A. W. Iffland’s neue dramatische Werke. Band 1 Die Hausfreunde: Schauspiel in fünf Aufzügen [Reprint 2021 ed.] 9783112425220, 9783112425213

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A. W. Iffland’s neue dramatische Werke. Band 1 Die Hausfreunde: Schauspiel in fünf Aufzügen [Reprint 2021 ed.]
 9783112425220, 9783112425213

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A. W. Jffland's

dramatische Werke.

Siebzehnter

Band.

Mit Kupfern.

Berlin, 1808. Bei

Wilhelm

0fhmtnfe

-em

-ungern.

A. W. Jffland's

neue

dramatische Werke.

Erster

Band.

Mit Kupfern.

Berlin, itfoß. Vei

Wilhelm Oehrnigke

dem i h h u blei­ ben. (nack kurzer Pause; mltSnili) Bet gütet Ge­ legenheit erinnern Sie ihn daran! Hauptmann. Sieh da!—da blickt aus der Neckerei — eine bestehende Unzufriedenheit hervor! Hofrathin. (betrogen) Nicht — Unzufrie­ denheit. (tnsas verlegen) Aber ich — (schnell fügt sie seine Hand) verzeihen Sie — ich nehme nie ei­ nen Vertrautm! cgehy Hauptmann. (HnN sie ans) Zch hasse die Deichten — und bin nicht für die Explikationen. Aber — (er sühn sie vor, legt ihre Hand in seine beide« Hände und an sein Herz) ich bitte um Zutrauen! Hofrüthin. mit Innigkeit) Sie sind ein so lieber Freund und so überaus herzlicher Onkel — Vater — ja, Vater! (nach einer kurzen Panse) Meine Klagen über den Mann — Hauptmann. Also doch Klagen? Hofräthin. Grillen vielleicht — Bemer­ kungen —- Meinungen — Sorglichkeiten! — Die müssen sich ohne Aufheben verlieren — wie sie ohne meinen Willen entstanden sind! Habe ich einmal diese Dinge ausgesprochen — so stehen Gewitterwolken um uns her, die wir noch nicht sehen. Zhre Nichte ist bann zur Frau Muhme geworden, und das muß nicht seyn! (geht,

Hauptmann. (Mt ihr na«) Hm! cv ihr rasch entgegen geht) Sei vernünftig! Höre mich an — es muß ge­ handelt werden — plötzlich! Gerade vom Herrn Minister her, komme ich zu Dir! Hofräthin. (freudig) Sie haben mit ihm von meines Mannes Angelegenheiten gesprochen? Geheimerath. Keine Silbe! der ist auf ewig auegelöscht. Don mir selbst habe ich ge­ sprochen und vorgetragen. Don mir selbst! Hofräthin. Weshalb ist der Minister mit meinem Mann zerfallen? Geheimerath. Weshalb? Rasch reißt der Herr Minister nieder, rasch baut er auf. Der Herr Gemahl widersprechen. Sind ruhig — be­ dächtig — langsam —Hofräthin. Aber sehr sicher — Geheimerath. Zn allen Zeitungen ward Dein Mann gepriesen — Hofräthin. Mit Bosheit gepriesen —

Geheimerath. Immer er genannt, er und nur er. Dom Herrn Minister kein Wort. — Da» gab Kälte. Dieser setzte Dein Herr Gemahl Brutalität entgegen —

Hofräthin.

Bewußtsein und Ruhe —

Geheimerath. Neuerungen —

Tadelte

de» Minister»

Hofräthin. Ich weiß nur, daß er die Desorgnlß eine» wahren Freunde» darüber empfand.

Geheimerath. Zuletzt ist er lächerlich ge­ macht — mag auch wohl zu seinem Herrn Pachen, de» Minister Altheim» geschwornen Geg­ ner, dem alten brummenden Feldzeugmeister, her­ über und hinüber getragen haben —

Hofräthin. Er hat den Feldzeugmeister seit Jahr und Tag nicht gesehn. Geheimerath. Kurz — man war seiner überdrüßig. Hofräthin. Und er hat Platz gemacht, (ntit Wurde) Daran that er recht! (Mit Innigkeit) An un» ist e» nun, ihm da» Leben leicht und angenehm zu machen. Geheimerath. (heftig) An an» ist e», für an» zu sorgen. Darum bin ich da! Hofräthin. («m««„«»«««) Darf ichftagen, was

Die Hausfreunde,

145

was Sie für sich selbst bei dem Minister zu su­

chen haben?

Geheimerath.

Zu treiben, zu erreichen,

wonach ich von Jugend herausgelaufen bin! EinZ fluß — Wirkung — Genanntsein — Gelten.

Der Platz ist leer — der Augenblick gilt, der

Minister ist kühn, Ich bin keck — der Präsident

will mir wohl — er bedarf meiner — er — Hofräthin. (fremd) Wozu?

Geheimerath. (verstärkt) ner.

Er bedarf mei­

Ich ging zum Herrn Minister, ward vor­

gelassen — er sah mich an — so — so fremd

— so — als ob ich die Quarantaine noch nicht

gehalten hätte.

Hofrathin. Ambition

Daß Sie den Pavillon Ihrer

auf den Ruinen Ihres Schwieger­

sohnes bauen wollen — mußte ihn wohl be­ fremden!

Geheimerath.

(ungeduldig) Was Pavillon

— was Ehre und Ruinen! Dein Mann war eine

Ruine von Anbeginn her! Da ist nichts zu re-

pariren — es muß abgebrochen werden, neu, brillant und bequem wieder aufgebaut werden!

Hofräthin. (mit Stannen) Ich verstehe Sie

nicht.

K

146

Die Hausfreunde.

Geheimerath. cwiewstiriry Laß Dich schei­ den! Hofräthin. (erschrocken) Vater! Geheim erath. (verlegen lachend) Was ist denn ? Es klingt sonderbar — aber es ist klug. Hofräthin. Einen herben Scherz haben Sie ausgesprochen — doch Sie erwarten keine Antwort darauf! Geheimerath. Die Antwort erlasse ich, nur fordere ich die Sache. Hofrathin. Wie? Geheimerath. (mit Jener) Die Ehre — die Hoheit — Deine Ehre und meine Glorie! (in wahrer Womit de» Selbstgefühls) Kind — Toch­ ter! liebe Seelentochter! — von Dir hängt al­ les ab. Rede ein Wort, laß Deinen philantropischen Narren laufen — und ich werde Al­ les — Alles! Hofräthin. Zch kann mich von meinem Erstaunen nicht erholen. Wie? Zn eben dem Augenblicke, wo — Geheimerath. Der Herr Minister hat mich reden lassen. Zch habe prächtig gesprochen — weiß Gott! unser ganzes Land habe ich in der Kürze um und herumgestürzt, Fabriquen, Lehrstühle, Waisenhäuser, Akademien, Zuchthäuser,

Die Hausfreunde.

147

Mauch, Philosophie, Kuhpocken, neu« Orden, Religion, Poesie und Kopfgeld, Aua- und Ein­ fuhr, Stallfütterung, Aesthetik, Kleebau und Po­ lizei, alles habe ich im Choq anreiten lassen, um­ gewendet, auf den Kopf gestellt, keinen Stein auf dem andern gelassen, (im -SLsten Fe«M Mit einem Worte — nicht die Spur habe ich gelas­ sen, wo des Menschen Kind bi« dahin gehan­ delt ist! Hofräthin. Aber, lieber Dater! Geheimerakh. Still! Kein Wort. Ich habe wie ein Attila über meiner umgekehrten Welt dagestanden — so habe ich auf die Antwort de« erstaunten Ministers gewartet, (sanfter) Er lächelte und sprach: — „Das ist originell. Das „müssen Sie mir zu Papiere bringen." — Zu Papiere will er rt haben? Das ist genug — damit hat er mir die Hand geboten, «r geht um» her und trocknet die Stirne)

Ho frä th i n. Können Sie wirklich glauben, daß der Minister — Geheimerath. Was ich glauben soll, weiß ich. Der Herr ist ein Spottvogel. Auch sagt mir der Präsident, sein Bruder habe wohl ehe­ dem über meine Rage gelacht. Dein Herr GeK 3

148

Die Hausfreunde.

mahl wird mich bei ihm lächerlich gemacht ha­ ben — Hofräthin. tfeeftt) Wie wenig kennen Sie meinen Mann ! — Geheimerath. (rafth) Ich kenn« chn so viel, baß ich ihn nicht mag. Genug, der Minister will meine Ideen zu Papier — damit hat er die Hand geboten, und di« halte und packe ich nun-, wie ein Haifisch. Ihn und den Prafidentm — beide lasse ich nicht. Der Präfidrnt muß seinen Bruder so lange plagen, vorstellen, sollicitiren, elnkleiden, zutedtn — mündlich, schriftlich — pefr tertium, per primain — hängen, drän­ gen und zwängen, dir et au» Angst und Ermat­ tung — „Za!" sagt, (schn-li) Du verstehst da» nicht — die meisten Dinge in der Welt ge­ schehen au» Angst ober Mattigkeit, und die man auslacht, werden am meisten gebraucht, (bcttutenb) Die Frage ist nut: wie steht es hier? Dein Mann ist weggeworfen. Laß ihn liegen! Gieb mir die Hand; — ich führe Dich zu Glück, Würden und Einfluß! H o fr at h in. Erhalten Sie mir die Achtung für den Vater! Geheimerath» Wenn der Vater bist wird? wenn er enterbt?

Die Hausfreund».

14g

Hofrathin. Ich folge meiner Empfindung, und achte den Ausgang nicht. Geheimerath. Es ist nicht wahr, daß Du Deinen Mann liebst; nicht wahr, daß Du — — hink O ja — einer Empfindüng folgst Du — aber welcher? — Diese arme Posse gieb auf! — Du mußt zu Deinem Heil gezwungen werden. In einer Stunde steht alles anders! — Ich gedeihe — ich wachse! Du auch, Du mit mir und einem glänzenden Schwie­ gersöhne. Wir regieren — er — ich, Du! Vivat! (ev geht)

Dritter AuftrittHofräthiy.

Hofrath.

Hofrath. Wem bringt Dein Vater-diese» Vivat? Es gleicht so ziemlich- einem Pereat. Hofräthin» Du kennst seine Lebhaftigkeit — seine alten Plane, die er noch nicht aufgeben kann. Hofrath. Wir werden einen starken Sturm mit ihm zu bestehen haben. Für ihn bin ich offenbar weniger geworden —*

t5o

Die Hausfreunde.

Hofräthin. Ich rechne auf Deine Nach­ sicht, wenn Du ihn verstimmt findest. Hofrath. Recht gem! sonst hättest Du keine Sorge? (« sieht sie eiae Weile an) Meine gute Sophie! Hofräthin. So forschend siehst Du mich an?------- Immerhin! Alles, was Du in mir findest, magst Du lesen. Doch möchte ich wissen, was Du suchest? Hofrath, (mit nnwlllkührltibemSenker) Mer durch diese schönen, lieben Augen in Deiner Seele lesen könnte! Hofräthin. Diel artige« für meine Augen. Gieb der Seele auch rin freundliche« Beiwort; sie verdient eü, und dafür danke ich lieber! Hofrath, (sie sirirevd) Duscheinstruhig.— Bist Du e« auch? Hofräthin. Unser jetziger Zustand ist neu — e« wird Aenderungen im Hause geben. — Anfang« kann das Befremdungen veranlassen. Frauen sind sorglich — sie kümmern sich vorher, wo man anstoßen — verfehlen, wie man errei­ chen wird. Kann da« Beunruhigung genannt werden — so bin ich beunruhigt. Hofrath. Diese Dinge beschäftigen; aber sie beunruhigen nicht.

Die Hausfreunde.

i5i

Hofräthin. (nicht ohne etwa» Verlegenheit) Unser Haus muß eine ganz andere Richtung bekommen. Hofrath. Freilich! — Und welche? Hofräthin. Zch meine — der Präsident, der Secretair und Lrrfeld — sollten nicht ferner unsere Tagesgesellschaft seyn. Hofrath. Lerfeld auch nicht? Hofräthin. (entschlossen) Lerfeld auch nicht. Hofrath. Hm! Weshalb der? Hofräthin. Weshalb der nicht? Hofrath. Hätte er Dich beleidigt? Hofräthin. Wir wollen nicht Ausnahme machen. Hofrath. Das ist kein Grund, einen bravm Mann zu kränken — Hofräthin. (mit Empssndnng) Scheint e« Kränkung — (lie Hand «nf seinem Arm) so vergüte Du sie.

Vierter Auftritt.

Vorige.

Secretair.

Secretair. Wie ich höre, haben Sie selbst von dem Minister sich zurückgezogen? Hofrath. (Mich, «der kalt) Zch habe ihm

i5s

Die Hausfreunde,

den Schritt erleichtern wollen, mich zu verab­

schieden. Sccretair.

Damit ist es denn aus, und

all' und jede Verwendung — Hofrath.

Unnütz! —

müssen zum Onkel.

Sophie —

wir

Der alte Mann vermißt

Dich — sah er doch recht wehmüthig nach der

leeren Stelle hinüber, trommelte seinen Marsch immer langsamer — leiser und leiser,

schob er die Glaser zusammen,

Dann

und fuhr mit

dem Finger auf ihrem Rande herum — bis der Einklang da war.

Der Einklang ist gefunden —

wir wollen nicht fehlen, (geht. «um Secretair)

An »er Thür sagt «r

ES hängt von Ihnen üb, ob Sit

uns begleiten wollen, (geht hinein) Secretair. (reicht »er Hoseäthin di« Hand) alt er an der Thür ist, wendet er mit ihr um)

Sie haben

gesehen, wie fremd der Hofrath gegen mich that.

Er wird sich zurückziehen, er wird sich und Sie mit sich vergraben.

Wollen Sie denn mit ihm

das Feld bauen?

Hofräthin.

Wenn

er dabei glücklich

ist-ja! Secretair.

Eine christliche Denkart! —

Woher die Bekehrung? — Die Frau von Welt,

Die Hausfreunde.

153

bk liebliche Verfasserin — sinkt herab zur Frau Gevatterin! Hofräthin.

Ich wqr betäubt — man hat

mich erweckt, und —

„Man!" — Wer ist das?

Secretair.

Glauben Sie denn tm Ernst, ich durchschaute

Ihren Plan nicht?

Hofrathin. Secretair.

gewaltsam.

Meinen Plan?

Diese Selbstverleugnung ist

Dieser Alltagsplan soll — verzeihen

Sie! — zu Ihrer höchst gewöhnlichen Leiden­

schaft sich passen. Hofräthin.

Unbescheidner Mensch! (geht)

Secretair.

Unbescheiden? Hm! — Das

Wort soll doch wohl anders gelten, als es

lautet!

„Unbescheidner Mensch" spricht mit

andern Worten die Gewißheit aus — „Mensch,

„Du hast die Wahrheit gesagt!" „Unbescheiden" gilt qlso hier nicht mehr, als „unbequem'*! Für einen bequemen Menschen will ich warlich mich und Niemand gelten, (er geht einmal auf und ad) Kann ich dem Triumphe keinen Sturm entge­

genstellen? (sinnt nach) Hm s Woher? (schnell) Wenn

Onkel und Tante in Harnisch zu bringen wä­ ren? (er lächelt) Der Spaß wäre einzig! — Ja — Onkel oder Tante, eines von beiden, muß aus

i54

Vic Hausfreunde.

der Tiefe feine« Karakter« in 'Anfuhr gegen sie gebracht werden.

An'« Werk! (geht)

Fünftel Auftritt. Herr Moor.

Secretair.

Secretair. (der ihn kommen heh»

Ah,

Sie

langen auch hier an, mein Allerfürtrestichster! -Moor, (steht still, sieht ihn an) (geht vor)

So ist e« —

mein Nichtfürtreflichster!

(er bleibt stehn

und blickt ihn unverwandt Uii)

Secretair.

Löffln Sie sich

sagen,

alt«

Person — Moor, (gewaltsam

sich

starr und

grate haltend)

Nicht« von Ihnen, verlebtester Greis!

Der Herr wird grob.

Secretair.

Moor,

(ohne Accent)

Kommt von der neuesten

Lectüre. Die ja auch von Ihnen durch

Secretair.

rin Wundertraktätchen bereichert worden ist. Ha­ ben Sie schon

die

überlästige Baarschaft in«

Wasser geworfen?

Moor.

Zur Zeit nicht!

nicht Herr werde«)

(«r kann de« Zorne«

bin aber fast bereit —

Secretair. (,««»)

Wozu?

i55

Die Hausfreunde. Moor,

(vor (ich hin n»d ztirnckwankend)

Ueber-

lästige Menschen au« dem Hause zu werfen.

Secretair. Moor.

Was Sie sagen!

Wozu

ich

die

richtig bemessene

Kraft in Knochen und Muskeln verspüre «inen Anlauf in der Seele, daß ich —

und

c«r über­

meistert ihn; er legt Hot und Stock ab) nicht widerste­

hen kann. Secretair. (mit Moort letzte» Worte», intern er

geh«

Der Narr ist mein Seele toll! (ow

Sechster Auftritt. Moor. Franz,

Franz.

(tritt gerade rin, wie Moor steh wendri,

Hot und Stock atiulege» und geht vor)

Moor, (wendet steh in der Gewißheit, bat Secretair

in -reist», ond saht Franz, de» er anshebt und forttragt) Franz.

Gewalt — Herr Ze! Gewalt!

Moor, (steht ihn an) Za so! (setzt ihn ab;

Franz.

Sie haben «inen Trunk über den

Durst gethan —

Moor, (geht heftig ans ihn ,o)

einzelne Null — Franz.

Was soll da«?

Sage mir, Du

igtr

Die Hau-freund«.

Moor, (schiebt Stasi »es sich, tast tt g»t« tenmtit) Du Schalk-knecht, was laßt Du für böse» Qfc finbtl hier «intrestn!

Franz.

Gott stch un» in Gnaden brl —

ich schreie um Hülst!

Skebenter Auftritt. Vorige. Hvfrath.

Hofrath.

Sind Sie endlich da?

Aber

was geht hier vor? —

Franz.

Der Mann ist toll —

Moor, (seist Kleider «s vrdsssg beissend) Toll?

Za — die Cholera ist mir aufgesttegen — Franz.

Da zu Gotte» Loden hat er mich

hingrworfen, daß — Mnor»

E- flimmert« mir vor den Augen

— - über den Secretair — Ne heißen Weilen

fliegen mir |u Herzen — ich mußte etwa« pake km, zerbrechen, oder prügeln, damit Ne Glut von mir ausströmen konnte. Hofrath.

Moor.

Ader lieber Freund! —

Freund! — gar recht! — Ak« ich

dm ungeheimen und unheimlichen Secrttair pro« cedtrm sah — brach Ne Gewalt ko» und heran«!

Die Hausfreunde. Franz.

157

Gott sei bei un»!

Moor. Da drinnen verkehrt er— der Gott sei bet uns! — Ich aber werde mich be­ strafen, daß ich meinen innern Menschen un­ ziemlich losgelassen. (sich bedrohe«») Du sollst cariren — Sebastian Moor! sollst heute Abend dein Viertel Wein nicht zu trinken bekommen. Wasser — ich sage Wasser, quantum satis! — daß die Cholera abdampfe! (,« Für ihn — ist da ein Subscriptioaögulden, al» Schmerzens­ geld! Franz. Behalten St«Ihr Geld und lassen Sie die Menschen auf den Beinen! (geh» Moor, (wirst ihm de» Gaste« nach) Sie haben mich rufen lassen — hier bin ich zu Willen und nunmehr leidlich in Fassung. Hofrath, (tritt «uf ih« »u) Moor! ich be­ darf eine» entscheidenden Wortt» — da» ver­ lange ich von Ihnen! (faßt »esse« Hand, Moor, (»etrachtet erst de« Hofrath, kann stta« fest« gehaltene Hand) Sie greifen fest zu! — Thut nicht»; ich kann e» vertragen. Hofrath. Wie spricht die Stadt von mei­ nem Abgänge au» dem Kabinet de» Minister»? Moor. Sie fragt, wer Ihre Stelle bekommt. Hofrath. Ich werde nicht verlacht^

158

Die Hausfreunde.

Moor. Nein; denn Sie sind wohlhabend. Hofrath. Wae sagt man von meiner Frau? Moor. Daß sie — eine hübsche Frau ist. Hofrath. Sonst nicht«? Moor. Daß sie gefallt. Hofrath. Gefallt? Heißt — daß sie ge­ liebt wird. Moor. Hm! Ja. Auch da« Hofrath. Und daß sie liebt. Guter Moor! sagt man nicht« von meiner Frau, daß sie je­ mand liebe? Antwort! Antwort! Moor, (ruhig) Weshalb fragen Sie mich darum?

Hofrath. Weil ich fest glaube. Sie wer­ den mir die Wahrheit sagen. Moor. Wollte ich sagen, wa« die Leute sprechen —

Hofrath, (leitest)

Darum bitte ich.

Moor. Die Leute — der Plebs — die Kandidaten des modernen Uebermuthe, die sämmt­ lichen Frau Muhmen — wissen nicht zu rech­ nen, zu vergleichen. Wae die sprechen, gilt für Nicht«. Ich und die übrigen Gesellen meiner Art, wir sind keine Leute — aber Menschen — wir tragen einfältig und redlich zu Buche.

i5g

Die Hausfreunde.

Wa« denn in mir angeschriebrn steht — will ich Zhnen berechnen. Hefrath. «aßt Moor» Hai,»)

Moor. Sie pressen wiederum meine Hand sehr fest. Hofrath. (»te Hand Achten Sie das nicht!

loslassend; mit einem Senker)

Moor, (wichtig) Allerdings! (mit Demonstration) Solcher Druck deutet auf Bangigkeit im Her­ zen. — Große Bangigkeit------- in einer großen Stadt------- neben einer hübschen Frau-----------

Hofrath, (mit steigender Unruhe) denken, geben Sie mir!

Was Sie

Moor, (etwa- ungeduldig) Erst die Zahlen ge­ faßt, in Linie gebracht — nichts ante lineam gelassen — dann zusammengezogen und da« Facit übergeben. Also — (er rechnet an aufgehobe­ ner, stacher, dem Publikum zugekehrter Hand, so wie man,

in i»ei Kolumnen, Einnahme und Ausgabe berechnet)

Erst die Einnahme:

Gute Herzen, Ehrlicher Wille, Vermögen, Arglosigkeit.

Die Hausfreunde,

i6a

Die Ausgabe: Groß« Stadt,

Hübsche Frau, Ungewiss« Freund«!!

Leichtsinniger Vater! Eitelkeit,

Ehrgierde,

Langeweile! Summa der Einnahme: — blindes Vertrauen. Summa der Ausgabe: — Zweifelhaftigkeit.

Ausgabe mit Einnahme verglichen, bleibt — star­ ker Vorschuß von Angst und Bangigkeit.

alles balanciren — folgt das Facit

Soll

es muß

schleunigst von hier weggezogm «erden; «ntt «ftr) ich sage weggejogrn!! — crxhi«)

Gerechnet

habe ich, lassen Sie dm Onkel da» Exempel durchsrhm, ob e» Probe hält.

Hofrath.

Moor. aus.

Nennen Sie den Zustand!

Zch spreche jede Zahl bestimmt

Ihre Frau liebt Sie, liebt Sie!

Hofrath.

Moor.

(frtoNy

Da« glauben Sie?

Da« glaube ich.

Hofrath.

So ist alle« gewonnen,

(wm

umarmen)

Moor,

(tritt »vrücy

Hofrath,

(best»«»«)

Halt!

Wie? Moor.

rt i

Die Hausfreunde.

Moor. Noch ist nicht« verloren. Ich sage —

noch! — Kann ich verlieren?

Hofrath.

Moor.

Diel; auch bald.

Ihre Fra« hat

ein gefühlvolle« Her, —

Gott sey Dank!

Hofrath.

Moor.

Herr Lerfeld hat ein dergleichen —

Hofrath.

Moor.

Lerfeld ist ein braver Mann —

Ein sehr braver Mann, den aber

da« Schicksal leicht «««zahlt —

Hofrath.

Leider!

Und saumselig dazu.

Moor.

Er hat eine

kränkliche Mutter —

Hofrath.

(ras»)

Meine Fra« unterstützt

diese — Ansehnlich! Durch mich ist alle«

Moor.

Dabei ward mir

und zwar mit Ehr« geschehen.

strenge« Geheimniß befohlen. Hofrath.

Moor,

(»arohig)

Warum Geheimniß?

(mit aafj>rh»rentm Zti-esingtr)

Acht ge­

geben! Wir stchen vor der Gefahr! — Lerfeld ist dankbar — sanft — weich—jung — item —

Hofrath. Moor. Verse.

Gut da»

Aber —

Item hübsch! Er hat Muße, macht

Verse sprechen die dankbaren Seufzer

L

102

Die Hausfreunde»

aus. Er kst dienstfertig — unglücklich — schlagt seine Augen hinauf an den Himmel —

Hofrath, lich — !

(in st» gifte«)

Ware es mög­

Moor. Der blaue Himmel! — Ich sage, das ist ein gefährlicher Vertrauter. Wenn nun die Frau Hofrathin auch sich den blauen Freund erwählt habm — wmn solchergestalt vier Augen da hinauf reden, und wenn diese auf der retour sich begegnen! He?

Hofrath, (heft'-umhergehent) AsterbkngS!

Moor. Alle« läßt sich berechnen. Wenn aber vier Augen, die so eben lange und scharf in da« hohe Blau gesehen haben — wenn die sich auf unserer gebrechlichen Erde begegnen — wa« dann über un« verhängt wird — das ist nicht zu berechnen. Hofrath. Enden Sie!------- Ich bin sehr beunruhigt.

Moor. Wa« nun Ihre werche und sehr liebe Person anlangt, so findet die Frau Ge­ mahlin bei Ihnen — Liebe, Ernst, Beobachtung, Geschäfte, Unruhe — Abwesenheit! bei und mit dem Herrn Lerfeld präsentiren sich — Dankbar­ keit, Sanftmuth, Muße, Wehmuth — Gegen-

Die Hausfreunde,

163

etwas mehr Jugend und frisches

wart? Item, Wesen!

(heftig)

Hofrath,

Genug! Ich habe zu­

sammengerechnet.

Moor.

Die Fra» — mag ab und an ver­

glichen haben; ich sage — verglichen — doch glaube ich ernst und fest — sie hat noch nicht nun dahin

Soll sie

fummirt.

nicht ge­

langen —

Weiß Lerfeld, daß meine Frau

Hofrath.

seine Mutter unterstützt?

Moor.

Eben — da stehen wir nun vor

der wahren, großen und nahen Gefahr! Dor

zwei Stunden hat er nichts davon gewußt, seit­ dem hat er es erfahren — Zch sage —

Hofrath.

Moor.

fahren.

Von wem — durch wen?

Ich sage — per anonimum er­

Das Geld ist von ihm stets zusammen­

gehalten worden und nun mir Alles — ich sage

Alles! — zurückgegeben. Hofrath.

Moor.

Dieses procedere ist brav.

ren Thränen.

Hofrath.

Moor,

Mit einem Briefe —

Ohne Brief, jedoch mit unzählba­

Das ist es.

(verklärt)

Dieser Lerfeld ist also ka-

pabel, wie seine Geldrückgabe darthut — am

x64

Die Hausfreunde,

hohen Mittage mit mir auf die Drücke zu tre, ten und seine Species ins Wasser zu senken. Einem Manne, der 'solchen Much im frischen Lebensroch verkündet, muß eine Frau mit ehr­ barer Liebe zugethan werden? — Deshalb nun, und daß diese Dravhelt nicht das Feuer ent­ zünde, richte ich der Fra« Gemahlin nicht» au« gebe Ihnen das Geld — da ist es! — lasse ihr den stillen Trost und rache: — von dannen gezogen? so eneine ich, daß hier gerechnet werden müßte! Hofrath. Qnnetwt«-») Würdiger Freund! Moor, («nirtitf«6) Ich sage — Freund! Äst genug. Hofrath, uiebt Ihm einen «ries) Auch mich hat eia Anonimu» beunruhigen wollen. Moor, (siebt Onesto Mit Erlaubniß! (erver»kelcht diesen niit einem ©riefe, den er (et fi