb ist nach den in den Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten gemäß Artikel 3 der Richtlinie 68/151/EWG vorgesehenen Verfahren offenzulegen.

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Artikel 40 (1) Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten schreiben vor, dass die in Artikel 29 Absätze 4 und 5 sowie den Artikeln 30, 31, 35 und 38 vorgesehenen Beschlüsse zumindest eine Mehrheit von nicht weniger als zwei Dritteln der Stimmen der vertretenen Wertpapiere oder des vertretenen gezeichneten Kapitals erfordern. (2) Die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten können jedoch vorschreiben, dass die einfache Mehrheit der in Absatz 1 bezeichneten Stimmen ausreicht, sofern mindestens die Hälfte des gezeichneten Kapitals vertreten ist.

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Vorbemerkungen

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4. Reformüberlegungen Das gegenwärtige System der Kapitalaufbringung und -erhaltung ist Gegenstand zahl- 104 reicher Reformüberlegungen auf europäischer und auf mitgliedstaatlicher Ebene. Es wird vielfach als zu starr, zu teuer und unflexibel empfunden188. Da die Regelungen über die Kapitalherabsetzung durch die Zweite gesellschaftsrechtliche Richtlinie vorgegeben sind, kann eine Deregulierung dieser Bestimmungen auf nationaler Ebene nur erfolgen, wenn der Richtliniengeber entweder die Richtlinie selbst inhaltlich umgestaltet oder er den Mitgliedstaaten einen Gestaltungsspielraum eröffnet189. Die Überprüfung der Kapitalrichtlinie war deshalb ua Gegenstand der 1996 gestarteten Initiative zur Vereinfachung der Rechtsvorschriften im Binnenmarkt (Simpler Legislation for the Internal Market – SLIM), die sich in ihrer vierten Phase mit dem Gesellschaftsrecht befasste. In Bezug auf die Kapitalrichtlinie unterbreitete die Arbeitsgruppe unter Vorsitz von Eddy Wymeersch in ihrem Bericht insgesamt sechs Vorschläge, von denen der dritte den Bereich der Kapitalherabsetzung betraf190. Nach der gültigen Fassung von Art 36 der Richtlinie ist eine Zwangseinziehung nur möglich, wenn diese durch die Satzung oder eine spätere Satzungsänderung zugelassen ist. Sieht die Satzung keine Möglichkeit der Einziehung vor, kann diese nur im Wege der Satzungsänderung für junge Aktien eröffnet werden. Sollen auch bereits vor der Satzungsänderung emittierte Aktien erfasst werden, müssen die betroffenen Aktionäre der Einziehung zustimmen, was bei einer Publikumsaktiengesellschaft faktisch ausgeschlossen sein dürfte. Die Arbeitsgruppe hat vorgeschlagen, die Zwangseinziehung auch für den Fall zuzulassen, dass ein Aktionär mindestens 90 % aller Aktien der Gesellschaft hält und die ausstehenden Minderheitsaktionäre auskaufen will. Die Arbeitsgruppe befürwortete also eine Ausweitung der Möglichkeit einer Zwangseinziehung von Aktien durch die Einführung eines Squeeze-Out191. Der Vor188 189

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Einzelheiten bei Grundmann Europäisches Gesellschaftsrecht, 2004, 320–322 mwN. In Großbritannien war man beispielsweise bestrebt, die gesellschaftsrechtlichen Regelungen übersichtlicher, flexibler und einfacher auszugestalten. Die Regeln über die Kapitalherabsetzung bei den public companies wurden bei der Reform des Gesellschaftsrechts 2006 jedoch ausgeklammert, da dem nationalen Gesetzgeber aufgrund der strikten Richtlinienvorgaben ein entsprechender Regelungsauftrag fehlte, vgl Department of Trade and Industry White Paper: Modern Company Law For A Competitive Economy v 16.7.2002, para 10.4. Zum White Paper vgl etwa Goddard „Modernising Company Law“: The Government’s White Paper, Modern Law Review 2003, 402–424. Der Bericht der Arbeitsgruppe ist zu finden unter http://ec.europa.eu/internal_market/ company/docs/official/6037de.pdf (abgerufen am 31.12.2010). Vgl dazu Stühmer SLIM – eine Schlankheitskur für das EUGesellschaftsrecht – Die Vorschläge der SLIM-Kommission zur Modifizierung der Zweiten Gesellschaftsrechtlichen Richtlinie,

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2003; Baldamus Reform der Kapitalrichtlinie, 2002, S 116 ff; Drygala Die Vorschläge der SLIM-Arbeitsgruppe zur Vereinfachung des Europäischen Gesellschaftsrechts, AG 2001, 291; Kallmeyer SLIM – Schlankheitskur für das EU-Gesellschaftsrecht, AG 2001, 406; van Hulle Aktuelle Entwicklungen im europäischen Gesellschaftsrecht, EWS 2000, 521, 523 f; Seibert Gesellschaftsrechtliche Reformvorhaben in Deutschland und Europa, in Schmidt/Riegger (Hrsg), Gesellschaftsrecht 1999, 2000, S 323, 326 f. Auf den Umstand, dass der Squeeze-Out keine Maßnahme der Kapitalherabsetzung ist und die auf europäischer Ebene geführte Reformdiskussion ihn daher eigentlich nicht in den zutreffenden Zusammenhang einordnet, wurde bereits hingewiesen (s o 29 aE). Denn die Kapitalrichtlinie regelt nach ihren Erwägungsgründen 2 und 3 nur Kapitalveränderungen, nicht aber Einzelheiten des Erwerbs oder Verlusts der Mitgliedschaft. An der sachlichen Berechtigung des Vorschlags (dazu im Detail sogleich 105 ff) ändert dies jedoch nichts.

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Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

schlag der Arbeitsgruppe mündete in einen Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat. Die Kommission stimmte dem Vorschlag der Arbeitsgruppe zu192. Der Vorschlag der Arbeitsgruppe stieß auch in Deutschland zu Recht auf grundsätz105 liche Zustimmung193. Denn die verbleibenden Kleinaktionäre haben aufgrund ihrer geringen Beteiligung ohnehin keinen unternehmerischen Einfluss mehr inne; ihre Aktien stellen eine reine Kapitalanlage dar. Wenn sie für diese angemessen entschädigt werden, können sie aus der Gesellschaft gedrängt werden. Denn für den Hauptaktionär geht mit Kleinaktionären immer auch ein gewisser Aufwand einher. Man denke nur an die Kosten der Einberufung einer Hauptversammlung, an die Kosten, die eine Börsennotierung verursacht, an missbräuchliche Anfechtungsklagen und vieles mehr. Dieser Lasten kann sich der Hauptaktionär mit einem Squeeze-Out entledigen, ohne dass die Minderheitsaktionäre dadurch finanzielle Nachteile erleiden. Ein unzulässiger, weil verfassungswidriger Eingriff liegt hierin nicht194, solange der Aktionär ausreichend abgefunden wird, denn es steht dem Gesetzgeber frei, die Grenzen der mitgliedschaftlichen Stellung zu regeln195. Allerdings fällt der Vorschlag der Arbeitsgruppe etwas weit aus, da er sich auf alle 106 Aktiengesellschaften erstreckt. Ein Teil des Schrifttums196 fordert eine Begrenzung des Squeeze-Out auf börsennotierte Gesellschaften, da bei geschlossenen Gesellschaften, die von vornherein eine Beteiligung von Minderheitsaktionären mit weniger als 10 % aufweisen, kein Bedürfnis für eine solche Regelung bestehe. In der Tat liegen bislang noch keine Erfahrungswerte vor, ob beispielsweise für den Hauptaktionär einer Familiengesellschaft Splitterbeteiligungen eher nützlich oder eher lästig sind. Hinzu kommt, dass gerade bei nichtbörsennotierten Gesellschaften der von Splitterbeteiligungen verursachte Aufwand deutlich geringer ist als bei börsennotierten. Kennen sich gar die Aktionäre persönlich und arbeiten seit längerem vertrauensvoll zusammen, bedarf es einer besonderen Rechtfertigung, einem von ihnen das Recht zum Ausschluss der anderen zu geben. Vor

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194

Bericht der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat v 4.2.2000 – Ergebnisse der vierten Phase der SLIM-Initiative, KOM(2000) 56 endg, S 6. Er ist zu finden unter http://europa.eu/comm/internal_ market/simplification/docs/com2000-56/ com2000-56_de.pdf (abgerufen am 31.12.2010). Kallmeyer SLIM Schlankheitskur für das EU-Gesellschaftsrecht, AG 2001, 406, 408 f. Dies zeigt nicht zuletzt die 2001 (vgl oben 29 Fn 47) erfolgte Einführung der §§ 327a ff, mit denen der Squeeze-Out in Deutschland ermöglicht wurde. BGH ZIP 2005, 2107 f; BGH AG 2006, 887; OLG Düsseldorf AG 2004, 207, 208 mwN; WM 2005, 1948, 1950 f; OLG Hamburg AG 2003, 441, 443; AG 2003, 696 f; NZG 2003, 978, 979; NZG 2005, 86; OLG Köln AG 2004, 39, 40 f; OLG Oldenburg AG 2002, 682; OLG Stuttgart AG 2004, 105, 108; Fleischer Das neue Recht des Squeeze out, ZGR 2002, 757, 764; Fuhr-

195 196

mann Das Freigabeverfahren bei Squeeze out-Beschlüssen, Der Konzern 2004, 1, 2; Hüffer9 § 327a, 4 mwN; aA LG Wuppertal AG 2004, 161 f; H Hanau Der Bestandsschutz der Mitgliedschaft anlässlich der Einführung des „Squeeze Out“ im Aktienrecht, NZG 2002, 1040 ff. BVerfG AG 2001, 42 – „Motometer“; AG 2007, 544; AG 2010, 160. Drygala Die Vorschläge der SLIM-Arbeitsgruppe zur Vereinfachung des Europäischen Gesellschaftsrechts, AG 2001, 291, 298; Fleischer ZGR 2002, 757, 770 ff; Habersack Der Finanzplatz Deutschland und die Rechte der Aktionäre – Bemerkungen zur bevorstehenden Einführung des „Squeeze Out“, ZIP 2001, 1230, 1232 ff; Hüffer9 § 327a, 4a; Merkt Zum Verhältnis von Kapitalmarktrecht und Gesellschaftsrecht in der Diskussion um die Corporate Governance, AG 2003, 126, 133; aA DAVHandelsrechtsausschuss NZG 1999, 850, 852 li Sp.

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Vorbemerkungen

Vor § 222

einer Einbeziehung auch der nichtbörsennotierten Gesellschaften in einen Squeeze-Out sollte daher diese Frage näher untersucht werden. Außerdem erweist sich der Vorschlag der Arbeitsgruppe als einseitig, da er nur die Stellung des Hauptaktionärs beleuchtet. Kleinaktionäre sind in einer Gesellschaft, die von einem Hauptaktionär mit 95 % der Stimmen dominiert wird, gleichsam gefangen. Aufgrund der geringen Anzahl an frei handelbaren Aktien wird ein regelmäßiger Börsenhandel nicht mehr stattfinden. Ihr Kapital ist in der Gesellschaft gebunden, obwohl sie es vielleicht in anderer Form investieren möchten. Wenn man schon die Möglichkeit eines Squeeze-Out einräumt, muss man komplementär auch die Rechte der Kleinaktionäre stärken und ihnen die Möglichkeit eines Sell-Out, also eines einseitigen Austrittsrechts, eröffnen. Dies bietet nicht zuletzt den Vorteil, dass es die Liquidität der Kapitalmärkte erhöht, da uU unrentable Splitterbeteiligungen abgebaut und die Kapitalien reinvestiert werden können. Kritisiert wurde auch, dass der Vorschlag der Arbeitsgruppe keine Aussage dazu enthält, ob bei der Berechnung der 90 %-Grenze auch von Tochtergesellschaften des Hauptaktionärs gehaltene Beteiligungen einbezogen werden197. Dies wird zu Recht gefordert, denn ansonsten würde man den Hauptaktionär zu dem Umweg zwingen, zunächst die Aktien der Tochter zu übernehmen, bevor er einen Squeeze-Out durchführen kann. Ab Herbst 2001 verfolgte die High Level Group of Company Law Experts unter Vorsitz von Jaap Winter die Vorschläge der SLIM-Arbeitsgruppe weiter. In ihrem ersten Bericht beleuchtete diese Kommission die Einführung eines Squeeze-Out und konsequenterweise198 die eines Sell-Outs im Zusammenhang mit dem Übernahmerecht und befürwortete eine Regelung beider Bereiche auf europäischer Ebene199. In ihrem zweiten Bericht 200, dessen Auftrag sich nicht nur auf das Thema Unternehmensübernahmen erstreckte und dem eine umfangreiche Konsultation vorausging201, ging die Winter-Kommission noch einen Schritt weiter und regte die generelle Einführung des Squeeze-Out und des Sell-Out für Publikumsgesellschaften an, ohne dass dazu vorher eine Unternehmensübernahme stattgefunden haben muss. Dabei wies die WinterKommission allerdings zu Recht202 darauf hin, dass eine Erstreckung dieser Regel auf Gesellschaften mit geschlossenem Gesellschafterkreis zuvor einer näheren Untersuchung

197 198 199

200

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Drygala AG 2001, 291, 298. S o 107. Report of the High Level Group of Company Law Experts on Issues related to Takeover Bids v 10.1.2002, S 11 f, 54 ff, http://ec.europa.eu/internal_market/ company/docs/takeoverbids/2002-01-hlgreport_en.pdf (abgerufen am 31.12.2010). Report of the High Level Group of Company Law Experts on a Modern Regulatory Framework for Company Law in Europe v 4.11.2002, S 13, 15 (Punkt IV 9), 21 (Punkt VI 9), 85 f, 109 f, http://ec.europa.eu/ internal_market/company/docs/modern/ report_en.pdf (abgerufen am 31.12.2010). Dazu etwa Drygala Stand und Entwicklung des europäischen Gesellschaftsrechts, ZEuP

201

202

Rolf Sethe

2004, 337 ff; Habersack Europäisches Gesellschaftsrecht im Wandel, NZG 2004, 1 ff; Maul Vorschläge der Expertengruppe zur Reform des EU-Gesellschaftsrechts, DB 2003, 27 ff; Merkt Der Kapitalschutz in Europa – ein rocher de bronze?, ZGR 2004, 305, 306; Noack Neue Entwicklungen im Aktienrecht und moderne Informationstechnologie 2003–2005, NZG 2004, 297 ff. Dazu Arbeitsgruppe Europäisches Gesellschaftsrecht Stellungnahme v Juni 2002, ZIP 2002, 1310 ff; Wiesner Fundgrube der globalen Reformdebatte – Zum Endbericht der „Expertengruppe über Gesellschaftsrecht und Unternehmensführung“ (sog WinterGruppe), GmbHR 2002, R 457–R 459. Zu den Argumenten s o 106.

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110

Vor § 222

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

bedarf 203. Sodann beschäftigte sich die Winter-Kommission mit der Frage, ob man an den Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsregeln festhalten sollte. Sie schlägt ein zweistufiges Vorgehen vor, bei dem man zunächst an den grundlegenden Vorgaben der Kapitalrichtlinie festhalten und diese in ihren Details reformieren sollte. Zu einem späteren Zeitpunkt soll ein alternatives Regelungsmodell entwickelt werden, bei dem auf das Mindestkapital verzichtet werde, die Aktionärsrechte aber beibehalten werden können204. Vor diesem Hintergrund schlug die Winter-Kommission drei Verbesserungen des Rechts der Kapitalherabsetzung in der Zweiten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie vor. Das Recht auf Sicherheitenbestellung solle nicht nur bei Kapitalherabsetzungen gewährt werden, sondern bei allen Umstrukturierungsmaßnahmen205. Bei einer Kapitalherabsetzung solle der Gläubiger die Beweislast dafür tragen, dass die geplante Kapitalherabsetzung schädliche Auswirkungen für ihn haben kann und ihm deshalb ein Recht auf Bestellung angemessener Sicherheiten zusteht206. Diese Beweislast stelle sicher, dass kein Gläubiger eine Kapitalherabsetzung willkürlich in die Länge ziehen oder blockieren könne207. Für den Fall eines Festhaltens am System der Kapitalaufbringung und -erhaltung müsse man weiterhin darüber nachdenken, den Gläubigern nicht nur bei einer ordentlichen, sondern auch bei einer vereinfachten Kapitalherabsetzung das Recht auf Einräumung von Sicherheiten zuzugestehen. Zwar werde bei dieser Art der Kapitalherabsetzung kein Vermögen an die Aktionäre ausgeschüttet, doch erlaube diese Maßnahme künftige Ausschüttungen in einem Ausmaß, das vor der Kapitalherabsetzung nicht möglich war208 (zur Kritik an den Vorschlägen s § 225, 8 ff). Die Ergebnisse der High Level Group flossen in den Aktionsplan der Kommission 111 über die Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance in der Europäischen Union209 ein. Der Aktionsplan differenziert zwischen kurzfristigen, mittel- und langfristigen Maßnahmen. Die Kommission begrüßt die von der SLIM-Initiative und der High Level Group unterbreiteten Vorschläge zur Änderung der Kapitalrichtlinie. Diese Vorschläge ordnet sie den kurzfristig angestrebten Maßnah-

203 204 205 206 207

208 209

Report (Fn 200) S 21 (Punkt VI 9), 110. Report (Fn 200) S 78–81. Report (Fn 200) S 15 (Punkt IV 6), 21 (Punkt VI. 8.), 84, 109. Report (Fn 200) S 15 (Punkt IV 6), 84. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass die Gläubiger oft durch die Sicherheitsleistung besser gestellt werden, so dass die Kapitalherabsetzung für sie einen windfall profit bedeutet. Kritisch zu dieser auch in der Schweiz bestehenden Problematik Böckli SJZ 2008, 333, 335. Report (Fn 200) S 15 (Punkt IV 6), 84. Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament – Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Verbesserung der Corporate Governance in der Europäischen Union – Aktionsplan v 21.5.2003, KOM(2003) 284 endgültig. Dazu etwa DAV Handelsrechtsausschuss Stellungnahme v 9.10.2003, ZIP 2003, 1909; eine erweiterte Fassung findet sich unter http://www.anwaltverein.de/

03/05/2003/51-03.pdf (abgerufen am 22.3.2007); Bundesverband der Deutschen Industrie, Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgebervereinigungen, Deutsches Aktieninstitut Stellungnahme v 9.7.2003 zu finden unter http://www.jura.uni-duesseldorf.de/ dozenten/noack/Texte/Sonstige/BDI.doc (abgerufen am 31.12.2010); Deutscher Gewerkschaftsbund Stellungnahme v 28.8.2004 zu finden unter http://www.dgb.de/themen/ themen_ a_z/abisz_doks/a/aktionsplan.pdf (abgerufen am 22.3.2007); Habersack Europäisches Gesellschaftsrecht im Wandel, NZG 2004, 1; van Hulle/Maul Aktionsplan zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts und Stärkung der Corporate Governance, ZGR 2004, 484; Maul/Eggenhofer/Lanfermann Aktionsplan der Europäischen Kommission zur Reform des Europäischen Gesellschaftsrechts, BB 2003, 1289; Wiesner Corporate Governance und kein Ende, ZIP 2003, 977.

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Vorbemerkungen

Vor § 222

men zu, die im Zeitraum von 2003 bis 2005 umgesetzt werden sollten210. Inzwischen wurden erste kurzfristige Maßnahmen in der Richtlinie 2006/68/EG211 verabschiedet. Dazu gehört eine Änderung des Art 32, der Kapitalherabsetzungen betrifft. Sell-Out und Squeeze-Out wurden auf Vorschlag des Rechtsausschusses des Parlaments ausgeklammert, um die politische Einigung über die Richtlinie zu erleichtern212. Die von der High Level Group vorgeschlagene Prüfung einer Regelungsalternative 112 zum derzeitigen Kapitalerhaltungskonzept der Zweiten Richtlinie wird dagegen zu den langfristigen Maßnahmen gezählt, die ab 2009 aufgegriffen werden sollen213. Dazu müsse nach Ansicht der Kommission zunächst geklärt werden, wie ein solches alternatives System aussehen könnte und ob es für Aktionäre und Dritte einen zuverlässigen Schutz biete214. Zu diesem Zweck hat die Kommission am 14.3.2006 eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, die seit Januar 2008 vorliegt215. Die Diskussion ist voll entbrannt und das Für und Wider eines Abschieds vom System des gesetzlichen Garantiekapitals wird derzeit umfassend diskutiert 216.

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215

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Aktionsplan (Fn 209) S 20 f, 29. Zustimmend DAV Handelsrechtsausschuss (Fn 209), S 14; ebenso Bundesverband der Deutschen Industrie, Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgebervereinigungen, Deutsches Aktieninstitut (Fn 209), S 6. Fundstelle oben 37 Fn 59. Dazu Oechsler ZHR 170 (2006) 72; Ekkenga Der Konzern 2007, 413 ff. Bericht über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 77/91/ EWG des Rates in Bezug auf die Gründung von Aktiengesellschaften und die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals (KOM(2004) 730 – C6-0169/2004 – 2004/0256 (COD)) – Rechtsausschuss – v 28.2.2006, A6-0050/ 2006. Aktionsplan (Fn 209) S 30. Ablehnend DAV Handelsrechtsausschuss (Fn 209), S 14; Bundesverband der Deutschen Industrie, Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgebervereinigungen, Deutsches Aktieninstitut (Fn 209), S 8 f; Arbeitsgruppe Europäisches Gesellschaftsrecht Stellungnahme v Juli 2003, ZIP 2003, 863, 871 f. Dazu die in Fn 213 Genannten sowie – statt vieler – die Beiträge von Merkt ZGR 2004, 305; Mülbert Zukunft der Kapitalaufbringung/Kapitalerhaltung, Der Konzern 2004, 151; Schön Die Zukunft der Kapitalaufbringung/-erhaltung, Der Konzern 2004, 162 jeweils mwN. http://ec.europa.eu/internal_market/ company/capital/index_de.htm (abgerufen am 31.12.2010).

216

Rolf Sethe

Vgl etwa Armour Share Capital and Creditor Protection: Efficient Rules for a Modern Company Law, 63 Mod. L. Rev. (2000) 355 ff; Engert Solvenzanforderungen als gesetzliche Ausschüttungssperre bei Kapitalgesellschaften, ZHR 170 (2006), 296 ff; Enriques/Macey Creditors Versus Capital Formation: The Case Against the European Legal Capital Rules, 86 Cornell L. Rev. 1165 (2001); Kübler The Rules of Capital Under Pressure of the Securities Markets, in Hopt/Wymeersch (Hrsg), Capital Markets and Company Law, 2003, 95 ff; Lutter Das (feste) Grundkapital der Aktiengesellschaft in Europa, in Lutter, Das Kapital der Aktiengsellschaft in Europa, 2006, 1 ff; Marx Der Solvenztest als Alternative zur Kapitalerhaltung in der Aktiengesellschaft, 2006; Merkt Der Kapitalschutz in Europa – ein rocher de bronze?, ZGR 2004, 305 ff; Merkt Creditor Protection and Capital Maintenance from a German Perspective, EBLR 15 (2004) 1045 ff; Mülbert Zukunft der Kapitalaufbringung/Kapitalerhaltung, Der Konzern 2004, 151; Mülbert/Birke Legal Capital – Is There a Case against the European Legal Capital Rules? EBOR 3 (2002), 695 ff; Rickford Reforming Capital, Report of the Interdisciplinary Group on Capital Maintenance, 15 EBLR (2004), 919 ff; Wymeersch Company Law in Europe and European Company Law, in Referate für den 1. Europäischen Juristentag, 2001, S 85 Rn 43. S a oben Henze/Notz Vor § 53a–75, 54 f.

§ 222

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

§ 222 Voraussetzungen (1) 1Eine Herabsetzung des Grundkapitals kann nur mit einer Mehrheit beschlossen werden, die mindestens drei Viertel des bei der Beschlußfassung vertretenen Grundkapitals umfaßt. 2Die Satzung kann eine größere Kapitalmehrheit und weitere Erfordernisse bestimmen. (2) 1Sind mehrere Gattungen von stimmberechtigten Aktien vorhanden, so bedarf der Beschluß der Hauptversammlung zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung der Aktionäre jeder Gattung. 2Über die Zustimmung haben die Aktionäre jeder Gattung einen Sonderbeschluß zu fassen. Für diesen gilt Absatz 1. (3) In dem Beschluß ist festzusetzen, zu welchem Zweck die Herabsetzung stattfindet, namentlich ob Teile des Grundkapitals zurückgezahlt werden sollen. (4) 1Die Herabsetzung des Grundkapitals erfordert bei Gesellschaften mit Nennbetragsaktien die Herabsetzung des Nennbetrags der Aktien. 2Soweit der auf die einzelne Aktie entfallende anteilige Betrag des herabgesetzten Grundkapitals den Mindestbetrag nach § 8 Abs. 2 Satz 1 oder Abs. 3 Satz 3 unterschreiten würde, erfolgt die Herabsetzung durch Zusammenlegung der Aktien. 3Der Beschluß muß die Art der Herabsetzung angeben. Übersicht Rn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . . . II. Normzweck . . . . . . . . . . . . III. Ablauf der ordentlichen Kapitalherabsetzung im Überblick . . . . . IV. Kapitalherabsetzungsbeschluss (Abs 1) . . . . . . . . . . . . . . . 1. Formelle Voraussetzungen . . . a) Satzungsänderung . . . . . . b) Zuständigkeit . . . . . . . . c) Einberufung . . . . . . . . . d) Stellungnahme und Erläuterungspflicht der Verwaltung . e) Mehrheiten und weitere Erfordernisse . . . . . . . . f) Inhalt des Beschlusses . . . . 2. Materielle Erfordernisse . . . . a) Notwendigkeit der sachlichen Rechtfertigung? . . . . . . . b) Gleichbehandlungsgrundsatz c) Zulässigkeit von Satzungsregelungen . . . . . . . . . V. Sonderbeschlüsse (Abs 2) . . . . . 1. Verschiedene stimmberechtigte Aktiengattungen . . . . . . . . 2. Vorzugsaktien . . . . . . . . . 3. Fehlende Zustimmung und Beschlussmängel . . . . . . . . 4. Zustimmung bei Sachausschüttungen . . . . . . . . . . . . . VI. Zweck der Kapitalherabsetzung (Abs 3) . . . . . . . . . . . . . . . 1. Mögliche wirtschaftliche Zwecke 2. Konkretisierung des Zwecks . .

. .

Rn

1–5 6–8 VII.

.

9

. 10–33 . 10–26 . 10 . 11 . 12–14 . 15–16 . 17–21 . 22–26 . 27–33 . 27–29 . 30 . 31–33 . 34–40 . 34–35 . 36–38 .

39

.

40

VIII. IX.

X.

. 41–45 . 41 . 42–43

XI. XII.

3. Fehlen und Unmöglichkeit der Zwecksetzung . . . . . . . . . . Durchführung der Kapitalherabsetzung (Abs 4) . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . 2. Anpassungsnotwendigkeit . . . . 3. Anpassung von Nennbetragsaktien a) Numerus clausus . . . . . . . b) Herabsetzung des Nennbetrags c) Zusammenlegung von Aktien . d) Subsidiarität der Zusammenlegung . . . . . . . . . . . . . e) Einziehung von Aktien . . . . f) Auswirkungen auf die Aktienurkunden . . . . . . . . . . . 4. Wahrung der Mindestbeträge (Abs 4 S 2) . . . . . . . . . . . . 5. Festlegung der Art der Durchführung im Kapitalherabsetzungsbeschluss . . . . . . . . . . . . . 6. Berichtigung des Satzungstextes . Mitwirkungspflichten kraft Treuepflicht . . . . . . . . . . . . . . . . Beteiligung Dritter bei der Entscheidung über Kapitalherabsetzungen . . 1. Genehmigungspflichten . . . . . . 2. Anzeigepflichten . . . . . . . . . Aufhebung oder Änderung des Beschlusses . . . . . . . . . . . . . Beschlussmängel . . . . . . . . . . . Kapitalherabsetzung während der Liquidation und der Insolvenz . . . .

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44–45 46–62 46–47 48 49–57 49 50 51 52–55 56 57 58–59

60–61 62 63 64–68 64–66 67–68 69–70 71–74 75–76

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Voraussetzungen

§ 222

Schrifttum s Vor § 222

I. Gesetzesgeschichte Vorläufer des § 222 ist § 175 AktG 19371. Dieser wurde mit einer Änderung in Abs 2, die auf den neu eingeführten § 138 zurückzuführen ist, wörtlich übernommen2. Durch Art 1 Nr 17 des Gesetzes für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts v 2.8.1994, BGBl I 19613, wurde in Abs 2 S 1 das Wort „stimmberechtigt“ eingefügt. Diese Änderung diente der Klarstellung. § 141 regelt abschließend die Beschlussgegenstände, bei denen die Vorzugsaktionäre stimmberechtigt sind. Die Vorschrift des § 141 geht damit den Regelungen über die Kapitalerhöhung und die Kapitalherabsetzung als lex specialis vor. Die damals herrschende Auffassung war daher der Ansicht, dass es zu einer Kapitalerhöhung und -herabsetzung, die die Vorzugsaktien nicht beeinträchtigen, keines Sonderbeschlusses der Vorzugsaktionäre bedurfte. Um dies auch im Wortlaut deutlich zu machen, wurde in § 182 Abs 2 S 1 und in § 222 Abs 2 S 1 jeweils das Wort „stimmberechtigt“ eingefügt 4. Anlässlich der Europäischen Währungsunion und der damit verbundenen Umstellung auf den Euro führte der Gesetzgeber die nennwertlosen Stückaktien ein5 und fasste deshalb Abs 4 neu. Eine Herabsetzung des Grundkapitals der Gesellschaft erfordert nur bei Nennbetragsaktien eine Anpassung auch der einzelnen Aktien und damit der mitgliedschaftlichen Stellung des Aktionärs. Denn die Summe der Nennbeträge der einzelnen Aktien muss der Kapitalziffer des Grundkapitals insgesamt entsprechen. Bei nennwertlosen Stückaktien wird demgegenüber von vornherein nur der Gesamtbetrag des Grundkapitals verändert. Da Stückaktien nur einen Anteil des Grundkapitals repräsentieren (vgl § 8 Abs 3 S 2), wirkt sich eine Kapitalherabsetzung nicht auf die einzelne Aktie aus. Folglich musste die Vorschrift des früheren Abs 4 Nr 1, die die Auswirkungen der Kapitalherabsetzung auf die Einzelaktie regelte, nun auf Nennbetragsaktien beschränkt werden. Diesem Zweck dient der neue Abs 4 S 16. Der zweite Regelungsgehalt des früheren Abs 4 bezog sich auf die Frage der Unterschreitung des Mindestnennbetrags der Aktien durch eine Kapitalherabsetzung. Da sowohl die Nennbetragsaktie als auch die Stückaktie einen Mindestbetrag von einem Euro aufweisen müssen (§ 8 Abs 2 S 1 und 2 sowie § 8 Abs 3 S 2 und 3), war eine Rege-

1 2 3

Zur Geschichte der Kapitalherabsetzung im Allgemeinen s Vor § 222, 72 ff. Kropff AktG 1965, S 317. Dazu Dehmer Die kleine Aktiengesellschaft, WiB 1994, 753; Hahn „Kleine AG“, eine rechtspolitische Idee zum unternehmerischen Erfolg, DB 1994, 1659; Heckschen Die „kleine AG“ und Deregulierung des Aktienrechts – Eine kritische Bestandsaufnahme, DNotZ 1995, 275; Lutter Das neue „Gesetz für kleine Aktiengesellschaften und zur Deregulierung des Aktienrechts“, AG 1994, 429; Planck Kleine AG als Rechtsform-Alternative zur GmbH, GmbHR 1994, 501; Seibert

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4 5

6

Gesetzentwurf – Kleine AG und Aktienrechtsderegulierung, ZIP 1994, 247; Trölitzsch Musterformulare für kleine Aktiengesellschaften, WiB 1994, 795 (I), 844 (II); Wiesner Zur Deregulierung des Aktienrechts, WM 1988, 1841. RegE, BT-Drucks 12/6721, S 10 (zu § 182 Abs 2), S 11 (zu § 222 Abs 2 S 1). Art 1 Nr 32 des Gesetzes über die Zulassung von Stückaktien v 25.3.1998, BGBl I 590. Zum Gesetz und zur Umstellung auf den Euro vgl die Nachweise Vor § 222, 87 Fn 177. Begründung des RegE zum StückAG, BT-Drucks 13/9573, S 18.

Rolf Sethe

1 2

3

4

§ 222

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

lung zur Unterschreitung des Mindestnennbetrags sowohl für Nennbetrags- wie für Stückaktien erforderlich. Deshalb wurde die Regelung des früheren Abs 4 Nr 2, der die Vermeidung einer Unterschreitung des Mindestnennbetrags durch eine Zusammenlegung von Aktien regelte, in Abs 4 S 2 nF übernommen und auf Stückaktien ausgedehnt7. Der frühere S 2 findet sich unverändert im heutigen S 38. 5

II. Normzweck 6

Die Vorschrift enthält die wesentlichen Voraussetzungen der ordentlichen Kapitalherabsetzung. Zunächst spricht sie die Notwendigkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses aus. Sie regelt die Mehrheitserfordernisse (Abs 1), die Zustimmungserfordernisse (Abs 2) und die Anforderungen an den Inhalt des Beschlusses (Abs 3, Abs 4 S 3). Ihr Abs 4 S 2 schreibt die Wahrung der Mindestkapitalbeträge (§ 8 Abs 2 S 1 für Nennbetragsaktien und § 8 Abs 3 S 3 für Stückaktien) vor. In Bezug auf Nennbetragsaktien legt sie fest, dass eine Herabsetzung des Nennwerts der Aktien Vorrang vor einer Zusammenlegung von Aktien hat (Abs 4 S 1 und 2). Eine ordentliche Kapitalherabsetzung ist zu jedem Zweck möglich und erlaubt damit 7 auch die Verteilung von Gesellschaftsvermögen an die Aktionäre (§ 222 Abs 3 HS 2). Die Kapitalherabsetzung kommt in einem solchen Fall einer Teilauflösung der Gesellschaft gleich. Damit besteht die Notwendigkeit eines Schutzes der Gläubiger (vgl dazu die Kommentierung des § 225) und darüber hinaus auch der Aktionäre, da deren Mitgliedschaftsrechte berührt sind. Die in § 222 enthaltenen verfahrensrechtlichen Vorgaben dienen teils dem Gläubiger- und teils dem Aktionärsschutz oder beidem; die Gesellschaft kann ohne Einhaltung dieser Regeln, die eine Ausnahme vom Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 Abs 1) darstellen9, keine Verteilung von Gesellschaftsvermögen vornehmen10. Demgegenüber bezweckt Abs 4 S 2 ausschließlich den Schutz der Mitgesellschafter vor Aushöhlung ihrer Rechtsstellung, da die Herabsetzung des Mindestnennbetrags einen schonenderen Eingriff in die mitgliedschaftliche Stellung bedeutet als die Zusammenlegung von Aktien, durch die sich nämlich auch die Beteiligungsquoten verändern können (s u 52 ff)11. Aufgrund der in § 237 Abs 2 S 1 enthaltenen Verweisung findet die Vorschrift auch 8 Anwendung auf die Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien. § 229 Abs 3 erklärt die Abs 1, 2 und 4 der Vorschrift für anwendbar auf die vereinfachte Kapitalherabsetzung.

III. Ablauf der ordentlichen Kapitalherabsetzung im Überblick 9

Die ordentliche Kapitalherabsetzung setzt folgende Schritte voraus: • Eine Kapitalherabsetzung, die eine Satzungsänderung darstellt (s Vor § 222, 32), erfordert einen Hauptversammlungsbeschluss (Abs 1). Der Beschluss muss den genauen Betrag enthalten, um den das Grundkapital herabgesetzt wird (Abs 4 S 1). Weiterhin

7 8

Begründung des RegE zum StückAG, BT-Drucks 13/9573, S 18. Begründung des RegE zum StückAG, BT-Drucks 13/9573, S 18.

9 10 11

MK/Oechsler 2 37; Hüffer 9 20; KK/Lutter 2 § 224, 16 f. Hüffer 9 1. MK/Oechsler 2 6; Hüffer 9 1.

Stand: 31.12.2010

(54)

Voraussetzungen

• •







§ 222

muss der Zweck der Kapitalherabsetzung angegeben werden (Abs 3). Schließlich muss der Beschluss die Art und Weise der Kapitalherabsetzung (Herabsetzung des Nennbetrags der Aktien oder Zusammenlegung von Aktien oder Einziehung von Aktien) enthalten (Abs 4 S 3). Sofern mehrere Aktiengattungen vorhanden sind, müssen entsprechende Sonderbeschlüsse der einzelnen Aktiengattung herbeigeführt werden (Abs 2 und § 141). Vorstand und Aufsichtsrat müssen den Beschluss zum Handelsregister anmelden (§ 223). Dabei ist insbesondere § 181 Abs 1 S 2 zu beachten, wonach eine notarielle Bescheinigung darüber einzureichen ist, dass der geänderte Wortlaut der Satzung mit dem Beschluss der Hauptversammlung übereinstimmt und die übrigen unveränderten Bestimmungen der Satzung mit der dem Register vorliegenden letzten Fassung der Satzung übereinstimmen. Der Registerrichter prüft die Zulässigkeit und Gültigkeit des Beschlusses. Wie § 224 zeigt, kommt der Eintragung ins Handelsregister konstitutive Wirkung zu, denn erst mit seiner Eintragung wird der Beschluss wirksam. Das Registergericht muss den Beschluss bekannt machen und dabei die Gläubiger auf das Recht, Sicherheitsleistung zu verlangen, aufmerksam machen (§ 225 Abs 1 S 2). Mit der Bekanntmachung beginnt die Sperrfrist des § 225 Abs 2 S 1 zu laufen. Sodann erfolgt die Durchführung der Kapitalherabsetzung. Bei einer Reduzierung des Nennwerts erfolgt eine Berichtigung der Aktien und ggf eine Kraftloserklärung nach § 73. Sofern es sich um eine Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien handelt, erfolgt diese nach dem in § 226 vorgesehenen Verfahren (§ 226). Ist die Kapitalherabsetzung durchgeführt, meldet der Vorstand die Durchführung zum Handelsregister an (§ 227). Die Eintragung hat lediglich deklaratorische Bedeutung. Die Anmeldung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses (§ 223) und die seiner Durchführung (§ 227 Abs 1) können miteinander verbunden werden (§ 227 Abs 2). Dies wird sich regelmäßig dann anbieten, wenn kein Verfahren der Kraftloserklärung nach §§ 73, 226 erforderlich ist. In der Bilanz ist der Herabsetzungsbetrag vom gezeichneten Kapital (§ 266 Abs 3 A I HGB) abzuziehen. Die Kapitalherabsetzung führt zu einem Buchertrag; er ist in der Gewinn- und Verlustrechnung gesondert als Ertrag aus der Kapitalherabsetzung auszuweisen (§ 240 S 1). Im Anhang ist zu erläutern, ob und in welcher Höhe die aus der Kapitalherabsetzung und aus der Auflösung von Gewinnrücklagen gewonnenen Beträge zum Ausgleich von Wertminderungen, zur Deckung von sonstigen Verlusten oder zur Einstellung in die Kapitalrücklage verwandt wurden (§ 240 S 3).

IV. Kapitalherabsetzungsbeschluss (Abs 1) 1. Formelle Voraussetzungen a) Satzungsänderung. Der Beschluss über eine Kapitalherabsetzung stellt eine Sat- 10 zungsänderung dar. Es sind damit die Regelungen über Satzungsänderungen anzuwenden (Einzelheiten Vor § 222, 32 ff). Der Beschluss über die Herabsetzung des Grundkapitals ändert die in der Satzung enthaltene Festsetzung der Grundkapitalziffer; einer gesonderten Satzungsänderung bedarf es nur, wenn durch die Kapitalherabsetzung andere Bestimmungen der Satzung unrichtig geworden sind (s Vor § 222, 34 f). b) Zuständigkeit. Zuständig für den Beschluss über die Kapitalherabsetzung ist die 11 Hauptversammlung (§§ 119 Abs 1 Nr 6, 222 Abs 1). Dies entspricht Art 30 der Kapitalrichtlinie (s Vor § 222, 93). Der Beschluss kann in einer ordentlichen oder einer außer-

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Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

ordentlichen Hauptversammlung gefasst werden, denn eine Kapitalherabsetzung kann selbstverständlich auch unterjährig vorgenommen werden. Da der Beschluss zugleich eine Satzungsänderung darstellt (s Vor § 222, 32 ff), handelt es sich um eine ausschließliche Zuständigkeit; der Vorstand kann daher nicht zur Vornahme einer Kapitalherabsetzung ermächtigt werden (s a 23)12. Auch sonstige Personen haben kein Mitspracherecht, auch wenn sich eine Kapitalherabsetzung auf ihre Rechtsstellung auswirkt, wie etwa bei Inhabern von eigenkapitalähnlichen Genussrechten (zu Einzelheiten s Vor § 222, 44 f, § 224, 17 ff)13.

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c) Einberufung. Die Einberufung der Hauptversammlung richtet sich nach den Regeln der §§ 121 ff. Es gilt damit die Einberufungsfrist des § 123. Gemäß § 124 Abs 2 S 2 ist in der Einladung der genaue Wortlaut der vorgeschlagenen Satzungsänderung und damit die genaue Höhe der Herabsetzung des Grundkapitals bekannt zu machen14. Da der Beschluss sowohl die Angabe des Zwecks (Abs 3) als auch die Art der Kapitalherabsetzung festsetzen muss (Abs 4 S 3), sind diese ebenfalls in der Einladung bekannt zu geben15. Dies entspricht Art 30 S 3 der Kapitalrichtlinie (s Vor § 222, 93). Die Bekanntmachung der vorgeschlagenen Satzungsänderung in der Einladung bindet die Hauptversammlung nicht inhaltlich; sie kann daher beispielsweise auch auf Gegenantrag eine andere Höhe der Kapitalherabsetzung beschließen16. Der Betrag, um den die einzelnen Aktien herabgesetzt werden sollen und das Verhält13 nis der Zusammenlegung von Aktien können, müssen aber nicht in der Einladung enthalten sein17. Abs 4 S 3 verlangt nur, dass der Beschluss der Hauptversammlung die Art der Herabsetzung angibt, nicht aber die Einzelheiten der Durchführung. Auf den ersten Blick erstaunt diese eng am Wortlaut orientierte Auslegung, denn man könnte unter Hinweis auf den bezweckten Schutz der Aktionäre auch für eine weite Auslegung plädieren. Die Herabsetzung des Nennwerts der einzelnen Aktien und das Zusammenlegungsverhältnis lassen sich aus den Angaben über die Herabsetzung des Grundkapitals errechnen. Es besteht im Schrifttum Einigkeit, dass die Hauptversammlung darüber hinausgehende Einzelheiten der Durchführung einer Kapitalherabsetzung der Verwaltung überlassen kann18. Wenn die Art der Durchführung somit nicht notwendiger Inhalt des Beschlusses ist, muss sie auch nicht in der Einladung konkretisiert werden. Hiervon muss man jedoch für den Fall eine Ausnahme machen, dass die Hauptversammlung Einzelheiten der Durchführung festlegen will19. Börsennotierte Gesellschaften müssen die Vorgaben der §§ 15, § 30c WpHG beachten 14 (s Vor § 222, 48 f, 54, 58).

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d) Stellungnahme und Erläuterungspflicht der Verwaltung. Vorstand und Aufsichtsrat müssen zu der geplanten Kapitalherabsetzung in der Einladung Stellung nehmen und damit deren Notwendigkeit erläutern (§ 124 Abs 3). Dazu können sie eine Zwischenbilanz vorlegen, müssen dies aber nicht20.

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KGJ 14 A 19; KK/Lutter 2 3; Hüffer 9 8, 12; MK/Oechsler 2 12; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 20; Schilling Voraufl 8. MK/Oechsler 2 17, § 229, 10. Hüffer 9 8; KK/Lutter 2 4; MK/Oechsler 2 13. Hüffer 9 8; MK/Oechsler 2 13. LG München I, Urt v 29.11.2007, 5 HK O 16391/07, ZIP 2008, 562 (Leitsatz) = BeckRS 2008 02051 (Volltext).

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OLG Hamburg HRR 1928 Nr 1214; Baumbach/Hueck13 2; Ritter 2 § 175, 5c; KK/Lutter 2 4; aA Godin/Wilhelmi 4 4. Hüffer 9 13; KK/Lutter 2 21; MK/Oechsler 2 19. KK/Lutter 2 4; Hüffer 9 8; aA OLG Hamburg HRR 1928 Nr 1214. Schilling Voraufl 7.

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Voraussetzungen

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In der Hauptversammlung muss der Vorstand die Aktionäre ausreichend über den 16 Vermögensstand der Gesellschaft informieren, damit diese auf solider Informationsbasis über die Kapitalherabsetzung entscheiden können21. Auch hierzu ist die Vorlage einer Zwischenbilanz hilfreich. e) Mehrheiten und weitere Erfordernisse. Der Kapitalherabsetzungsbeschluss erfor- 17 dert die einfache Stimmenmehrheit (relative Mehrheit) nach § 133 und die Kapitalmehrheit von drei Vierteln des bei der Abstimmung vertretenen Grundkapitals nach § 222 Abs 1 S 122. Bei der Regelung des Abs 1 S 1, die nur die notwendige Kapitalmehrheit regelt, handelt es sich also um ein „weiteres Erfordernis“ iSd § 133 Abs 1 HS 223. Die einfache Stimmenmehrheit berechnet sich wie folgt: Gemäß § 134 Abs 1 S 1 wird das Stimmrecht nach Aktiennennbeträgen, bei Stückaktien nach deren Zahl ausgeübt. Gezählt werden nur die gültig abgegebenen Stimmen24. Eine einfache Mehrheit liegt dann vor, wenn die Zahl der Ja-Stimmen die der Nein-Stimmen um mindestens eine übertrifft. Bei Stimmengleichheit ist der Antrag abgelehnt25. Enthaltungen werden nicht mitgezählt26 und werden insbesondere nicht den Nein-Stimmen zugeschlagen27. Stimmen, die aus gesetzlichen Gründen (vgl §§ 20 Abs 7 S 1, 21 Abs 4 S 1, 71b, 140 Abs 1, 328 Abs 1 AktG, § 28 S 1 WpHG) bei der Beschlussfassung nicht mitzählen, bleiben außer Betracht28. Darüber hinaus erfordert der Kapitalherabsetzungsbeschluss eine Mehrheit von min- 18 destens drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals (zur Ausnahme des § 237 Abs 4 S 2 s § 237, 112). Mit dieser § 179 Abs 2 S 1 entsprechenden Regelung trägt das Gesetz dem satzungsändernden Charakter des Beschlusses Rechnung. Die Art 30, 40 Abs 1 der Kapitalrichtlinie (s Vor § 222, 93 und 103) erfordern nur eine Mehrheit von zwei Dritteln der bei der Beschlussfassung vertretenen Stimmen oder des vertretenen gezeichneten Kapitals, so dass das deutsche Recht hier strengere Anforderungen aufstellt. Bei der Berechnung der notwendigen Kapitalmehrheit kommt es auf das bei der konkreten Abstimmung mit Ja oder Nein stimmende Kapital an. Stimmenthaltungen werden ebenso wenig mitgezählt wie Kapital, das aus gesetzlichen (zB §§ 20 Abs 7 S 1, 140 Abs 1 AktG, § 28 S 1 WpHG) oder freiwilligen Gründen an der Beschlussfassung nicht mitwirkt29. Abzuziehen ist auch das Kapital von stimmrechtslosen Vorzugsaktien (wenn das Stimmrecht nicht wieder aufgelebt ist)30. Regelmäßig wird eine Abstimmung, bei der drei Viertel des Grundkapitals zustim- 19 men, auch das Erfordernis der einfachen Mehrheit erfüllen. Bedeutung erlangt das doppelte Mehrheitserfordernis nur dann, wenn die Mehrheiten ausnahmsweise unterschiedlich berechnet werden. Dies ist bei nicht voll eingezahlten Aktien (vgl § 134 Abs 2) der Fall. Möglich ist ein Auseinanderfallen auch bei Höchststimmrechten (§ 134 Abs 1 S 2)31,

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Schilling Voraufl 7. Auf die Ausnahmeregelung des § 4 Abs 2 S 1 EGAktG ist heute mangels Praxisrelevanz nicht mehr einzugehen. Hüffer 9 9, § 133, 13 f; MK/Oechsler 2 14; im Ergebnis auch KK/Lutter 2 4, der dies allerdings aus einem Umkehrschluss aus Art 5 Abs 2 EGAktG herleiten will, einer Norm, die die Abschaffung von Mehrstimmrechtsaktien regelt und die wegen ihres Ausnahmecharakters daher kaum verallgemeinerungsfähig sein dürfte.

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RGZ 106, 258, 263. Hüffer 9 § 133, 12. RGZ 20, 140, 144; 82, 386, 388; BGHZ 129, 136, 153 = NJW 1995, 1739, 1743 „Girmes“; Hüffer 9 § 133, 12. BGHZ 83, 35, 36 f = NJW 1982, 1585. Hüffer 9 § 133, 17. Hüffer 9 9, § 179, 14. KK/Lutter 2 5, § 182, 8 Ebenso KK/Zöllner 2 § 179, 152.

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Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

denn bei der Berechnung der Kapitalmehrheit bleibt die Beschränkung der Stimmkraft durch das Höchststimmrecht außer Betracht (§ 134 Abs 1 S 6), so dass sich das Höchststimmrecht nur bei der Berechnung der einfachen Mehrheit auswirkt. Schließlich kann bei Mehrstimmrechtsaktien, die nach § 5 Abs 1 EGAktG fortgelten, eine unterschiedliche Berechnung der beiden erforderlichen Mehrheiten vorkommen. Die Satzung kann sowohl hinsichtlich des Erfordernisses der einfachen Mehrheit als 20 auch hinsichtlich der Kapitalmehrheit von drei Vierteln abweichende Regelungen treffen (s a Vor § 222, 33). Allerdings ist Abs 1 S 1 halb zwingend, so dass die Kapitalmehrheit nur erhöht, nicht aber herabgesetzt werden kann (Abs 1 S 2). Die Satzung kann als „weitere Erfordernisse“ iSd § 133 Abs 1 HS 2 beispielsweise ein Mindestquorum auf der Hauptversammlung, die Zustimmung einer zweiten Hauptversammlung oder die Zustimmung bestimmter Aktionäre vorsehen32. Umstritten ist, ob die Satzung anstelle der relativen Mehrheit oder anstelle der Kapitalmehrheit Einstimmigkeit bzw Zustimmung von 100 % des Kapitals vorsehen kann33. Eine solche Regelung erweist sich dann als problematisch, wenn die Gesellschaft eine Vielzahl an Aktionären aufweist und es daher faktisch nie zu einer Einstimmigkeit kommen wird. In diesem Fall wirkt sich das Einstimmigkeitserfordernis als ein Verbot der Satzungsänderung aus. Eine Satzungsbestimmung, die die Satzung für unabänderlich erklärt, verstößt nach allgemeiner Ansicht gegen die § 23 Abs 5, 179 Abs 234. Man wird daher in Bezug auf die Wirksamkeit des Einstimmigkeitsprinzips nach Gesellschaftstypen differenzieren müssen. Handelt es sich um eine Gesellschaft, deren Aktien sich in Streubesitz befinden, bewirkt das Einstimmigkeitserfordernis in jedem Fall einen faktischen Ausschluss der Satzungsänderung und damit der Kapitalherabsetzung. Eine solche Klausel verstößt gegen die §§ 23 Abs 5, 179 Abs 2 und wäre damit nichtig35. Sie kann jedoch gemäß § 140 BGB dahingehend umgedeutet werden, dass Einstimmigkeit der erschienenen Aktionäre erforderlich ist36. Handelt es sich dagegen um eine Aktiengesellschaft mit sehr kleinem Aktionärskreis (zB eine Familienaktiengesellschaft), ist eine Satzungsbestimmung mit Einstimmigkeitserfordernis aller vorhandenen Aktionäre zulässig37. In der Praxis bereitet diese Unterscheidung allerdings dann Schwierigkeiten, wenn eine Gesellschaft im Laufe der Zeit ihren Charakter von einer unternehmerisch geprägten Gesellschaft mit kleinem Aktionärskreis hin zu einer Publikumsgesellschaft wandelt. Achten die Gesellschafter hier nicht auf eine Anpassung des Satzungsinhalts an die geänderten tatsächlichen Verhältnisse, kann es im Einzelfall durchaus vorkommen, dass eine ursprünglich einmal wirksame Satzungsbestimmung durch den erfolgten tatsächlichen Wandel im Aktionärskreis nichtig wird. Die Regelung über die Beschlusserfordernisse gelten auch für die SE38. Zwar erfordert 21 eine Satzungsänderung bei der SE nach Art 59 Abs 1 SE-VO nur eine Zweidrittelmehr32 33 34

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So auch KK/Lutter 2 11; MK/Oechsler 2 18. Für die Zulässigkeit einer solchen Regelung Wiedemann § 179, 121. S Wiedemann § 179, 3 sowie Godin/Wilhelmi 4 § 179, 1; Hüffer 9 § 179, 3; KK/Zöllner 2 § 179, 2; MK/Oechsler 2 15; Schilling Voraufl 4. Hüffer 9 10, § 179, 3, 20; aA Wiedemann § 179, 121; KK/Zöllner 2 § 179, 156 („Einstimmigkeit ist möglich, aber unzweckmäßig“). Hüffer 9 § 179, 3, 20. Ähnlich MK/Oechsler 2 15, der aber auch für diesen Fall auf die kon-

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krete Zusammensetzung des Aktionärskreises abstellen will und danach fragt, ob eine einstimmige Entscheidung überhaupt realistisch ist. MK/Oechsler 2 15; K Schmidt/Lutter/Veil 2 16. Bei strengeren Satzungsanforderungen plädiert auch Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 21, für eine Differenzierung nach dem Zuschnitt der Gesellschaft. Mayer in Manz/Mayer/Schröder Europäische Aktiengesellschaft2, Art 59 SE-VO, 18 f; MK/Oechsler 2 Art 5 SE-VO, 29.

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Voraussetzungen

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heit. Die Regelung steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass das anwendbare nationale Recht im Sitzstaat der SE keine größere Mehrheit vorsieht, was bei § 222 der Fall ist. Eine spezialgesetzliche Regelung für Finanzunternehmen, die staatliche Stützungsmaßnahmen in Anspruch genommen haben, findet sich in § 7 Abs 6 FMStBG (s Vor § 222, 46). f) Inhalt des Beschlusses. Der Beschluss muss die Höhe der Kapitalherabsetzung 22 angeben, also den neuen Wortlaut der Satzungsbestimmung, die die Höhe des Grundkapitals enthält. Notwendig ist eine genaue Bezifferung. Zwei Wege bieten sich an, nämlich entweder ein Beschluss, in dem der Herabsetzungsbetrag enthalten ist (zB „Das in § X der Satzung festgesetzte Grundkapital wird um 5 Mio € herabgesetzt“), oder in dem die alte und die neue Grundkapitalziffer genannt wird (zB „Das in § X der Satzung festgesetzte Grundkapital wird von 10 Mio € auf 5 Mio € herabgesetzt“). Zweckmäßig ist es, beide Wege zu kombinieren; dies gilt vor allem dann, wenn die Grundkapitalziffer – etwa aufgrund der Umstellung auf den Euro (vgl §§ 3, 4 EGAktG) – selbst keine glatte Zahl ist (zB „Das in § X der Satzung festgesetzte Grundkapital wird von 5.112.918,81 € um 3.112.918,81 € auf 2.000.000,00 € herabgesetzt“). Untergrenze einer Kapitalherabsetzung ist das gesetzliche Mindestkapital (§ 7). Sofern nicht die Voraussetzungen des § 228 vorliegen, ist eine Herabsetzung unter das Mindestgrundkapital nach § 241 Nr 3 nichtig39. Die Hauptversammlung darf die Höhe des Kapitalherabsetzungsbetrags nicht in das 23 Ermessen des Vorstands stellen, da sie ausschließlich zuständig ist (s o 11)40. Ein solcher Beschluss wäre nach § 241 Nr 3 nichtig41. Zulässig ist es, wenn die Hauptversammlung einen Beschluss fasst, nach dem der genaue Betrag der Kapitalherabsetzung bestimmbar ist, und der die Kriterien und den Zeitraum seiner Bestimmung genau festlegt42. So kann beispielsweise die Hauptversammlung einen Beschluss fassen, der einen Höchstbetrag festlegt und dem Vorstand konkrete Vorgaben zur genauen Berechnung des Betrags macht und einen Zeitpunkt bestimmt, zu dem der Betrag feststehen muss (zB „Das Grundkapital wird um maximal 5 Mio € herabgesetzt; die genaue Höhe des Herabsetzungsbetrags bestimmt sich nach der Höhe der Unterbilanz, die innerhalb von 4 Wochen nach der Hauptversammlung aufzustellen ist“). In diesem Fall bedarf es einer Anpassung des Satzungstextes an den tatsächlichen Herabsetzungsbetrag (s Vor § 222, 34 f). Zur Frage der Anmeldung und Eintragung des Beschlusses s § 223, 13, 18. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass die im Beschluss der Hauptversammlung ent- 24 haltenen Vorgaben für die Bestimmung des Kapitalherabsetzungsbetrags nicht vorliegen (zB es wird keine Unterbilanz festgestellt) oder wider Erwarten nicht eintreten, entfällt die Kapitalherabsetzung ganz43. Wurde beispielsweise ein bedingter Kapitalherabsetzungsbeschluss mit dem Inhalt gefasst „Das Grundkapital wird um den Betrag X herabgesetzt, es sei denn, die Aktionäre leisten freiwillig Zuzahlungen“ (s Vor § 222, 13), so kann die Kapitalherabsetzung insoweit entfallen, als der zur Sanierung notwendige

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MK/Oechsler 2 21, 30; KK/Lutter 2 34; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 30. RGZ 80, 81, 83 f; KGJ 16 Nr A 14, 22; Hüffer 9 12; KK/Lutter 2 13; MK/Oechsler 2 20; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 25; Ulmer/ Habersack/Winter/Casper § 58, 27. RGZ 26, 132, 134; Hüffer 9 12; KK/Lutter 2 13; MK/Oechsler 2 20; Schilling Voraufl 8;

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Ulmer/Habersack/Winter/Casper § 58, 27. ROHG 19, 335; KGJ 16 Nr A 14, 22; Hüffer 9 12; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 25; KK/Lutter 2 14 mwN; Schilling Voraufl 8. RGZ 80, 81, 86; KGJ 16 A 14, 22; KK/Lutter 2 15.

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Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Betrag durch die Aktionäre aufgebracht wird. Die notwendige Berichtigung des Satzungstextes kann dem Aufsichtsrat übertragen werden (zu Einzelheiten s § 179 Abs 1 S 2 und Vor § 222, 34 f). Zur Anmeldung und Eintragung eines solchen Beschlusses s § 223, 13, 18. Gemäß Abs 3 muss die Hauptversammlung in dem Kapitalherabsetzungsbeschluss 25 den Zweck der Kapitalherabsetzung angeben (dazu u 41 ff). Abs 4 S 3 verlangt weiterhin die Angabe der Art der Herabsetzung (dazu u 60). Neben diesen Pflichtangaben kann der Beschluss fakultative Angaben enthalten (s u 26 61). So kann er Einzelheiten der Durchführung der Kapitalherabsetzung festlegen und damit das dem Vorstand bei der Umsetzung des Beschlusses an sich zustehende Ermessen44 einschränken45. 2. Materielle Erfordernisse

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a) Notwendigkeit der sachlichen Rechtfertigung? Im Anschluss an die Rechtsprechung des BGH, wonach ein Bezugsrechtsausschluss einer sachlichen Rechtfertigung bedarf46, wird auch in Bezug auf die Kapitalherabsetzung die Ansicht vertreten, diese bedürfe einer sachlichen Rechtfertigung, da sie eine Teilliquidation und damit einen schweren Eingriff in das Mitgliedschaftsrecht darstelle47. Geteilt wird dieser Standpunkt naturgemäß auch von denjenigen, die eine sachliche Rechtfertigung für jede Mehrheitsentscheidung verlangen48. Zum Teil wird nach der Art der Kapitalherabsetzung differenziert. Werde lediglich der Nennbetrag der Aktien herabgesetzt, bleibe die Beteiligungsquote des Aktionärs unverändert, weshalb der Beschluss keiner sachlichen Rechtfertigung bedürfe. Gleiches gelte für den Fall, dass die durch die Kapitalherabsetzung frei werdenden Mittel an die Aktionäre ausgeschüttet würden. Komme es dagegen zu einer Zusammenlegung von Aktien, verändere sich die Beteiligungsquote, weshalb eine materielle Beschlusskontrolle notwendig sei49.

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RGZ 80, 81, 84; Hüffer 9 13; KK/Lutter 2 21; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 28. Hüffer 9 13 mwN. BGHZ 71, 40, 46 = NJW 1978, 1316, 1317 „Kali + Salz“; BGHZ 83, 319, 321 = NJW 1982, 2444 „Holzmann“; BGHZ 120, 141, 145 f = NJW 1993, 400, 402 „Bankverein Bremen AG“; BGHZ 125, 239, 241 = NJW 1994, 1410 „Deutsche Bank“; dazu MünchHdBAG-Krieger 3 § 56, 75 ff; Hüffer 9 § 186, 25 ff mwN. OLG Dresden ZIP 1996, 1780, 1782 ff „Sachsenmilch“; LG Dresden ZIP 1995, 1596, 1599 ff „Sachsenmilch“; LG Dresden AG 1996, 36; AG Dresden AG 1995, 192; LG Hannover AG 1995, 285, 286 f „Brauhaus Wülfel“ mit Anm Trapp WuB II A § 222 AktG 1.96. Wiedemann Rechtsethische Maßstäbe im Unternehmens- und Gesellschaftsrecht, ZGR 1980, 147, 157; ders Anm zu BGH JZ 1989,

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443, JZ 1989, 447, 448 f; Martens Der Ausschluß des Bezugsrechts: BGHZ 33, S 175, FS Fischer, 1979, 437, 443 ff; ders Die GmbH und der Minderheitsschutz, GmbHR 1984, 265, 269 f; grundlegend aA Mülbert Aktiengesellschaft, Unternehmensgruppe und Kapitalmarkt, 1995, 303 ff; nach Einzelfällen differenzierend dagegen BGHZ 103, 184, 189 ff = NJW 1988, 1579, 1580 „Linotype“; Lutter Die Treupflicht des Aktionärs, ZHR 153 (1989) 446, 449 ff; ders Zur inhaltlichen Begründung von Mehrheitsentscheidungen, ZGR 1981, 171 ff; Timm Zur Sachkontrolle von Mehrheitsentscheidungen im Kapitalgesellschaftsrecht, ZGR 1987, 403 ff; MK/Hüffer 2 § 243, 47 ff, 63. Grunewald Ausschluss, S 295 ff; KK/Lutter 2 44 ff; KK/Zöllner1 Einl 55; s a Zöllner Die Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht bei den privatrechtlichen Personenverbänden, 1963, S 350 ff.

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Voraussetzungen

§ 222

Der BGH und die mittlerweile herrschende Ansicht im Schrifttum lehnen das Erfor- 28 dernis einer sachlichen Rechtfertigung dagegen ab50. Die bloße Herabsetzung des Nennbetrags ändere an den Beteiligungsverhältnissen nichts und stelle daher keinen Eingriff in die Mitgliedschaft dar51. Anders sei dies im Falle der Zusammenlegung von Aktien, da hier der Verlust von Spitzen drohe. Da die Zusammenlegung jedoch nach Abs 4 S 2 subsidiär sei, habe bereits der Gesetzgeber den Aktionär ausreichend geschützt52. Da das Gesetz die ordentliche Kapitalherabsetzung zu jedem wirtschaftlichen Zweck erlaube und sie sogar für den Fall gestatte, dass das frei werdende Kapital an die Aktionäre ausgeschüttet wird, gehe der Gesetzgeber ganz offensichtlich von einem sehr weiten unternehmerischen Ermessen aus. Mit einem solchen Verständnis vertrage sich die Notwendigkeit einer materiellen Beschlusskontrolle gerade nicht53. Diese Überlegungen überzeugen nur bedingt. Zu Recht wird betont, dass der Aktionär keinen Nachteil erleidet, wenn die Kapital- 29 herabsetzung durch Nennbetragsherabsetzung oder durch Zusammenlegung von Aktien erfolgt, wenn Letztere mit einer Kapitalerhöhung ohne Bezugsrechtsausschluss einhergeht, so dass er die ihm fehlenden Anteile hinzuerwerben kann. Der BGH hat offen gelassen, ob eine vereinfachte Kapitalherabsetzung, bei der nicht alle Schulden getilgt werden, einer sachlichen Rechtfertigung bedarf, wenn nicht zugleich eine Kapitalerhöhung stattfindet (s dazu § 229, 55)54. Diese Zweifel sind auch bei einer ordentlichen Kapitalherabsetzung für den Fall angebracht, dass Kleinaktionäre aufgrund der konkreten Aktienverteilung ihre Aktienteilrechte nicht durch Zukauf von Spitzen zu einem neuen Vollrecht ergänzen können; sie werden faktisch aus der Gesellschaft gedrängt. Eine bloße Missbrauchskontrolle erweist sich nicht als ausreichend55. Die Gesellschaft muss in einem solchen Fall vielmehr sachlich begründen, warum sie die ordentliche Kapitalherabsetzung nicht mit einer Kapitalerhöhung verbindet. Im Übrigen ist der Kleinaktionär auch nicht schutzlos einem Großaktionär ausgeliefert. Denn wird die Kapitalherabsetzung missbraucht, um sich Sondervorteile zu verschaffen, kann der Beschluss nach § 243 Abs 2 angefochten werden56. 50

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BGHZ 138, 71, 76 f = NJW 1998, 2054, 2055 f „Sachsenmilch“ mit zust Anm Hüffer WuB II A § 229 AktG 1.98; ebenso OLG Schleswig AG 2004, 155, 156 f; Heine/Lechner AG 2005, 269, 275; Hüffer 9 14, § 243, 28 aE; K Schmidt/Lutter/Veil 2 18 f; MK/Oechsler 2 24 f, 45; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 15; Hefermehl in Geßler/ Hefermehl 11; Dissars MünchAnwaltsHdBAktienR, § 36, 8; Weiss BB 2005, 2697, 2700; Wirth DB 1996, 867, 870 ff. S a BGHZ 142, 167, 169 = NJW 1999, 3197 „Hilgers“ mit Anm Hirte WuB II A § 229 AktG 1.00; Henze Treupflichten der Gesellschafter im Kapitalgesellschaftsrecht, ZHR 162 (1998) 186, 194 f. Natterer AG 2001, 629, 632 ff bejaht das Erfordernis einer sachlichen Rechtfertigung, „wenn und soweit die Mitgliedschaft verletzt wird“. BGHZ 138, 71, 75 f = NJW 1998, 2054, 2055 „Sachsenmilch“; Hüffer 9 14. BGHZ 138, 71, 76 f = NJW 1998, 2054,

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2055 „Sachsenmilch“; Becker in Bürgers/ Körber 15; Heidel/Terbrack3 29; Hüffer 9 14; MK/Oechsler 2 24, 45. Vgl auch die zust Anm von Hüffer WuB II A § 229 AktG 1.98; Dreher EWiR 1999, 49, 50; Mennicke NZG 1998, 549, 550. So auch MK/Oechsler 2 25. Dies bejahen Geißler NZG 2000, 719, 724; Hüffer 9 14; Krieger ZGR 2000, 885, 896; Natterer AG 2001, 629, 633 ff; SpindlerStilz/Marsch-Barner 2 27; Thümmel BB 1998, 911, 912; Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG2, § 47, 12; krit Wirth DB 1996, 867, 871 f, der den Weg über die §§ 53a, 243 Abs 2 bevorzugt. MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 15; ders ZGR 2000, 885, 895; Natterer AG 2001, 629, 633 ff; aA aber K Schmidt/Lutter/Veil 2 19 aE; Wirth DB 1996, 867, 872. Hierauf weist zu Recht MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 15 hin.

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Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

b) Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Beschluss ist am Grundsatz der Gleichbehandlung (§ 53a) zu messen. Bereits die Kapitalrichtlinie57 verweist in ihrem Erwägungsgrund Nr 5 und in ihrem Art 42 darauf, dass die Aktionäre bei der Kapitalherabsetzung gleich zu behandeln sind. Daher ist die Herabsetzung des Nennbetrags oder die Zusammenlegung von Aktien für alle Aktionäre gleichmäßig vorzunehmen58. Soll zulasten einzelner Aktionäre hiervon abgewichen werden, bedarf es deren Zustimmung59. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz kann im Wege der Anfechtungsklage geltend gemacht werden60 (zur Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes bei der Ausschüttung von Sachwerten s § 225, 77).

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c) Zulässigkeit von Satzungsregelungen. Streitig ist, ob die Satzung Regelungen enthalten darf, wonach im Falle einer Kapitalherabsetzung einzelne Aktionärsgruppen verschont werden oder umgekehrt vorrangig herangezogen werden können (zB Verschonung von Vorzugsaktien oder vorrangige Heranziehung der Aktien aus der letzten Kapitalerhöhung). Zum Teil werden solche Klauseln als Verstoß gegen § 53a eingeordnet 61. Dabei wird jedoch übersehen, dass gerade die Satzungsbestimmung einen sachlichen Grund für eine Differenzierung darstellen kann und eine unzulässige Ungleichbehandlung damit fehlt. Im Kern geht es also um die Frage, ob ein Verstoß gegen § 23 Abs 5 vorliegt. Wenn schon § 237 ausdrücklich Satzungsbestimmungen für zulässig erklärt, nach denen einzelne Aktionäre ihr Mitgliedschaftsrecht völlig einbüßen können, wird man Bestimmungen, die lediglich zu einer Einschränkung der Mitgliedschaft führen, erst recht 62 für zulässig halten müssen. Dies setzt aber voraus, dass die Einschränkung in der ursprünglichen Satzung enthalten war oder vor Emission der betroffenen Aktien in die Satzung aufgenommen wurde oder alle betroffenen Aktionäre der nachträglichen Aufnahme in die Satzung zugestimmt haben63. Die betroffenen Aktionäre haben ihre Mitgliedschaft dann von vornherein mit dieser Belastung erworben bzw der Belastung zugestimmt. Fehlt es an diesen Voraussetzungen, ist eine solche Satzungsbestimmung unzulässig. Da allerdings die Ausübung der Satzungsbestimmung zu einem schwerwiegenden Ein32 griff in die Mitgliedschaft führt, muss sie den gleichen Beschränkungen unterliegen, die für § 237 Abs 1 gelten: Enthält bereits die Satzung eine Regelung darüber, unter welchen Voraussetzungen welche Aktionärsgruppe vorrangig zur Kapitalherabsetzung herangezogen werden kann (angeordnete Benachteiligung), bedarf es keiner materiellen Beschlusskontrolle64. Gestattet dagegen die Satzung nur die Benachteiligung einer oder mehrerer Aktionärsgruppen, ohne die genauen Voraussetzungen im Detail zu regeln, muss eine

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Richtlinie 77/91/EWG, Fundstelle s Vor § 222, 37 Fn 59. KK/Lutter 2 43; Hüffer 9 15; MK/Oechsler 2 26; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 17. Hüffer 9 15; MK/Oechsler 2 26; MünchHdBAG-Krieger3 § 60, 17. RGZ 113, 152, 155 f; 118, 67, 72 f; Schilling Voraufl 19; KK/Lutter 2 43; MünchHdBAGKrieger 3 § 60, 30; Hüffer 9 17 aE; MK/Hüffer 2 § 243, 67 f mwN. Hüffer 9 15; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 29; K Schmidt/Lutter/Veil 2 21; vorsichtiger dagegen MK/Oechsler 2 26.

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Anders offenbar der Ansatz von MK/Oechsler 2 26, der einen Umkehrschluss ziehen will („sieht das Gesetz allein die Zwangseinziehung vor“), der aber nicht begründet, warum gerade mildere Formen als die Einziehung der Mitgliedschaft strengeren Regelungen unterstehen sollen als die Einziehung selbst. So im Ergebnis auch Schilling Voraufl 19. Jeweils zu § 237 Hüffer 9 § 237, 11; MünchHdBAG-Krieger 3 § 62, 9, 11.

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Voraussetzungen

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materielle Beschlusskontrolle stattfinden. Die Kapitalherabsetzung unter Benachteiligung der betroffenen Aktionäre muss also angemessen und erforderlich sein65. Eine Satzungsbestimmung über eine Auslosung von Aktien, deren Nennwert herabge- 33 setzt oder die zusammengelegt werden sollen, stellt keinen Verstoß gegen § 53a dar, denn sie kann jeden Aktionär treffen66. Da eine derartige Satzungsbestimmung allerdings einzelnen Aktionären besondere Lasten aufbürdet, ist ihre Zulässigkeit umstritten67. Vor dem Hintergrund der soeben erläuterten Zulässigkeit von belastenden Satzungsbestimmungen (s o 32) kann sie ebenfalls nur unter den genannten engen Voraussetzungen zulässig sein: Eine solche Regelung muss in der ursprünglichen Satzung enthalten sein. Wird sie später eingefügt, muss dies vor der Emission der nun betroffenen Aktien erfolgt sein oder alle betroffenen Aktionäre müssen der Satzungsänderung zugestimmt haben. Fehlt eine Ermächtigung in der Satzung, ist der Beschluss nichtig (vgl § 237, 43). Unterwirft die Satzung nur einzelne Aktionärsgruppen der Auslosung, ohne im Detail festzulegen, welche dies sind, bedarf es einer materiellen Beschlusskontrolle des Hauptversammlungsbeschlusses zur Ausführung der Satzungsbestimmung. Fehlt es an der Angemessenheit oder Erforderlichkeit, ist ein entsprechender Beschluss anfechtbar (vgl § 237, 43). Wird eine Auslosung ohne Satzungsermächtigung beschlossen, ist der Beschluss nichtig.

V. Sonderbeschlüsse (Abs 2) 1. Verschiedene stimmberechtigte Aktiengattungen Bei Vorhandensein mehrerer stimmberechtigter Aktiengattungen (§ 11 S 2) fordert 34 Abs 2 S 1 u 2 einen Sonderbeschluss jeder Aktiengattung iSd § 138. Dies entspricht Art 31 der Kapitalrichtlinie (s Vor § 222, 94). Abs 2 ist zwingend; der partielle Ausschluss des Stimmrechts durch Satzungsbestimmung ist wegen § 23 Abs 5 unzulässig68. Ein Sonderbeschluss ist selbst dann notwendig, wenn die konkrete Aktiengattung von der Kapitalherabsetzung gar nicht betroffen ist69 (zum Meinungsstreit in Bezug auf die Notwendigkeit eines Sonderbeschlusses bei noch einzuziehenden Aktien s § 237, 83). Der Sonderbeschluss ist nach dem eindeutigen Wortlaut stets erforderlich, dh selbst dann, wenn zuvor die Hauptversammlung den Beschluss über die Kapitalherabsetzung einstimmig beschlossen hat70. Neben dem Gesetzeswortlaut spricht für diese Auffassung der Umstand, dass sich Mehrheiten im Laufe einer Hauptversammlung ändern können71.

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So ausdrücklich für die ordentliche Kapitalherabsetzung MünchHdBAG-Krieger3 § 60, 17. Schilling Voraufl 19. Dies verkennt Hüffer 9 15. Schilling Voraufl 19 will die Satzungsregelung und die Auslosung ohne jede Einschränkung zulassen. MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 17, will die Auslosung zulassen, wenn dies sachlich gerechtfertigt sei. Unzulässig ist sie nach Ansicht von Hüffer 9 15; MK/Oechsler 2 26; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 29; K Schmidt/Lutter/Veil2 21. Fuchs ZGR 2003, 167, 190; Hüffer 9 § 139,

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13; aA Sieger/Hasselbach AG 2001, 391, 394 f. Hüffer 9 18; MK/Oechsler 2 32; Schilling Voraufl 6. RGZ 148, 175, 178 ff; KGJ 35 A 162, 164; KK/Lutter 2 6; Fuchs ZGR 2003, 167, 188; Hüffer 9 18; Schilling Voraufl 6; MK/Oechsler 2 32; MünchHdBAG-Krieger 3 § 56, 15; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 32; aA KG JW 1934, 174; zweifelnd auch Werner Die Beschlußfassung der Inhaber von stimmrechtslosen Vorzugsaktien, AG 1971, 69, 74 Fn 34. So auch MK/Oechsler 2 32.

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Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Zudem kommt dem Erfordernis separater Zustimmung eine Warnfunktion zu72. Schließlich bergen Kapitalmaßnahmen immer die Gefahr einer Benachteiligung von anderen Aktiengattungen, so dass auch schon deshalb eine Mitsprache aller denkbar Betroffenen notwendig erscheint73. Gerade dieser Gesichtspunkt spricht im Übrigen gegen die vorgeschlagene Abschaffung des Sonderbeschlusses74. Gemäß Abs 2 S 3 richten sich die Mehrheitserfordernisse nach Abs 1 (s o 10 ff). Es ist 35 daher eine relative Mehrheit und eine Kapitalmehrheit von drei Vierteln erforderlich. Die Satzung kann erhöhte Anforderungen festlegen. Bestimmt sie für Abs 1 erhöhte Anforderungen, gelten diese im Zweifel auch für Sonderbeschlüsse nach Abs 275. 2. Vorzugsaktien

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Das Erfordernis des Sonderbeschlusses nach Abs 2 bezieht sich nur auf stimmberechtigte Aktien. Denn die Regelung des § 141 geht § 222 Abs 2 als lex specialis vor76. Da es vereinzelt Gegenstimmen gegen diese Einordnung der Vorschrift gab77, hat der Gesetzgeber den Vorrang des § 141 mit der Einfügung des Wortes „stimmberechtigten“ in § 222 Abs 2 klargestellt78. Hat die Gesellschaft also stimmrechtslose Vorzugsaktien ausgegeben, ist auf diese § 141 anzuwenden. Nach § 141 Abs 1 ist ein Beschluss der Vorzugsaktionäre nur erforderlich, wenn 37 durch die Kapitalgesellschaft ein Vorzug aufgehoben oder beschränkt wird. Umstritten ist, wann genau eine Beschränkung des Vorzugs anzunehmen ist. Die herrschende Ansicht sieht nur die unmittelbare Veränderung des Vorzugs als Beschränkung iSd § 141 Abs 1 an, während lediglich mittelbare Veränderungen nicht gemeint seien79. Sie kann sich darauf stützen, dass mittelbare Veränderungen in § 141 Abs 2 genannt sind. Ein Teil des Schrifttums ist der Ansicht, dass eine Beschränkung bereits gegeben sei, wenn der absolute Betrag des Vorzugs gemindert sei. Habe der Vorzugsaktionär ein Vorrecht von 5 % und werde der Nennwert seiner Aktien herabgesetzt, vermindere sich dadurch auch sein Ertrag, mithin werde sein Vorzug beschränkt. Dabei wird insbesondere die Entscheidung des LG Frankfurt, das im Fall „co op“ eine Kapitalherabsetzung von 38123:1 als lediglich mittelbare Beeinträchtigung angesehen hatte80, kritisiert, weil der Dividendenanspruch damit auf 0,0026 % geschrumpft sei. Eine Beschränkung liege nur dann nicht vor, wenn bei einer Herabsetzung des Nennwerts aller Aktien der Vorzug im entspre-

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Fuchs ZGR 2003, 167, 188. Fuchs ZGR 2003, 167, 188 f unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien. Baums (Hrsg), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Rn 241; wie hier dagegen Fuchs ZGR 2003, 167, 190; Tonner Tracking Stocks, 2002, S 95 ff. Hüffer 9 18. OLG Frankfurt DB 1993, 272 f; LG Frankfurt DB 1991, 1162; Fuchs ZGR 2003, 167, 187; Frey/Hirte DB 1989, 2465, 2468 f; KK/Lutter 2 7; MK/Oechsler 2 33; MünchHdBAG-Krieger 3 § 56, 16, § 60, 22. KK/Zöllner1 § 141, 24 aE. Zum Gesetz über kleine Aktiengesellschaften

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s o 2 mwN. S a Hüffer 9 18; Krauel/Weng AG 2003, 561, 563. Generell MK/Volhard 2 § 141, 4; KK/Zöllner 2 § 141, 4; Hüffer 9 § 141, 4; Kiem Die Stellung der Vorzugsaktionäre bei Umwandlungsmaßnahmen, ZIP 1997, 1627; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 35; s a OLG Stuttgart AG 1993, 94; aA Bezzenberger Vorzugsaktien ohne Stimmrecht, 1991, 121 ff; speziell zur Kapitalherabsetzung LG Frankfurt DB 1991, 1162; KK/Zöllner 2 § 141, 18; Bezzenberger § 141, 23; Godin/Wilhelmi 4 § 141, 2; MK/Volhard 2 § 141, 10 f; Werner AG 1971, 69 f. KK/Lutter 2 8 unter Hinweis auf LG Frankfurt DB 1991, 1162.

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Voraussetzungen

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chenden Verhältnis erhöht werde (zB Kapitalherabsetzung von 100 auf 50 wird kompensiert durch eine Verdoppelung des Vorzugs von 5 % auf 10 %). Eine andere Möglichkeit zur Vermeidung einer Beschränkung bestehe darin, nur Stammaktien herabzusetzen und Vorzugsaktien unangetastet zu lassen81. Im Ergebnis, nicht aber in der Begründung ist der herrschenden Meinung zu folgen. 38 Werden alle Aktien gleichermaßen herabgesetzt, bleibt bei der Gewinnverteilung das Verhältnis von Vorzugsaktien und Stammaktien gleich. In dem oben genannten Beispiel des Falles „co op“ waren nämlich auch die übrigen (Stamm-)Aktionäre von der Kapitalherabsetzung betroffen und hatten eine Einbuße in gleicher Höhe hinzunehmen. Auch deren Dividendenanspruch ist auf 0,0026 % geschrumpft. Eine Beschränkung der Rechte der Vorzugsaktionäre liegt nur dann vor, wenn die Relation bei der Gewinnverteilung zwischen den Aktiengattungen zum Nachteil der Vorzugsaktionäre verändert wird. Die herrschende Ansicht kann sich im Übrigen auf die Gesetzgebungsgeschichte stützen. Der Gesetzgeber hat sich bewusst gegen ein gestuftes Stimmrecht der Vorzugsaktionäre entschieden82. Diese Entscheidung würde ignoriert, wollte man den Vorzugaktionären bei Kapitalherabsetzungen ein Stimmrecht einräumen. Im Schrifttum wird weiterhin argumentiert, eine Beschränkung des Vorzugs liege zumindest in dem Fall vor, in dem nach der Kapitalherabsetzung eine Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht folge und der Vorzugsaktionär zukaufen müsse, um seinen Anteil am Gesamtgewinn zu halten83. Auch dieses Argument vermag nicht zu überzeugen, denn auch die Stammaktionäre müssen ihr Bezugsrecht ausüben, um sicherzustellen, dass sie ihren früheren Anteil am Gewinn erhalten. Eine Beschränkung iSd § 141 Abs 1 liegt daher nur vor, wenn bei der Gewinnverteilung die Relation zwischen den Vorzugsaktionären und den Stammaktionären zum Nachteil der Vorzugsaktionäre verändert wird. Verschlechtert sie sich bei einer Kapitalherabsetzung für beide Gattungen gleichermaßen, ist somit kein Sonderbeschluss nach § 141 Abs 1 erforderlich. 3. Fehlende Zustimmung und Beschlussmängel Der Sonderbeschluss nach Abs 2 bzw nach § 141 ist Wirksamkeitserfordernis. Lehnen 39 die Vertreter einer Aktiengattung den Sonderbeschluss ab, ist damit die Kapitalerhöhung endgültig unwirksam. Steht die Beschlussfassung einer Aktiengattung noch aus, ist der Beschluss schwebend unwirksam84. Das Registergericht darf den Beschluss bis zur Entscheidung über den Sonderbeschluss nicht eintragen. Übersieht dies das Registergericht und trägt den Beschluss ein, kann der Sonderbeschluss noch nachgeholt werden. Wird dies versäumt und ist der Beschluss drei Jahre lang eingetragen, tritt Heilung analog § 242 Abs 2 S 1 ein85. Ist der Sonderbeschluss fehlerhaft, kann gegen ihn selbstständig (vgl § 138 S 2) mit der Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage vorgegangen werden86.

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KK/Lutter 2 7; Frey/Hirte DB 1989, 2465, 2469. Hierunter versteht man eine Abstufung nach Bedeutung der Beschlussgegenstände; bei einfachen Beschlussgegenständen besteht kein Stimmrecht, bei wichtigen besteht dagegen ein solches, vgl zum Ausschluss des gestuften Stimmrechts RegBegr bei Kropff AktG 1965, S 203. MK/Oechsler 2 34; KK/Lutter 2 8.

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RGZ 148, 175, 186 f; Baumbach/Hueck13 7; Hüffer 9 19; Schilling Voraufl 6; KK/Lutter 2 10; K Schmidt/Lutter/Veil 2 25; MK/Oechsler 2 36; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 22. Hüffer 9 19; MK/Oechsler 2 36; wohl auch KK/Lutter2 10, denn er verweist auf seine entsprechende Kommentierung bei § 182, 11, und Schilling Voraufl 22 aE. Hüffer 9 19; MK/Oechsler 2 36.

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4. Zustimmung bei Sachausschüttungen

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Sachausschüttungen sind grundsätzlich zulässig87. Sie können die Aktionäre jedoch in ihrer wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit einengen und für sie aus anderen Gründen nachteilig sein. Dient eine Kapitalherabsetzung der Rückgewähr von Sacheinlagen oder anderer Formen der Sachausschüttung, müssen die vorgesehenen Empfänger der Sachausschüttung daher dem Beschluss zustimmen (zu Einzelheiten s § 225, 77, 237, 72, 75).

VI. Zweck der Kapitalherabsetzung (Abs 3) 1. Mögliche wirtschaftliche Zwecke

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Nach Abs 3 ist der Zweck der Kapitalherabsetzung anzugeben. Mit dieser Regelung, die den Vorstand inhaltlich bindet, werden Gläubiger und Aktionäre geschützt88. Wie Abs 3 belegt, ist die ordentliche Kapitalherabsetzung zu jedem wirtschaftlichen Zweck zulässig. Erlaubt ist daher eine Rückzahlung der Einlagen, eine Rückgewähr von Sacheinlagen an Aktionäre oder ein Verteilen von Mitgliedschaften an Tochtergesellschaften; das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 Abs 1) greift nicht (s o 7). Auch können die Aktionäre durch eine Kapitalherabsetzung von ausstehenden Einlagepflichten befreit werden (vgl § 225 Abs 2 S 2), wobei die Kapitalherabsetzung nur die Voraussetzung dafür schafft; die eigentliche Befreiung erfolgt durch einen Erlassvertrag zwischen AG und Aktionär89. Erlaubt ist weiterhin eine Kapitalherabsetzung zur Bildung von Rücklagen, zur Sanierung, zur Verlustdeckung oder zur Begradigung der Kapitalziffer (zB nach Umstellung auf den Euro)90. Eine Auszahlung an die Aktionäre kann selbst dann vorgenommen werden, wenn ein Verlustvortrag vorhanden ist91. Möglich ist schließlich die Kombination einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln mit einer anschließenden ordentlichen Kapitalherabsetzung, um gebundene Rücklagen ausschütten zu können (s Vor § 222, 6). 2. Konkretisierung des Zwecks

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Damit der Vorstand hinsichtlich der Verwendung des Buchertrags gebunden wird, ist eine möglichst präzise Umschreibung des wirtschaftlichen Zwecks der Kapitalherabsetzung erforderlich. Eine allgemeine Umschreibung, wie „Anpassung an die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft“ oder „Sanierung“, ist ebenso wenig ausreichend92 wie die abstrakte Beschreibung „Bildung von Rückstellungen“, wenn an sich die Zahlung einer Dividende beabsichtigt war93. Der Zweck muss möglichst genau angegeben werden. Wenn also eine Rückzahlung der Einlagen an die Aktionäre geplant ist, muss auch deutlich gemacht werden, in welcher Weise die Rückzahlung erfolgen soll (zB Barzahlung, Befreiung von Verbindlichkeiten, Ausgabe von Wertpapieren an Tochterunter-

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Statt vieler Heine/Lechner AG 2005, 269, 274 mwN. MK/Oechsler 2 37. Hüffer 9 20, § 224, 7; MK/Oechsler 2 37; aA Hefermehl in Geßler/Hefermehl § 224, 10, § 225, 21. Hüffer 9 20; MK/Oechsler 2 5. S a KG JW

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1926, 2930, 2931; Baumbach/Hueck13 4; Schilling Voraufl 9. Hüffer 9 20. KG JFG 10, 112, 113 f; Hüffer 9 13; KK/Lutter 2 16; MK/Oechsler 2 39; MünchHdBAGKrieger 3 § 60, 26. Wie hier Hüffer 9 13; aA RGZ 103, 367, 370.

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nehmen, etc)94. Bei einer Sanierung ist deutlich zu machen, wozu genau der Betrag aus der Kapitalherabsetzung verwendet wird (Ausgleich von Verlusten in Höhe von …, Ausgleich von Wertminderungen bei …, etc). Mit einer Kapitalherabsetzung können auch mehrere Zwecke verfolgt werden. In die- 43 sem Fall verlangt Abs 3 die Angabe aller verfolgten Zwecke. Stehen diese in einer Reihenfolge, ist die Priorität deutlich zu machen (zB Ausgleich von Verlusten in Höhe von …; Einstellen des Restbetrags in die Rücklagen)95. 3. Fehlen und Unmöglichkeit der Zwecksetzung Fehlt die konkrete Angabe des Zwecks der Kapitalherabsetzung im Beschluss, ist die- 44 ser nach § 243 Abs 1 anfechtbar, nicht aber nichtig iSd § 241 Nr 396. Zwar dient die Angabe des Zwecks auch den Interessen der Gläubiger, doch ist dieser Schutz nur ein reflexartiger. Denn die Gläubiger müssen sogar eine Rückzahlung der frei werdenden Mittel an die Aktionäre hinnehmen. Ihr Schutz wird daher durch die Möglichkeit, Sicherheiten zu verlangen (§ 225 Abs 1 u 3), ausreichend gewährleistet. Vor diesem Hintergrund ist für § 241 Nr 3 kein Raum. Wird der Kapitalherabsetzungsbeschluss nicht angefochten und eingetragen, ist das Kapital herabgesetzt und der frei gewordene Buchertrag muss analog § 232 in die Kapitalrücklage eingestellt werden97. Über seine Verwendung muss die nächste Hauptversammlung mit den Mehrheiten nach Abs 1 und Abs 2 entscheiden98. War der im Kapitalherabsetzungsbeschluss angegebene Zweck erkennbar von vorn- 45 herein nicht zu erreichen, ist der Beschluss anfechtbar99. Stellt sich die Unmöglichkeit der Zweckerreichung erst später heraus (zB die mit der Kapitalherabsetzung auszugleichenden Verluste treten wider Erwarten nicht ein), ist der Beschluss nicht anfechtbar. Der Buchertrag wird ebenfalls in die Kapitalrücklage eingestellt. Über seine Verwendung entscheidet die nächste Hauptversammlung100. Zur nachträglichen Änderung der Zweckbestimmung s § 224, 26 ff.

VII. Durchführung der Kapitalherabsetzung (Abs 4) 1. Überblick Abs 4 regelt die Frage, ob und wie sich die Herabsetzung des Grundkapitals auf die 46 Aktien auswirkt. Es lassen sich vier Fragenkreise unterscheiden: (1) S 1 spricht zunächst die Frage an, ob überhaupt eine Anpassung der Aktien erfolgen muss (s dazu 48). (2) Sollte eine Anpassung der Aktien erforderlich sein, regeln die S 1 und 2 die Frage, auf welche Weise die Anpassung vorzunehmen ist (s dazu 49 ff). Das Gesetz umschreibt diese

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MK/Oechsler 2 39. MK/Oechsler 2 38; KK/Lutter 2 16; Hüffer 9 20. KG JFG 10, 112, 115 f; Baumbach/Hueck13 7; Godin/Wilhelmi 4 3; Hüffer 9 17; MK/Oechsler 2 40; KK/Lutter 2 37; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 30; aA Teichmann/ Koehler3 § 175, 5, § 195, 3b (allerdings ohne Begründung). KK/Lutter 2 38; Hüffer 9 17; MünchHdBAG-

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Krieger 3 § 60, 30; s a BGHZ 119, 305, 324 = NJW 1993, 57, 61 „Klöckner“. Statt vieler Hüffer 9 17; KK/Lutter 2 38. LG Hannover AG 1995, 285 f „Brauhaus Wülfel“ mit Anm Trapp WuB II A § 222 AktG 1.96; Hüffer 9 17; MünchHdBAGKrieger 3 § 60, 30; MK/Oechsler 2 41; Schilling Voraufl 17. MK/Oechsler 2 41 f. Abweichend noch RGZ 103, 367, 370 (frei verfügbare Rücklage).

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Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Anpassung mit der unglücklichen Formulierung „Art der Herabsetzung“. In Betracht kommen die Herabsetzung des Nennbetrags der Aktien, die Zusammenlegung von Aktien und die Einziehung von Aktien. (3) S 2 stellt außerdem klar, dass die Kapitalherabsetzung nicht zu einer Unterschreitung der Mindestnennbeträge führen darf (s dazu 58). (4) Schließlich regelt S 3 die notwendige Transparenz, indem er verlangt, dass der Kapitalherabsetzungsbeschluss die Angabe enthalten muss, auf welche Art und Weise das Kapital herabgesetzt werden soll (s dazu 60). Für die Anwendung des Abs 4 ist es gleichgültig, ob Aktienurkunden ausgegeben 47 wurden oder es sich um unverkörperte Mitgliedschaften handelt. Auch ist unerheblich, ob es sich um Namens- oder Inhaberaktien handelt101. 2. Anpassungsnotwendigkeit

48

Sofern die Gesellschaft Nennbetragsaktien (§ 8 Abs 2) emittiert hat, muss die Summe der Nennwerte der Aktien dem Grundkapital entsprechen (§ 1 Abs 2). Wird nun das Grundkapital herabgesetzt, bedarf es der Korrektur der Nennbeträge der Aktien. Hat die Gesellschaft dagegen Stückaktien ausgegeben, haben diese keinen Nennwert, sondern repräsentieren eine Beteiligungsquote am Grundkapital (§ 8 Abs 3 S 1 und 2). Eine Anpassung der einzelnen Stückaktien ist daher von vornherein nicht erforderlich102. Diesen Unterschied zwischen Nennbetrags- und Stückaktien bringt Abs 4 S 1 dadurch zum Ausdruck, dass er allein die Durchführung der Kapitalherabsetzung bei Nennbetragsaktien regelt (s dazu 49 ff). In Bezug auf Stückaktien beschränkt sich die Vorschrift auf die Feststellung, dass der Mindestbetrag nach § 8 Abs 3 S 3 nicht unterschritten werden darf (s u 58). 3. Anpassung von Nennbetragsaktien

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a) Numerus clausus. Die Anpassung von Nennbetragsaktien kann durch Herabsetzung des Nennbetrags der Aktien (Abs 4 S 1), durch Zusammenlegung von Aktien (Abs 4 S 2) oder durch Einziehung erfolgen. Die Einziehung103 ist in Abs 4 nicht angesprochen, sondern wird speziell in §§ 237 bis 239 geregelt (s dort). Weitere Arten der Anpassung sind im Gesetz nicht vorgesehen und daher nicht zulässig104.

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b) Herabsetzung des Nennbetrags. Die Summe der Nennwerte der Aktien muss dem Grundkapital entsprechen (§ 1 Abs 2). Aufgrund der Herabsetzung des Grundkapitals muss deshalb auch der Nennbetrag der einzelnen Aktien angepasst werden. Die Herabsetzung darf nicht unter den gesetzlichen Mindestbetrag von einem Euro erfolgen (s u 58); höhere Nennbeträge müssen auf volle Euro lauten (§ 8 Abs 2 S 4). Die Anpassung des Nennbetrags berührt nur die nominelle Beteiligung, nicht dagegen die Beteiligungsquote, da alle Aktien gleichermaßen herabgesetzt werden105. Die Herabsetzung der Nennbeträge berührt im Übrigen auch nicht die Mitgliedschaft und die aus ihr folgenden Rechte. Zur Berichtigung inhaltlich unrichtig gewordener Aktienurkunden s § 226, 3 ff.

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Schilling Voraufl 14; KK/Lutter 2 29. Begründung des RegE zum StückAG, BT-Drucks 13/9573, S 18 re Sp. Diese betrifft sowohl Nennbetrags- als auch Stückaktien.

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KK/Lutter 2 20; Hüffer 9 21b; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 5. KK/Lutter 2 24; Schilling Voraufl 3; Krieger ZGR 2000, 885, 890.

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Voraussetzungen

§ 222

c) Zusammenlegung von Aktien. Um zu erreichen, dass die Summe der Nennwerte 51 der Aktien dem herabgesetzten Grundkapital entspricht, können Nennwertaktien zusammengelegt werden. Wird etwa das Grundkapital im Verhältnis 3:1 reduziert, werden drei Aktien zu einer neuen Aktie zusammengelegt. Die Zusammenlegung hat keinen Verlust mitgliedschaftlicher Rechte zur Folge106. Da alle Aktien zusammengelegt werden, verändert sich auch die Beteiligungsquote grundsätzlich (zur Ausnahme bei Aktienspitzen s u 52) nicht. Die ursprünglichen Aktien verlieren durch die Zusammenlegung nur ihre rechtliche Selbstständigkeit und werden Teilrechte der neuen Aktien. Bis zur Verwertung nach § 226 kann der Aktionär das Stimmrecht aus den Spitzen weiterhin ausüben (str, vgl § 224, 12). Zur Berichtigung inhaltlich unrichtig gewordener Aktienurkunden s § 226). d) Subsidiarität der Zusammenlegung. Der Weg über eine Zusammenlegung von 52 Aktien ist allerdings subsidiär zu einer Herabsetzung der Nennbeträge (Abs 4 S 2)107. Eine Zusammenlegung darf erst und nur erfolgen, wenn durch die Herabsetzung des Nennwerts der auf die einzelnen Aktien entfallende Betrag unter die gesetzliche Mindestgrenze von einem Euro (§ 8 Abs 2 S 1) absinken würde. Die Subsidiarität der Zusammenlegung dient dem Schutz der Kleinaktionäre108. Denn bei der Zusammenlegung entstehen Spitzen, wenn ein Kleinaktionär nicht über eine ausreichende Anzahl an Aktien verfügt, um diese zu einer neuen Aktie zusammenzulegen. Kleinaktionären fehlt mitunter auch das Kapital für den Zukauf weiterer Aktien, um die Entstehung von Spitzen zu verhindern. Wird beispielsweise das Kapital der Gesellschaft von 10 Mio € auf 2 Mio € reduziert, würden zehn alte Aktien zu zwei neuen Aktien vereint. Ein Kleinaktionär, der über 32 alte Aktien verfügt, könnte davon nur 30 zusammenlegen. Zwei Aktien unterfielen dem Verfahren des § 226 Abs 1 S 2. Der Aktionär büßt damit einen Teil seiner Stimmrechtsmacht und seines Dividendenanspruchs ein. Erfolgt statt der Zusammenlegung eine Reduktion des Nennbetrags von 5 € auf 1 €, verändert sich die Stimmrechtsmacht und der Dividendenanspruch des Kleinaktionärs nicht, da alle Aktionäre gleichermaßen von der Herabsetzung betroffen sind. Die Rechtsstellung des Aktionärs wird damit erhalten. Aus diesem Grund ist die Zusammenlegung von Aktien subsidiär zur Nennwertreduktion. Der Grundsatz der Subsidiarität kann im Einzelfall bedeuten, dass die Gesellschaft 53 beide Wege zur Durchführung der Kapitalherabsetzung miteinander kombinieren muss. Denn eine Zusammenlegung darf erst erfolgen, wenn und soweit die Herabsetzung der Nennbeträge nicht ausreichend ist, um ein Unterschreiten des gesetzlichen Mindestnennbetrags zu verhindern109. Um das Ziel zu erreichen, möglichst viele selbstständige Aktien zu erhalten, muss daher zunächst die größtmögliche Herabsetzung der Nennbeträge erfolgen, bevor dann eine Zusammenlegung durchgeführt wird110. Denn die Herabsetzung der Nennbeträge bewirkt kleinere Umtauschbeträge, so dass weniger häufig Spitzen auftreten. Dies zeigt das folgende Beispiel: Eine AG, die eine Million Aktien mit einem

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Hüffer 9 22; KK/Lutter 2 24; Schilling Voraufl 3. BGHZ 138, 71, 76 f = NJW 1998, 2054, 2055 „Sachsenmilch“; BGHZ 142, 167, 170 = NJW 1999, 3197 „Hilgers“; Hüffer 9 21b; KK/Lutter 2 25; MK/Oechsler 2 43 ff. RGZ 111, 26, 29; KK/Lutter 2 25. BGHZ 142, 167, 170 f = NJW 1999, 3197

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„Hilgers“; MK/Oechsler 2 49; Baumbach/ Hueck13 5; KK/Lutter 2 26 ff; Hüffer 9 22 f; Rottnauer Anm zu BGHZ 142, 167, 170 f „Hilgers“, NZG 1999, 1159 f. Vgl auch die nächste Fn. KK/Lutter 2 29; wohl auch MünchHdBAGKrieger 3 § 60, 7. Missverständlich K Schmidt/Lutter/Ziemons 2 § 8, 10 („sollten“ statt „müssen“).

§ 222

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Nennwert von 10 € emittiert hat, muss aufgrund von starken Verlusten ihr Kapital von 10 Mio € auf 10.000 € reduzieren (Kapitalherabsetzung von 1.000 :1), um es anschließend wieder erhöhen zu können (vgl § 228). Bei einer Zusammenlegung würde aus jeweils 1.000 Aktien eine neue Aktie entstehen. Wird jedoch zuvor der Nennwert der Aktien von 10 € auf einen Euro reduziert, verbessert sich das Umtauschverhältnis; nun ergeben 100 Aktien eine neue Aktie, so dass die Zahl der Spitzen deutlich geringer ausfallen wird. (Zur Fortsetzung des Grundsatzes der Subsidiarität bei der Durchführung der Kapitalherabsetzung s u § 226, 33 aE). Die betroffenen Aktionäre können auf den ihnen durch das Subsidiaritätsprinzip 54 gewährten Schutz verzichten111. So kann etwa der Großaktionär eine Zusammenlegung akzeptieren, während bei den Kleinaktionären nur eine Herabsetzung des Nennbetrags erfolgt. Die darin liegende Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes wird durch die Zustimmung des Betroffenen sachlich gerechtfertigt112. Zu Recht wird außerdem vorgeschlagen, das Subsidiaritätsprinzip teleologisch zu reduzieren und nicht auf Fälle anzuwenden, in denen von vornherein feststeht, dass keine Spitzen entstehen werden113. Dies wird regelmäßig nur dann der Fall sein, wenn es sich um einen geschlossenen Gesellschafterkreis handelt und die genaue Höhe der Beteiligung der einzelnen Aktionäre bekannt ist bzw auf der Hauptversammlung offen gelegt wird, damit man vor dem Beschluss beurteilen kann, ob Spitzen entstehen können. Mit der Subsidiarität der Zusammenlegung hat der Gesetzgeber den Schutz der Ak55 tionäre ausreichend und abschließend geregelt. Ein weitergehender Schutz durch eine materielle Beschlusskontrolle ist nur in einem Ausnahmefall geboten (s o 27 ff). Wird das Subsidiaritätsprinzip verletzt, ist der Kapitalherabsetzungsbeschluss anfechtbar114.

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e) Einziehung von Aktien. Die Einziehung als dritte Form der Durchführung einer Kapitalherabsetzung führt im Gegensatz zu den beiden anderen Formen der Durchführung der Kapitalherabsetzung zu einer Vernichtung der Mitgliedschaft. Sie ist nur zulässig, wenn die Gesellschaft zuvor die zu vernichtenden Aktien erworben hat oder wenn die Einziehung bereits vor Übernahme der Aktien in der Satzung angeordnet oder gestattet war. Die Einziehung wird vom Subsidiaritätsprinzip nicht erfasst, sondern unterliegt eigenen in § 237 geregelten Schranken (s dort)115.

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f) Auswirkungen auf die Aktienurkunden. Durch die Herabsetzung der Nennbeträge, die mit der Eintragung in das Handelsregister wirksam wird (§ 224), werden ausgegebene Aktienurkunden von Nennbetragsaktien inhaltlich unrichtig. Die Urkunden müssen von der Verwaltung umgetauscht oder korrigiert werden. Bis zum Umtausch verkörpern die unrichtig gewordenen Urkunden weiterhin die Mitgliedschaft; dies ist etwa für die Legitimation nach § 75 oder § 123 Abs 2 und 3 bedeutsam116. Nicht eingereichte Nennbetragsaktien können nach der Herabsetzung der Nennbeträge gemäß §§ 73, 64 Abs 2 für kraftlos erklärt werden. Wurden bei der Kapitalherabsetzung Namens- oder Stückaktien zusammengelegt, findet nicht § 73, sondern § 226 Anwendung (vgl § 73 Abs 4)117. Ein Rechtsscheinerwerb der unrichtig gewordenen Aktien kraft guten Glaubens scheidet aus (s § 224, 14).

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Schilling Voraufl 16. Schilling Voraufl 16, 19. MK/Oechsler 2 45. RGZ 111, 26, 29 f; Schilling Voraufl 16 aE; KK/Lutter 2 43; MK/Oechsler 2 53. Ebenso MK/Oechsler 2 46.

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BGH AG 1992, 27, 28 f; OLG Hamburg AG 1991, 242, 243 mit zust Anm Soehring WuB II A § 222 AktG 1.91; KK/Lutter 2 22. MK/Oechsler 2 47, § 226, 35; Hüffer9, § 226, 2; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 51.

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Voraussetzungen

§ 222

4. Wahrung der Mindestbeträge (Abs 4 S 2) Handelt es sich um Nennbetragsaktien, darf die Herabsetzung der Nennwerte nur bis 58 zur Grenze des § 8 Abs 2 S 1 von einem Euro erfolgen. Hat die Gesellschaft Stückaktien ausgegeben, darf die Herabsetzung des Grundkapitals nur insoweit erfolgen, als der auf eine Stückaktie entfallende Betrag einen Euro (vgl § 8 Abs 3 S 3) nicht unterschreitet. Eine darüber hinausgehende Herabsetzung des Grundkapitals kann daher sowohl bei Nennbetragsaktien als auch bei Stückaktien nur im Wege der Zusammenlegung erfolgen118. Die Vorschrift entspricht damit den Vorgaben des Art 34 der Kapitalrichtlinie (s Vor § 222, 97). Wird das Mindestgrundkapital von 50.000 € bei der AG (§ 7) bzw 120.000 € bei der 59 SE (Art 4 Abs 2 SE-VO) unterschritten, ohne dass die Voraussetzungen des § 228 vorliegen, ist der Beschluss nichtig (s o 22)119. Gleiches gilt für den Fall, dass der auf eine Nennbetragsaktie entfallende Nennbetrag bzw der auf eine Stückaktie entfallende Anteil am Grundkapital den gesetzlichen Mindestbetrag unterschreitet (§ 8 Abs 2 S 1 und Abs 3 S 3)120. Wird die Kapitalherabsetzung mit einer Kapitalerhöhung verbunden, müssen die Beschlüsse über die Herabsetzung und anschließende Erhöhung sowie deren Durchführung innerhalb von sechs Monaten eingetragen werden. Andernfalls sind alle Beschlüsse nichtig (§ 228 Abs 2). 5. Festlegung der Art der Durchführung im Kapitalherabsetzungsbeschluss Abs 4 S 3 schreibt vor, dass die Hauptversammlung im Kapitalherabsetzungsbe- 60 schluss angeben muss, auf welche Art die Kapitalherabsetzung durchgeführt werden soll121. Mit diesem Beschlusserfordernis soll den Aktionären vor Augen geführt werden, wie in ihre Rechtsstellung eingegriffen wird122. Bei Nennbetragsaktien ist anzugeben, ob eine Herabsetzung des Nennbetrags der einzelnen Aktien, eine Zusammenlegung von Aktien oder eine Kombination aus beidem vorgenommen werden soll. Ist eine Einziehung geplant, ist dies ebenfalls anzugeben. Entsprechendes gilt für Stückaktien, allerdings mit dem Unterschied, dass hier nur eine Herabsetzung des Grundkapitals, nicht aber des Nennwerts einzelner Aktien in Betracht kommt. Fehlt die Angabe über die Art der Durchführung der Kapitalherabsetzung, ist der Beschluss anfechtbar, keineswegs aber nichtig123. Denn die Art der Durchführung berührt allein die Interessen der Gesellschafter, nicht aber die der Gläubiger oder der Öffentlichkeit, so dass es an den Voraussetzungen des § 241 Nr 3 fehlt. Hinzu kommt, dass aufgrund der gesetzlichen Vorgaben die Kapitalherabsetzung sehr wohl durchgeführt werden kann, denn die Vorgabe des Abs 4 S 2 bezüglich der Subsidiarität der Zusammenlegung bindet selbstverständlich auch die Verwaltung.

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Begründung des RegE zum StückAG, BT-Drucks 13/9573, S 18 reSp. Hüffer 9 17; KK/Lutter 2 34; MK/Oechsler 2 21, 30; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 30. Hüffer9 17; MK/Oechsler 2 30. Zu Recht bemängelt KK/Lutter 2 17, dass das Gesetz die Durchführung als Art der Kapitalherabsetzung bezeichnet, ein Begriff den man herkömmlich mit den verschiedenen Formen der Kapitalherabsetzung (or-

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dentliche und vereinfachte Kapitalherabsetzung und Kapitalherabsetzung durch Einziehung) verbindet. Hüffer 9 22 aE. KK/Lutter 2 39 ff; Hüffer 9 17; MK/Oechsler2 52; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 30; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 31, 38; Schlegelberger/Quassowski3 § 175, 12; Ritter 2 § 175, 5b; aA Baumbach/Hueck13 7; Schilling Voraufl 21; Godin/Wilhelmi 4 8.

§ 222 61

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Die Hauptversammlung kann darüber hinaus freiwillig weitere Vorgaben an die Verwaltung machen (s o 26) und beispielsweise vorschreiben, wann die Anmeldung der Kapitalherabsetzung zu erfolgen hat (s § 224, 5), ob und innerhalb welcher Frist die unrichtig gewordenen Aktienurkunden umzutauschen oder zu berichtigen sind und ob die Frist für die Gläubigeranmeldung nach § 225 Abs 1 S 1 verlängert wird (s § 225, 33). Fehlen solche Vorgaben, ist der Vorstand grundsätzlich frei in seinen Entscheidungen124. Er muss die Maßnahmen zur Durchführung unverzüglich nach Wirksamwerden der Kapitalherabsetzung ergreifen (s u § 226, 12)125. 6. Berichtigung des Satzungstextes

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Durch den Beschluss über die Kapitalherabsetzung wird regelmäßig nicht nur der Betrag des Grundkapitals in der Satzung geändert. Vielmehr hat die Herabsetzung des Grundkapitals meist auch Auswirkungen auf andere Bestimmungen in der Satzung. Eine deshalb notwendige Berichtigung des Satzungstextes kann dem Aufsichtsrat übertragen werden (zu Einzelheiten s § 179 Abs 1 S 2 und Vor § 222, 34 f).

VIII. Mitwirkungspflichten kraft Treuepflicht 63

Die Aktionäre sind bei der Beschlussfassung über eine Kapitalherabsetzung in ihrer Entscheidung grundsätzlich frei. Allerdings kann sich im Einzelfall aus der mitgliedschaftlichen Treuepflicht eine Pflicht zur Zustimmung zu einer Kapitalherabsetzung ergeben126. Eine solche Pflicht zur Zustimmung setzt voraus, dass die ins Auge gefasste Maßnahme objektiv erforderlich und subjektiv zumutbar ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ohne die Kapitalherabsetzung die Insolvenz des Unternehmens droht und der Aktionär aus eigennützigen Motiven die in sich schlüssige Sanierung ablehnt127. Voraussetzung ist, „dass bei Scheitern der Sanierungsmaßnahme der Zusammenbruch der Gesellschaft unvermeidlich und im Falle des Zusammenbruchs die Stellung des einzelnen Gesellschafters ungünstiger als bei einem Austritt aus der fortbestehenden Gesellschaft ist – bei der Aktiengesellschaft kommt insoweit lediglich eine Veräußerung der Aktien in Betracht –, die Durchführung der Sanierungsmaßnahme die Verfolgung des Gesellschaftszwecks nach objektiver Einschätzung nachhaltig sicherstellt und keine scho-

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RGZ 80, 81, 84; Hüffer 9 13; KK/Lutter 2 21; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 28; MK/Oechsler 2 22. BGH AG 1992, 27, 28 m insoweit krit Anm Butzke WuB II A § 226 AktG 1.92; MünchHdBAG-Krieger3 § 60, 52; KK/Lutter 2 § 226, 6; Hüffer9 § 226, 3. BGH WM 1986, 1348 f; 1987, 841, 842 – jeweils zur Kapitalerhöhung bei der GmbH. BGHZ 129, 136, 152 = NJW 1995, 1739, 1743 „Girmes“; MK/Oechsler 2 27; KK/Lutter 2 56; Jäger NZG 1999, 238, 240 ff; generell zu Treuepflichten etwa Dreher Treuepflichten zwischen den Aktionären und Verhaltenspflichten bei der Stimmrechts-

bündelung, ZHR 157 (1993) 150; Henze Treupflichten der Gesellschafter im Kapitalgesellschaftsrecht, ZHR 162 (1998) 186; Hennrichs Treupflichten im Aktienrecht, AcP 195 (1995) 221, 271; Henssler Verhaltenspflichten bei der Ausübung von Aktienstimmrechten durch Bevollmächtigte, ZHR 157 (1993) 91; ders Die Haftung des Stimmrechtsvertreters, DZWir 1995, 430; Lutter Die Treupflicht des Aktionärs, ZHR 153 (1989) 446, 447; Marsch-Barner Treuepflichten zwischen Aktionären und Verhaltenspflichten bei der Stimmrechtsbündelung, ZHR 157 (1993) 172; Timm Treuepflichten im Aktienrecht, WM 1991, 481.

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Voraussetzungen

§ 222

nendere Sanierung möglich ist“128. Dass in einem solchen Fall dem einzelnen Aktionär die Zustimmung zuzumuten ist, ergibt sich schon daraus, dass er bereits aufgrund der Unternehmenskrise den wirtschaftlichen Wert seiner Beteiligung eingebüßt hat, so dass die Kapitalherabsetzung für ihn keinen zusätzlichen Nachteil bedeutet129.

IX. Beteiligung Dritter bei der Entscheidung über Kapitalherabsetzungen 1. Genehmigungspflichten In bestimmten aufsichtsrechtlich sensiblen Bereichen behält sich der Staat vor, Sat- 64 zungsänderungen und damit auch Kapitalherabsetzungen von seiner Genehmigung abhängig zu machen. Solche Genehmigungserfordernisse sind vor allem im Bereich der Finanzdienstleistungen anzutreffen. So unterliegen Satzungsänderungen bei Versicherungen dem Genehmigungsvorbehalt nach §§ 13 Abs 1, 5 Abs 3 Nr 1 VAG. Auch die zum Schutze der Anleger vor der Insolvenz eines Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstituts bestehende gesetzliche Einlagensicherung und Anlegerentschädigung sieht für beliehene Entschädigungseinrichtungen ein Genehmigungserfordernis vor (§ 7 Abs 1 S 3 EAEG)130. Mit der Übertragung der staatlichen Aufgabe auf die beliehene Einrichtung ist dieser Vorbehalt verbunden131. In Bezug auf die Beleihung von privaten Zertifizierungsstellen enthält § 4 Abs 1 Nr 2 HS 2 AltZertG132 einen vergleichbaren Vorbehalt. Ein solcher findet sich auch in § 13 Abs 2 S 2 PflVG133 iVm § 2 KfzUnfEntschV für die Satzung der Verkehrsopferhilfe134. Bislang wurde die Auffassung vertreten, dass die Satzungsänderung schwebend un- 65 wirksam sei, bis die Genehmigung erteilt ist. Werde sie verweigert, sei die Satzungsänderung unwirksam135. Mit dem MoMiG strich der Gesetzgeber das Erfordernis, bei der Anmeldung der Gesellschaft den Nachweis der staatlichen Genehmigung vorzulegen, wenn die der Unternehmenszweck oder eine andere Satzungsbestimmung einer solchen bedarf (§ 37 Abs 4 Nr 5 aF)136. Eine Anpassung der übrigen aktienrechtlichen Bestimmungen, die die Vorlage einer staatlichen Genehmigung vorsahen (§ 181 Abs 1 S 3) oder

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BGHZ 129, 136, 153 = NJW 1995, 1739, 1743 „Girmes“. Zur Frage der Haftung des Aktionärs wegen einer treuwidrigen Vereitelung der Kapitalherabsetzung Geißler NZG 2000, 719, 724 f. Zu beliehenen Entschädigungseinrichtungen und dem Genehmigungserfordernis Sethe in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts3, § 25, 45 ff. Jeweils ergänzt durch § 2 der Verordnung über die Zuweisung von Aufgaben und Befugnissen einer Entschädigungseinrichtung an die Entschädigungseinrichtung des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands GmbH v 24.8.1998, BGBl I 2390 bzw der Verordnung über die Zuweisung von Aufgaben und Befugnissen einer Entschädigungseinrichtung an die Ent-

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schädigungseinrichtung deutscher Banken GmbH v 24.8.1998, BGBl I 2391. Gesetz über die Zertifizierung von Altersvorsorgeverträgen (Altersvorsorgeverträge-Zertifizierungsgesetz – AltZertG) v 26.6.2001, BGBl I 1310, 1322. Gesetz über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter (Pflichtversicherungsgesetz – PflVG) in der Fassung der Bekanntmachung v 5.4.1965, BGBl I 213. Verordnung über den Entschädigungsfonds für Schäden aus Kraftfahrzeugunfällen v 14.12.1965, BGBl I 1965, 2093. MK/Stein2 § 181, 44; Hüffer9 § 181, 14. Art 5 Nr 3 lit c des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) v 23.10.2008, BGBl I 2026.

§ 222

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

als Tatbestandsmerkmal enthielten (§ 217 Abs 2 S 5 aF, § 228 Abs 2 S 2 aF, § 234 Abs 3 S 2 aF), vergaß man. Der Bundesrat und ihm folgend der Rechtsausschuss137 erkannten dies und der Gesetzgeber beseitigte dieses Versäumnis mit dem ARUG138. Die in der vorigen Randnummer genannten Vorschriften, die eine staatliche Genehmigung der Errichtung der Gesellschaft oder der Satzungsänderung vorsehen, blieben unverändert. Welche Rechtsfolgen der Gesetzgeber für den Fall vorsieht, dass die staatliche Genehmigung versagt wird, kann man den Gesetzgebungsmaterialien leider nicht entnehmen139. Dass der Gesetzgeber nur das Erfordernis der Vorlage der staatlichen Genehmigung abschaffte, die aufsichtsrechtlichen Genehmigungserfordernisse aber weiterbestehen ließ, kann daher nur bedeuten, dass die Genehmigung künftig nicht mehr Wirksamkeitsvoraussetzung für die Änderung der gesellschaftsrechtlichen Rechtslage ist140. Die Verzahnung von Aufsichtsrecht und Gesellschaftsrecht wurde abgeschafft. Die GmbH und auch die AG, deren Betrieb beispielsweise nach VAG genehmigungspflichtig ist, wird also wirksam errichtet; ihr kann aber später der Geschäftsbetrieb untersagt werden, wenn die aufsichtsrechtlichen Voraussetzungen der Geschäftsaufnahme fehlen. Gleiches muss auch für Satzungsänderungen und insbesondere Kapitalherabsetzungen gelten, wenn die Aufsicht zu dem Ergebnis kommt, dass diese den weiteren Geschäftsbetrieb oder andere aufsichtsrechtliche Erfordernisse gefährden. Allerdings finden sich in zahlreichen öffentlich-rechtlichen Gesetzen zum Teil Bestim66 mungen, die eine Eintragung in ein Register vom Vorliegen bestimmter Voraussetzungen abhängig machen (zB § 43 Abs 1 KWG), wonach eine Eintragung in öffentliche Register nur erfolgen darf, wenn die Zulassung des Instituts durch die BaFin gem § 32 KWG nachgewiesen ist. Bei Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit muss die aufsichtsrechtliche Genehmigung einer Auflösung gem § 43 Abs 2 VAG nachgewiesen werden, bevor die Auflösung eingetragen werden darf. In derartigen Fällen141 gilt die alte Rechtslage fort, wonach die öffentlich-rechtliche Genehmigung Wirksamkeitsvoraussetzung ist. Der Registerrichter hat diese Voraussetzungen dann bei der Eintragung der Gründung oder Satzungsänderung zu prüfen. Für den Bereich der Kapitalherabsetzung besonders relevant sind erhöhte Mindestkapitalvorschriften des Aufsichtsrechts, deren Vorliegen vom Registerrichter zu berücksichtigen ist (zB §§ 2 Abs 4, 15 Abs 2 Nr 3 UBGG). 2. Anzeigepflichten

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Kapitalanlagegesellschaften unterliegen sowohl der Kontrolle durch die BaFin als auch einer Kontrolle durch die Depotbank, die zum Schutze der Anleger das Verhalten der Investmentgesellschaft überwacht (§§ 20 ff InvG). Satzungsänderungen sind unverzüglich der BaFin anzuzeigen (§ 7 Abs 5 InvG142). Die Wirksamkeit der Satzungsänderung hängt von der Zustimmung der Depotbank ab (§ 26 Abs 1 Nr 5 InvG, vgl a § 68

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Stellungnahme des Bundesrats zum RegE ARUG, BR-Drucks 847/1/08, S 10 f; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum ARUG, BT-Drucks 16/13098, S 27 f, 58 (zu Nummer 24a) 59 (zu den Nummern 34b, 34c und 34d). Art 1 Nrn 24a, 34a bis 34d des Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrichtlinie (ARUG) v 30.7.2009, BGBl I 2479.

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RegE MoMiG, BT Drucks. 16/6140, S 34 (zu Doppelbuchstabe cc). So auch Lutter/Hommelhoff/Bayer GmbHG17 § 8, 7; Leitzen GmbHR 2009, 480, 481. Weitere Fälle bei Leitzen GmbHR 2009, 480, 481 ff. Investmentgesetz (InvG) v 15.12.2003, BGBl I 2676.

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Voraussetzungen

§ 222

Abs 1 S 1 InvG)143. Die Depotbank hat der Änderung zuzustimmen, wenn sie mit den Zielen und Vorgaben des InvG und mit den Vertragsbedingungen übereinstimmen. Ohne deren Zustimmung ist die Satzungsänderung unwirksam144. Stimmt die Depotbank einer Verfügung zu, obwohl dies nicht der Fall ist, berührt dies die Wirksamkeit der Verfügung oder Änderung nicht (§ 26 Abs 2 S 1 InvG). Für Investmentaktiengesellschaften gilt der Genehmigungsvorbehalt entsprechend (§ 99 Abs 3 S 1 InvG). Die Anzeigepflicht gegenüber der BaFin ist hier an das Unterschreiten bestimmter Schwellenwerte gekoppelt (§ 96 Abs 6 InvG). Im Unterschied dazu sieht das Aufsichtsrecht bei Kredit- und Finanzdienstleistungs- 68 instituten lediglich eine Anzeigepflicht vor, wenn das Kapital der Gesellschaft unter das aufsichtsrechtliche Mindestkapital fällt (§ 24 Abs 1 Nr 10 KWG). Über Satzungsänderungen hat der Prüfer der BaFin zu berichten (§ 5 Abs 1 Nr 1 PrüfbV145). Unternehmensbeteiligungsgesellschaften müssen jede Satzungsänderung anzeigen (§ 21 Abs 1 Nr 1 UBGG146). Die Verletzung der Anzeigepflicht hat keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit der Kapitalherabsetzung der Aktiengesellschaft.

X. Aufhebung oder Änderung des Beschlusses Wurde der Kapitalherabsetzungsbeschluss bereits in das Handelsregister eingetragen, 69 ist er nach § 224 wirksam, so dass seine Aufhebung eine Satzungsänderung darstellt und daher die Anforderungen des § 222 erfüllen muss. Streitig ist, ob seine Aufhebung vor Eintragung ebenfalls diese Voraussetzungen erfüllen muss147 oder ob hier eine einfache Mehrheit ausreicht148. Für das Erfordernis einer qualifizierten Mehrheit spricht sicherlich der Gedanke, dass der actus contrarius denselben Anforderungen genügen muss wie der ursprüngliche Beschluss. Allerdings würde man damit die eindeutige gesetzliche Anordnung der §§ 181 Abs 3, 224 ignorieren, wonach die Satzungsänderung erst mit Eintragung wirksam wird. Damit sind die Anforderungen an Satzungsänderungen nicht zu beachten. Die erhöhten Anforderungen an eine Satzungsänderung beruhen zudem auf der Erwägung, dass der bisherige Konsens über die Grundlagen der Gesellschaft verlassen wird und daher die Satzungsänderung einer besonderen Rechtfertigung bedarf, die

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Diese Vorschrift geht auf § 31a Abs 2 S 1 KAGG zurück, der durch Art 4 Nr 35 des 3. Finanzmarktförderungsgesetzes v 24.3.1998, BGBl I 529, eingeführt wurde. Leider schweigen die Materialien zu der Frage der genauen Wirkung dieses Vorbehalts, vgl Begr RegE zum 3 FFG, BT-Druck 13/8933, S 120 sowie RegE zum InvG, BR-Drucks 609/03, S 195. Lindner-Figura in Brinkhaus/Scherer KAGG, AuslInvG, § 31a, 3, 5. Verordnung über die Prüfung der Jahresabschlüsse und Zwischenabschlüsse der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute und über die Prüfung nach § 12 Abs 1 Satz 3 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften sowie die darüber zu erstel-

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lenden Berichte (Prüfungsberichtsverordnung – PrüfbV) v 17.12.1998, BGBl I 3690. Gesetz über Unternehmensbeteiligungsgesellschaften in der Fassung der Bekanntmachung v 9.9.1998, BGBl I 2765. Hüffer 9 16 (der allerdings damit seiner Kommentierung bei § 179, 40 widerspricht); K Schmidt/Lutter/Veil 2 22; Tielmann in Happ AktienR2 14.01, 10; GK AktG/Schilling 2 § 195, 7a; GK AktG/Barz 3 § 119, 16; Schlegelberger/Quassowski3 § 148, 5. KK/Zöllner 2 § 179, 162; KK/Lutter 2 55; Baumbach/Hueck13 § 181, 4; Godin/Wilhelmi 4 § 181, 10; Wiedemann § 179, 183, § 181, 44; MK/Oechsler2 28; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 37.

§ 222

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

durch erhöhte Mehrheitserfordernisse sichergestellt werden soll. Die Aufhebung eines satzungsändernden Beschlusses führt demgegenüber eine Rückkehr zur bisherigen Fassung der Satzung herbei, die bereits von den Aktionären gebilligt war149. Auch überzeugt das Argument, die einfache Mehrheit dürfe nicht den Willen einer qualifizierten Mehrheit durchkreuzen, nicht, denn die frühere qualifizierte Mehrheit hat ihre Mehrheit gerade eingebüßt und ist nun die Minderheit. Im Ergebnis kann daher der satzungsändernde Beschluss vor seiner Eintragung ins Handelsregister mit einfacher Mehrheit aufgehoben werden. Eine Änderung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses unterliegt – sowohl vor als auch 70 nach der Eintragung des Beschlusses in das Handelsregister – den gleichen Anforderungen wie seine ursprüngliche Verabschiedung (zu Einladung und Beschlusserfordernissen s o 12 ff), da es sich um eine (weitere) Satzungsänderung handelt150. Deshalb sind insbesondere die erhöhten Mehrheitserfordernisse zu beachten.

XI. Beschlussmängel 71

Wird bei der Kapitalherabsetzung das gesetzliche Mindestgrundkapital unterschritten, ohne dass zugleich eine Kapitalerhöhung beschlossen wird (§ 228), ist der Beschluss nach § 241 Nr 3 nichtig (s o 22, 59). Gleiches gilt für den Fall der Unterschreitung des auf eine Aktie entfallenden Mindestbetrags von einem Euro (s o 59)151. Nimmt die Gesellschaft einen Kapitalschnitt vor und werden die entsprechenden Beschlüsse und deren Durchführung nicht innerhalb von sechs Monaten eingetragen, sind sie nichtig (s o 59). Nichtig ist zudem ein Beschluss, bei dem die Hauptversammlung die Höhe der Kapitalherabsetzung in das Ermessen des Vorstands stellt (s o 23). Gleiches gilt für einen Beschluss, durch den unzulässiger wirtschaftlicher Zwang zur Zuzahlung ausgeübt wird (s Vor § 222, 18) oder in dem die gläubigerschützende Frist des § 225 Abs 1 S 1 (Sperrhalbjahr) verkürzt wird (s § 225, 34). Eine Verletzung der Vorschriften über die Einladung, die Beschlussformalitäten (s o 72 12 f) sowie die nach Abs 1 vorgeschriebenen Mehrheiten (s o 17 ff) führt zur Anfechtbarkeit des Beschlusses152. Gleiches gilt für eine Verletzung des Gleichhandlungsgrundsatzes (s o 30). Zur Frage der Zulässigkeit der Auslosung s o 33. Fehlt ein Sonderbeschluss nach Abs 2 oder nach § 141, ist der Kapitalherabsetzungs73 beschluss schwebend unwirksam; bei Ablehnung durch eine Aktiengattung wird er endgültig unwirksam. Wurde ein Kapitalherabsetzungsbeschluss trotz fehlender Zustimmung aller Aktiengattungen eingetragen, tritt mit Ablauf von drei Jahren Heilung analog § 242 Abs 2 S 1 ein (s o 39). Ein Fall der schwebenden bzw endgültigen Unwirksamkeit wurde bislang auch angenommen, wenn die Kapitalherabsetzung einer staatlichen Genehmigung oder der Genehmigung einer Depotbank bedurfte und diese noch aussteht oder abgelehnt wurde; diese Rechtslage ist jedoch inzwischen überholt (s o 64 f). Die bloße Verletzung von aufsichtsrechtlichen Anzeigepflichten hat ebenfalls keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Beschlusses (s o 68). 149

150

Gerade dieser Aspekt müsste die noch bestehenden Bedenken von MK/Oechsler 2 28, ausräumen, eine einfache Mehrheit könne eine zentrale Kapitalmaßnahme verhindern. Hüffer9 16; KK/Lutter 2 18, 55; MK/Oechsler 2 28.

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Der BGH AG 1992, 27, hat klargestellt, dass ein Verstoß gegen § 8 Abs 2 S 4 (Nennbeträge müssen auf volle Euro lauten) keine Nichtigkeit zur Folge hat. KK/Lutter 2 36.

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Voraussetzungen

§ 222

Eine Anfechtbarkeit des Kapitalherabsetzungsbeschlusses ist auch in folgenden Fällen 74 gegeben: Fehlen der konkreten Angabe des Zwecks der Kapitalherabsetzung (s o 44), Bestehen einer anfänglichen erkennbaren Unmöglichkeit des im Kapitalherabsetzungsbeschluss angegebenen Zwecks (s o 45), Verstoß gegen das Subsidiaritätsprinzip (s o 55) sowie Fehlen der Angabe über die Art der Durchführung der Kapitalherabsetzung (s o 60).

XII. Kapitalherabsetzung während der Liquidation und der Insolvenz Eine Kapitalherabsetzung ist auch im Stadium der Liquidation möglich153. Allerdings 75 ist § 272 neben § 225 zu beachten, damit der Gläubigerschutz nicht unterlaufen wird154. Wenn aber das Sperrjahr zu beachten ist, kann die Kapitalherabsetzung gerade nicht zu einer vorzeitigen Vermögensverteilung genutzt werden, was jedoch vom Schrifttum als Zweck einer Kapitalherabsetzung während der Liquidation angegeben wird155. Denkbar ist aber eine Kapitalherabsetzung mit anschließender Kapitalerhöhung, wenn sich die Gesellschafter zu einer Fortsetzung der Gesellschaft entschließen (§ 274). Auch kann im Einzelfall zur Erleichterung des Liquidationsverfahrens eine Einziehung von Aktien geboten sein156. Auch im Insolvenzverfahren ist eine Kapitalherabsetzung zulässig157. Da während des 76 Insolvenzverfahrens Ausschüttungen an die Aktionäre nicht erfolgen dürfen, ist nur eine Kapitalherabsetzung zum Zwecke der Sanierung zulässig. Möglich ist daher sowohl eine Kapitalherabsetzung mit anschließender Kapitalerhöhung als auch eine vereinfachte Kapitalherabsetzung158. Der BGH hat dies in der Sachsenmilch-Entscheidung klargestellt. Im konkreten Fall ließen sich die Voraussetzungen der gesetzlichen Vergleichsquote nicht anders erreichen. Die Gläubiger verzichteten außergerichtlich auf einen Teil ihrer Forderungen, bis das Vergleichsangebot den gesetzlichen Mindestvoraussetzungen entsprach. Anschließend übernahm ein Gläubiger die AG, um den steuerlichen Verlustvortrag von rund 250 Mio DM nutzen zu können.

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LG Hannover AG 1995, 285 „Brauhaus Wülfel“ mit zust Anm Trapp WuB II A § 222 AktG 1.96; Spindler-Stilz/MarschBarner 2 § 229, 31; Wiedemann § 179, 168 sowie Hüffer 9 24, § 264, 16; K Schmidt/ Lutter/Veil 2 37; MK/Hüffer 2 § 264, 30; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 18; ebenso die hM zur GmbH OLG Frankfurt NJW 1974, 463; Ulmer/Habersack/Winter/Casper § 58, 37; Scholz/Priester10 § 58, 45; aA KK/Lutter 2 52. Hüffer 9 24; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 18; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 45; Terbrack RNotZ 2003, 89, 91. MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 18. Deshalb hat KK/Lutter 2 52, Recht, wenn er die diesbezügliche Diskussion als Scheinproblem kennzeichnet; s a MK/Oechsler 2 § 229, 30.

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Rolf Sethe

KK/Lutter 2 52; MK/Oechsler 2 § 229, 30. S a BGH AG 2006, 887, wonach auch ein Squeeze Out während der Liquidation zulässig ist. MK/Oechsler 2 § 229, 31; K Schmidt/Lutter/ Veil2 38; Scholz/K Schmidt10 Vor § 64, 109; aA Baumbach/Hueck13 Vor § 179, 2 aE; Wiedemann § 179, 168 aE. BGHZ 138, 71, 78 ff = NJW 1998, 2054, 2055 ff „Sachsenmilch“; Hüffer 9 24; MK/Hüffer 2 § 264, 77; MK/Oechsler 2 § 229, 31; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 18; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 45, § 229, 32; Mennicke Anm zu BGHZ 138, 71 „Sachsenmilch“, NZG 1998, 549, 550; Terbrack RNotZ 2003, 89, 91; Wirth DB 1996, 867, 869 f; enger KK/Lutter 2 53 (zulässig nur Kapitalherabsetzung mit anschließender Kapitalerhöhung).

§ 223

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

§ 223 Anmeldung des Beschlusses Der Vorstand und der Vorsitzende des Aufsichtsrats haben den Beschluß über die Herabsetzung des Grundkapitals zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden.

Übersicht Rn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . . II. Normzweck . . . . . . . . . . . III. Anmeldung . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsnatur und Zuständigkeit 2. Anmeldende . . . . . . . . . 3. Pflicht zur Anmeldung . . . . 4. Form, Inhalt und Anlagen . . 5. Zurückstellung und Rücknahme der Anmeldung . . . . . . . . IV. Maßnahmen des Registergerichts . 1. Prüfung der Voraussetzungen .

. . . . . . .

. . . . . . .

. . . . . . .

Rn

1 2–3 4–14 4–5 6–7 8–10 11–13

2. 3.

4. . . . 14 . . . 15–30 . . . 15–22

5.

a) Prüfungspflicht . . . . . . . . . b) Mängel des Hauptversammlungsbeschlusses . . . . . . . . . . . Verfügung des Gerichts . . . . . . . Eintragung und Bekanntmachung . . a) Eintragung in das Handelsregister b) Bekanntmachung . . . . . . . . Rechtsmittel gegen fehlerhafte Eintragungen . . . . . . . . . . . . . . . Kosten . . . . . . . . . . . . . . .

15–16 17–22 23 24 24–25 26–28 29 30

Schrifttum Bärmann Freiwillige Gerichtsbarkeit und Notarrecht, 1968, § 48 II; Baums Eintragung und Löschung von Gesellschafterbeschlüssen, 1981; Bokelmann Eintragung eines Beschlusses: Prüfungskompetenz des Registerrichters bei Nichtanfechtung, rechtsmissbräuchlicher Anfechtungsklage und bei Verschmelzung, DB 1994, 1341; Böttcher/Ries Formularpraxis des Handelsregisterrechts, 2003; Brand Das Prüfungsrecht und die Prüfungspflicht des Registerrichters, ZBlHR 1928, 97; Gustavus Handelsregister-Anmeldungen, 7. Aufl 2009; Keidel FamFG, 16. Aufl 2009; Keidel/Krafka/Kühn Registerrecht, 8. Aufl 2010; Lutter Die Eintragung anfechtbarer Hauptversammlungsbeschlüsse im Handelsregister, NJW 1969, 1873; ders Die entschlußschwache Hauptversammlung, FS Quack, 1991, 301; Menold Das materielle Prüfungsrecht des Handelsregisterrichters, Diss Tübingen 1966; Säcker Inhaltskontrolle von Satzungen mitbestimmter Unternehmen durch das Registergericht, FS Stimpel, 1985, 867; Schrader Die Prüfungspflicht des Registerrichters, Diss Greifswald 1929; Weiss Kombinierte Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln mit nachfolgender ordentlicher Kapitalherabsetzung – ein Instrument flexiblen Eigenkapitalmanagements der Aktiengesellschaft, BB 2005, 2697; Willer/Krafka Die elektronische Einreichung von Handelsregisteranmeldungen aus Sicht der Registerpraxis, DNotZ 2006, 885; Winkler Anmeldung der Änderung der GmbH-Satzung, NJW 1980, 2683. Vgl auch die Schrifttumsnachweise Vor § 222.

I. Gesetzesgeschichte 1

Die Vorschrift entspricht sachlich § 176 AktG 1937 1. Lediglich das Wort „Stellvertreter“ findet keine Erwähnung mehr, denn die Zuständigkeit des Stellvertreters des Aufsichtsratsvorsitzenden ist nun in § 107 Abs 1 S 3 allgemein geregelt2. Die Vorschrift wurde seit 1965 nicht verändert. Sie hat aber indirekt weit reichende Änderungen durch die Einführung des elektronischen Handelsregisters zum 1.1.2007 erfahren3.

1 2

Zur Geschichte der Kapitalherabsetzung im Allgemeinen s Vor § 222, 73 ff. Kropff AktG 1965, S 317.

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Gesetz über das elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) v 10.11.2006, BGBl

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Anmeldung des Beschlusses

§ 223

II. Normzweck Die Vorschrift regelt die Anmeldung der Kapitalherabsetzung zur Eintragung ins 2 Handelsregister. Mit der Anmeldung wird dem Registergericht eine vorgeschaltete Kontrolle ermöglicht. Kommt das Registergericht zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen der Kapitalherabsetzung vorliegen, wird es diese eingetragen. Die Eintragung hat konstitutive Wirkung (§ 224). Von der Anmeldung der Herabsetzung des Grundkapitals ist die Anmeldung und Eintragung der Durchführung dieser Herabsetzung zu unterscheiden (§ 227), der lediglich deklaratorische Wirkung zukommt. Beide Anmeldungen können miteinander verbunden werden (§ 227 Abs 2). Mit dem Beschluss über die Kapitalherabsetzung wird die Satzungsbestimmung geän- 3 dert, in der die Höhe des Grundkapitals festgesetzt ist, so dass die Anmeldung der Kapitalherabsetzung gleichzeitig die Anmeldung der Änderung dieser Satzungsbestimmung bedeutet. Daher ist der Gesetzeswortlaut der Vorschrift missverständlich4. Anzumelden ist die Satzungsänderung, nicht der Beschluss über die Satzungsänderung. Dies zeigt ein Blick auf die parallele Vorschrift des § 181 Abs 1. Damit unterscheidet sich die ordentliche Kapitalherabsetzung von der regulären Kapitalerhöhung, bei der in der Tat nur der Beschluss anzumelden ist, da dort erst die Eintragung der Durchführung konstitutiv wirkt (§ 189). Musste aufgrund der Kapitalherabsetzung auch der übrige Satzungstext angepasst werden (s Vor § 222, 34 f), ist eine separate Anmeldung dieser Satzungsänderung(en) erforderlich (§ 181). Da für diese Textänderungen die Kapitalherabsetzung Voraussetzung ist, muss diese Anmeldung mit der der Kapitalherabsetzung nach § 223 verbunden werden. Hierfür spricht auch der Umstand, dass die konstitutive Wirkung der Eintragung der Satzungsänderung über die Kapitalherabsetzung die Vorlage einer berichtigten Satzung erfordert (§ 181 Abs 1 S 2)5.

I 2553. Dazu etwa Leuering/Simon EHUG – Umfassende Transparenz von Unternehmensdaten, NJW Spezial 2006, 555; Liebscher/ Scharff Das Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister, NJW 2006, 3745; Meyding/Bödeker Gesetzentwurf über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG-E) – Willkommen im Online-Zeitalter!, BB 2006, 1009; Noack Das EHUG ist beschlossen – elektronische Handels- und Unternehmensregister ab 2007, NZG 2006, 801; Schmidt Digitalisierung der Registerführung und Neuregelung der Unternehmenspublizität: Was bringt das EHUG?, DStR 2006, 2272; Seibert/Decker Das Gesetz über elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregi-

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ster (EHUG) – Der „Big Bang“ im Recht der Unternehmenspublizität, DB 2006, 2446; Willer/Krafka DNotZ 2006, 885. Dem EHUG war die Einführung der §§ 39a, 42 Abs 4 BeurkG durch Art 8 Nrn 2, 3 des Gesetzes über die Verwendung elektronischer Kommunikationsformen in der Justiz (Justizkommunikationsgesetz – JKomG), BGBl 2005 I 837, vorausgegangen; dazu etwa Gassen/Wegerhoff Elektronischer Rechtsverkehr mit „SigNotar“ und „StrADa“, ZNotP 2005, 413; Malzer Elektronische Beglaubigung und Medientransfer durch den Notar nach dem Justizkommunikationsgesetz, DNotZ 2006, 9; Püls Notarielle Tätigkeit im Lichte des Justizkommunikationsgesetzes, NotBZ 2005, 305. Ebenso KK/Lutter 2 10. Hüffer 9 1; wohl auch KK/Lutter 2 6.

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§ 223

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

III. Anmeldung 1. Rechtsnatur und Zuständigkeit Die Anmeldung zum Handelsregister ist Verfahrenshandlung und – je nach Einzelfall – auch Organisationsakt, aber kein Rechtsgeschäft6. Bedingungen und Befristungen sind daher ebenso unzulässig wie die Geltendmachung von Willensmängeln. Die Vorschriften über Rechtsgeschäfte finden jedoch Anwendung, soweit sie inhaltlich übertragbar sind. So ist es nach § 130 Abs 2 BGB unmaßgeblich, ob die anmeldende Person nach der Anmeldung geschäftsunfähig wird oder stirbt7. Für die Anmeldung ist das Amtsgericht (§§ 8 Abs 1 HGB, § 23a Abs 1 Nr 2, Abs 2 5 Nr 3 GVG, § 376 Abs 1 FamFG) sachlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem Sitz der Gesellschaft (§ 14), wobei die Zuständigkeit auf das Amtsgericht am Sitz des Landgerichts konzentriert ist (§ 376 Abs 1 FamFG), sofern nicht das Landesrecht oder die Vereinbarung mehrerer Bundesländer eine abweichende örtliche Zuständigkeit begründet (§ 376 Abs 2 FamFG). Hat die Gesellschaft einen Doppelsitz8, ist die Satzungsänderung bei jedem der zuständigen Amtsgerichte anzumelden9. Zweigniederlassungen der Gesellschaft werden nur noch beim Register am Sitz der Gesellschaft geführt (§ 13 Abs 1 HGB)10. Die Satzungsänderung muss daher nicht mehr in das Register der Zweigniederlassung eingetragen werden. Die früher in § 13c Abs 4 HGB aF enthaltene Verpflichtung, so viele Stücke der Anmeldung nebst Anlagen beizufügen, wie Zweigniederlassungen vorhanden sind, ist daher entfallen11. Funktional zuständig ist der Richter, bei bloßen Fassungsänderungen der Rechtspfleger (§ 17 Nr 1 lit b RPflG).

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2. Anmeldende

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Die Anmeldung erfolgt nicht in eigenem Namen, sondern im Namen der Gesellschaft12, denn es handelt sich um eine auf Eintragung mit konstitutiver Wirkung gerichtete Anmeldung. Anmeldende ist in einem derartigen Falle daher die Gesellschaft selbst, vertreten durch ihre Organe. Bei Ablehnung der Eintragung ist sie beschwert und daher auch beschwerdeberechtigt (§ 59 Abs 2 FamFG). Weiterhin stellt sich die Frage, ob die anmeldenden Organmitglieder mit dem Namen der Firma unterzeichnen dürfen oder (unter Wahrung des Offenkundigkeitsgrundsatzes) nur mit ihrem eigenen Namen13. Weil

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BayObLGZ 1985, 82, 83, 87; Hüffer 9 2 iVm § 36, 2; GK HGB/Hüffer 4 § 8, 42 f; Ulmer/ Ulmer § 7, 19; aA KK/Lutter 2 7; Lutter/ Hommelhoff/Bayer GmbHG17 § 7, 1 (jeweils Verfahrenshandlung); Schlegelberger/Hildebrandt HGB5 § 12, 10 (Rechtsgeschäft). OLG Dresden OLGR 4, 22, 23; s Röhricht § 36, 29. Dazu Brändel § 5, 29 ff; Hüffer 9 § 5, 10. Hüffer9 § 36, 2. Nach Art 61 Abs 6 EGHGB werden die Registerakten der auf der Grundlage der §§ 13 bis 13c HGB aF eingetragenen Zweigniederlassungen beim Gericht der Zweigniederlassung geschlossen. Es wird von Amts

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wegen der Vermerk eingetragen, dass die Eintragungen nur noch bei dem Gericht des Hauptsitzes fortgeführt werden. Art 1 Nr 4 des EHUG (s o 1 Fn 3). BGHZ 105, 324, 328 = NJW 1989, 295 – zur GmbH; Wiedemann § 181, 7; Hefermehl/ Bungeroth in Geßler/Hefermehl § 181, 9; Henn HdB AktienR7 199, 478; Hüffer 9 3, § 181, 4; MK/Stein2 § 181, 9; KK/Lutter 2 § 184, 5 und wohl auch § 223, 5; KK/Zöllner 2 § 181, 3; Ulmer/Habersack/ Winter/Casper § 78, 12; aA KGJ 41, 134, 135 – zur AG; Wiedemann Voraufl § 181, 1. Baumbach/Hueck13 § 181, 2; Hüffer 9 § 181, 4; KK/Zöllner 2 § 181, 3; KK/Lutter 2 4.

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Anmeldung des Beschlusses

§ 223

die Anmeldung notariell zu beglaubigen ist, kommt es auf die §§ 129 BGB, 39 bis 40 BeurkG an. Die öffentliche Beglaubigung bezeugt die Echtheit der Unterschrift oder des Handzeichens. Es ist anerkannt, dass bei einer Beglaubigung der Unterschrift eines Kaufmanns die Unterzeichnung mit dem Namen der Firma zulässig ist14. Auch bei Beglaubigungen darf der Vertreter nicht nur mit dem eigenen, sondern auch mit dem Namen des Vertretenen unterzeichnen15. Nicht zuletzt auch aus diesem Grund muss im Beglaubigungsvermerk die Person bezeichnet werden, die die Unterschrift vor dem Notar vollzogen oder anerkannt hat (§ 40 Abs 3 BeurkG)16. Dies genügt dem mit § 12 Abs 1 S 1 HGB verfolgten Zweck der beglaubigten Anmeldung. Daneben sah § 12 Abs 1, 2. Alt HGB aF auch die persönliche Zeichnung vor. Gemeint waren jedoch Fälle, in denen es dem Gesetz gerade auf eine persönliche Unterschrift ankam (vgl §§ 37 Abs 5 aF, 81 Abs 4 aF17). Eine solche Anordnung der persönlichen Zeichnung trifft § 223 gerade nicht, weshalb dies auch dafür spricht, dass die Anmeldenden mit dem Namen der Firma oder mit ihrem eigenen Namen unterzeichnen können. An diesem Ergebnis änderte im Übrigen auch die Ordnungsvorschrift des § 79 aF nichts. Zwar mussten danach die Anmeldenden deutlich machen, dass sie für die AG handeln und mit ihrem Namenszug unterschreiben. Allerdings war auch dort anerkannt, dass das Organmitglied den Namen des Vertretenen benutzen darf 18. Die Anmeldung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses erfolgt durch das gesetzliche 7 Vertretungsorgan sowie den Aufsichtsratsvorsitzenden oder bei dessen Verhinderung seinen Stellvertreter (§ 107 Abs 1 S 3). Bei der AG ist zur Anmeldung also der Vorstand in vertretungsberechtigter Zahl (§ 78)19 verpflichtet; bei der KGaA handeln die vertretungsberechtigten Komplementäre in entsprechender Zahl (§ 283 Nr 1). Sofern bei der Gesellschaft eine unechte Gesamtvertretung (§ 78 Abs 3) vorgesehen ist, darf auch ein Prokurist bei der Anmeldung mitwirken20. Denn bei der unechten Gesamtvertretung gilt gerade nicht die Beschränkung des § 49 Abs 1 HGB auf Geschäfte, die der Betrieb des Handelsgewerbes mit sich bringt 21. Im Abwicklungsstadium treten die Abwickler an die Stelle des Vorstands (§ 269). Wie § 12 Abs 1 S 2 HGB zeigt, ist bei Beachtung der Form auch eine rechtsgeschäftliche Bevollmächtigung Dritter – auch eines Prokuristen – zulässig22. Damit unterscheidet sich die Vorschrift von § 184. Dort ist wegen der strafrecht-

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MK/Einsele 5 § 129 BGB, 5; Staudinger/Hertel § 129 BGB, 66. BGHZ 45, 193, 195 f = NJW 1966, 1069 f; RGZ 74, 69, 72 f; 81, 1, 2 f; Soergel/Hefermehl 13 § 126 BGB, 18; Palandt/Ellenberger70 § 129 BGB, 9, § 126 BGB, 8; Larenz/Wolf BGB AT 9 § 27, 39; Huhn/von Schuckmann Beurkundungsgesetz und Dienstordnung für Notare4 § 40, 9; Winkler Beurkundungsgesetz16 § 40, 31; aA Holzhauer Die eigenhändige Unterschrift – Geschichte und Dogmatik des Schriftformerfordernisses im deutschen Recht, 1973, S 135 ff, 205. Zweifelnd auch MK/Einsele5 § 129 BGB, 5. Winkler Beurkundungsgesetz16 § 40, 31. Die Vorschriften wurden durch Art 9 Nrn 1 lit b, 6 des EHUG (o 1 Fn 3) gestrichen, da sich künftig ohnehin die Signatur nach dem Signaturgesetz durchsetzen werde und ein-

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gescannte Unterschriften keine Gewähr für die Überprüfung ihrer Echtheit böten, vgl RegBegr zum EHUG, BR-Drucks 942/05, S 116. S Habersack § 79, 8 und MK/HefermehlSpindler 2 § 79, 3; KK/Mertens 2 § 79, 4; Hüffer 8 § 79, 3 mwN. KG KGJ 41 A 134, 135; KK/Lutter 2 2; Hüffer 9 3; MK/Oechsler 2 2. KG JW 1938, 3121; KK/Lutter2 2; Hüffer 9 3; Wiedemann § 181, 8. Aus diesem Grund ermächtigt die Prokura gerade nicht zu Grundlagengeschäften und zu Anmeldungen zum Handelsregister, vgl BGHZ 116, 190, 193 = NJW 1992, 975 mit zust Anm Joost ZIP 1992, 463; Baumbach/ Hopt HGB34 § 49, 2. KK/Lutter 2 2; Hüffer9 3; MK/Oechsler 2 2; Terbrack RNotZ 2003, 89, 96.

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§ 223

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

lichen Sanktion des § 399 Abs 1 Nr 4 eine Anmeldung durch Bevollmächtigte ausgeschlossen23. 3. Pflicht zur Anmeldung

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Die anmeldepflichtigen Personen sind der AG und den Aktionären gegenüber zur Anmeldung verpflichtet24. Auch wenn die Anmeldung eine Maßnahme der Geschäftsführung (§ 77) darstellt, haben die anmeldepflichtigen Personen keinen eigenen Ermessensspielraum oder gar das Recht, ihre Vorstellungen über die der Hauptversammlung zu setzen. Die Anmeldung hat unverzüglich zu erfolgen, es sei denn, die Hauptversammlung hat bestimmte Vorgaben beschlossen (s § 222, 61)25. Der Aufsichtsrat kann den Vorstand auf Anmeldung verklagen; ein Urteil wird nach § 894 ZPO vollstreckt26. Die unterlassene oder verspätete Anmeldung kann eine Schadensersatzpflicht nach §§ 93, 116 auslösen und die Abberufung nach §§ 84 Abs 3, 103 Abs 3 begründen27. Neben diese gesellschaftsrechtliche Pflicht tritt keine parallele öffentlich-rechtliche 9 Pflicht zur Anmeldung, denn die Anmeldung kann nicht im Wege des Zwangsgelds durchgesetzt werden, wie § 407 Abs 2 zeigt, der damit auch die Vorschrift des § 14 HGB verdrängt. Diese gesetzliche Entscheidung beruht auf dem Umstand, dass die Anmeldung allein im Interesse der Gesellschaft erfolgt und Interessen der Allgemeinheit nicht berührt sind28. Erkennbar nichtige Beschlüsse sind nicht anzumelden29. Hat der Vorstand Zweifel an 10 der Wirksamkeit, wird er die Satzungsänderung anmelden, aber den Registerrichter auf seine Zweifel aufmerksam machen. Anfechtbare Beschlüsse sind anzumelden30. Denn es ist offen, ob überhaupt eine Anfechtungsklage erhoben wird und wie diese ausgeht. Die Entscheidung darüber, ob die Kapitalherabsetzung eingetragen oder das Verfahren ausgesetzt wird (§ 21 Abs 1 FamFG), ist dem Registerrichter zu überlassen; seit Einführung des § 246a31 wird sie regelmäßig davon abhängen, ob die Gesellschaft ein Freigabeverfahren angestrengt hat und wie dieses ausgeht. Meldet der Vorstand die Kapitalherabsetzung nicht an, sondern wartet er den Ausgang des Prozesses ab, handelt er auf eigenes Risiko32. 4. Form, Inhalt und Anlagen

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Die Anmeldung ist nach § 12 HGB formgebunden. Sie muss elektronisch in öffentlich beglaubigter Form (§ 12 Abs 1 S 1 HGB iVm §§ 129 Abs 1 BGB, 39a BeurkG) vor-

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KK/Lutter 2 2, § 184, 5; Hüffer 9 3. BGH AG 1992, 27, 28; KK/Lutter 2 3; Hüffer 9 3; MK/Oechsler 2 3; etwas enger Schilling Voraufl 1 (der Gesellschaft verpflichtet). Wiedemann § 181, 9; Hüffer9 2; KK/Lutter 2 3; s a ders FS Quack, 1991, 301, 314 ff. S a BGH AG 1992, 27, 28 liSp, der dies für die Durchführung feststellt. Wiedemann § 181, 9; KK/Lutter 2 3. Hüffer 9 3; MK/Oechsler 2 3. Ebenso für § 181 Wiedemann § 181, 10. Wiedemann § 181, 9; KK/Zöllner2 § 181, 26;

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KK/Lutter 2 3; Hüffer9 § 181, 5; MK/Oechsler 2 3; Volhard Eigenverantwortlichkeit und Folgepflicht – Muß der Vorstand anfechtbare oder angefochtene Hauptversammlungsbeschlüsse ausführen und verteidigen?, ZGR 1996, 55, 59. Wiedemann § 181, 9; Hüffer 9 § 181, 5; MK/Oechsler 2 3. Eingefügt durch Art 1 Nr 23 des Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) v 22.9.2005, BGBl I 2802. Wiedemann § 181, 9; Hüffer9 § 181, 5.

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Anmeldung des Beschlusses

§ 223

genommen werden. Diese kann durch notarielle Beurkundung ersetzt werden (§ 129 Abs 2 BGB). Die Anmeldepflichtigen müssen die Anmeldung nicht gleichzeitig vornehmen, so dass eine getrennte Beglaubigung zulässig ist33. Da § 12 Abs 2 HGB verlangt, dass die Dokumente in elektronischer Form einzureichen sind, verweist die Vorschrift auf die Beglaubigung in der Form des § 39a BeurkG. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass bei Anmeldungen von Satzungsänderun- 12 gen, die einen der ins Handelsregister einzutragenden Gegenstände nach § 39 betreffen, eine bloße Bezugnahme auf die beigefügten Unterlagen nicht ausreicht. Vielmehr sind die geänderten Gegenstände zumindest schlagwortartig in der Anmeldung anzugeben34. Nicht erforderlich ist eine inhaltliche (wortgetreue) Wiedergabe der geänderten Satzungsbestimmungen. Zu den von § 39 erfassten Gegenständen zählt die Höhe des Grundkapitals, so dass diese Rechtsprechung auf § 223 anzuwenden ist (mögliche Formulierung: „Herabsetzung des Grundkapitals um …“). Um dem Registerrichter eine Prüfung zu ermöglichen, müssen die Anmeldenden die 13 dafür notwendigen Unterlagen einreichen. Mit der Anmeldung ist daher eine beglaubigte Abschrift des notariellen35 Protokolls (§ 130) über den Kapitalherabsetzungsbeschluss und ggf Sonderbeschlüsse nach § 222 Abs 2 oder § 141 in elektronischer Form einzureichen (§ 12 Abs 2 HGB). Sofern diese Unterlagen dem Registergericht bereits vorliegen (vgl §§ 130 Abs 5, 138 S 2), reicht eine Bezugnahme hierauf aus. Ist die Zustimmung von Aktionären nach § 180 erforderlich und ist sie nicht bereits in der Niederschrift des Hauptversammlungsbeschlusses enthalten, ist sie formfrei nachzuweisen, etwa durch Versicherung des Vorstands36. Stand die Kapitalherabsetzung unter einer Bedingung (zB freiwillige Zuzahlungen der Aktionäre), ist der Eintritt der Bedingung nachzuweisen37. Zudem ist der vollständige Satzungswortlaut und eine Bescheinigung des Notars nach § 181 Abs 1 S 2 beizufügen38. Wurde vom Aufsichtsrat eine Fassungsänderung nach § 179 Abs 1 S 2 vorgenommen, ist eine Niederschrift über den entsprechenden Beschluss des Aufsichtsrats beizufügen (§ 107 Abs 2). Außerdem muss der Hauptversammlungsbeschluss beigefügt werden, der den Aufsichtsrat zur Fassungsänderung ermächtigt, wenn die Ermächtigung nicht schon in der Satzung enthalten ist 39. Die vom Schrifttum bejahte, im Gesetz aber nicht ausdrücklich niedergelegte Pflicht des Gerichts, einzureichende Unterlagen aufzubewahren40, ist durch die Umstellung auf das elektronische Handelsregister entfallen41.

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Hüffer9 3, § 36, 2; KK/Lutter 2 5; MK/Oechsler 2 2. BGH WM 1987, 1100, 1101 – zur GmbH; ebenso Wiedemann § 181, 13; Hüffer9 § 181, 6. Die Ausnahme des § 130 Abs 1 S 3 ist nicht einschlägig, da die Kapitalherabsetzung eine Mehrheit von drei Vierteln erfordert (s § 222, 17). Wiedemann § 181 14; Hüffer 9 § 181, 11; MK/Stein 2 § 181, 35; KK/Zöllner 2 § 181, 14; aA RGZ 136, 185, 192 – zur GmbH. KK/Lutter 2 6, 14; MK/Oechsler 2 10; Grunewald Rückverlagerung von Entscheidungskompetenzen der Hauptversammlung auf

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den Vorstand, AG 1990, 133, 137; Lutter FS Quack, 1991, 301 ff. Mit dieser Auffassung widerspricht diese Ansicht allerdings ihren Ausführungen zur Eintragung eines solchen Beschlusses, s § 224, 6 mwN. Dazu Wiedemann § 181, 15 ff; KK/Lutter 2 6; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 31. MK/Stein 2 § 181, 33; Hüffer9 § 181, 11; KK/Zöllner 2 § 181, 11. Hüffer9 4. Vgl die Streichung aller vergleichbaren Aufbewahrungsvorschriften in den §§ 37 Abs 6, 188 Abs 5, 195 Abs 3, 201 Abs 4, 266 Abs 5 durch Art 9 Nrn 1 lit c, 9, 13 des EHUG (s o 1 Fn 3).

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§ 223

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

5. Zurückstellung und Rücknahme der Anmeldung

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Das Recht und die Pflicht zur Anmeldung entfallen, sobald der Hauptversammlungsbeschluss aufgehoben wurde (zur Aufhebung des Beschlusses s § 222, 69)42. Wurde die Anmeldung bereits eingereicht, ist diese zurückzunehmen; die Rücknahme ist bis zur Eintragung der Satzungsänderung jederzeit und ohne Begründung möglich43. In Ausnahmefällen kann die noch nicht erfolgte Anmeldung zurückgestellt oder eine bereits erfolgte Anmeldung zurückgenommen werden, wenn der Beschluss über die Kapitalherabsetzung noch nicht aufgehoben wurde, dies aber sehr wahrscheinlich passieren wird, da bereits eine entsprechende Hauptversammlung geplant ist44. Rücknahmeberechtigt sind Personen, die auch anmeldeberechtigt sind45. Dies bedeutet keine Personenidentität, so dass nicht unbedingt die Personen, die die Anmeldung vorgenommen haben, diese auch zurücknehmen müssen46. Da Dritte keinen Anspruch auf Umsetzung eines Hauptversammlungsbeschlusses haben, steht ihnen daher auch kein Schadensersatzanspruch zu, wenn die Anmeldung zurückgenommen wird47.

IV. Maßnahmen des Registergerichts 1. Prüfung der Voraussetzungen

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a) Prüfungspflicht. Auch wenn das Gesetz dies – im Gegensatz zu § 38 Abs 1 – nicht ausdrücklich ausspricht, ist anerkannt, dass das Registergericht die Anmeldung in formeller und materieller Hinsicht auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft48. Eine Zweckmäßigkeitsprüfung findet nicht statt49. Die Prüfungspflicht entfällt auch dann nicht, wenn eine öffentlich-rechtliche Genehmigung der Kapitalherabsetzung durch die BaFin (s § 222, 66) vorzulegen ist, denn die mit einem solchen Genehmigungsvorbehalt bezweckte Prüfung durch die BaFin verfolgt andere Zwecke50. Das Registergericht klärt zunächst seine Zuständigkeit, die Form, die Vollständigkeit 16 und Ordnungsmäßigkeit der elektronisch eingereichten Unterlagen sowie die Befugnis der anmeldenden Personen und ggf deren Vollmacht. Sodann ist das Registergericht zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der angemeldeten Satzungsänderung verpflichtet. Eine solche fehlt, wenn der Kapitalherabsetzungsbeschluss gegen Gesetz oder Satzung verstoßen hat. Das Gericht nimmt regelmäßig eine Plausibilitätsprüfung vor und wird nur bei Zweifeln eine genaue Untersuchung einleiten51. Dabei hat es von Amts wegen alle zur Feststellung der Tatsachen erforderlichen Ermittlungen vorzunehmen und die geeignet erscheinenden Beweise aufzunehmen (§ 29 FamFG).

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b) Mängel des Hauptversammlungsbeschlusses. Die Entscheidung des Registerrichters hängt von der Art und Schwere des Mangels des Hauptversammlungsbeschlusses ab. Die mittlerweile ganz herrschende Meinung differenziert zwischen nichtigen, unwirksa-

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MK/Oechsler 2 3. BGH NJW 1959, 1323; KG OLGR 43, 204, 205; Bärmann § 18; KK/Lutter 2 8; Hüffer 9 3; MK/Oechsler 2 3. KK/Lutter 2 8. Hüffer9 3 aE; KK/Lutter 2 8; Schilling Voraufl § 224, 4. KK/Lutter 2 8; Schilling Voraufl § 224, 4. Schilling Voraufl 1.

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Wiedemann § 181, 21; KK/Lutter 2 11; MK/Oechsler 2 6; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 32; Schilling Voraufl 3. Hüffer9 § 181, 12; MK/Stein2 § 181, 39. OLG Hamburg WM 1984, 1154, 1155; Hüffer 9 § 181, 12. Ebenso OLG Karlsruhe DB 2002, 889; Wiedemann § 181, 22; Hüffer 9 § 181, 12.

Stand: 31.12.2010

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Anmeldung des Beschlusses

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men und anfechtbaren Beschlüssen52. Ist der Beschluss über die Kapitalherabsetzung nichtig, muss das Gericht die Eintragung ablehnen53. Dies gilt für den Fall der Unterschreitung des gesetzlichen Grundkapitals, des Mindestbetrags der Aktien und den Fall, in dem die Hauptversammlung die Höhe der Kapitalherabsetzung in das Ermessen des Vorstands stellt (s § 222, 71). Auch die fehlende Ermächtigung zur Auslosung zählt hierzu (s § 222, 33). Bestehen Meinungsverschiedenheiten über das Vorliegen eines Nichtigkeitsgrunds, setzt das Registergericht gemäß § 21 Abs 1, 381 FamFG das Verfahren aus, setzt ggf eine Frist zur Klageerhebung und wartet die Entscheidung des Prozessgerichts ab. Zu beachten ist § 246a, so dass die Gesellschaft ein Freigabeverfahren anstrengen kann. Hat das Prozessgericht bereits die Nichtigkeit festgestellt, ist das Registergericht daran gebunden (§§ 248 Abs 1 S 1, 249 Abs 1). Wurde die Klage abgewiesen, besteht dagegen keine Bindungswirkung54, doch wird das Registergericht regelmäßig der Entscheidung des Prozessgerichts folgen. Ein endgültig unwirksamer Beschluss ist nicht eintragungsfähig (zu den Fällen der 18 Unwirksamkeit s § 222, 73)55, denn die Eintragung eines solchen Beschlusses berührt Gläubigerinteressen. Ist der Beschluss schwebend unwirksam (s § 222, 73), gibt der Richter durch Zwischenverfügung die Beibringung der Zustimmung oder Genehmigung auf (§ 25 Abs 1 S 1 HRV)56. Gleiches muss für die Gestaltung gelten, in der die Hauptversammlung die Höhe der Kapitalherabsetzung bestimmbar festgelegt hat, die Bestimmung aber zum Zeitpunkt der Anmeldung noch nicht erfolgt ist57. Auch hier ist eine Zwischenverfügung zu erlassen. Hiergegen ließe sich einwenden, auch eine bedingte Kapitalerhöhung dürfe unmittelbar eingetragen werden58; jedoch überzeugt dieser Hinweis nicht. Denn es handelt sich um eine gesetzliche Ausnahme, die auf drei Fälle beschränkt ist (§ 192) und deren weiteres Schicksal genau festgeschrieben ist (§ 201). Steht endgültig fest, dass die Bestimmung der Höhe der Kapitalherabsetzung nicht erfolgen kann (s § 222, 23), darf sie nicht eingetragen werden. Dies gilt auch für den Fall, dass die Kapitalherabsetzung deshalb überflüssig wird, weil die Aktionäre den kompletten Betrag durch Zuzahlungen aufbringen (s § 222, 24)59. Ist der Beschluss anfechtbar (zu den Fällen der Anfechtbarkeit s § 222, 72 und 74) 19 und ist noch keine Anfechtungsklage erhoben, wird das Registergericht die Monatsfrist abwarten, denn dies bedeutet für die Gesellschaft regelmäßig keinen Nachteil 60 (anders allerdings im Falle der Sanierung).

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Statt vieler Wiedemann § 181, 21 ff mwN. Zu anderen Konzepten Baums S 70, 72, 93 f; Müller Zur Prüfungspflicht des Handelsregisterrichters und -rechtspflegers, RPfl 1970, 375, 378 f; Säcker FS Stimpel, 1985, 867, 885. KK/Lutter 2 11; KK/Zöllner 2 § 181, 34; MK/Oechsler 2 6; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 32. Hüffer9 § 181, 15. KG KGJ 35 A 162, 166; Wiedemann § 181, 24; MK/Stein2 § 181, 42; KK/Zöllner 2 § 181, 33; KK/Lutter 2 11; Hüffer9 § 181, 14. KK/Lutter 2 11; anders MK/Oechsler 2 8 (Eintragungsantrag zurückzuweisen). KK/Lutter 2 13; MK/Oechsler 2 9; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 32.

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So in der Tat Ritter 2 § 177, 1b; Schlegelberger/Quassowski3 § 177, 3; Schilling Voraufl § 224, 5; Hefermehl in Geßler/Hefermehl 10. Die dabei als Beleg zitierten Entscheidungen KG KGJ A 3 und 28 A 216, 224 stützen diese Ansicht nicht, denn sie betreffen weder die Kapitalherabsetzung noch Bedingungen. KK/Lutter 2 13 f iVm § 222, 15; MK/Oechsler 2 10. Hüffer 9 § 243, 52; MK/Oechsler 2 6; KK/Lutter 2 12; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 8; aA K Schmidt § 243, 72 (in jedem Fall eintragen).

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§ 223

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

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Ist die Anfechtungsklage erhoben, wird das Registergericht die Satzungsänderung nur eintragen, wenn die Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist 61. Ist die Klage offensichtlich begründet, wird das Registergericht die Eintragung ablehnen. In allen anderen Fällen wird es das Verfahren nach § 21 Abs 1 FamFG aussetzen62. Die Gesellschaft hat die Möglichkeit, eine Freigabe der Eintragung über § 246a zu erreichen. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn andernfalls eine dringend erforderliche Sanierung scheitern würde. Wurde der Anfechtungsklage rechtskräftig stattgegeben, bindet dies das Register21 gericht (vgl § 248 Abs 1) und die Anmeldung ist zurückzuweisen63. War die Kapitalherabsetzung bereits in das Handelsregister eingetragen, ist das Urteil einzutragen (§ 248 Abs 1 S 3). Ist dagegen die Anfechtungsklage abgewiesen, unterliegt das Registergericht keiner 22 gesetzlich angeordneten Bindung und ist daher in seiner Entscheidung grundsätzlich frei64. Eine abweichende Sachentscheidung ist allerdings wenig wünschenswert. Sie wird regelmäßig nur dann überhaupt in Betracht kommen, wenn das Prozessgericht die Anfechtungsklage wegen der Versäumung der Klagefrist des § 246 Abs 1 als unzulässig abgewiesen hat. Ob die Eintragung vorzunehmen ist, wenn die Frist für eine Anfechtungsklage abgelaufen ist, ohne dass eine Klage erhoben wurde, ist sehr umstritten. Die herrschende Meinung im registerrechtlichen Schrifttum folgt einer eher formalen Betrachtungsweise und bejaht dies, denn der Mangel des Beschlusses kann von niemandem mehr geltend gemacht werden65. Im gesellschaftsrechtlichen Schrifttum wird dagegen zu Recht darauf hingewiesen, dass das Registergericht nicht bloße Vollzugsbehörde ist, sondern Aufgaben der Rechtsaufsicht wahrnimmt. Daher wird bei der Frage, ob anfechtbare Beschlüsse einzutragen sind, nach der Art und Schwere des Anfechtungsgrundes differenziert. Der Registerrichter hat die Anmeldung zurückzuweisen, wenn durch den Mangel des Beschlusses die Interessen der Gläubiger, künftiger Aktionäre oder der öffentlichen Ordnung verletzt werden. Daher darf die Kapitalherabsetzung nicht eingetragen werden, wenn gegen die Vorgaben des § 222 Abs 3 (s § 222, 74) verstoßen wird66. Bei bloßen Verfahrensfehlern (zB Einladungsmängeln, Zählfehlern, unzutreffender Ergebnisfeststellung) und Verstößen gegen dispositives Recht darf die Eintragung erfolgen67. Bei einer Verletzung der Vorgaben des § 222 Abs 1 (s § 222, 72) darf der Registerrichter also eintragen. Gleiches gilt für eine Verletzung des § 222 Abs 4 S 3 (s § 222, 74 aE). Einen

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Schilling Voraufl 3. Zum Eintragungsverbot im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vgl Wiedemann § 181, 30 ff. BGH WM 1990, 1372, 1377; Boujong Rechtsmissbräuchliche Aktionärsklagen vor dem Bundesgerichtshof, FS Kellermann, 1991, 1 ff; KK/Lutter 2 12. So auch die Praxis der Registergerichte, vgl Winter Die Anfechtung eintragungsbedürftiger Strukturbeschlüsse de lege lata und de lege ferenda, FS Ulmer, 2003, 699, 701; Hüffer 9 § 243, 53. Hüffer 9 § 243, 54. Wiedemann § 181, 29; Hüffer 9 § 181, 17. KG OLGR 34, 348; OLG Köln WM 1981, 1263 ff; Keidel/Heinemann FamFG16, § 374, 59; MünchHdBAG-Semler 2 § 39, 74. So

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auch noch das frühere gesellschaftsrechtliche Schrifttum Baumbach/Hueck13 § 243, 3; GK AktG/Fischer 2 § 148, 9; Godin/Wilhelmi 4 § 181, 7; Ritter 2 § 148, 2c jeweils mwN auch zur aA. MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 32; KK/Lutter 2 11, § 229, 43; MK/Oechsler 2 8; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 8. Grundlegend Lutter NJW 1969, 1873 ff; ihm folgend Wiedemann § 181, 25; K Schmidt/ Lutter/Veil 2 5; MK/Hüffer 2 § 243, 130; Hüffer 9 § 243, 56; KK/Zöllner1 § 243, 38; KK/Zöllner 2 § 181, 36; Ulmer/Habersack/ Winter/Ulmer § 54, 51, 53; weitergehend Baums S 57 f, 64 ff.

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Anmeldung des Beschlusses

§ 223

Grenzfall stellt die Verletzung von materiellen Vorschriften zum Schutze der gegenwärtigen Aktionäre dar. Solche Beschlüsse sind dann nicht einzutragen, wenn der Mangel evident ist68. Dies gilt etwa für die Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (s § 222, 72) oder des Subsidiaritätsgrundsatzes (s § 222, 74). 2. Verfügung des Gerichts Das Registergericht ist an den Antrag gebunden und kann daher weder über ihn 23 hinausgehen noch hinter dem Antrag zurückbleiben69. Liegen die formellen oder materiellen Voraussetzungen nicht vor und handelt es sich um einen behebbaren Mangel, wird das Gericht eine Zwischenverfügung erlassen (§ 25 Abs 1 S 1 HRV). Liegen die formellen und materiellen Voraussetzungen vor, ergeht eine Eintragungsverfügung (§ 27 HRV)70. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle führt sie aus und macht die Kapitalherabsetzung bekannt (§ 27 Abs 1 HRV) (s u 24 ff). Wird die Eintragung dagegen abgelehnt, steht der Gesellschaft71 die Beschwerde beim Oberlandesgericht (§§ 119 Abs 1 Nr 1 lit b GVG, 58 ff FamFG) und ggf die Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (§§ 133 GVG, 70 ff FamFG) zur Verfügung. Die Gesellschaft wird dabei durch den Vorstand in vertretungsberechtigter Zahl und den Vorsitzenden des Aufsichtsrats vertreten72. 3. Eintragung und Bekanntmachung a) Eintragung in das Handelsregister. Mit dem Begriff der Eintragung wird das Ver- 24 merken des Beschlussinhalts im Handelsregister bezeichnet, wobei zwischen ausdrücklicher und Bezug nehmender Eintragung zu unterscheiden ist. Die Kapitalherabsetzung ist ein Fall der ausdrücklichen Eintragung. Es reicht nicht die bloße Bezugnahme auf die eingereichten Unterlagen, sondern der wesentliche Inhalt der Satzungsänderung ist im Handelsregister einzutragen, da es sich bei der Kapitalherabsetzung um eine Veränderung der in § 181 Abs 2 iVm § 39 Abs 1 erwähnten Höhe des Grundkapitals handelt. Gemäß § 43 Nr 6 lit a HRV wird die Kapitalherabsetzung in Spalte 6 unter Bezugnahme auf die eingereichte Niederschrift vermerkt. Dabei reicht eine allgemeine Bezeichnung des Gegenstands der Änderung. Gemäß § 16 HRV wird in Spalte 3 die alte Grundkapitalziffer gerötet und die neue Ziffer eingetragen. In Spalte 7 sind der Tag der Eintragung, Verweise auf die Registerakten und sonstige Bemerkungen einzutragen (§ 43 Nr 7 HRV). Mit der Eintragung wird der Beschluss wirksam (§ 224, s dort). Das Grundkapital ist 25 damit herabgesetzt. Gemäß § 242 Abs 1 heilt die Eintragung Beurkundungsmängel nach § 130 Abs 1, 2, 4. Nichtigkeitsgründe nach § 241 Nrn 1, 3 oder 4 werden gemäß § 242 Abs 2 geheilt, wenn der Beschluss drei Jahre im Handelsregister eingetragen ist. b) Bekanntmachung. Das Gericht macht die Eintragung gemäß § 10 HGB bekannt. 26 Sie erfolgt nicht mehr im Wege des Abdrucks im Papier-Bundesanzeiger und in einer

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S Wiedemann § 181, 25 aE; im Ergebnis auch Scholz/Priester10 § 54, 44; anders MK/Oechsler 2 6. KK/Lutter 2 15; s a RGZ 85, 207 (zur Kapitalerhöhung). Zur str Frage, ob es sich um eine unanfechtbare verwaltungsinterne Maßnahme handelt

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Wiedemann § 181, 38 mwN; KK/Lutter 2 18. S o 6 und BGH WM 1988, 1819, 1820 – zur GmbH; Wiedemann § 181, 36; KK/Lutter 2 18, Hüffer 9 § 181, 18. Hüffer 9 5 aE.

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§ 223

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Tageszeitung, sondern in dem von der Landesjustizverwaltung bestimmten elektronischen Informations- und Kommunikationssystem, also unter www.handelsregister.de. Gemäß § 181 Abs 2 ist der Wortlaut der Satzungsänderung bekannt zu machen. Hatte die Kapitalherabsetzung Folgeänderungen auf weitere Satzungsbestimmungen, sind diese ebenfalls bekannt zu geben, dh bei Nennbetragsaktien sind die Veränderung des Nennbetrags und ggf ihrer Zahl, bei Stückaktien die Veränderung ihrer Zahl anzugeben (§§ 23 Abs 3 Nr 4, 181 Abs 2 S 2)73. Weiterhin sind die Gläubiger der Gesellschaft auf ihr Recht aufmerksam zu machen, Sicherheitsleistung verlangen zu können (§ 225 Abs 1 S 2, dazu § 225, 61). Die Eintragungen im Handelsregister, deren Bekanntmachung und zum Handelsregis27 ter eingereichte Dokumente werden zusätzlich im Unternehmensregister veröffentlicht (§ 8b Abs 2 Nr 1 HGB). Die Bekanntmachung ist kein Wirksamkeitserfordernis für die Kapitalherabsetzung74; 28 sie ist bereits mit der Eintragung wirksam. Die Bekanntmachung ist für den Rechtsverkehr mit Dritten von Bedeutung; ihre Rechtsfolgen richten sich daher nach § 15 Abs 1 bis 3 HGB. 4. Rechtsmittel gegen fehlerhafte Eintragungen

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Gegen fehlerhafte Eintragungen steht kein Rechtsmittel zur Verfügung (§ 383 Abs 3 FamFG). Vielmehr muss eine Löschung erfolgen (§ 398 FamFG)75 (s a § 224, 33 ff). 5. Kosten

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Die Eintragung in das Handelsregister ist kostenpflichtig (§ 79 Abs 1 KostO). Die Gebühr wird jedoch nicht nach dem Geschäftswert, also dem Herabsetzungsbetrag (§ 41a Abs 1 Nr 4 lit b KostO), sondern nach dem Aufwand erhoben. Sie bestimmt sich nach Ziff 2400 der nach § 79a KostO erlassenen Handelsregistergebührenverordnung76.

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Hüffer 9 6. OLG Celle AG 1989, 209, 211 (zur Satzungsänderung); Wiedemann § 181, 41; Hüffer 9 § 181, 22. Einzelheiten bei Wiedemann § 181, 52 ff; Hüffer9 § 181, 29 ff – jeweils zu §§ 142 Abs 1, 144 Abs 2 FGG aF.

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Verordnung über Gebühren in Handels-, Partnerschafts- und Genossenschaftsregistersachen (Handelsregistergebührenverordnung – HRegGebV) v 30.9.2004, BGBl I 2562, zuletzt geändert durch Art 1 der Verordnung v 29.11.2010, BGBl I 1731.

Stand: 31.12.2010

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§ 224

Wirksamwerden der Kapitalherabsetzung

§ 224 Wirksamwerden der Kapitalherabsetzung Mit der Eintragung des Beschlusses über die Herabsetzung des Grundkapitals ist das Grundkapital herabgesetzt.

Übersicht Rn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . . . . . II. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . III. Wirkung der Eintragung . . . . . . . . 1. Wirkung auf das Grundkapital . . . a) Herabsetzung der Grundkapitalziffer . . . . . . . . . . . . . . . b) Rückwirkung, Bedingung und Befristung . . . . . . . . . . c) Ende der Zuzahlungsmöglichkeit d) Buchungspflichten . . . . . . . . 2. Wirkung auf die Mitgliedschaftsrechte . . . . . . . . . . . . . . . . a) Herabsetzung des Nennbetrags . b) Zusammenlegung von Aktien . . c) Entstehen eines Rückzahlungsanspruchs, Erlass der Einlageverpflichtung . . . . . . . . . . d) Übertragung der Mitgliedschaft und der Spitzen . . . . . . . . . 3. Wirkung auf Rechte und Pflichten Dritter . . . . . . . . . . . . . . . a) Überblick über den Schutz der Anleger . . . . . . . . . . . b) Wirkung auf Wandelschuldverschreibungen und Optionsanleihen . . . . . . . . . . . . .

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Rn c) Wirkung auf Genussrechte . . d) Wirkung auf den Ausgleich bei Beherrschungsverträgen . . . . IV. Rückgängigmachung und Änderung der Kapitalherabsetzung . . . . . . . 1. Rückgängigmachung . . . . . . . 2. Nachträgliche Zweckänderung . . a) Berichtigung eines anfechtbaren Beschlusses . . . . . . . . . . b) Einführung eines weiteren Zwecks . . . . . . . . . . . . c) Austausch des Zwecks und Wechsel der Art der Kapitalherabsetzung . . . . . . . . . d) Besondere Mehrheitsanforderungen . . . . . . . . . . . . . V. Fehlerhafte Eintragung . . . . . . . . 1. Beschlussmängel . . . . . . . . . 2. Mängel des Eintragungsverfahrens a) Fehlerarten . . . . . . . . . . b) Fehlende Anmeldung . . . . . c) Inhaltlich fehlerhafte Eintragung d) Eintragung durch unzuständiges Registergericht . . . . . . . . .

. 22–23 .

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. 25–32 . 25 . 26–32 .

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. 27–28

. 29–31 . 32 . 33–39 . 33–35 . 36–39 . 36 . 37 38 .

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Schrifttum Casper Die Heilung nichtiger Beschlüsse im Kapitalgesellschaftsrecht, 1998; Habersack Genußrechte und sorgfaltswidrige Geschäftsführung, ZHR 155 (1991) 389; Hirte Genußscheine und Kapitalherabsetzung, ZIP 1991, 1461; A Hueck Die Behandlung von Wandelschuldverschreibungen bei Änderung des Grundkapitals, DB 1963, 1347; Meilicke Wandelschuldverschreibungen bei Kapitalherabsetzung, BB 1963, 500; Priester Unwirksamkeit der Satzungsänderung bei Eintragungsfehlern?, BB 2002, 2613; Sethe Genußrechte: Rechtliche Rahmenbedingungen und Anlegerschutz, AG 1993, 293 (I), 351 (II); Vollmer/Lorch Der Schutz des aktienähnlichen Genusskapitals bei Kapitalveränderungen, ZBB 1992, 44; Weiler Auf und nieder, immer wieder – Teleologische Reduktion der Höchstgrenzen für bedingtes Kapital in § 192 III 1 AktG bei gleichzeitiger Kapitalherabsetzung?; NZG 2009, 46; Wolff Verträge zugunsten Dritter im Aktienrecht, FS Pinner, 1932, 656. Vgl auch die Schrifttumsnachweise Vor § 222 und bei § 223.

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§ 224

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

I. Gesetzesgeschichte 1

Die Vorschrift entspricht wörtlich § 177 AktG 19371. Mit dieser Norm stellte der Gesetzgeber klar, zu welchem Zeitpunkt die Kapitalherabsetzung wirksam wird. Diese Frage war zuvor umstritten2. Die Vorschrift des § 224 ist seit 1965 unverändert.

II. Normzweck 2

§ 224 bestimmt, dass die Eintragung der Kapitalherabsetzung konstitutiv wirkt (zum Ausbleiben der konstitutiven Wirkung s u 33 ff). Die Vorschrift dient der Rechtssicherheit, da eine Kapitalherabsetzung erst nach Abschluss der Prüfung durch das Registergericht (dazu § 223, 15 ff) wirksam wird. Sie unterscheidet sich von der Regelung des § 184 zur Kapitalerhöhung, die lediglich deklaratorisch wirkt3. Denn der Grundsatz der Sicherung der Kapitalaufbringung lässt ein Wirksamwerden der Kapitalerhöhung erst zu, wenn die Kapitalerhöhung effektiv durchgeführt ist. Bei der Kapitalherabsetzung besteht keine derartige Interessenlage, so dass der allgemeine Grundsatz, wonach Satzungsänderungen bereits mit Eintragung des Beschlusses wirksam werden (§ 181 Abs 3), zur Anwendung kommt. Wie der Vergleich von § 189 und § 227 zeigt, ist die Durchführung der Kapitalherabsetzung (Zusammenlegung der Mitgliedschaftsrechte), aber auch Umtausch, Abstempelung oder Kraftloserklärung der Aktienurkunden damit keine Voraussetzung, sondern nur Folge der Kapitalherabsetzung4 (s a § 227, 3 ff).

III. Wirkung der Eintragung 1. Wirkung auf das Grundkapital

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a) Herabsetzung der Grundkapitalziffer. Mit der Eintragung und damit dem Wirksamwerden der Kapitalherabsetzung ist das Grundkapital auf die neue, niedrigere Kapitalziffer herabgesetzt. Soweit das Gesetz an die Höhe des Grundkapitals anknüpft, ist nun das verminderte Kapital maßgebend. Dies gilt in Bezug auf die Berechnung der Kapitalmehrheit iSd §§ 179 Abs 2 S 1, 182 Abs 1 S 1, 193 Abs 1 S 1, 202 Abs 2 S 2, 222 Abs 1 und bei der Berechnung gesetzlicher Schwellenwerte (zB §§ 93 Abs 4 S 3, § 95 S 4, 147 Abs 2 S 2, 150 Abs 2, 3, 258 Abs 2 S 3). Hat die Gesellschaft bereits genehmigtes oder bedingtes Kapital im Handelsregister eingetragen, kann die spätere Kapitalherabsetzung dazu führen, dass der Höchstbetrag der §§ 192 Abs 3 S 1, 202 Abs 3 S 1 überschritten wird. Dies berührt jedoch die Wirksamkeit des zuvor5 genehmigten oder bedingten Kapitals und dessen maximale Höhe nicht 6. Die Höchstbeträge sind nur bei künftigen Beschlüssen über Maßnahmen der Kapitalbeschaffung zu beachten7. 1

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Kropff AktG 1965, S 317 f. Zur Geschichte der Kapitalherabsetzung im Allgemeinen s Vor § 222, 73 ff. Dazu RGZ 101, 199, 202; GK AktG/WeipertSchilling 2 § 177, 1 mwN; Hefermehl in Geßler/Hefermehl 1. Wiedemann § 184, 4. RGZ 101, 199, 201; KK/Lutter 2 2; Hüffer 9 1. Zur historischen Entwicklung v Godin ZHR 100 (1934) 221.

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Nach Ansicht von Weiler NZG 2009, 46 ff gilt dies auch für den Fall, dass innerhalb derselben Hauptversammlung zunächst das genehmigte Kapital und dann die Kapitalherabsetzung beschlossen wird. KK/Lutter 2 18, § 192, 30; Hüffer9 § 192, 23, § 202, 14; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 33b. KK/Lutter 2 5 aE, 18.

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Wirksamwerden der Kapitalherabsetzung

§ 224

b) Rückwirkung, Bedingung und Befristung. Da die Eintragung konstitutiv wirkt, ist 4 ab dem Zeitpunkt ihrer Eintragung ipso iure der Gesamtbetrag des Grundkapitals herabgesetzt. Der Wortlaut des § 224 bringt zum Ausdruck, dass der ordentlichen Kapitalherabsetzung keine Rückwirkung für das abgelaufene Geschäftsjahr zugemessen werden kann8 und zwar selbst dann nicht, wenn für dieses Jahr noch kein Abschluss aufgestellt wurde. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz findet sich allein in § 234, der eine Rückwirkung bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung erlaubt. Ebenfalls nicht möglich ist ein Hinausschieben der Wirkung der Kapitalherabsetzung 5 im Wege einer Bedingung oder Befristung9. Zwar ist ein bedingter Kapitalherabsetzungsbeschluss erlaubt (s Vor § 222, 13 ff), doch bedarf seine Anmeldung eines Nachweises, ob die Bedingung eingetreten ist oder endgültig nicht mehr eintreten kann (s § 223, 13). Daher muss die Bedingung mit der Anmeldung eingetreten oder endgültig nicht eingetreten sein. Gegen diesen Standpunkt lässt sich auch nicht einwenden, wenn es eine bedingte Kapitalerhöhung gebe, müsse auch die bedingte Kapitalherabsetzung möglich sein10 (zu rechtspolitischen Überlegungen in diese Richtung s Vor § 222, 88). Denn die bedingte Kapitalerhöhung ist eine Ausnahme, die nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich ist11. Zudem belegt ein Vergleich der Regelungen in § 224 und in § 238 S 1, dass ein Hinausschieben der Wirksamkeit der ordentlichen Kapitalherabsetzung nicht möglich ist. Will die Gesellschaft erreichen, dass die Kapitalherabsetzung später wirksam wird, muss die Hauptversammlung Vorgaben hinsichtlich des Zeitpunkts machen, zu dem die Satzungsänderung angemeldet werden soll (s § 222, 61). Verstößt der Vorstand gegen eine solche Vorgabe, wird die Kapitalherabsetzung trotzdem mit der Eintragung wirksam12. c) Ende der Zuzahlungsmöglichkeit. Haben die Aktionäre eine bedingte Kapitalher- 6 absetzung beschlossen, die durch Zuzahlungen der Aktionäre abgewendet werden kann, soll diese Möglichkeit nach herrschender Auffassung enden, sobald die Kapitalherabsetzung wirksam wird, also mit ihrer Eintragung13. Nach anderer Ansicht können Zuzahlungen sogar noch nach Eintragung der Kapitalherabsetzung geleistet werden14. Beide Auffassungen sind unzutreffend. Verlangt man – was die herrschende Meinung zutreffend tut – bei der Anmeldung der Kapitalherabsetzung, dass der Vorstand den Bedingungseintritt nachzuweisen hat (s § 223, 13, 18 mwN), muss dieser Zeitpunkt das Ende der Zuzahlungsmöglichkeit markieren. Andernfalls weiß der Registerrichter nicht, welcher Betrag zugezahlt wurde und um welchen Betrag er die Ziffer des Grundkapitals herabsetzen muss. Daher können Zuzahlungen zwischen Anmeldung und Eintragung keine Berücksichtigung mehr finden15. Dieser Gesichtspunkt spricht auch gegen die weitergehende Ansicht, wonach selbst nach der Eintragung noch Zuzahlungen möglich sein sollen. Denn Bedingungen oder Befristungen können an eine Kapitalherabsetzung immer

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Baumbach/Hueck13 2; Godin/Wilhelmi 4 5; Hüffer9 8; KK/Lutter 2 3; MK/Oechsler 2 3; MünchHdBAG-Krieger3 § 60, 33; Schilling Voraufl 6. Hüffer9 8; KK/Lutter2 3; MünchHdBAGKrieger 3 § 60, 33; Schlegelberger/ Quassowski 3 § 177, 10; wohl auch Hefermehl in Geßler/Hefermehl 4, 14. So aber KGJ 28 A 216, 224; Baumbach/ Hueck13 4; Ritter2 § 177, 3; Schilling Voraufl 5.

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KK/Lutter 2 4. KK/Lutter 2 4. Hüffer 9 7; Godin/Wilhelmi 4 10; KK/Lutter 2 8; MK/Oechsler 2 2; Spindler-Stilz/MarschBarner 2 10. Baumbach/Hueck13 4; Schilling Voraufl 5; im Ergebnis auch Schlegelberger/Quassowski3 § 177, 3 (bis zum Ablauf der Frist für das Wahlrecht). Ebenso MK/Oechsler 2 § 223, 9 f, der damit aber seiner Aussage in § 224, 2 widerspricht.

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§ 224

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

nur im Zeitraum vor deren Anmeldung geknüpft werden. Andernfalls käme es zur Schaffung einer im Gesetz nicht vorgesehenen bedingten Kapitalherabsetzung. Da das Gesetz nur die bedingte Kapitalerhöhung kennt und auch diese schon einen nicht analogiefähigen Ausnahmefall darstellt, ist eine bedingte Kapitalherabsetzung nicht zulässig (s o 5 und § 223, 18).

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d) Buchungspflichten. Das Wirksamwerden der Kapitalherabsetzung hat die Absenkung der Kapitalziffer zur Folge. Die Gesellschaft muss dies bei der Erstellung des nächsten Jahresabschlusses berücksichtigen. Da eine Kapitalherabsetzung auch unterjährig erfolgen kann (s § 222, 11), stellt sich die Frage, ob eine Zwischenbilanz zum Stichtag des Wirksamwerdens der Kapitalherabsetzung erforderlich ist. Dies wird zu Recht verneint16, da die Publizität ausreichend durch die Handelsregistereintragung sichergestellt ist. 8 Daher muss allein die laufende Buchführung die Änderung der Grundkapitalziffer unverzüglich berücksichtigen17. Bestand der Zweck der Kapitalherabsetzung darin, die frei werdenden Mittel an die Aktionäre auszuzahlen oder von Einlagenpflichten zu befreien, ist der Betrag bis zum Ablauf des Sperrhalbjahres auf einem Sonderkonto zu buchen18. Diente die Kapitalherabsetzung dem Verlustausgleich, ist der Herabsetzungsbetrag auf dem Gewinn- und Verlustkonto gesondert (vgl § 240 S 1) zu buchen. Sollten Rücklagen gebildet werden, ist er auf dem Rücklagenkonto einzustellen. 2. Wirkung auf die Mitgliedschaftsrechte

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a) Herabsetzung des Nennbetrags. Hat die Gesellschaft Stückaktien ausgegeben, verkörpern diese eine Beteiligung am Grundkapital (§ 8 Abs 3 S 1 und 2). Die Beteiligungsquote bleibt daher nach einer Herabsetzung der Grundkapitalziffer unverändert. Eine Anpassung der einzelnen Stückaktienurkunden ist nicht erforderlich (§ 222, 48)19. 10 Hat die Gesellschaft dagegen Nennbetragsaktien ausgegeben, hat eine Herabsetzung der Grundkapitalziffer zur Folge, dass die Beteiligungsquote unverändert ist, da alle Aktien herabgesetzt wurden. Das Mitgliedschaftsrecht umfasst mit der Eintragung der Kapitalherabsetzung nur noch den herabgesetzten Nennbetrag. Das Stimmrecht, das Bezugsrecht und die Dividenden richten sich folglich nach diesem herabgesetzten Betrag. Die ausgegebenen Aktienurkunden werden inhaltlich unrichtig. Denn die Summe der Nennwerte der Aktien muss dem Grundkapital entsprechen (§ 1 Abs 2). Bis zur Berichtigung der Urkunden durch Austausch oder Abstempelung (Einzelheiten bei § 226, 12 ff) legitimieren die alten Urkunden weiterhin zur Ausübung der Mitgliedschaftsrechte20.

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b) Zusammenlegung von Aktien. Vergleichbar ist die Lage für den Fall, dass Stückaktien oder Nennbetragsaktien zusammengelegt werden. Die Zusammenlegung hat keinen Verlust mitgliedschaftlicher Rechte zur Folge21. Da alle Aktien zusammengelegt werden, verändert sich auch die Beteiligungsquote nicht. Die ursprünglichen Aktien verlieren durch die Zusammenlegung nur ihre rechtliche Selbstständigkeit und werden Teilrechte

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KK/Lutter 2 14. Hüffer 9 2; MK/Oechsler 2 13; KK/Lutter 2 14. Hierzu und zum Folgenden KK/Lutter 2 14. Begründung des RegE zum StückAG, BT-Drucks 13/9573, S 18 re Sp. KK/Lutter 2 10; MK/Oechsler 2 16; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 34; Hefermehl in

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Geßler/Hefermehl 11; Siebel NJW 1952, 330; Kralik DJ 1941, 245, 248; aA Schlegelberger/ Quassowski3 § 177, 8. OLG Hamburg AG 1991, 242, 243 mit zust Anm Soehring WuB II A § 222 AktG 1.91; Hüffer 9 § 222, 22; KK/Lutter 2 § 222, 24.

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Wirksamwerden der Kapitalherabsetzung

§ 224

der neuen Aktien. Die alten Aktienurkunden verbriefen damit nur noch einen Teil der Mitgliedschaft. Sie legitimieren zur Ausübung mitgliedschaftlicher Rechte. Bis zum Umtausch oder der Abstempelung ist zur Legitimation eine entsprechende Anzahl von Aktienurkunden vorzulegen (zB bei einer Kapitalherabsetzung von 10 :1 sind zehn Aktienurkunden vorzulegen, um ein Bezugsrecht auszuüben)22. Durch die Kapitalherabsetzung im Wege der Zusammenlegung entstehen regelmäßig 12 Spitzen, die Bruchteilsrechte zur Folge haben (s das Beispiel bei § 222, 53). Den Inhabern solcher Spitzen ist es unbenommen, eine passende Anzahl weiterer Spitzen hinzu zu erwerben, um bei der späteren Zusammenlegung wieder ein Vollrecht zu erhalten23 (s u § 226, 33). In der Zeitspanne zwischen dem Wirksamwerden der Kapitalherabsetzung und der Entscheidung über die Zusammenlegung der Spitzen zu neuen Mitgliedschaften (s u § 226, 31 ff) stellt sich die Frage, ob und welche Rechte aus den Spitzen abgeleitet werden können. Zweifellos sind die Inhaber solcher Spitzen Mitglieder der AG und dürfen an der Hauptversammlung teilnehmen und vom Rederecht Gebrauch machen. Auch in Bezug auf die Dividende ergeben sich regelmäßig keine Probleme, da diese teilbar ist. Umstritten ist dagegen, ob dem Aktionär aus diesen Bruchteilen das Stimmrecht zusteht. Die herrschende Meinung bejaht dies zu Recht, denn dies führt solange nicht zu Verwerfungen in der Mehrheitsbildung als man nur die Bruchteile zählt24. Konsequenterweise muss man dann auch dem Inhaber von Spitzen die Anfechtungsbefugnis zugestehen25. Diese Befugnis ist – anders als das Stimmrecht – nicht teilbar. Dennoch muss man sie Aktionären, die lediglich mit Spitzen beteiligt sind, für die kurze Periode zwischen Kapitalherabsetzung und ihrer Durchführung (§ 226) belassen. Andernfalls würden sie gänzlich ohne Rechtsschutz bleiben. c) Entstehen eines Rückzahlungsanspruchs, Erlass der Einlageverpflichtung. Zum 13 Rückzahlungsanspruch der Aktionäre, zum Anspruch auf Abschluss eines Erlassvertrags und zu den sonstigen Folgen der Kapitalherabsetzung s § 225, 70 ff. d) Übertragung der Mitgliedschaft und der Spitzen. Auch in der Zeitspanne zwischen 14 dem Wirksamwerden der Kapitalherabsetzung und der Berichtigung der Aktienurkunden bzw der Kraftloserklärung nach § 226 können die Aktien und eventuelle Spitzen nach den allgemeinen Regeln übertragen werden26. Nach einer Zusammenlegung verbriefen die Aktienurkunden dabei nur anteilige Mitgliedschaften. Ein Rechtsscheinerwerb kraft guten Glaubens an die Richtigkeit des Inhalts der Aktienurkunde scheidet aus, da die Aktienurkunden keine konstitutiven Wertpapiere darstellen27. Würde man den Rechtsscheinerwerb zulassen, hätte dies eine Aushöhlung der Kapitalaufbringungsvorschriften

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BGH AG 1992, 27, 28 (zum Stimmrecht); KK/Lutter 2 10; Hüffer9 5. So im Fall OLG Hamburg AG 1991, 242, 243 mit zust Anm Soehring WuB II A § 222 AktG 1.91. Bejahend OLG Hamburg AG 1991, 242, 244; zust Decher EWIR 1991, 327, 328; Soehring WuB II A § 222 AktG 1.91; Hüffer9 6; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 35; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 8; K Schmidt/Lutter/ Veil 2 5; Hefermehl in Geßler/Hefermehl 11; Siebel NJW 1952, 330, 331; Schilling Voraufl § 226, 10. Der BGH AG 1992, 27, 29, hat diese Frage für Restgesellschaften bejaht,

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25 26

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im Übrigen aber offen gelassen, zu letzterem krit Butzke WuB II A § 226 AktG 1.92. AA KK/Lutter2 12 und § 226, 6, 16; Baumbach/ Hueck13 § 226, 3. Vgl vorige Fn. BGH AG 1992, 27, 29 m Anm Butzke WuB II A § 226 AktG 1.92; KK/Lutter 2 13; Hüffer9 6. KK/Lutter2 13; KK/Lutter 2 Anh § 68, 10 ff, 13; MK/Oechsler 2 17, 19; Hüffer 9 6; Kort Aktien aus vernichteten Kapitalerhöhungen, ZGR 1994, 291, 304 f; krit. dagegen Hueck/ Canaris Recht der Wertpapiere12, S 219.

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Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

zur Folge, denn es würden Mitgliedschaften entstehen, auf die nie eine Einlage eingezahlt wurde. Zudem würden mehr Mitgliedschaften entstehen als in der Satzung festgesetzt sind. 3. Wirkung auf Rechte und Pflichten Dritter

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a) Überblick über den Schutz der Anleger. Sehr häufig finden sich in der Praxis Gestaltungen, bei denen Dritten schuldrechtliche Ansprüche gegen die Gesellschaft eingeräumt werden, deren Höhe an bestimmte Kennzahlen des Unternehmens gebunden ist (zB Genussrechte, Wandelschuldverschreibungen, Obligationsanleihen). Anknüpfungspunkt sind regelmäßig die Dividende oder die Höhe des Grundkapitals, so dass Kapitalmaßnahmen zugleich eine Veränderung der wirtschaftlichen Ausgangslage für die Inhaber solcher Rechte bewirken. Häufig finden sich in den Bedingungen der Genussrechte, Wandelschuldverschreibungen und Obligationsanleihen Klauseln, die die Folgen einer Veränderung des Grundkapitals für die Rechte Dritter regeln. Dabei wird zumeist eine Anpassung an die veränderten Verhältnisse vorgesehen. Möglich ist aber auch der Ausschluss der Anpassung28, wenn solche Veränderungen nach dem Willen der Parteien in den Risikobereich einer Seite fallen sollen. Fehlen Vereinbarungen, stellt sich die Frage nach dem gesetzlichen Schutz der Rechte 16 Dritter vor einer wirtschaftlichen Aushöhlung (s a Vor § 222, 44 f). Grundsätzlich fallen nachträgliche Veränderungen des Werts solcher Rechte durch eine Veränderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den Risikobereich der Inhaber. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie auch am Verlust der Gesellschaft beteiligt sind, denn Inhaber solcher Rechte übernehmen ein unternehmerisches Risiko. Zu diesem Risikobereich gehört auch die Geschäftsführung des Unternehmens, soweit sie sich innerhalb eines vertretbaren Spielraums unternehmerischen Ermessens hält29. Außerhalb des übernommenen Risikobereichs liegen dagegen nach heute herrschen17 der Meinung sog Grundlagenentscheidungen30. Es handelt sich dabei um solche Beschlüsse, die die bisherige Unternehmensstruktur, den Unternehmensgegenstand sowie die Zusammensetzung des Eigenkapitals verändern. Hierzu zählen auch Veränderungen der Höhe des Grundkapitals. Die Beschlussfassung über Kapitalmaßnahmen erfolgt auf mitgliedschaftlicher Ebene, so dass den Inhabern von Genussrechten, Wandelschuldverschreibungen und Obligationsanleihen keine Mitwirkungsbefugnisse31 oder Anfechtungs-

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Hüffer9 11; KK/Lutter 2 19. Einzelheiten bei Sethe AG 1993, 351, 360 ff. Ebeling Beteiligungsfinanzierung personenbezogener Unternehmungen, 1988, S 172 ff; Hirte Genußscheine mit Eigenkapitalcharakter in der Aktiengesellschaft, ZIP 1988, 477, 486 f; Koppensteiner Ordentliche Kapitalerhöhungen und dividendenabhängige Ansprüche Dritter, ZHR 139 (1975) 191, 197 ff; van Look Zum Anlegerschutz bei Genußrechten in Recht und Praxis der Genußscheine, 1987, S 35, 45 f; U H Schneider Genußrechte an Konzernunternehmen, FS Goerdeler, 1987, S 511, 518 f; Habersack ZHR 155 (1991) 378, 389; Rid-Niebler

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Genußrechte als Instrument zur Eigenkapitalbeschaffung über den organisierten Kapitalmarkt für die GmbH, 1989, S 101 ff; Zöllner Die Anpassung dividendensatzbezogener Verpflichtungen von Kapitalgesellschaften bei effektiver Kapitalerhöhung, ZGR 1986, 288, 296 ff; Hachenburg/Goerdeler/Müller 8 Anh § 29 Rdn 13 ff; aA noch KK/Lutter1 § 221, 70; Schilling Voraufl § 221, 12 und 6–8; Winterfeld Genußscheine – zivilrechtliche und steuerrechtliche Aspekte, Sparkasse 1983, 328, 330; zweifelnd dagegen schon Godin/Wilhelmi 4 § 221, 5. So aber Hirte ZIP 1991, 1461, 1462 f; zu Recht aA MK/Oechsler 2 § 229, 10.

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Wirksamwerden der Kapitalherabsetzung

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rechte32 zustehen. Dennoch treffen sie die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Entscheidungen, denn solche Maßnahmen können Einfluss auf die Gewinnverwendung oder den Substanzwert der Rechte Dritter haben. Wird beispielsweise der Gewinn zwischen Genussrechtsinhabern und Aktionären im Verhältnis der Kapitalanteile (Grundkapital einerseits und Genussrechtskapital andererseits) verteilt, führt eine Kapitalerhöhung dazu, dass die Aktionäre einen größeren Anteil am Unternehmenserfolg erhalten. Die Inhaber der Genussrechte vertrauen jedoch auf den status quo der Gesellschaft zum Zeitpunkt der Emission der Rechte33. Dass die Inhaber in diesem Vertrauen schutzwürdig sind, hat der Gesetzgeber in zahlreichen Einzelbestimmungen anerkannt (vgl § 13 Abs 3 KapErhG aF34, §§ 347a, 353 Abs 1 S 1 AktG aF sowie §§ 216 Abs 3 AktG, 23 UmwG). Denn eine von der Gesellschaft bewirkte Verwässerung der Rechte Dritter geht über das normalerweise übernommene unternehmerische Risiko hinaus. Die Aktiengesellschaft ist in der Lage, als Vertragspartner einseitig die Bedingungen der Rechte Dritter zu verändern, so dass sich hier der Rechtsgedanke des § 162 BGB aufdrängt. Es hat sich daher zu Recht die Auffassung durchgesetzt, dass die Dritten auch über den in den genannten Normen erfassten Bereich hinaus vor Verwässerung zu schützen sind, soweit eine Grundlagenentscheidung eine Verwässerungsgefahr für die Rechte Dritter mit sich bringt. Die Parteien sind daher gehalten, den Vertragspartner vor einer anlagewidrigen Verwässerung seiner Rechtsposition zu bewahren (§§ 133, 157 oder § 242 BGB). Haben die Parteien diese Frage nicht ausdrücklich geregelt, ist daher im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu klären, welchen Schutz die Parteien gewählt hätten35. Anlagewidrig sind alle Wertminderungen, die aufgrund einseitiger Maßnahmen der Gesellschaft erfolgen und nicht aufgrund der Vereinbarung oder des übernommenen unternehmerischen Risikos von den Dritten zu dulden sind. Führt die ergänzende Vertragsauslegung zu keinem Ergebnis, ist streitig, ob nun eine Anpassung kraft Gesetzes vorzunehmen ist36. Diese Frage erweist sich jedoch als theoretisch, da die Parteien bei der Ausgabe der genannten Rechte regelmäßig genaue wirtschaftliche Vorstellungen hegen, so dass Anhaltspunkte für den Parteiwillen vorliegen. Während eine Kapitalerhöhung dazu führt, dass sich die Rechtsstellung der Dritten 18 verschlechtert, weil sich die Gewinnberechtigung bzw das Umtauschverhältnis für die 32 33

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So Vollmer/Lorch ZBB 1992, 44, 45 f; zu Recht aA MK/Oechsler 2 § 229, 10. Ob dieses Vertrauen als Vertragsgrundlage zu schützen ist, war lange umstritten, zu Einzelheiten der Entwicklung Sethe AG 1993, 293, 304 f. Gesetz über die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln und über die Gewinn- und Verlustrechnung v 23.12.1959, BGBl I 789. Für eine ergänzende Vertragsauslegung BGHZ 119, 305, 324 ff = NJW 1993, 57, 61 „Klöckner“; Casper Optionsvertrag S 355 f; MK/Habersack2 § 221, 291; MünchHdBAGKrieger 3 § 60, 36; Hüffer9 12, § 221, 67; ders § 216 Abs 3 AktG: Sondernorm oder allgemeiner Rechtsgedanke?, FS Bezzenberger, 2000, 191, 207 f; Koppensteiner ZHR 139 (1975) 191, 196; Rid-Niebler Genußrechte, S 111; Sethe AG 1993, 351, 363 f; Zöllner ZGR 1986, 288, 305. Für Gesamt-

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analogie dagegen Thielemann Das Genußrecht als Mittel der Kapitalbeschaffung und der Anlegerschutz, 1988, S 143 ff, 165. Für eine Analogie zu § 216 AktG Köhler Kapitalerhöhung und vertragliche Gewinnbeteiligung, AG 1984, 197 ff; KK/Lutter 2 § 221, 136, 399 („der Rechtsgedanke ist anwendbar“). Für eine Entscheidung am Einzelfall, aber mit Vorrang der ergänzenden Vertragsauslegung K Schmidt/Lutter/Veil 2 7. Für § 242 BGB van Look in Recht und Praxis der Genußscheine, 1987, S 35, 45; Vollmer Der Genußschein – ein Instrument für mittelständische Unternehmen zur Eigenkapitalbeschaffung an der Börse, ZGR 1983, 445, 465 f; Emde Der Genußschein als Finanzierungsinstrument, Diss Bochum 1987, S 157 ff. Zum Meinungsstand s Hüffer9 13 mwN.

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§ 224

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Inhaber von Genussrechten, Wandelschuldverschreibungen und Obligationsanleihen nachteilig verändert, hat die Kapitalherabsetzung genau den gegenteiligen Effekt. Nun sind es die Aktionäre, deren Rechtsstellung nachteilig betroffen ist, weil die Dritten aus den ihnen eingeräumten Rechten mehr Vorteile ziehen als ohne die Kapitalherabsetzung. Auch in Bezug auf diese Konstellation herrscht mittlerweile Einigkeit, dass die Notwendigkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung besteht, denn bei einer Herabsetzung des Grundkapitals dürfen die Inhaber von Genussrechten, Wandelschuldverschreibungen und Obligationsanleihen nicht unbillig besser gestellt werden als die Aktionäre37.

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b) Wirkung auf Wandelschuldverschreibungen und Optionsanleihen. Bei Wandelschuldverschreibungen und Optionsanleihen wirkt sich eine Kapitalherabsetzung dergestalt aus, dass sich die Umtausch- und Bezugsrechte zwar weiterhin auf die gleiche absolute Zahl an Aktien beziehen, mit diesen Aktien jedoch eine höhere Beteiligungsquote und damit ein höherer Wert vermittelt wird als vor der Kapitalherabsetzung. Fehlt eine Regelung in den Anleihebedingungen38, muss im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung bestimmt werden, ob die Parteien eine Anpassung der Bedingungen an die Veränderung des Grundkapitals gewollt hätten. Hiervon wird man regelmäßig ausgehen können. Denn genauso wie die Inhaber der Anleihen vor den Folgen einer Kapitalerhöhung geschützt werden wollen, die ihre Rechte verwässern, werden umgekehrt die Aktionäre eine Beeinträchtigung ihrer Rechtsstellung nicht hinnehmen39. Die Anpassung erfolgt durch eine Herabsetzung der Zahl der zu beziehenden Aktien. 20 Möglicherweise entstehende Spitzen sind im Zweifel auszugleichen. Erfolgte die Kapitalherabsetzung zur Sanierung, wird man die Anpassung im gleichen Verhältnis vornehmen können. Diente die Kapitalherabsetzung dagegen der Rückzahlung von Einlagen oder der Befreiung von Einlagepflichten (vgl § 66 Abs 3), wird hierdurch der Gesellschaft Vermögen entzogen. Einer Anpassung der Umtausch- und Bezugsrechte bedarf es daher nur insoweit, als sich der Wert der Aktien, auf die der Dritte Anspruch hat, trotz Minderung des Vermögens der AG erhöht hat40. Hängt die Höhe der Verzinsung der Anleihen von der Dividende ab, ist ebenfalls eine 21 Anpassung an die geänderten Verhältnisse vorzunehmen, es sei denn es handelt sich um Anleihen mit garantierter Verzinsung41. Denn diese Garantie hat gerade auch den Sinn, Vorsorge vor Veränderungen der Kapitalstruktur zu treffen42.

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MK/Habersack 2 § 221, 309 ff; Hüffer 9 10 ff; KK/Lutter 2 19; MK/Oechsler 2 § 237, 27. S a OLG Düsseldorf WM 1991, 1375 zur Zulässigkeit vertraglicher Anpassungsregeln; dazu auch nachfolgend BGH WM 1992, 1902 m Anm Werner WuB II A § 229 AktG 1.93 sowie BGH ZIP 2006, 2171. Solche Klauseln unterliegen der AGB-Kontrolle; auf sie ist allerdings § 305 Abs 2 BGB nicht anwendbar, BGHZ 163, 311, 314 ff = NJW 2005, 2917 ff; Kallrath Die Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen von Wandel- und Optionsanleihen, Gewinnschuldverschreibungen und Genußscheinen, 1994, S 41 ff. Abweichend Assmann Anleihebedingungen und AGB-Recht, WM 2005, 1053 ff; Ekkenga Wertpapier-Bedingungen als Gegen-

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stand richterlicher AGB-Kontrolle?, ZHR 160 (1996) 59, 71 ff (statt der AGB-Kontrolle seien kapitalmarktrechtliche Regeln anzuwenden). KK/Lutter 2 19, § 221, 136; Koppensteiner ZHR 139 (1975) 191, 197 ff; MK/Oechsler 2 25; MünchHdBAG-Krieger 3 § 63, 22; wohl auch Zöllner ZGR 1986, 288 f; aA noch Schilling Voraufl § 221, 6; A Hueck DB 1963, 1347, 1349 f. MK/Habersack2 § 221, 309 f; iE offenbar auch MK/Oechsler2 22; Hüffer 9 12 aE. Weitergehend MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 36, der im Zweifel immer ein Festhalten an der ursprünglichen Verzinsung bejaht. MK/Oechsler 2 22.

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Wirksamwerden der Kapitalherabsetzung

§ 224

c) Wirkung auf Genussrechte. Genussrechte sehen regelmäßig Anpassungsklauseln 22 vor, die einer AGB Kontrolle unterliegen43. Die Rechtsprechung hat es beispielsweise als zulässig angesehen, wenn die Ausgabebedingungen des aktienähnlichen Genussrechts für den Fall der Kapitalherabsetzung eine Reduzierung auch des Genussrechtskapitals im gleichen Verhältnis vorsehen44, die ggf bis auf Null gehen kann45. Stellt sich später heraus, dass nicht die gesamten durch die Kapitalherabsetzung frei gewordenen Mittel benötigt werden, weil die befürchteten Verluste geringer ausfallen, ist das Genussrechtskapital nicht wieder aufzufüllen. Eine ergänzende Vertragsauslegung kann jedoch einen Anspruch auf Auszahlung eines prozentual entsprechenden Betrags an die Genussrechtsinhaber46 ergeben. Wurden die Rechte der Genussrechtsinhaber schuldhaft verletzt, steht ihnen zudem Anspruch auf Schadensersatz aus § 280 BGB zu47. Fehlt eine Anpassungsregelung in den Genussrechtsbedingungen48, muss im Wege der 23 ergänzenden Vertragsauslegung bestimmt werden, ob die Parteien eine Anpassung der Genussrechtsbedingungen an die Veränderung des Grundkapitals gewollt hätten. Dies wird regelmäßig der Fall sein, denn die Inhaber von Genussrechten dürfen aus den genannten Überlegungen ebenfalls nicht besser gestellt werden als die Aktionäre49. Handelt es sich um Genussrechte ohne Dividendengarantie oder gar um solche, denen die Funktion von Eigenkapital zukommt (aktienähnliche Genussrechte), wird die ergänzende Vertragsauslegung regelmäßig zu einer Anpassung der Genussrechtsbedingungen an die neue Kapitalstruktur kommen50. Erfolgte die Kapitalherabsetzung zur Einlagenrückgewähr oder zur Befreiung von Einlagenpflichten, bedarf es einer Anpassung der Gewinnberechtigung der Genussrechte nur insoweit, als sich der Wert der Aktien trotz Minderung des Vermögens der AG verändert hat51. Handelt es sich dagegen um Genussrechte mit Dividendengarantie (obligationenähnliche Genussrechte), hat diese Garantie gerade auch den Sinn, Vorsorge vor Veränderungen der Kapitalstruktur zu treffen. Bei einer Kapitalherabsetzung, insbesondere im Sanierungsfall, bleibt daher die Höhe der Dividende unverändert52. d) Wirkung auf den Ausgleich bei Beherrschungsverträgen. Kapitalmaßnahmen kön- 24 nen auch die Stellung außenstehender Aktionäre bei Beherrschungsverträgen betreffen (vgl § 304 Abs 2). Die soeben für Genussrechte, Wandelschuldverschreibungen und Obli-

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Sethe AG 1993, 351, 365. Vgl soeben 20 Fn 38 mwN. BGHZ 119, 305, 312 ff = NJW 1993, 57, 58 ff „Klöckner“; zustimmend Hüffer 9 11; aA Hirte ZIP 1991, 1461, 1467. Kritisch hierzu und zum Folgenden MK/Oechsler 2 24; Sethe AG 1993, 351, 365 f. BGHZ 119, 305, 322 ff = NJW 1993, 57, 61 f „Klöckner“; zustimmend Hüffer 9 11. Habersack ZHR 155 (1991) 378, 388 ff; van Look in Recht und Praxis der Genußscheine, 1987, S 35, 37 ff; Sethe AG 1993, 351, 360 ff; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 14. Beispiele bei KK/Lutter2 § 221, 371 ff. Feddersen/Knauth Eigenkapitalbildung durch Genußscheine2, 1992, S 118 f; Emde Der

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Genußschein, S 179; Rid-Niebler Genußrechte, S 111 ff. Ebenso BGHZ 119, 305, 325 = NJW 1993, 57, 61 f „Klöckner“; Frantzen Genußscheine, 1993, S 267 ff; MK/Oechsler2 23; MünchHdBAG-Krieger 3 § 63, 70; Sethe AG 1993, 351, 365; iE auch MK/Habersack2 § 221, 311; s a KK/Lutter 2 § 221, 399 („der Rechtsgedanke aus § 216 Abs 3 [ist] in entsprechender – umgekehrter – Weise anwendbar und führt ggf zur Anpassungspflicht“). MK/Habersack2 § 221, 311; wohl auch Hüffer9 12 aE. RGZ 147, 42, 48 f; Hüffer9 13; KK/Lutter 2 20; MK/Oechsler 2 23; im Ergebnis auch MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 36, der im Zweifel immer ein Festhalten an der ursprünglichen Verzinsung bejaht.

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§ 224

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

gationsanleihen getroffenen Überlegungen lassen sich sinngemäß übertragen53. Ist eine feste Dividende garantiert, die sich am Erfolg des herrschenden Unternehmens orientiert (§ 304 Abs 2 S 2 und 3), berührt weder die Kapitalherabsetzung des herrschenden Unternehmens noch die des abhängigen Unternehmens den Ausgleich54. Im Übrigen ist eine ergänzende Vertragsauslegung geboten, die das Ausmaß der Kapitalveränderung und seine Wirkungen auf die Stellung der außenstehenden Aktionäre berücksichtigt55.

IV. Rückgängigmachung und Änderung der Kapitalherabsetzung 1. Rückgängigmachung

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Die Eintragung bewirkt, dass das Kapital der Gesellschaft endgültig geändert ist. Eine Rücknahme der Anmeldung ist nicht mehr möglich; vielmehr hat sich der Eintragungsantrag mit der Eintragung erledigt (s § 223, 14)56. Will die Gesellschaft die Kapitalherabsetzung aufheben, muss sie folglich eine Kapitalerhöhung durchführen. Stellt sich etwa nach einer Kapitalherabsetzung zum Zwecke des Verlustausgleichs heraus, dass die erwarteten Verluste nicht eingetreten sind, kann die Gesellschaft die Kapitalherabsetzung nur im Wege der Kapitalerhöhung rückgängig machen57. Da die Gesellschaft die frei gewordenen Mittel in die Kapitalrücklage einstellen muss (s § 222, 45), kommt zum einen eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (§§ 207 ff) in Betracht. Möglich ist zum anderen eine Kapitalerhöhung gegen Einlagen (§§ 182 ff). Dazu muss die Gesellschaft die Rücklage in der Jahresbilanz auflösen, an die Aktionäre als Bilanzgewinn ausschütten und diese müssen den Betrag als Einlagen wieder einbringen. Weil es sich um ein „Schütt-Aus-Hol-Zurück-Verfahren“ handelt, müssen dabei die Vorschriften über die Sacheinlage beachtet werden58. Durch die Neuregelung in § 27 Abs 3 und 459 wird das rechtliche Risiko für die Inferenten jedoch deutlich gesenkt 60. 2. Nachträgliche Zweckänderung

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a) Berichtigung eines anfechtbaren Beschlusses. Enthält der Kapitalherabsetzungsbeschluss keine Angabe des Zwecks, ist er anfechtbar (§ 222, 74). Um diesen Mangel zu beseitigen, kann die Hauptversammlung den Zweck im Nachhinein festlegen. Die Vorgaben des § 222 sind zu beachten (s § 222, 70).

27

b) Einführung eines weiteren Zwecks. Ein Beschluss, mit dem der Kapitalherabsetzung ein weiterer Zweck gegeben wird, ist sowohl vor der Eintragung (s § 222, 70) als auch nach der Eintragung ins Handelsregister zulässig. Die Notwendigkeit einer Zweck-

53 54 55

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Vgl im Einzelnen Hasselbach/Hirte § 304, 107 ff. KK/Lutter 2 21; Hüffer 9 § 304, 19; MK/Oechsler 2 22. Vgl dazu ausführlich Hasselbach/Hirte § 304, 108, 111. S a Hüffer9 § 304, 19; Emmerich in Emmerich/Habersack Aktienund GmbH-Konzernrecht 6 § 304, 73; iE auch KK/Lutter 2 21. KK/Lutter 2 6. KK/Lutter 2 6; MK/Oechsler 2 1. BGHZ 113, 335, 342 = NJW 1991, 1754;

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BGHZ 135, 381, 384 = NJW 1997, 2516 – zur GmbH; Hüffer 9 3, § 27, 9a, § 183, 3; s a Lutter/Zöllner Zur Anwendung der Regeln über die Sachkapitalerhöhung auf das Ausschüttungs-Rückhol-Verfahren, ZGR 1996, 164, 178 ff. Art 1 Nr 1 des Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrichtlinie (ARUG) v 30.7.2009, BGBl I 2479. Zur Neuregelung etwa Habersack AG 2009, 564 ff mwN.

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Wirksamwerden der Kapitalherabsetzung

§ 224

änderung nach Eintragung kann sich ergeben, wenn die durch die Kapitalherabsetzung frei werdenden Mittel nicht vollständig für den beabsichtigten Zweck benötigt werden. Für die Zulässigkeit einer Zweckänderung spricht schon der Umstand, dass sogar im ursprünglichen Kapitalherabsetzungsbeschluss eine alternative Zwecksetzung zulässig ist (s § 222, 43)61. Zudem kennt die ordentliche Kapitalherabsetzung keine § 232 vergleichbare Norm. Aufgrund der Tatsache, dass die Kapitalherabsetzung mit der Eintragung wirksam wird, stellt eine nachträgliche Änderung des Zwecks der Kapitalherabsetzung (§ 222 Abs 3) eine erneute Satzungsänderung dar. Daher sind die Vorgaben der §§ 222 ff zu beachten (s § 222, 70)62. Die halbjährige Sperrfrist des § 225 beginnt bereits mit der Eintragung der ursprüng- 28 lichen Kapitalherabsetzung, denn bereits zu diesem Zeitpunkt hat das Registergericht die Gläubiger auf ihr Besicherungs- und Befriedigungsrecht hingewiesen (§ 225 Abs 1 S 2)63. c) Austausch des Zwecks und Wechsel der Art der Kapitalherabsetzung. Soll der 29 Zweck der Kapitalherabsetzung insgesamt geändert werden, sind zwei Gestaltungen zu unterscheiden. Ohne weiteres zulässig ist es, innerhalb von § 222 den ursprünglichen Zweck gegen einen anderen auszutauschen (isolierte Zweckänderung)64. Möglich ist auch eine Umstellung von einer ordentlichen Kapitalherabsetzung zu 30 einer vereinfachten Kapitalherabsetzung (Änderung des Zwecks und damit der Art der Kapitalherabsetzung). Denn es wäre ein sinnloser Umweg, wollte man die Gesellschaft erst zwingen, die ordentliche Kapitalherabsetzung durch eine Kapitalerhöhung rückgängig zu machen, um anschließend eine vereinfachte Kapitalherabsetzung durchzuführen. Der rückwirkende Wechsel der Art der Kapitalherabsetzung ist allerdings nur möglich, wenn die Vorgaben der §§ 230 ff eingehalten werden. Daher sind das Verbot von Zahlungen an die Aktionäre, das Ausschüttungsverbot (§ 233 Abs 1) und die Dividendenbeschränkung (§ 233 Abs 2) einzuhalten. Bereits geleistete Zahlungen sind zurückzuerstatten65. Die Frage nach der Zulässigkeit des umgekehrten Wegs, also eines Wechsels von einer 31 vereinfachten Kapitalherabsetzung zu einer ordentlichen Kapitalherabsetzung, wird sich dann stellen, wenn die frei gewordenen Mittel nicht komplett für die Schuldendeckung benötigt werden. Für diesen Fall trifft jedoch § 232 eine abschließende Regelung, die nicht umgangen werden darf66. Zweck des § 232 ist es ua, überhöhten missbräuchlichen Verlustannahmen vorzubeugen. Gerade durch die Pflicht zur Einstellung überschüssiger frei gewordener Mittel in die Rücklage soll die durch § 150 bewirkte Bindung und damit eine Prävention erreicht werden (s § 232, 3). Der Wechsel von einer vereinfachten Kapitalherabsetzung zu einer ordentlichen Kapitalherabsetzung ist daher nicht möglich. d) Besondere Mehrheitsanforderungen. Grundsätzlich sind bei einem Beschluss über 32 die nachträgliche Änderung des Zwecks der Kapitalherabsetzung die Vorgaben des § 222 zu beachten (s § 222, 70). Eine Besonderheit gilt für den Fall, dass der Zweck ursprünglich in der Auszahlung der frei werdenden Mittel an die Aktionäre bestand. Die Zweckänderung führt dazu, dass diese den mit der Eintragung der Kapitalherabsetzung erworbenen schuldrechtlichen Auszahlungsanspruch (s § 225, 70) verlieren. Dem Beschluss müssen daher ausnahmsweise alle Aktionäre zustimmen67. 61 62 63 64 65

KK/Lutter 2 7; MK/Oechsler 2 6. RGZ 103, 367, 370 f; KK/Lutter 2 7, § 222, 18; Schilling Voraufl 4. MK/Oechsler 2 6. MK/Oechsler 2 7. MK/Oechsler 2 10.

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66

67

MK/Oechsler 2 11; aA KK/Lutter 2 § 229, 46, der neben §§ 230 Abs 1, 233 auch § 225 anwenden will. MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 37a; Hüffer 9 3.

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§ 224

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

V. Fehlerhafte Eintragung 1. Beschlussmängel Wird eine Kapitalherabsetzung eingetragen, obwohl die Hauptversammlung keinen derartigen Beschluss gefasst hat, ist die Eintragung unwirksam68. Ist der Beschluss über die Kapitalherabsetzung nichtig, darf er nicht eingetragen werden (s § 223, 17). Eine dennoch erfolgte Eintragung bewirkt nicht die Wirksamkeit der Kapitalherabsetzung69. Liegen die Voraussetzungen des § 242 vor, kommt allerdings Heilung in Betracht (s dort). Das Registergericht kann die Satzungsänderung nach § 398 FamFG löschen; dies gilt nach § 242 Abs 2 S 3 für die dort geregelten Fälle selbst nach Eintritt der Heilung70. Auch in Fällen der Unwirksamkeit darf die Kapitalherabsetzung nicht eingetragen 34 werden (s § 223, 18). Wird sie dennoch eingetragen, kann die Kapitalherabsetzung analog § 242 geheilt werden71. Für die Möglichkeit der Amtslöschung gilt das soeben Ausgeführte. Wird ein anfechtbarer Kapitalherabsetzungsbeschluss eingetragen, tritt hierdurch 35 keine Heilung ein72. Diese wird erst durch den fruchtlosen Ablauf der Anfechtungsfrist des § 246 Abs 1 bewirkt. Wurde hingegen rechtzeitig Anfechtungsklage erhoben und der Beschluss über die Kapitalherabsetzung für nichtig erklärt, beseitigt dies die mit der Eintragung zunächst vorläufig wirksam zustande gekommene Satzungsänderung rückwirkend (§ 248). Das Urteil ist einzutragen (§ 248 Abs 1 S 3).

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2. Mängel des Eintragungsverfahrens

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a) Fehlerarten. Unvollständige oder formell fehlerhafte Anmeldungen berühren die Wirksamkeit der Eintragung und damit der Kapitalherabsetzung grundsätzlich nicht (s a § 223, 29)73. Wurde bei der Anmeldung der Satzungswortlaut nicht beigefügt oder fehlte die notarielle Bescheinigung (§ 181 Abs 1 S 2), ist eine gleichwohl eingetragene Kapitalherabsetzung wirksam74. Fehlende Unterlagen hat das Registergericht nachzufordern. Auch ein Verstoß gegen die Formvorschrift des § 12 HGB berührt die Wirksamkeit der erfolgten Eintragung nicht. Dagegen führen schwere Fehler im Eintragungsverfahren zur Unwirksamkeit. Drei Fallgestaltungen sind zu unterscheiden:

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b) Fehlende Anmeldung. Eine Eintragung ist schwebend unwirksam, wenn sie ohne eine Anmeldung oder nach Rücknahme der Anmeldung vorgenommen wurde75. Gleiches gilt für den Fall, dass die Anmeldung durch nicht vertretungsbefugte Personen erfolgte76. Die Anmeldung kann in diesem Fall nachgeholt und die schwebende Unwirksamkeit damit beseitigt werden77. Andernfalls ist die Eintragung unwirksam. 68 69 70 71

72 73

Hüffer 9 9; MK/Oechsler 2 4. Hüffer9 9; MK/Oechsler 2 4; MK/Stein 2 § 181, 84. Ausführlich zu den Voraussetzungen Wiedemann § 181, 53 ff. Umfassend dazu Casper S 268 ff sowie OLG Hamburg AG 1970, 230, 231; MK/Oechsler 2 4; MK/Stein 2 § 181, 85; Hüffer9 § 181, 27. Hüffer9 9; MK/Oechsler 2 4; MK/Stein2 § 181, 86. MK/Stein2 § 181, 91; Hüffer9 § 181, 28.

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MK/Stein2 § 181, 91. Wiedemann § 181, 49; Hüffer9 9, § 181, 28; KK/Zöllner 2 § 181, 54; MK/Stein2 § 181, 88; s a RGZ 132, 22, 25 – zur Genossenschaft. Wiedemann § 181, 49; Casper S 105 mwN; grundsätzlich aA Baums S 133 ff; aA auch Hüffer9 § 181, 28; MK/Stein2 § 181, 91, für den Fall, dass die Vollmacht der Anmeldenden fehlte. KGJ 28 A 228, 239; Wiedemann § 181, 49; MK/Stein2 § 181, 88.

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Gläubigerschutz

§ 225

c) Inhaltlich fehlerhafte Eintragung. Weicht der Inhalt der Eintragung vom Inhalt der 38 Anmeldung ab, soll dies nach herrschender Meinung ebenfalls zur Unwirksamkeit der Eintragung führen78. Gleiches soll gelten, wenn anstelle der notwendigen ausdrücklichen Eintragung der Kapitalherabsetzung (s § 223, 24) lediglich eine Bezug nehmende Eintragung erfolgt79. Dieser Standpunkt wird neuerdings zu Recht angezweifelt80, denn die fehlerhafte Eintragung stellt keinen so schwerwiegenden Mangel dar, als dass er die Unwirksamkeit der (konstitutiv wirkenden) Eintragung begründet. Der genaue Inhalt der Satzungsänderung lässt sich ohne weiteres aus dem bei den Registerakten befindlichen Kapitalherabsetzungsbeschluss entnehmen. Eine Bezug nehmende anstelle einer ausdrücklichen Eintragung ist daher für den Rechtsverkehr nur lästig, keineswegs aber so gravierend, als dass dies eine Unwirksamkeit rechtfertigt. Schwerwiegender ist die inhaltlich fehlerhafte Eintragung. Für diese Konstellation sieht das Gesetz jedoch gerade die Rechtsfolgen des § 15 HGB vor, so dass der Geschäftsverkehr umfassend geschützt ist. Potentielle Aktionäre können sich ebenfalls auf § 15 HGB berufen. Die Kapitalherabsetzung wird daher trotz inhaltlich fehlerhafter Eintragung bzw lediglich Bezug nehmender Eintragung wirksam. Gestützt wird diese Ansicht durch einen Vergleich mit dem Gründungsrecht der AG und der GmbH. Hier nimmt die herrschende Meinung ohne weiteres an, dass die Gesellschaft trotz fehlerhafter Eintragung wirksam errichtet wurde81. Daher ist der Eintragungsfehler nach § 17 Abs 1 HRV von Amts wegen zu berichtigen. Die Gesellschaft kann die Berichtigung beantragen und gegen einen ablehnenden Beschluss Beschwerde einlegen82. d) Eintragung durch unzuständiges Registergericht. Wird die Eintragung durch ein 39 unzuständiges Registergericht vorgenommen, ist sie unwirksam83.

§ 225 Gläubigerschutz (1) 1Den Gläubigern, deren Forderungen begründet worden sind, bevor die Eintragung des Beschlusses bekanntgemacht worden ist, ist, wenn sie sich binnen sechs Monaten nach der Bekanntmachung zu diesem Zweck melden, Sicherheit zu leisten, soweit sie nicht Befriedigung verlangen können. 2Die Gläubiger sind in der Bekanntmachung der Eintragung auf dieses Recht hinzuweisen. 3Das Recht, Sicherheitsleistung zu verlangen, steht Gläubigern nicht zu, die im Fall des Insolvenzverfahrens ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus einer Deckungsmasse haben, die nach gesetzlicher Vorschrift zu ihrem Schutz errichtet und staatlich überwacht ist. (2) 1Zahlungen an die Aktionäre dürfen auf Grund der Herabsetzung des Grundkapitals erst geleistet werden, nachdem seit der Bekanntmachung der Eintragung sechs

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79 80

RG JW 1931, 2982, 2984 (zur Genossenschaft, insoweit nicht in RGZ 132, 22 enthalten); Wiedemann § 181, 50; Casper S 105; Hüffer9 § 181, 28; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 § 181, 49. Casper S 105. Priester BB 2002, 2613 ff; jetzt auch MK/Stein2 § 181, 90.

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Röhricht § 39, 9; Hüffer9 § 39, 5; Ulmer/ Habersack/Winter/Ulmer § 10, 18; Lutter/ Hommelhoff/Bayer GmbHG17 § 10, 10; Scholz/Winter/Veil 10 § 10, 18. MK/Stein2 § 181, 90; Priester BB 2002, 2613 – jeweils zu § 20 Abs 2 FGG aF. Casper S 105; MK/Stein2 § 181, 89.

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§ 225

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Monate verstrichen sind und nachdem den Gläubigern, die sich rechtzeitig gemeldet haben, Befriedigung oder Sicherheit gewährt worden ist. 2Auch eine Befreiung der Aktionäre von der Verpflichtung zur Leistung von Einlagen wird nicht vor dem bezeichneten Zeitpunkt und nicht vor Befriedigung oder Sicherstellung der Gläubiger wirksam, die sich rechtzeitig gemeldet haben. (3 Das Recht der Gläubiger, Sicherheitsleistung zu verlangen, ist unabhängig davon, ob Zahlungen an die Aktionäre auf Grund der Herabsetzung des Grundkapitals geleistet werden. Übersicht Rn I. II. III. IV.

Gesetzesgeschichte . . . . . . . . . . . Normzweck . . . . . . . . . . . . . . Europarechtlicher Hintergrund . . . . . Anspruch auf Sicherheitsleistung (Abs 1 S 1) . . . . . . . . . . . . . . . 1. Voraussetzungen im Überblick . . . 2. Forderungsgläubiger . . . . . . . . 3. Erfasste Forderungen . . . . . . . . a) Art des Entstehungsgrundes . . . b) Stichtag . . . . . . . . . . . . . c) Begründung der Forderung . . . d) Bedingte oder befristete Forderungen . . . . . . . . . . . . . . e) Forderungen aus Dauerschuldverhältnissen . . . . . . . . . . f) Arbeitsentgelt, Pensionen, etc . . g) Bestrittene Forderungen . . . . . 4. Meldung bei der Gesellschaft . . . . a) Materiell-rechtliche Ausschlussfrist . . . . . . . . . . . . . . . b) Inhalt, Adressat und Form der Meldung . . . . . . . . . . . . . c) Fristberechnung . . . . . . . . . d) Vorzeitige oder verspätete Meldung . . . . . . . . . . . . . . . e) Änderung der Frist . . . . . . . 5. Keine weiteren Erfordernisse . . . . 6. Gläubiger ohne Anspruch auf Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . . a) Überblick . . . . . . . . . . . . b) Fällige Ansprüche . . . . . . . . c) Ausschluss des Anspruchs nach Abs 1 S 3 . . . . . . . . . . . . d) Berücksichtigung anderer Sicherheiten . . . . . . . . . . . . . . e) Sicherheitsleistung ohne Rechtsgrund . . . . . . . . . . . . . . 7. Vertraglich gewährtes Recht auf Sicherheitsleistung . . . . . . . . .

Rn

1 2–7 8–12 13–60 13 14 15–25 15 16–17 18

V. VI.

19 20–23 24 25 26–34 26

VII.

27–29 30

VIII.

31–32 33–34 35–36 37–50 37 38–41 42–48 49 50 51–52

8. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . a) Klagbarer Anspruch auf Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . b) Art der Sicherheitsleistung . . . c) Vorzeitige Befriedigung anstelle der Sicherheitsleistung . . . . . d) Schutzgesetz iSd § 823 Abs 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . Gläubigeraufruf (Abs 1 S 2) . . . . . Auszahlungsverbot und Unwirksamkeit eines Erlassvertrags (Abs 2) . . . 1. Auszahlungsverbot (Abs 2 S 1) . . a) Sinn und Reichweite des Verbots b) Dauer des Verbots . . . . . . . c) Umfang des Verbots . . . . . . d) Folgen eines Verstoßes gegen das Verbot; Schutzgesetz . . . . . . 2. Unwirksamkeit eines Erlassvertrags (Abs 2 S 2) . . . . . . . . . . . . Sicherheitsleistung auch ohne konkrete Gefährdung (Abs 3) . . . . . . Durchführung der Kapitalherabsetzung und Rechte der Aktionäre . . . 1. Maßnahmen zur Durchführung der Kapitalherabsetzung . . . . . . . 2. Anspruch auf Auszahlung . . . . . a) Rückzahlung der Einlagen . . . b) Rechte aus eigenen Aktien . . . c) Unabwendbarkeit von § 57 Abs 1 S 1 und Abs 3 und Insolvenz der Gesellschaft . . . . . . . . d) Verzögerte Auszahlung und Auflösung von Rücklagen . . . . . 3. Erlass der Einlageforderung . . . . 4. Sachausschüttung . . . . . . . . . a) Mögliche Formen der Sachausschüttung . . . . . . . . . . . b) Zulässigkeit . . . . . . . . . . 5. Rücklagenbildung . . . . . . . . .

53–60 53–55 56–57 58–59 60 61–62 63–67 63–66 63 64 65 66 67 68 69–79 69 70–74 70 71

72–73 74 75 76–78 76 77–78 79

Schrifttum Engert Solvenzanforderungen als gesetzliche Ausschüttungssperre bei Kapitalgesellschaften, ZHR 170 (2006) 296; Gotthardt Sicherheitsleistung für Forderungen pensionsberechtigter Arbeitnehmer bei Kapitalherabsetzung, BB 1990, 2419; Heine/Lechner Die unentgeltliche Auskehrung von Sachwerten bei börsennotierten Aktiengesellschaften, AG 2005, 269; Jäger Sicherheitsleistung für Ansprüche aus

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Gläubigerschutz

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Dauerschuldverhältnissen bei Kapitalherabsetzung, Verschmelzung und Beendigung eines Unternehmensvertrags, DB 1996, 1069; Krieger Sicherheitsleistung für Versorgungsrechte?, FS Nirk, 1992, 551; Rittner Die Sicherheitsleistung bei der ordentlichen Kapitalherabsetzung, FS Oppenhoff, 1985, 317; Sandhaus Richtlinienvorschlag der Kommission zur Vereinfachung der Berichts- und Dokumentationspflichten bei Verschmelzungen und Spaltungen, NZG 2009, 41; Senger/Vogelmann Die Umwandlung von Vorzugsaktien in Stammaktien, AG 2002, 193; Wiedemann/Küpper Die Rechte des PensionsSicherungs-Vereins als Träger der Insolvenzsicherung vor einem Konkursverfahren und bei einer Kapitalherabsetzung, FS Pleyer, 1986, 445. Vgl auch die Schrifttumsnachweise Vor § 222 und bei § 223.

I. Gesetzesgeschichte Von unwesentlichen sprachlichen Änderungen in Abs 1 abgesehen entspricht die Vor- 1 schrift § 178 AktG 19371. Diese wiederum geht auf die inhaltlich leicht abweichende Regelung des § 289 Abs 2 bis 4 HGB aF zurück. Die Vorschrift ist seit 1965 inhaltlich unverändert; der Gesetzgeber passte sie lediglich an das neue Insolvenzrecht an, indem er in Abs 1 S 3 die Worte „des Konkurses“ durch die Worte „des Insolvenzverfahrens“ ersetzte2.

II. Normzweck Die zwingende Vorschrift bezweckt den Schutz der Gesellschaftsgläubiger. Gerade 2 weil die ordentliche Kapitalherabsetzung die Rückzahlung von Einlagen an die Aktionäre erlaubt, sind die Gläubiger besonders gefährdet. Zur Sicherung der Gläubiger gibt die Vorschrift allen Gläubigern unter den in Abs 1 S 1, Abs 3 genannten Voraussetzungen das Recht, Sicherheitsleistung zu verlangen, soweit sie nicht Befriedigung verlangen können. Damit die Gläubiger von ihrem Recht erfahren, sieht sie einen Gläubigeraufruf vor (Abs 1 S 2). Zudem ordnet sie an, dass Zahlungen an die Aktionäre oder der Erlass von Einlageforderungen nur nach Ablauf eines Sperrhalbjahres und nach Befriedigung der Gläubiger oder nach Sicherheitsleistung an die Gläubiger erfolgen darf (Abs 2). Mit diesen Vorkehrungen trägt das Gesetz dem Umstand Rechnung, dass das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 Abs 1 S 1, Abs 3) keine Anwendung findet. Ein Teil des Schrifttums scheint Abs 1 als einen Vertrauensschutztatbestand zu begrei- 3 fen3. Sicherlich vertrauen Personen, die mit der Gesellschaft in rechtsgeschäftlichen Kontakt treten, ab dem Vertragsschluss auf die Leistungsfähigkeit der Gesellschaft. Allerdings stellt die Vorschrift im Gegensatz zu anerkannten Vertrauensschutztatbeständen gerade nicht darauf ab, ob der Gläubiger auf einen bestimmten Vermögensstand der Gesellschaft vertraute oder im Zeitpunkt des Vertragsschlusses von einer beschlossenen, aber noch nicht bekannt gegebenen Kapitalherabsetzung wusste 4. Dies sowie der Umstand, dass die Vorschrift sowohl vertragliche als auch außervertragliche Gläubiger schützt 5, sprechen klar gegen die Annahme eines Vertrauensschutzes. Denn deliktische Gläubiger haben ex ante gerade kein Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der Gesellschaft, denn sie werden regelmäßig von dem Verhalten, das den deliktischen Tatbestand

1

2

Kropff AktG 1965, S 318. Zur Geschichte der Kapitalherabsetzung im Allgemeinen s Vor § 222, 73 ff. Art 45 Nr 7 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung (EGInsO) v 5.10.1994, BGBl I 2911, in Kraft getreten zum 1.1.1999.

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3 4

5

MK/Oechsler 2 6, 7. So aber MK/Oechsler 2 6, der dabei eine Parallele zur Dogmatik des Vertrauenstatbestands von § 15 Abs 2 S 2 HGB zieht. So auch MK/Oechsler 2 5, 14.

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§ 225

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

erfüllt, überrascht. Ausschlaggebend für die Schaffung der Vorschrift ist daher allein der objektive Schutz der Gläubiger der Gesellschaft vor einer Reduzierung von deren Vermögensbasis6. Denn die Gläubiger können die Entwicklung des entstandenen Rechtsverhältnisses nicht mehr einseitig beeinflussen, während die Aktiengesellschaft dies noch kann, indem sie ihre Haftungsgrundlage durch eine Kapitalherabsetzung verschlechtert. Ein solcher Schutz ist insbesondere dann erforderlich, wenn Vermögen an die Aktionäre zurückgezahlt wird oder ausstehende Einlagen erlassen werden, denn durch die Schmälerung der Vermögensbasis der Gesellschaft erhöht sich das Risiko der Gläubiger. Bei Vorhandensein einer Unterbilanz lässt sich die Leistung von Sicherheiten zumeist 4 nicht verwirklichen, da genügend Mittel fehlen. In einem solchen Fall wird daher überwiegend die vereinfachte Kapitalherabsetzung genutzt, bei der § 225 nicht gilt (vgl § 229 Abs 3) und die Gläubiger auf andere Art gesichert werden (§§ 230 ff, s dort)7. Aber auch bei der Kapitalherabsetzung in wirtschaftlich gesunden Zeiten erweist sich das Erfordernis der Stellung von Sicherheiten als Belastung, denn die Sicherheitsleistung ist in erster Linie in Realsicherheiten zu erbringen (§ 232 Abs 1 BGB). Damit müssen uU wesentliche Teile des Gesellschaftsvermögens für Sicherheitsleistungen zur Verfügung gestellt werden. Dies ist die Hauptursache für die geringe praktische Bedeutung der ordentlichen Kapitalherabsetzung und für das Ausweichen auf die vereinfachte Kapitalherabsetzung. Die Norm ist Ausdruck des Prinzips, dass Gläubigern bei Strukturveränderungen 5 Sicherheit zu leisten ist. Dieses Prinzip fand sich zunächst im Recht der Liquidation und wurde mit dem Companies Act 1867 erstmals auch auf die Kapitalherabsetzung übertragen (s Vor § 222, 72). In Deutschland wurde die Kapitalherabsetzung als Teilliquidation begriffen, so dass auch der Gläubigerschutz in entsprechendem Zusammenhang geregelt war; erst später folgte die Verselbstständigung der Kapitalherabsetzung zu einem eigenen Rechtsinstitut und damit einer separaten Regelung auch des Gläubigerschutzes (s Vor § 222, 73 ff). Heute ist das Prinzip, dass Gläubigern Sicherheit zu leisten ist, im deutschen Recht (zu Reformüberlegungen auf EU-Ebene Vor § 222, 110) bei allen Strukturveränderungen anerkannt, so für die vereinfachte Kapitalherabsetzung (§ 233 Abs 2 S 2), die Liquidation (§ 272 Abs 3), die Beendigung eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§ 303 Abs 1 S 1), die Eingliederung (§ 321 Abs 1 S 1) sowie die Verschmelzung (§ 22 Abs 1 S 1 UmwG), die Spaltung (§§ 22, 125, 133 Abs 1 S 2 UmwG), die Vermögensübertragung (§§ 176 bis 179, 22 UmwG) und den Formwechsel (§§ 204, 22 UmwG). Allerdings ist kritisch darauf hinzuweisen, dass die zum Schutze der Gläubiger bei Strukturveränderungen ergangenen Vorschriften in den verschiedenen Gesetzen nicht deckungsgleich sind (s etwa u 34)8, ohne dass dafür ein Grund ersichtlich ist. Die Alternative zu einer Sicherheitsleistung wäre die sofortige Fälligstellung aller 6 Ansprüche der Gläubiger für den Fall der Kapitalherabsetzung (eine solche Regelung für den Insolvenzfall findet sich in § 41 InsO). Aus dem Wortlaut der Vorschrift („soweit sie nicht Befriedigung verlangen können“), folgt, dass die Kapitalherabsetzung kein derartiges Recht auf vorzeitige Befriedigung gibt9. Denn ein solches Recht würde die Gesellschaft – im Vergleich zur Sicherheitsleistung – unverhältnismäßig belasten. Ein Recht auf vorzeitige Befriedigung steht einem Gläubiger daher nur zu, wenn er es mit der Gesell-

6 7 8

KK/Lutter 2 2, 6, 10. Jäger NZG 1999, 238, 239. Kritisch etwa Naraschewski GmbHR 1998, 356, 358 ff; s a Rodewald Vereinfachte „Kapitalherabsetzung“ durch Verschmelzung von GmbH, GmbHR 1997, 19, 21. Dieser Mangel

9

soll allerdings behoben werden, vgl den entsprechenden Vorschlag der EU-Kommission KOM(2008) 576 endg., NZG 2009, 50; dazu Sandhaus NZG 2009, 41 ff. S a ROHG 24, 245; RGZ 5, 7; 9, 11, 14.

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schaft vertraglich vereinbart hat (zB bei Darlehensverträgen) oder wenn die Kapitalherabsetzung ausnahmsweise einen wichtigen Grund zur vorzeitigen Kündigung und damit Fälligstellung von Rückzahlungsansprüchen darstellt (s u 23)10. Im Übrigen ist auf § 321 BGB hinzuweisen, der bei synallagmatischen Verträgen einen Vorleistungspflichtigen vor Vermögensverschlechterungen des Vertragspartners schützt. Dessen Voraussetzungen werden aber nur im Sanierungsfall der Gesellschaft vorliegen. Die drei Schutzinstrumentarien der Sicherheitsleistung, des Gläubigeraufrufs und des 7 Sperrhalbjahres finden auch auf die Kapitalherabsetzung durch Einziehung Anwendung (§ 237 Abs 2 S 3, s § 237, 76, 91 ff). Sie gelten nicht für die vereinfachte Kapitalherabsetzung, da die §§ 230 bis 233 spezielle gläubigerschützende Regelungen vorsehen (s § 229, 60, § 230, 2 ff).

III. Europarechtlicher Hintergrund § 225 entspricht den Vorgaben der ursprünglichen Fassung des Art 32 der Kapital- 8 richtlinie. Diese Bestimmung wurde durch Art 1 Nr 9 der Richtlinie 2006/68/EG11 geändert (s Vor § 222, 95, 111), die bis zum 15.4.2008 umzusetzen war. Die Gläubiger haben nach Richtlinie nun das Recht, bei der zuständigen Verwaltungsbehörde oder dem zuständigen Gericht angemessene Sicherheiten zu beantragen, wenn sie glaubhaft machen können, dass die Befriedigung ihrer Forderungen durch die Herabsetzung des gezeichneten Kapitals gefährdet ist und sie von der Gesellschaft keine angemessenen Sicherheiten erhalten haben (Art 32 Abs 1 UAbs 2). Diese Vorgabe erstreckt sich auf alle Arten der Kapitalherabsetzung. Sie beruht auf drei Erwägungen der Winter-Kommission (s ausführlich Vor § 222, 110)12. (1) Zum einen kann es Situationen geben, in denen die Gläubiger die ihnen eingeräumten Sicherheiten für nicht ausreichend halten. Sie hatten nach der ursprünglichen Fassung der Kapitalrichtlinie keine Möglichkeit, gegen die Art der Sicherheit, die die Gesellschaft ihnen einräumt, zu klagen. Da nicht alle Mitgliedstaaten diese Lücke von sich aus gefüllt haben, besteht insoweit Handlungsbedarf. Im deutschen Recht haben Gläubiger nach Abs 1 einen einklagbaren Anspruch auf Sicherheitsleistung (s u 13 ff, 53). Deshalb scheint dieser Aspekt der Reform des Art 32 für das deutsche Recht auf den ersten Blick keine Rolle zu spielen. Dieser Eindruck täuscht jedoch. Der Ausschlusstatbestand des Abs 1 S 3 ist zu eng formuliert, so dass es Gläubiger geben kann, deren Anspruch auf Sicherung ausgeschlossen ist, obwohl die Deckungsmasse nicht die gesamte Forderung abdeckt (s u 42 ff). Der deutsche Gesetzgeber hat bei der Umsetzung der Richtlinie jedoch keine Anpassung des § 225 Abs 1 S 3 vorgenommen13. (2) Zum anderen betont die Winter-Kommission, dass gerade bei der vereinfachten Ka- 9 pitalherabsetzung die Sicherung der Gläubiger oft nicht ausreicht (s dazu § 229, 7 f, § 230, 7 aE). Auch wenn bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung keine Auszahlung von Vermögen an die Aktionäre erfolgen dürfe, sei es der Gesellschaft nach der Kapitalherabsetzung künftig leichter möglich, Dividenden auszuschütten, da erwirtschaftete Verluste nun abgebaut seien. Hierdurch könnten Gläubigerinteressen gefährdet sein (s Vor § 222, 110). Dieser Aspekt der Diskussion zielt allein auf die vereinfachte Kapitalherabsetzung.

10 11

KK/Lutter 2 23; Schilling Voraufl 6. Fundstelle Vor § 222, 37 Fn 59. Dazu Oechsler Die Änderung der Kapitalrichtlinie und der Rückerwerb eigener Aktien, ZHR 170 (2006) 72.

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Report (s Vor § 222, 110 Fn 200) S 15 (Punkt IV 6), 84. Vgl Art 1 des Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrichtlinie (ARUG) v 30.7.2009, BGBl I 2479.

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Er kann an dieser Stelle bei der Darstellung von § 225 daher außer Betracht bleiben (vgl statt dessen § 229, 7 f), denn bei der ordentlichen Kapitalherabsetzung können die Gläubiger nach Abs 1 S 1 eine angemessene Sicherung verlangen. (3) Schließlich betont die Winter-Kommission, der Gläubiger solle die Beweislast 10 dafür tragen, dass die geplante Kapitalherabsetzung schädliche Auswirkungen für ihn habe und ihm deshalb ein Recht auf Bestellung angemessener Sicherheiten zustehe14. Auf diese Weise werde sichergestellt, dass kein Gläubiger eine Kapitalherabsetzung willkürlich in die Länge ziehen oder blockieren könne. Die Erwägungen der Winter-Kommission berücksichtigen nicht, dass bei einer Blockade zwei Ebenen zu unterscheiden sind, nämlich die Beweislast für das Bestehen einer zu sichernden Forderung und die Beweislast für eine konkrete Gefährdung dieser Forderung durch die Kapitalherabsetzung. Ist die Forderung streitig, wird dies im Zuge des Prozesses um die Sicherheitsleistung inzident mitgeprüft. Dass ein solcher Prozess Zeit kostet, ist unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten hinzunehmen. Ist die Forderung dagegen unstreitig, kann der Gläubiger Sicherheit verlangen. Dabei muss der Gläubiger im deutschen Recht nicht nachweisen, dass ihm konkrete Nachteile drohen (s u 35 f), um die Sicherheitsleistung beanspruchen zu können. Allein aus Gründen der Beweislast ist also gar keine zeitliche Verzögerung zu befürchten. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die von der Winterkommission befürchtete 11 Blockade der Kapitalherabsetzung im deutschen Recht schon deshalb nicht möglich ist, weil sie wirksam wird, sobald sie in das Handelsregister eingetragen ist (§ 224). Die Sicherheitsleistung ist erst anschließend fällig. Es besteht allein die Gefahr der Verzögerung der Auszahlungen bzw des Erlasses der Einlageforderungen, der hinzunehmen ist. Nicht berücksichtigt hat die Winter-Kommission allerdings einen anderen Aspekt. 12 Die deutsche Lösung beeinträchtigt die Liquidität der AG, wenn klar ist, dass die Kapitalherabsetzung zu keiner Gefährdung der Forderung führen wird. Setzt die AG beispielsweise ihr Kapital herab und erhöht es anschließend wieder (vgl § 228), steht sie nach diesen Kapitalmaßnahmen wirtschaftlich wesentlich besser da als zuvor. Dennoch steht dem Gläubiger das Recht auf Sicherheitsleistung zu (§ 225)15. Dies stellt zwar eine Beschneidung der Rechte und des wirtschaftlichen Bewegungsspielraums der AG dar, jedoch kann diese ohne Nachteile auf die vereinfachte Kapitalherabsetzung ausweichen, bei der § 225 keine Anwendung findet. Der deutsche Gesetzgeber hätte daher die Umsetzung der Richtlinie 2006/68/EG zum Anlass nehmen sollen, § 225 entsprechend einzuschränken (s u 35 und Fn 65).

IV. Anspruch auf Sicherheitsleistung (Abs 1 S 1) 1. Voraussetzungen im Überblick

13

Der Anspruch auf Sicherheitsleistung besteht für Gläubiger (s u 14), deren Forderung zum Zeitpunkt der Bekanntmachung der Eintragung der Kapitalherabsetzung gegen die Gesellschaft bereits begründet, aber noch nicht fällig oder durchsetzbar ist (s u 15 ff) und für die keine ausreichende Sicherheit besteht (s u 37 ff). Der Kreis der zu sichernden Forderungen ist damit durch einen Anfangszeitpunkt (Begründung) und einen Endzeitpunkt (Fälligkeit) beschrieben. Anspruchsberechtigt sind nur Gläubiger, die sich innerhalb von 14 15

Report (s Vor § 222, 110 Fn 200) S 84. Die Gläubiger werden durch die Sicherheitsleistung daher unerwartet besser gestellt, so dass die Kapitalherabsetzung für sie einen

windfall profit bedeutet. Kritisch zu dieser auch in der Schweiz bestehenden Problematik Böckli SJZ 2008, 333, 335.

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sechs Monaten nach Bekanntmachung der Eintragung der Kapitalherabsetzung bei der Gesellschaft melden (s u 26 ff). 2. Forderungsgläubiger Als Gläubiger, die Anspruch auf Sicherheitsleistung haben, erfasst die Vorschrift die- 14 jenigen, die gegen die Gesellschaft vertragliche und gesetzliche Forderungen (§ 241 Abs 1 BGB) haben. 3. Erfasste Forderungen a) Art des Entstehungsgrundes. Da die Art des Entstehungsgrundes unmaßgeblich ist, 15 werden nicht nur Ansprüche in Geld, sondern auch Ansprüche auf Unterlassung, auf Eigentumsverschaffung16 und aus Satzung (Anspruch auf Zahlung einer bereits entstandenen Dividende) erfasst. Auch Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen sind gemeint. Dingliche Rechte (zB Pfandrecht, Nießbrauch) und Ansprüche aus dinglichen Rechten (zB Ansprüche aus einer Hypothek) werden dagegen nicht geschützt, da es sich dabei zum einen nicht um Forderungen iSd § 225 Abs 1 handelt und sie zum anderen bereits ausreichend durch Aussonderungs- und Absonderungsrechte geschützt werden17. Erfasst werden aber Ansprüche auf Änderung der dinglichen Rechtslage (zB Ansprüche aus § 433 Abs 1 BGB auf Verschaffung des Eigentums) und dinglich gesicherte schuldrechtliche Ansprüche (zB aus einem dinglich gesicherten Darlehen)18 (zur Frage, ob bei gesicherten Forderungen ein Anspruch auf Sicherheitsleistung besteht s u 49). b) Stichtag. Die Forderung muss vor der Bekanntmachung der Eintragung begründet 16 worden sein. Maßgebend ist der Ablauf des nach § 10 S 1 HGB bestimmten Tages. Erfasst werden damit auch solche Forderungen, die erst nach der Beschlussfassung über die Kapitalherabsetzung oder gar nach deren Anmeldung zum Handelsregister aber noch vor Bekanntmachung der Eintragung begründet worden sind. Der Umstand, dass die Vorschrift des § 225 nicht das Vertrauen auf einen bestimmten 17 Vermögensstand schützt, sondern einen objektiven Schutz der Gläubiger bezweckt (s o 2 f), wirkt sich auf zweierlei Weise aus. (1) Einem Gläubiger kann nicht die Kenntnis von der anstehenden Eintragung der Kapitalherabsetzung entgegengehalten werden19. Der Vertragspartner einer Aktiengesellschaft handelt in einem solchen Fall keineswegs auf eigene Gefahr20. Wollte man dies bejahen, würde man in den Tatbestand des § 225 doch ein subjektives Element hineinlesen und damit den Gesetzeszweck (s o 2) verkennen. Außerdem bestrafte man – obwohl gerade keine gesetzliche Erkundigungspflicht besteht – besonders aufmerksame Vertragspartner, während die Sorglosen den vollen Schutz des Gesetzes genießen dürften. (2) Der Umstand, dass die Vorschrift nicht ein bestimmtes Vertrauen schützt, wirkt sich allerdings nicht nur zugunsten, sondern auch zulasten der Gläubiger aus, denn er bedingt, dass § 15 Abs 2 S 2 HGB keine Anwendung findet21; § 225 ist insoweit lex specialis. Ein Gläubiger, dessen Forderung erst nach der Bekanntmachung der Kapitalherabsetzung begründet wurde, kann sich also nicht darauf berufen, 16

17 18

Hüffer 9 2; KK/Lutter 2 6, 21; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 5; K Schmidt/Lutter/Veil 2 6; aA Schilling Voraufl 4. Unstr, statt vieler Hüffer 9 2 aE; MK/Oechsler 2 5. KK/Lutter 2 21.

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KK/Lutter 2 7; iE auch Schilling Voraufl 5. So aber MK/Oechsler 2 6. Hüffer 9 3; KK/Lutter 2 7 aE; Hirte § 303, 16; im Ergebnis auch MK/Oechsler 2 6, obwohl er subjektive Momente bei § 225 berücksichtigen will, soeben bei Fn 20 und oben 3.

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die Kapitalherabsetzung sei erst innerhalb der letzten 15 Tage eingetragen worden und er habe keine Kenntnis von ihr gehabt.

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c) Begründung der Forderung. Die Forderung ist in dem Moment begründet, in dem ihr Rechtsgrund gelegt wurde22. Vertragliche Ansprüche werden mit dem Vertragsschluss begründet23; ab diesem Zeitpunkt ist der Vertragspartner schutzwürdig (zum Schutzzweck der Norm s o 2). Bei (vor-)vertraglichen oder deliktischen Schadensersatzansprüchen muss das schadensbegründende Verhalten vor Bekanntmachung der Kapitalherabsetzung liegen. Unerheblich ist, ob der Schaden zu diesem Zeitpunkt bereits eingetreten ist oder genau beziffert werden kann24.

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d) Bedingte oder befristete Forderungen. Eine Befristung25 oder auflösende Bedingung26 der Forderung ist unschädlich. Umstritten ist, ob auch Forderungen erfasst werden, die unter einer aufschiebenden Bedingung stehen. Eine Ansicht lehnt dies ab, da noch nicht alle Voraussetzungen für die Entstehung des Anspruchs vorliegen27. Berücksichtigt man jedoch den Schutzzweck der Norm (s o 2), müssen auch aufschiebend bedingte Forderungen erfasst sein. Sobald die Voraussetzungen für das Entstehen einer Forderung gelegt sind und die weitere Entwicklung des Rechtsverhältnisses unabhängig vom Willen der Parteien verläuft, kann der Gläubiger sich nicht mehr gegen eine Veränderung des Risikos auf Seiten der Gesellschaft schützen. Er bedarf in einem solchen Fall einer Absicherung. Deshalb wird teilweise der Schutz auch aufschiebend bedingter Forderungen ohne jede Einschränkung bejaht oder jedenfalls dann, wenn der Bedingungseintritt nicht mehr einseitig vom Schuldner verhindert werden kann28. Andere verlangen, dass der Eintritt der Bedingung innerhalb des Sperrhalbjahres hinreichend wahrscheinlich sein muss29, damit die Forderung überhaupt von § 225 geschützt ist. Beide Ansichten sind abzulehnen. Denn der wahrscheinliche Eintrittszeitpunkt und das Ausmaß der Wahrscheinlichkeit betreffen die Höhe des Risikos des Gläubigers. Aufschiebend bedingte Forderungen sind also stets zu berücksichtigen, wobei die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Bedingung allein bei der Bemessung der Höhe der Sicherheit einzubeziehen ist, die gegebenenfalls auf Null reduziert werden kann30. Gleiches muss im Übrigen entsprechend für auflösend bedingte Forderungen gelten31. 22

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27

28

Ebenso Hüffer 9 3; KK/Koppensteiner 2 § 303, 8; Lutter/Grunewald UmwG 4 § 22, 7; MK/Oechsler 2 7. Hüffer9 3. Hüffer9 3; KK/Lutter 2 11; MK/Oechsler 2 14. Baumbach/Hueck13 4; KK/Lutter 2 12; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 41; Scholz/ Priester10 § 58, 56. Statt vieler Hüffer 9 3; Scholz/Priester10 § 58, 56; aA allein Schröer Sicherheitsleistung für Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen bei Unternehmensumwandlungen, DB 1999, 317, 319. Schilling Voraufl 3; Würdinger Voraufl § 321, 3; Geßler in Geßler/Hefermehl § 303, 8; KK/Kraft2 § 347, 5 (anders noch 1. Aufl 3); Schmitt/Hörtnagl/Stratz UmwG4, § 22, 7; Wiedemann/Küpper FS Pleyer, 1986, 445, 451. Baumbach/Hueck13 4; Godin/Wilhelmi 4 2;

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Hefermehl in Geßler/Hefermehl § 225, 3; MK/Altmeppen2 § 303, 16; Lutter/Grunewald UmwG4 § 22, 7; Schlegelberger/Quassowski3 § 178, 1; Vossius in Widmann/ Mayer UmwG, § 22, 20. MK/Oechsler2 8; MünchHdBAG-Krieger3 § 60, 41; Kallmeyer/Marsch-Barner UmwG4 § 22, 3; Rowedder/Zimmermann4 § 58, 27 („nicht unwahrscheinlich“). Hüffer 9 3, 12; KK/Lutter 2 10; K Schmidt/ Lutter/Veil 2 7, 16; Ulmer/Habersack/Winter/ Casper § 58, 48, 50; Scholz/Priester10 § 58, 56, 58; Lutter/Hommelhoff/Lutter GmbHG17 § 58, 19 f. Ebenso MK/Oechsler 2 30 und MünchHdBAG-Krieger3 § 60, 41, die damit in Widerspruch zu ihrer Kommentierung in Rdn 8 bzw 41 treten, bei der anhand der Wahrscheinlichkeit beurteilt wird, ob die Forderung überhaupt zu berücksichtigen ist. So schon Schilling Voraufl 14; KK/Lutter 2 10.

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e) Forderungen aus Dauerschuldverhältnissen. Ansprüche aus Dauerschuldverhältnis- 20 sen sind ebenfalls erfasst. Auch bei ihnen kommt es auf den Vertragsschluss und nicht auf die Fälligkeit der Einzelleistungen an. Damit sind auch künftige, aus dem Dauerschuldverhältnis folgende Einzelansprüche geschützt. Die bislang herrschende Ansicht verlangt jedoch, dass die Einzelansprüche hinreichend konkret sind. Dies sei bei regelmäßig wiederkehrenden Leistungen (zB Mietzahlungen) der Fall, nicht aber bei Rahmenverträgen, bei denen die Einzelleistungen noch abgerufen werden müssten (zB offen gestaltete Abnahmepflicht bei Lieferverträgen)32. Würde man der herrschenden Meinung folgen, wäre bei Kreditbeziehungen wie folgt zu unterscheiden: Wurde ein Zahlungs-, Aval- oder Diskontkredit vereinbart, stellt das Kreditvolumen in voller Höhe eine zu sichernde Forderung dar. Wurde dagegen ein Kontokorrentkredit („offene Kreditlinie“) vereinbart, ist die Forderung nur insoweit begründet, als der Kunde den Kredit zum Zeitpunkt der Bekanntmachung der Kapitalherabsetzung in Anspruch genommen hat. Gleiches gilt für den Fall, dass die Kontoüberziehung nur geduldet wurde. Gegen die Unterscheidung zwischen Dauerschuldverhältnissen mit wiederkehrenden 21 Leistungen einerseits und Forderungen aus Verträgen, bei denen es zur Begründung der Einzelforderung noch einer Konkretisierung (zB in Form eines Abrufs des Gläubigers) bedarf, regt sich zu Recht Widerstand. Berücksichtigt man, dass § 225 Schadensersatzansprüche auch in den Fällen erfasst, in denen sie nur dem Grunde, nicht aber der Höhe nach feststehen (s o 18), wäre es inkonsequent, wollte man bei vertraglichen Ansprüchen etwas anderes vertreten. Der Gläubiger ist gleichermaßen schutzwürdig33, da er keine andere Möglichkeit hat, seinen ihm aus dem Rahmenvertrag zustehenden Anspruch abzusichern. Nicht nur der Gläubiger würde durch die Ansicht der herrschenden Meinung in seiner Entscheidungsfreiheit, die ihm zustehende Leistung abzurufen, faktisch behindert. Auch die Aktiengesellschaft würde in ihrer „wirtschaftlichen Mobilität“34, die mit der Kapitalherabsetzung gerade erhalten werden soll, eingeschränkt. Denn folgt man der herrschenden Meinung, würde das Interesse von Banken an der Sicherung der Kontokorrentkredite (s o 20) vernachlässigt und die Banken wären folglich gezwungen, die Kreditlinien zu kündigen. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Vertreter der herrschenden Ansicht mit der Einführung der genannten Unterscheidung offenbar bestrebt sind, das Ausmaß der Sicherheitsleistungen für die Gesellschaft überschaubar zu halten. Diese Frage ist aber nicht bei der Entstehung des Sicherungsanspruchs, sondern nur bei seiner Bemessung, also im Zusammenhang mit der so genannten Endloshaftung (dazu sogleich), zu berücksichtigen. Die herrschende Meinung verwechselt folglich die Frage des Bestehens eines Anspruchs auf Sicherheitsleistung mit der Frage nach dessen Höhe. Zudem wird schon durch die Frist von sechs Monaten, in denen Ansprüche anzumelden sind, eine Begrenzung bewirkt35. Zu beachten ist auch die Parallele zur Nachhaftung gemäß §§ 128, 160 HGB. Bei ihr wird ebenfalls auf die Begründung der Forderung abgestellt; dabei wird nicht zwischen Ansprüchen aus Dauerschuldverhältnissen mit wiederkehrenden Leistungen einerseits und Rahmenverträgen mit noch zu konkretisierenden Leistungen andererseits unterschieden; beide Arten sind erfasst36. Diese weite Auslegung 32

33 34 35

Hüffer 9 4; KK/Lutter 2 13; MK/Oechsler 2 9; MünchHdBAG-Krieger3 § 60, 41; SpindlerStilz/Marsch-Barner 2 8; Schilling Voraufl 4. MK/Altmeppen2 § 303, 17; Lutter/Grunewald UmwG4 § 22, 8. KK/Lutter 2 10. Schilling Voraufl 3.

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BGHZ 142, 324, 329 = NJW 2000, 208, 209; Baumbach/Hopt HGB34 § 128, 31; Schlegelberger/K Schmidt HGB5 § 128, 51; GK HGB/Habersack4 § 160, 10 iVm § 128, 63 ff, 65; Stuhlfelner in Heidelberger Komm7 § 128, 11; v. Gerkan in Röhricht/Graf von Westphalen, HGB2, § 128, 24; Hillmann in Ebenroth/Joost/Boujong2 § 128, 48 f.

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wird durch die Erwägung des Gesetzgebers gestützt, wonach eine Beschränkung der Nachhaftung auf einzelne Anspruchsarten unlösbare Abgrenzungsschwierigkeiten auslösen würde37. Soweit eine Forderung aus einem Dauerschuldverhältnis erfasst ist, stellt sich das Pro22 blem der so genannten Endloshaftung, denn Dauerschuldverhältnisse haben eine theoretisch unbegrenzte Laufzeit, solange keine Seite kündigt. Dies hätte zur Folge, dass die Aktiengesellschaft für die maximale Laufzeit des Vertrags eine extrem hohe Sicherheit zu leisten hätte. Zur Begrenzung der Leistungspflicht werden verschiedene Ansätze diskutiert. Ein Teil des Schrifttums will die vom BGH38 zu § 159 HGB aF entwickelte Kündigungstheorie anwenden, so dass die Sicherheit nur für den Zeitraum bis zum erstmöglichen Kündigungstermin des Dauerschuldverhältnisses zu stellen ist39. Dieser Ansatz berücksichtigt jedoch die ökonomischen Erwartungen der Parteien nicht, die uU an einer über den nächsten Kündigungstermin hinausreichenden Rechtsbeziehung Interesse haben. Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber sich bei dem parallelen Problem der Nachhaftung gerade nicht für diese Theorie entschieden, sondern die Fünfjahresfrist des § 160 Abs 1 S 1 HGB eingeführt hat. Vor diesem Hintergrund ist die Kündigungstheorie mittlerweile ganz überwiegend aufgegeben worden40. Ein Teil des Schrifttums legt nun entsprechend § 160 HGB bei der Bemessung der Sicherheit einen Zeitraum von fünf Jahren zugrunde41. Auch dieser Ansatz überzeugt nicht, denn näher liegender ist die Parallele zu anderen gläubigerschützenden Vorschriften bei Kapitalmaßnahmen und Umstrukturierungen im Kapitalgesellschaftsrecht. Der Gesetzgeber hat sich bei der Reform des § 347 Abs 1 S 2 AktG aF 42 und bei der Einführung des § 22 Abs 1 S 2 UmwG 43 gerade nicht auf starre Fristen festgelegt, sondern berücksichtigt das konkrete Sicherungsinteresse des Gläubigers. Dieses kann bei Langzeitverträgen durchaus auch über die Grenze von fünf Jahren hinausreichen. Die Wertung, dass es auf das konkrete Sicherungsinteresse ankommt, spiegelt sich auch in der in § 225 Abs 1 S 3 niedergelegten Ausnahme wider. Abzustellen ist daher auf das im Einzelfall zu bestimmende Sicherungsinteresse des Gläubigers44. Eine vermittelnde Meinung will zwar das konkrete Sicherungsinteresse zugrunde legen, sieht aber den Zeitraum von fünf Jahren analog § 160 Abs 1 S 1 HGB als Obergrenze an45. Einer solchen Einschränkung bedarf es jedoch nicht. Zum einen spre37 38 39

40 41

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RegE zum Nachhaftungsbegrenzungsgesetz, BT-Drucks 12/1868, S 8. BGHZ 70, 132 = NJW 1978, 636. MK/Oechsler 2 10; MK/Altmeppen2 § 303, 31. Ausdrücklich offen gelassen von BGH NJW 1992, 505, 507. BGHZ 142, 324, 331 = NJW 2000, 208, 210 mwN zum Schrifttum. Hirte § 303, 17; Emmerich in Emmerich/ Habersack Aktien- und GmbH-Konzernrecht 6 § 303, 13a ff; K Schmidt/Lutter/Veil 2 8, unter Einbeziehung auch des § 26 HGB. Eingefügt durch Art 1 Nr 9 des Gesetzes zur Durchführung der Dritten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts (Verschmelzungsrichtlinie-Gesetz) v 25.10.1982, BGBl I 1425. Umwandlungsgesetz v 28.10.1994, BGBl I 3210.

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BGH NJW 1996, 1539 f (Sicherheitsleistung bei 30jährigem Mietvertrag für die Dauer von 3 Jahren); OLG Frankfurt AG 2001, 139, 141; Hüffer9 4, § 303, 3; MünchHdBAGKrieger3 § 60, 41; Jäger DB 1996, 1069, 1070 f; Schröer DB 1999, 317, 322; Kallmeyer/Marsch-Barner UmwG 4 § 22, 12; Lutter/Grunewald UmwG 4 § 22, 8, 12; wohl auch KK/Lutter 2 13 aE. MünchHdBAG-Krieger3 § 60, 41; Habersack Der persönliche Schutzbereich des § 303 AktG, FS Koppensteiner, 2001, 31, 38 f; Jäger DB 1996, 1069, 1070 f; so auch Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 21, der zudem in seine Stellungnahme auch noch den ersten Kündigungstermin einfließen lässt; aA Schröer DB 1999, 317, 322.

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Gläubigerschutz

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chen die gegen eine Anwendung von § 160 HGB angeführten Argumente auch gegen dieses Vorgehen. Zum anderen ist der Nutzen eines solchen Vorgehens fraglich, bietet die Einzelfallbetrachtung doch ausreichend Spielraum, um die offenbar befürchtete Übersicherung des Gläubigers zu verhindern. Entschärft würde der Streit, wenn der Gesetzgeber die Vorgaben der RL 2006/68/EG umsetzen würde (s o 8 und u 35 und Fn 65). Nach Ansicht von Lutter entfällt ein Anspruch auf Sicherheitsleistung der Forderun- 23 gen aus einem Dauerschuldverhältnis, wenn der Gläubiger von seinem Recht auf Kündigung aus wichtigem Grund (§ 314 Abs 1 BGB) Gebrauch macht, weil er das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der Gesellschaft verloren hat 46; der Gesellschaft stehe ein solches Recht nicht zu, da sie den wichtigen Grund selbst geschaffen habe 47. Da der Gläubiger Anspruch auf Sicherheitsleistung hat, wird seinen Interessen ausreichend Rechnung getragen. Man wird daher eine außerordentliche Kündigung aufgrund der Kapitalherabsetzung nur dort zulassen können, wo der Gläubiger nachweist, dass er trotz der Sicherheitsleistung einen Vertrauensverlust erlitten hat, was kaum vorstellbar ist. f) Arbeitsentgelt, Pensionen, etc. Ansprüche aus Dienst- und Arbeitsverhältnissen 24 sowie Betriebsrenten und Pensionen sind erfasst 48. Gleiches gilt für Pensionsanwartschaften, die nach § 1 BetrAVG unverfallbar sind49. Bei ihnen handelt es sich um aufschiebend bedingte Forderungen, die nach zutreffender Ansicht von § 225 geschützt sind (s o 19). Sie unterliegen jedoch dem Ausschlusstatbestand des Abs 1 S 3 (s u 44). g) Bestrittene Forderungen. Gläubiger bestrittener Forderungen haben ebenfalls An- 25 spruch auf Sicherheitsleistung50. Denn ansonsten könnte sich die AG durch bloßes Bestreiten des Anspruchs auf Sicherheitsleistung entziehen. Nur in Fällen offensichtlicher Unbegründetheit stellt das Verlangen der Gläubiger einen Rechtsmissbrauch dar, der zur Verweigerung der Sicherheitsleistung berechtigt. Eine solche Feststellung wird der Vorstand nicht leichtfertig treffen51, denn ihm droht zum einen die Haftung nach § 93 und zum anderen die Haftung aus § 823 Abs 2 BGB, da § 225 ein Schutzgesetz darstellt (s u 60, 66)52. Verweigert der Vorstand in Bezug auf die streitige Forderung die Sicherheitsleistung, kann der Anspruch auf Sicherheitsleistung gerichtlich geklärt werden (s u 53)53. Dabei wird inzident die Berechtigung der Forderung mitgeprüft. 4. Meldung bei der Gesellschaft a) Materiell-rechtliche Ausschlussfrist. Die Gläubiger, deren Forderungen vor der 26 Bekanntmachung der Eintragung der Kapitalherabsetzung begründet wurden, müssen sich innerhalb von sechs Monaten nach der Bekanntmachung bei der AG melden, um Anspruch auf die Sicherheitsleistung zu haben. Die Frist stellt eine materiell-rechtliche 46

47 48

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50

KK/Lutter 2 13; aA MK/Oechsler 2 10 aE. Zum Vertrauensverlust als Kündigungsgrund MK/Gaier 5 § 314 BGB, 12. KK/Lutter 2 13 aE. KK/Lutter 2 14; MK/Oechsler 2 11; Scholz/Priester10 § 58, 56; Wiedemann/Küpper FS Pleyer, 1986, 445, 451. KK/Lutter2 14; Scholz/Priester10 § 58, 56; im Ergebnis auch K Schmidt/Lutter/Veil 2 14; aA KK/Kraft2 § 347, 6. Hüffer9 5; MK/Oechsler 2 12; Ulmer/Habersack/Winter/Casper § 58, 51; Scholz/Priester10 § 58, 60.

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51

52 53

Nach Ansicht von MünchHdBAG-Krieger3 § 60, 46, ist dies eine Entscheidung des Vorstands nach pflichtgemäßem Ermessen; so wohl auch Schilling Voraufl 13 (pflichtgemäße Prüfung). Eine § 82 Abs 2 Nr 1 GmbHG vergleichbare strafrechtliche Sanktion fehlt im AktG. KGJ 34 A 172, 173 f; Hüffer9 5, 12; KK/Lutter 2 33; MünchHdBAG-Krieger3 § 60, 45; Schilling Voraufl 8.

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§ 225

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Ausschlussfrist dar, so dass mit Fristablauf der Anspruch auf Sicherheitsleistung (nicht derjenige auf Erfüllung der Forderung) erlischt. Dies gilt selbst für den Fall, dass der Gläubiger gar keine Kenntnis von der Bekanntmachung erlangt hat oder es ihm unmöglich war, die Frist einzuhalten54. Angesichts der Bedeutung der Kapitalherabsetzung für die Gesellschaft und der Belastung durch die zu leistenden Sicherheiten soll sie mit Ablauf der Frist Klarheit darüber haben, wie sie finanziell disponieren kann.

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b) Inhalt, Adressat und Form der Meldung. Mit dem Tatbestandsmerkmal „melden“ ist jede Äußerung gemeint, mit der ein Gläubiger deutlich macht, dass und in welcher Höhe er Sicherheitsleistung verlangt. Einer ausdrücklichen Verwendung des Wortes „Sicherheitsleistung“ bedarf es nicht. Vielmehr ist die Erklärung auszulegen. Ein Kontakt des Gläubigers unter Hinweis auf die Bekanntmachung, unter Hinweis auf die Kapitalherabsetzung als solche oder zur Wahrung seiner Rechte ist im Zweifel als Meldung des Gläubigers anzusehen. Die zu sichernde Forderung ist so zu bezeichnen, dass dem Vorstand deren Identifikation und ggf Prüfung möglich ist. Die Meldung stellt – genau wie etwa die Erhebung der Einrede der Verjährung55 oder 28 die Mahnung 56 – eine geschäftsähnliche Handlung dar 57. Denn sie zielt auf den Eintritt eines tatsächlichen Erfolges und ihre Rechtsfolge tritt kraft Gesetzes und unabhängig von einem darauf gerichteten Willen des Betroffenen ein. Die Meldung ist an die Gesellschaft und nicht an das Registergericht zu richten; es genügt gemäß § 78 Abs 2 S 2 die Meldung an ein Vorstandsmitglied. Meldet sich der Gläubiger versehentlich beim Registergericht, hat dieses den Gläubiger auf die Fehlerhaftigkeit des Zugangs hinzuweisen. Zudem hat es die Meldung an die Gesellschaft weiterzuleiten58. Einer besonderen Form bedarf es nicht. Da jedoch die Beweislast für die Rechtzeitig29 keit der Meldung beim Gläubiger liegt, empfiehlt sich deren Dokumentation.

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c) Fristberechnung. Für die Rechtzeitigkeit der Meldung kommt es analog § 130 Abs 1 S 1 BGB auf den Zugang der Meldung bei der Gesellschaft an59. Die Fristberechnung richtet sich nach den §§ 186 ff BGB. Die Frist beginnt mit dem Ablauf des Tages, an dem die Bekanntmachung der Eintragung erfolgte (§ 10 S 1 HGB, § 187 Abs 1 BGB). Es kommt also nicht auf den Zeitpunkt der Eintragung selbst an. Während der Übergangsfrist des Art 61 Abs 4 EGHGB, der den Landesregierungen bis Ende 2008 erlaubte, zusätzlich verweisende oder vollständige Bekanntmachungen in Printmedien vorzuschreiben, begann die Frist mit der jeweils letzten Bekanntmachung zu laufen. Bei Printmedien kam es auf den Zeitpunkt von deren Auslieferung an. Das Ende der Frist bestimmt sich nach § 188 Abs 2, 1. Alt BGB. Der Fristablauf kann nicht gehemmt oder unterbrochen werden60.

31

d) Vorzeitige oder verspätete Meldung. Die Frist wird auch dann gewahrt, wenn sich der Gläubiger bereits vor Fristbeginn, also vor der Bekanntmachung der Eintragung der Kapitalherabsetzung ins Handelsregister, bei der Gesellschaft meldet und Sicherheiten verlangt61. Denn die Ausschlussfrist hat nicht den Sinn, frühzeitige Meldungen zu unter54 55 56 57

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Hüffer9 6; KK/Lutter 2 15; MK/Oechsler 2 15. MK/Grothe5 § 214 BGB, 4. MK/Ernst5 § 286 BGB, 46. KK/Lutter 2 17; Hüffer9 6; aA noch Hefermehl in Geßler/Hefermehl 5; Schilling Voraufl 11; Schlegelberger/Quassowski3 § 178, 3. Ebenso Schilling Voraufl 11.

59 60 61

Hüffer 9 7. Hüffer 9 7. Godin/Wilhelmi 4 3; KK/Lutter 2 18; K Schmidt/Lutter/Veil 2 12; MK/Oechsler 2 18; MünchHdBAG-Krieger3 § 60, 47; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 12; aA Schilling Voraufl 9.

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Gläubigerschutz

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binden. Der Anspruch des Gläubigers auf Sicherheitsleistung entsteht auch in einem solchen Fall allerdings erst mit der Bekanntmachung der Kapitalherabsetzung. Die materiell-rechtliche Ausschlussfrist (s o 26) läuft selbst dann, wenn das Register- 32 gericht gegen § 225 Abs 1 S 2 verstoßen und es versäumt hat, die Gläubiger auf ihren Anspruch auf Sicherheitsleistung hinzuweisen62. Einem geschädigten Gläubiger kann in einem solchen Fall ein Amtshaftungsanspruch zustehen, wenn er nachweist, dass er die Bekanntmachung tatsächlich zur Kenntnis genommen hat und ihr fehlerhafter Inhalt die Ursache für die Nicht-Wahrnehmung seines Rechts auf Sicherheitsleistung war. e) Änderung der Frist. Die Hauptversammlung kann im Kapitalherabsetzungsbe- 33 schluss die Frist zur Sicherheitsleistung über die gesetzliche Frist von sechs Monaten hinaus verlängern63. Der hiergegen erhobene Einwand, die Fristverlängerung gefährde die Interessen der Gläubiger, da eine Sanierung dann vielleicht nicht mehr rechtzeitig durchgeführt werde, überzeugt nicht. Die Gesellschafter werden die Fristverlängerung ohnehin nur beschließen, wenn die Kapitalherabsetzung nicht eilbedürftig ist, so vor allem bei der Rückzahlung von Einlagen oder der Befreiung von Einlagepflichten. Man muss die Gesellschaft daher nicht vor sich selbst schützen. Für die Gläubiger ist eine Fristverlängerung sogar günstiger. Die Interessen anderer Gläubiger mit Anspruch auf Sicherheitsleistung werden durch die Fristverlängerung nicht beeinträchtigt, da ihnen bereits gewährte Sicherheitsleistungen durch später für andere Gläubiger bestellte Sicherheiten nicht berührt werden. Einzig Neugläubiger könnten Nachteile erleiden. Sie sind jedoch von § 225 nicht geschützt. Auch sind keine öffentlichen Interessen ersichtlich, wonach die Kapitalherabsetzung zwingend innerhalb von sechs Monaten durchzuführen ist. Ausgeschlossen ist dagegen eine Verkürzung der Sechsmonatsfrist, da sie im Interesse 34 der Gläubiger besteht. Ein entgegenstehender Hauptversammlungsbeschluss wäre nach § 241 Nr 3 nichtig64. 5. Keine weiteren Erfordernisse Die gesetzliche Regelung verlangt allein die Meldung des Gläubigers als Vorausset- 35 zung für einen Anspruch auf Sicherheitsleistung. Es ist daher unerheblich, ob die Forderung des Gläubigers durch die Kapitalherabsetzung konkret gefährdet wird. Eine Glaubhaftmachung der Gefährdung der Forderung ist – im Gegensatz zu § 22 Abs 1 S 2 UmwG – nicht notwendig. Dem Gesetzgeber kam es darauf an, bereits bei einer abstrakten Gefahr einen ausreichenden Gläubigerschutz vorzusehen. Deshalb steht der Gesellschaft keine Einrede zu, wonach die Kapitalherabsetzung die Erfüllung der Forderung ausnahmsweise nicht gefährde65, wie etwa dann, wenn die Kapitalherabsetzung mit einer anschließenden Kapitalerhöhung verbunden wird (s o 10). Der Anspruch auf Sicherheitsleistung ist nur in den in Abs 1 S 3 genannten Fällen ausgeschlossen (dazu sogleich 42 ff). 62

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Hüffer 9 14; KK/Lutter 2 15; MK/Oechsler 2 19; MünchHdBAG-Krieger3 § 60, 47; Hefermehl in Geßler/Hefermehl 4. Hefermehl in Geßler/Hefermehl 5; Hüffer9 7; KK/Lutter 2 16; MK/Oechsler 2 16; MünchHdBAG-Krieger3 § 60, 47; aA noch Godin/ Wilhelmi 4 3; Schilling Voraufl 9. Unstr, vgl Hefermehl in Geßler/Hefermehl 5; KK/Lutter 2 16; MK/Oechsler 2 17; MünchHdBAG-Krieger3 § 60, 47.

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Hüffer9 8; KK/Lutter 2 20; MK/Oechsler 2 22; anders aber Senger/Vogelmann AG 2002, 193, 200. Damit hat der deutsche Gesetzgeber die entsprechende Vorgabe der RL 2006/68/EG (Fundstelle Vor § 222, 37 Fn 59) nicht umgesetzt, kritisch deshalb auch Hüffer9 8; Ekkenga Der Konzern 2007, 413, 414 ff; Sandhaus NZG 2009, 41, 45.

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§ 225 36

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Aus dem Gesagten folgt, dass es damit auch nicht auf den Zweck der Kapitalherabsetzung ankommen kann. Die Sicherheitsleistung ist auch dann zu stellen, wenn mit der Kapitalherabsetzung keine Rückzahlung von Einlagen oder die Befreiung von der Einlageschuld bezweckt wird. Dies stellt Abs 3 der Vorschrift ausdrücklich klar. Dass die Gesellschaft selbst in Fällen, in denen die Kapitalherabsetzung der Verlustdeckung oder Sanierung dient, eine Sicherheitsleistung erbringen muss, ist nicht unverhältnismäßig. Denn die Gesellschaft kann diese Rechtsfolge dadurch vermeiden, dass sie den Weg einer vereinfachten Kapitalherabsetzung (§§ 229 ff) beschreitet (s o 4 aE). 6. Gläubiger ohne Anspruch auf Sicherheitsleistung

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a) Überblick. Der Anspruch auf Sicherheitsleistung steht nicht allen Gläubigern zu. Das Gesetz differenziert nach der Schutzbedürftigkeit. Ein Anspruch auf Sicherheitsleistung besteht nicht für dingliche Ansprüche (s o 15). Fällige Ansprüche sind ebenfalls ausgeschlossen, da der Gläubiger sich selbst schützen kann (s u 38 ff). Abs 1 S 3 nimmt eine Reihe von Gläubigern aus, denen im Insolvenzfalle der Gesellschaft staatlich beaufsichtigte Sicherungseinrichtungen zur Seite stehen (s u 42 ff). Schließlich steht Gläubigern kein Anspruch auf Sicherheitsleistung zu, wenn sie bereits angemessen gesichert sind (s u 49 ff).

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b) Fällige Ansprüche. Ein Anspruch auf Sicherheitsleistung besteht nicht, wenn der Anspruch des Gläubigers fällig ist, dieser also die Erfüllung verlangen kann. Denn in diesem Falle fehlt ein Sicherungsbedürfnis. Die Fälligkeit ist in § 271 BGB geregelt. Eine Leistung ist sofort fällig, sofern sich nicht aus Gesetz, aus vertraglicher Abrede oder aus den Umständen ein Anderes ergibt. Dabei trifft den Schuldner die Darlegungs- und Beweislast für alle Umstände, die dem in § 271 Abs 1 geregelten Prinzip sofortiger Fälligkeit entgegenstehen66. Eine Forderung bleibt auch dann fällig, wenn sie aufgrund einer peremptorischen 39 (dauerhaften) Einrede nicht durchsetzbar ist 67, zB aufgrund der Verjährung (§ 214 Abs 1 BGB), der Arglisteinrede (§ 853 BGB) oder der Bereicherungseinrede (§ 821 BGB). In diesen Fällen kann der Gläubiger keine Sicherheit nach § 225 Abs 1 verlangen. Dies ist nur konsequent, da er auch seinen Anspruch auf die Leistung nie durchsetzen kann und daher von vornherein kein Sicherungsbedürfnis besteht. Nicht ganz so eindeutig ist die Lage bei dilatorischen (vorübergehenden) Einreden. Beispiel hierfür sind das Zurückbehaltungsrecht (§ 273 BGB) und die Einrede der Leistung Zug um Zug (§ 320 BGB). Die Leistung bleibt fällig, ist aber momentan nicht durchsetzbar. Auch in einem solchen Fall steht dem Gläubiger keine Sicherheitsleistung zu, denn der Anspruch ist als solcher bereits fällig68. Zudem hat es der Gläubiger selbst in der Hand, die Durchsetzbarkeit herbeizuführen, indem er den Grund für die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts bzw der Einrede der Leistung Zug um Zug beseitigt und sofort Leistung verlangt. Anders ist dagegen die Ausgangslage bei der Stundung, die auch als Beispiel für dilatorische Einreden gilt. Die Stundung bewirkt, dass die Fälligkeit hinausgeschoben wird 69, so dass der Gläubiger einen Anspruch auf Sicherheitsleistung hat. Wird die Forderung nach Ablauf des Sperrhalbjahres fällig, muss die erhaltene Sicher40 heit nicht herausgegeben werden. Das Sicherungsbedürfnis entfällt erst mit Erfüllung der Forderung70. Wird die Forderung während des Sperrhalbjahres fällig, ist zu unterschei66 67 68

MK/Krüger 4 § 271 BGB, 37. KK/Lutter 2 22; MK/Oechsler 2 13. Unklar Hüffer 9 9.

69 70

BGH NJW 1998, 2060, 2061; MK/Krüger 4 § 271 BGB, 21. MK/Oechsler 2 24.

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Gläubigerschutz

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den: (1) Hat der Gläubiger nach Bekanntmachung der Eintragung der Kapitalherabsetzung und vor Eintritt der Fälligkeit bereits eine Sicherheitsleistung erhalten, darf er diese bis zur Erfüllung der Forderung behalten71. Die bloße nachträglich eintretende Befriedigungsmöglichkeit beseitigt das ursprüngliche Bedürfnis für eine Sicherheitsleistung nicht rückwirkend72. (2) Hat sich der Gläubiger dagegen nach Bekanntmachung der Eintragung der Kapitalherabsetzung zunächst nicht gemeldet oder hat er lediglich die Sicherheitsleistung verlangt, aber noch nicht erhalten und wird nun der Anspruch innerhalb des Sperrhalbjahres noch fällig, besteht kein Anspruch auf Sicherheitsleistung, denn der Gläubiger kann seinen Anspruch sofort durchsetzen73. Hat der Gläubiger einer zunächst nicht fälligen Forderung Klage auf Sicherheitsleistung erhoben und wird der Anspruch während des Prozesses fällig, hat sich die Hauptsache erledigt; die Klage ist auf Erfüllung umzustellen, wenn die Gesellschaft auch die Forderung bestreitet74. Der Gläubiger fälliger Forderungen hat zwar keinen Anspruch auf Sicherheitsleistung, 41 wird aber durch Abs 2 geschützt, wenn er sich rechtzeitig bei der Gesellschaft gemeldet hat. Die AG darf Zahlungen an die Aktionäre erst leisten bzw kann Einlageverpflichtungen erst erlassen, wenn sie seinen Anspruch befriedigt hat. Der Schutz aus Abs 2 kann im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durchgesetzt werden. c) Ausschluss des Anspruchs nach Abs 1 S 3. Bevorrechtigten Gläubigern, die im Fall 42 des Insolvenzverfahrens ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus einer Deckungsmasse haben, die zu ihrem Schutz errichtet und staatlich überwacht ist, steht kein Anspruch auf Sicherheitsleistung zu. Hierunter fallen Pfandbriefgläubiger nach §§ 30 ff PfandBG sowie die Versicherten von Lebensversicherungen, Krankenversicherungen und privaten Pflegepflichtversicherungen (§§ 77 ff, §§ 124 ff VAG)75. Die Vorschrift ist entsprechend anzuwenden auf Fälle, in denen die Insolvenzsiche- 43 rung nicht durch eine beim Schuldner (Aktiengesellschaft) gebildete Deckungsmasse erfolgt76, sondern diese Deckungsmasse extern gebildet und staatlich überwacht wird. Denn der Schutz der Gläubiger ist in beiden Fällen gleichwertig. Von Abs 1 S 3 erfasst sind demnach auch folgende Gestaltungen: Hat die AG im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung Betriebsrenten zugesagt 44 oder bestehen unverfallbare Betriebsrentenansprüche, sind diese im Insolvenzfalle nach §§ 7 ff BetrAVG gesichert. Die Sicherung ist gesetzlich vorgeschrieben, dient dem Schutz der Gläubiger und wird nach § 14 Abs 1 S 3 BetrAVG staatlich überwacht. Sieht man davon ab, dass die Deckungsmasse extern gebildet wird, erfüllt die Sicherung alle Voraussetzungen des Abs 1 S 3, der daher analog anzuwenden ist77. Der Umstand, dass

71 72 73 74 75 76

77

KK/Lutter 2 22; MünchHdBAG-Krieger3 § 60, 42. MK/Oechsler 2 25; Schilling Voraufl 7. KK/Lutter 2 22; MünchHdBAG-Krieger3 § 60, 42; Schilling Voraufl 7. MK/Oechsler 2 23, 30. S a BGHZ 90, 161, 165 f = NJW 1984, 1681 zum Begriff der Deckungsmasse. Gotthardt BB 1990, 2419, 2422; Krieger FS Nirk, 1992, 551, 560; KK/Lutter 2 28; aA Rittner FS Oppenhoff, 1985, 317, 327 – jeweils zu § 7 BetrAVG. BAG AG 1997, 268, 269; Gotthardt BB 1990, 2419, 2421 ff; KK/Lutter 2 28; MünchHd-

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BAG-Krieger3 § 60, 43; ders FS Nirk, 1992, 551, 558 ff; MK/Oechsler 2 28 f; K Schmidt/ Lutter/Veil 2 14; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 18; zweifelnd Hüffer 9 10; aA Rittner FS Oppenhoff, 1985, 317, 324 ff; Wiedmann/ Küpper FS Pleyer, 1986, 445, 452 ff („der Rechtsgedanke von Abs 1 S 3 hat Gültigkeit“); wohl auch BAG RdA 2000, 235, 237 m krit Anm Windbichler (zu §§ 302, 303 AktG); Hefermehl in Geßler/Hefermehl, § 225, 11. S a BAG NZG 2010, 641, wo das BAG die Sicherheitsleistung mangels konkretem Sicherungsbedürfnis ablehnt (zu § 303 AktG).

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§ 225

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

die Sicherung erst 1974 und damit nach dem Inkrafttreten des § 225 eingeführt wurde78, spricht nicht gegen die Anwendung des Abs 1 S 3. Gläubiger, die Ersatzansprüche für Schäden aus Kfz-Unfällen geltend machen, steht 45 ein Anspruch gegen den nach § 13 PflVG errichteten Entschädigungsfonds zu, wenn über das Vermögen des leistungspflichtigen Versicherers das Insolvenzverfahren eröffnet wurde (§ 12 Abs 1 Nr 4 PflVG). Die Aufgaben des Entschädigungsfonds werden vom Verein Verkehrsopferhilfe eV übernommen. Derartige Forderungen sind daher von der Ausnahme des Abs 1 S 3 erfasst. Gleiches gilt für Forderungen aus Lebensversicherungen, Krankenversicherungen und ggf Pensionskassen gegen den nach § 126 VAG errichteten Sicherungsfonds für den Fall der Insolvenz der Versicherung (vgl § 124 VAG). Erfasst sind auch die Kunden von Kreditinstituten und Finanzdienstleistungsinsti46 tuten, die der gesetzlichen Basissicherung für den Fall der Insolvenz ihres Instituts unterfallen (§§ 3 Abs 1, 4 EAEG)79. Der Wortlaut von Abs 1 S 3 schließt den Anspruch auf Sicherheitsleistung in seiner 47 Gesamtheit und nicht nur hinsichtlich der durch die Deckungsmasse gesicherten Teile aus80. Wie die Einführung des Sicherungsfonds im Bereich der Lebensversicherung (§ 126 Abs 1 VAG) zeigt81, gewährleisten die §§ 77–79 VAG keinen absoluten Schutz des Kunden vor Verlusten im Falle einer Insolvenz seiner Versicherung. Daher ist die Berechtigung eines vollkommenen Ausschlusses der Sicherheitsleistung vor dem Hintergrund des Art 32 Abs 1 der Kapitalrichtlinie schon fraglich. Hinzu kommt, dass selbst nach Einführung des Sicherungsfonds für Versicherte und Versicherungsnehmer keineswegs ein vollständiger Schutz durch den Sicherungsfonds besteht (vgl § 125 Abs 5 VAG). Vergleichbar ist die Ausgangslage bei der Basissicherung der gesetzlichen Einlagensicherung und Anlegerentschädigung; gem § 4 Abs 2 EAEG sichert sie nur 100 % der Einlagen bis maximal 100.000 €82 und 90 % der Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften bis max. 20.000 €. Der in § 225 Abs 1 S 3 enthaltene umfassende Ausschluss der Rechte der Gläubiger verstößt gegen den neu gefassten Art 32 der Kapitalrichtlinie (s o 8). Denn ein Ausschluss der Gläubiger darf nur erfolgen, soweit sie angemessen gesichert sind. Im Wege richtlinienkonformer Auslegung ist der Tatbestand des Abs 1 S 3 daher einschränkend auszulegen. Kunden können daher Sicherheit für solche Forderungen verlangen, die von der gesetzlichen Sicherung nicht abgedeckt sind83 oder die gar nicht vom Anwendungsbereich des Gesetzes erfasst werden, wie zB Schadensersatzforderungen gegen Institute wegen Falschberatung. Der Gesetzgeber sollte daher bei der Umsetzung des Art 32 der Kapitalrichtlinie § 225 Abs 1 S 3 grundlegend reformieren, indem er die genannten Sicherungen mit externer Deckungsmasse aufnimmt und damit den Anwendungsbereich der Vorschrift klarstellt. Weiterhin ist der im derzeitigen Wortlaut enthaltene Totalausschluss der Gläubigerrechte durch Einfügung des Wortes „soweit“ zu korrigieren.

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Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (Betriebsrentengesetz – BetrAVG) v 19.12.1974, BGBl I 3610. Umfassend zur gesetzlichen Einlagensicherung und Anlegerentschädigung Sethe in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts3, § 25, 37 ff. So die bisherige Interpretation: Ausdrücklich Hefermehl in Geßler/Hefermehl 11; iE auch Baumbach/Hueck13 7; Hüffer9 10; KK/Lutter 2 24; MK/Oechsler 2 27.

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Art 1 Nr 27 des Gesetzes zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes und anderer Gesetze v 15.12.2004, BGBl I 3416. Dazu Präve Der Sicherungsfonds für die Lebensversicherung, VersR 2005, 1023 ff. Die Erhöhung der Sicherungsobergrenze erfolgte durch Art 2 des Gesetzes zur Änderung des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes und anderer Gesetze v 25.6.2009, BGBl I 1528. AA Schlegelberger/Quassowski 3 § 178, 4.

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Gläubigerschutz

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Die freiwilligen Anschlussdeckungen, die der Bundesverband deutscher Banken eV 48 und der Verband der Öffentlichen Banken Deutschlands eV anbieten84, stellen keine Sicherung dar, die nach gesetzlichen Vorschriften errichtet und staatlich überwacht ist. Daher unterfallen sie von vornherein nicht der Ausnahme des Abs 1 S 3. d) Berücksichtigung anderer Sicherheiten. Hat ein Gläubiger bereits vor der Bekannt- 49 machung der Eintragung der Kapitalherabsetzung eine ausreichende, §§ 232 ff BGB entsprechende Sicherheit erhalten, steht ihm aus Anlass der Kapitalherabsetzung nicht nochmals ein Anspruch auf Sicherheitsleistung zu85. Zwar findet sich diese Ausnahme nicht im Wortlaut, ergibt sich aber aus dem Sinn und Zweck der Regelung. Ansonsten könnte ein gut gesicherter Gläubiger anlässlich der Kapitalherabsetzung der Gesellschaft Liquidität entziehen86. Ein Anspruch auf Sicherheitsleistung ist auch dann ausgeschlossen, wenn eine bereits bestehende Sicherheit zwar nicht den Vorgaben des § 232 Abs 1 BGB entspricht, die Forderung aber nach Ansicht des Schuldners in voller Höhe gesichert ist87. Der Gläubiger kann in einem solchen Fall jedoch verlangen, dass die bestehende Sicherheit gegen eine solche ausgetauscht wird, die den Vorgaben des § 232 Abs 1 BGB genügt88. Hiergegen wird eingewandt, der Gläubiger habe schließlich die – nicht § 232 Abs 1 BGB entsprechende – Sicherheit akzeptiert; habe vor der Kapitalherabsetzung wenig Anlass bestanden, den Inhalt der Sicherungsverträge an § 232 Abs 1 BGB auszurichten, sei es schwer begründbar, warum dies nach der Kapitalherabsetzung anders sein solle89. Diese Argumentation übersieht, dass sich durch die Kapitalherabsetzung die wirtschaftliche Lage des Schuldners nachträglich verändert hat und damit auch die subjektive Einschätzung des Gläubigers in Bezug auf die Leistungsfähigkeit des Schuldners. Sicherlich dient jede Sicherheit dazu, das Insolvenzrisiko abzusichern90, aber die Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz erhöht sich durch eine Kapitalherabsetzung mitunter erheblich. Reduziert beispielsweise eine AG bei gleicher Geschäftstätigkeit ihr Kapital um 90 % auf das gesetzliche Mindestkapital, ist das Insolvenzrisiko gerade nicht mehr dasselbe wie vor der Kapitalherabsetzung. Daher kann der Gläubiger den Austausch der Sicherheiten verlangen. e) Sicherheitsleistung ohne Rechtsgrund. Wurde dem Gläubiger eine Sicherheit ge- 50 stellt, auf die er aus den in Rdn 42 ff, 49 genannten Gründen keinen Anspruch hatte und ist das Verhalten der Parteien auch nicht dahingehend auszulegen, dass sie unabhängig von § 225 eine vertragliche Sicherheitenbestellung vereinbaren wollten, ist die Sicherheitsleistung nach den Regeln der ungerechtfertigten Bereicherung zurückzugewähren91.

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Dazu Sethe in Assmann/Schütze, Handbuch des Kapitalanlagerechts3, § 25, 49 ff. Unstr, vgl MK/Oechsler 2 26; KK/Lutter 2 25 f; Hüffer9 11. Unstr, vgl KK/Lutter 2 26 mwN. Baumbach/Hueck13 7; Hüffer 9 11; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 46; Ulmer/Habersack/Winter/Casper § 58, 50; Scholz/Priester10 § 58, 58; Spindler-Stilz/MarschBarner 2 19; im Ergebnis auch KK/Lutter 2 29, der dies mit einem individuellen Rechts-

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missbrauch begründet; ebenso K Schmidt/ Lutter/Veil 2 15; aA allein Rittner FS Oppenhoff, 1985, 317, 326 ff. Hefermehl in Geßler/Hefermehl, § 225, 8; Hüffer 9 11; KK/Lutter 2 29 aE; Schlegelberger/Quassowski3 § 178, 5; aA aber MünchHdBAG-Krieger3 § 60, 45 Fn 94; MK/Oechsler 2 26. MK/Oechsler 2 26. So MK/Oechsler 2 26. KK/Lutter 2 30; Schilling Voraufl 7.

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§ 225

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

7. Vertraglich gewährtes Recht auf Sicherheitsleistung

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§ 225 berührt nicht die bereits vor der Bekanntmachung der Kapitalherabsetzung aus anderen Gründen bestellten Sicherheiten (zB Hypotheken zur Absicherung eines Darlehens). Die Gesellschaft kann mit einem Gläubiger vereinbaren, dass diesem für den speziel52 len Fall der Kapitalherabsetzung ein (weiteres) Recht auf Sicherheitsleistung auch dann zusteht, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen des § 225 im konkreten Fall fehlen92. Eine solche Vereinbarung ist jedoch unwirksam, wenn sie zu einer Übersicherung des Gläubigers führt93. Reichen die Mittel der Gesellschaft nicht aus, allen Gläubigern Sicherheiten zu bestellen, haben die Gläubiger, denen ein Anspruch auf Sicherheitsleistung aus Gesetz zusteht, Vorrang vor denjenigen, denen ein solcher Anspruch gerade für den speziellen Fall der Kapitalherabsetzung aus Vertrag eingeräumt wird. Ein Gleichrang der Ansprüche oder gar ein Vorrang solcher vertraglichen Ansprüche auf Sicherheitsleistung verstieße gegen die Wertungen des § 225, dessen Ausnahmeregelungen gerade nach der Schutzbedürftigkeit differenzieren. Im Übrigen ist im Einzelfall zu prüfen, ob der Abschluss der Vereinbarung der Sicherheitsleistung einen Fall gezielter Gläubigerbenachteiligung darstellt94. 8. Rechtsfolgen

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a) Klagbarer Anspruch auf Sicherheitsleistung. Sofern die genannten Voraussetzungen vorliegen (s o 13 ff) und keine der Ausnahmen eingreift (s o 37 ff), hat ein Gläubiger gegen die Aktiengesellschaft einen klagbaren Anspruch auf Sicherheitsleistung 95 bzw auf Sicherheitsleistung Zug um Zug gegen Rückgewähr bestehender Sicherheiten (s o 49). Es handelt sich um einen gesetzlichen Anspruch, der mit dem Vorliegen aller Tatbestandsmerkmale ausgelöst wird und sofort fällig ist. Im GmbH-Recht ist aufgrund des nicht eindeutigen Wortlauts von § 58 S 1 Nr 2 54 GmbHG die Frage umstritten, ob dem Gläubiger im Falle einer Kapitalherabsetzung ein klagbarer Anspruch auf Sicherheitsleistung96 bzw Erfüllung der Forderung97 zusteht oder ihm lediglich die Möglichkeit eingeräumt wird, bei fehlender Zustimmung die Kapitalherabsetzung zu verhindern98 (vgl § 16 Abs 2 HGB). Demgegenüber ist sich das aktienrechtliche Schrifttum einig, dass von § 225 erfasste Gläubiger grundsätzlich Anspruch auf Sicherheitsleistung haben und dieser nur ausnahmsweise ausgeschlossen sein kann. Die Forderung ist mit ihrem vollen Wert zu sichern. Befristete oder bedingte Forde55 rungen sind zu bewerten (s o 19). Zu bestrittenen Forderungen s o 25. Erweist sich die Sicherheit ohne Verschulden des Gläubigers nachträglich als unzureichend (zB Schadensumfang bei Schadensersatzansprüchen), ist sie zu erhöhen 99. Die Darlegungs- und 92 93 94

95 96

Schlegelberger/Quassowski3 § 178, 7. Zur Übersicherung vgl MK/Armbrüster 5 § 138 BGB, 98 ff. Zu den engen Voraussetzungen dieser Fallgruppe MK/Armbrüster 5 § 138 BGB, 73, 97, 99. KGJ 34 A 172, 173 f; Hüffer9 5, 12; KK/Lutter 2 33; MünchHdBAG-Krieger3 § 60, 46. Meyer-Landrut/Miller/Niehus § 58, 20; Roth/Altmeppen5 § 58, 21.

97 98

99

Heidelberger Komm/Bartl/Schulze5 § 58, 12. Baumbach/Hueck/Zöllner GmbHG19 § 58, 26; Lutter/Hommelhoff/Lutter GmbHG17 § 58, 20; Ulmer/Habersack/Winter/Casper § 58, 43; Rowedder/Zimmermann4 § 58, 25; Scholz/Priester10 § 58, 53. Hefermehl in Geßler/Hefermehl 8; Schilling Voraufl 14.

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Gläubigerschutz

§ 225

Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des Abs 1 S 1 trifft den Gläubiger, die für die Ausnahmen die Gesellschaft. Bestreitet die Gesellschaft die zu sichernde Forderung, gelten ebenfalls die allgemeinen Beweislastregeln, dh der Gläubiger muss die Existenz der Forderung und die Gesellschaft die dagegen bestehenden Einwendungen und Einreden beweisen. b) Art der Sicherheitsleistung. Die Art und Weise der Sicherheitsleistung richtet sich 56 nach den §§ 232 bis 240 BGB. Die Aktiengesellschaft kann die Sicherheit also durch Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren, durch die Verpfändung von Forderungen, die in das Bundesschuldbuch oder Landesschuldbuch eines Landes eingetragen sind, durch die Verpfändung beweglicher Sachen, durch die Bestellung von Schiffshypotheken an Schiffen oder Schiffsbauwerken, die in einem deutschen Schiffsregister oder Schiffsbauregister eingetragen sind, durch die Bestellung von Hypotheken an inländischen Grundstücken, durch die Verpfändung von Forderungen, für die eine Hypothek an einem inländischen Grundstück besteht, oder durch die Verpfändung von Grundschulden oder Rentenschulden an inländischen Grundstücken bewirken. Kann die Gesellschaft keine derartige Sicherheit aufbringen, ist ausnahmsweise eine Bürgschaft zulässig (§§ 232 Abs 2, 239 BGB). Innerhalb der in § 232 Abs 1 BGB genannten Sicherheiten steht der Gesellschaft ein 57 Wahlrecht zu. Klagt der Gläubiger seinen Anspruch auf Sicherheitsleistung ein, kann er nicht auf eine bestimmte Art der Sicherheitsleistung klagen, sondern muss Sicherheitsleistung nach Wahl des Schuldners beantragen. Im Urteil ist der Gesellschaft die Art der Sicherheitsleistung freizustellen100. Übt die Aktiengesellschaft ihr Wahlrecht nicht aus, kann der vollstreckende Gläubiger der Gesellschaft analog § 264 Abs 1 HS 1 BGB eine Frist setzen. Lässt die Gesellschaft diese Frist ungenutzt verstreichen, geht das Wahlrecht auf den Gläubiger über101. c) Vorzeitige Befriedigung anstelle der Sicherheitsleistung. Die Gesellschaft kann an- 58 stelle der Gewährung einer Sicherheitsleistung den Gläubiger vorzeitig befriedigen, sofern die Voraussetzungen des § 271 Abs 2 BGB vorliegen102. Danach kann der Schuldner auch vor Fälligkeit leisten, es sei denn, aus der Parteivereinbarung oder aus den Umständen ergibt sich ein Anderes103. In einem solchen Fall kommt eine vorzeitige Leistung nur in Betracht, wenn der Gläubiger zustimmt104. Die Zulässigkeit der Erfüllung betrifft allein das Außenverhältnis der Gesellschaft zum Gläubiger. Davon zu trennen ist die Frage, ob der Vorstand im Innenverhältnis im Interesse der Gesellschaft handelt, wenn er statt der Sicherheitsleistung die sofortige Erfüllung wählt. Hier steht dem Vorstand ein pflichtgemäßes Ermessen zu. Ein Teil des GmbH-rechtlichen Schrifttums übersieht die Trennung von Innen- und 59 Außenverhältnis. Die Zulässigkeit der vorzeitigen Erfüllung wird einzig vom pflichtgemäßen Ermessen der Geschäftsführung abhängig gemacht; dem Gläubiger stehe kein Recht zur Ablehnung der Leistung zu105. Damit aber werden die berechtigten Interessen des Gläubigers, die § 271 Abs 2 BGB schützt, vernachlässigt. Stellt beispielsweise die Aktiengesellschaft Fertighäuser her, könnte sie dem Bauherrn im Falle der Kapitalherabsetzung das Fertighaus vor dem fest vereinbarten Liefertermin anbieten. Ein Bauherr,

100 101 102 103

MK/Grothe5 § 232 BGB, 2. MK/Grothe5 § 232 BGB, 2. Ebenso Hüffer9 12. Einzelheiten bei MK/Krüger 5 § 271 BGB, 35 f.

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104 105

Rolf Sethe

So auch Baumbach/Hueck/Zöllner GmbHG19 § 58, 32 für das GmbH-Recht. Scholz/Priester10 § 58, 57; Ulmer/Habersack/Winter/Casper § 58, 49.

§ 225

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

dessen Fundamente noch nicht gegossen sind, würde nach dieser Ansicht durch die Ablehnung der vorzeitigen Lieferung sein Recht auf Sicherheitsleistung verlieren. Offenbar haben die Vertreter dieser Ansicht allein Geldschulden im Auge, bei denen kaum Situationen vorstellbar sind, in denen der Gläubiger ein berechtigtes Interesse an der Beibehaltung des Leistungstermins hat. Die Ansicht ist daher abzulehnen.

60

d) Schutzgesetz iSd § 823 Abs 2 BGB. § 225 Abs 1 S 1 ist Schutzgesetz iSd § 823 Abs 2 BGB106. Dies hat vor allem Bedeutung für den Fall einer unrechtmäßigen Verweigerung der Sicherheitsleistung107 oder bei Vereitelung des Anspruchs auf Sicherheitsleistung durch die Organe der AG. Zu den weiteren Rechtsfolgen s im Übrigen unten 66.

V. Gläubigeraufruf (Abs 1 S 2) 61

In der Bekanntmachung der Eintragung der Kapitalherabsetzung hat das Registergericht die Gläubiger darauf hinzuweisen, dass ihnen das Recht auf Sicherheitsleistung zusteht (s § 223, 26). Darüber hinaus sollte das Registergericht in der Bekanntmachung auch die Voraussetzungen für diesen Anspruch erwähnen108 und die Gläubiger darauf hinweisen, dass sie sich bei der Gesellschaft und nicht beim Registergericht melden müssen (s o 28). Die Ausschlussfrist beginnt auch dann zu laufen, wenn das Gericht diesen Hinweis 62 versäumt hat. Gläubiger, die aufgrund dieses Fehlers einen Schaden erleiden, können Amtshaftungsansprüche geltend machen (s o 32).

VI. Auszahlungsverbot und Unwirksamkeit eines Erlassvertrags (Abs 2) 1. Auszahlungsverbot (Abs 2 S 1)

63

a) Sinn und Reichweite des Verbots. Auszahlungen an die Aktionäre dürfen erst erfolgen, wenn seit der Bekanntmachung sechs Monate verstrichen sind (Sperrhalbjahr). Zudem muss die Gesellschaft zuvor allen Gläubigern, die sich rechtzeitig melden (s o 26 ff), Sicherheit leisten bzw ihre Forderungen befriedigen. Das Auszahlungsverbot flankiert zum einen den aus Abs 1 folgenden Schutz der Gläubiger. Könnte die AG den durch die Kapitalherabsetzung frei werdenden Betrag sofort auszahlen, wären die Ansprüche der Gläubiger auf Sicherheitsleistung gefährdet oder würden vereitelt. Zum anderen zielt das Auszahlungsverbot aber über den Schutzbereich des Abs 1 hinaus. Denn es schützt nicht nur Gläubiger, die Sicherheitsleistung fordern können, sondern erfasst seinem Wortlaut nach ausdrücklich auch alle Gläubiger, die Befriedigung verlangen können. Mithin sind auch Gläubiger geschützt, deren Ansprüche bereits fällig sind.

64

b) Dauer des Verbots. Das Auszahlungsverbot ist doppelt befristet. (1) Es besteht während des ersten halben Jahres (zur Fristberechnung s o 30) nach der Bekanntmachung der Eintragung der Kapitalherabsetzung absolut. In dieser Zeit haben Gläubiger Gelegenheit, sich bei der Aktiengesellschaft zu melden. Da sich bis zum Ablauf des Sperr-

106

Baumbach/Hueck13 6; Hüffer9 18; MK/Oechsler 2 4; K Schmidt/Lutter/Veil 2 4; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 3; Godin/Wilhelmi 4 5.

107 108

MK/Oechsler 2 25, 30. Hüffer9 14; KK/Lutter 2 35.

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Gläubigerschutz

§ 225

halbjahres immer noch Gläubiger melden können, darf die Gesellschaft, auch wenn sie allen bekannten Gläubigern Sicherheiten gewährt hat, nicht vorzeitig mit der Auszahlung beginnen. (2) Das Auszahlungsverbot besteht auch nach Ablauf des Sperrhalbjahres solange fort, bis alle Gläubiger, die sich rechtzeitig gemeldet haben, Sicherheitsleistung erlangt haben oder befriedigt wurden. Zahlt der Vorstand dennoch aus, tut er dies auf eigenes Risiko, denn er unterliegt den in Rn 66 genannten Haftungsregeln. c) Umfang des Verbots. Das Verbot erfasst ausdrücklich nur Auszahlungen. Be- 65 zweckte die Kapitalherabsetzung die Auffüllung der Rücklagen, ist diese sofort zulässig109. Das Verbot betrifft nur Mittel, die ohne die Kapitalherabsetzung nicht verfügbar gewesen wären. Es setzt also Kausalität zwischen der Kapitalherabsetzung und der Zahlung voraus. Innerhalb des so gezogenen Rahmens gilt es umfassend und betrifft daher nicht nur Zahlungen unmittelbar aus dem Buchertrag, der durch die Kapitalherabsetzung entstanden ist. Vielmehr gilt das Verbot auch für Zahlungen aus Rücklagen, die mit Mitteln aus der Kapitalherabsetzung gebildet wurden. Schließlich ist die Zahlung einer Dividende untersagt, wenn diese nur dadurch ermöglicht wurde, dass die Gesellschaft durch die Kapitalherabsetzung eine Unterbilanz beseitigt hat110. Hätte die Dividende dagegen auch ohne die Kapitalherabsetzung gezahlt werden können, greift das Auszahlungsverbot nicht ein111. Der Begriff der Zahlung wird weit verstanden und meint jede Art von Vermögensausschüttung, die die AG ihren Aktionären zukommen lässt. Es sind also auch Sachleistungen erfasst, wie zB die Ausgabe von Aktien einer mit Hilfe der Kapitalherabsetzung abgespalteten Tochtergesellschaft (dazu Vor § 222, 8). Vom Auszahlungsverbot nicht umfasst sind Zahlungen, die aufgrund eines Verkehrsgeschäfts zwischen der AG und einem Aktionär geflossen sind. Denn in diesem Fall steht der Aktionär der Gesellschaft nicht als Mitglied, sondern als Dritter gegenüber. d) Folgen eines Verstoßes gegen das Verbot; Schutzgesetz. Ein Verstoß gegen die Aus- 66 schüttungssperre führt nicht zur Unwirksamkeit der Leistung112. Der Leistungsempfänger muss vielmehr alle während der Auszahlungssperre zu Unrecht erhaltenen Zahlungen nach § 62 Abs 1 an die Aktiengesellschaft zurückgewähren113. Zudem haften die Mitglieder der Verwaltung der Gesellschaft auf Schadensersatz gemäß §§ 93, 116 (s dort); die unrechtmäßige Verminderung des Gesellschaftsvermögens stellt eine Verletzung der Organpflichten dar. Gläubiger der Gesellschaft können sowohl den Rückzahlungsanspruch als auch den Schadensersatzanspruch unmittelbar gegen die Organmitglieder bzw die Aktionäre geltend machen, wenn sie von der Gesellschaft keine Befriedigung mehr erlangen können (§§ 93 Abs 5 S 1, 62 Abs 2 S 1). Dieser Anspruch steht ihnen nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift auch dann zu, wenn sie keine Sicherheitsleistung erlangen können, weil die AG vorzeitig ihr Vermögen durch Auszahlungen an die Aktionäre vermindert hat114. Zudem stellt § 225 Abs 2 unstreitig ein Schutzgesetz iSd § 823 Abs 2 BGB dar, so dass die Gläubiger von der Verwaltung unmittelbar Schadensersatz verlangen können115. Auch kommt eine Haftung aus § 117 in Betracht. Stehen (weitere) Aus-

109 110

111 112

Hefermehl in Geßler/Hefermehl 15 aE. OLG Hamburg HansRGZ 1936 (B), 110, 116; MK/Oechsler 2 32, 35; MünchHdBAGKrieger3 § 60, 48; KK/Lutter 2 39. Baumbach/Hueck13 8; Hefermehl in Geßler/ Hefermehl 16; Hüffer 9 15. Statt vieler Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 § 225, 26.

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113

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Baumbach/Hueck13 8; Hüffer9 15; MK/Oechsler 2 37; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 48. KK/Lutter 2 40. Hüffer9 18; KK/Lutter 2 40; K Schmidt/Lutter/Veil 2 4; MünchHdBAG-Krieger3 § 60, 48; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 3, 26.

§ 225

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

zahlungen bevor, können die Gläubiger diese durch eine Klage auf Unterlassung116 und im Wege des einstweiligen Rechtschutzes unterbinden. 2. Unwirksamkeit eines Erlassvertrags (Abs 2 S 2)

67

Besteht ein Zweck der Kapitalherabsetzung darin, Aktionäre von der Einlageverpflichtung zu befreien, ist ebenfalls ein Schutz der Gläubiger erforderlich. Abs 2 S 2 bestimmt daher, dass der zum Erlass der Einlageverpflichtung notwendige Erlassvertrag (§ 222, 41) erst wirksam wird, wenn das Sperrhalbjahr abgelaufen ist und die Forderungen aller Gläubiger, die sich rechtzeitig gemeldet haben (s o 26 ff), gesichert sind bzw fällige Forderungen erfüllt wurden. Abs 2 S 2 stellt also kein gesetzliches Verbot, sondern eine Wirksamkeitsvoraussetzung dar. Ein bereits geschlossener Erlassvertrag ist bis zum Eintritt der Voraussetzungen des Abs 2 S 2 schwebend unwirksam117. Die Einlagepflicht der Aktionäre besteht daher fort (vgl § 66 Abs 1 S 1). Einlagen sind von allen Aktionären gleichmäßig einzuziehen. Da der Erlassvertrag wirksam wird, sobald die Forderungen gesichert oder erfüllt sind, wäre es unverhältnismäßig, kurz zuvor noch alle ausstehenden Einlagen ohne Rücksicht auf die finanziellen Erfordernisse der konkreten Situation einzufordern. Die Einlagen sind daher nur in der Höhe einzufordern, in der sie für die Erfüllung bzw Sicherheitsleistung konkret benötigt werden118. Bei der Bemessung der Höhe der einzufordernden Einlagen bleiben Gläubiger außer Betracht, die sich nicht rechtzeitig gemeldet haben119. Ist die Höhe der noch benötigten Einlagen streitig, muss an sich der Einlagenschuldner beweisen, dass die Zahlung der Einlage nicht mehr erforderlich ist. Da ihm jedoch Einblicke in die Interna der Gesellschaft fehlen, hat er Anspruch darauf, dass diese ihm Auskunft über den Umfang der unbefriedigten oder nicht gesicherten Forderungen gibt120.

VII. Sicherheitsleistung auch ohne konkrete Gefährdung (Abs 3) 68

Die Sicherheitsleistung nach Abs 1 ist auch dann zu stellen, wenn mit der Kapitalherabsetzung keine Rückzahlung von Einlagen oder die Befreiung von der Einlageschuld bezweckt wird (s o 36). Der Gesetzgeber hat damit klargestellt, dass der Zweck der Kapitalherabsetzung für die Reichweite des Gläubigerschutzes unerheblich ist121. Dient die Kapitalherabsetzung der Verlustdeckung oder Sanierung, kann die Gesellschaft die Verpflichtung zur Sicherheitsleistung dadurch vermeiden, dass sie den Weg einer vereinfachten Kapitalherabsetzung (§§ 229 ff) beschreitet (s o 4 aE, 36). Die klarstellende Regelung des Abs 3 ist systematisch falsch platziert. Sachlich gehört sie in den Regelungszusammenhang des Abs 1, erweckt aber aufgrund ihrer Stellung den Eindruck, als bezöge sie sich auch auf Abs 2, was aber unstreitig nicht der Fall ist.

116 117

118

MK/Oechsler 2 37; Schilling Voraufl 16. Hüffer9 16; KK/Lutter 2 41; MK/Oechsler 2 36; MünchHdBAG-Krieger3 § 60, 49; K Schmidt/Lutter/Veil 2 19. MünchHdBAG-Krieger3 § 60, 49; KK/Lutter 2 41.

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Hüffer9 16; MK/Hüffer 2 § 264, 22; KK/Lutter 2 41. Schilling Voraufl 17. Dies war vor Erlass des AktG 1937 umstritten, vgl Schlegelberger/Quassowski3 § 178, 14; Ritter 2 § 178, 3b, 6.

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Gläubigerschutz

§ 225

VIII. Durchführung der Kapitalherabsetzung und Rechte der Aktionäre 1. Maßnahmen zur Durchführung der Kapitalherabsetzung Die Gläubigerschutzvorschrift des § 225 sichert die Gläubiger und verhindert den 69 vorzeitigen Mittelabfluss. Die Gesellschaft ist jedoch im Sperrhalbjahr nicht gehindert, die zur Durchführung der Kapitalherabsetzung notwendigen Schritte (zB Berichtigung der Aktienurkunden, Zusammenlegung von Aktien, Kraftloserklärung) zu ergreifen (dazu § 226, 12 ff). 2. Anspruch auf Auszahlung a) Rückzahlung der Einlagen. Bestand der Zweck der Kapitalherabsetzung in einer 70 Rückzahlung der Einlagen, entsteht mit der Eintragung der Kapitalherabsetzung ein selbstständiger schuldrechtlicher Zahlungsanspruch der begünstigten Aktionäre gegen die AG. Dieser Anspruch ist allerdings befristet und bedingt, denn er wird erst nach Ablauf des Sperrhalbjahres fällig und hängt davon ab, dass zuvor die Gläubiger befriedigt werden bzw ihnen Sicherheit geleistet wird (§ 225 Abs 2 S 1)122. Ein weiterer Beschluss über die Auszahlung ist nicht erforderlich123. Da es sich bei der Auszahlung an die Aktionäre um einen Fall der Teilliquidation handelt, müssen Liquidationsvorrechte (zB bei Tracking Stocks) beachtet werden (vgl §§ 11 S 1, 271 Abs 2)124. b) Rechte aus eigenen Aktien. Besitzt die Gesellschaft eigene Aktien, ruhen die Mit- 71 gliedschaftsrechte (§ 71b). Die Gesellschaft hat daher keinen Anspruch auf Barauszahlung. Der auf diese Aktien entfallende Betrag ist kein Bilanzgewinn und kann daher nicht in die Gewinnrücklage (§ 272 Abs 3 HGB) eingestellt werden; vielmehr ist er in die Kapitalrücklage einzustellen (§ 272 Abs 2 Nr 4 HGB)125. c) Unabwendbarkeit von § 57 Abs 1 S 1 und Abs 3 und Insolvenz der Gesellschaft. 72 Der Anspruch auf Rückzahlung der Einlage unterliegt nicht den Beschränkungen des § 57 Abs 1 S 1 und Abs 3. Der Gläubigerschutz wird durch § 225 sichergestellt. Daher ist die Kapitalherabsetzung selbst dann wirksam, wenn sich die Vermögenslage zwischen dem Kapitalherabsetzungsbeschluss, der Eintragung der Kapitalherabsetzung und dem Ablauf des Sperrhalbjahres verschlechtert hat126. Die Auszahlung darf selbst dann erfolgen, wenn zum Zeitpunkt des Ablaufs des Sperrhalbjahres die Unterbilanz vorliegt. Daher haben Gläubiger allen Grund, ihr Recht auf Sicherheitsleistung nach Abs 1 geltend zu machen. Wird die Gesellschaft zwischen der Bekanntmachung der Eintragung der Kapital- 73 herabsetzung und dem Ablauf des Sperrhalbjahres insolvent, stellen die Forderungen der Aktionäre gewöhnliche Insolvenzforderungen dar. Sie rangieren allerdings hinter den Forderungen der Gläubiger, die sich innerhalb des Sperrhalbjahres gemeldet haben, die es aber nicht mehr geschafft haben, rechtzeitig eine Sicherheitsleistung zu erlangen127.

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KK/Lutter 2 42, § 224, 15; MK/Oechsler 2 § 224, 14; MünchHdBAG-Krieger3 § 60, 33a. Hüffer9 § 224, 7; Ulmer/Habersack/Winter/ Casper § 58, 7; MünchHdBAG-Krieger3 § 60, 50. KK/Lutter2 42; im Ergebnis auch Brauer AG 1993, 324, 333.

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KK/Lutter2 42. Godin/Wilhelmi 4 § 224, 6; Hefermehl in Geßler/Hefermehl § 224, 9; KK/Lutter 2 43, § 224, 16; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 50; Schilling Voraufl 16; Schlegelberger/ Quassowski3 § 177, 6. Hefermehl in Geßler/Hefermehl 17; KK/Lutter 2 44; MK/Oechsler 2 39.

§ 225

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Abs 2 S 1 enthält also ein materiell-rechtliches Privileg, das sich bis in das Insolvenzverfahren durchsetzt. Diese bereits unter der Geltung der Konkursordnung vertretene Lösung wird durch die Insolvenzrechtsreform, die Konkursvorrechte abschaffte, nicht obsolet. Denn mit der Einführung der Insolvenzverordnung wurden gerade nur allgemeine Konkursvorrechte (insb § 61 KO aF) abgeschafft128. Von einer Abschaffung spezieller aktienrechtlich veranlasster Vorrechte ist in den Materialien gerade keine Rede, obwohl § 225 AktG durch Art 45 Nr 7 EGInsO geändert wurde (s o 1)129.

74

d) Verzögerte Auszahlung und Auflösung von Rücklagen. Verzögert sich die Auszahlung an die Aktionäre und endet das Geschäftsjahr, sind die noch nicht ausgezahlten Beträge in eine Sonderrücklage einzustellen, denn der Buchertrag aus der Kapitalherabsetzung ist kein Gewinn. Im neuen Geschäftsjahr können aus dieser Rücklage die Auszahlungen an die noch nicht befriedigten Aktionäre erfolgen, ohne dass es weiterer Beschlüsse bedürfte130. 3. Erlass der Einlageforderung

75

Wurde mit der Kapitalherabsetzung ein Erlass von Resteinlagen bezweckt, bedarf es zu seiner Durchführung eines Erlassvertrags zwischen der Gesellschaft und den begünstigten Aktionären (s § 222, 41 mwN). Einen solchen Vertrag kann die Verwaltung wirksam erst nach Ablauf des Sperrhalbjahres und nach Befriedigung der Gläubiger abschließen (Abs 2 S 2). Liegen diese Voraussetzungen vor, steht dem Aktionär ein Anspruch auf Abschluss dieses Vertrags zu und zwar selbst dann, wenn bei der Gesellschaft zwischenzeitlich eine Unterbilanz eingetreten ist (s o 72). Der Erlassvertrag beruht regelmäßig auf einem Angebot der AG an die Aktionäre, das diese stillschweigend annehmen. Der Zugang der Annahme bei der AG ist nach § 151 S 2 BGB nicht erforderlich131. Wird ein Vertrag bereits vor Ablauf des Sperrhalbjahres und der Befriedigung der Gläubiger abgeschlossen, ist er gemäß Abs 2 S 2 schwebend unwirksam (s o 67). 4. Sachausschüttung

76

a) Mögliche Formen der Sachausschüttung. Die Kapitalherabsetzung kann dazu dienen, Sacheinlagen zurückzugewähren (s Vor § 222, 4, § 222, 40)132. Wie Abs 2 S 2 verdeutlicht, sind keineswegs nur Barausschüttungen zulässig. Auch § 222 Abs 3 enthält keine Beschränkung des Zwecks der Kapitalherabsetzung auf Barauszahlungen. Aus diesen Gründen ist es auch unstreitig, dass der Zweck der Kapitalherabsetzung in der Spaltung des Unternehmens bestehen kann. Dazu werden Teile des Vermögens der AG auf eine Tochtergesellschaft übertragen. Anschließend senkt die Gesellschaft ihr Grundkapital. Den dadurch frei werdenden Betrag schüttet die Muttergesellschaft in Form von Anteilen an der Tochtergesellschaft an ihre Aktionäre aus (s Vor § 222, 8). Solche Sachausschüttungen werden dem Grundsatz nach für zulässig erachtet133, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

128 129 130 131 132

RegE InsO, BR-Drucks 1/92, S 90. RegE EGInsO, BR-Drucks 511/92, S 85. KK/Lutter 2 45; MK/Oechsler 2 38. KK/Lutter 2 42. Hüffer 9 § 222, 20; KK/Lutter 2 47, § 222, 16.

133

Heine/Lechner AG 2005, 269, 274; Hüffer9 § 222, 20; KK/Lutter 2 47, § 222, 16; MK/Oechsler 2 § 222, 3.

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Gläubigerschutz

§ 225

b) Zulässigkeit. Während die Barausschüttung dazu führt, dass der Aktionär fungible 77 Mittel erhält, führt die Rückgewähr von Sacheinlagen bzw die Ausschüttung in Form einer Beteiligung an der Tochtergesellschaft zu einer starken Bindung der wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit der Aktionäre oder gar zu einer Nachteilszufügung. Hat beispielsweise ein Aktionär ein Grundstück eingebracht und ist dieses inzwischen durch die Produktion altlastenverseucht, könnte sich die AG dieses Grundstücks entledigen, indem die Mehrheit der Aktionäre eine Kapitalherabsetzung zum Zwecke der Sacheinlagenrückgewähr an den seinerzeit einbringenden Aktionär beschließt. Um den einzelnen Aktionär vor der Überwälzung derartiger Nachteile zu schützen, ist seine Zustimmung zu dem Kapitalherabsetzungsbeschluss erforderlich134. Gleiches gilt für den Fall, dass eine Beteiligung an einer Tochtergesellschaft ausgeschüttet werden soll. Handelt es sich bei der Tochter etwa um eine Immobilien-GbR, wird sein zuvor fungibles Vermögen nun teilweise gesamthänderisch gebunden und unterliegt zudem einer anderen Verwaltung. Eine derartige Ausschüttung ist daher nur zulässig, wenn der betroffene Aktionär zustimmt135. Wird nicht an alle Aktionäre das Gleiche ausgeschüttet, ist wegen § 53a die Zustimmung aller Aktionäre notwendig136. Erhält ein Teil der Aktionäre eine Sachwertausschüttung und ein Teil eine Barausschüttung, ist es zudem erforderlich, dass die zur Ausschüttung vorgesehenen Sachwerte bewertet werden, um die wirtschaftliche Gleichwertigkeit zu gewährleisten. Verzichten alle Aktionäre ausdrücklich auf die Bewertung, kann diese unterbleiben, da hierin zugleich die Zustimmung zu einer eventuellen Ungleichbehandlung liegt. Im Schrifttum wird weitergehend gefordert, dass unter dem Gesichtspunkt des Gläu- 78 bigerschutzes jede Sachausschüttung nur zum Verkehrswert erfolgen dürfe137 und stets eine Bewertung vorzunehmen sei138. Zur Begründung wird auf die Parallele zur Kapitalaufbringung verwiesen (§§ 27, 183, 194, 205)139. Diese Argumentation überzeugt nicht. Bei der Kapitalaufbringung ist die Überbewertung der Sacheinlage und damit die Aushöhlung der Kapitalaufbringung das zentrale Problem, weshalb eine Bewertung erforderlich ist. Anders ist dies bei der Ausschüttung von Sachwerten. Denn die Gesellschaft darf ohnehin eine Kapitalherabsetzung nur beschließen, wenn dadurch das Mindestkapital nicht unterschritten wird. Steht der Sachwert nur mit dem niedrigeren Buchwert in der Bilanz, schadet dies regelmäßig nicht, denn das der AG verbleibende Restvermögen muss mindestens dem Mindestgrundkapital entsprechen. Da die Gläubiger über § 225 Abs 1 und Abs 2 gesichert werden müssen140, beeinträchtigt es ihre Interessen folglich nicht, wenn ein wertvoller Unternehmensbestandteil unter Wert an die Aktionäre verteilt wird (solange dies wegen § 53a gleichmäßig geschieht). Hierin unterscheidet sich die Sachausschüttung bei der Kapitalherabsetzung auch von der Sachdividende (§ 58 Abs 5). Denn bei dieser muss aus Gründen des Gläubigerschutzes die Schranke des § 150 Abs 2 beachtet werden; im Übrigen ist streitig, ob die Ausschüttung einer Sachdividende nur zum Verkehrswert erfolgen darf141 oder auch zum Buchwert. Letzteres wird man für zulässig 134 135 136 137

138

KK/Lutter 2 50 sowie zur Sachdividende Hüffer9 § 58, 31 mwN. KK/Lutter 2 50; MK/Oechsler 2 33. Ebenso KK/Lutter 2 51. KK/Lutter 2 52 f; Heine/Lechner AG 2005, 269, 274; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 25; iE auch MK/Oechsler 2 33. KK/Lutter2 52 f; MK/Oechsler2 33; Spindler-Stilz/Marsch-Barner2 25; aA Heine/Lechner AG 2005, 269, 275.

(125)

139 140

141

Rolf Sethe

KK/Lutter 2 52. Ein Weg der Gläubigersicherung ist bei der Spaltung im Wege der Kapitalherabsetzung die Schuldübernahme durch die Tochtergesellschaft, MK/Oechsler 2 34. Hüffer9 § 58, 33; Heine/Lechner AG 2005, 269, 270; Orth Sachdividenden, WPg 2004, 777, 784; Schnorbus Die Sachdividende, ZIP 2003, 509, 516; Müller Die Änderungen im HGB und die Neuregelung der Sachdivi-

§ 226

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

halten müssen, sofern für ausreichende Transparenz gesorgt ist142. In jedem Fall ist die Obergrenze der Bilanzgewinn (§§ 174, 57 Abs 3). 5. Rücklagenbildung

79

Bestand der Zweck der Kapitalherabsetzung in der Auffüllung der Rücklagen (s Vor § 222, 5, § 222, 41), sind die frei werdenden Mittel in die Kapitalrücklage einzustellen (§ 272 Abs 2 Nr 4 HGB)143. Sollen die Mittel zu einem späteren Zeitpunkt doch an die Aktionäre ausgeschüttet werden, ist dies nur unter Beachtung der Frist des Abs 2 S 1 und der §§ 57 Abs 3, 150 möglich; die Kapitalrücklage nach § 272 Abs 2 Nr 4 HGB ist insoweit aufzulösen und die Mittel in den Bilanzgewinn zu überführen144. Bei einer Unterbilanz können die Mittel folglich nicht ausgeschüttet werden.

§ 226 Kraftloserklärung von Aktien (1) 1Sollen zur Durchführung der Herabsetzung des Grundkapitals Aktien durch Umtausch, Abstempelung oder durch ein ähnliches Verfahren zusammengelegt werden, so kann die Gesellschaft die Aktien für kraftlos erklären, die trotz Aufforderung nicht bei ihr eingereicht worden sind. 2Gleiches gilt für eingereichte Aktien, welche die zum Ersatz durch neue Aktien nötige Zahl nicht erreichen und der Gesellschaft nicht zur Verwertung für Rechnung der Beteiligten zur Verfügung gestellt sind. (2) 1Die Aufforderung, die Aktien einzureichen, hat die Kraftloserklärung anzudrohen. 2Die Kraftloserklärung kann nur erfolgen, wenn die Aufforderung in der in § 64 Abs. 2 für die Nachfrist vorgeschriebenen Weise bekanntgemacht worden ist. 3Die Kraftloserklärung geschieht durch Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern. 4In der Bekanntmachung sind die für kraftlos erklärten Aktien so zu bezeichnen, daß sich aus der Bekanntmachung ohne weiteres ergibt, ob eine Aktie für kraftlos erklärt ist. (3) 1Die neuen Aktien, die an Stelle der für kraftlos erklärten Aktien auszugeben sind, hat die Gesellschaft unverzüglich für Rechnung der Beteiligten zum Börsenpreis und beim Fehlen eines Börsenpreises durch öffentliche Versteigerung zu verkaufen. 2Ist von der Versteigerung am Sitz der Gesellschaft kein angemessener Erfolg zu erwarten, so sind die Aktien an einem geeigneten Ort zu verkaufen. 3Zeit, Ort und Gegenstand der Versteigerung sind öffentlich bekanntzumachen. 4Die Beteiligten sind besonders zu benachrichtigen; die Benachrichtigung kann unterbleiben, wenn sie untunlich ist. 5Bekanntmachung und Benachrichtigung müssen mindestens zwei Wochen vor der Versteigerung ergehen. 6Der Erlös ist den Beteiligten auszuzahlen oder, wenn ein Recht zur Hinterlegung besteht, zu hinterlegen.

142

dende durch das Transparenz- und Publizitätsgesetz, NZG 2002, 752, 758 f. Ausdrücklich offen gelassen in den Gesetzesmaterialien, BT-Drucks 14/8769, S 13. MK/Bayer 3 § 58, 110; Lutter/Leinekugel/ Rödder Die Sachdividende, ZGR 2002, 204,

143 144

215 ff; wohl auch DAV Handelsrechtsausschuss NZG 2002, 115, 116. Unter steuerlichen Gesichtspunkten differenzierend MK/Kropff 2 § 170, 55 f. KK/Lutter 2 46. KK/Lutter 2 46.

Stand: 31.12.2010

(126)

Kraftloserklärung von Aktien

§ 226

Übersicht Rn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . . . . II. Normzweck . . . . . . . . . . . . . III. Anwendungsbereich der Vorschrift . . 1. Überblick und Abgrenzung zu § 73 a) Stückaktien . . . . . . . . . . b) Nennbetragsaktien . . . . . . 2. Freiwillige Vereinigung von Aktien IV. Zuständigkeit und Verfahren . . . . . V. Die Kraftloserklärung der Aktien (Abs 1 und 2) . . . . . . . . . . . . 1. Rechtliche Bedeutung . . . . . . . 2. Pflicht zur Kraftloserklärung . . . 3. Voraussetzungen der Kraftloserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . a) Fallgruppen . . . . . . . . . . b) Inhalt der Aufforderung . . . . c) Bekanntmachung der Aufforderung . . . . . . . . . . . . . . 4. Die eigentliche Kraftloserklärung . 5. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . .

Rn

. 1 . 2 . 3–11 . 3–10 . 4 . 5–10 . 11 . 12–14

6. Die Fehlerhaftigkeit der Kraftloserklärung . . . . . . . . . . . . . VI. Die Zusammenlegung der Aktien . . . 1. Die Entscheidung über die Zusammenlegung . . . . . . . . . . . . 2. Rechtsfolgen der Zusammenlegungsentscheidung . . . . . . . 3. Die Ausführung der Zusammenlegungsentscheidung . . . . . . . VII. Verwertung (Abs 3) . . . . . . . . . . 1. Zweck und Anwendungsbereich . a) Freiwillig eingereichte Aktien . b) Übrige Fälle . . . . . . . . . . c) Nicht verwertbare Spitzen . . . 2. Die Verwertung . . . . . . . . . . VIII. Ansprüche der Aktionäre . . . . . . . 1. Anspruch auf Zusammenlegung . 2. Anspruch auf Aktienurkunden und Erlös . . . . . . . . . . . . . 3. Schadensersatzansprüche . . . . .

. 15–30 . 15–16 . 17 . 18–21 . 18 . 19–20 . 21 . 22–24 . 25–27

28–30 31–38 31–33 34–36 37–38 39–47 39–42 40 41 42 43–47 48–50 48 49 50

Schrifttum Bork Mitgliedschaftsrechte unbekannter Aktionäre während des Zusammenlegungsverfahrens nach § 226 AktG, FS Claussen, 1997, 49; Kralik Der Umtausch und die Zusammenlegung von Aktien, DJ 1941, 235; Siebel Aktienspitzen, NJW 1952, 330; Zöllner Neustückelung des Grundkapitals und Neuverteilung von Einzahlungsquoten bei teileingezahlten Aktien der Versicherungsgesellschaften, AG 1985, 19. Vgl auch die Schrifttumsnachweise Vor § 222.

I. Gesetzesgeschichte Die Norm stimmt weitgehend mit § 179 AktG 1937 überein1. In Abs 1 wurde das 1 Wort „Ausführung“ durch den Begriff „Durchführung“ ersetzt, um die Vorschrift an den Sprachgebrauch des § 227 anzupassen. Abs 2 S 2 und S 3 sind präzisiert worden. Neu ist die Klarstellung in Abs 2 S 4. Schließlich ist auf die Klarstellung in § 72 Abs 3 hinzuweisen, die das Verhältnis zum Aufgebotsverfahren klärt. Im Jahre 2002 wurden in Abs 3 S 1 die Wörter „zum amtlichen Börsenpreis durch Vermittlung eines Kursmaklers“ durch die Wörter „zum Börsenpreis“ ersetzt 2.

II. Normzweck Die Vorschrift soll verhindern, dass die Kapitalherabsetzung, die im Wege der Zusam- 2 menlegung (§ 222 Abs 4 S 2) erfolgt, an der fehlenden Mitwirkung der Aktionäre scheitert3. Nach der Zusammenlegung von Nennbetragsaktien sind die ausgegebenen Ak-

1

2

Kropff AktG 1965, S 318 f. Zur Geschichte der Kapitalherabsetzung im Allgemeinen s Vor § 222, 73 ff. Art 7 Nr 1 des Gesetzes zur weiteren Fort-

(127)

3

entwicklung des Finanzplatzes Deutschland (Viertes Finanzmarktförderungsgesetz) v 21.6.2002, BGB I 2010. BGH AG 1992, 27, 28; Hüffer9 1.

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§ 226

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

tienurkunden fehlerhaft und müssen umgetauscht, abgestempelt oder auf andere Art und Weise angepasst werden. Zu diesem Zweck fordert die Gesellschaft die Aktionäre zur Einreichung der Aktien auf (§ 226 Abs 2). Wirken die Aktionäre bei diesen Maßnahmen nicht mit, erlaubt die Norm der Gesellschaft, die nicht eingereichten Aktien für kraftlos zu erklären (Abs 1 S 1). Die Kraftloserklärung beseitigt nicht die Mitgliedschaft als solche, sondern bewirkt lediglich, dass die Aktienurkunde dieses nicht mehr verbrieft. Eine Kraftloserklärung ist auch dann möglich, wenn die Aktien zwar eingereicht wurden, die Aktienzahl aber nicht für eine Zusammenlegung zu einer neuen Aktie ausreicht und die Aktionäre der Gesellschaft nicht die Befugnis geben, diese Aktienspitzen zu verwerten (Abs 1 S 2). Das Verfahren der Kraftloserklärung bestimmt sich nach Abs 2. Die Verwertung der neuen Aktien, die an die Stelle der für kraftlos erklärten Papiere treten, regelt Abs 3.

III. Anwendungsbereich der Vorschrift 1. Überblick und Abgrenzung zu § 73

3

Die Kapitalherabsetzung kann im Wege der Herabsetzung des Nennbetrags (§ 222 Abs 4 S 1), durch Zusammenlegung von Aktien (§ 222 Abs 4 S 2) und im Wege der Einziehung (§§ 237 ff) erfolgen. Ob und welche Maßnahmen zur Durchführung der Kapitalherabsetzung notwendig sind, richtet sich ua danach, welche Aktienform die Gesellschaft ausgegeben hat:

4

a) Stückaktien. Hat sie Stückaktien ausgegeben, haben diese keinen Nennwert, sondern repräsentieren eine Beteiligungsquote am Grundkapital (§ 8 Abs 3 S 1 und 2). Nach einer Kapitalherabsetzung ist keine Anpassung der einzelnen Stückaktien erforderlich (s § 222, 48). Daher kommen weder § 73 noch § 2264 zur Anwendung (s aber u 37).

5

b) Nennbetragsaktien. Die Summe der Nennwerte der Aktien muss dem Grundkapital entsprechen (§ 1 Abs 2). Sofern die Gesellschaft über Nennbetragsaktien (§ 8 Abs 2) verfügt, ist bei der Durchführung der Kapitalherabsetzung zwischen einer solchen durch Herabsetzung der Nennbeträge und einer solchen durch Zusammenlegung von Aktien zu unterscheiden. Bei einer Herabsetzung der Nennbeträge der Aktien sind wiederum zwei Varianten 6 denkbar. (1) Hat die Gesellschaft an die Aktionäre keine Einzelurkunden oder Mehrfachurkunden ausgegeben (vgl § 10 Abs 5), sondern lediglich eine Globalurkunde hinterlegt, ist nur diese zu ändern, wenn auf ihr die Stückenummern der Einzelaktien aufgelistet sind5. Handelt es sich um eine Globalurkunde, die selbst eine Stückenummer aufweist, führt die Gesellschaft ein Verzeichnis der dadurch verbrieften Aktien6. Dies ist zu aktualisieren. Einer Mitwirkung der Aktionäre bedarf es in beiden Fällen nicht, weshalb ihnen gegenüber auch keine Maßnahmen nach § 73 notwendig sind. (2) Hat die Gesellschaft dagegen Einzel- oder Mehrfachurkunden ausgegeben, bedarf 7 es einer Korrektur dieser inhaltlich fehlerhaft gewordenen Aktienurkunden. Sie müssen daher berichtigt, dh abgestempelt oder ausgetauscht werden. Zu diesem Zweck fordert die Gesellschaft die Aktionäre zur Vorlage der Urkunden vor (§ 73 Abs 2 S 1). Wirken Aktionäre nicht mit, kann die Gesellschaft deren Aktienurkunden im Zusammenwirken

4 5

MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 51. MünchHdBAG-Wiesner 3 § 12, 20.

6

MünchHdBAG-Wiesner 3 § 12, 20.

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Kraftloserklärung von Aktien

§ 226

mit dem Registergericht nach § 73 Abs 1 S 2 für kraftlos erklären lassen7. Anstelle der eingezogenen Aktien gibt die Gesellschaft gemäß § 73 Abs 3 neue Urkunden aus. § 73 wird im Übrigen auch im Falle der Einziehung angewendet (s § 238, 23 ff). Eine Verwertung von Aktien bedarf es nicht8. War zur Kapitalherabsetzung eine Zusammenlegung von Aktien erforderlich (s § 222, 8 51 ff), sind ebenfalls zwei Fallgestaltungen zu unterscheiden. (1) Hat die Gesellschaft keine Aktienurkunden emittiert (§ 10 Abs 5), beschließt der Vorstand die Zusammenlegung konkreter Mitgliedschaftsrechte9. Es besteht aber keine Notwendigkeit für sonstige Durchführungsmaßnahmen nach § 226 gegenüber den Aktionären; die Gesellschaft muss lediglich die Globalurkunde berichtigen (s 6)10. (2) Sind einzelne Aktienurkunden oder Mehrfachurkunden ausgegeben, werden diese durch den Kapitalherabsetzungsbeschluss inhaltlich fehlerhaft. Um einen § 8 Abs 4 entsprechenden Zustand herzustellen, müssen nicht nur die Mitgliedschaftsrechte zusammengelegt, sondern auch die Aktienurkunden korrigiert oder ausgetauscht werden. Wirken die Aktionäre hierbei nicht mit, kann die Gesellschaft diese Aktien nach § 226 Abs 1 und 2 für kraftlos erklären lassen. Die Aktionäre verlieren dadurch ihre Mitgliedschaft. Die Vorschrift erfasst weiterhin den Fall, dass zwar die Aktien eingereicht werden, sie in der Summe aber nicht die Zahl erreichen, um sie zu einem Mitgliedschaftsrecht zusammenzulegen. Versäumen es die Aktionäre, der Gesellschaft für diesen Fall die Befugnis für eine Verwertung dieser Aktienspitzen zu geben, bedarf es ebenfalls der Kraftloserklärung (Abs 1 S 2). Zusammenfassend lässt sich damit feststellen, dass § 226 ausschließlich den Fall der 9 Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von einzeln oder mehrfach verbrieften Nennbetragsaktien betrifft, während für den Fall der Herabsetzung des Nennwerts oder für die Einziehung solcher Aktien § 73 maßgeblich ist (vgl § 73 Abs 4). Wird bei der Kapitalherabsetzung neben der Nennbetragsherabsetzung auch eine Zusammenlegung notwendig (§ 222, 53), sind das Verfahren nach § 73 und das nach § 226 miteinander zu verbinden11. Über § 229 Abs 3 findet § 226 auch auf die vereinfachte Kapitalherabsetzung durch 10 Zusammenlegung von Aktien Anwendung. Die §§ 72, 73, 125, 248, 268 Abs 3 S 2 UmwG erklären die Vorschrift für anwendbar, wenn eine Verschmelzung, Spaltung bzw ein Formwechsel unter Beteiligung einer AG stattfindet. Schließlich wurde bei der Kapitalneufestsetzung12 im Zuge der Währungsreform nach der deutschen Wiedervereinigung auf § 226 Bezug genommen (§§ 27, 56c Abs 1 DMBilG). 2. Freiwillige Vereinigung von Aktien Die Vorschrift ist nicht (auch nicht entsprechend) anwendbar auf Formen der Zusam- 11 menlegung von Aktien, die anderen Zwecken als der Kapitalherabsetzung dienen. Will die Gesellschaft beispielsweise die Zahl der Aktien vermindern, kann sie dies nur im Wege der Vereinigung von Aktien erreichen. Diese freiwillige Vereinigung stellt keinen Fall der „Zusammenlegung“ dar, denn das Gesetz reserviert diesen Begriff für die Zusammenlegung von Aktien bei der Kapitalherabsetzung. Die freiwillige Vereinigung von Aktienrechten stellt eine Satzungsänderung dar und richtet sich folglich nach den §§ 179 ff. Sie kann, sofern nicht die Satzung eine entsprechende Ermächtigung enthält13, 7 8 9 10

Statt vieler MK/Oechsler 2 35. KK/Lutter 2 2. KK/Lutter 2 10. MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 60.

(129)

11 12 13

K Schmidt/Lutter/Veil 2 2. Dazu Bork FS Claussen, 49, 50 ff. Eine solche ist zulässig, Schilling Voraufl 1; KK/Lutter 2 4.

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§ 226

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

nur mit Zustimmung aller betroffenen Aktionäre erfolgen, da in deren unentziehbare Rechte eingegriffen wird14. Wirken die Aktionäre an einer freiwilligen Zusammenlegung nicht mit, darf die Gesellschaft die nicht eingereichten Aktien keineswegs nach § 73 oder § 226 für kraftlos erklären und anschließend verwerten. Diese Befugnis hat sie nur in dem gesetzlich zugelassenen Fall15. Es spricht jedoch nichts dagegen, dass sich die Aktionäre in der ursprünglichen Satzung oder in dem Beschluss über die Satzungsänderung dem Verfahren nach § 226 unterwerfen. Andernfalls hätte die Gesellschaft keinerlei Möglichkeit, eine Berichtigung der Aktien zu erreichen.

IV. Zuständigkeit und Verfahren 12

Zuständig für die Durchführung der Kapitalherabsetzung und damit für die Zusammenlegung der Aktien sowie ggf für die Maßnahmen nach § 226 ist der Vorstand (§ 83 Abs 2). Es handelt sich um eine gesetzlich festgelegte Sonderkompetenz, denn normalerweise ist der Vorstand nicht befugt, in die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre einzugreifen16. Soweit der Kapitalherabsetzungsbeschluss Vorgaben für die Durchführung enthält, binden sie den Vorstand (s § 222, 26, 61). Fehlen solche Vorgaben oder sind sie lückenhaft, entscheidet der Vorstand nach pflichtgemäßem Ermessen17. Er ist zur unverzüglichen (§ 121 Abs 1 S 1 BGB) Durchführung der Kapitalherabsetzung verpflichtet, sofern nicht im Einzelfall aus sachlichen Gründen eine Ausnahme geboten ist (zB bei einer sog Restgesellschaft18). Eine rasche Entscheidung ist deshalb notwendig, weil die Gesellschaft und die Aktionäre wissen müssen, wem die Verwaltungsrechte (zB die Befugnis zur Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen) und die Vermögensrechte (insb die Dividende) zustehen. Die Durchführung der Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung erfolgt in folgen13 den Schritten: Der Vorstand fordert die Aktionäre auf, die alten Aktienurkunden einzureichen und droht die Kraftloserklärung an (Abs 2 S 1). Reichen die Aktionäre daraufhin die erforderliche Anzahl an Aktien zum Zwecke der Zusammenlegung ein, entscheidet der Vorstand unmittelbar über die Zusammenlegung (s u 31 ff) und führt diese Entscheidung aus (s u 37 f). Aktionäre, die nicht über die erforderliche Anzahl an Aktien verfügen, die für eine Zusammenlegung notwendig ist, können die Aktien zum Zwecke der Verwertung einreichen. Die Gesellschaft legt diese freien Spitzen dann mit einer ausreichenden Zahl anderer Aktienspitzen zusammen und verwertet die neue Aktie für Rechnung der Beteiligten. Eine Kraftloserklärung ist in beiden Fällen nicht notwendig. In der freiwilligen Einreichung der Aktien liegt regelmäßig auch die Zustimmung zur Verwertung der Spitzen19. Folgen alle oder einzelne Aktionäre der Aufforderung dagegen nicht, wird der Vor14 stand ihnen gegenüber zunächst die Maßnahmen nach § 226 Abs 1 und 2 ergreifen und die fehlende Mitwirkung der Aktionäre ersetzen (dazu u 15 ff), um anschließend die Entscheidung über die Zusammenlegung konkreter Aktien zu treffen (s u 31 ff). Im letzten Schritt sind die Aktien sodann für Rechnung der Beteiligten zu verwerten (s u 39 ff).

14

15 16

Godin/Wilhelmi 4 2; KK/Kraft 2 § 8, 56; KK/Lutter 2 4; Schilling Voraufl 1; Schlegelberger/Quassowski3 § 8, 16; Zöllner AG 1985, 19, 21 ff. Schilling Voraufl 1. KK/Lutter 2 7.

17 18 19

RGZ 80, 81, 83 f; KK/Lutter 2 6; Hüffer 9 3; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 52. BGH AG 1992, 27, 28 m Anm Butzke WuB II A § 226 AktG 1.92; Hüffer 9 3. Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 9.

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Kraftloserklärung von Aktien

§ 226

V. Die Kraftloserklärung der Aktien (Abs 1 und 2) 1. Rechtliche Bedeutung Eine Kraftloserklärung nach § 226 setzt voraus, dass die Kapitalherabsetzung wirk- 15 sam ist (§ 224) und sie durch Zusammenlegung von Aktien erfolgen soll (s o 3 ff). Die Kraftloserklärung selbst lässt die Mitgliedschaft unberührt. Sie bewirkt lediglich, dass die Aktienurkunde das Mitgliedschaftsrecht nicht mehr verbrieft. Infolgedessen kommt bei unverbrieften Mitgliedschaftsrechten keine Kraftloserklärung in Betracht (s o 8). Dies ergibt sich nicht nur aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift, sondern auch aus ihrem Wortlaut, der darauf abstellt, dass die Aktien „eingereicht“ werden20. § 226 ist zwingend. Daher kann die Satzung die Voraussetzungen der Kraftloserklä- 16 rung weder ausschließen noch erschweren oder erleichtern (§ 23 Abs 5 S 1)21. Auch andere Druckmittel (zB die entschädigungslose Einziehung oder die Entziehung von Vermögens- oder Verwaltungsrechten) darf weder die Satzung vorsehen noch die Hauptversammlung mit Mehrheit beschließen22. Die Aktionäre können jedoch individuell auf einzelne oder alle Vorgaben des § 226 verzichten23. Eine solche Situation liegt auch vor, wenn alle Aktionäre in der Hauptversammlung präsent sind und einstimmig der Maßnahme zustimmen. 2. Pflicht zur Kraftloserklärung Nach dem Wortlaut von Abs 1 S 1 „kann“ die Gesellschaft die Aktien für kraftlos 17 erklären. Da der Vorstand jedoch zur Umsetzung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses verpflichtet ist, steht ihm regelmäßig kein Ermessen zu. Vielmehr kann und muss er die nicht eingereichten und die nicht zur Verwertung freigegebenen Aktien für kraftlos erklären. Dies folgt auch daraus, dass der Vorstand verpflichtet ist, einen mit § 8 in Einklang stehenden Zustand herzustellen oder aufrechtzuerhalten24. Nur wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, wie zB bei einer Restgesellschaft, kann er von einer Kraftloserklärung Abstand nehmen25. 3. Voraussetzungen der Kraftloserklärung a) Fallgruppen. Eine Kraftloserklärung ist nur in zwei Fällen zulässig: (1) Nach Abs 1 18 S 1 ist die Kraftloserklärung möglich, wenn ein Aktionär trotz der Aufforderung innerhalb bestimmter Frist seine Aktien nicht bei der Gesellschaft einreicht. Der Grund für die Nichteinreichung ist unerheblich. Auch kommt es nicht darauf an, ob der Gesellschaft genügend Aktien zur Verfügung gestellt wurden, um aus ihnen eine neue Aktie zu bilden. (2) Nach Abs 1 S 2 ist die Kraftloserklärung weiterhin für den Fall vorgesehen, dass die

20 21

22 23

Schilling Voraufl 8; Godin/Wilhelmi 4 7; KK/Lutter 2 15. Hüffer 9 7; MK/Oechsler 2 2; Heidel/ Terbrack3 12; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 11; aA KK/Lutter 2 18; Schilling Voraufl 14, die eine Erschwerung in der Satzung für zulässig halten. RGZ 37, 131 f; 38, 95, 99; Hüffer 9 7; KK/Lutter 2 18. Hüffer 9 7; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 11.

(131)

24

25

KK/Lutter 2 19; Godin/Wilhelmi 4 9; MK/Oechsler 2 18; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 57; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 11; aA Schlegelberger/Quassowski 3 § 179, 5. Kritisch auch Butzke WuB II A § 226 AktG 1.92. BGH AG 1992, 27, 28 m insoweit zust Anm Butzke WuB II A § 226 AktG 1.92; Becker in Bürgers/Körber 6.

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§ 226

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Zahl der vom Aktionär eingereichten Aktienurkunden zu gering ist, um eine neue Aktie zu bilden (s o 32), und er der Gesellschaft nicht die Befugnis erteilt hat, die deshalb bestehenden Spitzen für seine Rechnung zu verwerten. Reicht ein Aktionär seine Aktien ohne weitere Erklärung ein, kann davon ausgegangen werden, dass er mit dem üblichen Verfahren, dh auch mit der Verwertung der Aktienspitzen, einverstanden ist (s o 13 aE). Nur wenn er ausdrücklich erklärt, dies nicht zu wollen, kommt also eine Kraftloserklärung gemäß Abs 1 S 2 zum Zuge26.

19

b) Inhalt der Aufforderung. Die Kraftloserklärung setzt voraus, dass die Gesellschaft die Aktionäre in den Gesellschaftsblättern zur Einreichung der Aktienurkunden aufgefordert hat. Die Aufforderung muss eine bestimmte Frist zur Einreichung festlegen. Sofern der Kapitalherabsetzungsbeschluss keine Vorgaben enthält, wird die Frist vom Vorstand nach Maßgabe des § 64 Abs 2 festgesetzt. Weiterhin muss die Aufforderung eindeutig die Androhung enthalten, dass nicht frist20 gerecht eingereichte Aktien für kraftlos erklärt werden. Nicht ausreichend ist der bloße Hinweis, man werde im Falle des Nichteinreichens nach dem Gesetz verfahren, weil der Aktionär den Inhalt des § 226 im Zweifel nicht kennt.

21

c) Bekanntmachung der Aufforderung. Die Aufforderung einschließlich der Frist und der Androhung muss gemäß Abs 2 S 2 i.V.m. § 64 Abs 2 dreimal in den Gesellschaftsblättern (s § 25) bekannt gemacht werden. Die erste Bekanntmachung muss mindestens drei Monate, die letzte mindestens einen Monat vor Fristablauf ergehen. Zwischen den einzelnen Bekanntmachungen muss ein Zeitraum von mindestens drei Wochen liegen. Die Gesellschaft kann, wenn sie Aktionäre namentlich kennt, auch im Wege von Rundschreiben die dreimalige Aufforderung erklären, wobei sie für den Zugang beweispflichtig ist27. Bei vinkulierten Aktien genügt gemäß § 64 Abs 2 S 4 anstelle der öffentlichen Bekanntgabe die einmalige Aufforderung an die einzelnen Aktionäre, ihre Aktien binnen Monatsfrist einzureichen (zu weiteren Einzelheiten s die Kommentierung zu § 64). Da dieser Weg einfacher ist, wird ihn die Gesellschaft regelmäßig bevorzugen. 4. Die eigentliche Kraftloserklärung

22

Die Kraftloserklärung ist ein einseitiges Rechtsgeschäft. Es wird durch eine nicht empfangsbedürftige Willenserklärung vorgenommen, die zu ihrer Wirksamkeit (lediglich) der einmaligen Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern bedarf (Abs 2 S 3). Der Gesetzeswortlaut ist eindeutig; eine Bekanntgabe gegenüber einzelnen oder allen Aktionären ist gerade nicht erforderlich und auch nicht ausreichend28. Denn die Kraftloserklärung beseitigt die Wertpapiereigenschaft der Aktienurkunden und hierüber muss der Rechtsverkehr insgesamt benachrichtigt werden. Daher ist die Bekanntmachung in den Gesellschaftsblättern auch bei vinkulierten Aktien erforderlich29. Die Sonderregelung des § 64 Abs 2 S 4 (dazu soeben 21) bezieht sich nur auf die Aufforderung zur Einreichung, nicht aber auch auf die anschließende Kraftloserklärung. In der Bekanntmachung sind die für kraftlos erklärten Aktienurkunden so genau zu 23 bezeichnen, dass sich aus ihr eindeutig ergibt, welche Aktienurkunden von der Kraft-

26 27 28

KK/Lutter 2 14. KK/Lutter 2 20. So aber Kralik DJ 1941, 245, 248 f; zu Recht aA die ganz hM, vgl statt vieler KK/Lutter 2 16, 21.

29

Godin/Wilhelmi 4 12; Hüffer 9 11; MK/Oechsler 2 17.

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Kraftloserklärung von Aktien

§ 226

loserklärung erfasst sind (Abs 2 S 4). Zu diesem Zweck genügt die Angabe der Seriennummer oder eine andere ausreichende Art der eindeutigen Identifizierung der für kraftlos erklärten Wertpapiere. Zur Kraftloserklärung bedarf es keiner besonderen „Verlustigerklärung“ noch ist sie 24 in der Kraftloserklärung enthalten30. Die Kraftloserklärung und sogar auch noch die anschließende Zusammenlegung lassen die Mitgliedschaft unberührt. Erst die Verwertung der Aktien führt zu ihrem Verlust. 5. Rechtsfolgen Die Rechtsfolge der Kraftloserklärung besteht darin, dass der Aktie ihre Eigenschaft 25 als Wertpapier genommen wird. Sie verkörpert nicht mehr die Mitgliedschaft. Es handelt sich nur noch um ein Stück Papier, dessen Erwerb nicht (auch nicht im Wege des Rechtsscheins) zum Erwerb der Mitgliedschaft führen kann31. Den für kraftlos erklärten Aktienurkunden kommt allerdings noch die Funktion eines Nachweises der alten Mitgliedschaft zu (wichtig zB für die Empfangsberechtigung des auf diese Aktie entfallenden Verwertungserlöses). Die Kraftloserklärung der Urkunde lässt die eigentliche Mitgliedschaft unberührt32. 26 Sie wird erst durch die nachfolgende Zusammenlegungsentscheidung betroffen (s u 34). In der Zeitspanne zwischen Kraftloserklärung der Aktienurkunden und Zusammenlegungsentscheidung sind die betroffenen Aktionäre also weiterhin Inhaber der Mitgliedschaft in Form von Teilrechten; sie können ihre Mitgliedschaftsrechte weiterhin ausüben (dazu im Einzelnen § 224, 12)33. In der Praxis ist die Zeitspanne bis zur Verwertung aber so gering, dass es regelmäßig auf diese Frage nicht ankommt. Zwischen der Kraftloserklärung und der Zusammenlegungsentscheidung können die Aktionäre ihre Rechtsstellung nur noch nach den §§ 413, 398 ff BGB übertragen34. Hat die Gesellschaft die nicht eingereichten Aktien bereits für kraftlos erklärt, aber 27 noch nicht verwertet, kann ein davon betroffener Aktionär verlangen, dass die Gesellschaft seine alten Aktien in neue umtauscht; er muss nur Aktienurkunden in einer für das Umtauschverhältnis ausreichenden Zahl vorlegen35. Die Frist zur Einreichung der alten Aktien stellt also keine Ausschlussfrist dar. Sie dient lediglich dazu, der Gesellschaft die Kapitalherabsetzung auch ohne Mitwirkung der Aktionäre zu ermöglichen. Wenn ein Aktionär nach Ablauf der Frist doch noch freiwillig mitwirkt, wird dieses Ziel gerade erreicht36. 6. Die Fehlerhaftigkeit der Kraftloserklärung Die Kraftloserklärung leidet an einem materiellen Mangel, wenn die sachliche Vor- 28 aussetzung eines wirksamen Kapitalherabsetzungsbeschlusses fehlt. War dieser also nichtig oder (endgültig) unwirksam (§ 222, 71 ff), schlägt dieser Mangel auf die Kraftlos-

30 31 32

So aber Godin/Wilhelmi 4 4, 7. Zu Recht aA KK/Lutter 2 22. KK/Lutter 2 16. OLG Koblenz NJW-RR 1993, 1062, 1063 = ZIP 1993, 772; zust v. Gerkan EWIR 1993, 739, 740; KK/Lutter 2 16; missverständlich Godin/Wilhelmi 4 4, die vom Verlust der subjektiven Berechtigung sprechen.

(133)

33 34 35 36

AA KK/Lutter 2 16; Hüffer 9 13, die vom Ruhen der Rechte ausgehen. KK/Lutter 2 16; teilweise aA Schlegelberger/ Quassowski 3 § 179, 9. RGZ 37, 131, 133; Kralik DJ 1941, 254, 249; KK/Lutter 2 17; Hüffer 9 13. MK/Oechsler 2 16; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 58.

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§ 226

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

erklärung durch37. Der Vorstand hat gerade nicht die Kompetenz, einen fehlenden Hauptversammlungsbeschluss zu ersetzen, sondern soll nur wirksame Beschlüsse ausführen (§ 83 Abs 2)38. Der Mangel des Kapitalherabsetzungsbeschlusses wird im Wege der Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage geltend gemacht. Ist der Hauptversammlungsbeschluss schwebend unwirksam und wird er nach der Kraftloserklärung wirksam, stellt sich die Frage, ob die unwirksame Kraftloserklärung geheilt wird. Dies ist zu verneinen, denn ein Aktionär ist nicht verpflichtet, seine Aktien überhaupt einzureichen, solange die Kapitalherabsetzung nicht wirksam ist. Da er nicht wissen kann, wann der Kapitalherabsetzungsbeschluss wirksam wird, müsste er seine Aktien vorsorglich einreichen, was unzumutbar ist39. Die Kraftloserklärung leidet an einem formellen Mangel, wenn die Aufforderung an 29 die Aktionäre nicht den gesetzlichen Vorgaben (s o 18 bis 21) entspricht 40. Betroffene Aktionäre können dies im Wege der Feststellungsklage geltend machen41. Liegen formelle oder materielle Mängel vor, können die betroffenen Aktionäre gegen die anstehende Verwertung der Aktien auf Unterlassung klagen und ggf eine einstweilige Verfügung beantragen42. Die Mitgliedschaft wird bei einer fehlerhaften Kraftloserklärung weiterhin durch die 30 bisherigen Aktien verkörpert, so dass die neuen Aktien unwirksam sind. Sie stellen ein Stück wertloses Papier dar. Auch ein gutgläubiger Erwerber wird nicht geschützt, da die Aktie ein deklaratorisches und kein konstitutives Wertpapier darstellt. Der erzeugte Rechtsschein muss hier zurücktreten43. Dass dies kein ungewöhnlicher Vorgang ist, zeigen die §§ 8 Abs 2 S 2, 10 Abs 4 S 1, 41 Abs 4 S 2, 191 S 2. Die Personen, die die neuen Aktien ausgegeben haben (dh die Vorstandsmitglieder), schulden den Erwerbern analog §§ 8 Abs 2 S 3, 10 Abs 4 S 2, 41 Abs 4 S 3, 191 S 3 als Gesamtschuldner Schadensersatz44. Daneben haftet die Gesellschaft aus § 31 BGB.

VI. Die Zusammenlegung der Aktien 1. Die Entscheidung über die Zusammenlegung

31

Die Zusammenlegung erfolgt durch eine Entscheidung des Vorstands. Dies gilt selbst dann, wenn ein Aktionär über genügend Teilrechte verfügt, die zu einem oder mehreren neuen Vollrechten erstarken könnten. Eine automatische Erstarkung wird bei § 741 BGB bejaht, wenn sich alle Bruchteile in einer Hand vereinigen45. Bei der Aktie muss jedoch aus Gründen der Rechtssicherheit ersichtlich sein, welche konkreten Teilrechte aus der Masse der Teilrechte zu welchem Mitgliedschaftsrecht vereint werden. Dies aber lässt sich nur durch eine ausdrückliche Entscheidung über die Zusammenlegung erreichen. Ein automatisches Erstarken einer ausreichenden Anzahl von Teilrechten zum Vollrecht

37 38 39 40 41 42 43

KK/Lutter 2 24; Hüffer 9 17; MünchHdBAGKrieger 3 § 60, 58. MK/Oechsler 2 20. MK/Oechsler 2 20. KK/Lutter 2 24; Hüffer 9 17; MünchHdBAGKrieger 3 § 60, 58. KK/Lutter 2 24. RGZ 27, 50, 52; Hüffer 9 17. BGH AG 1992, 27, 28; RGZ 54, 389, 395 –

44 45

zur GmbH; Baumbach/Hueck13 9; KK/Lutter 2 24; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 58; MK/Oechsler2 21; aA noch RGZ 27, 50, 52; iE auch Kort ZGR 1994, 291, 303 ff. Baumbach/Hueck13 9; Hüffer 9 17; KK/Lutter 2 24; MK/Oechsler 2 21. MK BGB/K Schmidt 4 § 741, 31; BambergerRoth/Gehrlein2 § 749, 1.

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Kraftloserklärung von Aktien

§ 226

ist also abzulehnen46. Der Vorstand bestimmt, welche konkreten Teilrechte (Aktien oder Aktienspitzen) jeweils zu einem neuen Mitgliedschaftsrecht zusammengelegt werden. Diese Entscheidung ist eine nicht empfangsbedürftige Willenserklärung47. Sie wird durch bloße Kundgabe (zB Aktenvermerk, Protokoll des Beschlusses, Berichtigung der Urkunden, Benachrichtigung der Aktionäre oder Ausgabe der berichtigten Aktien, Weitergabe der zusammengelegten Spitzen zur Verwertung) wirksam. Die Entscheidung ist unabhängig davon notwendig, ob die Aktienrechte verbrieft sind oder nicht (s o 6 und 8)48. In der Aufforderung zum Einreichen der Aktien (s o 19) liegt noch keine Kundgabe der Zusammenlegungsentscheidung 49. Nicht ausreichend ist auch der Druck neuer Aktienurkunden50. Die Zusammenlegung kann selbst dann erfolgen, wenn die Zahl der eingereichten 32 Aktien eines Aktionärs nicht ausreicht, um eine neue Aktie zu bilden (Spitzen). Handelt es sich etwa um eine Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung im Verhältnis 7:1, erhält ein Aktionär, der 100 Aktien besitzt, 14 neue Aktien; die verbleibenden 2 Aktien müssen daher mit einer ausreichenden Zahl Aktien anderer Aktionäre zusammengelegt werden. Denn eine selbstständige Verwertung der Bruchteile ist ausgeschlossen51. Gegen die Zusammenlegungsentscheidung steht den Aktionären kein Widerspruchs- 33 recht zu52. Denn die Entscheidung erfolgt in Ausführung eines Hauptversammlungsbeschlusses, der den Vorstand zu dieser Maßnahme verpflichtet. Der Aktionär kann daher nur gegen den Hauptversammlungsbeschluss vorgehen. Allerdings ist der Vorstand zu einer möglichst schonenden Gestaltung der Zusammenlegungsentscheidung verpflichtet53: (1) Er muss daher seine Entscheidung so treffen, dass für einen Aktionär möglichst viele neue Mitgliedschaftsrechte entstehen54. Reichen beispielsweise bei einer Kapitalherabsetzung mit Zusammenlegung im Verhältnis 5:1 ein Aktionär sieben Aktien und zwei weitere Aktionäre jeweils vier Aktien ein, muss der Vorstand dem Aktionär, der mehr als die erforderliche Zahl Aktien einreicht, ein neues Mitgliedschaftsrecht zuteilen. Nur die entstehende Aktienspitze von zwei Aktien darf er sodann mit den Spitzen der anderen Aktionäre zusammenlegen. Es wäre unzulässig, wenn der Vorstand die insgesamt eingereichten 15 Aktien nimmt und drei neue Mitgliedschaftsrechte in Mitinhaberschaft bildet. (2) Aus der Pflicht zur schonenden Gestaltung der Mitgliedschaft folgt weiterhin, dass möglichst viele Aktienspitzen zu neuen Mitgliedschaftsrechten zusammenzulegen sind. Reichen also bei der Kapitalherabsetzung im Verhältnis 5:1 drei Aktionäre jeweils 7 Aktien ein, muss der Vorstand je ein neues Mitgliedschaftsrecht für die drei Aktionäre und ein Mitgliedschaftsrecht in Mitinhaberschaft schaffen. Nur die 21. Aktienspitze darf dann abgefunden werden. Es stellte einen Pflichtverstoß dar, wenn der Vorstand bei allen drei Aktionären jeweils zwei Aktienspitzen abfindet. Die Pflicht zur schonenden Gestaltung stellt die konsequente Fortsetzung des Grundsatzes der Subsidiarität (s o § 222, 52 ff) dar. Die Pflicht setzt allerdings voraus, dass der Vorstand erkennen kann, wem die Teilrechte gehören, die er zusammenlegt. Dies ist bei Namensaktien wegen § 67

46

47

48

MK/Oechsler 2 9; Bork FS Claussen, 1997, 49, 52 f; Westhoff DNotZ 1951, 108, 112 f; aA Siebel NJW 1952, 330, 330 f. Bork FS Claussen, 1997, 49, 52; Hüffer 9 4; MK/Oechsler 2 5; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 6; aA noch Schilling Voraufl 11 (empfangsbedürftig). Hüffer 9 4 aE; KK/Lutter 2 10; MK/Oechsler 2 4.

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49 50 51 52 53 54

KK/Lutter 2 7. KK/Lutter 2 7; Godin/Wilhelmi 4 5. KK/Lutter 2 12; Hüffer 9 5. KK/Lutter 2 8. RGZ 62, 56, 62; KK/Lutter 2 8, 12; MK/Oechsler 2 3. KK/Lutter 2 8.

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§ 226

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Abs 2 regelmäßig der Fall, während der Vorstand bei nicht freiwillig eingereichten Inhaberaktien nicht zu erkennen vermag, wem die Teilrechte zustehen. Verstößt der Vorstand gegen die Pflicht zur schonenden Gestaltung der Zusammenlegung, handelt er pflichtwidrig (s u 50). In der Praxis werden Aktionäre Teilrechte hinzukaufen oder verkaufen, um jeweils die passende Anzahl von Aktien für eine Zusammenlegung ohne Spitzen zu erreichen. Dies ist rechtlich zulässig55. 2. Rechtsfolgen der Zusammenlegungsentscheidung

34

Die Zusammenlegungsentscheidung verändert das Mitgliedschaftsrecht rechtsgestaltend. Teilrechte, gleichgültig, ob verbrieft oder nicht56, werden zu neuen Mitgliedschaften vereint. Nach der Zusammenlegung können Rechte nur noch aus den neuen Mitgliedschaften ausgeübt werden. Die durch die Zusammenlegung entstandenen neuen Aktien gehören nicht der Gesellschaft57. Vielmehr stehen sie den Aktionären zu. Es ist wie folgt zu differenzieren: Werden mehrere Aktien eines Aktionärs zu einem neuen Mitgliedschaftsrecht vereint, 35 ist der Aktionär Alleininhaber dieses Mitgliedschaftsrechts. Ist der Aktionär bekannt, sind ihm die Aktien auszuhändigen bzw in sein Depot zu buchen. Er kann seine mitgliedschaftlichen Rechte aus den neuen Aktien selbst wahrnehmen58; ein Ruhen der mitgliedschaftlichen Rechte kommt nicht in Betracht59. Ist er unbekannt oder hat er die Aktienurkunden nicht freiwillig eingereicht, sind die neuen Aktien nach Abs 3 zu verwerten. Werden dagegen Aktien(spitzen) verschiedener Aktionäre zu einer neuen Aktie zusam36 mengelegt, werden die beteiligten Aktionäre zur anschließenden Verwertung Mitinhaber der neuen Aktien zu ideellen Bruchteilen im Verhältnis der eingebrachten Aktien (§§ 741 ff BGB). Eventuelle Belastungen einer Aktie (zB ein Pfandrecht) setzen sind an dem jeweiligen Bruchteil fort60. Bei der Bruchteilsgemeinschaft handelt es sich um eine Gemeinschaft iSd § 69. Gegen die Anwendung des § 69 wird eingewandt, der Gesetzgeber verpflichte in Abs 3 die Gesellschaft zur unverzüglichen Verwertung der Aktien und mache damit deutlich, dass er den Aktionären gerade keine Rechtsgemeinschaft zumuten wolle61. Dieser Einwand überzeugt jedoch nicht, denn die unverzügliche Verwertung wird zumindest auch deshalb angeordnet, um Kursverluste der Aktionäre zu verhindern62. Zudem kommt § 69 gerade eine Ordnungsfunktion zu, nämlich die Funktionsfähigkeit der Hauptversammlung sicherzustellen. Dies ist aber gerade auch im vorliegenden Fall geboten. Somit ist § 69 anzuwenden. Die Mitinhaber können daher die aus der Mitgliedschaft folgenden Verwaltungsrechte (insb Stimmrecht, Teilnahme- und Rederecht auf der Hauptversammlung sowie Anfechtungsrecht) und Vermögensrechte (insb Recht auf Dividende und Bezugsrecht) nicht mehr selbst ausüben63, sondern müssten einen gemeinschaftlichen Vertreter bestellen (zu Einzelheiten s § 69)64. Da die Zeitspanne zwischen Kraftloserklärung und Verwertung regelmäßig sehr kurz ist, es in dieser Zeit

55 56 57 58 59 60

BGHZ 138, 71, 76 f = NJW 1998, 2054, 2055 f „Sachsenmilch“; MK/Oechsler 2 9. KK/Lutter 2 10. KK/Lutter 2 23; Spindler-Stilz/MarschBarner 2 17; aA Baumbach/Hueck13 8 aE. KK/Lutter 2 6; MK/Oechsler 2 10. So aber wohl KK/Lutter 2 16. MK/Oechsler 2 12; Becker in Bürgers/Körber 5.

61 62 63

64

Bork FS Claussen, 1997, 49, 56. MK/Oechsler 2 11. Missverständlich MK/Oechsler 2 11, der offenbar nur das Stimmrecht unter § 69 fallen lassen will, was nicht der gängigen Auslegung von § 69 entspricht, vgl Hüffer 9 § 69, 5. MK/Oechsler 2 11, 22; aA MünchHdBAGKrieger 3 § 60, 59; KK/Lutter 2 23; Hüffer 9

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praktisch nur um die Wahrnehmung von Bezugsrechten und Dividendenansprüchen geht und die Gesellschaft bei der Durchführung der Kapitalherabsetzung ohnehin zur Wahrung der Rechte der betroffenen Aktionäre verpflichtet ist, wird man davon ausgehen können, dass diese der Gesellschaft stillschweigend die Rolle des gemeinsamen Vertreters für die Vermögensrechte zuweisen. Die AG nimmt daher die Vermögensrechte der zu einer Bruchteilsgemeinschaft zusammengeschlossenen Aktionäre wahr65, es denn, die Mehrheit der betroffenen Aktionäre (§ 745 Abs 1 BGB) hat für ihre Aktien einen anderen Willen kundgetan. Von einer stillschweigenden Bevollmächtigung im Hinblick auf die Verwaltungsrechte der Aktionäre wird man dagegen nicht ausgehen können, denn eine Bevollmächtigung des Vorstands riefe sicherlich Interessenkonflikte hervor. Bestellen die Aktionäre hierfür keinen gemeinsamen Vertreter, ruhen faktisch die Verwaltungsrechte66. Kommt es in der Zeitspanne darauf an, dass die Verwaltungsrechte ausgeübt werden, muss für unbekannte Aktionäre ein Pfleger bestellt werden67. 3. Die Ausführung der Zusammenlegungsentscheidung Sind Stückaktien ausgegeben, die nur einen Bruchteil des Grundkapitals repräsentie- 37 ren, muss der Vorstand die Aktionäre nur über den auf die einzelne Aktie nun entfallenden Kapitalbetrag (§ 8 Abs 3 S 3) informieren68. Bei Nennbetragsaktien ist zu unterscheiden: Ist nur eine Globalurkunde vorhanden, 38 hat die Gesellschaft entsprechende Umbuchungen vorzunehmen und die Aktionäre über den Nennbetrag ihrer Aktien zu informieren69. Sind dagegen Einzelurkunden mit Nennbetrag ausgegeben, hat der Vorstand nach der Kundgabe der Zusammenlegungsentscheidung die Einzelaktienurkunden zu berichtigen bzw gegen neue auszutauschen. Neben Berichtigung und Austausch sind auch andere Verfahren zulässig, sofern sie den gleichen Zweck erreichen und die notwendige Rechtssicherheit gewährleisten70. Entwertete Aktienurkunden sind von der Gesellschaft einzubehalten und zu vernichten. Einer separaten Kraftloserklärung bedarf es für diese Papiere nicht. An ihnen kann kein Rechtsscheinerwerb stattfinden71. Ein Erwerber ist daher auf Schadensersatzansprüche beschränkt. Zu den kapitalmarktrechtlichen Folgen der Zusammenlegung vgl Vor § 222, 48 ff.

VII. Verwertung (Abs 3) 1. Zweck und Anwendungsbereich Die Regelung über die Verwertung dient dem Schutz der Aktionäre, um ihnen zumin- 39 dest den Wert der bisherigen Beteiligung zu erhalten. Abs 3 knüpft an die Regelung zur Kraftloserklärung an. Er ist daher anzuwenden auf Aktien, die nicht eingereicht und des-

65 66

13, Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 18; Westhoff DNotZ 1951, 108, 113, die vom weitgehenden Ruhen der Rechte ausgehen. Ebenso KK/Lutter 2 16 (in Bezug auf den Zeitpunkt der Kraftloserklärung). So auch (allerdings mit anderer Begründung) Hüffer 9 13; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 59. Im Ergebnis auch Hüffer 9 13; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 53; KK/Lutter 2 23.

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67

68 69 70 71

OLG Hamburg AG 1991, 242, 243; siehe auch OLG Frankfurt AG 1988, 304, 305. Im Ergebnis auch BGH AG 1992, 27 ff m Anm Butzke WuB II A § 226 AktG 1.92; Bork FS Claussen, 1997, 49, 58 ff. Hüffer 9 5. Hüffer 9 5; MK/Oechsler 2 6 aE. Hüffer 9 5; Baumbach/Hueck13 3. MK/Oechsler 2 6.

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halb für kraftlos erklärt wurden (Abs 1 S 1). Im Ergebnis ist bei der Verwertung also zunächst danach zu unterscheiden, ob die Aktionäre die Aktien freiwillig zum Zwecke der Zusammenlegung eingereicht haben oder nicht. Sie ist weiterhin anzuwenden auf Aktien, die zwar freiwillig eingereicht wurden, die aber nicht die nötige Zahl von Teilrechten umfassen, um sie zu einem neuen Mitgliedschaftsrecht zusammenzulegen, und bei denen der betroffene Aktionär der Verwertung durch die AG nicht zugestimmt hat (Abs 1 S 2).

40

a) Freiwillig eingereichte Aktien. Haben die Aktionäre die Aktien freiwillig eingereicht und der Gesellschaft die Befugnis zur Verwertung von Spitzen erteilt, ist Abs 3 nicht anzuwenden, denn er betrifft nur den Fall, dass die Aktionäre die Aktien nicht einreichen bzw sie der Gesellschaft nicht zur Verwertung zur Verfügung stellen72. Sofern durch die Zusammenlegung einer ausreichenden Anzahl an Teilrechten Alleineigentum an Aktien entsteht, sind diese dem Aktionär auszuhändigen bzw in sein Depot zu buchen (s o 35). Werden die Teilrechte verschiedener Aktionäre zu neuen Aktien zusammengelegt, sind die §§ 741 ff BGB anzuwenden, sofern die Aktionäre keine andere Art der Auseinandersetzung vereinbaren73. Die Aktien werden freihändig verkauft. Hierzu ist der Vorstand der AG ermächtigt, sofern die Betroffenen keine anderweitige Weisung geben. Es handelt sich um ein Auftragsverhältnis74. Der Vorstand handelt jedenfalls auch dann pflichtgemäß, wenn er nach Abs 3 verfährt75. Die durch die Zusammenlegung entstandenen Bruchteilsgemeinschaften der bisherigen Aktionäre werden nicht bereits durch die Verwertung der Aktien aufgelöst, sondern erst durch Verteilung des Verwertungserlöses unter den betroffenen (Alt-)Aktionären (§ 753 Abs 1 S 1 BGB)76.

41

b) Übrige Fälle. Haben die Aktionäre die Aktien nicht eingereicht oder haben sie nicht die Befugnis zur Verwertung von Spitzen gegeben, kommt es zur Kraftloserklärung und anschließenden Zusammenlegung. Soweit durch die Zusammenlegung von Teilrechten neue Aktien im Alleineigentum eines Aktionärs entstanden sind, sind diese dem Aktionär auszuhändigen bzw in sein Depot zu buchen. Eine solche Vorgehensweise wird bei Namenaktien möglich, da der Vorstand hier nach § 67 Abs 2 erkennen kann, wem die zusammenzulegenden Teilrechte jeweils zustanden (s o 33). Eine Verwertung ist in diesen Fällen nicht angezeigt, da der Vorstand in die Rechtsstellung der Aktionäre nur eingreifen darf, soweit dies zwingend erforderlich ist. Der Anwendungsbereich von Abs 3 S 1 ist insoweit telelogisch zu reduzieren. Soweit durch die Zusammenlegung dagegen Bruchteilsgemeinschaften entstanden sind, oder die Eigentumsverhältnisse nicht erkennbar sind, werden die neuen Aktien zugunsten der Betroffenen verwertet, es sei denn, diese geben der AG nach der Zusammenlegung zu erkennen, dass sie keine Verwertung wünschen, sondern die Mitinhaberschaft aufrechterhalten wollen77.

42

c) Nicht verwertbare Spitzen. Soweit nach der Zusammenlegung aller Teilrechte einzelne Spitzen übrig bleiben, werden die betroffenen Aktionäre bar abgefunden, denn die Teilrechte lassen sich nicht nach Abs 3 verwerten78.

72 73 74 75

Hüffer 9 14; MK/Oechsler 2 31; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 55. Hüffer 9 5; KK/Lutter 2 9; MK/Oechsler 2 13, 31. Im Ergebnis auch MK/Oechsler 2 31. KK/Lutter 2 27.

76 77 78

KK/Lutter 2 9; Hüffer 9 5; wohl auch MK/Oechsler 2 13; aA Godin/Wilhelmi 4 4, 5. MK/Oechsler 2 24. Baumbach/Hueck13 8; Hüffer 9 15; MK/Oechsler 2 27 aE.

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2. Die Verwertung Soweit die neuen Aktien in den Anwendungsbereich des Abs 3 fallen (dazu soeben 43 39 ff), sind sie unverzüglich für Rechnung der betroffenen Aktionäre zum Börsenpreis (§ 24 BörsenG) oder beim Fehlen eines solchen Preises durch öffentliche Versteigerung (§§ 383 ff BGB) zu verkaufen. Die Vorschrift will sicherstellen, dass die Aktionäre keine Kursverluste durch ein Zuwarten des Vorstands erleiden. Eine andere Art der Verwertung ist nur zulässig, wenn die betroffenen Aktionäre zustimmen79. Der Vorstand wird in einem auftragsähnlichen gesetzlichen Schuldverhältnis für Rechnung der Aktionäre tätig. Die §§ 662 ff BGB sind entsprechend anzuwenden. Die Gesellschaft kann Aufwendungsersatz nach § 670 BGB verlangen und schuldet ihrerseits Rechnungslegung (§ 666 BGB)80. Eine evtl Versteigerung findet am Sitz der Gesellschaft statt. Ist dort kein angemessener Erfolg, dh ein möglichst hoher Verkaufserlös81, zu erwarten, darf die Versteigerung auch an einem anderen, geeigneten Ort erfolgen (Abs 3 S 2). Zeit, Ort und Gegenstand der Versteigerung sind öffentlich bekannt zu machen (Abs 3 S 3). Die Beteiligten sind besonders zu benachrichtigen; die Benachrichtigung kann jedoch unterbleiben, wenn sie untunlich ist (Abs 3 S 4). Dies ist nicht bereits dann der Fall, wenn durch die unterlassene Benachrichtigung Zeit erspart wird82. Untunlich ist die Benachrichtigung beispielsweise dann, wenn sie im Vergleich zum zu erwartenden Erlös der Verwertung unverhältnismäßig hohe Kosten verursacht oder eine Benachrichtigung bereits einmal gescheitert ist. Die öffentliche Bekanntmachung und die Benachrichtigung der betroffenen Aktionäre müssen mindestens zwei Wochen vor der Versteigerung ergehen (Abs 3 S 5). Wurde aus den Teilrechten mehrerer Altaktionäre eine neue Aktie zusammengelegt 44 und wollen diese keine Mitinhaberschaft auf Dauer (s o 41), ist die Aktie zu verwerten und es steht keinem der Beteiligten ein Bezugsrecht auf die neuen Aktien zu. Denn zum Entstehen der neuen Aktie haben mehrere Beteiligte beigetragen, die denknotwendig kein Bezugsrecht auf eine einzige Aktie haben können. Ein bevorzugter Erwerb durch einen Aktionär kommt nur dann in Betracht, wenn die übrigen Beteiligten dem zustimmen83. Zum Teil wird vertreten, ein Bezugsrecht könne auch dann angenommen werden, wenn die Aktie einen Börsenpreis habe, der Aktionär seine Bereitschaft erkläre, diesen zu zahlen und sachliche Gründe für eine bevorzugte Veräußerung an diesen Aktionär sprächen, so dass ein Abweichen von § 53a gerechtfertigt sei84. Solch eine Gestaltung erscheint jedoch nur schwer vorstellbar. Mit der Verwertung der neuen Aktien gehen die Mitgliedschaften der betroffenen 45 Aktionäre auf die neuen Aktionäre (Erwerber) über85. Der Erlös ist den bisherigen Aktionären auszuzahlen; Abs 3 S 6 ist eine eigenständige Anspruchsgrundlage, so dass es keines Rückgriffs auf § 667 BGB bedarf 86. Bestand eine Bruchteilsgemeinschaft an den Aktien, ist der Erlös im Verhältnis der Bruchteile auszuzahlen. Um die Empfangszuständigkeit festzustellen, kann die AG verlangen, dass die Betroffenen die alten Aktienurkun-

79 80 81 82 83 84 85

Statt vieler KK/Lutter 2 25. Hüffer 9 15; KK/Lutter 2 25; MünchHdBAGKrieger 3 § 60, 59. MK/Oechsler 2 28. MK/Oechsler 2 29. MK/Oechsler 2 34. MK/Oechsler 2 34. T Bezzenberger WuB II A § 226 AktG 1.93 mwN; Siebel NJW 1952, 330; aA OLG Kob-

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86

lenz NJW-RR 1993, 1062, 1063 = ZIP 1993, 772, das vom Erlöschen der alten Mitgliedschaft ausgeht. An deren Stelle träten neue, nicht zurückwirkende Mitgliedschaftsrechte der Erwerber der neuen Aktien. So im Ergebnis auch Heidel/Terbrack3 22; aA MK/Oechsler 2 30; Becker in Bürgers/Körber 13; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 23; (jeweils ohne nähere Begründung).

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Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

den vorlegen (soweit sie dies nicht bereits nach der Aufforderung iSd Abs 2 S 1 getan haben)87. Die Auszahlung des Erlöses unterliegt nicht der Schranke des § 225 Abs 2 S 1, denn es handelt sich nicht um ehemaliges gebundenes Vermögen88. Steht der Gesellschaft ein Aufwendungsersatzanspruch zu, kann sie aufrechnen89. Ist ein Aktionär oder sein Aufenthalt unbekannt oder befindet er sich in Annahmever46 zug (§ 372 BGB), ist der Erlös oder der nach erklärter Aufrechnung (s 45) geminderte Betrag zu hinterlegen (Abs 3 S 6). Hierbei handelt es sich nicht nur um ein Recht, sondern um eine Pflicht des Vorstands, wie der eindeutige Wortlaut der Vorschrift („ist“) belegt90. Streitig ist, ob die Gesellschaft auf das Recht zur Rücknahme (§ 376 Abs 2 Nr 1 BGB) verzichten muss91. Da das Gesetz der AG nicht vorschreibt, die endgültige Erfüllungswirkung (§ 378 BGB) gegenüber anspruchsberechtigten Aktionären herbeizuführen, darf die AG abwarten, ob der Anspruch verjährt, und kann das Geld dann zurücknehmen. Die Verwertung wird durch ein zwischenzeitlich eröffnetes Insolvenzverfahren nicht 47 berührt. Der Insolvenzverwalter hat die Durchführung der Kapitalherabsetzung zu Ende zu führen92.

VIII. Ansprüche der Aktionäre 1. Anspruch auf Zusammenlegung

48

Ab dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kapitalherabsetzung (§ 224) haben die Aktionäre einen klagbaren Anspruch auf Zusammenlegung93, denn die Verkehrsfähigkeit der Aktien ist bis zur Durchführung der Kapitalherabsetzung beeinträchtigt. (Zur rechtlichen Stellung der Aktionäre zwischen Kapitalherabsetzung und Wirksamwerden s § 224, 9 ff). Dieser Anspruch korrespondiert mit der Pflicht des Vorstands zur unverzüglichen Durchführung der Kapitalherabsetzung (s o 12). 2. Anspruch auf Aktienurkunden und Erlös

49

Den Aktionären steht weiterhin ein Anspruch auf Aushändigung der berichtigten oder neuen Aktienurkunden (s o 35, 40) sowie auf Auszahlung des Erlöses aus nach Abs 3 verwerteten Aktien zu (s o 45). 3. Schadensersatzansprüche

50

Verletzt der Vorstand die Pflicht zur unverzüglichen Durchführung der Kapitalherabsetzung, hat er den Verzögerungsschaden, soweit es sich um einen Schaden des Aktionärs und nicht der Gesellschaft handelt, zu ersetzen (§§ 662 iVm §§ 280, 286 BGB)94. Verletzt der Vorstand die Pflicht zur schonenden Gestaltung der Zusammenlegung, stehen

87 88 89 90

MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 59; MK/Oechsler 2 30. MK/Oechsler 2 30; KK/Lutter 2 25. MK/Oechsler 2 30; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 59. MK/Oechsler2 30; Hüffer 9 16; KK/Lutter2 25.

91

92 93 94

So offenbar KK/Lutter 2 25; aA Baumbach/ Hueck13 8; MK/Oechsler 2 30; Hüffer 9 16; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 23; wohl auch MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 59. KK/Lutter 2 25; Hüffer 9 15. Hüffer 9 6; KK/Lutter 2 6; MK/Oechsler 2 7. Ebenso MK/Oechsler 2 7.

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Anmeldung der Durchführung

§ 227

den Aktionären Schadensersatzansprüche zu. Denn wie Abs 1 S 2 und Abs 3 S 1 zeigen, wird der Vorstand kraft Gesetzes „für Rechnung“ der Aktionäre tätig. Die Regeln des Auftragsrechts sind entsprechend anzuwenden95. Den Vorstand trifft damit eine Interessenwahrungspflicht, deren Verletzung Ansprüche aus §§ 662, 280 Abs 1 BGB begründet. Verletzt der Vorstand seine Pflicht zur unverzüglichen Verwertung der Aktien, schuldet er ebenfalls Schadensersatz (§§ 662 iVm §§ 280, 286 BGB) 96, wenn der Aktionär durch das Zuwarten einen Schaden erleidet (zB in Form eines Kursrückgangs). Die hM begreift Abs 3 zudem als Schutzgesetz iSd § 823 Abs 2 BGB97.

§ 227 Anmeldung der Durchführung (1) Der Vorstand hat die Durchführung der Herabsetzung des Grundkapitals zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. (2) Anmeldung und Eintragung der Durchführung der Herabsetzung des Grundkapitals können mit Anmeldung und Eintragung des Beschlusses über die Herabsetzung verbunden werden.

Übersicht Rn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . . . . . . II. Regelungszweck . . . . . . . . . . . . . III. Die Anmeldung der Durchführung (Abs 1) 1. Der Begriff der Durchführung . . . . 2. Anmeldepflichtige Personen und Anmeldezeitraum . . . . . . . . . . . .

Rn

1 2 3–7 3–5

3. Die Prüfung durch den Registerrichter IV. Die Verbindung gemäß Abs 2 . . . . . . V. Verbindung von Herabsetzung und Erhöhung des Grundkapitals . . . . . . . VI. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . .

7 8–9 10 11

6

Schrifttum Vgl die Schrifttumsnachweise Vor § 222 und bei § 223.

I. Gesetzesgeschichte Die Vorschrift weicht von § 180 AktG 1937 insofern ab, als der Vorsitzende des Auf- 1 sichtsrats oder dessen Stellvertreter bei der Anmeldung nicht mehr mitzuwirken brauchen1. Auf ihre Mitwirkung wurde verzichtet, weil die Eintragung der Durchführung nur deklaratorische Wirkung hat und der Anmeldung daher im Gegensatz zu § 223 (s o § 223, 2) eine geringere Bedeutung zukommt. Die Norm ist seit 1965 unverändert. Sie hat aber indirekt weit reichende Änderungen durch die Einführung des elektronischen Handelsregisters zum 1.1.2007 erfahren (vgl die Nachweise bei § 223, 1).

95 96 97

So auch KK/Lutter2 25; MK/Oechsler2 26 (in Bezug auf Abs 3). Hüffer 9 14. Hüffer 9 14; MK/Oechsler2 25.

(141)

1

Kropff AktG 1965, S 319. Zur Geschichte der Kapitalherabsetzung im Allgemeinen s Vor § 222, 73 ff.

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§ 227

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

II. Regelungszweck 2

Die Anmeldung der Durchführung der Kapitalherabsetzung schließt das Verfahren der Kapitalherabsetzung ab. Die Eintragung ins Handelsregister dient der Kundgabe dieses Abschlusses und hat lediglich deklaratorischen Charakter2. Denn die Kapitalherabsetzung wird bereits mit der Eintragung nach § 224 wirksam. Bei der Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung kommt lediglich das Verfahren nach § 226 hinzu. Auch bei diesem kommt es jedoch nicht auf eine Eintragung ins Register an; vielmehr sieht § 226 eigenständige Publizitätsvorgaben für eine Kraftloserklärung vor (s § 226, 21–24). Die praktische Bedeutung des § 227 ist daher gering.

III. Die Anmeldung der Durchführung (Abs 1) 1. Der Begriff der Durchführung Da das Grundkapital gemäß § 224 mit der Eintragung des Herabsetzungsbeschlusses herabgesetzt ist, können unter Durchführung der Kapitalherabsetzung nur die Rechtswirkungen und -handlungen verstanden werden, die Folgen der Kapitalherabsetzung sind und die der Eintragung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses zeitlich nachfolgen. Wann die Kapitalherabsetzung durchgeführt ist, hängt von der Art der Kapitalherabsetzung ab. (1) Handelt es sich um eine Gesellschaft mit Stückaktien, ist die Kapitalherabsetzung durchgeführt, sobald der Herabsetzungsbeschluss nach § 224 eingetragen und damit wirksam ist. Die Anmeldung und Eintragung nach §§ 223, 224 und nach § 227 können miteinander verbunden werden (zu Abs 2 s u 8 ff). (2) Gleiches gilt bei einer Gesellschaft mit Nennbetragsaktien, wenn sie eine Herabsetzung der Aktiennennbeträge beschlossen hat. Denn mit der Herabsetzung des Grundkapitals sind ipso iure auch die Nennwerte der einzelnen Aktien herabgesetzt und der Inhalt und Umfang des neuen Aktienrechts ist festgestellt. (3) Nur im Falle der Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Nennwertaktien sind weitere Durchführungsmaßnahmen notwendig. Denn mit dem Wirksamwerden des Herabsetzungsbeschlusses wird das Grundkapital zwar herabgesetzt, die Summe der Nennwerte der Aktien entspricht jedoch nicht mehr dem nun reduzierten Grundkapital. Dies muss durch eine Zusammenlegung der Anteilsrechte nach § 226 korrigiert werden (s § 226, 31 ff). Dazu wiederum bedarf es der Einreichung der nun unrichtigen Aktienurkunden oder deren Kraftloserklärung. Mit der anschließenden Entscheidung über die Zusammenlegung der Aktien (dh der Mitgliedschaften, nicht der Aktienurkunden) ist die Kapitalherabsetzung durchgeführt; die Kraftloserklärung allein reicht nicht3. Nicht mehr zur Durchführung zu rechnen sind dagegen die anschließende Berichti4 gung und Aushändigung der alten Aktienurkunden oder deren Austausch gegen neue Aktienurkunden4. Auch die Verwertung der Aktien (s § 226, 39 ff) und die Auszahlung des Erlöses an die Beteiligten gehören nicht zur Durchführung der Kapitalherabsetzung 5. Gleiches gilt für Maßnahmen zum Schutze der Gläubiger, insbesondere die Befriedigung oder Sicherstellung der Gläubiger und die Einhaltung des Sperrhalbjahres6. Der Vollzug

3

2 3 4

Hüffer 9 1; KK/Lutter 2 2. Godin/Wilhelmi 4 2; Hüffer 9 2; KK/Lutter 2 3; anders wohl KG KGJ 34 A 145, 148. KG KGJ 34 A 146, 148; KK/Lutter 2 4;

5 6

MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 63; anders noch Kralik DJ 1941, 245, 249. KK/Lutter 2 4; Hüffer 9 3. KK/Lutter 2 4.

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Anmeldung der Durchführung

§ 227

dieser Vorschriften ist zwar eine Pflicht der Gesellschaft. Die Ansprüche der Gläubiger auf Gläubigerschutz werden aber nicht dadurch berührt, dass die Gesellschaft die Zusammenlegung und damit die Kapitalherabsetzung durchführt, dies zum Handelsregister anmeldet und die Durchführung eingetragen wird. Deshalb kann auch ein Gläubiger nicht beim Registergericht der Eintragung der Durchführung mit der Begründung widersprechen, dass die Gläubigerschutzbestimmungen nicht durchgeführt seien. Die Gesellschaft muss auch nicht mit der Anmeldung und Eintragung bis zur Feststellung des nächsten Jahresabschlusses warten. In diesem ist die Kapitalherabsetzung zu berücksichtigen, indem nur das herabgesetzte Kapital auf der Passivseite eingetragen wird. Es handelt sich dabei aber nur um eine Folge des Wirksamwerdens, nicht um die Durchführung der Kapitalherabsetzung7. Von der Durchführung der Kapitalherabsetzung zu unterscheiden ist auch die Aus- 5 führung des eigentlichen Zweckes der Kapitalherabsetzung8. Ist Zweck der Kapitalherabsetzung die Beseitigung einer Unterbilanz oder die Vornahme von Abschreibungen oder die Bildung einer freien Rücklage, so sind lediglich die nötigen Buchungen auf den verschiedenen Konten vorzunehmen. Sie können sofort ausgeführt werden. Erfolgt die Kapitalherabsetzung zum Zwecke teilweiser Rückzahlung des Grundkapitals an die Aktionäre oder ihrer teilweisen Befreiung von der Einlagepflicht, so kann der Zweck der Kapitalherabsetzung erst ausgeführt werden, wenn die Gläubigerschutzmaßregeln durchgeführt sind und das Sperrhalbjahr abgelaufen ist (§ 225 Abs 2). Das Ausstehen dieser Ausführungsmaßnahmen hindert aber die Anmeldung und Eintragung der Durchführung der Kapitalherabsetzung nicht. 2. Anmeldepflichtige Personen und Anmeldezeitraum Der Vorstand ist in vertretungsberechtigter Zahl (§ 78) verpflichtet, die Anmeldung 6 im Namen der AG vorzunehmen. (Zur Form der Anmeldung vgl § 223, 11). Die Pflicht besteht, sobald die Kapitalherabsetzung durchgeführt ist. Eine besondere Frist für die Anmeldung bestimmt das Gesetz nicht. Eine unterlassene Anmeldung stellt zudem eine Pflichtwidrigkeit gegenüber der Gesellschaft dar, die einen Grund für eine Abberufung des Vorstands bilden kann. Die Mitglieder des Vorstandes und des Aufsichtsrats, wenn Letztere es an der nötigen Überwachung fehlen ließen, haften der Gesellschaft für den durch die Unterlassung der Anmeldung etwa entstandenen Schaden (§§ 93, 116)9. Ein Schaden ist freilich kaum denkbar. Denn sind die alten Aktien eingereicht, besteht kein besonderes Interesse an der Beschleunigung der Anmeldung. Gleiches gilt für den Fall der Kraftloserklärung. Dritte, auch die Gläubiger, können keinen unmittelbaren Schadensersatzanspruch aufgrund einer verzögerten Anmeldung geltend machen, da es sich bei § 227 nicht um ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs 2 BGB handelt10. Das einzige direkte Druckmittel steht somit dem Registerrichter zu, der den Vorstand durch Zwangsgelder zur Anmeldung anhalten kann (§ 14 HGB iVm § 407 Abs 1 HS 2)11. 3. Die Prüfung durch den Registerrichter Der Registerrichter prüft, ob die Kapitalherabsetzung durchgeführt wurde. Er hat 7 sich also zu vergewissern, ob die unter den Mindestnennbetrag herabgesetzten Aktien

7 8 9

KK/Lutter 2 4. KK/Lutter 2 4; Hüffer 9 3. Hüffer 9 5.

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10 11

Hüffer9 5. Godin/Wilhelmi 4 2; KK/Lutter 2 5; Kralik DJ 1941, 245, 248.

Rolf Sethe

§ 227

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

durch Zusammenlegung wieder den Vorgaben des § 8 Abs 2 entsprechen und ob die Summe der Nennbeträge der Ziffer des herabgesetzten Grundkapitals entspricht (§ 8 Abs 4)12. Hierbei reicht eine Plausibilitätsprüfung aus. Nur sofern Zweifel bestehen, hat der Vorstand alle zur Prüfung notwendigen Nachweise vorzulegen13. Dem Registerrichter steht dagegen nicht die Befugnis zu, die Einhaltung der Gläubigerschutzvorschriften zu prüfen. Sie haben mit der Durchführung nichts zu tun. Die Durchführung der Kapitalherabsetzung kann daher schon vor Ablauf des Sperrhalbjahres eingetragen werden14. Liegen die Eintragungsvoraussetzungen vor, trägt der Registerrichter gemäß § 43 Nr 6 lit a HRV ein15, dass die Kapitalherabsetzung durchgeführt ist, und gibt dies gemäß § 10 HGB bekannt (s o § 223, 24 ff).

IV. Die Verbindung gemäß Abs 2 8

Gemäß Abs 2 kann die Anmeldung der Durchführung der Kapitalherabsetzung nach § 227 mit der Anmeldung der Herabsetzung des Grundkapitals nach § 223 verbunden werden16. Dies hat den Vorteil der Kostenersparnis (s u 11). Die Verbindung beider Anmeldungen ist selbstverständlich nur möglich, wenn zur Zeit der Anmeldung die Kapitalherabsetzung auch bereits durchgeführt wurde. Daraus ergibt sich, dass – anders als der weite Wortlaut vermuten lässt – eine solche Verbindung der Anmeldungen nur bei der Kapitalherabsetzung durch Nennwertherabsetzung möglich ist. Bei Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung muss hingegen zunächst der Kapitalherabsetzungsbeschluss eingetragen werden, denn die nachfolgend notwendige Zusammenlegung und die ggf nötige Kraftloserklärung können nur erfolgen, wenn die Kapitalherabsetzung durch Eintragung (§ 224) wirksam geworden ist. Eine Verbindung beider Anmeldungen ist bei der Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung daher nicht möglich17. Ob die Verbindung beider Anmeldungen neben der Kostenersparnis (s u 11) weitere 9 Rechtsfolgen hat, ist streitig. Ein Teil des Schrifttums geht davon aus, dass die Verbindung dazu führt, dass nur ein Antrag vorliege. In Bezug auf die Voraussetzungen der Anmeldungen setze sich dann die jeweils strengere Vorschrift durch. Dies habe zur Folge, dass bei einer Verbindung der Anmeldung nach § 223 und § 227 auch der Vorsitzende des Aufsichtsrats mitwirken müsse18. In der Verbindung der Anmeldungen sei der konkludente Antrag auf gleichzeitige Eintragung zu sehen19; eines ausdrücklichen Antrags auf gleichzeitige Eintragung bedürfe es nicht. Die Gegenposition geht davon aus, dass es sich weiterhin um zwei getrennte Anträge handelt, wie auch der Wortlaut des Abs 2 zeige. Jeder Antrag müsse daher die für ihn geltenden Voraussetzungen, insbesondere die Anmeldeberechtigung und -verpflichtung, erfüllen 20. Ein Antrag auf gleichzeitige Eintra12 13 14

15

16

KG JW 1926, 2932; KK/Lutter 2 6. Hüffer 9 6. KG JW 26 2932; anders bei der GmbH, vgl § 58 Ziff 3 und 4 GmbHG und KG 34 A 172. Hüffer 9 7; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 7; aA K Schmidt/Lutter/Veil 2 5, der meint, auch in Spalte 3 müsse die Durchführung eingetragen werden. Weiterhin ist eine Verbindung mit der Anmeldung der Satzungsänderung gem § 181 möglich, s Vor § 222, 32 ff und Hüffer9 1; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 1.

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19 20

Unstr Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 4. Becker in Bürgers/Körber 7; Heidel/Terbrack3 9; KK/Lutter 2 7; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 62. KK/Lutter 2 7. Hüffer 9 8; MK/Oechsler 2 7; Schmidt/Lutter/ Veil 2 7; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 2. Inkonsequent dagegen Becker in Bürgers/Körber 7 und 9, der von getrennten Anträgen ausgeht, aber bei einer Verbindung auch für § 227 die Mitwirkung des Aufsichtsratsvorsitzenden fordert.

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Anmeldung der Durchführung

§ 227

gung müsse daher ausdrücklich gestellt werden21; diese letzte Konsequenz erscheint jedoch nicht nachvollziehbar, denn bei dem vergleichbaren Fall einer Verbindung von Kapitalherabsetzung und Kapitalerhöhung sehen die Anhänger dieser Ansicht im Stellen von drei Eintragungsanträgen einen konkludenten Antrag auf gleichzeitige Eintragung22. Im Ergebnis kommt es hierauf jedoch nicht an, denn der Streit dürfte keine nennenswerten praktischen Auswirkungen haben. Beide Ansichten fordern die Einhaltung der jeweiligen Anmeldungsvoraussetzungen, die eine, indem sie auf getrennten Anträgen besteht, die andere, indem sich das jeweils strengere Recht durchsetzt. Beide Ansichten gehen davon aus, dass der Vorteil der Kostenersparnis bei Verbindung beider Anmeldungen erhalten bleibt. In der Praxis behandelt der Registerrichter beide Anmeldungen regelmäßig schon aus Zweckmäßigkeitserwägungen heraus zusammen und wird, wenn die Voraussetzungen vorliegen, stets beide Eintragungen vornehmen. Unterschiede können sich nur dann ergeben, wenn die Voraussetzungen einer Anmeldung fehlen. Fehlen die Voraussetzungen der Anmeldung nach § 223 kann der Registerrichter die Eintragung nach § 227 ohnehin nicht vornehmen, da die eine Anmeldung die andere voraussetzt. Der Registerrichter wird in diesem Fall zunächst keine der beiden Eintragungen vornehmen, bis die Voraussetzungen des § 223 erfüllt sind. Dann aber wird er beide Vorgänge eintragen. Unterschiede ergeben sich daher nur für den Fall, dass die Anmeldung nach § 227 unvollständig sein sollte, was höchst unwahrscheinlich ist, denn diese Norm stellt gerade geringe Anforderungen auf als § 223.

V. Verbindung von Herabsetzung und Erhöhung des Grundkapitals Wird das Grundkapital gleichzeitig herabgesetzt und wieder erhöht, so muss (1) die 10 Eintragung des Herabsetzungsbeschlusses, (2) die Eintragung des Erhöhungsbeschlusses und (3) die Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung gleichzeitig erfolgen, damit die Eintragungen den gefassten Beschlüssen und ihrem Zwecke entsprechen. Die Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung ist notwendig, weil die Kapitalerhöhung, anders als die Kapitalherabsetzung, nicht schon mit der Eintragung des Beschlusses, sondern erst mit der Eintragung der Durchführung der Erhöhung wirksam wird (§ 189). Nur die lediglich deklaratorisch wirkende Eintragung der Durchführung der Kapitalherabsetzung und folglich auch deren Anmeldung können später erfolgen. Die Anmeldung der Vorgänge muss demnach so erfolgen, dass der Kapitalherabsetzungsbeschluss (§ 224), der Kapitalerhöhungsbeschluss (§ 184) und die Durchführung der Kapitalerhöhung (§ 189) gleichzeitig eingetragen werden können. Zweckmäßigerweise werden die Anmeldungen deshalb erst nach der Durchführung der Kapitalerhöhung vorgenommen. Sind beide Beschlüsse gleichzeitig gefasst, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der eine Beschluss nicht ohne den anderen bestehen soll. Dann hat der Registerrichter beide Beschlüsse und die Anmeldung der Durchführung der Kapitalerhöhung gleichzeitig einzutragen23. Ausdrücklich vorgeschrieben ist dies allerdings nur, wenn durch einen Beschluss das Grundkapital unter den Mindestnennbetrag herabgesetzt und dieser durch eine gleichzeitig beschlossene Kapitalerhöhung wieder erhöht wird (§ 228 Abs 1, Abs 2 S 3). Aber auch in anderen Fällen erscheint es jedenfalls zweckmäßig, in dieser Weise zu verfahren. Würde zunächst nur der Kapitalherabsetzungs- oder der Kapital-

21 22

Hüffer 9 8; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 2. Hüffer 9 9; Becker in Bürgers/Körber 10; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 8.

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23

KG JW 1930, 2718 (zur GmbH); Baumbach/ Hueck13 4; Hüffer 9 9; KK/Lutter 2 8.

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§ 228

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

erhöhungsbeschluss mit oder ohne Durchführung der Erhöhung eingetragen, so würden die Eintragungen in das Handelsregister vorübergehend Anlass zu einer irrtümlichen Auffassung über die Kapitalverhältnisse der Gesellschaft geben.

VI. Kosten 11

Die Eintragung in das Handelsregister ist kostenpflichtig (§ 79 Abs 1 KostO). Die Gebühr wird jedoch nicht nach dem Geschäftswert (§ 41a Abs 1 Nr 4 lit b KostO), sondern nach dem Aufwand erhoben. Sie bestimmt sich nach Ziff 2400 der nach § 79a KostO erlassenen Handelsregistergebührenverordnung24. Zwar erwähnt diese ausdrücklich nur die Durchführung der Kapitalerhöhung, doch wird man sie entsprechend auf die Durchführung der Kapitalherabsetzung anwenden müssen25. Werden die Eintragung nach § 224 und die nach § 227 verbunden, fällt die Gebühr nur einmal an26.

§ 228 Herabsetzung unter den Mindestnennbetrag (1) Das Grundkapital kann unter den in § 7 bestimmten Mindestnennbetrag herabgesetzt werden, wenn dieser durch eine Kapitalerhöhung wieder erreicht wird, die zugleich mit der Kapitalherabsetzung beschlossen ist und bei der Sacheinlagen nicht festgesetzt sind. (2) 1Die Beschlüsse sind nichtig, wenn sie und die Durchführung der Erhöhung nicht binnen sechs Monaten nach der Beschlußfassung in das Handelsregister eingetragen worden sind. 2Der Lauf der Frist ist gehemmt, solange eine Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage rechtshängig ist. 3Die Beschlüsse und die Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals sollen nur zusammen in das Handelsregister eingetragen werden.

Übersicht Rn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . . . . II. Zweck und Reichweite der Vorschrift 1. Zweck der Kapitalerhaltung . . . 2. Zulässige Ziele . . . . . . . . . . 3. Zwingender Charakter der Norm . III. Die Voraussetzungen der Ausnahme . 1. Formelle Voraussetzungen . . . . a) Beschlüsse einer Hauptversammlung . . . . . . . . . . . . . . b) Herabsetzung auf Null . . . . c) Höhe des neuen Grundkapitals d) Nur Geldeinlagen . . . . . . .

24

. . . . . . .

. 1–2 . 3–5 . 3 . 4 . 5 . 6–15 . 6–10

. . . .

. . . .

6 7 8 9

Verordnung über Gebühren in Handels-, Partnerschafts- und Genossenschaftsregistersachen (Handelsregistergebührenverordnung – HRegGebV) v 30.9.2004, BGBl I 2562,

Rn e) Kein bedingtes oder genehmigtes Kapital . . . . . . . . . . . . 2. Materielle Erfordernisse . . . . . 3. Folgen eines Verstoßes . . . . . . 4. Kapitalmarktrechtliche Folgen . . IV. Die Frist für die Eintragung (Abs 2 S 1) 1. Die Bedeutung der Frist . . . . . . 2. Fristbeginn und Fristende . . . . . 3. Hemmung der Frist (Abs 2 S 2) . . 4. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . V. Die Eintragung (Abs 2 S 3) . . . . . . VI. Geltung der allgemeinen Vorschriften

25 26

. 10 . 11–12 . 13–14 . 15 16–22 . 16–17 . 18 . 19 . 20–22 . 23–24 . 25–26

zuletzt geändert durch Art 1 der Verordnung v 29.11.2010, BGBl I 1731. Becker in Bürgers/Körber 8; Hüffer 9 10. Hüffer 9 10.

Stand: 31.12.2010

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Herabsetzung unter den Mindestnennbetrag

§ 228

Schrifttum Hommelhoff Zum vorläufigen Bestand fehlerhafter Strukturänderungen in Kapitalgesellschaften, ZHR 158 (1994), 11; Lutter/Hommelhoff/Timm Finanzierungsmaßnahmen zur Krisenabwehr in der Aktiengesellschaft, BB 1980, 737; Pleister/Kindler Kapitalmaßnahmen in der Insolvenz börsennotierter Gesellschaften, ZIP 2010, 503; Priester „Squeeze out“ durch Herabsetzung des Stammkapitals auf Null?, DNotZ 2003, 592; Reger/Stenzel Der Kapitalschnitt auf Null als Mittel zur Sanierung von Unternehmen – Gesellschaftsrechtliche, börsenzulassungsrechtliche und kapitalmarktrechtliche Konsequenzen, NZG 2009, 1210; K Schmidt Die sanierende Kapitalerhöhung im Recht der Aktiengesellschaft, GmbH und Personengesellschaft, ZGR 1982, 519; Sethe Kapitalmarktrechtliche Konsequenzen einer Kapitalherabsetzung, ZIP 2010, 1825; Terbrack Kapitalherabsetzende Maßnahmen bei Aktiengesellschaften, RNotZ 2003, 89. Vgl auch die Schrifttumsnachweise Vor § 222.

I. Gesetzesgeschichte Die Vorschrift entspricht mit geringen sprachlichen Änderungen § 181 AktG 19371. 1 Nach den §§ 288–291 HGB von 1897 war es zweifelhaft, ob eine Kapitalherabsetzung unter den gesetzlichen Mindestnennbetrag zulässig war, wenn gleichzeitig das Kapital wieder so weit erhöht wurde, dass der Mindestnennbetrag wieder erreicht war2. Für die Kapitalherabsetzung in erleichterter Form ließ § 8 der Ersten DurchführungsVO3 sie ausdrücklich zu. § 181 AktG 1937 sprach dann die Zulässigkeit auch für die ordentliche Kapitalherabsetzung aus. Kraft Verweises gilt sie seitdem auch für die vereinfachte Kapitalherabsetzung und für die Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien (§§ 229 Abs 3, 237 Abs 2 S 1). Mit dem ARUG änderte der Gesetzgeber Abs 2 S 2, indem er die Worte „oder eine 2 zur Kapitalherabsetzung oder Kapitalerhöhung beantragte staatliche Genehmigung noch nicht erteilt ist“ strich4. Es handelt sich um eine Folgeänderung zum MoMiG. Mit diesem Gesetz wollte der Gesetzgeber Kapitalmaßnahmen sowohl bei der GmbH wie bei der AG beschleunigen und strich deshalb das in § 37 Abs 4 Nr 5 AktG enthaltene Erfordernis, evtl notwendige staatliche Genehmigungen von Kapitalmaßnahmen nachzuweisen5. Eine Anpassung der übrigen aktienrechtlichen Bestimmungen, die die Vorlage einer staatlichen Genehmigung vorsahen (§ 181 Abs 1 S 3) oder als Tatbestandsmerkmal enthielten (ua § 228 Abs 2 S 2, 234 Abs 3 S 2), vergaß man. Der Bundesrat und ihm folgend der Rechtsausschuss beseitigten dieses Versäumnis mit dem ARUG 6 (zu den übrigen Rechtsfolgen dieser Änderung s § 222, 65).

1

2 3

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Kropff AktG 1965, S 319 f. Zur Geschichte der Kapitalherabsetzung im Allgemeinen s Vor § 222, 73 ff. Für die Zulässigkeit KG JW 1932, 1018 (LS). Erste DurchfVO v 18.2.1932, RGBl I 75, zur VO v 6.10.1931, RGBl I 556; dazu generell Vor § 222, 78 ff. Art 1 Nr 34b des Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrichtlinie (ARUG) v 30.7.2009, BGBl I 2479.

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Art 5 Nr 3 lit c des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) v 23.10.2008, BGBl I 2026. Stellungnahme des Bundesrats zum RegE ARUG, BR-Drucks 847/1/08, S 10 f; Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses zum ARUG, BT-Drucks 16/13098, S 27 f, 59.

Rolf Sethe

§ 228

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

II. Zweck und Reichweite der Vorschrift 1. Zweck der Kapitalerhaltung

3

Die Vorschrift, deren Regelung auf Art 34 S 2 Kapitalrichtlinie beruht (s Vor § 222, 97), dient der Kapitalerhaltung. Da die Aktionäre den Gläubigern nicht persönlich haften (§ 1 Abs 1 S 2), schreibt das Gesetz den Erhalt eines Mindestvermögens vor. Bei einer Kapitalherabsetzung darf daher das vorgeschriebene Mindestgrundkapital von 50.000 € bei AG und KGaA (§ 7) nicht unterschritten werden, es sei denn, es wird durch eine gleichzeitige Kapitalerhöhung wieder aufgefüllt. Denn in diesem Fall liegt keine Gefährdung der Gläubigerinteressen vor7. § 228 stellt also eine Ausnahme zu § 7 dar. Der Ausnahmecharakter wird durch die engen Verfahrensvorgaben in Abs 2 unterstrichen, der längerfristiges Unterschreiten des Mindestkapitals verhindern soll8. Aus dieser Vorschrift ergibt sich zudem, dass eine Gesellschaft verhindert werden soll, die keine Mitglieder mehr hat, da die Kapitalherabsetzung auf Null zum Erlöschen der bisherigen Mitgliedschaft führt (s u 23). Die Vorschrift gilt gemäß Art 5 SE-VO auch für die SE, so dass das Mindestgrundkapital unter die Mindestgrenze von 120.000 € (Art 4 Abs 2 SE-VO) herabgesetzt werden darf, wenn zugleich eine § 228 entsprechende Kapitalerhöhung beschlossen wird9. 2. Zulässige Ziele

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Durch die Zulassung der Kapitalherabsetzung bei gleichzeitiger Wiedererhöhung des Grundkapitals sollte nach Ansicht des Aktienrechtsgesetzgebers 1937 die Sanierung notleidender Aktiengesellschaften gefördert werden10. Nach ihrem Wortlaut gilt die Vorschrift aber auch, wenn die Kapitalherabsetzung nicht zum Zwecke der Sanierung, sondern mit einem anderen Ziel erfolgt, etwa um den bisherigen Aktionären einen Teil des Grundkapitals zurückzuzahlen oder sie von ihren Einlagepflichten zu befreien und andere Aktionäre mit neuen Einlagen in die Gesellschaft aufzunehmen. Ein Grund, das Gesetz im Sinne der amtlichen Begründung über seinen Wortlaut hinaus einzuschränken und die Kapitalherabsetzung unter den Mindestnennbetrag nur zum Zwecke der Sanierung zuzulassen, ist nicht ersichtlich11. Die mit der Norm angestrebte Kapitalerhaltung wird nicht dadurch beeinträchtigt, dass die Gesellschaft mit der Kapitalherabsetzung ein anderes Ziel als die Sanierung verfolgt. Allerdings wird bei einer Kapitalrückzahlung zunächst der Gesellschaft Kapital entzogen, aber es wird durch eine gleichzeitige Kapitalerhöhung der Gesellschaft auch wieder Kapital zugeführt. Der etwaigen Gefährdung der Gläubiger, die durch eine Kapitalrückzahlung (oder eine Befreiung von Aktionären von der Einlagepflicht) eintreten könnte, wird durch die Gläubigerschutzvorschriften (§ 225), die auch hier gelten, vorgebeugt. Freilich wird auch durch die Kapitalrückzahlung nach Erfüllung der Schutzvorschriften der Gesellschaft Kapital entzogen, während die Bareinzahlungen auf das neue Kapital nicht alsbald in vollem Umfange, sondern nur in Höhe der vorgeschriebenen Teilzahlungen (ein Viertel des Nennbetrages und das etwaige Aufgeld) geleistet werden müssen (§§ 188 Abs 2 S 1 iVm §§ 36 Abs 2, 36a Abs 1, 37 Abs 1).

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KK/Lutter 2 2. Hüffer 9 1. Mayer in Manz/Mayer/Schröder Europäische Aktiengesellschaft2, Art 5 SE-VO, 72; MK/Oechsler 2 Art 5, 34.

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Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger v 4.2.1937, Nr 28, 1. Beilage, S 4. Im Ergebnis ebenso KK/Lutter 2 2; Hüffer 9 1.

Stand: 31.12.2010

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Herabsetzung unter den Mindestnennbetrag

§ 228

Aber wenn der Gesetzgeber dies für ausreichend hielt und die sich meldenden Gläubiger geschützt sind, besteht kein Anlass, § 228 im Falle der Kapitalrückzahlung nicht für anwendbar zu halten. 3. Zwingender Charakter der Norm Die Kapitalherabsetzung unter den Mindestbetrag des Grundkapitals ist nur zulässig, 5 wenn Kapitalherabsetzung und Kapitalerhöhung gleichzeitig beschlossen werden. Die Vorschrift ist, genau wie § 7 bzw Art 4 Abs 2 SE-VO, zwingend.

III. Die Voraussetzungen der Ausnahme 1. Formelle Voraussetzungen a) Beschlüsse einer Hauptversammlung. Das Tatbestandsmerkmal „zugleich“ ver- 6 deutlicht, dass in einer Hauptversammlung – wenn auch in zwei gesonderten Beschlüssen – die Kapitalherabsetzung und die Kapitalerhöhung beschlossen werden müssen. Der Gesetzgeber will dadurch erreichen, dass die Beschlüsse auf einem einheitlichen Finanzierungskonzept beruhen12. Dem Erfordernis der Gleichzeitigkeit ist nicht genügt, wenn die Beschlüsse in verschiedenen Hauptversammlungen getroffen werden. Für diese Auslegung spricht auch Abs 2 S 1 und 3, wo jeweils von „die Beschlüsse“ die Rede ist. Ist zuerst die Herabsetzung und erst in einer späteren Hauptversammlung die erforderliche Erhöhung beschlossen worden, sind beide Beschlüsse nach § 139 BGB nichtig (s u 13), denn die Kapitalerhöhung trifft auf eine zuvor erfolgte nichtige Kapitalherabsetzung (§ 241 Nr 3)13. Es hilft nur eine Neuvornahme beider Beschlüsse in einer Hauptversammlung14. Das Tatbestandsmerkmal der Gleichzeitigkeit betrifft nur die Beschlüsse selbst, nicht aber deren Wirksamwerden15. b) Herabsetzung auf Null. Fraglich ist, ob § 228 nur eine Ausnahme zu § 7 oder 7 auch eine solche zu § 1 Abs 2 darstellt. Im ersten Fall müsste auch nach der Herabsetzung unter den Mindestnennbetrag ein Aktienkapital im Umfang von wenigstens einer Aktie16 übrig bleiben, so dass die Herabsetzung allenfalls bis auf den Betrag von einem Euro möglich wäre17. Dies wird heute zu Recht als bloßer Formalismus begriffen, der die Kapitalherabsetzung nur unnötig erschwert, denn die Kapitalherabsetzung bewirkt das Entstehen von Teilrechten an der Aktie, die zugunsten aller Aktionäre verwertet werden müssten. Dies ist abzulehnen. Das Grundkapital kann daher bis auf Null herabgesetzt werden18, zumal den Aktionären das Bezugsrecht verbleibt, das ihnen eine weitere Beteiligung an der AG ermöglicht.

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MK/Oechsler 2 4. Ebenso Godin-Wilhelmi 4 4; KK/Lutter 2 3; Hüffer9 4. Schlegelberger/Quassowski3 § 181, 2; Godin/Wilhelmi 4 2; Baumbach/Hueck13 73; KK/Lutter 2 3. KK/Lutter 2 3. Hüffer9 § 1, 13. So wohl Wiedemann Voraufl § 262, 49, wobei dem Streit damals eine etwas größere

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Bedeutung zukam, da der Mindestnennbetrag 50 DM betrug. BGHZ 119, 305, 319 f = NJW 1993, 57, 60 „Klöckner“; BGHZ 142, 167, 169 f = NJW 1999, 3197 „Hilgers“ mit zust Anm Hirte WuB II A § 229 AktG 1.00; LG Koblenz AG 1996, 282; Becker in Bürgers/Körber 1; Hüffer9 2; KK/Lutter 2 4; Krieger ZGR 2000, 885, 897 f; MK/Oechsler 2 3; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 3; K Schmidt/Lutter/Veil 2 2.

Rolf Sethe

§ 228

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

8

c) Höhe des neuen Grundkapitals. Die gleichzeitig beschlossene Kapitalerhöhung muss so groß sein, dass durch sie der gesetzliche Mindestnennbetrag wieder erreicht wird. Es ist nicht nötig, dass das Kapital wieder bis zur früheren Grundkapitalziffer aufgefüllt wird, sollte dies höher als das Mindestgrundkapital gewesen sein19. Für Gesellschaften, die ihr Grundkapital noch nicht auf Euro umgestellt haben, ist die Sonderregelung des § 3 Abs 5 EGAktG zu beachten.

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d) Nur Geldeinlagen. Zulässig ist die Kapitalherabsetzung unter den Mindestnennbetrag nur, wenn bei der gleichzeitig beschlossenen Kapitalerhöhung eine Sacheinlage nicht bedungen ist, die Kapitalerhöhung also durch Geldeinlagen erfolgt. Der Ausgleich durch neue Kapitaleinlagen soll nur in einer Weise geschehen, bei der keine Gefahr einer Überbewertung besteht, wie sie bei jeder Sacheinlage möglich und auch durch eine Prüfung durch besondere Prüfer nicht ganz ausgeschlossen ist. Eine Sacheinlage liegt insbesondere vor, wenn Gläubiger ihre Forderungen gegen die Gesellschaft einbringen und dafür neue Aktien erhalten. Diese Art der Sanierung ist nicht möglich, wenn zunächst das Grundkapital unter den Mindestnennbetrag herabgesetzt werden soll. Zweifelhaft kann sein, ob eine Sacheinlage nicht neben einer Geldeinlage zulässig ist, wenn Letztere allein genügt, den Mindestnennbetrag des Grundkapitals wieder zu erreichen. Da der Zweck der Vorschrift in der Wiederauffüllung des Grundkapitals auf den Mindestnennbetrag durch Geldeinlagen besteht, müssen – soweit das Mindestgrundkapital durch Bareinlagen aufgefüllt wird – darüber hinaus auch Sacheinlagen zulässig sein 20.

10

e) Kein bedingtes oder genehmigtes Kapital. Der Ausgleich für eine ordentliche oder eine vereinfachte Kapitalherabsetzung unter den Betrag des Mindestgrundkapitals kann nur durch eine unbedingte und unbefristete Kapitalerhöhung stattfinden. Er kann deshalb nur durch eine Kapitalerhöhung gegen Einlagen (§ 182) geschaffen werden. Nicht zulässig sind dagegen eine bedingte Kapitalerhöhung (§ 192), eine Kapitalerhöhung im Wege des genehmigten Kapitals (§ 202) oder aus Gesellschaftsmitteln (§ 207) 21. Denn sie bieten keine Gewähr dafür, dass das Grundkapital nicht wenigstens vorübergehend unter den Mindestnennbetrag herabsinkt. Dass diese Formen der Kapitalerhöhung unzulässig sind, wird auch durch den Wortlaut von Abs 2 S 1 gestützt, der von der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung spricht. Eine solche gibt es beim genehmigten Kapital und der bedingten Kapitalerhöhung nicht. 2. Materielle Erfordernisse

11

Der Beschluss über die Kapitalherabsetzung bedarf keiner sachlichen Rechtfertigung (s § 222, 27 ff mwN). Für die Kapitalerhöhung gelten die allgemeinen Regeln, so dass insbesondere die Vorgaben zur sachlichen Rechtfertigung eines Ausschlusses des Bezugsrechts der bisherigen Aktionäre zu beachten sind. Die bisherigen Aktionäre haben daher die Möglichkeit, sich an den Chancen und Risiken einer Sanierung zu beteiligen. Ein Bezugsrechtsausschluss nach einer Kapitalherabsetzung auf Null stellt jedoch den denkbar schwersten Eingriff in die Mitgliedschaft dar, denn im Gegensatz zur „normalen“ Kapitalherabsetzung verbleiben den aus ihrer Mitgliedschaft verdrängten Aktionären bei der Kapitalherabsetzung auf Null nicht einmal mehr Aktienspitzen, die für ihre Rechnung verwertet werden könnten. Es handelt sich der Sache nach also um einen entschädi-

19 20

Hüffer 9 2; KK/Lutter 2 5. Baumbach/Hueck13 2; Hüffer 9 3; KK/Lutter 2 7; MK/Oechsler 2 7.

21

Godin/Wilhelmi 4 2; KK/Lutter 2 8; MK/Oechsler 2 8.

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Herabsetzung unter den Mindestnennbetrag

§ 228

gungslosen Ausschluss aus der Gesellschaft22. Ein völliger Ausschluss des Bezugsrechts kann daher nur unter besonderen Umständen in Frage kommen, nämlich wenn das Unternehmen zur langfristigen Gesundung zwingend und ohne Alternative auf die Hilfe eines starken Partners angewiesen ist, dem eine Beteiligung am Unternehmen wichtig ist, und feststeht, dass die Aktien der Aktionäre ohne Sanierung mit Bezugsrechtsausschluss ohnehin wertlos wären23. Sind diese Kriterien nicht erfüllt, muss zum Schutze der bisherigen Kleinaktionäre zumindest ein teilweises Bezugsrecht vorgesehen werden. Die neuen Aktien müssen zum Mindestnennbetrag emittiert werden, um das Entste- 12 hen unverhältnismäßig großer Spitzen zu verhindern und möglichst vielen Altaktionären die Chance zu geben, ihr Bezugsrecht zu nutzen24. Diese Verpflichtung beruht auf demselben Gedanken, der auch der Subsidiarität der Zusammenlegung nach § 222 Abs 4 S 2 zugrunde liegt25. Um die Beteiligungsquote der Altaktionäre möglichst weitgehend zu erhalten, muss das Entstehen von Aktienspitzen nach Möglichkeit vermieden werden. Die Verpflichtung der Gesellschaft reicht jedoch nicht soweit, dass sie zu diesem Zwecke nun auf Stückaktien umstellen müsste26. Der Bundesgerichtshof hatte bislang nicht über die Frage zu entscheiden, ob der Kapitalerhöhungsbetrag so bemessen sein muss, dass alle Altaktionäre eine realistische Chance haben, sich wieder an der AG zu beteiligen. Dies wird man bejahen und der Gesellschaft die Darlegung sachlicher Gründe auferlegen müssen, wenn sie hinter diesem Betrag zurück bleibt27 (zu den Rechtsfolgen eines fehlerhaften Bezugsrechtsausschlusses s 14). 3. Folgen eines Verstoßes Beschlüsse, die gegen die Vorschriften des Abs 1 verstoßen, sind nichtig und nicht nur 13 anfechtbar. Denn sie verletzen Vorschriften, die im öffentlichen Interesse gegeben sind (§ 241 Nr 3)28. Die Nichtigkeit des Kapitalherabsetzungsbeschlusses hat auch die Nichtigkeit des Kapitalerhöhungsbeschlusses zur Folge (§ 139 BGB)29. Der Gesetzgeber wollte, wie das Merkmal „zugleich“ verdeutlicht, gerade erreichen, dass beide Beschlüsse auf einem einheitlichen Finanzierungskonzept beruhen, so dass sie einander inhaltlich bedingen30. Beide Beschlüsse sind daher stets aufeinander bezogen, selbst wenn dies nicht ausdrücklich im Beschlusswortlaut zum Ausdruck kommt31. Zudem belegt Abs 2 S 1, dass die Nichtigkeit auch die Kapitalerhöhung erfasst, denn die Eintragung der Kapitalerhöhung setzt eine wirksame Kapitalherabsetzung voraus32. Der Registerrichter darf die

22 23

24

25

Ebenso Krieger ZGR 2000, 885, 900; Priester DNotZ 2003, 592, 595 f. LG Heidelberg AG 1989, 447; 448; Krieger ZGR 2000, 885, 896; KK/Lutter 2 12; MK/Oechsler 2 5; Priester DNotZ 2003, 592, 598; größzügiger Hüffer 9 § 186, 31 mwN. BGHZ 142, 167, 170 = NJW 1999, 3197 f „Hilgers“ mit zust Anm Hirte WuB II A § 229 AktG 1.0; LG Koblenz AG 1996, 282; MK/Oechsler 2 5; zum faktischen Bezugsrechtsausschluss Hüffer9 § 186, 43; Krieger ZGR 2000, 885, 894, 902. Krieger ZGR 2000, 885, 903 f; aA BGHZ 142, 167, 170 = NJW 1999, 3197 f „Hilgers“, der dieses Ergebnis auf die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht stützt.

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26 27 28 29

30 31

32

Krieger ZGR 2000, 885, 905. Krieger ZGR 2000, 885, 906. MK/Oechsler 2 9. KG JW 1930, 2718 f; JW 1932, 1018 f; Hüffer 9 4; KK/Lutter 2 13; K Schmidt/Lutter/ Veil 2 3; aA MK/Oechsler 2 9, Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 7. Dies erkennt MK/Oechsler 2 4, verneint aber dennoch § 139 BGB aaO 9. Dies verkennt Becker in Bürgers/Körber 5, der für die Anwendung des § 139 BGB gerade die ausdrückliche Bezugnahme verlangt. Hüffer 9 4; KK/Lutter 2 13.

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§ 228

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

nichtigen Beschlüsse nicht eintragen. Tut er dies trotzdem, ist eine Heilung der Nichtigkeit nach § 242 Abs 2 möglich; die Nichtigkeit kann nicht mehr geltend gemacht werden, wenn die Beschlüsse in das Handelsregister eingetragen und seitdem drei Jahre verflossen sind. Mit der Heilung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses wird auch der Beschluss über die Kapitalerhöhung geheilt33. Eine Löschung der Beschlüsse kann vor Ablauf der Dreijahresfrist (aber in seltenen Ausnahmefällen auch danach34) nur noch von Amts wegen durch das Registergericht angeordnet werden (§ 242 Abs 2 S 3). Schließt die Gesellschaft fehlerhaft das Bezugsrecht aus, führt dies bei einer (isolier14 ten) Kapitalerhöhung zur bloßen Anfechtbarkeit des Hauptversammlungsbeschlusses35. Fraglich ist, ob dies auch für den Fall der Wiederauffüllung des Kapitals nach § 228 gelten kann. Denn ohne Bezugsrecht werden die Altaktionäre faktisch aus der Gesellschaft ausgeschlossen, so dass es sich nicht nur um eine Verwässerung der Mitgliedschaft, sondern um einen Eingriff in den Kernbereich der Mitgliedschaft und deren Totalverlust handelt. Deshalb geht eine neuere Ansicht davon aus, dass ein solcher Beschluss nicht nur anfechtbar, sondern unwirksam ist und deshalb auch nicht eingetragen werden dürfe36. Dem ist zu Recht entgegengehalten worden, dass sich die Interessenlage des ausgeschlossenen Aktionärs nicht wesentlich von der eines Aktionärs bei einer gewöhnlichen Kapitalerhöhung mit Bezugsrechtsausschluss unterscheide und es daher bei der Anfechtungsklage bleiben muss37. 4. Kapitalmarktrechtliche Folgen

15

Setzt die Gesellschaft ihr Kapital herab und erhöht es anschließend wieder, ist der Emittent verpflichtet, für die neuen Aktien gem § 69 BörsZulV eine Zulassung zu beantragen; der Vorgang löst grundsätzlich eine Prospektpflicht aus (s Vor § 222, 54, 62). Handelt es sich um einen Kapitalschnitt, also eine Kapitalherabsetzung auf Null mit anschließender Kapitalerhöhung, greift § 69 BörsZulV nicht ein, da durch die Herabsetzung auf Null die Börsenzulassung der alten Aktien erlischt und es der Gesellschaft frei steht, ob sie für die neuen Aktien eine Zulassung beantragt (s Vor § 222, 54, 62).

IV. Die Frist für die Eintragung (Abs 2 S 1) 1. Die Bedeutung der Frist

16

Die Beschlüsse sind nichtig, wenn sie und die Durchführung der Erhöhung nicht binnen sechs Monaten nach der Beschlussfassung in das Handelsregister eingetragen worden sind (Abs 2 S 1). Die rechtzeitige Eintragung ist Wirksamkeitsvoraussetzung, so dass die gesetzliche Terminologie unscharf ist. Dogmatisch handelt es sich nicht um einen Fall der Nichtigkeit, sondern bis zum Ablauf der Frist um einen Fall der schwebenden Unwirksamkeit, danach um einen solchen der endgültigen Unwirksamkeit38. Da der Gesetzgeber die sog Nichtigkeit erst mit Fristablauf eintreten lässt, misst er ihr ex nunc33 34 35 36 37 38

Hüffer 9 4. Casper S 149 ff, 233 ff; zu eng daher die Formulierung von KK/Lutter 2 13; Hüffer 9 4. Statt vieler Hüffer 9 § 186, 42. Priester DNotZ 2003, 592, 599 ff. BGH NZG 2005, 551, 553. Hüffer9 5, § 241, 7; MK/Hüffer 2 § 241, 17,

24; KK/Zöllner1 § 241, 14; MK/Oechsler 2 § 234, 17; andere Terminologie bei K Schmidt § 241, 16, 109, der zunächst Unwirksamkeit und mit Fristablauf Nichtigkeit annimmt. Grundlegend aA Baums ZHR 142 (1978) 582 ff.

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Herabsetzung unter den Mindestnennbetrag

§ 228

Wirkung zu, so dass die Rechtsfolge der der endgültigen Unwirksamkeit entspricht39. Letztere könnte nur im Wege der allgemeinen Feststellungsklage geltend gemacht werden, welche nur Wirkung inter partes entfaltet. Demgegenüber sind mit der Nichtigkeitsklage nach § 249 die weitreichenderen Urteilswirkungen des §§ 249 Abs 1 S 1, 248 Abs 1 S 1 verbunden, so dass die gesetzliche Einordnung des § 228 Abs 2 als Fall der Nichtigkeit sich unter diesem Aspekt als sinnvoll erweist, da auf diese Weise § 249 Anwendung findet40. Im Folgenden wird daher der Begriff der Nichtigkeit verwendet. Typischerweise schreibt das Gesetz keine Frist vor, in der die Kapitalherabsetzungs- 17 und Kapitalerhöhungsbeschlüsse oder die Durchführung derselben ins Handelsregister einzutragen sind. Demgegenüber sieht die Vorschrift des Abs 2 S 1 ausnahmsweise die Nichtigkeit vor, wenn die Beschlüsse nicht innerhalb der Frist eingetragen wurden. Damit will sie sicherstellen, dass der gegen § 7 verstoßende Zustand rasch beseitigt wird. Diesem Zweck dient auch die Vorgabe des Abs 2 S 3, wonach die Beschlüsse gleichzeitig eingetragen werden sollen. Diese Vorschrift soll gewährleisten, dass die Kapitalherabsetzung und die Kapitalerhöhung gleichzeitig wirksam werden, um zu verhindern, dass – auch nicht vorübergehend – das Grundkapital unter den Mindestnennbetrag sinkt 41 und keine Gesellschaft ohne Mitgliedschaften entsteht (s u 23). 2. Fristbeginn und Fristende Die Frist ist eine Ausschlussfrist. Sie beginnt mit der Fassung der Beschlüsse, wenn die 18 Hauptversammlung länger als einen Tag dauert und sie an verschiedenen Tagen gefasst sind, mit der Fassung des ersten Beschlusses. Für die Fristberechnung gelten die §§ 187 Abs 1, 188 Abs 2 Var 1 BGB, dh die Frist beginnt am Tag nach der Hauptversammlung bzw Fassung des ersten der beiden Beschlüsse zu laufen. Beide Beschlüsse müssen innerhalb von 6 Monaten eingetragen sein. Es kommt also nicht auf die rechtzeitige Antragstellung, sondern die rechtzeitige Eintragung an, so dass die Gesellschaft die Zeitspanne, die der Registerrichter zur Prüfung benötigt, einkalkulieren muss42. 3. Hemmung der Frist (Abs 2 S 2) Der Lauf der Frist ist gehemmt, solange eine Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage 19 gegen den Kapitalherabsetzungs- oder den Kapitalerhöhungsbeschluss rechtshängig ist (Abs 2 S 2). Die Vorschrift will verhindern, dass durch Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen, insbesondere solche schikanöser Art, die Frist versäumt wird. Unter Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen sind die typischen Klagen des Aktienrechts (§§ 246, 249) zu verstehen. Eine gewöhnliche Feststellungsklage hemmt die Frist nicht. Die Hemmung beginnt mit der Rechtshängigkeit und endet mit deren Ende, also mit Rücknahme der Klage, Rechtskraft des Urteils etc43. Mit dem Begriff der Hemmung greift das Gesetz auf das Verjährungsrecht zurück: In die Frist wird die Zeit nicht eingerechnet, die durch die Klage in Anspruch genommen wird (§ 209 BGB). Die Frist beginnt dagegen nicht mit Wegfall des Hindernisses neu zu laufen, da es sich gerade nicht um eine Unterbrechung der Frist (§ 212 BGB) handelt.

39 40

Ebenso Hüffer 9 § 241, 7 („iE unschädlich“). Hüffer 9 § 249, 3; MK/Hüffer 2 § 249, 3 mwN.

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41 42 43

KK/Lutter 2 20; Becker in Bürgers/Körber 10. Unstr vgl Hüffer 9 5. KK/Lutter 2 16; zu eng Godin/Wilhelmi 4 6.

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§ 228

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

4. Rechtsfolgen

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Werden während der 6-Monatsfrist nicht alle drei Eintragungen (Kapitalherabsetzungsbeschluss, Kapitalerhöhungsbeschluss und Durchführung der Kapitalerhöhung) eingetragen, tritt kraft Gesetzes die ex tunc wirkende Nichtigkeit (zur dogmatischen Unschärfe dieses Begriffs o 16) beider Beschlüsse ein. Die Nichtigkeit erfasst auch alle Durchführungsmaßnahmen, so eine etwaige Zusammenlegung der alten Aktien, die Kraftloserklärung von solchen und die Zeichnung neuer Aktien44. Bereits geleistete Einlagen können zurückgefordert werden (§§ 812 ff BGB). Sie kann sowohl von der Gesellschaft als auch von den bisherigen und den neuen Aktionären, wie von Dritten in derselben Weise geltend gemacht werden wie die Nichtigkeit anderer Gesellschafterbeschlüsse. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen eine Fristversäumung oder die 21 Möglichkeit einer Fristverlängerung durch das Registergericht ist nicht möglich. Bei Versäumung der Frist ist nur eine Wiederholung der Beschlüsse möglich. Es muss somit innerhalb von sechs Monaten seit der Beschlussfassung alles geschehen, was zur Eintragung der beiden Beschlüsse und der Durchführung des Erhöhungsbeschlusses notwendig ist. Beruht die Fristversäumung auf einem vorwerfbaren Verhalten des Registerrichters, kommt ein Amtshaftungsanspruch in Betracht45. Gemäß § 242 Abs 3 wird die Nichtigkeit geheilt, wenn die Kapitalherabsetzung und 22 die Kapitalerhöhung zwar erst nach Ablauf der 6-Monatsfrist eingetragen worden sind, seit der Eintragung aber 3 Jahre verstrichen sind46. Die 3-Jahresfrist verlängert sich, wenn eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit schwebt, bis zu deren Erledigung (§ 242 Abs 2 S 2). Eine Amtslöschung ist nach § 398 FamFG möglich (§ 242 Abs 2 S 3).

V. Die Eintragung (Abs 2 S 3) 23

Die Beschlüsse und die Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals sollen nur zusammen in das Handelsregister eingetragen werden (Abs 2 S 3). Der Satz enthält nur eine Sollvorschrift. Da die Kapitalherabsetzung unter den Mindestbetrag nur zulässig ist, wenn durch eine gleichzeitig beschlossene Kapitalerhöhung der Mindestnennbetrag wieder erreicht wird, ergibt sich daraus das Bedürfnis der gleichzeitigen Eintragung beider Beschlüsse und der Durchführung der Kapitalerhöhung von selbst. Geschieht die Eintragung entgegen der Sollvorschrift nacheinander, so hat dies weder die Nichtigkeit der Beschlüsse noch die der Eintragung zur Folge47. Von diesem Grundsatz wird allerdings eine Ausnahme zu machen sein. Würde bei einer Kapitalherabsetzung auf Null allein die Kapitalherabsetzung eingetragen, käme eine Gesellschaft ohne Mitgliedschaften zustande, da die Eintragung der Kapitalherabsetzung auf Null das Erlöschen der bisherigen Mitgliedschaftsrechte (mit Ausnahme des Bezugsrechts) zur Folge hat 48. Auch aus diesem Grunde sieht das Gesetz die zwingende Wiedererhöhung des Kapitals vor, da es 44 45 46 47 48

Hüffer 9 5; KK/Lutter 2 19. Becker in Bürgers/Körber 8; Hüffer9 5; MK/Oechsler 2 11, § 223, 7. Hüffer9 5. KK/Lutter 2 20; Hüffer 9 8. Priester DNotZ 2003, 592, 595 f; Priester ZIP 2010, 497, 500 (zu § 58a Abs 4 GmbHG); Thomas Aktienrecht und Delisting, 2009, S 120. Das schweizerische Recht

ging zunächst von einem fortbestehenden Stimmrecht aus, vgl BGE 86 II 78, 83; BGE 121 III 420, 428. Als Reaktion auf die an dieser Rechtsprechung geäußerten Kritik, vgl etwa von Büren/Brütsch FS Druey, 2002, 637, 643 ff, hat der Gesetzgeber mit Art 732a OR klargestellt, dass die Mitgliedschaftsrechte untergehen, den Aktionären aber ein zwingendes Bezugsrecht zusteht.

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Herabsetzung unter den Mindestnennbetrag

§ 228

keine AG ohne Mitglieder geben kann. Daher wird einer isolierten Eintragung der Kapitalherabsetzung im Falle des § 228 die Wirksamkeit zu versagen sein49. Auch wenn es sich bei Abs 2 S 2 um eine bloße Sollvorschrift handelt, bindet sie den 24 Registerrichter. Stellt die Gesellschaft nur einen oder zwei Eintragungsanträge, muss dieser unter Hinweis auf Abs 2 S 3 durch eine Zwischenverfügung die Eintragung ablehnen und die Gesellschaft auf das Erfordernis der Gleichzeitigkeit hinweisen50. Holt die Gesellschaft den/die fehlenden Anträge nicht (rechtzeitig) nach, hat der Richter die Eintragung endgültig abzulehnen, denn beide Beschlüsse sind nun aufgrund des Fristablaufs nichtig51. Werden die drei Anträge rechtzeitig gestellt, ist der Richter aufgrund von Abs 2 S 3, aber auch aufgrund der Bindung an den Antrag zur gleichzeitigen Eintragung verpflichtet52.

VI. Geltung der allgemeinen Vorschriften Im Übrigen gelten die allgemeinen Vorschriften über die Kapitalherabsetzung und 25 über die Kapitalerhöhung, soweit sich nicht aus der Verbindung von Kapitalherabsetzung und Kapitalerhöhung sinngemäß etwas anderes ergibt. Insbesondere sind auch die Gläubigerschutzvorschriften zu befolgen, selbst wenn die Herabsetzung durch die Kapitalerhöhung wieder ausgeglichen wird. Solange das neue Kapital nicht voll einbezahlt ist, ist vom Standpunkt der Gläubiger aus der Ausgleich noch nicht erreicht, auch wenn die Durchführung der Erhöhung schon erfolgt sein kann, da diese gerade keine Volleinzahlung erfordert (s o 4). Für die Anmeldung des Kapitalerhöhungsbeschlusses und seine Durchführung gelten 26 sinngemäß die gewöhnlichen Vorschriften über die Kapitalerhöhung, insbesondere über die der Anmeldung der Durchführung beizufügenden Beilagen, §§ 184, 188. Eine Angabe darüber, welche Einlagen auf das bisherige Grundkapital rückständig sind und warum sie nicht geleistet werden können (§ 184 Abs 2), wird entbehrlich sein, wenn Zweck der Kapitalherabsetzung Rückzahlung eines Teiles des bisherigen Grundkapitals oder Befreiung der Aktionäre von der Einlagepflicht ist.

49 50

Krieger ZGR 2000, 885, 898 Fn 37; Priester DNotZ 2003, 592, 595 f. KK/Lutter 2 21.

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51 52

MK/Oechsler 2 11. KG JW 1930, 2718 f; KK/Lutter 2 21.

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ZWEITER UNTERABSCHNITT Vereinfachte Kapitalherabsetzung § 229 Voraussetzungen (1) 1Eine Herabsetzung des Grundkapitals, die dazu dienen soll, Wertminderungen auszugleichen, sonstige Verluste zu decken oder Beträge in die Kapitalrücklage einzustellen, kann in vereinfachter Form vorgenommen werden. 2Im Beschluß ist festzusetzen, daß die Herabsetzung zu diesen Zwecken stattfindet. (2) 1Die vereinfachte Kapitalherabsetzung ist nur zulässig, nachdem der Teil der gesetzlichen Rücklage und der Kapitalrücklage, um den diese zusammen über zehn vom Hundert des nach der Herabsetzung verbleibenden Grundkapitals hinausgehen, sowie die Gewinnrücklagen vorweg aufgelöst sind. 2Sie ist nicht zulässig, solange ein Gewinnvortrag vorhanden ist. (3) § 222 Abs. 1, 2 und 4, §§ 223, 224, 226 bis 228 über die ordentliche Kapitalherabsetzung gelten sinngemäß. Übersicht Rn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . . . . . II. Bedeutung der Vorschrift . . . . . . . . III. Ablauf der vereinfachten Kapitalherabsetzung im Überblick . . . . . . . . . . IV. Der Zweck der vereinfachten Kapitalherabsetzung (Abs 1) . . . . . . . . . . 1. Die Zweckbegrenzung (Abs 1 S 1) . 2. Wertminderungen und sonstige Verluste . . . . . . . . . . . . . . . a) Begrifflichkeiten . . . . . . . . . b) Feststellung der Verluste . . . . . c) Höhe der Verluste und Umfang der Kapitalherabsetzung . . . . . 3. Auffüllung der Kapitalrücklage . . . 4. Die Verbindung beider Zwecke . . . 5. Festsetzung der Art und des Zwecks der Kapitalherabsetzung im Herabsetzungsbeschluss (Abs 1 S 2) . . . . V. Voraussetzungen (Abs 2) . . . . . . . . 1. Zweck des Abs 2 . . . . . . . . . . 2. Auflösung der die Mindestreserve übersteigender Eigenkapitalposten . a) Auflösung der gesetzlichen Rücklage und der Kapitalrücklage . . b) Auflösung der Gewinnrücklagen . . . . . . . . . . . . . . c) Verwendung eines Gewinnvortrags . . . . . . . . . . . . .

(157)

1–4 5–12 13–19 20–32 20 21–26 21 22 23–26 27–28 29

30–32 33–48 33–34 35–42 35–37 38–39 40

Rn d) Sonstige Reserven . . . . . . . e) Weitere Grenzen neben Abs 2 . 3. Berechnung des Umfangs der Kapitalherabsetzung und Buchungen . . . a) Kapitalherabsetzung zum Verlustausgleich . . . . . . . . . . . . b) Kapitalherabsetzung zur Auffüllung der Kapitalrücklage . . . . c) Buchungen . . . . . . . . . . . 4. Kapitalschnitt . . . . . . . . . . . 5. Zwingende Natur des Abs 2, Anfechtbarkeit . . . . . . . . . . . . VI. Anwendung der Vorschriften über die ordentliche Kapitalherabsetzung (Abs 3) . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Anwendung der §§ 222–224, 226–228 . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines . . . . . . . . . . . b) Der Hauptversammlungsbeschluss . . . . . . . . . . . . c) Sachliche Rechtfertigung . . . . d) Anmeldung und Durchführung der Kapitalherabsetzung . . . . e) Verbindung mit einer Kapitalerhöhung . . . . . . . . . . . . 2. Keine Anwendung des § 225 . . . . VII. Rechtsfolgen eines fehlerhaften Beschlusses . . . . . . . . . . . . . .

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41 42 43–46 43 44 45–46 47 48

49–61 49–59 49 50–54 55–56 57–58 59 60–61 62–67

§ 229

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Schrifttum Ansmann Wann wird bei der Kapitalherabsetzung in erleichterter Form die bedingte Genehmigung der Jahresbilanz und die Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat endgültig wirksam?, ZBlHR 1932, 223 f; Fabis Vereinfachte Kapitalherabsetzung bei AG und GmbH, MittRhNotK 1999, 169; Geißler Rechtliche und unternehmenspolitische Aspekte der vereinfachten Kapitalherabsetzung bei der AG, NZG 2000, 719; Jäger Wege aus der Krise einer Aktiengesellschaft, NZG 1999, 238; Hefermehl Vereinfachte Kapitalherabsetzung, SozPraxis 1938, 383; Hirte Genüsse zum Versüßen vereinfachter Kapitalherabsetzungen, FS Claussen, 1997, 115; Lutter/Hommelhoff/Timm Finanzierungsmaßnahmen zur Krisenabwehr in der Aktiengesellschaft, BB 1980, 737; Neufeld Bilanzierungserleichterungen – Durchführung der erleichterten Kapitalherabsetzung, JW 1932, 693; Priester Kapitalschutz bei der übertragenden Gesellschaft in Spaltungsfällen, FS Schippel, 1996, 487; Reger/Stenzel Der Kapitalschnitt auf Null als Mittel zur Sanierung von Unternehmen – Gesellschaftsrechtliche, börsenzulassungsrechtliche und kapitalmarktrechtliche Konsequenzen, NZG 2009, 1210; Risse Rückwirkung der Kapitalherabsetzung einer Aktiengesellschaft, BB 1968, 1012; K Schmidt Die sanierende Kapitalerhöhung im Recht der Aktiengesellschaft, GmbH und Personengesellschaft, ZGR 1982, 519; K Schmidt Die Umwandlung einer GmbH in eine AG zu Kapitaländerungszwecken, AG 1985, 150; Terbrack Kapitalherabsetzende Maßnahmen bei Aktiengesellschaften, RNotZ 2003, 89; Ullmann Kapitalherabsetzung in erleichterter Form, ZBlHR 1932, 4; Wirth Vereinfachte Kapitalherabsetzung zur Unternehmenssanierung, DB 1996, 867. S a die Schrifttumsnachweise Vor § 222.

I. Gesetzesgeschichte 1

Die Kapitalherabsetzung in vereinfachter Form wurde erstmals, damals mit der Bezeichnung „Kapitalherabsetzung in erleichterter Form“, durch die Notverordnung des Reichspräsidenten vom 6.10.1931 unter dem Eindruck der damaligen Wirtschaftskrise zugelassen und durch mehrere Durchführungsverordnungen geregelt (s Vor § 222, 79). Das Aktiengesetz von 1937 hat die ursprünglich befristete Regelung dauerhaft übernommen. Dies galt allerdings nicht für die Möglichkeit der vereinfachten Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien, die auch im Aktiengesetz von 1965 nicht vorgesehen ist1; § 229 Abs 3 nimmt nur § 222 in Bezug, nicht aber §§ 237 ff. Die vereinfachte Kapitalherabsetzung kann also nur durch Herabsetzung des Nennbetrags oder durch Zusammenlegung von Aktien (§ 222 Abs 4) erfolgen, nicht aber durch Einziehung. Eine solche ist nur unter den in § 237 Abs 3 bis 5 genannten Voraussetzungen möglich. Nicht übernommen sind die Vorschriften der NotVO, nach denen in erster Linie 2 eigene oder zur Verfügung der Gesellschaft stehende Aktien einzuziehen und dadurch die Kapitalherabsetzung vorzunehmen war, ehe zur Kapitalherabsetzung durch Nennwertherabsetzung oder Zusammenlegung geschritten wurde. Der Besitz eigener Aktien der Gesellschaft ist kein Hindernis für die vereinfachte Kapitalherabsetzung. Unter Umständen kann der Besitz eigener Aktien der Gesellschaft einen Weg bieten, sich durch deren Veräußerung Barmittel zum Betrieb des Unternehmens zu verschaffen, ohne zu einer Kapitalerhöhung oder einer Kreditaufnahme schreiten zu müssen. Die Einziehung eigener Aktien wird häufig kein geeignetes Mittel sein, die Gesellschaft rentabler zu gestalten und die vereinfachte Kapitalherabsetzung entbehrlich zu machen. Sie kann aber mit ihr einhergehen, um die Grundkapitalziffer zu vermindern und damit die Verteilung von Reingewinn zu ermöglichen.

1

Kritisch deshalb Risse BB 1968, 1012, 1013.

Stand: 31.12.2010

(158)

Voraussetzungen

§ 229

§ 229 fasst die §§ 182 und 183 AktG 1937 zusammen2. § 182 wurde unverändert in 3 Abs 1 und 3 überführt, während § 183 AktG 1937 sich jetzt in Abs 2 findet und in drei Punkten geändert wurde. (1) Die vereinfachte Kapitalherabsetzung ist jetzt erst zulässig, wenn vorher alle freien Rücklagen (früher nur die zum Ausgleich von Wertminderungen und zur Deckung von sonstigen Verlusten bestimmten) aufgelöst sind. Diese Änderung steht in Zusammenhang mit der Änderung des § 150. Dort wird die gesetzliche Rücklage zu Lasten aller freien Rücklagen geschont. Das muss erst recht für das Grundkapital gelten. (2) § 183 S 2 AktG 1937, der die Möglichkeit einer ministeriellen Ausnahmegenehmigung aus grundsätzlichen Erwägungen vorsah, wurde gestrichen. (3) Neu eingeführt wurde Abs 2 S 2, wonach auch ein Gewinnvortrag zur Verlustdeckung oder Einstellung in die freie Rücklage verwendet werden muss, bevor zu diesen Zwecken das Grundkapital in vereinfachter Form herabgesetzt werden darf. § 229 wurde 1985 durch BiRiLiG3 geändert: (1) In Abs 1 S 1 wurden die Worte 4 „gesetzliche Rücklage“ durch „Kapitalrücklage“ ersetzt, so dass die aus einer vereinfachten Kapitalherabsetzung frei werdenden Beträge nicht mehr in die gesetzliche Rücklage eingestellt werden können. (2) Abs 2 S 1 wurde neu gefasst. Beide Änderungen sind darauf zurückzuführen, dass das Agio nicht mehr Teil der gesetzlichen Rücklage ist und nun in die so genannte Kapitalrücklage (§ 272 Abs 2 HGB) zu buchen war. Für die Berechnung gesetzlicher Grenzwerte und damit auch für Abs 2 S 1 sollte dies jedoch keine Veränderung mit sich bringen, weshalb nun gesetzliche Rücklage und Kapitalrücklage zusammengerechnet werden4. (3) Der Begriff der „freien Rücklage“ wurde durch den der „Gewinnrücklage“ ersetzt, ohne dass damit eine inhaltliche Änderung einhergehen sollte5.

II. Bedeutung der Vorschrift § 229 dient der Umsetzung von Art 33 Kapitalrichtlinie (s Vor § 222, 96). Sie gilt 5 über § 278 Abs 3 auch für die KGaA. Die Regelung über die vereinfachte Kapitalherabsetzung und über die dabei zu beachtenden Beschlusserfordernisse gelten auch für die SE6. Zwar erfordert eine Satzungsänderung bei der SE nach Art 59 Abs 1 SE-VO nur eine Zweidrittelmehrheit. Die Regelung steht allerdings unter dem Vorbehalt, dass das anwendbare nationale Recht im Sitzstaat der SE keine größere Mehrheit vorsieht, was bei §§ 229 Abs 3, 222 der Fall ist. Die vereinfachte Kapitalherabsetzung darf nur zum Zwecke der Verlustdeckung und 6 der (begrenzten vgl § 231) Einstellung in die Kapitalrücklage erfolgen (und das auch nur, wenn eine Sanierung nicht durch die Auflösung von Rücklagen und Verwendung eines Gewinnvortrags erreicht werden kann, Abs 2). Die vereinfachte Kapitalherabsetzung bezweckt und bewirkt also eine bloße Buchsanierung7. Demgegenüber kann die ordentliche Kapitalherabsetzung jedem denkbaren Zweck dienen. Die „Vereinfachung“ der 2

3

Hierzu und zum Folgenden Kropff AktG 1965, S 320 f. Zur Geschichte der Kapitalherabsetzung im Allgemeinen s Vor § 222, 72 ff. Art 2 Nr 42 des Gesetzes zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts – Bilanzrichtlinien-Gesetz – v 19.12.1985, BGBl I 2355.

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4 5 6

7

RegE BiRiLiG, BT-Drucks 10/317, S 106. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks 10/4268, S 46, 127. Mayer in Manz/Mayer/Schröder Europäische Aktiengesellschaft2, Art 59 SE-VO, 19; MK/Oechsler 2 Art 5, 29. So ausdrücklich Hüffer 9 2; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 1.

Rolf Sethe

§ 229

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Kapitalherabsetzung besteht darin, dass die bei der ordentlichen Kapitalherabsetzung geltende Gläubigerschutzvorschrift des § 225 nicht anzuwenden ist, die sich zumeist deshalb als zu hohe Hürde erweist, weil die Mittel der Gesellschaft für eine Sicherung der Gläubiger nicht mehr ausreichen. Der Gläubigerschutz bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung wird durch die §§ 229 Abs 2, 230 bis 233 erreicht (s dort), die sicherstellen, dass die frei werdenden Mittel nur zur Sanierung und nicht zur Ausschüttung an die Aktionäre verwendet werden. Die §§ 229 bis 232 bilden eine Einheit, was bei ihrer Auslegung zu berücksichtigen ist. Die ordentliche und die vereinfachte Kapitalherabsetzung unterscheiden sich hinsichtlich der Voraussetzungen und zT hinsichtlich der Rechtsfolgen. Aufgrund dessen ist eine Vermischung beider Arten der Kapitalherabsetzung unzulässig (s u 61). Der Umfang des Gläubigerschutzes bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung ist im 7 Vergleich zu § 225 geringer, denn die §§ 230 ff hindern nur eine Ausschüttung an die Gesellschafter. Eine individuelle Absicherung kann kein Gläubiger verlangen. Dies beruht auf der Erwägung, dass die Sanierung der Gesellschaft für Gläubiger insgesamt nützlich oder zumindest nicht nachteilig ist. Betrachtet man die individuelle Gläubigerposition, vermag diese gesetzgeberische Entscheidung jedoch nicht restlos zu überzeugen, denn es sind durchaus Fälle denkbar, in denen einzelne Gläubiger benachteiligt werden. Während das Grundkapital gebunden ist und damit bei einer Vollstreckung oder Insolvenz allen Gläubigern zur Verfügung steht, gilt dies nicht für die Kapitalrücklage. Wird diese später zum Ausgleich von Verlusten genutzt (§ 150 Abs 3 Nr 1), kann es durchaus zu einer Konkurrenz einzelner Gläubiger kommen. Allerdings muss man bedenken, dass wirtschaftlich nicht erst die Kapitalherabsetzung die Interessen der Gläubiger beeinträchtigt, sondern bereits die vorher eingetretenen Verluste. In dem Bestreben, eine Sanierung zu erleichtern, hatte der Aktienrechtsgesetzgeber 1965 damit einen akzeptablen Kompromiss zwischen den Interessen einzelner Gläubiger und der Möglichkeit einer Sanierung getroffen8. Die Winter-Kommission (s ausführlich Vor § 222, 110)9 hat im Zusammenhang mit 8 der Reform der Kapitalrichtlinie darauf hingewiesen, dass gerade bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung die Sicherung der Gläubiger oft nicht ausreicht (s dazu auch § 230, 7 aE). Zwar dürfe bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung keine Auszahlung von Vermögen an die Aktionäre erfolgen; jedoch sei es der Gesellschaft nach der Kapitalherabsetzung künftig leichter möglich, Dividenden auszuschütten, da erwirtschaftete Verluste nun abgebaut seien. Steht dem Gläubiger eine langfristige Forderung zu, kann er seine Interessen nach der derzeitigen Fassung der §§ 229 ff nicht schützen; seine Interessen sind gefährdet. Ua aus diesem Grund wurde daher Art 32 der Kapitalrichtlinie durch Art 1 Nr 9 der Richtlinie 2006/68/EG10 geändert (s Vor § 222, 95, 111). Die Gläubiger haben nach Richtlinie nun das Recht, bei der zuständigen Verwaltungsbehörde oder dem zuständigen Gericht angemessene Sicherheiten zu beantragen, wenn sie glaubhaft machen können, dass die Befriedigung ihrer Forderungen durch die Herabsetzung des gezeichneten Kapitals gefährdet ist und sie von der Gesellschaft keine angemessenen Sicherheiten erhalten haben (Art 32 Abs 1 UAbs 2). Diese Vorgabe erstreckt sich auf alle Arten der Kapitalherabsetzung und damit auch auf die vereinfachte Kapitalherabsetzung.

8 9

MK/Oechsler 2 4; Heidel/Terbrack3 3; im Ergebnis auch Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 1. Report (s Vor § 222, 110 Fn 200) S 15 (Punkt IV 6), 84.

10

Fundstelle Vor § 222, 37 Fn 59. Dazu Oechsler ZHR 170 (2006) 72 ff; Ekkenga Der Konzern 2007, 413 ff.

Stand: 31.12.2010

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Voraussetzungen

§ 229

Der deutsche Gesetzgeber hat bei der Umsetzung der Richtlinie jedoch keine Anpassung der §§ 229 ff vorgenommen11. Auch wenn die Kapitalherabsetzung mit anschließender Kapitalerhöhung der Sanierung dient, ist zu beachten, dass dieses Instrument bei akut gefährdeten Gesellschaften aus zeitlichen Gründen nicht geeignet ist12. Eine bestehende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ist innerhalb der Dreiwochenfrist des § 15a Abs 1 InsO zu überwinden. Die gesetzliche Mindestfrist zwischen der Einberufung und dem Zusammentritt der Hauptversammlung beträgt jedoch bereits 30 Tage (§ 123 Abs 1). Hinzu kommen die vor der Einberufung regelmäßig notwendigen Vorbereitungsmaßnahmen. Eine Frist von zwei bis drei Monaten zwischen dem Entschluss zur Einberufung und der eigentlichen Hauptversammlung scheint daher realistisch. Auch in finanzieller Hinsicht ist die vereinfachte Kapitalherabsetzung allein nicht geeignet, die Gesellschaft zu sanieren13. Denn zur Liquiditätssicherung wird zumeist zusätzliches Kapital benötigt (zur Verbindung der vereinfachten Kapitalherabsetzung mit einer Kapitalerhöhung s u 59). Die vereinfachte Kapitalherabsetzung bewirkt jedoch nur eine Anpassung der Grundkapitalziffer an den Vermögensstand der Gesellschaft. Ihr Ziel ist daher allein die rechnerische Beseitigung von Verlusten in der Bilanz. Sie stellt also eine Buchsanierung dar. Die vereinfachte Kapitalherabsetzung kann jedoch Voraussetzung dafür sein, dass Gläubiger überhaupt bereit sind, zusätzliches Kapital zur Verfügung zu stellen. Denn diese wollen nicht, dass ihr Kapital zur Deckung alter Verluste dient, sondern an den Chancen des Neuanfangs teilhat. Die vereinfachte Kapitalherabsetzung ist daher nicht der, wohl aber ein Baustein zu einer erfolgreichen Sanierung. Ihre Verbindung mit einer Kapitalerhöhung ist daher in der Praxis sehr wichtig. Durch die Möglichkeit der Rückwirkung eines solchen Kapitalschnitts (§§ 234, 235) müssen die zwischenzeitlich bestehenden Verluste in der Bilanz nicht offen gelegt werden, was für ein sanierungsbedürftiges Unternehmen im Hinblick auf seine Kreditwürdigkeit bedeutsam ist. Nach § 145 UmwG ist die vereinfachte Kapitalherabsetzung auch bei der Abspaltung möglich (zu Einzelheiten s Vor § 222, 41). Die Kapitalherabsetzung verringert die Schwellen der gesetzlichen Ausschüttungssperren. Infolge der herabgesetzten Grundkapitalziffer auf der Passivseite der Bilanz (§ 266 Abs 3 A I HGB) kann eher ein Bilanzgewinn (§ 57 Abs 3) entstehen. Zudem können nach § 150 Abs 3 und 4 eher Reserven aufgelöst werden. Möglich ist eine vereinfachte Kapitalherabsetzung auch während des Liquidationsverfahrens (dazu ausführlich § 222, 75), zB wenn die Gesellschaft einen Fortsetzungsbeschluss gefasst hat. Möglich ist die Kapitalherabsetzung auch während der Insolvenz, etwa um eine Sanierung in die Wege zu leiten (dazu ausführlich § 222, 76).

9

10 11

12

III. Ablauf der vereinfachten Kapitalherabsetzung im Überblick Vor dem Kapitalherabsetzungsbeschluss sind gem Abs 2 die gesetzlichen Rücklagen 13 und die Kapitalrücklagen bis auf den Betrag aufzulösen, der 10 % des herabgesetzten Grundkapitals entspricht. Gewinnrücklagen und Gewinnvorträge sind in vollem Umfang aufzulösen (s u 33 ff).

11

Vgl Art 1 des Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrichtlinie (ARUG) v 30.7.2009, BGBl I 2479.

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12 13

Ebenso die Einschätzung von Geißler NZG 2000, 719, 720. So auch Geißler NZG 2000, 719, 720.

Rolf Sethe

§ 229 14

15 16 17

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Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Eine Kapitalherabsetzung, die eine Satzungsänderung darstellt (s Vor § 222, 32), erfordert nach Abs 3 iVm § 222 Abs 1 S 1 einen Hauptversammlungsbeschluss (s u 50 ff). Der Beschluss muss den genauen Betrag enthalten, um den das Grundkapital herabgesetzt wird (Abs 3 iVm § 222 Abs 4 S 1). Anzugeben sind weiterhin der Umstand, dass es sich um eine vereinfachte Kapitalherabsetzung handelt (s u 30), und der Zweck der Kapitalherabsetzung (Abs 1 S 2, dazu u 31 f). Schließlich muss der Beschluss die Art und Weise der Kapitalherabsetzung (Herabsetzung des Nennbetrags der Aktien oder Zusammenlegung von Aktien) enthalten (Abs 3 iVm § 222 Abs 4 S 3, s u 53). Sofern mehrere Aktiengattungen vorhanden sind, müssen entsprechende Sonderbeschlüsse der einzelnen Aktiengattung herbeigeführt werden (Abs 3 iVm § 222 Abs 2 und § 141, s u 51). Vorstand und Aufsichtsrat müssen den Beschluss zum Handelsregister anmelden (Abs 3 iVm § 223, s u 57). Die Wirksamkeit bestimmt sich nach § 224 (s u 58). Sodann erfolgt die Durchführung der Kapitalherabsetzung (s u 58). Bei einer Reduzierung des Nennwerts erfolgt eine Berichtigung der Aktien und ggf eine Kraftloserklärung nach § 73. Sofern es sich um eine Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien handelt, erfolgt diese nach dem in § 226 vorgesehenen Verfahren. Ist die Kapitalherabsetzung durchgeführt, meldet der Vorstand die Durchführung zum Handelsregister an (§ 227, s u 58). Die Eintragung hat lediglich deklaratorische Bedeutung. Die Anmeldung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses (§ 223) und die seiner Durchführung (§ 227 Abs 1) können miteinander verbunden werden (§ 227 Abs 2). Dies wird sich regelmäßig dann anbieten, wenn kein Verfahren der Kraftloserklärung nach §§ 73, 226 erforderlich ist. In der Bilanz ist der Herabsetzungsbetrag vom gezeichneten Kapital (§ 266 Abs 3 A I HGB) abzuziehen. Die Kapitalherabsetzung führt zu einem Buchertrag; er ist in der Gewinn- und Verlustrechnung gesondert als Ertrag aus der Kapitalherabsetzung auszuweisen (§ 240 S 1, s dort). Im Anhang ist zu erläutern, ob und in welcher Höhe die aus der Kapitalherabsetzung und aus der Auflösung von Gewinnrücklagen gewonnenen Beträge zum Ausgleich von Wertminderungen, zur Deckung von sonstigen Verlusten oder zur Einstellung in die Kapitalrücklage verwandt wurden (§ 240 S 3, s dort).

IV. Der Zweck der vereinfachten Kapitalherabsetzung (Abs 1) 1. Die Zweckbegrenzung (Abs 1 S 1)

20

Nach Abs 1 ist die vereinfachte Kapitalherabsetzung lediglich zum Zwecke der Sanierung zulässig. Das Gesetz erlaubt die vereinfachte Kapitalherabsetzung nur dazu, (1) Wertminderungen auszugleichen und sonstige Verluste zu decken oder (2) unter den engen Voraussetzungen des § 231 Beträge in die Kapitalrücklage einzustellen. Letzteres ist in der Praxis selten14. Beide Zwecke können nebeneinander verfolgt werden (s u 29). Der Katalog möglicher Zwecke der vereinfachten Kapitalherabsetzung ist abschließend. Dies ist der Preis für die Vereinfachung des Gläubigerschutzes15. Soll die Kapitalherabsetzung anderen Zwecken, etwa der Rückzahlung nicht verwertbaren oder nicht mehr erforderlichen Kapitals dienen, so ist dies nur in der Form der ordentlichen Kapitalherabsetzung oder durch Einziehung von Aktien, und zwar nur unter Einhaltung der Gläubigerschutzvorschriften des § 225, möglich. 14

Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 1.

15

MK/Oechsler 2 8.

Stand: 31.12.2010

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Voraussetzungen

§ 229

2. Wertminderungen und sonstige Verluste a) Begrifflichkeiten. Das Gesetz verwendet die im kapitalgesellschaftsrechtlichen 21 Sprachgebrauch ungewöhnlichen Begriffe der „Wertminderungen“ und „sonstigen Verluste“, wobei Letztere den Oberbegriff darstellen und auch Wertminderungen umfassen16. Das Bilanzrecht bezeichnet negative Ergebnisse ansonsten als „Jahresfehlbetrag“, „Bilanzverlust“ und „Verlustvortrag“. Die besondere Wortwahl des Abs 1 bezeichnet daher nur die Tatsache, dass ein negatives Ergebnis der Gesellschaft vorliegt. Der Begriff der Wertminderungen ist ebenfalls untechnisch zu verstehen und meint insbesondere nicht Wertberichtigungen oder Abschreibungen17. Gleichzeitig verdeutlicht die spezielle Wortwahl aber auch, dass es unerheblich ist, welche Ursache seinerseits dem Verlust oder der Wertminderung genau zugrunde liegt18. Es genügt, dass aus irgendwelchen Gründen Wertminderungen in den Vermögensbeständen, sei es Anlage- oder Betriebsvermögen, entstanden sind. Die sonstigen Verluste können etwa durch Zahlungsunfähigkeit von Schuldnern, Wegfall von Aktionären überhaupt oder Nichtigkeit von Aktienzeichnungen wegen Geschäftsunfähigkeit der Zeichner oder mangelnder Vertretungsbefugnis für sie handelnder Personen, durch Untreue von Vorstandsmitgliedern und Angestellten, durch missglückte Geschäfte, durch Bürgschaften und dergleichen eingetreten sein. Auch frühere zu hohe Bewertungen des Vermögens, zB bei einer Verschmelzung, können zu einer vereinfachten Kapitalherabsetzung Anlass geben. b) Feststellung der Verluste. Die Verluste müssen zum Zeitpunkt der Beschlussfas- 22 sung über die Kapitalherabsetzung bestehen. Die Formulierung „sonstige Verluste“ anstelle der bilanzrechtlichen Begriffe verdeutlicht, dass es keines förmlich festgestellten Bilanzverlustes (§§ 264, 266 Abs 3 A. V., 268 Abs 1 HGB, 158 Abs 1 S 1 Nr 5 AktG) in einer Sonderbilanz bedarf, um eine vereinfachte Kapitalherabsetzung durchzuführen19. Wie der Wortlaut von § 232 zeigt, reicht die ernstliche Annahme von Verlusten aus. Weiterhin ergibt sich daraus, dass die vereinfachte Kapitalherabsetzung auch vor der Feststellung des Jahresabschlusses des letzten abgelaufenen Geschäftsjahres beschlossen werden kann. Die vereinfachte Kapitalherabsetzung setzt nicht einmal voraus, dass der letzte Jahresabschluss überhaupt einen Verlust aufwies. Es genügen vielmehr Wertminderungen und Verluste jeder Art, auch solche aus früherer Zeit, soweit sie noch nicht ausgeglichen sind (Verlustvorträge früherer Jahre). Ausreichend ist, dass sie ernstlich eine Kapitalherabsetzung rechtfertigen. Auch ein erst im Entstehen begriffener, voraussichtlich eintretender Verlust kann bei Ermittlung des Herabsetzungsbedarfs berücksichtigt werden (vgl § 249 Abs 1 S 1 HGB). Dem entspricht § 18 InsO, der bereits bei drohender Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag zulässt; in diesem Fall muss es der Hauptversammlung möglich sein, einer sich ankündigenden Insolvenz rechtzeitig durch einen Kapitalschnitt zu begegnen. Für die Feststellung der Verluste genügt umgekehrt auch ein förmlich festgestellter Bilanzverlust (§§ 172, 173) nicht, denn der Bilanzstichtag liegt – da die Erstellung der Bilanz eine gewisse Dauer beansprucht – schon einige Zeit zurück. Wurden in der Zwischenzeit Gewinne erzielt, kann sich die Notwendigkeit einer Kapitalherabsetzung bereits wieder erledigt haben. Die Feststellung eines Verlustes muss also weder durch eine förmliche Bilanz erfolgen, noch reicht allein eine solche aus, um einen Verlust anzunehmen20.

16 17 18

Statt vieler Geißler NZG 2000, 719, 720 f. Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 5. Geißler NZG 2000, 719, 721; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 5.

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19

20

Unstr, vgl KK/Lutter 2 11; Hirte FS Claussen, 1997, 115, 118; Lutter/Hommelhoff/Timm BB 1980, 737, 740. Geißler NZG 2000, 719, 721; KK/Lutter 2 11.

Rolf Sethe

§ 229

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

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c) Höhe der Verluste und Umfang der Kapitalherabsetzung. Der Vorstand kann deshalb nur eine annähernde, vielfach schätzungsweise Feststellung der Höhe der Verluste und – sofern ihr Eintritt nicht mit letzter Gewissheit feststeht – deren Wahrscheinlichkeit vornehmen21. Maßgeblich ist die ex-ante-Perspektive. Wird der Verlust zu groß geschätzt und das Kapital daher weiter herabgesetzt als notwendig, ordnet das Gesetz die Einstellung des für die Kapitalherabsetzung tatsächlich nicht erforderlichen Betrages in die Kapitalrücklage an (§ 232). Das Gesetz rechnet also nicht damit, dass sich der Umfang der Verluste im Vorhinein exakt ermitteln lässt. Es erklärt deshalb auch eine über den Bedarf hinausgehende Kapitalherabsetzung nicht für unwirksam oder nichtig. Eine Fehleinschätzung des Bedarfs für eine vereinfachte Kapitalherabsetzung stellt also keine Gesetzesverletzung dar. Eine solche würde nur vorliegen, wenn der Vorstand bei der Bemessung des Betrages der Kapitalherabsetzung unter Außerachtlassung aller kaufmännischen Grundsätze unvertretbar oder rein willkürlich vorgegangen wäre. Ein so zustande gekommener Beschluss wäre anfechtbar22. Vorstand und Aufsichtsrat sind daher (lediglich) zur sorgfältigen Prüfung und Fest24 stellung der Verluste verpflichtet23. In den meisten Fällen wird der letzte Jahresabschluss dabei den Ausgangspunkt für die Feststellung der Verluste und die Frage der Auflösung der Rücklagen bilden. Er muss deshalb vom Vorstand bei der Vorbereitung des Herabsetzungsbeschlusses pflichtgemäß herangezogen werden. Daneben sind aber auch die seit Ablauf des letzten Jahres eingetretenen Änderungen und die Geschäftsergebnisse des neuen Jahres zu berücksichtigen. In der Regel wird die Aufstellung eines Zwischenabschlusses geboten sein; dieser muss aber weder geprüft noch testiert werden24. Er bedarf keiner gesonderten Feststellung und ist nicht Bestandteil des späteren Kapitalherabsetzungsbeschlusses25. Soll durch die Kapitalherabsetzung die Ausschüttung von Gewinn ermöglicht werden, hat der Vorstand sorgfältig zu ermitteln, wie weit das Kapital herabgesetzt werden muss, damit die Gesellschaft wieder Gewinne verteilen kann (s aber auch § 233). Den Vorstand trifft (zum Ausnahmefall s u 55) keine förmliche Berichtspflicht; er muss aber auf Nachfrage der Hauptversammlung Auskunft über seine Feststellungen zu Grund und Höhe der Verluste geben26. Versäumt er dies, ist der Beschluss über die Kapitalherabsetzung anfechtbar. Die eingetretenen oder wahrscheinlich drohenden Verluste müssen weder ein be25 stimmtes Ausmaß erreichen, noch müssen sie endgültig sein27. Sie müssen nur so hoch sein, dass sie unter kaufmännischen Gesichtspunkten eine dauerhafte Veränderung des Grundkapitals rechtfertigen und dürfen nicht alsbald wieder ausgeglichen sein28. Da eine vereinfachte Kapitalherabsetzung nur zulässig ist, wenn andere Möglichkeiten zur Errei21

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23

OLG Frankfurt AG 1989, 207, 208 m zust Anm Stützle WuB II A § 229 AktG 1.90; KK/Lutter 2 13 f; Spindler-Stilz/MarschBarner 2 7. RGZ 72, 33, 37 f; OLG Frankfurt AG 1989, 207, 208 m zust Anm Stützle WuB II A § 229 AktG 1.90; s a LG Hamburg AG 2006, 512; KK/Lutter 2 15 aE; MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 18; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 7; Weipert EWiR 1989, 737; Decher EWiR 1991, 943, 944. Baumbach/Hueck13 3; KK/Lutter 2 13; MK/Oechsler 2 22; Hirte FS Claussen, 1997, 115, 118.

24 25 26

27 28

MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 6; Hirte FS Claussen, 1997, 115, 118. MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 6. KK/Lutter 2 15; MK/Oechsler 2 25; wohl auch BGHZ 138, 71, 81 = NJW 1998, 2054, 2055 „Sachsenmilch“, wobei nach dem Sachverhalt unklar ist, welche Fragen der Aktionäre unbeantwortet blieben. KK/Lutter 2 14; MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 6; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 7. Geißler NZG 2000, 719, 721.

Stand: 31.12.2010

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Voraussetzungen

§ 229

chung des verfolgten Zwecks nicht zur Verfügung stehen (s u 33), wird man eine Kapitalherabsetzung nicht zulassen können, wenn die Verluste lediglich minimal sind29. Eine förmliche Feststellung, dass ein Teil des Grundkapitals verloren ist (Unterbilanz), ist nicht erforderlich30. Aus dem Umstand, dass die Kapitalherabsetzung nach Abs 2 erst zulässig ist, nachdem Gewinnvorträge aufgelöst und der dann verbleibende Verlust durch Gewinnrücklagen und durch gesetzliche Rücklage und Kapitalrücklage von mehr als 10 % des Grundkapitals nicht gedeckt ist, folgt aber, dass regelmäßig eine solche Situation vorliegen wird31. Die Höhe der Kapitalherabsetzung darf den Betrag der mit der notwendigen Sorgfalt 26 festgestellten Verluste nach Abzug der Rücklagen nicht überschreiten32. Wird der Betrag der Verluste zu hoch geschätzt, ist der überschüssige Betrag in die Kapitalrücklage einzustellen (s o 23). 3. Auffüllung der Kapitalrücklage Sofern die vereinfachte Kapitalherabsetzung dazu dient, Beträge in die Kapitalrück- 27 lage einzustellen, muss die Kapitalrücklage (zusammen mit der gesetzlichen Rücklage) unter den in § 150 Abs 2 bestimmten Betrag abgesunken und deren Ergänzung aus den in § 150 Abs 2 vorgesehenen Quellen nicht zu erwarten sein. Die vereinfachte Kapitalherabsetzung darf bis zu dem Betrag beschlossen werden, der notwendig ist, um die Kapitalrücklage (unter Hinzurechnung der gesetzlichen Rücklage) wieder auf 10 % des Grundkapitals aufzufüllen33. Die Kapitalherabsetzung dient in diesem Fall nicht dem Ausgleich konkreter Verluste, sondern der Bilanzoptik und der Vorsorge34. Im Gegensatz zur Kapitalherabsetzung zum Ausgleich von Wertminderungen erfordert eine solche zur Auffüllung der Kapitalrücklage also keine konkreten Verluste35. Bilanztechnisch bewirkt die vereinfachte Kapitalherabsetzung eine Umbuchung auf der Passivseite; der Herabsetzungsbetrag wird dem Grundkapitalkonto (§ 266 Abs 3 A I HGB) entnommen und die Kapitalrücklage wird entsprechend aufgestockt. Der wirtschaftliche Sinn dieser Maßnahme liegt in einer Verbesserung der Bilanzoptik. Es ist für die Gesellschaft auch im Interesse ihres Ansehens und Kredits von Vorteil, eine gesetzliche Rücklage zu haben, über die sie für die dazu vorgesehenen Zwecke jederzeit verfügen kann. Kann sie etwaige neue oder zu erwartende Verluste aus einer so aufgefüllten gesetzlichen Rücklage decken, so kann das für sie vorteilhafter sein, als wenn sie einen Verlust in dem künftigen Jahresabschluss oder zu ungünstiger Zeit in einer dann notwendigen Kapitalherabsetzung bekanntgeben müsste. Zu beachten ist, dass die vereinfachte Kapitalherabsetzung zum Zwecke der Rücklagenbildung nur in den Grenzen des § 231 zulässig ist. Eine Kapitalherabsetzung ist also unzulässig, wenn die Summe aus gesetzlicher Rücklage und Kapitalrücklage bereits 10 Prozent des herabgesetzten Grundkapitals beträgt. Ein gegen § 231 verstoßender Beschluss ist nur anfechtbar, nicht nichtig, weil die Vorschrift vor allem den

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KK/Lutter 2 17; Becker in Bürgers/Körber 7; im Ergebnis auch Hüffer 9 8; weiter dagegen MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 6; SpindlerStilz/Marsch-Barner 2 7 aE; K Schmidt/Lutter/ Veil 2 6, die den Zusammenhang zur Erforderlichkeit der Kapitalherabsetzung nicht herstellen. OLG Frankfurt AG 1989, 207, 208 m zust Anm Stützle WuB II A § 229 AktG 1.90;

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31 32 33 34 35

KK/Lutter 2 12; MK/Oechsler 2 21; SpindlerStilz/Marsch-Barner 2 8; Wirth DB 1996, 867, 868. Hirte FS Claussen, 1997, 115, 118 f. KK/Lutter 2 16. KK/Lutter 2 18. Geißler NZG 2000, 719, 721; Hüffer 9 9; KK/Lutter 2 18. Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 9.

Rolf Sethe

§ 229

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Aktionärsinteressen dient36. Wird der Beschluss nicht angefochten, führt der Verstoß gegen § 231 S 1 zu dem scheinbar widersprüchlichen Ergebnis, dass die überschießenden Beträge in die Kapitalrücklage einzustellen sind. Dies folgt jedoch nicht aus § 231, sondern ergibt sich aus der nun gebotenen Anwendung des § 23237. Zum Zwecke der Bildung von satzungsmäßigen oder anderen Gewinnrücklagen darf 28 die vereinfachte Kapitalherabsetzung nicht benutzt werden. Denn dies würde es indirekt ermöglichen, auf Kosten des Grundkapitals Zahlungen an die Aktionäre zu leisten oder sie von ihren Einlageverpflichtungen zu befreien (vgl auch § 230). 4. Die Verbindung beider Zwecke

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Beide Zwecke können nebeneinander verfolgt werden38. Die für jeden Teilzweck zu beachtenden allgemeinen und besonderen Voraussetzungen sind einzuhalten. Die Hauptversammlung muss unter Beachtung von Abs 2 und § 231 ausdrücklich oder zumindest bestimmbar festlegen, welcher Teil der Kapitalherabsetzung auf den Verlustausgleich und welcher auf die Auffüllung der Kapitalrücklage entfallen soll39. Dies zeigt auch § 230 S 3. Eine Ermächtigung an den Vorstand, dies später festzulegen, ist unzulässig40. Gleiches gilt für einen Beschluss, wonach über die Verwendung eine künftige Hauptversammlung entscheiden soll. 5. Festsetzung der Art und des Zwecks der Kapitalherabsetzung im Herabsetzungsbeschluss (Abs 1 S 2)

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Die Hauptversammlung muss im Herabsetzungsbeschluss (s u 50 ff) festlegen, dass es sich um eine vereinfachte Kapitalherabsetzung handelt. Enthält der Beschluss keine derartige Bestimmung, so haben Vorstand und Registerrichter die Kapitalherabsetzung als gewöhnliche durchzuführen und § 225 anzuwenden41. Ist die Kapitalherabsetzung als vereinfachte beschlossen, so müssen die für diese geltenden besonderen Gläubigerschutzvorschriften (§§ 229–233) eingehalten werden. Im Beschluss ist weiterhin festzusetzen, dass und zu welchem der in Abs 1 S 1 erlaub31 ten beiden Zwecke die Herabsetzung erfolgt (Abs 1 S 2). Die Angabe des Zwecks muss ausdrücklich und konkret erfolgen42, so dass die Aktionäre und Gläubiger in die Lage versetzt werden, nachzuprüfen, ob die Herabsetzung auch zu dem angegebenen Zwecke ausgeführt worden ist. Die Verwaltung darf die Beträge, die aus der Kapitalherabsetzung gewonnen werden, nur zu dem im Beschluss angegebenen Zwecke verwenden (§ 230 S 3). Auch aus diesem Grunde ist die Angabe des Zweckes nötig. Zweckmäßig ist es, die gesetzlichen Formulierungen „zum Ausgleich von Wertminderungen“ oder „zur Einstellung in die Kapitalrücklage“ zu verwenden. Es genügt nicht, dass als Zweck angegeben wird: „vereinfachte Kapitalherabsetzung“ oder „Anpassung des Grundkapitals an den veränderten Vermögensstand“43. Da das Gesetz die Festlegung des Zwecks/der Zwecke 36 37 38

39

MK/Oechsler 2 12. MK/Oechsler 2 12. Hüffer9 6; KK/Lutter 2 20; MünchHdBAGKrieger 3 § 61, 5; Spindler-Stilz/MarschBarner 2 4. KK/Lutter 2 20; MK/Oechsler 2 14; SpindlerStilz/Marsch-Barner 2 4; Fabis MittRhNotK 1999, 169, 173; Terbrack RNotZ 2003, 89, 100 f.

40

41 42 43

KK/Lutter 2 20, 22; MK/Oechsler 2 13 f; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 10; aA noch Schilling Voraufl 3. Godin/Wilhelmi 4 8; KK/Lutter 2 22, 45; MK/Oechsler 2 16 f; Hüffer9 18. Hüffer9 10, 18; Spindler-Stilz/MarschBarner 2 10. Hüffer9 10; KK/Lutter 2 21.

Stand: 31.12.2010

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Voraussetzungen

§ 229

der Kapitalherabsetzung im Hauptversammlungsbeschluss zwingend vorschreibt, kann die Zweckbestimmung nicht der Verwaltung überlassen werden (s o 29). Genauso wenig kann der Verwaltung überantwortet werden, ob sie die Kapitalherabsetzung überhaupt durchführen will. Die Kapitalherabsetzung ist keine Angelegenheit der gewöhnlichen Geschäftsführung; sie gehört daher zwingend in die Zuständigkeit der Hauptversammlung. Fehlt die Festsetzung des Zwecks im Hauptversammlungsbeschluss, ist dieser anfechtbar. Auch ohne Anfechtung muss das Registergericht die Eintragung in das Handelsregister ablehnen (s u 57). Wird der Beschluss dennoch eingetragen, ist nach hM die Kapitalherabsetzung als ordentliche durchzuführen44, wobei die frei werdenden Mittel auf einem Sonderkonto zu buchen seien und die nächste Hauptversammlung mit satzungsändernder Mehrheit über die Verwendung entscheiden müsse45. Hiergegen wird zu Recht eingewandt, dass diese Rechtsfolge unverhältnismäßig sei. Wenn feststehe, dass die Hauptversammlung eine vereinfachte Kapitalherabsetzung beschlossen habe, reiche es völlig aus, wenn die Mittel auf einem Sonderkonto gebucht würden und die nächste Hauptversammlung mit satzungsändernder Mehrheit einen der nach § 229 zulässigen Zwecke festlege46. In der Tat ist nicht einzusehen, warum in diesem Fall die Kapitalherabsetzung als ordentliche durchzuführen sein sollte. Der angegebene Zweck der Kapitalherabsetzung darf nicht nur vorgeschützt sein, um 32 eine wirtschaftlich gar nicht gebotene Kapitalherabsetzung zu beschließen. Es kann also nicht jede Wertminderung oder jeder Verlust zum Anlass einer vereinfachten Kapitalherabsetzung genommen werden. Die Veränderungen müssen vielmehr derart sein, dass sie nach kaufmännischen Grundsätzen eine dauernde Veränderung der Grundkapitalziffer rechtfertigen. Wertminderung und Verluste, die nach der Gesamtlage des Unternehmens unbedeutend sind, oder voraussichtlich bald ausgeglichen werden können, dürfen nicht als Vorwand für eine Kapitalherabsetzung verwendet werden. Es darf auch keine bewusst willkürliche Unterbewertung der Aktiven oder Überbewertung der Passiven vorgenommen werden, um die Notwendigkeit des Herabsetzungsbeschlusses in der Hauptversammlung zu begründen. Wird gegen diese Vorgabe verstoßen, begründet dies die Anfechtbarkeit des Beschlusses, nicht aber seine Nichtigkeit. Ob eine Kapitalherabsetzung zu dem in Abs 1 S 1 vorgesehenen Zweck erforderlich ist, ist im Wege der Prüfung durch die zuständigen Gesellschaftsorgane aufgrund pflichtmäßigen Ermessens festzustellen. Es ist auch darauf zu achten, dass durch die Herabsetzung tatsächlich ein Ausgleich erfolgt, dass die Herabsetzung also nicht zu niedrig ist. Eine von vornherein erkennbar zu hohe Kapitalherabsetzung führt andererseits zur Bildung überflüssiger Rücklagen und schmälert damit unter Umständen den Gewinn der Aktionäre. Ein solcher Beschluss wäre daher anfechtbar47.

V. Voraussetzungen (Abs 2) 1. Zweck des Abs 2 Abs 2 dient zum einen dem Gläubigerschutz. Eine teilweise Aufhebung der Bindung 33 des Grundkapitals sowie dessen Umwandlung in eine gebundene (die gesetzliche) Rücklage wird untersagt, solange die Wertminderungen und sonstigen Verluste aus der bestehenden gesetzlichen Rücklage und der Kapitalrücklage ausgeglichen werden können. 44 45

Hefermehl in Geßler/Hefermehl 8; Hüffer9 18, 23; KK/Lutter 2 42. So ausdrücklich KK/Lutter 2 45.

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46 47

MK/Oechsler 2 16. KK/Lutter 2 38.

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§ 229

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Zum anderen soll die Norm im Interesse der Aktionäre unnötige Kapitalherabsetzungen und die Umwandlung von Grundkapital in gesetzliche Rücklagen vermeiden. Denn sowohl bei der Nennwertherabsetzung als auch bei der Zusammenlegung verändert sich der Inhalt des Aktienrechts zuungunsten der Aktionäre. (Allerdings muss mit der Kapitalherabsetzung nicht notwendig eine Verminderung des wirtschaftlichen Wertes der Aktien verbunden sein. Dieser kann sich durch die Kapitalherabsetzung auch erhöhen, wenn sie zu einer Sanierung der Aktiengesellschaft, insbesondere zu einer Wiederherstellung der Rentabilität des Unternehmens führt und die Ausschüttung von Gewinn dadurch ermöglicht, dass das Grundkapital auf der Passivseite der Bilanz vermindert wird). Bei der Zusammenlegung können sie ihre Beteiligung an der Gesellschaft ganz verlieren, wenn sie nicht die zur Bildung eines neuen Aktienrechts erforderliche Zahl alter Aktien besitzen. Aber selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, unterliegen die Aktionäre mit ihrer Restmitgliedschaft zumindest den Beschränkungen aus § 233. Hieraus ergibt sich ein Interesse der Aktionäre, dass eine vereinfachte Kapitalherabsetzung nur durchgeführt werden soll, wenn sie zum angestrebten Zweck erforderlich ist, also andere gleichwertige Möglichkeiten zur Erreichung des angestrebten Zwecks nicht zur Verfügung stehen (s a 25)48. Um die möglichen Nachteile für die Aktionäre zu vermeiden, beschränkt Abs 2 deshalb die Zulässigkeit der vereinfachten Kapitalherabsetzung. Die Gesellschaft muss zur Verlustdeckung und Sanierung zunächst die gesetzliche Rücklage und die Kapitalrücklage teilweise und die Gewinnrücklage und Gewinnvorträge ganz auflösen (s u 35 ff). Erst wenn nach Nutzung dieser Möglichkeiten noch ein Verlust oder eine sonstige Wertminderung besteht, ist eine Kapitalherabsetzung zulässig. Die ordentliche Kapitalherabsetzung kennt keine derartige Beschränkung. Will die Gesellschaft die Rücklagen nicht in der vorgeschriebenen Weise verwenden, 34 insbesondere die gesetzliche Rücklage nicht ermäßigen, woran sie ein Interesse haben kann, muss sie von der vereinfachten Kapitalherabsetzung absehen. Es bleibt ihr dann der Weg der ordentlichen Kapitalherabsetzung, für welche die Beschränkungen des Abs 2 nicht gelten (wohl aber die des § 225). 2. Auflösung der die Mindestreserve übersteigender Eigenkapitalposten

35

a) Auflösung der gesetzlichen Rücklage und der Kapitalrücklage. Die vereinfachte Kapitalherabsetzung ist nur zulässig, nachdem der Teil der gesetzlichen Rücklage und der Kapitalrücklage vorweg aufgelöst wurde, der zusammen 10 % des nach der Herabsetzung verbleibenden Grundkapitals übersteigt (Abs 2 S 1 Alt 1). Bis zu 10 % des Grundkapitals sollen die gesetzliche Rücklage und die Kapitalrücklage auch im Falle der vereinfachten Kapitalherabsetzung bestehen bleiben, weil Rücklagen in dieser Höhe einer gesunden Wirtschaftsführung entsprechen. Der Gesetzgeber hat mit dieser Vorgabe klargestellt, dass es der AG überlassen bleibt, ob sie zur Verlustdeckung nach § 150 Abs 3 ihre Reserven angreift oder ob sie sich zu einer Kapitalherabsetzung entschließt 49. Die Begriffe der gesetzlichen Rücklage und der Kapitalrücklage sind dieselben wie in § 150 AktG und §§ 266 Abs 3 A II, A III Nr 1, 272 Abs 2 HGB. Bei der Berechnung der 10-Prozent-Grenze ist zu unterstellen, dass das Grundkapital 36 bereits herabgesetzt wurde. Hierin liegt eine Verstärkung der Schutzwirkung der Vorschrift. Es reicht gerade nicht aus, die Rücklagen bis auf den Betrag von 10 % des bishe-

48

KK/Lutter 2 23; Hüffer9 11; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 11.

49

MK/Oechsler 2 33, 35.

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Voraussetzungen

§ 229

rigen Grundkapitals aufzulösen; maßgebend ist der sich nach der Herabsetzung ergebende Betrag. Eine Herabsetzung auf 10 % ist auch dann vorzunehmen, wenn die Satzung eine Regelung iSd § 150 Abs 2 enthält, wonach die gesetzliche Rücklage zu einem höheren Prozentsatz als 10 % zu dotieren ist. Denn § 229 Abs 2 nimmt nur auf die gesetzliche Obergrenze von 10 % Bezug, so dass allein dieser Prozentsatz maßgebend ist; satzungsmäßige Rücklagen sind also vollständig aufzulösen50. Bei der Berechnung bleibt eine gleichzeitig durchgeführte Kapitalerhöhung außer Betracht51. Wird das Grundkapital unter den Betrag des Mindestgrundkapitals (§ 7 AktG bzw Art 4 Abs 2 SE-VO) herabgesetzt, ist für die Berechnung dennoch das Mindestgrundkapital maßgeblich, wie § 231 S 2 zeigt52. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber Abs 2 und § 231 S 2 anders behandelt wissen wollte, sind nicht ersichtlich. Die Auflösung der Rücklagen ist nicht an die Voraussetzungen des § 150 Abs 4 ge- 37 bunden; daher braucht auch kein förmlich festgestellter Jahresabschluss vorzuliegen, der den Verlustvortrag oder Jahresfehlbetrag ausweist (s o 24)53. b) Auflösung der Gewinnrücklagen. Nach dem Wortlaut von Abs 2 sind die Gewinn- 38 rücklagen vorweg aufzulösen. Die Anknüpfung an den Begriff der Gewinnrücklage stellt offensichtlich ein Redaktionsversehen dar: Der Begriff ist in § 266 Abs 3 A III HGB definiert und meint die gesetzliche Rücklage (Nr 1), die Rücklagen für eigene Anteile (Nr 2), die satzungsmäßigen Rücklagen (Nr 3 und andere Gewinnrücklagen (Nr 4). Da aber die gesetzliche Rücklage durch Abs 2 speziell geregelt wird (s o 35 ff), kann sie schon einmal nicht gemeint sein. Gleiches gilt für die Rücklage für eigene Anteile, denn sie darf wegen § 272 Abs 4 S 2 HGB nicht aufgelöst werden54. Würde man eine Auflösung erlauben, wären die eigenen Anteile nicht mehr bilanzneutral zu verbuchen und stellten Aktivvermögen der Gesellschaft dar; dies aber gefährdet die Kapitalerhaltung. Von Abs 2 erfasst sind dagegen die anderen Gewinnrücklagen55. Fraglich ist, ob auch die satzungsmäßigen Rücklagen gemeint sind. § 231 S 1 erwähnt nur die anderen und nicht die satzungsmäßigen Rücklagen, woraus man schließen könnte, dass Letztere nicht aufzulösen seien. Der jetzige Wortlaut wurde durch das BiRiLiG geschaffen, das nur eine Änderung der Terminologie, nicht aber eine Änderung der materiellen Rechtslage herbeiführen wollte (s o 4 mwN). Da nach altem Recht auch satzungsmäßige Rücklagen aufzulösen waren, hat sich hieran nichts geändert56. Zum Verfahren der Auflösung satzungsmäßiger Rücklagen s u 45. Soweit die Gewinnrücklagen von Abs 2 erfasst werden, sind sie in vollem Umfang 39 aufzulösen. Eine Beschränkung auf 10 %, wie bei der gesetzlichen Rücklage und der Kapitalrücklage, besteht nicht. Der Zweck, zu dem diese Rücklagen gebildet wurden,

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Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 16; Adler/ Düring/Schmaltz6 § 231 AktG, 14; anders noch Schilling Voraufl 6. Baumbach/Hueck13 4; Hüffer9 13; MK/Oechsler 2 36; Spindler-Stilz/MarschBarner 2 12. Hüffer9 13; MK/Oechsler 2 36; KK/Lutter 2 33; MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 8; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 12; aA noch Schlegelberger/Quassowski3 § 183, 5; Hefermehl in Geßler/Hefermehl 12; Schilling Voraufl 8; KK/Lutter1 21, § 231, 4; wohl auch Baumbach/Hueck13 4.

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Hüffer9 13; KK/Lutter 2 34; Lutter/Hommelhoff/Timm BB 1980, 737, 740 f; MK/Oechsler 2 44; MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 10; aA Godin/Wilhelmi 4 5. Hüffer9 14; KK/Lutter 2 27; MK/Oechsler 2 39; MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 9. Hüffer9 14; KK/Lutter 2 27. Hüffer 9 14; KK/Lutter 2 27; MK/Oechsler 2 40; MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 9; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 16.

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§ 229

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

spielt bei der Frage des Bestehens der Auflösungspflicht ebenfalls keine Rolle. Daher ist beispielsweise eine Dividendenrücklage ebenso aufzulösen wie eine Rücklage zum Erwerb von Beteiligungen57.

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c) Verwendung eines Gewinnvortrags. Die vereinfachte Kapitalherabsetzung ist auch nicht zulässig, solange ein Gewinnvortrag (§ 266 Abs 3 A IV HGB) vorhanden ist (Abs 2 S 2). Das bedeutet, dass ein vorhandener Gewinnvortrag vollständig für die in Abs 1 aufgeführten Zwecke verwendet werden muss, bevor das Kapital in vereinfachter Form herabgesetzt werden darf. Das ist folgerichtig, denn der Gewinnvortrag bedeutet wirtschaftlich dasselbe wie eine Gewinnrücklage. Zur Beschlussfassung über die Verwendung des Gewinnvortrags s u 45.

41

d) Sonstige Reserven. Der Katalog in Abs 2 ist abschließend. Nicht aufzulösen sind daher die stillen Reserven58. Dies ergab der Umkehrschluss aus § 230 aF, der die aufzulösenden Rücklagen ausdrücklich als „offene“ bezeichnete. Da das BiRiLiG an dieser Rechtslage nichts ändern wollte (s o 4 mwN), gilt dies weiterhin. Auch Rückstellungen gemäß §§ 249, 266 Abs 3 B HGB fallen nicht unter den Auflösungszwang des Abs 2; dasselbe galt vor dem BilMoG für den früheren Sonderposten mit Rücklagenanteil gem § 247 Abs 3, 273 HGB aF59. Allerdings ist der Vorstand im Rahmen seiner Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung verpflichtet, zu überprüfen, ob die Rückstellungen noch benötigt werden60. Eigene Aktien sind nicht einzuziehen oder zu veräußern (s a 2)61.

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e) Weitere Grenzen neben Abs 2. Die Kapitalherabsetzung darf, sofern nicht zugleich eine Kapitalerhöhung beschlossen wird, nur bis zur Grenze des gesetzlichen Mindestgrundkapitals in § 7 bzw Art 4 Abs 2 SE-VO erfolgen. Soll die Kapitalherabsetzung dem Zweck dienen, Beträge in die Kapitalrücklage einzustellen, ist neben Abs 2 die Grenze des § 231 (zu Einzelheiten s dort) zu beachten. Betragen die gesetzliche Rücklage und die Kapitalrücklage bereits 10 % des Grundkapitals oder mehr, so kann die vereinfachte Kapitalherabsetzung nicht zu dem Zwecke erfolgen, Beträge in die gesetzliche Rücklage einzustellen62. Gleiches gilt, falls durch die Auflösung der anderen Rücklagen und Gewinnvorträge die Schwelle 10 % des Grundkapitals erreicht wird. Die Herabsetzung kann in diesen Fällen nur zum Ausgleich von Wertminderungen oder zur Deckung sonstiger Verluste beschlossen werden, und dies auch nur, wenn die gesetzliche Rücklage bis auf 10 % des Grundkapitals aufgelöst wird. Zum Erfordernis einer sachlichen Rechtfertigung der Kapitalherabsetzung s u 55 f). 3. Berechnung des Umfangs der Kapitalherabsetzung und Buchungen

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a) Kapitalherabsetzung zum Verlustausgleich. „Vorweg“ hat die Auflösung der Rücklagen zu erfolgen. Das bedeutet, dass zunächst einmal ermittelt werden muss, ob und welcher Kapitalherabsetzungsbedarf noch erforderlich ist, wenn die als Voraussetzung der vereinfachten Kapitalherabsetzung vorgeschriebene Auflösung der Rücklagen gesche-

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KK/Lutter 2 28. OLG Frankfurt AG 1989, 207, 208 m zust Anm Stützle WuB II A § 229 AktG 1.90; Hüffer 9 11; MK/Oechsler 2 45; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 19; differenzierend KK/Lutter 2 31. Hüffer 9 11; MK/Oechsler 2 45; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 19.

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KK/Lutter 2 29. MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 9; KK/Lutter 2 27 aE; Hüffer9 11; MK/Oechsler 2 39 aE; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 19. KK/Lutter 2 24 aE; Spindler-Stilz/MarschBarner 2 24.

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Voraussetzungen

§ 229

hen ist. Es ist folgende Berechnung durchzuführen: Zunächst ist der Betrag der Wertminderungen und der sonstigen Verluste, die ausgeglichen werden sollen, zu bestimmen. Da Verluste sich nicht exakt feststellen lassen, ist es ausreichend, dass der Betrag mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns ermittelt wird (s 23 f, 64 und § 232). Sodann ist festzustellen, in welcher Höhe Kapitalrücklagen und gesetzliche Rücklagen (soweit sie 10 % des bisherigen Grundkapitals übersteigen) zur Verfügung stehen. Decken diese die Verluste und Wertminderungen ab, besteht kein Bedarf für die Kapitalherabsetzung, so dass sie nach Abs 2 untersagt ist. Übersteigen die Verluste und Wertminderungen dagegen die Rücklagen, besteht in dieser Höhe Bedarf für eine Kapitalherabsetzung. In einem weiteren Schritt ist dann noch zu berücksichtigen, dass sich die Auflösung der gesetzlichen Rücklage und der Kapitalrücklage nach dem herabgesetzten Grundkapital bestimmt. Diese Berechnung muss der Hauptversammlung auf Nachfrage offen gelegt werden63. Hat sie auf Grundlage zutreffender Informationen die Kapitalherabsetzung beschlossen, so ist der Zweck der Vorschrift, eine zu hohe oder unnötige Kapitalherabsetzung zu vermeiden, erreicht. b) Kapitalherabsetzung zur Auffüllung der Kapitalrücklage. Soll die Kapitalherabset- 44 zung der Auffüllung einer zu geringen Kapitalrücklage dienen, ist zunächst zu berechnen, wie es sich auswirkt, wenn die Gewinnrücklagen aufgelöst und der Kapitalrücklage zugeführt werden. Nur wenn anschließend die Kapitalrücklage (zusammen mit der gesetzlichen Rücklage) noch unter der Schwelle von 10 % des herabgesetzten Grundkapitals liegt, ist eine Kapitalherabsetzung zulässig (s o 42). c) Buchungen. Die Auflösung der Rücklagen erfolgt durch entsprechende Umbuchun- 45 gen. § 150 Abs 4, der eine besondere Bilanz fordert, findet keine Anwendung (s o 37). Die Buchungen veranlasst der Vorstand. Allerdings ist die Auflösung satzungsmäßiger Rücklagen und die Verwendung eines Gewinnvortrags einem gesonderten Beschluss der Hauptversammlung vorbehalten64. Der dort notwendige Hauptversammlungsbeschluss wird in derselben Hauptversammlung wie die Kapitalherabsetzung gefasst, muss dieser aber vorangehen65. Wird er abgelehnt, ist die Kapitalherabsetzung von der Tagesordnung zu nehmen66. Die Auflösung der Rücklagen ist in den Büchern der Gesellschaft durch Berichtigung 46 der Rücklagenkonten kenntlich zu machen und in der nächsten Gewinn- und Verlustrechnung zu berücksichtigen. Eine unterjährige besondere Kapitalherabsetzungsbilanz ist vom Gesetz nicht gefordert67. Die aufgelösten Rücklagen müssen zweckentsprechend verwandt werden (§ 230 S 2 und 3). 4. Kapitalschnitt Die Verbindung einer Kapitalherabsetzung mit einer Kapitalerhöhung befreit die 47 Gesellschaft nicht von der Einhaltung der Vorschriften des Abs 2. Sie schützt vor allem die Aktionäre und dieser Schutz wird nicht durch eine gleichzeitige Kapitalerhöhung ent63 64

KK/Lutter 2 15. MK/Oechsler 2 43; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 20; zweifelnd in Bezug auf die Auflösung des Gewinnvortrags Busch in MarschBarner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG2, § 48, 10; anders noch Schilling Voraufl 12 (Auflösung ohne förmlichen Beschluss möglich).

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Hüffer 9 12; KK/Lutter 2 32. KK/Lutter 2 32; aA Spindler-Stilz/MarschBarner 2 20 (lediglich „sollte“). KK/Lutter 2 36; MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 11.

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§ 229

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

behrlich. Bei der Berechnung der 10-Prozent-Schwelle ist von dem herabgesetzten und nicht von dem anschließend wieder erhöhten Kapital auszugehen. Wird das Kapital zunächst unter den gesetzlichen Mindestbetrag herabgesetzt, ist für die Berechnung der 10-Prozent-Schwelle das gesetzliche Mindestkapital maßgeblich (s o 36). 5. Zwingende Natur des Abs 2, Anfechtbarkeit

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Die Vorschrift des Abs 2 ist zwingend; weder die Satzung noch die Hauptversammlung können also die Gesellschaft von der Einhaltung der gesetzlichen Beschränkungen entbinden. Ein gegen die Vorschriften verstoßender Hauptversammlungsbeschluss ist nicht nichtig, sondern nur anfechtbar, da er überwiegend im Interesse der Aktionäre gegebene Bestimmungen verletzt68. Der Registerrichter muss die Eintragung ablehnen, wenn Anfechtungsklage erhoben wurde; ist die Anfechtungsfrist ohne Klageerhebung abgelaufen, kann er die Eintragung ablehnen (s § 223, 22)69.

VI. Anwendung der Vorschriften über die ordentliche Kapitalherabsetzung (Abs 3) 1. Die Anwendung der §§ 222–224, 226–228

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a) Allgemeines. Abs 2 erklärt die § 222 Abs 1, 2 und 4, §§ 223, 224, 226-228 über die ordentliche Kapitalherabsetzung für sinngemäß anwendbar. Das Verfahren der vereinfachten Kapitalherabsetzung ist daher – mit Ausnahme des § 225 – das gleiche wie bei der ordentlichen Kapitalherabsetzung (s § 222, 9). In Abs 3 nicht erwähnt wird auch § 222 Abs 3; eine Bezugnahme auf diese Vorschrift war unnötig, denn ihr Inhalt findet sich in Abs 1 S 2 (s o 30 ff).

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b) Der Hauptversammlungsbeschluss. Die vereinfachte Kapitalherabsetzung stellt eine Satzungsänderung dar und wird durch die Hauptversammlung beschlossen. Bei der Einberufung der Hauptversammlung ist der Wortlaut des zu fassenden Beschlusses in die Bekanntmachung der Tagesordnung aufzunehmen (§ 124 Abs 2 S 2). Der Vorstand ist auf Nachfrage verpflichtet, der Hauptversammlung die Feststellung der Verluste und die Berechnung der Höhe des Herabsetzungsbetrags zu erläutern (s o 24, 43)70. Es bedarf einer Kapitalmehrheit von mindestens drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals sowie der einfachen Stimmenmehrheit. Die Satzung kann diese Kapitalmehrheit durch eine größere, nicht aber durch eine geringere Mehrheit ersetzen und weitere Erfordernisse bestimmen (s § 222, 10 ff; s a Vor § 222, 46 zu den besonderen Mehrheitserfordernissen für Finanzunternehmen, die staatliche Stützungsmaßnahmen in Anspruch genommen haben). Sie kann in diesem Rahmen für die vereinfachte Kapitalerhöhung auch andere Erfordernisse aufstellen als für die ordentliche Kapitalherabsetzung oder für die Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien. So kann sie bestimmen, dass nur für die vereinfachte Kapitalherabsetzung eine größere Kapitalmehrheit erforderlich ist, oder dass die vereinfachte Kapitalherabsetzung unter einen bestimmten Betrag des Grundkapitals einer erhöhten Mehrheit bedarf oder dass – über die gesetzlichen Vorgaben hinaus – Gläubigerschutzbestimmungen einzuhalten sind. Jedoch empfehlen sich solche Erschwerungen nicht, da sie eine dringend notwendige Kapitalherabsetzung auch 68

Ebenso Baumbach/Hueck13 4; Hüffer 9 12; aA Godin/Wilhelmi 4 7.

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Hüffer9 20. KK/Lutter 2 15.

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Voraussetzungen

§ 229

verhindern können. Da das Gesetz nur erhöhte Anforderungen an den Hauptversammlungsbeschluss erlaubt, ist eine Herabsetzung der Mehrheiten oder gar die Schaffung einer im Gesetz nicht vorgesehenen genehmigten Kapitalherabsetzung nicht zulässig (zu Reformüberlegungen s Vor § 222, 88)71. Die Vorschriften des § 222 Abs 2 über die getrennte Abstimmung bei Vorhandensein mehrerer Gattungen von Aktien gelten ebenfalls für die vereinfachte Kapitalherabsetzung (s § 222, 34 ff). Ein Sonderbeschluss ist selbst dann notwendig, wenn die Hauptversammlung die Kapitalherabsetzung einstimmig beschlossen hat (s § 222, 34 mwN)72. Die entsprechende Anwendung des § 222 Abs 4 bedeutet, dass die vereinfachte Kapitalherabsetzung, wie die ordentliche, nur durch Herabsetzung des Nennbetrages der Aktien oder durch Zusammenlegung der Aktien erfolgen kann, und dass Letztere nur zulässig ist, soweit der Mindestnennbetrag der Aktien unterschritten wird (s § 222, 46 ff), um die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre möglichst weitgehend zu schonen73. Den Inhaber von Genussrechten, Wandelschuldverschreibungen und Optionsanleihen steht kein Mitentscheidungs- oder Anfechtungsrecht zu (zu Einzelheiten s Vor § 222, 44 f, § 224, 15 ff)74. Wie bei der ordentlichen Kapitalherabsetzung ist es zulässig, die vereinfachte Kapitalherabsetzung bedingt zu beschließen. Die Hauptversammlung kann daher die vereinfachte Kapitalherabsetzung davon abhängig machen, dass der Verlust nicht durch freiwillige Zuzahlungen gedeckt wird. Sie kann seine genaue Höhe daran knüpfen, welchen Verlust ein Sachverständiger feststellt (s Vor § 222, 13 ff)75. Für die Bekanntmachung des Tagesordnungspunkts (vgl § 124 Abs 3) und später für den Inhalt des Beschlusses sind folgende Vorgaben zu beachten76: (1) Er muss erkennen lassen, dass es sich um eine vereinfachte Kapitalherabsetzung handelt (s o 30) und (2) zu welchem der erlaubten Zwecke sie erfolgt (s o 31 f). Nur dann ist für den Registerrichter erkennbar, ob die Gläubigerschutzvorschriften des § 225 gelten und ob in der Bekanntmachung der Eintragung die Gläubiger auf das Recht auf Sicherheitsleistung hinzuweisen sind. (3) Entsprechend anwendbar ist auch § 222 Abs 4 S 3: Der Beschluss muss die Art der Herabsetzung angeben, also ob die Kapitalherabsetzung durch Herabsetzung des Nennwertes oder durch Zusammenlegung oder teils durch die eine, teils durch die andere Art geschehen soll77. In Bezug auf die Inhalte des Beschlusses gilt das Gleiche wie bei der ordentlichen Kapitalherabsetzung. (4) Der Beschluss muss die Höhe der Kapitalherabsetzung beziffern oder – für den Fall des bedingten Beschlusses (s o 52) bestimmbar festlegen (zB einen Höchstbetrag)78. In letzterem Fall sollte zweckmäßigerweise dem Aufsichtsrat die Befugnis zur Anpassung der Satzung übertragen werden (§ 179 Abs 1 S 2). (5) Soll die Kapitalherabsetzung mit einer Kapitalerhöhung kombiniert werden, ist dies ebenfalls anzugeben. (6) Erfolgt eine Kapitalherabsetzung auf Null, ist bei börsennotierten Gesellschaften auf den Umstand hinzuweisen, dass die Börsennotierung der bisherigen Aktien endet. Zudem muss sich die Verwaltung äußern, ob sie für die neuen Aktien eine Zulassung beantragt (s Vor § 222, 54)79. Soll die Kapitalherabsetzung teils durch Herabsetzung des Nennwerts oder Zusammenlegung, teils durch Einziehung von Aktien (§§ 237 ff) erfolgen, was an sich zulässig 71 72 73 74 75 76

KK/Lutter 2 6. KK/Lutter 2 7. KK/Lutter 2 5. Ebenso MK/Oechsler 2 10. KK/Lutter 2 6. S a Werner § 124, 47.

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77 78 79

Hüffer9 19. Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 23; Heidel/ Terbrack3 31. Thomas Aktienrecht und Delisting, 2009, S 486.

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Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

ist, so sind die Vorschriften über die vereinfachte Kapitalherabsetzung mit ihren Erleichterungen auch nicht teilweise anwendbar 80. Es müssen vielmehr die Vorschriften über die Einziehung von Aktien befolgt werden (zu Einzelheiten s § 237 Abs 3–5).

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c) Sachliche Rechtfertigung. Der BGH hat in der „Sachsenmilch“-Entscheidung, die eine ordentliche Kapitalherabsetzung betraf, offen gelassen, ob eine vereinfachte Kapitalherabsetzung, bei der nicht alle Schulden getilgt werden, einer sachlichen Rechtfertigung bedarf, wenn nicht zugleich eine Kapitalerhöhung stattfindet81. Erfolgt die vereinfachte Kapitalherabsetzung durch Herabsetzung des Nennbetrags, werden die Mitgliedschaftsrechte der Aktionäre nicht geschmälert, so dass es keiner sachlichen Rechtfertigung der Kapitalherabsetzung bedarf (s § 222, 28 f). Gleiches gilt für den Fall, dass die Gesellschaft die vereinfachte Kapitalherabsetzung in Form der Zusammenlegung mit einer Kapitalerhöhung verbindet. Den Aktionären steht dann ein Bezugsrecht auf die neuen Aktien zu, so dass sie ihre Aktienteilrechte durch Zukauf von Spitzen zu einem neuen Vollrecht ergänzen können (s § 222, 28 f). Beschließt die Gesellschaft dagegen die vereinfachte Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien ohne gleichzeitige Wiedererhöhung des Kapitals (isolierte Kapitalherabsetzung), können Kleinaktionäre faktisch aus der Gesellschaft gedrängt werden. Dies ist vor allem dann wahrscheinlich, wenn sie aufgrund der tatsächlichen Verteilung der Aktien keine Möglichkeit zum Zukauf von Aktienspitzen haben. Die Gesellschaft muss daher bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien sachlich begründen, warum sie die Kapitalherabsetzung nicht mit einer angemessenen Wiedererhöhung des Grundkapitals verbindet82. Konsequenterweise wird man in diesem Fall auch einen Bericht des Vorstands analog § 186 Abs 4 fordern müssen83. Ein Teil des Schrifttums verlangt eine sachliche Rechtfertigung nur für den Fall, dass 56 die Kapitalherabsetzung von vornherein nicht ausreicht, um den Verlust zu decken84. Zwar kann man in einer solchen Konstellation zu Recht vermuten, dass die vereinfachte Kapitalherabsetzung von der Aktienmehrheit nur vorgeschützt wird, um die Kleinaktionäre aus der Gesellschaft zu drängen. Ein Schutz begrenzt auf diesen Fall erweist sich jedoch nicht als ausreichend. Denn selbst wenn die Verluste durch die Kapitalherabsetzung vollständig gedeckt werden, erleiden die Kleinaktionäre bei der Zusammenlegung von Aktien eine Beeinträchtigung ihrer Rechtsstellung, wenn die vereinfachte Kapitalherabsetzung ohne gleichzeitige Kapitalerhöhung durchgeführt wird. Daher ist bei jeder vereinfachten Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung sachlich zu rechtfertigen, warum keine gleichzeitige Kapitalerhöhung mit Bezugsrecht stattfindet. Diese hohe Hürde ist nicht zuletzt deshalb geboten, weil ausscheidende Aktionäre keinen Schutz genießen, sollte sich im Nachhinein herausstellen, dass die angenommenen Verluste geringer ausfallen (s § 232, 11)

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d) Anmeldung und Durchführung der Kapitalherabsetzung. Die Bestimmung des § 223 über die Anmeldung des Beschlusses ist sinngemäß anzuwenden. Der Vorstand der 80 81 82

KK/Lutter 2 8; MK/Oechsler 2 18. BGHZ 138, 71, 76 f = NJW 1998, 2054, 2056 „Sachsenmilch“. Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG2, § 48, 15, § 47, 12; KK/Lutter 2 17; MK/Oechsler 2 29; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 15; Becker in Bürgers/Körber § 222, 15; Geißler NZG 2000, 719, 724; Krieger ZGR 2000, 885, 895; Nat-

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terer AG 2001, 631, 633 ff; Thümmel BB 1998, 911, 912; wohl auch Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 21 f. AA Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 22, der dies nicht für zwingend, sondern nur für zweckmäßig hält. Hüffer9 § 222, 14; Heidel/Terbrack3 § 222, 31; K Schmidt/Lutter/Veil 2 4.

Stand: 31.12.2010

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Voraussetzungen

§ 229

AG bzw die vertretungsbefugten Komplementäre der KGaA – jeweils in vertretungsberechtiger Zahl – und der Vorsitzende des Aufsichtsrats melden daher den Kapitalherabsetzungsbeschluss zum Handelsregister an (zu Einzelheiten s § 223, 7). Der Registerrichter hat die Voraussetzungen der Eintragung auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen. Dient die vereinfachte Kapitalherabsetzung der Deckung von Verlusten, hat der Registerrichter zu prüfen, ob in Höhe des Herabsetzungsbetrags ein Verlust in vertretbarer Weise und mit der notwendigen Sorgfalt ermittelt wurde85. Weiterhin hat er das Vorliegen der Voraussetzungen des Abs 2 festzustellen, da diese auch im Interesse der Gläubiger bestehen. Dazu kann er die letzte Bilanz oder eine erstellte Zwischenbilanz heranziehen. Erlaubt diese keine ausreichende Information, kann er von den Anmeldenden weitere Unterlagen und Auskünfte verlangen86. Wurde gegen Abs 2 verstoßen oder fehlt die Zweckbestimmung, ist die Eintragung abzulehnen, da diese Vorgaben auch die Interessen der Gläubiger schützen. Dies gilt auch dann, wenn keine Anfechtungsklage erhoben wurde (s § 223, 22; zu den Folgen einer dennoch erfolgten Eintragung s o 31)87. Sollen Beträge in die Kapitalrücklage eingestellt werden, ist zudem die Einhaltung des § 231 zu prüfen88. Die vereinfachte Kapitalherabsetzung wird gemäß Abs 3 iVm § 224 mit ihrer Ein- 58 tragung wirksam. Das Gericht macht die Eintragung gemäß § 10 HGB bekannt. Da § 225 für die vereinfachte Kapitalherabsetzung nicht gilt, unterbleibt allerdings in der Bekanntmachung über die Eintragung der Hinweis, dass die Gläubiger, soweit sie nicht Befriedigung verlangen können, Sicherheitsleistung begehren können (s § 223, 26 und § 225, 61). Die Durchführung erfolgt durch Herabsetzung des Nennwerts und soweit erforderlich durch Zusammenlegung von Aktien. § 226 über die Kraftloserklärung und Zusammenlegung von Aktien ist anzuwenden. Sodann sind die entsprechenden Buchungen durchzuführen (s dazu § 240) und gemäß § 227 die Durchführung der Kapitalherabsetzung anzumelden89. e) Verbindung mit einer Kapitalerhöhung. Anzuwenden ist auch § 228 über Herab- 59 setzung unter den Mindestnennbetrag. Somit ist auch bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung eine Herabsetzung auf Null möglich, wenn es anschließend wieder bis zur Höhe des gesetzlichen Mindestkapitals aufgefüllt wird. Durch die Kapitalherabsetzung werden die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass anschließend die neuen Aktien nicht unter pari emittiert werden müssen. Die Verbindung von Kapitalherabsetzung und anschließender Kapitalerhöhung bietet sich nicht zuletzt auch wegen der in §§ 234, 235 vorgesehenen Erleichterung einer Rückwirkung des Kapitalschnitts an. (Zur Kapitalherabsetzung während der Liquidation und Insolvenz ausführlich § 222, 75 f). 2. Keine Anwendung des § 225 Die Gläubigerschutzbestimmungen des § 225 sind nicht anwendbar. Die Befreiung 60 von ihnen bildete auch einen besonderen Anlass zur Einführung der Kapitalherabsetzung in erleichterter Form durch die NotVO vom 6.10.1931 (s o 1). Insbesondere die Vorschrift des dreimaligen Gläubigeraufrufs barg oft eine psychologische Hemmschwelle für die Gesellschaften, von der vor der NotVO allein gegebenen Möglichkeit der ordentlichen Kapitalherabsetzung mit dem Zwang zur Anwendung der Gläubigerschutzvorschriften Gebrauch zu machen. Der Gläubigeraufruf war geeignet, die Gläubiger und 85 86 87

Hüffer9 20; KK/Lutter 2 43. Hüffer9 20; KK/Lutter 2 43. KK/Lutter2 43; Lutter NJW 1969, 1873 ff.

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88 89

Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 28; KK/Lutter 2 43. KK/Lutter 2 44.

Rolf Sethe

§ 229

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Dritte, aber auch die Aktionäre zu beunruhigen. Er hielt deshalb oft von der gebotenen Kapitalherabsetzung ab. Auch die bei der ordentlichen Kapitalherabsetzung vorgeschriebene Sicherheitsleistung für die sich meldenden Gläubiger wird gerade notleidenden Gesellschaften kaum möglich sein und deshalb ein Hindernis bilden, von der Herabsetzungsmöglichkeit Gebrauch zu machen. Diese Sicherheitsmaßregeln sind entbehrlich, wenn keine Rückzahlungen an die Aktionäre erfolgen. Die in § 229 Abs 2 und in den §§ 230, 232, 233 enthaltenen Gläubigerschutzvorschriften sind nach Ansicht des Gesetzgebers ausreichend (zur Kritik an diesen Vorstellungen s o 7 f). Teilweise wird vertreten, die Gesellschaft könne freiwillig die Vorgaben des § 225 ein61 halten mit der Folge, dass dann die für die vereinfachte Kapitalherabsetzung geltende Beschränkung des § 233 Abs 2 S 1 nicht anwendbar sei90. Diese Ansicht ist abzulehnen91, denn bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung erfolgt kein Gläubigeraufruf nach § 225 Abs 1 S 2; es ist also nicht gewährleistet, dass alle Gläubiger Kenntnis von der Kapitalherabsetzung haben. Im Übrigen spricht gegen ein solches Vorgehen auch die Gesetzessystematik, die von einer klaren Trennung beider Arten der Kapitalherabsetzung ausgeht und gerade keine Zwischenlösungen vorsieht oder zulässt.

VII. Rechtsfolgen eines fehlerhaften Beschlusses 62

Enthält der Beschluss keinen Hinweis darauf, dass es sich um eine vereinfachte Kapitalherabsetzung handelt, haben Vorstand und Registerrichter die Kapitalherabsetzung als ordentliche durchzuführen und § 225 anzuwenden (s o 30). Der Beschluss ist nach § 241 Nr 3 nichtig, wenn er zu keinem der in § 229 zugelasse63 nen Zwecke erfolgt, denn die Zweckbegrenzung ist gläubigerschützend92. Fehlt die nach Abs 1 S 2 notwendige Zweckbestimmung93, ist der Beschluss anfechtbar (s o 31). Auch ohne Anfechtung muss das Registergericht die Eintragung in das Handelsregister ablehnen (s o 57). Wird der Beschluss dennoch eingetragen, ist die Kapitalherabsetzung entgegen der hM als vereinfachte durchzuführen. Die frei werdenden Mittel sind auf einem Sonderkonto zu buchen. Die nächste Hauptversammlung entscheidet mit satzungsändernder Mehrheit über seine Verwendung im Rahmen der nach § 229 zulässigen Zwecke (s o 31). Erfolgte die Kapitalherabsetzung, um Verluste zu decken, lag aber erkennbar kein 64 Verlust vor oder war dieser zum Zeitpunkt der Beschlussfassung absehbar geringer als der Kapitalherabsetzungsbetrag, ist der Hauptversammlungsbeschluss lediglich anfechtbar (s o 23, 32 aE)94, denn Interessen der Gläubiger werden nicht berührt, da diese durch die §§ 230, 232, 233 geschützt werden. Anfechtbar ist der Beschluss auch, wenn die Einschätzung der Verwaltung über den Verlust unter keinem Gesichtspunkt kaufmännisch zu rechtfertigen ist und daher willkürlich erscheint (s o 23, 32)95. Beruhte dagegen eine Verlustprognose auf einer zutreffenden Einschätzung der Lage und stellt sich später heraus, dass die Verluste geringer ausfallen, ist der Beschluss nicht anfechtbar96; vielmehr ist der Buchertrag gemäß § 232 in die Kapitalrücklage einzustellen. 90 91 92

93 94

So KK/Lutter 2 46; Godin/Wilhelmi 4 8. Ebenso MK/Oechsler 2 9. MK/Oechsler 2 14; Becker in Bürgers/Körber 10, 21; ohne nähere Begründung aA Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 33. Hüffer9 23; KK/Lutter 2 42. Hüffer9 23; KK/Lutter 2 38; MünchHdBAG-

95 96

Krieger 3 § 61, 18; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 34. RGZ 72, 33, 37 f; RGZ 120, 363, 367; KK/Lutter 2 15, 39; Hüffer9 16. OLG Frankfurt AG 1989, 207, 208 m zust Anm Stützle WuB II A § 229 AktG 1.90; KK/Lutter 2 40.

Stand: 31.12.2010

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Verbot von Zahlungen an die Aktionäre

§ 230

Anfechtbar ist der Beschluss weiterhin, wenn der Beschluss auf unzureichender Infor- 65 mationsgrundlage beruht, weil der Vorstand zu Unrecht eine Auskunft über seine Feststellungen zu Grund und Höhe der Verluste verweigert hat (s o 24) oder seine ausnahmsweise bestehende Berichtspflicht (s o 55) nicht erfüllte. Wird gegen Abs 2 verstoßen, stellt dies ebenfalls nur einen Anfechtungsgrund dar und 66 begründet nicht die Nichtigkeit des Beschlusses (s o 48)97. Denn Abs 2 dient auch, aber nicht in erster Linie dem Schutze der Gläubiger. Der Registerrichter kann die Eintragung selbst dann ablehnen, wenn keine Anfechtungsklage erhoben wurde (s o 48)98. Im Falle eines Verstoßes gegen § 231 ist der Beschluss ebenfalls anfechtbar (s o 27)99. Gläubigerinteressen sind nicht betroffen, da die Auflösung der Kapitalrücklage nur im Wege des § 150 Abs 4 erfolgen darf. Den Inhaber von Genussrechten, Wandelschuldverschreibungen und Optionsanleihen 67 steht kein Anfechtungsrecht zu (zu Einzelheiten s Vor § 222, 44 f, § 224, 17 ff).

§ 230 Verbot von Zahlungen an die Aktionäre 1Die Beträge, die aus der Auflösung der Kapital- oder Gewinnrücklagen und aus der Kapitalherabsetzung gewonnen werden, dürfen nicht zu Zahlungen an die Aktionäre und nicht dazu verwandt werden, die Aktionäre von der Verpflichtung zur Leistung von Einlagen zu befreien. 2Sie dürfen nur verwandt werden, um Wertminderungen auszugleichen, sonstige Verluste zu decken und Beträge in die Kapitalrücklage oder in die gesetzliche Rücklage einzustellen. 3Auch eine Verwendung zu einem dieser Zwecke ist nur zulässig, soweit sie im Beschluß als Zweck der Herabsetzung angegeben ist.

Übersicht Rn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . . II. Zweck der Vorschrift . . . . . . . III. Die verbotene Verwendung (S 1) . 1. Die Reichweite des Verbots . . 2. Vom Verbot erfasste Zahlungen 3. Befreiung von der Einlagepflicht 4. Rechtsfolgen eines Verstoßes . .

. . . . . . .

. . . . . . .

. 1 . 2–4 . 5–12 . 5–7 . 8–9 . 10 . 11–12

Rn IV. Die vorgeschriebene und zweckgerechte Verwendung (S 2 und S 3) . . . . . . . 1. Inhalt des Gebotes nach S 2 . . . . 2. Angabe im Herabsetzungsbeschluss (S 3) . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsfolgen eines Verstoßes . . . .

. 13–16 . 13–14 . .

Schrifttum Vgl die Schrifttumsnachweise Vor § 222 und bei § 229.

97

Baumbach/Hueck13 4; Hüffer 9 23; KK/Lutter 2 37; MK/Oechsler 2 47; MünchHdBAGKrieger 3 § 61, 18; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 36; teilweise aA Godin/Wilhelmi 4 7.

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98 99

Hüffer9 20. Hüffer9 23; KK/Lutter 2 43; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 35.

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15 16

§ 230

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

I. Gesetzesgeschichte 1

Die Vorschrift entspricht, abgesehen von sprachlichen Änderungen, § 184 AktG 19371. Sie wurde 1985 durch BiRiLiG 2 geändert, um sie den Formulierungen in § 229 anzupassen: Die Worte „offene Rücklagen“ wurden durch „Kapital- und Gewinnrücklagen“ ersetzt. In S 2 wurde nach dem Wort „Beträge“ die Worte „in die Kapitalrücklage“ eingefügt.

II. Zweck der Vorschrift 2

§ 230 S 1 soll zusammen mit den §§ 232, 233 den Gläubigerschutz gewährleisten, nachdem die Vorschrift des § 225 bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung nicht anwendbar ist 3. Während § 229 Abs 1 vorschreibt, dass die vereinfachte Kapitalherabsetzung nur für die Zwecke beschlossen wird, für die sie bestimmt und zulässig ist, nämlich um Wertminderungen auszugleichen, sonstige Verluste zu decken oder Beträge in die Kapitalrücklage einzustellen, dient § 230 dem Gläubigerschutz im Stadium der Durchführung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses. Die frei werdenden Mittel dürfen nicht zu Zahlungen an die Aktionäre oder zu deren Befreiung von der Einlagepflicht verwendet werden. Sätze 2 und 3 dienen dem Gläubiger- und dem Aktionärsschutz4. Die Verwaltung darf die frei werdenden Beträge nur zu dem in § 229 Abs 1 vorgesehenen und im Kapitalherabsetzungsbeschluss niedergelegten Zweck verwenden. Der Schutz des Satzes 1 ist sehr weitreichend, denn er erfasst auch diejenigen frei wer3 denden Mittel, die letztendlich nicht zur Verlustdeckung benötigt werden, weil die Verluste geringer ausfallen als erwartet. S 1 stellt aber keinen Fall der Überregulierung dar, denn die Vorschrift will einen Anreiz setzen, dass die Verwaltung Verluste von vornherein realistisch einschätzt und nicht absichtlich zu groß bemisst, um Ausschüttungen an die Aktionäre vornehmen zu können. Zudem will die Vorschrift Manipulationen vorbeugen, indem sie auch die nach § 229 Abs 2 aufgelösten Rücklagen einbezieht. Denn ansonsten könnte die Verwaltung den Betrag der Kapitalherabsetzung zur Verlustdeckung nutzen und die aufgelösten Rücklagen an die Gesellschafter verteilen5. Die Vorschrift enthält ein Gebot und ein Verbot, das die Gesellschaft nach Eintritt der 4 Wirksamkeit der Kapitalherabsetzung zu befolgen hat. Die Vorgaben des § 230 stellen zwingendes Recht dar. Widersprechende Bestimmungen der Satzung oder des Herabsetzungsbeschlusses, durch welche die Schutzbestimmungen des Paragraphen aufgehoben oder eingeschränkt werden, sind nichtig, da sie gegen ein im Interesse der Gläubiger erlassenes Gesetz verstoßen (§ 241 Nr 3)6.

1

2

Kropff AktG 1965, S 321. Zur Geschichte der Kapitalherabsetzung im Allgemeinen s Vor § 222, 72 ff. Art 2 Nr 43 des Gesetzes zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts – Bilanzrichtlinien-Gesetz – v 19.12.1985, BGBl I 2355.

3 4

5 6

Hüffer 9 1. MK/Oechsler 2 11; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 1; aA Hüffer 9 1, 7 (nur Aktionärsschutz). KK/Lutter 2 6. Godin/Wilhelmi 4 5.

Stand: 31.12.2010

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Verbot von Zahlungen an die Aktionäre

§ 230

III. Die verbotene Verwendung (S 1) 1. Die Reichweite des Verbots Die Beträge, die aus der Auflösung der Rücklagen und aus der Kapitalherabsetzung 5 gewonnen werden, dürfen nicht zu Zahlungen an die Aktionäre und nicht dazu verwendet werden, die Aktionäre von der Verpflichtung zur Leistung von Einlagen zu befreien. Die Vorschrift dient dem Schutz der Kapitalerhaltung und ergänzt das allgemeine Ausschüttungsverbot des § 57. Die Bindung nach S 1 erfasst den gesamten Buchgewinn, der durch die Kapitalherabsetzung und die nach § 229 Abs 2 vorgeschriebene Auflösung der Rücklagen entsteht, also 1. den Kapitalherabsetzungsbetrag, 2. die aufgelösten Teile der gesetzlichen Rücklage und der Kapitalrücklage, 3. die aufgelösten Gewinnrücklagen und 4. die aufgelösten Gewinnvorträge. Letztere sind im Wortlaut von S 1 nicht ausdrücklich erwähnt, werden aber selbstverständlich miterfasst7, da die Vorschrift § 229 Abs 2 flankiert, der sie ausdrücklich regelt. Sonstige Maßnahmen, die anlässlich der Kapitalherabsetzung ergriffen werden, die aber nicht unter § 229 Abs 2 fallen, wie etwa die Auflösung stiller Reserven oder der Verlauf eigener Aktien, unterliegen nicht der Bindung nach § 2308. Erfasst werden jedoch nur tatsächlich aufgelöste Rücklagen und Gewinnvorträge; die 6 Beträge müssen also umgebucht worden sein9. Für den unwahrscheinlichen Fall eines Verstoßes gegen die Vorschrift des § 229 Abs 2, der weder angefochten noch vom Registerrichter beanstandet wird (s o § 229, 48), bedeutet dies für die Durchführung der Kapitalherabsetzung, dass die nicht aufgelösten Rücklagen und Gewinnvorträge auch nicht unter § 230 S 1 fallen. Hierfür spricht der Wortlaut der Vorschrift „Auflösung … gewonnen werden“. Zudem käme es zu Wertungswidersprüchen, wenn der Kapitalherabsetzungsbeschluss unanfechtbar wäre und dennoch die nicht aufgelösten Rücklagen zeitlich unbegrenzt gebunden wären. Nicht aufgelöste Rücklagen und Gewinnvorträge unterliegen daher nicht § 230, sondern weiterhin den allgemeinen für sie geltenden Schranken10. Das Verbot gilt sachlich unbeschränkt11. Es erfasst die frei werdenden Mittel, selbst 7 wenn der geschätzte Verlust später geringer ausfällt und nicht alle Mittel zur Verlustdeckung benötigt werden. Es erfasst aber auch den Fall, dass die Mittel gesetzeswidrig gar nicht zur Verlustdeckung benutzt werden12. Verboten ist auch die Zahlung einer Dividende aus gebundenen Mitteln. Nicht erfasst werden dagegen im normalen Geschäftsbetrieb erwirtschaftete Gewinne, für die allein die Schranke des § 233 gilt13. Nimmt man § 230 wörtlich, gilt das Verbot für die werbende Gesellschaft zeitlich unbeschränkt14; es ist jedoch im Zusammenhang mit § 232 zu sehen. Aus dem Zusammenspiel beider Vorschriften lassen sich vier Schlussfolgerungen ableiten: (1) § 230 geht in jedem Fall weiter als das Verbot des § 225 Abs 2, der die Zahlung und Befreiung nur so lange verbietet, bis das Sperrhalbjahr abgelaufen ist, und den Gläubigern, die sich rechtzeitig gemeldet haben, Befriedigung oder Sicherheit gewährt worden ist. (2) Das Verbot des § 230 S 1 kommt wegen seiner Bedingungslosigkeit und Fristlosigkeit auch denjenigen zugute, die erst nach der Kapitalherabsetzung Gläubiger der AG geworden sind. (3) Es

7 8 9 10 11

Hüffer 9 2; KK/Lutter 2 10; MK/Oechsler 2 6. MK/Oechsler 2 3. Hüffer9 2; KK/Lutter 2 11. KK/Lutter 2 11; MK/Oechsler 2 4. Hüffer 9 3.

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12 13 14

KK/Lutter 2 12. Becker in Bürgers/Körber 4; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 3. Hüffer 9 3; Becker in Bürgers/Körber 3.

Rolf Sethe

§ 230

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

gilt ab dem Moment, indem die Kapitalherabsetzung beschlossen wurde; es erfasst folglich jeden nachfolgenden Jahresabschluss. (4) Ein zeitliches Ende sieht das Gesetz nicht vor. Dieses ergibt sich allerdings aus § 232. Werden aus der Auflösung von Rücklagen und Gewinnvorträgen oder der Kapitalherabsetzung frei werdende Mittel nicht benötigt, sind sie nach § 232 in die Kapitalrücklage einzustellen. Ab diesem Zeitpunkt greifen die allgemeinen Beschränkungen des § 150 Abs 3 und 415. Die Mittel können daher auch zur Deckung anderer, nicht von § 232 erfasster Verluste eingesetzt werden. In einem solchen Fall greift allein die Schranke des § 233 Abs 2 S 1. 2. Vom Verbot erfasste Zahlungen

8

Verboten sind Zahlungen an die Aktionäre, dh solche Zahlungen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Aktionäre geleistet werden16. Nicht verboten sind Zahlungen, die aufgrund von Rechtsverhältnissen nichtgesellschaftsrechtlicher Art, zB für Warenlieferungen oder Dienstleistungen, bewirkt werden (gewöhnliche Austauschgeschäfte)17. Handelt es sich um Zahlungen auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage, so trifft das Verbot unmittelbare und mittelbare Zahlungen, seien es Kapital-(Einlage-)rückzahlungen oder Gewinnzahlungen, Letztere soweit sie dadurch möglich werden, dass die durch die Auflösung der Rücklagen und die Kapitalherabsetzung frei werdenden Beträge nicht zu dem in § 229 Abs 1 bezeichneten Zwecke verwendet werden. Erfasst ist auch die Ausgabe von Gratisaktien und dem Aktionär gewährte marktunübliche Vergütungen für Waren oder Dienstleistungen18. Das Verbot gilt auch, wenn in späteren Bilanzjahren solche Zahlungen geleistet werden sollen19. Auch freie Rücklagen, die später als Gewinn ausgeschüttet werden können, dürfen aus den durch die Kapitalherabsetzung gewonnenen Beträgen nicht gebildet werden. Das Verbot gilt auch dann, wenn die Beschränkungen des § 233 eingehalten werden20. Seinem Ziele entsprechend, einen Missbrauch der vereinfachten Kapitalherabsetzung zu verhindern, ist das Verbot weit auszulegen21. Unter Zahlungen sind nicht nur Geldleistungen zu verstehen. Das Verbot ist auch 9 verletzt, wenn Sachleistungen bewirkt oder Forderungen der Gesellschaft gegen den Aktionär aus Drittgeschäften erlassen werden und dadurch im Ergebnis eine Rückzahlung bewirkt wird22. 3. Befreiung von der Einlagepflicht

10

Dass die gewonnenen Beträge auch nicht zur Befreiung der Aktionäre von Einlageverpflichtungen verwendet werden dürfen, ist die notwendige Ergänzung des Zahlungsverbotes. § 230 S 1 stellt ein gesetzliches Verbot iSd § 134 BGB dar. Entsprechende Vereinbarungen der Gesellschaft mit den Aktionären sind nichtig. Die Einlageverpflichtung bleibt somit in voller Höhe bestehen, obwohl als Folge der Kapitalherabsetzung die Aktienurkunde auf einen geringeren Betrag lauten kann als der Einlagepflicht entspricht. Hierin zeigt sich ein wesentlicher Unterschied gegenüber der ordentlichen Kapitalherabsetzung, deren Zweck auf Rückzahlung eines Teiles des Grundkapitals und Befreiung der Aktionäre von der Einlagepflicht gerichtet sein kann. 15

16 17

MK/Oechsler 2 9, § 232, 13; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 4; Heidel/Terbrack3 § 232, 2; aA offenbar KK/Lutter 2 12. KK/Lutter 2 16. Hüffer9 3; KK/Lutter 2 16 aE; K Schmidt/Lutter/Veil 2 3.

18 19 20 21 22

KK/Lutter 2 16. MK/Oechsler 2 8. MünchHdBAG-Krieger3 § 61, 20. Ebenso MK/Oechsler 2 8; SpindlerStilz/Marsch-Barner 2 3. Baumbach/Hueck13 3.

Stand: 31.12.2010

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Verbot von Zahlungen an die Aktionäre

§ 230

4. Rechtsfolgen eines Verstoßes Der gesetzlichen Vorschrift zuwiderlaufende Zahlungen an die Aktionäre sind verbo- 11 tene Zahlungen im Sinne des § 6223. Sie begründen die Haftung der Empfänger gegenüber der Gesellschaft und den Gesellschaftsgläubigern. Die Haftung besteht nicht, soweit die Aktionäre die Beträge in gutem Glauben als Gewinnanteile oder Zinsen erhalten haben (§ 62 Abs 1 S 2). Die verbotenen Zahlungen begründen auch eine Schadensersatzpflicht von Vorstand und Aufsichtsrat nach §§ 93, 11624. Befreiungen der Aktionäre von der Einlagepflicht, die gegen § 230 verstoßen, sind nach § 134 BGB nichtig25. Wird die gläubigerschützende Vorschrift des § 230 S 1 bei Aufstellung des Jahresab- 12 schlusses verletzt, indem die Buchgewinne als Gewinn ausgewiesen werden, ist der Jahresabschluss nach § 256 Abs 1 Nr 1 nichtig26. Ein darauf beruhender Gewinnverwendungsbeschluss ist nach § 241 Nr 3 und § 253 nichtig27.

IV. Die vorgeschriebene und zweckgerechte Verwendung (S 2 und S 3) 1. Inhalt des Gebotes nach S 2 Die durch die Auflösung der Rücklagen und aus der Kapitalherabsetzung gewonne- 13 nen Beträge dürfen nach S 2 nur zum Ausgleich von Wertminderungen, zur Deckung von sonstigen Verlusten und zur Einstellung von Beträgen in die Kapitalrücklage verwendet werden. Die Vorschrift stellt klar, zu welchem Zwecke der sich aus der Auflösung der Rücklagen und der Kapitalherabsetzung ergebende Buchgewinn zu verwenden ist, und verbietet, ihn zu irgendeinem anderen Zwecke zu verwenden. Sie ergänzt die Regelung des § 229 Abs 2 und unterwirft die frei werdenden Mittel einer § 150 Abs 3 und 4 vergleichbaren Bindung. Die Mittel dürfen nur verwendet werden 1. zu den Abschreibungen, die durch Wert- 14 minderungen veranlasst sind, 2. zur Deckung sonstiger Verluste jeder Art, zB von solchen aus einzelnen unvorteilhaften Geschäften, aber auch zur Deckung eines bilanzmäßigen Jahresverlustes oder eines Verlustvortrages früherer Jahre, oder eines in der Entwicklung begriffenen Verlustes, 3. zur Einstellung in die Kapitalrücklage und gesetzliche Rücklage, soweit dies nicht durch § 231 verboten ist. Erweisen sich die angenommenen Verluste als geringer, ist der überschüssige Betrag nach § 232 zu verwenden. 2. Angabe im Herabsetzungsbeschluss (S 3) Auch eine Verwendung der aus der Auflösung der Rücklagen und der Kapitalherab- 15 setzung gewonnenen Beträge zu einem oder mehreren der in § 229 Abs 1 genannten Zwecke ist nach S 3 nur zulässig, soweit sie im Beschluss als Zweck der Herabsetzung angegeben sind. Der gewonnene Betrag darf nur zu diesem Zwecke verwendet werden. Der Verwaltung steht kein Ermessensspielraum zu (s o § 229, 29).

23 24 25 26

Geißler NZG 2000, 719, 723; KK/Lutter 2 17; MK/Oechsler 2 10. KK/Lutter 2 17. KK/Lutter 2 17; MK/Oechsler 2 10. Becker in Bürgers/Körber 6; Hüffer 9 4; KK/Lutter 2 15; MünchHdBAG-Krieger3

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27

§ 61, 21; MK/Oechsler 2 10; K Schmidt/Lutter/Veil 2 4. Becker in Bürgers/Körber 6; Hüffer 9 4; MünchHdBAG-Krieger3 § 61, 21; MK/Oechsler 2 10.

Rolf Sethe

§ 231

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

3. Rechtsfolgen eines Verstoßes

16

Verwendet die Verwaltung die Buchgewinne zu einem anderen als dem von der Hauptversammlung beschlossenen Zweck und ist dieser Zweck an sich erlaubt, verletzt die Verwaltung ihre Pflichten aus S 2 und 3. Dies begründet eine Schadensersatzpflicht von Vorstand und Aufsichtsrat nach §§ 93, 11628. Eine zweckwidrige Verwendung macht den Jahresabschluss fehlerhaft. Da S 2 und 3 jedoch überwiegend die Belange der Aktionäre schützen, ist der Abschluss aber weder nichtig (§ 256) noch anfechtbar (§ 257 Abs 1 S 2)29. Liegt jedoch nicht nur ein Verstoß gegen S 2 und/oder 3 vor, sondern zugleich ein solcher gegen S 1, tritt die Nichtigkeitsfolge ein (s o 12)30.

§ 231 Beschränkte Einstellung in die Kapitalrücklage und in die gesetzliche Rücklage 1Die

Einstellung der Beträge, die aus der Auflösung von anderen Gewinnrücklagen gewonnen werden, in die gesetzliche Rücklage und der Beträge, die aus der Kapitalherabsetzung gewonnen werden, in die Kapitalrücklage ist nur zulässig, soweit die Kapitalrücklage und die gesetzliche Rücklage zusammen zehn vom Hundert des Grundkapitals nicht übersteigen. 2Als Grundkapital gilt dabei der Nennbetrag, der sich durch die Herabsetzung ergibt, mindestens aber der in § 7 bestimmte Mindestnennbetrag. 3Bei der Bemessung der zulässigen Höhe bleiben Beträge, die in der Zeit nach der Beschlußfassung über die Kapitalherabsetzung in die Kapitalrücklage einzustellen sind, auch dann außer Betracht, wenn ihre Zahlung auf einem Beschluß beruht, der zugleich mit dem Beschluß über die Kapitalherabsetzung gefaßt wird. Übersicht I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . . . . . . II. Zweck der Vorschrift . . . . . . . . . . . III. Höchstbetrag der Rücklagendotierung (S 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Rn

Rn

1–2 3

IV. Höhe des Grundkapitals (S 2) . . . . . . 6–7 V. Die außer Betracht bleibenden Beträge (S 3) 8 VI. Rechtsfolgen eines Verstoßes . . . . . . . 9

4–5

Schrifttum Vaupel/Reers Kapitalerhöhungen bei börsennotierten Aktiengesellschaften in der Krise, AG 2010, 93; vgl im Übrigen die Schrifttumsnachweise Vor § 222 und bei § 229.

I. Gesetzesgeschichte 1

Die Vorschrift entsprach, abgesehen von sprachlichen Änderungen, § 186 AktG 19371. Sie wurde bewusst vor § 232 (früher § 185) eingefügt, die Reihenfolge der beiden Paragraphen also vertauscht, um dadurch deutlicher zum Ausdruck zu bringen, dass das 28 29

Hüffer 9 7; KK/Lutter 2 20; MK/Oechsler 2 11, 13. Becker in Bürgers/Körber 10; Hüffer 9 7; MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 21; MK/Oechsler 2 11, 13.

30 1

Hüffer 9 7; KK/Lutter 2 21. Kropff AktG 1965, S 321. Zur Geschichte der Kapitalherabsetzung im Allgemeinen s Vor § 222, 72 ff.

Stand: 31.12.2010

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Beschränkte Einstellung in die Kapitalrücklage und in die gesetzliche Rücklage

§ 231

Verbot des § 231 S 1 nicht für den Fall des § 232 gilt2. Was § 231 nämlich verbietet, gebietet § 232 gerade. Dieser scheinbare Widerspruch ergibt sich daraus, dass § 231 bei den vor der Kapitalherabsetzung anzustellenden Berechnungen zu beachten ist, während § 232 dem Fall Rechnung trägt, dass sich nach der Kapitalherabsetzung ein niedrigerer als der angenommene Verlust herausstellt. Die Vorschrift wurde 1985 durch BiRiLiG3 geändert, um sie den Formulierungen in 2 § 229 anzupassen. Die sprachliche Qualität der Norm wurde dabei nicht gerade verbessert4.

II. Zweck der Vorschrift Die Vorschrift regelt den Fall, dass die vereinfachte Kapitalherabsetzung dazu dient, 3 Beträge in die Kapitalrücklage einzustellen. Sie erfasst also nicht den Fall, dass die Kapitalherabsetzung zur Verlustdeckung erfolgt 5. § 231 bezweckt den Schutz der Aktionäre6 und will verhindern, dass das Kapital herabgesetzt wird, um die Rücklagen über den durch § 150 Abs 2 vorgeschriebenen Satz von 10 % des Grundkapitals hinaus aufzufüllen. Denn der damit verbundene Eingriff in die Mitgliedschaft wäre unverhältnismäßig7. Allerdings kann es durchaus Situationen geben, in denen die Höchstgrenze sanierungsfeindlich ist, weshalb eine Abschaffung der Grenze vorgeschlagen wurde8.

III. Höchstbetrag der Rücklagendotierung (S 1) S 1 der Vorschrift begrenzt die Rücklagendotierung. Eine Kapitalherabsetzung zur 4 Auffüllung von gesetzlicher Rücklage und Kapitalrücklage ist nur zulässig, soweit diese zusammen nicht bereits zehn von Hundert des Grundkapitals erreichen. Die Grenze von 10 % ist auch dann maßgeblich, wenn die Satzung gem § 150 Abs 2 einen höheren Prozentsatz für Rücklagen vorsieht (s § 229, 36). Die Vorschrift ist schon bei Ermittlung der Höhe der erforderlichen Kapitalherabsetzung zu berücksichtigen und von der Hauptversammlung bei ihrer Beschlussfassung über die Kapitalherabsetzung zu beachten (s § 229, 42). Der Regelungsgehalt der Norm erschließt sich nicht auf den ersten Blick. Sie enthält drei Vorgaben: (1) Erreichen bereits vor der Kapitalherabsetzung die gesetzliche Rücklage und die Kapitalrücklage zusammen 10 % des herabgesetzten Grundkapitals, ist die Kapitalherabsetzung zum Zwecke der Rücklagendotierung von vornherein ausgeschlossen9. (2) Erreichen die gesetzliche Rücklage und die Kapitalrücklage diese Schwelle nicht, ist zu prüfen, ob die nach § 229 Abs 2 vorzunehmende Auflösung der anderen Rücklagen und Gewinnvorträge dazu führt, dass die Schwelle erreicht wird. Auch in diesem Fall ist die Kapitalherabsetzung zum Zwecke der Rücklagendotierung nicht möglich10. (3) Wird auch auf diese Weise die Schwelle nicht erreicht, ist die Kapi-

2 3

4

Kropff AktG 1965, S 321. Art 2 Nr 44 des Gesetzes zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts – Bilanzrichtlinien-Gesetz – v 19.12.1985, BGBl I 2355. Kritisch auch Hüffer 9 1.

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5 6 7

8 9 10

Becker in Bürgers/Körber 1; MK/Oechsler 2 5. Hüffer 9 1; KK/Lutter 2 4. Heidel/Terbrack3 1; Hüffer 9 1; KK/Lutter 2 3 f; MK/Oechsler2 1; Spindler-Stilz/MarschBarner 2 1; K Schmidt/Lutter/Veil 2 1. Vaupel/Reers AG 2010, 93, 103 f. MK/Oechsler 2 6. Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 1.

Rolf Sethe

§ 231

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

talherabsetzung zum Zwecke der Rücklagendotierung in dem Umfang zulässig, um den die gesetzlichen Rücklagen und die Kapitalrücklage (nach Auflösung der anderen Rücklagen und Gewinnvorträge) die 10 %-Schwelle unterschreiten11. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung ist die Beschlussfassung der Hauptversammlung; auf den Zeitpunkt der Eintragung des Beschlusses kommt es nicht an12. Die Beträge, die aus der Auflösung von anderen Rücklagen gewonnen werden, sind in die gesetzliche Rücklage, die Beträge aus der Kapitalherabsetzung in die Kapitalrücklage zu buchen. S 1 begrenzt die Rücklagendotierung nur im Zusammenhang mit einer vereinfachten Kapitalherabsetzung; werden andere Gewinnrücklagen im Rahmen der regulären Gewinnverwendung aufgelöst und in die gesetzliche Rücklage gebucht, greift die Schranke des § 231 nicht ein13. Der Wortlaut der Vorschrift „andere Gewinnrücklagen“ ist ungenau. Ebenso wie bei 5 § 229 (s § 229, 38) liegt ein Redaktionsversehen vor. Gemeint sind natürlich nicht nur die Rücklagen nach § 266 Abs 3 A III Nr 4 HGB, sondern auch die satzungsmäßigen Rücklagen (§ 266 Abs 3 A III Nr 3 HGB). Würde man sie nicht erfassen, ergäbe sich gegenüber dem früheren Recht eine Änderung, die der Gesetzgeber des BiRiLiG gerade nicht beabsichtigt hatte (s § 229, 4 mwN). Die satzungsmäßigen Rücklagen sind daher ebenfalls aufzulösen und in die gesetzliche Rücklage zu buchen, bevor eine Kapitalherabsetzung erlaubt ist14.

IV. Höhe des Grundkapitals (S 2) 6

Als Grundkapital gilt der Nennbetrag, der sich durch die Herabsetzung ergibt, mindestens aber der in § 7 bestimmte Mindestnennbetrag. Entsprechendes gilt über § 278 Abs 3 für die KGaA. Bei der SE beträgt das Mindestgrundkapital 120.000 € (Art 4 Abs 2 SE-VO). Der Höchstsatz von 10 % bemisst sich nach dem Grundkapital, das sich nach der Herabsetzung ergibt15. Die gesetzliche Rücklage und die Kapitalrücklage sollen eine gewisse Mindesthöhe 7 nicht unterschreiten, wie auch § 150 Abs 2 belegt. Aus diesem Grund bestimmt § 231 S 2, dass der in § 7 bestimmte Mindestnennbetrag des Grundkapitals für die Berechnung der 10 % auch dann maßgebend ist, wenn an sich das Grundkapital durch die Herabsetzung tatsächlich unter die gesetzliche Mindestgrenze sinkt, um anschließend wieder erhöht zu werden (s § 229, 36, 47 mwN auch zur früher vertretenen aA). Die zulässige Rücklage ist also so hoch, als wäre das Kapital nur bis zum gesetzlichen Mindestgrundkapital herabgesetzt worden.

V. Die außer Betracht bleibenden Beträge (S 3) 8

Bei Bemessung der zulässigen Höhe von 10 % bleiben Beträge, die in der Zeit nach der Beschlussfassung über die Kapitalherabsetzung nach § 150 Abs 2 in die Kapitalrücklage einzustellen sind, auch dann außer Betracht, wenn ihre Zahlung auf einem Beschluss beruht, der zugleich mit dem Beschluss über die Kapitalherabsetzung gefasst wird. Diese Bestimmung zielt einmal auf den Fall ab, dass gleichzeitig mit der Kapitalherabsetzung 11 12 13

Hüffer 9 3; MK/Oechsler 2 6. Hüffer 9 3; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 7. Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 3.

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15

Hüffer 9 4; MK/Oechsler 2 4; enger offenbar Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 3, der die satzungsmäßigen Rücklagen nicht erwähnt. Hüffer 9 5; KK/Lutter 2 5.

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Beschränkte Einstellung in die Kapitalrücklage und in die gesetzliche Rücklage

§ 231

eine Kapitalerhöhung oder die Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen zu einem Ausgabekurs über pari beschlossen wird. Weiterhin gemeint ist der Fall, dass in Verbindung mit der Kapitalherabsetzung Vorzugsrechte an Aktionäre gegen Zuzahlungen gewährt werden. Das Aufgeld (Agio) und die Zuzahlungen sind in die Kapitalrücklage einzustellen (§ 272 Abs 2 Nr 1 HGB). Diese Beträge sollen bei der Berechnung der zulässigen Höhe der Kapitalrücklage außer Betracht bleiben, obwohl es sich um Maßnahmen im Zusammenhang mit der Kapitalherabsetzung handelt. Im Umkehrschluss lässt sich aus S 3 ableiten, dass alle anderen Maßnahmen, die nicht in sachlichem Zusammenhang mit der Kapitalherabsetzung stehen, folglich zu berücksichtigen sind. Dies gilt zunächst für zeitlich frühere Maßnahmen, also solche, die vor der Hauptversammlung, in der die Kapitalherabsetzung beschlossen wurde, ergriffen wurden16. Einzubeziehen sind aber auch Zuweisungen an die Rücklagen in der gleichen Hauptversammlung, sofern diese nicht in unmittelbarem sachlichen Zusammenhang mit dem Kapitalschnitt stehen. Wird also in der gleichen Hauptversammlung die Bilanz festgestellt (§ 173) und enthält diese Zuweisungen an die Kapitalrücklage, werden diese nach § 231 einberechnet17. Auf die Reihenfolge der Beschlussgegenstände in der Hauptversammlung kommt es nicht an. Andernfalls ließe sich der Schutz des § 231 leicht aushebeln.

VI. Rechtsfolgen eines Verstoßes Ein Kapitalherabsetzungsbeschluss verstößt gegen § 231, wenn der Herabsetzungs- 9 betrag zuzüglich der nach § 229 Abs 2 aufzulösenden Rücklagen höher als nötig ist, um die Kapitalrücklage und die gesetzliche Rücklage auf 10 % des nach der Herabsetzung verbleibenden Grundkapitals aufzufüllen. Da die Vorschrift – anders als § 232 – dem Schutz der Aktionäre dient, kommt nur Anfechtbarkeit des Kapitalherabsetzungsbeschlusses in Betracht (s § 229, 64), nicht seine Nichtigkeit (§ 241)18. Anfechtbar ist der Beschluss aber auch nur dann, wenn der Verstoß im Zeitpunkt der Beschlussfassung erkennbar war. Stellt sich erst nachträglich heraus, dass die Herabsetzung unnötig hoch war, so kommt eine Anfechtung nicht in Frage (s § 229, 64). In diesem Fall greift § 232 ein. War der Fehler dagegen von vornherein erkennbar, ist der Beschluss anfechtbar. Wird er ausnahmsweise nicht angefochten (oder vom Registerrichter beanstandet), ist nun der überschießende Betrag analog § 232 in die Kapitalrücklage einzustellen (ausführlich s u § 232, 14 f). Ein gegen § 231 verstoßender Jahresabschluss ist nichtig (§ 256 Abs 1 Nr 4), sofern nicht analog § 232 verfahren worden ist19.

16 17 18

KK/Lutter 2 6. KK/Lutter 2 6. Baumbach/Hueck13 3; Godin/Wilhelmi 4 3; Hüffer 9 7; KK/Lutter 2 7; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 8.

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Adler/Düring/Schmaltz 6 § 231 AktG, 24; Hüffer 9 7; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 8.

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§ 232

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

§ 232 Einstellung von Beträgen in die Kapitalrücklage bei zu hoch angenommenen Verlusten Ergibt sich bei Aufstellung der Jahresbilanz für das Geschäftsjahr, in dem der Beschluß über die Kapitalherabsetzung gefaßt wurde, oder für eines der beiden folgenden Geschäftsjahre, daß Wertminderungen und sonstige Verluste in der bei der Beschlußfassung angenommenen Höhe tatsächlich nicht eingetreten oder ausgeglichen waren, so ist der Unterschiedsbetrag in die Kapitalrücklage einzustellen.

Übersicht Rn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . . . . II. Zweck und Adressat der Vorschrift . . III. Voraussetzungen für die Einstellung in die Kapitalrücklage . . . . . . . . . . 1. Die beiden Anwendungsfälle . . .

. .

1 2–3

. .

4–11 4–6

Rn 2. Maßgeblicher Zeitraum 3. Die Rechtsfolgen . . . IV. Folgen eines Verstoßes . . V. Analoge Anwendung . . .

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. . . .

. 7–9 . 10–11 . 12–13 . 14–16

Schrifttum Vgl die Schrifttumsnachweise Vor § 222 und bei § 229.

I. Gesetzesgeschichte 1

Die Vorschrift wurde gegenüber der Vorläufernorm des § 185 AktG 1937 erweitert. Sie erfasst nun nicht nur den Fall, dass sich in den beiden folgenden Geschäftsjahren herausstellt, dass die Wertminderungen oder Verluste sich als zu hoch herausstellen, sondern auch den Fall, dass dies bereits im laufenden Geschäftsjahr festgestellt wird1. Zur Klarstellung wurde zudem die Reihenfolge der Regelungen des § 231 (früher § 186) und des § 232 (früher § 185) vertauscht (s § 231, 1). Die Vorschrift des § 231 findet auf § 232 demnach keine Anwendung2. Hierfür spricht auch der Sinn und Zweck des § 232 (dazu sogleich), der vereitelt würde, wenn überschüssige Beträge nur bis zur 10 Prozent Schwelle in die Kapitalrücklage eingestellt und darüber hinaus ausgeschüttet werden dürften. Die Vorschrift wurde 1985 durch BiRiLiG 3 geändert, um sie den Formulierungen in § 229 anzupassen („Kapitalrücklage“ statt „gesetzliche Rücklage“).

II. Zweck und Adressat der Vorschrift 2

Die Vorschrift betrifft nur die Kapitalherabsetzung zum Zwecke des Ausgleichs von Wertminderungen oder Verlusten, nicht aber auch zur Dotierung der Kapitalrücklage (zur analogen Anwendung s u 14 ff). Die Norm trägt der Tatsache Rechnung, dass die 1

2

Kropff AktG 1965, S 322. Zur Geschichte der Kapitalherabsetzung im Allgemeinen s Vor § 222, 72 ff. Heidel/Terbrack3 4; Hüffer9 6; MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 22; MK/Oechsler 2 4; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 3.

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Art 2 Nr 45 des Gesetzes zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts – Bilanzrichtlinien-Gesetz – v 19.12.1985, BGBl I 2355.

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Einstellung von Beträgen in die Kapitalrücklage

§ 232

Ermittlung der Höhe der erforderlichen Kapitalherabsetzung auf einer Prognoseentscheidung beruht, denn der Vermögensstand der Gesellschaft lässt sich im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Kapitalherabsetzung oft nicht genau feststellen. Zwar bestünde die Möglichkeit, die Kapitalherabsetzung bedingt zu beschließen (s Vor § 222, 13 ff und § 222, 23) und im Beschluss anzuordnen, dass die Herabsetzung nur bis zu einem bestimmten Betrage erfolgen soll, dh nur eine Höchstgrenze festzusetzen und die endgültige Höhe erst nachträglich zu bestimmen. Dann kann jedoch der Herabsetzungsbeschluss auch erst zu dem Zeitpunkt angemeldet werden, zu dem der Betrag endgültig feststeht. Der damit verbundene zeitliche Nachteil wird vermieden, wenn der Betrag der Herabsetzung sofort festgelegt wird. Fehleinschätzungen werden dann durch die Vorschrift des § 232 berichtigt. Weiterhin berücksichtigt § 232 den Umstand, dass eine vereinfachte Kapitalherabsetzung auch dazu dienen kann, drohende Verluste auszugleichen. Stellen sich diese später als geringer heraus, muss der überschüssige Buchgewinn zum Schutze der Gläubiger gebunden sein, damit er nicht an die Aktionäre verteilt werden kann. In allen Fällen, in denen sich die Kapitalherabsetzung zu den im Gesetz und Herabsetzungsbeschluss angegebenen Zwecken ganz oder teilweise als nicht erforderlich erweist, legt die Norm den mit der Aufstellung der Jahresbilanzen betrauten Organen die Verpflichtung auf, die nicht benötigten Beträge in die Kapitalrücklage einzustellen. Zudem enthält die Vorschrift ein präventives Element, denn überhöhte Verlustannahmen können nicht dazu genutzt werden, § 57 zu umgehen und Ausschüttungen zu ermöglichen, da überschüssige Beträge in jedem Fall in die Kapitalrücklage einzustellen sind4. § 232 ergänzt also die Vorschriften des § 229 Abs 1 und des § 230 über die Zulässig- 3 keit der vereinfachten Kapitalherabsetzung und die Verwendung der aus ihr gewonnenen Beträge. Er soll – ebenso wie § 230 – gewährleisten, dass die gewonnenen Beträge nur zu den in § 229 und § 230 bezeichneten Zwecken verwendet werden, und dass die zu diesen Zwecken nicht benötigten Beträge nicht von der Bindung zugunsten der Gesellschaftsgläubiger befreit werden. Die Vorschrift bezweckt daher vor allem5 den Schutz der Gläubiger 6. Die Kapitalherabsetzung kann zwar nicht mehr rückgängig gemacht werden, nachdem sie einmal wirksam geworden ist. Durch die Einstellung in die Kapitalrücklage wird aber erreicht, dass das Kapital weiter zur Sicherung der Gesellschaftsgläubiger insofern gebunden ist, als es künftig nur zum Ausgleich von Wertminderungen, zur Deckung von sonstigen Verlusten oder zur Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln verwendet werden darf (vgl § 150 Abs 3 und 4)7.

III. Voraussetzungen für die Einstellung in die Kapitalrücklage 1. Die beiden Anwendungsfälle Die Einstellung in die Kapitalrücklage hat in zwei Fällen zu geschehen: (1) wenn 4 Wertminderungen und sonstige Verluste in der bei der Beschlussfassung angenommenen Höhe tatsächlich nicht eingetreten sind oder (2) wenn sie zwar eingetreten waren, aber zwischenzeitlich wieder ausgeglichen sind. Der erste Fall liegt vor, wenn tatsächlich Wertminderungen oder sonstige Verluste überhaupt nicht oder in geringerer Höhe entstanden waren, wenn also ein solcher Eintritt zu Unrecht als geschehen angenommen

4 5

MK/Oechsler 2 2; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 2; Heidel/Terbrack3 3. S a unten 10.

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6 7

BGHZ 119, 305, 322 = NJW 1993, 57, 61 „Klöckner“; Hüffer 9 1; MK/Oechsler 2 1. MünchHdBAG-Hoffmann-Becking 2 § 43, 5.

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§ 232

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

wurde. Dies würde zB zutreffen, wenn der wirkliche Wert sich nicht vermindert hätte, die Annahme der Wertminderung somit auf einer falschen Auffassung über die wirklichen Werte beruhte, oder wenn zu Unrecht angenommen wurde, dass ein Schuldner zahlungsunfähig sei. Der zweite Fall könnte gegeben sein, wenn zwar eine Wertminderung eingetreten war, aber (im Zeitpunkt des Herabsetzungsbeschlusses, s u 6) wieder eine Werterhöhung erfolgt oder ein Vermögensstück zu einem höheren Preise veräußert worden ist, oder wenn ein zahlungsunfähiger Schuldner wieder zahlungsfähig geworden ist. Die Begriffe „eingetreten“ und „ausgeglichen“ meinen, dass der Verlust bzw sein Ausgleich im Jahresabschluss tatsächlich bilanziert werden; es reicht nicht aus, dass er nur prognostiziert wird8. Auszugehen ist dabei nicht von der Wertminderung eines einzelnen Gegenstandes 5 oder einem Einzelverlust oder einer Ausgleichung in dieser Richtung. Wie der Wortlaut der Vorschrift belegt (nicht „angenommene Verluste“, sondern „Verluste in der angenommenen Höhe“), sind vielmehr die Wertminderungen und Verluste und deren Ausgleichung in ihrer Einwirkung auf den Vermögensstand in seiner Gesamtheit ins Auge zu fassen. Sind einzelne Wertminderungen und Verluste und deren Ausgleichung zu hoch, andere zu gering angenommen, so hat ein gegenseitiger Ausgleich stattzufinden9. Einzubeziehen sind daher alle Bilanzposten. Nur soweit dabei sich eine unrichtige Vorstellung über den Vermögensstand im Ganzen ergab und deshalb ein zu hoher Herabsetzungsbedarf angenommen wurde, muss eine Einstellung in die Kapitalrücklage erfolgen10. Anlässlich der Aufstellung des Jahresabschlusses für das laufende Geschäftsjahr und 6 die beiden folgenden Geschäftsjahre ist jeweils eine fiktive Bilanz zu erstellen. Für sie maßgebend ist der Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Kapitalherabsetzung. Stellt sich heraus, dass die bei der Beschlussfassung über die Kapitalherabsetzung angenommenen Verluste zu hoch waren oder ausgeglichen wurden, sind überschüssige Beträge in die Kapitalrücklage einzustellen11. Nicht zu beachten sind dagegen Verluste oder Gewinne, die zeitlich nach der Beschlussfassung über die Kapitalherabsetzung eingetreten sind; diese Veränderungen begründen weder eine Verpflichtung zu einer Einstellung in die Kapitalrücklage, noch können sie umgekehrt die Gesellschaft von der Verpflichtung zur Einstellung befreien. Nachträglich entstandene Verluste und Gewinne sind so zu behandeln, wie wenn keine Kapitalherabsetzung stattgefunden hätte12. Solche Verluste sind wie jeder andere Verlust zu decken, schmälern also die künftigen Gewinne und können Anlass für eine weitere Kapitalherabsetzung sein; nachträgliche Ausgleichungen sind nicht der Kapitalrücklage zuzuweisen, sondern können den verteilbaren Gewinn erhöhen; insoweit greift allein die Schranke des § 23313. 2. Maßgeblicher Zeitraum

7

Die Einstellung des Unterschiedsbetrags in die Kapitalrücklage hat nur zu erfolgen, wenn sich die Unrichtigkeit anlässlich der Aufstellung der Jahresbilanz für das Geschäftsjahr des Herabsetzungsbeschlusses (Zeitpunkt der Eintragung ist unmaßgeblich) oder für die zwei folgenden Geschäftsjahre ergibt. Stellt sie sich erst später heraus, so muss eine

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MK/Oechsler 2 9; Heidel/Terbrack3 11. Hüffer 9 3; KK/Lutter 2 5; MK/Oechsler 2 6; MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 23; Hirte FS Claussen, 1997, 115, 121 f; teilweise aA Adler/Düring/Schmaltz 6 § 232 AktG, 10. KK/Lutter 2 5.

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Godin/Wilhelmi 4 4; Baumbach/Hueck13 3; KK/Lutter 2 6; MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 24. Baumbach/Hueck13 3; Hüffer 9 4; KK/Lutter 2 6; MK/Oechsler 2 6 f. KK/Lutter 2 7.

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Einstellung von Beträgen in die Kapitalrücklage

§ 232

Einstellung in die Kapitalrücklage nicht erfolgen. Sie kann aber unter den gleichen Voraussetzungen geschehen, unter denen auch sonst freiwillige Einstellungen über die gesetzliche Verpflichtung hinaus zulässig sind. Ergibt sich die Unrichtigkeit erst bei der Aufstellung der Jahresbilanz für das erste 8 oder zweite Geschäftsjahr, so hat die Einstellung nur in die Bilanz dieses Jahres zu erfolgen. Die Bilanz vorangegangener Jahre bleibt unberührt14. Auch können aufgrund der früheren Bilanz erfolgte Zahlungen nicht zurückgefordert werden. Unter Aufstellung der Jahresbilanz verstehen die §§ 170 ff diejenige Tätigkeit des Vor- 9 standes und Aufsichtsrats, die der Feststellung des Jahresabschlusses vorhergeht, also die die Feststellung vorbereitende Tätigkeit. Vorstand und Aufsichtsrat haben schon bei dieser Aufstellung der Bilanz für die Berichtigung von Fehlern durch entsprechende Einstellung von Rücklagen in den Bilanzentwurf zu sorgen. Im Sinne von § 232 ist aber „unter Aufstellung der Jahresbilanz“ auch die Feststellung der Bilanz selbst durch den Vorstand und Aufsichtsrat oder durch die Hauptversammlung (§§ 172, 173) zu verstehen. Denn bei dieser Feststellung ist die Richtigkeit des Bilanzentwurfs, insbesondere auch die Notwendigkeit von Einstellungen in die Kapitalrücklage zu prüfen. Erst durch die Feststellung des Jahresabschlusses wird die Bilanz zur Grundlage für das weitere Leben der Gesellschaft, insbesondere auch für die Geschäftsführung des Vorstandes, und für die Gewinnverteilung. Hat der Jahresabschluss aus irgendeinem Grunde keinen Bestand, weil er nichtig oder mit Erfolg angefochten ist, und stellt sich bei erneuter Aufstellung und Feststellung derselben erst die Unrichtigkeit der dem Kapitalherabsetzungsbeschluss zugrunde liegenden Annahmen über Verluste und deren Ausgleich heraus, so muss ebenfalls die Einstellung in die Kapitalrücklage erfolgen. 3. Die Rechtsfolgen Der Unterschiedsbetrag ist in die Kapitalrücklage (§ 266 Abs 3 A II HGB) einzustel- 10 len und als außerordentlicher Ertrag aus Kapitalherabsetzung auszuweisen15. In der GuV ist der Betrag gesondert auszuweisen (§ 240 S 2). Die Einstellung in die Kapitalrücklage darf nicht deshalb unterbleiben, weil die Rücklage bereits 10 % des Grundkapitals erreicht oder übersteigt, da § 232 der entsprechenden Regelung des § 231 vorgeht (s o 1). § 231 steht nicht entgegen. Diese Vorschrift ist überwiegend im Interesse der Aktionäre erlassen, während § 232 die Gläubiger dagegen schützen will, dass Grundkapital an die Aktionäre ausgeschüttet wird. Die Vorschrift des § 232 geht daher vor (vgl auch § 231, 1). Sie muss unter allen Umständen eingehalten werden. Ihre Einhaltung kommt aber auch den Aktionären zugute. Sie bietet ihnen einen gewissen Ersatz für die mit der Herabsetzung des Grundkapitals einhergehende Minderung ihrer Aktionärsrechte. Allerdings kommt dieser Ersatz nur den noch vorhandenen und den neuen Aktio- 11 nären zugute, während diejenigen Aktionäre, die aufgrund der Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien ausgeschieden sind, leer ausgehen. Wurde keine vertragliche Abrede zu ihrem Schutze getroffen, was nur höchst selten der Fall sein dürfte, da in einer Sanierungssituation die Verhandlungsmacht der bisherigen Aktionäre gering ist16, stellt sich die Frage, ob und ggf wie die wegen der Kapitalherabsetzung ausgeschiedenen Aktionäre an dem unerwarteten Überschuss zu beteiligen sind. Eine Kapitaler-

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Hüffer 9 5; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 6. Hüffer 9 6; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 8.

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Dies verkennt Hirte FS Claussen, 1997, 115, 123 ff, der zum Abschluss einer solchen Vereinbarung rät.

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§ 232

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

höhung aus Gesellschaftsmitteln kommt nicht in Betracht, denn die neuen Aktien stehen gerade nur den in der Gesellschaft verbliebenen Aktionären zu (§ 212). Zur Lösung könnte man die Rechtsprechung des BGH im Klöckner-Urteil heranziehen, der Genussrechtsinhabern einen Anspruch auf schuldrechtliche Teilhabe an dem Überschussbetrag zuerkannt hat (s § 224, 22)17. Würde man auch Aktionären einen solchen Anspruch gewähren, träte dieser in Konflikt zum Gläubigerschutz, denn bei einer vereinfachten Kapitalherabsetzung soll es gerade nicht zu einer Ausschüttung an die Aktionäre – auch nicht an Ehemalige – kommen. Das Kapital soll gebunden bleiben, um die Reduktion des Grundkapitals soweit als möglich zu kompensieren. In diesem Fall müssen daher auch die Interessen der ehemaligen Aktionäre als Eigenkapitalgeber hinter denen der Gläubiger zurücktreten18. Sie werden ausreichend geschützt, da die vereinfachte Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien einer sachlichen Rechtfertigung bedarf, wenn sie ohne gleichzeitige Kapitalerhöhung erfolgt (s § 229, 55 f)19. Ansonsten können sie über das Bezugsrecht ihren Anteil an der Gesellschaft halten und profitieren damit auch von der Kapitalrücklage. Ausgeschiedenen Altaktionären steht allein bei einer schuldhaften Fehleinschätzung der Verlusthöhe ein Schadensersatzanspruch gegen die Gesellschaft zu (s § 224, 22), wobei diese beim Vorstand Regress nehmen kann.

IV. Folgen eines Verstoßes 12

Erfolgt die Einstellung in die Kapitalrücklage nicht nach der angegebenen Vorschrift, so ist der Jahresabschluss nichtig; denn er verletzt eine Vorschrift, die überwiegend im Interesse der Gläubiger gegeben ist (§ 256 Abs 1 Nr 1 und 4)20. Der auf ihm beruhende Gewinnverteilungsbeschluss ist gem § 253 Abs 1 nichtig 21. Die Nichtigkeit kann durch Fristablauf geheilt werden (§§ 256 Abs 6, 253 Abs 1 S 2). Die aufgrund eines nach § 232 nichtigen Jahresabschlusses ausgeführten Zahlungen 13 an die Aktionäre begründen Erstattungsansprüche der Gesellschaft und der Gläubiger nach § 62 und Schadensersatzansprüche gegen Vorstand und Aufsichtsrat nach §§ 93, 116 22.

V. Analoge Anwendung 14

Die Vorschrift erfasst ihrem Wortlaut nach nur Fallgestaltungen, bei denen sich im Nachhinein herausstellt, dass der für die Verlustdeckung notwendige Betrag zu hoch geschätzt wurde. Sie wird aber zu Recht auch auf den Fall analog angewendet, dass die Verwaltung von vornherein erkennbar die Verluste zu hoch schätzt und der Beschluss wirksam wird. An sich ist ein solcher Kapitalherabsetzungsbeschluss anfechtbar. Wird er ausnahmsweise aber nicht angefochten (oder vom Registerrichter beanstandet), haben die Aktionäre faktisch auf den Schutz ihrer Rechtsstellung verzichtet; um in dieser Situation den Gläubigerschutz sicherzustellen und zu verhindern, dass der Überschussbetrag

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So die Überlegungen von Hirte FS Claussen, 1997, 115, 126 f, der aber den Fall untersucht, dass bereits bei der Kapitalherabsetzung über die Höhe der Verluste gestritten wird. Im Ergebnis auch Hüffer9 8.

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MK/Oechsler 2 16. Godin/Wilhelmi 4 3; Baumbach/Hueck13 4; Hüffer 9 7; MK/Oechsler 2 14; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 9. Hüffer 9 7; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 9. Hüffer 9 7; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 9.

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Gewinnausschüttung. Gläubigerschutz

§ 233

ausgeschüttet wird, ist er analog § 232 in die Kapitalrücklage einzustellen 23. Die teilweise24 aus Gründen des Aktionärsschutzes diskutierte Pflicht zu einer Rückgängigmachung der Kapitalherabsetzung durch den actus contrarius, also eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln, ist nicht praktikabel25, da sie die Gesellschaft faktisch auf längere Zeit lähmt. Wenn die Aktionäre schon den Kapitalherabsetzungsbeschluss nicht anfechten, werden sie sich schwer tun, eine Hauptversammlung einzuberufen, um eine Kapitalerhöhung zu beschließen. Zudem ist die Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln wegen § 212 auch nicht geeignet, anlässlich der Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien ausgeschiedenen Aktionären zu helfen. Schließlich ist zu bedenken, dass sich neue sanierungswillige Gesellschafter nur schwer finden lassen werden, wenn das Risiko besteht, eine soeben erlangte Aktienmehrheit später wieder zu verlieren. Die Analogie kommt nicht nur bei Kapitalherabsetzungen zum Zwecke des Verlust- 15 ausgleichs, sondern auch bei solchen zum Zweck der Dotierung der Rücklagen zum Tragen26. Die angeführten Gründe gelten sinngemäß. Schließlich kommt die Vorschrift zur Anwendung, wenn für erwartete Verluste aus 16 Mitteln der Kapitalherabsetzung Rückstellungen gebildet wurden, diese aber nicht mehr benötigt werden, weil die Verluste nicht eintreten27. Zum Schutz von Genussrechtsinhabern s Vor § 222, 44 f, § 224, 22.

§ 233 Gewinnausschüttung. Gläubigerschutz (1) 1Gewinn darf nicht ausgeschüttet werden, bevor die gesetzliche Rücklage und die Kapitalrücklage zusammen zehn vom Hundert des Grundkapitals erreicht haben. 2Als Grundkapital gilt dabei der Nennbetrag, der sich durch die Herabsetzung ergibt, mindestens aber der in § 7 bestimmte Mindestnennbetrag. (2) 1Die Zahlung eines Gewinnanteils von mehr als vier vom Hundert ist erst für ein Geschäftsjahr zulässig, das später als zwei Jahre nach der Beschlußfassung über die Kapitalherabsetzung beginnt. 2Dies gilt nicht, wenn die Gläubiger, deren Forderungen vor der Bekanntmachung der Eintragung des Beschlusses begründet worden waren, befriedigt oder sichergestellt sind, soweit sie sich binnen sechs Monaten nach der Bekanntmachung des Jahresabschlusses, auf Grund dessen die Gewinnverteilung beschlossen ist, zu diesem Zweck gemeldet haben. 3Einer Sicherstellung der Gläubiger bedarf es nicht, die im Fall des Insolvenzverfahrens ein Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus einer Deckungsmasse haben, die nach gesetzlicher Vorschrift zu ihrem Schutz errichtet und staatlich überwacht ist. 4Die Gläubiger sind in der Bekanntmachung nach § 325 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs auf die Befriedigung oder Sicherstellung hinzuweisen. 23

24 25 26

Adler/Düring/Schmaltz 6 § 232 AktG, 4; Becker in Bürgers/Körber 7 f; Heidel/Terbrack3 6, 14; Hüffer 9 8; KK/Lutter 2 4, 12; MK/Oechsler 2 10; MünchHdBAG-Krieger3 § 61, 26; K Schmidt/Lutter/Veil 2 6; SpindlerStilz/Marsch-Barner 2 10. Hirte FS Claussen, 1997, 115, 123. Im Ergebnis auch Hüffer 9 8. Becker in Bürgers/Körber § 231, 7; Heidel/

(191)

27

Terbrack3 6, 15, § 231, 9; Hüffer 9 8, § 231, 7; KK/Lutter 2 § 231, 7; MK/Oechsler 2 11, § 231, 10; MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 27; K Schmidt/Lutter/Veil 2 § 231, 4; SpindlerStilz/Marsch-Barner 2 § 231, 8. BGHZ 119, 305, 321 f = NJW 1993, 57, 61 „Klöckner“; Hüffer 9 8; MK/Oechsler 2 12; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 10.

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§ 233

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

(3) Die Beträge, die aus der Auflösung von Kapital- und Gewinnrücklagen und aus der Kapitalherabsetzung gewonnen sind, dürfen auch nach diesen Vorschriften nicht als Gewinn ausgeschüttet werden.

Übersicht Rn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . . . . II. Zweck der Vorschrift . . . . . . . . . III. Das Verbot der Gewinnausschüttung vor Auffüllung der Rücklagen (Abs 1) 1. Inhalt des Verbots (S 1) . . . . . . 2. Beginn und Ende des Verbots . . . 3. Berechnung der Quote . . . . . . IV. Die Begrenzung der Gewinnausschüttung (Abs 2) . . . . . . . . . . . . .

. .

Rn

1 2

1. 2. 3. 4.

Umfang der Begrenzung . . . . . . 13–14 Dauer der Begrenzung . . . . . . . 15 Beginn der Begrenzung . . . . . . . 16–19 Ausnahme von der Begrenzung (Abs 2 S 2 bis 4) . . . . . . . . . . 20–22 V. Das Ausschüttungsverbot des Abs 3 iVm § 230 S 1 . . . . . . . . . . . . . . . . 23 VI. Rechtsfolgen eines Verstoßes . . . . . . 24

. 3–12 . 3–8 . 9–10 . 11–12 . 13–22

Schrifttum Vgl die Schrifttumsnachweise Vor § 222 und bei § 229.

I. Gesetzesgeschichte 1

Die Vorschrift entsprach § 187 AktG 1937. Aus rechtsstaatlichen Gründen wurde allerdings die in Abs 2 enthaltene Ermächtigung, wonach der Reichswirtschaftsminister im Einvernehmen mit dem Reichsminister der Justiz einen höheren Dividendensatz als 4 % festsetzen konnte, gestrichen1. 1985 passte der Gesetzgeber des BiRiLiG 2 sie an die neuen Formulierungen in § 229 und im geänderten HGB an. 1994 erfolgte die Anpassung von Abs 2 S 3 an die Formulierungen des neuen Insolvenzrechts 3. Schließlich wurde 2006 in Abs 2 S 4 der Verweis auf „§ 325 Abs 1 Satz 2 oder Abs 2 Satz 1“ durch „§ 325 Abs 2“ ersetzt4.

II. Zweck der Vorschrift 2

Die Vorschrift enthält die zentrale Gläubigerschutzbestimmung für die vereinfachte Kapitalherabsetzung. Sie ist einerseits enger, andererseits weiter als § 230. Während § 230 allgemein Zahlungen aus den aufgelösten Rücklagen und Gewinnvorträgen an die Aktionäre verbietet, gleichgültig, ob es sich um Rückzahlung von Einlagen oder um Ausschüttung von Gewinn handelt, beschränkt § 233 Abs 1 und 2 nur die Ausschüttung von Gewinn. Sie stellt aber gerade nicht darauf ab, woher der Gewinn stammt, greift also 1

2

Kropff AktG 1965, S 322. Zur Geschichte der Kapitalherabsetzung im Allgemeinen s Vor § 222, 72 ff. Art 2 Nr 46 des Gesetzes zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts – Bilanzrichtlinien-Gesetz – v 19.12.1985, BGBl I 2355.

3

4

Art 47 Nr 8 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung (EGInsO) v 5.10.1994, BGBl I 2911, in Kraft getreten zum 1.1.1999. Art 9 Nr 11 des Gesetzes über das elektronische Handelsregister und Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) v 10.11.2006, BGBl I 2553.

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Gewinnausschüttung. Gläubigerschutz

§ 233

auch dann ein, wenn er nicht durch die Kapitalherabsetzung entstanden oder rechnerisch möglich geworden ist, sondern erst später entstanden ist 5. Aus § 233 ergibt sich eine dreifache Beschränkung der Gewinnausschüttung: (1) Unzulässig ist nach Abs 1 eine Ausschüttung, ehe die Kapitalrücklage und gesetzliche Rücklage zusammen 10 % des nach § 233 Abs 1 S 2 maßgebenden Grundkapitals betragen. (2) Werden die Rücklagen bereits in den ersten beiden Jahren nach der Kapitalherabsetzung auf diesen Wert aufgefüllt, beschränkt Abs 2 die Ausschüttung auf 4 %, es sei denn, dass die Gesellschaft bestimmte Gläubigerschutzbestimmungen erfüllt, die inhaltlich den Vorgaben des § 225 entsprechen. Mit dieser Regelung gibt der Gesetzgeber zu erkennen, dass er im Falle der Ausschüttung von über 4 % davon ausgeht, dass tatsächlich kein Sanierungsfall vorlag und daher an sich die Gläubigerschutzvorschriften der ordentlichen Kapitalherabsetzung anzuwenden gewesen wären6. (3) Abs 3 stellt klar, dass neben den in Abs 1 und 2 enthaltenen Gläubigerschutzbestimmungen § 230 gilt, der bestimmt, dass die aus der Kapitalherabsetzung und der Auflösung der Rücklagen gewonnenen Beträge nicht zu Zahlungen an die Aktionäre, auch nicht in Form von Gewinnen, verwendet werden dürfen. Die Vorschrift stellt einen Kompromiss zwischen den Interessen der Gläubiger und denen der Aktionäre dar7: Da die Gläubiger nicht in den Genuss des umfangreichen Schutzes des § 225 kommen, müssen die Aktionäre eine Beschränkung der Gewinnzahlungen hinnehmen. Sie stehen sich damit aber immer noch besser als ohne die Kapitalherabsetzung, denn diese ermöglicht einen Jahresüberschuss, der ohne die Reduktion des Grundkapitals nicht oder nicht in dieser Höhe entstanden wäre.

III. Das Verbot der Gewinnausschüttung vor Auffüllung der Rücklagen (Abs 1) 1. Inhalt des Verbots (S 1) Gewinn darf erst ausgeschüttet werden, wenn die Kapitalrücklage und die gesetzliche 3 Rücklage wieder auf zusammen 10 % des Grundkapitals aufgefüllt worden sind; als Grundkapital gilt dabei der Nennbetrag, der sich durch die Herabsetzung ergibt, mindestens aber der in § 7 (bzw bei der SE der in Art 4 Abs 2 SE-VO) bestimmte Mindestbetrag. Die zwingende Ausschüttungssperre des § 233 Abs 1 will im Interesse der Gläubiger dafür sorgen, dass die gesetzliche Rücklage möglichst bald wieder auf die nach § 150 Abs 2 anzustrebende Höhe gebracht wird. Mit Gewinnausschüttung ist jede Zahlung der Gesellschaft an ihre Gesellschafter 4 gemeint, denen keine Gegenleistung gegenübersteht 8. Von der Beschränkung der Zahlung des Gewinnanteils nach Abs 1 wie nach Abs 2 sind dementsprechend nur Zahlungen an Aktionäre als Gewinn auf ihre Aktien betroffen, nicht dagegen Zahlungen an Inhaber von Schuldverschreibungen oder sonstige Beteiligte am Gewinn (zB stille Gesellschafter), mögen die Zahlungen auch in einem Anteil am Reingewinn bestehen. Das gleiche gilt in Bezug auf Genussrechte9, soweit sie an den festgestellten Gewinn der Gesellschaft gekoppelt sind. Richten sie sich dagegen nach dem ausgeschütteten Gewinn, werden die Genussrechte faktisch von dem Verbot des Absatzes 1 erfasst10.

5 6 7 8

KK/Lutter 2 3. MK/Oechsler 2 2. KK/Lutter 2 3. MK/Oechsler 2 5.

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9 10

Enger noch Schilling Voraufl 4, der aktienähnliche Genussscheine ausnahm. Hüffer 9 3; KK/Lutter 2 8.

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§ 233

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

5

Das Verbot erfasst auch die vertragliche Pflicht zur Gewinnabführung aufgrund eines Gewinnabführungsvertrags11. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass der aus dem Gewinnabführungsvertrag Berechtigte den Pflichten zur Rücklagenbildung und Verlustübernahme nach §§ 300 Abs 1 Nr 1, 302 unterliegt12. Denn die Vorschrift des § 300 Abs 1 Nr 1 ersetzt allein die Vorschrift des § 150 Abs 2. Da § 233 Abs 1 aber § 150 Abs 2 vorgeht, muss dies auch im Verhältnis zu § 300 gelten. Zudem stellt § 233 nicht auf das Ausmaß der Gläubigergefährdung ab, so dass es gerade nicht darauf ankommen kann, dass die Gläubiger bei einem Gewinnabführungsvertrag nicht gefährdet werden13. Nicht dem Abs 1 unterliegen dagegen Gewinngemeinschaften (§ 292 Abs 1 Nr 1) und Teilgewinnabführungsverträge (§ 292 Abs 1 Nr 2), sofern die Gesellschaft aufgrund dieses Vertrags eine angemessene Gegenleistung erhält14. Die Vorschrift verbietet allein der Gesellschaft, Zahlungen an ihre Gesellschafter zu leisten; sie erfasst daher keine Zahlungen an die Gesellschafter, die von dritter Seite erfolgen (zB Zahlungen des herrschenden Unternehmens aufgrund einer Dividendengarantie nach § 304 Abs 2 S 2)15. Auf welche Weise die 10 %-Schwelle erreicht wird, ist gleichgültig. Die Bestimmung 6 des § 231 S 3, dass nach der Kapitalherabsetzung in die Kapitalrücklage eingestellte Beträge bei der Bemessung der zulässigen Höhe außer Betracht bleiben, ist im Falle des § 233 Abs 1 nicht anwendbar. § 233 Abs 1 sagt nur, dass Gewinn nicht ausgeschüttet werden darf, bevor die gesetz7 liche Rücklage und die Kapitalrücklage zusammen 10 % des Grundkapitals erreicht haben. Damit ist nicht gesagt, dass aller Reingewinn diesen Rücklagen zugeführt werden muss, bis die Grenze überschritten ist. Unterbleibt eine Zuführung an sich vorhandener Gewinne (zB, indem der Gewinn in die Gewinnrücklagen eingestellt, zu einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln genutzt oder auf neue Rechnung vorgetragen wird), wird die Zulässigkeit der Gewinnausschüttung an die Aktionäre faktisch auf ein späteres Jahr verschoben16. Das Verbot der Gewinnzahlung des Abs 1 gilt ohne Ausnahme. Es ist auch nicht, wie 8 im Falle des Abs 2 eine Befreiung dadurch möglich, dass den Gesellschaftsgläubigern Befriedigung oder Sicherheit gewährt wird17. Es wirkt deshalb auch zugunsten derjenigen Personen, die erst nach der Kapitalherabsetzung Gläubiger der Gesellschaft geworden sind. 2. Beginn und Ende des Verbots

9

Hier wie im Falle des Abs 2 muss eine Kapitalherabsetzung erfolgen, dh sie muss im Sinne des § 224 durch Eintragung des Herabsetzungsbeschlusses wirksam geworden sein18. Eine bloße Auflösung der Rücklagen nach § 229 Abs 2 als Vorbereitung der Kapitalherabsetzung genügt noch nicht. Andererseits kommt es auch nicht darauf an, ob die Kapitalherabsetzung bereits durchgeführt worden ist. Nach dem maßgebenden Zeitpunkt des Wirksamwerdens kann eine Gewinnausschüttung weder wirksam beschlossen, noch darf sie ausgeführt werden. War die Ausschüttung schon vor dem Beschluss über

11 12

13 14

Godin/Wilhelmi 4 3; KK/Lutter 2 9; Hefermehl in Geßler/Hefermehl 9; Hüffer 9 3. Anders aber MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 30; MK/Oechsler 2 6; Geißler NZG 2000, 719, 723. So aber MK/Oechsler 2 6. KK/Lutter 2 9; MK/Oechsler 2 5.

15 16 17 18

RGZ 147, 42; Hüffer 9 3; KK/Lutter 2 18; MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 30. Hüffer 9 2; KK/Lutter 2 6; MK/Oechsler 2 9. Baumbach/Hueck13 2; Hüffer 9 2; KK/Lutter 2 10; MK/Oechsler 2 12. Godin/Wilhelmi 4 2; KK/Lutter 2 7; MK/Oechsler 2 10.

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Gewinnausschüttung. Gläubigerschutz

§ 233

die Kapitalherabsetzung ordnungsgemäß beschlossen, so darf und muss die Zahlung auch noch nachher ausgeführt werden. Denn mit der Fassung des nicht an eine Bedingung geknüpften Gewinnverteilungsbeschlusses hat der Aktionär bereits einen unentziehbaren Anspruch auf den Gewinnanteil erworben. Der Anspruch ist zu einem gewöhnlichen Gläubigerrecht geworden und damit aus der Herrschaftsmacht der Gesellschaft ausgeschieden19. Wird die Gewinnausschüttung zwischen Fassung des Herabsetzungsbeschlusses und seiner Eintragung bzw bei der bedingten Kapitalherabsetzung bis zum Eintritt der Bedingung beschlossen, liegt uU kein Sanierungsfall und damit ein Verstoß gegen § 229 Abs 1 vor, so dass der Kapitalherabsetzungsbeschluss anfechtbar ist. Der Vorstand ist in einem solchen Fall verpflichtet, den Beschluss anzufechten, denn er muss die Rechtmäßigkeit des Handelns der Gesellschaft sicherstellen. Unterbleibt die Anfechtung, kann die Rechtwidrigkeit der Kapitalherabsetzung nicht mehr geltend gemacht werden20; der Vorstand begeht allerdings eine Pflichtverletzung. Davon zu trennen ist die Anschlussfrage, ob die zwischen der Kapitalherabsetzung und deren Eintragung beschlossene Ausschüttung rechtmäßig ist. Eine Anfechtbarkeit des Gewinnverwendungsbeschlusses wird man nicht annehmen können, weil Abs 1 – anders als Abs 2 – das Verbot gerade nicht ausdrücklich ab dem Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Kapitalherabsetzung aufstellt und damit als Wirksamkeitszeitpunkt nur die Eintragung der Kapitalherabsetzung verbleibt, weshalb auch kein Umgehungsfall vorliegt21. Das Verbot des Absatzes 1 endet, sobald die Rücklagen die vorgeschriebene Höhe 10 erlangt haben. Dabei ist es ausreichend, wenn sie den Schwellenwert von 10 % gleichzeitig mit dem entsprechenden Gewinnverwendungsbeschluss erreichen22. Sinken die Rücklagen später wieder unter den gesetzlichen Wert, lebt das Verbot des Absatzes 1 nicht wieder auf 23. 3. Berechnung der Quote Mit der Kapitalrücklage und der gesetzlichen Rücklage sind die Bilanzposten des 11 § 266 Abs 3 A II, III Nr 1 HGB gemeint. Der Begriff der Kapitalrücklage umfasst alle vier Arten der in § 272 Abs 2 HGB genannten Rücklagen. Insoweit erweist sich der Wortlaut der Vorschrift jedoch als unscharf. Sie dient der Auffüllung der nach § 150 Abs 2 genannten Rücklagen. Dort sind jedoch Zuzahlungen, die die Gesellschafter auf das Eigenkapital leisten (§ 272 Abs 2 Nr 4 HGB), nicht erfasst, so dass folglich Gleiches auch für § 233 Abs 1 gelten muss24. Da die Regelung des § 233 zwingend ist, kann die Satzung die Quote von 10 % weder herauf- noch herabsetzen25. Sieht allerdings die Satzung nach § 150 Abs 2 vor, dass die Einstellungen in die Kapitalrücklage und gesetzliche Rücklage aus dem Reingewinn gemacht werden müssen, bis ein höherer Wert als 10 % des Grundkapitals erreicht ist, so ist diese Vorgabe der Satzung zu beachten. Sie stellt in der Sache keine Änderung der Quote aus § 233 Abs 1 dar, sondern bildet eine zusätzliche, aufgrund von § 150 Abs 2 zu beachtende Schranke der Gewinnausschüttung26. Wäre eine solche Satzungsbestimmung auf Dauer unbeachtlich27, könnte die Gesellschaft

19 20 21

RGZ 22, 113 f; 37, 62, 64; KK/Lutter 2 7. MK/Oechsler 2 10. MK/Oechsler 2 10; aA KK/Lutter 2 7; Hüffer 9 5; MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 31; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 8, die im Einzelfall eine Nichtigkeit wegen Gesetzesumgehung annehmen.

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22 23 24 25 26 27

KK/Lutter 2 5. Hüffer 9 5; KK/Lutter 2 5; MK/Oechsler 2 11. Hüffer 9 4; MK/Oechsler 2 7. MK/Oechsler 2 8; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 7. AA Schilling Voraufl 2. So ausdrücklich Hüffer 9 4.

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§ 233

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

nach einer vereinfachten Kapitalherabsetzung nie mehr von der in § 150 Abs 2 eröffneten Satzungsregelung Gebrauch machen bzw müsste die höhere Rücklagendotierung erneut als Satzungsänderung beschließen. Dies wäre mit dem ausdrücklichen Wortlaut unvereinbar bzw stellte einen unnötigen Formalismus dar. Die Vorschrift des Satzes 2 stimmt mit § 231 S 2 überein (s § 231, 6 f). Es kommt nur 12 auf die Grundkapitalziffer an, die sich aufgrund der Kapitalherabsetzung ergibt. Weder eine gleichzeitige noch eine spätere Kapitalerhöhung kommt für die Anwendung des § 233 Abs 1 in Betracht. Jedoch kann die Kapitalerhöhung insofern von Bedeutung sein, als sich künftig nach dem erhöhten Kapital die gesetzlich oder satzungsmäßig vorgeschriebenen Rücklagen aus dem jährlichen Reingewinn bestimmen (§ 150 Abs 2). Die Auffüllung muss mindestens auf 10 % des in § 7 bestimmten gesetzlichen Mindestnennbetrags erfolgen. Ob das für die Bemessung der Rücklage maßgebende Grundkapital im Zeitpunkt der Ausschüttung bereits einbezahlt war, ist für die Wirksamkeit des Verbotes unerheblich.

IV. Die Begrenzung der Gewinnausschüttung (Abs 2) 1. Umfang der Begrenzung

13

Abs 2 verbietet die Zahlung eines Gewinnanteils von mehr als 4 % für das Jahr, in dem die Kapitalherabsetzung beschlossen wird, und für die beiden folgenden Geschäftsjahre. Hat die Gesellschaft mehr als 4 % Gewinn erzielt, ist der darüber hinausgehende Betrag in die Gewinnrücklage einzustellen (vgl § 58 Abs 2 und 3) 28. Anknüpfungspunkt für die Berechnung des Prozentsatzes ist die Grundkapitalziffer. Maßgebend ist dabei die Höhe des Grundkapitals in dem jeweiligen Geschäftsjahr und nicht nur das Grundkapital, wie es sich durch die Kapitalherabsetzung ergibt29; insofern unterscheidet sich Abs 2 von Abs 1. Es sind also auch etwaige nachfolgende Kapitalerhöhungen bei Berechnung der jeweils zulässigen Dividende zu berücksichtigen. Dadurch erhöht sich das Maß möglicher Ausschüttungen. Dies ist konsequent, denn die Vorschrift will den Gläubigerschutz stärken und gleichzeitig die Aktionäre nicht über Gebühr einschränken. Durch die nachfolgende Kapitalerhöhung wird die wirtschaftliche Basis der Gesellschaft und damit der Gläubigerschutz verbessert, so dass parallel dazu auch die Aktionäre in den Genuss einer etwas höheren Ausschüttung kommen dürfen30. Durch die Anknüpfung an die Grundkapitalziffer ist es unerheblich, ob auf einzelne 14 Aktien mehr als 4 % entfällt (Vorzugsaktien, vgl § 139), auf andere weniger. Denn die Vorschrift will nur größere Ausschüttungen zum Nachteil der Gläubiger verhüten, so dass es gleichgültig ist, wie der insgesamt auszuschüttende Gewinn auf die verschiedenen Aktiengattungen verteilt wird 31. Die Beschränkung gilt auch für den Gläubiger eines Gewinnabführungsvertrags (s o 5) 32.

28 29 30

KK/Lutter 2 15. MK/Oechsler 2 13; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 10. MK/Oechsler 2 13; KK/Lutter 2 11.

31 32

MK/Oechsler 2 14; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 10. KK/Lutter 2 11.

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Gewinnausschüttung. Gläubigerschutz

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2. Dauer der Begrenzung Die Ausschüttungsbeschränkung gilt für das im Zeitpunkt der Beschlussfassung ge- 15 rade laufende und die beiden folgenden Geschäftsjahre. Wurde die Kapitalherabsetzung beispielsweise 2008 beschlossen, greift die Begrenzung für die Jahre 2008, 2009 und 2010 ein, so dass erst 2011 wieder ein Gewinn von über 4 % ausgeschüttet werden darf. Dies gilt unabhängig davon, ob der Kapitalherabsetzung nach §§ 234, 235 eine Rückwirkung zukommt oder nicht 33. Maßgebend ist die zur Zeit der Fassung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses geltende Festlegung des Geschäftsjahres. Eine Änderung des Geschäftsjahres nach der Fassung des Herabsetzungsbeschlusses kann daran nichts mehr ändern, mag die Änderung aus sachlichen Gründen oder deshalb geschehen sein, um die Vorschrift des Abs 2 zu umgehen. 3. Beginn der Begrenzung Für die Ermittlung der drei Geschäftsjahre, in denen Ausschüttungen beschränkt sind, 16 ist der Zeitpunkt der Fassung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses ausschlaggebend und nicht der Tag, an dem er nach § 224 wirksam geworden ist 34. Dieser Tag ist aber deshalb von Bedeutung, weil ohne Wirksamkeit des Beschlusses die Beschränkung überhaupt nicht eingreifen kann. Beide Zeitpunkte dürften regelmäßig in dasselbe Geschäftsjahr fallen. Ist dies ausnahmsweise einmal nicht der Fall, kommt es nach dem Wortlaut auf den Zeitpunkt des Beschlusses an, wie folgendes Beispiel verdeutlicht: Wurde der Kapitalherabsetzungsbeschluss am Ende des Geschäftsjahres 2008 gefasst und Anfang des Geschäftsjahres 2009 eingetragen, greift die Ausschüttungsbegrenzung für die Geschäftsjahre 2008, 2009 und 2010. Wurde die Kapitalherabsetzung eingetragen und ist damit wirksam, erfasst die Aus- 17 schüttungsbegrenzung fortan alle Zahlungen an die Aktionäre, gleichgültig, wann der zugrundeliegende Gewinnverwendungsbeschluss gefasst wurde. Hat die Gesellschaft also vor der Kapitalherabsetzung einen Gewinnverwendungsbeschluss gefasst, der noch nicht ausgeführt wurde, bewirkt § 233 Abs 2 S 1, dass der Vorstand nun bei der Ausführung dieses Beschlusses an die Begrenzung auf 4 % gebunden ist. Die Vorschrift entfaltet eine rechtsgestaltende Wirkung, die den bereits entstandenen, aber noch nicht erfüllten Anspruch des Aktionärs der Höhe nach begrenzt 35. Da die Vorschrift nur Zahlungen verbietet, gilt sie nicht für bereits erfüllte Ansprüche. Eine Rückforderung von Dividenden, die im laufenden Geschäftsjahr bereits vor dem Kapitalherabsetzungsbeschluss ausgeschüttet worden sind, ist daher nicht möglich. Kontrovers wird die Frage diskutiert, ob die Ausschüttungsbegrenzung auch für Divi- 18 denden gilt, die die Gesellschaft zwischen der Beschlussfassung über die Kapitalherabsetzung und deren Wirksamwerden beschließt und auszahlt. Schilling erstreckt sie auch auf diesen Fall, weil eine solche Gewinnausschüttung gegen den Zweck der Kapitalherabsetzung verstoße. Sobald der Herabsetzungsbeschluss gefasst sei, müssten dem Abs 2 zuwiderlaufende Gewinnausschüttungen unterbleiben36. Die herrschende Gegenansicht37 33 34 35

Hüffer 9 7; KK/Lutter 2 12; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 11. Hüffer 9 7; KK/Lutter 2 12; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 11. KK/Lutter 2 13; Hüffer 9 7; MK/Oechsler 2 15; MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 33; SpindlerStilz/Marsch-Barner 2 11.

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36 37

Schilling Voraufl 7. Godin/Wilhelmi 4 6; KK/Lutter 2 13; Hüffer 9 7; MK/Oechsler 2 15; MünchHdBAGKrieger 3 § 61, 33; Spindler-Stilz/MarschBarner 2 11.

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§ 233

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

meint, die Gesellschaft sei berechtigt, auch nach Fassung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses eine höhere Dividende zu beschließen und auszuzahlen, solange die Kapitalherabsetzung noch nicht eingetragen und damit wirksam sei. Denn § 233 Abs 2 S 1 greife erst mit dem Wirksamwerden ein, so dass zuvor erfolgte Zahlungen nicht mehr berührt würden. Zunächst ist festzustellen, dass diese Diskussion ein wenig praxisfern anmutet, denn die vereinfachte Kapitalherabsetzung erfolgt regelmäßig in einer Situation, in der die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft so schlecht ist, dass sich die Frage nach einer höheren Gewinnausschüttung nicht stellt. Wird dennoch eine solche beschlossen, dürfte der Kapitalherabsetzungsbeschluss anfechtbar sein, weil kein Sanierungsfall vorlag (s o 9). Sieht man hiervon jedoch einmal ab, stößt man auf einen recht eindeutigen Wortlaut 19 der Vorschrift. Sie stellt gerade nicht auf den Zeitpunkt ab, in dem die Kapitalherabsetzung wirksam wird, sondern auf denjenigen, in dem die Kapitalherabsetzung beschlossen wurde38. Diese Wortwahl macht nur Sinn, wenn der Gesetzgeber nach einem Hauptversammlungsbeschluss über die Kapitalherabsetzung jede Ausschüttung über 4 % bereits für das laufende Geschäftsjahr unterbinden wollte. Die Gegenansicht hätte zur Folge, dass die Gewinnbeschränkung nur für zwei Geschäftsjahre gelten würde, wenn die Gesellschaft sich entsprechend „geschickt“ verhält und noch rasch vor der Anmeldung der Kapitalherabsetzung Zahlungen beschließt und ausführt. Mit dem bezweckten Gläubigerschutz ist dies nicht vereinbar. Es ist dem Vorstand daher ab dem Moment des Kapitalherabsetzungsbeschlusses auch für das laufende Geschäftsjahr untersagt, Dividenden von mehr als 4 % auszuzahlen, selbst wenn die beschlossene Kapitalherabsetzung noch nicht eingetragen und damit wirksam ist. Die Pflicht, Auszahlungen über 4 % zu unterlassen, geht Hand in Hand mit der Verpflichtung, rasch für die Eintragung der Kapitalherabsetzung zu sorgen (s o § 223, 8), so dass die Kapitalherabsetzung auch schnell wirksam wird und die in 16 f beschriebene rechtsgestaltende Wirkung eintritt. Für die kurze Zeitspanne zwischen Kapitalherabsetzung und seiner Eintragung ist der Auszahlungsanspruch aufgrund von § 233 Abs 2 S 1 gesetzlich gehemmt. Nur für den Fall, dass die Kapitalherabsetzung fehlerhaft ist und die Eintragung daher später endgültig abgelehnt wird, dürfte der Vorstand für das laufende Geschäftsjahr auch höhere Dividenden auszahlen, da die Hemmung in diesem Fall endet. Im Ergebnis kommt § 233 Abs 2 S 1 damit eine rechtshemmende (ab dem Kapitalherabsetzungsbeschluss) und eine rechtsgestaltende Funktion (mit Eintragung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses) zu. Missachtet die Verwaltung diese Vorgaben, sind die zu viel gezahlten Dividenden von den Aktionären nach § 62 zurückzuzahlen. Soweit bereits ausgezahlte Dividenden wegen § 62 Abs 1 S 2 nicht zurückgefordert werden können oder aus tatsächlichen Gründen uneinbringlich sind, haftet die Verwaltung nach §§ 93, 116. 4. Ausnahme von der Begrenzung (Abs 2 S 2 bis 4)

20

Die Gewinnbeschränkung des Absatzes 2 gilt nicht, wenn die Gläubiger, deren Forderungen vor der Bekanntmachung der Eintragung des Beschlusses begründet worden waren, befriedigt oder sichergestellt sind, soweit sie sich binnen sechs Monaten nach der Bekanntmachung des Jahresabschlusses, aufgrund dessen die Gewinnverteilung beschlossen worden ist, zu diesem Zwecke gemeldet haben (Abs 2 S 2). Da die Vorschrift dem Schutze der Gläubiger dient, besteht ein Grund für die Gewinnbeschränkung nicht, wenn 38

Dies erkennen auch die Vertreter der Gegenansicht noch an.

Stand: 31.12.2010

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Gewinnausschüttung. Gläubigerschutz

§ 233

die Gläubiger befriedigt oder sichergestellt sind. Das Gesetz befreit deshalb die Gesellschaft von der Gewinnbeschränkung, wenn die Befriedigung oder Sicherstellung der Gläubiger in ähnlicher Weise erfolgt, wie sie für die ordentliche Kapitalherabsetzung vorgeschrieben sind. Das Gesetz schließt sich dabei an die entsprechenden Vorschriften des § 225 an (zu Einzelheiten s dort). Wie bei der ordentlichen Kapitalherabsetzung sind die Gläubiger auf das Recht, Befriedigung oder Sicherstellung zu verlangen, hinzuweisen; der Hinweis hat in der Bekanntmachung des Jahresabschlusses durch den Vorstand zu erfolgen (§ 325 Abs 2 HGB, 233 Abs 2 S 4). Macht die Gesellschaft von der Ausnahme des Abs 2 S 2 Gebrauch, so kann sie sofort 21 die Verteilung eines höheren Gewinns als 4 % beschließen. Sie darf jedoch den Gewinn, soweit er 4 % übersteigt, erst an die Aktionäre auszahlen, wenn die Meldefrist abgelaufen ist, und die Gläubiger, die sich rechtzeitig gemeldet haben, befriedigt oder sichergestellt sind. Den Teil des Gewinns, der 4 % nicht übersteigt, darf die Gesellschaft sofort ausschütten. Einer Sicherstellung solcher Gläubiger bedarf es nicht, die im Falle einer Insolvenz ein 22 Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus einer nach gesetzlicher Vorschrift zu ihrem Schutz errichteten und staatlich überwachten Deckungsmasse haben (Abs 2 S 3). Die Vorschrift stimmt mit § 225 Abs 1 S 3 überein (s § 225, 42 ff).

V. Das Ausschüttungsverbot des Abs 3 iVm § 230 S 1 Die Beträge, die aus der Auflösung Kapitalrücklage oder der gesetzlichen Rücklage 23 und aus der Kapitalherabsetzung gewonnen wurden, dürfen auch nach § 233 Abs 1 und Abs 2 nicht als Gewinn ausgeschüttet werden (Abs 3 iVm § 230 S 1). Die Vorschrift bringt die selbstständige Geltung der Vorschriften der Absätze 1 und 2 einerseits und des § 230 andererseits zum Ausdruck. Diese Vorschriften gelten nebeneinander. Auch wenn die Gewinnbeschränkungen der Absätze 1 und 2 nicht mehr bestehen, weil die Rücklagen aufgefüllt und seit der Kapitalherabsetzung drei Jahre vergangen sind, gilt das Verbot der Verwendung der Beträge aus der Auflösung der Rücklagen und aus der Kapitalherabsetzung zu Zahlungen an die Aktionäre oder deren Befreiung von der Einlagepflicht weiter.

VI. Rechtsfolgen eines Verstoßes Da die Vorschrift dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger dient, sind Hauptversamm- 24 lungsbeschlüsse, die entgegen den Vorschriften der Abs 1 und 2 die Ausschüttung von Gewinn oder entgegen Abs 3 die Verwendung der Beträge aus der Auflösung der Rücklagen und aus der Kapitalherabsetzung anordnen, nichtig (§ 241 Nr 3)39. Ein auf einem solchen Jahresabschluss beruhender Gewinnverwendungsbeschluss ist nach § 253 Abs 1 nichtig40. Die Mitglieder der Verwaltung, die solche Zahlungen anordnen oder zulassen, haften nach §§ 93, 116. Die Aktionäre, die die Zahlungen erlangt haben, sind im Rahmen des § 62 zur Erstattung verpflichtet 41.

39

KK/Lutter 2 17; MK/Oechsler 2 9, 16; MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 35.

(199)

40 41

KK/Lutter 2 17; MK/Oechsler 2 9, 16. KK/Lutter 2 17; MK/Oechsler 2 9, 16.

Rolf Sethe

§ 234

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

§ 234 Rückwirkung der Kapitalherabsetzung (1) Im Jahresabschluß für das letzte vor der Beschlußfassung über die Kapitalherabsetzung abgelaufene Geschäftsjahr können das gezeichnete Kapital sowie die Kapitalund Gewinnrücklagen in der Höhe ausgewiesen werden, in der sie nach der Kapitalherabsetzung bestehen sollen. (2) 1In diesem Fall beschließt die Hauptversammlung über die Feststellung des Jahresabschlusses. 2Der Beschluß soll zugleich mit dem Beschluß über die Kapitalherabsetzung gefaßt werden. (3) 1Die Beschlüsse sind nichtig, wenn der Beschluß über die Kapitalherabsetzung nicht binnen drei Monaten nach der Beschlußfassung in das Handelsregister eingetragen worden ist. 2Der Lauf der Frist ist gehemmt, solange eine Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage rechtshängig ist.

Übersicht Rdn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . . . . . II. Zweck und Reichweite der Vorschrift . III. Die Rückwirkung (Abs 1) . . . . . . . 1. Rückwirkung für das letzte Geschäftsjahr . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Von der Rückwirkung betroffene Bilanzposten . . . . . . . . . . . . 3. Rückwirkung nur für den Jahresabschluss . . . . . . . . . . . . . . 4. Befugnis der Hauptversammlung . . IV. Die Feststellung des Jahresabschlusses durch die Hauptversammlung (Abs 2) .

Rdn

1 2–3 4–8

1. Zuständigkeit (Abs 2 S 1) . . . . . 2. Gleichzeitige Beschlussfassung (Abs 2 S 2) . . . . . . . . . . . . V. Nichtigkeit bei Nichteintragung binnen 3 Monaten (Abs 3) . . . . . . 1. Die Frist . . . . . . . . . . . . . 2. Hemmung der Frist . . . . . . . . 3. Rechtsfolge der Nichteintragung binnen 3 Monaten . . . . . . . . VI. Verbindung mit einer Kapitalerhöhung

4 5 6 7–8

.

9–11

.

12–16

. 17–24 . 17–18 . 19 . 20–24 . 25

9–16

Schrifttum Vgl die Schrifttumsnachweise Vor § 222 und bei § 229.

I. Gesetzesgeschichte 1

§ 234 stimmt, von sprachlichen Änderungen abgesehen, mit § 188 AktG 1937 überein. § 188 Abs 2 S 3 wurde als überflüssig gestrichen, da es als selbstverständlich galt, dass das Verfahren zur Aufstellung und Feststellung des Jahresabschlusses auch im Falle des § 234 gilt1. Das BiRiLiG hat eine sprachliche Anpassung vorgenommen, indem die Begriffe „Grundkapital“ durch „gezeichnetes Kapital“ und „offene Rücklagen“ durch „Kapital- und Gewinnrücklagen“ ersetzt wurden 2. Mit dem ARUG3 änderte der Gesetz1

2

Kropff AktG 1965, S 323. Zur Geschichte der Kapitalherabsetzung im Allgemeinen s Vor § 222, 72 ff. Art 2 Nr 47 des Gesetzes zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften

3

zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts – Bilanzrichtlinien-Gesetz – v 19.12.1985, BGBl I 2355. Art 1 Nr 34c des Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrichtlinie (ARUG) v 30.7.2009, BGBl I 2479.

Stand: 31.12.2010

(200)

Rückwirkung der Kapitalherabsetzung

§ 234

geber Abs 3 S 2, indem er die Worte „oder eine zur Kapitalherabsetzung beantragte staatliche Genehmigung noch nicht erteilt ist“ strich (zu den Gründen der Änderung s § 228, 2; zu ihren übrigen Rechtsfolgen s § 222, 65).

II. Zweck und Reichweite der Vorschrift Die Vorschriften der §§ 234 bis 236 regeln die Rückwirkung der vereinfachten Kapi- 2 talherabsetzung auf einen vor der Beschlussfassung liegenden Zeitpunkt. Grundsätzlich kann eine Veränderung der Grundkapitalziffer, sei es durch Erhöhung, sei es durch Herabsetzung des Grundkapitals nur in die Zukunft, nicht in die Vergangenheit wirken. Nach Einführung der Kapitalherabsetzung in erleichterter Form (s § 229, 1) empfand die Praxis es als störend, dass – trotz der beschlossenen Kapitalherabsetzung – die Bilanz des letzten Geschäftsjahres unter Zugrundelegung der früheren höheren Kapitalziffer aufgestellt werden musste. Dies hatte zur Folge, dass eine durch die Kapitalherabsetzung bereits erfolgte Sanierung nicht in den Jahresabschluss einfloss. Vielmehr wurde die gerade beseitigte Unterbilanz durch Veröffentlichung der letzten Bilanz noch offenbart; dies wiederum schmälerte – trotz der erfolgreichen Sanierung – den Kredit der Gesellschaft. Deshalb erschien es sinnvoll, eine gleichzeitig mit der Kapitalherabsetzung beschlossene Kapitalerhöhung in der Bilanz des letzten Jahres zu berücksichtigen. Diesem Bedürfnis nach Rückwirkung tragen die §§ 234, 235 Rechnung. Sie stellen damit eine Durchbrechung des Stichtagsprinzips (§ 252 Abs 1 Nr 3 HGB) dar. Die §§ 236 und 240 begegnen den Gefahren, die für die Gesellschaft und für Gläubiger sowie potentielle Aktionäre mit dieser ausnahmsweise zulässigen Art der Bilanzierung verbunden sind. Da es sich um eine Ausnahmevorschrift handelt, gilt sie nur für die vereinfachte Kapi- 3 talherabsetzung; sie ist nicht auszudehnen auf die ordentliche Kapitalherabsetzung oder die Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien, auch wenn diese nicht zu einer Rückzahlung der Einlagen führen4. Es steht der Anwendung der Vorschrift nicht entgegen, dass das Unternehmen im abgelaufenen Geschäftsjahr noch in der Rechtsform der GmbH organisiert war5.

III. Die Rückwirkung (Abs 1) 1. Rückwirkung für das letzte Geschäftsjahr Die Rückwirkung der Kapitalherabsetzung kann nur in Bezug auf den Jahres- 4 abschluss beschlossen werden, der das letzte vor der Beschlussfassung über die Kapitalherabsetzung abgelaufene Geschäftsjahr betrifft. Eine Rückwirkung auf ein noch weiter zurückliegendes Geschäftsjahr ist nicht möglich6. 2. Von der Rückwirkung betroffene Bilanzposten Die rückwirkende Bilanzierung ist nur für die Bilanzposten „Gezeichnetes Kapital“ 5 (§ 266 Abs 3 A I HGB) und die Kapital- und Gewinnrücklagen (§ 266 Abs 3 A II, III 4 5

Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 4; MK/Oechsler 2 3. K Schmidt AG 1985, 150, 156 f; MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 36; Hüffer9 2 aE.

(201)

6

KK/Lutter 2 21; MK/Oechsler 2 5; Reger/Stenzel NZG 2009, 1210, 1212.

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§ 234

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

HGB) zulässig. Für alle übrigen Bilanzpositionen verbleibt es beim Stichtagsprinzip des § 252 Abs 1 Nr 3 HGB7. 3. Rückwirkung nur für den Jahresabschluss

6

Die Vorschrift enthält nur eine Ausnahmeregelung im Hinblick auf den Jahresabschluss. Sie regelt dagegen nicht die Wirksamkeit der Kapitalherabsetzung, so dass diese erst gem §§ 229 Abs 3, 224 mit Eintragung in das Handelsregister wirksam wird8. Dies ist namentlich für das Stimmrecht der Aktionäre von Bedeutung. 4. Befugnis der Hauptversammlung

7

§ 234 Abs 1 gibt der Gesellschaft nur die Befugnis, im Jahresabschluss für das letzte vor der Beschlussfassung über die Kapitalherabsetzung abgelaufene Geschäftsjahr Grundkapital und Rücklagen in der Höhe auszuweisen, wie sie nach der Kapitalherabsetzung bestehen sollen. Eine Verpflichtung, in dieser Weise zu verfahren, besteht nicht9. Auch stellt das Gesetz nicht auf die Voraussetzung ab, dass der Verlust in dem Jahr entstanden sein muss, auf das sich die Rückwirkung bezieht. Aus diesen beiden Aspekten ergeben sich folgende Konsequenzen: (1) Die Gesellschaft kann von der Rückwirkung absehen, wenn es ihr zweckmäßig erscheint, die Feststellung des Jahresabschlusses und damit auch eine evtl Gewinnverteilung für das letzte abgelaufene Geschäftsjahr noch unter Zugrundelegung des bisherigen Grundkapitals vorzunehmen (zB wenn der Verlust erst durch ein Ereignis im laufenden Jahr eingetreten ist). Denn auch wenn eine vereinfachte Kapitalherabsetzung im laufenden Geschäftsjahr beabsichtigt ist, bleibt eine Gewinnverteilung für das vergangene Geschäftsjahr noch möglich (beachte aber die Ausschüttungssperre des § 233 Abs 2 S 1, § 233, 13 ff), sofern sich trotz Wertminderungen und Verlusten, die durch die vereinfachte Kapitalherabsetzung ausgeglichen werden sollen, für das letzte Geschäftsjahr ein Gewinn ergibt. (2) Auch wenn der durch die Kapitalherabsetzung auszugleichende Verlust im laufenden Geschäftsjahr eingetreten ist, darf die Gesellschaft eine Rückwirkung vornehmen. Die dadurch für das vorherige Geschäftsjahr entstehenden Buchgewinne sind einer gebundenen Sonderrücklage zuzuweisen10. Von der Befugnis des § 234 (und der des § 235) kann nur Gebrauch gemacht werden, 8 wenn die Höhe der Kapitalherabsetzung (oder -erhöhung) feststeht, nicht wenn sie noch von einer Bedingung abhängt. Denn die Bilanz kann nur von einer feststehenden Grundkapitalziffer ausgehen. Auch die in § 240 vorgeschriebene gesonderte Ausweisung der Erträge aus der Kapitalherabsetzung und deren Verwendung ist nicht möglich, solange nicht ihre Höhe feststeht.

7 8

KK/Lutter 2 23; Hüffer 9 3; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 5. Hüffer9 2; K Schmidt AG 1985, 150, 156.

9 10

MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 36; SpindlerStilz/Marsch-Barner 2 3; MK/Oechsler 2 6. KK/Lutter 2 23.

Stand: 31.12.2010

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Rückwirkung der Kapitalherabsetzung

§ 234

IV. Die Feststellung des Jahresabschlusses durch die Hauptversammlung (Abs 2) 1. Zuständigkeit (Abs 2 S 1) Die Vorschrift weist den Beschluss über die Feststellung eines Jahresabschlusses mit 9 Rückwirkung zwingend der Hauptversammlung zu (Abs 2 S 1) und verdrängt damit die Regelung der §§ 172, 173. Weder die Satzung noch die Hauptversammlung können dieses Recht auf ein anderes Organ übertragen11. Hierfür spricht nicht zuletzt der enge Zusammenhang von Kapitalherabsetzung und rückwirkendem Jahresabschluss, die deshalb vom selben Organ beschlossen werden sollen12. Die Hauptversammlung ist daher – auch ohne Vorlage (vgl § 173) durch die Verwaltung – für die Beschlussfassung zuständig13. Über die Vorfrage, ob die Gesellschaft von der Kompetenz nach Abs 1 Gebrauch machen will oder nicht, entscheiden dagegen Vorstand und Aufsichtsrat nach pflichtgemäßem Ermessen14. Aus diesem Zusammenspiel der Kompetenzen ergeben sich folgende Varianten: (1) Entschließen sich Vorstand und Aufsichtsrat, den Jahresabschluss gem § 172 10 selbst festzustellen, so ist die Hauptversammlung an den einmal festgestellten Jahresabschluss gebunden, soweit er nicht aus anderen Gründen nichtig ist. Die Befugnis des Abs 1 besteht somit nur, solange der Jahresabschluss noch nicht mit bindender Wirkung für die Gesellschaft festgestellt ist15. Die Hauptversammlung kann den Jahresabschluss nicht mehr ändern. (2) Hat die Hauptversammlung gem § 173 bereits den Jahresabschluss festgestellt, ist dieser ebenfalls bindend und kann nachträglich nicht mehr mit einer Rückwirkung versehen werden16. (3) Überlässt die Verwaltung gem § 173 Abs 1 der Hauptversammlung die Beschlussfassung, kann diese frei entscheiden, ob sie den Jahresabschluss mit oder ohne Rückwirkung feststellt17. Soweit die Hauptversammlung dabei vom vorgelegten Jahresabschluss abweicht, ist gem § 173 Abs 3 eine Nachprüfung erforderlich18. (4) Der Vorstand kann jedoch auch ohne förmlichen Vorlagebeschluss iSd § 173 der Hauptversammlung den Entwurf eines Jahresabschlusses vorlegen, weil er will, dass die Hauptversammlung ihn mit Rückwirkung beschließt. Folgt die Hauptversammlung dem Ansinnen des Vorstands nicht und lehnt die Rückwirkung ab, kann sie den Jahresabschluss nicht feststellen, da es an einer Vorlage nach § 173 Abs 1 fehlt19. In diesem Fall gilt wieder die allgemeine Kompetenzverteilung nach §§ 172, 173 und das dort vorgesehene Verfahren; dem Jahresabschluss kommt keine Rückwirkung zu. (5) Solange noch keine der zuvor geschilderten Varianten gewählt worden ist, steht der Hauptversammlung das Recht zu, die Verwaltung anzuweisen, für das abgelaufene Geschäftsjahr einen nach § 234 feststellungsfähigen Jahresabschluss mit Rückwirkung vorzulegen20. Um zu erreichen, dass die Verwaltung eine entsprechende Vorlage macht, kann die Hauptversammlung im Notfall die Beschlussfassung über die Kapitalherabsetzung vertagen. Ignoriert die Verwaltung das Ansinnen der Hauptversammlung und stellt einen Jahresabschluss nach § 172 fest, dem naturgemäß keine Rückwirkung zukommen kann,

11 12 13 14 15 16

KK/Lutter 2 13. Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 6; MK/Oechsler 2 7. Hüffer 9 4; KK/Lutter 2 8 ff, 13; MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 37. Hüffer 9 4. KK/Lutter 2 7; MK/Oechsler 2 9. Hüffer 9 4.

(203)

17 18 19

20

KK/Lutter 2 9; MK/Oechsler 2 10. Hüffer 9 5; KK/Lutter 2 9. Hüffer 9 5; MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 37; KK/Lutter 2 10; MK/Oechsler 2 11 iVm 8; aA wohl Godin/Wilhelmi 4 4. Hüffer 9 5; KK/Lutter 2 11; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 6; Godin/Wilhelmi 4 4.

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§ 234

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

ist dieser zwar wirksam. Allerdings handelt die Verwaltung pflichtwidrig und haftet für evtl Schäden nach §§ 93, 11621. In den Fällen (3) bis (5) hat die Verwaltung der Hauptversammlung, die über die 11 Kapitalherabsetzung zu beschließen hat, den Entwurf eines Jahresabschlusses vorzulegen, in dem das herabgesetzte Grundkapital und die Rücklagen so eingesetzt sind, wie sie sich auf Grund der Durchführung der Kapitalherabsetzung darstellen. Da die freien Rücklagen vor der Kapitalherabsetzung aufgelöst werden müssen (§ 229 Abs 2), kann nur die gesetzliche Rücklage eingesetzt werden, und zwar in der nach § 231 zulässigen Höhe von 10% des herabgesetzten Grundkapitals. 2. Gleichzeitige Beschlussfassung (Abs 2 S 2)

12

Der Beschluss über die Kapitalherabsetzung soll „zugleich“ mit demjenigen über die Feststellung des Jahresabschlusses gefasst werden (Abs 2 S 2). „Zugleich“ bedeutet auf derselben Hauptversammlung22. Eine solche gleichzeitige Beschlussfassung ist wegen des Zusammenhanges der beiden Beschlüsse zweckmäßig. Die Hauptversammlung soll sich bei Fassung des Herabsetzungsbeschlusses über seine Einwirkung auf die Feststellung des letzten Jahresabschlusses und die sich daraus ergebenden Folgen klar werden. Es handelt sich um eine Sollvorschrift. Die Verletzung von Soll-Vorschriften stellt in der Regel einen Anfechtungsgrund dar 23, es sei denn, es handelt sich um eine bloße Ordnungsvorschrift24. Um eine solche handelt es sich bei Abs 2 S 2, denn der Schutz der Gläubiger wird bereits über dessen Abs 3 sichergestellt. Dies hat folgende Auswirkungen: a) Die Hauptversammlung beschließt die Kapitalherabsetzung. Der Jahresabschluss 13 für das letzte Geschäftsjahr liegt noch nicht vor. Unbedenklich kann in einer weiteren Hauptversammlung der Jahresabschluss mit der Rückwirkung des Abs 1 festgestellt werden25. Dabei ist die Frist des Abs 3 zu beachten. b) Wird Jahresabschluss rückwirkend mit der herabgesetzten Kapitalziffer fest14 gestellt, bevor die Kapitalherabsetzung beschlossen ist, wird die Feststellung des Jahresabschlusses durch das Wirksamwerden der Kapitalherabsetzung bedingt26. Wird die Kapitalherabsetzung nicht wirksam, ist der Jahresabschluss nach § 234 Abs 3 nichtig (s u 17 ff). c) Der Jahresabschluss ist von Vorstand und Aufsichtsrat gemäß § 172 mit der alten 15 Kapitalziffer festgestellt, die Hauptversammlung zu seiner Entgegennahme (§ 175) aber noch nicht einberufen. Wenn inzwischen die Kapitalherabsetzung beschlossen worden ist, so kann die Verwaltung die Feststellung des Jahresabschlusses aufheben und ihn mit der herabgesetzten Kapitalziffer der Hauptversammlung zur Feststellung gemäß Abs 2 mit der Rückwirkung des Abs 1 vorlegen. Erst mit der Einberufung der Hauptversammlung zur Entgegennahme des festgestellten Jahresabschlusses ist die Verwaltung an die Feststellung gebunden27. 21 22 23 24

25

Hüffer 9 5; KK/Lutter 2 11; MK/Oechsler 2 9. Geißler NZG 2000, 719, 721; Hüffer 9 6; KK/Lutter 2 14. RGZ 68, 232, 233; RGZ 170, 83, 97; Godin/Wilhelmi 4 243, 4; Hüffer 9 § 243, 7. RGZ 170, 83, 97; Hüffer 9 § 243, 7. Abweichend KK/Zöllner1 § 243, 63 f, der das Regel-/Ausnahmeverhältnis umdreht. MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 38; KK/Lutter 2 14; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 10;

26

27

aA LG Frankfurt aM DB 2003, 2541, 2542. Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 10; MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 38; MK/Oechsler 2 13; KK/Lutter 2 14; Lutter FS Quack 1991, 301 ff; aA Hüffer 9 6; Baumbach/Hueck13 3 (Kapitalherabsetzung wirksam, Feststellung des Jahresabschlusses anfechtbar); aA auch Schilling Voraufl 7 (Jahresabschluss nichtig). Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 8.

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Rückwirkung der Kapitalherabsetzung

§ 234

Die Kompetenzzuweisung an die Hauptversammlung in Abs 2 ändert nichts daran, 16 dass für die Vorbereitung des Jahresabschlusses, dessen Prüfung durch den Aufsichtsrat und das weitere Verfahren die allgemeinen Vorschriften entsprechend gelten.

V. Nichtigkeit bei Nichteintragung binnen 3 Monaten (Abs 3) 1. Die Frist Die Beschlüsse sind ex nunc nichtig28, wenn der Beschluss über die Kapitalherabset- 17 zung nicht binnen drei Monaten nach der Kapitalherabsetzung in das Handelsregister eingetragen worden ist (Abs 3 S 1). Zweck der Vorschrift ist, bald Klarheit darüber zu schaffen, wie sich die Kapitalhöhe der Gesellschaft und der für ihre weitere Existenz zugrunde zu legende Jahresabschluss gestalten. Die Nichtigkeit beider Beschlüsse rechtfertigt sich aus ihrem engen Zusammenhang. Berücksichtigt der Jahresabschluss die Kapitalherabsetzung, so ist er unhaltbar, wenn die Kapitalherabsetzung später nicht wirksam wird, was erst durch die Eintragung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses ins Handelsregister geschieht (§ 224). Es soll also gewährleistet werden, dass die im Jahresabschluss vorgenommene Rückwirkung auch durch eine wirksame Kapitalherabsetzung gedeckt ist und eine Täuschung der Gläubiger vermieden wird. Die Bestimmung ist – ebenso wie die parallele Vorschrift des § 235 Abs 2 – dem § 228 Abs 2 nachgebildet. Im Unterschied zu § 228 Abs 2 beträgt die Frist bei § 234 Abs 2 und § 235 Abs 2 jedoch nur drei Monate, damit im Hinblick auf den Jahresabschluss schnell Klarheit herrscht. Die Frist stellt eine Ausschlussfrist dar. Es kommt also nicht auf die rechtzeitige 18 Antragstellung, sondern die rechtzeitige Eintragung an, so dass die Gesellschaft die Zeitspanne, die der Registerrichter zur Prüfung benötigt, einkalkulieren muss29. Für die Fristberechnung gilt § 187 Abs 1, 188 Abs 2 Var 1 BGB. Die Frist beginnt daher an dem auf die Hauptversammlung folgenden Tag zu laufen30. Dauert die Hauptversammlung länger als einen Tag und werden die Beschlüsse an verschiedenen Tagen gefasst, beginnt sie mit der Fassung des ersten Beschlusses. Werden die Beschlüsse auf verschiedenen Hauptversammlungen gefasst, beginnt die Frist nach dem Gesetzeswortlaut mit dem Beschluss über die Kapitalherabsetzung. Wird jedoch der Beschluss über den Jahresabschluss isoliert vorgezogen (s o 14), setzt dies ebenfalls die Dreimonatsfrist in Gang31. Andernfalls würde die aus dem unzutreffenden Jahresabschluss folgende Ungewissheit, ob die Kapitalherabsetzung noch folgt oder nicht, entgegen dem Zweck des § 234 zu lang andauern. 2. Hemmung der Frist Der Lauf der Frist ist gehemmt (§ 209 BGB), so lange eine Anfechtungs- oder Nich- 19 tigkeitsklage rechtshängig ist. Die Vorschrift stimmt mit § 228 Abs 2 S 2 überein, so dass auf die dortige Kommentierung verwiesen werden kann (§ 228, 19 ff).

28 29 30

S u Fn 32. Unstr vgl Hüffer 9 7. Becker in Bürgers/Körber 14; aA offenbar Hüffer 9 7 (Tag der Hauptversammlung).

(205)

31

MK/Oechsler 2 14; KK/Lutter 2 16; SpindlerStilz/Marsch-Barner 2 12; Becker in Bürgers/ Körber 14.

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§ 234

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

3. Rechtsfolge der Nichteintragung binnen 3 Monaten

20

21 22

23

24

Das Gesetz ordnet als Rechtsfolge eines Fristverstoßes die Nichtigkeit der Beschlüsse über die Feststellung des Jahresabschlusses und über die Kapitalherabsetzung an. Die Verwendung des Begriffs der Nichtigkeit ist unscharf32, da es sich in der Sache um einen Fall der Unwirksamkeit handelt. Das Gesetz ordnet die Nichtigkeit für beide Beschlüsse an. Um dem Zweck der Norm zu genügen, dh eine Täuschung der Gläubiger zu vermeiden, würde es jedoch ausreichen, wenn nur die Feststellung des Jahresabschlusses nichtig ist. Wegen ihres engen Zusammenhangs verfügt das Gesetz trotzdem die Nichtigkeit beider Beschlüsse. Es kann aber im Interesse der Gesellschaft liegen, dass die Kapitalherabsetzung und ggf eine gleichzeitige Kapitalerhöhung auf alle Fälle wirksam werden sollen, auch wenn die Rückwirkung auf den letzten Jahresabschluss nicht eintritt. Stellt die Hauptversammlung dies in dem Beschluss klar, tritt die Nichtigkeit des Herabsetzungsbeschlusses trotz Fristablaufs nicht ein. Nichtig ist in diesem Falle nur der Jahresabschluss33. Um die Nichtigkeit zu vermeiden, ist nur erforderlich, dass der Kapitalherabsetzungsbeschluss rechtzeitig eingetragen wird; auf seine „Durchführung“ kommt es nicht an. Die Nichtigkeit bezieht sich nur auf die in § 234 erwähnten Beschlüsse (Jahresabschluss und Kapitalherabsetzungsbeschluss), nicht aber ohne weiteres auf alle gleichzeitig gefassten anderen Beschlüsse, zB Entlastungsbeschlüsse. Deren Nichtigkeit hängt davon ab, ob sie mit den erstgenannten in unlösbarem Zusammenhang stehen, ob also die einen nicht ohne die anderen Beschlüsse gefasst worden wären34. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen eine Fristversäumung oder die Möglichkeit einer Fristverlängerung durch das Registergericht ist nicht möglich. Bei Versäumung der Frist ist nur eine Wiederholung der Beschlüsse möglich. Beruht die Fristversäumung auf einem vorwerfbaren Verhalten des Registerrichters, kommt ein Amtshaftungsanspruch wegen der Kosten für eine erneute Hauptversammlung und ggf weiterer Schäden in Betracht35. Ist die Frist abgelaufen, so hat der Registerrichter die Eintragung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses abzulehnen. Durch eine trotzdem erfolgte Eintragung und Zeitablauf tritt Heilung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses ein (§ 242 Abs 3; vgl auch § 228, 22). Die Heilung erfasst auch die Nichtigkeit des Jahresabschlusses36. Da der Jahresabschluss mit Rückwirkung kraft Gesetzes nur durch die Eintragung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses wirksam wird, darf er nicht vor dieser Eintragung bekannt gemacht werden (§ 236).

VI. Verbindung mit einer Kapitalerhöhung 25

Wird mit der Kapitalherabsetzung eine Kapitalerhöhung verbunden, so gilt § 235.

32

33

Ausführlich zur dogmatisch unscharfen Bezeichnung der Rechtsfolge als Nichtigkeit s § 228, 16. Ebenso MK/Oechsler 2 17; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 15; Becker in Bürgers/Körber 16; widersprüchlich KK/Lutter 2 15 (ex tunc) und 19 (Eintritt der Rechtsfolge mit Fristablauf). Becker in Bürgers/Körber 16; Hüffer 9 9;

34 35 36

KK/Lutter 2 17; MK/Oechsler 2 17; MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 39; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 15. KK/Lutter 2 18. Becker in Bürgers/Körber 15; Hüffer 9 7; MK/Oechsler 2 15. Hüffer 9 10; KK/Lutter 2 20; MünchHdBAGKrieger 3 § 61, 39; MK/Oechsler 2 18.

Stand: 31.12.2010

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Rückwirkung einer gleichzeitigen Kapitalerhöhung

§ 235

§ 235 Rückwirkung einer gleichzeitigen Kapitalerhöhung (1) 1Wird im Fall des § 234 zugleich mit der Kapitalherabsetzung eine Erhöhung des Grundkapitals beschlossen, so kann auch die Kapitalerhöhung in dem Jahresabschluß als vollzogen berücksichtigt werden. 2Die Beschlußfassung ist nur zulässig, wenn die neuen Aktien gezeichnet, keine Sacheinlagen festgesetzt sind und wenn auf jede Aktie die Einzahlung geleistet ist, die nach § 188 Abs. 2 zur Zeit der Anmeldung der Durchführung der Kapitalerhöhung bewirkt sein muß. 3Die Zeichnung und die Einzahlung sind dem Notar nachzuweisen, der den Beschluß über die Erhöhung des Grundkapitals beurkundet. (2) 1Sämtliche Beschlüsse sind nichtig, wenn die Beschlüsse über die Kapitalherabsetzung und die Kapitalerhöhung und die Durchführung der Erhöhung nicht binnen drei Monaten nach der Beschlußfassung in das Handelsregister eingetragen worden sind. 2Der Lauf der Frist ist gehemmt, solange eine Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage rechtshängig ist. 3Die Beschlüsse und die Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals sollen nur zusammen in das Handelsregister eingetragen werden.

Übersicht I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . . II. Zweck der Vorschrift . . . . . . . III. Wahlweise Rückwirkung auch der Kapitalerhöhung (Abs 1) . . . . . 1. Bedeutung (Abs 1 S 1) . . . . 2. Reichweite der Rückwirkung . 3. Voraussetzungen (Abs 1 S 2) . a) Beschlussfassung . . . . .

. . . . . . . . . . .

. . . . .

. . . . .

Rn

Rn

1 2–3

b) Ordentliche Kapitalerhöhung mit Geldeinlagen (Abs 1 S 2) . . . . 10–12 c) Nachweis der Voraussetzungen (Abs 1 S 3) . . . . . . . . . . . 13–14 2. Rechtsfolgen des Fehlens von Rückwirkungsvoraussetzungen . . . . . . 15 IV. Nichtigkeit (Abs 2 S 1 und 2) . . . . . 16 V. Gleichzeitige Eintragung (Abs 2 S 3) . . 17

4–15 4–5 6–8 9–14 9

Schrifttum Fendel Zur Tilgungswirkung von Voreinzahlungen auf künftige Kapitalerhöhungen in Sanierungsfällen, NZI 2007, 381; Reger/Stenzel Der Kapitalschnitt auf Null als Mittel zur Sanierung von Unternehmen – Gesellschaftsrechtliche, börsenzulassungsrechtliche und kapitalmarktrechtliche Konsequenzen, NZG 2009, 1210. Vgl im Übrigen die Schrifttumsnachweise Vor § 222 und bei § 229.

I. Gesetzesgeschichte § 235 entspricht mit sprachlichen Änderungen dem § 189 AktG 19371. 1969 passte 1 der Gesetzgeber Abs 1 S 3 an das BeurkG an, indem er die Zuständigkeit des Richters entfallen ließ2. Das BiRiLiG3 ließ die Vorschrift unverändert. Mit dem ARUG4 änderte 1

2 3

Kropff AktG 1965, S 323. Zur Geschichte der Kapitalherabsetzung im Allgemeinen s Vor § 222, 72 ff. § 56 Abs 1 Nr 7 des Beurkundungsgesetzes v 28.8.1969, BGBl I 1513. Art 2 Nrn 42–50 des Gesetzes zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten

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4

Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts – Bilanzrichtlinien-Gesetz – v 19.12.1985, BGBl I 2355. Art 1 Nr 34d des Gesetzes zur Umsetzung der Aktionärsrichtlinie (ARUG) v 30.7.2009, BGBl I 2479.

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§ 235

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

der Gesetzgeber Abs 3 S 2, indem er die Worte „oder eine zur Kapitalherabsetzung oder Kapitalerhöhung beantragte staatliche Genehmigung noch nicht erteilt ist“ strich (zu den Gründen der Änderung s § 228, 2; zu ihren übrigen Rechtsfolgen s § 222, 65).

II. Zweck der Vorschrift 2

Die Vorschrift ergänzt § 234 um die Möglichkeit, die vereinfachte Kapitalherabsetzung mit einer Kapitalerhöhung zu kombinieren. Auch in diesem Fall besteht regelmäßig das Bedürfnis, dass in der Bilanz über das vor der Beschlussfassung abgelaufene Geschäftsjahr das Grundkapital in der Höhe erscheint, wie es sich nach den Sanierungsmaßnahmen darstellt (s § 234, 2). Diesem Anliegen trägt Abs 1 S 1 Rechnung. Abs 1 S 2 will einen Missbrauch der Befugnis des Satzes 1 verhüten und gewährleisten, dass die Kapitalerhöhung, die bereits in der Bilanz für das abgelaufene Geschäftsjahr erscheint, auch tatsächlich verwirklicht wird. Abs 2 erklärt die Beschlüsse über Kapitalherabsetzung, Kapitalerhöhung und Jahres3 abschluss für nichtig, wenn die Beschlüsse über die Kapitalherabsetzung und die Kapitalerhöhung sowie die Durchführung der Kapitalerhöhung nicht binnen drei Monaten nach der Beschlussfassung in das Handelsregister eingetragen worden sind. Bei der Vorschrift handelt es sich um eine Ausnahme, denn das Gesetz schreibt regelmäßig keine Frist vor, in der die Kapitalherabsetzungs- und Kapitalerhöhungsbeschlüsse oder deren Durchführung ins Handelsregister einzutragen sind. Sie will gewährleisten, dass kein unzutreffender Jahresabschluss Bestand hat. Die Vorgabe des Abs 2 S 3, wonach die Beschlüsse gleichzeitig eingetragen werden sollen, stellt sicher, dass kein unzutreffender Eindruck aufgrund aus dem Zusammenhang gerissener Einzeleintragungen im Handelsregister entstehen kann.

III. Wahlweise Rückwirkung auch der Kapitalerhöhung (Abs 1) 1. Bedeutung (Abs 1 S 1)

4

Wird im Falle des § 234 zugleich mit der Kapitalherabsetzung eine Erhöhung des Grundkapitals beschlossen, so kann auch die Kapitalerhöhung in dem Jahresabschluss als vollzogen berücksichtigt werden (Abs 1 S 1). Die Vorschrift, die ausdrücklich den Tatbestand des § 234 voraussetzt, gibt der Gesellschaft also die Befugnis, die Kapitalerhöhung bereits im Jahresabschluss für das letzte, vor der Beschlussfassung über eine Kapitalerhöhung abgelaufene Geschäftsjahr als vollzogen zu behandeln. Sie stellt damit – wie § 234 – eine Durchbrechung des Stichtagsprinzips dar. § 235 betrifft also nur die Bilanzierung der Kapitalerhöhung, nicht aber deren Wirksamwerden, das sich nach den für Kapitalmaßnahmen geltenden Vorschriften (§§ 189, 224) richtet und daher die Eintragung der Kapitalerhöhung erfordert5. Erst zu diesem Zeitpunkt entstehen daher die Aktienrechte der einzelnen Aktionäre, vor allem ihr Stimmrecht. Die Vorschrift räumt der AG das Recht ein, eine Rückwirkung vorzusehen, verpflich5 tet sie aber nicht dazu6. Der Gesellschaft stehen damit folgende drei Handlungsmöglichkeiten offen. (1) Sie kann eine vereinfachte Kapitalherabsetzung mit gleichzeitiger Kapi-

5

Hüffer 9 2; Jäger NZG 1999, 238, 240; KK/Lutter 2 4; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 3; MK/Oechsler 2 1, 2.

6

Hüffer 9 3; MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 40; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 4; MK/Oechsler 2 4.

Stand: 31.12.2010

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Rückwirkung einer gleichzeitigen Kapitalerhöhung

§ 235

talerhöhung beschließen, aber die Möglichkeit der Rückwirkung nicht nutzen. Beide Maßnahmen werden daher erst in dem Jahresabschluss des Geschäftsjahres berücksichtigt, in dem sie wirksam werden. (2) Die Hauptversammlung kann beschließen, dass nur der Kapitalherabsetzung, nicht aber der Kapitalerhöhung Rückwirkung zukommen soll. Es sind nur die Voraussetzungen des § 234 zu beachten. (3) Sowohl die Kapitalherabsetzung als auch die Kapitalerhöhung sollen Rückwirkung entfalten. In diesem Fall sind die Voraussetzungen der §§ 234, 235 zu beachten. Unzulässig wäre es dagegen, nur die Kapitalerhöhung mit Rückwirkung zu versehen, da dies den Gläubigern ein unzutreffendes Bild vermitteln würde7. 2. Reichweite der Rückwirkung Macht die Gesellschaft von der Befugnis des § 235 Gebrauch, so muss der Jahres- 6 abschluss das Grundkapital so ausweisen, wie es sich nach Kapitalherabsetzung und Kapitalerhöhung ergibt. Das durch Kapitalherabsetzung und Kapitalerhöhung geänderte Grundkapital ist unter den Passiven als gezeichnetes Kapital (§ 266 Abs 3 A I HGB) zu buchen. Nicht eingeforderte Einlagen sind davon offen abzusetzen (§ 272 Abs 1 S 3 HS 1). Der verbleibende Betrag ist als Posten „Eingefordertes Kapital“ in der Hauptspalte der Passivseite auszuweisen (§ 272 Abs 1 S 3 HS 2). Der eingeforderte, aber noch nicht eingezahlte Betrag ist unter den Forderungen gesondert aufzuführen und entsprechend zu bezeichnen (§ 272 Abs 1 S 3 HS 3). Wenn ein Agio vorgesehen ist, muss dieses in der Kapitalrücklage verbucht werden (§§ 266 Abs 3 A II, 272 Abs 2 Nr 1 HGB). Die Rücklagen sind so aufzunehmen, wie sie sich aufgrund der Kapitalherabsetzung 7 und der Wiedererhöhung darstellen. Dabei kann im Einzelfall eine Erhöhung der gesetzlichen Rücklage über die in § 231 vorgesehene Grenze von 10 % des herabgesetzten Grundkapitals vorgenommen werden, wenn bei der Kapitalerhöhung ein Aufgeld vorgesehen ist. Die Bekanntmachung der Abschlüsse darf erst erfolgen, nachdem die Beschlüsse über die Kapitalherabsetzung und die Kapitalerhöhung sowie die Durchführung der Kapitalerhöhung ins Handelsregister eingetragen sind (§ 236). Wie im Falle des § 234 ist die Rückbeziehung nur möglich, wenn der Jahresabschluss von der Hauptversammlung festgestellt wird (§ 234 Abs 2). Der Feststellungsbeschluss soll gleichzeitig mit dem Beschluss der Hauptversammlung über die Kapitalerhöhung gefasst werden (§ 234 Abs 2 S 2). Ist in der Zeit zwischen dem Bilanzstichtag und dem Herabsetzungs- und Wiederer- 8 höhungsbeschluss eine (weitere) Kapitalerhöhung durchgeführt worden, so muss sie in dem Jahresabschluss rückwirkend als vollzogen berücksichtigt werden, weil sich sonst ein falsches Kapitalbild ergeben würde. 3. Voraussetzungen (Abs 1 S 2) a) Beschlussfassung. Unter Beschlussfassung versteht S 2 die in S 1 genannten drei 9 Beschlüsse über die Kapitalherabsetzung und -erhöhung sowie die Feststellung des Jahresabschlusses mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt des letzten Jahresabschlusses (vgl § 234 Rn 4 ff). Alle drei Beschlüsse sollen im Falle der Rückwirkung gleichzeitig gefasst werden, also in einer Hauptversammlung (§ 234 Abs 2 S 2, s § 234, 12 ff)8. Die Voraussetzungen des § 234 sind kumulativ zu beachten, so dass eine Rückwirkung der Kapi7

KK/Lutter 2 3; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 5; MK/Oechsler 2 4.

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8

KK/Lutter 2 7; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 7; MK/Oechsler 2 6.

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§ 235

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

talerhöhung nur zulässig ist, wenn auch für die Kapitalherabsetzung eine solche vorgesehen ist (s o 5 mwN). Dabei steht es der Anwendung der Vorschrift nicht entgegen, dass das Unternehmen im abgelaufenen Geschäftsjahr noch in der Rechtsform der GmbH organisiert war9.

10

b) Ordentliche Kapitalerhöhung mit Geldeinlagen (Abs 1 S 2). Die Beschlussfassung über die Rückwirkung auch der Kapitalerhöhung ist nur zulässig, wenn die neuen Aktien gezeichnet sind, keine Sacheinlagen festgesetzt wurden, und wenn auf jede Aktie die Einzahlung geleistet ist, die nach § 188 Abs 2 zur Zeit der Anmeldung der Durchführung der Kapitalerhöhung bewirkt sein muss (Abs 1 S 2). Der Umstand, dass die Zeichnung und Mindesteinzahlung sofort erfolgen müssen, verdeutlicht, dass nur eine Kapitalerhöhung gegen Einlagen und keine bedingte (§§ 192 ff) oder genehmigte Kapitalerhöhung (§§ 202 ff) oder Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln (§§ 207 ff) in Betracht kommt10. Eine Sachkapitalerhöhung ist ebenfalls ausgeschlossen. Damit will der Gesetzgeber zum einen eine problemlose und rasche Kapitalzufuhr sicherstellen11 und zum anderen der Gefahr einer Überbewertung von Sacheinlagen begegnen, die aufgrund der Möglichkeit der bilanziellen Rückwirkung als groß eingeschätzt wird12. Dadurch wird insbesondere der Einbringung von Rückzahlungsansprüchen aus Darlehen ein Riegel vorgeschoben13. Damit das Kapital, das die Bilanz ausweist, tatsächlich zur Verfügung steht, müssen 11 schon im Zeitpunkt der Beschlussfassung die neuen Aktien gezeichnet und die Einzahlungen geleistet sein, die nach § 188 Abs 2 zur Zeit der Anmeldung der Durchführung der Kapitalerhöhung bewirkt sein müssen. Es muss also abweichend von der gewöhnlichen Kapitalerhöhung schon vor der Beschlussfassung dasjenige geleistet sein, das zur Durchführung der Kapitalerhöhung gehört. Im Interesse der Kapitalsicherung und der Verhütung einer Schädigung Dritter wird im Falle des § 235 schon vor der Beschlussfassung die für den Zeichner verbindliche Zeichnung zugelassen und verlangt. Dass die Zeichnung für den Zeichner verbindlich sein muss, ergibt sich daraus, dass andernfalls die Vorschrift keinen praktischen Wert hätte. Es müssen also Zeichnungsverträge (§ 185) geschlossen werden, wobei diese unter der Bedingung stehen14 und klarstellend auch ausdrücklich unter eine solche Bedingung gestellt werden können15, dass die Kapitalerhöhung auch wirksam wird. Allerdings gilt auch im Falle des § 235 der § 187 Abs 2, dh gegenüber der Gesellschaft sind etwaige Zusicherungen auf den Bezug von Aktien vor dem Beschluss über die Erhöhung des Grundkapitals unwirksam. Scheitert die Kapitalerhöhung, ist die Zeichnung nach den vereinbarten vertraglichen Regeln oder ggf nach den §§ 812 ff BGB rückabzuwickeln16. Weiterhin ist der Beschluss über die Kapitalerhöhung mit Rückwirkung nur zulässig, 12 wenn auf jede Aktie die Einzahlung geleistet ist, die vor der Anmeldung der Durchführung bewirkt sein muss. Die Norm nimmt damit Bezug auf die §§ 188 Abs 2, 36 Abs 2, 36a Abs 1, 37 Abs 1. Es sind also mindestens 25 % des geringsten Ausgabebetrags 9

10

11

K Schmidt AG 1985, 150, 156 f; MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 40; Hüffer 9 4; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 4. MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 41; Lutter/ Hommelhoff/Timm BB 1980, 737, 741, 744; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 8; MK/Oechsler 2 7. Hüffer 9 5; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 10.

12 13 14 15 16

So ausdrücklich MK/Oechsler 2 9; SpindlerStilz/Marsch-Barner 2 10. OLG Düsseldorf ZIP 1991, 161, 163 f; MK/Oechsler 2 9. Hüffer 9 5; KK/Lutter 2 9; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 9; MK/Oechsler 2 8. KK/Lutter 2 9. Hüffer 9 5; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 9.

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Rückwirkung einer gleichzeitigen Kapitalerhöhung

§ 235

zzgl Agio einzuzahlen. Hat der Vorstand mehr als die Mindesteinlage eingefordert, ist auch dieses Mehr zu leisten17. Der Zeichner ist vorleistungspflichtig und erbringt seine Zahlung als Vorschuss auf die künftige Einlagepflicht18. Damit verlangt § 235 Abs 1 S 2 ausdrücklich eine Vorleistung auf die Einlageschuld, deren Zulässigkeit bei der regulären Kapitalerhöhung jahrzehntelang umstritten war19. Die Voreinzahlung hat zur freien Verfügung der Gesellschaft zu erfolgen, so dass der Zeichner keine Bedingungen an die Zahlung knüpfen darf20. Die Einlagesumme darf also insbesondere nicht zunächst als Kredit gewährt und dann umgewidmet werden21. Die Einzahlung ist an keine besonderen Fristen gebunden und darf daher sowohl vor als auch nach der Hauptversammlung erfolgen. Der Zeichner muss bei seiner Einzahlung/Überweisung deren Zweck eindeutig angeben (zB „Vorausleistung der Einlage auf die Kapitalerhöhung“). Die Einzahlung auf ein Sperr- oder Sonderkonto ist nicht notwendig. Vielmehr kann der Betrag wegen des Sanierungszwecks sofort für Zwecke der Gesellschaft genutzt werden22. Dies gilt nicht nur für die Mindesteinlage, sondern auch für den darüber hinaus vom Vorstand eingeforderten Betrag23. Der Vorstand muss bei der Anmeldung versichern, dass der Betrag zur freien Verfügung der Gesellschaft stand und er nicht an den Inferenten zurückgeflossen ist24. Die früher verlangte Versicherung, dass der Betrag zum Zeitpunkt der Anmeldung zumindest wertmäßig im Gesellschaftsvermögen noch vorhanden ist, wird heute zu Recht nicht einmal bei der regulären Kapitalerhöhung verlangt25, so dass sie erst recht nicht bei einer solchen zu Sanierungszwecken notwendig ist 26. c) Nachweis der Voraussetzungen (Abs 1 S 3). Der Nachweis der Zeichnung und der 13 Einzahlung ist dem Notar zu erbringen, der den Beschluss über die Erhöhung des Grundkapitals beurkundet (Abs 1 S 3). Da Abs 1 S 2 schon die Beschlussfassung selbst von der Zeichnung und Einzahlung abhängig macht, ist es folgerichtig, dass dem beurkundenden Notar die tatsächliche Erfüllung dieser Vorgaben nachzuweisen ist. Der Nachweis muss zeitlich vor der Beurkundung erfolgen, wobei dies auch außerhalb der Hauptversamm-

17

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22 23

BGHZ 118, 83, 88; OLG Düsseldorf ZIP 1981, 847, 856; Hüffer 9 6; MünchHdBAGKrieger 3 § 61, 41; KK/Lutter 2 10. BGHZ 118, 83, 90 f; Henze ZHR 154 (1990) 105, 124; KK/Lutter 2 10; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 11; MK/Oechsler 2 10. Die Diskussion bis zur grundlegenden Entscheidung BGH NJW 2007, 515 ist beschrieben bei Fendel NZI 2007, 381 ff. Anders noch Schilling Voraufl 3, wonach die Aktienzeichner sich dadurch sichern könnten, dass sie die Hinterlegung der einzuzahlenden Beträge bei einem Treuhänder vereinbaren, der sie der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen hat, wenn die Kapitalerhöhung wirksam geworden ist. BGHZ 118, 83, 88 ff; OLG Düsseldorf ZIP 1991, 161, 162 f; Brandes WM 1994, 2177, 2180; Henze ZHR 154 (1990) 105, 125; KK/Lutter 2 10; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 11; Uhlenbruck ZIP 1980, 515 f. Hüffer 9 7; KK/Lutter 2 10. OLG Düsseldorf ZIP 1981, 847, 856; Becker

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in Bürgers/Körber 9; Heidel/Terbrack3 14; Hüffer 9 7; MK/Oechsler 2 11; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 11; aA Lutter/Hommelhoff/ Timm BB 1980, 737, 744 f (nur die Mindesteinlage). BGHZ 150, 197, 199 ff; OLG Düsseldorf ZIP 1981, 847, 856; Lutter/Hommelhoff/Timm BB 1980, 737, 744 f; ihnen zustimmend K Schmidt ZGR 1982, 519, 528 ff; Hüffer 9 7; KK/Lutter 2 10; MK/Oechsler 2 11. BGHZ 150, 197, 199 ff; Becker in Bürgers/ Körber 9; anders noch Hüffer ZGR 1993, 474, 482 ff; Schneider/Verhoeven ZIP 1982, 644, 647 f. Becker in Bürgers/Körber 9; Heidel/Terbrack3 14; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 11; MK/Oechsler 2 11; anders noch Hüffer 9 7, wobei dies auf einem Versehen beruhen dürfte, da die in Bezug genommene Stelle (aaO § 188, 6) bereits die neuere Entwicklung beschreibt. Offen gelassen von BGH ZIP 1982, 923, 928 f.

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§ 235

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

lung erfolgen kann27. In welcher Weise der Nachweis zu erbringen ist, entscheidet der Notar nach pflichtgemäßem Ermessen28. Er kann Nachweis durch öffentliche Urkunden fordern. Wenn kein ernstlicher Zweifel besteht, kann auch die Vorlage privatschriftlicher Urkunden, der Zeichnungsscheine oder schriftlicher Bescheinigungen des Vorstandes über die Einzahlung, ausreichen. Bei Einzahlung durch Gutschrift auf ein Bankkonto kann Vorlegung einer schriftlichen Bestätigung der Bank gefordert werden (§§ 188 Abs 2, 37 Abs 1 S 3). Wird der Nachweis nicht erbracht, so hat der Notar die Beurkundung abzulehnen29. Beurkundet er die Beschlussfassung trotzdem, begeht er zwar eine Amtspflichtverletzung. Dies berührt jedoch die Wirksamkeit des Beschlusses nicht (s u 15 aE)30. Der Nachweis der Voraussetzungen gem Abs 1 S 3 befreit die Gesellschaft nicht 14 davon, bei der Anmeldung der Durchführung der Kapitalerhöhung die nach § 188 Abs 2 und 3 erforderlichen Nachweise vorzulegen. 2. Rechtsfolgen des Fehlens von Rückwirkungsvoraussetzungen

15

Wird der Jahresabschluss mit Rückwirkung festgestellt, obwohl die Voraussetzungen des Abs 1 S 1 oder S 2 nicht vorlagen, waren also entweder Sacheinlagen festgesetzt, oder waren die neuen Aktien noch nicht gezeichnet oder die Einzahlungen nicht geleistet, so verstößt der Beschluss über die Feststellung des Jahresabschlusses gegen eine überwiegend im Interesse der Gläubiger erlassene Vorschrift und ist deshalb nichtig (§ 256 Abs 1 Nr 1)31. Denn durch die Vorschrift des Satzes 2 soll eine Täuschung Dritter, insbesondere der Gläubiger über den Kapitalstand der Gesellschaft verhindert werden. Dagegen ist Abs 1 S 3 nur eine Ordnungsvorschrift; ein Verstoß gegen sie begründet weder Nichtigkeit noch Anfechtbarkeit.

IV. Nichtigkeit (Abs 2 S 1 und 2) 16

Werden der Kapitalherabsetzungsbeschluss, der Erhöhungsbeschluss und dessen Durchführung nicht binnen drei Monaten nach der Beschlussfassung in das Handelsregister eingetragen, so sind alle Beschlüsse (Kapitalerhöhung, Kapitalherabsetzung und Feststellung des Jahresabschlusses für das letzte Geschäftsjahr) nichtig. Die Vorschriften des Abs 2 sind dem § 228 Abs 2 und dem § 234 Abs 3 nachgebildet, so dass wegen des Zwecks der Bestimmung, der Fristberechnung und der Hemmung auf die entsprechende Kommentierung (s § 234, 17 ff) verwiesen werden kann. Im Unterschied zu § 234 Abs 3 S 1 muss bei § 235 Abs 2 S 1 aber nicht nur der Kapitalherabsetzungsbeschluss, sondern auch der Kapitalerhöhungsbeschluss und dessen Durchführung eingetragen werden. Erfolgte dies nicht fristgerecht, muss der Jahresabschluss ohne Rückwirkung neu festgestellt werden. Da auch die Kapitalerhöhung nichtig ist, sind die etwa geleisteten Einlagen zurückzuerstatten. Nach Ablauf der Frist darf das Registergericht die Beschlüsse nicht mehr eintragen. Werden sie trotzdem eingetragen, kommt gem § 242 Abs 2 und 3 eine Heilung in Betracht. Es besteht Einigkeit, dass die Heilung auch den Jahresabschluss erfasst32. 27 28

29 30

Hüffer 9 8. MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 41; KK/Lutter 2 11; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 12; MK/Oechsler 2 12. Hüffer 9 8; KK/Lutter 2 11. Becker in Bürgers/Körber 10; Hüffer 9 8; MK/Oechsler 2 12; MünchHdBAG-Krieger 3

31 32

§ 61, 41; KK/Lutter 2 11; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 12. Becker in Bürgers/Körber 11; KK/Lutter 2 13; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 13. Hüffer 9 11; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 17; MK/Oechsler 2 17.

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Offenlegung

§ 236

V. Gleichzeitige Eintragung (Abs 2 S 3) Wegen des Zusammenhanges der Beschlüsse und der Durchführung der Kapital- 17 erhöhung ordnet Abs 2 S 3 an, dass die Eintragung zusammen erfolgen soll. Es handelt sich nur um eine Ordnungsvorschrift. Die Beschlüsse sind deshalb weder nichtig noch anfechtbar33, wenn die Eintragung zu verschiedener Zeit erfolgt, sofern nur die Dreimonatsfrist des Abs 3 S 1 eingehalten ist.

§ 236 Offenlegung Die Offenlegung des Jahresabschlusses nach § 325 des Handelsgesetzbuchs darf im Fall des § 234 erst nach Eintragung des Beschlusses über die Kapitalherabsetzung, im Fall des § 235 erst ergehen, nachdem die Beschlüsse über die Kapitalherabsetzung und Kapitalerhöhung und die Durchführung der Kapitalerhöhung eingetragen worden sind.

Übersicht Rn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . . . . . . . II. Zweck der Vorschrift . . . . . . . . . . . .

Rn

1 2

III. Die Regelung und Rechtsfolgen eines Verstoßes . . . . . . . . . . . . . . . . .

3–4

Schrifttum Vgl die Schrifttumsnachweise Vor § 222 und bei § 229.

I. Gesetzesgeschichte § 236 wurde unverändert aus dem Aktiengesetz 1937 (§ 191) übernommen1. Das 1 BiRiLiG2 ersetzte in der Überschrift und dem Text der Vorschrift den Begriff „Bekanntmachung“ durch „Offenlegung“ und den Verweis auf „§ 177 Abs 2“ durch „§ 325 des Handelsgesetzbuchs“.

II. Zweck der Vorschrift Macht die Gesellschaft von der Befugnis der §§ 234, 235 Gebrauch, Grundkapital 2 und Rücklagen, wie sie sich aus einer Kapitalherabsetzung oder aus einer gleichzeitig beschlossenen Kapitalherabsetzung und Kapitalerhöhung ergeben, bereits im Jahresab33

Hüffer 9 13; MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 42; KK/Lutter 2 16; Spindler-Stilz/MarschBarner 2 18; MK/Oechsler 2 20.

1

Kropff AktG 1965, S 323 f. Zur Geschichte der Kapitalherabsetzung im Allgemeinen s Vor § 222, 72 ff.

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Art 2 Nrn 48 des Gesetzes zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts – Bilanzrichtlinien-Gesetz – v 19.12.1985, BGBl I 2355.

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§ 236

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

schluss für das vor der Beschlussfassung abgelaufene Geschäftsjahr auszuweisen, so hängt die Wirksamkeit des Beschlusses über die Feststellung des Jahresabschlusses davon ab, ob die Kapitalherabsetzung und die Kapitalerhöhung wirksam werden. Dies ist aber mit der Eintragung der Beschlüsse und der Durchführung der Kapitalerhöhung der Fall (§§ 189, 224). Bis dahin ist der Beschluss über die Feststellung des Jahresabschlusses schwebend unwirksam. Würde der Jahresabschluss nach § 325 Abs 1 S 2 HGB unverzüglich, dh alsbald nach seiner Feststellung, öffentlich bekannt gemacht, würde der unrichtige Eindruck eines schon wirksamen Jahresabschlusses erweckt werden3, obwohl die Fristen nach §§ 234 Abs 3, 235 Abs 2 noch laufen. Zugleich verhindert die Vorschrift, dass ein Jahresabschluss publiziert wird, der uU kurze Zeit später nichtig wird (§§ 234 Abs 3, 235 Abs 2), wenn die Kapitalherabsetzung und ggf die Kapitalerhöhung nicht wirksam werden. Aus diesen Gründen macht § 236 eine Ausnahme von der Vorschrift des § 325 HGB.

III. Die Regelung und Rechtsfolgen eines Verstoßes 3

Die Bekanntmachung des Jahresabschlusses darf in den Fällen der §§ 234, 235 erst erfolgen, nachdem die erforderlichen Eintragungen in das Handelsregister stattgefunden haben, dann ist sie aber unverzüglich vorzunehmen4. Die Bekanntmachung darf nicht erfolgen, wenn die Beschlüsse wegen Versäumung der Dreimonatsfrist der §§ 234 Abs 3, 235 Abs 2 nichtig sind.

4

Die Vorschrift ist ein Schutzgesetz iSd § 823 Abs 2 BGB5. Die Gesellschaft haftet für Fehlverhalten ihrer Leitungsorgane über § 31 BGB. Ein Haftungsfall kann eintreten, wenn der Rückbezug der Kapitalmaßnahme misslingt und ein Gläubiger oder ein Aktionär im Vertrauen auf die Wirksamkeit des (wegen §§ 234 Abs 3, 235 Abs 2 nichtigen) Jahresabschlusses einen Schaden erleidet6. Eine Haftung kommt aber nur in Betracht, wenn der Jahresabschluss sich später als nichtig erweist. Wird er dagegen wirksam, haben die Gläubiger lediglich zu früh von ihm erfahren, was als solches keine Haftung auslöst7, zumal die übrigen Bilanzposten außer gezeichnetem Kapital und Rücklagen mit und ohne Rückwirkung gleich ausfallen8. Gegen Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder steht der Gesellschaft die Möglichkeit eines Regresses nach §§ 93, 116 offen, wenn diese schuldhaft ihre Pflichten im Zusammenhang mit § 236 verletzt haben.

3 4 5

KK/Lutter 2 2. Hüffer 9 2; KK/Lutter 2 2; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 2. KK/Lutter 2 3; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 3; MK/Oechsler 2 3; MünchHdBAG-Krieger 3 § 61, 43.

6 7 8

Hüffer 9 3; KK/Lutter 2 3; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 3. MK/Oechsler 2 3; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 3. Baumbach/Hueck/Zöllner GmbHG19 § 58e, 17; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 3.

Stand: 31.12.2010

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DRITTER UNTERABSCHNITT Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien. Ausnahme für Stückaktien § 237 Voraussetzungen (1) 1Aktien können zwangsweise oder nach Erwerb durch die Gesellschaft eingezogen werden. 2Eine Zwangseinziehung ist nur zulässig, wenn sie in der ursprünglichen Satzung oder durch eine Satzungsänderung vor Übernahme oder Zeichnung der Aktien angeordnet oder gestattet war. (2) 1Bei der Einziehung sind die Vorschriften über die ordentliche Kapitalherabsetzung zu befolgen. 2In der Satzung oder in dem Beschluß der Hauptversammlung sind die Voraussetzungen für eine Zwangseinziehung und die Einzelheiten ihrer Durchführung festzulegen. 3Für die Zahlung des Entgelts, das Aktionären bei einer Zwangseinziehung oder bei einem Erwerb von Aktien zum Zwecke der Einziehung gewährt wird, und für die Befreiung dieser Aktionäre von der Verpflichtung zur Leistung von Einlagen gilt § 225 Abs. 2 sinngemäß. (3) Die Vorschriften über die ordentliche Kapitalherabsetzung brauchen nicht befolgt zu werden, wenn Aktien, auf die der Ausgabebetrag voll geleistet ist, 1. der Gesellschaft unentgeltlich zur Verfügung gestellt oder 2. zu Lasten des Bilanzgewinns oder einer anderen Gewinnrücklage, soweit sie zu diesem Zweck verwandt werden können, eingezogen werden oder 3. Stückaktien sind und der Beschluß der Hauptversammlung bestimmt, daß sich durch die Einziehung der Anteil der übrigen Aktien am Grundkapital gemäß § 8 Abs. 3 erhöht; wird der Vorstand zur Einziehung ermächtigt, so kann er auch zur Anpassung der Angabe der Zahl in der Satzung ermächtigt werden. (4) 1Auch in den Fällen des Absatzes 3 kann die Kapitalherabsetzung durch Einziehung nur von der Hauptversammlung beschlossen werden. 2Für den Beschluß genügt die einfache Stimmenmehrheit. 3Die Satzung kann eine größere Mehrheit und weitere Erfordernisse bestimmen. 4Im Beschluß ist der Zweck der Kapitalherabsetzung festzusetzen. 5Der Vorstand und der Vorsitzende des Aufsichtsrats haben den Beschluß zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. (5) In den Fällen des Absatzes 3 Nr. 1 und 2 ist in die Kapitalrücklage ein Betrag einzustellen, der dem auf die eingezogenen Aktien entfallenden Betrag des Grundkapitals gleichkommt. (6) 1Soweit es sich um eine durch die Satzung angeordnete Zwangseinziehung handelt, bedarf es eines Beschlusses der Hauptversammlung nicht. 2In diesem Fall tritt für die Anwendung der Vorschriften über die ordentliche Kapitalherabsetzung an die Stelle des Hauptversammlungsbeschlusses die Entscheidung des Vorstands über die Einziehung.

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§ 237

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Übersicht I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . . . . . II. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . 1. Die beiden Arten der Einziehung . . 2. Regelungsgegenstand und -zweck . . a) Die rechtliche Natur der Einziehung . . . . . . . . . . . . . b) Gläubiger- und Aktionärsschutz . 3. Zweck der Einziehung . . . . . . . a) Einziehung zum Zweck der Kapitalherabsetzung . . . . . . . b) Einziehung zum Zweck der Veränderung des Mitgliederbestands c) Angabe des Zwecks . . . . . . . 4. Satzungsänderung . . . . . . . . . . 5. Grenzen der Einziehung . . . . . . . a) Mindestnennbetrag und Kapitalschnitt . . . . . . . . . . . . . . b) Einziehung im Konkurs und in der Auflösung . . . . . . . . . . c) Einziehung und Finanzmarktstabilisierung . . . . . . . . . . 6. Abgrenzung von anderen Rechtsinstituten . . . . . . . . . . . . . . 7. Auswirkung der Einziehung auf Rechte Dritter . . . . . . . . . . . . III. Die Zwangseinziehung (Abs 1 S 1 Alt 1) 1. Begriff und Reichweite . . . . . . . 2. Ermächtigung in der Satzung (Abs 1 S 2) . . . . . . . . . . . . . a) Ursprungssatzung und Satzungsänderung . . . . . . . . . . . . b) Satzungsänderung mit Rückwirkung auf bestehende Aktien . . . c) Änderung und Aufhebung der Ermächtigung . . . . . . . . . . d) Ausnahme . . . . . . . . . . . . e) Folgen eines Verstoßes gegen Abs 1 S 2 . . . . . . . . . . . . 3. Die angeordnete Zwangseinziehung . a) Begriff und notwendiger Satzungsinhalt . . . . . . . . . . . . . . aa) Überblick . . . . . . . . . . bb) Angaben zu Umfang, Art und Weise der Einbeziehung cc) Angaben zu möglichen Einbeziehungsgründen . . . . . b) Keine weiteren materiellen Schranken . . . . . . . . . . . . c) Rechtsfolgen einer fehlenden Bestimmtheit der Satzungsregelung d) Zuständigkeit für die Entscheidung . . . . . . . . . . . . 4. Die gestattete Zwangseinziehung . . a) Begriff und notwendiger Satzungsinhalt . . . . . . . . . . b) Materielle Schranken . . . . . . aa) Sachliche Rechtfertigung . . bb) Gleichbehandlungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . cc) Einbeziehung als Druckmittel

Rn

Rn

1–5 6–28 6–8 9–12

c) Zuständigkeit für die Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . 65 5. Das Einziehungsentgelt (Abfindung) 66–77 a) Die angeordnete Einziehung . . 66–72 aa) Notwendigkeit einer Satzungsregelung . . . . . . 66 bb) Höhe des Entgelts bei Einziehung zum Zwecke der Kapitalherabsetzung . . . 67 cc) Höhe des Entgelts bei Einbeziehung zum Zwecke des Ausschlusses von Aktionären . . . . . . . . 68–72 b) Die gestattete Einziehung . . . 73–75 aa) Satzungsregelung über das Entgelt . . . . . . . . 73 bb) Beschluss der Hauptversammlung über das Entgelt 74 cc) Sachausschüttung . . . . . 75 c) Gläubigerschutz . . . . . . . . 76 d) Gerichtliche Kontrolle der Entgelthöhe . . . . . . . . . . . . 77 IV. Einziehung nach Erwerb durch die Gesellschaft (Abs 1 S 1 Alt 2) . . . . 78–84 1. Unterschiede zur Zwangseinziehung . . . . . . . . . . . . . . 78 2. Erwerb der Aktien . . . . . . . . 79–81 3. Eigene Aktien . . . . . . . . . . . 82 4. Erwerb nach Einziehungsbeschluss 83 5. Umfang der Satzungsautonomie . 84 V. Das ordentliche Einziehungsverfahren (Abs 2) . . . . . . . . . . . . . . . . 85–97 1. Die grundsätzliche Geltung . . . . 85 2. Der Hauptversammlungsbeschluss 86–90 3. Der Gläubigerschutz . . . . . . . 91–97 a) Begrenzung der Höhe des Abfindungsentgelts . . . . . . . . 91–92 b) Anspruch auf Sicherheitsleistung . . . . . . . . . . . . 93 c) Ausschüttungssperre für das Entgelt . . . . . . . . . . . . . 94–97 aa) Anwendungsbereich des Abs 2 S 3 . . . . . . . 94 bb) Ausschüttungssperre bei der Zwangseinbeziehung . 95–96 cc) Ausschüttungssperre bei der Einbeziehung nach Erwerb . . . . . . . . . . 97 VI. Das vereinfachte Einziehungsverfahren (Abs 3–5) . . . . . . . . . . . . . . . 98–122 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . 98–99 2. Zulässigkeit beider Arten der Einziehung . . . . . . . . . . . . . . 100 3. Voraussetzungen . . . . . . . . . 101–109 a) Volle Leistung der Einlage . . . 101 b) Unentgeltlich zur Verfügung gestellt (Abs 3 Nr 1) . . . . . . 102–105 c) Einziehung zu Lasten des Bilanzgewinns oder einer anderen Gewinnrücklage (Abs 3 Nr 2) . 106

9–10 11–12 13–15 13 14 15 16 17–20 17–18 19 20 21–27 28 29–77 29–31 32–44 32–37 38–39 40 41 42–44 45–59 45–56 45–46 47 48–56 57 58 59 60–65 60 61–64 61 62–63 64

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Voraussetzungen Rn d) Einziehung von Stückaktien ohne Kapitalherabsetzung (Abs 3 Nr 3) . . . . . . . . . 107–109 4. Keine weiteren Fälle der Einziehung im vereinfachten Verfahren . . . 110 5. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . 111–122 a) Der Hauptversammlungsbeschluss (Abs 4) . . . . . . . 111–118 aa) Beschlusserfordernisse . . 111–115 bb) Inhalt des Beschlusses . . 116 cc) Anmeldung . . . . . . . 117 dd) Rechtsfolgen von Verfahrensverstößen . . . . . . 118

§ 237 Rn

b) Gläubigerschutz . . . . . . aa) Einstellung in die Kapitalrücklage (Abs 5) . . . bb) Analoge Anwendung von § 233 . . . . . . . VII. Einziehung durch den Vorstand (Abs 6) . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Entbehrlichkeit des Hauptversammlungsbeschlusses . . . 2. Die Entscheidung des Vorstands VIII. Die Rechtsfolgen einer fehlerhaften Einziehung . . . . . . . . . . . .

119–122 119–121 122 123–126 123–125 126 127–131

Schrifttum Becker Der Ausschluss aus der Aktiengesellschaft, ZGR 1986, 385; T Bezzenberger Erwerb eigener Aktien durch die AG, 2002; Bley Der Gläubigerschutz bei Einziehung von Aktien nach § 192 Abs 3 AktG 1937, ZAkDR 1942, 281; Brodmann Erwerb eigener Aktien und Einziehung von Aktien, ZBlHR 1932, 49; Brodmann Die Einziehung von Aktien im Entwurf des Aktienrechts, DGWR 1936, 104; Bunte Die Abschließung der Aktiengesellschaft gegen Außenstehende in den Niederlanden, Deutschland und der Schweiz, 1969; Friedewald Die personalistische Aktiengesellschaft, 1991, S 54 ff; Grunewald Der Ausschluß aus Gesellschaft und Verein, 1987; Luther Die genossenschaftliche AG, 1978; Maier-Reimer Vereinfachte Kapitalherabsetzung durch Verschmelzung?, GmbHR 2004, 1128; Petersen Vereinfachte Kapitalherabsetzung durch Verschmelzung?, GmbHR 2004, 728; Quassowski Die Vorschriften der Aktienrechtsnovelle über Publizität, eigene Aktien und Einziehung von Aktien, JW 1931, 2914; Reichert//Harbarth Veräußerung und Einziehung eigener Aktien, ZIP 2001, 1441; Reinisch Der Ausschluß von Aktionären aus der Aktiengesellschaft, 1992; Rieckers Ermächtigung des Vorstands zu Erwerb und Einziehung eigener Aktien, ZIP 2009, 700; Terbrack Kapitalherabsetzende Maßnahmen bei Aktiengesellschaften, RNotZ 2003, 89; Terbrack Kapitalherabsetzung ohne Herabsetzung des Grundkapitals? – Zur Wiedereinführung der Amortisation im Aktienrecht, DNotZ 2003, 734; Tielmann Die Einziehung von Stückaktien ohne Kapitalherabsetzung, DStR 2003, 1796; Weiß Die Einziehung von Aktien aus dem Gewinn gemäß § 227 HGB, ZBlHR 1927, 396; Wiedemann Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten bei Handelsgesellschaften, 1964, S 86 ff; Wieneke/Förl Die Einziehung eigener Aktien nach § 237 Abs 3 Nr 3 AktG – Eine Lockerung des Grundsatzes der Vermögensbindung?, AG 2005, 189; Wiese Zur Sanierung durch Einziehung von Aktien, SozPraxis 1940, 502; Zöllner Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien in vereinfachten Einziehungsverfahren und vorausgehender Erwerb, FS Doralt, 2004, S 751. Vgl im Übrigen die Schrifttumsnachweise Vor § 222.

I. Gesetzesgeschichte Vorläufer der Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien war die sog Amorti- 1 sation. Bei dieser war umstritten, ob es sich um eine Form der Kapitalherabsetzung handelte oder ob die Einziehung auch ohne Kapitalherabsetzung möglich war (s Vor § 222, 77). Der Aktienrechtsgesetzgeber 1937 klärte die Frage im ersteren Sinne (s Vor § 222, 83), so dass seitdem stets eine Kapitalherabsetzung vorlag1. Die Amortisation, also die Vernichtung der Mitgliedschaft ohne gleichzeitige Reduktion des Grundkapitals, war fortan nicht mehr zulässig (anders bei der GmbH, vgl § 34 GmbHG).

1

Ebenso KK/Lutter 2 3 f.

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Die Regelung im Aktiengesetz von 1965 entsprach im Wesentlichen § 192 AktG 19372. Der Ausdruck „aus der Jahresbilanz sich ergebenden Reingewinns“ wurde durch den Begriff „Bilanzgewinn“ ersetzt. Abs 3 Nr 2 erhielt den Zusatz „soweit sie zu diesem Zweck verwandt werden können“, um klarzustellen, dass Bilanzgewinn und Rücklagen nur im Rahmen des Gesetzes (§ 58) und der Satzung zur Einziehung von Aktien verwandt werden dürfen. § 237 Abs 3 Nr 2 schaffte also keine eigenständige Grundlage für die Verwendung dieser Mittel3. Art 36 der Kapitalrichtlinie machte verbindliche Vorgaben für die Kapitalherabset3 zung durch Einziehung (zu Einzelheiten s Vor § 222, 99), denen das damalige deutsche Recht weitgehend entsprach. Durch das Gesetz zur Umsetzung der Publizitätsrichtlinie musste lediglich § 237 Abs 2 S 2 eingefügt werden; der bisherige S 2 wurde zu S 34 (zu Einzelheiten s Vor § 222, 89). Das BiRiLiG5 ersetzte in Abs 3 Nr 2 die Worte „freie Rücklage“ durch „andere Gewinnrücklage“, in Abs 5 die „gesetzliche Rücklage“ durch „Kapitalrücklage“, ohne dass damit eine inhaltliche Änderung einhergehen sollte6. Mit dem StückAG führte der Gesetzgeber zusätzlich zur Nennbetragsaktie die Stück4 aktie ein und nahm umfangreiche Änderungen bei den Vorschriften zu Kapitalmaßnahmen vor. In § 237 ersetzte er die Worte „Gesamtnennbetrag der eingezogenen Aktien“ durch „auf die eingezogenen Aktien entfallenden Betrag“7. Allerdings erwies sich die Änderung der Vorschrift als unzureichend, so dass der Gesetzgeber sich zu Nachbesserungen gezwungen sah: (1) Das TransPuG führte in Abs 3 die Bestimmung der Nr 3 für Stückaktien ein8. Dadurch wurde dem Umstand Rechnung getragen, dass die Einziehung von Stückaktien nicht zwingend zu einer Herabsetzung des Kapitals führen muss, sondern sich das vorhandene Kapital nur auf weniger Aktionäre verteilt9. Die Gesellschaft kann bei Stückaktien also wählen, ob sie die Einziehung mit einer Herabsetzung des Grundkapitals kombinieren will oder nicht. Der Hauptversammlungsbeschluss muss daher festlegen, welcher der beiden Wege beschritten wird. Enthält er dazu keine Angaben, bleibt es wegen der Regel-Ausnahme-Formulierung des § 237 dabei, dass die Einziehung zu einer Kapitalherabsetzung führt10. (2) Bei dieser Nachbesserung des § 237 vergaß der Gesetzgeber jedoch, die sich daraus ergebenden Folgen für Abs 5 zu berücksichtigen. Geht die Einziehung nicht mit einer Kapitalherabsetzung einher, bedarf es keiner Einstellung eines Betrags in die Kapitalrücklage11. Man hätte also die in Abs 5 enthaltene Pflicht zur Einstellung eines der Herabsetzung entsprechenden Betrags in die Kapitalrücklage auf die Nrn 1 und 2 eingrenzen müssen. Dieses Versäumnis korrigierte der Gesetzgeber mit dem UMAG12, indem er nach „Absatzes 3“ den Zusatz „Nr 1 und 2

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Hierzu und zum Folgenden Kropff AktG 1965, S 324 f. Zur Geschichte der Kapitalherabsetzung im Allgemeinen s Vor § 222, 72 ff. KK/Lutter 2 1. Art 1 Nr 31 des Gesetzes zur Durchführung der Zweiten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts v 13.12.1978, BGBl I 1959. Art 2 Nr 49 des Gesetzes zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts – Bilanzrichtlinien-Gesetz – v 19.12.1985, BGBl I 2355. Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucks 10/4268, S 46, 127.

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9 10 11 12

Art 1 Nr 33 des Gesetzes über die Zulassung von Stückaktien v 25.3.1998, BGBl I 590. Art 1 Nr 25 des Gesetzes zur weiteren Reform des Aktien- und Bilanzrechts, zu Transparenz und Publizität (Transparenzund Publizitätsgesetz) v 19.7.2002, BGBl I 2681. RegE TransPuG, BT-Drucks 14/8769, S 24. RegE TransPuG, BT-Drucks 14/8769, S 24. RegE UMAG, BT-Drucks 15/5092, S 25. Art 1 Nr 18 des Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) v 22.9.2005, BGBl I 2802.

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Voraussetzungen

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Nr 2“ einfügte. (3) Eine weitere notwendige Folgeänderung der Einführung von Stückaktien, nämlich die Anpassung des Wortlauts von § 237 Abs 4, § 238 und § 239, hat der Gesetzgeber bislang übersehen (s § 237, 111, § 238, 1, § 239, 1). Der Aktienrechtsgesetzgeber 1937 hatte die Regelung eingeführt, dass es keine Einzie- 5 hung von Mitgliedschaften ohne gleichzeitige Kapitalherabsetzung geben darf (s o 1). Mit der Einführung der Stückaktie und der Möglichkeit, einzelne Aktien einzuziehen, ohne das Grundkapital insgesamt herabzusetzen (Abs 3 Nr 3), hat er sich nun teilweise wieder von diesem Grundsatz verabschiedet und die Kapitalherabsetzung durch Einziehung der Amortisation angenähert. Die Neuregelung der Amortisation im Recht der Kapitalherabsetzung ist zu Recht als systematisch verfehlt kritisiert worden13, denn in der Sache findet keine Kapitalherabsetzung statt (s a Vor § 222, 88).

II. Grundlagen 1. Die beiden Arten der Einziehung Die Vorschrift unterscheidet zwischen der Kapitalherabsetzung durch Zwangseinzie- 6 hung (mit den Unterformen der angeordneten und der gestatteten Einziehung) einerseits und der Kapitalherabsetzung durch Einziehung eigener Aktien (mit den Unterformen Einziehung früher bereits erworbener Aktien und noch zu erwerbender Aktien) andererseits. Beide Arten der Einziehung unterscheiden sich also dadurch, ob eigene oder fremde Aktien eingezogen werden sollen. Für beide Arten der Einziehung stehen zwei Verfahren zur Verfügung, nämlich das ordentliche (Abs 2) und das vereinfachte Verfahren (Abs 3 bis 5) (s u 85 ff, 98 ff). Jede der genannten Arten der Einziehung setzt stets eine Ermächtigung voraus: Die 7 Zwangseinziehung ist nur zulässig, wenn sie in der ursprünglichen Satzung oder durch eine Satzungsänderung vor Übernahme oder Zeichnung der Aktien angeordnet war oder wenn die Satzung eine Einziehung nach entsprechendem Hauptversammlungsbeschluss gestattet war (Abs 1 S 2). Handelt es sich um eine Einziehung eigener Aktien, reicht ein Hauptversammlungsbeschluss aus. Eine Satzungsermächtigung ist nicht notwendig, da die Gesellschaft eigene Aktien einzieht und die Aktionäre daher keines besonderen Schutzes bedürfen14. Von der Ermächtigung zur Einziehung ist die spätere Einziehungshandlung zu unter- 8 scheiden, die die Mitgliedschaft vernichtet (vgl § 238 S 3). 2. Regelungsgegenstand und -zweck a) Die rechtliche Natur der Einziehung. Die Einziehung von Aktien ist ihrer recht- 9 lichen Natur nach die Vernichtung einzelner (nicht aller) Aktien durch eine Rechtshandlung der AG unter Aufrechterhaltung der übrigen Aktien und daher unter Fortbestand der Gesellschaft15. Sie geht – sieht man vom Fall der Einziehung von Stückaktien ohne

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Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG 2, § 49, 21 f; Hüffer 9 34b; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 33; DAV-Handelsrechtsausschuß NZG 2002, 115, 118 f; Ihrig/Wagner BB 2002, 789, 795 f; Heidel/ Terbrack3 73; Terbrack DNotZ 2003, 734,

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735; ders RNotZ 2003, 89 116; Wieneke/ Förl AG 2005, 189, 191; K Schmidt/Lutter/ Veil 2 41; soweit ersichtlich aA allein Seibert NZG 2002, 608, 612. Becker in Bürgers/Körber 5; Hüffer 9 5. RG JW 1908, 310; Hüffer 9 5.

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Kapitalherabsetzung ab (§ 237 Abs 3 Nr 3) – immer mit einer Herabsetzung des Grundkapitals einher. Dazu im Einzelnen: (1) Es handelt sich stets um die Vernichtung einzelner Aktien. Aufgrund der Einziehung erlischt die Mitgliedschaft des betroffenen Aktionärs im Ganzen. Dadurch unterscheidet sich die Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien wesentlich von den beiden anderen Arten der Kapitalherabsetzung (Nennwertherabsetzung einerseits und Zusammenlegung andererseits). Bei diesen beiden Arten bleibt die Mitgliedschaft als solche bestehen; sie wird inhaltlich nur umgestaltet. Bei der Nennwertherabsetzung wird der Nennwert herabgesetzt, bei der Zusammenlegung werden mehrere Aktien zu einer einzigen vereinigt und bestehen in dieser Form weiter (§ 222, 46 ff). Im Gegensatz zu den beiden anderen Formen der Kapitalherabsetzung betrifft die Einziehung nicht alle Aktien bzw alle Aktien einer Gattung, sondern einzelne Mitgliedschaftsrechte und daher nur einen Teil der Aktionäre16. (2) Da durch die Einziehung einzelne Aktien vollständig zum Erlöschen gebracht werden, ist mit ihr regelmäßig (zur Ausnahme des § 237 Abs 3 Nr 3 s 4, 107) eine Herabsetzung des Grundkapitals (der Grundkapitalziffer) verbunden. Denn das Grundkapital kann nicht größer sein als die Summe der Nennwerte der einzelnen Aktien (§§ 1 Abs 2, 8 Abs 4). (3) Da nur ein Teil der Aktien vernichtet wird, bleiben die übrigen Aktien und damit auch die AG bestehen. Die Einziehung erfolgt durch eine Rechtshandlung der Gesellschaft und kann nicht durch Dritte ausgelöst werden. Dies unterscheidet sie etwa von der Auflösung der Gesellschaft, die aus Gründen des Gemeinwohls durch Gerichtsurteil (§ 396) erfolgen kann. Aus dem Gesagten folgt, dass die Einziehung eine Doppelnatur aufweist17. Einerseits 10 dient sie der Vernichtung von Mitgliedschaftsrechten (ausführlich u 14) und damit dem Ausschluss von Gesellschaftern. Die Herabsetzung des Grundkapitals (soweit nicht die Ausnahme von Abs 3 Nr 3 greift) ist nur notwendige Folge, nicht aber primäres Ziel der Maßnahme. Andererseits ist sie – neben der Nennwertherabsetzung (§ 222 Abs 4 S 1) und der Zusammenlegung von Aktien (§ 222 Abs 4 S 2) – die dritte Art der Durchführung einer Kapitalherabsetzung. In diesem Fall zielt die Maßnahme primär auf eine Kapitalherabsetzung (ausführlich u 13) und die Vernichtung der Mitgliedschaften ist das Mittel dazu. Gegenüber den beiden anderen Arten der Durchführung (Nennwertherabsetzung und die Zusammenlegung von Aktien) weist sie drei Besonderheiten auf. (1) Die Einziehung führt – sieht man vom Fall des Abs. 3 Nr 3 ab – nicht zu einer Umgestaltung der Mitgliedschaft, sondern zu deren Vernichtung. (2) Sie betrifft nicht gleichmäßig alle Aktien, sondern nur einzelne Aktien oder Aktiengattungen. (3) Nennwertherabsetzung und Zusammenlegung stehen in einem Stufenverhältnis, da eine Zusammenlegung von Aktien erst erfolgen darf, wenn eine Nennwertreduktion nicht ausreicht, um die Kapitalherabsetzung durchzuführen (§ 222 Abs 4 S 2, s o § 222, 52 ff). Demgegenüber steht die Einziehung in keinem Subsidiaritätsverhältnis zu den beiden anderen Arten der Durchführung der Kapitalherabsetzung, sondern neben diesen. Aus diesem Grunde bedurfte der Schutz der Gläubiger und Aktionäre bei der Einziehung einer eigenständigen Regelung.

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b) Gläubiger- und Aktionärsschutz. Die Einziehung ist nur mittels der gesetzlich angeordneten Verfahren und in den gesetzlich zugelassenen Fällen möglich. Die Satzung kann keine weitergehenden Fälle der Einziehung von Aktien (zB eine Amortisation, wie sie § 34 GmbHG vorsieht) zulassen18. Der zwingende Charakter von § 237 dient der Gewährleistung eines ausreichenden Gläubigerschutzes, da stets die gesetzlich vorgesehe-

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KK/Lutter 2 6. MK/Oechsler 2 2.

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Hüffer 9 1.

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nen Schutzmechanismen zu beachten sind. So greift bei der Einziehung im ordentlichen Verfahren über § 237 Abs 2 S 1 die Schutzvorschrift des § 225. Bei der Einziehung im vereinfachten Verfahren besteht kein finanzielles Risiko für die Gläubiger, weil der Erwerb der Aktien unentgeltlich (Abs 3 Nr. 1) oder zulasten möglicher Dividendenausschüttungen (Abs 3 Nr 2) erfolgt und zudem eine Pflicht zur Dotierung der Kapitalrücklage im Umfang der eingezogenen Aktien besteht (Abs 5); bei Abs 3 Nr 3 findet gar keine Kapitalherabsetzung statt. Zudem ist § 240 zu beachten, der die zutreffende Information der Gläubiger sicherstellen will (s § 240, 3). Der Schutz der Aktionäre wird dadurch gewährleistet, dass die Einziehung fremder 12 Aktien nur zulässig ist, wenn sie in der ursprünglichen Satzung oder durch eine Satzungsänderung vor Übernahme oder Zeichnung der Aktien angeordnet oder gestattet war (Abs 1 S 2). Der Aktionär erwirbt eine bereits mit der Möglichkeit der Einziehung belastete Mitgliedschaft. Ein Schutzbedürfnis entfällt, wenn es sich um die Einziehung eigener Aktien der Gesellschaft handelt. Gleiches gilt für den – im Gesetz nicht angesprochenen – Fall, das alle Aktionäre dem Hauptversammlungsbeschluss über die Einziehung zustimmen. In der Sache handelt es sich um eine Satzungsänderung, mit der die Einziehung angeordnet wird. Die Voraussetzungen der Satzungsänderung sind einzuhalten. 3. Zweck der Einziehung a) Einziehung zum Zweck der Kapitalherabsetzung. Das Gesetz beschränkt die Zu- 13 lässigkeit der Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien nicht auf bestimmte Zwecke19. Sie kann daher, wie die ordentliche Kapitalherabsetzung (s § 222, 41 ff), unterschiedlichen Zwecken, wie der Rückzahlung des Kapitals, der Sanierung oder der Auffüllung der Kapitalrücklage dienen. Sie kann insbesondere auch stattfinden, wenn die zu Stützungszwecken oder sonst nach § 71 erworbenen eigenen Aktien in absehbarer Zeit nicht mehr auf den Markt gebracht werden können und deshalb eine Anpassung des satzungsmäßigen Grundkapitals an den wirklichen Vermögensstand der Gesellschaft geboten erscheint oder nach § 71c Abs 3 vorgeschrieben ist. Dient die Einziehung einem dieser Zwecke, steht das Ziel der Kapitalherabsetzung im Vordergrund. Ihr kommt in diesem Fall die Funktion einer weiteren Art der Kapitalherabsetzung – neben Nennwertherabsetzung und Zusammenlegung – zu (s o 10). In der Praxis ist zunehmend zu beobachten, dass der Weg über § 71 Abs 1 Nr 8 gewählt wird und die Einziehung eigener Aktien nach § 71 Abs 1 Nr 6 iVm § 237 verdrängt. b) Einziehung zum Zweck der Veränderung des Mitgliederbestands. Die Einziehung 14 kann aber auch der Vernichtung (vgl § 238 S 3) eines konkret bezeichneten Mitgliedschaftsrechts dienen20, zB um eine personalistisch geprägte Gesellschaft in ihrer Mitgliederstruktur (Zugehörigkeit zu einer Familie oder einem Berufsstand) zu erhalten und einen Aktienerwerb durch oder eine Vererbung an Familienfremde „rückgängig“ zu machen21. In diesem Fall steht die Umgestaltung des Kreises der Aktionäre im Vordergrund und die Kapitalherabsetzung ist nur notwendige Begleiterscheinung (s o 10). Da die Einziehung von Aktien erfahrungsgemäß nachträglich nur schwer in der Satzung zu verankern sein wird, sollten Gesellschaften, die auf einen geschlossenen Aktionärskreis

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MK/Oechsler 2 4; Hüffer 9 4. Hüffer 9 4; KK/Lutter 2 13; MK/Oechsler 2 4; Reinisch Der Ausschluß von Aktionären, S 20.

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Hüffer 9 4; Lutter FS Vieregge, 1995, S 603, 615.

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Wert legen, bereits bei der Gründung der Gesellschaft entsprechende Vorkehrungen treffen22. Erweisen sich diese später als unnötig, lassen sie sich – im Vergleich zur nachträglichen Einführung – leicht wieder aufheben. In der Praxis übernimmt heute vielfach der Squeeze out die Funktion, die früher der Einziehung zukam (s Vor § 222, 29).

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c) Angabe des Zwecks. Der mit der Einziehung verfolgte Zweck ist im Beschluss der Hauptversammlung zwingend anzugeben (§§ 237 Abs 2 S 1, 222 Abs 3 bzw § 237 Abs 4 S 4). 4. Satzungsänderung

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Die Kapitalherabsetzung durch Einziehung erfordert wegen der notwendigen Anpassung der Angaben gem § 23 Abs 3 Nrn 3 u 4 eine Satzungsänderung (s Vor § 222, 32 ff). Folglich sind neben den §§ 237 ff auch die §§ 179, 180 f zu beachten23. Handelt es sich um eine Einziehung aufgrund einer Satzungsermächtigung ohne Hauptversammlungsbeschluss (Abs 1 S 2), muss lediglich der bisherige Satzungstext angepasst werden. Eine Delegation der Fassungsänderung auf den Aufsichtsrat nach § 179 Abs 1 S 2 ist sinnvoll. 5. Grenzen der Einziehung

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a) Mindestnennbetrag und Kapitalschnitt. Die Einziehung betrifft immer nur einzelne Aktien, nie aber alle Aktien der Gesellschaft, denn ein Beschluss der Hauptversammlung, durch den alle noch vorhandenen Aktien eingezogen werden, käme einer Auflösung gleich, die jedoch speziell geregelt ist (vgl § 262)24. Davon abgesehen, besteht keine Begrenzung des Ausmaßes der Einziehung, solange das herabgesetzte Grundkapital dem gesetzlichen Mindestkapital (§ 7) entspricht. Wird es unterschritten, muss die Einziehung mit einer gleichzeitigen Wiedererhöhung auf diesen Mindestnennbetrag kombiniert werden (§§ 237 Abs 2 S 1, 228)25. Umstritten ist, ob es auch eine Kapitalherabsetzung im Wege der Einziehung auf Null 18 mit anschließender Wiedererhöhung geben könne. Es drängt sich die Parallele zur Kapitalherabsetzung im Wege der Nennwertherabsetzung und der Zusammenlegung auf, bei der man von der Zulässigkeit der Herabsetzung auf Null ausgeht (s § 228, 7), da Herabsetzung und sofortige Wiedererhöhung in einem untrennbaren Zusammenhang stehen. Allerdings gestalten Nennwertherabsetzung und Zusammenlegung die Mitgliedschaft nur um und es bleibt zumindest ein Rest in Form des Bezugsrechts erhalten. Anders verhält es sich bei der Einziehung, die die Mitgliedschaft komplett – also auch in Bezug auf das Bezugsrecht – vernichtet, so dass eine Gesellschaft ohne Gesellschafter entstünde. Dieses Ergebnis ließe sich nur vermeiden, wenn man den ausgeschlossenen Aktionären ein Bezugsrecht zugestehen würde26. Damit würde man zu der kuriosen Unterscheidung kommen, dass ein einzelner, von der Zwangseinziehung betroffener Aktionär aus der Gesellschaft ausgeschlossen würde, ohne dass ihm ein Bezugsrecht zustünde. Werden dagegen alle Aktionäre ausgeschlossen, müsste allen ein Bezugsrecht eingeräumt werden, um zu verhindern, dass eine Keinmann-AG entstünde. Im Ergebnis nimmt die Gegenansicht damit eine Umgestaltung der Rechtsfolge der Einziehung vor, die sie in dieser

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Ebenso KK/Lutter 2 13. MK/Oechsler 2 6; Hüffer 9 3. Hüffer 9 5.

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KK/Lutter 2 15; MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 2. So MK/Oechsler 2 81.

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Schärfe aber nicht deutlich macht27. Daher muss mindestens eine Mitgliedschaft erhalten bleiben28. b) Einziehung im Konkurs und in der Auflösung. Die Einziehung von Aktien wäh- 19 rend der Insolvenz ist zulässig, soweit die Einziehung nicht dem Zweck des Insolvenzverfahrens widerspricht29. Beispielsweise kann auf diesem Wege eine Sanierung durchgeführt werden. Zudem kann die Einziehung eigener Aktien das Insolvenzverfahren vereinfachen. Auch im Zustand der Auflösung außerhalb des Insolvenzverfahrens ist die Einziehung möglich30. c) Einziehung und Finanzmarktstabilisierung. Finanzunternehmen unterliegen – so- 20 lange sie von staatlichen Rettungsangeboten Gebrauch machen – Einschränkungen bei allen Maßnahmen, die zu einer Kapitalausschüttung an die Gesellschafter führen. Dies betrifft auch die Einziehung von Aktien (zu Einzelheiten s Vor § 222, 46 f). 6. Abgrenzung von anderen Rechtsinstituten Die Einziehung unterscheidet sich aufgrund ihrer Wirkungen auf den Bestand der einzelnen Aktie und auf die Höhe der Grundkapitalziffer von einigen, auf den ersten Blick ähnlichen Rechtsinstituten: Bei der Kaduzierung (§ 64) handelt es sich um den Ausschluss von Aktionären, die mit der Zahlung der geforderten Einlage säumig sind. Sie verlieren ihre Mitgliedschaft zugunsten der Gesellschaft; das Anteilsrecht selbst besteht aber weiter und kann einem Erwerber angeboten werden (§ 65). Die Kraftloserklärung (§ 72) bezieht sich auf die Aktienurkunde als Wertpapier. Sie nimmt dem Aktionär nicht das Mitgliedschaftsrecht, sondern will ihn bei Verlust der Aktienurkunde davor schützen, dass ein redlicher Dritter die Aktienurkunde kraft Rechtsschein erwirbt. Weiterhin dient die Kraftloserklärung dazu, inhaltlich unrichtig gewordene Aktienurkunden einzuziehen (§ 73). Die in § 226 vorgesehene Kraftloserklärung von Aktien erfolgt nach der Zusammenlegung von Aktienrechten, da die ausgegebenen Urkunden durch die mit der Kapitalherabsetzung verbundene Umgestaltung der Anteilsrechte unrichtig geworden sind (s § 226, 15). Der Erwerb eigener Aktien durch die Gesellschaft (§ 71) bewirkt nur ein zeitweiliges Ruhen aktienrechtlicher Befugnisse (§ 71b), lässt aber den Bestand der Aktie unberührt. Mit der Wiederveräußerung der Aktien leben diese Rechte wieder auf. Die Einziehung hat im Zusammenhang mit eigenen Aktien insofern eine Bedeutung, als der Erwerb eigener Aktien der Vorbereitung der Kapitalherabsetzung durch Einziehung dient (§ 71 Abs 1 Nr 6). Zudem besteht ein weiterer Zusammenhang. Eigene Aktien sind einzuzie-

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Bezeichnend MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 2 „im Wege der Einziehung kann wohl auch eine Kapitalherabsetzung auf Null erfolgen“; MK/Oechsler 2 81 „Entgegen ablehnender Stimmen scheint dies aufgrund von § 228 Abs 2 Satz 1 möglich“ (Hervorh jeweils vom Verf). Hüffer 9 24; aA MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 2; MK/Oechsler 2 81; K Schmidt/Lutter/ Veil 2 28.

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Hüffer 9 1; KK/Lutter 2 16; MK/Oechsler 2 7; aA Schilling Voraufl 41. RGZ 125, 114, 118 ff (zur GmbH); Hüffer 9 1; KK/Lutter 2 16; MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 3; MK/Oechsler 2 7; Schilling Voraufl 41; aA Feine in Ehrenbergs Handbuch, Bd 3, Abt III, § 26, S 360.

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§ 237

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

hen, wenn sie unter Verstoß gegen § 71 Abs 1 und 2 erworben und nicht innerhalb eines Jahres bzw drei Jahren wieder veräußert wurden (§ 71c Abs 3). Daneben kennt das Gesetz noch die Einziehung nach dem Erwerb eigener Aktien gem 25 § 71 Abs 1 Nr 8 S 6 durch den Vorstand. Sofern die Hauptversammlung dem Vorstand eine entsprechende Ermächtigung erteilt hat, entscheidet dieser nach pflichtgemäßem Ermessen über die Einziehung, ohne dass es eines weiteren Hauptversammlungsbeschlusses bedürfte. Dabei wird man davon ausgehen müssen, dass diese Vorschrift sich nur auf Aktien bezieht, die nach der Nr 8 erworben wurden und nicht auch auf andere eigene Aktien, die die Gesellschaft zu anderen Zwecken erworben hatte oder erwirbt31. Andernfalls wären die Vorgaben in § 237 zur Einziehung eigener Aktien überflüssig. Zur Abgrenzung beider Institute s u 108. Keine Einziehung im Sinne einer Vernichtung des Aktienrechts ist die Auslosung. 26 Hierunter ist eine Satzungsbestimmung zu verstehen, nach der der Aktionär verpflichtet wird, unter bestimmten Bedingungen sein Aktienrecht auf einen Dritten, zB den Staat oder die Gesellschaft zu übertragen. Mit Recht hat das Reichsgericht angenommen, dass es sich um eine zulässige Ausgestaltung des Aktienrechts durch die Satzung handelt, dem zwingende Vorschriften des Aktienrechts (vgl §§ 23 Abs 5, 54 Abs 1) nicht entgegenstehen32. Eine Verminderung des Grundkapitals und damit eine Gefährdung der Gläubigerinteressen ist ausgeschlossen, wenn die Einlösung der Aktien nicht aus Mitteln der Gesellschaft, sondern Dritter erfolgt. Zulässig ist dabei auch die Gestaltung eines Ankaufsfonds, der aus Gewinnen gebildet wird, die dem dritten Erwerber nach einem Vertrage mit der Gesellschaft zustehen. Der Beschluss verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung der Aktionäre und gegen den Grundsatz, dass Umstände in den persönlichen Verhältnissen des einzelnen Aktionärs nicht zur Entziehung der Aktienrechte führen dürfen. Die Aktionäre können auf die Einhaltung derselben gerade verzichten und sich in Folge dessen auch einer entsprechenden Satzungsbestimmung unterwerfen. Wenn das Aktiengesetz die Einziehung des Aktienrechts mit der Folge des Untergangs und den Ausschluss des einzelnen Aktionärs wegen Nichterfüllung der Einlagepflicht kennt, begegnet es auch keinen Bedenken, wenn die Satzung eine Bestimmung enthält, wonach die Mitgliedschaft auf Dritte gegen Entgelt übergeht. Hierfür spricht auch der Umstand, dass der Aktionär sich auch an einer AG beteiligen kann, die nach Zeitablauf oder bei Eintritt eines bestimmten Ereignisses aufgelöst wird. Die Auslosung ist demgegenüber nur ein Minus. Auch § 54 Abs 1 steht nicht entgegen, denn er begrenzt nur die Verpflichtung der Aktionäre zur Leistung der Einlage, hindert aber nicht den Übergang ihrer Rechte auf Dritte gemäß besonderer Satzungsbestimmungen. Die einzige Einschränkung, die man machen muss, besteht darin, dass eine materielle Beschlusskontrolle stattzufinden hat, wenn die Auslosung nur Teile der Aktionäre treffen kann und die Satzung nicht im Vorhinein festlegt, wer genau von der Auslosung betroffen sein wird (§ 222, 33). Lehnt man die Zulässigkeit einer statutarisch vorgesehenen Auslosung entgegen der hier vertretenen Ansicht ab, bleibt stattdessen eine schuldrechtlich vereinbarte Auslosung möglich33. Zur Absicherung werden die Aktien in der Praxis bei einem Treuhänder verwahrt.

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S o Merkt § 71, 297 sowie MK/Oechsler 2 § 71, 279; aA Reichert/Harbarth ZIP 2001, 1141, 1450. RGZ 120, 177; Baumbach/Hueck13 Vorb § 237, 6; Hüffer 9 2; Grunewald Aus-

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schluss, S 199; Schilling Voraufl 3; aA Becker ZGR 1986, 383, 395 f; KK/Lutter 2 10; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 6; MünchHdBAG-Krieger 3 § 62, 1. So KK/Lutter 2 11 mwN.

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Voraussetzungen

§ 237

Ob es einen Ausschluss von Aktionären aus wichtigem Grund gibt, war lange strei- 27 tig34, wird aber heute zu Recht ganz überwiegend bejaht35. Die Einziehung ist das probate Mittel, um die Mitgliedschaft zu vernichten36 (dazu u 55). 7. Auswirkung der Einziehung auf Rechte Dritter Zu den Auswirkungen auf die Rechte siehe zunächst Vor § 222, 44 f. Darüberhinaus 28 ist anzumerken, dass die Gesellschaft den Genussrechtsinhabern eine Abfindung schuldet, wenn sie aufgrund der Bedingungen der Genussrechte das Genusskapital parallel zu einer Zwangseinziehung herabsetzen darf. Entgegenstehende AGB wären unwirksam37.

III. Die Zwangseinziehung (Abs 1 S 1 Alt 1) 1. Begriff und Reichweite Eine Zwangseinziehung liegt vor, wenn die Gesellschaft Aktien einzieht, die ihr nicht 29 selbst gehören. Die Aktien müssen also im Eigentum einer anderen Person stehen, wozu auch abhängige Unternehmen oder eine 100 %ige Tochtergesellschaft zählen, wie die §§ 71d S 4, 71c Abs 3 zeigen. Die gesetzliche Terminologie ist missverständlich: Entgegen dem Wortsinn erfolgt die Zwangseinziehung ohne Rücksicht auf den Willen des betroffenen Aktionärs. Eine Zwangseinziehung liegt also selbst dann vor, wenn sie mit seinem Einverständnis erfolgt38. Die Einziehung erfolgt durch eine einseitige Handlung der Gesellschaft, die auch in einer Kündigung gegenüber den betroffenen Aktionären bestehen kann, wenn die Satzung oder der Hauptversammlungsbeschluss dies vorsieht. Die Zwangseinziehung ist die stärkste Form des Eingriffs in die Mitgliedschaft. Sie ist folglich nur zulässig, wenn sie in der Satzung angeordnet oder gestattet ist, die jeweilige Aktie also vom Moment ihrer Entstehung an unter der Möglichkeit der Einziehung stand (dazu unten 32 ff). Die Zwangseinziehung kann jede Aktienkategorie betreffen, also Inhaber- und Na- 30 mensaktien, vinkulierte Aktien, Stamm- und Vorzugsaktien, verbriefte und unverbriefte Aktien. Eingezogen werden können auch nicht voll einbezahlte Aktien, wie § 66 Abs 3 und § 225 Abs 2 Satz 2 und der Umkehrschluss aus § 237 Abs 3 zeigen (wobei es sich nicht um eine Sanktion für säumige Aktionäre handelt, zur Abgrenzung zwischen Einziehung und Kaduzierung s o 22). Die Voraussetzungen und Bedingungen der Zwangseinziehung können für das ursprüngliche Aktienkapital und für Aktien aus verschiedenen Kapitalerhöhungen oder für einzelne Aktienkategorien unterschiedlich geregelt werden39. Die der Einziehung unterliegenden Aktien müssen weder Namensaktien noch vinkulierte Namensaktien sein, da das Gesetz keine entsprechende Vorgabe macht40. Die Zwangseinziehung ist im Übrigen ein Instrument, um tracking-stocks wieder zu beseitigen41. Das Gesetz sieht die Zwangseinziehung in zwei Ausprägungen vor. Bei der angeord- 31 neten Zwangseinziehung (s u 45 ff) gibt die Satzung detailliert vor, unter welchen Vor34 35 36 37

Eingehend Grunewald Ausschluss, S 50 ff; Becker ZGR 1986, 383, 387 ff, 397 ff. Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG2, § 49, 12 mwN. Becker ZGR 1986, 383, 409 ff; KK/Lutter 2 12, 118 ff. MK/Oechsler 2 27.

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Hüffer 9 5; KK/Lutter 2 22. Vgl statt vieler KK/Lutter 2 32. KK/Lutter 2 33 mwN zur früher vertretenen aA. Zu Einzelheiten Cichy/Heins AG 2010, 181, 190; Fuchs ZGR 2003, 167, 211 ff; Tonner IStR 2002, 317, 323.

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§ 237

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

aussetzungen der Vorstand bestimmte oder bestimmbare Aktien einziehen muss. Die Hauptversammlung ist für die Entscheidung nicht zuständig (vgl zu Abs 6 unten 123 ff). Bei der gestatteten Zwangseinziehung (s u 60 ff) enthält die Satzung nur die generelle Ermächtigung zur Einziehung bestimmter oder bestimmbarer Aktien, ohne jedoch die Einziehungsgründe und das Einziehungsverfahren detailliert vorzugeben. Vielmehr ist es Aufgabe der Hauptversammlung, über die Einziehung zu beschließen. Bei der gestatteten Zwangseinziehung kann die Satzung auch eine Regelung enthalten, wonach bestimmte Einziehungsgründe festgelegt werden, aber die Entscheidung über die Einziehung – im Unterschied zur angeordneten Zwangseinziehung – bei der Hauptversammlung liegen soll. Die Vorteile der angeordneten Zwangseinziehung liegen in dem unkomplizierten Einziehungsverfahren nach Abs 6 und dem Umstand, dass die in der Satzung genannten Einziehungsgründe keiner sachlichen Rechtfertigung bedürfen und nicht am Grundsatz der Gleichbehandlung zu messen sind (s u 57 einerseits und 61 ff andererseits). Ihr Nachteil besteht in der Starrheit der Regelung. So kommt aufgrund der Notwendigkeit, im Vorhinein die Einziehungsgründe präzise umschreiben zu müssen, eine angeordnete Zwangseinziehung aus wichtigem Grund nicht in Betracht (s u 55). Es ist jedoch möglich, parallel beide Arten der Zwangseinziehung in der Satzung zu verankern: Für bestimmte Fälle wird eine Zwangseinziehung angeordnet und im Übrigen wird subsidiär die Zwangseinziehung gestattet. Beide Formen der Zwangseinziehung setzen eine Ermächtigung in der Satzung voraus, so dass die nachfolgenden Ausführungen (s u 32 ff) für sie beide gelten. 2. Ermächtigung in der Satzung (Abs 1 S 2)

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a) Ursprungssatzung und Satzungsänderung. Die Zwangseinziehung ist nur in Bezug auf solche Aktien zulässig, bei denen diese Maßnahme vor der Übernahme oder Zeichnung der Aktien bereits in der Satzung verankert war (Abs 1 S 2). Diese gesetzliche Vorgabe soll sicherstellen, dass die Aktionäre vorhersehen können, in welchen Fällen die Einziehung droht, und Erwerber von Aktien anhand der Satzung erkennen können, dass sie eine von vornherein mit der Möglichkeit der Einziehung belastete Mitgliedschaft erwerben. Es sind folgende Gestaltungen zu unterscheiden: (1) Bei der Gründung übernommene Aktien unterliegen der Zwangseinziehung nur, 33 wenn sie in der ursprünglichen Satzung angeordnet ist. Sofern nichts Abweichendes geregelt wird, gilt die Bestimmung zur Zwangseinziehung für alle Aktien, also die ursprünglichen und diejenigen, die später durch Kapitalerhöhung entstehen42. Fehlt in der ursprünglichen Satzung eine Ermächtigung, kann eine Zwangseinziehung nur erfolgen, wenn alle betroffenen Aktionäre ihr zustimmen (s u 38). (2) Handelt es sich um Aktien aus einer Kapitalerhöhung, so muss sich die Anord34 nung der Zwangseinziehung aus dem Inhalt der Satzung ergeben, der im Zeitpunkt der Zeichnung der neuen Aktien maßgebend ist. Fehlt in der ursprünglichen Satzung eine entsprechende Bestimmung, unterfallen die jungen Aktien nur dann der Zwangseinziehung, wenn eine solche zuvor im Wege einer Satzungsänderung eingeführt wurde. Die Satzungsänderung wird mit ihrer Eintragung ins Handelsregister wirksam (§ 181 Abs 3). Ein Teil des Schrifttums meint, es komme nicht auf den Moment der Eintragung der Satzungsänderung an; ausreichend für eine Unterwerfung der jungen Aktien unter die mögliche Zwangseinziehung sei, dass die Satzungsänderung und die Kapitalerhöhung gleichzeitig erfolgten, denn die nachfolgende Zeichnung erfolge auf Grundlage des Kapi42

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§ 237

talerhöhungsbeschlusses, der die Möglichkeit der Zwangseinziehung vorsehe43. Diese Ansicht überzeugt nicht44, da § 237 Abs 1 S 2 gerade eine wirksame Satzungsgrundlage für die Einziehung voraussetzt, nicht lediglich eine bevorstehende. Wollte man auf eine im Entstehen befindliche Satzungsänderung abstellen, käme es faktisch auf die Kenntnis der künftigen Aktionäre von diesem Vorgang an. Die demnächst wirksam werdende Satzungsänderung taucht im Zeichnungsschein nicht auf; dort sind nur Nebenverpflichtungen iSd § 55 aufzuführen (§ 185 Abs 1 Nr 2) und mehr nicht. Der Zeichner, der sich kurz vor der Zeichnung im Handelsregister über die aktuelle Satzung informiert, kann nicht erkennen, dass er der Zwangseinziehung unterliegt, und hat auch sonst keine Möglichkeit der Kenntniserlangung. Nicht überzeugen kann auch der Einwand, die AG könne die Zeichner im Zeichnungsschein davon in Kenntnis setzen. Eine solche Möglichkeit hat der Gesetzgeber in § 185 nicht vorgesehen und das zu Recht. Ein späterer Erwerber dieser jungen Aktien könnte nie allein anhand der Eintragung im Handelsregister feststellen, ob seine Aktie schon der Einziehung unterliegt oder nicht. Konsequenterweise müsste man bei späteren Erwerbern zwischen solchen unterscheiden, die zufällig Kenntnis vom Inhalt des Zeichnungsscheins haben und solchen, die dies nicht haben. Die so bestehende Rechtsunsicherheit wäre unzumutbar45. Es kommt daher nicht auf die Kenntnis des Zeichners an46, sondern allein auf den objektiven Umstand, ob am Tag der Abgabe der Zeichnungserklärung die Satzungsänderung, die die Zwangseinziehung erlaubt, bereits eingetragen und damit wirksam war. Der Zeichner soll erkennen können, auf was er sich einlässt. Dies setzt eine vorherige Eintragung ins Handelsregister voraus. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Zeichnung eine empfangsbedürftige Willenserklärung darstellt, wird im Schrifttum die Frage diskutiert, ob die Satzungsänderung im Zeitpunkt der Abgabe oder des Zugangs der Zeichnung bei der Gesellschaft vorliegen müsse. Maßgebend muss der Moment der Abgabe der Willenserklärung des Zeichners sein, da dies der Moment seiner Entscheidungsfindung ist47. Vor dem Hintergrund von § 27 Abs 4 HRV, wonach im Handelsregister allein der Tag der Eintragung vermerkt wird, bedarf diese Ansicht einer Ergänzung. Da die Handelsregistereintragungen nicht minutengenau vorgenommen werden, ist zu verlangen, dass die Zeichnung am Tag nach der Eintragung der Satzungsänderung abgegeben wird. Ist sie am gleichen Tag abgegeben, kann sich der Zeichner darauf berufen, die soeben eingeführte Möglichkeit der Zwangseinziehung ergreife seine Aktien nicht. (3) Werden die neuen Aktien im Wege des mittelbaren Bezugsrechts begeben (§ 186 35 Abs 5), kommt es auf den Zeitpunkt der Zeichnung der jungen Aktien durch das Kreditinstitut und nicht auf den späteren Erwerb durch die Bezugsberechtigten an48. (4) Bei Options- und Wandelanleihen kommt es nach überwiegender Meinung da- 36 rauf an, dass am Tag der Bezugs- bzw Wandelerklärung die Satzungsregelung über die Einziehung bereits in Kraft getreten ist49. Da die Inhaber der Options- und Wandelanleihen diese jedoch uU weit vor diesem Zeitpunkt erwerben, vertrauen sie darauf, dass ihre Finanzinstrumente unbelastet von einer Zwangseinziehung sind, zumal eine solche sicherlich den Preis des Finanzinstruments beeinflussen dürfte. Aus Gründen des Anlegerschutzes ist daher zu verlangen, dass die Möglichkeit der Zwangseinziehung bereits

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Schilling Voraufl 10. Ebenso Becker in Bürgers/Körber 8; Hüffer 9 7; KK/Lutter 2 26; MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 6; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 9; MK/Oechsler 2 19, 22. So auch KK/Lutter 2 26.

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So ausdrücklich MK/Oechsler 2 23. Becker in Bürgers/Körber 8; MK/Oechsler 2 19. Hüffer9 6; KK/Lutter 2 27. Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 8; KK/Lutter 2 27; Hüffer9 6; MK/Oechsler 2 20.

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§ 237

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

zum Zeitpunkt des Erwerbs der Bezugsrechte in der Satzung verankert war50. Nicht der Zeitpunkt der Ausübung des Bezugsrechts, sondern derjenige seines Erwerbs ist für die Entscheidung des Anlegers maßgebend. (5) Mit dem Begriff der Übernahme ist der originäre Aktienerwerb ohne Zeichnung 37 gemeint (vgl § 29 und o 33), nicht aber der abgeleitete Erwerb kraft Rechtsgeschäft oder der Erwerb kraft Universalsukzession51. Der Begriff erfasst auch die Übernahme einer Gratisaktie. Eine solche unterliegt nach einer Ansicht dann der Zwangseinziehung, wenn auch die Ausgangsaktie, von der die Gratisaktie abgeleitet ist, dieser unterliegt (§ 216 Abs 1)52. Die Gegenauffassung53 meint, die gleichzeitige Beschlussfassung über Einführung der Zwangseinführung und Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln reiche aus, um der Gesellschaft zu ermöglichen, die Gratisaktien später wieder einzuziehen54. Dies allein ist jedoch kein Argument, denn der Zweck heiligt nicht die Mittel. Entscheidend ist, dass der Wortlaut von § 237 Abs 1 S 2 „vor“ eindeutig ist. Man wird daher nicht nur verlangen müssen, dass der Beschluss über die Einführung der Zwangseinziehung in derselben Hauptversammlung vor dem Beschluss über die Ausgabe der Gratisaktien gefasst wird. Vielmehr ist auch bei der Eintragung ins Handelsregister auf die richtige Reihenfolge der Eintragung beider Beschlüsse zu achten; diese muss zudem erkennbar sein, um späteren Erwerbern der Gratisaktien die Möglichkeit der Zwangseinziehung entgegenhalten zu können. Die vorliegende Gestaltung unterscheidet sich im Übrigen von derjenigen der Aktienzeichnung, bei der man verlangt, dass die Möglichkeit der Zwangseinziehung bereits vor Abgabe der Zeichnungserklärung wirksam wurde (s o 34), um gegenüber dem Zeichner Gültigkeit zu haben. Eines solchen Schutzes bedarf es bei der Entstehung von Gratisaktien nicht, denn die (Gratisaktien übernehmenden) Altaktionäre haben über ihre mitgliedschaftsrechtlichen Rechte (Ladung zur Hauptversammlung, Teilnahme- und Stimmrecht) an der Entstehung der mit der Möglichkeit der Einziehung belasteten Gratisaktien mitgewirkt. Gleichwohl kann es für die Frage, ob die Zwangseinziehung für die Gratisaktien gilt, nicht auf die subjektive Kenntnis der Aktionäre von den Hauptversammlungsbeschlüssen ankommen, die einem späteren Erwerber gerade nicht entgegengehalten werden kann55. Entscheidend abzustellen ist daher auf den objektiv nachprüfbaren Umstand, dass die Zwangseinziehung vor der Eintragung der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln eingetragen wurde.

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b) Satzungsänderung mit Rückwirkung auf bestehende Aktien. Mit Zustimmung der betroffenen Aktionäre56 – bei Zulassung der Einziehung für alle Aktien also mit Zustimmung aller Aktionäre – kann die Zwangseinziehung auch noch nach der Übernahme oder Zeichnung in der Satzung angeordnet oder ihre Voraussetzungen erleichtert werden57. Abs 1 S 2 dient nämlich dem Schutz der Aktionäre, die folglich hierauf auch verzichten können. Zudem weist ein Teil des Schrifttums auf eine Analogie zu § 180 Abs 2 hin58. Die Zulassung einer Satzungsänderung mit Rückwirkung auf bestehende Aktien

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MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 6; Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG 2, § 49, 3. Hüffer 9 6. KK/Lutter 2 28; Hüffer 9 6 f. MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 6; MK/Oechsler 2 21; so wohl auch Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG 2, § 49, 3. So ausdrücklich MK/Oechsler 2 21.

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Anders aber wohl MK/Oechsler 2 23. Zu den Anforderungen an die Zustimmung vgl die Kommentierung zu § 180. KG KGJ 31 A 164, 170; Baumbach/Hueck13 2; Becker in Bürgers/Körber 22; Godin/Wilhelmi 4 8; Hüffer 9 8; KK/Lutter 2 29 f; MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 6 und Fn 6; Schilling Voraufl 10; Schlegelberger/Quassowski 3 § 192, 13. KK/Lutter 2 29 f.

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Voraussetzungen

§ 237

unterliegt starker Kritik für den Fall, dass an betroffenen Aktien ein Pfandrecht oder Nießbrauch bestellt ist. Komme es zur Einziehung, gingen die Rechte der Pfandgläubiger und Nießbrauchsberechtigter unter, weshalb § 1276 Abs 1 S 1 iVm Abs 3 BGB analog anzuwenden sei. Ein verpfändetes Recht könne also nur mit Zustimmung des Pfandgläubigers oder Nießbrauchsberechtigten aufgehoben oder verändert werden59. Dieser Einwand überzeugt jedoch nicht. Pfandgläubiger und Nießbrauchsberechtigte sind unstreitig auch gegen sonstige Strukturmaßnahmen, wie Fusion, Umwandlung oder Eingliederung, oder gegen den Ausschluss des Bezugsrechts nicht geschützt60. Es müssten schon besondere Anhaltspunkte im Gesetz vorhanden sein, um gerade bei der Einziehung einen weitergehenden Schutz zu rechtfertigen. Solche sind nicht ersichtlich, zumal sich das Pfandrecht61 und der Nießbrauch am Einziehungsentgelt62 fortsetzen. Im Übrigen wird auch die Bestimmung des § 1276 BGB falsch interpretiert. Das Tatbestandsmerkmal „aufheben“ meint die einseitige Willenserklärung des Gläubigers/Verpfänders oder einen Vertrag mit dem unmittelbaren Ziel der Rechtsaufgabe. Bei gesellschaftsrechtlich vermittelten Rechten liegt eine Aufgabe nur vor, wenn der Gesellschafter/Verpfänder auf Individualrechte vermögensrechtlicher Art verzichtet63, nicht aber, wenn seine gesellschaftsrechtliche Stellung verändert wird. Bei der GmbH ist daher anerkannt, dass keine Zustimmung erforderlich ist, wenn der Gesellschafter seinen Anteil zur Verfügung stellt (§ 27 GmbHG) oder wenn er seinerseits kündigt oder bei der Einziehung seines Anteils gemäß § 34 Abs 2 GmbHG64, sofern die Satzung die Einziehung bei der Bestellung des Pfandrechts bereits vorsah. Dem Pfandgläubiger werden durch die Pfandbestellung gerade keine mitgliedschaftlichen Kompetenzen eingeräumt. Wollte man nun aber die Einziehung seiner Zustimmung unterwerfen, würde man aber genau das tun. Der Pfandgläubiger muss daher Satzungsänderungen hinnehmen, selbst wenn sie sich faktisch negativ auf seine Rechtsstellung auswirken65. Warum nun gerade die Einführung der Einziehung mit Rückwirkung davon ausgenommen sein soll66, ist nicht ersichtlich, solange der Verpfänder/Nießbraucher dadurch ausreichend geschützt wird, dass sich Pfandrecht und Nießbrauch am Einziehungsentgelt fortsetzen. Eine Satzungsänderung mit Rückwirkung auf bestehende Aktien kann theoretisch 39 auch dadurch herbeigeführt werden, dass die von einer Zwangseinziehung betroffenen Aktionäre auf die Erhebung einer Anfechtungsklage wegen Verletzung der Satzungsermächtigung67 verzichten. Dies setzt allerdings voraus, dass der Handelsregisterrichter den Beschluss eingetragen hat (Abs 2 S 1 iVm § 223), was regelmäßig nicht der Fall sein dürfte, da die Gesetzesverletzung evident ist und das Register damit eine Eintragung gerade nicht vornehmen darf (vgl § 223, 22)68.

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MK/Oechsler 2 24; KK/Lutter1 16; SpindlerStilz/Marsch-Barner 2 10. KK/Lutter 2 29 f. MK BGB/Damrau5 § 1274, 66; Müller GmbHR 1969, 4, 36; aA Becker GmbHR 1940, 259, 263; Buchwald GmbHR 1959, 254, 255 und 256. Becker in Bürgers/Körber 22. MK BGB/Damrau5 § 1276, 8. MK BGB/Damrau5 § 1276, 8. RGZ 139, 224, 228 ff; MK BGB/Damrau5 § 1274, 61 (s aber die folgende Fn). So aber MK BGB/Damrau5 § 1274, 61, der

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nicht prüft, ob der von ihm thematisierte rückwirkende Ausschluss der Verpfändung von Gesellschaftsanteilen auf das bereits bestellte Pfandrecht noch Einfluß haben kann. Bei gänzlich fehlender Satzungsermächtigung liegt dagegen ein Fall der Nichtigkeit vor, s u 43. Hefermehl in Geßler/Hefermehl § 237, 15; im Ergebnis auch KK/Lutter 2 54; wohl auch Hüffer 9 8, der aber auf die Frage, ob der Beschluss im ersten Schritt überhaupt eingetragen werden darf, nicht eingeht.

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§ 237

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

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c) Änderung und Aufhebung der Ermächtigung. Eine Änderung oder Aufhebung der Ermächtigung zur Zwangseinziehung muss im Wege der Satzungsänderung erfolgen. Wollen die Aktionäre die Zwangseinziehung erleichtern, belasten sie dadurch die Aktionäre. Folglich gelten die in Rn 32 ff genannten Voraussetzungen für die Geltung dieser Satzungsänderung gegenüber künftigen Aktienzeichnern und -übernehmern. Wollen die Aktionäre dagegen die in der Satzung vorgesehene Möglichkeit der Zwangseinziehung abschaffen oder zugunsten der Aktionäre erschweren, werden die Aktionäre begünstigt. Diese Änderung wirkt folglich für alle Aktien, auch soweit diese bereits vor der Satzungsänderung gezeichnet oder übernommen waren, sofern der satzungsändernde Beschluss keine abweichende Regelung trifft69. Werden durch die Aufhebung allerdings Sonderrechte von Aktionären berührt, so müssen diese zustimmen.

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d) Ausnahme. Die Voraussetzung der vorherigen Anordnung oder Zulassung der Zwangseinziehung in der Satzung gilt ausnahmsweise nicht, wenn das Gesetz selbst die Einziehung anordnet (vgl die Kommentierungen zu §§ 71d S 4, 71c Abs 3).

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e) Folgen eines Verstoßes gegen Abs 1 S 2. Die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen Abs 1 S 2 sind streitig. Die früher herrschende Meinung sah einen Hauptversammlungsbeschluss, der ohne Ermächtigung nach Abs 1 S 2 erfolgte, als nichtig an70, da die Zwangseinziehung den schwersten Eingriff in die Mitgliedschaft darstelle und eine solche ohne ausreichende Ermächtigung daher mit dem Wesen der AG unvereinbar sei (§ 241 Nr 3). Die jüngere Gegenansicht sah den Beschluss lediglich als anfechtbar an71. Ein Verstoß gegen § 241 Nr 3 liege schon deshalb nicht vor, weil Abs 1 S 2 nur dem Aktionärsschutz diene und sie nicht zu den wesentlichen Grundlagen der Aktiengesellschaft gehöre. Auch werde das im öffentlichen Interesse liegende Vertrauen des Publikums auf die Sicherheit der Aktien durch den einzelnen (anfechtbaren) Hauptversammlungsbeschluss nicht mehr beeinträchtigt als durch jeden anderen Beschluss, der zum Aktionärsschutz erlassene Vorschriften verletze. Nicht überzeugen könne auch der Gedanke, dass die Vorschrift überwiegend zum Schutz der Gläubiger erlassen worden sei, denn dem Gläubigerschutz diene der Abs 2, wonach die Vorschriften über die ordentliche Kapitalherabsetzung zu befolgen und insbesondere Zahlungen an die Aktionäre gemäß § 225 Abs 2 gesperrt sind. Bei der Einziehung nach freiwilligem Erwerb seien die Gläubiger auch nicht mehr geschützt. Ein Grund für einen zusätzlichen Schutz bei der Zwangseinziehung sei daher nicht ersichtlich. Die heute herrschende Meinung72 differenziert zu Recht nach der Art des Fehlers: 43 Fehlt jegliche Ermächtigung in der Satzung, liegt ein Fall der Nichtigkeit vor, denn in diesem Fall muss ein Aktionär nicht mit einem Verlust der Mitgliedschaft rechnen. Wird

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Hüffer9 9; KK/Lutter 2 31; im Ergebnis auch MK/Oechsler 2 16, der jedoch meint, eine Satzungsänderung könne keine Geltung für bereits bestehende Aktien beanspruchen; die Satzungsänderung stelle ein Verzichtsangebot der AG dar, das die Aktionäre konkludent annähmen; grundsätzlich aA wohl Godin/ Wilhelmi 4 15. So zuletzt noch Schlegelberger/Quassowski3 § 192, 13; Baumbach/Hueck13 5 mwN zu dieser früher verbreiteten Ansicht. Schilling Voraufl 11; Hefermehl in Geßler/

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Hefermehl § 237, 15; KK/Lutter 2 54. Ebenso Godin/Wilhelmi 4 4, die nicht die Anfechtbarkeit, sondern zusätzlich die Unwirksamkeit der Einziehung mangels Zustimmung annehmen. Becker in Bürgers/Körber 52; Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG 2, § 49, 8; Hüffer 9 42; SpindlerStilz/Marsch-Barner 2 43; MünchHdB-AGKrieger 3 § 62, 19; MK/Oechsler 2 25; K Schmidt/Lutter/Veil 2 53 f.

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Voraussetzungen

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eine in der Satzung vorhandene Ermächtigung lediglich überschritten, ist der Beschluss dagegen nur anfechtbar. Da grundsätzlich die Möglichkeit der Zwangseinziehung bestand, muss der Aktionär den Hauptversammlungsbeschluss prüfen und ggf innerhalb der Anfechtungsfrist gegen ihn vorgehen. Diese Erwägungen gelten nicht nur für die gestattete Zwangseinziehung, die naturgemäß auf einem Hauptversammlungsbeschluss beruht, sondern auch für den eher seltenen Fall, dass bei der angeordneten Zwangseinziehung der Vorstand einen Hauptversammlungsbeschluss herbeiführt (s u 124). Zur Durchführung des Hauptversammlungsbeschlusses bei der gestatteten Zwangs- 44 einziehung und zur Durchführung der Satzungsermächtigung bei der angeordneten Zwangseinziehung nimmt der Vorstand jeweils die Einziehungshandlungen vor. Sind diese fehlerhaft, ist die Handlung ohne Wirkung (zu Einzelheiten s § 238, 27). 3. Die angeordnete Zwangseinziehung a) Begriff und notwendiger Satzungsinhalt. aa) Überblick. Eine angeordnete Zwangs- 45 einziehung liegt nur dann vor, wenn die Satzung genau umschreibt, dass bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen die Einziehung vorzunehmen und durchzuführen ist. Die Satzung muss also die Einziehungsgründe, die Art und Weise der Durchführung der Einziehung sowie das zu zahlende Entgelt (Abfindung) genau regeln. Die konkrete Umsetzung dieser Satzungsvorgaben stellt dann nur noch eine Verwaltungsmaßnahme dar, die dem Vorstand überantwortet wird; ein Hauptversammlungsbeschluss ist entbehrlich (Abs 6), da die eine Willensbildung der Aktionäre bereits mit Beschlussfassung über die Satzungsvorgaben zur Einziehung erfolgt ist. Liegen die in der Satzung genannten Voraussetzungen vor, ist der Vorstand zur Zwangseinziehung berechtigt und verpflichtet. Die vom Gesetz verlangte Bestimmtheit der Satzungsvorgabe dient einerseits dem Zweck, die Zuständigkeitsordnung in der AG zu wahren; die an sich für derart schwere Eingriffe in die Mitgliedschaft zuständige Hauptversammlung wird durch den Vorstand verdrängt. Dies soll nur möglich sein, wenn die Voraussetzungen der Zwangseinziehung in der Satzung so detailliert angegeben werden, dass der Verwaltung kein Ermessensspielraum verbleibt73. Andererseits schützt die Bestimmtheit potentielle Aktionäre, für die beim Erwerb der Aktien die sachlichen Voraussetzungen und die Grenzen der Zwangseinziehung vorhersehbar werden. Eine Zwangseinziehung kann nicht in der Weise angeordnet werden, dass eigene Ak- 46 tien einzuziehen seien, denn dadurch würde die maßgebende Entscheidung dem Vorstand übertragen werden, der mit dem Erwerb der Aktien die Bedingungen für die Zwangseinziehung auslösen könnte74 (zur gesetzlichen Ausnahme s o 41). bb) Angaben zu Umfang, Art und Weise der Einziehung. In der Satzung ist anzuge- 47 ben, um welchen Betrag das Grundkapital herabzusetzen ist bzw wie die Höhe der Herabsetzung bestimmt wird, wie die Zwangseinziehung erfolgen soll, in welcher Höhe und zu welcher Zeit/in welchem Zeitraum sie ausgeführt werden soll. Festzulegen ist weiterhin, ob und welches Entgelt zu zahlen ist oder wie dessen Höhe bestimmt wird75. Sollen nur bestimmte Aktiengattungen oder bestimmte Aktien eingezogen werden, so muss sich das ebenfalls aus der Satzung ergeben. Dabei ist insbesondere festzulegen, wie bei gleich-

73

Becker in Bürgers/Körber 7; KK/Lutter 2 34; Hüffer 9 10; MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 7; aA Godin/Wilhelmi 4 13 (für die Auswahl der Aktien).

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74 75

Hüffer9 13; KK/Lutter 2 35. KG KGJ 31 A 164, 170; KGJ 45 A 172, 173 f; KK/Lutter 2 34.

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§ 237

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

zeitiger oder aufeinander folgender Einziehung von Aktien mehrerer Gattungen das Verhältnis der Einziehung der einzelnen Gattungen und die Reihenfolge geordnet ist, ob die Bestimmungen durch das Los erfolgen soll, wie viele Aktien jährlich eingezogen werden sollen und wie das Entgelt aufgebracht werden soll. Es muss also ein Einziehungsplan in der Satzung aufgestellt werden. Nur die rein technische Art der Ausführung der Zwangseinziehung, also zB die Wahl des Zeitpunktes innerhalb der von der Satzung festgesetzten Frist, die Einzelheiten der in der Satzung vorgesehenen Auslosung uä kann dem Vorstand überlassen werden. Liegt einer der in der Satzung geregelten Einziehungsgründe vor, muss die Verwaltung die Einziehung vornehmen. Tut sie dies nicht, stellt dies eine Pflichtverletzung dar, die Anlass für eine Haftung nach § 93 sein kann76.

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cc) Angaben zu möglichen Einziehungsgründen. Werden die Einziehungsgründe in der Ursprungssatzung festgelegt, sind die Gründer wegen des bei der Gründung bestehenden Einstimmigkeitserfordernisses frei in deren Ausgestaltung77. Wird die Zwangseinziehung dagegen erst nachträglich eingeführt, sind die für Satzungsänderungen geltenden allgemeinen Schranken78, insbesondere der Grundsatz der Gleichbehandlung (§ 53a), zu beachten. Folgende Einziehungsgründe sind möglich: (1) Zwar besteht kein Recht der Aktio49 näre auf Zwangseinziehung ihrer Aktien, auch wenn die Zwangseinziehung in der Satzung grundsätzlich angeordnet oder zugelassen ist. Jedoch kann ein solches Recht als Sonderrecht einzelner Aktionäre durch die Satzung bestimmt werden79. Der Aktionär erhält auf diese Weise die Möglichkeit, aus der AG auszuscheiden; eine Satzungsbestimmung könnte folgendermaßen formuliert werden: „Dem Aktionär X steht das Recht zu, seine Mitgliedschaft zu kündigen. Macht er hiervon Gebrauch, sind seine Aktien innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zugang der Kündigung bei der AG einzuziehen“. (2) Möglich ist es, die betroffenen Aktien bereits in der Satzung zu identifizieren80 50 oder aber eine Auslosung der einzuziehenden Aktien vorzusehen (s a § 222, 33)81; eine Satzungsbestimmung könnte wie folgt lauten: „In den Jahren 2010 bis 2019 werden jährlich je 10 % der Aktien der Gattung X eingezogen. Die betroffenen Aktien werden durch Los ermittelt“. (3) Es kann festgelegt werden, dass vinkulierte Namensaktien einzuziehen sind, wenn 51 die Gesellschaft die Zustimmung zur Übertragung (§ 68 Abs 2) verweigert82. Hiergegen wird zu Recht eingewandt, mit dieser Satzungsermächtigung gebe man der Verwaltung carte blanche, denn die Verwaltung könne die Zustimmung zur Übertragung der Aktien verweigern und habe auf diese Art die Möglichkeit, die Zwangseinziehung auszulösen. Dies verstoße gegen das nach § 237 Abs 1 S 2 geltende Bestimmtheitsgebot, also die zwingende Vorgabe, dass der Verwaltung gerade kein Ermessensspielraum zustehen dürfe83. Allerdings bedeutet dies nicht, dass jegliche Einziehung im Zusammenhang mit der Versagung der Zustimmung zur Übertragung ausgeschlossen wäre84. Man wird vielmehr verlangen müssen, dass die Gesellschaft gemäß § 68 Abs 2 S 3 den Aufsichtsrat oder die Hauptversammlung über die Erteilung der Zustimmung entscheiden lässt. Alternativ kann die Gesellschaft die Gründe für die Verweigerung der Zustimmung in der Sat76 77 78 79

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Hüffer 9 10. Hüffer 9 11. Ausführlich Wiedemann § 179, 158 ff. Becker in Bürgers/Körber 11; MK/Oechsler 2 33; MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 8; aA KK/Lutter 2 43. MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 8.

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KK/Lutter2 36; MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 8. Hüffer9 12; KK/Lutter 2 36; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 12; Becker in Bürgers/Körber 12. MK/Oechsler 2 31. So aber offenbar MK/Oechsler 2 31.

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zung festlegen. In beiden Fällen steht der Verwaltung kein Ermessen bei der Verweigerung der Erlaubnis zur Übertragung der Aktien und damit bei der Zwangseinziehung zu. (4) Die Zwangseinziehung kann auch vom Eintritt einer Bedingung abhängig gemacht werden. Die Satzung kann beispielsweise auch bestimmen, dass eine ganze Aktiengattung zu einem bestimmten Termin oder Ereignis einzuziehen ist85. (5) Aus dem Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung aller Aktionäre wird von Teilen des Schrifttums gefolgert, die Zwangseinziehung dürfe nicht von Umständen abhängig gemacht werden, die nur in den persönlichen Verhältnissen des einzelnen Aktionärs liegen86. Der Gleichbehandlungsgrundsatz kann jedoch durch die Satzung aufgehoben oder eingeschränkt werden. Wird jemand trotz einer die Einziehung zulassenden Satzungsbestimmung Aktionär, unterwirft er sich dieser Bestimmung. Für diese Auslegung spricht auch das gesetzlich geregelte Beispiel der vinkulierten Namensaktie, bei der die Gesellschaft die Zustimmung aus in der Person des Erwerbers liegenden Umständen verweigern kann. Es ist daher heute anerkannt, dass die persönlichen Verhältnisse der Aktionäre (zB Tod oder Insolvenz des Aktionärs, Pfändung seiner Aktien, Übertragung der Aktien an einen Familienfremden) einen Einziehungsgrund darstellen können, sofern dieser Grund jeden Aktionär treffen kann87. Nach heute herrschender Meinung können aber auch Einziehungsgründe vorgesehen werden, die von vornherein allein einzelne Aktionäre treffen88. (6) Unbedenklich ist eine Bestimmung der Satzung, dass jährlich ein bestimmter Teil des Reingewinns zum Erwerb und zur Einziehung von Aktien verwendet wird, oder dass der Hauptversammlung das Recht eingeräumt wird, in dieser Weise über den Reingewinn zu verfügen (vgl Abs 3 Nr 2, Abs 4). (7) Die Gesellschaft kann in ihrer Satzung vorsehen, dass bei Vorliegen eines wichtigen Grundes der Aktionär seine mitgliedschaftliche Stellung verliert und die Aktien zwangseingezogen werden (s o 27). Die angeordnete Zwangseinziehung setzt jedoch eine präzise Umschreibung des Einziehungsgrundes voraus (s o 45). Die Formulierung „wichtiger Grund“ erfüllt diese Voraussetzung nicht89, denn sie ist inhaltlich nicht bestimmt genug, um zu verhindern, dass der Verwaltung ein – ihr nicht zustehendes – Ermessen eingeräumt würde. Daher kommt für den Ausschluss eines Aktionärs aus wichtigem Grund regelmäßig nur die gestattete Zwangseinziehung in Betracht, bei der es eines Hauptversammlungsbeschlusses bedarf. Keinen Einziehungsgrund stellt die Nichtleistung der Einlage dar. Die Gesellschaft kann auf Erfüllung klagen oder eine Kaduzierung nach §§ 63 f in die Wege leiten90. Erfüllt ein Aktionär eine nach § 55 zulässigerweise festgelegte Nebenleistungspflicht nicht oder nicht gehörig, kann die Zwangseinziehung seiner Aktien erfolgen, wenn sie für diesen Fall in der Satzung angeordnet ist91. Sieht die Satzung dagegen unzulässigerweise Zusatzpflichten vor, die über die Tatbestände von §§ 54, 55 hinausgehen, dürfen 85 86

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MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 8; Hüffer 9 12. Hefermehl in Geßler/Hefermehl § 237, 14 und Schlegelberger/Quassowski3 § 192, 9 unter Berufung auf RGZ 120, 177, 180. Unstr, vgl statt vieler Baumbach/Hueck13 2; MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 8. Becker in Bürgers/Körber 11; KK/Lutter 2 37, 39; MK/Oechsler 2 36; MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 8; aA noch Schilling Voraufl 12.

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Becker in Bürgers/Körber 13; KK/Lutter 2 42. KG in OLGR 27, 471; OLG Karlsruhe OLGR 43, 309 f; Baumbach/Hueck13 2; Godin/Wilhelmi 4 12; MK/Oechsler 2 37. Henze § 55, 60 sowie Baumbach/Hueck13 2, § 55, 14; MK/Bungeroth3 § 55, 29; MK/Oechsler 2 38; aA Godin/Wilhelmi 4 12.

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Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

diese nicht – auch nicht mittelbar durch die Möglichkeit einer Einziehung – durchgesetzt werden92. Auch darf die Einziehung nicht als Grundlage einer vom Gesetz nicht vorgesehenen Disziplinierung von Aktionären dienen (zB Einziehung von Aktien, wenn Aktionär abweichend abstimmt)93. Zulässig sind dagegen schuldrechtliche Nebenabreden, die durch entsprechende schuldrechtliche Übertragungsverpflichtungen (nicht aber durch eine Einziehung94) abgesichert werden können95.

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b) Keine weiteren materiellen Schranken. Da die Anordnung der Zwangseinziehung in der Gründungssatzung der Gesellschaft verankert ist, beruht die Möglichkeit einer Einziehung auf der Zustimmung aller Aktionäre; sie werden durch das Bestimmtheitsgebot ausreichend geschützt. Einer sachlichen Rechtfertigung der Einziehung bedarf es daher nicht. Gleiches gilt für den Fall einer nachträglichen Einführung der Zwangseinziehung, da eine solche nur zulässig ist, wenn die Möglichkeit der Einziehung zum Zeitpunkt des Erwerbs der Aktien in der Satzung verankert war, wodurch die Aktionäre ausreichend gewarnt waren96. Aufgrund der präzisen Umschreibung der Kriterien für eine angeordnete Zwangseinziehung stellt sich auch nicht die Frage, ob eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung vorliegt.

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c) Rechtsfolgen einer fehlenden Bestimmtheit der Satzungsregelung. Fehlt eine der in 47–55 genannten wesentlichen Vorgaben in der Satzung oder sind die Vorgaben zu unbestimmt, sind die Tatbestandsvoraussetzungen der angeordneten Zwangseinziehung nicht erfüllt. Man wird die Satzungsbestimmung jedoch in eine gestattete Zwangseinziehung (dazu sogleich 60 ff) umdeuten können97.

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d) Zuständigkeit für die Entscheidung. Über die angeordnete Zwangseinziehung entscheidet der Vorstand (Abs 6 S 1). Es bedarf keines Hauptversammlungsbeschlusses (Abs 6 S 2), da die Satzung aufgrund der Notwendigkeit einer inhaltlich bestimmten Regelung bereits alle Entscheidungsgrundlagen enthält (zu Einzelheiten s u 123 ff). 4. Die gestattete Zwangseinziehung

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a) Begriff und notwendiger Satzungsinhalt. Eine gestattete Zwangseinziehung liegt vor, wenn die Satzung die generelle Möglichkeit der Zwangseinziehung vorsieht, ohne das Verfahren und die Einziehungsgründe so detailliert zu regeln, dass sich alle Voraussetzungen aus der Satzung ergeben. Die in der Satzung offen gelassenen Einzelheiten in Bezug auf das Einziehungsverfahren und den Einziehungsgrund werden dann dem Hauptversammlungsbeschluss vorbehalten98. Eine Delegation auf ein anderes Organ ist unzulässig99. Die Hauptversammlung kann aus einem der in Rn 49 ff genannten Gründe 92

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RG JW 1928, 2622, 2624 f; OLG Karlsruhe OLGR 43, 309 f; MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 8; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 13; Grunewald Ausschluss, S 55; Terbrack RNotZ 2003, 89, 110; KK/Lutter 2 39. Becker in Bürgers/Körber 15; Hüffer 9 13; KK/Lutter 2 40. MK/Oechsler 2 38. KK/Lutter 2 41. Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 11; KK/Lutter 2 38; MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 9; Becker in Bürgers/Körber 14. KK/Lutter 2 34; MK/Oechsler 2 35; Münch-

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HdB-AG-Krieger 3 § 62, 7; Hüffer 9 10 aE; Becker in Bürgers/Körber 16. Hüffer 9 15; KK/Lutter 2 44; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 15; MK/Oechsler 2 42; MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 10; aA Grunewald Ausschluss, S 232 f; ungenau KG KGJ 31 A 164, 170. Abweichend die Rechtsprechung zum Personengesellschafts- und GmbH-Recht, vgl Ulmer/Habersack/Winter/ Ulmer § 34, 41 ff; Scholz/HP Westermann10 § 34, 41 ff. KK/Lutter 2 44.

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die Einziehung beschließen; zusätzlich kommt bei der gestatteten Zwangseinziehung auch eine Einziehung aus wichtigem Grund in Betracht100. Auch wenn die Satzung die Einziehungsgründe und das Verfahren nicht regeln muss101, empfehlen sich in der Satzung gewisse Vorgaben, insbesondere über das zu gewährende Entgelt und die Auswahl der einzuziehenden Aktien. Unterbleibt dies, wird das Interesse an einer Beteiligung an der Gesellschaft stark gemindert; auch erschwert dies die Veräußerung der Aktien und die Bildung eines angemessenen Aktienkurses. b) Materielle Schranken aa) Sachliche Rechtfertigung. Da die gestattete Zwangseinziehung eine Vernichtung 61 der Mitgliedschaft bewirkt, greifen die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze (zur materiellen Beschlusskontrolle s § 222, 29) ein, wonach schwere Eingriffe in die Rechtsstellung des Aktionärs im Interesse der Gesellschaft sachlich gerechtfertigt, also angemessen und verhältnismäßig, sein müssen. Dies gilt auch dann, wenn die Satzung bereits konkrete Einziehungsgründe vorgibt, denn ob die Hauptversammlung von der Ermächtigung überhaupt Gebrauch macht oder nicht, steht – anders als bei der angeordneten Zwangseinziehung (s o 57) – in ihrem Ermessen102. Keiner sachlichen Rechtfertigung bedarf nur eine Zwangseinziehung, die dem Ziel einer Teilliquidation des Gesellschaftsvermögens (Rückzahlung von Teilen des Kapitals an die Aktionäre, Erlass von Einlagepflichten) dient, denn in diesem Fall ist ein Maßstab, an dem das Interesse der Gesellschaft zu messen wäre, nicht ersichtlich103. bb) Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Hauptversammlung ist bei der gestatteten Ein- 62 ziehung an den Grundsatz der gleichmäßigen Behandlung der Aktionäre (§ 53a) gebunden. Da die Einziehung naturgemäß nur einen Teil der Aktien betrifft, ist eine vollständige Gleichbehandlung nie möglich. Sofern nicht die Satzung gewisse Vorgaben für die Bestimmung der einzuziehenden Aktien enthält oder die betroffenen Aktionäre einer ungleichmäßigen Behandlung zustimmen, darf die Hauptversammlung zumindest nicht willkürlich entscheiden. Folgende Konstellationen sind zu unterscheiden: (1) Betrifft die Satzungsermächtigung eine Aktienkategorie und werden alle Aktien dieser Kategorie eingezogen, entsteht kein Gleichbehandlungsproblem. (2) Ist von der Einziehung nur ein Teil der Aktien oder der Aktiengattung betroffen, ohne dass dieser Teil in der Satzung genauer spezifiziert wäre, kann die Gleichbehandlung über das anzuwendende Verfahren (Auslosung) hergestellt werden. (3) Will die Gesellschaft gezielt und gegen den Willen der Betroffenen einzelne Aktien einziehen, um den Aktionärsbestand zu verändern, ist das Herausgreifen dieser Aktien dann gerechtfertigt, wenn in der Person des Aktionärs ein sachlicher Grund vorliegt. Allein der Umstand, dass Aktien auf eine familienfremde Person übergegangen sind, reicht nur aus, wenn dies in der Satzung verankert war. Als sachlicher Grund anerkannt ist jedoch der Umstand, dass die Person das gedeihliche Miteinander der Aktionäre gefährdet, indem sie völlig grundlos und sachwidrig Aktionärsrechte ausübt („Störenfried“104). Hierfür reicht es nicht aus, wenn die Person gegen die Mehrheit stimmt. Vielmehr muss es sich um eine dauerhafte sowie schwerwiegende

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Hüffer9 15; Grunewald Ausschluss, S 52 ff. Anders ist dies bei der angeordneten Einziehung, vgl o Rn 55. AA KGJ 31 A 164, 170; 45 A 172, 175. Grunewald Ausschluss, S 80, 232 f; Hüffer 9 16; KK/Lutter 2 47; MünchHdB-AG-Krie-

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ger 3 § 62, 11; MK/Oechsler 2 44 f; Reinisch Der Ausschluß von Aktionären, S 23; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 11, 15. KK/Lutter 2 47; MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 11 jeweils mwN. KK/Lutter 2 48.

§ 237

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Störung der inneren Ordnung der AG handeln und es darf kein milderes Mittel als die Einziehung in Betracht kommen105. In einem solchen Fall liegt ein wichtiger Grund vor, der eine Zwangseinziehung rechtfertigt106. Die Schwierigkeit besteht in der Praxis darin, eine solche Situation zu belegen. Vergleicht man die möglichen Anwendungsfälle der gestatteten mit denen der ange63 ordneten Einziehung, fällt auf, dass die angeordnete Einziehung einen deutlich besseren Schutz vor einer Überfremdung der Gesellschaft erlaubt107. Um diese Schwäche der gestatteten Einziehung abzumildern, sollte die Satzung die entscheidenden Kriterien enthalten, nach denen die Hauptversammlung entscheiden soll (zB eine Familienquote, Aufzählung wichtiger Gründe in der Person eines Aktionärs). Sind diese statutarischen Vorgaben erfüllt, stellt sich im Hinblick auf diese Kriterien auch kein Gleichbehandlungsproblem mehr108.

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cc) Einziehung als Druckmittel. Wie bereits in anderem Zusammenhang festgestellt, darf die Zwangseinziehung nicht dazu dienen, unzulässige statutarische Pflichten oder zulässige, aber lediglich schuldvertragliche Nebenpflichten durchzusetzen; eine solche Satzungsregelung wäre unzulässig (s o 56). Gleiches gilt in Bezug auf einen entsprechenden Hauptversammlungsbeschluss109, der ebenfalls nicht dazu genutzt werden darf, dem Aktionär faktisch zusätzliche Pflichten aufzuerlegen.

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c) Zuständigkeit für die Entscheidung. Über die gestattete Zwangseinziehung entscheidet die Hauptversammlung. Absatz 6 findet keine Anwendung. 5. Das Einziehungsentgelt (Abfindung)

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a) Die angeordnete Einziehung. aa) Notwendigkeit einer Satzungsregelung. Weder die Art 36 und 37 der Kapitalrichtlinie (s Vor § 222, 99 f), noch das deutsche Aktienrecht enthalten Vorgaben in Bezug auf die Höhe der zu zahlenden Abfindung. Bei der angeordneten Einziehung muss die Satzung nähere Bestimmungen treffen und darf diese Frage gerade nicht dem Vorstand überlassen (s o 45). Die Satzung muss entweder die genaue Höhe regeln oder aber eine Regelung enthalten, nach der die Höhe bestimmbar ist110 (Anknüpfung an einen Referenzwert, zB den Börsenkurs oder Bestimmung nach der Ertragswerts- oder der Discounted Cash Flow-Methode aufgrund einer Bewertung durch einen Sachverständigen). Bewertungsstichtag ist der Tag des Wirksamwerdens der Kapitalherabsetzung (§ 238). Die Grenzen der Ausgestaltung des Einziehungsentgelts hängen vom Zweck der Einziehung ab:

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bb) Höhe des Entgelts bei Einziehung zum Zwecke der Kapitalherabsetzung. Verfolgt die Gesellschaft das Ziel einer Kapitalherabsetzung, stellt die Einziehung lediglich eine weitere Art der Durchführung der Kapitalherabsetzung dar (s o 10). In diesem Fall hängt die Höhe des festzusetzenden Entgelts vom Zweck der Kapitalherabsetzung ab. (1) Dient sie der Verlustdeckung oder der Auffüllung der Rücklagen, liegt es in der Natur der

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Eine solche Gestaltung findet sich im schweizerischen Recht. Das Bundesgericht hatte über die Auflösung einer AG aus wichtigem Grund wegen der Störungen durch einen Gesellschafter zu entscheiden (Art 736 Nr 4 OR) und stellte eine solche Extremsituation fest, BGE 105 II 114 („Togal“).

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KK/Lutter 2 50. Ebenso die Einschätzung von KK/Lutter 2 49, 52. KK/Lutter 2 53. MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 10; KK/Lutter 2 46; Hüffer9 16. MK/Oechsler 2 63; KK/Lutter 2 69.

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Voraussetzungen

§ 237

Maßnahme, dass die Gesellschaft gar kein Entgelt zahlt111. Eine solche Maßnahme kommt allerdings nur unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes infrage112. Andernfalls ist sie nur zulässig, sofern die Betroffenen ihr zustimmen. (2) Dient sie der Rückzahlung von Kapital, gelten die allgemeinen Vorgaben, die auch bei einer Kapitalrückzahlung nach § 222 zu beachten sind. Im Schrifttum herrscht im Ergebnis weitgehende Einigkeit, dass das Einziehungsentgelt in dem Nennbetrag der Aktien bzw bei nennwertlosen Aktien in dem auf sie entfallenden Anteil besteht113. Diese Lösung kann allerdings im Einzelfall zu großen Verwerfungen führen, da bei ihr die Gefahr eines Missbrauchs der Mehrheitsmacht besteht, wenn nicht alle Aktionäre gleichmäßig von der Einziehung betroffen sind: Ist der innere Wert der Aktien wesentlich höher als der Nennwert oder anteilige Wert der Aktien, bewirkt die Einziehung zum Nennwert eine Wertverschiebung von den Ausscheidenden hin zu den verbleibenden Aktionären. Hier hilft der bisweilen anzutreffende Hinweis, es seien die gleichen Vorgaben, wie bei § 222 zu beachten, nicht weiter. Denn bei der Kapitalherabsetzung durch Reduktion des Nennwerts oder durch Zusammenlegung bleiben die Betroffenen nach der Kapitalherabsetzung noch Gesellschafter und partizipieren weiterhin an einem evtl höheren inneren Wert der Aktien, während die Einziehung dazu führen kann, dass Kleinaktionäre ganz aus der Gesellschaft gedrängt und so die verbleibenden Aktionäre massiv begünstigt werden. Dieses Problem lässt sich nur dadurch lösen, dass man zusätzlich die Regeln zur Anwendung bringt, die für die Einziehung zum Zwecke des Ausschlusses der Aktionäre gelten (dazu sogleich u 68 ff)114. cc) Höhe des Entgelts bei Einziehung zum Zwecke des Ausschlusses von Aktionären. 68 Erfolgt die Einziehung mit dem Ziel eines Ausschlusses von Aktionären, sind für die Bestimmung der Abfindungshöhe folgende Gesichtspunkte maßgebend: Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ist es von Verfassungs wegen geboten, bedeutsame Eingriffe in die mitgliedschaftliche Stellung eines Aktionärs (zB durch Strukturmaßnahmen) so auszugestalten, dass die Interessen der Klein- bzw Minderheitsaktionäre angemessen gewahrt werden. Art 14 Abs 1 GG gebiete dabei eine „volle Entschädigung zum Verkehrswert“, wobei der Börsenkurs nicht unberücksichtigt bleiben dürfe115. Die Rechtsprechung hat diese Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts inzwischen in Entscheidungen zu §§ 305, 320b und 327b116 umgesetzt; sie wendet zur Bestimmung des Verkehrswerts ganz überwiegend das Ertragswertverfahren117 an; ein etwaiger Börsenkurs stellt die Untergrenze der Abfindung dar. Wegen der weiteren Einzelheiten zur Berechnung kann auf die Kommentierung zu den genannten Vorschriften verwiesen werden. Die dort genannten Grundsätze sind auch für § 237 relevant118. Die früher herrschende Meinung vertrat den Standpunkt, dass die Satzung auch ein 69 geringeres Einziehungsentgelt festsetzen oder die Einziehung ohne Entgelt anordnen oder zulassen dürfe119. Diese Ansicht ist – zumindest soweit sie pauschal für alle Fallgruppen

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MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 12; KK/Lutter 2 58; K Schmidt/Lutter/Veil 2 18. KK/Lutter 2 58. Statt vieler KK/Lutter 2 59; K Schmidt/Lutter/Veil 2 18. Ebenso KK/Lutter 2 59. BVerfGE 100, 289, 302 f; dazu ausführlich Hüffer 9 § 305, 20b. Zuletzt BGH NJW 2010, 2657. Vgl den Überblick bei Sethe/Weber Die Wur-

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zeltheorie als Mittel zur Korrektur von Unternehmensbewertungen nach der Ertragswertmethode, GesKR 2010, 129, 130 mwN. Ebenso etwa Becker in Bürgers/Körber 23; MK/Oechsler 2 64; MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 13. Baumbach/Hueck13 4; Hefermehl in Geßler/ Hefermehl § 237, 13; Schilling Voraufl 15; im Ergebnis auch Terbrack RNotZ 2003, 89, 111; anders aber Godin/Wilhelmi 4 14.

§ 237

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

der Einziehung vertreten wird – durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts überholt. Zu Recht wird heute ein völliger Ausschluss der Abfindung als unzulässig angesehen120. Im Übrigen ist nach dem Typus der Gesellschaft zu differenzieren: (1) Bei börsennotierten Gesellschaften muss das Entgelt – entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts – nach dem Verkehrswert bemessen werden, wobei der Börsenkurs die Untergrenze darstellt; eine in den Statuten festgelegte Unterschreitung des Verkehrswerts ist unzulässig121. Gerade weil sich die Gesellschaft an den Kapitalmarkt wendet, um öffentlich Gelder einzusammeln, ist aus Gründen des Anlegerschutzes eine Absenkung der Abfindung unzulässig. Es wäre ein Wertungswiderspruch zu § 327b. (2) Handelt es sich dagegen um eine personalistisch geprägte Gesellschaft, bei der die Zahlung eines Entgelts in Höhe des Verkehrswerts die Vermögensverhältnisse der Gesellschaft überfordern und ihre Liquidierung nach sich ziehen würde, lässt die heute herrschende Meinung auch eine statutarische Absenkung der Abfindung zu122. Der ausscheidende Aktionär müsse auf das Interesse der übrigen Aktionäre an der Fortführung des Unternehmens Rücksicht nehmen. Bei personalistisch geprägten Gesellschaften könne man deshalb auf die Grundsätze, die zur Abfindung des ausscheidenden GmbHGesellschafters entwickelt worden seien123, zurückgreifen. Gegen diesen Standpunkt erhebt Veil systematische Einwände; wenn die §§ 305, 327b jeweils eine Abfindung zum Verkehrswert vorschrieben, könne für § 237 nichts anderes gelten124. In der Tat stellen diese Vorschriften gerade nicht auf eine Börsennotierung ab. Allerdings ist sehr fraglich, ob es sich bei den von §§ 305, 327b erfassten Gesellschaften um solche handelt, die personalistisch geprägt sind. Gesellschaften, die einen Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag abschließen oder die zum Mittel des Squeeze-Out greifen, sind regelmäßig von einem Mehrheitsaktionär dominiert. Nimmt eine solche AG eine Einziehung vor, ist die Interessenlage mit der in §§ 305, 327b niedergelegten gesetzlichen Wertung vergleichbar, weshalb vom Mehrheitsaktionär auch verlangt werden kann, den ausscheidenden Aktionären den Verkehrswert zu bezahlen. Handelt es sich dagegen um eine personenbezogene AG mit geschlossenem Gesellschafterkreis, in der niemand einen dominierenden Einfluss ausübt, wird man die zu § 34 GmbHG entwickelten inhaltlichen Grenzen bei der Gestaltung der Abfindungshöhe übernehmen können. Bei diesem Typus sind auch Abfindungen unterhalb des Verkehrswerts zulässig. Abfindungsbeschränkungen dürfen nicht so konzipiert sein, dass sie ausschließlich die 70 Gläubiger eines Gesellschafters treffen, indem sie etwa eine unentgeltliche oder reduzierte Einziehung allein für den Fall der Zwangsvollstreckung in die Aktie oder bei Insolvenz des Aktionärs vorsehen, im übrigen aber eine Abfindung zum Verkehrswert. Statutarische Beschränkungen der Abfindung (soweit sie zulässig sind, s o 69) müssen vielmehr so ausgestaltet sein, dass sie gleichermaßen für den Fall des Ausschlusses wie für den Fall 120

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Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG2, § 49, 10; Grunewald S 174 ff; MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 13; K Schmidt/Lutter/Veil 2 17; KK/Lutter 2 65; MK/Oechsler 2 65 f; im Ergebnis wohl auch Hüffer 9 17 („fragwürdig“). Becker in Bürgers/Körber 25; Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG 2, § 49, 10; KK/Lutter 2 67; MK/Oechsler 2 67; Zöllner/Winter ZHR 158 (1994) 59, 63; aA Hüffer 9 17; MünchHdBAG-Krieger 3 § 62, 13, die bei allen AG eine

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Abfindung unterhalb des wirklichen Werts für zulässig erachten. Becker in Bürgers/Körber 25; Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG 2, § 49, 10; KK/Lutter 2 67; MK/Oechsler 2 67; im Ergebnis auch Hüffer9 17; MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 13. Ausführlich Scholz/HP Westermann10 § 34, 25 ff; Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG19, § 34, 25 ff. K Schmidt/Lutter/Veil 2 17.

Stand: 31.12.2010

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Voraussetzungen

§ 237

der Pfändung oder Insolvenz gelten125. Ist dies der Fall, müssen die Gläubiger dies hinnehmen, denn sie können nur in die Vermögenswerte vollstrecken, die dem Gesellschafter zustehen. Zulässig ist eine Satzungsregelung, wonach ein den Verkehrswert der Aktien überstei- 71 gendes Entgelt gezahlt werden darf126. Die Ungleichbehandlung der verbleibenden Aktionäre ist durch die in der Gründungssatzung enthaltene Regelung gerechtfertigt127. Wurde die Einziehung im Wege der Satzungsänderung eingefügt, ist die Ungleichbehandlung der verbleibenden Aktionäre gerechtfertigt, wenn alle Aktionäre der Satzungsänderung zugestimmt hatten. Die Gläubiger werden ausreichend durch die Ausschüttungssperre geschützt (dazu sogleich unter 76). Sieht die Satzung eine Sachausschüttung (etwa in Form von Wertpapieren) vor, ist 72 dies zulässig, da die Aktionäre mit Zeichnung oder Erwerb der Aktien wussten, dass sie eine derartige Realabfindung erhalten können. Die bei Sachausschüttungen ansonsten zu verlangende Zustimmung der betroffenen Aktionäre (zu Einzelheiten s § 222, 40, § 225, 77) erfolgte hier bereits mit dem Erwerb der Aktien128. Umstritten ist, ob die Sachausschüttung nur zum Verkehrswert129 oder auch zum Buchwert130 erfolgen darf. Hierfür sind die oben aufgezeigten Grenzen maßgebend, was insbesondere bedeutet, dass bei börsennotierten Gesellschaften immer nur eine Abfindung zum Verkehrswert zulässig ist. b) Die gestattete Einziehung aa) Satzungsregelung über das Entgelt. Bei der gestatteten Einziehung kann die Sat- 73 zung das Entgelt regeln, muss es aber nicht131. Enthält die Satzung eine Regelung, sind für sie die soeben für die angeordnete Einziehung geschilderten inhaltlichen Grenzen zu beachten132: Dient die Einziehung der Sanierung oder dem Verlustausgleich, darf sie entschädigungslos erfolgen; dient sie dem Ausschluss, muss die Abfindung bei börsennotierten Gesellschaften und Gesellschaften mit dominierendem Aktionär dem Verkehrswert entsprechen. Bei den personenbezogenen Gesellschaften mit geschlossenem Gesellschafterkreis kann sie auch geringer sein; die zur Abfindung bei § 34 GmbHG aufgestellten Grenzen gelten entsprechend. Je größer der Abstand zwischen festgesetzter Abfindung und Ertragswert allerdings ist, desto höhere Anforderungen muss man an das Vorliegen einer sachlichen Rechtfertigung an den Hauptversammlungsbeschluss (s o 61) stellen, mit dem die Gesellschaft von der Gestattung Gebrauch macht133. Die Satzung kann auch

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RGZ 142, 373, 377 – zur GmbH; BGHZ 65, 22, 28 f; 144, 365, 366 f; Becker in Bürgers/Körber 24; Hüffer9 17; Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG19, § 34, 30. Heute unstr, vgl KK/Lutter 2 63; MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 13; aA noch Schilling Voraufl 15. Einer besonderen sachlichen Rechtfertigung bedarf es nicht, s o 57. Für die Zulässigkeit auch Busch in MarschBarner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG2, § 49, 10 mwN; zur Frage, ob die Sachausschüttung nur zum Verkehrswert oder auch zum Buchwert erfolgen darf Hüffer9 § 58, 33.

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Rolf Sethe

Hüffer9 § 58, 33. Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG2, § 49, 10 mwN. Hüffer9 18; enger MK/Oechsler 2 64, der meint, in der Satzung müsse zumindest ein angemessenes Entgelt festgesetzt werden. Praktische Unterschiede zu dem hier vertretenen Standpunkt ergeben sich jedoch nicht. Einen größeren Gestaltungsspielraum sieht – allerdings ohne nähere Begründung – Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG2, § 49, 10. MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 13.

§ 237

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

einen höheren als den Verkehrswert vorschreiben (s o 71), wobei die Gläubiger in diesem Fall durch die Ausschüttungssperre geschützt sind (dazu sogleich unter 76).

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bb) Beschluss der Hauptversammlung über das Entgelt. Enthält die Satzung dagegen keine Regelung, muss die Hauptversammlung134 das Entgelt im Kapitalherabsetzungsbeschluss festsetzen. Dabei steht ihr kein freies Ermessen zu und darf ihr auch nicht eingeräumt werden; vielmehr muss sie ein dem Wert der Aktien angemessenes Entgelt gewähren135. Angemessen ist grundsätzlich der innere Wert der Aktien, der sich nach der Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft (entsprechend §§ 305 Abs 3 S 2, 320b Abs 1 S 5, 327b Abs 1) bemisst. Damit wird regelmäßig der Ertragswert zur Anwendung kommen136, wobei der Börsenwert die Untergrenze darstellt137. Bewertungsstichtag ist der Tag des Wirksamwerdens der Kapitalherabsetzung138. Die Hauptversammlung kann auch einen niedrigeren oder höheren Wert festsetzen. Auch hier gilt jedoch, dass – je größer der Abstand zwischen festgesetzter Abfindung und Ertragswert ist – desto höhere Anforderungen muss man an das Vorliegen einer sachlichen Rechtfertigung für den Hauptversammlungsbeschluss (s o 61) stellen139. Unterlässt die Hauptversammlung eine Festsetzung des Entgelts, ist der Beschluss anfechtbar. Wird er gleichwohl eingetragen, steht den Betroffenen eine angemessene Abfindung zu140.

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cc) Sachausschüttung. Auch bei der gestatteten Einziehung (zur Zulässigkeit bei der angeordneten Einziehung s o 72) ist eine Sachausschüttung zulässig. War sie bereits in der Satzung vorgesehen, bedarf es keiner gesonderten Zustimmung der betroffenen Aktionäre mehr, da sie mit Zeichnung oder Erwerb der Aktien wussten, dass sie eine derartige Realabfindung erhalten können. Anders als bei der angeordneten Einziehung bedarf die gestattete Einziehung jedoch der sachlichen Rechtfertigung des die Einziehung auslösenden Hauptversammlungsbeschlusses (s o 61). Dabei sind auch die Auswirkungen der Sachausschüttung zu berücksichtigen. Fehlt eine Satzungsregelung über die Sachausschüttung, müssen die betroffenen Aktionäre ihr zustimmen (zu den Gründen s § 222, 40, § 225, 77).

76

c) Gläubigerschutz. Zusätzlich zu den soeben geschilderten Vorgaben zur Höhe der Abfindung, die der Wahrung der Aktionärsinteressen dienen, sind die Vorgaben zu beachten, die zum Schutze der Gläubiger bestehen. Eine Auszahlung des Einziehungsentgelts darf nur erfolgen, wenn eine der beiden im Gesetz vorgesehenen Ausnahmen vom Verbot der Einlagenrückgewähr gem § 57 vorliegt: (1) Beim ordentlichen Einziehungsverfahren darf maximal der Nominalbetrag (Zahlung zu oder unter pari), um den das Kapital herabgesetzt wird, an die Aktionäre ausgezahlt werden (§ 237 Abs 2 S 1 iVm § 225 AktG). Eine über diesem Betrag hinausgehende Auszahlung ist nicht möglich141. Will die Gesellschaft eine höhere Auszahlung vornehmen, weil der innere Wert die Aktien höher als der Buchwert ist, geht dies nur im vereinfachten Verfahren. (2) Bei diesem

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AA allein K Schmidt/Lutter/Veil 2 20 (Vorstand). MK/Oechsler 2 64, 66; KK/Lutter 2 71; MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 12; Hüffer9 18. Zur Anwendung der Ertragswertmethode generell Sethe/Weber Die Wurzeltheorie als Mittel zur Korrektur von Unternehmensbewertungen nach der Ertragswertmethode, GesKR 2010, 129, 130 mwN.

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Hüffer9 18. RGZ 125, 114, 121 f – zur GmbH; Hüffer9 18; KK/Lutter 2 72. MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 13; enger offenbar KK/Lutter 2 72, der die Möglichkeit eines niedrigeren Entgelts nicht erörtert. KK/Lutter 2 72. Unstr, vgl etwa Becker in Bürgers/Körber 26; Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG2, § 49, 16.

Stand: 31.12.2010

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Voraussetzungen

§ 237

dürfen Auszahlungen vorgenommen werden, wenn sie zulasten des Bilanzgewinns oder einer anderen Gewinnrücklage, soweit dafür verwendbar (dazu unten 106), erfolgen (§ 237 Abs 3 Nr 2). Verfügt die Gesellschaft also über ausreichende freie Mittel, kann sie auch höhere Entgelte festsetzen und auszahlen. Eine gegen diese Grundsätze verstoßende Zahlung stellt eine verbotene Einlagenrückgewähr dar mit der Folge der Nichtigkeit von Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft (§ 57 Abs 1 AktG iVm § 134 BGB)142. Wird ein Hauptversammlungsbeschluss gefasst, der eine Einziehung unter Verstoß gegen das Verbot vorsieht, ist dieser nichtig (§ 241 Nr 3 AktG)143. Neben diesen Vorgaben im Hinblick auf die Höhe der möglichen Auszahlung sind bei der Einziehung im ordentlichen Verfahren die Vorgaben des § 225 (Sicherheitsleistung und Auszahlungssperre) zu beachten (dazu unten 93 ff). Bei der Einziehung im vereinfachten Verfahren finden diese gläubigerschützenden Vorkehrungen dagegen keine Anwendung (dazu unten 119 ff). d) Gerichtliche Kontrolle der Entgelthöhe. Schuldet die Gesellschaft eine angemes- 77 sene Abfindung und entspricht die in der Satzung festgesetzte oder von der Hauptversammlung beschlossene Entschädigung nicht der Angemessenheit, können die Aktionäre nach dem SpruchG vorgehen. Zwar nennt § 1 SpruchG den vorliegenden Fall nicht ausdrücklich, doch belegt die Gesetzgebungsgeschichte, dass die Regelung nicht als abschließende Aufzählung zu verstehen ist144. Sie wird daher auch auf vergleichbare Gestaltungen ausgedehnt145. Angesichts der Vergleichbarkeit der Interessenlage mit den vom SpruchG erfassten Gestaltungen der §§ 305 Abs 3 S 2, 320b Abs 1 S 5, 327b Abs 1 ist eine analoge Anwendung des SpruchG auf die Abfindung nach § 237 zu befürworten146.

IV. Einziehung nach Erwerb durch die Gesellschaft (Abs 1 S 1 Alt 2) 1. Unterschiede zur Zwangseinziehung „Einziehung nach Erwerb“ bedeutet das gleiche, was bis zur Aktiennovelle 1931 als 78 „freiwillige Einziehung“ bezeichnet wurde. Die neue Fassung will Zweifel, die sich aus der früher gebrauchten Bezeichnung ergaben, ausschließen. Da der rechtliche Akt der Einziehung im Sinne der Vernichtung des Aktienrechts erst nach dem Erwerb der Aktien durch die Gesellschaft stattfindet, richtet sich die Einziehung nicht gegen den bisherigen Inhaber der Aktie, denn dieser hat seine Mitgliedschaft schon vorher, nämlich durch die Übertragung der Aktie an die Gesellschaft, freiwillig aufgegeben. Infolge dessen bedarf die Einziehung durch Erwerb auch keiner Ermächtigung in der Satzung (vgl Abs 1 S 1 und 2)147. Ausreichend ist vielmehr ein Beschluss der Hauptversammlung (vgl Abs 2 iVm

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MK/Oechsler 2 70; MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 14. MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 14. Begründung und Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses, BT-Drucks 15/838, S 16. BGH NZG 2008, 658; Büchel NZG 2003, 793, 794; Emmerich in Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-KonzernR6, § 1 SpruchG, 4; Grunewald ZIP 2004, 542, 543; Hüffer9 Anh § 305, § 1 SpruchG 6; KK SpruchG/Wasmann § 1, 3; MK/Volhard 2 § 1 SpruchG, 4; van Kann/Hirschmann DStR 2003, 1488, 1490; Vetter ZHR 168 (2004)

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Rolf Sethe

8, 40; zweifelnd Bungert/Mennicke BB 2003, 2021, 2022; aA Krämer/Theiß AG 2003, 225, 241 (zum Delisting). Becker in Bürgers/Körber 26; MK/Volhard 2 § 1 SpruchG, 4; Hüffer9 Anh § 305, § 1 SpruchG 7; enger aber Hüffer9 § 237, 18; („de lege ferenda sinnvoll“); aA auch MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 13. Unstr vgl Becker in Bürgers/Körber 27. Im Falle des § 71c Abs 3 ist die Gesellschaft sogar verpflichtet, eine Einziehung vorzunehmen.

§ 237

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

§ 222 Abs 1 S 1 bzw § 237 Abs 4 S 1)148. Dass eigene Aktien stets und ohne besondere Ermächtigung in der Satzung eingezogen werden dürfen, beruht auch auf der Erwägung, dass auf diese Weise das im Hinblick auf die Kapitalerhaltung problematische Halten eigener Aktien beseitigt wird (§ 71c Abs 3 ordnet die Einziehung sogar zwangsweise an)149. Aufgrund der freiwilligen Aufgabe der Mitgliedschaft gestaltet sich auch die Frage der Abfindung des Aktionärs unproblematisch: Das Entgelt wird durch das Rechtsgeschäft bestimmt, auf Grund dessen der Erwerb erfolgt, also regelmäßig durch das Kaufgeschäft (zu Einschränkungen s u 79 ff). Eingezogen werden dürfen auch Aktien, die noch nicht voll eingezahlt sind (arg e contr aus Abs 3)150. 2. Erwerb der Aktien

79

Unter „Erwerb“ ist jeder dingliche Übergang des Aktienrechts auf die Gesellschaft zu verstehen; die Art des schuldrechtlichen Geschäfts ist irrelevant. Die Einziehung eigener Aktien erfolgt regelmäßig im Wege des Erwerbs von den bisherigen Aktionären. Erfolgt der Erwerb entgeltlich, gilt er nur dann nicht als verbotene Einlagenrückgewähr, wenn die Voraussetzungen eines Erwerbs eigener Aktien nach §§ 71 ff gegeben sind (§ 57 Abs 1 S 2). Auch in der Preisgestaltung ist die Gesellschaft nicht frei; sie darf die Aktien nur zu marktgerechten Bedingungen erwerben. Zahlt sie einen überhöhten Erwerbspreis, handelt es sich um eine verbotene Einlagenrückgewähr151. Zum Schutze der Gläubiger gilt bei einer Einziehung nach entgeltlichem Erwerb der 80 Aktien (bei einem unentgeltlichen Erwerb bedarf es logischerweise keiner Ausschüttungssperre, vgl auch Abs 3 Nr 1) zudem die Ausschüttungssperre des § 225 Abs 2. Wie der Wortlaut von § 237 Abs 2 S 3 zeigt, greift die Ausschüttungssperre jedoch nur, wenn die Aktien „zum Zwecke der Einziehung“, also gem § 71 Abs 1 Nr 6, erworben wurden152. Ist die Einziehung der Aktien geplant, scheidet wegen § 225 Abs 2 ein Aktienrückkauf über die Börse aus, an der gerade Lieferung gegen sofortige Zahlung vorausgesetzt wird153. Zieht die Gesellschaft dagegen Aktien ein, die sie nicht in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit der Kapitalherabsetzung erworben hat (insb gem § 71 Abs 1 Nr 8), greift die Ausschüttungssperre nicht ein; die Gläubiger werden in diesem Fall jedoch durch § 71 Abs 2 AktG und § 272 Abs 1a HGB geschützt. Greift die Ausschüttungssperre ein, darf die AG das Entgelt nicht auszahlen. Tut sie es trotzdem, greifen die oben § 225, 66 genannten Rechtsfolgen (insb der Rückzahlungsanspruch aus § 62) ein. Zahlt sie unter Berufung auf die Auszahlungssperre das Entgelt vorerst nicht aus, stellt sich die Frage, wie der Verkäufer geschützt wird. Ein Teil des Schrifttums verweist auf die allgemeinen Regeln154. Ein anderer Teil wird konkreter und meint, es liege ein Fall vorübergehender Unmöglichkeit vor155. Dies überzeugt nicht, denn Geldschulden werden nie unmöglich. Den althergebrachten Grundsatz „Geld hat man zu haben“ fand der Gesetzgeber so selbstverständlich, dass er ihn nicht ausdrücklich in das neue Schuldrecht übernommen hat156. Es kann sich daher nur um einen Fall des Verzugs handeln. Dieser

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Ebenso Hüffer9 19; aA allerdings ohne nähere Begründung K Schmidt-Lutter/Veil 2 23. Ebenso MK/Oechsler 2 72. KK/Lutter 2 79. Zu Einzelheiten s oben § 57 sowie Hüffer 9 § 57, 16. Becker in Bürgers/Körber 27; KK/Lutter 2

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80 f, 91; MK/Oechsler 2 76; K Schmidt/Lutter/Veil 2 31. Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG2, § 49, 16. KK/Lutter 2 81. MK/Oechsler 2 77. Staudinger/Löwisch/Caspers, 2009, § 275, 72 mwN.

Stand: 31.12.2010

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Voraussetzungen

§ 237

setzt Fälligkeit der Leistung voraus. Da sich das Verbot der Auszahlung aus § 225 Abs 2 S 1 gerade nur an die AG richtet, bindet es nicht beide Vertragsparteien (andernfalls müsste die Nichtigkeit und nicht nur die Rückforderbarkeit der entgegen § 225 Abs 2 erfolgten Leistung angeordnet sein157). Es beeinflusst also auch nicht die Fälligkeit der Leistung. Da bei Geldschulden das Verschulden wegen des genannten Grundsatzes „Geld hat man zu haben“ feststeht, kann der Verkäufer seinen Zinsschaden als Verzugsschaden geltend machen. Wusste er, dass die AG den Kauf zum Zwecke der Einziehung tätigte, kann die AG den Einwand des Mitverschuldens geltend machen. Kommt es zwischen der AG und dem Veräußerer der Aktie zum Streit über diese Frage, trägt die AG die Beweislast für den von ihr erhobenen Einwand, zumal sie aufgrund ihrer Sachnähe die Frage, ob die Aktien zum Zwecke der Einziehung erworben wurden oder nicht, als einzige beantworten kann158. Einer separaten Aufklärungspflicht der AG gegenüber dem Aktionär, ob sie die eigenen Aktien zum Zwecke der Einziehung erwirbt oder nicht, bedarf es nicht159. Es liegt eine Obliegenheit vor und die AG schadet sich selbst, wenn sie den Verkäufer der Aktien nicht aufklärt und damit den Verzugsschaden schuldet. Erwirbt die Gesellschaft eigene Aktien unter dem Nennwert, um sie einzuziehen, oder 81 verwendet sie früher unter dem Nennwert erworbene Aktien zur Einziehung, so macht sie einen Buchgewinn, da das Grundkapital trotz des geringen Aufwandes stets um den Nennwert der erworbenen Aktien herabgesetzt werden muss, um zu erreichen, dass die Summe der noch verbleibenden Aktien dem Wert des herabgesetzten Grundkapitals entspricht. Den Buchgewinn kann sie beliebig verwenden160. Sind die einzuziehenden Aktien mit einem Aufschlag erworben, was in den Grenzen von § 57 Abs 1 S 2, also zu marktgerechten Preisen, zulässig ist (s o 79), kann die Herabsetzung doch ebenfalls nur um den Betrag ihres Nennwertes geschehen. Der Mehraufwand muss aus anderen Mitteln getilgt werden, etwa aus einem Gewinnvortrag oder einer Gewinnrücklage161. In diesem Fall kommt allerdings nicht das ordentliche, sondern nur das vereinfachte Einziehungsverfahren in Betracht162 (s o 76). 3. Eigene Aktien Durch die Einziehung vernichtet die Gesellschaft nur ihr gehörende eigene Aktien. 82 Damit eine Einziehung nach Erwerb überhaupt möglich ist, muss die Gesellschaft im Zeitpunkt der Einziehungshandlung (s § 238, 14 ff) Inhaberin der Aktien sein. Es genügt nicht, dass die Gesellschaft in diesem Zeitpunkt einen schuldrechtlichen Anspruch auf Übertragung des Aktienrechts hat; vielmehr muss sie dinglich berechtigt sein (bei unverbrieften Mitgliedschaftsrechten im Wege der Abtretung nach den §§ 398 ff, 413 BGB und bei verbrieften im Wege der Übereignung nach den §§ 929 ff BGB). Der Rechtsgrund des Erwerbs ist ebenso unerheblich wie die Frage, ob das schuldrechtliche Geschäft nichtig (vgl insb § 71 Abs 4 S 2), anfechtbar, unwirksam oder auf andere Weise fehlerhaft ist und die Gesellschaft daher die Aktien zurückgewähren müsste163. Es

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Statt vieler Spindler-Stilz/Marsch-Barner2 § 225, 26. Im Ergebnis ebenso MK/Oechsler 2 76 (der allerdings von einem anderen Lösungsansatz her kommt). So aber MK/Oechsler 2 77; KK/Lutter 2 81. Becker in Bürgers/Körber 27.

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Rolf Sethe

Hüffer9 19. Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG2, § 49, 10, 16 aE, der auch auf die parallele Regelungsstruktur bei § 71 Abs 1 Nr 8 hinweist. Hüffer 9 20; MünchHdB-AG-Krieger3 § 62, 15a; KK/Lutter 2 77.

§ 237

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

kommt nicht darauf an, ob der Erwerb nach § 71 zulässig ist oder nicht. Denn ein Verstoß gegen § 71 berührt die dingliche Rechtslage nicht (vgl § 71 Abs 4 S 1). Die Gesellschaft darf nur eigene Aktien einziehen, nicht aber auch solche, die ihr nach § 71d zugerechnet werden164; eigene Aktien, die ein Dritter oder ein abhängiges Unternehmen für ihre Rechnung erworben hat, oder solche, die die Gesellschaft als Pfand genommen hat, kann diese erst einziehen, wenn die Aktien auf sie übertragen worden sind. 4. Erwerb nach Einziehungsbeschluss

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Der Erwerb muss nicht schon im Zeitpunkt des Beschlusses der Hauptversammlung über die Einziehung stattgefunden haben; er kann diesem Beschluss auch zeitlich nachfolgen, denn die Hauptversammlung kann beschließen, erst noch zu erwerbende Aktien einzuziehen, und zwar in bestimmter Höhe oder bis zu einem bestimmten Betrage165 (sinnvollerweise sollte er eine Regelung für den Fall enthalten, dass der geplante Erwerb ganz oder teilweise nicht vollzogen werden kann166). Die Kapitalherabsetzung ist dann unter der Bedingung beschlossen, dass der Erwerb der Aktien erfolgt. § 71 Abs 1 Nr 6 sieht einen solchen nachträglichen Erwerb geradezu vor, wenn er den Erwerb eigener Aktien auf Grund eines Beschlusses der Hauptversammlung zur Einziehung nach den Vorschriften über die Herabsetzung des Grundkapitals gestattet (wobei die 10 %-Grenze des § 71 Abs 2 S 1 für den Erwerb nach § 71 Abs 1 Nr 6 nicht gilt, vgl statt dessen § 71c Abs 2 u 3). Fraglich ist, ob in diesem Fall ein Sonderbeschluss der Aktiengattungen notwendig ist. Dies wird von einem Teil des Schrifttums abgelehnt unter Hinweis darauf, dass die betroffenen Aktionäre ihre Aktien ja nicht der Gesellschaft verkaufen müssten und so ausreichend geschützt seien167. Diese Ansicht überzeugt nicht, denn § 222 Abs 2 S 1 und S 2 fordert bei Vorhandensein mehrerer stimmberechtigter Aktiengattungen einen Sonderbeschluss jeder Aktiengattung und zwar selbst dann, wenn die konkrete Aktiengattung von der Kapitalherabsetzung gar nicht betroffen ist (s § 222, 34 mwN). Da es bei der Einziehung immer auch um die Zusammensetzung des Aktionärskreises insgesamt geht, kann es nicht allein auf die individuelle Betroffenheit einzelner Aktionäre und damit auf die Entscheidung, an die Gesellschaft zu verkaufen oder nicht, ankommen, was die Gegenansicht aber unterstellt. Zudem kommt dem Sonderbeschluss in der Hauptversammlung eine Warnfunktion zu (s § 222, 34 mwN), die die Gegenansicht ebenfalls vernachlässigt. Der Sonderbeschluss ist nur entbehrlich, wenn es sich um eine Einziehung im vereinfachten Verfahren handelt (s u 114). 5. Umfang der Satzungsautonomie

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Die Satzung kann die Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien nach Erwerb beschränken, sie namentlich nur unter bestimmten Bedingungen zulassen. Jedoch kann diese Art der Einziehung, wie die Kapitalherabsetzung überhaupt, durch die Satzung nicht völlig ausgeschlossen werden, da dadurch unter Umständen ein gedeihliches Leben 164 165 166 167

Hüffer 9 20; MK/Oechsler 2 73; KK/Lutter 2 77. KK/Lutter 2 78; MK/Oechsler 2 74; MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 15a. Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG2, § 49, 11. Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG2, § 49, 14; Tielmann in

Happ, Aktienrecht, Formular 14.05 Rn 8; Hillebrandt/Schremper BB 2001, 533, 537; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 24. Der von Busch aaO als andere Ansicht zitierte Hirte in Schmidt/Riegger RWS Forum Gesellschaftsrecht 1999, 2000, S 211, 241, nimmt zu dieser Frage gar nicht Stellung.

Stand: 31.12.2010

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Voraussetzungen

§ 237

der Gesellschaft gänzlich unmöglich gemacht werden könnte168. Die für den Einziehungsbeschluss erforderliche Stimmenmehrheit richtet sich nach § 237 Abs 2 S 1 iVm § 222 Abs 1 S 1. Daher ist gem § 222 Abs 1 S 2 nur eine Erhöhung, aber keine Absenkung der für den Einziehungsbeschluss erforderlichen Mehrheit möglich (s u 86)169.

V. Das ordentliche Einziehungsverfahren (Abs 2) 1. Die grundsätzliche Geltung Das Gesetz unterscheidet zwischen dem ordentlichen (§ 237 Abs 2) und dem aus- 85 nahmsweise anwendbaren vereinfachten Einziehungsverfahren (§ 237 Abs 3 bis 5). Beim ordentlichen Einziehungsverfahren wird auf die Vorschriften über die ordentliche Kapitalherabsetzung verwiesen (Abs 2 S 1). Mit diesem Verweis verdeutlicht der Gesetzgeber zudem, dass die Einziehung von Aktien nur in Form der Kapitalherabsetzung erfolgen kann (s o 1). Der Verweis ist zwingend. Die Vorschriften über die vereinfachte Kapitalherabsetzung mit den für diese geschaffenen Erleichterungen finden auf die Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien keine Anwendung. Abgesehen von der in Abs 3 festgesetzten Ausnahme sind bei der Einziehung von Aktien die Vorschriften über die ordentliche Kapitalherabsetzung stets zu befolgen, gleichgültig zu welchem Zwecke die Einziehung geschieht und ob es sich um eine Einziehung nach Erwerb oder eine zwangsweise Einziehung handelt und ob die letztgenannte in der Satzung angeordnet oder nur gestattet ist. Bei der angeordneten Einziehung bedarf es jedoch keines Beschlusses der Hauptversammlung und auch keiner Sonderbeschlüsse anderer Aktiengattungen170, da die Einzelheiten bereits in der Satzung geregelt sind; ausreichend ist daher eine Entscheidung des Vorstands (Abs 6, dazu unten 123 ff). 2. Der Hauptversammlungsbeschluss Sieht man von der angeordneten Einziehung und der in § 71 Abs 1 Nr 8 S 6 geregel- 86 ten Einziehung eigener Aktien ab, bedarf die Einziehung stets eines Beschlusses der Hauptversammlung. Für die Bekanntmachung der Tagesordnung und Einberufung der Hauptversammlung gilt das gleiche wie bei der ordentlichen Kapitalherabsetzung (s § 222, 10 ff). Die Bekanntmachung muss also den Wortlaut des zu fassenden Beschlusses über die Kapitalherabsetzung nach Höhe und Art (durch Einziehung von Aktien unter deren näherer Bezeichnung, durch Zwangseinziehung oder nach Erwerb) und den Zweck der Kapitalherabsetzung (zB Rückzahlung von Grundkapital) angeben. Der Beschluss der Hauptversammlung erfordert die einfache Stimmenmehrheit (relative Mehrheit) nach § 133 und die Kapitalmehrheit von drei Vierteln des bei der Abstimmung vertretenen Grundkapitals (s § 222, 17). Die Satzung kann eine größere Mehrheit und noch weitere Erfordernisse bestimmen (§ 222 Abs 1). Beim Vorhandensein mehrerer Gattungen von Aktien sind Sonderbeschlüsse jeder Gattung zu fassen (§ 222 Abs 2). Eine Verschiedenheit der Aktiengattungen besteht auch dann, wenn die Gesellschaft nach der Satzung nur bestimmte Arten von Aktien oder die einzelnen Arten unter verschiedenen Bedingungen einziehen könnte171.

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Hüffer 9 19; KK/Lutter 2 75: MünchHdB-AGKrieger 3 § 62, 15. MK/Oechsler 2 75. Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch

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Rolf Sethe

börsennotierte AG 2, § 49, 14; Volhard/ Goldschmidt FS Lutter, 2000, S 779, 787. Hüffer9 23.

§ 237

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

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Aktionäre, deren Aktien zwangsweise oder nach Erwerb eingezogen werden sollen, können an der Abstimmung über die Kapitalherabsetzung teilnehmen172. Dagegen gewähren die einzuziehenden eigenen Aktien kein Stimmrecht, wenn sie der Gesellschaft schon im Zeitpunkt der Abstimmung gehören. Auch aus Aktien, die ein anderer für Rechnung der Gesellschaft erworben hat, kann die Gesellschaft das Stimmrecht nicht ausüben, denn aus solchen und eigenen Aktien stehen der Gesellschaft keine Rechte zu (§§ 71d, 71b). Auch dem Dritten, der die Aktien für Rechnung der Gesellschaft erworben hat, steht kein Stimmrecht zu (§§ 71d Satz 4, 71b). Umstritten ist, ob es ein Stimmverbot für den Fall gibt, dass ein Aktionär aus wichtigem Grund in seiner Person ausgeschlossen wird. Da § 136 kein solches Stimmverbot für diesen Fall vorsieht und das Aktienrecht auch kein allgemeines Prinzip des Stimmrechtsausschlusses bei Interessenkonflikten kennt173, wird man ein Stimmverbot verneinen müssen174. Möglich bleibt daher allein eine (mit einer positiven Feststellungsklage kombinierte) Anfechtungsklage unter Hinweis darauf, dass die Stimmrechtsausübung im konkreten Einzelfall treuwidrig war175. Der Beschluss legt fest, dass es sich um eine Kapitalherabsetzung durch Einziehung 88 von Aktien im Wege der Zwangseinziehung oder im Wege der Einziehung nach Erwerb handelt. Im Übrigen muss der Beschluss denselben inhaltlichen Erfordernissen genügen wie im Falle der ordentlichen Kapitalherabsetzung (s § 222, 22 ff). Daher ist die Höhe des Herabsetzungsbetrags anzugeben; bloße Berechenbarkeit reicht aus176. Der Mindestnennbetrag des § 7 darf nicht unterschritten werden, wobei die Regelung des § 228 auch für die Einziehung gilt. Nicht möglich ist jedoch die Herabsetzung des Kapitals auf Null, da dies eine Keinmann-AG zur Folge hätte (s o 18). Der Hauptversammlungsbeschluss muss, soweit es nicht schon in der Satzung gesche89 hen ist, alle wesentlichen Punkte der Einziehung regeln (§ 237 Abs 2 S 2177). Er muss also alles das enthalten, was bei der angeordneten Zwangseinziehung in der Satzung bestimmt sein muss (s im Einzelnen o 45 ff). Wie im Falle der angeordneten Zwangseinziehung kann es weder dem freien Ermessen des Vorstandes überlassen werden, ob die Einziehung erfolgen soll, noch welche Aktien konkret einzuziehen sind (hiervon ist für den Fall der Einziehung künftig zu erwerbender Aktien eine Ausnahme zu machen, s o 83), noch unter welchen Bedingungen, insbesondere ob sie gegen Entgelt und gegen welches stattfinden soll. Nur die technische Art der Ausführung kann auch hier dem Vorstand überlassen werden. Gemäß §§ 237 Abs 2 S 1, 223 ist der Hauptversammlungsbeschluss vom Vorstand in 90 vertretungsberechtigter Zahl und dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Die Kontrolle des Registerrichters erstreckt sich auch auf die Frage, ob eine Ermächtigung für die Einziehung in der Satzung vorhanden war; fehlte diese oder war sie nicht ausreichend, ist der Hauptversammlungsbeschluss nichtig oder anfechtbar (s o 43) und der Registerrichter wird die Kapitalherabsetzung nicht eintragen (zu Einzelheiten s § 223, 17 ff). Im Unterschied zur ordentlichen Kapitalherabsetzung, bei der bereits die Eintragung des Beschlusses zu deren Wirksamkeit führt (§ 224),

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RG in JW 1927, 1421 f; Hüffer9 23a; KK/Lutter 2 83. Hüffer9 § 136, 18 mwN. Hüffer9 23a; MK/Oechsler 2 79; aA Becker ZGR 1986, 383, 386, 405; Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG2, § 49, 14; Grunewald Ausschluss, S 117, 108 f; MünchHdB-AG-Krie-

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ger3 § 62, 17; KK/Lutter 2 83; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 24; Terbrack RNotZ 2003, 98, 112 f; K Schmidt/Lutter/Veil 2 27. Hüffer 9 23a. Hüffer 9 24; Zöllner FS Doralt, 2004, S 751, 764 ff. Zur Geschichte der Norm s o 3.

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bedarf es bei der Einziehung zusätzlich noch der Durchführung der Einziehung; § 224 wird also durch § 238 verdrängt (siehe dort). Der Registerrichter macht die Eintragung bekannt und unterrichtet die Gläubiger über ihr Recht auf Sicherheitsleistung (§ 225 Abs 1 S 2). Die Anmeldung und Eintragung der Kapitalherabsetzung können gem § 239 Abs 2 mit der Anmeldung und Eintragung ihrer Durchführung verbunden werden. Der mit der Einziehung unrichtig gewordene Satzungstext ist zu berichtigen, was ebenfalls anzumelden ist (s § 239, 4). Handelt es sich dagegen um eine angeordnete Zwangseinziehung, erfolgt die Einziehung durch Entscheidung des Vorstands nach Abs 6. Diese Entscheidung ist nicht eintragungsfähig und daher nicht anzumelden (zum Streitstand s u 126 sowie § 238, 11). Anzumelden ist allein die Durchführung nach § 239. 3. Der Gläubigerschutz a) Begrenzung der Höhe des Abfindungsentgelts. Bei einer angeordneten oder gestat- 91 teten Zwangseinziehung (Abs 1 S 1 Alt 1), die im ordentlichen Verfahren nach Abs 2 durchgeführt wird, folgt aus dem Generalverweis auf die Vorschriften zur ordentlichen Kapitalherabsetzung (Abs 2 S 1), dass eine Auszahlung an die Aktionäre nur in Höhe des Nennwerts der Aktien bzw des auf sie entfallenden Anteils am Grundkapital erfolgen darf (s o 76), denn die Summe der Aktien muss stets dem Grundkapital entsprechen. Beabsichtigt die Gesellschaft, ein Entgelt über pari auszuzahlen, weil der innere Wert der Aktien höher ist, kann sie dies durch eine Einziehung im vereinfachten Verfahren erreichen (s o 76). Erwirbt die Gesellschaft zum Zwecke der Einziehung eigene Aktien (Abs 1 S 1 Alt 2), 92 gilt dies nur dann nicht als verbotene Einlagenrückgewähr, wenn die Voraussetzungen eines Erwerbs eigener Aktien nach §§ 71 ff gegeben sind (§ 57 Abs 1 S 2). Auch in der Preisgestaltung ist die Gesellschaft nicht frei; sie darf die Aktien nur zu marktgerechten Bedingungen erwerben (zu Einzelheiten s o 79, 81). b) Anspruch auf Sicherheitsleistung. Gem § 237 Abs 2 S 1 richtet sich der Gläubiger- 93 schutz bei einer Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien nach den Vorschriften des § 225 Abs 1 und 3178. Dieser Verweis gilt sowohl für die (angeordnete oder gestattete) Zwangseinziehung als auch für die Einziehung nach Erwerb, die im ordentlichen Einziehungsverfahren durchgeführt werden. Danach steht allen Gläubigern (mit Ausnahme der in § 225 Abs 1 S 3 genannten), deren Forderungen vor Bekanntmachung des Beschlusses über die Kapitalherabsetzung begründet worden sind, ein Anspruch auf Sicherheitsleistung zu, wenn sie sich rechtzeitig melden und nicht Befriedigung verlangen können (§ 225 Abs 1 S 1). Eine rechtzeitige Meldung liegt vor, wenn sich der Gläubiger innerhalb von sechs Monaten ab Bekanntmachung der Kapitalherabsetzung (§ 224) bzw im Falle des § 237 Abs 6 ab Eintragung der Durchführung der Einziehung (§ 239 Abs 1) bei der AG meldet. Die Gläubiger sind in der Bekanntmachung der Eintragung auf dieses Recht hinzuweisen (§ 225 Abs 1 S 2). Der Anspruch auf Sicherheitsleistung steht den Gläubigern unabhängig davon zu, ob auf Grundlage der Herabsetzung des Grundkapitals Zahlungen an die Aktionäre geleistet werden oder nicht (§ 225 Abs 3). Er besteht somit auch dann, wenn eine Zahlung an die Aktionäre nicht in Frage kommt, zB wenn früher nach § 71 Abs 1 erworbene Aktien eingezogen werden. Dabei ist auch unerheb-

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Unstr vgl statt vieler Hüffer9 27. Zu Recht weist MK/Oechsler 2 88 darauf hin, dass aus § 237 Abs 2 S 3 kein Umkehrschluss ge-

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zogen werden dürfe, wonach § 225 Abs 1 und 3 keine Anwendung fänden.

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lich, welcher Tatbestand des § 71 zum Erwerb der eigenen Aktien verwirklicht wurde. Damit unterscheidet sich Abs 2 S 1 von dessen S 3, bei dem nur ein Erwerb nach § 71 Nr 6 erfasst ist (s u 97). c) Ausschüttungssperre für das Entgelt

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aa) Anwendungsbereich des Abs 2 S 3. Für die Zahlung des Entgelts, das Aktionären bei einer Zwangseinziehung oder bei einem Erwerb von Aktien zum Zwecke der Einziehung gewährt wird, oder für die Befreiung dieser Aktionäre von der Einlagepflicht bei nicht voll eingezahlten Aktien gilt die Ausschüttungssperre des § 225 Abs 2 sinngemäß (Abs 2 S 3). Die Vorschrift gilt nur, wenn die Bestimmungen über die ordentliche Kapitalherabsetzung Anwendung finden, nicht aber im Falle des vereinfachten Einziehungsverfahrens nach Abs 3. Zu den Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die Ausschüttungssperre s § 225, 66 ff.

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bb) Ausschüttungssperre bei der Zwangseinziehung. Der in Abs 2 S 3 enthaltene Verweis bezieht die Vorschrift des § 225 Abs 2 auf das Entgelt, das den Aktionären bei einer gestatteten oder angeordneten Zwangseinziehung gewährt wird. Die Vergütung, die den ihre Mitgliedschaft verlierenden Aktionären als Ausgleich für diesen Verlust gewährt wird, darf ihnen nicht ausbezahlt werden, bevor seit Bekanntmachung der Eintragung bzw im Falle des § 237 Abs 6 seit Bekanntmachung der Durchführung der Kapitalherabsetzung sechs Monate verstrichen sind, und bevor den Gläubigern, die sich rechtzeitig gemeldet haben, Befriedigung oder Sicherheit gewährt worden ist. Eine Befreiung der Aktionäre von der Verpflichtung zur Leistung von Einlagen wird nicht vor dem bezeichneten Zeitpunkt und nicht vor Befriedigung oder Sicherstellung der Gläubiger wirksam, die sich rechtzeitig gemeldet haben. Aus der Vorschrift des Abs 2 S 2 in Verbindung mit der eine Ausnahme darstellenden Bestimmung des Abs 3 ergibt sich zudem, dass die Einziehung von Aktien im Wege der ordentlichen Kapitalherabsetzung auch zulässig ist, wenn die Aktien nicht voll eingezahlt sind und das Aufgeld über den Nennbetrag nicht geleistet ist (s o 78 aE). Die Ausschüttungssperre bezieht sich zum einen unmittelbar auf den Kaufpreis oder 96 die Vergütung, die den betroffenen Aktionären bei der Zwangseinziehung zu leisten ist. Zum anderen dürfen die durch die Kapitalherabsetzung gewonnenen Beträge vor Erfüllung dieser Voraussetzungen auch nicht mittelbar den Aktionären zugutekommen (s § 225, 65). Deshalb darf der zu verteilende Gewinn nicht unter Zugrundelegung des durch die Einziehung herabgesetzten Grundkapitals berechnet, und nicht, soweit er sich durch die Kapitalherabsetzung erhöht, ausbezahlt werden, bevor die Voraussetzungen des § 225 Abs 2 erfüllt sind. Ebenso darf ein Buchgewinn, der durch Erwerb der Aktien unter dem Nennwert erzielt wird, nur zur Gewinnverteilung verwendet, also der Gewinnberechnung zugrunde gelegt werden, wenn das Sperrhalbjahr abgelaufen und die Gläubiger sichergestellt oder befriedigt sind. Der Jahresgewinn kann aber schon vorher bedingt unter Berücksichtigung dieses Buchgewinns berechnet und festgestellt werden. Der so berechnete Gewinn kann voll ausbezahlt werden, sobald nachträglich die Voraussetzungen des § 225 Abs 2 erfüllt sind.

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cc) Ausschüttungssperre bei der Einziehung nach Erwerb. Weiterhin erfasst der in Abs 2 S 3 enthaltene Verweis das Entgelt, das für einen Erwerb von Aktien zum Zwecke der Einziehung gezahlt wird. Die soeben für die Ausschüttungssperre bei der Zwangseinziehung gemachten Ausführungen gelten sinngemäß. Der Verweis erfasst allerdings dem eindeutigen Wortlaut nach nur „den Erwerb von Aktien zum Zwecke der Einziehung“. Die Ausschüttungssperre gilt also nur für den Erwerb nach § 71 Abs 1 Nr 6, nicht aber

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auch für die übrigen Fälle des Erwerbs eigener Aktien (zu Einzelheiten, wie Aktienrückkauf über die Börse und Beweislastfragen s o 80). Die Anwendung der Ausschüttungssperre ist deshalb notwendig, weil für die Nr 6 gerade nicht die gläubigerschützende Regelung des § 71 Abs 2 gilt. Zur Frage der Verwendung eines Buchgewinns s o 81.

VI. Das vereinfachte Einziehungsverfahren (Abs 3–5) 1. Allgemeines Als Ausnahme von dem Erfordernis der Einhaltung der Vorschriften über die ordent- 98 liche Kapitalherabsetzung erlaubt Abs 3 ein vereinfachtes Einziehungsverfahren, wenn Aktien eingezogen werden, auf die der Nennbetrag oder der höhere Ausgabebetrag voll geleistet ist, und wenn zusätzlich entweder 1. die Aktien der Gesellschaft unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden oder 2. die Aktien zu Lasten des Bilanzgewinns oder einer anderen Gewinnrücklage (soweit diese Positionen zu diesem Zweck verwendet werden dürfen) eingezogen werden oder 3. wenn es sich um Stückaktien handelt und der Hauptversammlungsbeschluss bestimmt, dass durch die Einziehung das Kapital nicht herabgesetzt wird, sondern sich der Anteil der übrigen Aktien am Grundkapital entsprechend erhöht. Das vereinfachte Einziehungsverfahren bietet folgende Vorteile: (1) Die Vereinfachung, 99 die das Verfahren nach Abs 3 mit sich bringt, betrifft vor allem den Gläubigerschutz, da § 225 nicht anzuwenden ist. Die Ausnahmen des Abs 3 sind gerechtfertigt, weil in allen Ausnahmefällen die sonst mit der Einziehung von Aktien verbundene Gefährdung der Gläubiger nicht oder nur in geringerem Maße vorhanden ist. Im Falle der Nr 1, unentgeltliche Zurverfügungstellung der Aktien, erfolgt eine Auszahlung aus dem Vermögen der Gesellschaft überhaupt nicht. Im zweiten Fall geschieht die Einziehung nur zu Lasten des Bilanzgewinns oder einer anderen Gewinnrücklage, somit zu Lasten von Vermögensteilen der Gesellschaft, die entweder zur Ausschüttung an die Aktionäre dienen oder der freien Verfügung der Gesellschaft unterliegen. Eine mittelbare Benachteiligung der Gläubiger tritt auch in den beiden Ausnahmefällen wie bei jeder Kapitalherabsetzung durch die Herabsetzung der satzungsmäßigen Grundkapitalziffer insofern ein, als dadurch die Funktion des Grundkapitals als Garantiefonds zugunsten der Gläubiger auf einen geringeren Betrag beschränkt wird. Den Ausgleich schafft hier bis zu einem gewissen Grade die Vorschrift des Abs 5, nach der in den Fällen des Abs 3 in die gesetzliche Rücklage ein Betrag einzustellen ist, der dem Gesamtnennbetrag der eingezogenen Aktien gleichkommt. Im dritten, mit dem StückAG eingefügten (s o 4) Ausnahmefall, der Einziehung von Stückaktien ohne Kapitalherabsetzung, bleibt das Grundkapital insgesamt unverändert und verteilt sich nur anders unter den (noch vorhandenen) Aktionären; hier ist keine Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen zu befürchten. (2) Die Einziehung in den Fällen des Abs 3 erleichtert es der Gesellschaft, sich von dem oft unerwünschten Besitz eigener Aktien zu befreien. (3) Sie ermöglicht es auch der Verwaltung, eine günstige Gelegenheit zum Erwerb eigener Aktien zu benutzen, ohne Gefahr zu laufen, dass die Verwendung dieser Aktien zu einer Einziehung durch die erschwerten Erfordernisse der ordentlichen Kapitalherabsetzung (Dreiviertelmehrheit, gesonderte Abstimmung) vereitelt wird. (4) Eine weitere Vereinfachung wird durch die anderen Mehrheitserfordernisse (s u 111 ff) erreicht.

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2. Zulässigkeit beider Arten der Einziehung

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Die Einziehung im vereinfachten Verfahren nach Abs 3 ist sowohl bei der angeordneten und gestatteten Zwangseinziehung als auch bei der nach Erwerb zulässig179. Abs 3 befreit aber nur von den Vorschriften über die ordentliche Kapitalherabsetzung, nicht aber von den Erfordernissen des Abs 1, so dass es neben den dort genannten Arten der Einziehung keine weiteren nach Abs 3 gibt. Klarstellend ist zudem darauf hinzuweisen, dass das vereinfachte Einziehungsverfahren nach Abs 3 nicht zu verwechseln ist mit der vereinfachten Kapitalherabsetzung nach den §§ 229 ff. Beide sind strikt zu trennen, was sich ua daran zeigt, dass auch die §§ 237 ff nur auf einzelne Vorschriften zur ordentlichen, nicht aber zur vereinfachten Kapitalherabsetzung Bezug nehmen (zur einzigen Ausnahme s u 122). 3. Voraussetzungen

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a) Volle Leistung der Einlage. Für alle drei Ausnahmetatbestände des Abs 3 ist erforderlich, dass auf die einzuziehenden Aktien der Nennbetrag oder der höhere Ausgabebetrag voll geleistet ist. Der Ausgabebetrag bestimmt sich nach § 9 und den Vorgaben der Satzung. Er schließt das Agio ein. Die Volleinzahlung muss spätestens in dem Zeitpunkt bewirkt sein, in dem die Einziehung wirksam werden soll, also wenn der Kapitalherabsetzungsbeschluss eingetragen wird oder im Moment der Einziehungshandlung, soweit diese der Eintragung nachfolgt (§ 238)180. Die Einziehung kann unter der Bedingung beschlossen werden, dass die Volleinzahlung bis zu dem bezeichneten Zeitpunkt nachfolgt. Der Registerrichter kann vor der Eintragung den Nachweis der Vollzahlung fordern. Ist die Volleinzahlung nicht geleistet, so kann die Einziehung nur unter Einhaltung der Vorschriften über die ordentliche Kapitalherabsetzung, insbesondere der Gläubigerschutzbestimmungen vor sich gehen. Der Beschluss der Hauptversammlung kann also umgedeutet werden; allerdings müssen dann auch die übrigen Voraussetzungen einer Einziehung im ordentlichen Verfahren vorliegen (Mehrheit etc)181. Die Voraussetzung der Volleinzahlung dient dem Gläubigerschutz. Die volle Einlage, einschließlich des Aufgeldes, soll der Gesellschaft zur Verfügung stehen. Würde die Einziehung ohne Volleinzahlung erfolgen, so würde mit dem Wirksamwerden der Einziehung die Einlagepflicht der Aktionäre erlöschen, denn die Einlagepflicht ist Teil der Mitgliedschaft. Die Vorschrift dient dem öffentlichen Interesse. Gegen Abs 3 verstoßende Satzungsbestimmungen oder Hauptversammlungsbeschlüsse sind nichtig (§ 241 Nr 3)182. Eine Umdeutung in einen Beschluss im ordentlichen Kapitalherabsetzungsverfahren setzt – wie bereits erwähnt – voraus, dass die dafür geltenden Vorgaben (insb die Mehrheit in der Hauptversammlung) eingehalten sind183.

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b) Unentgeltlich zur Verfügung gestellt (Abs 3 Nr 1). Unentgeltlichkeit liegt vor, wenn die Gesellschaft für die Aktien weder eine Gegenleistung erbracht hat noch eine solche schuldet. Auf die Art der Gegenleistung kommt es nicht an. Verspricht die Gesellschaft als „Kaufpreis“ also Dienste, Lieferungen etc, fehlt es an der Unentgeltlichkeit. Der Begriff „zur Verfügung stellen“ ist weit auszulegen und meint sowohl das Über103 lassen der Aktie an die Gesellschaft zum Zwecke der Einziehung, ohne dass es zu einer 179 180 181

KK/Lutter 2 92; MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 21; teilweise aA Godin/Wilhelmi 4 23. Hüffer9 31; KK/Lutter 2 94; MK/Oechsler 2 92; MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 21a. KK/Lutter 2 95.

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Hüffer9 31; KK/Lutter 2 95; MK/Oechsler 2 101; Tielmann DStR 2003, 1796. MK/Oechsler 2 101; K Schmidt/Lutter/Veil 2 35.

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Änderung der dinglichen Berechtigung kommt184, als auch die Übereignung an die Gesellschaft185. Der Rechtsgrund für den Erwerb ist unerheblich. Daher sind die Aktien auch dann unentgeltlich zur Verfügung gestellt, wenn die Gesellschaft sie ohne Gegenleistung einziehen darf (zB zum Zwecke der Sanierung, s o 67, 73)186. Die Einziehung unentgeltlich zur Verfügung gestellter Aktien ist zulässig, gleichgültig, 104 wann sie der Gesellschaft überlassen wurden. Der Zeitpunkt kann also vor oder nach der Beschlussfassung über die Einziehung liegen. Sie müssen spätestens in dem Zeitpunkt der Gesellschaft zur Verfügung stehen, in dem die Einziehung wirksam werden soll187. Die früher hM war der Ansicht, dass die Aktien dann nicht unter Nr 1 fielen, wenn 105 die Gesellschaft sie in der Bilanz aktiviert habe188. Diese Ansicht ist aufgrund der gesetzlichen Neuregelung in § 272 Abs 1a HGB189 überholt190. Eigene Aktien sind stets auf der Passivseite zu buchen. c) Einziehung zu Lasten des Bilanzgewinns oder einer anderen Gewinnrücklage 106 (Abs 3 Nr 2). Die Kosten für den Erwerb der Aktien, bei denen es sich nicht notwendig um eigene handeln muss191, werden aus Gesellschaftsmitteln beglichen, nämlich entweder aus dem Bilanzgewinn oder aus einer anderen Gewinnrücklage, soweit diese Positionen dafür verwendbar sind. Mit Bilanzgewinn (§ 158 Abs 1 Satz 1 Nr 5) ist das Vermögen der Gesellschaft gemeint, das als Bilanzgewinn zur Verteilung gelangen könnte, so dass ein evtl Verlustvortrag zunächst in Abzug zu bringen ist. Der dann zur Verfügung stehende Betrag muss so hoch sein, dass er die Erwerbskosten deckt. Der denkbare Bilanzgewinn wird also durch die Kosten des Aktienerwerbs geschmälert. Wie der Wortlaut der Nr 2 ausdrücklich verlangt, muss der Bilanzgewinn für die Zwecke der Einziehung noch zur Verfügung stehen. Hieran fehlt es, wenn die Satzung eine anderweitige Gewinnverwendung vorschreibt (vgl § 58 Abs 1), der Gewinn wegen eines Gewinnabführungsvertrags gebunden ist oder die Hauptversammlung bereits über die Gewinnverwendung beschlossen hat (§ 174). Der Begriff der anderen Gewinnrücklage bezieht sich auf § 266 Abs 3 A III Nr 4 HGB192. Der dort gebuchte Betrag muss die Erwerbskosten der Aktien vollständig decken und nicht durch einen Verlustvortrag gemindert sein. Wie beim Bilanzgewinn auch darf der Teil der Rücklagen, der – sei es durch die Satzung, sei es durch Hauptversammlungsbeschluss – für andere Zwecke bestimmt ist, nicht für die Einziehung verwendet werden193. Wird die Zweckbindung des Gewinns oder der anderen Gewinnrücklagen durch Satzungsänderung bzw Hauptversammlungsbeschluss aufgehoben, kann die Rücklage für die Einziehung verwendet werden. Die Aufhebung kann zugleich mit der Kapitalherabsetzung beschlossen werden. Bei einem Verstoß gegen die Zweckbindung des Gewinns oder der anderen Gewinnrücklagen oder bei einem Eingriff in einen bereits bestehenden Dividendenanspruch ist der Hauptversammlungsbeschluss anfechtbar194.

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Hüffer9 32; K Schmidt/Lutter/Veil 2 37. Hüffer9 32; aA wohl Baumbach/Hueck13 9. KK/Lutter 2 96; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 30; MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 22. Zöllner FS Doralt, 2004, S 751, 754. Statt vieler Schilling Voraufl 29 sowie KK/Lutter 2 97 ff, der einen differenzierten Standpunkt einnahm. Geändert durch Art 1 Nr 23 lit b des Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz – BilMoG) vom 25.5.2009, BGBl I, 1102.

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Unzutreffend daher K Schmidt/Lutter/Veil 2 36. Zu den nach altem Recht bestehenden Einwänden gegen diese Ansicht Hüffer 9 33. KK/Lutter 2 105; Hüffer 9 34; aA noch Godin/Wilhelmi 4 23. Zu Recht legt KK/Lutter 2 192 den Tatbestand dahingehend aus, dass Abs 3 Nr 2 auch bei einem Gewinnvortrag anwendbar sei. Hüffer9 34; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 31. KK/Lutter 2 102; Hüffer9 34; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 31.

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Für die Zwecke der Nr 2 muss keine Zwischenbilanz aufgestellt werden; es reicht aus, wenn der Vorstand aufgrund interner Zwischenrechnungen (zB Monatsberichte) eine entsprechende Prognose treffen kann195. Erweist sich diese später als unzutreffend, ist der über pari liegende Erwerbspreis als Aufwand zu verbuchen und der Buchwert nach Abs 5 in die Kapitalrücklage zu buchen. Dies gilt auch für den Fall, dass dadurch ein Bilanzverlust entsteht oder vergrößert wird.

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d) Einziehung von Stückaktien ohne Kapitalherabsetzung (Abs 3 Nr 3). Das vereinfachte Einziehungsverfahren gilt schließlich für den Fall, dass Stückaktien (§ 8 Abs 3) eingezogen werden und die Hauptversammlung im Einziehungsbeschluss bestimmt, dass auf die verbleibenden Aktien ein entsprechend höherer Anteil am Grundkapital entfällt (sog reverse stock split). Die Regelung beruht auf dem Transparenz- und Publizitätsgesetz von 2002 (s 4) und geht auf eine Empfehlung der Corporate Governance-Kommission zurück196. Während bislang die Einziehung von Aktien stets auch eine Kapitalherabsetzung darstellte, durchbricht Nr 3 dies für Stückaktien. Damit führt der Gesetzgeber die früher bestehende Möglichkeit der Amortisation (§ 227 HGB aF, dazu oben 1 sowie Vor § 222, 77) für den Fall von Stückaktien wieder ein (zur Kritik s o 5). Die Nr 3 setzt zunächst voraus, dass die Einziehung überhaupt eines Hauptversamm108 lungsbeschlusses bedarf; somit erfasst sie nicht den Fall, dass der Vorstand gem § 71 Abs 1 Nr 8 S 6 ermächtigt wird, Aktien unter Erhöhung der Kapitalquote der übrigen Aktionäre einzuziehen. Weiterhin muss die Hauptversammlung – damit die Nr 3 einschlägig ist – in ihrem Beschluss die Erhöhung der Kapitalquote als alleiniges Verfahren oder als Wahlmöglichkeit vorsehen. Wird im Beschluss (versehentlich oder absichtlich) die Möglichkeit der Einziehung ohne Kapitalherabsetzung nicht erwähnt, bleibt es wegen des Regel-Ausnahme-Verhältnisses dabei, dass die Einziehung nur im Wege der Kapitalherabsetzung erfolgen kann197. Die nach Abs 5 erforderliche Umbuchung des auf die eingezogenen Aktien entfallen109 den Betrags des Grundkapitals in die Kapitalrücklage ist nicht notwendig, da keine Kapitalherabsetzung stattgefunden hat; dies hat der Gesetzgeber mit dem UMAG nachträglich klargestellt (s o 4). Die Interessen der Gläubiger können dann gefährdet sein, wenn die Gesellschaft die Aktien zu teuer einkauft und es dadurch faktisch zu einer Ausschüttung von Gesellschaftsvermögen an die Aktionäre kommt. Dieser Gefahr will eine Ansicht dadurch begegnen, dass die Voraussetzungen von Abs 3 Nrn 1 bzw 2 auch bei Nr 3 verlangt; die Gesellschaft dürfe Stückaktien nur einziehen, wenn ihr diese unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurden oder sie diese aus dem Bilanzgewinn oder den anderen Gewinnrücklagen bezahlt habe198. Diese Ansicht übersieht den Schutz der Regelung des § 57 Abs 1 S 2 und die aus ihr folgende gesetzliche Wertung (s o 79), die hier entsprechend herangezogen werden kann.

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Kessler/Suchan BB 2000, 2529, 2530; Spindler-Stilz/Marsch-Barner2 32; Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG 2, § 49, 20; K Schmidt/Lutter/ Veil 2 40. Baums (Hrsg), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001 = BT-Drucks 14/7515, S 105 Rn 234. RegE TransPuG, BT-Drucks 14/8769, S 24;

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Tielmann DStR 2003, 1796, 1799; aA offenbar Hüffer9 34a aE; kritisch auch Heidel/Terbrack3 74; Terbrack DNotZ 2003, 734, 738. Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 33; Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG2, § 49, 22; Wieneke/Förl AG 2005, 189, 194 f; K Schmidt/Lutter/Veil 2 42; zu Recht aA Rieckers ZIP 2009, 700, 705.

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Voraussetzungen

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4. Keine weiteren Fälle der Einziehung im vereinfachten Verfahren Abs 3 ist insoweit zwingend, als die Ausnahmefälle des Abs 3 nicht durch die Satzung 110 vermehrt werden können (s o 11). Dagegen verstoßende Satzungsbestimmungen und Hauptversammlungsbeschlüsse sind nichtig (§ 241 Nr 3). Die Satzung kann jedoch die Einziehung im vereinfachten Verfahren erschweren oder ganz ausschließen. Sie kann etwa bestimmen, dass eine Einziehung zu Lasten des Bilanzgewinns nicht oder nur zu einem bestimmten Bruchteil desselben geschehen darf. Dagegen verstoßende Hauptversammlungsbeschlüsse sind nur anfechtbar, da sie nur die Belange der Aktionäre berühren. 5. Rechtsfolgen a) Der Hauptversammlungsbeschluss (Abs 4). aa) Beschlusserfordernisse. Die gestattete Zwangseinziehung und die Einziehung nach Erwerb bedürfen auch im vereinfachten Verfahren nach Abs 3 Nr 1 bis 3 eines Hauptversammlungsbeschlusses (Abs 4 S 1). Dagegen reicht bei der angeordneten Zwangseinziehung ein Vorstandsbeschluss (Abs 6). Auch bei § 71 Abs 1 Nr 8 S 6 bedarf es keines gesonderten Hauptversammlungsbeschlusses über die Einziehung; dieser ist im Beschluss über den Erwerb der eigenen Aktien enthalten. Der Wortlaut von Abs 4 ist missverständlich, da er von der „Kapitalherabsetzung“ spricht, obwohl in Abs 3 Nr 3 gerade keine solche erfolgt. Es besteht jedoch Einigkeit, dass es sich dabei um ein Redaktionsversehen handelt199. Für den Beschluss genügt die einfache Mehrheit des § 133 Abs 1 (Abs 4 S 2), obwohl die Einziehung eine Satzungsänderung darstellt. Die Satzung kann eine größere Mehrheit und weitere Erfordernisse (zB neben der Stimmenmehrheit auch eine Kapitalmehrheit und die gesonderte Abstimmung nach Aktiengattungen) bestimmen (Abs 4 S 3)200. Da Abs 4 Satz 3 der Vorschrift des § 222 Abs 1 S 2 nachgebildet ist, gilt auch hier, dass eine Satzungsregelung über Erleichterungen bei der erforderlichen Mehrheit unzulässig ist201. Da durch den Beschluss das Grundkapital bzw die Zahl der Stückaktien herabgesetzt wird, ist auch die Satzungsurkunde zu ändern. Weil diese Änderung die notwendige Folge der Einziehung ist, genügt für beide Beschlüsse die einfache Mehrheit. Es bedarf also nicht eines besonderen Beschlusses über die Neufestsetzung des Grundkapitals bzw der Zahl der Stückaktien mit der für Satzungsänderungen im Allgemeinen erforderlichen Mehrheit und Form202. Das Gesetz betont stets, dass bei Vorhandensein mehrerer Aktiengattungen ein Sonderbeschluss dieser Aktionäre erforderlich ist (vgl §§ 222 Abs 2, 229 Abs 2, 237 Abs 2). Aus dem Fehlen dieses Erfordernisses in Abs 4 S 2 folgt im Umkehrschluss, dass beim Vorhandensein mehrerer Aktiengattungen keine gesonderte Abstimmung geboten ist203. Sollen Vorzugsaktien eingezogen werden, wendet die herrschende Meinung die allgemeine Regel des § 141 Abs 1 an, so dass für die Wirksamkeit des Beschlusses die Zustim-

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200 201 202

K Schmidt/Lutter/Veil 2 44; Tielmann DStR 2003, 1796, 1798; Terbrack DNotZ 2003, 734, 741 f. Hüffer9 35. Hüffer9 35. MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 25; Hüffer9 35.

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Ebenso Baumbach/Hueck13 10; Godin/Wilhelmi 4 25; Hüffer9 35; MK/Oechsler 2 103; MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 25; Schlegelberger/Quassowski 3 § 192, 37; Terbrack DNotZ 2003, 734, 742; K Schmidt/Lutter/ Veil 2 44; Zöllner FS Doralt, 2004, S 751, 762; aA KK/Lutter 2 109.

111

112

113

114

§ 237

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

mung der Vorzugsaktionäre erforderlich sei204. Dies überzeugt nicht, denn es geht nicht um die Aufhebung des Vorzugs, sondern um die Einziehung der Aktie insgesamt. Für die Hauptversammlung gelten die allgemeinen Vorschriften über die Einberufung 115 der Versammlung, die Einberufungsfrist, die Bekanntmachung der Tagesordnung, die Ausübung des Stimmrechts und die Bekanntmachung des Wortlauts der zu beschließenden Satzungsänderung. Der Einziehungsbeschluss kann – wie bei der ordentlichen Kapitalherabsetzung auch – in einer außerordentlichen Hauptversammlung gefasst werden. Wird die Kapitalherabsetzung erst nach der Beschlussfassung über die Verteilung des Bilanzgewinns beschlossen, kann die Hauptversammlung aber nicht mehr über den Gewinn zum Zwecke der Einziehung nach Nr 2 verfügen, da durch den Gewinnverwendungsbeschluss ein unwiderruflicher Anspruch der Aktionäre auf Auszahlung des Gewinnes entstanden ist (s o 106).

116

bb) Inhalt des Beschlusses. Wie bei der ordentlichen Kapitalherabsetzung ist in dem Hauptversammlungsbeschluss der Zweck der Kapitalherabsetzung anzugeben (Abs 4 S 4). Auch die Art der Herabsetzung (durch Einziehung der näher zu bezeichnenden Aktien im Wege der einfachen Einziehung) ist anzugeben. Zudem muss der Beschluss – ebenfalls wie bei der ordentlichen Kapitalherabsetzung – alle wesentlichen Punkte regeln, insbesondere, ob die Einziehung zwangsweise oder nach Erwerb stattfinden soll. Die in Abs 5 angeordnete Einstellung des durch die Kapitalherabsetzung frei werdenden Betrags in die Kapitalrücklage erfolgt dagegen nicht im Kapitalherabsetzungsbeschluss, sondern mit dem nächsten Jahresabschluss (s u 121)205.

117

cc) Anmeldung. Der Vorstand und der Vorsitzende des Aufsichtsrats haben den Beschluss zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden (Abs 4 S 5). Ermächtigt die Hauptversammlung den Vorstand zur Einziehung von Stückaktien ohne Kapitalherabsetzung, kann sie zugleich eine Ermächtigung aussprechen, die Zahlenangabe in der Satzung insoweit anzupassen. Die Satzungsanpassung ist beim Handelsregister anzumelden206. Diese in Abs 3 Nr 3 aE enthaltene Regelung stellt einen Systembruch zu § 179 Abs 1 dar207. Der Registerrichter prüft ua auch, ob die Voraussetzungen des vereinfachten Einziehungsverfahrens vorlagen und kann entsprechende Nachweise (zB über die Volleinzahlung) verlangen. Da die Einziehung eine Satzungsänderung zur Folge hat, ist auch bei Einziehung im vereinfachten Verfahren die Eintragung des Beschlusses erforderlich, damit er wirksam wird (§§ 181 Abs 3, 238). Wegen der weiteren Erfordernisse der Wirksamkeit der Einziehung vgl § 238.

118

dd) Rechtsfolgen von Verfahrensverstößen. Fehlt es an der Volleinzahlung der Einlage, liegt Nichtigkeit vor, s o 101; wurde gegen die Zweckbindung von Bilanzgewinn oder anderer Gewinnrücklage verstoßen oder ein Gewinnverwendungsbeschluss missachtet, ist der Hauptversammlungsbeschluss über die Einziehung im vereinfachten Verfahren anfechtbar (s o 106). Im Übrigen gelten für Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften des Abs 4 die Rechtsfolgen, wie bei Beschlüssen im Wege einer ordentlichen Kapitalherabsetzung (vgl § 222, 71 ff), entsprechend.

204

Hüffer9 35; MK/Oechsler 2 104; SpindlerStilz/Marsch-Barner 2 34; K Schmidt/Lutter/ Veil 2 44; wohl auch Terbrack DNotZ 2003, 734, 744; zu Recht aA MünchHdB-AGKrieger 3 § 62, 25.

205 206 207

Hüffer9 36. RegE TransPuG, BT-Drucks 14/8769, S 24. Tielmann DStR 2003, 1796, 1798.

Stand: 31.12.2010

(254)

Voraussetzungen

§ 237

b) Gläubigerschutz aa) Einstellung in die Kapitalrücklage (Abs 5). Durch die Einziehung der Aktien nach 119 Abs 3 Nrn 1 und 2 und die damit verbundene Herabsetzung des Grundkapitals wird die in der Grundkapitalziffer liegende Bindung des Kapitals zugunsten der Gesellschaftsgläubiger zum Teil aufgehoben. Es ist künftig nur das herabgesetzte Grundkapital auf der Passivseite der Bilanz einzustellen. Dadurch würde eine erhöhte Gewinnverteilung an die Aktionäre auf Kosten der Gläubiger ermöglicht werden. Um diese Gefahr zu bannen, ist in den Fällen des Abs 3 Nr 1 und Nr 2 in die Kapitalrücklage (§§ 266 Abs 3 A II, 272 Abs 2 HGB) ein Betrag in Höhe der Summe einzustellen, der auf die eingezogenen Aktien entfällt (Abs 5). Bei Nennbetragsaktien handelt es sich also um den auf die eingezogenen Aktien entfallenden Gesamtnennbetrag, bei Stückaktien um die Summe der auf die eingezogenen Aktien entfallenden anteiligen Beträge (§ 8 Abs 3 S 3). In der Sache handelt es sich somit um eine Umbuchung auf der Passivseite. Durch diese Einstellung in die Kapitalrücklage bleibt ein dem herabgesetzten Teil des Grundkapitals entsprechender Betrag zugunsten der Gläubiger gebunden, da die Kapitalrücklage der Bindung des § 150 Abs 3 und 4 unterliegt. Im Falle der Nr 3 bedarf es dieser Einstellung in die Kapitalrücklage nicht, da das 120 Kapital nicht herabgesetzt wird und die Interessen der Gläubiger daher nicht gefährdet sind. Dies hat der Gesetzgeber mittlerweile ausdrücklich klargestellt (zu Art 1 Nr 18 UMAG s o 4), so dass die zuvor bestehende Notwendigkeit einer teleologischen Reduktion des Abs 5 entfällt. Die Einstellung in die Kapitalrücklage ist zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der 121 Kapitalherabsetzung (§ 238) vorzunehmen, also in dem Jahresabschluss, der auf die Kapitalherabsetzung folgt208. Unterbleibt die Umbuchung, ist der Abschluss gem § 256 Abs 1 Nrn 1, 4 nichtig209. Gleiches gilt für einen darauf beruhenden Gewinnverwendungsbeschluss (§ 253 Abs 1 S 1). Die verantwortlichen Organmitglieder haften bei einem Verstoß nach §§ 93, 116 für evtl Schäden. Die Einstellung in die Kapitalrücklage ist entspr § 240 S 2 in GuV auszuweisen (s § 240, 8 mwN auch zur früher vertretenen Gegenansicht). bb) Analoge Anwendung von § 233. Die Kapitalherabsetzung durch Einziehung im 122 vereinfachten Verfahren kann auch zu Sanierungszwecken genutzt werden, indem der in die Kapitalrücklage eingestellte Betrag zum Ausgleich eines Jahresfehlbetrags oder Verlustvortrags verwandt wird210. Auf diese Weise würde der Gesellschaft der Ausgleich von Verlusten aus dem Buchgewinn ermöglicht, was wiederum dazu führen könnte, dass sie eine frühere oder höhere Gewinnausschüttung vornehmen kann, denn ohne diesen Ausgleich hätte ein späterer Überschuss erst einmal zur Verlustdeckung verwendet werden müssen. Es ist fraglich, ob auf diese Situation § 233 analog anzuwenden ist (eine direkte Anwendung scheidet aus, s o 100). Bei oberflächlicher Betrachtung unterscheidet sich der nach § 237 Abs 3–5 abgewickelte Sanierungsfall aus der Sicht des Gläubigerschutzes in nichts von dem einer vereinfachten Kapitalherabsetzung. Ein Teil des Schrifttums plädiert daher für eine analoge Anwendung von § 233211. Gewinn dürfe solange nicht ausgeschüttet werden, bis die gesetzliche Rücklage und die Kapitalrücklage zusammen 10 %

208 209 210

MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 26. KK/Lutter 2 114; MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 26. KK/Lutter 2 113; MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 26a.

(255)

211

Rolf Sethe

Baumbach/Hueck13 12; Bley ZAkDR 1942, 281, 282 f; Godin/Wilhelmi 4 23; MK/Oechsler 2 109; Schilling Voraufl 34.

§ 237

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

des herabgesetzten Grundkapitals erreichten (§ 233 Abs 1). Die Ausschüttung einer Dividende von mehr als 4 % während der in § 233 Abs 2 bestimmten Sperrzeit sei nur unter den in § 233 Abs 2 genannten Voraussetzungen zulässig. Diese Ansicht erweist sich – ebenso wie die Gegenansicht, die die analoge Anwendung ablehnt212 – als zu undifferenziert: Anders als bei den §§ 229 ff wird bei der Einziehung im Wege des vereinfachten Verfahrens gerade nicht vorweg die gesetzliche Rücklage und die Kapitalrücklage aufgelöst (vgl im Einzelnen § 229 Abs 2), so dass Abs 1 und 3 von § 233 schon von ihrem Regelungszweck (s § 233, 2) nicht passen. Wenn überhaupt, kann es folglich nur um die analoge Anwendung von § 233 Abs 2 gehen. Dabei ist wie folgt zu differenzieren: § 237 Abs 3 Nr 2 kann von vornherein außer Betracht bleiben, denn diese Vorschrift setzt das Vorhandensein eines Gewinns oder anderer Gewinnrücklagen voraus, so dass gar keine Sanierungssituation vorliegt. Für diese Fallgruppe entpuppt sich der Meinungsstreit daher als Irrläufer. Bei § 237 Abs 3 Nr 1 handelt es sich um die Einziehung von Aktien, die der Gesellschaft unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurden. Dies kann durchaus zum Zwecke der Sanierung passiert sein. Die Einziehung nach § 237 Abs 3 Nr 1 lässt das Aktivvermögen der Gesellschaft unverändert. Auf der Passivseite der Bilanz kommt es durch die Umbuchung vom gezeichneten Kapital in die Kapitalrücklage zu einer Gläubigergefährdung dergestalt, dass Gewinne nun schneller entstehen und Ausschüttungen künftig leichter möglich sind. Dies ist die Situation, die der Gesetzgeber bei § 233 Abs 2 vor Augen hatte (s § 233, 2). Wenn die Gesellschaft innerhalb von zwei Jahren mehr als 4 % Dividende ausschüttet, unterstellt das Gesetz, dass gar keine Sanierungssituation vorgelegen hat und Gläubiger entsprechend § 233 Abs 2 S 2 zu sichern sind. Gegen diesen Standpunkt könnte man einwenden, dass der Gesetzgeber jüngst § 237 Abs 3 und 5 reformiert und die Anwendung des § 233 gerade nicht angeordnet habe. Dieser Einwand geht jedoch fehl, bedenkt man, mit welcher Hast die Norm eingeführt und zweimal reformiert wurde (s o 4). Man hat nur an Stückaktien gedacht, nicht aber daran, bestehende Meinungsstreite zu klären. Im Ergebnis ist daher § 233 Abs 2 auf Sanierungen im Wege der Einziehung im vereinfachten Verfahren nach § 237 Abs 3 Nr 1 analog anzuwenden. Im Übrigen ist eine Analogie dagegen nicht geboten.

VII. Einziehung durch den Vorstand (Abs 6) 1. Die Entbehrlichkeit des Hauptversammlungsbeschlusses

123

Ist die Zwangseinziehung durch die Satzung angeordnet, nicht nur gestattet, muss die Satzung selbst alle wesentlichen Punkte der Einziehung regeln (s o 45 ff). In diesem Falle handelt es sich nur noch um die Ausführung einer bereits feststehenden Maßregel. Für einen Beschluss der Hauptversammlung, die doch nur nach Maßgabe der Satzung erfolgen könnte, ist dann kein Bedürfnis, was Abs 6 S 1 zum Ausdruck bringt. Stattdessen entscheidet der Vorstand (Abs. 6 S 2). Der Vorstand kann aber auch in diesem Falle nach § 119 Abs 2 eine Beschlussfassung 124 der Hauptversammlung herbeiführen. § 238 Satz 2 lässt es ausdrücklich zu, dass auch bei angeordneter Zwangseinziehung die Hauptversammlung über die Einziehung beschließt (s § 238, 12). In diesem Fall findet Abs 6 keine Anwendung.

212

Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG 2, § 49, 28; Hüffer9 39; KK/Lutter 2 113; Spindler-Stilz/Marsch-Bar-

ner 2 39; MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 26a; Terbrack RNotZ 2003, 89, 115; K Schmidt/ Lutter/Veil 2 49.

Stand: 31.12.2010

(256)

Voraussetzungen

§ 237

Die Entscheidung des Vorstands nach Abs 6 ersetzt nur den Beschluss der Hauptver- 125 sammlung; im Übrigen verbleibt es bei den Vorschriften über die ordentliche Kapitalherabsetzung bzw – wenn die Voraussetzungen der Einziehung im vereinfachten Verfahren gegeben sind – bei den Vorgaben der Abs 3 bis 5213. 2. Die Entscheidung des Vorstands Aus der Entbehrlichkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses im Falle der angeord- 126 neten Zwangseinziehung ergibt sich, dass in diesem Falle an die Stelle des Hauptversammlungsbeschlusses die Entscheidung des Vorstandes über die Einziehung tritt (Abs 6 S 2). Da die Satzung die Zwangseinziehung nur anordnet, diese also nicht automatisch mit dem Eintritt ihrer Voraussetzungen durchgeführt wird, ist eine Entscheidung des Vorstandes erforderlich (und geboten), dass nunmehr die Einziehung erfolgt. Die Entscheidung ist eine Maßnahme der Geschäftsführung. Sie ist identisch mit der Einziehungshandlung iSd § 238 S 3 (s § 238, 14 ff). Da die Entscheidung des Vorstandes an die Stelle des Hauptversammlungsbeschlusses tritt, stellt sich die Frage, ob der Vorstand seine Entscheidung anmelden und das Registergericht sie bekannt machen muss. Dies ist zu verneinen (s § 238, 11). Anzumelden und einzutragen ist daher nur die Durchführung der Einziehung nach § 239 (s § 238, 11). Erst mit diesem Zeitpunkt beginnt daher auch die Frist zur Anmeldung der Forderungen der Gläubiger und das Sperrhalbjahr zu laufen214. In der Bekanntmachung sind die Gläubiger auf das Recht, Sicherheit zu verlangen, hinzuweisen (§ 225 Abs 1 S 2).

VIII. Die Rechtsfolgen einer fehlerhaften Einziehung Bei einem Verstoß gegen Abs 1 S 2 ist zu differenzieren: Fehlt jegliche Ermächtigung 127 für eine Zwangseinziehung in der Satzung, liegt ein Fall der Nichtigkeit vor, denn in diesem Fall muss ein Aktionär nicht mit einem Verlust der Mitgliedschaft rechnen. Wird eine in der Satzung vorhandene Ermächtigung lediglich überschritten, ist der Beschluss dagegen nur anfechtbar (s o 43). Der Beschluss über die gestattete Zwangseinziehung bedarf der sachlichen Rechtferti- 128 gung, muss also angemessen und verhältnismäßig sein (s o 61). Fehlt sie, ist der Beschluss anfechtbar. Angefochten werden kann er zudem, wenn der Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt wurde. Unterlässt die Hauptversammlung bei der gestatteten Zwangseinziehung eine Festsetzung des Entgelts, ist der Beschluss ebenfalls anfechtbar (s o 74). Werden im vereinfachten Verfahren Aktien eingezogen, die nicht voll eingezahlt sind, 129 ist der Hauptversammlungsbeschluss nichtig, denn die Vorschrift dient dem öffentlichen Interesse (s o 101). Gleiches gilt für den Fall, dass die Voraussetzungen von Abs 3 Nr 1 (Unentgeltlichkeit) oder Nr 2 (Zahlung des Erwerbs aus den dort genannten Bilanzposten) nicht vorliegen und der Erwerb daher aus anderen Mitteln bezahlt wird215. Eine Umdeutung in einen Beschluss im ordentlichen Kapitalherabsetzungsverfahren setzt voraus, dass die dafür geltenden Vorgaben (insb die Mehrheit in der Hauptversammlung) eingehalten sind. Wird lediglich gegen die Zweckbindung des Gewinns oder der anderen

213

214

Auch wenn der Wortlaut von Abs 6 S 2 dies nicht zum Ausdruck bringt, herrscht hierüber Einigkeit, vgl statt vieler Hüffer9 40. Baumbach/Hueck13 13; Godin/Wilhelmi 4

(257)

215

Rolf Sethe

27; Hüffer9 41; KK/Lutter 2 116; MünchHdB-AG-Krieger 3 § 62, 27a. Hüffer9 43; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 43.

§ 238

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Gewinnrücklagen verstoßen oder in einen bereits bestehenden Dividendenanspruch eingegriffen, ist der Hauptversammlungsbeschluss nur anfechtbar (s o 106). Die Satzung kann die Einziehung im vereinfachten Verfahren erschweren oder ganz ausschließen. Bei einem Verstoß gegen die Satzungsbestimmung ist der Hauptversammlungsbeschluss anfechtbar, da nur die Belange der Aktionäre berührt sind (s o 110). Bei Zuwiderhandlungen gegen Abs 4 gelten die für fehlerhafte Beschlüsse bei einer 130 ordentlichen Kapitalherabsetzung genannten Rechtsfolgen entsprechend (vgl § 222, 71 ff). Bei einem Verstoß gegen Abs 5 gelten die in 121 genannten Rechtsfolgen. 131

§ 238 Wirksamwerden der Kapitalherabsetzung 1 Mit

der Eintragung des Beschlusses oder, wenn die Einziehung nachfolgt, mit der Einziehung ist das Grundkapital um den auf die eingezogenen Aktien entfallenden Betrag herabgesetzt. 2Handelt es sich um eine durch die Satzung angeordnete Zwangseinziehung, so ist, wenn die Hauptversammlung nicht über die Kapitalherabsetzung beschließt, das Grundkapital mit der Zwangseinziehung herabgesetzt. 3Zur Einziehung bedarf es einer Handlung der Gesellschaft, die auf Vernichtung der Rechte aus bestimmten Aktien gerichtet ist.

Übersicht Rn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . . . . . 1 II. Zweck der Vorschrift . . . . . . . . . . 2–4 III. Der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kapitalherabsetzung (S 1 und S 2) . 5–13 1. Einziehung aufgrund eines Hauptversammlungsbeschlusses (S 1) . . . 5–10 a) Anwendungsbereich von S 1 . . . 5 b) Voraussetzungen von S 1 . . . . 6–8 c) Prüfungskompetenz des Registergerichts . . . . . . . . . . . . . 9 d) Rechtswirkungen vor Eintritt der Wirksamkeit . . . . . . . . . . . 10 2. Einziehung aufgrund Satzungsermächtigung (S 2) . . . . . . . . . 11–12 a) Anwendungsbereich von S 2 . . . 11

Rn b) Voraussetzungen von S 2 . . . 3. Keine Rückwirkung . . . . . . . . IV. Die Einziehungshandlung (S 3) . . . . 1. Zuständigkeit . . . . . . . . . . . 2. Der Einziehungsakt . . . . . . . . 3. Vernichtung der Aktienurkunde . . 4. Zahlung des Entgelts nicht Voraussetzung . . . . . . . . . . . . . . 5. Die Rechtsfolgen der Einziehung . a) Erlöschen der Mitgliedschaft . b) Erlöschen von Rechten Dritter . c) Bedeutung der Aktienurkunde . d) Fehlerhafter Einziehungsakt . . V. Kapitalherabsetzung unter den Mindestbetrag . . . . . . . . . . . . . .

. 12 . 13 . 14–27 . 14 . 15–17 . 18 . 19 . 20–27 . 20 . 21 . 22–26 . 27 .

28

Schrifttum Vgl die Schrifttumsnachweise Vor § 222 und bei § 237.

Stand: 31.12.2010

(258)

Wirksamwerden der Kapitalherabsetzung

§ 238

I. Gesetzesgeschichte Die Vorschrift weicht sprachlich und in der Überschrift von § 193 AktG 1937 ab, da 1 sie nicht das Wirksamwerden der Einziehung, sondern das der Kapitalherabsetzung regelt1. Das BiRiLiG2 ließ die Vorschrift unverändert. Das StückAG ersetzte die Worte „Gesamtnennbetrag der eingezogenen Aktien“ durch „auf die eingezogenen Aktien entfallenden Betrag“3. Der Wortlaut der Vorschrift berücksichtigt nicht die Einführung von Stückaktien: Soll sich das Grundkapital im Falle der Einziehung von Stückaktien auf die verbleibenden Aktionäre verteilen (§ 237 Abs 3 Nr 3), ihnen also ein höherer Anteil am Kapital zustehen, kommt es zu keiner Herabsetzung des Grundkapitals. Die Einziehung erfolgt in diesem Fall ohne Kapitalherabsetzung (vgl § 237, 4, 111).

II. Zweck der Vorschrift Die Vorschrift regelt den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kapitalherabsetzung 2 durch Einziehung von Aktien. Diese Frage bedurfte einer eigenständigen Regelung, weil sich das Wirksamwerden der Einziehung vom Wirksamwerden der ordentlichen und der vereinfachten Kapitalherabsetzung unterscheidet. Bei der ordentlichen und der vereinfachten Kapitalherabsetzung ist mit der Eintragung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses das Grundkapital herabgesetzt (§ 224 bzw §§ 229 Abs 2, 224). Damit sind zugleich auch die betroffenen Aktienrechte der neuen Grundkapitalziffer angepasst, also herabgesetzt. Wie § 227 zeigt, kann die Durchführung der Kapitalherabsetzung (zB Anpassung der Aktienurkunden) ihrem Wirksamwerden nachfolgen. Anders ist dies bei der Kapitalherabsetzung durch Einziehung. Sie betrifft nicht alle Aktien einer Gattung, sondern vernichtet einzelne Aktienrechte, während andere Aktienrechte bestehen bleiben. Die einzelnen Aktienrechte können nicht untergehen, wenn nicht zugleich die Herabsetzung der Grundkapitalziffer wirksam wird4. Umgekehrt kann nicht ein einzelnes Mitgliedschaftsrecht vernichtet werden, ohne dass die Grundkapitalziffer verändert wird. Mithin stehen beide Vorgänge in einem Wirkungszusammenhang5, und nur wenn beide vorliegen, ist die Kapitalherabsetzung erfolgt. S 1 verdeutlicht dies und stellt für das Wirksamwerden der Einziehung kumulativ auf die Eintragung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses und die Einziehungshandlung ab. Die Einziehungshandlung ist damit mehr als die bloße Durchführung der Kapitalherabsetzung. Die amtliche Überschrift zu § 238 ist insofern ungenau, als die Norm nicht nur die Wirksamkeit der Kapitalherabsetzung regelt, sondern auch die Wirksamkeit der Einziehungshandlung6. S 2 regelt eine Ausnahme von diesem Grundsatz. Entscheidet der Vorstand über die 3 Einziehung aufgrund einer Satzungsermächtigung gem § 237 Abs 6, bedarf es keines Hauptversammlungsbeschlusses mehr, der eingetragen werden müsste. Die Einziehung wird daher allein mit der Einziehungshandlung wirksam. Sind mehrere solcher Handlun1

2

Kropff AktG 1965, S 325. Zur Geschichte der Kapitalherabsetzung im Allgemeinen s Vor § 222, 72 ff. Art 2 Nrn 42–50 des Gesetzes zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts – Bilanzrichtlinien-Gesetz – v 19.12.1985, BGBl I 2355.

(259)

3

4

5 6

Art 1 Nr 34 des Gesetzes über die Zulassung von Stückaktien (Stückaktiengesetz – StückAG) v 25.3.1998, BGBl I 590. Sieht man von dem in Rn 1 genannten, nachträglich eingeführten Fall der Einziehung von Stückaktien ab. MK/Oechsler 2 1. KK/Lutter 2 2.

Rolf Sethe

§ 238

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

gen erforderlich (zB Einziehung vorhandener und Einziehung noch zu erwerbender eigener Aktien), kommt es auf die letzte Einziehungshandlung an. Die notwendige Publizität wird über § 239 im Nachhinein hergestellt (s u 11). Die Einziehung ist die Rechtshandlung, durch die das einzelne Aktienrecht vernichtet 4 wird. Diesen Umstand hebt Satz 3 hervor, indem er zur Einziehung eine auf Vernichtung der Rechte aus bestimmten Aktien gerichtete Handlung der Gesellschaft fordert.

III. Der Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kapitalherabsetzung (S 1 und S 2) 1. Einziehung aufgrund eines Hauptversammlungsbeschlusses (S 1)

5

a) Anwendungsbereich von S 1. S 1 gilt sowohl für die Zwangseinziehung (§ 237 Abs 1 S 1 Var 1) als auch für die Einziehung nach Erwerb (§ 237 Abs 1 S 1 Var 2); er gilt für die Einziehung, die nach den Vorschriften der ordentlichen Kapitalherabsetzung geschieht (§ 237 Abs 2), ebenso wie für die Einziehung im vereinfachten Verfahren nach § 237 Abs 3 bis 57.

6

b) Voraussetzungen von S 1. Gem S 1 wird die Kapitalherabsetzung durch Einziehung wirksam, wenn kumulativ die Eintragung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses in das Handelsregister und die Einziehungshandlung erfolgt sind. Die Einziehungshandlung kann der Eintragung des Einziehungsbeschlusses vorangehen oder nachfolgen8; auf die Reihenfolge kommt es nicht an. Sind mehrere Einziehungshandlungen notwendig, müssen sie alle erfolgt sein, um die Kapitalherabsetzung wirksam werden zu lassen9. Die Einziehungshandlungen können teils vor, teils nach der Eintragung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses in das Handelsregister erfolgen10. Die Wirksamkeit tritt nicht stufenweise mit jedem Einziehungsakt ein, sondern mit Vollendung des letzten Akts. Der geschilderte Wirkungszusammenhang (s o 2) spricht dafür, die Kapitalherabsetzung nur insgesamt wirksam werden zu lassen11. 7 Die Wirksamkeit der Einziehung tritt nicht ein, wenn der Kapitalherabsetzungsbeschluss oder die Einziehung unter einer Bedingung oder Befristung erfolgt sind (s § 237 52), solange die Bedingung nicht eingetreten oder die Frist nicht abgelaufen ist. 8 Die Eintragung des Hauptversammlungsbeschlusses setzt seine Anmeldung beim Handelsregister voraus. Erfolgt die Kapitalherabsetzung durch Einziehung nach den Vorschriften über die ordentliche Kapitalherabsetzung, gilt deren Regelung für die Anmeldung (§ 237 Abs 2 S 1 iVm § 223). Handelt es sich um eine einfache Einziehung, gilt die eigenständige Vorschrift des § 237 Abs 4 S 5.

9

c) Prüfungskompetenz des Registergerichts. Der Registerrichter trägt den Kapitalherabsetzungsbeschluss nach der Anmeldung ein. Er darf – genau wie bei den §§ 223, 224 (s § 223, 15 ff) – nur prüfen, ob die Voraussetzungen der Eintragung des Hauptversammlungsbeschlusses selbst vorliegen (zu den Rechtsfolgen fehlerhafter Einziehungen s im Übrigen § 237, 127 ff). Wie § 239 zeigt, hat er nicht festzustellen, ob auch die Einziehungshandlung bereits erfolgt ist. Denn diese kann auch nach der Eintragung stattfinden. Dies bedeutet etwa, dass das Registergericht im Falle der Einziehung eigener Aktien 7 8 9

Hüffer9 3 aE; KK/Lutter 2 3 aE. Hüffer9 2. Hüffer9 3; MK/Oechsler 2 2.

10 11

Hüffer9 3; MK/Oechsler 2 2. Hüffer9 3; MK/Oechsler 2 2; KK/Lutter 2 3.

Stand: 31.12.2010

(260)

Wirksamwerden der Kapitalherabsetzung

§ 238

nach § 237 Abs 1 S 1 nicht überprüfen darf, ob die Gesellschaft bereits Inhaberin der einzuziehenden Aktien geworden ist12. Zu den Voraussetzungen der Eintragung gehören allerdings die Voraussetzungen des § 237 Abs 3, die zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der einfachen Kapitalherabsetzung durch Einziehung vorliegen müssen13. Stehen die Aktien der Gesellschaft also nicht unentgeltlich zur Verfügung oder finanziert sie deren Erwerb auf eine andere Art und Weise als in § 237 Abs 3 Nr 2 vorgesehen, tritt Nichtigkeit ein, da § 237 Abs 3 die Gläubiger schützen soll (s im Einzelnen § 237, 129)14. d) Rechtswirkungen vor Eintritt der Wirksamkeit. Bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die 10 Einziehung gem § 238 wirksam wird, sind Kapitalherabsetzung und die Einziehungshandlungen schwebend unwirksam15. Beide Vorgänge entfalten aber bereits insofern Vorwirkungen, als sie die Gesellschaft binden. Aus diesem Grunde kann die Gesellschaft die Einziehungshandlung nicht mehr ungeschehen machen, nachdem sie gegenüber dem Inhaber der Aktie vorgenommen wurde16. Auch kann die Gesellschaft den einmal ins Handelsregister eingetragenen Kapitalherabsetzungsbeschluss nicht mehr einseitig zurücknehmen. Will die Gesellschaft die Kapitalherabsetzung rückgängig machen, muss sie in einer Hauptversammlung den actus contrarius, also eine Kapitalerhöhung, beschließen (s § 222, 69 f)17. Die rechtliche Bedeutung der beschlossenen, aber noch nicht wirksamen Kapitalherabsetzung zeigt sich auch daran, dass der Hauptversammlungsbeschluss Gegenstand der Anfechtungsklage sein kann18. Sie bindet zudem Personen, die zwischen dem Beschluss und seinem Wirksamwerden Aktionär werden19. 2. Einziehung aufgrund Satzungsermächtigung (S 2) a) Anwendungsbereich von S 2. S 2 betrifft den Fall der durch Satzung angeordneten 11 (und nicht nur gestatteten) Zwangseinziehung. In diesem Falle tritt an die Stelle des Hauptversammlungsbeschlusses die Entscheidung des Vorstandes über die Einziehung (§ 237 Abs 6 S 2). Die Kapitalherabsetzung wird daher allein dadurch wirksam, dass der Vorstand die Einziehungshandlung vornimmt (S 2). Diese Einziehungshandlung aber ist nicht eintragungsfähig und zwar auch nicht analog S 120. Dies belegt eine Gegenüberstellung von § 238 S 1 und 2 einerseits und § 239 S 1 und 2 andererseits. Zudem ergibt es keinen Sinn, dieselbe Einziehungshandlung einmal nach § 238 als Ersatz für den Hauptversammlungsbeschluss und einmal nach § 239 als Durchführung bekannt zu machen. Mangels eintragungsfähigem Hauptversammlungsbeschluss erhalten die Öffentlichkeit und die Gesellschaftsgläubiger erst Kenntnis von der Kapitalherabsetzung, wenn nach § 239 die Durchführung der Kapitalherabsetzung zum Handelsregister angemeldet und eingetragen ist. Die Anmeldung der Durchführung gem § 239 hat zu erfolgen, sobald die Einziehungshandlungen vorgenommen sind und eine etwaige Kündigungsfrist abgelaufen ist.

12 13 14 15

16 17 18

MK/Oechsler 2 3. MK/Oechsler 2 3. MK/Oechsler 2 3, § 237, 101. Grundlegend zur schwebenden Unwirksamkeit einer Kapitalherabsetzung RG JW 1935, 3098, 3101 (am Beispiel des fehlenden Sonderbeschlusses aller Aktionärsgruppen). Schilling Voraufl 2. Schilling Voraufl 2. Hüffer9 § 181, 25.

(261)

19 20

Hüffer9 § 181, 25. MK/Oechsler 2 4, § 237, 115; Hüffer9 § 237, 26, 41; KK/Lutter 2 § 237, 116, offensichtlicher Tippfehler in § 238, 5 (statt § 238 muss es § 239 heißen); Spindler-Stilz/MarschBarner 2 § 237, 41; Schilling Voraufl § 237, 40, § 239, 2; Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG2, § 49, 31; aA noch Baumbach/Hueck13 § 237, 13; Hefermehl in Geßler/Hefermehl § 237, 57.

Rolf Sethe

§ 238 12

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

b) Voraussetzungen von S 2. S 2 findet jedoch nur dann Anwendung, wenn tatsächlich der Vorstand über die in der Satzung angeordnete Zwangseinziehung entschieden hat21. Hat der Vorstand nach § 119 Abs 2 einen Beschluss der Hauptversammlung herbeigeführt, etwa weil sich seit der Anordnung der Zwangseinziehung die Verhältnisse geändert haben, greift S 2 nicht ein. Ein Beschluss der Hauptversammlung kann auch dann notwendig sein, wenn die in der Satzung aufgestellten Bedingungen der Einziehung geändert werden sollen, oder wenn neben der in der Satzung angeordneten beschränkten eine weitergehende Kapitalherabsetzung beschlossen werden soll. Dasselbe gilt, wenn gleichzeitig eine andere Maßnahme beschlossen werden soll, über die zwingend die Hauptversammlung entscheiden muss (zB eine Verschmelzung), oder wenn mit der Kapitalherabsetzung eine Kapitalerhöhung verbunden werden soll (s u 28). Jeweils ist es ausreichend, dass diese verschiedenen Maßnahmen – wenn auch nur wirtschaftlich – miteinander zusammenhängen. Eine Beschlussfassung der Hauptversammlung ist ferner nötig, wenn durch die Kapitalherabsetzung der Mindestnennbetrag des Grundkapitals (§ 7) unterschritten wurde und deshalb eine Wiedererhöhung unumgänglich ist (§ 228, s u 28). In all diesen Fällen wird die Kapitalherabsetzung durch Einziehung nach S 1 wirksam; S 2 findet keine Anwendung. 3. Keine Rückwirkung

13

Eine Rückwirkung der Einziehung und der damit verbundenen Kapitalherabsetzung auf den Stichtag für die Bilanz des letzten abgelaufenen Geschäftsjahres findet nicht statt, auch nicht bei gleichzeitiger Kapitalerhöhung. Die in den §§ 234, 235 vorgesehenen Ausnahmen bestehen nur für die als Notmaßnahme zugelassene vereinfachte Kapitalherabsetzung. Die Voraussetzungen der §§ 229 ff einerseits und des § 237 Abs 3 bis 5 andererseits sowie die Wirksamkeitsvoraussetzungen (§ 229 Abs 3, 224 einerseits und § 239 andererseits) unterscheiden sich so sehr, dass auch eine analoge Anwendung ausscheidet22. Die rückwirkende Sanierung nach den §§ 234, 235 stellt eine reine Buchsanierung dar, die das Mitgliedschaftsrecht unberührt lässt. Im Gegensatz dazu würde bei einer Rückwirkung der Kapitalherabsetzung durch Einziehung die Mitgliedschaft rückwirkend erlöschen.

IV. Die Einziehungshandlung (S 3) 1. Zuständigkeit

14

Zur Einziehung bedarf es einer auf Vernichtung der Rechte aus bestimmten Aktien gerichteten Handlung der Gesellschaft (S 3). Zuständig dafür ist stets der Vorstand23. Für den Fall der durch Satzung angeordneten Einziehung ergibt sich dies bereits aus § 237 Abs 6 S 2. Aber auch in den übrigen Fällen, in denen die Hauptversammlung die Kapitalherabsetzung durch Einziehung beschlossen hat, ist der Vorstand allein zuständig, da die Einziehung der Ausführung eines Hauptversammlungsbeschlusses dient, die nach

21 22

Hüffer9 4; MK/Oechsler 2 4. MK/Oechsler 2 9; Hüffer9 6; KK/Lutter 2 5; MünchHdBAG-Krieger 3 § 62, 26, 29; Risse BB 1968, 1012, 1013; aA Wiese SozPr 1940, 502, 504 f; zweifelnd Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG2,

23

§ 49, 36. Kritisch zu dieser Konzeption des Gesetzgebers Risse BB 1968, 1012, 1013. MK/Oechsler 2 5; Hüffer9 7; KK/Lutter 2 8; MünchHdBAG-Krieger 3 § 62, 28; aA (auch Hauptversammlung zuständig) Baumbach/ Hueck13 3; Godin/Wilhelmi 4 2.

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Wirksamwerden der Kapitalherabsetzung

§ 238

§ 83 Abs 2 in die Kompetenz des Vorstands fällt. Er hat jedoch keinerlei Entscheidungsmacht, da die Satzung bzw der Hauptversammlungsbeschluss die Einziehung und ihre Details regeln24. 2. Der Einziehungsakt S 3 beschreibt die Einziehungshandlung als Akt, der auf die Vernichtung bestimmter 15 Aktienrechte gerichtet ist. Sie muss also objektiv geeignet sein und mit dem Willen vorgenommen werden, die Vernichtung des einzelnen Aktienrechts herbeizuführen. Da die Einziehung eine Handlung der Gesellschaft darstellt, durch die ihr Wille zur Vernichtung des Aktienrechts bekundet wird, muss diese Handlung ihren Willen äußerlich wahrnehmbar in Erscheinung treten lassen. Zwei Fälle sind zu unterscheiden: (1) Sollen eigene Aktien der Gesellschaft eingezogen werden, wird als Einziehungs- 16 handlung jeder Vorgang gewertet, durch welche die Aktien als eingezogen gekennzeichnet werden, etwa ein Stempelaufdruck, oder auch die Aussonderung aus anderen Aktien mit entsprechender Kennzeichnung oder Vermerke in den Geschäftsbüchern, im Aktienbuch oder in einer Niederschrift bzw die Einlieferung einer neuen Globalurkunde bei der Clearstream AG25. Die Gesellschaft erklärt damit konkludent die Einziehung; diese Erklärung ist nicht empfangsbedürftig26. Fraglich ist, ob im Falle der Ermächtigung des Vorstands zur Einziehung bereits der zeitlich vorangehende Einziehungsbeschluss des Vorstands ausreicht. Dies wird man bejahen müssen27, denn durch das Protokoll der Vorstandssitzung wird der Einziehungswille objektiv nachvollziehbar; einer weiteren äußerlich wahrnehmbaren Umsetzung des Beschlusses durch Abstempelung etc bedarf es nicht. Sie hat nur noch klarstellende Bedeutung. (2) Gehören die Aktien einem Dritten (liegt also ein Fall der Zwangseinziehung vor), 17 erfolgt die Einziehungshandlung durch eine empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem betroffenen Aktionär28. Die Aktien müssen konkret bezeichnet werden, was über die Nennung der Person des Inhabers oder durch Kennzeichnung nach Serie, Nummer oä erfolgen kann29. Der Zugang der Erklärung richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften; ausreichend ist eine Bekanntgabe in den Gesellschaftsblättern30, sofern die Satzung keine abweichende Regelung enthält und sich die Willenserklärung nicht an namentlich bekannte Aktionäre richtet. Hieraus ergeben sich folgende Möglichkeiten für eine Einziehung: Die Erklärung kann bei Inhaberaktien durch öffentliche Bekanntmachung der einzuziehenden Aktien unter genauer Bezeichnung derselben, etwa durch Veröffentlichung der Auslosungsliste, erfolgen. Sie kann aber auch durch schriftliche oder mündliche Bekanntgabe – auch in der die Einziehung beschließenden Hauptversammlung an die anwesenden Aktionäre – oder in anderer Weise, auch durch schlüssige Handlungen, stattfinden. Die Einziehung kann weiterhin dadurch geschehen, dass die Aktien im Einziehungsbeschluss durch Angabe der Serien und Nummern bezeichnet werden und der Beschluss bei Inhaberaktien öffentlich und bei Namensaktien individuell bekannt gemacht wird. Soweit die Einziehung nach der Satzung oder dem Hauptversammlungsbeschluss durch Kündigung zu geschehen hat, kann die Einziehung auch durch Erklä-

24 25

26 27

KK/Lutter 2 8. Riekers ZIP 2009, 700, 705; Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG 2, § 49, 33. Hüffer9 8; MK/Oechsler 2 5; KK/Lutter 2 7. AA Riekers ZIP 2009, 700, 705.

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28 29 30

Hüffer9 8; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 8. KK/Lutter 2 7; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 8. Baumbach/Hueck13 3; Hüffer9 8; KK/Lutter 2 7; MK/Oechsler 2 5; Spindler-Stilz/MarschBarner 2 8.

Rolf Sethe

§ 238

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

rung der (empfangsbedürftigen) Kündigung ausgeführt werden. Wurden die Aktien der Gesellschaft zum Zweck der Einziehung übergeben, liegt hierin zugleich ein Verzicht auf den Zugang der Einziehungserklärung entsprechend § 151 S 1 BGB31. 3. Vernichtung der Aktienurkunde

18

Aus dem Gesagten ergibt sich, dass es für die Einziehung auf die Willenserklärung der Gesellschaft ankommt. Es ist weder erforderlich noch ausreichend, die Aktienurkunde selbst zu vernichten32. Es ist nicht einmal notwendig, dass die Aktienurkunde überhaupt vorliegt oder dass auf ihr die Vernichtung des Aktienrechts durch Stempelaufdruck oder in anderer Weise kenntlich gemacht wird. 4. Zahlung des Entgelts nicht Voraussetzung

19

Nicht erforderlich ist, dass im Zeitpunkt der Einziehungshandlung das Entgelt schon bezahlt ist33. Die Satzung oder der Einziehungsbeschluss kann bestimmen, dass das Entgelt erst nach der Einziehung, etwa aus dem Gewinn späterer Jahre, zu bezahlen ist. Im Zweifel werden freilich Satzung und Einziehungsbeschluss so auszulegen sein, dass ein Aktienrecht erst mit der Leistung des Entgelts vernichtet werden soll. 5. Die Rechtsfolgen der Einziehung

20

a) Erlöschen der Mitgliedschaft. Ist die Einziehung wirksam, ist damit das Grundkapital herabgesetzt34 (sofern nicht ein Fall von Abs 3 Nr 3 vorliegt) und das von der Einziehung betroffene Aktienrecht erlischt35. Zwischen dem Aktionär und der Gesellschaft bestehen daher keine mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten mehr (mit Ausnahme der Pflicht zur Einlageleistung nach § 237 Abs 2 S 3, Var 2, die erst mit der Sicherheitsleistung gem § 225 Abs 2 erlischt36). Die Aktionäre können insbesondere weder das Stimmrecht noch das Anfechtungsrecht ausüben, noch einen anhängigen Anfechtungsprozess als Anfechtungskläger fortsetzen. Sie können auch keine Ansprüche auf nach dem Wirksamwerden der Einziehung entstandene Gewinnanteile oder einen Abwicklungserlös erheben37. Dagegen bleibt der bereits erworbene Anspruch auf Gewinn aus früherer Zeit unberührt38. Dieser wie der Anspruch auf das Einziehungsentgelt sind ohne Rücksicht auf ihren gesellschaftsrechtlichen Ursprung reine Gläubigerrechte.

21

b) Erlöschen von Rechten Dritter. Mit dem Aktienrecht erlöschen auch die mit ihm verbundenen dinglichen Rechte, zB Nießbrauch und Pfandrecht an dem Aktienrecht, vorbehaltlich der Rechte des Nießbrauchers oder Pfandgläubigers am Einziehungsentgelt.

22

c) Bedeutung der Aktienurkunde. Die Aktienurkunde verliert mit der Wirksamkeit der Einziehung ihre Bedeutung als Träger des Aktienrechts; dasselbe gilt für die Gewinnanteilscheine, soweit sie als Rechtsträger in Betracht kommen. Die in diesen Urkunden ursprünglich verbrieften Rechte können nicht mehr mit ihnen übertragen werden. Auch

31 32 33 34 35

Becker in Bürgers/Körber 8; KK/Lutter 2 7. Hüffer9 8; MK/Oechsler 2 7; KK/Lutter 2 9. Hüffer9 9. Hüffer9 5; K Schmidt/Lutter/Veil 2 5. Hüffer9 5; MK/Oechsler2 8; K Schmidt/Lutter/Veil 2 5.

36 37 38

MK/Oechsler 2 8; K Schmidt/Lutter/Veil 2 6. BGH NJW 1998, 3646, 3647 – zur GmbH; Hüffer9 5; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 6. Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 6; MK/Oechsler 2 8.

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Wirksamwerden der Kapitalherabsetzung

§ 238

ein gutgläubiger Dritter erwirbt durch die Übertragung keine Rechte39 (zur Möglichkeit von Schadensersatzansprüchen s u 24). Nur soweit dem Aktionär noch Ansprüche auf das Einziehungsentgelt oder Dividenden aus der Zeit vor der Kapitalherabsetzung zustehen, bleiben diese in der Aktie verkörpert und sie ist noch als Wertpapier anzusehen40. Macht der von der Einziehung betroffene Aktionär Ansprüche aus seiner bisherigen 23 Mitgliedschaft (Zahlung des Einziehungsentgelts und rückständiger Gewinnanteile) geltend, steht der Gesellschaft ihrerseits ein Zug um Zug zu erfüllender Anspruch auf Herausgabe der Urkunden zu (§ 797 S 1 BGB analog)41. Für den Fall, dass die Gesellschaft von sich aus die Urkunden aus dem Verkehr ziehen will und die Aktionäre aber auf eine entsprechende Aufforderung nicht reagieren, bejaht ein Teil des Schrifttums die Möglichkeit einer klageweisen Geltendmachung des Herausgabeanspruchs42. Der Gesetzgeber hat jedoch für den Fall, dass die Aktienurkunde durch eine Veränderung der rechtlichen Verhältnisse unrichtig geworden ist, gerade das Verfahren der Kraftloserklärung nach § 73 vorgesehen, das auch in der vorliegenden Konstellation zur Anwendung kommt43. Zwar könnte man argumentieren, nicht nur der Rechtsverkehr habe ein Interesse an der Kraftloserklärung der Urkunden; hinzu komme das Interesse der Gesellschaft, die Ansprüche der Altaktionäre rasch zu befriedigen, um den Vorgang der Einziehung abzuschließen. Dieses Interesse ist jedoch – ähnlich wie beim Annahmeverzug im allgemeinen Schuldrecht – durch die Hinterlegungs- und Verjährungsvorschriften ausreichend geschützt. Während ein Teil des Schrifttums den Vorstand als berechtigt ansieht, das Verfahren 24 nach § 73 durchzuführen44, meint Lutter, er sei im Rahmen einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung bei § 238 dazu verpflichtet45. Grundsätzlich steht die Frage der Einleitung eines Verfahrens nach § 73 im pflichtgemäßen Ermessen des Vorstands46. Hat die Gesellschaft die Unrichtigkeit der Urkunden selbst herbeigeführt und besteht die Gefahr der Irreführung des Publikums, ist dieses Ermessen des Vorstands auf Null reduziert47. In dieser Konstellation wird teilweise sogar die Eigenschaft von § 73 als Schutzgesetz iSv § 823 Abs 2 BGB bejaht48. Eine Ermessensreduktion auf Null liegt bei § 238 deshalb vor, weil die Gesellschaft die Unrichtigkeit der Urkunden verursacht hat und das Publikum gefährdet wird, da die im Umlauf befindlichen Aktienurkunden keine Mitgliedschaft mehr verbriefen und ein Rechtsscheinerwerb ausscheidet (s o 22)49. Die Vorschrift des § 226 über die Kraftloserklärung von Aktien ist nur dazu 25 bestimmt, die Kapitalherabsetzung durch Zusammenlegung von Aktien durchzuführen. Sie ist auf die Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien nicht anwendbar (s § 226, 9).

39 40 41 42

43

Becker in Bürgers/Körber 11; MK/Oechsler 2 7; KK/Lutter 2 9. Becker in Bürgers/Körber 12; KK/Lutter 2 9. Becker in Bürgers/Körber 12; Hüffer9 5; MK/Oechsler 2 8. Baumbach/Hueck13 3; Schilling Voraufl 11; aA Becker in Bürgers/Körber 12; Hüffer 9 5; MK/Oechsler 2 7; KK/Lutter 2 9; MünchHdBAG-Krieger 3 § 62, 29a. Hüffer9 5; MK/Oechsler 2 7; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 5; Godin/Wilhelmi 4 6.

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44 45 46 47

48 49

Hüffer9 5; Schilling Voraufl 11; MK/Oechsler 2 8; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 5. KK/Lutter 2 9. Hüffer9 § 73, 1, 4; Haider AG 1998, 1, 6. Becker in Bürgers/Körber 5; Hefermehl/ Bungeroth in Geßler/Hefermehl § 73, 20; MK/Oechsler 3 § 73, 14. Hefermehl/Bungeroth in Geßler/Hefermehl § 73, 20; MK/Oechsler 3 § 73, 14. MK/Oechsler 3 § 73, 14; iE auch KK/Lutter 2 9.

Rolf Sethe

§ 238

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

26

Die Aktienurkunde, welche die Gesellschaft bei der Einziehung erhalten hat, darf sie nicht wieder ausgeben50. Sie kann sie jedoch für neu auszugebende Aktien (bei einer Kapitalerhöhung) mit entsprechendem Vermerk (Stempelaufdruck) verwenden.

27

d) Fehlerhafter Einziehungsakt. Die Einziehungshandlung bedarf einer wirksamen Ermächtigung. Eine solche fehlt, wenn der Hauptversammlungsbeschluss oder die Satzungsbestimmung unwirksam bzw nichtig sind51 oder wenn der Vorstand andere Maßnahmen ergreift als von der Hauptversammlung oder der Satzung vorgesehen52. Gleiches gilt für den Fall, dass der Vorstand nach § 237 Abs 6 fehlerhaft entschieden hat53. Die Einziehungshandlung ist dann ohne Wirkung54. Wird das Mitgliedschaftsrecht nicht bestimmt genug oder gar falsch bezeichnet, ist die Einziehungshandlung ebenfalls unwirksam55. In allen genannten Fällen können die Rechte aus dem Aktienrecht weiterhin geltend gemacht werden. Die Gesellschaft muss eine Berichtigung der Kapitalziffer im Handelsregister beantragen. Das Registergericht kann diese auch von Amts wegen korrigieren (§§ 398, 395 FamFG)56.

V. Kapitalherabsetzung unter den Mindestbetrag 28

§ 228 gilt auch für die Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien, jedenfalls soweit sie nach den Vorschriften der ordentlichen Kapitalherabsetzung erfolgt (§ 237 Abs 2, s § 228, 1). § 228 muss aber auch sinngemäß angewendet werden, soweit diese Vorschriften nicht befolgt zu werden brauchen (§ 237 Abs 3), denn die Vorschrift des § 7 über den Mindestnennbetrag des Grundkapitals muss stets eingehalten werden57. Für die Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien folgt daraus, dass sie nicht wirksam werden kann, wenn durch die Kapitalherabsetzung der Mindestnennbetrag des Grundkapitals unterschritten und dieses nicht zugleich wieder auf diesen Betrag erhöht wird und wenn nicht gleichzeitig die Kapitalerhöhung wirksam wird. Es muss hiernach nicht nur die Kapitalherabsetzung eingetragen und die Einziehung erfolgt sein; vielmehr müssen auch der Kapitalerhöhungsbeschluss und die Durchführung der Kapitalerhöhung eingetragen sein. Erst wenn alles dies zusammentrifft, ist das Grundkapital herabgesetzt und die Einziehung wirksam geworden. Auch hier sind die Beschlüsse nichtig, wenn sie und die Durchführung der Erhöhung nicht binnen sechs Monaten nach der Beschlussfassung in das Handelsregister eingetragen worden sind (§ 228 Abs 2). Soweit ein Kapitalherabsetzungsbeschluss nicht nötig ist, weil es sich um eine in der Satzung angeordnete Zwangseinziehung handelt (§ 237 Abs 6), kommt die Eintragung eines solchen Beschlusses nicht in Betracht. Es müssen dann nur die Kapitalherabsetzung, der Kapitalerhöhungsbeschluss und seine Durchführung eingetragen werden.

50 51 52 53 54

Baumbach/Hueck13 3. Hüffer9 10; K Schmidt/Lutter/Veil 2 8. KK/Lutter 2 10. Hüffer9 10; K Schmidt/Lutter/Veil 2 8. Hüffer9 10; KK/Lutter 2 § 237, 55; abweichend Krieger ZHR 158 (1994) 35, 52 f; MünchHdB-AG-Krieger3 § 62, 19, der die

55 56 57

Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft anwenden will. MK/Oechsler 2 6. Hüffer9 10; MK/Oechsler 2 6; K Schmidt/Lutter/Veil 2 8; KK/Lutter 2 10. KK/Lutter 2 10 aE.

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§ 239

Anmeldung der Durchführung

§ 239 Anmeldung der Durchführung (1) 1Der Vorstand hat die Durchführung der Herabsetzung des Grundkapitals zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. 2Dies gilt auch dann, wenn es sich um eine durch die Satzung angeordnete Zwangseinziehung handelt. (2) Anmeldung und Eintragung der Durchführung der Herabsetzung können mit Anmeldung und Eintragung des Beschlusses über die Herabsetzung verbunden werden. Übersicht Rn I. Gesetzesgeschichte . . . . . . . . II. Zweck der Vorschrift . . . . . . . III. Die Anmeldung der Durchführung (Abs 1) . . . . . . . . . . . . . . 1. Begriff der Durchführung . . . 2. Rechtsnatur und Zuständigkeit

. . . . . .

1 2–4

. . . . . . . . .

5–12 5–6 7–8

Rn 3. Anmeldepflichtige Personen, Unterlagen und Anmeldezeitraum . . . 4. Die Prüfung durch den Registerrichter . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Verbindung gemäß Abs 2 . . . . V. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . .

.

9–10

. 11–12 . 13 . 14

Schrifttum Vgl die Schrifttumsnachweise Vor § 222 und bei § 237.

I. Gesetzesgeschichte Die Vorschrift weicht von § 194 AktG 1937 insofern ab, als der Vorsitzende des 1 Aufsichtsrats oder dessen Stellvertreter bei der Anmeldung nicht mehr mitzuwirken brauchen1. Auf ihre Mitwirkung wurde verzichtet, weil die Eintragung der Durchführung nur deklaratorische Wirkung hat und der Anmeldung daher im Gegensatz zu der nach § 223 (s o § 223, 2) eine geringere Bedeutung zukommt. Die Norm ist seit 1965 unverändert. Sie hat aber durch die Einführung des elektronischen Handelsregisters zum 1.1.2007 indirekt weit reichende Änderungen erfahren (vgl die Nachweise bei § 223, 1). Die Einführung der Einziehung ohne gleichzeitige Kapitalherabsetzung berücksichtigt der Wortlaut der Norm nicht (vgl dazu bereits § 237, 4, 111, § 238, 1).

II. Zweck der Vorschrift Die Vorschrift verlangt, dass die Durchführung einer Kapitalherabsetzung durch Ein- 2 ziehung zum Handelsregister anzumelden ist; zugleich bestimmt sie die anmeldepflichtigen Personen (Abs 1 S 1). Anmeldung und Eintragung der Durchführung der Kapitalherabsetzung haben – wie bei der ordentlichen und der vereinfachten Kapitalherabsetzung (s § 227, 2, § 229, 58) – nur deklaratorische Bedeutung2. Es wird dadurch nur der Vorgang der Durchführung publiziert. Abs 1 S 2 verdeutlicht, dass die Pflicht zur Anmeldung auch besteht, wenn es sich um 3 eine durch die Satzung angeordnete Zwangseinziehung handelt. In diesem Fall hat die 1

Kropff AktG 1965, S 325. Zur Geschichte der Kapitalherabsetzung im Allgemeinen s Vor § 222, 72 ff.

(267)

2

Baumbach/Hueck13 2; KK/Lutter 2 2; Riekers BB 2009, 700, 705; Spindler-Stilz/MarschBarner 2 1.

Rolf Sethe

§ 239

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Eintragung besondere Bedeutung, weil hier ein Kapitalherabsetzungsbeschluss der Hauptversammlung nicht erforderlich ist und die Öffentlichkeit nicht schon durch die Eintragung eines solchen Beschlusses auf die Veränderung der Kapitalgrundlage der Gesellschaft hingewiesen wurde. Die Anmeldung der Durchführung der Kapitalherabsetzung nach § 239 ist zu unter4 scheiden von der Anmeldung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses nach § 238 (s §§ 237 Abs 2 S 1, 223 bzw § 237 Abs 4 S 5). Beide Verfahren können miteinander verbunden werden, wie Abs 2 zeigt. Daneben muss die mit der Kapitalherabsetzung notwendig verbundene Satzungsänderung (s Vor § 222, 32 ff) angemeldet werden, sofern dies nicht schon mit der Anmeldung des Hauptversammlungsbeschlusses gem § 238 Abs 1 S 1 erfolgt ist. Erfolgt die Einziehung von Stückaktien ohne Herabsetzung des Grundkapitals, ist eine Berichtigung der Aktienzahl in der Satzung erforderlich. Hierzu kann gem § 237 Abs 3 Nr 3 Halbs 2 AktG der Vorstand ermächtigt werden.

III. Die Anmeldung der Durchführung (Abs 1) 1. Begriff der Durchführung

5

Die Kapitalherabsetzung durch Einziehung ist durchgeführt, wenn der Vorstand der Gesellschaft alle notwendigen Einziehungshandlungen vorgenommen hat3. Er muss also den Aktionären gegenüber die Einziehungserklärung abgeben und bei eigenen Aktien deren Einziehung durch eine äußerlich wahrnehmbare Handlung vollziehen (s § 238, 15 ff). Nicht zur Durchführung zählen die Einreichung von Aktienurkunden der betroffenen Mitgliedschaften (s § 238, 18), deren Kraftloserklärung nach § 73 (s § 238, 23 f) oder die Zahlung des Einziehungsentgelts4. Insoweit kann der Ablauf der sechsmonatigen Sperrfrist (§ 237 Abs 2 S 3, 225 Abs 2 S 1) abgewartet werden5. Wie Satz 2 verdeutlicht, ist es für die Anmeldung gleichgültig, ob es sich um eine von 6 der Hauptversammlung beschlossene oder um eine zwangsweise in der Satzung angeordnete Kapitalherabsetzung durch Einziehung handelt (S 2). S 2 kommt klarstellende Bedeutung zu6. Nachdem § 238 gerade beide Formen ausnahmsweise unterschiedlich behandelt (vgl § 238 S 1 einerseits und dessen S 2 andererseits), verdeutlicht § 239 Abs 1 S 2, dass in Bezug auf die Anmeldung der Durchführung beide Formen der Kapitalherabsetzung (wieder) gleich behandelt werden. Für die Gläubiger der Gesellschaft ist S 2 bedeutsam, da sie bei der angeordneten Zwangseinziehung mangels einzutragendem Hauptversammlungsbeschluss (s § 238, 11) erstmals von der Kapitalherabsetzung erfahren7. 2. Rechtsnatur und Zuständigkeit

7

Die Anmeldung zum Handelsregister ist Verfahrenshandlung und – je nach Einzelfall – auch Organisationsakt, aber kein Rechtsgeschäft8. Bedingungen und Befristungen 3 4

5 6 7

Hüffer 9 2. Becker in Bürgers/Körber 2; Hüffer 9 2; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 3; MK/Oechsler 2 2; K Schmidt/Lutter/Veil 2 2. Ebenso Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 3. Hüffer 9 5. Hüffer 9 5.

8

BayObLGZ 1985, 82, 83, 87; Hüffer9 § 36, 2; GK HGB/Hüffer 4 § 8, 42 f; Ulmer/Ulmer § 7, 19; aA KK/Lutter 2 § 223, 7; Lutter/Hommelhoff/Bayer GmbHG17 § 7, 1 (jeweils Verfahrenshandlung); Schlegelberger/Hildebrandt HGB5 § 12, 10 (Rechtsgeschäft).

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Anmeldung der Durchführung

§ 239

sind daher ebenso unzulässig wie die Geltendmachung von Willensmängeln. Die Vorschriften über Rechtsgeschäfte finden jedoch Anwendung, soweit sie inhaltlich übertragbar sind. So ist es nach § 130 Abs 2 BGB unmaßgeblich, ob die anmeldende Person nach der Anmeldung geschäftsunfähig wird oder stirbt9. Für die Anmeldung ist das Amtsgericht (§§ 8 Abs 1 HGB, § 23a Abs 1 Nr 2, Abs 2 8 Nr 3 GVG, § 376 Abs 1 FamFG) sachlich zuständig. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach dem Sitz der Gesellschaft (§ 14), wobei die Zuständigkeit auf das Amtsgericht am Sitz des Landgerichts konzentriert ist (§ 376 Abs 1 FamFG), sofern nicht das Landesrecht oder die Vereinbarung mehrerer Bundesländer eine abweichende örtliche Zuständigkeit begründet (§ 376 Abs 2 FamFG). Hat die Gesellschaft einen Doppelsitz10, ist die Durchführung bei jedem der zuständigen Amtsgerichte anzumelden11. Zweigniederlassungen der Gesellschaft werden nur noch beim Register am Sitz der Gesellschaft geführt (§ 13 Abs 1 HGB)12. Die Durchführung muss daher nicht mehr in das Register der Zweigniederlassung eingetragen werden. Die früher in § 13c Abs 4 HGB aF enthaltene Verpflichtung, so viele Stücke der Anmeldung nebst Anlagen beizufügen, wie Zweigniederlassungen vorhanden sind, ist daher entfallen13. Funktional zuständig ist der Rechtspfleger (§ 3 Nr 2 lit d RPflG) und nicht der Richter, da es sich bei der Durchführung nicht um eine Satzungsänderung handelt (§ 17 Nr 1 lit b RPflG). Anders ist dies, falls die Anmeldung der Durchführung mit der Anmeldung der Satzungsänderung verbunden wird (Abs 2). 3. Anmeldepflichtige Personen, Unterlagen und Anmeldezeitraum Der Vorstand ist in vertretungsberechtigter Zahl (§ 78) verpflichtet, die Anmeldung 9 im Namen der AG vorzunehmen. Sofern bei der Gesellschaft eine unechte Gesamtvertretung (§ 78 Abs 3) vorgesehen ist, darf auch ein Prokurist bei der Anmeldung mitwirken14. Denn bei der unechten Gesamtvertretung gilt gerade nicht die Beschränkung des § 49 Abs 1 HGB auf Geschäfte, die der Betrieb des Handelsgewerbes mit sich bringt15. Im Abwicklungsstadium treten die Abwickler an die Stelle des Vorstands (§ 269). Wie § 12 Abs 1 S 2 HGB zeigt, ist bei Beachtung der Form auch eine rechtsgeschäftliche Bevollmächtigung Dritter – auch eines Prokuristen – zulässig16. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats muss – im Unterschied zu §§ 237 Abs 2 S 1, 223 bzw § 237 Abs 4 S 5 – nicht mitwirken (s o 1). Zur Form der Anmeldung vgl § 223, 11. Eine besondere Frist für die Anmeldung bestimmt das Gesetz nicht. Gleichwohl ist 10 man sich einig, dass die Anmeldung unverzüglich zu erfolgen hat, sobald die Kapitalherabsetzung durchgeführt ist17. Unterlagen sind nicht beizufügen18. Eine unterlassene 9 10 11 12

13

OLG Dresden OLGR 4, 22, 23; s Röhricht § 36, 29. Dazu Brändel § 5, 29 ff; Hüffer9 § 5, 10. Hüffer 9 § 36, 2. Nach Art 61 Abs 6 EGHGB werden die Registerakten der auf der Grundlage der §§ 13 bis 13c HGB aF eingetragenen Zweigniederlassungen beim Gericht der Zweigniederlassung geschlossen. Es wird von Amts wegen der Vermerk eingetragen, dass die Eintragungen nur noch bei dem Gericht des Hauptsitzes fortgeführt werden. Art 1 Nr 4 des EHUG (s § 223 Fn 3).

(269)

14 15

16 17 18

KG JW 1938, 3121; KK/Lutter 2 2; Hüffer9 4; Wiedemann § 181, 8. Aus diesem Grund ermächtigt die Prokura gerade nicht zu Grundlagengeschäften und zu Anmeldungen zum Handelsregister, vgl BGHZ 116, 190, 193 = NJW 1992, 975 mit zust Anm Joost ZIP 1992, 463; Baumbach/ Hopt HGB34 § 49, 2. KK/Lutter 2 2; Hüffer9 43; MK/Oechsler 2 3; Terbrack RNotZ 2003, 89, 96. Statt vieler Hüffer9 3; MK/Oechsler 2 3. Hüffer 9 3.

Rolf Sethe

§ 239

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

Anmeldung stellt eine Pflichtwidrigkeit gegenüber der Gesellschaft dar, die Grund für eine Abberufung sein kann (§§ 84 Abs 3, 103 Abs 3)19. Die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats, wenn er es an der nötigen Überwachung fehlen ließ, haften der Gesellschaft für den durch die Unterlassung der Anmeldung entstandenen Schaden (§§ 93, 116)20. Ein Schaden ist freilich kaum denkbar. Dritte, auch die Gläubiger, können keinen unmittelbaren Schadensersatzanspruch aufgrund einer verzögerten Anmeldung geltend machen, da es sich bei § 239 nicht um ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs 2 BGB handelt21. Das einzige direkte Druckmittel steht somit dem Registerrichter zu, der den Vorstand durch Zwangsgelder zur Anmeldung anhalten kann (§ 14 HGB iVm § 407 Abs 1 HS 2)22. 4. Die Prüfung durch den Registerrichter

11

Der Rechtspfleger beim Registergericht prüft formell, ob die Anmeldung ordnungsgemäß erfolgte, und materiell, ob die Kapitalherabsetzung durch Einziehung durchgeführt wurde. Er hat sich also zu vergewissern, ob die Summe der geringsten Ausgabebeträge (§ 9 Abs 1) dem herabgesetzten Grundkapital entspricht (§ 8 Abs 4)23. Hierbei reicht eine Plausibilitätsprüfung aus. Nur sofern Zweifel bestehen, hat das Registergericht von Amts wegen alle zur Feststellung der Tatsachen erforderlichen Ermittlungen vorzunehmen und die geeignet erscheinenden Beweise aufzunehmen (§ 29 FamFG); es kann den Vorstand anhalten, alle zur Prüfung notwendigen Nachweise vorzulegen24. Dem Registergericht steht dagegen nicht die Befugnis zu, den Kapitalherabsetzungsbeschluss zu überprüfen, der als Satzungsänderung bereits vor seiner Eintragung geprüft worden ist25. Nur im Fall der angeordneten Zwangseinziehung erfolgt eine vertiefte materielle Prüfung, weil ihr kein Hauptversammlungsbeschluss, sondern eine Vorstandsentscheidung vorausgeht, die mangels Eintragungsfähigkeit (s § 238, 11) keiner registerrechtlichen Kontrolle unterliegt und deren Rechtmäßigkeit daher zu überprüfen ist26. Liegen die Eintragungsvoraussetzungen vor, trägt der Registerrichter gemäß § 43 12 Nr 6 lit a HRV in Spalte 6 ein27, dass die Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien durchgeführt ist, und gibt dies gemäß § 10 HGB bekannt (s o § 223, 24 ff).

IV. Die Verbindung gemäß Abs 2 13

Gemäß Abs 2 kann die Anmeldung der Durchführung der Kapitalherabsetzung mit der Anmeldung der Herabsetzung des Grundkapitals nach § 237 verbunden werden28. Dies hat den Vorteil der Kostenersparnis (s u 14). Die Verbindung beider Anmeldungen ist selbstverständlich nur möglich, wenn zur Zeit der Anmeldung die Kapitalherabsetzung auch bereits durchgeführt wurde. Ob die Verbindung beider Anmeldungen neben der Kostenersparnis weitere Rechtsfolgen hat, ist streitig (dazu im Einzelnen § 227, 9 ff).

19 20 21 22 23 24 25

Hüffer 9 4. Becker in Bürgers/Körber 3; Hüffer 9 4. Becker in Bürgers/Körber 3; Hüffer 9 4; MK/Oechsler 2 3. KK/Lutter 2 2; Becker in Bürgers/Körber 3. Hüffer 9 6; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 6. Hüffer 9 6. Hüffer 9 6.

26 27 28

Hüffer 9 6; MK/Oechsler 2 5; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 6; Heidel/Terbrack3 6. Hüffer 9 7. Weiterhin ist eine Verbindung mit der Anmeldung der Satzungsänderung gem § 181 möglich, s Vor § 222, 32 ff und Hüffer 9 8; MK/Oechsler 2 6; zur Fassungsänderung s KK/Lutter 2 5.

Stand: 31.12.2010

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Anmeldung der Durchführung

§ 239

Weiterhin ist umstritten, ob beide Registerverfahren verbunden werden können, wenn der Beschluss über die Kapitalherabsetzung die Einziehung eigener Aktien vorsieht, welche die Gesellschaft noch erwerben muss. Der Kapitalherabsetzungsbeschluss müsse vorher eingetragen werden, da andernfalls die Gefahr bestünde, dass die Gesellschaft die noch nicht wirksame Kapitalherabsetzung mit einfacher Mehrheit rückgängig mache und damit den Gläubigerschutz des § 225 unterlaufe29, obwohl der Erwerb eigener Aktien nicht mehr rückgängig gemacht werden könne. Dieser Gefahr könne nur durch eine Bindung der Hauptversammlung begegnet werden, die durch die Eintragung des Hauptversammlungsbeschlusses vor dessen Durchführung erreicht werde. Zwar kann die Hauptversammlung die Kapitalherabsetzung mit einfacher Mehrheit rückgängig machen (dazu s § 222, 69), doch bedeutet dies nicht, dass die Möglichkeit der Verbindung der Registerverfahren eingeschränkt werden müsste30. Ein solches Erfordernis kann man § 71 Abs 1 Nr 6 nicht entnehmen. Die notwendige Sicherung findet sich in § 71c Abs 2 und 3.

V. Kosten Die Eintragung in das Handelsregister ist kostenpflichtig (§ 79 Abs 1 KostO). Die 14 Gebühr wird jedoch nicht nach dem Geschäftswert (§ 41a Abs 1 Nr 4 lit b KostO), sondern nach dem Aufwand erhoben. Sie bestimmt sich nach Ziff 2400 der nach § 79a KostO erlassenen Handelsregistergebührenverordnung31. Zwar erwähnt diese ausdrücklich nur die Durchführung der Kapitalerhöhung, doch wird man sie entsprechend auf die Durchführung der Kapitalherabsetzung anwenden müssen32. Werden die Eintragung nach § 237 und diejenige nach § 239 verbunden, fällt die Gebühr nur einmal an33.

29 30

Godin/Wilhelmi 4 4; Hefermehl in Geßler/ Hefermehl 2; KK/Lutter 2 4. Hüffer9 9; Hefermehl/Bungeroth in Geßler/ Hefermehl § 71, 120; MünchHdBAG-Krieger 3 § 62, 30; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 2; Becker in Bürgers/Körber 7; Heidel/Terbrack3 11; wohl auch Busch in Marsch-Barner/Schäfer, Handbuch börsennotierte AG2, § 49, 35; Thielmann in Happ, Aktienrecht3 Aufl 14.04 Rn. 10; unentschieden MK/Oechsler 2 7.

(271)

31

32 33

Verordnung über Gebühren in Handels-, Partnerschafts- und Genossenschaftsregistersachen (Handelsregistergebührenverordnung – HRegGebV) v 30.9.2004, BGBl I 2562, zuletzt geändert durch Art 1 der Verordnung v 29.11.2010, BGBl I 1731. Becker in Bürgers/Körber § 227, 8; Hüffer9 § 227, 10. Hüffer 9 § 227, 10.

Rolf Sethe

VIERTER UNTERABSCHNITT Ausweis der Kapitalherabsetzung § 240 1Der

aus der Kapitalherabsetzung gewonnene Betrag ist in der Gewinn- und Verlustrechnung als „Ertrag aus der Kapitalherabsetzung“ gesondert, und zwar hinter dem Posten „Entnahmen aus Gewinnrücklagen“, auszuweisen. 2Eine Einstellung in die Kapitalrücklage nach § 229 Abs. 1 und § 232 ist als „Einstellung in die Kapitalrücklage nach den Vorschriften über die vereinfachte Kapitalherabsetzung“ gesondert auszuweisen. 3Im Anhang ist zu erläutern, ob und in welcher Höhe die aus der Kapitalherabsetzung und aus der Auflösung von Gewinnrücklagen gewonnenen Beträge 1. zum Ausgleich von Wertminderungen, 2. zur Deckung von sonstigen Verlusten oder 3. zur Einstellung in die Kapitalrücklage verwandt werden.

Übersicht I. II. III. IV.

Gesetzesgeschichte . . . . . . . . . . . Zweck und Reichweite der Vorschrift . Zeitpunkt der Ausweisung . . . . . . . Ausweis des Buchertrags aus der Kapitalherabsetzung (S 1) . . . . . . . . . . .

Rn

Rn

. . .

1–2 3–4 5

.

6–7

V. Ausweis der Zuweisung an die Kapitalrücklage (S 2) . . . . . . . . . . . . . 8–9 VI. Erläuterungen im Anhang (S 3) . . . . 10–11 VII. Nichtigkeit und Anfechtbarkeit bei Verstoß . . . . . . . . . . . . . . . . 12

Schrifttum Vgl die Schrifttumsnachweise Vor § 222.

I. Gesetzesgeschichte § 240 trat an die Stelle von § 190 AktG 1937, der – wie die systematische Stellung der 1 Norm zeigte – nur für die vereinfachte Kapitalherabsetzung galt1. Zudem war die Vorschrift auf den Fall der Rückwirkung beschränkt. Durch die Umstellung der Norm „hinter die Klammer“ in einen eigenen Unterabschnitt hat der Gesetzgeber verdeutlicht, dass sie nun für alle drei Arten der Kapitalherabsetzung gilt. Da das Aktiengesetz 1965 in der Gewinn- und Verlustrechnung allgemein den Ausweis der Auflösung von Rücklagen verlangte (§ 157 Abs 1 Nr 30 aF), musste dies auch für jede Form der Kapitalherabsetzung gelten. Daher wurde eine entsprechende Pflicht in S 1 verankert. Eine gesonderte Regelung zum Ausweis der Erträge aus der Auflösung der Rücklagen war entbehrlich, da diese Frage bereits in § 157 aF geregelt war. Gem § 190 S 2 AktG 1937 war in der GuV

1

Hierzu und zum Folgenden Kropff AktG 1965, S 325 f. Zur Geschichte der Kapital-

(273)

herabsetzung im Allgemeinen s Vor § 222, 72 ff.

Rolf Sethe

§ 240

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

zudem anzugeben, ob und in welcher Höhe die aus der Kapitalherabsetzung und der Auflösung von Rücklagen gewonnenen Beträge zum Ausgleich von Wertminderungen, zur Deckung sonstiger Verluste oder zur Einstellung in die gesetzliche Rücklage verwandt wurden. Diese Angaben mussten nun im Geschäftsbericht (heute: Anhang) gemacht werden (§ 160 Abs 2 aF). Der Gesetzgeber versah die Norm nicht mit einer amtlichen Überschrift, da sie die einzige Vorschrift im Vierten Unterabschnitt ist, der seinerseits eine Überschrift trägt, die den Zweck der Norm bereits zum Ausdruck bringt. Das BiRiLiG2 fasste die Vorschrift sprachlich neu, um sie den geänderten Begrifflich2 keiten anzupassen. Die Worte „offene Rücklagen“ in S 1 und S 3 wurden durch „Gewinnrücklagen“ ersetzt. Die Worte „gesetzliche Rücklage“ in S 2 und S 3 ersetzte man durch „Kapitalrücklage“. S 3 wurde dahingehend geändert, dass anstelle des „Geschäftsberichts“ nun vom „Anhang“ gesprochen wird.

II. Zweck und Reichweite der Vorschrift Die zwingende3 Vorschrift regelt den Ausweis der aus der Kapitalherabsetzung gewonnenen Beträge in der GuV und im Anhang. Sie ergänzt die §§ 275–288 HGB und die §§ 158, 160. Sie dient vor allem der Information der Aktionäre, aber auch der Gläubiger über die tatsächliche Ertragslage der Gesellschaft4 und über die Verwendung des Buchertrags aus der Kapitalherabsetzung5. Eine solche Information ist vor allem dann notwendig, wenn die Kapitalherabsetzung mit Rückwirkung erfolgt (vgl §§ 234, 235), weil durch die damit verbundene „Glättung der Bilanz“6 die Gefahr eines falschen Eindrucks entsteht. Um dem vorzubeugen, schreibt § 240 drei Maßnahmen vor: Der aus der Kapitalherabsetzung gewonnene Buchertrag ist in der GuV gesondert auszuweisen (S 1). Gleiches gilt für Einstellungen in die Kapitalrücklage, die gem § 229 Abs 1 und § 232 vorgenommen wurden (S 2). Der Nachweis der Verwendung der durch die Kapitalherabsetzung und die Auflösung von Rücklagen gewonnenen Mittel erfolgt im Anhang (S 3). Die Vorschrift bezieht sich ausdrücklich nur auf den Betrag, der durch die Kapital4 herabsetzung gewonnen wird. Dagegen regelt die Norm nicht, wie die Beträge auszuweisen sind, die durch die nach § 229 Abs 2 notwendige Auflösung der gesetzlichen Rücklage und der Kapitalrücklage (s § 229, 35 ff) gewonnen werden. Hier finden daher die allgemeinen Vorschriften Anwendung, so dass § 158 Abs 1 S 1 Nrn 2 und 3 gelten7, wonach die Beträge in der GuV nach dem Posten Jahresüberschuss/Jahresfehlbetrag auszuweisen sind. Anwendbar ist auch das Ausweiswahlrecht des § 158 Abs 1 S 2, so dass die Angaben statt in der GuV auch im Anhang gemacht werden dürfen8.

3

2

3 4

Art 2 Nr 50 des Gesetzes zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts – Bilanzrichtlinien-Gesetz – v 19.12.1985, BGBl I 2355. Hüffer9 2; KK/Lutter 2 10. Hüffer9 1; KK/Lutter 2 3; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 1; MK/Oechsler 2 1; Wahlers in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung5, § 240, 2.

5 6 7

8

Kropff AktG 1965, S 326; Hüffer 9 1; KK/Lutter 2 3; MK/Oechsler 2 1. Wahlers in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung5, § 240, 2. Kropff AktG 1965, S 326; Wahlers in Küting/ Weber, Handbuch der Rechnungslegung5, § 240, 3. Hüffer9 1; Wahlers in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung5, § 240, 3.

Stand: 31.12.2010

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Ausweis der Kapitalherabsetzung

§ 240

III. Zeitpunkt der Ausweisung § 240 schweigt zu der Frage, auf welches Geschäftsjahr er sich bezieht. Es ist aber 5 selbstverständlich, dass die Vorgänge in der Rechnungslegung für dasjenige Geschäftsjahr darzustellen sind, in dem sie wirksam werden. Handelt es sich um eine Kapitalherabsetzung mit Rückwirkung (§ 234), ist die Norm also für das letzte vor der Beschlussfassung abgelaufene Geschäftsjahr zu beachten9. In allen anderen Fällen greift sie für das Geschäftsjahr, in dem die Kapitalherabsetzung wirksam wird (§§ 224, 229 Abs 3, 238)10.

IV. Ausweis des Buchertrags aus der Kapitalherabsetzung (S 1) Der aus der Kapitalherabsetzung gewonnene Buchertrag ist als „Ertrag aus der Kapi- 6 talherabsetzung“ in der GuV gesondert auszuweisen, und zwar hinter dem Posten „Entnahmen aus Gewinnrücklagen“ (§ 158 Abs 1 Satz 1 Nr 3). Dieser Posten in der GuV ist weder in § 275 HGB noch in § 158 enthalten, sondern wird durch § 240 S 1 geschaffen. Die Norm gilt sowohl für die ordentliche und die vereinfachte Kapitalherabsetzung als auch für die Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien, die der AG unentgeltlich zur Verfügung gestellt wurden11. Der Betrag errechnet sich aus dem Unterschied zwischen dem alten und dem neuen, herabgesetzten Kapital. Da § 240 ausdrücklich bestimmt, dass der Buchertrag aus der Kapitalherabsetzung in die GuV einzustellen ist, stellt sich die Frage, ob der Gesetzgeber damit das Ausweiswahlrecht des § 158 Abs 1 S 2 ausschließen wollte. Ein Teil des Schrifttums nimmt dies unter Hinweis auf den Wortlaut an12. Damit aber macht diese Ansicht einen Unterschied zwischen dem Ausweis des Betrags aus der Kapitalherabsetzung und dem Ausweis der Auflösung der Rücklagen, bei dem sie der Gesellschaft gerade das Ausweiswahlrecht zugesteht (s o 4). Diese Ansicht führt zu völlig unpraktikablen Ergebnissen und ist daher abzulehnen: (1) Die Gesellschaft müsste den aus der Kapitalherabsetzung gewonnenen Buchertrag zwingend in der GuV ausweisen, könnte aber hinsichtlich der Einstellungen aus aufgelösten Rücklagen (§ 229 Abs 2, s o 4) das Ausweiswahlrecht nutzen und sie im Anhang berücksichtigen, obwohl beide aus demselben Vorgang resultieren. (2) Wenn die Ansicht gerade darauf verweist, zum Schutze der Gläubiger müsse der Ort, an dem der Ertrag ausgewiesen werde, eindeutig feststehen13, verkennt sie, dass das für den Gläubiger entscheidende und nun herabgesetzte gezeichnete Kapital in der Bilanz zu finden ist und nicht in der GuV. Wenn ein Gläubiger die Erträge der Gesellschaft analysiert, dürfte es für ihn kaum einen Unterschied machen, ob er den Buchgewinn aus der Kapitalherabsetzung in der GuV oder im Anhang findet; er wird immer beides lesen. Wenn der Gesetzgeber ein Wahlrecht vorsieht, geht er davon aus, dass ein Gläubiger auch in der Lage ist, dies zur Kenntnis zu nehmen. (3) Berücksichtigt man den Umstand, dass unstreitig das Ausweiswahlrecht ein9

10

11

Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 2; MK/Oechsler 2 2; Wahlers in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung5, § 240, 12. Godin/Wilhelmi 4 2; Hüffer9 2; Spindler-Stilz/ Marsch-Barner 2 2; MK/Oechsler 2 2; Wahlers in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung5, § 240, 12. Brönner § 158, 21; Adler/Düring/Schmaltz6 § 158 AktG, 23; KK/Claussen2 §§ 275–277

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12

13

HGB, 158 AktG, 134; KK/Lutter 2 5; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 2. Becker in Bürgers/Körber 3; Heidel/Terbrack3 3; Hüffer9 3, § 158, 8; MK/Oechsler 2 3; K Schmidt/Lutter/Kleindiek2 3, § 158, 10; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 3; Wahlers in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung5, § 240, 6. So ausdrücklich MK/Oechsler 2 3.

Rolf Sethe

§ 240

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

heitlich für alle Posten der GuV ausgeübt werden muss14, lässt der Sinn und Zweck der Regelung in § 158 Abs 1 S 2 nur eine Lösung zu, nämlich der Gesellschaft das Ausweiswahlrecht für alle mit der Kapitalherabsetzung verbundenen Positionen zu gewähren. (4) Soweit sich die Gegenansicht auf den Wortlaut von § 240 beruft, misst sie diesem eine zu große Bedeutung zu, die von der Entstehungsgeschichte gerade nicht gestützt wird. Der hier interessierende Teil des Wortlauts von § 240 stammt aus dem Jahr 1965. Der Gesetzgeber nahm dabei in den Materialien auf § 157 aF Bezug15, der noch kein Ausweiswahlrecht kannte. Das Ausweiswahlrecht wurde erst mit dem BiRiLiG16 eingeführt. Es war im ursprünglichen RegE17 nicht enthalten, sondern wurde erst vom Rechtsausschuss vorgeschlagen18. Dieser hat an keiner Stelle Erwägungen zu der Frage angestellt, welche Auswirkungen das Wahlrecht auf andere Vorschriften hat, welche die Aufstellung der GuV betreffen. Vor diesem Hintergrund kann man dem Wortlaut keine so weitreichende Bedeutung zumessen, wie dies die Gegenansicht tut. (5) Im Übrigen entwertet die Gegenauffassung das Wahlrecht des § 158 Abs 1 S 2 in Geschäftsjahren mit Kapitalherabsetzung. Auch ihre Vertreter sind nämlich der Ansicht, dass das Wahlrecht nur einheitlich ausgeübt werden kann. Konsequenterweise müssten sie verlangen, dass die Gesellschaft das Wahlrecht in Jahren mit Kapitalherabsetzung insgesamt nicht nutzen darf, wenn der Posten des § 240 S 1 nicht in den Anhang aufgenommen werden darf19. Soweit aber gehen selbst sie nicht. Festzuhalten bleibt damit, dass der Gesellschaft das Ausweiswahlrecht sowohl hinsichtlich des Buchertrags aus der Kapitalherabsetzung als auch hinsichtlich der Beträge aus der Auflösung der Rücklagen zusteht. Wenn sie es nutzt, muss sie es allerdings einheitlich für alle Posten nutzen20. Wie § 298 HGB zeigt, werden die für den Einzelabschluss geltenden Vorschriften für 7 den Konzernabschluss entsprechend angewandt, „soweit seine Eigenart keine Abweichung bedingt“. Nach hM findet § 158 im Konzernabschluss jedoch keine Anwendung, da die Norm zusätzliche Informationen zur Gewinnverwendung vorschreibt, der Konzernabschluss aber gerade nicht Grundlage der Gewinnverwendung ist21. Da § 240 auf § 158 Bezug nimmt und ebenfalls Fragen der Gewinnverwendung regelt, wird man seine Anwendung mit dergleichen Argumentation verneinen müssen22.

V. Ausweis der Zuweisung an die Kapitalrücklage (S 2) 8

Nach § 229 Abs 1 kann eine vereinfachte Kapitalherabsetzung auch dazu dienen, Beträge in die Kapitalrücklage einzustellen (s § 229, 20, 27 ff). Nach § 232 ist ein bei der Kapitalherabsetzung zum Zwecke des Ausgleichs von Wertminderungen oder der

14 15 16

17 18 19

Adler/Düring/Schmaltz 6 § 158 AktG, 28; Hüffer9 § 158, 7. Kropff AktG 1965, S 326. Art 2 Nr 25 des Gesetzes zur Durchführung der Vierten, Siebenten und Achten Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften zur Koordinierung des Gesellschaftsrechts – Bilanzrichtlinien-Gesetz – v 19.12.1985, BGBl I 2355. RegE BiRiLiG, BT-Drucks 10/317. BT-Drucks 10/4268, S 43 f. Hierauf weist Brönner § 158, 21 zu Recht hin.

20 21

22

Brönner § 158, 21; Adler/Düring/Schmaltz 6 § 158 AktG, 24. Winkeljohann/Lust in Beckscher Bilanzkommentar § 298, 44; KK/Claussen/Scherrer 2 § 298, 77; Adler/Düring/Schmaltz 6 § 298 HGB, 195 ff. K Schmidt/Lutter/Kleindiek2 4; Adler/ Düring/Schmaltz 6 § 298, 200; aA Grosskomm BilanzR/Kraft § 298, 144. Zur Kapitalkonsolidierung nach einer Kapitalherabsetzung im Konzern s Grosskomm BilanzR/ Kraft § 301, 185 ff.

Stand: 31.12.2010

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Ausweis der Kapitalherabsetzung

§ 240

Deckung sonstiger Verluste nicht für diese Zwecke benötigter Betrag in die Kapitalrücklage einzustellen (s § 232, 4 ff). In beiden Fällen schreibt Satz 2 den gesonderten Ausweis als „Einstellung in die Kapitalrücklage nach den Vorschriften über die vereinfachte Kapitalherabsetzung“ vor. § 240 erwähnt nicht den Fall der Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien, bei der nach § 237 Abs 5 ein Betrag in die Kapitalrücklage einzustellen ist. Auch hier ist jedoch eine Gegenbuchung in der GuV erforderlich. Es besteht daher Einigkeit, dass S 2 auf diesen Fall entsprechend anzuwenden ist23. Die Benennung des Buchungspostens ist anzupassen („Einstellung in die Kapitalrücklage nach den Vorschriften über die Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien“ oder „Einstellung in die Kapitalrücklage nach § 237 Abs 5“). Die Vorschrift ist schließlich auf Fälle anzuwenden, in denen analog § 232 Beträge in die Kapitalrücklage einzustellen sind (s § 232, 14 ff)24. S 2 ergänzt den Ausweis des Buchertrags nach S 1 und sorgt dafür, dass die Kapital- 9 herabsetzung insgesamt erfolgsneutral verbucht wird25. Im Anhang ist zu erläutern, ob und in welcher Höhe die aus der Kapitalherabsetzung und aus der Auflösung von Gewinnrücklagen gewonnenen Beträge in die Kapitalrücklage eingestellt wurden (Satz 3). Anders als bei S 1 lässt S 2 der Vorschrift offen, an welcher Stelle der Ergänzungsgliederung gem § 158 der Ausweis der Einstellung von Beträgen in die Kapitalrücklage erfolgt. Ein Teil des Schrifttums befürwortet einen Posten nach der Nr 3 („Entnahmen aus Gewinnrücklagen“)26, doch ist an dieser Stelle bereits der Buchertrag aus der Kapitalherabsetzung zu verbuchen (s o 6). Geeigneter erscheint daher die Einstellung nach Nr 4 („Einstellungen in Gewinnrücklagen“)27.

VI. Erläuterungen im Anhang (S 3) S 3 der Vorschrift ergänzt § 160. Im Anhang ist zu erläutern, ob und in welcher Höhe 10 die aus der Kapitelherabsetzung und aus der Auflösung von Rücklagen gewonnenen Beträge – und zwar jeweils getrennt – zum Ausgleich von Wertminderungen (Nr 1), zur Deckung von sonstigen Verlusten (Nr 2) oder zur Einstellung in die Kapitalrücklage (Nr 3) verwandt werden. Um ein zutreffendes Bild zu vermitteln, ist auch über die Herkunft der Verluste und Wertminderungen zu berichten28. Diese besonderen Angaben gem S 3 sind auch dann zu machen, wenn die Wertminderungen und Verluste nicht erst im Berichtsjahr, sondern schon in früheren Geschäftsjahren entstanden sind29. Bei der vereinfachten Kapitalherabsetzung können alle drei Varianten auftreten. Auch bei der ordentlichen Kapitalherabsetzung kann sich ein Erläuterungsbedarf ergeben, wenn die Kapitalherabsetzung nicht der Rückzahlung der Einlagen dient. Werden bei einer Kapitalherabsetzung durch Einziehung die Aktien unentgeltlich zur Verfügung gestellt oder

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KK/Lutter 2 7; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 4; MK/Oechsler 2 6; Wahlers in Küting/ Weber, Handbuch der Rechnungslegung5, § 240, 9; aA noch Schilling Voraufl 3. Becker in Bürgers/Körber 4; Hüffer9 5 aE: K Schmidt/Lutter/Kleindiek2 6; MK/Oechsler 2 4. Wahlers in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung5, § 240, 8. Adler/Düring/Schmaltz 6 § 158 AktG, 26;

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Hüffer9 4; K Schmidt/Lutter/Kleindiek2 5; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 4. Brönner § 158, 23; KK/Claussen2 §§ 275– 277 HGB, 158 AktG, 137; Wahlers in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung5, § 240, 8 mwN. Becker in Bürgers/Körber 6; Hüffer 9 6; KK/Lutter 2 8. Baumbach/Hueck13 2c; Hüffer9 6; MK/Oechsler 2 7.

Rolf Sethe

§ 240

Sechster Teil. Satzungsänderung. Kapitalherabsetzung

erfolgt die Einziehung zulasten des Bilanzgewinns oder einer Rücklage, sind die Beträge ebenfalls im Anhang zu erläutern. Der Wortlaut von § 240 verlangt eine Erläuterung im Anhang, „ob und in welcher 11 Höhe“ die aus der Kapitelherabsetzung und aus der Auflösung von Rücklagen gewonnenen Beträge verwandt wurden. Aufgrund dieses Wortlauts stellt sich die Frage, ob die Gesellschaft im Anhang auch eine Angabe machen muss, wenn sie diese Mittel nicht verwandt hat (Fehlanzeige). Es sind jedoch nur die tatsächlich vorgenommenen Verwendungen anzugeben (vgl § 265 Abs 8 HGB); auch der Sinn und Zweck von § 240 (s o 3) spricht für diese Lösung30.

VII. Nichtigkeit und Anfechtbarkeit bei Verstoß 12

Wird gegen die zwingenden Vorgaben von § 240 verstoßen, ist der Bestätigungsvermerk gem § 322 HGB zu versagen31. § 240 S 1 und 2 sind Vorschriften über die Gliederung der Gewinn- und Verlustrechnung. Ihre Nichtbeachtung wird man in der Regel nicht als eine wesentliche Beeinträchtigung der Klarheit und Übersichtlichkeit der Gewinn- und Verlustrechnung anzusehen haben, die eine Nichtigkeit des Jahresabschlusses nach § 256 Abs 4 zur Folge hätte32. Ein Verstoß gegen Satz 1 und 2 in dem von der Hauptversammlung festgestellten Jahresabschluss macht den Feststellungsbeschluss auch nicht anfechtbar. Nur wenn neben dem Verstoß gegen § 240 auch noch ein solcher gegen materielle Gläubigerschutzbestimmungen begangen wird (zB gegen § 232, 237 Abs 5), liegt regelmäßig ein Fall der Nichtigkeit nach § 256 Abs 1 Nr 4 vor33.

30 31

Wahlers in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung5, § 240, 10. Unstr MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 4; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 6; MK/Oechsler 2 8.

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33

KK/Lutter 2 10; MünchHdBAG-Krieger 3 § 60, 4; Wahlers in Küting/Weber, Handbuch der Rechnungslegung5, § 240, 13. Hüffer9 7; Spindler-Stilz/Marsch-Barner 2 6; MK/Oechsler 2 8.

Stand: 31.12.2010

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Sachregister Die fetten Zahlen verweisen auf die Paragraphen, die mageren auf die Randnummern

Abfindung 237, 66 ff Ablösungsrecht – Genussrechte 221, 335, 421 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 421 Abschreibungen 230, 14 Abspaltung – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 41 f – vereinfachte Kapitalherabsetzung 229, 10 Ad-hoc-Publizität – Genussrechte 221, 452 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 452 – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 48 f AGB-Recht – Genussrechte 221, 398 ff – Gewinnschuldverschreibungen 221, 398 ff – Optionsanleihen 221, 131 ff – Wandelanleihen 221, 131 ff Agio – Genussrechte 221, 443 – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 13 ff – Optionsanleihen 221, 233, 245 – Wandelanleihen 221, 233, 245 Aktienähnliche Genussrechte 221, 330 Aktienanleihe – Optionsanleihen 221, 210 – Wandelanleihen 221, 210 Aktiengattungen – ordentliche Kapitalherabsetzung 222, 34 – vereinfachte Kapitalherabsetzung 229, 51 Aktiengesetz 1937 – Genussrechte 221, 1 ff – Gewinnschuldverschreibungen 221, 1 ff – Optionsanleihen 221, 1 ff – Wandelanleihen 221, 1 ff Aktiengesetz 1965 – Genussrechte 221, 4 ff – Gewinnschuldverschreibungen 221, 4 ff – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 86 – Optionsanleihen 221, 4 ff – Wandelanleihen 221, 4 ff Aktienrechtsnovelle 2012 – Genussrechte 221, 5 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 5

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– Optionsanleihen 221, 5 – Wandelanleihen 221, 5 Aktienurkunde – Einziehungshandlung 238, 18,22 – ordentliche Kapitalherabsetzung 222, 57 Aktionärsinteresse 229, 33 Aktionärsschutz – Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien 237, 11 – ordentliche Kapitalherabsetzung 222, 7 – vereinfachte Kapitalherabsetzung 230, 2 ff Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch Vor § 222, 73 Amtshaftung 228, 21 Anfechtungsklage – Anmeldung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses 223, 19 – Herabsetzung unter den Mindestnennbetrag 228, 19 – Kapitalherabsetzung 240, 12 – Kapitalherabsetzungsbeschluss 223, 19 – Optionsanleihen 221, 157 – vereinfachte Kapitalherabsetzung 229, 48 – Wandelanleihen 221, 157 Anhang – Genussrechte 221, 392, 446 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 392, 447 – Kapitalherabsetzung 240, 10 f Anlegerschutz 224, 15 ff Anleihebedingungen – Optionsanleihen 221, 101, 202 – Wandelanleihen 221, 101, 202 Anleiheverbindlichkeit – Optionsanleihen 221, 223 – Wandelanleihen 221, 223 Anmeldung beim Handelsregister – Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien 239, 1 ff – Optionsanleihen 221, 285 f – ordentliche Kapitalherabsetzung 227, 1 ff

Sebastian Mock

Sachregister – vereinfachte Kapitalherabsetzung 229, 57 f – Wandelanleihen 221, 285 f Anmeldung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses 223, 1 ff – anfechtbarer Beschluss 223, 19 – Anlage 223, 13 – Anmeldende 223, 6 – Aufsichtsratsvorsitzender 223, 7 – Bekanntmachung 223, 26 – Eintragung 223, 24 f – fehlerhafte Eintragung 223, 29 – Form 223, 11 – funktionelle Zuständigkeit 223, 5 – gerichtliche Verfügung 223, 23 – historische Entwicklung 223, 1 – Inhalt 223, 12 – Kosten 223, 30 – Mängel 223, 17 ff – Normzweck 223, 2 f – örtliche Zuständigkeit 223, 5 – Pflicht 223, 8 ff – Prüfung 223, 15 ff – Rechtsmittel 223, 29 – Rechtsnatur 223, 4 – Registergericht 223, 15 ff – Rücknahme 223, 14 – sachliche Zuständigkeit 223, 5 – Unternehmensregister 223, 27 – Zurückstellung 223, 14 – Zuständigkeit 223, 5 Arbeitnehmer – Genussrechte 221, 464 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 464 – naked warrants 221, 305 – Optionsanleihen 221, 128, 145, 297 – Sicherheitsleistung 225, 24 – Wandelanleihen 221, 128, 145, 297 ARUG – Genussrechte 221, 6 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 6 – Herabsetzung unter den Mindestnennbetrag 228, 2 – Optionsanleihen 221, 6 – Wandelanleihen 221, 6 Aufklärungspflicht 237, 80 Aufsichtsrat – Genussrechte 221, 389 ff – Gewinnschuldverschreibungen 221, 389 ff – Optionsanleihen 221, 116 – Wandelanleihen 221, 116 Aufsichtsratsvorsitzender 223, 7 Aufwand – Optionsanleihen 221, 226 – Wandelanleihen 221, 226

Ausgabebetrag – Optionsanleihen 221, 142 – Wandelanleihen 221, 142 Ausgabepflicht – Optionsanleihen 221, 106 – Wandelanleihen 221, 106 Ausgliederung Vor § 222, 41 f Ausländische Börsennotierung – Optionsanleihen 221, 144 – Wandelanleihen 221, 144 Auslosung – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 31 – Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien 237, 26 – Kapitalherabsetzungsbeschluss 222, 33 – Zwangseinziehung 237, 50, 62 Ausschluss von Aktionären Vor § 222, 19 Ausschüttungen – Gewinnschuldverschreibungen 221, 325 – vereinfachte Kapitalherabsetzung 233, 1 ff Ausschüttungssperre – Einziehung durch die Gesellschaft 237, 80 – Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien 237, 94 ff Auszahlungsverbot 225, 63 ff – Dauer 225, 64 – Folgen eines Verstoßes 225, 66 – ordentliche Kapitalherabsetzung (s dort) – Reichweite 225, 63 – Schutzgesetz 225, 66 – Sinn 225, 63 – Umfang 225, 65 – Verstoß 225, 66 – Zwangseinziehung 237, 77 Barausgleich – Optionsanleihen 221, 211 – Wandelanleihen 221, 211 Bareinlage – Herabsetzung unter den Mindestnennbetrag 228, 9 – Optionsanleihen 221, 215 – Wandelanleihen 221, 215 Bedingtes Kapital – Herabsetzung unter den Mindestnennbetrag 228, 10 – naked warrants 221, 313, 321 – Optionsanleihen 221, 164, 179, 213 – ordentliche Kapitalherabsetzung 224, 3 – Wandelanleihen 221, 164, 179, 213 Begebungsvertrag – Optionsanleihen 221, 133 – Wandelanleihen 221, 133

Stand: 1. 1. 2012

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Sachregister Begradigung der Kapitalziffer 222, 41 Beherrschungsverträge 224, 24 Bekanntmachung – Anmeldung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses 223, 26 – Kapitalherabsetzungsbeschluss 223, 26 – Kraftloserklärung von Aktien 226, 21 – Optionsanleihen 221, 118, 149 – Wandelanleihen 221, 118, 149 Bericht – Optionsanleihen 221, 158 – Wandelanleihen 221, 158 – Kapitalherabsetzungsbeschluss 222, 71 ff – ordentliche Kapitalherabsetzung 222, 39, 71 ff Bezugsrecht – Genussrechte 221, 381, 391, 407 ff – Gewinnschuldverschreibungen 221, 381, 391, 407 ff – Herabsetzung unter den Mindestnennbetrag 228, 14 – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 15 – naked warrants 221, 312 ff – Optionsanleihen 221, 78, 120, 124, 142 ff, 181 f – Wandelanleihen 221, 78, 120, 124, 142 ff, 181 f Bezugsrechtsausschluss – Genussrechte 221, 407 ff – Gewinnschuldverschreibungen 221, 407 ff – Optionsanleihen 221, 109, 143 – Wandelanleihen 221, 109, 143 Bilanz – Genussrechte 221, 431 ff – Gewinnschuldverschreibungen 221, 447 – Optionsanleihen 221, 222 ff – Wandelanleihen 221, 222 ff Bilanzgewinn – Gewinnschuldverschreibungen 221, 326 – Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien 237, 106 Bilanzoptik 229, 27 Bilanzrichtliniengesetz – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 87 – vereinfachte Kapitalherabsetzung 229, 4 Bilanzverlust 229, 22 Börsenhandel – Genussrechte 221, 449 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 449 – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 61 f – Optionsanleihen 221, 265 – Wandelanleihen 221, 265 Börsennotierte Gesellschaften 237, 69

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Bruchteil – Optionsanleihen 221, 180 – Wandelanleihen 221, 180 CoCo-Bonds – Optionsanleihen 221, 91 – Wandelanleihen 221, 91 Delisting – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 64 – Optionsanleihen 221, 190 – Wandelanleihen 221, 190 Depotgesetz – Optionsanleihen 221, 127 – Wandelanleihen 221, 127 Directors’ dealings Vor § 222, 50 f Disagio – Optionsanleihen 221, 295 – Wandelanleihen 221, 295 Durchschnittsdividende – Genussrechte 221, 393 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 393 Eigene Aktien – Einziehung durch die Gesellschaft 237, 82 – Einziehungshandlung 238, 16 – ordentliche Kapitalherabsetzung 225, 71 – vereinfachte Kapitalherabsetzung 229, 41 – Erwerb eigener Aktien (s dort) Eigene Genussrechte 221, 441 Eigenkapitalinstrument – Optionsanleihen 221, 230 – Wandelanleihen 221, 230 Eigennütziges Anlagemodell – Optionsanleihen 221, 95, 122, 248 – Wandelanleihen 221, 95, 122, 248 Einberufung der Hauptversammlung 222, 12 ff Eingliederung – Genussrechte 221, 418 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 418 – Optionsanleihen 221, 188 – Wandelanleihen 221, 188 Einlagepflicht – ordentliche Kapitalherabsetzung 224, 13; 225, 75 – Zwangseinziehung 237, 56 Eintragung – Anmeldung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses 223, 24 f – Herabsetzung unter den Mindestnennbetrag 228, 23 f – Kapitalherabsetzungsbeschluss 223, 24 f – ordentliche Kapitalherabsetzung 224, 3

Sebastian Mock

Sachregister Einzelurkunde – Kraftloserklärung von Aktien 226, 7 – Optionsanleihen 221, 269 – Wandelanleihen 221, 269 – Zusammenlegung von Aktien 226, 38 Einziehung durch die Gesellschaft 237, 78 ff – Aufklärungspflicht 237, 80 – Ausschüttungssperre 237, 80 – eigene Aktien 237, 82 – Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien (s dort) – Satzung 237, 84 – verbotene Einlagenrückgewähr 237, 79 Einziehung von Aktien – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 27, 55 – ordentliche Kapitalherabsetzung 222, 56 Einziehungsentgelt 237, 66 ff; 238, 23 Einziehungshandlung 238, 14 ff – Aktienurkunde 238, 18, 22 – Dritte 238, 21 – eigene Aktien 238, 16 – Einziehungsakt 238, 15 ff – Einziehungsentgelt 238, 23 – fehlerhafter Einziehungsakt 238, 27 – Herausgabe von Urkunden 238, 23 – Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien (s dort) – Mitgliedschaft 238, 20 – Rechtsfolgen 238, 20 ff – rückständige Gewinnanteile 238, 23 – Vernichtung der Aktienurkunde 238, 18 – Vorstand 238, 14 – Zuständigkeit 238, 14 Emission – Genussrechte 221, 376 ff – Gewinnschuldverschreibungen 221, 376 ff – Optionsanleihen 221, 125 ff – Wandelanleihen 221, 125 ff Erfindungen 221, 334 Erlassvertrag 224, 13; 225, 67 Ermächtigungsbeschluss – Genussrechte 221, 383 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 383 – Optionsanleihen 221, 107 ff – Wandelanleihen 221, 107 ff Ersetzungsbefugnis – Optionsanleihen 221, 209 – Wandelanleihen 221, 209 Erster Weltkrieg Vor § 222, 78 Erwerb eigener Aktien – Eigene Aktien (s dort) – Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien 237, 24 – Optionsanleihen 221, 162

– Wandelanleihen 221, 162 Erwerb eigener Anleihen – Optionsanleihen 221, 136 ff, 271 – Wandelanleihen 221, 136 ff, 271 Erwerb eigener Genussrechte 221, 402 ff Erwerb eigener Gewinnschuldverschreibungen 221, 402 ff Euro-Einführungsgesetz – Genussrechte 221, 7 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 7 – Optionsanleihen 221, 7, 196 – Wandelanleihen 221, 7, 196 Europäische Aktiengesellschaft – Genussrechte 221, 31 ff – Gewinnschuldverschreibungen 221, 31 ff – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 37 f, 91 – Kapitalherabsetzungsbeschluss 222, 21 – Optionsanleihen 221, 31 ff – Wandelanleihen 221, 31 ff Europäisches Recht – Genussrechte 221, 28 ff, 362 ff – Gewinnschuldverschreibungen 221, 28 ff – Gläubigerschutz 225, 8 ff – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 89 ff – naked warrants 221, 301 – Optionsanleihen 221, 28 ff – Wandelanleihen 221, 28 ff Faktischer Konzern – Optionsanleihen 221, 187 – Wandelanleihen 221, 187 Feststellung des Jahresabschlusses durch die Hauptversammlung 234, 9 ff Festverzinsliche Genussscheine 221, 371 Financial assistance – Optionsanleihen 221, 140 – Wandelanleihen 221, 140 Finanzberichterstattung – Genussrechte 221, 452 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 452 – Optionsanleihen 221, 270 – Wandelanleihen 221, 270 Finanzdienstleistungsinstitute – ordentliche Kapitalherabsetzung 222, 68 – Sicherheitsleistung 225, 46 Finanzierungstochtergesellschaften – Optionsanleihen 221, 83 – Wandelanleihen 221, 83 Finanzierungszwecke 221, 344 Finanzkrise 221, 352 Finanzmarktstabilisierung 221, 467 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 467 – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 46

Stand: 1. 1. 2012

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Sachregister – Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien 237, 20 – Kapitalherabsetzungsbeschluss 222, 21 Finanztermingeschäfte – Optionsanleihen 221, 273 – Wandelanleihen 221, 273 Formwechsel – Optionsanleihen 221, 176 – Wandelanleihen 221, 176 Frankreich – Genussrechte 221, 62 f, 70 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 44, 70 – Optionsanleihen 221, 44, 70 – Wandelanleihen 221, 44, 70 Freiverkehr 221, 267 Fremdemission – Optionsanleihen 221, 132 – Wandelanleihen 221, 132 Fremdkapital – Genussrechte 221, 356 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 356 Fremdnütziges Anlagemodell – Optionsanleihen 221, 94, 122, 247 – Wandelanleihen 221, 94, 122, 247 Gattungsbezugsrecht – Optionsanleihen 221, 183 – Wandelanleihen 221, 183 Geldeinlagen 228, 9 Gemeinsamer Vertreter – Optionsanleihen 221, 203 – Wandelanleihen 221, 203 Genehmigtes Kapital – Herabsetzung unter den Mindestnennbetrag 228, 10 – naked warrants 221, 315 – Optionsanleihen 221, 166, 217 – ordentliche Kapitalherabsetzung 224, 3 – Wandelanleihen 221, 166, 217 Genossenschaft 221, 340 Genussrechte 221, 323 ff – Abgrenzung 221, 12 ff – Ablösungen 221, 335 – Ablösungsrecht 221, 421 – Ad-hoc-Publizität 221, 452 – AGB-Recht 221, 398 ff – Agio 221, 443 – aktienähnliche Genussrechte 221, 330 – Aktiengesetz 1937 221, 1 ff – Aktiengesetz 1965 221, 4 ff – Aktienrechtsnovelle 2012 221, 5 – Änderung 221, 419 ff – Anhang 221, 392, 446 – Arbeitnehmer 221, 464

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ARUG 221, 6 Aufhebung 221, 419 ff, 422 Aufsichtsrat 221, 389 ff Ausschluss des Bezugsrechts 221, 407 ff Außenverhältnis 221, 396 ff außerordentliches Kündigungsrecht 221, 421 Begriff 221, 328 ff Bezugsrecht 221, 381, 391, 407 ff Bilanzierung 221, 431 ff Börsenhandel 221, 449 Durchschnittsdividende 221, 393 eigene Genussrechte 221, 441 einfache Schuldverschreibung 221, 16 Eingliederung 221, 418 Emission 221, 376 ff Erfindungen 221, 334 Ermächtigungsbeschluss 221, 383 Erwerb eigener Genussrechte 221, 402 ff Euro-Einführungsgesetz 221, 7 Europäische Aktiengesellschaft 221, 31 ff Europäisches Recht 221, 28 ff Europarecht 221, 362 ff festverzinsliche Genussscheine 221, 371 Finanzberichterstattung 221, 452 Finanzierungszwecke 221, 344 Finanzkrise 221, 352 Finanzmarktstabilisierung 221, 467 Frankreich 221, 62 f, 70 Fremdkapital 221, 356 Genossenschaft 221, 340 Genussrechtskapital 221, 440 Gewerbesteuer 221, 461 Gewinnschuldverschreibungen (s dort) Gläubigerversammlung 221, 70 Gleitklausel 221, 420 GmbH 221, 338 GmbH-Recht 221, 9 Gründer-Genussscheine 221, 343 Handelsregister 221, 24, 384, 389 ff Hauptversammlung 221, 22 ff, 378 ff historische Entwicklung 221, 1 ff, 342 ff, 368 IAS/IFRS 221, 435 Informationsrecht 221, 405 f Inhalt 221, 328 Inhaltskontrolle 221, 387, 398 ff Innenverhältnis 221, 376 ff Insiderhandelsverbot 221, 452 Insolvenz 221, 428 ff isolierter Gewinnabführungsvertrag 221, 418 Italien 221, 65 f, 70 Jahresabschluss 221, 392 Kapitalaufbringung 221, 358 Kapitalerhöhung 221, 334 Kapitalherabsetzung 221, 415

Sebastian Mock

Sachregister – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Kapitalmarktrecht 221, 449 ff Kapitalschutzrichtlinie 221, 28 ff Konkurrenzfragen 221, 354 ff KonTraG 221, 73 Konzerngewinn 221, 393 Kosten 221, 454 ff Kündigungsrecht 221, 421 Liquidationserlös 221, 329 ff, 434, 459 massenweise Begebung 221, 333 Mitarbeiterbeteiligung 221, 334, 370 Mitgliedschaft 221, 331 Musterformular 221, 27 Nachrang 221, 435 naked warrants 221, 319 Normzweck 221, 10 f obligationsähnliche Genussrechte 221, 330 öffentlich-rechtliche Rechtsträger 221, 341 Optionen 221, 18 f Optionsanleihen 221, 355 ordentliche Kapitalherabsetzung 224, 22 ff ordentliches Kündigungsrecht 221, 421 Österreich 221, 57, 70 Passivierung 221, 436 Personengesellschaften 221, 339 Preferred Pool Shares 221, 349 Prospektpflicht 221, 450 f Publizität 221, 389 ff Rechtsnatur 221, 328 ff Rechtsvergleichung 221, 57 ff, 369 Reform 221, 71 Regierungskommission Corporate Governance 221, 72 Sanierungs-Genussschein 221, 335, 348 Schadenersatzansprüche 221, 417 Schuldverschreibung 221, 16 Schuldverschreibungsgesetz 221, 423 f Schutzvorschrift 221, 10 Schweiz 221, 58 f Spanien 221, 67 Stammrecht 221, 332 Statistik 221, 350 ff Steuern 221, 359, 457 ff stimmrechtlose Vorzugsaktien 221, 360 ff Tantieme 221, 333 Teilgewinnabführungsvertrag 221, 375 Tochtergesellschaften 221, 394 f, 413 Übernahmerecht 221, 453 UMAG 221, 4 umgekehrte Wandelanleihe 221, 13 Umsatzsteuer 221, 459 Unterbilanz-Genussscheine 221, 334 Unternehmensbeteiligungsgesellschaften 221, 365, 466 US-amerikanisches Recht 221, 69 f

– verbundene Unternehmen 221, 393 – vereinfachte Kapitalherabsetzung 229, 51,67 – Vereinigtes Königreich 221, 68, 70 – Verfahren 221, 20 ff – Verlustbeteiligung 221, 435 – Verlustteilnahme 221, 357 – Vermögenssteuer 221, 462 – Versicherungen 221, 356 – Verwässerungsschutz 221, 415 ff – vorinsolvenzliche Sanierung 221, 423 ff – Vorstand 221, 21 – Vorzugsaktien ohne Stimmrecht 221, 360 ff – Warrant-Anleihe 221, 17 – Wertpapierhandel 221, 452 f – wirtschaftliche Bedeutung 221, 347 ff – Zinsen 221, 445 – Zweck 221, 334 ff Genussrechtskapital 221, 440 Geschäftsführungsbefugnis – Optionsanleihen 221, 100, 134 – Wandelanleihen 221, 100, 134 Gesellschaftsblätter – Kraftloserklärung von Aktien 226, 22 – Optionsanleihen 221, 118, 287 – Wandelanleihen 221, 118, 287 Gewerbesteuer – Genussrechte 221, 461 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 461 Gewinnabführungsvertrag 233, 5 Gewinnausschüttungsbegrenzung 233, 13 ff Gewinngemeinschaften 233, 5 Gewinnrücklage – Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien 237, 106 – vereinfachte Kapitalherabsetzung 229, 28; 229, 38; 231, 1 ff Gewinnschuldverschreibungen 221, 323 ff – Abgrenzung 221, 12 ff – Ablösungsrecht 221, 421 – Ad-hoc-Publizität 221, 452 – AGB-Recht 221, 398 ff – Aktiengesetz 1937 221, 1 ff – Aktiengesetz 1965 221, 4 ff – Aktienrechtsnovelle 2012 221, 5 – Änderung 221, 419 ff – Anhang 221, 392, 447 – Arbeitnehmer 221, 464 – ARUG 221, 6 – Aufhebung 221, 419 ff, 422 – Aufsichtsrat 221, 389 ff – Ausschluss des Bezugsrechts 221, 407 ff – Außenverhältnis 221, 396 ff – außerordentliches Kündigungsrecht 221, 421 – Begriff 221, 324 ff

Stand: 1. 1. 2012

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Sachregister – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Bezugsrecht 221, 381, 391, 407 ff Bilanz 221, 447 Bilanzgewinn 221, 326 Börsenhandel 221, 449 Dividende 221, 325 Durchschnittsdividende 221, 393 einfache Schuldverschreibung 221, 16 Eingliederung 221, 418 Emission 221, 376 ff Ermächtigungsbeschluss 221, 383 Erwerb eigener Gewinnschuldverschreibungen 221, 402 ff Euro-Einführungsgesetz 221, 7 Europäische Aktiengesellschaft 221, 31 ff Europäisches Recht 221, 28 ff Finanzberichterstattung 221, 452 Finanzmarktstabilisierung 221, 467 Frankreich 221, 44, 70 Fremdkapital 221, 356 Genussrechte (s dort) Genussschein (s Genussrecht) Gewerbesteuer 221, 461 Gläubigerversammlung 221, 70 Gleitklausel 221, 420 GmbH-Recht 221, 9 Handelsregister 221, 24, 384, 389 ff Hauptversammlung 221, 22 ff, 378 ff historische Entwicklung 221, 1 ff, 346 Hybridanleihen 221, 353 Informationsrecht 221, 405 f Inhaltskontrolle 221, 387, 398 ff Innenverhältnis 221, 376 ff Insiderhandelsverbot 221, 452 Insolvenz 221, 428 ff isolierter Gewinnabführungsvertrag 221, 418 Italien 221, 45, 70 Jahresabschluss 221, 392 Jahresüberschuss 221, 326 Kapitalaufbringung 221, 358 Kapitalherabsetzung 221, 415 Kapitalmarktrecht 221, 449 ff Kapitalschutzrichtlinie 221, 28 ff Konkurrenzfragen 221, 354 ff KonTraG 221, 73 Konzerngewinn 221, 393 Kosten 221, 454 ff Kündigungsrecht 221, 421 Liquidationserlös 221, 459 Musterformular 221, 27 Normzweck 221, 10 f Optionen 221, 18 f Optionsanleihen (s dort) ordentliches Kündigungsrecht 221, 421

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Österreich 221, 42, 70 partiarisches Darlehen 221, 325 Prospektpflicht 221, 450 f Publizität 221, 389 ff Rechtsnatur 221, 324 ff Rechtsvergleichung 221, 41 ff Reform 221, 71 Regierungskommission Corporate Governance 221, 72 – Schadenersatzansprüche 221, 417 – Schuldverschreibung 221, 16 – Schuldverschreibungsgesetz 221, 423 f – Schutzvorschrift 221, 10 – Schweiz 221, 43 – Spanien 221, 46 – Steuern 221, 359, 457 ff – stimmrechtslose Vorzugsaktien 221, 373 f – Teilgewinnabführungsvertrag 221, 375 – Tochtergesellschaften 221, 394 f, 413 – Übernahmerecht 221, 453 – UMAG 221, 4 – umgekehrte Wandelanleihe 221, 13 – Umsatzsteuer 221, 459 – Unternehmensbeteiligungsgesellschaften 221, 466 – US-amerikanisches Recht 221, 47 ff, 70 – verbundene Unternehmen 221, 393 – Vereinigtes Königreich 221, 47, 70 – Verfahren 221, 20 ff – Verlustteilnahme 221, 357 – Vermögenssteuer 221, 462 – Versicherungen 221, 356 – Verwässerungsschutz 221, 415 ff – vorinsolvenzrechtliche Sanierung 221, 423 ff – Vorstand 221, 21 – Vorzugsaktien ohne Stimmrecht 221, 373 f – Wandelanleihe 221, 355 – Wandelanleihen (s dort) – Warrant-Anleihe 221, 17 – Wertpapierhandel 221, 452 f – wirtschaftliche Bedeutung 221, 353 Gläubigerschutz – Europarecht 225, 8 ff – Herabsetzung unter den Mindestnennbetrag 228, 25 – historische Entwicklung 225, 1 – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 30 – Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien 237, 11, 91 ff, 99, 119 ff – Kapitalrichtlinie 225, 8 ff – Normzweck 225, 2 ff – ordentliche Kapitalherabsetzung 222, 7 – Sicherheitsleistung (s dort)

Sebastian Mock

Sachregister – vereinfachte Kapitalherabsetzung 229, 7, 33; 230, 2 ff – Zwangseinziehung 237, 70, 76 Gläubigerversammlung – Genussrechte 221, 70 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 70 – Optionsanleihen 221, 70 – Wandelanleihen 221, 70 Gleichbehandlungsgrundsatz – Kapitalherabsetzungsbeschluss 222, 30 – Zwangseinziehung 237, 62 Gleichzeitige Kapitalerhöhung 235, 1 ff Gleitklausel – Genussrechte 221, 420 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 420 Globalurkunde 226, 38 GmbH 221, 338 – Genussrechte 221, 9 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 9 – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 43 – Optionsanleihen 221, 9 – Sicherheitsleistung 225, 54 – Wandelanleihen 221, 9 Going-Public-Anleihe – Optionsanleihen 221, 89 – Wandelanleihen 221, 89 Gründer-Genussscheine 221, 343 Grundkapital Vor § 222, 1 Grundlagenentscheidung 224, 17 Handelsgesetzbuch Vor § 222, 77 Handelsregister – Genussrechte 221, 24, 384, 389 ff – Gewinnschuldverschreibungen 221, 24, 384, 389 ff – Optionsanleihen 221, 24, 117 ff – Wandelanleihen 221, 24, 117 ff Hauptversammlung – Genussrechte 221, 22 ff, 378 ff – Gewinnschuldverschreibungen 221, 22 ff, 378 ff – Optionsanleihen 221, 22 ff, 100 ff, 211 – vereinfachte Kapitalherabsetzung 229, 50 – Wandelanleihen 221, 22 ff, 211, 100 ff Hebel-Effekt – Optionsanleihen 221, 85 – Wandelanleihen 221, 85 Heilung 228, 13, 22 Herabsetzung unter den Mindestnennbetrag 228, 1 ff – Amtshaftung 228, 21 – Anfechtungsklage 228, 19 – ARUG 228, 2 – Bareinlage 228, 9

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bedingtes Kapital 228, 10 Bezugsrecht 228, 14 Eintragung 228, 23 f Folgen eines Verstoßes 228, 13 formelle Voraussetzungen 228, 6 f Frist 228, 16 ff Geldeinlagen 228, 9 genehmigtes Kapital 228, 10 Gläubigerschutz 228, 25 Heilung 228, 13, 22 Hemmung der Frist 228, 19 Herabsetzung auf Null 228, 7 historische Entwicklung 228, 1 f Kapitalerhöhung 228, 26 Kapitalmarktrecht 228, 15 materielle Erfordernisse 228, 11 f Mindestnennbetrag 228, 12 Nichtigkeit 228, 13 Nichtigkeitsklage 228, 19 Normzweck 228, 3 Rechtsfolgen 228, 20 ff sachliche Rechtfertigung 228, 11 Verstoß 228, 13 Voraussetzungen 228, 6 ff Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand 228, 21 – Ziele 228, 4 – zwingender Charakter 228, 5 High Level Expert Group on Company Law Experts Vor § 222, 109 Hinterlegung beim Handelsregister – Optionsanleihen 221, 282 ff – Wandelanleihen 221, 282 ff Historische Entwicklung – Anmeldung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses 223, 1 – Genussrechte 221, 1 ff, 342 ff, 368 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 1 ff, 346 – Gläubigerschutz 225, 1 – Herabsetzung unter den Mindestnennbetrag 228, 1 f – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 72 ff – Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien 237, 1 ff – Kraftloserklärung von Aktien 226, 1 – Optionsanleihen 221, 1 ff, 80 ff – ordentliche Kapitalherabsetzung 222, 1 ff; 224, 1; 227, 1 – vereinfachte Kapitalherabsetzung 229, 1 ff – Wandelanleihen 221, 1 ff, 80 ff Hucke-Pack-Anleihe 221, 318 Hybridanleihen 221, 353

Stand: 1. 1. 2012

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Sachregister IAS/IFRS – Genussrechte 221, 435 – Optionsanleihen 221, 228 – Wandelanleihen 221, 228 Informationsrecht – Genussrechte 221, 405 f – Gewinnschuldverschreibungen 221, 405 f – Optionsanleihen 221, 141 – Wandelanleihen 221, 141 Inhaltskontrolle – Genussrechte 221, 387, 398 ff – Gewinnschuldverschreibungen 221, 387, 398 ff – Optionsanleihen 221, 115, 131 ff – Wandelanleihen 221, 115, 131 ff Insiderhandelsverbot – Genussrechte 221, 452 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 452 – Optionsanleihen 221, 270 – Wandelanleihen 221, 270 Insolvenz – Genussrechte 221, 428 ff – Gewinnschuldverschreibungen 221, 428 ff – Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien 237, 19 – Optionsanleihen 221, 206 – ordentliche Kapitalherabsetzung 222, 41, 76; 225, 72; 226, 47 – Wandelanleihen 221, 206 Investmentaktiengesellschaften – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 40 – ordentliche Kapitalherabsetzung 222, 67 Isolierte Anfechtung – Optionsanleihen 221, 150 – Wandelanleihen 221, 150 Isolierte Bezugsrechte – Optionsanleihen 221, 99, 241 – Wandelanleihen 221, 99, 241 Isolierte Kapitalherabsetzung 229, 55 Isolierte Wandel- und Bezugsrechte – Optionsanleihen, s naked warrants – Wandelanleihen (s dort) Isolierte Zweckänderung 224, 29 Isolierter Gewinnabführungsvertrag – Genussrechte 221, 418 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 418 Italien – Genussrechte 221, 65 f, 70 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 45, 70 – Optionsanleihen 221, 45, 70 – Wandelanleihen 221, 45, 70 Jahresabschluss – Genussrechte 221, 392 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 392

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– Optionsanleihen 221, 222 – Wandelanleihen 221, 222 Jahresüberschuss 221, 326 Kaduzierung 237, 22 Kaltes Delisting – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 64 f – Optionsanleihen 221, 190 – Wandelanleihen 221, 190 Kapitalanlagegesellschaft 222, 67 Kapitalaufbringung – Genussrechte 221, 358 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 358 – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 2 Kapitalerhaltung Vor § 222, 2 Kapitalerhöhung – Genussrechte 221, 334 – Herabsetzung unter den Mindestnennbetrag 228, 26 – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 12 – Optionsanleihen 221, 181, 195 – ordentliche Kapitalherabsetzung 227, 10 – vereinfachte Kapitalherabsetzung 229, 59; 234, 25 – Wandelanleihen 221, 181, 195 – Zwangseinziehung 237, 34 Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln – Optionsanleihen 221, 178 – Wandelanleihen 221, 178 Kapitalherabsetzung Vor § 222, 1; 222, 1 ff; 240, 1 ff – Abspaltung Vor § 222, 41 f – Ad-hoc-Publizität Vor § 222, 48 f – Agio Vor § 222, 13 ff – Aktiengesetz 1965 Vor § 222, 86 – Aktienrechtsnovelle Vor § 222, 74 – Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch Vor § 222, 73 – Anfechtbarkeit 240, 12 – Anhang 240, 10 f – Art Vor § 222, 24 ff – Ausgliederung Vor § 222, 41 f – Auslosung Vor § 222, 31 – Ausschluss von Aktionären Vor § 222, 19 – Ausweis 240, 1 ff – Bedeutung Vor § 222, 20 – Bezugsrecht Vor § 222, 15 – Bilanzrichtliniengesetz Vor § 222, 87 – Börsenzulassung Vor § 222, 61 f – Buchertrag 240, 6 – Delisting Vor § 222, 64 – directors’ dealings Vor § 222, 50 f – Durchführung Vor § 222, 24 ff – Einziehung von Aktien Vor § 222, 27, 55

Sebastian Mock

Sachregister – Erster Weltkrieg Vor § 222, 78 – Europäische Aktiengesellschaft Vor § 222, 37 f, 91 – Europarecht Vor § 222, 89 ff – Finanzmarktstabilisierung Vor § 222, 46 – Funktion Vor § 222, 1 – Genussrechte 221, 415 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 415 – Gläubiger Vor § 222, 2 – Gläubigerschutz Vor § 222, 30 – GmbH Vor § 222, 43 – Grundkapital Vor § 222, 1 – Handelsgesetzbuch Vor § 222, 77 – High Level Expert Group on Company Law Experts Vor § 222, 109 – historische Entwicklung Vor § 222, 72 ff – Investmentaktiengesellschaften Vor § 222, 40 – kaltes Delisting Vor § 222, 64 f – Kapitalaufbringung Vor § 222, 2 – Kapitalerhaltung Vor § 222, 2 – Kapitalerhöhung Vor § 222, 12 – Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien (s dort) – Kapitalmarktrecht Vor § 222, 48 ff – Kapitalrichtlinie Vor § 222, 89 – Kapitalrücklage 240, 8 – Kapitalschnitt Vor § 222, 54 – Kommanditgesellschaft auf Aktien Vor § 222, 39, 91 – Konzernabschluss 240, 7 – Krise Vor § 222, 10 – Macrotron-Entscheidung Vor § 222, 71 – Mitteilung der Stimmrechtsanteile Vor § 222, 52 ff – Nichtigkeit 240, 12 – Oktroisystem Vor § 222, 72 – Optionsanleihen 221, 185 f – ordentliche Kapitalherabsetzung (s dort) – Pflichtangebot Vor § 222, 63 – Prospektpflicht Vor § 222, 61 f – rechtlich zweifelhafte Kapitalerhöhung Vor § 222, 9 – Reform Vor § 222, 88, 104 ff – REIT AG Vor § 222, 7 – reverse stock split Vor § 222, 64 – Rücklagen Vor § 222, 4 ff, 30 – Satzungsänderung Vor § 222, 32 ff – sell out Vor § 222, 107 – SLIM Vor § 222, 104 – Spaltung Vor § 222, 8 – squeeze out Vor § 222, 29, 104 ff – Statistik Vor § 222, 20 f – Stückaktien Vor § 222, 35 – Systematik Vor § 222, 42 ff

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tatsächliche Bedeutung Vor § 222, 3 tracking stock Vor § 222, 7 Unternehmenskrise Vor § 222, 10 Unternehmensspaltung Vor § 222, 8 vereinfachte Kapitalherabsetzung (s dort) Vorzugsaktien Vor § 222, 7 Wandelanleihen 221, 185 f wirtschaftlicher Zweck Vor § 222, 3 Zusammenlegung von Aktien Vor § 222, 31 Zuzahlungen Vor § 222, 13 ff Zwangseinziehung von Aktien Vor § 222, 31, 55 Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien 237, 1 ff – Aktionärsschutz 237, 11 – Anmeldung 239, 1 ff – Arten der Einziehung 237, 6 ff – Auslosung 237, 26 – Ausschüttungssperre 237, 94 ff – Bilanzgewinn 237, 106 – Dritte 237, 28 – Durchführung 239, 1 ff – Einziehung durch den Vorstand 237, 123 ff – Einziehung durch die Gesellschaft (s dort) – Einziehungshandlung (s dort) – Erwerb eigener Aktien 237, 24 – fehlerhafte Einziehung 237, 127 ff – Finanzmarktstabilisierung 237, 20 – Gewinnrücklage 237, 106 – Gläubigerschutz 237, 11, 91 ff, 99, 119 ff – Grenzen 237, 17 ff – historische Entwicklung 237, 1 ff – Insolvenz 237, 19 – Kaduzierung 237, 22 – Kapitalherabsetzung (s dort) – Kapitalrichtlinie 237, 3 – Kapitalschnitt 237, 17 – Kosten 239, 14 – Kraftloserklärung von Aktien 237, 23 – Liquidation 237, 19 – Mindestnennbetrag 237, 17 – ordentliches Einziehungsverfahren 237, 85 ff – Rechtsnatur 237, 9 – Registergericht 238, 9; 239, 11 – Satzung 238, 11 ff – Satzungsänderung 237, 16 – Sicherheitsleistung 237, 93 – Sonderbeschlüsse 237, 85 – Stückaktien 237, 107 ff – Stückaktiengesetz 237, 4 – Veränderung des Mitgliederbestandes 237, 14 – verbotene Einlagenrückgewähr 237, 92 – vereinfachtes Einziehungsverfahren 237, 98 ff – Vernichtung 237, 9

Stand: 1. 1. 2012

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Sachregister – Vorstand 237, 123 ff – Wirksamwerden 238, 1 ff – Zwangseinziehung (s dort) – Zweck 237, 13 – Zwischenabschluss 237, 106 Kapitalherabsetzungsbeschluss 222, 10 ff – Änderung 222, 70 – anfechtbarer Beschluss 223, 19 – Anmeldung (s Anmeldung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses) – Art der Kapitalherabsetzung 222, 25 – Aufhebung 222, 69 – Auslosung 222, 33 – Bekanntmachung 223, 26 – Beschlussmängel 222, 71 ff – Einberufung der Hauptversammlung 222, 12 ff – einfache Mehrheit 222, 17 – Einstimmigkeit 222, 20 – Eintragung 223, 24 f – Erklärungspflicht der Verwaltung 222, 15 f – Europäische Aktiengesellschaft 222, 21 – Finanzmarktstabilisierung 222, 21 – Genehmigung 222, 73 – gerichtliche Verfügung 223, 23 – Gleichbehandlungsgrundsatz 222, 30 – Höchstbetrag 222, 23 – Inhalt 222, 22 ff – Kapitalschnitt 222, 71 – Mängel 223, 17 ff – materielle Beschlusskontrolle 222, 32 – materielle Erfordernisse 222, 27 ff – Mehrheiten 222, 17 – ordentliche Kapitalherabsetzung (s dort) – Registergericht 223, 15 ff – sachliche Rechtfertigung 222, 27 ff – Satzung 222, 31 – Satzungsänderung 222, 10 – Sonderbeschlüsse 222, 73 – Stellungnahme der Verwaltung 222, 15 f – Unternehmensregister 223, 27 – vereinfachte Kapitalherabsetzung 229, 30 ff – Zuständigkeit 222, 11 – Zweck der Kapitalherabsetzung 222, 25 Kapitalmarktrecht – Genussrechte 221, 449 ff – Gewinnschuldverschreibungen 221, 449 ff – Herabsetzung unter den Mindestnennbetrag 228, 15 – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 48 ff – Optionsanleihen 221, 265 ff – Wandelanleihen 221, 265 ff Kapitalnutzungsvorteile – Optionsanleihen 221, 256

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– Wandelanleihen 221, 256 Kapitalrichtlinie – Gläubigerschutz 225, 8 ff – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 89 – Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien 237, 3 Kapitalrücklage – Kapitalherabsetzung 240, 8 – Optionsanleihen 221, 225 – vereinfachte Kapitalherabsetzung 229, 27, 44; 229, 35 f; 231, 1 ff; 232, 1 ff – Wandelanleihen 221, 225 Kapitalschnitt – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 54 – Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien 237, 17 – Kapitalherabsetzungsbeschluss 222, 71 – ordentliche Kapitalherabsetzung 222, 71 – vereinfachte Kapitalherabsetzung 229, 46 Kapitalschutzrichtlinie – Genussrechte 221, 28 ff – Gewinnschuldverschreibungen 221, 28 ff – Optionsanleihen 221, 28 ff – Wandelanleihen 221, 28 ff Kleine Aktiengesellschaft 222, 2 Kommanditgesellschaft auf Aktien – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 39, 91 – vereinfachte Kapitalherabsetzung 229, 5 KonTraG – Genussrechte 221, 73 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 73 – Optionsanleihen 221, 73 – Wandelanleihen 221, 73 Konzern – Optionsanleihen 221, 187 ff – Wandelanleihen 221, 187 ff Konzernabschluss – Kapitalherabsetzung 240, 7 – Optionsanleihen 221, 264 – Wandelanleihen 221, 264 Konzerngewinn – Genussrechte 221, 393 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 393 Kosten – Anmeldung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses 223, 30 – Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien 239, 14 – Optionsanleihen 221, 276 ff – ordentliche Kapitalherabsetzung 227, 11 – Wandelanleihen 221, 276 ff Kosten – Genussrechte 221, 454 ff – Gewinnschuldverschreibungen 221, 454 ff

Sebastian Mock

Sachregister Kraftloserklärung von Aktien 226, 1 ff – Androhung 226, 20 – Anwendungsbereich 226, 3 ff – Bekanntmachung 226, 21 – Einzelurkunden 226, 7 – Fehlerhaftigkeit 226, 28 ff – formelle Mängel 226, 29 – freiwillige Vereinigung von Aktien 226, 11 – Gesellschaftsblätter 226, 22 – historische Entwicklung 226, 1 – Inhalt der Aufforderung 226, 19 f – Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien 237, 23 – Mehrfachurkunden 226, 7 – Mitgliedschaft 226, 15, 26 – Nennbetragsaktien 226, 5 – Normzweck 226, 2 – Pflicht 226, 17 – rechtliche Bedeutung 226, 15 f – Rechtsfolgen 226, 25 ff – Stückaktien 226, 4 – Verfahren 226, 12 ff – Voraussetzungen 226, 18 ff – Zuständigkeit 226, 12 ff Krankenversicherungen 225, 42 Kreditinstitute – ordentliche Kapitalherabsetzung 222, 68 – Sicherheitsleistung 225, 46 Krise Vor § 222, 10 Kündigung – Genussrechte 221, 421 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 421 – Sicherheitsleistung 225, 23 Lebensversicherungen 225, 42 Liquidation – Genussrechte 221, 329 ff, 434, 459 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 459 – Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien 237, 19 – Optionsanleihen 221, 177 – ordentliche Kapitalherabsetzung 222, 75 – Wandelanleihen 221, 177 Macrotron-Entscheidung Vor § 222, 71 Materielle Beschlusskontrolle 222, 32 Mindestnennbetrag – Herabsetzung unter den Mindestnennbetrag 228, 12 – Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien 237, 17 Mitarbeiterbeteiligung – Genussrechte 221, 334, 370 – naked warrants 221, 305

Mitgliedschaft – Einziehungshandlung 238, 20 – Genussrechte 221, 331 – Kraftloserklärung von Aktien 226, 15, 26 – ordentliche Kapitalherabsetzung 222, 41; 224, 9 ff – Zwangseinziehung 237, 29 Mitteilungspflichten – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 52 ff – Optionsanleihen 221, 272 – Wandelanleihen 221, 272 Mittelbares Bezugsrecht – Optionsanleihen 221, 142 – Wandelanleihen 221, 142 – Zwangseinziehung 237, 35 MoMiG – Optionsanleihen 221, 260 – ordentliche Kapitalherabsetzung 222, 65 – Wandelanleihen 221, 260 Musterformular – Genussrechte 221, 27 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 27 – Optionsanleihen 221, 27 – Wandelanleihen 221, 27 Nachrang – Genussrechte 221, 435 – Optionsanleihen 221, 216 – Wandelanleihen 221, 216 Naked warrants 221, 298 ff – Arbeitnehmer 221, 305 – bedingtes Kapital 221, 313, 321 – Bezugsrecht 221, 312 ff – Europarecht 221, 301 – genehmigtes Kapital 221, 315 – Genussschein 221, 319 – Hucke-Pack-Anleihe 221, 318 – Mitarbeiterbeteiligung 221, 305 – Optionsanleihen (s dort) – ordentliche Kapitalerhöhung 221, 315 – put-option 221, 298 – Spekulation 221, 306, 310 – stimmrechtloses Eigenkapital 221, 308 f – Wandelanleihen (s dort) – wirtschaftliche Bedeutung 221, 299 – Zweck 221, 306 Nennbetragsaktien – Kraftloserklärung von Aktien 226, 5 – ordentliche Kapitalherabsetzung 222, 49 ff; 224, 10 – Zusammenlegung von Aktien 226, 38 Neugründung – Optionsanleihen 221, 176 – Wandelanleihen 221, 176

Stand: 1. 1. 2012

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Sachregister Nichtigkeit – Herabsetzung unter den Mindestnennbetrag 228, 13, 19 – Kapitalherabsetzung 240, 12 – vereinfachte Kapitalherabsetzung 234, 17 ff; 235, 16 Niedrigverzinsliche Optionsanleihen – Optionsanleihen 221, 238 ff – Wandelanleihen 221, 238 ff Nießbrauchsberechtigter 237, 38 Notarkosten – Optionsanleihen 221, 277 ff – Wandelanleihen 221, 277 ff Obligationsähnliche Genussrechte 221, 330 Öffentlich-rechtliche Rechtsträger 221, 341 Oktroisystem Vor § 222, 72 Optionen – Genussrechte 221, 18 f – Gewinnschuldverschreibungen 221, 18 f – Optionsanleihen 221, 18 f – Wandelanleihen 221, 18 f Optionsanleihen – Abgrenzung 221, 12 ff – AGB-Recht 221, 131 ff – Agio 221, 233, 245 – Aktienanleihe 221, 210 – Aktienbezug 221, 214 ff – Aktiengesetz 1937 221, 1 ff – Aktiengesetz 1965 221, 4 ff – Aktienrechtsnovelle 2012 221, 5 – andere Gesellschaften 221, 121 ff – Änderung 221, 199 ff – Anfechtungsklage 221, 157 – Anleihebedingungen 221, 101, 202 – Anleiheverbindlichkeit 221, 223 – Anmeldung beim Handelsregister 221, 285 f – Arbeitnehmer 221, 145, 297 – Arbeitsverhältnis 221, 128 – ARUG 221, 6 – Aufhebung 221, 199 ff – Aufsichtsrat 221, 116 – Aufwand 221, 226 – Ausgabebetrag 221, 142 – Ausgabepflicht 221, 106 – ausländische Börsennotierung 221, 144 – Ausnahmen 221, 322 – Ausschluss des Bezugsrechts 221, 143 – Außenverhältnis 221, 125 ff – Barausgleich 221, 211 – Bareinlage 221, 215 – bedingtes Kapital 221, 164, 179, 213 – Bedingungen 221, 130 – Begebungsvertrag 221, 133

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Begriff 221, 75 ff Bekanntmachung 221, 118, 149 Bericht 221, 158 Betriebsausgaben 221, 293 Bezug 221, 207 ff Bezugsrecht 221, 78, 120, 124, 142 ff, 181 f Bezugsrechtsausschluss 221, 109 Bilanzierung 221, 222 ff Börsenhandel 221, 265 Bruchteil 221, 180 CoCo-Bonds 221, 91 delisting 221, 190 Depotgesetz 221, 127 Disagio 221, 295 Eigenemission 221, 132 Eigenkapitalinstrument 221, 230 eigennütziges Anlagemodell 221, 95, 122, 248 Einbeziehung in den Freiverkehr 221, 267 einfache Schuldverschreibung 221, 16 Eingliederung 221, 188 Einzelverbriefung 221, 269 Emission 221, 125 ff Entstehung 221, 133 ff Ermächtigungsbeschluss 221, 107 ff Ersetzungsbefugnis 221, 209 Erwerb eigener Aktien 221, 162 Erwerb eigener Anleihen 221, 136 ff, 271 Euro-Einführungsgesetz 221, 7 Europäische Aktiengesellschaft 221, 31 ff Europäisches Recht 221, 28 ff Euro-Umstellung 221, 196 faktischer Konzern 221, 187 fehlende Sacheinlageprüfung 221, 258 financial assistance 221, 140 Finanzberichterstattung 221, 270 Finanzierungstochtergesellschaften 221, 83 Finanztermingeschäfte 221, 273 Folgebewertung 221, 229 Formwechsel 221, 176 Frankreich 221, 44, 70 Freiverkehr 221, 267 Fremdemission 221, 132 fremdnütziges Anlagemodell 221, 94, 122, 247 Gattungsbezugsrecht 221, 183 gemeinsamer Vertreter 221, 203 genehmigtes Kapital 221, 166, 217 Genussrechte (s dort) Genussschein (s Genussrecht) Geschäftsführungsbefugnis 221, 100, 134 Gesellschaftsblätter 221, 118, 287 Gewinnschuldverschreibungen (s dort) Gläubigerversammlung 221, 70 GmbH-Recht 221, 9

Sebastian Mock

Sachregister – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Going-Public-Anleihe 221, 89 Handelsregister 221, 24, 117 ff Hauptversammlung 221, 22 ff, 211 Hauptversammlungsbeschluss 221, 100 ff Hebel-Effekt 221, 85 Hinterlegung beim Handelsregister 221, 282 ff historische Entwicklung 221, 1 ff, 80 ff IAS/IFRS 221, 228 Informationsrecht 221, 141 Inhalt 221, 129 Inhaltskontrolle 221, 115, 131 ff Innenverhältnis 221, 99 ff Insiderhandelsverbot 221, 270 Insolvenz 221, 206 isolierte Anfechtung 221, 150 isolierte Bezugsrechte 221, 99, 241 isolierte Wandel- und Bezugsrechte, s naked warrants Italien 221, 45, 70 Jahresabschluss 221, 222 kaltes Delisting 221, 190 Kapitalerhöhung 221, 181, 195 Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln 221, 178 Kapitalherabsetzung 221, 185 f Kapitalmarktrecht 221, 265 ff Kapitalnutzungsvorteile 221, 256 Kapitalrücklage 221, 225 Kapitalschutzrichtlinie 221, 28 ff konkurrierende Anleihen 221, 194 KonTraG 221, 73 Konzern 221, 187 ff Konzernabschluss 221, 264 Kosten 221, 276 ff Kostenschuldner 221, 289 Liquidation 221, 177 Mehrheitserfordernisse 221, 111 ff Mitteilungspflichten 221, 272 mittelbares Bezugsrecht 221, 142 MoMiG 221, 260 Musterformular 221, 27 Nachrang 221, 216 naked warrants (s dort) Neugründung 221, 176 niedrigverzinsliche Optionsanleihen 221, 238 ff Normzweck 221, 10 f Notarkosten 221, 277 ff Optionen 221, 18 f Optionsanleihen 221, 216 ordentliche Kapitalerhöhung 221, 163 ordentliche Kapitalherabsetzung 224, 19 ff Österreich 221, 42, 70 Pflichtverletzung 221, 103

– Pflichtwandelanleihe 221, 84, 90, 92, 164, 225, 236 – Prospektpflicht 221, 266 ff – Publizität 221, 117 ff – Rechnungsabgrenzungsposten 221, 224 – Rechtsnatur 221, 75 ff – Rechtsvergleichung 221, 41 ff – Reform 221, 71 – Regierungskommission Corporate Governance 221, 72 – Sacheinlage 221, 215 – Sacheinlageprüfung 221, 254 ff – Sammelurkunde 221, 269 – Sanierung 221, 202 ff – Schadenersatzansprüche 221, 171 f, 197 – Scheindividende 221, 258 – Schuldverschreibung 221, 16 – Schutzvorschrift 221, 10 – Schweiz 221, 43 – Sicherung des Umtauschrechts 221, 159 ff – Sonderbeschlüsse 221, 114 – Sonderrücklage 221, 179 – Spaltung 221, 176 – Spanien 221, 46 – Splitting-Lösung 221, 240 – Spruchstellenverfahren 221, 198 – squeeze out 221, 189 – Statistik 221, 96 – Steuern 221, 290 ff – Steuerrecht 221, 92 – stock options 221, 145 – Tilgungswahlrecht 221, 210 – Tochtergesellschaften 221, 93, 154, 168, 217, 221 – Tranchen 221, 110 – Trennung 221, 125 ff – Überbewertung 221, 259 – Übernahmerecht 221, 274 f – Übertragung 221, 127 – UMAG 221, 4 – umgekehrte Wandelanleihe 221, 13, 90, 164, 210 – Umtauschrecht 221, 76 – Umwandlung 221, 176 – Unternehmensbeteiligungsgesellschaften 221, 322 – Unter-pari-Emission 221, 219 – US-amerikanisches Recht 221, 47 ff, 70, 80 – Verbindung 221, 125 ff – Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation 221, 270 – Verbriefung 221, 125 ff – vereinfachte Kapitalherabsetzung 229, 51, 67 – vereinfachter Bezugsrechtsausschluss 221, 146

Stand: 1. 1. 2012

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Sachregister – Vereinigtes Königreich 221, 47, 70 – Verfahren 221, 20 ff – Verhinderungsverbot 221, 115 – Verschmelzung 221, 176 – Vertragsanpassung 221, 187, 191 ff – Vertretungsmacht 221, 134 – Verwaltungskosten 221, 288 – Verwässerung 221, 77, 174 – vorinsolvenzrechtliche Sanierung 221, 202 ff – Vorratsaktien 221, 161 – Vorstand 221, 21, 99 ff, 147, 212 – Vorzugsaktien ohne Stimmrecht 221, 190 – Währungsreform 221, 196 – Wandelaktien 221, 79 – Wandelanleihen 221, 216 – Wandelgenussrecht 221, 216 – Wandlung 221, 207 ff – Wandlungspflicht 221, 84, 90, 210 – Warrant-Anleihe 221, 17 – Wertpapierhandel 221, 270 ff – Wertpapierzulassung 221, 265 – wirtschaftliche Bedeutung 221, 85 ff – Zeichnung junger Aktien 221, 139 – Zugangsbewertung 221, 229 – Zustimmung des Aufsichtsrat 221, 116 – Zuzahlung 221, 76, 215 – Zwangseinziehung 237, 36 Ordentliche Kapitalerhöhung – naked warrants 221, 315 – Optionsanleihen 221, 163 – Wandelanleihen 221, 163 Ordentliche Kapitalherabsetzung – Ablauf 222, 9 – Aktiengattungen 222, 34 – Aktienurkunden 222, 57 – Aktionärsschutz 222, 7 – Änderung 222, 70 – Anlegerschutz 224, 15 ff – Anmeldung 227, 1 ff – Anspruch auf Auszahlung 225, 70 ff – Anzeigepflichten 222, 67 – Aufhebung 222, 69 – Auszahlungsverbot (s dort) – bedingtes Kapital 224, 3 – Bedingung 224, 4 – Befristung 224, 4 – Begradigung der Kapitalziffer 222, 41 – Beherrschungsverträge 224, 24 – Beschlussmängel 222, 39, 71 ff – Beteiligungsquote 222, 51 – Buchführung 224, 8 – Buchungspflichten 224, 7 – Dritte 222, 64 ff; 224, 15 ff – Durchführung 222, 46 ff; 227, 3 ff

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eigene Aktien 225, 71 Einlageverpflichtung 224, 13; 225, 75 Eintragung 224, 3 Einziehung von Aktien 222, 56 Entschädigungseinrichtungen 222, 64 Erlass der Einlageverpflichtung 224, 13 Erlassvertrag 225, 67 fehlende Anmeldung 224, 37 fehlende Zustimmung bestimmter Aktiengattungen 222, 39 Fehlerarten 224, 36 fehlerhafte Eintragung 224, 33 ff Finanzdienstleistungsinstitute 222, 68 genehmigtes Kapital 224, 3 Genehmigung 222, 73 Genussrechte 224, 22 ff Gläubigerschutz 222, 7 Grundlagenentscheidung 224, 17 Herabsetzung unter den Mindestnennbetrag (s dort) historische Entwicklung 222, 1 ff; 224, 1; 227, 1 Insolvenz 222, 41, 76; 225, 72; 226, 47 Investmentaktiengesellschaften 222, 67 isolierte Zweckänderung 224, 29 Kapitalanlagegesellschaft 222, 67 Kapitalerhöhung 227, 10 Kapitalherabsetzung (s dort) Kapitalherabsetzungsbeschluss (s dort) Kapitalschnitt 222, 71 kleine Aktiengesellschaft 222, 2 Kosten 227, 11 Kraftloserklärung von Aktien (s dort) Kreditinstitute 222, 68 Liquidation 222, 75 Mängel des Eintragungsverfahrens 224, 36 ff Mindestbeträge 222, 58 Mitgliedschaft an Tochtergesellschaften 222, 41 Mitgliedschaftsrechte 224, 9 ff Mitwirkungspflicht 222, 63 MoMiG 222, 65 nachträgliche Zweckänderung 224, 26 ff Nennbetragsaktien 222, 49 ff; 224, 10 Normzweck 222, 6 ff; 224, 2; 227, 2 Optionsanleihen 224, 19 ff private Zertifizierungsstellen 222, 64 Rechtsscheinerwerb 222, 57 Registergericht 227, 7 Rückgängigmachung 224, 25 ff Rücklagen 222, 41; 225, 74, 79 Rückwirkung 224, 4 Rückzahlungen der Einlagen 222, 41 Rückzahlungsanspruch 224, 13

Sebastian Mock

Sachregister – – – – – – – – – – – – –

Sachausschüttungen 222, 40; 225, 76 ff Sacheinlage 225, 76 Sanierung 222, 41 Satzung 222, 62 Schutz von Mitgesellschaftern 222, 7 Sonderbeschlüsse 222, 34 ff, 73 Spitzen 224, 12; 226, 42 stimmrechtslose Vorzugsaktien 222, 36 Stückaktien 222, 48; 224, 9; 227, 3 Tochtergesellschaften 222, 41 Treuepflicht 222, 63 Unmöglichkeit der Zwecksetzung 222, 44 Unternehmensbeteiligungsgesellschaften 222, 68 – Verbindung 227, 8 f – Verkehrsopferhilfe 222, 64 – Verlustdeckung 222, 41 – Verwertung 226, 39 ff – Vorzugsaktien 222, 36 ff – Wahrung der Mindestbeträge 222, 58 ff – Wandelschuldverschreibungen 224, 19 ff – Wirksamwerden 224, 1 ff – wirtschaftlicher Zweck 222, 41 – Zusammenlegung von Aktien 222, 51; 224, 11 f – Zuzahlungen 224, 6 – Zweck 222, 41 ff – Zwischenbilanz 224, 7 Österreich – Genussrechte 221, 57, 70 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 42, 70 – Optionsanleihen 221, 42, 70 – Wandelanleihen 221, 42, 70

Partiarisches Darlehen 221, 325 Passivierung 221, 436 Pensionen 225, 24 Personengesellschaften 221, 339 Pfandbriefgläubiger 225, 42 Pfandgläubiger 237, 38 Pflegeversicherung 225, 42 Pflichtangebot Vor § 222, 63 Pflichtwandelanleihe – Optionsanleihen 221, 84, 90, 92, 164, 210, 225, 236 – Wandelanleihen 221, 84, 90, 92, 164, 210, 225, 236 Preferred Pool Shares 221, 349 Private Pflegeversicherungen 225, 42 Private Zertifizierungsstellen 222, 64 Prospektpflicht – Genussrechte 221, 450 f – Gewinnschuldverschreibungen 221, 450 f – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 61 f

– Optionsanleihen 221, 266 ff – Wandelanleihen 221, 266 ff Publizität – Genussrechte 221, 389 ff – Gewinnschuldverschreibungen 221, 389 ff – Optionsanleihen 221, 117 ff – Wandelanleihen 221, 117 ff Put-option 221, 298 Rechnungsabgrenzungsposten – Optionsanleihen 221, 224 – Wandelanleihen 221, 224 Rechtsscheinerwerb 222, 57 Rechtsvergleichung – Genussrechte 221, 57 ff, 369 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 41 ff – Optionsanleihen 221, 41 ff – Wandelanleihen 221, 41 ff Reform – Genussrechte 221, 71 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 71 – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 88, 104 ff – Optionsanleihen 221, 71 – Wandelanleihen 221, 71 Regierungskommission Corporate Governance – Genussrechte 221, 72 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 72 – Optionsanleihen 221, 72 – Wandelanleihen 221, 72 Registergericht – Anmeldung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses 223, 15 ff – Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien 238, 9; 239, 11 – Kapitalherabsetzungsbeschluss 223, 15 ff – ordentliche Kapitalherabsetzung 227, 7 – vereinfachte Kapitalherabsetzung 238, 9 REIT AG Vor § 222, 7 Reverse stock split Vor § 222, 64 Rückgängigmachung 224, 25 ff Rücklagen – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 4 ff, 30 – ordentliche Kapitalherabsetzung 222, 41; 225, 74, 79 – vereinfachte Kapitalherabsetzung 229, 35 ff; 231, 1 ff; 233, 7 Rückständige Gewinnanteile 238, 23 Rückstellungen – vereinfachte Kapitalherabsetzung 229, 41 Sachausschüttungen – ordentliche Kapitalherabsetzung 222, 40; 225, 76 ff – Zwangseinziehung 237, 72, 75

Stand: 1. 1. 2012

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Sachregister Sacheinlage – Optionsanleihen 221, 215 – ordentliche Kapitalherabsetzung 225, 76 – Wandelanleihen 221, 215 Sacheinlageprüfung – Optionsanleihen 221, 254 ff – Wandelanleihen 221, 254 ff Sachleistungen 230, 9 Sammelurkunde – Optionsanleihen 221, 269 – Wandelanleihen 221, 269 Sanierung – Optionsanleihen 221, 202 ff – ordentliche Kapitalherabsetzung 222, 41 – vereinfachte Kapitalherabsetzung 229, 6 – Wandelanleihen 221, 202 ff Sanierungs-Genussschein 221, 335, 348 Satzung – Einziehung durch die Gesellschaft 237, 84 – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 32 ff – Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien 237, 16; 238, 11 ff – Kapitalherabsetzungsbeschluss 222, 10, 31 – ordentliche Kapitalherabsetzung 222, 62 – vereinfachte Kapitalherabsetzung 238, 11 ff – Zwangseinziehung 237, 32 ff Schadenersatzansprüche – Genussrechte 221, 417 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 417 – Optionsanleihen 221, 171 f, 197 – Sicherheitsleistung 225, 18 – Wandelanleihen 221, 171 f, 197 – Zusammenlegung von Aktien 226, 50 Scheindividende – Optionsanleihen 221, 258 – Wandelanleihen 221, 258 Schuldverschreibung – Genussrechte 221, 16 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 16 – Optionsanleihen 221, 16 – Wandelanleihen 221, 16 Schuldverschreibungsgesetz – Genussrechte 221, 423 f – Gewinnschuldverschreibungen 221, 423 f Schutz von Mitgesellschaftern 222, 7 Schweiz – Genussrechte 221, 58 f – Gewinnschuldverschreibungen 221, 43 – Optionsanleihen 221, 43 – Wandelanleihen 221, 43 Sell out Vor § 222, 107 Sicherheitsleistung 225, 13 ff – andere Sicherheiten 225, 49 – Arbeitsentgelt 225, 24

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Art 225, 56 ff bedingte Forderungen 225, 19 befristete Forderungen 225, 19 Begründung der Forderung 225, 18 bestrittene Forderungen 225, 25 betriebliche Altersvorsorge 225, 44 Beweislast 225, 55 Dauerschuldverhältnisse 225, 20 f dilatorische Einreden 225, 39 Endloshaftung 225, 22 erfasste Forderungen 225, 15 ff fällige Ansprüche 225, 39 fehlende konkrete Gefährdung 225, 68 fehlender Rechtsgrund 225, 50 Finanzdienstleistungsinstitute 225, 46 Forderungsgläubiger 225, 14 freiwillige Anschlussdeckungen 225, 48 Fristberechnung 225, 30 Gläubigeraufruf 225, 61 f Gläubigerschutz (s dort) GmbH 225, 54 Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien 237, 93 – Klagbarkeit 225, 53 ff – Krankenversicherungen 225, 42 – Kreditinstitute 225, 46 – Kündigung 225, 23 – Lebensversicherungen 225, 42 – materiell-rechtliche Ausschlussfrist 225, 26 – Meldung bei der Gesellschaft 225, 26 ff – Pensionen 225, 24 – peremptorische Einreden 225, 39 – Pfandbriefgläubiger 225, 42 – Pflegeversicherungen 225, 42 – private Pflegeversicherungen 225, 42 – Rechtsfolgen 225, 53 ff – Schadenersatzansprüche 225, 18 – Schutzgesetz 225, 25, 60 – Sperrhalbjahr 225, 40 – Stichtag 225, 16 f – vertragliches Recht auf Sicherheitsleistung 225, 51 f – vorzeitige Befriedigung 225, 58 – Wahlrecht 225, 57 – Zwangseinziehung 237, 77 SLIM Vor § 222, 104 Sonderbeschlüsse – Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien 237, 85 – Kapitalherabsetzungsbeschluss 222, 73 – Optionsanleihen 221, 114 – ordentliche Kapitalherabsetzung 222, 34 ff, 73 – Wandelanleihen 221, 114

Sebastian Mock

Sachregister Sonderposten mit Rücklageanteil 229, 41 Sonderrücklage – Optionsanleihen 221, 179 – Wandelanleihen 221, 179 Spaltung – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 8 – Optionsanleihen 221, 176 – Wandelanleihen 221, 176 Spanien – Genussrechte 221, 67 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 46 – Optionsanleihen 221, 46 – Wandelanleihen 221, 46 Spekulation 221, 306, 310 Sperrhalbjahr 225, 40 Spitzen – ordentliche Kapitalherabsetzung 224, 12; 226, 42 – Zusammenlegung von Aktien 226, 32 Splitting-Lösung – Optionsanleihen 221, 240 – Wandelanleihen 221, 240 Spruchstellenverfahren – Optionsanleihen 221, 198 – Wandelanleihen 221, 198 Squeeze out – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 29, 104 ff – Optionsanleihen 221, 189 – Wandelanleihen 221, 189 Stammrecht 221, 332 Steuern 221, 359, 457 ff – Gewinnschuldverschreibungen 221, 359, 457 ff – Optionsanleihen 221, 92, 290 ff – Wandelanleihen 221, 92, 290 ff Stille Reserven 229, 41 Stimmrechtloses Eigenkapital 221, 308 f Stock options – Optionsanleihen 221, 145 – Wandelanleihen 221, 145 Stückaktien – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 35 – Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien 237, 107 ff – Kraftloserklärung von Aktien 226, 4 – ordentliche Kapitalherabsetzung 222, 48; 224, 9; 227, 3 Stückaktiengesetz 237, 4 Tantieme 221, 333 Teilgewinnabführungsvertrag 221, 375 Tochtergesellschaften – Genussrechte 221, 394 f, 413

– Gewinnschuldverschreibungen 221, 394 f, 413 – Optionsanleihen 221, 93, 154, 168, 217, 221 – ordentliche Kapitalherabsetzung 222, 41 – Wandelanleihen 221, 93, 154, 168, 217, 221 Tracking stock Vor § 222, 7 Tranchen – Optionsanleihen 221, 110 – Wandelanleihen 221, 110 Treuepflicht 222, 63 Übernahmerecht – Genussrechte 221, 453 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 453 – Optionsanleihen 221, 274 f – Wandelanleihen 221, 274 f UMAG – Genussrechte 221, 4 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 4 – Optionsanleihen 221, 4 – Wandelanleihen 221, 4 Umgekehrte Wandelanleihe – Genussrechte 221, 13 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 13 – Optionsanleihen 221, 13, 90, 164, 210 – Wandelanleihen 221, 13, 90, 164, 210 Umsatzsteuer – Genussrechte 221, 459 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 459 Umtauschrecht – Optionsanleihen 221, 76 – Wandelanleihen 221, 76 Umwandlung – Optionsanleihen 221, 176 – Wandelanleihen 221, 176 Unmöglichkeit der Zwecksetzung 222, 44 Unterbilanz 229, 25 Unterbilanz-Genussscheine 221, 334 Unternehmensbeteiligungsgesellschaften 221, 365, 466 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 466 – Optionsanleihen 221, 322 – ordentliche Kapitalherabsetzung 222, 68 – Wandelanleihen 221, 322 Unternehmensregister – Anmeldung des Kapitalherabsetzungsbeschlusses 223, 27 – Kapitalherabsetzungsbeschluss 223, 27 Unternehmensspaltung Vor § 222, 8 Unter-pari-Emission – Optionsanleihen 221, 219 – Wandelanleihen 221, 219 US-amerikanisches Recht – Genussrechte 221, 69 f

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Sachregister – Gewinnschuldverschreibungen 221, 47 ff, 70 – Optionsanleihen 221, 47 ff, 70, 80 – Wandelanleihen 221, 47 ff, 70, 80 Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation – Optionsanleihen 221, 270 – Wandelanleihen 221, 270 Verbundene Unternehmen – Genussrechte 221, 393 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 393 Vereinfachte Kapitalherabsetzung 229, 1 ff – Ablauf 229, 13 ff – Abschreibungen 230, 14 – Abspaltung 229, 10 – Aktiengattungen 229, 51 – Aktionärsinteresse 229, 33 – Aktionärsschutz 230, 2 ff – Anfechtungsklage 229, 48 – Anmeldung 229, 57 f – Auffüllung der Kapitalrücklage 229, 44 – Auflösung von Rücklagen 229, 35 ff – Ausgleich von Wertminderungen 230, 13 – Bedeutung 229, 5 ff – Begrenzung der Gewinnausschüttung 233, 13 ff – Bilanzoptik 229, 27 – Bilanzrichtliniengesetz 229, 4 – Bilanzverlust 229, 22 – Buchungen 229, 45 – Deckung sonstiger Verluste 230, 14 – Durchführung 229, 57 f – eigene Aktien 229, 41 – fehlerhafter Beschluss 229, 62 ff – Feststellung der Verluste 229, 22 – Feststellung des Jahresabschlusses durch die Hauptversammlung 234, 9 ff – Genussrechte 229, 51, 67 – Gewinnabführungsvertrag 233, 5 – Gewinnausschüttungen 233, 1 ff – Gewinnausschüttungsbegrenzung 233, 13 ff – Gewinngemeinschaften 233, 5 – Gewinnrücklage 229, 28, 38; 231, 1 ff – Gewinnvortrag 229, 40 – Gläubigerschutz 229, 7, 33; 230, 2 ff – gleichzeitige Kapitalerhöhung 235, 1 ff – Hauptversammlungsbeschluss 229, 50 – historische Entwicklung 229, 1 ff – isolierte Kapitalherabsetzung 229, 55 – Kapitalerhöhung 229, 59; 234, 25 – Kapitalherabsetzung (s dort) – Kapitalherabsetzungsbeschluss 229, 30 ff – Kapitalrücklage 229, 27, 35 f; 231, 1 ff; 232, 1 ff – Kapitalschnitt 229, 46

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– Kommanditgesellschaft auf Aktien 229, 5 – Mehrheitserfordernisse 229, 50 – mittelbare Zahlungen 230, 8 – Nichtigkeit 235, 16 – Nichtigkeit bei Nichteintragung 234, 17 ff – Offenlegung 236, 1 ff – Optionsanleihen 229, 51, 67 – Registergericht 238, 9 – Rücklagen 233, 7 – Rücklagendotierung 231, 1 ff – Rückstellungen 229, 41 – Rückwirkung 234, 1 ff; 235, 1 ff – Sachleistungen 230, 9 – sachliche Rechtfertigung 229, 55 – Sanierung 229, 6 – Satzung 238, 11 ff – Sonderposten mit Rücklageanteil 229, 41 – stille Reserven 229, 41 – Unterbilanz 229, 25 – Voraussetzungen 229, 33 ff – Vorsorge 229, 27 – Wandelschuldverschreibungen 229, 51, 67 – Wertminderung 229, 21 ff – Wirksamwerden 238, 1 ff – Zahlungen an Aktionäre 230, 1 ff – Zweck 229, 20 ff – Zwischenabschluss 229, 24 Vereinfachter Bezugsrechtsausschluss – Optionsanleihen 221, 146 – Wandelanleihen 221, 146 Vereinfachtes Einziehungsverfahren 237, 98 ff Vereinigtes Königreich – Genussrechte 221, 68,70 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 47, 70 – Optionsanleihen 221, 47, 70 – Wandelanleihen 221, 47, 70 Vermögenssteuer – Genussrechte 221, 462 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 462 Verschmelzung – Optionsanleihen 221, 176 – Wandelanleihen 221, 176 Versicherungen – Genussrechte 221, 356 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 356 Verwässerung – Genussrechte 221, 415 ff – Gewinnschuldverschreibungen 221, 415 ff – Optionsanleihen 221, 77, 174 – Wandelanleihen 221, 77, 174 Vinkulierte Namensaktien 237, 51 Vorinsolvenzrechtliche Sanierung – Genussrechte 221, 423 ff – Gewinnschuldverschreibungen 221, 423 ff

Sebastian Mock

Sachregister – Optionsanleihen 221, 202 ff – Wandelanleihen 221, 202 ff Vorratsaktien – Optionsanleihen 221, 161 – Wandelanleihen 221, 161 Vorstand – Einziehungshandlung 238, 14 – Genussrechte 221, 21 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 21 – Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien 237, 123 ff – Optionsanleihen 221, 21, 99 ff, 147, 212 – Wandelanleihen 221, 21, 99 ff, 147, 212 Vorzugsaktien – Genussrechte 221, 360 ff – Gewinnschuldverschreibungen 221, 373 f – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 7 – Optionsanleihen 221, 190 – ordentliche Kapitalherabsetzung 222, 36 ff – Wandelanleihen 221, 190 Währungsreform – Optionsanleihen 221, 196 – Wandelanleihen 221, 196 Wandelaktien – Optionsanleihen 221, 79 – Wandelanleihen 221, 79 Wandelanleihe – Abgrenzung 221, 12 ff – AGB-Recht 221, 131 ff – Agio 221, 233, 245 – Aktienanleihe 221, 210 – Aktienbezug 221, 214 ff – Aktiengesetz 1937 221, 1 ff – Aktiengesetz 1965 221, 4 ff – Aktienrechtsnovelle 2012 221, 5 – andere Gesellschaften 221, 121 ff – Änderung 221, 199 ff – Anfechtungsklage 221, 157 – Anleihebedingungen 221, 101, 202 – Anleiheverbindlichkeit 221, 223 – Anmeldung beim Handelsregister 221, 285 f – Arbeitnehmer 221, 145, 297 – Arbeitsverhältnis 221, 128 – ARUG 221, 6 – Aufhebung 221, 199 ff – Aufsichtsrat 221, 116 – Aufwand 221, 226 – Ausgabebetrag 221, 142 – Ausgabepflicht 221, 106 – ausländische Börsennotierung 221, 144 – Ausnahmen 221, 322 – Ausschluss des Bezugsrechts 221, 143 – Außenverhältnis 221, 125 ff

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Barausgleich 221, 211 Bareinlage 221, 215 bedingtes Kapital 221, 164, 179, 213 Bedingungen 221, 130 Begebungsvertrag 221, 133 Begriff 221, 75 ff Bekanntmachung 221, 118, 149 Bericht 221, 158 Betriebsausgaben 221, 293 Bezug 221, 207 ff Bezugsrecht 221, 78, 120, 124, 142 ff, 181 f Bezugsrechtsausschluss 221, 109 Bilanzierung 221, 222 ff Börsenhandel 221, 265 Bruchteil 221, 180 CoCo-Bonds 221, 91 delisting 221, 190 Depotgesetz 221, 127 Disagio 221, 295 Eigenemission 221, 132 Eigenkapitalinstrument 221, 230 eigennütziges Anlagemodell 221, 95, 122, 248 Einbeziehung in den Freiverkehr 221, 267 einfache Schuldverschreibung 221, 16 Eingliederung 221, 188 Einzelverbriefung 221, 269 Emission 221, 125 ff Entstehung 221, 133 ff Ermächtigungsbeschluss 221, 107 ff Ersetzungsbefugnis 221, 209 Erwerb eigener Aktien 221, 162 Erwerb eigener Anleihen 221, 136 ff, 271 Euro-Einführungsgesetz 221, 7 Europäische Aktiengesellschaft 221, 31 ff Europäisches Recht 221, 28 ff Euro-Umstellung 221, 196 faktischer Konzern 221, 187 fehlende Sacheinlageprüfung 221, 258 financial assistance 221, 140 Finanzberichterstattung 221, 270 Finanzierungstochtergesellschaften 221, 83 Finanztermingeschäfte 221, 273 Folgebewertung 221, 229 Formwechsel 221, 176 Frankreich 221, 44, 70 Freiverkehr 221, 267 Fremdemission 221, 132 fremdnütziges Anlagemodell 221, 94, 122, 247 Gattungsbezugsrecht 221, 183 gemeinsamer Vertreter 221, 203 genehmigtes Kapital 221, 166, 217 Genussrechte 221, 355

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Sachregister – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Genussschein (s Genussrecht) Geschäftsführungsbefugnis 221, 100, 134 Gesellschaftsblätter 221, 118, 287 Gewinnschuldverschreibungen (s dort) Gläubigerversammlung 221, 70 GmbH-Recht 221, 9 Going-Public-Anleihe 221, 89 Handelsregister 221, 24, 117 ff Hauptversammlung 221, 22 ff, 211 Hauptversammlungsbeschluss 221, 100 ff Hebel-Effekt 221, 85 Hinterlegung beim Handelsregister 221, 282 ff historische Entwicklung 221, 1 ff, 80 ff IAS/IFRS 221, 228 Informationsrecht 221, 141 Inhalt 221, 129 Inhaltskontrolle 221, 115, 131 ff Innenverhältnis 221, 99 ff Insiderhandelsverbot 221, 270 Insolvenz 221, 206 isolierte Anfechtung 221, 150 isolierte Bezugsrechte 221, 99, 241 isolierte Wandel– und Bezugsrechte (s dort) Italien 221, 45, 70 Jahresabschluss 221, 222 kaltes Delisting 221, 190 Kapitalerhöhung 221, 181, 195 Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln 221, 178 Kapitalherabsetzung 221, 185 f Kapitalmarktrecht 221, 265 ff Kapitalnutzungsvorteile 221, 256 Kapitalrücklage 221, 225 Kapitalschutzrichtlinie 221, 28 ff konkurrierende Anleihen 221, 194 KonTraG 221, 73 Konzern 221, 187 ff Konzernabschluss 221, 264 Kosten 221, 276 ff Kostenschuldner 221, 289 Liquidation 221, 177 Mehrheitserfordernisse 221, 111 ff Mitteilungspflichten 221, 272 mittelbares Bezugsrecht 221, 142 MoMiG 221, 260 Musterformular 221, 27 Nachrang 221, 216 naked warrants (s dort) Neugründung 221, 176 niedrigverzinsliche Optionsanleihen 221, 238 ff Normzweck 221, 10 f Notarkosten 221, 277 ff

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Optionen 221, 18 f Optionsanleihen 221, 216 ordentliche Kapitalerhöhung 221, 163 ordentliche Kapitalherabsetzung 224, 19 ff Österreich 221, 42, 70 Pflichtverletzung 221, 103 Pflichtwandelanleihe 221, 84, 90, 92, 164, 225, 236 Prospektpflicht 221, 266 ff Publizität 221, 117 ff Rechnungsabgrenzungsposten 221, 224 Rechtsnatur 221, 75 ff Rechtsvergleichung 221, 41 ff Reform 221, 71 Regierungskommission Corporate Governance 221, 72 Sacheinlage 221, 215 Sacheinlageprüfung 221, 254 ff Sammelurkunde 221, 269 Sanierung 221, 202 ff Schadenersatzansprüche 221, 171 f, 197 Scheindividende 221, 258 Schuldverschreibung 221, 16 Schutzvorschrift 221, 10 Schweiz 221, 43 Sicherung des Umtauschrechts 221, 159 ff Sonderbeschlüsse 221, 114 Sonderrücklage 221, 179 Spaltung 221, 176 Spanien 221, 46 Splitting-Lösung 221, 240 Spruchstellenverfahren 221, 198 squeeze out 221, 189 Statistik 221, 96 Steuern 221, 290 ff Steuerrecht 221, 92 stock options 221, 145 Tilgungswahlrecht 221, 210 Tochtergesellschaften 221, 93, 154, 168, 217, 221 Tranchen 221, 110 Trennung 221, 125 ff Überbewertung 221, 259 Übernahmerecht 221, 274 f Übertragung 221, 127 UMAG 221, 4 umgekehrte Wandelanleihe 221, 13, 90, 164, 210 Umtauschrecht 221, 76 Umwandlung 221, 176 Unternehmensbeteiligungsgesellschaften 221, 322 Unter-pari-Emission 221, 219 US-amerikanisches Recht 221, 47 ff, 70, 80

Sebastian Mock

Sachregister – Verbindung 221, 125 ff – Verbot der Kurs- und Marktpreismanipulation 221, 270 – Verbriefung 221, 125 ff – vereinfachte Kapitalherabsetzung 229, 51, 67 – vereinfachter Bezugsrechtsausschluss 221, 146 – Vereinigtes Königreich 221, 47, 70 – Verfahren 221, 20 ff – Verhinderungsverbot 221, 115 – Verschmelzung 221, 176 – Vertragsanpassung 221, 187, 191 ff – Vertretungsmacht 221, 134 – Verwaltungskosten 221, 288 – Verwässerung 221, 77, 174 – vorinsolvenzrechtliche Sanierung 221, 202 ff – Vorratsaktien 221, 161 – Vorstand 221, 21, 99 f ff, 147, 212 – Vorzugsaktien ohne Stimmrecht 221, 190 – Währungsreform 221, 196 – Wandelaktien 221, 79 – Wandelgenussrecht 221, 216 – Wandlung 221, 207 ff – Wandlungspflicht 221, 84, 90, 210 – Warrant-Anleihe 221, 17 – Wertpapierhandel 221, 270 ff – Wertpapierzulassung 221, 265 – wirtschaftliche Bedeutung 221, 85 ff – Zeichnung junger Aktien 221, 139 – Zugangsbewertung 221, 229 – Zustimmung des Aufsichtsrat 221, 116 – Zuzahlung 221, 76, 215 – Zwangseinziehung 237, 36 Wandelgenussrecht – Optionsanleihen 221, 216 – Wandelanleihen 221, 216 Warrant-Anleihe – Genussrechte 221, 17 – Gewinnschuldverschreibungen 221, 17 – Optionsanleihen 221, 17 – Wandelanleihen 221, 17 Wertpapierhandel – Genussrechte 221, 452 f – Gewinnschuldverschreibungen 221, 452 f – Optionsanleihen 221, 270 ff – Wandelanleihen 221, 270 ff Wertpapierzulassung – Optionsanleihen 221, 265 – Wandelanleihen 221, 265 Zahlungen an Aktionäre 230, 1 ff Zeichnung junger Aktien – Optionsanleihen 221, 139 – Wandelanleihen 221, 139

Zusammenlegung von Aktien 226, 31 ff – Anspruch 226, 48 – Ausführung 226, 37 f – Einzelurkunden 226, 38 – Entscheidung 226, 31 ff – Erlös 226, 49 – Globalurkunde 226, 38 – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 31 – Nennbetragsaktien 226, 38 – ordentliche Kapitalherabsetzung 222, 51; 224, 11 f – Rechtsfolgen 226, 34 ff – Schadenersatzansprüche 226, 50 – Spitzen 226, 32 Zuzahlung – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 13 ff – Optionsanleihen 221, 76, 215 – ordentliche Kapitalherabsetzung 224, 6 – Wandelanleihen 221, 76, 215 Zwangseinziehung 237, 29 ff – Abfindung 237, 66 ff – angeordnete Zwangseinziehung 237, 45 ff – Auslosung 237, 50, 62 – Auszahlungssperre 237, 77 – Begriff 237, 29 – börsennotierte Gesellschaften 237, 69 – Druckmittel 237, 64 – Einlagepflicht 237, 56 – Einziehungsentgelt 237, 66 ff – Ermächtigung 237, 32 ff – gestattete Zwangseinziehung 237, 60 ff, 73 ff – Gläubigerschutz 237, 70, 76 – Gleichbehandlungsgrundsatz 237, 62 – Kapitalerhöhung 237, 34 – Kapitalherabsetzung Vor § 222, 31, 55 – Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien (s dort) – Mitgliedschaft 237, 29 – mittelbares Bezugsrecht 237, 35 – Nebenleistungspflicht 237, 56 – Nichtleistung der Einlage 237, 56 – Nießbrauchsberechtigter 237, 38 – Optionsanleihen 237, 36 – Pfandgläubiger 237, 38 – Reichweite 237, 29 – Sachausschüttungen 237, 72, 75 – Satzung 237, 32 ff – Sicherheitsleistung 237, 77 – Übernahme 237, 37 – übersteigenden Entgelt 237, 71 – vinkulierte Namensaktien 237, 51 – Wandelanleihen 237, 36

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Sachregister – wichtiger Grund 237, 55 – Wirksamwerden 238, 11 Zwischenabschluss – Kapitalherabsetzung durch Einziehung von Aktien 237, 106

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– ordentliche Kapitalherabsetzung 224, 7 – vereinfachte Kapitalherabsetzung 229, 24

Sebastian Mock