Achtzehnte Österreichische Ärztetagung Wien [1. Aufl.] 978-3-7091-4680-4;978-3-7091-4832-7

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German Pages XIII, 366 [373] Year 1965

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Achtzehnte Österreichische Ärztetagung Wien [1. Aufl.]
 978-3-7091-4680-4;978-3-7091-4832-7

Table of contents :
Front Matter ....Pages N1-XIII
Antibiotika, neue Erkenntnisse und Ergebnisse (A. M. Walter)....Pages 1-12
Die Frage der Dosierung (K. H. Spitzy)....Pages 13-19
Nebenwirkungen der Antibiotika (O. Gsell)....Pages 21-33
Die Schutzimpfung gegen Starrkrampf (L. Eckmann)....Pages 35-42
Schutzimpfung während der Schwangerschaft (W. Falk)....Pages 43-49
Über die Prophylaxe des neuralen Impfschadens nach Pockenschutzimpfung (A. Herrlich)....Pages 51-61
Die Prophylaxe des neuralen Impfschadens beim überalterten Erstimpfling (F. Dirschmid)....Pages 63-69
Tahynavirus, ein durch Stechmücken übertragenes Virus in Österreich (Ch Kunz)....Pages 71-76
Zur Differentialdiagnose der sogenannten traumatischen Zwerchfellhernie (H. Mößlacher, R. Wenger, H. Ellegast)....Pages 77-86
Klinik und Therapie des Bronchialkarzinoms (F. Linder)....Pages 87-97
Die Röntgendiagnostik des Bronchuskarzinoms (Anna Jenny-Stangl)....Pages 99-107
Die aktuellen Aufgaben und Probleme der Röntgenbronchographie in der Diagnostik des Bronchuskarzinoms (A. Leb)....Pages 109-112
Außergewöhnliche Erscheinungsformen des Lungenkarzinoms im Röntgenbild (H. Schratter)....Pages 113-122
Das Bronchuskarzinom (R. Pohl)....Pages 123-124
Ergebnisse der Radikaloperation beim Bronchuskarzinom (R. Buchberger, R. H. Jenny)....Pages 125-131
Die Strahlentherapie beim Bronchuskarzinom (H. Oeser, E. Gerstenberg)....Pages 131-138
Beitrag zur postoperativen Bestrahlung des Bronchuskarzinoms (R. Fridrich)....Pages 139-142
Zytologische Diagnostik (Margaretha Fischnaller)....Pages 143-146
Über den Wert der Lungenpunktion für die Diagnose des Bronchuskarzinoms (F. Morawetz)....Pages 147-148
Bronchuskarzinom und Lungenfunktion (F. Muhar, H. Zacherl)....Pages 149-154
Rezidivprophylaxe mit Zytostatika (K. Karrer)....Pages 155-171
Neuro-Myopathie bei Bronchuskarzinom (H. Tschabitscher, H. P. Heves)....Pages 173-178
Das Melanom (St. Wolfram)....Pages 179-191
Das Melanom (E. Domanig)....Pages 193-199
Das Melanomalignom (F. Melnizky)....Pages 201-208
Die Pepsinogenbestimmung im Harn als Hilfsuntersuchung der Röntgendiagnostik des Magens (H. J. Gibitz, F. Kainberger)....Pages 209-213
Die Verdoppelungszeit von bösartigen Tumoren — ihr Wert für die Krebsbekämpfung (E. Krokowski)....Pages 215-223
Die chirurgische Therapie der Mißbildungen des Zentralnervensystems (ZNS) (K. Schürmann)....Pages 225-246
Die Tumoren des Zentralnervensystems beim Kind (F. Heppner)....Pages 247-257
Indikationsstellung zur Hydrocephalusoperation (G. Weißenbacher)....Pages 259-264
Pathologisches Referat (L. Kucsko)....Pages 265-271
Internes Referat (F. Kaindl)....Pages 273-278
Chirurgisches Referat (K. Kremer, W. Irmer)....Pages 279-292
Rückenmarkskomplikationen bei Resektion einer Aortenisthmusstenose (H. G. Borst)....Pages 293-296
Co-Referat (W. Knothe)....Pages 297-303
Die Aortenisthmusstenose im Alter (F. Helmer, W. Lorbek)....Pages 305-309
Probleme assoziierter Fehler bei Aortenisthmusstenosen (P. Satter)....Pages 311-319
Die abszedierende Pneumonie (H. Wendler)....Pages 321-333
Die chirurgische Therapie des Darmverschlusses beim Neugeborenen (H. Hartl)....Pages 335-344
Gegenwärtige Therapie des Nabelschnurbruches (E. Zweymüller)....Pages 345-353
Über dringliche Zwerchfellchirurgie bei angeborenen Zwerchfellhernien und Relaxatio diaphragmatica (P. Wurnig)....Pages 354-366

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9 kann, als di'es durch die Dbersichtsaufnahme geschieht. AuRerdem ist es ofter mogI-ich, durch die Schichtaufnahme im slagittalen oder frontalen StrahJ.engang den Tumorals extra- oder intr,apulmonal gelegen zu erkHiren. Auf Grund di,e.ser deutl:icheren Darstellung durch die SchicMaufnahmen hat sich erwiesen, daR mit Fliissigkeit gefiillte Zysten und Chondrome irn Gegensatz zum peripheren Karzinom viel glatter und scharfer rund abgegrenzt ,sind und daR die Dichte der Verschattung geg,eniiherdem K,arzinom ehenfalls oft diff.eriert, 'so daR gesagt werden kann: Bin huckelitg und et"'las unscharfer hegrenzter Rundherd mitgroRerer Dichte entsprioht eher einem per,ipheren Karzinom als einem Rundherd anderer Genese. In jenen Fallen von peripherem Karzinom obliegt es vor allem dem Rontgenologen, genau festzustellen, in welchem Segment ,eines Lfrppens der Rundher,d liegt, cia es in manchen Fallen g,egehen erschei,nt, mit einem moglichst kleinen chirurgischen Eingriff (e,iner Se.gllllentres'ektion)auszukommen. Dieser Fest,st.ellung di,ent meist schon dfrs p. a. und seitIiche nher,sichtshiIcl, i,n Zweifelsfallen kann auch hierdie Schichtaufnahme die elindeutige Lokalisation erI.auben. Z'Uls'ammenf,aslS'end mochte ich feststellen, daR die Rontgenuntersuohung auf Grund ihrer heutigen di,agnostischen Moglichkreiten ohneweiters in der Llage ,ist, die Hi,agnoseeines Bronchuskarzinoms im Friihstadium zu ,stellen und daR ,es lieute eine ,der dringlichsten Aufg,ahen des Rontgenolog,en heim Stand des ,an Zahl zunehmenden Bronchuskarzi,noms ist, an das Vorlieg'en eines Karzinom,s zu denken und die notigen weiteron Untersuchungen durchzufiihr,en, urn zu ei'ner eindeutigen Di,agnos,e zu kommen. Wertvolle Hilf.e zur Erhartung dieser Dia.gnosesind klinisehe Untersuchun,gsmethoden. Wo durch mangelndes Materi,al geniigende Erfahrung ~n der Diagno'stik des Bronchusk,arzi,noms fehlt, eine Abklarung also nicht moglich ist, soUte man sich nicht soheuen, den Pal'ienten Ian ein thoraxchirul1gisches Zentrum zu iiherwei,sen, urn moglichst wenig Zeit zu v,erli'eren und den vielleioht noeh hest'ehenden FriihfaU nicht zu ,einem prognostisch infamten SpaHall werden zu Ifrssen. Tvpische Beispiele eines zentralen und peripheren Neopla~ma bronchi mit den entsprechenden Schichtaufnahmen sind in den Abb. 1 bis 3 angefiihrt. Anschrift des Verfassers: Dr. Anna Jenny-Stangl, Wien XIX, Reithlegasse 11.

AulS dem Zentral-Rontgeninstitut in Graz (Vorstand: Prof. Dr. A. Lebt)

Die aktuellen Aufgaben und Probleme der R6ntgenbronchographie in der Diagnostik des Bronchuskarzinoms Von A. Leb Neben der allgemeinen internen Untersuchung des Pati'enten stehen fiir den Nachweis eines Bl'onchuskal'zinoms nocheine Reihe diagnostischel' Methoden zul' Vel'fiigung. Es sind dies VOl' aHem die Rontgen-Nativaufnahme del' Lunge vel'hunden mit del' nie zu unterlassenden Lungendul'chleuohtung, die lauoh hei jedel' Rontgenuntel'suchung des Magen-Dal'm-Tl',aktes dul'ohgefiihl't wil'd und gelegentlich zul' ArufdeokulJJg ei,nes symptomlosen Bl'onchuskal',zinoms ~iihl't, die Rontgen-Reihenuntel'suchungen, die TomogJ1aphie, die Bl'onchoskopie mit Pl'obeexzision, die RontgenbronchogJ1aphie, die zytologisch-histolog.ische Untersillchung, die Tumorpunktion, die Lungenvasogl'aphi,e, die KontroHe des Krank,heitsverlaufes und die chirurgische Probethor,akotomie. In der Reihenfolge der Anwenclullig dieser Untersuohungsverfahren liegt die eingreifenclere Bronchogr,aphie nach der Tornographie und nach der Bronchoskopie. Als ~usatzliche diagnosHsche MQgliohkeiten ergibt die BronchogJ1aphie die rontgenologi,sche Dars,tellung der peripheren BronchiaMiste, die der Bronchoskopie und Schichtuntersuchung nicht mehr zuganglich sind, eine Dhersicht iiber die anatomische Lage und Form der Bronchusverzweigungen und Ronigensymptome, die meist eine DifferenHaldia-

2 gnose zwischen Tumor und Entziindung zulassen. Del' vor·a11g1egangene tomographische und bronchoskopische Befund kann durch die Bronchographie erganzt und gesttitzt werden. Naohdem an unserer Radiolog·ilSchen Klinik die Bronchographie durch 17' }ahre in loroaler Anasthesie durchgeftihrt wurde, erfolgte in den letzten 14 Jahren die Bronchogl'aphie ausschlieRlich in einer Pentothal-LysteQlonKurznarkose. Der narkotisierte und intubierte P,atient liegt auf einem an unserer Klinik ftir die Bronchogrlaphie konstruierten wtiel'enden Rantgenuntertisch; notwendig ist noeh ein Sauerstoffbeatmungsgerat und eine Ahsaugpumpe. Die Vorteile diesel' Methode bestehen in einer Ruhigstellung des Patienten und der Lunge; unter DurchLeuchtungskontrolle ist eine gezielte Kontrastfiillung und pralle Aufftillun.gauch der peripheren Bronchusabschnitte magIieh. Der rotierende Untertisch gestattet die pathognomisch aufsehluRreichste Einstellung der Rantgenaufnahmen in den verschiedenen Durchmessern. Das KontlJastmittel. wird ebenfalls unter Kontrolle der Rantgendurchieuchtung magIichst restlos abgesaugt. Diese Form der Bronchographie dauert 2 bis 3 Min., bedeutet einesubjektiv verminderte Belastung des Patienten und i,st ungefahrlich. Ineiner letzten Serie von tiber 2000 Bronchographien erfolgte kein Zwischenfall. 1m Bronchogramm beginnt das Bronchuskarzinom abgesehen yom Alveolarzellkarzinom - zunachst an einer einzelnen umsehriebenen Stelle. In den peripheren Bronchialasten, in den Subsegment- und Segmenthronchien kommt es bei endobronchialem Wachstum friihzeitig zu einer lokalisierten Bronchusstenose; bei peribronchialer A'usbreitung zeigt sich vor dem Einbrueh in den Naehbarbronchus eine Ver.drangung. Ais Zeichen dieses expansiven Bronchustumors ergibt das Bronchognamm eine Atbspreizung der regionaren Bronchialaste. Ein flacher, intramural vordringender Tumor fiihrt zu einer umschriehenen Starre del' BroncMalwand und zu unregelmaRigen 'Und unebenen Konturen des kontI1l1lstgeftillten Bronchus im Tumorbereich. LokaJi,sierte Stenosen und Verdrangung·en peripherer Bronch1aIaste haben nul' dann einen diagnostischen Wert, wenn sie auf mehreren Bronchogrammen in gleioher Weise und konstamt bei praller und vollstandiger Kontr'8stfiillung der Bronohi,alverzwei,gungen nachweishar sind. Eine intoomurale flache Tumorinfiltration und flache Kontur'llnregdmaRigkeit der Kontl'asi£tillung, k,ann duroh einen gezidten verstarkten Ftillung1sdruck bei der Bronchographie auf die Konstanz einer starren Wandinfiltl'ation UJnci mangelnde Dehnbarkeit iiberpriift werden.

3 I,n der Differentialdiagnose zwischen einem Tumor und einem entztindlichen Infiltrat konnte beobachtet werden, daR insbesondere ein noch frischer EntztindungsprozeR ohne Verdrangungserscheinungen rasch auf mehrere Bronchialaste tibergreift. 1m Bronchogramm res'llltieren dann multiple periphere Bronchusstenosen und Sekretverschltisse ohne Spreizungs- und Verdrangungserscheinungen an den Bronchialiisten. Die Kontrolle des KrankheitsverIaufes zeigt eine spontane Resorption des entztindlichen Infiltrates innerhalb weniger Tage oder Wochen, wobei die peripheren Bronchusverschliisse wieder durchgangig werden konnen. }e frtihzeitiger ein Bronchustumor di,agnoshziert werden solI, desto weniger ausgesprochen ist die Rontgensymptomatologie, desto sorgfaltiger mtissen technisch bedingte inkomplette Kontrastftillungen des Bronchialbaumes vermieden werden. Nur die Konstanz eines an sich geringen Ftil1ungsdefektes auf Serienbronchogrammen, verhunden mit einer pr,allen Aufftillung der benachbarten Bronchialaste, bieten eine hinreichende di,agnostische Sicherheit. Auf diese Weise sind auch kleinbohnengroRe Bronchuskarzinome feststel1bar. Von besonders praktischer Bedeutung ist im Hinblick amf eine eventuelle Indikation zu ,einem raschen operativen Eingriff die Abgrenzung des Bronchuskarzinoms von einem entztindlichen ProzeR (chronische Pneumonie, Tuherkulose). Bei peripheren Vevdichtung,sherden in der Lunge, die auf der nativen Rontgenaufnahme der Lung,e und auch im Tomogramm in ihrer Form und Begrenzung durchaus auf Tumor verdachtig ,sind, kann im Gegensatz dazu die Bronchogvaphie dCIJs Fehlen expansiver Verdrangungserscheinungen, plurizentrische, regionare Bronchusverschltisse und damit die Symptome einer entztindlichen Genese des Prozess'es aufzeigen. Damit erwachst die Verpflichtung z'u einer weiteren Klarung die UnterslUchung und die Beobachtung des Krankheitsverlaufes .fortzusetzen, die bei eilller eniztindlichen Atiologie meist eine ,spont'ane Verkleinerung und Resorption des Infiltrates ergibt. Die angegebene bronchographische Rontgensymptomatologie kann zur atiologischen Differenzierung peripherer Rundherde in der Lunge herangezogen werden. Das tumorbedingte Rundinfiltr,at veruri>acht im kleinkalibrigen peri'pheren Bronchialast frtihzeitig einen lokalen VerschluR, greift erst im weiteren Fortschreiten auf den zunachsigelegenensubsegmentaren oder segllJlenUiren Bronchus tiber und verdrangt mit fortschreitender expansiver Ausbreitung die benachbarten Bronchien. Das Bronchogr,amm ergibt einen lokalisierten oder oIigozentrischen BronchusverschluR

4 mit Abspreizung der regionaren Bronchien. Beim entztindlichen, meist tubel'\kulOsen RUIlJdinfiJtrat bricht der destl'uierende tuherkulose ProzeR r,ascher als del' Tumor in die regionareln Bronchialaste ein. Die Verdrangungs- und Spreizung·serscheinung'en fehlen oder sind gering. Es hestehen w/eiters gleicharti,ge, rnehrfach periphere Bronchusstenosen, eventuell konnen unregelmaRige Kontrastftillungen in erhaltene Teile der Bronchiallichtungen im entztindlichen Infiltrat tibergedrangt werden. Vielfach wird heute in der Diagnostik des Bronchuskarzinoms auf di,e Bronchogr,aphie verzichtet, weil bei del' vielerorts noch nicht eingespi,elten Technik, dieses Untersuchungsverfahren flir den Unter,sucher und ftir den Patienten als zu belastend empfunden wird. Bei Verdichtungsherden in der Lungenperipherie, die der bronchoskopischen Kontrolle nicht mehr zu,ganlglich sind, wind ,auf Grund der klinischen UnteTsuchung, del' nativen Rontgenaufnahme ,und Tomogmphie mit 'angeblicher Sicherheit, die ,sich al.s Pseudosicherheit erweisen kann, ein Tumor ,angenommen, operiert und im anatomischen Prapal'\at und bei der histologischen Untersuchung ein umschriebener entztindlicher ProzeR gefunden. Selbst nach Anwendung aIle I' zur Verftigung stehenden Untersuchungsmethoden ist Biuch heute noch - al1el'\dings in einem geringer werdenden Prozentsaiz. - die Diagnose Bronchuskarzinom nicht ohnehistologische Untersuchung z'u stelle'll. Auch bei der Thorakotomie kann beim Abtasten del' freigelegten Lunge eine harte, hockerige Induration einen Tumor vortiiu,schen. Der chirurgische Eingriff ist in derartigen Fal1en durchaus berechtigt und indiziert.

Aus del' II. Chirurgischen Universitatsklinik in Wien (Vorstml!d: Prof. Dr. H. Kunz)

Au6ergewohnliche Erscheinungsformen des Lungenkarzinoms im Rontgenbild Von H. Schratter :\Iit 5 Abbildungen

Die Aktualitat des Themas Lungenkarzinom hat an Bedeutung noch immer nicht abo, sondern eher zugenommen. Weiterhin bleibt die primare Erfassung des Lungenkarzinoms eine radiologische. Bei einem GroRteil del' FaIle kann der auf diesem Gebiet erfahrene Radiologie mit fast an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die richtige Diagnose - ja sogar eine Friihdiagnose steBen (siehe Referat von Frau Dr. J e n n y und die darin angefiihrte geringe Fehlerquote). Aus der Vielfalt der radiologischen Erscheinungsformen des Bronchuskarzinoms ergibt sich jedoch, daR ein gewisser Teil ri.intgenmorphologisch uncharakteristisch ist. NaturgemaR weisen diese Formen die hi.ichste diagnostische Fehlerquote auf. Es erscheint daher zweckmiiflig, diese in das Licht besonderen Interesses zu riicken. Zum besseren Verstiindnis der diagnostischen Schwierigkeiten bei pathologischen Verdichtungsprozessen im Thoraxraum mi.igen einige allgemein grundlegende Betrachtungen vorausgeschickt werden. Die Ri.intgendiagnostik infiltrativer - insbesondere tumori.iser - Lungenveranderungen hat sich mit dem Fortschritt der Thoraxchirurgie wesentlich vervollkommnet. Die immerhin schwerwiegenden thoraxchirurgischen Eingriffe heni.itigen zur Indikationsstellung eine mi.iglichst

2 genaue Ausdeutung des pathologischen Prozesses in bezug auf seine Art und Lage im Raum. Voraussetzung flir die KHirung eines pathologischen Prozesses ist die grundlegende Kenntnis der anatomischen Verhaltnisse im Thoraxraum, so daR man sich nicht mehr mit den bisher vielfach iiblichen allgemeinen Angaben - womoglich nur auf Grund eines zweidimensionalen Bildes -, welche groRen subjektiven Spielraum lieRen. zufrieden geben konnte. Die pathologischen Schattenelemente im Thoraxraum sind in bezug auf Zahl, Form. GroRe. Dichte. Homogenitat und Konturierung. sowie in ihrer Beziehung zur Umgebung auRerordentlich mannigfaltig. Es erhellt daraus, daR es kaum eine pathognomische Verschattung geben kann. Ais Beispiel dafiir seien Zerfallsprozesse genannt, die sowohl spezifischer als auch unspezifischer, sowie auch tumoroser Genese sein kiinnen. Unter den verschiedenen rontgenologischen Untersuchungsmethoden. wie Nativaufnahme, Bronchographie usw., uimmt das Schichtaufnahmeverfahren einen breiten Raum ein. Dasselbe ist heute weit iiber den urspriinglichen Rahmen einer Herd- oder Kavernendiagnostik hinausgewachsen und aus der Thoraxdiagnostik nicht mehr wegzudenken. Es vermittelt uns unter anderem nicht nur die exakte Lage des Prozesses im Thoraxraum, sondern auch seine Beziehung zur Umgebung, insbesondere zu den Lungenstrombahnen fiir Luft und BIut. Der auf diesem Gebiet erfahrene Radiologe wird aus der Koordination von subtiler Rontgenuntersuchung mit Anamnese und den iibrigen klinischen Befunden einen sehr hohen Prozentsatz der FaIle zur Abklarung bringen konnen. Die Lage pathologischer Schattenelemente im Thoraxraum ist - abgesehen von den Rundherden - von groRer Bedeutung. Allerdings ist auch flir die Erkennungsmoglichkeit der Rundherde die Lokalisation ebenfalls nicht vollig bedeutungslos, da z. B. Tuberkulome ebenso wie Aspergillome zweifellos die Oberlappen bevorzugen. was unter anderem, moglicherweise auf die Aerodvnamik des Bronchialsvstems zuriickzufiihren ist. Es steht daher die topographische Klarstellung der pathologischen Verdichtungsprozesse bei der radiologischen Untersuchung praktisch an erster Stelle, denn sie gibt nicht nur dariiber Auskunft ob es sich urn einen intra- oder extrapulmonalen ProzeR handelt. sondern kann manchmal auch fiir die Artdiagnose des Prozesses fOrderlich sein.

3 Besondere diagnostische Schwierigkeiten ergeben sich grundsatzlich aus zweierlei Grunden: 1. wenn das pathologische Schattenelement vollig uncharakteristisch ist und 2. wenn die topographische Situation eine Tauschungsmoglichkeit zulafH. Wie sich bei der Durchsicht des Krankengutes von etwa 500 an unserer Klinik operierter Lungen ergab, waren es in der Hauptsache 4 Gruppen von Verdichtungsprozessen im Thoraxraum, die besondere differentialdiagnostische Schwierigkeiten verursachten. a) Neoplasmen der Lungen, die auf Grund ihrer topographischen Klarstellung an Mediastinal-, Thoraxwand- oder Zwerchfelltumoren denken lieRen. b) Intrapulmonale soli tare Rundherde mit oder ohne Zerfall. c) Die Tuberkulose, die in ihrer vielfaltigen Erscheinungsform allzu groRen diagnostischen Spielraum laRt. d) Radiologisch noch nicht erfaRbare endobronchiale Wandveranderungen. Zu a) Zeigt Bild 1 im linken Tracheobronchialwinkel nach kranial bis in Hohe des Aortenbogens und nach lateral bis in die Mitte des Lungenfeldes reichend, eine eigroRe, homogene, dichte Verschattung, die sich gegen die Lunge zu bogig konvex und relativ scharf abgrenzt und yom Mediastinalschatten nicht zu trennen ist. Der apikale Oberlappensegmentbronchlls erscheint nach lateral bogig abgedrangt, jedoch nicht verschlossen. Dieser VerdichtungsprozeR laRt zweifellos an cinen Mediastinaltumor denken. Auch Bronchoskopie und entnommene Probeexzision waren negativ. Operativ ergab sich eine in das Mediastinum reichende, mit Aorta und Perikard verwachsene Tumorbildllng, wobei jedoch die Histologie ein kleinzellig-solides Lungcnkarzinom (mediastinaler Typ) ergab. Bild 2 zeigt eine laterale wandstandige. eigroRe, dichte Verschattung im rechten ObergeschoR. die sich gegen die Lunge bogig und scharf abgrenzt und der lateralen Thoraxwand breitbasig aufsitzt. Medial exzentrisch zeigt die Verschattung eine zirka haselnuRgroRe Zerfallsaufhellung. [n der gleichen Region finden sich ausgedehnte osteolytische Rippendestruktionen. Der der Thoraxwand hreitbasig aufsitzende VerdichtungsprozeR im Einklang mit der Rippendestruktion lieR radiologisch in erster Linie an ein Pleuraendotheliom denken. Wie der histologische Befund jedoch ergah, hat es sich urn ein Plattenepithelkarzinom gehandelt.

4 Zu b) Die Grllppc del' Rundhe rde bereitet dem Radiologen wahrscheinlich deshalb differentialdiagnostisch so grofle Schwiel'igkeiien, ,veil sic nicht nur eine zahlenmaflig grofle Gruppe ist, sondern ihl' uncI! eine Vielfalt pathologisch-anatomischel' Befllnde zugrunde lie gt.

Abb. 1. (Tomogl'aJ1l111 del' linken Hilus- und PerihiUinegion.) 68jahriger Patient. 4 Wochen VOl' del' Aufnal!me Hamoptysen und Schmerzen hinter dem Sternum sowie 4 kg Gew.ichtsverlust. Rontgenologisch : eigro13e, dichte Schattenvorwolbung im Tracheobronchialwinkel. Bronchoskopie und PE waren negativ. Da sicl! del' 'rumor intraoperativ als weit ins Perikard und auf die Aorta ausgedehnt envies, IDu13te bet einer Probethorakotomie verblieben wel·den. Histologisch el·gab sich ein kl einzelligsolides I~arzinom

Urn ullr einen allgemeinen und unvollstandigen Dberblick tiber die Moglichkeiten der Artdiagnose von Rundschatten zu gehen . scien folgende Arten angeftihrt: 1. Entztindliche Prozesse. spezifischer wie auch unspezifischer

5 Natur: z. B. Tuberkulome. Pilzerkrankungen. pneumoconiotische Schwielenbildungen, Lungenabszesse, Lungenzysten, Ecchinokokkuszysten. 2. Gutartige und semi maligne Tumoren: Fibrome, Chondrome. Hamartome, Bronchusadenome. Mesotheliome. Neurofibrome. Neurinome und arteriovenose Aneurysmen. 3. Maligne Tumoren und peri-

Abb .. 2. ('l'omogl'umm des rechten LungenobergeschoBes.) 62jlihrigen Patientin, die wegen unbeeinfluBbarer Schmerzen in del' rechten Schulter zur Rontgenuntersuchung kam. Hiebei wurde ein ThOI'axwandtumor mit Zerfall und Rippendestruktion festgestellt uml ein Pleuraendotheliom ungenommen. )i ach Lobektomie nnd 'l'hol'nxwantiresektion el'gah riel' histologische Befund ein Plattenepithelkarzinom del' Lunge phere Bronehuskarzinome, Sarkome, Karzinoide, Metastasen. Wiehtig fiir die rontgenmorphologische Analyse des Hundschattens ist seine Form, Dichte, Homogenitiit oder Inhomogenitat. sowie Konturenschiirfe. Danach sind es seine Lokalisation. GroBe, 'Vachstumstendenz. etwaiger Zerfall,

6 sowie etwaige Kalkeinlagerungen, die differentialdiagnostische Schltisse zulassen. Die Beziehung der Rundherde zur Umgebung, insbesondere wie schon erwahnt, zu den Lungenstrombahnen fUr Luft und Blut, ist ebenfalls von grofter Bedeutung, jedoch relativ selten klarbar.

Abb. 3. (Tomogramm des linken Ober- und MittelgeschoBes.) 58jahriger Patient, del' seit 6 Monaten besonders nachts an stechenden Schmerzen in del' linken Brustseite litt. Rontgenologisch: Rundherd im pektoralen Oberlappensegment links mit gestochen scharfer !Contur. Nach Lobektomie el'gab del' histologische Befund ein polymorphzellig-solides Kal'zinom

Wah rend gutartige Tumoren in der Regel gestochen scharfe Konturen und Homogenitat des Schattens aufweisen, zeigen die peripheren Bronchuskarzinome Buckelbildungen und geringe Konturenunscharfe. Ein arteriovenoses Aneurysma kann durch Darstellung des Zll- und abfiihrenden Gefaftes diagnostiziert werden.

7 Ausgepragte Wachstumstendenz spricht fiir Malignitat des Rundherdes, doch konnen ausnahmsweise auch maligne Tumoren auBel'st langsam wachsen. Bei del' heutigen Technik der Thoraxchirurgie ware es allerdings verfehlt, bei unklaren Fullen die Chance einer Radiknloperation dllrch Iangere Verlaufskontrollen zu vermindern.

Abb. 4. (Tomogrnmm des rechten Oberlappens mit nuBgl'oBem Schattenelement, welches pflaumenkerlllgroBe Hohlenbildung aufweiSt.) 61juhrigel" Patient mit zweimaligen Hingeren HeilstlittenIlufenthalten, letztmals 1 .J ahr VOl' der Aufnahme. Es bestand eine Tubel'kulose mit positivem Sputum. Wegen sUindiger Rlimoptysen el'folgte Lobektomie. Rontgenologisch wul'de in erster Linie spezifischer ZerfallsprozeB angenommen. Histologisch el'gab sich ein polymol"phzellig-solides Karzinom Zerfallshohlen sind bei spezifischen Prozessen we sentIich hiiufiger als bei Neoplasmen. Lelztlich knnn die Statistik auch nur bedingt Zllr Differentia Idiagnostik del' Rundherde herangezogen werden,

8 da sic anf dCII verschiedenen Fachabteilungell auf Grund des bcreits gesiebten Krankengutes verschieden sein mufl. So werden sicherlich auf einer thoraxchirnrgischen Station die malignen n lllldherde an Zahl tiberwiegen. Zu dem Kapitel Rundherde zeigt Bild 3 das Tomogramm der lillkcn Lunge 12 cm oberhalb del' Tischebelle, einen marillengroflen, dichten, gestochen scharf hegrenzten Rundschatten irn latel'alen Anteil des Obergeschofles. Seine Beziehllllg ZUI' Umgehung ist unaufflillig. Auch der linke Hilusschatten zeigt praktisch keine abllorrnen Strukturen, sondern wird in der Hauptsache durch Geflille hervorgerufcn. Allf Gl'lllld del' rontgenmorphologischen Analyse sowie des Fehlens von vergroflerten, regionaren Lymphknoten, warc im vorliegendcn Faile rein radiologisch eher an gutartige TlImorbildung zu den ken gewesen. Nach Lobektomie ergab jedoch der histologische Befund ein polymorphzeIligsolides Ka rzillom. Zu c) Bild 4 zeigt eiu Tomogramm des rechten Oherlappens 7 cm oberhalb del' Tischebene. Es findet sich medial im Spitzengeschofl ein walnuflgrofler Rundschatten von miifliger Konturenschiirfe mit einer pflaumenkeJ'l1groIlen, eher glattwandigell Hohlenbildung. Tn del' Umgebung ist die Strahlendurchllissigkeit zum Teil durch vermehrte Streifenstrukturen, sowie zum anderen Teil durch undelltIiche, unscharfe Fleckschatten herabgemindert. Del' Patient wies 2mal liingeren HeilstiittenaufenthaIt auf. Es hestand eine Tuberkulose mit positivem Sputum. Aus der Koordination der Rontgenhildanalyse, sowie Anamnese und Klinik wurde in erster Linie spezifischer Zerfallsprozefl angenommen. Wegen standigen Hamoptysen erfolgte Lobektomie, wohci der histologische Refund ein polyrnorphzellig-solides Karzinom ergah. Zu d) Bild 5 zeigt das Tomogramm beider Hilusregionen 9 cm oberhalb der Tischebene, wobei weder ein abnormer Verdichtungsprozefl noch abnorme Strukturen im tomographisch erfaflten Bereich differenzierbar sind. Die im sagittalen Strahlengang erfaflbaren zentralen Bronchien erscheinen frei. Bei diesem Patienten traten wiihrend der Rekonvaleszenz nach Magenresektion nach B. II wegen Lymphosarkom gelegcntlich Hiimoptysen auf. Wcgen der bestehenden Hiimoptysen wurdc trotz negativem Hontgenbefund _ oder vielleicht gerade deswegen - noch eine endoskopische Untersuchung durchgeftihrt, die im rechten Oberlappen-

9 ostium eine beetartige SchweIlung erkennen lieR. Die Probeexzision aus diesem Gebiet ergab den histologischen Befund eines Pflasterepithelkarzinoms. Mit den vorerwiihnten Ausfiihrungen. bzw. Abbildungen soIl darauf hingewiesen werden, daI! uncharakteristische oder vieldeutige, tumorartige Infiltrationsprozesse keinen absoluten Beweis gegen das Neoplasma bedeuten.

Abb. 5. (Tomogramm beider Hilusregionen und PerihiHirgebiete.) Wiihrend del" Rekonvaleszenz nach erfolgter M.agenresektion nach B. II wegen Lymphosarkom, stellten sich bei dem 52jiihrig'en Patienten gelegentlich Hiimoptysen ein, worauf del' Patient neuerlich zul' DUl"chuntersnchung aufgenommen wurde. Rontgenologisch ergab sich wedel' auf den tlbersichtsaufnahmen, noch auf Schichtaufnahmen beidel" Hilusl"egionen ein suspektel" Befund. Bronchoskopisch fand sich am rechten Oberlappenostium eine beetartige Schwellung. Die PE aus diesem Gebiet ergab den histologischen Befund eines Pflasterepithelkarzinoms: Pneumonektomie

Die bisher vielfach geiibten Verlaufskontrollen mit odeI' aline entsprechende Zwischentherapie erzielen in vie-

10 len Fiillen nicht nur keinen Effekt, sondern vermindern durch den Zeitverlust die Chance auf eine erfolgversprechende Therapie. Da flir cine erfolgversprechende Therapie die Friihdiagnose von ausschlaggehender Bedeutung ist, sollte in solchen GrenzHillen eine llmgehende Einwei· sung des Patienten auf eine erfahrel1e Fachstatiol1 durchgeflihrt werden. Diese hat noch weitere diagl10stische Moglichkeiten nnd kann in hesol1ders gelagertel1 Fallen eine probatorische Thorakotomie in Erwagung ziehen. was in suspekten Fallen bei dem heutigen Stand der Techl1ik der Thoraxchi rll rgie, sowie der N arkosetechnik vertretbar ersclleint. Es erschien von Interesse, die Grenzen der Rontgensymptomatik des Lungenkarzinoms aufzuzeigen und die sich daraus ergebenden Konsequenzen anzudeuten. Anschrift des Verfassers: Dr. H. S c h rat tar, II. Chirnrgische Universitatsklinik, Wien IX, Spitaigasse 23.

Diskussion zum 3. Hauptthema

Das Bronchuskarzinom Von

Poh1

Der Autor beschaftigt ~,ch vorwiegend mit einer Sonderform des Bronchuskarzinoms, dem Narbenkrebs der Lunge. Diese Tumoren entwickeln sich meist weit in der Lungenperipherie, dort, wo eben Narbengewebe vorhanden ist, nach einem Infarkt, nach einer Tbc, nach einem Trauma usw. Das Narbengewebe ist nach neueren histologischen Untersuchungen keine so leblose Masse, sondern solI einen fordernden Faktor in der Krebsentwicklung abgeben. Die Bosartigkeit dieser Tumoren liegt darin, dafl sie, wenn sie auch noch klein und unscheinbar sind, bereits reichlich Metastasen setzen, so dafl die immer wieder geforderte Frtihdiagnostik schwierig wird. Es werden einige FaIle demonstriert: 1. Rundherd rechts im Oberlappen, scharf konturiert, in seiner Umgebung streifige Induration. Es wird ein Tuberku10m angenommen. Autopsie: Tuberkulom mit karzinomaWser Umwandlung. Histologie: Groflzelliges Ca. solidum. 2. Wegen Rekurrensparese und Schmerzen im link en Arm eingeliefert. Bei Spitzenschwielen beiderseits links kleiner Tumor im Spitzenbereich. Bemerkenswert ist dabei, dafl bei der Kleinheit des primaren Tumors bereits die ganze erste Rippe destruiert war. 3. 1919 schwerer Betriebsunfall mit Serienbriichen der Rippen beiderseits und Lungenrifl rechts. Rontgenbild 1960: Streifige Induration rechts tiber dem Lungenhilus. Dabei auch wandstandige Schwarte. 1962: Mandarinengrofler Tumor im N arbengewebe. Autopsie: Plattenepithelkarzinom.

2 4. Schmerzen im Ellbogenbereich mit Auftreibung: Fungus oder Tumor. Rontgenologisch groRe isolierte Knochenmetastase. Obwohl keine pulmonalen Beschwerden vorhanden waren, findet sich rechts an der Lungenbasis weit peripher ein kleiner primarer Tumor, in der Anamnese abgeheilte exsudative Pleuritis rechts. Zusammenfassend wird festgehalten, daR die Friihdiagnostik der Lungentumoren im Verlaufe der letzten Jahrzehnte wesentlich verbessert wurde. Derzeit sind wir alIerdings an einem Stadium angelangt, in dem von der rontgenologischen Seite allein nicht mehr viel Neues zu erwarten ist, wenn nicht noch weitere bisher unbekannte Untersuchungsmethoden aufscheinen. Die Friihdiagnose ist ein allgemeinarztliches Problem, wobei dem Hausarzt die besondere Aufgabe zufaIlt, mit einem ausgekliigelten Spiirsinn jene FaIle zur Durchuntersuchung zu schicken, welche einen verdachtigen Reizhusten haben oder durch andere kleine Detailbeschwerden auffallig werden. Anschrift des Verfassers: Prim. Dr. R. Poh!, Rontgeniacharzt, Wien VIII, Lange Gasse 63.

Aus del' II. Chirurgischen Universitiitsklinik in Wien (Vorstand: Prof. Dr. H. Kun'z)

Ergebnisse der Radikaloperation beim Bronchuskarzinom Von R. Buchberger und R. H. Jenny M,it 3 A.bbildJungen 1m Jahre 1947 begann Prof. De n k 'an seiner Klinik mit aIler Enengie die Thoraxchirurgie zu intensivieren. SeiiIl Bestreben war, den wiihrend ,des Krieg;es von den Alnglo-Amerikanern 'auf diesem Gebi,et erzielten Vorsprung zu v,erringern, auflJUheben. Zweifellos wurde dieses Ziel a!Uoh erreioht, obwohl zu bedenken 1st, daB wir nicht liber die teohnischen u:nd finanz1eUen Moglichk,eiten dieser Lander verfiigen. Seit dieser Zeit halten wir unsere Patienten, die wegen eines Bronchusk.'arzinoms in stationarer Behandlung unserer Klinik Wlar,en, in Evidenz. Standige N achuntersuchungen, Einhenufungen der Operierten und Nichtopederten und liber viele Jahre s,ich erstreckende Kontrollen waren dazu notwendig. Als Erfolg dieses Allbeitsaufwandes kann ein ltickenloser Bericht tiber unser groBes Kr,ankeng;ut gegeben werden. An Hand von Zusammenstellungen und Tabellen konnen die Ergebnisse der Radikaloperationen beim Bronchuskarzinom tibersichtlioh demonstriert werden. Viel schwieriger1st die Frag,e zu beantworten, wie vieIen Patienten mit einem rnaIignen Tumor der Lunge wir die Chance eines naJdik,alen EingriHes liberhaupt bieten konnen. Sogenann te Leistun,gszahlen, d. h. das Verhaltnis zwischen konservativund operativ behandelten Patienten einer Klinik, geben darii!ber keine verlalHiche Auskunft.

2 Diese Rdation hangt von zu vielen auileren Faktoren ab, sie ist niemals echt, da jede Aufnahme aneiner chirurgischen Abteilung bereits einer Selektion entspricht. Fest steht nul', daB das Verhaltnis del' radikal Operierten zu den Nichtoperierten und zu den Inoperablen bescheiden ist. Daftir gibt es unserer Meinung nach ,2 Erklal'ungen: a) die Bosar.tigkeit del' Erkrankung selhst, welohe im Durchschnitt in wenigen Monaten zum Tode fiihrt und b) die Schwieri,gkeiten in del' Diagnostik, welche von den wenigen zur Verfiigung stehenden Monaten del' Lebenserwartung einen groBen Teil bis zur endgiiltigen Klarung absorbiert. Beide Punkte 'stehen 1eider aufl>er Zweifel. Die Bosartigkeit wil'd .am besten chaN1Jkterisiert durch die Beobachtung, daB die mittlere Lehenserwartung del' Nichtoperierten unseres Krankengutes vom Beginn der ersten Symptomean bis zum Tode im Durchschnitt 9 bis 10 Monate betra.gt. B. Ta y lor und Wa tel' h 0 use errechnen diese Leibensspanne .an Hand von 1500 Patienten mit 9'9 Monaten und hefinden sich damit in Dbereinstimmung mit zahlreichen amerik·anischen Autoren. Diese betriibliche Feststellung MBt si~h ,auchanders erharten: Von 4153 Patienten einer Zus'ammenstellung He 11 r i e gel s, die histologisch nicht al1e verifiziert waren und einer Bestrahlung.shehandlung unterz.ogen wUl1den, lebten nach einem Jahr noch 18%, nach 5 Jahren noch 2%. Unsere eigenen entsprechenden Beobachtungen sind ebenso schlecht, nul' gam: vereinzelt grbt es P.atienten mit einem langsam wachsenden Pfl.asterepithelkarzinom, die 3 Jahre iiberleben. Der Grund, warum wir ,dies anfii'hr,en, ist der, damit wir nns del' BO'sartigkeit des Bronchuskarzinoms bewuflt sind, damit wir uns kei(lJ.en falschen Illusionen hingeben. Ein Al'zt, del' einem Patienten mit ein,em operablen Tumor konservative MaBnahmen empfiehlt, muR sich der Tragweite seiner Entscheidung hewuBt sein und mufl die Angehorigen des Kranken iiber die schlechte Prognose informieren und darf ihnen nicht unbegriindete Hoffnungen machen, an die sie sich natiirlich gerne klammem. Mit derselben Offenheit miissen wir Chimrgen unsere Patient,en und deren Angehorige auf das jeweilige Risiko eines Eingriffesaufmerk,sam machen. Das Operationsrisiko ist direkt abhangig von del' Ausdehnung des Tumor·s und VOl' ,al1em vom Alter des Patienten. Nun zu verschiedenen Zusammenstellungen unseres Krankengutes. Aus del' Tab. I ersehen wir die Gesamtzahl unserer P,atienten (3534), das Verhaltnis zwischen Operierten und Nichtoperierten, und VOl' allem die AHersverteilung. Vier Fiinftel der Kranken standen bereits "im sechsten, sieben ten

3 Tabelle 1. AUersaufbau der 1947-1963 aufgenommenen 3534 Patienten mit Bronehuskarzinom 130-39140-49150-59160-691

Jahre Jahre

Nicht operiert ........ Thorakotomiert ...... Reseziert ............ Summe .............

II I

9 9 11 29

I

135 107 I 147 389

I

Jahre

70

1

Jahre ~~~~ Gesamt

I

771 101 232 I 722 6 1670 394 I 6 1 1142 I 1397 I 113 1 3534

654 368 584 I 1606

I

oder achten Dezennium, alssie zu nns k,amen. Dieses Faktum ist bei kritischer SteHungnahme zur Beurt,eilun,g der operativen Mortalitat unbedingt zu beriicksichtigEm. Unter di,esem Begriff ver,stehen wir aIle Todesfalle, welche ursachlich mit der Opel1ation in Zusammen'hang stehen, selbst wenn der Exitus erst 6 oder 8 Wochen nach dem Eingriff eingetreien ist. Von insgesamt 1142 Resektionen verloren wir 15·2% der Patienten durch den Eingriff. Tabelle 2. Mortalitiit in Art des Eingriffes Pneumonektomie ...... Lobektomie ........... Resektion gesamt ......

%

1947-1954 %

1955-1963 %

Gesamt

19·1 12·6 17·7

13·8 11·1 12·7

16·8 11·6 15·2

%

Der Vergleich zwischen dem Operationsrisiko friiherer Jahre und jetzt i,st bemenkenswert: Die Mortalitat sank bei der Pneumonektomie von 19·1% auf 13"8% und blieb bei der Lobektomi,e im wesentlichen unverandert. Nicht die Verbesserung der Operationstechnik, sondern die Verbesserung vor aHem der atemphysiologischen Untersuchungsmethoden lassen uns das Opel1ationsrisiko praoperativ genauer beurteilen und dadurch einestrengere Auswahl in der IndikationssteIl'llng zu einem Eingriff treffen. Die Tab. III zei,gt Ihnen die Ur,sachen, welohe zu einem postoperativen Exitus gefiihrt haben. Neben diesen neg'ativen Aspekten diirHe Sie die Lebenserw,artung nach einer Resektionsbehandlung interessier·en, oder anders ausgedriickt, die sog'enannten Dauerheil1ungen. 753 Resektionen liegen langer als 5 lahr,e zuriick und konnen daher zur Beantwortung dieser Fr,age herangezog,en wel1den. Von diesen P,atienten lebten 5 his 14 Jahre nach dem Eingriff noch 26·,010.

4

Pneumonektomie

Ursache

Kardiopulmonaler Exitus Stumpfinsuffizienz ..... Lungenembolie ......... Verblutung ............ Postop. Enterokolitis ... Emphyem (ohne Stumpfinsuffizienz) ......... Pneumonie ............ Sonstige ..............

36 32 28 16 7

4'5% 4'0% 3'5% 2'0% 0'9%

9 5 1

1'1% 0'6% 0'1%

I Lobektomie

I I

1'5%

4'1% 3'7% 3'1% 1"4% 1'1%

0'6% 1'5%

9 7 6

0'8% 0'6% 0'5%

3'2% 2'9% 2'0%

5 2 5

-

Gesamt

47 42 35 16 12

11 10 7

-

I

Summe ............... /134 Todes- I 40 Todes1174 Todesfalle v. 798 I fiille v. 344 falle v. 1142 Operierten Operierten Operierten

I

753 RESEKTIONEN: 1941-1958 %100

2.6.1%

JAflRE

1

2.

3

4

5

AJbb. 1

In den ,ersten 2 Jahren nach der OpeJ1ation sterben ungefahr die HaLfte alIer Patioenten, und zwar hauptsachlich an Fernmetastasen, seltener an IQk'alen Rezidiven. Der Grund fiir diese hetriibliche ':ratsache diirfte darin liegen, daR zum Zeitp'llnkt der .operation £ast die Halfte alIef KJ1anken hereits Fernmetastasen in den verschierlensten Organen hat, die wir nur nicht nachwei'sen konnen. Zu dieser Annahme sind wir herechtigt, da fa,st die Halfte der

5 sogenannten Radikaloperierten, wenn sie postoperativ v'erstorben sind, auf dem Obduktionstisch Fernmetastasen h,aben. Seit Einftihrung der intensiven chemotherapeutischen Nachbehandlung hat ,sich die Prognose in den ersten 2 postoper-ativen Jahren verbessem lassen, wie sie von K a r r e r noch horen werden. In unserem Krla,nkengut scheint diese Beobachtung noch nicht auf, da die Zusammenstdlungen einen Zeitabschnitt vor dieser Ara erfassen. Einen interessanten AufschluR hinsichtlich der Prognose ergibt die niichste Tabelle. Tabelle 4. Dauerergebnisse

533

Pneumonektomien ...... davon St. I ......... Lobektomien .......... davon St. I ......... %100

,,

,, ,

\

232

220

159

PNEUHONEKlOHIEN 191t1-58

,,

,

5 und mehr Jahre fiberlebend

Zahl

Art des Eingriffes

"'-- -~ ----.

131 70

%

24'6

83

31'8

55

35'8 34'6

lOBEKTOMIEN 19'*1-58

--"'35,8%

19,2'4 5,1%

JAURE

:3

I 3

4

232PIIEUHONEKT.STAD. I ~-- 83 510SERlESEND 213 • 11---39' 35 " I 1 I - 2·

I

4

I 5

159 LOSEKT. STAD. I ~-- 55 5J.UBERLESENl>

5 2 " " II

~10



Abb.2

Sie sehen, daR sowohl bei der Pneumoneiktomie als auch bei der Lobektomie die Lebenserwartung eindeutig vom Stadium der Erkrankung abhiingt. Beim Fehlen von Lymphdrtisenmetasta.sen am Hilus sind die Aussichten wesentliC'h ,gtinstiger: 35'80/0 der Patienten nach Pneumonektomie und 34'60f0 der lobektomierten leben noch nach 5 }ahren. SOibald jedoch die Lymphdrtisen Metastasen aufweisen, sind die Aussichten wesentlich schlechter, erlSt

6 recht nattirlich bei erweiterten Resektionen, bei denen ein Teil des Zwerchfelles, des Peri~ards oder der Thoraxwand mitreseziert werden muBte. Hei all dies en sogenannten Absterbekurven ist selbstversHindlich zu berticksichtigen, daB ein Teil 'llnser'er Patienten auf Grunil;!. ihres hohen Alters, an den verschiedenartigsten Erkrankungen und nicht nur an ihrem Karzinom verstorben sind. HISTOLOGIE %100 Qo

PNEUMONEKTOMIEN 191,1-58

LOBEKTOMIEN 191,1-58

\~

80 \ \ 10

\ \

..

00

\

\\

so

\

\,,

'0.

20

10

"

"

"

"-"

....... --__

""-"""-0.. - . _.

~ ---~1,~% I

I

5

216 PlATTENEPITHEL-Ca ~ 6't 51UBERlEBEND 234 POLVMORPHZELLIG

KlEINZELlIG 21 ADENO-Co 6~

- - 58 •

~- ••.

b........

28,3% '0-- - - - ---0- -------O"------~23,8%

•• _

4

JAHRE

29,6% --"248%

5 • &"

I 3

I

4

I

5

60 ~ 11 5 J. USERLEBEND 119 - - ~8 21 ~-- .. 5 10' 3"

Abb. 3

Auch die Zusammenstellung hinsichtlich der Histologie ergibt eine Abhangigkeit de r Db e r 1e ben s z e i t von den einzelnen Geschwulsttypen. Die beste Prognose weist das Pflasterepithel-, dieschlechteste das kleinzellige Karzinom auf. Zusammenfassend kann ,gesagt werden: Wir wollen . auf keinen Fall den Eindruck erwecken, daB wir mit den Ergebnissen der operativen Behandlung beim Bronchus~arzinom zufrieden sind. Wir mtissen aber daran festhalten, daR derzeit die Opel'ation di,e einzige Moglichkeit einer Dauerheilung bietet. Eine Verbesserung der Ergebnisse laRt sich nur dann erzielen, wenn wir haufiger Gelegenheit ,erhalten, ,sogenannte Fl'iihfalle zu operieren. Bei solchen Pahenten ist die Lebenserwartung urn vieles besser, und auRerdem geniigt dann sehr oftder schonendere Eingriff, namlich die Lobektomie. Die Friiherfassung der Patienten mit einem Bronchuskarzinom ist jedoch kein chirurgisches, sondern einallgemein arztliches Problem.

iI.

Anschrift der Verfasser: Dr. R. Bnchberger und Univ.-Doz. Dr. J e n n y, II. Chirnrgische Universitiitsklinik. Wien IX. Spitalgasse 23.

StrahleninsUtnt uno -klinik der Freien UniversWit Berlin im Stiidtischen Kr~llkenh:aus Westend (Direktor: Prof. Dr. H. Oeser)

Die Strahlentherapie beim Bronchuskarzinom Von H. Oeser und E. Oerstenberg Mit 4 Abbildurngen

Fur die Strahlenbehandlung des Bronchuskarzinoms stehen heute verschiedene Mittel zur Verfugung: ultraharte Strahlen, Radionuklide, konventioneIIe Rontgentiefentherapie, die jeweils mit einer differenzierten Bestrahlungstechnik verbunden sind. Trotzdem sind die Behandlungsre,sultate unbefriedigend. Welche Faktoren hindern damn, Heilungen zu erzielen? Sind die ph y's i k a lis c hen Mittel ung'enugend, urn eine restlose Tumorv,erniohtung zu erzielen, oder verhindern b i 0 log i s c he Faktoren, daR die Tumorzerstorung zur Geschwulstheilung ftihrt? Die physikalischen Bestr,ebungen in der Entwlicklung der Strahlentherapie sind in zwei Richtungen verlaufen, einmal zur perkutanen Bestrahlung mittels energiereicher Strahlungen, das andere Mal zur Nah- oder Kontaktbestrahlung des Tumors. Bei beiden Be,strahlungsverfahren ist Sinn und Ziel aller strahlenphysak1alisohen und strahlenbiologischen MaRnahmen, die Tumorzerstorung so sicher wie moglich herbeizuftihren. Die physikalischen Mittel zur perkutanen Bestrahlung sind in den letzten }ahren erweitert wOJ'den: Teilchenheschleuniger mit Spannungen bis zu 45 MiUionen Volt, Telecurietherapie mit Radiokobalt. Diesen ultraharten Strahlungeni,st eigen, daR das Doslismaximum in die Korpertiefe vedegt wird. Die Raut wird ~m EinfaIIsfeld der Strahlung zWlar durchstrahlt, sie i,st aber nicht mehr der

2 Ort der maximal-en Dosiswirkung. Schwere Bestrahlungsreaktionen oder gar Strahlenschaden der Haut werden bald unbekannt se~n, sie gehoren zum Antiquariat del' Strahlenheilkunde! Weitere Vorteile resultieren aus del' Anwendung del' ultraharten Strahlungen dadurch, daR keine vagabundierencle Streustrahlung auftritt und somit di,e applizi'erte Volumendosis klein - kleiner als bei der konventionellen Rontgentiefentherapie - ist. Zwischen den verschi,edenen Gewebsarten, insbesondere zwischen Knochen und Weiohteilgewebe, best,ehen keine Absorptionsunterschiede, so daR Schattenhezirke im StrahIengang nicht vorhandensind. Diesen Vorziig,en stehen Nachteile gegeniiber, die keinesfalls iibersehen odeI' ver,schwiegen werden diiden. Die entscheideIlJden Strahlenwirkungen spielen sich unsichtbar fiir das Auge des Arztes abo Die S t r a hIe n fib r 0 sed e r d u I' C hstrahlten Lungenbezirke gehort zu diesen Folgen, die rund 2 Jahre nach abgeschlossener Bestrahlung mit einer Haufigkeit von rund 200/0 voll ausgehildet zu 's·ein pflegt und die sich nachueihg auf Atmung und kleiillen Kreislauf auswirken kann. GelegenHich auftretende R h y t h m u ss to ru ng end e r He r z ak ti on wahrend/nach del' Strahlenbehandlung eines Bronchuskarzinoms, nachweisbare Schwielenbi1dung im Herzmuskel bei der Autops.ie, sind auf die Mitbestrahlung hezogen worden. 1m allgemeinen erweisen sich del' Herzmuskel und das Reizleitungssystem im Herzenals wenigstrahlenempfiudlioh. Mit einem nennenswerten Morbiditats- odeI' gar Mortalitatsrisiko ist jedoch dIe Strahlentherapie des Bronchuskarzinoms nicht behaftet. Die tumornahe, auch die intratumorale Bestrahlung mit Hilf.e radioaktiver Substanzen wurde erstmalig in den Jahren urn 1935 versucht. Die Konstruktion einesspeziel1en endobronch,ialen RadiumappIikators wurde bekanntgegeben. Erst die moderne Intubationsnarkose hat die technischen Voraussetzung·en fiir eine endobronchiale Strahlenapplikation erfiillt. Benutzt werden heute die von Beck e r und S c h e ,e r angegebenen Radiokobaltperlen, die auf einer Drahtsonde aufgezog.en, in den Bronchialbaum eingefiihrt und in Kontakt mit dem Tumor gebracht werden. S chI u n g b au m hat am Strahleninstitutl-klinik der Freien Universitat Berlin in Zusammenarbeit mit den Lungenkrankenhausern Heckeshorn und Havelhohe, Berlin, dies.e Bestrahlungsmethode ausgebaut und hei geeigneten Befunden routinemalhg zur Anwendung gebracht. Die Auswahl und die Aufgabe der eig,entlichen Bestrahlungstechnik wird von dem jeweils vorliegenden Befund bestlimm~: Stehen die Folg,en del' Bronchusstenose im Vordergrund des

3 Krankheitsbildes, wie Fieberschiibe infolge der Sekretstauung, heg'innende AbszeRbildung im pneumonisch-infiltrierten Lungenparenchym, so kann die endobronchiale Kontaktbestrahlung des Bronchustumorsam wirksamsten sein. Steht die extrabronchiale Tumorausbreitung im Vordergrund, Ji,egt ber·eits eine Phrenicus- oder eine Recurrensparese vor, so ist ausschlieRlich die perkutane Bestrahlung indiziert unter Einbeziehung des Mediastinums. Ais Indikation zur Bestrahlung gelten 1. Inoperabilitat, wenn klinische Symptome eine Behandlung erfordern; 2. R·ezidiv nach chirurgischer Behandlung, lokalisiert am Bronchusstumpf, im Mediastinum oder in der Thoraxwand; 3. Metastas·en, voran im Skelettsystem; 4. oOOl1e EinfluBstauung; 5. Lungentumoren mit Pancoast-Syndrom. Die Strahlenanwendung i.st nicht indiziert 1. zur sogenannten prohatorischen Bestrahlung; 2. praoperativ bei operablen Befunden; 3. zur .sog'enannten prophylaktischen Nachhestrahlung. Relative Kontrai,ndikationen konnen gegeben sein durch 1. stark reduzierten Allgemeinzustand; 2. hohes Alter; 3. grofle Einschmelzungen des Tumors; 4. hohes Fieber; 5. Kreislaufdekompensation. Eine kavernose Lungentuherkulose ist heute n i c h t me h r dazuzuzahlen. Das Re suit a t einer Strahlenbehandlung beim Bronchuskarzinom hangt ausschlaggebend von dem Tumorhe£und, von dem Allgemeinzustand des Patienien und auch von der Giite der Behandlung abo Der qualende Hustenreiz wlird gelindert. Hamoptysen werden beendet. Der Auswurf vel1schwindet. Das Rontgenbild kann eindrucksvoll die W,i,ederheliiftung dys/atelektatischer Lungenbezirke demonstrieren. Die Schmerzen beim Pancoast-Syndrom verlieren ihre Pein und Qual. Die EinfluRstauung im Bereich der oberen Hohlvene, verursacht durch Kompre.ssion von seiten mediastinaler Lymphknotenmetastasen, wird aufg'ehoben. All die·se demonstrablen Bestrahlungseffekte, sind leider palliativer Art, sie hahen auf den Ablauf der Krebskrankhe~t keinen EinnuR (Abb. 1). Eine radikal durchgefiihrte Strahlenbehandlung ermoglicht zwar, daR heute jeder

4 d r i tt e Kranke mit Bronchuskarzinom den Geburtstag del' Diagnose seiner Erkrankung noeh einmal erleben kann. Die Drei- und Fiinfjahres,grenze iiberschreiten nul' einzelne. Je giinstiger del' Ausgangsbefund ist, desto graBer ist die Leistungsquote auch hei der SLrahlentherapie. Del' Kranke gewinnt durch die Bestrahlung. Er lebt zwar nicht we sentlich liinger, aber er lebt besser als unbestrahlt. Welche Ursachen sind fiir diese schlechten Re8ultate verantwortlich, nachdem die WirksamkeH der ,energiereichen Strahlen auch auf das Bronohuskarz,inom auBer Uberlebende

Herddosen ~ 5000 R

%

100

Stad ill

1 ;; EICHHORN ~I at ;Roberl Rossie 2;; Sirahienktmik 3:: BECKER et al. J Czerny- Krkhs.

Klinlk, Berlin~Buch (334)

der FU - Berlin (1L.5) Heldelber.9 (276) 4=HELLRJEGEl, Uni ... Frankfurt/M. Betalron (49!)

5::

o-t---'--'T--,--= Abb.

Jahre

Supel'voltthel'apie des iBl'onchuskarzinoms Schr.affiel'tel' Kurvenbezil'k = Zusammenfassung del' Leistungszahlen an den genannten Stl'ahlenklimiken 1 bis 4. Zahl del' iPatienten in Klammern angegeben 1.

Ergebnisse

SCHUMACHER, RVK Bertin. Betatron kurativ (44! )

bei

Zweifel steht? Nicht die physikalischen Mittel haben uns enttiimscht, sondeJ1ll biologische Griinde miissen vorliegen, daB die heutige Strahlentherapie keine Krebsheilung erzielen kann, d!lB sogar die Chirurgie bei der so viel giinstigeren Auswahl del' operablen Kranken nur in 25% Dauererfolge erreicht. Die Dynamik des Tumors beruht auf cler lokalen Wachstumsprogredienz einerseits und auf der Neigung zur diskontinuierlichen Ausbreitung, zur Metastasierung, anderseits. Wlihrend genauere Angaben iiber die Ursachen der unter,schiedlichen Neigung zur "Streuung" noch nicht maglich sind, kann die Intensitiit des Tumorwachstums jetzt mit dem Begriff der Tumorverdopp1un g s zeit quantitativ erfaBt werden .. Es wird damit der Zeitraum definiert, wiihrend dessen sich eine Geschwulst

5 urn ihr eigenes V01umen auf das Zweifache des Ausgangswertes vergroHert. Durch die Verdopplungszeit wird aIso der einzdne Tumor in seiner Wachstumspotenz quantitativ gekennzeichnet. Wah rend in der klinischen Medizin diese Wachstumsrate nur im makroskopischen Bereich bisher bestimmbar war, sprechen Tierexperimente daftir, daR annaherungsweise die Wachstumstendenz eines Tumors insgesamt konstant ist, mogen sich natiirlich auch Abweichung,en verschiedener Auspragungen durch hormonale Umstellungen, Anderungen der sogenannten Korperabwehr usw., ergeben.

V. ~ /1~\

Tumor ;.

;. 1mm

t\

~ , -' ' ~

VerschluO-

;. 2 em

2 em ; - - - - - - - - - - + - - - - - - - - - . 1

1 em 1 mm

100,LI

;----------+------~r'"

I ' -1 Jahr--l bei To: 30 d - 3 Jahre bei To: 90 d

TO: Tumorverdopplungszeit

Albb. 2. Wachstumsverlauf. Analyse bei zentralem Bronchuskarzinom ThImorvel'dopplungszeit = Zeitintervall, in dem sich ein Tumorvolumen vel'doppelt. Die Zeitd,auer eLner Tumol'bildung HiEt sich damit errechnen Von v,erschiedenen Untel'suchern lieHen sich fiir das BronchuskarZlinom durch retrospektive Verlaufsbeobachtungen nicht oder erst spat erkannter Lungenkrebse Wachstumsgeschwindigkeiten mit einer Verdopplungszeit zwischen 30 und 300 Tagen ermitteln, wobei die Mehrzahl in den Bereich von 30 bis 90 Tagen fiel. Wendet man diese Ergebnisse auf da,s Problem der Entwicklung und der Behandlung des Bronchuskarzinoms an, so iiberraschen zunachst di,e langen Zeitraume von dem Augenblick, in dem ein Tumor iiberhaJupt erst das makroskopische Stadium erreicht - hierfiir sei 1 mm ang,enommen -, bis zur klinischen Manifestat,ion. Die Abb. 2 und 3 sollen dieses veran-

6 schaulichen. Je nach der spezifischen GroBe der Wachstumsneigung ist dieses Intervall auf 1 bi,s 3 Jahre anzusetzen, wobei sich die peripheren Formen durch einen groReren Anteil an langsam wachsenden Adenokarzinomen auszeichnen, wah rend die undifferenzierten Formen mit starker Progredienz bei zeniralem Sitz zu iiberwiegen scheinen. Wahrend bei periphel'er Lokalisation die rontgenologische Erkennbarkeit besser ist, wirkt der Mangel an Symptomen dieser Form cler klinischen "Friih"diagnose entg'egen, W'enn es sich nicht urn Zufallsbefunde bei Reihenuntersuchungen

/~$\

\)~

Tumor

~

;, ;,lmm (,2 em 2em 1 em -t-~---------+-----:;;>1' lmm

bei To=60d bei To =90 d

100 P

TD =

Tumorverdopplungszeit

Ahb. 3. Wachstumsverlauf. Analyse bei peliipherem Bronchus-

karzinom

usw. handelt. Die Gesamtdauer der Krebsentw,icklung ist von den Anfangen bi,s zur Diagnose bzw. Therapie beim Lungenkrehs auf mindestens drei, durchschnittlich etwa sechs Jahre und in vielen Fallen sicherlich noch langer an z use t zen. Dabei ist von einer ZeUgroRe von 10 bis 20 f.l und zirka 30 Zellgenerationen bis zur klinischen Manifestation ausgegangen. Versucht man, sich einen zeitlichen VherbIick und LangsschniH durch ·den Abla:uf einer Entwicklung an einem Beispiel zu v,erschaffen, so kann die Wachstumsanalyse di,e makroskopi,schen Tumorman~festationen und die wahr': scheinlich zutl"effenden Vorstellungen von dem zeitlichdynamischen Ablauf III ei'nem Bild zusammenfas,sen (Abb. 4).

7 Bei dem ,gewahl 1 Jahr p. o........ 93 23114\17 1 4110 I 9 61 8 1 I 1 I Summe der Verstorbenen ..... 142 44128 25 71 13 9\6 8i 111 Lebende: Op. vor mind. 1 Jahr .. 52 11 4 1 11 9 10112 21 21 Op. vor > 2 Jahren ... 68 13 5 11 5 4 31 1 14\ 8\ 4 Summe der Lebenden .. 1120 124 \ 9 \12 \ 6 \13 \13 \13 \16\10 \ 4 Gesamtsumme ....... 1262168137137113 ! 26 ! 22119124 ! 111 5 \

Bei den Lebenden sind in der ,ersten Zeile jene aufgenommen, deren Operation mindestens 1 bis 2 Jahre zuriickliegt. Die zweite Zeile f,aRt die P,atienten zusammen, deren Operation vor mehr als 2 J ahren durchgefi1hrt wurde. Wie aus der Tab. 5 zu entnehmen ist, i,st der Prozentsatz der p}anmaRig behandeHen Patienten bei den Verstorbenen 22% und bei den Lebenden 43%. Es wird nicht immer moglich sein, daR der Chirurg selhst die ganze langdauemde zytostatische Therapie verabfolgt und iiberwacht, deshalb ist die Zusammenarbeit mit dem Hausarzt unerlaR1ich. Von der vollstandigen und exakten Durchfiihrung hangtes ab, ob die yom Chirurgen eingeleitete Chemotherapile zu jenem moglichen Erfolg fiihrt, der in einer zusatz1ichen Verbesserung der Operationserfolge durch diezytostatische Therapi,e liegt. Es darf nicht v,erschwiegen werden, daB die Elinstdlung vieler Hausarzte zur zytostaiischen Therapie nicht immer positiv 1st und deshalb oft wenig Nachdruck auf die psychologisch wichtige Beeinflussung des PaHenten ge1egt wird. Die konsequente Durchfiihrung der langdauernden Therapie Lst entscheidend flir den Erfolg; dies zeigen auch die Ergebnisse einer speziel1en Station, an welcher cler zytostatischen Nachbehandlung ein besonderes Interesse gewidmet wird und deshalb die Relation der Zahl der Patienten mit exakter planmafi,ig,er Behandlung zur Zahl der Patienten mit einem Manko an Behandlung giinstiger war als im Gesamtdurchschnitt, obwohl auch hi,er die Ergebnisse Minimalerfolge darstellen.

lO Die strichlierte Absterbekurve der behandelten Patienten ist der ausgezogenen alten Kontrollkurvel l g'egeniibergestellt, und auRerdem ist noch punktiert die Uberlebenskurve der simultanen Kontrol1en dieser Stai£on eingetragen. Wiie aus der Abb. 4 zu ersehen ~st, zei,gt die Absterbekurve

%

80 t»

"a

60

- 40 C

t» t»

..Q

"II)-

..Q

::;,

20 0



2a 3a 1a Jahre nach d. Ope

4a

5a

1.7. 1964.

nur oper1erte Kontrollen (Jenny 1947-1955) •••• •• nur OPe Kontrollen sfmultan 1957 - 1963 i--- i- zusitzl1ch cytostat1sch behandelt Abb. 4. Vergleich del' tJberlebensrate zytostatisch behandelter Patienten einer speziellen Station nach Operotion wegen Bronchuskarzinom Stadium I

der behandelten Patienten eine giinstigelJe Dberlebensrate a1s we beiden Kontrollkurven dieser Station und auch eine gtlnstigere a1s die Absterhekurveder gesamten vergleichbaren behandelten Patienten. 2 Jahre nach der Operation ist der Unterschiedder Dberlebensraten von Behandelten und Kontrollen signi~ikant. Die dieser Abbildung entsprechenden ZahlenWierte sind in Tab. 6angefiihr,t. Unsere Auffassung, daR mehr Ku])en einen giinstillleren Therapieeffekt beWlirken, Wlird bestarkt durch die Ergeb-

11

Tabelle 6. Vergleich der Oberlebensrate zytostatisch behandelter Patienten einer speziellen Station nach Operation wegen Bronchuskarzinom Stadium I Op. vor mind. J.

I

1 1-5 2 2'5 3 3-5 4 4'5 5

Behandelte Op. I -oL. I

106 92 86 67 56

50 39 32 20

88 66 62 37 31 26 24 18 9

%

I

KontroJlen

I .. Op. I UL. I

Stadium I 83 75 72 62 52 72 55 47 55 40 52 32 62 30 56 27 45 21

55 41 29 22 19 16 15 12 9

Stat. Sieh. p.

%

73 66 56 47 48 50 50 44 43

0-04

% 80 II)

"0

D 6

"

60

c II)

..CI ."

LII)

;g

6,

'+-+-+ -

+ +,

--A

40 20 0

b._ll 4 Kuren und mehr +--+ 3 Kuren und weniger 18 ~ahre

38 28 nach d. Op.

48

5a 1.7.1964.

Acbb. 5. VeJ'g'leLch del' tlool'lebensrate zytostatisch beha'lldeltel' Patienten, die mindestens 1 Jahl' nach del' Opel'ation wegen Bl'onchuskal'zinom Stadium I Ubel'lebten nis,se einer gesonderten statistischen Untel'suchung. Gl'uppieri man' namlich diejenig,en Pat~enten, die mindestens 1 Jahr nach der Operation wegen Bl'onohuskal'zinom Stadium I noch am Leben waren, danach, ob sie 4. odeI' mehr

12 Kuren oder 3 oder weniger Kuren erhieIten, so ze[gt sich das in Abb. 5 dargestellte RiM. Die entsprechenden Zahlenwerte sind in Tab. 7 aufgenommen. Der nach der direkten Methode von Fi,s her gesicherte Un terschied der DberlebensI'aten ist in cler Abbildung durch Schraffen gekennzeichnet. Tabelle 7. Vergleich der Oberlebensrate zytostatisch behandelter Patienten, die mindestens 1 J ahr nach der Operation wegen Bronchuskarzinom Stadium I uberlebten Op. vor mind. J.

1 1'5 2 2'5 3 3'5 4 4'5 5

/3

Kuren .und weniger I 4 Kuren und mehr

Op.

49 40 36 30 22 22 18 16 12

I

UL.

49 30 26 17 12 12 11 10 7

I

%

I

Op. I UL.

Stadium I 100 71 75 65 72 59 43 57 55 37 55 30 23 61 63 19 58 11

71 62 56 33 27 21 19 14 6

I

%

100 95 95 77 73 70 83 74 55

Stat. Sich. p.

0'003 0'003

Eline weiter·e wichtige Feststellung konnte gemacht weI'den: Patienten, hei denen durch die zytostati,sche BehandLung eine Leukopenie (weniger als 3000/mm8 Gesamtleukozyten) eingetreten war, zeigten g.egeniiber ~olchen, bei denen dies nicht der Fall war, eine giinst~.geI'eOherlebens­ rate. Die Unterschiede der Absterberaten zwi·schen heiden vlerglichenen Patilentengruppen sind bis zu 2'5 bzw. bis zu 4'5 Jahre nach der Operation signifikant. Dies i'st in Abb. 6 graphisch dallgestellt und lin Tab. 8 zahlenmaRig belegt. Die Leukopenie list demnach nicht nm elin dosislimitierender Faktor, sondern offenbar auch ein Indilkator fiir die tumorhemmende Wirksamkeit ,einer hestimmten Zytostat,ikadoslis im Einzdfall. Wenn man von der her,echtilgien Annahme ausgeht, daR Tumorzellen gegeniiber dem angewendeten Medikament nicht weniger empfindlich sind als Leukozyten, kann das EintI'eten einer Leukopenie bis zu einem gewi,ssen Grad als ·erwiinscht angesehen werden. Zur Frage cler Gefahren del' angewendeten Therapie hinsichtHch Wundheilungsstorungen kann an Hand der Ergebnisse der nunmehr vergroRerten Patientenzahl erneut festgestellt werden 12 , daR diese nicht haufiger aufgetreten sind als ohne Chemotherapie. Dies zeigt·e sich auch bei del'

13 TabelJe 8. Vergleich der Uberlebensrate zytostatisch behandelter Patienten nach Operation wegen Bronchus7carzinom Stadium 1 und 11 Op. vor mind. J.

I

Mit Leukopenie Op. I tiL. I

%

Ohne Leukopenie

I Op.

I tiL.

%

I

Stat. Sich. p.

Stadium I und II

1 1'5 2 2'5 3 3'5 4 4'5 5

36 34 31 24 21 15 11

9 3

32 31 26 15 12 9 8 7 2

89 91 84 63 57 60 73 78 67

255 220 203 178 153 139 121 104 83

181 130 107 72 57 50 45 34 25

71

59 53 40 37 36 37 33 30

0'02 0'0001 0'0007 0'03 0'02 0'01

% 80

Q)

60

"1:1

a:::: Q)

..c Q)

L: Q)

..c

40

::::I

20

0

+ .... + mit Leucopenie t::,. _

~

ohne Leucopenie

Jahre nach der Operation

1.7.1964. Abb. 6. Vergleich der tlberlebensrate zytostamsch behandelter Patienten nach Operation wegen Bronchuskarzinom Stadium I und II

14 Untersuchung der postoperativen Mortalitat, wie auch aus Abh. 7 bzw. Tab. 9 hervorgeht. In dieser Aufstellung (Tab. 9) ,sind aIle operj'erten und zytostatisch behandelten postoperativ Verstorbenen aufgenommen und Jenen gegentibergestellt, die im gleichen Zeitraum an den genannten drei chirurgischen Stationen nur operiert wurden. Es zeigt sich, daR die Berticksichtigung der postoperati,ven Mortalitat den Unterschied zwischen den Stadlun II 80

80

60

~ 60

:i il

j

40 ~

;.

40 20

o

liF

!

zusiitzl1ch cytostatlsch behandelt X _ X nrr operlerte Kontrollen 1955-1963

'Il •• 'Il

20 0

11 Jahre nach der Operation

Abb. 7. Vergleich del" Mortalitiit (iruklusive p. o. Mortalitiit) del" kombiniert behandelten und nicht zytostJatisch behandelten Patienten nach Radikaloperation wegen Bronchuskarzinom Stadium TlNa , TsNa (I), TlNb, TsNb (II)

Oberlebensr,aten der behandelten und 'Ilnbehandelten Patienten nicht vermindert, ,sondern sogar v,ergroRert. Bei del" Bewertung diesel" Feststellung mull allerdings berticksichtigt werden, daR die nul" wenige Tage nach del" Operation postoperativ Verstorbenen meist nur in der Kontrollgruppe aufscheinen, da del" BehandLungsbeginn, wie in Abb. 8 dargestellt i'st, im GroRteil del" Fane, entgegen dem Therapi,eplan, erst 6 Tag,e nach.der Operation erfolgt. Zusammenfassung Auf Grund del" Beurteilung von Abster!bekurven laRt sich 5 Jahre nach del" Radikaloperation wegen BronchuskarlJinom del" Stadien I (T1Na, T2Na) und II (T1Nb , T 2Nb ) zeigen. daR die zusatz1iche Anwendung von lintenruittierenden Endoxankuren, durch 2 bi,s 3 J,ahre nach del" Operation, die Dberlehensrate erhoht. Die Unterschiede zwischen del" Dibedebensrate del" nul" opel1ierten und del" kombiniert

Tabelle 9. Vergleich der MortaliUit (inklusive p. o. Mortalitat) der

kombiniert behandelten und nicht zytostatisch behandelten Patienten nach Radikaloperation wegen Bronchuskarzinom Stadium Tl N a' T2 N a(I), T1N b, T2 Nb(II) Op. vor mind. J.

I

1 1'5 2 2'5 3 3'5 4 4'5 5

Behandelte Op.

UL.

153 136 125 102 85 74 56 49 31

120 92 82 50 39 33 30 24 13

,

I~ 01

/0

__

~o~:rollen

Op .• UL.

I

%

Stadium I

78 68 66 49 46 45 54 49 42

337 299 277 268 249 231 214 196 176

I

Stat. Sich. p.

198 156 133 117 106 92 84 70 58

59 52 48 44 43 40 39 36 33

0'00001 0'002 0'0007

78 55 46 37 34 28 26 23 21

45 34 30 26 25 22 22 22 22

0'03 0'001 0'004

0'04

Stadium II

1 1'5 2 2'5 3 3'5 4 4'5 5

153 133 122 114 102 90 84 71

58

93 69 50 37 30 26 23 17 14

61 52 41 33 29 29 27 24 24

173 164 154 143 136 128 117 105 95

% 12 10 8

6 4

2 0

I

hi

vor 01234567 B91°1112131415

I 16~~-3~-1~+mehr

Abstand in Tagen Abb. 8. Anzahl del' Patienten in Prozent, auf,geschlUsselt nach

dem Abstand von del' Operation zum Theoopiebeginn

16 behandelten Patienten ,ist zugunsten der letzteren bei Pati,enten mit Stadium I ,signifikant. Hei Patient'en mit Stadilum II erscheint die Lebensverliingerung statistisch gesichert. Von den verwendeten drei verschi,edenen Therapiearten z,eigte ,sich die intermittierende Endoxantherapie tiberlegen der Mitomenanwendung und auch gtinstiger aI,s die orale ununterbrochene Dauertherapie mit Endoxan. Wichtig erscheint di'e Feststellung, daR Patienten, bei denen wahrend der zytostatlischen Hehandlung dne Leukopenic (unter 3000/mm3 Gesamtleukozyten) auftrat, cine signifiI~ant gtinstigel1e Dberlebensrate aufwei,sen als jene, bei denen dies nicht der Fall w,ar. Die Unter8uchung von Wundheilungsstorungen und postoperativ'er Mortal.Hiit zeigte, daR dieselben durch die zytostatische Thel1apie nicht vermehrt auftreten. AbschLi,eRend w[rd an Hand der vorliegenden Ergebnisse darauf hingewies'en, daR die Anwendung der Ian gd a ue rnd,en zytostatisohen Therapie in Kombination mit der Radikaloperation einen wertvoHen Weg aufweist, die Heilerfolge beim Bronchuskarzinom zu verbessern. Es wird betont, daR noch viele offene Fragen hestehen, die erst bei konsequen ter Weiterftihrung der begonnenen Zusammenarbeit einer Lasung nahergebracht werden kannen. Lit era t u r: 1 Adelberger, L. und Worn, H.: Krebsarzt, 17, 2 (1962), S. 51-67. - 2 Dieselben: Erfahrungen und Aussichten del' kombinierten chirurgisch-zytostatischen Behand'lung des Bronchialkarzinoms. l\fitteilungsdienst del' Ges. zur Bekampfung del' Krebskrankheiten Nordrhein-Westfalen, 2 (1002), S. 521-550. - 3 Buchloorger, R. und Jenny, H.: Ergebnisse der Radikaloperation. Vortrag 'am 18. Osterr. ArztekongreJ3, VanSwieten-Tagung, Wien, 20. Oktober 1964. - 4 Curreri, A. R.: Cancer Chemother. Rep., 16 (1962), S. 123-124. - 5 Denik, W. und Karrer, K.: Wien. klin. Wschr., 67, 51 (19'55), S. 986. 6 Denk, W.: Klin. Med., 13, 10--11 (1958), S. 426--429. 7 Denk, W. und Karrer, K.: Krebsarzt, 14,3 (1959), S. 81--84. 8 Fisher, R. A.: Statistical methods for research workers. EdinOul'lgh: OLiver and Boyd. 1958. - 9 HaJ3elbacher, K.: Zbl. CMr., 47 (1962), S. 2012. - 10 Henne, H. F.: Strahlentherapie, 119, 1 (1962), S. 111. - 11 Jenny, R. H. und Buchberger, R.: Langenbecks Arch. Idin. Chir., 299 (1962), S. 485--515. - 12 Karrer, K. und Wurnig, P.: Klin. Moo., 13, 5 '(1958), S. 100--200. 13 Karrer, K.: ArzneimHtelforsch., 14, 8 (1964), S. 859-863; Arzneimittelforsch., 14, 8 (1964), S. 863-869; Arzneimittelforsch., 14, 9 (1964), S. 1059-1066. - 14 Poulsen, 0.: J. Internat. ColI. Surgeons, Chicago, 37, 2 (1962). - 15 Derselbe: Nord. Med., 68 (,1962), S. 1016. - 16 Salzer, G.: Wien. klin. Wschr., 75, 49

17 (1963), S. 888. - 17 Tokuyama, H. und Mitarbeiter: Gann, 54 (1963), S. 71-84. - 18 Urabe, M. und l\fitarbeiter: Study on Mitomycin, 120, S. 1-13. - 19 Wurni,g, P.: Wien. klin. Wschr., 70 (1958), S. 63. - 20 Derselbe: Krebsarzt, 5 (1959), S. 178. 21 Wurnig, P. und l\1itarbeiter: Acta Unio. internat. Oancer, XVI. 3-4 (1960), S. 935. Anschrift gasse 8 a.

des Verfassers: Dr. K. K a r r e r,

Wien IX, Borschke-

Ams der PsychLatnisch"NeurologIschen Universitiitsklinik W,ien (Vorstand: ·Prof. Dr. H. Hoff)

Neuro-Myopathie bei Bronchuskarzinom Von H. Tschabitscher und H. P. Heves

Die Mitbeteiligung des Muskelapparates und des peripheren Nervensystems bei malignen Tumoren wurde lange Zeit nur wenig Beachtung beigemessen. Erst in den letzten Jahren wurden unter der Bezeichnung "karzinomatose Neuropathie" und "karzinomatose Myopathie", besonders in cler angelsachsischen Literatur, einige Arbeiten veroffentlicht. Das Nichtbeachten clieser Storungen ist nicht verwunderlich, da man oft erst bei gezielter Untersuchung Karzinomkranker deutliche neurologische Ausfiille findet, die fruher der allgemeinen Kachexie fiilschlich zugeordnet wurden. Vorerst wollen wir zwei Gruppen unterteilen: 1. Rein mechanisch beclingte 10k ale Beschwerden. Es ist bemerkenswert, daR die bosartigen Geschwulste selten die Skelettmuskulatur befallen. Oft findet man jedoch, daR Muskelfasern durch Druck des Tumors rein mechanisch dunner und schlieRlich atrophisch werden. Bei sehr bosartigen Tumoren kann sich das Tumorgewebe auch entlang der Faszien weiterentwickeln oder zwischen den Muskelfasern durchwandern. 2. Storungen, die sich weder mechanisch vom Primiirtumor entwickeln noch metastasischen Ursprungs sind: a) durch Tumorkachexie bedingte Erniihrungsstorungen des Muskels (D u ran t e). Ais klinische Zeichen wiiren zu erwiihnen: Fettgewebsverlust und spiiteres Dunnerwerden cler Muskelfasern selbst. Die Muskulatur zeigt jecloch noch

2 lange Zeit eine deutliche elektrische Reizbarkeit, durch Beklopfen mit dem Reflexhammer konnen auch manchmal ideomuskulare Wiilste ausgelOst werden. b) Patienten, die offensichtlich keine Zeichen einer Tumorkachexie zeigen, konnen neurologische Ausfalle anderer Art haben. Schon 1911 beschrieb Oppenheim Storungen dieser Art. Ein sicherer Zusammenhang zwischen Karzinom und N europathie wurde von Den n y - B row n erhoben, der 19482 Falle veroffentlichte. Er nahm bei seinen Untersuchungen einen chronischen degenerativen ProzeR cler Ganglienzellen der hinteren Wurzeln und cler sensorischen Fasern cler peripheren Nerven an, wobei nach seinen Untersuchungen die motorischen Anteile weniger betroffen waren. Diese Form wurcle als sogenannte "sensorische Neuropathie" bezeichnet. 1950 berichteten Len n 0 x unci P ric h a r cI iiber· das Auftreten einer Neuropathie beim B"ronchuskarzinom, wobei sie unter 300 an Bronchuskarzinom erkrankten Patient en 5 FaIle einer sicheren Neuropathie fanden. Auch P. B. Croft und M. Wilkinson untersuch ten 250 Patienten, die an Mammakarzinom erkrankt waren und kamen zu ahnlichen Resultaten. Es kann jedoch auch die Skelettmuskulatur allein, im Sinne einer karzinomatosen Myopathie betroffen sein. Unter den Beschwerden finden wir oft nur leichte, in selteneren Fallen jedoch sehr ausgepragte Symptome. Differentialdiagnostisch kommt hier vor all em clie sogenannte Menopausal muscular dystrophy oder klimakterische Myopathie, wie sie erstmals von Shy und McEachern 1950 nach Mitteilungen von Bra m well und N e v i n beschrieben wurcle, in Betracht. Auch hier handelt es sich urn eine Myopathie, die vorwiegend im hoheren Lebensalter auftritt. Es kommt dabei zu einer progredienten Schwache der Muskulatur, besonclers des Becken- unci Schultergiirtels. Schmerzen und Sensibilitatsstorungen werden vermiRt. Von differentialdiagnostischer Bedeutung wircl das Fehlen einer stark erhohten Senkung, wie wir sie oft bei karzinomatosen Prozessen finden, sein. AuRerdem finden wir eine geschlechtsmaRige Disposition, wobei clie Involutionsmyopathie fast immer bei Frauen beobachtet wird, wogegen die Karzinommyopathie etwas haufiger bei Mannern als bei Frauen in Erscheinung tritt. Wegen des eventuellen Dbersehens eines noch operablen Tumors wird jedoch in allen Fallen eine genaue Rontgenuntersuchung erforderlich sein. Als weitere haufige und oft sogar bedrohliche Komplikation muR vor allem das myasthenische Syndrom bei Besprechung cler karzinomatosen Komplikationen erwahnt werden. Dieses finden wir besoriders bei malignen Tumoren, die vorwiegend intrathorakal gelegen sind. Dabei handelt

3 es sich meist urn das kleinzellige Bronchuskarzinom, auch als Oat-ceIl-Tumor bekannt. Auch bei anderen Karzinomen kann sich ein myasthenisches Syndrom, wenn auch seltener, entwickeln. Meist erkranken altere Menschen, wobei es zu einer Schwache im Bereich des Beckengiirtels und der Oberschenkel kommt. Schon am Beginn, oft aber erst spater, wird auch der Schultergiirtel befallen. Schliefllich kommt es zum Auftreten bulbarer Symptome. Beobachtungen dieses Syndroms wurden von mehreren Autoren beschrieben: Hen son, 1953; An de r son, 1953; MacK enz i e und Hall, 1954; Keen, 1954; Lambert und Eaton, 1962, Wise, 1962 und Pat e i sky und Mitarbeiter, 1963. Dabei konnten die Autoren beobachten, daR oft eine ausgepragte Dberempfindlichkeit gegen Muskelrelaxantien vorliegt; dies kann sowohl bei diagnostischen als auch bei operativen MaRnahmen zu Komplikationen fiihren und sogar bedrohlich werden. Unter der Einwirkung der Muskelrelaxantien kann es sogar zu erstmaliger Manifestation des myasthenischen Syndroms kommen, ohne daR friiher klinische Stiirungen dieser Art am Patienten erhoben werden konnten. Differentialdiagnostisch zur Myasthenie gravis sei erwahnt, daR bei dieser zuerst eine Schwache der Augenmuskeln im Sinne einer Ptose, haufig kombiniert mit Doppelbildern auftritt, wogegen bei karzinomatiis bedingtem Syndrom zuerst eine Schwache an den Extremitaten auftritt. Bei der Myasthenie bestehen deutliche Tagesschwankungen, wobei sich der Patient morgens besser fiihlt und nach der Arbeit mude wird, bei der Pseudomyasthenie kann es unter Umstanden vor der Ermiidung zu einer initialen Zunahme der Kraft kommen. Bei der Erb-Goldflamschen Erkrankung finden wir keine Muskelschmerzen, diese sind jedoch bei der karzinomatiisen Myasthenie haufig. Auch sind bei der letzteren die Reflexe meist herabgesetzt. Das Ansprechen auf Prostigmin ist bei der Myasthenie als gut zu bezeichnen. Beim karzinomatiis bedingten Syndrom kann es eine zeitlang ebenfalls zur Besserung kommen, doch verliert das Prostigmin bald seine Wirkung. Differentialdiagnostisch wird neben den klinischen Symptomen die EMG-Untersuchung von Bedeutung sein. So finden wir: 1. beim myasthenischen Syndrom im Rahmen der karzinomatiisen Myopathie, das sogenannte Rekruitement bei Nervenreizung, im Gegensatz zur echten Myasthenie; 2. beim Vorliegen einer myogenen Uision zeigen sich Polyzyklen mit Aufsplitterung des Aktionspotentials; 3. als Zeichen einer neurogenen Mitbeteiligung findet sich FibriJIieren.

4 Es seien noch einige seltene Storungen erwiihnt, die in Kombination mit Karzinomen beschrieben wurden. So hat Den n y - B row n auf Beziehungen zur Polymyositis hingewiesen. Auch zerebellare Erscheinungsformen wurden beschrieben. Wenn man die Karzinome, die zu neuromyopathischen Beschwerden ftihren, der Hiiufigkeit nach reihen, so finden wir: 1. das kleinzellige Bronchuskarzinom (Oat-cell-Tumor); 2. das Mammakarzinom; 3. Karzinome des Magen-Darm-Traktes. Die klinischen Erscheinungsformen seien nochmals tibersichtshalber erwiihnt: 1. die sogenannte sensorische Neuropathie; 2. polyneuritische Zustandsbilder gemischter Art; 3. die Karzinommyopathie; 4. das myasthenische Syndrom; 5. zerebellare Storungen; 6. Beziehungen zur Polymyositis und Dermatomysitis. Es sei nun ein von uns untersuchter Fall noch kurz beschrieben: Es haudelt sich urn eine 70jlihrige Patientin. 1m Frtihjahr

vergangenen Jahres fiel der Patient1n erstma1s auf, daB sie

Besohw811den beim Stiegensteigen hatte. Bald hatte sie auch beLm Ge..hen eine Schwli~hein den Beinen. Eini'ge Monate splHer wurde eLue Opel1ation wegen eines Ulcus pepticum per Iilll,gnum Oiurchgefiihrt. Postopel'ativ k,am eszu einer Verschlechterung der MuskeIschwache, die Kmft in der RJUInpfmusimlatur lieB merklich nach, der Obel1korper fiel ,immer nach vorne. Auch im Bereich der OE k;am e.s ZUlli Auftreten einer Schwache, wobei sowohl ein Muskelschwund im Berei'ch der proximalen als auch der distJalen Antei'le, insbesondere der kleinen Halldmuskeln, bemerk;t wurde. Sie konnte die Alrme nicht mehr iiber die HoriJzontale heben, se1bst bei leichten Al1beiten und sogar heim Kiarten.spielen konnte sie nach ein paar Minuten die Fillger nkht mehr bewegen. Bei mehrmals durchgefiihrten Bewegungen fiel auf, daB die Kraft deutlich labnahm. 'Schl:iel3lich kam es auch zu 'leichten StOrungen beim Essen und SC'hhlcken. NeUtrologisch fand sich: Atrophie im Bereich des Trapezius, beidseits deutliche Atrophien der Deltoidei sowie der kleinen Handmuskeln lanbeiden HandeD.. Die Reflexe waren beider&eits schwach, jedoch sigl. auslosbar. Au den unteren Extrem'itaten waren 'die Reflexe sehr schwach bis nicht auslOsbar. Die Sensibilitat zeigte ketne sicheren AusfliHe. An Hilfslbefunden wurden erhoben: SenkUtIllg: 29/57; BlutbHd: sowohl Erythro- als auch Leukozyten im Rahmen der Norm. BZ: 100 mg%, der Hal'll war o. B. WaR: negativ. KJreatin und Kreati.nLnuntersuchungen: normale Werte. Der Test 2lI1m Nachweis des C-reaktiven Proteins war mit 1 : 4 schwach positiv. Die Thoraxrontgenuntersuchung

5 erg-ab einell kleinen bla,stomatosen ProzeB im rechten Hilus. Die Ir.igoskopie uud def gynako]ogische Befund wa,l'en unauffliUi.g. Die nun dUl'chgeflihrte EMG-Untel1suchung aus dem Deltoideus liniks spricht flir eine myogene LasiOll1. Die Prlifung der Ermlidungsreaktion mitteLs Stimula1Jions-Detektions-Technik ergab zusammenfassend das Bestehen einer atypischen mosthenischen Reaktion mit Illlngsamen AmplitmdenaMallim Verlauf del' repetitiven Reizung. Die Beschl'eibung diesel' Zustandsbilder hat somit auch praktische Bedeutung. Es ist bekannt, daR namentlich das Bronchuskarzinom oft einen uncharakteristischen, schleichen den Verlauf am Anfang der Erkrankung nimmt, wobei trockener Husten, Schmerzen in der Brust, oft fiir lange Zeif die einzigen Friihsymptome sein konnen. Es kommt haufig erst spat durch Bronchusstenose zur Atemnot uud durch Erscheinungen der EinfluRstauung zur Ausbildung eines Stokesschen Kragens. Spater tritt blutig gefiirbter Auswurf ein, der in seiner Beschaffenheit an Himbeergelee erinnert. Die neurologischen Komplikationen im Sinne einer Myopathie konnen manchmal schon zur Zeit des uncharakteristischen Stadiums auftreten und bei genauer Untersuchung zur Entdeckung des Tumors ftihren. Dabei wird die schon oft friihzeitig beschleunigte Senkung auf 100 mm und mehr in der ersten Stunde haufig einen Hinweis geben. Bei den polyneuritischen Zustandsbildern findet man meist im Liquor keine wesentliche EiweiR- oder Zellvermehrung. Es ist weiter interessant, daR die neurologischen Beschwerden oft nach operativer Entfernung des Tumors eine Ruckbildungstendenz zeigen. Auf einen derartigen Fall hat H. Rei s n e r im Juni 1964 hingewiesen. Z usa m men fa s sun g: Beim Auftreten von Muskelatrophien neurogenen oder myogenen Ursprungs kombiniert mit Schmerzen in der zweiten Lebenshiilfte bei gleichzeitig erhohter Blutsenkung und normalem Blutzuckerspiegel, soIl an die Moglichkeit einer Neuromyopathie bei Karzinom, speziell an das kleinzellige Bronchuskarzinom, gedacht werden. Deshalb sollten entsprechende Spezialuntersuchungen zur Abklarung der Genese der Muskelatrophie vorgenommen werden. Die neurologischen Symptome sind unabhangig von der GroRe des Primiirtumors und zeigen nach operativer Entfernung des Karzinoms oft gute Riickbildungstendenz. Es wird besonders auf das myasthenische Syndrom eingegangen und ein beobachteter Fall diskutiert. . Lit era t u r: Bodechtel, G.: Differentialdiagnose neurologisehf'r K1raukheitsbilc1er. Stuttg.art: G. rrhieme. 1963. - Brain, W. R. und Ren,~on, D. R.: Lancet, 2 (1958), S. 971. - Brain, 'Y. R., Daniel, P. :\1. 11nd GreenfieJl(], J. G.: J. "'furol. Neurosur,g.

6 Psychiatl'., 14 (1951), S. 59. - Croft, P. B.: J. Neurol. NeuroSUl1g. P,sychLatl'., 14 (1951), S. 181. Denny Brown, D.: J. Neurol. Neurosurg. Psychiatr., 11 (1948), S. 73. - Heathfield, K. W. G. und WIilLi,aill1S, J. R. B.: Bl'a'in, 77 (1954), S. 182. Tschabitscher, H. und Heves, H. P.: Praktische Arzt, 202 (196·1), S.18. Anschrift der Verfasser: Univ.-Doz. Dr. H. Tschabitscher nnd Dr. H. P. He v e s, Psychiatrisch-Neurologische Uuiversitiltsklinik, Wien IX, Spitalgasse 23.

Aus der dermatologischen Albteilung des Allgemeinen Offentlichen Kmukenhauses der Stadt Linz (Vorstand: Prof. Dr. St. Wolfram)

Das Melanom Von St. Wolfram Das MeLanom i'st cine maligne Geschwulst aus Zellen, die das Pigment Melanin bilden. Es g-ehort zu den bOsartJgsten Geschwiilsten iiberhaupt, und seine mogliohst friihzeitige Diagnose ist fiir di'e einzuschlagende Therapie und den VerIauf von eminenter Wichtigk,eit. Wiihrend friiher eim,e g,aI1ze Reihe anderer Bezeichnungen verwendet wurde, so Melanos.arkom, Melanokarzinom, Naevokarzinom und andere, w,ird heute die Bezeichnung Me,l'anomalignom oder kurz MeLanom verwendet. Die Herkunft cler pigmentbildenden Zel1en ['st ein Problem, das noch nioht vollkommen gelOst ist, doch ist die Mehrzahl mer Autoren fUr cine Abstammung cler P,igmentzel1en aus clem Nervengewebe, vorallem aus aus,gewandert·en Zel1en der Neurallei,siJe, wiihrend die friiher v,ertretene Auffassung der HeI1kunft der Pigrnentzdlen aus Zel1en des Stratum basale nur von wenig1en Autoren vertreten wlird. Von den pigmenthiiltigen Zellen ,sind die pigmentbildenden, die bloB pigmenthiiltig-en und die pigmenttransportieflenden Zel1en zu unrerscheiden. Die P,igmenthildung .erfolgt in den Dendflitenzellen der Epidermis, von denen man drei Arten unterscheidet. Die eigentlichen Melanoblasten oder Melanodendrozyten, ,alJJsgedehnt verzwei'gte Zellen, die eine positive Dopareaktion geben und das Propigment enthalten, und blasse Dendri,tenzellen, di,e dopanegativsind und von einem Teil cLer Autoren den La.n ge r h'ans - Zellen glcichgesetzt werden, wiihrendandere auBer di,esen heiden noch eine dritte Zellart, die eigentlichen Langerhans-ZeUen, annehmen.

2 Die Melaninhi,ldungerfolgt auf ,enzymatischem Wege durch Oxydation des linksdrehenden Dihydroxyphenyla1anin bei hestimmter Temperatur und bestimmtem pwWert. Aus diesen pigmentbildenden Zellen gehen die ver,schiedenen Arten von P,igmentnaevli hervor, aus den lin der Cutis gelegenen Melanozyten der blau!) Naevus von J adassohnTie c h e und der Mongolenfleck. Die P,igmentnaevi, hes,s,er Naevuszel1ennaevi, sindsehr hiiufige Geschwiilste, und fast jeder Mensch hat deren mehrere bis viele. Das klinische B:ild der Naevuszellnaevi i,st ·sehr vielgestaltig, e.s sind Bildungen von verschiedener GroBe bis zu den ,ausg.edehnten :g))oBe Fliichen einnehmenden Tierfellnaevi. Die Farbe Wiechselt von lichtem Kaffeebraun bis zu Braunschwarz, Haare konnen vOEkommen oder f,ehlen, die Konsistenz ist meist weich, sie sHzen breitblas,ig auf der normalen Raut auf, konnenaher auch gestielt sein. Was den ~weiblichen 8itz anlangt, so unter,schei,det man ~ntra­ epidermale, Grenznaevi, intradermale und gemjschte. Die.s.e lokahs,ato))ische Einteilungist aber nur eine Bezeichnung flir ein hestimmies Bild im Ablauf der Naevusentwicklung. Diese Entw~cklung geht yom intraepidermalen zum intradermalen Naevus. Die Na:evuszellnaevi sind beim Neugebor,enen s,ehr selten und entwickeln sich erst in der spaieren K,indheit,aber auch noch bi,sin das Erwachsenenalter. Vor der Pubertat sind die rneisten Naevi Gl'enznaevi oder aktive N8!evi. 8ie zeigen das Phiinomen der jonktionalen Aktivitiit und bestehen der Hauptsache nach laus N8!evuszellnestern in der Epidermis mit Abtropfung der Zellen in das Derma. 1m Geg,ensatz hinzu zeigt die histologische Untersuchung von Naevuszellnaevi hei Erwachsenen in der Regel intradermale ruhende Naevi. Das Melanom ist keine sehr hiiufige Erkrankung, bezogenauf 100.000 hetriigt die Frequenz bei Miinnern 1"'7, hei F))ionaren Lymphknoten vergroRertsind. Auch die Schleimhaute konnen Ausgangspunkt von Melanomen sein, so die Bindehaut des Auges, di,e Mundschleimhaut, di,e Schleimhaut des Oesophagus, des Genitales und des Rektum. Die primar,en Melanome der inneren Organe sollen hier nur am Riande erwahnt werden, so di,e des Aug.es, des zentralen Nervensystems, di,e von den Meningen ausgehen konnen und die seltenen primaren Melanome der parenchymatOsen Organe. Vom anorektalen Melanom sind bis jetzt 93, von dem iiberaus seItenen des Penis 14 FaIle heobachtet worden. Das klini,sche Bi1d des Melanoms variriert je nach dem Ausgangspunkt. Die Merkmale des malign en Wachstums be,i denjenigen, die aus einem Naevus bzw. aus dner Melanosis circumscripta praeblastomatosa hervorgehen, sind bereins erwahnt worden, starke res Wachstum, Tumorbildung, Blwtung, Exulz.eration, Auf.schieRen von Tochterknoten in der Umgebung, subjektive Beschwerden, wie Jucken und Brennen. W,enn das Melanom sicha!Uf unveranderter Haut entwickelt, so kommt es zur Blildung eines Knotens von braunschwarzer bis tiefschwarzer Farbe, der anfanglich geschlossen ist, im weiteren Verlauf meist ·exulzedert und bluiet. Er kann ,schmal oder breitbas,ilg cler Raut lau£sitzlen, die Wachstumsgeschwindigkeit und demnach die GroRe bis zur 'er,sien arztlichen Beobachtung wechseln .sehr. Die Farbe unterliegt auch 'groBen Varianten, es ,gibt amelanotirsche Melanome, die den Eindruck eines GranllJloms oder w,eichen Fibroms erwecken konnen. Auah die Metast,asen eines pigmentierten Melanoms konnen amelanotisch s'ein, sowne die Metastasen eines amelanoti

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Abb. 4. RUckenmarkstumoren bei Kindern (Literatur) Intramedullar ...................•...... Ependymom. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Neurinom ............................. Meningeom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Teratom ............................... Ganglioneurom ......................... Sympathoblastom. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neurofibrom....................... ..... Medulloblastom (~eta) .................. Nicht verifiziert (inop.) ................. Entziindlich ........................... Osteoklastom .......................... Ewing-Sarkom .........................

5 2 3 1 1 1 1 1 1 2 5 2 1

Zusammen ............................. 26

Abb. 5. RUckenmal'kstumoren bei Kindern (eigenes Krankengut) Wie die Schemata auf den Abb. 6 und 7 zeig,en, sind die R.uck'enmarkstumoren unter den Geschwiilsten des ZNS beim Kind re1ativ haufiger als beim Erwachsenen: sie betragen ein FUnftel gegeniiber ein Neuntel. Nehmen wir die Gesamtzahl unserer Riickenmarkstumoren mit 154, so finden sich darunter 26 Kinder, das sind ein Fiinftel. An'der S y m p tom at 0 log i e ist hervorzuheben, daR, wie beim Erwachsenen, so auch .bei Kindern in den mei,sten

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Fallen der S chm e r z das lnitialzeichen bildet ("Neuralgisches Stadium"). Fiir die Segmentdiagnostik sind die Schmerzen vor aHem dann bedeutungsvoU, wenn sie sich halbseitig lokalisieren. Stmhlen sie in den Unterleibaus, so droht freilich auch hier eine Appendektomie. Als Variante zu diesem Irrtum war unser Patient mit einem Ewi,ng-Sarkom des siebent,en Brustwirbe1s langere Zeit einer Ulkusbehandlung unterzogen worden. /i'M

Aibb. 6. Unter den Geschwiilsten des ZNS sind beim Kind die Riickenmarkstumoren relativ haufiger als beim Erwachsenen. a) 156 Tumoren des ZNS bei Kindern (eigenes Krankengut), b) 1255 Tumorerr des ZNS bei Erwachsenen (eigenes Koonkengut)

Abb. 7. 154 Riickenmal1kistumoren. In der GBsamtzahl der eigenen Falle von Riickellimarkstumoren .roachen die kindlichen und adoleszenten Formen ein Fiinftel all'S Ahnlich wie im Schadelinneren, kannauch im Wirbelkanalein 'stenosier,ender Prozess unbemerkt und langsam zu betrachtlichem UIll!fang auswachsen. Oft verursacht er erst dann Schmerzen, wenn infolge einer Zusatznoxe (etwa Trauma oder Erkaltung) ein Querschnittsodem arufschieIlt und die miihsam aufrecht erhaltene Funktion zusammenbrechen laRt. Die sich nun verdichtenden Krankheitszeichen werden von dem Kranken oder seiJler Familie oft auf jenes Akzidens ~uriickgefiihrt, ein Irrtum, der dem Diagnostiker nicht unterlaufen ,soUte. Von den neurologischen Ausfallen sind die SensibilitatsstOrungen urn so schwerer r,m erf,assen, je kleiner das Kind ist. Starker fallen motoris,che StOrungen auf, wie Schwache, Ungeschicklichkeit, Stolpern, und werden oft von den Eltern friiher bemerkt als von dem Kind seIber. Das

10 gleiche gilt fiir Zwang,shaltungen der Wirbelsaule, in denen wir eine Art habitueller Schmerzprophylax~ erblicken mii·ssen. NaturgemaR ist der Verlust von Harn- und Stuhlinkontinenz bei Kindern im ersten J ahrfiinft semi.ologisch ohne Wert und auch spater noch schwer zu beurteilen. Nach For d (1949) geht zuerst die Blasen-, dann erst die Mastdarmkontrolle verloren. Trophische Starungensind seltener als im Erwachsenenalter. Diagnose Ganz al1gemein dl'angt sich der Verdacht auf Riickenmarkstumor auf, wenn eine neurologische Starung besteht, die sich auf einen umschriebenen Riickenmarks.ahschnitt beziehen lafit, fortschreitet und expansiver N atur ist. Den Nachweis der Expansion k,ann man durch Jugulariskompression fiihren, wobei einerseits der Segmentschmerz infolge Liquordruckerhohung am Hindernis zunimmt und anderseits der Liquordruckkaudal yom Hirndruck unverandert bleibt (Queckenstedt-Versuch). Am Lumballiquor fallen Gelbfarbung, V1skositat, EiweiRvermehrung und Zel1armut auf. Al1erdings sollte nur dann lumbalpunktiert werden, wenn die Moglichkeit zu sofort angeschlossener Laminektomie besteht, weil sieh naeh der Lumbalpunktion ein QuerschniHsodem oft verstarkt. Die den raumfor,dernden ProzeR beweisenden Kriterien liefert die Radiographie: z. B. die spindehge Au s w .ei tun g des Wirhelkanals bei langsam wachsenden GHomen, die Zerstorung von Wirbelanteilen bei entziindlicher Noxe, und der myelographische S top bei Unterbrechung der spinalen Liquorwege. Die Diagnosestellung "Riickenmarkstumor" bedeutet zugleich eine Indikationlsstellung zur Operation. Auch hier gilt die Felststellung, daR Kindern operativ mehr zugemutet werden kann als alteren Patient'en. Besonders dringlich wird das Eingl'eifen des Neurochirurgen bei Verdacht auf epidurale Eiter.ansammlung. Ein Epiduralabszef!, dereine akute Paraplegie herheifiihrt, gehOrt ebellJso unverziiglich operiert wie eine Extrauteringraviditat oder ein perfori,ertes MagengeschWliir. Ein Zeitgewinn von einer halben Stunde vermag lrier mitunter eine lebenslange Invaliditat abzuwenden. Die rdative Haufigkeit der intramedullaren Geschwiilste im Kindesaltertriibt die Pro g nos e der Operi.erten. Nur ausnahmsweise wird 18ich ein intramedullare8 Cewachs exstirpieren laSrsen, wie bei Zweien unserer Patienten: es handelte sich urn ein Meningeom und urn ein Ka~er­ nom. In der Regd wird man sich mit einer entlast'enden, das heif!t raum- und zeitgewinnenden Operation begniigen

11 mtissen, das tragische Ende aber auf die Druuer nieht abwenden konnen. Dberblieken wir d,as Gesagte, so laRt sieh erkennen, daR aueh beim Kind Gesehwtilste des ZNS keine Kurios[,tat bilden, mit denen etwa'ein monorn:aner Neuroehirurg sein publizistisehes Dasein zu frilsten beliebt. Die frtihzeitilge Erkennung muR mit alLen Mitteln vorangetrieben w,erden: ls~e wirkt ja mitentscheidend, ob wir bloR palLiativ, d. h. bestenfalls trostend, oder kurativ, das heiRt auch hegltickend eingreifen konnen. Und ieh moehte meinen, daR es keine Sentimentalitat ist, wenn wir unsere starksven Bemtihungen in den Dienst gerrude jener Klientel stellen, die uns anzieht und immer wieder rtihrt, weil eben - der Sohatten der SchuLd noch nicht tiber sie gefallen ist ... Literatur: Arendt, A. A. und Nerssessianz, S. S.: Vopr. neurochir., Moskv,a, 25 (1961), S. 5. - Baliley, P., Buchanan, D. N. und Buey, P. C.: Intracranial Tumors of InJianey and Childhood. Ohic3Jgo, Illinois: University of Chiicago Press. 1948. - CoI'boz, R.: Die Psychiatrie der HiimtJUmoren bei Kindeml und Jugendlichen. Wien: Sprli'nger. 1958. - Ouneo, H. M. und Rand, C. W.: Brain Tumolis of Childhood. SpringfieLd: Thomas. 1952. - Cushing, Ill.: Almer. J. Dis. Child., 33 (1927), S. 551. - Falk, W. und Heppner, F.: Mschr. Kinderhk., 110 (1962), S. 187. Ford, F. R.: Diseases of the Nervous System in Infancy, Childhood 'and Adolescence. Springjjield: Thoma,s. 1948. - Grant, F. C. und Austin, G. M.: J. Neurosurg., Springfield, 13 (1956), S. 535. - Hamby, W. B. J.: Neuropathol. expel'. Neurol., 3 (1944), S. 397. - Heppner, F.: osterr. Zilchr. Kinderhk., 8 (1952), S. 38. - Derselbe: Acta psychtiatr. neurol. Scand., 30 (1954). S. 471. - Derselbe: Wien. klin. Wschr., 67 (1955), S. 145. Derselbe: Klin. Med., Wien. 12 (1957). S. 22. - Derselbe: Wien. med. Wschr., 109 (1959), S. 946. - Derselbe: Langenbeck's Arch. kEn. Chir., 298 (1961), S. 533. - Heppner, F. und Diemwth, H. E.: Chirul'lg, 32 (1961), S. 491. - IIl!grahiam, F. D. und Ma,tsoo, D. D.: NeurostUl'gery of InLancy and Chi1dhood. Springfield: ThomaIS. 1954. - Klein, R.: Dtsch. Ges. f. Neurochirurgie. Ztidch, 25. Juli 1958. - Kornyansky, G. P.: Vopr. neurochir., Moskva, 23 (1959), S. 39. - Krayenbtihl. H. und Weber, G.: Helvet. paediatr. acta, 2 (1947), S. 115. - Kyrle, P.: Wien. kliJll. Wschr., 62 (1950), S. 28. - M;cCraig, W., Kedth, H. M. und Kjernohan, J. W.: Acta psychi1atr. neurol. Scand., XXIV (1949), S. 375. - Ndttner, K.: Zbl. Neurochir., 16 (1956), S. 348. Olivecrona, H.: J. Neurosurg., Springfield, 4 (1947), S. 327. SchalteIllbml!.lJd, G.: libl. Neurochir., 3 (1938), S. 169. - ZUlch, K. J.: Zbl. Neurochir., 5 (1940), S. 328. Anschrlft des Verfassers: Prim. Prof. Dr. F. Heppner, Neurochirurgische Abteilung der Chirurgischen Universitiitsklinlk, Graz/Stmk., Auenbruggerplatz 5.

Aus Ider Universitiits-Kinderklinik Wien (Vorstand: Prof. Dr. H. Asperger)

Indikationsstellung zur Hydrocephalusoperation Von O. Wei6enbacher Obwohl in den letzien Jahren VOl' del' medizinischen Offentlichkeit sehr ",iel von der operativen Behandlung des kindlichen Hydrocephalus gesprochen und geschriehen wurde,erleben wir es recht haufig, daR del' Wert dieser Methoden verkannt und vor aHem daR der ric:htige Zeitpunkt del' Operation versaumt wird. Es sei daher neuerdings kurz auf die Indikationen zu dieser Operation hingewiesen. Es geht uns dabei ausschIieRlich um den Hydrocephalus im Kindesalter und um die Methode der Ableitung des liberschliss,igen Liquors libereinen direkten Shunt yom Seitenventrikel in die Blutbahn. Zu diesem Zwecke stehen 2 Systeme zur Verfligung: eines nach P u den zHe y e r, bei welchem sich das Venti! in der Spit.ze des Venenkatheters befindet und somit in den rechten Herzvorhof zu liegen kommt. An der Verbindungsstelle zwischen Ventrikel- und Venenkatheter kann man mit Hilfe einer flachen Pumpe die Funktion prlifen und die DurchfluRmenge willklirlich steigern. Das zweite System, nach S pit z e r - H 0 It e r, hat ,s.ein Doppelventil und somit gleichzeitig di~ Pumpe am Dbergang yom Ventrikel- zum Herzkatheter eingebaut. Dieses Venti I kommt subkutan hinter das rechte Ohr zu liegen. An der Wiener Universitats-Kinderklinik haben wir zusammen mit Zweymliller und mit Brandesky, Helmer und Zan g I von der II. Chirurgischen UniversiUits-

2 klinik seit 1960 ausschlieBlich das Spitz-Holter-System verwendet, urn die Vielfalt der moglichen Komplikationen nicht noch zusatzlich durch die Verwendung zweier verschiedener Methoden zu steigern. Eigene Erfahrungen haben wir bisher an 31 Sauglingen und Kleinkindern gewonnen. Der groBe Vorteil der ventrikulo-atdalen Shuntmethoden ist, daB man damit jeden Hydrocephalus ohne Rticksicht auf die im Sauglingsalter oft ,schwer zu f,indende Atiologie druckentlasten kann. Zu Beginn aller Uberlegungen muB die sichere Dliagnose eines noch aktiven Hydrooephalus stehen. Sie ergibt sich zunaohst aus dem sehr eindeuti,gen klini,schen Bild. Besondere Bedeutung kommt den regelmaBigen Messungen des Kopfumfanges ,zu. Die derzeit genauesten Kurven tiber das Schadelwachstum im ersten Lebensjahrstammen von O'N ei 11 aus Sheffield. Sie wurden an einer groBen Zahl von Sauglingen erhoben und haben den Vorteil, in 2 Gruppern - eine ftir Reifgeborene und eine ftir Frtihgeborene - unterteilt zu sein. Die Feststellung eines groBen Kopfes gentigt nun unserer Ansicht nach noch nicht 1mr Indikationsstellung fUr eine Operation; es muB klargesiJeUt werden, ob der Hydrocephalus noch aHiv ist, d. h. ob er noch abnorm wachst oder oh er nicht viel1eicht schon zum Stillstand gekommen ist. Schon an Hand zweier Messungen kann man mit Hilfe der von O'N e i 11 konstruierten Kontrollini,en klaren, ob das Kopfwachstum zu rasch ist oder der Norm entspricht. Diese Kontroll1nien stellen Grenzl,in,ien d'er erlaubten Wachstumssteilheit fUr die ersten Lebenswochen dar. Uber die in ein bestimmtes Raster eingezeichnete Schadelumfangkurve des Patienten gelegt, zeigen sie an, ob das KopfWlachstum bis zu diesem Zeitpunkt zu stelil war. Die Kurve liegt in dies em FaBe g,anz unterhalb der entspr,echenden Kontrollinie. In alIen Fallen haben wir bi,sher vor der Oper,ation auch eine L'IlftdarsteBung der Hirninnenraume vorgenommen. Wenn di'e Frage eines Blockes in der Liquorzirkulation nicht eindeutig gekliirt werden konnte, wurde in manchen Fallen die von Schafer angeg,ehene Probe mit Paraaminohippursaure durchgefUhrt. Dahei wird nach Einbringeneiner bestimmten Menge von P AH in den Ventrikel die Konzentration im Ventrikel- und im Lumballiquor nach ainer bestim:mten Zeit verglichen. Die Klarung dieser Frage ist jedoch fUr die Indikationsstellung von unter-geordneter Bedeutung. Weiterhin hahen wir bisherauch hei allen Patienten vor der Operation eine oder mehrere Messungen des intra-

3 ventrikuHiren Druckes vorgenommen. Es ist dies VOl' aHem fiir die Auswahl des entsprechenden Ventiles von Bedeutung und auch, weil unter .einem Druck von 120 mm H 20 nicht mehr mit einer erfolgreichen Liquordrainage gerechnet werden kann. Eine bcsondere Gruppe hinsichtlich del' Indikationsstellung sind die Patienten mit Hydrocephalus bei Myelomeningocele. Dabei setzt sich nun allgemein die Meinung durch, den Hydrocephalus vor der Celenbildung zu operieren, da ·sich der Sack dann meist rasch verkleinert und sich .ein Eingriff an ihm eriibrigt bzw. wesentlich einfacher gestaItet. Wir verfiigen diesbeziiglich iiber keine eigenen Erfahrungen, da wir gerade in letzter Zeit keine Myelomeningocele ohne Fistelbildung gesehen haben. Del' sehr weitgesteckten Indikation zu einer Shuntoperation des Hydrocephalus als derzeit einzig mogliche Behandlung - medikamentose Versuche waren weni.g erfolgverspreohend - steM cine kleine Gruppe von echten Kontraindikationen gegeniiber. Als absolute Kontraindikation sind anzusehen: 1. J,edweder nicht ganz sicher beherrschte Infekt der Liquorraume. Nicht nur, daB nach dem Eingriff ein schlummernder lnfekt wieder aufflackern kann, es kommt auch durch den Shunt zu einer direkten Einschwemmung von Keimen in die Blutbahn und damit zu einer nicht zu beherrschenden Bakteriamie oder Sepsis. 2. Eine Blutung in die Liquorraume. Sie wiirde zu einer sofortigen Blockade des Ableitungssystems durch Koagula fiihren. 3. Zu hoher EiweiBgehalt des Liquors: auch er wiirde in kiirzester Zeit das V,entil verlegen. Als ober'ste Grenze werden im allgemeinen 200 mgOfo angegeben. Urn auch beisolchen PaHenten rricht untatig zusehen zu miissen, wie der Hydrocephalus sich vergroBert und der hohe Innendruck das Gehirn zunehmend schadigt, hat Ric k ham in Liverpool in Zusammenarbeit mit H 0 It e r einen neuartigen Ventrikelkatheter mit Plastikkappe konstruiert, durch die man gefahrlos wiederholt punktieren und bei Bedarf auch Mcdikamenre in den Ventrikel einbringen kann. Weitere Kontraindikationen bilden: ein Hydrocephalus e v.acuo, Storungen cler Liquorzirkulation zwischen den Ventrikeln, ron sehr schlechter Allgemeinz.ustand und schwere anderwieitige MiBbildungen. Familiar groBe Kopfe (Megacephalus), rasches Wachs tum nach Friihgeburt und ein Subduralhamatom miissen natiirlich im Rahmen cler Voruntersuchungen ,alJJsgeschlossen werden.

4 Ein ber,eits sehr dtinner Hirnmantel stellt nach Ansicht vider Autoren und auch nach unseren eigenen Erfahrungen keine Kontrainaikation ftir cine Ventiloperation dar und es lassen sich aus der Hirnmanteld~cke sieher keine prognostischen Hinweise ableiten. 1m Gegensatz zu manchen ge,genteiligen Auffassungen ftihren wir aber au"ch an Kindern die Operation durch, deren Hydrocephalus bereits e,in enormes AusmaR erreicht hat und hei denen es hereits zu schwersten zerebralen Schadigungen gekommen ist. ErfahrungsgemaR tiberlebensolche Kinder oft viele Jahre auch ohne Operation, und el'3 ist ftir die Pflege dieser hedauernsweden Geschopf,e ,sieher nicht ohne Bedeutung, ob sie etwa ihren Kopf 'Sdbst halten konnen, ihn bewegen usw. Auch haben wir bei schon st.ark abgebauter Psyche ganz erstaunliche Besserungen gesehen. Zur Indikationsstellung wichtig ist sicher auch die Frage, mit wie groRer Wruhrscheinlichkeit mit einem positiv,en Erfolg einer Operation zu rechnen ist. Wir wollen daher eine kurze Dbersicht aus der neueren Literatur tiber reich des Aortenbogens her, wobei die Vielfalt ihres morphologischen El1soheinungshrild€ls in direkter Abhangigkeit zum jleweiHgen ortlichen und zeitlichen Angriffspunkt des einwirroenrnen Storfaktol1s steht. Es is! daher das Wi,ssen um jene norma1en Entwicklungsvorgange, die die Schaffung '€liner u:npaarigen linksgerlichteten aortalen Strombahn zum Ziele haben, die VorauSisetzung fUr das Verstandnils cler lin Rede stehenden AorteDlisthIIlluslstenosen. Zeitlich fa lIt die Entsnehung der he,iden grofl,en arteriel1en GefiHle mi,t der Ausbildung des einlumigen Herzsohlauches zusaIIllIDen. Bel1eits in der dritten Embryonalwoche ist ein unpaarig,er Truncus arterioSll1s communis

2 nachweisbar, der yom kl'an~alen Ende des Herzsch1auches seinen Aus.gang nimmt, um sich nach kurzem Vedauf in die beiden kllan1alwiirts Zliehenden Aortae ventrales zu teilen. Ortlieh ,unabhiingig von den Aortae ventrales kommen die gleichf,alls paarigen Aortae dors-ales zur Entwicklung, di'e entlang der Chorda dOl's'alis des Keimling.s ~audalwiirts verlaufen, urn 'slch - und zwar noch in der Zervikalregion 2mr unpaarigen sogenarmten Aorta deseendeDiS zu vere.inigen. Diese paal"ligen Aortae v,entrales und dor,sales treten nunmehr tiber Isechs gleichflalls. paar1ge Quel'ana'stomosen - die Kiemenbo/llenarterien - miteinander in Verbindung und fornren ISO das Aorten-Kiemenbogenarterien-System, das bel'eits in der Mitte der vierten Embryonalwoche voll angelegt ,ist. Die ftinfte und sechste Entwlicklung.swoche ,steht im Zeichen der Septation des Herzens, der Separation der Aorta ascendens vomPulmonalarterienstarnm und der Umlbildung des Aorten-Kiemenbogenarterien-Systems j,n die endgiiltige unpaarige linksgerichtete ,aortale Sirombahn. Letztere wird durch di,e Rtickbildung des ersten und zweiten Kliemenbogenartedenpaal'es eingeleitet. Die driite Kiemenbogenarterie hIeibt beidel"lseitlS erhalten und formt die herzfernen Anteile der AOl'tae venirlalelS und dorSlale's Zium Karotisarteriensystem und damit die hel'ZImhen Segnrente der Aortae ventrales zur Arteria carotis conrmunils jeder Sei.te urn, wiilhrend die entsprechenden Anteile der Aortae dOlisales vi:illig riickgebiiLdet wer,den. Fiir die vor1iegende Problenrstellung von besonderem Intert~sSle ist dasendgtiitig,e Schick:sal der rechten U'nd link,en v,ilertcn Ki'emenbogenarterie: wiihl'end die ,rechte zur Arteria lanonyma umgebildet wird, di,esich tiber die rechte sechste Segmentarterie aLs Arteria Isubc1a'\"ia for,tsetzt, wobei der distal der sechsten Segmentarter,ie geleg'ene Anteil der AOl'na dODS'a1~s unter regelhaften VOl"lall.ssetzungen vi:illig schwindet, bildet sich die linke vlier,te Kiemenbogenart.eri,e zum Arcus aortae urn und garantiert so die Fo'rmi'e,rung der endgtiltigen linksliiufigen aortalen Stromibahn. Dabei wilid die drurch die Septation des Tliunous 'arteriosus communis gebildete Aortaascendens mit der gleiahseitigen Alorta dorsalis verbunden, welch letztere zur Aorta thoriaeioa bz:w. ,ahdominalis geformt wil'd. Die fiinfte KJiemenbogeIlJarterie komrnt heidel1S'elits nur vOlJuhergelrElIlJd zur EIlJtwicklung und vel'schwi,ndet nach weni~en Tagen ilhres Best,aIlJdes vomg. AlliS der Tech ten ,und linken seoosten Kiemenbogenarterie SpI1oss'en beidersei,ts dJe Rauptii:s.te der PulmonalaroolJie a'1]S, d~e herzWliirts zu dem heirei,ts isolierten P,ulmonalarteri'enstamm, periphel"liewiirts zu dem Blutsix'rus der

3 beiden Lu'ngenanlagen in Beziehung treten. Das AnscMuRsHick der sechsten Ki'ernenbDgenarterie zur ADrtia dDrslali,s verodet l'echtel'sei,ts, wahrend es links als DAB erhalten bleibt, der zu diesem Zeitpunkt nDch zwi'schen der Arteria mirotis cDmmuniis siIllisha umd der Arteriasuhdavia ,slI1istra gelegen ist. Mit diesen SeptationsvDrgangen am Herzen und am Tnuncus arteniosus commUI1]S UI1d der volligen Neug,es'taltung der aortalen und pulmDn,alen Stromhahn ist aber die Entwicklungsdynamik dersechsien Entwicklungswoche keinesweg1s enschopft. VlielmehrschlieIltsie des weitemn die Kaudalv,erlegung des Her21ens und des neugeschaffenen ADrtenbDgens ,aus der ZerviklalregiDn des Keimlings tiher die ortlieh fixierten Arteriae !m'bclaviae hinweg ,in den neugebildet,en Thoraxmum nDeh mit ein. Diese Abwanderung des Herzens in den Thoraxflaum aber wirkt '5ich nunmehr auf den ADrtenbDgen in 2facher Weise fDrmend aus: 1. muR jetzt die Einwirkung der kaudalwarts gerichteten Zugkrafte auf den Arcus ,aort'&e durch GewebsproliferiatiDn pal'alysiert werden, urn so, erine L,ichtung1sverengung des ADrtenbogetlls zu verhindern und 2. wird das zwilschen dem DA:B 'uI1d der A,rteria subclavia srni,stra gelegene Segment der ADrta dDrS'ali,s si'nistm in den ADrtenbog,en in der Art miteinbez,Dgen, daR jetzt der DAB kaudal VDn der Arteri,a subclavia sin is ira zu liegen kDmmt und damit jener EngpaR des AorteIllrohres fDrmiert wi-rd, der als phys'iDIDgischer ADrtenisthmus bezeichnet wi rd. Wie gewaltig dieser UmformungsvDrg'ang am Arcus de facto, ist, wird kIar, wenn zugleich jene AnDmalie der ArcusgefaRe manifest wilrd, die a1s Dysphagi'a lusoria bezeichnei wi I'd. 1hre fDrmale Genese wird durch den Umsta'nd bestiJffimt, daR iJn diesem FaIle der prDximale Anteil der rechten ADrta dDI1Salis verodet, wiiJhrend der distale tiber die rechte sechst,e Segmentarterie hinwe:g zur Arteri,a subclavia' dextraumgestaltet wird und kmnialw.arts wandert, urn illl den ADrtenbDgen miteingegliedertzu we'rden. In derendgtiltigen PDslitiDn Hegt der Abgang der rechten Al'teda subc1aVli,a hinterdem gleichI1amigen link en GefaR. Zwischen diesen beiden Arterien aber liegt der Dbertriti des DAB in die ADrta und der physiDIDglilsehe ADriJenisthmus. Diese UmgestaltungsvDrgange am ADrten-K,iemenbogen,arterien-Sy,stem finden ,ihl'en endgtiltigetll Ahschlull erst rin der pDs,tnatalen Pe,riode dureh die zunachst nDch funktionelle und ,sohlieRlich anatDmisehe ObliteratriDn des DAB, der damit zu einem fib rosen Str,ang - dem L~gamen­ tum Bot,al1i - wird.

Dieses komplexe, durch die erwiihnten Umlagerungsund Rtickbildungsvorgiing,e bestimmte emibryonale Geschehen, das tdeologi,sch ,auf dile AusbHdrung des Aortenbogens au,sger.ichtet ist; macht es nun verstandlich, WJarum der Aortenbogen ftir die Entstehung ,dysplastischer Verbildungen geDadezu prad1sponiert ist. In bezug auf di,e AortenisthmllJsst,enos,e zeichnen sich fOl'malgenetisch 2 Hauptgruppen ab: 1. Die hypoplasiogen,en Isthmusstenosen, die ihl'e Entstehung dem Si'stieren der Prolifer,anionsvorgange am Arcus wahrend der ~auda:Jv,er1agerung des Herzems und der damlit v,erbundenen ,diffusen oder umschriebenen Lichtung,sv,el'engung des Aortenarous vel'danken und 2. di'e 0 bliter,ativen Isthmussteno:sen. Dabei greifen die zur Verodung der rsechsten und ftinften Kiemenbogenarterie und des pel'ipheren Segmentes der l'eohten dors:alen AODta ftiJhDeooen P,l'oLif'emtionsvor,gange von den genannten Stromhahnen tiber die EinmtindUlngsstellen hinweg auf den Arcus aortae tiber. Diesen obl1temtiven Stenosen ,ils,t zum Unterschied von den hypopIasiogenen eine stl'enge ortliche Bindung eigen, die jeWleils der Dbertr,iits'stelle der erwahntenehemaLigen artel'iel1en Anastomosen in den Arcus aOl'tae entspricht. GemeinsaID ist heiden Stenosegruppen der Umstand, daR das L'eben des TrageDs bei hoheren Graden der Liehtungsbeschrankung von der Persistenz einers offenen DAB - also eines ,angeborenen interartel'iel1en Shunts - abhangig list. DillS hedeutetaber nun zugleioh, daR ,die Existenz 'eines offenen DAB an sieh weder dra,s Kr,itel'irum einer hypoplasiog,enen, noch eirner obliterativen ArcuSistenose i,st. Die h yp op l,asi 0 ge n en S ten os en sind grundsatzlich prox1malwarts von der E,inmtindung des ,in der Regel offenen DAB gelegen und entsprechen dann jenem Stenosetyp, den Bo,nn,et ais Neugeborenentyp deT Aorteni,sthmusstenoSre bezeichn,et hat. Die dabei beohachtete zyLindr'1sche oder mehr konische Lichtungsbeschrankung kann ,auf die kurZ!e Wegs-trecke zwirschen Arterj,a subclavia sini,straund den oHenen DAB beschdinkt bleiben oders,ich dif£us' tiber den ganzen Arcus erstrecken. HestilIUmend ftir die Gruppe der hypoplas'iogenen Stenosen ist w,eiters der UIll/stand, daR sie - nach S c hu It rich - in·2 Drittel der FaLle mit anderen insbesondere kardiovaskiularen Dysplasien gekoppelt sind, wie Zweiklapp,igkeit des hauf:ig noeh srenosi,erten Aortenost,iums, Hypozusiitzlieh pl,asie der Aorta ascendens, Hypoplasie des linken Ventrikelskomb1niert mit Mitrialstenose oder -atl'esrne, Defektbildung,en 'am Vientr,ikel- und VODho£septum und schIieRIich Fibroelastose des Endok,ards des link,en VentDikels, Ver-

5 anderungen, wie sie zum Teilan 2einschlagig'en Praparaten von kiindlichen Herzen, die aus der Sammlung des Patholog,ilsch-Anatomllischen Institutes stammen, demonstriert werden sol1en. Diese Neigu'l!Jg zur ~oppelung mit we~teren kardialen DYlsplasioen ,bringt es aber milt sich, daR Probanden dieses Stenosetyps nur ,sdten tiber dlas frtihe Kinde~alter hinausWlachsen. Wje bereits erwahnt, z.eigendie ob ld e ra ti v e n S t 'e n 0 5e n ZlUm Un tel1schi'ed von h ypoplasiog'enen eine streng ort1iche H~ndung innerhalh des Aortenbog,ens. Am Hin~sten bekannt Ulnd ber,eits VIQr mehrals 200 Jahren von Meckel besooriehen und von ihm ,als "Isthmu:s,si1enose" bezeichnet, ist jene obliterative Stenose, die iiiluen SHz !Um Hereiche des physiolo/iischen AOl'tenisthmus hat und ihre Entstehung aller Wiahl1scheinlichkeit nach dem Dbergreifen des OblLterationsvorg,anges vom DAB ,auf die Aortenwand verdankt. Unkorrekterweise wurde dieser Terminus ,spat'erhin aufalle hypoplasiogenen und oblitel'ativen Stenosen tihe rtmg'en. Diese Meckielsche IsthmllssiJenose 'enisprricht illl der Nom:enklatur von Bonnet dem sogenannten "Erwachsenentyp der Isthmusstenose", nach der Terminologie von Doe r r und Go e r tIe r - in der di1e formale Genese dieser Stenosengruppe besondel1s berticksichtigt wird - wird 'sie ,a18 VI.-Stenose bezeichnet. Diese VI.~Stenose verurs,acht eine kurz.streckige Lichtungisbeschrankung, d1enach Clagett 12 bi,s20 mm nicht tiherschl'leitet, und list, wi,e 'e,in einschHigiges Prapar,at zeigt, sehr haufi.g von einer postst,enotischen Aortendilatation begleitet. Eine weitere obliterativ,e Stenose ist an jener Stelle des Aortenbogens gelegen, wo die ftinfte ~ieilllienbogen­ arterie in die Aortenldcht.ung tibertritt, nam:lich zwischen der linken Artel1i,a caroti.s commun,is und der Arteria subc1avia 'sinistra. Sie wUl1de von Doe r r als Y.-Stenos'e be~ zeichnet. In typ1schen Fallen 1st dabei der DAB gesohlossen, bleibt er offen, so ist die Unter,scheidumg von einer hypopl.a:siogenen Stenose oft schwierig odeI' gar unmogIich. Eine besondere Variante dieser V.-Stenos,e kommt dadurch zusuande, daR die Obliteration der ftinften Ki'emenbogenarterlile ,auf den Arous und ,sagar auf die Linke Arteria suhcl:avi,a tibergreiJft, wodurch der Aortenhogen in 2 Segmente zerlegt wird. Folgt der Ohliterat,ion auch die Rtickbildung des betroffenen Bogenabschnittes, so entsteht ein Arcusdefekt und damit die Unterteilung des Bogens in ein proximJales Segment, das die rechtsseiHgen BogengefaRe tragt und .in ein distaI.es Segment, das tiber einen oHenen DAB die Arteria subc1avila sinistra speist.

6 Als 1etzte Var,iante der obliteratrven Svenosen sei noch die von Doerr - nicht glanz kouekt -aLs IV.-Stenose hezeichnew, sehr seI.tene Uchtungsver,engull1g erwii:hnt. Es besteht da:hei eine Aransstenose, die knapp kaudal yom Ligamentum Botalli gelegen ist und ha:ufig von der V.-Stenose - die gleichren Sitz hahen kann - nicht abzugrenzen ist. FormalgenetiJsch rentspricht di,ese Ortlichkeit jener Stelle, wo einst die ,rechte Aorta dorsa11s in die Aorta desceilldens iihertrat. Sehr sdten k,anu dahei auch noch eine Kombination mit einer Dysphagia Iusorra nachweishar se~n. Die obIiterativ,en Stenosen werden 2- his 4ma,1 haufiger bei Mannern ,angetroffen als bei Frauen, ein Umst'and, der nach Go e r tIe r ,an reinen geschlechtsgehunden,en 'Erhgang denken heRe. Wel'den weilb1iche Individuen beiroffen, so 1st eine Kombination mi,t "sexogenem ZwergW1Uchs" - demsogenannten Morgagni-Tumer-Albright-Syndrom - hauhg, oem - w,ie P I.i e s s 1962 zeigen konn te - ei.ne chromosomale Anomalie pl'imar zugrunde liegt. Zum Untel.1schied von den ,hypoplasiogenen St,enosen treten ,die obliterativen StelllOs,en [uder Reg,el isoliert auf, ein Umstand, der die Lebenserwartung des Tragers sehr giinstig heeinf1u1lt: 61% rerleben das 40. Lebensjahr, die durchschnittliche Leheuserwartung hetragt 50 Jahre.

Nach Ab bot t steht der Eintritt des Todes im Rahmen der obliterativen Stell(~sen in 25% der von ihr untersuchten 200 Autopsi,efal1e jenseits des dritten Lebensj,ahres iill keirnem Bezug zum Gl'uudleilden. In 25% tritt der Tod, und zwar ganz iiherwiegend bei Indiv,iduen des vorgeriickten Lehensalters durch Linksherzversagen 'und Lungenodem, ein. Jiinger'e Prohanden v,errsterben rin 20% an Aortenruptur ais Foige der schweren SkierOrSe der Aorta ascendoors, wahl'end 10% an zentralen Blutungen rim Sinne einrer Apoplexie oder Ruptur eines has,alen HiJrnarterienaneru'rysmas, weitere 100/0 ian mykoHscher Endokarditls der liukisseitigen Herzklappen bzw. einer hakteriel1en Aortitis, insbesondere im Bereiche der Stenos'e, ad ,exitum kommen. In 10% der FaIle. tr,itt der Tod iiberra:sahenrd und pIotzlich cin, ohne daR silch di'e unmitteThare Todesursache exakt feststellen laRt. Ganz al1gemeingesproohen Wlird die Lebenserwartung des Tragers einer obliterativen Isthmus,stenose urn so groBersein, je be.ssler dii'e kollateralen arterliellen An,astomosen wm Zweoke der Umlgehung der bes,tehenden AroussvenoseausgebiLdet sind. Dabei wil'd - wie diies ein bel'eits auf die Beohachtungen von Me c ke I zuriickgehendes Schema von Ba de I zei.gt - der prast'enotische Aortenabsalmitt iiber diJe Artel'ia mammada interna und die Interkostalarterden hinweg den poststenotilschen Aortenantcil mit

7 Blut versorgen. Dadurch konnen die Interkostalarterien· eine so betrachtliche Ausweitrung erfahflen, daR an den Rippen bl'eite Usuren entstehen, die im Rontgenbild sichtbar Wlellden. Kurz zJUJsammengetaRt ergibt 'slich somit, daR runter dem TerlDJi:ulLs "AortenisthmUisstenose" heute aHe Stenosern des Aortenbogens v,erstanden w,erden. Sie gliedern sich nach ihl'er formalen Genese ,in 2 Hauptgmppen: die hypoplasiogenen und di'e obliterativen Steillosern. Di'ese Aufgliederung besteht schon deshalh zu Recht, weil die Lebenserwartung und operative Chanceder Trager hypoplasiog;ener Stenosen durch die Koppehmgsbereitschaft dellselhen mit weiteren kardiovaskiularen Dy,splasien wesentlich ,schlechter ist als die der Tl'ag·er von obliterativen Stenosen. Unter den letzteren ist 'es vor ,aHem die hauf,ige VI.-Stenose - also di,e Isthmusstenose Emenger,en Sinn - die sich wegen der Kurze der Lichtung.sv,erengung und der guten Zugangldchkeit fur ,einen chil'ur.gisohen Eingriff besondenseignet. Anschrift des Verfassers: Prof. Dr. L. Kucsko, Pathologisch-Anatomisches Institut der Universitat, Wien IX, Alser StraBe 4.

Aortenisth musstenosen Von F. Kaindl

Bei Durchsicht der kongenitalen Anomalien des Herzens und der groRen GefaRe steBen die Isthmusstenosen der Aorta mit rund ,% aBer kongenitalen Vitien eine wichtige MiRbildungsgruppe dar. Bekanntlich haben wir zwischen einem juven-iJ.en, infantilen oder praduktalen Typ und der erwachsenen postduktalen Form zu unterscheiden, deren Haufigkeit mit 1 Fiinftel zu 4 Funftel angegeben wird. Die Morbiditaides mannlichen Geschlechtes uberwiegt etwa in einem VerhaItnis von 4 : 1. Der unterschiedlichen Hamodynamik entsprechend erscheint eine getrennte Diskussion der heiden Formen angezeigt. Die in fan til e For mist dadurch gekennzeichnet, daR die Stenose proximal der Einmundung des Ductus Botalli liegt, daher die Bezeichnung "praductal". Dieser Typ steIIt wahrscheinlich eine £riihe, sich im zweiten Fotalmonat manifestierende primare EntwicklungsanomaHe des vierten linken Aortenbogens dar. Stromungsdynamisch wird die funkiionelle Teilung der rotalen Aorta in eine "ohere Einheit" - von der Aortenwurzel bis zum Ductus - und eine "untere Einheit" - Aorta descendens - bei dieser Form eher hetont; die Blutstromung und der Druck in der oberen Einheit sind niedrig, wodurch der physiologische Isthmus eher weiter verengt und die proximale Aorta eher hypoplastisch werden. Das klinische Bild ist durch die besonders in Hangelage bzw. beim Trinken deutIich werdende Zyanose charakterisiert. Haufiger tritt sie allerdings als allgemeine Zyanose auf und ist nicht nur auf die untere Korperhalfte heschrankt. Wahrend eine kaudale Blausucht durch das

2 Mischblut leicht erklarbar ist, ist der Nachweis einer generalisierten Zyanose eher schwer verstandlich: Abgesehen von jenen Fallen, bei denen zusatzliche Herzmiilbildungen die Blausucht erklaren, dtirfte bei allen anderen ein funktionell offenes Foramen ovale eine nicht unbedeutende Rolle spielen. Infolge oftmals rasch einsetzender Herzinsuffizienz ist die Dyspnoe haufig. Der PuIs der A. radialis wie auch der A. femoralis ist gut tastbar. Ein schwacher bzw. fehlender PuIs in der link en A. radialis ist ein Hinweis daftir, dail der U rsprung der linken Schltisselbeinarterie in den Stenosebereich miteinbezogen wurde. Der Blutdruck, der bei Sauglingen bekanntlich sehr schwer meilbar ist, wird z. B. oszillometrisch an Armen und Beinen annahernd gleich hoch gefunden. 1m Ekg finden sich bei mehr oder weniger ausgepragtern Rechtstyp die Zeichen der Dberlastung des rechten Herzens. Rontgenologisch ist eine starke Rechtsvergroilerung und eine erweiterte Lungenschlagader typisch. 1m Sauglingsalter wird etwa in der Halfte der FaIle keinerlei Ge.rausch festgestellt, selbst wenn der Ductus Botalli offen ist. Etwa ab dem ersten Lebensjahr findet man ein relativ weiches systolisches Gerausch im zweiten lCR links, aber auch am Rticken und an der Herzspitze. In der Angiokardiographie, die wegen der Zartheit der GeHifle im Sauglingsalter und zwecks Abklarung eventuell zusatzlicher MiRbildungen bevorzugt von der venosen Seite her durchgefiihrt wird, fallt die simultane Fiillung der wei ten Art. pulmonalis sowie der Aorta thoracica und abdominalis bei Fehlen einer Kontrastmittelanfarbung des Arcus aortae auf. Die Prognose ist ernst. 90% dieser FaIle sterben bereits vor dem sechsten Lebensmonat an Herzinsuffizienz. Es gilt nach K e i t h und Mus tar daIs Regel, daR nach einer erfolglosen 12sttindigen Digitalisierung sofort operiert werden sollte. 1st die Digitalisierung von Erfolg begleitet, so wird man bei standiger Dberwachung trachten, eine gtinstigere Ausgangssituation fiir die Operation zu einem spateren Zeitpunkt zu schaffen, da die Notoperation immerhin mit einer Mortalitat von '70 bis 80% behaftet ist. Die postduktale bzw. Erwachsenenform stellt eine mehI: umschriebene Verengung der Aorta im Bereich bzw. distal der Einmtindungsstelle des Ductus Botalli dar und entspricht einer spatfotalen oder postnatalen Anomalie. Abgesehen von ,einer bisweilen nur 2 Segel aufw,eisenden Aortenklappe bzw. einer manchmal begleitenden subvalvularen Aortenstenose oder Aortenklappeninsuffizienz oder Persistenz des Ductus. Botalli fehlen schwerwiegendere Herzanomalien. Der Kopf und di.e obere Korperhalfte werden normal oder vermehrt von Blut durchstroIlllt, und zw:i-

3 schen prli- und poststenotischem Abschnitt bildet sich ein Kollateralkreislauf aus. Das klinische Bild kann vollig symptomlos sein, bis eventuell die Ruptur der Aorta oder eines ZerebralgefliRes, eine kardiale Insuffizienz oder eine bakterielle AortitisEndokarditis als schwerwiegende oder tBdliche Folge auftreten. Der Hochdruck proximal der Stenose allerdings fiihrt hliufig zu Kopfschmerzen, Schwindelgefiihl, Nasenbluten, Nervositlit und Schlaflosigkeit sowie zu Dyspnoe, Herzklopfen und Stenokardien. An den Beinen treten infolge der Hypotonie nichtselten Taubheit, Kliltegefiihl sowie Claudicatio intermittens auf. Der objektive Befund zeigt bei krliftig entwickelter Muskulatur und zumeist normaIer Intelligenz bisweilen heiderseits supraklavikullir Pulsationen der dilatierten Schliisselbeinschlagadern; bei entsprechend ausgebildetem Kollateralkreislauf sind die Pulsationen der Kollateralarterien besonders medial des Schulterblattes, in der Axilla, seitlich des Sternums und im Epigastrium sicht- und tastbar. Sie treten besonders deutlich bei vorgebeugtem Oberkorper in warmen Rliumen bzw. nach korperlicher Anstrengung zutage. Systolische Gerliusche sind hliufig und werden iiber dem Herzen mit P. maximum iiber der Basis gehort. Hiervon sind eine eventuell begleitende sub- bzw. valvullire Aortenstenose oder ein offener Ductus Botalli abzutrennen. Der Pulswellenlaufzeit bis zur Stenose entsprechend ist das Systolicum yom ersten Herzton ahgesetzt, zeigt ein splitsystolisches Maximum und kann den infolge der prlistenotischen Hypertension hetonten zweiten Aortenton iiherdauern. Dieser flint infolge der normalen Austreihungszeit des link en Ventrikels jedoch nicht versplitet ein. Systolische hzw. systolisch-diastolische Gerliusche an ungewohnlichen Stellen riihren meist von den erweiterten KollateralgefaRen her. Der PuIs in der A. femoralis ist klein und wurmfOrmig oder nicht fiihlhar. 1m Gegensatz zu normalen Bedingungen kommt die Pulswelle in der Schenkelschlagader spliter als in der A. radialis an. Der veranderien Hamodynamik entsprechend ist der Blutdruck in den Beinen niedriger als in den Armen bzw. ist ersterer oftmals mit der Manschettenmethode iiberhaupt nicht meRbar; er mnR dann oszillometrisch oder mit Hilfe der Druckrheographie ermittelt werden. Die Ursache des Hochdruckes proxinml der Stenose ist nicht endgiiltig gekllirt: Zumeist ist nur der systolische Wert angehoben, der diastolische Druck hingegen zeigt unterschiedliches Verhalten. Wegen der erhoht gefundenen diastolischen Werte auch in den Beinen Wlurde von S tee 1e eine generalisierte periphere Widerstandserhohung postuliert; dieser Befund konnte aller.dings

4 von Bin g und Mitarbeitern nicht bestatigt werden. Die sogenannte mechanische Theorie nimmt an, daR fUr die Drucksteigerung nur die Obstruktion verantwortlich zeichnet; experimentell lieR sich allerdings ein bleibender Hochdruck bei Drosselung im Isthmusbereich nicht erzeugen. Die humorale, d. h. renale Theorie wieder nimmt an, daR die Hypertonie durch F~eisetzung von Hypertensin entsteht. Diesbezugliche Experimente an Hunden und Kaninchen aberergaben, daR der durch Drosselung der Aorta oberhalb der Nierenarterien ansteigende Blutdruck wieder zur Norm zuruckkehrt, wenn nicht eine zweite Drosselung unterhalb den Aa. renales gesetzt wurde. Fur die renale Genese allerdings sprechen jene Experimente, bei denen der erhohte Dru'ck nach Drosselung an besagter Stelle durch Transplantation von funktionstuchtigen Nieren in den proximal der Stenose gelegenen Strombereich sofort zur Norm zurtickgefUhrt wurde. Nicht renal zu erklaren dagegen ist wieder die Beobachtung von May cock s, wo die Stenose distal der Nierenarterien lag und dennoch ein Hochdruck an den Armen bestand. Letztlich scheint vorerst doch wahrscheinlicher, daR die prastenotische Hypertonie durch den erhohten Widerstand In der Stenose und in den Kollateralen verursacht wi rd. Die rontgenologische Untersuchung zeigt die Gladnikoffsche Trias in Form einer dilatierten A. subclavia sin., einer medialen Verlagerung des Aortenbogens, der infolge der Erweiterung der Aorta descendens rechts randbildend wird, sowie eine Aussparung im proximalen Teil der Aorta descendens; der Aortenknopf ist klein, er kann sogar fehlen; distal davon sieht man als Ausdruck einer poststenotischen Dilatation eine nach lateral konvexe Kontur. Infolge der Erweiterung der linken Armschlagader erscheint das obere Mediastinum verbreitert und laRt kraftige Pulsationen erkennen. Pathognomonisch sind daruber hinaus die erstmals von Roe s Ie r beschriebenen Usuren an den unteren Randern der posterioren Anteile der dritten bis zehnten Rippen; meist werden sie erst ab dem zwolften Lebensjahr beobachtet. Das Ekg ist nicht charakteristisch; oft liegt ein Linkstyp vor. Dagegen kann durch selektive Darstellung der Stenose mittels rontgendichten Kontrastmittels die Lage, Form, Intensitat und Lange der Stenose recht genau ahgeschatzt werden - zweckmaRigerweise wird ein Katheter von der linken A. radialis retrograd tiber die A. subclavia in den Arcus aortae vorgeschoben. Der Druck an der Katheterspitze wird laufend registriert. Tritt der Katheter in die Stenose ein, so verursacht dies einen abrupten Druckabfall; nun w,ird der Katheter so weit zuruckgezogen, bis

5 ein hoher Druck seine priistenotische Lage anzeigt. Mittels einer automatischen Dberdruckspritze werden 20 bis 40 ccm 76% jodhiiltiges Kontrastmittel injiziert und Rontgenfilme in 2 Ebenen angefertigt. In jenen Fiillen, bei denen zusiitzlich eine sub- bzw. valvuliire Aortenstenose vermutet wird, erfolgt die Kontrastmittelinjektion entweder auf transseptalem Wege oder durch direkte Punktion in den linken Ventrikel. Wenngleich diese Methoden die Diagnose absolut sichern und dem Herzchirurgen den einzuschlagenden Weg weisen, genLigt zur Erstellllng des dringenden Verdachtes auf Vorliegen einer Isthmusstenose der Aorta die Feststellung eines Hochdruckes bei Jugendlichen an den Armen bei herabgesetzten bzw. fehlenden Pulsen und Drucken an den unteren Extremitiiten. So einfach also die Diagnostik ist, so muR doch bedauerlicherweise festgestdlt werden, daR nul' wenige Fiille unterhalb des 15. Lebensjahres entdeckt werden. Deshalb bedauerlich, weil das glinstigste Alter flir den Eingriff zwischen dem 10. und 20. Lebensjahr liegt. Bei progredienter HerzvergroRerung sowie bei wiederholten kardialen Dekompensationen wird man jederzeit - so auch bei Neugeborenen - die Operation durchflihren. Obwohl ab dem 20. Lebensjahr das sichel' unter 5% liegende Operationsrisiko wegen zunehmender GefiiRsklerose ansteigt, liegen doch auch Berichte libel' gegllickte Operationen bei libel' 50jiihrigen vor. Die Indikation zur Operation ergibt sich somit praktisch bei jungen Menschen immer mit Erstellung del' Diagnose; dies deshalb, wei! die Prognose ohne chirurgischen Eingriff sehr ernst ist; N ach B 1a c k for d liberlebten von 323 Patienten nur 68 das 40. Jahr, nach Reifenstein und Mitarbeiter starben von 104 Fiillen mit Isthmusstenose vom Erwachsenentyp 61% vor del' vierten Lebensdekade. Der Tod tritt durch Aortenruptur bzw. bakterielle Endokarditis, durch Herzinsuffizienz oder Hirnblutung ein. Etwa 25% zeigen eine normale Lebenserwartung, ja es sind auch Einzel£aIle bekann t, die liber 90 Jahre aIt wurden. Zusammenfassung: Es wird in gedriingter Form ein Vberblick liber die Klinik und Symptomatik, die Diagnostik, Prognose und Operationsindikationder prii- und postduktalen Aortenisthmusstenosen gegehen. Lit era t u r: Bing, R. J., Handelsmann, J. C. und Mitarbeiter: Surgery, 128 (1948), S. 803. - Blackford, L. M.: Arch. lnt. Med., Chicago, 41 (1928), S. 702. - I\lumgart, H. L., Lawrence, J. S. und Ernestene, A. C.: Arch. lnt. Med., Chicago, 47 (1931), S. 806. - Braunwell, C. und Jones, A. M.: Brit. Heart J., 3 (1941), S. 205. - Campell, M. und Suzrnann, S.:

6 Brit. Heart J., 9 (1947), S. 185. - Catel, W.: Differen·tialdi,a· gnose von Krankheitssymptomen bei Kindern und Jugendlichen. Stuttgart: G. Thieme. 19G3. - Friedberg, Ch. K.: Erkrankungen des Herzens. Stuttgart: G. Thieme. 1959. :- Gladnikoff, H.: Acta radiol., 27 (194G), S. 8. - Goldblatt, H., Kahn, J. R. und Hanzel, R. F.: J. Expel'. l\1ed., G9 (1939), S. 649. - Gupta, T. C. und Wiggers, C. J.: Circulation, 3 (1951), S. 17. - Harris, J. S., Sealy, W. C. und De Maria, W.: Amer. J. Moo., 9 (1950), S. 734. - Heck, W.: Die Klinik del' congenitalen Angiocardiopathien im Sliuglings- und Kleinkindesalter. Stuttgart: G. Fischer. 1955. - Hollilack, K. und Wolf, D.: Atlas und kurzgefaBtes Lehrbuch del' Phonocardiographie und verwandter Untersuchungsmethoden. Stuttgart: G. Thieme. 1958. - Hull, A.: Amer. Heart J., 35 (1948), S. 980. - Keith, J. D.: Pediatrics, 18 (1956), S. 491. - Maycock, W. H.: Amer. Heart J., 13 (1937), S. 633. - Mustard, W. T. und Keith, J. D.: Pediatrics, 2G (19GO), S. 109. - Mustard, W. T., Rowe, R. D., Keith, J. D. und Sirek, A.: Ann. Surg., 141 (1955), S. 141. - Page, J. H.: Amer. Heart J., 19 (1940), S. 218. - Reifenstein, G. H., Levine, S. A. und Gross, R. E.: Amer. Heart J., 33 (1947), S. 146. - Robbins, L. L. und Wyman, S. M.: N. England J. Med., 248 (1938), S. 747. - Roesler, H.: Wien. Arch. inn. Med., 15 (1928), S. 487. - Rossi, E.: Herzkrankheiten im Sliuglingsalter. Stuttgart: G. Thieme. 1954. - Rytand, D. A.: J. Clin. Invest., 17 (1938), S. 391. - Schad, N., Kunzler, R. und Ornat, T.: Differentialdiagnose kongenitaler Herzfehler. Stuttgart: G. Thieme. 19G3. Scott, W. jr., Collins, H. A. und Mitarbeiter: Surgery, 36 (1904), S. 445. - Shumacker, H. B. jr.: Amer. Surg. Gynec. Obstetr. J., 93 (1951), S. 491. - Derselbe: Amer. J. Surg., 135 (1952), S. 11. - Steele, J. M.: J. Clin. Invest., 20 (1941), S. 473. - Stewart, H. J., Haskell, H. S. und Evans, W.: ArneI'. Heart J., 28 (1944), S. 217. Anschrift des Verfassers: Gasse 67.

Prof. Dr. F. K a i n d 1,

Wien VIII, Lange

Die Aortenisthmusstenose Chil'lurgisches Referat Von K. Kremer und W. Irmer KEnikumd Pathog,enese cler Aortenisthmusstenose sind von meinen Vorrednern eingehend erortert worden. Der Bericht uber die chirur,gische Behandlung stiitzt sich auf die Erfahrung, die w,ir in Dusseldorf und Essen bei der Operation von 460 Fallenseit dem Jahr 1950 sammeln konnten. Das mannliche Geschlecht zeigte eine fur diese Fehlbildung typische Praponder,anz urn das 2·1fache. Dber die AlteriSverteilung unterrichtet Sie die Tab. 1. Tabelle 1. Altersverteilung Jahre

1- 5 0-10 11-15 16-20 21-25 26-30 31-35 36-40 41-45 40-50 51-55

Gesamtzahl

2 28 42 89 68 37 31 9 5 2 313

I

4 16 15 29 37 17 12 12 4 0 1

6 44 67 118 105 54 43 21 9 2 1

147

460

Vor dem dritten Lebensjahr haben wir keine Operation clurchgefiihrt, da bei den von uns beobachteten Kindern keine dring,ende Indik,ation hestand. Sie ist gegehen, wenn

2 ein exzess1iver Hochdruck zu drohendem Rerzvers,agen fiihrt. 1m iibrigen ist die Indikation zur Operation mit der Diagnosestellung gleichzusetzen, da einerseits die durchschnittliche Lehenserwartung mit 30 Jahren sehr niedrig gelegen ist 'und anderseits das Rrsiko der Operation mit zunehmender Erfahrung auf 2 bis 4% gesenkt werden konnte. Die operationstechnischen Belange sind nach den ersten ,erfolgreichcn Operationen durch C ra f 0 0 r d und G r 0 s s wei tgehend standardisiert worden, so daR ich es mir ersparen kann, niiher darauf .einzugehen. Fiir umschriebene Koarktationen gilt die Resektion mit anschlieRender direkter Vereinigung der Aortenenden als Methode der Wahl, hei 1angen oder multiplen Engen bzw. Stenosen mit schwer degenerativ veriinderter Aortenwand, die ausgedehnte Resektionen erfordern konnen, hilft nur die Transplantation. Tabelle 2. Operationstechnik Zahl der Operationen

Technik

312

End-zu-End End-zu-Seit Blalock -Anastomose Clagett-Anastomose VoBschulte Alloplastische Transplantate Homoioplastische Transplantate Autoplastische Transplantate

53 3

11

4

73 10 4

470*

*

EinschlieBlich der Zweitoperationen.

Da die alloplast'ische TranspLantation von Dacronoder Teflonprothesen die in sie gesetzten Hoffnungen nicht vollerfiillt hat, hahen wir nns in letzter Zeit wieder der urspriinglich von Shu mack e r ,empfohlenen Autoplastik unter Verw,endung der meist sehr ektatischen Arteria subclavia sinistra hedrent. Der Stamm der Arterie kann geopfert werden, weil der iiber den Schulier,giirtel verlaufende wohlaJUsgehildeve Kollateralkl'eislanf anch fiir die Durchblutung des Armessorgt. Diese Methode der Autoplastik ist der Clagett-Anlastomose vorzuziehen, weil bei letzterer die steil in die Pleul'akuppe ziehende Subklavia beim Herunterschlagen stark abgeknickt w,hd und hier so·gar nekrotisch werden kann, wie eine Eiglenbeobach tung beweist. 4 von uns nach Shumack,er opederte Patienten haben die Klinik ohne Al'mleiden mit idealer Dl'Uckang1eichung der

3 Arm- und Beinwerte Bowie NOl1maHsierung des Blutdruckes verlassen. Die von V 0 s ss c h u It e inamgurierte Isthmotomie bzw. Isthmoplastik haben wir nm in 4 Fallen ,angewandt. Das Risiko des Eingriffes zur Beseitigung einer Koarktation ist nicht nur vom Alter der Patienten, sondern amch von der Anzahl und Art eventudl assoziierter Fehler abhangig. D~s giinstig,ste Operationsalier liegt etwa zwischen dem 7. und 15. Lebensjahr und ist ,abhangig vom AusmaR pathologischer Veranderungen an der Aorta bzw. dem Herzen, ,eventruell auch von der Weite der kindlichen Aorta. Mit erhehlich groReren Gefahren verbunden sind die Eingriffe im Kleinstkindesalter und jenseits des vierten Lebensjtahrzehnts. Aber auch wii:hrend dieser Lebensabschnitte liegt kein Grund vor, di'e Resektion zu verweigern, weil die Chancen operativer Therapie dann trotz eines erhohten Risikos doch betrachtlich besser sind, als bei konservativer Behandlung. 1m Kleinstkindesalter wird nm bei therapieresistenter Herzinsuffizienz operiert. Obgleich die Mortalitat dann imersten Lebensjahr 38% (Heber,er) erreicht, ist die Prognose doch bei weitem giinstiger als bei konservativer Behandlung mit einer Sterblichkeit von 65%. Nach Vollendung des ersten Lebensjahres bessern 5ich dann die Voraussetzungen in z,unehmendem MaRe. 1m Alter jenseits des vierten Lehensjahrzehnts mehren sich die Komplikationsmogliohkeiten durch die sekundaren Folgen der Aortenisthmusstenose. Intraoperative Blutungen und postoperative Nahtinsuffizi,enz wurden bei dieser Altersgruppe - hedingt durch erhebliche degenerative Wandveranderungen - hiiufiger beobachtet. AuRerdem erschweren prii- oder poststenosierende Aneurysmen bzw. solche der Interkostalarterien in unmittelbarer Niihe der Aorta den Eingriff. Zu beriicksichtigen ist auRerdem (Ee Tatsachc, daR sich bei den ulteren Patienten runter dem Einflufl einer lange bes'tehenden Hypertonie eine Zerebralsklerose entwickelt, welche zur Aufrechterhaltung einer ausreichcnden Durchhlutn.ng den Hochdruck lInbedingt erforder·t. Wird di,e Stelloseu'l1d damit die U rsache der Hyperioni,c bese.itigt, konnen Po.stoper.aHv auftr.etende Erweichung;sherde zu elinem desolate'll Ende fiih reno Dber die Probleme, die sich durch das Vorhandensein assoziierter Herzfehler ergeben, wird Herr Sat tel' noeh beriehten. Ieh s·elbst moehte nur auf die Begleitfehler eingehen, die unmittelhar mit del' Isthmusstenose zu tun haben, d. h. auf zusatzliehe Fehler im Bel'eieh des Aortenisthmus oder der absteigenden Aorta. An anomalen GefaRabgungen vom Aortenbogen warcn 7 linksseitige Schliisselbeinadern

4 zu verzeichnen, di,e in die Stenose des Isthmus mit einbezogen waren. Eine praoperativ bereits nachweisbare Blutdruckdifferenz zwischen rechtem und linkem Arm von 40 mm Hg und mehr war die Folge. Bei einer vollig atretischen Subc1avia betrug der Unterschied 100 mm Hg. Gelegentlich ist in dies'en Fallen der Kollateralbeislauf auch nur einseitig ausgebildet, da er sich in der Rauptsache tiber die Aste der A.subclavia ,entwickelt. Dreimal sahen wir untypische GefaRabgange der A. mammaria interna und der A. thyreoidea ima und ebenfaHs 3mal eine zusatzliche Stenoseder Aorta zwischen A. carotis s,in. und A. subclavia sin., so daR in einem Fall auRer cler typisch lokalisierten Verengerung aJUch das membranose Hindernis zwischen A. carotis und A. subclavi,a reseziert werden muRte. Bei einer reehts deszendieDenden Aorta wurde die Isthmusstenos,e mit poststenotischer ,aneurysmatischer Dilatation nach l'echtsseitiger Thorakotomie l"eseziert und durch ein Teflontransplantat ersetzt. Eine DeXitrokardie mit normalem Verlauf des Bogens wandelte die tibliche Oper,ationstechnik nicht. In 3 Fallen entsprang die A.subclavia dextra, ohne eine Dysphagia lusoria verursacht zu haben, als letzte distale Abzweigung ,einmal pra- und zweimal post,stenotisch von der deszendi,erenden Aorta in unmittelbarer Nahe der Isthmus'stenose. Die beiden letzten Fane hatten verstandlicherweise eine Pulsdifferenz mit einem Druckminus der l"echten Armarterie zur Folge'. 1m Rahmen der Bog,enanomalien sind Stenosen zwischen samtlichen GefaRabgangen, auch vor und hinter dem Truncus brachiocephalicus (Johansson u.a.), multiple ,Engen (Holswade und Mitarbeiter) und ungewohnliche Ursprungsstellensamtlicher vom Bogen ahg'ehender GefaRe einschlieRlich der A. vertebralis (D ega r is und Mitarbeiter) beschrieben worden, die wir nicht antrafen, weil die Majoritat dieser zusatzlichen K;omplikationen vor Beendigung des ersten Lebensj,ahres stirbt. Seltener sind tide Aortenstenosen, die imallgemeinen in Zwerchfellnahe heg,en und vorzugsweis,e Frauen befallen. Es mag ein Zufallsein, daR un sere 3 Eigenbeobachtungen Manner betrafen. Die Genese der tief'en Aortenstenose ist umstritten. Es ,gibt Ding,e, die flir ein angebor~nes Leiden spDechen, auf der anderen Seite aber auch Momente, die eher an einen erworbenen UDsprung denken lassen. Beztiglich der Symrptomatologie solI hei Ausbi1dung eines Kol1ateralkreislaufes, der in der Haupnsache tiber die 'Untersten Interkosnalarterien verlauft, an eine tiefe Aortenst'enose g'edacht w:erden. Ischamische BeschweDden, wie intermittierendes Hink:Jen und Potenzstomngen sprechen gleichfalls fUr ,einen tiefen SHz der Stenose. Trotzdem wird di,e tiefe

5. Lage der Enge meister.st intl'\a operationem diagnosti;zilert. Auch in unserem zillerst heobachteten Fall war das so, doch mag die damals noch fehlende Erfahl'ung - es handelt sich urn einen der ,ersten Patienten iiherhaupt - den Irrtum erklaren. Bei dem zuletzt operierten P,atienten giillg die hochgradige, oberhalb des Zwerchfelles beginnende Stenose in ·eine hypopllastische federhalterdicke Aorta iiber. Die Einengung der Aorta reichte bi,s zur Bifurkation. Prastenotisch war die r·echtsdezendier·ende Aorta bis hinauf zur Abgangsstelle der A. anonyma mit Thromben ausgefiillt. Anamnestisch ist es interessant zu ·erfahren, daR die Diagnose einer Iisthmnsst,enose bereits im Jahre 1953 durch Zuf,all g'estellt wurde. Der Patient lehnte jedoch jeden Eing6ff ab, da er in seinem Bernf voll leistnngsfiihi,g war und keinerlei Heschwerden hatte. Erst? Jahre spater trat vollig unerwartet hei einem Spazierg,ang ,akutes Lun~enodem auf, das sich dann bis zur Aufnahme in unserer Klinik noch 3mal wiederholt hat und mog1icherweise ,auf den zunehmenden thromhotischen Yel'\schlruR der prastenotilschen Aorta deseendens zuriickgefiihrt wel'\den kann. Beziiglich der Symptomatik war das Fehlen von Rippenrusuren als Zeichen einer typischen Isthmusstenose auffallig,so daR wiran die Moglichkeit einer tiefen Stenoselokalisation dachten. Der exakte N ach wei.s gelang leider nich t, weil beim Yer,such einer retrogfiBJden Aortographie wieder ein Lungenodem auftmt, so daR der Eingriff ahgebrochen wel'\den muRte. Das Angiokardiogramm war nicht ausreichend. Wir haben dann die Operation, die noch mehrmals wegenakuten Linksversagens verschoben werden muRte, als ultima ratio gewagt, doch hat der Patient den Y,er.such einer Umgehungslanastomose nach Ausraumung der Thromben nicht iiberlebt. Er verstarb an plotzlichem irrever,siblen Herzstil1stand wahrend des Anlegens der periphel'\en By-pass-Anastomose. Interessant ist, daR die tiefe Lokalisation der Aortenenge,ehenso ab'er auah die atypischen Lokali'sationen weiter oben im Bogenbereich, in Japan sehr viel haufiger sind, eine Tatsache, die vieHeicht eher fiir eine kongenitale Atiologie spricht, da man in Japan wegen der sehr fettund cho}esterinarmen Ernahrung in wesentlich geringerem MaRe deg'enerative El'\krank'llngen· des arteriellen GefaRsystems findet als bei uns. Die haufi,gste Abweichung von der typischen umschriebenen Koarktation ist die lange Steno~e, die wir his zu einer Lang·e von 8 em in 6% unserer FaIle heohachteten, wahrend nach Ah hot mit einer Haufigkeit von 10% zu rechnen ist. Eine von der Isthmusstenose bis zwischen die A. oarotis und die A. suhclavia sinistra reichende partiale Bogenhypoplasi,e verlangte eine ausgedehnte Resektion mit

6 InterpO'sit'iO'n eines allO'PlaJstischen 'f.eflO'ntranspIantate's, welches auch eine Verbindung zur Subclavia aufwi'es. Wahrend sich die AO'I'i:enwand nach ResektiO'n diesel' 21 langen Stenosen in 7 Fallen nO'ch durch direkte Naht nach MO'bilisatiO'n verein~gen lieRen, muRten ibei den restlichen 10riIai Tmllisplantate eingesetzt werden und 4mal wUl'de nach C I age tt O'periert. Aneury,smen im unmittelbar,en Stenosenbereich stellen O'hne Operation durch die Moglichkeit del' Ruptur eine ernsi-e BedrO'hungdar und ,el1schweren anderseits die Operation erheblich. Die Haufigkeit aneurysmaHscher Aussackungoo gehiaUis einer vO'n uns erganzten Zusammensiellung von Frederiksen und PauIs,en hervO'r, die in del' fO'Igenden Tabelle (Tab. 3) ver,anschaJuIicht ist. Wir hatten, wenn man vO'n 2 Aneurysmen del' AO'rta ascendens und 2 aneurysmati:schen Ausbuchtung,en des Sinus viaisalvae, die nach D U'b'i I ie r, Ta y 10' I' und S t e i nb erg nich,t seIten sind, absieht, SOlo Aneurysmen zu verzeichnen. Das Aneurysma dis'secans beobachteten wir nicht. Die intraO'per,ativ festgesteIIten 37 Aneurysmen gliedern sich in 6% Ausweitungen del' InterkO'staigefaRe, O·S% praduktale und 2·2% PO'ststenO'tische. Ein spateI' ,Erw.ahnung findendes Aneurysma del' A. puImO'nalis ,bei O'ffenem Ductus, die bei del' Sektion andernorts gefundenen und die hiiufigen poststenoti.schen Diliatationen del' AO'rta sind in diesen Zahien nichi enthaIten. Aoneurysmen del' A. v'ertebr,aIis (W a Ike I' und G I' os s) haben wir nichtgesehen, unddie Ansicht vO'n Karn,eII, CrafO'ord und Broden, daR Aneurysme.n am hiiufigsten prastenotisch anzutreffen s'e,ien, hestatigt die eigene Erfahrung nicht. DlaR die Spontanruprur del' ffi!uskelund elasticaarmen Wan dung, die bindegewebig er,setzt ist, eine haufige Tode'S'llrsache darstellt, ist nicht zu bezweifein. Perfor,atiO'nen in die freie Pleul'ahohIe, ins Mediastinum, vO'rwiegend ins Bronchialsystem mit HamO'ptoen und in den Oesophagus (Wh y t e und L u, EigenheO'bachtung) mit BIuterbrechen sind nicht ungewohnIich. Heim Vorliegen von Aneurysmen, gieich welcher LO'kalisatiO'n, hob sich di,e QuO'te todlicher Ausgange auf 23·3%. Auf Einzelheiten bezliglich del' TO'desursachen werde ich spateI' nO'ch zurlickkO'mmen. Eine thrO'mbotische Verstopfung ereignet sich vO'rwiegend bei langen prastenO'tischen AO'rtenteilen und hO'chgl1adigern Stennsen, die intra O'perationemschon durch ungewohnlich·e Erweiterungen del' A. subclavia sin. zu erk,ennen sind. Die ThrO'mbO'sierung kann FO'lge einer Entzlindung del' Intima sein, abel' .auch durch Stase und Abscheidung erfolg,en. Die bakteriO'log~sche UnterS'llchung des thrombO'sierten Materials ist emp£eMenswert. Klinisch mani-

Jahr

1905 1928 1953 1959 1958 1959 1956 1961 1962 1964

Fawcett ........•................••............•................ Abott •................••...........................•........... Gross .....•....•...................•...........•................ Eerland •....................................................... Oeconomos .................................................... . Sanderud ..............•......................................... Amer. College of Chest Physicians ................................. . Frederiksen und Paulsen ...................................... . Owens und Swan .............................................. . Dusseldorf und Essen ............................................ . 3: 18 14: 200 21: 270 4: 62 2: 14 2: 97 64: 1187 4: 101 10: 120 37·: 460

16·6 7·0 7·7 6·4 14·2 2·0 5·4 4·0 12·0 8·0

Abs. Zahl der. Iprozentsatz derl Aneurysmen bm Aneurysmen Koarktationen

Isthmussteno~en

Autor

Tabelle 3. Aneurysmen bei

22.316 Sektionen Sektionsgut Operationsgut Operationsgut Operationsgut Operationsgut Sammelstatistik Operationsgut Operations gut Operationsgut

Bemerkung

8 festiert sich die plotzlich eintretende Unweg\Samkeit durch Thromben in einer akuten Verschlimmel'lllllg der Besohwerden oder in einer Dekompensation des Herzens. Bei einem 42jiihl'igen hatte der VerschluR zur Herzdekompensation mit LebervergroRerung und Bildung von Ascites geftihrt. Die langdauernde konsequente kardiale und diiitetische V orbehandlung f.tihrte bilanziIlliiRig zur Ausscheidung von 26 Liter Fliissigkeit und dire Opemtion zur volligen Arbeitsfiihigkei t. E,ine komplette Verlegung des Aortenisthmus war bei 2'9 % der Operierten vorhanden. Der Pfropf befand sich 6mal im priistenotischen, 3mal im poststenotischen Aortenteil und 1mal vor und hinter der Stenose. Bevor ich auf die intra- und postoperativen Komplikationen e1ngehe, sei mir ein Wort zur Fr.age der TranspLantation erlaubt. Sie haben aus der Besprechung der atypischen Formen' sowie der SekundiirfoIgen der Isthmusstenosen erkenuen konnen, daR diese zum groRten Teil eine so umfangr,eiche Resektion erfordern, daR der entsprechende Defekt nur durch die Interposition eines Transplantates xu iibel'briicken ist. Dile Fr,age der Transplantation Ibedal'f aber ,einer kritischen StelIungnahme, denn einel'seits bleibt dem subjektiven Ermessen des Operateufs ein weitel'er Spielraum dIe Quoten der Transplantation schwanke'll demgemiiR ,auch bei den verschiedenen Autoren zwischen 4'4 und 33'3 % und anderseit,s erfiillt zurZeit weder die Homoio- noch die Allop1astik die in sie gesetzten Erwiartungen. Gerade letztere hat wegen der Einfachheit ihl1er Bevorratung und Handhabung sicher dazu be1getragen - nicht zuletzt auch wegen der ,gliinzenden Friihergebnisse, daR der Bogen iiberspannt wul'de, d. h. daR zuviel und zu leichtfertig Tl1ansplantate eingesetzt worden sind. Es wiirde den Rahmen dieses Vortrages sprengeiJ., wiil1de ich auf di'ese Probleme niiher eingehen. Ich mochte aber zusammenfassend sagen, daR eben nicht aHe alIoplastischen Tl1ansplantate in so idealer Weise eingebaut werden, sondern daR ein g,ewisser und leider auch nicht ahsehbal1er Teil vom Organismus praktisch sequestriert wird. Sekundiire Aneurysmen oder auch thromboH,sche Verschliissesind die Folge. Dieaus dieser Erfahrung zu ziehende Konsequenz heiRt: iiuRerste ZurHckhaltung und wenn notig und moglich EiDibau eines Autotransplantates. Als .aib'solute Indikation zur Einrniihung eines Tr.ansplantates vermed~en wir also dIe lange Stenose, multiple Einengungen, das groRereAneurysma und letztlich die Degenel'ation der Aorta nur dann, wenn Nahte durchschnei-

9 den und bei einem zweiten Versuch auch nicht halten und die Operation ohne Transp1antation nicht gllicklich beendet Wlerden roann. Die Resektionsstrecke, die noch durch eine direkte Verni:iJh'llng der beiden Ellden ulberbruckt werden k'ann, wechselt naoh Alter und ElastiziHitsgrad der H1I!uptschlagader. Oft lassen sich nach allJsl1eichender Mobilisation der Aorta 3 bi,s 5 cm resezieren, ohne transplantieren zu mussen. Die Enden der Aorta weichen nach Resektion der Stenose infolge der noch vorhandenen Elastizitat des GefaRes immer mehr oder weniger weit ,auseinander. Ais Kriterium der primaren Vereinbarkeit gilt, ob man die beiden Offnungen durch Naherung ,der Crafoord-Klernmen ,aneinanderbringen kann. Voreiner 'gewissen Gewaltanwendung braucht man sioh dabei nicht zu ,scheuen. In dies em Sinne ist zu werten, daR bei 34 Aneury,smen und 21 Hypoplas'ien in der Halfte der FaIle die Aorta noch diwkt vernaht werden konnte. Es handelt sichdarum. die relativen AnzeigesteIlen bei kurzen Hypoplasien, ,eveniueIl kleinen poststenotischen Aneurysmen, Interkostalaneurysmen od'er degenerativen skleratheromatosen Veranderungen nicht zu groRzugig vorzunehmen. Nun zu den Komplikationen, von denen die intraoperativ auftretenden Blutungen am haufi.gsten sind. In starkerem AusmaR hatten wir sie in 7'4% zu v,erzeichnen, in der Hauptsiache waren sie bedingt durch Eindsse oder Abschnurungen der InterkostalgefiiRe, 3mal riR aber auch die Aorta zwischen linker Subclavia und Karotis an der Hinterwand ,ei,n, ebenso oft schnitt die Lig'atur eines Ductus arteriosus apertus durch oder rutschte ab, 2mal sahen wir Subclaviaverletzungen durch ZIU hart schlieRende GefiiRklemmen, 4mal blutete es aus der Anastomose nach Freigahe des B1utstromes und 1lI11al riR eine erweiterte A. pulmonalis bei der Duktusligatur ein. Blutungen aus den InterkostalgefaHen verhindert man am besten durch eine praliminare Ligatur, w,eit peripher in ihrem subpleuralem Verlauf. B1utungen bei der Lig,atur des Ductus BotaIli habe ich nicht mehr gesehen, s,eitdem wir den Gang nach einer DurchstechungsIigatur vor der Resektion der Isthmusstenose a!Us der Aorta schneiden. Ern intr,aoperativ einsetzender Herzstillstand ist ein seltenes Er,ei'gnis, ,es sei denn eine eintretende Blutung kann nioht beher,rscht werden. W,ir Jwnnten einen Stillstand infolge Volumenmangels bei einem HinterwandriR des Aortenbog,ens durch Massage und intraarterielle Infusion erfolgreich beheben. Die weiteren 3 Stillstande waren bei der Operation zu meistern, erlagen im spateren Verlauf aber schwerwiegenden Begleitfehlern, namlich einer primaren Pulmonalsklerose, einer Aorte'n- und Mitralinsuffi-

lO zi,enz sowie einer Mitralstenose mit postoperativer Magenperforation 'Iwd nachfolgender Lungenembolie. Postoperat'ive Blutungen aus InterkostalgefaRen, der A. mammaria into oder insuffizienten Anastomosennahten entgehen der Beobachtung nicht. Von 21 Patienten mit Nachblutun,gen im IUnmitteLbar,en postoperativen Verlauf wurden 19 bis zum sieben ten Tag rethorakotomiert. Bei nicht sistierenden Blutungen aus den Drainagen oder rontgenologisch naohWleisbaren Verschattungen' des oberen Mediastinums dl1rah Hamothorax entschlieRen wir uns sofort zur Wiedereroffnung des Thorax, weil die Blutungen aus den de genederten und unelastisohen GefaRen einerseits nicht spontan stehen und anderseits ein infektionsgefahrdeter Hamothorax bei den g,ewundenen KollateralgefaRen in der Brustwand nur ausnahmsweise durch Punktion zuv.orlassig beseitigt werden kann. Jeder Einstioh fiihrt moglicherweise zu einer neuen Blutung. Die sauberliohe Ausraumung der Koagula samt Revision des Operationsgebietes ist die .orfolg. versprechendste MaRnahme. Hei 4 Blutl1ngen aus der Anastomose wurde die Nahtreihe wieder res.ozi.ort. Dreimal gelang danach die erneute Nahtv,ereinigung und einmal wurde eine Kunststoffprothes.o implantiert. In cinem Fall blutete es mitten aus' einem Teflonimplantat, was auf einen Webefehler zuriickgefiihrt wi I'd. Dieser ringartige Bezirk wurde mit Bienenwachs abg.odicht.ot. Die Prothes,e ist bis jetzt, 4 J.ahre nach der Operation, in Ordnung. 2 Patienten erlag,en einem Kollaps durch Volumenmangel am fiinften Tag und in der vierten W oche wahrend der Rethorakotomie, und ein Operierter starb in der vierten Woche an .oiner massiven Nachblutung in die PleurahOhle. Die Blutungen aus der Thoraxw,and wurden teilweise nach Offnung und gefaRkompr,imierendem Spreizen der ThoraxWland nicht mehr gefunden. Sie standen ,aber durch die neue VerschluRnaht der Wunde. Magen- und Duodenalblutungen erlebten wir nicht nur nach der Operation von Aoricnisthmus,stenosen (6"0%), sondern auch nachanderen intrathorakalen Eingriffen an Herz oder he'rznahen GefiiRen und nur ausnahmsweise nach lungenverkleinernden Opel'ationen. Teils wurden sie durch entspr'echende subjektive Beschwerden offenkundi,g, teils manifestierten sie sich in Teerstiihlen mit zunehmender Anamie (Rotthoff; Konrad und W,illm'ann; Konrad). Diese Blutungen crfolgten entweder /tus multiplen, makroskopisch kaum sichtbaren Erosionen oderaus reguHiren Ulzerationen an Pylorus und Duodenum. In der iiherwiegenden Mehrzahl fiihrte die konservative Behandlung mitadaquater Blutsubstitution zum Zid, wobei allerdings

11 3mal Blutmengen von 15 bis 23 Konserven erforderlich waren. Bei nicht sistierender B1utung ist die Magenresektion nicht zu umgehen. Entsprechend der /Sonst gewonnenen Erfahrung laRt sich die aus zahlreichen klein en Erosionen erfoIgende BIutung durch ,subtotale Magenresektion beherrschen. Bei einem 10jahr igen Jungen, dem es jetzt gut geht, sind wir zu dieser Mafinahme gezwungen gewesen. Die Magenperforation einer Patientin wurde ilhernaht. Sie starb spater an einer Lungenembolie. TeiIr.esektionen kommen nur bei umsehriebenen UIzerationen in Frage. Mit diesem Vorkommnils (Lobar und Lillehei; Per e z, A I v are z und 0 u d k e r k) verwechseIn wir die NaohbIutungen aus Magen und Duodenum (dritten bis achten Tag) infoIge einer nekrotisierenden Arteriitis nicht. Sie ftihrt wie die Periarteriitis oder Panarteriitis des Diinndarmes, die im Schrifttum in ciner Haufigkeit von 5 bis 10% vermerkt ist (Reid und Dattachy; Owens und S wan) unter den Zeichen eines Ileus und der peritonealen Reiz'ung mit Schmerzen, Leukozytos,e und eventueUen BIutabgiingen im Stuhl eben falls zwischen dem dritten und achten Tag, unter Umstiinden zu einer Diinndarmperforation (Downing, Grotzinger und Weller). Resektionen von 65 bis 140 em nekronischen Diinndarmes sind beschrieben worden. Wir haben das Kmnkheitsbild bisher nicht in einer so schweren Form erlebt, daR laparotomiert werden muRte. lnsgesamt ?maI klangen akute abdominale Beschwerden, Druckcmpfindlichkei,t und Meteorismus nach konscrvativer, abwartender Behandlung abo Einc Laparotomie wegen angeblicher subakuter Appendizitis war der Harmlosigkeit des Wurmfortsatzes entsprechend moglicherweise durch den beschriebenen Komplex von Symptomcn veranlaRt worden. BIut w,urde im StuhI der erwahnten ? Patienten nich t nachgew,iesen. Fiir die nekrotisierende Arteriitis ist die plOtzliche Xnderung von Druck und Hamodynamik im Versorgungsgehiet der A. mesenterica sup. verantwortlich zu machen. Ob diese mit thrombotischen Versohliissen und entziindlichen Zellinfiltrationen einhergehende nekrotisierende Entz'undung von Intimarissen oder 'einer Oberdehnung der Arteriolen mit reaktiven Spasmen aUIsIgeht, bleibe dahingestellt. Ober diese postoperativen KompHkationen liegen jedoch so viele Mitteilungen vor, daR es ratslam ist, die Zirkulation wwhrend der Operation allmiihIich freizugeben und reaktiven sympathikomimetischen Hypertensionen wiihrend und nach der Operation mit Sympathikolytika (Chlorpromazin) und Ganglienblockern zu begegnen (M arc h, Hultgr'en und Gerbode; lrmer und Koss; Irmer). 1

12 Wir hatten 2 reversible Zerebralhypoxien mit aphasischen Ausfallen zu verzeichnen, die duroh liingeres Abklemmen der link en A. carotis bedingt waren. Diese Abklemmung·en waren beim Einsetzen einer Y-Prothese mit Verbindung zur A. subclavia und bei der Versorgung eines Hinterwandrisses an der Aorta proximal von der Schliisselbeinader notwendig geworden. Paraplegien ereigneten sich nach der Resektion einer restenosierten Anastomose und Teflonimplantation, bei einer infantilen Stenose mit Blalock-Anastomose und nach langdauernder EinnaJlUng einer homoioplastischen GefaRbriicke. Sie bildeten sich ebenso wie 3 auf die Lagerung zuriickzufiihrende Plexusparesen und 1 Radialislahmung zuriick. Der Ductus thoracicus wurde mehrfach verletzt, insbesondere bei Zweitoperationen. Wird die QueUe des Lymphflusses bei der Operation gesehen, so laRt sie sich mit einigen Durchstichligaturen schlieRen. Bemerkt man den LymphfluR noch bei liegender Drainage in der BiilauFlaJSche, so kann die Drainage bis zum Sismeren des Lymphstromes ruhig 7 oder 8 Tage belassen werden, da di·eser bakterizid Wlirkt. Dreimal kamen wir so zum Zie!. Insgesamt 7rnal entstand ein postoperativer Chylothorax nach Entfernung der Drainagen. Auoh hier war die Prognose gut, jedoch konnten vereinzelte Punktionen nicht v·ermieden werden. In keinem Fall wurde operiert. In einer Haufigkeit von 5% beobachteten wir Heiserkeit. Bei Verwachsungen, Aneurysmen und insbesondere bei Zweiteingriffen lassen sich Insultationen des N. recurrens nicht immer vermeiden. Bis auf 3 bildeten sie sich spontan zuriick. Eine zum Gliick seltene Komplikation ist die Wundinfektion. Erreicht sie das unmittelbare Operationsgebiet, droht die Nahtinsuffizienz, da GefaRnahte in infizierter Umgebung keine Chance haben zu heileD.. Wir erlebten einen solchen Fall, hei dem die erste infektiOs bedingte und 4 Tage nach der Operation einsetzende Blutung noch durch sofortige Rethorakotomie beherrscht werden konnte, die zweite Blutung weitere 3 Tage spater einsetz·end, dann aber das Schicks.al des Patienten besiegelte. Zweitoperationen mullten w,ir insgesamt 19mal durchfiihren. Darunter fandensich 4 anderorts operierte Patienten, von denen bei einem wegen einer schweren intra operationem gesetzen BIutung aus dem Operationsgebiet einf.ach die zu- und ahfiihrende Aorta unterbunden worden war. Die anderen Zweitoperationen waren nptwendig geworden, weil Restenosierungen (5mal). N ah taneury.smen (11mal) oder thrombotisch verschlossene Transplantate (2mal) entfernt

Zahl

165 1536 70 52 42 648 487 249 386 120 460 313 147 188

Jahr

1958 1958 1951 1953 1957 1956 1962 1962 1963 1962 1964

Autor

KarneH, Orafoord und Broden ................. . Bailey ......................................... . Clagett und Jampolis .......................... . Sealy •............... : ......................... . Oleson ......................................... . Campbell und Baylis ........................... . Schuster und Gross ............................ . Crafoord ....................................... . Brom nach Pathak ............................. . Owens und Swan •............................... Diisseldorf und Essen ............................. .

Mit Begleitfehlern und Spatmortalitat Reine Koarktationen mit Spatmortalitat Stenosen mit Begleitfehlern und Spatmortalitat Operierte der letzten Zeit

Mit Spatmortalitat Sammelstatistik

Sammelstatistik

Bemerkung

Tabelle 4. Sterblichkeit bei der Resektion von Koarktationen

7'0 4'1 4'5 7'0 4'1 10'7 5'5 22'0 2'0

21'4

7'1 5'6

6'6 S'8

Mortalitat in %

I

14 werden muRten. Sieher stellt eine ,soIehe Zweitoperation groi!ere Anforderun,gen an den Operateur als die R'csektion einer einfaahen Koarktation, und das Risiko mit einer Mortalitat von etwa 30010 ist auoh entsprechend hoch. Der Einsatz mui! eben geWlagt werden, da die Prognose bel konservativer Behandliung noch bei wei,tem schlechter ist. Anschliei!end noch ein Wort zur Mortalitat, iiber deren Quoten die Tab. 4 Auskunft gibt. Vergleichende Zahlen anderer Autoren sind daHl'Us ,ebenfal1s ersiehtlich. Sie konnen cler Tabelle entnehmen, daR wir einschlief!lich der Spattodesfal1e, krankheitsunabhangiger Todesursachen und der ungiinstigen Ausgange bei Zweitoperationen insgeslamt 10'7% unserer PHtienten verloren. Bleiben 4 TodesJaHe unberiicksichtigt, die an Nahtinsuffi'zienz zu,grundegingen, weil anfanglich keinatraumatisehes Nahtmaterialzur Verfiigung stand, so erniedrigt sich die Rate cler Gestorhenen auf 9010. Di,e primare Operat,ionsmortalitat belauft sieh, wenn 1'5010 tOdliche Ausgange bei Zweitoperationen und 1'5010 Spattodesfalle noch eliminiert wel1den, auf 6010. Wie unte,rschiedlich das Risiko ilst, zeigen folgende Ziffern. Di,e Sterblichkeit wahrend des Aufenthaltes im Krankenhaus betl1ug bei 313 . solche PameiIlten tiberhaupt nicht operier,en? Die Beantwortung

21

F.D. F. G.

Sch. D.

1

1

6

7

I

M.H. M.D.

91 M.G.

8 1 B.M.

M.G.

W. A.

6

41 ). H.

3

10

n

Name

11 B.H.

Nr.1

Art des BegJeitfehlers

Kammerflimmern bei Rethoracotomie nach 6 J ahren Intraoperativer Herzstillstand Kammerflimmern bei transventrikularer Aortenklappenstenose Klappensprengung Kammerflimmern bei transventrikularer Aortenklappenstenose Klappensprengung bei Rethoracotomie Herzversagen nach Resektion der AIST. Aortenklappeninsuffizienz Operation mit HLM. Exitus in tabula Herzversagen bei Operation mit HLM. A\lrtenklappeninsuffizienz ein Jahr nach Resektion der AIST Intraoperatives Kammerflimmern, RR I Aortenklappeninsuffizienz diastolisch 0 Herzversagen 2 Tage postoperativ, Aortenklappeninsuffizienz, relative RR diastolisch 0 Mitralinsuffizienz, Ductus Botalli Herzversagen 2 Tage postoperativ, Aortenklappeninsuffizienz, relative RR diastolisch 0 Mitralinsuffizienz Herzversagen 1 Tag postoperativ Aortenklappenstenose, Mitralinsuffizienz Herzschwache 3 Tage postoperativ Mitralstenose

Klinische Todesursachen

Pulmonalsklerose Endokardfibrose

Hochgradige Aortenklappeninsuffizienz

Hochgradige Aortenklappeninsuffizienz

Hochgradige Aortenklappeninsuffizienz

Hochgradige Aortenklappeninsuffizienz

Primare Pulmonalsklerose Verkalktes komb. Aortenvitium mit deutlicher Insuffizienz Verkalktes komb. Aortenvitium mit deutlicher Insuffizienz Hochgradige Aortenklappeninsuffizienz

Nicht obduziert

Pathologisch-anatomischer Befund

Tabelle 2. Analyse der klinischen Todesursache: "Intra- und postoperatives Herzversagen" 440 Aortenisthmusstenosen 11 Falle 41 assoziierte Klappenfehler 9 Falle

9 diesel' Fragen ist nicht einfach. WiJr stehen heute ,auf dem Stamdptlnkt, daR eine hochgmdige Aortenklappenh1suffizienz eine Konhaindikation zur alleinigen Resektion einer Aortenisthmusstenose darst'ellt. Wenn nicht di,e Moglichkeit zur gleiahzeitigen Kouektur l:le~der FeMer ~egeben ist, soU man iiberhaupt nicht operieren. B,ei mittelgradigen AorienHappeninsuffizienzen k'ann in der Re~eJ zuerst die AortenLsthmusstenose l'eseziert werden, doch fiuR der Zei,tpunkt der operativen Konektur des BegIeiHehlel's indiviouell vom Schweregrad der Insuffiz]enz nach Resektion der IsthnnlJslstenose abhangig gemacht wer,den, und die Korrektur mnR unter Umstanden schon haLd nach der ersten Operation erfolgen. Z usa m men f alssu n g: Bei 440 operierten AortenisthITI'ulsstenosen fan den sich 58 assoz'i~lert,e Herzfehler, davon wurden 12 mit 5 Todes1fal1en oper,jert. Ins~esamt starben 19 Patient en, das sind zirIm 33%. Assoziierte Herzfehler verschIechtern die Prognose von Patienten mit Aortenisthmusstenos-en ganz betrachtLich. Bei Vorhof- 'lind V,enirikelseptumdefekten kann man zuerst die Resektion der Aorteni,sthmusstenose und spater di,e Korrektur des Herzfehlers vornehmen. Das gleiche Verfahren empfiehlt sich bei as,soziiert,en Aortenklappenst-enos-en. Begleitende MitralHappen~nsuffi.zienz-en sind meist relativer N atur, und es besteht keine Operat,jons1indikation. Bei hochgradi,gen Aort,enklappeninsuff;irzienzen ]st die ,aUeinige Resektion der Isthmusstenose kontraindiziert,aber auch bei miUelgr.adigen Insuffizienz.en -sollte man mit der Indikationsstel1ung zur Resektion der Isthmuissienose eher z'lHiickhaltend sei,n. Anschrift des Verfassers: Doz. Dr. P. Sat t e r, 4 DUsseldorf, MoorenstraBe 5, BR. Deutschland.

Aus der Universitats-Kinderklinik in Graz (Vorstand: Prof. Dr. E. Lorenz)

Die abszedierende Pneumonie Von H. Wendler Mit 11 Abbildungen Unter al1en mit einer Abszedierung einhergehenden Formen der Lungenentztindung, ist lediglich die sogenannte primar ahszedierende Pneumonie eine typisch auf das Kindesalter beschrankte Erkrankung, die aIle Zeichen der primitiven Reaktionen tragt21. Sie stellt heute neben der interstitiellen p]'asmozytar,en Lll'ngenentztindung sicher die gefahrlichste, mit der grofiten LetaHtat belastete Pneumonieform des Ki,ndesalters dar. Wohl konnte in den letzten Jahren durch die modernen Behandlungsmethoden im Einze1fall ,eine beachtliche Verbesserung der Progllose efl'eicht werden, doch blieben diese Erfolge ohne gtinstige Auswirkung auf die MortaIitat, da gleichzeitig tiberall eine Haufigkeitszmnahme dieser Erkrallkung zu beohachten war 9 , 13, 14, 19 u. a. Auch wir konnten an Ullserem, in ,der Zeit von 1954 bis 1963 204 Fal1e umf,assenden ,Kmnkengut diese Zun,ahme ineindruoksvol1er Wei5'e verfolgen (Ab:b. 1). Die zunehmende Verwendu ng von Antibioticis und die dam-it verbundene weite Verbreitung resistenter Bakterienstamme dtirfte ftir diese Entwicklung wohl von grofter Bedeutung sein, aber kaum ihre al1sschlieRliche U rsaclIe dar.stellen, zumal diese Erkrankung auch in der vorantibiotischen Am mit stark wechselnder Hanfigkeit angetroffen werden konnte 6 • Die Erreger der primar abszedierenden Pneumonie sind fast ausschliefllich koagulase-positive, meist penicillinresistente Stamme von Staphylococcus allfeu,s haemolyticus, von denen verschiedene Phagentypen. wie etwa der Typ 80/81, eine dominierende Rolle zu spielen scheinen'l.

2 Die prlmar abszedierende Pneumonie ist in iiberwiegendem MaRe eine E:rkrankungdes friihen Sauglingsalters. Ihre Haufigkeit nimmt bereits jenseits des erst,en Lebenshalbjahres rasch ab, und ab dem drittlen Lebensjahr i'st sie

26

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1954 55 56

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l\bb. 1. Haufi,gkeit uer pl'imar abszeuierenden Pneumonien in den Jahl'en 1954 bis 1963 (Zahl uer FaUe)

FAlLE 40

30

20 10 1. Z. 3. 4. 5. 6. 7: 8. 9. 10. 11. 12. 2. 3. 4. 5. MONAT

JAHR

Abb. 2. Altersverteilung nur mehr sehr selten allzutreffen. Wie wir an unserem Krankengute sehen konnten (1\ibb. 2) erreichte die schon im ersten Lebensmonat groRe Erkrankungsdisposition im

3 zweiten und driHen Lebensmonat emen absoluten Hohepunkt. Die Ursachen fiir diese sehr charakteristische Altersdisposition sind wohl in den Besonderheiten der Infektionsabwehr im Sauglings- und Kleinkindes,alter im allgemeinen und gegen Staphylokokkeninfektionen im besonderen zu suchen. Es sei hier nur auf die auRer,st interessant,en Untersuchungen von Marget und Tratnik 15 tiber den unterschiedlichen Gehalt des Serums an "Coagulase reacting f,actor" in den einzdnen AHer,ssiufen und die von D obi a s und Mitarbeitern 5 gefundenen alters,abhiingigen Werte des Staphylokokken-a-Antitoxintiters und seine Beziehungen ZJur Pyodermiehaufigkeit verwiesen.

FAlLE

I. II. III. IV. V. VI. VII. VIU. IX. X. XI. XII. Abb.

3. Jahl'eszeitliche Verteilung

Eine Infektion der Lunge mit Staphylokokken ist sowohl auf bronchogenem als auch lympho-hamatogenem Wege moglich. Auf welohen dieser Wege sie im Einzelfall erfolgt ist. laRt sich oft nur schwer entscheiden, und dies diirfte auch di'e keinesweg1seinheitlichen Auffassungen verschiedener Autoren dariiber, welcherder genannten Infektionswege dominiert, erklaren. Gewisse Hinweise auf einen lympho-hamatogenen Infektionsweg ergeben sich aUis der Tats,ache, daR hei den betroffenen Kindern haufig lokale Staphylokokkenerkraukungen, wie Pyodermien, Abszesse und Phlegmonen sowieeitrige Otitiden gleichzeitig anzutreffen sind oder kurze Zeit vorher vorhanden waren. Mehr fiir den bronchogenen Infektionsweg scheinen eine bei der Mutter des Patienten gar nicht so seHen anzutreffende Mastitis und hesonde~ die von verschi,edenen Autoren 10 • 16 . 20 beobachteten Beziehungen der~ulmonalen Erkrankung zu vorangegangenen ode!" gleichzeitigen Virusrnfektionen des

4 Respirat,ionshaktes zu sprechen. WieW'eit solche Infekte gewissermaRen Schrittmacherdienste flir die Staphylokokkeninfektion der Lunge leisten, ist noch keineswegs befriedi,gend geklart. Ein derartilger SYlliergi,smuls konnte aber durchaus moglich sein, mtissen dooh fiir eine Reihe anderer Erkrankungen die auRerst ungiinstigen Folgen des Zusammenwirkens von Viren und Snaphylokokken klini,sch und experimentell bereits als erwiesen geIten 18 • Aullerdem scheint di'e jahreszeitliche Verteilung der Erkrankungen gewisse Riickschliisse .auf solche Beziehungen zuzulassen. Bei zusammenfassender Auswertung groRerer Statistiken soll zwar die primar abszedierende Pneumon,je zu jeder Jahreszeit ungefahr mit derselben Haufigkeit angetroffen werden. Wir konnten aber, wie Wi s s I e r22 und andere Autoren 9,22, sehen (Abb. 3), daR es sich bei dieser Erkrankung urn eine ausgesprochene Saisonkrankheit handeIt, die bei uns eindeutig die kaIte J ahreszeit, in der hierzulande auch virusbedingte ErkaItungskrankheiten mit der groRten Hiiufigkeitanzutreffen sind, bevorzugt. Wah rend das klinische Bild der primar abszedierenden Pneumonie an ,seinem Hohepunkt kaum jemals AnlaR zu diagnostischen SchWlierigkeiten geben diirfte, ist am Beginn der Erkrankung eine richtige Diagnose nur allzu oft schwer zu stellen. Gerade die Friihdiagnose entscheidet hier aber, wie kaum bei einer anderen Erkrankung, haufig das weitere Schicksal des Patienten, da in spateren Krankheitsstadien selbst die optimalsten therapeu tischen MaRnahmen oft ohne Erfolg bleiben. Je jiinger das Kind, urn so plotzlicher und stiirmischer pflegt im allgemeinen die Erkrankung zu beginnen. Anfanglich wird das klinische Bild meist von septisch-toxischen Allgemeinsymptomen, wie hochgradiger Kreislaufschwache mit verfallenem, graulividem Aussehen und oftmals hyperpyretischen Temperaturen beherrscht. Der Auskultations- und Perkussionsbefund der Lungen ist zu diesem Zeitpunkt meist noch wenig aufschlullreich. Lediglich eine pneumonische Atmung und der coupierte Reizhusten vermogen Hinweise auf einen pulmonalen ProzeR zu gehen. Gar nicht so seIten lenken, manchmal mit Krampfanfallen einhergehende, meningeale Reizerscheinungen den Untersucher von cler richtigen Diagnose abo Besonders hau£ig find en wir gerade bei den schwersten Fallen eine typische Ileussymptomatik mit hochgradig geblahtem Abdomen und gespannten Bauchdecken. Immer wieder weDden daher diese Siiuglinge - unter unseren Patienten waren es sieben - mit der Diagnose ei,nes akuten Abdomens oder einer Invagination ·an chirul1g,ischen Abteilungen eingewiesen. LedigIich die Rontgenuntersuchung der Lungen 17 fiihrt meist schon in

5 diesen fruhen Stadien cler Erkrankung zu einer KHirung der Situation. Man findet namlich neben einer vermehrten hilifugalen Schlieren- und Streifenzeichnung oftmals eine leichte homogene Trubung mehr oder minder groRer Anteile der Lungenfelder und als Ausdruck der charakteristischen

Abb. 4. 4 Wochen alter Siiugling. Aufnahmsbefunrl: Starke Gasbliihung der Darmschliugen mit horizontalen Fliissigkeitsspiegelu. Leichte, fast homogene Triibung dE's lillken rntE'l'feldes nahe del' HE'rzspitzt'. Ka1llll erkE'nnbal'el' pleura lei' Ran(\saum fruhen Mitbeteiligung des Rippenfelles einen deutlich oder manchmal noch kaum erkennbaren pleuralen Randsaum (Abb. 4). Bis zur Ausbildung eines nun auch durch Auskultation und Perkussion leicht zu erkennenden Empyems daued es dann oft nur wenige Stunden (Abb. 5). Sehr haufig kommt e·s in kiirzcster Zeit oder auch erst nach Tagen durch

6 das Einbrechen von grofter,en Lungenabszessen in den Pleuraraum zu einem Pyopneumothorax (Abb. 6). Entsteht an der Durchbruchstelle ein Ventilmechanismus, so erreicht

Abb. 5. Del'selbe Patient wie Abb. 4, eine W()che nach del' Klinikaufnahme. Tl'ansparente Verschattung der ganzen Hnken Lunge. Breiter Randschatten links. LungenbUihung rechts

Abb. G. 10 Wochen alter Sliugling. Pyopneumothorax rechts, vollstandiger Kollaps der rechten Lunge

der Druck rin diesem Pneumothorax meist sehr schnell erstaunlich hohe Werte. Dies fiihrt dann zu einer starken Verdriingung des im Siiuglingsalter noch sehr locker fixierten

7 Media,s tinums nach der anderen Seite und damit meoh'anisch zu einer weiteren, immer lebensbedrohlicheren Verschlechterung der bereits schon vorher kritischen Kreis-

Abb. 7. 11 Wochen alter Saugling. Gekammel'tel' Spannungspyopneumothorax rechts m:t l'iesiger l\lediastinalhel'llie und starker Verdrangung del' Mediastinalorgane nach links

Abb. 8. -1 W{)chen alter Suugling. Gekammerter Spannungspneumothorax l'echts. Hel'llienartige luftgefiillte Ausstlilpung del' Pleura im dritten ICR pal'astel'llal, h's in die Subcutis reiphf'ncl

8 laufsituation. Die Drucksteigerung im Pleuraraum kann so hohe Grade erreichen, daR es zu im vorderen Medi,astinum gelegenen, bis weit in die andere Thoraxhiilfte reichenden, luftgeftillten Mediastinalhernien (Abb. 7) kommen kann. Es kann sogar zu einer hernienartigen lufthiiltigen Ausstiilpung der Pleura durch einen Interkostalmum (Abb. 8) kommen, die dann an der iiuReren Thoraxwand als tumorartige Vorwolbung deutlioh ~u erkennen ist 2•

Abb. 9. 6 ::\Ionate alter Suugling. ::\filchglasartige Verschattung LIes rechten Unterfeldes. Basal zentral mehrere kleine, wabige .\Ilfhellungsherde. Schmaler pleuraler Handsaum j·echts. Starke Lnngenbllihung links

Bei einem, vielleicht durch giinstigere Abwehrverhiiltnisse oder durch friihzeitige Therapie bedingten, weniger stiirmischep Verlauf der Erkrankung, ist gar nicht so selten das Bild der sogenannten Pneumopathia bullosa4, bei del' die Pleurabeteil.igung gering sein kann, anzuireffen. Hierbei kommt es zur Ausbildung von mehr oder minder zahlreichen, anfiinglieh meist kleinen, offenbar im Lungeninterstitium gelegenen Hohlriiumen, die meist keine Fliissigkeit enthalten (Abb. 9). Diese sogenannien Pneumatocelen nehmen oft raseh an GroHe und Ausdehnung zu und durehsetzen manchmal allmiihlich groRe Lungenbezirke (Abb. 10). Haufig konfluieren sie zu einer einzigen (Abb. 11) oder zu mehreren groRen, diinnwandigen Blasen. Hin und wieder kann es auch zu einer Verdriingung del' Mediastinalorgane und durch EinreiRen einer Blase zu einem Spontanpneumothorax kommen. Konnte man nicht die allmiihliche Ent-

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stehung groller Pneumatocelen verfolgen, so sind sie von abgesackten, unter Druck stehenden Pneumothoraxblasen gewohnlich nicht sicher zu lInterscheiden.

Abb. 10. Derselbe Patient wie Abb. 9, 3 Woehen splitt'l". 1m rechten ~littel- und l'ntt'rfeld zahlrt'iche Prwul1latocelell

Abb. 11. Derselbe Patient wie Abb. 10, 4 Wochen splitt'r. Das ganze rechte :Vlittel- lind Unterfelcl wird von einer t'inzigen riesigen Pneumatocple eingenommen

10 Es ergeben sich somit, oHenbar in Abhangigkeit von der jeweiE,gen Resistenz des Einzelindividuums und dam!it im wei ten MaRe vom Alter des Patienten, sowie unter der E'inwirkung der Ther,apie und nicht zuletzt vieUeicht der Massivitat der Infektion und der Virulenz der Erreger, im Ablauf einer primar abszedierend·en Pneumonie zum Teil sehr unterschiedliche Erscheinungsbilder von prognostisch unterschiedlicher Bedeutung. 1m al1gemeinen hat sich die in der vorantibiotischen Ara nahezu immer infauste Prognose, dank der neuen Behandlungsmoglichkeiten und Methoden, ganz erhebEch gebessert. Die Letalitat der primar abszedier·enden Pneumonie erreichtaber auch heute noch Werte, die kaum von einer ander'en akuten Erkrankung des Sauglings- und Kleinkindesalter iihertroffen werden diirften. So betrug wah rend der letzten 10 Jahre hei uns die Gesamtsterblichkeit an einem auslesefreien Krankengut von 204- Fallen 35·3010. 40·3% aller Todes.falle ereigneten sich alIeI1dings .schon wahrend der 'el'sten 24 Stunden nach der Klill'ikaufn.ahme. 1m Vordergrund des klinischen Bildes stand hier eindeutig die massive Toxinwirkung. Noch bevor es zur Entwicklung eines grofieren pleuralen Ergusses oder eines Pneumothorax gekommen war, hat der Tod ein. Wahrend der letzten 5 Jahre hat sich die GesamtletaLitat bei nns auf 21·3% vermindert. Da sich unsere Behandlungsmethoden nicht geandert haben, diirfte dies wohl hauptsachlich darauf zuriickzufiihren sein, daR einer,seits weniger Patienten in einem bereits aus,sichtslosen Zus·tande zur Behandlu,ng kamen und daR anderseits die richtige Diagnose haufiger schon in einem uherapeuti